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Full text of "Archiv für Frankfurts Geschichte und Kunst"

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ARCHIV 

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FRANKFURTS  GESCHICHTE 

und 

KUNST. 


Neue  Folge. 

HerauBgegeben 

von  dem 

Vereine  ffir  Gescblehte  and  AlterthumskuDde 
zu  Frankfurt  am  Hain. 


)I  i  t     Ä  l>  b  i  I  il  >i  li  g  i; 


FRANKFURT  a.  M. 

Im     Selbat-Verlage    des    Vert 
,  ^i  In  Comaiiäsion  bei  Heinrioh  Keller. 


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Der  Verein  ftLr  Geschichte  und  Alterthumskunde  hat  bis  jetzt  folgende 

Schriften  veröffentlicht  : 

1)  Arehiv  fSr  FrankAirtB  Geschichte  und  Kunst  Neue  Folge.  Band  I.  IL  Mit 
Abbildungen.  Fnuddurt  1860.  1862.  (Schliesst  sich  an  das  gleichnamige  von 
der  Gesellschaft  fEkr  Frankfurts  Geschichte  und  Kunst  in  8  Heften  1839—1858 
herausgegebene  Archiv  an.) 

2)  Mittheilungen  an  die  Mitglieder  des  Vereins.  Band  I.  IL  Frankfurt  1860—1864. 
Dritter  Band  Nummer  1,  ausgegeben  April  1865.    Frankfurt. 

3)  Des  Ganonicus  Baldemar  von  Peterweil  Beschreibung  der  kaiserl.  Stadt 
Frankfurt  am  Main  aus  dem  14.  Jahrhundert.  Urschrift  mit  Uebers.  und 
ErL  Herausgegeben  von  Dr.  L.  H.  Euler.  Frankfurt  1858.  (Ist  besonderer 
Abdruck  aus  Nr.  1  der  Mittheilungen.) 

4)  Das  steinerne  Haus  und  die  Familie  von  Melem  in  Frankfurt.  Frankfurt  1859. 
(Besonderer  Abdruck  aus  Bd.  L  Nr.  3  der  Mittheiluogen.) 

5)  Neiyahrsblatt  ftlr  1859.  —  Dorf  und  Schloss  Rödelhehn.  Beitrage  zu  der 
Geschichte  derselben  von  Dr.  L.  H.  Euler.    Frankfurt  1859.    4^. 

6)  Desgl.  f&r  1860.  —  Der  Frankfurter  Chronist  A.  A.  von  Lersner,  von  Dr. 
£.  Heyden.    Frankfurt  1860.    4P, 

T)  Desgl.  für  1861.  —  Die  Melanchthons-  und  Lutherherbergen  zu  Frankfurt 
am  Main :  Claus  Brommen  Haus»  Lisa's  von  Rückingen  Haus,  Wolf  Parente^s 
Haus.  Eine  Untersuchung  zur  topograph.  Geschichte  der  alten  Reichsstadt 
von  G.  E.  Steitz,  Doctor  der  Theologie.    Frankfurt  1861.    4o. 

8)  Desgl.  für  1862.  —  Samuel  Thomas  von  Soemmering,  der  Heilkunde  Doctori 
k.  baier.  Geheimerath,  nach  seinem  Leben  und  Wirken  geschildert  von  Dr.  med. 
W.  Stricker.    Frankfurt  1862.    49. 

9)  Desgl.  für  1863.  —  Drei  römische  Votivhfinde  aus  den  Rheinlanden,  von  Dr. 
J.  Becker.    Frankfurt  1863.    4^. 

10)  Desgl.  für  1864  und  für  1865.  Johann  Davfd  Passavant.  Ein  Lebensbild  von 
Dr.  A.  Conill.    Abth.  I.  II.    Frankfiirt  1864.  1865.    4o. 

11)  Die  Heddernheimer  Votivhand.  Eine  römische  Bronze  aus  der  Dr.  Römer- 
Bttchner'schen  Sammlung  der  XX.  Versammlung  deutscher  Philologen,  Schul- 
männer und  Orientalisten  zu  ehrerb.  Begrüssung  vorgelegt  von  dem  Verein 
für  Geschichte  und  Alterthumskunde.    Frankfurt  1861.    4^.    (Mit  dem  innem 


Titel :  Die  Heddemheimer  Bronzehand.  Ein  Votivdenkmal  des  Jnppiter  Doli- 
chenns  mit  den  übrigen  Dolichenos-Denkmälern  aus  Heddernheim  zuAammen- 
geetellt  von  Prof.  Dr.  J.  Becker.) 

12)  Aerzte,  Heilanstalten,  Geisteskranke  im  mittelalterlichen  Frankfurt  a.  M.  Zwei 
Abhandinngen  von  Dr.  G.  L.  Eriegk.  Der  Dr.  Senkenbeig.  Stiftung  zur  Feier 
ihres  lOOjShr.  Bestehens  dargebracht  von  dem  Verein  Ülr  Geschichte  nnd 
Alterthamskunde.    Frankfurt  1863.    40. 

13)  Oertliche  Beschreibung  der  Stadt  Frankfurt  am  Main  von  Johann  Georg 
Battonn,  gew.  geistL  Rath,  Gustos  und  Ganonicus  des  St  Bartholomäiuuitifts. 
Aus  dessen  Nachlass  herausgegeben  von  dem  Vereine  fflr  Gesehichte  und 
Alterthumskunde  durch  den  zeitigen  Director  desselben  Dr.  jur.  L.  H.  Euler. 
Heft  L  n.  in.    Frankfurt  1861—1864. 


Zar  Urgesehiebte  des  Rhein-  und  Mainlandes. 

Von  Professor  Dr.  J.  Becker. 

(▼gl.  Arehiv.  N.  S.  I.  S.  1--46.) 


III. 

Mythologische  Namen  römisch-keltischer  Badeorte 

in  Oallien. 

ZurGrründung  von  grösseren  und  kleineren  Städten  und  Ansied- 
lungen  gaben  bekanntlich  schon  in  uralter  Zeit  die  ihrer  wohlthätigen 
Wirkungen  wegen  bei  Römern  wie  Kelten  gleich  hoch  verehrten 
und  vergöttlichten  Mineralquellen  und  Heilbäder  einen  so  natürlichen 
Anlass  ^;  dass  es  nicht  auffallen  kann  insbesondere  auch  in  den  Reise- 
handbüchern des  Alterthums^  den  Itinerarien^  einer  grossen  Menge 
von  Oertlichkeiten  zu  begegnen ,  welche  entweder  einfach  und 
schlechthin  mit  der  Bezeichnung  Aquae  belegt  sind,  oder  letztere 
noch  durch  einen  naher  erklärenden  Beisatz  erweitern;  der  sich 
(meist  in  der  Form  des  Adjektivums)  bald  auf  die  Natur  der 
Heilquellen  als  calidaC;  frigidae,  amarae  oder  sonstige  Verhältnisse 
(vivaC;  regiae  u.  a.  m.)  bezieht ,  bald  auch  nur  das  Volk  (Aquae 
AUobrogum,  Convenarum;  Jasae  =  Jasorum  Orelli  508;  Plin.  N.  H. 
UI;  28)  oder  den  Namen  der  Stadt  nennt;  wo  sie  sich  befinden; 
wie   StatiellaC;  Lesitanae,  Selinuntiae  u.  a.  m.    Eine  dritte  Classe 


1  Vgl.  Plin.  N.  H.  XXXI,  2:  urbesque  condunt  aquae,  sicat  Pnteolos  in 
Campania,  Statiellss  in  Lignria,  Sextias  in  Narbonensi  provincia.  Ebenso 
wurde  im  Mittelalter  eine  Reihe  von  Abteien  und  Klöstern  z.  B.  in  Frankreich 
an  ehedem  heiligen  Quellen  begründet  und  darnach  benannt:  vgl.  B.  M«  Lersch 
Geschichte  der  Balneologie,  Hydroposie  und  Pegologie  (Wfirzburg  1863)  S.  17, 
der  S.  68  mit  Recht  darauf  hinweisend  sagt:  »»Wie  viele  Ortschaften  wnrden 
noch  unter  römischer  Herrschaft  nach  ihren  Heilwässern  benannt!  Wie  viele 
tragen  noch  immer  im  Namen  die  Anzeige,  dass  sie  durch  Quellen  ausgezeich- 
net sindl  Man  denke  nur  an  die  Orte,  welche  Aix,  Baden,  Bath  heissen. 
Selbst  Grafschaften  und  ein  Königreich  sind  so  benannt.  In  deutschen  Orts* 
namen  deutet  die.  Endung  „ach*'  auf  die  Gegenwart  von  Wasser." 

1 


^ 


_     2     - 

dieser  erklärenden  Beisätze  zu  Aquae  erhält  weiter  durch  das  nomen 
gentilicium^  wie  Sextiae^  Aureliao,  Flaviae^  Domitianae,  eine  Beziehung 
auf  die  Namen  der  ersten  Gründer  und  Stifter  von  Niederlassungen 
bei  denselben.  Eine  vierte  Classe  dieser  Beisätze  endlich  deutet 
entweder  auf  mythologische  Bezüge^  wie  bei  den  italischen  Aquae 
Apollinares^  oder  ist  ihrer  Bedeutung  nach  mehr  oder  weniger  dunkel 
und  uns  unverständlich^  wie  Aquae  Balissae^  Labanae^  Labodes; 
Aravenae,  Tatelae,  Albulae^  Voconae.  Die  Mehrzahl  dieser  letztem 
nennt  das  unter  dem  Namen  der  Tabula  Peutingeriana  überkonmiene 
Itinerarium  fast  allein  nur,  und  es  wird  sich  weiterhin  zeigen ,  dass 
auch  grade  sie  noch  einige  andere  als  Aquae  bezeichnete  Orts- 
namen allein  überliefert  hat,  welche  in  mythologischer  Hinsicht 
die  bedeutsamsten  Einblicke  in  den  Cultus  der  Heilquellen  und  Mi- 
neralbäder, namentlich  bei  den  Kelten,  gestatten:  eine  Ueberliefe- 
rung,  welche  die  hohe  Wichtigkeit  der  Tab.  Peuting.  auch  von  die- 
sem bis  jetzt  noch  gar  nicht  gewürdigten  mythologischen  Standpunkte 
aus  aufs  Neue  darthut.  Es  findet  sich  auf  dieser  Tafel  nämlich 
ausser  jenen  adjektivischen  Beisätzen  zu  Aquae  eine  wenn  auch 
kleine  Anzahl  solcher,  welche  in  dem  Genitiv  eines  S  übst  an  tivums 
bestehen:  es  sind  die  Aquae  Originis,  A.  Passeris  (Martial  VI, 
42,  6  =  A.  Passerianae  bei  Orelli-Henzen  6634),  A.  Tauri  (Tab. 
Peuting.  segm.  IV.  F.  ed.Scheyb)  und  A.  Casaris  (d.  h.  wol  Caesaris 
ebendort  segm.  HI.  F.),  deren  Beinamen  auf  verschiedene  mehr  oder 
weniger  bekannte  Anlässe  und  Ausgangspunkte  zurückweisen,  die 
hier  nicht  näher  betrachtet  werden  können.  Wichtig  imd  bedeutsam 
ist  nun  aber,  dass  ausser  diesen  unzweifelhaft  römischen  Benen- 
nungen eine  weitere  Anzahl  ebenso  unzweifelhaft  keltischer  Bei- 
namen von  Aquae  in  den  Itinerarien,  insbesondere  Wieder  in  der 
Tab.  Peuting.,  überliefert  ist,  welche  sich  als  Genetive  der  Namen 
von  Gottheiten  herausstellen,  denen  die  Heilquellen  selbst  gewid- 
met und  heilig  waren.  Wiewohl  nändich  bei  einer  grossen  Anzahl 
dieser  heilkräftigen  Quellen  zahlreiche  Votivinschriften  bezeugen, 
dass  die  Bömer  bei  der  dauernden  Besitznahme  der  Keltenländer 
ihre  Quell-  und  Heilgottheiten,  wie  die  Nymphae,  Apollo,  Aescula- 
pius,  Hygia  und  Hercules,,  an  die  Stelle  der  einheimischen  setzten, 
so  haben  sich  doch  letztere  —  sowohl  männliche  als  weibliche  — 
vielfach  neben  und  trotz  jenen  erhalten  und  in  dem  Cultus  der  Sieger 
und  der  Besiegten  fortgelebt  ^. 


2  Vgl.  Cic.  nat.  D.  III.  20:  ergo  et  flumina  et  fontes  sunt  dii;  Plin.  H.  N. 
X2XI,  2:  aquae  aagent  nameram  deorum  nominibus  variis. 


-     3     - 
A.  Miniüiche  Qoell-  uad  BadegoUkeiten. 

Was  zunächst  die  männlichen  Quell-  und  Badegottheiten  aui 
keltischem  Gebiete  angeht  ^  so  lassen  sich  unter  ihnen  einestHeils 
solche  unterscheiden,  welche  durch  eine  weitere  Verbreitung  mehr 
oder  weniger  den  Charakter  allgemeiner  und  gemeinsamer 
Götter  annehmen,  andemtheils  solche,  die,  wie  es  scheint,  fast  nur 
mehr  1  o  c  a  1  einzelnen  bestimmten  Quellen  und  Bädern  zukommen. 
Zahlreiche  inschriftliche  Zeugnisse  nennen  uns  diese  Gottheiten 
entweder  inuner  allein  oder  abwechselnd  theik  mit  einer  homogenen 
römischen  identifizirt,  theils  auch  ohne  diese  Zusammenstellung. 
Die  römische  Gottheit  aber,  welche  solchergestalt  mit  den  sowohl 
mehr  allgemeinen,  als  auch  den  besondern  localen  kellischen  Bade- 
gottheiten identifizirt  zu  werden  pflegt,  ist  immer  nur  eine  und  die- 
selbe, nämlich  Apollo.  Der  Grund  dieser  Erscheinung  liegt  nahe. 
Schon  Caesar  (b.  g.  VI,  17)  fand  unter  den  Hauptgottheiten  der 
Gallier  einen  vor,  welchen  er  als  den  vorzugsweisen  Heilgott  der- 
selben charakterisirt  uud  geradezu  so  mit  dem  römischen  Apollo 
identifizirt,  wie  er  den  gallischen  Teutates  durch  Mercurius,  den 
Esus  oder  wahrscheinlicher  den  Camulus  durch  Mars,  den  Taranis 
durch  Juppiter,  die  Belisama  durch  Minerva  wiedergibt:  in  gleicher 
Weise  entsprach  sein  Apollo  dem  keltischen  Bei  onus.  Wiewohl 
dieser  nämlich  sowohl  als  Sonnengott  wie  als  Orakelspender  dem 
römischen  Apollo  vergleichbar  war  und  daher  auch  nach  ausdrück- 
lichen Zeugnissen  der  Alten  von  seinen  Verehrern  mit  diesem  iden- 
tificirt  wurde,  so  trifi*t  doch  auch  das  bei  Caesar  vom  Apollo  bemerkte 
(Apollinem  morbos  depellere)  auf  ihn  genau  zu,  da  auch  er,  wie  alle 
übrigen  mit  Apollo  zusammengestellten  gallischen  Götter,  besoaders 
als  Heiig  Ott  verehrt  erscheint  Zwei  Inschriften  (Grut  p.  73,  3] 
44,4)  bezeugen  nämlich  den  Belenus  als  Heil  quell  eng  Ott  (Föns) 
und  es  sind  solche  ihm  geweihte  Heilquellen  und  Tempel  ebenso 
nachgewiesen,  wie  es  ausgemacht  ist,  dass  man  die  göttliche  Heil- 
thätigkeit  der  mit  Apollo  identifizirten  allgemeinen  und  localen  Gott- 
heiten ganz  besonders  in  der  mit  dem  wohlthätigen  Einflüsse  der 
Sonnenwärme  verbunden  gedachten  Einwirkung  der  heissen  und 
mineralischen  Quellen  sich  äussern  uud  hervortreten  zu  sehen  glaubte  ^. 
Es  ist  daher  auch  nur  dem  Zufalle  zuzuschreiben,  dass  einige  unter 
den  localen  Badegottheiten  der  Kelten  auf  ihren  Votivaltären  nicht 


3  Vgl.  Annalen  des  Vereins  für  Nassauische  Alterthnmskande  and  Oeschiohts- 
forscbong  IV.  S.  365-381  u.  Lorsch  S.  29.  33. 

1* 


_     4     - 

mit  Apollo  zusammengestellt  werden:  diejenigen  unter  ihnen^  welche 
bald  ohne;  bald  mit  ihm  in  den  Votivinschriften  identifizirt  erscheinen; 
beweisen  vielmehr^  dass  auch  jene  vorerwähnten  ohne  Zweifel  gleich- 
falls als  Apollines  bezeichnet  werden  konnten  und  wurden.  Ser- 
her gehört 

1.  Der  Schutz-  und  Badegott  des  alten  Luxovium;  des  noch 
heutO;  wie  im  Alterthume  und  Mittelalter  durch  seine  warmen  Mine- 
ralquellen bekannten  Luxeuil  in  der  Franche-Comt^^  welcher  auf  den 
ihm  gewidmeten  Votivinschriften  LuxoviuS;  Lixovius  oder 
Lissovius  genannt;  theil weise  auf  denselben  Denkmälern  mit  einer 
Brixia,  Briciazu  gemeinsamer  Verehrung  verbunden  ist,  welche 
Göttin  man  theils  zu  dem  nahen  Bache  Breuchin^  theils  zu  dem 
DorfeSaint-Bresson  bei  Luxeuil  in  Bezug  brachte  ^  Noch  die  ersten 
christlichen  Missionäre  fanden  dort  unter  den  Trümmern  der  in  den 
Stürmen  der  Völkerwanderung  untergegangenen  Badestadt  eine 
],densitas  imaginum  lapidearum^  d.  h.  doch  wol  eine  Menge 
noch  nicht  umgestürzter  Götterbilder  undVotivaltäre  aus  der  römischen 
Zeit  vor  *.    Weiter  gehört  hierher 

2.  der  Deus  Lixo;  der  Schutz-  und  Badegott  des  gleichfalls 
auch  heute  noch  als  Badeort  bekannten  Bagn^res -de-Luchon 
im  südwestlichen  Frankreich.  Vier  dortselbst  oder  in  der  Umgegend 
gefundene  Inschriften  bezeugen  seine  Verehrung^ 

3.  Von  demselben  sprachlichen  Stamme  wie  Lixo  scheint  auch 
des  Deus  Lexis  Namen  abgeleitet  zu  sein:  er  war  der  Schützer 
und  Vorsteher  der  am  Eingange  des  Thaies  von  Aran  in  den  Pyre- 
näen gelegenen  ^eaux  de  Lez/  über  welche  Ed.  Barry  unter  Zu- 
sammenstellung der  bezüglichen  Funde  ausführlich  gehandelt  hat  ^ : 
ausser  mehreren  den  Nymphae  dieser  Quellen  geweihten  Votivaltären 
hat  sich  auch  einer  mit  der  Widmung 

LEXI 

DEO 

C.SABI 

HORT.  F. 

gefunden.    Ebendahin  gehört  ferner 

*  Vgl.  Orelil  2024.  Rainguel  description  de  Luxeuil  p.  28.  Greppo 
Etndes  aar  les  eaux  min^rales  et  thermales  de  la  Gaule  (Paris  1846)  p.  123 
not.  2  u.  p.  126. 

s  Vit.  SS.  Columbani  et  Agili  in  den  Act.  SS.  Benedict.  II.,  12,  13,  317. 
vgl.  Grimm  Myth.  I.  S.  73.  99. 

6  Vgl.  Greppo  a.  a.  0.  p.  69|  n.  12.  Du  Möge  Archäologie  pyr^nöenne 
p.  212.  Orelli-Henzen  5897. 

»  Rev.  archöol.  1857  XIII,  2  p.  677-688. 


—     5     — 

4.  als  Hauptschatzgott  der  Stadt  wie  ihrer  berühmten  Quelle 
der  auch  auf  Münzen  verewigte  Dens  Nemausus  der  gallo -römi- 
sehen  Colonia  Augusta  Nemausus  Neptunia  Volcarum  Arecomiconmi; 
welche  in  der  Tab.  Peuting.  segm.  I.  F.  noch  mit  dem  alten^  spfiter, 
wie  es  scheint,  wieder  aufgetauchten  Namen  Nenniso  belegt  ist, 
heut  zu  Tage  Nim  es  im  südöstlichen  Frankreich.  Schon  Ausonius^ 
stellt  diese  Quelle  neben  die  unten  zu  erwähnende  Diyona  und  den 
Patavinischen  Aponus,  während  eine  nicht  geringe  Anzahl  grie- 
chischer und  römischer  Votivwidmungen  die  andauernde  Verehrung 
ihres  Gottes  bezeugt^. 

5.  Schliesslich  lässt  sich  hier  noch  eine  Gottheit  Ussubius  am- 
reihen,  welche  In  einer  Votivinschrift  aus  Mas  d'Agenaiß  (D^p.  de 
Lot-et^Garonne)  überliefert  ist.  Sowohl  die  Tab.  Peuting.  segm.  I.  A. 
nennt  einen  Ort  Vesubio,  als  auch  das  Itin.  Antonini  p,  220  ein 
UsBubium  auf  der  Strasse  von  Burdigala  nach  Argantomagus : 
die  zuletzt  genannte  Namensform  stimmt  genau  mit  der  Inschrift; 
selbst : 

TVTELAE  AVG 

VSSVBIO.LABBVM 

SILVmVS  SCI 

PIONIS.F.AN 

TISTES.D 

wobei   die  Widmung  eines   labrum  durch    einen  antistes  auf  einen 

Tempel    des  Gottes   und  Badgebäude   mit    Sicherheit   schliessen 

lässt  10. 

Wiewohl  alle  vorgenannten  Badegottheiten,  wie  schon  bemerkt, 
nirgends  mit  Apollo  identifizirt  oder  zusammengestellt  werden,  so 
kann  doch  kaum  bezweifelt  werden,  dass  dieses  bei  der  so  offen- 
kundig vorliegenden  Vermischung  gallischer  und  römischer  Glaubens- 
anschauungen geschehen  konnte  und  sicherlich  auch  geschehen  ist. 
Es  beweiset  dieses  die  zweite  Olasse  dieser  gallischen  Badegott- 
heiten, welche  entweder  gleichfalls  nur  an  und  für  sich  mit  blossem 
Namen  genannt  oder  zur  Bezeichnung  ihrer  göttlichen  Vorstandschaft 
mit  ihren  Heilquellen  (Aquae)  so  verbunden  werden,  dass  letztere 
ihnen  gradezu  zugeschrieben  und  nach  ihnen  benannt  sind.    Es  sind 


8  Nob.  urb.  XIV.  Bardigal.  93  ff. 

9  Vgl.  Orelli  1245.  2032.  4220.  Beines.  Synt.  inscript.  p.  848,  107. 
Maffei  Mus.  Veron.  p.  GOCCXIII,  3..  E.  Gerhardts  Archaeolog.  Anzeiger  1853. 
Nr.  50.  S.  297. 

10  YgL  Mömoires  de  la  soeiM  archöol.  da  midi  de  laFranoe  I.  p.  253—267. 


—     6     - 

ApoDUB,  Nerus,  NisineiaB  und  Bormo  oder  Boryo, 
nach  welchen  die  4hnen  zugehörigen  heilkräftigen  Quellen:  Aqnae 
Aponi,  Aquae  Neri,  Aquae  Nisiueii  und  Aquae  Bormonis  genannt 
werden.  Die  zuletzt  erwähnte  Gottheit  Bormo  oder  Borvo  konunt 
aber  auch  ausserdem  auf  einem  ihrer  Denkmäler  noch  als  Apollo 
Borvo  Tor^  so  dass  demnach  auch  ein  Kückschluss  auf  die  übrigen 
▼orhergenannten  Quellgötter  bezüglich  einer  gleichen  Identifizirung 
mit  dem  römischen  Gotte  wol  verstattet  ist^  zumal  auch  ein  bri- 
tannischer Dens  Maponus  gleichfalls  weiter  als  Apollo  Maponus 
inschriflilich  beglaubigt  ist^  wie  sich  unten  näher  zeigen  wird« 

,  6.  Aponus  —  Aquae  AponL  Die  heisse  Schwefelquelle  zu 
Abano  bei  Fadua  (Patavium:  daher  Aquae  Patairinae^  Patavinorum 
aquae  calidae  Plin.  N.  H.  U,  103)  war  sowohl  wegen  ihrer  heil- 
wirken  den,  als  auch  ihrer  weissagerischen  Kraft  bis  in  die 
spätesten  Zeiten  berühmt  und  wird  theils  einiach  Aponus^  theils 
nnmen  Aponi^  theils  fons  oder  fontes  Aponi^  theils  endlich 
auf  sieben  Inschriften  Aquae  Aponi  genannt ^^ 

7.  Nerus  —  Aquae  NerL  Auch  diesen  Badeort  nennt  nur 
allein  die  Tab.  Peuting.  segm.  I.  £.;  jedoch  ohne  Beisetzung  des  sonst 
bei  den  Aquae  sich  findenden  viereckigen  Gebäudes,  auf  der  Strasse 
von  Avaricum  (Bourges)  nach  Augustonemetum  (Clermont)  zwischen 
Mediolanum  (Chäteau-Meillant)  und  Cantilia  (Sidon.  Apollin.  epist. 
IV,  13;  wol  Chantelle-la-Vielle).  Sein  Namen  findet  sich  zunächst  auf 
folgendem  Bruchstücke  eines  zu  Alichamps  gefundenen  Meilensteins  ^^: 


FELICI.AVG.TEIB.P.COS.m 
P.P.PROCOS.AVAR.L.Xin 
MEDI.Xn.NEKI.XXV 
Demnach  hat  man  diesen  Namen  auf  das  noch  jetzt  durch  seine 
Quellen,   sowie  die  i.  J.  1820  erfolgte  Aufdeckung  römischer  Bade- 
substruktionen  (Dampfbäder,  ähnlich  den  zu  Aix  in  Savoyeu  biosge- 
legten), Statuen,    Säulen,  Kapitelle    und    anderer   architektonischen 
Ornamente  bekannt  gewordene  Neris-les   Bainsim  Departement 
de  TAllier  bezogen,   woselbst  auch  wie  in  vielen  andern  Badeorten 
eine  Bronzestatuette   der   Diana  ^^    gefunden  wurde,    über    welche 


11  Salatifer  Aponus  Gassiod.  Varr.  lectt.  2,  39.  Suet.  Tib.  14.  Aqboq.  a.a.  0. 
Lucan.  Phars.  VII,  202.  Claudian.  Idyll.  VI.  Orelli  1880.  Martial.  VI,  42,  6. 
Orelli  1643.  1644.  2620.  3011.  Maffei  Mob.  Veron.  p.  LXXXIX,  1.  Murat.  p.87,8 ;  12. 

^2  Caylas  Recueil  d'Antiq.  UL  p.  371  ff. 

13  Vgl.  Greppo  a«  a.  0.  p.  45—51.  Walckenaer  Göogr.  des  Gaules  I.  p.  372. 
HL  p.  66.  d*Anville  Notioe  de  rancienne  Gaule  p.  77. 


_     7     - 

Gottheit  als  VorBteherin  von  Bädern  unten  noch  Näheres  erwähnt 
ist.  Mit  Unrecht  und  ohne  allen  Grund  wollte  d'Anville  in  der 
Tab.  Peuting.  Aquae  Nerae  lesen,  was  wenigstens;  wie  schon  Greppo 
bemerkt,  Aquae  Neriae  heissen  müsste:  aber  auch  andere  theilweise 
erst  in  der  neueren  Zeit  ebendort  aufgefundene  Steinschriften  beweisen, 
dass  der  Quellgott  Nerus  und  danach  seine  Wasser  Aquae  Neri 
hiessen.  Ein  von  Greppo  *♦  angeführtes  Fragment  hat  NENNERIO 
—  OVH  —  VISSV;  eine  andere  ebendort  i.  J.  1796  gefundene,  jetzt 
j^dans  une  petite  villa  apell^e  les  Billoux^,  einige  Minuten  von  Neris 
aufbewahrte  Inschrift  lautet  nach  Greppo  p.  47: 

NVMINIBVS 
AVGVSTORVM 
ET  IVNONIBVS 
VICANI 
NERIOMAGIENSES 
während  de  Caumont  Bulletin  monumental  vol.  XXI  (1855)  p.  60 
in  der  letzten  Zeile  NEBIONACENSES  bietet,  welche  adjektivische 
Form  offenbar  auch  in  dem  obenerwähnten  Fragmente  NENNERIO — 
vorliegt:  es  hat  sich  also  gewiss  schon  in  uralter  Zeit  bei  den  dem 
Nerus  geweihten  Mineralquellen  eine  kleine  Ansiedlung  (vicus)  ge- 
bildet, deren  einheimische  Localvorsteherinnen,   die  bekannten  galli- 
schen Muttergottheiten,  Deae  Matres  oder  Matronae,  in  obiger  In- 
schrift   als    Junones    romanisirt    sind.    Weit  wichtiger   als   dieses 
Denkmal  ist  die  folgende  leider  fragmentirte  Aufschrift  einer  Tafel 
aus  weissem  Marmor  bei  Greppo  p.  58: 

.  ,  .  nNIB. AVG ET  NERI_ 

sn.EQVES.ER.nvm.n 

LVCn.IVniEQ.ESTRIS.FILn 

AS .  PORTICVS .  QVIBVS .  FONTES 

OMNIBVS  .  SVIS .  ORNAMENTIS 

weil  sie  neben  den  NVMINA  AVGVSTORVM  ausdrücklich  wiederum 
auch  das  NVMEN  NERI,  sowie  seine  fontes,  die  Säulenhallen  des 
Badegebäudes  und  dessen  architektonische  und  statuarische  Aus- 
schmückungen (ornamenta)  erwähnt.  Vier  Inschriften  liegen  dem- 
nach als  sprechende  Urkunden  des  Quell-  und  Badegottes  Nerus 
vor  und  bestätigen  evident  die  Richtigkeit  der  Ortsbezeichnung 
Aquae  Neri  in  der  Tab.  Peuting. 

1^  Greppo  p.  50  nach  Barailon  Recherches  bjit  rancienne  ville  romaine  de 
Kerls  (Paris  1806,  8)  p.  142  o.  58.  NERVS  hat  sich  als  Töpfemamen  auf  Stem- 
peln zu  London,  Paris  und  Ems  gefanden:  vgl.  Fröhner  Insc.  terr.  coct. 
vas.  n.  1863—85. 


—     8     — 

8.  Niflineiaft  —  Aqaae  NisineiL  Wie  die  Aqaae  Neri, 
so  sind  auch  diese  Aquae  einzig  und  allein  nur  durch  die  Tab. 
Peuting.  segm.  I.  C.  überliefert;  woselbst  sich^  auf.  der  Strasse  von 
Avaricum  (Bourges)  nach  Augustodunum  (Autun);  neben  dem  Namen 
auch  wieder  das  mehr  ei-wähnte  viereckige  Gebäude  angezeichnet 
findet:  übereinstimmend^^  nimmt  man  daher  Bourbon-Lancy 
(Saöne  et  Loire)  als  die  Aquae  Nisineii  an;  diese  können  aber 
nach  Analogie  der  übrigen  Aquae  nur  von  einem  Quellgotte  Nisi- 
nein»;  nicht  von  ^quelque  personnage  distingu^^  dieses  Namens,  wie 
Greppo  meint;  ihre  Namensbezeichnung  empfangen  haben.  Mit 
gleicher  Evidenz  bezieht  man  aber  auch  darauf  die  an  Constantin 
gerichteten  Worte  des  Eumenius  panegjr.  VI,  22  bezüglich  der 
3,aquae  calentes^  bei  den  Aeduem:  ^miraberis  profecto  illam  quoque 
numinis  tui  sedem  et  calentes  aquas  sine  ullo  solis  ardentis  in- 
dicio;  quarum  nulla  tristitia  est  saporis  aut  halitus;  sed  talis  haustu 
et  odore  sinceritas;  qualis  fontium  frigidorum.^  Das  numen  tuum 
ist  natürlich  Apollo,  wie  aus  Vergleichung  von  cap.  21  erhellt 
Es  lag  nahe  auch  den  heutigen  Namen  der  Stadt  auf  den  Namen 
des  Gottes  Nisineius  zurückzuführen:  d'Anville  leitet  das  FAnci 
von  dem  Namen  Ancellus,  Anceau  ab,  wie  er  auch  bei  dem  unten 
zu  erwähnenden  Bourbon-rArchambault  auf  einen  Erchembaldus  zu- 
rückgeht. Miliin  dagegen  1^  dem  Lancy  sofort  den  Namen  des 
Nisineius  zu  Grunde ,  zumal  der  Namen  der  Stadt  bei  älteren 
französischen  Autoren  theils  Bourbon  nensj,  theils  Bourbpn  —  Nansy 
lautet;  auch  Greppo  will  Nansy  aus  Nisineius  entstanden  wissen. 
Doch  dieses  Alles  bleibt  umsomehr  blosse  Vermuthung;  als  sicherlich 
auch  der  erste  Theil  des  modernen  Namens  von  dem  gleich  zu  er- 
wähnenden Gotte  Bormo  oder  Borvo  abgeleitet  ist. 

9.  Bormo  (Borvo)  —  Apollo  Borvo  —  Aquae  B.ormonis. 
Nicht  weniger  als  4  Badeorte  sind  es^  an  welche  sich  Namen  und 
Denkmäler  des  Gottes  Bormo  oder  Borvo  knüpfen.  Schon  darum 
allein  müsste  seine  mythologische  Bedeutung  als  eine  allgemeinere, 
auf  Wasser  und  Bäder  überhaupt  bezügliche  vermuthet  werden,  wenn 
auch  andere  diese  Vermuthung  evident  bestätigende  Momente  nicht 
vorlägen.  Es  begegnet  aber  der  dem  Worte  zu  Grunde  liegende 
Stamm  nicht  blos  in  Ortsnamen  vieler  zum  Theil  weit  von  einander 
liegenden  Gegenden,  sondern  es  liegt  dabei  auch  in  vielen  Fällen 
eine  Beziehung  auf  Wasser   oder  wasserreiches  Land  nahe  oder  ist 

<»  Vgl.  Valesius  Notitia  Gallianim  p.  104.  d'Anville  p.  78    Walckenaer  I. 
p.  872.  III.  p.  68.  Greppo  p.  51—59. 


•  >• 

•  T 


-     9     — 

leicht  nachzuweiseii.  Ganz  abgesehen  von  flo^fio^og  ist  den  Fran- 
zosen noch  jetzt  la  bourbe  eine  sumpfig- morastische  Niederung: 
eine  Beschaffenheit  des  Terrains^  auf  welche  sich  ohne  Zweifel  auch 
die  bei  anderer  Gelegenheit^*  näher  erörterten  Localnamen  Borma, 
Bormanum^  Bormani^  Lucus  Bormani  oder  Bormanae^  Bor- 
mana^  Borbitomagus  (Worms  in  einer  wasserreichen  Niederung  am  ^ 
Rhein);  das  heutige  Bormes  an  der  Küste  von  Südfrankreich^ 
sämmtlich  im  Gebiete  des  alten  Gallien  ebenso  beziehen  ^  wie  die 
Aquae  Bormiae*^,  das  heutige  Bormio  *®  am  Wormser  Joch  im 
Veltlin  und  das  makedonische  Worms  Bormissus  mit  dem  Grabe 
des  Euripides  in  der  Umgebung  zweier  Qu  eilen;  endlich  vielleicht 
auch  der  von  den  Nymphen  in  die  Fluthen  gezogene  und  alljährlich 
durch  feierliches  Todtenfest  beklagte  Mariandjnische  Wasserheros 
B^quoq,  Zu  allen  diesen  offenbar  von  demselben  Stamme  ausgegan- 
genen Local-  und  Personennamen  gesellt  sich  jetzt  auch  weiter  noch 
ein  hispanischer  Dens  Bormani cus  ^';  um  insbesondere  die  Zahl 
derjenigen  Ableitungen  zu  vervollständigen;  welche  dem  reinkeltischen 
Sprachgebiete  angehören  und  zur  Genüge  bezeugen;  dasS;  wie  oben 
bemerkt;  die  Bedeutung  auch  des  Bormo  oder  Borvo  die  mehr 
allgemeine  eines  Wassergottes  war;  die  dannwol  ihre  besondere 
Beziehung  auf  Mineralquellen  und  Heilbäder  erhielt  und  den  in  den 
Votivinschriften  begegnenden  Gott  namentlich  in  seiner  Identifizirung 
mit  Apollo  als  Badeheilgott  erkennen  lässt.  Die  vorerwähnten 
vier  Badeorte;  deren  moderne  Namen  noch  auf  diese  Gottheit  zu- 
rückweisen; sind  nun  aber  folgende: 

Bourbon  TArchambault  (Allier):  wiewohl  an  diesem  Orte 
bis  jetzt  gar  kdne  Votivaltäre  des  Bormo  (Borvo)  zu  Tage  getreten 
sind;  so  hat  man  doch  dort  die  Ueberreste  eines  römischen  Amphi- 
theaters; einer  Wasserleitung;  Bäder;  Ziegeln  von  der  Badeheizung  uilter 
einer;  wie  es  scheint;  verschwenderischen  Anwendung  von  Marmor  und 
Porphyr  gefunden.  So  sicher  es  aber  nur  dem  Zufalle  zuzuschreiben 
ist;  dass  bis  jetzt  keine  Denkmale  jener  Gottheit  daselbst  aufgefun- 
den wurden;  so  sicher  hat  dennoch  dieselbe  dem  Orte  seinen  Namen 
gegeben.  Dafür  zeugt  der  heutige  Namen  dieses*  Badeorts  nicht 
weniger  als  der  mittelalterliche   und  antike.     Sirmond^  führt  aus 


'  16  Vgl.  Bonner  Jahrb.  XXXIII.  XXXtV.  S.  15  ff. 
"  Cassiodor.  Varr.  lectt.  X,  29. 
1»  Lersch  a.  a.  0.  S.  166. 
'  19  Vgl.  Hübner  in  den  Monatsberichten  der  K.  Akad.  der  WisB.  zu  Berlin 

1861  S.  801  f. 

20  Sirmond  ad  Sidon.  not.  p.  48. 


—    10     - 

einem  alten  Chronisten  folgende  Stelle  an:  ^Äquitaniam  ingresaus 
quaedam  oppida  et  castella  manu  cepit,  in  quibus  praecipua  fuere 
Burbonium,  Cantillia;  Clanis  mons^:  hier  kann  sich  daß  Bur- 
bonium  nur  auf  unsern  Badeort  beziehen.  Dazu  kommt  endlich 
das  wichtige  Zeugniss  der  Tab.  Peuting.  segm.  I.  C.  mit  ihren 
„Aquae  Bormonis'',  eingeschrieben  wiederum  neben  einem  vier- 
eckigen Gebäude  auf  der  Strasse  von  Augustodunum  (Autun)  nach 
Avaricum  (Bourges)  zwischen  Suillia  oder  Sitillia  (Thiel)  und 
Degena  (D^cise):  einstimmig  haben  die  französischen  Archäologen** 
darin  Bourbon  -  TArchambault  erkannt  und  angenommen.  Weiter 
gehört  hierher 

Bourbon-Lancy:  in  diesem  schon  oben  bei  den  Aquae 
Nisineii  besprochenen  Badeorte  fanden  sich  drei  Votivinschriften, 
deren  zwei  unzweifelhaft  Borvoni  et  Damonae,  eine  Bormoni 
etDamonae  gewidmet  ist  *^.  Desselben  Badegottes  Verehrung 
beurkundet  ferner  auch  jetzt  noch  der  Namen  von 

Bourbonne  -  les -Bains  (Haute  Marne),  sowie  zwei  dort- 
selbst  zu  Tage  geförderte  Votivaltäre,  welche  Borvoni  et  Damo- 
nae  und  Deo  Apollini  Borvoni  et  Damonae,  demnach  also 
demselben  Götterpaare  gewidmet  sind  ^^.  Auch  diesen  Ort  wollte 
d 'An  vi  11  e  24  in  einem  der  mehr  erwähnten  viereckigen  Badegebäude 
der  Tab.  Peuting.  segm.  II.  A.  auf  der  Strasse  von  Andomatunum 
(Langres)  nach  Tullum  (Toul)  erkennen,  bei  welchen  kein  Na- 
men beigeschrieben  ist:  er  vermuthete  denmach,  dass  auch  hier 
ein  Ort  Aquae  Bormonis  d.  h.  eben  das  heutige  Bourbonne-les- 
Bains  gewesen  sei.  DaBs  zwei  Badeorte  nach  einer  Gottheit  be- 
nannt worden  seien,  hat  bei  der  allgemeinen  Bedeutung  des  Deus 
Bormo  nicht  allein  Nichts  auffallendes,  sondern  wird  sich  weiter 
auch  durch  ein  analoges  Beispiel  evident  bestätigen  lassen.  Endlich 
ist  die  Verehrung  des  Bormo  auch  durch  zwei  Inschriften  beglaubigt, 
welche  sich 

zu  Aix-les-Bains  in  Savojen  gefunden  haben.  Die  erste 
dieser  Inschriften  ist  ungenau  zuerst  vonAlbanis  de  Beaumont*^ 
also  mitgetheilt  worden: 


21  Vgl.  Valesius  Notit.  Gall.  p.l04.  a.  d'Anville  notice  p.  74.  Walckenaerl. 
p.  372.  ÜI.  p.  67.  Greppo  p.  25—27.  L.  Renier  annaaire  de  la  sooiötö  des  An- 
tiquaires  de  France,  1850,  p.  247. 

22  Greppo  p.  56  u.  57. 

23  Greppo  p.  28  u.  29.  Orelli-Henzen  5880. 
2*  Notice  p.  75. 

25  Description  des  Alpes  Grecqaes  et  OottienneB  pL  XIX,  9. 


—    n    — 

QVRMIVS 

CVIICVS 

BON VS . M 
etwas  besser  von  Greppo^*: 

GVLILIVS 

CVRICVS 
BOMV.V.S.L.M 
zuletzt  endlich  genauer  von  Allmer*^: 

CVLTIIVS 

CVTICVS 

BORVVSLM 

d.  h.  wol:  Gaius  Vettius  Cuticus  Bormoni  uti  voverat  solvit  lubens 

merito.    Ebenderselbe  theilt  dann  weiter  a.  u.  a.  O.  p.  7  auch  die 

zweite  dieser  Inschriften  folgendermassen  mit: 

M  LICIN  RVSO  BORM  VVSLM 
Wiewohl  unter  diesen  sieben  Votivinschriften  des  Bormo  oder 
Borvo  nur  eine  ist,  in  welcher,  wie  oben  schon  bemerkt,  dieser 
Gott  mit  Apollo  identifizirt  erscheint,  so  kann  dieses  doch  ebenso- 
wenig auffallen,  wie  die  danebenstehende  Thatsache,  dass  vier  die- 
ser Quell-  und  Badegottheiten  immer  nur  in  der  Zusammenstellung 
mit  Apollo  begegnen.  Dass  dieses  nur  dem  Zufalle  beizumessen  ist, 
welcher  bis  jetzt  noch  kein  inschriftliches  Zeugniss  an's  Tageslicht 
gefördert  hat,  das  diese  Götter  nur  mit  ihrem  einheimischen  Namen 
allein  aufwiese:  dafür  zeugen  zwei  Votivinschriften  eines  Dens 
Maponus,  welcher,  obgleich  Britannien  angehörig,  doch  füglich 
hier  eingereiht  werden  darf. 

10.  Maponus  —  Apollo  Maponus  —  Aquae  Maponi. 
Die  eine  dieser  Votivinschriften,  zu  Armthwaite  in  Cumberland  ge- 
funden, ist,  neben  den  Numina  Augustorum,  in  erster  Stelle  Deo 
Mapono,  die  andere  aus  Ribchester  aber  Deo  sancto  Apollini 
Mapono  gewidmet:  letztere  zeigt  auf  der  einen  Seite  den  Apollo 
mit  der  Leier,  auf  den  beiden  andern  weibliche  Gestalten  mit  Blumen- 
körbchen ^^.  Dass  aber  auch  dieser  locale  Apollo  Maponus  ein 
Quell-  und  Badegott  gewesen,  darauf  weiset,  wenn  nicht  Alles  trUgt, 


"  Öreppo  p.  156. 

27  Sar  deux  inscriptions  votives  en  rhonneur  de  la  d^esse  (II)  Bormo,  pro* 
tectrice,  ä  Föpoque  romaine,  des  eaaz  thermales  d*Aix  en  Savoie  et  sar  Föty- 
mologie  du  mot  BOVRBON.  Lyon  18ö9.  8.  p.  6. 

20  Vgl.  Gollingwood  Bruce  im  Archaeological  Journal  1855  p.  47.  p.  226. 
Britannia  Romana  ed.  Camden-Groagh  III  p.  378.  ed.  Camden-Gibson  II.  p.974. 
Tb.  Wright  the  Gelt,  the  Roman,  Ihe  Saxon  p.  268.  Orelli-Henzen  5900. 


—     12     — 

eine  in  diesem  Bezüge  unschätzbare  Notiz  des  Geographns  Ravennas  *^, 
welcher  unter  andern  britannischen  Oertem  auch  ein  jetzt  nicht  leicht 
mehr  näher  bestimmbares  Maponi  anfftihrt,  dessen  eigenthtimliche 
Form  einen  Genitiv  yermuthen  lasst^  bei  welchem  ein  zugehöriger 
Nominativ,  wie  öfter,  ausgefallen  ist:  dieser  Nominativ  dui-fte  aber 
kaum  ein  anderes  Wort  als  eben  ^Aquae'  gewesen  sein:  es  wären 
demnadi  auch  fUr  Apollo  Maponus  die  nach  ihm  benannten 
Aquae  Maponi  nachgewiesen« 

Was  nun  aber  jene  vorerwähnten  vier  Badegottheiten  angeht, 
welche  auf  Inschriften  .immer  nur  mit  Apollo  identifizirt  werden, 
so  sind  es  Apollo  Cobledulitavus,  Apollo  Grannus,  Apollo 
Livius  und  Apollo  Toutiorix,  von  denen  der  erste  dem  Südwest-' 
liehen  Frankreich,  die  übrigen  den  Rhein-  und  Mainlanden  angehören. 

11.  Apollo  Cobledulitavus:  seine  Heimath  ist  das  alte  Pe- 
trucorii,  jetzt  Perigueux  in  Südfrankreich;  wiewohl  man  dort 
selbst  nämlich  erst  in  neuerer  Zeit  die  Substruktionen  römischer 
Badeanlagen  aufdeckte,  so  war  doch  deren  einstige  Existenz  be- 
reits durch  folgende,  schon  seit  längerer  Zeit  aufgefundene,  jetzt  j^dans 
les  ruines  du  chateau  de  Barrifere^  aufbewahrte  Inschrift  beurkundet^: 


ET  DEO  APOLUNI 

COBLEDVLITAVO 

M .  POMPEIVS .  C .  POMP 

SANCTI  SACERDOT 
ARENSIS .  FIL .  QVIR .  LIB 
SACERDOS .  ARENSIS 
QVI  TEMPLVM  DEA . 
TVTELAE  ET  THERMA 
PVBLIC  .  VTRAQ .  Ol 
VETVSTAE  COLLAB 
SVA  PEGVNIA  REST 
V.S.L.M 
Diese  leider  fragmentirte  Inschrift  ist  nach  Anleitung  von  Zeile 
7.  8.  im  Anfange  DEAE  TVTELAE  zu  ergänzen:   eine  Gottheit, 
deren  Verehrung  durch  zahlreiche  Votivinschriften  aus  dem  südwest- 
lichen Frankreich  dokumentirt  ist;   ebenso  ist  Zeile  9  VTRAQ  .  Ol 
wol  einfach  in  VTRAQ  VE  zu  verbessern,  mit  welchem  Worte  das 
templum  der  Dea  Tutela  und  die  thermae  publicae  zusammen  bezeicfa- 


3>  p.  486,  20  ed.  Finder  n.  Psrthey. 

'0  Vgl.  Revae  des  sodötte  savantes  1868.  IV.  p.  106. 


-     13     — 

net  werden;  gleicherweise  ist  in  dem  angeblichen  VETVSTAE  von 
Zeüe  10  die  Verbindung  von  A  und  T  übersehen,  da  es  VETVSTATE 
heissen  muss.  Unerklärlich  bleibt  der  SACEKDOS  AEENSIS,  des- 
sen Würde  die  beiden  in  der  Inschrift  genannten  Pompejer^  Vater 
und  Sohn,  bekleideten;  mit  Abbe  Audierue  einen  sacerdos  Martis 
zu  verstehen,  ist  mehr  als  ^weifelhafl;.  Die  thermae  publicae  aber 
beziehen  sich  offenbar  auf  Apollo  Cobledulitavus,  welcher  ohne 
Zweifel  als  der  Quell-  und  Badegött  deren  Schutzgottheit  und  Vor- 
steher war. 

12.  Apollo  Grannus  —  Aquae  Granni.  Die  Bedeutung  die- 
ses weitverehrten  Heilgottes  erhellt  zunächst  aus  einer  Nachricht  des 
CassiusDio^^  über  die  Krankheit  des  Garacalla,  wdcher  während  der- 
selben verschiedene  Heilgötter  ohne  Erfolg  anrief,  darunter  auch  den 

Apollo    Grannus:  ^/d^  o  ^Anollwy   o  r^apvog  ov^'  o  UaxX^ntog  ov^  6 

2a^i%ig  »alntQ  noXld  fuv  InettiaavTi  etit^  fStj^ilfianf^ .  Zu  diesem  Zeug- 
nisse kommen  noch  siebz  ehn  meist  in  Süddeutschland  und  den  Rhein- 
landen, einzeln  auch  in  Kom,  Siebenbürgen  und  dem  Grabe  eines 
normannischen  Häuptlings  am  Mälarsee  in  Schweden  aufgeAmdene 
Votivinschriften««,  welche  APOLLINI  GBANNO  gewidmet  sind:  auf 
einigen  derselben  ist  er  zugleich  mit  den  NYMPHAE,  der  HYGIA  und 
einer  gleichfalls  keltischen  DEA  SQtONA^  zusammengestellt,  wodurch 
einerseits  für  ihn  selbst  auch  die  Bedeutung  als  Heilgott  und  zwar 
insbesondere  durch  Heilquellen  bestätigt,  andererseits  auch  das  Wesen 
seiner  zuletzterwähnten  göttlichen  Begleiterin  vermuthungsweise  näher 
festgestellt  werden  kann.  Schon  die  bemerkenswerthe  Thai»ache, 
dass  die  bei  weitem  grössere  Anzahl  dieser  Votivinschriften  das  Rhein- 
land 9um  Fundgebiete  hat,  weiset  darauf  hin,  dass  die  „Aquae 
Granni^  ebendort  gesucht  werden  müssen,  ^  und  man  hat  daher 
längst  schon  dieselben  in  den  Heilquellen  von  Aachen  mit  um  so 
grösserem  Rechte  wiedergefunden,  als  ihr  Namen  fast  unverändert 
in  derselben  Form  durch  das  ganze  Mittelalter  fortgelebt  hat^.  Die 
reiche  Urkundensammlung  des  Niederrheins  von  Lacomblet  ent- 
hält im  ersten  Bande  ^e  zahlreiche  Menge  von  Dokumenten  aus 
dem  IX.  bis  XII.  Jahrhunderte,  unter  welchen  nur  drei  in  der 
Subscription  als  Ort  der  Ausstellung  „Aquis^^  schlechthin  aufweisen; 
eine  hat  „apud  Aquis  granum^^,    eine  andere  „in  aquis  gra- 


31  Lib.  LXXVn,  15  vol.  IL  p.  413  ed.  I.Bekker. 

32  Vgl.  OrelU-Henzen  Ind.  s.  v.  p.  23. 

'3  Vgl.  Yalesins  Notit.  Gall.  p.  28.  Eckhart  de  Apollhie  Granne  in  Euchen- 
beckeri  Analeet.  Hassiac.  Marburg  1728.  collect.  III.  n.  XI.  p.  220—244.  Bimard 
diatrib.  ad  Murat  col.  59.  Greppo  p.  159—161. 


—     14     — 

nensi  palatio^^^  die  weitaus  grössere  Anzahl  (16)  bietet  ^^Aquis 
Grani*%  theils  in  einem;  theils  in  zwei  Wörtern  geschrieben; 
ebenso  hat  auch  Einhard  in  seiner  Vita  Caroli  M.;  während 
eine  von  Fröhner^^  mitgetheilte  mittelalterliche  Hofdichtung 
.,ad  Aquas  Orani'^  anAihrt  Man  ersieht  aus  allen  diesen 
Erwähnungen^  dass,  wenn  irgendwo^  grade  dort  sich  der  römische 
Namen  ^^Aquae  Granni^'  lange  erhalten  hat;  wenn  auch  die  Form 
Aquis  granum  (eine  an  sich  ungeheuerliche  Wortbildung!)  da^ 
rauf  hinweiset;  dass  die  ursprüngliche  mythologische  Bedeutung  und 
Beziehung  des  ,;Grannus"  völlig  verloren  ging;  wie  auch  die  Schrei- 
bung des  ;;Grani'^  mit  einem  N  bezeugt  Wie. in  vielen  analogen 
Fällen  ^  schon  im  Alterthume  geschah,  liess  man  allmählig  den  Zu- 
satz;;  Granu  i'^  ganz  fallen;  wonach  sodann  aus  dem  übrig  bleibenden 
;;Aquae^'  das  deutsche  Aachen  und  das  französische  Aix  wurde; 
welchem  letztem  sodann  theils  wol  zur  Unterscheidung  von  dem  pro- 
ven^alischen  und  savojschen  AiX;  theils  vielleicht  auch  zur  Bezeich- 
nung der  religiös-kirchlichen  Bedeutung  der  Stadt  —  und  wie  zum 
Gegensatz  gegen  den  heidnischen;; Graun us^'  —  noch  das  charak- 
teristische ;;la  Chapelle^'  hinzugefügt  wurde. 

13.  Apollo  Livius.  Demselben  Rheingebiete  gehört  weiter 
auch  der  auf  einer  Votivinschrift  aus  IKetkirchen  bei  Bonn  zu  Tage 
getretene  ApolloLivius  an^.  Der  anscheinend  römische  Beinamen 
Livius  darf  hier  nicht  befremden:  auch  Zeuss^'  weiset  nach;  dass 
dieser  angeblich  römische  Namen  keltischer  Abstanmiung  sei :  Plinius 
H.  N.  III;  4  erwähnt  eine  Stadt  Glanum  Li  vi,  ein  pagus  Livius 
findet  sich  auf  einer  Inschrif);  aus  Brescia,  eine  Frau  Cracca  Livo- 
nis  filia  ist  gleichfalls  inschriftlich  beglaubigt^:  lauter  unzweifelhaft 
keltische  Personen-  und  Ortsnamen.  Eckhart ^^  bezieht  den  Apollo 
Livius  auf  den  zwischen  Kaisers werder  und  Ordingen  auf  dem 
linken  Bheinufer  liegenden  Ort  Linne:  wiewohl'  dieses  nur  Vermu- 
thung  ist;  so  liegt  doch  die  Annahme  sehr  nahe,  dass  ApolloLivius 
der  göttliche  Vorsteher  einer  der  zahlreichen  kleineren  Mineral-  und 
Heilquellen  Bheinpreussens  gewesen  ist,  welche  schon  den  Bömem 
bekannt  waren. 


^^  Vgl.  Haupts  Zeitschrift  f.  deutsches  Alterthnm.  XL  S.  Iti. 
3*  Vffl.  Annalen  des  NaBsau'schen  Vereins  VII,  1.  S.  122. 
36  Vgl.  Hüpach  Epigr.  p.  6  n.  12.    Orelli  2021. 
3»  Gram.  Celt.  p.  24. 

38  Octavio  Rossi  Le  Memorie  Bresciane  ed.  Vinaccesi  p.  233  n.  16.  Murat. 
p.  77, 16.  Orelli  4901. 

39  de  Apolline  Granne  a.  a.  0.  p.  225. 


—     15     — 

14  Apollo  Toutiorix.  Wie  die  ;;Aquae  Granni"  haben 
Bicherlich  auch  die  heissen  Quellen  des  heutigen  Wiesbaden  eine 
der  ersten  Stellen  unter  den  von  den  Römern  b^i^^tzten  Heilquellen 
der  beiden  Germanien  eingenommen^  und  es  wäre  auffallend^  wenn 
uns  nicht  auch  über  die  Localgottheit  derselben  irgend  ein  Zeug- 
niss  überkommen  wäre.  Bekanntlich  erwähnt  zuerst  Plinius  N.  H. 
.XXXI;2, 17  die  ,,fontescaliditransIUienum^^zu  ^Mattiacum  inGeiv 
mania^;  welcher  Ort  ^offenbar  mit  dem  Mamanov  des  Ptolemaeus  II, 
11;  29  und  dem  heutigen  Wi  esbaden  identisch  ist^.  Wenn  nun  auch 
Ammianus  Marcellinus  XXIX,  4  dieselben  Quellen  j^Aquae  Mat- 
tiacae^  nennt,  so  haben  beide  Zeugnisse  zunächst  nur  die  Benen- 
nung der  Quellen  nach  der  sie  umwohnenden  Völkerschaft  der  Mat- 
tiaci  im  Auge:  sowie  aber  z.  B.  die  Aquae  Patavinae  als  identisch 
erkannt  wurden  mit  ,, Aquae  Aponi^,  so  darf  auch  wol  auf  eine 
analoge  Schutzgottheit  für  die  heissen  Quellen  des  alten  Mattiacum 
geschlossen  werden.  Und  in  der  That  wurde  schon  i.  J.  17^4  bei 
der  Fundamentirung  des  Gasthauses  zum  Schützenhof  in  Wiesbaden 
selbst  eine  grosse  i.  J.  1852  von  da  ins  Museum  verbrachte  Votivinschrift 
aufgefunden;  welche  die  Gelübdeerfüllung  eines  Centurionen  der  VII. 
Legion  verewigt;  der  offenbar  in  den  Heilquellen  seine  Genesung  ge- 
funden hatte.  Dieser  höchst  wahrscheinlich  zwischen  den  Jahren  222 
bis  235  n.  Ohr.  gestiftete  Votivaltar  aber  ist  APOLLINI  TOVTIORIGI 
geweiht,  dem  einzigen  Apollo;  welcher;  unseres  WissenS;  auf  den  In- 
schriften des  römischen  Nassau  beg^net^«  Es  kann  wohl  kaum 
einem  Zweifel  unterliegen;  dass  dieser  einzig  dastehende  Apollo 
Toutiorix  als  Heilgott  und  sicherlich  als  Vorsteher  der  heilkräfti- 
gen Quellen  des  alten  Mattiacum  anzusehen  ist;  welche  demnach 
auch  wol  als  ^  Aquae  Toutiorigis^  bezeichnet  worden  sein  moch- 
teU;  wiewol  ein  ausdrückliches  Zeugniss  darüber  nicht  vorli^. 

B.  Weibliche  Quell-  und  Badfgottlieiteii. 

Neben  diese  männlichen  Quell-  und  Badegotäieiten  der  Kelten 
stellen  sieh  nun  aber  auch  eine  Anzahl  weiblicher;  ohne  dass  je- 
doch bei  diesen  eine  römische  Gottheit  nachgewiesen  werden  kanU; 
welche  mit  ihnen  so  identifizirt  worden  wäre;  wie  Apollo  mit  jenen. 
Der  Grund  dies^  Erscheinung  liegt  ganz  nahe:  es  finden  sich  näm- 
lich fast  an  allen   durch  Mineral-  und  Heilquellen   ausgezeichneten 


'^  Vgl.  Annalen  a.  a.  0.  S.  76,  138  f. 

«<  OrelU  2069*  Annalen  lY.  S.  375  n.  518  n.  48. 


-     16     - 

Orten  der  ehemaligen  Nordprovinzen  des  rdmischen  BeicheB  vom 
FuBBe  der  PTren&en  bis  an  den  Rhein  und  die  Donau  zahlreiche  Vo- 
tivaltäre  der  Nymphae:  diese  aber  waren  bei  den  Körnern  bekanntr 
lieh  die  eigentlichen  Vorsteherinnen  der  Quellen^  in  welchen  sie  ver- 
ehrt wurden;  eine  besondere  weibliche  Gottheit  gab  es  daher  bei 
ihnen  nicht;  welche  in  analoger  Weise,  wie  Apollo  mit  den  männ- 
lichen,  also  mit  den  weiblichen  Quell-  und  Badegottheiten  bei  der. 
Amalgamirung  keltischen  und  römischen  Glaubens  hätte  identifizirt 
werden  können.  Dazu  konunt,  dass  überhaupt  auch  die  nachweis- 
liche und  muthmassliche  Zahl  der  weiblichen  Gottheiten  dieser  Art 
nur  klein  ist  und  sich  im  Ganzen  auf  sechs  bis  sieben  beläuft.  Voran- 
zustellen ist 

1.  Segesta  —  Aquae  Segestae.  Zwei  an  verschiedenen 
Stellen  der  Tab.  Peuting.  neben  das  mehrerwähnte  viereckige  Ge- 
bäude eingezeichnete  Namen  von  Badeorten  sind  offenbar  von  einer 
und  derselben  Gottheit  abgelötet,  welche  gleich  dem  Bormo  und 
der  unten  näher  zu  besprechenden  Sirona  eine  allgemeinere 
Bedeutung  gehabt  haben  muss.  Einerseits  nämlich  führt  die  Tab. 
Peuting.  segm.  I.  F.  einen  Ort  ^ Aquae  Segete^  im  Gebiete  der 
Segusiavi  auf,  welchen  man  jetzt  gemeinlich  in  Moind  bei  Mont- 
brison  sucht  ^^;  andererseits  findet  sich  ebendort  segm.  I.  C.  im  Ge- 
biete der  Senones  gleichfalls  ein  Bad  ^ Aquae  Segestae^  einge- 
zeichnet, welches  man  in  Montbouis  zwischen  Chätillon-sur-Loing 
und  Montargis  wiederzufinden  meint  ^'.  Es  kann  keinem  Zweifel 
unterliegen,  dass  diese  Badegottheit  Segesta  (denn  also  ist  an 
beiden  Stellen  der  Tab.  Peuting.  zu  lesen)  gar  Nichts  mit  der  römi- 
schen Segetia^  oder  Seia  oder  Segesta^  als  die  zufällige  Na- 
mensidentität gemein  hat,  sondern  vielmehr  als  eine  einheimische 
gallische  Göttin  anzusehen  ist  Plinius  N.  H.  III,  5  und  19  erwähnt 
Städte  des  Namens  Segesta  aus  dem  Gebiete  der  Ligurischen  Ti- 
guUi  und  der  keltischen  Cami:  in  letzterer  Stelle  ist  nämlich  Se- 
gesta statt  der  Vulgate  Segeste  aus  dem  trefilicheh  Parisinus  A  (6796) 
ohne  Bedenken  in  den  Text  aufzunehmen.  Dazu  kann  noch  Se- 
gestica  als  Namen  einer  durch  den  Zusammenfluss  des  Savus  und 
der  Colapis  gebildeten  Insel  aus  demselben  Schrifteteller  EU,  25,  28 


^2  Vgl.  Forbiger  Hdbch.  d.  a.  Geogr.  III.  S.  210.  Ang.  Bernard  descriptioB 
du  paya  des  Segusiaves,  Lyon  1858)  p.  94. 
♦s  Greppo  p.  71-86. 

^  Vgl.  Augnstin.  Civ.  Del.  IV,  8,  25  vol.  I.  p.  146  ed.  Strange. 
«  Vgl.  Plin.  N.  H.  XVIII,  2. 


—     i7     — 

geftigt  werden.  Der  Segesta  reiht  sich  zunächst  eine  britannische 
Quell-  und  Badgottheit  an^  da  bei  ihr.  genau  dasselbe  Verhältniss  ob- 
waltet;  wie  bei  dem  oben  mit  aufgeführten  britannischen  Apollo  Ma- 
ponus:  diese  Gottheit  ist 

2.  Sulis  —  Sulis  Minerva  —  Aquae  Sulis.  Das  Itine- 
rarium  Antonini^  führt  nämlich  einen  Ort  auf^  welcher  in  der  ge- 
wöhnlichen Lesung  mit  ^Aquis  Solis^  bezeichnet  wird.  Während 
Ptolemaeos^^  ihn  einfach  vdata  i^s^fiu,  aquae  ealidaC;  nennt^undman 
denselben  längst  in  dem  heutigen  durch  seine  heissen  Quellen^  wie 
durch  seine  zahlreichen  römischen  Alterthümer  bekannten  Badeort 
Bath  erkannt  hat,  stand  die  unverfUschte  Schreibung  seines  Namens 
noch  nicht  fest.  Da  unter  den  Handschriften  des  Itin.  Anton,  die 
zweite  Hand  des  dem  VIH  Jahrhunderte  angehörigen  codex  Vindo- 
bonensis  (L)  und  der  mit  ihm  eng  verwundte  Remensis  (I:  praefat. 
p.  XVII),  sowie  der  mit  ihm  meist  tibereinstimmende  Vaticanus  1883 
(N:  praefat  p.  XX)  jedoch  „Aquis  Sulis^  bieten,  so  ist  bereits 
von  E.  Hühner^®  auf  diese' Leseart  als  die  allein  richtige  hingewie- 
sen worden,  zumal  nun,  auch  die  inschriftlichen  Zeugnisse  die- 
selbe evident  und  überraschend  bestätigen.  Ganz  abgesehen  davon, 
dass,  wie  Hübner  bemerkt,  „Aquae  Solis^  schon  mythologisch  ganz 
unwahrscheinlich  ist  (denn  die  ^quae  Apollinares^  bei  Vicarello  in 
Italien  können  bei  der  ganz  verschiedenen  Beziehung  des  Apollini- 
schen bei  ihi er  Benennung  gar  nicht  verglichen  werden):  liegen  näm- 
lich sechs  inschriftliche  Votivwidmungen  aus  Bath  vor,  von  denen 
drei  einer  DEA  SVLIS  (denn  also  lautet  der  Nominativ  zu  dem 
gleichlautenden  Genitiv  und  dem  Dativ  SVLI  dieser  Inschriften) 
schlechthin,  drei  andere  aber  einer  DEA  SVLIS  MINERVA  ge- 
weiht sind^':  der  englische  AlterthumsforscherLysons^  hat  daher,  wie 
Hübner  bemerkt,  den  Namen  der  Göttin  mit  den  ,, Aquae  Sulis^ 
zusammengestellt  und  allerlei  etymologische  Versuche  daran  geknüpft. 
Dass  es  dieser  nicht  bedarf,  erheUt  aus  unserer  ganzen  Erörterung, 
wonach  einerseits  bei  der  evidenten  Uebereinstiinmung  der  besten 
handschriftlichen  und  inschriftlichen  Urkunden  über  den  Namen  der 
„Aquae  Sulis^  ebensowenig  Zwdfel  mehr  sein  kann,  wie  anderer- 


«  p.  486,. 3  ed.  Wesseling;  p.  233  ed.  Pinder  u.  Parthey. 

47  p.  73,  16  ed.  Tanchnitz. 

^  Rhein.  Mus.  f.  Phüol.  N.  F.  XIV  S.  349. 

49  Lysons  Reliquiae  Britannico-Komanae  (London  1813.  fol.)  vol.  I.  Tab.  X, 
1,  2,  3,  4;  Tab.  VI,  6;  XIU,  2.  Orelli  2052.  OrelH-Henzen  5914. 

50  Lysons  vol.  I.  p.  9.  not.  c. 


-     18    - 

seitB  darüber;  daM  jene  ^Aqaae'  ganz  und  gar  nach  Analogie  der 
meüten  rorerwähnten  Badeorte  ebendiesen  ihren  Namen  von  ihrer 
einheimischen  keltischen  Sehntegottheit  erhalten  haben.  Oans  beson- 
ders bemerkenswerth  ist  nun  aber  die  Identifimrung  denelben  mit 
der  römischen  Minerya,  wie  sie  in  drei  Inschriften  klar  yorliegt. 
Es  würde  hier  zu  weit  führen,  das  Wesen  der  keltischen  Belisama, 
welche  die  Bömer  wol  zunächst  mit  ihrer  Minerva  identifizirten, 
sowie  anderweitige  Identifizirungen  keltischer  Göttinnen  mit  ebender- 
selben^  insbesondere  mit  Rücksicht  auf  Caesar  b.  g.  VI,  17,  näher 
zu  erörtern;  eine  bemerkenswerthe  Thatsache  dagegen  darf  nicht 
übersehen  werden,  das  unzweideutige  Zeugniss  nämlich,  welches  da- 
rüber vorliegt;  dass,  bei  dem  allmähligen  Untergange  der  alten  kel- 
tischen Götterwelt  und  dem  vollständigen  Siege  der  Götter  Roms, 
auch  in  Bath  die  einheimische  Sulis  zuletzt  ganz  und  gar  der  ro- 
mischen Minerva  gewichen  ist,  unter  deren  Schutz  sodann  alle  jene 
Heilquellen  kamen.  Es  berichtet  nämlich  C.  Julius  Solinus^  bei  sei- 
ner Beschreibung  Britauniens:  ,,CircuitUB  Britanniae  quadragies  oc- 
ties  septuaginta  quinque  milia  (passuum)  sunt  In  quo  spatio  magna 
et  multa  flumina,  fönt  es  calidi  opiparo  exculti  apparatu  ad  usus 
mortalium:  quibus*  fontibus  praesul  est  Minervae  numen, 
in  cuius  aede  perpetui  igues  numquam  canescunt  in  favillas,  sed  ^bi 
ignis  tabuit,  vertit  in  globos  sazeos.^  Die  zuletzt  erwähnte  Thatsache 
von  einem  ewigen  Feuer  scheint  auch  einem  Chronisten  des  14.  Jahr- 
hunderts bekannt  gewesen  zu  sein,  welcher  dasselbe  in  einen  dem 
Apollo  und  der  Minerva  geheiligten  Tempel  versetaf .  Ueberhaupt 
dauerte  die  Bedeutung  und  Frequenz  des  Badeorts  Bath  sicherlich 
unter  lebendiger  Bewahrung  der  lokalen  Traditionen  durch  das  ganze 
Mittelalter  fort^  wie  ausser  den  mannigfachen  Restaurationen  der  dor- 
tigen Thermen  von  geistlicher  und  weltlicher  Seite,  sowie  den  Bad- 
besuchen selbst  der  königlichen  Familie  ^  insbesondere  noch  ein  Be- 
richt aus  dem  Jahre  1671  mit  den  Worten  meldet:  „Illnc  omnis  ge- 
neris  omnisque  conditionis  viri  foeminaeque,  sanitatis,  imo  delitiarum 
causa  tota  ex  Britannia  confluunt.^^^ 

Auf  dieselbe  britannische  Dea  Sulis  bezieht  sich  vielleicht  auch 
ein  auf  der  Tab.  PeutiQg.  segm.  I.  A.  in  dem  Gebiete  der  Britannien 


"  G.  Julii  Solini  polyhistor  ed.  Salmas.  (Piinianae  fixerdtt.)»  Utrecht  1689, 
fol.  cap.  XXII.  p.  31.p.  114  f.  ed.  Th.  Mommsen. 
»  Lersch  a.  a.  0.  S.  29. 
.s3  Lersch  a.  a.  0.  S.  161  n.  165. 
^  Lersch  a.  a.  0.  S.  204. 


-    19    - 

ge^nüber  auf  der  Westküste  Frankreich  wohnenden  Veneti  einge- 
zeichneter Ort  Sulim^  welchen d'Anville**Suli8nenntund  Wale ke- 
naer**  nach  Hennebon  in  Morbihan  verlegt:  ein  Ort,  der  nach  Pa- 
tisBier'^  Mineralquellen  enthält ;  ob  aber  auch  römische)  Alterthümer; 
ist  nicht  bekannt.  Diesen  beiden  Gtöttinnen  reihen  sich  am  besten 
zwei  schon  genannte  göttliche  Begleiterinnen  des  ApoOo  an. 

3.  Damona:  sowohl  auf  den  beiden  zu  Bourbonne-les-Bains  als 
den  drei  zu  Bourbon-Lancy  gefundenen  Votivaltären  des  Bormo  oder 
Borvo  ist  diese  Göttin  mit  Ap^ollo  zu  einem  Qötterpaare  verbunden, 
so  dass  wol  aus  der  Natur  und  dem  Wesen  ihres  (Begleiters  auf  ihr 
eigenes  Wesen  ein  Schluss  erlaubt  ist,  wie  dieses  auch  bei  andern 
ähnlichen  Götterpaaren  aus  der  römisch-keltischen  Mythologie  nahe- 
gelegt ist.  Bemerkenswerth  ist  bei  diesen  Votivinscbrifien  no'ch,  dass 
eine  derselben  einen  G,  Daminius  Ferox,  civis  Lingonus,  zum 
Stifker  hat,  dessen  Namen  so  sehr  an  den  der  Damona  anklingt, 
dass  eine  Art  besonderen  Namenspatronatsverhältnisses  vorzuliegen 
scheint  ^^.  Derselbe  Wortstamm  liegt  übrigens  offenbar  audi  den 
keltischen  Personennamen  Dama,  Damo  und  Damio  zu  Grunde ^^ 

4.  Sirona.  Wie  Damona  mit  (Apollo)  Bormo  oder  Borvo,  so 
ist  auch  Sirona  auf  vier  der  obenerwähnten  Volivaltäire  des 
Apollo  Grannus  mit  diesem  zu  einem  Götterpaare  verbunden  und 
darf  desshalb  wol  ebenfalls  als  eine  wohlthätige  Heil-  und  Quellgott- 
heit  angesehen  werden.  Bestätigt  wird  dieses  ganz  besonders  durch 
eine  vor  nicht  langer  Zeit  in  dem  obenerwähnten  Badeort  Luxeuil 
(Luxovium)  aufgefundene  Votivinschrifk,  welche  ebenso  wie  eine  an- 
dere von  der  unten  zu  erwähnenden  Quelle  beiNiersteiu;  vielleicht 
auch  eine  dritte  aus  Graulx  bei  Soulosse  in  Frankreich,  nur  dem 
Apollo  allein  ohne  weitere B^amen  und  der  Sirona  gewidmet  ist: 
auch  diese  beiden  Fundstätten  und  diese  Zusammenstellung  der  Si- 
rona mit  dem  römischen  Heilgotte  kann  nur  die  jener  Göttin  beige- 
legte Bedeutung  bekräftigen.  Dass  aber,  wie  auch  wol  bei  der 
Damona,  diese  Bedeutung  weniger  eine  locale,  an  dne  bestimmte 
Heilquelle  vorzugsweise  geknüpfte,  sondern  vielmehr,  wie  bei  Bormo, 


»  Notice  p.  622« 

w  Ööogr.  m.  p.  58. 

^v  Manuel  des  eaoz  minörales  de  la  France  p.  557, 

5»  Vgl.  Orelli-Henzen  5880.  Zeitschrift  f.  d.  Alterthnmsw.  1845  S.  56  und 
1851  8.  119  ff. 

59  Vgl.  Wiener  Jhrb.  1846.  CXVI.  Anzbl.  S.  59.  Stuart  Gaiedonia  Romana 
tab.  y.  5  p.  192.  Overbeck  Katalog  des  Bonn.  Mus.  S.  73  n.  146.  Fabrett. 
p.  465,  96.  Ballet.  delF  inst  arch.  1848   p.  110.  Orelli  1658. 

2* 


—     20     — 

eine  allgemeinere  war;  dafbr  zeugen  überdiess  noch  sieben 
weitere  Votivinschriften^  welche  nicht  nur  der  Dea  Sirona  allein 
gewidmet  sind;  sondern  auch  durch  ihre  Auffindung  in  dem  weiten 
Gebiete  von  Bretten  in  Siebenbürgen  bis  lief  nach  Frankreich  hinein 
zugleich  genugsam  die  weite  Verbreitung  ihres  Cultus  und  damit 
sicherlich  auch  die  allgemeinere  Bedeutung  ihres  Wesens  beurkun- 
den^.   Der  Damona  und  Sirona  «chliesst  sich  zunächst  an  die 

5.  Divona^  jene  berühmte  Quelle   zu   Burdigala   (Bordeaux)^ 
welche  man  jetzt  in  der  Quelle  von  Fondaud^ge   zu  sehen  glaubt: 
bekannt  ist  das   hohe  Lob,  welches  ihr  Ausonius  gegen   Ende  des  « 
vierten  Jahrhunderts  spendet**: 

Salve  fons  ignote  ortu^  sacer,  ahnC;  perennis, 

Vitree^  glauce^  profunde^  sonore,  illinis^  opace; 

Salve  urbis  genius;  medico  potabilis  haustU; 

Di  von  a  Celtarum  lingua  fons  addite  Divis, 
und  an  Güte  über  die  Wasser  des  Aponus  und  Nemausus  stellt 
Burdigala  gehörte  bekanntlich  zu  dem  Gebiete  der  Bituriges  Vivisci, 
während  auch  die  Hauptstadt  der  Cadurci,  das  jetzige  GahorS;  gleich- 
falls Divona  hiess*^.  Ausser  den  vorgenannten  Quell-  und  Badegott- 
heiten lassen  sich  noch  einige  andere  Göttinnen  mit  fast  gleicher 
Sicherheit  demselben  mythologbchen  Kreise  einreihen.  Zuvörderst 
ist  aus  diesen 


«0  Vgl.  Bonner  Jahrb.  XX.  S.  108  f.  XXYII.  S.  80-82.  OrelU-Henzen  Ind. 
8.  V.  p.  38. 

"  Clar.  urb.  XIV,  29  ff. 

<>  Vgl.  Forbiger  a.  a.  0.  III.  S.  165.  Ghandmc  de  Crazannes  in  Rev  ar- 
ch6o].  1841  p.  165—170.  Greppo  p.  113  f.  Mit  Unrecht  verlegt  Lersch  a.a.O. 
S.  15  f.  die  Qnelle  Divona  nach  Bagnöres-de-Lnchon,  dessen  Badegottheit  Lixo 
oben  von  uns  nachgewiesen  wurde.  Zur  Divona  fons  mag  hier  noch  die  Ura 
fons  verglichen  werden,  welcher  ein  auf  dem  rechten  Ufer  der  Yidourle  bei 
der  alten  Stadt  Ambrussium  im  Garddeparrement  gefundener  Votivaltar  geweiht 
ist,  der  sich  jetzt  im  Museum  der  Stadt  I^imes  befindet  und  in  der  Mitte  der 
Vorderseite  einen  mit  der  patera  libirenden  verschleierten  Priester  zeigt,  ober- 
und  unterhalb  dessen  die  Inschrift 

AVGVST 

LARIBVS 

CVLTORES  VRAE 

FONTIS 

verthdlt  ist.  Diese  üra  fons  ist  bald  auf  die  Vidourle  selbst,  bald  auf  den 

Baoh  Etire,  dessen  Wasser  ehemals  mit  der  Quelle  Airan  nach  Nimes  geleitet 

waren,  bald  auf  die  fontaine  d*Urre  bei  Uzte  unweit  Nimes  gedeutet  worden: 

vgl.  Annales  encyclopediques  tom.  III.  (1818)  p.  271.  Greppo  p.  213.  Boissieu 

Insc.  de  Lyon  p.49  n.  XXXII.  Gomarmond  descript.  du  musöelapidaire  de  Lyon  p.351 

n.587  pl.IXn.587.  Catalogue du mus.d. Nimes p. 71. Annal.deir inst. arch.l8ö3. p.58. 


-     2i      — 

6.  A  c  i  o  n  n  a  henrorzuheben,  welcher  die  nachfolgende  VotiTin- 
Schrift  einer  quadratischen  Platte  gewidmet  ist,  die  bei  den  Ausgra- 
bungen der  Fontaine  de  l*Etuv^e  zu  Fleury  unweit  Orleans  zu  Tage 
gefördert  wurde  ••: 

AVG .  ACIONNAE 
SACRVM 

CAPILLVS  ILLIO 
MARI.F.PORTICM 

CVM  SVIS  ORNA 
MENTIS.V.S.L.M 

Uebereinstimmend  sehen  alle  Erklärer  dieser  Inschrift  in  der  AGI- 
ONNA  die  Göttin  der  Quelle  de  TEtuv^e  selbst :  eine  Ansicht,  welche 
insbesondere  durch  die  Vergleicbung  der  einen  zu  Neris-les-Bains  ge- , 
fundenen  und  dem  NERVS  gewidmeten  Inschrift  eine  grosse  Stütze 
erhält.  Beide  Inschriften  beurkunden  die  Errichtung  einer  Säulen- 
halle d.  h.  einer  eleganten  (cum  suis  ornamentis)  Trink-  und  Spa- 
zierhalle für  die  Kurgäste  um  die  betreffenden  Heilquellen  von  Sei- 
ten genesener  und  daher  gegen  die  Quellgottheit  dankbarer  Bade- 
gäste; wie  zu  Neris-les-BaipS;  so  wird  demnach  also  auch  hier  die 
4iarüber  sprechende  Votivurkunde  der  wohlthätigen  Gottheit  selber 
gelten.    Wie  Acionna  darf  dann  auch  wol 

7.  Blandaftir  die  Mineralquellen  des  auch  durch  anderwei- 
tige Inschriftenfunde  ^  bemerkenswerthen  Belley  (Belicensis  vicus) 
im  D^artement  de  TAin  als  Schutzgöttin  und  Vorsteherin  mit  gutem 
Ghrmde  vermuthet  werden.  Es  liegt  für  diese  Vermuthung  bis  jetzt 
freilich  nur  eine  einzige  im  dortigen  Präfekturgebäude  aufbewahrte 
inschriftliche  Urkunde  vor,  welobe  Greppo  p.  182  also  mittheilt: 

D. BLANDE 

CAESU .  RV 

FINA.PRO.SA 

LVTE . BELLI 

RVFI ANI .  FIL 

EX.V 


»  Vgl.  B.  Stark  Stfidteleben ,  Kunst  und  Altertham  in  Frankreich,  Jena 
1855,  8.  S.  618.  M^m.  et  dissert  d.  l.  soe.  d  Antiq.  d.  France,  VIT  praef. 
p.  99  and  XI  (1885)  p.  391.  de  Wal  Myth.  sept.  mon.  epigr  p.  8  n.  X.  Has6e 
d'Orleans:  explication  des  tableaux,  antiqaitto  etc.  Orleans  1851  p.  186. 
Greppo  p.  267  f. 

^  Reines.  Synt.  p.  S09.  OCXYI.  GCXVIL  Orelli  1898. 


-     22     - 

Zu  dem  Namen  der  GOttin,  der  vielleicht  eine  Zusammenziehong 
au8  Belanda  ist  und  damit  an  den  oben  erwähnten  BelenuB,  den 
Nf^men  des  Belicensis  vicus  selbst^  die  gallische  Völkerschaft  der 
Belindi  und  andere  Bildungen  ähnlicher  Art  erinnern  würde,  lassen 
sich  aber  zunächst  der  Namen  der  hispanischen  Stadt  Blandae  bei 
Plin.  N.  H  IIT,  3,  sowie  ein  Helvetier  Blandus  Vindaluconis  filius 
bei  Mommsen  Insc.  Helv.  290  vergleichen.  Wie  Blanda^  so  dürfte 
weiter  auch 

8.  Du  na  als  Quellgöttin  in  einer  von  zwei  Votivinschriften  auf- 
zufassen sein^  welche^  zu  Bouhj  zwischen  St.  Amand  und  £ntrs^ins 
gefunden,  dem  MAKS  BOLVINNVS  gewidmet  sind»  Während 
nämlich  dieser  Gott  einer  der  zahlreichen  gallischen  mit  dem  römi- 
schen Mars  identifizirten*^  Kriegsgötter,  zugleich  aber  als  die  Local- 
gottheit  des  dem  Fundorte  Bouhy  benachbarten  Dorfe  Boulin  nicht 
zu  verkennen  ist,  wird  die  mit  ihm  gepaarte  Duna  sicherlich  als 
Vorsteherin  der,  wie  LeBlant  hervorhebt,  den  Römern  wohlbekann- 
ten Mineralquellen  von  Bouhy  mit  allem  Bechte  anzunehmen 
sein.    Der  Duna  schliesst  sich  endlich  an 

9.  Meduna  und  10.  Devercana,  beide  durch  einen  kleinen 
in  dem  rheinpreussischen  Badeort  Bert  rieh  gefundenen  Votivaltar 
beurkundet*»^  und  vielleicht  als  Vorsteherinnen  dortiger  Quellen  ver- 
ehrt: 

DEVERCANE 

ET  MEDVNE 

L.TACCITVS 

V.S.L.M 

Zur  Vervollständigung  dessen,  was  bereits  oben  über  diejenigen 
römischen  und  griechischen  Gottheiten  angedeutet  worden  ist,  welche 
noch  ausser  und  neben  dem  ersten  und  vorzüglichsten  Heilgotte 
Apollo  bei  der  im  Laufe  der  Zeiten  immer  gewaltigem  Ueberwucht 
des  Glaubens  der  siegrdchen  Eroberer  über  die  Götterwelt  der  be- 
siegten Kelten  an  die  Stelle  der  einheimischen  Quell-  und  Badegott- 
heiten getreten  sind,  erscheint  es  nicht  unangemessen,  einige  Bemer- 
kungen über  Hercules,  Aesculapius  und  Hjgia,  sowie  ins- 
besondere über  Diana  als  Badevorsteherin  beizufügen.    Mit  Becht 


<5  Vgl.  de  Canmont  Ballet  monum.  vol.  XX  (1854)  p.  252.  La  Blant  In- 
seriptions  chrötiennes  de  la  Gaule,  Paris  1866,  4.  L  p.28.  Bomier  Jahrb.  XXIX 
XXX.  p.  171  f. 

««  Rhein.  Mus.  f.  Philo!.  N.  F.  XVH.  S.  18.  A.  7. 

^  Bonner  Jahrb»  XXYIU.  a  109.  XXIX  XXX.  S.  78-82.  u.  170. 


-     23     — 

wird  unter  diesen  Hercules  als  die  personifizirte  gewaltig^  Natur- 
kraft sei  sie  neptunischer  oder  vulkanischer  Art  vorangestellt^  zumal 
sich  diese  doppelte  Art  der  Naturwirkung  grade  in  der  Mineral-  und 
Heilquelle  so  offenkundig  dokumentirt.  Aus  diesem  Grunde  waren 
vorzugsweise  alle  heissen  Quellen  ihm  geweiht  und  nach  ihm  be- 
nannt: seine  Tempel  erhoben  sich  allenthalben  bei  denselben  und  er 
selbst  wurde  als  Hercules  salutifer  Heilgott  wie  Apollo  ^^.  Nicht 
minder  grade  bei  den  Heilquellen  und  wiederum  insbesondere  bei  den 
warmen  verehrt  erscheint  Aesculapius  mit  seiner  göttlichen  Be- 
gleiterin Hygia:  auch  ihre  Tempel  und  Bilder^  sowie  die  ihnen  zur 
glücklichen  Genesung  (pro  salute)  Erkrankter  geweihten  Votivaltäre 
fanden  sich  bei  vielen  Heilquellen  durch  das  Bömerreich  ^^^  so  insbe- 
sondere auch  in  unseren  Bhein-  und  Mainlanden  ^  in  welchen  der 
Sauerbrunnen  bei  Godesberg  unweit  Bonn  gleichfalls  als  Fundort 
einer  beiden  Gottheiten  geweihten  Votivinschrift  bekannt  ist'^.  An 
Hjgia  schliessen  sich  zunächst  die  in  zahlreichen  inschriftlichen  Ur- 
kunden überlieferten  Nymphae^  über  welche  bereits  oben  ebenso 
wie  über  die  an  die  Stelle  der  Dea  Sulis  getretene  britannische 
Minerva  gesprochen  worden  ist  Es  erübrigt  sonach  noch  Diana 
in  ihrer  besondem  Beziehung  zu  Heilwassem  einer  kurzen  Betrach- 
tung zu  unterziehen  und  namentlich  die  wenigen  Spuren  zusammen- 
zustellen^  welche  auf  ihre  Verehrung  an  Mineralquellen  Galliens  und 
vor  allem  der  Bhein-  und  Mainlande  hindeuten.  Wie  Artemis^  so 
wurde  auch  Diana^  die  göttliche  Vorsteherin  der  Waldgebirge  und 
der  Jagd^  bei  den  Quellen  verehrt;  gleich  dem  Sonnen-  und  Quellen- 
heilgott Apollo^  wurde  wol  auch  sie  als  Göttin  der  Nacht,  des  in 
den  Quellen  sich  spiegelnden  Mondes ,  als  SchÜtzerin  der  dieselben 
umgebenden  Waldungep  in  enge  religiöse  Beziehung  zu  jenen  ge- 
bracht'^  Schon  oben  ist  der  Fund- einer  Statuette  der  Diana  zu 
Neris-les-Bains  erwähnt  worden:  ein  ebenso  unverkennbares 
Zeugniss  ihres  nahen  Verhältnisses  za  den  dortigen  Quellen ,  wie  zu 
L^omont  im  Departement  de  la  MeurthC;  woselbst  sich  bei  einem 
Gehölze  eine  Quelle  findet,  welche  der  localen  Tradition  nach  der 
Diana  geheiligt  gewesen  sein  soll:  eine  Ueberlieferung ,  die  sich 
evident  durch   die  Auffindung  einer  Anzahl  Medaillen  von  Blei 


^  Vgl.  Lersch  a.  a  0.  S.  16  n.  230. 

M  Vgl.  Lersch  8.  27-29. 

^  Steiner  ood.  insc.  Rom.  Danub.  et  Rhen.  n.  1006. 

"  Vgl  Lersch  8.  82.  230. 


—     2*     - 

mit  dem  Bilde  dieser  Göttin  bestätigt  hat^';  es  bilden  diese 
Medaillen  eine  der  zahlreichen  Sorten  von  Heilgaben  ex  voto^  die 
man  nach  erlangter  Genesung  zum  Danke  in  die  Quellen  zu  werfen 
pflegte  '3.  —  In  gleicher  Weise  wie  in  dem  innem  so  treten  aber 
auch  die  Spuren  dieser  Dianenenverehrung  bei  den  Mineralquellen 
auch  in  dem  rhein-  und  mainländischen  Gallien  herror.  Zunächst  ist 
hier  das  römische  Bad  zu  Badenweiler  im  Schwarzwalde  als 
Fundstätte  von  zwei  theilweise  leider  bruchstücklichen  Votiv- 
inschriften  zu  bezeichnen  '^\  deren  eine  einem  wohlerhaltenen  Votiv- 
altare  angehört,  welcher  sich  vor  der  geöffneten  Vorderseite  der 
Mittelhalle  (vestibulum);  die  von  den  Höfen  aus  in  das  einst  gross- 
arlige  Badegebäude  filhrt,  noch  jetzt  befindet,  ganz  charakteristisch 
demnach  den  Eintretenden  sogleich  die  Schutzgöttin  und  Vorsteherin 
der •  Heilbäder  vor  Augen  stellte:  es  war  dieses  Diana  Abnoba. 
Die  Dea  Abnoba  ^^  war  bekanntlich  die  göttliche  Personification 
des  Sch,warzwaldes  (mons  Abnoba),  woraus  sich  einerseits  ihre  Iden- 
tifizirung  mit  Diana,  andererseits  deren  Verehrung  im  römischen 
Badenweiler  leicht  erklärt  Die  Ausdehnung  des  Schwarzwaldes 
durch  das  ganze  heutige  Baden  lässt  es  weiter  sehr  natürlich  finden, 
dass  dieselbe  Diana  Abnoba  auch. in  der  Hauptstadt  desselben,  bei 
den  berühmten  Quellen  von  Baden-Baden,  gleichfalls  ihre  Ver- 
ehrung gefunden  habe,  wie  eine  im  Sommer  d.  J.  1845  dort  zu  Tage 
geförderte  2"  hohe  Statuette  von  Erz  genugsam  beurkundet,  welche 
eine  Diana  und  ohne  Zweifel  eine  Diana  Abnoba  vorstellt,  wie 
sie  eben  den  Bogen  spannt  ^^.  Dieselbe  Verdrängung  der  einheimi- 
schen Localgottheit  durch  Diana  liegt  ferner  auch  bei  dem  rhein- 
preussischen  Bade  Ber trieb  vor,  dessen  vennuthliche  Vorsteherinnen 
Devercana  und  Medui^a  oben  besprochen  worden  sind.  Ebendort 
in  der  Bonbeuemer  Flur,  einem  Abhänge,  an  welchem  sich  in  etwa 

0  I 

30'  Länge  die  Grundmauern  eines  Gebäudes  hinziehen,  wurde  näm- 
lich i.  J.  1860  eine  V/2'  hohe  Figur  der  Diana  aus  feinem  aläbaster- 


,T2  Vgl  Alfred  Maury  in  Rev.  archöolog.  N.  8.  I  (1860)  p.  59  not.  7  nach 
L^page  le  d^partement  de  la  Meurthe  IL  p.  291  f. 

73  Vgl.  über  diese  Heilgaben  (stipes)  in  Quellen,  Flüssen,  Seen  ausser  Lersch 
S.  43-49.  Becker-Marquardt  Rom.  Alterth.  IV  S.  157  A.  920.    . 

7*  Vgl.  H.  Leibnitz  Die  römisohen  Bäder  bei  Badenweiler  im  Schwarstwald 
Leipzig  1855  S.  11  und  Taf.  II  fig.  1.  Steiner  a.  a.  0.  845  u.  846. 

75  Vgl.  OrelH  4974.  Fiekler  Die  Donanquellen  und  das  Abnobagebirge  der 
Aiten,  Carlsruhe  1840,  S.  86.  A.  58.  Fröbner  Die.  grössherzogl.  Sammlung 
vaterländischer  Alterthümer  zu  Carlsruhe  (1860)  S.  16  n  39. 

T6  Vgl.  Ph.  Rappenegger  Aurelia  Aqueusis,  die  Stadt  Baden  als  römische 
Niederlassung,  Mannheim  1853,  S.  91,  n.  10,  2. 


—     25     - 

ähnlichem  Marmor  g^nden^  neben  welcher  die  Hindin  herläuft^ 
die  von  dem  an  ihr  aufspringenden  Hunde  so  eben  ereilt  wird:  die 
Göttin^  mit  dem  Köcher  auf  dem  Bücken  (der  rechte  Arm^  welcher 
den  Bogen  hielt;  fehlt),  in  dem  ärmellosen  dorischen  Chiton,  ist  als 
rasch  dahin  eilende  Jagdgöttin  dargestellt^^.  Da  diese  Figur  der 
Göttin,  ohne  sonderlich  feine  Ausfuhrung  fabrikmässig  gearbeitet, 
ohne  eigejitlich  künstlerischen  Werth  ist,  in  den  rheinischen  Bömer- 
ansiedlnngen  aber  Darstellungen  der  Diana  überhaupt  als  selten 
bezeichnet  werden  müiteten;  so  ist  ihr  Vorkonmien  in  dem  kleinen 
Bömerbad  offenbar  daher  zU  erklären,  dass  die  fragliche  Figur  ohne 
Zweifel  als  Bild  der  Badevorsteherin  auf  öffentliche  Kosten  in  irgend 
einer  gallischen  Fabrik  bestellt  und  in  der  Nähe  des  Hauptbadege- 
bäudes errichtet  worden  ist  —  Eine  vierte  unzweideutige  Spur  der 
Verehrung  der  Diana  als  Badevorsteherin  findet  sich  endlich  in 
der  Vita  S.  Bemacli  c.  12,  woselbst  von  einer  Wandeiling  des  Hei- 
ligen in  dieArdenaen  also  berichtet  wird:  ^Warchinnam  rivulum 
accedit,  invenit  illic  certa  indicia  loca'  illa  quondam  idolatriae  fuisse 
mancipata.  Erant  illic  lapides  Dianae  et  id  genus  portentosis  no- 
minibus  inscripti  vel  effigies  eorum  habentes;  fönt  es  etiam  homi- 
num  quidem  usibus  apti,  sed  gentilismi  erroribus  poUuti  atque  ob  id 
etianmum  daemonum  infestationi  öbnoxii.^  Die  j^lapides  Dianae  por- 
tentosis nominibus  inscripti^  und  die  „effigies^  beziehen  sich  sowohl 
auf  Bilder  der  Diana  und  anderer  römischen  Gatter,  als  auch  auf 
Votivaltäre  mit  und  ohne  solche  Bilder.  Die  .Diana  aber,  welche 
hier  bei  den  Heilquellen  verehrt  wurde,  war  ohne  Zweifel  die  Diana 
des  Ardennenwaldes  (Arduenna)  selbst.  Wie  nämlich  der  oben  er- 
wähnte Schwarzwald  bei  den  Anwohnern  als  Dea  Abnoba  vergött- 
licht  wurde,  so  der  Ardennerwald  als  Dea  Arduinna,  deren  Denk- 
mäler zum  Theil  gerade  am  Rande  desselben  gefunden  wurden  ^^. 
Gleich  der  Abnoba  aber  wurde  auch  Arduinna  gradezu  mit  Diana 
identifizirt  alsDiana  Arduinna  und  sie  ist  es,  welche  in  der  oben- 
erwähnten Stelle  der  Vita  S.  Bemacli  gemeint  wird.  —  Aus  dieser 
göttlichen  Funktion  der  Diana  als  Quell-  und  Badevorst^herin,  wie 
sie  in  den  vorerwähnten  wenigen,  aber  unzweideutigen  Spuren  vor- 
liegt, erklärt  sich  denn  auch  zur  Genüge,  wie  sie  nicht  blos  als  eine 
Vt^aldgöttin  „Diana  nemorensis^,  sondern  gradezu  auch  als  eine 
j^regina  undarum^  bezeichnet  werden  konnte,  wie  es  auf  einer 
Inschrift  aus  den  „Aquae  Jasae^  dem  heutigen  Warasdin  in 
Siebenbürgen,  bei  Gruter  p.  XXXIX,  8  geschieht. 

"  Vgl.  Bonner  Jahrb.  XXVIII.  S.108  f.  XXIX.  XXX.  8.  78  f. 
T8  Vgl.  Bonner  Jahrb.  XXIX  XXX.  S.  64—77. 


-     26     - 


IV. 

Bheinländisohe  Heilbäder  und  Mineralquellen  in 

Bömerseiten. 

Wiewohl  in  der  yorau%ehenden  ZuBammenstellnng  der  Torzags- 
weise  in  Gallien  nnd  seinen  rheinischen  Vorlanden  verehrten  Quell- 
und  Badegottheiten  sowohl  keltischen  als  römischen  Glaubens  bereits 
mehrfache  Veranlassung  gegeben  war,  die  vornehmsten  theilweise 
offenbar  schon  vor  der  römischen  Occupation  von  den  Ureinwohnern 
benutzten  Heil-  und  Mineralquellen;  sowie  die  dabei  entstandenen 
Ansiedlungen  zu  erwähnen:  so  dürfte  es  doch  zur  allseitigen  Vervoll- 
ständigung dieses  kleinen  Beitrages  zur  Ui^eschichte  der  rheinischen 
Bäder  nicht  unerwünscht  sein,  auch  diejenigen  Heilbäder  in  Kürze 
aufzuführen,  welche  oben  keine  Erwähnung  gefunden  haben.  Zuvör- 
derst —  um  bei  dem  Oberrheine  zu  .beginnen  —  sind  hier  die  bei- 
den Baden,  sowie  das  schon  berührte  Badenweiler  nebst  dem 
ebässischen  Niederbronn. voranzustellen. 

1.  Baden  im  schweizerischen  Canton Aargau  war,  wie  man  aus 
Tacitus  ^'  ersi^t,  ein  bei  den  dortigen  ohne  Zweifel  schon  von  den 
Ureinwohnern  viel  benutzten  Quellen,  erwachsener  Ort  der  Hei  vo- 
tier, bei  welchen  die  Römer  ein  Standlager  errichtet  hatten,  dessen 
obligater  Tross  (canabenses)  mit  den  Einwohnern  allmählig  (longa 
pace)  zu  einem  Städtchen  erblühte,  das  bereits  die  Formen  eines 
römischen  Municipiums  angenommen  hatte,  als  das  in  den  Militärun- 
ruhea  nach  Nero's  Tod  eingetretene  Missverhältniss  zwischen  den 
Helvetiern  und  dem  in  Obergermanien  commandirenden  Caecina  letz- 
teren veranlasste  das  Städtchen  im  J.  72  n.  Chr.  zu  zerstören.  Spä- 
ter wieder  hergestellt  und  durch  eine  der  Isis  gewidmete  Votivin- 
schrifi  aus  Wettingen  bei  Baden  als  vicus  Aquensium  beurkundet^, 
wlag  es  ohne  Zweifel  in  den  Zeiten  des  sinkenden  Keiches  den  das 
Zehntland  überschwemmenden  Alamannen  und  findet  sich  selbst  1110 
noch  in  diesem  Zustande.     In  den  Jahren  1344  und  1388  wurde  es 


v9  Caecina  belli  avidas  proximam  qaamque  culpam  anteqoam  poeniteret. 
ultom  ibat:  mota  propere  castra, vastati  agri  (Helvetiorum),  direptus  longa 
pace  in  modüm  munioipii  exstructas  locus,  amoeno  salabrium 
aqaarnm   usu  frequens*  Tacit.  Hist.  L  c.  67. 

^  Vgl.  Orelli  457.  Mommsen  Insc  Helv,  241. 


-     27     — 

wiederholt  verwftstet^  erhob  sich  aber  dann^  wie  m  scheint^  rasch  2U 
einem  Badeorte,  in  welchem  man  i.  J«  1480  an  SOOO  Kurgäste  zählte. 
Ausser  obigen  und  andern  Inschriften  wurde  der  längere  Aufenthalt 
der  lUkner  dortselbst  schon  ums  Jahr  1420  durch  bemerkenswerthe 
Funde  von  Erz-  und  Goldmünzen,  Hausgeräthe,  Statuetten,  Bingen 
und  Würfeln  bezeugt,  welche  Fundstücke  zum  grossen  Theile  als 
Heügaben  in  den  Quellen  selbst  gefunden  wurden  ^^  Würfel  be- 
ziehen sich  dabei  bekanntlich  auf  die  den  Quellen  zugeschriebene 
weiseagerische  Kr^ft 

2.  Badenweiler  im  badischen  Oberrheinkreis  ist  schon  oben  be- 
rührt worden.  Seine  noch  jetzt  grossartigen  Badesubstruktionen  ge- 
hören zu  den  besterhaltenen  von  allen  römischen  Bädern  in  Germa- 
nien, nehmet  eine  Fläche  von  126  Quadratruthen  ein  und  waren 
seit  langem  ergiebig  an  verschiedenartigen  Fundstücken,  wie  Löffel- 
eben,  Glöckchen,  Haften;  Schnallen,  Ohrgehängen,  Lampen,  Gläsern, 
Thonwaaren,  die  nur  zum  Theil  als  Heilgaben  (stipes)  angesehen 
werden  können;  viele  dieser  Gegenstände  gehörten  auch  dem  Bad- 
gebrauche selbst  an.  Ausser  den  beiden  obenerwähnten  Votivaltären 
der  Diana  Abnoba  ist  weitaus  der  interessanteste  Fund  ein  silber- 
nes Amulettäfelchen  mit  mystischen  Formeln,  dergleichen  auch 
anderwärts  in  Quellen  .gefunden  wurden  und  in  dieselben  unter  aber- 
gläubischer Anrufung  von  Dämonen  zur  Abwehr  von  Uebeln,  Erhaltung 
der  Gesundheit  oder  ähnlichen  Zwecken  hineingeworfen  worden  wa- 
ren ^^  Dieses  Täfelchen  gehört  der  Zeit  des  sinkenden  Beiches  an 
und  dürfte  somit  die  fortdauernde  Benutzung  dieser  Bäder  bis  ins 
4.  Jahrhundert  bezeugen,  womit  auch  die  Beihenfolge  der  dort  zu 
Tage  geförderten  64  Bronze-,  21  Kupfermünzen  nebst  mehreren  sil- 
bernen und  einer  goldenen  Philipps  des  Macedoniers  zusammentrifil, 


81  Mommi^en  a.  a.  0.  240-244.  liersch  S.  26.  47.  J29.  148.  167.  172. 

^  Schon  langst  vor  der  A*  74  erwähnten  Schrift  von  Leibnitz  sind  die 
Badesobstmotionen  von  Badenweiler  von  A.  G.  Preuschen  Denkmäler  von  alten 
phisischen  und  politischen  Bevoluzionen  in  Deutschland,  besonders  in  Rhein- 
gegenden (Frankf.  a.M.  1787.  8)  8.97—288  und  ihre  Fundausbeute  ausführlich 
besprochen  worden.  Zu  dem  dort  S.  209  ff.  eingehend  behandelten  zehnseiligen 
Inhalt  des  Silberplättchens  sind  die  in  den  Bädern  von  Am^lie-les-Bains  (Rev. 
arch^olog.  IV.  annöe  I.  part.  1847.  p.  409—414.  pl.  71.  n.  1—8)  gefundenen 
Bleiblättohen,  weiter  das  Silberplättchen  von  Poitiers  (Beiträge  zur  vergleichen- 
den Sprachforschung  von  Kuhn  und  Schleicher  III)  2«  S.  170, n.  14.  S.  175  ü. 
212.  lY,  1.  S.  160  f.,  sowie  die  gnostischen  Amuletsteine  (llonatsberichte  der 
Berliner  Akademie  1855.  Nov.  9. 701  f.  Rev.  arch^olog.  IIL  annöe.  I.  part.  1846. 
p.  260.  H.  Monin  Monuments  des  anciens  idiomes  gaulois,  Paris  et  Besan^^n 
1861,  8.  p.  25.  27  f.  182  f.)  zu  vergleichen. 


—     28     - 

indem  aie  mit  Claudius  in  der  Mitte  des  ersten  Jahrhunderts  be- 
ginnen und  mit  Constantin  d^m  Grossen  aufhören^'.  Welchen  Na- 
men die  Ansiedlung  bei  den  wol  mehr  von  den  Umwohnern  und  zu- 
gereisten Kurgästen;  als  von  dem  römischen  Militär  benutzten  Quellen 
gehabt;  ist  in  tiefes  Dunkel  gehüllt;  da  nur  spärliche  inschriftliche 
Urkunden  bis  jetzt  dort  zu  Tage  getreten  sind^. 

3.  B  a  d  e  n  im  badischen  Mittelrheinkreise  war  von  uralten  Zeiten  bis 
in  unsere  Tage  der  bevorzugte  Badeort  der  eleganten  und  vornehmen 
Welt  Wie  die  Quellen  bei  Badenweiler;  so  sind  ohne  Zweifel  auch 
die  von  Baden  den  Römern  i>ei  der  Occupalaon  des  sog.  Zehntlandes 
(agri  decumates)  d.  h.  des  Gebietes  zwischen  Oberrhein  und  Ober- 
donau ^^  bekannt  und  sodann  alsbald  ebenfalls  Anlass  zu  einer  An- 
siedlung geworden;  deren  Anfilnge  sicherlich  unter  Trajan  fallen, 
auf  den'  die  älteste  Steinschrift  von  Baden  zurückweiset^.  Diese 
Ansiedlung  erhielt  wie  überall  in  analogen  Fällen  den  Namen 
^Aquae^  und  ist  sodann  der  Mittelpunkt  eines  jener  grössern 
Gemeinwesen  (respublica;  civitas)  geworden;  welche  die  Böm'er  durch 
ganz  Gallien  organisirt  haben.  Besonderer  Gönner  und  Beförderer 
scheint  dann  auch  Hadrian  gewesen  zu  sein  und  unter  ihm  wol 
bildete  sich  die  Badestadt  „Aquae^  als  Hauptort  einer  auf  einer 
Inschrift  vom  Jahre  197  n.  Chr.  ^  genannten  ;;  Respublica  Aqu  e  n  - 
sium^^  heraus ;  die  ihre  Blüthe  aber;  wenn  nicht  Alles  trügt, 
unter  M.  Aurelius  Antoninus  Caracalla  (um  213  n.  Chr.)  erreichte; 
welcher  auf  seiner  Bheinreise  o.ffenbar  auch  dort  verweilte  und  das 
von  ihm  allwärts  geförderte  Badeleben  in  neuen  Au&chwung  brachte. 
Von  ihm  'nahm  jetzt  die  ganze  Civität;  deren  Mittelpunkt  die  Stadt 
;;Aquae^'  war;  den  Beinamen  Aurelia  an  und  erscheint  demnach 
aufsog.  Meilenzeigem  der  von  ;;Aquae^^  ausgehenden  Hauptstrasse 
vom  J.  213 — 222  als  ;;Civitas  Aurelia  Aquensium"^,     Dass 


^3  Die  bezüglichen  MCitizen  von  Claudias,  Vespasian,  Trajan,  Hadrian  und 
den  Antoninen  s.  bei  Prenschen  S.  187  £f. 

^  Das  OIVIT.  VV  auf  einem  GeflKssdeckel  bei  Preuschen  S.  183,  14  u.  19S 
(Steiner  848)  kann  bei  seiner  Rftthselhaftigkeit  nicht  in  Betracht  kommen. 

w  Vgl.  Tacit-Germ  o.,29. 

86  Vgl.  Pröhner  a.  a.  0.  n.  ÖO. 

»»  Fröhner  n.  61. 

«8  Vgl.  Fröhner  a.  a.  0:  n.  72.  73.  74.  76.  76.  Lersch  S.  130.  Wie  diese 
civitas  Aquensinm,  so  nahmen  sicherlich  damals  noch  andere  Orte  des  Zehnt- 
landes den  gleichen  ehrenden  Beinamen  von  Caracalla  an:  dahin  gehört  offen- 
bar auch  der  vicus  Aurelius.,  das  römische  Geh  ringen  in  Wtirtemberg, 
wie  eine  i.  J.  1861  dort  aufgefundene  Steinschrift  ausd.  J.2dd  n.  Chr.  dargethan  hat: 
vgl.  Th.  Mommsen  in  E.  Gerhards  Arch&olog.  Anz.  1861.  N.  154.  l&ö.  S.  380.» 


-    29    - 

die  locale  Tradition  von  dem  an  die  Namen  der  Kaiser  Hadrian 
mid  Caracalla  sich  knüpfenden  Aufschwung  der  dortigen "" Bäder 
selbst  durcli  das  ganze  Mittelalter  sich  erhielt,  bezeugt  eine  Schen- 
kungsurkunde aus  dem  Kloster  Weissenburg  im  Elsass  aus  dem 
Jahre  676,  in  welcher  der  König  Dagobert  IL  vergabt:  ^^balnea 
illa  trans  Bhenum  in  pago  Aucicensi  sita,  quae  Antho- 
nius  et  Adrianus  quondam  imperatores  suo  opere  aedi- 
ficaverunt^'^^  Die  meisten  Forscher  haben  hier  ohne  Zweifel 
richtig  in  dem  ^^Anthonius^^  den  Antoninus  Caracalla  erkannt^. 
Es  bedarf  keiner  besonderen  Erwähnung,  dass  seit  langer  Zeit  eine 
bis  in  die  jüngsten  Tage  herab  fortgehende  Aufdeckung  zahlreicher 
Beste  aus  dem  römischen  Baden  ein  lebendiges  Bild  der  einstigen 
Bhithe  dieses  Badeorts  vor  Augen  stellen.  Umfangreiche  Mauerreste 
und  Sübstruktionen  von  Bädern  und  Oebäuden,  G-rabsteine  von 
Militär-  und  Civilper^onen,  Legionsziegelstempel,  Beliefs,  Votivaltäre 
und  Münzen '  zeugen  noch  jetzt  von  der  bürgerlichen  und  militäri- 
schen Bedeutsamkeit  des  Orts:  insbesondere  weiset  ein  d^n  Ootte 
Neptun  von  einer  Schifiergüde  (contubernium  nautarum)  gewidmeter 
Altar  auf  eine  Lebhaftigkeit  des  Handels  und  Verkehrs  auf  der  Oos, 
Murg,  Alb  und  dem  Bheine  hin,  wie  sie  nur  ein  blühendes  reiches 
Leben  und  seine  mannigfachen  Bedürftiisse  hervorzurufen  vermögen  ^^. 
Wie  Badenweiler  erlag  sicherlich  auch  die  in  Baden  Jahrhunderte 
lang  blühende  Cultur  der  alles  zerstörenden  .Wuth  der  anstürmenden 
Alamannen,  wahrscheinlich  schon  gegen  die  Mitte  des  3.  Jahrhunderts^^, 
bis  die  vereinte  Bemühungen  christlicher  Mönche  und  eines  fränki- 
schen Königes  auch  dort  die  Jahrhunderte  hindurch  in  Trümmern 
liegenden  Cidturstätten  einer  untergegangenen  Weh  wieder  zu  neue- 
rer Lebensentfaltung  beriefen.  Davon  zeugt  die  obenerwähnte  Weis- 
senburger  Schenkungsurkunde,  welcher  ein  weiteres  Zeugniss^  über 
die  Existenz  Badens  erst  für  das  11.  Jahrhundert  beigefügt  werden 
kann,  wiewohl  nicht  zu  bezweifeln  steht,  dass  auch  dieser  Badeort, 
wie  das  schweizerische  Baden,  sich  eines  grossen  Zulaufs  während 
des  Mittelalters  zu  erfreuen  hatte.  Der  Namen  „Bad  derKüngen'^ 


»9  Mon.  Boic  31  p.  1.  Lersch  p.  141.  160.  Rappenegger  a,  a.  0.  S.  3  f.  11. 

^  Vgl.  Rappenegger  S.  4.  . 

9^  Rappenegger  S.  12^26,  woselbst  die  dnzeineD  Kategorien  der  Fundstflcke 
behandelt!  sind:  S.26— 35  Bind  insbesondere  die  Inschriftenzasammengestell^, 
womit  Fröhner  n.  2—5.  6.  8.  9.  11.  12.  14. 15.  37.  38  41.  42.  48.  60-63.  65.66. 
70.  77.  78.  86—91  zu  yergleichen  ist. 

92  Lersch  S.  132  nimmt  die  ZerstOrimg  gegen  234  n.  Chr.  an. 

93  Vgl.  Rappenegger  S.  11. 


-     30     - 

nnd  spftter  im  13.  Jahrhundert^  unter  öBterreichiBcher  Herrschaft^ 
^^Herzogenbad'^^  wenigstens  weiset  um  so  überzeugender  darauf 
hin;  als  auch  Kaiser  Friedrich  III.  auf  einer  Reise  nach  Strassburg 
i.  J.  1478;  sowie  sein  Sohn  Maximilian  I.  L  J.  1517  dortselbst  die 
Heilquellen  benutzten*.  —  Zum  Oberrhein  gehört  endlich  noch 

4.  der  Salzbrunnen  zu  Niederbronn  im  ElsasS;  dessen  Be- 
nützung durch  die  Römer  dreihundert  in  denselben  als  Heilgaben 
geworfene  römische  Münzen  bezeugen^  welche  i.'J.  1692  aufgefunden 
wurden  ••. 

Weit  zahlreicher;  wenn  auch  im  Ganzen  wohl  nicht  bedeutender 
als  die  Heilbäder  am  Oberrhein  erweisen  sich  diejenigen  Mineral-  und 
Heilquellen;  welche  den  Römern  am  Mittel-  und  Niederrhein  bekannt 
und  in  Benutzung  genommen  wurden.  Voranzustellen  ist  unter  diesen 

5.  die  im  April  1803  wiederentdeckte  Schwefelquelle  zu  Nier- 
stein unweit  Oppenheim  oberhalb  MainZ;  bei  deren  Aufräumung  die 
römische  Fassung  derselben;  Trümmer  von  Bauwerken;  darunter  eine 
kleine  SftulC;  ein  Becken  ron  Stein,  Statuetten  von  gebrannter  Erde, 
nebst  14  Kupfermünzen  aus  den  Jahren  86  bis  267  n.  Chr.  in  der 
Quelle  selbst  gefunden  wurden.  Üass  die  meisten  dieser  letzteren  ein 
frisches  Gepräge  aufzeigten  und  von  runden  Oypskugeln  umgeben 
wareu;  weiset  darauf  hin,  dass  sie  als  Heilgaben  (stipes)  von  Gene- 
senen in  die  Quelle  gelegt  worden  waren.  Zugleich  bekundet  die 
Reihenfolge;  dass  die  Quelle  wenigstens  seit  Domitian  bis  zu  der 
ftLr  das  ganze  Rheinland  so  bedeutsamen  Wiederherstellung  der  rö- 
mischen Macht  am  Rhein  durch  Postumus  im  Gebrauche  war.  Zu 
allen  diesen  Urkunden  kommt  nun  aber  noch  die  schon  oben  er- 
wähnte Votivwidmung  einer  JuUa  Frontina  an  Apollo  den  Quellen- 
heilgott und  seine  keltische  Begleiterin  Sirona,  welche  Inschrift 
dem  rheinischen  Alterthumsforscher  Fr.  Lehne  Veranlassung  gab; 
die  Quelle  selbst  als  ;;8ironabad^'  zu  benennen '^  Der  in  einer 
Urkunde  Garlomanns  v.  J.  742  als  Neristein  zum  erstenmale  vor- 
kommende Namen  des  nahen  Nierstein  gab  ihm  dabei  zugleich 
einen  Anhalt  au  der  im  Hinblick  auf  die  obenerwähnten  doppelten 
;;Aquae  Bormonis'^  und  ;;Aquae   Segestae^'  ansprechenden 


^  Vgl.  Lorsch  S.  165,  wenn  anders  Lersch  hierbei  nicht  Baden-Baden 
mit  Baden  bei  Wien  verwechselt. 

>»  Vgl.  Lersch  S.  172  a  186. 

^  Lersch  S.  47. 

9*  Vgl.  Das  Sironabad  bei  Niersteln  n.  seine  Mineralquelle.  Mainz  1827.  8., 
besonders  S.  1—18  (Lehne  Ges.  Sehr.  ED.  S.  51— 68).  Lersch  8.  48. 


—     81     — 

V^rmuthuBgy  dase  der  Ort  selbst  wegen  seiner  Qndle  ^^Aquae 
Neri^;  wie  das  römische  Neris-les-Bains  geheissen  habe^.  Zur  Be- 
gründung dieser  Ansicht  bedarf  es  vor  AUem  einer  genauen  sprach- 
lichen Untersuchung  der  Bedeutung  des  ersten  Theils  des  Namens 
„Nierstein".  Dieser  Mineralquelle  reihen  sich  nun  weiter  die 
Heilquellen  und  Mineralwasser  des  Taupus  und  der  angrenzenden 
Lande  an.    Dahin  gehört  vor  allem 

6.  Wiesbaden^  Mattiacum,  Aquae  Mattiacae^  dessen  bereits 
oben  besprochene  Quellgottheit  ApoUo  Toutiorix  zur  Hinwei- 
sung'' auf  die  Entstehungsgeschichte  der  Badestadt^  des  bei  ihr  von 
den  B4)mem  errichteten  Castells  und  die  Ausbeute  der  Funde  beider 
Oertlichkeiten  Veranlassung  gegeben  hat.  Weit  geringer  noch  als 
zu  Wiesbaden  sind  die  Ergebnisse  der  Funde  aus  der  Römerzeit  in 
der  Badestadt 

7*  EmS;  wiewohl  die  Nähe  de&  vorüberziehenden  Pfahlgrabens 
(limes  imperii  transrhenanus);  eine  an  demselben  errichtete  Wach t - 
Station;  sowie  sonstige  antiquarische  Funde ^^  hinter  demPffurrgar- 
ten  am  Spiess,  bei  sftmmtUchen  Neubauten  von  Dor£-Ems  und  bei 
den  1863^  vorgenommenen  Kanal -Anlagen  der  Haupistrasse  die 
dauernde  Occupation  des  Orts  in  Bömerzeiten  ausser  Zweifel  stellen. 
Zahlreiche  Gräber  mit  iluren  gewöhnlichen  Beigaben  an  Thon-  und 
Olasgefösseu;  Lampen  u.  ä.  m.  sind  dabei  aufgedeckt  worden^  wozu 
endlich  im  Herbste  1858  auch  die  erste^  leider  bruehstückliche;  in- 
schriftliche Urkunde  über  die  wahrscheinlich  durch  eine  dort  statio- 
nirte  Militärabtheilung  bewirkte  Erbauung  eines  grossem  Gebäudes 
hinzukam;  an  welchem  letztem  der  Stein  wohl  zugleich  als  Votiv- 
tafel  zu  Ehren  des  kaiserlichen  HäuseS;  insbesondere  ftLr  das  Wohl 
des  regierenden  Kaisars  Septimius  Sevenis  und  seiner  Söhne  Cara- 
calla  und  Geta,  demnach  also  im  Anfange  des  ^tten  JaliThunderts, 
angebracht  worden  war;  welche  Zeit  überhaupt  wol  als  der  Höhe- 
punkt der  ungestörten  Blüthe  der  rheinischen  Bäder  in  Röm^zeiten 
angesehen  werden  kann.  Dass  es  meist  nur  dem  Zufalle  oder  andern 
jetzt  unbekannten  Ursachen  zuzusdureiben  ist,  w^in  die  Spuren  des 

^  Vgl.  Eckhart  comment  de  rebus  Franciae  orientalis.  Wirceburgi  1729. 
fol.  Tom.  I.  Hb.  XXin.  c.  Y.  p.  391.  Dr.  Ph.  A.  F.  Walther  Das  Grossherzog- 
thom  Hessen.  Daniistadtl854.  8.  S.  518.  Förstemann  Altdeutsches  Namenbach  11. 
S.  1073  tt.  Deutsche  Ortsnamen.  Nordhausen  ld6a  8.  8.  139,  welcher  jedoeb 
Naristagne  a.  dJ.  823  als  die  älteste  Form  des  Namens  anführt  und 
Neristein  erst  a.  d.  J.  882* beibringt. 

9»  Vgl.  A.  40. 

100  Vgl.  Annalen  VI,  2.  S.  343— 347.  Archiyf.FrankfartsGeschiehteu  Kanst. 
N.  F.  I  (1860).  S.  30-34. 


—     32     — 

Aufenthaltes  der  Römer  an  dem  einen  Orte  bis  jetzt  zahlreicher  und 
bedeutsamer  zu  Tage  getreten  sind^  als  an  dem  andern ;  dafür  legt 
weiter  unter  den  Nassau'schen  Bädern  auch 

8.  Schlangenbad  vollgiltiges  Zeugniss  ab:  obwohl  nämlich  an 
diesem  Badeorte  unseres  Wissens  bis  jetzt  kein  antiquarischer  Fund 
als  Urkunde  einer  Benutzung  seiner  Quellen  durch  die  Römer  ge- 
macht worden  ist;  so  hat  dennoch  die  Natur forschung  im  er- 
freulichen Bunde  mit  der  Alterthumskunde  dort  eine  in  ihrer  Art 
eben  so  überraschende  wie  untrügliche  Spur  des  Gebrauchs  der  dor- 
tigen Heilquellen  im  Alterthume  nachgewiesen.  Das  Verdienst  dieser 
schätzbaren  Entdeckung  gebührt  dem  Scharfblicke  des  gelehrten  En- 
tomologen Hm.  Senator  C.  H.  G.  von  Hey  den  zu  Frankfurt  a.  M.^ 
welcher  in  den  ^^Jahrbüchern  des  Vereins  für  Naturkunde  im 
Herzogthum  Nassau" *•*  folgende  Beobachtungen  niedergelegt  hat: 

^So  viel  mir  bekannt  ist^  werden  die  milchwarmen  Quellen  von 
Schlangenbad  zuerst  1640  von  Merian  und  1650  von  Winkel- 
mann erwähnt;  jedoch  noch  nicht  als  Badeort.  Die  drei  Mühlen^ 
welche  hier  standen^  hiessen  die  warmen  Mühlen^  der  Bach  der  warme 
Bach.  TabernämontanuS;  der  1581  in  seinem  Wasserschatz  die 
Mineralquellen  der  Niedergrafschaft  Katzenelnbogen  beschrieb; 
scheint  sie  noch  nicht  gekannt  zu  haben.  Als  der  Ort  zuerst  als 
Bad  benützt  wurde,  nannte  man  ihn  das  Karisthaler  oder  Bärstädter 
Bad.  NieseU;  in  seinem  Bericht  über  Schwalbacfa;  nennt  schon  1687 
Schlangenbad.  Die  Quellen  sollen  1657  einem  Dr.  Gloxin  aus  Worms 
gehört  haben.  Landgraf  Moritz  von  Hessen  liess  hier  1694  die  ersten 
Gebäude  auffiihren.  Im  Jahre  1817  besuchte  ich  Schlangenbad;  be- 
sonders um  die  daselbst  vorkommende  Schlange  näher  kennen  zu 
lernen;  die  damals  und  auch  noch  später  ziemlich  allgemein  als  die 
gemeine  Natter  (Tropidonotns  Natrix  L:)  angenommen  wurde.  Ich 
fand;  dass  es  die  gelbliche  Natter  (Calppeltis  'fiavescens  Scop.)  ist 
NaU;  der  die  Amphibien  der  Unigegend  von  Mainz  flüssig  beob- 
achtete; hat  sie  trotz  der  Nähe  von  Schlangenbad '  nicht  gekannt. 
In  seinen  1791  erschienenen  ^Nenen  Entdeckungen  und  Beobachtun- 
gen^ beschreibt  und  bildet  er  eine  angeblich  neue  Schlange  ab;  die 
er  aus  Oesterreich  erhalten  hatte.  Es  ist  dieses  ebenfalls  Trop.  fia- 
vescens und  er  würde  sie  sicher  erwähnt  haben;  wenn  isie  ihm  auch  von 
Schlangenbad  bekannt  gewesen  wäre.  —  Dieselbe  Schlange  wurde 
von  einigen  Naturforschern  als  Coluber  Aesculapii  (verschieden  von 
der  indischen  Col.  Aesculapii  Lin.)  beschrieben  und  ist  solche  nicht  ver- 


101  H.  XVI.  S.  263-266. 


-     33     - 

schieden  von  der  berühmten  Aesculapch  oderEpidaurus  Schlange^ 
welche  als  Symbol  der  wofalthätigen  Gottheit  betrachtet  und  als 
Attribut  des  Aesculaps  um  seinen  Stab  gewunden  ist  Zur  Zeit^  als 
Q.  Fabius  und  0.  Brutus  Consuln  waren,  herrschte  in  Rom  die  Pest, 
und  wurden,  um  solche  zmn  Aufhören  zu  bringen,  damals  viele 
Schlangen  von  Epidaurus  geholt,  auf  der  Tiberinsel  ausgesetzt  und 
daselbst  verehrt.  Noch  jetzt  soll  daselbst  in  den  Gärten  des  heiligen 
Bartholomäus  ihr  Bild  in  Marmor  ausgehauen  zu  sehen  sein.  Gegen- 
wärtig ist  diese  Schlange  um  Rom  noch  sehr  häufig,  was  wohl  in 
früheren  Zeiten  nicht  war,  da  man  sonst  nicht  nöthig  gehabt  hätte, 
sie  von  Epidaurus  zu  holen.  Die  Schlangenbader  Schlange  gehört 
dem  südlichen  Europa  an  und  war  sie  in  Deutschland  nur  aus  dem 
südlichen  Tyrol  bekannt.  Ihr  ganz  vereinzeltes  Vorkommen  bei 
Scblangenbad  macht  es  sehr  wahrscheinlich,  dass. die  Quellen  daselbst 
schon  von  den  Römern  als  Heilquellen  benutzt  wurden  und'~desshalb 
diese  Schlange  von  ihnen  dahin  gebracht  worden  ist.  Begünstigt 
durch  die  steinige  Umgebung  Schlangenbads  hat  sich  dieselbe  so 
isolirt  von  ihrem  eigentlichen  Vaterlande  hier  erhalten  können.  Es 
ist  nicht  unwahrscheinlich,  dass  die  Römer  an  die  ihnen  bekannten 
Quellen  von  Wiesbaden  ebenfalls  Schlangen  eingeführt  hatten, 
die  aber  im  Laufe  der  Zeiten  daselbst  wieder  verschwunden  sind. 
Einige  Jahre  später  habe  ich  dieselbe  Schlange  bei  Baden-Baden 
geftmdjBn,  dessen  Mineralquellen  ebenfalls  schon  den  Römern  bekannt 
waren. 

Sicher  interessant  ist  es,  dass  ich  (1819)  bei  dem  ebenso  den 
Römern  schon  bekapnten  Bade  Ems  eine  Schlange  —  Tropidonotus 
tessellatus  Laur.  —  entdeckte,  die  sonst  auch  nur  dem  südlicheren 
Europa  angehört  Ich  zweifele  nicht,  dass  sich  dieselbe  hier  auf  ge- 
eignetem Terrain,  auch  aus  den  Zeiten  der  Römer  erhalten  hat.  Bei 
ihr  ist  noch  zu  bemerken,  dass  sie  vor  andern  verwandten  Arten  die 
besondere  Lebensweise  hat,  sich  gerne  längere  Zeit  im  Wasser  auf- 
zuhalten. Noch  jetzt  entspringen  bei  Ems  mehrere  warme  Quellen 
im  Flussbette  der  Lahn  und  findet  man  hier  und  in  den  Abzugs- 
gräben der  Bäder  die  Schlange  nicht  selten.  Es  wäre  hiernach  mög- 
lich, dass  den  Römern  diese  Eigenthümlichkeit  der  Schlange  schon 
bekannt  war,  auch  dass  sie  i;i  Rücksicht  der  verschiedenen  Wirkungen 
auf  die  Gesundheit  dieser  Quellen  auch  verschiedene  Schlangenarten 
an  dieselben  ausgesetzt  haben. 

Um  das  Römerbad  Badenweiler  im  Schwarz walde,  das  ich 
mehrmak  besuchte,  konnte  ich  keine  der  Gegend  eigenthümliche 
Schlangenart  auffinden.^ 


—     34     — 

Vorstdiende  werthvolleii  Beobachtungen  des  Hrn.  v.  Hey  den 
conatatiren  zuvörderst  die  gewichtige  Thatsache^  dass  sich  bei  den 
von  den  Römern  benutzten  Quellen  von  Baden-Baden  sowohl, 
als  auch  bei  Schlangenbad  eine  Schlangenart  findet,  welche  nur 
dem  südlichen  Europa  angehört  und  in  Deutschland  nur  aus  Süd- 
tyrol  bekannt  war:  es  ist  dies  die  sog.  Aescnlaps-  oder  Epidaurus- 
schlange;  weiter  sodann^  dass  auch  bei  dem  den  Römern  ebenso  be- 
kannten Bade  Ems  gleichfalls  eine  Schlangenart  vorkonunt,  die  sonst 
auch  nur  dem  südlichen  Europa  angehört.  Es  wird  an  diese  That- 
Sache  mit  gutem  Grunde  die  Vermuthung  geknüpft,  dass  diese  Schlan- 
gen von  Italien  her  durch  die  Römer  ,an  diese  Quellen  eingeführt 
worden;  denmach  sich  ehemak  auch  wol  zu  Wiesbaden  vorgefun- 
den haben,  daselbst  aber  im  Laufe  der  Zeit  wieder  verschwunden 
seien.  Die  Schlange  als  Symbol  des  Aesculap  ist  zu  bekannt,  als 
dass  nicht  sofort  deren  Einführung  an  die,  wie  oben  bemerkt,  auch 
unter  dem  Schutze  dieses  Heilgottes  stehenden  Quellen  als  ein  reli- 
giöses Moment  erkannt  werden  sollte.  Erklärlich  ist  demnach,  , 
wenn  auch  seine  Begleiterin  Hygia^^^  gleichfalls  mit  diesem  Symbol 
ausgestattet  erscheint  und  in  der  That  zeigt  auch  eine  zu  Tiberias 
in  Palästina  gefundene  Münze  Hygia  mit  der  Schlange,  auf 
einer  Anhöhe  sitzend,  aus  welcher  mehrere  Quellen  entspringen ^<^'. 
Auch  der  Isis,  welche,  wie  schon  oben  bemerkt,  an  Heilbädern  ihre 
besondern  Verehrer  fand,  war  die  Schlange  heilig ^^.  Nach  allem 
diesem  darf  der  oben  ausgesprochenen  Vermuthung,  dass  dereinst 
auch  zu  Wiesbaden  (und  wol  auch  zu  Badenweiler  und 
Aachen)  solche  südländische  Schlangen  von  den  Römern  einge- 
führt waren,  volle  Berechtigung  zugestanden  werden.  —  Nicht 
unerwähnt  mag  hierbei  bleiben,  dass  auch  das  germanische 
Heidenthum  die  Schlange  mit  den  Heilquellen  in  Verbindung 
bringt.  Grimm  D.  M.  S.  554  sagt  darüber:  „Das  schwedische  Volk 
schreibt  die  Kraft  einiger  Hellquellen  weissen  Schlangen  zu. 
1809  strömten  Tausende  aus  Halland  und  Vestergötland  zu  dem 
wunderthätigen  Helsjö  (einem  kleinen  See  unweit  Rampegärde); 
nian  erzählte  sich,  Kinder  am  Strande  das  Vieh  hütend  hätten 


102  Vgl.  Maorob.  Saturnal.  I,  24j  simalaeris  etAesoulapii  etSalutis  Draco 
subiungitur ;  humana  corpora  velut  infirmltatis  pelle  deposita  ad  pristinum  re- 
virescunt  virorem,  nt  virescunt  dracones  per  annos  singuIOB  pelle  senectnUs 
exttta. 

1«»  Vgl.  Lersch  S.  29. 

»»♦  Vgl.  Lersch  S.  15  u.  88.  - 


-     35     - 

Jahr  über  oft  eine  schöne  Jungfrau  am  Ufer  sitzen  sehen  ^  sie  hielt 
in  ihrer  Hand  eine  Schlange  und  wies  sie  ihnen.  Nur  alle  hundert 
Jahre  erscheint  diese  Wasserjungfrau  mit  der  Schlange.  Bexells 
Halland  2^  320.  3^  303.^  Wie  bei  den  Römern  Aesculapius  und 
Hygia  als  Vorsteher  der  Heilquellen  mit  dem  symbolischen  Attribute . 
der  Schlange  ausgestattet  sind;  so  hier  die  in  der  Sage  zur  Fee 
gewordene  ursprtbigliche  altheidnische  Quellgottheit.  —  Den  Tau- 
nusbädem  ist  noch  anzuschliessen  der  Mineralbrunnen  von: 

9.  Schwalheim  im  kurhessischen  Amte  Dorheim,  eine  halbe 
Stunde  von  Bad  Nauheim^  in  dessen  Bereiche  1862  ein  ansehn- 
licher Fund  keltischer  Münzen  gemacht  wurde ^<^^  Dicht  an  die- 
sem Sauerbrunnen  ziehen  die  Spuren  des  alten  Steindammes ,  d.  h. 
der  Römerstrasse  vorbei  und  die  imgefähr  alle  15  Jahre  vorgenom- 
menen Ausf^ungen  des  Brunnens  selber  haben  jedesmal  eine  klei- 
nere oder  grössere  Anzahl  von  römischen  Münzen^  darunter  auch 
eine  goldene^  zu  Tage  gefördert^  welche  ohne  Zweifel  nach  uiid 
nach  im  Laufe  der  Zeit  als  Heilgaben  (stipes)  hineingeworfen  wor- 
den waren.  Im  Jahre  1811  fand  man  fast  30^  i.  J.  1827  etwa  35, 
im  September  1831  noch  weitere  5  mit  den  Bildnissen  des  VespasiaU; 
TituB,  Domitian,  Nerva,  Trajan,  Hadrian  und  Antoninus  Pius'®*. 
Schon  in  uralter  Zeit  suchte  und  schöpfte  man  also  ^uch  hier,  unter 
dem  wohlthätigen  Einflüsse  der  dankbar  bedachten  Quellgottheit,  Ge- 
nesung und  neues  Wohlsein  aus  dieser  ,,Lebensquelle^^  der  Natur, 
wie  sie  in  goldenen  Lettern  auf  schwärzer  Marmortafel  über  dem 
Eingange  zum  dasigen  Kurhause  in  folgendem  Distichon: 

Föns  vitae  saliens  gemmas  eflundit  in  herbam: 
MergC;  puer,  pateram,  sub  pede  vita  fluit 
genannt  wird,  welches  der  bekannte  Genosse  Barth^lmy's,  der  poetische 
Panegyriker  der  napoleonischen  Glorie,  Mery,  bei  Gelegenheit  einer 
Badekur  verfasst  haben  soll.  Nicht  unerwähnt  darf  hier  auch  die 
einige  Stunden  südlich  von  Nauheim  und  Schwalheim  auf  grossher- 
zoglich hessischem   Gebiete  entspringende  mineralische  Quelle  von 

10.  Vilbel  bleiben,  an  welchem  Orte  ausser  nicht  unbetr&cht> 
liehen  Substruktionen   von   Gebäuden    und    Badeanlagen    auch  der 


10»  VgL  Mittheilungen  an  die  Mitglieder  des  Vereins  ftlr  hessische  Geschichte 
and  Landeskunde  1862.  Nr.  7  S.  8. 

10«  Vgl.  Hanauisches  Magazin  I.<1778)  St.  17.  S.  150.  Ph.  Dieffenbach  Ueber 
Alterthümer  in  und  am  Friedberg-,  Giessen  1829,  S.  8  u.  9.  A.**  Ders.  im  Ar- 
chiv für  Hess.  Gesch.  a.  Alterth.  IV  S.  248,  258.  Periodische  Blätter  der 
mittelrheinischen  Geschichts-  u.  Alterthamsvereine  1855.  Nr.  7.  S.  238  f.  II. 
Lersch  S.  47. 

3* 


—    36     - 

prachtvolle^  jetzt  im  Museum  zu  Darmstadt  bewahrte,  Mosaikboden  zu 
Tage  gefördert  wurde,  welcher  ohne  Zweifel  zur  Villa  eines  reichen 
Provinzialen  gehörte  und  eikien  sprechenden  Beweis  von  dem  üom- 
fort  der  Bewohner  jener  äussersten  Gegenden  des  Bömerreiches  ab- 
gibt. Es  berechtigt  dieses  zu  der  Annahme  ^^^,  dass  auch  der  Ge- 
sundbrunnen und  eine  warme  Quelle  dortselbst  schon  in  den  ältesten 
Zeiten  den  Anlass  zu  einer  Ansiedlung  gaben,  welcher  sicherlich  um 
so  mehr  die  den  Alten  an  sich  schon  unentbehrlichen  Bäder  nicht 
gefehlt  haben  werden. 

Wie  am  Mittelrheine,  so  kannten  und  benutzten  die  Römer  auch 
am  Niederrheine  alle  diejenigen  Heilquellen  und  Mineralwasser, 
welche  die  Neuzeit  theilweise  erst  wieder  auffand  und  dem  Heilge- 
brauche zugänglich  machte.    Es  gehören  dahin  zunächst: 

11.  Die  Säuerlinge  am  L aacher  See,  wie  verschiedene  Bau- 
überreste von  Quelleinfassungen  aus  römischer  Zeit  beurkunden, 
welche  unter  andern  bei  Burgbrohl  gefunden  wurden**'^,  wie  denn 
überhaupt  das  in  naturwissenschaftlicher  wie  antiquarischer  Hinsicht 
gleicher  Weise  interessante  Brohlthal  auch  bezüglich  seiner 
Quellen  für  die  römische  Zeit  bedeutsam  ist.  Noch  i.  J.  1862 
hat  man  bei  Aushebung  der  römischen  Fundamente  des  in  einem 
Seitenthälchen  jenes  Thaies  gelegenen  Heilbrunnens  in  der  Quell- 
spalte des  Felsens,  die  etwa  auf  V/t'  zugänglich  war,  gegen  100 
meist  Kupfer-  theilweise  auch  Bronze-  und  Silber-Münzen  mit 
zum  Theil  noch  sehr  wohl  erhaltenen  Umschriften  und  Köpfen  ge- 
funden :  diese  offenbar  als  Heilgaben  in  die  Quelle  geworfenen  Mün- 
zen erstrecken  sich  von  den  letzten  Zeiten  der  römischen  Republik 
bis  auf  Constantin  den  Grossen  ^^^.    Nicht  weit  von  da  entfernt  Hegt 

12.  Der  Siedinger  (Biedinger)  Dreis,  eine  Sauerquelle  bei 
Gerolstein  (Kreis  Dann,  Begierungsbezirk  Trier)  in  der  Eifel,  bei 
deren  Wiederherstellung  i.  J.  1778  man  als  sprechende  Urkunden 
ihrer  Benutzung  in  römischer  Zeit  143  römische  Münzen  grössten- 
theils  von  Maximinus  auffand  ^^^.  Eine  ähnliche  kleine  Mineralquelle 
scheint 


lOT  Vgl.  Dr.  Bossler  Die  Römerstfitte  bei  Vilbel  in  dem  vorgenannten 
Archiv.  X,  1  Nr.  .1  besonders  S.  5  a.  35. 

108  Vgl.  Lorsch  S.  129. 

109  Vgl.  Joh.  Freadenberg  Das  Denkmal  des  Hercules  Sazanns  im  Brohl- 
thaie,  Bonn  1862,  S.  3.  A.  1.  Lersch  S.  47. 

110  Vgl.  j.  s.  Schannat  Eiflia  illustrata  oder  geogri^ihiscbe  und  historische 
Beschreibung  der, Eifel.  Ans  dem  lateiniitohen  Manusoript  ttbersetst  und  mit 
Anmerkungen  und  Zusätzen  bereichert  von  Georg  Barsch.  Leipzig  1850  ff.  8 
III,  2,  1  S.  40  f.    Lersch  S.  47. 


-     37     - 

13.  Der  Birresborn  in  der  Bürgermeisterei  Mürlenbach  (Kreis 
Prüm^  Regierungsbezirk  Trier)  in  geringer  Entfernung  vom  rechten 
Ufer  der  Kyll  am  Fusse  eines,  Grauwacken-Plateaus  zu  sein:  auch 
dort  haben  die  in  der  Nähe  des  Brunnens  aufgefundenen  Münzen 
bezeugt,  dass  dieser  Born  gleichfalls  den  Römern  wol  bekannt  war  ^^^. 
Zu  den  bedeutenderen  Heilbädern  der  Bheinlande  aber  in  römischer, 
mittelalterlicher  und  neuerer  Zeit  gehört  weiter  auch 

14  Bertlich,  gewöhnlich  Bertrich,  in  den  100  Fuss  tiefen 
Thälem  des  Uesbaches  in  der  Bürgermeisterei  Lützerath  (Kreis 
Cochem,  Begierungsbezirk  Trier),  an  dessen  wannen  Quellen  zu  ver- 
schiedenen Zeiten  die  unzweideutigen  Spuren  der  dauernden  Be- 
nutzimg in  Bömerzeiten  zu  Tage  getreten  sind.  Bereits  i.  J.  1843 
fand  man  20^  unter  dem  jetzigen  Boden  den  alten  Bömerbrunnen, 
welcher  &  breit  und  7'  lang  in  den  Felsen  gehauen  und  wenigstens 
27'  tief  ist.  Auch  entdeckte  man  in  der  Nähe  dieses  Brunnenschachtes 
ein.  altes  mit  römischen  Ziegeln  gemauertes,  gemeinschaftliches 
Bad  von  etwa  12'  im  Gevierte,  in  welchem  eine  grosse  Amphora 
lag.  Mehreremals  hat  man  überdiess  bei  Bertrich  römische  Mün- 
zen gefunden,  unter  andern  eine  GoldmtUize  des  Vespasian  und  eine 
Münze  Constantins  des  Grossen.  Der  wiederaufgefundene  alte  Römer- 
brunnen  wurde  neu  gefasst  und  durch  eine  wohlgelungene  Leitung 
der  Quellen  die  Mächtigkeit  der  Thermen  bedeutend  verstärkt  ^^K 
Weitere  Aufdeckungen  folgten  l  J.  1860  bei  Anlage  des  neuen  Bades, 
wobei,  ausser  dem  oben  besprochenen  Votivaltärchen  der  Dever- 
cana  und  Meduna  und  der  Marmorfigur  der  Diana,  die  SO'  lange 
Grundmauer  eines  Gebäudes  blosgelegt  wurde,  auf  dessen  Mörtelestrich, 
ausser  Hirschgeweihen  (die  sich  vielleicht  auf  den  Cult  der  Diana 
beziehen),  Statuetten  vcm  Thon  u.  a.  m.^  wiederum  Münzen  von 
Hadrian,  Commodus,  den  Antoninen  und  Valentinian  vorgefunden 
wurden  ^^^.  Welche  Bedeutung  diese  Thermae  ad  S.  Bertricum  oder 
Aquae  Bertlichianae,  wie  sie  in  Urkunden  genannt  werden,  im  Mittel- 
alter gewannen,  davon  zeugen  die  wiederholten  Restaurationen  des 
Erzbischofs  Johann  von  Trier  in  den  Jahren  1456  und  1471,  so  dass 
sich  dort  selbst  während  des  16.  Jahrhunderts  ein  reges  Badeleben 
entfaltete.  Später  kam  das.Badin  Vergessenheit,  bis  es  um  1741  zu  neuem 
Rufe  gelangte,  aber  erst  28  Jahre  später  durch  die  Fürsorge  des 
letzten  Kurfürsten  von  Trier  wiederum  so  aufblühte,   dass  sich  dar- 


in Vgl.  Schannat  III,  2,  1  S.  279  f. 
1»  Vgl.  Schannat  III,  1,  3  S.  288—291. 
11^  Vgl.  Bonner  Jahrb.  XXVIU  S.  109. 


—     38     ~ 

nach  unter  französischer  ^  später  unter  preussischer  Herrschaft  die 
Frequenz  immer  mehr  hob  ^^*,  Ausser  dem  schon  oben  erwähnten 
Säuerling  bei  Godesberg^  welcher  ebenfalls  den  Römern  bekannt 
war,  erübrigt  schliesslich  noch  der  Thermen  von 

15.  Aachen  zu  gedenken ,  dessen  Namen  ,,Aquae  Granni^^ 
bereits  oben  auf  die  Bedeutung  seiner  Heilquellen  in  römiseher  Zat 
hinzuweisen  veranlasste.  Schon  längst  hat  man  dort  bei  der  Eaiser- 
quelle  die  Substruktionen  von  Bädern  mitHohlziegelU;  sowie  Mün- 
zen aufgefunden  <«,  neuerdings  auch  bei  den  im  dortigen  Münster 
nach  dem  Grabe  Karls  des  Grossen  ^  angestellten  Nachgrabungen  ^*^« 
Dass  auch  die  nahliegenden  Quellen  von  Burtsc  hei  d  gleichfalls  schon 
von  den  Römern  benützt  wurden,  ist  um  so  wahrscheinlicher,  weil 
auch  eine  Leitung  für  kaltes  Wasser  dortselbst  als  ein  Rom  er  werk 
erkannt  wurde  **^. 


V. 

Mythologisches  zu  den  Itinerarien. 

Ausser  den  oben  erörterten  mit  ,,Aquae^'  gebildeten  Ortsnamen 
machen  sich  unter  der  grossen  Menge  der  in  den  Itinerdirien  über- 
lieferten Localbezeichnungen  verschiedener  Art  neben  der  zahlreichen 
Classe  blosser  Eigennamen  weiter  auch  noch  andere  von  ähnlicher 
Bildung  bemerkbar,  welche  gleichfalls  aus  einem  lateinischen 
Appellativum  nebst  zugehörigem  Adjektive  oder  Nominativ  oder 
Genitiv  eines  Eigennamens  zusammengesetzt  sind.  Ganz  analog 
unsem  zahllosen  Ortsnamen  auf  heim,  dorf,  berg,  bürg,  markt, 
brücken,  hafen,  gau  u.  a.  m.  haben  die  Appellativa  theils  eine  auf 
natürliche  Verhältnisse  der  mannigfachsten  Art  bezügliche  Be- 
deutung, wie  mons,  pous  und  portus,  theils  weisen  sie  auf  militä- 
rische (castra,  castellum,  praetorium,  turris)  oder  bürgerliche 
(pagus,  vicus,  forum)  Ansiedlungen  hin,  theils  endlich  geben  sie  sich 
als  ursprünglich  religiöse  Mittelpunkte  zu  erkennen,  um  welche  sich 
meistens  wol  ein  bürgerliches  Gemeinwesen  kleineren  oder  grösseren 


*i»  Vgl.  Lersch  S.  168. 

"*  Vgl.  Lersch  S.  47.  128  A.  129.  141. 

"«  Vgl.  Bonner  Jahrb.  XXXllI.  XXXIV.  S.  223. 

1»  Vgl.  Lersch  S.  141. 


-     8»     - 

UmfangB  bildete,  das  von  ihnen  seinen  Namen  erhielt:  hierher  ge- 
hören die  Beseiclinungen  als  compitnm,  templam,  fanum,  lacus. 
Für  compitum  liegt  unseres  Wissens  nur  die-  eine  Stelle  im  It. 
Ant.  p.  145  der  Berliner  Ausgabe  vor,  woselbst  ein  Ort  Compi- 
tum aufgeführt  ist,  welcher  ebendort  p.  143  mit  sub  Anagniae 
and  in  der  Tab.  Peuting.  segm.  V.  E.  mit  Conpito  Anagnino 
beseichnet  wird  :  die  Schreibung  Conpito  lässt  yielleicht  auch  in 
der  mutatio  C.onpetu  des  It.  Hierosol  p.  289  eine  ähnliche  auf 
ein  compitum  zurückzufahrende  Ortsbezeichnung  vermuthen.  Gleiche 
BewandtnisB  scheint  es  auch  mit  den  als  templum  charakterisirten 
Namen  der  Tab.  Peuting.  zu  haben  (vgl.  Index  bei  Scheyb  p.  XI), 
bri  welchen  auf  der  Tafel  selbst  überall  ein  einzelnes  Haus,  offen- 
bar als  Andeutung  des  Tempels  eingezeichnet  ist:  es  findet  sich  so 
templum  Jovis,  Minervae,  Veneris,  Herculis  (zweimal)  und  Augusti. 
Von  grösserer  Bedeutung  aber  in  injthologischer  Hinsicht  sind  die 
durch  fanum  und  lucus  als  heilige  Stätten  gekennzeichneten  Oert- 
lichkeiten,  insoferne  sie  zugleich  auf  ein  anderes  nichtrömisches 
Glaubensgebiet  hinüberführen,  welches  ausserdem  hauptsächlich  nur 
durch  inschriftlicheZeugnisse  beurkundet  ist.  Beide  vorerwähnte 
Wörter  werden  bemerkenswerjther  Weise  bei  diesen  Ortsbezeichnun- 
gen entweder  in  üblicher  Art  vor  ihren  zugehörigen  Genetiv  gesetzt 
oder  aber  sie  folgen  demselben  nach  und  werden  bisweilen  sogar 
mit ' demselben  ^u  einem  Worte  verbunden.   - 

Fanum. 

1.    Fanum  Cocidi.    .  2.    Haevaef.anum. 

Sowol  der  Qeographus  Bavennas  p.  258,  11  und  826,  6  als  aucli 
Guido  p.  462,  11  und  605,  4  erwähnen  das  jetzige  Fano  in  Umbrien, 
die  Colonia  Julia  Fanestris,  mit  der  blossen  Bezeichnung  Fanum, 
während  die  Tab.  Peutii^.  segm.iy.B  mit  ihrem  fanoFurtunae  (sie) 
und  die  li  Ant.  p.  126  und  Hierosol.  p.  615  mit  fano  Fortunae 
deutlich  noch  auf  die  erste  Tempelanlage,  das  U^v  T^g  Tv/vi,  hin- 
weisen (vgl.  F orbiger  Hdb.  d.  Geogr.  I,  618),  deren  Namen  durch 
die  analogen  Ortsnamen  eines  fanum  Martis  (Tab*  Peuting.  segm.  I. 
It  Ant  p.  387)  und  ebenso  eines  fanum  Minervae  (It  Ant  p.  S64) 
in  Gallien  bestätigt  wird.  Es  darf  daher  gewiss  auch  bei  dem  von 
dem  It  Ant  p.  80  angeführten  fanum  Carisi  auf  der  Insel  Sar- 
dinien in  dem  zweiten  Worte  gleichfalls  der  Namen  einer  einheimischen 
sardischen  Gottheit  vermuthet  werden^  zumal  auch  die  von  Forbiger 
S.  835  dazu  verglichenen  Km^f^potoir  des  Ptolemaeus  den  nichtrömischen 


-     40     - 

Urgprnng  des  Wortes  weiter  zu  beurkunden  scheinen.  Schwieriger 
ist  die  Entscheidung  über  ein  fünftes  fanum^  das  fanum  fugitivurn  in 
Umbrien  bei  Guido  p.  419,17,  welches  das  It.  Hierosol.  p.  613  mu- 
tatio  fani  fugitivi  und  die  Tab.  Peuting.  segm.  IV.  F.  fano  fugitivi 
nennt  Es  scheint  demnach  der  Namen  fanum  fugitivi  gewesen,  seinem 
Ursprünge  nach  aber  dunkel  zu  sein,  da  fugitivi  wol  nichts  mit  dem 
Namen  einer  Gottheit  zu  schaffen  hat,  ^wie  in  den  vorhergehenden 
Fällen  und  offenbar  auch  in  den  beiden  folgenden,  welche  gleichfaUs 
wieder  nichtrömische  d.  h.  keltische  Gdttemamen  als  Ausgangs- 
punkte von  Ortsnamen  aufzeigen  und  damit  zugleich  auf  die  alten 
Quellen  zurückführen,  die  den  bekanntlich  oft  bis  zur  Ungeheuer- 
lichkeit entstellten  Ortsbezeichnungen  des  Geographus  Ravennas  ganz 
unzweideutig  zu  Grunde  liegen.  Dieser  erwähnt  nämlich  unter  den 
zahlreichen  tbeilweise  auch  von  Ptolemaeus  aufgeführten  Ortsnamen 
Britanniens,  welche  in  grader  lüehtung  von  Meer  *zu  Meer  Uegen 
sollen,  p.  433,4  einen  Ort,  welchen  die  Ausgaben  Fanocedi,  der 
treffliche  cod.  Parisinus  allein  (und  daher  die  Berliner  Ausgabe) 
Fanocodi,  der  Vaticanus  und  Basiliensis  dagegen  übereinstimmend 
Fanococidi  nennen  und  dieses  ist  die  allein  richtige  Leseart.  Es  haben 
nämlich  schon  die  beiden  englischen  Archäologen  BoachSmüh  CSol- 
lect  antiq.  II.  p.  201  und  CoUingwood  Bruce  the  Roman  Wall  p.  381 
edit  II.  auf  etwa  10  zu  Bankshead  und  Howgill,  »in  deren  Nähe  man 
den  besagt^i  Ort  des  Ravennaten  sucht  und  setzt,  wie  auch  zu  Bir- 
doswald,  Netherby  und  Bleatam,  meist  Orte  an  der  Britannien  quer 
durchschneidenden  Linie  des  Antonjnischen  Walles,  aufgefundene 
Votivaltäre  hingewiesen,  welche  einem  DEVS  COCIDIVS  gewid- 
met sind,  der  auf '  denselben  auch,  wie  zahlreiche  andere  keltische 
Götter, vmit  dem.  römischen  Mars  identifizirt  wird.  Fanum  Gocidi 
(Cocidii)  ist  also  dem  obenerwähnten  fanum  Martis  ganz  analog  und 
damit  in  jenem  bisher  ganz  rätbselhaften  Ortsnamen  bei  dem  Raven- 
naten ein  neues  gewichtiges  Zeugniss  fär  den  Cult  dieser  britanni- 
schen Gottheit  vgewonnen.  Von  ähnlicher  Art  ist  der  zweite  Fall. 
Unter  den  auch  hier  wieder  grösstentheils  bis  zur  Unkenntlichkeit 
entstellton  Localnam^n  am  Niederrhein  nennt  derRavennate  p.  228,4 
einen  schon  vielfach  der  historischen  Interpretation  unterstellten  Ort 
Coadulfaveris,  an  d^sen  Stelle  die  Tab.  Peuting.  segm.  I.  B.U.G. 
die  beiden  Ortsnamen  Carvone  und  Castra  Herculis  bietet. 
Unmittelbar  hinter,  demselben  bringt  der  Geographus  RavennsA  weiter 
einen  Ort  Evitano  (mit  der  Variante  evitario  in  dem  Basiliensis), 
stattdessen  die  Tab.  Peuting.  segm.  I.  B.  hinwieder Levefano  auf- 
fuhrt.   Aus  der  Vergleichung  dieser  beiden  Namen  ersieht  man  deut- 


—     M      ~ 

lichy  dass  in  dem  Texte  des  jGreographus  bisweilen  die  Anfangs- 
buchstaben der  Namen  weggefallen  sind^  andererseits  liegt  ebenso 
klar  Tor^  dass  Levefano  aus  Leve  d.  h.  Levae  oder  Laevae  und 
fano  zusammengesetzt  ist.  Die  Erwähnung  des  Ortes  Castra  Herculis 
aber  und  die  Auffindung  einer  Anzahl  einem  kelto-römischen  HEB- 
CVLEH  MAGVSANVS  gewidmeter  Votivaltäre  an  verschiedenen 
Orten  Hollands  hat.  daher  Alfred  Maurj  (Bev.  arch^ol.  1849.  p.  237: 
vgl.  Beucker  de  orig.  iur.  frisic.  p.  294)  zu  der  ansprechenden  Ver- 
muthung  Azüass  gegeben^  dass  in  beiden  Itinerarien  Haevaefano 
zu  verbessern  sei,  da  ein  zu  Malburgen  in  Holläadisch-Geldem  zu 
Tage  geförderter  Votivaltar  HEBC VLI  MAGV8AN0  ET  HAEVAE 
(Orelli  2006)  geweiht  ist :  eine  >  Textesveränderung  der  Itinerarien, 
welcher  in  paläographischer  Hinsicht  kaum  ein  erhebliches  Bedenken 
entgegengestellt  werden  kann.  Es  wäre  demnach  nahe  bei  den  Castra 
Herculis,  welcher  Gott  dort  gewiss  leicht  zu  .einer  Identifizirung  mit 
dem  einheimischen  Dens  MAGVSANVS  kommen  konnte,  einfanum 
Haevae  d.  h.  ein  seiner  göttlichen  Begleiterin,  der  gleichfalls  ein- 
heimischen, nicht-römischen  HAEVA  geweihtes.  Heiligthum  nachge- 
wiesen, um  welches  sich  als  Mittelpunkt  auch  eine  gleichnamige  An- 
siedlung.  gebildet  haben. mag. 

Lucus. 

1.  Lucus  Bormanae.    2.  Poenilucus.     3.  Stailucus.  4.  Sage- 

lucus. 

Denselben  mythologischen  Ausgangspunkt  und  Anlass,  wie  die 
mit  fanum  gebildeten  Ortsnamen,  haben  auch  die  mit  lucus  zusam- 
mengesetzten, deren  zweiter  Theil  meistens  der  Genitiv  eines  Götter- 
namens ist;  wie  dort  ein  heiliges  Gebäude,  so  gab  hier  ein  heiliger 
Hain  wol  öfter  die  natürliche  Veranlassung  zu  einer  Ansiedlung, 
welche  sich  nn  Laufe  der  Zeit  zu  einem  grossem  Gemeinwesen  er- 
weitem mochte.  Heilige  Haine  aber  waren  dem  römischen  wie  kel- 
tischen Cultus  gemeinsam  und  es  kann  daher  auch  hier  nicht  auf- 
fallen, lucus  mit  Namen  von  Gottheiten  aus  beiden  Mythölogieen  zu- 
sammengestellt zu  sehen.  ItaUen  selbst  gehören  der  lucus  Fwoniae 
(Plin.  N.  H.  nn,  5,  8)  und  der  lucus  Angitiae  an,  dessen  gleich- 
namiger Ort  noch  in  dem  heutigen  Luco  fortlebt  (Forbiger  S.  642); 
auch  das  süd-italische  Lucos  der  Tab.Peuting.  segm.  VLB.  gründet 
sich  sicherlich  auf  eine  gleiche  heilige  Waldstätte,  wenn  ^uch  die 
Gottheit,  welcher  dieselbe  ursprünglich  geweiht  war,  grade  so  nicht 


—     ^2     - 

mit  überliefert  ist^  wie  oben  bei  dem  Ravennaten  das  bloBse  Fanum^ 
statt  Fanum  Fortunae  steht ^  wie  weiter  Bchlechthin  Lucas  im  It. 
Ant  p.  170,  It.  HieroBol.  p.  263,  Tab.  Peuting.  segm.  II.  D.  und  bei 
demGeogr.  Rav.  p.  241  (mit  den  Varianten  tueo  undtuco)  statt  Incus 
Augusti  (Luc  en  Die  in  Frankreich :  Plin.  N.  H.  III,  4,  5)  und  eben 
so  im  It.  Hierosol.  p.  203.  204  statt  Lucus  Augusti  (Lugo  it  Spanien) 
gesetzt  ist,  wobei  beiläufig  bemerkt  sei,  dass  Lucus  Asturum  (Asto- 
rum:  Gkogr.  Ray.  p.  320,  16),  uiovnug  'Aatov^av,  einer  der  kleinen 
Orte  im  Ghebiete  der  hispanischen  Astures,  deren  Haupt-  und  Natio- 
nalheiligthum  gewesen  zu  sein  scheint  Diese  Benennung  naheliegen- 
der Ansiedlungen  nach  solchen  heiligen  Hainen  einheimischer  Gott- 
heiten bezeugt  auch  der  grosse  Wald  Bouconne  im  südwesdichen 
Frankreich  am  Fusse  der  Pyrenäen,  an  dessen  westlichem  Saume  die 
Spuren  einer  römischen  Niederlassung  gefunden  werden,  welche  die 
locale  Ueberlieferung  gleichfalls  mit  dem  Namen  Bouconne  be- 
zeichnet ;  es  erwähnt  nun  aber  das  It.  Hierosol.  p.  261,  1 1  westlich 
von  Tolosa  an  der  Strasse  nach  Burdigala  unter  andern  Orten  eine 
mutatio  Bucconis,  welchen  Ort  Bucconae  man  in  dem  Flecken 
Empeaux  und  Ue-en-Jourdain  erkennen  wollte :  mit  grösserer  Wahr- 
scheinlichkeit ist  aber  diese  mutatio  vielmehr  in  der  obenerwähnten 
gleichnamigen  römischen  Ansiedlung  am  Rande  des  Waldes 
Bouconne  zu  suchen.  Ganz  analog  dem  italischen  lucus  Feroniae  und 
Angitiae  ist  weiter  auf  gallischem  Gebiete  auch  der  Namen  des  älao^ 
'Aifdatfig  oder  vielmehr  *Av9gwfitig,  lucus  Andart^e,  der  britannisdhen 
Siegesgöttin  bei  Cass.  Dio  LXII,  2  gebildet  und  es  lassen  sich  nach 
dieser  Analogie  auch  die  Namen  anderer  keltischen  Grottheiten  fest- 
stellen, welche  bis  jetzt  ganz  unerkannt  in  solchen  Ortsnamen  der 
Itinerarien  verborgen  waren»  Es  erwähnen  nämlich  das  It.  Ant.  p. 
141.  Tab.  Peutmg.  segm.  II.  F.  Geogr.  Rav.^  p.  270,  8;  338,  4  und 
Guido  p.  476,  9;  612,  25  einen  li guri sehen  Ort,  dessen  Namen 
sie  in  seinem  ersten  Theile  Lucus  im  Ganzen  übereinstimmend, 
mehr  oder  minder  abweichend  aber  in  seinem  zweiten  Tbeile  über- 
liefern: es  ist  das  zwischen  Albingaunum  und  Costa  Balenae  au%efilhrte 
Lucus  Bormani.  Von  den  Handschriften  des  It  Ant.  haben  nur 
der  tre£fliche  ParisinuB  D  und  der  Scorialensis  Luco,  alle  übrigen 
Loco;  in  gleicher  Weise  weichen  von  der  Vulgate  Bormiani  der  eine 
Florentinus  mit  bormoni/der  Scorialensis  mit  bormaci  und  am 
auffallendsten  der  vorerwähnte  Parisinus  mit  bormaniae  ab;  die 
Tab.  Peuting.  segm.  IL  F.  hat  Luco  Boramni  mit  offenbarer  Ver- 
Schreibung  statt  Bormani.  Noch  weiter  ab  liegen  die  Lesearten 
des  Ravennaten  und  des  Guido.    Jener  bietet  an  erster  Stelle  Luco 


—     »3     - 

VermaniB^  ebenso  auch  an  zweiter  Stelle^  woselbst  jedoch  der  Va- 
ticanus  und  ParisinuB  Loco  Germaziis,  die  Ausgaben  Loco  Ber- 
man  ig  haben.  Die  Handschriften  des  Guido  haben  an  erster  Stelle 
Locö  oder  Leco  Vermanis  oder  Vernattis,  an  zweiter  Loco 
Germinis.  Auffallend  ist  hierbei;  dass  während  It.  Ant.  und  Tab. 
Peuting.  auf  einBormani  hinführen;  bei  dem  Ravennaten  und  Guido 
dieses  Wort  auf  i  s  ausgeht;  was  als  leicht  aus  einem  i  e  entstanden; 
auf  das  bormaniae  des  Parisinus  D  zurückweisen  würde.  Zunächst 
ist  aber  als  Nominativ  zu  Bormani  ein  Borroanus  festzuhalten  und 
ist  hierzu  die  ganze  Reihe  theils  dem  StammC;  theils  der  ableitenden 
Endung  nach  verwandten  und  analogen  Bildungen  zu  vergleichen; 
welche  oben  S.  9  zusammengestellt  worden  sind;  unter  denen  die 
beiden  letztern  dem  Bormanus  am  nächsten  kommen  und  ebenso 
wie  Lucus  Bofmani  selbst  auf  eine  einzige  keltische  Gottheit 
zurückzudeuten  scheinen;  welche  entweder  ein  Deüs  Bormanus 
oder  eine  Dea  Bormana  gewesen  ist.  Und  in  derThat  lassen  sich 
wol  beide  nachweisen.  Einerseits  nämlich  hat  Httbner  ^^^  zwei 
Votivinschriften  au«  Spanien;  demnach  also  ebenfiBills  aus  einem  Kelten- 
lande;  mitgetheilt;  welche  einem  DEVS  BOBMANIOVS  gewidmet 
sind  und  andererseits  hat  sich;  nicht  allzufeme  von  demjenigen  Land- 
striche GallienS;  welchem  die  Orte  Lucus  Bormani  und  das  Pli- 
nianische  Bormani  angehören;  zu  Saint- Vulbas  (d^p.  deTAin)  eine 
Votivara  mit  folgender  Inschrift  gefunden  "': 

BOKMANAE 

AVG  SACK 

CAPRI 

A :  TRATINVS 


als  deren  Schlus^  ein  Fragment  gelten  darf;  das.  sich  in  der  Mauer 
einer  Mühle  desselben  Dorfes  befindet : 

.  SABINL^VS 
DSD 
Demnach  darf  wol  das  LucusBormani  auf  jenen  Gott  BORMANVS 
oder  BORMANICVS  bezogen  oder;  soferne  Bormani  leicht  aus  Bor- 
mane  d.  h.  Bormanae  verschrieben  werden  konnte;  in  Lucus  Bor- 
manae  geändert  werden;  wovon  auch  der  treffliche  Parisinus  D  des 


»«  Vgl.  Anmk.  19. 

11*  VgLGaillemot  introduction  k  la  monographie  du  Bugey  p,  106.  AUmer 
sur  denx  inaeriptions  votivea  (vgl.  Anmk.  87)  p.  18.  Bonner  Jahrb.  XXXIil. 
XXXIV  8.  17. 


_   M*   — 

It.  Ani  in  Beinern  Bormaniae  eine  unzwrideutige  Spnr  erhalten  zu 
haben  scheint. 

Eine  ähnliche,  schon  frühe,  wie  es  scheint,  allgemein  gewordene 
Verderbniss  der  ursprünglichen  Namensform  hat  auch  die  Bezeich- 
nung der  Alpes  Poenniae  und  Alles,  was  mit  derselben  zusammen- 
hängt, betroffen.  Fast  überall  nämlich  zeigen  die  späteren  hand- 
schriftlichen Quellen  und  Urkunden  eine  Entstellung  des  Poeninus 
in  das  wegen  seines  Anklangs  anApenninus  naheliegende  Penn  in us, 
so  dass  die  Varianten  der  Handschriften  beide  Formen  untereinander 
mischen,  wie  ein  Blick  auf  Tab.  Peuting.  IIL  D;  II.  C;  II.  B.  und 
den  Bavennaten  p.  237  genugsam  zeigt  Schon  längst  aber  hat  ^^ 
die  Uebereinstiminung  der  besten  Handschriften  und  der  Inschriften 
dargethan,  dass  nur  Po  en  in  üb  die  allein  richtige  Form  des  Namens 
ist,  deren  Entstellung  in  Peoeninus  undPuoeninus  in  zwei  Inschriften 
nur  als  Schreibfehler  anzusehen  und  ohne  alle  Bedeutung  ist  ^^K  Mit 
Recht  hebt  daher  Mommsen  a.  u.  a.  O.  hervor,  dass  nach  allem 
diesem  die  auch  von  Zeuss  (gr.  celt  p.  77.  99)  noch  adoptirte  land- 
läufige Ableitung  von  dem  gallischen  penn  ebensowenig  stichhaltig 
sei,  als  die  von  livius  XXI,  38  gemachte  Angabe,  wonach  die  vallis 
Poenina  von  der  Localgottheit  der  Veragri,  dem  später  mit  dem 
römischen  Juppiter  identifizirten  Dens  Poeninus,  ihren  Namen  erhal- 
ten habe,  aus  sprachlichen  Gründen  angenommen  werden  könne,  da 
vielmehr  für  beide  Ableitungen  eine  gemeinsame  Wurzel  voraus- 
zusetzen sei.  Es  ist  nämlich  evident,  dass  das  Attribut  Poeninus  zu 
Alpes,  Vallis  und  dem  DEVS  der  Veragri  ^'^  nur  als  eine  adjdLtivische 
Ableitung  von  einer  kurzem  Wurzel  Poen  angesehen  werden  kann. 
Diese  Wurzel  selbst  aber  hat  Mommsen  sicherlich  ebenso  über- 
zeugend u;i  dem  Namen  der  rätischen  "Aimig  uowal  bei  Ptol.  II,  12,  2 
in  ihrer  ursprünglichen  Form  nachgewiesen,  als  andererseits  scharf- 
sinnig  auch  in  dem  ganz  entstellten  Pennelocus    der  Itinerarien 


120  Vgl.  Th.  Mommsen  Die  Schweiz  in  römischer  Zeit.  (Mittheilangen  der 
Antiq.  Gesellsch.  ii;^  Zttrich  IX,  2,  1  1854)  S.  6.  A.  6. 

«»  Vgl.  Strabo  UI,  6;  PtoL  III  p.  171  ed.  WUberg;  Plin.  N.  H.  III,  17, 
21;  Tacit.  Eist.  I,  61,  70,  87;  IV,  68;  Ammian.  Marc.  XV,  10;  Liv.  V,  35; 
XXI,  38;  Zosim.  Eist.  VI,  3;  Grut.  p.  37t>.  6;  Maffei  Ver.  illustr.  VIII  p.  Sa»?; 
Orelli  3888;  Mommsen  Insc.  Helv.  p.  7—10;  Bonner  Jahrb.  IX  S.  91  und  XI 
S.  11-14. 

122  Pa  mehr  als  21  aaf  dem  grossen  St.  Bernhard  aufgefundene  Votivin- 
Schriften  den  Poeninus  als  männliche  Gottheit  beurkunden,  so  kann  des  Ser- 
vius  (zu  Vergil.  Aen.  X,  13.  vol.  I  p.  54T  ed.  Lion)  Dea  Poenina  nur  auf 
eipem  Irrthume  beruhen  und  ist  wol  mitD'eyks  (Bonner  Jahrb.  XI  S.  19)  in  Dens 
Poeninus  zu  verbessern. 


—    45     - 

yermnthei  Dieser  Ort,  ohne  Zweifel  das  heutige  Villeneuve  in 
Wallis,  wird  im  It  Ant.  p  167  durch  die  5  Handschriften  DJLNP, 
auf  deren  lieber einstinunung  p.  XXXIII  der  Berliner  Ausgabe  ein 
grosses  Gewicht  gelegt  wird,  als  Penne  locos,  durch  die  übrigen 
als  Penne  locus  bezeichnet,  während  die  Tab.  Peuting.  segm.  II. 
B:  Pennolucos  und  der  Valicanus  nebst  dem  Parisinus  desRaven- 
naten  p.  237  Pennolocus,  der  Basiliensis  Pennolicus  bietet.  Das 
für  die  Abschreiber  unverständliche,  aber  in  der  Tab.  Peuting.  glück- 
lich bewahrte  lucos  inusste,  wie  man  sieht,  sich  die  Aenderung  in 
das  naheliegende  locus  gefallen  lassen,  ganz  analog  der  oben  er- 
wähnten Stelle  des  Lucus  Bormani  im  It  Ant.  p.  141,  woselbst  nur 
zwei  Handschriften  luco,  alle  übrigen  aber  loco  haben.  Es  kann 
aber  kein  Zweifel  sein,  dass  in  dem  lucos  der  Tab.  Peuting  nur 
eine  keltisirte  Nomin^tivform  statt  lucus  zu  sehen  ist,  da  bekannt- 
lich diese  Endung  os  als  eine  keltische  statt  der  lateinischen  us  auf 
zahlreichen  keltischen  Münzlegenden  sowol  als  in  inschriftüchen  Eigen- 
namen kellischen  Gepräges  gewöhnlich  ist,  somit  also  auch  bei  Orts- 
namen wird  zur  Anwendung  gekommen  sein  ^^.  Der  erste  Theil 
dieser  mit  lucos  zusammengesetzten  Localbezeichnung  aber  hat  nun 
ohne  Zweifel  dieselbe  Wandelung  des  Poeüo  oder  Poe ne  in  Penno 
oder  Penne  erlitten,  wie  sie  in  Penninus  au^  Poeninus  offenbar  vorliegt. 
Es  haben  daher  Wesseling  (zu  It  Ant  p«  352)  und  H.  Meyer  *^ 
den  Namen  dieser  römisch -gallischen  Station  als  Poenilucus  (Poeni- 
lucos)  d.  h.  Hain  des  Poenus  hergestellt:  eine  uralte  einheimische 
Gottheit  Poenus  muss  demnach  also  auch  sprachlich  Anlass  und 
Ausgang  der  Benennung  gewesen  sein,  womit  das  ganze  Rhonethal 
(vallis),  sodann  der* dazu  gehörige  Alpenzug  (Alpes  Poeninae),  end- 
lich der  auf  der  Höhe  des  grossen  St.  Bernhard  verehrte  Juppiter 
optimus  maximus  belegt  wurde  :  wie  überall  ging  auch  hier  der 
Localgott  in  der  Identifizirung  mit  dem  siegreichen  Römergotte  unter. 
Dass  im  Laufe  der  Zeit  und  bei  der  Verdunklung  der  ursprünglichen 
Bedeutung  des  Wortes  sich  leicht  aus  Poeniluoos  ein  Penne —  oder 
Pennolucos  oder  locus  für  den  bei  dem  uralten  Haine  des  Poenus 
entstandenen  Ort  als  Namensform  bilden  konnte,  liegt  auf  der  Hand: 
vielleicht  enthält  auch  das  Pennolicus  der  Baseler  Handschrift  des 
Ravennaten  noch  eine  Spur  des  ursprünglichen  Namens,  da  es  wie 
eine  Verschreibung  aus  Pennilocus  oder  Pennilucos  d.  h.  Poenilucos 


123  Vgl.  Kuhn  u.  Schleiclier  Sprachvergl.  Beiträge  in,  2  S.  189  f. 
IM  Die  römischen  Alpenstraflaen  in  der  Schweiz  (Mittheilangen  der  Antiq. 
Gesellsch.  in  Zürich  SLni,  2,  4)  S.  120. 


—     46     - 

ersohwit  Wie  fanum,  so  ist  nämlich  auch  lacus  dem  Namen  der 
Gottheit  nachgesetsst  d.  h.  angehängt  worden,  bo  dass  gich  statt  Lucus 
Poeni  ein  Poenilucusy  wie  oben  Haevaefanum,  feststellte.  Fttr 
diese  Art  der  Namenbildung  zeugt  vielleicht  auch  der  Ortsnamen 
StailucuB  in  der  Tab.  Peuting.  segm.  IV.  C,  dessen  «^ter  Theil 
sich  sowol  sonst  noch  in  derselben  Tab.  Peuting.  segm.  XII.  B.,  als 
auch  auf  römisch-keltischen  Inschriften  nachweisen  lässt:^**^ 

SVGASSIS 

HANIVS 

.  .  .  DIAE.STAI.F. 

.  .  .  SVGASI  ET  STAIC. 
und  somit  ebenfalls  wenigstens  auf  einen  Personennamen  STAIVS 
zurückweiset,  der  wol  auch  ab  Gdttemamen  vorkam. 

Dieselbe  Namenbildung  mit  lucus,  aber  auch  dieselbe  Verwech- 
selung des  Wortes  mit  locus,  scheint  endlich  auch  in  einem  dritten 
Ortsnamen  vorzuliegen,  welchen  das  It  Ant  p.  226  Segeloco,  p. 
228  aber  Ageloco  nennt:  auch  der  Kavennate  bezeichnet  offenbar 
denselben  Ort  in  gewohnter  Entstellung  mit  Segeloes:  aus  diesen 
Fokmen  dürfte  sich  ohne  Zwang  die  Verbesserung  Segel ucus  oder 
SagelucuB  herleiten  lassen,  so  dass  Sagaelucus  wiederum,  wie 
oben  Haevaefanum  gebildet  wäre;  ist  auc^  in  Britannien  selbst  (wo- 
hin jener  Ort  gehört)  keine  DEA  SAGA  bis  jetzt  nachgewiesen, 
so  begegnet  eine  solche  jedoch  auf  folgender  römisch  -  keltischer  In- 
Schrift  Spaniens:  ^^ 

SAGAE 

MAVRVS 

CAVDI 

V.L.A.S 


125  Vgl.  Octavi.  Roftsi  Memor.  Bresc.  ed.  Vinaccesi  p.  277  n.  25. 

126  Ygl.  Cean  -  Bermadez  Sammario  de  las  Antiguedades  Romanas  qua  hay 
en  EspaSa,  Madrid  18S2,  fol.  p.  422. 


xVv 


Des  Kanonicus  Job  Rohrbach  am  Bartholomäusstifte 

Frankflirter  Ckroilk 

vom  Jahre    1494  —  1502. 

Zum  ersten  Male  herausgegeben 

von 
Qeorg  Eduard  Steits,  Doctor  der  Theologie. 


Einleitung. 

In  den  folgenden  Blättern  lege  Ich  denGeBchichtsfreundenindner 
Vateratadt  das  Tagebuch  des  im  Jahre  1602  in  jugendlichem  Alter 
verstorbenen  Kanonicus  Job  Bohrbach  vor,  in  welches  dieser  die  Er- 
eignisse seiner  Familie ;  seiner  Freunde  und  seiher  Mitbürger  vom 
Jahre  1494  bis  1502  eingetragen  und  au%ezeichnet  hat  Ich  habe 
bereits  von  der  WIederaufGndung  dieser  interessanten  Handschrift  in 
der  Einleitung  zu  der  Familienchronik  Bernhard  Bohrbachs  im  2. 
Bande  der  neuen  Folge  dieses  Archives  S.  415  Nachricht  gegeben 
und  vor  zwei  Jahren  in  den  Versammlungen  des  Frankfurter  Ver- 
eines für  Geschichte  und  Alterthumskunde  in  drei  Vorträgen  den 
reichhaltigen  Inhalt  derselben  entfaltet  (Vergl.  Frankfurter  Patricier- 
leben  zu  Ende  des  flinfzdinten  Jahrhunderts,  Frankfurter  Conver- 
satiousblatt  1868  Nr.  4—7.  16—20.  25  -28).  Was  in  jenen  9  Jahren 
in  Scherz  und  Emat;  in  Lieb  und  Leid  die  Bürgerschaft  bew^te, 
tritt  uns  in  diesen  fortlaufenden  handschriftlichen  Au&eichnungen  in 
einer  Beihe  von  Bildern  enlgegen,  die  mit  naivem  Sinne,  in  leichten 
Umrissen  absichtslos  hingeworfen,  uns  den  Blick  in  die  stillen  Kreise 
des  häuslichen  und  bürgerlichen  Lebens  und  seiner  Sitte  eröffnen, 
über  die  man  damals  nur  selten  etwas  niederschrieb  und  auch  das 
Wenige  nur  als  Anhalt  ftar  die  eigene  Erinnerung,  nicht  um  die 
Neugierde  der  künftigen  Geschlechter  zu  befriedigen.  Das  Büchlein, 
in  welchem  Job  178  Blätter  mit  eigener  Hand  beschrieben  hat,  wurde, 
in  Pergamentumschlag  geheftet.  In  der  Familie  Bohrbaoh  ala  ehr- 
würdiges Erbstück  bis  zum  Erlöschen  des  Mannatanunea  bewahrt; 
mit  Margaretha,  der  letzten  dieaea  Geachlechtea,  der  Gattin  Johann 
Adolfavon  Glauburg,  ging  ea  wohl  1579  in  den  Besitz  dieaer  FamiUe 


—     48     — 

über  und  wurde  von  einem  Gliede  derselben  um  1636  mit  Zusätzen 
und  Randbemerkungen  versehen.  Durch  welche  Umstände  es  in  die 
Hände  meines  GrossoheimS;  des  Finanzratbes,  nachmaligen  SchöfFen 
und  Bürgermeisters  Georg  SteitZ;  kam,  ist  mir  unbekannt  Von  ihm 
vererbte  es  auf  seinen  Neffen,  den  Herrn  Rath  Georg  Finger,  der  es 
mir  mit  gewohnter  Liberalität  zur  Benützung  anvertraute  und  dem 
ichr  dafür  jetzt  auch  öffentlich  den  herzlichsten  Dank  Aussprechen 
darf.  Der  selige  Böhmer,  den  meine  Mittheilungen  daraus  in  dem 
Conversationsblatte  noch  auf  seinem  schweren  Krankenlager  im 
höchsten  Grade  fesselten,  hatte  das  Büchlein  nie  gesehen.  Seine 
Vermuthung,  dass  es  wohl  Fichard  gekannt  haben  dürfte,  ist  nicht 
begründet :  dieser  würde  sonst  manche  Angaben  in  seiner  Geschlechter- 
geschichte (z.  B.  über  den  Tod  Gilbert  Holzhausens  zum  Spangen- 
berg, den  er  irrthümlich  erst  1496  setzt)  berichtigt  und  ergänzt  haben. 
Der  Einzige,  der  es  gekannt,  aber  weder  in  seinem  Werthe  gewür- 
digt, noch  auch  eingehend  benützt  hat,  war  der  selige  Römer.  Welche 
reiche  Quellen  und  Ströme  würden  sich  erst  für  die  vaterstädtische 
Geschichte  eröffnen,  wenn  die  Familie  Holzhausen  ihr  Archiv,  in 
das  so  viele  Archive  einzelner  Geschlechterfamilien  übergegangen 
sind,  nicht  mehr  in  ängstlicher  Zurückhaltung,  für  die  kein  Grund 
vorliegt,  der  Benützung  verschlösse,  sondern  die  Möglichkeit  gewähi*te, 
die  unvergesslichen  Verdienste  ihrer  grossen  Ahnen  ^  wie  sie  es  ver- 
dienen, zum  Gegenstand  der  Bewunderung  für  die  Nachwelt  zu 
machen ! 

Die  ältere  Geschichte  der  Familie  Rohrbach  darf  ich  hier  als 
bekannt  voraussetzen,  da  die  Familienchronik  Bernhards  darüber 
erscliöpfende  Nachrichten  gibt.  Ich  beschränke  mich  daher  nur  auf 
die  Erinnerung,  dass  dieselbe  durch  Konrad  Rohrb^ch,  gestorben 
1400,  nach  FrankAirt  kam,  dass  sie  durch  Handel  mit  Elsässer 
Weinen  und  durch  Heirathen  frühzeitig  ein  bedeutendes  Vermc^en 
und  ein  ausgedehntes  Grundeigenthum  erwarb,  dass  schon  Konrads 
beide  Enkel  Johann  (im  Jahre  1444)  und  Heinrich  der  Alte  in  den 
Rath  erkoren,  und  dass  auch  die  beiden  Söhne  des  letzteren,  Heinrich 
der  Junge  und  Bernhard,  im  Laufe  des  Jahrhunderts  die  Nachfolger 
ihres  Vaters  auf  dessen  Rathsitze  wurden. 

Job  oder  IJiob  Rohrbach,  der  dritte  Sohn  Bernhards,  der  von 
seinem  Vater  die  Neigung  zur  Aufzeichnung  städtischer  Begeben- 
heiten geerbt  zu  haben  scheint,  wurde  am  27.  December  1469  ge- 
boren und  von  dem  Kanonicus  zu  St  Leonhard  Wemherus  Erbstadt 
aus  der  Taufe  gehoben.  Die  Firmelung  empfing  er  .1477,  «Is  er  im 
achten  Jahre  stand.    Da  als  sßin  Firmpathe  ^Antonius  Armigeri,  sin 


-     49     — 

Rector  zu  St  Bartholomeus*'  erwfihnt  wird,  so  dürfen  wir  daraus 
gchliessen,  dass  er  die  Stiftsschule  daselbdt  besucht  und  in  ihr  seine 
erste  wissenschaftliche  Bildung  empfangen  habe.  Als  sein  Vater 
Bernhard  am  6.  December  1482,  erst  36  Jahre  alt,  starb,  waren  von 
dessen  neun  Kindern  nur  noch  sechs  am  Leben.  'Die  Wittwe  Elgin 
Bohrbach  war  eine  Tochter  des  verstorbenen  Schoflen  Konrad  Hqjz- 
hausen  und  dessen  Ehefrau  Engin,  einer  geborenen  Sassen  ^.  Sie 
wohnte  in  dem  Wixhäuser  (dem  heutigen  Aügsburger)  Hof,  dessen 
östliche  und  westliche  Seite  damals  noch  nicht  mit  Häusern  verbaut 
und  wie  heute  zur  Strasse  eingeengt  waren  ^  während  das  Gebäude 
selbst,  mit  Thurm  und  Erker  stattlich  geschmückt,  die  ganze  nörd- 
liche Breite  des  Hofes  einnahm  und  mit  seiner  Ea^ade  nach  Süden 
schaute.  Ausserdem  besass  sie  noch  immer  das  Haus  Ehrenfels  in 
der  Schnurgasse  und  einen  grossen  Hof  auf  der  Eschenheimergasse 
mit  mehreren  Zinshäusern,  über  dessen  Eingang  sie  im  Jahre  1496 
das' RohrbacVsche  und  Hotzhausen'scbe  Wappen  aufrichten  liess. 
Auch  ein  Bohrbach'scber  Garten,  ohne  Zweifel  der  jüngst  verkaufte 
grosse  Bleichgarten  auf  der  Breitengasse  und  dem  Klapperfeld,  wird 
von  Job  häufig  erwähnt '. 

Von  den  drei  Söhnen  trat  d.er  jüngste,  Konrad,  schon  am  8.  April 
1493  nach  eben  zurückgelegtem/  zwölften  Lebensjahre  eine  Reise  nach 
Augsburg  und  Venedig  an,  von  der  er  erst  im  März  1498,  also  im 
siebzehnten  Lebensjahre,  zurückkehrte.  Die  Dauer  seiner  Abwesen- 
heit, seine  zarte  Jugend  imdder  längere*  Aufenthalt  in  diesen  Städten, 
welche  die  grossen  Mittelpunkte  des  Handels  zwischen  Deutschland 
und  Italien  bildeten,  legt  die  Annahme  nahe,  dass  sich  Konrad  dem 
Kaufmannsstande  widmete  und  dass  der  Zweck  dieser  Reise  seine 
merkantilische  Ausbildung  war^  Wenige  Tage  vor  Konrads  Abreise 
war  auch  der  älteste  Sohn  Bernhard,  damals  26  Jahre  alt,  am  26. 
März  1493  nach  Italien  gezogen  *,  weilte  längere-  Zeit  in  Rom  und 
erreichte  erst  zwei  Jahre  später  mit  Ludwig  Hokhausen  die  Heimath. 
Als  beide  auf  dem  Rückwege  am  20.  Mai  1495  eben  auf  einem  Roll- 
wagen Worms  verlassen  wollten,  begegnete  ihnen,  wie  es  scheint, 
von  Ungefähr  dort  Job  Rohrbach   mit  mehreren  Frankfurtern,  Karl 


1  Bernhard  Rohrbaoh's  Familienchronik  §.  94—105  (bes.  §.  96);  8-  124.  Job 
Rohrbach  Chronik  §.1. 

>  Job's  Chronik  §.  89  flg.  §.  78,  81,  9,  14  etc. 

3  Ibid.  $  3  u.  87.  DafOr  spricht  auch  sein  spfiterer  Aufenthalt  in  Antwer- 
pen g.  10. 

♦  §.  4. 

4 


—     50     — 

Hjnsberg;  Ulrich  Neuhauseii;  Bechtold  Heller^  Johann  zum  Jungen^ 
Wolf  Blum;  dem  Schultheisen  Ludwig  zum  Paradies  ^  dem  Doctor 
Adam  Hejmbach  und  Anderen.  Sofort  kehrten  sie  mit  ihnen  in  die 
Stadt  zurück  und  feierteii  mehrere  Tage  lang  ein  fröhliches  Wieder- 
sehen. Begleitet  von  vier  Dienern  fuhren  sie  in  einem  Rollwagen 
am  24.  Mai;  ihrer  fünfzehn;  nach  Oppenheim;  von  da  am  25.  zu 
Schiffe  nach  Mainz  und  mit  dem  Mainzer  Marktschiff;  welches  bereits 
das  gewöhnliche  Beförderungsmittel  für  Beisende  aller  Stände  war, 
nach  Frankfurts  Schon  im  Jahre  1496  sehen  wir  Bernhard  das 
Boss  besteigen  zu  einer  neuen  italienischen  Beise;  die  ihn  sechs  Mo- 
nate lang  dem 'Familienkreise  fern  hält  und  wiederum  bis  nach  Born, 
von  Job  schlechthin  urbs  genannt;  führte  üeberhaupt  ist  der  Zug 
nach  Italien  eiine  charakteristische  Erscheinung  in  dem  Leben  der 
reichen  Frankfurter  jener  Zeit  Auch  von  Haman  Holzhausen  lesen 
wir;  da;ss  er  in  seiner  Jugend  sich  dort  aufgehalten  und  für  sich  und 
seinen  Beisegenossen  Jakob  Kühorn  einen  Ablassbrief  erwirkt  habe, 
der  im  Jahre  1491  auf  die  Glieder  von  Beider  Familien  ausgedehnt 
wurde.  Ln  September  1494  treten  abermals  drei  junge  Frankfurter, 
Loy  Jostenhofer;  ein  Sohn  des  Johannes  von  Bhein  und  Magister 
Wolfgang  Heller  die  Beise  nach  Italien,  und  da  sie  Briefe  für  Bern- 
hard Bohrbach  mitnahmen;  so  scheint  eS;  nach  Bom  an  '.  Was  sie 
dorthin  zog;  war  gewiss  nicht  blos  die  Herrlichkeit  des  Landes ;  die 
noch  heute  jedem;  .der  es  zu  sehen  das  Glück  hatte ;  in  frischer  Er- 
innerung bleibt;  sondern  zugleich  die  Sprache ,  die  durch  eine  allge- 
mein bewunderte  Literatur  vertreten;  als  ein  nothwendiger  Besitz  Aller 
galt;  die  auf  höhere  Bildung  Anspruch  machten.  Auch  Job;  obgleich 
wir  nicht  erfahren;  dass  'er  das  Land  selbst  bereiste;  hat  nichts  desto- 
weniger  diese  Sprache  erlernt :  unter  den  wenigen  Büchern ;  die  er 
auf  Anlass  seiner  Anschaffungen  und  der  ihm^  gewordenen  Geschenke 
erwähnt;  fuhrt  er  namentlich  die  sämmtlichen  Werke'  des  Francesco 
Fetrarcha;  eine  Liebesgabe  des  befreundeten  Dr.  Florentius  von 
Veningeu;  auf.  Uebrigens  waren  jene  Beisen  damals  noch  mit  weit 
grösseren  Gefahren  verbunden,  als  in  unseren  Tagen  und  es  fehlt 
nicht  an  Beispielen;  diuis  Manche  jener  Jünglinge  die  Befriedigung 
ihrer  Sehnsucht  nach  der  Heimath  der  Kunst  und  der  Wiederaufleben- 
den  classischen  Bildung  mit  dem  Leben  büssen  mussten:   Job  selbst 


s  §.  6.  cf.  §.  52. 
«  §.  8. 
»  §.  5. 


-     51     — 

erzählt  ubb;  das»  Wolfgang  Heller  mit  seinem  Gefährten  Otto  Eron- 
berger  auf  der  Heinureise  im  Gebiete  von  Siena  elendiglich  ermordet 
worden  sei.  Am  25.  August  1495  liessen  der  gebeugte  Vater  Becfathold 
Heller  und  die  Brüder  des  Gemordeten,  Jakob,  Bechthold  der  Jün- 
gere und  Caspar,  ihm  in  der  Bartholomäuskirche  die  Exequien  ver- 
anstalten ®.  . 

Die  beiden  älteren  Schwestern  Anna  und  Afra  wurden  durch 
den  Willen  der  Mutter  dem  Elosterleben  bestimmt  •  Im  Jahre  1488, 
wo  jene  vierzehn,  diese  zwölf.  Jahre  alt  war,  schloss  Elgin  mit 
Anna  Bückerin,  Priorin  zu  den  Weissfrauen,  einen  Vertrag,  kraft 
dessen  ihren  beiden  Töchtern  zwei  Pfründen  zugesichert  und  dem 
Erlöster  eine  Summe  von  250  fi.  für  jede  ausgesetzt  wurde,  wogegen 
es  auf  ihre  Erbschaft;  Verzicht  leistete.  1490  wurde  diese  Summe  fttr 
Anna,  1492  für  Afra  ausgezahlt  nebst  10  fl.  ftr  die  Kleider  jeder. 
Sie  traten  also  um  diese  Zeit  ihr  Noviziat  an'*  Schon  im  Jahre  1488 
werden  beide  in  einer  dem  Convente  ausgestellten  Ablassbulle  ge> 
nannt^;  den  Schleier  nahmen  sie  indessen  erst  am  6.  August  1494 
nut  vierzehn  anderen  Jungfrauen  ^K  Anna,  damals  zwanzig  Jahre  alt, 
überlebte  nur  um  wenige  Wochen  ihre  Einkleidung,  sie  verschied 
am  23.  August  in  dem  Kloster  ^^.  Ihre  Schwester  Afra  vertrauerte  in 
den  öden  Mauern  ihre  Jugendzeit  unter  frommen  Uebungen  und 
kleinlichen  weiblichen  Handarbeiten ;  ihrem  Bruder  Job  v^ertigte 
sie  aus  Seide  einen  Zweig  mit  drei  weissgefüllten  Knospen,  drei 
Eicheln,  zwei  rothgefüllten  Blumen  und  vielen  ande]:en  kleinen  Blüm- 
chen :  das  wehmüthige  Bild  eines  vertrockneten  und  verkümmerten 
Lebens  ^^ 

Nur  die  jüngste  Tochter  Martha  war  bestimmt,  als  Gattin  und 
Mutter  das  Loos  des  Weibes  in  den  Freuden  und  Leiden  des  H!aus- 
standes  zu  tragen.  Sie  vermählte  sich  1495,  siebzehn  Jahre  alt,  mit 
Karl  Hjusberg  und  die  Schilderung  der  Förmlichkeit^  womit  dies 
geschah,  bildet  einen  der  interessantesten  Abschnitte  unserer  Hand- 
schrift**; 

Am  11.  Mai  1495  kamen  in  dem  Klappergarten  von  Katharina 
Holzbausen  im  Beisein  Jobs,  Gilbert  Holzbausen's  und  Jakob  Neu- 


8  §.  268. 

9  Fichard  Geschlechtergeschiehte. 
10  Lersner  I,  II,  79. 

1*  §.  72. 
«  §.  73. 
ö  §.  74. 
»  i  78—81. 


4* 


—     52     — 

hausen'B  Elgin  Bohrbach  die  Matter  und  Karl  Hynsberg  ttberein^  dass 
der  letztere  Martha  zur  Ehe  nehmen  solle.  Am  16.  Mai  imirden  die 
beiden  gleichlautenden  Exemplare  der  eheliehen  Briefe  versiegelt, 
von  Seiten  des  Bräutigams  durdi  Doctor  Ludwig  zum  Paradies,  Schul- 
theiss,  mit  seinem  Amtssiegel,  Ort  zum  Jungen  und  Konrad  Neuhaus; 
von  Martha's  wegen  durch  Georg  Frosch/  Haman  Holzhausen  und 
Job  Bohrbach,  der  zu  dieser  Handlung  bemerkt :  „Und  ist  das  erste 
Mal,  dass  ich  gesiegelt  habe,  denn  meiner  Schwester  zu  lieb,  liess 
ich  das  Siegel  graben/'  ,;Am  18.  Mai  lud  man —  erzählt  er  weiter  — 
von  beiden  Seiten  Frunde,  zu  vollenbringen  und  zu  beschliessen  die 
Ehe  zwischen  Karlen  Hynsberg  und  Martha  Bohrbächerin,  myner 
Schwester,  und  hat  Karl  sjne  Frunde  durch  synen  Knecht  lassen 
laden  und  mjne  Mutter  ihre  Frunde  von  Marthen  wegen  lassen 
laden  durch  Meister  Niclasen  Schorrebrant,  den^  man  nejnnt  den  Arm- 
brüster —  die  Jungfrauen,  die  nit  zu  gehören,  die  lädt  man  durch 
ein  Meyd  des  Morgens.  Und  sind  die  Frunde  geladen  word^i  von 
beyden  Seiten  des  Morgens,  also  dass  man  die  hat  gebeten  zu  kom- 
men zwischen  zwölf  und  ein  Uhr  zu  den  BarfUssem,  die  Frauen 
und  Jungfrauen  in  das  Hus  myner  Mutter.  Also  ist  es  auch  vollen- 
gangen.  Und  so  die  Mannen  von  beiden  Seiten  zun  Barfbssern  ka- 
men, schickten  sie  ein  Knecht  zu  den  Frauen  ins  Haus,  liessent  fra- 
gen: „War  es  den  Frauen  gelegen,  wollten  sie  kommen.^'  Entboten 
ihnen  die  Frauen :  „Es  war'  ihnen,  gelten.''  Da  thet  Georg  Frosch 
ein  Abred,  also  lutend  in  der  Meinung:  „Als  beredt  und  betheidingt 
war'  zwischen  Karlen  Hynsburg  und  Jungfrauwen  Marthen  ein  Ehe, 
mit  beider  Seiten  Frunde  Bath,  Wissen  und  Willen,  die  also  zu  be- 
schliessen bat' '  er  sie  darby  zu  sin.''  l!)ess  sie  all'  gutwillig  waren  und 
^ngen  von  den  BarfÜssem  in  myner  Mutter  Hus  zu  der  Brut  und 
den  Frauen  und  Jungfrauen.  Da  im  Hus  thet  Georg  aber  wie  vor 
ein  Abred,  nach  der  nahm  Herr  Johann  Brun  (von  Brunfels)  Jung- 
frau Marthen  und  Karlen  und  gab  sie  zusammen  zu  der  heiligen 
Ehe  ein  vierteler  Stund  nach  einer  Uhr  Nachmittag."  Man  nannte 
diese  ganze  Handlung  den  Handschlag  oder  den  Weinkauf.  Die 
Zahl  der  Gebotenen  von  Seiten  des  Bräutigams,  welche  den  Fami- 
lien Heringen,  Hynsberg,  Marpurg  zum  Paradies,  zum  Jungen  und 
Neuhaus  angehörten,  betrug  11,  die  von  Seiten  der  Braut,  die  Bohr- 
bache, Holzhausen,  Frosche,  Blume,  Glauburger  und  Holzheimer 
waren  28;  6  waren  als  nicht  in  der  Stadt  anwesend  oder  krank 
nicht  erschienen;  die  Sassen  waren  wegen  Trauer  ausgeblieben,  was, 
wie  Job  versichert,  nicht  als  vollgiltiger  Entschuldigungsgrund  ange- 
sehen wurde.     Jungfrauen  waren   vier  gebeten.    Nach  vollzogenem 


-     53     — 

Handschlag  begab  sich  der  Bräutigam  auf  die  Stube  des  Hauses 
Löwenstein  und  lud  die  jungen ;  d.  h.  unverheiratheten  Oesellen^ 
welche  man  dort  vorfand;  zum  Nachtmahle:,  es  waren  ihrer  acht,  ein 
neunter  war  von  der  Mutter  der  Braut  geladen ;  ein  ssehnter,  Jo- 
hann Brunu;  war  zugezogen  worden,  weil  er  als  Priester  die  Verlo- 
bung vollzog.  Diese  Ordnung  stand  so  unverbrüchlich  fest,  dass,  als 
Bernhard  Weiss  am  18.  August,  dem  Tage  des  Hajidschlags ,  die 
jungen  Gesellen  durch  einen  Diener  von  Haus  zu  Haus  zum  Nacht- 
mahl laden  liess,  Job  dies  als  eine  Abweichung  von  der  hergebrach- 
ten Sitte  ausdrücklich  tadelt.  Der  Bräutigam  scheint  dies  selbst  ge- 
fühlt zu  haben,  denn  am  folgenden  Tage  brachte  er,  nochmals  per- 
sönlich die  Einladung  an  die  jungen  Gesellen  auf  die  Stube  und 
sandte  dieselbe  auch  den  Jungfrauen  zu  und  es  wurde  zum  zweiten 
Male  geschmausst  und  auf  dem  Römer  getanzt  ^^ 

Erst  sechs  Wochen  später  fand  die  kirchliche  Bestätigung  der 
Ehe  statt:  Karl  von  Hynsberg  wurde  am  1.  Juli  von  seinen  beiden 
Schwägern  Bernhard,  der  unterdessen  von  seiner  ersten  Bomfahrt 
zurückgekehrt  war,  imd  Job  zur. Kirche  geleitet,  Martha  von  ihrer 
Mutter,  von  ihrer  Schwiegermutter,  Gutgen  Heringen,  und  von  den 
Jungfrauen  Anna  und  Agnes  Blum.  Nach  Job^s  Darstellung  scheint 
es,  als  ob  dieses  der  ganze  Hochzeitzug  und  somit  die  kirchliche 
Trauung  derjenige  Act  gewesen  sei,  der  von  Seiten  der  Verwandten 
und  Freunde  die  spärlichste  Betheiligung  fand.  Am  6.  Juli  folgte 
die  eigentliche  Hochzeit,  welche  in  dem  4em  Churfilrsten  von  Trier 
zugehörigen  Hof,  damals  noch  der  ,ßf  onzhof'^  oder  Münzhof  genannt, 
gefeiert  wurde.  Die  Geladenen  assen  und  tanzten  dort,  am  Abend 
aber  geleitete  man  das  junge  Paar  in  die  Wohnung  der  Schwieger- 
mutter, den  Wixhäuser  Hof,  wo  die  Braut  in  der  gemalten  Stube, 
die  sich  über  dem  gewölbten  Saale  befand,  dem  Bräutigam  beigelegt 
wurde.  Man  bezeichnete  dieses  Beilager  treffend  mit  den  Ausdrücken 
apponere  sponsam  sponso  oder  consummatio  matrimonii  in  thoro.  Es 
war  dabei  üblich,  dass  einer  der  Brautführer  ihr  den  linken  Schuh 
auszog  und  ihn  dem  andern  gab.  Job,  der  durch  einen  Fieberanfall 
verhindert  gewesen  war,  dem  Hochzeitsschmliuss  und  Tanz  beizu- 
wohnen, wollte  sic^  wenigstens  diese  Dienstleistung  nicht  nehmen 
lassen,  er  hatte  sich  unter  dem  Ehebette  versteckt,  und  als  seine 
Schwester  sich  diesem  näherte,  zog  er  ihr  rasch  den  rechten  Schuh 
aus,  aber  Jakob  Neuhausen,  mit  der  Sitte  genauer  bekannt,  entklei- 


»  §.  8d0. 


—     54    — 

dete  sie  des  linken  und  überreichte  ihn  Gilbert  Holzhansen:  erbatte, 
wie  Job  znftagt;  das  Biefatigere  getroffen  (et  Ule  rectins  me  egit). 
Dreizehn  Tage  später^  am  19.  Juli^  wurde  Martha  Bohrbächerin  in 
den  Hof  ihres  Eheherrn  ^  den  Fodenhof;  feierlich  geleitet  und  ihm 
übergeben.  Man  sah  es  ungern  ^  wenn  der  Pomp^  womit  man  diese 
Hochzeiten  ausstattete^  ii^endwie  eingeschränkt  wurde.  Als  im  Jahre 
1496  Johann  Knoblauch  nur  den  engsten  Kreis  seiner  Hausfreunde 
zu  dieser  Vorfeier  seines  Beilagers  zuzog,  sah  Job  darin  einen  Be- 
weis sdmes  übermässigen  Geizes  ^^,  und  als  am  29.  Octöber  1498 
Dr.  Johann  Glauburg  in  seine  dritte  Ehe  mit  Margaretha  Horugin 
trat  und  den  üblichen  Hochzeitsschmauss  unterlassen  wollte^  brach- 
ten Friedrich  von  der  Filsch^  Clas  von  BücluDgen,  Ludwig  Holz- 
hausen und  Job  Bohrbach  ohne  sein  Wissen  einen  Pfeifer  in  sein 
Haus  und  eröflheten  dort  den  Tanz^^ 

Diese  ganze  Darstellung  zeigt  deutlich;  dass  man  zu  Ende  des 
fünfzehnten  Jahrhunderts  den  Abschluss  einer  Ehe  vornehmlich  aus 
dem  Gesichtspunkt  eines  bürgerlichen  Vertrags  betrachtete  und  dabei 
die  kirchliche  Trauung  nur  als  die  Bestätigung  des  bereits  voUgilti- 
gen  Vertrags  vor  der  Kirche  ansah.  Noch  deutlicher  trat  dies  in  der 
älteren  Sitte  hervor.  Dass  der  kirchlichen  Einsegnung  der  Ehe 
der  Handschlag  oder  der  Weinkauf  ^^  vorausging,  bei  welchem 
die  freunde ,  d.  h.  die  Verwandten  des  Bräutigams  und  der 
Braut  ihre  Zustimmung  zu  der  Verchlichung  gaben  und  das 
Paar  durch  einen  Anwesenden  zusammengegeben  wurde,  also 
die  Verlobung  im  Familienkreise,  haben  wir  bereits  bei 
der  Ehe  Karl  Hynsberg's  mit  Martha  Bohrbach  gesehen.  Die- 
ses Zusammengeben  geschah  früher  einfach  durch  ein  Familien- 
glied. Bernhard  Bohrbach  der  Vater  und  Elgin  Holzhausen  wurden 
durch  den  Bruder  des  Vaters  der  Braut,  durch  den  Schöffen  Jo- 
hann von  Holzhausen,  zusammengegeben  (Bernhards  Familien- 
chronik §.  103).  Eine  wesentliche  Veränderung  bei  dein  Handschlag 
finden  wir  zur  Zeit  Jobs.  So  oft  er  fast  desselben  umständlicher  er- 
wähnt, werden  die  Brautleute  im  Hause  der  Mutter  der  Braut  durch 
einen  Kleriker  zus4mmengegeben.  Von  Jobannes  Brun,  der  die- 
sen Act  bei  Jobs  Schwester  und  Karl  Hynsberg  vollzieht,  wird  uns 
deutlich  bemerkt,  er  sei  (obgleich  er  nicht  zu  den  Verwandten  ge- 
hörte) eingeladen  gewesen,  weil  er   als  Priester  die  Verlobung  yoll- 


««  §.  291. 
»  §.  257. 
«  §.  23  u.  106. 


-     55     — 

zogen  habe  (inTitatuS;  quia  deBpondit  iste  Bacerdos).  Gilbrecht  Holz- 
hausen  rnid  Katharina  SasBen  wurden  am  16.  December  1499  von 
Georg  Schwarzenberg;  Cantor  und  Canonicus  zu  St.  Barth olomäi^  zu- 
Bammengegeben  ^9.  Am  14.  October  1498  ^bt  Job  Bohrbach  die 
Schwester  Beiner  Köchin  Agnes^  Elgin  von  Sprendlingen^undGicBsen 
Henn  im  WixhäuBcr  Hof  zuBammen  und  bemerkt:  ,,Und  ist  das  die 
erste  Ehe^  die  ich  gemacht  und  zusamen  geben  hab;  Gott  geh,  dass 
wohl  gerathe!  Amen!"  £r  war  kurz  vorher  Kanonikus  geworden  ^. 
So  wurde  allmählig  die  Verlobung  aus  einem  bürgerlichen  Familien- 
act  zu  einem  geistlichen  Hausact.  Dieser  Uebergang  fällt  zwiBchen 
die  Jahre  1470  bis  1490.  Die  eigentliche  kirchliche  Trauung  bestand 
in  der  Erklärung  des  ehelichen  Consenses  vor  Pfarrer  und  Zeugen^ 
die  man  ,,prieBterliche  Benediction"  nannte.  So  heisst  es  von 
Clas  Stalburg  und  Margaretha  vom  Rbyn^  sie  hätten  am  21.  October 
1499  in  der  Kirche  ihre  Ehe  solemnisirt  und  von  dem  Stadtpfarrer 
Doctor  Conrad  Hensel  die  Benediction  empfangen'^.  Von  Gilbrecht 
HolzhauBcn  und  Krinchen  Sassen  wird  gesagt^  sie  seien  in  der  Kirche 
am  10.  Februar  1500  „inthronisirt"  worden**.  Auch  Job  gab  im 
Jahre  1501  ^^  seinen  Bruder  Bernhard  und  dessen  Braut  nicht  blos 
als  Verwandter^  sondern  als  Kleriker  zusammen. 

Eigentliche  Hochzeitsgeschenke  finden  wir  hier  und  da  erwähnt. 
Als  nämlich  Dr.  Bernhard  Kühorn  sich  am  9.  November  1500  in 
Mainz  mit  der  nachgelassenen  Tochter  des  kurfürstlichen  Kanzlers 
Georg  Hell;  genannt  Pfeffer;  vermählte  und;  wie  es  scheint;  eine 
prächtige  Hochzeit  veranstaltete;  fuhren  unter  Anderen  auch  die 
Brüder  Bernhard  und  Job  mit  dem  Schiffe  des  Käthes  nach  Mainz 
hinab;  dort  lebten  sie  bis  zum  13.  November  vier  Tage  herrlich  und 
in  Freuden  (LautO;  imo  lautissime  viximus  et  triumphavimus);  dann 
schenkte  jeder  einen  Ducateu;  den  er  für  einen  Gulden  nnd  neun 
Schillinge  erstanden  hatte.  Ebenso  schenkte  Job  dem  Gilbrecht 
Holzhausen  und  seiner  jungen  Ehefrau  bei  der  Hochzeit;  am 
10.  Februar  1500,  weil  er,  wie  er  sagt;  beiden  blutsverwandt  war;  drei 
Gulden ;  vorher  hatte  er,  wie  er  selbst  sagt ;  noch  kein  Hochzeits- 


«9  §.284. 

^9  §.  107.  Kur  einmal  finden  wir  §.  261 ,  dass  Verlobte  nicht  durch  einen 
Kleriker,  sondern  einen  Laien,  nfimlich  Glas  Rfickingen  zusammen  gegeben 
werden.  Denn  dass  unter  diesem  der  Vater,  nicht  der  Sohn  verstanden  werden 
mnss,  geht  daraus  hervor,  dass  der  Letztere  erst  viel  später  Kleriker  wurde. 

"  §.322. 

"  §.  284.  Vergl.  ttber  diesen  Ausdruck  meinen  Artikel  Inthronisation  hi 
den  Supplementen  von  Herzogs  theologischer  Realencyclopfidie. 

M  §•  10. 


-     56     — 

geschenk  gemacht '^.  Indesseii  ist  diese  Bemerkung  nur  von  wirk- 
lichen Geldgeschenken,  nicht  von  sjrmbolischen  Gaben  zu  verstehen: 
so  erzählt  Job  selbst,  seine  Mutter  und  sein  Bruder  Bernhard  hät- 
ten am  25.  Januar  1496  dem  städtischen  Syndikus  Eberhard  Rosen- 
acker und  seiner  Neuvermählten,  jene  einen  Goldgulden,  dieser  ausser 
einem  Goldgulden  auch  eine  Münze,  die  man  „einen  engelisch''  ge- 
nannt, er,  Job,  dagegen  drei  Würfel  und  zwei  Nadeln,  eine  mit 
einem   grauen,   die  andere  mit   einem  blauen  Faden,  geschenkt^« 

Neben  den  Fathengeschenken,  wie  sie  nach  Bernhards  Fami- 
lienchronik der  Päthe  dem  Täufling  machte,  wird  zum  ersten  Male 
von  Job  eine  Verehrung  desselben  an  die  Wöchnerin  erwähnt;  so 
schenkt  Goffert  von  Ellehen  der  Ehefrau  des  Haman  Holzhausen 
bei  der  Taufe  ihres  Söhnleins  Georg  fünf  Goldgulden  »*•  Die  Taufen 
wurden  damals  entweder  an  dem  Tage  der  Geburt  oder  an  dem 
darauf  folgenden  v<^ogen.  Ebenso  fanden  die  Beerdigungen  meist 
schon  am  Tage  nach  dem  Tode  statt 

Eigentliche  Haussteuern  scheinen  nur 'in  dem  Falle  üblich  ge- 
wesen zu  sein,  wenn  die  Eheleute  einen  eigenen  Hausstand  gründe- 
ten. Dieser  Fall  trat  bei  Haman  Holzhausen  ein.  „Am  4.  Septem- 
ber 1495^',  berichtet  Job,  „halt  Haman  Holzhausen  mit  samt  Margarethen 
Froschin'',  seiner  Hausfrau  (er  hatte  sich  mit  dieser  schon  1491 
vermählt),  zum  ersten,  als  einer,  der  eigen  Haus  halten  will,  im 
Monzhof,  den  man  auch  den  Trier'schen  Hof  nennet,  gössen,  und 
darnach  uf  den  5.  Tag  des  Septembers  haben  sie  zum  ersten  drin 
geschlafen,  also  sind  sie  ganz  zu  Hus  gezogen.  Item  darnach  uff 
den  13.  Tag  des  Septembers  habent  mjn  Mutter  und  Krinchen  Holz- 
huserin  zu  Spangenberg  gekocht  und  die  Kost  in  Monzhof 
getragen  und  haben  den  neuen  Husluten  geschenkt  den  Mittags- 
imbiss,    und   hat  mjn   Mutter  geschenkt  ein    schön  kupfern   Kes- 


^  §.  298.  284. 

>'  §.  308.  Die  drei  Würfel  erscheinen  auch  unter  den  Gaben,  welche  der 
Pathe  dem  Täuflinge  zu  schenken  pflegte,  in  Bernhards  Familienchronik  §.  95. 

26  §.  279.  Ich  habe  vermutheti  dass  die  Abbreviatur  bei  den  Fathenge- 
schenken, die  in  Bernhards  Familienchronik  aufgeführt  werden,  III  ald  th.  zu 
lesen  sei  und  Tumosen  bezeichne  (zu  §.  95).  Es  ist  aber,  wie  ich  aus  Jobs 
Handschrift  ersehe,  wahrscheinlich  III.  ald  h.  zu  lesen  und  demgemäss  drei  alte 
Heller  zu  verstehen.  Diese  Gabe  neben  grösseren  Mflnzen  kann  wie  die  drei 
Würfel  nur  symbolisch  gemeint  sein. 

>v  Es  ist  dies  ein  Gedächtnissfehler.  Nicht  Margarethe,  die  Gattin  Ha- 
man*s,  —  sie  war  eine  Tochter  des  churmainzisehen  Kanzlers  Georg  Hell, 
gen.  Pfeffer,  vergl.  §.  279  —  sondern  Katharina  Holzhausen  zum  Spangenberg, 
war  eine  geborne  Froschin. 


—     57     — 

sei,  da  man  Gläser  in  waschet,  kostet  ein  Gulden  vier  Schilling;  nnd 
ich  ein  Schindellad,  darin  standen  klein  hölzerin  Büchslin  sieben, 
dass  sie  Species  (Spezereieu)  darin  thun  sollen,  die  in  die  Küchen 
gehören;  Krinchen  zu  Spangenberg  schenkt  ein  Schleier;  Ludwig 
Holzhausen,  ihr  Sohn,  schenkt  ein  Instrument  von  Messing,  da  man 
die  Pfann  uffsetzet,  kostet  15  Albus ;  Elgin,  ihre  Tochter,  ein  gross 
hölzerin  .Hofschüssel,  da  man  Teller  über  Tisch  einwirft,  wenn  man 
ein  lassen  uff  will  heben.  Und  des  Mittags,  was  wir  assen ,  schenkt 
mjn  Mutter  und  KrincheQ  zu  Spangenberg,  und  assen  da  myn 
Mutter,  myn  Bruder  Bernhard  und  ich,  Katharin  zu  Spangenberg, 
Ludwig,  ihr  Sohn,  Elgin,  ihre  Tochter,  Herr  Johann  Brun;  des 
Nachts  lud  uns  allesamt  herwieder  Haman  uff  sine  Kosten.  So  pfle- 
get es  denei^  zu  geschehen,  die  ihr  eigen  Hus  halten  wollen,  und 
wann  der  Mann  und  die  Frau  beide,  oder  eins  von  ihnen  zuvor 
nicht  geehelicht  gewesen  ist"'®. 

Gastm&hler  waren  damals  überhaupt  ungemein  beliebt  und  eins 
gab  nicht  selten  den  Anlass  zu  einem  andern  oder  gar  zu  mehreren, 
die  sich  ihm  anreihten.  Als  am  1.  Juli  1496  die  Herren  des  Bathes 
nach  altem  Brauch  das  berühmte  Hirschessen  abhielten  (in  welcher 
Weise  dies  geschah,  ersieht  man  aus  Jobs  classischem  Ausdruck: 
Bacchanalia  cervi  peragunt),  veranstaltete  Clara,  Johann  Glauburg's 
Ehefrau,  in  dem  Hause  des  Ambrosius  Glauburg  (weil  in  dem  Gar- 
ten ihres  Gatten  das  Hirschgelag  stattfand),  ein,  wie  es  scheint,,  nicht 
minder  opulentes  Mahl,  zu  welchem  auch  Job  mit  seiner  Mutter, 
seiner  Schwester  und  seinem  Schwager  geladen  war:  zwei  Tage 
wurde  in  Freuden  geschmaust  und  getrunken  und  erst  am  dritten 
Tage,  dem  der  Maria  Magdalena,  wurde  zu  Oberrad ,  dessen  Patro- 
nin sie  war,  die  Gasterei  zu  Ehren  derselben  in  gleicher  Weise  ge- 
,  schlössen ^^  Li  Frankfurt  wurde  der  5.  Januar,  die  Vigilie  des 
Dreikönigs-  oder  Epiphanienfestes,  durch  ein  Gastmahl  verwandter 
und  engverbundener  Familien  begangen,  bei  welchem  man  durch  das 
Loos  den  König  für  das  folgende  Mahl  bestimmte,  das  wenige  Wo- 
chen später  veranstaltet  werden  musste.  So  erzählt  Job :  „Am  5.  Ja- 
nuar 1496  wurde  ich  am  Epiphanienabend  in  meiner  Abwesenheit 
im  Goldstein  durch  das  Loos  zum  König  gewählt,  des  Königs  Gast- 
mahl wurde  am  3.  Februar  begangen'^  ^.    Leider  hat  er  uns  nichts 


28  §.  220. 

>'  §.  21  r.  Das  Datam  mnss  auf  Irrthnm  beruhen ;  da  der  Marien-Magda- 
lenentag  nämlich  auf  den  22.  Juli  fallt,  so  kann  das  Hirschessen  erst  am  20. 
Juli  stattgefunden  haben. 

«>  S.  225. 


-     58     - 

Näheres  über  die  übliche  Form  einer  Feier  berichtet,  deren  meines 
Wissens- kein  anderer  Frankfurter  Berichterstatter  gedenkt.  Es  wird 
daher  Manchem  willkommen  sein,  einige  Winke  über  ihre  Begehung 
in  andern  Ländern  zu  empfangen.  Der  Dreikönigstag,  mit  welchem 
die  Zwölfte,  d.  h.  die  zwölf  heiligen  Nächte  oder  Julnächte  schlös- 
sen und  der  darum  in  England  the  twelfth  day  oder  the  twelfth 
night  heisst,  in  Deutschland  aber  der  Berchtentag  genannt  wurde, 
weil  an  ihm  die  segnende  Göttin  Peratha  oder  Frau  B^chta  (Frau 
Holla)  ihren .  Umzug  beendigte ,  wurde  bei  allen  germanischen  Völ- 
kern heilig  gehalten.  Am  Vorabende  desselben  waren  in  England 
Vermummungen  üblich,  die  mancherlei  Verwechslungen  und  Irrun- 
gen im  Gefolge  führten :  diese  Sitte  klingt  noch  an  in  dem  Titel  von 
Shakespeare's  allerliebstem  Lustspiel:  twelfnight  (der  heilige  Drei- 
königsabend) oder  „was  ihr  wollt*'.  Am  Tage  selbst  wird  in  Eng- 
land noch  heute  der  Königskuchen  gespeist,  der  von  bedeutendem 
Umfang  die  Grundlage  für  ein  aus  Kandiszucker  aufgebautes  und 
von  Conditorfiguren  umstelltes  gothisch^s  Gebäude  abgibt;  der  f)lr 
die  königliche  Familie  bereitete  hatte  vor  einigen  Jahren  ein  Ge- 
wicht von  einem  vollen  Centner.  Am  Abende  findet  in  den  Familien 
grosse  Gesellschaft  statt,  und  es  werden  durch  das  Loos  der  König 
und  die  Königin,  sowie  die  sämmtlichen  Aemter  des  Hofstaates  be- 
stellt. Zur  Zeit  der  Königin  Elißabeth  geschah  die  Königswahl  durch 
eine  in  den  Kuchen  gebackene  schwarze  und  weisse  Bohne;  jetzt 
in  der  Begel  durch  Zettel,  und  da  nach  altem  Brauche  dem  Königs- 
paare die  Pflicht  obliegt,  die  Kosten  des  Gastmahls  zu  bestreiten, 
so  sucht  man  bs  so  einzurichten,  dass  diese  Loo^re  in  die  Hände  des 
Hausherrn  und  der  Hausfrau  gespielt  werden.  In  Flandern  trägt  der 
König  eine  Krone,  und  so  oft:  er  den  Becher  an  den  Mund  setzt, 
ruft  jeder  Anwesende:  der  König  trinkt!  wer  es  versäumt,  wird  von 
dem  Hofnarren  mit  einem  schwarzen  Striche  im  Gesichte  gekenn- 
zeichnet. An  dem  Bhein  war  die  Königswahl  und  das  Königsgelag 
gleichfalls  Sitte;  die  Wahl  geschah  dureh  Zettel,  in  derEifel  gleich- 
falls durch  die  schwarze  und  weisse  Bohne.  Zum  Theil  haben  sich 
Ueberreste  dieses  Brauches  noch  heute  sporadisch  erhalten^.  In 
Frankfurt  haben  ohne  Zweifel  auch  Frauen  Theil  genommen,  da  die 
Wahl  Jobs  in  dem  Goldsteine,  der  Behausung  der  verwittweten 
Katharina  Holzhausen ,   stattfand;    dagegen   erscheint    es  als  locale 


3«  Vergl.  Reinsberg  -  Düringsfeld,  das  festliche  Jahr.    Leipzig  1863,  znm 
Januar. 


—     59     — 

« 

Eigenthümlicbkeit  j  dass  am  Epiphanienabend  nur  die  Königswahl 
vollzogen^  dagegen  des  Königs  Gastmahl  erst  mehrere  Wochen  spä- 
ter abgebalten  wurde:  für  das  letztere  gibt,  wie  wir  vernehmen,  Job 
den  3.  Februar,  also  den  Tag  nach  Maria  Lichtmess,  an;  beruht 
dieses  Datum  nicht  auf  einer  Zufälligkeit,  so  würde  es  auch  fär  im- 
sere  Gegend  als  letzte  Spur  des  in  manchen  Städten  Englands  frü- 
her bestandenen  Gebrauches  gelten  können,  die  Nachfeier  des  Christ- 
festes bis  zur  Lichtmess  auszudehnen. 

Eine  andere  Sitte  bestand  darin ,  dass  ein  Mann  einer  Fran 
oder  eine  Frau  einem  Manne  beim  Mahle  einen  Kranz  aufsetzte 
und  dem,  welchem  dies  geschah,  die  Nöthigung  auferlegte,  selbst  ein 
Gastmahl  zu  halten.  War  dies  ein  Unverheiratheter  oder  wenigstens 
ein  solcher,  der  keinen  eignen  Haushalt  hatte,  so  waren  ihm  darin 
Andere  behülflich.  So  erzählt  Job  in  einem  lateinisch  abgefasten 
Berichte  aus  dem  Jahre  1500,  wo  er  bereits  Kanonikus  zu  St.  Bar- 
th olomäi  und  Episteler,  d.  h.  Subdiakonus  war:  j^Am  3.  Juni  hatte 
ich  Gäste  zum  Abendmahl;  das  kam  so:  am  28.  Mai  lud  Ambrosius 
Dietrich,  Protonotar  des  Beichskammergerichts,  zum  Abendmahl  im 
Hause  Jacobs  Neuhaus  mehrere  Frauen  mit  ihren  Ehemännern  und 
einigen  Andern.  Nach  gehaltener  Mahlzeit  setzten  scherzend  die 
Frauen  dem  Ulrich  Neuhaus  den  Kranz  auf,  dass  er  am  folgenden 
Abend  ein  Mahl  gebe,  wora^uf  Ulrich  auf  die  Bitte  der  Frauen  und 
weil  meine  Mutter  ihm  ihr  Haus,  ihre  Köchin,  Holz  und  das  Ueforige 
anbot,  Alle  auf  den  folgenden  Tag  einlud;  auch  wurde  beschlossen, 
dass  jede  Hausfatnilie,  mochten  ihrer  Einer  oder  Mehrere  in  einem 
Hause  sein,  zwei  Maass  Weines  stellen  sollte,  und  so  kamen  wir  auf 
den  folgenden  Tag  in  unserem  Hause  zusammen.  Ulrich  setzte  den 
Kranz  der  Ursula  Schwarzenbergerin,  diese  setzte  ihn  mir„  Job,  aui 
und  so  lud  ich  die  ganze  Gesellschaft  zum  Abendmahl  auf  den 
3.  Juni;  ich  hatte  aber  bei  diesem  Mahle  folgende  Personen:  meine 
Mutter  Elgin^  meinen  Bruder  Bernliard,  Georg  Neuhaus,  Ulrich  Neu- 
haus, Gilbert  Holzhausen,  seine  Hausfrau  Katharina,  Katharina,  die 
Wittwe  Gilberts  Holzhausen  zu  Spangenberg,  ihren  Sohn  Ludwig,  Ur- 
sula Schwarzenbergerin,  Ottilia  zu  Schwanau,  Friedrich  Faut  und  seine 
Hausfrau  Margaretha,  Nicolaus  Schorrebrant,  den  man  nennt  Arm- 
brüster,* Karl  Hynsberg,  meinen  Schwager,  mit  seiner  Ehe&au  Martha, 
meiner  Schwester.  Haman  Holzhausen  mit  ^seiner  Ehefrau  Marga- 
retha kam  nicht,  weil  er  krank  war^.^^  Am  Schlüsse  setzte  Job  den 

Kranz  der  Katharina  zum  Spangenberg  auf.    Es  war  dies  die  erste 

> 

■ 
M  §.  221. 


—     60     — 

Gasterei;  die  er  verauBtaltete^  und  sie  bildete  ein  so  wichtiges  Ereig- 
niss  in  seinem  Leben^  dass  er  daran  die  Reflexion  knüpft:  auf  einen 
Mittwoch  sei  er  geboren  ^  an  einem  Mittwoch  sei  er  in  den  Besitz 
seiner  Präbende  gekommen,  an  einem  Mittwoch  habe  er  zum  ersten 
Male  Gäste  bewirthet. 

Job  hat  uns  aber  auch  a,usführ]ich  belehrt,  wie  es  bei  diesem 
für  ihn  so  wichtigen  Mahle  mit  den  Speisen  bestellt  gewesen  sei. 
Er  fügt  nämlich  hinzu:  »Wir  gaben  diese  Gerichte  oder  Trachten: 
zum  ersten  Erbsen  mit  Zucker;  darnach  in  jeglich  Schüssel  vier 
junge  Hühner  und  ein  Stück  Hanmielfleisch  gedämpft  mit  Cjbeben, 
grossen  und  kleinen  Bosmen,  Muscaten  und  Muscatblumen,  darnach 
gesottene  Scheffen  oder  Schoten,  darnach  Gebratenes,  je  in  eine 
Schüssel  vier  junge  Hühner,  einen  Hammelsbug,  eine  halbe  Gans 
und  frisches  Solz,  darauf  Käse  und  Kirschen  zur  CoUaz,  am  Abend 
Käse,  Confect,  Bettig  und  zwei  Malken,  das  eine  in  den  Schüsseln, 
das  andere  uss  dem  Hafen  zu  trinken^  ^. 

Diese  Berichte  haben  uns  zugleich  einen  Blick  in  den  Freundes- 
kreis der  Biohrbach'schen  FamiUe  eröfinet  und  es  sei  mir  gestattet, 
einige  dieser  Verwandten  näher  hervorzuheben.  Die  eine  ist 
Katharine  Holzhausen,  geborte  Schwarzenbergerin,  die  Wittwe  des 
Schöffen  Johann  Holzhausen,  die  Mutter  Hamans  und  Gilbrechts, 
deren  letzterer  von  Schurg^^  als  Feind  des  Klerus  bezeichnet  wird, 

33  Die  yerschiedenen  Gänge  des  Mahles  wurden  also  nicht  sowohl  durch 
die  Gattungen  der  Speisen ,  als  darch  die  Art  ihrer  Zubereitung  abgegrenzt, 
daher  denn  dieselben  Fleischarten  im  zweiten  und  vierten  Gange,  nor  anders 
bereitet,  wiederkehren.  Ebenso  unterscheidet  man  noch  heute  im  italienischen 
Pranzo  vier  Hauptgerichte:  Bollito,  fritto,  umido  und  arrosto.  Scheffen  ist 
nach  Schmellers  Bayrischem  Wörterbuch  schwäbischer  Name  für  Schoten.  Wer 
sich  Aber  die  Küche  des  Mittelalters  belehren  will,  findet  reiches  Material  dazu 
in  dem  von  dem  literarischen  Vereine  zu  Stuttgart  in  dem  neunten  Bande 
seiner  Bibliothek  publieirten:  „Buche  von  guter  Speise'*.  Solsz  scheint  iden- 
tisch mit  tfSalse'^f  im  34.  Recept  wird  die  Bereitung  so  angegeben:  „Nimm 
saure  Weinbeeren  und  thue  Salbey,  zwei  Knoblauchshaupter  und  Speck  dazu; 
'stoss  es  zusammen,  drücke  es  und  gieb  es  für  einen  guten  Salse."  Nach  Re- 
cept 49  sollen  die  Ingredienzien  aus  Wein,  Honigseim,  Ingwer,  Pfeffer,  Knob- 
lauch und  £iern  bestehen.  Die  Textesworte:  „fyrssess  solss*'  bei  Job  Rohrbach 
getraue  ich  mich  nicht  mit  voller  Sicherheit  zu  erkiftren:  wahrscheinlich  ist 
fyrss  provincieller  Ausdruck  für  frisch.  AusSalae  sind  die  Wörter  Sauce,  Salat 
und  Sulz  (das  letztere  in  Schwaben  eine  Fleischgel^)  entstanden.  „Malk'* 
scheint  mit  melken,  Milch,  zusammenznhfingen  und  eine  ArtCrtoe  zu  bezeich- 
nen, daher  es  ebenso  gut  aus  Schüsseln  gegessen,  als  aus  Schalen  getrunken 
werden  konnte.    Sämmtliche  Speisen  wurden  stark  gewürzt. 

3^  Anno  1514  die  7  mensis  Junii,  quae  fuit  quartaPentecostesobiit  Gilbrecht 
Holtshausen  zum  Goltstein,  osor  Gleri.  Msc.  Schurg  auf  der  Stadtbibliothek» 
p.  198. 


-     61     — 

während  ersterer  der  thätigste  Beförderer  des  KeformationswerkeB 
in  Frankfurt  wnrde.  Eatharina's  Wohnung  war  der  Goldstein  am 
Eingang  der  häutigen  Buchgasse;  in  ihm  muBs  eine  Kapelle  ge- 
wesen sein;  wenigstens  wird  in  einem  Berichte  Jobs  ein  eigner  Holz- 
hansen'scher  Kaplan  zum  Goldstein  erwähnt^.  Dieses  Haus  ging; 
wie  ich  an  anderem  Qrte^  nachgewiesen  habe^  von  Katharina  auf  - 
ihren  jüngeren  Sohn  Gilbert  und  nach  dessen  Tode  1514  auf  seinen 
in  demselben  Jahre  geborenen  gleichnamigen  Sohn  zweiter  Ehe  über^ 
während  dessen  Minderjährigkeit  es  die  Wohnung  Nesen's  und  Mi- 
cyll's  und  der  erste  Sitz  der  lateinischen  Schule  gewesen  ist  Die 
andere  Katharina  oder  Krinchen  Holzhausen  war  eine  gebome 
Frosch;  hatte  sich  am  15.  August  1469  mit  einem  andern  Gilbert 
Holzhäusen  verlobt,  aber  erst  1471  vermählf';  im  Jahre  1479  er- 
öffnete sie  mit  ihrem  Ehemann  ihren  eignen  Haushalt  in  dem  Hause 
zum  Spangenberg  zunächst  ^er  liebfirauenkirche  auf  dem  Berge; 
1494  starb  am  25.  April  ihr  Gatte  ^;  sie  ist  eS;  die^  nach  der  Auf- 
zeichnung des  jüngeren  Matthias  Bitter^  Luther  im  Jahre  1521 ;  als 
er  auf  den  Tag  nach  Worms  zog^  in  seiner  Herberge  zum  Strauss 
begrüflste,  bewirthete  und  mit  weissagenden  Worten  ermuthigte^*. 
Sie  hat  noch  am  4.  August  1523  nach  Ausweis  ihres  Testamentes 
gelebt.  Ihr  älterer  Sohn  war  Ludwig,  der  jüngere  Blasius  Holzhau- 
sen,  von  dem  Job  berichtet ,  dass  er  und  der  junge  Gilbert  zum 
Goldstein  ihn  am  8.  November  1494  nach  Mainz  zu  dem  Kanzler 
Georg  Heller,  genannt  Pfeffer,  geleitet  haben,  damit  er  dort  seine 
Studien  betreibe  *<^.  Diese  Abwesenheit  von  der  Vaterstadt  ist  der 
Grund,  warum  er  in  den  fröhlichen  geselligen  Kreisen  desRohrbach- 
schen  Hauses  nicht  genannt  wird.  Im  Jahre  1521  war  er  mit  Phi- 
lipp Fürstenberg  Abgeordneter  der  Stadt  auf  dem  Wormser  Beichs- 
tage.  Man  ersieht  zugleich  aus  diesen  Berichten,  dass  der  alte  Be- 
griff der  Freundschaft  im  Sinne  von  Verwandtschaft,  wie  er 
noch  heute  im  Munde  des  Frankfurter  Bürgers  lebt,  damals  seine 
volle  Wahrheit  in  den  socialen  Lebensverhältnissen  hatte:  die  Ver- 
hältnisse  der  Freundschaft  ruhten  meist  auf  dem  Grunde  der  Ver- 
wandtschaft 


55  §.  277. 

3«  Steitz,  Luthers-  und  Melanchtfaonsherbergen  S.  SO  flg. 

3'  §.  274.  Dass  Fichard  unsere  Handschrift  nicht  gekannt  habe,  ergiebt 
sich  daraus,  dass  er  in  der  Geschlechtergoschichte  zweifelt,  ob  diese  Yermählnng 
1469  oder  1471  anzusetzen  sei. 

3«  f.  277. 

'9  Luthers-  und  Melanohthonsherbergen  S.  16  flg. 

»0  §.  16. 


-    62     — 

Sonst  muBB  das  Leben  in  Frankfurt  sich  in  ziemlich  einförmigen 
Bahnen  bewegt  haben  und  der  Kreis  der  Interessen  ein  sehr  be- 
schränkter gewesen  sein.  Ein  Qang  nach  Hausen  um  in  der  Nied 
zu  fischen ,  ein  Bitt  zu  dem  Amtmann  auf  den  Goldstein  oder  in 
BonameS;  wo  dann  die  Nacht  fröhlich  verprasst  und  die  Schmause- 
reien in  Frankfurt  fortgesetzt  wurden,  ein  Ausflug  nach  Mainz  oder 
nach  Wiesbaden,   eine  Badekur   daselbst  oder  in  Ems,  eine  Beise 

4 

bis  Köln  oder  Worms,  waren  Unterbrechungen,  welche  in  das  ein- 
förmige Alltagsleben  einige  Mannigfaltigkeit  und  Abwechslung 
brachten.  Die  Heirathen,  die  Geburten,  die  Sterbfälle  und  Leichen- 
begängnisse waren  Ereignisse,  denen  sich  vor  Allem  die  Theilnahme 
zuwandte  und  die  gleichfalls  zu  Schmausereien  und  Gelagen  Veran- 
lassung gaben.  In  dem  Jahre  1500  wurde  es  Sitte,  dass  die  Leichen 
vornebmer  und  reicher  Bürger  unter  dem  Vortritt  des  gesammten 
Klerus  der  Pfarrkirche  und  der  Schüler  der  Stiftsschulen  und  unter 
dem  Geläute  der  Glocken  zu  Grabe  getragen  wurden.  Früher  war 
4ies  nur  bei  den  Bestattungen  von  Klerikem  üblich,  bei  Laien  aber 
unerhört  gewesen  ^^  Als  die  Exequien  für  Arnold  Schwarzenberger 
drei  Tage  nach  dessen  Tod,  am  29.  October  1500,  bei  den  Carmeli- 
tern  beendigt  waren,  versammelte  sich  der  ganze  Bath,  sämmtliche 
Prälaten  und  Kanoniker  des  Bartholomäusstiftes  und  viele  andere 
Geladenen  zum  Mittagsmahl  in  dem  Sterhhause  und  erfüllten  die 
Stätte  der  Trauer  mit  den  lauten  Klängen  der  Freude^'.  Einfacher 
vielleicht,  aber  um  so  wehmüthiger  mag  eine  andere  Todtenfeier 
gewesen  sein,  deren  Job  gedenkt.  Lysgin  Sassen,  die  durch  seltene 
Schönheit  und  Anmuth  ausgezeichnete  Tochter  Hen  Sassens,  hatte 
sich  1496  mit  Johann  Frosch  verlobt;  beider  Eltern  und  Verwandte 
waren  mit  dieser  Verbindung  einverstanden,  aber  ein  Hinderniss 
stand  ihnen  entgegen;  Bräutigam  und  Braut  waren  im  dritten  imd 
vierten  Grad  verwandt,  die  päpstliche  Dispensation  musste  nachge- 
sucht werden,  sie  traf  ein,  aber  bereits  hatte  ein  unheilbares  Siech- 
thum  sich  in  dem  Kerne  der  zarten  Blüthe  ausgebildet;  rsksch  schritt 
die  Krankheit  fort  und  statt  des  Brautkranzes  schmückte  die  Stime 
der  lieblichen  Jungfrau  die  Todtenkrone^.  Sie  verschied  am  Oster- 
tage  1497.  Auch  bei  Karl  Hynsperg  und  Martha  Bohrbach  stellte 
sich  später  heraus,  dass  sie  im  dritten  und  vierten  Grad  verwandt 
waren  —  Fichard   hat  in   seiner  Geschlechtergeschichte  diese  Ver- 


♦1  §.  286.  306.  326.  88. 
«  §.  320. 
♦3  §.  310. 


-     63     - 

wandtBchaft  durch  eine  eigene  Tabelle  erläntert  —  aber  da  die  Ehe 
in  allen  Formen  rechtsgültig  abgeschlossen  war^  so  worde  dieses 
lösende  Hindemiss  dnrch  einen  nachträglichen  päpstlichen  Dispens 
gehoben.     . 

Eine  dauernde  Unterbrechung  und  Trübung  erfuhr  im  Jahre 
1496  die  Unbefangenheit  und  der  heitre  Frohsinn  des  bürgerlichen 
Lebens  durch  das  erste  Auftreten  der  SjphiUs  oder  der  französischen 
Krankheit.  Job  Bohrbach  ist  der  Einzige,  dem  wir  darüber  eine 
Kunde  verdanken.  Er  erzählt :.  „Anno  1496  zur  Sommerszeit  oder  im 
Frühjahr  ist  ein  ungehört  grussUch  und  erschrockenlich  Krankheit 
unter  die  Teutschen  von  den  Walen  kommen;  die  Walen  haben  sie 
krieget  von  den  Franzosen  und  wird  die  Krankheit  genennet  Mal 
Franzos  und  regiert  fast  in  deutschen  Landen,  noch  viel  mehr  in 
Italia  und  Francia.  Die  Krankheit  macht  den  Menschen  unsäglich 
ungeschaffen  [missgestalt] ;  welcher  sie  hat ,  ist  über  ganz  sin  Idb 
voll  schwarz  rother  Blattern,  währt  ein  Th^  [bei  den  Einen] 
ein  halb  Jahr,  den  andern  dreiviertel,  den  andern  ein  ganz  Jahr  und 
nach  dem  bleiben  die  Flecken  an  ihnen  zuweilen  lai^e.  Ungestalter 
Ding  hat  kein  Mensch  nie  gesehen,  von  solcher  oder  dergleichen 
Krankheit  nie  kein  Mensch  mehr  gehört,  auch  findet  k^  Arzt  da- 
von nicht  geschrieben,  ausser  so  viel  man  irgend  dawider  ersann^.'' 
Auch  in  Jobs  nächster  Umgebung  entfaltete  die  Krankheit  ihre 
furchtbare  Wirkungen.  Sein  Bruder  Bernhard  wurde  im  Jahre  1498 
in  so  heftiger  Weise  von  ihr  befallen,  dass  er  sich  dem  mensch- 
lichen Anblick  und  Umgang  völlig  entzog;  er  zog  sich  nämlich  am 
11.  Juli  in  die  Einsamkeit  seines  Gartens,  wahrlicheinlich  auf  dem 
Klapperfelde,  zurück  und  rasierte,  ohne  Zweifel  wegen  der  Ge- 
schwüre auf  seinem  Kopfe,  sein  Haupthaar  am  23.  völlig  ab.  Doch 
war  das  Uebel  bei  ihm  von  kürzerer  Dauer  als  bei  vielen  Andern ; 
am  8,  Januar  des  Jahres  1499  konnte  er  bereits  wieder  in  sein  Haus 
zurückkehren^.    Was  Lersner  erzählt:  „1497  und  1498  haben  die 


♦♦  §.  172. 

^'  §.  9*  Es  mass  übrigens  hier  ausdrücklich  bemerkt  werden,  dass  die  Seuche  in 
ihrem  ersten  Auftreten  epidemisch  war  und  auch  ohne  unmittelbare  Berflhrung 
ansteckte.  Wir  dürfen  daher  keineswegs  im  einzelnen  Falle  der  Ansteckung 
auf  sittliche  Vergehen  schliessen,  obgleich  über  diese  das  TJrtheü  in  jener  Zeit, 
ein  weit  leichtfertigeres  war,  als  in  unseren  Tagen.  Hütten  giebt  das  siebente 
Jahr  nach  Entstehung  der  Krankheit,  also  etwa  das  Jahr  1500  als  die  Zeit- 
grenze an,  von  welcher  an  sie  nur  dnrch  Contagium,  namentlich  durch  ge. 
schlechtliche  Berflhrung  sich  fortpflanzte,  vergl.  de  Guiaci  medidna  et  morbo 
Gall.  c  1.  und  über  die  Krankheit  überhaupt  Stranss,  ühr.  Hütten  I,  338  flg. 


—     6»    — 

Franzosen  allhier  stark  re^eret,  also  dass  auch  vornehme  Personen 
damit  inficiert  gewesen  und  man  die  Badstuben  zuhalten  müssen"  ^, 
ist  nur  eine  Bestätigung  des  Berichtes  von  Job;  dessen  Handscbrift  ihm 
wahrscheinlich  nicht  unbekannt  gewesen  ist  Auch  die  Notiz  über 
das  Grassiren  der  Blattern  im  Jahre  1496^^  bezieht  sich^  wie  ich 
glaube^  auf  dieselbe  Krankheit,  als  deren  Symptome  Job  ja  aus* 
drücklich  „schwarz  rothe  Blattern'^  angibt.  Uebrigens  schdnen  die 
Mittel  der  Arzneikunde  in  jener  Zeit  noch  sehr  einfach  und  be- 
schränkt gewesen  zu  sein:  eine  Klistier ,  welche  ihm  der  Apotheker 
Jodocus  applicirte,  ein  Syrop  und  Pulver  zum  Purgieren,  eine  Ader- 
lasB  am  linken  Fusse  sind  die  einzigen,  deren  Job  in  seinen  man- 
nichfachen   E^rankheiten  erwähnt^. 

Wir  wenden  uns  von  dem  häuslichen  zum  öffentlichen  Leben. 
Die  Mittelpunkte  des  regsten  geselligen  Verkehrs  bildeten  die  Trink- 
stuben. Bernhard  und  Job  Rohrbach  schlössen  sich  zunächst  der 
Gesellscbafi;  Lebenstein  oder  Löwenstein  an,  welche  sich  früher  im 
Hause  Limburg  zu  versammeln  pflegte  (in  welchem  in  imseren  Ta- 
gen eine  Zeit  lang  wieder  die  alte  Trinkstube  eröffnet  war),  und  seit 
dem  Jahre  1486  in  das  Haus  Löwenstein  rechts  vom  Brömer  über- 
gesiedelt war.  Am  5.  Juni  1494  hielt  Job  seine  erste  Zeche  auf  der 
Stube  und  verprasste  dort  sechs  Heller  ^^  Aber  da  er  noch  nicht 
förmlich  eingetreten  war  und  das  Gesellenrecht  erworben  hatte,  so 
wurde  ihm  und  Konrad  zum  Jungen  um  Fastnacht  1495  nur  aus- 
nahmsweise verstattet,  „ihren  Pfennig  mit  den  Andern  dort  zu  ver- 
zehren", mit  dem  Bescheid:  j^Wolle  er  für  die  andere  Fastnacht  Ge- 
sellschaft halten,  so  solle  er  Geselle  werden"  ^,  Am  19.  Februar 
des  genannten  Jahres  wurde  die  Gesellschaft  zum  Abendessen  mit 
den  Frauen  eingeladen  und  jeder  zahlte  dabei  sechs  Albus;  den 
Abend  beschloss  ein  Tanz  auf  der  Stube  mit  Fackeln  oder  Lichtem  *^ 
Am  26.  Februar  Di^istag  vor  Fastnacht  wurden  bereits  die  Festlich- 
keiten mit  einem  Nachtessen  auf  der  Stube  eröffnet ;  am  Sonntag 
und  Montag  den  1.  und  2.  März  auch  die  Frauen  zugezogen ;  am 
Dienstag  „uff  aller  Mann  Fassnacht"  .und  am  Aschermittwoch  kam 
zu  dem  Abendessen  auch  ein  Mittagsmahl;  nach  diesem  stachen  am 


♦«  I,  II,  32. 
«  n,  II,  86. 

*s  §.  21.  25.  70.  Vergl.  auch  Kriegk,  Aerzte,  Heifanstalten  n.  Geisteskranke 
im  mittelalterlichen  Frankfurt.    1863. 
♦•  §.  11. 
M  §.  177. 
«  8.  176. 


—     65     — 

Dienstag  Jörg  Seiss  und  Nicias  von  Babenhausen^  früher  Amtmann 
auf  dem  Goldstern ,  mit  „Kronlin" ***,  der  erstere  behielt  den  Sieg; 
am  Aschermittwoch  stachen^  als  die  Frauen  aus  Gläuburg's  Garten 
surückkehrteu;  ^vier  Reisige  mit  Kolben'^^  zwei  mit  Namen  Martin 
und  Eberhard  waren  Knechte  des  von  Heusenstamm^  zwei  mit  Namen 
Weissbrod  und  RutÜinger  Söldner  der  Stadt ;  Weissbrod  föllte  zu 
mehreren  Malen  die  Heusenstammer  Knechte  und  „blieb  doch  hart 
sitzen'^  Hierauf  „stachen  mit  E^ronlyn'^  Konrad  zum  Jungen  und 
Konrad  Mones.  Am  Donnerstag  nach  Aschermittwoch  assen  die  Ge- 
sellen allein  ohne  die  Frauen  auf  der  Stube  zu  Mittag ;  es  rechneten 
die  Küchenmeister  Clas  von  Rückingen  und  Ulrich  Neuhauseu;  des- 
gleichen die  Weinmeister  Johann  Holzheimer  und  Philipp  Weiss  ab; 
die  Kosten  betrugen  auf  jeden  der  43  Gesellen  drei  Gulden;  dabei 
sprang  noch  ein  Abendessen  für  Männer  und  Frauen  an  demselben 
Tage  heraus.  Frauen  mussten  nur  am  Aschermittwoch  einen  Albus, 
Wittfrauen  dagegen  nach  freier  Wahl  vier  Hühner  oder  vier  Schil- 
linge geben ;  Jungfrauen  waren  ganz  frei ;  es  waren  28  Frauen  und 
Jungfrauen^  welche  „Gesellschaft  hielten^.  Donnerstag  Abend  assen 
Männer  und  Frauen  auf  der  Stube.  Ein  G^sellennachtessen,  das  auf 
den  Kopf  drei  Schillinge  machte ;  beschloss  am  Sonntag  Invocavit 
die  Fassnachtprasserei  im  Jahre  1495  ^.  Auch  sonst  boten  Geschenke 
an  Wildprett  einen  Anlass  zu  Gesellenessen;  so  wurden  Männer  und 
Frauen  am   2.  October  1494  eingeladen^  weil  Ambrosius  Glauburg 


s2  Eine  nähere  Erklärang  fordern  die  Ausdrücke  ,,tnit  kronlyn'^  und  „mit 
kolben  stecllen*^  Stechen  bezeichnet  überhaupt  im  Mittelalter  tarnieren  und 
wird  von  allen  Gattungen  der  Turnierkämpfe  gebraucht,  namentlich  sofern 
diestiben  ohne  Ernst  und  zum  heitern  Spiele  dienten.  Nach  Bfisching's  Ritter- 
zeit und  Ritterwesen  I.,  168  gebrauchte  man  bei  den  Tarnieren  zweierlei  Lan- 
zen, die  spitzen  zum  sogenannten  Scharfrennen  oder  zum  ernstlichen  Kampfe, 
die  stumpfen  dagegen,  welche  von  den  Kronen,  mit  denen  dieselben  oben  an 
der  Spitze  versehen  waren,  „Krönige*'  genannt  wurden,  blos  zum  Scherzspiele« 
Die  Krone  muss  demnach  ein  an  der  Spitze  der  Lanze  befindliches,  etwa  ge- 
kerbtes Stichblatt  gewesen  sein.  Man  vergleiche  auch  das  von  Klüber  Über- 
setzte und  erläuterte  Werk:  Das  Ritterwesen  des  Mittelalters  von  de  la  Curne 
de  Sainte-Palaye  U,  97.  Die  bei  den  Turnieren,  den  Zweikämpfen  und  krie- 
gerischen Gefechten  üblichen  Kolben  waren  von  Holz,  und  sind  ebensowohl 
von  dem  Morgenstern,  einer  eisernen  mit  Stacheln  versehenen  Kugel  an  einem 
hölzernen  Stiele,  als  von  den  kleinen  metallnen  Kolben  zu  unterscheiden,  welche 
scepterartig  geformt  und  am  Knaufe  zierlich  durchbrochen,  den  Rittern  mehr 
zum  Schmuck  dienten ,  zu  ernstlichen  Kämpfen  aber  nicht  die  ausreichende 
Stärke  hatten.  Doch  erwähnt  unten  Job  eine  clava  ferrea,  einen  eisernen 
Streitkolben,  als  Waffe,  die  er  besessen  hat.    (§.  4Q.) 

w  §.  177. 

5 


—     66    — 

drei  Hasen,  am  27.  December;  well  derselbe  zwdl  Hasen,  und  am 
10.  Februar  1495,  weil  der  Schultheiss  Lndwig  zum  Paradies  einen 
Hirsch  geschenkt  hatte ^^  Noch  erhob  die  Gesellschaffc  als  solche 
keinen  Anspruch  auf  Adel:  Job  bemerkt  ausdrücklich,  dass  die  43 
Theilnehmer  an  der  Fastnacht  Edele  und  Andere  gewesen  seien. 
Ueberhaupt  vereinigten  sich  die  Adeligen  mit  den  Andern  im  Be- 
wusstsein  ihres  gemeinsamen  Bürgerthums,  und  ol^leich  nach  ein^r 
Notiz  Bernhards  auf  der  P^gamentdecke  seiner  Familienchronik 
die  Bohrbache  sich  schon  im  Jahre  1470  einen  Adelsbrief  erwirkt 
hatten,  so  redet  doch  Job  nur  von  seinen  Brüdern  Bernhard  und 
Konrad  Bohrbach  und  seiner  Mutter  „der  Bohrbächerin^.  Noch 
1526  schreibt  Margaretha  Homgin  an  ihren  in  Wittenberg  studierea- 
den  Sohn  Johann  Glauburger,  dass  drei  um  die  Hand  der  Anna 
!^oblauch  werben,  zwei  Edelleute  und  Johann  Wolf  Bohr- 
bach, der  Frau  Ursula  von  der  grünen  Thür  Sohn.  Job  sagt  con- 
stant:  Haman  oder  Gilhrecht  Holzhausen,  JohannesGl&uburgeru.  s.  w. 
Solche,  die  wirklich  ritterlichem  Geschlechte  angehörten  oder  aus  ihm 
stammten,  wie  die  Heusenstamm,  Babenhausen  und  Andere  bezeichnet 
er  meist  mit  nobilis  oder  er  giebt  ihnen,  wie  dem  Clas  von  Bückingen 
und  Johann  von  Holzheim  bisweilen  das  Prädicat  „von^^,  obgleich 
auch  dies  kein  sicheres  Zeichen  des  Adels  iftt,  wie  wir  von  der  Fa- 
milie Melem  wissen ^^  In  aller  Naivetät  erzählt  er,  dass  bei  der 
Taufe  des  Clas  Stallburger,  desselben,  den  man  später  den  B^hen 
nannte  —  die  Bilder  seiner  Eltern  befinden  sich,  in  Oel  gemalt,  noch 
in  der  Gallerie  des  StädeFschen  Institutes  —  am  16.  März  1501  der 
Schneider  Clas  von  Haffem,  —  trotz  des  Wörtleins  »von''  vor  seinem 
Namen  schwerlich  ein  Adeliger  —  Pathe  gestanden  habe  ^.  Den 
Titel  „Herr**  giebt  er  in  seinen  Aufzeichnungen  nur  den  Geistlichen, 
Ein  ungemein  wichtiges  Ereigniss  war  im  Jahre  1495  die  Er- 
öffnung des  Beicbskammergerichts  in  Frankfurt.  Schon  im  Monate 
September  miethete  der  Bath  die  Bäumlichkeiten  dazu  in  dem  Hause 
zum  Braunfels  auf  vier  Jahre  um  dreissig  Gulden  für  das  Jahr. 
Hierauf  wurde  ein  Podium  mit  Sitzen  für  den  Kanmierrichter  und 
die  Beisitzer  und  eine  eigene  Bühne  ftir  die  Procuratoren  und  Bedner 
erbaut :  dem  Bichter  wurde  eine  Art  Loge  mit  Fenstern  hergerichtet, 
die  Bänke  der  Assessoren  und  Notare  mit  Tuch  ausgeschlagen.  Stufen 


^  §.  173-175. 

55  Eoler,  das  steinerne  Haus  und  die  Familie  von  Meiern ,   Mittheilungen 
unseres  Vereines  B.  I.  S.  228. 

56  §.  322. 


-     67     — 

fährten  zu  dem  Podium  hinauf.  Am  30.  S«pt^nber  14VI5  bestieg  i» 
römische  König  Maximilidu  die  Bühne  und  rerpflichtete  den  Bichter 
Oraf  Ejrtel  Friedrich  von  HohenzoUem  und  die  Assessoren  und  No- 
tare^ so  weit  sich  dieselben  bereit»  in  derBtadt  befanden;  die^  welche 
sp&ter  eintrafen ,  ebenso  die  niederen  Beamten ,  legten,  ihren  Eid  in 
.  die  Hände  des  Kammenrichters  ab.  Am  8..  November  hielt  dieser 
die  erste  Sitzung;  zu  »einer  Rechten  sassen  diejenigen  Assessoren, 
wdehe  den  Doctorgrad  hatten^  zu  seiner  Linken  die  nicht  graduirten 
Adeligen  (nobiles),  unter  ihnen  nennt  Job  einen  Grafen  von  Eber- 
stein. Nach  Eröffnung  der  Audienz  erinnerte  der  Graf  von  Zollern 
die  Procuratoren,  dass  sie  in  ihrer  Saehwaltung  nach  der  zu  Worms 
ertheilten  Instruction  zu  verfahren  hiitten;  und  versprach,  dass  etwaige 
Mängel  an  derselben  im  Laufe  der  Zeit  verbessert  werden  sollten. 
Hierauf  trat  im  Nal^en  der  Majestät  der  königliche  Fiscal  Dr.  En- 
gelender als  Kläger  gegen  einen  Grafen  v.  Mörb  auf.  Acht  Procurur 
toren  waren  zugegen,  zwei  Sekretäre  ftihrten  das  Protocolly  ein  dritter 
war  bestimmt,  den  gefällten  Bichterspruch  zu  verlesen.  Es  war  dies, 
wie  Job  sagt,  die  erste  Audienz  des  Kammergenchts,  „denn  obgleich 
der  Bichter  schon  mehrere  "Sitzungen  in  Worms  gehalten  hatte,  so 
waren  diese  doch,  wie  männiglich  bekannt,  nur  ein  Vorspiel  mid  Bild 
von  dieser"  ^7^ 

Am  2.  November  1495  begab  sich  des  römischen  Königs  Perse- 
vant^^  n^ch  dem  Bömer  ^und  hat  alle  Febdebriefe  vom  Römer  ab* 
g^ipmmen,  au»  Ursai^e,  dass  unser  Herr,  der  König,  alle  Fehden, 
die  diese  Stadt  auf  das  Mal  hat,  hingel^  hattet  «».  Für  Frankfart 
tn^  diese  Verklindigung  de&  Landfriedens  vorerst  sehr  fühlbare 
Fo%en.  Diö  Stadt  hatte  erbitterte  Feinde  in  dem  umwohnenden 
Ranbadel,  namentlich  in  Jost  Frund  und  den  Herren  von  Hütten, 
die  ihr  Gebiet  seit  längerer  Zeit  beunruhigten  und  sdiädigten.    Im 


5'  §.  111—113, 

^  Persevant  von  dem  französuchen  poursuivant  wurde  der  Gebülfe  und 
Lehrling  des  Herolds  genannt,  und  bezeichnete  in  Frankreich!  den  ersten  der 
Grade,  durch  welche  Jünglinge  tut  Ritterwilrd^  geleitet  wurden.  Die  Perse- 
vsnten  begletteteo  d^  Herold  und  gebc^eD,  wenn  dieser  aasrief ,  dam  Volke 
Stillschwefgen.  Sie  lernten  von  dem  Herold  die  Wappenkunde,  tragen  Ritter- 
helm  und  Lanze  und  folgten  im  Kriege  dem  Heere,  daher  der  Name  Waffen- 
persevant.  Im  Frieden  wurden  sie  auf  Reisen  geschickt  und  besuchten  die 
Hofe  der  Grossen,  um  sich  mit  den  höfischen  und  ritterlicheh  Sitten,  mit  Tur- 
nieren und  Waffenübungen  vertraut  zu  machen.  „Des  römischen  Königs  Per- 
sevant'* bei  Job  scheint  einfach  einen  Bevollmächtigten  aus  des  Königs  Gefolge 
oder  vielleicht  den  Herold  selbst  zu  bezeichnen. 

»»  §.  114. 

5» 


—    68     - 

M&rz  1493  hatte  das  ^Gemperljn^^  die  Glocke,  welche  die  Ankunft 
von  Feinden  anzeigte^  die  Bürger  und  Söldner  aufgerufen;  weil  solches 
Gesindel  eine  Heerde  weggetrieben  hatte,  obgleich  diese  nicht  Frank- 
furter Eigenthum  war.  Am  8.  Januar  1495  steckten  sie  eine  Scheune 
in  Oberrad  in  Brand ;  am  8.  Mal  ertönte  abermals  das  ^Gemperlyn^, 
Jost  Frund  und  die  Hutten'schen  beabsichtigten  einen  Baubeinfall  in 
das  städtische  Gebiet;  Alles  eilte  so  rasch  zu  den  Waffen,  dass  fdr 
dieses  Mal  die  Feinde  die  Flucht  ergriffen.  Am  7.  Juni  vernahm 
man  aufs  Neue  den  Schreckensklang;  sie  hatten  diesmal  100  Kühe 
der  Gemeinde  zu  Niederrad  geraubt  und  die  Hilfe  der  Stadt  kam 
zu  spät.  Am  23.  Juli  überfielen  sie  zwei  Frankfurter  Fischer  in  der 
Nähe  von  Bumpenheim  und  misshandelten  sie  so  schwer,  dass  der 
eine  als  Leiche  in  die  Stadt  gebracht  wurde,  der  andere  in  der  Nacht 
seinen  Geist  aufgab.  Zwei  Tage  später  raubten  sie  in  Dortelweil 
19  Kühe  und  27  Pferde  sammt  ihrem  Geschirre.  Am  17.  August 
verbrannten  sie  Thüren  und  Planken  auf  dem  Knoblauchs  Hof,  dem 
Gute  Wolf  Blums.  Am  26.  August  überfallen  sie  nochmals  Dortel- 
weil und  treiben  ausser  einigen  Pferden  viele  Kühe,  Schweine  und 
500  Schafe  fort.  An  demselben  Tage,  an  welchem  Maadmilian  den 
Kammerrichter,  die  Assessoren  und  Notare  in  Pflicht  nahm,  ver- 
brannten Jost  Frund  und  die  Hutten'schen  in  Bonames  acht  Häuser, 
und  wagten  es  Tags  darauf,  der  Stadt  einen  Fehdebrief  zu  übersen- 
den. So  gross  war  der  Schrecken,  den  diese  Vorgänge  verbreiteten, 
dass,  als  am  4.  October  eine  Mainzische  Beiterschaar  in  die  Nähe  der 
Stadt  kam,  man  schon  die  Bäuber  vor  den  Thoren  zu  erblicken 
meinte,  Sturm  läutete  und  die  Bürger  bewaffnet  hinaus  eilten,  aber 
im  Angesichte  der  vermeintlichen  Feinde  ihren  Irrdium  erkannten 
und  wieder  zurückkehrten  *<'.  Diesen  Belästigungen  und  Beängstigun- 
gen frecher  Baubritter  setzte  wenigstens  für  Frankfurt  der  Landfriede 
zunächst  ein  Ziel  Job  Bohrbach  erwähnt  ihrer  von  diesem  Zeit- 
'   punkte  an  nicht  mehr. 

Mit  der  Eröffnung  des  Beichskammergerichtes  traf  ein  anderes 
EreignisB  zusammen,  das  wenigstens  in  die  Gestaltung  des  geselligen 
Lebens  in  Frankfurt  sehr  fühlbar  eingriff.  Im  Monat  November  1495 
kaufte  nämlich  ein  Mitglied  der  Gesellschaft  auf  Löwenstein,  Daniel 
Bromm,  „Schöffe  und  Bath  der  Stadt  Frankfurt,  das  Hus  Laderam, 
gelegen  uff  dem  Eck  neben  dem  Bömer  gegen  dem  Hus  Limburg 
über,   mitsamt  dem  Husrath,  der  vor  die  Gast  gehört,   die  in  der 


60  §.  137-142. 


—     69     — 

Mess  darin  herberigeo;  und  bezahlte  daftar  acht  und  zwanzig^  hundert 
Goldgulden'^  ^^y  und  zwar  von  der  Wittwe  Anna  Schule  und  ihren 
beiden  Enkeln^  Peter  und  Thomas  Sossenheimer  ^^,  die  nach  Fichard 
schon  fiiiher  dies  ihr  Besitzthum  dem  Bathe  zum  Kaufe  fbr  4000 
Gulden  angeboten  hatten^  aber  abschläglich  beschieden  worden  waren^ 
weil  das  Haus  sicli  nur  mit  100  Gulden  verzinste  und  somit  der 
Kaufpreis  zu  hoch  gestellt  war.  Unmittelbar  nach  vollzogenem  An- 
kaufe bot  Daniel  Brorom  das  Haus  Laderam ,  wie  Job  ausführlich 
berichtet,  der  Stnbengesellschaft  zu  Lowenstein  zum  Kaufe  um  die 
gleiche  Summe  an ;  die  Gesellschaft  ging  darauf  ein  und  beschlösse 
dem  Daniel  Bromm  sofort  tausend  Gulden  sAs  Angabe  abzutragen' 
das  übrige  aber  mit  vier  Procent  bis  zur  völligen  Ablösung  zu  ver- 
Zinsen^  so  dass,  so  oft  sie  ihm  zweihundert  Gulden  abzahle^  der  jähr* 
liehe  Zins  sich  um  acht  Gulden  verringere.  Um  diese  Summen  auf- 
zubringen,  zahlte  jeder  Geselle  am  Andreastage  1495  zwanzig  Gul- 
den und  wurde  weiter  festgesetzt^  dass  die  gliche  Summe  inskünftige 
von  jedem  Sohn  eines  Gesellen  bei  seinem  Eintritte  als  Einstand 
entrichtet  werden  ^  dagegen  jeder  ^  der  durch  Beweibung  Mitglied 
werdcy  dreissig  Gulden  zahlen  soUe.  Ebenso  wurde  mit  denen,  welche 
auf  dem  Hause  Gülten  stehen  hatten  -^  es  standen  nämlich  darauf 
15  Gulden  —  der  Vertrag  geschlossen,  dass  dieselben  im  Laufe  der 
Zeit  mit  achtzehn  für  einen  Gulden  abgelöst  werden  sollten  ^\  ^  Es 
ergiebt  sich  ans  dieser  Erzählung,  dass  der  Kauf  des  Daniel  Bromm 
wohl  schwerlich  ein  blosser  Scheinkauf  gewesen  ist ,  wie  man  jüngst 
vermuthet  hat^.  Auch  die  weitere  Darstellung  des  Job  Bohrbach 
zeigt  klar,  dass  die  Gesellschaft  den  Verkauf  des  Hauses  an  sie  unter 
den  angegebenen  Bedingungen  als  ein  grosses  Verdienst  Daniel 
Bromm's  angesehen  und  ihn  als  ihren  Wohlthäter  dankbar  verehrt 
habe.  Ebenso  leuchtet  ein,  dass  die  Trinkstube  auf  Laderam  nicht 
eine  neue  Gesellschaft,  sondern  die  bisherige  ^aiif  Lowenstein^  in 
sich  vereinigt  habe,  wenn  auch  die  Bedeutung,  die  sie  schon  in  den 
nächsten  Jahren  erhielt,  wesentlich  dazu  beitragen  mochte,  ihr  neue 
Mitglieder  von  andern  Stubengesellschafiten  zuzuführen.  Die  Gesell- 
schaft übertrug  zwar  sofort  auf  ihr  neues  Eigenthum  den  Namen  des 


6>  Naeh  der  gewöhnlichen,  wie  mir  scheint,  authentischeren  Angabe,  betrog 
der  Kaufpreis  nar  2600  Gnlden. 

<>  Yergl.  meine  Bemerkungen  su  §.  316. 

«  §.  179. 

^  Römer -Büchner,  Die  Entwicklung  der  Stadtverfassang  und  die  Bflrger- 
vereine  der  Stadt  Frankfurt  am  Main,  Frankf.  1865  S.  224. 


-     TO     - 

Haases;  in  welchem  sie  sieh  vor  dem  Jahre  1486  zu  verAammeln 
pflegte^  und  nannte  es  Alt-Limpurg  ^^  gleichwohl  kommt  dieser  Name 
bei  Job  Robrbach  noch  nicht  vor^  dieser  nennt  nach  wie  vor  Haus 
und  Gesellschaft  Laderam^  und  es  scheint  somit  diese  Benennung  als 
die  herkömmliche  noch  längere  Zeit  sich  im  Munde  der  Gesellen  und 
des  Volkes  erhalten  zu  haben. 

Das  Zusammentreffen  dieses  Kaufes  mit  der  Eröffnung  des  Beichs- 
kammergerichts  in  hiesiger  Stadt  war  freilich,  nur  ein  zufälliges;  aber 
für  die  Gesellschaft  von  sehr  wichtigen  Folgen  begleitet.  Zählten 
auch  ihre  Gesellen  zu  den  angesehensten  Familien  der  Stadt,  so  war 
dies  doch;  wie  die  Familienchronik  Bernhard  Bohrbach's  zeigt;  nur 
ein  Vorzug;  den  sie  mit  anderen  Trinkstuben  teilte ;  wie  denn  der 
Fall  nicht  selten  war,  dass  man  versdiiedenen  Stubengesellschaften 
zu  gleicher  Zeit  angehörte  ^.  Nach  Dr.  Bömer's  Nachweisen  scheinen 
mehrere  Gesellen  der  bisherigen  Gesellschaft  Löwenstein  nicht  mit 
den  Uebrigen  nach  Laderam  übergesiedelt  zu  sein%  dagegen  warb 
die  Gesellschaft  neue  Genossen  und  zwar  mit  solchem  Erfolge;  dass 
Fraueustein  1603  nur  noch  ein  und  zwanzig  Glieder  zählte  ^^.  So 
hob  sich  die  Gesellschaft  auf  Laderam  oder  Alt-Limpurg  nun  mächtig 
über  die  anderen  Vereine  empor;  die  reichsten  und  angesehensten 
Familien  dei  Stadt  vereinigten  sich  in  ihrem  Schoose.  Durch  das 
Beichskammergericht  nahm  im  Jahre  1495  eine  Anzahl  hochgestellter 
Fremden  ihren  Wohnsitz  in  der  Stadt:  von  den  Assessoren  bestand 
die  eine  Hälfte  aus  Doctoren  beider  BechtC;  die  andere  aus  Dynasten 
und  Edeln;  der  Kammerrichter  war  ein  Beichsfürst;  acht  Proeura- 
toren  dienten  als  Sachwalter;  ausserdem  werden  Protonotare  erwähnt. 
Die  Meisten  derselben  scheinen  in  der  erweiterten  Gesellschaft  auf 
Laderam  einen  willkommenen  Mittelpunkt  geselliger  Vereinigung  ge- 
sucht und  gefunden  zu  haben.  Zwar  mussten  anfangs  die  Sitten ''und 
der  Bang  der  Gäste  dem  Frankftu*ter  Bürgerthum  als  ein  fremdes 
Element  erscheinen;  in  dessen  Umgebung  man  sich  beengt  fühlte: 
„im  Jahre  149t)  fiel;  wie  Job  erzählt;  die  Fastnacht  auf  den  16.  Febr.; 
es  fand  an  ihr  keine  Zusammenberufung  der  Gesellschaft  oder  Stube 
statt;  es  war  eine  Stille;  als  wären  alle  ausgestorben;  denn  die  Hin- 
dernisse waren  uns  die  Assessoren  und  die  übrigen  adeligen  DoctoreU; 
nebst  den   Advocaten   und   Procuratoren ;   denn  diese    waren    allzu 


^  Römer- Büchner  a.  a.  0. 

66  B.  Rohrbach'B  Familienchronik  §.  106—112 

67  Römer  -  Büchner  S.  226. 
^  Römer -Büchner  S.  216. 


—     71     - 

saUreich  gegenwärtig*  ^.  Aber  schon  nach  einem  Jahre,  waren  diese 
Schrankmi  der  Zurückhaltung  gefallen^  die  getrennten  Elemente 
hatten  sich  verBcbmolzen  und  die  Gesellschaft  entfaltete  ein  reges 
und  fröhliches.  Leben.  AmSl.December  1496  speiste  sie  zum  ersten 
Male  auf  der  grossen  Stube  des  Hauses  Laderam :  Philipp  Kaltofen 
versieht  die  Stelle  des  Wirtfaes  oder  des  obsonü  magister.  Am  1. 
Januar  1497  folgt  ein  neues  Gastmahl^  dem  als  Wirth  Walther  Isen> 
berg  vorsteht  Auch  Bernhard  und  Job  Bohrbach  nehmen  zum  ers- 
ten Male  Theil  und  bekunden  ihr  Gesellenrecht  mit  den  20  DenareU; 
die  sie  zu  Neujahr  dem  Stubenknecht  Friedrich  schenken  'o.  Ein 
neues  Mahl  einigt  am  Tage  der  heiligen  Dreikönige  nicht  blos 
die  Gesellen 9  sondern  auch  Andere:  Hs^s  vom  Rhyn^  der  ältere 
Büigermeister^  und  Ulrich  Neuhaus  führen  als  Wirthe  den  Vorsitz  : 
als  Gesellen  werd^i  38  Glieds  der  Familien  Marpurg  zum  Para- 
dies;  Heymbach^  vomUheine;  Scheidt^  Glauburg^  Sassen^  zum  Jungen, 
Frosch,  Weiss,  Stralenberg,  Bromm,  Mones,  Neuhaus,  Völker,  Reiss, 
Haane^  Soss^iheim,  Bohrbach,  Holzheim,  Uffstein,  Heusenstamm, 
Martroff,  Stallburg,  Blum  aufgeführt;  zwei  Licentiaten^  ein  Bosenberg, 
ein  Frosch;  ein  Sossenheimer,  ein  Dyrmayer  und  der  Bathschreiber 
Melchior  sind  als  Gäste  gegenwärtig,  die  Gesammtzahl  beträgt  47  ^^ 
Schon  am  12.  Januar  erfolgt  eine  neue  Zusammenberufung  zum 
Abendessen,  an  dem  auch  Frauen  und  Jungfrauen  theilnehmen :  es 
war^i  im  Ganzen^  achtzig  P^sonen ;  Küchenmeister  waren  Johann 
Frosch  und  Ulrich  Neuhaus;  ausser  den  genannten  Familien  finden 
wir  die  Namen  Holzhausen,  Hynsberg,  Humbrach  t,  Ergersheim^ 
Schwarzenberger,  Bückingen,  Knoblaueh,  Faut^  Alzey;  als  Gäste 
werden  nur  der  Licentiat  Engel  von  Hotzfeld  und  der  Meister  (Ma- 
gister?) Bingen  von -Nördlingen  aufgeführt  t>a  sich  unter  den  aus- 
drücklich als  Gesellen  Aufgeführten  Si/b  Namen  von  Mehreren  be- 
finden, welche  wie  Johann  von  Glauburg,  Johann  von  Bückingen, 
Johann  Frosch,  Jakob  Weiss  und  Johann  Holzheimer  nach  Faust's 
von  Aschaffenbiu'g  Angabe''^  anfangs  den  Ueberzug  nach  der  neuen 
Stube  abgelehnt  hab^i  sollen,  so  kann  dieser  ohnehin  nur  von  We- 
nigen versuchte  Widerstand  nicht  von  Dauer,  gewesen  sein.  Bei 
dieser  Mahlzeit  führten  Gilbrecht  Hölzhausen  und  Job  Bohrbach  zu- 
erst einen  Beigen  mit  Lichtern  auf  und  geleiteten  darin  auf  B^ehl 


69  Jobs  Chronik  §.  180. 

ro  §.  181. 

"  §.  183. 

'2  Römer- Büchner  S.  226. 


—     72     — 

der  älteren  GeselleD  die  junge  BrauU  des  Bernhard  Weiu  zu  Daniel 
Bromm,  um  diesen  dadurch  zu  ehren^  weil  er  sich  gegen  die  Gesell- 
schaft so  freundlich  und  freigebig  benommen  und  ihr  sein  Haus  zum 
kostenden  Preise  (ju^to  pretio)  abgetreten  habe.  Nach  beendigtem 
Mahle  erschien  auch  der  Markgraf  Jakob  von  Baden,  der  als  Kam- 
merrichter an  die  Stelle  Ejtel  Friedrichs  von  HobenzoUem  getreten 
war,  mit  mehreren  Assessoren,  Procuratoren  und  Adeligen  des  Kam- 
mergerichts und  nahm  mit  ihnen  am  Tanze  Theil  Die  Kosten  des 
Mahles  betrugen  fUnf  Schillinge,  welche  Job  von  seinem  Bruder 
Bernhard  geschenkt  erhielt  ^^ 

Mit  besonderem  Qlanze  wurden  nun  die  Fastnachtstage  des 
Jahres  149  <  auf  Laderam  begangen.  Die  jungen  Gesellen,  denen 
früher  gerade  in  diesen  Tagen  kein  Antheil  zustand,  wurden  schon 
am  22.  Januar  auf  die  Stube  entboten,  und  es  wurde  ihnen  hier  von 
dem  Schultheissen  Dr.  Ludwig  zum  Paradies  eröffnet:  „dass  ihnen 
allen  und  jeglichen  erlaubt  sei,  uff  Aer  Stuben  und  in  der  Gesell- 
schaft zu  sein  und  um  ihr  Geld  zu  zehren,  doch  seien  sie  gebeten 
und  befohlen^  züchtig  sich  zu  halten  mit  Tanzen  und  willig  mit  Essen 
vortragen,  auch  im  Tanz  sich  nit  in  die  Arm  umfahen  als  sonst, 
sondern  anstatt  desselben  Armfahens  den  Frauen  die  Hand  geben 
und  züchtig  neigen.'^  Man  sieht ,  dass  der  Wahlspruch :  „züchtig 
fröhlich  mit  guten  Sitten",  wie  ihn  eine  alte  hölzerne .  Tafel  des 
Hauses  Frauenstein  aus  dem  fünfzehnten  Jahrhundert  bewahrt,  da- 
mals in  den  Trinkstuben  noch  immer  als  Regel  galt.  Zu  gleicher 
Zeit  liess  man  den  Markgrafen  Jakob  von  Baden,  alle  Beisitzer  und 
etliche  Advocaten  und  Procuratoren  des  Kammergerichts  wissen,  „wie 
man  eine  Gesellschaft  halten  wolle,  wollten  sie  darby  sin,  so  möge 
sie  die  Gesellschaft  fast  wohl  leiden,  dass  sie  ihr  Geld.by  der  G^ 
Seilschaft  verzehren^.  Desgleichen  liess  man  auch  Etliche  wissen, 
„die  in  der  Ganzlei  sin  zur  Zit  der  Gesellschaft".  Die  Fastnachts- 
lustbarkeiten wurden  mit  Nachtimbiss  und  Tanz  am  Sonntag  Este- 
mihi  den  5.  Februar  eröfihet.  Tags  aarauf,  ^uff  den  Montag  zu 
Unteren  (Nachmittags)  haben  vier  Burger  ein  Gesellenstechen  ge> 
habt  mit  Kronlin,  niit  Namen  Conrad  zum  Jungen,  Heilman.Stralen- 
berg,  Conrad  Mones  und  Clas  Stalburg'^  Hierauf  erscheinen  wieder 
zun^Nachtmabl  alle  die,  welche  zur  Gesellschaft  gehörten  oder  ge-i 
laden  waren.  Dienstag  nach  dem  gemeinsamen  Mittagsmahl  fand  der 
feierliche  Umzug  sämmtlicher  Gesellen  nach  dem  deutschen  Haus, 
St.  Johann  und  St.  Antonien   statt;    da  Job  ausdrücklich  bemerkt. 


'3  §.  185.    Zum  Folgenden  §.  186. 


—     73     — 

dasfi  Jakob  von  Baden  und  die  ÄBsessoren  an  diesem  Umzüge  keinen 
Antheil  genommen^  sondern  erst  zum  Nachtmahl  und  Tanz  alle  wie- 
der gekommen  seien^  so  dürfen  wir  wohl  annehmen;  dass  sie  ausser- 
dem die  s&mmtlichen  Fastnachtsergötzungen  mit  der  Gesellschaft  ge- 
theilt  haben;  am  Aschermittwoch  hielten  Männer  und  Frauen  den 
Mittag  und  Abend  auf  der  Stube;  nach  dem  Mittagsmahle  wählten 
die  letzteren  nach  alter  Gewohnheit  zwei  Küchenmeister  zu  der  grünen 
Suppe  ^♦j  Clas  von  Rückingen  und  Hen  Stralenberger,  beide  Wittwer, 
dann  zogen  sie  hinaus  in  Hen  Glauburg's  Garten ;  dorthin  kamen  der 
Markgraf  und  etliche  Beisitzer  geritten  und  verbrachten  mit  ihnen 
den  Nachmittag;  den  Abend  aber  auf  der  Stube.  Beim  Mittagsmable 
der  Männer  am  Dienstage  fand  die  Rechnungsablage  statt;  die  Kosten 
betrugen  auf  den  Bürger  drei;  des  Rathes  Amtleute  und  andere 
Edelleute  gaben  nur  anderthalb;  von  dem  Markgrafen  und  den  übri- 
gen Verwandten  des  Reichskammergerichts  nahm  man  nur  je  einen 
Gulden.  Ich  bezweifle;  ob  man  mit  Grund  darauf  die  Regel  anwen- 
den konnte :  „wer  fremden  Gästen  gegen  Geld  Zehrung  giebt;  ist  doch 
gewiss  Wirth^  ^^  Am  Donnerstag  zu  Nacht  assen  die  Gesellen  aber- 
mals mit  einander  den  „Manderkäse"  ^^;  und  also  hattC;  wie  Job  naiv 
zufügt;  diese  Prasserei  ein  Ende. 

Der  einförmige  Gang  des  Alltagslebens  wufde  auch  durch  die 
Frocessionen  unterbrochen;  in  welchen  man  damals  das  Allerheiligste 


T^  Die  grÜDB  Suppe  wurde  von  den  Frauen  anf  ihre  Kosten  gestellt  und 
in  einem  Garten  gegessen.  Jede  Portion  wurde  nebst  einer  gesalzenen  Bricke 
und  einem  Häring  von  einem  Paare,  wahrscheinlich  einem  Gesellen  und  einer 
Frau,  vorzehrt.  Vergl.  Römer -Büchner,  Wohlleben  der  Gesellsch.  Limb.  S.  5.  — 
Hierauf  zogen  Männer  und  Frauen  in  Procession  durch  die  Stadt  nach  der 
Stube. 

75  Diese  Bemerkung  ist  nämlich  d^r  einzige  Gewinn ,  den  Römer  -  Büchner 
S.  225  Änm.  seiner  „Entwicklung  der  Verfassung*'  u.  s.  w.  aus  dem  von  ihm 
eingesehenen  Job  sehen  Mannscripte,  das  er  nach  der  Glauburgischen  Aufschrift: 
„M.  S.  de  stirpe  Rorbachiana,  Blatt  79**  citirt,  zu  ziehen  wusste.  Seine  tenden- 
ziöse Antipathie  gegen  die  Gesellschaft  Limburg,  die  trübend  durch  das  reiche 
Material  seiner  verdienstlichen  historischen  Arbeiten  durchzieht,  ist  übrigens 
leicht  erklärlich,  weun  man  die  einseitige  Bewunderung  und  Lobpreisung  er- 
wägt, in  der  sich  der  gelehrte  Fichard  kaum  genug  zu  thun  weiss. 

1^  Der  Mandelkäse  wurde  nach  dem  erwähnten  Buche  des  Stuttgarter  Ver- 
eines Ree.  72  aus  gestossenen  Mandelkernen  bereitet,  zu  denen  man  Milch  goss 
und  Eier  sehlug;  diesen  Teig  Hess  man  erkalten,  legte  ihn  dann  auf  einen 
Teller  und  bestreute  ihn  mit  Zucker.  Der  Mandelkäse  wurde  durch  Frauen 
bereitet,  welche  jährlich  dazu  von  der  Gesellschaft  gewählt  wurden.  Dazu 
gaben  die  Küchenmeister  Fische,  die  Brodmeister  Srod  und  Backwerk,  die 
Lichtmeister  Licht  Vergl.  Römer -Büchner,  Wohllebender  Gesellschaft  Limburg. 


-     74     - 

nicht  blos  durch  die  Kirchen;  sondern  auch  durch  die  Strassen  der 
Stadt  trug  ^^.  Der  prachtvolle  Aufzug,  den  man  mit  allem  erdenk- 
lichen Glanz  ausstattete,  die  in  Sammt  und  Gold  strotzenden  Ge- 
wänder der  minifitrireaden  Geistlichen,  der  zahlreiche  Klerus  der 
drei  Stifter,  die  Mönche,  Nonuen  und  geistlichen  ßitter  in  ihren 
malerischen  Ordenstrachten,  die  Glieder  des  Batbes  in  ihren  Mänteln, 
machten  diese  kirchlichen  Aufzüge  zugleich  zu  einem  Volksfeste  und 
gewährten  ein  romantisches  Schauspiel,  das  nicht  blos  die  Andacht 
durch  das  Mysterium,  sondern  auch  die  Sinne  durch  den  Wechsel 
sein^  mannigfachen  Gestalten  und  seiner  bunten  schillernden  Farb^i 
beschäftigte  und  erregte.  Solcher  Processionen  wurden  vornehmlich 
drei  im  Jahre  veranstaltet,  nämlich  am  Sonntag  Exaudi  (am  Kirch- 
weihtage der  Barfüsser),  bei  welcher  stets  ein  Glied  von  Bernhard 
Ruhrbach's  des  Alten  Stamm  mit  einem  von  ihm  gewählten  Genossen 
den  das  Sacrament  tragenden  Priester  führte  ^^,  am  Frohnleicbnams- 
feste  und  am  Tage'  Maria  Magdalena.  Job  unterlässt  nicht,  diese 
Processionen  in  jedem  Jahre  umständlich  zu  beschreiben^  besonders 
wenn  er  dabei  persönlich  betheiligt  war.  Die  glänzendste  ist  die 
Frohnleichnamsprocession  am  25.  Mai  1497  gewesen :  Herr  Johann 
Greifenstein,  Decan  zu  St.  Bartholomäi,  trug  das  Sacrament,  ihn 
führten  die  beiden  ältesten  Schöffen,  HenGlauburg  und  Jobann  vom 
Rheine,  vier  Bürger,  unter  ihnen  Philipp  Ugelnheimer,  Geoi^  Bdss 
und  Job  Rohrbach,  trugen  den  Baldachin,  den  man  in  Frankfurt 
den  Kasten  nannte;  vier  andere:  Heinrich  Weiss,  Ortgyn  zum 
Jungen,  Ulricli  Neuhaus  und  Georg  Martroff  gingen  mit  brennenden 
Kerzen  zur  Seite ;  dem  Baldachin  folgte  unmittelbar  der  Kammer- 
richter Markgraf  Jakob  von  Baden  mit  sechs  Beisitzern  und  mehre- 
ren Procuratoren,  an  sie  schlössen  sich  der  Rath  und  die  Bürger 
an  ^*.  Auch  solche  Feste  wurden  mit  Schmausereien  beschlossen.  Am 
Abende  dieses  Tages  luden  Eberhard  von  Heusenstamm  und  seine 
Ehefrau  Gutgin  in  ihren  Garten  vor  der  Stadt,  genannt  die  Nie- 
denaü,  zum  Abendesseii  Fremde  und  Einheimische:  den  Markgrafen 
Jakob  von  Baden,  welcher  auch  hier  seines  Ranges  nicht  vergass 
(denn  er  brachte  j^den  Dorlinger*  und  zwei  andere- nobiles  mit,  dass 
sie  ihm  bei  Tische  dienten),  zwei  Doctoren,  Georg  von  Nideck  und 
Johannes  Pleniger,  so  wie  Vitus  von  Walrod,  goldenen  Ritter  (d.  h. 


VT  Vergl.  den  Abschnitt  OaltuB  §.  190  flg. 

78  Vergl.  aber   die  Stiftung   dieser   Procession    B.  Rohrbachs   Familien- 
chronik §.27 

"  Jobs  Chronik  §.  198, 


-     75     - 

wohl,  der  die  goldnea  Sporen  beim  Bitterschlag  empfangen  hatte), 
alle  drei  Beisitzer  und  Edelleute;  zwei  Beichaschatzmeister,  der  eine 
hiesB  Goffart  von  Klehcn,  den  Comthur  des  deutschen  Herrenordens 
Pankratius  von  Biieinstein,  einen  Procurator  des  Reichskammer- 
gerichts. Unter  diesen  bewegen  sich  Glauburger,  vom  Slieine, 
Knoblauche,  Schwarzenberger,  Ergersheimer,  Holzhauser,  Bohrbache, 
Weisse,  sämmtlich  Gesellen  der  Stubengesellschaft  Laderam  oder 
Limburg,  und  Job  rühmt  die  opulente  Bewirthung  der  Gäste,  zu 
deren  ehrenvoller  Behandlung  der  Häusherr  aufbietet,  waa  er  ver- 
mag ^^.  Es  war  dies  das  Abschiedsfest  für  den  Markgrafen.  Schon 
am  12.  Mai  hatte  er  die  letzte  Audienz  gehalten;  am  26.  Mai,  den 
Tag  nach  Frohnleichnam,  reiste  er  mit  den  Assessoren  nach  Worms, 
dem  zukünftigen  Sitze  des  Beichskammergerichts  ^^  Auch  in  der 
Ferne  gedachte  er  in  wohlwolleijder  Erinnerung  semes  Aufenthaltes 
in  unseren  Mauern  und  der  frohen  Stunden,  die  er  auf  Laderam  zu- 
gebracht hatte;,  noch  zwei  Jahre  später,  am  21.  Januar  1499,  ver* 
speisten  Männer  und  Frauen  Abends  den  Hirsch,  den  Markgraf  Jakob 
von  Baden  der  Stubengesellschaft  geschenkt  hatte  ®^.  Diese  blühte 
immer  sichtlicher  auf;  während  der  Frauenstein  auf  wenige  Gesellen 
zusanmiengeschmolzen  war,  so  zählte  die  Stube  auf  Laderam  die 
meisten.  Schöffen  und  Bathsmannen  zu  Gliedern  ihres  Vereines;  ihre 
Gesellen  führten  den  Priester  bei  den  Processionen ,  trugen  den 
Kasten,  begleiteten  Ihn  mit  Kerzen;  an  Fastnacht  veranstalten  sie 
öffentliche  Aufzüge,  Gartenfahrten  und  Gesellenstechen;  seit  dem 
Jahre  löOO  werden  ihre  Leichen  von  dem  gesammten  Klerus  der 
Pfarrkirche  zu  Grabe  geleitet ;  ohne  Zweifel  trug  auch  der  vertraute 
Umgang  mit  den  Verwandten  des  Beichskammergerichts,  mit  Beichs- 
fursten  und  Beichsgrafen,  dazu  bei,  Ihre  Ansprüche  zu  steigern,  das 
Verlangen  nach  Erhöhung  Ihres  Banges  und  nach  Adelsbriefen  zu 
erwecken  und  ihr  Leben  mit  jenem  glänzenden  Luxus  auszustatten, 
zu  dem  ihr  Beichthum  ihnen  die  Mittel  bot,  den  aber  schon  in  der 
ersten  Hälfte  des  sechzehnten  Jahrhunderts  ein  Th^il  der  Bürger- 
schaft mit  unverhohlenem  Unmuthe  betrachtete  und  bisweilen  mit 
beissendem  Spotte  geisselte.  Durch  das  Aufblühen  des  römischen 
Bechtsstudiums  war  der  römische  Bechtsbegriff  des  Patriciers  in 
Deutschland  im  fünfzehnten  Jalirhundert  bekannt  geworden  und  wurde 
auf  deutsche  städtische  Verhältnisse  angewandt;   in  Frankfurt  wird 


80  §.  116. 
8»  §.  115. 
82  §.  187. 


~     76     - 

er  nicht  blos  darch  einheimische  Juristen  ^  sondern  auch  diurch  die 
Doctoren  des  Reichskammergerichts  unter  den  Gesellen  von  Laderam 
Eingang  gefunden  haben,  und  bald  erwuchs  er  zu  einer  Lieblings- 
idee, deren  Verwirklichung  mit  allem  Eifer  des  Ehrgeizes  angestrebt 
wurde.  So  bildet  sich  allmählig  aus  der  Stubengesellschaft  zu  La- 
deram oder  Alt-Limpurg  ein  städtisches  Patriciat ;  das  bürgerliche 
Bewusstsein  und  Wesen,  das  sie  sich  als  Gesellschaft  auf  Löwenstein 
zu  bewahren  verstanden  hatte,  wurde  ihren  Gliedern  fremder,  und 
der  Aufwand,  zum  Tlieil  auch  der  Uebermuth,  des  Junkerthums  ^^ 
trat  an  die  Stelle  der  alten  soliden  Einfachheit. 

Nächst  den  Processionen  boten  die  Passionsspiele  ein  zwar  sel- 
tenes, aber  darum  um  so  fesselnderes  und  noch*  weit  volksthümlicheres 
Schauspiel  dar,  in  welchem  Scherz  und  Ernst,  kirchlicher  Geist  und 
der  Sinn  für  weltliche  Lustbarkeit,  wie  in  dem  Volksleben  des  Mittel- 
alters überhaupt,  sich  in  wunderbarer  Mischung  poetisch  durchdrangen. 
Wie  wir  aus  den  Frankfurter  CoUectaneien  des  Kanonikus  undCustos 


^^  Der  Name  Junkherr  kommt  bei  Job  nirgends  vor;  dagegen  nennt  sein 
Vater  Bernhard  in  der  Familienchronik  (§.  70)  den  jüngeren  Bürgermeister 
,,Junkherm-Bürgenneister'\  den  filteren  „Sehöifen  Bürgermeister*'.  Dies  ent- 
spricht aber  nur  dem  Sprachgtfbrauch ,  nach  welchem  die  Glieder  der  zweiten 
Kathsbank  Junkherrn,  d.  h.  jüngere  Herrn  im  Gegensätze  zu  den  älteren  Raths- 
gliedern ,  den  Schöffen,  genannt  wurden,  und  bezeichnet  somit  einen  auf  da^ 
Amt,  aber  keineswegs  auf  die  Geburt  und  das  Geschlecht  gegründeten  Rang. 
Noch  heute  nennen  die  niederen  Bediensteten  im  Römer  den  jüngeren  Bürger- 
meister den  ,. jungen  Herrn'^  Diesem  deutschen  Sprachgebrauche  entsprechend 
finden  wir  bei  Job  Rohrbach  die  lateinischen  Ausdrücke  scabinus  und  domicel- 
luB  gebraucht.  Da  nämlich  der  ältere  Bürgermeister  aus  der  Schöffen-,  der 
jüngere  Bürgermeister  aus  der  Rathsbank  gewählt  wurde,  sagt  er  in  seinen 
Notizen  über  die  Burgermeisterwahlen  stets,  jener  sei  tamquam  senior  oder 
tamquam  scabinus,  dieser  tamquam  junior  oder  taiAquam  domicellus  Bür- 
germeister geworden,  vergl.  §.  120.  121.  123.  124.  125.  128.  £benso  heisst  es 
§.  127  von  Jacob  Stralenberger,  Gilbrecht  Holzhausen  und  Thomas  Mass ,  sie 
seien  am  16.  Juli  1499  in  consilium  franckfurdiense  et  in  consulares  und  zwar 
omnes  utdomicelli  erwählt  worden.  Consularis  ist  also  der  aligettieine 
Begriff,  der  sich  wieder  in  scabinus,  domicellus  und  vulgaris  specificirt.  Dem- 
gemäss  berichtet  Job  §.  104,  als  er  im  Namen  seiner  sämmtlichen  Hausgenossen 
die  Reichsschatzung  am  9.  April  1497  entrichtet  habe,  seien  zum  Empfange 
derselben  vom  Rathe  verordnet  gewesen,  sein  Vetter  Georg  Frosch  tamquam 
scabiuus,  sein  Vetter  Haman  Holzhauson  ut  domicellus  und  nicht  zugegen  sei 
gewesen  Johannes  Bechten  tamquam  de  vulgaribus.  Es  ergiebt  sich  somit  aus 
Bernhards  und  Jobs  Chroniken,  dass  nach  Frankfurter  Ansdrucksweise  domi- 
cellus und  Junkherr  ein  Rathsglied  zweiter  Bank  bezeichnete.  In  anderer 
Bedeutung  wird  uns  unten  das  Wort  domicellus  in  einer  älteren  Robrbachischen 
Urkunde  begegnen. 


—     77     - 

FhOipp  Schurg  am  Bartholomäusstifite  (flGOl)^  ersehen^  smd  solcher 
ächanepiele  vier,  nämlich  in  den  Jahren  1467,  1468,  1498  und  1506 
hier  aufgeführt  worden  ^.  Das  im  Jahre  1498  gegebene,  welches 
unter  der  Leitung  eines  Vioars  an  der  Liebfrauenkirche,  Jakob  Kol- 
messer stattfand,  wird  von  Job  BohrbacU  nach  seinem  G^enstande 
und  seinem  ganzen  Verlaufe  beschrieben.  Es  erhellt  aus  dieser  Be- 
schreibung, dass  es  nicht,  wie  Fichard  annahm^  von  den  Schülern 
des  Bartholomäusstiftes,  sondern  von  einem  Vereine  von  Männern 
gegeben  wurde,  der  sich  dazu  aus  Geistlichen  und  Laien  frei  gebil- 
det hatte.  Job  ers^ldilt:  „Im  Jahre  1498  am  4.  Juni,  dem  2.  Pfingst- 
tage,  wurde  hier  vor  dem  Rathhause,  dem  Römer,  auf  einer  dazu 
eigens  aufgebauten  Bühne  ein  Schauspiel  veranstaltet,  an  welchem 
280  Personen,  mit  Gewändern  und  Anderem,  wie  es  sich  ziemte, 
wohl  gekleidet,  Theil  nahmen.  Sie  spielten  an  diesem  Tage,  zuerst 
die  Aufopferung  des  einzigen  Sohnes  Abrahams,  die  Geschichte  der 
Susanna,  des  reichen  Mannes  und  des  armen  Lazarus  und  des  ver- 
lorenen Sohnes.  Als  dies  vorüber  war,  bekleidete  sich  Balthasar, 
der  Pfarrer  in  Ober-Eschersbeim  (nach  Schurg  wohl  richtiger:  ^Esch- 
bach)  mit  einem  grauen  Gewände  (denn  vorher  hatte  er  den  himm- 
lischen Vater  gegeben)  und  eröffnete,  mit  einem  Diadem  gekrönt,  die 
Person  Christi  darstellend,  die  Passion,  deren  ganzen  Verlauf  er  im 
Spiele  durchführte.  Er  begann  mit  der  Wahl  der  Apostel.  Am  f). 
Juni  spielte  er  die  Leidensgeschichte  bis  z\&  Gefangennehmung  im 
Garten  ]  als  Gefangener  wurde  er  hierauf  durch  die  Strassen  unserer 
Stadt  geführt.  Am  6.  Juni,  dem  Mittwoch  und  Quatember,  wurde 
er  abermals  lange  durch  die  Stadt  gefiihrt,    und  als  sie  die  Bühne 


^  Ob  Philipp  Sohnrg  wirklich  der  Verfasser  dieses  Mannsoriptes  sei»  soheint 
mir  noch  einer  Untersuohang  zu  bedürfen.  Auf  dem  Umschlage  dessellten 
kündigt  er  sich  nur  als  Besitzer  des  Baches  an:  possidet  me  Ph.  Schurg,  eine 
Thatsache,  welche  wenigstens  zur  Zeit  noch  die  Yennnthnng  begünstigt,  dass 
Schurg  die  Autorschaft  erst  einem  Missverständniss  des  Verfertigers  der  Aus- 
zugs in  der  Üffenbacfaischen  Manuscriptensammlung  zu  danken  haheii  könne. 
Dieser  Auszug  scheint  übrigens  nur  eine  Compiiation  Schurg'scher  und  König- 
stein'soher  Notizen  zu  sein. 

M  M.  S.  Schurg  p.  186  flg.  Anno  gratiae  1498  fuit  ludus  passionis  Franooforti 
et  fuere  in  illo  265  persönae.  Saluator  dominus  Balthasar,  parochus  in  Esch- 
bach, Reetor  D.  Joannes  Kolmesser.  Aniio  1506  iterum  fuit  Indus  passionis 
Francofurti.  Salvator  Wiihelmus  Stein  de  Cassel,  parochus  trium 
reg  am  in  Sachsenhansen.  Reetor  Dominus  Joannes  Kolmesser  et  Dominus 
Petrus  Seigenstadt,  vicarii  montis  B.  Mariae  yirginis.  Fuerunt  persönae  in 
Indo  267.  Anno  1467  fuit  ludus  passionis  Francofurti.  Salvator  Ewaldus  Totten- 
feld.  Reetor  Dominus  Enolphns.  Anno  1468  fnit  ludus  eztremi  indieii  et  Anti- 
ehristi.  Reetor  Joannes  Vag. 


-     78     - 

betreten  hatten^  vor  Hanna»  etc.,  dann  sohlugen  sie  ihn  an  das  Kreaz, 
an  welchem  er  beinahe  zwei  Standen  hing.  Am  7.  Jüni^  dem  Don- 
nerstag nach  Pfingsten^  trdgen  sie  sein  Kreuz  mit  denen  der  Räuber 
vor  das  Thor  von  Sachsenhausen.  Am  11.  Jani  luden  die  Theil- 
nehmer  am  Spiele  den  ganzen Bath  zum  Mittagessen;  dieser  schenkte 
ihnen  zwei  Ol  im  Wein  und  20  Goldgnlden;  ebenso  bewilligte  er 
ihnen  die  Bretter  und  Balken^  woraus  die  Btibne  erbaut  wurde ^  in 
grosser  Menge,  aber  unter  der  Bedingung,  dass  sie  dieselben  zurück- 
gäben, und  das,  was  daran  verdorben  oder  zerschlagen  wäre,  be- 
zahlten ;  auch  mehrere  andere  Bürger  und  kirchliche  Personen  lüden 
sie  ein,  welche  sie  dafür  beschenkten.  Ebenso  zahlte  jedef  Theil- 
nehmer  am  Spiele  und  jede  Person  (wohl  von  den  Zuschauern?)  der 
Gesellschaft  anfangs  einen  Ort,  wovon  die  Zortistungen  zum  Spiel 
bestritten  wurden"  ^. 

Der  vorherrschend  kirchliche  Charakter  dieses  Spieles  zeigte  sich 
in  einer  Nachwirkung  desselben  :  am  Magdalenentag,  dem  22.  JuK 
1498,  trug  das  Sacrament  wieder  der  Dccan  Johannes  Greifenstein, 
Hea  Glauburg  und  Hans  vom  Rheine  fährten  ihn;  Georg  Neuhans, 
Job  Rohrbach,  Arnold  Reyss,  Philipps  Ugelnheimer  trugen  den  Kasten^ 
Ludwig  Holzhausen,  Georg  Martroff,  Heilmann  Stralenberg,  Ulrich 
Neuhaus  die  Kerzen;  diejenigen  aber,  welche  die  Passion  gespielt 
hatten,  folgten  dem  Rathe  in  der  Procession,  angekleidet  nach  dem 
Charakter,  den  sie  dargestellt  hatten;  den  Erlöser  stellten  diesmal 
fünf  dar,  der  eine  als  Gefangenen,  der  andere  in  weissem  Kleide, 
der  dritte  trug  die  Säule,  der  vierte  das  Kreuz,  der  fünfte  zeigte  ihn 
auferstanden,  und  dieser  war  es,  der  während  des  Spieles  selbst  alles 
wie  Jesus  gethan  und  geduldet  hatte  ^^.  Dafür,  dass  Job  den  Kasten 
getragen  hatte,  gab  ihm  am  3.  Januar  1499  der  Bürgermeister  Mi- 
chael Schwarzenberger  statt  der  zwei  alten  Bleygen,  die  er  mit  seiner 
Mühewaltung  verdient  hatte,  drei  neue.  Mit  dem  neuen  Jahre  waren 
nämlich  die  alten  mit  den  zwei  „B^^^^^^'^  (zwei  Hunden)  und  den  zwei 
Trauben  abgeschätzt  worden ;.  die  neuen  zeigten  auf  ihrem  Gepräge  „eine 
Kanne  sonder  Litt  oder  Deckel",  aus  der  zwei  Trauben  wachsen  und 
zu  beiden  Seiten  herabhängen.  Das  eine  gab  er  seiner  Mutter,  das 
andere  seinem  Bruder  Bernhard,  das  dritte  dem  Kanonikus  Herrn 
Eberhard  Becker.  Als  am  18.  Juni  1499  Johannes  Hess  in  der 
Pfarre   auf  der  grossen  Orgel,    obgleich   kaum   so  viel  Claven  und 


86  «.  214. 
w  §.  215. 


-     79     — 

Pfeifen^  dass  es  geschehen  konnte^  gesiimint  waren,  den  Gesang  des 
Salve  regina  begleitete^  schenkte   auch  ihni  Job  ein  Rathsbleygen ^. 

Bei  da*  Magdalenenproceosion  im  Jahre  1497  hatte  das  Sacra- 
ment  Nicolaus  Kruder,  Bischof  von  Samland,  ein  Frankfurter  Kind, 
getragen^',  was  ich  gerne  hier  erwähne,  theils  um  das  Andenken 
i  emes  sonst  unbekannten,  zu  hohen  kirchlichen  Würden  emporge^ 
stiegenen  Bürgersohnes  jener  Zeit  ssu  erneuern^  theils  weil  solche 
Notizen  zum  Theil  die  Thatsache  erklären  mögen,  dass  hiesige 
Kirchen  von  auswärtigen,  fern  wohnenden  Bischöfen  mit  Ablasspri- 
vilegien ausgestattet  wurden.  Auch  Frankfurter  Laien  finden  wir  in 
dem  Dienste  auswär;tiger  Kirchenfürsten,  so  war  Dr.  Georg  Hell,  ge- 
nannt Pfeffer,  Kanzler  des  Kurfürsten  von  Mainz;  er  nahm  ein 
trauriges  Ende,  am  5.  August  1498  fiel  er  im  Münzhof  dahier  in 
eine  noch  nicht  völlig  ausgebaute  Gloake^  und  starb  bald,  nachdem 
man  ihn  herausgezogen  hatte  ^. 

Wie  gerne  man  überhaupt  aus  kirchfichen  Handlungen  ein 
Schauspiel  machte,  beweist  das  Ge{)ränge,  womit  am  19.  August  1494 
eine  Judentaufe  in  der  Bartholomäikirche  vollzogen  wurde.  Eine 
schwäbische  Jüdin  begehrte  freiwillig  die  Taufe ,  wie  sie  behauptete, 
von  der  Jungfrau  Maria  selbst  dazu  veranlasst,  eine  Motivirung,  wie 
sie  bekanntlich  bis.  zu  unseren  Zeiten  in  specifisch  römischen  Kreisen 
wiederkehrt.  Um  diesem  Acte  eine  grössere  Feierliehkeit  zu  geben, 
hatte  man  vor  dem  Uauptaltare  eine  Bühne  aufgeschlagen  und  auf 
diese  das  Taufbecken  gestellt  Die  angesehensten  Jungfrauen  der 
Stadt  erboten  sich  zu  Pathinnen  und  geleiteten  die  Neopfaytin  in 
Procession  zur  Kirche.  Mit  ihr  bestiegen  zwei  diers^en,  Anna 
Blumin  und  Christina  Froschin,  die  Bühne.  Nach  vollzogener  Taufe 
stimmte  das  versammelte  Volk  den  Gesang  an<:  „Nun  bitten  wir  den 
helgen  Geist^^  Hierauf  führten  die  Jungfrauen  sie  wiederum  in 
feierlichem  Aufzuge  nach  dem  Hause  des  P&n*ers  ^K,  Ein  anderes 
kirchliches  Schauspiel,  das  selbst  damals  den  Verständigen  zum  An- 
stoBs  gereichte,  bereiteten  im  Jahre  1496  der  Frankfurter  Gemeinde 
die  Dominikaner.  „Am  3«  April  nämlich,  dem  Ostersonntag,  predig* 
ten,  wie  Job  erzählt,  bei  den  Predigern  drei  zu  gleicher  Zeit:  der 
Lector  auf  dem  Kirchhofe,  der  Subprior  in  der  Kirche,  ein  dritter  in 
dem  Kreuzgang  (in  ambitu)  und  überschrieen  einander  so,   dass  aus 


^%.  216.  217. 
89  §.  199. 
90§.  26& 
w  §.  203. 


-     80     - 

dieBen  Beden  dem  Volke  keine  Erbauung  (devotio)y  sondern  nur  Ver- 
wirrung (confuflio)  erwuchs*  ^. 

CharakteriBtiach  ist  es^  dass  Job  nirgends  der  Jagd  als  Be- 
schäftigung und  Belustigung  der  höheren  Stände,  wohl  aber  neben 
dem  Reiten,  dem  Fischfange  und  dem  Stechen  mit  Krönlein  und 
Kolben,  namentlich  d6r  Schi^stibimgen  gedenkt  Die,  welche  man 
später  Patricier  oder. Junker  nannte,  hatten  ihren  eigenen  Schiessplatz 
auf  dem  heutigen  Holzgraben,  den  man  damals  noch  den  Schiess 
graberi  nannte,  unmittelbar  hinter  der  Kirche  *  unserer  lieben  Frauen 
auf  dem  Berge.  Eine  solche  Schiessbelustigung  Avird  uns  in  sehr  an- 
schaulicher Weise  geschildert :  ,^Anno  1496  am  20.  Juli  sind  uff  dem 
Schiessgraben  zwischen  den  Porten  by  sant  Katherinen  Kirchen  nach 
Mittag  zusammenkommen  in  einer  guten  ehrlichen  Gesellschaft  Dr. 
Florentius  von  Veningeo,  Katharina  Holzhuserin,  Haman,  ihr  Sohn, 
und  Margret,  Hamans  Husfrau,  Gilbrecht,  auch  ihr  Sohn,  Eilchin 
Rohrbächerin  und  ich  Job,  ihr  Sohn,  Katherina,  Gilbrechts  Holzhusen 
seliger  Gedächtniss  Wittwe,  Ludwig,  ihr  Sohn,  Karl  Hynsberg  und 
Martha,  sin  Husfrau,  min  Joben  Schwester,  Johann  Holzheimer,  und 
haben  des  Unterens  (Nachmittags)  die  Gesellen,  welche  wollten,  ge- 
schossen, um  ziemliche  Kleinodien  von  Zinnwerk;  des  ]!|^achts  hat  je 
ein  Husgesäss  zwei  Maass  Wins  bracht,  und  nach  dem  Nacbtmal 
geschossen,  Frauen  und  Mann,  wer  da  wollte,  bis  um  zehne,  also 
dass  drei  Licht  by  das  Blatt  (die  Scheibe)  gesteckt  worden  und  eins 
vor  den  Anzeiger,  und  nach  dem  Nachtmahl  sind  dazu  kommen  Ort 
zum  Jungen,  der  jüngere,  und  Herr  Albrecht  Prolin,  derHulzhuserin 
zu  Goldstein  Kaplan. ^^  Ob  dieses  Schiessen  mit  Armbrüsten  oder  mit 
Büchsen  stattfand,  wird  uns  nicht  berichtet ;  doch  ist  mir  das  Erstere 
wahrscheinlich ''.  Der  Büchsen  bediente  man  sich  unzweifelhaft  bei 
den  öffentlichen  Schiessen,  an  welchen  Büiger  aller  Stände  und 
namentlich  auch  der  Zünfte  Theil  nahmen,  lieber  diese  liegen  uns 
zwei  Berichte  Jobs  vor. 

„Am  13.  Novembris  1496  hat  hie  ein  Schiessen  angefangen  mit 
der  Handbüchse,  das  hat  gewährt  drei  Tag  und  sind  der  Schützen 


M  §.  194. 

93  Diese  Vermathang^  stützt  sich  theils  auf  den  Umstand ,  dass  Job  Rohr- 
bach unter  seinen  Anschaffungen  uiid  Geschenken  zwar  eine  Armbrust,  aber 
nie  eine  Büchse  erwähnt,  theils  auf  die  freundliche  Mittheilung  des  Herrn  Se- 
nators Dr.  V.  Hey  den,  der  den  noch  am  Anfang  dieses  Jahrhunderts  bestehen- 
den SchiesBplatz  auf  dem  Graben  in  seiner  Jugend  selbst  gesehen  und  mir 
ausdrücklich  versichert  hat,  dass  derselbe  auch  damals  noch  ausschliesslich  von 
den  Stahlschützen,  d.  h.  den  Armbrustschützen,  benutzt  wurde. 


—  Si- 
los gewesen  und  derKldnod^  darumb  man  geschoBsen  hat^  fünf  und 
zwansdg^  mit  Namen  drei  Ochsen^  ein  schwarzer  Hut  mit  einer  sil- 
bernen Röhre;  vier  Ellen  schwarzen  Schamelot  und  zwanzig  zinner- 
ner Kleinod;  als  Flaschen^  Gläser;  FasS;  Gelten;  Teller;  Kannen  etc. 
Den  besten  Ochsen  gewann  Einer  heisst  ThomaS;  Büchsenmeisters 
Sohu;  sitzt  bei  der  Bockenheimer  Porten;  den  andern  Ochsen  ge- 
wann Conrad  NeuhauS;  min  Vetter;  den  dritten  ein  Büchsenmeister 
von  Menz ;  den  Hut  mit  der  silbernen  Bohre  N.  N.  Schuhläpper 
(iSchufaflicker)  hj  Sant  JohanU;  den  Schamelot  gewann  Dyll;  ein 
Lederverkaufer  uff  dem  Ejrautmarkt;  die  Sau  gewann  Hans  Syd; 
unser  Schmied;  und  haben  die  Frankfurter  Schützen  neunzehn  Klein- 
heit (Kleinod)  unter  den  fünf  und  zwanzig  und'  die  Hauptkleinod 
allC;  usgenommen  den  dritten  Ochsen.  Und  haben  sie  geschossen  uff 
dem  Fischerfeld  in  zween  Schirm  (Scheiben)  und  die  Läng  des 
Schusses  vom  Stand  an  bis  zum  Schirm  ist  336  Ellen:  mit  einer 
Schnur  ist  es  also  gemessen  worden.  Item  hatte  Schnabels  Sohn 
eine  Pritsch;  und  welcher  Schütze  sechs  Schüsse  nach  einander  des 
Schirmes  fehlte;  den  schlug  man  mit  der  Pritschen  oder  musst  vter 
Denar  gebeu;  und  schössen  die  Schützen  zehn  Schuss.  Auch  sind 
der  Kleinod;  zum  Ritterschuss  verordnet;  mit  Namen  zwei  Hut'  und 
ein  Barret  und  ein  silberner  Landsknecht  mit  einer  silbernen  Helle- 
barten.'' Im  Jahre  1500  fand  abermals  ein  Schiessen  mit  der  Hand- 
büchsen auf  dem  Fischerfelde  statt;  an  welchem  siebenzig  Männer; 
sieben  aus  Mainz;  drei  von  Oppenheim;  einer  von  Gelnhausen;  drei 
von  Oberrad;  alle  Uebrigen  hiesige  Bürger;  theilnahmen.  Der  Bath 
hatte  dazu  den  Ochsen  und  zehn  Viertel  Wein  gegeben.  Den  Och- 
sen trug  damals  des  Bathes  Schmied;  das  damastene  Wams  ein  Fi- 
scher-davou;  den  silbernen  Becher  Bernhard  Weiss.  Es  waren  im 
Ganzen  dreissig  Kleinodien;  von  denen  die  von  Mainz  und  die  von 
Oppenheim  je  eins  in  ihre  Herberge  brachten.  Die  Oberräder  ge- 
wannen den  Hut  mit  der  silbernen  Röhre  im  Ritterschuss.  Auf  dem 
Schiessplatze  waren  drei  Zelte  angeschlagen;  zwei  für  die  Schützen; 
das  dritte  zum  SpieL  Auch  war  eine  Kegelbahn  eingerichtet;  auf 
welcher  ^ein  Schieb^^  mit  einem  Heller;  drei  mit  einem  Weisspfennig 
bezahlt  wurden;  sänmitli&he  Kegelpreise  fielen  den  Frankfortem  zu. 
Auch  diese  Lustbarkeit  v^ährte  drei  Tage^. 

Manche  Gebräuche  des  Volkslebens  finden  wir  in  Jobs  Auf- 
zeichnungen zu  unserem  Bedauern  mehr  flüchtig  angedeutet;  als  aus- 
führlich beschrieben.    Der  Anfang  des  Jahres  war  noch  nicht  über- 


»»  §.  218.  219. 

6 


-     82     - 

einstimmend  festgesetzt  Tbeilweise  datirte  man  Neujahr  von  dem 
Christfeste  an^  und  folglich  von  dem  2ö.  December,  theilweise  von 
dem  Feste  der  Beschneidung  Christi^  also  von  dem  1.  Januar.  Eine 
Differenz  konnte  sich  dabei  nur  für  die  Tage  ergeben^  welche  zwischen 
diesen  beiden  Terminen  in  der  Mitte  lagen.  Job  Bohrbach  versäumt 
darum  bei  den  Daten  dieses  Zeitabschnittes  nie  anzugeben,  wdcher 
Anfang  gemeint  ist;  er  sagt:  ^im  Jahr  1497,  das  Jahr  vom  Anfang 
des  Januars  beginnend ;  oder  am  30.  December  1502,  des  Jahres  An- 
fang von  dem  Geburtsfeste  gerechnet^^;  im  letztern  Falle  ist  also  das 
Jahr  1501  gemeint  ^^.  Das  Verwaltungsjahr  lief  ursprünglich  wie 
noch  im  sechzehnten  Jahrhundert  vom  1.  Mai  bis  zum  1.  Mai:  an 
diesem  Tage,  wenn  er  nicht  auf  einen  Sonntag  fiel,  wurden  die 
Bürgermeister  gewählt  und  die  Aemter  im  Begimente  neu  besetzt^. 
Die  RathsprotocoUe,  wie  die  Stadtrechnmigsbücher,  fangen  von  diesem 
Termin  an.  Es  war  die  Zeit  der  alten  germanischen  Maiversamm- 
lungen,  sowie  der  feierlichen  Gerichtssitzimgen,  die  man  Maigedinge 
nannte.  Auch  sonst  hatte  in  dem  Xieben  der  germanischen  Stämime 
dw  1.  Mai  eine  grosse  Bedeutung  Mit  ihm  b^innt  die  schöne 
Sommerzeit,  die  man  selbst  geradezu  Mai  nannte,  in  der  nicht  nur 
die  Natur  ziun  Leben  erwacht  und  sich  in  das  bunte  Festgewand 
der  Farben  kleidet,  sondern  auch  in  den  menschlichen  Herzen  Lust 
und  Liebe  sich  in  frischem  jungem  Triebe  regen.  In  vielen  symbo- 
lischen Gebräuchen  wurde  dies  ausgedrückt.  In  manchen  Gegenden 
wurde  am  Sonntage  Lätare  in  der  Mitfasten  der  winterliche 
Tod  ausgetragen,  oder  auch  der  Winter  verbrannt  und  der  Sommer 
singend  begrüsst.  Am  Anfang  des  Mai's  wurden  im  heidnischen 
Norden  hohe  Feste  gefeiert:  Gottheiten,  in  denen  sich  der  Sommer 
oder  der  Frühling  personificirte,  hielten  ihren  segnenden  Umzug. 
Am  1.  Mai  wurde  noch  bis  in  die  neuere  Zeit  in  England,  Frank- 
reich, Deutschland  imd  dem  scandinavischen  Norden  in  mancherlei 
Weise  der  Sommersanfang  begangen,  „der  Sommer  empfangen^^ ;  der 
Mai  wurde  festlich  eingeholt:  dahin  gehörte  das  Maireiteo,  die  Er- 
nennung der  Maigrafen  und  Aehnliches;  Mayen,  d.  h.  entweder  Mai- 
bäume, oder  Maibüsche,  Maizweige  und  Maisträusse  wurden  in  die 
Gemeinden  gebracht.  Die  Maibäume  wurden  theils  an  den  Haupt- 
platz des  Ortes,  vor  die  Kirche  oder  das  Bathhaus  gesetzt,  theils 
auch  in  grösserer  Anzahl  vor  andere  Häuser,  besonders  Solcher,  die 
man  auszeichnen  wollte,  gepflanzt;  die  Maibüsche  oder  Sträusse  hef* 


9»  §.  71  und  §.  17.  33.  97.  179. 
»6  §.  119  flg. 


^     83     — 

tete  man  vor  die  Thüren  der  Frauen  und  Jungfrauen  •^.  Die  letztere 
Sitte  bestand  in  Frankfurt  und  war  besonders  unter  den  Q-esellen 
der  Trinkstuben  üblich.  Diese  „steckten  Mayen  und  Briefe  den 
Jungfrauen  und  Frauen^^^  um  deren  Gunst  sie  sich  bewarben  und  denen 
sie  dadurch  ihre  Verehrung  bezeugen  wollten.  Die  Briefe  enthielten  ein 
Bild  mit  einer  Devise.  Lersner  erwähnt  einige  derselben :  am  1.  Mai 
1464  steckte  Adolf  Knoblauch  seiner  Verehrten  einen  Mayen  mit  der 
Devise :  „Und  ich^  wie  kann  ich  !^^  offenbar,  um  den  unwiderstehlichen 
Zauber  ihrer  Beize  anzudeuten;  dieser  Gedanke  war  in  dem  Bilde 
durch  einen  Mann  versinnliclit^  der  mit  einem  Siebe  Wasser  aus  einem 
Bache  zu  schöpfen  versuchte.  Hen  Knoblauch  fügte  zu  seinem  Mayen 
eine  Hand,  welche  ein  Gewicht  an.  einer  Schnur  in  einen  Brunnen 
hinabliess;  mit  der  Umschrift :  „Falscher  Grund  ist  mym  Herz  onkund^^  ^. 
Gegen  Ende  des  Mittelalters  fand  man  diesen  poetischen  Brauch  un- 
vereinbar mit  der  züchtigen  Sitte,  durch  die  man  die  Fröhlichkeit 
gemässigt  wissen  wollte;  Job  Rohrbach  erzählt:  »Anno.  14d5  prima 
maji  nee  postea  (am  I.  Mai  1495  und  später)  hat  man  keiner  Jung- 
franen  oder  Wittfrauen  oder  Frauen  uff  unser  Stoben  oder  derglichen 
May  noch  Brief  gesteckt  nach  alter  Gewohnheit^.  Aus  seinen  Be- 
merkungen zu  den  Jahren  1496  und  1497  ersehen  wir  überdies,  dass 
man  die  Mayen  nicht  nur  „vor  der  Jungfrauen  und  Frauen  Thor",  ' 
sondern  an  die  Hausthüren  selbst  gesteckt  hatte,  und  dass  „söliches 
geschehen  war  von  den  jungen  Gesellen^,  also  von  den  Unverheira- 
theten  ^.  Eines  andern  Gebrauches  gedenkt  er  zum  Jahre  1494.  Am 
Tage  des  Apostel  Bartholomäus  nämlich  legte  er  den  beiden  Mägden 
seiner  Mutter  das  Loos,  und  die  Köchin  Katharina  zog  sich  den 
Apostel  Matthias,  die  Hausmagd  Margaretha  den  Thomas  ^^^.  Der 
Zweck  dieses  Loosziehens  war  ohne  Zweifel  die  -Wahl  eines  Schutz* 
häligen.  Wie  sehr  überhaupt  selbst  gebildete  Männer  jener  Zeit 
zum  Superstitiösen  neigten,  zeigt  ein  Recept,  das  Job  Kohrbach  von 
dnem  Bürger  zu  Speyer,  Peter  Drach,  empfangen,  das  ihm  der  Pro- 
tonotar  des  Kammergerichts,  Johannes  Storch,  aus  eigener  Erfahruüg 
als  probat  empfohlen  und  er  in  seinen  Aufzeichnungen  gewissenhaffc 
eingetragen  hat.  Es  lautet!  „Wenn  man  brauchbares  Bauholz  haben 
und  dasselbe  vor  Schwamm  und  Fäulniss  bewahren  will,  so  darf  es  • 


97  Reinsberg-Düringsfeld,  das  festliche  Jahr.    Mai. 
»  Lersner  II,  I,  S04. 
w  §.  222—224. 
^w  §.  226. 

6» 


-     84     - 

nur  bei  abnehmendem  Monde  und  von  einem  solchen  geftllt  werden, 
der  an  diesem  Tage  und  der  vorhergegangenen  Nacht  mit  keinem 
Weibe,  auch  nicht  dem  seinigen,  Umgang  gepflogen  hat  Willst  du 
Steine  zum  Bau  deines  Hauses  setzen,  die  nicht  nässen  oder  aus- 
schwitzen, wie  es  leicht  im  Winter  und  sonst  zu  geschehen  pflegt,  so 
betrachte  genau  den  Steinbruch  und  lasse  an  der  Ostseite  desselben 
graben,  besonders  wenn  die  Steine  in  die  Wände  der  Stuben  gefügt 
werden  sollen.  Schlachtest  du  Schweine,  um  für  das  Haus  Speck 
und  im  ganzen  Jahre  Fleisch  zu  haben,  dann  thue  es  bei  abnehmen- 
dem Mond,  damit  der  Speck  und  das  Fett  nicht  so  reichlich  aus- 
fliesse,  wie  es  bisweilen  zu  geschehen  pflegt^  ^^. 

Im  Allgemeinen  herrschte  noch  Einfeu^hheit  der  Sitte  und  ehr- 
bare Zucht  Doch  fehlte  es  auch  nicht  an  mancherlei  Unfug  und 
Muthwillen.  Am  12.  November  1494  wurden  Nachts  in  der  Krämer- 
gasse —  so  nannte  man  die  Strasse,  die  von  St  Bartholomäi  nach 
dem  Samstagsberg  fuhrt,  den  heutigen  Markt  —  alle  Füsse,  d.  h. 
Hölzer,  welche  vor  den  Thüren  hingen  und  mit  welchen  die  Eintre- 
tenden zu  klopfen  pflegten,  damit  ihnen  aufgethan  werde,  abgerissen 
und  über  die  Mauern  auf  den  Kirchhof  der  Dominikaner  geworfen. 
Auch  wurden  einige  Fenster  der  Kirche  des  Predigerklosters  einge- 
worfen. Die  Urheber  dieses  nächtlichen  UnAigs  wurden  nicht  er- 
mittelt*®*. Doch  fehlte  es  auch  nicht  an  schwereren  Vergehen  und 
sie  werden  mit  der  ganzen  Härte,  wie  sie  der  damaligen  Rechtspflege 
eignete,  geahndet.  So  wurden  am  6.  April  1498  drei  Räuber  ver- 
brannt, die  ausser  anderen  Verbrechen  in  Dieburg  die  Monstranzen 
und  das  Gefass  mit  den  Hostien  gestohlen  —  einer  hatte  deren  sech- 
zehn, der  andere  weniger  verschlungen  -^  mehrere  Almosenstöcke  ge- 
plündert und  in  Frankfurt  bei  St  Peter  einen  Mann  getödtet,  andere 
beraubt  hatten.  Nach  Lersner  wurden  ihnen  Infuln  auf  das  Haupt 
gesetzt,  auf  welchen  ihre  Verbrechen  abgebildet  waren  *^.  Ein  An- 
derer wurde  am  1.  September  1497  gehenkt,  weil  er  einen  Kelch 
geraubt,  am  16.  September  1496  ein  Jude  verbrannt,  weil  er 
eine  Münze  beschnitten  hatte  *H  Hans  Drach  wurde  wegen  Unzucht 
an  einer  Ehefrau  und  ihrer  Schwiegermutter  am  7.  Januar  1497  ent> 
hauptet^<^.    Doch  pflegte  man  die  Hinrichtungen  von  Adeligen  der 


"  §.  227. 

02  §.  143. 

OS  §.  152.  Lersner  ü,  1,  688. 

0*  §.  161.  148. 

05  §.  150. 


-     86     — 

Oeffentlichkeit  zu  entziehen.  So  wurde  Einer  (Lersner  nennt  ihn 
Hans  Elogel  von  Babenberg);  der  wegen  Aufruhrs  (oder  wie  Lersner 
angiebt  wegen  seiner  Mithülfe  an  der  Ermordung  von  Moschel 
Henschin)  in  der  Messe  eingezogen  worden  war^  aus  Rücksicht  auf 
seine  Eltern  am  26.  September  1496  Nachts  beigeschlossenen  Thoren 
am  Maine  enthauptet  und  auf  dem  Kirchhof  zum  heiligen  Geist  be- 
graben ^^,  Bisweilen  entzog  indessen  das  Asylrecht  der  Kirchen  den 
Verbrecher  dem  Arm  der  strafenden  Gerechtigkeit  Als  Hames  Sohn . 
aus  Sachsenhausen  mit  einem  Schererknecht  mit  gewaltsamem  Ein- 
bruch in  das  Haus  zum  Ellenbogen  (A.  67)  bei  den  Predigern  bei 
Nacht' gedrungen  war  und  einen  daselbst  wohnenden  Bürger  mit 
seiner  Geliebten  misshandelt  hatte^  flüchtete  er  mit  Tagesanbruch  zu 
den  BarfÜssem^  sein  Helfershelfer  zu  den  Antonitem;  und  so  ent- 
kamen sie  beide  ^^'. 

« 

DasVerhältniss  zu  den  Dienstboten  war  noch  ein  patriarchalisches 
und  ungleich  enger  als  in  unseren  Tagen.  Sie  nahmen  an  allen 
Freuden  und  Leiden  Theil.  Job  Rohrbach  legt  der  Köchin  und  der 
Hausmagd  seinef  Mutter  die  Loose.  Er  ist  bemüht  ^  in  schwierigen 
Fällen  und  Verlegenheiten  ihnen  mit  Rath  und  That  zu  helfen.  Ihre 
Treue  wurde  durch  L^ate  belohnt.  Um  so  schwerer  wurde  Untreue 
geahndet  Die  Köchin  Karl  Hjnsberg's  wurde  wegen  Diebstahls  auf 
den  Katharinenthurm  gebracht^  und  weil  sie  nicht  gestehen  wollte^ 
dreimal  an  einem  Tage  mit  einem  Stricke  in  die  Höhe  gezogen  und 
ihre  Glieder  auseinander  gerenkt  Selbst  dem  harten  Sinne  der  Zeit 
muBBte  diese  Behandlung  anstössig  erscheinen.  Auf  die  Fürbitte 
zweier  Fürsten  und  dreier  Fürstinnen,  welche  auf  der  Reise  nach 
Aachen  durch  Frankfurt  kamen,  wird  sie  der  Stadt  verwiesen  ^^^. 

Auch  baulicher  Veränderungen  gedenkt  Job  in  seinen  Tage- 
büchern. Im  Jahre  1494  wird  der  Befestignngsthurm  bei  der  Mainzer- 
pforte bis  zum  Ge&ngnisB  abgebrochen,  neu  aufgebaut  und  mit  weisser 
Farbe  angestrichen.  Auf  Peter  und  Paul  im  Jahre  1494  schlug  der 
Blitz  in  den  Bockenheimer  Thurm,  schädigte  den  Thürmer  und 
dessen  Frau  und  verbrannte  das  Gebäude;  erst  1496  wurde  er  auf 
d^i  alten  Fundamente  neu  aufgeführt  Im  April  1495  wurde  der 
Bosszoll  auf  dem  Bossmarkt  erbaut ;  da  Job  die  Lage  des  Hauses 
„uff  dem  Bossmarkt  uff  dem  Hirczgraben"  angiebt;  so  kann  es  noch 
mchi  das  spätre  sein;  welches    auf  dem  Grund  des  heutigen  Zeh- 


^  §.  146.  Lersner  a.  a.  0.  687. 

107  §.  204. 

««  §.  147.  vgl.  §.  117. 


—    86    — 

mann'fichen  HauBes  neben  St  Maternns  stand.  1496  errichtete  der 
Bath  die  Meblwage  auf  der  Eschenheimer  Gasse  nahe  bei  der  Pforte 
und  führte  einen  neuen  Brunnen  auf  jener  auf,  wie  es  scheint,  den 
ersten  in  dieser  Gegend;  er  gab  dazu  nur  eine  Beisteuer,  das  übrige 
mussten  die  Nachbareh  zahlen.  Die  interessanteste  Mittheilung,  die 
wir  in  diesem  Funkte  erhalten,  ist  offenbar  die  folgende.:  „Anno 
1495  im  Monat  Junii  oder  kurz  zuvor  hat  der  Bath  die  Eürämen  von 
der  Weber*  Kaufhaus  an  bis  hervor  an  das  Eck  der  Barfüsser  lassen 
von  neuem  anfangen  uffzuschlagen  und  dieselbige  Gasse  weiterge- 
macht und  zugegeben,  also  dass  sie  von  denselbigen  Kramen  um 
fünf  Werkschuhe  weiter  ist,  denn  sie  vor  war  und  hat  man  zum 
ersten  feil  gehabt  in  denselbigeu' neuen  Kramen  in  der  Herbst- 
mess  Anno  95^^  Wir  ersehen  daraus  ganz  bestimmt,  wann  und  auf 
welchen  Anlass  der  Name  dieser  Strasse  entstanden  ist.  Da  die  öst- 
liche Seite  derselben  mit  Häusern  verbaut  war,  so  haben  wir  diese 
offenbar  beweglichen  Kramen  auf  der  Westseite  längs  der  Kirchhof* 
mauer  der  Barfüsser  zu  suchen.  Diese  muss  darum  um  ein  bedeu- 
tendes hinter  der  Linie  der  Strasse,  welche  durch  das  Kaufhaus  der 
Weber  und  die  aa  das  Braunfels  südlich  sich  anreihenden  Häuser 
bezeichnet  war,  zurückgetreten  sein.  Die  Kramen  standen  demnach 
an  der  Stelle  der  heutigen  Börse  *o*. 

Nach  diesen  Mittheilungen  über  die  allgemeineii  Lebensverhält- 
nisse der  alten  Beichsstadt  und  insbesondere  über  die  Sitten  und  das 
Treiben  der  höherea  Stände,  stellen  wir   noch  in  der  Kürze  zusam- 

•  men,  was  Job  Eohrbach  über  sein  eigenes  Leben  darin  in  der  Hand- 
schrift niedergelegt  hat.     lieber  den  Gang  seiner  Bildui^  erfahren 

.  wir  leider  gar  nichts;  nur  dass  er  die  ersten  Elemente  derselben  in 
der  Stiftsschule  zu  St.  Bartholomäi  empfangen  habe,  konnten  wir  ' 
aus  einer  kurzen  Notiz  seines  Vaters  Bernhard  entnehmen.  Dass  er 
später  eine  Hochschule  besucht  habe,  wird  nicht  gesagt  \'  vermuthen 
aber  dürfen  wir  es  aus  einer  Aufzeichnung,  welche  berichtet,  dass 
sich  Elgin  Bohrbächerin  die  Ausbildung  ihrer  Söhne  durch  Schulen 
und  Beisen  nicht  geringe  Summen  kosten  liess.  ,,Im  Jahre  1495, 
sagt  er  nämlich  ^^^y  am  12.  Tag  des  Monats  August  schenkte  unsere 
Mutter  nach  dem  Mittagsmahle  meinem  Bruder  Bernhard  und  mir 
alle  Kosten,  welche  wir  in  fremden  Ländern  und  im  Studiren  ange- 
wandt hatten,  und  ebenso  alle  Bücher,  und  zwar  mit  dem  Bedinge, 


109  Vrgl.  Bauten  und  Häuser  §.  156.  157.  154.  158.  156. 
"0  §.  22. 


-     87     - 

dass  nach  ihrem  Tode,  den  Gottes  Gnade  noch  lange  fern  halten 
möge,  diese  genannten  Ausgaben  und  Bücher  nicht  mit  in  die  Thei* 
iimg  fallen,  sondern  vorweg  abgezogen,  und  dann  erst  das  übrige  ' 
Vermögen  zu  gleichen  Theilen  vertheilt  werden  solle.  Zu  grösserer 
Gültigkeit  hat  sie  diese  Schenkung  mit  eigener  Hand/  in  das  Rechen- 
buch unseres  Vaters  eingeschrieben.^'  Diese  Vermuthung  wird  noch 
durch  eine  andere  Notiz  bestätigt.  £r  bemerkt  nämlich  ^^\  bis  zur 
Zeit  der  männlichen  Reife  und  der  Gegenwart  ihrer  abwesenden 
Söhne  habe  Elgin  Rohrbach  bei  der  von  ihrem  früh  verstorbenen 
Gatten  gestifteten  Procession  der  Minoriten  am  Exandison^tage  zwei 
Männer  substituirt,  welche  dea  das  Sabrament  tragenden  Priester  an 
ihrer  Statt  filhren  sollten :  demgemäss  sei  er  zum  erstenmale  im 
Jahre  .1494  in  die  Ausübung  dieses  Rechtes  eingetreten  ^  was  uns 
wohl  zu  dem  gesicherten  Schlüsse  berechtigt^  dass  ihn  bis  'dahin  nicht 
bloss  seine  Jugend  —  er  stand  im  Jahre  1494  im  2b.  Lebensjahre  — 
sondern  auch  seine  Entfernung  von  der.  Vaterstadt  daran  verhin- 
dert habe.  Von  jetzt  an  hat  er  hier  seinen  dauernden  Aufenthalt 
und  schwört  am  4.  Eebruar  1496  mit  Gilbrecht  Uolzhausen  und  Hans 
Frund  den  Bürger eid  ^i^.  Der  lateinisjchen  Sprache  war  Job  voll- 
kommen ftiächtig;  aber  jenes  verderbten  Lateins^  wie  wir  es  etwa  in 
den  epistolis  obscurorum  virorum  nachgeahmt  finden;  von  dem  Wieder- 
erwachen der  klassischen  Studien  giebt  seine  Schreibart  kein  Zeugniss. 
Er  bildet  die  Casus  der  Wörter  der  zweiten  Declination  öfter  nach  der 
vierten;  er  gebraucht  den  Indicativ,  wo  der  Conjunctiv  stehen  müsste; 
sein  Satzbau  entbehrt  die  gegliederte  Periodenbildung,  ist  überhaupt 
mehr  deutsch  als  römis^ch.  Was  er  eigentlich  studirt  hat,  wird  nicht 
angedeutet:  aus  den  Rechtsgeschäften,  die  er  seiner  Mutter  besorgt, 
sollte  man  fast  schliessen,  dass  es  die  Jurisprudenz  gewesen  wäre. 
In  seinen  früheren  Aufzeichnungen  deutet  nichts  auf  die  Bestimmung 
zum  geistlichen  Stande  und  Berufe:  was  er  uns  erzählt,  spricht  für 
das  Gegen theil.  Im  Jahre.  1494  nach  Ostern  schenkt  ihm  Johann 
Kropp  im  Hause  des  Johann  von  Melem,  wahrscheinlich  bei  einem 
fröhlichen  Gelage,  eine  halbe  Quart  Malvasier  mit  dem  Bedinge,  dass 
er,    sobald    er    sich     verheirathe,     eine     ganze     Quart     dagegen 


1^1  §.  190  and  191.  Man  beachte  die  Ansdrficke:  „post  mortem  patris  us- 
qae  ad  tempns  pubertatis  nostrae  et  praesen'tiae  mater  nostra  sabstitait 
dnos"  etc.  und  „sed  qnia  post  obitam  patres  omnes  nos  aetate  ad  eam  rem 
minores  eramus,  ao  etiam  cum  aetas  nos  ablitauit,  absentes  eramns 
ideoqne  mater  nostra  semper  dnos  .  .  .  nomine  nostro  elegit"  etc. 

"»  §.  12. 


—     88     — 

setze  ^13.  Am  19.  September  desselben  Jahres  erhält  er  von  seiner 
Mutter  einen  Brusthamisch^  nebst  einem  Koller;  eine  Armbrust  und 
eine  Eisenbrust '^^  nebst  einigen  Pfeilen  und  einem  Instrument,  um 
die  Armbrust  zu  spannen :  wie  Elgin  Bobrbacherin  überhaupt  ihre 
Gaben  stets  mit  einer  gewissen  Feierlichkeit  vor  Zeugen  zu  über- 
reichen pflegte,  so  geschah  es  auch  hier  in  Gegenwart  seiner  Schwester 
Martha  und  Gilbert  Holzhausen's  ^^^.  In  demselben  Jahre  kaufte  er 
sich  einen  eisernen  Streitkolben,  den  er  „Fusthanmier^  nennt  und 
ein  langes  Messer  mit  Scheide  ^^;  1495  wird  er  mit  einem  langen 
Degen  beschenkt  ^^^;  1496  mit  einem  zweischneidigen  D^en  von 
massiger  Länge  und  einem  weissen  gewundenen  Griff,  einer  Gabe 
des  Kanonikus  Ludwig  Truchsess  zu  Mainz  ^^^.  Degen  pflegten 
übrigens  noch  im  sechzehnten  Jahrhundert  die  Kleriker  zu  tragen  ^^'. 
Mit  besonderer  Vorliebe  verweilt  er  bei  der  Beschreibung  von  Klä- 
dungsstücken  und  deren  Anschaffiong.  Er  erzählt  uns,  dass  sein 
Grossvater  Heinrich  von  Engel  Fröschen  am  14  Mai  1466  eineHom- 
fessel  flir  145  Gulden  gekauft  und  flir  ihre  Reparatur  sieben  Gulden 
gegeben,  und  dass  dieselbe  von  seiner  Mutter  an  seine  Schwester 
Martha  durch  Schenkung  übergegangen  sei  ^.  Nach  Faust  von 
Afichaffenburg  war  dieser  Schmuck,  der  mit  einer  Air  jene  Zeit  so 
ungeheuren  Summe  bezahlt  wurde,  eine  Borde  von  der  Breite  einer 
Hand,  aus  Sammt  oder  Guldenstücken  gemacht,  die  an  der  einen 
Schulter  befestigt,  sich  über  die  Brust  bis  unter  den  andern  Arm 
hinschlang:  sie  war  überdies  mit  Perlen  und  blumigen  Federn,  mit 
Silber  und  vergoldeten  Schellen  reichlich  besetzt  und  ihr  Schall  wurde 
darum  weithin  vernommen;  daher  sagte  ein  noch  im  sechzehnten 
Jahrhundert  gewöhnliches  Sprüchwort:  „Wo  die  Herren  sein,  da 
klingeln  die  Schellen^^  ^^K  Auch  Job  liebte  eine  bunte  Kleidung.  Bald 


"3  §.  24. 

11*  „Unter  das  Wams'S  sagt  Elüber  a.  a.  0.  II.  105,  legte  man  noch  ein 
Bruststttck  von  Eisenblech,  das  statt  eines  Kttrasses  diente,  der  den  Körper 
undurchdringlich  machte.  Doch  hält  er  es  selbst  für  wahrscheinlicher ,  dass 
man  dieses  Bruststück  zwischen  das  Wams  und  den  PansKer  gelegt  habe. 
Wahrscheinlich  ist  dieses  die  Eisenbrust  Job's  gewesen. 

115  §.43. 

11«  §.  49. 

1"  §.  4. 

118  §.  54. 

119  Steitz:  Gnipius  Andronicus,  Archiv  für  Frankfurts  Geschichte  und 
Kunst.  Neue  Folge,  I,  195. 

im'  §.  2. 

121  Römer:  Wohlleben  der  Gesellsch.  Limburg  S.  26. 


—    89     — 

eracheint  er  in  schwarz  geerbtem  barchenten  Wams  und  rothen 
Hosen  y  bald  in  einem  nenen  leberfarben^i  Mantel,  mit  einem  neuen 
Gürtel  umgürtet  und  „einem  neuen  welsch  Säcklin^'  behängt  Eine 
besondere  Mannigfaltigkeit  muss  er  in  seiner  Kopfbedeckung  gesucht 
haben,  er  erwl^t  schwarze,  reihe  und  blutrothe  Hüte  und  Barrette 
in  allen  möglichen  Farben,  venetianische  und  andere.  In  jeder  Messe 
kauft  er  mehrere  beinerne  Kämme,  einmal  werden  ihm  deren  sechs 
zum  Geschenk  gemacht  ^^.  In  der  Fastenmess  1495  schenkt  ihm 
seine  Base  Cliura  ein  mit  Gold  und  einer  goldenen  wolkigen  Schnur 
gesticktes  Brusttuch,  seine  Base  Margaretha  ein  anderes  von  gelbem 
Sammt>^^.  Während  alle  diese  Anschaffungen  einen  unverkennbaren 
Zug  der  Eitelkeit  und  Prachtliebe  verrathen,  macht  es  dagegen  einen 
sehr  naiven  Eindruck,  wenn  er  vom  Jahre  1497  berichtet:  „am  10. 
April  hat  mir  min  liebe  Mutter  an  lassen  schneiden  zehn 
Ellen  schwarz  londisch  Tuch,  mit  Namen  fünf  Ellen  zu  einem  Bock 
und  4Vt  Ellen  zu  einem  Mantel  und  ein  halb  Elle  zu  einem  Zipfel,  uff 
das0,  ob  Jemands  stürbe  von  unsem  Versippten  und  Verwandten 
(davor  Gott  woU  mit  Seligkeit  einen  jeden  lang  gefristen),  dass  ich 
ftkrters  nit  dorf  Kleider,  als  vor  oft  geschehen  ist,  eatlehnen^'  ^^.  Bis 
zum  Jahre  1499  nimmt  er  an  dem  Treiben  auf  der  Trinkstube  un- 
befangen Antheil,  schiesst  er  auf  dem  Schiessplatze  und  lebt,  wie  ein 
anderer  junger  Mann  seines  Standes.  Als  am  1.  August  1496  Pfalz- 
graf Philipp  mit  sieben  Söhnen,  einer  Tochter  und  der  Tophter  des 
Herzogs  Georg  von  Bayern  eine  Zusammenkunfb  im  deutschen  Herren- 
haus mit  seiner  Schwiegermutter,  dem  Herzog  Johann  von  Sachsen, 
dessen  Bruder,  dem  Bischof  von  Magdeburg,  und  einigen  Fürstinnen 
veranstaltete,  wobei  mehrere  Tage  im  deutschen  Haus  und  hn  Trier- 
schen  Hof  festlich  geschmaust  und  getanzt  wurde,  hielt  Job  Bohr- 
bach mit  drei  andern  Bürgern  auf  Befehl  des  Bathes  eine  Nacht 
und  einen  Tag  auf  dem  jenseitigen  Brückenthurm  in  Waffen  die 
Ehrenwache  ^'^  Unter  seinen  Anschaffungen  werden  Bücher  selten 
erwähnt:  im  Jahre  1495  ein  formulare  advocatorum  und  ein  Gebet- 
büchlein im  kleinsten  Format,  zum  Ersatz  für  ein  anderes,  das  der 
Haushund  „Fürst^^  zerrissen  hatte  ^^.  Erst  von  dem  Jahre  1497  an 
werden  Wörterbücher,  Predigten  des  Bruders  Robert  Charocholi  über 


122  Vergl.  Ansohafitingen  und  Geschenke  Job  Rohrbach's.  §.  41  flg. 

«M  §.  49. 

*>♦  §.  58. 

w  §.  117.  118. 

"•  §.  50. 


-     90     - 

die  Sünäen  und  die  Heiligen^  Schriften  über  die  Deeretafien,  Gebet- 
bücher und  auch  ein  Mainzer  Brevier  aufgeführt  <^.  Von  jetzt  an 
gehen  auch  die  hellen  und  bunten  Farben  seiner  Kleidung  immer 
mehr  in  das  Dimkle  und  zuletzt  in  Schwarz  über  ^^.  In  dem  lebens- 
frohen Job  ist  eine  unverkennbare  Schwenkung  nach  dem  geistlichen 
Stande  eingetreten.  Diesen  Wendepunkt  scheint  gleichfalls  das 
Beichskammergericht  in  sein  Leben  gebracht  zu  haben.  Einer  der 
Procuratoren  desselben^  Dr.  Florentiüs  von  Veningen ;  trat  in  sehr 
nahe  Beziehungen  zum  Bohrbach'schen  Hause  ^^;  an  ihn  schloss 
sich  vorzugsweise  Job  an ;  die  religiöse  Richtung  des  Mannes 
sei:  eint  schon  dadurch  angedeutet,  dass  Job  auch  ihm  ein  Exemplar 
der  Sermonen  des  Robert  Charocholi  kauft  ^^.  Nach  der  Verl^ung 
des  Gerichtshofes  nach  Worms  begleiteten  ihn  am  30.  Mai  1497 
Jakob  NeuhauS;  Bernhard  und  Job  Rohrbach  bis  Höchst  ^^^;  aber 
schon  am  19.  Juni  begiebt  sich  der  letztere  zu  ihm  nacli  Worms  ^' 
und  scheint  dort  ununterbrochen  bis  zum  29.  März  des  folgenden 
Jahres  geblieben  zu  sein.  Am  zweiten  Christtag  tritt  er  mit  ihm 
eine  zwölftägige  Reise  nach  Speier  und  Landau  an,  wo  ihnen  übendl 
von  den  Spitzen  der  geistlichen  und  weltlichenBehörden  undAndem 
Gastmähler  und  Schmausereien  veranstaltet  wurden.  Am  Tage  Jo- 
hannis  des  Evangelisten  speisen  sie  mit  dem  ganzen  Klerus  der  Ka- 
thedrale von  Speier ;  den  ganzen  Tag  der  unschuldigen  Kindlein 
verbringen  sie  schmausend  bei  dem  Bischof  an  dessen  Hofe  *^'. 
Wir  werden  wohl  schwerlich  irren^  wenn  wir  annehmen,  dass  dieser 
dreivierteljährige  Aufenthalt  in  Worms  dazu  bestimmt  war^  ihm  die 
specielle  Appretur  zum  geistlichen  Stande  zu  geben.  Ln  April  und 
Juni  1498  finden  wir  ihn  öfter  in  Mainz,  Worms  und  Köln :  vielleicht 
suchte  er  irgend  ein  Pfründe*^. 

Bald  darauf  eröfinete  sieb  ihm  eine  solche  am  Bartholomäusstifte. 
Als  am  19.  August  1498  der  Scholaster  und  Canonikus  Johannes 
Sommer  gestorben  war,  ernannte  am  folgenden  Tage  das  Oapitel  den 
Canonikus  Eberhard  Becker  zum  Scholaster  und  Job  Rohrbach  ein- 


'"  §.  57.  60.  61. 
"8  §.  55  flg. 
«w  §.  28.  29. 
»30  §.  57. 
«31  §.  58. 
13«  §.  31. 
133  §.  33.  34. 
«♦  §.  85.  37. 


—     91     — 

gtiininig  sum  Gauozukufl.  Nur  der  Decan  Johannes  Greifenstein  war 
seiner  Wahl  entg^en.  Als  sich  Job  am  30.  Augast  im  Chore  im 
snperpellicium ,  dem  weissen  bis  zu  den  Ejiieen  herabreichenden 
Obergewand  mit  offenen  Aermeln,  das  alle  Kleriker  tragen ,  präsen- 
tirte,  und  dem  Decan  seine  Residenz  insinuirte;  damit  er  den  Tag 
anmerke,  antwortete  dieser:  Die  Insinuation  gelte,  soweit  sie  kann 
(valeat;  in  quantum  valere  potest) !  um  seinen  Vorbehalt  in  Beziehung 
auf  die  Rechtsgiltigkeit  der  Wahl  auszudrücken.  Als  demselben 
während  der  Vesper  Johannes  Ugelnheimer  im  Namen  des  neuen 
Canonikus  12  Albus  für  den  üblichen  Einstandswein  (den  vinum  ad- 
missionis)  überreichte,  versagte  er  die  Annahme :  „gebt  sie,  wem  ihr 
wollt;  ich  werde  diesen  nimmer  fUr  einen  Canonikus  halten/'  Hier- 
auf insinuirte  Job  seine  Residenz  dem  Scholaster  und  Cantor,  die  sie 
zu  notiren  versprachen.  Trotzdem  trug  er  bei  der  Procession  nach 
der  Michaelskapelle  am  2.  September  das  Bauchfass  und  hielt  bei 
dem  Amte  die  Patene.  Am  Micbaelstag  erschien  er  in  seinem 
eigenen  superpellicium ;  am  3.  October  erhielt  er  die  niederen  Weihen 
in  der  Kirche  des  Predigerordens  ^^,  Dies  hielt  ihn  indessen  nicht 
ab,  mit  anderen  jungen  Freunden  am  29.  October  auf  die. Hochzeit 
des  Dr.  Johann  von  Glauburg  den  Pfeifer  zu  bringen  und  dort  zu 
'tanzen  ^^.  Fichard  fand  dies  so  auffallend,  dass  er  in  seiner  Oe- 
schlechtergeschichte  daraus  schloss,  Job^  könne  damals  noch  nicht 
Canonikus  gewesen  sein;  allein  man  darf  das  Leben  des  Mittelalters 
nicht  nach  unserem  Maassstab  beurtheilen. 

DieBesidenz,  d.  h,  die  Pflicht  der  Kleriker,  sich  an  dem  Orte  ihres 
Amtes  persönlich  aufzuhalten,  erstreckte  sich  damals  meist  nur  auf  die 
ersten  sechs  Monate ;  erst  das  Concil  zu  Trient  hat  die  gelockerten  Bande 
der  Ordnung  wieder  straffer  angezogen  ^^'.  Sechs  Monate  nach 
seinem  Eintritte  am  15.  März  zeigte  daher  Job  dem  Kapitel  an,  dass 
seine  Besidenzpflicht  vollständig  erfüllt  sei  und  erbat  sich  nach  dem 
Vorgange  Andefer  Dispensation.  Da  erhob  sich  der  Decan  und  er- 
klärte: er  wolle  bei  diesem  Acte  nicht  zugegen  sein,  nicht  aus  Un- 
muth  gegen  den  Petenten,  der  ihm  darum  nicht  zürnen  dürfe;  er 
möge  sein  Verlangen  von  denen  sich  gewähren  lassen,    die  ihn  prä- 


«»  §.  62. 

<36  §.  257.    Fichard's  Bemerkung  beweist  wiederain,  dass  er  oBsere  Hand- 
schrift nicht  gekannt  hat. 

is*  Seas.  XXIV  de  .reform.  o.  XII:  Kein  Kleriker,  Canoniker  oder  Priben- 
dar  soll  Aber  drei  Monate  von  seiner  Kirche  entfomt  sein. 


-     92     - 

sentirt  hätten;  er  ftlr  seine  Person  wolle  iUr  jetzt  ihm  mcht  hinder- 
lich sein.  Damit  verliess  er  das  Capitel.  Die  übrigen  Capitularen 
und  der  Stadtpfarrer^  der  bekannte  Volksredner  Dr«  Conrad  Hensel^ 
erklärten  hierauf  die  Residenzpflicht  ihres  neuen  Gollegen  für  voll- 
ständig erledigt  und  gaben  ihm  Freiheit,  zugehen,  wohin  er  wolle  ^^. 
Wir  ersehen  daraus^  dass  auch  die  Canoniker  des  Bartholomäusstiftes 
nach  den  Gewohnheiten  desselben  nur  sechs  Monate  im  Jahre  verpflichtet 
waren,  hier  anwesend  zu  sein ;  nach  Ablauf  dieser  Zeit  konnten  sie 
ihren  Aufenthalt  wählen,  wo  sie  wollten,  und  auch  auswärts  die  Ein- 
künfte ihrer  Präbende  verzehren.  Ordentlicher  Weise  sollten  sie 
während  dieser  Zeit  keinen  Antheil  an  den  täglichen  Distributionen 
der  Präsenzen  haben  Es  war  daher  jedenfalls  rechtswidrig,  dass 
Cochläus,  der  nur  zwei  Jahre  Decan  am  Liebfrauenstifte  gewesen 
war,  als  ihm  der  Aufenthalt  in  der  Stadt  durch  seine  Angriffe  gegen 
Luther  verleidet  wude,  am  12.  December  1522  mit  Notar  und  Zeugen 
vor  dem  Capitel  erschien  und  nicht  nur  den  Fortbezug  seines  Decanatge- 
haltes  und  seiner  Präbende  als  Canoniker,  sondern  auch  der  täglichen 
Distributionen  verlangte,  „damit  er  anderswo  sicherer  leben  möcht^^ 
Das  Capitel  war  vollkommen  berechtigt,  gegen  diese  Forderung  zupro- 
testiren  ^^'.  Am  30.  März  1499,  am  Samstag  vor  Ostern,  erhielt  Job  die 
Subdiakonatsweihe  in  der  Kathedrale  zu  Mainz  und  las  in  Gegenwart  des  * 
Erzbischofs  Berthold  die  Epistel  beim  Hochamt  ^^.  Jetzt  erst  stimmte 
der  Decan  Greifenstein  seiner  Zulassung  zum  Capitel  zu  und  instal- 
lirte  ihn  am  5.  Mai  ^*K  Sein  bisheriger  Widerstand  kann  sich  daher 
nur  auf  die  herkömtnliche  Anschauung  gestützt  haben,  dass  ein  Laie 
nicht  Mitglied  des  Capitels  sein  dürfe,  und  dass  mindestens  der  Sub- 
diakonat  Bedingung  zur  rechtsgiltigen  Aufnahme  in  dasselbe  sei  ^^\ 
Die  zwölf  Canonikate  des  Bartholomäusstiftes  waren  nach  den  Namen 
der  Apostel  benannt;  Job  erhielt,  wie  er  selbst  sagt,  den  Canonikat 
des  Johannes  (es  ist  demnach  ein  Irrthum,  wenn  ihn  Fichard 
Wetteravia  132,  als  Canonikus  des  Jakobus  Zebedäi  aufführt);  am 
27.  December  1499,  dem  Tag  Johannes  des  Evangelisten,  an  welchem 


138  §.  63. 

139  M.  S.  Königstein  aaf  dem  Stadtarchiv  zu  dem  12.  Dec.  1522.  In  dem 
Auszüge  der  üffenbachischen  Manuscripte  auf  der  Stadtbibliothek  p.  80. 

*♦«  §.  64. 

!♦!  §.66. 

1^2  Dies  wurde  auch  durch  das  Tridentinam  a.  a.  0.  best&tigt:  Neminem 
etiam  deinceps  ad  dignitatem,  canonicatum  ant  portionem  recipiant,  nisi  qni 
eo  ordine  saoro  .  .  .  sit  initiatus,  qaem  illa  dignitas,  ant  canoni- 
catuB  ant  portio  requirit. 


—     93     — 

er  vor  dreiflsig  Jahren  geboren  war,  trug  er  zum  ersten  Male  das 
Almosen  vom  Chore  aus  und  erwies  sich  an  diesem  Tage  als  Cano- 
Ulkus  dieses  Apostels  <^.  Freilich  verknüpfte  sich  damit  nicht  sofort 
der  Entschluss,  auch  von  nun  an  sich  einer  apostolischen  Lebensweise 
zu  befleissigen:  er  lässt  sich  noch  im  Jahre  1500  von  Frauen  Kränze 
aufsetzen,  veranstaltet  ihnen  ein  Abendessen  und  setzt  den  Kranz 
wieder  einer  anderen  auf. 

So  nahte  fttr  ihn  die  Zeit  der  letzten  Weihen :  am  letzten  Februar 
1501,  am  Sonntage  Invocavit,  sclienkte  ihm  nach  dem  Mittagsmahle 
seine  Mutter  von  freien  Stücken,  ohne  Jemands  Angehen  oder  Drin- 
gen, mit  berathem  Muthe'^ein  grosses  Messbuch  in  rothem  Leder  ge- 
bunden und  geschmückt  mit  Feldern,  in  welchen  die  Wappen  seiner 
Abnen  väterlicher  Linie 'sich  befanden,  de&sgleichen  dne  Casula  d.h. 
ein  Messgewand  von  rothem  geblümtem  Sammt,  eine  Alba,  Stola, 
Humerale,  Manipulus  und  Cingulum  (es  sind  dies  die  leinenen  Ge- 
wänder, das  Schweisstuch  und  der  Gürtel,  welche  dem  Priester  unter 
Angabe  der  symbolischen  Bedeutung  bei  der  Weihe  gereicht  werden, 
und  die  er  in  der  Messe  trägt).  Diese  Schenkung  geschah  in  Gegen- 
wart der  Agnes,  der  Köchin  des  Hauses.  Unmittelbar  darauf  filgte 
Elgin  ein  kleines,  älteres  Messbuch  bei.  Nach  der  Vesper  setzte  sie 
ihren  älteren  Sohn  Bernhard  von  der  Schenkung  in  Kenntniss  und 
verehrte  ihm,  um  ihn  nicht  zu  verkürzen,  zwei  wahrscheinlich  künst- 
lich gearbeitete  Kasten.  Am  Abend  fand  ein  Familienessen  im  Hause 
Bernhards  statt,  bei  welchem  die  Mutter  öffentlich  ihre  Schenkung 
bekräftigte  *♦♦. 

Noch  besitzt  unsere  StadtbibUothek  das  Missale,  welches  Elgin 
Rohrbach  ihrem  Sohne  Job  geschenkt  hat.  E^s  ist  schön  auf  Perga- 
ment geschrieben,  hat  gemalte  Liitialen  und  323  Blätter  in  Folio. 
Es  befindet  sich  noch  in  der  Mitte  des  hinteren  Deckels  ein  Erzschild 
mit  dem  Itohrbachischen  Wappen  in  Belief:  zwei  Hände,  welche  die 
Glieder  einer  Kette  von  beiden  Seiten  her  umfasst  halten.  Vier 
Erzschilder  in  den  Ecken  tragen  je  zwei  in  der  Diagonale  von  der 
rechten  oberen  nach  der  linken  unteren  Ecke  das  Bohrbachische,  die 
beiden  anderen  das  Werstadtische  Wappen  (im  mittleren  Querbalken 
drei  Dreiecke,  im  oberen  Felde  zwei  aufrecht  stehende  Linien,  jede 
oben  nach  rechts,  unten  nach  links  mit  einer  kürzeren  Linie  im 
spitzen  Winkel  verbunden,  dieselbe  Figur  einmal  im  unteren  Felde). 


^  §.  66. 


-     9»     — 

Auf  der  vorderen  Decke  sind  die  kleinen  Eckschilder  dieselben,  da- 
gegen fehlt  das  grosse  Mittelschild,  welches  wahrscheinlich  das  Wer- 
stadtische  Wappen  darstellte.  Entweder  hatte  Heinrich  Rohrbach 
der  Aeltere,  Bernhards  Vater,  der  Gatte  Gudegins  von  Wer- 
stadt,  dasselbe  abschreiben  lassen,  oder  war  es.  eine  Gabe  seines 
kunstliebenden  Schwiegervaters  Ulrich  von  Werstadt,  der  es  ftü*  das 
junge  Ehepaar  bestimmt  hatte.  Am  14.  März  1465  schenkte  es 
Heinrich  Rohrbach  seinem  damals  neunzehn  Jahre  alten  ältesten 
Sohne  Bernhard  vor  zwei  Zeugen.  Die  Schenkungsurkunde  ist  Blatt 
321  eingetragen  und  lautet  also  : 

„Ich  Heinrich  rorbach  der  elter,  scheffen  zu  franckfurt,  be- 
„kennen  mit  ^eser  myner  ejgen  hantschri£Fl,  daz  ich  dies 
„myn  missale  von  eygem  willen  gegeben  han  mym  sone 
,)bemhart  rorbach,  vnd  han  zu  gezugenys  gebetten  die  ersa- 
^men  hern  niclas  maselhart,.  vicarium  zu  sant  bartholomens, 
„vnd  petrum  storczisen,  bacularium,  myn  scbriber,  daz  sie 
„hervnder  auch  in  hantschrifl;  geschriben  han  anno  domini 
„1465  ady  *^  14  marcij." 

„Et  ego  nicolaus  maselhart  de  omstat,  vicarius  ecclesie 
sancti  Bartholomei  protestor  propria  manu  ex  expeticione 
Domicellimei^^,  heinrici  Rorbachs  senioris,scabini  francken- 
fordensis,  superioribus  scriptis  sie  peractis  pro  vero  interfuisse 
teslimonio . 

„Et   ego    petrus   storczisen   superdictus   similiter   protestor 
manu  propria  me   expeticione  domicelli  mei  henrici  Ror* 
bachs  senioris  et  scabini  franckfurdensis  superioribus  scriptis 
sie  peractis  pro  vero  interfiiisse  testimonio.^ 
Folio  113  b  ist  das  Rohrbachische  und  Holzhausen'sche  Wappen  ein- 
gemalt, was  erst  nach  dieser  Schenkung,  nachdem  Bernhard  im  Sep- 


145  Ady  hier  n.  Bernh.  Familienchronik  §.  88.  90.  92  ebenso  in  Bernhards 
it&liänischer  Notiz  bei  Job  §«  7.  ist  aus  dem  Italiänischen :  a'  di  oder  addi  =  in 
Storno  entlehnt  und  dient  zur  Bezeichnuag  desMonatsdatums:  amTagedeBa.8.w. 

1^6  Schwieriger  is^  hier  der  Gebrauch  von  domicellns  za  erklären,  weil  da- 
durch der  ältere  Heinrich  Rohrbach  nicht  als  Rathsglied  der  2.  Bank  bezeichnet 
sein  kann,  denn  er  war  bereits  Schöffe;  noch  als  junger  Mann  von  vornehmer 
Geburt  (entsprechend  dem  dentschen  Junker),  denn  er  war  bereits  55  Jahre 
alt.  Wahrscheinlich  bedeutet  es  hier  nur  den  angesehenen  einflossreichenMaDn 
überhaupt  und  in  der  Verbindung  domioellus  mens  speciell  den  Gönner.  Auf 
solche  Bezeichnungen  zumeist  hat  Fichard  seine  hochgespannte  Anschauung  von 
der  Abkunft  und  dem  Range  der  Limburger  im  Mittelalter  basirt,  und  doch  ist 
domioellus  ein  so  weitschichtiges  und  vieldeutiges  Wort,  dass  es  sogar  den  Be- 
griff eines  vornehmeren  Dieners  ausdrücken  kann.    Vergl.  Du  Gange  s.  v. 


—     95     — 

temW  1466  Beine  Ehe  mit  El^n  Holzhausen  vollzogen  hatte,  ge- 
schehen sein  kann. 

Wir  kehren  zu  Job  zurück  und  begleiten  ihn  weiter  auf  seiner 
priesterlichen  Laufbahn.  Am  6.  März  1601,  am  Samstag  nach  Ascher- 
mittwoch, wurde  er  in.  der  Carmeliterkirche  zu  Mainz  zum  .Dia- 
konus geweiht,  las  darauf  das  Evangelium  undministrirte  dem  Weih- 
bischofe  beim  Hochamte  ^^^.  Da  er  am  6.  Juni  desselben  Jahres,  am 
Dreifaltigkeitsfeste  in  der  Bartholomäuskirche  seine  erste  Messe 
(Primiz)  sang,  so  muss  er  vorher  auch  die  Priesterweihe  eihpfangen 
haben,  deren  Ertheilung  er  nicht  angemerkt  hat  ^^. 

Wir  lesen  von  vielen  hiesigen  Patriciersöhnen,  dass  sie  Canoni- 
kate,  Cantorien,  Scholasterien  und  Decanate  ^^'  an  den  hiesigen  Stif- 
tern erlangten ;  nicht  selten  beklddeten  sie  mehrere  dieser  Aemter 
gleichzeitig  an  zwei  hiesigen  Stiften,  oder  hier  und  in  Mainz«  So 
wurde  Johann  vom  Rhein  im  Jahre  1499  Decan  von  St.  Leonhard 
und  hielt  am.  13.  October  seine  Primiz  an  dieser  Stiftskirche,  zu  der 
auch  Job  eingeladen  war  '^;  da  Primiz  stets  die  erste  Messe  bezeich- 
net, so  ersehen  wir,  dass  er  die  Priesterweihe  sich  erst  nach  seiner 
Wahl  zum  Decan  geben  Hess,  wesshalb  auch  sein  Name  in  dem 
grossen  Verzeichnisse  von  Ganonikern  zu  St  Leonhaid  bei  Lersner 
(II,  U,  185)  vor  dem  Jahre  1499  nicht  vorkommt.  Mit  seinem  De- 
canate verbindet  er  in  den  Jahren  1503  bis  1509  ein  Canonikat  an 
dem  Bartholomäusstifte.  So  lesen  wir  von  Nikiaus  Bücker,  dass  er 
nicht  nur  im  Jahre  1512^  Canonikus  am  hiesigen  Bartholomäusstifte 
geworden,  sondern  gleichzeitig  Decan  des  Stiftes  der  heiligen  Petrus 
und  Alexander  zu  Aschafienburg  gewesen  ist,  und  doch  war  er  nicht 
einmal  Priester,  denn  im  Jahre  1514  resignirte  er  zu  Gunsten  seines 
Bruders  Philipp  ]und  entsagte  noch  vor  der  Priesterweihe  dem  geist- 
lichen Stande.  Umgekehrt  ixat  Jobann  von  Rllckingen  erst  als  Witt- 
wer  in   den   geistlichen  <Stand    und   erhielt  1503  den   ceremoniellen 


1«  §.67. 

1«  §.  69. 

1^'  Den  hiesigen  Stiftern  stand  der  Probst  za  St.  Bartholom&i  vor,  der  als 
Archidiaconns  des  Niedgans,  zu  welchem  Fraskfurt  gehörte,  seine  Residenz  zn 
Mains  liatte.  Unmittelbar  warde  jedes  Stift  durch  seihen  Decan  geleitet ;  unter 
diesen  standen  zunächst  der  Soholaster  oder  Scholasticus ,  dem  die  Pflege 
der  kirchlichen  Wissenschaft,  und  der  Gantor,  dem  die  des  kirchlichen  Qe- 
sanges  oblag.  Diese  vier  waren  die  Prälaten  des  Stiftes ,  das  zwölf  Canoniker 
und  eine  grosse  Anzahl  von  Vicaren  hatte.  Ueber  andere  Aemter  vergl.  man 
Helfenstein,  Entwicklung  des  Schulwesens  io  Frankfurt. 

iw  §.208. 


-     96     - 

Besitz  derCantone  zu  St  Bartholomäi  ^*^.  Diese  Züge  denten  darauf 
hiu;  dass  die  geistlichen  Pfründen  von  hiesigen  Patriciem  als  Sine- 
kuren betrachtet  wurden^  in  deren  Besitze  wohl  die  Meisten^  wie  es 
Job  Bohrbach  that^  das  heitere  genussreiche  Leben  ihrer  Standesge- 
nossen in  allen  Züchten  fortsetzten  ^  die  Trinkstuben  besuchten  und 
mit  den  Frauen  ehrbaren  Scherz  und  Kurzweil  trieben.  Trotzdem 
war  Job  gewiss  im  Sinne  seiner  Zeit  ein  guter  katholischer  Christ; 
führte  mit  andächtiger  Devotion  den  das  Sacrament  tragenden  Priester 
am  Exaudisonntage  und  besuchte  mit  seiner  Mutter  das  heilige  Kreuz 
vor  den  Mauern  von  Mainz^  um  ihm  seine  Verehrung  zu  erweisen  ***. 
Wir  wenden  uns  zu  den  übrigen  Gliedern  deö  Geschlechtes. 
Noch  Mancher  derselben  ward  in  den  Bath  gewählt  und  hat 
dem  Gemeinwesen  nach  dem  Vorbilde  der  Vorfahren  gedient.  £s 
war  zunächst  Karl  Hjnsberg  vorbehalten  ^  den  Glanz  dieser 
Stellung  und  ihres  Einflusses  über  die  Familie  seiner  Frau 
zu  verbreiten.  Schon  vor  seiaer  Verehelichung  mit  Martha  Bohr- 
bach war  er  1487  Bathsglied  und  1492  Schöffe  geworden. 
Am  ersten  Mai  1498  wurde  er  als  solcher  zum  älteren  ^  Michael 
Schwarzenberger  als  domicellus  zum  jüngeren  Bürgermeister  gewählt. 
Sein  Amtsjahr  ist  durch  ein  für  Frankfurt  sehr  wichtiges  und  ein- 
greifendes Ereigniss  merkwürdig  geworden,  ab  dessen  Urheber  die 
öffentliche  Meinung  ihn  damals  bezeichnete.  Da  Job  aus  nahe  lie- 
genden Gründen  darüber  schweigt,  so  müssen  wir  unsere  Naclirich- 
ten  aus  einer  anderen  Quelle,  dem  mehrfach  erwähnten  Scburgischen 
*  Manuscrij>te,  schöpfen.  Die  zweite  Hälfte  des  15.  Jahrhunderts  ist 
unheilvoll  für  die  Juden  in  Deutschland  gewesen  ;  nicht  bloss  der 
Clerus  und  das  Volk,  sondern  zum  Theil  auch  die  Magistrate  und  die 
Fürsten  nahmen  wider  sie  Farthei  und  vereinigten  sich  zu  ihrer 
Unterdrückung :  fanatische  Frediger  wie  der  bekannte  Minoritenpater 
Johannes  von  Capistrano  gössen  das.Oel  ihrer  wilden  Beredsamkeit 
in  diese  Flammen.  In  Breslau  wurden  die  Juden  1453  eingekerkert, 
gefoltert,  ihrer  Güter  beraubt  und  nach  blutigen  Hinrichtungen  Ein- 
zelner in  Masse  der  Stadt  verwiesen,  weil  man  sie  beschuldigte,  ge- 
stohlene Hostien  gekauft  und  an  ihnen  durch  Stiche  und  Buthen- 
streiche  ihren  Hass  gegen  Christum  gekühlt  zu  haben,  andere  schle- 
sische  Städte  folgten  diesem  Vorgange,  dem  König  Ladialaus  selbst 


151  Fichard  Wetteravia  S.  Id4.  110.  Philipp  Hell  gen.  Pfeffer,  der  Sohn  des 
Mainzer  Kanzlers  vereinigte  in  sich  die  Stellen  eines  Canonüraszu  SlBartholo- 
mfiuB  und  eines  Präbendarins  zu  Aschaffenborg  §.  206  iu  207. 

IM  §.  30. 


—     97     — 

i 

seine  Billigung  schenkte^  1453  setzte  ihnen  Bischof  Gottfried  von 
Wtirzburg  Frist^  binnen  deren  sie  sein  Stift  geräumt  haben  müssten: 
1484  vertrieb  Hans  von  Glogau  die  Juden  seiner  Stadt^  weil  er  in 
ihnen  „einen  Schaden  des  gemeinen  Nutz^iB  und  ein  Verderbniss 
armer  Leute"  erblickte.*'^.  Dieses  Beispiel  ging  für  Nürnberg  nicht 
verloren.  Auf  Ansuchen  des  Bathes  gebot  am  5.  Juli  1498  König 
Maximilian  I.  den  dortigen  Juden'  auf  Zeit  und  Ziel;  die  ihnen  der 
Rath  setzen: werdC;  mit  ihrer  fahrenden  Habe  aus  der  Stadt  zu  ziehen; 
dem  Schultheise  aber  befahl  er  Häuser  ^  Synagoge  und  liegende 
Ghlter  der  Juden  ^  so  wie  ihren  Leichenhof;  als  königliche  Güter  in 
seinem  Namen  einzuziehen.  Motivirt  wird  diese  Massregel  in  einem 
Schreiben  an  denBath  damit;  „weil  die  Judenschaft  über  die  Anzahl;  auf 
welche  die  Stadt  gefreit  worden  sei,  sich  bedeutend  vermehrt,  weil  die 
Bürger  durch  deren  wucherliche  Händel  und  betrügliche  Verschreibun- 
gen  in  Schulden  gerathen  seien;  und  wenn  hierin  keine  Aenderung 
eintrete;  noch  mehr  herabkommen  würden;  endlich  weil  mehrere 
Personen  in  ihrer  Bosheit  von  den  Juden  bestärkt  und  dadurch  Dieb- 
stahle und  andere  böse  Händel  veranlasst  worden  seien"  ^**.  Mögen 
auch  die  Juden  allerdings  durch  ungeheure  Wucherzinsen  eine  Plage 
für  den  bedrängten  Büj;ger  geworden  sein  und  augenblickliche  Ver- 
legenheiten nur  allzuoft  zu  seinem  völligen  Ruin  benützt  haben  — 
mit  ihrer  Austreibung  musste  sich  zugleich  ein  Quell  rascher  Hülf- 
leistung verschliesseu;  der  sonst  offen  stand.  Um  dahier  dem  armen 
Handwerksmann  die  Möglichkeit  zu  sichern;  gegen  billigen  Zins  auf 
Pfand;  Bürgschaft  und  Versicherung  jeder  Zeit  Darlehen  zu  erhalten; 
privilegirte  Maximilian  die  Stadt  Nürnberg  zur  Errichtung  von 
Wechselbänken  ^^^,  In  demselben  Jahre  erfolgte  die  Austreibung  aus 
der  Reichsstadt  Nördlingen.  Als  Thatsache  wird  nun  berichtet;  dass 
die  Reicheren  dieser  aus  Nürnberg  Vertriebenen  sich  1498  nach  Frank- 
furt wandten;  dass  sogar  die  grosse  Synagoge  ftlr  Deutschland;  deren 
Sitz  irüher  Nürnberg  war,  hierher  verlegt  und  dass  die  Zahl  der 
Juden  in  hiesiger  Stadt  gegen  früher  ungemein  vermehrt  wurda  Der 
Glerus  und  die  Bürger  aber;  welche  diesen  Zuwachs  bei  der  vorhan- 
denen Abneigung   nur   mit    Missgunst    wahrnahmen;    wollten  sogar 


»3  VergL  die  interessante  Schrift:    Schlesische  Urkanden  zur  Gesehichte 
der  Jaden  im  Mittelalter  von  Dr.  L.  Oelsner.    Wien  1864.  S.^dö  flg.    In  Be- 
treff Wttrzburgs  auch  Wiener,  Keßesten  zur  Gresohichte  der  Jaden  in  Deatschl. 
während  des  Mittelalters.  1862*    g.  201* 
'     IM  Wiener  a.  a.  0.    S.  208. 

i's  Wiener  ebendas.    Oelsner  S.  9. 

7 


—     98     — 

wiBseii;  dasB  aDgesehene  Senatsglieder  nach  ihnen  Boten  gesandt  und 
sie  förmlich  zur  Uebersiedlung  nach  Frankfurt  aufgefordert,  ja  man 
bezichtigte  geradezu  den  jungten  Bürgermeister  Karl  Hynsberg,  dass 
er  unter  Begünstigung  und  Beistand  von  Seiten  des  Hans  vom  B<heine^ 
eines  der  ältesten  Schöffen,  dies  heimlich  in  das  Werk  gesetzt  habe. 
Diese  Anklagen  des  Volksmundes  müssen  doch  mehr  als  blosses 
Gerücht  gewesen  sein:  wenigstens  trat  der  Stadtpfarrer  Dr.  Conrad 
Hensel  öffentlich  gegen  die  beiden  Schöffen  auf  und  strafte  sie  von 
der  Kanzel  mit  eisier  donnernden  Philippica;  er  wurde  deshalb  von 
ihnen  bei  dem  Kapitel  belangt,  wahrscheinlich  ohne  Erfolg  ^^. 


<56  M.  S.  Schurg  p.  233  seq.:  „Anno  1498  favore  et  licentia  Maximiliani 
regia  RomanoruiQ  Norimbergenses  expulerunt  Judaeos,  ex  his  ditiores  Jadaei, 
ibidem  expulsi,  venerant  Francofartum  et  Francofurti  facta  est  depost  maior 
Synagoga  in  tota  Alemannia,  quae  prins  fdit  Norimbergae.  Ck)llegenint  sie 
Francofiirtum  plures  Judaeos,  quam  pHns  habaerant,  dicebatur,  quod  maiores 
ex  senatu  Francofurtensi  miaissent  nundios  ad  Judaeos  expulsos  veniendi  ad  se. 
Nota:  Consales  tum  temporis  Francofurti  fuernnt  GaroluB  Hinßbergk  et  Michael 
Schwartzenbcrger.  Dicebatur,  quod  dictus  Carolus  Hinßbergk  hoc  eubordi- 
naverit  cum  favore  et  adiutorio  D.  Joannis  vom  Rhein  senioris,  Scabini.  Nota 
bene:  Plebanus  dominus  doctor  Conrad  Hensel  concionatns  fnit  publice  contra 
praedictos  duoe,  videlicet  Joannem.  vom  Rhein  et  Carolnm,  qnare  oonquereban- 
tur  coram  Capitulo.  Eodem  anno  ex  civitate  Nortlingensi  expulsi  sunt**  Es 
ist  demnach  unrichtig,  wenn  Kirchner  I,  453  meint,  neben  Karl  von  Hinsberg 
sei  der  älteste  Schöffe  Schwarzenberger  Urheber  des  Planes  gewesen.  Michael 
Schwarzenberger  war  damals  flberdies  nicht  Schöffe,  sondern  domioellns ,  sonst 
h&tte  er  nicht  jüngerer  Btlrgermeister  sein  k6nnen.  üeber  Conrad  Heasel's 
Tod  hat  das  M.  S.  Schurg  S.  198  die  Notiz :  „Anno  1505  quarta  ante  domioicam 
Palmarum  vitam  cum  morte  commutavit  dominus  Conradus  Hensel  de  Cassel  in 
Hassia,  sacrae  Theologiae  Doctor  et  parochus  ecclesiae  S.  Bartfaolomael." 
Lersner  sagt  von  ihm  II,  A.  205:  „Da  er  verlangte,  man  sollte  ihm  alle  Glocken 
läuten,  giebt  er  gegen  Abend  unter  dem  Läuten  seinen  Geist  auf;  er  ist  ein 
rechter  Prophet  seines  Vaterlandes  gewesen  und  hat  viele  bevorstehende  Ge- 
fahren geweissagt,  mit  ihm  sind  alle  Ztlnfte  zur  Leiche  gegangen,  so  sonsten 
niemals  geschehen."  Se^  dem  Anfange  des  vorigen  Jahrhunderts  ist  Conrad 
Hensel  unter  die  Vorläufer  der  Reformation  gerechnet -worden.  Namentlich 
Veiss  es  der  Pfarrer  Dieffenbach  dahier  in  seinem  „bekehrten  Juden*' S.  117.  Anm. 
zu  rühmen,  er  habe  mit  seinen  christeifrigen  Predigten  die  Gemüther  in  Frank- 
furt zur  nachmaligen  willigen  Aufnahme  des  Evangeliums  disponirt  und  er- 
bietet sich  dafür  den  urkundlichen  Beweis  beizubringen.  Diese  Urkunden  sind 
ohne  Zweifel  die  Au&eichnungen  des  Decan  zu  St.  Bartholomaei  Job.  Latomus, 
welcher  selbst  von  glaubwürdigen  Leuten  gehört  haben  will,  Conrad  Hensel 
habe  viel  Widriges,  was  hiesiger  Stadt  und  der  Pfaffheit  begegnen  würde, 
vorausgesagt.  In  welchem  Sinne  er  dies  gethan,  ersieht  man  ans  den  Aeusse- 
ruogen,  die  ihm  Latomus  in  den  Mund  legt :  „von  dem  Stuhle,  auf  welchem  ich 
jetzt  stehe,  werden  Ketzer  predigen,  hier,  hier  werden  sie  stehen  in  grauen 
Röcken,  glaubet  ihnen  nicht!"  (vergl.  Ritter  ev.  Denkmal  p.  14).     Abge- 


—     99     — 

Nach  Ablauf  seinee  Amtsjahres  unternahm  Karl  Hynsberg  in 
städtischen  Geschäften  am  3.  Mai  1499  eine  Beise  nach  der  schwä- 
bischen Rdchsstadt  Ueberlingen  am  Bodensee.  Mehrere  seiner  Ver- 
wandten und  Freunde^  unter  ihnen  Job;  gaben  ihm  zu  Pferde  das 
Geleite  bis  ssum  Hirschsprung.  Pie  Fri^ueU;  nämlich  seine  Mutter 
und  seine  Gattin ;  Elgin  Eohrbach  und  Michael  Schwärzenberger's 
Ehefrau  geleiteten  ihn  im  Wagen  **^.  UebeAaupt  bildete  der  Hirsch- 
sprung/ der  im  Walde  durch  zwei  Steinsäulen  bezeichnet  war^  die 
Grenze ;  bis  zu  welcher  man  die  nach  Süden  Beisenden  geleitete: 
hier  hatten  auch  drei  Jahre  früher  Karl  Hynsberg^  Gilbrecht.  Holz- 
haiiseh  und  Job  von  Bernhard  Bohrbach .  :als  dieser  seine  zweite 
Bomfahrt  antrat^  Abschied  genommen  ^^. 

Im  folgenden  Jahre  wurde  Karl  Hynsberg  durch  den  am  16. 
December  1500  erfolgten  Tod  seiner  Mutter  Guttgin  Heringen  Erbe 
des  Ftirstenecks  und  wurde  nun  nach  der  Sitte  der  Zeit  j^Karl  Hyns- 
berg zum  Fürsteneck^  genannt.  Charakteristisch  ist^  dass  Job  be-. 
merkt;  sie  habe  zwei  Söhne  Wigand  und  Karl  hinterlassen  ^^,  während 
er  doch  selbst  ^^  noch  einen  dritten  Sohn  Johann  aufftOirt^  der  nach 
Fichard  erst  1504  gestorben  ist  Der  Grand  liegt  darin^  dass  dieser  in 
Wahnsinn  verfallen  war.  Job  erzählt***:  „Im Jahre  1497 am 5. März, 
dem  Sonntag  Lätare  erhielt  Johann  Hynsberg  nach  einem  Zank  und 
Ungebührlichkeiten/  die  er  im  Hause  sich  erlaubt  hatte,  zu  Hause 
mit  vollem  Bechte  Ohrfeigen,  hierauf  wurdfe  er  nach  der  Vesper  auf 
dem  Markt  vor  dem  Bömer  ergriffen  und  öffentlich  durch  die  Diener 
des  Bathes  in  dfts  G^efängniss  zum  heiligen  Geistfhospitale]  gebracht. 
Am  sechsten  Mai  desselben  Jahres  wurde  er  aus  demGef^gniss  be- 
freit und  entlassen^  Hierauf  wird  er  im  Januar  des  folgenden  Jahres 
wieder  im  Geflüigniss  eingesperrt,  worin  er  noch  jetzt  sitzt^^      Diese 


sehen  davon,  dass  Jo&.LatomTiB,  der  von  1661  hier  Costos,  von  1661-^98  Deohant 
war,  doch  den  Ereignissen  zu  ferne  stand,  als  dsas  er  aus  mfindlicher  Ueber-, 
Ueferang  mehr  als  Sagen  beriehten  konnte,  so  beweist  auch  das,  was  er  mit- 
theilt, mehr  gegen,  als  für  den  reformatorischen  Sinn  Conrad  Hensel's,  und  be- 
zengt,  dass  er  die  grosse  kirchliche  Umwälzung  des  XVI.  Jahrhand erts,  wenn 
er  «ie  erlebt  hätte,  mehr  ftlr  ein  Unheil,  als  für  ein  Glflck,  gehalten  haben 
würde. 

«»  §,84. 
IM  §.  8. 
«»  §.  86. 
IM  §.80. 
«i  §.  85. 

7* 


—     100     — 

Darstellung  macht  den  Eindruck,  als  ob  der  Wahnsinnsanfall  am 
5.  März  1497  der  erste  gewesen  sei ;  es  scheint  daher  auf  einem  Irr- 
thum  zu  beruhen,  wenn  Fichard  in  der  Geschlechtergeschichte  ***  dieses 
Ereigniss  schon  in  den  Anfang  der  80er  Jahre  und  die  Erledigung 
Johann  Hjnsberg's  aus  dem  Kerker  in  das  Jahr  1488  verlegt.  Mit 
Jobs  Bericht  stimmt  auch,  dass  nach  Fichard  1498  Guttgin  Hynsberg 
ihren  geisteskranken  Sohn  in  das  Hospital  zum  heiligen  Geist  ein- 
kaufte und  dass  ihm  Vormünder  gesetzt  wurden.  Er  war  nun  für 
die  Welt  und  seine  xFamilie  bereits  lebend  abgestorben. 

Im  Jahre  1501  am  14.  Januar  Abends  nach  vier  Uhr  gab  Job 
Bohrbach  seinen  älteren  Bruder  Bernhard  (dieser  war  damals  vier- 
unddreissig  Jahre  alt)  und  Ursula,  die  Tochter  Johannes  von  Moln- 
heim  oder  Melem,  die  nachgelassene  Wittwe  Walther  Sehwarzen- 
berg's,  im  Hause  der  Braut,  es  hiess  Eisfeld  (Bucbgasse  J.204)^  und 
im  Kreise  der  beiderseitigen  Verwandten  ehelich  zusanunen.  An 
demselben  Tage  waren  die  Urkunden  der  Ausstattung,  die  instru- 
menta dotalia,  besiegelt  worden.  Am  6.  Februar  fand  die  kirchliche 
Bestätigung  der  Ehe,  am  10.  Februar  das  Beilager,  am  11.  die  Hoch- 
zeit statt.  Sein  Bruder  Conrad  weilte  noch  seit  der  Bückkehr  aus 
Italien  in  den  Niederlanden,  in  Antwerpen  ^**. 

#  

Es  war  der  letzte  Freudenschimmer,  der  um  diese  Zeit  über  dem 
Wixhauser  Hofe  aufging.  Am  19.  December,  am  vierten  Advents- 
sonntage des  Jahres  1500  verschied  Elgin  Bohrbächerin  mit  dem 
letzten  Glockenschlag  der  Mitternacht  ^^.  Job  fühlte  sich  von  der 
Krankheit  seiner  ^einzigen  und  gütigsten  Mutter^^  so  tief  erschüttert, 
dass  er  bald  darauf  einen  stechenden  Schmerz  in  der  linken  Seite 
empfand.  Der  Sitte  der  Zeit  gemäss  suchte  er  sich  durch  einen 
Aderlass  am  Fusse  zwischen  der  grossen  und  zweiten  Zehe  zu  helfen; 
er  nennt  es  seine  erste  Blutentziehung;  ein  Glauburger  fügt  1636 
hinzu :  „es  war  auch  die  letzte,  wie  ja  bei  der  Aenderung  der  Natur 
in  dem  fortgeschrittenen  Alter  Jeden  grosse  Gefahren  zu.  umschweben 
pflegen;  dieser  Job  starb  am  15.  Mai  1502"  ***.  Er  stand  im  drei- 
unddreissigsten  Jahre  und  war  nur  ein  Jahr  Priester  gewesen. 
Lersner  bemerkt  *** :  „1504  (1.  1602)  stiftet  Job  Rohrbach  in  das  St. 
Bartholomäislift   einen  ganzen  Ornat   uff  den  hohen   Altar  ^  ist   ein 


*«»  Familie  Hynsberg. 

^«3   §.   10. 

!«♦  §.  70. 
'«*  §.  71. 
tf«  II,  202  flg. 


—    toi    — 

gülden  Stück  in  grün  mit  seiner  Zugehör  und  einen  Bartholomäum 
mit  Ferien  künstlich  gestickt^  item  noch  einen  ganzen  Ornat  zu  dem 
hohen  Altar^  ist  auch  ein  gülden  Stück  in  weiss  mit  allem  Zugehör; 
item  ein  roth  und  ein  schwarz  sammet  Messgewand;  item  ein  Mess- 
buch,  beschlagen  und  inwendig  figuriret  mitKohrbach's  Wappen^  item 
einen  Kelch^  wieget  zwei  Mark  Silber  und  12^/s  Loth^  verguldet,  item 
zwei  silberne  Messkannen;  wiegen  zwei  Mark  2V2  Loth^'^  und  noqh 
andere  Sachen  mehr.  Nach  Fichard  vermachte  er  dem  Stifte  ausser- 
dem  500;  seiner  Magd  Agnes  100;  seinem  Knechte  Martin  40  Guldeu; 
seinen  Brüdern  Bernhard  und  Conrad  das  HauS;  ,,da  er;  Job;  inne 
gesessen;  der  Wixkauser  Hof  genannt^^  Seine  Schwester  Martha  be- 
dachte er  nach  Fichard  nur  mit  einem  überguldeten  Kopf  (Kelch). 
Im  Jahr  1504  reyersirte  sich  das  Stift  über  den  Empfang  sämmtUcher 
Vermächtnisse.  .  Conrad;  sein  jüngster  Bruder;  scheint  schwächlich 
gewesen  zu  seiu;  da  er  schon  im  Jahre  1502;  in  seinem  einundzwan- 
zigsten JahrO;  seine  letztwillige  Verfügung  traf;  er  starb  1510  unver- 
heirathet.  In  seinem  Testamente  wird  die  Schwester  Afra  im  Weid«- 
finauenkloster  zum  letzten  Male  erwähnt  Karl  Hynsberg  war  dreimal 
y^heirathet  gewesen;  in  erster  Ehe  1485  mit  Elgin  Weiss  von  Lim- 
burg; in  zweiter  1490  mit  Agnes  NeuhanS;  in  dritter  1495  mit  Martha 
Rohrbach ;  nur  die  erste  Ehe  war  kinderlos ;  aus  der  zweiten  stammte 
Ulrich;  der  Stammhalter  des  Geschlechts  und  eine  Tochter  Margaretha. 
Martha  Bohrbach  starb  1514;  von  ihren  fünf  Kindern  überlebte  sie 
nur  Ortwiu;  d^  Geistlicher  wurde  (was  ich  zur  Berichtigung  einer 
ungenauen  Angabe  im  Archive  unseres  Vereins;  Neue  Folge  U.  415 
bemerke).  Bernhard  folgte  seiner  Schwester  Martha  schon  im  fol- 
genden Jahre  am  21.  November ;  er  erreichte  unter  seinen  ftämmt- 
lichen  Geschwistern  allein  das  Alter  von  48  Jahren.  Auch  pflanzte 
er  allein  mit  seiner  Gattin  Ursula  Melem  das  Bohrbach'sche  Geschlecht 
fort  Er  war  1510  in  den  Bath  gekommen  und  1511  Schöffe  ge- 
worden. Seine  Gemahlin  überlebte  lihn  um  mehrere  Jahre.  Beach- 
tenswerth  ist  ihr  am  22.  März  1524  errichtetes  Testament;  weil  es 
durch  die  darin  angeordnete  Stiftung  von  Seelenmessen  noch  den 
gut  katholischen  Glauben  in  der  ^sten  Sturm-  und  Drangperiode  der 
reformatorischen  Bewegung  verräth. 

So  harmlos  lebte  man  noch  unter  den  grossen  Erschütterungen 
der  Zeit  dahin  und  so  fest  schien;  bei  aller  TheilnahmO;  die  man  ihnen 
widmete;  das  Alte  begründet;  dass  man  den  grossen  Umschwung 
nicht  ahnetO;  den  schon  die  nächsten  Jahre  in  alle  bestehenden  Ver- 
hältnisse bringen  sollten.  Und  doch  haben  wir  unS;  wie  schon  ange- 
deutet wurde ;  mit  dieser  Darstellung  in  einem  Kreise  bewegt;    aus 


-     102     — 

welchem  die  Beformation  in  Frankfbrt  herrorgegangen  ist;  jene 
heitere;  gesellige  Katharina  Holzhausen  zum  Spangenberg  war  es^ 
die  am  14.  April  1521  den  kühnen  Mönch  auf  seiner  Reise  nach 
Worms  mit  zrwei  Maas  Malvasier  erquickt  und  ihm  die  Hände  ge- 
küBst  hat;  die  sich  erinnerte,  von  ihren  Eltern  vernommen  zu  haben^ 
es  werde  Einer  erstehen ,  der  den  Immunitäten  des  Papstes  wider- 
sprechen werde ;  und  deren  heisser  Wunsch  es  war^  Bruder  Martin 
möge  der  Geweissagte  sein ;  Haman  Holzhausen  ist  der  thätigste  Be- 
förderer der  Beformation  geworden  und  auch  die  jüngeren  Rohrbache 
wandten  sich  später  dem  neuen  Glauben  zu.  Wie  HoUea  wir  es  be- 
greifen,  dass  keine  Aeusserung  Jobs  uns  etwas  errathen  lässt,  was 
dieser  reformatorischen  Stimmung  günstig  erscheint  und  für  sie 
Zeugniss  giebt?  Ich  glaube,  man  geht  zu  weit,  wenn  man  schon  damals 
eine  bestimmte  Form  positiver  evangelischer  Ueberzeugung 
bei  diesen  Personen  und  in  ihren  Kreisen  voraussetzt.  Alle  waren 
gut  katholisch  gesinnt  und  überzeugt;  aber  daraus  folgt  nicht,  dass 
man  auch  mit  den  Ansprüchen  der  Hierarchie  und  des  Clerus  sich 
einverstanden  fühlte :  je  mehr  man  sich  in  frommer  Unbefangenheit 
mit  den  Lehren  und  Uebungen  der  Kirche  einig  wusste,  weil  man 
überhaupt  über  sie  nicht  grübelte,  um  so  drückender  konnte  man 
jene  Anmassungen  empfinden,  um  so  entschiedener  ihnen  entgegen- 
treten, um  so  zuversichtlicher  auf  eine  Reformation  der  Earche  an 
Haupt  und  Gliedern  nach  dieser  Seite  hin,  der  praktischen,  hoffen. 
Dass  dies  die  Stimmung  jener  Ej*ei8e  war,  ersehen  wir  schon  daraus, 
dass  ein  Glied  desselben,  nämlich  Gilbrecht  Holzhausen  zum  G^ld- 
stein  im  Schurgischen  Manuscripte  den  Namen  osor  Cleri  führt  Der- 
selbe Name  wird  früher  dem  am  22.  Mai  1499  verstorbenen  Henn 
oder  Johann  Glauburg  beigelegt  ^^,  Ohne  Zweifel  werden  Karl 
Hynsberg  und  Johann  vom  Rheine,  die  Begünstiger  der  Juden,  die 
von  Conrad  Hensel  als  solche  öffentlich  Bekämpften  und  seine  An- 
kläger vor  dem  Capitel,  nebst  manchem  Andern  ^^  unter  dieselbe 


16T  s.  199.  Anno  1499  die  22  Maji  [vergl.  Jobs  Chronik  §.  259]  obüt  Benno 
de  Glauburgk,  scabinus  Francofordiensis,  osor  Cleri. 

168  Unter  die  Feinde  des  Clerus  wird  auch  Clas  RÜckingen,  der  Vater 
Lisa's  Rückingen,  der  hospita  Melanchthon'fi,  gehört  haben.  In  der  Urkunde 
Nro.  504  des  Leonhardsarohiv  klagt  am  Dienstag  nach  Kiliani  (am  10.  Juli) 
1509  der  Scholaster  zu  St  Leonhard,  l^ioolaus  Kuhn,  „wie  das  sich  begeben 
hatte,  das  nechten"  [gestern]  »,zu  obents  nach  dem  salve  zwischen  sieben  u. 
achten  ich  stunde  uff  dem  Meyne  by  dem  erwirdigen  herm  Friederich  zum 
Wedel,  euers  rata  genossen  und  elter  meister",  [Friedrich  von  Altzey,  Licentiat, 
1490  Rftthsgeselle  u.  Schöffe  vom  1.  Mai  1506  bis  1509  älterer  BfirgermeisterJ 


-     108     — 

Kategorie  gestellt  worden  sein.  So  dtkrfike  sich  erklären,  dasB  Katha- 
rina Hokshansen  zum  Spangenberg  die  rakünftige  Beformation  von 
dem  kühnen  Protest  Lnther's  gegen  die  Immunit&ten  des 
Papstes  erwartet 

Noch  einmal  wendet  sich  unsere  Darstellung  zu  dem  Bohrbach'- 
sehen  Geschlechte.  Bernhard  hinterliess  zwei  Söhne.  Johann  Wolf 
geb.  1506,  und  Friedrich  geb.  1608.  Bei  dem  älteren  fällt  uns  der 
doppelte  Vorname  auf,  das  erste  Beispiel  in  der  Geschlechtergeschichte 
Frankfurts.  Er  bewarb  sich  um  Anna  Knoblauch  und  seine  Mutter 
Ursula,  welche  diese  Parthie  begünstigte,  hatte  als  Brautwerber  Phi- 
lipp Fttrstenberg  ersehen.  Aber  es  «sollte  hier  das  alte  Sprfichwort 
wahr  werden :  ,,Wer  das  Glttck  hat,  fiihrt  die  Braut  heim^^  Johann 
Wolf  musste  hinter  einem  begünstigten  Nebenbuhler  Dr.  Johann 
Glauburger  zurücktreten,  dessen  Bewerbung  Selbst  Philipp  Fürsten- 
berg im  Stillen  wärmer  unterstützt  zu  haben  scheint  ^^*.  Er  wusste 
sich  für  diese  Zurückw^sung  dadurch  zu  entschädigen,  dass  er  noch  in 
demselben  Jahre  1526  seine  Hand  der  Margaretha  Beyss  reichte. 
Das  eheliche  QliXck  bcdder  war  von  kurzer  Dauer.  Am  27.  JuUfiihr 
der  junge  Ehemann  mit  seinem  Schwiegervater  und  Schwager  auf  dem 
Frühschiff  nach  Mainz,  fiel  aus  Ungeschick  oder,  wie  Königstein  anzu- 
deuten scheint,  durch  allzartes  Sdiicklichkeitsgefiihl  bei  Kostheim  in  den 
Main  und  ertrank  ^''^.  Sein  Bruder  Friedrich  heirathete  1528  Katharine 
Knoblauch,  und  nach  deren  Tod  1543  Stephanie  Hyn^berg.  &  kam 
1535  in  den  Bath ,  bekleidete  1539   das  jüngere   Bürgermeisteramt, 


0 


,,hart  nff  dem  nfer  oder  staden"  [Gestade]  „ist  b^men  hintervertig  Clans  RQckin. 
gen  ratsman,  als  ob  er  nicht  by  sinnen  gewest,  mich  mit  sampt  herr  Friedrichen 
gewaitiglioh  in  den  Main  stossen  woUen  a.  anch  bynahe  geseheben,  gliobsam 
wir  fibeltheter  weren,  die  das  aUo  yerschuldet  hetten,  onaogesehen  priester* 
lieber  wirde  und  fryheit,  auch  stand  u.  ere  des  frommen  erbaren  man's  Fried- 
rich's  zum  Wedel;  darnach  mit  wehrhaftiger  band  sin  degen  gefasst,  mit  viel 
bösen  mnotwilligen  vorwenden,  nntuglichen  scheltworten  fibergeben  [verrSthe- 
risch  angegriffen]  nnd  angefallen.'*  Er  sagt  später  auch,  Glas  habe  „geschlagen 
in  einer  fry  Stadt  und  am  Strom  des  wassers  fryheit  gebrochen". 

169  Ficbard's  Archiv  II.  126.  Die  Angabe  Margaretha  Horngin's,  dass  er 
damals  ^i^it  mehr  denn  19  iar  alt^^  gewesen  sei,  beruht  demnach  auf  Unkunde* 
Er  stand  im  22.  Lebensjahre. 

170  Königstein:  „Anno  1527  den  27  Jnlij,  im  frweschiff ist  Johan  wolf«  genant 
Rorbar,  im  abefaren  vfFdas  schiff  gestigen,  sein  nottorft  zu  thnn,  vndvß  schick- 
lichheit in  den  Meyn  nit  weit  von  Gostem  gestörzt  vnd  also  ertrunken ,  got 
wolle  der  sei  g.  vnd  barmhertzig  sein  etc.  Sein  swiger  vnd  swager  vnder 
ander  Erbar  iewde  sein  auch  im  schiff  gewest,  aber  nlmand  hat  kunnen 
beHFen. 


—     10*    — 

wurde  1542  Schöff  und  starb  am  4.  December  1563.  Aus  seiner 
ersten  Ehe  (die  zweite  war  kinderlos)  überlebten  ihn  zwei  Kinder^ 
Heinrich,  geb  153 .,  und  Ursula.  Die  letztere,  geb.  1584,  heirathete 
1550  Jeremias  Bromm,  Claus'  jüngeren  Bruder,  später  1565  Hans 
Hector  von  Holzhausen,  sie  starb  1580.  Ihr  älterer  Bruder  Heinrich^ 
der  1557  die  jüngere  Schwester  seiner  Stiefiooiutter,  Anna  Hynsberg,  ge. 
ehelicht  hatte,  kam  1566  in  den  Rath  und  mit  ihm  erlosch  am  18.  Februar 
1570  der  Bohrbach'sche  Mannstamm.  Denn  von  seinen  drei  Kindern 
waren  die  älteste  Katharine  (geb.  1561)  und  der  jüngste  Johann 
Hector  (geb.  1566)  vor  dem  Vater  jung  gestorben;  nur  die  mittlere 
Tochter  Margarethe  (geb.  1563)>  überlebte  den  Vater;  sie  heirathete 
1579  Johann  Adolf  von  Qlauburg,  starb  aber  schon  1597  34  Jshre 
alt,  die  letzte  ihres  Geschlechtes,  das  zwei  Jahrhunderte  inFrankAirt 
geblüht  hatte. 

Mit  diesen  Bemerkungen,  durch  welche  wir  die  schlichten  Berichte 
des  treuherzigen  Job  ergänzen,  scheiden  wir  —  gewiss  nicht  ohne  ein  Ge- 
fühl stillen  Dankes  —  von  einem  Manne,  der,  einer  der  wenigen  unter 
seinen  Zeitgenossen,  es  der  Mühe  werth  erachtet  hat,  seine  einfachen  Er- 
lebnisse in  der  Vaterstadt  aufzuzeichnen  und  dadurch,  ohne  es  zu  wissen 
und  zu  beabsichtigen,  sie  nicht  blos  den  künftigen  Geschlechtem 
überliefert,  sondern  ihnen  überdies  einen  Blick  in  Verhältnisse  auf- 
geihan  hat,  die  nur  selten  von  gleichzeitigen  Schriftstellern  berührt 
werden. 


Noch  bin  ich  den  L&em  Rechenschaft  über  die  Grundsätze 
schuldig,  die  mich  bei  der  Bearbeitung  des  Textes  geleitet  haben. 
Da  die  Handschrift;  ein  Tagebuch  ist,  so  ist  in  ihr  die  chronologische 
Reihenfolge  der  Notizen  strenge  eingehalten.  Die  Beibehaltung  dieser 
Ordnung  wäre  für  den  Herausgeber  allerdings  sehr  bequem  gewesen, 
aber  gewiss  nicht  ftir  den  Leser.  Dieser  würde  so  das  Zusammen- 
gehörige getrennt,  das  Fremde  verbunden,  die  Leetüre  ermüdend, 
den  Gebrauch  erschwert  gefunden  haben.  Ich  habe  mich  daher  nach 
längerem  Bedenken  doch  dazu  entschlossen,  die  sachliche  Anordnung 
der  einzelnen  Notizen  vorzuziehen.  So  sind  vier  grössere  Theile 
entstanden:  der  erste  enthält  die  Rohrbach'sche Familienchronik,  der 
zweite  die  städtische  Chronik,  der  dritte  die  Sittenchronik,  der  vierte 
die  allgemeine  Familienchronik ;  die  drei  ersten  Theile  zerfallen  wieder 
in  eine  Reihe  kleinerer  Abschnitte,  der  letzte  Theil  ist  alphabetisch 


—     i05     — 

geordnet.  Jede  einzelne  Notiz  ist  zur  Erleichterung  der  Citation 
paragraphirt  und  das  Blatt  der  Handschrift  angegeben.  Ueberall 
sind  Remissivnoten  beigefügt^  welche  auf  das  Vorkommen  desselben 
Namens  und  derselben  Sache  in  anderen  Theilen  hinweisen.  Beson- 
ders liess  es  sich  der  Herausgeber  angelegen  sein^  den  letzten  Theil 
mit  solchen  Remissivnoten  reichlich  auszustatten.  Ueberall  ist  be- 
merkt, wo  in  der  Chronik  der  Name  eines  Qliedes  Frankfurter  Fa- 
milien vorkommt.  In  verwickeiteren  Fällen  sind  die  Verwandtschafts- 
grade nachgewiesen.  Dieser  Theil,  den  ich  Geschlechterchronik 
nenfnen  möchte,  wenn  damals  dieser  Begriff,  mit  dem  sich  die  politische 
Bevorrechtigung  so  eng  verknüpft,  schon  so  bestimmt  nachgewiesen 
werden  könnte ,  wird  namentlich  zur  Vervollständigung  und  theil- 
weisen  Berichtigung  von  Fichard's  Geschlecbtergeschichte  viele  Bei- 
träge bieten;  ich  erinnere  beispielshalber  an  Johann  Frosch  zum 
Burggrafen  und  Johann  Frosch  zum  Affen  fFichard:  im  Sandhof], 
die  Fichard  so  confundirt  hat,  dass  er  die  zweite  Hausfrau  des  •letz- 
teren, Rylgin  Voelker,  und  die  Kinder  dieser  Ehe  dem  ersteren  zu-^ 
schreibt.  Denn  hier  muss,  wie  ich  glaube,  das  Zeugniss  des  Zeitge- 
nossen Job  unbedingt  entscheiden,  zumal  er  mit  beiden  verwandt 
war  und  alle  Nebenumstände  dieser  Verehelichung  und  der  ihr  fol- 
genden Kindtaufen  auf  das  genaueste  angiebi  Ich  habe  anfangs 
lange  geschwankt,  ob  ich  die  ganze  Chronik  oder  nur  das  Wichtigere 
aus  ihr  herausgeben  sollte ;  iaicht  blos  -  der  Wunsch  einsichtsvoller 
Freunde,  sondern  auch  die  eigene  TJebefzeugung  entschied  für  das 
letztere.  Dem  Interesse  der  Dilettanten  könnte  eine  Auswahl  ge- 
nügen: das  der  exacten  Geschichtsforschung  forderte  unbedingt  das 
Ganze.  Die  Orthographie  und  selbst  die  Sprachfehler  sind  strenge 
beibehalten,  nur  hier  und  da  ist  in  Klammern  auf  das  Richtige  hin- 
gewiesen. Die  Handschrift  ist  gut,  aber  mit  vielen  Abbreviaturen, 
geschrieben.  Die  Entzifferung  der  letzteren  .hatte  oft  grosse  Schwie- 
rigkeiten und  selbst  geübte  Leser  von  Handschriften  wussten  keinen 
Rath:  nur  fortgesetzte  Uebung  und  Vergleichung  konnte  allmälig 
die  Hindemisse  überwinden.  In  sehr  wenigen  zweifelhaften 
Fällen  musste  der  Herausgeber  sich  fUr  das  Wahrscheinlichere 
entscheiden  und  hat  dies  durch  ein  eingeschaltetes  Frage- 
zeichen angedeutet.  Mög6  die  viele  Mühe,  die  er  sich  gegeben  bat? 
um  das  Werk  durch  seine  Bearbeitung  dem  Gebrauche  zugänglicher 
zu  machen,  nicht  ohne  Frucht  für  die  eingehendere  Kenntniss  unserer 
reichsstädtischen  Vorzeit  bleiben! 


Text 

L  Familie  Bohrbach. 


1.    Bernhard  und  Elgin  Kohrbach. 

§.  1.  [fol.  10]  Anno  1466  vicesima  prima  ianuarii  Bponcialia  con- 
traxenmt  paAer  mens  Bernhardus  Rorbaph  et  Ejlchin^.  mater 
mea^filia  Conrad!  hulczhusens  et  Ann^  sach&en^  deinde  decima  nona 
septembris  benedictionem  matrimonii  in  facie  ecclesi^  receperunt;  de- 
post  vicesima  secunda  septembris  consumarunt  matrimonium  in  nup- 
tiis  et  thoro. 

Nativitates  nostras  in  quodam  alio  libro  scripsi. 

[cf.  B.  Rohrbach's  Familienchronik  §.  103—105]. 
§.  2.    [fol.  11]  Hoc  de  manu  patris:  Emit  auub  meus  den  hom- 
fessel,  quein  mater  mea  dedit  marth^,  pro  145  fl.  Eum  reformare  fecit, 
pro  quo  dedit  fl.  7.  Emit  autem  ab  Engel  froschen  jBinno  1466  die 
17  maii. 

[Elgin^s  Tod  §.  70.] 

2.    Bernhard  Kohrbach. 

§.  3.  [fol.  1]  Anno  1493  vicesima  sexta  marcij  abiit  bernhar- 
dus frater  mens.  Eodem  anno  postea,  octava  die  Apprills^  abiit  firater 
mens  Conradus  et  erat  prima  sua  abitio.  Rediit  bernhardus  anno 
1495  die  25  mäij  et  Indwicns  hulczhusen  cum  eo  una  rursus. 
Bernhardus  sexta  maij  abiit  ad  Italiam  anao  96.  Redüt  Bernhardus 
sepüma  octobris  anno  96.     [§.  8.] 

§.  4.  [fol.  5]  Anno  1494  die  3^  Augusti  solui  ego  iob  rorbach 
Conrado  biescher^  famulo  doctoris  iohannis  gleub erger S;  ex 
parte  matris  XVII  fl.  auri,  IX  alb.  in  ecclesia  S.  bartholomei  ante 
horologium;  quos  ipse  acceptavit  ex  parte  domini  petri  quejch^ 
propositi  in  markstat^  qui  quejch  mutuauit  eosdem  fratri  bemhardo 
Senis;  iuxta  condicionem  quitanci^;  quam  dictus  Conradus  biescher 


« 


—     lOT     — 

matri  ex  parte  quejch  pr^sentauit.  Actum  die  tricessima  AugustL 
Si  erreSy  vide  obligationein  fratris,  quam  ipse  pro  eisdem  qneych  dedit^ 
quQ  plane  informabit  te. 

§.  5.  [fol.  8]  Anno  1494  sedecima  novembris  arripuenmt  iter 
versus  jtallam  Loy  i  ostenhoff  er  senior^  filius  iohannis  ryn,  no- 
mine   y  magister  wolfigangus  heller    [§.  268]  etc.  ^   cui  tradidi 

literas  matemas  et  ipsis  colligata  erat  obligatio  Alexandripellen- 
dorffs,  quam  simul  ipsi  commisi;  vt  fratri  differret. 

§.  6.  [foL  25]  Anno  1495  die  vicesima  maij  itter  arripuimus  vna 
simul  versus  wormatiam  doctor  Indiens  Scultetüs^  karolus  henspei^^ 
aSinis  meus^  vdalricus  nuhusen  etego^  et  die  21.  maij  wormatiam  veni- 
mus  et  ingressu  ciuitatis  inneni  frairem  meum  Bemhardum  et  ludwi- 
cum  hulczhusen,  qui  nouiter  venerunt  italia^  in  quadriga^  vulgo  quQ 
dicitur  RollwagC;  volentes  ire  franckfnrdiam;  qui  ob  complacentiam 
mei  de  quadriga  descendernnt  et  manserunt  mecum  wormati^  vsque 
ad  24  diem  mensis.  Eo  enim  die  prandio  peracto '  conduximus  quadri- 
gam^  quQ  Bollwageü  vulgo  dicitur^  et  in  ea  sederunt  quindecim  nostr^ 
ciuitatis  franckf.  incolQ  vel  fiKi:  doctor  adam  heymbach^  lohan  zum 
jungen^  karolus  henspurg^  Bemhardus  rorbach^  Job  norbach^  Ludwi- 
cus  hulczbusen^  Bechtoldus  beller  junior,  vdalricus  nuhul),  Gerhardus 
zur  Kau,  •  >  .  •  morsfeit,  wolf  blum  et  quatuor  famuli.  Et  in  qua- 
driga  iuimufl  usque  ad  oppenheym  de  wormatia,  25  die  mane 
nauigauimus  in  naui  de  oppenheym  vsque  ad  maguntiam  et  cum 
peruenimus  maguntiam,  inuenimus  nauem  forensem,  quam  ingressi 
franckfurdiam  nauigauimus. 

§.  7.  [fol.  27.  Nota  marginalis  ßemhar<|i  manu  exarata]  Adi  XI 
del'detto  mese  io  betnhardo  cascai  a  Maganza  a  santo  Victore  in 
tal  modo,  che  non  credette  tornare  alla  pristina  sanitä,  e  fu  in  casa 
del  decano,  cive  di  mißwigo  *,  di  Silberberg.    [Juni  1495] 

§.  8.  [fol.  55]  Anno  domini  149d  maij  sexta  die  abiit  Bemhardus 
germanus  mens  ad  vrbem  eratque  dies  veneris,  et  eo  equum  ascen- 
dente,  vndecima  sonuit  hora.  Habuit  comitem  vsque  ad  homeck  do-, 
TniTinm  florcntium  de  veningen,  vtriusq.  juris  doctorem,  cum  famulo. 
Conduximus  cum  nos  tres  vsque  ad  saltnm  cerui,  qui  düobus  erectis 
lapidibus  signatus,  karolus  hynsberg,  afiinis  noster,  Gylbertus  hulcz- 
husen,  cognatus  noster,  et  ego  pariter.  Bediit  septima  octobris  anno, 
quo  supra. 


1  miswigo,  vielleicht  Menswick,  Im  Stift  Lfittich  im  westphSüschen  Kreise 
belegen. 


—     108     - 

§.  9.  [fol:  117J  Vndecima  Julij  Anno  1498  germanu^  [amB4inde: 
Bernfaardus  Eorbach]  cepit  habitare  in  solitudine  ortoB  [1.  horti];  ob 
morbuni  Gallorum^  quem  patiebatnr,  vicesima  tertia  menais  eiuBdem 
abrasH  crines  capitis  eadem  de  causa.  Itedijt  in  domum  deinde  in 
anno  1499  octaua  ianuarij. 


3.    Ehe  Bernhard  Bohrbach's. 

§.  10.  [f6l.  163]  Anno  domini  1501  decima  quarta  januarij^  et 
erat  diesieuis;  vespere  post  quartam  horam  parum^  ego  Job  Borbach 
coniunxi  matrimonialiter  per  verba  de  pr^senti  Bemhardum  Borbach. 
germanura  meum^  natum  ex  Bemhardo  rorbach  pi^  memoria  et 
Eyll|gyn]  hultzhuseryn  ^  et  vrsulam,  relictam  quondam  ws^theri 
Schwartzenbergers^  natam  Vero  .ex  iohane  de  molnheym  et  gretgyn 
dorfelderin  pi^  memori^.  Acta  in  domO;  Elßfelt  nuncupata^  pr^en- 
tibus  matre  mea^  sororc;  ^Michaele  Schwartzenbergers  et  Katherin§ 
illius  legittime^  iacobi  et  georgii  neuhul>en^  iohane  de  molnhejm  et 
gretgyn  su^  uxoriß,  jacobus  heller,  kryngyn  uxor.  Hij  fuere  präsentes 
inytioni  matrimonij.  Ad  c^nam  superuenit  etMüchior,  scriba  duitatLs. 
Non  affuit  karolus  affinis,  quia  lugebat  matrem.  Conradus  frater 
erat  antwerpi^.  Eodem  die  dotalia  instrumenta  inter  eos  etc.  fuere 
sigillata  sex  sigillis;  quorum  vnüm  meum  est. 

Eodem  anno  sexta  februarij  et  die  beat^  dorothe^  virginis,  et 
pro  illo  anno  extitit  dies  sabathi  ante  dominicam  septuagesimam, 
ratihabitio  et  solemnizatio  matrimonij  supradicti  habita  est  in  fatie 
ecclesi^.  Eodem  anno,  decima  vero  februarij,  primum  simul  condor- 
mierunt,  et  erat  dies  Mercurij  post  dominicam  septuagesim^.  Altera, 
quQ  dies  iouis  erat,  dies  nuptiarum  habitus  est  cum  amicis  etc. 


4.    Job  Bohrbach. 

a)   LebepsereigDisse  im  Allgemeinen. 

§.  11.  [foL  1]  Anno  1494  in  die  scti  bonifacii,  quQ  est  dies  quinta 
Junii,  primam  peregi  czecham  in  stuba  mea  czu  lebenstein  et  solvi 
VI  h. 

§.  12.  [tbl.  1]  Anno  1494  post  pascam  donavit  mihi  Johannes 
Knopp/mediam  quartam  malmaseti  ea  condicione,  ut  cum  ducerem 
uxorem  legitimam,  solverem  quartam  integram.  Actum  franckfordi^ 
in  domo  Johannis  de  molnheym 


—     109     - 

§.  13.  Jfol.  2]  Secunda  die  judH  in  anno  1494  equitavirnns  ad 
bonmess  et  in  Bocietate  erant^  videlicet  mater  mea,  sororque  et 
Jacobus  et  Udalricus  nuhusen  et  heynricus  de  Andernach  et  egocum 
duobuB  BoldatiB,  c^nauimus  in  Castro^  tenebat  enim  locum  officialis 
Johann  holczheimer  in  dicta  ciuitate  et  Castro.  Tercia  antem  die 
junii  omnes  rediebamus^  supervenerunt  antem  Gorg  reyss  et  Gorg 
matroff;  qui  eadem  die  mane  equitamnt  UBque  ad  bonmesa  et  in  re- 
deundo  tennerunt  societatem  nobie. 

§.  14.  [fol.  3]  Anno  1494  die  Junii  undecima  equitavi  cum 
nobiU  nicolao  de  babenhusen  ad  castrum  zum  goltsteyn^  nee  ego  in 
dicto  Castro  antea  fui  (tenebat  enim  löcum  ofiicialis  in  dicto  Castro, 
quia  pater  snus,  henn  de  babenhusen^  longo  tempore  in  eo  fuit  oiHcialis 
et  mortuo  patre  pr^fatus  nicolaus  ad  tempus  vicem  ofHcialis  funge- 
batur),  et  ibidem  noctem  in  gaudio  peregi.   Altera  die,  quQ-  erat  dies 

Xn  Junii,  redii  cum  pr^fato  nicolao  et  Anna matre  sua,  et 

pransi  sunt  cum  matre.  Prandio  peracto  in  navicula  parva  omnes 
infra  scripti  descendimus  cum  Anna  et  filio  ejus,  nicolao  de  baben- 
husen, ad  dictum  castrum  zum  goltsteyn,  videlicet  Eylchin  rorbeclierin 
et  ego  iob  et  soror  mea  martha  et  mergin  uxor  junghens,  vicini 
nostri,  et  consumpsimus  noctem  ibidem  in  gaudio.  Tredecima  autem 
die  Junii  omnes  supra  nominati  redibamus  et  adduximus  luchelin  de 
haczsteyn,  uxorem  heyncz  kryegen,  et  mansimus  iü  orto  [hortoj  nocte 
illa  et  altera  die  usque  post  sextam  horam  post  meridiem,  quia  tunc 
reversi  sunt  nicolaus  cum  matre  ad  castrum  zum  goltsteyn  et  nos 
alii  ad  domum. 

§.  15.  [fol.  8]  Anno  1494  decima  quarta  nouembris  for  ich  zu 
nacht  myt  vlrich  nuhussen  off  syn  schieden. 

§.  16.  [fol.  9]  Anno  1494  decima  octaua  nouembris  in  naui  des- 
cendimus Gylbertus  hulczhusen  et  ego  iob,  adduximus  nobiscum 
Blasium  de  hulczhusen  ad  maguntiam  ad  domum  Georgii  helle, 
Sigilliferi  episcopi  maguntini,  vbi  gratia  studii  est  Et  est  primus 
exitus  Bui  de  franckfurdia. 

§.  17.  [fol.  20]  Anno  1495  siecunda  maij  Katherina  hulczhuserin 
et  mater  mea  iuerunt  ad  Wisbaden,  dehinc  5^  maij  Gylbertus  et  ego 
descendimus  maguntiam  et  conuenerunt  prefatQ  ad  nos  in  domo  d. 
heynrici  de  sylberberg,  vbi  omnes  hospitati  eramus.  6^  maij  mater 
intrauit  maguntiam  et  ego  vna  etc.  et  emit  mihi  VI  vlnas  panni 
leberfarb  pro  vj  fl.,  7°^  maij  rediuimus  on^nes  simul.  Ex  iam  dicto 
panno  confecta  est  vestis,   qu§  vulgari  nostra  hasack   [cf.  §.  191] 


-     HO     — 

appeUatuF;  Bubductä  pellicula;  yidgo  merderkeln  '  dlcta^  quam 
Testern  indui  die  natittitatis  ChriBti;  anno  1495;  annum  ab  initio 
ianuarij  inchoando. 

§.  18.  [fol.  26]  Anno  1495  penultima  maij  descendi  magantiam 
ex  parte  nostr^  famili^  ad  primitias  domini  alberti  brolljn  ^; 
inuitauerat  enim  omnes  noB,  Bed  nee  mater;  [b.  nee]  frater^  nee  soror 
interesBe  poterant^  deBcenditque  mecnm  Katherina  hulczhnaeriny  Agnes 
yrgeBchameryn;  Gjlbertus  hulczhusen^  filius  Katherin^^  qui  omnes 
aderant  primitüsi  et  cantauit  primitias  die  vltima  maij,  qn^  tune  erat 
dominica  «xaudi^  in  choro  ferreo  in  ecciesia  maiori  magunti^  et  pro- 
pinaui  ipsi  duoB  fl*  ex  parte  matris,  fratris  et  mei.  Debinc  secimda 
junij  mane  Katherina  hulczbuserin  et  Agnes  yrgeschamerin  mane  de 
maguntia  iuerunt  ad  wisbadezi  et  ego  redü  franckfurdiam.  Bedierunt 
autem  domina  Katherina ^  r^licta  iohannis  fauIczhusenB,  et  Agnes 
yrgeBchamerjn  de  terpus  wissbaden  franckfurdiam  vltima  die  Jmiij. 

§•  19.  [fol.  27]  Anno  1495  tertia  Junij  solatij  causa  iuimuB  pis- 
catum  ad  husen,  videlicet  mater  mea,  Bernhardus,  frater  meus^  martba, 
Boror  mea^  ^o  iob;  Katherina  hulczhuserin^  relicta  Gylberti,  ludwi- 
cuB  filius  eius;  hamandus  hulzhuseii;  margareta  uxor  sua^  Jacobus 
nuhusen  et  Magareta^  uxor  friderici  faut^  et  ibi  peregimus  diem  in 
gaudio  et  nocte  rediuimus  circa  horam  sextam,  nee  febres  tercian^ 
arripuerunt  me,  qui  et  semper  altero  die  frigora  et  calores  suslinui 
septieS;  vsque  destruxeruntque  ac  exhauserunt  vires  meä«  omni- 
modo;  tamen  de  gratia  dei  dereliquerunt  me  febres  die  decima  sexta 
Junij;  sed  rehabui  et  durarunt  itterum  vsque  .... 

§.  20.  [fol.  27]  Anno  1495  sexta  Junij  descenderunt  in  naui 
mater  mea^-  frater  mens  bernharduS;  martha  sorror  mea^  katherina, 
relicta  Gilbert!  hulczhusens,  ludwicus  filius  suus,  Margreta,  hamandi 
hulczhusens  yxor^  karolus  henspurg;  sie  namque  mulieres  iuerunt  ad 
wisbaden  pro  solatio  katherin^  hulczbuserin;  viri  vero  expectarunt 
muEeres  maguntiam.  Duodecima  die  Junij  redierunt  mater  ^  frater, 
soror  et  karolus  henspurg^  eo  quod  ego  infirmabur;  et  ludwicus  hulcz- 
husen  venit  cum  ipsis,  sed  rursus  descendit  Ceteri  manserunt  maguntia 
penes  cancellariam. 

[Bernhard  fällt  in  Mainz.  §.  7] 

§.  21.  [fol.  27]  Anno  1495  die  tredecima  junij  sumpsi  primam 
clisteriam  ex  persuasione   doctoris  iodoci  ......   medici  et  dedit 


2  K31,  kgle,  Halstheil  beim  Pelzwerk. 

3  Später  Kaplan  von  Katharina  Holzbaosen  in  ihrem  Hanse  zum  Goldstein 
vergl.  §.  217. 


—     iU     — 


mihi  eam  iodocus  appotecarius.  Antea  uUam habtii;  nee  recepi 
temporibxiB  vit^  me^. 

§.  22.  [fol.  83]  Anno  1495  die  duodecima  mensis  Augusti  pran* 
dio  peracto  mater  donauit  Bernhardo  germano  meo  et  mihi  omnee 
expensaS;  quas  conBumpsimus  in  partibus  alienis  et  Btudijs,  item 
et  librofl,  eaque  condidone  donanit^  ut  pr^dpue  h^c  habeamus  adeo, 
qnod  in  dinisione  bonorum  post  mortem  matris  (quam  deuB  sua  gratia 
cum  ^alute  longa  velit  perseruare^)  expens^  et  libri  pr^dictinon  veniant 
imponenda  cum  alüs  rebus^  sed  pr^cipue  h^c  capere  debeamuB^  dehinc 
ad  äquales  portiones  cum  aliis  admitü.  Etut  valeatdonatio;  »ua  manu 
inscripsit  in  {ibrum  reddituum  patriB  hanc  donationem. 

§.  23.  [fol.  3ÖJ  Anno  1495  quarta  septembris  hatt  Hartmann.... 
der  Bcherrer^  Elsen  ,  .  .  .  der  kochmejtt  zum  goltsteyn  die  Ehe  ge- 
lobett  vnd  YerheysBen  vnd  den  winkaüff  gedruncken.  Dehinc 
nupti^  habitQ  sunt  zu  lympurg  19octobris;  et  interfuere  genitrixmea; 
soror  martha  et  frater  bemhardus  et  ego^  anno^  quo  supra. 

§.  24.  [fol.  49]  Anno  domini  bisextili  1496  die  quarta  februarij 
iurauimus  vna  simul  ciuilitatem;  hoc  est  iuramentum  ciuium  franck- 
fordensium;  Tidelicet  Gylbertus  hulczhusen^  ego  iob  rorbach^  hans 
frunt;  filius  heyncz  fruntt.  Pr^stitit  nobis  iuramentum  Jacobus  geych. 
Actum  jm  Eomer  yn  der  rechenmejster  Stoben.  Soluit  quilibet  11  ß 
pro  intitulatione.    Pr^fatus  hans  fhUkt  obijt  in  anno  1497,  die  .  .  . 

§.  25.  [foL  54]  Anno  1496  die  19  Apprilis  incepi  bibere  Siro- 
pium  tempore  eo,  cum  ibam  ad  lectum  dormitom,  etocto  bibi  ordine 
poBt  octo'dies  et  26  die  pr^fati  mensis  accepi  puluereB  in  vino  mane 
hora.  quarta,  quQ  purgarunt  ventrem  et  quatuor  sedes  operabantur. 

§.  26.  [fol.  55]  Anno  1496  duodecima  maij,  eoque  die  colebatur 
feetum  glorios^  ascensionis  in  c^lum  Jesu  Christi  redemptoris,  suscepi 
infantem  de  fönte  baptismatiB,  quemsecundum  meumnomen  nominaui, 
Job  videlicet,  primumque  meum  est,  retro  namque  alium  de  bap- 
tismatis  fönte  non.  eleuaui.  Nomen  genitoris  infantoli  ....  genitricis 
vero  nomen  est  kryn,  soror  gissenhens,  laboratoris nostri,  legitima 
uxor  pr^ati  genitoris. 

§.  27.  [fol.  56]  Anno  1496  die  18  maij  mater,  ego  et  LudwicuB 
hulczhusen  iuiinus  ad  wisbaden,  ^deinde.25  maij  de  wisbaden  iui  ego 
ad  costem  [Kostheim],  yolens  ibidem  ad  nauem  forensem,  sed  nequiui 
ob  validisBimum  ventmn  flantem  et  ea  noote  quieui  magunti^  ibidem* 
que  amisi  canem  nostrum  moczschelgyn,  sicque  26  redij  franckfurdiam. 
Bediit  de  wisbaden  ad  franckfurdiam  genitrix  28  maij.  Bursus  die  trice- 
flima  Gilbertus  htdczhusen  et  ego  pariter  de  franckfurdia  iuimua  ad  wis- 
baden ad  matrem  suam  et  rediebamuB  nos  pariter  cum  nu^tre  yltima  maij« 


-•  ^ 


-     H2     — 

§.  28.  [fol.  56]  Anno  1496  die  20  junij  cum  doctore  Florentio 
Licentiatus  georgius  Bchrottljn  et  ego  iuimuB  mane  in  naui  mogun- 
tiam  et  magonti^  cumim  conduximus  eodem  die  et  vehebainur  ad 
wormatiam^  et  die  25  junij  vehebamur  de  wormatia  ad  spiram;  ibidem 
mansimuB  vsque  ad  25  junij;  eo  enim  die  de  spira  vehebamur  ad 
maguntiam,  26  junij  ascendimus  mane  in  naui  franckfiirdiäm. 

[Job  Bohrbach  hält  in   SachsenhauBen  mehreren  anwesenden 
Fürsten  15  Stunden  lang  Ehrenwache.    §.  118.] 

§.  29.  [fol.  61]  Anno  1496  quarta  Augusti  dominus  doctor  Floren- 
tius  de  veningen  et  ego  vna  profecti  sumus  maguntiam,  quinta  Augusti 
'de  maguntia  ad  wormatiam^  sexta  Augusti  ascendimus  ad  spiram, 
durauimus  ibidem  vßque  ad  diem  nonam  Augusti.  £a  namque  die 
iuimuB  ad  oppidum  Landawe^  quod  distal  a  spira  miliaribus  quatuor; 
moram  ibi  egimus  vsque  ad  sedecimam  Augusti^  qua  nunc  reversi 
sumus  ad  Spiram.  lUic  mansimus  vsque  ad  vicesimam  primam  Augusti. 
Eadem  die  ad  wormatiam  venimus^  vicesima  secunda  augusti 
rediebamus  maguntiam,  ibidem  moram  egimus  vsque  ad  vicesimam 
quintam  Augusti,  illa  namque  die  rediuimus  fränckfurdiam. 

§.  30.  [fol.  88]  Anno  1497  die  secunda  maij  iuimus  pariter 
genitrix  et  ego  vna  cum  katherina^  relicta  gilberti  hulczhusenS;  et 
Lüdwicüs  hulczhusen,  katherin^  iilius  ad  wisbaden  ibique  visitauimus 
katherinam,  relictam  iohannis  hulczhusen,  quQ  infirmäbatur.  Duraui- 
inus  ibidem  vsque  ad  quintam  maij.  £a  namque  die  maguntiam  veni- 
muB.  Sexta  maij  mater  et  ego  pro  deuotione  visitauimus  sanctam 
crucem  extra  muros  maguntinos.  Septima  maij  et  dominica  post  ascen- 
sionis  rediebamus  mater  et  ego  franckfurdiam.  Alii  manserui^t  cum 
vxore  cancellarij,  doctoris  peffer. 

§.  31.  [fol.  91]  Anno  1497  die  tricesima  maij  nobilis  vir  doctor 
florentius  de  veningen,  luditij  camerQ  celeberrimus  Advocatus,  abiit 
deque  franckfurdia  transtulit  se  cum  libris  atque  omni  suppelectili 
wormatiam.  Cum  eo  descendimus  in  naui  nos.  tres,  lacobus  neuhusen, 
Bemhardus  Borbach  et  ego  Job,  frater  suus,  usque  ad  hoest,  de  hoest 
pedestres  rediimus  franckfordiam.  Eodem  die  indui  nigram  simplicem 
tunicam,  cuius  mentio  habetur  fol.  87  [§.  58].  Eodem  die  prima  cerasa 
comedi  pro  illo  anno. 

§.  32.  [fol.  93]  Anno  1497  decima  nona  junij  exiui  franckfurdiam 
et  veni  eo  die  wormatiam,  ibidem  intraui  habitationem  domini  florentij, 
V.  I.  doctoris  ac  ex  suis  progenitoribus  nobilis. 

§.  33.  [fol.  104]  Anno  domini  1497  annum  ab  exordio  Januarij 
inchoando,  ipsa  die  Stefiani  prothomartiris,  qoQ  est  26  decembris, 
ascendi  cum  nobili  V.  I.  doctore,  domino  florentio  de  veningen,  spiram, 


—    H3     — 

die  Johank  evangelist^  pransiBumuB  in  c^tu  omnium  clericorum  maioris 
ecclesiQ  spirensis;  intereratque  et  dominus  epiacopuB  ea  die;  c^nauimuB 
com  episcopo  in  sua  curia  die  inocentum  tota;  cum  Petro  drach  fdimuB 
29  decembriB  nocte  inuitati  a  conBuIibuB  Bpirensibus.  Tricesima  de- 
cembris  ascendimus  ad  landauwe^  31  eiusdem  pransi  sumus  ibidem 
cum  Bcnlteto.  .  .  .  Depost  Becunda  ianuarij  apno  1498  a  conBulibus 
inuitali  comparuimuB  et  in  prandio  et  in  c^na.  Tertia  januarij  rursus 
iuimuB  ad  Bpiram^  ibidemque  mandimus  UBque  in  quintam  diem  eius- 
dem^ in  quo  rediuimüB  wormatiam. 

§.  34.  [fol.  93]  Anno  1498  yicesima  nona  martij  exiui  wormatiam 
et  triccBima  eiuBdem^  quQ  erat  tunc  veneris  poBt  l^tare^  redij  franck- 
furdiam. 

$.  35.  [fol.  113]  Anno  1498  die  19  apprilis  et  quinta  pasc^  des- 
cendi  maguntiam^  20  ascendi  wormatiam^  vicesima  prima  descendi 
a  wormatia  maguntiam^  23  descendi  in  naui  de  maguntia  et  24  eius- 
dem mensis  venimus  Bemhardus  et  ego  parrter  coloniam;  ibidem  ego 
mansi  vsque  ad  vndecimam  maij  illius  supra  dicti  anni,  illa  die  lacobuB 
neuhusen  et  ego  ascendimus  usque  ad  wynter,  12  die  ad  cappel^ 
14  ad  bacherach^  15  versus  maguutiam;  sedecima  maij  ego  solus 
ascendi  wormatiam ;  de  wormatia  descendi  24  maij  vna  cum  domino 
Florentio  de  veningen  maguntiam^  et  erat  pro  tunc  dies  ascensionis 
domini,  26  maij  de  maguntia  boIub  ascendi  franckfiirdiam. 

'  §.  36.  [fol.  116]  Anno  1498  die  16  junij  iuimuQ  genitrix  et  ego 
et  Eatherina,  relicta  uxor  Gilberti  hulczhusens  in  spangenberg,  vna 
cum  aliis  ad  hanawe^  vbi  in  [17]  eiusdem  mensis  dominus  Caspar.  .  .  .; 
filius  sculteti,   ibidem  suas  primitias  seu  primum  suum  diuinum  cele- 

brauit^  ad  quod  vocati  eramus.   Inuitauit  nos  dominus ple- 

banus  in  stejnheim.  Ibidem  die  18  fere  tota  fuimus;  nisi  quod  noctu 
regressi  fuimus  ad  hanawe.  Decima  nona  sumus  reuersi  mensis  eius- 
dem. [Dieser  Plebanus  zu  Steinheim  ist  Niemand  anders  als  der 
bekannte  Johannes  de  Jndagine.] 

§.  37.  [fol.  117]  Anno  1498  prima  julij  iui  maguntiam,  secunda 
ascendi  wurmatiam;  ibidem  duraui  vsque  ad  nonam  julij  y  qua  redij 
moguntiam^  decima  autem  franckfiirdiam. 

§.  38*.     [fol.  127]  Vicesima  nona  octobris  nupti^  habit^  et  consu- 

matQ  inter zu  nasawe  et  Katherinam^  filiam  Eberharts  des 

motters  [§.  39],  ad  quas  vocati  fuimus  mater  egoque  et  comparui- 
mus.  Actum  die  supradicto,  anno  1498.  [cf.  §.  39  }. 

§«  39.  [fol.  144]  Anno  1499  vicesima  octaua  augusti  et  die 
mercurij  per  ausceptionem  infantis,   quem  secundum  nomen  meum, 

iob  videlicet;  vocaui^  compater  sum  factns  Casparis  de  nasawe  et 

8 


-     «4     - 

EatherinQ,  fili^  Eberhard!  des  sackdregen,  Txoris  dicd  CasparU,  et 
ia  m  ordine  est  secundus^  quem  suscepi. 

[Job  tanzt  auf  der  Hochzeit  des  Dr.  Joh  Glauborg  als  Cano- 
nicus    §.  267.] 

[Job's  GastmaU  1600  §.  221.] 
§.  40.  [foL  166]  Job  zsLgf  mens  patrinuB.  Aimodomini  1600  die 
21.  junij,  quQ  exstitit  dominica  infra  octauam  corporU  Christi;  de 
fönte  baptismatis  suscepi  infantem^  quem  secundum  meum  nomen^ 
videlicetJob;  yocaui;  filium  Hanß  krehers^  eynssporecs,  et£l£,  vxoris 
SU9;  et  is  per  ordinem  est  tertius,  quem  suscepimns  etc.  Mortuus  est 
intra  dies  puerperij  infans. 


b)    Anschaffangen  und  GtoscheDke  Job  Rohrbach^s. 

§.  41«  |foL  4]  Anno  dSi  1490  in  die  S.  Laurencij  indui  primum 
lambasium  pictum^  w'r  den  thobiu;  coloris  morgeiiBgrauwe  una  cum 
caligis  eiusdem  coloris. 

§.  42.  [fol.  6]  Anno  1494  quarta  septembris  indui  nigras  caligas 
ad  antiquum  lambasium  nigrum. 

§.  43.  [fol.  6]  Anno  1494  xix  septembris  donauit  mihi  mater 
loricam;  colerium  loric^;  balistam  vnd  eyn  yssen  brüst,  cum  aliquibus 
teils  et  instrumentO;  quo  balista  tenditur,  pr^sentibus  Gilberte  hülcz- 
husen  et  sorore  mea  Martha. 

§.  44.  [fol.  7]  Anno  1494  nona  nouembris  thett  ich  eyn  schwarcz 
gefjrnest  barchen  wameß  zu  mjnen  rotten  hossen. 

§.  46.  [fol.  8]  Anno  1494  duodecinui  nouembris  post  meridiem 
in  domo  zum  goltsteyn  donauit  mihi  Gylbertus  hulczhusen  ymagines 
picta»  duas,  quarum  qu^libet  habet  fomam  vit«  et  morÜB.  Mas 
Caput  tenet  vitQ  et  corpus  mortuum;  e  contrario  ymago  femin^,  et  sunt 
picta  super  pannum,  pannus  autem  bituminatus  et  af&xua  est  ad 
afferulas.    Donum  comitiasQ  de  stolberg. 

§.  46.  [fol.  16]  Anno  1496  decima  nona  februarij  thet  ich  eynen 
neuwen  leberfarben  mantell  vmb  vnd  ^yn  neuwen  gyrttell  vnd  eyn 
neuwen  welsch  secklin  hing  ich  by  mich. 

§.  47.  [fol.  17]  Anno  1496  tertia  marcij  indui  caligaS;  wulgo 
roset;  una  cum  lambasio. 

§.  48.  [fol.  18]  Anno  1494  in  nundinis  quadragerimaKbus  emi 
coltrum  longum  sandali^  manubro  pro  i  fl.  iii  alb.;  item  clauam  fer- 
ream,  eyn  fusthamer  pro  ad  alb.;  item  duos  pileos,  nigrum  et  rubeom; 


—     115     — 

pro  qnindecim  albis^item  dao  bjrreia  aPbillippo  vgdnhejrmer;  rubeum 
videlicet  et  sanguinemn^  emi  pro  xl  ß  franckf. 

S.  49.  [foL  18]  Anno  1495  yn  der  fasten  meß  hab  ich  mir  kaufft 
eyn  esser  vor  vüi  alb.,  item  hat  mjrr  myn  waß  Clar  eynbroBtuch 
gestyckt  myt  golt  vnd  eyn  gülden  wolckicht  schnor  daroff  geschenckt^ 
koBt  ii  gld.  minuB  i  ort.  Item  myn  ws3  Margret  geschenckt  eyn  gel 
samett  broBtach.  Item  Erben  tagel  hat  myr  geBchenckt  eyn  langen 
thegen,  item  vi  beyner  kem. 

[GeBchenk  von  Elgin  an  Job  in  Mainz.  Mai  1495.  §.  17.] 

§.  50.  [foL  36]  Empta  et  donata  in  nundiniB  autumnalibuB 
anno  1495. 

Eyn  Bchwarczen  hutt  kauft  ich  vor  vii  alb. 

Eyn  vocabnlarium  Catholicon  pro  i  fl.  iiii  alb. 

Item  formnlare  advocatorum  et  procuratormn  et  orationale  in 

forma  minima  pro  fl Vnum  orationale  laniendo  rupit 

canis  noBter  fürst 

§.  51.  [fol«  53]  In  nmidinis  quadragesimalibus  anno  1496  emi 
byretmn  nigrum  venetianum  pro  xiiii  alb.  in  vigilia  annmitiationis 
beat^  Mari^. 

Die  29  martij  emi  iij  ulnas  velon  Rosetten  färbe,  ulnam  pro 
ii  fl.  üi  jß,  summa  5  fl.  18  ß.  De  pr^fata  summa  donauit  mihi  mater 
üi  fl.;  indui  vii  junii  anno  snpra. 

Item  nigrum  byretum  donauit  mihi  Katherina  hulczhuserin  zum 
goltstein  secunda  apprilis,  quQ  erat  vigilia  pascatis. 

Vnum  pater  noster  de  corallo;  cui  sunt  viginli  corrali  numero  et 
duo  argeiitei  et  4eAurati  kneyfi*,  et  est  de  optimo  corallo;  donauit  mihi 
Margreta  cognata  zum  thorU;  [§.  244],  die  15  apprilis  eo  die  celebra- 
batur  festum  Corona  et  Lances. 

§.  52.  [fol.  54]  Anno  1496  vicesima  sexta  apprilis  perfectus  est 
annulus  per  Danielem  ....  aurifabrum,  in  quo  eat  lapis  impositus, 
cui  insculpta  sunt  arma  mea/  suppositb  veris  coloribus  armorum, 
pro  quibus  conficiendis  exsoluit  germanus  mens  Bemhardus  rorbach 
rom^  duos  ducatos  largiter,  donoqne  dedit  mihi;  pro  factura  annuli 
ducatum  unum  exsoluit  et  hunc  donatdt,  item  magnam  partem  auri 
donauit,  ex  quo  auro  annulus  formatus  est. 

* 

§.  58.    [foL  61]  Anno  1496  secunda  augusti  donaui  domino  doc- 

tori  Florentio  de  venningen  aleam.  paratam  cum  asseribus.  Pro  alea 

dedi  aurexmoi,  pro  tabulis  sex  &,  pro  ferramento,  quibus  clauditur  et 

aperitur,  5  albos. 

8* 


—     116     — 

§.  '54.    [fol.  62]  In  nundiniB  autunmalibuB  anno  1496 
emit  mihi  mater  pectinem  comeum  pro  xüi  den.; 
duos  pectines  corneos  emi  pro  26  den.; 
cjphum    de    ligno   firaxino^    wulgariter   eschenhulcz^  pro 

6  ß.  emi; 
pro  tabula  lignea,  in  qua  scribitur^  20  den.; 
pro  iii  pectinibu8  ligneis  ß  alb.; 
pro  pileo  nigro  7  alb.. 
Franciscum  petrarcham  in  omnibus  operibuB  die  16  septembris 
donauit  mihi  doctor  Florentius  de  veningen. 

Eyn  thegen  myt  eym  wisaien  gewunden  heflFt  ist  lang,  vnd  doch 
nyt  zu  fyll,  kaufft  vor  24  alb.,  vnd  schnyt  zu  bejden  sytten,  donauit 
illum  frater  D.  Laurentio  truchses,  canonico  maioris  ecclesie  mogun- 
tinensis,  etc.  act.  22  martij  et  mercurij  post  palmarum  anno  1497. 

§.  55.  [fol.  68]  Anno  1496  vicesima  sexta  nouembris  emit  mihi 
genitrix  vi  vlnas  panni  eyner  tunckelen  färb  oder  rauchfarb,  vlnam 
pro  22  jß.  Emit  ab  Hartmudo  gryff,  curauitque  mihi  Bubduci  nigris 
pellibus  induique  eam  primum  quarta  decembris^  quQ  CBt  dies  Bacr^ 
Barbara  virginis. 

§.  56.     [fol.  73]  Anno  1497  secunda  ianuarij  donaui  aliam  Eathe- 
rin^  hulczhuseryn  zum  goltsteyn;   pro  qua  solui  6  alb.;  asseres,  quQ 
in  ea  sunt,   donauit  mihi  mater.   Donaui  infiuper  vnum  paruum  col- 
tellum,  quorum  quatuor  habui  de  colonia,  pro  quibus  solui  22  äJb. 
§.  67.     [fol.  84]  In  nundinis  quadragesimalibus  anno  1497 

duos  pectines  emi  pro  7  alb.,  eyn  eser*  pro  9  alb.; 
sex  [vier  ?]  Elen  schwarczen  meylendeschen  samet  kaufilt  myn  bru- 
der  vnd  zweyen  zu  wamessen,  die  Ell  vor  ii  gidden  üii  &,  facit 
in  summa  xiii  fl.  Emptum  20  martij  et  die  lun^  post  palma- 
rum: indui  diploidem  factam  ex  veloto  pr^notato,  die  21  maij, 
beatQ  dominica  trinitatis  Anno  1497. 
6  alb.  vor  zwen  steynen  krug  zu  lougen  ultima  martij. 
2  kleyn  bettbüchlin  kosten  vi  alb.  yn  zu  bynden  vnd  funff  alb. 

rohe,  unum  dedi  germano  Bernharde. 

Sermones  fratris  Koberti  charocholi,  duas  partes,  de  peccatls 

videlicet  et  de  sanctis,  ^pro  quibus  solui  16  ß.  Et  pro  ligatura 

eins  üii  alb.,  itterum  emi  partem  de  sanctis  pro  octo  I^,  quam 

dedi  doctori  Florentio  de  veningen. 

§.  58.    [foL  87]    Anno  1497   die  decima  apprilis  hat  mir  myn 

liebe  mutter  an  lassen  schniden  x  eilen  schwarcz  <  londesch  tuch,  mitt 


*  £ser=Beatel. 


—   iil   — 

namen  v  eilen  zu  eym  rock  vnd  iiiij  elen  zu  ejm  mantell  vnd  ejn 
halb  eil  zu  eynem  zyppffel^  vff  das,  ob  yemants  storb  von  ynseren 
vonripten  vnd  gewanten^  da  vor  gott  wol  mitt  selligkeyt  eyn  jeden 
lang  gefiriesten^  das  ich  fiirters  nit  dorff  kleyder^  als  vor  oSt  gesche- 
hen ist  [dorjBT]  entlehenen.  Soluit  pro  vlna  decem  et  octo  soHdos  et . 
qnatuor  obulos^  suma  autem  decem  vlnarum  septem  fl.  sedecim  ß  iiii  h. 
Tunicam  induj  die  tricesima  maij  anno  supra. 

§  59.  [fol.  100]  Anno  1497  decima  octaua  septembris  misit  frater 
wurmatiam  mihi  scriptorum  magnum  cum  variis  capsulum,  pro  quo 
soluit  X  alb.  Depost  23  misit  mihi  idem  frater  opiimum  rubeum  du- 
plum  biretum  Scharlach^  item  pectinem  corneum  cum  receptaculo  suo, 
factum  [facto]  de  corrio. 

§.  60.     [fol.  112]  Anno  1498  die  5ta  apprilis  emi  speculatorem  in 
impressura  ipsius  Baptist^  de  tortis  cum  additionibus  do.  Andree^  pro 
ligatura  illius  dedi  ii  alb.  et  pro  corpore  libri  seu  libro  ipso  4  fl. 
§.  61.     [fol.  119]  In  nundinis  autumnalibus  anno  1498. 
Emi  practicam  ferrariensis;  Tractatum  clausularxmi;  Summam 
Gottfredi  super  tit  decretalium  pro  ii  fl.'et  in  unum  volumen 
feci  illigari. 
Breviarium  maguntinum,  impressum  venetüs,  ligatum  pro  i  fl. 
Vocabularium,  vbi  theutonicum  latino  pr^ponitur^  et  vocabu- 
larium  doctoris  Jodoci  etc.  pro  8  alb.  et  in  unum  feci  ligari. 
Ejn  lideren  brun  klejn  wezschen  oder  aser  pro  8  alb. 
[Elgin  Borbach  schenkt  ihrem  Sohn  Job  das  Familienmissale 
und  die  priesterliche  Kleidung.  §.  66.] 


c)  Job  Rohrbach*8  Canonikat  and  Weihen. 

§.  62..  [fol.  120]  Anno  1498  vicesima  Augusti  dominuä  Johannes 
sumer^  canonicus  et  scolasticus  hie  in  ecclesia  sua  diui  Bartholom^i 
sepultuB  esty  obiit  autem  19  eiusdem;  domini  autem  de  capitulo  con- 
corditer  me  ad  praebendam  elegerunt^  solo  domino  Johanne  gryfien- 
stein  obstrepentC;  illiusque  possessionem  mihi  traddiderunt  vicesima 
augusti  iam  memorati  sub  completorio;  et  erat  dies  mercurii;  sicque 
die  mercurii  natns;  die  mercurii  praebendam  adeptus.  Deinde  domi- 
nus Eberhardus  becker  scolastriam  obtinuit.  Ego  primum  chorum 
ingressus  induto  superpelitio  die  veneris  et  ultima  augusti  post  nonam 
horam  de  die  insinuavique  residentiam  decano^  ut  diem  notaret^  qui 
respondit:  valeat,  in  quantum  valere  potest.  Sub  vesperis  vero  die  illa 
obtulit  sibi  dominus  Johannes  ugelnheimer  xii  albos  pro  vino  admis- 


-     H8    - 

sionisy  quoB  sccipere  rennit,  dicendo:  eoB  dandoB^  cui  veUent^  me  pro 
canonico  minime  reputaret;  hac  de  causa  motoB  residentiam  tone 
inchoatam  et  Bcolastico  et  cantori  ittidem  inflintiavi,  at  diem  et  horam 
Qotarent^  qui  et  polliciti  mihi  sunt  DepoBt  dominica  et  seconda  Bep- 
tembriB  anno,  quo  supra,  primum  ivi  in  processione  ad  Baactum 
Michaelem  in  Mpersione  aqu^  benedictij,  in  vigiHa  natiuitatiB  Mari« 
et  die  ipBa  portavi  thuribnlnm  et  t'enni  patenam  Bub  officio.  Snper- 
pelitium  proprium  noYum  primum  indui  ipso  die  ac  die  Michael 
archangeli  supradicto  anno.  .  Die  mercurii  post  Michael  et  tertia 
octobris  suscepi  hie  (apud  fratres  pr^dicatores  in  capella  chori  ibi- 
dem, qu9  sita  est  in  latere  dextro,  dum  vertes  ante  altare  f&liem) 
ordinem  accolitatus.  Secunda  decembris  et  prima  dominica  aduentus 
anno,  quo  supra,  indui  primum  cappam  nigram,  qu«  more  eccleaiamm 
hie  Bolet  differri  tempore  aduentus,  septnagesim«  et  quadragesim«  etc. 

[Bernhard  Bohrbach  tanzt  auf  der  Hochzeit  Dr.  Johanna  von 
Glauburg  und  der  Margaretha  Homgin  am  29.  October  desselben 
Jahres   §.  257.] 

§.'63.  [fol.  120]  Anno  domini  1499  die  veneris  post  dominicam 
l^tare,  qu«  erat  dies  xv  martü^insinuaui  dominis  de  capitulo  capituli 
congregati  [fol.  121]  residentiam  meam  completam  fore  et  me  porro 
relazari  ad  ambnlandum  etc.  more  aliorum  petii.  Cum  hoc  iam  pr^ 
tendebam,  decanus  cum  intellexit,  de  capitulo  surrexit  et  abiit  dicendo 
intra  hostium  [ostium]  capituli  ad  me,  se  non  velle  interesse  huic 
actui,  non  in  despectum  meum,  quare  illi  succensere  non  deberem, 
sed  debere  me  petere  ab  hiis,  qui  me  pr^sentarunt,  qu«  intenderem; 
non  se  mihi  esse  molestum,  sed  se  contentari  ait  in  pr^enti  in 
persona  mea,  nee  quitquam  [quidquam]  contra  me  volle 
machinari.  Quibus  dictis  ad  ceteros  dominos  capitulares  vocatus,  ubi 
petii,  uti  supra  dixi,  me  ab  onere  residenti«  relaxare,  ex  quo  com- 
pleverim  more  ecclesiae,  qui  me  abire  parum  iubebant  deEberando 
se;  habita  deliberatione,  me  revocarunt,  et  dominus  plebanus  nomine 
capitularium  respondit,  completam  meam  residentiam  fore  et  dominos 
pro  sufficiente  eam  diiudicasse,  ideoque  se  me  ab  hoc  die  liberasBe  etc. 
Quibus  pro  hoc  egi  grates  immortales.  Fuerunt  autem  hij,  quiapproba- 
runt  residentiam  meam  pro  sufficiente,.  dominus  Bberhardtts  becker, 
Bcolasticus,  dominus  G-eorgius  schwarzenberg,  cantor,  doctor  Gonra- 
dus  hensell,  plebanus,  dominus  Erhardus  dincickhejm^er  et  dominus 
Johannes  ugelnheimer,  hij  erant  capituli  congregati  et  petioni  meae 
annuerunt,  dominus  wilnawe,  alias  ruwenheimer,  non  erat,  quia  tunc 
non  exibat  domum;  dominus  Heimanus  ytzstein  erat  magunti^,  ybi 
comparuit  in  causa  quadam  ut  prodnctus  testb. 


—     119     — 

§.  64.  [fol.  121]  Äimo  domini  1499  pennltima  martii  et  sabatho 
ante  pasc^  ordinatas  in  metropolitana  ecclesia  snm  in  Bubdiaconmn, 
ubi  etiam  legi  snb  officio  epistolam^  pr^ente  in  choro  domino 
Archiepiscopo  maguntino  Bertholdo  etc.^  ac  ministravi  eo  tone  ad 
officium  ac  corpus  domini  sumpsi  Batisfaciendo  pasc^. 

§.  65.  [fol.  121]  Anno  1499  Ticesima  qninta  maji;  quQ  erat 
aabatfamn  post  pentecosten  et  dies  S.  Vrbani^  [fol.  122]  receptus  sum 
in  capitnlimiy  consentiente  decano^  qui  et  me  installavit.  Et  illo  eodem 
die  in  vesperis  incboavi  officium  meum  imponendo  in  vesperis  etc. 
Et  die  sequentiy  quando  celebrabatur  festam  sanctissim^  trinitatis,  in 
mattttinis  et  secundis  vesperis  imponendo^  legende  lectionem  etc., 
et  fuit  primum  meum;  in  missa  yero  ministram,  legi  epistolam  et  h^c 
prima,  quam  franckfurdi^  legi.  So^cepi  etiam  illo  die  primas  pr^sen- 
tiaS;  Tidelicet  noyem  h.,  pro  djacono  habui  d.  Hejmanum  de  jtzsteyn, 
canonicum  offitium  vero  celebrabat  decanus  Johannes  de  grjffenstein. 
Anno  99  in  die  natiyitatis  b.  Mari^  ministrauit  ad  offitium  mecum  d. 
Nicolaus  schell;  TicariuS;  qui  legit  euangelium;  ego  vero  canonicam 
epistolam;  contigit  ex  eo,  quia  ego  ordinem  djaconatus  non  habui. 
Anno  1500  die  28  [27]  decembris  et  die  veneris,  calculando  annum 
a  nativitate  christi,  ipsa  die  diui  Johannis  apostoli  et  euangelist^  gestiui 
primum  publice  a  choro  almusium  in  honore  Jhesu  christi  ac  pr^dicti 
diui  Johannis,  in  cuius  die  sum  natus,  qui  et  mihi  sorte  apostolus 
obuenit,  et  quia  canonici  munus  apostolorum  repr^sentat,  ego  me  illo 
die  ut  canonicimi  ezhibui  [supple:  ejus],  cuius  fruor  s^pius  intercessione. 

$.  66.  [fol.  167]  Anno  dfii  1501  dominica  invocavit  et  ultima 
februarij,  prandio  iam  acte,  Genitrix  sua  sponte,  non  rogata,  nee  vllo 
instante,  sed  animo  deliberato,  donauit  magnum,  missale  scriptum  et  in 
locis  conuenientibus  notatum,  subductum  rubeo  corrio  et  decoratum 
monilibus,  in  quibus  arma  progenitorum  nostrorum  ex  linea  patema 
formata;  item  casulam  rubeam  von  rottem  geblümten  Samat  cum 
alba,  stola,  manipulo,  humerale,  cingulo;  hac  die  et  anno,  quo  supra, 
donauit  mihi,  ut  pr^mittitur.  Actum  pr^ente  Agnete,  coqu^  nostr^ 
[coqua  nostra].  Eodem  die  paulo  post  donauit  et  Missale  aliud  anti- 
quum  et  minoris  quantitatis  alio;  illo  die  post  yesperas  retulit  Bem- 
hardo  fratri  donationemi  suam  mihi,  yt  pr^mittitor  supra,  factam  a  se 
et  donauit  illi  duas  dstas  illo  tunc.  Eodem  die,  quo  supra,  c^navimus 
mater,  ego,  Garolus,  Martha  in  domo  Bemhardi  firatris  et  Vrsullß  et 
iU  publice  mater  omnibus  in  c^na  retulit  supradictam  donationem  a 
se,  ut  pr^mittitor  in  me  factam  etc. 

§.  67.  [foL  122]  Anno  1501  sezta  martij  et  sabbatho  quatuor 
tanporum  post  cinerum  fbi  ordinatos  in  dyaconum  magunti^  ad  car- 


—     <20     — 

melitas;  ibi  continao  legi  euangelium  et  mmistraui  ad  officium  episcopo, 
qui  ordinee  contulit. 

§.  68.  [fol.  122]  Anno  1501  die  vicefiima  maij,  qu^  «rat  dies 
glorios^  ascensionis  Jhesu  christi  in  c^lum^  legi  franckfurdi^  euange- 
lium pro  primo;  Johane  gryfifenBtejn  celebrante  ofifitium  et  domino 
Nicoiao  hugonis  legente  epistolam. 

§.  69.  [foL  122]  Anno  1501  sexta  junij^  qu^  tunc  erat  sacra^ 
tissim^  trinitatis;  hie  in  ecclesia  diui  Bartholom^i  apostoli  cecini  pri- 
mam  meam  missam  de  festo  pr^dicto  et  habui  pro  adstante  dominum 
Johanem  gryifenstejn;  decanum  eiusdem  ecclesi^,  et  pro  ministrantibuB 
dominum  Heymandum  ytzsteyn  canonicum  et  dominum  Nicolaum  schell 
vicarium^  detulique  per  circuitum  ecclesi^  in  proceasione  caput  sancti 
BartholomQi  et  tenui  secuiidaB  vesperas  eiusdem  diei  vice  decani^  sicque 
compleui  opus  seu  ofßtium  sacerdotij;  divina  annuente  gratia,  precor 
autem  conditorem;  vt  hoc  primum  meum  offitium  vna  cum  reliquis 
futuris  benigne  pieque  suscipiat,  vt  mihi  omnibusque  et  yniversiB  con- 
ducat  in  vitam  et  gaudium  eternum.    Amen. 

d)  Tod  der  Elgin  Rohrbach. 

§.  70.  [fol.  171]  Anno  domini  1501  die  decima  nona  decembria, 
qu^  exstitit  eo  tunc  quarta  dominica  aduentus^  domina  Eylchin^  relicta 
Bernhardi  rorbachs,  patris  mei,  primogenita  vero  ex  Conrado  hultz- 
huBCn  et  Ann^  sachssen^  post  graues  languores  domino  suo  reddidit 
spiritum  corde  et  mente  quieta^  mea  unica  atque  amantissima  genitrix, 
quam  suscipere  in  sjnxmi  suq  grätig  dignetur  omnipotens^  pius  et 
propitius  deuS;  intime  oro;  obijt  autem  dicta  mea  genitrix  memorato 
anno  et  die^  pr^cise  post  duodecimum  iam  tactum  in  nocte.  [cf.  Bern- 
hards Familienchronik.    §.  124.] 

e)  Letzte  Krankheit  Job  Rohrbach's. 

§.  71.  [fol.  172]  Anno  domini  a  natiuitate  auspicando  1502 
minui  sanguinem  in  vena  ea^  quQ  in  sinistro  pede  inter  magnam 
pedicam  et  eam,  qu^  illi  proximior  adh^ret;  suscepi  enim  (ob  terro- 
rem  infirmitatis  matris  me^  et  mortem)  dolorem  lateris  sinistri  vdie- 
mentem,  qui  per  minutionem  illam  fnitigatus  est.  Actum  anno  supra- 
dicto  di^  tricesima  decembris;  et  h^c  minutio  est  prima. 

[Alia  manus  subscripsit:  et  ultima.  1636. 

Ut  Bolent  in  provectioris  aetatis  alteratione 

omnem  magna  oomitari  pericula. 
Job  hie  moritur  1502.  15  Maij.] 


i2i 


5.    Anna  und  Afra  Bohrbach. , 

§.  72.  [fol.  4]  Anno  1494  sexta  augusti  yelamina  sunt  imposita 
religioBiB  sponsiB  xyi,  Ann^  et  Afir^;  sororibuB  meis.  Actum  zu  den 
wiflsenfrauwen  yn  der  Kirchen. 

§.  78.  [fol.  4]  Anno  1494  in  vigilia  Bartholom^i^  qu^  est  23  dies 
augusti  9  mane  circa  horam  terciam  Anna  rorbecherin,  ^gO;  soror 
mea^  obdormiuit  in  domino  franckfurdi^  apud  virgines  zun  wissen 
frauwen,  de  quarum  numero  et  ipsa  erat,  cuius  anim^  propitiari 
dignetur  misericordissimus  deus.  Exequi^  quoad  diem  primum  cele- 
brat^  sunt  die  Bartholom^i  cum  vigiliis^  altera  die  missa.  Actum  zun 
wissen  frauwen.  Dies  repetitionis  exequiarum  cum  vigiliis  xxviii  au- 
gusti et  cum  missa  xxix  peractus  est  in  pr^fata  ecclesia. 

§.  74.  [fol.  9]  Anno  1494  vicesima  secunda  nouembris  gab  mir 
myn  Schwester  Afira  zun  wissen  ffrauwen  eyn  zwyg,  gemacht  von 
syden,  hatt  drij  wißgefolt  ackeleyen,  drij  eychlin  vnd  sust  zwo  roitt- 
gefolt  blumen  myt  fyll  anderen  kleinen  blumchin. 


6.    Martha  Rohrbach. 

§.  75.  [fol.  7]  Anno  1494  vndecima  octobris  Martha  rorbecherin, 
soror  mea,  e  sacro  fönte  baptismatis  leuauit  infantem  Gissenhenn, 
quam  nomine  suo^  videlicet  Martha^  nuncupauit.  Mortua  est  infans. 
Non  eo  minus  verum  est;  eo  quod  deletum  sit.  [Die  Notiz  istnämlich^ 
wie  öfter;  im  Manuscripte  ausgestrichen.] 


7.    Karl  Hynsberg* 

§.  76.  [fol.  3]  Anno  1494  duodecima  julii  natus  Vdalricus  hens- 
perg  ex  Karolo  hensperg  et  Agnete  neuhuserin.  Hanc  nativitatem 
retulit  mihi  Vdalricus  neuhuseU;  dicti  infantis  compater. 

§.  77.  [fol.  5j  Anno  1494  septima  septembris  obiit  Agnes  nufauseU; 
uxor  Karoli  henspergs. 


8.    Karl  Hynsberg's  Ehe  mit  Martha  Eohrbach. 

c 

§.  78.    [fol.  21]   Anno  1495  die  undecima  maij  yn  dem  klapper- 
garten KatherinQ,  relict^  Johanis  hulczhusen;  conelusenmt  et  consen- 


-     122    — 

senmt  mater  et  Elarolus  henspnrg,  ut  videlicet  Earolus  dnceret  in 
nzorem  Martham^  sororem  meam^  pr^entibuB  ibidem  Jacobe  neu- 
heiuer^  Gilberte  hulczhnsen  et  me. 

§.  79.  [fol.  21 J  Anno  1495  die  16  maij^  eratqne  dies  satunii^  synt  Tor- 
flieglet  worden  zwen  elichs  brieff  glichladent,  antreffen  Karlen  hens- 
purg  ynd  Martha  rorbeeherin,  myner  Schwester^  Tnd  von  Karies  w^en 
hatt  verei^lett  doctor  Ludwig  zum  paradiß,  schulteyß  etc  myt  synea 
ambcz  giegell,  Ortt  zum  jungen  ynd  Conratt  nuhuß,  von  Martha  we- 
gen haben  yorsiglet  Gorg  frosch,  Haman  hulczhusen  vnd  ich;  Job 
rorbach;  yr  bruder,  vnd  ist  das  erstmalig  das  ich  gesiglet  hab^  den 
myner  Schwester  zu  lieb  ließ  ich  das  siegel  graben. 

§.80.  [fbl.  21]  Anno  1495  die  ISmensismaij^  eratque  dies  lun^,  hatt 
man  von  beyder  sytten  frund  geladen  zu  foUen  bringen  vnd  zu  beschlies- 
sen  die  ehe  zwischen  Karlen  henspurg  vnd  Martha  rorbecherin  mjner 
Schwester,  vnd  hatt  Karlen  syn  frund  durch  syn  knecht  lassen  laden 
vnd  myn  mutter  yr  frund  von  Martha  wegen  lassen  laden  durch 
meysterNiclassen  schorrebrant,  den  man  nent  den  armbruster  —  die 
jungfraweu;  die  nyt  zu  gehören,  die  ledt  man  durch  eyn  meyt  des 
morgents  —  vnd  synt  die  frund  geladen  worden  von  beyden  sytten 
des  morgencz,  also  das  man  die  man  von  beyden  sytten  hatt  gepetten 
zu  komen  zwischen  Xu  vnd  eyner  uwer  zu  barfussen,  die  frawen 
vnd  jnngfrawen  yn  das  huß  myner  mutter.  Also  ist  ens  auch  folien- 
gangen. Vnd  so  die  man  von  beyden  sytten  zu  barfussen  koment, 
schickten  sie  eyn  [fol.  22]  knecht  zu  den  frawen  yns  huß,  liessend 
fragen:  wer  ens  den  frawen  gelegent,  woltent  sie  komen.  Entbottent 
ynen  die  frawen:  ens  wer  en  gelten.  Da  thet  Gorg  frosch  eyn 
abred  also  luttent  yn  der  meynung :  Alß  beredt  vnd  betteydingt  wer 
zwischen  Karlen  henspurg  vnd  jungfrawe  Marthen  eyn  ehe,  mytt 
beyder  sytten  frund  radt,  wissen  vnd  willen  die  also  zu  beschlissen, 
pett  er  sie  dar  by  zu  syn.  Des  sie  al  guttwillig  waren  vnd  gyngen 
von  den  barfusser  yn  myner  mutter  hu£  zu  der  brudt  vnd  den  frawen 
vnd  jnngfrawen.  Da  ym  huß  thett  Gorg  aber  wie  for  eyn  abredt; 
nach  der  nam  her  Johann  brun  jungfraw  Marthen  vnd  Karlen  vnd 
gab  sie  zu  samen  zu  der  heyligen  ehe  vnd  war  eyn  soUich  fyrteller 
stund  nach  eyner  uwer  nachmyttag. 

Di£  hie  nach  geschrieben  synt  die  frund,  die  von  Karlen  hens- 
purgs  vnd  Martha  rorbecherin  wegen  gebeden  worden  zu  komen  zu 
dem  winckauff  ader   hantschlag,   vnd  wo  eyn  solich  o  bystett,    die 
koment  nyt    Vnd  zum  ersten  von  karlens  sytten : 
Guttgyn  beringen,  Karies  mutter. 


-     «2S     - 

KarleD;  der  brudgamer,         \ 
o  Wigrmt(noneratmciyitate)    |    henapurg,  gebruder. 
Johan  f 

Doctor  Ludwig  zum  paradüß,  schultheyB, 

Asyn  heryngen^  Byu  husfrawe. 

Ort  zum  juBgen. 

Eryngyn  heringeii;  gyn  huBfrawe,  EarleB  anfirawe. 

[foL  23]  Conratt  nuhul)  \ 

Margrett;  Byn  husfrawe,  >    gebruder. 
Virich  nuhuß  ] 

Von  Martha  wegen  wurden  gebetten : 
Eylchin  rorbecherin,  Marthas  mutter^ 
Martha  rorbecherin, 
Job  rorbach, 

"R      h    t    /    rorbach  wurden  nyt  gebetten,  den  Bie  waren  nyt 
p        tt      i    ^^  franckfurt  (erat  namque  Bernhardt  in  via  ez- 

1    eundi  italiam,  ConraduB  vero  erat  venetÜB). 
Eatherin  hulczhuBerin  zu  goltBteyn. 

Haman 

Margret,  Byn  husfrawe, 

Gylbrecht 
o  Eryngin  zu  Spangenberg  in-    )  hulczhuser. 

firma  erat, 
o  Eylchin,  yr  tochter, 

Margrett  zum  thom 


Gorg 

Gorg,  Byn  Bun, 
o  Wicker  ward  nyt  gebetten,  denl 
er  war  nytt  yn  der  Btadt, 
Enchin, 
Magret, 


Byn  dochter. 


Wolff 
Enchin,    j 

Agnes,     (   Byn  doch^r 
LyBz,       \ 
o  Mylchar,  syn  Bun,  ward  nyt  ge*| 

betten,  den  er  war  auch  nyt 

hie. 


fröBch. 


blOm. 


—     42*     — 

o  Hen  I 

o  Kryngyn,  syn  huafirawe^  1  o      i, 

T  V  O  ÄCIl  B  ^ 

^  l   hii  non  veniebant,  alles^abant 

o  Kr3mffYn  /  ,  %  .n 

T       .  ^        l    causam  luctus,   sed  causa  illa 

o  Luwiff,   syn  sun,  war  nyt  ee-i  , 

,  ?        j  X      l  non  excusat  plene. 

laden  ^   den  er  war  nyt  zul  ^ 

franckfurt.  / 

o  [fol.  24]  Doctor  Johann  glauburg  non  erat  in  civitate. 
Johann  von  holtzheymer. 
Katheryu;  die  alt  rorbecherin.     [§.  87] 

Die  jungffrawen,  die  nyt  zu  gehorten  vnd  doch  geladen  warent: 

Cristyn  froschin  zum  burgreffen, 

Kryngyn  stralnbergeryn, 

Junrarawen  \    tt  i  • 

*    Kryngyn  dyrmeyenn, 

Kryngyn  humbrechtin. 

Die  jungen  gesellen,  die  lud  Karlen  alle,  nach,  dem  der  hant- 
schlag geschehen  war,  welche  anders  uff  der  stoben  den  selbigen  tag 
waren,  vnd  koment  zum  nachtmall,  die  hernach  geschrieben : 

p  f    nuhuß,  gebruder. 

Georg  martroff. 

Johann  han. 

Ambrosius  glauburg. 

Conrat  zum  jungen. 

Philipps  ogelnheymer.  - 

Bemhart  wyß. 

philipps  von  stocken,  nobilis,  inuitatus  per  matrem   et  ille  le- 

gittimus  est. 
her  Johann  brun,.  inuitatus,  quia  despondit  iste  sacerdos. 

§  81.  [fol  28]  Bolemnizatio  matrimonii  Karoli  et  Martha. 

Anno  1495  prima  die  julii,  qu^  est  vigilia  visitacionis  b.  Mari^, 
post  horam  octavam  mane  in  facie  eccledi^  solemnizatum  est  matri- 
monium  Karoli  hens'pürgs  et  Martha,  german^  me^.  Et  cum  Karolo 
adecclesiam  iuimus  fratermeus  Bemhardus  et  ego  et  non  alius,  cum 
sorore  mater  nostra,  socrus  sua  una  cum  Anna  et  Agnete,  filiabus 
Wolf  blümes.  Deinde  sexta  julii  eodem  anno,  quo  supra,  nupti^  act^ 
sunt,  ita  videlicet:  vocati  ad  nuptias,  ederunt,  biberunt  ac  trepudiarunt 
in  curia  dfii  archipr^sulis  treuerensis,  vulgo  monczhoff  dicta. 
sponsa  vero  sponso  est  apposita  in  domo  wixhuserhoff  publice 
nuncupata,  in  camera  picta,  sita  super  testudinem.  Ego  autem  nuptiis 


-     125     - 

penitaB  non  interfui^  febribns  pr^peditaB^  Bed  cum  sponsaapponebatur 
sponso,  ego  occnltatns  Bub  lectu  [fol.  29]  extraxi  dextram  calcenm; 
JacobuB  nuhusen  me  pr^venit  extrahendo  siniBtrum  et  ille  rectiuB 
me  egit^  cum  tum  dedit  Gjlberto  hulczhusen. 

§.  82.  [fol.  29J  Anno  149ö  decima  nonajulii  Martha  rorbecherin; 
Boror  noBtra;  traducta  est  ad  curiam  Karoli  heuBpurgs,  mariti  Bui^  der 
f  0  d  e n  h  o  f f  nuncupata[m]. 


9.    Kinder  dieser  Ehe. 

§.  83.  [fol.  69]  Anno  1496  in  die  diu^  Barbar^  Virginia^  quQ  est 
quarta  dies  decembris^  natus  estexEarolo  henspurg  et  Martha,  sorore 
mea;  Ludwicus,  primogenitusmaxime  Martha,  habuit  namque  Caro- 
lu8  antea  duas  yxores.  Quinta' decembris  baptismate  renatus  est  E 
fönte  baptismatiB  suseepit  infantulum  Ludwicus  de  paradiso,  iuris 
vtriusque  doctor  ac  miles  huius  opidique  scultetus.  Deinde  anno 
1497  die  16  octobris  peperit  Carolum,  de  quo  latius  in  chartalOl; 
obijt.  [fol.  101 :  Anno  .1497  die  sedecima  octobris  natus  est  secundo- 
genitus  Caroli  et  Martha  sororis  infra  XII  et  primam  horas  de  die; 
vocatus  patrls  sui  nomine  videlicet  Carolus  hynsperg.  Infantis  com- 
pater  Dyß  hengyn.  Arbitror  infantem  17  eiusdem  baptizatum,  me 
tunc  wormati^  existente.  Mortuus  est  infans.]  Anno  1499  decima 
quinta  junij  genuit  filium^  quem  et  Earolum  nominauit;  vide  in  141. 
[fol.  141 :  Anno  1499  sabatho  et  decima  quinta  junij  ex  Earolo  hens- 
perg  Martha;  soror  mea,  genuit  filium  suum  Karolum  ante  horam  duo- 
decimam  de  die  y  qui  baptizatus  die  dominica  sequenti.  Compater 
infantis  est  Michel  schwartzenberg,  et  is  in  genitura  tertius  est  filius 
Martha  in  ordine;  obiit  paulo  postj  Anno  1500 peperit  Ort  13  iunij, 
de  quo  in  charta  154.  [fol.  154 :  Anno  1500,  anno  iubileo  et  bisextili, 
peperit  Martha,  soror  mea,  ex  Karolo  hynsberg  quartum  filium  trede- 
cima  iunij,  qui  baptizatus  die  sequenti,  qu^  erat  dominica  trinitatis. 
Nomen  nati  estOrtt;  compater  estOrtt  zum  iungen  senior  et  viduus, 
in  octobri  obiit  eodem  anno.] 


10.  Städtische  Dienste  Karl  Hjnsberg's. 

Wahl  zum  älteren  Bürgermeister  §.  124. 

§.  84.  [foL  138]  Anno  1499  in  die  innentionis  sanct^  crucis  et 
tertia  maijEarolus  bynsperg,  affinis  meus,  ärripuititter  ad  oberlingen, 
misBUB  a  consilio,    quem  plures    comitati    sunt  vBque   ad    Saltum 


—     126     - 

cerni;  inter  qaos  etiam  ^o  cum  Uli»  pariter  eqnitaui  super  equum 
Jacobi  neuhusoD,  magistri  ciuium.  Muüeres  etiam  curru  vehebantur, 
videlicet  mater  Karoli  et  yxor  9ua,  mater  mea  et  vxor  Michael 
Bchwartzenbergs. 


11.    Wahnsinn  von  Johann  Hynsberg;  Karls  Bruder. 

§.  85.  [fol.  83]  Anno  1497  quinta  martij  et  dominica  L^tare 
lohann  hjnßberg  post  altercationem  et  insolentias  in  domo  habi- 
tas  alapas  in  domo  iustissime  accepit,  deinde  post  vesperas  in  foro 
ante  pr^torium  apprehensus,  publice  per  pedeUos  magistratuum  ductus 
in  carcem  sancti  spiritus,  depost  decima  sezta  maij  eodem  anno  de 
carcere  laxatns  et  emissus  est.  D^ost  vero  sequenti  anno  in  mense 
Januarij  itterum  carceri  includitur^  in  quo  nunc  residet,  actum  me 
existente  wormatiQ    [cf.  §.  33.  34.J. 


12*    Tod  der  Guttgyn  Hynsberg;  Karls  Mutter. 

§.  86.  [fol.  160]  Anno  1500  sedecima  decembris  obijt  honesta 
Guttgyn  heryngen^  relicta  karoli  hyni^bergs.  Reliquit  filios  duos, 
Wigandum  videlicet  et  Carolum  sororium  nostrum^  et  Annam^  yxorem 
quondam  domini  Johannis  reiß^  aduocali  huius  oppidi. 


13.    Conrad  Bohrbach. 

§.  87-  [Nicht  numerirtes  Vorblatt]  Anno  1493  octava  apriU 
abiit  primum  Conradus,  frater  meuS;  de  franckfurdia  ad  Augustam, 
de  Augusta  Venetias^  de  Venetüs  rediit  franckfurdiam  in  anno  1498 
in  mense  martij.  Ibidem  duravit  usque  diem  octavam  junii  anni  jam 
dicii.  Ea  die  adduzit  cum  secum  Ludwicus  m^urtro£f  ad  Alemaniam 
Bassam. 

[Conrad  weilt  zu  Antwerpen  §.  10.] 


14.    Tod  der  Katharina,  Heinrich  Bohrbach's  Wittwe, 

Jobs  Tante. 

§.  88.  [fol.  157]  Kaiherina  Borbechin.  Anno  1500  sexta  octobris 
ac  die  martis  noctn  yndecima  hora  vel  circa  eam  obijt  Katherina, 
relicta  Henrici  rorbachs,  patrui  mei^  et  septiaia  eiusdem  menais  ae- 


-     127     - 

pnlta  est  in  ecclesia  noatra  condtatauique  funus  fbit  com  Baoerdotibufii 
ac  Bcolaribus  etc.  [cf.  Bernhards  Familienchronik  §.  86  seq.] 


15.    Grundbesitz  der  Familie  Bohrbach. 

§.  89.  [fol.  5]  Anno  1494  zxvüi  augusti  locauit  mater  Celaria 
in  domo  Ernfelf  duo  illa  contigua  Wolff  brente  pro  v  fl.  ad 
annum  iüi*^^,  incipiet  autem  annus  currer^  ipso  die  Mihael  proximi 
yentiiri,  locauit  autem  eertis  condicionibus^  de  quibus  ipsa  nouit 

§.  90.  [foL  34]  Anno  1495  in  mense  augusti  hat  die  mutter  die 
zwen  herd  zu  ernfelß  mji  schyffersteTn  lassen  beseczen  vnd  gancz 
neuwe  machen ^  auch  ejn  neuwe  blanck  lassen  machen  im  Esch- 
heimerhoffyff  der  Ijnckten  sytten,  alß  man  zu  hoff  yn  gett;  fahet 
daselbst  neben  dem  stall  anvndstost  an  reckklessen  scheuwer;  auch 
hatt  sie  die  spicher  jm  hoff  lassen  bynden^  wo  ens  noitt  ist  gewest 
pSodem  anno  die  16  mensis  nouembris  hat  myn  mutter  zwen  neuwe 
steynstock  vor  den  keller  zu  Ernfels  lassen  machen,   not.  margin.] 

§«  91.  [fol.  35]  Anno  1495  die  3  septembris  ist  eyn  gancz 
neuwer  offe  ußgemacht  vnd  bereydt  worden  jn  der  grossen  stoben. 

§.  92.  [fol.  50]  Anno  dnj  1496  in  die  cathedra  beati  Petri^  erat- 
que  tunc  dies  Iun§  post  dominicam  inuocauit;  feci  annectere  stubell^ 
me^  seram  cum  duabus  davibus  [duabus];  pro  hijs  solui  octo  £. 

§.  93.  [fol.  59]  Anno  1496  hat  myn  liebe  mutter  den  hoffyn 
der  Escheymergassen  ynwendig  vnd  vßwendig  vnd  desglichen 
die  spicher  vnd  stel,  scheuwer  vnd  yn  allen  zynJßhuseren  d'arby 
lassen  bynden^  machen,  kleyben,  wedderbarten,  estricheu;  vfige^omen 
das  hynderst  zynßbuß  im  gesslyn,  das  also  onreyn  ward  gehalten 
durch  die  daryn  wonnend,  das  man  dar  vmb  nyt  mocht  das  selbig 
huß  mjt  estrich  beschlagen;  sust  syn  die  andern  zwey  hußlin  myt- 
sampt  dem  hoff  gancz  vßbereyt,  auch  zwen  ganzer  neuwer  offen 
gemacht;  eyner  yn  die  stoben  des  huß,  das  ym  hoff  lyt,  der  ander 
yn  das  huß  zwischeym  hoff  vnd  dem  eck ;  auch  den  hoff  ynwendig 
vnd  vßwendig,  vor  vnd  [suppl.  die]  zynßhusser,  wo  sie  czur  gassen 
zu  gan,  lassen  wissen  vnd  malen ,  auch  fom  an  hoff  myns  vatter 
seligen  vnd  yr  wappen  lassen  mallen,  dar  uor  gab  sie  vüi  &,  vnd  ist 
der  hoff  gancz  vßbereyt  worden,  wie  obstet,  die  vicesima  octaua 
julij  anno,  quo  supra. 

§.  94.  [foL  64]  Anno  1496  prima  octobris  duplicat^  valuQ  circa 
fenestras  anterioris  partu  maioris  stub^  erect^  ac  perfecta  sunt.  Eodem 
aano,  antea  videüeet  quam  valu^  erigebantor,  stuba  magna  et  aula,  qu^ 


I 
I 


—     128     - 

pr^cbe  ante  stubam   est,  wulgariter  der  em,  dealbat^  et  coloribua 
varÜB,  Yt  vides;  colorat^  sunt. 

§.  95.  [fol.  85]  Anno  1497  in  martio  et  apprili  hat  myn  mutter 
lassen  das  dach  heben  ober  dem  stall  jnn  vnserem  hiü3  vnd  etlich 
neuwe  balcken  vnd  suellen  darunter  lassen  ziehen. 


16.    Besitz  und  Vermögensverhältnisse  derFamilie  Bohr- 
bach im  Allgemeinen. 

§.  96.  [fol.  3]  Anno  1494  die  junii  xv  tradidit  mater  binas  sigil- 
latas  litteras  Nicoiao  armbruster^  unas  super  iüi  morgen  et 
X3txvii  rudon  bratorum  [pratorum];  secundas  impignoratas  pro  vi  flo- 
renis;  videlicet  caveant  de  xii  achtel  vel  malder  siliginis;  sed  sunt 
impignoratae,  quousque  de  litteris  aliis  caventes  [caventibus?]  de  sex 
florenis  mater  prouideatur  [provideat].  Item  habuit  et  antea  diu  litteras 
caventes  desuper  iij  flor. 

§.  97.  [fol.  8]  [Anno  1494  duodecima  novembris].  Item  hat  myn 
mutter  Qylbrechte  die  schnjdbanck  geluwten. 

§.  98.  [fol.  45]  Anno  1495  die  tricesima  decembris;  annum  ab 
initio  ianuarij  inchoando,  solui  ex  parte  matris  exactionem^ 
quam  domini  de  consulatu  imposuerunt  eodem  anno  et  solui  noveni 
aureos  et  duodecim  solides^  et  vi  d.  pro  xviii  &  census,  quem  censum 
soluit  magister  iohannitarum^  et  hij  restituent  eosdem  vi  d.  Hanc 
solutionem  feci  in  stubella  vff  dem  romer  sederuntq.  ex  parte  con^ 
sulatuS;  qui  hanc  exactionem  a  me  receperunt^  Cristianus  folcker, 
tanqum  scabinus^  Johann  zum  iungen,  tanquam  domicellus 

et  Scheffer  hen  seniar,  vt  vnus  ex  plebeijs^   et tan- 

quam  scriptor.  Jn  alia  stubella^  in  qua  picti  sunt  principes  secundum 

ordinem,  sederunt  Ortt  zum  iungen^  tanquam  scabinus 

Eisdem^  dempto  quod  non  erat  Cristianus  folcker  eodem  in 
loco^  et  eandem  quantitatem  videlicet  viiij  fl.  17  h.  ex  parte  matris 
solui.  Actum  anno  domini  1496  die  decembris  vicesima  [1.  tricesima] . 

§.  99.  [fol.  53]  Anno  1496  die  octaua  hab  ich  possesion  ent- 
phangen  von  wegen  mjner  mutter  von  dem  schultheyssen  vnd  schef- 
fen  zu  kaldebach  bj  bonmeß  vber  die  x  achtel  kpmgulte,  die  mjn 

r 

mutter  kaufft  hatt  vor  hundert  gülden  vmb  Cuncz  schwalbach  iuxta 
litteras,  quarum  initium  151:  Joh.  Cuncz  von  schwalbach  vnd  ich 
Else  etc.  et  finis  litterarum  est:  Geben  nach  christi  vnsers  herren 
geburt  dusent  vierhundert  nunzig  vnd  sechs  iar  vff  fritag  nebst  noch 
vnser  lieben  frawen  tag  zu  latln  genant  anuntiationis.    Aderat  ibi 


.     —     129     — 

WaltheruB  de  fischbom,  primus  officialiB  in  bonmeß;  quem  et  scul- 
tetus  et  scabini  et  venditor  rogarunt  pro  sigillo  et  venditoris  vxor, 
pr^se^te  me  et  Nicoiao  schorrebrant;  vulgo  Niclas  armbru- 
Bter  genannt;  qui  ob  eormn  preces  sigillmn  8uum  i^pendit 

§.  100.  [fol.  63]  Anno  1496  5.  septembris  sigillaui  octo  quitan- 
tias  matri«  Piima  x  fl.  sub  titulo  reemptionis  in  geyhihusen ;  secunda 
xüi  fl.  continebat  ad  vitam  matris ;  tertia  xx  fl.  sub  titulo  reemptionis 
in  ylma;  quarta  xiii  fl.  ad  vitam  matris  in  norenberg;  quinta  xüi  fl. 
ad  Yitam  meam,  olim  etiam  ad  vitam  Ann^  sorororis;  in  erfurdia; 
sexta  xüii  fl.  sub  titulo  reemptionis  in  erfurdia;  septima  xüi  fl.  ad 
vitam  Bernhardi  fratris  in  erfurdia;  octaua  x  fl.  sub  titulo  reemptionis 
in  hochhejm.  Fratri  meo  sigillaui  vnam  quitantiam  super  8  fl.  ad 
vitam  suam  ei;  matris  in  er^rdia.  Anno  1498  sigUlaui  decem  quitan- 
tias  matri;  fratri  duas. 

§.  101.  [fol.  66]  Anno  1496  hab  ich  eyn  gewalczbrieflT  versiegelt 
zu  vorzyhen*  vff  zwen  morgen  ackers  vnd  fünf  fyrtell  mynner 
üü  rüden ;  gelegen  ynn  der  bockenheymer  termyni,  die  myn  mutter 
vor  ym  iar  1490  verkatdSft  hatt  Classen  mertellern  vnd  Hen  ym 
hoff',  der  iimflrawen  zu  wyssen  frawen  lantsydell,  vnd  hatt[en]  die  buwe- 
ren  keyn  genügen  dran^  sie  werent  dan  noch  gewonheytyrs  gerichtcz 
gewert.  Darvmb  gaben  Bernhart;  myn  bruder;  vnd  Martha ;  myn 
Schwester;  rniyr  eyn  gewalczbrieff  von  yrer  zweyher  wegen  zu  vorzy- 
hen ;  also  bracht  ich  dissen  gewalczbriefi*  vor  das  siezen  gericht  zu 
bockenheym;  den  liessen  sie  zu  vnd  darnach  vorzieh  ich  von  wegen 
myns  bruders  vnd  Schwester  vnd  mynet  wegen.  Also  wurden  wir  vß 
dem  lant  von  gerichcz  wegen  druß  gesetzt  vnd  die  obgenanten  bue- 
ren  dryngeseczt  vnd  den  gewalczbriefi*  wolt  myr  das  gericht  nyt 
Widder  geben.  Actum  anno  1496  die  octaua  nouembris.  Von  myns 
bruder  Conracz  wegen  könnt  ich  nyt  vorzyheU;  den  er  was  zu 
Venedig. 

§.  102.  [fol.  69]  Anno  1496  die  vicesima  decembris  solui  exac- 
tionem  ex  parte  matris ;  videUcet  nouem  flor.  duodecim  ß.  et  vi  h.; 
dominis  de  consulatu  traddidique  Jobanni  zum  jungen  et  iSchef- 
fer  benn  et  aderat  scriptor  Johannes  schneglin.  Cristianus  fol- 
cker  debebat  adessC;  sed  non  erat.  Actum  in  prima  stubella  versus 
gradus  vff  dem  Eomer,  vide  supra  in  anno  95.  [§.  98.]  Die  30  de- 
cembris tandundem  [1.  tantundem]  ex  parte  matris. 

§.  103.  [fol.  84]  Anno  1497  decima  quarta  martij  sigQlaui  matri 
octo  quitantias;  primam  de  x  fl.  titulo  reemptionis  in  ciuitate  geyln- 


»  verzichten. 


—     <30     — 

husen^  secundam  xx  fl.  sub  titulo  reemptionis  vlm^^  tertiam  xiii  fl. 
ad  vitam  matris  norrenberg^ ,  quartam  de  x  iL  redimendis  in  viUa 
hocheym^  quintam  xiii  fl.  ad  vitam  matris  argentin^,  sextam  xiii  fl. 
ad  vitam  meam  et  AnnQ  sororis^  nunc  defunct^^  erfiirdi^^  Beptimam 
de  xiii  fl.  redimendis  erfordi^,  oetauam  xiii  fl.  ad  vitam  fratris  Bern- 
hardi  erfurdi^.  Fratri  sigillaui  vnam  de  octo  fl.  ad  vitam  suam  et  matris. 

Anno  1498  ipsa  die  Petri  et  Pauli  sigillaui  matri  quitantias  8  de 
20  fl.  sub  titulo  reemptionis^  quos  praestant  vlmenses/debitos  auteni 
ipso  die  natiuitatis  Johannis  baptist^. 

Dum  vero  ego  wurmati^  fderam,  sigillauit  frater  Bembardns 
qu^dam,  qu^  nescio,  attamen  alias  nihil  pr^ter  quitantias. 

§.  104.    [fol.  86]     Anno  1497    die   nona  appril    solui  ex   parte 
matris^  fratris  Bernhardi,   Boler  hens^  AgneS;  coqu^  nostr^;  et  All; 
Cuncz  flecken  tochter  von  sprenlingen,    in  solutionem  regii  exaetio- 
nis  iuxta  decretum  a  tota  vniversali  congregatione  imperij  wormati^ 
ordinatum,  videlicet  in  anno  1495^   videlicet  quilibet  in  bonis  habens 
quingenta  soluat  medium  aureum  renensem^  habens  mille  soluit  aureum^ 
et  si  vltra  mille  millia  haberet,   non  tamen  prestaret  nisi  aureum, 
habentes  vero  minus  quingentis  vel  etiam  nihil  habentes,  vt  famuli 
et  famul^   aliique,   dumniodo  ^tatem  quindeeim    annorum    habeant, 
soluit    qu^que    persona    vicesimam    quartam    partem    fl.     renensis. 
Sicque  ego  die  pr^fata  pro  me  solui  1  fl.,  pro  reliquis  quatuor  per- 
sonis  iiii  ß  monet^  franckfurdensis.    Hij  [?]   autem   ordinati  erant  a 
consulatu  pro  colligenda  dicta  exactioue  Georgius  frosch,  äff i nis 
meus,  tamquam  scabinus,  Hamandus  hulczhusen,  cognatus 
mens,  vt  domicellus,  et  quum  solui  ego,  eo  tunc  non  erat  pr^sens 
Bechten  iohannes,  tamquam  de  vulgäribus.  Et  quidem  aderat 
scriptor  Johannes  schneglin.    H^cque  prima  est  solutio,  quam  nos 
pr^fati  soluimus,   sie  enim  soluetur  ad  quindecennium  iuxta  ordina- 
tionem  supra  dictam.   [Spätere  Notiz:]  Sed  depost  minime  practica- 
tum,   eo   quod   pecuni^   h^c   non   vertebantur   in    publicum   profec- 
tum  etc. 


Dienstboten  im  Rohrbaeh'schen  Hause. 

§.  105.  [fol.  69J  Anno  1496  die  decima  nona  octobris  hermanus 
de  Liech  locauit  operas  suas  matri,  die  vero  17  decembris  abijt  de 
voluntate  matris. 

[Diebstahl  einer  Magd  des  Hjnsbergischen  Hauses  §.  147.] 
§.  106.    [fol.  117]     Sedecima   julij   anno   1498   Hensell  juuenis 
noster,    fllius  Cremer  hens,   abijt  de  domo   nostra,   non  petita  venia 


-     131     - 

et  insalutato  hoBpite^  adeO;  quo  se  contalerit^ignoremus;  nee  quitquam 
abatulit;  sed  vestibus  exignis^  non  etiam  indutus  caligis;  sed  eamisia, 
toga>  pallio  et  capotro  indutus  abijt. 

§.  107.  [fol.  124]  Anno  1498  deeima  quarta  octobrie  ist  mir 
stompfflichen  anbracht  durch  Eylchin  von  sprendelingen,  wie  sie  sich 
fillicht  ongeuerlich  mit  werten  vorlauffen  mag  haben  gegen  Giessen 
henn  [cf.  §.  26  u.  75]  y  die  £e  berum^  doch  glaub  ne  nit^  das  schaden 
bring;  oder  wie  dem  allen  hab  sie  ejn  ring  von  im  genomen  vnd 
besorg  sich  vß  sjner  red^  sie  hab  mer  vnd  witter  geredt,  dan  sie 
vormejnet  Darumb  so  er  sie  haben  woU;  woU  sie  im  gefolgig  syn  etc. 
Uff  das  hab  ich  noch  irem  bruder  vnd  ires  bruders  schwer  [swdher] 
geschickt  vnd  den  bruder  gegen  ir  widder  vertragen ;  der  den  fast 
onwillig  war,  das  sie  von  solichem  handel  im  noch  vnß  keyn  wissen 
gethan  hat;  noch  dem  giessen  hen  befoln  [foL  125]  syn  frund  mit 
im  zu  bringen;   hat  er  ako  bracht  sin  vater  Cunczen  zinghen  vnd 

hansen siner  Schwester  man,  myn  geuatter.  ,Da  sie  also  by 

eud  ander  qwamen  y  noch  filen  furhalten  vnd  nach  Gelegenheit  irrer 
beider  ist  nichts  witter  beschlossen  worden^  dan  das  eyn  kuntschaflft 
abgeredt  ist  worden  noch  gewohnheit  disser  stat  zwischen  innen^  wo 
sie  Kind  gepur^  die  will  auch  der  gemelt  giessen  henn^  [suppl.  der]  zwo 
dochter  von  der  furderigen  frawen  hett,  vnd  das,  so  ens  eyn  erbar  ratt 
hie  verwilliget  vnd  zugeb;  sust  so  ens  nit  zugelassen  durch  den  ratt 
wurd^  sal  ens  noch  gemeynen  rechten  vnd  gewonheitt  gehalten  wer- 
den. Noch  dieser  abredung  byn  ich  vnd  zinghen  von  frunden  Eyl- 
chin  das  also  zu  erofihen  verordenet  worden,  das  ich  auch  also  in 
myner  mutter  kochen  gethan  hab  in  by  wesen  des  icz  genanten  zing- 
hens  vnd  der  gedachten  Eylchins  Schwester,  vnser  meyt  Agneßen 
[$.  104],  vnd  eyner  frawen.  Als  aber  solichs  gescheen  war,  begerten 
die  frund,  das  der  hantschlag  geschee,  vnd  hatten  mich,  Jop,  das 
ich  sie  zusamen  geb,  das  ich  den  also  gethan  hab  vff  den  obgemel- 
ten  tag  vmb  drij  wuer  [Uhr]  nochmittag.  Actum  h^c  omnia  in  domo 
nostra,  der  wizhuser  hoff  genant,  in  pr^sentia  pr^dictorum,  item 
et  Jacobi  nehusen,  viri  consularis,  et  meisterNiclaß  armbruster, 
quos  specialiter  ego  hüic  caus^,  vt  Interessent,  vocaui;  mater  etiam 
huic  actui  pro  tunc  interfuit.  Vnd  das  die  erste  .Ehe,  die  ich  gemacht 
vnd  zu  sam  geben  hab,  got  geb,  das  wolgerat.  Amen. 

§.  108.  [fol.  126]  Barbara,  Hanß  kneyffen,  doliatOris  ac  incol^ 
opidi  huiuB,  et  Elßen  filia,  iniroijt  domum  nostram  ad  famulandum 
genitrici  als  eyn  vndermeyt,  24  octobris  anno  1498.  Abijt  de  post, 
kathedra  Petri.  anno  99. 

9» 


IL    Frankfurter  Sachen. 


1.    Zeitgeschichtliches. 

§.  109.  [fol.  3J  Anno  1494  die  janij  14  wormatieivies  iuramnt 
fidelitatiem  serenissimo  regi  Maximiliano  etc.  solutique  sunt  a  ditione 
palantini;  si  est^  vt  fertur. 

§.  110.  [fol.  78]  Anno  1497  prima  ianuarij;  vt  arbitrof;  obiit 
generosus  comes  Johannes  de  jsenberg^  frater  comitis  Lndwici  de 
ysenberg;  dominus  in  budyngen. 


2.    Das  Beichskammergericht  in  Frankfurt 

§.  111.  [fol.  38]  Anno  1495  in  mense  septembre  consules  franck- 
furdenses  aulam  ad  cameram  in  domo  zu  brunfek  conduzerunt  qua> 
tuor  annis  ea  lege^  vt  pro  quolibet  anno  30  fl.  exsoluerent  pro 
mercede^  et  si  intra  pr^fatos  annos  renuatiarent  conductioni,  tunc 
^dificata  manebunt  dominis  domus  et  censum  pro  temporis  rata  soluere 
tenentur.  Hac  conuentione  habita^  mox  machina  et  sedes  cum  scamnis 
construuntur  pro  iudice  camer^  regalis  et  assessoribus.  Stacio  etiam 
propria  pro  procuratoribus  seu  oratoribus  causarum  ordinatur.  Et 
fenestris  ornatur  deinde  iudicis  tribunal  et  assessorum  et  tabeUionum 
scamna  pannis  decorantur.  Novus  ascensus  ad  aulam  per  gradus 
struitur.  H^c  aula  sie  expedita  iudici  regalis  iudicii  et  suis  assessori- 
bus est  deputata,  in  qua  audit  causas  et  sententias  profert.  Anno 
1495  vltima  septembris  ascendit  Serenissimus  [fol.  39]  Maximillia- 
nus^  romanorum  rex;  aulam  et  iuramenta  a  gener oso  domino,  do- 
mino  Yttell  Friderich  de  zolert  comite,  tamquam  iudice  accepit 
et  ab  onmibus  assessoribus  aduocatis  procuratoribus  et  tabelüonibus 
sicque  pr^fati  omnes  regi  in  propria  persona  assistenti  iurarunt  et  [?] 
verum  in  hijs^  qui  tunc  aderant;  hij  vero;  qui  neglexerunt  vel  non 
aderant;  depost  iudici  iuramenta  pr^stiterunt. 


—     133     — 

§.  112.  Deinde  terda  die  nouembris  anno^  quo  snprS;  genero- 
Bos  dominiiB  comes  de  zoler  iudex  aulam  ascendit  et  iuramenta 
pr^stitit  quibusdam  asseflsoribus  et  uni  ex  tabellionibus;  qui  antea  non 
iuraront;  dehinc  in  snam  sedem  seditet  assessores  partim  ad  dexteram 
locauit;  et  hi  erant  doctoreB,  partim  ad  siiuBtram  et  hij  nobOeB  erant^ 

non  tamen  doctoroB^  eratque  unuB  ex  nobilibus  comes  dictuB 

de  EberBteyn.  Cumque  sedebant^  mandauit  iudex  procuratoribuB  ^  ut 
causaB  iuxta  normam  ipaiB  traditam  wormati^  agitarent,  et  Bi  in  ea 
«nergeret  quiB  defectUB,   emendaretur   per  eum  succeBBU  temporis. 

Et  primam  doctor engelender,  fiBcaliB  regis;  agitabat  cauBam 

ex  parte  regi«  maieatatiB  tanquam  actoriB  aduerBum  comitem 

demörf.  Et  in  bac  prima  audientia  Bedebat  iudex  pr^fatuB  cum  quin- 

que  doctoribuB  in  dextra  et  comes de  ebersteyn  cum  tribuB 

nobilibus  in  sinistra  iudicis.  Item  aderant  du'o  Bcriptores,  qui  acta, 
quae  aguntur  in  iuditio ,  Bcribebant ,  quorum  vnus  Johanes  starck, 
alter  Ambrosius  dietherich  appellatur,  et  hij  duo  secretarij  dicnntur. 
AliuB  etiam  erat  scriptor,  qui  instrumenta  legebat  publice.  Erat  et  quar- 
tuB  et  iBte  specialis  erat  scriptor  iudicis.  Item  erat  et  pedellus.  Item 
aderant  octo  procuratores  seu  oratores  causanun.  Et  h^c  fiiit  prima 
sessio  iudicis  seu  prima  audientia  camer^  regalis;  licet  wormatiQ 
s^pius  audientiam  dederit,  tamen  revera  non  nisi  ymago  hujus  fuit, 
ut  Omnibus  patet  Hoc  acto,  ex  camera,  quQ  adh^ret  aulQ  prefatQ, 
stuba  formatur,  ornatur  [fol.  40]  fenestris  et  scanmis  etc.  et  in  ea 
causaB  et  fiententias  tractant. 

§.  113.  Anno  1495  27  die  nouembris  pr^stitit  comes  Yttell 
Friderich,  iudex  regaUs  iuditij  camer^,  iuramenta  Jacobe  leyer  et 
Cunz  schryner  tamquam  cursoribus,  qui  iurarunt  die,  quo  sup'ra. 
Anno  149Ö  .die  secunda  nouembris  doctor  Bernhardus  schefferlyn 
pr^stitit  iuramentum  assessoris,  et  iurauit  quidam  nuntius  eodem  die. 

§.  114.  Secunda  nouembris  Anno  1495  hatt  des  römischen 
konigs  perseuant  alle  phede  brieff  von  romer  abgenomen  vß  yrsach, 
das  vnser  her  der  konig  alle  phede,  die  disse  statt  vff  das  mall  hat, 
hingelacht  hatt 

§.  115.  [fol.  8&j  Anno  1497  duodecima  maij  marchio  lacobus 
.  ...  de  baden,  Iudex  iuditij  camerQ  vna  cum  asBessoribus  vltimam 
pr^buerunt  audientiam.  Ex  eo  enim  die  iuditium  camer^  translatum 
est  a  franckfurdia  wormatiam. 

§.  116.  {fol.  90]  Eodem  die  [sc  corporis  christi  et  vicesima 
quinta  maij  anno  1497]  inuitavit  Eberhardus  de  husestheym  et 
Guttgjn,  uxor  sua,  ad  c^nam  ad  ortum,  quem  habet  extra  muros, 
dictuB  nydennawe,  yidelicet  marchionem  lacobum  de  baden  supradic- 


—     13*     — 

tarn  (qui  Becom  habuit  dta  dorlinger  et  duos  aUos  nobilee  sibi  ser- 
nientes  ad  tabniam);  doctorem  [fol.  91]  de  nideck;  lohaxmem  pleniger^ 
Vitom  de  walrod^   equitem   auratum,  onmes   bij   assessores  iudilij 
camer^  nobilesque,  ........  scliaczmeyfter  imperij^  comendatorem 

domns  dominorum  theatonicorum,  nomine  Päncratius  de  rynBtein; 
GoffSeui;  de  kleben,  auch  echaczmejster,  Fridmcum  von  fylsch^  capi* 

taneum   franckfnrdengem;  doctomm  Valentmnm cum  Mar- 

greta  sua  legittima^  iuditij  camer^  procoratores^  Henn  glaaburg, 
Ciaram  tixor[em]  suam^  Hans  von  lyn^  Sjffart  knobelach^  C^Iiam^ 
oxorem  Buam,  Yrsulam^  relicta[m]  Walten  Bchwarczenberg'S;  Agne- 
tem,  reUctam  Hertuani  yrgerBcheym^B,  Otiliam^  relictam  Amoldi 
glauburgs,  Katherinamy  relictam  Gilberti  hnlczfansenB;  Ludwicum  hnlcz> 
hnBCQ;  dictQ  katherine  filium^  Elchin,  relictam  Bemhardi  rorbachs, 
Bemhardum  et  Job  rorbach,  nati  dict^  Eylchins,  Margretam,  uxorem 
Hamandi  halcshuBen,  Frönicam,  legittunam  lacobi  wiBBcn,  Fridericom 
[Geprgium]  flach;  Annam,  uxorem  eiuB,  officialem  zum  gohBtejn,  Ag- 
netem,  virginem  et  filiam  Stefiashans.  Hob  omnes  pr^fatuB  £berhar- 
duB  laute  honorifice  admodum  cibauit  actractauit.  Deindedie  vicesima 
sexta  maij  abiit  marchio  cum  aliquibuB  aBBCBSoribuB  wormatiain. 


3.    Fremde  Fürsten  in  Frankfurt^ 

§.  117.  ffol.  60]  Anno  1496  prima  augusti  aduenit  franckfur- 
diam  illustris  dominus  Philippus  palatinus  cum  filiis  Septem  et  filia 
vna  ac  cum  filio  ducis  Georgii  de  Bauaria.   Aduenerunt  etiam   epis- 

copus  medburgensis;  nomine ac  ejus  frater  Johannes,  dux 

de  saxonia;  cum  Ulis  aducitur  mater  vxoris  palatini '  pr^fati  cum 
duabus  alijs  principissis.  Et  l^ti  cum  triumpho  conuiuia  celebrabant, 
trepudiando  in  domo  dominorum  theutonicorum  et  in  domo  domini 
treuerensis  episcopi.  Tercia  augusti  abierunt. 

§.  1 18.  [fol.  60]  Anno  96  prima  die  augusti  Johann  kreutter  macella- 
rius,  vt  vnus  de  consilio,  ^o  Job  rorbach,  Jost  kronberger,  Jobann 
kloppheym,  nos  quatuor  ex  mandato  dominorum  de  consilio  ob  aduen- 
tum  principum  supra  scriptorum  armati  ascendimus  hora  secunda 
post  meridiem  pro  custodia  seu  vigilia  noctis  et  diei  facienda  turrim 
supra  pontem,  quQ  propinquior  est  domo  dominorum  theutonicorum, 
wulgo  der  neuwe  brocken  thorn  genant.  Moram  in  ea  fecimus  vsque 
in  seoundam  augusti,  tunc  mane  hora  quinta  descendimus. 


—     136     — 


4.    Raths*  und  Bürgermeisterwahlen. 

§.  119*  [fol.  1]  Anno  1493  secunda  maji  Uamandus  de  hultz- 
husen  et  SiffridnB  klobelach  assumpti  sunt  in  consilium  franck- 
fordi^. 

§.  120.  [fol.  20]  Anno  1495  prima  maij  electi  sunt  de  consilio 
firänckf.  in  magistros  ciuium  Johann  glauburg^  tamquam  scabi- 
nus  et  senior,  et  Claß  roddngen,  tanquam  junior,  et  pr^cedenti 
anno  fuerunt  daniel  brom,  tamquam  scabinus,  et  Johann  zum 
iungen. 

§.  121.  [fol.  55]  Anno  domtni  1496  prima  die  maij  in  magistros 
ciuium  sunt  electi  Johannes  de  ryn,  vt  senior,  et  Conradus, 
»chytt 

§.  122.  [fol.  87]  Anno  1497  in  die  marci  euangeUst^,  qu^  est 
25  apprillis  assumpti  sunt  in  consulares  Wolff  blüm  senior,  affinis 
mens,  Johann  hann,   Claß  stalburg. 

§.  123.  [fol.  88]  Anno  domini  1497  prima  maij  et  die  lun^, 
rogationis  ebdomade,  in  magistros  ciuium  sunt  electi  Fridericus  de 
Alczen,  licentiatus  juris,  tamquam  scabinus,  etHeynri'cus  de 
rynn,  vt  domicellus., 

§.  124.  [foL  114]  Anno  1498  prima  maij  in  magistros  ciuium 
franckfurdi^  electi  sunt  Karolus  hynsperg,  vt  scabinus,  et 
Michael  sehwarczenberg,  vt  domicellus,  hij  duo  anteanunquam 
pr^fuere  ofßtio  tali. 

§.  125.  [foi.  188]  Anno*  1499  prima  maij  electi  in  magistros 
ciuium  Ortt  zum  jungen  scabinus  et  Jacobus  neuhusen,  vt 
domicellus. 

§.  126.  [foL  141]  Anno  1499  nona  iulij  duo  hij,  videlicet  Con- 
rad Bchytt  etHamandus  hulczhusen,  in  scabinos  franckfurdenses 
sunt  electi. 

§.  127.  [fol.  141]  Auno  1499  sedecima  julij  accepti  sunt  in  con- 
silium franckf.  et  in  consulares  creati  Jacobus  stralnberg,  nondum 
vxoratus,  Gilbertus  hulczhusen  viduus  etThomaß  maß  vxorem 
habens,  omnes  vt  domicelli. 

§.  128.  [fol.  152]  Anno  domini  1500,  qui  erat  jübil^us  et  bisex- 
tilis,  prima  die  maij  in  magistros  ciuium  sunt  electi  Cristianus 
folcker,  vt  scabinus,  et  Wolff  bl  um  e  iunior,  tamquam  domicellus. 
Nee  quisquam  iUorum  pr§fuit  retro  illi  officio. 


-     136     — 

5.    Amtleute. 

§.  129.  [fol.  2]  Anno  1494  in  mense  junii  vel  paulo  ante  electos 
est  Oeorgius  flach  in  officialem  zu  goltsteyn  per  dominos  de  con- 
Bulatu  franckfordi^. 

§.  130.  [fol.  2]  Anno  1494  in  mense  augusti  electuB  per  dominos 
de  consilio  franckf.  Walterus  fisehbom.in  officialem  zu  bonmesa 
ingregflUBque  est  officium  circa  festum  Michael  eodem  anno. 

§.  131.  [fol.  169]  Anno  domini  löOl  vicegima  nona  apprilia 
Georgius  flacb^  nobilis  et  officialis  consulatus  hie  zum  goltsteyn  circa 
magannm^  sepultus  est  hie  apud  minores  et,  vt  arbitror,  die  pr^ce- 
denti  reddidit  domino  spiritum. 

§.  132.  [fol.  169]  Anno  1601  in  mense  maij  electus  est  a  con- 
sulatu  Johann  hulczheymer,  cognatus  mens,  in  officialem  zum  goltsteyn 
in  locum  Georgij  flach  hie  suprascriptL 

[Jobann  Holzbeimer;  früher  Amtmann  zu  Bonames,  §.  13.  80.  177. 
183.  185.  Nicolaus  von  Babenhausen,  früher  Amtmann  zuGoldstein, 
§.  14  §.  177.   Erban  Tagel,  officialis  in  Erlenbach,  §.48.  334.] 


6.    Städtische  Hauptleute. 

§.133.  [fol.  155]  Anno  dominj  1500  die  14  julij  aducitur  huc 
ad  habitandum  et  ezercendum  officium  capitanei  nobilis  Johann  mor, 
Capitaneus  nouiter  assumptus  in  locunf  Friderici  de  fylsch,  qui 
ob  infirmitatem  cessit,  et  dictus  Johann  mor  in  illius  locum  assumptus. 

§.  134  [fol.  171]  Fridericus  de  fylsch,  olim  capitaneus  huius 
oppidi,  obijt  vicesima  sezta  septembris  anno  1501,  relicta  vxore  et 
nullis  liberis.  [cf.  §.  116.  Friederich  von  der  Fylsch  §.  257.  Johann 
Mohr  §.  290.] 


7.    Richter. 

§.  135.    [fol.  54]  Anno  1496  vicesima  sexta  aprilis  Gerla,ch 

zur  alten  wagen  ist  eyn  oberster  richter  worden. 

§.  136.  [fol.  88]  Anno  1497  nona  maij  hat  man  drihen  richtem 
gerufft  vor  den  sitzend  Ratt  vnd  yh  die  steh  oder  stecken  genoinen 
mitt  namen  Gypel  hennen  vnd  Schaffmans  vlrichen  vnd  Hartmutten 

Restituti  sunt  ad  officia  die  vicesima  tertia  maij  annO;  quo 

supra. 


—     137     — 

8.    ßäuber  und  Feinde. 

§.  137.  [fol.  14]  Anno  1495  deeima  octaua  ianuarii  succenderunt 
hostes  horreum  yn  rad  sagittando  ignea  tela. 

§.  138.  fol.  18]  Anno  1495  deeima  die  apprilis  vnus  hie  com- 
bustus  est^  qui  et  latrO;  de  noBtris  adverBariis. 

§.  139.  [fol.  20]  Anno  1495  oetava  maij  fama  de  hostibuB  seu 
latrunculis;  videlicet  die  hutteschen  vnd  Jost  frundt  etc.  cum  coheren- 
tibuB;  orta  est;  quod  adesBcnt  et  damnum  seu  pr^dam  arripere  pr^- 
tenderent  ideoque  pulsata  est  campana,  qu^  wulgo  est  gemperlyn 
nuncupata^  ad  cuius  sonitum  omnes  ad  hostes  fugandos  et  se  defen- 
dendoB  currunt  et  eucurrerunt,  et  tum  de  gratia  dei  nihil  lucri 
habere  latrones  poterant,  nee  a  nostris  aliquis  aduersariorum  captus; 
vel  visuS;  nisi  a  paucis.  Item  in  anno  antea  93  pulsata  est  pr^fata 
,campana  gemperlyn  in  marcio^  eo  quod  ribaldi  spoliarunt  quendam 
pastorem  sua  grege  ouium;  licet  pastor  nee  oves^  ut  fama  fuit,  ad 
iurisdictionem  franckfurdienaium  pertinebat,  nihilominus  tarnen  oues 
retinebant  et  vendebant. 

§.  140.  [fol.  27]  Anpo  1495  Beptima  junij;  erat  dielt  penthecostes^ 
vndecima  hora  ante  meiidiem  pulsabatur  campana  wulgo  Qemperlin 
eo,  quod  latrones  noBtr^  civitatis;  videlicet  die  hutteschen  et  jost 
frund  etc.;  centum  rapuerunt  vaccas;  quQ  fuerunt  rusticorum  yn 
nyder  rad^sed  tarde  nimis  rescitum  est  et  tarde  nimis  persecuti  sunt 
nostri  latrones. 

§.  14fl.  [fol.  3:^]  Anno  H95  die  23  julii  latrones  JoBt  frund  vnd 
die  hutteschen  cum  reliquis  miseris  modis  et  multiplicibus  vulneribus 
necarunt  duos  piscatores  circa  rumpenbeym;  unum  tot  vulneribus 
repleuerunt;  vt  mortuus  ad  ciuitatem  traductus  est,  alter  semianimis 
in  nocte  spiritum  tradidit  Dehinc  videlicet  25  julii  supra  dicti  rapue- 
runt 19  vaccas;  27  equos  et  equas  vna.cum  eorum  iumentis  czu 
durckelwyll.  Item  deinde  26  augusti  pr^fati  latrones  vaccas^  porcos 
(equos  paucos)  et  quingentos  oues  rapuerunt  zu  durckellwill.  Item 
ultima  septembris  combusserunt  tecta  octo  in  bonmeß  sagittando  tela 
ignea  et  hij;^  qui  sagittas  emiserunt;  die  sequenti  per  Hteras  hostilita- 
tem  indixerunt  Act.  anno  1495. 

§.  141.  [toi.  34]  Anno  1495  die  17  Augusti  latrones  Jost  frundt 
cum  suis  combuserunt  sepes  et  hostia  vff  dem  knobellachs  hoff,  qu^ 
curia  est  Wolff  blumenS;  filii  quondam  Georgii  blumens.  Actum  in 
nocte. 

§.  142.  [fol.  37]  Anno  1495  die  4  octobris  pulsata  est  campana 
Gemperlyn  vulgo  dicta,  eo  quod  visus  est  exercitus,  videlicet  Tom- 


—     138     — 

hanrud  [?],  magister  'curiQ  archiepisoopi  moguntinenflig^  cum  militibuB, 
equestribuB;  ideoque  enht  arbitrati  homines  esse  de  latronibuB,  qui 
pr^dari  cupermit,  et  armati  exienint,  sed  cum  sentiebant  eoB  non 
fuiflsey  reuersi  sunt  in  pace. 


9.    Nächtlicher  Unfug. 

§.  143.  ffol.  8J  Anno  1494  duodecima  nouembris  in  nocto  in 
vicu  institorum  omnia  manubria;  pedes  vel  ligna  pendentia  ante 
hostiam^  quQ  pulsare  solent  volentes  ingredi,  abscisa  sunt  et  proiecta 
Bupra  cymiterium  pr^dicatorum  et  rupt^  Bunt  aliqu^  fenestr^  iaculis 
in  ecclesia  pr^dicatorum,  nee  Bcitur;  quiB  fecerit. 


10     Strafen. 

§.  144.  [fol.  4]  Anno  1494  die  22  augUBti  suBpensus  est  hie 
vnuB. 

§.  145.  [fol.  6J  Anno  1494  die  26  septembriB  decapitatuB  est 
vnuBy  ob  Bcdicionem  factam  in  nundiniB,  noctu  portiB  clausis  circa 
maganiun  BepultUBque  in  ecclesia  sancti  spiritus  ob  honorem  paren- 
tum  Buorum.  Erat  de  babenberg. 

§.  146.  [fol.  6]  Anno  1494  prima  octobris  suspensus  -est  rusticus 
hie  de  prunheym. 

[OombuBtio  aduerBarii  §.  138.]  ^ 

§.  147.    [fol.  57]   Anno  1496  die  nona  julij  margreta y 

coqua  Earoli  henspurgis  af&nis  et  Bororts  MarthQ^  traducta  est  in 
carcerem  turris  sanctQ  katherin^  ob  varia  et  magna  furta^  qu^  sub- 
traxit  domino  et  domiuQ  suis  pr^fatb^  licet  addixerit  seu  promiserit 
fidelem  ipsis  famulatum  etc.,  uti  solent  promittere  famul^,  fuitque 
tribuB  vicibuB  vna  die  tracta  seu  extensa  per  laqueum.  IBmissa  autem 
de  carcere  die  29  julij  ea  conditionC;  ut  franckfurdiam  nunquam 
reuertatur.  Precabantur  pro  ea  principes  duO;  principissQ  tre«^  qui 
casu  peregrinando  ad  aquisgranam  per  hanc  ciuitatem  [6x]proficis- 
cebantur.  [cf.  §.  117.] 

§.  148.  [fol.  63]  Annö  1496  die  16  septembris  crematus  est  iud^us 
quidam  eo^  quod  monetam  abscindendo  falsificauit 

§.  149.  [fol.  69]  Anno  1496  die  sedecima  decembris  quidam 
mulier  per  iusticiam  virgis  c^sa  per  ciuitatem. 

§.  150.  [fol.  78]  Anno  1497  vicesima  septima  ianuarij  gladio 
punitusHans  dracfa,  eo  quod  stoprum  et  incestum  perpetrauit^  cogno- 


—     139     — 

oit  et  vxorem  et  socrum.    L.  si  quis  adnlter  ad  I.  jul.  de  adalt.    Et 
cnm  eo  dnctiiB  für,  qui  Buspensus  est  patibulo. 

§.  151.  [fol.  100]  Anno  1497  prima  seplembris  suspensus  est 
quidam,  qni  furatns  calicem  in  nauique  forensi  apprehensus  [s.  est]. 

§•  152.  [fol.  112]  Anno  1498  sexta  aprilis  et  veneris  post  judica 
tres  insignes  latrones  combusti  hic^  qui  licet  omnibus  sceleribus  fhe- 
rint  dediti;  tarnen  pr^cipue  in  dominico  corpore  deliquenmt;  fiirati 
namque  in  diepurg  monstrantias  ac  vas  ipsum^  in  quo  contin^bantur 
consecratQ  hosti^;  vnus  ex  eis  xvi  consecratas  bostias  deuorauit^  alter 
paulo  minus.  Pr^terea  plura  gazophilatia  spoliarunt  et  hie  ad  sanctum 
Petrum  homines  trucidarunt^  alios  spoliarunt. 


11.  Bauten  und  Häuser. 

§.  153.  [foL  6]  Anno  1494  ruperunt  muros  turris  acialis  iuxta 
portam  maguntinam  usque  ad  carcerem  et  de  nouo  inceperqnt  ^di- 
ficare  eam  incipiendo  super  caroerem  et  redegerunt  eum  in  fbrmam, 
in  qua  nunc  est,  et  perfecta  est  in  mense  septembri  et  dealbata 
depost. 

§.  154,  [fol.  19]  Anno  1495  in  apprili  haben  die  herren  vom 
rad  das  zolhuß  vfigeschläg^U;  daryn  man  furters  sali  den  zol  von 
pherden  nemen  ynd  vffheben  vnd  stet  das  selb  büß  vff  dem  Boß- 
marckt  vff  dem  hyrczgraben  by  hanf  Schmyden  hiiß. 

§.  155.  [fol.  28]  Anno  1495  in  mense  junij  vel  paulo  ante  hatt 
der  ratt  die  krem  von  der  wober  Ejiuffhucz  an  byß  her  fiir  an  das 
eck  der  barfusser  lassen  von  neuwen  anfahen  vff  zu  schlagen  vnd 
die  selbige  gasse  wytter  gemacht  vnd  zu  gegeben,  also  das  sie  vor 
den  selbigen  kremen  vmb  funff  werck  schuch  wytter  ist,  den  sie  for 
war,  vnd  hatt  zum  ersten  feyU  gehabt  yn  den  selbigen  newen 
kremen  yn  der  herbstmess  anno  95. 

§.  156.  [fol.  1]  Anno  1494  in  die  Petri  et  Pauli  apostolorum  hatt 
der  thoner  yn  bockenheymer  thom  geschlagen  vnd  man  vnd  frawe^ 
die  daruff  wonten,  gelecziget,  doch  sterben  sie  nit  daruon^  vnd  das 
gebewe  zur  bruchen  vnd  vorbrent.  Diß  ist  geschehen  des  morgens 
zur  sexten  stund.  Uff  die  selbige  zitt  war  Kryngen  hulczhuserin  vnd 
Gilbrecht  yr  sun  vnd  myn  mutter  Eylchin  rorbecher  vnd  ich  Job  zu 
Emps  ym  bad  vnd  vff-  sant  Petter  vnd  Paulus  abent  war  eyn  mechtig 
groß  ongewitter  des  obencz  vnd  fillen  J^yssel,  die  grosten  als  zillich 
huner  Eyer,  die  kleynen  alle  als  duben  eyer. 


—     140     — 

[Wiederholte  Erzählung  fol.  4:  Anno  1494  in  die  Fein  et  Pauli 
flpoBtoIorum  hat  der  thonner  in  bockenheymer  thom  geacbalagen  ynd 
die  frauwe  heftiglig  vorbrent  vnd  den  man  auch^  doch  syn  sie  myt 
dem  leben  dar  von  komen  vnd  haitt  das  gebeuwe^  was  von 
holtzwerg  gemacht^  alß  zurbrochen  vnd  zurspalten.] 

§.  157.  [fol.  72]  Anno  1493  super  fundamentum^  quod  prius  erat^ 
est  «dificata  turris;  wulgo  der  bockenheymer  thoru;  et  in  formam 
redacta  eam,  ut  cemis. 

§.  158.  [fol.  72]  Anno  1496  hatt  der  Ratt  zu  franckfurt  eyn 
raelwag  vff  gericht  yn  der  Escheymer  gassen  nah  by  der  porten. 
Mer  hat  man  auch  eyn  newen  bron  da  uffgefurt,  daran  hatt  der  Ratt 
eyn  steheuwer  geben^  das  vberig  haben  die  nachbar  vnd  die  darumb 
wonnend  müssen  beczallen,  vnd  hat  myn  mutter  von  yren  hoff  myt 
sampt  den  zynshüßlin  gelegen  yn  der  obgemelten  Eschenheymer  gassen 
musen  zallen. 

§.  159.  [fol.  83]  Anno  1497  prima  martij  cecidit  turris  vff  dem 
klobelachshoff  extra  portas.  Antea  structura  erat  satis  fortis^  circum- 
ducta,  fossata  et  aquis^  diruptaque  funditus  reparari  non  potest,  nisi 
de  nouo  ^dificetur  [cf.  §.  141]. 

§.  160.  [fol.  149]  Anno  1500  tertia  februarij  ipsaque  die  beati 
Blasii  reparatum  seu  renouatum  est  superiori  parti  su?  patibulum  hie. 


12.    Rathsverordnung  we^en  der  Ratten. 

§.  161.  [fol.  135]  Anno  1499  undecima  apprilis  ist  hie  angefan- 
gen von  dens  Ratts  geheiß>  das  man  eyn  yden  menschen,  der  ein 
totte  ratzen  bringt  vff  die  brücken  «wischen  eilff  vnd  zwolffen,  der 
selbig  hatt  eyn  k.,  den  im  den  einer  gibt,  der  darzu  verordent  ist, 
die  Ratzen  zu  entphangen,  vnd  nympt  die  selbigen  vnd  hewt  inen  die 
schwentz  abe  vnd  worfll  sie  als  bald  inn  meyn. 


13.    Naturereignisse. 

§.   162.    [fol.  4]  Anno  domini   1494  mesis  omniom  frugum   est 
collecta  et  in  horreum  traducta,  videlicet  siliginis,  tritici  et  auen^  etc. 
ante  mensem  augusti. 


^  Ein  Wort  wie  manita  scheint  ausgefalien. 


—     141     — 

§.  163.  [foL  4]  Anno  1494  in  die  S.  Jacobi  habebantur  racemi, 
adeo  quod  vendebantur  aliqui. 

§•  164.  [fol.  14]  Anno  1495  tonitmit  die  decima  et  vndecima 
iannarij. 

§.  165.  [fol.  37]  Anno  1495  ym  september  vnd  jm  october 
haben  die  bangen  dorn  wiclder  geblüwet,  also  das  man  fiinden  hat 
roitt  vnd  wiss  gefo'lt  vnd  vngefolt  haün  rossen;  item  morgen  droppen 
blmnlin,  item  haben  fyll  bäum  wyder  blütt  gehabt,  item  fyU  kom 
blumen  vnd  ander. 

§.  166.  [fol.  54]  Anno  1496  die  octaya  apprilis^  qu^  erat  sexta 
post  diem  pasch^,  synt  ob  sechs  hundert  gutter  wolgemester  schwyn 
zu  franckfurt  feyl  gewest  vnd  hat  eyn  gutt  schwyn  vor  eyn  gülden 
kauffk;  das  man  vor  drien  iaren  nyt  woU  vmb  drij  gülden  hett  konden 
kauffeU;  vnd  menig  fart  darnach  hatt  uff  die  fritag  vnd  sust  schwyn 
feyk  gehabt  vnd  haben  fiU  lud  sie  kaufft  vnd  gestochen;  glich  als 
man  sunst  plegt  zu  winterzitt  zu  thun. 

§.  167.  [fol.  55  ad  Calendas  maias  anni  1496]  Illo  etiam  tem- 
pore moganus  et  rehnus  [adeo]  excreuerunt;  adeo  vt  aiebant  homines 
se  eo  tempot*e  anni  non  meminisse  äqualem  illorum  fluminum  abun- 
dantiam;  manauit  moganus  durch  die  farport  et  per  plures  alias 
portas. 

§.  168.  [fol.  73]  Anno  1497  synt  vberschwencklich  vnd  eyn 
grosse  menge  krawen  oder  krehen  gewest;  die  da  angefangen  haben 
ym,  iar  1496  vnd  ym  iar  1497  vergangen,  oder  ym  iar  1497  ist  eyn 
mechtige  große  geschwoorm  der  kofferyn  gewest 

§.  169.  [foL  73]  Anno  1497  synt  fyll  huner  suchtig  an  der  grossen 
kranckheyt  vnd  auch  fill  dar  an  gestorben;  maxime  vemali  ^stualique 
tempore. 

§.  170.  [fol.  75.]  Anno  1497  octaua  ianuarij  alluvio  magani  ex- 
creuit;  ita  vt  ascendit  vltra  schansteyn  vsque  ad  domum  Ruperti 
mones;  adeo  quod  aliquibus  diebus  intrauit  per  omnes  portaS;  claude- 
banturque  portQ  omnes  pr^ter  portam  sancti  spirituS;  quQ  nocte  vna 
non  claudebatur.  Et  ob  eins  excrescentiam  dimissa  sunt  diuina  in 
ecclesia  diui  leonhardi  vsque  in  duodecimam  ianuarij;  nee  poterant 
naues  a  maguntia  ascendere  per  dies  aliquott.  Duodecima  port^  re- 
serabantur.  Nee  hijs  diebus  operari  poterant  moUitores ;  celaria 
variä  ac  plura  repleta  aquis.  Rursusque  excreuerunt  et  moganus  et 
Rhenus  ac  omnia  fluuia  in  hac  regione  effecta  maiora;  quam  antea, 
adeo  vt  rethro  in  sedecim  annis  non  fuere  flumina  abundantiora. 
xviii  ianuarij  moganus  se  extendebat  plene  vsque  ad  ecclesi^   introi- 


—     142     - 

tum^  vbi-per  gradas  ii^edittir.    Denno  etiam  diaina  obmiBsa  die  xy 
ianuarij  vsque  ad  22  eiusdem  mensis. 

§.  171.  [foL  171]  Anno  1501  in  die  nicolaj  noctu  infra  nonam 
et  decimam  horaa  flante  vento  yaUdo  tonitrua  valida  audita  Bunt^ 
fulgura  visa  grandineaque  ceddere.  De  tonitmo  vide  etiam  supra 
fo.  14  [§.  164]. 

14.  FranzöBische  Krankheit 

§.  172.  [fol.  56]  Anno  1496  tempore  ^Btatis  et  verne  [vemoj  ist 
eyn  ongehort  grußlich  vnd  erschrockenlich  kranckheyt  vnder  die 
theüschen  von  den  walen  komen^  diewalen  haben  sie  krieget  von  den 
franczosen  vnd  wyrt  diß  krankheit  genent  mall  franezoß;  vnd 
regirt  fast  in  deutschen  landen^  noch  fyll  mer  in  italia  vnd  frantia. 
Die  kranckheyt  macht  den  menschen  onseglich  ongeschaffen ;  welcher 
sie  hatt;  ist  vber  gancs  sin  lipp  foU  schwarcz  rotter  blätteren ;  wert, 
eyn  teyllen  eyn  halb  iar,  den  anderen  drij  firteill;  den  anderen  eyn 
gancz  iar  vnd  noch  dem  belibent  die  flecken  an  ynen  etwen  lang. 
Ongestalter  ding  hatt  keyn  mensch  nie  gesehen;  von  solicher  oder 
d^^lichen  kranckheytt  nie  keyn  mensch  mer  gehört^  auch  fint  keyn 
arczet  da  von  nicht  geschrieben^  den  als  fill,  als  man  nient  (?)  dar 
widder  tracht 

[Bernhard  Bohrbach  wird  1498  von  der  Krankheit  befallen  §.  9]. 

15.  Gesellschaft  Löwenstein. 

§.  173.  [fol.  6]  Anno  1494  secunda  octobris  donauit  Ambrosius 
glauburg  tres  lepores  societati  stub^  nostr^  et  ob  hoc  facta  est 
conuocatio  virorum  et  mulienun^  tenueruntque  conuiuium  et  conc^na- 
nint  et  coreaa  duxerunt  Actun  hie  zu  lebensteyn. 

§.  174.  [fol.  9]  Anno  1494  die  27  decembris  donauit  AmbrosiuB 
gleuburg  duos  lepores.  societati  nostr^  in  lebensteyn  ideoque 
connocati  sunt  et  viri  et  mulieres  ad  c^nam  et  ego  tnnc  pro  primo 
cQnaoi  in  dicta  societate. 

^  175.  [fol.  15]  Anno  1495  decima  februarij  doctor  Ludwicus  de 
paradisO;  scultetus  huius  opidi;  donauit  societati  nostr^  zu  lebensteyn 
cemum  et  pr^cipue  mulieribus  ideoque  fiicta  conuocatio  et  virorum 
et  mulierum  ad  c^nam,  pro  simbolo  soluit  unus  iüi  ß. 

§.  176.  [fol.  16]  Anno  1495  decima  nona  februarij  conuocata 
est  societas  zu  lebensteyn,  etiam  muUaiim,  ad  c^nam  et  soluit  unus 
vi  alb.  et  tunc  primum  trepudium  cum  t^s  etc. 


-     U3     - 

%.  177.  [fol  16]  Anno  1495  die  24  febniarij  hatt  Johan  holcz- 
heymer  mjr  "vmb  die  geachelschafft  zu  lebensteyn  gebetteu;  das  sie 
myr  wollten  vqrgunden  die  fasnacht  myn  phenig  myt  yn  zu  yorzeren. 
Also  haben  sie  myrs  vorgundet  myt  solichem  vnderscheytt:  wol  ich 
furtters  andere  faßnacht  gesellsclmüß  halten;  so  0OI  ich  gesell  werden; 
das  erstemal  haben  sie  myr  vnd  Conratt  zum  jungen  difimall  nach« 
gelassen.  Vnd  darnach  üff  den  26  tag  februarij  hatt  zum  nachtmall 
die  geselschafil  angefangen.  Darnach  uff  den  sontag  zu  nacht,  mon- 
dag  zu  nacht,  das  ist  der  erst  vnd  der  zweyt  dag  ym  mercz  ossent 
man  vnd  frawen  vff  der  stoben  vnd  darnach  vff  den  iii  vnd  iiii  tag 
des  merczes  ossent  beyd  man  vnd  frawen  morgens  vnd  abentz  vff 
der  stoben  vnd  vff  den  dynstag,  uff  aller  man  fasnacht,  stechen 
myt  kronlyn  6org  reyß,  Nielaß  von  babenhusen  vnd  behylt 
Gorg,  vnd  vff  den  eschermyttwocb  stechen  iiii  Beysige  myt  kolben, 
zwen  mit  namen  Martins  vnd  Eberharcz  von  hussesteyn  knecht  vnd 
zwen  vnser  soldner  myt  namen  wisbroitt  vnd  ruttlinger  vnd  behylten 
die  soldner,  also  das  wissbroitt  die  hussesteyheymer  knecht  zu  dicker- 
mall feit  vnd  er  doch  hart  blyb  'siezen.  Vnd  das  geschach  noch  dem 
die  frawen  widder  kamen  vß  gleuburgs  garten.  Item  do  diss^  vffge- 
horten,  stechen  myt  kronlyn  Conrat  zum  jungen  vnd  Conrat  mones. 
Darnach  vff  den  donerstag  zu  myttag  ossent  die  gesellen  alleyn  vff 
der  stoben  vnd  rechentten  die  kochenmeyster  Claß  von  rockyngen 
vnd  Vlrich  nuhuJß  vnd  die  wynmeyster  Johan  von  holczhejrmer, 
Philipp  wiß,  vnd  beczalt  der  man  iii  gid.  Vnd  vff  den  donerstag  zu 
nacht,  das  ist  der  v  tag  ym  mercz^  ossent  man  vnd  [fol.  17]  frauwen 
vff  der  stoben  vnd  ward  das  selb  obent  mall  yn  die  forderigen  mal 
gerechnet  vnd  warent  xuii  gesellen,  so  edel  vnd  andere,  die 
beczalten;  frawen  vnd  junfirawen,  die  galten  nichcz,  den  vff  den 
eschermyttwocb  zum  vnderen  galt  eyn  i  alb.,  vnd  vor  drij  huner 
gabent  die  wyttfrauwen  iiii  ß  oder  mogent  huner  dar  vor  geben  nach 
yrem  willen ;  junffrawen  gebent  gar  nichcz,  vnd  waren  frawen  vnd 
junfirawen,  die  geselschafil  hylten  xxviii.  Damach  vff  inuocauit,  das 
ist  der  eycht  tag  ym  mercz  ossent  wyr  zu  nacht  vff  der  stoben, 
gult  der  man  iii  ß. 

§.  178.  [fol.  38]  Anno  1495  die  octava  octobris  Cristianus  folcker 
prodonauit  duos  lepores  societati  nostr^  ideoque  et  viri  et  mulieres 
conuocati  sunt  ad  c^nam  et  paucQ  aderant  mulieres,  \nrgo  vero  nuUa. 


—     144     — 


16.    Gesellschaft  Limburg. 

§.  179.  [foL  41]  Anno  1495  in  mense  nouembri  hatt  Daniel 
broni;  Bch'effen  vnd  ßatt  der  stadt  franckfurtt;  kauffl;  daa  hul> 
laderem  genant  ^  gelegen  vff  dem  Eck  neben  dem  Eomer  geygen 
dem  hnßlymburg  vber^  da  iczunt  zur  zytt  Heyrt  wjß  yn-wont 

vmb )  hatt  yor  das  hxS  laderem  mytt  sampt  dem  hu& 

ratt;  der  vor  die  gest  gehört^  die  yn  der  mel^  dar  yn  herberigen^ 
bezalt  eyeht  vnd  zwenezig  hundert  golt  gülden.  Nach  dem  selbigen 
kauff  hati  der  obgenant  Daniel  brom  der  geselschafft  vnser  Stoben 
das  obgenant  huß  laderam  angemutt  zu  kauffen  vmb  das  obgemelt 
gelt;  als  er  ens  kaufft  hatt^  das  hatt  die  geselschafft  zu  grossen  danck 
angenomen  vnd  habent  vorordenet  vnd  gemacht^  das  ieder  gesel,  der 
vff  die  selbige  zytt  gesel  sy^  oder  die^  die  noch  nyt  gesellen  syn^ 
doch  von  rechtem  vnd  mytt  recht  n3rtt  mögen  der  geselschafft  vor- 
wißt werden;  als  die  syntt;  die  von  gehurt  daraJOT  horeu;  sollen  geben 
zwenezig  gülden;  des  die  gesellen  alsampt  wyllig  gewest  synt.  Vnd 
darnach  vff  sant  Andreas  tag  nach  alter  gewonheyt  haben  die  ges- 
seilen;  die  daczumall  gesell  gewest  synt;  vff  der  stoben  gessen  vnd 
eyn  iglicher  beczalt  xx  glden  nach  dem.  vertrag;  dens  sie  yngangen 
waren  vnd  darczu  i  gülden  als  von  wegen  des  stoben  zyns.  Also 
hatt  die  geselschafil  von  den  gesellen;  die  vff  solich  zytt  hie  waren; 
vnd  v£  den  bocksen  der  geselschafft  dusent  gülden  dem  vorgenanten 
Daniel  bromen  beczalt;  von  der  vberigen  som;  sali  man  ym  ierlich  zu 
gulde  iüi  gulden  von  hundert  geben  [suppl.  fort:  bii^  zur]  ablosung; 
vnd  als  ofit  die  geselschafft  ii  hundert  gulden  bringt;  will  er  ym 
viii  gulden  ablassen  lassen;  als  lang  byß  die  gancz  some  abgelost 
[fol.  42]  wyrdt.  Vff  den  iczgerinten  sant  Andreas  dag  synt  zu  buw- 
meystern  des  huß  laderam  gemacht  Hans  vom  ryu;  Daniel 
brom>  Gorg  frosch;  vnd  zu  stoben  meystem  synt  gemacht  Jo- 
hann frosch  zum  affeu;  Johann  zum  jungen  vnd  Con-. 
ratt  schytt  Item  welcher  gesell  durch  bewybung  vf  die  stoben 
kompt;  der  vor  nyt  von  gepurt  daruff  gehört;  der  selbige  sali  geben 
drissig  gulden.  Sust  eyner;  der  von  gepurt  daruff  gehört;  gypt  nyt 
mer  den  zwenezig.  Auch  gypt  das  obgemelt  hul^  ladarum  xv  glden 
ewiger  golt  czu  zynß;  haben  vor  williget  zu  ablosung  vnd  gybt  man 
eynem  vor  eyn  gnlden  abzulösen  xxviii  gulden. 

§.  180.  [fol.  50]  Anno  d&j  bisextili  1496  erat  dies  decima  sexta 
februarij  vltima  carnisbreuii  et  non  fuit  vlla  conuocatio  nostr^  socie- 
tatis  seu  stubQ;  veluti  omnes  mortui  fuissemus;  sed  impedimento  nobis 


—     145     — 

faerant  assesBores  camer^  inditii  ceterique  doctores  nobiles  et 
adnocati  et  proearatoreS;  hij  namque  aderant  nimis  copiosi. 

§.  181.  [fol.  42]  Anno  1496  vltima  decembris  primum  societas  obBoni- 
tauit  in  magna  stuba  domus  ladarum.  Obsonij  ma^ster^  wulgariter 
der  wyrt  vff  der  stoben,  fuit  Fhilippua  kaltoffen,  nee  ego  die 
illa  inter  obsonantes  fiii,  latuit  namque  me,  quod  ea  die  in  ea  domo 
obsoninm.  fnerat  inceptum.  Anno  1497  incipiendo  annum  a  pri- 
mordio  ianuarij  Bernbardus  rorbach,  germanus  mens, 
[suppl. :  et  egoj  primmn  inter&imuB  obsonio  in  pr^fata  domo, 
(obflonii  magist^r  erat  Walter  ysenberg)  donauitque  ipihi  ger- 
manus quinque  h.  tum,  cum  Boluebatur  pro  obsonio;  quilibet  eliam 
nostrum  donauit  xx  den.  Friderico  ....  nostr^  societatis 
famulo,  sie  namque  moris  est,  vt  quilibet,  maxime  socii, 
dent  famulo  societatis  die  circumcisionis  xx  den.  Et  hoc  primum  ego 
donaueram.  Anno  1497  ipsa  die  epiphani^  conuiuium  primum  habi- 
tum  in  nostra  stuba,  de  quo  clarius  in.  anno  1497  (§.  183). 

§.  182.  [fol  73]  L  a  d  a  r  u  m.  Anno  1497  prima '  die  ianuarij 
primum  frater  et  ego  ivimuB  ad  ladarum,  de  quo  latius  vide 
Bupra  in  anno  95,  ubi  de  emptione  domus  ladarum  habetur,  in  fol. 
[41.  §  179.] 

§.  183.  [fol.  74]  Ladarum.  Anno  1497  in  die  ephiphani^ 
primum  in  noua  stuba  c^nauimus  omnes  infrascripti,  non  more  socie- 
tatis, sed  conuiuium  habuimus,  in  quod  omnes  pariter  admissi  siue 
de  corpore  societatis  fiiue  non.  Huic  c^n^  pr^positi  erant  Hans  votn 
rjn,  ciuium  magister,  etVdalricus  neuhusen,  quos  solemus  magistros 
coquiuQ  appellare.  Erant  autem  c^nantes  doctor  Ludwicus  de 
paradiso,  scultetus;  doctor  Adam  heymbach,  aduocatus, 
Hans  vom  rjn,  duimn  magister,  et  Conradus  schyt, 
suus  sodalis,  doctor  Johan  et  Hen  glauburg,  Hen  saß, 
Ortt,  Johann,  Conr'at  et  Ortt  zum  jungen,  Georg, 
Johann  et  Johann  frosch,  Bernhart,  Philipps, 
Heynrichwiß,  Jacob,  Hejlman  stralnberg,  Daniel 
brom,  Gonrat  moneß,  Virich  neuhuß,  Cristian 
folcker,  Johan  reyß,  Johan  han,  Thomas  Bos- 
sen hejmer.  Bernhart,  Job  rorbach,  Johan  yon 
hulczheymer,  Symon  yffsteiner.  Eberhart  von 
husessheym,  Geoxg  martroff,  Ludwig  marpurg, 
Claß  Btalburg,  Wolff  etWolff  blum.  Supra  scripti  sunt 
de  societate  vel  iuB  ipsis  competit.  Engel  von  hoczfelt, 
Licentiatus, Georgius    artulf,    licentiatus 

rosenberg,   Hen  frosch,   den  man   nennt  fros6helgyn, 

10 


—     146     - 

Petter  sossenheymer;    Hans   blnm,   Mylchior des 

rattes  schriber/    Hans   djrmeyer;  hijs  non  competit  iuB  eocie- 
tatifl.    Summa  47.  . 

§.  184.  ffoL  .76]  Aimo  1497  octaua  iannarij;  si.  iuste  memini, 
admissi  sunt  in  societatem  nostr^  stub^Wolff  blum  iunior  et  Lud- 
wicus  martroff;  soluit  qnilibet  pro  iure  sodetatb  trigifita  fl.  et 
fl.  tres  eo,  quod  vxorati  sunt.  Heynricus  wiß  admisauB  in  societa- 
tem tertia  februarij.  Eodem  die  obijt  Margreta,  relicta  Heynrici 
ergeschemmers. 

§.  185.  [fol.  76]  Ladarum.  Anno  domini  1497  duodecima 
ianuarij  conuocata  est  societas  nostra  ad  c^nam  et  viri  et  mulieres, 
nee  admissi  alii,  quibus  non  oompetebat  ius  aliquod  in  sodetate, 
duobus  demptis.  Erant  autem  infra  scripti  in  c^na  präsentes  nee 
ordine  debito  subnotantur,  scilicet;  prout  memoria  ineiderunt;  coll^L 
Et  h^c  c^na  prima  erat;  in  quam  conueniebant  more  societatis  vere; 
antea  in  noua  stuba  non  fuerant  mulieres. 

(1)  Ludwicus  de  paradiso^  scultetus^  (2)  doctor  Johan- 
nes glauburg,  (3)  Johan  glauburg^  (4)  Hamandus, 
(5)  Margreta,  uxor  sua^  (6)  Gylbertus^  (7)  Ludwicus 
hulczhuser^  (8)  Eliseus^  (9)  Barbara,  sua  uxor, 
(10)  Bernhardus,  (11)  Anna,  sponsa  sua,  (12)  Philippus, 
(13)  Eatherina,  uxor  eins,  (14)  Jacobus,  (15)  Fronica, 
uxor  sua,  omnes  wyssen;  (16)  loban,  (17)  Cristyn,  uxor 
sua,  (18)  Gorg,  (19)  Johann,  (20)  Ljsgyn,  sponsa  sua, 
omnes  frosch,  (21)  Ortt,  (22)  Johann,  (23)  Margret, 
uxor  sua,  (24)  Gonrat,  (25)  Ortgjn,  omnes  jungen, 
(26)  Karlen  henspurg,  (27)  Michel  schwarczenberg, 
(28)  Kryngyn,  eins  uxor,  (29)  Hans  von  ryn,  senior 
magister  ciuium,  (30)  Kryngyn  uxor,  (31)  Gonrat, 
(32)  Margret,  uxor  sua,  (33)  Jacob,  (34)  Ulrich,  om* 
nes  neuhuser,  (35)  Johan,  (36)  Agatha,  uxor  sua,  (37)  Claß, 
omnes  rockyngen,  (38)  Syffart  klobellach,  (39)  C^ci- 
cilia,  uxor  sua,  (40)  Hen  saß,  (41)  Gristian  folcker, 
(42)  Johan  reyß,.  (43)  Crystyngyn,  sua  uxor,  (44)  Johan 
hulczheymer,  (45)  Bernhart,  (46)  Job  rorbach,  (47)Lud- 
wig  martroff,  (48)  Enchyn  uxor,  (49)  Johann  han,  (ÖO) 
Katherina,  uxor  sua,  (51)  Daniel,  (52)  Hans  brom,  (53) 
Qretgyn,  uxor  sua,  (54)  Wolff  blum,  (55)  Kryngyn,  uxor 
sua,  (56)doctor  (57)  Adamheymbach  [56  u.  57  eine  Person],  (58) 
Anna,uxoreius,  (59)Eberhartyonhusescheym,  (60)Guttgyn; 
uxor  sua,  (61)  Gonrat  schytt,  ciniummagister  iunior,  (fö)Mar- 


/—     147     — 

gret;  Qxor  sna^  (68)  Friderich  fant,  (64)  Margret;  uxor 
sua^  (65)  Friderich  yon  alczen^  (66)  Conrat  mones,  (67) 
CUU  Btallburg,    (68)  Gorg  martroff.    (69)  Engel  von  hocz- 

feit,    (70) bingen,    meister     von    norlyngen,    hij 

honoris  gratia  admissi  in  c^na,  nnllnm  namque  ins  socio- 
tatis  competit  ipsis.  Qhq  sequuntnr  viduQ  erant:  (71)  Agnes 
wisse  zu  [fol.  77]  Lebensteyn ,  (78)  Eylchin  rorbechin,  mjn 
mntter,  (73)Eatherina  hulczseryn,  relicta Gylperti  huczhosens, 
(74)Otylia  glauburgerin,  (76)Vrsula  schwartzenbergeryn, 
(76)  Agnes  ergeschemerjn.  Virgines,  qu^  adhuc  nulli  adh^re- 
bant,  diiQ  tantum:  (77)  Kryngyn  humbrechtin,  (78)  Eryngin 
sassen.  (79)  Thomas  sossenheymer,  (80)  Grettgjni;  uxor  sua.  Huic 
c^n^  pr^fecti  sunt,  vt  coquin^  pr^essent,  Johan  frosch  et  Vlricfa 
nuhuß.  OylbertUB  hulczhusen  et  ego  eramus  primi,  qui 
cum  cereis  correas  duximus  et  ex  iussu  seniorum  trade- 
bamus  Annam,  sponsam  Bernhard!  wiss,  Danieli  bromet 
h^c  prima  correa  in  ea  stuba  et  h^c  correa  iusta  conside- 
ratione  Danieli  brom  tradita  ipsi,  [supple:  quod]  magni- 
ficum  et  humanum  se  exhibuit  erga  societateip,  domum 
namque  iusto  pretio  traddidit  societati  etc.,  vt  supra 
mentio  habita.  Post  c^nam  aduenit  marcbio  lacobus  de  baden, 
iudex  ittditii  camerQ  regii  [regiae?]  maiestatis,  et  cum  eo  aliqui  ex 
assessoribus,  procuratoribusvot  nobilibus  et  trepudiabant  vna  nobiscum. 
Item  quinque  solides  soluit  unus  pro  c^na,  hos  quinque  solides  donauit 
mihi  germanus  Bemhardus  ob  memoriam,  quia  prima  c^na. 

§.  186.  [fol.  79]  Ladarum.  Anno  1497  hatt  man  eyn  offent- 
lieh geselschaffb  gehalten  vff  der  newai  stoben  vor  £Bkßnacht  vnd  bt 
die  erst  gesekchafil,  die  man  gehalten  hatt  vff  der  neuwen  stoben, 
vnd  für  hin  hatt  man  vorbotten  vff  die  stoben  alle  junge  gesellen, 
die  etwan  gerechtikeyt  yn  der  geselschaift  haben,  vnd  synt  die  jungen 
gesellen  also  erschynen  myt  namen  vff  den  22  tag  des  ianuarij  vnd 
hatt  da  selbst  doctor  Ludwig  vom  paradijß,  schultheyß,  von 
wegen  der  gesekchafil  disse  meynung  zu  den  iungen  gessellen  geredt, 
das  den  iungen  gesellen  allen  vnd  iglichen  erlaubt  sy  vnd  laub  haben 
sollen  vff  der  stoben  vnd  in  der  geselschafft  zu  syn  vnd  vmb  yr 
geld  EU  zeren  (das  sust  nyt  gewonHch  ist,  den  noch  ordenung  gunt 
man  eym  nyt  mer  dan  eyn  gesellschafft  zu  halten,  dan  er  gessel 
wyrt),  dar  by  auch  gebetten  vnd  befollen,  züchtig  sich  zu  halten 
myt  danczen  vnd  willig  myt  essen  vortragen,  auch  ym  dancz  sich 
nyt  yn  die  arm  vmbfiihen  als  sust,    sunder  an  stat  des  selben  arm- 

fahens  den  frauwen  die  heiid  geben  vnd  zuchtig  neygen.    Diss  ist 

10» 


—    1*8    — 

also  geschehen.  Auch  halt  die  geBelschafi  margraffen  lacoben^  zu 
den  zytten  kamer  richter^  vnseren  genedigen  herren,  vnd  alle  bysitzer 
ynd  ettlich  aduocaten  vnd  procuratores  des  kamer  gerichtz  lassen 
wissen^  wie  man  ejn  geselschafit  halten  woU,  wollent  sie  dar  by  syn, 
80  möge  sie  die  geselscÜafil  fast  woll  liden^  das  sie  jr  gelt  by  der 
geselschafflt  vorzeren ;  des  glichen  hat  mans  anch  ettlich  lassen  wissen, 
die  yn  der  canczelly  syn  zu  der  zytt  der  geselschaffk.  Damach  yff 
Tnser  frauwen  tag  purifficationis  ist  loczell  faßnacht  gewest^  danimb 
hatt  die  geselschafft  nyt  yren  anhab  gehabt  als  von  alter  vnser 
frauwen  zu  eren  vnd  [hatt]  yff  den  sontag  estomihi,  quQ  est  quinta 
februarijy  hat  sie  angefangen  ynd  yff  denselben  obent  zum  ersten  des 
nachtz  ymbs  da  gessen  ynd  [fol.  80]  öffentlich  hie  ynden  gedanczt 
Vff  den  montag  darnach  zu  ynderen  haben  fier  burger  eyn  gesellen 
stechen  gehabt  myt  kronlyn,  myt  namen  Conrat  zum  jungen, 
Heimen  [Heylman]  stralnberg,  Conratt  mone£  ynd  Claß  stal- 
berg,  noch  dem  syn  widder  zum  nachtmall  erscbynen  alle  die,  die 
zur  ge[sel]Bchafil  gehören  oder  geladen  waren.  Vff  den  dynstag  ist  die 
geselschafft  zu  myttag  auch  by  eyn  ander  gewest  Glich  alß  sie  zu 
mittag  gessen  hatten,  syn  sie  ymb  gangen  noch  alter  gewonheyt  zum 
theuschen  huß,  zu  sant  lohans  ynd  zu  sant  Anthonien  ynd  ist  der 
fürst  margraff  lacob  yon  baden  kamerrichter  nyt  mytt  gangen,  noch 
keyner  yon  assessoribus  oder  bysiczeren,  darnach  zum  nacht  mall 
syn  sie  alle  zu  semen  komen  ynd  zum  dancz;  desglichen  den  escher- 
myttwoch  zu  myttags  ynd  obents  yff  den  eschermittwoch  noch  myt- 
tag haben  die  frauwen  noch  olter  gewonheyt  zwen  kochen  meyster 
gemacht  zu  der  grünen  soppen  myt  namen  Claß  yon  rockyngen 
ynd  Hen  stralnberger,  beyd  sampt  widwer,  darnach  synt  sie  hynuß 
yn  Hen  gleuburgs  garten  gangen,  da  die  geschelschaffl;  hin  yß  kam, 
bald  darnach  kam  der  fürst  myt  sampt  ettlichen  bysiczem  zu  ynen 
geryten  ynd  war  by  ynen,  darnach  rytten  sie  widder  heym  ynd  gyng 
die  geselschafft  auch  heym  ynd  kamen  zum  nachtmal  widder  zusa- 
men.  Vff  donerstag  zu  mittag  ossent  die  mannen  eynig  yff  der  stoben 
ynd  beschlossent  die  rechenschaffl  ynd  namen  yon  dem  margkgraffen 
nyt  mer  den  i  gld.  ynd  desglichen  yon  bisiczem  ynd  allen  dennen, 
die  dem  kamergericht  yorwandt  waren,  gab  keyner  mer  den  i  gld., 
[fol.  81}  schenckt  der  margkraff  der  geschelschaffb  eyn  hirsch  ynd 
eyn  rehe,  des  Battes  ampüude  ynd  Ander  Edellude  gaben  eyner  ij  guld., 
eyn  burger  iii  gld.,  darnach  yff  den  gBt.  domstag  zu  nacht  ossent  sie  aber 

by  eynander  den  manderkeß  ynd  yorzert  eyner Vnd  also  hatt 

disse  brasseryhe  eyn  ende.  Disser  geselschaffi;  kochenmeyster  sint 
gewest   lacob   neuhuß,    lohann    hi^n,  wynmeyster  ynd   broitt- 


—     1*9     — 

■ 

mejBter  sjnt  gewest  lohan  frosch^  sponsiis  LyßgenB^  vndConrat 
neuhuß. 

By  diser  geselschafil  sjut  nyt  gewest  myn  mutter,  myn  bru- 
der  Bernhart  vnd  ich,  noch  myn  schwager,  noch  myn  Schwe- 
ster; auch  Haman  hulzhusen  vnd  Margret,  syn  frawe,  noch 
Oylbrecht,  syn  bruder,  noch  Katherina,  yr  matter,  die  war  auch 
kranck,  noch  auch  Eatherina  hulczhuseryn  zum  spangenberg, 
noch  yr  sun  Ludwig  hulczhusen,  vßgenomen  uff  den  sontag  inuo> 
cauit  zu  nacht  ist  Schwager  Karlen  hynsberg  und  Martha,  myn 
Schwester,  byder  geselschafft  gewest,  vnd  hatvnsyß  der  geselschafift 
gehalten  Margretten  zum  thorn  dott,  die  wir  als  den  truerrenten. 

§.  187.  [fol.  132]  Anno  1499  21  ianuarij  hoben  man  vnd  frauwen 
yS  der  stoben  gessen  zu  nacht,  eo  quod  marchio  lacobus  de  baden, 
iudex  Begalis  iuditij  camerQ,  donatiit  societati  ceruum  et  soluit  ynas 
6  alb.  Ego  aderam,  non  mater,  neque  frater. 


17.    GultuB. 

§.  188.  [fol.  2J  Item  secunda  junii  celebrabatur  hie  missa  in 
Omnibus  ecclesiis  pro  conservatione  fructuum  et  conduitatis  et  pro 
defensione  hostium  anno  1494. 

§.  189,  [fol.  7  ad  iii  novembris  1494]  Eodem  die  agebatur  in 
ecclesia  conmiemoratio  animarum  fidelium,  qu^  commemoratio  trans- 
lata  est  in  terciam  diem  nouembris,  eo  qüod  dominica  dies  se- 
cunda erat. 

[XTeber  die  Stifhmg  der  Bathsmesse  §.  260.  Fam.  Frosch.] 

§.  190  [fol.  12]  Anno  1494  [1.  1493]  decima  nona  maii  cecide- 
bat  dedicatiö  ecclesiQ  fratrum  minorum  '  franckfurdi^.  Semper  enim 
secundum  cursum  temporis  in  dominica  exaudi,  qu^  est  sexta  post 
pasca,  agitur  dedicatiö  in  pr^fata  ecclesia.  Et  tunc  ante  inchoationem 
summ^  miss^  defertur  yenerabile  corpus  Christi  extra  ad  plateas 
circumeundo  monasterium  et  omnes  fratres  ferunt  reliquias  etc. 
Et  fimdauit  pater  iuxta  literas  h^c  clare  fantes,  et  fratribus  meis  ac 
mihi  incumbit  ductio  sacerdotis  deferentis  sacrum  et  ego  Job  pr^fato 
anno  et  die,  vt  hie  supra  mentio  habetur,  duxi  et  Hamandum  hulcz- 
husen in  sodalem  assumpsi.  Et  post  mortem  patris  ego  primus  fui, 
qui  ex  fratribus  meis  duxerat;  tempore  enim  intermedio,  videlicet  post 
mortem  patris  vsque  ad  tempus  pubertatis  nostr^  et  presenti^  mater 
nostra  substituit  duos,  qui  vicem  nostram  adimplerent  Et  in  anno 
1494  dedicatiö  fratrum  minorum  cecidebat  in  XYÜi  diem  maii  et  duxi 


—     150     — 

ego  Bacerdotem  et  JacoboB  nuhuseiiy  quem  mihi  in  Botium  aBsompsi, 
nee  enim  tum  afiuerunt  fratres. 

[Ueber  diese  Stiftung  vergleiche:  Familienchronik  Bernhard 
Bohrbachs  §.  27.  Der  Sonntag  Ezaudi  fiel  übrigens  nicht  im  Jahre 
1494;  sondern  1493  auf  den  19.  Mai,  es  ist  daher  statt.  1494  zu  lesen 
1493,  wie  auch  aus  der  wiederholten  Beschreibung  der  Procession 
von  1493  hervorgeht:] 

§.  191.  [p.  25J  Anno  1493  decima  nona  ma;ij  et  in  dedipatione 
templi  minorum  duxi  ego  primum  sacerdotem  deferentem  corpus 
Christi  in  processione,  qu^  habetur  ante  missam  summam.  Assumpsi 
mihi  in  sodalem,  qui  mecum  duzit,  Hamandum  hulczhusen. 
Frocessio  [1.  processionis],  quQ  fit  in  dedicatione  eoclesiae  fratrum 
minorum,  et  maxime  quod  diflertur  corpus  dominicum,  fundator  fuit 
pater  mens  Bernhardus  rorbach,  ipse  namque  suis  pecuniis  im- 
petravit  a  papa  fratribus,  vt  possent  difierre  [corpus]  domini  per 
circuitum,  inque  memoriam  huius  pr^servavit  sibi,  d^un  vixit,  nobisque 
filiis  suis,  vt  ins  ducendi  hab'eremus,  sed  quia  post  obitum  patris 
omnes  nos  Qtate  adeamrem  minores  eramus,  ac  etiam  cum  Qtas  nos 
ablitauit(?),  absentes  eram^s,  ideoque  mater  nostra  semper  duos,  quos 
voluit,  nomine  nostro  elegit,  qui  offitium  in  hoc  nostrum  explevenmt 
Et  die  et  anno  pr^fato  ego  primus  inter  fratres  duxi,  eo  quod 
Bernhardus  existebat  in  italia  eo  tuno,  Conradus  vero  frater 
minor  annis  erat.  Competit  autem  ius  ducendi  duobus  senioribus  ex 
nobis  iuxta  litteras,  [fol  26]  Änno  1494  decima  octaua  maij  in  dedi- 
catione fratrum  minorum,  ego  pariter  cum  Jacobe  neuhusen 
duxi  sacerdotem  ferentem  corpus  redemptoris.  Anno  1495  dominica 
exaudi,  qu^  tunc  fuit  vltima  maij,  erat  dedicatio  ecclesi^  minorum, 
et  tunc  duxit  Bernhardus,  frater  mens, ,  (et  adiuuantem  assumpsit 
Karolum  henspurg,  affinem  nostrum,)  sacerdotem,  qui  fert  do- 
mini corpus,  et  hoc  ex  more,  qui  nobis  incumbit;  et  primum  fuil^  quod 
frater  duxerit,    ego  tamen  antea  duxi^   ipso  semper  absente.    Anno 

1496  ego  Job  vna  cum  pr^fato  Karolo  duximus  sacerdotem.  Anno 

1497  Bernhardus,  frater  mens,  cum  Karolo  henspurg  duxit  sacerdotem 
in  dedicatione  minoruin.  [fol.  88:  Anno  1497  septima  maij  in  dedica- 
tione minorum  duxit  Bernhardus  rorbach,  frater  meus,  sacerdotem 
deferentem  corpus  dominicum.  Assumpsit  Karolum  hensburg  in 
sociüm,  quia  ego  non  aderam.]  Anno  1498  maij  27  erat  dedicatio 
fratrum  minorum  et  duxerunt  frater  Bernhardus  etKarolus,  tunc 
magister  ciuium  [§.  14^4],  sacerdotem  iuxta  morem.  [foL  114: 
Anno  domini  1498  vicesima  septima  maij  et  dominica  exaudi  in  de- 
dicatione ecclesi^  fratrum  minorum  franckfurdi^  frater  meus  Bern- 


—     iSi     — 

harduB  assoinpBit  Earolum  hjnspergy  tunc  magistrum  ciaiunii 
in  sotinm  et  duxerunt  sacerdotem^  qui  ibidem  in  processione  detulit 
corpus  domini.  H^c  enim  dedidatio  no&tra  est  de  iure  iuxta  litteras.] 
Anno  1499  xii  maij  et  dominica  exaudi  ego  cmn-Jacobo  neuhuß; 
magistro  eiuium  pro  tunc  [§.  125J;  duximus  sacerdotem  de- 
ferentem  eucharistiam.  [foL  139 :  Anno  1499  duodecima  maij  et  do- 
minica exaudi  in  solennitate  dedicationis  ecclesi^  minorum  duxi  ego 
vna  cum  Jacobe  neuhusen^  tunc  magisto  eiuium^  eum^ 
qui  inde  ex  institutione  genitoris  mei  detulit  in  processione  corpus 
domini;  induique  eo  die  ex  panno  nigro  tunicam  simplicem,  de  illo 
eodem  panno  induit  Jacobus  pr^fatus  ejn  hasack.]  Anno 
1500  vltima  maij  Bemhardus,  frater  meus,  yna  cum  Geoi^gio  neuhusen 
duxerunt  sacerdotem,  de  quo  in  152.  [fol.  152:  Anno  1500  vltima 
maij  in  dedicatione  minorum  duxerunt  sacerdotem  gestantem  corpus 
domini  frater  meus  Bernhardus  et  Georgius  neuhusun.] 

§.  192.  [fol.  32]  Anno  1495  in  die  beatQ  Mari^  Magdalena 
Johannes  griffen  st  eyn,  decanus  S.  Bartholomei,  detulit  cor- 
pus dominicum,  Johann  glauburg  et  Ortt  zum  iungen 
in  locumJohannid  von  ryn  duxerunt  decanum,  Bernhart  wyß, 
Georg    neuhuß,   Fhilippus    ogelnheymer,    Jacob   wyß 

portarunt den   casten.    Vdalricus    nuhusen,    Georg 

matroff;  Gylbertus  hulcshusen,  Heynricus  wyß  faces 
gestabakit. 

§.  193.  [foL  43]  Anno  1495  ordinatum  est  per  serenissimum 
Maximillianum  Bomanorum  regem  ac  per  archiprQsulem  magnntinum, 
Bertholdum  de  henberg  etc.  et  per  alios,  vt  in  omnibus  cathedrali- 
buS;  coUegiatis  parochialibusve  ecclesüs  et  monasterijs  per  totum 
imperium  in  omnibus  diocesibus  et  locis,  qui  sub  imperio  sunt,  vt 
ad  quadriennium  singulis  mensibus  missa  rogationis  decantetur 
in  initio  cuiuslibet  mensis  pro  impetr^nda  (a  magnipotenti  deo)  miseri- 
cordia  et  peccatorum  venia  pro  salute  et  victoria,  vt  suo  iuamine 
[iuvamine]  hostibus  fidei  et  imperij  resistere  valeamus  cristianaque 
religio  vt  augmentetur  imperiumq.  simul  amplificetur.  Et  onmibus 
deuote  interessentibus  xl  dies  indulgentiarum  tribuuntur.  [fol.  44] 
H§c  inissa  rogationis  est  franchfurdi^  primitus  cantata  die  nona  de- 
cen^bris  anno  1495  et  singulis  mensibus  continuata  usque  in  annum 
1499;  vbi  ultima  obseruata  fuit  quarta  nouembris.  Celebratur  autem 
missa  hoc  ordine.  Ante  missam  flexis  genibus  cantatur  antiphona: 
„CognoscimuS;  domine ,  quod*^  etc.  cum  versu  et  coUecta  pro  pecca- 
tis.  Dehinc  Septem  psalmi  p^uitentlales  leguntur  usque  ad  litaniam, 
Ixtaniaque  inchoatur  voce  altiori  cantabitnrque  per  circuitum  eoclesi^i 


—     152     — 

pr^cedente  quodam,  qai  cnicem  defert  ante  scholareB  (ubi  sunt)  et 
clerum.  Hijs  finitis  in  choro  cantatur  antiphona:  ^Alma  redemptoriB 
mater'^  etc.  cum  versu  et  collecta  de  beata  virgine.  Hijs  sie  actis  ad 
missam  yenitur^  cuius  initium  est:  „si  iniquitates^^  collect^:  „Farce 
domine'';  „Omnipotens  sempiteme  deus'S  H^c  duQ  collect^  leguntur 
sub  prima  conclusione[?].  AUq  tres  collect^,  yidelicet:  „quaesumus^ 
omnipotens  deus^  ut  famulus  tuns  rex^'^  „deos^  a  quo  sancta  desideria'', 
,,deuB,  qui  non  mortem  peccatoris";  leguntur  sub  secunda  conclusione, 
Epistola  Hieriem^  prophetQ:  „Si  iniquitates  nostr^  contendant''  Gra- 
duale:  „Propitius  esto  peccatis".  AUeluja:  „ostende  nobis^  domine^. 
Tractus  post  Ixx  [septuagesimam] :  ,,Domine;  non  secundum  peccata". 
Ewangelium:  „Amen^  amen-  dico  yobis,  quivis  dixerit  huic  monti^. 
Offertorium:  „sicut  in  holocausto''.  Post  eleuationem  flexis  genibus 
cftntatur  antiphona:  j^Media  vita  in  morte''^  versus  et  collecta  pro 
peccatis.  Commune:  „Amen  dico  yobis;  quidquid  orantes''.  Finita 
missa  proceditur  cum  processione  ad  altare  beat§  yirginis  et  cantatur 
flexis  genibus  antiphona:  „Salye  regina'^  cum  versu  et  collecta.  Tan- 
dem cum  ad  chorum  reuersi  sunt,  cantatur  antiphona:  ^O  Martine, 
o  pie^;  versus  et  collecta  vel  loco  illius  antiphona  cantantür  antiphona 
de  patrono  ecclesi^  illius.  Hqc  missa  tali>  rittu  et  ordine  suprascripto 
primituB  franckfordi^  est  decantata  die  nona  decembris  anno  1495. 
[cf.  S.  200.] 

§.  194  [fol.  53]  Anno  1496  die  S*"  apprilis,  erat  dies  sanct« 
paschQ;  tres  apud  fratrespr^dicatores  pr^icabant:lector  in  cymiterio, 
subprior  in  ecclesia,  tercius  in  ambitu,  adeoque  se  inuicem  clamoribus 
[se]  impediebant;  ut  parua  ex  hijs  sermonibus  populo  generabatur 
deuolio;  sed  confusio  potius. 

§.  195.  [foL  54]  Anno  1496  in  die  sancti  Marci  ewangelistQ 
derus  nonibat  ad  villam  rad^  sed  mansit  in  sachssenhussenobpluuiam^ 
qu9  die  integra  durabat 

§.  196.  [fol.  55]  Anno  1496  in  mense  maij  erecta  primum  est 
tabula  summi  altaris  in  choro  fratrum  pr^dicatorum. 

§.  197.  [fol.  58]  Anno  1496  in  die  beat^  Mari^  Magdalena  de- 
canus  Johannes  in  processione  gestabat  corpus  domini,  Johann 
glauburg  et  Öans  vom  ryn  cum  duxerunt;  Jacob  wiß,  Gorg 
neuhuf;  Conrad  mones,  Diether  .  .  .  von  sassenhusseu  por- 
tabant  den  kästen;  Gylbertus  hulczhusen;  Lud^icus  hulcz- 
huseu;  Heylman  stralnberg;  Conrat  zum  jungen  ferebant 
cereas. 

§.  198^  [foi.  90]  Anno  1497  ipso  die  corporis  Christi  et  vicesima 
quinta  maij  deferebat  corpus  dBi Johannes  grjffensteyn,  decanus 


—     153     — 

dini  Bartholom^i  francofurdienBis.  Assistebant  decano  eum  ducendo 
Henn  glanburg  et  lohannes  vom  ryn^  seniores  scabini, 
qaataor  autem  ferebant  struem^  qu^  super  sacramentumdefer- 
tur,  noBtro  ydiomate  der  käst  genant^    videlicet   Philippus 

ogelnhejmer^  Gorg  reyß,    Ditther et  ego  lob  ror- 

bach,  et  primum  est;  quod  ego  geBtabam  den  kasteii;  quatuor  alij 
deferebant  t^das  seu  cereas,  videlicet  Hejnrich  wiß,  Ortgyn 
zum  jungen^  Virich  neubusen  vnd  Gorg  martroff.  Comita- 
bantur  sacramentum  a  retro  Marchio  lacobus  de  baden  ^  iuditij 
camer^  iudex^  cum  eo  sex  assesBoreS;  item  aduocatus  iuditij  camer^^ 
Doctor  Florentius  de  veniugeii;  aliquique  procuratores.  Post  hos  ibant 
consules  opidi  huius,  deinde  wulgares  etc. 

§  199.  [foL  95]  Nicolaus  kruder  episcopus  Sambiensis 
et  filius  franckfurdensis.  Anno  1497  die  22  iulij  ipsa  die  diu^ 
Magdalena  Nicolaus  kruder^  episcopus  Sambiensis^  filius  oppidi  franck- 
furdensis^ detulit  Corpus  dominicum  in  processionC;  qu^  ea  die  agitur 
ex  voto.  Bernhardus^  frater  meuS;  lorg  neuhuß,  Conrat  monef  et 
Dither  humeris  seu  scapulis  suis  [gestaverunt]  den  kästen  et  prima 
est  fratris  gestio  illa  pr^fata.  '  Eram  tunc  wormatiQ. 

[Maria-Magdalenen-Frocession  1498,  begleitet  von  den  Theilneh- 
mem  an  dem  Passionsspiel  §.  215]. 

§.  200.  [fol.  137]  Bede  Meß.  Anno  1499  vicesima  quarta  ap- 
prillis  decantata  est  in  onmibus  collegiatis  ecclesijs  et  monasterijs 
missa  pacis.  Et  in  ecelesia  parochiali  nostra  hoc  modo  processum  est : 
primum  cantata  antiphona:  ^Cognoscimus  domine,  quod  peccauimus^; 
deinde  lecti  submissa  voce  vii  psalmi  litaniaque  alta  voce  per  duos 
decantabatur.  Cantando  eam  facta  est  processio  et  circuitus  per  totum 
cimiterium.  In  ea  ibant  primum  scolares,  deinde  persona  ecclesi^, 
demum  tötum  consilium  fteu  omnes  consulares  viri  vna  cum  capitaneo, 
aduocato  medicoque  etc.,  qui  omnes  durarunt  vsque  in  finem  pffitij 
missQ.  Antea  etiam  quam  inchoaretur  ofiitium  summum,  cantata  an- 
tiphona: „Alma  redemptoris^  cum  coUecta;  introitus :  ,,Dapacem'^;habita 
eleuatione,  cantata  antiphona :  „Media  vita^  cum  coUecta.  Finito  offitio 
missQ;  cantata  fuit  antiphona:  j^Salue  regina^  cum  coUecta  [fol.  138]. 
Steterunt  consules  in  dextro  latere  chori,  ingrediendo  chorum  scabini 
et  pr^tores,  in  superioribus  sedibus  seu  stallis  alij,  in  inferioribus 
persona  vero  omnes  ecclesi^  honoris  gratia  cedebant  consulibus  et  in 
latere  sinistro  manebant.  Deinde  eodem  anno  22  maij  ob  exhorta- 
tionem  domini  Bertholdi  archiepiscopi  ^que  et  per  omnia  decantata 
est  missa,  vt  supra ,  et  sequebantur  itterum  omnes  consulares 
[cf.  §.  193]. 


—     154    — 

§.201.  [fol.  142]  Anno  1499  in  die  din^  Mari^  Magdalena  do- 
minus Johannes  gryffensteyn  detulit  corpus  Christi.  Ducebant  6 um 
Johannes  vom  ryn  et  Ort  zum  jungen.  Den  kästen  deferebant 
Gorg  neuhuf,  Engil  langstorff^  Arnolt  reyß,  Philipps 
vgislnhejmer.  Deferebant  die  fackeln  Sebastianus  Schmitt, 
Conrat  zum  Jungen, 

§.  202.  [fol.  156]  Bede  Mel).  Anno  dominj  1500  vltima  augusti 
decantata  est  missa  pro  pactis  ad  instar  eius;  quQ  supra  notatur 
Charta  137  [§.  200]^  nisi  quod  in  ea  nunc  consules  in  latere  cantons 
steterunt  supra  in  latere  decani  etc. 

18.    Judentaufe. 

§.  203.  [foL  5]  Anno  1494  decima  nona  augusti  baptizata  est 
hie  Jud^a  ex  partibus  sueui^^  qu^;  vt  ait^  ex  instinctu  Mari^  yirginis 
proprio  motu  baptizari  petiit,  et  nomen  ipsi  est  impositum  Katherina 
et inter  plures compatrices  duxerunt  eam  du^  virgines;  Annablumyn, 
filia  Wolfgangi  blums;  afiinis  mei;  et^Cristina  froschin,  filia  Jo- 
hannis  frosch,  quQ  prefat^  virgines  steterunt  in  latere  super  machinam, 
quando  baptizabatur,  erat  enim  machina  constructa  ante  aram  parochia^ 
lem  et  peluis  super  posita,  in  qua  steterat  baptizanda.  Cetera  autem 
compatrices  non  ascenderunt  machinam,  et,  ea  baptizata,  cecinitpopu* 
lus:  „Nun  bjden  wyr  den  beigen  gejst^!  Et  postea  eduxerunt  eam 
prefatQ  virgines  in  processione  (sicuti  et  intrauerat  ecclesiam)  ad 
domum  plebani. 

19.    Asylrecht  der  Klöster. 

§.  204.  [fol.  89]  Anno  1497  decima  maij  in  nocte  hatt  hameß 
sun  ....  zu  sosenhusen  eyn  thor  geweltiglich  vffgetretten  an  ejnem 
huselin  hj  dem  huß,  zum  Einbogen  genant,  hj  den  predigern  vnd 
hatt  gewont  eyn  burger  von  aschaffenburg,  der  hie  reyff  feyll  hatt, 
genent vnd  hatt  der  gemelt  burger  eyn  frawe  zu  aschaffen- 
burg. Aber  hameß  sun  hatt  dissen  burger  gewont  vmb  des,  das  er 
by  ym  lygen  fant  syn  hör  .  .  .  des  wagners  dochter  von  sassenhusen. 
Darumb  dratt  er  die  dor  vff  vnd  hywe  den  burger  vnd  schlug  die 
bor  by  eynander  ym  beth.  Vnd  hatt  hames  sun  eyn  scherrer 
knecht  .  .  .  .  by  ym  yn  disser  thatt  Des  morgens  lieff  hames  sun 
vff  die  friheytt  yn's  barfusser  kloster  vnd  der  scherrer  knecht  zusant 
Anthonij  vnd  synt  beyd  daruonkomen. 


155 


20.    Cleriker. 

§.  205.  *  [fol.  55]  Anno  domini  1496  duodecima  maij  expirauit 
deuotuB  HartmanduB  moliatoris^  canonicus  sancti  Bartholom^i. 
Canonicatum  obtinuit.Fhilippus  de  helle^  alias  peffcr  dictus. 

§.  206.  [fol.  62J  Anno  1496  vltima  augusti  dominus  Niclaus 
wißbecker  exspirauit^  qni  erat  scolasticus  sancti  Bartholom^i.  Scolasteriam 
obtinuit  Joannes  sumer^  canonicus  sancti  Bartholom^i,  quod  sibi 
contulit  generosus  dominus  ....  de  uassawe  comes^  pr^positus  diui 
Bartholom^i  [cf.  §.  62.]. 

§.  207.  [fol.  99]  Anno  1497  Carolus  [1.  PhiUppus]  de  helle^ 
filiuB  doctoris  Georgii^  vulgo  peffer  cognominatus^  obtinuit  pr^bendam 
in  aschaffenburg  per  mortem  cuiusdam  rejfF,  qui  obiit  vltima  augusti. 
H^c  scripsit  frater,  quum  wormati^  eram  7. 

§.  208.  [fol.  145]  Anno  1499  die  tredecima  octobris  Johanes 
vom  rjn,  filius  Johanis  vomryn  et  decanus  sancti  Leonhardi^ 
snas  celebrauit  primitias  in  dicta  ecclesia  S.  Leonhardi^  ad  quos  ego 
fueram  inuitatus. 

§.  209.  [fol.  160]  Anno  domini  1500  tertia  decembris  obijt  do- 
minus Georgius  schwartzenberger;  cantor  et  canonicus  ecclesi^  sancti, 
Bartholom^i  franckfurdi^.    cf.  §.  63.  327. 

[Johannes  Greif enstein^  decanus  sancti  Bartholomaei;  §.  62  seq.;  192. 
197.  201.  215. 

Eberhardus  Becker^  scholasticus  sancti  Bartholomaei^  §.  62.  §.  63. 

ConradusHensel;  doctor  theologiae^  canonicus  sancti  Barth olomaei 
et  plebanus;  §.  63. 

Johannes  Ugelheimer^  canonicus  sancti  Bariholomaei,   §.  62.  63. 

ErharduB  Dincickheymer,  canonicus  sancti  Bartholomaei^  §.  63. 

Johannes  WilnaU;  canonieus  sancti  Bartholomaei,  §.  03. 

Heimannus  Itzstein,  canonicus  sancti  Bartholomaei,  §.  63.  65.  69. 

Nicolaus  Schell;  vicarius  sancti  Bartholomaei,  §.  65. 

NicolauB  HugoniS;  clericus  sancti  Bartholomaei;  §.  68. 

Heinricus  Stößel^  vicarius  sancti  Bartholomaei;  §.  236. 

Nicolaus  Kruder,  episcopus  Sambiensis  et  filius  franckfurdensis;§.  199. 

Johann  Brunn,  sacerdos  §.  80. 

Albertus  Brollyn,  capellanud  Katharinae  Holzhausen  zum  Gold- 
stein, §.  18.  217.] 


'  Am  Rande  hat  Job  „Karolas"  ansgestrichen  vnd  dafür  „Phillipas"  ge- 
setzt. Es  unterliegt  demnach  keinem  Zweifel,  dass  der  Inhaber  Jener  Praebende 
und  der  Canonikus  zu  St  Bartholomaei  eine  Person  und  Sohn  des  Kanzlers 
Georg  Helle,  gen.  Pfeffer,  war. 


IIL   Sitten. 


1.     Das  jährliche  Hirschesaeii  des  Batha. 

§.  210.  [fol.  31 1  Anno  1495  die  tredecima  julij  domini  de  con- 
silio  comedenint  ceruum  in  domo  JohanniBgleuburg  iuxta  morem 
eorum,  vti  singulis  annis  faciunt. 

§.  211.  [fol.  57]  Anno  1496  die  1  julij  domini  de  consulata 
conuiuium  cerui  peragebant  Et  Clara,  vxor  Johannis  de  glau- 
burg^  inuitauit  plures  in  domum  Ambrosii  glauburg  (consulares  enim 
sunt  in  domo  Johannis  glauburgs,  cum  bachanalia  cerui  peragunt), 
qui  ad  triduum  ederunt  ac  biberunt  in  gaudioque  triduum  hoc  con- 
Bumpsere,  iueruntque  tercia  die  ad  yillam  rad  causa  Bolatii  et  quod 
dies  diuQ  Margret^  agebätür,  quQ  illic  patrona  colitur.  Inter  alias 
aderant  mater,  Boror,  affinis  et  ego,  fraier  in  italia  erat  [§.  8]  soluit- 
que  genitrix  pro  se  et  me  pro  hoc  triduo  xx  &. 

§.  212.  [fol.  93]  Anno  1497  decima  nona  junij  domini  consules 
franckfurdenses  bachanalia  cerui  peragebant 

§.  213.  [fol.  117]  Anno  1498  ricesima  lunij  consulares  franck- 
furdeuBOB  conuiuium  cerui  iuxta  morem  agebant. 


2.    PasBionsspieL 

i 

§.  214.  [fol.  115]  Anno  1498,  quarta  junij  et  secunda  penthe- 
costes,  hie  ante  pr^torium,  quod  dicitur  der  romer,  supra  machinam, 
qu^  ob  hoc  constructa  fuerat,  ludus  habitus,  in  quo  erant  280  per- 
sona bene  omat^  cum  vestibus  ac  similibus,  quQ  decebant;  luserant 
autem  eo  die  primum  sacrificium  unici  filii  Abraam,  historiam  Susann^, 
divitis  et  pauperiB  Lazari,  item  filii  perditioms,  quibus  actis  Balthazar, 
plebanuB   in  obern    Escherschejm,    induit  se  tunica  grisea 


—     157     — 

(antea  eniin  personam  patris  in  dinis  reprQsentabat);  ao  djademitate 
coronatus^  personain  Christi  simulang  pasBionem  domini  aggrediens, 
quQ  causam  omnem  dedit  ludo.  Eam  incipiebat  ab  electione  aposto- 
lomm.  Die  quinta  junij  Inserat  passioneni;  usque  dum  captus  fuerat 
in  ortu  [horto];  sub  illa  captura  ducebatur  per  nostras  vicns  ciuitatis. 
Sexta  junij  et  mercurij  et  quatuor  temporum  ad  longum  per  ciuita- 
tem  traducebatur;  anteaquam  ascerenderent  machinam^  cumque 
macbinam  asoendissent^  adAnnam  eo  die  etc.  ducebatur  et  cruci  ap- 
pendebant  eum,  in  qua  pendebat  fere  ad  duas  horas.  Sexta  [lege: 
septima]  junij  et  jouis  post  pentheoosten  exportarunt  crucem  una 
cum  crucibus  latronum  extra  portam  saxenhusen.  Undecima  junij 
hijy  qui  de  ludo  erant^  inuitarunt  totum  consulatum  ad  prandium^  qui 
donarunt  illis  duasamas  vini  et  20  aureos^  item  concesserantillis  asser  es  et 
ligna  in  mftgna  copia  yalde^^  ex  quibus  machina  construebtftury  ea 
tarnen  lege^  yt  redderent^  etqu^  destruerentur  seu  c^derentur^  solue- 
rent;  pr^terea  plures  alios  eines  et  ecclesiasticas  personas  inuitabant^ 
qui  et  illis;  qui  de  ludo  erant^  propinabant.  Item  omnis;  qui  de  ludo 
erat,  et  qu^libet  persona  singulariter  dedit  primo  societati  [fol.  116] 
ejn  ort,  de  qua  pecunia,  quQ  ludum  concemebant;  parabantur. 

§.  215.  [fol.  118]  In  die  diuQ  Magdalena  anno  1498  in  processione 
corpus  domini  detulit  lohanes  gryffenstein,  decanus  ecclesi^ 
S.  Bartholom^i;  Hen  glauburg  et  Hans  vom  ryn  duxerunt 
eundem,  Gorgneuhus,  lob  rorbach,  Arnold  reysz, 
Philipps  vg.elnheimer  gestabant  den  kästen,  et  antea  in  festo 
Magdalena  non  gestaui;  Ludwick  hulczhusen,  Gorg  mar- 
troff;  Hejlman  stralnberg,  Virich  neuhus  portabant  cereas; 
faij  antem,  qui  luserant  passionem,  vt  habetur  supfa  115  sequebantur 
consulares  in  processione,  induti  seu  vestiii  more  eorum,  nisi  quod 
quinque  repr^sentabant  salvatorem,  vnus  captivum,  alter  in  veste 
alba,  tertius  colunmam  ferebat,  quartus  crucem,  quintus  resurrectio- 
nem  repr^sentans,  et  is  erat,  qui,  dum  ludebatur,  omnia  Jhesu  more 
simiUtudinarie  gesserat  ac  patiebatnr. 


3.    Bathsbleygen. 

§.  216.  [foL  132]  Anno  1499  terda  januarij  dedit  mihi  magi- 
ster  ciuium  Michel  schwarczenberg  pro  duobus  Bleygin,  die  ich 
▼ordjnt  hat  vff  den  tag  Mari§  Magdalena,  do  ich  den  kästen  drug^ 
yts.  118  [§«215],  vor  diezwej  gabermirdreuder  neuwen  bleygin  vnd 
waren  die  ersten,   die  ich  gesehen  hab;  gap  ich  der  mutter  eyns. 


—     158     — 

Bemharten^  mynbruder;  das  ander,  her  Eberharten  becker  das 
dritt  zu  neuwen  iar  vnd  hat  der  selbigen  [keynes]  keyns  mer  gesehen 
oder  gehat  A  tempore  natiuitatis  Christi  anno  illo  hie  notato  defece- 
runt  die  alten  blejgin  mit  den  zwejen  brachen  vnd  mit  den  zwejen 
drüben  vnd  die  neuwen  haben  die  gestalte  das  y&  ejner  kannen 
sunder  ejn  lytt  oder  deckel  wachsen  zwen  drubeu;  hengend  vff  bej- 
den  sjrtten  [cf.  Lersner  I,  468]. 

$.  217.  [fol.  141]  Anno  1499  decima  octaua  junij  zum  erstmaU 
yff  der  grossen  yrgeln  in  der  phar  durch  Johannes  hessen,  des  vor- 
sprechen Hans  hessen  sun,  ejn  salue  gespilt  worden  vnd  gesungen 
ynd  waren  kum  als  fill  claues  vnd  pTffen  gestjmpt,  das  eß  bescheen 
mocht.  Schanckt  ich  hierumb  dem  selbigen  lohannes  eyn  rats  blyg^ 
die  will  das  [erj  zum  ersten  zum  salue  gespilt  hat  etc. 


4.    Schiessen. 

§.  217.  [fol.  58J  Anno  1496  die  julij  vicesima  vff  dem  schjss 
graben  zwyschen  den  porten  bj  sant  katherinen  kjrchen  noch  myttag 
sjnt  zusamen  komen  jn  ejner  gutten  erlichen  geaellschafft  doctor 
Florentius  von  veningen,  Katherina  hulczhuserin,  Hamen,  jr  sun^ 
vnd  Margret,  Hamens  husfrawe,  Gylbrecht,  auch  yr  sun,  Ey Ichin 
ror becherin  vnd  ich  lob,  yr  sun,  Katherina,  Oylbrechtcz  h^lczhusen 
seliger  gedechtniss  wyttwen,  Ludwig,  yr  sun,  Karlen  henspurg  vnd 
Martha,  syn  husfirawe,  myn  loben  Schwester,  Johan  holczhejrmer, 
vnd  haben  desunderens  die  gesellen  geschossen,  welche  wollten,  vmb 
zymlich  kleynet  von  zinwerg;  des  nacktes  hatt  ye  eyn  huszgeseß 
II  maß  wyns  bracht,  vnd  nach  dem  nachtmall  geschossen  frawen  vnd 
man,  wer  da  wolt,  byß  vmb  zehne,  also  das  III  liecht  by  das  blatt 
gesteckt  worden  vnd  eyns  fam  anzeyger,  vnd  noch  dem  nacht  mall 
synt  darczu  komen  Ort  zum  iungen,  der  junger,  vnd  her  Albrecht 
prolin    [§.  18],   der  hulczhuserin   zu  goltstein    kappellan. 

§.  218«  [fol.  67]  Anno  1496  trededma  nouembris  hat  hie  eyn 
schy essen  angefangen  mytder  h€uitbocksen;  das  hatt  gewert  diy  tag 
vnd  synt  der  schuczen  hundert  vnd  eycht  gewesen  vnd  der  kleynet, 
darumb  man  geschossen  hatt,  fimff  vnd  zwenczig,  myt  namen  drij 
ochsen,  eyn  schwarczer  hudt  mjrt  eyner  sylberen  roren,  iüi  eleu 
schwarczen  schamelott,  vnd  zwenczig  zinnener  kle3met  als  fleschen, 
gieß,  faß,  gelten,  byren  [?],  teller,  kannen  etc.  Den  besten  ochsen 
gewan  eyner  heyst  Thomas,  bossenmeysters  sun,  sycztby  der  bocken- 
hejrmer  porten,  den  andern  ochsen  gewan  Conrad  nnhuß,  myn  vetter, 


—     159     — 


den  drytten  eyn  bossenmeister  von  mencz^  den  hut  mit  der  silbernen 

roren schuchlepper  by  sant  iobann^   den  schamelott  zum 

wames  gewann  dyll  ....  eyn  ledder  verkanffer  vflF  dem  krutt  marckt^ 
die  Buwe  [Sau]  gewan  Hans  syd,  vnser  schmyt,  vnd  faabent  die  franck- 
furter  scbüczen  nünczehen  kleynheyt  vnder  den  fiinff  vnd  zwen- 
czigen  vnd  die  beubt  kleynet  all;  vjßgenomen  den  drytten  ochsen. 
Vnd  haben  sie  geschossen  vff  dem  fyscherfelt  yn  zwen  schyrm  vnd 
die  leng  des  schuß  vom  stand  an  byß  yn  schyrm  ist  336  ilen,  niyt 
eyner  scfanor  ist  ens  also  gemessen  worden.  Item  hat  Schnabels  sun 
eyn  brieczsch^  vnd  welcher  schütz  sechs  schus  nach  eyn  ander  des 
schyrms  feit,  dem  schlug  man  der  briczschen;  item  welcher 
nyt  by  die  schuczen  gebort  vnd  gyng  vber  das  gebleng,  dem  schlug 
man  der  briczschen  oder  must  iiii  den.  geben ,  vnd  schössen  die 
schuczen  zehen  schüß.  Auch  synt  der  kleynet  zum  rytter  schuf  ver- 
ordenet  myt  namen  zwen  hud'  vnd  eyn  byrett  vnd  eyn  silberen 
lanczknecht  myt  eyner  silbernen  hellenbarten. 

§.  219.  [foL  157]  Anno  1500  ist  eyn  schissen  mitt  der  haut- 
bocksen  hie  gehalten  worden  vff  dem  fiescherfeld  zu  zweyen  scbyr- 
men  vnd  synt  siebentzig  schützen  gewessen,  der  synt  vii  von  mentz, 
dry  von  oppenheym,  vier  von  gelnhusen,  dry  von  rad,  die  anderen 
synt  alle  franckfurter  gewessen  vnd  hat  man  zehen  schuf  gethon, 
synt  vnder  den  schützen  nor  zwen,  die  sex  schuß  zu  meisten  gehabt 
haben,  mitt  namen  meister  Ludwig,  des  rats  Schmitt,  hat  den  ochsen 

der  das  best  war,  behat  [behalten  ?]  vnd fiescher  das  damasten 

wams,  Bemhart  weiß  eyn  silberen  becher,  vnd  sjnt  ettwan  mit  aUen 
kleyneten,  so  mitt  dem  ritter  schuß  vnd  sust,  dryssig  kleynett  ge- 
wessen, des  hat  der  ratt  hie  den  ochsen  zu  vor  geben  vnd  den 
schützen  auch  x  firtell  wyns  geschenckt,.  in  die  h^berig  habent  die 
[fol.  158]  von  oppenheym  eyn  kleynet  gewan,  die  von  mentz  eyns 
vnd  die  su,  die  von  rad  eyn  hutt  mitter  eyner  silberen  rom  im 
ritter  schuß,  die  andern  kleynet  syn  alle  von  franckfurtem  gewannen. 
Dar  by  *ist  eyn  kegelban  gewesen  vmb  ettlich  kleynet,  haben  die  von 
franckfnrt  auch  gewanen  (alweg  dry  scbyb  vmb  1  h.  vnd  in  eym 
weißphening  gab  man  eym  dry  schyb  zu),  vnd  waren  dry  zeit 
vff  geschlagen  vff  dem  fischerfeit  by  helligen  stock ,  ir  zwey  vor  die 
schützen,  im  drytten  spilt  man  vnd  hat  das  schissen  dry  tag  gewert. 


—     160     - 


5.    Erstes  Gastmahl  im  eigenen  Hausstände. 

§.  220.  [fol.  35]  1495  die  quarta  septembris  hatt  Harn  an  hulcz- 
husen  myt  sampt  Margrett^n  froschin  ®,  syner  husfrauwen,  zum  ersten, 
alß  eyner  der  eygen  hnß  halten  wyll,  ym  monezhoff,  den  man  auch 
den  trierssen  hoff  nennet ,  gessen  vnd  darnach  vff  den  funfilen  dag 
des  Septembers  haben  sye  zum  ersten  dyn  geschlaffen  ^  also  synt  sie 
gancz  zu  huß  geczogen.  Item  darnach  uff  den  xiii  tag  des  Septem- 
bers habent  myn  mutter  vnd  Kryngen  hulczhuseryn  zu  spangenberg 
gekocht  vnd  die  kost  yn  monczhoff  getragen  ynd  haben  den  newhen 
huflutten  geschenckt  das  myttag  ombß,  ynd  hatt  myn  mutter  ge- 
schenckt  eyn  schon  koppfferen  kessel;  da  man  glesser  yn  weschet, 
kost  1  fl.  iiiiß  yel  alb.,  vnd  ich  eyn  schyndell  lad,  da  yn  stunden  kleyn 
hulczeryn  bochßlyn  tu,  das  sie  species  '  dar  yn  thun  sollen,  die  yn 
die  kochen  gehören,  Kryngyn  zu  spangenberg  schanckt  eyn  Schleyer, 
Ludwig  hulczhusen,  yr  sun,  schanckt  eyn  Instrument^  von  myssen  *^ 
gemacht,  damandiephan  uffseczet,  kost  xvalb.,  Eylchyn,  yr  dochter, 
eyn  groß  holczeryn  hoff  schussel,  da  man  deller  vber  diesch  yn 
worfft,  wenn  man  eyn  essen  uff  will  heben.  Vnd  des  myttags  was 
myr  assent,  schanckt  myn  mutter  vnd  Kryngyn  zu  spangenberg, 
vnd  assent  da  myn  mutter,  myn  bruder  Bernhart  vnd  ich,  Katheryn 
zu  spangenberg,  Ludwig  yr  sun,  Eylchin  yr  tochter,  her  Johann 
brun ;  [fol.  36]  des  nachtes  lud  uns  alsampt  herwidder  Häman  ufF  syn 
kosten.  Et  solitum  est  fieri  hijs,  qui  primum  proprias  incipiunt  fa- 
cere  in  domo  expensas,  et  cum  et  maritus  et  uxor  ambo,  vel  alter 
ex  eis  antea  non  fuerunt  copulati. 

6.    Job  Eohrbach's  Gastmahl  mit  Speisezettel. 

§.  221.  [fol.  Iö3]  Anno  domini  1500  tertia  junij  habui  hospites 
in  cQna,  vt  infra,  quod  sie  contigit  Vicesima  octaua  maij  Ambrosius 
dietherich,  prothonotarius  iuditij  camer^,  inuitauit  ad  c^nam  in  domum 
Jacobi  neuhuß  certas  mulieres  cum  maritis  et  alijs  quibusdam.  Acta 
c^na ,  jocando  mulieres  imposuere  sertum  Vdalrico  neuhuß,  vt  daret 
c^nam  die  sequenti,   quod  precibus  mulierum  ^^  et  eo,  quod  genitrix 


s  Helle.  Vrgl.  Einleitung  Anin.  27.  Margarethens  Mntter  war  eine  geborene 
Frosch. 

9  Species  =  Gewttrz,  Specerei. 

!<'  Messe  =  Bronze.  Das  Messinge  ist  erst  1553  durch  Erasmus  Ebner  er- 
funden. 

11  Ein  Wort  scheint  zu  fehlen,  vielleicht  accepit. 


—     161     — 

Uli  dommn;  coquam;  lign»  etc.  obtulit^  ipse  Vdalricus  omnes  sie  inui- 
tavit  ad  diem  seqnentem ;  placuit  etiam^  y%  qu^libet  famiUa  *  domus^ 
siue  vnuB  vel  plured  in  vna  domo  forent^  afferrent  ii  nnaß  wyiiß^  aicque 
ad  diem  seqnentem  comienirous  eo  pacto^  vt  supra/ in  domum  nostram. 
Vdalricus  vero  sertmn  imposuit  Yrsul^  schwartzenbergeiyn  ^  ipsa 
Vrsula  mihi  Job  sertum  dedit  sicque  inuitaui  omnes  et  ömnem  hanc 
societatem  ad  c^nam  ad  tertiam  diem  junij^  qu^  erat  dies  mercurij 
poBt  dominicam  exaudi;  habui  autem  in  c^na  seqifenteB  personas: 
Eylchin  matrem,  Bemhardum  fratrem,  Georgium  neuhul^^  Jacobus 
frater  suus  inuitatus,  sed  quod  sumpserat  medicinam^  noi^  comparuit^' 
Vdalricum  neuhuß^  Gilb^rtumhultzhusen,  Katherinam;  suamlegittimam, 
Katherinam,  relictam  Gilberti  hultzhusens  zu  spangenberg^  Lndwicum 
filium  ipsius;  Vrsulam  schwartzenbergeryn^  Otiliam  zu  schwanawe, 
Fridericum  faut,  Margretam  vxorem  Buun^  Nicolaum  schprrebraat^ 
wulgo  armbruster,  Hamandus  hultzßiujsen  cum  uxore  Magreta  vo-. 
catus  erat,  sed  quod  infirmus  ipse,  non  comparuit  etiam  uxor;  item 
Karolum  hjnspurg  affinem  cum  Martha,  uxore  sua,  sorore  nostra, 
sicque  considera  te  mercurij  natum,  mercurij  pr^bendam  adeptum, 
mercurij  primum  hie  hospites  habuisse  meis  impensis.  Vnd  gaben  disse 
gericht  oder  trachten  :  zum  ersten  erpffem  mit  zocker^  darnach  in 
iglich  schußell  iüi  jung  huner  vnd  ejn  stock  heymellfleyschgedempfft 
mit  cybeben,  resyn.grof  vnd  klejn,  muscaten  vnd  muscat  blumen, 
darnach  gesotten  schefFen  oder  schotten,  darnach  gebröttes  je  in 
eyn  schussel  iüi  junger  huner,  eyn  hamelsbuck,  eyn  halb  ganl^  vnd 
fjrsseß  soliß  darbey,  daraffter  keß  vnd  kyrsen  zur  collatz,  am  obent 
keß,  confeckt,  rettich  vnd  zwey  malckum,  das  eyn  in  der  schussehi, 
das  ander  vß  dem  haffen  zu  drincken.  Sertum  ego  imposui  E^the- 
riu^  zu  spangenberg. 


7.    Meyenstecken. 

§.  222.  [fol.  20]  Anno  1495  prima  maij  nee  postea  hat  man 
keyner  jungfrawen  oder  wittfraviren  oder  frawen  vffvnser  stoben  oder 
der  glichen  mey  noch  briff  gesteckt  nach  alter  gewoAheytt. 

§.  223.  [fol.  55]  £odem  die  [anno  domini  1496  prima  die  maij] 
nil  per  adolescentes  affixum  foribus  est,  ut  antiquitus  moris  erat. 

§.  224.    [fol.  88]  Anno  1497  hat  man  keyn  mey,  als  vnser  altem 

ym  gebruch  gehabt,  vor  der  jungfrawen   vnd  frawen  thor  u£f  den 

ersten  tag  ym  mey  [suppl.  gesteckt].     Solichs  ist  von  den  jungen 

gesellen  nyt  geschehen  vff  Philippi  vnd  Jacobi. 

11 


—     162     — 

8.    König8wahl*ain  Epiphanienabend. 

§.  225.  [fol.  47]  Anno  1496  öu  januarij  [per  Bortem]  zum  golt- 
stein  in  vigilia  epiphani^  sum  electus  per  sortem  in  regeni;  me  ab- 
»ente.    Regis  conuiuium  obseruatum  est  tertia  februarij. 

V 

9.    Superstitionen. 

§.  226.  [fol  5]  Anno  1494  in  die  Bartholom^i  apostoli  Katherina, 
coqua  matris^  etMargreta^  alia  famula^  sorte  elegernnt  apostoloS;  me 
sortem  ponente^  et  obtinuit  Eatherina  Matbiam;  aüa  Thomam. 

§.  227.  [fol.  11 IJ  Cum  secanda  sunt  ligna  ^dificiis  vtilia  vtque 
ab  corrosione  et  putrefactione  diutius  conseruentur;  monenda  duo  sunt, 
primo  Tt  in  decrescentia  lun^  secentur,  aduertendumque  est^  vt  a 
nuUo  secentur,  qui  habuerit  nocte  pr^cedente  vel  die  ea  rem  cum  mu- 
liere^  etiam  uxore  sua.  Pr^terea  cum  lapides  ponere  velis  in  partes 
[parietes?]  domus,  ne  humectentur  de  se  seu  sudent,  vt  frequenter 
lapides  hjemis  tempore  et  alio  solent^  sie  prouidendum;  vt  consideres 
fodinam  lapidicin^  et  fodere  eures  in  ea  partO;  quQ  est  ad  solis  ortum^ 
hoQ  maxime  animadvertendum  propter  lapides  a4  stubas  aptandos. 
Cum  porcos  neeas;  vt  pro  domo  lar  [lardum?]  vel  cames  porcinas 
per  annum  habeas^  necandi  sunt  in  lunQ  decrescentia  ^  eo  tunc  lar 
[lardum?]  vel  pinguedo  non  tam  effluet,  vti  contingere  frequenter 
cemimus. 

H^c  retulit  et  pro  uero  asseruit  Petrus  drach^  ciuis  spirensis, 
contirmauit  Jobannes  storcb^  prothonotarius  iuditii  camer^^  qui  se 
horum  experientiam  habuisse  et  prpbasse  affirmat.  Actum  wormati^ 
die  18  martij  et  dominica  oculi  anno  1498. 


IV.  Frankfurter  Familien. 


Alzey. 

[Friedrich  von  Aken.    §.  128.  185.      . 
Friederich^  Dietherich  und  Agnes  von  AJzey.    §.  301. 
Agnes  von  Alzen,  Peter  Baissen   und  in  zweiter  Ehe  Bortholds 
von  Babenliausen  Hausfrau.    §.  328.] 

Artenberg. 

[Margreta^  filia  Heinrici  de  Artenberg,  scriptoris  <^uitati8^  marita 
Bemhardi  Weiss.    §.  327.  330. 
Fichard.  schreibt  Ortenberg.] 

Babenhausen. 

[Nicias  von  Babenhausen,  siehe  Amtleute. 

Berthold  von  Babenhausen  (Babenheim)  und  Hausfrau  Agnes 
von  Alzen.  §.  328.] 

Blarock. 

§.  228.  [fol.  15]  Anno  1495  in  februario  Johannes  blarock  nup- 
tias celebrauit  cum  Beatrice  de  oppenfaejm,  soror  est  ibidem 
hospitis  zur  kanne  et  soror  uxoris  Amoldi  schwarzenbergs,  cf. 
§.320. 

[Anna,  Feter  Blarock's  Hausfrau,  §.  234.    Sie  war  eine  gebome 
Ritter.] 

Blum. 

§. .  229.  [fol.  11]  Anno  1476  die  28  nouembris  contraxerunt  spon- 
salia  Wolff  blum  et  Lysa,  filia  Conradi  hulczhusens ;  nuptias  habuerunt 
in  die  ScolasticQ  virginis  anno  1477. 

§.  230.    [foL  31]  Anno  1495  prima  die  julij  post  meridiem  obiit 

Balthazar  blum,  frater  Milchart  et  Affinis  mei  Wolf  blum,  reliquit 

11* 


—     164     - 

vxorem  suam  Katherinam  bodnerjn  absque  liberis^  sepultus  autem 
apud  carmelitas.  Deinde  eodem  anno  nona  nouembris  nuptias  con- 
Bummauit  cum  Johanne  han  [cf.  §.  261]. 

§.  231.  [fol.  37]  Anno  1495  die  21  septembris  maneinuentus  in 
curia  faabitacionis suQ  Mylcharblum^  frater Wolfien^  morte  subitanea 
mortuuB,  cuius  anim^  deuB  propicietur^  res  horribilis  humanis! 

§.  232.  [fol.  49]  Anno  1496  die  nona  februarij  sponsalia  con* 
traxerunt  Wolff  blum  iunior,  filius  Georgii  blum  pi^  memoria,  et 
Katherina  virgO;  filia  Alberti  djrmeyers  pi^  memoria.  Solemnizatum 
dehinc  in  facie  ecclesi^  matrimonium  est  die  tercia  iunij^  depost 
sponsa  CBt  sponso  apposita  die  quinta  iunij;  sexta  iunij 
pompa  nuptiarum  est  secuta.    Acta  omnia  anno^  quo  supra. 

[Wolf  Blum,  Lisa  Holzhausen's  Ehemann  §.  .6.  80.  122.  183.  185. 

Seine  Kinder :    1)  Melchior  §.  80.     2)  Engin    §.  80    (Ludwig  , 
Matroffs  Ehefrau  §.  294.   295.)     3)  Agnes  §.  80.     4)  Lyse  (Elisa- 
beth) §.  80. 

Seine  Geschwister:    1)  Katharina  (Bechthold  Heller's  des  Ael- 

teren  Hausfrau). 

2)  Agnes,  Peter  Ugelnheimer's  Ehefrau  §.326. 

3)  Georg. 

4)  Melchior. 

5)  Balthasar,  Catharinen  Bodnerin  (Fichard 
Budtnerin)  Ehemann,  sie  in  zweiter  Ehe 
an  Johann  Haane  yerheirathet  §.  261. 

Georg  Blum's  Kinder  : 

1)  WolfBlum  iunior  (§.  128.  141.  183.  184.  185.  216) 
und  Eringen  Dyrmejer  seine  Hausfrau  (§.180.232). 

2)  Hans  Blum. 

Wolf  Blum  t  1471. 

! 

1) Katharina,  2)  Agnes,   3)  Georg,   4)  Melchior,  5)  Balthasar,  6) Wolf, 

verh.  an  verh.  nn  v«rh.  an  T«rh.  an 

Bechthold  Heller.    Feter  Ugelnheitner.  Katharina  Bndtner.       Lisa 

Holshauseo. 


Wolf  Blum  iunior,        Hans  Blum. 

verh.  an  Katb.  Diermeyer. 


1  I  I  I 

1)  Melchior,  2)  Anna,  3)  Agnes,  4)  Elisabeth.] 


Ludwig 

Martroffs 

Ehefrau. 


—     165     — 

Breidenbach. 
[Friedrich  von  Breydenbach  and  seine  Hausfrau  Margretha  §.  256.] 

Bronim. 

§.  233.  [fol.  61]  Anno  1496  die  decima  sexta  augusti  natus  est 
Petrus  brom  ex  Hansen  bromen  et  Grettgyn  eins  legitima.  Sic 
mihi  retuUt  Hans  brom. 

§.  234.  [fol.  100]  Anno  1497  secunda  septembris  ex  Johanne 
brom  ac  Grettgjn;  eins legittim^;  nataAnna^  tertia  eiusdem  bap- 
tizata.  Comater  Anna^  vxor  Fetter  blarock's.  Hqc  ex  scriptis 
fratris,  cum  eo  tunc  wormati^ -eram. 

§.  235.  [Schedula  mter  fol.  117'  et  118]  Prima  vel  secunda  julij 
[1498]  peperit  Gretgyn  brumin  gemellas,  vnam  mortuam^  alteram 
vivam^  qu^  baptizata  fuerat  secunda  julij.     Comater  jd  die  nesciam. 

§.  236.  [fol.  144]  Hejnrich  brom.  Anno  1499  vicesima  tertia 
septembris  baptizatus  est  Heynricus,  filius  Johannis  brumen  et  Mar- 
gret^ [darüber  geschrieben:  Grettgyn],  vxoris  eins.  Compater  est 
dominus  Heynricus  stol^ell;  vicarius  ecclesi^  nostr^. 

§.  237.  [fol.  167]  Anno  1501  seplima  martij  obijt  Daniel 
brom^  scabinus^  vittricus  daß  Stalberg's  et  frater  Johannis 
bromm« 

[Daniel  Bromm  §.  120.  179.  183.  185.  302. 
Hans  bromm  und  seine  Hausfrau  Grettgyn  §.  185. 
Hans  und  Daniel  Bromm   waren  nach  Fichard  Brüder ;    der 
Erstere  vermählt  mit  Margaretha  Tegen   [Degenerin],  der 
Wittwe  Jacob  Brunn's,  siehe  §.  239.] 

Brun. 

^  §.  238.  [fol.  15]  Anno  1495  vicesima  quartaianuarijEatherina 
gleuburgerin^  relicta  lacobi  brun,  mater Katherin^;  uxorisHenn 
sassen^  [cf.  §.  284]  obiit;  reliquit  dictam  filiam  et  nepotem^  Jacobum 
brun^  ex  filio  suo  Jacobo,  ante  eam  olim  defuncto;  sepulta  hie  ad 
minores. 

§.  239.  [fol.  170]  JacobuSy  filius  quondam  Jacob  bruns  et 
Gretgyn  degneryn,  cuius  maritus  secundus  nunc  est  Hans  brum, 
contraxit  matrimonium  cum  Eatherina^  virgine  et  sorore  pr^dictQ 
Magdalena  [Geuch  cf.  §.  307].  Actum  eodem  die  [12  augusti]  et 
anno  [1501],  quo  supra  de  Heinrico  von  ryn  agitur  [§  307].  Anno 
^pradicto  videlicet  1501  ratificatum  in  fatie  ecdesi^  est  matrimonium 


—     166     — 

Bupradictorum  videlicet  18  nouembris,  nupti^  autem  habit^  22  nouem- 
bris  annO;  quo  supra. 

[Johann  Brun;  Priester,  §.  80. 

Lisgyn  Brunnin,  Hans  Glismund's  Hausfrau,  §.  260. 

Katbarina  Brunn,  Henn  Sassen  Hausfrau,  §.  284* 

Johann  Brun,  der  Canonikus,  und  Lisgin  Brun,  Ehefrau  des 
Jobann  Glismund,  gehören  zwei  älteren  Linien  an»  Die  jüngere 
Linie  gestaltet  sich  so: 

Jacob  Brun  (statt  dessen  hat  Fichard  Henne  Brunn) 
und  Katharina  von  Glauburg. 

I 


I 

Jacob  Brun  Katharina  Brun 

und  Margaretha  Degenin  [Tegen  j  verheir athet  an  Henn  Sassen . 


,    Jacob  Brun 
Katharina  Geuch.] 

V  

Demer. 

[Anna,  filia  Henns  Demer's,  alias  dicti  Stockem's  Henn,  et  Bar- 
barae  Leningen,  marita  secunda  Bemhardi  Weiss  (Anna  Stockheimin): 
§.  331.  332.  Fichard  hält  sie  (bei  „Bernhard  Weiss")  ftlr  eine  Tier- 
meyer, was  sicher  auf  einem  Lrthum  beruht ,  zumal  er  bei  „Tier- 
mejer"  keine  Anna  aufführt,  die  mit  Bernhard  Weiss  vermählt  ge> 
wesen  wäre.] 

DiermeycF.     [Fichard:  Tiermeyer.] 

[Kryngin  Dyrmeyerin  §.  80,  Wolf  Blum's  Ehefrau  §.  232. 
Hans  Dyrmeyer  §.  183. 

•Agnes  Dyrmeyerin,  Hert  Ergersheimer's  und    in   zweiter    Ehe 
Jacob  Kühorn's  Ehefrau,  gen.  Agnes  zum  Mohren,  §.  292.] 

Diernstein. 

§.  240.  [foL  14]  Anno  1495  die  18  ianuarij  Philippus  dyrm- 
stein  celebrauit  nuptias  cum  Gretta,  filia  Gofferen  beckers. 

§.  241:  [fol.  96]  Anno  1497  die  decima  nona  julij  Heynricus 
dyrmsteyn  contraxit  sponsalia  cum  Margreta,  filia  Heynrici, 
des  kellers  von  afnheym  vel  maßheym.  Nuptias  depost  ce- 
lebrauit 19  ianuarij  Anno  1498, 


-     167     — 

[Heinrich  Diernstein  war  Philipps  Oheim.  Als  Ehefrau  des 
Letzteren  giebt  Fichard  Mai-garetha  von  Omstadt  (Umstadt?)  an.] 

Engeländer. 

§.  242.  [fol.  92]  Anno  1497  duod^cima  jnpij  nuptias  celebrabant 
Jacobus  engelender,  wulgo  dictus  guldenleb;  viduus,  etMargreta, 
filia  Eberhardi  motters.  Ad  has  nuptias  inter  ceteros  foeramus 
et  vocati  nos,  yidelicet  mater,  frater  et  egö. 

[Doctor  Engeländer ,  fiscalis  regius  beim  Reichakammergericht; 
§.  112.  Margreta,  älteste  Tochter  Johann  Engeländer's,  gen« 
Quldenleb;  §.  325.  §.  38  u.  39  wird  Eberhard^  der  Motter  oder 
der  Sack  träger,  erwähnt;  sollte  dieser  derselbe  sein  mit  Eberhard 
Motter,  dem  Schwiegervater  von  Doctor  Engeländer?] 

Ergersheim. 

§.  243.  [fol.  11.] «Anno  1476  in  die  Bamab^  apostoli  despon- 
satus  Henricus  ergerschheymer  cum  Margreta,  filia  Johannis 
hulczhusen  de  prima  sua  uxore,  nupti^  exinde  secuta  in  die  sancti 
Blasii,  anno  1477. 

§.  244.  [fol.  78J  Anno  1497  die  tertia  februar\j,  eratque  dies 
veneris,  paululumpost  duodecimam  horam  in  meridie  exspirauit  Mar- 
gretha  hulczhuseryn,  vulgo  dicta  zum  thom,  relicta  Heynrici 
yrgescheymers,  cognata  singularisque  benefactrix  mea,  dum  vixit, 
vtque  coUocetur  intra  electorum  numerum,  sincera  mente  deum  precor. 
Quarta  febmarij  tradita  est  sepulturQ.  Sepuha  est  pr^cise  ante  eam 
chori  ianuam,  qu^  sita  est  inter  altare  sanct^  crucis,  quod  est  plebani, 
et  scrinium  dominici  corporis  [cf.  §.  184J. 

§.  245.  [fol.  11]  Anno  1494  vndecima  februarii  vf  allerman  fai3- 
nacht  obiit  Hejrtwinus  yrgescheymer,  illius  progeniei  vltimus. 

[Agnes  Dirmeyerin,  gen.  zum  Mohren,  Hertwin's  Wittwe,  §.  18. 
116.  186.    Jacob  Kühom's  Ehefrau  §.  293. 

Margaretha  Ergersheimerip,  Heinrichs  Wittwe,  §.  51.  80.  279. 

Hertweinr  uhd  Heinrich  Ergersheimer  gehören  verschiedenen 
Linien  an. 

Der  letztere,  der  Ehemann  Margarethen  Holzhauserin  zum  Thom 
(§.  244),  starb  1484.  Mit  dem  ersteren  erlosch  1494  das  Ge- 
schlecht der  Ergersheimer.] 


—     i68     — 

Ejsenberg. 

§.  246.  [foL  lOOJ  Anno  1497  decima  nona  septembnB  Elsgyn, 
vxor  Walten  ysenberg's,  peperit  gemellos;  qui  et  de  post  mortui  sunt 
infanteB;  xne  wurmati^ .  existente. 

[Walter  Eysenberg  §.  180.] 

Faut. 

§.  247.  [fol.  54]  Anno  1496  die  septima  apprilis  peperit  Mar- 
greta,  uxor  Friderici  fautt^  filium  suum  Johanneni;  qui  statim 
postea^  die  videlicet  x  apprilis^  obijt.  Etsi  deletum^  attamen  verum  est. 

[Fridericus  Faut    und  seine  Hausfrau   Matgaretha     §.  19.  185 

und  221.] 

Von  der  Filsch. 

[Friederich  von   der    Filsch^     siehe     ^ Städtische    Hauptleute ^ 
§.  133  flg.]. 

Flach. 

[Georg  Flach;  Amtmann  zu  Goldstein^  siehe  ^Amtleute^^  §.  129. 

§.  116.  290.  304.  331. 
Bei  Lersner  führt  er  den  Namen  Georg  Flach  von  Schwarzenberg. 
Seine  Gemahlin  Anna  Voelkerin,  verwittwete  Knoblauch  (§.291). 

§.  116.  304.  331.] 

Freund. 
[Hans  Freund,  Heinz  Frcund's  Sohn,  §.  24.] 

Frosch. 

§.  248.  [fol.  10]  Anno  1474  penultima  februarii  desponsatus 
Gorg  frosch  et  Anna^  filia  Conradi  hulczhusens,  nuptias  dein  pere- 
gerunt  feria  secunda  post  Sjmonis  et  Jud^  apostolorum  eodem  anno. 

§.  249.  [fol.  11]  Anno  1491  die  27  aprilis  obiit  Anna^  uxor 
Georgii  fr  ose  h,  et  soror  genitricis  me^,  begraben  bi  dem  ewigen 
liecht. 

§.  250.  [fol.  11]  Anno  1493  die  prima  maij  obiit  Wickerus 
frosch,  frater  Georgii  et  Johannis  frosch,  fundauit  duas  missas 
celebrandas  die  martis  et  iouis  singulis  ebdomadis,  vt  finita  sint,  ante- 
quam  domini  de  consilio  ingrediantur  consilium,  in  ecciesia  beatf 
Nicolaij  et  salve  omni  nocte  decantändum  in  eadem  ecciesia. 


—     169     — 

§.  251.  [fol.  11]  Anno  1493  decima  octaua  augnsti  obiit  Fri- 
dericuB  romanus  imperator  ^'  in  castro  opidi  hucz.  Sepultas  in 
ecciesia  beati  Stephani  vien^. 

§.  252.  [fol.  18J  Anno  1495  die  5.  apprilis,  qu9  erat  dominica 
iudica^  sepulta  est  apud  carmelitas  Eatherina^  uxor  Johannia 
FroBch  zum  a£fen;  et  habuit  ante  iam  dictum  Johannem  in  nuuritum 
Wilhelmmn,  vulgo  zum  äffen  cognominatum. 

§.  253.  [fol.  111]  Anno  1498  die  nona  martij  Cristina,  uxor 
Johannis  frosch^  illiuB  videlicet^  qui  moram  agit  in  habitatione 
ea  wulgo  zum  burgreffen  dieta,  expirauit.  !^rat  pro  tunc  dies  veneris 
poBt  inuocauit.    Actum,  cum  ego  eram  wurmati^. 

§.  254.  [fol.  140]  Anno  1499  vicesima  prima  maij  sponsalia 
sunt  contracta  inter  Johannem  froscfa,  wulgo  dictum  Johann 
frosch  zum  äffen,  viduum,  et  Bylgen  virgine-,  filia  Cristia^i  folckers. 
Et  erat  dies  martis  post  penthecosten  anni  supra  dicti,  vbi  celebra- 
batur  dedicatio  ad  S.  Leonhardi.  Nupti^  de  poert  habit^  sunt  26  augusti 
anno  illo,  quo  supra.  Primogenita  eorum  nata  est,  vt  infra  154.  [foL 
154:  Anno  1500  sedecima  junij  nata  est  ex  Johanne  frosch,  dictus 
zum  äffen,  et  Rjlgjn,  secund^  yxoris  suq,  Elß  [Rjlgin],  quQ  ex  iUo 
matrimonio  primogenita  existit  .  Baptizata  autem  decima  octaua 
eodem  mense  et  die  corporis  Cristi.  Ck)mater  infantis  est  E1I3,  vidua 
zum  Eranch  et  mfantis  proauia  matema.  (Am  Rand  ist  a^  Name 
des  Kindes:  Rylgyn  froschin  angegeben.)]  Secundogenitus  eorum 
natus  est  infra  169.  [fol.  169:  Anno  domini  1501  prima  augusti  bap- 
tizatus  est  filius  Johannis  frosch  et  Rjlgyn,  cuius  nomen  est,  vt  arbi- 
tror,  Cristianus.  Compater  infantis  est  üristianus  folcker,  dict§  Ryl- 
gjn  pater.    Et  obijt  paulo  post] 

Erste  Linie. 

[Engel  Frosch  §.  2.  Seine  Tochter  Elisabeth,  Dr.  Hell's 
gen.  Pfeffer,  Ehefrau.  §.  265. 

Katharine  Fröschin,  seine  Tochter,  Oilbert  Holzhausen's 
Ehefrau,  Ludwigs  und  Blasius  Mutter,  siehe  Holzhausen. 


<>  Diese  fremde  Notiz  fand  darum  hier  ihre  Stelle,  weil  die  abbrevierten  Wörter 
rem.  iiTr,  an  sich  undeutlich  und  in  einem  Worte  geschrieben,  durch  eine 
spätere  Hand  noch  so  alterirt  wurden,  dass  sie  nur  ran  ig  er  gelesen  werden 
konnten.  Dass  die  Notiz  in  einer  Reihe  von  Familiennachrichten  der 
Frosch  n.  Holzhausen  steht,  begünstigte  diese  Auffassung.  Erst  bei  der  Revi- 
sion des  Druckes  hat  eine  nochmalige  genaue  Untersuchung  der  Handschrift 
mit  dem  Yergrösserungsglase  die  ursprüngliche  Schrift  wieder  glücklich  fest- 
gesteUt. 


—     i70     — 

Zweite   Linie.. 

Henne  Frosch,  den  man  pennet  Fröachelgin,  §.  183. 

Joh.  Frosch  zum  Affen  [Fichard:  im  Sandhof J  §.  179.  183. 
185.  186. 

Seine  erste  Frau  Katharioa  [Fichard:  von  Hengsberg],  Wittwe 
WilhelmB  zum  Affen  [Fichard:  von  Caldenburg]  $.  253. 

Liflgin  Sassen^  seine  Braut ^  §.  185.  186.  310. 

Seine  zweite  Frau  Reilgen  Völcker  und  die  Kinder  dieser  Ehe 
Reilgen  (irrthümlich  Eis),  und  Christian  (Fichard  schreibt  die  Frau 
und  Eönder  irrthümlich  (vgl  §.  254)  dem  Johann  Frosch  zum 
Burggrafen  zu). 

Dritte  Linie. 

Wicker  Frosch.  [Fichard.] 

Seine  Eonder:  1)  Reilgen^  Wicker  Knoblauch's  Hausfrau,  §.279. 

2)  Wicker  Frosch  §.  250. 

Guttgin  Stephan  im  Saalhof,  seine  und  in  zweiter 
Ehe  Eberhard's  von  Heusenstamm  Hausfrau : 
§.  272. 

3)  Johann  Frosch  zum  Burggrafen  §.  183. 185.  o04. 
Christina  Degenerin    [Tegen]  seine  Hausfrau 

§,  185.  304 
Christina  Froschin  ihre  Tochter  §.  203.,  Johann 
Raissen  Hausfrau  §.  304. 

4)  Georg   Frosch   §.  79.  80.  101.  179.  183.  185. 

248.  304. 
Anna  Holzhauserin,  seine  Hausfrau,  §.  248.  249. 
Ihre  Kinder  Georg   und  Wicker,   Engin  und 

Margret.  §.  80. 


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—     172     - 

Gantz. 

[Anna    Gantzin,    Bechthold    Heller'B  des   Jüngeren    Hausfrau. 

§.  267.1 

Gelthufi. 

[Katharina  GelthuBerin^  Tochter  Heinrich  GelthuBcn  zu  Oppen- 
heim  wohnend^  Ehefrau  Adolf  Knoblauches.  §.  291.J 

Geuch. 

§.  255.  [fol.  144]  Anno  1499  vicesima  septima  septembris  obijt 
Agneß  weißyn;  vxor  lacobi  geychen,  relicto  seu  superstite  marito 
vna  cum  filiabus  duabus. 

[Jacob  Geuch  §.  24.  Agnes  Weissin^  seine  Hausfrau  §.  307.  Mag- 
dalena, Jacob  Geuch's  und  Agnes  Weissin  Tochter,  Heinrichs  vom 
Rheine  Hausfrau.  §.  907.] 

Glauburg. 

[Das  dreitägige  Gastmahl  der  Clara  Glauburg.  §.  211.] 

§.  256.  [fol.  103]  Anno  1497  die  4^  nouembris  contraxit  spon- 
salia  doctor  Johannes  glauburg  cum  Katharina  virgine,  filia  nobili 
Friderici  de  breydenbach  et  Magret^.  (Habuit  autem  dictus  Johannes 
glauburg  olim  in  vxorem  Katherinam,  relictam  Heynrici  wi£).  Deinde 
8^  nouembris  benedictionem  matrimonij  in  ecclesia  susceperunt  et 
die  illa  fuit  sponsa  sponso  apposita,  me  wormati^  existente,  et  unica 
modo  nocte  concubuerunt  simuI.'A  prima  nocte,  qua  apposita  sponsa 
fuit;  Qgrotare  c^pit  sponsa,  quQ  et  obiit  mortem  in  die  beat^  Elathe- 
rinQ,  quQ  est25mensis  pr^fati  anno,  quo  supra.  Omnia  supra  scripta 
contigerunt,  me  wormati^  existente,  Pater  prefat^  Katherin^  obijt, 
vt  audiui,  die  pr^cedente  ante  diem  iili^  mortis. 

§.  257.    [fol.  127]  Eodem  die  et  anno  [29  octobris  1498]   doctor 

Johann  glauburg  suas   consumavit  nuptias   cum   Margreta  

[Eine  weit  spätere  Hand  füllte  die  Lücke  aus:  „Homgin^]  devrbe  [soll 
wohl  bedeuten :  Orb]  virgine,  quQ  tertianunc  illius  vxor  est,  etquia  noluit 
obseruare  conuiuia  nuptiarum  solito  more,  Friderich  yon  der  fjlsch, 
Claß  von  ruckingen,  Ludwigk  hulczhusen  et  ego  adduximus  sine 
suo  scitu  fistulatorem  et  trepudiauimus  in  domo  sua. 

§  258.  [fol.  170]  Anno  domini  1501  secunda.  augusti  baptizata 
est  Kungundis,  filia  doctoris  lohannis  glauburgs  ex  tertia  sua 
vxore,  de  cuius  matrimonio  contracto  cum  illa  tertia  non  [?  cf.  supra] 
constat  ex  hoc  libro.  Eam  infantulam  suscepit  de  baptismo  Engyn, 
virgo  et  filia  quondam  Arnoldi  schwartzenbergers  et  Kathe- 
rin^  hodie  viuentis. 


173     — 


§.  259.  [fol.  139]  Anno  1499  vicesima  secunda  maij  et  quarta 
feria  post  penthecosten  obijt  Henn  glauburg.  Beliquit  vxorem 
nomine  Ciaram  sine  libeim 

[Katharina  Glauburgerin,  Jacob  (Fichard:  Henne]  Bruns 
Hausfrau.  §.  238. 

Henne  [oder  Johann]  Glauburg  §.116.  183.  215.  186.  198. 
259.  —  120.  185.  192.  197.  198.  210.  211.  Clara  [Fichard:  Kemmerer 
von  Fuld]  seine  Gemahlin.  §.  116.  211.  259.  - 
Gudula  Glauburg^  Ehefrau  [Fichard :  seit  1464]  Arnold  Holzhausen's. 

Dr.  Johann  Glauburg  §.  4.  80.  183.  185,  oben  256  und  257. 
1.  Gemahlin  Katharina  Weiss  §.  256. 

„         Katharina  voh  Breydenbach  §.  256. 
,,         Margareta  Homgin  von  Orb  §.  257 ,  in   zweiter   Ehe 
verheirathet  an  Wicker  Frosch. 

Ottiha  [Brunnin],  Wittwe  Arnold  Glauburg's  §.  116.  185.  221. 

Ambrosius  Glauburg  §.  80.  173.  174. 


2. 
3. 


Erste  Linie. 


Johann  Glauburg 
zu  Rüstenberg. 

I 


Sein  Bruder 

Arnold  Glauburg 

zum  rothen  Mündlein. 


L 


Arnold  Glauburg 
zu  Schwanau  f  1495. 
O ttilia   Brun 
▼onBrunfels. 


Henne  Glauburg 

zu  Lichtenstein  1461. 
Kunigund    Holz- 
hausen. 

Dr.  Johann  Glauburg 
zu  Lichtenstein  1510. 

1)  Katharina  Weiss  zu  Limburg. 

2)  Katharina  von  Breydenoach. 

3)  Margaretha  Horng. 


Henne  Glauburg 

zum 

rothen  Mündlein 

t  1469. 

I 
Ambrosius  Glauburff, 

bertthmter  Turnierer.  ^ 


Richard  Glauburg. 


Katharina  Glau- 
burg, heirathet 
Jacob  Brun  von 
Brunfels. 


Zweite  Linie. 

Geschwister: 

Henne  Glauburg 
im  Nürnberger  Hof. 


Gudula  Glauburg, 
Hausfrau 

Arnolds  von  Holz- 
hausen. 


Henne  Glauburg  im 

Nümbeiger  Hof  f  1499. 
2.  Ehe:  Clara  Kem- 


merer. 


—     174     — 

■ 

Glismund. 

§.  260.  [fol.  95]  Anno  1497  julij  12  mane  benedictionem  matri- 
monij  in  fatie  ecclesiQ  susceperunt  Hans  glismundt  et  Ly^gyn;  vidua 
zu  weyßlin,  ex  stirpe  eyn  brunin.  Tredecima  julij  festiuitatem  nup- 
tiarum  consummarunt.  Eram  ego  tune  wormatiQ. 

Grünberger. 

[Stephan  Grünberger  vnd  seine  Hausfrau  Margreta  Grusaerin^ 
Thomas  Ugelnheimer  gelassene  Wittwe.  §.  296.] 

Haane  oder  Hayne. 

§.  261.  [fol  37]  Anno  1495  die  27  septembris  faatt  Johann  han 
vnd  Katheryn  bodenern,  [s.  so]  ettwan  Baltaßar  blumen  husfrawe 
was  [§.  230],  zu  der  heyligen  ^e  gegriffen  vnd  die  eynander  gelobt 
vnd  hatt  sie  Claß  von  rockingen  zu  samen  geben  vnd  darnach 
9  nouembris  haben  sie  hochzytt  gehabt. 

[Johann  Haane  §.  80.  122.  183.  185.  186.  Katharina,  seine  Haus- 
frau, §.  185.]  '  ^ 

Heimbach. 

§.  262.  [fol.  40]  Anno  Domini  1495  octaua  nouembris  natus  est 
Nicolaus,  filius  doctoris  Adam  de  heymbach,  aduocati  franckfurdensis, 
et  Anna  sigwyn,  eins  vxore.  De  fönte  säcro  leoauit  cum  Nicolans  de 
rockingen,  protunc  magister  ciuium  franckf. 

§.263.  [fol.  113]  Anno  1498  decima  quarta  apprilis  nata  Kathe- 
rina, filia  doctoris  Ad§  de  heymbach  et  Ann^,  eins  vxoris.  15  eiusdem 
et  ipsa  die  pasc^  baptizata  et  a  Katherina  virgine,  filla  Claß  hum- 
brechts,  de  fönte  baptismatis  suscepta 

§.  264.  [fol.  155]  Anno  1500  die  mercurij  et  quinta  augusti 
sepulta  est  apud  minores  Anna,  vxor  doctoris  Ad^  de  heymbach, 
aduocati  hie. 

[Dr.  Adam  von  Heymbach  §.6.  183.  185.  Anna,  seine  Haus- 
frau 185.] 

Hell,  genannt  Pfeffer. 

§.  265.  [fol.  10]  Anno  1474  23  octobris  Georgius  de  hele,  alias 
peffer,  doctor  iuris,  sponsalia  contraxit  cum  Elizabeth,  filia  Engel 
froschen,  nuptias  habuerunt  feria  secunda  et  crastina  sancti  Britii 
episcopi.    Eodem  die  fuit  sponsus  Johannes  vom  ryn. 


—     <75     — 

§.  266.  [fol.  119J  GeorgiuB  pfeffer  doctor.  Anno  1498  quinta 
augUBti  cecidit  in  noua  cloaca^  nondum  plene  extructa^  in  curia 
domini  treuerensis,  wnlgo  der  äionczhoff  genant^  insignis  vir  Georgius 

de [de  Hell.    In  margine  Dr.  Georg  Pfeffer]  vtriusque  iuris 

doctor^  reuerendissimi  archipr^sulis  magunlini  cancellariuS;  qui  mox^ 
cum  extrahebatuT;  obijt^  cuius  anim^  miserere  dignetur  Jesus^ 
filius  dei. 

[Kanzler  Hell  gen.  Pfeffer  §.  16.    Seine  Hausfrau  §.  30.  293. 

Margreta^  ihre  Tochter^  Haman  Holzhausen's  Hausfrau^  §.  220.  279. 

Elisabeth;  ihre  Tochter,  Dr.  Bernhard  Kühom's  Hausfrau,  §♦  293* 

Philipp  Hell,  gen.  Pfeffer,  Canonicus  zu  St.  Bartholomäus  §.  205, 

Präbendarius  zu  Aschaffenburg  §.  207.] 

Heller. 

§.  267.  [fol.  3]  Anno  1494  tredecima  julü  obiit  Anna  Ganczin, 
uxor  Bechtholdi  hellers  iunioris. 

§.  268.  [fol.  34]  Anno  1495  die  25  augusti  exequi§  Wolff  hellers 
(filii  Bechtoldi  hellers  ac  frater  Jacobi,  Bechtoldi  et  Caspari  hellers) 
celebratQ  sunt  in  ecclesia  sancti  Bartholom^i,  qui  Wolff  vna  cum 
Ottone  cronberger,  comite  suo,  misere  necatus  est  in  terra 
Senensium,  cum  tendebat  ire  de  jtalia  ad  alemanniam.  [cf.  §.  5.] 
§.  269.    [foL  146]  Anno  domini  1499  decima  nouembris  sepultus 

fuerat  senior  Bechtolt  heller,  relictis  vxore et  tribus   filiis 

Jacobo,  Bechtolto  et  Caspare. 

[Katharina,  Bechthold  Heller's   des  Aelteren  Wittwe,  §.  294. 
Kinder:  Jacob  Heller  und  seine  Hausfrau  Kringen  [v.  Melem] 

§.  10.    cf.  §.296. 
Bechthold  Heller  junior.  (§♦  6.) 
Ehefrau:  Anna  Ganz.  §.  267. 
Caspar  Heller.  §.  268- 
Wolf  HeUer.  (§.  268.) 
Agnes  Heller,  Heinrichs  von  Eheine  Ehefrau,  §.  305.] 

Heringen. 

§.  270.  [fol.  102].  Anno  1497  die  28  octobris,  ipso  die  Simonis 
et  Jud^  apostolorum,  post  primam  horam  de  die  obijtAnna  beringen, 
relicta  Wigandi  herings,  auia  materna  Caroli  hensperg,  affinis  mei. 
Eram  tum  wormati^. 

[Katharina  Heringen,  Orten  zum  Jungen  des  Aelteren  Haus- 
frau. §.  287.] 


—     176     — 

Hensenstamm. 

$.  271.  [fol.  7]  Anno  1494  nobilia  Martinus  de  husaegtheym, 
eques  auratus^  celebrauit  nuptias  cum  Elsen  von  brendeln^  £lia  Eber- 
hard! de  brendel^  tercia  die  nouembris. 

§.  272.  [fol.  14J  Anno  1495  Eberhardus  de  hussesthejm 
nobilista  nuptias  consummauit  cum  Guttigin  ym  salhoff^  filia  Ste- 
phens henn,  relicta  quondam  Wickerj  froschen^  act^  20  die  ianuarij. 
Et  iam  dictus  Wicker  frosch  despondit  eam  in  die  Johannis  euange- 
list^  anno  14G6^  celebrarunt  nuptias  in  die  Nicodemidis  martyris 
anno  1467. 

[Das  Gastmahl  Eberhards  von  Heusenstamm  und  seiner  Ge- 
mahlin Guttgin^  zur  Ehre  des  abgehenden  Reichskammerrichters 
Markgrafen  Jacob  von  Baden^  §.116.  •    ».^'^ 

Brüder:  Martin  und  Eberhard  von  Heusenstamm  §.  177. 
Eberhard  von  Heusenstamm  §.  183.  185. 
Guttgyn  Stephan;  seine  Hausfrau  §«  185.  291.] 

Familie  Holtzhausen. 

§.  273.  [fol.  lOJ  Anno  1464  die  tricesima  ianuarii  Johann 
hulczhusen  secundam  duxit  uxorem;  videlicet  Ratherinam^  filiam 
Johan  schwarczenbergS;  dehinc  nupti^  act^  sunt  die,  quo  supra. 

§.  274.  [fol.  lOJ  Anno  1469  dominica  ante  assumptionem  b. 
Mari^  sponsalia  contraxerunt  Gylbertus  hulczhusen  et  Kathe- 
rina froBchin,  nupti^  dehinc  celebrat^  sunt  die  undecima  februarij 
anno  1471,  proprias  deinde  inceperunt  expensas  in  domo  zum  span- 
genberg  quarta  post  Vrbani  aimo  1478. 

[cf.  Tod  der  Anna  frosch,  geb.  Holzhauserin.  §.  249.] 

§.  275.  [foL  11]  Anno  1491  vicesima  secunda  maij,  eratqne  dies 
penthecostes,  obiit  Anna,  relicta  Conradi  hulczhusens,  auia  mea  et 
mater  genitricis,  begraben  by  dem  ewigen  licht. 

§.  276.  [foL  1]  Anno  1473  die  13  junii,  qu^  erat  tunc  temporis 
dominica  trinitatis,  natus  est  Ludovicus  hulczhusen. 

§.  277.  [fol  2]  Anno  1494  in  die  sancti  Marci  evangelist^,  qu^ 
est  25  april  obiit  cognatus  mens  Gylbertus  hulczhusen.  [fol.  52: 
Eodem  anno  videlicet  1494  die  25  apprilis,  qu^  est  dies,  qua 
agitur  festivitas  Marci  ewangelist^,  obiit  Gylbertus  hulczhusen, 
sepultus  in  sacello  beati  Michael  in  loco  suorum  progenitorum  in 
choro.] 

[Blasius  Holzhausen  begiebt  sich   zum  Studium  nach  Mainz 
1494.  §,  16.] 


—      177     — 

§.  278.  [fol.  4]  Äimo  1494  venerunt  Sophia  et. Barbara  de  mar- 
purg  22  die  augusti  et  maDserunt  penes  Katherinam  hulczhuseriB 
zum  goltstein  viii  ebdomades  unoque  die. 

§.  279,  [fol.  i4j  Anno  1495  yicesima  secunda  ianuarij  nata  eat 
Katherina  secuiidagenita  Hamandi  hnlczhusen's  et  Margret^;  fili^ 
Oeorgii  hell^  alia«  pfeffer.  cancellarii  episcopi  maguntmi.  E  Bacro  fönte 
leuauit  eam  Katherina  ^  relicta  Gylberti  hulczhusens.  Nata  est  autem 
infra  decimam  et  vndecimäm  horam  diei  ea  die^  qua  suprit,  et  hora 
yespertma  baptizata  est  eadem  die^  qua  supra.  Et  habet  sororem^  quQ 
est  primagenita  pr^dicti  Hamandi,  nomine  Mai^reta,  qu^  paulo  vitro 
annum  Katherinam  exsuperat  in  §tate^  Anno  1496  quarta  augusti 
nata  est  Dorothea,  tertiagenita  pr^fati  Hamandi  etc.  Mortua  est 
Dorothea  intra  annum.  Etsi  deletum,  tamen  verum  est.  [fol.  61.  Anno 
1496  quarta  augusti  nata  est  ex  Hamando  hulczhusen  et  Margreta, 
sua  legittima,. 'Dorothea,  quam  ex  fönte  sacro  leuauit  relicta  vidua 
Heynrici  yrgeschemer's.  Defuncta  est.  Etsi  deletum  tamen  verum  est.J 
Anno  1498  natus  Georgius  prima  augusti,  de  quo  in  char.  119. 
[fol.  119.  Anno  1498  prima  augusti  mane  quinta  -  hora  natus  est 
Georgius^  -  filius  Hamandi  hulczhusen  et  Magret^  eins  vxoris.  Is  pri- 
mus  eorum  filius,  antea  enim  filias  procrearunt.  Baptizatus  est'  dictus 
Georgius  secunda  augusti;  compater  iufantis  nobilis  Goffert  de 
kleben,  qui  donauit  quinque  aureos  puerper^.  Mortiius  est  infra  an- 
num]. [fol.  161]  Anno  1500  die  martis  post  remihiscere  et  vicesima 
quarta  martij,  hora,  vt  arbitror,  vndedma  de  die  natus  est  Amandus, 
filius  Amandi  hulczhüsens  et  Margret^  vxoris  suq*  Baptizatus  in  die 
annuntiationis  virginis  glorios^.  Compater  est  comendator  domus 
theutomoorum  hie,  cuius  nomen  est,  vt  arbitror,  Beynhardos  de  neu- 
husen.  Mortuus  est  sub  nutrice  in  iunio  illo  anno«  [fol.  171]  Rylgjn, 
filta  Amandi  hulczhüsens  et  Margret^,  nata  est  die  Iuuq  et  sexta 
septembris,  baptizata  autem  die  nativitatis  beatQ  Mari^,  coniater  Bylgyn, 
vxor  Wicken  knobellauch's,  anno  1501.  Mortua  est  infra  puerperium. 

[Haman  von  Holzhausen  wird  2.  Mai  1493  Bathsmann  §.  119, 
gründet  seinen  gesonderten  Hausstand  4.  Sept  1495  §.  220  und  wird 
Sdiöffe  9.  Juli  1499  §.  126] 

§.  280.    [fol.  62]  Anno  domini  1496  vicesima  secunda  septembris 

Katherina  hulczhuserin  zum  goltsteyn  in  stnba  sua  tradidit  ducentos 

aureos  mutuo  domino  Heynrico  sylberberg,  pr^posito  in  monasterio  mej- 

feit  etc.,  quos  ipsemet  numerauit,  in  numerando  mater  mea  traxit.  Actum 

vt  supra,  pr^sentibus  ibidem  matre  mea,  Gylberto  hulczhusen,  filio  pr^- 

fiit^  Katherin^  et  me  Job  rorbach.  Quos  cum  accepit  pr^dictus  Heyn- 

ricusetc.  in  naui  forensi  descenditGjlbertus,  et  ego  cum  ipso  pariter, 

12 


-—     178     — 

traddiditque  Gylberto  obligatioiiiB  litteras,  qnibns  pro  ducenÜB  obli- 
gauit  86  et  fratrem  suuin^  Hans  von  silberberg,  dictQ  Katherin^  et 
faeredibuB  suis^  quod  clarins  patet  in  dicta  obligatione  sigillata  ambo- 
rum  sigillis  et  domini  Heynrici  et  fratris  sui  Hansen  ^  ambo  de  sjl- 
berberg.  Bediebamus  Gjlbertus  et  ego  25  septembris. 

§.  281.  [fol.  97]  Anno  1497  die  tertia  angosti  Gilbertns  hulcz- 
husen  (cognatas  meus)^  filius  Johannis  hulczhusen  et  KatherinQ,  eiuB 
uxore;  quQ  est  ejn  schwarczenbei^erin  ex  suis  parentibuS;  contraxit 
sponsalia  in  oppenhejm  cum  Clara  stompffin.  Depost  eodem  anno 
vicesima  prima  nouembris  matrimonium  quo  ad  ihomm  consnmanit 
franckfurdi^,  non  vocatis  nee  sponsionis  nee  condormitionis  cognatia 
etc.;  nisi  admodumpaucis;  qu^de  post  mortua  est  in  mense  maij  anno 
1498;  yidelicet  sexta  die  iam  dicti  mensis  et  anni. 

§.  282.  [fol.  108]  Anno  1498  die  tertia  januarij  mane  circa  de- 
cimam  horam  spiritum  domino  reddidit  Katherina^  relicta  Johan- 
nis hulczhusen,  cognatamea.  Corpus  in  suorum  maiorum  loco  sepul- 
tum  est;  videlioet  in  sacello  diui  Mihaelis.  Delatum  auiem  corpus 
sepultür^  est  4^  yidelicet  ianuarij;  cuius  anim^  propitiari  dignetnr 
omnipotens  deus.  Actum;  mewormatiQ  existente..  H^c  autem  ex  scrip- 
tis  Jacobi  neuhusen  babuL  Duos  reliquit  filios  vxoratoS;  Hamandum 
et  Gilbertum. 

§.  283.  [fol.  108]  Anno  1498  decima  iannarlj  expirauit  Gude^ 
vxor  Amoldi  hulczhucen.  Sic  enim  ex  fratris  scriptis  habui;  me  wor- 
mati§  moram  agente.  [Fichard  giebt  irrthttmlich  aU;  sie  wäre  nach 
1500  erst  gestorben.] 

§.  284.  [fol.  146]  Anno  domini  1499  sedecima  decembris  spon- 
salia contraxerunt  Gilbertus  hulczhusen  viduus  et  Elatherins 
virgO;  filia  Henn  Sachsen  et  Katherin^  brun,  iUius  Henn 
l^ttim^  Coniunxit  eos  dominus  Georgius  sohwartzenberger;  cantor 
et  canonicus  ecclesi^  sancti  Bartholom^L  Juncti  autem  sunt  paolum 
post  primam  horam  de  die  in  domo  brunfelf  et  nupti^  deinde  secuta 
sunt  decima  februarij  anno  1500.  [foL  149]  Anno  1500  decima  februarij 
Gilbertus  hulczhusen  et  Katherina  Sachsen  celebraxunt  nuptias.  Mane 
cum  celebri  processione  ad  ecclesiam  [ierunt];  vbi  sunt  inthro- 
nizati;  deinde  dies  nuptiarüm  et  coniunctio  thori  in  curia  treuerensi 
actQ  et  habit^  sunt  EgoquC;  quia  vtrique  mihi  sanguine  iuncti;  pro- 
pinaui  tres  fl.  Et  inter  pares  ipsi  primi  erant;  quibus  in  nuptüs 
donaui. 

[Einer  der  wunderbarsten  Missgriffe  ist  Fichard  mit  dies^  zwei- 
ten Ehe  des  Gilbrecht  Holzhausen  begegnet  und  beweist  schlagend, 
dass  er  unser  Manuscript  nicht  gekannt  hat  Er  fOhrt  nämlich  Holz- 


—     179     — 

hausen  U*  3  nur  zwei  Ehen  dea  Gilbrecht  ziun  Goldstein  mit  Clara 
Stumpf  von  Dettingen  1499  und  mit  Dorothea  Schanz  1512  iuf,  und 
bemerkt  dazu:  „Einige  Genealogien  geben  diesem  Gilbrecht  die 
Katrine  von  Sassen;  die  Andere  seinem  Oheim  Gilbrecht  [zu  Span- 
genberg} zugeben,  zur  dritten  (.?!)  Frau^  w.elches  unm^Hch  ist,  da 
Dorothea  ihn  überlebte."  Noch  kühner  verfährt  seine  Kritik  in  die- 
sem Punkte  bei  Gilbrecht  zu  Spangenberg.  Er  sagt  R,  3:  „Mehrere 
Stammbäume  berichten^  dass^Gilbrecht  in  zweiter  Ehe  mit  Katharina 
Sassen  verheirathet  gewesen.  Das  (xanze  ist  eine  Verwechslung  [sic!J 
mit  Anna  von  Sassen ,  der  Frau  von  Conrad  Holzhausen  und  diese 
angebliche  Katrine  eiistirte  nie."  Sie  hat  dennoch  existirt  und  sich 
auf  GastKnähiern  und  Hochzeiten  (§.80,  §.221)  ihrer  Existenz  erfreut; 
Job  selbst  hat  sie  gesehen .  und  mit.  ihr  gespeist  bei  dem  Gastmahl^ 
das  er  in  seinem  Hause  gab;  sie  h$t  sich  auch  mit  Gilbrecht  Holz- 
hausen ^  freilich  nicht  mit  dem^  welcher  ^u  Spangenberg,  sondern 
mit  dem,  welcher  im  Goldstein  sasa^  nicht  in  dritter ,  wohl  aber  in 
zweiter  Ehe  vermählt  DassFichard  uneer.Mai^usi^ript  nicht  gekannt, 
ersehen  wir  ferner  aU0  seiner  Naohricht  über  den  Tod  Gilbrechts 
zu  Spangenberg.  Job  giebt  zweimal  bestimmt,  als  Todestag  den 
25.  April  1494  an.  Fichard  berichtet  zunächst^  ein  Wappenschild  in 
der  Michaelskapelle  setze  denselben  in  das  Jahr  1434.  (Wahrschein- 
lich war  nur  die  Zahl  9  undeutlich  geworden,  so  dass  sie  wie  3  aus- 
sah.) Dann  81^  er:  nach  einer  Familiennotiz  falle  sein  Todestag  auf 
den  8.  November;  zuletzt  entscheidet  er  sich  für  das  Jahr  1496. 

Arnold  Holzhausen   und  seine  Ehefrau  Gudula  Glauburg 

§.  283. 

Conrad  Holzhausen  und  seine  Ehefrau  Anna  Sassen. 

< 

Kinder:  Elgin  Holzhausen ,  Ehefrau  von  Bernhard  Borbach 

dem  Vater,  §.1. 
Anna  Holzhausen,    Ehefrau    von    Georg    Frosch, 

§.  248.  249. 
Lose  Holzhausen,  Ehefrau  von  Wolf  Bhmi,  §.  229. 

Gilbert  Holzhausen  zum  Sp.angenberg  (f  1494  §.276) 
und  seine  Gemahlin  (Wittwe)  Katharina  (Fröschin) 
zum  Spangenberg:  §.  19.  20.  30.  36.  116.  185.  186. 
217.  220.  221. 

Kinder:  Ludwig  Holzhausen:   §.  3.  6.  19.  20.  30.  116.  185. 

186.  197.  215.  217.  220.  221.  257. 

Elgm  Holzhausen  §.  80.  220. 

Blasius  Holzhausen  §.  16. 

12* 


—  .180    — 

Johsan  Holzhauseii  zum  Ooldetein  und 

A.  Margaretha  im  Steinhaus. 

Tochter:  Margaretha  HokhauBen  211m  Thoni;  Ehe- 
firan  Hebrich  Ton  Ergeraheim^  §.  51.  80.  184.  244 

B.  2^'  Ehefrau  Johatin's:  Eatharine  von  Schwar- 
.     zen'berg  zum  Goldstein:  §.   17.   18.  30.  61.  56.  80. 

217.  279.  28^. 
•  Söhne:  1)  Haman  Holzhansen:  §.  19.  79.  80.  104.  119.  185. 

186.  190.  191.  217.  221. 
Ehefrau  Margaretha  Hell:  §.  20.  80.  116.  185.  217. 
221.  Kinder  siehe  oben  §.  278. 
•  2)  Oilbrecht  zum  Goldstein:  §.  8.  18.  24.  27.  45.  80. 
127.  185.  186.  192.  197.  217.  221. 
.1*^  Ehefrau  1497  Clara  Stampf  [Fich.  von  Dettingen] 

§.  28a  1 149a 

2^  Ehefrau  1499    Anna  Saasea    §284    <£  §.  221. 

(ef.  §.  80.) 
3^  Ehefrau    1512    Dorothea  Schantz,  yergL   Steitz, 

Lufher'a  und  Mehmqhthon's  Herbergen  31*.] 


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'■  Die  daselbBt  ßuf  Fiehard  gestfltaste  Angabe,  dass  dieses  die  iweite  Ehe 
Q|lbreöht*8  gewesen  sei,  moss  demnach  berichtigt  werden;  es  war  die  dritte. 


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-     182     — 

Holzheimer. 
[Johann  Holzheimer;  siehe  Amtleute,  §.  132.J 

Humbrecht. 

• 

§.  285.  [fol.  171]  Margreta,  vxor  Claß  humbrecht's,  obijt  viceaima 

quinta  septembris;  relicto  dicto  suo  marito  et  filiis  etfiliabuB;  anno  1501. 

[Kryngin  Humbrechtin,  Jungfrau,  §.  80.  185.  263.   Tochter,  Clas 

Humbrecht's  und  Gretgin  Foid,  dritte  Haus&au  von  Bernhard 

WeiBß,  §.  333. 
Margaretha  Humbrechtin,  Ehefrau  Conrad  Scheid's,  §.  311.] 

Claus  Humbrecht. 

Greda,  Foid  von  Monsberg. 


Margaretha  Katharina  Humbrecht, 

Humbrecht,  Eh  efrau  von  Bernhard  Weiss. 

Ehefrau  Conrad  Scheid's. 

Inckus  zu  Schwanau. 

[Familie  starb  1482  aus.  Ottilia  zu  Schwanau  §.  221.  ist  die 
Ehefrau  Arnold  Glauburger's  zu  Schwanau,  geb.  Brun.J 

Jostenhöfer. 

§.  285.  [fol.  155]  Apno  1500  sex:ta  augusti  Katherina  vgelnher^erin, 

uxor  Loj  iostenhoffers,  sepulta  est  hie  in  ecclesia   parochiali  et 

delatum  est  funus  ad  ecclesiam,  pr^cedentibus  personis  ecclesi^  noatr^ 

et  Scolaribus  et  hoc  primum  in  eo  inceptum,  antea  enim  inauditum, 

quod  clerus  nostrQ  ecclesiQ  pr^cesserit  funus  laici. 

[Loy  Jostenhöfer  §.  5.] 

• 

Zum  Jungen. 

§.  287.  [fol.  142]  Anno  1499  vltima  julij  Katherina  beringen, 
vxor  Orten  zum  iimgen  senioris,  obijt,  eo  magistro  ciuium  existente, 
nullos  relictos  habens.     Erat  Ortt  illo  anno  magister  ciuium  senior. 

[Ort  zum  Jungen    §.  79.  80.  83.  98.  125.  183.  185.  201. 

Kryngin  Heringen,  seine  Hausfrau,  Guda  Hynsbei^'s  Schwes- 
ter, §.  80. 

Johann  zum  Jungen  §.  6.  98.  102.  120.  179.  183.  185. 

Conrad  zum  Jungen  §.  80.  177.  183.  185.  186.  197.  201. 

Ortgyn  zum  Jungen  §.  185.  198. 

Gretgin  zum  Jungen,  mater  Conradi  et  Ortgyns  zum  Jungen, 
§.  328.] 


—     <83     - 

Brüder: 
Ort  zum  Jungen  —  Heiiirichziun  Jungen  —  Johannzum  Jangen 
t  161»              (zum  Korb)  f  1483 
Eaiharinii  Heringen  Margaretba  Beiss. 

seuieHauBfirau         Marg.  Glauburg. 
t  149». I  ' 

Conrad  zum  Jungen         Ort[gm]  zum  Jungen. 

Ealtofen. 
[Phüipp  Kaltofen  §.  180.] 

Kelscb. 
§.  288.    [fol.  65  .Ajmo  dommi  prima  die  maij]  Eodem  die  Jung- 
henn  von  kelscb  ^    yicinus  noster^   fatum  exsoluity  reüquit    uxorem 
nomine  Morgen  et  filias,  videlicet  Mergen,  Dorotheam  et  Katherinam^ 
et  filium^  cuius  nomen  Jodocus. 

Kemmerer  von  Fulda. 
§.  289.     [fol.  10]  Anno  domini  1464  in  die  Doroth^  virginis  des- 
ponsati    Hen    kemmerer    vnd    Eisgin    [cf.  Bernhards   Familien- 
chronik^ §.  61]^  nuptias  babuerunt  4  junij  zum  iungen  frosch^  eodem 
anno. 

Knoblauch. 

§.  290.  [fol.  3]  Anno  1494  prima  augusti  mane  natus  est  Georg 
clobellacb^  filius  Siffiridi  clobellach  et  C^cili^  vxorissuQ;  et  compater 
dus  erat  Georgius  Flach.     [foL  37]    Anno   1495  die   24  septembris 

natus  estWickerus  klobellach;  filius  Sjffi:idi  klobellach  et  C^cili^ 

Yxoris  BUQ.  Compater  infantis  est  Wickerus  klobellaph,  maritus  Byle 
froschin.  [fol.  83]  Anno  1497  secunda  martij  hora  quarta  post  meri- 
diem  natus  Sifindus  klobellach  ex  Sifffido  klobellach  et  C^cilia  vxore 
eiuS;  tertiaautemfebruarij  [martii?]  baptizatus.  Compater  infantis  domi- 
nus Bemhardus  schefi*erlyn;  doctor  et  iuditij  camer^  venerabilis  assessor. 
[fol.  145]  Anno  1499  in  principio  octobris^  yt  arbitror^  natus  est 
PancratiuS;  filius  Sjffiidi  knobellauch  et  C^cili^,  eins  legittim^.  In- 
fantis compater  est  Pancratius  de  rynsteju^  comendator  domus  theu- 
tonicorum  hie.  [fol.  168]  Anno  domini  1501  vicesima  quinta  apprillis 
et  dominica  misericordia  domini  baptizatus  Johannes,  natus  ex  Siffiido 
knobellauch  et  C^cili^,  eius  legittim^.  Infantuli  compater  est  Johannes 
mor,  huius  oppidi  capitaneus. 

[Sifried  Knoblauch  und  seme  Uaufirau  Caecilia  §.  116.  185. 

Sifried  Knobfaiuch  §.  119.] 


•» 


—     18*    — 

§.  291.  [fol.  57]  Anno  1496  die  decima  septima  julij  Johannes 
klobellacb^  filius  Adolffi  klobellach's  pi^  memorie  et  Ann^  folckeriny 
contraxit  sponsalia  de  pr^aenti  cum  Katherina  gelthusenQ,  filia 
Hejnrici  gelthnß  felicis  memoria;  morantis;  dum  ybdt,  in  ojqienhejm 

et Actaym  wasserhuß^  zum  goltsteTn  genant^  extra  mBros. 

Deinde  decima  nouembris  spir^  se  ipsum  sponsQ  se  apposuit:  non 
conuocatis  aliis^  nisi  qui  quottidianj  erant  in  domo  Wicken  klobellach'B, 
abundantem  suam  auaritiam  notiorem  facere  Toluit  Begula,  eorum 
primogenita,  nata  est  22  augnsti,  de  quaplenius  in  99.  Obiit  [fol  99: 
Bjlchin  klobellachin.  Anno  1497  22  augusti;  qu^  est  vigilia  Bartho- 
lom^iy  nata  est  primogenita  Johannis  klobellach^s  et  Katherin^  spir^^ 
nomine  Begula.  Comater  infantis  est  Bjlgin,  üxor  Wicken  klobellach'a. 
Sic  esse  factum  retulit  mihi  pr^fatus  Johannes  klobeUach  wormati^ 
prima  septembris  anno  supra.  Mortua  nondum  habens  akmum  Be- 
gula^] Eberhardus  de  mense  octobri  natus  in  127.  [fol.  127:  Anno 
1498  de  mense  octobri  natus  Eberhardus  (et^  vt  arbitror,  25  illiua 
mensis  baptizatns),  filiud  Johannis  klobellach's  et  Katherin^,  eins  uzoris, 
[filiusj ;  compater  infantis  Eberhardus  de  hussesthem.)  [fol.  150]  Anno 
1501  decima  nona  februarij  ex  Johanne  knobellach  peperit  Eatherina 

filium^  nomine [fol.  170]  Anno  1501  infra  octauam  assump- 

tionis  nata  est  Grettgyn  ex  Johanne  klobellach  et  KatherinQ,  eiua 
vxore. 

[Bylgin  Froschin^  Wicker  Knoblauch's  Hausfrau,  §.  279.  Siehe 
Frosch.  Wicker  Ejaoblauch  gehörte  einer  anderen  Linie  an,  ab  die 
folgenden : 

Adolf  Knoblauch    f  i486. 
Anna  Völckerln, 
heirathet  in  zweiter  Ehe  Georg  Flach. 

! 

.J.  •'•  I 

Seifried.  Johannes. 

CaeciliaZäch  Katherine  Qelthaus 

ausEslingen.  aus  Oppenheinu] 

Kühorn. 

§.  292.  [fol.  154]  Anno  1500  decima  junij  et  die  mercurij  post 
penihecosten  contraxerunt  matrimonium  per  verba  de  pr^senti  Jaco* 
bus  knhorn.  viduuB,  doctor  et  cancellaris  [cancellarius]  principis 
palentini  electoris,  et  Agnes  djrmeyern,  yidua  relicta  Hert 
jrgeschemerSy  qu^  solita  fuit  a  populo  Agnes  zum  morn  nuncupari 
propter  dommn,  quam  inhabitat  Deind^  eodem  anno  quinta  augusti, 


—     185     — 


quQ   erat  di68'  mercurij,   «olemnizatio    matrimonij    in    fatie 
eeclesii^  et  consumatio  in  thoro  secuta  est  et  habita. 

§.  293.  [fol.  159]  Auno  domini  1500  nona  nonembris  nupti^ 
celebratQ  sunt  maganti^  inter  doctorem  Bernhard  knhorn,  Jacobi 
kuhom  de  stackgardia  filius,  et  Elisabeth  ^  filia  quondam  doctoris 
Qeorgij  hei,  alias  peffer,  cancellarij  ärchipr^nlis  magnntini,  dnm 
vixit,  et  Elisabeth  froschin^  genitricis  dict^  sponsQ,  qn^  nuno  vinit* 
Ad  nuptias  iUas  deseendimos  octaua  <  nonembris  ad  magnntiam  in 
nani  consulatns,  hie  [huc]  rediebamos  tredecima  eiusdem  mensis 
annOy  quosnpra,  etlante,  jmo  lautissime  viximus  ac  trinmphaninms; 
propinani  dncatum,  pro  quo  solni  1  fl.  9  Jß.  TaDtondem  propinamt  et 
frater  mens  Bemhardus  rorbacL  Laurentius  eonim  primogeDitos 
natns  est,  de  quo  infra  fol.  170. 

[foL  170.    Anno  1501   in  vigilia  vel  die  lanrentij  natns    est 
primogenitus  maguntiQ  doctoris  Bernhardi  kuhom  et  Elisabeth 
sne  legitim^;  nomine  Lanrentins;   hone  snscepit  de    baptismo  ' 
nobilis  Laurentius  tmchseß,   canonicos   maioris   eoclesi^  magan- 
tmQ  etc.] 


Brüder. 


Jacob  Walther,  gen.  Eühom, 
der  Aeltere, 
wohnt  in  Stuttgard. 


Bernhard; 
J.  U.  D.   in  Mainz. 
Elisabeth  Hell 


Jacob  Walther,  gen.  KtÜiom, 

J.  tJ.  D. 

Procurator  zu  Mainz. 

Agnes  Diermeyer  (Tiermeyer) 

zum  Mohren, 
Wittwe  von  Hert  Ergersheimer. 


Langsdorf. 
[Engil  Langsdorf  §.  20L] 


Marpurg  zum  Paradies. 

{Ludwig  zum  Paradies,  Dr.,  goldner  Bitter  und  Schultheiß;  §.6. 
79.  80.  83.  175.  18a  185.  186.  294.  334. 

Elsbeth  (Asyn)  Heringen,  seine  Hausfrau,  §.  80.  294. 

Ludwig  Marpurg,  §.  183,  kann  nur  Ludwig  Martroff  von 
Marpurg  [§.  294],  der  Erbe  des  Hauses  zum  Paradies  gewe- 


—     186     — 


sen  s^^  da  Ludwig  zum  Paradies  in  dem  Verzeichniaae 
der  Limburger  §.  183  an  der  Spitze  genannt  ^  Ludwig  Mar- 
purg  aber  unmittelbar  nach  Georg  Martroff  aufgeführt 
wird.] 

Martorff. 
§.  29i.  [fol.  50]  Anno  domini  bisextili  1486  die  dedma  quinta 
februarij;  qu^  tunc  penultima  camiBbreuij  erat^  Ludwicus  mar- 
troff, filiuB  Johannis  martroff,  ex  una,  ex  parte  alia  Anna  virgo, 
Bonior  filia  Wolff  blumens  et  Lyßgin's  hulczhuBerTn,  cbntraxerunt 
sponsalia  et  pr^ter  morem  nostrum  non  adductuB  ad 
Btubam  est  sponsus,  allegabant  rogationes  pugnantes 
ad  placitum  [?].  Solennizatum  dehinc  est  matrimonium  in 
facie  ecclesi^  nona  die  junij,  quQ  pro  tunc  erat  octaua  corporis 
Chriflli  Nupti^  de  post  secuta  die  trededma  junij  anno,  quo  supra. 
Tandem  procreatus  est  ex  ipsisLudwicuB,  primogenitus  eorum, 
de  quo  in  folio  93;  obiit  infans.  [fol.  83:  Anno  1497  decima  septima 
junij  ex  Ludwico  martroff  et  Ann^  [1.  Anna]  blumin,  eius  legittim^ 
[1.  le^tima],  natuB  est  Ludwicus,  primogenitus  eorum,  decima  octaua 
junij  fönte  baptismatis  renatus.  Compater  infantis  est  Ludwicus  de 
paradiso,  doctor  ac  eques  auratus,  franckfurdensium  scultetus.  Mor- 
tuus  est  pauco  tempore  post  pr^fatus  infans].  Secundagenita, 
Elsbeth  nomine,  nata  est  vltima  junij  in  anno  98,  clarius  infra  117. 
[fol.  117:  Anno  1498  vltima  junij  nata  est  secundagenita  Ludwid 
martroff  [am  Bande:  Elisabeth  martroff]  et  prima  julij  baptizata. 
Commater  infantis  est  Elßbeth  [sonst  auch  Asyn  genannt  §.80],  uxor 
Ludwici  de  paradiso,  sculleti  huius  oppidi,  quQ  vocauit  infantem 
nomine  suo,  qu^  de  post  obijt,  anteaquam  habuerit  ^tatem 
15  dierum.]  Johannes  natus  est  14  octobris  anno  99  et  quartus 
[1.  tertius]  in  ordine  genitur^,  quaere  in  charta  145.  [foL  145:  Anno 
14i^9  decima  quarta  octobris  mane  quinta  hora  vel  circa  natus  est 
Johannes  ex  Ludwico  martroff  et  Ann^  [1.  Anna],  eius  uxore.  Sus- 
cepit  de  baptismate  infantem  concanonicus  Johannes  vgelnhejmer. 
Obiit  infans.]  Katherina  nata  est  anno  1500  decima  decembris,  de 
qua  vide  in  160.  [fol.  160;  Kryngjn  martroff«  Anno  domini  die 
decima  decembris,  decima  hora  vel  quasi  post  c^na^m,  et  erat 
diesiouis,  genuit  Anna,  uxor  Ludwici  Martroff's,  filiam  suam  Eatherinam 
nomine.  Comater  infantis  est  Katherina,relicta  senioris  Bechtoldi  heilers]. 
§.  295  [fol.  168]  Anno  domini  1501  decima  die  apprilis,  qu^ 
erat  vigilia  pasc^  obijt  Anna,  vxor  Ludwici  martroffs  et  Benior  filia 
senioris  Wolff  blumens.  Beliquit  maritum  suimi  filiamque  nondum 
annum  habentem  nomine  Katherinam  superstites. 


—     187     — 

[Ludwig  Hartroff  §.  184  und  185.   (§.  183  cf.  „Marpnrg  zum 

ParAdies'^  und  unsere  Bemerkung  daBelbsi) 
Engui;  seine  Hausfrau^  §.  186.   . 
Georg  Martroff  §.  13.  80.  183.  185.  1^.  198.  215. 
Georg  und  Ludwig  Martroff  waren  Vettern.] 


Meiern. 

§.  296.  [foL  65]  Anno  domini  1496  die  decima  septima  octobris 
sponsio'  matrimonij  contracta  est  inter  Johannem  de  molnhejm 
(habuit  autem  antea  duas  vxores)  et  Maigretam' virginem,  filiam 
quondam  ThoniQ  ogehihejmers  etMargret^  grussern,  nunc  vxor  Siephani 
grünbergerS;  vittericus  pr^fat^  yirg^nis  Margret^  sponsQ.  Solemnizatum  in 
facie  ecclesiQ  decima  septima  nouembris.  NuptiQ  deinde  celebrat^  fuere 
dievicesima  secunda  nouembris;  eratquedies  martis;  non  enim  poterat 
consumari  die  lunQ  ob  festum  pr^sentationis  virginis  ManQ.  Ex  illis 
natns  est  Ogir  15  junij  anno  1499;  vide  in  charta  140.  [fol.  140: 
Anno  1499  decima  quinta  junij  et  die  Sabbathi  genuit  Grettgjn, 
Yxor  Johannis  molnheym,  suum  primogenitum  filium;  cuius  nomen 
OgjT;  baptizatus  decima  sexta  iunij;  compater  infantis  est  Jacobus 
heller.  Primogenitum  dixi  quoad  Gretgjn;  Johann  molnheym  enim 
ante  eam  duas  vxores  habuit.]  [fol.  168]  Anno  domini  1501  die  veneris 
post  dominicam  quasimodogenili  natus  ex  Johanne  de  molnheym  et 
Margreta,  yxoresua^  Jacobus  estque  secundus  in  ordine  genitur^  ex 
illorum  pr^fatorum  matrimonio.  Sequenti  die  e  fönte  baptismatb  sus- 
cepit  infantulum  Jacobus  neuhusen. 

[Ursula  de  Melem,  uxor  Walteri  de Schwarzenberg^  §.  317.] 

Johann  von  Melem  (Molnheim). 
Gretgen  Dorfelder. 


Johann  von  Melem.  Katharina  von  Melenu         Ursula  von  Melem. 

Margaretha  Jacob  Heller.  1)  Walter  v.  Schwar- 

Ugelnheimer.  zenberg. 

2)  Bernhard  Boibach 
der  Jüngere. 

Mohr. 

[Johannes  Mohr,  städtischer  Hauptmann^  siehe  unter  dieser 
Ueberschrift:  §.  133.] 


—     188    — 

Monis. 

§.  297.  [fol.  96j  Anno  1497  die  vicesima  tertia  jnlij  Buprecht 
monef  vidnus  nuptias  peregit  cum  quadam  vidua^  si  recte  memim, 
defulda^  nomine  etc.  Nuptias  deinde  celebrauit  vicesima  nona  januarij 
anno  1498. 

§.  298.  [fol.  102]  Anno  1497  tredecima  nouembris  Conradus 
mones  celebrauit  nuptias  cum  Ejlcbin  stomelu;  obiit  autem  dicta 
£  jlcbin  die  23  junij  anno  1500. 

[Conrad  Monis  §.  177.  183.  185.  186.  197.  199. 
Ruprecht  und  Conrad  Monis  sind  Vettern.] 

Neuhausen. 

§.  299»  [fol.  10]  Anno  1464  Jacobüs  nuhusen  et  Eongnndis, 
filia  Walten  schwarczenbergs  senioris,  desponsati  sunt  in  die  beati 
Xystiy  nuptio  secuta  in  profesto  Gralli  eodem  anno» 

§.  300.  [fol.  18]  Anno  1495  iii.  apprillis  reuersi  sunt  de  pere- 
grinatione  Jacobus  nuhusen^  Johannes  molnheym  et  famulus  eorum 
Heynricus  de  Andernach^  cum  antea  iter  peregrinationis  arripuerunt 
in  anno  1494  die  xxiii  junii^  qu^  est  Vigilia  Johannis  baptist^. 

§.301.  [fol.  51]  Anno  1496  die  5^martij  vocauit  nos  Jacobus 
neuhuser  inter  cet^ros  eins  amicos^  videlicet  Bemhardum  rorbach 
et  me  Job,  fratrem  Bemhardi^  yt  adessemus,  cum  sentenlia  esset 
ferenda.  Comparuimus  cum  c^teiis  suis  cognatis  et  amicis  in  stuba 
consulatus  et  audiuimus  sententiam^  in  qua  adiudicabantur  Jacobe  et 
Georgio  neuhuser  germanis  noningenti  quinquaginta  floreni,  dandos 
[1.  dandi]  per  heredes  Katherin^  wissen,  nee  tantum  in  pr^dicta 
summa,  verum  et  in  expensis  sunt  condemnati  dicti  heredes.  Hqc  sie 
acta  esse  certo  scio  et  aderat,  yt  pr^dixi,  frater  mens  et  plures  alij. 
Heredes  veroappellarunt,.hij  autem  erant  heredes  vel  saltem  pr^ten- 
debant  se  heredes  esse:  Johannes  laneck,  tanquam  vna  stirps,  Helesqs 
wiß,  tanquam  secunda  stirps,  Fridericus,  Diihericus  et  Agnes  germani 
et  germauQ  de  Altzen,  tanquam  tertia  stirps. 

§.  302.  [foL  83]  Anno  1497  quinta  martij  nata,  vt  arbitror, 
baptizata  namque  est  ea  die,  Margreta  neuhuserin,  filia  Conradi  neu- 
heusers  et  Margret^  vxore  [1.  uxorisj  eins.  Commater  infantis  Margreta 
.  .  .  .  Yxor  doctoris  Valentini  dumckheym,  iuditij  camer^  procurator. 
Mortua  est,  anteaquam  fuit  trium  mensium. 

[fol.  112]  Anno  1498  tertia appriUs  nata  est  Agnes,  filia  Conradi 
neuhusen  et  Margret^,  suq  legittim^  yxoris.  4**  eiusdem  baptizata  et 
de  fönte  baptismatb  suscepta  per  Agnetem  relictam  Hans  schmidden. 


—     189     — 

[fol.  143:]  Anno  1499  die  viceBima  secnndn  augusti  baptizatus  Oeor- 
giuB  neuhuJß^  filins  Conrad!  neuhuß  et  Margret^  ^  su^  legittim^. 
Infantia  compater  est  Georgins  neuhuß  zum  fraß.  Infans  obijt  paaco 
tempore  post^  supra  dictus  GeorgiuB.  [foL  157].  Anno  1600  tertia 
octobris  Daniel,  filiua  Conradi  neuhu^  et  Margret^  ehiB  legittim^, 
est  baptizatus.   Compater  infantis  Daniel  bromnou 

[Jacob  Neubausen   §.  13.  35.  79.  80.  81.  107.  125.  185.  186. 

190.  191.  221.  296. 
Georg  Neuhausen/  sein  Brnder,  §.  80.  191.  192.  197.  199.  301. 

215.  221.  [zum  Frass]  327. 
Conrad  Neuhausen  §.  79.  80.  185.  186.  Margret   seine  Haus> 

frau  §.  80  und  185. 
Ulrich  Neuhausen  §.  6,  13.  15.  80-  177.  183.  185.  192.  198. 
215.  221. 

fl 

Conrad  zum  Neuen  Haus 
zum  Frass. 

I 

I  ^  .1 

Jacob  zum  Frass  f  1493.  Ulrich  zum  Frass. 

Kunigunde  Schwarzenberger 

I 


Jacob  zum  Frass, 
kinderlos. 


Conrad  "  Ulnch  Neuhaus.] 

zum  Feuerfunken. 
Margaretha 
Georg  Silberbom. 

zum  Frass, 
ehelos. 

Baiss. 

§.  303.  [foL  36]  Anno  1495  die  14  septembris  obiit  Ortt  reyß, 
pater  Johannis,  Georgij  etc.  et  Margrett^  rejsen  et  aliorum  con- 
fratrun. 

§.  304.  [fbl.  51]  Anno  domini  bisextili  1496  die  sexta  mardj 
.Johannes  reyß  scabinus  (filius  quondam  pi^  memoria  Ort  Beysen 
et  Kongundis  hjUebrant),  contraxit  sponsalia  cum  Cristina  virgine 
(filia  Johannis  froschen  et  Cristin^  degeneryn  morantium  in  domo 
zum  burggreffen  nuncupata).  Eratque  dominica  occuli  in  quadrage- 
sima,  cum  sponsalia  contrahebantur  ideoque  non  vocati  sunt  ad  c^nam 
mA  prozimi  tantum.  Depost  die  vicesima  iunij  benedictionem  matri- 
monij  ia  ecclesia  receperunt  mane  sub  matutinis.  Eodem  die  nuptias 
celebrabant  et  apposita  sponsa  sponso  est  anno,  quo  supnu 


—     190     — 

Depost  in  anno  1497  die  juuij  vndecima  nata  est  Anna  eorum  pri- 
mogenita^  de  qua  clariiu  in  folio  92.  [fol.  92:  Anno  1497  vndecima 
innij  et  die  dominica  nata  ex  Johanne  reyß  et  Cristina  froschin,  legit- 
tima  sua,  primogenita  eorum ,  nomine  Anna.  Baptizata  duodeeima 
iunij.  Conunater  infantulQ  est  Enchin,  vxor  Georgii  flach ,  officialis 
znm  goltstejn  eis  moganum  extra  muros.]  Deinde  in  anno  1498  natns 
Johannes,  qui  et  mortuus  est,  vide  in  charta  129.  [fol.  129:  Anno 
1498  vicesima  secunda  nouembris  circa  mediam  vel  in  media  noctis 
natos  est  ex  Johanne  rej&  et  Cristina,  eiüs  uxere,  Johannes,  qui 
baptizatus  23  eiusdem  et  ab  Johanne  frosch,  patre  Cristin^,  de  bap- 
tismo  susceptus.  Obiit  infra  mensem.]  Genuit  Wickerum  tertia  maij 
anno  1500,  de  quo  vide  in  charta  152.  [fol.  152:  Anno  1500  tertia 
maij  natus  est  ex  Johanne  rejH  et  Cribtin^  [Cristina],  eius  legittim^ 
[legitima],  Wickerus,  qui  baptizatus  est  4^  eiusdem  mensis,  et  is  in 
ordine  genitur^  suorum  parentum  est  quartus  [tertius].  Ipsius  infantis 
compater  est  Oeorgius  frosch  senior.] , 

[Johannes  Baiss  §.  86. 183. 185.  Chrjstingin^seine  Hausfrau,§.  185. 

Georg  Rabs  §.  13.  177.  198. 

Arnold  Eaiss  §.  201.  215. 

Margreta  Baiss,  Tochter  Peters  Raiss  und  Agnes  von  Alzej, 

Heinrich  Weissen  Hausfrau,  §.  328. 
Anna  Hynsberg,  relicta  Johannis   Baiss,   aduocati   quondam 

huius  oppidi,  §.  86. 

Heintz  Baiß. 

_j 

I  I 

ülesechin  Baiß.  •  Orth  Baiß. 

I  I 


Peter.        Johann,      Johann.      Georg,       Arnold-,     Margäretha. 
Agnes         J.  U.  D.      Christina        ledig.  ledig. 

vonAlzey.  AnnaHyns-  Froschin. 

berg. 

Margäretha 

Heinr«  Weiss 
V.  limpurg. 

Bheine. 

§.  305.     [fol.  48]   Anno   1496  nona  die  ianuarij  sq^ulta  est  in 
ecclesia   fratrum  pr^dicatorum   franckfordi^   Agnes     (filia  Bechtoldi 


—      191     — 

beller's   senioris);   uxor  Heynrici   de  ryn,   reliquit  superstites  Septem 
liberos. 

§.  306.  [foL  156]  Anno  1500  in  die  Laurentij  martiris  obijt  Ka- 
therina;  filia  Stheffans  faen^  uxor  autem  Johanis  von  rjn  senioris,  pro 
tunc  Bcabini  hie,  et  comitatum  est  fdnuB^  vt  bic  proximum  supra 
[§.  286}  in  {hnere  uxoris  Loy  ioBtenhofifer's  est  notatam,  nisi  qaod 
bic  pulsabantur  campan^^  quod  obmigsum  fuerat  in  superiore  ftinere. 

§.  307.  [fol.  170]  HenricuB;  filius  Johannis  von  ryns  et 
defiinctQ  Katherin^  ex  familia  StefiPens  henn;  contraxit  matriinonmm 
cum  Magdalena^  virgine  etfilia Jacobi  gejchenviventis  etAgneß 
wysBen  piQ  memoria.  Actimi  die  ioius  et  12  augUBti  anno  1501. 
fiodem  anno  ratificatum  est  dictum  matrimonium  in  fatie  ecclesi^ 
tredecima  nouembris ;  nupti^  vero  habit^  sunt  15  nouembris  anno 
Bupra  dicto. 

[Johannes  deRheine  §.  5.  116.  121.  179.  183.  185.  192.  197.  198. 
201.215.265. 

Krjngin^  seine  Hausfrau^  §.  185. 

Johannes  vom  Kheine^  seinSohn^  DechantzuSt.  Leonhard^  §.208. 

Engin^  Johanns  vom  Bheine^  des  Aelteren  Tochter^  §.  208. 

Heinrich  vom  Bheine^  des  älteren  Johann  Bruder^  §.  123. 

Margaretha  vom  Rheine^  Heinrichs  Tochter,  Claus  StaUburger's 
Hausfrau,  §.  322. 

Jobannes  vom  Bhein,  Decan  zu  St.  Leonhard,  §.  208. 

Heinrich  vom  Bheine 

I 


Heinrich  vomRheine  f  1509  HansvomRheine 

zum  Wolkenberg.  zum  gülden  Kopf. 

Agnes  Heller.  Katharina  Stefian. 

I 


I  .      .   I  I 

Margaretha.  Johann   z. Rh.        Heinrichz.Rb.        Anna. 

Claus  Stall-       Dechant z.  St Leonh.      zum  Mohren. 

b  u  r  g  er.  Magdalena  Geuch.  J 

Rosenacker. 

§.  808.  [fol.  48]  Anno  1496  decima  quarta  ianuarij  Eberhardus 
rosenacker  de  werthejm,  sindicus  dominorum  de  couBilio  franck- 
fordensi,  contraxit  sponsalia  cum  Otylia,  fili^  [1.  filia]  quondam 
Caspar  behemers  et  Margret^,  matre  vivente  tunc.    Dehinc  nupti^ 


—     192     — 

secutQ  die  vicesima  quinta  eodem  anno  et  mense.  Ego  Job  ror- 
bach  pr^fatam  Otjliam  sponsam  ad  eccleBiam  duxi^  vna 
cum  CasparO;  fratre -spons^^  n<octe  adueniente  sponsam 
sponso  apposni.  Ante  iam  dictam  sponsam  nullam  duxi 
ad  ecolesiam^  nee  ad  thorum  aliquampraeter  illam  sponso 
apposui.  Propinauit  mater  aureum^  frater  Bernhardas 
anreum  et  monetam,  quQ  eyn  engelisch dicitur,  ego.autem 
tres  taxillos/duas  acus^  vnam  cum  filo  glauco^  aliam  cum 
filo  blawe. 

Kückingen. 

[Clas  Eükingen  §.  120.  133.  177.  185.  186.  257.  261.  262.  älterer 

Bruder. 
Johann  Bückingen  und  Agatha,  seine  Hausfrau,  §.  185.  jüngerer 

Bruder.] 

Sassen. 

§.  309.  [fol.  10]  Anno  1471  decima  ianuarü  contracta  sunt 
sponsalia  inter  Henn  sassen  et  Katherinam,  filiam  Johann  brunnen, 
nuptiQ  autem  habitQ  in  craetina  sancti.BIasü  eodcm  anno. 

§.  310.  [foL  85]  Lysgyn  sachsin.  Anno  1497  in  die  sacro 
pasch^/qu^  erat  vicesima  sexta  martij  expirauit  Lisgyn  aachsyn,  virgo 
venusta,  cognata  mea,  filia  Hen  Sachsen  et  Eiingyns,  eins  uxore.  Et 
retro  in  anno  1496  conuentio  amicabilis  facta  et  concepta  de  futuro 
matrimonio  contrahendo  inter  ipsam  iam  dictam  virginem  et  Johannem 
frosch,  viduum,  wulgo  dictum  Johan  frosch  zum  Affen,  et  placuit  h^c 
conuentio  ipsis  videlicet  Johanni  frosch  et  Ljsgjn  virgini  et  parenli- 
bus  suis,  non^lum  autem  contraxerant  nee  verbo  nee  facto,  eo  quod 
tercio  et  quarto  gradu  cognationis  cognati  erant,  quapropter  dispen- 
satio  papalis  requirebatur,  cumque  iam  impetrata  erat  dispensatio  et 
iam  aderat,  infirmitas  virglnis  impediebat  contrahendum  matrimonium. 
Tandem  mors  virginis  omnem  conuentionem  et  contractum  interemit 
et  in  nihilum  reduxit  Jnhumata  in  ecdesia  minorum  in  loco  soamm 
progenitricum. 

[Hen  Sassen  §.  80.  183.  185.  284.  309.  Katharina,  seine  Haus- 
frau, §.  80.  284.  309. 

Aelteste  Tochter  Elisabeth  (lisgin)  §.  8a  185.  186.,  Braut  Jo- 
hannes Fröschen  zum  Affen  §.  310. 

Zweite  Tochter  Katharina  (Kringen)  §.  SO.  185.,  seit  10.  Februar 
löOO  verheiraihet  an  Gilbert  Holzhausen  zum  Goldstein;  ihre 
Existenz  von  Fichard  mit  Unrecht  bezweifelt,  §.284  u.  Anm. 

Sohn  Ludwig  §.  80.J. 


—     193    — 

Scheid. 

§.  311.  [fol.  82]  Anno  1497  decima  nona  februarij  baptizata  est, 
arbitrorque  eam  ea  etiam  die  natam,  Margreta,  filia  Conradi  schytts^  eo 
tone  iuQior   existentis  ma^ster   duium,    et  Margret^   humbrechten. 

SuBcepit  de  baptismo  infantulam  Margreta,  relicta et  mater 

Conradi  et  Ort  zum  iungen. 

[Conrad  Scheid  §.  121.  126.  179.  183.  186. 

Margreta  Humbrecht^  seine  Hausfrau^  §.  185. 

Die  Pathin  war  Margaretha  Glauburgerin,  Wittwe  Heinrichs 
zum  Jungen;  vrgl.  zu  §.  287.] 

Schmied. 

§.  312.  [foL  15]  Anno  1495  secunda  februarij  natus  est  Bejn- 
hardus  schmyd  ex  Johanne  schmydt  et  Agnete  wissen^  eins  uxore. 

§.  313.  [fol.  52]  Anno  1496  die  xüi  martij  obiit  Hans  schmyt; 
reliquit  uxorem  Agnetem  cum  sex  liberis^  omnes  adliuc  in  puppillari 
^tate;  sepultus  in  parochiali  ecclesia  ßancti  Bartholom^i^  etfiratersuus 
Sebastianus  schmytt  obiit  in  anno  1494  die  19  apprilis. 

§.  314.  [fol.  134]  Anno  1499  decima  quinta  februarij  et  sexta 
post  dominicam  estomihi  obijt  Agnes  vidua,  quondam  vxor  Johannis 
Bchmjdty  16.  mensis  iUius  inhumata  in  parochia. 

[Stephan  Schmied  von  Miltenberg  hatte  zwei  Söhne : 

1)  Sebastian  Schmied  f  1494  Dessen  Sohn  Sebastian 
Schmied  wird, §.  201  erwähnt 

2)  Hans  Schmied  f  1496  (§.  313).  Seine  Gattin  Agnes  (§.302 
und  314)  war  eine  Weiss  von  Limburg  zum  Bebstock 
(§.312).    Ihr  Sohn  war  Reinhard  Schmied  (§.  212)]. 

Schöfferhenn. 

§.  315.  [fol..  1]  Prima  die  junij  [1494?]  sponsalia  contraxerunt 
Scheffer  hemi  Junior  et  Anna  de  hanauwe;  relicta  Konstens  hentzeu; 
qut^  moratur  in  domo  vocata  ozu  der  winreben,  sita  ex  opposito  a 
latere  domus  czu  spangenberg  iuxta  ecclesiam  beat^  virginis« 

[Schöfferhenn  §.  93.  102«     Lersner  führt  ü,  11,  143  u.  147  im 

Bathsverzeichnisse  auf:   Johann   von  Ostheim,    gen.   Schöfferhenn, 

Wollenweber,  erw&hlt  1461,  gestorben  1501,  und  Johann  von  Ost- 

.heim,  erwählt  1494.    Wahrschdalich  ist  der  letztere  unter  dem  Nsr 

men  Schöfferhenn  junior  gemeint,  während  jener,  vielleicht  der  Vaten 

als  senior  zu  denken  ist.    Nach  den  Briefen  des  Cochlaeus  nahm  der 

jüngere  Schöfferhenn  sich  1620  dessen  freundlich  in  Frankfurt  an.] 

13 


—     19»    — 

Schule. 

§.  316.    [fol.  144]  Anna zum  yssenmenger;  auia  Petri  et 

Thom^  Bossenheymer  ex  linea  matema^  obijt  vicesima  octaua  septem- 
bris  [1499]. 

[Die  erwähnte  Anna  bt  des  Peter  Schule  zu  Laderam  Hausfrau. 
Die  Tochter  dieses  Paares,  Katharina  Schule,  hatte  Peter  Sossenheimer 
geheirathet  und  war  die  Mutter  der  Brüder  Peter  und  Thomas  Sossen- 
heimer. Im  Jahre  1495  verkauften  Anna,  Peter  Schulen  seeLWittwe, 
Peter  und  Thomas  Sossenheimer,  Margaretha  [Weissin  von  Limburg] 
vxor,  dieser  Anna  Diechtern  [Enkel]  und  Snorche,  das  Haus  Laderam 
um  2600  fl.  an  Daniel  Bromm.  So  Fichard  in  der  Geschlechterge- 
schichte (Familie  Sossenheimer  und  Schule).  Derselbe  ftüirt  femer 
aus  der  Originalurkunde  an,  dass  Anna  zu  Laderam  in  ihrem  am 
Marien-Magdalenentag  1495  errichteten  Testamente  ihren  Diechter 
Peter  Sossenheimer  zum  einzigen  Erben  eingesetzt  habe,  weil 
dessen  Bruder  Thomas  ^zu  seinen  Veränderungen  sonst  ein  merg- 
liches  über  ihre  Kräfte  erhoben  habe^.  Wenn  Fichard  daraus 
schliesst,  dass  Anna  zum  Laderam  noch  um  1495  gelebt  haben  mtUse, 
80  ersehen  wir  aus  obiger  Notiz',  dass  sie  erst  am  28.  September 
1499  gestorben  ist  und  nach  Verkauf  des  Hauses  Laderam  im  Hause 
zum  Eisenmenger  (neue  Krame  K.  103)  gewohnt  hat.] 

Schwarzenberg. 

§.  317.  [fol.  8]  Anno  1494  die  25  julij  obiit  Waltenia  de 
Bwarczenburg  hora  undecima  diei.  Beliquit  uxorem  Vrsulam  de 
molnheym  cum  filia  Vrsula  nomine  [eine  spätere  Hand  schrieb  dazu: 
qu^  relicta  nupsit  Bernharde  de  rorbach.  Cf.  §.  10]. 

§.  318.  [fol.  9]  Anno  a  natiuitate  Christi  1495  in  die  Johannis 
ewangelist^,  vt  opinor,  nata  est  Margreta,  filia  Amoldi  schwarczen- 
burg's  et  KatherinQ  ....  de  oppenhejm. 

§.  319.  [fol.  9]  Anno  1496  in  die  Johannis  ewangdistQ  est  bap- 
tizata,  et  certo  scio  credoque  etiam  eo  die  natam  fuisse,  Beatrix, 
pr^fatorum  etiam  filia.  [fol.  71:  Anno  1496  aimum  ab  initio  ianuarij 
inchoando  Beatrix,  filia  Arnoldi  schwaarzenbergs  et  Katherin^, 
baptizata  est  in  die  Johannis  euangelist^,  eodem  die  eam  fuisse  natam 
arbitror.    Commater  infantis  est  mater  Symonis  yfistenners.] 

§.  320.  [fol.  158]  Anno  1500  vicesima  sexta  octobriir  obijt  Ar- 
noldus  schwartzenberg  mane.  Beliquit  uxorem  Katherinam .  ... 
de  oppenheym,  filias  tres,  Annam  ....  Beatricem.  Vicesima  nona 
mensis   illius  prima  dies  exequiarum  apnd  carmeUtas  fuit  obseroata. 


-     195     - 

Ad  exequiaB  et  prandium  fbenmt  omnes  canonici  et  pr^lati  ecdeiiQ 
S.  Bartholom^i;  item  omneB  viri  consOiarij  inuitati  et  complures  alij. 
[Walther  Schwarzenberg  dw  Aeltere    (Hausfrau    Anna  HoIe- 
hausen.  Fichard). 

Seine  Kinder:  1)  Walther  Schwarzenberg  §.  317.  Hausfrau  Ur- 
sula von  Meiern  §.  10.  116.  185.  221.  317.,  in 
zweiter  Ehe  rermählt  mit  Bernhard  Rohrbach 
dem  Jüngeren,  %,  10.  Tochter  erster  Ehe  Ur- 
sula §.  317. 

2)  Georg  Schwarzenbei^,  Canonicus  zu  St.  Bar- 
thol., §.  209.  327. 

3)  Kunigunde  Schwarzenberg,  Jacob  Neuhausen's 
Ehefrau,  §.  299. 

4)  Anna  Schwarzenberg,  Henne  Wdssen  zu  Lim- 
burg Ehefrau,  §.  828. 

5)  Arnold  Schwarzenberg,  3teEhe  mit  Katharina 
Bitter  (Eichard)  aus  Oppenheim.  Hinterlassene 
Töchter:  Anna  (§.258),  Elisabeth  [nach Fichard, 
Job  Rohrbach:   Margaretha],  Beatrix    §.  320. 

6)  Ifichael  Schwarzenberg  $.  10.  83. 124.  185.  216. 
Kringen  (Martroff,  Fichard),  seine  Hausfrau, 
§.  10.  185.] 

Sossenheim. 

§.  321.  [fol.  123]  Anno  1498  obijt  Gretgyn,  vxor  Thom^  sossen- 
heimer's,  sororautemHert,Bernhardi  et  Agnes  wisen,  die  sexta 
septembris^  vt  arbitror ;  corpus  sepultur^  traditum  est  septima  eiusdem 
mensis  et  hoc.certum. 

[Thomas  Sossenheimer  §.183.  185.  vergl.  Schule  §.  316.  Seine 
Ehefrau  gehörte  zum  Zweig  der  Weiss  von  Limpurg  zum  Rebstock, 
siehe  Weiss.] 

Stallburger. 

§.  322.    [fol.  143]   Anno   1499  die  sexta  augusti  Claß  stalberg 

contraxit  sponsaUa  cum  Margreta  uirgine ,  filia  Heynrici  vom  rjn. 

Eodem  anno  die  21  octobris  et  vndecim  millium  virginum  habit^  sunt 

nupti^.    Solemniter  et  in  apto   ordine  et  decorate  processerunt  ad 

ecdesiam  ibidemque  solemnizanmt  matrimonium  ac  benedictionem  a 

plebano  doetore  Coni*ado  henseU  susceperunt     Primogenitus  eorum 

Claß  nomine  natus  sedecima  martij  anno  1501.    [fol.  167 :   Anno  do- 

mini  [1501]  sededma  martij,  qu^  erat  dies  martis  post  dominicam  oculi 

13* 


—    196     — 

natas  est  Clsßy  filios  et  primogenitas  Cl&ß  stalbergs  et  Margret  vom 
ryn,  quem  de  fönte  baptismatis  suscepit  Claß  vom  haffem  sartor 
die  Bequentiy  videlicet  decima  aeptiiiia  marlij.] 
[aas  StaUburger  §.  122.  183.  185.  186.] 

Stocken. 
[Philipps  von  stocken,  nobiUs,  §.  80.] 

Steffan. 

[Henn  Steffan  (Steffanshenn,  Steffashans)  §.  116. 

Guttgin,  im  Saalhof,  Stephans  Henn  Tochter,  Wicker  Fröschen 
Wittwe,  Eberhard's  von  Heusenstamm  Ehefrau,  c£  zu  §•  254  und 
§.  272.  §.  116. 

Katharina,  Steffans  Henn  Tochter,  Ehefrau  Johanns  vom  Rheine, 
§.  307.  Fichard  nennt  Henn  Steffen :  Werner  steffanshenn  von  Bin- 
gen, muss  übrigens  zugeben,  dass  der  Name  Werner  ihm  nur  einmal 
begegnet  ist  und  sich  möglicherweise  auf  eine  ganz  andere  Person 
bezieht.  Steffanshenn  ist  übrigens  eine  Abkürzung  für  Henne, 
Steffan's  Sohn.  Dass  solche  Abkürzungen  bei  Leuten  bürgerlichen 
Standes  damals  ganz  üblidi  waren,  wusste  Fichard  sehr  wohl,,  aber 
anstatt  daraus  zu  folgern,  dass  auch  diese  eingewanderte  Familie  wohl 
bürgerlicher  Herkunft  sei,  sucht  er  zu  zeigen,  dass  dieselbe  Abkürzung 
auch  bei  Vornehmen  sich  ausnahmsweise  finde.  Wie  hätte  er  auch 
zugeben  dürfen,  dass  die  Steffan  von  Cronstetten  ursprünglich  Bür- 
gerliche gewesen  seien!  Der  Name  von  Cronstetten  rührt  übrigens 
erst  aus  dem  16.  Jahrhundert  her.] 

Storck. 

§.  323.  [foL  6]  Anno  1494  die  xxx  augusti  hora  quinta  poat 
meridiem  Maigereta,  uxor  Joannis  storck,  magunti§  geminas  peperit 
filias,  quarum  una  Fronica,  alia  Clara  nuncupata;  mortui  sunt 

Stralenberg. 

§.  324.  [foL  143}  Anno  1499  die  duodecima  augusti  contraxitHen 

stralnberg  viduus  sponsalia  cum  Agnete [Eine  spätere  Hand 

ftdlt  die  Lücke  aus :  StefBn]  virgine.  Eodem  anno  quarta  nouembris 
solemniter  processionaliterque  iuerunt  ad  ecclesiam  solemnizando  ma- 
trimonium  nocteque  illa  consunutrunt  nuptiasue  celebrarunt  Felicitas 
eorom  filia  nata  est,  vt  in  folio  166.  [fol.  166:  Anno  1501  vicesima 
ianuarij  nata  est  Felicitas,  primogenita  Hen  stralnbergs  et  Agnetis.... 
ex  illo  matrimonio,  quia  Hen  stralnberg  primus  aliam  habuit  vxoremj. 


—     197    — 

[Henne  Stralenberger  §.  186;  in  zweiter  Ehe  vermählt  mit  Agnes 

Steffen,  $.324 
Hert  Stralenberger  f  i486,  sein  Oheim. 
HerfsEjnder:  Jacob  §.  127  n.  183.;  Katharina,  Simon  üffBteiner's 

Hausfrau,  §.  325,  und  Heilmann  §.  183.  186.  197.  215.] 

TageL 

[Erban  Tagel,  Amtmann  zu  Erlenbaeh,  siehe  Amtleute.  §.  129 
bis  132.] 

Tegen. 

[Gretgyn  Degnerin  [Tegen],  Jacob  Brun's,  in  zweiter  Ehe  Hans 

Brommen  Hausfrau,  §.  239. 
Christina  Degenerin,  Johann  Fröschen  zum  Burggrafen  Hausfrau, 

§.  263,  304.]     - 

Tiermeyer,  siehe  Diermeyer. 

Uffstein. 

$.  326.  [fol.  60]  Anno  1496  secunda  augusti  Symon  yffstenner 
sponsalia  contraxit  cum  Eatherina  de  stralnberg  virgine,  filia  Hert 
stralnbergs  felipis  memoria  et  Gretgin.  Appositi  sunt  simul  in  thorum 
tredecima  4ouembris,  de^inc  decima  quarta  nouembris  secuta  nuptiQ 
anno,  quo  supra.  Primogenita  eorum  nata  est  quarta  nouembris  Ma- 
greta  nomine  anno  1497,  de  quo  in  103.  [fol.  103:  Anno  1497  die 
4^  noueipbris  nata  est  Margreta,  primogenita  Simonis  yffstenders  et 
Margret^  (?),  legittim^  su^.  Commater  infantis  est  Margreta  senior 
filia  lohannis  engelenders,  vulgo  dictus  guldenleb.]  Elfgen,  secunda 
eorum  filia,  nata  est  in  anno  1499  12  junij,  vide  in  charta  140. 
[fol.  140:  Anno  1499  in  mense  iunij  et,  si  iuste  memini, 
vi  eiusdem  mensis  genuit  Grettgyn(?),  vxor  Symonis  vffiitenner's, 
Elßgin  et  h^c  secundagenita  illorum.]  Enchin  tertia  eorum  filia  nata 
est  anno  1501  de  mense  februarij,  de  quo  infra  charta  166.  [fol.  166: 
Anno  1501  decima  die  februarij  baptizata  est  Enchin  uffstenuem, 
filia  Symonis  et  Gretgyn  (?).  Comater  infantis  est  Enchin,  virgo 
et  filia  Johannis  vom  ryn  senioris,  et  est  h^c  in  ordine  genitur^ 
tertia.] 

[Simon  Uffsteiner  §.  183.  Die  Mutter  Simon  Uffsteiner's  §.319  hiess 
Guda  (unbekannt  aus  welcher  Familie)  und  sein  Vater  Jacob  (Fi- 
chard)  Seine  Gemahlin  Katharina  Stralenberg  wird  in  den  obigen 
Geburtsnotizen  überall  irrthUmlich  Gretgen  genannt.  —  Siehe 
Stralenberg.] 


-     198    - 


Ugelnheimer. 

§.  326.    [fol.  156]   Anno  domini  1600  triüesima  augusti  sepulta 

est  Agnneß  blumin,  relicta vgelnheymen;  et  per  sacerdotes 

et  Bcolares  ecclesi^  noBtFQ  fiinus  comitatum,  Tt  snpra  de  alijs   etc. 
[cf.  §.  286.  306.] 

fPhillppuß  Ugelnheimer.  §.  -19.  80.  192.  198.  201.  215. 
Johannes  Ugelnheimer^  Canonicus  zu  St  Bartholomaei|  §.   62. 

63.  294. 
Katharina  Ugelnheimerin,  Loy  Jostenhöfer'g  Ehefrau,  §.  286. 

Thomas  Ugekiheimer  und  Margreta  Grussern,  seine  Hausfrau: 
ihre  Tochter  Margreta  Ugehiheimeriu;  Johannas  von  Moln- 
heim  Hausfrau,  §.  296. 

Peter  Ugebiheimer, 
heir.  1439  Agnes  Blume  (§.  326), 

t  1463. 

I 


I  I 

Peter  Philipp 

Ugeln-    Ugebiheimer. 
hemier. 
Handels- 
mann zu 
Venedig. 


I 
Johannes 

Ugelnheimer, 

CanonicuB 

St  BarthoL 


I 
Katharina 

Ugelnheimer, 

heir.  1475 

hoj  Josten- 

höfer. 


I 

Thomas 
Ugelnheimer, 

heir.  1474 
Greda  Grusser, 
gen.  Schöffer. 


Margaretha, 

heir.  1496 

Johann  v.  Melem.] 


Voelcker. 

[Christian  Voelcker  §.  98.  178.  183.  185.  254. 

Bylgin,   Christian  Voelcker's   Tochter,  Johann   Fröschen  zum 

Affen  Hausfrau,  §.  254. 
Anna  Voelckerin,  heir.  Adolf  Knoblauch   und  in  zweiter  Ehe 

Georg  Flach,  §.  291  und  Georg  Flach.] 


Weiss  von  Limpurg,  Bullmännischer  Zweig. 

Jacobus  Weiss. 

§.  327.    [fol  32]  Anno  1495  in  die  beati  Jacobi  apostoli,  qu^  est 

25.  dies  julij,  natus  est  ex  Jacobe  wiß  etFronica demonchen, 

eins  vxore,  Georgius  wi£,  eorum  primogenitus,   et  leuauit  de  fönte 


—     199     — 

sacro  eum  Georgius  neiihtiß.  MortuuB  est  Etsi  deletom^  non  tarnen 
eo  minus  venun.  [fol  64]  Anno  1496  die  sedecima  Beptembris  natuB 
est  Jobann  wiß  ex  Jacobo  wyß  et  Fronica  ....  de  moncheni  vxore 
eins.  [fol.  109]  Anno  1498  vicesima  secunda  januarij  natus  est  Geor- 
gius^  filiuB  Jacobiwiß  et  Feronic^^  eius  legitim^^  23.  eiusdem  baptiza- 
tns^  compater  Georgius  scUwarczenberg,  cantor  et  canonicus  colle- 
giatQ  ecclesi^  diui  Bartbolom^i  franckftirdiQ.  (fol.  133]  Anno  1499 
27.  februarij  baptizatns  Heinricns  infans,  filius  Jacobi  weiß  et  Feronic^ 
eius  vxoris.  Suscepit  infantem  de  fönte  baptismatis  Heinricus  de  ar- 
tenberg;  scriba  ciuitatis.  [fol.  166]  Anno  domini  1501  in  vigilia  Ma- 
thi^y  qüQ  erat  dies  martis  ante  dominicam  inuocauit  et  vicesima  ter- 
tia  februarij;  baptizata  est  Fronica,  iilia  Jacobi  wi&,  qu§  precedente 
nocte  nata,  et  FronicQ,  eius  legittim^. 

Jacob  Weiss,  §.  186.^  192.  197. 
Fronica,  seine  Hausfrau,  §.  116.  185. 

[Wer  die  Fronica  ....  von  München  gewesen  sei,  ist  nicht 

mit  Bestimmtheit  auBzumitteln.  Fichard  vermuthet:  Veronica 

Buchmüller.] 

Heinrich  Weiss. 

§.  328.  [fol.  70]  Anno  1496  decima  nopa,  yt  arbitror,  mensis 
decembris  Heynricüs  wi£  (filius  quondam  Hans  wjssen  et  Ann« 
schwarczbergeryn)  contraxit  sponsalia  cum  Margreta  reyssen, 
filia  quondam  Peter  rejssen  et  Agnetis  de  alczen,  quQ  hodie  vivit 
habetque  secundum  maritum  nomine  Bechtoldus  de  babenheym 
nobilista.  Acta  h^c  sunt  sponsalia  in  Algessheym.  Deinde  anno  1497 
sedecima  ianuarij  et  solemnizatio  matrimonij  in  fatie  ecclesi^  et  nup- 
tiarum  pomp^  habit^  sunt. 

[fol.  123]  Anno  1498  de  mense  septembri  die natus 

est  Fridericus,  filius  Heinrici  weißen  et  Margret^,  vxoris  suq«  De 
fönte  baptismatis  suscepit  eum  Fridericus  de  altzey,  licentiatus.  [fol. 
150]  Anno  1500  decima  quarta  februarij  genita  est  Grettgyn,  filia 
Heinrici  weiß  et  Margret^,  eius  legittim^,  baptizata  die  sequenti; 
comater  est  Grettgyn  zum  jungen,  mater  Conradi  et  Origjn's  zum 
jungen  [cf.  zu  §.  287]. 

[Heinrich  Weiss,  Jacobs  Bruder,  §.  183.  184«  192.  198.] 

Elisäus  Weiss  (§.  185),  der  vorigen  Oheim. 

§.  329.  [fol.  100].  Anno  1497  die  22.  septembris  obiit  Elisäus 
wiß.    BeUquit  Barbaram,  eius   vxorem,  ac  filios  tres,   Conradum, 


-     200    — 


Johannem  et  Elisaeum.  Anno  1497  die  28.  BeptembriB  obiit  Gonradns 
wi£;  pr^fatormn  proxime  supra  filias. 

[Barbara;  des  Elisaens'  Haosfiraa,  §.  186. J 

Bullmännischer  Zweig  der  Weiss  von  Lmipiirg. 

Henne  (§.  328). 
Anna  von  Scnwarzenberg. 


Sein  Bruder  Elisaeus. 
Barbara. 

I 


Heinrich 

zur 
Landskron. 
Mar^aretha 
Biess. 


Johannes.       Elisäeus. 
(kennt 
Fichard 
nicht). 


Jacob  Heinrich  Conrad, 

zum 

GishubeL 

Veronika 

[Buchmtiller?J 

von  München. 

Eine  andere  Linie  dieses  Zweiges  bildet:  Lotz  Weiss  zu  From- 
melin,  vermählt  1437  mit  Elsa  von  Werstadt  (Beruh.  Familienchronik 
§.  74).  Ihre  Tochter  war  Katbarina,  in  erster  Ehe  vermählt  1459 
mit  Heinrich  Weiss  zu  Wissen,  in  zweiter  Ehe  1481  mit  Doctor 
Joh.  von  Glauburg.  Sie  stirbt  1491  kinderlos.  Ihr  erster  Mann,  Hein- 
rich Weiss  zum  Wissen,  gehörte  zum  Wernerschen  Zweig  der  Weiss 
von  limpurg.  Vrgl.  §♦  256. 

Bernhard  Weiss. 

Erste, Ehe  mit  Margaretha  von  Artenberg. 

§.  330.  [fol.  34]  Anno  1495  die  18.  augusti  Bemhardus  wiß, 
frater  Hert  wissen,  contraxit  sponsalia  cum  Margreta,  filia  Hejnerici 

de  artenberg,   scriptoris  ciuitatis  et Et  per  famulum 

inuitarunt  hostiatim  adolescentes  ad  c^nam,  quod  alias 
non  est  solitum,  sed  solitum  est,  cum  sponsus  accedit 
stubam,  hos,  quos  tunc  vidit  ibidem,  ipse  in  persona 
inuitat,  sie  fecit  Karolus  affinis  mens.  Et  trepudiarunt 
super  pr^torium,  vulgariter  vff  dem  romer.  Die  sequenti,  videlicet  die 
19,  sponsus  inuitauit  iuuenes,  qui  erant  in  stuba,  ad  c^nam  et  similiter 
virgines  itterum  ad  c^nam  vocatQ  sunt,  et  trepudiarunt  ac  in  gaudio 
diem  istum  peregerunt.  Et  matrimonium  depost  die  octaua  octobris 
in  facie  ecclesi^  solemnizatnm  est  et  demum  nuptiarum  solemnitas 
secuta  die  12.  octobru.  ActQ  vff  dem  romer  anno  supra  dicto  1495 
vnd  hatt  keyn  vndern  frawen  geladen.  Heynricus  wiß,  primogenitcfo 
eorum,  natus  est  24.  julij  anno  1496,  mortuus  est.  [cf.  fol  58:  Anno 
1496  die  24  julij  natus  est  Heynricus  wi£,  primogenitns  Bemfawrdi 
wiß  et  Margret^  artenberg.  Mortuus  est,  deinde  tradidit  spiritum  ipsa 


—    201     - 

Margreta^  mater  iam  dieti  mfaatisy  die  28.  angnsti,  anno  vt  siSipra. 
Hoc  veriunest^  quanqnam  deletom  est]  [foL  62:]  Anno  1496  viceaima 
octana  augosti  Margreta^  vxor  Bemhardi  wil$  et  filia  Heynrici  de 
artenberg;  scriptoris  ciuitatiB;  exsoluit  debitum  natorae. 

Zweite  Ehe  mit  Anna  Demer. 

[Fichard    giebt     irrthümlich    Anna    Tiermeyer   an,    yergl. 
Demer.] 

§.  831.  [fol.  76]  Annp  1497  deeima  ianuarij  publieata  sunt  gpon- 
salia  Bemhardi  wiß  vidui  et  Ann^,  virginis  et  fili^  Henn  demers, 
alias  dicti  Stockems  henn,  et  Barbar^  leningen.  Omnia  enim  acta 
suntyVti  solent  fieri,  cum  sponsalia  contrahuntur;  eo  enim  die  conuo- 
cati  cognati  simulque  c^narunt  et  trepudiarunt.  Sponsio  autem  matri- 
monij  est  antea  in  aduentu  celebrata.  Eodem  anno  quinta  iunij  nup- 
ti^  habitQ  sunt;  apposita  sponsa  sponso  in  thorum.  [fol.  92]  Anno 
1497  quinta  junij  nuptias  celebrauit  Bemhardus  wiß  et  Anna,  filia 
Henn  demers,  alias  vulgo  dictus  Stockemshen,  vide  supra  fol.  75. 
Eodem  die  nuptias  celebrauit  fiUus  jm  ejchner  hoff  cum  qua- 
dam  de  spira  virgine.  Anna,  primogenita  Bemhardi  wiß  etc.,  nata  est, 
vide  in  charta  110.  [fol.  110:  Anno  1498  quarta  martij  nata  Anna, 
primogenita  Bemhardi  wiß  ex  matrimonio  eo  videUcet,  quod  habet 
cum  Anna,  filia  Henn  demers,  vulgo  Stockems  henn,  vti  clarius  patet 
supra  Charta  34  75.  92.  [§.  330.  331].  Comater  infantis  Anna,  vxor 
Georgii  flachen,  offitialis  zum  goltstejn.  Actum,  me  existente  wurma- 

ti^.]  fol.  135.  Anno  1499  in  mense  martij,  die  videlicet nata 

est  filia  Bemhardi  weif  et  Ann^,  illius  vxoris. 

§.  332.  [fol.  141]  Anno,  quo  supra,  [1499]  die  tredecima  julij 
sepulta  fiiitAnna  stockheymmjn,  secunda  vxor  Bemhardi  weiß.  Beli- 
quit  filiam  infantulam. 

Dritte  Ehe  mit  Katharina  Humbrecht 

§.  333.  [fol.  165]  Anno  domini  1501  Bemhardus  weiß  tertio 
contraxit  matrimonium  cum  virgine  Katherina  [in  marg.  Kryngyn], 
filia  Claß  humbrechts  et  Grettgyn  foeden,  die  iouis  et  28  ianuarij 
anno,  yt  supra.  De  eodem  yide  supra  charta  34  et  75.  Condor- 
miuemnt  yero  deeima  octaua  febmarij  anno,  quo  supra. 


—    202     — 

Zweig  der  Weiss   yon  Limpurg  zam  Bebstock» 

Reinhard  Weiss.       Sein  Bruder  Heinrich  zum  Kranch . 

I  I 


Asnes.     Hert.      Margaretha.       Bernhard.  A^nes      Elisaoeth. 

Joh.^  Thomas        l)Margareta  "V^iss.       Carl  von 

Schmidt  Sossen-  von  Jacob      Hynsberg. 

heimer.  Artenberg.         Geuch. 

2^AnnaDemer. 
3)  Katherina 
Humbracht. 

Von  diesen  werden  erwähnt: 

Agnes  ^  Job.  Schmidten  Ehefrau;  §.  312.  314  321. 

Hert  §.  321.  330. 

Margaretha  §.  321. 

Bernhard  §.  80.  183.  185.  192.  219.  321.   Anna,  seine  Braut, 

§.  185.    Seine  drei  Ehefrauen  §.  330-333. 
Agnes  Weissiu;  Jacob  Geuch's  EhefraU;  §.  255.] 


Philipp  Weiss. 

.§.  334.  [fol.  16]  Anno  1495  die  26  februarij  natus  est  Conradus 
wiß  ex  Philippe  wi£  et  Elgin  vxore.  Et  eum  de  sacro  fönte  leuauit 
Conradus  wiß,  fraterPhilippi.  Mortuus  est.  [fol.  61]  Anno  1496  de- 
cima  sexta  augusti  baptizata  est  Fronica^  filia  Philippi  wi£  et  Fronic^ 
[1.  Elgin];  suQ  legittimQ.  [fol.  100]  Anno  1497  vicesima  quarta  septem- 
bris  vxor  Philippi  wiß  peperit  filium  nomine  Erban^  quem  de  bap- 
tismo  suscepit  Erban  tagell^  officialis  in  Irrlenbach  25.  eiusdem« 
Ludwicus  eorum  filius  natus  4^*  uouembris  anno  98  in  128  [foL  128: 
Anno  1498  quarta  nouembris  et  dominica  die  natus  ex  Philippe  weiß 

et eins  uxore  Ludwicus ,  quem  suscepit  de  baptismate  doctor 

Ludwicus  de  paradiso,  scultetus  hie]    [fol.  150]  Katherina;  filia  Phi- 
lippi weiß;  nata  est;  vt  arbitror;  de  mense  martij;  videlicet  die 

anno  1500. 

PhiHpp  Weiss  §.  177.  183.  186. 
Katharina  seine  Hausfrau  §.  185.] 

Philipp  Weiss  (nach  Fichard:  mit  dem  einen  Auge)  gehört 
einer  anderen  Linie  des  Bebstock'schen  Zweiges  der  Weiss  von  Lim- 
purg an.  Er  war  ein  Sohn  Conrad's  zu  Löwenstein  und  seiner 
Gemahlin  Agnes  von  Hengsberg.  (Agnes  Websin  zu  Loewenstein 
Wittwe  §.  185.)  Der  Name  seiner  Gattin  ist  nicht  zu  ermitteln.  Job 
nennt  sie  oben  baldElgiu;  baldFronica;  bald  Ejitharina;  baldlässter 


—     203     - 

ihren  Namen  ans.  Ihren  Zuna^ien  kennt  er  nicht.  Fichard  will  wissen;  er 
sei  in  erster  Ehe  mit  Veronika  (unbekannten  Geschlechtes),  seit  1510  mit 
Elisabeth  Schwarzenberger  verheirathet  gewesen.  Doch  ist  er  selbst 
geneigt;  eine  Verwechslung  mit  Veronika  aus  München;  der  Frau 
Jacob's;  anzunehmen;  und  bemerkt;  dass  die  Genealogien  zu  Anfang 
des  XVI.  Jahrhunderts  oft  verworren  und  dunkel  seien.  Am  leichte- 
sten konnten  Verwirrungen  bei  einer  so  vielverzweigten  Familie, 
wie  den  Weiss  von  Limpurg  eintreten.  **] 


1*  Der  Herausgeber  bemerkt  am  Schlüsse,  dass  der  im  Manttscripte  schwan- 
kende Gebranch  der  grossen  Buchstaben  bei  Vor-  und  Gescbiechtsnamen  nur 
bis  zu  §.  30  des  Textes  beibehalten,  von  da  aber  noch  während  der  Revision 
des  Druckes  nach  einer  festen  auf  die  Schreibart  jener  Zeit  gegründeten  Regel 
geordnet  worden  ist. 


Berichtigungen. 

S.    61.  Z.  13  von  oben  ist  statt  1479  zu  lesen  1478.  Vergl.  §.  274. 

S.  124.  Z.  7  von  oben:  „Kryngin  beringen,  syn  husfrawe,  Karies  anfrawe.'* 
Die  ersten  Worte  bilden  im  Mannscripte  bis  husfrawe  eine  Zeile;  Karies  an- 
frawe  steht  am  Schlüsse  der  folgenden  Zeile  und  ist  irrthümlich  als  Appo- 
sition zu  dem  Vorigen  gezogen  worden :  Job  hat  nämlich  wie  Öfter  den  Raum 
zur  AusOHlong  des  Namens  frei  gelassen,  der  ihm  beim  Schreiben  nicht  gegen- 
wärtig war.  Karl  Hynsperg's  Ahnfrau  hiess  nach  §.  270  Anna  und  war  die 
Wittwe  Wigand  Heringen*s ;  sie  starb  am  28.  October  1497 ;  ihre  Töchter  waren 
Gnttgin  Heringen,  vermählt  an  Karl  Hynsberg  den  Vater,  unseres  Karl  Hyns- 
berg's  Mutter  (f  1500,  16.  Dec.  §.  86),  und  die  oben  erwähnte  Kringln  Heringen, 
vermählt  mit  Ort  zum  Jungen,  den  Aelteren,  die  mithin  Karls  Tante  war 
(t  31.  Juli  1499,  §.  287.)- 


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6. 


ohrbach'schen  Geschlechtes. 


%  (  J.)  und  Fiduurd. 

28.  Sept.  1400. 


28,  B.  §.  65). 

1,  t  12.  Febr.  1402  (B.  §.  43). 

.ai  1438  (vergl.  B.  §.  43  n.  66). 


GodegiH, 

runil411<B.§.61). 

i  KtmmtTtf  voi 
dA,  SchWe. 


r; 


6.  Bernhard. 

ib.  26.  Juni  1412  (B. 
2.  Febr.  1416  (B. 


7.  Adolf. 

.62).       geb.  16.  JoU  1413. 

.  62).       t  nach  7  Wochen  (B.§.  63). 


8.  Gele. 

fb.  20.  Oct  1414. 
unverändert  (B.  §.  64). 


crina. 

1437. 
65. 

1  von  Breydenbach, 
^enneiBter(B.§.79).* 


Wix. 

1469 

.St 

da- 

1498 

>02 


5.  Elisabeth  oder  Ekgia. 

fb.  13.  Dcc.  1438  (B.  §.  80). 
1.  Juli  1463  (B.  §.  81). 

a)  Heinrich  Weiss  znm  Wedel 
t  23.  Dec.  1461  (B.  §.  80). 

b)  6.  Jan.  1463  Conrad  Ganz  (B.  §.81). 


6.  Bernhard»  der  Alte»  can  Wlxhiser 

Hof. 

gb.  11.  Februar  1446  (B.  §.  82). 
ithsmann  23.  Jan.  1476  (B.  §.  113). 
t  6.  Dec.  1482  (B.  §.  124). 
19.  Sept  1466  Elgin,  Conrads  von 
Holzhausen  Tochter, 
t  19.  Dec.  1501  (J.  §.  70). 


4.  Adolf.  5.  Ana  I. 

geb.  13  Dec.  geb.  1 .  Dec. 

1470.  1471. 

t  22.  Febr.  f  10.  Oct. 

1471  1472 

(B.  §.  97).  (B.  §.  98). 


6.  Aaaa  II. 

geb.  12.  Aug 

1474 

(B.  §.  99). 


7.  Afira. 

geb.  19.  Dec. 

1476. 

(B.  §.  100). 


Nehmen  den  Schleier  zu  den 
Weissenfrauen  6.  Aug.  1494 

(J.  §.  72). 
t  23.  Aug.  1494  (J.  73). 


8.  Martha. 

geb.  30.  Juli 

1478  (B.§.  101). 

t  1514. 

1.  Juli  1495 

Carl  Hynsbeiig 

(J.  §.  81). 


9.  Conrad  znia  Wix- 
haser  Hof. 

geb.  6.  April  1481 

(B.  §.  102). 
Aufenthalt  in  Augs- 
burg u.  Venedig  1&3 
bis  1498,  in  Nieder- 
deutschland seit  1498, 
1501  in  Antwerpen 
(J.  §.  10  u.  §.  87). 
1 1510  unverheirathet 


la. 

r  1580. 

iTomm. 

Dr  von  Hoh- 


fohaia  Hector. 

6.   t  in  demaelben 
Jahre. 


A 


Die  Strassen  der  Frankenfnrt. 

Von  Dr.  Friedrich  Soharff. 
(Mit  einer  Karte.) 


Unter  demselben  Blan,  über  dem  nämlichen  Grün 

Wandeln  die  nahen  und  wandeln  vereint  die  fernen  Geschlechter. 

Schiller. 

• 

Vor  wenigen  Jahren  noch  begann  man  die  Geschichte  unseres 
Landes  mit  den  Nachrichten^  welche  die  Körner  über  dasselbe  uns 
hinterlassen.  Was  über  diese  Mittheilungen  hinausreichte  lag  in 
dunkler  Nacht.  Erst  die  Neuzeit  hat  Mittel  und  Wege  aufgesucht 
diese  Dunkelheit  mehr  und  mehr  aufzuhellen.  Die  Beschaffenheit 
der  Bodenverhältnisse  musste  ebenso wol  dazu  dienen^  wie  die  Er- 
zeugnisse des  menschlichcA  Fleisses;  welche  von  dem  aufmerksamen 
Beobachter  an's  Tageslicht  gezogen  wurden.  Bis  auf  den  Grund  der 
Sümpfe  und  der  Seen  erstreckte  sich  die  emsige  Forschung^  und  so 
ist  allmälig  dem  überraschten  Blick  eine  neue  Welt  entstanden  ^  ein 
Volk;  das  sein  Dasein  fristet^  und  mit  Annehmlichkeiten  zu  umgeben 
sucht,  ohne  die  Bearbeitung  der  Metalle  zu  kennen*  Aus  der  Zu- 
sammenstellung solcher  Gegenstände  mit  den  Bodenverhältnissen, 
unter  welchen  sie  begraben  waren,  hat  man  die  Gewissheit  erlangt, 
dass  die  Anwesenheit  der  Bömer  in  Deutschland  als  eine  spätere  und 
jüngere  Zeit  zu  betrachten  ist,  dass  vor  derselben  eine,  wenn  auch 
bescheidene  Cnltur  vorhanden  gewesen.  Von  den  Bömem  mag  die- 
selbe verachtet  und  ausser  Berücksichtigung  geblieben  sein;  fUr  uns 
aber  ist  sie  von  hohem  Interesse. 

Wenn  wir  die  Bodenverhältnisse  unserer  Gegend  beachten,  so 
kann  darüber  gar  kein  Zweifel  bleiben,  dass  der  Main  in  vorgeschicht- 
licher Zeit  weit  höher  geflossen,  wie  jetzt  Wir  finden  seine  Ge- 
schiebe, den  schwarzen  Eieselschiefer  des  Fichtelgebirgs,  den  rothen 
Sandstein  von  Miltenberg,  den  Gneis  von  Aschaffenburg  weit  oben 
um   den   Sachsenhäuserberg  her,    auf  dem    Kesselbruch    bis    nach 

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—     206     - 

Isenbui^  hin.  Unterhalb  des  SachgenhäiuserbergB;  westlich  ^  hatten 
die  Gerolle  sich  hoch  aufgelagert^  sie  bilden  noch  jetzt  vom  Forst- 
hause  über  die  Helle  im  Schwanheimerwalde  bis  nach  der  Schweden- 
schanze hin;  und  weiter^  einen  steilen  Wall^  welcher  nach  dem  Main- 
thale  abföUt.  Von  den  Quellen  und  Bächen^  z.  B.  der  Eönigsbach^  ist 
er  allmälig  ausgespült ^  der  Sand  hinabgeführt  worden.^  Auch  auf 
der  rechten  Mainseite  finden  wir  den  unterhalb  der  Bergerhöhe  und 
dem  Bornheimer  Galgenberge  abgelagerten  Mainsand  über  den  gan- 
zen Böderberg  hin^  zum  Theil  in  tiefen  Gruben.  Auch  hier  ist  er 
von  Quellen  und  Gewässern  an  verschiedenen  Stellen  hinabgetragen 
worden  nach  der  jetzigen  Mainebene  ^  hauptsächlich  dies  von  den 
Bornheimerquellen ;  zwischen  dem  Buchwald  und  dem  Altenberge 
hinab  nach  dem  Bruch. 

Es  mag  eine  lange ;  lange  Zeit  dahingegangen  sein^  bis  der  Main 
in  der  Höhe  floss^  in  welcher  jetzt  die  Seehofquellen  liegen.  Bei  der 
Fassung  dieser  Quellen  fand  man  .Spuren  des  thierischen  Lebens 
aus  jener  Zeit  In  der  Schlucht^  welche  durch  diese  Quellen  aus- 
geschwemmt worden ;  hatten  die  Gewässer  sog.  vorweltliche  Thiere 
gelandet,  im  Sande  und  Schlamm  begraben. 

In  noch  jüngeren  Zeiten  durchzog  der  Main,  tiefer  im  Thal,  ein 
sumpfreiches  Land;  sein  Lauf  war  ein  wechselnder;  ein  mannichfach 
verzweigter.  Südwärts  bog  bei  Mühlheim  ein  Arm  ab,  zog  in  der 
Richtung  der  Klingewiese  nach  der  Kuhmähle  bei  BUrgel,  wo  er  sich 
mit  dem  Hauptstrom  wieder  vereinigte.  Auf  der  damaligen  Insel 
findet  sich  noch  jetzt  der  Entensee  imd  der  Altmainw^,  welche 
Mainarme  andeuten.  Hochwasser  haben  diese  Gegend  öfter  schon 
an  die  alten  Bodenverhältnisse  erinnert.  Aehnlich  so  war  das  Thal 
bei  Sachsenhausen  beschafi*en;  auch  hier  tritt  der  Main  bei  16  oder 
18  Fuss  Höhe  in  die  alten  versumpften  Mainesarme;  dies  war  zuletzt 
der  Fall  am  7.  Februar  1862.  Ein  breiter  Strom  zog  von  der  Ger- 
bermühle,  ein  anderer  zweigte  etwas  weiter  oben  von  dem  Haupt- 
fluBs  ab;  hie  und  da  mit  einander  verbunden ,  flössen  sie  nahe  an 
Oberrad  vorüber  und  vereinigten  sich  am  Fusse  des  Mühlbergs.  Die 
ganze  Mainebene  vom  Mühlberg  bis  hinüber  zum  Bornheimer-  und 
Böderberg  war^  fast  ohne  Unterbrechung;  überfluthet.  Das  Wasser 
bespülte  die  Oberräder  Chaussee;  überzog  die  Wiesen  und  Gärten. 
Nur  die  alte  Strasse;  welche  von  Sachsenhausen  nach  dem  Hainer- 


<  Vergl.  die  MittheUang  über  die  Gerolle  des  untern  Mainlaufa  im  Notiz- 
blatt des  Mittelrheinischen  Geol.  Vereins  1862.    Nr  2. 


—     207     - 

weg  ftlbrie^  ebenso  die  neuere  erhöhte  Ghausee  lagen  trocken ^  weiter 
nnten,  beim  Apoihekerhof  ^  traf  man  wieder  auf  Wasser  im  alten 
Mainarm.  Dieses  alte  Mainbett  führt  über  die  Wiesen  beim  Biedhof 
nach  dem  hohen  Steg^  und  ist  wieder  bemerkUch  vom  Sandhof  nach 
Niederrad;  bis  zum  Bothenhamm  hin.  Am  untereoiMaine  zeigen  sich 
noch  andere  alte^  jetzt  versandete  Flussarme  bei  Schwanheim  und 
bei  Rtisselsheim.  Schwerlich  war  es  der  ganze  Main^  welcher  vor 
Zeiten  dort  sttdlich  abbog,  es  war  nur  ein  Arm. 

Auch  auf  der  rechten  Mainseite  flössen  nicht  wenige  Mainarme  * 
von  dem  Hauptstrome  ab.  Von  der  Braubach  her  zog  ein  solcher 
der  Bergerhöh  entlang  bei  Bischofsheim  und  Seckbach  vorüber, 
bedeckte  die  Wiesen  zwischen  dem  Röd^berg  und  Biederspiss^  und 
verband  sich  mit  dem  Hauptstrom  über  die  Hanauerchaussee  hin. 
Diese  bezeichnet  noch  jetzt  die  höchsten  Punkte,  welche  als  Inseln 
aus  den  Hochgewässem  heraustreten.  Bei  dem  Brückchen  in  der 
Nähe  des  Hanauer  Bahnhofs  hatte  dieser  Mainarm  bei  dem  Wasser- 
stand im  Februar  1862  noch  60  bis  80  Fuss  Breite.  Er  vereinigte 
sich  weiterhin  mit  dem  Hauptstrom,  überfluthete  so  das  Fischerfeld, 
zweigte  wieder  ab  nach  dem  Rechneigraben  und  war  im  Innern  der 
Stadt  in  der  Richtung  des  alten  Mainarmes,  oder  der  grossen  An- 
tauche,  bis  zum  Hirschgraben  hin  zu  verfolgen.  Zum  letztenmale 
wahrscheinlich  hat  im  Jahre  1784  dieser  grosse  Mainarm  wirklich 
geslaröml  Damals  brach  er  durch  die  Braubach  über  die  Niederung 
herein,  kam  plötzlich  nach  Bischofisheim  hergeechossen.  Auch  diese 
Maininsel  war  nochmals  von  einem  zweiten  Mainarm  durchzogen, 
welcher  oberhalb  Fechenheim  nach  den  Riederhöfen  floss.  Unterhalb 
Friankfurt  ist  auf  der  rechten  Mainseite  noch  eine  ganze  Zahl  von 
Flussarmen  zu  bezeichnen,  die  über  die  Wiesen  der  Kettenhöfe, 
durch  das  Hellerhöferfeld  und  Gutleuthöfer  Geländ  zogen.  Sie  bildeten 
Sümpfe  zwischen  dem  Maine  und  der  Nidda.  Der  Wald  reichte  bis  zur 
feuchten  Niederung  herab;  mochten  die  Gewässer  in  der  wärmeren 
Jahreszeit  mehr  abgelaufen  sein,  so  boten  die  Sümpfe  und  Torf- 
moore weder  einen  Platz  zu  Wohnungen,  noch  festen  Grund  zu 
Strassen.  Es  war  am  ganzen  Untermain  kaum  eine  Stelle  zu  finden, 
wo  zu  allen  Zeiten  ein  Uebergang  über  den  Main  zu  bewerkstelligen 
gewesen.  Entweder  auf  dem  einen  Ufer^  oder  auf  dem  andern,  oder 
auf  beiden  war  morastige  Niederung. 

Auch  der  stolze  Rhein  war  damals  noch  unzugänglich.  Wie  vie- 
ler Jahrtausende  bedurfte  es,  bis  er  Sand  imd  Schlamm  genug  herab- 


>  Der  ,,Rieder8pi8s^'  ragte  als  „Spitze"  aas  den  Qewässero. 


—    208    — 

gefährt  und  sich  ein  angemessenes  Bett  geschaffen.  Blicken  wir  hent 
zu  Tage  von  der  Höhe  bei  Altstätten  hinab,  so  seh^i  wir  die  vielen 
Ortschaften  des  oberen  Bheinthals  an  den  Fnss  der  Berge  ange- 
schmiegt, während  das  weite,  grüne,  vielfach  noch  v«-sumpfte  Flach- 
land kaum  ein  Häuschen  aufzuweisen  hat  Das  Sheinthal  zwischen 
Odenwald  und  der  Haardt  ist  zwar  viel  mehr  schon  angebaut,  aber 
auch  da  bemerken  wir  in  der  Ebene  zahlreiche  Wiesengründe  lang- 
gestreckt, in  Schlangen  Windungen  das  Bheinthal  durchziehen;  sie 
verzweigen  sich,  verschwinden  und  kehren  wieder.  Man  hatwol  die- 
ses tiefer  gelegene  Land  als  das  ehemalige  Bett  des  Neckars  gedeu- 
tet, so  wird  z.B.  eine  Gegend  bei  Crumstadt  noch  bezeichnet;  mög- 
lich aber  bleibt  es  «doch,  dass  der  Rhein  selbst  hier  in  vielfacher 
Verzweigung  sein  Wasser  dahingewälzt,  dass  es  langer  Zeiten  be- 
durfte bis  die  Bheinarme  aus  Fluss  und  Sumpf  zu  Wiesen,  allmälig 
selbst  zu  Aeckem  umgewandelt  worden  sind  ^.  Als  der  'iÜaunusabhang 
bereits  einer  gewissen  Cultur  sich  erfreute,  herrschte  südlich  der 
Nidda  bis  zum  Odenwald  und  der  Haardt  hinüber  noch  die  Wildniss 
und  das  Wild.  Noch  heut  zu  Tag  staut  derBbeii^  bei  Hochfluthen  von 
5  bis  6  Meter  den  über  Trebur  und  Wallerstädten  eingedeichten 
Schwarzbach  an,  und  überschwemmt  die  breite,  zwischen  den  Deichen 
liegende  Niederung  von  Ginsheim  bis  Gross-Gerau  ♦. 

Es  mag  nicht  ganz  unwichtig  sein,  der  alten  Gränzen  der  Drei- 
Eich  hier  zu  gedenken.  Diese  umfasste  das  ganze  Sumpf  land  zwischen 
Rhein,  Main  und  Nidda.  Der  Main  zog  auf  der  Strecke  von  Nidda 
bis  zur  Braubach  bei  Hochstadt,  inmitten  des  Wildbanns  der  Drei- 
Eich.  Von  Vilbel,  auf  der  Nidda-Brücke,  ging  die  Gränze  über  die 
Höhe  nach  der  Braubach  bei  Hochstadt  b,  dem  Maine  hinauf  bis 
Ostheim ,    am  Odenwalde  westwärts  über  den  Otzberg  ^,  der  Modau 


3  Vergl.  Eriegk,  Beschr.  der  Umgegend  v.  Frankf.  im  Archiv  f.  Frankf. 
Gesch.  n.  K.  1  Heft.  S.  24.  25. 

*  Vergl.  R.  Ludwig  in  dem  Beiworte  zur  geologischen  Specialkarte  des 
Grossh.  Hessen,  Section  Darmstadt 

s  Es  war  dies  eine  willkührliche  Abgränzung,  keine  natürliche.  Der  alte 
Weg  zieht  jetzt  nicht  mehr  darch  „Hochholz'^  Getraide  bedeckt  die  ganze 
Breite  der  Höhe,  zum  TheU  anch,  südlich  der  „hohen  Strasse",  die  Mulde  des 
früher  tief  ausgefahrenen  Weges  selbst.  Weiter  östlich  zieht  eine  ,,Landwehr" 
in  der  Richtung  nach  Niederdorfeiden  und  auch  ein  ^.Eselsweg".  Es  scheint 
diese  Abgränzung  älter  zu  sein,  als  der  auf  dem  linken  Niddaufer  liegende 
Theil  von  Vilbel;    sie  schneidet  diese  Ansiedelung  mitten  durch. 

^  „Mitten  über  den  Thurm  za  Odisberg"  heisst  es  in  einer  alten  Abschrift 
des  Drey-Eicher  Weisthnms.  (Mglb.  A.  Nr.  48.  V.  modo  C.  C.) 


—     209     - 

herab  nach  Stockstadt  ämBheine,  diesem  hinab  zur  Mainesmündung. 
Das  Wichtigste  und  Wesentlichste  in  äer  Drei -Eich  war  der  Wild- 
bann ^  nicht  die  Bodencultur.  So  ist  es  erklärlich  ^  dass  der  grösste 
Theil  dieser  Strecke  in  historischen  Zeiten  dem  Könige  zugehörte, 
dass  Kirchen  und  Adel  darin  frtthe  die  Herrschaft  und  reichen  Be- 
sitz errangen;  während  in  dem  Markenland  nördlich  der  Nidda  die 
Sitte  und  das  Becht  des  Urbewohners,  der  zuerst  den  Wald  umge- 
rodet und  das  Land  urbar  gemacht  hatte,  in  weit  höherem  Ansehen 
blieb;  und  nur  ganz  allmälig  und  langsam  durch  List  und  Gewalt 
unterdrückt  werden  konnte»  Um  den  Taunus  hielten  die  Dorfbewoh- 
ner Flur  und  Wald  als  ihr  Eigenthum,  sie  machten  dies  geltend 
noch  in  späteren  Zeiten. 

Pfahlbauten  sind  bis  jetzt  mehr  in  den  Sümpfen  und  Seen  des 
nördlichen  und  des  südlichen  Deutschlands  gefunden  worden ;  ich  habe 
solche  bis  jetzt  vergeblich  in  unserer  Gegend,  bei  Bischofsheim ,  bei 
Seckbach  gesucht  Es  ist  wahrscheinlich,  dass  die  grosse  Verschie- 
denheit des  Wasserstandes  in  Flüssen  sich  weniger  zu  derartigen 
Bauten  geeignet  hat. 

Man  hat  an  verschiedenen  Orten  des  Mainthals  in  alten  Grab- 
hügeln Menschenknochen  gefunden;  die  Kunstgegenstähde,  welche 
ihnen  beigegeben  waren,  beweisen,  dass  sie  aus  verschiedenen,  meist 
verHältnissmässig  späteren  Zeiten  stammen.  Die  Hügel  am  Taunus, 
z.  B.  bei  Stedten,  waren  wol  früher  aufgeworfen  als  die  im  Frank- 
furter Stadtwalde.  Es  ist  natürlich  dass  sie  nur  im  Walde  sich  vor- 
finden, denn  einestheils  wurde  für  solche  Begräbnissstätten  nicht  das 
Tiefland,  die  Wiesen  ausgewählt,  sondern  der  hochgelegene  trocknere 
Boden  des  Waldes;  andemtheils  sind  sie  zerstört  worden,  überall 
wo  der  Pflug  hindrang,  so  an  den  Heidengräben  bei  Oberursel,  so 
auch  bei  der  Babenhäuserstrasse  als  vor  einigen  Jahren  der  Wald 
daselbst  gefallt  und  nach  neueren  Principien  angelegt  wurde.  Ln 
Jahre  1836  wurden  andere  altdeutsche  Grabhügel  im  District  Königs- 
haide  geöfinet  Nach  dem  darüber  aufgenonmienen  Protocoll  des 
Herrn  Dr.  Jung^  fand  man  ein  Skelett  mit  dem  Gesicht  nach  unten 
gekehrt,  dabei  Holzkohlen  und  einen  kupfernen  Bing;  drei  bis  vier 
Schuh  tiefer  ein  zweites  Skelett  mit  dem  ersteren  kreuzweise  liegend, 
aber  auf  dem  Bücken« 

Es  ist  leider  nicht  mehr  möglich,  eine  Uebersicht  herzustellen 
über  die  in  unserer  Geg^id  vorgefundenen  Grabstätten.  Die  meisten 


'  Frankf.  Jahrbücher  YII.  18S6.  S.  253. 

14 


-     310     - 

Bind  geöffiiet  worden  ohne  Plan  und  Sorgfalt;  die  Gegenstände 
welche  man  darin  fand^  sind  herausgenonun^i  und  zum  grössten 
Theil  verschleudert;  der  Nachweis  woher  die  Beste  stammen^  ist 
meist  verloren  gegangen  und  nicht  mehr  zu  ersetzen  ^. 

Wie  das  Wasser  in  den  Sümpfen  die  Ansiedlungen  der  Men- 
schen verhinderte^  ebenso  gesucht  war  es  in  seinem  lebendigen  Lauf . 
Es  bot  Speise  in  den  Fischen  ^  Trank  in  den  klaren  Fluthen.  Die 
Bäche  welche  von  den  Bergen  herabeilten  ^  zogen  durch  Wälder, 
welche  das  Material  zu  den  Wohnungen  und  zu  Wärme  gabeu;  und 
eine  reiche  Jagdbeute.  An  dem  Fusse  der  Berge  befeuchtete  es  die 
Wiesen ;  fanden  sich  gar  noch  Salzquellen  und  heilende  Thermen  in 
der  Nähe,  wie  bei  Soden  oder  Wiesbaden,  so  war  dem  Menschen 
das  Nöthigste  geboten.  Nicht  die  Bergkuppen,  sondern  die  Quellen 
waren  frühe  benannt,  sie  luden  den  vorüberziehenden  Wanderer  zur 
Bast,  sie  erquickten  täglich  den  Hirten  mit  der  Heerde.  Nach  der 
Quelle  wurde  dann  erst  der  anliegende  Berg  im  Taunus  bezeichnet; 
an  dem  Hasselborn  liegt  der  Hasselberg,  mehr  nur  eine  Bei^pseite 
als  ein  wirklicher  Berg;  am  Sangebom  erhebt  sich  ein  Hügel,  der 
Sangeberg,  und  am  ELlingenborn,  an  der  Eüingenruh  vorüber,  zog 
der  Weg  nach  der  Höhe  des  Elingenbergs.  Der  Name  Dalbesbei^ 
kommt  in  Urkunden  nicht  vor,  es  findet  sich  statt  dessen  stets  die 
Bezeichnung:  Masebömerberg,  vom  Maassbom  oder  Mäusbom,  der 
gegen  Norden  hervorquillt'.  Weiter  abwärts,  wo  die  klaren  frischen 
Bäche  aus  dem  Gebirge  heraustreten,  siedelten  sich  die  ältesten  Be- 
wohner des  Landes  an. 


^  Es  fehlt  uns  ein  Museum,  in  welchem  die  Erinnerungen,  welche  aas  der 
Vorzeit  uns  erhalten  sind,  aufbewahrt  werden  könnten.  Sie  gehören  nicht  in 
den  RaritStenkasten  einer  Bibliothek  oder  in  die  Gelasse  des  Römers;  siq  wer- 
den dort  nimmer  die  nöthige  Pflege  nnd  Bearbeitung  finden  können.  Wer 
unsere  Vorzeit  studiren  will,  muss  sich  nach  Mainz  oder  Wiesbaden  wenden. 
Ist  Frankfurt  zu  arm,  ein  Museum  seiner  merkwürdigen  Vorzeit  zu  gründen? 
In  Köln  hat  ein  patriotischer  Bürger  durch  würdige  Horrichtung  einer  solchen 
Stätte  sich  selbst  ein  ^rendes  Denkmal  gesetzt.  Man  tröstet  damit,  dass,  wenn 
einmal  die  eine  oder  andere  öffentliche  Anstalt  verlegt  würde,  sich  dort  wol 
einige  Säle  ftir  den  Zweck  finden  sollten.  Indessen  sind  neuerdings  wieder  bei 
Aufhebung  det  Zünfte  die  interessantesten  Gegenstände,  weil  ein  solches  Mu- 
seum fehlt,  verschleudert  worden.  (Vergl.  Dr.  Römer,  Beiträge  Nr.  40  auf  S.  56.) 

9  Leider  sind  jetzt  die  schönen  Quellen  des  Taunus  zum  grossen  Theil  ver- 
sumpft, wenn  sie  nicht,  wie  der  Buchborn,  der  Dreimühlenbom  und  der  Sange- 
born, an  einem  betretenen  Pfade  liegen.  Es  entfernt  jetzt  Niemand  das  wuchernde 
Moos  und  das  fallende  Laub,  Niemand  sorgt  für  diese  vergessenen  Wohltbater 
der  Gegend,  ihre  Namen  verklingen,  wie  die  der  alten  Wege  und  Plätze. 


-     21t     - 

Die  Ortschaften  wurden  —  wie  in  dem  früheren  Ao&atz:  „Die 
hohe  Mark  im  Taunus^,  bereits  angedeutet  worden  —  meist  nach  der 
Bach  genannt;  wie  die  Berge  nach  der  Quelle.  Gerade  solche  Namen 
scheinen  die  ältesten  Ortsnamen  der  ganzen  Umgegend  zu  sein: 
Erlenbach;  Eschbach;  Schwalbach;  Suhsbach;  Ealbach  oder  Ealte- 
bach;  Seckbach.  Die  meisten  dieser  Ortschaften  boten  noch  vor 
wenigen  Jahren  das  ächte  BUd  einer  Taunusortschaft  dar:  die  Häu- 
ser der  Bach  entlang  mit  ihrem  GehöftC;  von  Obstbäumen  beschattet; 
zu  beiden  Seiten  der  vielfach  überbrückten  Bach  ein  Fahrweg; 
an  welchem  Erlenbäume  und  Büstem.  Häuser;  Bach  und  Bäume 
bildeten  zusammen  ein  Ganzes ;  das  grüne  Laub  verband  das  Ganze 
zu  em^n  freundlichen  Bilde. 

'  Ebenso  bedeutend;  vielfach  aber  erst  später  entstanden;  scheinen 
andere  Ortschaften  gewesen  zu  seiu;  welche  als  Städte  bezeichnet 
sind;  wie  Stedteu;  Heckstadt;  Ockstadt,  Stierstadt;  von  geringerer 
Bedeutung  und  späteren  Ursprungs  aber  die  Ortschaften;  deren 
Namen  mit  „haqsen^^  oder  ^heim^';  oder  mit  „hor^  zusammengesetzt 
sind.  Diese  mögen  in  der  Beg^  nach  einem  Erbauer  oder  Inwohner 
genannt  worden  seiu;  wie  Eschers-heim;  Ecken-heuU;  Heuchels-heim; 
Qontzen-heim;  Willkomms-hausen.  Es  scheinen  diese  „städte^^  keines- 
wegs bedeutender  gewesen  zu  seiu;  wie  die  nach  den  Bächen  benannten 
Niederlassungen;  sie  sind  auch  in  der  äusseren  Erscheinung  nicht 
von  diesen  im  Wesentlichen  zu  imterscheiden;  so  z.  B.  Stierstadt  von 
Steinbaclx.  Stedten  (zu  den  statten;  oder  auf  den  statten)  hattC;  wie 
andere  Niederlassungen;  ein  Mittel-Stedten  und  Nieder-Stedten;  es 
liegt  —  wie  die  anderen  Ortschaften  des  Taunus  —  der  Bach  ent- 
lang; unterhalb  des  höher  gestellten  Eirchleins.  Im  Laufe  der  Zeit 
haben  sich  die  bedeutenderen  Ansiedlungen  weiter  ausgedehnt;  es 
wurden  die  Zweigdörfw  mit  der  Bezeichnung  ober-;  mittel-  und 
nieder-  näher  bestimmt  Die  Ansiedlungen  zogen  vom  Fuss  der  Höhe 
an  den  .Bächen  abwärts ;  nach  der  allmälig  entsumpften  Ebene.  Von 
den  drei  Ursell  —  nach  der  Schellbach  benannt  —  hat  Ober-Ürsell 
stets  den  ersten  Bang  eingenommen;  ebenso  ist  Ober-Erlenbach  älter 
als  Nieder-Erlenbach.  In  ersterem  sind  die  Hofraithen  von  der  Bach 
nach  der  Anhöhe  hinauf  dicht  zusammengedrängt;  die  Kirche  obeu; 
weithin  sichtbar;  ist  von  einem  alten  Mauerring  umgeben;  ähnlich 
wie  in  anderen  sehr  alten  Niederlassungen  unserer  Gegend;  z.  B.  in 
Hochstadt.  Nieder-Erlenbach  aber;  an  breite  Strassen  gebaut;  besteht 
zu  grossem  Theil  aus  adlichen  oder  herrschaftlichen  Höfen.  Ersteres 
ist  auf  dem  Boden  erwachsen;  letzteres  ist  angelegt;  es  erhielt  erst 

14» 


-     212     — 

im  Jahre  1376  einen  SchultheiBsen  und  Schöffen ^<^.  Bei  andern  gleich- 
benannten Dörfern  mag  es  schwer  sein  Vermuthungen  über  ein 
höheres  Alter  zu  begründen.  Es  finden  sich  Bm  südlichen  Taunus- 
abhang zwei  Holzhausen  y  das  eine  später  auch  Burg-Holzhausen 
genannt  ^^,  das  andere  Dornholzhausen  oder  Dorreholzhausen^ 
frühe  schon  verlassen;  ausgegangen. 

Alle  Anzeichen  sprechen  dafllr^  dass  im  mittleren  Deutschland 
der  südliche  Abfall  des  Taunus  mit  am  frühesten  bewohnt  wurde; 
wir  finden  aber  in  anderen  benachbarten  Gegenden  die  Art  und 
Weise  der  Ansiedlungen  dtirchaus  übereiiistimmend  mit  denen  des 
Taunus.  Auch  im  Odenwalde  sind  es  -wol  die  ältesten  WohnplätzC; 
welche  amFusse  des  Höhenzuges^  da  wo  die  klaren  Bäche  aus  dem- 
selben hervortreten;  sich  an  diese  anschmiegen:  Aisbach;  Bickenbach, 
Auerbach;  Lautenbach;  Hemsbach;  Sulzbach  und  weiterhin  Bohrbach; 
im  Innern  des  Odenwaldes  Erbach;  Eisbach;  Ellenbach;  Erlenbach; 
Crumbach;  Brombach;  Wallbach;  Lützelbach;  Assbach;  Keinsbach. 
Ebenso  liegen  an  der  Haart;  auf  der  linken  Seite  des  Bheins: 
Müsbach;  Hambach;  Eschbach  u.  a.;  übereinstimmend  hiermit  mögen 
auch   die   Verhältnisse  des  Spessharts  bezeichnet  werden;   auf  der 


10  Urkunde  auf  Pergament  mit  2  Siegeln  von  Wachs,  Mglb.  E  42.  Nr.  2. 
„Wir  Karl  von  Gottes  Gnaden  Römischer  Kaiser  zu  allen  Zyten  merer  des 
Rychs  und  Königzu  Beheym,  bekennen  nnd  tun  kant  offenlich  mit  dieasem  brieffe 
allen  den  die  yne  sebent  oder  hören  lesen,  wenn  wir  dem  Dorffe  zu  Nydem 
Erlenbach  by  nnß  and  des  Rycbes  stadt  zu  frankenfart  uft  dem  Meyne  ge- 
legen, Do  Inne  grosser  gebrest  gewest  ist  und  noch  ist,  das  nicht  Scbaltheiasen 
und  Scheffen,  do  bißher  gewest  sin,  Des  haben  wir  mit  wole  bedachtem  mute 
rechter  wissen  und  snnderlichen  Gnaden,  den  Bargermeistern  denScheffen  und 
Rate  der  egenanten  Stadt  zu  franckenfart ,  unser  and  des  Rychs  lieben  ge- 
trawen,  die  gnade  getan,  and  tan  mit  crafft  diess  briefXs,  das  sie  forter  mer 
Schultheissen  und  Scheffen  doselbs  za  Nydem  Erlebaeh  setzen  sullen  und  mö- 
gen als  dicke  des  noit  ist,  uff  das  Jdermanne  geriohts  recht  do  widderfare  und 
das  die  egenanten  von  Franckenfart  In  dem  vorgenanten  Dorffe  und  gericbte, 
tan  and  lassen,  brechen  and  hassen  mögen  und  sullen  zu  allem  Jren  nutze  und 
dinste  wer  sie  daran  hindere  oder  widerspreche  Jn  Dheinenweiss  der  ist  ver- 
fallen mit  funffzig  marg  lediges  goldes.  Das  halb  Jn  unß  und  Des  Rychs  Gam- 
mer, und  das  andere  teile  der  egeinanten  Stadt  zu  franckenfart  werden  und 
gefallen  sal  (mit  Urkunde  dlß  brleffo  versiegelt  mit  unser  Kaiserlichem  maiestadt 
Jngesiegele,  geben  za  Franckenfart  uff  dem  Meyne  nach  Christas  gebarte 
Drytzehenhundert  Jare  darnach  in  dem  sechs  und  siebentzigsten  Jare  an  sant 
Johannes  Dage  des  H.  Teaffers  etc. 

^1  Dies  Holzhausen,  wol  jünger  als  das  benachbarte  Ober-Erlenbach ,  ist 
eine  der  wenigen  Ortschaft^, , welche  an  der  uralten  Mainzerstrasse  nach  Butz- 
bach (Weinstrasse)  gelegen  sind.  Diese  überschreitet  hier  die  Erlenbach,  windet 
sich  an  dem  östlichen  Ufer  hinan,  und  zieht  bei  der  Kirche  nordwärts.  Die 
Wohnstätten  sind  vielleicht  jünger  als  die  Strasse. 


—    213     - 

Höhe  die  alten  Ortschaften  (des  dunklen  Spessharts)  nach  d^r 
Quelle  benannt;  wie  Bohrbrunn  und  Rossbrunn;  weiter  abwärts  nach 
der  Bach  bezeichnet:  Frammersbach,  Krausenbach^  Bessenbach, 
Gailbach;  Morsbach^  Fechenbach  und  BöUbach.  Unterhalb  Soden 
liegt  auch  dort  ein  Sulzbach;  und  AschafF  erinnert  an  Walluff 
(Waldau).  Die  Aschaff  (Aschen-  oder  Eschen-awe)  gab  wieder  ver- 
schiedenen Ansiedlungen  einen  Nameu;  wie  Waldaschaff,  Mainaschafi 
und  -  wol  viel  später  —  auch  Aschafienburg;  ebenso  findet  sich 
auch  ein  Ober-,  Mittel-  und  Nieder-,  wie  bei  Gersprenz,  bei  Ostern, 
bei  Keinsbacb  und  bei  Einzig  ^^. 

Der  Verkehr  der -Anwohner  der  Höhen  war  in  jenen  alten  Zei- 
ten wol  kein  ganz  unbedeutender,  wir  finden  häufig  die  Ortsnamen 
hier  und  dort  ganz  gleichlautend:  so  ein  Heuchelsheimerfeld  bei 
Homburg,  ein  Heuchelheim  bei  Echzell,  ein  anderes  bei  Hadamar, 
noch  eins  bei  Worms  und  eins  bei  Giessen,  ein  Höchelheim  bei 
Gross-Linden  und  bei  Nassau;  um  den  Taunus  her  li^en  vier  oder 
fUnf  Holzhausen,  ein  Eschbach  liegt  bei  Homburg  und  bei  Nastädten, 
ein  Aschbach  im  Odenwald,  ein  Kalten -Eschbach  bei  Usingen,  ein 
Schwalbach  bei  Cronberg,  und  Langen-Schwalbach  auf  der  Nordseite 
des  Taunus;  ein  Steten  bei  Ober-Ursel,  ein  zweites  bei  Runkel. 
Auch  in  der  Bezeichnung  der  Bäche  selbst  fallt  diese  Wiederholung 
auf,  wie  der  Name  Grifkel,  mit  den  Ortschaften  Cröftel,  Okriftel  am 
Maine,  und  ähnlich  Cröftelbach,  CraftrSolms  an  der  Solms^  welche 
bei  Braunfels  vorUberfliesst.  Auch  fllr  den  Odenwald  liessen  solche 
Zusammenstellungen  leicht  sich  auffinden,  z.  B.  in  den  verschiedenen 
Erlenbach  und  Laudenbach  oder  Lauterbach. 

Wenn  wir  diese  Art  und  Weise  der  ersten  Ansiedlungen  berück- 
sichtigen, können  wir  die  ältesten  Verkehrsstrassen  unserer  Gegend 
nicht  in  der  süd-nördlichen  Bichtung  aufsuchen.  Weniger  der  Main, 
als  wol  die  Sümpfe  des  Maines  unterbrachen  diese  Richtung;  die 
Taunusbewohner  verkehrten  über  die  Höhe  und  entlang  derselben 
von  einer  Ansiedlung  zur  andern ;  sie  gelangten  so  nach  Wiesbaden 


i>  fiigenthümlich  ist  die  Beneniraiig  von  Amorbacb,  wie  die  Sage  geht 
nach  dem  Heiligen  Amor  benannt.  Die  Kapelle  dieses  Heiligen  liegt  aber 
nicht  im  Hauptthal,  sondern  in  einem  kleinen  Seiten thälchen,  über  einer  uralten, 
als  heilig  bezeichneten  Quelle.  Manches  lässt  darauf  schliessen,  dass  der  Heilige 
selbst  nach  dem  Thal  benannt  worden,  in  welchem  er  vorzugsweise  wirkte. 
Wir  finden  in  anderen  C^ermanischen  Landestheilen  mehrfach  den  Namen  Ammer, 
•o  im  Elsass  Ammerschwier  und  der  Ammergau  inBaiem,  auch  ein  Wüst- Amor- 
baeh  bei  ümstadt.  Im  J.  714  soll  die  Gapelle  von  dem  h.Pirminiu9  gegründet, 
die  Abtei  Amorbaoh  erst  i.  J.  784  gebaat  worden  sein.  Vergl.  über  die  Quelle : 
Decker,  die  Quellen  im  Odenwald,  Arohiv  fttr  hess.  Gesch.  VIL  S.  186. 


—     21»     - 

und  Mainz  ^  von  dort  nach  der  Haart;  ostwärts  nach  dem  Spees- 
hart;  von  diesem  nach  dem  Odenwald.  Wahrscheinlich  war  b^ 
Mainz  ^*,  wo  die  Hügel  am  meisten  nach  dem  Rheine  vortraten ,  die 
älteste  Ueberfahrt  über  diesen  Theil  des  Flusses.  Oberhalb  und  un- 
terhalb wehrten  Sümpfe. 

Die  Orte  welche  denUebergang  über  einen  Bach^  einen  Sumpf^ 
einen  Fluss  anzeigen,  sind  für  die  vorhistorische  Zeit  von  grosser 
Wichtigkeit.  Sie  weisen  auf  die  Wege  und  Verkehrsstrassen  hin, 
deren  die  damals  Lebenden  sich  bedienten.  Bei  kleineren  FlüBsen 
zogen  die  Wege  nach  Brücken,  bei  breiteren  nach  Furten.  Brugg 
im  Aargau  verdankt  seine  Entstehung  der  tiefen  und  schmalen  Rinne, 
welche  die  Aar  daselbst  in  die  Felsen' eingeschnitten ;  Baumstämme 
reichten  hinüber  bis  zum  andern  Ufer.  Bei  Osnabrück  treten  die 
Hügel,  welche  das  Thal  derHaase  begrenzen,  enger  zusammen;  hier 
war  es  leichter  den  Sumpf  und  den  Bach  zu  überbrücken. 

Der  Main  mit  seinen  Hochwassern  und  dem  mächtig  drängen- 
den Eisgänge  duldete  keine  kunstlos  errichtete  Holzbrücken,  bei  ihm 
vorzugsweise  finden  wir  die  Furten.  Es  sind  dies  breite,  ruhige 
Stellen  des  Flusses,  bei  welchen  man  bequem  zum  Ufer  des  Flusses 
gelangen,   und  ruhig  und  gefahrlos  über  denselben   fahren  konnte. 

Es  ist  von  Batton  die  Vermuthung  ausgesprochen  worden^  dass 
bei  Frankfurt  eine  seichte  Stelle  des  Maines  gewesen,  an  welcher 
die  Heere  leichter  durch  den  Fluss  geführt  werden  konnten.  Am 
Fahrthore  sei  eine  Furt  für  Nachen  gewesen,  ein  seichterer  Ueber- 
gang  aber  am  Leonhardsthore.  Fichard  bemerkt  dazu^  dass  an  der 
Furt  in  Sachsenhausen  keine  Häuser  gestanden^  desshalb  Sachsen- 
hausen wol  jünger  als  Frankfurt,  nach  der  Herstellung  einer  Brücke 
erbaut  worden.  Auch  Kirchner  -r  Geschichte  der  Stadt  Frankfurt  — 
beschreibt  eine  Furt  als  eine  ,,8eichte  Stelle  des  Flusses^  um  ^schaa- 
renweise*  überzugehen.  Allein  bereits  Dr.  Kriegk  —  im  Archiv  N.  F. 
I.  S.  81  —  bezieht  die  Bezeichnung  .  ,,Furt^  nicht  auf  die  Seicht- 
heit einer  Flussstelle,  sondern  auf  die  Gangbarkeit,  Durchfahrbarkeit 
derselben,  der  Uebergang  über  den  Fluss  habe  daselbst  hergesteUt 
werden  können. 


13  Auch  in  diesem  Namen  finden  wir,  ähnlich  wie  in  den  Ansiedelnngen  an 
den  Bächen  des  Taunus,  den  Flussnamen  wieder,  vielleicht  Hainsiel  oder  Maines 
Ende.  Mainz  erhob  sich  dicht  am  Ufer  des  Rheines,  die  RGmer  bauten  -^  wol 
erst  spater  ~  oben  suf  den  H6hen.  Ans  Mainz  oder  Moins  ist  Moguns  ge- 
bildet worden,  nicht  umgekehrt.    Zu  vergl.  Kriegk  im  Archiv  L  S.  d6. 


-     216     — 

Wir  finden  am  Maine  Terschiedene  Orte  als  Furten  bezeichnet: 
Frankfurt^  Lengfurt;  Ochsenfurt;  Schweinfurt^  Hassfurt.  Die^e  mögen 
zum  Theil  localen  Bedürfimwen  ihre  Entstehung  yerdanken;  da  die 
Hausthiere  in  jenen  Zeiten^  fast  noch  mehr  wie  heut  zu  Tag  auf  den 
Alpen ;  eine  der  wichtigsten  Bedingungen  des  menschlichen  Lebens 
waren,  ist  es  ganz  natürlich ,  dass  eine  Beihe  von  Ortsnamen  auf 
dieselben  hinweisst,  wie  Schwanheim  (sonst  Bchweinheim),  Säulberg; 
Oekstadt;  Stierstadt  Andere  der  genannten  Furten  haben  aber  -dem 
Strassenverkehr  gedient,  wie  Lengfurt  und.  vielleicht  auch  Trennfurt. 
Das  letztere  liegt  an  einer  sanften  Abdachung  des  Odenwaldes,  in 
unseren  Tagen  mehrere  Minuten  vom  Main  entfernt;  es  ist  nicht 
einmal  mehr  eine  regelmässige  Ueberfahrt  daselbst  Diese  befindet 
sich  weiter  abwärts,  bei  Klingenberg.  Früher  mag  es  anders  gewesen 
sein,  denn  der  reissende  Strom  bei  Klingenberg  war  gewiss  kein  Platz 
zu  einer  alten  Furt  Als  die  Stadt  sich  hob,  zog  sie  die  Fürt 
an  sich. 

Oede  war  das  Land  zwischen  dem  Bhein  und  dem  Bomheimer 
Berg,  wahrscheinlich  hat  in  jenen  alten  Tagen  die  spätere  Dreieich 
einen  Uebergang  über  den  Main  nicht  geboten.  Es  fehlten  die  Ort- 
schaften eben  so  wol,  wie  die  Verbindtmgswege.  Erst  musste  das 
Niddathal  angebaut  werden,  gleichzeitig  vielleicht  das  Kinzigthal  und 
der  mittlere  Mainlauf,  viel  später  stieg  dann  der  Pflug  auch-  in  das 
untere  Mainthal  herab  ^\ 

Wir  besitzen  aus  jenen  Zeiten  noch  Denkmäler,  welche  uns 
nicht  unwesentlichen  Nachweis  bieten.  Es  sind  dies  die  Ringwälle, 
deren  bereits  in  dem  firüheren  Aufsätze  „die  hohe  Mark  im  Taunus^' 
gedacht  worden  ist  Der  Gestalt  und  Anlage  nach  zu  urtheileh,  so 
sind  die  Bingwälle  des  Taunus,  insbesondere  die  des  Altkönigs  und 
die  Altenhöfe  wol  die  ältesten.  Offenbar  war  es  die  l^atur  selbst, 
welche  die  Anwohner  der  Höhe  auf  den  Gedanken  brachte,  in  dieser 
Weise  sich  eine  Zufluchtsstätte  zu  schaffen,  bei  feindlichen  Einfällen 
das  Nothwendigste  bergen  zu  können.  Li  der  geraden  Richtung  vom 
Altkönig  nach  dem  Hirtzberg  li^  eine  ganze  Reihe  von  Berggipfeln 
auf  denen  zusammengebrochene  Felsmassen  den  Anblick  von  Ring- 
wällen darbieten:  die  weisse  Mauer,  der  Lindenberg,  der  ßleibes- 
köpf  und  der  Marmorstein.  Diese  Felstrümmer  und  Rossein  sind  zum 
Theil  wirklich  als  Ringwälle   bezeichnet  und  aufgeführt  worden  ^^, 


1^  Verg^.  Kriegk,  Frankf.  Bflrgerzwlste,  3.  236  ff. 

»  So  z.  B.  in  der  sohönen  Arbeit  Aber  Rln^älle  von  Dr.  Knapp,  (Archiv 
f.  hess.  OescL  IL),  bei  welober  nur  va  bedauern  ist,  daas  der  Autor  aUznviel 


—     2i6     — 

doch  ist  nur  der  Altkönig  mit  wenigen  andern  aasgewähh^  ein  Bing- 
wall  hergestellt  und  vollendet  worden.  Bei  den  ttbrigen  fehlt  der 
ZuBammenhang  des  Schutzwalls  ebensowol,  wie  die  Beziehung  su 
den  daran  hin^  oder  hineinführenden  Wegen. 

Grosse  Uebereinstimmung  mit  den  Felsmassen  des  Taunus  bieten 
die  Porphyrf eisen  des  Schwarzwaldes  bei  Baden-Baden.  Dieser  Punct 
war,  wie  Wiesbaden  und  Soden  am  Taunus ,  wol  lange  vor  dem 
Eindringen  der  Körner  bekannt  und  bewohnt  Der  Berggipfel  des 
heutigen  Schlossbergs ,  der  Batter,  hätte  nur  geringer  Nachhülfe 
bedurft  y  um  zu  einem  gewaltigen  Schutz  walle  umgewandelt  zu  wer> 
den.  Die  wenigen  wallähnlichen  Spuren  über  den  „Kaaseln^^  des 
nordwestlichen  Abhangs ,  schmal  und  ohne  Zusammenhang,  lassen 
aber  nicht  auf  menschliche  Thätigkeit  schliessen. 

Ganz  anders  finden  wir  es  im  Spesshart,  im  Odenwald  und  an 
der  Haart,  wo  das  Gestein  zwar  weniger  in  Bosseln  und  in  Fels- 
massen zusammenbricht,  wo  aber,  wie  im  Einzigthal  in  der  Gegend 
von  Orb,  dann  bei  Klingenberg,  bei  Miltenberg  am  Main  und  bei 
Dürkheim  a.  d.  Uaart  die  Ringwälle  uns  andeuten,  welche  in  alten 
Zeiten  die  bewohntesten  Stellen  des  Landes,  und  wo  die  Verkehrs- 
wege gewesen.  Bei  allen  diesen  letzteren  Bingwällen,  ebenso  wie  auf 
dem  Goldgrubenberg  im  Taunus,  hat  weniger  die  Natur  dem  Men- 
schen geholfen,  mehr  die  Kunst.  Sie  scheinen  aus  den  Bömerzeiten 
oder  aus  den  darauf  folgenden  zu  stammen.  Der  ganze  Gipfel  eines 
Berges  ist  umschlossen,  ein  Baum  gross  genug,  nicht  nur  die  ganze 
Bevölkerung  einer  oder  mehrerer  Ortschaften  aufzunehmen,  sondern 
auch  dem  Vieh  derselben  für  eine  Zeitlang  Weide  zu  bieten  Eine 
Quelle  habe  ich  nirgends  in  solchen  Ringwällen  gefunden  ^^,  die 
liegen  weiter  unten  im  Walde,  der  ja  mit  zur  Vertheidigung  vw- 
wendet  wurde.  Den  Ringwall  selbst,  bei  einer  längeren  Belagerung, 
zu  vertheidigen,  wird  bei  den  meisten  unmöglich  gewesen  sein,  da 
der  Wall  auf  dem  Schlossberg  bei  BtLrgstadt  z.  B.  über  eine  halbe 
Stunde  im  Umfange  hat 


auf  fremde  Augen  sich  verlassen.  Aach  G.  Sobadt,  Homburg  v.  d.  H.  and  seine 
Umgebang,  1854,  spricbt  von  der  Heidenmaaer  auf  dem  Lindenberge,  von  dem 
Ringwall  auf  dem  Bleibeskopf. 

16  Eine  Vertiefang  auf  der  westlichen  Seite  der  Altenborg  bei  Cassel  an 
der  Bieber  soll  zuweilen  Wasser  enthalten ;  ich  habe  darin  keins  vorgefanden. 
Von  Hadamar  wird  berichtet ,  dass  sich  in  dem  Ringwall  der  Dombarg  ein 
Wasser  stets  mit  einer  Tiefe  von  IV2  Foss  erhalten  solle.  Aach  vom  Altkönig 
hat  man  Derartiges  HUschlich  behaupten  wollen.  Das  wäre  aber  oooh  keine 
Quelle. 


—     217     — 


Alle  diese  Bingw&lle  sind  bo  ziemlich  nach  demselben  Sjstem 
angelegt;  sie  umfaesen  den  Gipfel  bis  zum  steileren  Abfalle  hin;  auf 
der  Seite;  wo  der  Gipfel  eben  sich  ausdehnt ^  ist  das  Werk  durch 
höheren  Wall  und  durch  Graben  verstärkt  Daselbst  ist  gewöhnlich 
der  Eingang.  Auf  dem  Kreinberg^  oberhalb  Miltenbergs  ist  derselbe 
ziemlich  gut  erhalten,  er  führt  über  grosse  Steinplatten,  auf  welchen 
Wagengeleise  tiefe  Furchen  eingeschnitten  haben.  Wahrscheinlich 
mit  Bäumen  wurde  er  verrammelt;  von  einem  Thore  findet  sich 
keinerlei  Spur.  Der  innere  Wall,  wenn  ein  solcher  vorhanden,  hat 
gewöhnlich  g^r  keinen  Eingang.  Diese  Sandsteinwälle  scheinen 
nicht  mit  Holzwerk  verbunden  gewesen  zu  sein.  Sie  sind  viel  steiler 
als  die  flach  zusammengebrochenen  älteren  Taunuswerke;  zunächst 
des  Eingangs  auf  dem  Kreinberg  ist  der  obere  Theil  des  Walles 
kaum  zwei  Schritte  breit  Eben  so  ist  es  auf  der  „Schanze^^  bei 
Klmgenbeig,  wol  einem  der  jüngsten  aber  auch  der  kleinsten  Stein- 
walte.  Der  Weg  dahin  führt  anfangs  auf  der  Nordseite  des  Berges 
aufwärts,  wendet  sich  um  die  östliche  Seite,  zieht  an  der  tiefen 
Schlucht  hin,  und  biegt  von  Süden  her  gegen  den  Steinwall.  Hier 
auf  der  Eingangsseite  sind  drei  Wälle  mit  Gräben,  einer  dicht  hinter 
dem  andern;  von  dem  obersten  aus  kann  man  über  alle  drei  hinsehen, 
s.  Fig.  1  und  2 


Ott 


|9  CiMMe  Steinbflciif en  etwa 

4S«  Schritte 
vnndfiEScihaiiae 


// 


w«« 


CO 

CS 
0< 


Abhang  gegen  den  Main. 


Klingenberg,  Dorcbschnitt  der  Wälle,  westtlich  vom  Eingang. 


—    218    — 

■ 

Die  SteinwIÜle  der  Heidenmauer  bei  Dttrkheim  gleichen  sehr 
denen  auf  dem  Goldgrubenberg  des  Taunus;  sie  sind  fast  durch- 
gängig von  grosser  Mächtigkeit,  besonders  auf  der  flacheren  Nord- 
und  Nordwestseite,  mehr  znsammeng^unken  als  die  Wälle  von 
Kfingenberg  oder  von  Cassel  an  der  Bieber.  Sie  fallen  noch  steil  ab 
nach  Aussen,  yerflachen  nach  Innen;  etwa  in  der  Mitte  sind  sie  ver- 
tieft, als  wenn  auch  hier  ein  doppelter  Steinwall  die  Zufluchtsstätte 
umgeben  hätte,  s.  Fig.  3. 

Fig.3. 


Durohschnitt  des  Ringwalls  bei  Dürkheim. 

Wir  sind  genöthigt  für  Zeiträume,  die  wir  noch  jetzt  die  Urzeit 
nennen.  Gewicht  auf  alle  diese  an  und  fär  sich  unbedeutenden  That- 
Sachen  zu  l^en,  weil  es  eben  Bsist  die  einzigen  Ueberreste  mensch- 
licher Thätigkeit  sind,  die  unmittelbar  aus  jener  entlegenen  Zeit  zu 
uns  reden.  Sie  verstärken  die  Wahrscheinlichkeit,  dass  in  jenen 
Zeiten  schon  eine  Stammesverwandtschaft;  der  Bewohner  am  Mittel- 
rhein und  Main,  und  eine  enge  Verbindung  bestanden;  weiter  dass 
gerade  die  bezeichneten  G^enden  nicht  nur  die  bevölkertsten  ge- 
wesen, sondern  auch  den  feindlichen  Heereszügen  am  meisten  aus- 
gesetzt. Von  einer  Bestimmung  zur  Gottesverehrung  kann  —  bri 
diesen  jüngeren  Bingwällen  wenigstens  —  nicht  die  Bede  sein^';  ab- 
gesehen von  der  Bauweise ,  so  fühlt  heut  zu*  Tag  kaum  einer  der 
Nachkommen  je  das  Bedürfniss  auf  die  Höhe  hinaufzusteigen,  es  sei 
denn,  dass  das  Geschäft  oder  der  Holzbedarf  ihn  dahin  rufe. 

Einen  wichtigen  Abschnitt  in  der  Geschichte  unseres  Landes 
bildet  das  Eindringen  und  die  Herrschaft  der  Römer.  Das  ganze 
Leben  des  Volkes  erhielt  dadurch  einen  weiteren  Gesichtskreis  und 
eine  wesentliche  Umgestaltung,  wenn  auch  die  Verhältnisse  und  die 
Bedürfnisse,  welche  die  ersten  Ansiedlungen  hervorgerufen  und  be- 
günstigt hatten,  grösstentheils  bestehen  blieben,  später  wieder  in  den 
Vordergrund  traten.    Die  Bömer,  wie  jetzt  die  Engländer  in  Indien, 


<'  In  einem,  aus  meiner  Feder  stammenden,  ganz  oder  theUweise  in  vm- 
sohiedene  Zeitschriften  übergegangenen  Aufsätze :  „Uhland  auf  den  Ringwällen 
des  AltkOnigs"  ist  die  Ansicht  ühland's  mitgetheilt:  es  seien  die  Steinringe 
uralte  ümwallangen  eines  heiligen  Hains,  weil  in  denselben  eine  Quelle  nicht 
vorhanden.  Dieser  Ansicht  vermag  man  bei  genauer  Darohforschnng  einer 
grösseren  Anzahl  von  Ringwällen  kaum  noch  zuzustimmen. 


-     219     - 

die  RuBsen  am  Gaucaaus^  die  Franzosen  in  Äfrica,  suchten  ihre 
Herrschaft  zu  erweitem ^  nicht  um  äie  Völker  zu  beglücken,  sie  mit 
den  Segnungen  der  Cultur  bekannt  zu  machen,  nicht  um  Sümpfe 
auszutrocknen;  das  Land  dem  Pfluge  zu  gewinnen,  sondern  um  die 
gewonnenen  Länder  zu  nutzen^®.  Sie  haben  die  besten  und  cultiyir- 
testen  Länder  am  liebsten  genommen  und  am  hartnäckigsten  verthei- 
tigt;  den  Pfahlgraben  haben  sie  weithin  um  die  Wetteraü  gezogen. 
Es  ist  daher  die  Thatsacbe  nicht  unwichtig,  dass  die  Bömer  ihre 
Hauptniederlassung  in  unserer  Gegend  unmittelbar  auf  einer  Anhöhe 
an  der  Nidda  gegründet  haben.  Dies  mit  Anderem  beweist  uns,  dass 
das  Niddathal '  bei  dem  Eindringen  der  Bömer  bereits  angebaut  und 
bewohnt  gewesen.  Die  Bömerstrasse  von  Mainz  führte  in  gerader 
Linie  nach  Praunheim,  durch  diesen  Ort  dann  hinauf  nach  dem 
vicus  noTHS.  Der  Aufenthalt  der  Bömer  in  hiesiger  Oegend  dauerte 
aber  durch  mehrere  Jahrhunderte,  und  während  so  l&nger  Zeit  mag 
Manches  eine  Umänderung  erlitten  haben,  manche  Strecke  der 
Cultur  gewonnen  worden  sein. 

Es  ist  nicht  so  leicht,  die  Strassen  der  Bömer  von  den  Wegen 
der  Landesbewohner  überall  zu  scheiden.  Die  Bömer  mögen  diese 
Wege  wol  überall  benutzt  haben,  wo  sie  für  ihre  Zwecke  genügten. 
Stets  hatten  sie  das  eine  Ziel  —  die  Festigung  ihrer  Herrschaft. 
Die  Bömerstrassen  führen  alle  nach  den  Anlagen,  welche  zur  Unter- 
drückung des  Landes  erbaut  waren:  die  Strassen  der  Einwohner 
aber  führen  Ton  Dorf  zu  Dorf,  auf  das  Feld,  in  den  Wald,  nach 
ihren  Zufluchtsstätten.  Die  Bömerstrassen  gleichen  in  der  Anlage 
unseren  Eisenbahnen;  nicht  für  den  Augenblick  gefunden  und  nur 
allmälig  vervollkommnet,  sondern  für  Jahrhunderte  angelegt  Mit  der 
Herrschaft  der  Bömer  hört  auch  die  Bedeutung  der  Bömerstrassen 
auf,  sie  sind  vergessen,  von  Wald  überdeckt,  vom  Pfluge  zerrissen, 
der  Steinunterlage  beraubt,  kaum  noch  vom  Vieh  betreten.  In  unserer 
Gegend  finden  wir  ihre  Strassen  vom  Bheine  nach  dem  vicus  novus 
führen,  der  Hauptbefestigung;  von  da  nach  denCastellen  des  Taunus 
—  den  Zwingburgen  —  und  weiter  nach  Norden;  ostwärts  nach 
Bonames  und  der  Wetteraü,  nach  Bergen  und  Aschafienburg. 

Die  Strassen  der  Landesbewohner  waren  nicht  nur  naturwüchs- 
iger, sondern  auch  schmäler  als  die  Bömerstrassen;  dies  besonders 
in  den  Bergen,  weniger  vielleicht  in  sandigem* Flachlände.  Die  Bö- 
mer —  wie  auch  die  Bussen  im  Gaucasus  —  hatten  besonderes  Li- 


IS  Anderer  ADticfat  ist  Hofrath  Steiner. 


-     220     — 

teresBe,  die  undurchdringlichen  Waldungen,  die  Zuflucht  der  Landes- 
bewohner,  durch  breite  Strassen  zu  öffnen ,  zugänglich  zu  machen. 
Wie  auf  der  Nordsoite  des  Altkönigs  ein  Römischer  „Pflasterweg' 
nach  dem  Feldbergcastelle  zieht,  so  wurde  ein  anderer  als  „Pflaater- 
weg"  mir  genannt  auf  dem  südlichen  Fuss,  etwa  in  der  Bichtung  vom 
Eichelberg  nach  dem  oberen  Ende  der  Falkensteiner  Wiesen,  also 
ebenfalls  nach  dem  Feldbergcastell  zu.  Dieser  ist  kein  ursprünglicher 
Waldweg;  sondern  schnurgerade  angelegt,  gleichmässig  12  Schritte 
breit  und  auf  beiden  Seiten  von  einem  Mäuerchen  eingefasst  Der 
Bömerweg  weiter  unten  beim  Stationshause  von  Weisskirchen  war 
16  Schuh  breit,  aufs  Begelmässigste  und  Sorgfidtigste  gebaut,  mit 
Steinplatten  unterlegt,  zur  Seite  mit  Pfaden  für  Fussgänger  und 
mit  Gräbchen  versehen. 

Man  hat  darauf  hingewiesen,  dass  der  Marsch  der  Bömer  vor- 
zugsweise auf  den  Wasserscheiden,  den  Höhenrücken  stattgefunden, 
zugleich  aber  mit  Grund  die  Frage  aufgeworfen,  ob  die  Biömer  diese 
Hochstrassen  und  Bennwege  erst  eröffnet  haben?  *^  Diese  Bevor- 
zugung der  Höhen  war  keine  Besonderheit  der  Bömer,  sie  lag  in 
den  Verhältnissen,  in  dem  damaligen  Zustande  des  Landes.  Es  lässt 
sich  im  Ganzen  annehmen,  dass  die  ausgedehnteren  Verkehrswege 
verhältnissmässig  älter  sind,  je  höher  sie  auf  den  Gebirgen  hinführen. 
Die  Schwierigkeiten,  welche  dort  zu  überwinden,  waren  geringer, 
als  diejenigen,  welche  in  jenen  alten  Zeiten  die  Ebenen  boten.  Je 
mehr  die  Sümpfe  schwanden,  desto  mehr  zogen  sich  die  Wege  von 
den  Bergen  herab  in's  Thal  Der  Bennpfad  auf  dem  Taunus  zieht 
nicht  gleichmässig  mit  dem  Pfahlgraben,  er  war  gewiss  schon  vor- 
handen als  die  Bömer  den  letzteren  anlegten.  Er  zieht  am  südlichen 
Abhänge  des  Feldberges  hin,  der  Pfahlgraben  nördlich.  In  der  Nähe 
des  Mückenboms,  jenseits  der  Höhe,  zieht  eine  „hohe  Strasse'^  nord- 
wärts, die  weder  mit  dem  Pfahlgraben,  noch  mit  einem  der  daran 
liegenden  Gastelle  in  Verbindung  steht.  Dies  ist  sonst  bei  Bömer- 
strassen  im  oestlichen  Taunus  der  Fall,  entweder  ziehen  sie  nach 
dem  Feldbergcastell  oder  nach  der  Saalburg.  Der  Bennpfad  auf  dem 
Taunus  hat  nur  die  für  einen  einzigen  Wagen  erforderliche  Breite. 
Viel  breiter  ist  die  alte  Strasse  auf  dem  Hunärück  und  die  auf  dem 
Thüringerwalde.  Aber  die  Verbindung  zwischen  Coblenz  und  Mainz 
auf  der  Höhe  hat  sich«  mehr  und  mehr  grossartig  gesteigert,  während 


19  Vergl.  Untersnchang  über  die  Kriegführung  der  Römer  gegen  die  Deut- 
schen von  K.  F.  in  Ztschr.  d.  V.  z.  £•  d.  Rhein.    Geschichte,  11.  8  Hft.  1863. 


-     22i     - 

die  Strasse  vom  Bheine  nach  der  Wetterau  schon  zu  der  Bömer 
Zeiten  — ^  wenn  nicht  schon  früher  —  in  die  Ebene  herabverlegt 
war^  nnd  am  Fusse  der  Berge  hinzog. 

Vom  vicus  novus  nach  dem  Maintiiale  herüber  scheint  keine 
directe  Römerstrasse  angelegt  worden  zu  sein.  Es  zog  vom  Nidda- 
Übergang  bei  Heddemheim  der  Weg  hinauf  nach  Eschersheim  und 
weiter  nach  Berkersheim;  Bergen  und  Vilbel  ^^  nicht  aber  nach  der 
Frankenfurt  In  dieser  letzteren  Richtung  entstand  vom  Niddaübergang 
aus  ein  Fusspfad^  er  gehörte  zuletzt  zu  den  verbotenen  Wegen  und 
ist  jetzt  von  der  Eisenbahn  ganz  beseitigt.  Es  sprechen  wol  That- 
Sachen  daf&r^  dass  die  Römer  die  Frankenfurt  kannten^  selbst  Strassen 
dahin  benutzten  oder  bauten ;  aber  mehr  noch  deuten  darauf  hiu; 
dass  diese  Furt  damals  noch  keine  Wichtigkeit  hatte.  Bis  auf  den 
heutigen  Tag  heisst  der  kleine  Main  oberhalb  der  Sachsenhäuser 
Brücke  der  „bahles^  oder  pales'^.  Dies  würde  nicht  schwer  auf  das 
palus  der  Römer ^  Sumpf  ^  zurückzuführen  sein,  also  auf  dasjenige, 
was  in  damaliger  Zeit  wirklich  sich  an  der  fraglichen  Stelle  befun- 
den haben  mag.  Zu  beachten  bleibt  auch,  dass  man  vor  einigen 
Jahrzehnten  in  der  Fahrgasse  beim  Graben  eines  Canals,  etwa 
16  Fuss  tief,  auf  ein  altes  Pflaster  stiess.  Leider  ist  dasselbe  nicht 
sorgftltig  untersucht  worden;  Hufeisen  fand  man  dabei,  grosse  und 
kleine,  solche  von  denen  man  vermuthet,  dass  Esel  oder  Mauldiiere 
sie  getragen.  „Eselspfade^^  bringt  man  vielfach  in  Zusammenstellung 
mit  den  Römern,  so  den  Eselspfad  von  Miltenberg  nach  der  Einzig 
über  den  Spesshart,  einen  andern  von  Eschersheim  nach  Vilbel. 

Weit  wichtiger  sind  die  Thatsachen  welche  daf^  sprechen, 
dass  zur  Römerzeit  die  Frankenfurt  noch  ohne  Bedeutung  gewesen. 
Sie  beziehen  sich  theils  auf  die  damalige  Verkehrsrichtung  in  dem  Main- 
lande, theils  auf  den  gewerblichen  Betrieb  in  den  Römemiederlassungen. 

Die  wichtigste  Strasse  welche  vor  und  zu  der  Römer  Zeiten  von 
Süden  nach  Norden  zog,  führte  nicht  wie  jetzt  am  Odenwalde  hin, 
durch  die  Rheinebene,  sondern  auf  dem  Gebirgsrücken.  Die  Befest- 
igungen,  welche   zur  Seite  der  Strasse,  von  Schlossau  nach  Obem- 


20  Vergl.  u  a.  deu  Aufdatz  von  Schmidt,  Annal.  des  Nasssner  Vereins, 
6  Bd.  1  Hft.,  über  d.  Pfsigraben. 

21  Nach  genauerer  Ennittelang  oberhalb  der  zwei  Brückenbogen  anf  der 
Sacbsenfaänser  Seite.  Dort  badeten  bis  zu  Anfang  dieses  Jahrhunderts  die 
Juden.  Bei  EisgSngen  hört  man  noeh  den  Ausruf:  ,,Wo88  dar  bales  woilt*' 
iwUhlt).  Ganz  ähnlich  heisst  noch  heute  ein  Weidicht  stldlich  von  Offenbacb : 
im  Salig»  der  Weg  dabei:  der  Saligweg. 


—     S22     - 

I 

borg  aufgefunden  worden  sind,  zeigen  uns  welch  grosses  Gewicht 
die  Bömer  auf  den  ungestörten  Besitz  dieser  Strasse  legten.  Castelle 
reichten  sich  von  Station  zu  Station  die  Hand  ^,  und  sie  waren,  wie 
aus  den  unternommenen  Ausgrabungen,  kürzlich  noch  bei  Schlossau, 
zu  ersehen  ist,  nicht  viel  schwächer  als  die  Saalburg  am  Pfahlgraben 
des  Taunus.  Sie  waren  aber  nur  zum  Schutze  der  Strasse  bestimmt, 
denn  die  Eeichsgränze,  der  befestigte  Pfahlgraben  lief  in  fast  gleicher 
Bichtung  mehrere  Stunden  '  weiter  dstKch  bei  Freudenberg  von  Sü- 
den über  den  Spesshart  nordwärts.  Diese  Hauptstrasse  stieg  bei 
Obemburg  von  den  Bergen  nach  dem  Mainthale  herab ;  führte  weiter 
nach  Aschaffenburg,  wo  sie  mit  der  von  Mainz  auf  dem  rechten 
Mainufer  ziehenden  Strasse  zusammentraf.  Wol  legen  die  vielen 
Bömischen  Gegenstände,  welche  z.  B.  in  Stockstadt,  in  Diepurg  und 
in  Seligenstadt  gefunden  worden  sind,  Zeugniss  dafür  ab,  dass  auch 
im  Mainthal  Wohnsitze  der  Bömer  gestanden  oder  entstanden,  aber 
gerade  an  derFrankenfiirt  sind  solche  Gegenstände  nicht,  oder  doch 
so  äusserst  spärlich  aufgefunden  worden,  dass  auf  eifie  langjährige 
Benutzung  derselben  durch  die  Bömer  nicht  zu  schliessen  isl  Diese 
Meister  der  Ejriegskunst  würden  eine  wichtige  Furt  nicht  ohne  Be- 
festigung, etwa  auf  der  Höhe  der  damaligen  Maininsel  —  jetzt  auf 
dem  Markt  —  gelassen  haben,  und  solche  könnte  nicht  spurlos  ver- 
schwunden sein. 

Wenn  wir  von  dem  Maine  nach  dem  Thale  der  Nidda  uns  hin- 
über wenden,  so  sind  daselbst  zuerst  wieder  die  Uebergangsstellen 
in's  Auge  zu  fassen.  An  der  Nidda  gab  es  drei  Stellen,  die  wol  in 
sehr  alter  Zeit  schon  als  Uebergangspunkte  benutzt  worden  sind: 
Bödelheim,Bonamea  und  Vilbel^*  Die  Bömer  kannten  sie,  benutzten 
sie,  schwerlich  aber  sind  die  Ansiedlungen  Bömische.  Nur  Einwohner 
des  X4andes  bauten  in  den  Niederungen,  der  Fluss  diente  ihnen  zum 
Unterhalt  des  Lebens,  die  Ueberfahrt  bot  ihnen  Erwerb.  Die  Bömer 
mieden  stets  die  Tiefe  und  das  Flussthal,  wie  bei  den  Strassen,  so 
bei  der  Anlage  von  Wohnungen.  Ihr  vicus  novus  lag  hoch,  erst  das 
neuere  Heddemheim  ist  unten  an  die  Strasse,  in  die  feuchte  Niede- 


>>  Vergl.  Steiner,  Gesch.  a.  Top.  des  Msingebiets  und  Spessarts.  S.  104. 

^  Auch  Nied  oder  Nidda,  am  Ansfiuss  der  Nidda,  mag  eine  sehr  alte  Nie- 
derlassung der  Eingebomen  sein,  allein  ein  bedeutender  Flussübergang  war, 
der  Sümpfe  des  Mainthaies  wegen,  hier  schwerlich.  Die  Römer  mögen  das 
hochgelegene  Höchst  and  den  Ausgang  des  Niddatbales  bewacht  haben,  allein 
es  führte  keine  abzweigende  Steinstrasse  nach  Höchst,  und  es  führt  noch  heut 
zu  Tag  keine  Strasse  von  Höchst  südwärts  naoh  der  Drei-Eich. 


-     223     - 

nmg  gestellt.  Am  wenigsten,  oder  auch  erst  am  spätesten  benutst 
war  unter  den  genannten  Furten  wol  Bödelheim  (l^edelheim) ;  es 
lag  auf  dem  rechten  Niddaufer,  die  eigenthümliche  Bauweise  manpher 
alten  Häuser  auf  Erderböhungen  lässt  vielleicht  noch  auf  die  frühere 
sumpfige  Beschaffenheit  des  Bodens'  schliessen.  Auch  das  linke  Fluss- 
ufer war  und  ist  noch  sumpfig ;  doch  mag  die  Anlage  des  Mühlcanals 
und  der  Brückenbau  manches  geändert  haben.  Von  der  Römischen 
Mainzer -y  jetzt  Elisabethenstrasse;  scheint  kein  Zweig  nach  diesem 
Uebergang  abgegangen  zu  sein;  aber  von  Bödelheim  zog  oberhalb 
der  Wiesen  hin  nach  den  basaltischen  Höhen  von  Bockenheim  dne 
alte  Strasse ;  sie  hält  weiterhin  ostwärts  fast  die  Wasserscheide  ein, 
theilt  sich  am  Heiligenstock  nach  Vilbel  und  nach  Beiden.  Von  Bö- 
delheim  nach  der  Frankenfdrt  Alhrte  und  führt  bis  auf  den  heutigen 
Tag  nur  ein  Fusspfad. 

Weit  mehr  als  Bödelheim,  scheint  Bonames  von  den  Bömem 
benutzt  worden  zu  sein;  hier  ist  selbst  der  Name  durchaus  verschie- 
den von  allen  andern  Täunusortschaften ;  nur  etwa  Vilbel  hat  einen 
gleich  fremdartigen  Anklang.  ^  £ine  Bömerstrasse  führt  nördlich  von 
Bonames  nach  der  Wetterau;  eine  zweite  führt  von  Westen  herein^ 
oder  wenigstens  nach  der  nördlichen  Mauer  hin.  Der  Platz  einer 
Römischen  Befestigung  war  wol  oben  auf  dem  Saalhof,  die  Burg  in 
der  sumpfigen  Tiefe  war  nicht  Römisch  ^.  Wie  der  Name,  so  sind 
auch  die  Verhältnisse  von  Bonames  ganz  eigenthümliche.  Die  Gränze 
der  Gemarkung  von  Kalbach  zieht  dicht  an  Bonames  vorüber  und 
reicht  bis  zur  Nidda.  Während  diese  fast  überall  den  Genossen 
der  Hohen -Mark  eine  Gränze  war,  sie  von  der  Drei -Eich  schied, 
liegt  der  grösste  Theil  der  Bonameser  Gemarkung  jenseits  auf  dem 
südlichen  Ufer.  Dies  südliche  Ufer  wurde  aber  nicht  bewojint,  war 
auch  nicht  Mark-berechtigt,  wie  ein  Streit  aus  dem  sechszehnten 
Jahrhundert  über  den  Eohlenbedarf  der  Mühle  oder  des  Kupfer- 
schmieds am  Mühlgraben  es  genauer  verhandelt  So  scheint  es  als 
ob  Bonames  nicht  wie  die  andern  Täunusortschaften  aus  den  Boden- 
verhältnissen erwacluren,  sondern  dass  es  gleichsam  eingepfropft  wor- 
den sei  Alles  weisst  hierbei  auf  die  Römer  hin,  selbst  der  Umstand, 
dass  die  Bonameser  Bürger  waren,  keine  Bauern.  Auch  von  Bona- 
mes zog  in  gerader,  directer  Linie  keine  Strasse  nach  der  Franken- 
furt. 

Vilbel  scheint,  wie  Bonames,  einen  Römischen  Namen  zu  tragen. 
Die  jüngste  Ansicht  der  Gelehrten  geht  zwar  dahin,  dass  Vilbel  nicht 


2«  Vergl.  Dr.  KOmer-Baohner  in  diesem  Archiv  N.  F.  IL    S.  182. 


—     224     — 

von  villa  bella  den  Namen  habe^  dam  es  vielmehr  ,,Weid6ndorf^ 
bedeute '^  Ich  halte  trotzdem  am  Alten  fest  Fttr  die  Germanischen 
Dorfnamen  der  Umgegend  bedarf  es  keiner  gelehrten  Deutung^  sie 
sind  alle  noch  jetzt  leicht  verständlich.  Mochten  die  Lateinischen 
Schreiber  den  Namen  verketzern^  er  kam  doch  wieder  in  natürlicher 
Gestalt  zum  Vorschein.  Nur  Bonames  und  Vilbel  machen,  wie  be- 
merkt, eine  Ausnahme,  sie  sind  fremden  Ursprungs,  wie  aevel  (aquae 
bellae)  die  schönen  Quellen  am  Ufer  der  Nidda  zwischen  Praunheim 
und  Hausen,  bei  welchen  eine  Römische  Wasserleitung  aufgefunden 
worden  ist*^ 

Auch  bei  Vilbel  walten,  wie  bei  Bonames,  ganz  eigenthümliche 
Verhältnisse.  Vor  allem  ist  hier  die  ganz  unverhältnissmässige  Längen- 
ausdehnung in's  Auge  zu  fassen.  Sie  kann  gar  keinen  Zweifel 
darüber  lassen,  dass  hier  vereTchiedene  Interessen  zusammengewirkt, 
wie  dies  auch  stets  bei  andern,  ähnlich  in  die  Länge  gezogenen 
Städten,  wie  Miltenberg,  Heidelberg,  Bornheim  oder  Bockenheim 
der  Fall  gewesen.  Auch  Heidelberg  zieht  sich  von  der  alten  Neckar- 
furt bis  über  die  Burg  hinaus,  so  Vilbel  von  der  Niddafurt  bis  zur 
Römischen  Villa,  die  in  der  Nähe  des  jetzigen  Bahnhofs  lag.  Die 
ersten  Wohnungen  lagen  wol  oben  auf  dem  rechten  Flussufer,  bei 
der  Brücke.  Nach  dieser  oder  nach  der  Furt  {(ihren  die  Strassen: 
nördlich  die  von  Friedberg,  südlich  die  von  Bergen  und  von  der 
hohen  Strasse.  Bei  der  Brücke  traten  die  trocknen  Ufer  am  nächsten 
zusammen,  die  Strasse^  wandte  sich  auf  dem  nördEchen  Ufer  sogleich 
der  Anhöhe  zu.  In  der  Nähe  der  Brücke  liegen  die  bedeutenden 
Steinbrüche;  sie  scheinen  Veranlassung  zu  einer  Vergrösserung 
Vilbels  gewesen  zu  sein,  und  zwar  ostwärts  bis  zur  Kirche.  Diese  Theile 
dehnten  sich  später  weiter  aus  nach  der  Römischen  ViUa  hin. 
Der  fremdartige,  vielleicht,  wie  das  Pompejanum  bei  Aschaffenburg, 
drollig  klingende  Name  der  Römischen  Anlage  mag  allmälig  dem 
Gesanmitorte  geblieben  sein. 

Die  Steinbrüche  von  Vilbel  weisen  uns  auf  einige  gewerbliche 
Verhältnisse,  welche  durch  die  Römer  in  hiesiger  Gegend  begründet 
wurden,  oder  in  Aufschwung  kamen.  Dass  dieser  Aufschvnmg  über- 
haupt ein  bedeutender  gewesen,  geht  schon  aus  den  vielen  Strassen- 
anlagen  hervor,  welche  von  dem  vicus  novus  nach  allen  Richtungen 


2»  Arohiv  f.  Hess.  Gesch.  X.  1. 

><  Kaum  giebt  es  einen  andern  Ortsnamen,  der  so  verschieden  geschrieben 
vorkommt,  wie  Vilbel,  Villbyl,  Vilvil,  Velvil.  Viel  mehr  hat  Bonames,  Bone- 
mesa  den  Namen  gleich  behalten. 


—     225     — 

zogen.  Neuerdings  ist  bei  Weiskirchen  das  Profil  der  Strasse  ofien 
gelegt  worden^  welche  von  dieser  Römischen  Niederlasstmg  nach  dem 
Feldbergcästell  geftlhrt  wurde  ^  so  dass  kein  Zweifel  mehr  über  die 
Bedeutung  dieser  Hohle  sein  kann.  Sie  wird  jetzt  ausgefüllt,  die 
Aecker  werden  geebnet;  die  Steinunterlage  ist  zum  grossen  Theile 
herausgebrochen,  einzelne  Steine  zeigen  noch,  dass  die  Bömer  den 
alten  Steinbruch  von  Mamolsheim  dazu  benutzt  hatten.  Bei  Nieder- 
XTrsel  wendet  sich  diese  Strasse  etwas  ostwärts  nach  diesem  Dorfe 
hin,  welches  dazumal  wol  schon  vorhanden  war;  sie  schwenkt 
wieder  südlich  ab,  theilt  sich  in  zwei  Arme,  deren  einer  nach  dem 
vicus  novus  zog,  der  andere  nach  dem  Niddaübergang  bei  Heddern- 
heim.  An  dieser  Stelle  hat  sich  eine  Ortschaft;  zur  Seite  der  Strasse 
angebaut;  Heddemheim  ist  in  die  Erbschaft  der  Bömer  eingetreten. 
Bei  Nied^-Ürsel  zogen  mehrere  der  alten  Strassen  vorüber:  die 
Hessenstrasse,  vom  vicus  novus  nach  dem  Norden,  filhrte  östlich 
vorbei  nach  der  Höhe,  die  sie  bei  der  Saalburg  überschritt  (sie 
ist  in  den  letzten  Jahren  fast  ganz  ausgebrochen  und  geebnet  wor- 
den, nur  wenige  Beste  sind  noch  übrig);  eine  Mainzerstrasse  durch 
Eschborn^  nach  Butzbach  überschritt  eine  Viertelstunde  oberlialb 
Nieder-Ursel  die  Bach.  Sie  ist  jetzt  ebenfalls  unterbrochen  und  durch- 
pflügt; endlich  ist  noch  der  Crutzenstrasse  zu  gedenken,  jetzt  Ereu- 
zerstrasse.  An  dieser  Strasse  soll  eine  Quelle  hervorgesprudelt  sein, 
als  des  Bonifacius  Leiche  daselbst  geruht;  mit  anderen  Worten:  das 
Trauergeleite  ruhte  an  einer  Quelle.  Eine  solche  findet  sich  etwa 
auf  der  Hälfte  des  Weges,  wo  die  Qemarkpngen  von  Kalbach  und 
Nieder-Ursel  zusammenstossen.  Angeblich  hat  man  dort  Mauersteine 
auf£:efunden,  allein  aus  dem  Gedächtniss  der  Landbewohner  ist  jede 
Eri»««.g  '»  »,.  KWe  g^chw^d».  Nioh. ,«.  d.v..  ««d  ein 
Hochgericht  Andere  Strassen  bei  Bonames  sind  schon  erwähnt  worden. 
Wenn  wir  im  Winter  über  die  kahlen  Felder  hingehen,  da  wo 
sonst  die  Strassen  des  Bömerortes  sich  ausdehnten,  finden  wir  aussei 


"  In  der  Heimgereite  von  Esohborn  soll  —  nach  Vogel  —  die  älteste 
Kirche  der  Umgegend  gestanden  haben«  Schwerlich  w^r  dies  Tidenheim  eine 
von  Eschborn  getrennte  Ortschaft,  oder  Eschborn  war  doch  älter  als  diese 
Kirche.  Der  Name  Tidenheim  ist  jetzt  auch  in  den  Flurbüchern  nicht  mehr  zu 
finden.  Nach  der  Angabe  von  BfirgeVmeister  Knntz  sollen  anter  dem  Districte 
Feldweingärten,  auf  den  Haneokem  (Hainäckem)  Basalt-  und  Ziegelsteine  im 
Boden  gefunden  werden.  Dort  habe  möglicherweise  eine  kleine  Kirche  oder 
Kapelle  gestanden.  Ueber  dieser  Stelle  ist  der  Streitplatz,  wo  angeblich  im 
Jahr»  ld89  die  von  Cronberg  heimkehrenden  Frankfurter  ereilt  und  geschlagen 
wurden. 

15 


—     226     — 

den  zahllosen  Ziegelbrocken  und  den  BollBtückchen  der  TaunoBab- 
hänge  zwei  Steinarten  besonders,  welche  zum  Bau  der  Bömermauem 
verwendet  worden  sind:  einmal  den  Basalt  von  Eschersheim,  dann 
aber  auch  das  Todtliegende  von  Vilbel,  selbst  Stücke  versteinerten 
Holzes  aus  demselben.  Man  kann  aus  den  zijm  Theil  stark  verwitter- 
ten Steinen  nachweisen,  dass  zu  jener  Zeit  schon  in  Vilbel  die  gros- 
sen Steinbrüche  in  Betrieb  standen,  welche  heute  noch  benutzt  wer- 
den oder  noch  erkennbar  sind.  Es  beweist  dies,  dass  zu  jener  Zeit 
ein  anderer  Transport  und  Verkehr  auf  der  Nidda  gewesen  sein 
muss,  als  in  unseren  Tagen.  Statt  der  ]\l4ihlen,  die  jetzt  durch  Wehre 
das  seichtere  Wasser  aufstauen,  sah  man  zahlreiche  Schiffe  und  Aus- 
ladeplätze. Neben  den  Basaltstücken  von  Eschersheim  und  dem  Todt- 
liegenden  von  Vilbel  finden  sich  auf  dem  Heidenfelde  bei  Heddernheim 
auch  Kalksteine,  wi^hrscheinlich  vom  Bomheimerberge;  daneben 
grössere  und  kleinere  Bruchstücke  von  Handmühlen,  welche  aus 
dem  Rheinischen  Basalte  von  Nieder-Mendig  stammen;  durch  die  Ein- 
schlüsse (HauTn)  sind  sie  von  den  Eschersheimem  wol  zu  unter- 
scheiden. Auch  Schiefersteine  finden  sich  ziemlich  zahlreich,  zum 
Theil  haben  sie  noch  IVa  Schuh  im  Gevierte;  dem  Anscheine  nach 
stammen  sie  nicht  aus  dem  benachbarten,  schieferreichen  Taunus, 
sondern  aus  Tagesbauten  von  Caub,  sie  sind  nicht  so  tein,  wie  die 
Schiefer,  welche  wir  jetzt  aus  den  tiefen  Gruben  von  dort  erhalten. 
Die  Anwesenheit  aller  dieser  Steine  zeigt  uns,  wie  Handel  und  Verkehr 
in  jenen  Zeiten  sich  schon  lebhaft  entwickelt  hatten. 

Von  der  ganzen  grossartigen  Anlage,  welche  die  Bömer  in  ihrem 
vicus  novus  geschaffen,  ist  jetzt  keine  Mauer  mehr  sichtbar,  die 
Strassen  sind  verschwunden,  bis  auf  den  einen  Weg,  welcher  die 
Um&Bsungsmauer  umzog.  Der  Qrimm  der  Germanen  hat  nur  Trüm- 
merhaufen an  der  Stelle  der  Eriegerwohnungen  übrig  gelassen. 
Während  langer  Jahrhunderte  wurde  von  hier  das  Material  zu  den 
ärmlichen  Hütten  der  benachbarten  Ortschaften  entnommen.  So  erst 
konnte  das  gereinigte  Feld  wieder  dem  Saatkorn  geöffiiet  werden. 
Der  Wind  brausst  frei  über  die  Aecker,  die  jetzt  der  Pflug  durch- 
furchet. Zwischen  den  letzten  ungezählten  Bröckchen  und  Splittern 
einer  untergegangenen  Zwangsherrschaft  sprosst  die  grüne  Saat  freudig 
empor !  Kein  Bericht  der  Bömer  meldet,  wie  die ,  Vertreibung  ge- 
schehen, auch  die  Namen  Derer,  welche  damals  geblutet,  sind  nicht 
verzeichnet;  aber  auf  die  gebrochenen  Mauern  der  Zwingburg  sollten 
unsere  Lehrer  die  Jugend  hinfllhren,jährlich,  wenn  der  Winter  entweicht ! 


—     227     — 

Eb  folgt  nach  den  Bömern  eine  lange  Zeit^  aus  welcher  uns  kaum 
Thatsachen  aufbewahrt  sind.  Die  gewaltigen  Heereszüge,  welche  wir 
unter  dem  Namen  der  Völkerwanderung  begreifen,  können  dem  Mainthal 
und  den  Taunusbewohnem  nicht  fremd  geblieben  sein.  Wir  wissen 
aber  nicht,  ob  sie  die  vorhandene,  unter  der  Bömerherrschaft  nach 
dem  eignen  Berichte  ihrer  Schriftsteller  verdorbene  Bevölkerung  ver- 
pflanzt und  ausgerottet,  oder  ob  diese  neu  gekräftigt  worden.  Nach 
manchen  Anzeigen  war  wol  das  letztere  der  Fall.  Viele  der  alten 
Weisthümer,  so  der  hohen  Mark,  der  Bibrauer  Mark  und  anderer, 
heben  hervor,  dass  Wald,  Wasser,  Weide  den  Märkern  ^zu  recht- 
lichem eigen'  sei,  dass  die  lIßLrker  sie  von  Niemanden  zu  Lehen  er- 
halten. .  In  der  Bibrauer  Mark  wird  geweiset,  dass  der  Herr  von 
Falkenstein  nur  ein  gewählter,  kein  gebomer  Vogt  sei.  Das  spricht 
fOr  Ureinwohner,  die  selbst  den  Wald  gerodet,  nicht  für  Eroberer. 

Vielleicht  stammen,  wie  bereits  bemerkt,  aus  diesen  Zeiten  die 
späteren  Ring  wälle,  auf  dem  Goldgrubenberge,  von  Dürkheim,  von 
Elingenberg  und  aus  der  Gegend  von  Orb.  Doch  haben  wir  nicht 
überall  in  einer  kunstfertigeren  Ausführung  ein  entscheidendes  Merk- 
mal darüber.  Auf  dem  höchsten  Gipfel  des  Erainberges  oberhalb 
Miltenberg  liegen,  von  zwei  Germanischen  Bingwällen  umschlossen, 
Spuren  welche  den  Aufenthalt  der  Bömer  an  dieser  Stelle  nach- 
wdsen,  Steininschriften,  Mauern,  Bildwerke  und  Anderes  ^. 

Wahrscheinlich  ist  es,  dass  während  der  Zeit  der  Bömerherrschaft 
man  anfing,  die  Drei^Eich  mehr  zu  bebauen.  Auch  hier,  wie  am  Tau- 
nusabhang,  finden  sich  einige  Ortschaften,  welche  gleichen  Namen 
haben  wie  die  Bach,  welcher  sie  angebaut  sind.  Bieber,  (Ober-)  Boda, 
Sembdt,  Egels^bach,  Kelsterbach,  Ofenbach  (noch  1493  Ouenbach 
geschrieben).  Andere,  besonders  am  Abhang  des  Odenwaldes,  tra- 
gen die  Bezeichnung  einer  Stadt:  Stockstadt,  Langstadt,  Eleestadt, 
Umstadt,  Bamstadt,  Eberstadt,  Pfungstadt,  Crumstadt  Sie  zeichnen 
fast  die  Grenze  der  Drei-Eich  vor;  von  Stockstadt  am  Main  bis  zu 
Stockstadt  am  Bhein  reichen  sie  sich  die  Hand.  Eine  jüngere  Zeit 
ist  in  den  Ortschaften  angedeutet,  welche  von  Behausungen  der  ersten 


28  Steiner,  Maingeb.  u.  Spess.  S.  254.  hält  diese  Germanische  Wehr  für 
älter  als  die  Römische  Befestigung.  Aach  hier  sprechen  wir,  im  Interesse  der 
Eigenthümer  ebensoweit  wie  im  Interesse  der  Erforschung  unserer  ältesten  Ge- 
schichte die  Bitte  aus,  alle  solche  Ringwälle,  namentlich  aber  die  ältesten,  wie 
den  auf  dem  Altkönig,  vorerst  nicht  zu  verändern,  nicht  zu  durchbrechen,  keine 
Wirthshäuser  darin  oder  daraus  zu  erbauen.  Zu  solchen  finden  sich  stets  in 
der  Nachbarschaft  geeignete  Plätze  genug ! 

16* 


-     228     - 

Ansiedler  den  Namen  anch  später  beibehalten  haben.  Ln  Innern  der 
Drei-Eich  ist  dieses  Vorkommen  das  zahlreichste:  Obertsfaansen; 
Froschhausen;  Hainhausen^  Zellhausen/ Messenhansen;  Eppertshausen^ 
Güntershausen;  Hergertshausen  ^  Harpertshausen^  Buben-  (Baben)- 
hausen,  Harreshausen,  und  mehr  westlich:  WixhauseU;  Erzhausen, 
Schneppenhausen,  Qräfenhausen,  weit  seltener  sind  die  Bezeich- 
nungen nach  dem  Hof  wie  Dilshofen  und  Sickenhofen.  Das 
Weisthum  der  Drei-Eich  von  d.  J.  1338  zeigt  uns  dass  damals,  und 
wol  auch  schon  viel  früher  die  Drei-Eich  in  Marken  al^etheilt  war. 
Wahrscheinlich  älter  als  diese  mit  „Haus^  und  ^Hof  zusammenge- 
setzten Ortsnamen  sind  andere  mit  der  angehängten  Endigung  „heim'', 
fast  alle  unmittelbar  auf  dem  Main-  und  Rheinufer  angelegt:  Ostheim, 
Welzheim,  Auheim,  Steinheim,  Dietesheim,  Mühlheim,  Griesheim, 
Schwein-  (Schwan)heim,  Büsselsheim,  Baunheim,  Bischofsheim, 
Ginnsheim,  Bauschheim,  Altheim,  Geinsheim,  und  das  jetzt  verschwun- 
dene Pfopfenheim.  Fast  gleichzeitig  mit  „heim"  sicheinen  Dorfschaf- 
ten mit  der  Endigung  „ingen"  entstanden  zu  sein.  Solche  finden  sich 
aber  weit  seltener  und  scheinen  ebenso  wie  die  wenigen  als  ,, Weiler" 
bezeichneten  Ortschaften  des  Taunus,  Petterweil,  Dortel-  (Torkel-  oder 
auch  Di\rkel-)weil  und  Hinterweil,  einem  Volksstamm  zuzuschreiben 
sein,  der  nur  vorübergehend  sich  in  dieser  Gegend  aufgehalten  hat 
Einmal  nur  ist  ein  solcher  Name  auf  der  Nordseite  des  Taunus  auf- 
zufinden, Usingen,  welches  an  der  Usa  liegt,  nicht  aber  mehr  nach 
dieser  als  Usa  oder  Usbach  bezeichnet  ist.  Am  südlichen  Abhang 
des  Taunus  li6gt  oder  lag  Dillingen,  weiterhin  an  der  Einzig  Bückin- 
gen, in  der  Drei-Eich  am  Fusse  des  Odenwaldes  Spr^idelingen,  am 
Maine  Sindlingen  und  weiter  östlich  Mainfellingen  und  Dettingen  ". 
Ganz  spät  noch  entstehen  Ortschaften,  die  deutlich  von  einer 
mehr  fortgeschrittenen  Cultur  uns  Zeugniss  geben,  oder  welche  auf 
die  Fränkische  Zeit  hinweisen  wie  Eönigsstedten  zur  Seite  des  fremd- 
artig klingenden  Trebur.  Urprach  ^  erhob  sich  mitten  in  den  Wäl- 
dern, ebenso  Ober-  und  Nieder-Bode  am  versumpften'  Mainesarm 
bei  der  Frankenfiirt;  weiter  Erfelden,  Worfeiden  und  Meerfelden. 


39  Förstemann,  deutsche  Ortsnamen,  186S,  findet  die  Namen  auf  „Weiler"' 
ald  Repräsentanten  des  Deutschen  Südwestens,  mehr  gewaltsam  als  organisch 
fortgeschrittene  Namenbildung.  Die  Endigang  auf  ,,ingen*'  und  „nngen*  bezeichnet 
er  als  ThÜringenschen  Gebrauch. 

30  Iq  dem  Gült-  u.  Rentengefäll  Yerzeichniss  der  Drey-Eioh  aus  dem  Jahre 
1589  ist  Urprach  aufgeführt,  weil  es  „Dorffgelt**  zu  zahlen  habe. 


—     229     — 

Durch  diese  letzteren  der  Feldciiltar  geweihten  Ortochaften  zog  die 
.  Geleitsstrassa 

Zum  Schlüsse  ist  hier  noch  der  Bomheimerberg  zu  betrachten^  der 
grossentheils  noch  zur  Drei-Eich  gehörte.  In  der  Gegend  von  Aschaf- 
fenburg scheint  die  rechte  Mainseite  vor  der  linken  bewohnt  worden 
SU  sein.  Gross- Welzheim,  Gross-Erotzenburg,  Gross-Auheim  liegen 
auf  der  rechten  Mainseite,  Klein  Welzheim  ^  Klein  Krotzenbürg  und 
Klein- Auheim  sind  sp&ter  gegenüber  auf  der  linken  Mainseite  als  Zweig- 
dörfer entstanden.  Beim  Bomheimerberg  finden  sich  nur  wenige 
Spuren,  welche  andeuten,  dass  einzelne  Plätze  in  Yerhältnissmäsig  alte 
Zeiten  hinaufreichen.  Bomheim  selbst  ist,  wie  Eschborn,  nach  der 
Quelle  benannt ;  aber  letzteres  wird,  wie  die  alten  Taunusortschaften, 
ebenso  wie  die  Quelle  oder  die  Bach  selbst  bezeichnet;  Bomheim 
leitet  seine  Bezeichnung  nur  von  der  Quelle  her.  Bei  einem 
Vergleich  mit  den  altern  Taunusortschaflien  kann  kein  Zweifel  darüber 
sein^  dass  Bomheim  viel  jünger  ist  als  diese,  z.  B.  als  Obererlenbach 
oder  Oberursel,  oder  Steinbach.  Von  dem  ganzen  Gericht  des  Bom- 
heimerbergs  sind  nur  Offenbach,  Nidda  und  Seckbach  ^^  ebenso  wie 
die  Bach  genannt,  Bergen  nach  seiner  Lagie,  oder  auch  nach  der  Rö- 
mischen Befestigung.  Fast  alle  andern  Ortschaften  sind  als  Heimath 
einer  bestimmten  Person,  meist  wol  des  ersten  Ansiedlers,  bezeichnet: 
Eschersheim,  Berkersheim,  Bischpfsheim,  Bockenheim,  Bräungesheim, 
Enkheim,  Fechenheim,  Ginheim,  Griessheim,  Massenheim. 

In  Bomheim  sind  drei  Theile  wol  zu  unterscheiden.  Einmal  der 
obere  Theil  um  die  Kirche  gelegen,  welcher  wol  als  der  älteste  zu 
betrachten  ist.  Weiter  als  zweiter  Theil  das  Bömerfeld,  westlich  von  der 
Güntersburg,  etwa  10  Minuten  von  der  Bomheimerkirche.  Näher 
bei  dieser ,  auf  dem  Rabenwingert  ^^,  hat  man  bei  dem  Legen  der 
Wasserleitung  eine  Römische  Begräbnissstätte  gefunden.  Dieser  Rö- 
mische Theil  ist  vertügt  und  von  der  Erde  verschwunden;  Dr.  Romer 
hat  in  seinen  Beiträgen  zur  Geschichte  der  Stadt  Frankfurt  (1853) 


31  Der  älteste  Theil  von  Seckbach  ist  wol  der  nordöstliche  an  der  Seck- 
bach (Sackbach  ?) ;  abwärts,  nach  dem  Bruche  hin,  stand  ein  Eichwald.  Durch 
Wald  und  Sumpf  war  d^r  Ort  vortrefflich  geschützt;  Quellen  waren  imUeber- 
flnas  vorhanden.  Die  Gemarkung  von  Seckbach  ist  wol  abgerundet,  sie  reicht 
weit  gegen  Bergen  und  Vilbel  hin,  und  über  dem  Bruch  lag  wieder  ein  Wald. 
Westlich  am  Bomheimerberg  zieht  vom  Sulzenschlag  ein  Wiesenthälchen  nach 
dem  Bruch  herab,  die  Weide  darauf  steht  gemtdnschaftHch  Seckbach  und  Bom- 
heim zu,  aber  der  Grund  und  Boden  gehört  ersterem. 

32  Noch  jetzt  darf  in  diesen,  l&ngst  ausgerodeten  Wingert  nicht  gefahren 
werden. 


—     230     — 

auf  Seite  79  ff  werthyolle  Mittheilungen  darüber  gemacht  Er  hält 
dafür,  dass  das  Monumentum  Trajani  an  dieser  Stelle  gestanden.  ^. 
Uns  kann  diese  Untersuchung  hier  nicht  weiter  beschäftigen ;  die  Trüm- 
mer, welche  wir  von  der  Bömerherrschaft  noch  vorfinden,  sollen  nur 
dazu  beitragen,  Nachweis  über  den  Zustand  der  Eingebomen  uns  zu 
geben.  —  Noöh  ist  ein  dritter  Theil  von  Bomheim  zu  betrachten;  es 
ist  dies  der  untere ,  an  der  Strasse  nach  Bergen ,  lang  hinge- 
streckt, und  wol  erst  entstanden  als  der  Verkehr  zwischen  der  Fran- 
kenfurt und  Bergen  und  weiter  ostwärts  bedeutender  wurde. 

Wenn  wir  die  beiden  ersten,  die  ältesten  Theile  von  Bomheim 
zusammenstellen,  so  finden  wir  dass  die  Strassen,  so  weit  sie  jetzt 
noch  vorhanden  oder  offen  gelegt  sind,  ftir  ein  höheres  Alter  der 
Deutschen  Niederlassung  zu  sprechen  scheinen.  Der  alte  Pfad  welcher 
von  Frankfurt  unter  der  Güntersburg  vorüberführt,  zieht  nach  dem 
ältesten  Theile  von  Bomheim,  der  Vogelgesanggasse  und  der  Kirche. 
Auch  die  Strasse  nach  Seckbach  und  nach  Bergen  ist  keine  Bömische, 
so  wenig  wie  die  noch  jetzt  in  nördlicher  Richtung  ziehenden  Wege. 
Von  dem  Germanischen  Bomheim  führt  nordwestlich  der  Weg  nach 
der  Friedbergerwarte  und  nach  Bonames,  nördlich  der  Weg  nach 
Vilbel.  Dieser  letztere  Weg  heisst  der  Preungesheimerweg,  zieht  mehr 
auf  der  Höhe  hin  und  ist  wol  der  ältere.  Er  führt  etwa  5  Minuten 
östlich  der  Friedbergerwarte  vorüber  und  wurde  noch  in  sehr  später 
Zeit  auch  von  Frankfurt  aus  benutzt.  Es  bog  von  dieser  Warte  her, 
der  Landwehr  entlang,  die  Frankfurterstrasse  nach  diesem  altem  Wege 
herüber.  Jetzt  ist  diese  Frankfurter  Strasse  etwas  anders  gelegt, 
allein  sie  fällt  noch  immer  unter  einem  stumpfen  Winkel  in  die  Born- 
heim-Vilbeler Richtung.  Auch  dieser  alte  Weg  von  Bomheim  nach 
Vilbel  gehört  jetzt  zu  den  verbotenen:  er  soll  ^eigentliche  nicht 
begangen  werden,  aber  es  ist  die  Gewann  eine  Grenze.  Nicht  nur 
das  Verbot,  auch  die  Poesie,  die  über  solchen  verbotenen  Wegen 
schwebt,  giebt  ihnen  einen  eigenthümlichen  Reiz.  Bei  dem  Heiligen- 
stock lenkte  die  hohe  Strasse  zwischen  Rödelheim  und  Vilbel  ab  nach 
Bergen.  Dieser  Ort  scheint  für  die  Römer  wichtiger  gewesen  zu  sein 
als  Bornheim.  Seine  Lage  stimmt  mit  der  des  vicus  novus  in  vielem 
überein.  Die  Berger  Strasse  nach  Vilbel  führt  auf  der  Höhe  und 
scheint  Römischen  Ursprungs  zu  sein,  nach  Osten  führt  ebenfalls 
eine  j^hohe  Stra^se^;  an  den  Fuss  des  Berges,  beim  Uebergang 
über  den  Sumpf,  schmiegt  sich  das  Deutche  Eukheim,  wie  an  der 


33  Vergl.  noch  Fraiikf.  Jahrb.  1836.  VUI.  S.  251.  Historisch  antiquarisches 
von  Dr.  Römer. 


—    231     ^ 

■ 

Nidda  dasjüngereHeddemheim;  endlich  ist  Bergen  der  Hauptort  des 
Bornheimerbei^es  geworden,  während  dies  ursprünglich  doch  gewiss 
Bomheim  warH  Auch  mit  Bonames  bieten  die  Verhältnisse  von 
Bergen  manche  Vergleichungspunkte. 

Noch  ist  des  W^es  zu  gedenken ,  welcher  von  Bomheim  süd- 
westlich nach  der  Frankenfurt  zieht;  dabei  sind  aber  die  Bodenver- 
hältnisse zu  berücksichtigen.  Die  vielen  Quellen  de^  Bornheimerberges 
haben  ihren  Abfluss  zum  Theil  nach  Osten,  nach  dem  Köderberg 
hin,  sie  schwemmten  dort  allmälig  den  Sand  herab  nach  dem  Metzger- 
bruch, und  rissen  selbst  zwischen  dem  Scheidswald  und  dem  Buch- 
Wisld  durch  das  Kalkgestein  eine  Schlucht.  Von  der  Wasserscheide 
des  Berges,  auf  welcher  das  Römische  Lager  gestanden,  rie- 
selten andere  Quellen  nach  Südwesten  gegen  die  Frankenfurt  hin. 
Ihnen  verdanken  die  ersten  Ansiedler  die  schönen  Wiesen  und  Wei- 
den, welche  bis  zum  Jahre  1864  noch  als  Bornheimerhaide  beatanden. 
Sie  waren  wol  neben  den  Quellen  eine  hauptsächliche  Veranlassung 
zur  Ausiedlung  auf  dem  Bomheimer  Berge.  Die  Bomheimer  haben 
sie  auch  beharrlich  sich  erhalten,  als  später  sie  dem  aufblühenden 
Frankfurt  fast  bis  an  das  Thor  reichten.  Sie  sind  den  Frankfurtern  stets 
sehr  unbequem  gewesen;  die  Landwehr  bog  sich  um  diese  Wiesen 
her.  Weiter  abwärts,  beim  Hermes  oder  Hermannsbrunnen  bildeten 
die  Gewässer  einen  Sumpf,  dessen  alter  Abfluss  nach  dem  Maine 
jetzt  kaum  <  noch  zu  ermitteln  sein  möchte.  (Battonn  H.  S.  178  weist 
auf  den  Elkenbach  hin,  der  über's  £lapperfeld  nach  der  Prediger- 
gasse geflossen.)  Die  Landwehr  durchschnitt  auf  der  südwestlichen 
Gränze  der  Bornheimerhaide  zwei  Wege;  der  nördlichere  kommt 
von  dem  ältesten  Theil  Bomheims  herab,  er  zog  in  gerader  Linie 
an  der  Stelle  vorüber,  wo  General  von  Auerswald  ermordet  worden 
ist  An  dieser  Stelle  aber  hat  ihn  die  Landwehr  seitwärts  gedrängt, 
und  mühsam,  ungeschickt,  im  Zickzack  sucht  er  jetzt  die  alte  Rich- 
tung nach  dem  Friedbergerthore  und  der  Vilbelerstrasse  einzuhalten. 
Der  südlichere  Weg  ist  die  alte  Bergerstrasse,  an  welcher  der  jüngste 
Theil  von  Bomheim  sich  angebaut.  Er  zog  in  gerader  Linie  durch 
die  Landwehr,  über  dem  Hermessumpfe  her,  ebenfalls  nach  der  Vil- 
belergasse. Bei  dem  Gasthause  zum  Pfau  vereinigten  sich  beide 
W^e,  zogen  so  nach  der  alten  Eckenheimerstrasse,  und  bogen  auf 
dieser  —  jetzt  bei  der  Peterskirche  —  südwärts   nach  der  Franken- 


^  lieber  die  weiteren  VerbSItniflse  von  Bergen  vergl.  Usener,  Ritterburgen 
8.  3  ff.    Auch  Steiner,  Maingebiet,  S.  151. 


-     233     - 

fürt;  oder  vielleicht  auch  tlber  die  Schaf ergasae  und  Gelnhäasei^asBe 
nach  dem  ältesten  Theile  der  Stadt 

Wir  können  nicht  umhin  dem  Bömerlager  bei  Bomheim  noch 
unsere  Aufmerksamkeit  zu  schenken.  Wir  suchen  es  auf;  indem  wir 
den  Weg  von  Bomheim  oberhalb  der  Gilntersburg  nach  Westen 
betreten;  am  Ende  der  Mauer  theilt  sich  dieser  Weg;  der  nördliche 
Zweig  steigt  etwas  nordwestlich;  und  hält  dann  die  frühere  Richtung 
wieder  eiu;  der  südliche  läuft  als  wenig  betretener  Pfad  südwestlich 
über  die  Aecker;  dann  nimmt  auch  dieser  wieder  die  frühere  Bich-. 
tung  auf.  Die  Wege  laufen  so  parallel;  sie  zeigen  die  einstige  nörd- 
liche und  südliche  Begränzung  des  römischen  Lag^-s.  Im  vorigen 
Jahrhundert  waren  die  Gräben  noch  sichtbar;  jetzt  sind  sie  ausge- 
glichen; aber  ein  kleiner  Abhang  ist  geblieben.  Von  dem  südlichen 
wie  von  dem  nördlichen  Thore  des  Lagers  liefen;  wie  es  den  An- 
'  schein  hat;  Strassen  aus;  die  eine  nordwärts  g^en  die  Höhe  der 
Friedberger  W^rtO;  in  welcher  Gegend  sie  auf  die  Strasse  nach 
Bonames  und  nach  Vilbel  traf;  südwärts  aber  eine  zweite  gegen  die 
Frankenfiirt.  Dieser  Weg;  ebenso  wie  der  nördliche;  dient  jetzt  nur 
noch  der  Feldcultur;  er  zieht  in  gerader  Richtung  auf  der  Wasser- 
scheide durch  den  „Eichwald^^;  biegt  aber  weiterhin  jetzt  ostwärts 
nach  Bornheim  ab.  Anscheinend  zog  dieser  Weg  nach  dem  südlichen 
Theil  der  Bomheimerhaide;  vielleicht  auf  die  Bergerstrasse;  Anlage 
wie  Schicksal  sprechen  dafür;  dass  Bömer  diesen  W^  hergestellt. 
Mit  dem  Abzug  der  Bömer  verkümmerte  er;  aber  die  älteren 
Strassen  der  Einwohner  blieben  benutzt 

Den  Trümmern  und  der  Begrenzung  nach  zu  urtheilen  hat  hier 
nur  ein  sehr  untergeordnetes  befestigtes  Lager;  und  dies  nur  verhält- 
nissmässig  kurz  und  in  später  Zeit  bestanden.  Während  bei  dem 
vicus  novus  der  ganze  Boden  mit  Besten  gleichsam  erfüllt  ist;  müssen 
sie  hier  aufgesucht  werden. 

Es  scheint  dass  der  Hermessumpf  eine  ganz  gerade  Bichtung 
des  Weges  von  der  Frankenfurt  nach  Bornheim  verhinderta  Wir 
können  eine  spätere  Verbindung  über  die  Allerheiligengasse  und 
Breitengasse ;  also  des  Ost-Endes  von  Frankfurt;  mit  dem  jüngeren 
Bomheim  verfolgen;  sie  führt  über  den  ^Sandweg^';  meidet  ebenso 
den  Hermessumpf;  wie  die  Sümpfe  des  Fischerfelds.  Dieser  Weg 
scheint  die  alte  Bergerstrasse  beeinträchtigt  und  theilweise  entbehr- 
lich gemacht  zu  haben ;  die  letztere  wurde  nach  dem  Band  der  Bom- 
heimerhaide bin  gedrängt;  zog  dann  über  den  Sandweg;  und  wurde 
weiterhin  ganz  zur  Landwehr  verwendet  Sie  reicht  jetzt  nicht  mehr 
bis  zum  BrückcheU;  auf  welchem  sich  die  Strassen  wieder  vereinig- 


—     233     - 

ten.  Die  nördlichere  dieser  Strafen  ist  die  Gelnhäusentrasse;  es  ist 
die  FahrstraBse  oder  GHiterBtrasse  nach  dem  nördlichen  und  mittleren 
Theil  Ton  Frankfurt^  andererseitB  nach  Bergen  und  Gelnhausen.  Bei 
der  Nachtweide  durchzog  sie  den  eiflemen  Schlag  und  die  Landwehr^ 
hinter  Seckbach  ftihrte  sie  durch  die  Wingerte  nach  Bergen  hinauf. 

Es  ist  schwierig  aufzusuchen,  zu  welcher  Zeit  wol  eine  Strasse 
nach  Hanau  in  der  Ebene  gefllhrt  worden  sei.  Wie  in  der  Fahrgasse 
bei  der  Mehlwaage  etwa  16  Fuss  tief  ein  alter  Steinweg  zu  Tage 
gekommen  ]Bt,>  so  fanden  sich  bei  Canalisirung  des  Metzgerbruches 
dicht  bei  dem  BriickQhen  der  Hanauerchausseo;  tief  unter  dem  Moor- 
grund grössere  und  kleinere  alte  Hufeisen  und  Pferdeknochen.  Es 
war  dies  die  Stelle ,  wo  der  alte  nördlidbe  Mainesarm  am  schmälsten 
war;  und  den  leichtesten  Uebergang  darbot  Die  Strasse  welche  von 
de^  Frankenfart  auf  den  Bomheimerberg  zog,  zweigte  am  Fusse 
desselben  östlich  nach  Hanau  oder  nach  Kesselstadt  ab.  Sie  über- 
brückte hier  wol  den  Metzgerbrach  und  zog  auf  der  höchsten  Erhe- 
bung des  Flachlandes  dahin.  Noch  jetzt  bezeichnet  die  Chaussee  die 
Bichtung  dieses  Weges.  Einzelne  Pferde  mögen  von  der  mangel- 
haften Holzbrücke  gestürzt;  oder  durch  das  Eis  gebrochen  sein;  ihre 
Eisen;  ihre  Knochen  fanden  sich  mehr  als  10  Fuss  tief  unter  der 
jetzigen  Oberfläche  des  Bodens ;  von  Torf  überdeckt.  Nach  den  Aus- 
sagen sachverständiger  Männer  sind  diese  Hufeisen  von  sehr  guter 
Arbeit;  von  schön  geschwungener  Form,  vordere  wie  hintere  Eisen. 
Einige  sind  mit  Stellen;  eine  Falz  ist  bemerklich  und  Nagelköpfe; 
ein  grösseres  Ebeu;  wie  sie  jetzt  bei  kranken  oder  zu  schonenden 
Pferdehufen  angewendet  werden.  So  finden  wir  in  diesen  Besten;  welche 
wol  aus  den  ältesten  Zeiten  der  Frankenfurt  stanmieu;  die  Gewerbe 
bereits  auf  einer  gewissen  Höhe. 

In  dem  Vorstehejjiden  ist  mehrfach  des  störenden  Einflusses  ge- 
dacht worden;  welchen  äussere  Verhältnisse  im  Laufe  der  Zeiten  auf 
die  Bichtung  der  Strassen  ausgeübt  haben.  Es  giebt  kaum  etwas 
zäheres ;  unverwüstlicheres  als  die  Bichtung  einer  Strassa  Ein  Bei- 
spiel liegt  uns  in  der  alten  Eckenheimerstrasse  vor;  welche  von  der 
Höhe  herabsteigend  imterhalb  des  Friedhofs  nach  zwei  Bichtungen 
sich  abzweigte;  nach  dem  ösüichen  Theile  von  Frankfurt  und  nach 
dem  nördlichen.  Durch  die  Ackerbesitzer  ist  der  letztere  Weg  mehr 
und  mehr  bedrängt  worden;  allein  die  Wanderer  hielten  stets  an  der 
geraden  Bichtung  fest  Auf  dem  Plane  welchen  Thomas  im  Jahre 
1790  verfertigt  hat;  ist  diese  Bichtung  noch  angedeutet.  Neuerdings 
brachten  es  die  Grundbesitzer  dahiu;  ein  Verbot  des  alten  Weges  zu 
erwirken.  An  einem  Sonntag  Morgen  war  ein  Stock  aufgerichtet  mit 


—     234     — 

der  Warnung;  zwei  Feldschützen  standen  Ktir  Bekräftigung  daneben, 
wiesen  die  Leute  rechts  ab;  nach  der  Chaussee.  Diese  machten  laut 
ihrem  Unmuthe  Luft,  beriefen  sich  auf  das  Becht  des  Publikums, 
aber  keinw  hatte  Lust,  zur  Wahrung  desselben  die  Gerichte  anzuge- 
hen. Ganz  im  Stillen  jedoch  bildete  sich  in  kurzer  Zeit  ein  neuer 
Weg  neben  dem  aken  verbotenen,  und  wird  nun  gerade  so  begangen, 
wie  sonst  der  alte.  — 

Zweierlei  Dinge  haben  weit  störender  auf  die  Bichtung  der 
Strassen  der  FrankenAirt  eigenwirkt,  als  ein  blosses  Verbot.  Einmal 
die  Umschliessung  der  Stadt  selbst  mit  Mauern  und  Gräben,  dann  die 
Herstellung  der  Landwehr  in  weiterer  Entfernung  von  der  Stadt. 
Die  Sicherheit  verlangte  eine  Beschränkung  der  Anzahl  der  Pforten 
und  Thore;  so  war  im  Innern  der  Stadt  eine  Hemmung  oder  Er- 
schwerung des  Verkehrs  herbeigeführt  worden  bei  der  Bornheimer- 
pforte  für  den  Ausgang  gegen  Osten,  bei  der  Hasengasse  und  bei 
dem  Liebfrauenberge  für  den  Ausgang  nach  Norden.  Mit  der  soge- 
nannten zweiten  Stadterweiterung  wurde  der  Verkehr  mit  Bornheim 
ebenso  in  der  Bichtung  der  Breitengasse  und  dem  Sandweg  durch- 
schnitten, wie  auf  der  Bergerstrasse;  weiter  die  Eckenheimerstrasse 
bei  der  Altgasse,  und  der  Weg  von  der  Brücke  nach  Eschersheim 
bei  der  Schlimmäuer.  Sachsenhausen  wurde  geschlossen  bei  der  Op- 
penheimerpforte  und  am  Thiergarten.  Die  Landwehr  hat  den  öst- 
lich, nach  Seckbach  über  den.  Berg  Aihrenden  W^  bei  dem 
Scheidswald  abgeschnitten  ^;  sie  zog  auf  der  Gränze  der  Feldmark 
nach  der  Bergerstrasse,  welche  sie,  wie  angeführt,  theilweise  zerstörte, 
lief  um  den  untern  Theil  der  Bprnheimerhaide  und  durchschnitt  da- 
selbst zwei  Bomheimer  Wege.  An  dem  östlichen  Zugange  Bomheim's 
war  ein  Fallthor  angebracht;  die  Landwehr  begann  wieder  am  nord- 
östlichen Ausgang  beim  Adlersweg,  zog  nach  dem  Seckbacher-  oder 
Sulzen-Schlag,  von  wo  sie  jetzt  noch  in  der  nordwestlichen  Bichtung 
verfolgt  werden  kann;  sie  durchschnitt  hier  den  Weg  von  Bomheim 
nach  Vilbel  und  nach  Eckenheim.  Weiterhin  zwang  sie  die  W^e 
nach  Praunheim  und  nach  Ginnheim  über  den  Ginnheimer  Steg,  und 
durchschnitt  den  Wellerpfad  nach  Preungesheim. 

Wie  die  Verkehrsverhältnisse  auf  dem  rechten  Ufer  des  Maines 
andeuten,  dass  die  Frankenfurt  den  Bömem  ohne  besondere  Bedeu- 
tung gewesen,  so  auch  die  Strassen  auf  der  linken  Seite  des  Flusses. 


3'  An  dem  Abhang  des  Berges  daselbst  ist  auf  alten  Plänen  auch  ein 
Jadenkirchbof  verzeichnet. 


—    235     — 

Auch  hier  ftübren  die  Kltesten  Strassen  hoch  über  der  smnpfreichen 
Ebene.  Ein  solcher  Weg  ist  der  Bischofsweg,  der  vielleicht  oder 
wahrscheinlich  bereits  zu  der  Römer  Zeit  von  Mainz  nach  Aschaffen- 
burg fUhtte.  Er  zieht  hoch  oben  an  der  Frankenfurt  vorüber.  Von 
dem  Königslacher  Bronnen  im  Wäldchen  beim  Forsthause  lenkt  er 
nach  Südosten,  überschreitet  die  Königsbach  bei  der  schwarzen 
Steinkaute  auf  den  zwei  Brückchen,  führt  dann  dem  Lärchesberg  ^ 
hinauf,  südlich  der  Warte  vorüber.  Diesen  Weg  ritten  später  die 
Mainzer  Bischöfe,  wenn  sie  Aschaffenburg  besuchten'^. 

Eine  spätere  Zeit  ist  angedeutet  in  dem  Wege,  welcher  von 
der  Königsbach,  oberhalb  dem  Ried  oder  Sumpf  in  dem  der  Riedhof 
liegt,  am  Fusse  des  Sachsenhäuser  Berges  ostwärts  zum  Hainerweg 
führt.  Zu  dieser  Zeit  war  die  Frankenfurt  benutzt,  die  W^e  ziehen 
jetzt  nach  ihr  hin,  selbst  die  „alte  Strasse',  welche  südlich  bei  Ober- 
rad vorüber,  von  Offenbach  nach  dem  Seehof  imd  weiter  über  den 
Mühlberg  fUhrt.  Mit  diesen  beiden  Strassen  leiten  alle  von  Süden 
kommenden  Wege  nach  einem  Puncto,  an  welchem  der  Uebergang 
über  den  Sachsenhäuser  Mainesarm  bewerkstelligt  wurde.  Die  Rich- 
tung dieser  Strassen  bezeichnet  für  das  untere  Mainland  eine  neue 
Zeit  und  eine  neue  Cultur,  und  der  Name  der  Furt  daselbst  zeigt 
uns  an,  wem  diese  Zeit  gehörte! 

Die  Richtung  aller  nach  der  Frankenfurt  ziehenden  Strassen 
lässt  keinen  Zweifel  dagegen  aufkonimen,  dass  auf  der  rechten 
Seite  des  Maines  der  Landungsplatz  der  Furt  an  der  Stelle  gewesen, 
wo  jetzt  in  Frankfurt  die  Fischergasse  und  die  Fahrgasse  nach  dem 
Maine  führen.  Mag  die  Stelle  jetzt  durchaus  umgewandelt  sein,  er- 
höht, überbaut  —  dorthin  führten  in  den  ältesten  Zeiten  schon  die 
Strassen.  Oestlich  dieser  Stelle,  auf  dem  Fischerfeld,  zog  Niederung 
und  Sumpf  weit  in'a  Land  hinein,  nordwestlich,  auf  der  alten  Main- 
insel, siedelte  sich  der  älteste  Stadttheil  an;  von  der  Furt  durch  die 
Fischergasse  aufwärts  nach  dem  Dome  und  weiterhin  auf  dem  Markt 
war  die  eigentliche  Niederlassung  „bei  der  Frankenfiirt" '®. 

Es  scheint  dass  eigentlich  nicht  die  Fahrgasse,  sondern  die 
Fischergasse   die  älteste  Strassenrichtung   bei  der   Frankenfurt  be- 


^<  Der  Name  ist  sehr  yersohieden  in  den  Urkunden  und  auf  den  alten 
Karten  geschrieben,  z.  B.  Lechlingsberg.    Es  stand  Nadelholz  darauf. 

s'  Yergl.  den  älteren  Aufsatz:  Die  Wege  des  Frankfurter  Waldes,  abge- 
druckt im  Frankf.  Conv.-Blatt.  1861.  Nr.  115  ff. 

^  Noch  1465  heisst  es  in  einem  kaiserlichen  Schreiben :   Unser  und  des 
Reichs  statt  zu  Frankfurt  auf  dem  Mayne.    Yergl.  oben  S.  212  Note. 


-     236     - 

seiclmet.  Der  Weg  von  der  Fiscfaerpforte  nach  der  Höhe  der  Mün- 
Insel,  dem  Markte,  führte  wol  anf  der  Wasaerecheide  hin,  ist  aber 
allmälig  durch  spätere  Bauten,  z.  B.  beim  Fergamenterplätzchen  fast 
unkenntlich  geworden.  Auf  der  Höhe  selbst  hat  der  Bau  des  Doms 
und  der.  Friedhof  jede  sichere  Spur  der  Strassen  Terwischt;  bei  dieser 
.  höchsten  Stelle  schied  der  W^,  welcher  darch  die  Bomgaase  nord- 
wärto  über  den  Mainesann  führte,  von  der  Strasse,  welche  die  Rich- 
tung der  ältesten  Niederlassung  oder  Ansiedelung  bezeichnet,  von  dem 
Markte,  dem  höchsten  Bücken  der  Mam-Insel.  Wahrscheinlich  war 
gerade  in  der  BomgaBse  der  versumpfte  Mainarm  am  leichtesten  zu 
Überschreiten,  oder  es  veranlasste  der  Born,  dass  hier  der  Weg  sich 
Inldete.  Dieser  Born  lag  jenseits  des  Grabens,  am  Fusse  der  An- 
höhe, welche  nach  dem  Bornheimerberg  hinaufzog,  wahrscheinlich 
haben  hier  bei  dieser  Quelle  die  Strassen  nach  Norden  sich  getheUt, 
es  liegt  aber  üÜt  diese  Vermuthung  jetzt  nur  die  entferntere  lUchtung 
der  Strassen  noch  vor,  in  nächster  Nähe  hat  der  Hof  der  Johannita: 
die  nordöstlich  ziehenden  Strassen  verwischt,    s,  fig. 


Der  obere  Theil  der  Fahrgaaae  ist  nach  dieser  Quelle  gerichtet; 
ebenso  die  Ijndheimei^asse  und  die  GelDhäuseigasse,  deren  weiterer 
Verlauf  in  der  Schäfergasse  und  in  Boruheim  sich  vorfindet  Der 
kürzeste  Weg  nach  Eschersheim  zog  durch  den  Trier'scben  liof; 
als  zeitweise  die  königliche  Hilnze  diesen  Platz  eingenommen, 
mag  die  Steingasse  als  HauptstrasHC  gedient  haben.  Sehr  zu  be- 
achten bleibt  hier  die  Mittheilung  Battonn's,  dass  die  Schnnrgasse 
eine  grössere  Breite  gehab^  und  dass,  wie  vor  anderen  Thoren  der 


-     237     — 

Stadt,  WD  Pfbhl  auch  bei  der  0«lnhtlQBei^a8B6  gelegen,    b,  Heft  IH. 
S.  3.  4.  24. 

Da  in  den  letzten  Tagen  dies  dritte  Heft  von  Battonn's  örtltclier 
Beschreibung  der  Stadt  Frwikfiirt,  mit  den  v.  Fichard'echen  Ziu&tzen 
veröffentlicht  worden  ist,  so  konnten  diese  trefflichen  Mittheilnngen 
bei  dieser  vorliegenden  Arbüt  noch  benutzt  werdmi^  Es  gehen  diese 
ausgezeichneten  Forscher  davon  ans,  dasB  Frankfurt  seine  Entstehung 
den  Königen  verdanke,  dass  der  Kömerberg  mit  der  Sala  der  Platz 
gewesen,  um  welchen  her  die  übrigen  Theile  der  8tadt  sich  angelegt 
Zu  gleichem  Resultate  ist  die  vorli^ende  Arbrät  nicht  gelangt;  die 
Aufschltlsse,  welche  die  Strassen  der  Stadt  uns  geben,  scheinen  viel' 
mehr  alle  dahin  zu  deuten,  daea  Frankfort  in  soner  oberen  Altstadt 
schon  vor  den  Königen  bestanden,  dass  erst  der  untere  Theit  der 
Altstadt,  d.h.  die  um  den  Saalhof  und  die  Leonhardskircfae  gelegenen 
Strassen,  eine  Schöpfung  der  königlichen  Nähe  gewesen.  Die  zwischen 
dem  Markte  und  dem  Saalhof  hinziehenden  Qfisschen  geben  ein 
deutliches  BUd  dieser  verschiedenen  Entstehung,    s.  fig. 


kwwt^iyerf 


b)  DrKlir 

dl  icildDa  llsigüiii 
h)  Ti«u  Ocrdonoi- 

t)  SOukifHClMa 


Die  GBsschen  der  östlichen  Altstadt  ziehen  nach  dem  Markt, 
insbesondere  nach  dem  Höhnermarkt,  der  westliche  Theil  aber  ist 
nach  dem  Saalhof  oder  nach  einem  Eingange  desselben,  da  wo  jetzt 
die  Bendergasse  ist,  gerichtet. 

Demnach  wäre  nicht  der  Römerberg  derHauptplatz  der  tütesten 
Niederiaseung  gewesen,  sondern  der  Huhnermarkt  oder  Friedhof.' 
Sehr  mit  Grund  wol  bat  Battonn  gerade  au  dieser  Stelle  die  älteste 
Kirche  Frankfurts  gesucht,  (s.  8.  Hft  136)  und  Fichard.  in  d.  Wet- 
teravia  S.  12.  diese  Vermuthung  unterstützt  Für  ihre  Anrieht  spricht 
noch  der  Grund,  dass  in  alten  Zeiten  die  Kirchen  an  den  Haupt- 
Btraaeen  erbaut  wurdra,  der  JJirm  des  Verkehrs  brachte  noch  keine 


—     238     — 

Störung.  An  der  bezeichneten  Stelle  zog  nicht  nur  die  HanptstrasBe 
▼orüber;  sondern  es  mündeten  auch  zwei  SeitenstrasseU;  die  Lange- 
schim  und  der  Tuchgaden.  Diese  sind  nicht  auf  den  Platz  selbst 
gerichtet,  sondern  auf  das  Eckhaus  Lii.  L.  Nr.  144,  zum  Schlegel 
Auf  dieser  Stelle  hat  vielleicht  die  Kirche  oder  Kapelle  in  den  ältes- 
ten Zeiten  gestanden,  der  steigende  Verkehr  bat  sie  verscheucht. 
Fichard  macht  (Battonn,  3.  S.  193)  aufinerksam,  wie  blühend  hier  der 
Handel,  wie  gross  das  Gedränge  an  dieser  Stelle  gewesen  sein  müsse. 
Das  sprechendste  Zeugniss  darüber  giebt  uns  noch  heute  das  g^en- 
überliegende  Haus  Lit  M.  Nr.  190,  zum  neuen  rothenHaus,  das  auf 
Säulen  ruht.  Es  schwebt  über  der  Strasse,  hat  von  dieser  keinen 
Eingang,  aus  dem  Nachbarhause  Nr.  191  führt  der  Zugang  hinein. 
Welch  ein  Gewühl  mag  hier  gewesen  sein,  welch  ein  Gedränge  in  den 
engen  Strassen.  Der  Markt  —  sonst  die  Kramgasse,  unter  denEjremen  — 
bezeichnet,  wie  bereits  bemerkt,  die  Wasserscheide  der  Frankfurter 
Maininsel ;  auf  dieser  Hauptstrasse  standen  die  wichtigsten  Gebäude  der 
Stadt,  östlich  die  Hauptkirche  (St.  Salvator)  auf  dem  Kreuzungspunkte 
mit  der  Eschersheimer  Strassenrichtung ;  das  Bathhaus  daneben ;  weiter- 
hin beim  Freihofe  und  den  Tuchgaden  das  Kaufhaus.  Der  Brunnen  wel- 
cher auf  der  höchsten  Stelle  des  Hühnermarktes  steht,  der  Friedhofbom, 
ist  ein  vielleicht  erst  in  verhältnissmässig  späten  Zeiten  gegrabener; 
eine  Quelle  ist  er  nicht,  wie  ohne  Zweifel  der  alte  Born  in  der  Bom- 
gasse  es  war.  Gegen  Norden  Wlt  die  frühere  Maininsel  hier  ziem- 
lich steil  ab,  so  dass  die  alte  Marienkapelle  wol  nicht  auf  der  Nord- 
seite des  Friedho&  gelegen  war.  Auf  dem  Abhang  nach  dem  Main- 
arm lagen  grössere  Gehöfte  oder  Gärten,  sie  sind  heut  zu  Tage 
noch  in  dem  Haynerhofe,  dem  Keppelerhöfchen,  dem  Bebstock,  dem 
Lämmchen,  dem  Nümbergerhofe  aufzufinden.  Nur  eine  Strasse  bil- 
dete sich  noch  auf  diesem  nördlichen  Abhang:  hinter  dem  Lämmchen. 
Jetzt  reicht  diese  Strasse  bis  zum  Hühnermarkt,  es  ist  nicht  unwahr- 
scheinlich dass  sie  früher  weiter  g^en  Osten  gereicht  (Vergl. 
3attonn,  3.  Hft.  142.  sub  kl.  Sehgeneck.) 

So  ist  die  Altstadt  in  der  Richtung  und  dem  Verlaufe  des  Mark- 
tes angedeutet  Auffallend  vereng^  sich  dieser  an  seinem  Ende  beim 
steinernen  Hause,  wo  mehrere  Strassen  sich  vereinigen.  Wie  an  ver- 
schiedenen andern  Stellen  eine  solche  Verengung  ein  ehemaliges 
Thor  ai]^deutet,  so  wol  auch  hier.  Auf  dem  Samstagtfberg  fiel  die 
Maininsel  ab  nach  einer  Mulde,  deren  westliche  Seite  jetzt  der  Bö- 
merberg  bildet.  Ueber  diese  Mulde  hin  zog  der  W^  von  dem  Markte 
westwärts  nach  der  Wedelgasse,  er  hielt  sich  auf  der  Höhe  (hinter 
dem  Bömer)  längs  des  Mainarmes.  Zur  Zeit  Karls  des  Grossen  mag 


—     239     — 

■ 

diteer  Stadttheil  noch  nicht  bebaut  gewesen  sein ;  er  ist  wdt  geräum- 
iger angelegt  als  die  eigentliche  Altstadt  oder  Oberstadt  Die  Kö- 
nigspaläste waren  Wasserburgen^  sie  lagen  hinter  Wassergräben  in 
der  sumpfigen  Niederung  des  Flusses;  der  Saalhof  am  unteren  Ende 
4er  angedeuteten  Mulde ^  gerade  in  dem  Wasserablauf;  der  andere 
Palast  etwas  weiter  mainabwärts.  Wol  nicht  der  besseren  Bundsicht 
w^en  traten  sie  vor  die  Uferlinie  heraus^  sondern  weil  sie  im 
Wasser  lagen  ^'.  Vom  Markte  aus  zog  sich  ein  sehr  bemerkenswer- 
ther  Strassenfächer  nach  der  Sala  herab;  von  beiden  Königspalästen 
aber  zogen  breite  Strassen  über  den  Mainarm  hinüber  und  nach  dem 
nördlich  ziehenden  Eschersheimer  Wege,  von  dem  Saalhof  die  neue 
EjämC;  von  der  Leonhardskirche  die  Buchgasse  mit  dem  Kommarkt. 
Der  erster e  Palast  ^  der  Saalhof;  scheint  der  bedeutendere  gewesen 
zu  sein;  nach  ihm  sieht  eine  grossere  Zahl  von  Strassen;  selbst  das 
linke  Mainufer  beachtet  nur  diesen  Palast^. 

Viel  schwieriger  als  auf  dem  rechten  Mainufer  bleibt  der  Ab- 
fahrts-  oder  Landeplatz  auf  der  linken  Mainseite^  in  Sachsenhausen; 
zu  bestimmen.  Die  Sichtung  der  Strasse  welche;  von  Süden  kom- 
mend; den  Sachsenhäuser  Bruch  überschreitet;  bleibt  weiterhin  die- 
selbe auf  dem^Steinweg";  sie  führt  nach  dem  Affenthor;  durch  die 
Paradiesgasse  nach  dem  Mainufer,  In  unseren  Tagen  finden  wir  da- 
selbst keinen  Ausgang  nach  dem  Flusse ;  allein  der  spätere  Bau  der 
Brücke  hat  manche  Bedürfioiss^  umgestaltet  Wir  müssen  uns  vor- 
erst noch. Brücke  imd  Stadtmauer;  Mühlwehre ;  in's  Flussbett  vor- 
gerückte Steinschanzeu  und  das  dahinter  angeschwemmte  Land  mit 
den  heutigen  Bleichen  wegdenken;  wir  werden  dann  mit  ziemlicher 
Sicherheit  die  Paradiesgasse  und  den  Stadttheil;  welcher  östlich  der- 
selben von  der  kleinen  und  der  grossen  Bittergasse  umschlossen  ist; 
als  den  ältesten  Theil  Sachsenhausens  bezeichnen  können.  Die  abge- 
rundete Form  desselben  finden  wir  in  dem  Kern  mehrerer  alten 
Ortschaften  des  Taunus  ähnlich  vor.  Hier  mochte;  wie  drüben  an 
der  FischergassC;  der  Fluss  die  Wohnungen  fast  erreichen.  Zur  Seite 
des  Gässchens  bei  des  Francken  Hof  zeigt  ebx  Strich  in  der  Mauer 
die  Wasserhöhe  von  1184  etwa  4  Schub  über  dem  Strassenpflaster. 
Eine  solche  Wasserhöhe  muss  also  schon  zur  Zeit  der  ersten  Ansied- 
lungen  in  Sacbsenhausen  eine  nicht  gewöhnliche  gewesen  sein. 


39  Yergl  Krieg  von  Hochfelden,  die  ältesten  Bauwerke  im  Saalhof.  Archiv 
f.  Frankf.  Gesoh.  u.  Kunst.  III.  Heft.  S.  1. 

«0  Yergl  Battonn,  Beschr.  d«  St.  Frankf.  I.  S.  25. 


—     240     — 

Wir  können  noch  jetzt  leicht  beobachten  wie  bei  steigendem 
Hochwasser  zuerst  der  unterhalb  der  Brücke  gelegene  l^eil  von 
Sachsenbausen  überschwemmt  wird ,  dann  tritt  das  Gewässer  bei  dem 
Deutschen  Hause  in  den  oberen  Theil,  weiter  durch  die  Antauche  in 
die  Bittergasse;  langsam  nur  steigt  es  in  der  Paradiesgasse ,  die 
nicht  unbedeutenden  Fall  hat.  Hier  scheint  der  alte  Landungsplatz 
der  Furt  gesucht  werden  zu  müssen ,  da  wo  jetzt  die  Stadtmauer 
mit  dem  einen  Hirtenthurm,  oder  wo  der  Frankensteiner  Hof  steht 
Auf  dem  Plan  von  1552  ist  daselbst  eine  Pforte. 

Fichard  *^  hält  die  Brückenstrasse  für  den  ältesten  Theil  Ton 
Sachsenhausen.  Allein  diese  Strasse  hat  nicht  das  Kennzeichen  der 
alten  Strassen ,  welche  immer  in  geradester  Bichtung  auf  ihr  Ziel 
geben.  Sie  hält  die  südliche  Bichtung  nur  kurz  ein,  stösst  sehr  bald 
auf  die  Dreikönigstrasse  und  deren  Verlängerung ,  die  Elisabethen- 
gasse; in  diese  letztere  bi^  man  ein,  fast  unter  einem  rechten 
Winkel,  gelangt  so  nach  der  Paradiesgasse;  auf  dieser  erst  geht  es 
wieder  südwärts  dem  Steinwege  zu. 

Viel  älter  als  die  BrückenslarasBe  scheint  der  Weg  zu  sein,  in 
welchen  sie  einmündet,  die  Dreikönigstrasse,  weiterhin  Elisabethen- 
gasse genannt.  Dieser 'Weg  trifft  etwa  in  der  G^end  des  Ulrichstei- 
nes auf  den  Main,  an  welcher  Stelle  noch  auf  dem  Plane  von  1552 
eine  Ueberfahrt  angegeben  ist.  Sie  ging  nach  der  Fahrpforte  oder 
dem  Saalhof,  und  war  bedingt  durch  das  Vorhandensein  des  Königs- 
palastes; sie  ist  jünger  als  dieser.  Die  Strasse  zieht  auf  dem  linken 
Maiuufer  von  der  Ueberfahrt  ostwärts  nach  der  Paradiesgasse  und 
demUebergang  des  Sachsenhäuser  Bruches;  es  bot  sich  kein  näherer 
Weg  dar  um  nach  dem  Süden  zu  gelangen.  Sie  mag  in  ihrem  unte- 
ren Theile  lange  unbebaut  geblieben  sdn,*denn  noch  jetzt  wird  dieser 
untere  Theil  als  Dreikönig  „strasse^^  bezeichnet,  der  obere  als  „Eli- 
sabethen ^gasse^^  Diese  Namen  selbst  sind  wol  aus  verhältnissmässig 
später  Zeit;  die  Elisabethencapelle  wurde  von  den  Deutschen  Herren 
auf  der  Südseite  dieses  Weges,  am  Ende  der  Brückenstrasse  «rich- 
tet. Der  Platz  wo  sie  stand,  ist  erst  im  Anfange  dieses  Jahrhunderts 
zur  Verlängerung  der  Brückenstrasse  verwendet  worden. 

Man  weiss-  nicht  genau,  zu  welcher  Zeit  die  Brücke  nach  Sach- 
senhansen gebaut  worden  ist;  es  bestand  damals  gewiss  schon  der 
obere,  dicht  gedrängte  Theil  von  Sachsenhausen,  ebenso  die  Drei- 
königstrasse, oder  vielmehr  der  W^  von  der  Königsfurt  nach  dem 
Steinweg  über  den  Saohsenhäuser  Bruch.  Der  Ort  mag  damals  noch 


«<  Vergl.  Battonn,  örtl.  Beschr.  d.  Stadt  Frkf.  I.  S.  996. 


—    241     — 

sehr  klein  gewesen  sein^  er  hatte  wol  keine  Kirche.  Als  die  Brücke; 
vielleicht  um  das  Jahr  tausend ,  hergestellt  wurde  ^  war  Platz  genug 
Torhanden^  es  bildete  sich  eine  sehr  breite  Strasse  ^  auf  welcher  die 
Brückenarbeiter  y  Zimmerleute  und  Schmiede  behaglich  arbeiten 
konnten.  Es  ist  die  breiteste  Strasse  der  Altstadt;  obgleich  sie  bei 
dem  Bau  des  Deutschen  Hauses  von  ihrer  Breite  verloren  haben  mag. 

Auffallend  ist  es  dass  gerade  in  dem  mittleren  Theile  von  Sach- 
senhausen,  zunächst  der  Brücke  ^  grosse  Besitzungen  sich  erhalten 
haben.  Es  lagen  daselbst  die  Wohnungen  der  Ministerialen ,  während 
die  kleinen  Ansiedlungen  der  Gewerbtreibenden;  östlich  bei  der  Para- 
diesgasse ^  und  westlich  dem  Maine  entlang  bis  zur  unteren  Ueber- 
£ahrt  bei  dem  Königspalaste  sich  erhoben  hatten.  Auch  hier  scheinen 
zwei  verschiedene  Veranlassungen  der  langen  Streckung  des 
ursprünglichen  Dorfes  Sachsenhausen  zu  Grunde  gelegen  zu  haben^ 
einmal  die  Frankenfnrty  dann  die  Nähe  der  Königsburg  und  die 
Ueberfahrt  daselbst 

Von  der  Brücke  mainabwärts  bi&  zur  alten  Ueberfahrt  bei  dem 
Königspalaste  bildete  sich  allmälig  eine  Gasse,  jetzt  die  Löhergasse. 
Sie  stammt  wol  aus  dem  Zeitraum  zwischen  dem  Bau  des  Königs- 
palastes und  dem  Brückenbau ,  und  war  gewiss  immer  vorzugsweise 
von  Gewerbsleuten  bewohnt,  welche  an  oder  auf  dem  Flusse  ihre 
Nahrung  fanden.  Als  im  Jahre  1338 — 40  in  Sachsenhausen  eine 
Kirche  gestiftet  wurde,  fand  sie  ihren  Platz  auf  der  Südseite  dieser 
Strasse.  Die  Bewohner  von  Sachsenhausen  wanderten  am  Buhetage 
nicht  hinauf;  zur  höchsten  Stelle  der.G^end  : —  wie  man  sonst  wol 
in  älteren  Ortschaften  des  Mainthaies  die  Kirche  zu  stellen  pflegte  — 
sie  gingen  hinab,  oder  sie  fuhren  in  Kähnen  zur  Kirche,  wenn 
Ueberschwemmungen  eingetreten  waren.  Die  Kirche,  der  Geistliche 
und  der  Schullehrer  ist  dem  Unterquartier  immer  geblieben,  das 
Oberquartier  aber  hatte  die  zwei  weltlichen  Hirten. 

Es  drängt  sich  hier  die  Erinnerung  an  eine  Sage  auf,  nach 
welcher  Sachsenhausen  von  Sachsen  erbaut  worden  sein  soll.  Dass 
dies  unter  Carl  dem  Grossen  geschehen  sei,  ist  mehrfach  und  von 
ausgezeichneten  Forschem  bezweifelt  worden  ^^.  Es  mag  erlaubt 
sein,  auch  diese  Frage  hier  zu  berühren. 

Bekannt  ist  die  grosse  Verschiedenheit  der  Bewohner  Sachsen- 
hausens  von  den  Frankfurtern.  Sie  zeigt  sich  in  Sprache,  in  Sitten 
und  Gewohnheiten,   und   selbst  in  der  Bechtsanschauung  ^.    Allein 


«2  So  z.  B.  von  Fiohard,  in  Battonn  L  S.  227. 
«3  Yergl.  Kirchner  I.  S.  20. 

16 


—     242     — 

eine  solche  Ver&diiedenheit  ist  keineswegs  gerade  in  einem  Stammes- 
unterschied  zu  suchen,  sie  entwickelt  sich  ebensowol  aus  verschie- 
dener Gewerbstbätigkeit.  Während  der  Handel  den  Frankfurter 
unablässig  yeranlasste,  mit  den  verschiedensten  Menschen  in  Be- 
rührung zu  treten,  lebte  der  feldbautreibende  Sachsenhäuser  abge- 
schlossen und  einförmig  fiir  sich  hinH 

Weit  wesentlicher  scheint  die  Verschiedenheit  des  oberen  und 
des  unteren  Quartieres  in  Sachsenhausen  zu  sein.  Jetzt  wird  der 
Theil  oberhalb  der  Brücke  vorzugsweise  vpn  Qärtnem  bewohnt, 
unterhalb  wohnen  mehr  Fischer  und  Gerber,  doch  haben  auch  diese 
zum  Theil  schöne  Güter,  Baum  wachs  und  Weinwachs.  Früher  mag 
dies  anders  gewesen  sein;  als  die  Garolinger  längst  dahin  gegangen, 
war  noch  die  Umgegend  von  Sachsenhansen  Wald  und  Sumpf,  der 
Wald  deckte  noch  den  Sachsenhäuser  Berg,  er  reichte  bis  zum 
Main.  Die  Sachsenhäuser  hatten  ihre  Nahrung  auf  dem  Maine; 
Ober-Eeusen  hiessen  die  Bewohner  des  oberen  Theils,  Unter-Beusen 
die  andern«  Beide  waren  also  Fischer.  Sie  hatten  als  solche  keinen 
besondem  Zunftverband,  sie  bildeten  eine  gemeinschafUiche  Zunft 
mit  den  Frankfurter  Fischern,  hatten  aber  eine  besondere  Zunft- 
stube. 

Anders  ist  es  mit  den  Gärtnern,  'die  sich  wol  aUmälig  ihr  Feld 
urbar  machten,  und  den  Feldbau  zu  ihrer  Nahrung  betrieben;  sie 
waren  nie  zünftig  und  auch  nicht  rathsflähig;  sie  blieben  Weingärt- 
ner bis  sie  spät,  erst  im  Jahre  1843,  nach  langem  Processiren  und 
Bitten,  zu  einer  besonderen  Genossenschaft  zusammentreten  durften. 
Als  20  Jahre  später  alle  Zunftochranken  fielen,  zählten  sie  über 
200  Meister,  die  Frankfurter  Gärtnerzunft  kaum  deren  50. 

Die  Ober-Beosen  und  die  Unter-Beusen  ohne  gwade  in  Fdnd- 
schaft  zu  leben,  haben  sich  doch  steto  gemieden,  sie  kamen  nicht  leicht 
zum  Wein  zusammen;  alte  Familien,  wie  die  Bumbler,  die  Frej- 
eisen,  die  Schenk  sind  immer  in  ihrem  Quartier  verblieben;  ein  sel- 
tener Fall  ist  es,  wenn  dnzelne  Familienglieder  wegziehen. 

Sollte  diese  Abneigung  auf  Stammesverschiedenheit  und  auf 
sehr  alte  Zeiten  zurückzuführen  sein?  Auch  dies  möchte  stark  zu 
bezweifeln  sein.  Wenn  Carl  der  Grosse  Sachs^a  nach  dem  Franken- 


^  Neuere  Reisebesohrefbiingen  lieben  das  fBrohterliohe  Flachen  uad  Sohwöroo 
der  Sachsenh&user  kls  eine  besondere  Eigenthamüchkeit  heryor.  Dies  waf  nicht 
immer  so.  Als  im  Jahr  1532  ein  Diener  des  Amtmanns  im  Hain  vor  dem 
Schlag  bei  der  Molen  (Quirinspforte)  Bauern,  weil  sie  nnberechtigt  H0I2  nach 
Frankfurt  führten,  anhielt,  entsetzten  sieh  die  Zeugen  ans  Sachsenhaosen  über 
sein  ISsterliches  Flnchen.    Acta  Mglb.  A.  46.  Tom.  IX.  S.  44  sqq. 


—  m  — 

lande  irerpfiaiiKt  hat;  so  miu»te  er  ihnen  auch  Ländereien  geben, 
aof  denen  sie  leben  konnten.  Solehe  waren  aber  in  Sachsenhausen 
damals  nicht  yorhanden,  selbst  der  Fischfang  war  nicht  mehr  frei. 
Einzelne  Familien  nfögen  sich  im  unteren  Theile  von  Sachsenhansen 
angebaut  haben ,  sie  mögen  selbst  allm&lig  dem  Dorfe  den  Namen 
gegeben  haben,  aber  dass  eine  Sfiohsische  Colonie  Sachsenhausen  ge- 
gründet habe,  dafür  liegt  gar  keine  Wahrscheinlichkeit  vor.  —  Es 
scheint  dass  die  Bezeichnung  ^hausen"  eine  kleine  Ansiedlung  an- 
deute; solche  Ortschafken  sind  yieUach  wieder  ausgegangen,  so  Wil- 
kommshausen,  Hausen  bei  Oberursel,  Veltmershausen  am  Feidberg. 
Andere  derartige  Ortschaften  sind  aber  gediehen,  wie  Gdlenhausen, 
Baben-  (Buben-)  hausen,  Holzhausen.  Alle  Ortsnamen  unserer  Gegend 
beziehen  sich  entweder  auf  ihre  Lage,  wie  Hochstadt,  Ostheim,  oder 
auf  Gegenstände  der  Landwirthschaft  und  der  Waldcultur,  wie  Stier- 
stadt, Seulberg,  Lindheim,  Heckstadt,  Eschenhahn,  Kodheim,  Meer- 
felden,  oder  aber,  wie  wol  am  meisten,  auf  die  Person,  den  Bewoh- 
ner, wie  Sossenhdm,  Eckenheim,  Buppertshain  und  die  meisten  mit 
,,hausen^  zusammengesetzte  Namen.  So  mag  es  ach  auch  mit  Sach- 
senhausen  verhalten,  dem  entweder  ein  oder  mehrere  des  Namens 
oder  —  was  wol  dasselbe  ist  ^  des  Stammes  der  Sachsen  ihren 
Namen  g^eben  haben  ^. 

An  den  Brückenbau  knüpft  sich  wol  die  Entstehung  der  Fahr- 
gasse; sie  Ifluft  weit  tiefer  ab  der  Markt,  am  östiichen  Saume  der 
Maininsel,  über  dem  Fischerfelde  hin.  In  unseren  Tagen  macht  sich 
das  Bedürfnies  nvehrerer  Brücken  gehend,  zugl^ch  aber  die  Schwie- 
ri^eit  die  pass^ide  Stelle  zu  finden,,  welche  nicht  allzuviele  Literes- 
sen verletzt,  möglichst  viele  berücksichtigt  So  hat  man  wol  auch 
zu  der  GaroKnger  Zeit  die  Brücke  nahe  an  die  Furt  gelegt,  zugleich 
aber  eine  neue  Strasse  ges(ihaffen,  welche  nicht  gehindert  von  den 
bestehenden  kleinen  VerhSttnissen  ^  breiter  dahinzog  und  erst  beim 
Johanniterhof  in  die  alte  nach  Norden  fährende  Strasse  mündet. 
Das  in  der  Tiefe  der  FiJirgasse  aufgefundene  Pflaster  dürfte  dann 
kaum  Römischen  Ursprungs  gewesen  sein. 

Weit  melyr  bebaut  als  der  nördliche  Abhang  war  die  Maininsel 
auf  dem  Abfedl  geg^s  Süden,  wo  die  Bend^rgasse  in  gleicher  Rich- 
tung mit  der  Hauptstrasse  zog,  nach  Erbauung  der  Königspaläste 


*'  Gewiss  UQrichtig  aber  ist  es,  wenn  der  l^ame  SachseBhausen  auf  ,,an- 
sSssig''  bezogen  wird,  wie  im  „Elsass'^  denn  so  würde  das  Wort  „hausen"  nur 
eine  llHederhotang  von  „sassen"  sein. 

16» 


—    2U    — 

I 

auch  die  Saalgasse ^  welche  von  diesen  nach  der  Furt;  oder  auch 
nach  der  Fahrgasse  führte.  Bei  dem  Eingang  in  den  Saalhof  verengte 
sich  die  Saalgasse;  sie  erhielt  in  westlicher  Bichtong  eine  Verlänge- 
rung nach  dem  andern  Königspalast^  in  der*  Mainzergasse.  Die 
Bendergasse  aber  blieb  auf  die  obere  Altstadt  beschränkt,  es  war 
keine  Veranlassung  für  eine  Ausdehnung  nach  der  unteren  Altstadt 
vorhanden. 

Als  eine  nördliche  Stadterweiterung  —  gewöhnlich  als  ^erste^' 
bezeichnet  —  über  den  Mainarm  erfolgte,  hatte  sich  wol  schon  jen- 
seits eine  Strassenanlage  vorbereitet,  die  Schnurgasse,  in  dem  Namen 
ebenso  wie  in  der  Veranlassung  ganz  übereinstimmend  mit  der  Zeil, 
welche  die  zweite  oder  eigentlich  die  dritte  Stadterweiterung  andeu- 
tet Battonn  giebt  sich  grosse  Mühe  im  dritten  Hefte  nachzuwdsen, 
wie  eigentlich  Schnurrgasse  müsse  gesprochen  und  geschrieben  wer- 
den, allein  er  selbst  macht  zugleich  darauf  aufinerksam,  dass  diese 
Gasse  vor  .  Zeiten  so  breit  als  die  Zeil  gewesen,  dass  also  das 
Schnurren  der  Bäder  drinnen  in  den  Häusern  nicht  so  störend  ge- 
wesen sein  möge.  Das  Volk  fragt  nicht  die  Gelehrten,  wie  es  schrei- 
ben und  sprechen  solle,  es  spricht  so  wie  die  Väter  gesprochen. 

Nur  drei  Gassen  führten  aus  der  Altstadt  hinüber,  nach  der 
damaligen  Neustadt,  die  Fahrgasse  westlich,  die  Bomgasse  mehr  in 
-der  Mitte,  die  neue  Krame  westlich.  Dies  mochte  dem  Bedürfniss 
nicht  genügen,  so  dass  die  Neugasse  noch  geschaffen  wurde.  Viel- 
leicht wurde  zu  diesem  Zwecke  der  Friedhof  auf  dein  Markte  dem 
Verkehr  geopfert  Wie  wichtig  die  Neugasse  gewesen,  das  zeigen 
die  vielen  Sackgässchen,  welche  in  sie  münden.  Die  Höfe  auf  dem 
nördlichen  Abhang  der  Maininsel  hinderten  die  Verbindung;  in  eig- 
nem Interesse  öffneten  sich  dem  Durchgang  der  Bebstock  und  der 
Nümbergerhof,  aber  nur  bei  Tage.  Jetzt  wurde  auch  die  Vertiefung 
des  alten  Mainarmes  bebaut,  besonders  von  Gewerben  welche  Wasser 
brauchten,  wie  Färbereien  und  Badstuben.  Nur  ein  gröaserer  Hof 
bildete  sich  zwischen  dem  Mainann  und  der  Schnurgasse,  der  Hof 
des  Johanniterordens.  Er  hat  wol,  wie  bemerkt,  die  verschiedenen 
abzweigenden  Strassen,  vom  Born  nordwärts,  beschränkt;  es  blieb  nur 
die  Borngasse,  bis  zu  welcher  der  Hof  hin  reichte. 

Für  den  Höhenrücken  des  neuumsehlossenen  Stadttheils  ist  die 
Döngesgasse  zu  halten,  mit  dem  liebfrauenberg.  Auch  sie  hatte  an 
diesem  Kreuzungspunkte  eine  Kirche.  In  ähnlicher  Weise  wie  die 
Döngesgasse  zur  Schnurgasse  sich  verhält,  scheint  auch  die  Vilbeler- 
gasse bei  der  Peterskirche  vorüber  nach  dem  Eschenheimerthore  eine 
Verlängerung  gehabt  zu  haben,   anders  liesse  sich  das  plötzliche 


—     2*5     — 

Umbiegen  der  Schäfergasse  (der  Fortsetzung  der  GelnhftasergaBse) 
beim  alten  Kirchhof  kaum  erklären. 

Es  mag  hier  des  Unterschiedes  in  der  Bezeichnung  von  Gassen 
und  von  Strassen  gedacht  werden^  welchen  Herr  Dr.  Finger  richtig 
gedeutet  hat.  Ersteve  bezeichnen  die  auf  beiden  Seiten  dicht  ange- 
bauten; mit  Häuser  besetzten  Wege  der  Altstadt^  Strassen  finden 
sich  nur  in  der  Neustadt;  sie  sind  unvollständig  bebaut  gewesen.  Aber 
auch  hier  werden  die  alten  Wege^  die  Allerheiligengasse  und  Brei- 
tengasBC;  die  Vilbelergasse  und  HammelsgassC;  die  Altgasse  und 
Schäfergasse ;  die  Eschenheimergasse;  in  der  Bezeichnung  selbst  als 
wol  bebaut  geschildert. 

Wenn  schon  bei  der  ersten  nördlichen  Stadterweiterung  es  sich 
ze%te;  wie  schwer  geeignete  Verbindungsmittel  geschaffen  wurden^ 
so  dies  noch  weit  mehr  bei  der  zweiten  nach  dem  Jahre  1333.  Auch 
diesmal  waren  es  nur  die  zwei  alten  Wege^  welche  zu  Strassenver- 
bindungen  der  Altstadt  und  der  Neustadt  verwendet  wurden;  die 
Fahrgasse  nach  der  Friedbergergasse  und  die  Borngasse  mit  der 
Hasengasse  nach  der  Schiimmenmauer;  jetzt  Stiftsstrasse.  Ausser 
diesen  hatte,  bis  vor  wenigen  Jahren,  die  Zeil  keine  Verbindung  mit 
der  Döngesgasse. 

.  Nicht  nur  fllr  die  Frankenfurt;  auch  für  das  ganze  Land  zwi- 
schen Bheiu;  Main  und  Odenwald  ist  die  Zeit  der  Franken  von  der 
höchsten  Bedeutung  geworden.  Zur  Bömerzeit  befand  sich  die  Haupt- 
Btrasse  welche  vom  mittleren  Bheine  nach  Osten  zog;  auf  der  rech- 
ten Mainseite«  Zur  Zeit  der  Fränkischen  Könige  wurde  das  linke 
Mainufer  das  betretnere.  Die  Fahr  über  den  Rhein  bei  Weissenau 
nächst  Mainz  wurde  ein  BeichsleheU;  die  Befestigung  bei  Büssels- 
heim  und  bei  Kelsterbach  wurden  strategisch  wichtige  Puncto.  Glän- 
zende Beichsversammlungen  werden  jetzt  auf  dem  linken  Mainufer; 
zwischen  Bhein  und  M^n  gehalten,  zahlreiche  Güterwagen  ziehen 
zwischen  den. aufblühenden  Reichsstädten  dahin. 

Die  Garolinger  hatten  auf  der  Mainspitze  einen  Königssitz  zu 
Trebur  oder  Treber  **.  Es  war  die  Nähe  von  Worms,  Oppenheim 
und  Mainz,  der  vortreffliche  Boden,  die  reichen  Wiesen  und  der 
nahe  Forst,  welche  für  die  Anlage  dieser,  an  der  kleinen  Schwarz- 
bach gelegenen  Villa  entschieden.  Ringsum  eine  freundliche  Aussicht, 


^*  Aach  dieser  Name  klingt  fremdartig,  man  hat  ihn  mit  Trier  in  Verbin- 
dang  gebracht,  an  eine  Pflanzstätte  der  Trevirer  gedacht.  Vergl.  Dilthey, 
Yölkerstämme  am  Mittelrhein,  Hess.  Archiv  Y.  8.  Hft. 


—    246     — 

begrenzt  durch  die  Hügel  jenBeits  des  BbebiSy  durch  den  Taunus, 
den  Odenwald.  Unter  den  Fränkischen  Kaisern  wurden  häufig  die 
Grossen  des  Beichs  nach  Trebur  berufen.  Von  den  drei  Kirchen, 
die  sich  daselbst  erhoben,  ist  jetzt  nur  noch  eine  einzige  übrig,  auf 
den  Grundmauern  der  St  Laurenzienkirche  erbaut.  Alle  übrige 
Herrlichkeit,  Kirchen  und  Palast  sind  fast  spurlos  verschwunden.  Man 
kennt  nicht  mehr  die  Stelle,  wo  der  E^aiserpalast  gestanden  ^'.  Tre- 
bur und  Königstedten  sind  reiche  Bauemdörfer  geworden,  aber  die 
alten  Strassen  haben  sich  erhalten.  Südöstlich  über  Geinshmm  geht 
der  Weg  nach  der  Bheinfurt  bei  Oppenheim,  die  alte,  hochgelegene 
„Hosterstrasse"  fihdet  sich  da  noch;  nordöstlich  zieht,  über  König- 
stedten, der  Weg  nach  der  Frankenfurt.  Dieser  Weg  ist  noch  auf 
alten  Karten  als  Königstedt^  Strasse  bezeichnet.  Er  führt  von  die- 
sem Orte  nach  den  Göndt-  oder  Gundhöfen,  von  da  unweit  dem 
Vier-Herrentische  oder  dem  Vier-HerrensteiQ  vorüber  nach  dem 
Königslacher  Bronn  beim  Frankfurter  Fonithaus.  Mir  ist  in  unsem 
Tagen  noch  von  Hasslocher  Waldarbeitern  diese  Strasse  als  ,yA£chaf- 
fenburgerstrasse^'  bezeichnet  worden,  auch  in  der  Hessischen  Gene- 
ralstabskarte ist  sie  so  au%ef)lhrt;  wahracheinlich  ist  sie  älter  als 
Frankfurt 

Für  diese  Strasse  nach  Südwesten  entstand,  in  verhältnissmässig 
wol  späteren  Zeiten,  ein  Uebergang  über  den  ehemaligen  Sachsen- 
häuser  Mainesarm,  die  Oppenheimerstrasse;  sie  ftLhrte  zum  Oppen- 
heimerthore,  durch  ein  schmales  Gässchen  in  Sachsenhausen  nach 
der  Dreikönigstrasse  und  der  Brücke :  es  ist  kein  alter ,  mit  der 
Frankenfurt  aufgewachsener  Weg;  der  Festungsgraben  schnitt  später 
die  Strasse  entzwei*®,  das  Landpfortchen  am-  XJlriclisteine  wurde 
erweitert,  dass  die  Wagen  durch  das  Schaumainthor  gelangen  konn- 
ten, aber  der  grosse  Verkehr  ging  doch  durch  das  AflTenthor. 

Von  dem  Schaumainthore  aus  führte  durch  Buschwerk  und  Wie- 
sen nur  ein  Fusspfad  nach  dem  Sandhof  und  nach  Niederrad.  Er 
überschritt  die  Königsbach,  hier  auch  Biedbach  genannt,  unweit  des 
Sandhofs  auf  dem  hohen  Steg,  an  der  Stelle,  wo  der  alte  Mainesarm 
durch  herabgeführten  Sand  hoch  überdeckt  ist  Bis  zum  heutigen 
Tag  muss  dieser  Pfad  und  dieser  Steg  dem  an  manchen  Tagen  so 
unendlich  gesteigerten  Verkehr  genügen.  Aber  dafilr  sehen  wir  auch 
an  jedem  schönen  Abend,   unbelästigt  von  dem  Staub  der  Carossen, 


*''  Vergl.  Benkard,  die  Reiohspaiästo  za  Tribar  etc. 

^t*  Erst  im  Jahre  1864  ist  die  Verbiadung  wiederfaergestelU  worden. 


—     2*7     — 

so  viele  Schaaren  glücklicher  Men  sehen  auf  diesem  Pfade  durch  das 
wogende  Korn  nach  dem  Walde  ziehen. 

Oberrad  ^^  mag  äher  a^n  als  Niederrad,  das  mehr  noch  in  der 
feuchten  Niederung  lag;  beide  aber  sind,  wie  wol  nicht  zu  be> 
zweifeln  sdn  mag,  weit  jünger  als  Frankfurt.  Es  waren 
gewiss  ärmliche  Bodeplätze,  sie  hatten  fast  keine  Ländereien.  £s 
mögen  nur  wenige  Wohnungen  gewesen  sein,  die  unterhalb  der  alten 
Strasse  nach  Offenbach  bei  dea  Quellen  in  der  Nähe  der  ELirche 
aufgebaut  wurden.  Die  Bewohner  trieben  ihr  Vieh  in  den  Frank- 
furter Wald,  der  Viehweg  bildete  das  Ende  des  Dorfes.  Im  vier- 
zehnten Jahrhundert  theilte  sich  Oberrad  mit  Sachsenhausen  in  den 
Waldboden,  der  bis  zur  Landwehr  hin  urbar  gemacht  wurde.  Wol 
der  Streitigkeit  wegen  über  den  Wiltbann  begünstigte  der  Frank- 
furter Bath  dieses  Boden.  Der  neue  Berg  ist  bis  auf  unsere  Zeit 
grosspntheils  mit  Beben  bepflanzt;  diese  Cultur  hat  die  Eigenthüm- 
lichkeit,  dass  sie,  wie  in  Sicilien,  gegen  Norden  gelagert  ist  Die 
Sachsenhäuser  theilten  mit  den  Oberrädem  den  Waldboden  durch 
eine  fast  ganz  gerade  Linie,  welche  die  Gränze  der  Oberräder  Ter- 
miney  bildet^. 

Es  führte  nach  Oberrad,  als  es  am  Bergesabhange  sich  erhob, 
ein  Fahrweg  von  der  Qnirinspforte  ostwärts  am  Fusse  des 
neuen  Berges  hin.  Der  alte  Weg  auf  der  Höhe  wurde  nach  und 
nach  verlassen.  Aber  die  neue  Strasse  reichte  nur  bis  Oberrad,  dort 
bogen  die  Güterwagen  nach  dem  Viehweg  ab,  und  gelangten  mit 
Vorspann  mtthsam  auf  die  alte  Strasse,  welche  sie  weiter  ostwärts 
verfolgten.  Dies  ging  so  bis  in  das  neunzehnte  Jahrhundert  hinein. 
Auf  der  Höhe  ist  jetzt  diese  Strasse  von  den  anliegenden  Grundbe- 
sitzerii  eingeschränkt,  sie  ragt  auf  und  zeigt  dass  sie  die  höchsten 
Stellen  auf  dem  Berge  benutzt.  Weiterhin,  da  wo  sie  von  dem  Kä^ 
borg  oder  Kessberg  nach  Offenbach  durch  eine  Hohle  herabfUhrt, 
gibt  sie  uns  noch  getreu  das  Bild  einer  alten  Strasse. 


*9  Oberrad  hiess  sonst  Ober  Rode ,  von  roden ,  ebenso  Nieder  Rode.  Die 
Wortbildung  ist  hier  verschieden  von  Ober  Roden  an  der  Rodau  oder  am  Ro- 
denbach;  dies  wurde  Ober  Roda  geschrieben. 

M  Noch  sweimal  hat  Oberrad  Stfkk^  des  Frankfurter  Waldes  f&r  den  Feld- 
bau eingeräumt  erhalten,  den  Kessberg  und  den  Teller.  Später  haben  die 
Frankfurter  ihren  grOssten  Schata,  den  Frankfurter  Waldr  gegen  alla  Anforde- 
rungen beharrlieh  gewahrt.  Erst  unseren  Tagen  blieb  das  früher  Ündenltbare 
vorbehalten^  dass  Abgeordneten  der  Frankfurter  Ortschaften  es  gestattet  wurde, 
mitzustimmen  über  die  Verwendung  des  Frankfurter  Waldes. 


—     248     — 

Wie  nach  Niederrad,  so  Allirte  auch  nach  Oberrad  ein  Fuas- 
pfad  vom  Thiergarten  in  Sachsenhaosen  durch  die  Wiesen^  über  die 
versumpften  Mainesarme.  Die  Wiesen  und  Felder  waren  zeitweise 
nicht  gangbar;  als  die  Umgegend  von  Sachsenhaosen  bereits  ange 
baut  war,  störte  noch  der  alte  Mainesarm  die  Cultur;  an  ihm  wen- 
dete der  Pflug,  wie  noch  heut  zu  Tag  die  Furchen.  Die  vereinzelte 
Baumgruppe  steht  auf  der  alten  Insel  zwischen  den  Mainesarmen  ^*. 

Wir  wenden  uns  zu  der  südlichen  Strasse  welche  nach  dem 
Hain  führte,  heute  noch  der  Haynerweg.  In  der  kürzesten  Bichtung 
führte  sie  von  der  AfPenpforte  über  den  Sachsenhäuser  Mainesarm, 
überschritt  ihn  auf  schmalem  Damme,  der  leicht  durch  einen  Schlag 
gesperrt  werden  konnte  ^',  und  zog  gerade  aus  den  Berg  hinauf.  Bei 
dieser  Stelle  zweigten  die  jüngeren  Strassen  ab,  rechts  zuerst  für 
den  Güterverkehr  eine  bequemere  Fahrstrasse,  an  welcher  die  Warte 
erbaut  wurde;  ^ann  nach  Westen  die  nach  Mainz  und  nach  Oppen- 
heim unten  am  Fusse  des  Sacbsenhäuserberges  hinführende  Statsse; 
nach  Südosten  die  Strasse  nach  Ditzenbach  und  naöh  Heusenstamm ; 
ostwärts  die  alte  Strasse  nach  Offenbach,  endlich  am  Fusse  des 
Mühlberges  die  jüngere  Strasse  nach  Oberrtfd. 

Der  alte  Hajnerpfad  war  vorzugsweise  wol  von  Fussgängem 
und  von  Heitern  benutzt,  für  Wagen  war  er  zu  steil.  Diese  zogen 
gemächlicher  der  Anhöhe  hinauf  auf  der  Strasse,  die  weiterhin  als 
der  „breite  Sandweg^'  bezeichnet  wurde,  sie  überschritt  südlich  der 
Sausteige  die  Eönigsbach  auf  dem  Sandbrückchen  (jetzt  beim  Men- 
delsohnsplatze) ;  den  Kesselbruch  umgehend,  gelangte  man  in  die 
alte  Weilen-Buh  ^,  nach  SprendUngen  und  nach  Langen.  Es 
liegt  noch  ein  grosses  Dunkel  über  der  Gheschichte  der  Drei-Eich; 
nicht  einmal  über  den  Ursprung  des  Namens  besteht  eine  Nachricht 
oder  eine  Sage.    Dicht  vor  dem  Thore  von  Dreieichenhain,  wo  die 


*i  Auf  einer  solchen  früheren  Insel  ist  auch  Bischofsheim  bei  Bergen  ange- 
baut. Dass  die  Ansiedelung  nicht  auf  der  rechten  Seite  des  Mainarmes,  am 
gesüuderen  Bergesabhang  geschehen,  dafür  läset  sich  kaum  ein  anderer  Grund 
angeben,  als  dass  dies  bessere  Land  schon  seinen  Eigenthümer  hatte.  Um  das 
Ende  des  vorigen  Jahrhunderts  erst  betrieb  es  der  tüchtige  Amtmann  Usener 
in  Bergen,  dass  auch  der  Sumpf  getheilt  und  zu  Wiesen  umgeschafren  wurde. 

"  Vergl.  Kriegk,  Bttrgerzwiste  S.  260  und  Anm.  141.  —  Der  Name  Quirins- 
pforte  wurde  wol  von  einem  der  Pförtner  entlehnt,  es  findet  sich  auch  die 
Bezeichnung  „Molen  Porte"  von  der  hohen  Badmtthle.  cf.  Acte  Mglb.  A.  46 
modo  CG.  Tom.  IX. 

33  Auch  der  Weilen  Rüg.  Weil  hiess  die  jetzt  fast  vertrocknete  Bach  bei 
Ysenburg.    Ruh,  auch  in  der  hohen  Hark  öfter  statt  Rüg,  Rüge,  Gericht. 


—     249     — 

Wege  nach  Langen  und  nach  Sprendlingen  sich  scheiden^  sollen  sie 
gestanden  haben.  In  dem  dicken  runden  Thurm  der  Burg  hat  man 
hoch  oben  einen  Römischen  Qrabstein  eingemauert  gefunden.  Jetzt 
steht  er  unten,  an  die  Kirche  angelehnt.  Schwerlich  hatten  die 
Römer  in  diesem  Sumpfe  sich  angebaut  Nach  einer  Mittheilung 
von  Pfarrer  Nebel  ^  stiess  man  kürzlich  beim  Graben  eines  Brun- 
nens in  der  Haupstrasse  des  Ortes  auf  ein  zweites  Pflaster,  weiter 
abwärts  auf  ein  drittes,  und  etwa  acht  Fuss  tief  auf  einen  Rost  von 
Eichenstämmen.  Das  passte  vortrefflich  zu  einer  Burg  des  Mittel- 
alters, aber  für  einen  Römischen  Feldberrn  hätte  doch  eine  solche 
Station  fem  von  der  Strasse,  in  abgelegener  Wildniss  und  im  Sumpfe 
keine  Bedeutung  gehabt. 

Die  deutschen  Burgen  haben  im  Ganzen  wenig  verändernd 
auf  den  Strassenverkehr  eingewiriLt.  Es  waren  entweder  hochge- 
legene Felsen  dafür  ausersehen,  wie  Cronberg,  Nüringen,  Homburg 
(Ho^nberg  oder  Hohenburg),  oder  aber  sumpfige  Stellen,  bei  welchen 
die  Sicherheit  hinter  Wassergräben  gesucht  wurde,  dies  bei  den  vielen 
Burgen  in  der  Niederung  des  Mainthaies,  dann  bei  der  Güntersburg, 
der  Schnepfenburg  u.  a.  m.  Diese  letzteren  waren  von  geringerer 
Bedeutung,  sie  sind  meist  zu  Höfen  herabgesunken,  oder  ganz  ver- 
schwunden, wie  die  Burg  der  von  Buchen  oder  von  Praunbeim.  An 
die  erstere  aber  knüpften  sich  vielÜBU^h  jüngere  Ansiedelungen, 
welchen  nicht  Ackerbau,  sondern  allein  die  Burg  Veranlassung  war; 
sie  schmiegen  sich  an  diese  an.  Homburg  scheint  ursprüngUch  gar 
keine  Gemarkung  gehabt  zu  haben,  erst  in  neu€Nster  Zeit  soll  die 
Kirdorfer  Gemarkungsgränze  aus  der  Stadt  hinaus  verlegt  worden 
sein.  Benachbarte  Dörfer  und  Höfe,  wie  Heucheisheim,  Dorn- 
holzhausen, Niederstedten,  schlössen  sich  dem  begünstigteren  Orte 
an ;  indem  sie  verödeten,  wuchs  dieser.  Aber  bis  auf  die  heutige 
Stunde  führt  von  der  Frankenfurt  oder  von  Bonames  kein  directer 
Fahrweg  nach  Hombui^.  Die  lange  Meile  hat  nie  ordentlich  Platz 
greifen  können. 

Es  hat  jede  Zeit  ein  Denkmal  auf  oder  in  den  Strassen  unserer 
G^end  hinterlassen.  Als  die  Waldenser  ihres  Glaubens  wegen  ver- 
folgt, aus  ihren  Thälem  geflohen,  wurde  ihnen  gestattet,  in  Walddorf 
und  in  Neu-Ysenburg  sich  anzusiedeln.  Die  Ysenburger  fanden  später 
Beschäftigung  in  Niederrad,  sie  zogen  täglich  durch  den  Wald  da- 
hin, den  Weg,  der  noch  heute  der  Wälschen  Weg  heisst;  früher  war 


^  Arohiv  f.  he8s.  Geschichte  9.  Bd.  8.  Hft. 


—   a&o   — 

er  als  ,,Wäl8chdorfferWeg"  bezeichnet.  Ergeht  nicht  gerade  aus  nach 
Sprendlingen^  sondern  nach  dem  erst  spät  gegründeten  Neu-Ysenbnrg. 

An  dem  Niederräder  Fusspfad^  auf  der  Anschwetttmung  welche 
die  Königsbach  über  den  Bruch  oder  das  Bied  herabgeführt;  hatte 
der  Deutsche  Orden  den  Sandhof  erbaut  Ihm  war  vom  Kaiser  die 
sumpfige  Niederung  westlich  von  Sadisenhausen  geschenkt  worden. 
Die  Holzhecke  daneben  wurde  der  Stadt  überlassen.  Streitig- 
keiten über  den  Schaftrieb  währten  lange  Zeit^  andere  knüpften  sich 
daran.  Der  Bau  einer  Festung  sdi  g^gen  die  Privilegien  der  Stadt, 
um  den  Graben  sei  keine  Mauer  zu  gestatten,  nur  ein  schlechter 
Rohrgraben  sei  aufzuwerfen.  Auf  dem  Sandhof,  nordwärts,  hatte 
der  Orden  einen  grossen  Schafstall  erbaut,  von  da  zogen  töglich  die 
Schafe  in  den  Wald.  Durch  einen  Vertrag  wurde  ihr  Weg  be- 
stimmt. Zwei  Reihen  von  Marksteinen,  auf  der  einen  Seite  mit  F, 
auf  der  andern  mit  dem  Kreuze  bezeichnet,  erinnern  noch  heute  an 
die  Grenze  der  Holzhecke  und  der  deutschherrlichen  Berechtigung. 
Bei  dem  Försteracker  steht  der  Schäferstein  No.  1,  bei  der 
Mainzerstrasse  No.  4;  im  Walde  ist  noch,  ein  Graben  zu  erkennen, 
welcher  die  Richtung  nach  dem  Königslacher  Bronn  einhält.  Er 
zeigt  uns  die  grosse  Breite  der  damaligen  Strasse.  Beim  Nieder* 
räder  Bruch,  am  Gartenzaun  des  Forsthauses,  steht  No.  11»  Von  da 
wandte  sich  der  Zug  südlich,  nach  dem  Hohlweg  und  dem  Ysen- 
bui^er  Loog,  wo  der  Stein  No.  37,  westlich  der  Main-Neckarbahn, 
etwa  eine  Ruthe '  nördlich  vom  Grenzgraben,  den  Schluss  bildet 
Weiter  östlich  ziehen  sie  zurück  nach  der  Königswiese. 

Um  die  Mitte  des  vorigen  Jahrhunderts  wurde  für  den  Wald 
eine  bessere  Bewirthschaftung  eingeführt.  Die  vielen  Wege  welche 
ohne  Ordnung  durch  den  Wald  liefen,  wurden  beschränkt,  gerade 
Strassen  gebaut.  Am  28.  Mai  1729  war  unfern  der  Königslache  der 
Grundstein  zu  einem  Oberforthause  gelegt  worden;  dort  wurde  die 
Mainzerstrasse  vorübergeführt,  nachdem  sie  sonst  bis  zu  den  Schäfer- 
steinen „wüstes  Land  aus  puren  Strassen  bestehend'^  gewesen.  Ihre 
Breite  wurde  auf  80  Schuh  ermässigt.  Im  Jahre  1728  war  bereits 
die  „neue  Darmstädterstrasse'^  über  Ysenburg  abgesteckt,  ebenso  die 
neue  Mehrfelder  Strasse,  ^so  Ihre  Durchlaucht  der  Herr  Landgraff 
von  Darmstadt  mit  eigner  hoher  Hand  abgesteckt  und  durcfakaueu 
lassen'^  Die  ,,neue  Schnaidt^  vom  Sandhof  nach  dem  Oberforsthause 
wurde  im  Jahre  1754  gehauen;  um  dieselbe  Zeit  auch  eine  Schnaidt 
vom  Oberforsthause  nach  dem  Weyler-Ruhe  Forsthaus  bei  Neu- 
Ysenburg.  Auch  der  Riedhöfer  Weg  nach  Niederrad  wurde  in  eine 
gerade  Linie  gemacht. 


—     26i     — 

Mit  den  Deutschen  Kaisern  sanken  auch  die  Sch&pftingen  ihrer 
Zeit,  die  Beichsstädte  verloren  ihre  Bedeutung,  mit  ilinen  verstummte 
das  geräuschvolle  Leben  auf  den  Strassen  die  dahin  ftlhrten.  Worms 
und  Oppenheim  sind  den  Frankfurtern  jetzt  fast  unbekannte  Städte, 
und  auch  die  Treburer  sind  fremd  geworden  in  der  verwandten 
Stadt  Die  reichen  Bauern  von  Hassloch,  Trebur  und  Königstedten 
fahren  einmal  des  Jahres,  im  Herbste,  nach  Frankfurt,  um  ihr  Kraut 
auf  den  Markt  zu  bringen;  sie  gelten  dort  fbr  Gerauer  Bauern. 
Aber  die  alten  Wege  haben  sieb  doch  erhalten*  Als  man  sich  bemühte 
im  Anfang  des  vorigen  Jahrhunders  die  vielen  Wege,  welche  den 
Wald  durchzogen,  zu  beseitigen,  andere  einzuschränken,  so  nament^ 
lieh  die  Mainzerstrasse  ,,auf  der  Königshaide  wüstes  Land  aus  puren 
Strassen  bestehend^^,  glaubte  man  dies  durch  einen  blossen  Erlass 
bewerkstelligen  zu  können.  Aus  einem  Plan,  den  teutschfaerrischen 
Schaftrieb  betreffend,  ergiebt  es  sich  wie  weit  man  dies  beabsich- 
tigte. Es  ist  darauf  noch  verzeichnet:  der  alte  Welschdorffer  Weg 
von  Niederrad  nach  Ysenburg  „so  dermalen  abgeschafft^;  die  alte, 
breite  ^nnn  abgeschaffte  Sandstrasse",  ,,der  Tränkweg  ist  abgeschafft", 
„die  Zwergstrasse  ist  abgeschafft"^  die  Kreuz-  oder  Königstedter- 
strasse  ^t  abgeschafft'^,  der  Diebsweg  am  Lieferstein  vorüber,  wo 
die  Gefangenen  sonsten  abgeliefert  worden^,  j^ist  nun  abgeschafft", 
die  Gundthofferstrasse  ^ist  abgeschafft"  —  und  alle  diese  alten 
Strassen  besteben  noch  bis  auf  den  heutigen  Tag,  und  gerade  diese 
alten,  gewundenen  Waldwege,  wie  der  Wälschenweg,  diese  Pfade 
voll  wunderbarer  Romantik,  geben  unserm  Walde  den  grössten  Beiz. 
Wie  gerne  entbehrten  wir  daneben  die  drohenden  neumodischen 
Parkanlagen. 

Auch  auf  der  Oppenheimerstrasse,  der  Geleitstrasse  über  Mehr- 
felden,  nahm  der  Verkehr  ab,  es  blieb  aber  das  Geleit  mit  allem 
Unwesen.  Bei  der  Königsbach,  am  Schlag,  wurde  es  überliefert  mit 
den  lüderlichen  Dirnen,  die  zur  Messe  ssogen;  nach  ihnen  wurde  die 
Königsbach  selbst,  voiq  Austritt  aus  dem  Walde  an,  die  Jungfem- 
oder Frauenbach  genannt,  zuletzt  erhielt  sich  der  Name:  Luderbach. 
Im  Jahre  1788  wurde  wegen  Begulirung  und  Chaussirung  dieser 
Strasse  zwischen  den  betheiligten  Begierungen  eine  Vereinbarung 
getroffen;  ne  sollte  vom  Apothekerhofe  am  Biedhof  und  Forsthaus 
vorüber  in  gerader  Linie  nach  der  Gehspitz ^®  geführt  werden;  die 


»  Vergl.  Grimm,  Rechts-Alterth.    S.  874. 

K  Gehspitz  ^  auch  Göhspits  —  wol  von  jäb,  weil  daselbst  der  Wald  and 
die  Gränze  sich  ansspitzte.  So  lag  auch  eine  Schenke  an  der  westlichen  Seite 
von  Eschborn  auf  der  Gehspitz,  dicht  an  der  alten  Königsleiaer  Strasse. 


—     252     — 

alte  GeleitstrasBe^  an  der  ZiegelhtLtte  vorüber  ^  sollte  eingehen  ^  das 
Ueberlieferungsmal  versetzt^  auch  die  unter  einem  Zelte  bei  dem 
Schlag  am  Schaf hof^^  von  Seiten  der  Reichsstadt  Frankfurt  gege- 
bene Collation  fürter  auf  dem  Biedhof  gegeben  werden.  Die  neue 
Strasse  wurde  bis  auf  die  Gränze  beendigt  und  befahren,  das  Geleit 
aber  noch  lange  auf  der,  bald  ungangbaren,  alten  Strasse  aufge- 
führt, weil  die  Form  des  Kecesses  fürstlich  Ysenburgischer  Seits 
beanstandet  worden  war. 

Mit  dem  Deutschen  Reiche  brachen  diese  Formen  ohne  Leben 
zusammen.  Die  Sonderstellung  der  Territorialherren  trat  jetzt  noch 
entschiedener  hervor;  die  Strassen  wurden  möglichst  nach  den  Resi- 
denzen geleitet;  die  Chaussee  nach  Oppenheim  ist  unvollendet  ge- 
blieben. 

Wie  in  der  Fabigasse  schon  längst  die  Spuren  der  Strasse  zur 
Frankenfurt  überdedit  sind,  so  werden  nun  bald-  auch  auf  der  Sach- 
senhäuserseite die  Neubauten  vor  dem  Affenthor  die  letzten  Reste 
dieser  Strasse  verschvnnden  machen.  Tief  unter  der  nsaen  Mühl- 
bruchstrabse  sind  sie  jetzt  noch  auf  einer  kleinen  Strecke  zu  erkennen, 
einige  Schuh  erhaben  über  dem  sumpfigen  Grunde,  von  Mäuerchen 
gestützt  oder  getragen.  Im  Jahre  1807  waren  Verhandlungen  über 
Erweiterungen  dieses  Weges  und  über  Reparatur.  Die  Mauer  am 
Frankenstein'schen  Grundstücke  hin  war  schadhaft,  von  „Staatspoli- 
zei wegen'^  wurde  Wiederherstellung  angeordnet^.  Zufolge  des  Be- 
richtes von  Stadtbaumeister  Hess  lag  der  Steinweg  um  Vieles  höher 
als  die  beiderseits  daran  stossenden  Gärten.  In  diese  herab  führten 
von  dem  Pflaster  Abzugsdohlen  für  das  Regenwasser.  Die  Mauer, 
so  hiess  es,  gehöre  dem  Eigenthümer,  dieser  habe  aber  servitns 
oneris  ferendi,  müsse  wegen  Verstärkung  der  Mauern  Land  von 
seinem  Grundstücke  hergeben.  Herr  von  Frankenstein  wollte  wol 
Land  zur  Erweiterung  hergeben,  aber  die  Kosten  der  Mauer,  welche 
auf  fl.  295  angeschlagen  waren,  wollte  er  der  Stadt  überlassen.  Es 
wurde  damals  von  Breiterlegung  und  Anlage  einer  Chaussee  statt 
des  schmalen  Stein wegs,  der  Kosten  w^en,  abstrahirt.  Im  Jahre 
1810  kam  die  Erweiterung  der  Landstrasse  wieder  in  Anregung. 
Diese  sei  bei  dem  Jassov'schen  Garten  so  eng,  dass  nicht  zwei  Wagen 
sich  ausweichen  könnten.  Der  Directorialrath  Guiolette  erstattete 
desshalb  Bericht.    Die  ganze  Gegend  gewinne  jetzt  bei  Abtragung 


5T  Die  wenigen  alten  Manerreste  ohnfern  der  Ziegelhfltte  stammen  wol  von 
diesem  Schafhofe. 

&8  Vergl.  Acta  Uglb.  A.  21.  Nr.  8. 


—     253     — 

der  Festungswerke  eine  andere  Gestalt;  es  möchten  die  Kosten  ans 
der  Demolitionscaflse  genommen  werden.  Wenn  mit  d^i  Besitzern 
eine  Verständigung  nicht  zu  Stande  käme^  so  würden  dieselben 
schiddig  sein  ^der  Strenge  nach'^  die  „yerkäufliche  Abtretung  selbst 
um  den  Taxationspreis^'  sich  gefallen  zu  lassen. 

Es  wurde  in  dem  genannten  Jahre  die  neue  Chaussee  westlich 
von  der  alten  Strasse  au^eschüttet,  und  so  über  den  früheren  Sach- 
senhäuser Mainesarm  gefuhrt  Der  alte  Steinweg  wurde  entbehrlich. 
Die  Pyramide  an  der  Quirinspforte  verschwände^. 

Es  hat  jetzt  wieder  eine  neue  Zeit  begonnen.  Im  Anfang  dieses 
Jahrhunderts  ist  die  Strasse  nach  dem  Rheine  wieder  auf  die  rechte 
Mainseite  verlegt  worden.  Aber  die  alten  Steinstrassen  genügen  nicht 
mehr;  Eisenstrassen  verbreiten  ihr  Netz  mit  wunderbarer  Schnellig- 
keit Als  zuerst  es  galt  Frankfurt  mit  dem  Rheine  auf  diese  Weise 
ki  Verbindung  zu  setzen ,  wirkte  die  Stadt  selbst  dahin  ^  dass  die 
neue  Eisenstrasse  auf  die  rechte  Mainseite  gelegt  werde.  Andere 
Interessen  haben  auch  für  das  linke  Mainesufer  eine  zweite  Eisen- 
strasse entstehen  lassen;  so  sehen  wir  jetzt  beide  Ufer  zugleich  dem 
Bedürfhisse  unserer  Zeit  dienstbar.  Und  wie  ein  Ufer  nicht  mehr 
genügte^  so  hat  auch  die  alte  Furt  nicht  mehr  den  neueren  Forde- 
rungen entsprochen;  eine  zweite  Brücke  musste  erbaut  werden.  Sie 
war  noch  nicht  vollendet;  als  am  18.  September  1848  das  erste  Deut- 
sche Parlament  in  der  Paulskirche  sich  bedroht  sah.  Hessische  Ar- 
tillerie; welche  die  alte  Brücke  gesperrt  fand;  rückte  auf  demEisen- 
babndamm  nach  der  neuen ;  wo  man  beschäftigt  war  Bohlen  auf  die 
Eisenschienen  zu  legen ;  denUebergang  zu  erleichtem.  Als  dies  dem 
Zwecke  nicht  entsprach;  commandirte  Hauptmann  Becker  ein  Marsch! 
und  die  Kanonen  rasselten  hinüber.  So  wurde  die  neue  Verbindungs- 
strasse eingeweiht 

Wir  leben  jetzt  in  einer  grossen  Zeit  Allerwärts  regt  sich  das 
Streben  das  zu  vollenden;  was  frühere  Jahrhunderte  Schönes  und 
Gutes  begonnen.  Der  Wust  wird  entfernt;  den  eine  traurige  Ver- 
gangenheit angesammelt.  Es  bew^  sich  wieder  der  Krahneu;  der 
so  lange  auf  den  Thürmen  ein  unverstandenes  Mahnzeichen  war; 
Baumaterialien   hebt  er  hinauf  das  Herrlichste  zur  Vollendung  zu 


^9  Im  Jahre  1764  wollte  der  chnrmainzische  Beamte  von  Steinheim,  der  die 
längst  abgerissene  Quirinspforte  nicht  fand,  das  Geleit  bis  an  das  Sachsen- 
häuserthor  fahren.  Es  entstand  darüber  eine  grosse  Aufregung.  Vor  der 
Wahl  Leopolds  wurde  darauf,  im  Jahre  1790,  eine  etwa  8  Fnss  hohe  steinerne 
Pyramide  mit  Inschrift:  „Quirinspforte*'  errichtet. 


—     25»     - 

bringen^.  Die  Frankenfurt  die  in  kriegerischen  Zeiten  dem  Krieger 
diente ,  sie  belebte  sich  später  im  friedlichen  Verkehr  der 
Stammesgenossen;  sie  bildete  das  Band,  das  den  Norden  mit  dem 
Süden  verknüpfte.  Den  Anwohnern  war  Tonnigsweise  die  schöne 
Aufgabe  geworden  dies  Band  fester  zu  schlingen,  den  Gedanken 
des  grossen  Kaisers  zu  höherer  Vollendung  zu  bringen.  Mit  der  Er- 
füllung dieser  Aufgabe  wuchs  ihre  Bedeutung  und  ihr  Glück.  Von 
dem  Rheine  wurde  die  Wahl  und  die  Ej*önung  des  Beichsoberhaupts 
nach  der  Frankenfurt  verlegt,  und  noch  jetzt  hat  das  GoUegium, 
welches  bestimmt  ist  die  Theüe  des  deutschen  Reichs  zusammenzu- 
halten, hier  seinen  Sitz.  Eis  mag  darum  nicht  impassend  sein  in 
nnsem  Tagen  an  die  Bedeutung  dw  Frankenfurt  und  an  die  Auf- 
gabe der  Anwohner  zu  erinnern. 

Im  December  1864. 


^  In  Frankfurt  zwar  ist  man  vielfsch  der  Ansicht,  unvollendet  sei  der 
Pfarrthurm  schöner! 


x^ 


Das  Recht  in  der  hohen  Mark, 

lit  besonderer  BerleksichtlgoDf  der  tigrenzendeB  Sealberg- Erienbteher  ete.H«rL 

Von  Br.  IPriedricli 


Einen  Wald  doch  kenn*  ich  droben 
BaaBchend  mit  den  grünen  Kronen, 
Stämme  brüderlich  verwoben, 
Wo  das  alte  Recht  mag  wohnen. 
Manche  auf  sein  Rauschen  merken 
und  ein  neu  Croschlecht  wird  st&rken 
Dieser  Wald  an  deotsohen  Werken. 

Eichendorff. 

In  einem  früheren  Aufsätze^  ist  versucht  worden  eine  üebersicht 
zu  geben;  welcher  Art  die  Verhältnisse  der  hohen  Mark  im  Taunus 
gewesen^  wie  sie  sich  entwickelt,  wie  sie  nach  eingerissenen  Miss- 
bräuchen zur  Th  eilung  hingeführt.  Die  Thatsachen,  zum  grösseren 
Theile  einzelnen  Akten  des  Homburger  Archivs  entnommen^  waren 
nur  fragmentarisch  zusammengestellt.  Seitdem  sind  die  Akten  des 
Frankfurter  Archivs  mit  dankenswerther  Freundlichkeit  mir  eben- 
falls zur  Einsicht  gestattet  worden';  ich  fand  mich  dadurch  veran- 
lasst noch  eine  besondere  Aufmerksamkeit  den  rechtlichen  Verhält- 
nissen dieser  Mark  zu  schenken  und  sie,  soviel  als  möglich,  zusammen- 
zustellen mit  den  Einrichtungen  der  Seulberg-  Erlenbacher  etc.  Mark. 
Die  Begriffe  von  dem  Recht  der  Märker,  der  Befugniss  des  Wald- 


«  Archiv  für  Frankf.  Gesch.  n.  E.  IL  S.  818. 

2  Eine  Bemerkung  von  Jacob  Qrimm  in  der  Vorrede  zum  4.  Bande  der 
Weisthümer,  eine  weitere  auf  S.  326  des  trefflichen  Werks  über  die  Gau-  und 
Markverfassung  in  Deutschland,  von  Thudichum,  zeigen  uns,  wie  sparsam  noch 
dem  Gelehrten  die  Brosamen  zugemessen  sind,  aus  denen  er  die  Wissenschaft 
fortzubilden  hat,  und  wie  sehr  die  Bereitwilligkeit  anzuerkennen  ist,  mit  welcher 
derzeit  das  Frankfurter  historische  Arohiv  auch  einem  grösseren  Kreise  zu- 
gänglich gemacht  wird. 


—     256     — 

potteDy  von  der  Stellung  der  Regierungen  den  Märkem  sowohl  gegen- 
über wie  dem  Waldpotten^  hier  in  dem  Herzen  Deutschlands  zur 
freiesten  Darlegung  gekommen,  werden  auch  weiterhin  mit  Interesse 
verfolgt  werden.  Sie  werden  nur  in  geschichtlicher  Entwickelung 
vorzuAihren  sein,  da  das  Recht  in  den  verschiedenen  Zeiten  ein  sehr 
verschiedenes  gewesen,  man  auch  hier  verstanden  Unrecht  zu  Recht 

w 

zu  machen.  Die  staatlichen  Verhältnisse  unseres  Vaterlandes,  welche 
gertide  jetzt  wieder  zu  ordnen  und  festzustellen  sind,  weisen  uns  be- 
sonders auf  die  Zeiten  zurück,  in  welchen  die  Gemeinde-  und  Marken- 
Verhältnisse  sich  gestaltet,  auf  die  Menschen  und  Gewalten  welche 
dabei  mitgewirkt,  auf  die  Sitten  und  Gewohnheiten  welche  treue 
Liebe  und  ängstliche  Fürsorge  ausgebildet,  auf  die  Umwandlung 
welche  Trägheit  und  Mangel  an  Selbstvertrauen  und  an  einträchtiger 
Opferberaitwilligkeit  gebracht.  Wir  wollen  beginnen  mit  dem  Zu- 
stande, wie  nach  Ausweis  der  ältesten  Urkunden  die  Rechtsverhält- 
nisse der  hohen  Mark  beschaffen  gewesen,  dann  übergehen  zu  dem 
Kampfe  welchen  sie  mit  List  und  Gewalt  zu  bestehen  hatten,  endlich 
den  Zustand  vor  Augen  legen,  in  welchen  die  Märker  nach  ihrem 
Unterliegen  gerathen  waren.  Es  soll  überall  der  Wortlaut  des 
Frankfurter  Archivs,  wo  es  zweckmässig  scheint  auch  die  Schreib- 
weise, möglichst  beibehalten  werden. 

Nirgends  findet  sich  die  geringste  Andeutung,  dass  das  Land 
am  Fusse  der  Höhe  je  den  Ansiedlem  oder  den  Ortschaften  ge- 
schenkt oder  überwiesen  worden ;  alles  deutet  vielmehr  darauf  hin, 
dass  das  Recht  derselben  auf  das  erste  Ausroden,  auf  die  erste  Be- 
sitzergreifung zurückzuführen  sei.  Und  wie  das  Fruchtland,  so  er- 
warben die  ersten  Ansiedler  den  Wald,  sie  benutzten  ihn  als  All- 
meinde  \  Da  er  gross  genug  war,  wurde  auch  den  später  hinzu- 
kommenden Ortschaften  der  Mitgenuss  leicht  gewährt.  Es  ist  glaub- 
lich dass  die  sämmtlichen  Waldungen  des  Taunus  oder  der  Höhe 
zu  der  Römer  Zeiten  allen  umliegenden  Ortschaften  als  Gemeingut 
gehörten  ^.  Die  Abtheilung  in  kleinere  Markgenossenschaften  fand 
wol  erst  später  durch  die  Merovinger  oder  durch  Karl  den  Grossen 
statt;  die  Hohemark  ist  nur  der  Rest,  wol  auch  war  sie  der  Kern 
der  früheren  Höhemark.    Ihre   Gränzen  fallen  westlich;  wenigstens 


3  Yergl.  Carti)  Beleuchtung  der  Ansprache  des  Klosters  Pf ävers  auf  sämmt- 
liche  Wälder  und  Allmeinden  der  Gemeinde  Vättis.    St.  Gallen  1831. 

^  J.  Grimm  hat  in  den  Recbts-Alterthflmem  S.  495  in  der  Note  die  Ansicht 
ausgesprochen,  dass  schon  zu  des  Tacitos  Zeiten  unter  den  Deutschen  festes 
und  geregeltes  Grundeigenthom  gegolten. 


—     25,7     — 

theilweise^  mit  dem  Bömerwege  vom  yicus  noyus  nach  d6m  Feld- 
bergscastell  zusammen,  ÖBtlich  aber  mit  dem  weit  älteren  Wege 
Yom  TanniiBübergang  bei  der  Saalburg  nach  Seulberg  oder  Esch- 
bach. Auf  dieser  Seite  scheint  der  Bömerweg  vom  vicus  novus  nach 
der  Saalburg  wenig  benutzt  und  neben  den  älteren;  natorwüchdigen 
Wegen  einerseits  nach  Seulberg  und  Obereschbach;  andererseits  nach 
Stedten  eehr  bald  in  Vergessenheit  gekommen  zu  sein.  Er  bewal- 
dete sich  allmählig.  Auch  gegen  Norden  bildete  der  Ffalgraben 
auf  kleineren  Strecken  eine  Gränze.  Die  Schwierigkeiten  welche 
einer  zweiten  Theilung  im  Anfange  dieses  Jahrhunderts  nach  dem 
Verfall  der  Markeinrichtungen  sich  noch  entgegenstellten;  sprechen 
dafür;  dass  die  erste  Theilung  eine  erzwungene  gewesen;  durch  Ge- 
walt herbeigeführt;  nicht  durch  freie  Bestimmung.  Es  war  mit  dem 
Schwert  durchgehauen  worden;  nicht  war  eine  durch  irgend  ein  Be- 
dürfniss  als  wünsch enswerth  erkannte  Scheidung  erfolgt.  Steinbach 
blieb  markberechtigt  ebenso  in  der  Cronberger  Mark;  wie  in  der 
Hohen  Mark;  Niedererlenbach  in  der  Hohen  Mark  zugleich  in  der 
Erlenbacher  Mark;  Köppem  in  dieser  letztgenannten  und  in  der 
Itodheimer  Mark.    Mancher  Streit  ist  daraus  erwachsen. 

Einen  Nachweis  über  das  hohe  Alter  der  Hohen  Mark  liefert 
die  Bestimmung  welche  den  Hegwald  „auff  der  Strassen^'  betrifft. 
Im  Weisthum  von  1401  heisst  es  darüber  :  ^Hauwet  aber  eyn  Wal- 
pode  in  der  gebückten  Hegemarg;  so  sol  der  lantman  nit  busseU;  ob 
er  darafiler  auch  darjnne  heuwet'  Bestinmiter  bezeichnet  das  In- 
strument von  1484  diese  Hege.  „Item  hauwet  jemandt  und  thut 
Schaden  in  der  gebickten  Hege  auff  der  Strassen;  und  wird  gerüget; 
der  ist  dem  Waltbotten  mit  zeben  Gulden  zu  Peen  verfallen;  und  soll 
ein  Waltbott  auch  selber  kein  Schaden  darinn  thun.  Wo  er  aber 
das  thät;  soll  er  dem  Landtmann  büssen.^  Wo  waren  diese  Strassen? 
Es  geben  darüber  spätere  Verhandlungen  Auskunft  ^  es  waren  dies 
die  alten  Strassen  von  Stedten  nach  dem  Weil-  und  üsathale  und 
von  Eschbach  nach  WehrheinL  Wie  alle  alten  Strassen  des  Taunus/ 
welche  einen  wichtigen  Zugang  oder  Uebergang  bildeten;  zur  Ver- 
theidigung  mit  einem  Gebück  auf  beiden  Seiten  versehen  waren ;  so 
auch  diese.  War  die  Strasse  durch  einen  Verhau  geschlossen;  oder 
wie  wir  jetzt  sagen  verbarricadirt;  so  wehrte  das  Gebück  dem  wei- 
tei'en  Vordringen  der  Feinde  zur  Seite  der  Strasse.  Dies  war  dess- 
halb  unter  einen  besondern  Schutz  gestellt  und  ebensowol  den  Wald- 
pott wie  die  Märker  bei   Beschädigung  mit  einer  Strafe  bedroht^. 

&  Die  gleiche  Strafe  von  zehn  Golden  finden  wir  imRiieingau  wieder,  auch 

dort  war  das  Gehen  oder  Kriechen  durch  dajs  Gebttok,  ja  das  blosse  Abschnei- 

17 


—    258     - 

Indem  aber  die  Bedeutung  des  Gkbücks  sich  verlor  ^  schwand  auch 
das  Verständniss  des  betreffenden  Gesetzes;  Der  Waldpott  nahm  die 
Hege  an  den  Strassen  als  sein  Eigen  in  Anspruch  ^  die  Märker  glaub- 
ten ihm  nur  gewisse  Bechte  daran  zugestehen  zu  müssen ;  Streitig- 
keiten entstanden  über  die  Gränzen  des  Bezirks ;  wie  der  Gerecht- 
same. Anstatt  die  ganze,  zwecklos  gewordene  Verfügung  aufzuheben; 
berief  man  sich  immer  noch  auf  das  Herkommen  dessen  Absicht  man 
schon  um  das  Jahr  1400  nicht  mehr  verstand. 

Oberursel.  Es  scheint  Oberursel  in  früheren  Zeiten  der  wich- 
tigste Punct  an  der  .Höhe  gewesen  zu  sein.  Vielleicht  war  es  seine 
Lage,  welche  dasselbe  zum  Vereinigungsort  der  Markgenossen  ge- 
macht. Dies  Vorrecht  ihm  zu  entreissen  ist  dem  später  aufstrebenden 
Homburg  bis  in  die  letzten  Zeiten  der  Genossenschaft  nicht  gelungen. 
Wäre  die  Einsetzung  des  Waldpotten  ein  Werk  der  Märker  gewe- 
sen,  so  würde  der  Sitz  des  Schirmherm  bald  der  natürliche  Ort  der 
Zusammenkunft  der  Beschirmten  geworden  sein.  Aber  »o  hwge^.  so 
weit  die  Geschichte  der  Mark  verfolgt  werden  kann,  zeigt  sie  uns 
einen  Kampf  des  Schirmherm  und  der  Beschirmten ,  ein  starres 
Festhalten  der  Märker  an  ihrem  alten  Herkommen ,  ein  stets  sich 
gleich  bleibendes  Misstrauen  derselben  gegen  den  Obristen  Märker 
und  Waldpotten. 

Ein  Vorzugsrecht  oder  eine  besondere  Pflicht,  vielleicht  aus  der- 
selben Veranlassung,  könnte  f)ir  Oberursel  aufgefilhrt  werden,  die 
Pflicht  den  Wald  zu  löschen,  wenn  er  zu  brennen  anging.  Daa  war 
im  Art.  12  des  Instruments  von  1484  vorgesehen  und  ak  die  Urseller 
in  dem  Streite  über  die  Wiesen  an  der  Hünenburg  zu  Ausmärkem 
erklärt  werden  sollten,  protestirten  sie  im  Jahre  1592  gegen  die  Aus- 
schliessung,, und  die  Märker  stimmten  ihnen  bei:  es  seien  „in  der 
Marckordnung  etliche  Articul  so  die  Urseller  insonderheit  berühren, 
also  dass  sie  die  Marck  leschen  uff  den  Fall  darin  entstandener 
Feuersbrunst'';  dies  hätte  bei  der  Ausschliessung  geändert  werden 
müssen.  (Mglb.  E.  29.  I.) 

Die  Hohe  Mark  ist  wol  auch  „Urseller  Mar<^^  oder  ^omburger 
Marck''  genannt  worden.  Die  letztere  Bezeichnung  liebte  der  Wald- 
pott und  seine  Beamten,  die  Märker  aber  widerstrebten«  Auf  dem 
Märkerding  vom  22  Mai  1Ö83  legte  Jost  Vestenberger,  der  Keller 
von  H(^mburg,  eine  neue  Ordnung  „der  Homburger  Marck"  vor,  ob 


den  einer  Spiesagerte   verpönt.    Vergl.   Bodmann,    Rheinganer   Alterthümer 
U.  S.  319. 


—    3S9     — 

die  Märker  dieselbe  annehmen  wollten.  Diese  wiesen  sie  von  der' 
Hand,  weil  sie  ein  gut  alt  Instrument  hätten.  Als  drei  Jahre  später 
die  gleiche  Anforderung  wieder  gestellt  Worden ,  bemerkten  sie  ^die- 
weil  ein  zeitlich  hero  der  Oberste  Waltpott  ein  Herr  der  Mark; 
und  die  Höhe  Marck  die  Homburger  Marck  benannt  wöll  werden; 
wofern  dann  das  dem  Eygenthumb  und  der  Märcker  Recht  unab- 
brüchlich  verstanden  würde ,  weren  sie  damit  zufrieden.  Im  Fall  aber 
künftiglich  etwas  anders  daraus  erzwungen  werden  solt,  piotestirten 
sie  gegen  solche  Namen  und  wüssten  die  nit  anzunehmen  oder  zu 
approbiren^^  Dagegen  behaupteten  die  hessischen  Gesandten  „es  were 
die  Marck  vor  Alters  die  Homberger  Marck  genennet  worden ;  bei 
dem  Namen  solle  es  auch  hinforter  billig  verpleiben'^.  Der  Märker 
Ausschuss  aber  erwiderte  mit  anderm  darauf  „so  viel  die  neue  Be- 
nennung berühre,  were  der  Ausschuss  zufrieden  das  die  Mark  die 
Höhe  Mark  (wie  vor  Alters)  und  niöht  die  Homberger  oder  Urseller 
Mark  mit  neuem  Namen  genannt  würde.^ 

Umfang  der  Hohen  Mark.  Gewiss  umfasste  ursprünglich 
die  Höhe  Mark  das  ganze  Gebiet  von  der  Nidda  bis  auf  die  Höhie| 
hin,  zur  Weil  und  vielleicht  zur  Usa^  Wenn  allmähg  auch  das  Frucht- 
feld mehr  und  mehr  getheilt  und  abgegränzt  wurde,  so  blieb  doch 
der  alte  Begriff  der  Gesammt-Mark  bestehen  ^  Märker  war  der  Be- 
wohner dieser  Mark,  er  hatte  das  Becht  an  der  gemeinsamen  Be- 
nutzung des  ungetrennt  gebliebenen  Markwalds  Theil  zu  nehmen.  . 
Dieser  Wald  wurde  dann  vorzüglich  verstanden  unter  der  Hohen 
Mark,  er  war  durch  einen  Graben,  die  Landwehr,  abgeschnitten  von 
dem  Felde,  zugängUdi  nur  auf  Strassen,  welche  durch  einen  „Schlagt 
gesperrt  werden  konnten.  Ein  solcher  Schlag  wird  namentlich  aufge- 
führt im  Häuserfeld  bei  Oberursel  und  bei  Oberstedten.  Durch  Ein* 
rodimg  wurde  im  Verlauf  der  Jahre  noch  manche  Strecke  Waldes 
auch  jenseits  der  Landwehr  der  Gemeinheit  entzogen. 

Die  Bezeichnung  selbst  ^die  Höhe  Marck^  weist  darauf  hin, 
dass,  wie  bereits  bemerkt,  diese  Mark  vor  Zeiten  die  ganze  Höhe, 
oder  den  Taunus,  umfasst  habe,  dass  erst  im  Laufe  der  Zeiten  ein- 
zelne Bezirke  davon,  westlich  und  östlich,  sind  abgeschnitten  wor- 
den. Die  Hohe  Mark  blieb  immer  noch  die  bedeutendste,  sie  behielt 
auch  den  fdten  Sammelplatz  der  Märker,  die  Aue  vor  Oberursel, 
und  in  ihr  ist  der  alte  Geist  wol   am  längsten  lebendig  geblieben. 


<  lieber  die  Herleitong  des  Wortes  „Mark"  s.  Grimm,  Recbtsalterthümer 
S.  494  fr. 

17» 


—     360    — 

Dies  zeigt  sich  schon  wenn  wir  sie  mit  der  Seulberger^^  Erlenbacher- 
etc.  Mark  *  zusammenstellen.  Schon  der  Name  legt  uns  hier  bei  der 
letzteren ;  ebenso  wie  der  Versammlungsort;  vor  AugeU;  dass  diese 
Genossenschaft  willkürlich  gebildet  worden  ist;  wo  nicht  gewaltsam. 
Sie  hatte  keinen  natürlichen  Mittelpunct;  die  dazu  berechtigten  Ort- 
schaften waren  alle  von  ziemlich  gleicher  Geltung;  Seulberg;  Ober- 
und  Nieder -Erlenbach;  Petterweil;  Holtzhausen  und  Köppem.  Nur 
letzteres;  welches  jenseits  der;  die  Grenze  der  Mark  bildenden  Eöp- 
p^nerbach  gelegen  ist;  auch  bei  der  Bodheimer  Mark  betheiligt 
war;  trat  einigermassen  zurück.  Das  meiste  Gewicht  scheint  in  alte* 
ren  Zeiten  in  Ober -Erlenbach  gelegen  zu  haben.  Als  Ort  für  das 
Märkergeding  war  ein  Platz  auf  freiem  FeldO;  auf  derMainzerstrassC; 
bestimmt;  so  ziemlich  in  der  Mitte  zwischen  den  Ortschaften;  allen 
gleich  günstig;  oder  gleich  ungünstig  gelegen  Kein  Baum;  keinerlei 
Vorrichtung  schützte  hier  den  Märker  bei  Wind  und  Wetter.  Als  im 
Jahre  1539  Diether  Gewend;  der  Keller  zu  Homburg;  die  Seulberger 
zu  sich  auf  einen  besonderen  Ort  nahm,  haben  die  andern  Märker 
„nit  nachfolgen  wollen ;  und  sich  alsobald  ein  Irrthumb  des  Platzes 
uff  welchem  man  Merckergeding  zu  halten  pflegt  erhoben^.  Es  behaup- 
teten die  andern  Ortschaften  „uff  dem  Platz  und  breiten  W^e  dar- 
auf sie  stunden;  welches  der  Menzer  Wege  genannt;  were  das  Mer- 
ckergeding gehalten  worden  von  Alters  her".  Man  verglich  sich 
dass  die  ehesten  Mercker  sollten  auf  den  Platz  treten;  wo  das  Mer- 
ckergeding von  Alters  her  gehalten  were  worden.  Dies  geschah: 
es  war  ein  Graben  vor  kurzem  dahin  gemacht  worden.  —  (Mglb.  E. 
30.  n  b.  173.)  —  Nach  dem  offen  Instrument  von  1486  ist  die  Ver- 
sammlung gewest  „uff  eym  flecken  zusehen,  Sulburg;  Hultzhusen 
und  Obern  Erlebach  da  man  das  Merckerding  über  die  Irlenbacher 
Margk  gewonlichen  pfleget  zu  halten".  In  dem  Abscheit  von  1488 
heisst  es:  „uff  der  weyde  bij  Obern  Erlebach*.  Dann  wieder  im 
Jahre  1498  ist  „man  abermak  uff  dem  flecken  ober  Obem-Erlebach 
am  Merckergeding  gewest".  (Mglb.  E.  30.  No.  2.)  — 

Auch  die  Wiesen  waren  allmälig  der  hohen  Mark  entfremdet 
worden;  wenn  auch  einige,  so  namentlich  die  SchrderwiesC;  bis  zur 
Theilung  dabei  verblieben.  Allein  eigenthündicher  Weise  blieben  die 
auf  den  Wiesen  stehenden  Waldbäume  Eigenthum  der  Märker.  Es 
fand  hierüber  am  26.  Juni  1595  eine  Verhandlung  zu  Homburg  statt; 
es  wurde  vorgelegt;  dass  Kilian  Kühu;  ein  Bürger  von  Oberursell 
einen  Eichenstamm  in  seiner  Wiesen  an  der  Hünerborgk;  in  der 
Höhe  Mark  gelegen;  abgehauen  und  heimgeführt;  ist  von  Phil.  Wolffs; 
Märkermeister  umgefragt  worden;  ob  nicht  solcher  Stamm  den  sämmt- 


—     261     — 

liehen  Märkem  zustehe.  Die  ürBeller  behaupteten  soldie  Stamm  ge- 
hörten  denjenigen  ^  dessen  die  Wiesen  eigenthümlich  wären;  diesel- 
bigen  köimten  selbiger  Stfimme  ihres  gefallens  sich  gebrauchen.  Da 
aber  aus  dem  Steinbuch  und  aus  der  Markordnung  zu  ersehen  ^  dass 
alle  Stämme ;  so  in  Wiesen  innerhalb  der  Mark  gefunden  werden 
den  sämmtlichen  Märkem  eijgenthümlich  zustehen^  als  haben  sämmt- 
liehe  Märker  (exceptis  UrsuUanis)  gedachten  Eilian  Kühn  wegen 
freyels  zur  Buhe  (Rüge)  und  straff  verwiesen.  Man  nahm  keinen 
Anstand  so  in  eigner  Sache  zu  entscheiden. 

Wie  bei  der  Hohen  Mark  Homburg  den  Namen  der  Homburger 
Marck  gerne  eingeführt  hätte ,  so  liebten  es  die  Homburger  Beamten 
die  benachbarte  Mark  nach  Seulberg;  welches  zur  Homburger  Herr- 
schaft gehörte;  zu  benennen.  Die  Beamten  von  Frankfurt  zogen 
ihrerseits  die  Bezeichnung  „Erlenbacher  Marck^'  vor^;  die  Märker 
selbst  aber;  da  sie  alle  Ortschaften  nicht  wol  nennen  konnten;  sagten 
stets:  Die  Seulberger-;  Erlenbacher-  etc.  Marck.  .  Dies  etc.  fehlt 
in  den  älteren  Documenten  fast  nie.  Die  Ortschaften  hielten  darauf 
dass  die  Gleichberechtigung  gewahrt  bliebet  Die  Unzweckmässig- 
keit  des  Platzes  auf  dem  das  Märkerding  gehalten  wurde ;  trug  wol 
dazu  bei;  dass  in  dieser  Mark  frühe  schon  Vorsammlungen  dar 
Ort^orständC;  der  Markhäupter;  zugelassen  wurden;  bei  welchen  die 
Markordnung  beratheu;  diese  dem  Märkerding  später  nur  zur  Be- 
stätigung vorgelegt  wurde.  Diese  Vorversammlungen  der  Markbäup- 
ter  fanden  abwechselnd  bei  einem  der  Wirthe  statt;  doch  wol  am 
meisten  in  Ober -Erlenbach.  So  finden  wir  sie  im  Jahr  1590  auf 
Donnerstag  nach  Oculi  zu  Ober-Erlenbach  in  Job.  Beckers  Wirths- 
behausung.  Die  Schultheissen  und  Märckermeister  erschienen  dort 
und  habeur  sich  mit  dem  Homburger  Anwalt  allda  „bequemlicher 
Gelegenheit  halben;  (weil  sonsten  dem  Instrument  oder  Weissthumb 
nach  die  Marck  ....  auf  der  Auwe  in  der  Lohe  zwischen  Seulberg 
und  Erlenbach;  genant  Maintzer  Bisthumb  bestellet  und  versehen 
werden  sollte)  einer  gewissen  Weise  und  Ordnung  erregter  Margk 
zum  besten  untereinander  vereiniget;  verglichen^  ....  Im  darauf 
folgenden   Jahr   1591    war   die  Vorversammlung   wieder   zu   Ober- 


'  In  den  Protocollen  oder  Berichten  ist  dies  indess  ebeDSOwol  auf  Ober- 
Erlenbacb,  wie  auf  Nieder-Erlenbach  bezogen.  Im  Jahre  1539  heisst  es :  Beriebt 
ttber  die  Sewelberger  und  obem  Irlebecher  Gemark;  im  Jahr  1541  aber  „Mark- 
geding  der  Sewlnbnrger  odder  Nidderlrlenbecher  gemarok*'. 

8  Bei  Gelegenheit  der  Beschwerden  gegen  den  Waldpotten  wird  im  Jahre 
1606  auch  die  Bezeichnung:  Nidder-Erlenbach  und  Holtzhauser  Mark  gebrauoht 


—     262     — 

Erlenbach;  im  Frotocoll  findet  sich  die  Entschuldigung,  dass  nach 
dem  Instrument  zwar  die  Zusammenkunft  in  der  Lohe  zwischen 
Seulberg  und  Erlenbach  auf  der  Awe  genannt  Maintzer  Biedthumb 
statt  haben  soUe^  ^aber  von  wegen  der  Ungelegenheit  des  Orts  ^  auch 
des  unbeständigen  rauwen  zeittig  furgefallnen  ungewitterf  alterß 
her  woll  angeordnet  worden,  daß  man  den  Donnerstag  zuvor  in  der 
Marckflecken  einem  zusamenkommen  und  sich  einer  gewissen  Ord- 
mmg  (welche  nachmals  auf  dem  Merckergeding  an  gewöhnlicher 
Mahlstatt  publiciret  worden)  verglichen  hat*'.  Im  Jahre  1592  kommen 
die  Markhäupter  in  Fetterweil  auf  dem  Bathhause  zusammen,  1593 
und  1595  erscheint  der  Ausschuss  wieder  zu  Ober-Erlenpach  in  Joh. 
Beckers  Wtirts  Behausung  auf  der  ober  hinder  stuben  gegen  der 
bacbe;  1596  zu  Petterweill  in  der  gemeinen  Herberg,  1599  wieder 
zu  Ober-Erlenbach  in  der  Herberg  zum  weissen  Ross  in  der  oberen 
Stube;  1602  zu  Köpffern  in  Jost  Schweitzers  Gasthalters  Behausung; 
1608  zu  Köpffern  in  Conrad  Lorey  Schultheissen,  Behausung.  — 
(Mglb.  E.  30.  in.)  9  ^ 

Urkundliche  Quellen.  —  Die  Akten  welche  uns  über  die 
Hohe-  und  über  die  Seulberg -Erlenbacher-  etc.  Mark  aufbewahrt 
sind,  gewähren  uns  vielleicht  einen  tieferen  Blick  in  die  vorgeschicht- 
lichen Zeiten  derselben,  als  die  wenigen,  zum  Theil  räthselbaffcen 
Aeusserungen ,  welche  Römische  Schriftsteller  uns  darüber  hinter- 
lassen. Wir  finden,  ai)ge8ehen  von  der  Römischen  Herrschaft  in  die- 
sem Lande,  nicht  eine  einzige  Andeutung,  dass  die  Verhältnisse  da- 
selbst je  eine  durchgreifende  Aenderung  erlitten ,  weder  einen 
herrschenden  Stamm  noch  einen  besiegten,  keine  Sage  von  einer 
allgemeinen  Aus-  oder  Einwanderung.  Das  Volk  ist  aus  dem  Boden 
in  allen  seinen  Verhältnissen  erwachsen  und  mit  ihm  verwachsen. 

Es  scheint  dass  eine,  von  allen  zur  Hohen  Mark  Betheiligten 
als  maassgebend  anerkannte  ProtocoUftthrung,  eine  urkundliche  Fest- 
stellung der  Verhandlungen  und  Beschlüsse,  in  den  älteren  Zeiten 
wenigstens,  nicht  angeordnet  war.  Die  ältesten  vorhandenen  Auf- 
zeichnungen über  die  Märkerdinge,  aus  dem  Anfange  des  15.  Jahr- 
hunderts, wenn  sie  im  Wesentlichen  auch  dasselbe  berichten,  sind  in 


9  Es  mag  nicht  überflüssig  sein  hier  auf  andere,  ähnliehe  Verhältnisse  hin- 
zudeuten. Als  nach  den  kirchlichen  Spaltungen  Appenzell  Inner  roden  von 
Ausserroden  sich  trennte,  behielt  ersteres  den  alten  Landsgemeindeplatz  im 
Dorfe  selbst  bei ,  das  letztere  wechselte  aber  nun  ab  mit  einer  Ländsgemeinde 
in  Huntwyl  und  in  Trogen. 


—    263     — 

der  Fassimg  oft  ganz  yerschieden.  Die  Abgeschickten  der  Herrschaf- 
ten haben  wol  jedesmal;  oder  doch  gewöhnlich;  einen  solchen  Bericht 
eingereicht;  nicht  immer  war  er  unterzeichnet  ^^.  Der  gemein  Märker; 
der  lantmau;  liebte  nicht  die  schriftliche  Feststellung  der  Verhält- 
nisse, iiir  ihn  zeichnete  Niemand  ein  Protocoll  auf.  Bei  vielen  G-e- 
legenheiten  tritt  sein  Widerwille  vor  dem  sich  fest  binden  in  ge- 
schriebenem Wort  deutlich  zu  TagC;  er  verlangt  dass  man  aus 
j^leb^üdigeu;  unpartheiischen  Zeugen^  das  Becht  darthue.  Nur  in 
seltenen  Fällen;  so  z.  B.  bei  Gelegenheit  der  Weisung  von  1484; 
haben  die  Märker  selbst  „eine  Verzettelung^  überreichen  lassen. 
In  späteren  Zeiten  hatten  freilich  auch  die  gem.  Märker  ein  beson- 
deres Archiv  in  Oberursel;  und  im  Jahre  1782  wurde  sogar  beantragt; 
dass  jedesmal  den  Markschultheisaen  der  Hauptortschaften  die  Ab- 
schriften der  abgehaltenen  ProtocoUe  ausgefertigt  würden  ^^.  (Mglb. 
K  31.  n.  169.) 

Der  Waldpott  seinerseits  hatte  nicht  nur  ein  Archiv;  sondern 
wusste  es  auch  sehr  gut  zu  verwenden;  doch  sind  regelmässige  Pro- 
tocoUe wol  erst  nach  Einführung  des  Markschreibers  üblich  gewor- 
den. Ein  Buch  in  Quart  mit  dem  Titel  „Hocher  Marck  Protocoll;  ahnge- 
fange  Anno  166(y'  geht  bis  zum  Jahre  1700.  Wahrscheinlich  sind 
deren  noch  mehre  in  dem  Homburger  Archiv.  Gar  nicht  selten  berief 
sich  der  Waldpott  aiif  frühere  Beschlüsse;  deren  sich  der  gemein 
Märker  nicht  mehr  erinnert;  oder  deren  Existenz  er  geradezu  be- 
streitet. Besonders  gilt  dies  von  dem  unheilvollen  Beschluss  des 
Jahres  1547.  In  solchen  Fällen  wandte  sich  der  MSrker  wol  an 
seine  Herrschaft:;  die  dann  „Zettel  und  Instrumente^  vorbrachte. 

Bei  Gelegenheit  der  Aufstellung  von  Beschwerden  und  Gegen- 
beschwerden  i.  J.  1702 — 1703  bemerkte  man  Homburgischerseits : 
es  s^i  auf  deni  Märkergedingsabschied  de  anno  1547  dem  Herrn 
Obrist  Waldbotten  erlaubt  worden  „auf  der  Strasse"  zu  hauen.  Die 
Märker  entgegneten:  es   sei  ihnen   unbekannt;   dass  in  anno  1547 


'  10  In  Mglb.  E.  29.  III.  S.  150  findet  sich  der  Bericht  des  Schultheissen  B. 
Hildebrandt  zn  Bonames  aus  dem  Jahre  1595  zugleich  mit  der  Instruction  des 
Raths.  Mitglieder  des  Raths  selbst  erhielten  zn  wichtigeren  Verhandlungen 
wol  eine  Vollmacht  mit,  nie  aber  eine  schriftliche  Instruction. 

11  Dies  war  bei  der  Senlb.  Erlenbacher  etc.  Mark  schon  l&ogst  geschehen. 
In  der  Markordnung  von  1588  Art.  22  wurde  festgesetzt,  es  solle  jedem  Mark- 
flecken, damit  der  Ordnung  naohgelebet  werde,  „uff  begehr  zur  Noth  Gopey 
daraus  mitgetheilet  werden*'.  Johannes  Zang^,  zu  der  Zeit  Markschreiber,  be- 
sorgte diese  Abschriften  mit  Eifer,  sie  wurden  besonders  bezahlt  Auf  der 
Abschrift  von  1602  ist  der  Lohn  bemerkt :  Taxa  7  Patzen  von  4  Bogen. 


—    264    — 

I 

wegen  der  Strasse  etwas  yergUchen  sein  solle/  so  dem  alten  Mark 
Instramente  entgegen  war,  vielmehr  sei  damals  der  Strasse  mit 
keinem  einigen  Wort  gedacht  worden;  es  liege  dem  Obiiaten  Herrn 
Waldbotten  ob  ^darch  Producirung  gedachten  Abschieds  in  forma 
authentica^  sein  Vorgeben  darzuthun« 

Bei  besonders  wichtigen  Grelegenheiten  wurde  ein  kaiserlicher 
Notar,  ein  Offenschreiber,  requirirt  und  ein  Instrument  über  den  Vor- 
gang aufgenommen.  Es  war  dies  der  Fall  bei  dem  Märkergeding 
von  1484,  auf  Mittwochen  nach  St.  Margareth^i  gehalten.  Dies  In- 
strument genoss  zu  allen  späteren  Zeiten  das  höchste  Ansehen,  ja 
Verehrung;  es  wurde  zu  verschiedenen  Zeiten  wieder  abgedruckt, 
um  die  späteren  Nachkommen  mit  seinen  Satzungen  bekannter  zu 
machen  ^*,  Zusätze  wurden  für  erlaubt  gehalten,  allein  Abänderungen 
nur  wenige  und  mit  Widerstreben  vorgenommen,  selbst  Bestimmun- 
gen die  längst  aus  der  Uebung  gekommen,  wurden  nicht  aufgehoben. 
Das  Märkerding  von  1484  auf  Mittwochen  nach  St  Margareiha  ge- 
balten, war  ein  ungewöhnlich  feierliches,  der  Walpott  sdbst  war  er- 
schienen mit  seinen  Schultheissen  und  Bäthen,  auch  der  dreien  Herr- 
schaften, der  Stadt  Frankfurt  und  der  Ritterschaft  von  Reiffenberg 
Amtleut,  Bäthen,  Bathsmann  und  Sendbotten,  und  eine  grosse  Menge 
Schultheissen,  Märker,  Hübner  und  Landleute.  Als  das  Märkerding 
geheget,  hiess  der  Waldpott  die  Schultheissen  sie  sollten  die  ungehor- 
samen Märker,  die  ausgeblieben,  rügen.  Dann  wurde  auf  Begehren 
des  Waldpotten  während  einer  Zeitdauer  von  etwa  acht  Stunden  des 
Waltpotten  Herrlichkeit  und  der  Marck  Bechte  geweiset,  und  zwar 
mit  Zugrundelegung  einer  ^Verzettelung^'  in  welcher  die  Puncto, 
über  welche  zu  weisen,  verzeichnet  standen.  Die  Verhandlungen 
wurden  durch  zwei  Offenschreiber  niedergeschrieben,  und  diese  beide 
namens  der  drei  Herrschaften,  der  Stadt  FrankAirt  und  der 
Bitterschaft  von  Beiffenberg,  auch  von  etlichen  Schultheissen 
als  von  der  Märker  wegen  ersucht  ihnen  zu  ewiger  Gedächt- 
niss  darüber  zu  machen  eius  oder  mehr  offen  Teutsch  Instru- 
mente.      Auch    der    zugezogenen     Instrumentszeugen     waren    un- 


i>  Abtruck  deßJenigen  Instruments  Welches  über  die  Hohe  Marck  umbden 
Feldtberg  hero  im  Jahr  Christi  1484  den  14  Jnlij  auff  der  Aawe  vor  Obern 
Yrsel  durch  darinn  vermeldte  offene  Keys.  Notarlos  vffgerichtet  etc.  Von 
Nevem  getrnckt  im  Jahr  MDCXXXII.      s.  Mglb.  £.  29.  — 

Instrument  das  ist  Geschichtbach  und  schrifftliche  Versicherung  welcher- 
gestalt  die  Mafck  in  der  Höhe,  umb  den  Feldbergk  hero,  .  .  .  uffgericht  ist 
worden.  Abermals  gedruckt  zu  Giessen  bei  J.  D.  Hampeln  MDGLIII. 
s.  Ebendas.  — 


—     265     — 

gewöhnKch  viele  Tom'Adel^  ans  den  Gewerken  und  GeiBtIiche  Ton 
St.  Bartholomeus  und  su  Unser  lieben  Frauen-Berg  zu  Frankfurt^ 
die  Pfarrherm  zu  Pfraumheim  und  zu  Obern  Eschbach,  endlich  nodi 
^ander  viel  meHr  Umbst&nder^  die  alle  zu  glaublichen  Zeugen  hier- 
über geheischen  und  gebeten"  worden. 

Im  Jahre  1662  wandten  sich  die  Mainzer  Dörfer  klagend  an  ihre 
Obrigkeit :  der  Waldpott  habe  durch  Bergknappen  hin  und  wieder 
graben  lassen  „welches  anfänglich  nicht  sonderlich  attendiret,  hoffend 
es  würde  sich  dies  von  selbst  legen^;  jetzt  aber  viel  Gehölz  veröset, 
viel  Eisenstein  herausgegraben;  und  verlautet  dass  eine  Schmelz  an* 
geleget  werden  solle.  Dies  sei  den  Rechten  der  Märker  zuwider 
Sie  baten  churfürstl.  Gnaden  möge  sich  ihrer  annehmeui  ihnen  sagen 
wie  sie  sich  zu  verhalten;  damit  sie  bei  dem  Instrument  das  „zwischen 
dem  obersten  Waltbott  und  Märckem  heilsamlich  uffgericbt  worden, 
und  uf  welchem  der  ganzen  hohen  Marck  Grundfeste  gleichsam  be- 
ruhet« ruhig  verbleiben  möchten  ^.  (Mglb.  E.  29.  V.  S.  34.) 

Bei  Gelegenheit  der  Ueberreichung  von  Beschwerden  im  Jahre 
17Q2/3  heisst  es  in  der  Beantwortung  der  G^enerklärung:  das 
Mark-Instrument  so  .  .  .  anno  1484  aufgerichtet;  auch  hernachmals 
durch  öffentlichen  Truck  a""  1586  publiciret^  a°  1653  zuGiessen  nach- 
getruekt  worden  und  auf  pergament  geschrieben  im  Originali  annoch 
vorhanden  sei;  müsste  die  basis  sein  womach  man  sich  bei  Streitig- 
keiten zu  richten  habe ;  nach  diesem  müsse  ein  jus  venandi  privativum 
bestritten  werden ;  wider  das  Markinstrument  könne  keine  Observanz 
angeführt  werden,  auch  ein  Vergleich  sei  nicht  gültig  ^eswäre  danU; 
dasB  solcher  mit  Gonsens  aller  derjenigen  gemacht  worden  wäre,  in 
deren  Beisein  das  instrument  aufgerichtet  worden  und  welche  dabei 
gar  merklich  interessirt  sind.« 

Das  Instrument  von  1484  wurdC;  durch  Vertrag  festgestellt;  für 
alle  Zeiten  gültig  angesehen ;  oder  wenigstens  solange'  bis  ein  ein- 
müthiger  Beschhiss;  vertragsmässig  wieder  Abänderungen  treffen 
würde.  Ein  solcher  fand  im.  Jahre  1547  statt.  Zehn  Jahre  früher 
wurde  über  die  vom.  Ausschuss  aufgestellten  neuen  Artikel  abge- 
stimmt; es  hiess  bei  einigen :  und  ^also  ejn  Jar  langkh  zu  halten 
plieben^.      Im  Jahr  1547    wurden  auf   einem  besonders  berufenen 


13  Die  wenigen  Notizen  welche  Kirchner  auf  S.  476.  477.  in  der  Geschichte 
der  Stadt  Frankfurt  a.  M.  Über  die  Hohe  und  die  Seulb.  Erlenbacher  etc.  Mark 
giebt,  scheinen  weniger  auf  Quelhenstudium  als  aaf  Mittheilnngen  anderer 
Schriftsteller  zu  beruhen. 


-     266     — 

Märkerding  die  vom  AugBchnsB  vorgeBchlagene  Abttnderang,  betreffend 
die  Verbrechen  des  Waldpotten;  ang^iommen»  Es  hiess  im  Instru- 
ment :  |)So  der  Waldpott  yerbricht  sölt  der  Märker  oder  lanlman  ob 
der  darnach  auch  verbreche  nit  büssen^^  Mancher  Unordnung  die 
daraus  entstanden^  vorzubeugen  wurde  „eyntrechtig  beschloBsen^^;  daas 
der  ^gemeyn  mercker  und  lantman  sich  verbrechung  des  Waltpottens 
nichts  zu  behelffen  oder  zu  weigern  haben^  sollen.  Am  Schlüsse 
heisst  es  dann^  dass  diese  Bestellung  bis  zu  dem  nächsten  Mercker- 
geding  zu  halten^  doch  mit  diesem  Geding  und  ftkrworten  dass  das  In- 
strument .  .  .  soll  in  aUen  andern  Artikeln  und  Functen  seines 
Inhalts  bei  seinen  Kräften  und  Würden  bleiben  und  denselbigen 
hiermit  nichts  benoinmen  oder  abgezogen  sein^  in  kein  Wege^  sonder 
Gefärde.  Im  Jahre  1550  heisst  es  dann  weiter^  es  solle  die  Ordnung 
im  Jar  1547  durch  die  gesandten  des  obersten  Waltpoten  und  die 
gemeynen  Merker  ufFgericht  ^aüch  fürter  gehalten  und  dero  gelebt 
werden/'  Auch  im  folgenden  Jahre  1561  wurde  beschlossen:  diese 
hernachbemelte  Artikel  dero  etliche  hiiebevor  im  47.  49.  und  50  Jaren 
ufgericht  in  diesem  läufenden  Jar  auch  zu  halten^  bis  auf  ein  andern 
künftigen  Merckergedingtag. 

Wenn  es  sehr  wol  erklärlich  ist  warum  der  Hohe-Märker  so  fest 
an  seinem  Instrument  hing/  so  ist  dies  weniger  begreiflich  in  der 
Seulb.  Erlenbachef  etc.  Mark;  in  welcher  das  Instrument ^  -  errichtet 
Anno  1493;  ein  fast  ebenso  grosses  Ansehen  genoss.  Es  wurde  da- 
selbst ein  feierliches  Märkergeding  abgehalten^  weil  zuvor  bei  dem 
Streit  über  Wahl  und  Bestätigung  der  Märkermeister  die  Rechte  des 
Waldpotten  ganz  in  Frage  gestellt;  und  die  Mark  gemeinsam  von 
den  Herrschaften  und  dem  gemeinen  Märker  bestellt  worden  war. 
Darum  war  es  zwar  natürlich  dass  gerade  die  Rechte  des  Waldpotten 
besonders  in's  Auge  gefasst  und  zuerst  geweiset  worden  smd,  aber 
weniger  ist  es  zu  begreifen  dass  die  Märker  sich  dabei  beruhigten; 
iJs  ihre  Rechte  kaum  nur  angedeutet  worden  waren.  Die  drei 
ersten  Artikel  hatten  sich  mit  der  Person  des  Waldpotten  und  seiner 
Befugniss  den  Wiltpan  zuzuthun  und  zu  jagen  befasst;  im  vierten 
handelt  es  sich  um  die  Ausmärker;  welche,  in  der  Mark  betreten; 
dem  oberen  Waltpoten  gen  Homburg  der  Strafe  wegen  geliefert 
werden  sollen;  endlich  heisst  es  noch;  so  der  Wiltpan  zugethanwird; 
wer  dann  durch  sein  eigen  Gewalt  in  der  Mark  jagt;  den  mögt  der 
Oberwaltpot  nach  seinem  Gefallen  strafen.  Darnach  war  der  Wild- 
bann  zugethan  worden;  und  es  heisst:  j^und  wiewol  andre  stück 
halben  not  war  weither  zu  sagen  und  zu  weissen;  so  wolt  doch  der 
Anwalt  meines  gn.  Hr.  von  Hanau  daselbe  umb  kürz  willen  diPmale 


—     26T     — 

ruhen  lassen^  doch  ohngchedlich  und  tmvorgreiflich  hemachmals  deren 
seines  Herrn  und  Oberwaltpotten  Rechte.  Der  Anwald  fordert  dann 
den  Notar  auf  über  das  was  er  gehört  Instrument  zu  machen. 

Es  war  hiermit  allerdings  der  Streit  beendigt,  aber  nur  zum 
■Vortheil  des  Waldbotten  war  dies  urkundlich  festgestellt  worden, 
und  selbst  aus  dem  Nachsatz  hat  nur  dieser  Yortheil.  gezogeh ;  der 
Anwald  legte  es  später  so  aus ,  als  ob  seinem  Herrn  noch  weitere 
Rechte  zu  weisen  gewesen,  dies  der  Kürze  wegen  nicht  ge- 
schehen sei. 

Auffallend  ist  es,  dass  über  die  Errichtung  dieses  Instruments 
in  den  Frankfurter  Akten  nichts  zu  finden  ist  Nachdem  über  das 
Märkergeding  anno  1492  berichtet,  dass  nämlich  Ervin  Dügel,  Amt- 
mann zu  Nieder-Erlenbach  zu  einem  Märkermeister  wieder  uffge- 
nommen  und  Widder  durch  bede  Pärthieen  wie  obgemelt'  beeidiget 
worden,  heisst  es  weiter:  „Nota.  In  anno  XCiii  und  XOiiii  ist  Gise 
der  bereiter  allein  uff  bestallung  der  marg  gewest  und  ob  die  Zyt 
von  Instrumenten  oder  etwas  Näwerung  gehandelt  sy,  ist  kein  rela^ 
tion  gescheen.^ 

Im  Jahre  1507  begehret  auf  dem  Märkerding  der  Kellner  „die 
Herrlichkeit  seines  gn.  Herrn  zu  weisen^^,  dies  ist  aber  nicht  ge- 
schehen, ^dieweil  das  Instrument  damals  nit  bei  der  Hand  und  der 
gemein  Merckerman  die  Herrlichkeit  zu  wysen  unbedacht  gewest  ist, 
ist  solches  gütlich  uffgeschlagen  worden  bis  uff  ein  andern  ti^^^ 

Später  auf  dem  Märkerding  1526  bitten  die  Märker  das  Instru« 
ment  verlesen  zu  lasen,  was  das  auswyse  dem  wollen  sie  gern 
nachkommen.  „Der  Schnltheiss  von  Homberg  geantwortet:  der  Kel- 
ler sei  ein  neue  zukommend  Man,  des  Instruments  halben  nit  wissend 
gehabt,  es  li^  aber  in  seines  gn.  Herrn  Oanzley  und  sei  des  gemein 
Merkerman  des  Falls  unvoi^fSich.  Sollichs  hatt  sich  der  gemein 
Man  settigen  lassen.^^ 

Als  im  Jahre  1552  für  die  Seulberg-  Erlenbadier  Mark  eine 
neae  Ordnung  auf  ein  Jahr  aufgerichtet  ¥mrde,  ist  am  Schlüsse 
bemerkt  word^i,  dass  diese  Artikel  der  Mark  zu  gutem  gehört,  ge- 
stellt, angenommen  und  bewilligt  worden,  doch  dem  Instrument  in 
alle  Wege  unschädlich.  Im  Jahre  1588  wurde  sogar  beschlossen, 
dass  die  Markermeister  jährlich  auf  d^n  Markgeding  das  Instrument 
lesen  lassen ,  damit  gemeiner  Mercker  dessen  Inhalt  desto  besser 
fassen  könne.  Als  einige  Jahre  später,  es  war  im  Jahre  1595,  die 
Märker  bedachten,  wie  im  Instrument  gesagt  sei,  der  Waldpott  solle 
auf  Sonntag  Mitfasten,  Lätare  genant ,  auf  die  Aue  kommen  und 
daselbst  mit  Bath   der  Märker '  die  Mark  bestellen,  dass   aber  die 


—    268    — 

Markordnimg  stets  vorher  schon  durch  die  Häupter  berathen  und 
vereinbart  würde,  hoben  sie  hervor,  dass  es  mit  fürgehender  Pro- 
testation geschehe,  dieweil  solche  von  Alters  mit  gutem  vorbedach- 
ten Willen  introducirte  Zusammenkunft  ^dem  hcTtereu' Buchstaben 
in  dem  Instrument  etwas  zuwider^^,  es  solle  dies  aber  Sr.  f«  Gn.  an 
ihrer  Gerechtigkeit  ohnabbrttchlich  sein.    Mglb.  E.  80.  IV.  [11]. 

In  späteren  Zeiten  wurden  auch  bei  Umgängen  der  Mark  ge- 
wöhnlich Notare  zugezogen,  manchmal  mehrere.  Zu  dem  Umgang 
von  1710  bemerkt  der  Notar  dass  er  requirirt  worden  sei  seines 
gnädigen  Herrn  „gerechtsame  in  Acht  zu  nehmen,  auf  dass  seinem 
gn.  Herrn  nichts  präjudicirliches  bei  diesem  Umgang  vorgenonunen 
werden  möge".  Auch  die  Märker  haben  es  zu  der  Zeit  öfter  fibr 
nützlich  gehalten  einen  Notar  zuzuziehen  damit  derselbe  feierlichst 
gegen  Neuerungen  protestire  und  ihnen  eine  beglaubigte  Urkunde 
einhändigen  möchte.  Zu  dem  Märkerding  von  1660,  Mittwoch  nach 
dem  alten  Pfingstfest  wurde  von  dem  Schuldieissen  der  5  Haupt- 
flecken ein  Notar  requirirt.  Er  erschien  zuvor  in  der  Behausung  des 
Stadtschreibers  zu  Oberursell;  dort  erklärten  Märkermeister  und 
Schultheissen  es  haben  P^  fbrstl.  Gn.  als  obrister  Waldbott  sich  zeits 
etlichen  Jahren  anmasslich  unterstanden  den  Märkem  die  beschwer- 
liche Servitut  aufzubürden,  dass  sie  ihren  Hunden,  wenn  sie  die- 
selben mit  sich  in  die  Mark  nehmen  wollten  Knütteln  anhenken 
sollten.  Wiewol  sie  nun  oftmals  hiergegen  bei  Märkerdingen  prote- 
stirt,  sei  bei  Schliessung  der  Märkerdinge  stets  wieder  erwähnt  und 
Ahndung  gedrohet  worden.  Wollten  dagegen  förmlichst  protestirt 
haben.  Als  nun  auch  bei  diesem  Märkerding  wieder  der  Anwalt  ver- 
boten Htmde  ohne  Prügel  in  die  Mark  gehen  zu  lassen,  mit  Bedro- 
hung dass  widrigenfalls  dieselben  todt  geschossen  würden,  sind  die 
Schultheissen  der  Hauptmarkflecken  abgetreten  und  haben  sich  ent- 
schlossen der  Protestation  den  Fortgang  zu  lassen ;  worauf  der  No- 
tar mit  den  Zeugen  alsbald  in  den  Elreis  getreten  und  g^en  diese 
Zumuthung  im  Namen  sämmtlicher  Märker  aufs  beste  protestirt  und 
alle  rechdicbe  Mittel  reservirt.  Der  Anwalt  liess  diese  Protestation 
in  ihrem  Werth  oder  Unwerth  beruhen.  —  (Mglb.  E.  29.  V.  S.  26.) 

Die  Märker.  Wenn  von  der  Hohen  Mark  berichtet  wird, 
ist  vor  Allem  der  Märker  selbst  zu  gedenken.  Die  Hohe  Mark  war 
den  Märkem  rechtlich  eigen  Es  musste  derjenige  welcher  die  Mark- 
wälde  benutzen  wollte  in  der  Mark  angesessen  und  begütert  sein. 
Auf  dem  Märkerding  von  1438  trat  Emerich  von  Beiffenberg  auf, 
erzählt  wie  dass  der  Müller  zu  Eschersheim  die  Mühle  verkauft  und 


-     269     - 

Ter&nssert  habe^  sich  gleichwol  der  Mark  gebrauche,  hätte  auch 
Eicheln  darin  gelesen,  das  doch  nicht  sein  BoUe.  Darauf  erzälte 
Henne  zu  Eschersheim  und  bekannte  das»  er  die  Mühle  verkauft 
und  sich  der  geäussert  habe,  er  hätte  aber  noch  nicht  Währschaft 
gethan,  und  vor  dem  Märkerding  uffgegeben,  wie  gewohnlich  sei, 
hoffbe  darum  dass  er  daran  nit  tLbel  sondern  recht  gethan,  und 
wolle  sich  auch  der  Mark  gebrauchen,  so  lange  er  die  Mühle  noch 
nit  uffg^eben  habe.  —  (Mglb.  E.  29.  2.)  — 

In  der  Markordnung  vom  22.  Mai  1594  heisst  es  unter  44:  die 
Markmeister  sollen  die  Förster  überwachen,  und  die  Ausmärker, 
auch  welche  nicht  eigen  Rauch  in  der  Mark  halten  von  der  Mark 
abhalten.  —  (Mglb.  E.  29.  V.)  — 

Ebenso  bestimmt  die  Seulberger,  Erlenbacher  etc.  Markordnung 
▼on  1588,  es  solle  kein  Märker,  so  in  der  Mark  nicht  eigen  Rauch 
halte,  einiger  Gerechtigkeit  sich  darin  unterfahen  tmd  zu  gebrauchen 
zugelassen  werden.  Es  bestimmt  dies  die  Markordnung  von  1583 
sub  12.  genauer:  es  solle  derjenige,  so  eine  Behaussung  und  Hofe- 
reith  in  der  Markflecken  ^nem  oder  mehr  hat  (ungeachtet  er  die- 
selbige  nicht  selber  bewohnen  thete)  dem  Ausmärker  nit  allerdings 
gleich  geachtet,  sondern  ihm  und  seinem  Mundbauer  zu  Erhaltung 
der  Bauten  nach  Gelegenheit  und  Notturfl;  Holz  gegeben  werden. 
Auch  in  dieser  Mark  heisst  es,  dass  Rittern,  Edelleuten  imd  Pastoren 
^in  der  Mark  gesessen,  die  darin  eigen  Rauch  halten^',  erlaubt  sein 
solle  zu  jagen,  wenn  der  Waltbott  vorher  gejagt 

Bereits  auf  dem  Märkerding  1649  war  vor  Ursel  beschlossen 
worden,  dass  dem  Cronbui^erhof  zu  Obern  Hexstat,  dieweil  der  ver- 
fallen und  abgängen  sei,  soll  kein  brauch  oder  beholzung  in  der 
Ifark  gestattet  sondern  die  Hofleute,  so  das  Geländ  bestanden,  für 
Ausmärker  gepfend  werden,  bis  der  Hof  wieder  erbaut  und  bewohnet 
wird,  alsdan  soll  demselbigen  Hofman  zugelassen  sein,  mit  eim  halben 
Wagen  in  Wald  zu  fahren  gleich  einem  andern  Märker,  laut  des 
Instruments.  —  (Mglb.  E.  29.  H«»  S.  136.)  —  Im  Jahre  1777  und  in 
den  letzten  Zeiten  der  hohen  Mark  werden  stets  3  Oberhöchstetter 
Märker  genannt  ^^welche  das  volle  Nachbarrecht  in  der  hohen  Mark 
gemessen^,  Kopp,  Eberhard  und  Hfldmann. 

Von  Praunheim  wird  später,  im  Jahre  1777  gesagt:  es  sei  da- 
selbt  ein  Freihof,  die  sogen.  Augustusburg  dermalen  nur  von  zwei 
Gartenkneeht  bewohnt;  darauf  aber  wegen  der  verfallenen  Burg 
Selbsten  die  dritte  Feuerstätte  hafte.  Es  folgen  in  der  Aufstellung 
noch  mehrere  Höfe  und  Mühlen  mit  dem  Zusätze:  weilen  solche  in 
hiesigen   territory  liegen   so  haben  die  Bewohner  dieser  Höfe  das 


—     270     — 

Recht  sich  in  der  hohen  Mark  bu  behohsen,  wie  die  Unterthaneii 
teithero  gehabt.    (Mglb.  E.  31.  I.  360  ff.) 

Dass  in  dem  Streit  des  Frankfurter  Baths  mit  den  Märkem  wegen 
der  Mühle  zu  Bonames  die  letzteren  unter  anderm  auch  ^itgegenhiel- 
ten:  der  Keseeler  zu  Bonemesa  wäre  ein  knecht  und  kein  Mtirker, 
wird  besser  an  anderer  Stelle  zu  berühren  sein;  die  Irrungen  über 
die  Berechtigung  des  Burgsitzes  zu  Niedem- Erlenbach  sind  aber 
hier  schon  zu  erwähnen.  In  dem  ProtocoU  des  Maricausschusses  d. 
d.  Seulberg  27.  M^rtii  1606  heisst  es:  Im  Namen  des  obersten 
Herrn  und  Waldpotten  hiesse  Sr.  fliratl.  Gn.  Kellner  zu  Homburg, 
Eckhardt  EUnberger,  die  Märkermeister  und  diejenig  zu  der  Mark 
gehörig;  sitzen;  dabei  Johann  Adolff  Keller  w^en  eines  Erb.  Baths 
zu  Frankfurt  und  dessen  Burgsesses  zu  Nieder-Erlenbach  sich  auch 
des  Beisitzes  anmassen  wollen  ^  es  hat  aber  der  Marker  solliches  nicht 
zugelassen ;  sondern  für  eine  Neuerung  angezogen.  Der  Geschickte 
des  Batbs  bezog  sich  auf  das  Instrument,  darinnen  klärlich  zu  be- 
finden ^  dass  E.  E.  Haths  zu  Frankfurt  Amtman  zu  Nieder-Erlenbach 
nit  allein  Märkermeister  gewesen,  sondern  auch  jederzeit  denBeisitz 
gehabt.  Darauf  erwiderten  die  Märker,  dass  das  Mark-Instrument 
ihnen  genüge,  man  möge  es  ablesen,  der  Oberst  Wi^ldbott  wolle  sie 
darin  schützen,  zumal  da  die  Burg  Nieder-Erlenbach  «eit  50  und 
mehr  Jahren  kein  exercitium  gehabt,  und  nichts  hergebracht,  dess^ 
wegen  man  auch  deroselben  keiner  Gerechtigkeit  als  einem  gemei- 
nen Märker  in  der  Mark  geständig,  vielweniger  einem  £.  £ath  der 
Stadt  Frankfurt  Der  Abgesandte  des  Baths  protestirte.  Der  Märker 
liess  es  darbei,  der  gewesene  Amtmann  und  Märckermeister  sei  nur 
als  Zeuge  beim  Instrument  genannt,  er  wolle  dem  „so  ejgen  Bauch 
in  der  Burg  Nieder-Erlenbach  halte^^  nochmals  für  einen  Märker  und 
weiter  nicht  erkennen.  —  (Mglb.  E.  30.  4.) 

In  noch  spätere  Zeit  fällt  das  Memorial  des  Schöffen  Hieronymus 
von  Glauburg,  welcher  am  12.  Januar  1781  um  ein  VorschreibeD 
an  den  Landgrafen  von  Hessen-Homburg  als  Obersten  Waldbotten 
ersuchte;  er  habe  das  zu  Nieder-Erlenbach  gelegene  v.  Hundheimi- 
sche Freigut  käuflich  an  sich  gebracht;  bei  dem  Märker  Convent  sei 
einer  aufgetreten,  habe  angegeben,  dass  der  gewesene  von  Hund- 
heimische Hof  nicht  mehr  stände,  ihm  kein  Markrecht  mehr  zukäme, 
und  demgemäfls  sei  ein  Beschluss  gefasst,  Holzzettel  ihm  vom  Mark- 
m^ter  verweigert  worden.  Er  bemerkte  dazu,  er  habe  das  uralte 
Haus,  Scheuer  und  Stallung  abgerissen  und  in  dem  ihm  gehörigen, 
vordersten  Burghof  gesonderte  Scheuer  und  Stallungen  erbaut.  Es 
könne  dem  Mark-Convent  nichts  darw  liegen  ob  diese  Wirtbschafts- 


-     2T1     - 

gebäude  an  einem  Ende  des  Orts  oder  an  dem  andern  liegen.  Nie- 
derstedten^  Hattstein^  Hinterweil  und  der  Mtinchhof  bei  Niederursel 
hätten  auch  ihre  Markgerechtsame  behalten.  Auf  die  Eingabe  wurde 
im  Senat  beschlossen:  dass>  man  in  optima  forma  hierunter  willfahren 
solle.  Auf  die  Mittheilung  des  „Mit  Bathsfreunds  und  älteren  Schöffen^ 
wurde  dann  dem  fiirstl.  Anwalte  aufgegeben^  bei  dem  Mark-Convent 
dahin  zu  sehen/  dass  die  Beschwerde  untersucht  und  nichts  wider- 
rechtlich zu  des  Herrn  Schöffen  Bekränkung  verfiiget  werde.  Es 
mag  schwierig  gewesen  sein  zu  der  Zeit  noch  zu  bestimmen;  was 
rechtlich;  was  widerrechtlich  bei  solcher  Frage  sei,  nachdem  der 
Waldpott  selbst  eingewanderte  Fremdlinge  in  Domholzhaüsen  und 
Friedrichsdorf  auf  Markboden  angesiedelt;  und  dem  Widerspruche 
der  Märker  mit  Erfolg  entgegengetreten  war! 

Eigenthümlich  war  das  Verhältniss  von  Vilbel.  Ursprünglich 
gehörte  wol  nur  der  älteste;  nördliche  Theil  zur  Hohen  Mark.  Diese 
Scheidung  verwischte  sich  aber  aJhnälig.  Auf  dem  Märkertag  von 
1401  wird  desshalb  angefragt  ob  Vilbel  gapz  zur  Hohen  Mark  gehöre? 
Es  wurde  darauf  beschlossen :  Der  landmann  wille  sich  beraden  obe 
die  von  Vilwil  tjnn  teyls  oder  zu  male  mercker  sin  suUen  oder  nit; 
doch  so  sin  sie  bisher  verbodet  worden  **. 

Es  giebt  nur  Märker  und  Ausmärker;  die  ersteren  sind  die 
Eigenthümer  des  Bodens ;  der  Mark  imd  ihrer  Nutzungen;  schädi* 
gen  sie  die  Markwäldc;  so  schädigen  sie  ebensowohl  die  Genossen; 
wie  auch  sich  selbst  Nicht  von  dem  Waldpott  werden  sie  gerichtet; 
sie  werden  nur  gerüget;  und  von  den  Genossen  bestraft.  Anders 
verhält  es  sich  bei  den  AusmärkerU;  zum  Theil  in  der  Mark  sess- 
hafte  Ge werbtreibende ;  Köhler  und  Eulner  oder  Häfher;  welche 
kein  Eigenthums-  oder  sonstiges  Becht  zu  beanspruchen  haben ;  wenn 
diese  in  der  Mark  freveln;  so  werden  sie  nach  Homburg  ^getrieb^Q. 

Eine  Andeutung  über  Hörigkeit  oder  über  Vollbürger  findet  sich 
in  den  Akten  der  Hohen  Mark  nicht;  der  Leibeignen  wird  nur  in 
den  letzten  Zeiten  vor  der  Theilung  gedacht  Nur  die  Märker  wer- 
den erwähnt  und  Ausmärker. 

Unter  den  Märkern  ist  wieder  zu  scheiden;  der  gemein  Märker 
oder  lantmAU;  dann  die  Edelleute  und  Priester;  endlich  der  Obriste 
Märker  und  Waldbott.  In  den  ersten'  lag  wol  ursprünglich  das 
meiste  Gewicht  und  die  entscheidende  Gewalt;  der  Waldbott  erhielt 
von  ihnen  seine  Bechte  und  seine  Herrlichkeit  geweiset.     Zuweilen 


i^  Mglb.  £.  29.  nb  S.  4 


—     272     — 

werden  die  Eigenthümer  einer  ganzen  Hube^  die  Hubner  ^  noch 
besonders  betont  ^  es  heisst  dann  lantman  und  Hübner.  Der  Klein- 
bauern^ der  Einspeniger^  der  Eynläuftigen  wird  nur  in  den  Mark- 
ordnungen gedacht  bei  Gelegenheit  der  Holznutzungen,  oder  bei  G-e- 
legenbeit  des  Streits  mit  den  Ackerleuten  wegen  des  ^Furdripp" 
(Vortriebs)  auf  der  Weide  und  in  den  Stuppeln.  —  (Mglb.  E.  29. 
IP»  25.  — 

Das  Weisen  der  Rechte  des  Waltbotten  war  nicht  eine 
leere  Form;  wir  finden  noch  im  15.  Jahrhundert  überraschende  Auf: 
Schlüsse  in  dieser  Beziehung.  Auf  Mittwoch  nach  St  Margaretha 
anno  1445  war  der  Edle  Jungher  Gotfrid  von  Eppenstein  bei  Ursel 
auf  der  Auwe,  liess  ihm  da  —  also  auf  einem  gebotenen  Märker- 
ding  —  weisen  seine  Bechte  und  Herrlichkeit  über  die  Mark.  Er  liess 
Artikel  fragen  die  gemeinen  Märker,  und  diese  begehren  dass  der 
Jungher  ihnen  diese  Fragen  und  Artikel  wolle  geben,  sich  uff  solche 
Weisunge  zu  bedenken  und  zu  besprechen,  bis  auf  ein  anderes  volle 
Merkerding,  darzu  sie  sein  Gnaden  bescheiden  würde.  Bei  diesen 
Fragen  stand  oben  an:  1)  Wie  fem  und  wie  weit  des  Waltpoten 
Wiltpan  ginge.  Es  folgte  dann  2)  die  Frage:  Wenn  sein  Gn.  den 
Wiltpan  verbode,  und  wer  das  brechete  was  der  darum  verloren 
hätte?  Es  wird  weiter  unten  dieser  Weisungen  noch  besonders 
Erwähnung  geschehen. 

lieber  die  Namen  oder  Familien  der  Taunusbewohner  bieten 
für  die  späteren  Zeiten  die  Theilungsacten  reichen  Stoff,  ftlr  frühere 
Jahrhunderte  finden  sich  besonders  die  Unterschriften  von  Schult- 
heissen  und  Gerichtsschöffen  auf  den  Markordnungen,  dann  die 
Namen  der  Zeugen  bei  Feststellung  rechtlicher  Verhältnisse,  sowie 
der  Märker,  welche  bei  den  Umgängen  der  Mark  sich  betheiligten. 
Auf  den  Märkerdingen  tritt  nur  selten  der  Einzelne  redend  oder 
handelnd  auf,  mehr  die  Ortschaft  oder  der  gesammte  Umstand.  Die 
Namen  der  Märker  sind  entweder  von  den  Gewerben  oder  dem  Amt 
hergenommen,  mit  welchen  der  zu  Benennende  sich  wahrscheinlich 
befasste,  so  in  Stierstadt:  Müller,  Aumüller,  Schmidt,  Messerschmidt, 
Schreiber,  Schneider,  Köhler,  Zentgraf;  inBommersheim:  Koch,  Eul- 
ler, Bender;  in  Ealbach  undHarheim  Fischer,  Keller,  Krämer,  Schär 
fer,  Spentler,  Dreher;  in  Steinbach:  Hirth;  in  Beiffenberg:  Wald- 
schmitt, Wagner,  Meier;  in  Heddemheim:  Ziegler,  Kessler,  Koehler, 
Hammerschmid;  oder  es  sind  die  Bezeichnungen  von  Eigenschaften 
oder  Eigenthümlichkeiten  entnonmien,  die  meisten  einsylbig  und  vor- 
zugsweise nur  in  einer  Ortschaft  eingebürgert;  odbr  es  weisen  auch 
die  Namen  auf  einen  früher^i  Wohnort  hin,  so  in  ]B[albach:  Diehl, 


—     273     - 

Enhii;  Kopf;  EUp,  Stöhr,  Stamm;  injEIarfaeim:  Bockenhdmer^  Bren* 
burger;  in  Eirdorf:  OdenwäUer,  Währheim,  Ostumer^  Bircketifeld; 
Wisskirch;  in  Oberheckatadt:  Kopp,  Beul;  Schaub;  Haub;  Kamels- 
berger;  in  Bonames:  Flamm,  Bipps,  BeuBs,  Bnrck,  Momberger,  Neu- 
hof;  in  Nieder-Erlenbach:  Bien,  Boch,  Heil,  Fritz,  Hom,  Kahn, 
Jann,  Helm,  E^Iob,  Fix,  Lanz,  Heim,  Pfeil,  Beitz,  Both;  in  Dortel- 
^eil:  Bach,  Sehuch,  Mutz,  Kitz,  Mohr,  Einott,  Scharch,  Becht,  Gelf; 
In  Niederursel:  Greiff,  Schmarr,  Dietz,  Kraft,  Gröls,  Stark;  in  Ober- 
Eschbach:  MausB,  Best,  Kling,  Gull,  Genth,  Manns,  Knorr,  Porth; 
in  Nieder-Eschbach :  Jost,  Loos,  Lotz,  Wahl,  Schwenk,  Winkler, 
Durnauer.  In  Massenheim :  Hess,  Clees,  Ghrimm,  Pietz,  Maul;  in 
Beiffenberg:  Brück,  Sturm;  Usinger. 

Ziemlich  verschiedene  Namen  sind  in  Vilbel,  das  an  der  grossen 
Heerstraase  gelegen  weniger  Abgeschiedenheit  und  Eigenthümlich- 
keit  bdialten:  Fauerbach,  Marburger,  Wenderoth,  Schickendanz, 
Vömel,  Uphoff,  Seybold, 

Die  mancherlei  Lateinischen  oder  fremdartigen  Namen  stammen 
wol  JTast  ohne  Ausnahme  tou  Pfarrern  oder  Schullehrern :  Galenza  in 
Bommersheim,  Comelj  in  Kalbach,  Battonn  und  Quirin  in  Harheim, 
Hieronjmi  in  Stierstadt,  Molitor  in  Kirdorf,  Gaffka  und  Schul- 
mdbter  Alberti  inAmoldshain,  Henrid  und  Sutor  in  Ober-Eschbach, 
Laupus  und  Debus  in  Nieder-Eschbach.  Am  meisten  Bömische  Na- 
men finden  sich  in  Heddemheim,  so  Filius,  Fabritius,  Justus,  Majus, 
Jacobi,  KmsiuB,  Pauli;  doch  spid  dies  schwerlich  Nachklänge  aus 
dem  benachbarten  vicus  npvus. 

Der  Name  Brendel,  welcher  einem  adlichen  Gesühlechte  von 
Seulberg  und  Homburg  angehörte,  findet  sich  später  und  bis  auf  den 
heutigen  Tag  in  Beiffenberg,  Schmitten  und  Arnoldsharn;  auch  in 
Köppem  soll  er  noch  vorkommen. 

Ganz  verschieden  sind  natürlich  die  Namen  in  Domholzhausen 
nnd  Friedrichsdorf:  Gallet,  Cherigaut,  Arnoud,  Bouch^s,  Pastre  les 
heritiers,  Berthalot,  Garnier,  Valien,  Bousseau,  Micol,  Balli,  Bezar, 
Lagneau,  darunter  nur  wenige  Deutsche.  Am  mannigfaltigsten  aber 
sind  die  Namen  in  Homburg,  wo  Begierung  und  Hof  viele  fremde 
Familien  herbeigezogen,  später  dann  auch  die  Französische  Ein- 
wanderung einen  neuen  Stadttheil  erbaut  hat. 

Wenn  auch  der  gemeine  Märkermann  „fbr  sich  selbst^'  auf  den 
M&rkertagen  erschien  —  Mglb.  E.  29.  IP  S.  173  —  so  handelte  und 
stimmte  er  doch  stets  nur  als  Einwohner  einer  der  zur  Mark  berech- 
tigten Ortschaften;  der  gemein  lantman  trat  in  Haufen  zusammen, 

18 


—     27»    — 

und  in  dieser  Weise  wfoigte  durch  einen  der  Aeltesten  oder  dnrch 
den  SchnltheiBsen  der  Ausspruch  oder  die  Abstimmung  der  Ortschaft. 
Nach  der  ältesten  vorhandenen  Urkunde  der  hohen  Mark  vom 
13.  April  1401  rief  bei  dem  gebotenen  Märkerding  der  Schreier  „die 
DorlBTe''  auf.  Es  waren  ,,die  Ortschaften  hergeboden^'.  (Mglb.  £.  29. 
n^  8.8.)  Es  wurde  einmüthiglich  geweiset:  dass  die  Mark  der  xxviü 
Dorffer  „mind  oder  meh^^  den  Märkem  rechtlich  eigen  sei.  Es  wur- 
den damak  nur  aufgerufen:  &anbach,  Homsjshem  (wahrscheinlich 
Amsheim)  Wilen^  Obersteden  ^  Domholczhusen;  Eardidprff^  Obern 
Espach;  Nidem  Espach^  Nydem  Erlebaoh^  Massenhejrm^  Vilwil^  Hor- 
heim^  Bonemese,  Hedemheim^Caldebach^NjdemUrsel^Bomerszheim, 
Njdem  StedeU;  Mitteln  Steden^  Nydem  Bombenzheym;  Mitteln  Ursel, 
Husenn.  Einige  2.  B.  Stierstadt  fehlen,  vielleicht  weil  der  Schultheiss 
in  seiner  Eigenschaft  als  Märkermeister  eugegen  war.  — 
Auf  dem  Märkertag,  St  Katharinen  1401  werden  aufgerufen: 
Obern-Steden,  Nydem-Steden,  Dorreholczhusen,  Kirchdorff,  Oontsen- 
heym,  Obern  Espach,  Nydem  Espach,  Massenheim,  Vilwil,  Horeheim, 
Bonemese,  Caldebach,  Escherheym,  Hedemheim,  Prumheym,  Nydem 
Ursel,  Wiesenkirchen,  Stierstat,  Branbach,  des  jungen  Francken  hoff 
zu  Heckstat,  Obemursel,  Gattenhofen,  Biffemberg,  Haizstein,  Am- 
steyn  (Amshain),  Forderwilen,  Hinderwilen,  Mitteln  Ursel,  Nidem 
Bomersheim.  Ueber  das  gebotne  Märkerding  auf  St  Catharina  1488 
finden  sich  in  dem  Frankfurter  Archiv  zwei  Urkunden  (Mglb.  E.  29. 
n.  S.  93  und  n^)  von  denen  die  letztere,  wahrscheinlich  eine  spä- 
tere Abschrift,  einige  Dörfer  weggelassen.  Die  erstere  ruft  deren  31 
auf:  Obern  Steden,  Nydem  Steden,  Domholczhusen ,  Eirchdorff, 
Ountzenheim,  Obem-Eschbach,  Nydem-Eschbach,  Nydem  Erlebach, 
Massenheim,  Vilwil,  Harheym,  Bonemese,  Caldebach,  Escherheim^^ 


IS  Eschersheim  selbst  gehörte  nioht  zur  hohen  Mark,  jss  liegt  sfldHoh  der 
Nidda,  das  Ausmfen  kann  sich  nur  auf  die  Mtthl^  und  des  Abts  Hof  beziehen. 
Von  der  Mflhle  wird  ans  dem  Jahre  1667  angegeben,  dass  dieHananischen  ge- 
beten nmb  25  stamm  Holz  a^  Erhaltung  der  Mftlien«  Darauf  heisst  es:  Dieweü 
im  Instrument  stehet  da;»  die  Müll  mit  eym  halben  Waj;en  ^Jm  die  Mark  ge- 
hörig sei",  sind  ihnen  uff  diesmal  10  stemm  erlaubt,  die  mögen  sie  mit  eim 
ganzen  Wagen  heim  führen,  aber  snst  zum  Bronnholz  sich  „der  Mark  gebraa- 
chen  mit  eym  halben  Wagen'^  (Mglb.  E.  29.  UI.  S.  40.)  —  Von  dem  Abtshofe 
wird  im  Jahre  1603  bemerkt,  der  Märker  habe  den  Bescheid  gogebMi  dass  der 
Herr  Graf  zu  Hanau  für  sich  kein  M&rker,  dem  Hofe  zu  Eschersheim  aber  sei 
man  seiner  Gerechtigkeit  gest&ndig,  und  zufrieden  dass  „der  Inhaber  und  Be- 
sitzer solches  Hofes,  dem  Instrument  gemäß,  sein  Brennholz  durch  seine  eigne 
Fuhr  ausführe",  wo  aber  der  Hofe  kein  eigen  Fuhr  hette,  alsdann  durch  einen 


—     275     — 

die  mole  zu  Esch^heim;  des  Apts  hoff  za  Eschersheim;  Hedemheim; 
Pramheim^  Nydem  Ursel,  Wissenkirchen,  Stirstat,  Branbach,  des 
jimgen  Francken  hoff  zu  Hexstat,  Obemnrsel,  Gatt^ihofen,  Biffem- 
berg,  Hatzstein,  Amstein,  Forderwilen,  Hlnderwilen,  Mitteln  Ursel, 
Nydem  Bomersheim.  Anch  hierunter  fehlen  noch  Homburg,  Dürckel- 
weil,  Steinbach,  der  Mönchhof  bei  Nieder-Ursel  und  die  Waldschmidt, 
jetzt  Schmitten  bei  Amoldshain,  welche  alle  im  Jahre  1484  aufge- 
rufen werden.  Offenbar  geschah  das  Aufrufen  nicht  nach  einem  ge- 
schriebenen Verzeichniss,  sondern  aus  dem  Gedächtniss  des  Schreiers 
indem  er  sich  im  Kreise  umsah.  Der  Schultheiss  von  Homburg  be> 
fand  sich  wol  gewöhnlich  im  Gefolge  des  Waldpotten  oder  des  Au- 
walds, andere  Schultheisse  mochten  zwei  oder  mehr,  besonders  aus- 
gegangene  Ortschaften  vertreten.  Es  gibt  hierüber  das  hohe  Mark- 
Protocoll  von  1660 — 1700,  welches  im  Homburger  Archive  sich  be- 
findet, manche  beehrende  Auskunft.  Bei  der  Märkermeister  Wahl  im 
Jahre  1660  wurden  au%erufen  und  stimmten:  Homberg,  Obersteden, 
Niedersteden  ^^,  GK>ntzenheim,  Ober  Esbach,  Kirdorff,  Nieder  Esbach, 
Nieder  Erlenbach ,  Dorckelweil ,  Vielbel ,  Harheim ,  .  Bonames, 
Calbach,  Mühl  und  Abtshoff  zu  Eschersheim,  Hetternheim,  Ffraum- 
heim,  Niederurdell ,  Steinbach,  Weiskirch,  Oberhexstatt  3  Haus, 
Stierstatt  und  Bomerscheim,  Oberursell,  Eeiffenberg,  Hattstein  und 
Amoldsheim,  Waldschmitt,  Forderweil.  Hinderweil  und  Brombach 
stimmen  nicht.  Es  waren  30  Dörfer  und  Höfe,  welche  als  stinunbe- 
rochtigt  aufgeftihrt  werden.  Aus  dem  Protocoll  von  1661  geht  hervor 
dass  Mtihl  und  Abtshoff  zu  Eschersheim  mit  2  Stimmen  zählen;  zu- 
sammen sind  es  in  diesem  Jahr  wieder  30  Stimmen,  bei  Hinderweil 
und  Brombach  steht  eine  0.  Im  Jahre  1662  sind  29  Stimmen  zuge- 
gen, Brombach  abfuit,  Hatzstein  desgl.    Im  Jahre  1665  sind  es  31 


j^ndem  Märkor*'  daiwelbige  uff  diä  Wittage  auszuführen  Macht  haben  soll;  doch 
ohn  Uebermaaß  und  dass  das  Holz  auf  dem  Hofe  selbst  verbraucht  werde. 
(Mglb.  E.  29.  IV.  S.  84.)  Bei  den  Yorbereitnngen  zar  Theilnng  der  hohen  Mark 
stellt  Amtmann  Üsener  zu  Bergen  Bescheinigung  aus,  dass  in  dem  zum  hochf. 
Hess.  Haaanischen  Amt  Bomheimerberg  gehörige  Ort  Eschersheim  die  daselbstige 
Mfihl  und  der  sogen.  Abt-  modo  v.  WetzePsche  Hof  mit  drei  Wohnungen  znr 
hohen  Mark  berechtigt  sei. 

IS  Es  ist  die  Angabe  dass  Niedersteden  im  dOjfthrigcn  Kriege  Terwfistet 
worden,  (s.  den  Aufsatz:  die  hohe  Mark  S.  MO)  zu  berichtigen;  es  soll  später 
durch  Feuer  zerstört  worden  sein.  Koch  jetzt  führt  ein  besonderer  Weg  nach 
dem  Kirchhof  von  Niederstedten  bei  Homburg,  es  liegt  derselbe  etwas  erhaben 
Aber  der  Wiese,  eine  alte  Linde  überschattet  den  Platz.  „Leute  die  es  nicht 
Yerstehen,  meinen  es  sei  hier  wüste;  aber  im  Sommer,  wenn  die  Sonne  brennt, 
kommt  der  Hirt  mit  den  Schafen  gezogen,  da  pflegen  sie  der  Ruhe'S 

18* 


—    276     — 

«         ■ 

welche  stinunea;  1674  wieder  nur  29^  Schmitten ,  Beiffenberg  und 
Arnoldshain  fehlen  ^  weil  sie  der  Kohlen  w^en  Satisfaction  thun 
sollen,  dagegen  ist  die  Weihl,  Brombach,  Hattstein  und  „die  Sorg'^ 
anwesend^'.  Hattstein  erschien  also  damals  nnter  den  gemeinen 
Märkem,  während  Arnoldshain  fehlt.  Aber  bereits  auf  dem  Märker- 
ding  von  1563  fragen  die  2  Stämme  von  Bjrffenbergk  und  Hattsteyn 
an,  warum  die  Märker  ihre  Unterthanen  „die  Bjffenbergischen  und 
Amfhainer^'  aus  der  Mark  geschlossen;  sodann  bittet  im  Jahre  1676 
der  „Hattsteinisch  Schultheiss  zu  Arnoldshain^^  dieses  —  Arnoldshain — 
als  ohnvertheilte  Hattstein'sche  und  Beiffenbergische  Unterthanen  bei 
ihrem  Markrecht  2su  lassen  ^^  Demnach  scheint  es  dass  das  Dorf 
Hattstein  damals  schon  nicht  mehr  bestanden,  bereits  ein  verrotteter 
Burgfiecken  war;  oder  dass  ein  solches  Dorf  überhaupt  nie  bestan- 
den habe;  es  bt  desshalb  schwer  zu  erklären,  wie  bei  den  Bora- 
thungen  im  Jahre  1773,  ob  die  hohe  Mark  nach  Köpfen  oder  nach 
Ortschaften  zu  theilen  sei,  eine  Uebersicht  vorgelegt  werden  konnte, 
in  welcher  unter  den  Bassenheim'schen  Ortschaften  Beiffenberg  mit 
80  Köpfen  oder  Märkern,  Hattstein  mit  60,  Arnoldshain  mit  80  an- 
gegeben steht.  —  Bei  den  Conferenzen  im  Jahre  1777  wurde  bemerkt, 
dass  Niedersteden  durch  einen  Homburger  Batbsherrn  vertreten  sei, 
in  ähnlicher  Weise  der  Mönchhof  und  Hinterweil,  auch  der  Schult- 
heiss von  Hattstein  werde  noch  aufgerufen.  Mglb.  E.  31.  I.  S.  165. 
Weiterhin  folgen  genauere  Verhältnisse  aus  jedem  einzelnen  Orte. 
Es  findet  sich  darin  verzeichnet  bei  Beiffenberg:  daa  Schloss  Hatt- 
stein, sammt  dem  daselbst  liegenden  herrschaftlichen  Ghite;  die  herr- 
schaftliche Mühl  bei  Hattstein,  mit  dem  dabei  liegenden  Gut;  der 
Zainhammer  mit  dem  daran  liegenden  herrschaftlichen  Gut  Bewoh- 
ner eines  Dorfs  Hattstein  werden  aber  nicht  aufgeftLhrt.  Andere 
markberechtigte  Ortschaften  und  Höfe  haben  sich  wahrscheinlich 
an  benachbarte  Dörfer  angeschlossen,  so  Wilkommshausen ,  Dom- 
holzhausen, Gtkttenhof en ,  Dillingen  u.  a.  m«  Den  Namen  Gatten- 
hofen  oder  Gottenhofen  trägt  noch  jetzt  eine  Mühle  zwischen  Stier- 
stadt und  Oberursel;  wahrscheinlich  ist  es  von  Gozzo  oder  GU>tfnt 
herzuleiten;  es  soll  sich  mit  Oberursel  vereinigt  haben.  Nördlich  von 
diesem,   am   Fusse    des    Goldgrubenbergs   lag   auch   die   Ortschaft 


IV  Auf  dem  Märkerding  von  1568  legen  „die  Waldschmid  von  der  Sorg  und 
Hundtstair^  eine  Schrift  vor,  nnd  in  der  Waldordnnng  von  1594  heisit  es: 
70)  endlich  ist  denen  uf  der  Sorge  lanth  des^alten  Vertrags  kein  Reiser  oder 
Holz  kolen  zn  brennen  gestatt  worden. 

18  Yergl.  dieses  Archiv  n.  S.  342. 


—     277     — 

«  • 

Hansen^  weldie  im  Jahre  1401  ak  betheiligt  zur  Mark  noch  ani- 
gemfen  worden  ist.  Auf  dem  Märkerding  von  1438  wird  noch  Nid- 
dernsteden  aufgeführt^  Gottenhofen^  Mittel  Ursel  ^  Niddem  Bommers- 
hejm^  aber  nicht  mehr  Hausen.  Bei  Gelegenheit  des  Streites  über 
die  Hnnerbnrgkswiese  bei  dem  Endenpfuell;  übergeben  die  Urseller 
eine  Beschwerdeschrifk  in  welcher  sie  unter  anderm  auch  anführen; 
dass  die  Hessischen  Beamten  zu  Homberg  in  Beziehung  der  H5h- 
mariL  den  ganzen  Häuser  Grund  anno  1586  abgegangen  ^  auch  von 
den  Merckern  Erklärung  abnöthigen  woUen,  dass  solcher  ganze  Wie- 
sengrund und  stattlich  Forellenbach  auch  zu  der  Mark  und  nit 
Urseller  Gerichtsbarkeit  gehörig  weren.  Dagegen  betten  etlich  alter 
Merker  Einwendung  gemacht  Ueber  dies  abgegangen  Epsteinisch 
oder  Königsteinisch  DorfiF  Hausen  befinde  sich  in  dem  alten  Ursel- 
ler Gerichtsbuch  verzeichnet;  das  bemelte  Häusser  Gericht  sei  in 
anno  1455  durch  die  gnedige  Jungherm  ^en  Ursell  transferirt  wor- 
den. Es  werde  noch  ein  alter  Gültbrief  aufbewahret;  welcher  vor 
Schultheiss  und  Schöffen  des  Gerichts  zu  Haussen  in  anno  1400  über 
Häusser  Gerichtsgüter  gemacht.  Desshalb  würden  noch  die  Nsr 
men  des  Häiu»er  Hains  und  Landwehren  gebraucht;  des  Häus- 
ser Feldes ;  der  oberen  und  unteren  Häusserwiesengründe ;  des 
HäusserwegeS;  -Steges ;  des  WilthauseS;  Newenhauses;  der  Ep- 
iStdner  Wiesen;  die  noch  ein  Waltschreier  in  seinem  Gebrauche 
habe.  Ihre  Vorfahren  hätten  noch  den  Ort  der  Heuserpfan- 
neu;  Schmitten  und  gefelle  uff  solche  schmidt  und  mühlen  voige- 
zeigt;  wie  das  auch  noch  zu  sehen;  und  begriffen  des  Häusser- 
bezirks  Güter  über  400  Morgen  Acker;  Wiesen;  gestreuch;  Wüstung; 
Geholtz  und  auch  die  obberürte  schöne  Forellenbach  welche  alle- 
sampt  dem  Dorff  Hausen  königsteinscher  Obrigkeit  allein  zustendig 
gewesen.  Bei  den  Umgängen  der  Höhmark  wird  stets  dieses  Dorf 
angeführt;  es  heisst  z.  B.  im  Umgang  von  1586:  an  derselbigen 
Wiesen  hinauf  bis  an  den  Heuser  fort  (pfort;  pfad?)  den  Heuserfdrt 
hinaus  under  der  Schreyerwiesen  hiu;  und  fortan  zwischen  dem 
Heuserhayn  und  dem  Veit  den  Weg  an  der  Landtwehr  hinaus; 
fortan  an  die  Strassen  da  vor  Zeyten  ein  schlag  gestanden;  der 
Heuserschlag  genannt. 

Mittelursel  schloss  sich  an  Weisskirchen  und  an  Niederursel  an, 
das  Gericht  wurde  durch  Schultheissen  und  Schöffen  dieser  beiden 
Ortschaften  abwechselnd  versehen. 

In  der  Nähe  des  jetzigen  Dorfes  Friedrichsdorf;  südlich  von 
demselben;  lag  DiUingen;  der  Name  kommt  noch  vor  im  Umgang 
der  Seulberger  Mark  von  1539  zu  welcher  Zeit  der  Ort  selbst  bereits 


—     tT8     — 

untergegangen  ist  x  Es  beisst  daselbst:  ^sie  ^gen  die  Landgewer^ 
die  von  DoUingen  uff  das  Sewelbergfeld  geht^.  Dicht  dabei  lag  die 
Brendelsburg;  welche  dem^  beiSewelberg  ansässigen^  meist  in  Hom- 
burg wohnhaften  adeligen  Geschlechte  der  Brendel  zugehörte;  viel- 
leicht gehörte  diesem  Geschlechte  auch  die  weiter  nordwärts  damals 
im  Wald  gelegene  Schneppenburg.  Höchst  wahrscheinlich  hat  sich 
Dillingen  mitSewelberg  yerbunden^  welches  vordem  ein  Schaf-  oder 
Schweinhof  gewesen. 

Bei  Gelegenheit  der  Streitigkeiten  zwischen  den  Märkem  und 
dem  Waldpoten  wegen  des  neuen  Dorfes  oberhalb  Seulberg^  wurde 
auch  des  untergegangnen  Dillingen  gedacht.  Der  Waldpot  brachte 
vor:  an  selbigem  Ort  sei  ein  adeliger  Hof  und  dabei  das  Dorf  Dil- 
lingen gelegen  gewesen ,  welches  vor  diesem  den  von  Brenddl  zu- 
gehöret;  von  welchen  es  auf  die  vonHarffen  gekommen;  von  diesen 
habe  es  der  landgraf  gekauft;  so  habe  er  diesen  Ort  nebet  dem 
Dannen-Wald  „woselbst  in  vorigen  Zeiten  das  Dorf  Willkomms- 
hauseu;  von  welchem  auch  noch  ein  Haus  abgebrochen  ^  und  nach 
Seulbei^;  da  es  noch  stehet;  transportirt  worden,  b^eben^^  Die  neuen 
Ansiedler  hätten  die  Wüsteneien  wieder  zu  fruchtbaren  Aeckem  ge- 
macht,  und  sich  darauf  der  Markgerechtigkeit  „gleich  ihren  Vor- 
fahren und  vorigen  Besitzern  der  Dörffer  Dillingen  und  Willkomm»* 
hausen  y  auch  des  adlichen  Hofs  der  von  Harffen  mit  Fug  und  Recht 
bedient^^  Es  haben  ihnen  aber  „diese  uralte  Gerechtigkeit^'  einige 
Märker  disputiren  wollen,  ebenso  wie  in  der  hohen  Mark  wegen 
Domholzhausen  die  Märker  anfangs  sich  opponiren  wollen. 

Hierüber  wird  weiter  unten  noch  einiges  nachzutragen  sein.  Das 
jetzige  Dillingen  ist  erst  nach  Theilung  der  Mark  auf  früherem  Wald- 
boden nördlich  von  Friedrichsdorf  erbaut  worden. 

Noch -findet  sich  eine  ausgegangene  Ortschaft  auf  dem  nördlichen 
Abhang  des  grossen  Feldbergs,  vielleicht  ein  Gehöfte,  Velperhausen 
oder  Vellmerhausen.  Jetzt  ist  sie  spurlos  verschwunden.  In  dem 
ProtocoU  über  den  Umgang  vom  Jahre  1539  wird  angeführt,  dass 
die  Märker  gegangen  „bis  an  den  Feldberg  gegen  Beiffenberg  und 
den  .Pfingstbrunnen  bei  Velperhausen;  daselbst  hat  sich  zwischen 
den  Geordneten  der  Gemeinde  von  Eeiffenberg  an  einem,  und  den 
übrigen  Märkern  am  andern  Theil  ein  Zwiespalt  des  GimgB  zuge- 
tragen^^  Letztere  wollten  nach  dem  grossen  und  kleinen  Bettstein 
gehen.  Aus  andern  Umzugsprotocollen  ist  zu  ersehen,  dass  die  Ghrenze 
der  Mark  vom  Pfingstbrunnen  östlich  von  Oberreiffenberg  auf  einen 
Stein  lief  bei  Veltmerhausen;  in  denselben  heisst  es  weiter:  „noch 
ein  Stein  bei  Veltmerhausen,  item  noch  ein  Stein  uff  Veltmerhausen 


—     279     — 

obendig  dem  W^  naher  Hatzstein ;  noch  ein  Stein  uff  Veltmerhau- 
sen  vor  dem  Wald,  fortan  noch  ein  Stein  zwischen  der  Mark  und 
Veltmerhansen,  stehet  in  einer  Ecken;  noch  ein  Stein  uff  Veltmer- 
hausen  am  Dieleberg,  liegt  Umb'S  Im  Protocoll  de^  Umgangs  von 
1609  heisst  es:  an  Vettmarshausen  so  zur  Mark  gehörig.  Der  S^  Stein 
stehet  auf  der  Haide  vor  Vohnarshausen;  der  11*®  Stein  in  einer 
Eck  allda  VeldmarJßhausen  wendet  Es  waren  um  diesen  Bezirk 
von  Yeltnuirshausen  eine  ganze  Beihe  von  Grenz -Steinen  am  nörd- 
lichen Abhang  des  grossen  Feldberges  hin.  In  spätem  Umgängen 
wird  dieser  Ort  YoUmarszhausen  geschrieben.  Es  ist  glaublich  dash 
auch  diesci  wahrscheinlich  verkümmerte  Ansiedelung  naoh.dein  ersten 
Besitzer  genannt  worden.  ^ 

Die  Frauen.  Es  ist  sehr  zu  bedauern,  wenn  es  auch  sehr 
natürlich  ist,  dass  die  Akten  der  hohen  Marck  der  Frauen  und  ihrer 
Wirksamkeit  zu  gedenken,  keine  oder  fast  keilie  Gelegenheit  haben. 
In  den  gesammten  Schriften  welche  die  Hohe-  und  die  Seulberger  etc. 
Marck  betreffen,  werden  uns  ntu*  zwei  Frauen  genannt  und  über  ihr 
Wirken  uns  Mittheilung  gemacht.  Einmal  ist  dies  Margaretha  Elisa- 
betha,  Landgräfin  und  Waldbottin,  welche  am  Ende  des  30jährigen 
Krieges  als  Vormünderin  die  Erlasse  unterzeichnet,  dann  aber  noch 
die  wackere  Schultheissin  von  Stierstadt  welche  im  Jahr  1765  bei  Ab- 
wesenheit ihres  Mannes  einer  wüthenden  Botte  allein  sich  entgegen- 
stellt, gefährdeten  Förstern  Schutz  in  ihrer  Wohnung  gewährt  und 
muthig  die  Verfolger  bedroht 

Der  Adel  und  die  Schlössen.  Neben  den  j^Dorffen^  wurde 
in  den  älteren  Zeiten  immer  oder  oft  auch  der  „Schlössen'^  gedacht. 
Im  Jahre  1536  werden  aiis  den  4  Schlössen  als  Homberg,  Obemursell, 
Beiffenberg  und  Bonemesa  aus  jedem  ein  Mann  genommen,  den  Holz- 
bedarf zu  untersuchen.  Auf  dem  Märkerding  im  darauf  folgenden 
Jahre  ist  ^nach  altem  Gebrauch  durch  den  Schreyer  den  Schlössen, 
.Flecken,  Dorffen  und  Orten  in  die  Margk  gehörig^,  gerufenworden; 
ebenso  in  die  Egidii  anno  1538  «allen  Schlössen,  Flecken  und  Dorffen^. 

Auf  dem  Märkerding  von  1517  erhob  sich  Streit  darüber  ob  der 
Bath  von  Frankfurt  das  Becht  habe  Pfäl  zu  hauen,  das  Schloss,  die 
Brück,  das  Wehr  zu  Bonamesa  zu  versehen.  Die  Frankfurter  Ge- 
schickten erklärten  es  wären  zwarPfal  aus  der  Mark  nach  Bonamesa 
geftLrt,  daselbst  ^im.  slol^  iind  sunst,  doch  nit  über  der  brück^  benutsst 
worden;  auch  der  gnädige  Herr  von  Eönigstein  hab'  in  der  Mark 
merklichen  Schaden  gehauen,  hab'  Ffalwerk  zu  Befestigung  des 
Fleckens  Oberursel  verbauet     Es   seien  allein   4   Flecken  nemlich 


—     280     — 

Byffemberg;  Hoemberg  vor  der  Hoe^  Obenirsel  nnd  BonameBe  in 
die  Mark  gehörig^  darzu  gemeine  Märker  in  Yehden  nnd  andern 
nöthen  vor  andern  Flecken  Znflucbt  haben^  danun  anch  billig  sollich 
Flecken  vor  andern  zn  befestigen.  Die  3u&  »A  desshalb  auch  dem 
gnädigen  Herrn  von  Königstein  erlassen  worden  ^  das  Gleiche  ver- 
hoffen  desshalb  die  Geschickten  des  Eaths  für  Bonamese.  Die  Mfir- 
ker  stellen  ihrerseits  nur  in  Abrede  dass  das  ans  der  Mark  genom- 
mene Holz  zum  Brdckenban  verwendet  werde;  sie  beschweren  sich 
dass  sie  grössere  Zollerleichterong  anf  der  Brücken  von  Bonamese  nnd 
fiausen  gehabt^  der  Zoll  sei  erhöht  worden.  Schliesslich  aber  wird 
dem  Schnltheissen  von  Bonames  doch  gestattet  etwa  gehauene  PfU 
in  der  Mai'k  zu  holen^  bis  zum  nächsten  Märkerding  aber  nicht  weiter 
zu  hauen.  —  Mglb.  E.  29.  11^  S.  103. 

Diese  ^Schlössen  und  Flecken*  haben  bereits  im  16.  Jahrhundert 
einen  Vorrang  vor  den  übrigen  Ortschaften  eingenommen,  besonders 
wol  desshalb  weil  in  ihnen  die  verschiedenen  Begierungen  der  zur 
Mark  gehörigen  Ortschaften  eine  Vertretung  fanden.  Sie  bildeten 
den  Ausschuss  der  in  mancherlei  Weise  eine  Thätigkeit  entwickelte^ 
namentlich  im  Bechtsprechen  und  in  der  Verwaltung  der  Mark.  In 
älteren  Zeiten  gehörten  dazu  Homburg,  Oberursell,  Bonamesa,  Keif* 
fenberg,  Hatstein  und  Pfraumheim;  aber  bereits  im  Jahre  1594  sollen 
die  Märkermeister  vor  dem  Waldbotten  und  den  fünf  Hauptflecken 
Bechnung  thun.  Hatstein  wird  von  da  an  nicht  mehr  unter  den  be- 
vorzugten Ortschaften  genannt.  Noch  im  Jahre  1545  als  die  Märker 
Eingriffe  des  Waldbotten  in  ihre  Gerechtsame  befürchteten,  hatten 
sich  die  Solmsischen,  Hanauischen,  Frankftirtischen,  dann  Juncker 
Friedrich  von  Beiffenberg  und  der  von  Hatstein  mit  einander  ver- 
glichen, und  einen  Tag  zu  Frankftirt  im  Predigerkloster  angesetzt, 
daselbst  zu  bandeln  wie  sie  das  Instrument  wollen  helfen  handt  haben. 
„Und  aeind  die  nachfolgend  Dorffer  und  Flecken  zum  Ausschuss  ghen 
Homburg  verordnet:  Homburg,  Obemursell,  Bonamesa,  Beiffenberg, 
Hatstein  und  Ffraumheim^  ^^ 

Es  kann  hier  nicht  daran  gedacht  werden  Verzeichnisse  und 
genealogische  Aufzeichnungen  des  Adek  in  der  hohen  Mark  zu 
geben,  das  würde  dieser  Arbeit  sehr  ferne  liegen;  es  soll  nur  das 
Verhältniss  des  Adels  zum  gemeinen  Märker  berührt  werden. 

Einen  bestimmt  ausgesprochenen  Vorzug  in  der  Nutzung  der 
Mark  vor  dem  gemeinen  Märker  hatten  die  Edelleute  in  älteren  2jd- 


<9  Vergl.  über  den  Untergang  der  Barg  Hatstein :   üsener,  Ritterburgen 
S«  180,  IL  ff. 


—    281 


\ 


ten  nicbt  Es  wnrde  aber  doch  eine  gewisse  Bücksicht  auf  sie  g^ 
nommen,  um  so  natllriicher  als  gerade  der  Adel  die  Vork&npfer 
Keferte^  wenn  es  galt  den  Anmassnngen  des  Walpotten  entgegenasu- 
treten.  Ans  den  Edelen  wurden  anch  meist  die  Schulibeissen  be- 
stell^ entweder  ans  dem  Adel  der  Mark  selbst,  od«:  der  Umgegend. 
Analissige;  in  'der  Mark  gegndete  Edelleute  sollten  vor  andern  zn 
M&rkermeister  gew&blt  werden.  So  finden  wir  im  Jahre  1401  Henne 
Olemm  von  Hoenberg  und  Heinrich  von  Beldersheim;  1545  Georg 
von  Bellerßiejm  Amtmann  jsu  Nidem  Jrl^ach;  1578  Philips  Wolff 
von  Pfrannheim  Amptmann  au  Eönigstein,  derselbe  im  Jahr  1595 
als  Mftrkenneister.  Ausser  diesen  kommen  noch  vor:  1401  einSifiidt 
von  Stierstadt,  Fritaohen  Olenmi  und  Damen  von  Pmmheim,  die 
Franken  von  Hexstat,  Henne  von  Delckelnheim,  Wilh.  von  Bomm^r»- 
heim,  Jacob  von  Cronberg,  Balthasar  von  Eschbaeh,  Job.  von  Bus* 
seck,  n.  a.  m. 

Besonders  sind  es,  neben  den  Brendel  von  Hombni^,  die  Jmiker 
von  Beifienberg  and  von  Hatstein  welche  in  Stämmen  auftreten^ 
ähnlich  wie  der  gemein  Märker  in  Ortschaften.  So  heisst  es  dass 
1545  angegen  gewesen  von  wegen  des  Stamms  Brendel,  Johann 
Brendel  der  ältere  von  Homberg  d.  h.  Beichs  Burggraf  snFridb«^, 
Job.  Brendel  der  jtingere  von  Homberg,  von  wegen  der  Stämme 
Byffenberg  nnd  Hattstejn  erscheinen  aber  Pfarrer  und  Schnltheiss. 
Ebenso  anch  1541  waren  erschienen  anstatt  des  obersten  Walpoden 
der  ehrenvest  Ohristoff  von  Hatstein,  Amtman  m  Königstein,  dann 
Oonrat  von  Hatstein,  Bitter,  Vitzthnmb  zn  Mainz  von  wegen  des 
Haqs  Hatstein,  nnd  Johan  von  Beiffenbergk  von  wegen  des  Haus. 
Noch  im  Jahr  1607  erschien  ein  Daniel  Brendel  und  Job.  Eittel 
Brendel  von  Homburg,  der  Schnltheiss  zu  Erlebach  und  der  Bitt- 
meister von  Homburg  Brendel  werden  au  Märkermeistem  erwählt 
Im  Jahre  1578  heisst  es,  nachdem  die  Geschickten  der  Herrschaften 
aufgezählt  worden,  letzlich  waren  erschienen  ^beneben  den  gemeinen 
Märkern  Johann  Brendel  von  Homburg  und  Burckhardt  Engelbrecht 
von  Hattstein  als  Mitmerker'. 

Wir  finden  diese  beiden  Beiffenberg  und  Hatstein  bald  unter 
denen  vom  Adel  aufgeführt,  bald  unter  den  Herrschaften.  Als  der 
Keller  von  Homburg  1541  einen  Ausschuss  bestellen  wollte  ^sindihm 
die  gemelt^i  Herrschaften  Sohns,  Eisenburgk,  Frankfurt,  Hatzstein 
und  die  Unterthanen  in  die  Bed  gefallen^. 

Die  Hatsteiner  und  die  Beiffenberger  abgeschieden  von  der  übri- 
gen Welt  haben  sich  auch  nicht  viel  um  deren  Anforderungen  be- 
kümmert   Im  15.  und  16.  Jahrhundert  fehlte  es  nicht  an  Beschwer- 


-    ^M2     - 

den  der  Märker  gegen  dieaelben ;  bo  auf  Mitwoch  oäcbst  nach  dem 
b.  PfingBtti^p^  1484  eine  Beschwerde  gegen  die  yon  Biffemberg  die 
eüieh  in  der  Marg  gefangen  und  g^ftndet  haben.  Im  Jahre  lildl 
abennalB  ein  Mftrkerding  gehalten  wegen  der  Irrung  mit  den  von 
Biffemberg  „den  abgezogen  Walt"  betreffend«  Zugegen  waren  die 
Abgeordneten  von  wegen  Hanau,  SohnSi  Königslein,  Frankfurt,  dann 
J.  von  Cronberg  wegen  Nidem  Heckatat  (?),  Marqwart  von  Hatstdn 
Yon  wegen  des  Schloss  Hatitein,  Gilbrecht  Yon  wegen  des  Sdiloss 
Biffenbei^.  Sie  beschliessen  einen  Umgang  wieder  su  halten,  und 
yfiy  jede  herschafi  ufs  getrost  sie  künnen  kommen  und  erschinen^', 
auch  die  Jungen  allenthalben  mitnemeU;  darmit  der  Umbgang  m 
Gedechtnits  bliebe.  Im  Jahr  1600  baten  die  Beiffenberger  um  Hegung 
des  SchartterwaMto,  die  Mirkermttster  erwiderten :  die  Beiffenberger 
theten  den  mehrsten  schaden,  und  sonderlich  die  uff  Beiffenberg  g«>- 
legenen  Soldaten. 

Die  Brendel,  welche  beaonders  bei  Senlburg  begütert  gewesen, 
sollen  auletat  im  untern  Sdiloss  bu  Homburg  gewohnt  haben,  1630 
oder  1636  ausgestorben  sein.  Die  Wolff  Ton  Pfraumheim  ^  erscheinein 
noch  um  das  Jahr  1600  auf  den  Märkerdingen,  so  1600  Philips  Wolff 
von  Pfraumheim.  Er  schdnt  aber  keine  vorragende. Stdlung  dabei 
mehr  eingenommen  zu  haben.  Als  man  ihn  nicht  sum  Ansschuss 
berief  sagte  er,  dass  er  mit  darunter  g<^öre  „wolle  sich  untermen^^ 
gen,  wie  maußdreck  undem  Pfeffer^^  Er  beschwert  sich  dass  num 
die  Adelspersonen  nicht  aum  gemeinen  Zechen  siehe.  Gheorg  Bren- 
dell  von  Hoenbui^k  affirmirt,  dass  solches  also  herkommen  und  billig 
geschehe.  Im  Jahre  zuvor  aber  heisst  es  von  Phil.  Wolff  von  Pranm« 
heim  es  sei  uff  sein  Ansuchen  an  sein  gesetzten  büßen  der  8  fl. 
zwei  fl.  nachgelsssen. 

Der  Walpode  hatte  sich  nur  von  dem  Landman  oder  dem  ge* 
mein  Märker  seine  Bechte  und  Herrlichkeiten  weisen  zu  lassen; 
Strafen  mochten  ^  der  walpode  und  der  lantman'^  mildigen,  aber  bei 
der  Wahl  der  Märkermeister  waren  die  Edelleute  in  mancher  Be- 
ziehung bevorrechtet:  j^Wen  die  Edelluto  und  der  lantman  uff  St 
Eathrinentag  zu  Markerm^tem  kiesen,  den  hat  der  Walpode  zu 
besteifigen^.  So  geschah  es  im  Jahre  1401.  Auf  demjtfärkergeding 
von  1438  gingen  die  Edelleute  beiseite  und  auch  der  lantman,  und 
besprachen  sich  und  wählten  die  Märkermeister.  Der  lantman  ge- 
dachte auf  Anstiften  des  Kellners  von  Homburg  dreie  zu  wählen  da- 


^  Vergl.  Aber  dieses  Geschlecht,  Dr.  Ealer*  im  Fftr.  Archiv  fttr  Gesch.  6 
Hfl.  S.  110. 


-     28*     - 


mit  die  Mark  besser  bestellt  würde,  die  Edeln  aber  wühlten  zwei 
„Heimen  von  Delckenheym  hie  £ese  syt  de  hoe  und  Cunen  von 
Biffenberg  hinsit  der  hoe",  und  meinten  dass  man  es  bei  den  ssweien 
liess  bleiben,  wie  es  von  altem  Herkommen  wlbre,  und  hi^ssen  die 
Landleute  hinter  sich  treten  und  darauf  besprechen.  Als  ne  sich  be* 
sproehen  hattm  ^ensählte  der  Schuhheiss  zu  (fehlt  der  Name  des  Orts) 
von  der  Landleute  wegen  wie  sie  meinten  dass  dieEddn  es.  als  gerne 
gut  sähen  als  sie,  und  wollten  es  auch  bei  den  zweien  lassen  bleiben, 
wie  die  Edeln  gekoren  betten."  --  Mglb.  E.  II.  &  93. 

Nach  dem  Weisthum  von  1484  soll  man  kiesen  zu  Märkermeis- 
tern  aus  den  Edeln  die  in  der  Mark  gesessen  und  gegut  seien.  Mag 
man  d^  nicht  haben,  so  soll  man  kiesen  aus  denPriestem,  ma^  man 
auch  der  nicht  han  soll  man  kiesen  aus  denlantmannendiefUmemst^L 
und  niltzigsten. 

Noch  im  Jahre  1541  traten  die  Edeln  ,^o  von  Jre  Person  sdbsl 
wegen,  vom  Adel  zugegen"  zugleich  mit  den  Herrschaften  g€^en  die 
Gesandten  des  Waldpotten  auf,  begehrten  zu  wissen  ob  dieser  der 
Cremark  merklichen  Sehaden,  gethan  mit  Abhauen  von  Eichenbäumen 
aus  welchen  viel  taus^id  Zaunsteoken  gemacht  die  I^^  Gnaden  apisser 
der  Mark  verbraucht;  solche  Büge  hätten  sie  in  den  Bflgezetteln 
nicht  Vliesen  hör^i,  ob  solches  mit  Wissen  des  gemein  Märkers 
oder  der  Märkermeister  bescheen,  ob  sein  Gnaden  auch  solchen 
Schaden  verbüsset?  Wenige  Jahre  nachher  aber  stimmen  auch  die 
Brendel,  die  Herren  von  Bommersheim,  von  Pniumlieym,  wie  die  von 
Beiffenberg  und  von  Hatstein  den  unheilvollen  Beschlüssen  bei^  welche 
das  alte  Becht  der  Mark  vernichten  halfen. 

Damals  schwand  das  Ansehen  der  Edelleute.  Auf  Mitwoch  nach 
Pfingsten  1668  begehren  die  zween  Stämme  von  Beiffenbergk  und 
Hattsteyn  Anzmg,  warum  die  Märker  ihre  ünterthanen  die  Beiffen- 
bergbchen  und  Amßhainer  aus  d^  Mark  geschlossen;  zum  andern 
warum  nicht  die  Märkermeister  aus  dem  Adel  gewehlet  würden;  zum 
Dritten  aus  was  Ursachen  ihnen  gewehret  wdll  werden  Säuheoken 
im  Wald  zu  machen?  Der  Amtmann  von  Epstejn  erbietet  sich  zum 
Versuch  die  Irrungen  in  Güte  beizulegen,  dagegen  die  ssween  stamm 
„dieweil  die  andern  gahnErben  nit  vorhanden^^  wollen  sich  in  keine 
gütliche  Verhandlung  einlassen.  Die  Märker  ihrerseits  heben  hervor 
wie  die  Bei£fenberger  die  Ausschliessung  verdient;  sie  bemerken 
dann :  es  sei  im  Instrument  geordnet  dass  Merkermdster  vom  Adel, 
in  der  Mark  gesessen,  sollen  gewählet  werden,  j^Inen  eey  aber  auch 
ufgelegb  sie  sollen  zytlich  in  den  Walt  ryten  und  zusehen ,  dass  die 
Förster  Jres  dienstes  flüssig  und  treulUi  warten;  Dwjl  aber  solchea 


—    284    — 

Ton  etlicheii  unterlassen  und  auch  im  Instrament  versehen,  wo  man 
solche  Personen  vom  Adel  nit  haben  möge,  soll  man  Yon  Priestern 
oder  von  andern  redlichen  Märkem  nehmen,  so  hab  man  etliche  Jar 
her  redliche  Personen  aus  den  Merkem  gewehlet  die  der  Mark  zum 
treulichsten  sollen  ftirstehen.  Es  heisst  weiterhin  zur  dritten  Be- 
schwerde: ^soviel  die  sewhecken  belangt,  hab  der  öberst  Waltpot  die 
Vorjagt  in  der  Höhmark,  laut  des  Instruments,  demnach  mögen  die 
Merker  auch  jagen;  zu  solcher  jaget  mög  der  Waltpott  Hecken  lassen 
machen,  sust  wissen  die  Mercker  nit  dass  Jemant  andres  hecken  hab 
zumachen.  Wan  ejn  jeder  merker  sjntsgefallenswöll  hecken  machen, 
so  betten  sie  des  Walts  nit  genug^S  Mglb.  £.  29.  III.  —  Nicht  lange 
nachher,  im  Jahre  1578  bringen  die  Beamten  des  Waltboten  vor, 
dass  etliche  Märker,  sonderlich  aber  die  vom  Adel  sich  des  Wild- 
schiessens  gebrauchen,  dazu  eigne  Schlitzen  halten  sollen,  welches 
dem  Instrument  zuwider  sei,  sie  hätten  sich  des  Schiessens  in  der 
Mark  gänzlich  zu  enthalten. 

Im  Anfange  des  17.  Jahrhunderts  (1602)  übergaben  die  wenigen 
noch  vorhandenen  adelichen  Mitmärker  den  beiden  Märkermeistem 
und  den  gemeinen  Märkem  Beschwemngspuncte.  (Mglb.  E.  29.  IV. 
S.  26.)  Das  Instrument  bestinmie,  dass  aus  den  adelichen  Mitmerkem 
oder  geistlich,  da  man  derselben  haben  könne,  Märkermeister  zu  er- 
wählen seien,  dass  sie  auch  zu  den  Berathschlagungen  gemeiner  Mark 
gezogen  werden  soUen;  etliche  Jahre  hero  seien  aber  dem  zuwider 
nicht  allein  gemeine  Personen  zu  Märkermeistem  erwählet,  sondern 
auch  der  adliche  Märker  von  gemeiner  Berathschlagung  gänzlich 
ausgeschlossen  worden.  Sie  begehrten  dass  jederzeit  aus  den  adlichen 
Märkern  einer  zum  Meister  erwählet  werde ;  dass  auch  die  jährlichen 
Rechnungen  zur  Prüfung  den  adlichen  und  andern  Mitmärkem  vor- 
gelegt werden.  Sie  machen  Vorschlag  wie  Ersparnisse  durchgeführt 
werden  könnten,  die  Aufsicht  im  Walde  geschärft  Darauf  beschliesst 
aber  der  Märker:  die  vom  Adel  würden  sich  dem  Instrument  gemäss 
zu  verhalten  wissen,  sie  seien  mit  dem  Ausschusse  zu  Rath  gegangen, 
ausser  den  Versammlungen  hätten  nur  die  Hauptflecken  zu  deliberiren. 
Die  Bechnung  abzuhören  stehe  allein  bei  dem  obersten  Waldpotten 
und  den  Hauptflecken.  Burghard  Engelbert  von  Hatstein  habe  wol 
etwas  in  Vorrath  gebracht,  andere  vom  Adel  aber  hätten  den  Vor- 
rath  nit  gebäufet  sondern  durchbringen  lassen.  Den  Becess  betreffend 
hätte  der  Märker  lieber  nichts  wünschen  mögen,  als  dass  Philips 
Wolff  von  Praunheim,  der  Caspar  Jeckel  succedirt,  dero  Zeit  ein 
schärferes  Aufsehen  gehabt,  die  Bechnung  so  liederlich  nicht  appro- 
birt  oder  unterschrieben,    sondern  die  Becessschulden  ausgetrieben 


—    285    — 

hfttte.  Endlich  sei  in  dem  Instnunent  nichtB  ra  finden,  dMs  die  vom 
Adel  mit  der  Beholzigang  nnd  Eintreibnng  ihrer  Sohweine  cur 
Mastong  vor  andern  Mftrkem  berechtiget,  sie  lassen'a  bei  solchem 
Herkommen  billich  verbleiben  da  die  vom  Adel  in  Markbeschwerung 
mehr  nit  dann  andere  gemeine  Märker  contribuiren» 

Als  auf  dem  Theidigungstage  am  28.  Juni  1608  der  Kellner  zu 
Vilbel  sein  Begehren  wiederholt,  dass  von  der  Schwein  rügen  abge- 
standen werde,  erkennt  der  Märker  „den  Besitzer  des  Hauses  Vilbell 
fbr  einen  M&rker,  und  Niemandts  weitter^  und  weisst  ihren  Besitzer 
auf  ^das  Instrument  und  die  Markordnung  ^zuversichtlich ,  er  sich 
daran  begniige  und  keine  Neuerung  veranlassen,  auch  der  verwirk- 
ten Bußen  halben  sich  mit  ihm  aller  gebttr  abfinden  werde,  damit 
nicht  Noth  sei  andere  zulässige  Mittel  gegen  ihn  an  die  Hand  zu 
nehmen.* 

Von  weit  geringerer  Bedeutung  als  in  der  hohen  Mark  war  der 
Adel  in  der  Seulbmrger,  Erlenbacher  etc.  Mark;  doch  auch  hier 
hatte  er  gewisse  durch  sein  Auftreten  und  Benehmen  bedingte  Ehren- 
vorrechte. Bei  den  Strei%keiten  über  die  M&rk^rmeister  Wahl 
erklärten  die  gemein  Märker  im  Jahre  1482  sei  auch  ein  alt  Herkom- 
men, wann  ein  M&rkermeister  sein  Amt  aufgestabet  habe,  were  der 
ein  Edelman  in  der  Mark  der  darum  b&te,  den  sollen  die  Märker 
darzu  uffnemen,  were  aber  kein  Edehnan  der  darum  bitten  wollte, 
were  dann  ein  Pastor  in  der  Mark  der  darum  bftte,  solle  ihm  gelas- 
sen werden.  Die  Fassung  ist  hier  eiue  andere  wie  in  der  hohen  Mark: 
einem  Edelmann  der  um  das  abgegebene  Amt  wieder  bittet,  dem 
soll  die  Bitte  nicht  abgeschlagen  w^den'^. 

In  der  Markordnung  von  1Ö88  ist  bestimmt  dass  Sontags  nur 
grün  Holz,  Freitags  nur  dürr  Holz  gehauen  werden  solle,  jedoch  den 
Burgsessen  und  Herrenhäusern  hiermit  nichts  gewisses  vorgeschrie- 
ben werde  ydann  dieselbe  uff  gewieße  tag  nit  gebandt  sein  soUen^^ 
Im  Jahre  1501  ist  dann  beigefügt,  dass  jeder  nur  einmal  des  Tages 
fahren  dürfe,  wer  ausserhalb  der  Wittage  „under  dem  schein  der  Bürge 
Holz  bei  sich  in  seinen  Hoff  führe^'  solle  gestraft  werden.  Schon  im 
Jahre  1599  findet  sich  aber :   soviel  die  Burgsesse  anlangen  thut  ist 


>i  Qew5hnlich  sind  es  nur  die  unteren  Beamten  welche  um  ihr  Amt  bitten, 
die  Förster,  der  Schreier,  wie  hent  su  Tage  noch  in  der  Sohweis  der  Weibel 
und  der  Landschreiber.  Die  obersten  Xarkbeamten  werden,  in  den  spfiteren 
Zeiten  wenigstens,  ohne  dass  sie  desshüb  bitten,  gew&hlet.  So  noch  jetzt  auch 
in  der  Schweiz  die  Lsndsmmftnner  welche  von  andern  in  Vorschlag  gebracht 
werden. 


—     «86    - 

besehioBsen  daM  der  Ober  Herr  Waldpott  nf  gewiste  Tage  nicht  ge- 
baadet,  noch  ihme  Maaß  und  Ziel  färgeschrieben  sein  solle;  aber  die 
Petterweiler  Burg  soll  ihr  Holz  „wie  vor  Alters  oof  die  vier  fron- 
fasten lassen  atisfkihren ,  und  weiter  bu  thun  nicht  macht  haben^  bey 
der  straffe  in  gemeinden  Verbrechern  geordnet;  so  oft  einer  darüber 
mißhandlen  und  bedretten  wirdt*.  1601  wird  festgesetzt:  „Waß  dan 
die  Nieder-Erlenbacher  etc.  bürge  so  anjetzo  durch  des  Pfarher  do- 
selbsten  besessen  wird,  und  wdchem  man  auf  eine  sonderliche  Gerech- 
tigkeit von  deswegen  im  Walde  zuzueignen  sich  ahnmaßlich  unter- 
stehen wUl,  anlangend  deroselbigen  und  ihrem  Besitzer  gestehet  man 
weiter  nicht  als  sonsten  einem  gemeinen  landman  und  Mftrker,  und 
«oll  keinem  mehr  als  ^mal  uf  obangeregte  Wittage  zu  fahren  erlau- 
bet sehL''    M^b.  E.  30.  UX 

Als  sich  die  Betroffenen  beschwert,  bemerkt  die  Waldordnung 
des  Jahres  1602 :  „ob  nuhn  weil  der  Gtrnß  zu  Sollmß  uf  seines  ver- 
storbenen Eelners  zu  Petterweiil  anregen,  wie  auch  die  Statt  Franck- 
furth  gegen  diese  Verordnung  des  Burgholzes  protestiren  und  ein 
vermaint  Hehrpringen  anziehen  liefen,  mit  Begehren  sie  darbei  unge- 
bant  pleiben  zu  lassen.  Dieweil  aber  der  Wald  in  kurzen  Jahren 
sehr  abgenommen,  und  war  deswegen  ,dem  Märker  soviel  als  etwa 
bishero  beachehen  nit  mehr  verstattet  sondern  abgebrochen  worden, 
und  dann  die  beide  angeregte  Burgsesse  vermöge  des  Instruments 
mehre  Gerechtigkeit  als  ein  ander  Märcker  nit  hergebracht ;  zu  dem 
auch  4ie  Nieder  Erlebächer  barg  bei  Menschen  gedenken  in  50  und 
mehr  Jahren  kein  exercitium  gehabt,  noch  sich  dessen  mit  fugen  und 
gutem  gewiesen  rühmen  kann,  so  ist  ihnen  ihr  begehren  rund  abge» 
schlagen,  auch  die  vermeinte  protestationes  auf  ihrem  unwertb  und 
es  bey  dieser  Ordnung  gelassen  werdenn/^  Ein  ganzer  Band  (Mglb. 
E.  42.  No.  33.)  umfasst  allein  den  Streit  über  diese  behauptete  Ge- 
rechtigkeit aus  den  Jahren  1601 — 1605,  Dr.  Schacher  stellt  den  Satz 
auf,  die  Beholzungsgereohtigkeit  sei  durdi  non  usum  nicht  erloschen, 
es  handle  sich  nicht  um  servitus  in  re  aliena,  sondern  um  jus 
in  re  propria,  das  oondominium  in  der  Mark.  Nach  der  Ordnung 
von  1598  sei  die  Burg  an  gewisse  Tage  nicht  gebunden,  das  könnten 
die  Märker  nicht  willkührlich  abändern.  Weitere  Verhandlun- 
gen wegen  der  Burgsitze  und  der  ungebanten  Behokignngsge- 
rechtigkeit  folgen  im  Jahre  1607  auf  dem  Bathhause  zu  Seulberg. 
Der  Bath  hatte  dazu  Johann  Adolph  Keller,  Schöffen  und  des 
Baths,  sowie  den  Sjndicus  D.  Casp.  Schacher  gesandt;  die  Mär- 
kermeister  und  der  Ansscbuas  der.  sämmtlichen  Dorfsohaften  Seul- 
berger  Mark  hatten  einen  Beistand  in  der  Person  des  D.  Andres 


—     887     — 

^n  ^nm  Fiidbei^  sngesogen.  Nachdem  die  Bolms'Kdieii  ihre 
Gewalt  überreicht^  zeigen  Bie  «&,  dasB  ihr  gn.  Herr  beim  Beiohibef- 
rath  rechtlichen  Process  ausgebracht^  wollten  dieselben  Proteatirt  haben, 
daaa  durch  diese  gütlidie  Handlung  der  Klage  nicht  al^eiagt  aei. 
Dieee  wird  articulirt  verlesen:  1)  von  des  Dorfs  Peterweil  Gelegen- 
heit, 2)  dass  dasaelb  Ysenburg  und  Sohns  mit  aller  Gerechtigkeit 
ogenihümlich  zustendig  sei.  3)  Von  Gelegenheit  der  Senlberg  und  Erle« 
bacher  Mark.  4)  Dass  Sohns  darin  die  Beholngangsgerechtigkeit  und 
6)  selbige  flir  sich,  seine  Keller  und  das  Bnrghans  herbracht  habe; 
6)  und  selbiges  ohn  dnige  Verbannimg.  7)  hettens  Merker  nie  gefoob- 
ten,  8)  hette  ihtien  anch  keine  Contradiction  gebliret,  9)  seien  zwar 
etwa  Waldordnungen  gemacht  worden,  10)  dabei  der  gemein  Märker 
gebaut;  11)  ausgenommen  die  Burgsitz,  12)  conseq.  seien  dieselben 
in  ihrem  Besitze  des  Unbans  gelassen  worden,  18)  doch  haben  sie 
sich  gegen  Umstand  und  Keller  zu  tnrbiren,  14)  dieselbe  PfSsrde 
imd  Wägen  abgepfandt,  15)  einen  Bnrgmeister  von  Pettarweil  ge> 
fangen,  16)  den  PetterweUer  ihre  Schwein  ausgetrieben,  17)  es  hette 
sich  ab^  Solms  nit  wollen  teglifaiiren  oder  verdrängen  lassen  sondern 
meinen  Besitz  contmmrt,  18)  Mercker  wollten  aber  noch  nit  abstehen, 
bitte  deshalb  dasselbe  im  Besitz  zu  schtttzea.  Die  Märker  uamen 
nach  Verlesung  der  Sehrift  ihren  Abtritt  und  bedachten.  Sie  erwie- 
dem  dass  firüher  ein  jeder  Märker  nach  Bdieben  beholziget^  später 
sei  wegen  Holzmangel  Wittage  gesezet  wollen.  ^Sollte  Sohns  gegen 
solche  Ordnung  gehandelt  haben,  so  sei  es  dann  geschehen  und  dar* 
gegen  auch  gepfendt  worden."  Auolf  die  andern  Artikel  werden  in 
Abrede  gestellt  oder  gedeutet.  Die  Frankfurter  Abgeordneten,  wel- 
chen auch  das  Becht  in  dem  Ausschuss  zu  sitzen  bestritten  worden  ^, 
hatten  sich  entfernt.  Sie  erfuhren  nachher  durch  den  Schultlieiss  zu 
Nieder-Erlenbach ,  dass  die  Märker  sogleich  nach  der  Frankfurter 
Geordneten  Abscheidt  ein  ander  Sprach  angefangen ,  der  Burgk  Pe- 
terweil und  sonst  keinem  Burgsitz  eine  ungebante  Gwechtigkeit 
einlräumen  wollten,  doch  so  dass  die  Herrschaft  solches  nit  als  eine 
ewige  Gerechtigkeit  habe,  sondern  dass  solches  nur  aus  gutem  Wil- 
len geschehe,  und  die  von  Solms  an  die  jährlichen  Waldordnungen 
gebunden  sein  sollten.  Er,  der  Schultheiss  habe  ex  paile  Senatus 
widersprochen,  es  gäbe  dies  nur  Veranlassung  zu  ewigem  Geztok. 
Mglb.  E.  30.  4. 


»  Auf  dem  Aosschnsstage  am  25.  Mai  1604  zu  Senlberg  hatte  der  gem. 
Mftrker  begehrt,  der  Abgesandte  des  Raths  möge  anders  nicht,  detln  als 
„beistand  des  dorflb  Nid.  Brienbaoh**  der  Session  beiwohnen. 


-     288     - 

Ln  Jabre  16SM  veiAiAiifte  der  Frankfmier  Bath  die  Nieder-Etlen- 
bacher  Burg  mit  dem  dazu  gebörenden  Gellinde  an  den  Herrn  von 
GUubnrg;  (Mglb.  E.  48.  No.  1  und  6.)  Der  ScbnliheiBs  Job.  Tob. 
Lampert  bescheinigt  am  16.  Sept  1789,  dass  die  Gemeinde  Nieder- 
Erlenbach  nicht  nur  seit  dem  Jahre  1769,  m  welchem  Jahr  er  das 
SchnltheisBen-Amt  angetreten,  sondern  bereits  viele  Torherige  Jahre, 
denen  hochadlichen  Besitzern  der  Burg  aus  der  hohen  Mark  jährlich 
sechs  Wagen  Hoks,  jeden  Wagen  mit  4  Stück  Vieh  bespannt,  zur 
Frohnde  in  die  Bm^  gefahren  habe.  In  dem  genannten  Jahre  1789 
aber  trieb  der  Waldschraer  Hasch  auf  Befehl  des  Märkermeisters 
zu  Ober-Ursel  zwei  Pferde  des  Herrn  Oberamtmann  ▼.  Glauburg 
zur  Strafe  ein,  und  es  wurden  dieselben  nicht  eher  losgegeben  bis 
Strafe  und  Unkosten  mit  fl.  20.  41  kr.  entricktet  waren.  Der  Eigen- 
thümer  wandte  sich  an  den  Bath,  ihn  in  der  verkauften  Gerechtsame 
zu  schützen.  Der  Mürkermeister  Siebold  von  Obemrsel  verthetdigte 
seine  Handlungsweise,  die  Gerechtsame  sei  nicht  erwiesen,  das  pos- 
sessorium nicht  bescheinigt,  selbst  die  ,,Darmstfidtbchen  Prinzen- 
höffe  zu  Nieder-Eschbach^  verlangten  kein  weiteres  Becht  ab  jeder 
andere  Märker  verlangen  könne..  Die  {brsüich  Hessische  Begierung 
zu  Homburg,  an  welche  man  sich  nun  wandte,  versprach,  dass  das 
Anliegen  des  Burgbesitzers  bei  dem  nftchsten  Markkonvent  in  Ueber- 
legung  genonunen  werden  solle ;  verwiess  aber  zugleich  auf  Märker- 
gedings-ProtocoUe  von  1517,  1601,  1602  und  1608,  nach  welchen  denen 
vom  Adel  wegen  ihrer  Güter  kein  Vorrecht  in  der  Mark  einger&umt 
werden  soUe.  Da  Herr  Obenufttmann  v.  Glauburg  auf  dem  Märker- 
ding  1791  sich  nicht  meldete,  blieb  die  Sache  liegen. 

Die  Geistlichen.  —  Auffallend  ist  der  geringe  Einfluss  wel- 
chen die  Geistlichkeit  in  den  Angelegenheiten  der  hohen  Mark  gehabt, 
und  wie  überhaupt  jedes  äussere  Zeichen  einer  Gottesverehrung  dieser 
fremd  geblieben  ist.  Kein  Kreuz  ist  darin  errichtet^,  und  auch  die 
Benennung  einer  Gegend  am  Lindenberg :  ,,an  der  Magd-Kreuz^^,  soll 
an  ein  Verbrechen  erinnern.  Nur  eine  einzige  Stelle  in  der  Hohen 
Mark  ist  als  eine  heilige  bezeichnet.  In  den  Markumgfingen,  z.  B. 
von  1586,  gelangen  die  Märker  hinter  dem  grossen  Feldberg  bei  dem 
kleinen  Bettstein  an  das  Feldchen  „heiligen  Wald"  genannt  „Ein 
Stein  so  noch  gesetzt  werden  soll,  oben  am  Eck  hejligen  Walt 
genant,   ist  der  5«,   der  6.  Stein  zwischen  dem  AmßhaTner  Walt 


»  Dss  rothe  Kreuz  liegt  nieht  in  der  hohen  Mark. 


—    389    — 

und  d«m  kleinen  Bettetem.^  Der  8»  Stern  weiter  binanier  swiBchsn 
dem  kleiiien  Bettotein  und  dem  heilig  Wald.  y^Fortun  Ton  dem  J^imn, 
oboadig  dem  hebmg  Senfifen,  binsnff  am  heiligen  Walt  ^^  imd  Faulr 
berg  ein  Stein/^ 

Wol  scheint  es,  daes  der  Abtahof  bq  EBchersheim;  jtoseitB  der 
Nidda  gelegen ,  einer  besonderen  Begünstigung  gewürdiget  worden^ 
diese  ist  aber. andern  geisdichen  Anstalten^  z.  B.  dem  Kloster  Thron, 
jenseits  der  Höh,  nicht  geworden.  Auf  dem  Märkerding  von  1549 
wnrde  beschlossen :  weilen  die  Tom  Thron  mit  ihrem  Vieh  in  die 
Mark  treiben,  auch  Wellen  daselbst  machen^  ist  den  Förstern  befohlen 
sie  zu  pfilnden :  ^^wöUen  dann  die  Thröner  nnsem  Förstern  die  andert- 
halben  Gulden  Oelts  so  sie  Inen  bis  daher  jerlich  zu  geb^i  pflegten 
fürthers  mit  geben,  so  mögen  sie  es  unterlassen,  dan  die  Merker  wol- 
len nitlyden  da0  der  Förster  halben  den  Aufimerkem  ejniebe  gerech- 
tigkeit  in  der  Mark  gestatei  werd.'^  Mglb.  £.  29.  üb  S.  135. 
Wmter  wird  bemerkt  im  Jabre  1667,  die  Jungfern  zum  Thron  hat* 
ten  gebeten  ,,Inen  zu  grannen  daß  tie  mögen  mit  Irem  Yiek  wen- 
den, und  weilen  machen  in  der  Höhmark  an  etlichen  Orten  so  den 
Merken  entlegion  syen.  Solchs  Inen  abgeechlagen,  wie  hiebevor  im 
Jar  1549  aueh  geschehen^. 

Priester  werden  in  den  Verhandlungen  der  Hohen  wie  der  Seul- 
bnrger,  Erlenbacher  etc. .  Mark  fiiet  nur  genannt  als  Zeugen.  So 
namenäioh  bei  dem  feierlichen  Märkerding  bei  Oberursel  im  Jahre 
1484  Nur  die  Hatsteiner  und  Beiffenberger  senden,  weil  sie  sonst 
keine  geeignete  Beamte  hatten,  ihre  Capeliane  auf  die  Märkerdinge. 
So  wird  1586  eu  dem  Aussohuss  nach  Homburg  geschikt  *  Georg 
Betseler  Oapelan  zu  Beiffenberg,  1545  zu  dem  Ausschusstag  Herr 
Jorg.«..P£arrher  wm  BTSSenberg  und  Hans . . . . Soholthes  daseibat. 

Neben  den  Edelleuten  eraUten  auch  die  Fastoren  vorzugsweise 
berüeksiofatigt  werden  bei  der  Wahl  der  Märkermeister:  ^were  aber 
kein  Bdehnan  der  darum  beden  'wollte,  were  dann  ein  Pastor  in 
der  Mark  der  darum  bete,  sol  im  gelassen  werden.'^  Nur  ein  ein- 
fligesmal  aber  findet  sieh  ein  Pastor  bei  der  MSrkermeisterwaU  berück- 
sichtiget Im  Jahre  1485  während  der  Streitigkeiten  des  Waldpoten 
bei  diesen  Wahlen  in  der  Seulbiurger,  E^lenbadier  etc.  Mark  haben 
die  Yon  Petterw^e,  Nydem  Irlebach  und  Ober  Irlebach  gehöre» 
den  Paalor  ütt  Obena  Irlebaßh,  die  vy)n  Qulczhusen,  Eoppem  und  Sul-« 


^  In  der  Seal)).  Erlenb.  Mark  wird  in  ähnlicher  Weise  beim  Umgang  1593 
ein  »»heiliger  Acker''  bärllhrt,  bei  demselben  stehet  der  SS.  Hänfen ;  unten  am 
heiligen  Aeker  naok  der  RegeUbaoh  zv,  der  9L  Haiii^    Mglb.  B.  dO.  IV.  -^ 

'  19 


-     290     — 

borg  aber  Erwin  Dogel«  Ak  aber  die  von  Pelterwyle  gehlM  haa 
daß  Erwin  Dogel  von  den  Eppenstrinem  gekom  were,  lo  stundea 
sie  von  dem  Pastor  und  koren  auch  Erwin  Dogel,  damit  er  die  Mehr« 
heit  gewann.    Mglb.  E.  IT»  S.  152. 

Im  Jahre  1583  1^  der  Kriler  von  Hombuiff  den  Entwurf  zn 
einer  neuen  Ordnung  Yor;  in  demselben  heisst  es  sum  zwöUSken,  die 
Erwehlung  und  Eiesung  des  Merkermeister  anlangend:  man  solle 
wehlen,  so  maus  kann,  aus  den  Edeln  die  in  der  Mark  gesessen,  oder 
lantman  die  Vornehmsten  und  nutaestea.  Der  Fastoren  wird  nicht 
mehr  gedacht 

Auch  die  Bevorzt^fung  der  Pastoren  in  Betreff  der  Jagd  war 
wol  nur  noch  ein  AnUang  aus  einer  vergangenen,  roheren  Zeit  Schon 
im  15.  Jahrhundert  findet  sich  keine  Spur  der  Benutzung  vor. 

Wie  der  Bereich  der  ^emaligen  Höhmark  staatlich  zertfaeilt  und 
in  Stückchen  zerrissen  ist,  so  auch  in  Folge  dessen  der  kirchliche 
Znsammenhang.  Nach  der  Beformittioa  wurde  in  dem  einen  Dorf 
die  hiliierisdie  Predigt  eingeführt,  in  einem  andern  daneben  wurde 
▼on  Churmainz  die  Messe  wieder  hergesteQt,  in  ein^i  dritten  stritten 
Lutheraner  und  Beformirte  um  die  Kirche.  Dies  z.  B.  in  Ober-Escli^ 
bach,  wo  die  Kirche  den  letztern  zugesprochen  wurdi»,  weil  der  Lan- 
desherr dem  Olaubeti  der  Beformirten  zagethan  war.  Die  Lutheraner 
bauten  sich  eine  neue.  In  Oberursel  wurde  im  Jahr  1604  die  luäie* 
rische  Kirche  abgeschafil,  Pfitrrer  und  Sohuldiener  verwiesen.  Die 
Menschen  wurden  nicht  dirum  gefragt  was  sie  glaubten,  es 
wurde  ihnen  vorgeschrieben  was  sie  glauben  sollten.  In  den  Dör£mi 
und  auf  dem  Felde  erhoben  sich  Denkmale  welche  den  daseibat 
herrschenden  Glauben  vor  Augen  stellten,  selbst  dicht  am  Walde 
wurden  solche  errichtet ;  aber  drinnen  in  den  grünen  Hallen,  wo  die 
gefiederten  Sänger  das  Loblied  ihres  Gt>ttes  fk>öhlich  erschallen  lassen, 
da  verstummte  das  Kirchengeeänk,  da  herrschte  gleiche  Berechtigung, 
da  verdttogte  keiner  der  Landesherren  den  Glauben  des  Ander»» 
denkenden. 

Es  findet  sich  noch  ein  Tbeil  der  Hohen  Mark  an  der  jdteii 
Strasse  nach  Webrheim,  unterhalb  der  Sasiburg,  mit  der  Bezeich- 
nung „der  EinsiedeP.  Dies  hat  aber  wol ,  obgleich  es  von  den  Be- 
wohnern der  Umgegend  so  gedeutet  wird,  mit  einem  Einsiedler,  der 
zu  ein^m  ernsten,  beschaulidben  Leben  sich  in-  den  Wald  zurtlckg^ 
zogen  haben  solle,  nichts  zu  thun.  Einsiedel  oder  Einläufiger  war 
ein  Mann  der  kein  Feld  bebaute. 

Der  Juden  wird  in  der  Hohen  Mark  nur  ein  einzigesmal  gedacht 
in  einem  Schreiben  ab  «n  jüdischer  Verbrecher  gestfaft  werden  sollte. 


—    J91     — 

Auf  den  Hirkerdiiigeii;  bei  den  Umgangen;  bei  Strei%keiteii  wird 
ibrer  nie  erwfthnt  Als  es  snr  Theilnng  der  Mark  kam,  haben  die 
Obrigkriten  einen  gewissen  Bmchiheil  per  Kopf  auch  der  Jaden 
wegen  beansprucht  nnd  ausgewirkt  Der  Hakdel  wies  sie  nicht  in 
den  Wald;  auf  die  Höh;  sondern  naek  der  Stadt.  Nur  wenn'  sie 
gestorben  waren  wurden  sie  kinau^eiaragen  auf  die  stÜleU;  einsam^i 
Bnhepiätse  in  oder  an  dem  Walde.  Der  Begr&bnissplatE  oberhalb 
Seulberg;  am  Dachacker^  disnte  fbr  die  ganze  Umgegend  besonders 
Ar  Homburg;  Holzhausen  bat  einen  besonderen  Fiats  bei  der  ver- 
fUlenen  Burg;  Falkenstein  und  Cronberg  hoch  oben  im  Walde,  Hed«- 
denÜHun  am  Harktplaits  der  Terschwundenen  Bömerstadt 

Der  Waldbott  —  Von  der  höchsten  Bedeutung  und  schon 
im  Namen  als  oberste  Person  in  der  Mark  bezeichnet;  war  der 
Oberste .  Herr  und  Waldbott  oder  Waltpode.  Ob  dieses  Wort  von 
Wald  oder  aber  Ton  Qewalt  herzuleiten;  ist  wol  nicht  zu  ermitteln, 
die  wechselnde  Sohreibwebe  gibt  uns  in  dieser  Beziehung  keinen 
Aidialt;  es  wnrd  z.  B.  im  Jahte  1401  ebensowol  Waltpott  wie  Wal- 
pode  und  Waldbot  geschrieben.  Bei  den  Streitigkeiten  um  das  Jahr 
1700  berühren  die  M&rker  in  einer  Gegenbeantwortung  auch  diesen 
Nainen.  Der  Besitzer  des  Hauses  fiomberg  heisse  nicht  nur  oberster 
Herr;  eohdern  er  werde  genannt  ein  oberster  Herr  *und  Walpott. 
Beide  Beaeiehnungen  seien  nicht  zu  tramen,  sondern  ein  und  das- 
selbe. Waldbott  sei  forestarius;  saltuarius.  Ein  solcher  sei  schon 
aano  621  von  Dagobert;  dem  Kdnig  der  FraiAen  bestellt  worden 
die  Meereskttste  gegen  die  Konnannen  zu  schütaen,  wie  solches  in 
den  Oem|U3hem  des  Bassenkeinnsohen  Hauses  vetustis  et  fugientibus 
Kiteris  aa%0zeichnet  stehe;  gegen  die  B&uber  in  den  Wmdem  seien 
sie  gesandt  gewesen;  so  sei  ein  oberster  Herr  und  Waldbott  nichts 
andmrs  als  ein  oberster  Mürker,  dem  das  Directorium  mid  die  Ob- 
sieht  auf  die  Mark  und  deren  Ordnung  aufgetragrai  wordcQ;  ein 
Schutz^  und  Schirmherr  welchen  die  Mäjrcker  au  dem  Ende  erwfthlet 
haben,  damit  er  sie  ge^en  alle  Gewalt  schütze.  Damit  habe  er^  so 
heisst  es  in  der  Beantwortung  weüer;  noch  keine  Jurisdiction  erhal- 
ten. Nach  dem  laetrument  bitten  die  Marker  dem  obenteü  Wald- 
botten  seine  Herrliehkett  in  der  Mark  zu  weisen,  er  besitBe  nieht 
mehr  BechtC;  als  ihm  von  den  Märkem  eingeräumt  worden;  diese 
hätten  das  rechtliche  Eigenthum,  er  selbst  könne  die  Mark  nur 
mit  Bath  der  Märker  besteilen;  haue  er  in  der  gebückten  Hege 
auf  der  Strassen,  so  äoUe  er  dem  landmanne  büßen;  die  erwählten 

Märkermetster  könne  er  nicht  zurückweisen,  nach  dem  Instrum^it 

19* 


—     29»     — 

habe  er  sie  zu  beetfiligen;  der  Eid  defBelben  sei  aU^  Mf  die  Ifark 
gerichtet;  das  Märkergeding  werde  geheget  im  Namen  dee  oberstea 
Waldbotten  und  der  gemeinen  Märker. 

Hiergegen  lässt  sich  aber  gar  Vieles  anführen«  Schwerlieb  hahes 
die  Märker  selbst  den  Waldpotten  gewählt^  ihm  Sehnte  nnd  Sehirm 
der  Mark  gegen  Bänber  übertragen.  Auch  nicht  eine^nr  findet  sich, 
dass  er  die  Obei^walt  im  Kriege,  oder  zur  Veräieidigung  gehabt. 
Als  er  die  Märker  zn  den  Wolfsjagd^i  bestellte,  fand  er  den  he^ 
tigsten  Widerspruch.  Die  Mark  nmfasste  zwar  früher  au<^  die  Doif- 
scbaften  selbst,  der  oberste  Herr  und  WaUbott  war  aber  nur  ftr 
den  Wald  selbst  eingesetzt  Dafilr  sprechen  die  AusdHioke'  „obemter 
Märker'  und  auch  „Oberwaldpott^^  (Seulb.  Erl.  etc.  Wästhum  von 
1493.  Mglb.  30.  No.  4) 

Als  bei  den  Streitigkeiten  über  die  Wahl  und  Einsetzung  der 
Märkermeister  längere  Zeit  die  Mark  unbestellt  geblieben,  waren  es 
die  Herrschaften  die  das  Märkerding  zu  hegen  untemamen.  In  Be- 
treff der  Ausmärker  hatte  der  Waldbott  unbestritten  die  Bestrafong 
der  Waldfrevel  und  den  Eintrieb  der  Frevler,  auch  bei  diesen  heisst 
es  aber,  dass  der  Waldbod  mit  ihnen  leben  mag  wie  er  wolle  „ane 
den  dot  und  lemede^. 

Es  ist  alle  Wahrscheinlichkeit  dafür  dass  die  Einsetzung  des 
Waldboten  ein'  Werk  der  Fränkischen  Könige  ist  In  dem  Auftatoe 
über  die  Hohe  Mark,  im  ersten  Bande  dieses  Archivs,  ist  wied^diolt 
auf  den  innigen  Zusammenhang  derselben  mit  dem  Deutscheil  Reiche 
selbst  hingewiesen.  Nicht  Wunsch  und  Bedürfiiiss  der  Mäcker  führte 
die  Einsetzung  herbei,  sondern  das  Streben  des  Königs  jeine Gewalt 
zu  festigen.  Alles  was  das  Eigenihum  der  Märker  an  der  Marl(  be- 
traf, die  Verwaltung,  die  Nutzung,  selbst  die  Aufticbt  Uii^b  dem 
Märkerding  vorbehalten ;  der  Waldbott  aber  hatte  das  Mätkergediag 
zu  hegen,  in  dringenden  Fällen  ein  solches  zu  berufen,  er  hatte 
die  obersten  Beamten  der  Mark  zu  bestätigen,  sie  nöthigen£alls  bei 
der  Ausübung  des  Amtes  zu  schützen  und  zu  sebirmen;  sie  aber 
mussten  ihm  der  Mark  wegen  geloben  ^^  EndBeh  stand  ihm  der 
Wildbann  und  das  Strafredit  über  Ausmärker  zu.  Weiter  ange- 
sprochene Amtsredite  waren  nicht  unbeatritttti,  namentlich  dies  nicht 
die  Ausdehnung  des  Biehteramtes  und  der  Blutbann.    Ueber  die  sur 


»  So  auf  dem  Märkergediag  der  hohen  ICark  im  Jahr  1488 :  globete  Cane 
von  Riffenberg  Jörgen  Brendeln  .  .  an  des  obersten  Walpoden  Stadt  Jn  sin 
hant,  der  marg  getruwelich  für  zu  sin,  und  sie  zu  schozen  und  zu  schirmen  als 
ferre  jme  orafft  nnd  maoht  getragen  mag.    Mglb.  29.  11. 


—     298     — 

h^hen  Mark  gel^ötenden  Gemeinden  hatten  die  betreffenden  Herr- 
»ohifcften  da«  Gmcht  über  Hals  und  über  Haupt  ^^.  Da  die  Markwal- 
dung aber  gemeinsameB  Gut  war,  konnte  fUr  sich  allein  keine  der- 
selben da6  Gericht  darin  in  Anspruch  nehmen. 

Im  Jahre  1600  schreibt  der  Märkermeister  Niclas  Bnpell  an  den 
MKrkermeister  Hildeblraiid  ^  Sohultheissen  ^  Bonames,  theilt  ihm 
mit  wie  der  Landgraf  Torhabe  die  Personen;  so  die  Juden  in  der 
Ifork  bei  dem  Fahrbom  umgebracht  ^  richten  und  wie  man  sage 
deni^nen  vierteln  und  auf  4  Straßen  henken  zu  lassen.  Er  befürch- 
tet, dassderWaldbott  aus  solchem  eine  Gerechtigkeit  schöpfen  wolle. 
Allein  es  wurden  keine  Schritte  dagegen  gethan.  Heftiger  war  die 
Unaufriedenheit  weil  der  oberste  Herr  und  Waldbott  die  in  der 
Hohen  Mark  erschlagenen  Körper,  es  mochte  yorsätzlich  von  Men- 
schen oder  ohngeftbr  von  Bäumen  geschehen  sein,  in  oder  ausser 
der  Mark  b^raben  lassen  wollte.  „Es  sei  bekannt,'^  so  führen  die 
Märoker  beschwerend  an,  „dass  in  anno  1660  eines  Urseler  Wagners 
verUichener  Körper  aus  der  Mark,  worinnen  er  von  einem  Baum 
ersehlagen  worden,  von  denen  Houmburgern,  bevor  man's  zu  Ursell 
gewahr  worden,  nach  Steden  getragen,  und  dass  auf  Anflehen  der 
betrübten  Wittib  (die  Urseller)  umb  dessen  Wiederabfolgung  ange- 
sucht, auch  einen  Bevers  deßwegen  von  sich  gegeben  haben.  Dies 
sei  ohne  Priyudiz  der  Mark  geschehen,  und  auf  dem  nächsten  Mär- 
kergeding  dag^en  protestirt  worden«^  Auch  diese  Beschwerde  war 
vielleicht  mehr  gegen  die  harte  und  willktthrliohe  Ausdehnung  des 
Blutbaames,  als  gegen  die  Bichtergewalt  des  Waldpoten  selbst  ge^ 
richtet.  Bei  Streitigkeiten  unter  den  Märkern,  so  z  B.  bei  den  Strei- 
tigkeltsii  dei  Frankfurter  Baths  mit  dem  lantman,  wegen  Kohlen- 
Kefennig  an  dea  Kessler  von  Bonames,  ist  die  Bichtergewalt  des 
Waldbotten  von  dem  Frankfurter  Bath  angerufen  worden.  Auch  aus 
den  gemeinen  Märkem  haben  dies  welche  gethan,  so  Bernhard  Ebel 
roa  Nieder-Erlenbach,  welcher  zu  einer  Busse  verurtheilt,  im  Jahre 
1699  an  den  Waldbotten  appellirte,  diesem  seine  positiones  und  pro* 
batoirial  Artieul  ousandta  Damals  wurde  vom  Senat  nach  eingehol- 
tem Berichte  decretirt:  „dem  Seh  ultheiBsen  zu  Nieder-Erlenbach  zu 
bevdhen  mit  der  anbevolhenen  Pfändung  gegen  den  Bernhard  Ebel 
bb  auf  weiteren  Bescheid  einzuhalten^. 

Bei  dem,  Ende  des  16^^  Jahrhunderts  statthabenden  Streit  wegen 
Einsetzung  der  Märkermeister  in  der  Seulberger,  Erlenbacher  etc. 


»  Qrisim,  Wdsthftner  UL  8.  496  ff. 


—    29»    — 

Marky  erboten  sich  die  Regienmgen  zn  rechtlichem  Auftrag.  Ans 
dem  Jahre  1490  findet  sich  dass  der  P&lzgraf  einen  gütlichen  Tag 
gen  Germersheim  ernannt^  die  Irrungen  ziimohen  dem  Herrn  von 
Hanau  und  „den  andern  Härkem^  hinzulegen.  Es  sind  „Isenberg^ 
Sohns  y  Eönigstein  und  der  Eath  alhie  utf  freitag  Sant  EKsabeihen 
tag  ersdiienen  und  allda  ejnhellig  dieser  norteln  eins  wordod  den 
tag  abzuschlagen'^  Im  Antwortschreiben  an  den  Pfalzgräfen  wurde 
hervorgehoben  dass  die  herschaften  nit  Fug  haben  dem  ang^etztdn 
Tag  ohne  den  gemeynen  lantman  und  merker  zu  besuchen;  würde 
ein  gütliche  Tag  ,in  den  augenschein'  angesetzt,  werde  sich  der 
Handel  am  besten  beilegen* 

Des  Pfalzgrafen  Antwort  war,  er  habe  zu  gelegner  Zeit  einen 
Tag  ia  den  Augenschein  ernennen  wollen,  sei  auf  Anregung  des 
Herrn  von  Hanau  davon  abgestanden,  er  anderwerbe  ejn  tag  der 
mark  halben  uff  Domstag  nach  conceptionis  Mariae  allhie  by:  eju 
komen  und  sich  über  einen  Noteli  einhellig  vertragen,  doch  solcheoi 
notell  nit  geen  zu  lassen,  sondern  ein  Merckergeding  zu  halten  •  . 
dann  „mit  Verwillignng  des  lantmans^'  sein  Gnad  die  verfsst  noteU 
zu  schicken. 

Hierauf  antworteten  wieder  die  Begierungen:  Sie  hätten  eit  4en 
Märkem  vorgelegt,  kein  ander  Antwort  .erhalten, .  dann  ^wie  sie 
haben  ein  gewonlichen  platz  auch  irer  bestelnuss  lang,  alt  geübt 
herkomen,  des  mayn  sie  sich  zu  halten  und  gefuge  Ine  Iren  nach« 
komen  deßhalb  kein  Irrgang  zu  machen,  es  sei  auch  in  Irem  Ver- 
mögen nit  aus  Iren  kosten  der  Mark  halber  solicher  ferren  tagreise 
zu  erlegen^. 

So  wurde  im  Jahre  1491  auf  der  Auen  vor  Ober-Etlebach  ein 
Märkergeding  gehalten,  bemerkt,  dass  die  M&rker  das  Begehren  des 
Hwm  Pfabsgraf en ,  welcher  auf  Ansuchen  des  Herrn  Philipp  Grafen 
zu  Hanau  gütliche  Tage  der  Irrthnm  halber  nach  Germersheim  an- 
gesetzt, zum  zweiten  male  abgeschlagen  „sunder  in  Augenschein  au 
komen  begert  haben".  Darauf  haben  sie,  aufgefordert  der  Mark 
Rechte  zu  weisen  ausgesprochen:  „die  marg  sei  der  herren  ejgen- 
thum  und  der  mercker  erbe^«  ^  Mgb.  E.  30.  H.  — 

Auffallend  ist  das  Vorgeben  des  Waldbotten,  die  Hohe  Mark 
sei  ein  PflLlzisches  Lehen.  Als  dies  im  Jahre  1487  ausgesprochen 
worden,  sagten  die  Märker:  die  Mark  sei  ihr  Eigen.  „derJjantman 
hat  sich  daß  nit  hoch  anfechten  lassen". 

Wiederum  wurde  die  Behauptung,  dass  die  Mark  Pfalzisches 
Lehen  sei,  im  Jahre  1586  vorgebracht.  Als  bei  grosser  Erbitterung 
die  Hessischen  Gesandten  auf  der  Aue  vor  Ursdl  Drohungen  fallen 


—    395     — 

litaaeny  da  fügten  sie  bei:  Bmtemal  Ihr  fiirstl.  Qn.  die  Höhe  Mark 
▼on  d^  cbiirftüfBtL  Pfalz  zu  Lehen  trüge ,  (wie  er  Hans  Herman 
Mönch  daa  bei  seiner  adliehen  Ehre  könne  affermiren/  und  deshalb 
habenden  Färstlichen  Memorial  Zettel  deme  von  Hattatein  und 
Herrn  Ghrittoffen  zum  Jungen  yorgezeigt)  auch  die  Leih  neulich 
•mpfuig^  und  angenommen  worden/ würd  ihr  gn«  ibrBtu.Herr  selbst 
uff  Mittel  und  Weg  bedacht  sein,  wie  denjenigen  so  sich  unbefugt 
darin  dringen  wölteu;  fUglich  begegnet  werden  BoUt,  Darauf  bemerkte 
der  AuBschuss:  es  komme  ihnen  befremdlich  vor^  dass  die  Höhe 
Mark  itzt  allererst  ein  churfttratl.  Pfalzgrayisch  lehen  angegeben 
werde,  das  Listrument  weisse  aus,  daß  Grund  und  Boden  und  die 
Mark  selbs  derMwker  rechtlich  eygen  were;  wollten  solche  Anzeig 
auf  ihrem  Werth  und  Unwerth  beruhen  lassen«  Die  Hessischen  Ge- 
sandten  erwiederten:  dieMftrker  möchten  iht  Verwundern  einstellen, 
denn  dass  sie  sich  uff  ein  alt  Instrument  ziehen  theten,  das  were 
bei  lebzeiten  eines  alten  Herrn  von  Eppsteiu;  der  sich  des  Lehens 
nit  erinnert,  uffgericht  worden,  und  hätten  diejenig,  so  gedachtem 
Herrn  von  Eppstein  und  auch  den  Merkern  ihr  recht  und  gerechtig- 
keit  damals  vermeintlich  aufgewiesen,  kein  juramentum  leisten  wol- 
len, auch  ihren  Weyßthumb  ajdhaftig  nicht  betheuem  können,  dass 
ako  dein  Eigenthumsherrn  der  churfbrstfichen  Pfalz  an  der  Mark 
derzeit  nichts  begeben  worden.  Der  Ausschuss  wiederholte  das  frUhei: 
gesagte:  „die  gemeinen  Merker  wtUHen  sich  aus  dem  Instrumente  so 
schlecht  nicht  treiben  zu  laasen^^ 

In  spftteren  Zeiten  ist  der  landgraf  von  Hessen  nie  mehr  auf 
diese  Behauptung  zurttd^koiumen,  namentlich  hat  er  hm.  der  Thei* 
lung  der  Mark  die  Entschädigung  nur  ftlr  sich  allein  beansprucht. 

In  andern  Fällen,  in  der  Feldmark,  war  es  gewöhnlich  dass  bei 
gemeinschaftlicher  Terminei  auch  der  Blutbann  gemeinschaftlich  aus- 
geübt würde.  Es  scheint  dies  wenigsteuB  aus  einer  Verhandlung  her- 
vorzugehen welche  im  Jahre  1579  auf  dem  Mönchshof  bei  Nieder- 
Ursel  zwiseben  Königstein'schen  Abgeschickten  (als  Besitzer  von 
Weisskirchen)  einerseits,  und  Solmsischen  und  Frankfurldschen  (als 
Besitzer  von  Niederursel)  andererseits  gepflogen  wurde.  Es  geschah 
dies  des  Krebsers  halben,  welchen  die  Niederurseier  Unterthanen  in 
des  ausgegangnen  Orts,  Mittelursel,  Terminei  krebsend  ergriffen  und 
gefänglich  nach  Frankfurt  geführt  Die  Eönigsteinschen  hatten  fo]r 
gends  fürgeben,  das«  ihrem  gn.  Herrn  die  hohe  Obrigkeit  des  Ortfl 
allein  gebühre,  hatten  verlangt  den  Krebser  wiederum  an  das  Ort^ 
da  er  g^piffen,  zu  stellen.  Bei  dem  Güteversuch  auf  dem  Mönchhof 


—     296     — 

behauptete  Eönlgistem  in  der  ,)Mitteluneler  oder  Mittelgeriohtstanm- 
ney^  die  hohe  Obrigkeit  und  den  Blutibaan^  audi  das  Geleit  zu 
haben  ^  das,  Gericht  werde  in  Eönigsteing;  als  obersten  Blutrioh- 
ters  Namen^  geheget^  die  andern  Obrigkeiten  (für  NiedemrBel)  hätten 
nur  mittel-  und  niedere  Obrigkeit  in  dem  ausgegangen^i  Ort.  Solma 
und  Frankfurt  aber  geben  vor  dass  die  Mittelurseler  Termini 
KönigBtein  einerseits;  Sohns  und  Frankfurt  andererseits,  in  gemein 
eigentlitimlich  zustände,  mit  allem  Gericht  und  Gerechtigkeiten,  sie 
seien  sämmtlich  Stände  des  Reichs,  hätten  die  hohe  Obrigkeit  zu 
exerciren;  das  Gericht  des  Ortes  werde  mit  Solms'schen,  Frankfur- 
tischen und  mit  Königsteinschen  Schultheiß  und  Schöffen  abwech- 
selnd geheget,  es  werde  das  Gericht  ein  durchgehend  Gericht  ge- 
nannt. Die  Weisskircher  hätten  eine  Person  mehr,  denn  sie,  in  das 
Gericht  zu  setzen  gehabt,  (einen  Schultheissen  und  3  Soheffen,  sie 
nur  einen  Schultheissen  und  2  Scheffen),  vielleicht  so  der  Abstim- 
mung Wegen;  dadurch  seien  die  Niederurseier  überwältiget,  das  Ge- 
richt zweimal  von  Weisskirchen  gehegt  worden.  Das  Geleit  werde 
nicht  zugegeben,  dagegen  protestirt.  Man  solle  das  Gkriohtsbuch,  so 
in  Weisskirchen  verwahrt  werde,  ediren,  darin  nrlisse  im  Eingang 
sich  finden  von  was  wegen  das  Gericht  zu  hegen,  wem  es  zuständig 
sei.  Wer  es  zu  besetzen  habe.  DerErebser  sei  übrigens  nichts  anders 
wegen  beschuldigt,  habe  sein  ersten  Versuch  gethan,  kein  leibsstraf 
verdient,  es  sei  nur  eine  sohlechte  Missethat  die  mit  Geld  oder  dem 
Thurm  zu  verbüssen.  Er  wäre  nun  bald  ein  ganz  vierte  Jahr  in 
schwerer  Gef&ngniss  gelegen  und  „also  seines  Erebsens  ziemlich  ge- 
strafft worden^',  wären  bedacht  ihn  ledig  zu  geben,  solches  avisuren 
sie  „damit  Königstein,  als  Mitherm  nichts  praejudieirt  werde'S  Es 
ist  aber  zu  einem  Verständniss  nicht  gekommen.  —  (Mglb.  E.  44. 
No.  18.) 

D^  Waldpott  hatte  auch  die  Mark  zu  bestellen,  dies  aber  nur 
„mit  Bath  der  Märker'S  Für  die  Hohe  Mark  sprechen  dies  die 
Märker  im  Weisthum  von  1484  aus.  Dieser  Beirath  der  Märker  war 
wol  mehr  als  ein  blosses  Abgeben  einer  Meinung,  denn  wie  die 
Mark  dann  bestellt  wurde,  also  soll  es  dasselbe  Jahr  von  einem 
Waldbotten  auch  gehalten  w^den;  verbreche  es  aber  «in  Waldbott, 
so  soll  der  Märker  oder  landtmann,  ob  der  darnach  auch  verbreche, 
nicht  büssen.  In  gleicher  Weise  war  im  Instrument  der  Seulburger 
Mark  vom  Jahre  1493  ausgesprochen,  wie  der  Walpott  die  Mark 
bestelle  „mit  Bath  der  Märker^  also  soll  es  das  Jahr  aus  gehalten 
werden. 


-     Wf    - 

Wie  ab«r  eine  sölohe  Vetdinbanüi^  zu  Wc^e  gekommen,  das 
wird  gewiss  fUr  yer0cluedene  Z^ten  Yenohieden  zu  beantworten  sdn« 
Die  v(Hrhandenen  Urkunden  berichten  in  beiden  Marken  tlber  Strei* 
tigkeit  welche  der  Wahlen  wegen  sieh  erhoben.  Ab  bei  dem  Mftr* 
kerding  der  Sewlnburger  oder  Nidder  Irlenbacher  Qemark  im  Jahfe 
1541  die  Märker  auf  einem  Haufen  beisammen  gewest,  hat  Diethor 
Gewand,  der  achlaoe  Anwalt  des  WaHpoden^  angezeigt,  die . Märker 
hätten  auf  letztem  Mä^kergeding  Johaim  Fleckenburg,  Amtmann, 
zum  Mäf kermeister  vorgeschlagen ;  da  der  oberste  Walpott  nicht  zu- 
gegen gewesen,,  habe  er,  der  Anwalt,  ohn  Vorwissen  desselben  den 
Gewählten  nicht  bestätigai  können,  jetzt  sei  der  oberste  Walpotte 
zugegen,  begehre  einen  Märkermeister  mit  dem  landmen  zu  erwäh- 
len. Der  gemein  Märker  liess  das  Instrument  yerlesen.  Der  Anwalt 
hob  hervor  darin  sei  bestimmt,  daes  die  Mark  im  Beisein  eines 
obenttti  Waldpoteai  ^mitBath  der  gemein  Märker'^  bestellt  sollt  wer- 
den. Sein  Htm:  sei  erb9t%  die  Mark  helfen  «u  bestellen  und  zu  thun 
was  ihm  gebühre.  Die  Märker  aber  traten  wieder  zusammen,  bespra< 
oben  sich  und  liessen.  durch  ihren  Bedner ,  Johann  Sj^hwilb,  Burger 
zu  Frankfurt,  fbrtragen,  dass  aie  jetzt  wieder  Johann  Fleokenburg 
gekoren,  mit  bitt  dass  der  oberste  Waldpot  denselben,  wie.  von 
Alters  herkommen  bestätigen  und  in  gewdhalichen  Eid  aufnehmen 
wolle. 

Die  Geschichte  dieser  Marken  zeigt  uns  auf  jedem  Blatt,  dass 
der  Streit  welcher  jetzt  in  den  Deuts<^en  Ständekammern  über  die 
Berechtigung  der  Volksvertretung  gekämpft  wird,  keineswegs.  inEng-« 
laod  seinen  Ausgangspunct  hat,  dass  er  vielmehr  ein  ächtde^tsdier 
ist  und  dauern  wird  so  lange  das  Deutsche  Leben  noch  pulsirt'^  Es 
ist  nicht  eine  einseitige  Macht  und  Gewalt  welche  dem  geäammten 
Staatsleben  als  Fundament  dient,  so  dass  nur  in  ihr  einige,  dem 
Untergebenen  eingeräumte  Bechte  gleichsam  wurzeln ,  son4em  es  ist 
eine  weehselseitige  Beschränkung  der  Bechte,  deren  Ausdehnung 
und  Begrenzung  wesentlich  von  der  Klugheit  UAd  Beharrlichheit  der 
Kämpfenden,  aber  auch  von  den  Zeitverhältnissen  abhängt  Der 
Güteversueh,  das  Vertragen  und  Austragen  werden  immer  wieder 
vorgeschlagen,  zur  Hand  genommen  und  versucht.  Als  im 
Jahr  1488  der  Auwald  des  Waldpotten  das  Märkerding  auf  dem 
Flecken,    wie    von    Alter    herkommen    war,     nicht    halten    woi- 


>T  De  minoribus  rebos  prindpes  coDSultant;  de  maioribns  omnes :  ita  tarnen, 
ttt  ea  quoqae,  qnomm  penes  plebem  arbitrfam  est,  apudprlndpespertractentar. 
Tadt  Germ.  XI. 


—     398     - 

len^  sondern  wegen  der  streitigen  Märkermeisterwahl  ohn  lAen  ab- 
flchejt  mit  den  Ton  Seulberg  abgescbieden,  haben  sich  die  Sendbo- 
ten der  Herrschaften  darauf  bedacht,  und  dem  lantmui  auf  ihrer 
Seiten  gesagt:  sie  sollten  die  Mark  gebrauchen  wie  Ton  Alüer;  dann 
aber!  es  sollten  die  Sendboten  den  Herrschaften  vorbringen  und  sie 
im  GedächtnisB  zu  dem  n&chsten  M&rkerding  halten,  ^tr^flich  und 
80  dapp^Kch  bu  schicken,  deß  da  stadlicfa  guilidiiß  oder  rechtlichiß 
ußdragi0  sich  eu  yerdragen^^ 

Nichts  bereditigt  aber  au  der  Aniaame  dass  es  den  Mlbrkem  der 
Hohen-  und  der  SeulbergeT)  Brlenbacber  etc.  Mark  zugestanden 
von  der  Gewalt  des  Waltboten  sich  loszusagen,  wenn  et  d^o  getrof- 
fenen Anordnungen  sich  nicht  geftlgt  Die  Schirmherrschaft  des 
Waltpoten  an  und  ftir  sich  war  ebenso  festgestellt,  wie  das  landes- 
herrliche Verhftltniss.  Als  der  Waldpot,  um  seine  Ansprüche  bei 
der  Wahl  der  Märkermeister  durchzusetzen  die  Hegung  des  Mir- 
kergedings  unterliess  und  die  Mark  nicht  bestellte,  wurde  diesem 
Noilistande  durch  Vermittelung  der  Eegierungen  abgeholfen,  aber 
darnach  eichen  wir  die  Gewalt  des  Waldpoten  ungeschmälert  wieder 
vortreten.  In  den  ftltesten  Urkujiden  schon,  in  den  Weissthümem 
der  Hohen  Mark  von  14D1  eteht  voran  dass  die  Mark  der  Dörffer 
rechtlich  eigen  sei.  Umnittdbar  darnach  heisst  es  aber:  „und  dar- 
über eyn  oberster  Herr  und  Walpode  sei  ejn  Herr  von  Eppenstein, 
oder  wer  Hoenberg  von  sinetwegen  in  habe/'  Dann  folgen  die 
Pflichten  des  Waldpoten,  die  Mark  alljfthrlioh  zu  bestellen,  und  seine 
Gebote  über  den  Wald  selbst  auch  zu  halten.  Thut  er  das  nicht, 
so  kann  er  desshalb  nicht  bestraft  werden ;  aber  wenn  er  das  Gebot 
bricht,  so  ist  auch  der  Merker  nicht  mehr  gebunden.  Hauet  er  oißt 
die  seinen  in  der  Hegemark,  so  soll  der  lantman  nit  büssen,  ob  er 
darnach  auch  darinne  hauet;  wie  er  den  Wiltpan  besteilet,  also  soll 
er  ihn  auch  halten,  verbrechet  aber  er  das,  so  mögen  es  die  Merker 
auch  verbrechen.  Nur  in  dem  einen  Fall  soll  auch  der  Waldbott 
straffidlig  sein,  wenn  er  in  der  gebickten  Hegemari^  auf  der  Strassen, 
also  in  dem  zur  Landesvertbeidigung  gehegten  Walde,  hauet.  „So 
er  aber  das  thät,  soll  er  dmn  landtmann  büssen.'  Es  ist  nicht  ge- 
sagt ob  der  Busssatz  der  gleiche  sein  soll  wie  wenn  ein  Märker  das 
verbrochen,  auch  ist  kein  Beispiel  aufzufinden,  dass  je  eine  Strafe 
desshalb  gegen  den  Wäldboten  verhängt  worden,  aber  in  den  ge- 
druckten Ausgaben  des  Instruments  von  1484  ist  auf  dem  Rande  ein 
„Nota  bene"  beigefügt. 

In  der  Hohen  Mark  ist  das  Amt  eines  Waltpotten  an  den  Be- 
sitz von  Homburg  geknüpft  Auch  in  der  Seulberger,  ErlenlMkoher  eta 


—     ÄW     — 

IIsiAl  war  dos  Amt  an  Hofabnrg  geknttpft  «ad  swar  afi  den  reeht* 
liehen  Beiits  dawdben;  es  ist  dies  durch  das  Härkecgeding  v<m 
1491  ansgesproehen  ini  den  Worteat  ^das  ein  igficher  d«r  hoembevg 
mit  got  und  mit  eren  inhab^  das  derselb  ein  oberster  Waltpode  jder 
marg  sj."  Im  merkergeding  roh  1488  weisen  und  erkennen  die 
Märker  Hörm  Philips  Grafen  nnd  Qerm  xu  Hansa  itst;  und  naoh 
ihme  den,  der  Hombnrg  mit  Iren  (Ehren)  nnd  rechte  inn  hat  Air  ein 
obersten  Heitn  und  Walpoden  der  Mark.  ^  Mglb.  SO.  No.  4  [2]. 

Als  im  Anfange  dieses  Jahrhnnderts  über  den  Besitss  von  Hoin- 
bnrg  willktÜn-Uch  dnrch  den  Kaiser  von  Frankreich  yerfligt  wiurd^ 
hatten  die  Mä^^r  nichts  mehr  sn  wosen  ond  nichts  mehr  zu  er* 
kennen  1  — 

Auf  dem  Märkergeding  ven  1401  feria  quarta  infra  octavas 
pasche  als  der  Schreier  den  Dorfen  gesufrn  hatte,  spradi  Scbudereyn 
der  Schultheiss  au  Ho€nberg  (Hombui^)  va  Henne  Clennnen  und 
Sieliold  Heylbeeher  dem  Sdiubheiseen  flu  Harhefm,  daas  sie  austreten 
dnd  den  hmtmann  an  sich  nehmen,  sie  sollten  weisen  dieweU  Henne 
Brendel  Hoenberg  von  der  herschafft  von  Falkenstein  ^^in  pfandeß- 
wjse  inhette,  ob  sie  dann  denselben  Hennen  Brendeln  irkenteniejneii 
obersten  Walpoden.^  Darauf  haben  die  Mftrker  einmfithiglieh  ge- 
weiset, dasii  über  die  Mark  ein  oberster  Walpode  sei  ein  Herr  vicai 
Eppenstein  oder  wer  hoenberg  von  sinen  wegen,  inhabe,  nnd  wan 
iss  dann  ejxx  berre  von  Eppenstcdn  wjder  gelose  (auslöse)  oder  I»^ 
gew]fnne  so  sj  er  iss  aber  ids  TOr^.  M^«  £  29.  H^  &  3  o.  H 
8.83-  — 

Noch  fixk  VerbKltniss  ist  hier  an  berühren,  der  Fall  nemlkh 
wenn  swei  Personen  Anspruch  maehten  an  das  Amt  eines  Wald* 
betten.  Es  geschah  dies  im  Jahre-  1456.  Auf  Samstag  nach  fiL 
Eaäurineutag  begehrte  Hans  Walbom,  gen.  Hans,  Tonwegen  seinem 
gn.  H.  von  Kataenelnbogen  der  auf  die  Zeit  einen  Theil  an  der 
Stadt  Homburg  inne  hatte,  nnd  von  wegen  Jnnghem  Gotfrit  H.  au 
Eppenstein  der^  das  Schloss  Homburg  gann  und  einen  Thett  aa  der 
Stadt  auf  die  Zeit  inne  hatte,  zu  weisen  des  Walpoden  Herrtichkeit 
und  der  Mark  Hecht.  Da  bat  Simon  darauf,  es  wiure  Nodi  dass  sich 
der  lantmann  bespräche,  und  als  dies  gesdiehen,  enEählte  er  von 
des  kntmanns  n^agen,  dieser  hätte  geweiset^  es  sei  von  altem  Her« 
kommen  dass  em  oberster  Walpode  sei  ein  Herr  von  Eppenstein  oder 
wer  Homburg  von  seinet  wegen  inne  habe,  das  lasse  man  auch  noch 

A,  aber  da  nun  zwei  Walpoden  auftreten,  so  habe  der  lantmann 
an  red^n«  Es  sei  allw«gen  Herkonmien  dass  man  einen'  Wal« 
poden  gehabt  habe^  imd  "wenn  an  Zehen  awei  Herrn  von  ^BppaHBteän 


—    «0    — 

in  nngetheiUem  Gkit  gemessen^  so  wäre  der  Eltesto  fttr  einen  Wal- 
poden  geweiset  worden  und  nit  der  jüngste.  lEir  verlangte  dam  sie 
sich  einigten  and  welchen  sie  gäbeo;  der  solle  dem  lantman  ein 
Walpode  sein !  Da  redete  Hans  Walbom^  ging  auf  die  Weisnnge 
und  Zettel  und  meinte  demnach  sollten  sie  beide^ .  derweil  sie  Hom* 
bürg  inne  hätten  Walpode  sein.  Simon  aber  erwiderte  :  „er  hette 
geweyset  also  jne  der  lantman  geheissen  hette,  er  lasse  zedel  sedel 
sin.^  Es  ist  danach  in  demselben  Jahr  noch,  Donnoirtag  nach  Ki- 
lias;  ein  gemein  Märkergeding  gewest^  dahine  dann  der  Edel  und 
Wolgebome  Jnngher  Godefrit  Herre  au  Eppenstein  geboten  ••.  und 
▼erlai^te  8e.  Edelkeit  ihre  Herrlichkeit  und  Gerechtigkeit  zu 
weisen.  — 

Später  findmi  wir  zwei  Waldpotte  ebenso  in  der  Seulb.  Erlen- 
bacher etc.  wie  in  der  Hohen  Mark.  Das  im  Jahre  1569  in  der 
enteren  abgehaltene  Märkerding  „hat  der  Ehrenhaft  und  Wolacht- 
bare  Hans  Sehaffnitt;  gen.  Koch^  Amptmann  zu  Eppstein  anstatt 
und  Ton  weg^.«.  G.  Wilhelm  Ludwig  Phttipsoi  und  Georg  Land* 
gfaven  zu  Hessen  geheget  Ebenso  fährt  an  das  jiVerzeichniss  des- 
jenigen was  auf  dem  Mäikeigeding  vor  ObernUrsel  tfi  1578  Yexh 
handelt  worden,*^  dass  der  CSanzler  Nordeck  erschienen  sei  im  Namen 
der  durekl.  hochgeb.  Ftirsten  und  Herrn  Wilhelmen  und  Herrn  Phi-^ 
Kpseuy  Gebrüdern^  Landtgraffen  in  Hessen^  Graren  in  Gatzeneln- 
bogen  etc.  Er  ereält  dass^  na^dem  hiebevor  das  Markgeding  im 
Namen  aller  Gebrüder  der  Landtgraffen  zu  Hessen  gehägt  wor- 
den^ neulicher  Zeit  aber  Ihre  f.  gn.  sich  verglichen,  dass  hinfiJLro  das 
Hana  Uombuig  und  dessen  Zngehörungen  Landgraffen,  Wilhelmen 
und  Landgraffen  Philipeen  allein  zuständig  sein  solle.^  Zuletzt 
wird. der  neae  Waldschreier  fürgestellty  und  ^^im  Namen  beder  ob» 
gedachten  Fürsten  zu  Hessen  durch  den  Herrn  üantzter  in  GelQbdt, 
Eidt  nnd  Pflicht  nfigenommen'^ 

Ebenso  wird  es  auch  bei  VerpÜLndung  spätw  nicht  mehr  so 
genau  genommen :  Schon  im  Jahre  1545  wird  bei  Gelegenheit  des 
Ausschasstags  bemerkt  „uff  des  durchl.  hochgeb.  Fürsten  des  Heim 
H.  Phjlipsen  Landgr.  zu  Hessen,  Grafen  zu  Katzenehibogen,  etc. 
assgangen  befelch,  dast  der  Wohlgeb.  H.  Herr  Ludwig  Graf  zu 
ätolbeig  Königstein,  Wernigerode  und  Rechfurt,  Herr  zu  Eppsteb, 
Müntzenberg  und  Breuberg  mit  gem.  Märkem  ein  Ordnung  in  dem 
Wald,  die  Hohemark  genant  fttmemen  und  uffrichten  sollen,  .  .  . 
sind  etüohe  Märker  zum  Ausschuss  erfordert,  die  hab^i  . . .  bedacht 
und  abgeredt  „doch  uff  mit  Bewilligung  hochbedachts  Fürsten  unsere 
gn.  Herrn  u.  woh^emelts  Grafen  m  Kdnigstein,    auch  unsere  gn. 


-    80<     — 

Herrn^.  Am  SehhisAe  heiest  es,  dasB  zugegen  gewesen  Im  iS»u» 
Ordmuig  von  wegen  onsers  gn»  H.  Ftkittten  n.  H,  cu  Heaseii  als  Erb- 
wütpotteB)  Diether  Gewend  . . .  u.  v.  wegen  Königftteyns  ^ak  Pfand- 
Wartens«  Philips  RTffenBtejn  etc.  —  Im  Jahr  1563  wird  daa 
Ifibrkeigeding  gehißt  „von  w^en  des  Fürsten  yon  HiBssen,  als 
rechten  JBrbherm  and  öbenten  Waltpotens,  auch  von  wegen  dM 
gestrengen  Fridrichs  von  Bjffenberg  als  Pfandthem  und  und^rwait- 
potens  des  Ampts  HombergL^^ 

Die  steigende  Macht  des  Waldbotten  wurzelte  ebensowohl  in  der 
klugen,  nicht  gerade  immer  rechtlichen,  Benutaong  d^Ehrenrischte, 
wie  der  eig^atlichen  Vorreehte  oder  Amtsreohte.  Zu  den  etstoreii 
gehörte  die  Jagd,  die  Beheizung  und  der  EiBtrieb  der  Schweine  in 
die  Ejckenu 

Auf  dem  Hftrkeigeding  Mittwoch  nach  8i  Margaretiia  aano  1445 
war  der  edle  Jungher  Gotfrid  von  Eppenstein  bei  Ursel  auf  der 
Aue,  liess  ihm  da  weisen  seine  Bechte  und  HerrUehkeit  ttber  dae 
Mark,  und  den  Märkom  Artikel  zur  Beantwortni^  vorlegen.  Der 
erste  Artikel  lautete :  ,,wie  ferm  und  wie  weit  sein,  Wiltpant  ginge^. 
Die  Beaatw<Mrtang  zeigt  uns  wie  damals  noch  der  Begrtf  im  den 
Mirkera  lebte,  dass  Wald  und  Flnr  zusammen  die  Hadk  bildete«  Sie 
bedachten  ab«^  der  Waldpott  möchte  das  ihm  eii^erttomte  Beoht 
missbrauchen,  auch  die  Fischerei  in  derNidde  beanspruchen^  so  ant- 
wortsten  sie  ausweichend :  Sein  Wä^an  gehe  nit  weiter  dann  er 
sein  Hecken  anbinde  in  der  Mark,  (als  der  Wald  gehe)  jjagete  er 
aber  hirze  oder  bynde  uß  den  Hecken  und  folgete  yn  nach^  gonden 
(gönnten)  ihm  das  die  merker,  doch  wttssten  sie  nit  abeü^  recht  were". 

S^dkw^lich  war  der  Wildbann  v<mi  den  Mftrkem  Mlbst  dem  WaU^ 
bottan  eingeriumt  worden;  sie  haben  sich  ihr  altes Beeht  des  Jagesw 
wehl  vorbehalten.  So  heisst  es  noch  im  Weisthum  von  1401  auf  OL 
Eatbarinen  für  &  Hohe  Mark:  „Wan  auch  ayn  Walpode  den  WiU* 
pann  off  dut  und  darjnne  jaget,  so  ist  dem  lantsiaxi  solidiee  auch 
erlenbet^.  Ebenso  heisst  es  imWeisthum  von  1401  feria  quarta  infrü 
octavas  pasche:  „so  mag  auch  eyn  walpode  uff  denselben  tag  d«a 
wütpan  bestellen,  und  wie  er  iß  bestellet  also  ssl  er  In  aueh  halden, 
verbrechet  aber  er  das,  so  mögen  iß  die  meroker  auch  verbrechen^. 
EM;  im  Weisthnm  von  1484  heisst  es  dann:  Ein  Waldbott  mag  ji&r^ 
lieh  uff  S.  Eathaiinentag  so  man  die  marg  bestellet  den  wiUibeiuil 
zu  thnn,  alsdann  aoll  er'  das  Jar  zu  bleiben;  ob  aber  ein  Waldbott 
darüber  darinn  jagte,  so  soll  es  daroa<^  über  drei  Tagen  den  Mer- 
kern  und  lantman  auch  erlaubt  sein  zu  jagen. 

Offenbar  hat  der  Mttrii^er  mehr  auf  das  Becht  selbst  ab  auf  die 


-   $oa   - 

Awülmiig  derJagd  gehalten.  Die  letztere  Tertnig  iich  nicht  inst  dem  fori- 
ge0chrittenen  Aekerbau,  und  mit  den  Arbeiten  welche  dieser  in 
Anspruch  nahm.  Anf  Sonntag  Lfttare  anno  1491  sprachen  die  Ittrk^er 
▼OB  SeiAerg;  Erlenhadi  etc.  ans:  „Item  das  derselbe  (ein  oberster 
waltpode)  jagen  müge  dry  ti^e  in  der  marg  Yor  allen  merckem  biS 
mitten  in  die  Nidde  nnd  biß  an  den  pfal,  nnd  daniach  mHgen  die 
mereker  auch  jagen'.  ^  Mglb.  E.  SO.  No.  II.  —  Schon  zwei  Jahre 
später  heisst  es  dann  in  dem  auf  Sonntag  Litare  20  Mitfastm  errick- 
teten  Instnnnente:  den  i^lildpan  mag  her  Philips  Graf  eu  Habau  als 
der  oberhw  und  waldpot  oder  sone  geschickten^  eins  Jeden  jars  so 
maa  die  mark  bestellet  znthun,  also  dass  in  der  mutk  dasselbe 
Jahr  au0  Nieman  darhs  jagen  oder  wildwerk  trcnben  soll  Woh  aber 
der  waltpot  oder  die  Seinen  das  ufilhun  und  darin  jagen  .  .  .  •  das 
mag  er  thun;  und  so  er  darinn  gejaget,  so  ist  e&  drey  tag  darnach 
ritterU;  edelleuten  und  ps^m  in  der  mark  gesehen ,  die  darin  eygtn 
rauch  halten,  und  nicht  erh,  auch  erlaubt  sbu  jagen,  die  mögen  auch 
danm  an  des  wdtpöten  heeken  anbinden  und  jagen.  Und  wan«  solliehs 
also  6  Wochen  und  8  tagen  gewert,  so  mag  der  waltpot  dartaach  all- 
wegcR,  wann  er  will,  den  wiltpann  wider  eutbun  nach  seinem  ge- 
fallen; alsdtann  soll  der  wieder  eupleiben  .  ,  als  lang  bi6  der  waltpot 
wider  von  neuem  drei  tage  wie  vorerst  gejagt  hat.  Sie  weisen  auch 
dass  der  waltpot  einem  wildpreth  in  der  g^end  nachfolgen  möge  bis 
mitten  in  die  Nidde  auf  dieser  Seiten,  und  jenseit  der  holte  deme 
dermaten  nachfolgen  'biß  in'  den  pfalgraben  on  Jntrag  und  verluDde* 
rung  menigfiehs.  ~.  Mglb.^  B.  80;  No:  4.  [2]. 

Wahrscheinlich  gab  man  hie):  nach,  in  der  Meimmg  dass  durch, 
die  lEidtii  das  Becht  schon  gewahrt  sei.  Aber  schon  im  Jahre  1588 
sdieinen  die  Edeln  und  Pastoren  in  der  Seulburger,  EMenbacher  etc. 
Mark  durchaus  bedeutungslos  gewesen  tu  sein;  es  findet  sich  fortan 
in  den  Markordmmgen  die  unv^st&ndliche  Vorschrift  c  Art.  19.  Wann 
der  Waldbotte  8  Tage  in  der  mark  gejagt,  sofl  es  auch  Bitteniy 
Eddleuten,  Pastoren  die  in  der  Mark  sesshaftig  und  eigen  Rauch 
darinnen  halten,  auch  6  Wochen  und  drei  Tage,  und  länger  nicht, 
erlaubt  sein;  und  soU  vermöge  Instruments  den  Merkem  (als  denen 
ohne  das  darinnen  n  jagen  verpotteh  sein  soll  tmd  pleiben)  biß  so 
lang  der  Waldtpott  wiederum  jagen  wird,  frei  off^  stdien  und  also 
fortahn.  —  Mglb.  E.  80.  HI. 

Aehnlieh  wie  mk  dem  Jagdreoht  TerMelt  es  sich  mit  dem  Becht 
der  Behokung*^  und  des  fiintriebs  der  Schwdne  in   die  Eckern. 


^  Iti  der  Beulberg,  Brlenbaeher  ete.  Markordaoay  war  bereits  1599  festge- 


\ 


—    «08     — 

AnlluigB  hemüg  iidh  die  BarooIitigQilg  des  WalfcpottAii  «of  dm  Be« 
darf  der  Heii0haltiing>.  Ak  die  Holftverwllstiup^  in  derJtfMk  zanahm^ 
wurde  den  MSrk«cn .  der  Gebmmh  dee  HokeB  befldirftnkt^  gerade  zn 
der  Zeit  aJber  begann  der  WaWx>tt  das  Hek  der  Mark*  Air  sieh  in 
industriellen  UnterneknrangM  amaabeaten.  Anf  dem  stiiniuschen 
Märkwding  weldlea  l£7ft  TOr  Ursel  gehakto  würde  Uagten  «rter 
and^ttm  dieMKi^er,  deif  WaJdpott  habe  jsioht  alkin  in  dem  gehegtem 
Walde^  send^om  aueh  an  dien  straften^  da  auch  der  Obrist  Waldiiott 
sn  hauen  nit  recht  habe,  gdianen  und  da&w^en'  kein  Straf  geben  wolksi. 
Noch  mehr,  er  hab'  etliehe  Wagen  xnU  Hobi,  in* der  Mark  gehauen, 
gen  Frankfiurt  führ^i  lassen,  welches  dem  Instnunent  zuwider,  und 
er  ymrbQßen  $olt  Das  Sbuen  an  verbolaen  Orten,  stellt  der  Keller  in 
Alorede,  dass  aber  Breonbolii  aus  der  Mark  in  die  Me0  gen.  Frank-« 
fürt  in  die  landgreflich Herbevg  geftM  worden,  dae  Teüttutwerten  die 
HessisdKm  Q-esandten;  da  Ihiie  gn.  F.  u.  B.  Mjtmerker  und.obvi&ter 
Merker  weren,  ttnd  da  aie  ]n  Hombui^  Hof  hielten,  och  ganz  und 
g«r  aus  der  Mark  beholzen  zfedcbton,  sei  es  mit  zu  vei^enken,  dass 
Ihr  £1  gn.  diener  etwan  wenig  Brennholz  zur  Meß  notturffli  zuge- 
sehiqkt  irerde. 

Wie  die  Beholzung  antiuags  gewil»  nur  zu  den  fihrenseohteu 
des  Waldpotten  gehi^rte^  desren  Ausübung  und  Ausdehnung,  dem  An<> 
stand  iu»d  ZAxtgeßÜd  überlassen  blieb,  so  auch  die  Befugnisa  Schweine 
in  die  Eckern  zu  treiben.  Es  zeigt  uns  wie  sehr,  einfach  die  früheren 
Zeiten,  gewesen,  dass  Hher  diesen  <}6gensiiand  weitlftuftige  Stnsitig- 
keiten  entztanden  aiad.  Pie  Märker  behaupteten :  dem  Waltpatten 
stAnde  nsor  zu  die  Schweine  seiner  Haus*  oder  Hofhaltung  emzutreit 
beii;  dieser  aber  beanspreiohte  nioht  nur  ein  unbegrenztes  Beeht, 
sondern  nahm,  nach  der  Anklage .  der  MSrker,  Aueh  fremde  Schweine 
unter  die  landgrafischen  au£  In  der  Seulburger  ^,  £rlenbacher  Mark 
war  der  8^^  ttber  die  Berechtigung  Sebiiieine  eimoiti^eiben  noch 
yiel  lebhafter.  Es  findet  sich  darüber  in  den  Akten  *-  Mglk  E.  80. 
No.  4.  [6}  —  ein.  auaflUirUches  Verh$r.  Dasselbe  iat  Überschrieben; 
,)bela¥|gend  künde  sage  über  die  Seulburger  und. Erlenhiudiep  Mark 
eto.  Ton  den  Eltestoim  solcher  Mark  den  9»  Oet.  mup  .1569  i^bgehöH 
wie  Jnnlaulfau  Deii  Sohweintrieb  in  die  Eckern  so  dis  FftrsAen  von 
Hezsen  als  abrieten  Waldpotten  praet^idirt  Ihnen  aber  nit  gestanden 


setzt  wordeo  „dass  der  Ober  herr  Waldtpott  auf  gewisse  Ta^  nicht  .gebindet, 
noeh  ihm  Maaß  und  Ziel  fUrgeschrieben  sein  solt^. 

'*  Seulburg,  Sewelberg  hat  wol  toh  diesen  Tbtere  den  Kamen,  wahrscfaein- 
Heb  errichteten  daselbst,  nnmittelbar  am  Walde,  die  Erlenbacber  ihre  Steigen. 


N 


—     804    — 

wovd«!,  betreffend^. ;  fis  war  anf  dem  Ifiirkergediiig  1669'TorgtBkouiiiieBy 
dasB  dier  Ämtmami  zu  Eppeteih  auf  Befehl  sr.  gn.  F.  a.  H  etüoh  sehwein 
iB  bemehe  Miurk  g^ethan^  hierauf  die  Märker  abgetreten  und  einmüthig- 
lieh  eBteohlöAsen:  dieweil  etlioh  Mitmftrker  nicht  gegenwärtig,  wolle 
den  Mäfkem  lo  zugegen  nit  gepllren  Antwort  au  geben ,  also  den 
Amfiman  freuniBioh  und  nacbparlieh  gebeten  ^esmal  stille  zu  stehen, 
kei^e  Neuerung  inne  au  bringen,  es  wollen  die  Mftrker  in  10  Tagen 
Antwort  geben.  Es  wurden  darauf  die  6  Ortschaften;  die  Schulthe»- 
sen  und  Ehesten,  auf  den  9.  Ootbb.  erfordert.  Jeder  Schultheiss  hat 
seme  Untertbanen  bei  ihren  Ajdespflidit^ft  befragt,  darauf  ein  jeder 
seine  Wissenschaft  erklärt  wie  nachfolgt  Beuelburgk  :  Simon  Schef- 
fer :  ihm  gedenke  Wol  70  Jahre,  er  habe  aber  bei  sdbes  Tags  nie 
erfahren  noch  gehört,  dass  die  durchlauchtig  hochgepome  Fürsten  md 
Herrn  yod  Hessen  ....  Sehwein  in  die  Mark  ingeäian  oder  inzn- 
schlagen  begehrt.  I^is  gleiche  sagen  andere,  so  Henne  Eerber  von 
Petterweill,  dem  70  Jahre  und  mehr  gedenkt,  der  sich  noch  erinnert 
ydaß  solcher  Ort  Homburg  noch  Hanauisch  gewesen^.  Ebeniso  Caspar 
Schmidt  imd  Caspar  Moller  von  Ober-'tlrlenpaeh ,  der  weder  selbst 
„noch  Yon  seinen  Vor  Eltern  gehört,  daß  Schweine  des  Fürsten  in 
die  Mark  eingetrieben  worden,  er  habe  4  oder  6  Ihrer  Fürsd.  Qn. 
Kellner  und  diener  zu  Homber|f  gekannt.  Ebenso  ahe  Männer  aus 
Nieder-Erlenfbach ,  Köppern  und  Holtzhausen,  von  letzterem  Clees 
Moller,  der  vor  50  Jahren  ,,in  diese  Mark  gewandert^. 

Da  der  Waldpott  auf  die  Klagen  der  Märker  keine  Bücksicht 
nahm,  wiederholen  sich  die  Beschwerden  in  den  fblgenden  Jahren. 
Im  Jahre  1690,  als  observiret  worden  dass  etsliche  „fremde  Schwein, 
dem  durchlauchtigsten  hochgepomen  Fürsten  und  Herrn,  Herrn 
Georg  etc.  Landgraven  zu  Hessen  etc.  anständig^  in  die  Seulburger, 
Brlenbacher  etc.  Mark,  wider  alt  herkommen  waidgangs  zur  mastung 
getrieben,  hat  der  Märkermeister  dieses  sämmtlichen  Märkem  kund 
thun  lassen,  und  seint  die  Häupter  am  23.  Sept.  au  Ober  Erlenbach 
zusammen  kommen,  haben  mit  einhelligem  Rath  ein  Schreiben  an 
den  Auwald  Kellner  zu  Hoemberg  v.  d.  H«  Georg  Vestenberger 
abgehen  lassen  ^daß  er  an  statt  hochgedachten  Fttrsten  solche  Neue- 
rung abschaffe,  deswegen  eine  schriftliche  Antwort  gäbe".  Der  liess 
mündlich  antworten,  dass  solche  schwein  in  beiden  Marken  ihre 
Mastung  und  Wayde  haben  sollten;  wolle  sich  versehen  die  Märker 
wollen  solches  gut  sein  lassen.  Diese  wandten  sich  zur  Abhülfe  an 
ihre  Obrigkeiten.  Sie  waren  klug  geworden  durch  das  ITnhen  welches 
den  Hoh^  Märkem  wider^H^bren  wAr. 


-     305     — 

Diegen  war  im  Jahre  1569  Ton  den  Bürgern  zn  Bonamese  an- 
gezeigt worden^  wie  der  Amtman  zu  Eppstein  ungefähr  60  Schwein 
in  Walt  getrieben  habe^  obgleich  von  den  Märkem  beschlossen  wor- 
den,  und  der  Amtman  in  den  Beschluss  gewilligt,  es  sollt  Niemand 
seine  Schwein  in  den  Walt  trmben  vor  St.  Michelstag.  Die  Märker- 
meister  Hessen  sich  bedünken  der  Amtman  habe  wider  das  Instru- 
ment gehandelt;  haben  auf  den  28.  Sept.  die  Märker  zusammenbe- 
rufen ^  und  diese  beschlossen  einmüthigUch;  dieweil  der  Amtman  nit 
vorhanden  sondern  vorritten  war:  es  sollt  aus  jedem  Flecken  einer 
alsbald  in  den  Wald  gehen  und  die  Schwein  aus  dem  Walt  gen 
Homberg  treiben,  und  sobald  der  Amtman  wieder  heimkäme  weiten 
sie  ihn  ansprechen  ^  dass  er  die  Märker  bei  ihren  Kochten  schützen 
woUt  Als  etliche  Märker  so  darzü  verordnet  waren  „solchem  nacb 
gesetzt  und  die  seh  wein  in  Homberg  getrieben;  haben  die  Homberger 
die  Pforten  zugethau;  und  dieselbigen  Merker  in  Haft  behalten'. 

Dies  geschah  trotzdem  dass  im  Instrument  von  1484  Art.  8  vor- 
gesehen war:  wenn  in  der  Mark  Waiden  Eckern ,  dasselbe  zu  be- 
sehen dann  ein  Tag  anzuberaumen  sei;  daselbst  man  zu  Bath  werde 
wieviel  ein  Waltbott;   die  Märkermeister  und  ein  jeglicher  Märker 
•  oder  Landmann;  Schweine  in  das  Eckern  treiben;  und  wie  man  es 
^  damit  halten  solle ;  dem  Armen  als  dem  Reichen. 

Unbedingtes  Strafrecht  hatte  der  Waldpott  unbestritten  nur  in 
Betreff  des  Ausmärkers.  Wenn  ein  solcher  in  der  Mark  gefrevelt;  so 
solle  man  ihn  mit  dem  Leib  und  mit  seiner  Haab  gen  Homburg  einem 
Waldbotten  überantworten;  zu  strafen  nach  des  Waldbotten  willen 
und  gefallen;  ihn  doch  nicht  tödten  oder  lähmen. 

Als  aber  der  Keller  zu  Homberg  im  Jahre  1521  E.  Erb.  Raths 
Zugehörige  zu  Nidem  Erlebach  wider  alt  Herkommen  gestraft;  wurde 
solches  dem  gemein  Lantman  in  clagweif  fürgebracht.  Als  sich  dann 
begeben  dass  der  Keller  ihnen  das  Holz  genommen  und  von  einem 
Wagen  dazu  einen  halben  Gulden  zur  Straf  abgedrungen  hätt  ^wel- 
ches  Widder  alt  herkommen  und  langwierigen  gebrauch;  auch  nie 
meh  beschehen  gehört  werO;  sonderlich  diwil  die  Straff  dem  lant- 
man; und  dem  Keller  nit;  zustünde^^;  also  hat  der  lantman  gepilligt 
und  erkannt:  wo  auf  nechstgehaltnem  merckergeding  anno  1520 
durch  den  gemain  landtman  nit  eingewilligt  worden;  dass  der  Keller 
zu  Hoemburg  bis  auf  dies  jetzig  Merckergeding  strafen  mögC;  so 
habe  der  Keller  solche  strafe  unbillig  und  wider  alt  Herkommen 
genommen  und  solle  die  wider  herausgeben  und  den  Gestraften  be- 
handeu;  und  die  von  Nidem  Erlenbach  die  Straf  wie  von  alter  Her- 
kommen vertudingen. 

20 


-     306     - 

Nur  in  dem  einen  Fall  80  jemand  in  der  gebickten  Hege  auf 
der  Strassen  Schaden  tbut^  und.gtBrUgt  wird,  heisst  es:  ^der  ist  eim 
Waldbotten  mit  zehn  Gulden  zu  Poen  verfallen^ ;  aber  gerade  für 
diesen  Fall  ist  dann  sogleich  Torgeseben  dass  ein  Waldbott  auch 
-  selber  kein  Schaden  darin  thun  soll,  wo  er.  aber  das  thät  soll  er  „dem 
landtfiian  büssen^.  . 

Dem  Waldpotten  lag  es  ob,  das  Märkergeding  zu  hegen  und  die 
Mark  mit  Kath  der  Märker  zu  bestellen ,  aber  soweit  unsere  Urkun- 
den hinaufreichen,  hat  er  dies  nur  sehr  selten  ^  nur  bei  besonders 
wichtiger  Veranlassung  in  eigner  Person  gethan,.  gewöhnlich  sandte 
er  dazu  einen  oder  mehrere  Beamte.  In  dem  Bericht  über  das  Mär- 
kergeding. von  1433  erzählt  Herr  Madern  ^  Kellner  zu  Honxburg: 
i^lieben.  Freunde,  inyn  Jungher  von  Eppensteyn  .derder  Marg  ejn 
oberster  Walpode  ist,  hait  sin  Frund^  hergeschickt*  dar  an  zu  sin, 
das  man  die.  marg  bestelle,  nuwe  marckni^eister  kiese  .und  du.  (thue) 
und  halde  als  dann  uff.Sant  Katharinentag  jarlich  gewohnlichen  und 
alsi>  herkomen  ist'^  Bei  dem  feierlichen  Märkergeding  im  Jahre 
14^,  als  der  Waldpote  in  efigner  Person  mit  seinen  Bäthen  ersi^hie- 
ixen  war,  um  sich  seine  Herrlichkeit  und  der  MarkBecht  weisen  zu 
lassen,  wurde  ausgesprochen,  dass. ein  Waldbotj;  selbst  erscheinen 
soUte,  oder  durch  seine  ^mächtige"  Sendbott^chaft  ^oder  Amtleut. 
Auf  dem  Märkergeding  im  Jahre  1621  wurde  das  Instrument  ver- 
lesen, darauf  dem  Schultheisf^en  von  Homburg  (der  anstatt  des  Kellers 
von  Homburg  erschienen)  ^tge^'et:  in  dem  .Instrument  habe  der 
lantmann  befunden,  dass  er,  der  Schvitheisa,  mit. einem  ^völkonunli- 
chen  Gewalt^  erscheiaen  soll,  das  sei  .aber  nii  bescbehen,  dann  er 
hab  kein  völligen  Gewalt  laut  des  Instruments.  ^ 

In  der  Begel  erschien  der  Keller  vonHiomburg  äk  Stellvertreter 
des  Waldpotten,  zuwdlen  aber,  besonders  wenn  der  Keller  seine 
Handlungsweise,  zu  verth^digen  oder  in  Abrede  zu  stellen  für  gut 
fand,  wurde  audi  ein  anderer  geschickt,  derCapäler,  oder  der  Schul- 
theiss  von  Homburg.  Besonders  bei  rechtswidrigen  Handlungen  oder 
bei  Neuerungen  war  es  sehr  bequem,  dieselben  von  dem  Keller  zu 
Homburg  vornehmen  zu  lassen,  der  dann  in  andern  Fällen  wieder 
mit  der  Macht  und  der  Ahndung  des  Waldpotten  drohte,  sich  mit 
derselben  schützte.  Der  Keller  zu  Homburg  trat  als  Anwalt  des 
Waldpotten  auf,  und  wurde  als  solcher  bezeichnet  Mit  Ausnahme 
des  Landgrafen  Friedrich  (mit  dem  silbernen  Beine)  hat  kein  Wald- 
pott in  der  Geschichte  der  Hohen  Mark  eine  besondere  Bedeutung 
erlangt,  die  Anwälte  waren  es,  welche  für  die.  Waldpotten  und  in 
deren  Interesse  aufs  thätigste  und  erfolgreichste  arbeiteten.  Vorzüglich 


—    30T     — 

siiid  hier  Diether  Gewand  oder  Gewend^  G^org  Vegtenberger  und 
aoB  den  letzten  Zeiten  etwa,  noch  Gebräder  Neuhof  zu  nennen.  Sie 
haben  kein  Mittel  gescheut^  um  die  Macht  ihres  Herrn  zu  heben. 
Die  AnwiÜte  haben  zu  allen  Zeiten  vor  Allem  gesucht  Unfriede  unter 
den  Märkern  selbst  zu  stiften^  die  Märkermeister  herabzuziehen  oder 
zu  verdächtigen^  und  die  Gesetze  und  Ordnung  der  Mark  zu  um- 
gehen ^  durch  Nichtachtung  derselben  das  Ansehen  des  Waldpotten 
über  das  Gesetz  zu  stellen.  Zahlreiche  Belege  werden  im  folgenden 
die  Wahrheit  dieser  Beschuldigung  erhärten.  Sie  haben  sich 
auch  nicht  gescheuet  selbst  das  Amt  eines  Märkermeisters  oder  eines 

.  Waldschreiers  auf  sich,  zu  bringen^  um  in  dieser  Stellung  leichter  ihr 
Ziel  zu  erreichen.  So  kam  es  dass  allmählig  ein  ungemessenes  Miss- 
traoen  gegen  diese  Beamten  bei  den  Märkern  sich  fest  einwurzelte^ 
es  genügte  dass  irgend  ein  Vorschlag  von  dem  Anwalt  aus^g^  die 
Märker  wiesen  ihn  ab^  wenn  er  auch  einiges  Wahre  und  Sichtige 
enthielt.  Das  Misstrauen  der  Bauern^  noch  in  unsem  Tagen  ^  es  ist 
kein  unbegründetes;  das  Becht  musste  oft  verletzt  werden^  bis  es 
soweit  gekommen  ist;  aber  das  Andenken  daran  hat  sich  auch  tief 
eingeprägt. 

Im  Jahre  1583  übergab  Jost  Vestenberger^  der  Keller ,  den 
Märkern  den  Entwurf  einer  neuen  Ordnung  der  Mark :  der  Waldpote 
be&ftde  diu»  die  Märkermeister  bisher  ihren  Eiden  und  Pflichten 
nicht  nachgekommen;  die  Königstoiner  begünstigt^  sie  nicht  gestraft 
wie  die  andern^  will  dass  man  umwechsle  bei  der  Wahl  der  Märker- 
meister. Man  solle  vorsehen  dass  diese  ihre  Pflicht  besser  thun; 
statt  der  alten  Strafen  für  anstecken  und  schädigen  der  Mark;  bean- 
tragt er  unbestimmte  Strafen  ^näch  Erkenntmss  des  Waltpottens  und 
gemeiner  Märker^.  Der  Märkersohluss  war  aber :  ,,uff  des  Kellers 
voi^elegte  neu  Ordnimg  geben  die  Märker  diesen  Bericht:  dass  sie 
ein  gut  alt  Instrument  babeu;  bei  demselbigeu;  uud  dero  von  Altera 
wohlgeordneten  Ordnungen  woUten  sie^  die  Märker ,  pleibeu;  diesel- 
bigen  behalten^  und  begehren  dass  sie  der  Waltpott  dabei  schützen 

.  und  schirmen  wolle^  und  dieweil  Neuerungen  anzunemen  geferlich, 
wollen  sie  des  Kellers  Bedenken  diesmals  nit  annemen'^ 

Zuweilen  haben  die  Märker  versucht  sich  selbst  darüber  zu  täu- 
schen;-es  dai^estellt;  als  ob  der  Beamte  gegen  die  Absicht  seines 
Herrn. von  dem  Herkommen  abwiche  oder  sie  verletze;  sie  haben 
damit  niemals  etwas  erreicht;  weder  in  der  Hohen  Mark;  noch  in  der 
Seulberger;  Erlenbacher  etc.  Mark.  Bei  der  Sti'eitigkeit  der  letzteren 
wegen  der  landgräfiichen  Schweine;   im  Jahre  1590;  schrieben   die 

Märker  an  den  Waldpotten ;  sich  beschwerend  über  Georg  Vesten- 

20* 


—    308     — 

berger^  den  Anwalt^  dem  sie  die  Schuld  beimeBsen^  da  sie  nit  dafbr 
halten  wollen^  dass  er  solches  auf  Befehl  gethan  „sondern  vielleicht 
aus  seinem  selbsten  beginnen".  Sie  bitten  der  Waldpott  wolle  sie 
bei  ihrem  alten  Herkommen  ^  Bräuchen  und  Gerechtigkeit  bleiben 
lassen.  Darauf  wurden  sie  nach  Homburg  beschiedeu;  daselbst  er- 
klärt  ihnen  Hans  Herman  von  Busseck  gen.  Mönche^  J.  fstl.  Gn. 
Oberamtmau;  sein  gn.  Herr  wolle  keine  Neuerung  einfuhren,  er  wolle 
es  bei  dem  lassen,  wie  es  von  seinem  H.  Vater  und  Bruder  gehalten 
worden;  bei  welchen  dann,  wie  aus  dem  Saalbuch  erscheinen  sollte, 
auch  mit  andern  Documenten  zu  beweisen,  solche  Mastungsgerechtig- 
keit  jederzeit  exercirt  worden  Er  mahne  sie  von  ferneren  Weit- 
läuftigkeiten  ab  „wofern  sie  bei  deme,  so  bisher  ihnen  vielleicht  aus 
Gnaden  widerfahren  .  .  gelassen  wollen  werden ;  dan  der  Vogell  ihnen 
zu  gros  und  viell  zu  schwehr".  Die  Märker  wandten  sich  damals  um 
Beihülfe  an  ihre  Obrigkeiten,  welche  an  den  Waldpotten  auch  ihrer- 
seits ein  Schreiben  abgehen  Hessen,  „er  könne  nicht  glauben",  schrieb 
dann  der  Erzbischof  von  Mainz  an  den  Landgrafen,  ^dass  S.  Durch- 
laucht die  Turbation  ernstlich  beabsichtige".  Aber  dieser  antwortete 
den  Herrschaften:  er  habe  nur  das  gesucht  was  „von  unsem  Vor- 
fahren gottseligen  uff  uns  transmittirt  worden",  schickt  Abschrift  eines 
Berichts  des  Kellers  von  Homburg,  daraus  zu  ersehen  dass  er  das 
Einschlagen  nicht  angefangen,  sondern  dass  es  „von  den  geliebten 
Vorfahren  schon  geübt  worden",  wolle  sich  desshalb  zu  ihnen  freund- 
lichst versehen  „Sie  werden  obgedachte  Jro  Angehörige  JresUnfuges 
erinnern  und  von  solchen  unnötbigen  Klagen  abzustehen  ermahnen". 
Der  angeführte  Bericht  von  Georg  Vestenberger  liegt  bei,  die  Rich- 
tigkeit des  Märker'schen  Vorgebens  ist  darin  bestritten ,  es  wird  Be- 
zug genompien  auf  ein  ProtocoU  und  Markbuch  d.  1547 ,  daraus  sei 
zu  ersehen,  dass  vor  30  Jahren  iBeintz  Mörlenhauser,  auch  ein  Be- 
amter zu  Homburg,  anstatt  seines  Herrn  und  Waldpottens  zweimal 
3,nit  ohne  Bevelh^  Schweine  eingeschlagen  gehabt  Noch  andere 
Beispiele  lägen  vor.  Darauf  erfolgte  ein  Verhör  der  ältesten  unter 
den  Märkern.  In  Frankfurt  fand  es  am  23.  April  1591  auf  der  Bau- 
stuben statt.  Es  erschien  damals  zuerst  Hans  Gh*aff  von  Nieder- 
Erlenbach,  80  Jahr  alt,  weiss  nichts  von  Hans  Mörlenhäusser  Zutreiben ; 
ebensowenig  von  dem  Intreiben  unter  Landgrafen  Philips.  Die  Mär- 
ker hätten  dem  Landgrafen  nie  einen  Intrieb  zugestanden,  ^daß  aber 
anitzo  etwas  Neues  gesucht  werde,  sei  der  Beamten  Schuld,  welche 
die  Obrigkeiten  also  zusammenhetzten^.  Peter  Jögkel  von  Nieder- 
Erlenbach,  ungefähr  70  Jahr  alt,  sagt  aus:  ein  Beamter  von  Hom- 
borg  habe  allewege  nit  mehr  Schwein  eintreiben  lassen,  als  er  Air 


—    309     — 

sich  in  der  Küchen  gebraucht  Er  hätte  von  keinem  landgrevisch 
Viehe^  an^rhalb  diß  Jar  gehört^  und  were  alle  die  Ur&ach  Niemands 
anders  dann  Vestenbergers,  welch  anitzo  Neuerung  suchen^  und  sich 
mit  Gewalt  zu  ihnen  nöthigen  thete.^  Ounz  Mang;  70  Jahr  alt,  giebt 
an,  man  gestünde  dem  Beamten  ron  Homberg  soviel  Schwein  er  in 
die  Küche  brauche^  einzuschlagen,  weiters  keine  Gerechtigkeit.  Der 
Amtman  Epstein  habe  Schweine  eingetrieben ,  seien  aber  herausge- 
trieben worden.  Es  sei  aber  niemand  anders  dann  er^  Vestenberger^ 
an  diesem  Zwiespalt  schuldig.^  —  Mglb.  E.30.  Nr.  4.  [9]  bis  [19]. 

Däss  die  landgräflichen  Beamten  manichfach  in  Versuchung 
kamen  ihre  Stellung  und  den  Schutz  den  dieselbe  ihnen  gewährte  zu 
missbrauch'en  war  natürlich.  Die  Seulb.  Erlenbaoher  etc.  Akten  tbei- 
len  mit,  wie  bei  Feststellung  der  Mark  Ordnung  für  1592,  zu  der  Be- 
Stimmung  dass  den  Ausmärkem  die  Mark  zugeschlossen  sein  solle, 
die  Bemerkung  gemacht  worden :  daß  jüngster  Zeit  ein  landtgrftvischer 
Unterthan  von  Gutftzenheim  einen  Karn  voll  Holz  in  der  Mark  ge- 
macht, dessen  Thuns  halber  von  den  Förstern  zu  reden  gesetzet, 
erkläret,  daß  er  geheißen  worden  allda  dem  Schultheißen  zu  Hom- 
berg, Wilhelmen  Buchen,  einen  Karn  voll  Burgholz  abzuholen.  „Ob 
nun  wol  die  Merker  nicht  glauben  können,  daß  sollich  färnehmen 
aus  bevellich  oder  mit  Vorwissen  dessen  Schultheißenn  (denn  er  als  ein 
Ausmärker.zweifielsfrej  selbst  sich  besser  wird  zu  bescheiden  wissen) 
geschehen  sei,  Sonder  sie  darfUr  halten  wollen,  der  bauer  damit  den 
Förster  betrttglichen  werde  abgewiesen  haben,  und  darumben  die 
straffe  gegen  den  Schultheissen  dießmalß  in  allem  guten  desto  eher 
schwienden  lassen)  jedoch  so  protestiren  sie  zum  wenigster  dagegen 
hiemit  öffentlich,  und  behalten  es  ihnen  bevor,  daß  es  ihnen  ohne 
NachtheU  sein  solle.''    Mglb.  E.  30.  UL  1592.  [9]. 

Die  Obrigkeiten.  —  Während  die  Wälder  der  Hohen  Mark 
gemeinsames  Gut  der  Genossen  blieben,  wurde  das  getheilte  Feldeigen- 
thum  der  Mark  verschiedenen  Landesherm  untergeben.  Es  ist  wol 
kaum  eine  zweite  Stelle  Deutchlands  welche  so  zerstückt  und  zerris- 
sen ist,  wie  gerade  die  alte  Höhen-Mark,  oder  der  Abhang  zwischen 
Taunus  \md  Nidda.  Selbst  der  Platz  auf  dem  das  Märkerding  ge- 
halten wurde,  war  einem  der  Landesherm  zugefallen.  Es  geschah 
desshalb  im  Jahre  1578  eine  Anfrage  von  Seiten  Homburgs  welches 
die  Aue  vor  Oberursel  gerne  zur  Hohen  Mark  gezogen  hätte.  Der 
Anwalt  gab.  vor:  an  dem  Ort  des  Märkerdings  hätten  fürstlich  hes- 
sische Beamten  stein  setzen  lassen,  welches  ein  Anzeig  sei,  dass  diese 
Ort  „wo  nit  gar,  doch  etlicher  maßen  zu  der  Mark  gehörig^'  sein 


—     310     — 

mttssten.  Die  Märker  erwiderten:  der  Plate  sei  ihres  Wissens  ferner 
nicht  darin  gehörige  dann  dass  das  Märkerding  darauf  gehalten. 
Einige  Jahre  später  brachte  Philipp  Wolff^  der  Märkermeister,  vor, 
dass  der  Förster  von  Obemhexstadt;  Möbs^  dem  Welschen  Bierbrauer 
von  Pfiraumheim  als  einem  Ausmärker  aufm  Fuss  nachgefolget  bis 
uff  die  Urseller  Anw  da  selbst  in  Gegenwärtigkeit  Johann  Ackers^ 
ihme  dem  Bierbrauer,  die  Pfändung  angelegt.  Solches^  dass  die  Pfän- 
dung auf  der  Anw  geschehen ,  haben  die  Urseller  nicht  gut  sein  las- 
sen; denn  die  Anw  sei  kein  Markgut,  sondern  ihres  gn.  Churfursten 
und  Herrn  eigenthümlich  Grund  und  Boden.  •  Darauf  der  Oberamt- 
man  zu  Königstein  Befehl  gegeben  den  Förster  in  Haft  zu  bringen; 
dieser  würde  flüchtig  und  vermied  seine  häusliche  Wohnung.  Mgib. 
E.  2Ö.  m.  152.— 

So  bestand  zu  jener  Zeit  ein.  schroffer  .Unterschied  zwischen 
Mark  und  Flur;  unter  Mark  wurde,  nur  noch  der  Markwald  verstan- 
den. Wenn  auch  bei  der  Weisung  im  Jahr  1401  feria  quarta  infra 
octaväs  pa6che  es  von  dem  Frevler  heisst:  „komet  er  aus  dem  Walde 
so  ist  er  niemand  nichtis  schuldig^/ so  mag  auch  hier  die  Eitersucht 
der  Märker  auf  ihre  Selbständigkeit  im  WaldC;  Veranlassung  zu  einer 
solchen  Aussage  gewesen  sein.  Streng  durchzuführen  war  sie  nicht, 
denn  derjenige  welcher  Kohlen  oder  Holz  aus  der  Mark,  d.  h.  über 
die  alte  Markgränze  fuhr,  wurde  bestraft 

Thudichum  bemerkt  in  „Gau-  und  Markverfassung  in  Deutsch- 
land'^,  S.  135  ff.,  die  Grafengewalt  in  der  Hohen  Mark,  im  Jahre 

■  

1271  Grafschaft  Ursel  genant,  habe  als  Zubehör  des  Schlosses  König- 
stein den  Herrn  von  Falkenstein  zugestanden.  Dieses  sowie  weitere 
Untersuchungen  über  die  Zeit  wann,  und  die  Art  und  Weise  wie  die 
einzelnen  Ortschaften  des  Taunus  allmählig  diesem  oder  jenem  Ter- 
ritorialherrn unterworfen  worden  sind,  oder  gar  zweien  zugleich, 
genauer  zu  begründen,  dazu  bieten  die  Akten  der  Hohen  Mark 
keinen  Stoff.  Nicht  selten  ist  das  Gebot  des  Landesherm  in  entschie- 
denen Widerspruch  getreten  mit  den  Pflichten,  welche  der  Märker 
der  Mark  gegenüber  hatte.  In  solchen  Fällen  gereichte  es  der  Mark 
zum  Heil  dass  das  Interesse  der  übrigen  Herrschaften  dem  gesonder- 
ten Einzelwillen  widerstrebte.  Ebenso  hat  gewiss  der  Umstand  nicht 
wenig  zur  Aufrechthaltung  der  Markverhältnisse  beigetragen,  dass 
/ier  Gewalt  des  Waldbotten  das  Interesse  der  Territorialregierungen 
entgegengestanden.  Es  war  in  den  Mark-Angelegenheiten  derWald- 
bott  den  Märkem  drohender  und  gefährlicher  als  die  Obrigkeiten 
Sein  Streben  war  auf  die  unbeschränkte  Herrschaft  im  Walde  ge» 
richtet.  Die  Märker  suchten  dem  «itgegen  eine  Stütze  bei  denObrig- 


-     311     -- 

kmten  welche  nicht  weniger  eifersIK^btig  aUe  Schritte  des  Waldbot- 
ten  verfolgten.  Aber  der  Schatz  den  sie  gewährten  reichte  eben  meist 
nur  so  weit  auch  das  eigne  Interesse  ging;  wo  ihr  eignes  Ansehen 
nicht  bedroht  war^  ist  die  Hülfe  die  sie  bringen  hie  ausreichend; 
der  Eifer  erkaltet^  ehe  das  Ziel  erreicht  tst.  Wol  nur  im  15.  Jahr- 
hundert und  zuletzt  wieder  hei  der  Theilung  der  Hohen  Mark  blieb 
dieser  Eifer  beharriich  auf  das  gleiche  Ziel  gerichtet,  und  gelangte 
zu  einem  segensreichen  Resultate. 

Es  ist  nicht  ohne  Interesse  zu  verfolgen  wie  in  dem  Rechtsver- 
hältniss  der  Marken  das  Lehenswesen  Platz  gegriffen.  Die  Weisung 
welche  im  Jahre  1491  auf  der  Au  vor  «Ober-Erlenbach  gegeben 
wurde:  die  Mark  sei  ,,der  herren  Eigenthum  und  der  Märker  Erbe'^ 
ist  wol  auf  diese  Apschauung  zu  beziehen.  Die  Hohe  Mark  jedoch 
war  der  Märker  „rechtlich  eigen".  Andeutungen  von  Lebensverhält- 
nissen kommen  nur  wenige  in  den  Akten  vor.  Als  1484  Symon  von 
Ursel  gebeten  wurde  die  Weisungen  dem  Walpoden  auszusprechen^ 
entschuldigt  er  sich  er  sei  des  Herrn  von  Epstein  Lehensman  und 
Angehöriger  ^mit  Eyden  und  globden*  verwant*,  dass  ihm  solches 
nit  wol  fhglich  zu  thun  wäre;  wo  aber  sein  Herr  von  Epstein  ihm 
das  zu  thun  gestatte  ^  wolle  er  gern  dem  lantman  zu  G-ute  thun, 
was  an  ihm  wäre.  Es  ist  wahrscheinlich  dass  hier  der  Weigerung  ein 
wirkliches  Lehensverhältniss  zu  Grunde  lag;  die  Lrfinstreu  des  Va- 
sallen begreift  unter  sich  auch  die  Verbindlichkeit  den  Lehnsherrn 
in  seinen  Rechten  nicht  zu  beeinträchtigen^  ja  selbst  demselben  eine 
besondere  Achtung  zu  erweisen,  ihm  „treu  und  hold"  zu  sein.  Dör 
Vasall  durfte  y  wenigstens  in  einer  Griminalsache  nicht  gegen  den 
Lehnsherrn  Zeugniss  ablegen.  Es  fragt  sich  ob  in  andern  Berichten 
und  Mittheilungen  der  Ausdruck  „Lehnsherr^  auch  aufzufassen  sei  in 
der  Bedeutung  von  Herrschaft,  Obrigkeit^.  Wann  ein  voll  Märker- 
ding  zu  verkünden  war  hatte  der  landsiedel  zu  erscheinen  „mit  seinem 
Lebenherm".  In  dem  Weisthimi  der  Hohen  Mark  vom  St.  Catharinen- 
tag  1401  geschieht  der  Aufruf  mit  den  Worten :  ^N.  bistu  hüte  hie  als  man 


30  In  dem  vortrefflichen  Bericht,  welchen  die  Archivare  Dr.  F.  Max:  Stark 
and  J.  G.  Chr.  Thomas  in  Auftragr  des  Senats  4m  28.  Dec.  1BC9  und  "16.  April 
1810  über  die  Verhfiltnisse  der  Hohen  Mark  vorlegen,  berühren  sie  auch  die 
Frage:  ob  unter  den  Lehenherrn  die  Obrigkeiten  zu.  verstehen  .seien.  Si^  bejahen 
dieselbe.  „Vermöge  der  Gerichtsbarkeit  übe.r  die  Markbetheiligten  Ortschaften 
hätten  die  Herrschaften  die  Gemeinden  auf  den  Märkergedingen  und  in  Mark- 
strdtigkeiten  vertreten  und  die  Jurlsdictionem  forestalem  über  den  Markwald 
mit  ausgeübt,  seien  auch  auf  den  Märkergedingen  mit  dem  lantman  erschienen." 


—     312     — 

dir  geboten  hat  mit  deinem  lehenherren".  Ebenso  heismi  es  iq  cler 
Urkunde  über  das  Märkerding  des  Jahres  1401  feria  quarta  infra 
octaväs  pasche^  dass  der  Schreier  gerufen:  „N.  bistu  hude  hie  als 
man  dir  hergeboden  hait  mit  dem  lehenherren".  Dabei  findet  sich 
auf  einem  Zettel  welchen  Henne  Yon  Beldersheim ,  der  Burggraf  zu 
BonemesO;  geschrieben,  als  ihm  der  Auftrag  geworden  von  der  Bur- 
ger wegen  gen  Ursel  zum  Märkergeding  sich  zu  verfügen:  „Item 
wan  ein  schreyer  verkündet  eyn  vol  ijfierckerdmg  so  sal  eyn  laut- 
sidel  mit  seine  lehenherren  da  sin,  und  weren  daß'  die  dan  ußblieben 
so  verlorn  sieVIIIß  ein  iglicher  der  da  ußbliebe. — Mglb.  £.29.  U^ 
S.  3«  —  In  dem  Weisthum  von  1438  werden  nur  die  ,)ZU  der  Marg 
gehörende  dorffer^  aufgerufen;  es  ist  aber  nicht  gesagt  ob  es  ein 
gebotnes  Märkergeding  war.  Auf  dem  Märkeigeding  St.  Veitsti^ 
1484  wurde  den  Märkem,  welche  damals  nicht  vorbereitet  gewesen 
der  Mark  Becht  zu  weisen ,  ein  anderer  Tag  anberaumt.  Auf  diesem 
sollten  dann  die  ungehorsamen  Märker  und  Landtmann,  die  aufge- 
blieben ^  g^i^t  werden.  Die  Gesandten  der  Obrigkeiten  waren  mit 
erschienen ;  sie  wurden  aber  nicht,  oder  nicht  mehr  au%erufen.  Bei 
andern  Märkergedingen  z.  B.  1458,  1479  ist  nicht  erwähnt  ob  ein 
Aufruf  erfolgt  sei.  Bei  dem  Streit  wegen  der  Mühle  zu  Bonames 
bittet  im  Jahr  1525  der  Schultheiss  von  Oberursel  um  ein  gemein 
Märkerding,  dass  alle  diejenigen  „als  nemlich  die  Lehenherm  und 
Junkern  so  Markrecht  hatten^  dahin  kommen  „möchten,  damit  Inen 
und  der  Mark  nichts  entgegen  würde^^  Auf  dem  Märkerding  in 
die  Bartholomei  1543  wird  bemerkt  dass  unter  den  „Edeln 
und  Merkern,  Lehenherm  und  LandtsjdeP^  der  weniger  TheU  er- 
schienen. — 

Gerade  dieser  Gegensatz  von  Lehenherm  und  Landsiedel  macht 
es  aber  sehr  zweifelhaft  ob  hier  ein  wirklicher  Lehensnezus,  oder 
ob  ein  obrigkeitliches  Verhältniss  in  Frage  steht  In  der  Ge- 
richts- und  Land-Ordnung  der  Herrschaft  Solms,  vom  Jahre  1571, 
wird  im  2^^  Theil,  5.  Tit.  von  Verleihung  und  Beständniss  liegender 
GKiter  gehandelt.  Bei  der  Erbleihe  heisst  es  darauf  im  6.  Titel  §  6, 
es  sei  der  Lehenherr  („denn  also  pflegt  man  den  Verleiher  und  Ei- 
genthumsherm  abusive,  in  dieser  Landart  auch  zu  nennen ^^)  inder- 
gleichen Fällen,  da  das  Lehen  oder  die  Erbleihe  verrückt  wird, 
nicht  schuldig  dem  Beständer  Erstattung  der  Besserung  zu  thun. 
Ebenso  heisst  es  im  7.  Titel,  die  Land-Siedel-Leihe  sei  nicht  erblich, 
sondern  möge  „der  Lehenherr^^  dieselbe  aufkUnden.  Es  wird  dabei 
ausführlich  gehandelt:   „den  Lehenherrn  belangend^.    Es  solle  „der 


—     313     — 


Lehenherr^^  ein^i  Leihebrief  fertigen ^   die  Geb&udo  in,  gutem  Stand 
überliefern^  die  Leihe  nicht  steigern  u.  d.  m. 

Demnach  scheint  eS;  dass  auch  bei  den  Märkerdingen  diejenigen 
Gutsherrn,  welche  Land  in  Erbbeatand  oder  einem  Landftiedel 
übergeben  hatten ;  gerufen  wurden ,  und  verpflichtet  waren  bei  Yollen 
Märkerdingen  zu  erscheinen;  Die  Stadt  Frankfurt  hatte  in.Bonames 
Güter  erworben  9  besaas  Markreoht,  hatte  die  Mühle  z.  B.  in  Pacht^ 
den  Dinghof  in  Erbbestand  gegeben ,  so  war  sie  als  j^Lehensherr^ 
gerufen. 

Ln  Jahre  1545  soll  Bonames  gestraft  werden ,  weil  es  ,,seine 
Lehensherm"  nicht  mit  auf  die  Aue  gebracht  Da  yerwendete  sich 
der  Bath  bei  Gottfried  von  Eppstein  und  hebt  hervor  dass  Frankfurt 
fbr  seine  Dörfer  vermöge  der  Freiheiten  nicht  verbunden  wäre  zu 
erscheinen.  (Mglb.  E.  29.  II.  p.  92.  — )  Auch  im  Jahre  1458  noch 
beehrt  Hans  Walborn,  von  wegen  der  Walpoden,  zu  büßen  ^die 
lehenherrn^'  die  nit  da  weren.  Da  erzählte  Gerlach  vonLondorff:  der 
Bath  hätte  den  in  der  Mark  angesessenen  befohlen  und  geboten  zu 
Hause  am  bleiben^  es  were  der  Bath  mit  schweren  Fehden  beladen; 
es  seien  etliche  Bürger  von  Frankfurt  an  einem  offnen  Gericht  zu 
Seckbach  böslich  abgefangen  worden  ohne  Fehde  und  indem  sie  deß 
unbesorgt  waren,  darum  der  Bath  besorge  daß  die  Seinen  wenn  sie 
zu  einem  offen  wissentlichen  Dinge  und  offnen  Felde  kämen,  Schaden 
nehmen  möchten;  auch  sei  der  Bath  vom  Bömischen  Kaiser  und 
Könige  bei  schwerer  Peen  gefreyet  daß  seine  Bürger  solche  offen 
Gerichte  und  Dinge  zu  suchen  nit  schuld  sein  sollen.  Darauf  redete 
Hans  Walbom:  solich  Geschichte  und  was  dem  Bathe  zu  Ungnade 
geschehen,  were  ihm  nit  lieb,  und  ließ  er  das  dabei. 

In  dem  Bande:  Mglb.  E.  29.  II  findet  sieb  zu  dem  Märkerge- 
ding  des  Jahres  1445  eine  Note  in  Betreff  der  Lehensherm;  es  heisst 
daaelbet  S.  19:  Nota  omb  den  artikel  als  sie  wollen  so  ejn  folle 
merckerding  sy,  das  eyn  iglicher  mit  sine  lehenherm  da  syn  suUe 
by  YIII  ß  zu  bussen.  Nota  der  artikel  ist  von  alter  nit  gehalten^ 
obe  man  es  wole  wyse,  und  wer  auch  nit  zutunde  (zu  thun)  dan  es 
vast  sorglich  wer. 

Hierbei  ist  zu  bemerken,  dass  es  mit  der  Vollmacht,  fbr  einen 
andern  zu  erscheinen  und  zu  handeln,  nicht  sehr  streng  genom- 
men wurde,  es  genügte  meist  die  Versicherung  dass  Jemand  „eines 
andern  mächtig'^  wäre;  zuweilen  erbot  sich  der  Bevollmächtigte  smn 
Vorgeben  eidlich  zu  erhärten;  so  z.  B.  auf  dem  feierlichen  Märkw- 
ding  St  Margaretha  1484. 


—    31*    — 

Wenn  aber  die  Pflicht  der  Herrschaften,  auf  den  Markerdingen 
zu  erscheinen  y  in  Frage  gestdlt  werden  kann^  so  war  doch  ihre 
Berechtigung  daeu  unzweifelhaft.  Der  gemein  Mi&rker  bedurfte  in 
wichtigen  Angelegenhieiten  einer  Leitung;  fiand  er  sie  nicht  in  den 
eignen  Reihen 'oder  im  Adel  ^  so  ordnete  er  sich  bereitwillig  den 
Begierungen  in  Markangelegehbeiten  nnter.  Aus  beiden  Marken  k5n* 
nen  zahlreiche  Thatsachen  angeführt  werden  ^  welche  darl^en  wie 
die  Obrigkeiten  n^cht  nur  mit  den  Märkern  auf  den  M&rkerdingen 
erscheinen;  sondern  auch  für  sie  das  Wort  ergriffen,  im  Ipteresse 
ihrer  Angehörigen  handelten  ^  ja  diese  aufforderten  sich  zu  entfernen^ 
die  Versammlung  zu  verlassen. 

Wir  wenden  uns  zuerst  zur  Sei^lburger,  Erlenbaher  etc.  Mark; 
wo  wir  bei  dem  Streit  über  die  Märkermeisterwahl  im  Jahre  1482 
finden;  dass  Ysenberg;  Sohns  und  Frankfurter  Amptleute  und  Freunde 
von  Peterweii  und  Njdem  Irlenbach  wegen  erklärt:  sie  gewillxgen  in 
kein  Neuerung;  haben  dess  auch  keine  befohlen;  und  wollen  an  ihre 
Herrschaften  bringen ;  wie  da  geredt  und  gehandelt  sei;  ,^hant  sich 
dayon  gewandt  und  sind  hinweg  gerjtteu;  und  haben  ihren  Männern 
gefragt  auch  abzuscheiden^. 

Im  Jahre  1486  auf  •  Sontag  mitfasten;  als  man  singet  in  der 
heiligen  Kirchen  Letare,  sind  dann  erschien^i  „die  nachgenanten 
Partbeyen^  der  Keiner  zu  Homburg;  Herr  Dietrich  MeyenkranZ; 
Priester;  und  Henritze  Sulberg;  Schultheiss  zu  Hoembui^;  die  vor- 
zeiten auch  Keiner  zu  Hoemburg  gewesen;  von  wegen  des  wolgep. 
Hern  Godfritz  Hern  zu  Eppenstein  und  zu  Mintzenberg  „an  eyme^ 
und  Philips  von  Buchis;  amptman  zu  Petterwil;  von  wegen  des 
wolgep.  Hern  Ludwigs  von  Isemberg;  Her  Philips  von  BickeU;  Bit- 
ter Conrat  Schenck  von  Sweynßberg  gem.  AmptmaU;  und  Job.  von 
HornauO;  Amptmän  zu  Petterwil;  von  wegen  ....  PhiUpsen  Gra- 
ven  zu  Solms  .  .  /sodann  .  .  Erwin  Topl  von  Carbeti;  Amptmann 
zu  Niddern  Erlebach  und  Ludwig  Waldeck  des  Bats  schriber  zu 
Frankfurt  von  wegen  des  ersameu;  wisen  tmd  fiiraicbtigen  Bürger- 
meister und  Bat  zu  Frankfurt  „am  andern  Tiele^^;  auch  waren  da 
versamlet  die  Merker  aus  den  6  Dornen.  Hier  werden  also  die  Herr- 
schaflien  geradezu  als  Parthei  dem  Waldpotten  auf  dem  Märkerding 
gegenüber  gestellt  Philipp  von  Buchis  und  Joh.  von  Homan  sind  zu 
dem  Kellner  geritten,  gefraget  ob  er  bereit  sei  anzufangen.  Der  bat 
noch  auf  ihren  Amtman  zu  warten;  da  dieser  aber  nicht  erschien; 
hat  Heinritze  von  Sulberg  von  der  Herrschaft  Eppenstein  wegen  zu 
reden  anfangen  lassen;  uff  stund  ist  von  wegen  der  obged.  Hern 
Ludwig  von  Isemberg  .  .  .  Solms  .  .  .  und  des  Erb.  Bats  zu  Frank- 


-^     315     -. 

furt  „als  Von  w^en  Ai&c  Jipen  von  Petierwile  und  Kiddem  Irlebacli^ 
geredt  dass  sie  keinen  für  einen  Märkeraieister  halten  wollen  er  sei 
dann  dqrch  gemeine  M&rker  erwählt  und  sragelassen:  wie* von  alter 
Herkomen  sei.  Sie  fragen  den  Eppensteinschen  ob  er  die  Wahl 
wie  von  Aker  Herkomen  stt  flirnehmen  wolle ,.  darauf  der  Sd^ult- 
heiss  zu  Ho^mberg  .  geantwortet:  neyn,  gesaget  sie  wolhen  handeln 
wie  sie  im  vergangnen  Jahr  gethan.  hfttten.  Als  aiich.  der  vermeint 
Mfirkermeister  der  Mark  halben  reden  wollen ,  da  haben  Gonr^t 
Schenck  von  Sweynßberg  und  Ludwig  Sehreiber  Ime  gesagt  zu 
schweigen^  sie  haben  weiter  zu  reden.  Und  hat  der  itsgenant  Ludwig 
weiter  geredt  und  begehrt  an  alle  Uinbstendar  zuzuhören:  dieweil 
von  Eppensteinschen  verneint  worden  zu  handeln  wie.  von  Alters 
Herkommen,  so  seien  sie  ),von  Uirer  Herrsdiaft  und  dw  Ihren  wegen 
obgenant^^  auch  nit  g^neint  einige  Ntaerung  zu  gewilligen,  würden 
den,  der  nit  nach  altem  Herkommen  gew&hlt,  auch  nit.  filr  einen 
Merkermeister  halten;  sie  erbieten  sich  zti  rephtlichem  Austrag, 
ersuchen*  den  offen  Notar  ei^  offen  Lifstrument  zu  machen,  sind  da- 
rauf abgeritten,  und  haben  die  von  Petterweil  und.  -N.  Erlenbach 
auch  ^hey^en  abgeen^.  Zwei  Jahre  später,  1488,  finden  wir  dass  der 
Homburger  Amtmann  das  Märkerding  nicht  halten  wollen,  sondern 
on  allen  abscheyt  mit  den  von  Seulberg  abgeschieden«  Da  haben 
sich  di«  Sendbotten  von  Isenlberg,  Soinut,  Einigstem  und  ^Frankfort 
bedacht,  und  dem  l^ntmaii  uff  ihrer  Seiten  gesagt  ob  die  „Widderr 
parthie^^  einen  Märkermdster  gekoren  hätten,  selten  sie  für  kein  Mär^ 
kermeister  halten,  sie  sollten  „die  marck  ge^nu^en  wie  von  Alterf^, 
und  ob  Jemand  Beschwemiss  der  Marck  halber  habe,  solt  derselbe 
„an  sein  Herrschaft  langen  lassen,  solt  syn  Herrsehaft  mit  Flys  vor 
Jen  arbeiten.  Ine  by  altem  herkommito  zu  hanthaben'. 

Dass  dies  zu  jener  Zeit  kein  leeres  Yer^reche^'  gew^en,  das 
zeigen  die  Verhandlungen  als  im  folgenden  Jahre,  1489,  das  Märker» 
geding  der  Seulberger,  Erlenbacher  etc«  Mark  durch  den  Walpoden 
bis  auf  Dienstag  nach  Quasimodogeniti  erstrecket  worden.  Es  wurde 
durch  Herrn  Ludwig  von  Isenberg  ein  Tag  emant  gen  Petterweil, 
daselbst  ein  Abscheyt  beschehen  wie  folgt:  Nach  alter  Q«wohnlieit 
und  Herkommen  pflege  man  „Märkergericht"  zu  halten  auf  Mitfasten 
m  der  Erlebacher  Margk.  Das  habe  der  Graf  zu  Hanau  etzlioh  Jahr 
lang  verhindert,  allein  nach  seinem  Gefallen  zu  erstrecken  sich  unter- 
standen, ...  es  haben  die  Sendboten  gerathsohlagt  und  eynmündig 
beschlossen,,  wenn  der  Graf  von  Hanau  einen  andern  Tag  fümehinen 
werde,  so  sollen  die  Herren  mit  den  Ihren  in  mitteler  Zeit  bestellen 
und  verfügen,  dass  sie  den  Tag  mit  nichts  besuchen  und  sich  doch 


—     316     — 

der  Mark  wie  von  Alter  Herkommen  iBt  yerbmcheiiy  und  sich  fortan 
Eum  Märkergericht  das  im  znkfinftig  sein  wird  zu  mitfasten  verfügen. 
Jegliche  Herrschaft  solle  daselbst  ^erscheinen  oder  dahin  schicken, 
helfen  zum  bebten  bestellen,  tan  und  ratschlagen^^ 

Sontag  Laetare  1490  ist  das  Erlebacher  Merkerding  gehalten 
worden  durch  denvesten  PhUipsenvon  Buches,  Diethervon  Lutem 
von  wegen  Hern  Ludwigs  von  Isenburgk,  Heinrieh  bereiter  zu 
Königstein  von  wegen  derselben  Herrschaft,  Heinrich  Keller  zu  As- 
senheym  von  wegen  Graf  Philipsen  von  Sohns ,  und  Jacob  von 
Cronberg,  Erwin  Dogd,  Amtmennere,  und  Melchior  Swartzenberg, 
Rathschreiber ,  von  wegen  deis  Baths  zu  Frankfurt  Inn  Beiwesen 
des  gem.  Lantmans,  wiewol  das  Merkei^eding  zu  halten  durch  den 
Herrn  von  Hanau  verbotten  war,  wart  durch  Jacob  von  Cronberg 
geredt  „alle  die  in  die  Marg  gehören  selten  uff  den  Hauffen  treten^ 
da  waren  etliche  von  Sulberg  zugegen  die  hinweg  gingen  und  nit 
unter  die  Märker  gehen  wollten.  Bedt  derselbe  Jacob  zu  dea  Mer- 
kern,  sie  sollten  sagen,  wie  es  mit.  der  Marg  gehalten  worden 
sei,  ob  man  den  Märkermeister  kiesen  möge,  so  etliche  in  die  Marg 
gehörig  nit  uf  den  Tag  erscheinen.  Begehrten  die  Männer  sich  zu 
bedenken,  nahmen  j^von  jeglichem  Dorf  drei  der  edelsten^^  und  ant^ 
werteten  gemeynlichen  durch  Conradt  von  Petterweil:  Es  sei  von 
alter  Herkommen,  dass  man  uff  den  Tag  einen  gemeinen  Märker- 
meister uff  dem  flecken  kiese,  und  so  etli^h  nit  allda  wären  gewest, 
hätten  sie  nit  desto  minder  gekoren,  und  die  so  nit  erschienen 
„mit  Bat  der  Herschaften^'  gebttsst  Wurden  „die  Mendw"  wdter 
gefragt,  es  wären  etlich  von  denen  von  Sulburg  gebüsst,  die  noch 
im  Gefängniss  wären,  und  doch  kein  Märkermeister  gesetzet  durch 
die  gem.  Merker  von  ddr  Mark  wegen,  wie  es  gehalten  werden  soU 
mit  den  büßen  ^^  Antworten  die  Männer  gemeinlich:  sie  kunten  oder 
wolten  nit  weiter  antworten,  sie  hätten  dann  einen  Märkermeister 
gekoren;  so  der  gekoren,  wollten  sie  „mit  Bath  desselben'^  antwor- 
ten. Also  haben  die  Geschickten  sich  bedacht  und  ihnen  vergönt 
einen  Märkermeister  zu  kiesen«  Antworten  die  Männer  gemeinlich: 
sie  hätten  sich  bedacht  und  gekoren,  und  sei  ihr  alt  Gewohnheit, 
welcher  gekoren  werde,  er  sei  Edel,  Priester  oder  sonst  ein  gemein 
Mann  in  der  Mark  seßhaftig,  der  muss  es  annemen^^,  und  wo  ihnen 


^1  Seulberg  war  homburgisch;  die  von  Sealberg  hatten,  vielleicht  in  Auf- 
trag ihrer  LandeBherrschaft,  Petterweiler  Märker  gefänglich  eingezogeo,  ohne 
Auftrag  eines  Märkermeisters. 

32  In  Appenzell  muss  noch  heut  zu  Tag  der  gewählte  Landamman  die 
Wahl  annehmen,  er  ginge  denn  ausser  Landes. 


-     317     — 

I 

dasBelb  zugesagt  werde  woHten  sie  den  Mttrkermeister  nennen.  Hilt 
man  den  Männern  fbr:  wolten  sie  einen  erwählen  der  in  der  m«*g 
begut  nnd  behobt  wäre^  das  müssten  sie  lassen  geschehen^  aber  wo 
sie  dnenAmtman  wolten  ^  der  möcht  über  Nacht  Urlaub  nemen  oder 
gegeben  w^den;  so  wäre  die  Marg  aber  unbesteh^  solten  sie  selber 
Zusehen.  Antworten  die  Männer:  Sie  haben  vor  Alter  einen  seßhaftigen 
gekoren  nnd  hit  angesehen  ob  einer  begut  oder  behubt  sei;  wo  man 
ihnen  dasselbige  noch  gestatten  wolle  ^  wolten  sie  den  erwählten 
nennen.  Das  wurd'  ihnen  nachgelassen.  Also  erwählten  sie  Erwin 
Dogeln,  Amtman  zu  Erlebach.  Sagt  derselbe:  wo  ihn  die  Herren  und 
Jungkern  der  Geschickten  nit  bei  der  Marg  beschirmen  weiten, 
wäre  ihm  das  Ampt  an  sich  zu  nemen  nit  gelegen.  Also  haben  sie 
ihm  einhellig  zugesagt;  von  der  Herrschaften  wegen  ihn  dabei  zu 
hanthaben.  Darnach  wurde  gefragt  wer  den  Märkermebter  ejdigen 
solle;  ward  geantwort:  sie  (die  Märker)  haben  to/ Zeiten  ein  Ampt- 
man  zu  Erlebach  gehabt  der  Märkermeister  gewest  was,  der- 
selb  Ton  dem  gekoren  Märkermebter  globe  genommen.  Also  erwdtt 
der  gem.  lantman  Philipsen  von  Buches ;  der  nam  gelob  von  Erwin 
Dögeln  uff  den  Ejdt  den  er  seinen  Herrn  gethan  hatte  dbr  Mark 
das  best  und  nutz  zu  schicken;  und  wurden  alsbald  zween  Märker« 
knecht  erwelt,  die  auch,  gelobten  und  sworen  Erwin  Dögeln  in  Ge^ 
genwärtigkeit  des  lantmans;  und  alsbald  wurden  die  geschickten 
Eyns  und  befolen  den  Markknechten  die«iron  Sulberg,  die  die  Solms- 
ischen  gefangen  gehabt  hatten,  zu  verpieten  auf  dinstag  nechst,  dar- 
nach zu  yerhören  aus  was  Ursachen  die  Solmßen  gefangen  seien, 
und  solle  von  jeglichem  Dorf  gein  Ober  Erlebach  zween  komen  mit 
sampt  dem  Märkermeister,  die  Sache  zu  verhören,  und  was  alsdan 
zu  antwort  werde,  jegliche  ihr  Hern  und  Junghem  wissen  zu 
lassen. 

Es  ist  dieses  Auftreten  der  Herrschafben  aus  dem  Grunde  so 
ausführlich  mitgetheilt  worden,  weil  es  das  einzige  Beispiel  ist,  dass 
dieselben  ganz  in  die  Bechte  und  Pflichten  des  Waldbotten  eingetre- 
ten sind.  Sie  haben  nicht  nur  das  Märkerding  gegen  Befehl  des 
Waldbotten  hegen  lassen,  die  Mark  bestellt,  einen  Märkermeister 
wählen  lassen  und  Markkn^chte,  sondern  sie  haben  auch  dem  Mär- 
kermeister versprochen  ihn  bei  der  Mark  zu  beschirmen.  Es  liegt  in 
dieser  Handlungsweise  die  Anerkenntniss  dass  der  Waldbott  nur  im 
Interesse  der  Mark  seine  Vorrechte  besitze,  und  dass  wo  er  diesem 
Interesse  entgegen  handele,  die  Mark  nicht  bestelle,  dies  auf  andere 
Weise  geschehen  müsse. 


—     318     - 

Hier,  wie  in  der  Hohen  Mark;  haben  die  Begiemiigen  später 
nicht  mehr  den  Mutb;  oder  nicht  mehr  die  Kraft  gebäht  in  gleicher 
Weifl»e  das  Becht  des  oberst^i  Märkers  dem  Interesse  der  Mark 
selbst  unterzuordnen.  Auch  in  Yorliegendem  Fall  aber  haben  sie 
nur  das  Nothwendigste  gethan,  sie  haben. nur  einen  Märkermeister 
erwählen  lassen.  Bei  dem  nun  folgenden  Qliteversuch  hat  man  sich 
bedacht  und  dahin  geeinigt,  dass  H^r  Friedrich  von  Dorfeiden  von 
w^en  des  obersten.  Walteten  und  Cunrad  Schenck  von  wegen 'der 
alldem  Herrn  den  Märkermeister  beeidigen  solle  ^  bis  die  Herrn  zu- 
sammen kommen  und  sich  des  vereinigen.  Auf  das  Sehreiben  des 
Pfalzgrafen ;  die  Herrschaften  möchten. sich  auf  dem  gUtUchen  Tag 
zu  Germersheim  einfinden;  antworteten  sie :  dass  sie  nit  Fug  haben 
den  angesetzten  Tag  ohne  den  ge'meüien  lantman  und  Merker  zu  be- 
suchen. —  Mglb.  E.  30.  IL 

Wenn  die  Obrigkeiten  das  Interesse  der  Mark  und  der  lUlrk er  be- 
achten wollten,  so  mussten  sie  auch  die  Gewohnheiten  derselben 
berücksichtigen  und  an  denselben  festhalten.  Anno  1484  auf  Sonntag 
Letare  zu  halbfasten  sind  von  Peterwyl  auf  das  Irlenbach  Merker- 
ding gemacht  seibist:  Johann  von  Glaubürg^  Sohöff,  Wicka*  Frosch 
der  jüngO;  Ratsfreund;  und  Ludwig  Waldeck;  Schreiber;  und  als  die 
hinausgeritten  und  bei  Irlenbach  in  das  Feld  komen  sin  um  die 
10  Uhr;  haben  sie  nach  Erwin  Dogel;  AmptmaU;  und  den  Märkem 
in  Nieder  Irlenbach  geschickt  Ist  Erwin  dazu  konmien  und  hat 
gesagt;  indem  als  er  zu  Irlenbach  herausgeritten;  sei  einknecht  ihm 
begegnet  mit  dem  bemerken  dass  das  Märkerding  mondig  (Mont^)  sei, 
dann  sein  H^r  von  Eppeostein  das  widerbotten  lassen  habe.  Die 
Geschickten  haben  sieh  darauf  mit  den  Solmsischen  und  Tsenburgi- 
sehen  beredt  und  sind  mit  d^oi  Märkern  von  Peterwyle  und  Nydem 
Irlebach  auf  die  „Walstatt  des  Merkerdings  bj  Sulburg  gerjden"; 
und  sind  bis  nach  Mittag  ungefähr  um  ein  Uhr  dablieben,  und  als 
Niemand  aus  den  andern  Dorfen  komen  ist;  han  die  Amtleute  die 
von  Petterweil  und  Nydern  Irlebach  wider  zu  Hause  gehen  lassen, 
und  sind  auch  abgeritten.  —  Mglb.  lü.  30.  U^  S.  151. 

In  dem  Berichte  über  die  „Sewelberger  und  obem  Irlebacher 
Gemark^;  1539  heisst  es  dass  die  Herrschaften  ;^von  w<gen^  ihrer 
Märker  erscheinen.  Uff  Montag  nach  Penihecojst,  morgens  7  Uhr 
erschienen  auf  dem  Platz  da  man  merkerding  ■  pfleget  zu  halten,  von 
wegen  des  Fürsten  Philips  Landgraven  zu  Hessen,  als  obeMenWalt- 
poten,  Helwig  von  Laurpach  und  Diether  Gewende,  Keller  zuHom^ 
burg,^  „von  wegen  der  Herrschaft  Königsteyn  Gemerker*  Ohridtopfl 
von  Hatzetein,  Amptman  zu  Königstein,  ^von  wegen  der  Herrschaft' 


—    319     - 

'  I 

Sulmbs  Gemerker'^  Hartman  von  Troso,  Amtman,  „von  wegea.der Herr- 
schaft Eyssenbürgk  Gemerker"  Engelbert^  lialber  Amtmann^  „von  wegen 
der  Stadt  Frankfurt  Gemerker'^  Juätinian  von  Ht)lsEhausen>  und  dann 
„der  geinein  Merkennan  der  Sewelberg  und  Ober  Irlenbach  gemsurc^c 
für  sich  selbst".  ^  .  . 

Wenn  die  Herrschaften  einestheils  fär  die  Ihrigen  ein  Schutz 
waren,  so  «nchten  sie  andemtheils  in  denselben  auch  eine  Stfitse  für 
das  ei^e  Ansehen  zu  gewinnen.  Vorzüglich  gilt  dies  von  jdem  Wald- 
poten  selbst;  soweit  er  auch  Landesherr  war^  in  der  Seulbei^  Er- 
lenbacher Mark  also  flir  Coppem  und  Seulberg,  in  der  Hohen  Mark 
für  Homburg;  Gontzenheim  und  Steden.  Die  Stimme  von  Nieder 
Steden  wurde  noch  festgehalten;.  Scbultheiss  und  Gericht  ernannt, 
als  dies  Dorf  schon  längst  verschwunden  war.  Neue  Ortschaften  auf 
hombürger  Gebiet,  Domhol^hausen  und  Friedrichsdorf;  würden  be- 
günstigt weil  sie  grösseren  Einfloss  verschafften.  Im  Jahre  15S9 
brachte  der  Keller  zu  Homburg,  Diether.Gewend,  schriftlichen  ^Be- 
fehl des  obersten  Waldpott  die  Mark  ^uff  heute  dato"  zu  umgehen. 
Die  Märker  weigerten  sich  ,,es  sei  kein  Mangel  an  der  Gemark  ver- 
merkt". Der  Keller  drohte  mit  Ausschluss  von  d^  Mark;  Hess  auf 
;swei  Seiten  treten  zur  Abstimmung.  Es  trat  zu  ihm  Niemand  denn 
die  ij^eihen  Tpn  Homburg  und  Seuljberg;  der  Mehrertheil  blieb 
stehen«  ^      " 

.  Zwei  Jahre,  darauf  als  der  Walpöt  mit  Märkermeister  kiesen 
wollte;  hat  der  Amtman  zu  Königstein. die  Dörffer  getrennt  und  „die 
von  SiBulnburg  und  Kuppern  beredt  bei  dem  Instrument  zu  bleiben; 
die  Gemerker  Seulburg.  und  Kpppern  sind  abgefallen,^  bei  der  Ab- 
stimmung, traten  sie  auf  die  andere  Seite. . 

..  AUniälig  erhielt  das  Erseheinen  der  herrschaftlichen  Geschick- 
ten  eine  andere  Bedeutung.  Darüber  giebt  ein  Bißricht  von  Job. 
Ludwig  von  Glauburg  über  das  Seulberger  Erlenbacher  Märkerge- 
ding  des  Jahres  .1588  Andeutung.  Es  sei  erstach  nach  -altem  Ge- 
brauch das  Instrument;  so  anno  1493  ufigericht,  hernacber  etliche 
neue  A^culy  ungefehrlich  uf  die  22,  letzlich  ^u<^  die  Bugen  yer-. 
lesen.worden.  Darauf  .die  vorigen  Märkermeister  wieder  zu  Märker- 
m^ter  erbeten  und  verordnet  worden  ^und  ist  durchaus  nichts  neues 
oder  E.  Erb.  Bath  nachtheiliges  des  Ends  furgangen  oder  verhan- 
delt worden".,  Beim  Abschied  hätten  die  lilärkermeister  und.  der  Kell- 
ner w^en  des  Schreibens  E.  Erb.  Baths,  dass  man  die  Nieder-Er- 
lenbacber  aus  der  Mark  zu  bringen  gedächte,  sich  entschuldigt;  sie 
seien  dies  fUr  ihre  Person  nie  bedacht  gewesen,  sondern  hätten  iie 
jede  ^it  fUr  ihre  Mitmärker  gebalten,  sollten  auch  wie  andere  ge- 


-     320     — 

halten  werden;  wollten  gebeten  haben  E.  Erb.  Bath  wolle  jShrlichs 
auf  den  Sontag  Lätare  eine  BathsperBon  auf  das  ICärkergeding  ver- 
ordnen „welche  gleich  wie  Sy  der  Mark  zum  Besten  beiwohnen  thete"; 
wie  dann  von  E.  Erb.  Baths  wegen  H.  Dan.  Ton  Hinsperg  vor 
Jahren  etlicher  Irrung  halben  auch  draussen  gewesen.  Joh.  Ludw. 
von  Glauburg  bedankt  sich  der  freundlichen  Antwort  wegen  „mit 
'  pit  solche  Ir  Entschuldigung  schrifftlich  an  E.  Erb.  Bath  zu  gelangen^^ 
Mglb.  E.  80.  IV.  [6] 

Als  die  Märker  bei  dem  Streit  über  die  landgrevisch  schwein 
einsahen,  dass  ihre  eignen  Bemühungen  vergeblich  seien,  haben  sie 
sich  verglichen,  dass  die  Schultheisse  solche  neugesuchte  Gerecht- 
sattle des  obersten  Waldpotten  ihrer  Obrigkeit  anpringen  soUten, 
deren  Bath,  wie  es  auf's  beste  anzugreifen,  zu  vernehmen.  Es  wand- 
ten sich  darauf  in  einem  Schreiben  d.  d.  1.  Oct  1590  Märkermeister  • 
und  Häupter  der  Seulberg  Erlenbacher  Mark  an  die  Herrschaften: 
von  ihnen  selbst  könne  es  nicht  wol  in's  Werk  gerichtet  werden, 
j^Ir  dag^en  als  hochgelahrte,  verständige  in  denen  und  andern  der- 
gleichen Sachen  täglich  e^ercirt  und  geübet,  die  gepüer  zu  pon- 
deriren  werdet  wissen,  damit  dan  nicht  zuviell  oder  zu  wenig  von 
uns  ftirgenommen,  so  wollen  wir  euch  und  E.  Hochachtpare  Weis- 
hey  ten  ganz  freund  und  dienstlich  gepetten  haben  sich  als  Mitm&rker 
von  wegen  des  Fleckens  Nidern  Erlenbach  dahin  und  soviel  zu 
bemühen  und  durch  deren  Advocaten  fürhabende  SuppUcation  con- 
cipiren  und  stellen  zu  lassen;  und  sind  wir  es  hingegen  freundlichen 
lu  bedienen.  Euch  und  Ew.  Hochachtparen  Weisheyten  sonsten 
angenehmen  Willen  zu  erweisen  erpöttig  und  befliessen,  Euch,  Ewer 
Hochachtp.  Weish.  und  uns  alle  hiermit  dem  lieben  G-ot  empfhelend*. 
Mglb.  E.  30.  IV.  [8]  —  Sie  sollten  erst  später  lernen,  dass  es  besser 
ist  der  eignen  Kraft  und  Ausdauer  zu  vertrauen,  als  der  Opferbereit- 
willigkeit anderer.  Auch  die  andern  Dörfer  hatten  sich  an  den  Erz- 
bischof von  Mainz  und  die  übrigen  Herrschaften  gewendet,  sie  bitten : 
dieselben  wollen  geruhen  gnedigst,  gnedig  und  gUnstig  „uns  deren 
armen  Leute^^  zu  schützen  und  darg^en  bei  unser  ruhigen  woUher- 
geprachten  possession  vel  quasi  handt  zu  haben.  Der  Bath  liess  die 
Sache  untersuchen,  Zeugen  vernehmen.  Am  20.  Oct  1597  berichtet 
Conrad  Wachteler,  Märkermeister,  dass  der  Landgraf  Ludwig  der 
Jüngere  130 Schwein  in  die  Mark  einschlagen  lassen;  begehret  eines 
Erb.  Baths  Gutbedünken  was  fiirzunehmen.  Die  Antwort  lautete  am 
4.  Nov.  dahin:  er  habe  anno  1591  Zeugen  vernehmen  lassen;  ob 
solches  von  den  andern  Herrschaften  gleichmässig  beschehen,  davon 
habe  er  nichts  vernommen;    es  möge  wol  sein   „daß  solche  Sachen 


—     321     — , 

also  ersitzen  blieben^^  Sollten  aber  die  andern  Herrscbaften  einhellig 
Bich  an  den  Landgraven  wenden  wollen  ^  würde  es  dem  Rath  nit 
missfallen.  —  Mglb.  E.  30.  IV.  [20/21.]  —  Weiter  wnrde  im  Jahr 
1604  die  Hülfe  de^  Baths  angerufen;  der  Oberherr  und  Waldpott 
habe  diesmal  100  Schwein  in  die  Mast  einschlagen  und  ein  besonder 
steig  auf  Irem  Grund  und  Boden  ufrichten  lassen.  Es  wurde  auf  den 
BeschlusB  d.  1597  verwiesen^  dasjenige  so  damals  begert;  sei  noch 
nit  effectuirt  worden,  sondern  vermuthlich  bishero  ersitzen  blieben; 
darumb  man  den  Bereiter  an  den  Märkermeister  wiederumb  abge- 
fertigt. Der  berichtet  dass  die  Abhörung  noch  nit  stattgefunden.  In- 
zwischen fanden  die  Hefrschaften  es  sei  nöthig  einen  Tag  zur  Zu* 
sammenkunft  zu  bestimmen:  „weil  solches  samptlichen  interessiren- 
den  Herrschaften"  zu  nicht  wenigem  praejudiz  gereichen  thut.  Auf 
einem  Tag  zu  Petterweil  werden  die  Torhandenen  Zeugenaussagen 
verlesen;  neue  Zeugen  yerhört  imd  beschlossen  ein  weiteres  Schrei- 
ben an  Homburg  abgehen  zu  lassen. 

In  späteren  Jahren  genügte  es  dem  Rath  den  Landbereiter  all- 
jährlich auf  das  Märkergeding,  Sontag  Lätare,  zu  schicken.  Johannes 
Zeundel  berichtet  im  Jahr  1644:  „hat  es  auf  bevehl  Ihr  E.  E.  Veste 
besucht;  zu  vernehmen  ob  etwas  deme  Flecken  Niter  Erlenbach  an 
Ihrer  Gerechtigkeit  vorgenommen;  oter  Ihme  Flecken  sonsten  durch 
Ihre  f.  Gn.  Herrn  Landgrafif  diner  oter  Dero  selbigen  Märkermeister'^ 
Es  sei  aber  nichts  vorgenommen;  als  der  gemeinen  „Euhen  und 
Busen"  wie  auch  „der  verfallne  Bauw  und  ßösse  dachung"  (veröste) 
und  „waß  B.ugbar-  daßselbige  gestrafft  worden^.  „Dasselbige  auch  Ir 
lusterment  ist  vorgelesen  worden  von  dem  Waldschrayer  wie  von 
Alters  herkommen  ist." 

So  berichtete  der  Abgeschickte  der  Stadt  Frankfurt.  Mit  einem 
solchen  mag  der  Kellner  zu  Homburg  leicht  fertig  geworden  sein* 
Derselbe  berichtete  am  2.  Juni  desselben  Jahres  über  das  Märker- 
ding  der  Hohen  Mark:  er  sei  auf  das  gebande  Mark  Gericht  zu 
Oberurschel  geschickt  worden  „zu  vernehmen  ob  etwan  meiner 
groBsgünst  Ihrer  Dorffschaften  in  einem  oder  dem  andern  an  irer 
Gerechtigkeit  witer  Billigkeit  etwaß  vorgangen  wöre",  weiss  diesmal 
nichts  zu  berichten;  als  „daß  Niter  Urschel  und  Dirkelweil  wegen 
der  Wolfsjagd  nicht  zu  Humburg  erschinen  sind;  gestrafil  werden 
sollen;  nach  gehaltnem  Markgeding  über  14  Thag  zu  Humburg  zu 
dem  Busatz  sollen  beiten  Flecken  Erscheinen  und  IreBuse  thaidigeu; 
dieweil  alle  andern  Flecken  erschienen;  sie  gemelte  Flecken  allein 
nicht",  (bei  der  Wolfsjagd  nämlich).  —  Mglb.  K  29.  IV.  S.  HO. 

21 


—     322     - 

Wie  in  der  Seulberger,  Brlenbacher  etc.  Mu*k,  so  st^ea  auch 
in  der  Hohen  Mark  nicht  wenige  Thatsachen  klar,  dass  in  früheren 
Zeiten  das  Auftreten  d6r  Obrigkeiten  in  Markangelegenheiten  keines- 
wegs bloss  eine  Förmlichkeit  oder  eine  Ehrenauszeichnnng  gewesen. 
Eiii  sehr  undeutlich  geschriebener  Bericht  über  das  Märkerding  von 
1479  theilt  mit^  dass  die  lUthsfreunde  begehrt  die  von  Dorckelwdl 
wieder  zu  ihrem  Markrechte  kommen  zu  lassen,  und  dass  diese  sich 
erboten  „umb  den  bruch  des  faltdors  halb''  zu  taidingen.  Darauf  die 
anwesenden  M&rker  beiseit  getreten  und  gemeint  die  von  Dorckel- 
weil  nit  wider  zuzulassen ,  der  Rath  wolle  denn  dem  lantman  den 
„slag  zu  Husen  offen  daß  man  dadurch  Far^i  und  denselben-  Weg 
gebruchen  mochten  zu  zyden  so  die  Wasser  gross  weren'S  DesBaths 
Freunde  gaben  darauf  zu  verstehen  dass  der  Bafch  den  Weg  zu  Hau- 
sen gekauft  habe  und  war  kein  gemein  W^.  Hausen  (an  der  Nidda) 
stand  mit  der  Hohen  Mark  in  gar  keiner  Verbindung,  die  MäriLcr 
gedachten  also  durch  die  Beeinträchtigung  der  Dorckelweiler  den 
Bath  zu  nöthigen  anderwärts  ihnen,  den  Märkem,  Vortheile  einzu- 
räumen. Das  Recht  oder  die  Pflicht  der  Obrigkeit  war  aber  mehr 
die  Ihrigen  in  dem  Rechte  zu  schützen  und  zu  vertheidigen,  als  pri- 
vatrechtlichen Vortheil  aus  dem  Verhältniss  zu  ziehen  ^. 

Bei  dem  Märkerding  Montag  nach  Erhardi  1522  hat  der  Keller 
angezeigt:  wer  den  Wald  schädige  soll  gepfändt  werden,  es  sollten 
auch  itzo  die  Ffandzettel  verlesen  werden.  Darauf  Viel  aus  dem 
lantman  nein  gesagt,  man  sollt  die  Pfandzettel  jetzo  nit  verlesen; 
dafür  were  der  unberufen  Märkertag  bestimmt.  Aber  der  Schultheiss 
von  Ober-Ursel  hat  etliche  vom  lantman,  so  ihm  zugehörig,  zu  ihm 
auf  ein  Ort  genommen  und  mit  den  geredt,  bis  sie  in  die  Pfändung 
und  Verlesung   der  Zettel  bewilligt.    Darauf  die  Zettel  gleich  ver- 


33  j)ie  Vollmacht  welche  im  Jahre  1489  der  Bath  seinem  Abgesandten  mit- 
gab, lautete:  Wir  der  Rate  zu  Franckenfort  Erkennen  uns  uffentlich  mit  die- 
sem briefe  das  wir  gantze  maefat  und  vollen  gewalt  gegeben  han  diesem  gein- 
wurtigen  Eysen  von  Miltenbergk  nnaerm  beryder,  und  thun  das  lane  craffte 
diß  brieffs,  uns,  unser  burger,  das  unser,  die  unsem  und  die  uns  zu  verant- 
wurten  steen  an  dem  Marckerdinge  zu  Ursel  das  uff  Mittwoche  nach  dem  hei~ 
ligen  Pfingstag  nehst  komende  werden  sal,  zu  verantwürten ,  zu  verteidingen, 
zu  vergeen  und  zu  versteen  zu  glieber  wyse  und  Inne  aller  der  maeße  und  zu 
allem  rechten,  wir  selbst  thun  und  laißen  sollten  und  mochten,  obe  wir  dabei 
geinwurtig  werenn,  Des  zu  Orkunde  han  wir  der  egenantien  unser  Stede  Jnge* 
sigel  an  diesen  brieff  thun  drucken.    Datum  etc. 

Weiter  unten  ist  auszufahren  wie  die  Stadt  Frankfurt  zugleich  in  der  Eigen- 
schaft eines  Hitmärkers,  wegen  Besitzujigen  in  Bonames,  aufzutreten  hatte. 


—     323    —  • 

lesen  worden  nnd  gesagt:  wer  itzo  woU  taidingen  soll  des  macht 
haben  oder  zum  nächsten  Märkergeding,  Die  Abgeordneten  des  Baths 
beschweren  sich  „daß  die  Ihren  nit  so  yiel  Holz  geholet  als  die  an- 
dem,  man  möge  den  Wald  noch  nit  znschliessen".  Darauf  der  lantman 
zusammengeruckt,  sich  besprochen  und  die  b^ehr  abgeschlagen, 
gesagt  die  mennig  sei  schon  gemacht,  (es  sei  abgestimmt). 

Es  gab  sich  dabei  von  selbst  dass  die  Herrschaften  öfter  auch 
vermittelnd  auftraten,  Frieden  und  Einigkeit  herzustellen  suchten. 
Im  Jahre  1521  als  Streit  sich  erhoben  über  die  Wahl  und  Entlas- 
sung der  Forstknecht,  begehrte  der  Schultheiss  von  Homburg  dass 
Verordnete  aus  jedem  Flecken  nach  Homburg  kommen  zu  verhan- 
deln „denn  er  were  nit  allhie  uff  dem  merckerding  umb  Zankes  wil- 
len^^  Darauf  sind  die  Beamten  von  Königstein  und  Beddelnheim 
zusammengeruckt  „und  sich  der  Sachen  damit  der  landtman  gefriddet 
und  zu  Stillem  gesetzt  werden  mocht,  vielfeJtiglich  besprochen  und 
den  Schultlieis  gebeten  dem  kntman  zu  wülfam  und  andere  forst- 
knecht  erweblen;  da  er  dies  abgeschlagen  hat  man  sich  weiter 
berathen  zu  erhaltung  friddens,  und  herfunden  daß  nicht  besseres 
were  denn  daß  man  am  lantman  anr^  die  alten  forstknecht  auf 
dismal  onbeurlaubt  zu  lassen;  solchs  auch  also  beschehn^S 

Ebenso  findet  sich  aber  auch  dass  die  Herrschaften  mahnend 
und  abrathend  auftraten,  wenn  sie  es  heilsam  für  die  Untergebenen 
hielten*  Auf  dem  Märkerding  1524  wurde  vorgelegt  dass  man  aus 
dem  lantman  solt  Merkermeister  machen,  nemlich  zween  zu  Hom- 
burg und  zween  zu  Oberursel.  Darauf  aller  Oberkeit  Gesandten  sich 
besprochen,  darin  nit  willigen  können  and  einhellig  beschlossen,  „daß 
jeder  Gesandter  seiner  Herrschaft  untertbaa  zu  ihm  berueff  und 
dahin  wysse,  von  solchem  Beschluss  abzusteen.  Damach  ist  mit  dem 
Unterthan  In  geheym  abgesonderter  Weise  gehandelt,  bei  dem 
Folg  erlangt  Sollichs  haben  alle  Gesandten  dem  Keller  von  Hoem- 
burgftirgehalten,  der  glycherWjse  by  seines  gn.  Herrn  zugehörigen 
verfügt  hatt,  sich  hören  ließ^^  Also  ist  ein  Bing  gemacht  worden, 
dem  lantman  gesagt,  nachdem  sie. von  ihrer  Meinung  abgestanden, 
wolle  sich  gebttren  dass  sie  Mftrkermmter  kiesen,  was  darauf 
geschehen.  . 

Auf  Dienstag  Sant  Lucastag  1524  hat  der  Amtman  zu  Eppstein 
Namens  des  Waldbotten  den  Gesandten  der  Herrschaften  der  Irrung 
der  kupferschmitten  zu  Bonamesa  halben  Anzeige  gemacht,  mit 
beehren  ihm  zu  entdecken,  ob  sie  mit  einem  ehrbaren  Bath  „güt- 
lich verhöre^^  annehmen,  oder  aber  rechtlich  für  sein  gn.  Herrn,  den 

Landgraven,  fürkommen  und  erlyden  wollten.    Es  haben  die  ein 

21» 


•  —     324     — 

Bedacht  genommen  und  Bolchs  dem  lantman  angezeigt,  der  es 
ein  gut  Zeit  nit  thun  wollen;  als  sie  aber  „die  liberredt  die  Güte  zu 
verfolgen';  haben  sie  solchs  durch  Philipps  Byffenstain  von  wegen 
der  Märker  öffentlich  zugesagt 

In  späteren  Jahren  wurden  die  Unterthanen  mehr  und  mehr 
abhängig  von  den  Obrigkeiten.  Es  tritt  dies  schon  in  der  Mitte  des 
sechszehnten  Jahrhunderts  bei  der  Irrung  über  den  Dielnberg  und 
Bettstein  grell  hervor.  Bei  dem  Umzug  von  1Ö61;  als  die  Märker 
über  die  Höhe  kamen,  wichen  „die  Jhenseit  der  Höhe'  von  den 
gemeinen  Märkem  und  gingen  nicht  allein  den  grossen  Bettstein, 
sondern  auch  den  Dielnbergk  und  den  Jungen  Bettsteyn"  von  der 
Höhemark  hinweg.  Ebenso,  als  die  Märker  1561  noch  in  dem 
Scharterwald  waren,  da  gingen  ^die  von  Rjffenbergk  und  Amßhain 
eyn  sonder  weg,  gingen  also  auch  eyn  teyl  des  Scharterwalds  und 
die  obgemelten  Velde  samt  dem  grossen  Bettstein  von  der  Mark". 
Gefragt  warum  sie  nit  bei  den  gemein  Märkem  blieben?  gaben  sie 
diese  Antwort:  sie  müssten  gehen  wohin  die  Junkern  sie  hiessen 
gehen,  dieweil  Irrung  um  den  Bettstein  were.  Im  Jahr  1562  wurde 
aberm^Js  Umgang  gehalten  um  den  Dielnberg  und  kleinen  Bettstein 
zu  lochen.  Da  haben  die  jenseit  der  Höhe  sich  wieder  abgesondert, 
etliche  Tage  darnach  die  Loch  an  dem  jungen  Bettstein  ausgehauen, 
den  grossen  Bettstein  der  Mark  abgelochte  „Und  ist  gar  kein 
Zweifel  wenn  die  überhöhisohen  die  Wahrheit  sagen  dürften,  on 
scheu  für  Iren  Junckern  würden  sie  bekennen  sie  hetten's  ebenso* 
wol  gehört  von  ihren  Eltern  daß  der  Bettstein  in  die  Höhmark  ge- 
hörig sei^^  Hiemach  wurde  beschlossen  es  sollten  die  Nachbar  eines 
jeden  Fleckens  in  die  Mark  gehörig  solche  obgemelte  Irrung  „ihren 
Oberkeiten  anzeigen  und  umb  Bath  bitten^.  Desshalb,  so  heisst  es, 
yist  die  bitt  E.  E.  f.  W.  so  der  Sachen  besser  wissen  nachzudenken 
dann  wir  arme  unverständige,  wollten  uns  in  dieser  Sachen  rathen 
und  helffen,  dass  die  angezeigte  Irrung  endlich  mög  gerichtet  wer- 
den".   Mglb,  E.  29.  III.  S.  14. 

Weiterhin  folgt  (S  38.  cit.)  eine  „Forma  der  merkere  bedenkens, 
doch  uff  Verbesserung  Irer  Obrigkeyten,  ob  also  an  den  Fürsten  in 
H^sen  zu  schryben  sei".  Als  die  Märker  die  Homburger  Schwein 
ausgetrieben,  und  dafür  in  Haft  gehalten  worden,  setzen  sie  auf  den 
7.  Oct.  eine  Zusammenkunft;  was  hierein  zu  thun,  bitten  der  Bath 
wolle  verstendige  Leut  dazu  verordnen  damit  sie  arme  Märker  bei 


^  Abgelocht,  die  Wahrzeichen  ans  den  Orenzbinmen  ausgehanen. 


—     325     — 


ihrem  anererbten  Gute  mögen  erhalten  werden*  Und  auch  1570 
setzen  sie  einen  Tag  an  wegen  der  Neuerungen  in  der  Mark  und 
Insetzung  von  Zollatöcken;  sie  kamen  überein ;  es  möchten  auch  die 
ö  Herrschaften  je  eine  Person  abordnen  nach  Marpurg  zu  dem  laut- 
graven,  die  Mengel  und  Gebrechen  vorzutragen.  Im  Fall  aber  die 
Zollstöck  nit  abgeschafi%  würden  ist  der  gemein  Merker  Bitt^  die 
Obrigkeit  möge  guten  Eath  geben  ,,ob  man  nit  die  Zollstöck  ab- 
hauen, und  alsbald  an  kajs.  Eammergericht  umb  mandatum  de  non 
offendendo  anzusuchen  befugt  sei^'? 

Es  ist  offenbar  dass  mit  dem  Aussterben  des  niedern  Adels  die 
Mark  er  ihre  Stütze  verloren,  sich  nunmehr  an  die  Obrigkeiten  zu 
wenden  gezwungen  sahen.  In  dem  Markwalde  wurden  sie  mehr  und 
mehr  von  dem  Waldbotten  geschädigt  und  ausser  demselben  wurden 
sie  abhängiger  von  dem  Willen  ihrer  Obrigkeiten.  Im  Jahre  1684 
thmlt  Burckhart  Engelbrecht  von  Hattstein  demBath  mit:  dass  der 
Beschwerden  gegen  den  Landgraven  wegen  die  Märker  zusammen- 
zukommen sich  entschlossen,  mit  der  Bitt  dass  er  die  Seinen  hei 
Zeiten  „zu  dieser  Zusammenkunft  verordnen"  wolle;  der  Bath  ant- 
wortet: „wollen  unsers  theils  disfalls  nichts  an  uns  mangeln  lassen^. 
In  einer  Supplication  bitten  dann  die  Märker  ihre  Landesherrn,  sie 
wollten  sich  „unser  armen  Merker  und  Unterthanen  gnädigst  ahnneh- 
men". Diese  wandten  sich  darauf  an  den  Waldpotten  die  Beschwer- 
den abzuschaffen.  Der  gravamina  sind  es  19  dem  obersten  Wald- 
botten von  den  „vom  Adel,  Burger  und  Landtman  gemeine  Märker 
erwehnter  Marck"  überschickt.  Unter  denselben  finden  wir  aufgeführt, 
dass  den  „Unterthanen  des  Amts  Homburg,  welche  Mitmärker  sein, 
uferlegt  worden  eine  Anzahl  Gebundt  Eichen  Pfal  in  der  Mark  zu 
reißen,  machen  und  ihm  überliefern";  dass  die  Märker  welche  „we- 
gen Pfahlmachen  ingerugt  worden,  Ihre  Bueße  bis  noch  nicht  ver- 
theitiget  und  dazu  nicht  angehalten  worden"  endlich  dass  die  Inge- 
sessnen  im  Ampt  Homburg  „ihr  gepuer  Unkostens,  nemlich  ein  Jeder 
4  Pfen.,  zu  Anbringung  aller  Beschwerungs  Puncten  nit  contribui- 
ren  wollen,  weil  solches  durch  ihre  Obrigkeit  verbotten  worden^.  — 
Mglb.  E.  29.  m.  S.  82  ff. 

Wir  werden  hier  auf  eine  wichtige  Befugniss  oder  Verpflichtung 
der  Begierung  hingewiesen,  nämlich  die  Bussen  einzutreiben;  daran 
knüpft  sich  dann  weiter  die  Stellung  ihrer  Beamten  zur  Mark  oder 
in  der  Markverfassung. 

In  der  Seulberger,  Erlenbacher  Markordnung  von  1552  heisst  es 
in  Art.  12 :  Wer  die.  Bujße  nit  entrichtet,  soll  durch  seine  Obrigkeit 
gepfendt  werden,  wo  Armuth  halben  nicht  zu  pfenden  ist,  so  soll  er 


—     326     — 

vor  ein  Jeden  Gulden  acht  Tag  „im  Beczenlooh  oder  NarrenhusB 
durch  seine  Obrigkeit  uff  beger  deß  Merkermeisterß  gestrafft  wer- 
den''. Aehnlich  heisst  es  im  Jahr  1588  Art.  11:  ,, Welcher  M&rker 
geruegen  und  seine  bueßen  uf  angesetzte  Thedigstag  nicht  «-legt, 
der  soll  durch  seine  Obrigkeit  für  voll  dafür  gepfendet,  oder  nacber 
Hombergk  eingeführt  werden,  und  im  FaUe  einer  Armuth  nicht  zu 
pfenden  .  .  .  für  jeden  fl.  acht.  Tage  lang  mit  dem  Thurm  durch 
seiner  Obrigkeit  gestraffet  werden.  Doch  dem  obersten  Waldpotten 
an  seiner  habenden  Gerechtigkeit  damit  nichts  benommen'^ 

Auch  in  der  Hohen  Mark  ist  in  diesem  Sinne  geweiset  worden, 
so  namentlich  auf  dem  wichtigen  Märkerding  von  1484  welchem 
Abgeschickte  der  Obrigkeiten  zahlreich  beiwohnten.  Da  heisst  es  in 
Art.  17 :  wer  nicht  theidigt,  den  mag  der  Waldbott  und  der  Mär- 
kermeister,  jeglicher  nach  seiner  gebühr,  vor  ihre  verfallene  Büß 
pfänden;  weigert  sich  dann  einer  der  Pfände,  so  sollen  der  Herren 
knecht  im  flecken,  da  der  gerügt  frevler  wohnhaflag  ist,  forderlich 
Pfand  geben,  bei  Verlust  desselben  fleckens  Markrechts.  Ebenso  ist 
1647  beschlossen  worden,  jede  Obrigkeit  ihrer  Flecken  und  Dörfer 
solle  bei  den  buosfelligen  mit  Ernst  verfügen,  dass  die  Buossen 
bezahlt  werden  oder  pfand  gegeben  werde.  Sollte  dies  in  einem 
Monat  nicht  geschehen  „soll  die  gemeyne  ihres  Markrechts  entsetzt 
sein,  bis  die  büße  eingetrieben  werde".  Es  war  damit  eine  Strafe 
für  die  Saumseligkeit  der  Gemeinde,  nicht  gerade '  eine  Haftbarkeit 
der  Gemeinde  fUr  die  Buße   des  Märkers ,  ausgesprochen  ^.     Mglb. 

E.  29.  n^ 

Dass  die  Obrigkeit  der  Aufforderung  zur  Strafe  und  Execution 
sich  willig    unterzog   ist  in  der  BrCichtssache  des  Bernhardt  Ebel  zu 


9'  Dies  noch  in  einem  andern  Falle.  Als  nämlich  die  Gemeinde  Heddern- 
heim  den  20jährigen  Rügenrückstand  aller  Verwarnung  ohnerachtet  nicht  ab- 
geführet,  wurde  auf  dem  Märkerding  1773  dem  Waldschreier  und  den  Förstern 
aufgegeben  sämmtliches  Geschirr  und  Schiebkarren  welche  von  Heddernheim 
in  die  Mark  kommen  würden,  sofort  nach  Homburg  einzutreiben,  inmassen  die 
Mark  sich  länger  nicht  herumführen  lasse  ,,sondern  einen  vor  den  andern  von 
den  Heddernheimern  angreifen  wird*'.  Mglb.  £.  31.  I.  S.  26.  Wahrscheinlich 
ist  es  dabei  geblieben,  denn  zu  jener  Zeit  war  an  ein  energisches  Handeln  nicht 
mehr  zu  denken.  Es  lassen  sich  andere  Beispiele  anführen,  ans  denen 
ersichtlich  ist  dass  eine  Gresammtbaft  als  Regel  nicht  bestand.  In  den  Jahren 
1478,  1479  sollten  die  Nieder-Erlenbacher  der  Mark  Verstössen  werden.  Als  man 
die  Mark  auf  St.  Katharinentag  bestellte  hatten  sie  Holz  aus  der  Mark  ver- 
kauft. Die  Nieder-Erlenbacher  aber  behaupten  dass  wenn  einer  oder  zween  in 
der  Mark  verbreche  „darum  nft  eine  ganze  Gmeine  aus  der  Mark  verstoßen 
werden  könne''.    Mglb.  E.  29.  IIb  S.  20* 


—     327     — 

Nieder-Erlenbach  deutlich  zu  ersehen.  Das  Bathsprotocoll  vom  29.  Juni 

1598  theilt  mit:  Als  die  zu  den  Ortschafben  verordneten  Herren 
anbracht,  ob  wol  dem  Müller  zu  Nieder-Erlenbach  desswegen  etliche 
mal  10  fl.  zur  straf  abgefordert  worden ,  dieweil  erv  über  Verpott 
etliche  Stemme  in  der  Seulburger  Mark  abgehauen,  welcher  aber  der 
Thaten  nit  allein  nit  gestendig  sein,  sondern  auch  über  des  Märker- 
meisters  yielfUtig  anhalten  die  straf  nit  erlegen  wollen:  .  .  .  soll  man 
zur  Erlegung  der  strafe  noch  8  Tage  peremtorie  ansetzen.  Erfolgt 
hierauf  ein  Schreiben  der  Märkermeister  Joh.  Bender  zu  Seulberg 
und  Conrad  Wächteier  zu  Ober-Erlenbach  d.  d.  11.  Aug.  1598, 
Bernhard  der  Müller  zu  N.  Erlenbach  als  ihm  Markbuße  abgefordert 
worden,  habe  mit  schnöden  Worten  b^egnet,  und  in  Gegenwart 
des  Schultheissen  sie  bezüchtiget,  dass  sie  ihn  nit  redlich,  sondern 
wie  diebe  und  schehnen  gerüget  und  gebttsset  hätten.  Solche 
Schmach  hätten  sie  sich  zu  Gemüth  geführet,  und  nit  gemeinet  die- 
selbig  auf  sich  ersitzen  zu  lassen.  Sie  klagen,  nachdem  sie  sich  hie- 
bevor  an  den  Schultheissen  gewannt,  und  ersuchen  dienstlich,  E. 
Erb.  Bath  wolle  in  günstiger  Erwägung  des  Handels  Beschaffenheit, 
ihn  zur  Abzahlung  seiner  zweijährigen  Bußen  samt  dene  darauf  ge- 
wendeten Unkosten,  dan  auch  zum  gepürlicben  Abtrag  und  Wider- 
ruffe  von  Oberkeit  wegen  günstig  ermahnen  und  anweißenn.  —  Am 
22.  Aug.  wurde  dann  beschlossen:  als  Bernhardt  Ebel  zu  Nieder- 
Erlenbach  sich  beklagt,  daß  ihm  von  den  Märkermeistem  widder  die 
gebühr  ein  büß  abgefordert  werde,  soll  man,  weil  er  dem  d.  29.  Juni 
jüngst  gemachten  Bathsdecret  nit  parirt^  ine  gefenglich  einziehen. 
Am  24  Aug.:  Als  der  alter  Herr  Burgermeister  anbracht  es  habe 
der  Pfarrer  zu  Nieder  Erlenbach  filr  seines  Sohns  Bernhardts,  wel- 
cher Ungehorsams  wegen  zur  Haft  kommen^  Erledigung  angehalten, 
wurde  beschlossen:  soll  man  Ine  lenger  liegen  lassen.  Auf  weiteres 
Anhalten  des  Pfarrers  wurde  am  29.  Aug.  decr.:  soll  man  Ine  der 
Haft  «erledigen  mit  dem  Bevelch,  sich  hei  den  Märkermeistem  klag- 
los zu  machen,  bei  Bedrohung  des  Wiedereinziehens.  Es  findet  sich 
weiter  ein  Schreiben  der  Märkermeister,  welche  sich  am  7.  Januar 

1599  beschweren,  dass  der  Schuliheiss  den  mehr  angedeuteten  Be- 
seheid nach  seinem  Verstände  auslege,  mit  der  Anzeige,  dass  er  wol 
befehl  empfangen  zur  Bezahlung  beholffen  zu  sein,  es  erstrecke  sich 
aber  der  Bescheid  nicht  auf  die  Pfandreichung.  Sie  bitten  dass  mehr 
Schärfe  gebraucht,  Ebel  sie  w^enderUnkosten  zufrieden  stellen  möchte. 
Demgemäss  war  am  16.  Januar  der  Bescheid  ergangen,  dass  der  Schul- 
theisB  dem  Beklagten  imverzüglicheBezalimg  der  geklagten Waldtbußen 
uferlegen  und  in  Entstehung  denselbigen  alsobald  pfänden  lassen  soUt 


—     328     — 

Allein  bereits  am  18.  Januar  überreichte*  Ebel  eine  weitere 
Schrift:  die  Geldatraf  sei  ihm  aus  blosser  Missgunst  ^  abgefordert 
worden,  er  sei  desshalb  genöthigt  gewesen  seine  Unschuld  dem 
durchlaucht.  hochgeb.  Fürsten  und  Herrn  G.  Ludwigen  d.  J.  Landgr. 
zu  Homburg  etc.  „seinem  gn.  Fürsten  und  Herrn  und  der  Mark  obersten 
Waldbotten*  per  Supplicationem  zu  erkennen  zu  geben;  der  ihn 
gehört  und  Joh.  Vestenbergern  den  Kellner  von  Homburg  mit  Er- 
gründung  der  Wahrheit  beauftragt  Diesem  liabe  er  seine  positiones 
und  probatorial  articul  zugesandt;  er  habe  gehofft  dass  bis  zu  Er- 
öffnung derselben  seine  Widersacher  sich  gedulden ,  sie  hätten  aber 
auf  Pfändung  angetragen  mit  Verschweigung  dieser  Umstände; 
bittet :  der  Bath  möge  diese  Sach'  an  den  Kellner  von  Homburg 
weisen.  Es  war  dieser  Schrift  ein  Verzeichniss  beigelegt  der  Eicben- 
stemm,  welche  die  andern  Märker  gehauen  und  doch  die  Nieder- 
Erlenbacher  zuerst  strafen  wollen:  die  von  Holzhausen  zum  Schwein- 
stall und  den  Hörten  60  Stamm,  die  von  Petterweil  120,  die  von  Seulberg 
123;  die  vonOber-Erlenpach  ÖO.  Der  Senat  beschloss  am  18.  Januar  nach 
eingeholtem  Bericht:  Es  sei  den  Märkermeistem  Copei  zuzuschicken; 
dem  Schultheissen  zu  Nieder-Erlenbach  aber  zu  befehlen,  mit  der 
anbefohlenen  Pfändung  gegen  den  Beruh.  Ebeln  bis  auf  weiteren 
Bescheid  einzuhalten. 

Der  Erlass  welchen  der  Waldpott  dem  Kellner  von  Homburg 
schon  unter  dem  1.  November  1598  in  dieser  Sache  hatte  zukommen 
lassen,  zeigt  wie  klug  derselbe  jede  Gelegenheit  zu  benutzen  ver- 
stand seinen  EinflusS;  sein  richterliches  Ansehen  fester  zu  begründen. 
Es  heisst  in  demselben  unter  anderm:  Ob  nun  wol  in  diesem  und 
dergleichen  Fällen  die  Appellationes  vor  uns  als  den  obristen  Waldt- 
potten  gehörig  sein,  dahero  wir  auch  des  klägers  bei  uns  beschehenes 
suchen  flir  sich  wol  bestehen  lassen  könnten;  .  .  .  jedoch  dieweil  die 
Sachen  noch  zur  Zeit  allein  ufi*  dem  Beweißtumb  beruhen  und  wir 


3^  Diese  Miss^anst  ist  häufig  gegen  die  Frankfurter  Ortschaften  besonders . 
gegen  Nieder-Erlenbaoh,  welohes  in  beiden  Marken  berechtigt  war,  bemerklich. 
Da  Nieder-Erlenbach  weit  vom  Walde  entlegnen,  war  viel  und  leicht  Gelegen- 
heit gegeben  dies  Dorf  zu  benachtheiligen.  Als  im  Jahre  1523  die  Märker  ver- 
hiodern  dass  dem  Eupferschmid  zuBonames  Kohlen  zugeführt  würden,  bringen 
sie  zugleich  beschwerend  vor,  dass  sie  sonst  auf  der  Brück  zu  Bonames  3  H. 
gegeben,  jetzt  3.  Ebenso  sei  der  Zoll  in  Hausen  gesteigert  worden;  dazu  be- 
schweren sie  sich  dass  sie  an  der  Stadt  Pforten  zu  Frankfurt  „sich  loosen  oder 
das  Ir  verzollen''  müssten.  Der  Keller  bemerkt  das  Kohlenverbot  sei  geschehen 
vielleicht  aus  sonderer  Ungunst,  die  zu  Ein.  Erb.  Rath  getragen  wurd  .und 
noch  unverdienet  were**.    Mglb.  E.  29.  IP>.  S.  66,  73. 


—    329     — 

* 

dafftr  gehalten,  derselbig  wol  vor  dem  gemeinen  Märker  beschehen; 
und  demnach  von  demselben  nach  Befindung  der  Partheien  ein  endt- 
licher  bescheidt  gegeben  werden  könnte,  —  so  haben  wir  uns  auch 
derselben  biß  noch  nicht  annehmen  mögen,  —  bevelhen  denmach  dir 
(dem  Kellner)  in  Grnaden,  daß  du  sie  beiderseits,  so  wol  den  Kläger 
Bemdt  Ebeln  als  auch  die  Märkermeister  und  Markschreiber  vor  dich 
erforderst  und  Inen  unsemtwegen  anzeigest,  .  .  .  wir  wolten  sie  ihren 
beweißtumb  zu  ftlhren  an  den  gemeinen  Märker  gewiesen  haben* 
Würde  nun  der  beschuldigte  beweisen  können,  daß  er  das  übrig  Holz 
.  .  .  anderswo  zu  wegen  gebracht,  gereicht  es  ihm  zum  besten;  wo 
nicht,  würd  er  sich  der  ihm  gesetzten  Straf  schwerlich  entschlagen 
können.  Doch  stehet  jedem  alsdann  die  Appellation ...  in  allewege 
noch  frei  und  bevor. 

r 

Am  5.  Februar  1599  fragen  die  Märkermeister  nochmals  wegen 
der  Execution  an,  Ebell  habe  sich  so  wol  Geld  als  auch  Pfand  zu 
geben  geweigert,  der  Schultheiß  den  empfangenen  Befehl  nit  exequiren 
wollen,  fUrgegeben,  dass  er  Niemand  der  sich  Pfand  zu  reichen  wd- 
gere,  dieselbig  ohne  fernere  Specialbefehl  abdringen  dürfe,  —  sie  bitten 
entweder  wirkliche  Hülfe  zu  befehlen  oder  sie  in  Schriften  günstig 
zu  yerständigen ;  sie  erbieten  sich  gleichmässig  zu  Gegendiensten : 
„Gott  hiemitt  in  Eill  befohlen,  und  geben  Ob.  Erlenbach  6.  Febr.^  etc. 
Job.  Ludwig  von  Glauburg  und  Joh.  Ufstainer  theilen  darauf 
denselben  am  8.  Febr.  mit,  wie  der  Bath  nach  vorgelegtem  schrift- 
lichen Befehl  des  Herrn  Waldpotten  anderer  Meinung  worden,  dafür- 
gehalten es  sei  so  lange  zuzusehen  bis  dem  ufferl^ten  Befehl  ein 
Genüge  gethan.  —  Mglb.  E.  30.  IV.  — 

Auch  in  andern  Eechtssachen  wurden  die  Obrigkeiten  gelegent- 
lich um  Hülfe  wegen  Executionen  angegangen,  besonders  in  solchen 
wo  den  Markbeamten  keine  Möglichkeit  gegeben  war  auf  andere 
Weise  sich  an  Person  oder  Sachen  zu  erholen.  Es  schreiben  am 
22.  Febr.  1630  der  Keller  und  die  Märkermeister  an  den  Bath :  Ein 
Bürger  der  Stadt  Frankfurt,  Hans  Scherer,  auf  der  Allerheilgeugasse 
wohnend,  habe  vor  etlichen  Jahren  dem  Fürsten  Landgrafen  Friedrich 
seine  zu  Hombergk  vor  der  Höhe  gehabte  Mühle  verkauft,  einen 
Nebenbau  davon  abgebrochen  und  wider  die  uralte  Markordnung 
ausserhalb  der  Mark  veräussert,  und  nach  Frankfurt  verwendet  ^. 
„Deßhalb  er  auf  dem  Märkergedingtag  gerüget,  und  nach  Hombergk 


3T  Die  Markordnung  verbot  »Holz,  Kohlen  oder  andres  ans  der  Mark  in 
ander  Pflege  oder  Gebiet"  zu  führen. 


—     330     — 

über  14  Tagen  hemacher  die  bul^  eu  thejdingen  geheißen^  auch  ihm 
50  f.  geseteet  worden.^  Man  habe  der  ZuTersicht  gelebt  daas  er  die 
Gelder  erlegen  werde,  nach  lang  gehabter  Geduld  und  unterschied- 
lich gütlichem  MiJinen  wolle  man  „den  Markproceß  widder  ihn  ge- 
brauchen^'y  notificire  dies  demBath,  bitte  aber  zuvor:  derBath  wolle 
hilfreiche  Band  leisten ;  den  mehrerwähnten  Scherer  anhalten,  dass 
er  „Zeyger  dieses,  unserm  zehrungswürtt,  Wilhelm  Heyers  TonHom- 
bergk,  welchem  diese  Gelder  anstatt  Zahlung  von  uns  bereits  ange- 
wiesen, ermelte  öO  f.  abbezahlen  müsse".  Ein  Besolutum  steht  nicht 
dabei,  auch  ist  nicht  angegeben  ob  die  Anweisung  sonst  honorirt 
worden. 

Die  Schultheissen.  —  Bei  diesem  innigen  Verhältniss  der 
Obrigkeiten  zu  der  Mark  waren  es  besonders  die  Schultheissen,  welche 
als  Beamte  der  Herrschaften,  zugleich  als  Vorsteher  der  Dorfschaften 
von  grossem  Einflüsse  waren.  Die  Schultheissen  erhielten  von  den 
Begierungen  Instructionen,  wie  sie  sich  in  den  Markangelegenheiten 
zu  verhalten  h&tten.  Es  findet  sich  eine  solche  ftir  den  Schultheissen 
Barthel  Hildebrandt  zu  Bonemess  aus  dem  Jahre  1595  in  dem  fasc. 
Mglb.  E. 29.  in.  S.  150  aufbewahrt:  derselbe  solle  sich  in  d^r Frage 
wegen  der .  streitigen  Wiesen  von  den  mehreren  nicht  absondern, 
jedoch  mit  dem  Protest :  dass  er  an  dem  Process  bei  dem  Beichs* 
kammerg^richt  nichts  zu  thun  haben  wolle.  Er  solle  über  den  Ver- 
lauf in  Schriften  der  Gebühr  zu  referiren  wissen.  —  Andererseits 
gelangten  an  sie  die  Bestellzettel  aus  der  Homburger  Canzlei;  sie 
wurden  angewiesen  zu  erscheinen  zum  Märkergeding  „mit  den  Mit- 
nachbam  und  Märkem".  Der  Schultbeiss  war  der  eigentliche  Ver- 
treter des  Dorfs  und  der  Dorfangehörigen;  erst  in  ganz  später  Zeit, 
als  die  Verhältnisse  schon  ganz  verrückt  waren,  liess  er  sich  mit  dem 
leeren  und  unrichtigen  Ehrennamen  eines  ^Markschultheissen'  be- 
zeichnen. Früher  wurden  sie  nur  nach  ihrem  Dorfe  benannt  Als 
Vertreter  seines  Dorfes  gab  der  Schultbeiss  die  Stimme  ab  Namens 
desselben,  so  besonders  bei  den  Wahlen;  war  er  einzuladen  bei  den 
Markumgftngen ;  sass  er  im  Gericht  und  in  den  Markversammlungen 
von  denen  weiter  unten  noch  die  Bede  49ein  wird.  Die  5  Ortschaften 
welche  als  Hauptorte  genannt  werden,  stellen  in  ihren  Schultheissen 
eine  Abordnung  und  Vertretung  der  Herrschaften  dar.  Durch  die 
Schultheissen  wandte  sich  das  beschwerte  oder  das  klagende  Dorf 
an  seine  Begierung,-  und  diese  beachtete  gewiss  die  Klage  mehr  oder 
weniger,  je  nachdem  der  Schultbeiss  durch  seine  Persönlichkeit  sie 
unterstützte.    Johannes  Bilger,  Schultbeiss  zu  I)ürckelweil,  bat  1617 


—    331     — 

um  Intercesfidoii,  weil  der  .Keller  zu  Homburg  einen  Dtlrckelweiler 
habe  eintreiben  und  bekflmmem  lassen.  Nach  altem  Herkommen 
habe  Dürckelweill  den  Gontzenbeimem  eine  Zinne  oder  S(^lagthor 
zu  machen^  dazu  sie  Bauholz  gehauen,  das  aber  von  den  Gontzen* 
heimem  vor  dem  Verbrauch  sonst  verwendet  worden.  Die  Sache 
sei  so  liegen  geblieben  und  4  fl.  Buss  erkannt  aber  nicht  erlegt  wor- 
den. Der  Keller  habe  die  Gontzenheimer  als  Homburger  Unter- 
thanen  geschont.  Daraufhin  verlangt  am  21.  Oct.  der  Bath  dass  der 
Keller  den  DUrckelweiler  der  Verstrickung  entlasse  und  die  Gemeinde 
mit  Unkosten  verschone.    Mglb.  £•  29.  IV.  S.  79.  — 

Die  Bürgermeister. —  Neben  den  Schultheissen  waren  noch 
in  jedem  Dorf  3  Schöffen  oder  Bürgermeister,  welche  den  Schul- 
theissen in  seinem  Amte  zu  unterstützen  hatten,  besonders  auch  das 
Bechnungswesen  führten.  Sie  werden  noch  um  das  Jahr  1600  als  Ge- 
richtsschepf,  ja  auch  als  Markschepff  bezeichnet  Sie  nehmen  an  den 
Markumgfingen  Theil  und  an  den  engeren  Versanmilungen.  Die 
Vergütung  fiir  Zeitversäumniss  wurde  (in  den  ^äteren  Zeiten)  fUr 
den  Bürgermeister  halb  so  hoch  berechnet  wie  für  den  Schultheissen; 
diesem  wieder  war  gestattet  4  Schwein  in  die  Eckern  zu  treiben, 
wenn  der'  gemein  lantman  ein  Schwein  eintrieb.  In  früheren  Jahren 
genügte  eine  geringere  Auszeichnung^  für  die.  Hohe  Mark  wurde  im 
Jahr  1599  bestimmt  dass  jedem  M&rker  3  schwein  anzutreiben,  er- 
laubt sein  sollo;  dem  Schultheissen  vier« 

Wir  lernen,  den  amtlichen  Kreis  dieser  Vorsteher  am  besten  aus 
den  Markordnungen  der  Seulb.;  Erlenbacher  et&  Mark  kennen^  wenig- 
stens was  die  polizeiliche  Stellung  betriffi;.  ^Schultheißen  und  Bur- 
germeistere  sollen  ungebüer  anbringen  so  oft  sie  etwas  rugbahr 
sehen^^,  sie  sollen  „ebensowohl  als  die  Förster  zu  rügen  schuldig  sein^^ 
Dieweil  „in  dem  Tituli  vom  Holzausgeben  mehrentheils  auf  d^ 
Schultheißen  und  Burgermeistere  Erkenntnisse  gegangen  und  ihren 
versiegelten  Bescheinigungen  fümamblich  Glaub  gegeben  wird  .  .  • 
sollen  sie  die  Märkermeister  damit  nicht  bedriegen^.  Es  sollen 
Märkermeister  und  Schultheissen  „in  den  Markflecken  umbhergehen 
und  zusehen^  daß  die  Baue  in  redlichem  Wesen  und  guter  Besserung 
erhalten  und  nicht  zu  scheydem  gehen^S  ,Zu  einem  nßwen  Wohn- 
hause ^  wenn  die  Schultheißen  und  Markschepffen  eines  jeden  Qr^s 
die  lange,  Weitte  eta  ermessen,  .  .  sollen  sie  alsdann  die  Märker- 
meister darvon  berichten,  die  dann  femer  uff  ihren  der  Schulthdßen 
und  Markscheffen  zugeschickten  Schein  (welcher  unter  des  Schultheißen 
Sigell  verscbloB^n  sein,  und  alle  umbstendliche  Gel^enheiten  .  ,  •  • 


—     332     — 

Inhalten  soU)^'  das  nöthige  Holz  erlauben.  Jeder  welcher  Holz  be- 
nöthigt^  auoh  erlanget  hat  „wie  er  nicht  Macht  hat  ohne  der  ForBterer 
bey Wesen  einen  eintzigen  stamm  zu  hawen^  soll  also  auch  dahin  yer- 
bunden  sein^  dasselbige  Holz;  sobald  er£  zu  seiner  Gewahrsam  be- 
kommen und  ehe  es  von  der  Fuhr  abgeladen  wird  durch  seinen 
Schultheißen  und  Bürgermeisterei  die  es  ihm  zuvor  erkannt,  besiech- 
tigen  zu  lassen^.  Auch  der  Förster  Wahlen  wegen  ist  beschlossen 
worden  „daß  die  Markschultheißen  beneben  den  Markschepffen  auf  dem 
Märkergedinge  das  beste  darzu  rathen  sollen^.  Endlich  sollen  Wald- 
bussen „Montags  nach  Quasimodogeniti  gesetzet;  durch  jeden  Mark- 
schultheißen von  seinen  Amtsbefohlenen  Unterthanen  beipracht  und 
den  Märkermeistem  eingeliefert  werden'^  Mglb.  E.  90.  HI.  Diese 
Beispiele  der  polizeilichen  Amtspflichten  der  Schultheissen  und  Bür- 
germeister in  Betreff  der  Mark  mögen  hier  gentigen. 

Es  lag  in  der  Gerechtigkeit  der  jeweiligen  Obrigkeit  Schultheiaa 
und  Schöffen  des  Orts  zu  ernennen  imd  auch  abzusetzen.  Als  im 
Jahre  1435  Harheim  und  Caldebach  um  fl.  3000  der  Stadt  Frankfurt 
verkauft;  resp,  versetzt  worden,  mit  Zubehör  und  Leuten,  übte  der 
Bath  dies  Becht  aus.  Indess  scheint  es  dass  der  Wunsch  und  der 
Vorschlag  der  Ortschaften  gehört  wurde)  es  heisst  im  Jahr  1488: 
dieweil  der  „alte  Schöff^^  zu  Harheim  altershalber  unvermüglich  ist, 
ihme  des  Scheffenstuhls  erlassen  und  andern  an  seine  Stelle  setzen 
und  kiesen;  sollen  die  von  Harheim  bis  Donnerstag  über  8  Tagen 
etliche  Männer  zum  Scheffenstuhl  tauglich  verzeichnet  beschrieben 
geben.  Die  Scheffen  von  Harheim  sollen  es  halten  wie  von  Alters 
gehalten  worden  ist;  an  Gericht  zu  sitzen  und  Sachen  zu  verhören. 
Im  Jahre  1512  wurden  die  Dörfer  wieder  von  Königstein  gelöst 
Es  sind  Johann  Frosch;  Schöff;  und  Weicker  Frosch;  Bürgerm^ter, 
zu  Harheim  und  Caldebach  gewesen  und  haben  die  Männer  ihre  Eide 
ledig  und  los  gemacht  und  die  fUrter  ihrem  gn.  Herrn  zugestellt 
Vergl.  Lersner,  Chronik,  IL  S.  663  ff. 

Ueber  die  Absetzung  des  Schultheissen  findet  sich  in  den  Seul- 
berger;  Erlenbacher  Mark- Akten  (Mglb.  E.  42.  Nr.  32)  ein  interessan- 
tes Beispiel  Am  8.  Dec.  1601  überreichte  der  Pfarrer  zu  Nieder- 
Erlenbach  die  Anzeige  dass  er  kein  Holz  aus  der  Mark  ausserhalb 
der  gewöhnlichen  Tag  bekommen  köimO;  er  bewohne  die  Burg  zu 
Nieder  Erlenbach;  ^e  habe  doch  Gerechtigkeit  in  die  Mark  zu  fahren 
Auf  dem  Ausschusstag  habe  des  Baths  Schultheiss  und  der  eltiste 
Gerichtsschöffe  dabei  gesessen  und  E.  Erb.  Baths  Gerechtigkeit  fast 
Übergeben;  wie  sich  denn  der  Keller  zu  Homburg  dessen,  etwas 
lachenden  MundeS;  gegen  den  Pfarrer  vernehmen  lassen.  Wurde  hei  Bath 


—     333     — 

beBchloBsen:  Soll  man  den  Schultheissen  und  eltiBtenGerichtgscfaeffen 
▼on  Nidder  Erlenbach  beschicken;  der  uflagen  halben  zur  red  stellen. 
Leidheck  der  Bereiter  bestätigt  des  Pfarrers  Aussage,  derSchultheiss 
aber  und  Peter  Krauss,  der  älteste  Gerichtsschöff;  stellen  es  in  Ab- 
rede „ward  aber  etwas  erschrocken  in  seinen  Reden".  Der  älteste 
Schöff  stiess  die  Worte  heraus:  ein  alter  Mann  habe  zu  ihm  gesagt, 
sollten  nit  darin  willigen  sonsten  müssten  sie  etwan  daraus  dem 
Pfarrherrn  Holz  zur  Frohn  führen.  Der  Bereiter  giebt  noch  an, 
dass  er  protestirt,  der  Keller  aber  mit  lachendem  Mund  gesagt  habe: 
Was  es  viel  Protestirens  bedürfe,  sintemal  £.  Erb.  Baths  Bauern 
sich  Selbsten  dieser  Gerechtigkeit  begeben.  Darauf  wurde  am  15.  Dec. 
beschlossen:  soll  man  beede  Ihrer  Aempter  entsetzen  und  einem 
Jeden  f.  50.  zur  straff  abnehmen,  welche  straf  zu  bessemng  des 
Pflasters  zu  Nidem  Erlebach  angewendet  werden  soll.  Die  Verur- 
theilten,  Arnold  Scheffer  der  Schultheiss,  und  Peter  Erauss  der  Sohöff 
bringen  nun  Zeugniss  Ton  den  übrigen  Schultheiss  und  Gerichten 
bei  dass  sie  das  Behauptete  nicht  gesagt,  bitten  sie  in  ihren  Aemtem 
zu  belassen.  Den  Märkem  überhaupt  sei  der  Gebrauch  der  Mark 
beschränkt  worden,  somit  auch  der  Burg.  Es  wurde  darauf  be- 
schlossen :  Soll  man  sie  zur  Zeit  noch  bei  ihren  Aemtem  verbleiben 
lassen,  bessere  Erkundigungen  einnehmen. 

Die  Märkermeister.  —  Weit  wesentlicher  als  die  Beihülfe 
der  Obrigkeiten  war  die  Stütze  welche  die  Märker  in  ihren  eigenen 
Beamten,  besonders  den  Märkermeistem  hatten.  Wie  die  Schult- 
heissen das  Dorf  vertraten,  so  die  Märkermeister  die  Mark.  Sie 
stellen  die  eigentliche,  wahrscheinlich  uralte  Obrigkat  der  Märker 
dar.  Ihr  Kampf  mit  den  eigennützigen  Bestrebungen  des  Waldbotten 
ist  ein  sehr  beachtenswerther;  erst  als  dieser  die  Wahl  derselben 
ganz  in  seine  Hand  bekam,  dies  besonders  in  der  Seulburger,  Erlen- 
bacher etc.  Mark,  war  die  S^lbstbeslammung  der  Mark  rettungslos 
verloren.  Wir  finden  bei  dieser  selbstgewählten  Obrigkeit  den  Dua- 
lismus; die  Märker  scheuten  sich  die  geringe  Gewalt,  welche  sie  ihr 
eingeräumt,  in  eine  Hand  zu  legen,  auch  wechselten  sie  ab  mit  den 
Ortschaften  aus  welchen  die  Märkermeister  genommen  wurden;  doch 
behielten  zuletzt  ^ie  mächtigsten  oder  einflussreichsten  Orte  eine 
Bevorzugung,  so  Obemrsel  und  Bonames.  Der  Versuch  fUr  die  Ort- 
schaften jenseit  der  Höhe  im  Jahre  1438  einen  dritten  Märkermeister 
zu  bestellen,  wurde  von  den  Märkem  selbst  wieder  zurückgenommen. 

Die  ältesten  Aktenstücke  welche  wir  aus  der  Hohen  und  aus 
der  Seulberger,  Erlenbacher  etc.  Mark  besitzen,  befassen  sich  be- 


—     33*    — 

reits  mit  dein  Streit  über  die  Wahl  and  die  BefugniBse  der  M&rker- 
meister.  AoffiJlender  Weise  befindet  sich  dabei  in  der  letzteren 
Mark  eine  symbolisohe  Uebuug  fesigehalten  welche  sich  in  der  Hohen 
Mark  nicht  mehr  vorfindet  Es  ist  dies  das  ,,Gid  staben^  welches 
als  die  Ursache  des  Streites  über  die  Wahl  der  Märkermeister  im 
Jahr  1482  angegeben  wird.  Jährlich^  so  heisst  es  in  einem  Bericht 
Ludwig  des  BathschreiberS;  wann  man  ein  Märkergeding  hat  gehal- 
ten^ so  hat  ein  Märkermeister  sein  Stab  vor  sich  in  die  Erde  ge- 
steckt^ und  hat  die  Mercker  um  das  Merckermeister  Ampt  gebeten, 
und  wenn  ihm  dies  wieder  zugesagt  worden,  „so  ging  derselbig 
Merckermeister  widder  zu  seinem  stieibe  den  er  vor  sich  inne  die  Erd 
gestossen  hat  und  globet  demselben  stabe  von  der  Mark  wegen^^^. 
So  sagen  die  von  Fetter  weil,  von  Obern-  und  Nidden  Erlebach,  sei 
es  von  altem  Herkommen  auf  sie  kommen.  Darüber  war  aber  Irrung 
entstanden,  in  Folge  deren  die  Wahl  eines  Märkermeisters  unter- 
blieben war.  Denn  Se.  Gnaden  der  Jungher  von  Eppenstein  als 
oberster  Waldbott  behauptete  dass  ein  Merkermeister  der  Mark  zu 
geloben  nit  schuldig  sein  solle,  sondern  dass  ein  solcher,  so  der  zu- 
gelassen werde,  ihm  gelobe;  das  wäre  billig  und  ein  alt  Herkommen, 
und  werde  auch  in  der  Urseller  Mark,  welche  zum  nächsten  dabei 
sei,  also  gehalten.  Er  begehrt  an  die  Amptleute  und  die  Märker 
solches  gütlich  zu  besehen,  dass  man  Märkergeding  halten  und  die 
Mark  bestellen  möge.  Er  sei  nit  der  Meinung  den  Märkem  an  ihren 
Bechten  und  Herkommen  Abbruch  zu  thun,  sondern  die  Mark  mit 
Bath  derselben  zu  bestellen.  Als  nun  die  Märker  sich  besprechen 
wollen,  hat  ein  Eppensteinisch  Schultheiss  öffentlich  gerufen,  was 
Eppensteiner  sei,  soll  uff  ein  besonder  Ort  gehen.  Darauf  die  von 
Petterweil  und  Niedem  Erlenbach  „bei  eyn  gangen^'  und  meinten 
Ober  Erlenbach  sollte  auch  bei  sie  gangen  sein,  nadidem  sie  bis  an 
die  Zeit  einer  Meinung  mit  ihne  gewest  weren.  Als  die  aber  besun- 
der  „by  eyn  gangen'  und  Bintze  der  Schultheiss,  der  bis  uff  das 
vergangen  Jahr  seiine.äO  Jahr  und  länger  Märkermeister  gewest  war, 
bei  ihne  stunde,  hat  der  Eppensteinisch  Amtman  weiter  geredt:  be- 
gehrt zu  gewilligen  dass  der  Märkermeister  s^em  gn.  Junghem 
globde,  und  obe  das  Bintze  thue,  wolle  er  ihn  zu  einem  Märker- 
meister ufiiehmen,  wolle  er  es  aber  nit,  so  wolle  er  ein  andern 
nehmen.  Nach  einigem  Bedenken  haben  die  von  Isenberg,  Solms 
und   Frankfurt   „von  ihren   Herschaften   und    Dorff  w^en^^   wider 


3B  Der  Stab  als  äjrmbol  des  Besitzens  and  des  AuTgebens  der  Gewalt ,  s. 
Grimm,  Bechtsalterthümer  S.  187. 


—    335     - 

reden  laasen:  das  sei  nit  Ton  Altera  Herkommen ,  Bintze  der.  da  zu- 
gegen; sei  bei  30  Jahre  Märkermeister  gewesen  ^  und  habe  solches 
Amtes  halben  keinem  Herrn  y<m  Eppenstein  nie  gelobet;  als  er  su 
erste  Märkermeister  geworden  sei;  habe  es  die  Q-estalt  gehabt;  dass 
die  Märker  ein  merklich  Gespanne  mit  Sr.  Fiirstl.  Durchl.  gehabt 
haben:  ^da  war  einAdelman  M&rkermeister;  genant  Pawl  vonlrlen- 
bach;  der  war  alt  und  unyermüglich  worden;  hatte  darum  wegen 
der  Gezenke  die  Mürker  gebeten  einen  andern  Märkermeister  zu 
machen;  da  hatte  derselbe  Pauli  von  der  Märker  wegen  von  Bintze 
gelobdet  über  das  Märkermeister  Ampt  genommen.  Es  sei  auch  ein 
alt  Herkommen  dass  auf  d^  Aue  ein  jeglicher  Märkermeister  auf 
d^n  Märkerding  pfl^e  du  stapp  fUr  sich  in  den  Wasen  zu  stecken 
und  damit  zu  sagen:  Ich  stedie  die  Mark  dahin ;  und  sag  da^  Mär- 
kmneister  Amt  damit  uff.  Und  so  er  dann  wieder  darum  bäte,  so 
antworten  die  Märker  dass  er  widd^  an  den  stab  griff;  und  das 
Amt  des  künftigen  Jahres  widder  an  sich  nehm  bd  der  globden  so 
er  vor  gethui  habe.  Also  sd  es  auch  bei  Bintzen  nit  anders  gehal- 
ten worden  und  sd  kdner  in  der  Mark  dem  gedenke  dass  es  je 
anders  gehalten  worden  sd.  Das  hat  der  Eppensteinisch  Amtman 
auch  abgeschlagen  und  zu  Bintzen  gesagt  ob  er  das  Märkermeister 
Amt  annehme  und  Ime  seinem  gn«  Junghwm  darüber  gdoben  thuC; 
woU  er  ihn  darzu  bestettigen.  Daruff  Bintze  geantwort  und  gesagt 
hat:  wo  das  der  Märker  Wille  sei  wolle  er  es  thun.  Da  haben  die 
Eppensteinschen  ....  gesagt  ja  *  Isenberg;  Solms  und  Frwkfurt 
AmÜude  und  Freunde  haben  in  kein  Neuerung  gewilligt;  sind  hin- 
w^  geritten;  haben  ihren  Männern  gesagt  auch  abzuschddeü.  Also 
hatBintzC;  derAmtmau;  gdobt^^  »Wie  aber;  ist  uns  nit  wissend^  fügt 
der  Frankfurter. Berichterstatter  beL  .     . 

Im  Jahre  1483  auf  Walpurgistag  wurde  ein  Märkerding  gehal- 
ten ,,brantshalb  damit  die  Mark  beschädiget  worden  war".  Die  yon 
Petterweil  und  Nyddem  Irlebach  entgegnen  dem  Märkermeister 
BintzC;  der  sie  büßen  wollte,  de  halten  ihn  vor  kdnen  Märkermei- 
ster; er  sd  nit  erwählt  als  von  altem  Herkonuneo  seL 

Zwei  Jahre  darauf  war  Bintze  der  Märkermeister  mit  Tode  ab» 
gangen.  Erwin  Tegel  oder  Dögel  wurde  an  seiner  statt  gewählt 
Dieser  hat  gebeten  ihm  das  zu  blassen;  auf  bitten  gesagt:  wo  er 
zugdassen  werde;  wolle  >  er  Inen  aUen  zu  willen  reden.  Da  saget 
Walther  von  wegen  seinem  Herrn  yon  Eppenstein:  ^sei  nit  der 
Meinung  einen  Stab  stecken  zu  lassen^.  Da  hat  Erwin .  sich  des 
Märkermeister  Ampts  entschlagen.  Hat  Walther  die  Märker  geheissen 
einen  andern  zu  kiesen ;  der  ime  anstatt  seines  Herrn  globde  .thu; 


—     336     — 

haben  Isenbergk  und  Sohns  von  Petterweil  wegen  gesagt :  sie  haben 
gekoren,  da  lassen  sie  es  bei,  und  seien  nit  schuldig  einen  andern 
zu  kiesen,  gepüre  auch  nit  Ime  die  globde  zu  thun,  und  sind  damit 
das  an  die  Herrschaft  zu  bringen,  abgeschieden.  Sie  wollten  in  kein 
andern  gebilligen. 

Darauf  blieb  die  Mark  unbestellt,  wie  bereits  mitgetheilt  wor- 
den, bis  im  Jahre  1490  durch  die  Abgeschickten  der  Obrigkeiten 
das  Märkerding  auf  Sonntag  Lätare  abgehalten,  Erwin  Dogel,  Amt- 
man  zu  Erlebach,  wieder  zum  Märkermeister  erwählt  und  von  Phi- 
lips von  Buches  in  Pflicht  genommen  wurde.  Im  folgenden  Jahre, 
als  der  gütliche  Tag  zu  Qermersheim  abgeschlagen  worden,  erschie- 
den auf  dem  Märkerding,  Sontag  Lätare :  Herr  Fried,  von  Dorfeld^i 
und  Georg  Meyer,  Schreiber,  von  wegen  des  wolgebornen  Jung- 
hern Philippen  Grafen  zu  Sölms;  Philips  von  Buches  und  Diether 
von  Lutern  von  wegen  des  wolgep.  G.  Ludwigen  von  benberg, 
Grafen  zu  Büdingen;  Balthasar  von  Eschpach  von  wegen  der  Herr^ 
Schaft  von  Königstein ;  und  Wjker  Knobelach  sammt  Melchior  Swar- 
tzenberger,  Radsschreiber,  von  wegen  des  Rats  zu  Frankfurt;  und 
redt  Georg  Schreiber,  wie  sich  die  Merk  er  allwege  uff  den  Augen- 
schein erboten  haben,  also  sei  sein  gn.  Herr  ein  zukommender  Herr 
der  Mark  und  „wyß  nit  wyters,  wann  sin  gnad  underricht  werde". 
Desshalb  sei  Herr  Friedrich  und  er  also  abgefertiget,  die  Männer 
sollen  wben  wie  von  alter,  doch  jeglicher  Parthei  irs  rechten  unbe- 
nommen. Die  Märker  haben  darauf  aus  jeglichem  Dorf  vier  erweh- 
let,  die  sollen  sich  besprechen  und  den  Herren  „mit  Willen  des  land- 
mans  Ire  Gerechtigkeit  wisen^^  und  nachdem  sie  bedacht  waren 
haben  sie  also  gewiesen :  Zuerst  dass  der  Homberg  inhab  ein  oberste 
Waltpode  der  Mark  sei ;  darauf  über  dessen  Befugniss  zu  jagen  in 
der  Mark;  sodann  dass  der  Waltpode  das  Recht  habe  frevelnde  Aus- 
marker  gefänglich  zu  halten  imd  gnädiglich  zu  schätzen.  Es  folgt 
darauf  viertens  dass  die  mark  der  Herren  Eigenthum  sei  und  der 
Märker  Erbe.  Dann  heisst  es:  die  Männer  sagten  dass  sie  sich  irthen 
wer  den  Märkermebter  eidigen  soll,  sie  haben  alwege  gehört  dass 
sie  den  Märkem  geschworen  haben,  aber  es  sei  keiner  zugegen, 
dem  gedenk,  dass  je  ein  Märkermeister  geschworen  hab,  sondern 
alweg  bei  den  Eiden  die  er  vorgethan  hat,  bleiben  lassen.  Wohl  hab 
Bintz  dem  von  Epstein  vor  Jaren  gelübde  gethan,  sei  aber  wider 
Willen  der  Märker  bescheen,  sie  hab^  auch  uff  der  Zeit  gesagt : 
„Bjntz  sj  durch  den  Karren  gefallen'^  Darauf  haben  sich  die  Ge- 
schickten bedacht  und  vereinigt  •  den  Märkermeister  gemeinsam  zu 
beeidigen  bis  zu  einem  schliecrslichen  Vergleich.  Der  lantman  wählte 


—     337     — 

Erwin  Dogebi  ^  einem  MSrkermeiiter,  der  also  von  beiden  Par- 
thien  geeidigt  worden  ist  „bei  den  eyden  die  er  vorniak  den  herren 
und  dem  Bat  dwü  er  ir  iglichem  inn  sanderheit  gedworen  were  das 
best  zuthnn  befolen,  das  er  also  gelopt  hat^.  Mglb.  E.  29.  U^  S.  144  ff. 
~  E.  30.  No.  2. 

Es  zeigt  mis  anch  dies  Beispiel  wie  wenig  die  Ghrundgesetze 
der  Marken  festgestellt  waren,  wie  vieles  von  den  Männern  abhing, 
welche  einerseits  den  Lantman  leiteten,  andererseit9  dem  Waldpotten 
als  Säthe  dienten.  Erwin  Tögel  war  vielleicht  der  tüchtigste  "M&rker- 
meister  unserer  Marken,  nie  mehr  späterhin  hat  der  Lantman  in  den 
Verhandlungen  eine  so  würdige  und  so  gewichtige  Stellung  einge- 
nommen wie  unter-  seinem  Meisterthum.  Nicht  lange  nachher  ist  es 
den  gewandten  und  schlauen  Beamten  des  Waldpotten,  Diether 
Oewend  und  Georg  Vestenberger,  gelungen  dem  letzteren  eine  bevor- 
zugte und  überwiegende  Stellung  zu  verschaffen;  so  wurde  dann  das 
Becht  mehr  imd  mehr  in  diesem  Sinne  gedeutet  und  abgeändert. 

Es  ist  «ehr  merkwürdig  dass  noch  ini  15.  Jahrhundert  über  die 
Frage  wer  die  Märkermeister  zu  verpflichten  hätte  Streit  in  der  Seul- 
berg-Erlenbacher  Mark  entstdien  konnte.  In  der  Hohen  Mark  war,  wie 
es  scheint  ganz  richtig,  die  Wahl  dem  Lantman  zugewiesen,  die  Be- 
stätigung aber  dem  Waldpotten,  dem  Sendboten  des  Königs«  Unter- 
blieb die  Bestätigung  in  einer  Weise  dass  das  Wohlergehen  der 
Mark  dadurch  litt,  in  solchem  Falle  griffen  dann  die  Begierungen 
^.  Die  Akten  führen  kein  Beispiel  auf  dass  die  Märker  beschwörend 
sieb  an  den  König  und  Kaiser  selbst  gewendet.  EJagen  bei  dem 
Beichskammei^ericht  kommen  vor,  auch  Entscheidungen,  aber  nicht 
immer  waren  diese  durchzuführen« 

Die  äheste  Urkunde  der  Hohen  Mark,  der  Berieht  über  das 
Märkerding  änno  1401  feria  quarta  infra  octavas  pasche  (13.  April), 
gedenkt  der  Märkenneisterwahl.  Diese  sollte .  auf  St.  Katharinentag 
geschehen,  war  aber^  wie  es  scheint^  im  Jahr  1400.  unterblieben.  Es 
wurde  bemerkt  ,^aß  noth  sei  daß  man  zwene  Merckermeister  setze 
imd  die  Mai^  bestelle  als  man  auf  St.  Kathrinentag  thun  sollte,  und 
meinte  da  Schudereyn,  der  Schultheiß  zu  Hoenberg,  daß  der  Wal- 
pode  die  erste  Köre  haben  solte;  darzu  geantwortet  ward:  der  Wal- 
pode  hätte  kein  Köre,  dann  wen  die  Edelleute  und  der  lantman 
erkoren,  den  hätte  der  Walpode  zu  bestedigen'^  Damit  war  die 
Fn^e  entschieden,  es  traten  die  EdeUeute  bei  Seite  und  auch  der 
lantman,  und  koren  zu  Merckermeistem  Fritzechen  Clemmai  und  Da- 
men   von    Frunheym    ^zwischen   hie    und    St.   Kadiarinenti^    als 

man  dann  gewöhnlich  neue  Merckermeister  setzen  soU^.   Das  wollte 

38 


—    338     — 

flieh  das  FritBeohea  nit  onterzicheD;  da  erbat  man  Henneü  Glannnieii 
den  Bmder;  dass  er  sich  des  an  seiner  statt  unterzöge^  und  also 
gelobten  Henne  und  DameC;  voigenante^  dem  Walpoden  in  sem 
Hand  der  Marg  getreulich  vor  zu  sein  und  zu  versdien  und  zu  schirm 
meu;  und  gleich  damit  umzugehen  dem  Armen  als  demBeiohen,  und 
das  um  keinerlei  sache  nit  zu  laßen  ^  ak  fem  als  ihn  der  Walpode 
auch  nach  seinem  Vermögen  darzu  getreulich  behelfim  wollte^. 

Auf  dem  M&rkerding  St.  Katharinentag  desselben  Jahres  1401 
wurde  dann  geweiset:  „wen  die  Edelleute  und  der  lantman  zu  Mer- 
kermeistem  kiesen  ^  den  hat  der  Walpode  zu  bestedigen  und  ihn 
darüber  lassen  geloben  und  schwören:  der  Marg  getreulich  fitr  zu 
sein,  sie  zu  versehen;  au  schüren  und  zu  schirmt);  und  gleich  da^ 
mit  umzugehen  dem  Armen  als  dem  Beichen,  und  das  um  keinerlei 
Willen  zu  lassen ,  als  fem  ihne  kraft  und  Miaeht  getragen  mag  und 
als  ferre  als  ihne  der  Walpode  auch  nach  seinem  Vermögen  dazu  be- 
hülflich  sei;  das  er  auch  also  thun  solle  ungefährliches  Es  wurden 
dann  zu  Märkermeistem  gekoren,  ein  Jahr  zu  seia,  als  der  Marg 
recht  ist:  Henne  Clemm  von  Hoemberg  imd  Honrich  Ton  Belders- 
heim  „und  dieselben  Merckermeister  haben  heute  zu  Tag^  Conzchen 
Brendel  von  Hoemberg,  als  an  eines  Walpoden  stat,  gdobet  der 
Marg  recht  zu  thun^. 

Auf  dem  feierlichen  Märkerding  1484  wurde  auch  wegen  der 
Märkermeisterwahl  geweiset:  ^Und  wer  also  auf  den  Tag  zum  Mfir- 
kermeister  gekoren  wird,  den  hat  der  Waidbott  zu  bestettigen;  und 
soll  er  sie  darüber  lassen  geloben  und  schweren  der  Mark  getreuKdi 
für  zu  sein,  die  zu  versehen,  zu  schauwon  und  sn  schirmen;  und 
gleich  damit  umbzugehn  den  Armen  als  dem  Beichen,  und  das  umb 
keiner  Sachen  willen  zu  lassen,  als  fem  ihm  Erafll  und  Macht  tregt, 
ohn  alles  gefehrdte^. 

Bei  Gelegenheit  der  Besprechung  des  Waldpottki  vkd  seiner 
Befugniss  ist  b^eits  des  Streites  gedacht  welcher  im  Jahre  1541  auf 
dem  Seulberg'Erlenbaoher  Märkerding  über  die  Wahl  des  Märker- 
meist^rs  sich  erhobt  Der  oberste  Waldpott  berief  sicli  darauf  daas 
die  Mark  mit  Bath  dw  gem.  Märker  solle  beatollt  werden.  Dietiier 
Gewend,  der  schlaue  Bathgeber,  verfocht  dieses  Beoht  seines  Herrn, 
des  Grafen  Ludwig  zu  Königstein,  als  dieser  Zeit  obersten  Wald* 
potten.  Zug^en  waren  auf  dem  feierlichen  Märkergeding  neben  dem 
obersten  Waldpotten  in  Person,  Graf  Philips  Herr  zu  Sulmbs,  Graf 
Anthoni  von  Eysenburgk,  Herr  Ulrich  von  Hinzspurck  und  Justi* 
nian  von  Hohdmsen  für  den  Bath  und  die  Stadt  Frankfurt,  endHoh 
die  Ingehörende  Markermaa,  Dorff  und  Flecken  Sewelnburgk,  O^* 


—     M9     - 

pem^  Petteorweyl,  HolzhtiBen,  Ober  Irlenbach  und  Nidder  Irleiibach. 
Den  AiiiprOchen  des  obeftten  Waldpotten  entgegen  liewen  die  Mär- 
ker dnrck  ihren  Bedner  Tortragen  das»  seit  20,  30;  40  Jahren,  auch 
seit  Menschengedenken  nicht  vorgekommen  dass  ein  oberster  Wald- 
pott ein  Merkermeister  hätt  mit  helfen  kiesen,  sondern  der  gemein 
Merker  habe  den  Merkermeister  gekoren,  dem  obersten  Waldpotten 
die  Wahl  angeeeigt  und  gebeten  den  gewählten  zu  bestätigen  und 
ia  Eid  zu  nehmen.  Ebenso  hat  der  Graf  Philips,  Herr  zu  Sulmbs, 
im  eigner  Person  Graf  Ludwigen  fleissig  erinnert,  dass  dergleichen 
Wahl  nie  vorgenommen  wäre  worden,  weder  zu  Zeiten  der  Hanaui» 
sehen  Herrn,  als  der  Zeit  einigen  Herrn  dieser  Gemark,  noch  vol- 
gends.bei  dem  landgraven  zu  Hessen,  noch  volgends  bei  andern 
Herrn  und  wieder  bei  dem  lantgrav^n  zu  Hessen  der  Wslil  halben 
ein  Intrag  geschehen.  Graf  Ludwig  aber  hat  den  Buchstaben  des 
Jnstniments  (von  1493)  fuigezogen  ^daß  ein  oberster  Waldpott  die 
Mark  mit  Bath  der  gemein  Märker  bestellen  soll,  dies  bringe  mit 
sich  da&^r  als  ein  oberafter  Waldpott  mit  zu  kiesen  habe^.  Es  wurde 
gegen  diesen  Grund  angegeben:  der  Gebrauch  solcher  Wahl  sei  älter 
als  das  Instrument,  welchias  erst  48  Jahr  alt  sei.  Graf  Ludwig  erwi- 
derte: dieweil  es  zeuge  solle  es  billig  in  seinem,  Buchstab  gehalten 
werden.  Er  sei  ein  oberster  Waldpotte  und  dieser  Zeit  der  Gemark 
Pfandherr,  müsse  das  Instrument  in  seinem  Buchstaben  handhaben. 
Da  hat  der  Amtmann  zu  Königstein  die  Dörffer  getrennt  und  die 
von  Seulbeig  und  Koppem  beredt,  bei  dem  Instrument  zu  bleiben. 
Darauf  ist  Graf  Ludwig  «u  ihne«  g^tten,  gesagt,  är  lass  ihnen  den 
^mtman  Fleckenbnrg  zu,  wo  sie  mit  ihm  zufrieden  wären,  wollten 
sich  mit  einsinder  einigen.  Das  mag  auf  den  Lantman  Eindruck  ge- 
macht habWf  er  hat  sich  „solchen  Vorschlag  gefallen  lassen,  one 
Erwogen  ja  gesagt^.  Graf  Philips  von  Sulmbs,  sammt  Grafen  An- 
tpni  nnd  d&ß  Abgeschickten  von  Frankfurt  „so  diese  listige  Wahl 
vermerkt^  haben  nochmals  gebeten  den  gemein  Merker  allein  kiesen 
zu  lassen,  diesen  auf  den  Yortheil  der  Wahl  erinnert,  welchen  sie, 
ala  die  unverständigen,  nicht  gemerkt  noch  verstanden  hätten.  Der 
Waldpott  mahnte  man  .möge  es  jetzt  bei. geschehener  Wahl  bis  zu 
künftigem  Merkergeding  bleiben  lassen.  Ysenburg  und  Sulmbs  da- 
gegen warnten:  einmal  nachgelassen,  wäre  immer  nachgelassen,  hülfe 
keine  Prötestation,  der  gemein  Merker  wolle  bei  altem  Herkommen 
bleiben.  Allein  dieG«merker  Se^lburg  und  Koppem  sind  abgefallen, 
sonderlich  die  jüngsten  unter  ihnen  schrieen:  j^sie  wollten  bei  dem 
Instrument  bleiben^*  Bei  der  Abstimmung  traten  sie  auf  die  andere 
Seite;  sie  waren  die  Minderheit    Die  andern  begehrten,  dass  Graf 

22* 


—     340     — 

Ludwig  bei  dem  Mennig  (Mehrheit)  der  Wahl  bleiben  soll.  Dess  sidt 
der  geweigert:  ^es  wolle  ihm  als  einem  Paniherm  nh  gebUren  dee 
landgraven  Angehörige  aus  ihren  OerQchtigkeiten  zu  bringen^  BokheB 
wÜBste  er  gegen  den  landgraven  nit  zu  verantworten;  er  wolle  .es  an 
den  landgraven  gelangen  lassen^. 

Dass  die  Mark  nicht  gar  unbestellt  bliebe  haben  Soims,  Ys^ii- 
burg  und  Frankfurt  darauf  sieh  mit  dem  Waldpotten  verglichen, 
dass  die  Forstknecht  so  von  gemein  Mfirker  zu  Mitfa^ten  gewählt 
worden  bis  zu  nächster  Bestellung  bestätigt  sein  üoUen.  Nach  dem 
Mittagsmahl  in  Ober-Erlenbach  haben  dann  die  ^edaditen  Herrschaf- 
ten för  gut  befunden  keinen  weiteren  Tag  mehr  zu  Terlangen,  .son- 
dern ihre  Unterthanen  bei  ihren  Oerechti^mten  bleiben  zu  lassen, 
oder  das  Recht  auch  am  kaiserlichen  Kammergeriofat  desshalh  ge- 
wärtig zu  sein.  Es  fand  in  demselben  Jahre  1541  noch  eis  zweites 
Märkerding  statt  ^vermög  der  Tagsatzong  jüngst  in  Frankfturt  be- 
scheen';  der  Waldpott  weigerte  sich  Johann  Fleckenberg,  den  Amt- 
man  zu  Peterweil  als  Märkermeister  zu  bestätigen.  Die  andern  Herr- 
schaften wandten  ein,  dass  der  Buchstabe  des  Instruments  nit  ax- 
presse  mitbring  däss  ein  Walpott  mitzuwählen  habe,  dagegen  von 
altem  Herkommen  sei,  dass  die  Märker  den  Märkermeiater  unter  sich 
wählen  auf  Bestätigung  des  Walpoten.  Dieser  aber  schlug  es  ab, 
Seulberg  und  Koppem  hätten  das  Herkommen  nit  zugestanden,  er 
wolle  solches  an  Hessen  gelangen  lassen.  Erst  fünf  Jahre .  später, 
1546,  erschien  Diether  Gewend  auf  begehren  des  Ausschusses  der 
gemein  Märker  bei  ihnen  zu  Ober  Erlenbach,  beredt  sich  mit  ihnen 
einer  Ordnung  und  hat  sich  verglichen.  Des  Merkermeisters  halben 
ist  bewilligt  ein  Jahr  lang.  Johann  Fleck enptthell  (Fleckenberg)  mit 
Eidespflichten  anzunehmen  und  zu  bestätigen  durch  Verordnete  d^ 
Waldpotten. 

Vielleicht  waren  es  die  obschwebenden  Verhandluügen  in  der 
Hohen  Mark,  Welche  Diether  Gewend  bewogen  flir's  erste  in  der 
Seülb.  Erlenbacher  Mark  .sich'  nachgiebig  finden  ~  zu  lassen.  In 
späteren  Jahren  wurde  die  Wahl  der  Märkermeister  in  den  Torbera- 
thenden  Ausschussversammlungen  vereinbart.  Ini  Jahre  1588  httsst 
es:  Markmeister  anlangend  ist  gemeiner  Ausschuss  bedacht  schierst 
künftigen  Sonntag.Lätare  auf  dem  Mark^eding  auf's  neue  einmüthig- 
Kch  zu  bitten  den  Edlen  und  Vesten  Friedrichen  Von  Döebschütz 
uf  schadenwalt,  Ysenburgischen  Amptman  zu  Petterweil,  und  den 
Ehrenhaften  Wolffhard  Falkenstein,  königsteinschen  Schultheiss  zu 
Obern  Erlenbäch  ihr  Amt  noch  ein  Jahr  lang  zu  tragen,  .  .  .  j^darin 
obersten  Walipötten  Anwaldt  bewilliget  und   mit  denen   bißanhero 


341 


und  auch  nooh  ganzwol  zufrieden  geweBen".  Ebezifio  wird  bemerkt 
im  Jahre  1S90  dass  der  GemeindeaoaBchufis  sich  bedacht  am  künftigen 
Mitfasten  Sonntage  gen.  Laetare  auf  dem  Markgedinge  und  gewöhn- 
licher Wahlstadt  einmühetlich  zvl  .  bitten  die  Edlen  .  .  F.  von  Döb- 
schütz  und  Bud.  Armbrostern  das  Markermeister  Amt  noch  ein  Jahr 
anzunehmea,  .  ^in  welchen  Vorschlag  Obersten  Herrn  Waldtpottens 

^  Anwalde  bewilliget  und  mit. denen  beiden  Personen  ganz  wol  zufrie- 
den und  content  ist^;.  dännheisst  es  gleich  weiter:  .,,8ind  hieruff  er«' 
petten  qnd  für  dem  Umbstande  zue  Mergkermeistern  confirmirt  und 
bestäitiget  worden^.  In  ähnlicher  Weise  sind  im  darauf  folgenden 
Jahre  1591  Anthoxi  Zubrot  ^  Sollxos  Laupachischer  Kellner  zu  Fetter- 
weil  und  Thepbald  Schefer  zu  Nieder  Erlenbach  einmüthigliph 
erwählet,  der  Vorschlag  vom  Anwalde  bewilliget  worden,  und  1593 
war  der  Ausschuss  bedacht  mit  Zuthun  der  sämmtlichen  Märker 
aurs  freuüds  und  dienstlichst  zu  bitten  die  Ehrenhafte  und  vornehme 
Wolffüardt  Falckenstein  und  Simon  Praun,   beide  Schultheissen  zu 

.  Ober  Erlenpach  und  Seuiberg,  welches  bewilliget  worden. 

In  den  Berichten  der  Hohen  Mark  ist  nicht  immer  der  Bestäti- 
gung gedacht;  zuweilen  ist  nur  die  Wahl  angeführt;  so  im  Jahre  1521 
als  Eberhardt  Schenk  der  Amtman  von  Bonamesa  von  E.  Erb.  Baths 
wegen,  dann  CcHirad  Weiss  und  Job.  Mfkrsteller  „sammt  ethchea 
Knechten^  auf  dem  Märkergeding  erschienen.  Eberhardt  Schenk 
sammt  dem  Berater  za  Königstein,  beide  Märkermeister  haben  be- 
gehrt ^sich  und  ihre  jedem  insonder  des  Märkermeister  Amtes  ssa 
Erlassen"  und.  an  ihr  stell  andere  zu  erwählen*  Darauf  ist  der  gemein 
Märker  oder  Jlantman  durch  kurtaen  Bedacht  dem  Amptmaa  und 
Bereiter  in  Antwort  begegnet;  „sie  bitten  sie  dafür  und  haben  sie 
auch  wider  herwählet;  das  dann  die  zween  widerumb  angenommen'^ 
Aber  auch  hier  kommen  in  späteren  Jahren  Beispiele  vor,  dass  trotz 
der  Vorschrift  des  Instruments,  der  Waldpott  oder  sein  Beamter  die 
Bestätigung  verweigerte.  Es  fend  dies  bereits  im  Jahre  1595  statt. 
Dr.  Strupig,  des  Waldpotten  Gesandter  zeigt  aui  der  Au  in  Homburg 
an,  dasa  auf  jüngstem  Markerdixig  Philips  Wolff  von  Praunheim  und 
Wendell  Hoff  von  Ursell  seien  eiostinomig  zu  Märkermeistern  erwählt 
worden.  Ersteren  wolle  er  hiermit  einsetzen  und  bestetigen^  ^denn  es 
Ihr  f.  Gn.  fast  wohl  gefallen,  dass  er,  der  Junker,  durch  gemeinen 
Bath  der  Märker  were  zum  Märkermeister  erwählet,  worden.  Was 
aber  Wendell  Hoff  betreffe,  nehme  es  Ihre  £  Gn.-  Wunder  wie  sie 
diesen  einhellig  erwehlet,  da  er  doch  nicht  der  sämmtlichen  Märker, 
sondern  seinen  und  seiner  Mitbürger  Vortheil  suchte'^;  desswegen 
BoUe  er  diesmal  nicht  bestätigt  werden,  Bondem  seines  Dienstes  hier- 


-     S42    — 


mit  beurlaubt  Beiii;  bis  auf  künftigen  Bartholomei,  da  ei  dann  den 
Märkern  frei  gestellt  sein  solle,  ihn  beizubehalten  oder  einen  andern 
zu  wählen.  Herr  Philips  Wolff  thäte  sich  darauf  ganz  freundlich  be- 
danken; dass  man  ihn  dessfäUs  würdig  imd  gut  genugsam  geachtet, 
wandte  seines  Leibes  Schwachheit  vor.  Darauf  ging  der  Dr.  Strupig 
nicht  ein,  „er  habe  Befehl  den  Jungkem  von  Pfraunheim  zum  Mär- 
kermeister  zu  bestätigen'^  Wendell  Hoff  tfaet  sich  gleichfalls  ganz 
freundlich  bedanken,  bemerkte  er  wolle  gar  nicht  der  Bechtfertigung 
halber  für  partheiisch  gehalten  sein,  er  habe  es  allwege  mit  sämmt- 
lichen  Märkem  gehalten,  und  wolle  es  flirters  so  halten.  Sie  möch- 
ten sehen  ob  sie  ihre  einhelKge  Wahl  wollten  lassen  untergehen  und 
zu  nichte  werden  ^  es  gäbe  dies  ein  sonderliches  praejudicium,  als  ob 
man  die  Märkermeister  fürschneiden  wollte.  —  Mglb.  E.  29.  IH. 
S.  152.  ff. 

Wie  der  Bürgermeister  in  der  Burg  und  in  den  Städten,  so  der 
Märkermeister  in  der  Mark.  Er  vertrat,  soweit  und  wann  es  nöthig 
war;  die  Gksammtheit  der  Märker,  er  überwachte  die  Mark  und 
ihre  Beamten.  Als  auf  dem  Märkerding  von  1541  Diether  Oewend 
sich  auf  die  neue  Ordnung  des  Jahres  1537  berief,  nach  welcher 
Ordnung  BrCchenmeister  zu  wählen  seien,  welche  Macht  hätten  zu 
erlauben  und  zu  verbieten,  gestanden  die  Edellente  keine  neue  Ord- 
nung ZU;  dieselbe  sei  nit  weiter  denn  desselben  Jahres  zu  halten  ver- 
standen worden.  ,,Wir  wissen  im  Instrument  kein  BechemneiBter 
vermelt;  sondern  Merkermeister  die  über  die  Mark  bevelh  hätten^. 
Mglb.  E.  29.  IP  S.  112.  Die  Märkermeister  hatten  Markknecht  und 
Förster  mit  der  lantleute  Bath  zu  kiesen  ^;  zu  eidigen  und  der  Mark 
geloben  zu  lassen;  sie  konnten  pfiinden;  sie  hatten  die  Bussgelder 
einzunehmen;  sie  hatten  das  Holz  anzuweisen.  Wo  es  n5thtg  war 
hatten  sie  ihre  Verrichtung  gemeinsam  mit  dem  Schultheissen  zu 
vollführen,  Armenzettel  sollen  von  dem  Schultbeiss  den  Märker- 
meistern  übergeben  werden;  es  sollen  Märkermeister  und  Schultheissen 
zusammen  in  den  Markflecken  umgehen ;  zu  sehen ;  damit  die  ge- 
machte Bau  in  Vesten  und  Besserung  gehalten  werden;  Bauholz  zu 
alten  Bauen  soll  nach  unvermeidlicher  Nothdurft  von  Schultheissen 
und  Bürgermeistern  bescheinigt;  von  den  Märkermeistem  aber  er- 
laubt werdet! ;  erstere  werden  verwarnet  mit  ihren  Siegelungen  nicht 
zu  betrügen;  letztere  aber  angewiesen  ein  fleissiges  Insehen  auf  der 
Schultheissen  imd  Bürgermeister  Erkanntnüsse  zu  haben  ^damit  sie 
von  denen  nicht  fallirt  werden^. 


»  So  1438  vergl.  Mglb.  E.  II.  S.  93^ 


—    3M    — 

Naek  der  Setilbei^*Erleiibacher  MArkordnung  von  1688  hattoa 
die  Märkermeister  nur  fl.  3  jährlioh  Belohnung^  aber  sie  sollten  den 
halben  Theil  der  Bussen^ haben.  In  der  Hohen  Mark  waren  die 
Bussen  zum  Theil  ganz  den  Märkermeistem  zugewiesen^  zum  Theil 
aber  auch  den  Förstern  oder  dem  Waldpotten.  Als  im  Jahre  1458 
die  Lehenshfirm  wegen  des  Ausbleibens  geblisst  werden  sollten^  be- 
merkte Bechtold  von  Eschpach  :  die  Bussen  hörten  dem  Märkermeister 
zu^  und  war  von  alt^n  Herkommen  dass  davon  Niemand  frei  wäre, 
so  hätte  die  Bussen  auch  Niemand  zu  erlassen.  Im  Jahr  1499  als 
Erwin  Dogel  den  Märkern  das  Märkermeisteramt  aufgesagt,  erinnert 
er  an  etliche  Kappun  und  Streng  so  dem  Märkermeister  in  seinem 
Amt  gefallcin:  und  es  haben  die  Märker  den  Schützen  befohlen  die 
Bussen  in  14  Tagen  auszurichten,  sonst  zu  pfänden. 

Die  Märkermeister  standen  wie  die  andern  Märker  unter  dem 
Gesetz,  sie  waren  über  die  Ausübung  ihrer  Befugnisse,  besonders 
über  die  eingenommenen  Bussen  Bechenschaft  vor  dem  Ausschuss 
abzulegen  verpflichtet.  Zur  Zeit  der  Neuerungen  im  Jahre  1645 
wurde  ausdrücklich  erinnert  und  festgehalten,  so  ein  Märkermeister 
▼erbreche,  dam  er  gleich  einem  andern  Märker  taidingen  und  büssen 
solle,  und  das  Theil  so  er  an  gemeinen  Buessen  habe,  damit  audi 
verwirkt,  darzu  er  seines  Amts  entsetzt  sein,  tmd  kein  Lantman  sich 
des  Märkermeisters  Verbrechen  behelfen  solle.  Frtiiier  schon,  im 
Jahre  1492,  fand  eine  Verhandlung  desshalb  statt,  (s.  Mglb.  E.  29. 
IV*  S.  36^)  Als  die  Märkermeister  ihre  Zettel  von  den  Bügen  vor- 
liisen,  also  hat  Gutheim  in  seinem  Zettel  mit  sammt  andern  gerüget 
Jorgeil  Brendel  den  Märkermeister.  Hat  J.  Brendel  sich  verantwort 
es  möge  sein  Eoieoht  Holz  im  Walde  geholet  haben,  vermeine  das 
billig  gethan  als  ein  Märkermeister,  wo  er  das  vcrbUssen  solle  möge 
man  ihm  i^ihgeii  von  wem  er  Orlaup  heischen  solle,  denn  er  könnte 
es  nit  anders  verstehen,  denn  dass  die  Büge  geschee  aus  Feintschaft; 
es  hab  der  knecht  andere,  die  er  billiger  rügen  solle,  nit  gerüget^ 
sondern  von  ejm  theil  geschenk  genommen  und  in's  Holz  fahren 
lassen.  Darnach  aufgefordert  Märkermeister  zu  kiesen  hat  der  Lanth 
man  gesaget,  es  befremde  sie  dass  man  dem  knecht  als  einem  ge- 
schworüen  knecht  nicht  glauben  gab,  und  gedenke  die  Mark  nit  zu 
bestellen,  es  sei  denn  dass  der  Märkermeister  büAS,  oder  sie  wollten 
auch  nit  büssen  nach  lüde  des  Instruments:  so  der  Oberst  Waldpott 
oder  die  seinen  in  der  Mark  verbrechen,  sei  ihnen  die  Mark  auch 
aufgethan.  Haben  sich  die  Geschickten  bedacht,  und  von  keinem  nit 
erfahren  mögen  dass  ein  Märkermeister  je  gerüget-  sei  worden;  es 
beklagt  sich  der  Iiantman  dass  die  Märkermeister  die  Bussen  nit  von 


—     34»     — 

den  Q-ewaltigen  sondern  allräi  von  dai  Armen  nehmen.  Am  Ende 
heisst  es;  man  wolle  Jörgen  Brendeln  itzund  die  Büge  nachlassen 
,,doch  so  ferro  er  sich  freimtlich  g^en  die^  so  verbrochen  haben  hal- 
ten wolle". 

Märkerding.  —  Es.  bleibt  nun  noch  übrig  einiges  über  die 
Versammlungen  der  Märker  zu  sagen;  und  über  die  Art  und  Webe 
wie  sie  das  Recht  in  der  Mark  übten  und  wieset. 

In  der  Hohen  Mark  fanden  die  regelmässig  wiederkehrenden 
Versammlungen  der  Märker;  in  welchen  die  Mark  zu  bestellen,  Mär- 
kermeister  zu  wählen  waren  am  St  Eatharinentag  (25.  Nov.)  statte 
auf  der  Aue  unter  den  Linden  südlich  vor  Oberursel.  Es  enchien 
auf  solchen  Tagen  derLantman  und  Märker  zwar  „für  sich^  aber  er 
stimmte  nur  nach  Dorfschaften.  Die  Mehrheit  der  Stimmen  gab  den 
Ausschlag;  sowohl  innerhalb  der  Gemeinde;  als  unter  den  Dor&chaften. 
Welcher  Märker  bei  dem  gewöhnlichen  Märkerding  ausgeblieben  der 
hatte  mehr  nicht;  als  seine  Küre  verloren ;  dies  galt  ebenso  von  diran 
Einzelnen;  wie  von  der  Ortschaft  Im  Jahre  1484  wurde  der  feste; 
unberufene  Mark ertag  des  häufigen  Frostes  wegen  vom  St  Katharinen* 
tag  auf  den  Mitwoch  nach  Pfingsten  verlegt. 

Die  Bezeichnung  für  diese  Versammlung  war :  Merkerding  oder 
Märkerding;  später  Märkergeding  oder  selbst  Märkergedingtag;  einige 
mal  findet  sich  auch :  Märkergericht    Mglb.  E.  30.  II.  1489. 

Sie  begannen  in  der  Begel  des  MorgenS;  so  z.B.  im  Jahre  1484 
waren  die  Märker  auf  9  ühr  berufen;  als  in  späteren  Jahren  der 
Besuch  lässiger  war;  wurde  die  Mittagsstunde  festgestellt;  bis  zu 
welcher  die  Eröffnung  des  Tages  statthab^i  sollte  ^. 

Es  traten  die  Märker  zu  einem  Kreis  zusammen;  ^zu  einem 
Bink';  in  welchem  die  Abgeschickten  des  Waldpotten  und  der 
Obrigkeiten;  sowie  die  Märkermeister  und  Schultheissen  sich  befanden. 
So  forderte  der  Waldpott  oder  sein  Bevollmächtigter  den  Schreier 
auf  „die  Flecken  so  Merkerrecht  haben  zu  berufen".  Damach  wurde 
das  Märkerding  geheget  ^^.     Dies  war    durchaus    nothwendig;    und 


^  So  ituch  wurde  in  der  Seulb.  Erlenbacher  etc.  Mark  i.  J.  1592  sab  38 
besehloBsen,  dass  fürterhin  allen  Mitfasten  Sontage  deme  Instroment  nach  an  ge* 
wohnlicher  Wahlstat  das  Märkergeding  um^den  Schlag  12  Uhren  gehalten  wer- 
den solle ,  zn  welcher  Stand  ein  jeder  Märker  bei  der  strafe  erscheinen  und 
dasselbige  Märkergeding  zieren  helfen  solle. 

^1  Es  findet  sich  dies  am  besten  beschrieben  in  dem  Weistham'  Aber  das 
Sealb.  Erlenbacher  etc.  Märkerding  von  1498,  als  gegenwärtig  zu  Pferd  Uelt 


—     8»«    — 

aeheint  Eur  BechtBgtÜt^tit  .der  BeteUttMe.  erfordfeHcki  gewesen  zu 
acin.  Auf  de^i  stünniscben  Tag  von  1586  begann  das  Mtrkerding 
mit  BoBohwerden  der  Märker,  eB  folgten  aufregende. und  beleidigende 
Verhandlungen.  Ganz  zuletzt  e»i  h^et  der  Keller  zu  Homburg 
das  Merekergeding  und  sind  dann  die  BugeU'  verlesen  und  Mirker- 
meieter  gewählt  worden.  (Mglb.  E.  29.  III.  S. .  125.)  Auf  daoti  faier« 
liehen  Märkerdin^  Mitwoch  naoh  St  Margaretfaa  1484^  ak  die  M&rker 
Yereammlet  und  verhaufil  gewesen^  liess  seine  Qn.  der  oberste  Wald« 
pötl  ^an  seiner  Gnaden  statt  und  von  seiner  Gn.  wegen  das  Miopker- 
ding  hegen^'^  und  als  das  gehegt  war  jeglichem  Flecken  tviexL 

£s  weiset  dies  hin  auf  die  Bestimmung  des  Hkrkerffings^  neben 
dar  eigentlichen  Bestellung  der  Mark  auch  Gericht,  zu  halten;  oder 
besser  allgemein  gesprochen^  Becht  zu  Weisen.  Ob  neue  Mitglieder 
der  Mark  an  selehen  Tagen  aufgenommen  oder  dem  Märkerding 
Yorgestellet  worden,  darüber  findet  sich  in  den  Akten  nirgends  etwas ; 
es  genügte  wol  die  Aafoabme  in  die  Gemeinde.  Dass  «vor  dem 
Märkerding  Wfthrschaft  gethaa  wurde  ^  das  wird  ans  dem  Jahre 
1438  von  dem  Müller  zu  Eschersheim  erwähnt;  dieser  hatte  aber 
keine  Gemeinde  i^in  die  Mark  gehörig^^ 

Der  Waldpott  hatte  dae  Becht  auch  ausser  der  Zeit  ein  beson- 
deres Märkerding  zu  berufen;  dazu  mussten  bei  Strafe  alle  Märker 
erscheinen  ^mit  ihren  lehensherm^.  Solche  Märke^dinge  waren  dess- 
halb  die  besuchteren^  sie  heiasen  gewöhnlich  ^ein  yoll  Märkerding". 
Sie  waren  meist  nur  bestimmt  unerledigte  Streitigkeiten  zu  ordnen^ 
oder  auch  Bechtsfragen  festzustellen  oder  zu  weisen.  Dem  gebotnen 
Märkerding  war  die  eigentliche  Bestellung  der  Mark  vorbehalten.  So 
wurde  im  Jahr  1401  feria  quarta  infra  octavas  pasche  dem  Amtman 
von  Homburg;  ak  er  verlangte  dass  gewiesen  werde:  ^was  rechts 
eyn  oberster  walpode  da  hette*^,  geantwortet:  ein  Walpode  habe  auf 
St. Kathrinentag  die  Marg  zu  bestellen;  weiterhin  heisst  es  noph:  So 
mag  auch  ein  Walpode  auf  denselben  tag  den  wiltpan  bestellen,  und 
wie  er  es  bestellet  also  soll  er  Ihn  auch  halten. 


der  Erstm  Georg  Mai«r  .  .  .  Anwslt  mit  vielen  südern  Herrn ,  Edlen  und  Un- 
edlen, Dienern  und  Verwandten  und  sonderlioh  des  gemeinen  lantmms,  h^ 
Erwin  Dogel,  der  HärkermelBter  auf  G^iß  und  Befehl  das  Märkergedlag,  er 
sagt  und  rafet  flberlaut  mit  diesen  oder  dergleichen  Worten:  Von  wegen  meines 
gn.  Herrn  v.  Hansa  als  Oberherrs  und  Waldpottes  der  gemelten  Mark ,  der 
Homburg  mit  Ehren  and  Recht  inne  bat,  and  des  gemein  Mftrkers,  mit  aller 
Gewohnheit  hege  ieh  dies  Mftrkergeding  und  Reoht,  verbiet  damit  ale  Unreeht, 
Wort  and  Werk;  Fraget  ob  er  reeht  geheget,  antworten  die  Mereker:  Ja. 


—    8*6    — 

Eb  finden  sieh  in  den  ftlteren  Zeiten  dwdian&  keineVondbriften 
wie  der  M&rker  zu  ersdieinen  habe.  Waffen  mit  sieh  zq  fttliren  v«r 
dem  Market  nicht  untersagt  ^^  auoh  ersohien  er  zuweilen  cm  Pferde. 
Von  detti  Märkenüng  1504  Dienstag  Bt  Lucas  wird  bemterkt :  „Auf 
soKtb  rucket  e^n  Mendtin  (Mttnnlain)  v^on  Obern  Uraell  auf  ejnei» 
P£Brd  herfUr^  und. sagt  er  were  bescheididn  zu-redden^.  Bei  diesem 
Härkerding  hielt  anich  der  Sthultbeiss  Ton  Bonemesa  nahe  dabei  am 
Pferd.  Auf  dem  Mfirkerding  Mitwoch  naqh  Pfingsten  1533  gab  der 
Lantmuh  Antwort  durch  Henne  Urbem^  Schultheissen  su  Obemursell, 
der  bei£hro£haiifi  voti  Homburg  in  einer  gelben  Kappen  auf  dnem  P£Br4 
gehaheu.  (Mglh«  £.  29.  IP  S.  7ä  8a)  Auch  di€  Abgescfaicktea  des 
BAths.m Frankfurt  ersohcinen  gewöhnlich  zuPfa*d;  ja  sogar  „samrat 
etibshen  Knechten'.  (Mglb.  E.  2d.  IP  B.  61.)  Auf  dem  Härkerding 
Sametag  nach  Bt.  Katharinentag  1468  meint  Simon  tob  Bensheimy 
Schultheiss  au  Obemrsel;  wer  nit  in  der  Mark  gesessen  oder  darin 
gegttdet  wäre- der  solle  abtiieten;  solches  ward  widerredt  ,^dann  alle- 
w^e  gewdnlick  mür  gewest^  daß  man  kaeclite  nachgefUhrt  bette*, 
dabei  daa  anch  blieb  ^. 

Das  Märkerdmg  wie  wir  es  noch  im  15.  Jahrhundert  finden, 
weist  uns  zurück  auf  die  alten  Zeiten,  da  die  Flur  von  dem  Wald 
noch  nicht  getrennt  war,  da  den  versammelten  Markgenossen  die 
Sonvörfinität  zustand  in  der  Nutzug  ihres  gemeinschaftlichen  Ver- 
mägenl^,  ded  Waldes  und  der  Weide,  ebenso  wie  in  Politik  und  Ge- 
setzgebung.    Mit  Becht   wird  geltend    gemacht,    dass   im   ganzen 


*  ■  —  — 


*9  Aaf  «ton  Härkerding  des  JabrB  1464  greift  der  gewAUte 
Jacob  Wyderrette  ^^n  seine  Armbruste*'  während  er  seinem  Gegner  Friedrich 
Clemroe  beleidigende  Worte  zuruft.  (Mglb.  £.  29.  I^.  S.  13  ff.) 

^3  Auf  der  Landsgemeinde  von  Appenzell  Inner-Rhoden,  welche  unter  den 
Schweizerischen  vielleicht  am  meisten  die  alte  Porm  und  den  Geist  erhalten, 
wird  das  Ausschliessen  der  Nicbtberechtigtea  nieht  streng  durehgefUhrt, 
so  lange  sie  nicht  etwa  stören.  Es  ist  der  Tag  ein  Festtag  für  das  ganze  Volk. 
Jeder  Volljährige  erscheint  dabei  im  besten  Kleide,  er  trägt  seine  Wehr  bei  sich, 
einen  kurzen  Säbel  in  lederner  Scheide,  der  in  derRegel  mit  dem  Regenschirm 
zttssminengebanden  ist.  Es  ist  dsr  Stolz  des  freien  Masnes  dass  er  mit  seiner 
Wehr  auftreten  darf;  dies  selbst  auf  den  Landsgemeinden  yon  Appeazell  der 
äusseren  Rhodeai  Die  Wehr  ist  ein  Zeichen  der  Ehrenhaftigkeit.  Ehrlose  er- 
sehiSiaen  wehrlos.  Wähtend  der  Dauer  der  Laadsgemeinde  stehen  die  An« 
wesenden  baarhaupt.  Frauen  und  Mädchen,  ebenfalls  festliek  gesehmflckt, 
at4ben  iimbsr,  keineswegs  ängstlich  gesehiedien  von  den  Mäonera.  —  In  Betreff 
der  alten  iGebräuehe  die  sich  in  Appeasell  erhalten,  s.  aneh  Osenbritggcm, 
culturbistorisobe  Büder  au»  der  Sohweiz.    h^ß*  1868. 


—    34.»    — 

Oebiete  des  deotBcbeti  Becbts  wü^jetsstwol  nur  sccb  in  den  Oebbg»- 
geg^nden  der  Schweiz  die  alte  grotwe  Majtkgenoflsenscbaft  inlebendiger 
Wirksamkeit  finden  ^.  Bb  in  das  fbnfeehnte  Jahrhundert  hatte  sich 
die  Hebe  Mark  ihre  alten  Befugnisse  gewahrt^  nicht  nur. in  Betraff 
der  Nutzung  und  Verwahnng  des  Waldes ;  sondern  anok  in  Betreff 
alles '  desjenigen,  was  damit  in  Bertthrung  oder  Zusammenhang  stand^ 
so  namentlich  in  Betreff  der  Jagd  auf  dem  gesammten  alten  Mark*- 
boden.  Die  Weisungen  der  Mttxker  geben  uns  dariiber  sicheren 
Aufsehlttssl  '         . 


Die  Weisungen.  -^  Das  Weista  des  Racbts  konnte  eastweder 
einen  bestonniteD,  vorliegenden  Falf  betreffen,  so  das  AburthcUen 
über  Frevler,  oder  es  wurden  —  und  dies  wird  gewähniieh  unt^ 
der  Bezeichnung  verstanden  -^  im  al^meinen  das  Becbt  gewisser 
Personen  an  4er  Mark  und  in  Beziehung  auf  die -Mark  ausgesprodien 
und  im  Einzelnen  feelgesteUt  DasBi^straiHi  der  Fre^kv  soUte  jedes^ 
mal  auf  dem  geboten  M&rkerding  gesoheben,  auf  Torgttngige  Anklage. 
Dielte  wurde  entweder  vom  Märkermeister  ünddenF^tem  erhoben> 
oder  auch  von  irgend  eisAm  Märker^  Als  im  Jahre  1507  das  Mftr- 
kerdii^  bei  Ober^Erlenbaeh  griieiget  worden,  wurde  den  Knechten 
der  Mark  befohlen  ^zu  rügen  das  sie  des  Jahrs  inne  den  Waiden 
gesehen  und  gebort  haben,  ein  Leuitot  vor  ein  Leumnt,  und  ein 
Warhdt  fUr  ein  Warheit^^  Also  sind  etUche  gerttgei  w<^rden  nach 
Inhalt  eines  Zettels  „das  dem  Markermaster  ttberUebert  wäret,  sie 
darnach  haben  isu  straffen  und  zu  büßen*^. 

Auf  dem  Märkerding  der  Hohen  Mark,  1531,  hat  der  M&rker* 
meister  .  drei  zettel  darin  der  rugbaren  PeraonMb  Namen  angezeigt 
waren,  verlesen  lassen.  Darauf  haben  die  NiedemEiienbadber,  näm» 
lieh  Volczen  Henne  Wendel  sanunt  andern  die  durch  den  KeUcü' 
von  Homburg  wider  alt  Herkommen  gestraft  worden,  dem  gemein 
lantman  solichs  klagweis  i^ürgebraoht:  er  habe  das  Holz  genommen^ 
md  von  einem  Wageii  einen  halben/  Guldeti  daau>  welshes  wider 
alt  Herkommen  auch  nie  noch  beacheben  gehört  wers,  dieweil  die 
Straf  dem  lantman  und  nit  dem  Keller  zustttnde;  mit  der  Bitt  ^er 
Erbor  lantman  soUt  solliche  Straf  onbilUg  beschehen,  nnd  dass  Inen 
ir  abgmommen  gelt  durch  den  Keller  obgen»  billig  wiedergegeben 
werden  sollt,  erachten  und  erkennen'^;  also  nach  Bedde  und  Wider- 


**  Friedr.  Wyss,  die  Schweizerischen  Landsgemeinden,  in  Zeitschr.  für 
SchweizetischeB  Recht  I.  1.  S.  66.  zu  vergl.  J.  J.  Blumer,  StaSts*  u.  R.-€^di. 
der  Bobw.  Demoor.  IL  Bd;  oap.  IIL  8.  188.  S48. 


—    3«     — 

redd«  hat  der  lantman  gebilfigt  tmd  erkannt:  Wo  anf  nächst  gehalt* 
nem  Märkerding  amio  etc.  20  dnreh  den  gem.  Lantmfloi  mt  gewilligt 
sei;  das«  der  KeUer  :tu  Hombiirg  bis  anf  dies  itzig  Mirkerding  stra- 
fieo  möge;  so  faab  der  Keller  solche  Straf  onbüHg  und  widder  alt 
Herkommen  genommen/  und  solle  die  wider  heransgeben  und  den 
Gestraften  bdianden^  und  die  von  Kid^m  Erlebach  die  8traf  wie 
von  Alter  hertcommen  vertaicUngen.  * 

Auf  Mitwoch  nach  8  Kön^tag,  8.  Jan.  1538^  zeigt  der  XeUer 
auf  der  Au  vor  Ursel  an,  wie  die  Forstmeister  noth  bedünke,  di^weil 
der  Wald  merklich  beschädigt  werde ;  dass  man  ein  Poen  darauf 
setze;  welcher  im  Wald  zwischen  dem  nädisten  Märkergeding  Holz 
hiebe;  dass  ein  Jeder  ans  der  Mark  so  einen  solchen  betrete;  Macht 
habC;  dem  ein  Pferd  auszuspannen  oder  das  Gesohier  zu  nehmen; 
und  tmi  ein  Gulden  zu  pfänden.  Der  Pfänder  sollt  schuldig  «dn  auf 
dem  gemein  Märkergedingtag  bei  seinen  Eyden  anzusi^en  nnd  zu 
rttgen;  und  dase  man  in  aHen  Dorfen  mit  einer  läutenden  Glocken 
den  gem.  Mttrfcem  Terkünden  soll  den  Wald  bei  Poen  nit  zu  beschä- 
digen; dazu  aus  jedem  Dorf  2  Personen  gen  Homburg  zu  sehiokmi; 
Bolfiche  Ding  zu  beschliessen  Der  lantman.  war  damals  der  Meinung 
dass  es  gut  sei  den  Wald  zu  schützen;  aber  mit  dem  Tag  so  in  Hom- 
burg sein  sollt;  wäre  ihr  bedünken  es  wäre  besser  dass  der  gemein 
lantman  dabei  wäre.  Desshalb  ist  ein  ander  Märkerdix^  angesetzt 
worden.    Mglb.  E.  29.  11*».  S.  60  flF.    ^ 

Eb  ist  merkwürcKg  wie  sehr  das  weisen  Aac  Bechte  selbst  im 
15.  Jahrhundert  noch  üblich  und  ndthig  war.  •  Dass  gerade  der  Wal* 
pott  sich  damals  noch  seine  Hechte  und  Herrlichkeiten  wrisen  liess; 
zeigt  wie  wenig  fest  und  klar  begrenzt  diese  Bechte  waren ;  dann 
aber  aueh  welches  Gewicht  damals  noch  in  dem  Brauch  und  in  dem 
Auespruch  des  gemein  Märkers  lag.  Die  älteste  Urkunde  welche  in 
den  Akten  über  die  Hohe  Mark  sich  vorfindet;  der  Bericht  über  das 
Märkerding  von  1401  feria  quarta  infira  octavas  pasche  beginnt  da^ 
mit  di^s  der  Pfand  «Inhab^  von  Homburg  bei  dem  Märkermeister 
anfragt;  ob  der  Märker  ihu;  Hennen  Brendeln  ittr  einen  obersten 
Waldboten  erkenne;  wie  das  auch  vorher  zu  zweien  malen  vor  ihm 
geweiset  wäre.  Der  Gefragte  antwortete:  Weisete  ihm  der  lantman 
ichtea  (etwas)  so  wollt  er  gerne  es  sagen ;  weiseten  sie  ihm  aber 
nidyts  so  sage  er  ihm  auch  nichts.  Es  erfolgt  darnach  die  einmüthige 
Weisung  der  Märker.  Weiter  fragte  der  Stellvertreter  des  Waldpot- 
ten,  es  wären  Ausmärker  betreten  worden  und  hätten  verbrochen; 
sie  seien  „den  Förstern  entwältiget^  worden  von  den  von  Oberursel; 
dahin  sie  kamen ;  was  des  Walpoden  Becfats  darmn  sei?  AuBweieh^id 


war  die  Antwort:  Sie  haben  rot  imW^tpodea  sein  ceobt  geweisel^ 
habe  ihn  jemand  daran  gebindctrt,  das  möge  er  fordern. 

Im  Jahre  1445  anf  Mitwoch  nach  St'  Marfj^ethen  war  der 
Edle  Jnngberr  Qotfiid  van  Eppenetein  bei  .ürsei  anf  der  Ane^  liem 
ihm  da  weisen  sein  !Eleoht  und  Herrliohkeit  über  die  Mark^  und  die 
gemein  M&ker  eine  Hähe  von  Artikeln  firageni  Efi  liegt  den  Akten 
--*  Mglb.  E.29.^^  8.9.10.  —  ein  solcher  „Zeddel''  bei,  das  Papier 
gebrochen ;  anf  der  einen  Seite  die  Frage,  die  andere  leer  fiir  die 
Antwort.  Diese  findet  sich'  aber  erst  spttter  S.  18.  17.  auf  andern, 
iUmücheo  Zetteln.  Die.  ersten  Artikel  betreffen  den  Wiltpant:  „Wie 
ferro  und-  wie  weit  sein  Wil^ant  ginge^?  Die  Antwort  lautet  wie 
bereits  angeAkhrt:  „Sein  Wiltpant  gehe  nit  weiter,  dann  er  sein 
Heoken  anbinde,  in  der  Mark.  J^ete  et  aber  fiirae  odär  hTnde  nß 
den.Heeken  und  fislgele  yn  naoh,  gondien  ihm  das.  die  nwirker,  doch 
wttssteii  sie  nit  ob  isir  reoht  were^^  Dann  wird  gefragt:  „wenn  s. 
Gnaden  den  Wil^patit  Tsrbode,  und  wer  das  bräehe,  was  der  dämm 
verloren  hfttte^.  Hi^r  ist  beigemerkt  ^uff  den  Artikel  ist  nichts  ge- 
sagt^. Der  3^  Artikel  fragt:  ,,Wenn  die  gesnbweren  knecht  oder 
sonst  Merkw,  Ausmerker  die  geechädiget,  einfbhffen  wollen,  und 
sprächen  ingeseesen  Merker  um  Htdfe  an,  wenn  die  Merker  das  nit 
thftten,  was  .sie  verbroehen.  hfttten^.  Die  Antwort  laiptet:  „Der^olk 
der  Mark  verscholden  sein,  oder  sollte  dem  Herr»  d^i  Min  antwoiv 
ten,  die  Pferde  dem  lantnnn,  die  Wagen,  und  sieler  dem*  Foniter^. 
Im  4.  Artikel  ist  weiter  gefraget:  ^Wenn  die  gesohwometi  knechte 
einen  rilgen,  und  der  das  leugnen  wollte^  welcher  Parthei  man  dann 
glauben  soUte^^?  Danrauf  ist  gesagt:  sind  es  geeehw^me  knechte,  so 
soUte  man  ihnen,  glauben,  es  wire  denn  dass  die  Widderpavtbei  bes-> 
sere  kondsdiaft  hi(tte.  Der  Art.  5  fragt:  ^Wenn  ein  Merkermeister 
vff  St  Cathar.  tf^  gekoren  wtürde,  und  kein  MerkermeistBr  sein 
wollte,  wie  dann  der  Waltpott  die  Mark  bestellen  solte?^  Bi&niu 
beist  ea:  ^^Uff  diesen  Artikel  ist  nichts  gesagt^.  Weiterhin  ist  gefragt: 
wie  ferre  man  uAnerkem  nach  feigen  solle,  die  die  Maork  hinweg^ 
ftdiren?  Auch  „uff  den  Artikel  ist  nit  gewiset,  da  etliche  sagen  bii 
an  dmi  Byne,  aber  das  is  nit  bestandlich;  die  andern  sageii  bis  mit» 
ten  in  die  Njde^  und  dies  bedünket  sie  die  meiste  Menge^. 

Es  scheint  dass  der  Waldpott  mit  diesen,  Weisungen  sieh  nicht 
zufrieden'  gegeb^,  denn  schon  auf  dem  Milrkerding  1468  fiiklen  wir 
dieselben  Frag^  zum  Theil  wieder  gestellt.  Als  gefinget  war,  M 
wyßen  wie  weit  die  Mark  gehe,  drauf  besorgete  der  Lantman 
dass  die  Meinung  wiU'e  ,,80  man  wyse^:  bis  mittw  in  die  Ni4|d^  ^ 
wollte  der  Walpöde  sich  der  fischen  auch  unt^rzidien,  und  darmit  die 


—    SM     — 

Dorff»  dM  Tonioheldcii^ ;  vmtie  geantwortet:  „daS  dem  InainMui  if^al 
Indenk  sei  daß  die  Frage  audi  mehr  gesoheen  dei,  aber  sie  haben 
das  nie  gehört  wjsen  und  danunb  ao  sei  der  lantman  das  nit  be- 
dacht;  und  wolle  daa  hkid  ifame  behalten  uf  dae  nit  solch  wysungen 
mit  einem  genommen  nnd  dem  andern  g^geben^  und  einem  gegeben 
nnd  dem  andern  -genommen  werde,  .  .  «  sondern  so  der  laatman  zu- 
aammtn  komme  mi  aant  Katharinenioge  so  sei  6r  dann  etwas  daranf 
bedacht^. 

Als  nnter  deü  Märkem  Zwiespalt  Ober  die  Wahl  der  Mttrker- 
meister  sich  erhoben,  soUte  im  Jahre  1464  auf  Donnerstag  nach 
Kilian  hierüber  geweiset  werden«  Es  hatte  daUn  der  Edel  und  wol- 
gebom  Jnngher  Q-odefrit  Herr  zu  Eppstein  seinen  Seh»  mit  den 
trefSiehen  Bäthen  gesandt.  Als  denDorffen  und  Hoffen,  als  gewöhn^ 
Heb  war,  gerufen,  forderte  derobgenante  Juncker  Gtotfirit  durch  die 
Seinen  an  die  Edeln  und  andern  die  in  der  Mark  geg^det,  bei  dn- 
anderzu  gehen,  sich  zu  bespreehen,  und  seiner  Edelkeit  nnd  andern 
„deren  sich  der  gdbfUrt  Ire  HerHchbcit  Oereohtigkeit  zu  wis^^  Es 
schickten  sich  des  Badis  Freunde  bd  den  jungen  Herrn  von  Eppen- 
stein  und  erzählten,  nachdem  sein  Edelkeit  Vater  alle  M&rker  hätte 
zu  ihm  yerboten,  henie  herzukommen  und  seine  khenheirn  mitzu- 
bringen, also  hätte  der  Bath  die  Ihren,  der  eine  gvte  Menge  sei, 
die  da  Märker  seien,  daheim  heissen  bleibet,  nachdem  aie  mit 
Sehäden  belad^i  waren,  und  anderer  Soi^liehkeit  halber.  Darzu  sein 
Edelkeit  det  antw<»rten:  sein  Vater  hittte  sich  bishero  günstlich  und 
freundlick  gegen  den  Sath  und  denen  Ihren  erzeigt,  das  wnlten  sie 
ihm  auch  thun.  Darauf  besprachen  sich  des  Boths  Freunde  not  des 
Baths  aiimie,  Leute  voai  Bonamese,  Erlebach,  Hareheym  und  Calde- 
baoh  ^  und  Bossen  sie  ein  Schreiben  h(^en,  wie  vordem  gewest  wäre. 
Da  hatten  sie  alle  ein  gut  gefallen  darin,  und  sagten  es  wäre  auch 
also  geweiset  und  Herkommen.  Walther  von  ByflNiberg  kam  mit 
andern  Edeln  hiedernt  und  hynatt  der  Hoe,.  erzählte  sie  hätten  sich 
mit  den  Ihren  besprochen  und  wäre  ihre  Meinung  dass  man  <fie 
Weisung  geachehen  lasse,  da«  dan  des  Baths  Freunde  Mei^uuig  auch 
war.  Also  begaben  sich  die  Solmsen,  £e  Biffenbergischen  und  des 
Baths  Freimde  mit  allen  diesen  zu  Philips  yon  Hatzstein  und  Be<^' 
told  von  Eapaeh  und  anderen  der  Königsteinschen,  fragten  die  was 
ihre  Meinung  wäre,  sagten  dabei  sie  liessen  die  Weisung  zugehen. 
Darzu  die  Kömgsteinschen  antworteten:  sie  liessen  es  auch  gescheh^i. 


**  Ueber  den  Wlederkanf  der  Vörfeir  Harheim  and  Caldebaeh  durch  Eppen- 
stein  s.  Mglb.  K  93.  Kr.  5. 


—    861     — 

Ako  redete  Wal&er  Tcm  Biffenberg  sie  b&ttcti  «nieii  Zettel  im  vor- 
mals ftvf  ekiem  g»ni.  Märkexding  geweuet  wäre^  des^Saä».  zu  Frank* 
liirt  Freunde  hätten  auch  dies  schreiben  ^  desg^eiofaen  hätten  üt 
gebilligt  dass  man  der  «eines  liesg  verleBesi  ehngevetfliek.  ■  Also  wmrd 
der  Zettel  des  Ton  BjffeiDbei^  gelesen,  der  ,^8ich  dee  Sats  schreiben 
haste  glidiete^^  Darauf  die  EänJgBtän>seh«n  sich  beeproeb^a  ^  •  ant- 
worteten ^  sie  erkennten  dase  man  bisher  also  gereist  hätte ,  f^HS^^; 
man  hätte  bisher  andi  geweist  das  nit  in  dem  Z^ettef  stände  ^  oder 
möchte  billig  darinnen  stehen,  und  sie  hätten  ttberhört  •  Man  hätte 
allerwege  auf  Bt.  Catharinentag  Märkermeister  gekoren ,  und  weiche 
„von  der  meinste  Mimg  der  Dorffere  und  Hoffe  gekmren  weren  wor«- 
den'  dabei  wäre  es  blieben  und  hätte  allewege  ^die  meinete  iMJenige 
Fuigang  gelutbt'^ ;  welche  Dörfer  und  Höfe  auf  die  Zeit  nit  dabei 
gewesen ;  das  hätte  auf  die  Zclit  nit  mehr  denn»  seine  köre  tnrlora». 
Dänsu  die  von  Bolmssen,  die  von  Bjffeaberg  und  die  Frankfart^aehieB 
aiitworteten,  sie  Uessen  das  geschehen.  £*  verAkgten  sieh  darauf  die 
Mäifker  aUe  su  dem  jungen  Herrn  voa  Sppensteiny  und  trog  Walther 
von fiyffiBnbeh:^  vor,  dieMärker  häitten  sich  besprochen,  es  sei  ihnen 
ein  Zettel  gelesen  worden,  wie  die  Märker  vonmab  geweiset,  sie 
auch  ilooh  wieseten,  bäte  8e.  Gnaden  Aea.  eu  hören.  Nachdem  der 
Zettel  gelesen  bemerkte  der  junge  Herr  von  Eppensteitt:  es  wären 
auf  St.  Catharinentag  etliche  2u  Märkermoeter  gekoren ,  die  hätten 
noch  nit  Gehorsam  gethan  als  sich  gebOrt^  beehrt  »n  wissen,  was 
die  desshalben  bnssfällig  wären.  Darauf  mancherlei  Weobs«lrede|^  die 
Märker  bringen  vor  daae  mehr  Märkermeister  gekoren  worden,  da 
dann  doch  nit  mehr  denn  xwei  sein  sollen.  Es  erhob  «doh  Streit  über  den 
gewählten  Friedrich  Clemme  und  Jadob  Wydnrrette.  Brsterer  sagt: 
Jacob  war  nit  geboren  und  gut  genug  darzu  dass  «r  MärkeimeiBter 
smn  soUe.  Darauf  Jacob  Wjderrette:  Er  wäre  besser  und  Arominsv 
denn  Clemme,  was  er  noch  verschrieben  und  versiegelt  hätte,  das 
hätte  er  frommelioh  gehalten ;  Clemme  hätte  -das  mt  gethan.  Da  redete 
der  Sehultheiss  von  Frasikfiart  (der  von  BoiHanMs?)  es  deoehte  ihn 
„zu  tunde  sein',  dass  man  die  Märkermeister  von  beiden  Seiten  ab^B- 
stelle  und  koye  itaud  zween  Märkermeister.  DitfELÖnigateiB'soliea  und 
die  von  Ursel  antworteten:  die  sie  gewählt^  hätten  die  meisten  stim- 
men gehabt,  dächten  sie  nit  abezustellen  umb  nachfolgende  Menge 
(Stimmenmehrheit)  willen.  Da  wurde  von  den  Eppenstein'schen  den 
Märkem  vorgehalten,  es  wäre  nur  um  V«  Jahr  noch  bis  zu  Bt.  Kar 
tharinentag,  sollten  die  Sachen  ruhen  lassen.  Das  wurd  also  aufgC: 
nommen,  und  schied  jederman  von  dannen.  —  (Mglb.  E.  29,  II  \ 
S.  13  ff.) 


-     352     — 


Wieder  ^ar  auf  St.  Vitetag  1484  dn  gemeiii  Ifilrkerding  auf 
die  Aue  vor  Obertirsel  berofeii;  und  begehrte  Herr  Gottfirit  von 
Eppentteiii;  der  penönlick  mit  seunen  Bätiien  ercbienen  war^  za 
weisen  des  Walpoden  Henrliefakeit  und  der  Mark  recht  Er  lieaa 
einen  Zettel  verlesen  in  welchem  das  m  weisende  recht  pnnctsweise 
verzeichnet  stand ^  ^i^gte  ob  der  Lantman  daranf  weisen  wolle?  Es 
wurde  nach  einem  Bedenken  geantwortet:  Es  wSren  also  Verzeich- 
nungen und  Zettel  da  die  der  Lantman  gehört  hätte ,  darauf  wollten 
sie  weisen.  DerWalpode  aber  .begehrt^  dase  der  Lantman  auf  die  ver- 
lesene Verzeichnung  sich  hören  lasse.  Es  wurde  durch  Arnoldt  von 
Holzhausen  ^  Sr.-  Gnaden  geantwortet:  der  Lantman  sei  noch  willig 
aus  den  alten  Verzeichnissen  oder  dass  man  ihm  der  Pnncten  einen 
nach  dem  andern  anzeige,  mündlioh  zu  weisen;  worauf  Sr.  Gnaden 
akh  mit  den  B&then  besprochen  und  begehrt  dass  sie  nach  laute 
seines  verlesenen  Zettels  weisen  sollten ,  oder  aber  dass  sie  bei  den 
Eiden  versichern  sollten  y  diesmal  nidit  darauf  bedacht  zu  sein.  Die 
Märker-  vwlangen  durch  Arnold  von  Holzhausen  der  Zettel  Abschrift 
und  der  Ding  ein  uffsug,  sie  hinter  sich  an  seine  Herrschaft  zu 
bringen,  denn  der  gemein  Lantman  woU  auf  den  Eid  behalten,  er  sei 
diesmal  auf  die  verlesen  Zettel  zu  weisen  unbedacht  Demnach  wurde 
von  Sr.  Gnaden  an  anderer  TsLg,  Mitweoh  nach  8t  Margareihen 
auf  die  Au  zu  Ursell,  des  Morgens  um  9  Ühr,  angesetzt 

Mitwoch  nach  Peter  und  Paul  fitind  eine  Besprechung  der  Herr- 
schaften und  anderer  in  der  Mark  gegudeter  Männer,  zwei  oder 
drei  der  ältesten  aus  jedem  Dorfe,  statt,  zu  Ursell  auf  dem  Rathhaus. 
Zwei  alte  Weisunge  aus  anno  34  und  88  wurden  durch  die  Reiffen- 
beripschen  und  ein  Zettel  durdi  die  Eönigstein'schen  vorgelegt,  und 
des  gemein  lantmanns  Meinung  gefragt  Diese  haben  gesagt  dass  sie 
nadfib  laut  der  verlesen  zwei  Zettel  weisen  wollten,  sich  darauf  un* 
terredt  wer  £e  Weisung  Sr.  Gnaden  thun  und  aussprechen  solhe  ^^ 
Symon  von  Ursel  wurde  dazu  erbeten,  und  erklärte  sich  nach  einigem 
Bedenken  bereit,  dem  Lantman  zu  Gute  zu  thun  was  an  ihm  wäre. 

(Mgib.  £.  29.  n^  aao.) 

Es  liegt  diesem  Berichte  ein  Zettel  bei,  mit  der  Aufschrift:  das 
sind  die  Puncto  der  Weisung  bIb  die  Eönigstein'achen  verzeichnet 
hatten: 


^6  Also  durch  eioen  JibgeBehiektea  das  Frankfurter  Ratfas. 

^7  Bei  wichtigen  WeiflUDgen  bAben  die  Märker  immer  am  Zulassung  eines 
Redners  gebeten ;  ein  ruhiger,  verständiger,  wo  möglich  auch  angesehener  Mann 
wvrde  dazu  bewogen.  Vielleicht  unrichtig  iilt  daraus  der  Schtuss  gezogen 
worden,  dass  dem  gem.  Manne  der  Muth  zu  reden  damals  schon  gefehlt 


—     36$     —      . 

Ttem  astim  ersten:  Wer  die  Mark  zu  besteUen  habe? 

„      wer  die  Mürkermeister  beetedigen  und  eidigen  soll? 

„      mit  dem  Ußrufen  yon  dem  Schreier,  was  einer  yerloren 
hfttt  (der  nieht  erschienen  wäre)  und  wie  man  den  bttßen  ? 

„      wer  den  Wiltpan  zu  bestellen  habe? 
*       9      von  Bugen  als  knecht  (Förster)  pl^en  zu  mgen. 

„      obe  ein  nßmarker  schaden  thede. 

9      obe  ein  Inmärker  schaden  tedel 

„      Hulz  nnd  kolen  u^  der  Mark  zu  fliren  und  wan  man  den 
begriff  etc. 

„      ob  ein  fol  merkerding  bescheident  wird,  waß  die  nßbliben, 
verloren. 

„      ob  ein  Inmerker  nfi^  der  Strassen  Hnlz  hiebe  (hiebe)  etc. 

9      ob  eckem  im  Walde  worden. 

„      obe  Vilwil  zu  der  Marg  höre ,  und  wie  eß  darzu  komen  sj. 

,9      wie  ferre  die  Mark  gehe. 

„  ob  man  nit  alle  Zerung  zn  Hoemburg  tun  soll,  so  es  ein 
Hauptslof  in  der  Mark  sy. 
Es  folgte  nun  das  merkwürdige,  feierliche  Märkerding  auf  Mit- 
wochen nächst  nach  St  Margarethen,  14.  Juli  1484,  auf  welchem 
der  Edel  Herr  Gottfried,  Herr  zu  Eppstein  mit  sämmtlichen  Amt- 
leuten und  Bäthen  erschien,  dem  Junker  Philips  von  Redeinheim, 
Budolfi^  und  Bernhardt  Brendel  Ton  Homberg,  Gilbrecht  und  Hein- 
rich Bittesei,  endlich  Walther  Isenberg  seiner  Gnaden  Schreiber,  an 
einem  Theil;  andererseits  aber  der  Herrschaften  Sohns,  Hanau  und 
Eönigstein  auch  der  Stadt  Frankfurt  und  der  BitterschafI;  von  Bdf- 
fenberg  Amtleute,  Bäthe  und  Sendbotten;  für  Sohns  Philips  von 
Bicken,  Bitter  Erafit  von  Deckenbach  und  Jeckel,  Bereiter  zu  Be- 
delnheim;  für  Hanau  Heintz  Metzler,  Keller;  für  die  Herrschaft  zu 
Eönigstem,  Heinrich  von  Eppenstein,  Keller  zu  Butzbach,  Dietrich 
Geyseler,  und  Heinrich,  Bereiter  zu  Königstein;  für  Frankfurt  Jun- 
ker Jacob  von  Cronberg,  Amtman  zu  Bonemese,  Junker  Erwin 
Dögel ,  Amtman  zu  Erkbaoh  und  Junker  Walther  Schwartzenburger, 
Bathsman;  fbr  Beiffenberg  die  Junker  Philips  und  Marsilius,  der 
Jung,  von  Beiffenberg.  Endlich  erschienen  auf  der  Au  die  Märker- 
meister,  mit  ihnen  ein  gross  versammelte  Menge  Schultheissen,  Hüb- 
ner und  Landtman,  welche  Sr.  Gnaden  als  einem  Waldbotten,  sein 
Herrlichkeit  und  der  Ifeirk  ihre  Beeht  und  Buge  zu  weisen  vertagt, 
verbotten  und  also  versammlet  und  verhauffi  waren  ^.    Die  Ifiirker 


4«  Vergl.  Lersner's  Chronik  L  S.  466. 

23 


-     354    - 

• 

erboten  aioh  die  verlangte  WeisuDg  zu  tbun,  doch  nicht  auf  ihre 
Eide,  da  ihnen  solch  Eide  zu  thun  gefährlich  wäre,  üe  in  vielen 
Jahren  eines  Waldbotten  HerrUchkeit,  der  Mark  Becht  und  Buge 
nicht  geweist^  und  der  Alten  die  das  mebr  gesehen  und  gehört  hät- 
ten, gar  wenig  mehr  im  Leben  seien.  Es  ward  ihnen  darauf  ein  Eid 
gestabt  des  Inhalts,  dass  die  Weisung  die  sie  thun  wollten,  sie  von 
den  Alten  nicht  anders  gehört  hätten,  und  ihnen  anders  nicht  wis- 
sentlich wäre.  Sie  liessen  durch  Heinrich  von  Eppeastein  eine  Ver- 
zettelung behändigen,  erboten  sich  durch  Simon  Bensheim,  wohnhaft 
zu  Ursel,  von  ihrer  allerwegen  mündlich  auf  die  einzelnen  Puncte 
der  Verzettelung  zu  weisen.  Diese  Weisung  spricht  aus :  wem  die  Mark 
rechtlich  eigen  und  wer  darüber  ein  oberster  Herr  und  Waldpott  sei; 

wie  die  Mark  zu  bestellen,  und  die  Markordnung  einzu- 
halten sei; 

wie  insbesondere  es  mit  demWiltbann  zu  halten,  mit  dem  Heg- 
wald auf  den  Strassen  und  mit  der  neuen  Hege; 

wie  das  Verhältniss  zu  der  Ausmark  und  den  Ausmärkem  sei; 

wie  der  Eintrieb  in  die  Eckern  zu  geschehen  habe; 

wie  Frevel  zu  bestrafen  seien; 

wie  Märkerdinge  zu  halten,  Märkermeister  und  Förster  zu  er- 
wählen und  zu  verpflichten;  endlich  wie  Gericht  zu  halten  und  zur 
Noth  gepfendet  werden  solle. 

Hiemach  liess  der  Waldpott  den  Märkem  sagen,  dass  auch 
Noth  wäre  zu  weisen,  wo  die  Mark  aus-  und  anginge;  das  und  an- 
deres wolle  sein  Qnad,  nachdem  es  jetzt  spät  geworden  auf  diesmal 
beruhen  lassen  bis  auf  einen  andern  Märkerdingtag. 

Diese  Weisung  galt  von  nun  an  in  der  Hohen  Mark  als  geschriebenes 
Becht  Die  Märker  hielten  fest  daran,  sie  wollten  k^en  Buchstaben 
daran  ändern  lassen.  Der  Walpott  liess  ihnen  die  Buchstaben  und 
das  Papier,  wandte  und  drehte  aber  dem  Inhalt  und  Geist  bis  sie 
nur  noch  ein  Hohn  waren  auf  die  ursprüngliche  Verfassung.  Beriefen 
sich  die  Märker  auf  ein  Herkommen,  so  erwiderte  er  dass  davon  in 
dem  Instrument  nichts  stehe.  Die  Verhältnisse,  auf  welchen  das  In- 
strument beruhte,  änderten  sich  alle  mit  der  Zeit,  so  wurde  die 
Grundlage  des  geschriebenen  Bechtes  ebenso  wie  dies  selbst  mehr 
und  mehr  eine  hohle  Form.  Wol  wurden  noch  neue  Verordnungen 
gemacht,  aber  diese  betrafen,  soweit  sie  nicht  bestimmt  waren  die 
Macht  des  Waldpotten  zu  kräftigen,  nur  Nebensachen,  Holztage,  Be- 
strafung oder  Bedrohung  der  Frevler,  u.  d.  m. 

Aus  diesem  Weisen  ersehen  wir  wie  darin  eine  leboidige  Quelle 
des  Bechts  telegen,  wie  die  Markgenossen  dabei  beständig  nicht  nur 


—    ä5S    — 

Auf  die  Brinnenrng  sondern  auch  anf  ihr  Bechtsbewnsstsein  zurück- 
zogen ^  wie  in  den  ttlteren  Zeiten  überhaupt  Herkommen  undGksete 
mehr  noch  ssusammenfielen  ^^  Erst  in  den  späteren  Jahrhunderten 
erhielt  das  geschriebene  vor  dem  im  blossen  Bewusstsein  des  Volkes 
ruhenden  Bechte  ein  entschiedenes  Uebergewicht  einger&umt 

Gränzbestimmung.  —  Wie  es  den  versammelten  Märkern 
zustand  das  Becht,  selbst  die  Herrlichkeit  des  obersten  Waldpotten 
zu  weisen,  ebenso  hatten  sie  auch  zu  bestimmen  wie  weit  die  Mark 
gehe  und  wer  dazu  gehöre.  Wegen  der  Gränzen  hatten  sie  sieh 
theils  mit  den  benachbarten  Marken  zu  verständigen^  theils  mit  den 
Inhabern  der  getheilten  Feldmark^  mit  den  Ortschaften  der  Mark 
selbst  Dies  geschah  auf  Umgängen  der  Mark  welche  bei  der  klein- 
eren Seulb.  Erlenbacher  Mark  oft  unmittelbar  von  den  Märker- 
dingen  aus  unternommen  wurden.  Auf  den  Märkerdingen  ward  auch 
über  die  Berechtigung  zur  Mark,  über  den  Ausschluss  von  derselben 
und  über  das  Verhältniss  zu  der  Ausmark  erkannt  und  geweiset. 
Aus  dem  Jahre  1484  ist  angefbhrt  dass  unter  den  Puncten  auf  dem 
Zettel  der  Königsteinischen  auch  die  Frage  sich  befunden:  ob  Vilwil 
zu  der  Marg  höre,  und  wie  es  dazu  kommen  sei?  Diese  Frage  war 
eine  wol  begründete,  da  die  Nidda  Grenze  der  Hohen  Mark  war, 
Vilbel  aber  auf  beiden  Seiten  des  Flusses  liegt 

Auf  dem  Seulb.  Erlenbacher  Märkerding  von  1539  brachte  der 
Keller  Diether  Gewend  einen  handschriftlichen  Befehl  des  obersten 
Waldpotten  „uff  heut  dato  die  Mark  zu  umgehen^.  Die  Märker  gaben 
Diethem  die  Antwort:  nachdem  sie  kein  Mangel  an  der  Gemark 
vermerkt  wäre  es  unnöthig  dieselbe  zu  umgehen.  Der  Keller  drohte 
mit  Ausschluss  von  der  Mark  und  liess  auf  zwei  Seiten  treten  zur 
Abstimmung ;  es  traten  aber  zu  ihm  nur  die  Seinen  von  Homburg  und 


^»  Dr.  Kriegk,  Frankfurter  Bfirgertwiste,  S.  31  berichtet,  wie  die  Zünfte 
verlangt,  der  Rath  solle  sie  ,,bei  den  Gewohnheiten,  welche  sie  von  Alters  her 
hätten,  handhaben^';  der  Rath  habe  dies  Begehren  mit  Recht  znrttckgewiesen, 
,,wüil  in  einer  königlichen  Stadt  ohne  des  Königs  Zastimmnng  blosse  Gewohn- 
heitsrechte nicht  in  förmliche  Gesetze  ^.umgewandelt*'  werden  konnten.  Das 
Herkommen  hatte  Geltung  in  einem  bestimmten  Bereiche,  sollte  eine  Erweite- 
rnng  stattfinden  in  der  Ausdehnung  seiner  Wirksamkeit,  sollte  es  bindend  wer- 
den für  andere  Mitbürger,  oder  für  die  Obrigkeit,  so  mnssten  diese  oder  der 
KOnig  Eustimmen.  Auf  S.  SSß.  884  ete.  ist  dies  sehr  schön  dargelogt  in  dem 
Herkommen  der  Zünfte,  welches  in  eine  Gerechtsame  oder  Machtvollkommen- 
heit eingriff,  die  der  Rath  für  sich  in  Anspmob  nahm. 

23» 


—     856     — 

Seulberg;  der  mehrer  theil  blieb  steheB.  Hierüber  unwillig  haben 
die  Hombarger  Gesandten  ihren  Abschied  genommen;  die  andern 
Gesandten  aber  bewogen  nmi  die  Mlbrker  die  Marg  zu  umgehen^ 
allein  es  solle  kein  neu  Instrument  aufgerichtet  werden.  So  hat  man 
sich  verglichen  9  und  es  sind  aus  jedem  der  6  Ortschaften  von  den 
ältesten  und  von  den  jungen  Männern  etliche  dazu  gewählt  worden. 
Diese  Personen  verlangte  Diether  Gewend  in  einen  besonderen  Eid 
aufzunehmen  9   mit  Begehr   an  die  Gesandten   sie  ihrer  Eide   und 
Pflichten ;   mit*  denen  nie  ihren  Oberen   zugethan,  ledig  zu  zählen. 
Dies  wurde  von  den  Gesandten  abgeschlagen,  aber  bewilligt  dass  die 
Märker  bei  den  Eiden  und  Pflichten  mit  denen  sie  ihren  Herrn  und 
Oberen  verpflichtet  seien,  ihm  Diether,  anstatt  und  von  wegen  des 
obersten  Waldpotten   ^mit  handtgeb'end  treu  verpflicht  sein  sollen 
Bolliche  Gemark  zum  treulichsten,   niemand  in  lieb   oder  zu  leyde, 
zu  umbgdin^.    Dess  sind  die  Beamten  des  Walpott^  zufrieden  ge- 
wesen.   Der  gemein  Märker  hat  sich  nach  Hause  begebeii,  die  Ge- 
wählten aber  mit  den  Bean^ten  haben  angefangen*  die  Mark  zu  um- 
gehen.   Sie  gingen  damals  von  Seulberg  aus   zur  linken  Hand  am 
Wald  hin,   oben   am  hinter  Damm  an  der  Landgewer  hin  die  von 
Dollingen  ^  auf  das  Seulberger  Feld  gdiet,  gegen  die  Erebshaide 
zu,  an  den  Wiesen  hinauf;  nach  der  deutsch  Herrn  von  Frankfurt 
Wald  und  der  Hohen  Mark  Gränze;   dieser,  entlang  die  alte  Hohl 
hinauf,  auf  das  Botlaub  und  zum*Fahrbom,  den  Throner  Weg  hin- 
auf über  den  Einsydel  bis  an  den  Pfalgraben ;    diesem  hinab  bis  an 
die  Throner  Mühl  und  die  Bach.    Dieselbig  bäch   „gipt   und   nimpt 
zwischen  den  zweien  Waiden  Seulbergs   Lrlenbach   unid  .Bhod<emer 
Gemark"  ^K  Die  Männer  zogen  die  Bach  hinab  bis  a.uf  die  Eöppemer 
Wiesen,  dann  vor  dem  Walde*  hinab  bis  zur  Hunerrap  ^^,  und  auf 
den  spis,  der  ist  den  von  Holzhausen.  Vom  Spies  ging  es  nach  der 
Begelsbach  und  wieder  zurück  auf  den  hinter  Damm. 


^  Das  alte  Dillingen  lag  südlich  des  Waldes  dessen  Plata  jetzt  von  Friediichs- 
dorf  eingenommen  wird,  zwischen  den 'Rohrwiesen  nnd  der  Hflnbnrg. 

Bi  Als  der  Umgang  zur  Rhodemer  Qemark  kam,  machten  die  Hanauer  Ge- 
sandten geltend,  wie  ihre  Unterthanen  in  der  Rhodemer  Mark  gleiche  Gerecht 
tigkeit  ,,in  der  bach*'  haben  (sn  fischen);  dies  haben  ,die  Gesandten  des  Wald- 
I)otten^  nicht  zagegeben ,  die  andern  Gesandten  aber  haben  Jedem  sein  Theil 
vorbehalten^  den  Streit  so  verglichen. 

52  Jetzt  Hahnruppen,  von  Hain,  auch  bei  Gh>nzenheim  ist  ein  Hahnberg. 
In  der  Ordnung  von  1588  heisst  es  Art.  10.  «Die  Pflege  der  Hain  Rappen  sollen 
.  .  auch  dieses  Jar  .  . .  verpotten  sein  daimnen  sa  haawen."  —^ 


—     857     —     ^ 

Das  Verzeichnifls  des  Umgangs  hatten  die  Märker  angegeben, 
Meister  Johann  Schwaben,  der  Notar  sollte  ein  Instrument. darüber 
aufrichten.   Als  d^  gesammte  Ausschuss  mit  den  Gesandten  Abends 
7  Uhr-  nach  Ober-^Erlenbacfa  gekommen,  liess  Diethor  Gewend  über 
dem  Abend  Iipbis  allerlejWort  vemehmen,  daraus  zu  ersehen  war, 
dass  sich  der  oberst  Waldpott  zuviel  Gerechtigkeit  der  Mark  unter- 
ziehen wolle.  Des  Dienstag  zu  Morgen  haben  si^,  des  obersten  Wald- 
potten  Gesandte  nochmals  mit  Ernst  um  Aufrichtung  des  Instruments 
des  Umgangs  angehalten,  viel  Gegen-  und  Widerreden  wurden  ge- 
dian.    Um  Mittag  vei^lich  man  sich:  wie  die  Gesandten  gestern  in 
den  Umgang  s<>  nit  von  nöthen  gewesen  gewilligt,  mit  dem  Geding 
dass  sie  des  Umgangs  halben  ein  neu  Instrument  aufzurichten  ohn 
Vorwissen  der  Oberen  nit  zugegeben;   sie  yersprachen  dartLber  zu 
schr^beu;    Freitag  nach  Medardns  fand    eine    Zusammenkunft  im 
Oarmefiterkloster  zu  Frankfurt  statt,   es  wurde  wiederholt:  das  alte' 
Instrument  wäre  genügend  gewesen,  Irrungen  seien  nicht  vorhanden, 
kein  sonder  Spim,  sein  F.  Gn.  wolle  es   bei  d«n  alten  Instnuiiente 
bewenden  lassen,  damit  nicht  Mißhelligkeit  aus  beiden  Instrumenten 
erwachse.   (Mglb.  £.  29.  II  ^  S.  174  ff.)  Es  findet  sich  noch  in  dem 
Fascikel  l%lb.  30.  No.  4  [3]  ein  Schraben  d.  d.  Petterweil,  Freitag 
nach  Medardi  15S9  unter  dein  aufgedrückten  Pittschaft  von  Engel- 
brecht Halbers,    Schulthdssen   zu   Petterweil    und  Justinians  ven 
Holzhausen,    Schöffen  zu  Fnmkfurt:   auf  das  begehren  über  den 
Umgang  der  Mark  ein  neu  Instrument  zu  erriditen  gaben  die  Ge- 
sandten und  der  Ausschuss  zu  erkennen,   dass  sie  den  Umgang  zu 
thun  filr  unnöthig  angesehen,   dass  ihre  gn.  Heren  und  Oberen  nit 
erachten  dass  das  begehrt  neu  Instmm^dt  aufzurichten  von  Nöthen 
sein  sollt,  wollen  also  gebeten  haben  dass  es  s.  f.  Gn.  also  bei  dem 
alten  Instrument  gnediglich  bleiben  wollt  lassen;  sie  bemerken  dass 
wo  Irrungen  fOrfielen,  der  gemein  Märker  zu  jeder  Zeit  zusammen 
kommen,  davon  reden,  fiimehmen  und  handeln  möge,  wasdieNoth- 
dnrft  erfordere. 

Auch  bei  den  Umgängen  erschienen  die  verschiedenen  Bethei- 
ligten zu  Wahrung  der  eignen  oder  gemeinsamen  Interessen,  und 
nur  dann  wurde  das  Becht  als  festgestellt  angesehen,  wenn  die  ver- 
schiedenen Betheiligten  sich  über  die  Gränze  geeinigt,  wenn  sie  dem- 
nach gemeinsam  den  Weg  gemacht  hatten.  Bei  dem  Umgang  der 
Seulb.  Erlenbacher  etc.  Mark  am  28.  April  1593  wdchen  der  schreib- 
seelige  Johann  Zangus,  notarius  publicus  und  bestellter  Markschrei- 
ber protocollirte,  erschien  Georg  Vestenberger  der  Kellner  zu  Hom- 
burg V«  d;  H.  „einestheils^^  sodann  die  auch  ehmhaffte,  ersame  und 


—     358     — 

r 

vornehme  Märkermeiater  und  Markhänpter  „fmdemtheils^  auf  „vorge- 
hende Vergleichung  und  gepfl<^ene  tractation^  auf  der  Haiden  gen 
Eirchdorff;  allda  solche  ihre  Mark  mit  deren  zu  Eirchdorff  und 
Seulberg  Termineyen  ihre  Angrenzung  hatt^  und  haben  von  Alters 
her  wohlangeordnetem  Brauche  nach  dieselbige  ihre  Marke  von  allen 
aufstOBsenden  Marken^  Waiden,  Sträuchen  und  Termineyen,  im  Beisdn 
aller  derer  Besitzer ,  Inhaber  und  Einwohner  .  .  bei  Eidspflichten 
abgangen  und  gewisse  scheide  oder  Mahl  mit  Rainen,  Steinen,  baum- 
lochen und  andern  mehr  kennezeichen  .  .  gemacht,  auch  die  alten 
„uffworffD  und  mahlzeychen^  wiederum  von  neuem  renoviren  lassen. 
Auf  der  Gränze  zwischen  Seulberg,  Eirchdorf  und  der  Hohen  Mark 
befand  sich  ein  alter  Eichenbaum,  der  jederzeit  für  das  Schiedsmi^l 
der  dreien  Grftnzen  gehalten;  er  war  durch  die  von  Eircbdorf  abge- 
hauen und  ein  wenig  ihres  Gebietes  hinunter  zu  einem  Damm  und 
AnfentluLlt  des  zeitweise  den  Weg  hinunter  fallenden  gewässers  ge- 
braucht worden.  Die  Märker  haben  desshalb  der  anwesenden  gemeinen 
Nachbarschaft  in  Eirchdorf  von  wegen  ihres  unnachbarlichen  Wesens 
den  Eühe-  und  Viehtrieb,  so  ihnen  seither  gegdnnet  und  zugdoaaen 
worden,  ganz  und  gar  abgekündigt  und  zugethan.  Eeuig  erboten 
sich  die  Eirchdorfer  ^^zu  guter  Nachbarschaft'^  und  wurde  das  Ver- 
bot gemindert,  dass  sie  in  Schriften  bei  dem  Märkerding  wieder  um 
den  Viehtrieb  ansuchen  sollten,  derselbe  könnte  ihnen  nochmals  wie* 
der  vergönnet  werden.  Darauf  hat  man  den  erst^i  Schiedhaufen  „an 
die  Mahlstatt  des  abgehauenen  und  entnommenen  alten  ejchen  baums 
aufgeworfen^,  und  den  Umgang  ostwärts  angetreten.  An  der  Bren- 
del von  Homburg  Walde  haben  die  Seulberger  ,,Markgut  zu  ihrer 
Terminey  und  für  ihren  Eigenthumb  abgaagen^',  die  Märker  aber, 
da  sie  Mastungsgerechtigkeit  darin  besessen,  die  Mark  ausser  dem 
Gehölz  an  der  Haiden  endigen  wollen.  Der  Eellner  von  Hombui^g 
ergriff  Parthei  ftir  die  Seulberger  als  homburgische  Unterthan^ 
„weißt  in  Schriften  nach  daß  in  einem  früheren  Abgange  solche  et- 
liche Ruthen  breit  Walds  für  der  Seulberger  Eigenthum  angezogen 
worden,  sie  also  nichts  neues  sondern  allein  dasjenige,  was  ihre 
lieben  Voreltern  seeligen  etwa  in  Prauch  und  Esse  gehapt^,  suchen.' 
Er  ermahnt  die  Märker  bei  ihrem  Gewissen,  und  die  zu  Holzhausen 
und  Ober-Erlenbach  haben  ihm  beifallen  wollen,  doch  hat  man  es 
bei  den  alten  Lochbäumen  verbleiben  lassen.  Weiter  zogen  die  Mär- 
ker nach  dem  hinteren  Damm  der  Hohle  hinauf,  vom  heiligen  Acker 
nach  der  Regelsbach  wo  der  37^  Haufen  an  der  Wiesen  stand, 
dann  von  der  Dillinger  Haiden  die  lange  Wiesen  hinunter  bis  auf 
die  köppemer  Strasse ,  auf  der  liandgewehr  herum  bis  an  den  Holz- 


-     369     - 

haasar  Spieas  y  £e  Haihnruppe  hemm  bis  auf  die  HolshäUBer  Bach^ 
folgende  ist  die  Bach  die  scheide  bis  hinauf  an  Bernhard  Möllers 
Wiesen,  stehet  in  der  Ecken  am  köpffemer  Oebiete  bei  einem  gros- 
sen gelochten  Banm  der  66^  Haufen;  von  dannen  hinauf  sramWalde, 
baß  am  köpffemer  Felde  hinauf  und  den  Wiesen,  von  dannen  hinauf 
„bis  an  die  Wald  möllen  soll  die  bacb  scheiden*,  die  Mühle  stehet 
in  der  Mark,  gleicbergestalt  bis  hinauf  an  die  Thröner  Mühle  ist  die 
Bach  die  Scheide  zwischen  dieser  und  der  Bodheimer  auch  köpffener 
Gemarken;  weiter  hinauf  scheidet  der  „Pollgraben'^  diese  Mark  von 
dem  Thrönerwalde ,  allda  gegen  der  Hohe  Mark  den  Fahrbronnen- 
Weg  hinunter  bis  wieder  an  den  ersten  Haufen ,  wurde  der  Weg 
fftr  den  unstreitigen  schiede  gehalten.  Zugegen  waren  bei  diesem 
Umgang  ausser  dem  Keller,  Schultheiss  und  Stadtschreiber  von 
Homburg,  Simon  Braun,  Schultheiss  zu  Seulberg  Märkermeister, 
Wolfhardt  Falkenstein,  Schultheiss  zu  Ober-Erlenbach  und  Märker- 
meister, der  Kellner  und  der  Schultheiss  von  Petterweil,  JoL  Beck 
Schultheiss  zu  Holzhausen,  Ghunrad  Lohre,  Schultheiss  zuKöpffem, 
anstatt  des  Schultheissen  zu  Nieder-Erlenbach  meister  Johann  der 
Schmied  daselbsten,  samt  den  Burgormeistem  und  etlichen  Eltisten 
der  G^chte  auch  anderer  gemeinen  jungen  Personen,  je  10  Per- 
sonen ohne  die  Schultheissen  von  jedem  Flecken,  auch  die  beiden 
Förster.    (Mglb.  E.  SO.  4.  Jahr  1593.) 

Ebenso  wie  in  der  Seulberger  Erlenbacher  finden  wir  auch  in 
der  Hohen  Mark  dass  bei  den  Umgfti^n  die  gesammte  M&rker- 
schaft  vertreten  sein  musste,  ähnlich  wie  auf  den  Märkerdingen  selbst 
Auf  dem  MSirkerding,  Sonntag  Claudi  1539  als  der  Keller  gesehen 
dass  der  ganz  Märker  nit  erschienen  „hat  er  gezomt^',  aber  ab  er 
daAlr  gebeten  worden,  hat  er's  bleiben  lassen,  gab  an  der  Walpott 
wolle  dass  die  Mark  umgangen  werde  Darzu  wurden  aus  Oberursel 
20  Mann,  ebensoviel  aus  Homburg,  aus  Bonemesa  12  oder  14,  sonst 
aus  einem  Dorf  7,  aus  anem  Weiler  4  Jungk  und  alt  und  eynander^ 
genommen.  Es  versammelten  sich  die  Qeschickten  aus  jeden  Flecken, 
Dörflern  und  Höfen  der  Gemeinden  und  „derjenigen  welchen  der 
Eigenthumb  gemelter  Mark  zustehet^^  oben  am  Vilwiller  Holtzgin 
und  dem  Spitzenstein;  sie  sind  gegangen  bis  an  den  Feldberg  g^en 
Beiffenberg  und  den  Pfingstbronnen  „bei  Velperhausen^',  daselbst  hat 
sich  zwischen  den  geordneten  der  Gemeinen  des  Haus  Beiffenbei^ 
und  Inwohner  daselbst  ^an  einem^'  und  den  übrigen  Märkem  „am 
andern  Theil'^  ein  Zwiespalt  desGhmges  zugetragen;  letztere  wollten 
nach  dem  kleinen  und  grossen  Bettstein  gehen.  Sie  haben  aber  ein- 
trechtiglich  Antwurt  geben:  es  sei  Niemand  unter  ihnen  der  auf  sei- 


-     3C0    - 

nen  Eid  sagen  könne  dasB  er  das  atreüig  Ort  je  hab  umgangen,  aber 
doch  auf  Hörensagen  und  wie  sie  von  ihren  Eltern  yerstanden  für* 
schreiten  und  gehen  wollen.  Die  Beiffenberger  protestirten  coram 
notario  dass  sie  in  ihrer  beseß  und  beweisen  wolten.  Das  Weiter- 
gehen unterblieb  damals.    (Mglb.  K  11^.  S.  171.) 

Auf  dem  st&rmisohen  M&rkerding  des  Jahres  1586  verlangten 
die  Käthe  des  Walpotten  dass  der  Umsmg  der  Mark  auf  der  gemei- 
nen  Märker  Kosten  geschehe.  Dies  stand  durchaus  der  Grundansicht 
entgegen  y  dass  ein  jeder  Theil  sein  eignes  Interesse  dabei  su  ver- 
treten habe.  Der  Ausschuss  der  Märker  bemerkt  dessbalb  ganz  rich- 
tig,  zu  dem  vorhabenden  Umgang  der  Mark  wolle  jeder  Flecken 
einen  Jungen  und  alten  Mann  auf  seine  Kosten  zuordnen,  nach  vori- 
gem Gebrauch;  die  beiden  Märkermeister  aber,  der  Keller  %u  Hom- 
burg, der  Schreier  zu  Stedten  und  die  4  Markförster  oder  knecht 
sollten  ziemliche  Zehrung  aus  der  Mark  haben.  Nachdem  der  Aus- 
schuss noch  aller  Anwesenden  Gutdünken  explorirt,  hat  er  durch 
Wendel  Ilmstedten  weiter  noch  antworten  lassen:  Zu  beziehung 
der  Mark  wären  hiebevor  aus  jedem  Flecken  2  Personen  zugeschickt 
worden,  die  seien  von  jedem  Flecken  insonderhat  verköstigt  worden; 
nach  Vollendung  des  Umzugs .  hätten  die  Märkermeister  allen  „Ar- 
beitsleuten^,  wann  ein  Vorrath  an  Bussen  vorhanden  gewesen,  eine 
Verehrung  zum  Trunk  aus  dem  gemeinen  Seckel  gegeben,  es  solle 
nachmals  auch  so  gehalten  werden.  Die  hessiscken  Gesandten  aber 
beharrten  darai)f  dass  der  Umzug  auf  gemeiner  Märker  kosten  solle 
vorgehen,  dann  wollten  sie  die  Bl^the  sich  dazu  gebrauchen  lassen 
^nicht  allein  gegen  den  anstößenden  und  angrenzenden  Nachbauren^ 
sondern  auch  g^en  dem  Inmärker  so  der  Mark  zu  sohadiBn  gevai- 
det^;  sonsten  aber  deswegen  nicht  ein  Esel,  katz  oder  ein  ander 
gering  Thier  satteln  lassen.  Die  Märker  wollen  nun  ,^restheik  dem 
Umgang  der  Mark  auf  folgenden  Tag  voi^hen  lassen,  da  die  aa- 
stossenden  Naiohbauren  hierzu  alle  oitirt  seien.  Aber  die  hessischen 
Gesandten  gestunden  den  Märkem  den  Umzug  ,,vor  sich^'  nit  zu. 
Der  Märkermeister  Hattstein  suchte  zu  vermitteln:  dieweil  fbr  diesmal 
Vorrath  in  der  Markkasse  sei,  solle  ausnahmsweise  der  Umzug  da- 
raus bestritten  werden.  Dieses  hat  aber  von  gemeinem  Märker  nicht 
eingewilligt  wollen  werden,  sondern  sind  stracks  auf  ihrer  erst  ge^ 
thanen  Eröffnung  beharrt  Der  Umzng  wurde  vorerst  eingestellet  und 
abgekündigt.  Er  fand  erst  im  September  statt  Eine  sorgfältige  Be- 
schreibung desselben  ist  uns  in  dem  Fase.  Mglb.  E.  29.  IH  S.  128 


~    36t     — 

auB  dem  Jahre   1566  ^/r.   Sept.  aufbewahrt    Alle  Stein  und  die 
Yornehmste  Lochbaum  sind  daselbst  beschrieben  ^^ 


*3  Der  Umgang  begann  von  dem  ersten  Stein  bei  den  Loßheeken,  Stein- 
b&cher  Termine!  inwendig  dem  SölmischenWald,  zog  Über  den  Königstein'scben 
Pfad  der  Cronebnrger  Mark  hinanf  nach  der  Förster  Knh  Rage  (Ruhe),  ob^r 
der  fester  Wiesea  nach  der  Weydeastmt  nnd  den  Httnemborg  Wiesen.  Von 
der  HQpfteben  Wiesen  bis  auf  das  Httnerbritcb  vurden  80  Locbb&mne  gezählt. 
Von  da  der  Hohl  hinauf  die  beide  Marken  (die  Hohe  und  die  Cronberger) 
scheidet,  nach  den  Haderheckes  bis  „nff  das  alt  künn'*  *),  den  holen  Weg  hin- 
anf an  den  Masebörnerbergs  bis  an  die  Schief ersteinkanten,  hinter  dem  lützel 
Vehberg  hinaus,  hinter  dem  grossen  Yeltberg  hinab  nseh  dem  Sohärterwald, 
welcher  in  die  Mark  gehöret,  und  fiber  den  Polgral>en.  Von  dort  ging  der 
Zng  auf  der  Heiden  hinaus  über  die  Strassen  so  von  Reiffenberg  auf  Homburg 
gehet  nach  dem  Börnchen,  der  Pfingstbrünnen  genannt;  weiter  nach  den 
Sieinen  von  Yeltmerbansen  „obendig  dem  Weg  nacher  Hattstein",  vom  Diele- 
berg obendig  den  AnüShayaer  Wiesen  asd  derKredenbaoh,  nach  den  Seoffen«  dner 
Wiesen  Gort  VQn  Hattsteia  saatepdigi  und  aus  der  Mark  gexodt  worden;  weiter 
nach  einem  Stein  neben  der  Kredenbach  an  der  Schiefersteinkanten  „unter  einem 
Holzapfelbaum,  so  ein  Lochbaum  ist."  Es  folgen  die  Loehbäome  am  grossen 
Bettstein  „der  Loohbaum  an  dem  Weg  der  ans  der  Kuetrenken  gehet,  ist  ab- 
gehsfoen,  den  Forster  zu  fragen,  wer  es  gethan-^  Wdter  an  der  Kremmelges- 
wiesen  stehet  ein  Buclienloohbaum  „daran  Hornberger  und  Urseler  Wapen*'; 
dann  folgen  die  Steine  am  „heyligen  Waldt^S  ein  Stein  bei  dem  brunn  obendig 
dem  heimig  Seufifen  nach  dem  Weissen  Berg  zu,  welcher  auch  in  die  Mark  ge- 
höret; zwischen  dem  Wald  und  Feld  hinauf  am  Faulberg*,  den  Weissenberg 
hinauf,  „auif  ein  Holzapfelbanm  welcher  gelocht  ist^S  zwischen  den  Anßb&cher 
Hecken  «ad  den  Weinpfölen  aber,  die  Alt-Ridie  hinflber,  bei  der  Klingenruhe 
nnd  dem  Klingenborn,^  dem  Ansbächer  Gebiok  und  dem  Polg^aben  hin,  bis  auf 
die  Seulberger  Mark  nnd  den  Fahrborn.  In  dem  Graben  herunter  darinnen 
^tzliche  Stein  bis  ufT  die  Kirdorffer  Heidt,  ufT  den  Lochbaum  daselbst  an  der 
Ecken  des  Walds;  die  Landtwehr  herunter  dnrch  die  WeingSrteu  bis  auf  das 
KirtorfElar  H^lein  Lasarins  genannt,  es  folgen  3  Steine  in  der  Landwelir,  dana 
an  der  Landwehr  hinaus  stehen  6  Steine  „bis  uff  die  Strassen",  weiter  ein  Stein 
an  den  Wiesen  in  der  Landwehr,  und  gehet  die  Landwehr  zwischen  dem  Hom- 
burger Feld  und  dem  Reyßberg  auf  Steden  zu.  Es  ging  der  Zug  yoi'  dem 
Brendelsbuseh  hfer,  den  Thröner  Pfad  herum,  obendig  dem  HeuchelheimerFeid 
hiU)  über  die  Wiesen»  d^  Graben  hinaus  nach  dem  alten  Hof  da  der  Steder 
Dreieckbrunnen  steht.  Fortan  „gehet  die  landtwehr  durch  das  Steder  Veit  bis 
an  die  Walt-Eck",  weiter  ein  Stein  auf  dem  Weg  so  von  Steden  auf  Ursel 
geht ;  ein  Stein  an  der  Ecken  zwischen  der  Wiesen  Ochsenstein  gen.  und  der 
Weidt;  dann  folgen  die,  Steine  in  der  Lußhecken;  den  Hftuserfort  hinaus  unter 
der  Schreierwiesen  hin  und  fortan  zwischen  dem  Hänserhain  und  dem  Wald 
den  Weg  an  der  Landwehr  hinaus,  bis  an  die  Strassen  „da  vor  zeiten  ein  schlag 
gestanden,  der  Heuserschlag  genant'^;  Furters  an  das  Eck  „zu  Endt  der 
Landwehr  da  vor  Zeiten  ein  Muhl  gestanden ,  der .  Lußmuhlen  genant^' ;    den 


*)  Es  ist  hier  der  Abbug  des  Altkonigs  in  yerstehen,  niebt  der  Qipfel ;   die  OrKnse  sog  auf 
dm  PSaalerwegi 


—     368    — 

Nach  dem  NotariatsprotocoU  über  den  ün^^ang  ^/n  Aug.  1609 
ist  dieser  Umgang  ebenso  eingeleitet  worden  wie  ein  Märkerding. 
Es  hat  zwischen  7  und  8  Uhr  bei  Ursel  auf  der  Au,  da  man  pfl^t 
das  Märkerding  zu  halten ,  der  hessische  Batii  J.  Ph.  Eüieinschmidt 
den  Tag  zu  dem  Märkerding  anfönglich  eröffnet  und  angezeigt:  es 
seien  Neuerungen  und  Eingriffe  geschehen,  die  Eirdorfer  Ausmärker 
gemacht ;  es  hätte  sein  gu.  Herr  diesen  Tag  ausschreiben  lassen, 
wollten  auch  hierauf  die  Homburger  Mark  umgehen,  und  in  Steinen 
und  Hainen  umziehen  lassen ;  er  wollt  hiermit  den  Tag  auf  seines 
gn.  Herrn  Befehl  eröffnet  haben.  Darauf  haben  die  Mainzischen 
Abgesandten  protestirt,  der  Eirdorfer  Ausschliessung  wftre  nit  mit 
Billigung  sämmüicher  Märker  geschehen,  sie  widersprechen  auch 
der  Bezeichnung  „Homburger  Mark'.  Dagegen  bemerkte  der  Keller: 
man  sei  desshalb  nit  hie,  dass  man  viel  disputiren  wolle,  ob  es 
Homburger  oder  Hohe  Mark  genant  würde;  man  habe  hier  nit  mit 
den  partibus  und  dem  toto  zu  tihun,  sondern  die  Eirdorffer  wären 
per  majora  vota  ordentlich  ausgeschlossen.  Die  Mainzischen  und 
Eönigsteinschen  zogen  ,  darauf  ab  und  hinweg,  den  Unter- 
thanen  war  geboten  worden  sich  des  Umzugs  zu  enthalten. 
Der  Umzug  wurde  begonnen  ohne  die  Mainzischen  und  die 
Reiffenbergischen  welche  mit  abgezogen  waren.  Ist  man  von  der 
Aue  hinweg  den  Cronbeiger  Weg  hinab  auf  die  Loshecken  zuge- 
zogen zu  dem  ersten  Stein  auf  dem  Triesch.  Als  daselbst  etliche 
Cronbergische  Beamte  und  Unterthanen  sieh  gefunden,  hat  man 
abermals  durch  den  Waldschreier  auf  Seiten  der  hohen  Märker 
Umfrag  halten,  und  die  Schultheissen  ru£^  lassen;  es  sind  mehren^ 
theils  alle  andern  Schultheissen,  die  Mainaisefaein,  Hedemheim  und 
Beiffenburgischen  allein  ausgenommen  erschienen  und  da  gewesen. 
Es  wurde  nachgefragt  wer  diesen  Umgang  mehr  mitgemacht,  viele 
waren  im  Jahr  1586  mitgezogen,  nur  einer  vor  90  Jahren,  andere 
vor  5  Jahren. 

Es  werden  dann  die  Gronberger  aufgezählt  welche  zu  den 
Hohen  Märker  sliessen,  aus  Nerings,  aus  Obemhexstatt  etc.    Eine 


Berg  hinauf  bis  an  den  Zwergweg  auf  der  Sandkauten ;  hinüber  an  die  Eck 
am  Forst,  über  den  Urseler  Knetrieb,  nach  einem  Siein  zwischen  dem  üden- 
born  und  dem  Hanpfad,  nach  dem  Königsteiner  Pfad  und  der  Atzelhell  „gehet 
furters  die  grenz  immer  an  den  Wingarten  hinab",  ein  Stein  am  Johannsberg, 
ein  grosser  Stein  an  dem  Beckerpfad,  weiter  von  dannen  ein  Stein  in  der 
Wiesen  die  Reßbach  genant,  iteqi  ein  Stein  unten  an  der  (^eyerswiesen ,  der 
letzte  Stein  am  Raddervelt  obendig  der  Cronburgerstraßen  „zeigt  auf  'den 
ersten  Stein  uff  der  Loßheckeu  m  im  Anfaogk  beschrieben". 


—    963    - 

Ermahnung  wurde  an  alle  gerichtet  fK>  mitgingen  „ako  die  Mark 
^u  umbziehen;  wie  es  von  Alters  herkommen;  und  es  ein  Jeder  vor 
dem  Bichterstnhl  Gottes  verantworten  könne^^  So  sogen  sie  von 
dannen  am  Solmsischen  Wald  hinauf ,  nach  der  Forsterwiesen^  an 
der  „Hünerburgk^*  hin,  die  Hohle  hinauf  bis  an  die  Haderhecken, 
so  zu  der  Cronburger  Mark  gehörig,  als  den  hohlen  Weg  hinauf 
^neben  dem  Altkin  hin'^  nach  dem  Mosebomer  Berg,  die  Strasse 
hinaus  „nacher  kühl  hermansbrunnen^  .  .  bis  an  den  lützeUeldberg, 
dann  den  Scharterwald,  so  in  die  Hohe  Mark  gehörig ,  hinab  nach 
dem  Pfingstbrunnen.  Beim  22^®*^  Stein  welcher  vom  Dielenbei^  zur 
linken  Hand  hinüber  nach  dem  grossen  Bettstein  zeiget,  haben  die  ' 
Hattsteinische  und  Beiffenbergische  diener  mit  eüichen  ihrer  Herrn 
und  Junkherm  Unterthanen  und  Bauern,  rechter  Hand  hinauf  ziehen 
wollen,  und  trotz  des  Widerspruchs  der  Märker  vollführet  DiesUmmt- 
lichen  Märker  sind  aber  hinabwärts  auf  die  linke  Hand  stracks  über 
ein  Bächlein  dem  grossen  Bettstein  zugezogen;  von  einem  abgebrann- 
ten stumpf,  so  ein  gelochter  Apfelbäum  gewesen,  den  Sehieferberg 
hinauf,  nach  Grimmelgens wiese,  wo  sie  an  einem  Lochbaum  der 
Homburger  und  Urseller  Wappen  gehauen  fanden.  Da  es  spät  geworden 
sind  sie  von  hier  „nach  Schmitten  in's  Nachtlager  gereist^.  Dienstag 
den  22.  August  ist  man  mit  hellen  Haufen  in  früher  Tagezeit  wieder 
angessogen;  die  ReifFenberger  hatten  über  Nacht  die  zwei  Wappen 
aus  dem  Buchbaum  ausgehauen.  Dagegen  protestirten  die  homburger 
Bäthe,  solches  gereiche  den  sämmtUchen  gemeinen  Mäxkem  zum* 
merklichen  Schaden,  ihrem  gn.  Herrn  aber,  als  obersten  Waldbotten 
zu  sonderbarem  Despect  Es  haben  die  Beiffenberger  ihr  Unwesen 
behaupten  wollen,  besagter  Lochbaum  stehe  auf  ihrer  Herrn  und 
Junkherrn  Orund  und  Boden;  dies  wurde  von  den  Märkem  wider- 
sprochen. Trotzdem  hat  weiterhin  Carl  Ffitzner  von  Dresden,  als 
Beiffenburgischer  Keller  den  Bauern,  «o  er  bei  sich  gehabt,  befoh- 
len, dass  sie  einen  zweiten  Lochbaum  umhauen  sollten  ^auch  darüber 
Herrn  Gebott  angelegt".  Als  die  Unterthanen  Hand  und  Axt  geho- 
ben den  Lochbaum  zu  fällen  ,haben  des  Ober  Waldbott  Befelhaber 
und  Bäthe  den  Beiffenbergischen  und  Hattsteinischen  solchen  Frevel 
underw^en  zu  lassen  gebotten",  aber  es  haben  derselbig  ein  oder 
etliche,  ein  Weg  als  den  andern  ungestüm  in  den  Baum  zu  hauen 
fortgefahren;  dessbalb  Carl  Ffitzner  sammt  zweien  Bauern  ^welche 
in  öffentlicher,  frischer  That  in  umbhawen  betretten,  zur  Hafft  ge- 
nommen und  auf  gethane  Handtastung  mit  nacher  Homburg  gefäng- 
lichen geführet  worden'^  Nach  solchem  als  sich  die  übrigen  Beiffen- 
burgischen  und  Hatsteinische  abermals  abgesondert  und  zum  Theil 


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ausgerissen  und  die  Flucht  genommen  ^  ist  man  weiter  gezogoi  nach 
dem  heiligen  Feld^  um  deü  kleinen  Bettstein  ui^l  den  weißen  Bei]g, 
von  dem  Wejhengrund.  nach  den  Weinpftlen,  der  Klingenruhe  und 
dem  j^Pfulgraben^  aiif  eineA  „Faulbieren  oder  Stinkbaum  Lochbaom^. 
Bißi  dem  Thröner  schlag  begann  die  Seulburg  Erlenbacher  Mark^ 
und  am  Fahrbom  wurden  wieder  sämmtliche  Märker  vermahnet  und 
erinnert  ^^ weilen  man  mm  bald  an  den  Ort  kommen  ^  welchen  die 
Kirdorfier  -strittig  mächten ,  daß  sie  so  gehen  wollten,  wie  von  Alters 
herkommen,  auch  sie  am  jüngsten  Tag  bei  ihrer  Seelen  Seligkeit 
verantworten  konnten^.  Alda  als  man  ein  wenig  gerastet,  hat  Paul 
Anthonius,  der  eine  Märkermeisteri  um  Urlaub  und  Erlassuhg  des 
Märkermeister  Amtes  gebeten,  ^weilen  ihm  solchem  vorzusein  bei  Ihr 
churfttrsti.  6n.  sehr  schwer  und  bedenklich  fiele,  wegen  bewußter 
entstandener  Uneinigkeit'^  Dies  wurde  ihm  aber  nit  erlassen,  weil 
es  die  gebührende  Zeit  nit  were.  Er  würd'  wissen,  was  er  geschwo^ 
ren.  Darauf  ist  man  fortangezogen  \,den  hohlen  Weg  oder  alte  Straß, 
neben  dem  Orth  Waldts,  die  Strsße  genandt,  hinunter''  bis  an  das 
Kirdorffcr  Feld,  wo  die  Kirdorfier  neulich  Zeit  einen  Graben  auf- 
geworfen, aber  die  Märker  vor  diesem  wieder  geschldfl  hatten.  Die 
Märker  haben  einhellig  bejaht,  dass  die  eine  Seit  der  Scheid  am 
Weg  der  Mark  zugehörig,  und  sind  also  am  zweiten  und  am  dritten 
Graben  hinübeigezogen.  So  ist  man  auf  die  Kirdorffer  Heid  glom- 
men, wo  ein  alter  Stumpf  eines  lochbaumes  unter  .der  Erden  sich 
noch  gezeiget  und  merken  lassen.  Ist  ein  „Gemerk  mit  einer  Bhur- 
hawen  gemacht  worden,  ein  Markstein  daselbst  zu  setzen".  Aus  Kir-* 
dorf  war  Niemand  erschienen,  so  „ist  man  die  Landg^ewehr  den 
Graben  hinunter  nach  dem  kleinen  Eichwäldchen,  welches  die  Mar- 
kier Lazarius,  die  alten  Markbücher  aber  Sylvam  Lotharii  nennen, 
gezogen^.  Daselbst  hat  Job.  Philipps  Kleinschmid,  im  Namen  Ihr. 
Fürstl.  Gn.  als  obersten  Waldbottens,, und  der  sämmtlichen  Märkem'* 
protestirt,  dass  dieses  Wälddien  von  den  Eirdorffem  aus  der  Mark 
gezogen  werden  wollte.  So  ging  es  wdter  die'Landgewehr  hinaus,  an 
Stedten  vorüber  nach  dem  Häuserfeld,  über  das  Triesch  nach  der 
Sandkauten.  Da  haben  die  landgräffischen  angezeigt,  dass  anno  1599 
zwischen  Mainz  und  Hessen  des  Orts  halber  am  Häusei^rund  ein 
Vertrag  geschlossen  worden,  sie  wollten  diesen  repetiren;  dann  zog 
man  nach  Ursel  zur  Mahlzeit.  Nach  dieser  wurde  der  Umzug  weiter 
westlich  verfolgt  nach  der 'Atzelhohl,  dem  Johannisberg  und  der 
Kesbach,  auf  die  Steinbacher  Weid,  hinab  bis  an's  Eck,  welches  der 
Steinbacher  Schultheiss  widersprochen,  Hans  Durkopf  aber  und 
Thinius  vom  Hain-  vermelteten:  sie  wären  vor  23  Jahren  auch  so 


—    $65     — 

weit  hinabgegangen  wie  jetzo  nnd  h&tie  Jemand  waa  darwider  ge- 
redt  So  wurde  von  den  M&rkem  dahin  geschlosBen,  dass  es  hei  den 
zweien  letaten  Umgängen  verbleiben  solle;  man  a<^  auf  den  Stein 
in  der  Losahecken  eu/  woselbet  die  Märker  nochmals  feierlich  ange- 
redet und  dann  abgedankt  worden  sind 

Bereits  bei  früherer  Gelegenheit  ist  auf  die  Landwehr  im  Taunus 
aufinerksam  gemacht  worden  ^^  sie  habe  wahrscheinlich  zum  Schutze 
des  Feldes  gedient.  Wichtiger  war  vielleicht  noch  dass  sie  die  ge- 
theilie  Feldmark  abzüg^nzen  bestimmt  war  von  der  uugetheilten 
Waldmark.  Im  Jahre  1700  beschweren  sich  die  Mftrker  dass  den 
Waidensem  ein  Platz  in  der  Hohen  Hark  eingeräumt  worden,  sie 
bemerken,  dass  die  Landwehr  am  Baissberg  ^so  jederzeit  beide  Ge- 
markungen Homburg  und  Hohe  Mark  von  einander  separirt  und  als 
Gränzstein  abgeschieden,  trotz  Protestation  eingeräumt  und  den 
Feldern :  eben  und  gleich  gemacht,  die.  Markgrän^en  perturbiret^^ 
Schon  in  älteren  Zeiten  als  da«  Boden  mehr  oder  weniger  gestattet 
war,  mag  das  Fruchtfeld  über  diese  Märkgränzen  hinüber  ausgedehnt 
worden  sein.  In  spätren  Zeiten  ist  es  auf  frevelhafte  Weise  noch 
in  grösserem  Massstabe  geschehen»  Scho^  im  Jahre  1710  zeigte  sich 
das  bei  dem  Gronberger  Umgang  mit  den  Hohen  Märkem.  Das 
Yerzeichniss  der  Tholnehmer  an  demselben  ist.  ein  sehr  reichhaltiges^. 
Es  gingen  damals  mit,  zu  Fuss  und  zu  Pferd,  von  Cronberg;  der 
Amtmann,  EeUer,  Ober^Bchultheiss,  S^dtschreiber,  Stadtwachtmeister, 
3  Gerichtsmännür  und  ein  Mann  des  Badui,  Bürgermeister,  3  Bürger, 
Stadtdiener,  Amtsbott,  2  Förster,  1  Jäger  und  8  junge  Leute;  von 
Eschborn  derSchultheiss,*einQ-erichtsman,  1  Lanünan  und  2 Knaben; 
von  Niederheckstadt  der  Schultheiss  und  2  Gerichtsmänner,  ebenso 
war  betheiligt  Schwalbach ,  Oberheokstadt,  Schönberg;  Mammelshain 
mit  dem  Schultheissen,  3  Gerichtsmännem  Und  einem  Gemeindsmann; 
Steinbach  war  in  seinen  Vertretern  zurückgewiesen  worden,  weil  sie 
den  Umgang  um  den  strittigen  Ort  nicht  mit  vornehmen  wollten; 
von  Bödelhdm  waren  erschienen  3  Mann,  von  Falkenstein  (Nerings) 
der  Schultheiss  und  drei  Mann*  Dazu  kamen  noch  die  Hohen  Märker; 
das  Ganze  ein  grosser  Zug  zu  Pferd  und  zu  Fiiss,  Montag  den 
19.  Mai  war  der  Notar  welcher  berichtet,  zwischen  7  und  8  Uhr  nach 
der  Haide  an  der  Loosheck  geritten,  wo  der  Anwalt  der  Hohen 
Mark,  die  Schultheissen,-  der  Waldschreier  init  vielen  Förstern  zu 
Pferd,  sodann  eine  grosse  22ahi  der  Märker  sich  befsnd.    Die  Stein- 


M^  Die  Hohe  Mark,  im  Arohiv  für  Ffts.  Qeseb.  a.  K.  IL  S.  827. 


-     366     — 

bttcher  Untertiumen  faieken  sich  parat,  sie  gehörten  an  beiden  Mar- 
ken, waren  mit  den  Cronbergem  in  Streit  wegen  eingerodetem 
Felde.  Die  Hohen  Märker  blieben  vorerst  an  dem  St«n  in  der  Los- 
hecken an  dem  Stierstttdter  Feld;  die  Cronberger  gingen  zwischen 
den  Feldern  bis  auf  den  Etthtrieb,  forderten  die  Stembacher  auf 
,^nGang  mit  ihnen  znrttckznthnn^,  mit  dem  Znaatz:  ^faÜB  sie  Stein-* 
bäoher,  ab  Mitmärker,  diesen  ssar  Mark  gdiörigen  Diatrict  nicht  mit 
begehen  würden,  man  von  seiten  der  Cronberger  Mitmärker  sie  zur 
weiteren  Fortbegehimg  der  Mark  nicht  admjttiren  würde^^  Die  Stein- 
bächer  weigerten  sich  den  Gang  mitzuthnn  ,,8ie  seien  auch  bereits 
in  Abzug  begriffen^^,  so  wurde  der  Gang  vom  Viehtrieb  zur  Lob- 
hecke  ohne  sie  zurQckgenommen;  dann  die  Hohen  Märker  zu  wei- 
terem, nunmehr  gemeinschaftlichen  Begängnisse  eingeladen«  Auch 
jettst  wieder  gab  es  Streit  Der  Anwalt  mit  den  Hohen  Märkem 
wollte  auf  einen  unten  an  der  Haide  vormals  gestandenen  Stein  und 
Baum  zu,  verwies  auf  eine  zu  sehende  Kaute  imd  auf  ein  Stein- 
buch. Der  Oronbergische  Amtmann  aber  wandte  ein,  das  Steinbucfa 
»ei  privata  scriptura,  sei  nicht  von  den  angrenzenden  Steinsetzern 
mit  aufgerichtet  worden.  Er  bestritt  den  Gang,  wie  die  Hohen 
Märker  ihn  vornehmen  wolltet,  mdnte  aber  man  solle  sich  wegen 
dieser  wenigen  Morgen  nicht  aufhalten,  werde  der  Beweis,  dass  sie 
in  die  Hohe  Mark  gehörten,  erbracht,  wollten  sie  sich  nicht  weigern. 
Dies  wurde  von  dem  Notar  der  Hohmärker  notirt,  und  der  von  den 
Cronbergem  ^equirirte  Notar  wurde  gleichfalls  ermahnt  die  Repro- 
testation  und  das  Erbieten  dem  Instrumente  einzuverleiben.  Der 
Umgang  wurde  auf  das  Solms'scbe  zu  fortgesetzt  Dort  baten  die 
Oberheckstätter  ^daß  dieses  Begängnis  an  ihrer  Feldterminey  nicht 
präjudicirlich  sein  möge^^  Es  vrurde  erwidert:  diese  Erinnerung  sei 
unnöthig,  es  sei  brauen  vorigen,  uralten  Umgängen  kdne  Erinner- 
ung geschehen.  Weiterhin  wurde  bemerkt  dass  die  Steinbächer  sich 
wieder  beigeschlichen  und  den  Umgang  mitmachten;  man  hielt  an, 
wies  sie  nochmals  ab,  und  liess  10  Märker  bei  vi^  Steinbächer  zu- 
rück,  welche  sidi  nicht  abweisen  lassen  wollten,  bis  diese  entweder 
von  selbst  abgehen  oder  der  Umgang  geschehen  sein  würde.  ^Ob 
nun  wol  der  ein  und  andere  Steinbächer  sich  sehr  grob  in  Worten 
verliefe,  thete  man  ihnen  gleichwol  andersten  nichts  als  gemeldtes 
Verwehren^.  Inzwischen  bewegte  sich  der  Zug  weiter  über  den  Kö- 
nigsteinerweg, über  den  alten  Graben,  durch  die  Hopfenrebwiese, 
den  alten  Weg  und  die  Hohl  hinauf  nach  der  Haderheck,  wo  „der 
anno  1699  in  Disput  gezogene  Ort,  an  welchem  die  Cronberger  und 
die  Hohe  märker  von  einander  gangen  sein^S     Der  Anwalt  verlas 


—     IC7     - 

WOB  altMi  üiiig«ig«pr»toeollen  die  betreffintde  St^e,  emiclite  die 
Gronberger  sie  möchten,  wenn  sie  auch  emen  Umgang  de  anno  1&86 
hätten  „von  an&ng  an  was  drauß  lesen,  ssn  sehen  ob  die  Protocoll 
einander  glichen'^.  Da  nun  die  eisten  2  pagina  einander  von  Wort 
SU  Wort  gleichlautend  waren,  insistirte  er,  Herr  Keller,  man  möchte 
sich  doch  gefallen  lassen  den  passnm  dieses  in  dispnt  gesogenen  Orts 
an  lesen.  Ea  faad.sich  das»  der  Hombntf^er  Anwalt  „entweder  obn- 
gel&hr  oder  mit  Fleiss  oniges  übersdien  oder  ausgelassen,  was  et 
gana  beschämt  gestehen  musste",  (nämHch:  die  Haderheck  „so  zur 
Cronberger  Mark  gehörig").  Der  Hombnrger  Anwalt  und  die  Mfirker- 
meister  suchten  nun  vergeblich  nadiStdnen,wussten  sich  mit  nichts 
,ials  mit  etweloher  Schamhafti^eit^^  au  entschuldigen,  und  erboten 
sich  den  streitigen  Distrikt,  etwa  10  Morgen  lichtes  Gesträuch,  zu 
theQen;  auf  welches  die  Qnmbei^er  nicht  eingingen.  Sie  richteten 
ihren  Gang  gerade  die  Hohl  hinauf  nach  der  Beschreibung  der 
Hohen  Märker  eignen  Umgangs.  Diese  ab^  gingen  doch  den  Weg 
linker  Hand,  trafen  erst  zu  End  der  Haderheck  wieder  auf  die  Cron- 
berger. Von  dort  aus  ging  ^er  Umzug  gemeinschaftlich  weiter,  die 
,  Lochbäume  wurden  frisch  gelocht,  die  alten  Zeichen  gefrischt.  Diese 
Zeichen  scheinen  manichfaltig  gewesen  zu  sein ;  ausser  den  Wappen 
finden  sich  bei  diesem  weiteren  Umgange  der  Cronberger  ein  Baum 
mit  einem  klemen  lateinischen  c,  sodann  mitten  dnen  Holzhieb,  oben 
diesem  ein  Zeich^ii '^;  es  entstand  hier  Zweifel  ob  dies  ein 
Locbbamn  sei  Wie  das  Becht  der  Mark  bereits  in  Ver- 
gessenheit kam,  90  auch  die  alten  Zeichen.  Weiterhin  fand  mau 
einen  Baum,  in  welchen  ein.  Zapfen  eingeschlagen  war  „vermuth- 
lieh  von  einem  Hirten  seinen  Brodsack  oder  Ranzen  daran  zu 
hängen^^  Der  alte  Schultheiss  von  „Nörings  oder  Falckenstern'  Joh. 
Ad.  Pfaff,  hat  aber  bei  seinem  Gewissen  behauptet,  dass  anno  1668 
dahin  gangen  und  „der  lochbaum^  denen  Königsteinern  gezeigt 
worden  sei.  Allein  die  Cronenberger  halten  ihr  Becht  g^en  die  König- 
steiner aufrecht;  sie  führen  den  Vergleich  von  1552  an. 

Unter  den  Lochbäumen  hatten  verschiedene  eine  besondere  Be- 
nennung, beim  gedachten  Cronberger  Umgang  finden  sich  erwähnt: 
der  Cronenbaum,  die  Schuhsohl,  dann  die  verfallne  Krämerbuch  bei 
dem  Königsteiner  ZoUstock.  (s.  Gefach  E*  29  die  betreffenden 
Umgänge.) 

Indem  wir  die  Bedeutung  des  Märjcerdings  verfolg^ten,  sind  wir 
bei  Gelegenheit  der  Umgänge  in  spätere  Jahrhunderte  geführt  wor- 
den; wir  kehren  zu  den  älteren  Zeiten  zurück,  weiter  nachzusehen 
wie  auf  den  Märkertagen   das  Verkältniss   zu  den  Ausmärkern  fest- 


—     3««     — 

gestelh  und  über  die  Berechtigimg  aar  Mark  erkaniit  wurde.  Auf 
dem  Märkerding,  Dienstag  St.  Bartholomeiuitag  1568,  haben  die 
Waldachmid  von  der  Sorg  und  Hnn^tstaU^  wie  ihnen  auferlegt  war, 
eine  Abschrift  ihres  Instruments  gebracht^  unter  zweien  Siegehi  der 
Befehlshaber  zu  Alten  Wylnau;  darin  ist  die  Marka^prftnznng  gegen 
die  Anspacher  Mark  verzeichnet.  Sie  beginnt  mit  den  Worten :  n^^>^ 
von  Langen  Anspach  weisen'^ ;  es  wird  dann  die  Gr&nze;  von  Philq» 
MüUn  hinter  dem  Throne  anfallend  besdbrieben:  den  Pfalgraben 
aussen,  hinder  dem  grauen  Forste  ftlrtan  den  Pfalgraben  aussen  bis 
an  den  Byffenberger  Buchwalt  ...  in  die  Wynpfull;*..  in  die  kleyn 
Weilnauer  Bach,  ufF  den  Zitterling^..  bis  uS  den  pastrot^  do  stdit 
eyn  nickel  etc.».  Nach  Verlesung  dieser  Inttruments-Abschrift  ist 
ihnen  gesagt  ^  die  Märker  seien  mit  solcher  Be  Weisung  zufrieden^ 
wollen  hinüber  kommen  mit  ihnen  abstoinen.  (Mglb.  E.  29,  lEL) 

Die  Cronberger  mussten  alle  Jahr  auf  dem  Mttrkerding  wegen 
der  Tränkung  ihres  Viehs  (wahrschmnlich  aus  dem  Dreibom)  an- 
suchen ;  gleichergestalt  haben  „die  Höriger  under  Falckenstein  sess- 
hafdg^  der  Trenk  wegen  „bei  dem  Märker"  ansucheii  müssen.  (Mglb. 
E.  29;  V.  s.  Ordn.  vom  21  Mai  1604)  Der  Jungfern  vom  Thron 
wegen  wurde  auf  dem  Märkerding  1649  ausgesprochen :  die  Mftrker 
wollten  nit  leiden  dass  dieselben  mit  ihrem  Vieh  in  di6  Mark  tlrei- 
boD;  dass  den  Ausmärkern  einige  Gerechtigkeit  in  der  Mark  ge- 
stattet werde. 

Bei  dem  Märkerding  der  Seulbetg  Erlenbacher  etc.  Mark  auf 
Sontag  Lätare  1498  hat  man  fUrgeben  wie  dass*  zwei  Bürger  von 
Friedberg  haben  Wellen  in  der  Mark  geholet  uAd  seien  darin  er- 
wischt worden  zu  Köppern^  auch  haben  die  von  Radeheim  einen 
Placken  in  der  Mark  abgehauen  über  das  man  sich  des  rechtlichen 
auf  Sr.  Gn.  den  Herrn  von  Hanau  erboten^  auch  Erwin  Dogel^  Mär- 
kermeister  solches  H.  y.  Hanau  gesagt]  ihm  aber  sei  nit  erwünscht 
Antwort  entstanden;  darum^  so  erklärt  der  Märkermeister^  wo  man 
nit  darzu  thun  wolle^  lass  er  auch  gescheeU;  gedenk  der  hinAlro  nit 
mehr  Märkermeister  zu  sein.  XJnd  also  sind  die  von  Friedberg  er- 
schienen, haben  gesagt,  ein  Mann  von  Eöppem,  so  zugegen,  hab 
iünen  die  Wellen  verkauft  und  gesagt,  die  Wellen  gehören  ihm  zu. 
Aber  der  Märker  hat  sich  daran  nit  gekehrt,  sie  seien  betreten  wor- 
den und  sollen  sehen  wem  sie  abkaufen,  sie  gedächten  der  ihren, 
der  das  gethan  hätt,   auch  ungestraft  nit  zu  lassen^,    hab  derselb 


»  Weil  er  Holz  aas  der  Mark  verkauft. 


—    369     - 

mibilli'oh  yerkaufl^  möchten  sie  sich  an  demselben  auch  erholen; 
darom  wollten  sie  sich  in  Qnad  geben  ond  taidingen,  i¥^ll  man  ihnen 
diesmal  Onad  beweisen.  Also  haben  sie  sich  ^in  die  taiding  geben^. 
Der  ander  Gebrechen  halben  der  von  Badeheim  solle  der  Märker- 
meister  an  den  gn.  H.  y.  Hanau  bringen,  die  Mark  zu  verhören  und 
die  M&rker  die  Herrlichkeit  weisen  zu  lassen.  Das  sei  in  lange  Zeit 
mt  geschehen  bei  einem  vollen  Märkerding,  dazu  verboten  damit  es 
im  Qedächtniss  halte.  Alsdann  solle  ein  einhellig  Instrument  ge- 
macht werden  zu  ewigem  Oedächtniss  ^. 

Im  Jahre  1595  wurde  von  dem  Märkermeister  und  13  Ge- 
schwomen  der  gem.  Bodheymer  und  Köpfiener  Marcke  klagweise  an- 
gebracht, wie  dass  etliche  Märker  zu  Köpffem  nun  eine. ziemliche 
Zeit  sich  des  Nachts  mit  Brennholz  zur  Ausfuhr  auf  Ober-WöUstadt 
und  Friedbei^  versehe  und  wenn  sie  dann  von  den  ihrigen  ange- 
schrieen und  zur  Bede  gesetzt  worden,  alsdann  fUrwenden,  dass  sie 
solch  Holz  in  Seulberger  und  Erlenbacher  etc.  Marke  gehauen,  also 
solcher  gestalt  ihren  Betrug  und  Diebstahl  bemänteln  und  sich  von 
der  Strafe  erledigen*  Damit  nun  gleichwol  IrinfQro  das  Uebel  an's 
licht  gestellt  und  gestraft  werde,  so  hat  man  sich  mit  ihnen  ver- 
einiget, wenn  femer  ein  Märker  er  sei  gleich  von  Köpffem  oder 
Holzhausen  mit  Holz  zur  Ausfuhr  von  ihnen  in  ihrer  Mark  ereilet 
oder  betreten  werde,  welcher  ftbrgebe  dass  er  das  Holz  in  Seulberger 
oder  Erlenbacher  etc.  Marke  gehauen,  dass  sie  solchen  durch  ihre 
Förster  den  unsrigen  Mäikermeistem  nahmhaftig  machen  sollen,  mit 
dem  .Gegenanerbieten  dass  es  andererseits  gleichei^estalt  gehalten 
werden  solle. 

Die  Nidda  war  die  alte  Gränze  der  Gesammtmark,  die  nord- 
wärts wohnenden  waren  darin  betheiligt,  dazu  berechtigt  Es  war 
aber  diese  Abgränzung  nicht  streng  durchgeführt  worden ;  der  Abts- 
hof und  die  Mühle  bei  Eschersheim  hatten  Begünstigung  erfahren, 
und  auch  wegen  VHbel,  das  auf  beiden  Seiten  der  Nied  gelegen, 
will  sich  der  lantman  auf  dem  Märkerding  von  1401  beraihen.  Weit 
wichtiger  als  diese  Frage  ist  ftir  das  Becht  der  Hohen  Mark  der 
Streit  welcher  über  die  Berechtigung  der  Mühle  zu  Bonames  im  An- 
fange des  16.  Jahrhunderts  geflihrt  wurde. 


^  AuffallenderweiBe  ist  auch  hier  des  Instruments  und  MSrkerdings  von 
1493  nicht  gedacht. 

24 


-     870    — 

Der  Kessler  zu  Bonames.  —  Wie  die  Beifftnberger  und 
Hatsteiner  auf  den  Märkertagen  als  Edelleute  erschienen  und  «ugleich 
als  Herrschaften;  so  war  es  ähnlich  bei  der  Stadt  Frankfurt.  Auch 
diese  hatte  einestheils  die  Herrschaft  über  verschiedene  Ortschaften 
welche  zur  Hohen  und  zur  Seulbui^ri  Erlenbacher  etc.  Marie  ge- 
hörten;  dann  aber  war  sie  auch  markberechtigt  ihrer  Besitzui^en  in 
Bonames  und  in  Nieder-Erlenbach  wegen;  für  diese  trat  rie  auf  den 
Märkerdingen  zugleich  als  Märker  auf  Sie  wurde  ebenso  wenig  wie 
die  Edelleute  namentlich  aufgerufen;  stimmte  mit  diesen.  So  heisst 
es  bei  dem  Märkerding  auf  Eatharinentag  1401  „Henne  Clemme  von 
Hoenberg  und  Hejnrich  von  Beldersheym  sin  hude  zu  tage  von  den 
Edelluten;  den  burgermeistem  von  Frankfurt  und  von  dem  lantman 
zu  merkermeister  gekoren*. 

Der  Rath  lässt  als  Markberechtigter  Pfähl  hauen;  er  wird  aber 
auch  gerügt  als  Märker.  Es  berichtet  der  Oeschickte  des  Baths  nach 
dem  Märkerding  von  1518:  sind  die  Bugezettel  verlesen  und  meine 
Herrn  von  Frankftirt  darin  auch  rugbar  angezogen  worden  der  Mei- 
nung; dasB  sie  8  Wagen  mit  Holz  in  der  alten  Hege  und  zween 
Wagen  in  der  neuen  Hege  gehauen  haben.  Mglb.  E.  29.  IP»,  98.  — 
Es  folgt  darauf  die  Bechtfertigung  des  BathS;  dass  er  die  Ffthl  fbr 
das  SchlosS;  die  Brück  und  das  Wehr  zu  Bonamesa  habe  hauen 
lassen'^'. 

Wenige  Jahre  nachher;  1531;  entstand  eine  andere  Irrung  zwi- 
schen dem  Bath  und  den  Märkem  über  das  Zcrftthren  von  Kohlen 
aus  der  Hohen  Mark  an  den  Kessler  oder  Kupferschmid  in  Bonames. 
Es  iSnden  sich  in  den  betreffenden  Verhandlungen  manche  Aufschlüsse 
über  den  Umfang  der  Hohen  Mark;  über  die  Machtstellung  der 
Märkergedinge  und  über  das  richterliche  Amt  des  Waldpotten  in 
Streitigkeiten  unter  den  Märkern  selbst.  Es  ist  aber  bei  allem  steta 
im  Auge  zu  behalten^  dass  diese  Verhandlungen  in  die  Zeit  einer 
gewaltigen  Aufreg^g  fallen;  es  ist  die  heftige  und  ungebundene 
SprachweisC;  welche  der  Märker  sich  hier  erlaubt;  kaum  zu  irgend 
einer  andern  Zeit  wieder  zu  finden;  es  sei  denn  in  den  traurigen 
Zeiten  da:  Auflösimg  der  Mark'^^ 


&^  Auch  in  Vilbel  hatte  der  Bath  dieBrfloke  za  anterhaiten  and  verlangte 
das  Holz  dazu  aus  der  Hohen  Mark.  1524  beschwert  er  sich  dass  die  Marker- 
meister keine  Pfähle  zn  Besserung  dieser  Brflcke  verabfolgen  lassen;  diese 
entschuldigen  sich  und  der  Amtman  von  Königstein  schreibt,  er  werde  ihn 
weiters  unbelästigt  lassen.  —  Mglb.  E.  29.  II.  70. 

58  Die  weitläuftigen  Aktenstücke  hierüber  s.  Mglb.  E.  29.  11^*  S.  60  ff.  E. 
29.  IL  S.  56  ff. 


—     371     — 

Nachdem  anf  dem  M&rkergedi&g  1621  den  22,  Tag  des  Monats 
Maj  die  M&rker  die  Wahl  d^r  Förster  flir  sich  beansprucht,  folgte 
die  Beschwerde  des  Raths  dass  dem  Kessler  zu  Bonamesa  „als  Mit- 
merkern'^  kohlen  zu  kaufen  und  zuführen  zu  lassen  onbillig  verbotten 
worden.  Der  Keller  zu  Hoemberg  sei  solchs  Verpott  nit  gestendis 
gewest:  er  h&tte  solehes  Grebot  nit  angelegt.  Darauf  erwiderte  einer 
Ton  Homburg;  genannt  Groshans:  sdches  werd  sich  wol  herfinden, 
wann  man  gen  Hombergk  auf  den  Tag  bis  nächst  Mitwoch  kotnmen 
werde,  solle  alsdann  desshalb  auch  gehandelt  werden.  Groshans  und 
einer  genant  Stynuß  hab  sich  dabei  öffentlich  hören  lassen :  die  Mühl 
liege  über  der  Nidda,  So  kaufe  der  Kessler  kohlen  und  führe  die 
gen  Frankenfurt;  aber  denen  ist  man  solchs  nit  geständig  gewest. 
Auf  dem  Tag  zu  Homburg  erschienen  die  Frankfurter  Beamten,  der 
Sehultheiss  «su  Bonamesa  und  Johann  Marsteller,  Bathschreiber,  mit 
samt  dem  Bereiti».  Weil  aber  der  gemein  lantman  damals  ausge- 
blieben, sind  die  genanten  alsbald  nach  dem  Essen  aufs  Rathhaus 
gegangen,  sich  gesezt  und  nach  Gewohnheit  handeln  wollen.  Es 
wnrde  aber  bemerkt  dieweil  sie  nit  bei  einander,  könnte  man  mit 
Antwort  nit  begegnen;  £.  E.  Bath  möge  die  Mengel  auf  einem 
Märkerding  anreg^i.  Auf  dem  nächsten  Märkerding,  am  8.  Jan.  152^ 
wurde  aber  nur  von  Beschädigung  des  Waldes  gehandelt.  Ej*st  sftü 
13.  wurde  dem  Bath  enigegengehalten :  der  Kessler  zu  Bonemesa 
were  ein  knecht  und  kein  Märker,  item  so  läge  die  Mule  in  der 
Nidda;  in  dem  Instrument  finde  sich  diese  Mule  nicht  verzeichnet, 
also  solle  man  solche  Neuerung  nit  geschehen  lassen.  Zugleich  er- 
griffen die  Märker  diese  Gelegenheit  sich  über  den  Brückenzins  zu 
Bonemesa  und  Hausen  zu  beschweren.  Der  Bath  beantragte  die 
Mule  in  Augenschein  zu  nehmen.  Auf  einem  weiteren  Märkergeding 
Mitwoch  nach  Apollonia,  11.  Febr.  1523,  wurde  ein  Gebot  des  Wal- 
potten,  Landgrafen  Philips  zu  Hessen  mitgetheilt,  nach  welchem  dem 
Kupferschmitt  zu  Bonemesa  kohlen  für  Geld  zuzuführen  erlaubt  sein 
solle;  der  Keller  zu  Homburg  that  dem  gemäss  das  der  kohlen  halb 
▼on  den  Märkem  erlassne  Verbot  namens  seines  Herrn  auf.  Dagegen 
ist  der  lantmann  alsbald  fast  unwillig  worden,  und  gesagt  ^sie  woll- 
ten darin  nit  willigen,  die  Mark  sei  ihre;  man  könne  das  Ihre  also 
nit  hinweggehen.'^  Die  Märker  haben  Bedacht  genommen  und  dem 
Keller  mitäieilen  lassen  ,)der  Lanlanann  hätt  sich  dess,  wie  beschehen, 
zu  dem  Wal^potten  nit  versehen,  sie  wären  ohnwissend  von  £.  Erb. 
Bathe  der  8tadt  Frankenfort  beklagt,  sie  begehrten  die  Klagsohrift 
um  daranf  zu  antworten,  sie  könnten  dem  Bescheid  nit  geleben,  nnd 

wollten  auch  itzo  verboten  haben,   dass  Niemand  dem  Kessler  sollt 

24« 


-     372     — 

kohlen  zufilhren^  welcher  das  aber  darüber  thit,  den  wollten  sie 
rügen.  Dess  mehr,  so  wäre  das  Verpott  hiebevor  durch  den  Keller 
und  lantman  sammtlich  angelegt;  und  würd'  itzo  ohn  den  hmtman 
uffgebeu;  das  konnten  sie  nit  gedulden/^  Darauf  der  Keller  sagt: 
,er  wäre  gehört,  dabei  wollt'  er'a  bleiben  lassen,  könnt'  seines  Herrn 
Bescheid  nit  ändem^^  Doch  stellte  er  die  Schrift  des  Baths  den  ge- 
mein Märkem  za,  forderte  sie  auf  zu  antworten,  sein  gnäd.  Herr 
würde  ihnen  nit  unrecht  thun.  £r  wollt'  allen  denen  die  dem  Kessler 
Kohlen  zuführten  für  allen  Schaden  sprechen,  wollt'  leiden  dass  man 
sie  rüget,  aber  das  pfenden  nit,  das  habe  allein  sein  gn.  Herr  zu 
thun,  und  sie  nit.  Er  gestund  ihnen  auch  keines  gebots  oder  Ver- 
bots in  der  Mark,  auch  das  habe  nur  sein  gn.Herr  zu  thun.  Sa  blieb 
es  diesmals  dabei. 

Auf  dem  weiteren  gebotenen  Mfirkergeding  auf  Petri  und  Pauli 
1523  erschien  Assmus  Widdersheim  Keller  zu  Homburg,    dann  Har 
mann  von  Holzhausen,  Conrad  Weiss   und  Johann  Marsteller  Rath- 
Schreiber  namens   des  Baths,    weiter   verschiedne  Abgeordnete  der 
Herrschaften  und   des  lantmans  eine  gute  Meng.    Der  Keller  zeigt 
an  dass  die  Irrungen  der  Kohlen  halber  zwischen  dnem  Erb.  Bath 
d^r  Stadt  Frankfurt  eines,    und  dem  lantman  anderntheils  sich  er- 
bf^lten,  desshalb  sein  gn.  Herr  von  Erb.  Bath  durch  eine  Supplioa- 
tion  angegangen,  darin  „etliche  recht  gebott^^  voi^eschlagen  worden, 
desshalb  er  damals  alle  angelegte  gebott  und  verbott  abgethan  und 
widerrufen.    Dieweil  etliche  Märker  wären,  die  seines  gn.  Herrn  ge- 
bott verbieten  thäten,  und  was   sein  gn.  Helr  als  oberster  Waldpott 
aufgethan,  sie  dies  gemeinlich  zugethan,  das  gleiche  seinem  Herrn 
zu  nicht  geringem  ohnleidlichen  Abbruch.     Darum  hätte  er  von  sei- 
nem gn.  Herrn  den  Befehl  vom  lantman  einen  Abtrag   (Widerruf) 
zu  fordern,   den  begehre  er  jetzo  von  ihnen.    Wollten  sie  ihn  nicht 
bewilligen   so  hab'  er  einen  andern  Befehl  ihnen  ftürzuhalten,  der 
ihnen  wenig  gefallen  würde.   Darauf  hat  der  lantman  einen  Bedacht 
genommen  und  durch  Hans  Urber,  den  Schnltheissen  zu  Oberursel, 
reden  und  fttrtragen  lassen :   Das  Verbot  der  Kohlen  sei  mit  Willen 
des  Kellers  von  Homburg  geschehen,  so  aber  der  Bath  von  Frankfurt 
dem  landgrafen  geklagt,  und  sie,  die  Märker,  noch  nit  gehöret  wor- 
den, wäre  von  Nöthen  dass  man  auch  sie  Hess  zur  Verantwortung 
kommen.    Sie  wollten  auch  eine  Schrift  an  Se.  Gnaden  machen  las- 
sen und  darin  alle  ihre  Mängel  und  Gebrechen  anzeigen.    Es  wäre 
bekannt,   dass  die  Schmitt  zu  Bonames  nit  über  10  odw  11  Jahren 
gestanden,  darum   gestünde  man  ihr   kein  Markrecht.    Darauf  be- 
merkte der  Keller:  Er  wäre  gehört^  er ^ wäre  nit  zugegen  mit  ihnen 


—     373     - 

zu  „taglajBBen''  sein  gn.  Herr  werde  wol  Leut  haben,  die  geschickter 
wären  denn  er;  verlangt  nochmals,  wie  vorbegehrt,  den  Abtrag.  Der 
Lantman  aber  erwiderte,  sie  wollten  kein  gebot  haben,  und  ,^hatt 
ein  unfreundlich  Gemurmell  gehabt,  also  dass  der  Keller  sich  ent- 
setzt und  eyn  andern  Weg  fürgenomen^'  sich  bedacht  und  gesagt^ 
er  dürfte  dem  lantman  rathen,  dass  sie  ihr  Gebot  liessen  absein,  und 
seines  gn.  Herrn  Gebot  liessen  fürgehen,  bislang  die  Sach  geordnet 
oder  die  Mule  besichtigt  würde,  damit  Niemand  unrecht  geschehe. 
Aber  der  Lantman  sich  nit  bewegen  lassen,  sondern  beharrte  auf 
dem  Fllmehmen,  wie  er  die  Verantwortung  und  Bericht  in  Schriften 
wollte  verfassen  lassen ''.  Also  nach  vielen  Reden  und  Widerreden 
sagte  der  Keller:  er  gebiete  allen  Kölern  und  Märkem  dass  sie  der 
Kupferschmid  Kolen  sollten  zufliren  bislang  die  Sach  geordnet  werde. 
£r  wollt  auch  einem  Jeden  vor  allen  Schaden  versprechen.  Darwider 
soll  auch  Niemand  reden.  Da  waren  etliche  Märker  die  das  wider- 
sprachen, und  sagten  sie  wollten  das  widersprechen.  .Also  sagt  der 
Keller  zuletzt:  er  wollt  die  Sach  diesmals  bei  seinem  Verbot  und 
Gebot  bewenden  lassen,  sein  gn.  Herr  würd'  sich  gegen  Inen  wol 
zu  halten  wissen;  nahm  Herrn  Haman  und  Conrad  Weissen  zur  Seite, 
sagte  ihnen:  dass  er  seines  gn.  Herrn  Gebot  nit  angelegt  wäre 
dies  die  Ursach,  dann  er  besorgt  wo  er  das  geihan,  es  wären  dem 
Lantman  Pferd,  Kühe  imd  anderes  genomen  worden ;  dadurch  andere 
von  der  Ritterschaft  als  Grafen  Herren  und  Edelleut  zur  Sach  und 
ohn  Willen  kommen  wären,  dass  dann  vielleicht  mehr  zu  ohnnutz 
dann  zu  gutem  komen  möcht.  Darnmb  hätt''  er  das  unterlassen. 
Darauf  Eberhart  Schenck  zum  Keller  gesagt :  Ein  Edl.  Rath  sei  nit 
gemeint  Unwillen  zwischen  dem  lantman  aufzurichten,  sagt  also  dem 
Keller  Dank.  Dieser  verspricht  er  wollt  selber  in  die  Höhe  reiten, 
und  allen  Kölern  von  wegen  seinem  gn.  Herrn  gebieten  derKupfer- 
schmitten  Kolen  zuzuführen.  Dabei  blieb  es.  Doch  hatten  etliche 
vom  lantman  gesagt,  so  dass  es  der  Marsteller,  und  auch  des  Amt- 
maus  Kjiecht,  der  schmit  zuBonemesa  gehört:  sie  wollten  dieKoeler 
alle  erschlagen  wenn  sie  Kolen  nach  Bonemesa  ft)hreten. 

Am  Tage  Margarethae  Virginia  in  anno  1523  ülierreichten  die  Mär- 
ker eine  Schrift  an  Herrn  Phillipsen,  Landgrafen  zu  Hessen,  den  Walt- 
potten.  Sie  sagen  darin :  Es  hab  ein  Erb.  Rath  zu  Frankfurt  in  den 
letzten  11  Jahren  jenseit  der  Nidd  und  dem  Flecken  Bonemesa  ausserhalb 


S9  Weiterhin  wehrte  er  sich  wieder  gegen  das  „in  die  Feder*'  reden. 


—     374    — 

des  Bezirks  darin  das  Markrecht  herbracht  sei^  ein  kupferschmitten 
gebaut  und  ein  Zeitlang  ihre  kolen  zum  theil  aus  der  Mark  doch  ohn 
der  Märker  gemein  Erlaubniss  oder  wissen^  um  ihr  Geld  bestellt  und 
sich  des  stillschweigend  also  zu  brauchen  unterstanden^  bislang  solches 
an  sie^  die  Märker^  auf  gemeinem  Märkertag  gelangt  sei.  Die  Mär- 
ker hätten  sich  unterredt  dieweil  solch  Schmitten  jenseit  der  Nidde 
gelegen  und  zufbren  der  kolen  ein  Neuerung  were^  darauf  nach  ge- 
meiner Mark  Herkommen  entschlossen^  man  sollt  es  von  Sr.  F.  Gn. 
als  obersten  Waltpotten  wegen  yerbieten.  Welchea  s.  F.  Gn.  Keller 
zu  Homburg  „wie  sich  auf  beschluss  des  Merckers  gebUrt,  auch  ge- 
than".  Dabei  sei  es  ein  Zeitlang  also  blieben^  dasswiewol  derBath 
zu  Frankfurt  zu  mehrmalen  darwider  habe  klagen  lassen,  die  Märker 
doch  und  Sr.  F.  Gn.  Keller  mit  ihnen  auf  gemeltem  beschluss  des 
Verpots  bestanden.  Die  von  Frankfurt  hätten  dann  die  sach  zu  ihrem 
glimpff  aufgenitizet,  imd  Sr.  F.  Gn.  derhalben  bevelh  geben,  die  be- 
rührten Verbot  abzuschaffen  und  es  bei  dem  alten  Herkommen  bleiben 
zu  lassen.  Dieses  letztere,  dass  es  bei  dem  alten  Herkommen  bldben 
solle,  haben  sie  gerne,  gehört,  und  die  Sach  auf  ihrem  ersten  Beschluss 
bestehen  lassen,  ihres  Vermuthens  nit  unbillig,  nicht  als  ob  sie  den 
befehl  freventlich  übergangen  sollten  han.  Das  Verbot  sei  ihren 
Bechten  und  dem  Instrument  zuwider  welches  besage:  was  der  ge- 
meyn  Mercker  eyntrechtiglich  besdiloss  soll  der  oberst  Waltpott 
hanthaben.  Die  von  Frankfurt  möchten  noch  mehr  Schmitten 
bauen,  und  würd  die  Lenge  der  Mark  nit  genügend  sein,  ihnen  zu 
ihrem  Wesen  kolen  zuzulassen.  Am  Spessart  und  andern  grossen 
Wäldern  gebe  es  am  Holz  allenthalben  ab,  desgleichen  in  der  Hohen 
Mark  gestatte  die  Notturft  kein  Neuerung.  Sie  verlangen  von  ihrem 
gn.  Herrn  und  Waltpott  dass  er  sie  schirme. 

Es  ist  in  dieser  Schrift  zu  beachten,  wie  die  Märker  den  feinen 
Unterschied  des  Bömischen  Bechts  zwischen  Besitz  und  Herkommen, 
wol  mit  einem  gewissen  Hohn,  übersehen  und  glauben  machen  wollen, 
der  Bath  habe  nur  auf  Letzteres  sich  berufen.  Ebenso  ist  es  be- 
merkenswerth  wie  der  Waldpott  seinerseits  im  Folgenden  die  Stellung 
eines  Bömischen  Prätor  einzunehmen  sucht  und  seinem  Amtmanne 
Aufträge  gab,  ähnlich  wie  derBömische  judex  sie  erhielt.  Der  Land- 
graf theilte  die  Antwort  der  Märker  dem  Bath  in  einem  Schreiben 
d.  d.  Sontag  nach  Jacobi  ap.  1523  mit,  es  heisst  darin:  Unsem 
günstigen  Gruss  zuvor.  Wir  haben  den  gem.  Märkem  befolen  die 
kupferschmitt  in  ihrem  brauch  zu  lassen,  wie  das  von  Alter  Her- 
kommen wäre;  nachdem  aber  sie  weiter  darüber  gehandelt,  einen 
Abtrag  von  ihnen  gefordert,  darauf  sie   uns  Antwort  gegeben  wie 


—     375     — 

hierin  eu  vemehinen«  Wenn  also  die  sach  wliire  wie  die  Merker  an- 
zeigen,  wiewol  wir  auch  zu  willfahren  geneigt  wären,  müssen  wir  es 
dabei  lassen;  wo  es  ein  ander  Gestalt  hat,  möcht  ihr  uns  Bericht 
darauf  geben,  seint  wir  geneigt  „soviel  uns  mit  Icht  fiigen  will'  der 
Gepüre  und  gnädlich  darin  zu  halten.  £s  beeilte  sich  hierauf  der 
Bath  zu  erwidern,  wie  seit  Jahren  der  Mühle  kohlen  zugefiirt  wor- 
den, es  sei  mit  Wissen  und  Erlaubniss  der  Märker  geschehen;  als  der 
Bath  im  Jahr  1521  auf  dem  M&rk^ding  sich  beschwert,  etliche  ver* 
hinderten  dass  kohlen  zugefürt  würden,  hab  der  Keller  gesagt,  er 
wisse  nichts  von  solchem  Yerpot,  er  hab  es  nicht  gedian.  Der  Bath 
bemerkt  weiter,  die  Mühle  liege  nicht  jenseit  der  Nidda»  es  sei  altes 
HeriLonmien  dass  man  jeden  Märker  bei  seinen  Beohten  belasse.  Das 
Instrument  gäbe  dem  lantman  nicht  das  Becht  Grewahsamkeit  zu 
üben,  noch  dem  Waltpotten  ungerechtes  Fümehmen  einem  Dritten 
zum  Nachtheil  zu  handhaben.  So  der  Landman  in  seiner  eignen 
Sadi  reohtsprechen  mdcbt  und  den  Mitmärker  seines  Bechts  entsetzen, 
so  möcht  er  heut  einen  und  morgen  den  andern  hinauswerfen,  und 
ihnen  ihr  Jlecht  nach  Gelieben  nehmen.  Darum  sei  die  unterthenigste 
bitt  s.  F.  Gn.  als  oberster  Waltpott  und  beachirmer  solcher  obbe- 
stimmten  Becht  und  G^echtigkeit  wolle  den  Bath  als  Mitmärker  bei 
sdnen  unleugbaren  beseß  und  Bechten  erbieten,  handhaben  und  dem 
Gebot  Vollziehung  thun. 

D^r  Waltpott  war  damals  offenbar  in  grosser  Verlegenheit;  einer- 
seits das  Drängen  des  Frankfurter  Baths  auf  sein  gutes  Becht,  an^ 
derer  Seits  die  drohende  Bew^ung  des  lantmans;  dazu  kam  seine 
Betheiligung  an  der  Fehde  mit  Sickingen.  Am  Sonntag  nach  dem 
b.  Dreikönigstage  hatte  er  von  Cassel  aus  dem  Bath  geschrieben,  er 
wolle  seinem  Amtman  zu  Eppstein  und  Keller  zu  Hombeig  vor  der 
Höbe  thun  schreiben  und  befehlen  mit  Fleiss  in  die  Dinge  zuzu^ 
sehen,  dass  es  wie  vor  Alters  gehalten  werde«  iBin  zweites  Schreiben 
datirt  am  Sonntag  nach  Corpus  Christi  1523  aus  dem  Feldlager  bei 
Ebernburgk  besagt :  sobald  er  wieder  innerhalb  Landes  gekommen 
wäre,  wolle  er  verschaffen  dass  das  beschehen  Verpot  au%ethan,  den 
Schmitten  kolen  zugef&hrt  werden«  Es  folgt  nun  ein  drittes  Schreiben 
d.  d.  Cassel^  Freitag  nach  Assumpte  Mariae  1523  an  seinen  Amtman 
Helwigen  von  Lauerpach:  Wir  schicken  dir  hierbei  Abschrift  eines 
Bmchts  uns  von  den  zu  Frankfurt  zi^gesehickt,  belangend  dieselbigen 
von  Frankfurt  von  wegen  einer  kupferschmitten,  und  die  Märker  in 
unser  Homburger  Mark  uf  der  Hohe,  und  dieweil  die  von  Frankfurt 
sich  anmaassen  dass  sie  solober  Schmitten  halber  des  Markrechts  in 
gemelter  Homburger  Mark  in  besess^  und  desshalb  offenbar  sein  soU, 


—     376     — 

auch  darauf  vorige  unsere  bescheid  und  heSM  g^allen,  und  aber  die 
Märker  solches  dermassen  nit  gesiendig  sein  wollen;  —  ist  unser 
befehl  dass  du  dich  in  solchem  sommarie  erkundigst  und  wo  es  notb 
thut  beide  tlieile  darzu  forderst  ^  dessbalb  ihren  Bericht  und  weiter 
Beibringung  zu  hören,  und  wo  du  befindest  dass  die  kupferschmitt 
in  Bonames  in  besess  bt,  oder  je  zum  wenigsten  dass  sie  in  sechs, 
acht  oder  zehn  Jahren  dem  nftchsten,  kohlen  aus  der  Höhe  gebraucht 
hat;  alsdann  ,,yon  Unsem  wegen  als  obersten  Herren  und  Waltpot- 
ten  gemelter  Schmitt  solche  kolen  flirther  bis  zu  rechtlichem  Austrag 
der  Sachen  zu  gebrauchen  vergennest',  auch  dassdbige  bei  den 
Merkern  unverhindert  geschehen  zu  lassen  verschaffest,  und  denselben 
Merkern  ansagest:  wo  sie  darin  Beschwerung  hätten,  dieweil  dann 
solche  Irrung  zwischen  ihnen  und  den  von  Frankfurt  schwebt,  der- 
halben  die  Märker,  als  Partheien,  unsers  Fürsehen  nit  urtheilen 
mochten,  so  wären  wir  geneigt  ab  der  Oberherr  und  Waltpott  gen 
Homburg  Tag  zu  setzen,  die  Oebrechen  auch  beider  Tlieil  bewei- 
sung  rigentlich  hören,  und  darin  was  recht  ist  geschehen  zu  lassen, 
und  dass  darauf  ein  Theil  den  andern  bei  recht  und  Gewalts  erlassen, 
daran  geschieht  unsere  Meinung.  —  Der  Amtmann  soUte  also  zuför- 
derst über  die  Besitzfrage  Untersuchung  einleiten,  dann  über  das 
Recht  selbst.  Er  ordnete  eine  Tagfahrt  nach  Bonames,  Dienstag  nach 
Mathai  den  22.  Sept  1523;  es  fanden  sich  daselbst  ein  von  Seiten 
des  Baths  Dr.  Niclaus  Bideker,  Advocat,  Haman  von  Holzfaausen, 
Schöff,  und  Conrad  Weiss,  Bathsireund,  samt  Job.  Marstell^  dem 
Berater  und  etlichen  Söldnern,  weiter  etliche  vom  gemajn  landt- 
mann;  anstatt  Ss.  gn.  Herrn  zu  handeln  war  der  Ambtman  vor  der 
Hohe  Helwig  von  Lauerspadi  zugegen  „auf  der  Wiesen  zwischen 
d^n  Müelgraben  und  der  Nidda,  nahend  bei  dem  Weher,  so  dass 
Wasser  auff  die  gnant  schmit  zwingt^^  Daselbst  baten  die  von  Frank- 
furt den  Amtman  des  besess  halben  zu  handeln,  und  dass  der  sdmiit- 
ten  bis  zu  rechtlichem  Austrag  kolen  zugeführt  würden  zu  verschaf- 
fen. Sagt  der  Amtman  solche  Meinung  steh  noch  bei  ihm  dem  laut- 
man  fürzuhalteI^  Er  besorge  die  Pauem  würden  solcfas  nit  thun  ; 
er  wollt  doch  soviel  möglich  darin  handeln.  GUng  also  zum  lantman 
mit  dem  des  Tags  Eröffnung  halben  zu  reden.  Er  verlangt  dass  ihm 
diejenigen  genant  würden  welche  der  kupferschmitt  kolen  aus  der 
Mark  zugeführt,  damit  er  sich  der  Sachen  erkundigen  mödit  Dem 
widersetzte  sich  der  Schultheiss  von  Obemrsel  und  Grosshenne  von 
Homburg :  der  lantman  könne  jetzt  keine  Antwort  darauf  geben,  er 
bat  um  ein  gemein  Märkerding,  dass  aUe  ,die  Lehenherm  und  Jun- 
kern so  Markrecht  betten,  dahin  kommen  moditen,  damit  Inen  und 


—     377     — 

• 

der  Mark  nichts  entflogen  Würde^.  Die  von  FrahkAirt  erboten  sich 
die  Namen  scbriftKch  dem  Amtman  zuenschicken;  sie  beriefen  sich 
dann  w^en  des  Bechtes  selbst^  auf  den  Augensdiein  ,,da8s  der 
Graben  so  uff  die  kapferscbmitt  Uef,  ntt  die  Nidd  hieß*.  So  gefragt 
würde:  wie  heiaat  das  Wasser  so  anf  die  kupferschmitt  lanft  mllsst 
gesagt  werden:  der  Mülgraben  so  auf  die  Mole  lanft^  and  wieder  so 
gefragt  würde  wie  heisset  das  Wasser  „den  8tranmb  der  Nidd  mey- 
nend'^,  müsst  getagt  werden :  die  Nidd«  Ans  dem  kläriieh  absran^men 
dass  die  Mühle  nit  auswendig;  sondern  in  der  Mark  gelegen  wäre. 
So  wftre  länger  denn  Menschengedenken  eine  Walkmühle  an  Statt 
der  Enpferschmitten  gelten  gewesen  ^  die  ak  in  der  Mark  gehalten^ 
und  darwider*  keine  Einrede  gethan  worden.  Schliesslich  wurde  vom 
Amtmann  ansgesprochen,  dass  ein  jeder  so  vom  lantman  zugegen 
gewesen  seinen  ^Naehpauren'^  diese  Handlung  entdecken  soll;  damit^ 
wenn  sie  zum  nächsten  Märkerding  kcnnmen,  ein  Jeder  wksen  möge, 
was  er  thun  und  lassen  sollte*  Und  sagt  f^mer^  er  mödit  wol  leiden, 
dass  sie  ^geschickt  leuih  dahin  schicken ,  dann  wenn  sie  Ochsen  da- 
bin verordneten;  so  zi^pennd  (zäg^i)  sie  als  die  Buffell  und  kont 
niemani  mit  Inen  tfeherr  komen;  so  stunden  der  eyns  taik  und 
sagten  von  mehen  oder  sehemi;  die  andern  hörten  nichts  zu^^  Solche 
Spässchen  hörte  man  gern,  doch  ist  es  dabei  -geblieben ;  dass  ein 
Märkergeding  solt  vericündet  werden.  Mitwoch  nach  Pfingsten  1584 
erschien  auf  der  An  vor  Oberorsell  Jacob  Widdersheyn;  Schnltheiss 
zu  Homburg  samt  dem  neuen  Kdler  daselbst  'ab  Anwalt  des  Ober- 
stcai  Waltpotteu;  Johann  Brennel  (Brendel)  als  Märkemmster;  dann 
Fridrich  von  Byffenberg;  N.  Kanipach;  Eberhard  Schenk;  water 
Conrad  Wdss  und  Johann  Marsteller.  Als  der  lantaan  die  Wahlen 
allzusehr  in  die  Länge  zog;  verfügte  sieh  Herr  Conrad  Weiss  mit 
dem  Batbsehreiber  in  den  Kreis ;  brachte  die  Irrung  wegen  der  holen 
vor;  bat  in  Ansehung  der  billigen  G^echtigkeit  nochmals  von  ihrem 
unbilligen  Fömebmen  abzustehen.  Darauf  sich  der  lantman  bedacht 
und  nach  guter  Weile  einen  Kreis  gemacht  und  in  Betsein  des  An- 
walts von  Homberg  der  kolen  halb  geantwoftet:  Sie  gestehen  der 
kupfersdimitt  kein  Gerechtigkeit;  denn  sie  lieg  in  der  Niddc;  so  sag 
das  Instrument  man  soll  darin  kein  kolen  geben. 

Frdtag  nach  Corpus  Christi  1684  ist  auf  Ansudien  des  Baths 
der  durchlauchtig  hochgebom  Fürst  und  Herr;  Herr  Philipps  Land- 
grafen zu  Hessen  sammt  seinem  Canzler  zuBonemesa  auf  den  Augen- 
schein; die  Kupferschmitt  belangend  erschienen;  die  besichtiget;  auch 
den  Fluss  des  rechten  Straumbs  der  Nidd  gesdian  und  E.  Erb. 
Badis  Bericht  empfiangen.   Den  Gesandten  des  Baths  wurde  -durch 


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den  Cansler  in  Antwort  begegnet:  Auf  das  Widerabreiten  Yom 
Sohietsen  %n  Heidelberg  sollt  £.  Erb.  Batk  ansuchen  ^  wollt  sein 
Gn.  ein  Märkerding  machen  und  ehrUohe  Bäthe  zur  Handlung^  darin 
die  Partheien  zu  verhören ,  bei  den  Augenschein  verordnen  lassen. 

Freitag  nach  Bonifaciw  ist  darauf  Johann  Marsteller  bei  s^ 
günst  Herrn,  dem  Schrauttonbach  zu  Gronberg  gewesen.  Sobald 
dieser  abgesessen  Und  sich  aussieben  lassen,  sei  er  im  SoUoas  oben 
erschienen,  habe  um  Tagsatzung  angesucht.  Schrauttenbach  habe 
beg^net,  er  woUe  es  seinem  gn.  Herrn  anzeig<eu,  habe  ihn  auf  den 
Abend  wieder  beschieden ,  dieweil  die  B&th  noch  hemidden  im 
Flecken  gewest  Also  sei  er  um  3  Uhr  wider  hinauf  gangen  und 
habe  sich  ansagen  lassen.  Bald  darnach  seien  Schrauttenbach  und 
Helwig  von  Lauerback,  Amtman  zu  Eppstein  und  Cronberg  zu  ihm 
kommen,  der  gn.Herr  }asse  ihm  sagen,  wie  er  dem  Amtman  Helwig 
Befehl  gethan  da»  Instnunent  der  Mark  zu  ersichtigen  und  auch 
sonst  bei  den  Märkem  in  Erüurung  zu  bringen,  ob  der  Tagsatzung 
halber  ein  benante  Zeit  im  Instrument,  oder  sonst  der  Mark  Brauch 
were;  wo  dann  dem  also,  denselfaigen  Weg  zu  halten,  die  B&the  und 
Gericbtschreiber  zum  Verhöre  zu  verordnen.  J.- Marsteller  bedankt 
sijch  dieser  Antwort  mit  d^  Zuversicht  £.  Erb«  Bath  werde  s.  f.  Gn. 
freondlichenDienst  allerzeit  gemwillig  gedenken,  gedienen  und  onver« 
gessen  sein.  Br  berichtet  dann  weiter:  „demnach  hatSchrauttenbaoh 
J.  Hellwig  von  Lauerbacfa  gleich  bevolhen  mich  im  SaaU  bei  dem 
Essen  zu  bduslten.  Darauff  ich  mich  bedankt  und  aBgesagt  daß 
gijeh  ufisitaen  und  den  Weg  geynh  Frank&rt  woll  fbmemen.  Da 
hab  ich  doch  zuvor  mit  dem  Amtman  üi  den  Keller  gehn  und  eyn 
Drunk  nemien  mflssen.  Hab  also  bei  dem  Herrn  Schrauttonbach  und 
Juncker  Hellwig  mein  freundlichen  Abschaid  ehalten,  der  milr  aber«- 
mals  zugesagt  des  Tags  und  der  Benennung  Indenk  zu  sein  und 
aufs  förderlichste  zu  vollnziehen.  Dabei  pUeb  es*. 
'  Auf  dem  Märkerding  Diensti^  St  Lucastag  wurden  die  Gesand- 
ten der  Herrsohafben  vom  Keller  .zu  Homburg  gefragt,  ob  sie  mit 
E.  Erb.  Bath  gütlich  Veriiöre  annehmen  wollten  oder  aber  rechtlicb 
für  s.  gzL  Herrn  den  landgrafen  fUrkommen  wollten.  Sie  haben  nach 
einem  Bedacht  dem  lantman  angezeigt,  und  die  überredt  die  Gtlte 
zu  verfolgen;  es  i^  solches  durch  Philipp  Bjffenstajm  von  wegen 
der  Märker  o£Eenilieh  zugesagt  worden.  Darauf  wurde  Dienstag  nach 
Martini  ids  Tag  zum  Güteversuch  bezeichnet  Es  eröffiaete  denselben 
in  Homburg  der  Edel  und  Ehrenvest  Helwig  von  Lauerpach  mit 
begehr  ihm  etliche  Schreiber  zuzugeben,  dage  und  Antwort,  au&u- 
schreiben,  dann  ihm  solche  Fürtrag  im  Haupt  zu  behalten  unnK%* 


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lieh  wäre.  Die  Edelleute  Mimt  dem  Lantman  erklären  daas  sie  allein 
dem  Waltpott  zu  Ehren  ^  Ihren  Bechten  unvorgreiflich,  erschieneai 
seien;  es  wäre  dem  Weisthum  und  ihren  Markrechten  zuwider  ^in 
Schriften  etwas  zu  handien  ^  sondern  wollt  £.  Erb.  Bath  etwas  clagen^ 
das  sollt  mondlich  gescheen,  und  in  Lufilb  geredt  werden ;  wollten  sie 
sich  daruff  bedenken  und  Antwort  geben*.  Der  Amtman  sagt  „were 
ihm  nit  müglich  zu  behalten;  was  in  Luft  geredt  werde,  darum  were 
sein  Bitt  noch  als  vor'^  Der  lantman  wollte  aber  nit  in  die  Feder 
reden;  begehrten  dass  die  Klage  in  der  Güte  geschehe  mündlich; 
wo  aber  nit;  begehrten  sie  den  Tietg  bis  ssa  einem  Märkerding  „u^ 
zuschurizen*.  Als  sich  beiderseits'  Yiele  Bede  Terlaufeii;  sagt  der 
Amtman  „der  tag  sei  gelajst;  er  konnte  nit  meh  thun*;  dann  er 
möge  wol  seinem  gn.  Herrn  anzeigen;  warum  und  wesshalb.  sich 
dieser  Tag  gestossen  habe.  Darauf  Eines  Erb.  Baths  Gesandten  dem 
Amtman  gedankt  und  gebeten  dem  Waltpoden  zu  entdecken  das« 
sie  an  dem  Zenrtossen  dieser  Handlung  nicht  Schuld  gewesen. 

So  sah  der  Bath  sich  genöthigt  Samstag  nach  Katharina  1524 
redhtliche  kli^e  zu  erheben.  Die  Form  derselben  ist  hier  nicht  un- 
wesentlich; sie  beginnt: 

^An  Herrn  Philipsen;  Landgr^ven  zu  Hessen.  Durchlauchtiger; 
hochgebomer  Fürst  1  E.  F.  Gn«  seien  unser  unterthlnig  willig  Dienst 
alles  Fleiss  zuvor  bereit.  —  Gnädiger  Herr.  —  Der  Irrung  und 
Gebrechen  halben  so  sich  zwischen  dem  lantman  und  unsern  Mit» 
merkem  der  Homburger  Mark  eyns  —  und  unS;  unser  kupfersohmitt^i 
halben  zu  Bonemesa  andemtheils  erhalten'^  Die  Klage  gedenkt  im 
Eingang  der  Verhandlungen  vor  dem  Märkergeding;  und  des  Güte- 
versuchs  bei  welchem  aber  „nichts  fruchtparlichs  gehandelt^  weisst 
hin  auf  den  genommenen  Augenschein  und  die  Oflfenkundigkeit  dass 
die  kupferschmitte  in  der  Mark  liege ;  deshalben  wie  andere  schmitr 
ten  darin  gelegen;. Markrecht  habe.  Viel  Jahre. habe  sie  dies  Becht 
geübt;  der  Kelli3r  ku  Homburg  habe  der  Märker  Verbot  wiederum 
geöffnet.  Es  wäre  unbillich  dass  dem  grossen  Haufen  der  Märker 
gestattet  werden  sollt  den  cläger  von  seinen  offenbaren  Markrechten 
ohn  einig  vorgehend  Gericht;  recht  oder  Erkantniss  zu  vemnrechten, 
dieser  wisse  anders  Niemand«  um  gebürliche  Hilf  „dann  den  obersten 
Waltpottela  und  Herrn  der  Homburger  Mark'^  anzurufen.  Die  Bitte 
gebt  dahin  Se.  F.  Gn.  wolle  gnä^gl.  verftkgeu;  dass  der  Schmitten 
kolen  bis  zu  Austrag  der  Sachen  zugeführt  werden;  und  den  so 
holen  führen;  für  schaden  sein  imd  dass  sie  Arges  nit  zugewarten 
haben.  „Wo  dann  die  Märker  je  vermeinen  wollten;  dass  soUichs  nit 
Eteinr  sollt;  so  wollen  wir  ihnen  desshalb  flirderlicbs  und  schleiuiigs 


-     380    - 

rechtes  vor  E.  F.  Gn.  als  dem  obersten  Walltpötten  und  Herrn  der 
Markfa^  nit  vor  sein;  des  wollen  wir  uns  ...  zu  Ew.  F.  Gn.  als 
unserm  gn*  Herrn  untertheniglich  verdrehten  und  solchs  alles  Vleis 
umb  dieselben  E.  F.  Gn.  wiederumb  zu  verdienen  willig  und  bereit 
erfunden  werden^.  Der  Bath  bittet  zuletzt  um  schriftliche  geneigte 
Antwort. 

Diese  erfolgte  schon ,  von  Cassel  aus^  Montag  nach  Andrea 
Ap.  Sie  war  ausweichend;  im  Gefllhle  einer  bescheidenen  Machtstel- 
lung abgefasst.  DerWältpott  schreibt:  er  sei  nit  gemeint  die  Zufilh- 
rung  der  kolen  zu  hindern,  sondern  des  Gemüts  so  viel  an  ihm  läge 
kolen  zuzuflifaren  zu  gestatten ;  dass  er  aber  vor  Schaden  sein  und 
d^m  gebürliehe  Verhütung  thun  solle  „das  will  unS;  als  ihr  selbs  zu 
ermessen  habt;  beschwerlich  sein.  Wir  lassen  aber  geschehen;  dass 
ihr  auch  etwas  besesS;  soviel  recht  ist;  geprauchet;  was  uns  dann 
unsern  theils  als  ajnem  obristen  Waltpotten  und  Herren  der  Marck 
dartzu  zu  thun  gebürt;  an  dem  soll  an  uns  kejnn  Mangell  gespürt 
werdeni;!*'. 

Zum  Schlüsse  dieser  Verhandlungen  findet  sich  dann  in  den 
Akten  Mglb.  E.  29.  11^.  S.  95  noch  eine  förmliche  Elagschrift  des 
BathS;  welche  mit  den  Worten  beginnt:  Für  euch;  den  emvesten 
and  verordneten  Rathe  des  durcbl.  hochgeb.  Fürsten  u.  H«  etc.  er- 
scheinen Eines  E.  Raths  zu  Frankfurt  Anwälde  zU;  „gegen  und  wi* 
der  die  emvesten  und  ersamen  landtman  und  Merker  derHombergor 
Mark;  und  bringen  nachfolgende  Mejnung  in  schlechter  erzelung 
der  G^chicht  in  Recht  klagweiß  für^';  und  sagen ;  dass  wiewol  die 
kupfermüle  zu   Bonamese  in  der  Homburger  Mark  und  derselben 

bezirk  gelegen   sei;  und  dessfaalb  Markrecht  hab; so 

sei  doch  auf  begehr  des  gem.  lantmans  und  Merker  der  Hom- 
berger  Mark  verboten  worden;  dass  der  kupferschmitt  zu  Bona- 
mesa  und  den  Inhabern  derselben  kolen  aus  der  Mark  zu- 
gefUhret,  oder  um  ihr  Geld  verkauft  werden  solle.  Verhandlungen 
auf  den  Märkerdingen  und  Güteversuch  seien  vergeblich  gewesen. 
t)emnach  sei  der  Anwälte  „in  recht  bit  und  begehr  an  die  verord- 
neten Bäthe  ....  sie  wollen  mit  endlichem  Bechtspruch  sprechen; 
urtheilen  und  erkennen;  dass  vielgemelter  gemainer  lantman  und 
Märker  der  Honkbuiger  Mark  solch  Neuerung  fürzunehmen  undVer- 
pot  legen  zu  lassen  und  zu  verschaffen  nit  gepürt  und  daran  Unreclit 
gethan  habC;  dass  auch;  solch  vermdndichen  Verpotts  onangesehen, 
der  kupfermül  zu  Bonemesa  und  Inhabern  derselbigen  Markrecht 
gleich  andern  Merkem  .  .  folgen;  gedeyeu;  auch  Holz  und  kolen 
mgfiürt  werden  sollen  und  mögen;  lüles  mit  erstattenden  kosten  und 


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Bchadeii  ....  mit  ferner  angehüiigtorBitt,  in  diesem  FiJl  wuBeekt 
sei  asu  sprechen;  und  ihnen  den  Anwälden  anstatt  eines  Erb.  Baths 
au  Frankfurt  dasselbe  mitzuthdlen,  auch  den  Gegenthdl  uff  solche 
Ela|;  zu  antworten  und  den  krieg  ftlr  allen  Dingen  zu  befestigen 
anzuhalten^.  Es  folgt  zum  Schluss  der  gewöhnliche  Vor  bdialt  die 
Klage  au  mehren  und  an  äiindem. 

Wie  diese  Sache  zu  Ende  gegangen ,  dartlber  $ndet  sich  weiter 
nichts  vor.  Wahrscheinlich  hat  der  Bath  fUr  klug  angeseheu,  fiß 
beruhen  zu  lassen.  Ln  Jahre  1561  wurde  sie  auf  einem  Märkerding 
wieder  angeregt:  Es  hab  sich  in  kurzer  Zeit  ein  Messerschmit  gen 
Bonames  gesetzt ,  der  verbrauch'  au  seinem  Hantwerk  soviel  kolen 
und  Holtz,  dass  es  der  Mark  zu  grossem  schaden  reiche;  desshalb 
auch  die  Hufscbmid^  Waffenschmid|  kopferschmid,  Schlosser  und  an* 
dere  in  der  Mark  gesessen,  darüber  klageten  es  kom'  ihnen  zu  gros- 
ser beschwerung,  dann  der  Messigschmid  näm'  die  kolen  so  theuer, 
dass  sie  kerne  kolen  können  bekommen,  er  halte  auch  einen  sonder- 
lichen knecht  und  ein  Pferdt  des  Walds  halben,  der  ihm  Hohs  und 
kolen  anführe.  Darauf  haben  sich  die  Märker  beqprochen  und  bedacht 
dass  vor  Jahren  eine  kopferschmitte  zu  Bonmes  sei  gewesen,  die  .sei 
abgangen,  aber  anstatt  derselbigen  sei  eine  BapiermttU  eingerichtet 
in  dero  wol  soviel  oder  mehr  Holz  und  kolen  verbraucht  werden 
als  zuvor  in  der  kopferachmitten  verbrauclit  seien,  dass  aber  gar 
darüber  nun  auch  eine  kopfer-  oder  messig-schmitten  (zu  verderbung 
des  Walds)  angerichtet  sei  oder  wöll  werden  Das  sei  gar  ein  neues. 
Auch  einen  Glasmacher  haben  die  Märker  nit  wollen  leiden,  ebenso 
Eschenbrenner.  Henrich  Biedesell  hab  wollen  Kalk  zu  Obern  Espach 
lassen  brennen,  aber  die  Merker  habens  ihm  versagt.  So  sagten  sie 
auch  wegen  des  messigschmid  sie  wollen  ihm  soviel  Holz  und  kolen 
als  er  zu  seiner  gemeinlichen  Haushaltung  bedürf,  gleich  einem 
andern  Merker  gunnen  und  nit  wehren,  aber  Holz  und  kolen  zu 
seinem  Hantwerk,  das  könnten  und  wollten  sie  nit  leiden. 

Auch  hier  bei  dem  Bechtsverhältnisse  der  Ausmärker  werden  wir 
wieder  hingewiesen  auf  den  Stolz  den  der  Märker  an  den  Tag  legte,  dass 
er  in  der  Mark  auf  seinem  eignen  Ghrund  und  Boden  stehe.  Würde, 
so.heisst  es  auf  dem  Märkerding,  Catharinentag  1401,  ein  Märker 
begriffen  der  die  Mark  schädigte,  den  sollen  die  Märkermeister  oder 
Förster  rügen  und  nit  pfänden,  der  solle  zu  büß  verloren  haben 
XV  tomese.  Würde  aber,  so  beisst  es  weiter,  ein  Ausman  in  der 
mark  begriffen,  der  da  innen  gehauen  hätte,  der  hätte  „lip  und  gut 
verloren,  und  sulde  man  den  Manne  antworten  dem  Walpoden,  der 
mitime  leben  mag  wie  er  will,  ane  den  dot  und  lemede^f  die  Pferde 


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sollen  werden  dem  lantman;  und  von  den  Pferden  den  Märkermastem 
▼iii  6  heller^  nnd  Wagen  und  Greschhr  den  Förstern.  Ebenso  wurde 
anf  dem  ifärkerding  von  1488  gesagt:  wftr^  es  dass  ein  Märker  in 
derMarg  begpriffen  würde^  den  solte  man  nit  pfenden  sondern  mgefi; 
der  solte  xxk  Schilling  geben;  davon  solt  werden  ein  Pfand  den 
Märkermeistem  und  z  ß  den  Purstem.  Würde  aber  ein  ußwendig 
man  dar  inne  begriffen ,  da  soll  man  den  Hann^  antworten  eym 
Walpoden  mit  dem  mag  er  umbgeen  wie  er  will,  also  dass  er  ihn 
nit  töde  oder  Kihmete. 

Die  Bezeichnung  als  Ausmllrker  enthielt  also  keines w^s  bloss 
die  Erklärung  dass  Jemand,  nicht  an  dem  Gebrauch  der  Mark  theil- 
ssunehmen  berechtigt  sei,  sondern  auch  dass  der  Schutz  der  Mark 
ihm  entzogen,  dass  er  der  Gewalt  des  Waldbotten  überlassen;  dieser 
bei  Waldfreveln  zu  überiiefwn  sei. 

Im  Jahre  1561  wurde  auf  dem  Märkerding  geklagt,  dass  die 
Amßheimer  und  die  von  der  WjU,  eine  Hege  so  dem  Walde  zu 
gute  gemacht  war,  verwüstet  hätten ;  sie  sollen  für  solche  lieber- 
fahrung  20 fl.  den  Märkem  zurBuss  geben,  wenn  sie  nit  in  14 Tagen 
bezalt,  sollen  sie  fbr  Ausmärker  „eingetrieben^  werden.  Weiter  die- 
weil  der  Schultheiss  zu  Beiffenberg  in  einem  verbotenen  Hegewald, 
der  Scharterwald  genant,  Holz  erlaubt  hat,  und  doch  kein  Holzgeber 
noch  Merkermeister  nit  ist,  soll  er  den  Merkem  10  fl.  zu  Buss  ge- 
ben, in  14  Tagen  vorlegoi;  wo  nit  so  sollai  sie  vor  Ausmärker  ge- 
halten werden.  Im  folgenden  Jahre  ist  der  Häge  am  Pfutzenberg 
gedacht,  so  durch  die  Beiffenberger  und  Amoltshainer  verhauen  sei. 
Dann  heisst  es  lö64  dass  die  Beiffenberger  noch  kein  Beweisung  des 
Bettstmns  wegen  g^han;  endlich  heisst  es  im  Jahre  1562,  dass  der 
Dielnberg  oder  Bellnstein  und  der  kleine  Beltstein  ausgelocht  wer* 
den  solle,  auf  dass  keine  Irrung  derenhalb  fiirfalle,  doch  onbegeben 
den  grossen  Bettstein;  durch  die  Amßhainer  sei  eine  Säuheck  in  der 
Höhmark  gemacht,  und  viel  Holz  dazu  gehauen  und  verderbt  wor- 
den, die  Märker  haben  auch  angezeigt :  die  Beiffenberger,  Amßhainer 
und  andere  jenseit  der  Höhe,  als  die  Mark  ausgegangen  worden, 
seien  sie  in  dem  Scharterwald  von  dem  rechten  Lodrwege  einen 
andern  W^  g^suagen,  haben  den  Dielnberg,  den  grossen  Bettstein 
und  den  kleinen  Bettstein  alle  von  der  Mark  gegangen,  so  doch 
allein  um  den  grossen  Bettstein  Irrung  gewesen;  als  auch  diese 
gelocht  worden,  so  haben  darnach  die  Beiffenberger  ohn  Wissen 
und  Willen  der  gemein  Merker  die  gehauenen  Loch  an  dem  kleinen 
Bettstein  ausgehauen,  und  haben  darüber  den  grossen  Bettstein  ihnen 
'ZU,  und  den  Märkem  abgelocht  —  haben  die  Merker  sie  uff  diesmal 


-     W8     - 

wem  der  Mark  ansgeschloMen^  woHeii  lie  ftlr  Aoisittrker 
und  halten«  Im  folgenden.  Jahr  begehren  darauf  die  9wen  9tänim 
von  ByflPenbei^k  ond  Hattsteiii  Anseig^  wamaa  die  Mftrker  ihre  ün- 
terlhanen  aus  der  Mark  geschlossen.  Die  Mirker  geben  an:  die  Un* 
terthanen  haben  gilt  Wissens  dass  sie  in  vide  Wege  der  Mftrker 
OrdBHngen  zuwider  gelebt^  seien  anoh  noch  Tieler  alter  Bossen 
schuldig;  die  Br^fEmbergsen  und  Amfihainer  seien  ein  tbeil  des 
Scharterwaldfl  ond  den  Didaberg^  d«i  klemen  ond  den  grossen 
Bettstein  von  der  Mark  g^a&gen  „danunb  können  die  gemein  Mer- 
ker sie  nit  für  MiCnorker  erkennen*.  Den  FQrsteni  wird  befohlen^ 
wo  sie  die  Rjffenbergsen  odor  AmMiaiAer  in  der  Mark  betreten, 
sieh  dero  su  gebrauchen,  so  sollen  sie  dieselbigen  ^mit  Ijben  und 
Hab  gen  Hbrnbergk  dem  Widtpoten  liefern  m  straffen  ab  Ansmer- 
ker^^  Darauf  fanden  sich  die  beiden  Ortschaften  erbötig  sieh  mit 
den  Merkem  der  ganian  Mark  su  einem  gütlicfaen  Vertrage  su  yer- 
gleicben;  es  wurde  auf  den  25.  Oet.  1565  ein  glMiidier  Tag  nach 
Homburg  Ter  der  Höhe  eingesetet  um  die  Immgen  der  Mtrker 
diesseits  und  jenseits  der  HUie  bu  entscheiden.  (Mglb.  E.  29.  UI. 
S.  12  C  S.  aa  37.) 

Theidigungstag.  Es  bildete  sieh  fiüh  schon  der  Gebrauch 
aus,  dass  nur  die  wichtigen  Gegenst&nde  bei  dem  ganzen  M&ikerding 
reriiandelt  und  zur  Entscheidung  gebracht  wurden,  andere  wurden 
nur  dem  Mftrkerding  mitgetheilt,  rön  diesem  daim  ausdrücklich  oder 
stUlschweigend  einem  Ausschüsse  zur  'Erledigung  ttbertriesen.  So 
wurden  infrbesondere  die  oft  sehr  zahlreichen  Bügen  nur  verlesen, 
den  Betroffeien  stand  es  frei  sogleich  sich  zu  Tcrantworten,  zu  ver- 
theidigen,  oder  auch  14  Ti^e  nachher  auf  einem  Ausschusstag  zu 
Homburg  dies  zu  thun  ^.  Dieser  Tag  welcher  vorzugsweise  sich  mit 
dem  vertheitigen  odertaidingiBn  derOerttgten  2U  befassen  hatte,  hiess 
deshalb  der  Theitigungstag  oder  i^uoh,  weil  die  Vertheitigung  meist 
gar  nicht  versucht  Wurde,  der  Bufoatztag,  oder  gar  der  A-fterbus- 
theidingstag. : 

Ein  sehr  unleserlich  geschriebener  Bericht  über  den  Tag  Don- 
nerstag nach  Conception  Mariae  1478  (Mglb.  E.29.  IL\  S.22.)  theilt 


M  So  io  der  äohweb  dte  Naehgemeinde,  8  öder  14  Tage  oadi  der  grossen 
Landsgemelnde,  welehe  Öfters-  von  den  Wahlen  ganz  In  Anspruch  genommen 
war.  Sie  gehl^rt  sn  dem  regelmSssigen  Organismus  der  Behörden.  I>ie  Yer- 
pfliobtang  zvm  JErscbeinen 'fiillt  bei  dieser  weg;  sie  wird  sohwieh^  besucht 
Blnmer,  Staats-  n.  R.-Oeseh.  d.  Sehw.  D.  n.  &•  108. 


-    5»    - 

mit  wie  die  beiden  Mäimer  von  Nieder<-£iie&bach ,  welche  Hole  ans 
der  Mark  verkauft  hatten,  naeh  Homburg  beschieden  waren.  Mit 
ihnen  erschien  Erwin  Dogel,  damak  nur  ak  Amtman  au  Erlenbadi, 
Ludwig  Waldecky  Schultheias  von  Uoembuig;  PilippsvonBedebheim 
der  Jungi  Amtman,  der  Junker  von  Eppenatein,  Beehtold  vonfispach, 
Märkermeister,  u.  A.  m.  Da  eraiUilte  Philipp  von  Bedekiheim,  es 
war  auf  St  Eatharinentag  auf  der  Aue  vor  Ursel  dieser  Tag  ^^  in 
Homburg  gesetat  worden,  dass  die  von  Erlenbach  taidingen  sollten 
„und  dem  lantman  darbei  au  sin^,  da  es  sidi  gebühre  dass  die  Mftnner 
vor  seinen  gn.  Jungherm  den  obersten  Waltpotten,  den  Märker- 
meistem  und  dran  lantmsa  zu  büßen.  Darauf  sagte  Erwin  Dogri 
„die  armen  von  Irlebach  wären  also  da  zu  taidingen  und  bäten  um 
Q-nade  und  ging^i  daruff  uß/'  A1im>  unterredete  sich  der  Amtman 
Philips  von  Bedelnheim,  Bechtold  von  Espftob  ^und  etliche  vom  lant- 
man, d^  nit  vii  da  waß^^ ;  man  war  der  Meinung  daas  die  Marker- 
meister und  lantinan  nit  unterstunden  au  taidingen,  da  weite  der 
Amtman  seines  gn.  Junkhem  Meinung  auch  nicht  gdben. .  Darauf 
sagte  Erwin  Dogel,  sein  Jungher  war  oberster  Walpott,  so  die 
Männer  vor  sein  Gnaden  getaidiuget  hätten,  hofiken  sie  bei  den  an- 
dern desto  baß  gnade  zu  erlangen,  dann  der  bruch  stand  uff  sage 
und  wäre  klar.  Es  erhob  sich  aber  bedenken  hiergegen.  Also  sind 
sie  wieder  in  die  Stube  gegangen,  da  allerlei  geredt  worden,  der 
lantman  meinte  wieder,  dass  man  so  nit  ^getaidingen''  könne;  Erwin 
Dogel  darauf:  die  armen  leute  würden  also  unfreundlicher  Weise  zu 
kosten  bracht,  und  umgefdhret,  und  bat  noch  als  wie  vor  das  taidin- 
gen ufzunehmen,  aber  da  dies  nit  sein  möchte,  daß  dann  die  gemein 
zu  Irlebach  wieder  zugelassen  werde,  sidi  der  Mark  zu  gebrauchen, 
denn  es  sei  unbillig,  obe  ein  oder  zween  von  ihnen  verbreche,  dal^ 
darum  eine  ganze  Gemeinde  solle  verstoßen  sein.  Darauf  erzählte 
Phil,  von  Bedelnheim  wie  der  lantman  nit  all  da  wäre,  nachdem  dann 
die  Sachen  lange  gestanden,  so  könnten  sie  itzt  die  von  Irlebach  nit 
zulassen,  da  das  mUssto  durch  ein  gemein  Märkerding  geschehen. 
Hat  man  sich  abgeredt  daß  man  uff  Montag  nach  Halbfasten  uff  die 
Au  zu  Ursel  zu  einem  gemein  Märkerding  käme  und  dazu  Märker- 


«1  £8  findet  sich  über  diesen  Tag  noch^ein  kurzer  Bericht  in  Mglb.  £.  29. 
II.  S.  2(>b  :  da  die  Erlenbacher  Holz  aus  der  Mark  verkaufet,  sei  ein  Versach 
der  Güte  anberaumt  worden,  da  anf  dem  Tag  kein  ziemlich  Usstrag  oder  Güt- 
lichkeit an  erlangen,  so  sei  auf  ein  yoU  Märkerding  erkannt  worden,  was  nach 
altem  Herkommen  billig  sei.  Es  war  demnach  jener  Tag  nicht  der  eigentiiebe 
Theitigungstag. 


—     385     — 

meister  und  den  lantman  allenthalben  mit  Macht  in  die  Sache  zu 
kommen  verbotten.  Erst  auf  Montag  nach  Sontag  .Lätare  1479  ist 
wieder  von  einem  Märkerding  berichtet,  vor  Uraell  auf  der  Au.  Es 
haben  die  zwei  Männer  vor  dem  Jungher  von  Eppenstein  angefangen 
zu  taidingen  und  werden  von  diesem  gebüßt  um  1  Achtel  Haber. 
Damach  ^hat  man  mit  dem  lantman  getaidingt^  also  dass  die  Männer 
ihm  büße  geben,  item  für  Bechtold  von  Espach,  Märkermeister,  der 
saget  er  wolle  sein  büße  der  armen  fallen  lassen ;  „damit  sollich  bruche . . 
vertaidingt  ist^ ;  es  werden  die  von  Irlebach  wieder  zugelassen. 

In  dem  Instrument  von  1484  ist  auch  über  das  theidigen  Weis- 
ung geschehen.  Art  17  sagt  desshalb:  Wer  gerüget  wird,  dem  soll 
man  seinen  Sühntag  vor  Ursel  auf  die  Au  bescheiden  undgelüst  den 
daselbst  zu  thejdigen,  das  mag  er  thun;  und  ob  einer  auf  denselben 
Tag  nit  theydigt  so  soU  man  ihm  ein  andern  Tag,  nemlich  darnach 
über  14  Tag  gen  Homburg  bestimmen.  Theydigt  er  auf  dem  da- 
selbst auch  nicht,  so  mag  ihn  der  Waldbott  und  Märkermeister,  jeg- 
licher nach  seiner  Gebühr,  vor  ihce  verfallnen  büß  pfänden. 

In  der  Ordnung  von  1594  heist  es  im  Art.  29  :  Ein  jeder  Flecken 
solle  seine  Buß&üigen  dahin  halten,  dass  sie  ihre  Bußen  auf  den  zwei 
thedingstagen  zu  TJrsell  oder  Homburgk  erlegen,  sonst  sollen  die 
Nachbarn  alle  als  Ausmärker  eingetrieben  werden,  bis  die  Bußen  er- 
legt sind,  und  wollen  die  Märker  zugeben  dass  die  büßen  ohn  ge- 
taidingt  gesetzet  und  erhoben  werden.  Im  Art.  50  ist  vorgesehen, 
dass  keine  büßen  gethejdingt  werden,  die  seien  denn  zuvor  auf  der 
Au  gerügfet  worden. 

Auf  dem  Märkerding  am  27.  Mai  1607,  nachdem  die  Rugzettel 
verlesen,  sagt  der  Keller:  wer  anjetzo  nit  thätigen  wollte,  sei  inner 
14  Tagen  nach  Homburg  verwiesen. 

Im  Jahre  1703  werden  bei  Gelegenheit  der  vorgebrachten  Be- 
schwerden gegen  die  üebergriffe  des  Waldpotten  bemerkt :  bei  den 
Bußsatztägen  seien  beide  Märkermeister  und  die  Schultheissen  der  in 
die  Hohe  Mark  gehörigen  Hauptflecken  zugegen,  und  würden  keine 
anderen  Verbrechen  daselbst  gethaitigt,  als  welche  bei  dem  Märker- 
ding angez^get  und  gerüget  worden,  dahero  auch  einem  jeden 
Märker  freistehe  entweder  vor  öffentlichem  Märkergeding  oder  aber 
dem  folgenden  Bußsatztage  seine  Markbuße  zu  erlegen. 

Da  in  dem  Instrument  ein  fester  Tag  für  das  Theitigen  ange- 
setzt war,  so  wurde  ganz  mit  Recht  strenge  darauf  gehalten.  Der 
Anwalt   unterliess  es  nicht,    als  er   die  Rechte  der  Märker  allmälig 

kürzte,  auch  über  diese  Bestimmung  sich  hinauszusetzen.    Im  Jahre 

25 


—     386     — 

1644  findet  sich  auf  einem  Zettel  auch  die  Notiz,  wahrBcheinlicb  des 
Landbereiters  Zeundel,  dass  die  Ruhe  (Buge,  Theidigung)  nacher 
Homburg  v.  dato  über  3  Wochen  angesetzt  sei  „umb  gewisser  Ur- 
sachen willen^  welches  die  Märkermeister  mit  Protestation  dass  dem 
Herkommen  nichts  präjudiret  werde  geschehen  lassen.  — 

Noch  ist  aus  der  stürmischen  Reformationszeit,  aus  dem  Jahre 
1524,  das  Märkerding,  Dienstag  sant  Lucastag,  zu  erwähnen.  Der 
Keller  von  Homburg  fragt  ob  etliche  Mängel,  Gebrechen  oder  Scha- 
den in  der  Mark  wären,  die  seien  jetzt  dem  Märker  und  gemeinen 
lantman  zu  entdecken.  Der  lantman  antwortet:  Er,  der  Amtman, 
möge  die  Förster  darum  fragen«  Diese  gerufen,  ob  auch  die  Gebott 
in  der  Mark  seien  gehalten  worden,  sagen  nein;  und  erhub  sich 
also  vielerlei  Rede.  Der  Amtmann  sagt  sie  würden  zulezt  die  Wald- 
ung gar  verderben,  die  armen  Leute  würden  den  grössten  Schaden 
dadurch  haben,  sie  könnten  kein  Holz  hauen  und  wären  doch  am 
Waldverderb  nit  Ursach;  wenn  sie  weise  wären,  sie  würden  wohl 
anders  schreien.  Die  Märkermeister  beklagten  sich  dass  die  von 
Oberursel  und  von  Niedem  Eschpach  nit  wollten  der  bueß  halb 
thejdingen.  Da  ruckte  ein  Männlein  von  Oberursel  auf  einem  Pferd 
herfür,  sagt,  er  wäre  bescheiden  zu  reden.  Das  von  den  Märker- 
meistern  angeregte,  als  selten  etliche  zu  theidigen  sich  geweigert 
haben,  solches  möcht  wol  also  bescheen  sein ;  doch  aus  dieser  Ursach, 
denn  die  Märkermeister  hätten  selbst  gebrochen.  Nuh  stund  im  Li- 
strument  ^wenn  sie  brüchig  würden,  so  wäre  der  lantman  zu  tey- 
dingen  nit  schuldig,  und  wenn  der  Abt  W^ür£fel  trüg  so  were  dem 
Mönch  spielen  erlaubt^.  Darum  wollten  sie  nit  tejdingen,  sondern 
bei  dem  Instrument  bleiben.  Helwig  von  Lauerpach  bemerkte  da- 
gegen, der  lantman  woU  hierin  sein  Nutz  nit  prüfen,  so  würden 
alle  Märker  in  Wald  fahren  und  den  ganz  verderben,  dass  je  ein 
gemeiner  Nutz  nit  wäre.  Darum  sollten  sie  itzo  alsbald  mit  den 
Märkermeistem  teydingen.  Darauf  ward  ein  gross  Geschrei  vom 
lantman,  sagte,  sie  wollten  das  itzo  nit  thun,  es  were  nit  also  her- 
kommen, sie  wollten  bei  dem  Insttument  bleiben.  Also  sagt  Joh. 
Brendel,  Märkermeister:  Er  wüsst  nit  anders  denn  daB  Listrument 
drückt  klarlich  aus,  wo  ein  Märkermeister  verfüre,  so  sollt  alsdann 
diejenen  so  nach  ihm  obertreden  nit  taidingen,  daraus  folge  nit 
dass  diejene  so  vor  ihm  gebrochen  hätten,  darum  zu  taidingen  nit 
schuldig  weren;  und  welcher  mit  seinem  Eide  darthun  möcht,  dass 
er  nach  ihm,  dem  Märkermeister,  gehauen  hätt,  dem  sollt  nichts  ab- 
gefordert werden.  Aber  die  Märker  schrieen  gemainlich  darwidder, 
sagen,  sie  i?^ollten   bei  dem  Listrument  bleiben.     Der  Amtman  Hess 


—     387     — 

auB  jedem  Flecken  2  Personen  zum  Ansschuss  verordnen  und  ein 
Antwort  verfasBen.  Nach  lang  gehabter  Unterredung  des  Ana- 
BchuBses  iBt  das  MendEn  von  Oberursel  abermals  herfllr  geruckt,  er 
hab  befehl  zu  sagen  dasB  die  Personen  so  nit  getajdingt  nochmals 
bei  dem  Instrument  und  den  Zetteln,  wie  die  auf  nächstgehaltnem 
Märkerding  verlesen  worden,  bleiben  wollten,  es  bedtLnk  sie  unbillig 
sein,  dass  sie  bei  ihren  Eiden  sagen  sollten,  auf  welche  Zeit  sie  das 
Holz  gehauen  haben.  Es  seien  etliche  die  sagen,  er  soll  reden  was 
sie  ihm  befehlen  oder  sie  wollten  ihm  den  Kopf  zerschlagen;  wonuh 
solches  beschehe,  und  ihm  der  Kopf  zerschlagen  würde,  so  erschlu- 
gen sie  je  ein  arme  Kreatur,  er  hätt  aber  noch  kinder,  die  würden 
das  nit  ongeroöhen  lassen.  Und  darauf  redd  das  Menlin,  es  ging 
die  Bede  Johan  Brendel  were  auf  die  Dörfler  geritten,  hätt  die  buoi) 
ingefordert,  habe  vorgegeben  die  von  Obern  Ursell  betten  getay- 
dingt,  das  were  doch  nit  also  „mit  Einziehung  eines  Schimpfs  des 
Schulthissen  von  Bonamesa  wolt  solchs  also  geredt  haben".  Dieweil 
aber  solch  Wort  in  Schimpf  geredt,  lacht  der  Schultis  und  gestund 
das  nit  „als  auch  daran  ihm  onrecht  beschah".  Also  sagt  Johan 
Brendel ;  welcher  das  von  ihme  redt,  der  sagt  nit  wahr.  Er  hätt  an 
den  von  Homburg  angefangen,  allein  Nachred  halben,  dass  nit  ge- 
sagt würd,  er  wollt,  dieweil  er  zu  Homburg  wohnet,  die  Urseller 
hassen  und  an  ihnen  anfahen.  Dieweil  aber  nichts  fruchtbares  mögen 
erlangt  werden,  hat  der  Amtman  gesagt:  er  wolle  das  seinem  Herrn 
anzeigen.  So  ist  damals  nicht  getaidingt  worden.  (Mglb.  E.29, 11^  S.  88.) 

Von  ungleich  grösserer  Bedeutung  als  in  der  hohen  Mark,  war 
der  Ausschuss  in  der  Seulberger,  Erlenbacher  etc.  Mark.  In  jener 
bestand  er  aus  den  Märkermeistem  und  den  Schultheissen  weniger 
fiauptfiecken,  ei*  bildete  gleichsam  die  Vertretung  der  verschiedenen 
Regierungen  und  seine  Thätigkeit  war  vorzugsweise  eine  richter- 
liche; die  Schultheissen  stellten  die  Gerichtsschöffen  dar.  Der  letztere 
Ausschuss  war  in  mancher  Beziehung  verschieden,  sowohl  was  die 
Befugniss  als  was  die  Zusammensetzung  betraf.  Er  nahm  mehr  und 
mehr  die  Stelle  des  Märkerdings  selbst  ein,  verglich  sich  über  die 
Wahl  derMärkermeister  ebenso  wie  über  die  vorzuschlagende  Wald- 
ordnung, verglich  sich  mit  den  Verordneten  des  Waldpotten  und  den 
Märkermeistem  über  den  Eintrieb  von  Schweinen  in  die  Eckern, 
und  hatte  ausserdem  auch  die  Frevel  zu  strafen,  welche  beim  Mär- 
kerding nicht  erledigt  worden.  Es  gehörten  zu  diesem  Ausschusse 
neben  den  Märkermeistem  die  Schultheisse  und  Burgermeister  sammle 
lieber  6  Dörfer.    Diese  wurden  als  Markhäupter  bezeichnet. 

25* 


—     388     — 

SaniBtag  nach  Oculi  15&3  sind  auf  Erfordernng  des  Waltpottens 
der  Ausschuss   gemeiner  Märker  der  Seulberger  und  Erlenbacher 
Margk;  die  Ernvesten  und  ersamen^   nemlich  anstatt  und  von  w^^n 
des  Waltpotten^  Joh.  Abt^  Keller  zu  Homburg  y.  d.  H., 
Item  aus  Petterweil  der  Edel  und  Emvest  Pilips  Friderich  Haber- 
kom  von  Zellingen^    Eißeubur^cher  Amtmann,  Heinrich   Hu- 
bert;  Solmsicher  Keller  ^   und  Gernhard  Zubrodt,   Schultiß  da- 
selbst; 

Item  aus  Nidem  Erlebach:  Philips  Schefer,  der  SchulteiJß;  Wendel 

de;*  Bender  und  Hans  Broß,  Burgermeistere ; 
itenTaus  Seulbergk:  Hani^  Bockenheim ,   Schultis,   Wol&   Thomaß 

und  Henß  Steingesser,  Burgermeistere; 
item  aus  OberErlenbach :  Emrich  Bommerscheim,  Schultheiß;  Lenhart 

und  Hanjß  Mauß;  Burgermeistere; 
item  aus  Burgkholzhausen  Emrichs   Henn,    Schultis;  Engelbert  und 

Heiin  Johan,  Burgermeinstere; 
item  aus  Kuppern ...  Peter  anstat  desselbigen  SchultessC;  Endreß  der 

Eulner  und  Heiin  Veltiu;  Burgermeinstere; 
in  Emrichs  des  Schultessen  Hauß  zu  Ober  Erlepach  erschienen;  sich 
daselbst  einer  Ordnung  ...  wie  es  ein  Jahr  langk  bis  uff  ein  andern 
Merckertag  gehalten  soll  werden;  und  solches  j^den  gemein  mer- 
kem  uff  nechst  kommenden  mitfasten  Sontag  dieses  53  Jars  der 
Margk  zu  gutem  zu  verkundeu;"  verglichen  und  entschlossen  wie  folgt. 

In  der  Ordnung  der  Seulberger  and  Erlenbächer  ,,und  zu^eich 
anderer  Flecken  Margk^^  vom  Jahre  1588  wird  ebenso  festgesetzt; 
was  durch  „den  Ausschuss  und  Häupter  deren  Flecken^'  einhellig 
beschlossen  und  uffgerichtet worden.  Doch  heisst  es  später:  Märker- 
meister  belangend;  ist  gemeinter  Ausschuss  bedacht  schierst  künftigen 
Sonntag  Lätare  auf  dem  Markgeding  ufs  neue  einmütiglich  zu  bitten 
den  Edlen  und  Vesten  Friedrichen  von  Doebschütz  etc.  ihr  Amt 
noch  ein  Jahr  lang  zu  tragen. 

Da  die  Märker  hier  sich  nicht  streng  an  den  Wortlaut  des  In- 
struments hielten;  erlaubte  sich  sehr  bald  auch  der  Anwald  des  Wald- 
botten  Eigenmächtigkeiten.  Im  Jahre  1592  heisst  es:  demnach  das 
Instrument  mit  klaren  Buchstaben  ausweisen  thut;  dass  ein  jeder 
Herr  so  Homburg  mit  Ehren  und  recht  in  hatt,  für  einen  OberHerm 
und  Waltpotten  der  Marck  erkannt  werden,  und  jeden  Jars  auf 
Sonntag  Mitfasteu;  Laetare  genannt;  die  Harck  mit  Bath  der  Märker 
bestellen  sollC;  „welches  wolgeweistes  Recht  von  unsem  lieben  Vor- 
eltern und  uns  bis  auf  diese  gegenwärtige  Zeit  ganz  in  Achtung  ge- 
nommen; sonsten  es  auch  wol  also  gehalten  worden;  dass  von  wegen 


—     389     - 

der  Ungelegenheit  und  des  zeitlich  eingefallenen  rauhen  ungewitters 
die  Märkerhfiupter  den  Donnerstag  in  der  Wochen  zuvor  ...  zusam- 
men gekommen  sind;  und  sich  auf  allerhand  Nothwendigkeiten  be- 
dacht habeu;  wie  gute  Polizei  und  Ordnung  erhalten'^.,  und  aber 
alledem  en%egen  des  durchl.  Herrn  Georgen  Landtgraven  zu  Hessen 
...  jetzigen  Herrn  Waltpottens  Diener  und  Anwald  solche  von  Alters 
an  bestimpte  und  bisher  woIge&Uige  Zeit;  aus  „andern  ehehafilen  Ur- 
sachen und  trefflicheren  Herren  gesch&ften^^  acht  Tage- lang  zu  die 
sem  mahl  uffgeschlagen  und  fOrter  diese  zween  Tage  indicirt  hat, 
nämlich  den  Mitwoch  nach  Lätare  zu  allerhand  nothdUrftiger  Vor- 
bereitung oder  Abrede,  und  dann  den  darauf  folgenden  Sontag 
Judica  zur  Hegung  und  Haltung  des  Markgedings,  so  sind  hierauf 
zu  Ende  benante  Mftrkerbäupter  in  Petterweil  auf  dem  Bathhause 
zusammen  konmieU;  in  Meinung  sich  allda  zu  beradtscblagen ;  ehe 
aber  zu  der  Haupttractation  soll  geschritten  werden,  haben  beiwe- 
sende  Häupter  des  Ufschlags  und  Verlegung  halben  des  Markge- 
dings  Und  der  Zeit  zum  zierlichsten  protestirt,  protestiren  auch  noch- 
mals für  Euch  dem  ganzen  Umstände  allhie,  dass  dieses  thun  und 
diese  Neuerung  ihnen  und  auch  den  sämmtlichen  märkem  unschäd- 
lich sein  solle.  Zugegen  waren  diesmal  Georg  Vestenberger,  der  Au- 
wald, daün  von  wegen  der  gemeinen  Märker:  Anthonius  Zubrot, 
Sollmischer  Keller  zu  Petterweil  und  „Marckermäister",  Theobald 
Schäfer,  Schultheis  zu  Nider-Erlenbach  und  Marckermäister,  Herr 
Hieronjmus  zum  Jungen  von  wegen  des  Burgsesses  Nider-Erlen- 
bach; Job.  Beck,  Schultheiß,  und  Peter  Boch,  Luntz  Kessel  beide 
Burgermeistere  zu  Holzhausen,  Seifried  Born,  Schultheiß,  und  Peter 
Schmiedt,  Heinrich  Grohe  beide  Burgermeistere  zu  Petterweil,  Con- 
rad Lohre  Vice-Schultheiß,  und  Georg  Reiff,  Hannß  Stam,  beide 
Burgerinaistere  zue  Köpffem;  Heinrich  Lutzenbruck  genant  Becker 
und  Hanns  Weiphardt  beide  Burgermaistere  zue  Seulberg,  Matthies 
Kracker  und  Job.  Ermell,  b.  Burgerm,  zu  Ob.  Erlenbach,  und  end- 
lich Job.  Schmiedt,  Burgerm,  zu  Nid.'  Erlenbach.  Und  ist  dieselbe 
Ordnung  hemacher  am  Sonntage  Judica  den  12.  Martii  an  gewohn- 
licher Wahllstadt  bei  gehegtem  Merckergedinge  dem  ganzen  Um- 
stände »publicirt«"  worden. 

Solche  Protestationen  haben  nie  irgend  welchen  Erfolg  gehabt, 
es  ist  nie  die  Zeit  gekommen  in  welcher  eine  muthigere  Generation 
sie  hätte  verwerthen  können.  Schon  im  nächstfolgenden  Jahre  1593 
findet  sich  wieder  ein  solcher  Aufschub.  Georg  Vestenberger,  der 
Anwald,  liess  den  Ausschuss  am  Donnerstag  nach  dem  Sonntag  Lae- 
tare  bescheiden,  der  „gutwilligen  erschienene^,  und  hat  im  Namen  der 


.     —     390     — 

s&mmtlichen  Märker  den  abermaligen,  gleichwol  aus  bewussten  ebr- 
haften  Ursachen  und  trefflichen  Herren  geschäften  Ufscfalags  des 
Märkörgedinges  sich  vor  allen  Dingen  zum  zierlichsten  bedinget,  de- 
ren tröstlichen  Zuversicht,  es  werde  derselbige  des  Herrn  Auwalds 
Anbringen  nach,  „nicht  tolo  malo  oder  ihnen  den  Märkern  zur  nach* 
theiligen  Consequenz  und  Präjutiz  sondern  aus  angezogenen  Ursachen 
fürgenommen  worden  sein^^  Dagegen  aber  Herr  Anwald  seine  Ge- 
genprotestation  nicht  weniger  der  Gebühr  angestellet  und  dabei  ge- 
deutet hat,  dass  dergleichen  vor  ohngefahr  30  Jahren  auch  beschehen 
und  fürgangen  ^sein  solle^  darum  es  „vor  keine  Neuerung  angezo- 
gen werden  könnt^^  Sonach  waren  nunmehr  die  ^trefilichen  Herren 
geschäfte^  der  obersten  Markbeamten  für  wichtiger  erklärt,  als  die 
Bestellung  der  Mark  selbst. 

Das  Frankfurter  Archiv  hat  uns  in  den  Akten  Mglb.  E.  30,  IV. 
eine  gerichtliche  Verhandlung  vor  dem  Ausschüsse  der  Seulberger, 
£rlenbacher  etc.  Mark  aus  dem  Jahre  1597  aufbewahrt.  Sie  betrifft 
die  Nider-Erlenbacher,  welche  Scliweinssteigen  im  Walde  errichtet, 
Holz  dazu  wider  «rgangnes  Verbot  gefällt  hätten,  und  beginnt  mit 
einer  Citation  an  die  Nider-Erlenbacher  Burgermeister  und  Gemeinde  : 

„Dieweyl  ihr  Burgermeister  und  Gemeind  zu  Nieder-Erlenbach 
^in  Verfertigung  eurer  iettzigen  Schweinsteyhen  sowoU  wieder  die 
j^ewliche,  mit  euers  Schultheißen  willen  beschehene  Waldhegung, 
„als  auch  den  jetzigen  zue  Holtzhausen  durch  die  marckerhäupter 
„ufgeriechten  mast-  oder  eckern  beschluss  freuentlich  mißhandlet, 
„und  nit  allein  der  marcker,  sondern  auch  eures  Schultheißen  selbsten 
„treuliches  Abmahnen  verächtlichen  in  Wiende  geschlagenn  / 

„AUß  haben  gemeine  Marckerheupter  zu  bestraffung  solches 
„freveis  und  muthwillens  Sampstags  nach  Martini  den  12.  buj.  schierst 
„künfftig  abermalß  eine  Zusammenkunfft  in  Holtzhausen  angestellt 

„Heischen  euch,  obgenantte  Nieder-Erlenbach  er  Burg(6rmeister 
9,und  Gemeinde,  als  Verächter  hiermit  von  Marck  wegen,  und  wollen, 
„dass  ihr  auf  gemelten  Sampstage  umb  den  mittage  und  schlage  11 
^Uhr  zue  Holtzfaaussen,  in  Peter  Jungen  Schultheißen  Behaußung, 
„für  ihnen  erscheinen  und  euren  verübten  muthwillen  thejdigen  und 
jgabtragen  sollet  / 

„Ihr  erscheinet  nuhn  also  hieruf  oder  nicht,  wirdt  man  doch  auf 
„Gelegenheit  handien,  damit  der  veracht  und  muthwille  nit  unge- 
„straffb  bleibe,  darnach  ihr  euch  zu  geriechtten. 

„Sign.  Seulberg  am  7.  Novembris  anno  1597. 

^Beide  Marckermeister  der  Seulb.  oder  Erlenbacher  etc.  Marcke.^^ 


—     391      — 

Es  folgt  hierauf  ein  ProtocoU  der  gerichtlichen  Verhandlung  mit 
dem  Urtheil: 

„Marckermeister  und  Marckerheupter  deren  Seulberger  oder  Er- 
^lenbacher  etc.  marcke-siend  von  wegen  das  die  gemeind  zuNieder- 
^Erlenbach  ihre  ietzige  Schweinsstejhen  sowoU  der  Marckordnung 
,,alft  auch  dem  jüngsten  MastbeschlusBe  zuwieder^  in  den  newen^ 
„gegen  der.  Hohen  Marck  und  Ederchdorff  zu,  gehegten  Walde  oin- 
„gesetzt  und  uffgeriechtet,  auf  heut  unden  bemeltem  dato  zue  Holz- 
„hauten  in  Peter  Jungen  BehauJßung  zusammen  kommen;  sie  Erlen- 
„bacher  solches  ihres  verübten  muthwillens  halben  in  gepürliche 
„Straffe  anzunehmen ,  unnd  haben  erstlich  gefordert  —  zehen  Gul- 
„deU;  dasB  die  Marckordnung,  dan  abermals  —  zehen  Gulden,  dass 
„den  mastbeschluss  überdretten  und  verachtet,  und  endlichen  —  neun- 
j^igk  Gulden,  von  wegen  das  90  eychenstämme  bey  ihrer  schwein- 
sstejhen veröset  und  verbrändt,  Thut  zusamen  —  Einhundert  — 
yzehen  Gulden  ^^^s 

„unnd  obwoll  gedachtte  Marckere  aus  der  Mastordnung  und 
„sonsten  Ursach  genugsamb  gehabt  und  woU  befuget  gewesen,  sie, 
j^rlenbacliCr,  von  wegen  eines  jeden  Stammes  an  —  zween  gülden 
^ohnnachleßlich  zu  Vkiejßen  —  so  haben  sie  doch  ihr  eingewandte 
„Ursachen  der  Sterbesleufften  und  bei  ihnen  grassirender  Pestilenze 
^nachparlich  beherziget  und  es  dießmalß  bei  der  eintzeligen  straffe 
jyverpleiben  lassen  /  Doch  mit  der  reservation  und  dem  vorbehält, 
„wofern  sie  auf  ihren  halsstarrigen  Wortten  bestehen  und  ihr  an- 
„pringen  femer  anziehen  werden,  das  sie  alsdann  weitter  nit  gehört, 
„unnd  von  Marck  wegen  auf  diejenige  Mittel  und  Wege  bedacht 
•„werden  soll,  wie  man  sie  zu  gehorsamb  priengen  und  die  gesetzten 
„bui^n  für  vollem  erlangen  möchtt« 

„Hieruf  bekantten  die  Erlenbacher  abgesandte  ihre,  der  ge- 
„meind,  überdrettunge,  prättendirten  ihre  nach  der  sterbensläufften 
„und  Festilentze,  und  baten  um  lienderung  der  straffe ,  welche  sie 
„auf  gewohnlichem  Bufoazttage  zu  thejdigen  willig  und  diel>mals  der 
^achparschafffc  bei  ihnen  zu  Nieder-Erlenbach  dief eibige  referiren 
„wollen. 

„Die  Marckermeister  und  Marckerheupter  pleiben  bei  obgesezter 
„ihrer  Forderung  der  —  HO  fl.  und  ernennen  ihnen,  Erlenbachern, 
^zu  Erlegung  derselbigen  hiemit  acht  tage  zeit,  darinnen  sie  die 
„Sachen  riechtig  machen  soUenn. 

j,Conclu8um  Holtzhausen  den  12  Novembris  anno  neunzig  & 
„siebenn  durch  nachbeaohriebene  Hern  Marckermeister  und  Marcker- 
„häupter  :   Johann  Bender  Schultheiß  und  Marckermeister,   Conrad 


—     392     — 

• 

,, Wächteier  Marckermeister^  vor  mich  und  dann  auch  auf  Pitt  von 
„Seifried  Born,  Schultheißen  zu  Petterweill,  Peter  Jung  Schultheiß 
„zue  Holzhausen,  Conrad  Lorey,  Johann  Zangus,  Markscbreiber.* 

Es  wandten  sich  hierauf  Schultheiß,  Burgermeister  und  Gemeind 
zu  !I^ieder-Erlenbach  an  den  Bath:  es  sei  von  den  Märkem  der  Be- 
schluss  gefasst  gewesen  keinen  Schweinstall  in  den  Wald  zu  machen 
mit  Holzwerck,  sondern  die  Schwinställ  sollten  mit  Mauern  6  Schuh 
hoch  aufgeführt  werden;  davon  hätten  sie  nichts gewusst,  auch  nicht 
darinn  gewilligt ;  denn  sie  hätten  nicht  gehen  dürfen  Sterbens  halben. 
Kurz  vor  dem  Eintreiben  sei  es  ihnen  angezeigt  worden;  es  sei  un- 
möglich gewesen  dem  Beschlüsse  nachzukomnien  denn  kein  Nachpar 
sei  bei  den  andern  gewandtert,  von  wegen  dass  Gott  der  Allmächtige 
sie  also  heimgesucht,  sie  auch  keine  fremde  Arbeiter  hätten  mögen 
bekommen.  Da  nun  sie  bedroht  seien  dass  heimlicherweise,  wenn 
die  Märker  einen  mit  Pferden  und  Wagen  bekommen,  sie  ihn  pi^- 
den  und  gen  Homburgk  eintreiben,  als  wie  Aussenmärker,  derohalb 
bitten  sie:  der  Rath  wolle  ihnen  Verschriefften  an  Hern  Jörgen 
Vestenberger,  Kellner  zu  Homburg  mittheilen. 

Eine  Aufschrift  zeigt,  an,  es  sei  Montag  den  24. April  1598  diese 
Sache  endlich  verglichen,  und  die  Gemeinde  *^ieder-Erlenbach  bei 
fl.  50  straf  gelassen  worden.  — 

Schon  in  demselben  Jahre  1598  wurde  dann  Bernhard  Ebel  von 
Nieder-Erlenbach  wegen  weiteren  Umhauens  von  Stämmen  gerüget- 
und  gefänglich  festgenommen.  Er  berief  sich  dorauf  dass  die  andern, 
besonders  die  Homburgischen  Dorfschaften,  ebenfalls  Holz  zu  ihren 
Schweinsteigen  genommen. 

Wie  in  der  Hohen  Mark,  so  hatte  auch  in  der  Seulberg-Erlen- ' 
bacher  etc.  der  Ausschuss  die  vorbereitenden  gerichtlichen  Geschäfte 
zu  versehen,  z.  B.  den  Augenschein  einzunehmen.  Ein  solcher  wird 
beschrieben,  als  im  Jahr  1593  die  Kirchdorfer,  wie  bereits  angefahrt, 
einen  Eichen  lochbaum  gefrevelt.  Bei  einem  Markumzug  war  in 
Augenschein  befunden  worden  dass  ein  solcher,  der  am  Wege  ge- 
standen, entnommen,  und  in  einem  Graben  zu  einem  Auf  halt  der 
Gewässer  hingelegt  worden.  Der  Keller  hatte  angedeutet,  dass  er 
oft  unter  dem  Baum  „auf  derHasenlauße^  gesessen,  den  wohl  kenne; 
dass  man,  da  er  umgewälzet  werden  sollte,  die  Lochkerben  daran' 
noch  befinden  würde.  Welche  Bede  als  Schultheiss  und  mehrer  theil 
der  Nachbarschaft  zu  Kirchdorf  gegenwärtig  und  nicht  widersprochen, 
sondern  mit  ihrem  Stillschweigen  die  bezüchtigte  That  gestanden, 
haben  darnach  die  Märkerhäupter  die  Gemeinde  zu  Kirchdorf  zu 
den  Bügen  heissen  schreiben   und  am   Märkergeding  rügen   lassen, 


—     393     — 

auch  auf  dem  Bufoatztag  ihnen  ^  Kirchdörfern  20  fl.  zur  Strafe 
gesetzet  und  ihnen  den  yergünstigten  Viehtrieb  abkündigen  lassen. 
Erst  als  die  Strafe  abgefordert  worden^  haben  die  Eirchdo^er  ange- 
fangen der  ^jHeymmaßung^  oder  Bezüchtigung  zu  widersprechen  und 
auf  den  Äugenschein  mit  den  Märkem  zu  stammen;  haben  soviel 
anspracht  „daß  der  landgrevische  Canzlar  zu  Darmstadt;  obgedach- 
ter  Keller  zu  Homburg,  und  alle  Markschultheissen,  Bürgermeisterei 
Merckermeistere,  Schreiber  und  förstere,  sampt  Caspar  Kollen,  Ampt- 
Schreiber  uff  Königstein ,  ^  auch  Schultheiss  und  ganzer  Gemeinde  zu 
KirchdoHT'  am  24.  Mai  auf  den  Augenschein  kommen;  alda  sie 
nachmals  ihre  Beschwerden  der  abgeforderten  Straff  halben  anpracht 
und  einen  öffentlichen  Widerruf  deren,  mit  solcher  Bezüchtigung 
ihnen  zugelegten  injuri  begehret,  oder  aber  sie  zu  überweisen;  dann 
sie  mit  nichten  geständig,  dass  der  geklagte  Lochbaum  durch  sie 
abgehauen  worden,  viel  weniger  dass  es  dasjenig  Holz,  so  ihrerseits 
im  Graben  gelegen,  und  noch  liege,  sein  solle.  Die  Märker  antwor- 
ten, dass  die  zu  Kirchdorf  vor  einem  Jahre,  bei  dem  Abgang  ihrer 
Marke,  als  ihnen  die  Entwendung  zugemessen  worden,  darzu  still 
geschwiegen,  und  damit  Ursach  gegeben,  dass  die  Mark  er  sie  ge- 
rüget und  bestrafet  hätten,  darauf  sie  nochmals  beruheten.  Die 
Kirchdorfer  haben  aber  ihre  Klage  und  Verneinen  repetiret  und  be- 
weisen wollen,  wo  das  im  Graben  gelegene  Holz  abgehauen  worden. 
Denen  ^e  Märker  weiter  antworten  lassen,  dass  sie  nunmehr  Jahr 
und  tag  stillgeschwiegen,  und  so  sie  erstmals  sobald  widersprochen 
und  zum  Augenschein  sich  berufen  hätten,  wollt'  man  ihnen  ge- 
stämmet  haben,  welches  diesmal  nit  sein  könnte,  aus  Ursachen  dass 
seithero  beide,  der  Stock  sowol,  auch  das  Holz  „verhergert  und  zer- 
hauen wofden'^  Nach  welchen  Beden  und  Gegenreden  der  Canzler 
sich  erklärt,  dass  er  seinem  gn.  FUrst^i  und  obem  Herrn  Wald 
Pötten  untertbänig  wolle  referiren,  was  er  befunden  und  was  geklagt 
worden;  was  dann  I.  f.  Gn.  darüber  decemiren  und  beecheyden  wür- 
den, solle  den  Parthejen  wiederumb  zu  seiner  Zeit  schriftlich  zuge- 
schickt werden,  indessen  aber  sollen  die  Sachen  einen  Stillstand 
haben,  und  man  iieissig  Nachforschung  haben  auf  den  Thäter,  damit 
man  in  der  Sachen  desto  füglicher  verfahren  könnte  Damit  war  der 
Augenschein  beendigt;  die  Akten  theilen  nicht  mit,  dass  den  Par- 
theien später  etwas  schriftlich  zugeschickt  worden  sei,  oder  dass 
Kirchdorf  die  Busse  bezahlt  habe  ^>. 


^^  Die  Wichtigkeit  und  Beliebtheit  des  Augenscheins  ist  noch  heute  io  der 
Schweiz  zu  verfolgen,  wo  z.  B.  in  Glaros  ein  Angenscheinsgerioht  abgehalten  wird. 


—     894.    — 

Nutzuug  der  Mark.  —  Als  der  eintretende  Holzmangel  im 
lö^"°  und  beBonders  im  16^^°  Jahrhundert  eine  gröBsere  Behtttnng  des 
Waldes  verlangte;  war  es  wieder  Sache  der  AuBBchüsBe  die  Mark- 
oder Waldordnungen  zu  berathen^  und  den  M&rkem  vorzulegen. 
Am  Borgflältigsten  geschah  dies  in  der  Seulburg,  Erlenbacher  etc. 
Mark,  wo  gegen  das  Ende  des  lö^°  Jahrhunderts  alljährlich  die 
Holzordnung  revidirt  und  stets  mit  Zusätzen  verseh^a  wurde. 

Diese  Markordnungen  gestatten  uns  einen  Einblick  auch  in  die 
gewerblichen  Verhältnisse  der  Dorfscliaften  unserer  Marken,  sie 
haben  vielfach  noch  Spuren  der  ursprünglichsten  Verhältnisse  auf- 
bewahrt. Die  Versuche  der  Communisten  und  Socialisten  sind  keines- 
wegs ein  Erz€)ugniss  unserer  Zeit,  sie  sind  in  Deutschland  vor  langen 
Jahren  schon  durch  die  GenosseDSchaften  praktisch  zur  DürchfÜli- 
rung  gekommen.  In  den  urkundlichen  Zeiten  unserer  Marken  war 
die  Feldmark  bereits  unter  die  einzelnen  Familien  und  Bewohner 
getheilt,  der  Wald  aber  war  noch  Gemeingut.  Es  konnte  niclit  nur 
ein  Jeder  nach  Bedürfniss  sich  daraus  beholzen,  sondern  auch  das 
Roden  einzelner  Walddistricte  zu  ges  ndertem  Gebrauche  war  noch 
nicht  verboten.  Auf  dem  Märkerding  1537  wurde  von  den  j^Rhödern" 
in  der  Hohen  Mark  gehandelt,  von  jjden  gerothen  Gütern  so  inner- 
halb 20  Jahren  in  der  Mark  gerödt  worden*,  die  sollten  mit  Zinsen 
belegt  werden.  Die  Märker  konnten  sich  wegen  des  Artikels  nit  ver- 
gleichen; die  ReiflFenberger  mit  dem  grössten  Haufen  (wol  allen 
denen  die  dem  Wald  zunächst  gelegen),  wollten  dass  der  Artikel  der 
Zinse  halber  abe  sei,  es  sei  denn  dass  man  auch  die  früher  gero- 
deten Güter  mit  Zins  belege.  Im  Jahre  1545  wird  das  roden  ver- 
boten, und  soll  was  innerhalb  10  Jahren  gerodet  worden,  wieder 
zu  gemeiner  Mark  gezogen  werden.  In  der  Seulberg,  Erlenbacher 
etc.  Markordnung  von  1552  wird  ^das  rathen"  verboten  bei  iO  fl., 
dazu  soll  das  ingenommen  Radt  der  Margk  bleiben.  Itn  Jahr  1593 
wird  dies  wiederholt:  das  rohden  soll  durchaus  verboten  sein  bei 
Straf  10  fl.  und  das  eingenommene  Rohde  nichts  weniger  bei  der 
Mark  bleiben.  Trotz  alledem  wurde  noch  im  Jahr  1702  erwähnt 
dass  den  Markem  noch  erinnerlich  sei  wie  Hans  Georg  Stubich  eine 
Wiese  auf  dem  Raisberg  gemacht,  von  der  Mark  aber  contradiciret 
worden,  und  Stubich  solche  wieder  liegen  lassen  müssen,  die  Märker 
es  mit  ihrem  Vieh  betrieben,  und  Stubiclien  kein  Nutzen  davon 
ziehen  lassen**. 


^  Die  Schreibweise  von  „Rhoden'^  war  hier  so  verschieden,  wie  sie  noch 


—     395     — 

Ebenso  war  eg  dem  Märker  gestattet  Steine  nach  Bedürfeiss  su 
holen.  In  der  Ordnung  von  1594  heiset  es :  der  Märker  sei  befugt  die 
Schiefersteinkauten  zu  gebrauchen^  da  die  „laidecker^^  zuBeiffenberg 
vor  sich  allein  gebraucht  aber  kein  Zins  gegeben.  Als  später^  in  der 
Mitte  des  17^^  Jahrhunderts,  der  Waldpott  durch  Bergknappen  hin 
und  wieder  graben  Hess,  beschwerten  sich  die  Mark  er  allein  aus  dem 
Grund  weil  „viel  Holz  verderbet*  worden. 

Das  Holz  der  Mark  wurde  gebraucht  zum  bauen,  zum  ein- 
heitzen  und  zu  den  mancherlei  Gewerben.  Erst  im  16*"*  Jahrhundert 
wurde  der  freie  Gebrauch  eingeschränkt,  es  wurden  Holztage,  in  der 
Seulb.  Erlenb.  Mark  j^Wittage*  festgestellt,  Weichköler  sollen  nicht 
gelitten  werden,  Hartköler  sollen  nur  mit  Anweisung  zweier  Förster 
kolen  brennen,  Kupfer-  und  Waffenschmieden  soll  nicht  mehr  als 
6  karren  kolen  gefolgt  werden,  brauchen  sie  mehr  sollen  sie  fllr 
jeden  karren  2  fl.  jpzu  strafft'  geben  Bretthauer,  Lattenhauer,  Felgen- 
hauer und  Wagner  sollen  ohne  Anweisung  kein  Holz  hauen.  Wir 
finden  in  diesem  gemeinschaftlichen  Genuss  des  Waldes  eine  natür- 
liche Erklärung  der  Beschränkung  beim  Verkaufe  mancher  Producte 
und  des  Vorkaufsrechts.  Die  Wagner  sollen  ihre  Arbeit  den  Inmär- 
kem  ^umb  ein  gebülirlich  Geld  wieder  zukommen  lassen  und  ver- 
kaufen". Sie  dürfen  nichts  aus  der  Mark  verkaufen,  auch  soll  kein 
Holz  zu  ^Schwindelstegen*  erlaubt  sein.  Auch  in  der  Seulb.  Erlenb. 
Mark  sollen  die  Ziegler  zu  Holzhausen  die  Ziegel  umb  gebürlich 
Bezahlung  „vor  Ausmärkem"  gönnen  und  lassen.  Es  sollen  daselbst 
nicht  mehr  als  2AueUofen  geduldet  werden,  die  sollen  den  Märkem 
die  Ziegel  nicht  höher  als  4  fl.  das  tausend  verkaufen,  und  „also 
ihnen  den  Vorkauf  zulassen".  Dass  dieser  Punct  „bisher  in  Wiend 
geschlagen,  davon  soll  schierst  künftig  uff  dem  bußatze  montags  nach 
Quasimodogeniti  weiter  tractation  gepflogen  werden^.  Später,  im 
Jahre  1591,  heisst  es  dass  die  Ziegeler,  wie  auch  alle  andere  welche 
in  dieser  Marke  Brennholz  zu  hauen  berechtiget,  den  Merkem  ihre 
Ziegel  das  tausend  eiiien  Gulden  wohlfeiler  als  einem  Ausmerker 
lassen  Im  Jahre  1595  wird  auch  des  Bierbrauens  halben  nothdürftig 
geradtschlaget  und  verabschiedet,  dass  der  Bierbrauer  zu  Ober- 
Erlenbach  dei;!  Merkem  ihr  Bier  ein  ziembliches  wohlfeiler  geben 


jetzt  in  Appenzell  inner  und  äussere  Rhenen  es  ist.  Manche  Forscher  beziehen 
dies  Wort  anf  Abtbeilung  znr  Entriohtnng  einer  Leistung,  cf.  F.  Wyw,  die 
Schw.  Landsgemeinden  8.  71.  inZtsehr.  f.  Sohw.  R.  I.  1.  Kann  man  nicht  noch 
weiter  zurückgehen,  auf  die  Veranlassung  solcher  Abtheilnngen  ? 


—     396     — 

solle,    als  den  Ausmerkem,   und  ihnen   allerdings  den  Vorkanf  ge- 
statten. 

In  den  damaligen  Zeiten  zog  ein  jeder  oder  eine  jede  Dorfschaft 
möglichst  alles  das  selbst  was  er  bedurfte.  Weinberge  haben  sich  «in 
der  Namensüberlieferung  fast  allerwärta  noch  erhalten^  auch  in  Ort- 
schaften welche  die  Weinkultur  schon  längst  aufgegeben,  vielleicht 
in  den  traurigen  Zeiten  nach  dem  SOjährigen  Kriege  als  die  Armutfa 
den  lantman  zwang  dem  Weingenuss  zu  entsagen.  Bei  den  Markum- 
gängen zogen  die  Märker  westlich  von  Oberursel  an  einer  ganzen 
Reihe  vonWdngärten  oder  Wingerten  hin.  Bei  Dortelweil  heisst  es: 
im  Weinstück;  und  am  Weingartenweg.  Die  Weingärten  von  Bona- 
mes  lagen  beim  Homburgerpfad.  Unter  dem  Eschbacher  Hardwald 
liegt  der  Wingertsberg,  ebenso  der  Weinberg  unter  dem  Lobberg 
bei  Ober- Erlenbach.  /  Zwischen  dem  Creuzerweg  und  der  Borngass 
östlich  von  Niederursel  lagen  die  Weinberge  und  in  diesem  Orte  ist 
selbst  eine  Bendergasse  verzeichnet®^. 

Wie  gewisse  Gewerbe  im  Iß'*""  Jahrhundert  in  dem  Holzver- 
brauche beschränkt^  so  wurden  andere  ganz  verboten.  Den  Bendern 
soll  kein  Eichenholz  in  der  Mark  erlaubet  werden,  Schwarz- 
färber,  so  leinen  Tuch  fbi4)en  und  Aichen  und  Erlenholz  gebrauchen 
sollen  nicht  gelitten  werden.  Aicbenpfael^  Girten,  Reifstangen  und 
Zaunstecken  sollen  im  ganzen  Wald  verboten  sein.  Auch  nicht  kau- 
fen soll  man  sie.  In  der  Seulberg;  Erlenbacher  ete.  Mark  Ordnung  von 
lö'^O  sind  überhaupt  Pt'aell,  lattenstang  und  girten  verboten ,  es  sefi. 
denn  dass  „die  gehe  hohe  notb  gemeinder  Margkflecken*  Friede  zu 
erhalten  fürhanden^;  alsdann  sollen  Märkermeister  erheischender 
Nothdurft  nach  „an  etwas^  geben y  und  also  den  Ueberfluss  meiden; 
dieweil  rathsamer^  auch  fbrträglicher  und  sicherer  ist  eine  lebendige 


^  Vergl.  hieizn  Dr.  Kriegk,  Frankf.  Bflrgerzw.  S.  241.  Auch  anderwärts 
finden  wir  hierzu  bemerkeoswerthe  Andeutungen,  so  in  den  Fichardisohen  Aus- 
zügen. Aus  dem  Jahre  1566  wird  aufgeftthrl;  Hochheimer  Wein  das  Fuder 
30  bis  31  fl.  Seckb&cber  21  fl.  fiinganer  29  fl. ;  1531  Burnheymer  Wein  per  Fu- 
der 11  fl.  18 ß,  Wertbeymer  14 fl.;  1584  Riederberger  Wein  ä  22  fl.;  1589  Hoch- 
heimer Wein  neuer  per  Fuder  101  bis  1Q2  fi.  Soder  Wein  nur  86  fl.;  1590  Nie- 
der-£rlenbacher  Wein  per  Fuder  56  fl.,  Soder  60  fl.,  Dflrckelweiler  56  fl.,  Ober- 
röder  68  fl.,  Bonameser  56  fl.,  Hochheimer  84  fl.  12  alb.  —  Im  Jahre  1543  kam 
der  Weinzehnte  der  Sulzbaoher  und  Soder  Gemarkung  in  den  Rathekeller, 
orsterer  ergab  2V2  Foder.  Noch  im  Jahre  1628  wird  der  neue  Wein  von  Sulz- 
baoh  und  Soden  erwähnt,  1680  Oberroder  neuer  Wein  zu  48  fl.  Rauenthaier  zu 
42  R.  Hochheimer  zu  61  R«  im  Jahr  1635  Seckbaoher  neuer  Wein;  und  1647 
Neuenheymer  Wein. 


-     397     — 

Gehege  um  einen  Flecken 'zu  ziehen^,  und  uff  zu  pflanzen ,  als  die- 
selben mit  Zäunen  zu  befriedigen^  so  sollen  die  so  Holz  zu  Zaun- 
stecken begehren  werden^  auch  ^umsich'  eine  lebendige  Hege  zwan- 
zig Ruthen  lang  uffpflanzen  und  ziehen  ^  wer  sich  das  weigere ;  dem 
soll  gar  kein  Holz  mehr  zu  Zaunst^cken  gevolget  werden.  Dazu 
heisst  es  im  Jahre  1591  welcher  MSrker  seine  Zfiune  mit  Wellen 
beschlagen  will,  dasselbige  nicht  von  Buchenholz,  sondern  von  Dor- 
nenwellen, feus  der  Haihnruppen  darzu  abgehauen,  in'sWerk  richten 
soll  —  Allen  denjenigen  welche  das  Haffener  oder  Döpffermachen 
handtwerk  nit  ehrlich  und  voll  gelemet,  soll  das  Ziegelmachen  ernst- 
lich yerpotten  sein;  so  soll  auch  keiner  kein  gesinde  oder  knecht 
darauf  halten,  sondern  mag  ein  Jeder  der  das  Hä&erhandwerk  bei 
ehrlichen  leuten  gelemet,  mit  seinen  Kindern  und  Gesinde  auch  wol 
Ziegell  machen,  anders  soll  es  nicht  zugelassen  werden.  —  Jung 
ejchen  Holz  zu  bender  und  Wagener  Arbeit,  als  Fass  oder  Zuber- 
Dauben,  it.  Speichenfelge  und  Achsen  soll  bei  straf  10  fl.  nit  gehauen 
werden*  —  Dieweil  auch  des  Mühlwerks  auf  der  Bach  eine  Ueber- 
maass  vermerket,  so  ist  abgeredt  worden  dass  hinfUro  zu  keinem 
Mühlwerk  weiter  als  8  stamm  zu  ahrmen  gefolget  werden  solle.  — 
Endlich  sollen  die  welche  Erlaubuiss  bekommen  keine  kein  Ziegel- 
brandt allein  thun,  sondern  ein  Jeder  hinfOro  halb  Ziegel  und  halb 
Döpffen  zugleich  in  einem  Ofen  brennen. 

Wie  bei  den  Gewerben  Vorsehung  getroffen  wurde  den  Wald 
zu  schonen,  so  auch  bei  dem  Bauen.  Es  wurde  darauf  geachtet  dass 
der  Märker  seine  Baue  nicht  verfallen  Hesse;  es  solle  ihnen  „zur 
Notturft  Wimprichen  und  Schomsteynruden'  erlaubt  werden ;  sollte 
ein  neues  Wohnhaus  errichtet  werden  so  hatte  Scfaultheiss  und  die 
Schöffen  eines  jeden  Orts  Länge  und  Weite  zu  messen;  der  Bauman 
oder  Erbauer  hatte  „zwei  dännen  Hölzer^  zu  ^kaufen,  erst  wenn 
diese  auf  dem  Bau  Placken  liegen  befunden,  soUte  der  Schein  gege- 
ben werden,  es  sollte  der  Bauende  fOr  ein  jedes  Gebäude  8  Stämme 
angewiesen  erbalten,  „jedoch  da£  sie  der  Größe  und  des  beigeführten 
Dännenholzes  zuvor  gewiß  und  genugsamb  berichtet,  ohne  daß  sie 
denjenigen  so  sich  der  zwejen  Dännen  Holtzes  auf  ein  jedes  Gebäude 
zu  kaufen  verweigern  würde,  auch  den  geringsten  ejchen  stamm  nit 
erlauben  sollen'^  Zu  einer  Scheuer  sollen  20  Stänmi  gegeben  werden, 
und  durchaus  Dännen  Holz   zu  Werckholz  gekauft  und  gebraucht 


«s  Noch  jetit  finden  sich  die  Sparen  solcher  Gehege  oder  Haingrfiben  bei 
vielen  Ortschaften  vor,  z.  B.  bei  Sealberg,  Niederursel,  Ober-Eschbach  u.  s.  w. 


—     398     — 

werden^  zu  einem  neuen  Stall  mit  einem  ganzen  Dache  sollen  2  dän- 
nen  Hölzer  auf  den  Bau  Placken  hingeführt  und  begichtigt  werden, 
zu  einem  halben  Stall  1  dänneu  Holz. 

Es  zeigt  uns  dies  dass  gegen  das  Ende  des  16**^  Jahrhunderts 
in  der  Hohen  Mark  die  Tanne  noch  nicht  gefunden  wurde.  Die 
Eiche  war  der  vornehmste  und  wol  auch  häufigste  Baum  in  den 
Wäldern;  Eichen  und  Buchen  wurden  als  „fruchtbare  Bäume^  be- 
zeichnet,  es  solle  in  den  verbotenen  Wäldern  nichts  an  fruchtbaren 
Bäumen  ^es  sei  gleich  buchen  oder  ejchen  Holz'^  darin  gehauen 
werden ;  bei  Verlust  von  zehen  Gulden.  Wenn  etwa  ^Gedrayde  und 
Mästung  in  der  Margke  sich  erzeigen  thue^  soll  daselbe  besichtigt 
und  eine  Ordnung  aufgerichtet  werden.  Schon  in  der  Markordnung 
des  Jahres  1552  ist  vorgesehen,  dass  wenn  sich  „Eckem-getraidt^ 
im  Wald  erzeigt,  sollen  der  Verordnet  des  Waltpothens  mit  Merker- 
meistern und  dem  Ausschuss  gemeiner  Merker  sich  vergleichen,  wie 
es  damit  solle  gehalten  werden. 

Ausser,  den  Eichen  und  Buchen  fanden  sich  aber  noch  Bäume 
in  sehr  grosser'Manichfaltigkeit  vor,  wie  wir  aus  den  Aufzeichnungen 
der  Lochbliume  sehen;  es  waren  darunter  Ahorn- ^  Holzapfel-  Faul- 
bier- oder  Stink -Bäume,  Birken,  Linden,  Erlen,  Eschen,  Hassel- 
Bäume,  ja  selbst  Kirschbäume  werden,  wenigstens  am  Saume  des 
Waldes  genannt.  Hasselbäume  wurden  sehr  hochgeschätzt;  die  Ord- 
nung von  1594  stellt  im  Art  31  auf:  wer  Haselbäume  um  der  Hasel- 
nus  willen  verderbe,  der  soll  gebttsst  werden  als  ob  er  ein  Eichen- 
baum verderbet  hätte. 

Bei  den  zunehmenden  Klagen  über  Verösung  des  Waldes  wird 
besonders  das  Abhauen  der  Eichbäume  schmerzlich  berührt.  Diese 
waren  damals  noch  ungleich  wichtiger  ftir  das  Leben  der  Mark,  weil 
zu  jener  Zeit  das  Schwein  eine  viel  bedeutendere  Bolle  unter  den 
Hausthieren  einnahm,  als  es  heute  zu  Tag  noch  der  Fall  ist.  um 
das  Jahr  1700  wird  unter  den  Klagen  der  Märker  gegen  den  Wald- 
potten  auch  hervorgehoben  dass  er  viele  der  schönsten  tragbaren 
Eichbäume  abhauen  lassen,  von  deren  theils  4  und  mehr  Wagen 
Uhrholz  g^eben.  Uhr-,  Ur-  oder  Ohr-Holz  wurde  das  dürre  Stamm- 
holz genannt,  Holz,  von  Fruchtbäumen,  d.  h.  von  Eichen  und  von 
Buchen.  In  der  Seulb.  Erl.  Mark-Ordnung  von  1552  werden  3  Tage 
festgestellt,  Montag,  Mittwoch  und  Freitag  ^Dore  Holz^  zu  hauen. 


*«  Beim  Umgang  von  1710  (Mglb.  E.  29.}  geht  derselbe  nach  dem  Pflaster- 
weg, daslebfit  ein  i,Obm  HoUzbaum",  weiter  wird  erwähnt  „ein  Ohm-banm^*. 


—     399     — 

ul^zufiihren  und  zu  tri^en,  doch  kein  Eichen-  oder  Bau  Holz^  kein 
Grünbolz,  sondern  „dhor  ligende  Holcz^.  Auf  dem  Märkergeding 
der  Hohen  Mark  wurde  153>7  ertaubt  2  Tage  der  Woche,  Diedstag 
und  Freitag,  in  der  alten  Hege  „Uhr-Holtz^  auszuführen  und 
zu  tragen. 

Schon  um  die  Mitte  des  16^®°  Jahrhunderts  werden  auch  ganze 
Walddistricte  in  die  Hege  gelegt,  darin  zu  hauen  wird  verboten« 
Auf  Bartholome  1543  wird  beschlossen,  es  solle  3  Jahr  verboten  sein 
zu  hauen  von  dem  lauberichten  Baum  bis  uff  das  Kessbergen;  ebenso 
der  Berg  unwendig  der  Magt  Kreutz  herüber  bis  auf  die  Urseller 
bach  und  bis  auf  d^e  unterst  Scheibach;  weiter  der  Berg  uf  der 
Putzen,  vom  Pfal  an  bis  an  klingenborn  hinab«  Dann  wird  vorge- 
sehen dass  beim  Wellenschneiden  bei  jeder  Wellen  j^ein  schneyder^ 
lingk^  soll  ^,au8geschneit^  werden;  ein  solcher  zu  einem  Stamm 
geschnittener  Sclmeiderlingk  soll  keiner  abgehauen  werden,  bei  Ver- 
lust 12  ß  bueß.  Auch  in  der  Seulb.  Erlenbacher  Mark  soll,  bei  einer 
Welle  so  gemacht  wird,  ein  Stamm  ,,uffgeschneidt^'  werden,  damit 
man  „widder  Wald  uffziehen  mege^'. 

Die  Aufsicht  im  Walde  war  in.  den  älteren  Zeiten  einer  kleinen 
Anzahl  Förstern  oder  Waldknechten  überwiesen,  die  aus  den  Mär- 
kem  selbst  alljährlich  gewählt  wurden  Auf  dem  Märkerding  vor 
Ober-Erlenbach,  1491,  als  Erwin  Dogel  gelobt  hatte,  erwählet  er 
alsbald  zwei  Merkerknecht,  die  Jörgen  dem  Schreiber  geschworen 
haben,  dieweil  der  Märkermeister  den  Eid  zu  staben  nicht  geschickt 
wäre  j^dem  es  doch  zu  thun  gepürt",  und  Ist  gewest  einer  von  Seul- 
berg,  der  andere  von  Erlenbach.  Im  folgenden  Jahre  wird  bemerkt 
dass  die  alten  Merkerknecbt  wieder  aufgenommen  worden,  und  hat 
der  Merkermeister  die  knecht  beeidiget  Auf  dem  Märkerding  der 
Hohen  Mark  von  1438  wird  auch  erzählt  „das  die  merckermeister 
knecht  und  furster  betten  zu  kiesen,  der  marg  zu  huden ,  doch  mit 
der  lantlude  Badt*. 

Noch  im  Jahre  1552  war  in  der  Seulb.,  Erlenb.  Mark  die  Wahl 
der  Förster  dem  lantman  nicht  entzogen.  Es  heisst  in  der  Markord- 
nung dass  2  oder  3  Förster,  nemlich  einer  zu  Seulberg,  der  andere  zu 
Holzhausen  und  der  dritt  unter  den  Merekem  «von  den  gemeinen 
Merckem  nechst  mitfasten  Sontag  angenommen  und  durch  den 
Merckermeistem  bestätigt^^  werden  solle.  Von  jeder  Bugen,  so  der 
Forste  vorbringt,  soll  ihm  1  Thornis  von  demjenigen  gegeben  wer- 
den, 980  die  buBsen  uffhat^^  Im  Jahr  1588  heisst  es,  dass  wenn  die 
alten  Förster  wieder  darum  bitten ,  sollen  sie  aufs  neu  angenommen 
werden,   sonst  soll  Ludwig  Schedel  zu   Obern  Erlenbach    (dock  uf 


~     400     — 

ansuchen  und  vorhergehende  Pitt)  von  Märkermeistem  angenommen 
nnd  beeidigt  werden.  Auch  1590  ist  der  Förster  halben  vom  Aus- 
schuss  verabschiedet;  dass  an  gewöhnlichem  Ort  wenn  das  Merker- 
geding gehalten  werde^  zween  die  zuvor  der.  Gebühr  darum  gebeten 
angenommen  und  vereidet  werden  sollen. 

Zu  Förstern  sollen  angenommen  werden  nicht  leichte  ^  sondern 
ernste  und  solche  Personen  welche  „einen  guten  Namen  bei  den  be- 
nachparten  haben,  und  in  stettiger  betrachtung  ihrer  geleisten  ejdes- 
pflichten  sich  mit  der  Hute  vleißig;  und  im  rügen  getreulich  verhalten 
möchten,  damit  nit  etwa  durch  sie  die  Diener  oder  ihren  unehrlichen  Wan- 
del, die  Merker  unverschuldeter  Dingen  in  Despect  kommen,  und  also 
ihr  eingeführter  Nähme,  (sondert  rühm  zu  meld^i)  und  lob  guter 
Ordnung  und  Gerechtigkeit  verdächtig  gemacht  werde/'  Wenn 
die  Förster  beim  Zechen  gefunden  werden,  solle»  sie  gefänglich  an* 
genommen  werden.  Sie  dürfen  (1594)- keine  bücbsen  im  Wald  .tragen 
sondern  einen  Spieß  und  „ein  klapscbell"  daran.  —  Die  Försterwiese 
soll  verliehen  werden,  die  Förster  die  Abnutzung  davon  nehmen. 

In  der  Hohen  Mark  erhob  sich  auf  dem  Mürkerding  1518  Streit^ 
es  beschwert  sich  der  gemein  lantman  wie  die  landgräfischen  Heintzen 
Junghem  zu  einem  Walt-  oder  Fürstknecht  angenommen,  und  von  dem- 
selben  Gelübde  und  Eide  genommen. .  Dies  sei  wider  das  Instrument 
Der  gemeine  lantman  habe  die  knecht  zu  erwählen,  dieFürster  dem 
Märkermeister  geloben  und  schwören  sollen.  Der  Schultheiss  von 
Homburg  giebt  vor  dass  der  oberste  Waltpott  solches  zu  thun  Macht 
habe.  Der  Kellner  sei  jetzt  abwesend,  so  wolle  er  sieh  mit  Absetzung 
des  erwählten  Knechts  nicht  befassen.  Trat  der  lantman  ab,  sagte 
dann  wo  Heintz  Jungher  die  Merkermeister  und  gemein  lantman  ihn 
uffzunehmen  bitten  würde,  soll  ihm  eine  gut  antwort  werden;  und 
darauf  Heintz  Jungher  „soUich  bitt  so  balde  gethan^^  Aber  Jacob 
der  Schultheiss  von  Homburg  hat  ihn  sehr  gescholten  und  gesagt:  er 
solle  Urlaub  haben,  ob  er  sich  also  in  Sack  laß  zwingen.  (Mglb.  £. 
29.  n\  S.  98.) 

Auf  dem  Märkerding  1521  erneute  sich  dieser  Streit,  der  Schul- 
theiss von  Homburg  behauptet  wieder  dass  sein  gn.  Herr  der  oberste 
Waltpott  allein  zu  wählen  die  Macht  habe;  er  verlangt  dass  aus 
jedem  Flecken  2  nach  Homburg  verordnet  würden,  da  man  dann 
dieser  sach  handeln  möchte.  Aber  noch  auf  dem  Märkerding  von 
1647  werden  Förster  erwählt,  von  Ursell,  Obersteden,  Kirtorff  und 
zu  Rjffenberg,  die  haben  den  beiden  Märkermeistem  gelobt  und  ge- 
schworen. 


—     401     — 

Eigenthümlich  ist  die  Bezeichniing  eines  Beamten  der  Hohen 
Mark  als  „Schreier^.  Der  Ursprung  dieser  Bezeichnung  reicht  in  eine 
Zeit  in  welcher  nicht  viel  geschrieben  wurde,  zugleich  aber  das  Be- 
dürfiiiss  bestand  sich  mit  einer  nicht  unbeträchtlichen  Volksversamm- 
lung zu  verständigen^^.  In  der  Mitte  des  16.  Jahrhunderts  wurde 
der  Schreier,  anf  Antrag  der  Hombur^schen  Gesandten,  zugleich 
oberster  Förster  und  reisig,  der  alle  Tag  in  den  Wald  ritte  und  zu- 
sehe, dass  die  Ordnung  gehalten  werde.  Da  er  sich  anders  als  ihm 
aufgelegt  halten  würde,  sollten  die  gemein  Märker  ihn  abzusetzen 
haben,  und  von  ihnen  den  Märkem  ein  änderer  erwählet  werden.  Er 
wohnte  in  Oberstedten,  war  also  von  dem  Waldpotten  abhängig. 
Schon  1563  zeigt  der  Amtpian  von  Eppstein  an,  der  Fürst  von 
Hessen  hab'  einen  Schreier  gen  Stedten  gesetzt,  und  flir  gut  ange- 
sehen dass  derselbig  auch  ein  Förster  soll  sem.  Die  Märker  ant- 
worteten :  die  Märker  haben  Märkermeister  und  Förster  zu  wählen, 
und  sollen  die  Förster  durch  die  Märkermeister  beeidigt  werden. 
Dagegen  protestirt  der  Amtman.  um  das  Jahr  1578  liess  sich  der 
Keller  von  Homburg  das  Amt  eines  Waldschreiers  übertragen,  sei  es 
der  Einkünfte  wegen  oder  um  allmählig  mehr  und  mehr  das  Ansehen 
des  Waldpotten  zu  festigen.  Er  gab  dies  Amt  „anderer  Geschäfte 
wegen^^  auf,  snchte  um  Erlass  bei  Ihre  f.  Qu.  an;  Ihre  f.Gn.  hätten 
einen  andern,  so  zugegen,  zu  einem  Waldschreier  verordnet  ,,den  sie 
hiermit  den  Märkern  wollen  präsentirt  haben'^  Im  Jahre  1586  be- 
schweren sich  die  Märker  dass  dem  Schreier  die  Inmerker  zu  rügen 
zugelassen  werde,  er  solle  nur  auf  die  Förster  Acht  haben,  wo  nöthig 
Anzeige  machen.  Die  Hessischen  Gesandten  aber  halten  filr  Becht 
dass  der  Schreier  auch  Inmärker  rüge,  er  sei  der  Mark  zu  gute  ge- 
ordnet; sie  wollen  nicht  zulassen  dass  vor  Einwilligung  oder  An- 
nehmung des  Schreiers  zum  Förster  die  Haltung  des  Märkerdings 
sollte  vorgenommen  werden.  In  der  Waldordnung  von  1594  soll  der 
Waldschreier  auf  die  Förster  Acht  haben,  auch  selbst  zu  rügen  ver- 
pflichtet sein.  Im  Jahre  1700  werden  unter  den  Beschwerden  gegen 
den  Waldpotten  auch  aufgeführt,  dass  der  Waldschreier  bei  Aus- 
flihrung  des  Holzes  (für  die  fremden  Waldenser)  sagen  dürfen, 
solches  fähre  er  auf  seine  Gefahr  aus;  statt  dass  er  die  bei  dem 
Märkerding  verfasste  Ordnung  beachten  solle:   deswegen,  wenn  der 


<'  Auf  der  Landsgemeinde  der  Inneren  Boden  von  Appenzell  lässt  der 
Landamman  selbst  abstimmen.  Anf  der  weit  grösseren  Landsgemeinde  der 
jinsseren  Roden  versieht  der  Waibel  die  Steile  eines  Schreters. 

26 


—     402     — 

Schreier  dies  wieder  unternähme^  die  Mfirker  ihm  das  Schreierbrodt 
zu  gebeu;  oder  rügen  von  ihm  zu  nehmen,  weigern.  — 

Noch  wäre  hier  bei  Gelegenheit  der  Waldordnung  einiges  We- 
nige über  das  Recht  der  Märker  an  Jagd,  Eckern  und  Fischerei  zu 
sagen.  An  anderer  Stelle,  in  dem  Aufsatze  :  die  Hohe  Mark  im 
Taunus,  ist  bereits  erwähnt  wie  1537  der  Oberst  Waldpott  mitge- 
theilt  dass  Niemand  gestattet  sei  in  der  Hohen  Mark  zu  jagen ,  dass 
der  Adel  und  die  Märker  auf  das  Instrument  sich  berufen.  Dieses 
überliess  zwar  dem  Waldbotten,  so  man  die  Mark  bestelle  den 
Wildbann  zuzuthun,  setzte  aber  hinzu:  so  ein  Waldbott darüber  darin 
jagte,  so  solle  es  darnach  über  3  Tagen  den  Märkem  und  landtman 
auch  erlaubt  sein  zu  jagen.  Es  scheint  aber  dass  der  Lantman  schon 
zu  jener  Zeit  weder  besonders  Zeit  noch  Lust  mehr  zum  Jagen  hatte; 
es  waren  fast  nur  die  Edelleute  die  sich  dieses  Rechtes  noch  be- 
dienten. Anno  1554,  am  5.  October,  schrieb  Phil.  Landgraf  zu 
Hessen  an  Friedrichen  von  Reiffenbergk:  Unser  lieber  Getreuer;  wir 
sind  bracht  worden,  wiewol  die  Inmerker  in  der  Hornberger  Mark 
weiter  nichts  als. die  Hude  und  Behulzung  in  derselbigen  Mark  be- 
rechtigt, dass  sich  doch  etzlich  derselben  unterstehen  Hirsche,  Seue 
und  Wiltpreth  ihres  gefallens  darin,  zu  schießen,  auch  daruff  eigne 
Hund  halten.  Welches  nun  keineswegs  leidlich,  dir  auch  als  jetzigen 
Pfandsinhaberh  unseres  Amts  Hombergk  indem  uns  zu  Nachtheil  und 
Abbruch  unserer  Gerechtigkeit  zuzuseen  nicht  gebüret;  Ist  deßhalb 
unser  gnädigstes  begehren  du  wollest  den  Mitmärkern  mit  Ernst 
untersagen,  dass  sie  sich  des  Schießens  und  Jagens  in  der  Hornber- 
ger Mark  genzlich  enthalten  und  an  der  Hude  und  Behulczung  be- 
gnügigt sein. 

Es  findet  sich  darauf  weiter  (in  den  actis  Mglb.  E.  31.  IV.  Lit 
A:)  ein  Mandat  des  kaiserL  Eanmiergerichts  vom  11.  Jan.  1566 
welches  mit  den  Woi-ten  beginnt:  Wir  Maximilian  der  ander  etc... 
dem  wohlg.  Philipsen,  Landgr.  zu  Hessen,  .  <  .  unserm  lieben  Oheim 
und  Fürsten,  auch  s.  1.  Schultheissen  unsem  und  des  Reichs  getreuen 
Muel  Endressen,  Balthasar  Eppstein  zu  Steden  schreier,  unser  Gnad 
und  alles  Guts. 

Es  folgt  nach  dieser  freundlichen  Einleitung  dass  Graf  zuEönig- 
stein  und  Stollberg  geklagt,  wie  er  und  seine  Voreltern  von  alters- 
hero  herbracht,  welche  Zeit  der  Waldbott  in  der  Hohen  Mark  ge- 
jagt, dass  dann  nach  dreien  Tagen  er  Kläger  wie  andere  Mitmärker 
darin  zu  jagen  auch  Macht  gehabt.  Dem  entgegen  sei  Schultheiss 
Muel  Endres  in  der  Hohen  Marck  ohngefUhr  bis  in  50  oder  mehr 
stark  zu  Ross  und  zu  Fuss,   am  19.  Dec.  65  als  Graf  Ludwig  nach 


—     403     — 

dem  Waldbotten  auch  jagen  lasseu^  gewaltsamlich  eingefallen  und 
seinen  Jäger  genöthigt  anzugeloben  und  handtreuv  geben  müssen; 
ihm  auch  in  die  150  Wildseiler  und  zwei  Bebe  gewaltsamlich  ge- 
nommen. Da  diese  Pfändung  und  Handlung  unrechtmässig  gewesen^ 
so  gebietet  das  Gericht .  bei  10  Mark  lottigs  Gold  ....  dass 
alsbald  nach  Verktindung  dieses  die  abgepfändt  Wildseil  sammt 
den  zweyen  Behem  oder  den  gebührlichen  Werth  für  dieselben, 
an  des  Ort  ihr  solche  abgepfändt,  restituirt  .  .  .  dazu  auch  der  Kö- 
nigsteinische Jäger  sriner  abgedrungener  handgelUbdt,  doch  alles 
uf  ein  alte  gewöhnliche  Urphede  und  Wiederstellen,  im  Falls  her- 
nacher  mit  Recht  erkannt  würde,  relaxirt  und  ledig  gelassen  werde. 

Es  folgen  weitere  Copien,  einmal  des  Schreibens  von  Jeremias 
Sohne,  hess.  Kellers  zu  Bossbach  d.  19.  März  66,  in  welchem  man 
sich  erbietet,  dem  kaiserl.  Mandat  nachzukommen,  auffordert  Jeman- 
den von  wegen  des  Landgrafen  beneben  dem  Jäger  abzufertigen 
an  den  Ort  da  die  Pfändung  geschehen;  (es  war  dies  auf  dem 
Henchelheimer  Feld  unter  Brendels  Busch)  dann  weitere  Verhand- 
lungen über  die  Form  der  Urphede.  Nach  eingetretenem  Verständniss 
wurden  zuletzt  die  Seile  zurückgegeben  und  für  die  Bebe  vier  • 
Thaler.  — 

Schon  im  Jahre  1578  war  wieder  Streit  wegen  des  Wildschiessens ; 
die  Gegenwärtigen  vom  Adel  so  in  der  Mark  gesessen,  da  sie  nit  alle 
beisammen,  bitten  ihnen  Zeit  zu  lassen,  wollten  schriftlich  antworten. 
Schliesslich  ist  es  aber  ihre  f.  gn.  „ernstlicher  bevelh''  dass  sich 
maniglich  binfüro  des  Wildschiessens  enthalte. 

In  ähnlicher  Weise  wurde  mit  dem  Fischen  verfahren.  Es  ist 
sehr  wahrscheinlich  dass  in  älteren  Zeiten  ein  jeder  Märker  die  Fo« 
rellen  aus  den  Waldbäc&en  fangen  durfte.  Es  wird  der  schönen 
Forellenbach  in  der  (ausgegangenen)  Häucfergemarkung  gedacht,  ob 
solche  zu  der  Mark  oder  zu  Urseller  Gerichtsbarkeit  gehöre.  Schon 
im  Jahre  1582  aber  heisst  es  am  Schlüsse  des  Märkerdings:  der 
Oberst  Walpode  sei  berechtigt  die  Mark  zu  hägen  und  zuzuthun,  der- 
wegen  solle  sich  jederman  „des  Jagens,  läußens  und  Schießens,  auch 
fischen  und  krebsen  gänzlich  enthalten'. 

Auch  das  Eintreiben  der  Märker-schweine  in  die  Eckern  wurde 
mehr  und  mehr  beeinträchtigt  zu  Gunsten  der  landgräfischen  Schwein. 
Unter  den  verschiedensten  Vorwänden,  selbst  dass  der  Waldpott  zu- 
vor jagen  müsse,  wurde  die  Ausübimg  dieses  wichtigen  Bechtes  auf- 
gehalten.    Nur   allein  über  das  Weiden   des  Bindviehs  theilen  die 

alten    Urkunden   keinen    Streit   mit;    es   ist   im   Art.  34  der    Ord- 

26* 


—     40*     — 

nung  von  1Ö94  vorgesehen  dass  Schweine  nur  bis  Peterstag  in  Wald 
gehen  sollen^  verderben  dem  Bindvieh  die  Weide. 

Als  der  Wald  verödet^  die  alten  Eicbwälder  ausgehauen  waren, 
hörte  das  Eintreiben  der  Schweine  wol  mehr  von  selbst  auf.  An  der 
Stelle  der  Eichen  wuchs  jetzt  Gras  und  so  war  es  natürlich  dass  die 
Viehherden  mehr  und  mehr  Nahrung  fanden.  In  älteren  Zeiten 
waren  es  besonders  Pferde  und  Schweine  die  des  Mark  ers  Beichthum 
ausmachten.  Nur  Pferde  wurden  zum  Ziehen  gebraucht,  wurden  im 
Walde  beim  Freveln  gepfändet,  selten  wol  Ochsen  oder  gar  Kühe, 
die  nur  die  spätere  dürftige  Zeit  nach  dem  30jährigen  Kriege  zum 
Ziehen  benutzt.  Im  Jahre  1594  wollen  die  Niederurseier  205  Schwein 
in  die  Hohe  Mark  eintreiben;  Wendel  Hoff,  der  Märkermeister  zu 
Oberursel  will  es  anfanglich  wehren,  entschuldigt  sich  dann  er  habe 
diese  hergebrachte  Gerechtigkeit  „nicht  ausdrücklich  gewusst^,  sie 
möchten  in  der  Hohen  Mark  auch  ihre  Stege  machen,  und  ein- 
schlagen wie  die  andern  Märker  thun.  Der  Bereiter  .meint,  wenn 
die  Nid.  Urseler  ihren  Vortheil  verstünden,  würden  sie  zur  Mästung 
in  beide  Hohe  Mark  ihre  Steigen  ^^  machen. 

Gab  es  keine  Eicheln  so  wurde  verboten  Steigen  zu  machen ; 
1599  wurde  jedem  Märker  3  Schwein  einzutreiben  und  ^ein  Wehr 
zu  kaufien"  erlaubt ;  dem  Schultheissen  4.  Ein  Wehr  ist  geschätzt 
'  für  6  ß.  Dabei  heisst  es :  die  Hirten  sollen  zulassen  ihnen  die  Säckel 
durch  die  Förster  besichtigen  zu  lassen,  damit  sie  kein  Eicheln 
lesen.  — 

Aenderung  der  Markverfassung.  —  Bald  nach  der  Befor- 
mation  und  dem  Bauernkrieg  begann  in  der  Hohen  Mark  die  Macht 
des  Waldpotten  ungemessen  zu  steigen,  während  die  Bedeutung  der 
Märker,  desLantmans,  mehr  und  mehr  dahinschwand.  Vorzugsweise 
ist.  hier  einer  der  Bäthe  und  Beamten  des  Waldpotten  zu  nennen^ 
welcher  diesen  Umschwung  anbahnte,  Dietherich  oder  Diether  Ge- 
wend.  Er  begann  im  Jahr  1536  das  alte  Fundament  der  Markord- 
nung zu   lockern.     Es   werden   neue  Anstalten   getroffen    „die  Ver- 


<^  Steige,  Stef^e,  styge,  sttga,  ahd.  altnordisch;  stfa  dänisch;  stie,  stige 
vergl.  Grimm  gram.  III.  433.  P,  464  In  der  Hohen  Mark  werden  nnr  Schwein* 
steigen  erwähnt,  nicht  aneh  Schafsteigen  oder  Hühnersteigen.  Das  Wesent- 
liche bei  solchen  Schweinsteigen  ist  das  umschliessen  und  verwahren ,  nieht 
auch  das  „Steigen*^  Die  Steigen  sollten  sp&ter,  am  das  Holz  zu  sparen ,. von 
Steinen  gemacl^t  werden;  also  Trockenmaaem.  Kostspielige  Steingebände 
als  Schweinsteigen  finden  wir  jetzt  noch  im  Frankfurter  Walde  an  Orten  wo  es 
kaum  noch  eine  alte  Eiche  mehr  giebt. 


—     405     — 

wüstang  der  Mark  zu  hemmen^.  Es  sollen  2  glaubwürdige  Personen 
gekoren;  ihnen  ein  geschickter  Sclireiber  zugeordnet  werden^  die  alle 
3  dem  Waltpotten,  Märkermeistem  und  gem.  Märker  wegen  gebühr- 
lich Pflicht  thun,  ein  gemein  kisten  oder  buchsen  aufrichten  sollen^ 
die  buBsen  darin  zu  sammeln.  Solche  Rechenmeister  sollen  aus  dem 
gemeinschaftlichen  Potte  belohnt  werden  ^  der  Rest  solle  theils  den 
Märkermeistem  zufaUen^  theils  zum  Besten  der  Mark  verwendet 
'werden.  Auf  dem  M&rkerding  1537  wurde  über  die  neuen  Artikel 
abgestimmt;  einige  Zusätze  wurden  beliebt^  und  „also  ein  Jar  langkh 
zu  halten^^  besahlbssen.  Auf  den  Tag  Johannis  des  Täufers  war 
wieder  ein  Märkerding;  das  Roden  in  der  Mark  solle  beschränkt^ 
geordnet  werden^  man  konnte  sich  über  die  Massregeln  nicht  einigen; 
da  drohte  Diether  Gewend^  es  möge  solcher  Span  nicht  für  sein  gn. 
Herrn  den  obersten  Waldpotten  kommen  ^  „dann  derselbige  würde 
etwan  anders  zur  Sachen  thun^^ 

Schon  auf  dem  Märkerding  1541  zeigte  es  sich  welchem  Einfluss 
die  neuen  Rechenmeistei*;  die  auch  nach  Ablauf  des  Jahres  in  Thätig- 
keit  blieben ;  zu  folgen  hatten.  Die  Mark  sollte  bestellt  werden  laut 
des  Instruments  und  der  neuen  Ordnung  ^  neulich  aufgericht  mit 
Rath  des  obersten  Waldpotten.  Als  die  Rügen  verlesen  worden  be- 
gehrt Diether  dass  ein  jeder  Fleck  2  Mann  geben  solle,  welche  zur 
Förderung  der  Sachen  neue  Märkermeister,  wo  von  Nöthen  ordnen 
und  kiesen  sollen.  Da  begehren  die  herrschaftlichen  Gesandten  und 
die  vom  Adel  zu  wissen,  ob  der  Schaden  in  der  Gemark  durch  Ir. 
Gnaden  verursacht,  mit  Wissen  des  gem.  Märkers  oder  der  Märker- 
meister  geschehen;  ob  sein  Gn.  auch  solchen  Schaden  verbüsset? 
Die  Forstknecht,  zur  Rede  gestellt,  gestanden  dass  die  Bäume  gefüllt 
worden  auf  Befehl  der  neuen  Rechenmeister;  diese  hätten  ihnen 
verboten  solches  in  die  Rüge  zu  setzen  oder  zu  schreiben,  derhalb 
sie  entschuldigt  wollten  sein.  Die  Edelleute  hielten  Diethem  vor, 
dass  nach  dem  Instrumente,  wo  ein  oberster  Waltpotte  in  der  Ge- 
mark Schaden  thue,  so  sei  der  gemein  Märker  die  verwirkte  Bus» 
zu  geben  auch  nicht  schuldig.  Desshalb  wäre  beschwerlich  die  Ar- 
men zu  strafen,  wo  nicht  vermög  des  Instruments  Gleichheit  gehalten 
solt  werden.  Diether  berief  sich  auf  die  neue  Ordnung  von  1537 
nach  welcher  Ordnung  die  Rechenmeister  Macht  hätten  zu  erlauben 
und  zu  verbieten.  Entgegnet  wurde  die  neue  Ordnung  sei  nicht  wei- 
ter denn  desselben  Jahres  zu  halten  verstanden  worden.  Nur  die 
Märkermeister  hätten  Befehl  über  die  Mark.  Der  Keller. wollte  hier- 
auf einen  Ansschuss  zu  Wahl  der  Märkermeister  bestellen^  die 
Gesandten    aber   den  Markgenossen    verboten   keinen   Ausschuss   zu 


—     406     — 


geben.  Darauf  ,,der  weniger  Theil*  sich  verglichen^  die  andern  dem 
widersprochen.  Wo  er  nicht  bei  dem  Instrument  bleiben  würde,  woll- 
ten sie  die  Sach  an  ihre  Herrn  und  Oberoi  gelangen  lAsaen.  Chri- 
stoffel  von  Hattstein  bat  Diether  Gewend  die  neue  Ordnung  fallen 
zu  lassen,  so  wären  die  Märker  sämmtlich  erbötig  die  Mark  helfen 
zu  bestellen,  wo  aber  solches  nicht  statt  habe,  einen  andern  gelegen 
Tag  zu  ernennen.  Der  Keller  berief  sich  darauf  dass  solche  Ordnung 
zu  Zeit  ihres  gn.  Herrn  des  Landgraven  als  der  Zeit  obersten  Wald- 
potten  mit  Wissen  des  gemein  Märker  aufgerichtet  worden,  es  würde 
vonnöthen  sein,  dies  an  Ir.  fbrstl.  Gnaden  als  Pfandherrn  gelangen 
zu  lassen.  Die  Gesandten  dagegen  brachten  vor,  es  wäre  unnöthig 
solches  an  Ir.  gnäd.  Herrn  von  Hessen  gelangen  zu  lassen,  nach  dem 
Instrument  habe  der  jeweilige  Waldpott  Macht  ±n  handeln,  wäre  ihr 
begehr  es  an  den  obersten  Waltpotten  kommen  zu  lassen;  lieasen 
auch  sofort  durch  einen  offenen  Notarius  g^en  die  neue  Ordnung 
des  Jares  1537  protesliren,  ein  Instrument  zur  Noth dürft  aufrichten; 
vereinigten  sich  dann  auf  den  16.  Aug.  zu  Frankfurt  im  Prediger- 
oder Frauenbrüderkloster  zusammen  ^u  treten,  zu  rathschlageo, 
dass  das  Instrument  bei  seinem  Buchstaben  gehandhabt  „die  neue 
uffgericht  Ordnung  abgethan  müg  werden^. 

Auf  dem  Märkergeding,  Bartholome  1543,  waren  wenige  der 
Edlen  und  Märker,  lehenherm  und  landsydel  erschienen,  es  hat  der 
Abschied  in  denen  Puncten  desshalb  das  Märkergeding  fttrgenom- 
men,  diesmal  hat  mögen  wirklich  voUenzogen  werden.  Doch  ist 
der  Abschied  (wahrscheinlich  der  von  1536)  öffentlich  verlesen  wor- 
den. Es  sollen  die  alten  bussen  innerhalb  14  Tagen  bezahlt  werden, 
welcher  Ort  solches  nit  thäte  ^soUe  aus  der  Mark  gestossen  sein' 
bis  sie  ihr  obgemelt  Antheil  bezalt  haben.  Solches  haben  die  Ge- 
schickten des  Waltpoden  gewilligt  Jeder  Fleck  sollt  bis  Michaelis 
die  alten  bussen  nach  Homburg  den  Bechenmeistem  erlegen;  welcher 
in  verbotenen  Wäldern  Schaden  thäte,  den  sollen  die  Förster  ver- 
mög  des  Abschieds  „pfänden  oder  nach  Homburg  eintreiben' ;  würde 
ein  Ort  um  Hülfe  angesprochen  werden,  so  sollte  er  bei  Verlust  des 
Märkerrechts  solch  Hilf  zu  thun  schuldig  sein. 

Auf  Sonntag  St.  Laurentiustag  1544  war  wieder  Berathschlagung 
was  auf  nächstem  Märkerding  zu  beschliessen :  wie  es  mit  den  bussen 
und  dem  roden  zu  halten;  die  Rechenmeister  sollen  Rechnung  ab- 
legen; es  soll  berathschlaget  werden,  wie  es  mit  den  Rechenmeistern 
zu  halten  sei  ;  und  solle  dies  dem  Instrument  ohnschädlich. 
auf  Wohlgefallniss  oder  besser  bedenken  des  Waltpotten  und  der 
Mjlrker  vorgeschlagen  "werden.     (Mglb.  E.  29.  II  ^  S.  1 18.) 


—     407     — 

Anf  dem  ersten  Märkerding  von  1545  am  27.  Mai  wurde  ein 
Ausachngs  gemacht  und  beachlossen^  derselbe^  solle  am  10.  Juni  in 
Homburg  zusammenkommen^  nottürfdglich  von  den  Sachen  handeln 
und  wie  die  Aemter  von  Neuem  möchten  bestellt  werden.  Es  hat 
hierauf  Diether  Gewend  „die  Mark .  und  den  Wald^  sugethan  und 
verbotten  dass  kein  Mftrker  vor  dem  10.  Juni  darin  fahren  noch 
Bauhok  darin  haben  soll  „bei  Verlierung  des  Märkerrechts  und  des 
Intriebs^^ 

Am  genanten  Tage  sind  die  Gesandten  auf  dem  Bathhause  zu 
Oberursel  erschienen  ^  haben  das  Instrument  besichtigt  und  fünf 
Artikel  so  der  Mark  nachtheilig  geachtet  worden  bedacht  und 
gebessert. 

Es  wäre  unb^reiflich  wie  die  Gesandten  auf  die  nachfolgenden 
Vorschläge  hätten  eingehen  können  ^  da  sie  doch  gerade  bedacht 
waren  eine  gefährliche  Neuerung  des  Waldpotten  zu  beseitigen; 
wie  sie  anstatt  einfach  die  Rechenmeister  als  Instruments  widrig  ab> 
zustellen ;  vermocht  worden  sind  dem  Waldpotten  ein  wol  ungleich 
wichtigeres  Zugeständniss  zu  machen.  Ea  ist  dies  nur  in  der  Weise 
zu  erklären,  dass  die  ganze  Einrichtung  und  Ordnung  der  Mark  sich 
zu  einem  Vertragsverhältnisse  gestaltet  hatte ,  und  dass  auch  zur 
Abstellung  einer  getroffenen  Einrichtung  des  Waldpotten  Zustim- 
mung nöthig  war.  Er  knüpfte  diese  Zustimmung  an  die  Annahme 
eines  Artikels  welcher  anscheinend  zum  Besten  der  Mark  gereichen 
sollte^  in  der  That  aber  das  vertragsmässige  Grundverhältniss  be- 
seitigte,  den  Waltpotten  über  das  Gesetz  stellte.  Bis  jetzt  war  dieser 
durch  das  vertragsmässig  festgestellte  Gesetz  gebunden  wie  der 
gemein  Mark  er  ^  frevelte  er  dawider ,  so  zerriss  er  die  Ordnung, 
dann  war  auch  der  gemein  Märker  nicht  weiter  an  die  gestörte 
Ordnung  gebunden.  Damit  wurde  gleichsam  der  Frevel  gebüsset, 
denn  die  Ordnung  war  in  beiderseitigem  Interesse  und  Vortbeil 
vereinbart  worden.  In  unserii  Tagen  sucht  man  die  Sicherstellung 
der  zwischen  dem  Herrscher  und  den  Unterthanen  vereinbarten  Ver- 
träge darin,  dass  man  den  Käthen  des  ersteren  besondere  Rechte 
und  Pflichten  überträgt,  eine  Verantwortlichkeit  diesen  zuweist. 

Die  fünf  Artikel  welche  am  10.  Juni  1546  in  der  Vorberathung 
vereinbart  wurden  betrafen:  erstens  hat  der  Ausschuss  der  gemein 
Merker  in  Betracht  gezogen,  wie  der  2.  Artikel  im  Instrument 
verfüge,  dass  der  Waltpott  die  Bestellung  der  Mark  auch  halten 
solle;  so  der  Waltpott  verbreche,  dass  dann  derLantraan  so  darnach 
verbricht,     nit  büssen  solle:    derhalben  bedacht,  obgleich  der  Walt- 


—     »08     — 

pott**  dem  Bescblusee  der  Märker  zuwider  hauen  lieaae^  dafts  doch 
der  gemein  lantman  aein  buss  trage.  Nach  dem  2.  Artikel  solle  der 
Märkermeister  taidingen  und  bussen  wie  der  gemein  lantman.  Der 
3.  und  der  4.  Artikel  betreffen  eine  Steigerung  der  Busssätze.  Der 
fünfte  endlich  erleutert  die  Bestimmung^  dass  der  Märker  auf  Erfor- 
dern des  Waldpotten  zu  erscheinen  habe,  solcher  Artikel  sei  nicht 
anders  dann  von  einem  vollen  Märkergeding  zu  ver&tehen,  und  soll 
sich  niemand  entschuldigen,  es  beneme  ihm  dann  Herrn  oder 
leibsnoth  ''^. 

Weiters  ist  dann  nach  diesen  Artikeln  „uff  beider  Waldpotten 
Gesandten"  begehr  zu  Förderung  und  Hegung  der  Mark  bedacht 
worden,  dass  ein  Schreier  zugleich  oberster  Förster  und  reisig 
wäre,   sodann   weitere   Massregeln   wegen   Köhler,  Bauholz,  Boden 

U.   d.    HL 

Diese  obgemelte  Puncto  sind  der  Mark  zu  gute  durch  den  Aus- 
schuss  bedacht,  doch  allen  Artikeln  des  Instnunents  onschädlich,  ein 
Jahr  lang  zu  halten  und  „zu  versuchen,  vollends  uf  gemeinen 
Beschluss  der  Mark  er  zu  mindern,  zu  neuen  oder  gar  abzutun". 

Neben  des  Ausschuss  Bedenken  haben  dann  die  Geschickten  der 
Erb-  und  Pfand  -  Waltpotten  vorgeschlagen  es  sollten  4  glaubhafte 
Personen  ernannt  werden  jede  Woche  einen  Tag  in  dem  Wald  sich 
finden  lassen  und  Aufsehen  haben.     (Mglb.  E.  29.  II  ^.  S.  1 19.) 

So  wurde  anscheinend  der  grösste  Eifer  an  den  Tag  gelegt  die 
Mark  durch  zweckmässige  Anordnungen  zu  bessern;  es  häufen  sich 
auffallend  die  Berichte  über  Ausschusstage,  während  der  gemein 
Märker  zur  Seite  geschoben  wurde.  Bereits  am  30.  Juli  desselben 
Jahres  1545  war  wieder  ein  Ausschusstag  um  eine  Ordnung  in  dem 
Wald,  die  Hohe  Mark  genant,  aufzurichten;  es  sind  ^etlich  Merk  er' 
zum  Ausschuss  erfordert,  die  haben  nach  gemelt  Ordnung  im  besten 
bedacht  und  abgeredt  doch  uff  mitbewilligung  hochbedachts  Für- 
sten unsers  gn.  Herrn,  und  wolgemelts  Grafen  zu  Eönigstein  auch 
unsers  gn.  Herrn*^,  zum  ersten :  dieweil  zu  Versehung  der  Mark  und 
Annelimung  der  Merkemieister  Irrung  eingefallen,  und  der  weniger 
teyl  der  Merker  uf  diesem  Tag  erschienen,  deshalb  sie  sich  solcher 
irrung  nit  vergleichen  mögen,    und  doch    der  Mark  Notturfft   erfor- 


^?  Die  Worte:  „oder  die  Seinen  zu  Homburg*'  sind  durchstrichen 
v<*  Auf  dem  M&rkerding  von  15 IS  haben  sich  die  Reiffenberger  ,,vernoit- 
botten"*  lassen,  dies  der  Schul theiss  von  Oberursel  dem  gem.  landtman  zu  er- 
kennen geben  hat,  wiewol  der  von  Hompnrg  das  nit  gestehn  wolt.    (Mglb.  E. 
29.  IIb.  S.  99.) 


—     409     — 

dert  ^in  der  Eile  bestellung  zu  thtm^^  so  hat  der  AusBchuss  im 
Namen  aUer  Märker  diesmal  erjbeten  Jungker  Johann  Brendel  den 
jttngem  von  Homberg,  als  einen  vom  Adel  der  Mark  gesessen  ^  und 
neben  ihm  „Diethern  Ö-ewend  als  ein  eingesessnen  Merker,  und  an- 
derer gestalt  nit^^,  also  dass  die  beede  von  gemeiner  Merker  wegen 
sampt  und  sonder  zwischen  den  künftigen  Pfingsten  Märkermeister 
sein,  und  unsem  gn.  Herrn  Waltpoten  darüber  gebürlich  Pflicht 
thun  sollen.  So  war  der  Wolf  zum  Hirten  gemacht,  oder  der  Bock 
zum  Gärtner  gesetzt  Freilich  wurde  sodann  auch  hier  vor  gut  an- 
gesehen, dass  uff  Verbrechung  des  Merkermeisters  ein  gleiche  Poen 
gesetzt  sein  solle,  dass  er  gleich  einem  andern  Merker  taidigen  und 
büssen  solle,  auch  sein  Antheil  an  den  gemeinen  Bussen  verwirkt 
haben,  und  seines  Amts  entsetzt  sein  solle;  weiter  folgen  dann  ver- 
schiedene Artikel  welche  Strafen  schärfen,  das  Holzholen  erschwe- 
ren, die  gewesen  Eechenmeister  sollen  Rechnung  thun,  die  alten 
bussen  einbringen.  Diese  Puncto  seien,  so  heisst  es,  der  Mark  zu 
gutem  geordnet,  den  Artikeln  im  Instrument  onschädlich,  bis  zu 
nächstem  Märkergeding  also  zu  halten  und  zu  versuchen.  Es  waren 
zugegen  bei  dieser  Ordnung  von  wegen  des  Fürsten  zu  Hessen, 
Diether  Gewend,  Amtmaa  zu  Homberg;  von  wegen  Königsteins  als 
Pfand  Waltpotens,  Philips  Rjffenstein,  Amtm.  zu  Ursell;  von  wegen 
Solms  der  Kellner  z.Bedelnheim;  von  wegen  Hanau,Era8mu8  Stejndecker 
Keller  zu  Hanau;  von  w^en  des  Stamms  Brendel,  Johan  Brendel 
der  Elter  von  Homberg  desH.  Beichs  Burggraf  zu  Friedberg,  Joh. 
Brendel  der  jünger  von  Homberg;  von  w^en  der  Stamm  Bjffenberg 
und  Hattotein  der  Pfarref  und  der  Schultheiss  zu  B7£PSenberg;  dann 
Wilhelm  von  Bommersheym  und  N.  N.  von  Praumheym,  endlich  von 
wegen  der  Stadt  Frankfurt  Justinian  von  Holzhausen;  Joh.  Völker 
der  jünger,  und  G^org  von  Bellersheym  Amtm«  zu  Nidern 
Irlebach. 

In  den  Akten  E.  29.  HL  7  finden  sich  aus  dem  Jahre  1546  Auf- 
forderungen der  Märkermeister  Joh.  Brendel  von  Hombergk  und 
Diether  Gewend,  Amptman,  an  dieAmtleude,  Schultheissen,  Bürger- 
meister und  guten  Freund,  sie  sollen,  vermög  nächst  ufgerichter 
Markordnung  ihre  Mitbürger  anhalten  nach  Homburg  auf  das  Rath- 
baus  zu  kommen»  ihre  bussen  zu  taidingen. 

Ueber  das  im  Jahre  1547  am  2.  September  gehaltene  Märker- 
ding  wird  berichtet:  Auf  des  dnrchl.  Fürsten  und  Herrn  Phi- 
lipsen  Landgrafen  zu  Hessen,  Grafen  zu  Katzenelnbogen  als  diesw 
Zeit  obersten  Waltpoten  ausgegangnen  befehl  an  den  wolgebomen 
H.    Ludwigen     Grafen    zu     Stolbergk    und     Königstein ,     nemlich 


—    MO     — 

dass  Se.  gnad  boU  das  Gehök  der  -Mark  „ssu  Abbruch  der  Pfand- 
verschreibung^  nit  veröhsen  lassen ^  sondern  Einsehens  haben  dass 
solich  geböltz  und  Hude  versehen  werde;  aber  mitler  Zeit  die  gewe- 
sen schwinden  Eriegslenft  zugetragen^  dass  solichs  ordentlicher  Weise 
nit  hat  geschehen  rnttgen,  demnach  der  Waltpott  habe  Märkerding 
berufen  lassen ,  daselbst  mit  Bat  der  Mei'ker  und  lantmans  beschlos- 
sen: sub  1  und  2  werden  Märkermeister  und  Forste  erw&hlt  und 
▼erpflichtet;  sub  3  findet  sich  die  Bestimmung  dass  wenn  Jemand 
gegen  Förster  sich  zur  Wehre  stelle^  sollen  die  Förster  den  Waltpotten 
oder  die  Märkermeister;  oder  die  nächsten  Flecken  oder  Dorff 
um  Hülf  ansuchen;  diese  bei  V^lust  ihres  Markrechts  schuldig  sein 
zu  helfen;  die  Ausmärker  sollen  in  Homberg  und  nirgends  anders 
eingetrieben  werden ;  die  Merker  aber  mögen  nöthigenfalls  auch  in 
8tedten;  Ursell,  Eirtorfi*  oder  Rjffenberg  eingetrieben  und  angenom- 
men werden.  Zum  4.  sind  nachfolgende  Artikel  des  Instruments  uff 
diesem  tag  „mit  gemeynem  rat  erklert  worden'^;  nemlich  also:  wi«- 
wol  das  Instrument  im  2.  Art.  ausweiset;  dass  der  Waltpott  Bestel- 
lung der  Mark;  wie  die  jährlich  geordnet  wird,  auch  halten  solle; 
so  ist  doch  demselbigen  Artikel  ein  Poen  angehengt;  die  „den  Mer- 
kem  und  Wald  zu  beschwerlichem  Nachtheil  gereichen  mag^;  nem- 
lich: So  der  Waldpott  verbricht;  sollt  der  Märker  oder  lantmau;  ob 
der  darnach  auch  verbreche;  nit  büssep.  Aus  solchem  Anhang  sind 
viel  Bügen  hinterhalteU;  und  die  Mark  „dadurch^'  merklich  besche- 
digt;  und  ist  „daraus^^  gefolgt  dass  dem  Waltpotten  und  lantman 
bisher  keine  Rechnung  geschehen.  Ist  auch  weiter  gefolgt  dass  die 
Merkermeister;  Bechenmeister  und  Forster  ihrer  Belohnung  ,auch 
die  Wirt  ihrer  geborgten  Zerung^  bis  uff  diesen  tag  nit  bezahlt  sind, 
äolich  Unordnung  und  Mangel  zuvorzukommen  ist  ^ejntrechtig  be- 
schlossen^: obgleich  der  Waltpot  zu  ire  gn.  zimlichen  notturfft  dem 
jerlicben  beschluss  zuwider  im  Wald  Holtz  hauen  würd  oder  hauen 
Hess  „dafür  doch  der  gemein  mercker  untertheniglich  bitt;  auch  hofl% 
solichs  geverlicher  und  beswerlicher  wjse  nit  geschehen  söUe^;  so 
sollt  doch  der  gemein  Merker  und  lantman  ihre  verwirkten  bussen 
tragen;  und  sich  Verbrechung  des  Waltpotens  nichts  zu  behelfen 
oder  zu  weigern  haben.  Der  Unterwaltpot  oder  bevelhaber;  oder  ein 
Merkermeister  soll  wie  ein  anderer  Merker  bestraft  werden.  Es  wer- 
den dann  auch  hier  die  bussen  geschärft  und  bestimmter  gefasst, 
auch  weil  „in  vielen  Jahren^  kein  Rechnung  geschehen;  beschlossen 
dass  dies  jetzt  geschehen  solle ;  die  Obrigkeit  solle  dafür  sorgen; 
weiter  solle  das  Eintreiben  und  Pfänden  der  Merker;  Pferd  und 
Wagen  zugelassen  werden;  wer  sich  widersetze  solle  gefänglich  an- 


_     4H      _ 

t 

genommen  werden;  endlich  wurde  Verftlgnng  wegen  der  Hege  ge- 
troffen. Zum  Schlüsse  heisat  es,  diese  Bestellung  sei  bis  eu  dem 
nächsten  Märkergeding  zu  halten,  doch  so  dass  dem  Instrument  hier- 
nnt  ^nichts  benommen  oder  abgezogen  sei,  in  keine  Wege,  sonder 
Geverde*.  Auf  Pfingsten  1549  wird  dem  Cronburger  hof  zu  Ober- 
heokstatt,  so  verfallen  und  abgegangen^  kein  Beheizung  mehr  ii|  der 
Mark  gestattet,  sonst,  soll  ,,die  Ordnung  im  47^°  Jahr  u%ericht  in 
andern  Artikuln  und  Puncten  festiglich  gehalten  wordenes  Auch  im 
Jahr  1550  „soll  die  Ordnung  im  Jar  1547  durch  die  Gesandten  des 
obersten  Waltpoten  und  die  gemeinen  Merk  er  uffgericht  auch  flirter 
gehalten  und  dero  gelebt  werden^.  Ausgenommen  wird  der  Artikel 
„halben  des  Holzgebens,  tlber  welchen  die  Merker  nicht  einig.  Dess- 
halb  ist  dieser  Artikel  uff  diesmal  ufgeschlagen^.  Auch  1551  wurde 
beschlossen  die  Artikel  wieder  zu  halten;  zugleich  ist  bemerkt,  ds«s 
die  Abrechnung  der  bussen  noch  nit  gescheen. 

Es  beginnt  in  der  Mitte  dieses  Jahrhunderts  eine  GesetzgdHing^ 
Periode  in  der  Mark,  welche  sich  darin  gefallt  bis  in's  kleinste  über 
alles  zu  beschliessen ,  Satzungen  zu  häufen,  stets  neue  Artikel  den 
Markordnungeu  beizufllgen.  Zugleich  aber  wurden  die  Gewalthaber 
gewöhnt,  mit  Geringschätzung  auf  das  alte  Recht  herabzusehen ;  das 
Römische  Recht  wurde  möglichst  in  alle  Verhältnisse  hereingezogen, 
ihm  gegenüber  stand  der  3färker  rathlos  da.  Von  grossem  Gewicht  " 
war  die  Abfassung  der  Gerichts-  und  Landordnung  der  Grafschaft 
Solms  und  Herrschaften  Münzenberg  etc.  ans  dem  Jahre  1571.  Sie 
wut'de  Yon  Johan  Fichard,  dem  gelehrten  Syndicus,  verfasst,  und 
spricht  den  vornehmen  Uebermutfa  der  Lehrer  des  Römischen  Rechts 
in  Beziehung  auf  das  einheimische  Recht  und  der  vaterländischen 
Verhältnisse  an  gar  vielen. Stellen  aiu.  In  der  Einleitung  heisst  es: 
Wir  Philipps  Graf  zu  Solms  etc.  thun  kund  .  .  wiewol  die  kaiserl. 
Satzungen  und  Rechte  in  dem  h.  Rikn.  Reiche  allenthalben  an- 
genommeni  worden  .  .  so  haben  wir  doch  daneben  befunden,  dass 
der  gemeine  Mann  mehrentheils  eines  gemeinen  unbeschriebenen 
Landbrauchs  ^so  von  alten  Zeiten  in  unsem  Ghafsohaften  .  .  einge- 
schlichen^, bis  daher  sich  gehalten;  welcher  aber,  ob  er  wol  in 
etlichen  Puncten  und  Sachen  den  Rechten  und  der  Billigkeit  auch 
nicht  ungemäss,  und  derohalben  ihm  dem  gemeinen  Mann  ohne  Zer- , 
rüttung  schwerlich  zu  entnehmen,  doch  des  mehrentheils  unrichtig, 
ungleich,  disputirlich,  .  .  auch  wol  ihm  selber  widerwärtig  ist.  Es 
gebühre  der  von  Gott  gesetzten  Obrigkeit  oberzählte  Beschwerlich- 
keiten abzuschaffen,  Landbräuche  in  eine  Gewissheit  zu  bringen.  In 
der  ersten  Abtheilung,   der  Gerichtsordnung,   wird  das  Verschieben 


—     412     — 

an  die  Oberhöfß  abgeBtellt.  .Es  sei  der  Btauch  bei  den  ITutergerich- 
ten,  dass  die  der  Partheien  Geld  genommen ^  und  sich  bei  andern 
Gerichten  als  Oberhöfen  Raths  und  Rechtens  erholet  „wir  aber  be- 
finden dass  dieselben  Oberhöfe  der  Sachen  und  des  Rechtens  gleich 
so  wenig,  etwa  auch  weniger,  Verstands  gehabt^',  den  Partheien  also 
grosse  Unkosten  aufgelaufen'  Die  Appellationes,  so  heisst  es  dann 
weiter;  sollen  von  dem  Gericht  an  die  Herrschafk  allein  „darin  dasel- 
bige  Gericht  gelegen  .  .  des  Orts,  als  dann  die  Herrschaft  ihre  Hof- 
haltung hat;  mit  ausdrücklicher  derselben  Herrschaft  Benennung  .  . 
geschehen.  In  der  zweiten  Abtheilung  wird  von  den  Landrechten 
gehandelt;  es  heisst  daselbst  in  der  Vorrede:  Nachdem  neben  den 
Landrechten  .  .  .  auch  allerlei  Missbräüche  mit  der  Zeit  eingeschli- 
chen und  eingewurzelt;  dermassen  dass  dieselben  anders  nicht,  als 
zu  Recht  gehalten;  auch  darauf  in  den  Gerichten  erkennet  und  ge- 
urtheilet  worden:  welches  dann  Airnehmlich  aus  dem  hergeflossen; 
dass  die  einfllltigen  Schöpfen  an  den  Untergerichten  etwan  von  den 
Alten ;  von  Fällen;  und  wie  es  mit  einem  und  anderm  gehalten  wor- 
den gehöret;  solches  aber  zum  Theil  nicht  recht  eingenommen,  und 
zum  Theil  nicht  recht  verstanden  haben,  auch  oftmals  aus  einem  Fall, 
so  mit  Reell t  erörtert  worden,  demselben  nach  einem  andern  so  doch 
derselbige  dem  vorigen  nichts  allerdings  gleich;  sie  aber  den  Unter- 
schied als  ungelehrte  Leyen  nicht  merketf  noch  verstehen  können, 
geurtheilt  haben;  da  doch  nicht  eben  den  Exempeln  nach,  und  wel- 
cher Gestalt  zuvor  erkennet  worden;  sondern  dem  nach,  was  Recht 
ist,  soll  geurtheilet  werden. 

Li  unseren  Tagen  hat  sich  der  alte  Kampf  um  das  Recht  wie- 
der erneut.  Wohl  miissten  die  deutschen  Juristen  bei  den  Römern 
erst  in  die  Schule  gehen,  bevor  sie  das  eigne  angei^tammte  Recht 
zu  geistiger  Freiheit  und  zu  höherer  Auabildung  bringen  konnten. 
Aber  auch  die  Gesetze  der  Sprache  wurden  beachtet,  bevor  sie  zum  Bc- 
wusstsein  erhoben  waren ;  die  Gesetze  des  Denkens  wurden  im  Leben 
angewendet,  bevor  eine  Logik  dieäe  Gesetze  begriff,  das  Recht  wurde 
bewahrt  und  geschirmt,  bevor  die  Jurisprudenz  die  juristischen  Ge- 
danken darstellte,  getrennt  von  unmittelbarer;  iiK^vidueller  Anwen- 
dung; es  wurde  angewendet,  wenn  schon  die  Richter  es  nicht  wis- 
senschaftlich begriffen  '^ 

Es.  ist  anzuerkennen  dass  Fichard  in  sehr  zweckmässigen  Bei- 
spielen die  Unterscheidungen  darzulegen  sucht  welche  das  gebildete 


»»  Blunlschli,  Staats-  u.  Kechtß^'esch.  d.  St.  u.  K.  Z.  I.  S.  VII.  S.  59. 


—     413     — 

Römische  Keoht  schon  längst  in  scharfer Begränzung  au%e8teUt  hatte, 
aber  besser  wäre  ea  noch  gewesen  ^  wenn  er  das  ans  den  Sitten  und 
den  Verhältnissen  der  Bewohner  erwachsene  Becht  fortzubilden  und 
auszubilden  gesucht  hätte^  statt  es  auf  die  Seite  zu  schieben  oder 
zu  verbieten.  Das  ist  aber  ein  Vorwurf  der  nicht  dem  einzelnen 
Gelehrten  gilt,  sondern  seiner  Zeit.  Uns  freilich  iBt  es  leicht  aus  den 
Folgen,  die  jetzt  vor  Augen  liegen^  das  Verderbliche  des  Unter- 
nehmens darzulegen. 

Eine  Fortbildung  und  wissenschaftlichere  Behandlung  des  gelt- 
enden Volksrechts  mag  damals  wol  Bedttrfniss  gewesen  sein.  Rechts- 
grundaätze^  die  aus  der  Tiefe  der  nationalen  Sitte  hervortreten,  diese 
werden  voik  jedem  verständigen  Individuum  erfasst,  und  mit  grösserer 
oder  geringerer  Klarheit  und  Sicherheit  befolgt  werden;  aber  bei 
gesteigerter  Manichfaltigkeit  der  Lebensverhältnisse  und  deren  g^en- 
seitigen  Beziehungen,  erfordert  die  richtige  Anwendung  der  Rechts^ 
grundsätze  eine. fortgesetzte  Aufmerksamkeit,  eine  mehr  ausschliess* 
liehe  Beschäftigung  mit  dem  Rechte  ^^. 

Beeinträchtigung  der  Märker.  ^-  Zwei  Gegenstände  wa- 
ren es  in  der  nächsten  Zeit  welche  die  Beamten  des  Waltpotten  vor- 
züglich im  Auge  behielten  um  die  Macht  ihres  Herrn  in  der  Mark 
zu  erweitern,  die  Aufrichtung  von  Zöllstöcken,  und  die  Beschränkung 
des  Schweinetriebs  der  Märker.  Aus  dem  Jahre  1566  oder  1567 
findet  sich  eine  „forma  der  merkere  bedenkens,  doch  uff  Verbesserung 
ir^  obrikeiten,  ob  also  an  den  Fürsten  in  Hessen  zu  schreiben  sei^. 
Es  wird  darin  zuvörderst  dem  Fürsten  gedankt  dass  er  durch  seine 
Gesandten  zu  hinlegung  des  Zwiespalts  so  sich  zwischen  den  2  ed- 
len Stämmen  von  Reiffenberg  und  Hattstein  gegen  den  gem.  M^rker 
diesRcits  der  Höbe  viele  Jahre  erhalten,  beigetragen  habe.  Dann 
zeigen  die  Märker  an  dass  der  gewesene  Waldschfeier  etliche  ZoU- 
stöck  in  die  Höhmark  auf  die  Strassen  gestellt,  als  ob  man  in  der 
Mark,  die  doch  der  Märker  rechtlich  eigen,  einen  Zoll  zu  geben 
schuldig  sei,  welches  gar  ein  neues  und  nit  erhört.  Sie  meinen  der 
Waldschreier  möchte  dazu  keinen  befehl  gehabt  haben,  bitten  S.  f. 
Gn.  wolle  verschaffen  dass  solche  zoUstöck  aus  der  Mark  gethan 
würden.  Am  22.  Mai  1567,  auf  dem  Märkerding,  waren  wie  zu  er- 
warten gewesen,  die  ZoUstöck  noch  nicht  entfernt  ^wollen  die  Mer- 
ker uff  diesmal  öffentlich  darwider   protestirt  haben,   uff  dass  Inen 


'>  Beseler,  Volksrecht  und  Jaristenreeht,  S.  117. 


—     414     — 

kein  Bchail  derenhalb  entstehn  mög^^  Im  Jahre  1580  wenden  sicti 
die  Märker  abermals  an  die  Herrdchafien  um  Rath  und  um  Abhülfe ; 
auch  diesmal  ohne  Erfolg.  Vier  Jahre  später,  am  22.  Sept  1574, 
las  der  Kellner  ein  Schreiben  des  Landgrafen  Ludwig  auf  der  Aö 
vor  Ursell :  dieweil  sich  nicht  gebühre,  daas  die  Märker  der  Honi- 
burger  Mark  mit  ihren  Scliweinen  eh  und  zuvor  eintreiben  lassen, 
der  Landgraf  habe  denn  zuTor  gejagt;  so  sei  dessen  befehl,  dass  den 
Märkem  das  Eintreiben  der  zahmen ,  Schwein  untersagt  sei,  bis  so 
lang  der  Landgraf  die  Schweinhatz  yerrichtet  habe ;  „welches  dann, 
geliebts  Got,  sehr  bald  geschehen  wird^'.  Die  Märker  haben  darauf 
wieder  beschlossen,  dass  jede  Parthei  ihrer  Obrigkeit  dieses  Verbot 
zu  wiflsen  thue,  ihres  Raths  darüber  untertheniglich  bitte.  Mglb.  E. 
5^9.  III.  74.  ^ 

Dem  Rath  wird  am  19.  Oct  1574  dessbalb  eine  Schrift  über- 
reicht, in  welcher  zuerst  der  ZoUstöc^e  gedacht  ist,  alles  Protestiren 
sei  vergeblich  gewesen,  man  habe  nur  mehr  andere  Beschwerungen, 
so  wegen  des  Schweineeintreibens.  Die  Märker  hatten  nämlich  zu 
Ehren  und  Wohlgefallen  S.  Gn.  sechs  Tage  über  die  gewöhnliche 
Zeit  eingestellt;  inzwischen  schriftlichen  Bericht  an  Sr.  Gn.  abgehen 
lassen,  da  die  Eckern  schon  gefaUen,  vieles  aus  dem  Wald  getragen 
worden.  Als  keine  Antwort  gekommen,  hatten  die  Märker  einhellig 
ihrem  Gebrauch  und  Gerechtigkeit  nach  instellen  wollen,  es  hatte 
aber  der  Kellner  zu  Homburg  das  ganze  Amt  au%eboten  und  bei 
nächtlicher  Weil  eine  grosse  Anzahl  Volks  mit  wehrhafdg  Hand, 
mit  Hunden  und  mit  Trommen  in  die  Mark  gefüret,  den  Märkern 
die  Schwein  zurückgehalten  und  in  den  Wald  nit  wollen  treten  las- 
sen. Darnach  hat  der  Keller  den  Märkem  entbieten  lassen,  er  wolle 
ihnen  das  Einschlagen  nit  ^  Jagens  halber  verwehren,  sondern  der 
unerlegten  bussen  und  unbezahlten  Wirthe  halben.  Dieweil  aber  die 
Bussen  den  Keller  nichts  angehen,  so  haben  die  Märker  sich  ent- 
schlossen, ihr  Vieh  einzuschlagen  und  sich  daneben  dermassen  zu 
stärken,  dass  sofern  der  Keller  sie  abennal  mit  Gewalt  zurück- 
treiben wollte,  sie  ihr  Vieh  dock  in  den  Wald  bringen  möchten.  Der 
Keller  mahnte  abermals  sein  ganzes  Amt  auf,  die  Mitmärker  (die 
Homburgischen  nämlich)  welche  sich  im  Walde  in  ihren  Rüstungen 
haben  sehen  lassen,  vermochten  aber  nichts  wider  die  Märker  aus- 
zurichten, doch  sahen  sich  diese  gemässigt  ihre  Schwein  mit  etlichen 
bewehrten  Mannen,  nicht  ohne  grosse  Gefahr  und  Versäumnias  ihrer 
Nahrung,  in  die  Mark  zu  treiben. 

Eine  weitere  Beschwerde  liegt  in  dem  erwähnten  Akten-Fascikel 
S,  57 ;  sie  ist  von  dem  Schultheiss,  Burgermeister  und  Rath  zu  Ober- 


—     415     — 

ursel  gegen  den  Kellner  von  Homburg  gerichtet.  ,,Un8ern  Gruss  in 
gutem  Willen^^;  so  beginnt  sie,  ,,£rnbaffte,  gute  freonde  und  nach- 
bar^'.  Der  KeUner  habe  oft  und  viel  Holz  in  der  Mark  gehauen 
ohn  alle  Erlanbniis^  keine  bnssen  gegeben  noch  gethaidigt  Viel 
Hole  habe  er  aua  der  mark  nach  Frankfurt  ftahren  lassen.  In  et- 
lichen Jahren  habe  er  keinen  Markschreier  verordnet  „sondern  will 
selbst  Markschreier  sein,  nimt  auch  des  Waldschreiers  Belohnung^ 
aber  er  dienet  den  Märkem  nit^  sondern  ist  ihnen  zuwider^^  Er  habe 
innerhalb  4  Wochen  zween  Märker  mit  ihren  Leiben,  zween  Pferden 
und  einem  Wagen  voll  Wellen  gen  Honjtburg  in  Haft  geführet  ohn 
alle  Verschuldung. 

Auf  dem  Märkerding  anno  1578  berichtet  der  Geschickte  des 
Waldpotten^  dass  die  Märker  vorigen  Winter  die  Schwein  in  Wald 
getrieben  ehe  die  Jagden  volnbracht,  die  von  Obemursel  sich  ge- 
lüsten lassen  mit  gewehrter  Hand,  buxen  und  Spiesen  in  die  Mark 
zu  laufen,  Ihrer  f.  gn.  Kellner  und  diejenigen  so  bei  ihm  gewesen 
anzufallen,  zu  sehlagen  und  zu  schiessen  unterstanden ;  einer  dessen 
Namen  aufgezeichnet  wäre,  habe  dem  Keilner  die  buxen  auf  den 
Leib  gehalten,  ihn  auch  vielmals  einen  Schelmen  gescholten;  die 
Schwein  habe  man  mit  Gewalt  wieder  in  die  Mark  getrieben,  deren 
sie  hoch  gefrevelt;  derwegen  solches  zu  verbUssen schuldige  wie  denn 
auch  Ihre  £  Gn.  befohlen  denen  von  Ursel  deswegen  4000  Thaler 
zum  Abtrag  abzufordern,  mit  bedrohung  da  sie  solche  in  kurzer  Z^t 
nit  erlegen  dass  Ihre  f.  Gn.  verursacht  würden  nach  den  Thätem  zu 
greife,  sich  bei  Ihrer  Hoheit  und  Gerechtigkeit  handzuhaben.  Es 
wären  auch  Ihre  f.  Gn.  bericht  worden  dass  die  Märker  sich  ver- 
einigt  hätten,  wo  der  Kellner  wieder  die  Schwein  abtreiben  wörde, 
alsdann  mit  dreien  Schfissen  losung  zu  geben,  einander  zuzuziehen 
und  dem  Kellner  mit  Gewalt  zu  begegnen.  Da  weiten  Sie  die  märker 
gewarnt  haben,  nit  zu  fernerem  Ohnwillen  Ursach  zu  geben.  Die 
„hohe  Obrigkeit  und  AngrifF^^  stehe  in  der  Mark  niemand  anders  zu 
als  Ihr  f.  Ghi.  Der  Amtman  zu  Königstein  habe  Ihrer  f.  Gn.  Keller 
zu  Homburg  „thätlicher  landtfriedenbruchigerweiß^  auf  Ihr.  f.  Gn. 
„Grand  und  Boden^^  angegriffen,  denselben  anzugeloben  gedrungen, 
dass  er  sich  zu.  Königstein  stellen  und  seinem  gn.  Herrn  einen  Ab- 
trag thun  solle.  Daran  gedachter  Amtman  höchlich  gefrevelt  Noch 
anderes  über  das  Wildschiessen  wurde  vorgebracht.  Darauf  haben 
nach  langem  bedenken  die  Märker  eine  Antwort  gegeben:  Sie  be- 
danken sich  dass  die  Herren  Wilhelm  und  Philips  Landgrafen  zu 
Hessen  „als  obristen  Waldvogt  der  Homburger  Marck'^  sich  gnädigst 
erboten  die  Märker  bei  ihrem  Herkommen  zu  schützen ;    sie  hätten 


-     416     — 

von  Alters  her  jedei-zeit  ihre  Schwein  den  nächsten  Tag  nach  Mi- 
chaelis eingetrieben ;  auf  des  Kdiers  bitten  hätten  sie  8  Tage  mit  dem 
Intrieb  gewartet;  als  sie  noch  8  Tage  hätten  warten  sollen^  wäre  ea 
ihnen  nit  zu  thun  gewesen.  Ausmärker^  auch  der  Keller^  wären  in 
den  Wald  gefallen  das  Eckern  aufsulesen;  durch  geschwinde  Kälte 
sei  das  übrige  zu  schänden  gangen.  Da  sie  nun  die  Schweine  ein- 
getrieben, sei  der  Keller  sammt  etlicher  andern  von  Hombui^  mit 
Drummen  und  Pfeiffen  in  die  Mark  kommen,  habe  die  Schwein  zer- 
streut, verjagt,  vertrieben.  Die  Oberurseier,  besoi^  der  Keller  würde 
ihre  Schwein  gen  Homburg  eintreiben,  seien  hinausgeloffen,  dem 
Keller  wehren  wollen;  sie  seien  nit  geständig  dass  sie  an  denselben 
Gewalt  gelegt;  derwegen  auch  kein  Abtrag  zu  erstatten  schuldige 
vielmehr  der  Keller  zu  verbüssen  schuldig  sein  solle. 

Nach  solchem  hat  Philips  Wolff  von  Pfraumheim,  Amtman  zu 
Königstein  erzählt,  dass  der  Keller  von  Hombuig  seines  gn.  Herrn 
Unterthanen  unverschuldeter  Weise  gefänglich  angenommen  und  ge- 
pfändet ;  da  er  nun  gedachten  Keller  auf  seines  gn.  Herrn  Grund 
und  Boden  angetroffen,  habe  er  ihn  zu  Bede  gestellt,  und  als  er  ihm 
mit  trutzigen  bösen  Worten  begegnet,  sei  er  verursacht  worden  „die 
Faust  von  ihm  zu  nehmen,  dass  er  zu  Königstein  erscheinen,  und 
sich  bei  seinem  gn.  Herrn  dieser  Sachen  halben  •  klaglos  machen 
wiU^.    Er  bat  den  Augenschein  einzunehmen. 

Es  brachten  dann  die  Märker  ihre  Klagen  vor  dass  Zollstöck 
in  der  Mark  errichtet,  die  doch  der  Märker  eigen  sei;  der  Keller 
hab  auch  etUchen  Märkem  den  Zoll  abgefordert,  ihnen  Vieh  und 
Wein  genommen.  Ebenso  haV  derselbe  im  Walde  gerichtet  und 
gepfändet,  was  nur  den  Märkermeistem  gebühre.  Endlich  hab'  er 
in  dem  gehegten  Walde  und  auch  an  den'  Strassen  gehauen  und 
desshalb  keine  Straf  geben  wollen. 

Hierauf  antwortete  der  Canzler  Nordeck :  Soviel  die  von  Ober- 
ursel belange,  weiten  sie  den  Märkern  nit  bergen  dass  Ihre  f.  Gn. 
und  Herrn  albereit  etliche  Zeugen  verhören  lassen,  welche  viel  an- 
ders ausgesagt,  derw^en  sie  von  ihrem  begehrten  Abtrag  nit  abzn- 
stehn  wussten.  Er  drohte  dass  die  „Fürsten  aus  Hessen^^  die  Thäter 
greifen  und  in  Haft  einziehen  liessen.  Belangend  des  Amtmans 
Entschuldigung,  wollten  sie  den  Augenschein  einnehmen ;  es  hätte 
doch  dem  Amtman  nit  gebührt  Ihrer  f.  Gn.  Kellner  ^des  Reichs 
Constitution  und  dem  Landfrieden  zuwidder^^  handfest  zu  machen 
sich  an  fremden  Orten  zu  stellen,  wussten  demnach  von  begehrtem 
Abtrag  nit  abzustehen.  Dass  die  Märker  abgeschlagen  mit  ihren 
Schweinen  bis  14  Tag  nach  Michaelis   mit  dem  Intrieb  einzuhalten 


—     417     — 

befremde  sie  nit  wenig,  dass  sie  solches  Ihre  f.  Gn.  zu  Ehren  nit 
gestatten  möchten,  wollten  demnach  die  Märker  noch  einmal  erinnert 
haben  solches  zn  bedenken,  Ihro  f.  Gn.  wollte  die  Eckern  durch  die 
Ihre  verhüten  lassen.  Soviel  aber  der  gemeinen  Märker  Gegeuklag 
belange,  da  wüssten  sie  nichts  von  den  Zollstöcken,  viel  weniger 
dass  den  Märkem  einige  Schadlosverscfareibung  zugesagt  worden, 
fraget  demnach  der  Herr  Canzler  den  Keller  von  Homburg,  ob  er 
etwas  davon  wüsste.  Dieser  antwortet  darauf,  es  wäre  nit  ohn,  dass 
Hans  Koch  auf  der  Märker  Anhalten  dieselbige  vertröstet,  dass  er 
bei  Ihrof.  Gn.  deswegen  Anmahnung  thun  wolle,  verhoffenlich  ihnen 
solche  Schadlosverschreibung  solte  zugestellt  werden.  Dabei  es  der 
Herr  Can^bler  bleiben  liess.  Weiter  zeigt  er  an,  er  wisse  nicht  dass 
der  KeUer  einigen  Märkem  .den  Zoll  abgedrungen.  Es  wurden  aber 
alsbald  zween  fürgestellt,  deren  dem  einen  Zoll  vom  Wein,  dem  an- 
dern nit  aHein  Zoll  vom  Vieh  abgenommen,  sondern  der  auch  ge- 
pftüid  und  gestraft  worden  war.  Solches  ^dieweil  es  die  fstl.  Ge^ 
santen  nit  verantworten  konten,  namen  -sie  solches  an,  Ihrem  gn. 
Fürsten  u.  H.  zu  vermelden"^  Das  eingenommene  Bussgeld  verant- 
wortet der  Keller,  er  habe  von  gemeiner  Mark  wegen  allerlei  aus- 
geb^i,  wolle  derwegen  Rechnung  thun.  War  aber  nit  gestendig  dass 
er  in  gehägten  Wäldern  noch  an  der  Strassen  Holz  gehauen,  sagt 
er  möcht  den  gern  sehen,  der  ihn  solches  in  Wahrheit  zeihen 
dörfte.  Die  Märker  antworten  dass  sie  auf  B'artholpmä  sich  ferner 
erklären  wollten  Nun  erst  fand  die  Wahl  der  Märkermeister  statt; 
dann  wurde  der  Förster  halben  ausgerufen,  ob  Jemands  wäre  der 
sich  dazu  wolt  gebrauchen  lassen.  Als  sich  zween  anzeigten,  ruftoi 
etUch  aus  der  Gemein,  man  solt  die  alten  behalten  und  „nit  mehr 
Dieb  und  schelmen  machen^^  Dab^  es  blieben.  Der  Waldschreier 
aber  rief  überlaut,  man  sollt  auch  die  Märkermeister  anhalten,  dass 
sie  einmal  Bechnuug  thäten,  denn  er  habe  viel  Märkermeister  ge- 
sehen, aber  keinen  der  so  ehrlich  gewesen  dass  er  Rechnung  gethan 
hätte.  fiS  erboten  sich  aber  die  zween  Märkermeister  dass  sie  als- 
bald weiten  Rechnung  thun,  mit  der  Bitte  dass  man  sie  des  Amts 
erledigen  wolle.  Man  liess  es  aber  dabei  bleiben,  und  sind  die  hes- 
sischen Gesandten  auf  den  Augenschein  mit  dem  Amtman  nach  Kö- 
nigstein gezogen.  (Mglb.  E.  29.  III.  60  ff.) 

Wozu  diente  nach  solchen  Vorgängen  alles  Drohen  der  Märker, 
dass  sie  „an  gepürenden  Orten  rechtlich  ihrer  Notturft  nachzusuchen 
und  keineswegs  zu  ersitzen  lassen^^  gedächten  und  wozu  konnte 
das  Abfassen  neuer  Ordnungen  dienen,  wenn  das  Vertrauen  in  die 
Rechtlichkeit  der  eignen  Beamten  erschüttert  war? 

27 


—     418     - 

Auf  dem  Märkerding  1583  ttbergab  Jost  Vestenberger,  der  Kel- 
ler; eine  neue  Ordnung  der  Mark  ob  die  Märker  dieselbe  annehmen 
wollten.  Die  Märkermeister  anlangend  befinde  der  Waldpote  dass 
dieselben  bisher  ihren  Eiden  und  Pflichten  nicht  nachgekommen^  die 
Königsteiner  begünstigt;  es  sollen  zwei  andere  Märkermeister  er- 
wählt und  umgewechselt  werden,  doch  dem  Waldpoten  seine  Stimme 
in  der  Wahl  frei  behalten  .werden.  Die  Bussen  sollten  sogleich  nach 
geschehncr  Rüg  zu  Ursel  bezahlt  werden,  spätestens  14  Tag  danach 
zu  Homburg.  Wer  dies  versäume  solle  für  AusiAärker  erklärt^  vom 
Waldpot  gepfändet  und  selbst  sein  Ort  angehalten  werden  können 
das  Pfand  einzutreiben^  bei  Verlust  des  Markrechts.  Ausmärker  die 
gefrevelt  sollen  mit  Ruthen  ausgehauen  werden^  damit  den  Dieben 
und  Frevlern  gewehret.  Statt  der  alten  Strafen  für  das  anstecken 
und  schädigen  der  Mark  solle  unbestimmte  Strafe  nach  Erkenntniss 
des  Waldpottens  und  gemeiner  Mark  er  angesetzt  werden.  Auf  des 
Kellers  Bericht  erwidern  die  Märker^  dass  sie  ein  gut  alt  Instrument 
haben^  dabei  sie  bleiben  wollten ;  des  Kellers  Bedenken  stellen  sie 
den  Hauptflecken  zu,  darüber  zu  berichten;  sie  setzen  dem  neuen 
Vorschlag  ihre  Beschwerden  entgegen,  die  nicht  berücksichtigt  wor- 
den; sie  bringen  sie  abermals  zur  Abhülfe  an  ihre  Landesherm. 
(Mglb  £.  29.  III.  S.  83  ff.)  Der  gravamina  sind  es  jetzt  19  dem 
obersten  Waldtbotten  von  den  vom  Adel,  Burger  und  Landtman  ge- 
meine Märcker  erwehnter  Marck  überschickt.  Zuerst  werden  auf- 
geführt die  ZoUstöck;  dann  die  Verhinderung  des  Schweine-Ein- 
triebs ;  das  eigenmächtige  Holzhauen ;  das  Verkaufen  von  Brennhoks 
aus  der  Mark;  das  Einschlagen  einer  übergrossen  Zahl  von  Schwei- 
nen zur  Mast;  das  Pfönden  und  Einziehen  der  beiden  Märker;  das 
Einziehen  eines  Oberurselers  in  der  Mark  ^fremden  unmarklichen 
Sachen  halber^^ ;  das  Anrichten  neuer  Wildhecken  und  das  Ausbauen 
dreier  grossen  Wildplätze ;  dass  er  die  Müller  zu  Homburg  und  Ste- 
den  ungebüsst  hauen  Hesse;  es  folgen  verschiedne  Beschwerden  we- 
gen der  Jagd;  auch  dass  das  Hundehalten  beim  Vieh  verboten;  dass 
die  Förster  und  der  Schreier,  die  Markdiener,  zu  den  Jagden  ge- 
braucht werden;  dass  die  Unterthanen  des  Amts  Homburg  angewie- 
sen worden  in  der  Mark  Eichen-Pfäl  zu  reissen  und  zu  überliefern; 
dass  diese  desshalb  weder  ^ingerugt^^  noch  die  Busse  vertheitigt  oder 
dazu  angehalten  worden;  auch  dass  diese  Unterthanen  ihr  Gkbühr 
Unkostens  zu  Anbringung  dieser  Beschwerungs-Puncten  nit  contri- 
buiren^  weil  solches  durch  ihre  Obrigkeit  verboten  worden.  Georg, 
Landgrav  zu  Hessen  entschuldigt  sich  hierauf  ^dass  er  des  gemuets 
nit  wer  den  beamten  ichtwaß  so  der  Markordnung  zuwider  zu  ver- 


-r       419        — 

\ 

statten" ;  er  sei  erpietig  zufolge  »einer  beschehnen  Erklärung  eines 
gewissen  Tages  mit  ihnen  zu  vergleichen  den  Geprechen  soviel  mög- 
lich abhelfen  zu  lassen.  An  schönen  Worten  hat  es  in  der  Welt  nie 
gemangelt.  — 

Auf  dem  Märkerding,  Mitwoch  den  25.  Mai  1586  kam  die  Sache 
weiter  zur  Verhandlung;  es  waren  erschienen  von  Seiten  des  Wald- 
potten  Hans  Hermann  von  Bußeck,  gen.  Mönch  ^  Oberamtm.  zu 
Darmstadt,  Johannes  Pistorius  fürstl.  Bath*  und  Greorg  Vestenberger, 
Keller  zu  Hombergk.  Sie  mahnten  sich  einer  Markordnung  auf  das 
künftige  Jahr  zu  vergleichen.  Die  Zahl  der  Artikel  ward  bis  zur 
Zahl  66  gemehrt.  Auch  auf  diesem  Märkerding  herrschte  der  Un- 
friede^  die  Märker  wehrten  sich  gegen  die  Bezeichnung  der  Mark 
als  der  ^Homberger  Mark^',  sie  weigern  sich  dass  der  Umgang  der 
Mark  auf  der  gemeinen  Märker  Kosten  allein  geschehen  solle,  sie 
verlangen  dass  Rechnung  abgdegt,  die  Besolutiones  auf  ihre  Be- 
schwerden schriftlich  übergebeb  werden.  Die  hessischen  Gesandten 
weigeam  sich  dies  zu  thun,  sie  wollen  aber  so  ^^beschoydenlich  und 
verständigt  die  vorhalten/  repetiren  und  lesen,  dass  sie  wol  darauf 
antworten  könnten;  Rechnung  der  Märkermeister  müsste  vor  den 
hessischen  Käthen  und  dem  Ausschusse  geschehen  nicht  vor  dem 
Märkerding.  Weiter  wollen  die  Märker  nicht  zulassen,  dass  der 
Schreier  auch  auf  die  Frevler  Inmärker  Achtung  geben  solle,  zum 
Forster  könnten  sie  ihn  nicht  zulassen,  denn  die  Mark  mit  vieren 
sei  genüg  versehen.  Sie  dringen  schliesslich  darauf  dass  zu  Haltung 
des  Märkerdings  geschritten  werde,  sonst  wollten  sie.  Märker,  ihres 
Theils  femers  verrichten,  soviel  der  Mark  nöthig  und  dem  Instru- 
ment gemäss  sei.  Die  hessischen  Gesandten  erwidejrn,  dass  sie  nun 
abermals  gehört,  Ifde  Ihren  gn.  f.  u.  Herrn  Maass  und  Ziel  gesetzt 
und  mit  Spott  und  Hohn  abgewiesen  werde;  wollten  pro testiren  dass 
vor  Einwilligung  oder  Annehmuug  des  Schreiers  zum  Förster  das 
Märkerditig  gehalten  werden  solle ;  sie  drohen  die  Mark  sei  churpfkl- 
zisches  Lehen,  (wie  er  Hans  Herman  Mönch  das  bei  seiner  ^adelichen 
Ehre^  könne  affermiren).  Endlich  heget  der  Keller  das  Märkerding, 
die  Bugen  werden  verlesen,  Märkermeister  erwählt,  die  alten  Förster 
wieder  „verglübdt^'  and  es  ermahnt  der  hessische  Bath  Pistorius 
Merten  den  Schreier  von  Obersteden  j^alles  so  er  in  der  Mark  bei 
Ish  oder  Ausmärkern  rugbar  finden  würde  zu  merken".  (Mglb.  E. 
29.  m   S.  125.) 

In  den  Akten  Mglb.  E.  29.  fV.  S.  19  findet  sich  ein  Bericht, 
als  auf  der  Märker  Schreiben  um  Abschafiung  der  zur  Mast  in  die 
Höhmark  eingeschlagenen  landgrevischen  schwein,  Landgraf  Georg 

•27  -• 


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ZU  Darmstadt,  Dienstag  den  3.  Nov.  1590,  durch  den  Oberamtman 
zu  Darmstadt  den  beiden  Märkermeistern  zu  Homburg  hat  vorhalten 
lassen:  sie  wären  dem  oberstenr  Waldpotten  und  Herrn  der  Mark 
mit  Aydt  und  Pflichten  zugethan,  ein  Schreiben  zu  erlassen  gebtlhre 
ihnen  nit  Sie  erwiderten  dass  sie  keiner  hessischen  Pflichten  gestSn- 
dig,  sie  hätten  allein  geschworen  der  Mark  treulich  für  zu  sein,  die 
zu  versehen  und  zu  schirmen.  Der  Ober-Amtman  berief  sich  auf  das 
Instrument:  wenn  Eckenf  in  der  Mark  Waiden  wäre  so  sollten  die 
Märker  Ordnung  machen,  wieviel  ein  Waltpott,  sein  Märkermeister 
und  andere  sollten  eintreiben ,  es  könne  hieran  nit  hindern  dass  ihre 
f.  Gn.  kein  Rauch  in  der  Mark  halten,  dann  solches  sei  nit  dem 
Herrn  sondern  den  andern  MärRera  geordnet.  Er  vness  auf  frühere 
Vorgänge  hin,  der  Waltpott  werde  sein  jus  nianuteniren,  sei  nit  ge- 
meint die  Sau  gar  abzuschaffen.  Die  Märkermeißter  erwiderten,  es  wäre 
in  der  Mark  also  hergebracht,  dass  zu  Mastungszeiten  einem  Keller 
zu  Homburg  anstatt  des  Waltpotten  erlaubt  würde  so  viel  Schwein 
zuzutreiben  als  der  zu  seiner  Haushaltung  bedürftig;  behielten  den 
Märkern  ihre  Gegen  Notturft  bevor. 

Am  21.  Juli  1606  kamen  die  Abgeordneten  von  Mainz,  Solms, 
Hanau,  Ysenburg  und  Frankfiirt,  wie  auch  Phil.  Wolff  von  Praun- 
beim  in  Oberursel  zusammen  zu  berathschlagen  was  fürzunehmen; 
ob  den  turbationes  zu  begegnen  init  der  That  und  erlaubter  Gegen- 
wehr, oder  mit  rechtlichem  Process,  oder  aber  vermittelst  gütlicher 
Handlung.  Nicht  lange  zuvor  war  bei  der  Irrung  über  die  Beholzi- 
gungsgerechtigkeit  der  Burgsitze  zu  Petterweil  und  zu  Nied.  Erieu- 
bach  dieselbe  Frage  schon  bei  Rath  verhandelt  worden.  Es  hatte 
pämlich  Graf  Solms  um  die  Freilassung  seine»  ihhafdrten  Bürger- 
meisters von  Petterweil  zu  erleichtern,  den  Schultheissen  von  Holz- 
hausen, den  Bürgermeister  von  Ober-Erlenbach  und  einen  Unter- 
thauen  von  Köppern  zu  Nid.  Willstadt  verkundschaftet,  gefangen 
gesetzt  und  nach  Assenheim  geführet  Bei  Kath  wurde  damals  vor- 
gebracht (30.  Juni  1605)  ob  nicht  auch  die  Thätigkeit  an  die  Hand 
zu  nehnien,  wie  Solms  gethan ;  ob  nicht  auch  einer  aus  den  Märkern  in 
Verstrickung  zu  nehmen,  und  so  lang  bis  E.  E  Baths  Unterthanen  erle- 
digt, darin  behalten,  oder  aber  ob  diese  Sache  rechthängig  gemacht  wer- 
den solle.  Man  hatte  befunden  dass  mit  solch  thätlich  er  Handlung  nit  viel 
sonderlich  ausgerichtet,  wohl  aber  dadurch  allerlei  Unwillen  erregt 
worden;  es  mochte  gütliche  Handlung  zerschlaigen,  GegenpfUndung 
veranlasst  werden.  Man  hatte  nochmals  an  den  Landgrafen  geschrieben. 

Auch  diesmal  hielt  man  dafür  dass  das  zuerst  vorgeschlagene 
Mittel  möge  auf  die  Länge   zu   schwer  werden,   dem  Herrn  Land- 


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grafen  auch  leicht  zu  weiteren  Eingriffen  Ursach  gegeben  werden. 
Das  zweite  Mittel  sei  auch  langwierig  und  beschwerlich;  jedoch  die- 
weil  besser  wäre  über  30,  40,  50  oder  mehr  Jahr  dasjenige  wozu 
mfo  befugt^  der  Nachkommenden  zum  besten,  zu  erhalten,  als  es  ver- 
loren zu  geben,  -so- solle  solcher  Weg  an  die  Hand  genommen  wer- 
den. Zuvörderst  möge  noch  an  den  Herrn  Waldbotten  zu  schreiben 
sein,  weil  bei  dem  jetzigen  Landgrafen  solche  gravamina  noch  nicht 
vorgebracht  worden;  dameben  sollen  die  Märker  zu  gebührender 
Handhab  und  Defension  ihres  Herbringens,  und  andrer  Gestalt  nit, 
sich  gebrauchen.  Es  wurde  ein  advocatus  bestellt  und  ein  director 
causae  in  dem  Epzbischof  von  Mainz  erbeten.  Wegen  der  Kosten  hat 
man  vor  gut  angesehen  dass  dieselben  aus  der  Märker  Vorrath,  son- 
derlich wenn  derselbe  etwas  erstarke,  angewiesen  würde.  Die  Klage 
betreffenden  Registraturen  und  Archive  sollten  nach  Königstein 
eingeschickt  werden. 

Der  Beschwerden  der  Mark  er  werden  jetzt  22  aufgeführt,  dar- 
unter die  ZoUstöck,  des  Kellers  eigens  Gefallens  Beheizung,  die 
Herrichtung  einer*  grossen  Wildhecke  einer  Viertel  Meil  Wegs  lang, 
das  Aushauen  und  öd  machen  dreier  grossen  Wildplätze  so  etlich 
100  Morgen  einhalten;  nach  dem  Instrument  gebühre  den  Märkem 
„drei  Tage  zu  jagen"  doch  werde  sobald  gejaget  der  Wildpann 
sanunt  fischens  und  krebsen«  Gerechtigkeit  zugethan;  weiter  das 
Verbot  der  Hunde,  die  Mastschwein  des  Waldpotten,  das  Hauen  auf 
der  Strassen,  der  Missbrauch  des  Schreiers  und  der  Förster  zur 
Jagd;  weiter  dass  der  Waldpott  die  Hohe  Mark  als  Pfälzisches 
Lehen  angedeutet,  seine  Gewalt  so  deute  als  solle  er  allein  und 
absolute  zu  disponiren,  zu  gebieten  und  zu  verbieten  haben  ^  und 
eine  sondere  Oberkeit  über  die  Märker  zu  suchen  sich  unterstanden. 
Er  habe  die  Märker  zur  Wolfsjagd  antreiben  lassen,  und  Inmärker 
geftLnglich  angenommen  von  der  Mark  abgesonderter  Sachen  willen. 
Aus  dem  allen  bitten  die  Märker  ihre  Obrigkeit  ihnen  nothdürfti^e 
Handbietung  zu  erweisen  und  gütlich  oder  zu  rechtlichem  Austrag 
verhelfen  zu  woUen.    (Mglb.  E.  29.  IV.  S.  50). 

Die  mitgetheilte  Klag  kommt  dem  Waldpotten  fremd  für,  da  sie 
bei  ihm  nicht  das  geringste  gesucht,  welches  doch  billigst  hätte  ge- 
schehen soUen,  auch  die  Beschwerungspunkte  zum  Theil  aus  den 
Zeiten  seines  Vaters  und  Grossvaters  herrührten;  er  habe  schon 
erklärt  dass  sich  seine  väterliche  Gnaden  mit  den  Märkem  aller 
Billigkeit  nach  vergleichen  wollten.  Der  gravaminum  wegen  solle 
Bericht  eingezogen  werden,  Erklärung  solle  folgen  dass  die  Märker 
mit  Fug  nichts  sollen  zu  klagen  haben. 


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Auf  dem  Märkerding  am  27.  Mai  1607^  nachdem  der  SchultheiBs 
von  Erlebach  und  der  Rittmeister  von  Homburg,  Brendel,,  zu  Märker- 
meiBtera  erwählt  worden,  erklären  die  hesBiBchen  Käthe:  die  Märk^ 
hätten  sieh  an  die  Begierungen  gewendet  „da  doch  diese  mit  der 
Märker  Sach  durchaus  nichts  zu  thtm^^.  Sie  müssten  glauben  dass  die 
Beschwerden  ^nicht  aus  der  samptlichen  Marker  bevelh  und  begem, 
sondern  aus  etlichen  Particular- Personen,  welche  zu  Verwiggelung 
der  Herrschaften  mehr,  als  zu  nachbarlicher  Einigkeit  luBten  trügen'^, 
hergeflogen  seien^^  Die  wesentlichsten  Beschwerden  seien  schon 
widerlegt  und  nicht  dagegen  replicirt  worden. 

Der  Obrigkeiten  Gesandten  nach  einem  kurzen  Abtritt  in's 
Schützenhaus  widersprachen  dem  allen,  sie  hätten  für  ihre  bedräng- 
ten Unterthanen  intercedirt  wie  es  Herkommen  sei.  Dabei  sie's  für 
diesmal  bewenden  lassen  „weilen  sie.  weiters  nit  instruirt^.  Als  hie^ 
mit  der  Convent  auf  der  Aue  dissipirt,  hat  man  sich  im  Schützen- 
haus verglichen  wieder  zusammen  zu  kommen. 

Hühnburgs  wiesen,  —  Es  mag  hier  noch  eiaer  Irrung  gedacht 
werden  welche  der  Waltpott  in  seinem  Interesse  auszunützen  suchte. 
Sie  betraf  ejne  in  der  Hohen  Mark  gelegene  Wiese  bei  dem  Enden- 
pfiiell,  auch  die  Hünerburgswiese  genannt.  In  einem  Bericht  aus 
dem  Jahre  1592  (Mglb.  E.  29.  I.)  bemerkt  hierüber  der  Urseller 
Schultheiss:  es  habe  der  gewesene  Stadtschreiber  in  Ursell,  Niclas 
Schönwalt  diese  Wiese  zeitlebens  in  Händen  gehabt,  seines  Dienstes 
wegen  von  derselben  keine  Beede  gegeben.  Nach  seinem  Ableben 
hätten  die  Erben  die  Wiese  Johann  Beckern,  Einwohner  zu  Stein- 
bach für  fl.  120  verkaufet.  Auch  dieser  habe  die  Beede  nicht  ent- 
richten wollen,  wesshalb  der  Oberamtman  zu  Königst^in  den  Erben 
auferlegt  die  Wiesen  wieder  einzulösen,  und  an  solche  Leut  zu  ver- 
geben von  welchen  man  die  Beede  ohne  Streit  erhalten  möge.  Dem 
Becker  sei  das  ausgelegte  Kaufgeld  sammt  Besserung  und  Kosten 
angeboten  worden.  Anfangs  habe  er  eingewilligt,  dann  sei  er  zurück- 
getreten, habe  sich  an  die  hessischen  Beamten  zu  Homburg  gehenket, 
die  erkläret  dass  die  Wiesen  zur  Höhmark  gehörig  sein  sollten, 
ihn  wieder  eingesetzet.  Becker  habe  sonach  die  Wiesen  gemähet, 
das  Heu  zu  sich  geführet.  Desshalb  habe  ihn  der  Königsteiner  Ober- 
amtman zu  Oberheckstadt  auf  seinen  Gütern  annehmen  und  ge- 
fänglich nach  Königsteiu  führen  lassen.    Die  Beamten  zu  Homburg 


7^  „Wühler'*  würde  man  jetzt  sagen. 


—     423     — 

aber  haben  darauf  eine  Zusammenkunft  der  Märker  ^  mit  ÄussclilusB 
der  Uraeller,  auf  das  Bathl^aus  zu  Homberg  bescbeiden  lassen,  da- 
selbst den  Schultbeissen  von  Ursell  des  Härkermeister-Amts  entsetzet, 
einen  andern  beeidiget,  die  Gemeind  zu  Ursell  zur  Ausmark  erken- 
net, mit  der  Bedrohung  des  Pfandens,  Fahens  und  Eintreibens  wo 
Menschen  oder  Vieh  aus  Ursell  in  der  Höhmark  betreten  würden. 

In  Folge  dieses  Beschlusses  wurde  den  Ursellern  in  der  That 
eine  Heerde  Schaf  sammt  dem  Hirten  nach  Homburg  eingetrieben; 
der  churmainzische  Oberamtman  Gemaud  von  Schwalbach  frug  bei 
Bath  an,  ob  dies  mit  seiner  Zustinmiung  geschehen?  Dieser  antwor- 
tete ausweichend:  in  diese  fremde  Sache  mische  er  sich  nicht,  werde 
sich  an  das  Instrument  halten.  Der  Schultheiss  zu  Bonames,  Bar- 
tholomaeus  Hildenbrandt,  zum  Bericht  aufgefordert  bemerkt,  dass 
der  Canzler  zu  Darmstadt  die  Hauptflecken  und  Ausschuss  entboten 
den  Augenschein  einzunehmen;  die  ältesten  Märker  hatten  ausge- 
sprochen dass  die  streitigen  Wiesen  zur  Mark  gehörten;  er,  Hilden- 
brandt,  habe  sich  als  ein  ankommend ,  neuer  Märker  entschuldigt, 
man  möge  die  Alten  fragen.  Uebrigens  deuche  ihn  in  seinem  ein- 
fliltigen  Verstände,  die  Wiesen  würden  nit  d^hero,  fast  mitten  in  die 
Mark,  geflogen  sein.  Der  Märkerausschuss  habe  den  Urseller  Schult- 
beissen seines  Amtes  als  Märkermeister  entsetze^,  weil  er  dem  ober- 
sten Waldpotten  und  den  Märkern  einen  Eid  gethan^  der  Mark  treu- 
lich vorzustehn,  dieselbe  zu  schützen  und  zu  schirmen,  demselben 
aber  zuwider  gelebet  Die  Schafe  seien  eingetrieben  bis  der  gefangne 
Mitmärker  seiner  Verstrickung  entlediget  sein  würde. 

DieUrseller  suchen  nun  nachzuweisen,  dass  alle  Wiesen  obendig 
Ursell  gelegen  von  unvordenklichen  Zeiten  her  zu  königsteinscher 
Obrigkeit  gehörig  und  Privat  possessores  zuständig  gewesen.  In 
Ursell  seien  die  Wehrschaften  am  Gericht  ergangen,  durch  das 
Urseller  Gericht  seien  die  Schiedsteine  gesetzt  worden.  Bei  Absou- 
derung  der  Mark  von  den  ^eroiden  gtttem^^  im  J^hre  1547  seien 
alle  diese  Wiesen  dem  UrseUer  Gericht  zugestaiuet,  die  von  der  Mark 
abgesonderten  Güter  jedem  Gericht  ruhig  im  Besitz  gelassen  wor- 
den. UrseUer  Bürger  müssten  noch  Beede  und  Schutzlohn  für  Wie- 
sen die  zur  Obersteder  Gerichtsbarkeit  gesteinet  worden,  dorthin 
abgeben.  Die  strittigen  Wiesen  seien  von  der  Höhmark  selbst  durch 
14  oder  l5  Stjcine  abgesondert,  sie  seien  von. Becker  eingelösst  wor- 
den, dieweil  dieser  darin  noch  nit  gewähret  und  sich  fest  machen 
lassen.  Auf  ungegründet  Erkenntniss  etlicher  junger  unerfahrener 
in  Marksachen,  der  Schultbeissen  der  4  übrigen  Markhauptflecken 
sei  Becker  in  die  Wiesen  wieder  immittirt  worden ; .  die  Beamten  zu 


—     424     — 

Homburg  und  iiit  die  Märkermeister  hätten  eine  Zusammenkunft  der 
Märker  zu  Homberg^  wider  den  klaren  Buchstaben  des  Markinstru- 
ments,  unverhört  ihrer^  der  Urseller;  angestellet,  den  Märkermeister 
utiverhört  des  Amts  entsetzet ,  die  ganze  Gemeind  zu  Ufsell  zur 
Ausmark  erkannt^  solch  nichtige  Händel  durch  den  Waldschreier 
ihnen  verkündigen  lassen,  endlich  eine.Heerd  Schaf- Vieh  ,,zur  Un- 
nachbarchaft^  durch  etliche  Obersteder  abtreiben  lassen.  Es  sei  den 
Ursellem  bedenklich  gewesen  „diesseits  der  iandwehren^  ^*  zum  Augen- 
schein zu  folgen,  ohne  ausdrücklichen  Befehl  der  churfllrtl.  Obrig- 
keit über  die  strittigen  Wiesen  zu  disputiren.  Sie  gedenken  des  aus- 
gegangen königstein'schen  Dorfes  Hausen,  zu  welchem  die  stritt 
tigen  Wiesen  gehört;  es  sei  früher  ein  eigener  Wildschütze  von 
Ursel  auf  das  aus  der  Mark  in  die  Waldwiesen  tretende  Wild  gebal- 
ten worden,  und  ein  besonderer  Hüter  zu  Versehung  der  Forellen- 
bach. Frevler  die  darin  betreten,  seien  von  ihrer  derUrseller  Obrig- 
keit bestraft  worden.  Am  15.  März*  1587  als  ein  Bürger  in  Ursell 
ein  stück  Wild  in  dem  Oberhäuser  Grunde  geschossen^  in  den 
Wiesen  um  den  Albansbrunnen  gelegen,  hätten  die  Märker  entschie- 
den dass,  weil  die  Güter  abgestainet  seien,  man  es  dabei  belassen 
solle.  Die  Homburger  Beamten  hätten  vorgegeben,  dass  die  Abstei- 
nung  bloss  darum  geschehen  sei,  dass  künftig  von  der  Mark  nichts 
weiters  solle  abgeroidt  werden;  allein  die  Märker  bestätigten  dass  sie 
nit  anders  wüssten,  denn  dass  die  Absteinung  der  Mark  von  den 
geraidt  gutem  geschehen  vor  kräftig  solle  gehalten  werden. 

Am  ^^/%8.  Juli  desselben  Jahres  1592  protestirten  darauf  die  Ur- 
seller feierlichst  vor  Notar  und  Zeugen  wegen  vorhabend  Entsetzung 
wohlhergebrachter  Gerichtsbar-  und  Obrigkeit  auf  den  zugesteiuten 
Waldwiesen,  wider  die  Beschlüsse  des  Märker  Convents  und  die 
Ausschliessung  der  Gemeind  zu  Ursell  aus  der  Mark. 

Die  beiden  Märkermeister  protestirten  ihrerseits  weil  der  strittige 
Grund  und  Boden  in  die  Höhmark  gehöre,  den  Märkern  eigenthüm- 
lich  sei,  die  „hohe  Obrigkeit  aber  und  was  -  derselben  anhängig'^  dem 
Landgrafen  als  obristen  Herrn  und  Waldpotten  zustehe.  Dieser  sandte 
seinerseits  einen  Notar  nach  Frankfurt,'  weil  auf  das,  für  die  556 
abgepfändeten,  nach  Frankfurt  verkauften  Schafe  erlösste  Kaufgeld, 
von  den  Ursellern  ein  Arrest  geschlagen,  Process  ausbracht  und 
erlangt  worden  ;  die  Decision  gehöre  vor  den  Obristen  Waldbotten  ; 
er  protestire,  damit  an  habender  Oberherrlich-  und  Gerechtigkeit  in 
der  Hohen  Mark  nichts  präjudicirlich  eingeführt  werden  möge. 


7^  Also  ausserhalb  des  Waldes  und  der  Competenx  des  Waldpotten. 


—     425     — 

Die  MärkermeiBter  hatten  begehrt  dass  zu  AusflLhrung  deren 
zwischen  dem  Landgrafen  und  den  Oberursellern  angefangener 
Rechtfertigung  ein  jedes  Hausgesess  4 1^»  erlegen  solle.  Der  Bathzu 
Frankfurt  ebenso  wie  der  Graf  zu  Solnas  widersprachen  demi,  den 
Märkermeistem  käme  es  nicht  zU;  für  sich  eine  Schätzung  aufzu- 
legen,  sonderlich  da  der  Nutzen'  der  bussen  piincipaliter  dem  Widd- 
potten  concemire.  Es  wurden  weil  die  4'^  nicht  entrichtet  worden 
den  Flecken  Pommetßbeim ,  Stierstadt;  Weyßkircheu;  Kalbach^ 
Harheym^  Vilbel,  Kirdorff,  der  Gebrauch  der  Höhmärk  verbotten, 
kein  Bauholz  ihnen  gefolgt. 

Im  Juni  1593  wurde  auf  einem  Märkerding  ön  besondere  Um- 
frag gehalten,  es  begehrten  die  Urseller  sie  zu  bescheiden  ob  die 
Märker  die  von  Ursell  für  Ausmärker  hielten;  die  Märker  sich  dess- 
halb  besprochen,  haben  dem  Schreier  eine  Umfrag  zu  thun  gerufen, 
welcher  bereits  gen  Oberursell  geritten  gewesen.  Man  habe  einen 
Boten  nach  ihm  geschickt,  inmittelst  aber  der  Sachen  ein  Anfang 
gemacht  und  eines  jeden  Meinung,  welche  ein  jeder  Fleck  durch 
seinen  Schultheissen  öffentlich  und  laut  ausgesprochen,  angehört  und 
aufgezeichnet  Es  habe  sich  befunden  dass  die  Märker  einhellig  sich 
erklärt  die  Oberursler  bei  der  Mark  zu  belassen.  Es  ^ei  dies  alles 
geschehen  mit  dem  ausdrücklichen  Vorbehalt,  dass  dadurch  weder 
dem  obersten  Waldpotten  an  deroselben  Gerechtigkeiten,  noch  auch 
dero  zwischen  Iren  f.  Gn.  und  dem  Herrn  Churfllrsten  von  Mainz 
am  kaiserl. .  Cammergericht  schwebender  Rechtfertigung  nichts  be- 
nommen sein  sollt 

Auf  einem  ausserordentlichen  Märkertag,  am  10.  Juli  1593, 
bemerkt  der  Canzler  zu  Darmstadt,  die  Oberurseller  seien  zu  Hom- 
burg fbr  Ausmärker  erkannt,  aber  am  Pfingstmitwoch  wieder  zur 
Mark  zugelassen  worden;  solches  einander  zuwider  laufen  thäte. 
Die  Abgeordneten  mit  allerseits  Unierthanen  erklärten:  die  Zulassung 
sei  erfolgt,  weil  die  Ausschliessu^g  praecipitanter  und  ohne  Bedacht 
geschehen,  auch  nicht  auf  der  Au,  und  nur  durch  die  Hauptflecken 
^ohne  .Vorwissen .  derselben  Obrigkeit,' die  «ie  in  solchen  wichtigen 
Sachen  pillich  ersuchen  sollen^.  Die  hessischen  Gesandten  gaben 
hierauf  zu  verstehen  dasis  die  Wiesen  quoad  utile  dominium  Privat- 
personen zuständig  seien,  es  solle  der  Beed  halber  kein  Eintrag 
geschehen,  allein  das  directum  dominium  gehöre  zur  Mark,  per  con- 
aequens  die  Jurisdiction  dem  obristen  Widdpotten.  Es  sei  gleich 
anfangs  in  dieser  Sachen*  ein  grosser  Missverstand  gewesen. 

Montag  den  11.  März  1594  wurde  der  Streit  wegen  der  Process- 
kosten  erledigt;  es  sei  vornemlich  hier  um  die  Jurisdiction  zu  thun; 


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■ 

dicweil  durch  den  Herrn  Erzbischoff  Proceas  ausgebracht  sei;  aia 
würde  Herr  Landgraf  solche  Sach  gegen  den  Erzbiach offen  auf  seine 
Kosten;  ohne  Zuthun  der  Märker  auch  wol  auszufuhren  wissen ;  mit 
welcher  Bemerkung  man  allseitig  zufrieden  war.  Darauf  wurde 
am  22.  Mai  auf  der  Auen  ein  neuer  Märkermeister  gewählet  Der 
Schultheiss  und  Schreiber  von  Homburg  gab  die  erste  Stimm  f)ir 
Wendel  Hoff  den  Schultheissen  von  Oberursell;  welchem  die  anderen 
Märker  alle  gefolget  und  ihre  Stimme  gegeben;  worauf  der  Canzler 
erkläret:  er  wüsste  im  Namen  seines  Fürsten  imd  Herrn  ihn,  Wendel 
Höfen ;  nit  vor  ein  Märkermeister  zu  erkennen ;  viel  weniger  zu  be- 
stätigen; man  solle  einen  andern  wählen.  Die  Märker  aber  beriefen 
sich  darauf  dass  sämmtliche  Märker  die  von  Oberursell  als  Mitmärker 
anerkannt;  begehrten  dass  dem  Instrument  nachgekommen  werde. 
Auch  die  anwesenden  Abgeordneten  waren  der  Meinung  dass  man 
nit  vorüber  könne ;  sondern  es  dabei  müsse  bleiben  lassen;  da  nicht 
vor  der  Wahl  die  Einrede  geschehen  sei.  Wendel  Hoff  wurde  von 
dem  Cauzler;  jedoch  unter  Widersprechen  und  Frotestation  einge- 
setzet  und  beeidigt.  Ein  Versuch  die  Irrung  wegen  der  Wiesen  in 
Güte  beizulegen;  misRlang  auch  diesmal;  Mainz  hielt  fest  an  der 
Oberherrlichkeit  und  der  Beed;  die  Märker  wollten  mit  der  hohen 
Oberkeit  nichts  zu  thun  haben ;  aber  auch  keine  Entschädigung 
zahlen;  der  Waldpott  wollte  weder  auf  die  Oberherrlichkeit  der 
Wiese  verzichten;  noch  seinerseits  Entschädigung  zahlen.  So  erging 
am  16.  Jan.  1Ö95  endlich  vom  Beichskaznmergericht  zu  Spöier  ein 
Urtheil  im  wesentlichen  des  Inhalts:  Es  sei  in  des  h.  Reichs  Consti- 
tution; insonderheit  anno  1555  zu  Augsburg  uffgerichteten  Abschied 
geordnet;  dass  kein  dem  h.  Reich  immediate  unterworfener  einen 
andern;  gleichmässig  demselben  unterthan  oder  dessen  Unterthanen 
pfänden  oder  fahen  solle;  der  Churfürst  sammt  der  Gemeind  zu 
Uhrseil  hätte  in  den  anno  1547  von  der  Hohen  Mark  abgesteinten 
Wi^en  alles  und  jedes  was  der  Obrigkeit  anhängig  sein  möge  her- 
bracht; dergestalt  dass  die  abgesteinte  Bezirk  gen  Uhrsell  verbeedt, 
verschätzet  und  darüber  Wehrschaft  gegeben;  die  Schiedsteine  durch 
die  Uhrseiler  Gerichtsschöffen  gesetzt;  die  possessores  solche  Güter 
als  ihr  eigen  und  nit  als  Markgüter  kauft  und  verkauft;  —  dass  doch 
dessen  alles  ohnanges^hen  Johann  Becker,  Hanauischer  Unterthan 
zu  Steinbach;  wegen  nit  entrichteter  schuldiger  Beed  und  angestif- 
teter trutziger  Verweigerung  anbefohlener  Wiederlösung  erkaufter 
5  Morgen  Wiesen;  auch  sonsten  schimpflicher  Verachtung  angekünd- 
ter  Gebot  durch  Sr.  Lbdn.  Schultheiss  zu  Oberhexstadt;  aus  Befehl 
dero  Amtmans  zu  Köuigstein  zu  gefänglich  haften  gebracht  worden; 


—     427     — 

—  dero  Lbd.  zagefahren  und  durch  Ihro  SchultheisB  und  Schreier  zu 
sieden ;  in  ohnzweiffeliger  Ubrseller  Weidgangs  district^  etliche 
Tag  durch  Johann  Mandeln  uf  der  Lauß  halten  ^  und  endlich 
675  schaf  gewaltsamlich  abpfanden^  nach  Homburg  in  Gewahrsam 
treiben y  daselbsten  einestheils  verschmachten^  die  übrig  um  ein  ganz 
geringes ;  nemlich  vor  390  fl.  acht  Schilling  den  Frankfurter  Metz- 
gern verkaufen^  den  Werth  der  gemelter  Uhrseller  Bürgerschaft  vor- 
enthalten lassen  :  —  hierumb  so  gebieten  wir  Dero  Liebden  von 
Bömischer  kaiserlicher  Macht  bei  Poen  zehn  Mark  lediges  Golts, 
halb  in  unser  kais.  Kammer,  den  andern  halben  Theil  Sr.  unser 
Churf.  Lbd.  zu  bezahlexi;  und  wollen  dass  dieselben  D";  Lbdn.  ohne 
Verzug  das  abgepfändt  Vieh  oder  den  billigen  Werth  dafür  restitnire 

.  .  Wir  haischen  und  laden  auch  D?    Lbdn auf  den  30^°  tag 

bemelter  Insinuation  .  .  selbst  oder  durch  einen  vollmächtigen  An- 
walt .  .  zu  erscheinen,  Iren  hierin  geleisteten  Gehorsam  gebürlich 
anzuzeigen. 


Der  30jährige  Krieg.  Wenn  auch  schon  gegen  das  Ende  des 
16  Jahrhunderts  die  Verfassung  und  das  Recht  der  Hohen  Mark 
wesentliche  Beeinträchtigung  erfahren  hatte,  so  machte  doch  erst  der 
unselige  Bürgerkrieg,  welcher  im  Anfange  des  17.  Jahrhunderts 
Deutschland  so  schauderhaft  verwüstete,  eine  gedeihliche  Fortent- 
wickelung der  Markenverhältnisse  unmöglich.  Der  30jährige  Krieg 
hat  den  edlen  Stolz  der  Bürger  und  Bauern  gebrochen.  Kaum  kann 
weiter  noch  von  einem  Rechte  in  der  Hohen  Mark  geredet  werden, 
denn  an  die  Stelle  des  Rechts  war  die  Gewalt  getreten;  die  alten 
Formen  sind  geblieben,  aber  der  Geist  ist  nicht  mehr  darin  Noch 
ist  die  Hohe  Mark  der  Märker  eigen,  aber  sie  haben  in  ihrem  Eigen- 
thum  nichts  mehr  zu  sagen;  ihre  Stinune  wird  kaum  mehr  gehört; 
die  Obrigkeiten  treten  für  sie  auf,  mehr  um  das  eigne  Ansehen,  die 
eigne  Herrschaft  zu  wahren,  als  um  das  gekränkte  Recht  der  Untere 
thanen  zu  schützen;  aber  auch  die  Thatkraft  dieser  Regierungen  ist 
gebrochen,  der  kecke  Uebermuth  spottet  ihrer.  Die  Berichte  welche 
der  Abgeordnete  des  Raths  zu  den  Märkerdingen,  der  Landbereiter 
Johannes  Zeundel  zu  der  Zeit  einschickte,  zeigen  welclies  Interesse 
man  damals  an  den  Märkerdingen  nahm,  und  was  die  Mark  er  von 
den  Regierungen  zu  erwarten  hatten.  Er  berichtet  am  9.  Juni  1652 
dass  zuerst  die  Busse  verlesen  sei,  dann  „die  büße  Häuser  und 
Dächer  gereutt  und  in  14  Tagen  die  büßen  zu  dättigen  zu  Hum- 
burg". 


—     428     —  - 

m 

Auch  im  16.  Jahrhundert  war  berichtet  worden  dass  etliche  Wölfe 
in  der  Hohen  Mark  sich  sehen  liessen.  Die  Schultheisse  von  Dürkel- 
weil  und  Bonamese  fragen  am  6.  Dec.  1598  bei  Rath  an^  der  oberst 
Waldpott  habe  den  Märkem  zu  erkennen  gegeben  „nottürftig  ge- 
rtklH^  zu  erscheinen  und  die  stell-  und  jagden  verrichten  zu  helfen. 
Diejenigen  so  sich  lygehorsamlich  einzustellen  bedacht";  sollen  schrift- 
lich Bubscribiren.  (Mglb  E.  29.  III.  S.  157.)  Der  Rath  benahm  sich 
mit  den  Befehlhabem  von  Hanau^  mit  dem  Amtman  von  Königsiein 
Gemaudt  von  Schwalbach,  und  mit  dem  Solms'schen  Kellner  zu 
Beddelnheim,  welche  vor  solchen  Neuerungen  warnen^  andeuten 
wohin  solche  neuerliche  An^ge  zuletzt  geratlien.  Darauf  wiess  der 
Rath  die  Schultheissen  an,  sie  sollten  solche  begehren  an  die  ordent- 
liche Obrigkeit  weisen. 

Im  Jahr  1644  sollen  Nieder  Urschel  und  Dörkelweil  auf  dem 
Märkerding  gestraft  werden  weil  sie,  wie  der  Landbereiter  Zeundel 
berichtet;  nicht  wegen  der  Wolfsjagd  zu  Humbiirg  erschienen  seien. 
Aehnlich  erging  es  den  Märkern  der  Seulburg  Erlenbacher  etc. 
Mark.  Es  beschwert  sich  in  einem  Schreiben  d.  d.  29.'  Febr.  1648  Qraf 
Johann  Augustus  zu  SolmS;  Herr  zu  Münzenberg  und  Sonnenwaid  an 
Frau  Margarethen  Elisabetha  Landgräfin  zu  Hessen,  es  seien  auf  den 
Befehl  bei  den  Wolfsjagden  zu  erscheinen;  nach  dessen  Verpleiben 
Förster  aus  der  Höhe  nach  Homburg  geflinglich  abgeführt  worden; 
er  verlangt  dass  sie  freigelassen  werden;  man  sei  bereit;  nach  Be- 
grüssung  der  competenten  Obrigkeit;  d^i  Unterthanen  die  Verfolgung 
der  schädlichen  Thiere  zu  befehlen^  Landgräfin  Margaretba  Elisa- 
betha;  Wittib  und  Vormundiu;  schreibt  am  13.  März  1648  dem  Rath: 
sie  wundere  sich  wie  derselbe  in  die  Gedanken  gerathen  sich  in 
fremde  ihn  gar  nicht  concemirende  Sachen  zu  mischen  und  fremden 
Leuten  in  ganz  ärgerlichen;  strafbaren  Vernehmen  beizufallen.  „Was 
wir  mit  den  widersinnigen  Petterweilem  zu  thun  bekommen,  das 
habet  ihr  nicht  zu  verantworten  noch  zu  vertreten^.  Hätten  die 
Märker  sich  zu  beschweren;  sollten  sie  es  bei  ihr  zuvörderst  suchen 
und  Resolution  erwarten ;  sie  habe  das  nachbarliche  Vertrauen;  dass 
der  Rath  seine  Unterthanen  zu  gebührend  beigebrachter;  auch  ihnen 
selbst  nutzbarlichen  Schuldigkeit  anwdse. 

Der  Qraf  zu  Solms  wandte  sich  wieder  an  den  älteren  Bürger- 
meister  Hieron.  von  Stalburg  wegen  der  vorgenommenen;  thätigen 
Hin  wegschleppung  seiner  armen  Unterthanen  zu  Peterweil;  in  billiger 
Verweigerung  ungeziemender  Wolfsjagden.  Die  Landgräfin  aber  ant- 
wortet auf  das  gütliche  Schreiben  desRatbs:  dass  früher  die  Mark  er 
zu  Wolfsjagden  verbunden  gewesen;  sie  könne  vor  diesmal;  bevorab 


—     429     - 

vermöge  Vormünderpflichten  zu  ConBervirung  aller  herbrachten  Rechte 
eidlich  verbunden,  ohne  Vorwissen  der  sämmtliehen  interessirten 
Fürsten  und  Landgrafen  zu  Hessen  in  das  Begehren  so  blösslich  nit 
willigen.  So  haben  scheinheilige,  fromme  Worte  zu  allen  Zeiten  hel- 
fen müssen  selbstsüchtige  Handlungen  zu  bemänteln. 

Auf  Lätare  1648  sind  vom  Herrn  Keller  zu  Homburg  ^im  Nah- 
men ihrer  Fürstl.  Qn.  als  oberster  Waldbotin^^  den  gesammten  Märk- 
ern Fragen  vorgehalten    „aber  von  Niemand   beantwortet  worden^^: 

Was  die  Wahrheit  sei  dass  Ober-  und  Nieder-Erlenbach  bei  ihrer 
Obrigkeit  geklagt  hätten? 

Warum  sie  nicht  zuvörderst  ,bei  I.  f.  Gn.  als  obersten  Waldbo- 
tin, welche  ihnen  auch  gebott  anlegen  lassen,  geklagt  hätten? 

Ob  I.  f.  Qn.  als  Waldbotin  der  Mark  oder  den  Märkem  jemals 
etwas  zuwider  gethan,  das  ihnen  schädlich  gewesen? 

•Wer  die  Märker  jemals  darzu  gezwungen,  zum  Wolfsjagen? 

Hierauf  antwortet  Schultheiss  zu  Holzhaussen:  er  meint,  sie 
müssten  es  thun  „dann  die  WöUf  lifGui  ja  bald  in  die  hoff,  e£  wöhre 
in  andreß  dran  gelegen,  alß  den  andern  Märkern,  dann  die  Leute 
hätten  gut  sagen,  sie  legen  weit  vom  Walt,  wir  aber  sind  dem 
Wald  zu  nahe  gesessen^«    Femer  wird  gefragt: 

obdie  Leut  nit  gutwillig  zum  Jagen  erschienen?  aber  keine 
Besolution  erfolgt,  „außerhalb  daß  der  Schultheiß  von  Nieder-Erlen- 
bach geantwortet,  sie  plieben  bei  irer  Ordnung^^ 

Hierauf  gab  der  Kellner  wieder  zu  vernehmen  dass  nit  alles  in 
dem  Listrument  begriffen,  sondern  „vor  ohnge^hr  20  Jahren^'  eine 
neu  Ordnung  gemacht  und  verbessert;  darauf  der  Schultheiss  von 
Nieder-Erlenbach  erwidert:  es  werde  aber  keines  Wolfl^agens  darin 
gedacht. 

Ein  Erlass  der  Landgräfin  vom  2.  März  1649  belehrt  uns  wie 
der  Märker  jetzt  dem  obristenWaldpotten  gegenüber  steht.  Es  werden 
Schultheiss,  Bürgermeister  und  ganze  Gemeinde  zu  Petterweil  gefragt, 
was  wegen  des  den  22.  Nov.  1647  angestellten  Wolfsjagens,  darauf  er- 
folgter Verbrechen  und  Frevel,  zu  erinnem  wissen.  Sie  hätten  nicht 
ihre  Schuldigkeit  gethan,  seien  zur  Bezeugung  ihrer  Widersetzlich- 
keit mit  Geschirr  und  Ochsen  des  Tags  Brennholz  zu  führen  sich 
gebraucht  Die  Widersetzlichkeit  und  den  Trotz  könne  man  nicht 
dem  „ganzen  fUrstlichen  Hause  Hessen  ohn  sonderbares  Praejudiz 
und  Nachtheil  ohngestraft  passiren  lassen^.  Die  Petterweiler  sollen 
am  2.  April  zu  Seulberg  erscheinen  sich  zu  entschuldigen,  oder  nach 
Befinden  zu  verbüssen.  Als  der  Schultheiss  Johann  Leichner  den 
Nieder-Erlenbacher    Schultheissen   angeredet,^  was   er   sich   deshalb 


—     430     — 

bedünken  Hesse;  hat  dieser  den  Märkenueister  Burck  auch  angeredt^ 
gefragt,  was  er  dann  dazu  sage,  ob  er  denn  still  -dazu  schwiege;  wo- 
ruff  der  Holtzhäuser  Märkermeister  geantwortet:  j,^j  wer  wird  sieb 
au  solchem  Orth  widersetzen,  hätten  die  Petterweiler  einen  Mann, 
2  oder  3  geschickt,  wie  andere  auch^  so  hätte  es  keine  Noth  gehabt^^ 
Der  Ober-Erlenbacher  Schultheiss  aber  hätt'  unterm  Gespräch  mit 
diesen  Worten  herausgelassen:  man  hätte  vorm  Jahr  ihn  gerne  in 
Straf  bringen  wollen,  da  er  doch  nur  mit  ohngeiähr  3  Mannen  allein 
zum  Wolffsjagen  gegangen,  indeme  aber  seine  Nachbarn  gesehen 
dass  die  Nieder-Erlenbacher  so  stark  herankommen,  so  weren  seine 
Nachbarn  uf  dieselbige  um  25  Personen  weiter  nachgefolget.  Weiter 
habe  der  Ober-Erleubächer  Schultheiss  gesagt,  er  wäre  damals  zu 
Petterweil  in  Johann  Eckarts  Haus  bei  vorigem  Schultheissen  Bal- 
thaser  Laissen  gewesen,  welcher  bei  der  Aufforderung  geantwortet: 
„Sie  möchten  jagen  oder  nicht,  es  wäre  morgen  Waldtag,  sie  führen 
in  Waldt". 

Zwei  Petterweiler  waren  in  Folge  der  Weigerung  und  Wider- 
setzlichkeit ein  Vierteljahr  in  Haften  gehalten  worden;  flir  die  auf- 
gewandten Unkosten  wurde  Restitution  begehrt,  eingeschlagene 
Mastschweine  gepfändet,  fl.  100  Unkosten  und  fl.  50  Straf  verlanget 

Nicht  nur  Wölfe,  auch  andere  Gefahren  bedrohten  zu  der  Zeit 
die  Hohe  Mark.  Am  18.  April  1645  erging  ein  Erlass  von  Hom- 
burg, da  zum  öffcem  in  der  Hohen  Mark  Brand  entstanden,  solches 
nun  überhand  genommen  imd  durch  wenige  Wehr  nicht  gelöscht 
werden  mag,  hat  die  durchl.  hochgep.  Fürstin  und  Frau,  Frau  Marg. 
Elis.  Landgräfin  zu  Hessen  etc.  Obriste  Frau  und  Waldbottin,  .  .  in 
Gn.  ernstlichen  und  bei  fl  10  Strafe  anbefohlen,  dass  jeder  Mark- 
schultheiss  seine  Untergebene  mit  allem  Ernst  anhalte,  dass  sie  mor- 
gen Tags  Zeit  zu  Oberstedten  „mit  gewöhnlichem  Feuerwehr"  er- 
scheinen, und  da  dem  Brand  zu  wehren  sich  als  redliche  Märker 
gebrauchen  lassen  etc. 

Im  Jahre  1663  beriethen  sich  die  [Regierungen,  ob  die  Grenze 
begangen  werden  solle,  weil  viel  Klagen  wegen  der  hessischen  Ein- 
grifi*e  eingelaufen.  Eine  Vorstellung  der  Märker  wiess  darauf  hin, 
wie  der  Umgang  immer  auf  dem  Märkerding  beschlossen  worden, 
nicht  erst  von  den  Regierungen  berathen;  der  Umzug  sei  nöthig 
weil  so  lange  keiner  gehalten,  der  Freiherr  von  ßeifienberg  Hoch- 
würdigen Gn.  einen  Markstein  bestreite  und  ein  Stück  Wald,  Holz 
falle  und  Kohlen  brenne;  w^en  der  hessischen  Eingriffe  möge 
man  den  Umgang  nicht  aufhalten. 


—     431     — 

Um  diese  Zeit  war  es  besonders  der  Oberamtman  von  König- 
steiiiy  Freiherr  v.  Bettendorf,  welcher  im  Interesse  der  Regierungen 
den  Uebergriffen  des  Waldpotten  entgegenarbeitete.  Er  fragt  der 
Zollstöcke  wegen  bei  Bath  an,  ob  derselbe  die  Abschaffung  mit  be- 
treiben wolle,  da  „die  Herrschaften  bei  dem  Markwesen  sehr  we- 
sentlich interessirt^  seien;  ersucht  das  Märkermeister-Amt  „bei  einem 
churf.  Mainzischen  subjecto^  zu  erhalten,  da  hessische  Unterthanen 
aus  tragendem  Respect  in  vorfallenden  Attentaten  leichtlich  nach- 
geben. Als  der  Märkermeister  Joh.  PhiL  Stahl  von  Ober-Eschbach 
auf  gewöhnlichem  Bussthätigungstag,  ohngeständig,  in  Arrest  genom- 
men und  verwahrt  worden,  schreibt  im  Juli  1695  Freiherr  v.  Betten- 
dorf:  die  freie  Wahl  sei  das  einzige  was  die  Märker  sich  erhalten, 
es  scheine  dass  man  sich  absoluteUerr  von  der  Hohen  Mark  machen 
wolle^  der  Unterthanen  conservation  dependire  von  dem  Mark- Wald, 
vergeblich  habe  man  auf  Relaxation  gedrungen,  ob  nicht  von  sämmt- 
liehen  Herrschaften  mit  Repressalien  zu  verfahren  sem  möchte.  Der 
Rath  war  zu  allem  erbötig,  aber  in  die  vorgeschlagenen  Repressa- 
lien, als  widerrechtlich,  könne  er  nicht  einwilligen.  Auf  den  7.  Febr. 
1696  wurden  die  Markschultheissen  mid  der  Märkermeister  Messer 
wieder  nach  Homburg  berufen.  In  Gegenwart  Ihr.  hochf.  Durchl. 
wurde  denselben  bemerkt,  wie  der  Märkermeister  in  anno  1693  der 
Untreu  beschuldigt  worden,  er  habe  verschiedene  Stämme  Holz  an 
den  hochgräfl.  Hanauischen  Rath  H.  Fabritius  verschenkt,  auch  Vieh- 
Schinderei  halben  gescholten,  weil  er  verrecktes  Vieh  durch  seinen  Schäfer 
in  seinem  Hof  abdecken  lassen.  Er,  der  Qbrist  Waldpott,  habe  desshalb 
nicht  anders  gekonnt,  als  den  Märkermeister,  bis  er  unschuldig  be- 
funden, seines  Amtes  zu  suspendiren.  Die  Sache  sei  ohnausgemacht, 
die  Mark  in  Zertrennung  geblieben,  maßen  anno  1695  keine  Bussen 
angesetzt  noch  erlegt  worden  seien.  Er  schlage  vor,  die  Sache  auf 
einem  Tag  zu  Homburg  vor  dem  Anwalt,  dem  Märkermeister  Messer 
und  den  Schultheissen  der  5  Hauptflecken  zu  untersuchen,  dass  sie 
dann  entweder  bei  dem  ordentlichen  Busssatz  oder  auf  dem  nächst- 
konmienden  Märkergeding  verlesen  und  abgethan  werde.  Märker- 
meister Stahl  und  Joh.  Jac.  Roth  von  Ober-Eschbach,  der  Anbringer, 
wurden  aufgefordert  auf  einem  „extraordinari  Märkerding  oder  Mär- 
kergericht^^  zu  erscheinen,  ein  jeder  könne  mitbringen,  was  zu  der 
Sachen  Nothdurfk  erforderlich  sei.  —  Es  findet  sich  weiterhin  eine 
Hanauische  Citation  d.  d.  22.  Febr.  1696:  hochgräfliche  Canzlei  habe 
sich  mit  der  Burg  Friedberg  dahin  concertirt  dass  die  zwischen  Stahl 
und  Roth  geschwebte  Schwierigkeit  bei  der  hochgräflichen  Canzlei 
ausgemacht  werde.    Das  Urtheil   wurde  am  3.  Sept.  publicirt;    nach 


—     432     — 

ungehorBamem  Ausbleiben  des  Beklagten  wird  derselbe  wegen  wie- 
derholter Injurien  verurtheilt  dem  Kläger  eine  christliche  Abbitte  zu 
thuH;  sich  aller  Thätlichkeiten  und  Injurien  zu  enthalten,  die  aufge- 
gangenen Kosten  zu  erstatten.  —  Auf  dem  extraordinari  Märkerge* 
rieht  erschienen  beide  Theile  durch  ihre  Anwälte,  Both  konnte  aber 
den  „geringsten  Beweisthumb  nit  beibringen^.  Er  gab  desswegen 
vor :  das  Märkerding  sei  „sein  competent  forum  nit^^  I>er  Schultheiaa 
Wunderer  von  Bonames  berichtet  darüber:  diese  Behauptung  sei 
unrichtig,  da  Itoth,  ein  Märker,  mit  der  ersten  Delation  des  Märker- 
meisters  Amts-Obligation,  mit  der  zweiten  seine  Ehr  und  Statum  in 
Quästion  gezogen,  daher  die  Untersuchung  niigendswo,  denn  nur, 
altem  Herkommen  nach,  als  von  der  Mark  geschehen  müssen.  Weil 
mm  Roth  bei  der  Citation  j^de  forum  nit  excipirt^'  sondern  das  ex- 
traordinari Märkerding  vor  sich  gehen  lassen,  also  habe  die  sammt- 
liche  Märck  mit  höchstem  Fu^  den  Ausspruch  gethan,  dass  der  Herr 
Both  wegen  der  falschen  delationen  dem  Märkermeister  Stahl  und 
der  Mark  wegen  erlittenen  Schadens  und  Unkosten  200  Rtiilr.  Straf 
anzuhalten,  im  übrigen  es  bei  der  von  hochgräö.  Hanauischen  Re- 
gierung ihm,  Rothen  „injurgirten  deprecation^'  zu  lassen,  worauf  die 
Mark  wiederum  in  Einigkeit  gesetzt.  Zwar  habe  Herr  Roth  von  die- 
sem Aussprach  coram  notario  et  teslibus  an  höchster  Obrigkeit  her- 
nach sich  berufen,  worauf  auch  die  Mark,  wiewol  es  derselben  ge- 
hörigen Orten  nit  insinuirt  worden,  „die  fatalia  resp.  und  bis  zu 
deren  Verfluss  mit  der  Execution  zurückgehalten^^,  nach  deren  End- 
igung aben  die  Execution  dem  Markschluss  gemäss  vor  Hand  ge- 
nommen und  dem  Herrn  Roth  6  stück  Rjndvieh,  nacbgehends  3 
Pferde  aus  der  Mark  nacher  Homburg  getrieben,  daselbst  dem  Her- 
kommen gemäss  3  Tag  enthalten,  ex  post  plus  offerendi  verkauft, 
ihm,  Rothen,  jedoch  auf  24  stunden  die  Lösung  gestattet.  Hiemach 
habe  Herr  Roth  wegen  solcher  Pfändung  Herrn  Stahl  zu  Friedburg, 
dann  bei  Ihrer  fürstl.  Gnaden  actionirt;  da  es  vergeblich  gewesen, 
habe  er  bei  der  hochL  kaiserl.  Kammer  mandata  an  Sr.  hochf.Durchl. 
den  Herrn  Oberst  Waldbotten  ausbracht,  dass  ihm  die  ablata  oder 
der  Werth  dafür  restituirt  werde.  Die  zum  Theil  abschriftlich  bei- 
gelegten Sentenzen  legen  dar,  wie  die  freie  Reichsritterschaft  Mittel* 
Rheinischen  Kreises  in  der  Wetterau  und  Consorten,  Klägern,  wider 
Herrn  Landgrafen  Friedrich  zu  Hessen-Hömburg  der  Execution  hal- 
ben  Klage  erhoben,  letzterer  den  Märkern  den  Streit  verkündet, 
weil  im  Unterliegungsfalle  er  sich  an  der  Mark  wieder  erholen 
müsse.  Der  Schultheiss  hält  es  für  rathsam  interveniendo  einzu- 
kommen, sieb  aber  nicht  in  den  Process,  den  Sr.  hochf.  DurchL  und 


—    «33     - 

der  HeiT  Beth  untereinaatder  haben,  einknlaiseii,  die  MsrlcBachen 
sepftrirt  bh  halten,  und  in  Zeiten  sni  remoBstriren.  (Mglb.  E.  29.  V. 
8.  60-69.  a  162.) 

So  haben  die  Märker  den  Boden  ihres  alten,  gnton  Becfatos,  anf 
dem  sie  unangreifbar  gewesen,  verlassen ;  sie  stehen  jetzt  auf  einem 
fremden  Bechtsgebiete,  auf  dem  sj^  dem  Gängelbande  ihrer  Advo- 
caten  folgen,  Hab  und  Out  und  die  Buhe  ihres  Lebens  opfern 
müssen. 

Landgraf  Friedrich.  —  Der  Landgraf  Friedrich,  Obrist 
Waldpott,  wandte  sich  im  Bept.  1698  an  den  Bath:  er  sei  gei^onnen 
nächst  seinem  eigenthümlichen  Tannenwald'*  ohnweit  Stedten  einen 
kleinen  Thiergarten  anzulegen,  gedenke  sich  mit  der  Hohen  Mark 
zu  vergleichen,  dass  sie  ihm  den  streitigen  Brändeisbusch  nebst  dem 
jetzigen  Hägeholz,  ind.  des  Bleiwelsberg  erb-  und  eigisnthUmlich 
tiberlassen  möge,  er  dagegen  wolle  der  Hohen  Mark  „unsere  beyde 
sogenannte  Strafon^  gleichfalls  auf  ewig  cediren.  Die  Beheizung 
darin  sri  noch-  in  sehr  gutem  Zustand.  Er  habe  die  gute  Zuversicht 
dags  der  Bath  die  Sache  fordern  werde,  dazu  „seine  Beamten  an- 
weisen lasse*'  dass  sie  dem  Tausch  nicht  entgegen  seien.  Der  Bath 
erwiderte,  ^ es  sei  ihm  berichtet  worden,  dass  diejenigen  Stücke  welche 
Se.  Fürstl.  Durchlaucht  d<r.  Hohen  Mark  zu  überlassen  willens,  der- 
selben nicht  eigenthÜmHch,  sondern  als  obersten  Waldbotten  zu« 
kämen,  mifliin  also  ohnedem  schon  mit  zur  Hohen  Mark  gehören  thä- 
ten.  Unter  den  Beschwerden  der  Märker  findet  sich  dann : 
dass  der  Dannenwald  und  die  daselbst  gelegene  Wiese,  auch  ein 
Stück  von  3  Morgen  un^sputirUch  Markgut,  zum  Oaningesgarten 
mit  einem  Zaun  umgeben  worden.-  Landgraf  Friedrich  schreibt  wd- 
ter  an  den  Bath :  er  habe  bereits  vorgestellt,  wie  er  seinen  kleinen 
Thiergarten  zu  seinem  Pläsir' und  Ergötzlichkeit  in  etwas  vergrössem 
wolle,  er  erwarte  dass  der  Bath  durch  seine  Beamte  dahin:  wirke, 
wie  es  zur  Erreichung  seines  intents  am  sichersten  sein  möge  „zu- 
mal da  solches  nur  zu  unserm  pläsir  angesehen  ist".  Die  Antwort 
des  Baths  war:  er  müsse  sich  mit  den  andern  Herrschaften  beneh- 
men, zumal  da  berichtet  worden  dass  diejenigen  Stücke,  welche  Se. 
fllrstl.  Durch!,  der  Hohen  Mark  überlassen  wollten,  deroselben  nicht 
eigenthümlich  seien. 


n   Es  ist  dies  der  erste  Tannenwald  dessen  in  der  Hohen  Mark  gedacht 
wlfd. 

28 


—    43*     — 

Ueberall  wo  diesar  Landgraf  Friedrich  in  den  Akten  der  Hohen 
Mark  handehid  auftritt^  erscheint  er  ak  ein  lebendiges  Bild,  that- 
kräftig  und  unternehmend^  aber  riickBichtsloS;  ebne  irgend  eine  Ahn- 
ung dasB  es  neben  oder  über  ihm  noch  ein  Becht  g&be,  dass  auch 
Andere  zur  Glückseligkeit  berechtigt  seien. 

Aber  der  alte  Stolz  der  Märker  regte  sich  zuweilen  noch,  sdbst 
einem  solchen  Waldpotten  gegenüber.  Von  der  Homburger  Ganz- 
lei  wurde  im  April  1699  geschrieben  k  Monsieur,  Monsieur 
Wunder,  Schultheiss  de  la  ville  Imperiale  ä  Bonamös :  zu  bevor- 
stehender Beise  des  Landgrafen  solle  er  Verordnung  stellen, 
dass  durch  seine  Untergebne  ein  guter  Weg  an  dem  Ort,  wo 
die  grundböse  passage  am  Wasser  sei,  gemacht  werde,  aller- 
massen  hochf.  Durchlaucht  sich,  noch  dero  Suite,  durch  diese  gefähr- 
liche Weg  weiter  nicht  mehr  hazardiren  wolle.  Versehe  sich  dass 
wenn  dieselbe  morgen  auf  Bonamös  konunen,  sie  den  verfertigten 
Weg  ohngehindert  passiren  können.  Der  Schultheiss  berichtete  an 
den  Bath  dass  der  Landgraf  an  laufendem  gef&hrlich  Wassers  zu 
Bonames  passiren  wollen,  die  Unmöglichkeit  aber  war,  dass  man  die 
ordinari  Strass  passiren  könnte,  desswegen  von  ihm  begehrt  worden 
man  mög  eine  Brück  über  einen  Graben  vor  einem  umgezackerten 
jedoch  unbesäten  Acker  machen  lassen.  Dies  sei  durch  die  Unter- 
thanen,  wie  schon  öfters  geschehen,  ausgeführt  worden;  ein  jeder 
habe  das  gern  gethan,  sagend,  man  müsse  so  einem  Herrn  aus  der 
Gefahr  forthelfen.  „Kommt  ein  Nachbar  aus  Bonames,  Fetter  Mi- 
chell,  fähret  mit  Ungestüm  heraus,  wer  ihnen  solches  befohlen? 
darauf  die  Männer  geantwort,  es  hätte  solches  der  Schultheiss  be- 
fohlen, dem  sie  zu  pariren  schuldig  gewesen;  Fetter  Michell  aber 
geantwortet,  das  wären  sie  nicht  schuldig  zu  thun;  wenn  der  Schul- 
theiss Brücken  wolle  gebaut  haben,  solle  er  sie  auf  sein  Gut  bauen, 
das  wäre  Schelmenarbeit,  oder  ein  Schelmengebrauch.  Worauf  die 
Männer  geantwortet,  wo  deim  der  Fürst  soUte  fort.komitien?  Fetter 
Michell  sagend :  er  solle  nach  dem  Teuffei  £ahren,  möchte  sehen  wie 
er  hinüberkäme^^  £in  anderer  Nachbar  habe  geantwort,  das  seien 
Worte  die  sich  nicht  noch  einmalsagenlassen.  Darauf  Fetter  Miche], 
er  sage  es  noch  sechsmal.  Die  Leute  hätten  dies  nicht  verschweigen 
können,  er,  der  Schultheiss,  habe  sie  bis  auf  den  nächsten  Batbstag 
auf  das  hochlöbl.  Land-Amt  vertröstet.  Während  der  Zeit  seien  Ihre 
Durchl.  passiert,  hätten  gesprochen,  man  möcht  die  Brück  bis  künf- 
tigen Montag  liegen  lassen,  sein  ältester  Frinz  würde  mit  dero  Ge- 
mahlin passiren,  der  Schultheiss  habe  dem  gemäss  befohlen,  man 
solle  die  Borden  von  den  Trumen  thun,  bis  auf  etliche,   damit  sicbs 


—    435     - 

nicht  dn  Jeder  bediene^  imd  dem  Nachbar  Schaden  darduroli  ge- 
schehe. „Wie  nun  der  Prinz  fiHh  morgens  kompt,  wo  die  Brück 
gewesen,  hatt  ein  böser  Bnb  den  Rest  von  der  Brück  abgemacht  nnd 
am*  Nied  hineingeworfibn ;  ist  eine  andere  Brück  dorch  Bonameser 
Nächbar  gemacht  worden,  daß  also  der  Prine  ohne  Gefahr  passiret 
ist^  Der  Schultheiss  brachte  obgemeldt  action  bei  hochL  Land- 
amt klagbar  vor.  Michell  wurde  angewiesen,  solches  nicht  mehr  zu 
thun.  Bei  dieson  Berichte  bemerkt  der  Schultheiss  noch,  dass  eben 
kein  Vortheil  bei  des  Herrn  Landgrafen  seiner  Passirung  sei;  er 
habe  sich  oft  beschwert,  aber  niemahlen  gewisse  ordre  bekommen« 
Die  vielen  Passagiers  machten  den  Schaden,  denn  es  sei  eine  Land- 
strasse, und  suche  sich  ein  Jeder  „aus  dem  Wasser  zu  salviren^.  Die 
Bonameser  hfttten  sich  oft  auch,  bei  bösen  Wegen,  auf  der  Wald- 
strasse Vortheil  bedient,  nie  habe  einer  die  geringste  Ungelegenheit 
desshalb  im  Homburgischen  gehabt.  (Mjglb.  E.  29.  V.  114.) 

Es  lag  sehr  in  dem  Interesse  des  Landgrafen  nicht  nur  die  An- 
zahl seiner  Unterthanen  zu  mehren,  sondern  auch  eine  Stimme  in 
Angelegenheiten  der  Hohen  Mark  mehr  zu  erhalten.  Ob  bei  An- 
legung der  Waldenser  Dörfer  auch  Gründe  der  Menschlichkeit  mitge- 
wirkt, das  kann  hier  nicht  untersucht  werden.  Der  Freiherr  von 
Bettendorf  schrieb  am  27.  Aug.  1699 :  es  seien  in  der  G^end  von 
Stedten  Waldenser  angelangt,  vorhabend  Anbauung  eines  neuen 
Dorfs,  forderte  den  Bath  auf,  sich  desshalb  beschwerend  an  den  Land- 
grafen zu  wenden.  Es  sei  die  Beheizung  und  Weide  ziemlich  zu- 
sammengegangen und  Mangel  daran;  ob  auch  ein  Dorf  dagestanden, 
bd  dessen  Abgang  hätten  sich  die  Einwohner  samt  dero  Güther  in 
andere  nächst  angrenzende  Markflecken  und  Dorfiscfaaften  gezogen, 
selbige  sich  dadurch  um  soviel  mehr  verstärkt  und  vergrössert,  bäte 
also  den  Landgrafen  Waldpotten  den  Anbau  eines  neuen  Dor&  zu 
verhindern.  Friedrich,  Landgraf  zu  Hessen,  churfttrstl.  Brandenbur- 
g^scher  über  die  Cavallerie  bestalter  General,  antwortet  am  2.  Sept. 
1699:  er  habe  vernommen  wie  die  zur  Hohen  Mark  gehörigen  Un- 
terthanen sich  beschweret  über  die  intention  für  die  armen  ver- 
triebenen Waldenser  dn  Dorf  aufzubauen;  es  sei  aber  kundig  dass  in 
diesem  Distriet  welcher  den  Waidensem  eingeräumt  worden,  vorher 
das  Dorf  Domholzhausen  gelegen,  solches  in  der  Mark  berechtigt 
gewesen,  würde  sich  also  seine  jura  und  Gerechtsame  picht  dispu- 
tiren  lassen,  sondern  sich  derjenigen  ^rechtlichen  Freiheiten'^  in  der 
Hohen  Mark  bedienen,  wie  auch  andere  Mark-Flecken,  denen  er- 
laubt sei  sich  durch  Ankömmlinge  und  Fremdlinge  zu  peupliren  und 

femer  zu  bauen«    Er  hoffe  also  dass  der  Bath  seine  Unterthanen 

28* 


-    43«    — 

zur  Ruhe  weise.  Dieser  aber  wandte  sicli  besehweread  an  den  An- 
walt^ dasB  die  Waldenser  welche  keine  Mitmürker  seien  sidi  unter- 
stehen  mit  ihrem  Vieh  in  die  Hohe  Mark  zu  fiihren,  auch  Bauholz 
zu  fidlen.  Die  Schultheisse.  Yon  Praunheim>  Uniell  ui^d  Bonames 
traten  zusammen :  ohnerachtet  der  Märker  Protestation,  auch  „der 
Herrschafken  Thädigungsschrifiton*  unterfiuage  man  ach  Holz  aus 
der  Mark  ftir  die  Waldenser  durph  dieUnterthanen  fahren  zu  lassen; 
sie  schlagen  vor  gegen  die  so  Holz  führen  ohne  Vorwissen  der  Mär- 
kermeister  mit  Pf&ndung  und  Eintrieb  zu  verfahren^  den  Eintrieb- 
aber;  weil  es  Homburg  concemire,  anderswo  als  nach  Homburg  zu  thun, 
„die  Herrschaft  um  Verhaltongsbefehl  zu  bitten^;  wie  man  sich  im 
Widersetzungsfall  zu  verhalten,  (Mglb.  E.  29.  V.  S.  Sk),  94,  ^0 

Die  Herrschaften  waren  nicht  weniger  rathlos  als  die  Märker. 
Es  schrieb  Freiherr  Yon  Bettendorf,  der  Königsteiner  Amtmann,  an 
den  Bath ;  es  seien  von  Seiten  Ihr.  f.  Durchl.  je  länger  je  mehr 
Missbräuch  sowohl  zu  Nachtheil  derMärker,  als  auch  condominomm 
der  Mark  eingeschlichen,  ja  sogar  tLber  die  Jagensgerechtigkeit 
gleichsam  ein  dominium  absolutum  und  Jurisdiction  darunter  uaurpirt 
werden  wollen,  da  doch  dieselbe  darein  nur  Umitatum  jus  herge- 
bracht. Ob  es  nicht  räthlich  dass  dieMärker  beim  nächst^i  Märker- 
ding  ihre  Beschwerden  nochmals  übergäben,  auch  wofern  nicht 
abgeholfen  werde,  man  „die  Markgerichter  sistiren,  und  weiter  nit 
erscheinen  werde^^  bis  al^eholfen  sei.  Der  Bath  liess  sich  den  Vor- 
schlag Wohlgefallen,  will  die  Seinigen  anhalten  zu  rechter  Zeit  sich 
einzufinden,  würde  es  nichts  helfen,  sei  weiter  zu  berathen.  Weiter 
finden  sich  aus  dem  Jahre  1702  die  Vorschläge  und  Berichte  über 
die  gravamina  der  Märker:    Es  sind  dies 

1)  Dass  zwar  in  dem  Weisthum  von  1484  ^  Dorf  Domholz- 
hausen stehe,  dass  aber  selbiges  über  200  Jahre  schon  in  Abgai^ 
kommen,  ingleichen  dass  das  jetzige  an  einem  andern  Ort  und  der 
Waldgränze  viel  zu  nahe  stehe.  2)  Dass  der  Obrister  Herr  Wald- 
bott  vieles  Holz  „ausser  der  ordinarii  Nothwendigkeit^^  als  zu  Salz- 
soden, Canälen  und  Palisaden,  Ziegelhütten  und  Kalköfen  ohn  An- 
weisung oder  Zahl  weghauen  lassen,  ebenso  durch  seine  Köhler  und 
alle  welche  nur  einen  Schein  einer  Bedingung  von  Ihme  haben.  3) 
Dass  er  ein  absonderliches  Stück  in  der  Hohen  Mark,  die  Strasse 
genant,  für  sich  allein  halten  und  benutzen  wolle,  da  doch  im  Instru- 
ment Art  6  vorgesehen,  dass  auf  derselben  auch  ein  Walbött  keinen 
Schaden  thun,  oder  sonst  den  Märkem  bttssen  solle '^.    Wetter  fdgt 

'^  Es  finden  sich  anf  dem  Sitnationsriss  (Risskiste  Nr.  39),  welcher  bei  Ge- 
legenheit „der  vorgewesenen  Theilung^'  im  Jahre  1777  durch  den  f.  hess. 


— ^  *37     — 

unter  5)  dass  er  der  Jagd  in  der  Hohen  Mark  gar  nicht  privative 
berechtigt  sei^  vielmehr  auch  den  Märkern  nach  dreien  Tagen  zu 
jagen  gestattet  sei;  anter  7)  dass  er  sich  der  Territoijialjnrisdiction 
anmasse;  habe  Hunde  todt  schiessen  lassen;  die  keinen  Knüttel  ge- 
tragen; unter  8)  dass  er  Zoll  hebe  in  der  Hohen  Mark.  Weiter 
dasB  er  „die  anbauende  Walt  Eußer,  oder  wer  die  sein  mögen^^,  für 
Mitmärker  angenommen  und  den  Wald  ruiniren  lassen;  dass  er 
Schwein  über  8  Tag  nach  verglichenem  Einschlag  kommen  lassen, 
solche  noch  eingeschlagen,  dazu  Ausmärker  schwein  mit  untertreiben 
lassen;  dass  der  Kaningesgarten  vergrdssert,  dazu  der  Märker  Ei- 
genthum  hinweggenommen,  auch  viel  Holz  zu  Zäun  gehauen  wor* 
den.  Diese  und  andere  Beschwerden  sind  unterzeichnet  von  den 
Märkermeistern  Job.  Jacob  Messer  und  Joh.  Fh.  Stahl,  von  den 
ScIiultheiBsen  B.  Anthoni,  Caspar  Brendel,  J.  Wunder,  und  Johannes 
Conwert  (?),  sie  wurden  am  14.  Juni  1702  auf  gewöhnlichem  Märker- 
ding  dem  Anwaid  übergeben. 

Jedes  Märkerding  fast  sah  jetzt  neue  gravamina  vorlegen,  und 
die  betheiligten  Regierungen  beriethen  emsiger  welche  Schritte  zu 
thun  seien,  um  die  Herrschaft,  die  sie  &iT  sich  selbst  beanspruchten, 
nicht  durch  die  Willkühr  des  Waldpotten  beeinträchtigt  zu  sehen. 
Im  Jahre  1703  waren  es  12  gravamina  welche  die  Märker  aufs 
Weitläuftigste  zu  begründen  suchten.  Der  Oberste  Herr  und  Wald- 
bott  liess  Gregenwklärung  ausarbeiten,  und  gravamina  auch  seinerseits 
vorbringen.  Er  bemerkt : 

Des  Waldpotten  Jagdgerechtigkeit  sei  auf  Observanz  und 
Herkommen,  auch  auf  klaren  Vergleich  Amdirt,  auf  jedem  Märker- 
ding sei  das  Jagen  verboten  worden.  Diese  Gerechtigkeit  sei  mit 
der  Cession  und  Uebergab  Homburgs  an  den  Waldpotten  g^Lommen, 
müsse  also  vom  Hause  Hessen  mit  geschützt,  Eviction  geleistet  wer- 
den ;  es  befremde  ihn,  wer  die  gemeine  Mäi'ker  so  aufwiegeln  möge, 
dass  sie  nach  zwei-,  dreihundert  Jahren  sich  „nun  erst  unterstehen^' 
solche  praetensiones  vorzubringen  und  jus  et  possessionem  anzufechten. 
Ebenso  sei  die  Territorial-Jurisdiction  oberherrlich-  und  Grerechtig- 
keiten   in  der  Observanz  und  im  Hohen  Mark  Instrument  de  1484 


Landoommissarias  Job.  Hein.  Zincke  und  Joh.  Friedr.  Zincke  über  die  ,,in  ^^^ 
Wetterau  gelegene"  berühmte  Hohe  Mark  verfertigt  wurde,  auch  die  2 
Strassen  aafgezeichnet:  „gebÜck,  hecke  oder  Strasse"  anregelmässig  begrenzte 
Walddistricte,  einer  auf  dem  Wege  von  dem  Brendelsbasch  nach  der  Saalbarg,  unter- 
halb des  Fahrborns,  ein  s weiter  bei  dem  Elisabethenstein,  in  der  Gegend  des 
alten  Heegwaldes. 


—     438     — 

§.  2  klar  exprimirt  „dazu  alle  oonnexa  und  accesBoria*.  Was  nicht 
expreese  für  andere  vorbehalten  „sei  sub  genere  dnes  obersten  Herrn 
begrieffen^.  Diese  jura  und  regalia  seien  auch  durch  ein  zwischen 
Chur-Mainz  und  Hessen  am  Vi^  ^^^  1^^  aufgerichteten  Vergleich 
weiters  erläutert.  Auch  die  Hebung  des  Zolls  in  der  Hohen  Mark 
sei  nie  widersprochen  gewesen,  zu  dem  Ende  noch  vor  16  k  18 
Jahren  zwei  Zollstöcke  in  der  Hohen  Mark  gesetzet.  Wenn  auch 
darin  „excessus  durch  scheltworte,  Schlägerei ,  Todtschlag  oder  auf 
andere  Weise^'  yorgehe^  competire  obersten  Herrn  und  Waldpotten 
darin  Cognition^  decision  und  Bestrafung;  Execution  und  Einmahnung 
der  Strafen,  wie  aus  yerschiedenen  Bußsatztagen  zu  ersehen.  Es 
folgen  weiter  Entschuldigungen  über  den  Holzbedarf,  dass  er  zum 
Theil  Yon  den  Märkern,  zum  Theil  anderswoher  gekauft,  der  angeb- 
lich zugeftigte  Schaden  müsse  näher  erläutert  werden,  die  herrschaft- 
lichen Bedienten  würden]  „andern  Mälrkem"  durchgehend  gldchge^ 
stellt,  die  angebliche  Zerreissung  tragbarer  Eichbäume  könne  bis  zu 
besserer  Bescheinigung  nicht  geglaubt  werden.  Der  Oberste  Herr 
und  Walpott  verlange  dass  die  Landtgewehr  und  Markgrenzen  in 
richtigem  Stand  erhalten  werden,  dahero  auch  öfter  erinnert  das 
Umgehen  der  Mark  nicht  zu  trainiren.  Die  Ländwehr  von  Dom- 
holzhausen sei  ohne  sein  Wissen  eben  und  gleich  gemacht,  auf  seinen 
Befehl  auch  wieder  aufgericht  und  in  ebenen  Stand  gesetzt  worden; 
es  befremde  dass  man  diesen  Posten  dennoch  anregen  mögen  ^'. 
Wegen  Erweiterung  des  Caningesgartens  habe  Oberster  Herr  und 
Waldbott  „das  Vertrauen  auf  die  sämmtlichen  Märker  gesetzet,  dass 
sie  sich  hierin  von  selbst  begriffeu,  imd  dieserhalb  gegen  dero  Pläsir 
...nichts  weiter  entgegensetzen  werden'.  Suchen  auch  der  Mark  gar 
nichts  zu  entziehen,  ^sondern  selbiges  soll  vor  wie  nach  die  Quan- 
titet  eines  Markstücks  behalten'.  Der  Bezirk  sdi  nicht  der  Mühe 
werth  etwas  dagegen  einzuwenden,  da  obersten  Herrn  und  Wald- 
botten  mit  Benutzung  der  Mark  wohl  nicht  verwehret  werden  könne, 
noch  werde,  einen  solchen  Bezirk  mit  Palisaden  zu  verwahren.  Nie- 
mand könne  beibringen  dass  in  Betreff  der  Strassen  etwas  gegen  den 
VI  Art  der  Mark  instrumenti  prätendirt  werde,  es  stehe  Obersten 
Herrn  und  Waldbotten  frei  darin  zu  hauen,  auch  solches  noch  weiter 
durch  einen  Märkergedings  abscheidt  d.  a.  1547  erläutert  sei  (?)  den 
Märkem  stehe  auf  den  Strassen  der  Weidgang  und  Mästung  zu ;  man 


T'  Nach  der  Karte  von  Stampf  ist  Dornholzhausen  genau  in  der  Richtung 
und  auf  der  Landwehr  erbaut!!! 


—     439     — 

▼erlange  hierin  nichts  alleinig  2U  haben.  Dombolzhaosen  sei  im  In- 
fltrument  benennet,  höre  in  die  Mark,  sei  nnr  das  alte  wieder  aufge- 
baut Was  von  Ausmftrkerschweinen  angefbhrt,  solle  untersucht 
werden,  im  übrigen  aber  sie  Märker  sich  in  ihren  vermeintlichen 
gravaminibus  nunmehro  besser  begreiffen  und  sich  in  Buhe  begeben 
würden. 

Die  Märker  antworteten  in  einer  sehr  umfangreichen,  mit  latei- 
nischen Oitaten  aus  Stryk,  Zejler,  Speydel,  Klock  u.  A.  reichlich 
versehenen  Schrift,  heben  vor  Allem  die  Bedeutung  des  Instruments 
und  seiner  dauernden  Geltung  hervor,  gedenken  des  Widerspruchs 
den  die  Märker  den  Neuerungen  stets  entgegengesetzt,  dem  Verbot 
Hunde  in  den  Wald  mitzunehmen,  auf  der  Wolfsjagd  zu  treiben. 
Die  Nutzungen  der  Mark  stünden  den  Märkem  allein  zu,  auch  die 
Bollwerke  gehörten  diesen.  Der  Vertrag  mit  Churmainz  sei  nicht 
bekannt  gemacht  worden,  könne  die  Märker  nicht  binden.  Gegen 
die  ZoUstöcke  habe  man  inmier  protestirt,  es  sei  die  Antwort  gewesen 
dass  die  ZoUstöck  nur  der  Ausmärker  wegen  gesetzet  seiea,  der 
Croubergischen  und  anderer  Juden.  Es  folgt  eine  Ausführung  der 
vielen  Frevel  welche  Namens  und  im  Interesse  des  obersten  Wald- 
botten  statt  hätten,  der  Zerreissung  tragbarer  Eichstämme  zu  Brenn- 
holz, des  Eohlenbrennens  in  der  Mark  und  der  Errichtung  von  aller- 
lei Bauwerk.  Es  dürfe  in  der  Hohen  Mark  nur  Holz  gehauen 
werden  zu  nöthigen  Bauten  „wo  unter  Obdach  und  i^  das  Trockne 
konunen^^,  dahero.  s.  v.  Schweinställe,  Thor,  Pfosten,  Fallisaden, 
Kennel  und  dergleichen  aus  der  Mark  zu  hauen  verboten.  Es  sei 
aber  bekannt  dass  viel  tausend  Schuh  Eennel  zu  den  Salz  Soden, 
eine  grosse  Quantität  Fallisaden,  viel  Holz  zu  Mühlen,  Ziegel-  und 
Kalköfen  Homburgischerseits  gehauen  worden,  und  meist  im  Häge- 
wald'^.    Die  Landwehr  und  den  Beil^berg  eigenmächtig  denWalden- 


'«  Es  finden  sich  ans  den  Jahren  1679  bis  1704  Specification  der  Wald- 
frevel so  die  Homburg-Meyerey  knecbt  und  Frohndienst-Ieuth  in  der  Hohen 
Marck,  sonderlich  in  denen  Verbotenen  Hägwftlden  begangen ;  vielfaltig  wird 
angegeben,  wie  die  herrschaftlich  knecht  mit  dem  schädlichen  Eichen-Trsuden 
noch  nicht  nachlassen,  also  dass  aaf  vielen  Bäumen  kein  Ast  bleibe;  dass  sie 
beim  Holzholen  junge  Eichen  hauen ,  zn  hemmen ;  Eichenstämme  im  ,,principal 
Heegwald  dem  Rotblauf*  gehauen,  dass  sie  im  neuen  Hägewald  „so  denen 
Märckem  so  scharff  yerbotten  ist"  reidel  geholt ;  dass  der  Waldschreier  eben- 
daselbst Reisser  gelangt,  dass  er  Eichbäum  geschlagen,  dass  zum  Kalkoffen  im 
Jahr  1697  355  Karrn  Holz  verbrennt  worden,  dass  der  Vogelfänger  an  der 
Haardt  zwei  Olaaßbänme  zu  Brennholz  gehauen;  dass  im  Frühling  1698  ttber 
vierzig  Claoßbäam  für  die  Homborger  Herrschaft  anf  der  sogenannten  Straaßen 


_     440     —     * 

sem  eiiusuräumen  sei  nicht  erlaubt  gewesen,  ebenBOWenig  den 
CanincheBgarten  zu  erweitem;  die  Märker  möchten  dem  obent^i 
Herrn  Waldbotten  seine  Fläsir  und  Lust  gern  gönnen,  wenn  es  nur 
ohne  der  Mark  Schaden  geschehen  könne.  So  wenig  ,  man  sich 
sonsten  von  Seiten  des  Obristen  Herrn  Waldbottens  -an  das  alte 
Mark  Instrument  binden  lassen  wolle,  so  sehr  liabe  man  bei  An- 
bauung des  neuen  Dorfs  sich  dessen  zu  bedienen  gesucht  Ein  Dorf 
Dornholzhausen  sei  in  der  Hohen  Mark  mitberechtigt  gewesen,  aber 
über  Menschengedenken  gänzlich  eingegangen  und  gleichsam  abge- 
storben, so  dasB  es  weder  ein  eigen  Gericht  gehalten,  noch  in  dessen 
Namen  jemand  bei  dem  gewöhnlichen  Märkergeding  erschißnen,  noch 
auch  dasselbe  unter  andern  in  der  Mark  berechtigten  Flecken  abge- 
lesen worden.  So  sei  das  neu  erbaute  Dorf  Domhoizhausen  nicht  für 
einen  Markflecken  zu  halten,  umsoweniger  als  es  auf  einem  andern 
Orte  stehe,  und  von  ganz  fremden  Waldensern  bewohnet  werde; 
der  Herr  Waldbott  könne  nicht  ohne  Bath  der  Märker  ein  neues 
Dorf  mit  allen  Rechten  au&ehmen. 

Kurze  Zeit  darnach  bringen  die  Märker  zur  Anzeige  dass  die 
Homburgischen  bedienten  eine  neue  Majerei  oder  Viehhaus  mit  dazu 


gebauen  worden,  desgl.  5  Eichen  im  Rothlaaf  zam  Vogelheerd,  weiter  im  Jahr 
1699  die  Bau-  und  Yieh-hoffknecht  bei  10  Stamm  anf  der  Straaßen  gehauen; 
es  heisst  dabei :  die  Waldenser  im  üeaen  Heegwaldt  and  n&ohstgelegner  Orten 
baaen  nach  Belieben,  holtzen  und  thun  grossen  Schaden ;  vier  Eichen  Stamm' 
im  gehegten,  ontg  den  bergen  zu  einer  Wsldenser  Mfihl  gehauen ;  Herr  Obrisi 
Winther  zu  Frankfurt  25  Stück  Schwein  unter  denen  herrschaftlichen  Schweinen 
in  der  Marck  gehabt;  sodann  im  Jahr  1700  in  der  güldenseller  drei  Eiohen- 
stämm  zur  Pulvermühl  gehauen,  zu  Schindeln  in  diesem  Jahr  viel  baulicher 
Buchb&um  un  gehegten  gehauen  worden,  und  was  sich  nicht  gar 'wohl  darzu 
schickt,  bleibt  liegen ;  die  Waldenser  hauen  eigenes  Gefallens  im  neuen  Heegwald, 
treiben  Geißviehe  in  die  Marck,  so.  denen  Märekern  nicht  gestattet  wird.  Unter 
einer  langen  Reihe  von  Rügen  im  Jahre  1701  heisst  es  auch:  die  Stellmacher 
6  junge  Eichen  zum  Schlitten  gehauen ,  der  Stedter  Meyerey  HofPmann  im  ge- 
hegden  einen  grünen  Baum  für  den  Herrn  Wagner  gehauen ,  desgL  einen 
Stamm  für  den  Herrn  Glaßer.  Die  Waldenser  continuiren  in  der  Mark  auf 
discretion  zu  hauen  und  zu  weyden,  auch  zu  roden,  davon  die  Eichen  Stumpf 
so  noch  hie  und  da  stehen  den  Augenschein  geben.  Im  Jahr  17Q4  :  die  Bau- 
wagen. 8  Eichen-Stamm  ausgeführt,  so  auff  der  Güldenseller  durch  die  Hom- 
burger Soldaten  gehauen  worden;  Herrn  Marchals  knecht  6  Claiifib&am  am 
Lindeberg;  der  herrschafU.  Weingartamann  300  Trndem  im  neueu  Heegwaldt 
gehauen;  der  Stellmacher  8  Eichen. im  Brendeisbusch,  weitere  Beschädigungen 
kommen  vor  an  balthsen  hellgen  ,•  auf  dem  gebrauten  am  Graüßen  bäumgen, 
auff  der  Sang,  im  Schmidts  Wäldchen,  auf  der  Bromann  Onner,  bei  dem  Mühl- 
bom,  im  Hanß  Wagner  und  anderwärts;  endlich  wird  angeführt,  dass  tftglich 
2  Wagen  Holz  zur  Brennerei  ausgefCUurt  werden.  (Mglb.  £.  29.  V.  S.  182). 


—    u«    — 

erfordernder  stalliing  in  die  Hohe  Mark  auf  den  Poblgraben  ansa- 
lzen im  Werk  begriffen  seien.  Sie  protestiren  und  erinnern  dass 
der  Boden  der  Märker  rechtlich  Eigen  Bei. 

Veranche  der  Regierungen.  —  Bei  solchen  unablässigen 
Beschwerden  wurde  immer  mehr  die  Be80if;nis8  der  andern  Herr- 
schaften r^e^  dass  ihre  Unterthanen  und  auch  ihre  eigne  Begientng 
allsusehr  beeinträchtigt  werden  möchten.  Der  Frankfurter  Bath 
war  mit  Allem  was  geschehen  solle  einverstanden^  nur  extremen  Schrit* 
ten  war  er,  wol  im  Interesse  d^  Handelstadt  abhold.  Als  bei  der  Be- 
rathung  welche  im  Bept.  1704  zu  Ursel  statt  hatte,  yorgeschlagen  wurde, 
eine  würkliche  Jagd  in  vim  realis  contradictionis  einmal  vorsunehmen, 
waren  die  Frankfurter  Herrn  Gesandten  darauf  nicht  instruirt,  wol  aber 
möge  man  die  Replicirung  der  Märker  mit  einem  Schreiben  unterstütssen. 
Wen^e  Tage  darauf  bmchtete  Freiherr  von  Bettendorff  dass  der 
Anwald  den  churfürstlichen  Jäger  zu  Beiffenberg  wegen  eines  in  der 
Hohen  Mark  gefidken  Rehes  nach  Homburg  eingeftihret,  demselben 
sein' Rohr  abgenommen  und  ihn  in  Eissen  und  Banden  geschlossen. 
Wahrscheinlich  galt  dies  als  Antwort  des  energischen  Landgrafen 
Friedrich  auf  die  Schreibereien  der  Andern.  Auch  em  uralter  durch 
Stedten  ftUirender  Waldweg  wurde  jetzt .  den  Märkem  gesperrt, 
Aexte  und  Ketten  den  Uebertretem  abgenommen.  Auf  einem 
Marck  Oonvent  zu  Homburg  erklärten  die  beiden  Märkermeister, 
Christoph  Balthasar  Antoni  und  Johann  Adolph  Wunderer,  den  Mark- 
schultiieissen  der  Hauptflecken  (in  Abwesenheit  des  Herrn  Schul- 
theissen  von  Homburg)  dass  am  24  April  ein  in  der  Hohen  Mark 
gefundener  todter  Körpeir,  ohne  Anzeig  bei  den  Märkermeistem,  mit 
G-ewalt  durch  den  hochftarstL  Stadtschultheissen  und  einige  aus  dem 
Bath  zu  Houmburg  tLber  Stedten  dahin  abgeftkhrt  worden*  Gegen 
solches  Attentat  habe  man  namens  der  Märker  protestirt,  den  todten 
Körper  reclamirt,  oder  einen.  Revers  de  non  praefudicando  verlangt. 
Dem'  Notar  sei  ein  Revers  zugesagt  worden,  sofern  das  Requisitions- 
schreiben durch  die  eigenhändige  Unterschrift  beider  Märii:ermeister 
legitimirt  sein  sollte.  Nach  dreien  Tagen  sei  endlich  der  Notar  mit 
einem  eigenliändig  von  Sn  Durchlaucht  unterschriebnen  Schön  ab- 
geüertigt  worden.  Dies  sei  aber  kein  Revers  sondern  die  Ansetzung 
einer  Geldstrafe  gewesen,  wegen  des  kühnen  Untemdimens;  .sie 
hätten  es  dem  Notar  zurückgegeben,  es  wieder  hinzuliefem.  Da  nun 
Se.  DurchL  wenn  sie  in  solchen  ge&hrlichen  Unternehmungen  weiter 
fortfahre,  endlich  gradatiih  die  Märker  dero  Gerechtsamen  entsetzen 
würde,  möge  man  an  die  hohen  Herrschaften  sich  wenden,  ohne  deren 


—    4*2     — 

asfliBtenz  das  Nachtlieilige  zu  redreasiren  die  Märker  zu  schwach  und 
gering  seien.  Abschrift  des  hochfÜrstL  Erlasses  darauf  d.  1.  Mai  1709 
liegt  den  Akten  E.  29.  V.  S.  242)  abschriftlich  bei ;  es  heisst  darin : 
dass  durch  die  Proteatation  wider  das  kundbare  Herkommen^  auch 
die  d6m  Obristen  Herrn  und  Waldbotten  allein  zustehende  hohen 
Ober-  und  bottmfissig-  auch  herrlichkeit  be^träcbtiget^  „maßen  wir 
und  unsere  durchlauchtigste  Vorfahren  glor würdigsten  GedÄchtnias  in 
sothaner  hohen  Marck  alle  gebothe^  VerbottC;  Angriffe^  bestraffungen 
und  andere  zur  hohen  Obrigkeit  gehörende  actus  jederzeit  und  ohn 
widerspreoblich  weit  über  Menschen  Gedenken  geruhiglich  herge- 
bracht .  .  .  Damit  wir  aber  dergleichen  strafbares  und  widerrecht- 
liches beginnen  von  denen  Marckermeistem  nicht  mehr  auf  solche 
unzuISflsige  Art  gewärtig  sein  mögen,  so  werden  sie  .  •  •  hiermit 
jedweder  besonders  in  ftüiffzig  Beichsthaler  Straff  ohnnachläsnch  ab- 
zuftihreft,  condenmirty  womach  sie  sich  gehorsamst  zu  achten  wissen 
werden." 

Verhandlungen  der  H^rschaften  folgten ,  auch  Frankfurt  ver* 
spricht  einen  Abgeordneten  auf  das  nächste  Märckerding  zu  schicken. 
Am  10.  Juni  1710  hatten  sich  in  Oberursel  eingefunden  seitena 
Churmainz  Herr  von  Bitter,  Hofrath,  u.  Straub,  Bath  und  Beni- 
meister  zu  Eönigstein;  v.  Seiten  Haaau's  Bath  Wohlfahrt;  y.  S.  Solms 
Sartorius,    Canzleidirector  zu  Bödelheim;  v.  S.  Frankfarts  von  der 

_  •  __ 

Birgden,  Schöff  und  des  Baths,  und  Syndicus  Sondershaussen.  Sie 
versamil[ielten  sich  vor  Beginn  des  Märkerdings  auf  dem  Bathhaose, 
goneinschaftliche  Schritte  zu  besprechen  gegen  die  Attentate  des 
Obristen  Waldbotten.  Chur-Mainz  eröfinete  die  Sitzung,  Hanau  trug 
Bedenken  zu  wirklichen  Thätlichkeiten  zu  schreiten,  da  man  Hessen- 
Homburg  im  Hanauischen  Lande  nicht  beikommen  könnte,  die  Sadie 
nur  schlimmer  würde;  Solms-Bödelheim  meinte  die  im  Mark-Instm- 
m^it  fundirten  jura  sollten  einmal  exercirt  werden^  imUebrigen  aber 
sei  der  Weg  rechtens  der  sicherste  und  hinlänglichste.  Chur-Mainz 
befürchtete  dies  würde  in  eine  Langwierigkeit  ausschlagen,  grosse 
Spesen  erfordern,  ohne  noch  zur  Zeit  zu  wissen  wer  solche  tragen 
werde;  schlug  vor  die  Unterthanen  anzuhalten  keine  Klage  vor  dem 
Waldbotten  allein  zu  thun,  keine  Oitation  ohne  Vorwissen  der  Mark- 
meister anzunehmen ;  die  Frevel  nicht  mehr  auf  dem  Bussensatztage 
in  Homburg  sondern  vor  Ober-tJrsell  zu  thätigen,  den  Waldschreier 
auf  dergleichen  Betretungsfälle  mit  dem  Thurm  abzustraffen,  die 
bürgerlichen  Gefälle  des  Waldbotten  in  eines  jeden  Mitmärkers  ter- 
ritorio  zu  henmien,  und  feierlichst  zu  erklären  dass  man  sich  selbsten 
die  rechtliche  Satisfaotion  verschaffen  werde.  Zugleich  brachte  Chor- 


—     «3     - 

Mains  ein  Mittel  in  Vorschlags  auf  das  man  in  unseren  Tagen  Ton 
anderer  Seite  gekommen  ist,  dass  man  nämlich  die  Märkenneist^ 
wegen  deren  gegen  sie  ansgeübten  Pfändungen  indemnisire  und  sicher 
stelle ;  es  regte  endlich  einen  früheren  Plan  wieder  auf,  nämlich  einen 
Ji^d-actum  in  der  Hohen  Mark,  dem  alten  Weissthnmb  gemäss^ 
thim  zu  lassen.  Die  andern  Abgeordneten  stimmten  alle  g6gen  Thät* 
lichkeiten,  waren  aber  zur  feierlichen  Protestation  bereit,  such  snr 
Abhaltung  eines  Jagdactums;  es  solle  jede  Herrschaft  etliche  yon 
ihren  Jägern,  benebenst  jeiner  gewissen  Mannschaft  von  dei:  Land- 
miliz zur  Bedeckung,  auch  zum  Traben  etliche  Eintzlinge  Untw- 
thanen,  keine  so  fuhr  halten,  darzu  bestellen,  jedoch  in  beflissener 
stille. 

Diesemnach  begaben  sieh  Domini  deputati  um  10  Uhr  Vormit- 
tags tiieiis  zu  Pferd,  theik  in  Chaisen  auf  die  Aue  vor  Oberursell 
alwo  die  verabrabredete  Protestation  beiwesend  des  ganzen  Umb- 
Stands  /vieler  versambleter  Märker  g^en  den  Anwald  durch  den 
Churmainzischen  Herrn  deputatum  primaritim  communi  nomine  dn* 
gelegt  wnrde.  Nach  dem  Abschied  wurde  dann  noch  besprochen 
wer  die  Spesen  der  Entschädigung  der  Markmdster,  des  Protestes 
und  des  in  Aussicht  st^enden  Jagd-Actus  tragen  solle,  und  wurde 
allerseits  die  Abrede  dahin  genommen,  dass  solche  ad  interim  von 
den  Märkem  erhoben  und  gezahlet  werden  sollten,  spätere  Ver« 
glltnng  vorbehalten. 

Wie  im  Archiv  f.  Frfts.  Gesch.  u.  A.  IL  ö.  344  bereits  ange- 
führt worden,  so  hat  der  hessische  Anwald  gegen  die  Turbation 
des  Märkergedings  protestirt  und  seinerseits  ein  angebliches  Recht 
gewahrt,  die  Märker  entlassen.  Damit  daraus  kein  Schaden  für  die 
Mark  erwachse  liess  er  ein  Schreiben  ergehen,  untersagte  ^krafft 
habender  Hoheit  und  Herrlichkeit'  jedem  Märker  VerwQst-  und 
Boinirung  der  MarL  Unterzeichnet  ist  neben  dem  flirstL  Anwaldt 
Stttler,  auch  J.  H.  Stein  ^ftlrstl.  Heseen*Homburg«  Stadt  und  Marck- 
schultbeiß.'' 

Auf  den  1.  Oct.  1710  war  ein  weiteres  Mäi^ergeding  anberaumet 
worden;  der  vom  Frankfurter  Bath  dazu  abgeordnete  Andr.  Textor 
berichtet  darüber,  dass  vor  demselben  Verhandlungen  mit  dem  An- 
walt stattgeftmden,  welcher  als  expediens  vorgeschlagen,  die  herr- 
schaftlichen. Beamten  sollten  im  Kreis  erklären  dass  sie  nur  da  seien 
um  zu  hören,  welches  aber  nicht  angenommen  worden.  Beim  Mar- 
k^geding  habe  der  Anwalt  sogleich  gefri^,  was  die  Ausmärker 
und  Beamten  dabei  zu  thun  hätten?  Die  Beamten  erklärten  darauf 
dass  sie  dem  alten  Herkommen  gemäss  da  seien,  nm  ihrer  Hohen 


•  "^ 


444    

Herrschaften  und  derer  zur  Hohen  Hark  gehörigen  Oemeinen 
Märker  Interesse  zu  obserriren.  Es  erwiderte  der  Anwalt  die  Be- 
amten wären  keine  Märcker;  hätten  im  Kreis  nichts  zu  thnn,  könnt^i 
im  Fall  der  Noth  auch  ausser  dem  Kreis  mit  ihren  Leuten  reden. 
IKese  entgegneten  es  sei  allezeit  Herkommens  gewesen  dass  die 
Beamten  dem  Märkeigeding  bmwohnten;  als  des  Herrn  Ober-Wald- 
bottens  hochftLrstl.  Durchlaucht  erst  vor  wenigen  Jahren  das  Märker- 
geding  in  hoher  Person  selbst  gehäget^  habe  er  nicht  das  Geringste 
dagegen  eingewendet.  Der  Anwalt  führte  dagegen  an,  wie  anno 
1623  der  Amtschreiber  von  Königstein  abgewiesen  worden^  als  er 
zum  Markschluss  beigehen  wollen ;  aber  ein  Märkermeister  bemerkte 
wie  aus  dem  verlesenen  ProtocoU  klar  zu  ersehen  sei^  dass  der  an- 
geführte Markschreiber  zur  Session  wo  der  Anwaldt,  Märkermeister 
und  Markflchultbeissen  deren  5  Hauptflecken  zusammen  zu  sitzen 
pflegten^  sich  habe  nähern  wollen,  und  wäre  davon  we^ewiesen 
worden:  hier  sei  aber  nicht  von  einer  Session  sondern  von  einem 
Märkerding  die  Bede.  Darauf  habe  der  AnWald  die  Formeln  des 
Märkermeistereids  verlesen^  und  gerufen,  die  Herrn  Märkermeister 
handelten  gegen  ihre  Pflicht/  wenn  sie  zuliessen  dass  die  Beamten 
im  Greyss  stehen  möditen,  sie  wären  verbunden  die  Märker  und 
deren  Gerechtsame  gegen  alle  fremde  Herrschafken  zu  schützen. 
Diese  aber  hielten  fest  daran,  dass  die  Herrschaften,  wie  das  Instni- 
ment  bewiese,  keine  fremde  seien.  Nachdem  darauf  von  allen  Seiten 
wegen  dieser  angeUichen  tui^bation  protestirt  und  reprotestirt  war, 
ist  der  homburgische  Anwalt^  Rath  Stühler,  abermahlen  unverrichteter 
Sachen  davon  geritten,  so  dass  das  hochnöthige  Märkerdmg  sich 
wieder  zerschlagen. 

Eß  folgten  darauf  jämmerliche  Verhandlungen  über  das  Becht 
der  Herrschaf  ken.  beim  Märkeigeding  zu  erscheinen.  Chur«Mfldnz  blieb 
der  beständigen  Meinung  „eUstens  einen  Jagens  actum  dem  mitbe- 
liebten modum  nach,  vorzunehmen,  auch  solchen  mit  Waldhörnern 
und  Hunden  ciamoros  und  Esclatant  machen  zu  helffen.' 

Der  Waldbott  fuhr  fort  die  Märkermeister,  welche  das  Interesse 
der  Mark  za  wahren  suchten,  auf  alle  Weise  zu  bedrängen ;  sie  be- 
schweren sich  dass  sie  bei  einem  theidigungstag  in  Homburg  publice 
ziemlich  verächtlich  tractiret,  ja  wohl  gar  prostituiret  und  bedrohet 
worden,  da  doch  vielmehr  der  Christ  Waldbott  Terbunden  sei  die 
Iterkermeister  zu  handhaben,  zu  schauem  und  zu  schirmen.  Als  das 
Amt  Cronberg  den  Anwalt  und  beide  Märkermeister  schriftlich  zu 
einer  Gränzbegehung  invitiret,  habe  der  Anwalt  den  Märkerm^tern 
das  Original  zurückgehalten,  und  eine  mit  demselben  gar  nicht  über- 


-     U5     - 

einstimmende  Oopiam,  in  welcher  nicht  gemeldet  gewesen;  dass  anoh 
an  sie  die  Einladung  ergangen  sei,  commimiciret,  auch  die  M&rker 
beschieden^dass  sie  in  termino  des  Umzugs  an  der  CconbergerQränz 
erscheinen  sollten.  Die  Märkermeister  hätten  aber  die  Märker  ad 
locum  consuetum,  auf  die  Aue  vor  Ursell  beschieden;  wo  sie  auch 
erschienen  wären.  Als  der  Herr  Anwald  den  versammelten  Märkern 
seines  Herrn  Principalis  Interesse  au  den  Gronberger  Gränzen  zu 
observiren  anbefohlen.,  hätten  diese  ihr  an  der  Hohen  Mark  haben- 
des  Eigenthumsrecht  reserviret  und  sich  erkläret,  dass  sie  bei  bevor- 
stehender Gränzbegehung  ihi:e  Nothdurft  wohl  würden  zu- besorgen 
wissen. 

Auch  mit  den  Herrschaften  erhob  sich  nun  ein  offiener  Streit 
Diese  schickten  einen  Notar  und  zwei  Zeugen  nach  Homburg,  die 
Protestation  wegen  des  Märkergedings  zu  überbringen.'  Der  Anwalt 
liess  die  Zeugen  nicht  eintreten,  verlangte  dass  der  Notar  sein  Schrei- 
ben, welches  vorzulesen  nicht  gestattet  wurde,  wieder  mitnehmen 
solle,  dazu  eine  Protestation  welche  er  wegen  der  Hm*rs«haften  An- 
massungen  hiermit  wiederhole.  Der  kaiserl.  Notar  Moll  legte  darauf 
das  Instrument  nebst  dem  copeilichen  Requisitioqsschein  auf  einen 
Tisch,  es  wurde  ihm  aber  zweimal  von  dem  eingetretenen  Homburger 
Schulüieissen  wieder  unter  den  Arm  gesteckt,  so  dass  er  es  endlich 
auf  den  Boden  fallen  und  liegen  liess.  Der  Anwald  aber  liess  den 
Notar  durch  die  Schlosswacht  arretiren  bis  er  das  Instrument  wieder 
an  sich  nehmen  würde.  Auf  sein  Bitten  wurde  er  um  Mittagszeit  in 
das  Wirthshaus  zum  ggi^denen  Engel  von  einem  S<|ldaten  geleitet, 
allda  bewachet,  bis  ihm  von  einem  Notar,  welchen  der  Stadtachul- 
iheiss  und  der  Stadtwachtmeister  begleitete,  das  Instrament  und  ein 
Protest  überbracht  worden  war.  (Mglb.  E.  29.  V.  S.  307,  306.) 

Die  Herrschaften  setzten  in's  Werk  diejenigen  zu  entschädigen, 
welche  in  Ausübung  der  Mark  Interessen  durch  den  Obersten  Wald- 
bott  Noth  gelitten  hätten.  Es  liegt  eine  Spesenrechnung  bei  den 
Acten  (E.  29.  V.  S.  349) ;  sie  enthält  folgende  Posten  : 

a)  Specification  des  Herrn  Märckermeisters  Anthoni 

dessen  Schaden  an  Heu    und   Ohmathe  ent^  fl.   kr.  hl. 

haltend 114.  50.  — 

b)  Derselbe  an  andern  Auslagen  desshalb                .  62.  45.  — 

c)  Notarius  Moll  wegen  insinuirtem  Instrument  19.  34.  — 

Conferenz-Kosten : 

d)  bei  H.  Job.  Jac  Mösser  seel.  Wb.      .        «        .      90.  36.    3 

e)  ,,    Job.  W^them  dem  Babenwirth    •       %        .4.  28.  — ^ 


— •    446     — 

•     f)  bei  Henr.  Mann  Wirth  aum  Ochsen   .  9.  --*.  — 
g)    „     Casp.  Burckbarden^  Wirth  zum  Hirsch  8.  14  — 
h)  H.  Märokermstr.  Wanderer  an  Zehrang  and  Bo- 
tenlohn aosgetegt 5.  — .  — 

Summa    314.  27.    3 
Ferners  pro  hodierna  die 45.  33.  — 

fl.  350.  — .    3 

Specification  der  Märcker  und  waß  ein  Bauch  darin  hat,  frej 
nnd  ohnfrej;  nichts  ausgeschlossen : 

Churmainz:  Oberursel  220.  Bommersheim  76*  Stierstadt  51. 
Weisskirchen  36.  Callbach  48.  Harheim  82.  Eirtorf  72.  Hedemheim 
65  (auf  den  Rand  bemerkt:  56  Christen  und  35  Juden  seindt  in  He- 
demheim). Oberheckstadt  3. 

Gemeinschaftlich:  Reiffenberg  34.  Arnoldshain  35.  Schmitten  18. 

Hananisch :  Völbel  142.  Steinbach  47.  Ober-Eschbach  48.  Nie- 
der-Eschbach  67.  Massenbeim  36.  Abtahof  u.  die  Mtthl  za  Eschera- 
heim  je  1.  ; 

Gemeinschaftlich:  Praunheim  48. 

Solms-Rödelheim :  Niederursel  gemeinschaftl.  mit  Frankfiirt  59. 

Frankftirt:  Bonamoes  38.    Nider-Erlenbach  80,  Torckelweyl  48. 

Summa  1355  Märker.    Es  trägt  jedem  Märcker  15  kr.  2  hl. 

Hombarg^<dier  Seits  sachte  man  dag^en  alle  die  zu  er- 
leichtem, welche  von  Seiten  der  Herrschaften  bedrängt  wnrden. 
Wejgand  Kester  von  Nieder-Eschbaoh  hatte  sich  aof  der  Aue  vor 
Oberursel,  nachdem  das  Märkwgeding  au%etesst  worden,  beleidigend 
gegen  die  Herrschaften  geäussert,  war  desshalb  von  dem  Schultheis- 
sen  zu  Rodheim  gestraft,  wegen  der  Unkosten  war  Execution  heim- 
gelegt worden.  Der  Homborger  Anwalt  Stüler  drohte,  wofern  dem 
Märker  Kester  der  Exequirer  nicht  sofort  abgenommen  würde,  werde 
man  zu  andern  Mitteln  greifen,  erklärte,  er  würde  den  Kester  auf 
alle  ersinnliche  Weise  souteniren  und  ihm  zu  seiner  vollkommnen 
Satisfaction  sanmit  Unkosten  hinwider  verhelfen;  und  dies  unter  dem 
Prätext  ,,weilen  Wejgand  Kester  bei  dem  Märkergericht  zu  Ursel 
gesündigt,  folglich  seine  hochf.  Durchl.  allein  darüber  zu  cognosciren 
habe^^  Dieser  Erlass  wurde  in  Abschrift  auch  dem  Bestraften  durch 
den  Waldschreier  insinuirt,  mit  dem  Bedrohen  dass  er  bei  Verlust 
seines  Markrechtes  durchaas  sich  zu  nichts  verstehe,  wegen  dem 
Exequiren  nichts  ^ahle,  wogegen  ihm  „nach  Inhalt  des  Instruments 


—   w    ^ 

Se.  hochfttnil«  Diurohl.  aflen  Scbuts,  Schina  und  SchadkNihaltiiiig 
gnädigst  venichem  Iabbo'^ 

So  sah  08  dsBiunal  im  deutBchen  Beiche  ans;  ans  den  Akten 
würde  man  nicht  ersehen  dass  za  der  Zeit  nodi  dn  Kaiser  dage- 
wesen^ wenn  nicht  ein  jedes  notarielle  Instrument  ihn  nennte  und  alle 
Länder  aufführte,  welche  er  beherrscht.  In  trauriger  Weise  bewährte  sich 
das  alte  Sprüchwort:  dass  die  Völker  geschlagen  werden,  wenn  die 
Herrscher  streiten.  Während  der  churmainser  Beamte  den  betreffen- 
den Ortschaften  verbot  von  dem  Obristen  Waldbotten  allein  ergang- 
nea  Citaiionen  au  pariren,  beschwerte  sich  der  Homburgische  An- 
walt dass  die  Obrigkeiten  selbst  die  Unterthanoi  zum  obngehorsam 
verleiten.  Zum  Märkerding  Donnerstag  den  1.  Oci  1811  requirirte 
er  einen  Notar  um  fbr  den  Fall  dass  die  Gttte  nicht  Plats  greifen 
sollte,  gegen  die  Anwesenheit  der  Herrschaftsbeamten  zu  protestiren, 
dann  aber  das  Märkergeding  zu  hägen.  In  dem  von  dem  Notare 
verlesenen  Proteste  findet  nch  auch  die  Beschwerde:  dass  die  Aus- 
marker  -  Beamten  sich  unterstanden  die  gemeinen  Härker  gegen  den 
obersten  Herrn  und  Waldbotten  aufzuwickeln,  Geld  zu  erpressen, 
sie  mit  harten  Auflagen  zu  tribuliren;  |die  Märker  werden  angewie- 
sen ^sich  im  geringsten  nicht  zu  den  Geldpressuren  zu  verstehen, 
vielweniger  selbige  zu  erlegen,  so  lieb  ihnen  dieGhciade  des  obersten 
Herrn  und  Waldbotten  hochfürsü.  Durchl.,  und  Vermeidung  harter 
Bestrafung''  seL    (Mglb.  E.  29.  V.  S.  841—361.) 

Inzwischen  und  nach  diesem  hörten  aber  die  Bdästig^ngen  des 
gemönen  Märkers  nieht  auf.  Nach  dem  Bericht  des  Stadtschultheis- 
sen  zu  Ursell  war  der  Zollstock,  welcher  1683  an  die  Sirasse. in  die 
Hohe  Mark  jenseits  des  Stierstädter  See'«  angerichtet  worden ,  aber 
zorfaUen,  im  Jahre  1713  wieder  erneuert:  es  befand  sich  darauf  Name 
und  Wappen  samt  der  Unterschrift:  „allhier  giebt  man  Zoll";  die- 
jenigen welche  diesen  Stock  passiren  wollten,  hätten  zur  Entrichtung 
des  Zolls  auf  Stedten  bei  einer  Stunden  Wegs  oder  IVs  Stunden 
auf  Homburg  umzugehen  gehabt;  damit  sei  denen  hochfOrstl.  hessi- 
schen gesambt  Häusser  welche  an  dem  Weinzoll  gemeinschaftlicb 
participiren  das  jus  telonii  in  der  Hohen  Mark  eingeräumt  worden. 

Zu  dem  auf  den  22.  Mai  1731  ausgeschriebenen  Märkerding  und 
der  dazu  angestellten  Mahlzeit  hatte  der  Märkermeister  zu  Ursell 
ftknf  Märker  ausgeschickt,  herkömmlicher  Weise  Forellen  aus  der 
Mark,  worinnen  Se.  hochf.  Durchl.  bereits  emige  Tage  zuvor  hatte 
fischen  lassen,  zu  fangen.  Diese  Männer  wurden  mit  Gewalt  ergriffen, 
gefänglich  nach  Homburg  geführt,  und  gleich  den  ärgsten  Maleficaur 
ten  in  Ketten  und  Banden  geschlossen,  endlich  der  Märkermeister 


—   ♦*»   — 

gar  Vermtworiniig  geaogetu  Die  Heirscliafteii  sdncltten  wieder  einen 
kaigerlichen  Notar  mit  zweien  Zeugen  nach  Homboi^  bei  Sr.  DorcUL 
sn  protesüren.  Dieser ,  naobdem  er  TorgelaBaen  worden,  begann  mit 
Bchnldigstem  Bespeet  seinen  Auftrag  aaezuricbten,  wurde  aber  mit 
den  Worten  unterbrochen:  ^Wisset  ihr  nicht,  wo  mein  Anwalt  ist? 
was  hundert  sa^rement,  wollt  ihr  vor  mir,  in  meinem  Schloss  prote- 
stiren,  wollt  ihr  100  Frttgel  haben,  wie  der  andtt^e  Notarius".  Als 
nun  der  Notar  IsidoruB  Bauer,  so  berichtet  er  selbst,  seinen  Anfitrag 
auszuftahren ,  den  Pf otest  auf  einen  Tisch  gelegt ,  habe  Se.  Durch- 
laucht ihm  das  Spanisch  Bohr  aus  der  Hand  gerissen,  und  ihn  der- 
malen auf  Kopf,  Buckel  und  Arm  gesehlagen,  dass  das  Bohr  von 
eiusjider  gespalten,  auch  so  lange  fortgeCtdiren  bis  er  das  Instrument 
wieder  von  dem  Tisch  fortgenommen,  hernach  dem  dabeistehenden 
Läufer  und  andern  Anwesenden  zug^erufen,  auf  ihn,  den  Notar  und 
die  Zeugen,  zu  schilpen,  waa  dieser  mit  dem  dicken  Lauffer- stock 
auch  ohn  Unterlass  gethan,  auch  die  Wacht  augeloffen  „worauf  sie 
voller  Schlag,  Aengst  und  Schrecken  außer  dem  Schloß  flüchtig 
werden  müssen«.  (Mglb.  E.  29.  V.  372.  S.  401  ff.) 

Zu  jener  Zeit  galt  Mensch  und  Menschenwürde  nur  wenig  oder 
nichts;  and  nicht  viel  mehr  in  FraiÜLfurt,  wie  in  Homburg.  Darüber 
giebt  einen  Nachweis  und  Beleg  dieTheilung  des  gemeinscbafidiehen 
Fleckens  Niederursel  welche  im  Jahr  1714  zwisehtti  dem  Raih  der 
Stadt  Frankfurt  und  den  Orafen  Ludwig  und  Ludwig  Heinrich 
Gebrüder  au  Solmß  und  Fleckenburg,  Herrn  au  Mütizenberg  etc. 
vorgenommen  wurde.  Das  Dorf  wurde  getbeik  durch  die  lange 
Strasse;  „weilen  der  ober  Theil  etwas  schwftcher  ausfällt  an  Mann- 
schaft^' so  solle  Arnold  Pfleger,  Job.  Deehert  und  Ufaich  Hofmann 
aus  dem  untern  in  den  obem  Theil  sich  häuslich  niederlassen,  ihnen 
dazu  Gelegenheit  und  Holz  zum  Bauen  angewiesen  werden'.  Der 
Weg  durch  die  Spilles-  oder  Spielsgasse  und  durch  die  Bendergasse^ 
Särch,  Kirchhof  u.  s.  w.  blidlten  gemeinschaftlieh.  Es  folg^  in  der 
ThMhmgsui^unde  (Mglb.  E.  41)  eine  Specification  aller  Unterthanen 
eigen-  und  lehen-baren,  auch  steuerbaren  Güter,  dann  das  Notariats- 
instrument  über  die  Theilung  wie  sie  am  9.  JuU  erfolgte.  Bei  der 
Kirche  war  auf  dem  Solms'chen  Bauplatz  ein  Zelt  au%eschlagen ; 
nach  den  üblichen  Anredmi,  Besichtigung  der  Urkunden  u.  s.  w. 
wurde  die  Verloosung  vorgenommen,  die  Unterthanen  der  Pflichten 
entlassen,  und  wieder  in  absonderliche  Pflichten  genommen,  wie 
auch  die  Landmiliz  und  Leibeigne  gegen  einander  limittirt  und  über- 
geben. Syndieus  Qrth  erhielt  für  Frankfurt  die  obere  HäUte;  dies 
halte  in  Niederursel  an  Leibeignen  4  Männer,  6  Weiber,  9  Söhne 


—     4*9     — 

imd  7  Töchter^  Sobns  dagegen  besaAs  18  Mftnner;  29  Weiber^  48 
Sölme  und  36  Töefater^»;  bo  sali  rieh  Frankfurt  genöthigt  zur  Thei- 
Inng  Leibeigne  in  Frannheini;  Ossenheim  und  Petterweil  abzugeben^ 
um  den  Austausch  bewerkstelligen  zu  können.  EBerauf  wurden  die 
sftnuntlichen  Bürger  aufgerufen  und  abgezählt,  in  2  Beihen  gestellt, 
die  Solms'chen  rechts,  die  Frankfurter  links  nach  der  oberen  Seite 
zu,  ihr^  Pflichten  entlassen,  dem  neuen  Herrn  Übergeben,  die  Leib- 
eigne an  den  neuen  Herrn  „nebst  angehenkter  Gratulation  über- 
tragen'^,  darauf  die  absonderliche  Pflicht  und  neue  Huldigung  der 
Unterthanen  vorgenommen.  Diese  erhielten  je  2  Ohm  Bier  zum 
Huldigungstrunk,  die  Deputirten  aber  nachdem  sie  sich  an  der 
Gh*änze  aus  dem  possess  und  in  possess  gesetzt,  haben  eine  Mahlzeit 
unter  einem  Zelt  auf  der  Wiesen,  nach  Frankfurt  zu,  einge- 
nommen. 

Entsittlichung.  —  Wie  die  Hissbräuche  sich  steigerten,  so 
wuchs  die  Sittenlosigkeit  und  eine  abschreckende  Selbstsucht;  die 
Achtung  vor  dem  Gesetz  schwand  mehr  und  mehr;  Jeder  sorgte  nur 
ASr  sich  und  die  Seinen^  die  Klagen  verhallten  ungehört  oder  sie 
gaben  nur  Veranlassung  zu  neuen  Missbräucben  auch  auf  anderer 
Seite.  Die  abgelegeneren  Ortschaften  wiederholen  die  Beschwerden 
über  die  Quantitäten  Holz  welche  von  den  Homburgischen  Brenne- 
reien consumirt  würden,  die  Pächter  müssten  ihrerseits  ein  grosses 
Stück  Geld  an  die  Herrschaft  zahlen;  es  seien  in  einem  Jahr  über 
fl.  6000  Bügen  gemacht  worden,  aber  es  geschehe  keine  Verrech- 
nung; den  Gemieinden  werde  kein  Bauholz  mehr  verabfolgt;  viel 
Wald  sei  bereits  ausgerodet,  Wiesen  angelegt  und  verliehen,  Geld 
werde  dafür  nicht  verrechnet;  die  nahegelegenen  Mainzer  und  Hom- 
burger unterthanen  ruinirten  die  Mark  mit  Bind-  und  Scbafneh. 
Besonders  beschweren  sich  die  Niederurseler  dass  ihnen  verwehrt 
worden  Steigen  in  der  hohen  Mark  aufzuschlagen,  sie  sollten  ihre 
Schweine  in  den  beim  Walde  liegenden  Orten  unterbringen,  dort 
würden  sie  aber  nicht  aufgenommen.  Sie  bitten  den  Bath  um  Ab- 
hülfe; diesem  antwortet  der  Waldpott:  es  hätten  die  Urseller  grünes 
Holz  ftar  die  Hirtenhütte  geschlagen^  den  Wald  sträflich  devastirt, 
der  Märkerbescbluss  sei  gefasst  worden  die  deterioration  des  Waldes 


^9  Die  Leibeignen  waren  von  denselben  Namen  and  wol  auch  Familien  wie 
die  Freien,  darunter  Greiff,  Wentzel,  Ruppel,  Launhard,  Dechert,  Heimber« 
ger  etc. 

29 


—     440    — 

xa  verhinderiL  Auch  gegen  den  StadtsdraltheuseB  Dr.  Thonnet  bh 
Oberorsel  wurden  Klagen  wegen  Waldfrevel  erfaioben^  wie  gegen 
andere  Beamte.  Das  Landamt  stellte  Verhör  deahalb  an;  ea  eradnen 
der  Landhauptmann  Ktihn  von  BQ/aamen^  erklärte  auf  Befragen:  er 
wäre  jein  mitbeisitzeBder  MarkscholtlieMg  und  ^scbicke  flioh  alao  mt 
wohl  für  ihn,  wenn  er  aneh  gleich  einige  Fehler  wiaaen  aoUte,  daaa 
er  sich  hierinnen  heranalaaaen  sollte.  Es  könne  sein,  dass  einige 
derer  erregten  grayaminum  Grand  hätten,  doch  getrante  nnd  könnte 
er  nicht  solche  behaupten^.  So  entlassen  erschien  Scholtheiss  Bilgor 
von  Dortelweil,  Scholtheiss  Boch  ssu  Nieder  Erlenboich  nnd  Schak- 
heiss  Buppel  zu  Niedemrsel,  sagen  ans:  „sie  glaubten  wohl  daS  es 
nicht  in  allen  Stücken  gar  zu  richtig  herginge,  und  ließen  die  ihnen 
Yoi^elesene  gravamina  an  ihren  Ort  gestellt  sein,  sie  könnten  nicht 
alles  wissen  was  fürginge,  noch  auch  was  dies&lls  recht  und  un- 
recht sei". 

So  sprachen  im  Jahre  1736  die  Schultheissen  der  Hohen  Mari^! 
(Mglb.  E.  29.  VI.  S.  20  ff) 

Es  findet  sich  in  den  Akten  aus  dem  Jahre  1746  eine  Anfrage 
des  Landamts,  ob  den  Dörfern  Dörkelweil,  Nieder  -  Erlebach  und 
Niederursel  ^ihr  gewöhnlicher  Beitrag  zu  dem  Bonameser  Märker- 
geding'  zu  erlassen  sei.  Diese  Gemeinden  müssten  zu  ^/b,  ^/t  und  Vs 
wegen  des  alljährlich  zu  haltenden  Märkergedings  Mahlzeit  zu  Bona- 
mes  „concurriren^,  sie  seien  durch  Fouragirung  undi&ULrscbe  verannt 
und  im  betrübten  Stand,  so  dass  diese  Mahlzeitskosten,  welche 
gegen  100  fl.  betrügen,  nur  schwer  beizutreiben  seien.  Es  möchte 
den  armen  Gemeinden  vor  dieses  Jahr  citra  onmem  consequentiam 
yihre  sonsten  rechtliche  Schuldigkeit^  in  Gnaden  zu  erlassen  sein^. 
Vom  Jahr  1773  an  erfolgt  dann  regelmässig  der  Beschluss,  dasa 
dieses  Jahr,  citra  consequentiam,  die  sonst  gewöhnliche  Mahlzeit  ein- 
zustellen. Im  Jahre  1775  war  angefahrt  worden,  dass  der  aus  dem 
ganz  und  gar  ausgehauenen  Gehölze,  in  dem  man  yergeblick  Bäume 
suche,  entspringende  Nuteen  so  gering  sei,  dass  er  «n  dem  in  die«>r 
Markzehrung  erforderlichen  Aufwand  in  gar  keine  Vergleichung  ge- 
setzt werden  könne.  Es  wurde  aber  das  Gesuch  diesmal  abgeschla- 
gen. Auf  der  über  und  über  mit  Tinte  beschmutzen  Eingabe  findet 


^^  Es  erben  sich  Oesetz'  und  Rechte 

Wie  eine  ew'ii^e  Krankheit  fort; 
Sie  ttchleppen  von  Gesohlecht  sich  zum  Geschlechte, 
UdcI  rflcken  saoht  von  Ort  zu  Ort* 
Vernunft  wird  Unsinn,  Wohlthat  Plage.  — 


—    45<     — 

nch  aufgeschrieben:  dass  löbl.  Land-A.  Depntirten^  Tit  H.  Schöffen 
Stalbiii^  Jan«  „diese  piece  in  dieser  tranrigen  Gestalt  ad  Archivum 
geliefert^.  Das  macht  wenigstens  seinem  Hwzen  Ehre  I  Auf  S.  375 
nnd  684  findet  sich  noch  eine  Notis:  Wenn  die  Depnlarten  dem 
Mftrkergeding  beigewohnt^  war  es  üblich  geworden  in  der  retour  bei 
dem  Märkermeister  in  Bonames  zn  Mittag  zn  speisen^  die  Zehrangs- 
kosten wurden  von  den  Markdorfechaften  getragen;  sie  betragen 
anfangs  6  fl.^  dann  über  fi.  20,  endlich  waren  „die  sogenannte  Marker- 
gedings-zehrangskosten^  dergestalt  in  die  Höhe  gestiegen  ^  dass  die 
Frankfurter  Ortschaften  dafbr  über  fl.  100  zn  zahlen  hatten.  Sie  be- 
tragen hn  Jahre  1730  ft  87.  80;  1760  fl.  113;  1769  fl.  152; 
1771  fl.  182. 

Vergebens  wurde  versacht  solche  und  Ifchnliche  Missbr&uche  ab- 
anschaffen  oder  zu  mildern;  die  Mahlzeiten  sollten  bei  einem  ordent- 
lichen Oastwirtfae  gehalten  ^  keine  Fremde  nach  Gunst  zugezogen 
werden;  man  erwog  wie  der  Holzverbrauch  zu  verringern;  wie  die 
Markgelder  unter  sicheren  Verschluss  zu  legen;  von  Ursel,  weg;  an* 
derswo  in  Sicherheit  zu  bringen.  Alles  Vertrauen  war  geschwunden; 
em  ganzer  Fascikel  (Mglb.  E.  29.  Vn.)  befasst  sich  mit  den  Rech- 
nungs-  und  Gegenrechnungs  -  Irrungen  eines  Märkenneisters ;  die 
Schultheissen  erklSrtm  vor  dem  Landamte  dass  die  Waldtäge  nicht 
«ingehalten;  wie  die  mehrsten  Obermftrker  manchen  Waldtag  2  bis 
3  mal  in  den  Wald  ftahreu;  das  beste  und  schönste  Holz  nied^hiebeU; 
wie  die  grossen  Hermhöfe  und  die  reichen  Märker  Eichen-  und 
Buchbäume  holten;  die  Armen  aber;  die  Einläuftigen  so  kein  Ge- 
schirr hätten;  verkürzet  seien;  die  Waldförster  wurden  mit  grossen 
Geschenken  bestochen.  (Mglb.  E.  29.  VL  S.  60.)  Conferenzen  wurden 
veranstaltet  und  man  Hess  Hanauischerseits  die  Diäten  dazu  mittelst 
Anlegung  eines  Arrestes  auf  die  WaldrOgen  bei  dem  Markschultheis- 
sen  bezahlen;  Frankfurterseits fand  maU;  die  Billigkeit  erfordere  dass 
die  beiden  hiesigen  Herrn  D^utati  ebenfalls  ezemplo  der  andern; 
jedoch  beide  nur  fbr  einen ;  die  Diäten  gemessen.  Es  wurden  fl.  78 
daftbr  berechnet  Die  Bügen  sollten  eingetrieben,  einstweilen  auf  dem 
Landamte  hinterlegt  werden.  Hierttber  neue  Verhandlungen  und 
weitere  Diäten. 

Was  der  Anwald  befahl ;  verboten  die  Herrschaften;  was  der 
Anwfdd  und  die  Homburgischen  frevelten;  dem  wollten  nun  die 
Märker  nicht  nachstehen.  Die  MärkermeiBter  erschienen  nicht  auf 
dem  Märkergeding  am  21.  Oct.  1748  weil  es  ihnen  nicht  notifidret 
worden;  die  Schulthebsen  widersetzten  sich  der  Abhaltung  des  Tags. 

Ein  Mark-Convent  wurde  darauf  ohne  Homburg  berufen  um  dem 

29* 


—     452     — 

gemein  Mann  noch  jedem  2  Wagen,  soTiel  ICärker  als  süea,  ange- 
deihenzn lassen;  nnd  weilen  sicli  die Homburgisohen  hemchafilichen 
Bedienten  angemasset  120  E^lafter  Buchenholz  niederxnhanen,  als 
solle  von  Seiten  der  Hohen  Mark  gleichfalls  einem  jeden  Märker 
ein  Wagen  ansgetheilet  werden.  Gleich  darnach  findet  sich  ein  Er* 
lass  des  Landamts  an  die  Frankfurter  Schultheissen,  bei  dem  Mftrker- 
geding  am  22.  Oct.  1748  nicht  zn  erscheinen  „erheblicher  Ursachen 
halber".  Der  fürstliche  Anwalt  seinerseits  erliess  eine  Wdsnng  an 
die  Markschultheissen  „sich  an  keine  eigenmächtigen  Verordnungen 
derer  Herrn  Markermeister  zu  kehren".  Der  Märkermdster  Mergent- 
heim zu  Vilbel  aber  sandte  ein  Promemoria  umher  „daß  man  den 
anmaßlichen  Neuerungen  ersagtem  Herrn  Obrist  Waldbotten  und 
deren  Anwalt  keine  Folge  leisten*,  auf  einseitige  Gitation  nicht  er- 
scheinen solle,  wenn  nicht  vorher  von  den  Märkermeistem  nomine 
der  Mark  mit  concertirt  worden.  Auf  einer  anno  1748  gehaltenen 
Markconferenz  der  Hohen  Mark  Mitherrschaften  wurde  dann  nodi 
beliebet  und  der  vielen  Diäten  und  Unkosten  halber  vereinbart^  daas 
die  ßügen  nicht  mehr  an  die  Märkermeister,  sondern  an  jeden  Dorf- 
schultheissen  abgegeben  und  bei  Amt  deponirt  werden  sollten.  So 
wurde  von  allen  Seiten  willkllhrlich  in  das  alte  Recht  eingegriffen 
aber  stets  ausdrücklich  versichert,  dass  dies  nicht  geschehe  die  alte 
Markverfassung  aufzuheben,  sondern  blosserdings  wegen  des  eingeris- 
senen höchst  verderblichen  Haushalts  ,als  welcher  nicht  remedirt 
werden  wollen". 

Es  begann  allmählig  eine  verzweifelnde  Stimmung  der  Gemü- 
ther sich  zu  bemächtigen,  jeder  suchte  fllr  sich  aus  dem  wenigen 
Uebrigen  noch  etw.as  zu  retten.  Es  findet  sich  aus  dem  Jahre  1747 
ein  promemoria  über  das  befindliche  Holz  in  der  Hohen  Mark 
Waldungen,  darin  hdbst  es  unter  anderem:  der  vordere  Ohrenberg 
so  kahl.  .  .  .  der  kleine  Bettstein  hat  jung  Buchen  Baidel,  .  .  .  der 
Lantzenboden,  der  Eymersberg,  Mallmenstein  hat  junges  Geheck; 
derHirtzberg  etwelche  Dannen,  der  Bleibeskopf  noch  einige  Eichen- 
stümpf.  Am  besten  wäre  noch  der  Hegwald  auff  der  Strassen  bestellt, 
darinne  befänden  sich  noch  etwelche  altei  Buchenbäume;  wäre  billig 
dass  nicht  auch  das  andere  Holz  noch  von  einem  H.  Waldbott 
für  sich  private  missbraucht  würde.  Auf  dem  Lindenberg,  in  der 
Goldgrub,  am  Sinnesblacken,  im  alten  Hegwald,  Pferdskopf,  an  den 
Haidengräben  fanden  sich  wol  keine  100  Wagen  dürre  Eichenstümpf 
übrig.  Es  würde  nützlich  sein  die  doch  von  einem  Waldbotten 
schlecht  gehaltne  Heege  an  der  Strassen  für  die  Märker  aufisnthun. 


—     453     — 

Die  SellNrtyerwaltang  der  Markgenossen  hatte  ganz  aufgehört 
Am  31.  Mai  1756  wurde  bei  Bath  beBchlossen,  das»  der  Landmann 
jederzeit  das  Mfirkerding  besuche,  der  Markschultheiss  wegen  der 
Busfttäge  berichte.  Ein  ProtocoU  des  Landamts  vom  4  Juni  1756 
zeigt  wie  dies  geschah.  Landeshauptmann  Kühn  liess  sich  wegen  Ab- 
wesenheit entschuldigen,  Philipp  Greiff  von  Niederursel  zeigt  an, 
dass  der  Schultheiss  Büppel  ^anderer  Geschäfte  wegen''  anheute  bei 
Amte  nicht  erscheinen  könne;  die  rückständigen  BUg^elder  beizu- 
treiben sei  derselbe  nicht  im  Stande.  Der  Schultheiss  von  Nieder- 
Erlenbach  schützte  Unpässlichkeit  vor.  Der  Schultheiss  Bilger  von 
Dorckelweil  wollte  nächstens  die  ünterthanen  j^zu  gelebigen  ihrer 
Schuldigkeit  anweisen^,  Gelder  habe  er  nicht  hinter  sich.  Schultheiss 
Holzmann,  von  Bonames  hat  die  Bügenzettel  bereits  übergeben,  auch 
etliche  fl.  40  in  Händen,  aber  noch  Diäten  an  die  Mark  zu  fordern, 
so  wolle  er  solche  gegen  auszustellende  Quittung  in  Händen 
behalten. 

Wie  die  Märker  den  Haushalt  in  der  Mark  ansahen  und  beur- 
theilten  das  ergiebt  sich  am  deutlichsten  aus  den  Untersuchungs- 
acten  gegen  die  Stierstadter  d.  a.  1765.  (Mglb.  E.  29.  VI.  S.  479.) 
Die  Markförster  Lissing  und  Kissel  hatten  sich  mit  dem  Waldschreier 
Einicke  von  Oberstedten  nach  Stierstadt  begeben  um  auszukund- 
schaften wohin  einige  gefrevelte  Eichstämme  gebracht  worden.  Da 
die  drei  Männer  den  Schultheissen  nicht  zu  Hause  antrafen,  wiess 
dessen  Frau  einen  Märker  an,  dieselben  nach  Georg  Sulzbachers 
Hause  zu  führen,  wohin  angeblich  die  Stämme  gebracht  worden. 
Der  Märker  Spiessmann  J.  Aumüller  weigerte  sich  sie  dahin  zu  be- 
gleiten, er  wolle  sich  keine  Feinde  machen.  Auf  der  Strasse  trafen 
sie  eine  grosse  Anzahl  Stierstadter,  welche  auf  sie  eindrangen  und  mit 
Heugabeln,  Schippen  und  Prügel  losschlugen.  Schwer  verletzt,  mit 
gebrochnem  Arm  und  Bippe  gelang  es  ihnen  nach  des  Schultheissen 
Haus  zu  flüchten,  wo  die  Schultheissin  auf  alle  Weise  Misshandlungen 
zu  verhüten  suchte.  Sie  drohte  zuletzt,  man  solle  Buhe  halten,  es 
gäbe  Schantzarbeit  Es  gelang  aber  weder  ihr,  noch  zweien  Husaren 
welche  von  Oberursel  desshalb  abgeschickt  worden,  die  Wüthenden 
zu  besänftigen.  Auf  der  Flucht  noch  wurden  die  Förster  bei  den 
Haaren  ergriffen,  zu  Boden  gerissen,  mit  Stössen  und  Tritten  auf's 
gräulichste  zugerichtet.  Die  Husaren  Schlewitz  und  Harff  sagten 
später  aus,  dasa  der  eine  Angreifer,  dem  aus  Bosheit  der  Schaum 
am  Munde  gestanden,  als  er  des  Lissing  wieder  ansichtig  worden, 
ihm  mit  der  Faust  in's  G^cht  geschlagen  und  ausgerufen:  „bist  du 
da,  SpitabubP  Tis  sei  in  dem  Getümmel  den  Husaren  der  Pehs  vom 


—     »54     — 

Leibe  abgeriBsen  worden;  groBs  und  klein ^  Mann  und  WabBleath, 
sogar  die  kleinen  Buben  wären  zuMnmengerottet  nnd  anfrülurertach 
gewesen;  nnd  wenn  sie,  die  Unsaren,  nicht  gekommen^  w&ren  die 
Förster  doch  noch  todt  geschmissen  worden. 

Es  wird  dies  alles  hier  mitgefheilt;  nicht  damit  daraus  ersehen 
werde  dass  auch  in  der  Hohen  Mark  zuweilen  Schlägereien  stattge- 
funden; sondern  damit  aus  dem  gewaltsamen^  leidenschafUichen 
Ausbruche  auf  die  tief  eingewurzelte  ^  lang  genährte  Erbitterung 
geschlossen  werden  könne. 

Auch  von  dem  Waldschreier  wurde  ausgesagt  dass  er  misshan- 
delt worden ;  spottweise  habe  man  ihn  bald  geküsst,  bald  an  der 
Barrick  gezopft.  Er  hat  gleich  anfangs  die  Worte  gehört:  „Was 
sucht  ihr  hier,  ihr  Spitzbuben!"  Während  des  Tumults  habe  Alles 
geschrieen:  j^Schlagt  die  Hunde,  die  Spitzbuben  todt!"  In  desSchult- 
heissen  Haus  hörte  der  Waldschreier  gegen  lissing  ausrufen:  „Siehe 
Spitzbub;  du  Hund;  es  wäre  kein  Wunder  ich  stiesse  dir  das  Messer 
in  Leib  hinein  I"  Und  später  als  er  von  den  Bauern  gezwungen  wor- 
den mit  ihnen  Branntwein  zu  trinken,  habe  bald  der  einC;  bald  der 
lindere  zu  ihm  gesagt:  „Bist  du  nicht  ein  Spitzbub,  seynd  nicht 
auch  die  Märkermejster  Spitzbuben?  gelt  du  bist  ein  Spitzbub?" 

Die  Begierungen  dachten  nicht  daran  die  tiefer  liegende  Veran- 
lassung solcher  Scenen  aufzusuchen  und  kräftig  aus  dem  Wege  zu 
räumen,  sie  fanden  „daß  dieses  grobe  Yergehen  nicht  ohngestrafl 
bleiben  könne,  wo  nicht  das  ganze  Markwesen  in  grollte  Confiision 
gerathen  soUe^.    Die  Confusion  war  aber  bereits  längst  da. 

In  den  Akten  Mglb.  E.  31  befinden  sich  eine  Anzahl  abschrifUicher 
Urkunden,  darunter  auch  ein  Chur  Mainzer  Begierungsschrriben  d.  d. 
Mainz  16.  Mai  1765,  die  Stierstadter  Gewaltthätigkeiten  betreffend.  Das- 
selbe besagt:  Man  habe  aus  denUntersuchungsprotocoUen  ersehen,  wie 
die  eines  nächtlichen  Waldfrevels  wegen  abgeschickten  Förster  und 
Waldschreier  liesing  und  Kiesel,  von  mehreren  zusammengerotteten 
Burschen  . .  dergestalten  misshandelt  worden,  dass  solche  viele  Kopf- 
wunden nnd  Armbrüche  erlitten  haben.  „Nachdem  solche  schwere 
Thätlicbkeiten  auf  das  schärfste  zu  ahnden  sind,  als  hättet  ihr  die 
beiden  Bädelsfllhrer  Henrich  Glock  und  Johannes  Snlzbach,  nach- 
dem Ihr  diesen  beiden  vorher  in  loco  Stierstadt  eine  ihrer  Leibes 
Constitution  proportionirte  Tracht  Schläge  öffentlich  habet  geben  las- 
sen, zu  Verrichtung  einer  jährlichen  ohnabbittUchen  Schantzenstraf, 
dahingegen  den  Henrich  Schreiber  zur  halbjährigen  Schantzenarb^, 
nnd   den   Waltiber  Sidzbach  auf  vier  Wochen   laoig  in   dahiesiges 


—     455     — 

ZachthauB  an  £">'.  Gtowaltsbotten  wohlverwarter  einKefern  zu  UMsen^  . . 
Es  sei  nöthig  „zu  Aufrechthaltiiiig  des  gemeinen  Buhestandes  und 
der  nSthigen  Subordination  deren  Untei^benen  gegen  ihre  Vorge- 
setste';  dass  keiner  der  betheiligten  Pursche  ^ohngestraft  davon 
kommen  möge",  .  .  anch  hftttet  Ihr  den  Heinrich  Anmüller  ^als 
wdcher  damak  den  Dorfspieß  getragen  gehabt,  wegen  dessen  dabei 
bezeigter  Widerspenstigkeit  14  Tage  lang,  nnd  zwar  des  andern 
Tags  bei  Wasser  nnd  Bröd  zu  seiner  künftigen  Warnung  einzu- 
thürmen".  Wegen  der  Privatsatisfaction  sei  noch  Verzeicbniss  der 
Cur  und  anderen  Kosten  zu  verfertigen,  auch  die  vulneratos  zu  ver- 
nehmen, wieviel  sie  fOr  ihre  erlittenen  Schmerzen  zu  fordern  ge- 
dächten, mittlerweile  aber  deren  Thätem  samtfiches  Vermögen  in 
Beschlag  zu  nehmen,  .  .  demnächst  aber  das  abzuhaltende  Protocoll 
zur  weiteren  VerAigung  einzuschicken. 

Solche  Bcenen  mögen  doch  mitgewirkt  haben,  dass  die  Begie- 
rungen  endlich  daran  dachten  eine  Theilung  der  Mark  zu  bewerk- 
stdligen«  Der  Frankfurter  Bath  sprach  um  diese  Zeit  die  Beftirch« 
tung  aus  dass  bei  so  fortgehenden  Verhältnissen  die  Mark  in  wenig 
Jahren  von  Holz  entblösst  und  zu  einer  leeren  Haide  gemacht  sein 
würde.  Von  Seiten  Hanau's  wurde  betont  dass  es  an  guten  alten  und 
neuen  Verordnungen  nicht  fehle,  dass  aber  der  Effect  von  sothanen 
Ordnungen  von  Seiten  Hessen-Homburg  nicht  nur  guten  Theils  behindert 
werde,  sondern  auch  von  daher  Selbsten  grosse  Eingriffe  geschehen. 
Conferenzen  wurden  in  Aussicht  gestellt,  von  Frankfurt  und  Hanau 
auch  betrieben,  von  Mainz  aber,  dessen  Dörfer  den  Markwaldungen 
näher  und  günstiger  gelegen,  wenig  imterstützt.  „Seit  ich  letzt  die 
Ehre  gehabt',  schreibt  der  Urseler  Amtmann  Thonet,  „Ew.  Wohl- 
geboren aufzuwarten  bin  von  Mainz  in's  Bhingau  bis  dato  herumr 
spaziert,  und  dadurch  aui^r  Stand  blieben  die  .  .  Antwort  •  .  ver- 
sprochener ma^n  einzuschicken;  aus  d^  .  .  .  ausgeschriebenen Con- 
ferenz  dörfifle  wohl,  wenigstens  sobald,  nichts  werden,  womit  ver- 
bleibe etc.'  (Mglb.  E.  29.  VI.  70.)  Der  Bath  hatte  schon  im  Jahr 
1747  den  ^Deputirten  zur  Conferenz  in  Sachen  die  Hohe  Mark  be- 
treffend, den  Herrn  Schöffen  Joh.  Georg  Schweitzer,  Edlen  Herrn 
von  Widerhold  nnd  Joh.  Jac.  Lucius,  seinem  Consulenten  und  Sjn- 
dicus,  vollkommne  Macht  und  Oewalt  gegeben,  das  Nöthige  zu  ver- 
handeln. Homburg  zeigte  an,  dass  wegen  Chur  Mainz  ein  Aufschub 
statt  finden  müsste.  Es  komme  jetzt  vorzüglich  auf  die  Frage  an: 
wie,  wo  und  welchergestalt  künftig  in  der  Mark  zu  beholzigen  wäre, 
ein  Augenschein  sei  zu  veranstalten.  Der  Bath  Hess  die  Markschult- 
heissen  vernehmen,  ob  und  wie  eine  Theilung  der  Mark  zweckmässig 


—     466     — 

sei?    Er  hört  nur  wieder  die  alten;  bekannten  Klagen.    Eine  Thei- 
lung  sei  nm  jeden  Preis  wünscfaenswerth. 

Die  Verhandlungen  über  die  Marktheilung  dauern  nun  über  ein 
halbes  Jahrhundert ,  sie  füllen  eine  ganse  Beihe  von  dicken  Folian- 
ten; sie  werden  ausschliesslich  zwischen  den  Regierungen  welche  die 
Interessen  ihrer  Dorfschaften  vertreten,  und  den  Beamten  des  ober- 
sten Waldbotten  gef%Lhrt;  die  Markgenossenschaft  wurde  nur  zuletzt 
der  Genehmigung  wegen   ang^angen®^. 

• 

Die  Wahl  der  Beamten,  namentlich  der  Märkermeister  war  ganz  den 
Begierungen  anheimgefallen,  diese  suchten  sich  über  die  Wahlen  bestens 
zu  verständigen,  das  eigne  Interesse  dabei  zu  wahren.  Auf  dem  Märker- 
geding  von  1 759  sollte  die  Wahl  emes  Mttrkermeisters  an  des  Baths  Thonet 


81  Weit  kräftiger  als  in  DentschlaDd  hatte  in  der  Schweiz  der  Sinn  fOr  das 
Recht  sich  erhalten.  Aeholich  wie  in  der  Hohen  Mark  war  noch  nm  die  Mitte 
des  vorigen  Jahrhunderts,  bis  zum  Jahr  17d6,  das  ganae  Land  Toggenbnrg  ein 
ökonomisches  nnd  politisches  Gemeinwesen,  mit  gleichen  Rechten,  Pflichteni 
Nntznngen.  Gewisse  Corporationen  oder  Private  besassen  wol  privatrechtlich 
erworbene  Küh-  oder  Atzungsrechte«  aber  die  Voralpen,  nnbestossene  Alpen 
worden  gemeinschaftlich  benutzt.  Auch  die  Holznntznng  wsr  eine  allgemeine. 
Dies  Nutzungsrecht  fiel  auch  hier  znnlichst  den  Anwohnern  zu,  die  Entfernten 
erhielten  nichts  oder  wenig ;  die  Waldungen  wurden  von  den  oberen  Toggen* 
burgern  gelichtet,  der  gemeinschaftliche  Boden  von  diesen  bebaut.  Die  unteren 
Toggenbnrger  ergriffen  zuerst  die  Gelegenheit  der  neu  zu  errichtenden  Land- 
strassen, sie  wollten  Geld  auf  die  gemeinschaftlichen  Voralpen  aufnehmen,  da- 
von Strassen  bauen;  dann  aber  verlangten  sie  Abtheünng,  da  ihr  Recht  andern 
Gemeineigen  thum  illusorisch  geworden.  Die  oberen  Toggenbnrger  bestritten 
dass  dies  eine  Rechtsangelegenheit  sei,  es  sei  Landes-  oder  Gemeindsaugelegeo- 
heit,  der  Landrath,  nicht  der  Richter  habe  über  die  Nutzungen  zu  entscheiden. 
Die  unteren,  katholischen  Toggenbnrger  wandten  sich  aber  „in  dieser  pur  ei- 
vilen  Interessesache''  an  den  Ftirst-Abt.  Dieser  suchte,  wie  der  Waldpott  in 
der  Hohen  Mark,  seinen  Einfluss  zur  Geltung  zu  bringen,  erklarte  dass  er  Nie- 
manden, der  Recht  suche,  solches  abschlagen  könne.  Der  Gerichtstag  wurde 
zu  Schwarzenbach  unter  dem  Vorsitze  des  Fttrst-Abts  gehalten.  Die  oberen 
Toggenbnrger  sagen,  es  sei  dies  Gemeindesache,  in  welcher  Jeder  einzelne 
Toggenbnrger  seine  Stimme  absugeben  habe.  Die  unteren  aber  verlangen 
Entscheid  tlber  Mein  und  Dein,  es  liege  eine  Civilsaohe  vor,  welche  den  Land* 
rath  nicht  berühre,  ein  Anliegen  des  Interesse  und  Eigenthums;  der  Landes- 
herr habe  Entscheidung  und  Fürsorge  für  die  Untergebenen.  Die  Theilung 
wurde  verfügt,  und  zwar  nach  Proportion  der  Mannschaft;  jede  Gemeinde 
erhielt  eignes  Oorporationsgnt.  —  Vergl«  das  Land  Toggenburg  oad  sein 
Landesallmeinden  Redamationsprocess.  St.  Gallen  1845.  Zu  bemerken  ist  hier- 
bei dass  in  einzelnen  Districten  des  Toggenburgs  Freizügigkeit  galt.  Die 
Landleute  von  Uster,  Gasser  und  Wallenstadt  konnten  aus  Stadt  in  Land 
ziehen,  und  umgekehrt.  —  Zu  vergl.  noch:  .die  Rechte  der  Gemeinde  Kappel 
auf  die  Allmeinden  Steinthal  und  Brandholz''.  St.  Gallen  1847. 


—     457     — 

Bielle  vorgenommen  werden.  Hombnrg  ist  dafür,  es  möge  variirt, 
nicht  immer  ans  denselben  Orten  die  Märkermeister  genommen  wer- 
den. Die  freie  Wahl  dürfe  nicht  bedntr&chtigt  werden,  wurde  ent- 
gegnet, und  wieder  von  Oberursel  der  Stadtschreiber  Messer  ge- 
wählt Zu  den  Wahlen  von  1763  finden  sich  empfdilende  Schreiben 
der  Begierungen ,  Frankfurt  stimmt  fbr  PhiL  Carl  Bauer  von  Eysen- 
eek  zu  Bonames;  Wältbott  Bassenheim  empfielt  seinen  Bentmeister 
Bauer;  Hanau  verwendet  sich  ftür  He^berenter  Henning  zu  Ober« 
Eschbach;  Chur  Münz  für  Joh.  Holzmann  zu  Bonames,  Landhaupt- 
monn  Im  Mai  1767  wurde  berichtet,  der  Stadtsehulth^ss  zu  Ober» 
ursel  Vitus  Franz  Bauer  sei  ^aus  besonders  bewegenden  Ursachen' 
seiner  Diensten  entlassen  worden.  Chur  Mainz  emp&hl  nun  den  der« 
maUgen  Schultheissen  Montmorenci  als  Murkmeister,  weil  ^nicht 
schicksam'  dass  ersterer  als  Markmeister  beibehalten  werde.  Der 
Graf  Waldbott  Bassenheim,  Cammergerichtsprftsident,  bringt  wieder 
die  Theflung  der  Mark  in  Anregung,  schlägt  vor  die  Wahlen  aus- 
zusetzen. Die  Wahl  sei  jedesmal  wider  Vermuthen  so  gerathen,  dass 
die  Markbedienten  von  dem  Waldwesen  keine  Eenntniss  gehabt; 
sie  hätten  den  Meister  gespielt  und  ihren  guten  Vortheil  gewahret 
(Mglb.  E.  29.  VI.  S.  518  ff.)  Derselbe  schreibt  später  noch  ans 
Wetzlar,  21.  März  1775,  beschwert  sich  über  die  Eigenntttzigkeit 
der  beiden  Märkermeister,  deren  jeder  allein  für  sich  handle  ^  die 
gröBsten  Unordnungen  erlaube,  einer  Gemeinde  die  strafbarsten 
Handlungen  nachsehe,  einer  andern,  wenn  sie  auch  nur  aus  Irrthum 
gefehlet,  unmässige  Kosten  verursache.  Die  Frankfurter  Ortschaften 
klagten  gegen  den  Urseller  Märkermeister  Montmorenci,  andere 
gegen  den  Bonameser  Schultheissen  und  Märkermeister  Holtzmann. 
Auf  dem  Märkergeding  am  7.  Juni  1778  heisst  es:  weilen  annebst 
die  Gemeinde  Heddemheim  auf  den  im  vorjährigen  ProtocoUbericht 
gemerkten  20jährigen  Btügenrttckstand,  deE  an  dieselbe  ergangnen 
V^wahrung  ohngeachtet,  nichts  abgeführet,  so  wird  dadurdi  dem 
Waldschreier  und  Förstern  aufgegeben  sämmtliches  Geschirr  und 
Schiebkarren  welche  von  Heddemheim  in  dieMarit  kommen  werden, 
sofort  nacher  Homburg  einzutreiben,  inmassen  die  Mark  sich  länger 
nicht  herumfuhren  lassen,  sondern  einen  vor  den  andern  von  den 
Heddemhränem  angreifen  wird.  Eis  findet  sich  nicdits  darttber  dass 
im  21.  Jahre  des  Rüdestandes  die  Drohung  erfbUt  worden. 


Aenderungen   in  der   Seulb.   Erl.  Mark.  —  Es  wird  hier 
einiges  über  die  Seulburg,  Erlenbacher  eta  Mark  nachzutragen  sein, 


—    »68     — 

da  auch  dort,  aber  in  ganz  ranohieden^r  Weiie ,  der  Freihett  der 
Wahlen  nm  diese  2ieit  gedacht  wurde« 

Wie  durch  DomhohshaoMn  in  der  Hohen  Mark,  so  hatte  durch 
die  Erbauung  von  Friedrichidorf  in  der  Seulberg,  Erlenbacher  etc* 
Mark  der  Waidpott  —  abgeedien  von  allen  edleren  Beweggründen 
die  ihn  bei  der  Aufiiahme  der  Flttchtlinge  mögUcherweiBe  beatinunt  -^ 
sein  Ansehen  und  seinen  Einfluss  m  steigern  gesucht  Die  Mirker 
haitten  seinem  Beginnen  nur  Klagen  entgi^enrasetaen  den  Mnth, 
und  kaum  diese.  Die  Mftrkermeister  und  Schaltheissen  schreiben  im 
Jahre  1698  an  den  Batb,  das  nene  Dorf  oberhalb  Seulberg  habe 
sich  also  yermehrt,  dass  de  facto  20  und  mehr  Hansgeeessen  sich  allda 
befinden,  wodurch  den  Mftrkem  grosser  Schaden  eugefilget  werde. 
Die  neuen  Inwphner  liessen  sich  auf  den  Märkerdingen  ablesen  gkioh 
den  reehtibefiigleQ  Märkem,  sucht^i  sich  in  die  Mark  einauschleichen. 
Die  Märker  seien  yoigemfen  worden,  gefragt  warum  sie  kein  Bau* 
hole  SU  gedachtem  Orte  hätten  verabfolgen  Isssen,  hätien  sich  eat- 
schuldigt  ^dass  solches  nicht  bei  ihnen,  sondern  bei  ihren  gpiädigsten 
und  gnädigen,  auch  grossgünstigen  Herrschaften  sttLnde' ;  worauf 
Ihro  hochf.  Durchl.  aur  Antwort  ertheilt,  dass  Tormals  in  eben 
selbigem  Ort,  wo  dies  neu  Dorf  aaitzo  auferbaut  sei,  auch  ein  ander 
Dorf  gestanden.  Ihnen,  den  Märkem,  sei  darüber  nichts  wissig, 
hätten  nichts  darüber  erfahren  können;  wäre  immer  noch  die  Frage, 
ob  sie  Mitmäiker  gewesen.  Jetzt  seien  die  Inwohner  des  neuen 
Dorfs  zwar  erlnelig  die  Bussen  gleich  den  rechtmässigen  Märkem 
zn.thätigen,  aber  sie  strichen  die  Mark  durch  nach  ihrem  Wohl- 
gefallen, rinden  die  Bäume  in  der  Mark  ab,  dass  solche  abg&n^ 
würden.  Yei^blich  habe  man  gehoffi  dass  Friede  werde  und  des 
neuen  Dorfs  Inwohner  in  ihres  Landes  sich  wiederum  begeben,  es 
brächen  dieselben  jetst  ihre  Hütten  ab,  formale  Hänser  au  erbauen, 
ja  sogar  Döppen  und  Ziegelöfen  zum  Nachtheil  der  Mark  auf- 
anrichten. 

Auf  die  Beschwerde*  Schreiben  des  Churmainzer  Oberamtmanns 
Freih^m  von  Bettendorf  antwortete  der  Landgraf;  an  der  Stelle  von 
Friedrichsdorf  sei  ein  adlicher  Hof  ^  und  dabei  das  Dorf  Dillingen 
gdegen  gewesen,  welches  vor  diesem  den  von  Brendell  zugehöret, 
von  welchen  es  auf  die  von  Harffen  gekommen.  Von  diesen  habe  es 
der  Landgraf  vor  einigen  Jahren  gekauft,  daselbst  die  refugirt^Dt 
Franzosen  aufgenommen.    Er  habe  denselben  auch  den  ihm  eigen- 


em Wol  die  S<An^fenbarg? 


--    »59    — 


thÜmKdien  Dannenwald;  an  dessen  SteUe  WillkommBhaaseli  gestan- 
den^ zugewiesen,  da  dann  die  Franzosen  Wohnungen  gebaut  und 
die  Wüsteneien  wiederum  zu  fruchtbaren  Aeckern  gemacht;  sich 
darauf  der  Markgerecfatigkeit  ^gleich  ihren  Vorfahren'  bedienet.  Die 
neuen  Einwohner  srien  auch  eine  Zeitlang  wohl  gelitten  gewesen^ 
ihnen  Holz  yerabfolget  worden ,  sie  weg^i  etwaigen  exoessus  ge» 
btthrend  mit  der  Markstrafe  belegt  worden,  wodurch  nie  dann  „öffent- 
lich fbr  Mitmftrker  erkläret^^  und  in  der  ^uhralten '  Gerechtigkeit 
contomiret'  und  aufs  neu  wieder  in  possesrion  gesetzet  worden,  iiin 
Abriss  der  Gegend  mit  Angabe  der  Lage  der  verschiedenen  Ort- 
schaften und  H5fe  war  dem  Schreiben  beigelegt  (Mglb.  E.  80  IV.) 
Graf  Ingelheim  schrieb  darauf  am  19.  Juni  1701  an  den  Batii: 
als  seine  böid^i  Gemeinden,  die  Fleckto  Hoh^ausen  und  Ober- 
'  Erlenbaeh  sich  ttber  die  Homburgischen  Eingriffe  besehwert,  um 
Schutz  angesucht;  habe  er  die  Sach'  an  seines  Lehenherm  chur- 
fürstliche  Regierung  zu  M^iinz  gelangen  lassen,  Ton  dort  sei  d^n 
Oberamtmann  zu  Königst^n  sogleich  befohlen  worden  die  Anmais- 
sungen  sofort  ^zu  thätigen^,  dahin  zu  sehen  dass  die  Mark  an  ihren 
Bechten  gelassen  werde.  Er  frage  an  ob  es  nit  räthlich  mit  gesamm* 
ter  Hand  bei  behdrigem  Richter  zu  klagen.  Herr  von  Bettendorf 
meinte,  es  seien  schon  viele  Schriften  gewechselt,  niemals  aber  mdcht 
gründlich  durchgedrungen,  man  möchte  die  Sach  mit  rechtem  Nacb* 
druk  angreifen^  entweder  via  juris  vel  &cti  ausmachen,  erwar* 
tet  vom  Rath  „derensdben  hochverntinftig  Gedanken  darttber'^.  In 
der  Folge  betrat  Graf  Ingelheim  seinerseitB  den  Reobtsw^.  Es  be> 
traf  die  Klage  die  Gerechtigkeit  der  Naohjagd^  Missbrauch  des 
Klägers  Unterthanen  zu  Jagddiensten,  Uebertretnng  der  Waldordnung, 
Devastirung  des  Waldes,  Beistellimg  neuer  Markermeister  und  Forst» 
bedienten,  einseitiger  Ai&ahme  von  Märkgenossen  u.  d.  m.  Das 
Urtheil  des  Reichskammergerichts  vom  15.  November  1713  erkannte 
dass  Beklagter,  Herr  Friedrich  Landgraf  zu  Hessen-Homburg,  modo 
Successoren  und  Erben,  daran  zuviel  und  Unrecht  gethan  und  sich 
dessen  zu  enthalten,  ohnbenommen  dessen  was  ihm  als  Obristen 
Waldbotten  und  als  Oberherm  der  Markfleckm  Senlberg  und  Köppwn 
von  Rechtswegen  zukomme.  Am  14.  Jan.  1715  wird  dem  Herrn 
Landgrafen  zu  Hessen  aufgegeben  nachzuweisen,  dass  er  dem  Urtheil 
gehorsamlich  sei,  dass  er  sich  auch  deis  anzüglichen  und  taxirUchen 
Stjls  g^en  das  höchste  G^cht  enthalte.  Der  Landgraf  beeilte  sich 
nicht  der  Aufgabe  nachzukommen;  mittlerweile  beauftragte  der 
Freiherr  von  Ingelheim  einen  Notar  dem  Märkerding  am  30.  März 
1715  beizuwohnen.   Dieser  begab  sich  zu  dem  Amtmann  CSarl  Lud- 


—    *«0     — 

w^  Neolioff  SU  Homburg;  forderte  ihn  auf  ssu  dem  naoigenden  Mir* 
kergediog  das  alte  Markiuatrument  mitzubringen ,  es  öffentlich  rer- 
leaen  zu  lasBen,  auch  im  Uebrigen  alles  nach  dem  ergangnen  Ca- 
meral-Urtheil  zu  halten.  Neuhoff  antwortete:  ^^r  wolle  nachsehen 
oh  dieses  Instrument  in  dem  Archiv  zu  finden  und  bei  Händen  wlre» 
er  vor  sich  zwar  hätte  noch  niemahlß  eines  gesehen^;  er  habe  auch 
noch  keine  Instruction  was  morgen  zu  geschehen  habe.  Vor  Hegung 
des  Märkerdings  erinnerte  der  Ingdheimsche  Consulent  und  Abge> 
ordnete  dass  die  Friedrichsdörfer  vom  Märkerding  und  Bufisatztage 
aussuschliessen^  die  Vor-  und  resp.  Nachjagd  aufzuthun,  die  WUd- 
bahn  sammt  dem  Forst  zu  hegen  und  schonen,  das  Markinstmment 
zu  extradiren  und  yorzulesen,  ein  ohnpartheiisdber  Markschreiber 
anzunehmen,  die  Markmeister  zu  Ablegung  der  Bechnung  und  zu  ge- 
meinschafttichem  Handeln  anzuhalten,  dass  die  eigenmächtig  angelegte 
Mtthl  oberhalb  Köppem  abgeschafit,  die  auf  Markboden  angelegten 
Wiesen  zu  aUgemeiner  Markgeniessung  tiberlassen  würden.  Es  er^ 
folgten  thmls  leere  Versprechungen,  theüs  ausweichende  Antworten; 
als  dann  der  Kreis  geschlossen,  wurde  auch  der  Friedrichsdorfer 
Schultheiss  gerufen;  der  Ingelheimische  Notar  trat  vor  und  protestirte. 
«»  Im  Januar  1717  wurde  der  Notar  Cretschmar  requirirt  um  da« 
Kammeigerichtsurtheil  vom  13.  Nov.  1713,  da  der  hohe  Impetrat  auf 
4malige  Citation  nicht  erschienen,  in  den  betreffenden  Dörfern  zu 
publiciren.  Zuerst  wurde  die  Gemeinde  Holzhausen  durch  den 
Glockenschlag  conTodrt,  milgetheilt,  dass  das  alte  Markin- 
strument zu  ediren  und  sänuntlichen  Märkem  zu  communi- 
ciren,  dass  die  den  Ingelheimischen  Unterthanen  abgepfändetoi 
3  Paar  Ochsen  und  Wagen,  oder  deren  Werth,  zu  restiituiren, 
Kosten  und  Schaden,  ebenso  die  abgedrungenen  100  Bthlr.  Straf 
mit  Interessen  und  Unkosten  zu  erstatten,  einseitig  abgesetzte 
Markförster  wieder  zu  agnosciren,  wegen  des  unzulässiger  Weise 
zu  Erbauung  der  Salz -Soden,  des  Schlosses,  der  Vorstadt 
zu    Homburg,     anderer    FttrstL     Privatgebäuden    und    des    Orts 

Friedrichsdorf  genonmienen  Bau  ,,auch entführten  Brennholzes 

und  der  nicht  competirend,  dennoch  im  Uebermass  gebraucht» 
Mästung,  abzufinden,  ebenso  die  Friedrichsdorfer  für  genossene  Weid, 
Aeckerigs,  Brenn-  und  Bauholzes  Satisfaclion  zu  geben,  die  auf 
Markboden  gesetzte  Papiermtthl  abzuschaffen,  endlich  Caution  zu 
leisten,  dass  keine  ferneren  Eingriffe  geschehen  in  der  Mark  Eigen- 
thum  und  Gerechtigkeiten.  Anderes  noch  war  in  dem  Decret  hervor- 
gehoben, dass  die  Markbediente  ordentlich  zu  wählen,  dass  die  Mark- 
Inatrumente,  ProtocoUe  u.  d.  m.  in  einer  gesammten  Mark-Truhen 


—    46t    — 

ma  yerwafaren^  daM  keine  Rtlge  einseitig  angesetzt;  kein  Märker- 
meister  private  ein-  nnd  abgesetzt  werde^  dass  der  Flecken  Fried- 
richsdorf abgeschafft  oder  wenigstens  die  Bewohner  sich  der  Mark 
endialten  nnd  vor  AnsmSrker  passiren  sollen.  Zu  schuldiger  Parition^ 
ErfilU-  und  Gelobung  dessen  allen  wurde  eine  I4tägige  Frist  prae- , 
figirt  mit  militärischer  Execution  gedroht  Nachdem  dies  Executions- 
Decret  und  Patent  verlesen  und  am  Bathbause  angeschlagen  war, 
verftLgte  man  sich  zu  gleichem  Zwecke  nach  Ober -Erlenbach  und 
den  übrige  Markflecken.    Der   Solms'sche  Amtskeller  Patrick  von 

'  Petterweil  war  weggeritten  ^  der  Hessen-Darmstädtiscbe  und  Solmsi- 
sche  Schultheiss,  Melchior ,  wollte  die  Ghemeinde  ohne  gnädigsten 
herrschaftlichen  Befehl  nicht  convociren:  das  Decret  wurde  an  das 
Bathhaus  affigirt  Das  gldche  geschah  in  Seulberg;  auch  in  Fried- 
richsdorf hatte  der  Schultheiss  Moses  Lapart  rieh  entfernt;  in  Köp* 
pem  liess  sich  der  Schultheiss  Bhdneok  ah  unpässlich  melden. 
Abends  halb  fünf  U^r  kehrte  die  Commisrion  nach  Burgkholzhausen 
daselbst  das  Nachtlager  zu  nehmen  ^  begab  sich  am  folgenden  Tage 
Bonntag  den  17.  Jan.^  nach  verrichtetem  Gottesdienste  y,atif  Franck- 
furth  nacher  Hau£;  wormit  dann  dieser  gantze  Execntions  actus  ge^ 
sdilossen  und  völlig  geendigt  worden^^ 

Welchen  Erfolg  dieser  actus  gehabt  das  ergiebt  sich  aus  dem 
Protocolle  ttber  den  Märker-Gonvent  welcher  wenige  Tage  darnach, 
am  27.  Jan«  1717  zu  Seulberg  gehalten  wurde.  Es  heisst  darin: 
Nachdem  der  Obrister  Herr  und  Waldbott  aus  dem  .  .  affi^rten 
Snbdelegations-Decret  ersehen,  dass  die  mehrsten  Puncten  nicht  den 
Christen  Herrn  und  Waldbott  angingen,  sondern  die  Mark,  und 
dieses  derselben  an  ihren  Gerechtsamen  nicht  allein  schädlich  und 
schimpflieb,  sondern  aucb,  wenn  sie  ihre  Gerechtsame  nicht  wahr- 
nehmen,  gar  darum  kommen  könnten,  desshalb  sri  ein  Märker-Oon- 
vent  berufen  worden.  Von  Seulberg  war  zugegen  der  Märkermdster 
und  Schultheiss  Dorsch  sammt  beiden  Bürgermeistern;  von  Ober- 
Erlenbach  niemand,  haben  sich  excusirt;  von  Petterweil  der  Schul- 
theiss Schneider,  sampt  den  beiden  Bürgermeistern,  ebenso  Schult- 
heiss Rheineck  von  Eöppem  mit  den  Bürgermeistern,  von  Nieder- 
Erlenbach  Bürgermeister  Lentz  welcher  den  Schultheissen  excusirte, 
von  Holzhausen  Niemand,  Friedrichsdorff  hatte  sich  schriftlich  excu- 
sirt Die  Anwesenden  wunderten  sich,  dass  sie  von  keiner  Klage 
wüssten,  keine  Vollmacht  zur  Klage  gegeben,  protestirten  einstimmig 
und  einhelKg  dagegen  und  behielten  sich  Gerechtsame  bevor;  wollten 
auch  den  Christen  Herrn  und  Waldbotten  unterthänigst  gebeten  ha^ 
ben  zu  inquiriren,  welcher  so  unnöthigen  Process  suche;  sie  dankten 


-    46S    - 

unterthänigst  dass  denelbe  sie  in  ihrer  Gerechtsame  zu  schtltBen 
suche,  sie  die  Anwesendeo  wttssten  im  Geringsten  von  keiner  Klage 
oder  Beschwerde.  Die  einzelnen  Puncte  wurden  Torgenommen:  Je- 
des Ort,  so  wurde  bemerkt,  habe  allerdings  Abschrift  des  Instru- 
ments; das  Original  aber  wisse  Niemand.  Wer  nicht  zahle,  müsse 
eingetrieben  werden,  dieses  sei  der  Zwang  von  welehem  sie  als  Her- 
kommens nicht  abgingen;  worbei  siüBamtliche  anwesende  Burger- 
meistere  aitftretten,  die  Anzeige  gethan,  dass  sie  bei  dem  Herkommen 
mainteuirt  werden  möchten.  Die  Holshttuser  srien  die  grössten  Wald- 
frevler, sie  und  die  Ober^-Erlenbacher  seien  abgegangen,  aber  sri 
doch  das  M&rkergeding  vor  wie  nach  gültig,  die  Abgetretenen  hätten 
ihre  Tota  yerloren.  Einzig  und  allein  der  Obrist  Herr  und  Waldbott 
sei  befugt  in  dieser  Maiic  zu  jagen,  in  dem  Annehmen  und  Abschaf- 
fen der  Förster  woUe  sich  die  Marck  niehts  vorschreiben  lassm ; 
die  Saline  sei  von  purem  Dannenholz  gebaut,  und  es  sei  so  w^ig 
in  Holz-  als  in  Mast-saohen  sich  Ziel  und  Bfaas  vonmschreiben.  Die 
Papiermühle  sei  noch  nicht  erbauet^  erst  in  Fundament  gelege^  der 
Papiermaoher  erbötig  zu .  weichen.  Die  Mirkermeister  und  Förster 
seien  stets  durch  die  misten  Stimmen  erwählet,  wer  abtrete  und 
das  Markergeding  abandonnire,  yerliere  seine  Stimme.  BeidemPunet 
wegen  Friedricbsdorf  trat  der  Nieder-ErlenbAcher  Burgermeister  auf: 
es  sei  ihm  bekannt,  dass  wegen  dieses  Dorfs  von  ihrem  Schulzen 
protestirt  worden;  was  aber  die  prätendirte  Satisfaction  oder  Strafe 
angehe,  so  sei  desshalb  keine  Vollmacht  ertheilt  worden,  die  Frie- 
drichsdörfer seien  als  Mftrker  gerüget  undr  bestrafet  wcurden  ^per 
consequenz  als  Märker  wir  sie  alle  zu  erkennen' ;  wäre  unbillig  sie 
noohmalen  zu  bestrafen.  Schliesslich  finden  sich  sämmtliche  an- 
wesende Härker  gemttsigt  aufs  feierlichste  zu  protestiren,  ihre  von 
undenklichen  Zeiten  wohlfaergebrachten  Bechte  und  Gerechtigkeiten 
zu  wahren ;  sie  widerrufen  alles  was  der  Herr  von  Ingelheim  hierin 
gethan,  erkennen  ibn  als  einen  Ausmärker,  welcher  mehr  seinen 
Privatnutzen  als  der  Mark  Bestes  und  Vortheil  suchte.  (Mglb..£.  30.  IV.) 
Am  27.  März  1728  machte  die  FürstL  Hessische  Canzlei  zu 
Homburg  die  Anzeige,  dass  die  Differenzen  mit  dem  Freiherrn  von 
Ingelheim  vollkommen  gehoben,  wobei  denn  die  Friedrichsdörfer  als 
Mitmärker  in  bemelter  Mark  aufgenommen,  und  ihre  Stimme  glüch 
andern  haben  sollten.  Sie  ersucht  den  Bath  dem  Schultheissen  zu 
Nieder-Erlenbach  die  nöthige  Notiz  zuzustellen.  Ein  Besehluss  findet 
sich  nicht  aufgesehrieben*  Frankfurt  suchte  nun  an  der  Wahl  dar 
Märkermeister  in  der  Weise  Antheil  sich  zu  erhalten,  dass  die  Ort- 
schaften Holtzhausen,  Petterweil,  Ober-  und  Nieder-Erlenbach  ge* 


—    «3    — 

mMoamdiaKUität  gegm  die  dm  ho«iliiii^iiidie&  Ortieluiftea  Seidberg, 
Edppern  und  Friedrichsdorf  majore  maeheD  sollten.  Wie  dies  er- 
rmchf  worden  geht  ans  späteren  Akten  herror. 

In  dem  dickeren  Aktenpack  £.  80  findet  sich  d.  d.  Hanan 
28.  Dec.  1767  ein  Schreiben  des  flirstL  HeB8.-Hananischen  zur  Re^ 
giemng  verordneten  Präsidenten  etc.  Man  erinnert  daran  wie  in 
dem  Anfang  dieses  Jahrhunderts  das  ftbrsü.  Hans  Hessen-Homburg 
in  der  Seulbeiger-Erlenbadier  Mai^  verschiedne  VorztigUehkeiten 
si^  angemasset,  die  Sache  aber  von  dem  Herrn  Baron,  nachherigen 
Ghrafen  yon  Ingelheim  vor  kaiserl.  Beichskammergerioht  anhängt 
gemacht,  auch  yerscfaiedene  günstige  Urth^e  ausgewUrket  worden, 
wie  Ludolph  in  Consnhat  H.  p.  4Q6  berichte.  Der  Herr  Graf  habe 
aber  sich  bewegen  lassen,  wie  vor  einiger  Zeit  in  tHahrung 
gebracht,  nach  der  Hand  mit  Hessen  -  Homburg  in  gütliche 
Tractaten  sich  einzulassen,  und  zum  grössten  Nachtheil  der 
ganzen  Märkerschaft,  gegen  einige  Ihme  Tor  sich,  seine  Beamten 
und  ünterthanen  nachgelassne  Privatvortfaeile,  sich  zu  vergleichen. 
Man  empfielt  eine  Protestation.  Das  hierauf  erstattete  STndicatsgut» 
achten  pflichtet  dem  bei  mit  der  Bemerkung  dass  in  den  Akten  keine 
Spur  zu  finden  sei  was,  oder  ob  etwas  auf  die  Vergleichs^Anzeige 
d.  27;  Man:  1728  geantwortet  worden.  In  Abschrift  liegt  dem  Hes- 
sen>Hanauischen  Schreiben  Aer  Vergleich  zwischen  Hessen-Darm- 
stad^  Hessen-H<Mnburg  nnd  Ingelheim  bei,  aber  ohne  datum.  Vor 
allem  wird  darin  der  Landgraf  als  Obrist  Herr  nnd  Waldbott,  auch 
als  Territorial'  Herr  der  Senlberger  und  Erlenbacher  Mark  aner- 
kannt mit  Vorbehalt  der  den  Märkem  zukommenden  nliKtates; 
2)  werden  die  Friedrichsdorfer  ab  Mitmäiker  aneikannt;  3)  vep- 
richtet  Ingelheim  auf  die  Jagd  in  der  Mark  erhält  dagegen  die 
Jagdbefugniss  in  der  Seulbcoger  Gemarkung;  4)  erhält  cUe Gemeinde 
Ober-Erienbach  den  Viehtri^  durch  den  Flecken  Seulberg  gegen 
eine  bestimmte  Entschädigmig ;  5)  soll  dem  Ingelheim'scheu  Beamten 
freistehen  dem  Bussensatz  und  Abhör  der  Rechnungen  beianwohnen. 
Ein  etwaiger  Ueberschuss  aus  den  Bechnungen  solle  6)  sogleich  für 
jeden  Marktflecken  pro  quota  ausgetheilet,  der  Friedrichsdorfer  An- 
theil  aber  wieder  unter  die  Homburgischen  und  Ingelheimischen 
Markflecken  repartirt  werden;  7)  obligiren  sich  Hessen-Darmstadt 
und  Homburg  bei  der  Wahl  wies  Märkermeisters  allezeit  die  Stirn* 
men  ihrer  Markflecken  einem  Ingelheimisehen  Beamten  oder  SchuH» 
heissen  zu  geben,  hingegen  sollen  die  „Ingelheimische  zu  wählende 
Burgerm  eistere  Ihre  Stimme  vice  versa*  allezeit  rinem  hessischen 
Markschultheissen  geben,    der  Ingelheimische  Märkermeister  einen 


—    46*    — 

Waldförster  zu  ernennen^  auch  den  Sitz  nach  dem  hochAmtL  Anwalt 
haben;  8)  wird  der  Eintrieb  der  Mttrker  ,,worin  der  Mark  herge- 
brachter Zwang  und  Execution  bestehet^  gestattet;  9)  wegen  Mahl* 
zdten  und  Diäten  werden  hohe  Ansätze  ausgeworfen.  Es  soll  er- 
halten den  ersten  Tag  fttr  Mund,  Pferd  und  Knecht  der  Anwalt  8  fl., 
der  M&rkermeister  5  fl.;  der  Markschreiber  5  fl.,  ein  Markschultheiss 
1  Bthlr.;  ein  Bürgermeister  15  alb.,  ein  Förster  1  &.,  die  folgenden 
Tage,  sowie  bei  Mark-Umzügen  weniger^.  10)  Wenn  ein  Ingel- 
heimischer ünterthan  in  der  Mark  Todtes  verfahren,  solle  nach  Be- 
sichtigung den  Angehörigen  des  Verblichenen  abgefolgt  wor- 
den, Criminalia  aber  vorbehalten  bleiben.  Es  sollen  11)  die  ge- 
meinschaftlichen Mark-Documente  von  den  beiden  MärkermeiBteni 
verwahrt  werden;  12)  solle  eine  scharfe  Waldordnung  gemacht 
werden;  endlich  solle  13)  der  Process  beim  Oammergericht  abge- 
rufen werden. 

Dass  dieser  Vergleich  zur  Geltung  gebracht  wurde  das  ist  unter 
anderem  aus  dem  Schreiben  des  Raths  d.  d.  20.  Mai  1778  ersichtlich, 
in  welchem  derselbei  den  Landgrafen  darum  angehet,  es  möge  ein- 
mal wieder  aus  Nieder-Erlenbach  ein  Mftrker-Meister  gewählet  wer- 
den. Nach  dem  Berichte  des  Laodamts  war  dies  seit  61  Jahren 
nicht  mehr  der  Fall  gewesen.  In  der  Antwort  des  Landgrafen 
Friedrich  d.  d.  13.  Juni  1778  ist  versichert,  wie  es  ein  wahres  Ver^ 
gnllgen  gewesen,  auch  bei  dieser  Grelegenheit,  so  wie  bei  einer  jeden 
andern,  dem  Bath  DienstgefiLlligkeiten  zu  leisten,  es  stehe  aber  die 
VerfiMSung  der  Mark  und  die  denen  Bürgermeistern  eines  jeden 
Markortes  asustehende  freie  Wahl  im  Wege  „zu  deren  Beschränkung 
wir  uns  nicht  entschliessen  können'.  — 

Am  6.  Juni  1781  zeigt  der  Schultheiss  von  Nieder-Erlenbach  an, 
es  sei  durch  die  Stimmen  der  3  Homburger  Ortschaften  und  des 
Markorts  Ober-Erlenbach  ein  Seulbergor  Oerichtsmann,  Safiin,  zam 
Märkermeister  gewählet  worden.  Die  übrigen  hätten  gegen  diese 
Wahl  protestirt,  weil  im  Jahre  1747  der  jetzige  Schultheiss  von  Holz- 


es Nach  einem  Landamts-ProtocoH  vom  12.  Jan.  1782.  (Mglb.  £.  30.  dicker 
Qaartpack  [39]  bemerkt  Schultheiss  Lamper t,  ein  Märkermeister  geniesse,  wo 
er  nicht  irre  9  fl.,  bei  Mark-Gonventen  hätten  sie  nebst  dem  Tisch  1 R.  Diäten, 
bei  sonstigen  Verrichtungen  1  R.  ohne  Kost;  die Markschultheissen  aber  hätten 
bei  Märkergedingen  1  R.  Diäten  ohne  Kost ,  bei  dem  Baßsatz  1  R.  und  die 
Kost;  die  folgenden  Tage  und  bei  sonstigen  Verrichtongen  1  fl.  and  die  Kost. 
An  Holz  erhielten  die  Märkermeister  soviel  sie  nöthig  hätten ,  der  Markschal* 
theiss  geniess  4  Wagen,  Bürgermeister  and  Pfarrer  2  Wagen,  jeder  Baner  1 
Wagen;  soviel  er  wisse  gründe  sich  dies  auf  Observanz. 


—    465     — 

bancien;  Fritz,  ebenfalls  als  Gerichtsmann  gewählet,  die  Wahl  vor 
tingültig  angeBehen  worden,  und  weil  die  Wahl  auf  höheren  Befehl 
geschehen  sei.  Er  bittet  bei  dem  Bußsatztage  dem  herrschsQchtigen 
Verfahren  abseiten  Homburgs  Einhalt  zu  thun.  Ein  Schöffenbe- 
schluss  verfügte  darauf,  dass  die  Nieder-Erlenbacher  bei  dem  Buß- 
satztage sich  nicht  einfinden  sollen.  (!)  Die  Nieder-Erlenbacher  Bur- 
germeist^  Hahn  und  H.  Müller  gingen  aber  doch  hin,  entschuldigten 
sich,  dass  die  Gemeinde  es  so  verlangt  habe.  Der  Schultheiss  be- 
richtet^ dass  er  ihnen  ^die  alleinige  Befolgung  des  herrschaftlichen 
und  nicht  der  Gemeinde  befehl"  anbefohlen,  dass  eine  solche  AufiOlh- 
rung  „mit  dem  Namen:  Unterthan  gar  nicht  reime';  aus  solchem 
Ungehorsam  für  den  Bath  und  für  ihn  selbst,  den  ,,die  befehl  be- 
kannt machenden  Schiiltheissen',  die  alleitacfalimmsten  Folgen  ent* 
stehen  könnten;  hofft  dass  Bestrafung  erfolge. ,  Solchem  Bath  wurde 
gerne  entsprochen,  es  wurden  die  Börgermeister  bis  auf  weitere  Ver- 
fügung in  Arrest  gebracht,  später  noch  um  3  Bthlr.  g^bflsst,  weitere 
Untersuchung  der  Anstifter  angeordnet! 

Schultheiss  Lampert  berichtet  am  25.  Mai  1782  an  das  Land- 
amt^  dass  die  Märkermeister  Safan  und  Bupp  wieder  gewählt  worden. 
Es  sei  aber  bei  dieser  Wahl  bei  der  er  sich  doch  wegen  der  zu 
Seulberg  gehaltnen  Conferenz  mehrere  Unpartheilichkeit  abseiten 
Homburg  vorgestellet  hätte,  abermahl  ordnungswidrig  verfahren,  die 
Bürgermeister  der  Ortschaften  Seulberg,  Friedrichsdorf  und  Eöppern 
den  Samstag  vor  Pfingsten  nach  Homburg  citiret  und  ihnen  zum 
votiren  der  Befehl  gegeben  worden.  Auf  die  Frage  des  Waldschreiers 
Mack:  wie  es  gehalten  werden  solle?  habe  der  Seulberger  Burger- 
meister die  Antwort  gegeben:  Es  werde  wohl  beim  Alten  bleiben; 
welchem  die  Bürgermeister  von  Friedricbsdorf,  Eöppern  und  Ober- 
Erlenbach  beigestimmt,  dass  also  auch  diesmal  wieder  wie  seit  10 
und  mehr  Jahren  die  Märkermeister  durch  die  Stimmen  der  ver- 
bundenen Markortschaften  erwählet  worden,  die  andern  nicht  zum 
votiren  gekommen.  „Die  Wahl  Selbsten  wird  vor  das  künftige,  wie 
bishero,  eine  blosse  Ceremonie  sein,  die  beiden  Männer  im  Dienst 
erhalten  werden,  weilen  Homburg  durch  ihre  Ejdbrüchige  Conni- 
ventz  im  Mark- Wald  thun  kann,  was  es  nur  will'^ 

Hierauf  wurde  in  Senatu  Soab.  am  1.  Juni  1782  beschlösse: 
beruht  auf  sich,  es  wird  aber  löblichem  Land- Amt  committirt  dem 
Schultheissen  zu  Nieder-Erlenbach  seine  gebrauchte  unanständige 
Schreibart  w^^  Hessen-Homburg  zu  erweisen  (verweisen),  und  ihm 
künftighin  ein  glimpfliches  Betragen  einzuschärfen. 


—     46«     — 

G  in  r  o  du  ngen.  —  Es  köimte  bier^  iimofeni  das  Beoht  der  Hohen 
Mark  diurzulegen  unternommen  wurde^  vieUeicht  nicht  unzweckmäasig 
ein  AbschlusB  stattfinden;  denn  ob  bleibt  fraglich  ob  dae^  was  noch 
folgt;  mit  dem  Rechte  zusammenzustellen  sei.  Es  werden  die  Bechts- 
Verhältnisse  wie  sie  zuletzt  sich  gestaltet;  nur  vorgelegt,  weil  Be- 
richte und  Thatsadien  jener  traurigen  Zeit  entnonunen,  dazu  gedient 
haben  in  der  Lehre  ttber  die  Markverfassungen  eine  nicht  unwichtige 
Bolle  zu  spielen.  Darum  sei  es  vergönnt  noch  Einiges  über  diese 
Zeit  und  die  in  derselben  handelnden  Personen  anzuführen. 

Als  im  Jahre  1773  die  Theilung  der  Hohen  Mark  wieder  ange- 
regt wurde  hoffte  man  auf  guten  Erfolge  weil  die  chur mainzische 
Begienmg  durch  den  Grafen  von  Bassenheim  für  dieselbe  günstig 
gestimmt  sei.  Tüchtige  Begierungsbeamten  nahmen  sich  der  Sache 
jetzt  und  in  der  nächstfolgenden  Zeit  mit  grossem  Eifer  an,  der 
hanauische  Amtmann  Usener  zu  Bergen,  Landamtmann  Luther  von 
Frankfurt,  Justizrmth  Hoffinann  von  Bödelheim  u.  a.  m.;  man  unter- 
suchte die  Fragen,  wie  zu  theilen,  und  was  zuvor  zu  ordnen  aein 
möchte.  Die  Frankfurter  Schultheissen  hielten  für  ihre  Ortschaften 
ebenso  vortheilhafl  eine  Theilung  nach  Köpfen,  als  nach  Ortschaften; 
ohne  die  Theilung  s6i  keine  Hoffnung  je  wieder  Holz  aus  der  Mark 
zu  erhalteu.  Wie  zu  theilen,  überlassen  sie  der  ^^erleuchteten  Ueber- 
legung  einer  hohen  Obrigkeit^.  Es  folgen  genaue  Aufstellungen  der 
Einwohner  und  der  Gebäulichkeiten ;  die  obschwebenden  Streitig- 
keiten zu  erledigen  wurde  versucht.  Vor  allem  kam  wieder  die  ge- 
bückte Heege  zur  Sprache,  über  welche  im  Jahre  1780  Hessen- 
Homburg  erklärte,  dass  auf  der  angeblich  strittigen  Fahrbor- 
ner  Strasse  die  privative  Beholziguugsgerechtigkeit  dem  Obristen 
Herrn  und  Waldpotten  zustehe ;  die  Strasse  sei  nie  strittig  gewesen. 
Er  berief  sich  auf  ein  abschriftlich  beigegehenes  Hohe-Mark-Protocoll 
vom  2.  Juni  1597  in  welchem  die  Grenzen  abgesondert  worden 
seien  ^;  sodann  Abschrift  eines  Märkerdings-Frotecolls  vom  30.  Mai 
lb99  inhalts  dessen  die  Märkerschaft  bekenne  dass  diese  Strasse  dem 
Herrn  Waldbott  allein  zustehe;  endlich  andere  Mark-Protokolle  nach 
Ausweis  deren  die  Grenzen  zwischen  der  Strassen  jenseits  Kirdorf 
und  gemeinen  Mark  verglichen  worden.  Am  4.  Juni  1614  sei  man 
zu  Oberursel  desshalb  zusammengekommen,  aus  jedem  Flecken  sei 
eine  Person  mit  genügsamer  Vollmacht  erschienen.     Am  5/25.  Sept 


^^  In  diesem  Protoeoli  ist  ein  Umzng  mitgetheilt,  weleher  aageblioh  statt- 
gefunden. 


—     467     — 

sei  geiheilt  n^ordea^  indem  Feldgeachworene  und  Landtseheider  einee* 
theila  vom  Eesslergnund,  anderei-seits  vom  Pfad  gegen  Eirdorff  aus 
dieBttihen  geg«n  einander  geschlagen^  die  Breite  gemitfeelt  und  einen 
aufgeworfenen  Hänfen  jedeemal  in  die  Mitte  gemacht 

Der  Bath  Hess  \m  der  heesiBdien  und  bei  der  charfÜrsÜiehen 
Begierung  anfragen  ob  in  dortigen  Archiven  von  den  angefttiirten 
alten  Hohen-tfark-Protokollen  etwas  vorfindig  sei.  Es  wurde  aber 
nichts  darüber  aufgefunden.  Die  Streitigkeiten  blieben  unerledigt, 
neue  kamen  stets  dasü,  indem  nun  die  meisten  der  Hohen-Madk- 
Waldung  anliegenden  Ortschaften  Ländereien  für  sich  einBurdden 
anfii^en.  Beim  Umgang  von  1768  hatte  besonders  Stierstadt  ge- 
^eigty  wie  das  ungestraft  geschehen  könne.  Vor  Beginn  dieser 
Grenebesicht^nng  hatte  der  Anwalt  die  Mftrker  bedeutet^  dass  wenn 
einer  oder  der  andere  gesonnen  sei  au  protestiren  ein  jeder  solches 
mit  Beseheid^oDheit  tfiun  mlige.  Man  war  darauf  rechter  Hand  ttber 
die  Aue  nach  der  Triesch  an  der  Looshecke  geritten,  dort  hatte 
man,  an  der  Käsbacb,  die  Stierstadter  bei  einem  Wackenstein,  welchen 
sie  als  Grenzstein  bezeichneten,  angetroffen,  mit  allerhand  tödtlichem 
Gewehr,  als  nemlich  Bohrbacken,  Mistgabeln,  Sensen,  Erappen  udd 
dergL  bewaffnet ;  sie  we^erten  sich  die  Märker  durchzulassen ,  ja 
sie  s(^ugen  ohne  alle  Yeranlassuag  einen  Homburger  Unterthanen 
mit  einer  Bohrfaacke  nieder,  und  ^wo&rn  der  Schultheiss  von  Stier- 
stadt, wenigstens  pro  forma  den  andern  Schlag  nicht  au%riialten 
btttte^^,  so  wäre  dieser  vielleicht  noch  weit  gefilhrlieher  geworden. 
Der  fürstliche  Herr  Anwalt  protestirte  namens  des  höchsten  Wald» 
botens  und  der  sämmtKchen  Hohen  Mark,  behielt  sieh  alle  Bechte 
vor,  und  die  Märker  „liessen  also  den  ganzen  District  von  der  Eees» 
bach  bis  an  das  Solms'sche  Wäldchen  liegen".  Am  Cronenberger 
Weg  wMren  einige  Eastamenbämne  in  die  Hohe  Mark  gesezet,  wo- 
gegen der  Anwald  sowohl  als  die  Märkermeister  protestiret,  und  re* 
solviret  worden  dass  sie  nächstens  sollten  ausgerodet  werden.  Weitto- 
hin  hatten  die  Stierstadter  wieder  einen  Stein  besezt  ,, weilen  aber 
.  .  .  keine  Gewaltthäti^eiten  sollten  verübet  werden,  so  Hessen 
wir^,  hdbst  es  „auch  diesen  Stein  liegen  cum  reservatione  omnium 
jurium^^  Als  später  der  SchultheLas  von  Stierstadt  dem  Zuge  sieh 
anschliessen  wollte,  wurde  er  bedeutet,  dass  man  wegen  den  Ex- 
cessen  seiner  Leute  seiner  Person  nicht  nötiiig  habe.  Der  Schultheisa 
entschuldigte  ^die  Ungezogenheit  seiner  Leute  und  ging  nach 
Hause'.  Die  Märker  zogen  weiter,  nahmen  auf  dem  Feldberg  ein 
kleines  Mittagessen  ein,  das  auf  sie  wartete,  und  ritten  nach  Beiffen- 

berg,  allda  sich  mizuquartiren  ^weilen  die  Bonne  sie  verlassen  und 

30» 


—    468     — 

hinter  die  Oebttif^  sich  venteck«!  wollte' .  Nachdem  sie  ihre 
Eräflftei  berichtet  weiter  das  Notariatsprotocoll^  wieder  ein  wenig 
Busammen  gesamlet  und  ein  kleines  Frülttttick  eingenommen  ver- 
folgten sie  weiter  den  Umgang;  nahmen  am  BehhUngensberg  y,die 
Wüsche  ab';  welche  die  Anspach^  zu  weit  ansgehänget;  zogen  nach 
der  Saalbarg;  j3en  Fahrbom  hinnnta:  bis  an  die  Strasse.  Nachdem 
aber  das  Regenwetter  so  stark  gewesen  „dass  es  kein  Mensch  länger 
aushalten  konnte';  ritten  sie  nach  Homboi^  und  assen.  Den  dritten 
Tag  weiter  nach  dem  Wolfsgarteu;  wo-  sie  die  Eordorffer  Gemeinde 
trafen;  nnd  protestirteu;  „dass  de  nicht  sollten  den  Ober-Eschbacher 
Weg  passiren'.  <  Der  Anwalt  schlug  vor  alles  unentschieden  za 
lassen;  die  Kirdorffer  aber  Hessen  demohngeachtet  die  Märker  y,nicht 
pasmren^^  Der  Waldschreier  zeigte  den  Märkem  die  .Grenze  gerad 
über  das  Feld  hinauS;  wie  es  1609  beschrieben.  Der  Schultheiss  von 
Domholzhausen  protestirte  darauf;  die  Herrn  Märkermeister  repro* 
testirteU;  wellten  der  Mark;  weil  sie  nicht  in  der  Grenze  ging^i; 
„nichts  vergeben  haben'.  Den  Baisberg  hinauf  protestirte  Hom- 
burg ;  gleicherweise  als  die  Märker  links  die  Heck  hinauf  nach  dem 
Brendekbusch  zu  gehen  prätendirteu;  da  doch  der  Tannenwald  dem 
durchlauchtigsten  Fürsten  von  Homburg  prätendirtermassen  gehörig 
seiD  solle.  So  ging  es  um  den  lauen  Wald;  im  Hajnmüller  pro> 
testirte  Stetteu;  die  Herrn  M&rkenneister  reproteslirende  mit  dem 
Bedeuten  dass  dieser  Mark-Umzug  keinem  Tfaeil  präjudicirlich  sei; 
an  der  Hege  bei  Oberursel  protestirte  Oberursel.  „Wir  liessen  also 
alles  liegen'^  schreibt  der  Notar  Johannes  Laurentius  Stell  wag;  ^ritten 
nach  Oberursel  bei  Herrn  Märkermeister  Montmorencj  und  assen 
zu  Mittag.  Hiermit  endigte  dieser  actus.'  —  (Mglb.  E.  29.  Umgang 
vv  1768.) 

Es  ist  nicht  wol  nachzuweis^Ei  ob  eine  solche  Auflösung  der 
Ordnung  vomWaldpotten  überall  begünstigt  wurdo;  in  einigen  Fällen, 
nämlich  so  weit  es  die  Homburger  Unterthanen  betraf;  scheint  es 
der  Fall  gewesen  zu  sein.  (Es  finden  sich  die  Aktenstüdse  über  die 
Einrodungen  der  Oberstedter  und  Kirdorfer  Mglb.  E.  31.  VI.)  Die 
Gemeinde  Stedten  gab  im  Jahre  1781  vor,  sie  habe  einige  alteGränz- 
steine  gefanden ;  ohne  dass  den  Märkern  Mittheilung  gemacht  —  nur 
der  Märkermeister  Montmorencj  wurde  auf  den  Augenschein  ge- 
laden —  hob  man  die  Steine  und .  zog  den  District  ein.  Es  war 
derselbe  noch  im  Jahre  1769;  beim  letzten  Umgange  für  Markantheil 
erkannt  worden;  die  Mark  war  in  unbestrittenem  Besitz  gewesen. 
Jetzt  aber  wurde. behauptet;  die  Stedter  hätten  sich  wieder  ,in  den 
alten  Besitz  gesetzt'.    Ein  Bericht  über  das  „strafwürdige  Einrotten 


—    469     — 

d«ar  liess.  liombui;^.  Obentedter  Gemeinde^  wurde  auf  dem  Märker- 
geding  Tom  16.  Juli  1781  überreicht  Dasselbe  wurde  von  dem 
Bmder  des  Anwalds^  dem  fürstl.  homb.  Begienmgsrath  Nenhof  abge- 
halten.  Dieser  soll  nach  dem  Bericht  des  Landamtmanns  Luther 
betronkoi  gewesen  sein,  habe  sich  auf  so  unschickliche  Art  be- 
nommen dasB  Amtmann  Usener  den  Kreis  verliess.  Neuhof  habe 
vergessen  die  Hegung  des  Mftrkerdings  vorzmidimen,  gleich  die 
Mftrkermeister  abgedankt  Dann  habe,  er  gestottert,  den  Titel  des 
Landgrafen  vergessen,  aber  hinzugesetzt :  totns  titnius  nön  est  ne> 
cessarhis,  auch  den  Marksdireier  beordert  die  Mftrkermeister  wieder 
in  den  ^eis  zu  holen,  mit  dem  Anfügen,  es  sei  besser  dass  er  sie 
hole,  ab  dass  sie  der  Teufd  hole.  Bei  dem  Verlesen  der  Rttgen 
habe  er  wiederholt  Zweideutigkeiten  zi^eftlgt  und  zum  Schlüsse  ge- 
sagt: ^nun.muBS  ich  auch  noch  laußen,  schmaußen,  fisohen,  hetzen, 
ächzen,  krächzen^  J^^  luid  wie  das  einftltige  Zeug  alle  heisst,  ver* 
bieten"..  Auf  den  eingermchten  Bericht  und  beigefügten  Protest  der 
Regierungen  wegen  dem  Emroden  der  Oberstedter  am  Mutzengarten 
liegt  kein  Beschluss  des  MSrkeidings  vor.  Aber  die  homb.  Regierung 
theilte  in  einem  Schreiben  vom  14.  August  1781  mit,  es  sei  bei 
dem  Mftrkergeding  der  Pretestation  hinlänglich  begegnet  worden, 
besagte  Gemeinde  befinde  sich  in  rechtmässigem  Besitz  des  bestrittenen 
Landes.  In  einem  späteren  Schreiben  d.  26.  März  1782  wiederholte 
sie,  dass  die  Märker  nicht  den  mindesten  Anspruch  auf. das  Stü<^ 
Landes  zu  machen  hätten,  sie  erbot  sich  zu  gemeinschaftlichem 
Augenschein,  b^alte  aber  der  Gemdnde  jedenfalls  nach  wie  vor  ihre 
Rechtszuständigkeit  bevor.  Am  6.Sept  1782  berichtet  Landamtmann 
Dr.  Luther  ttber  diesen  eingenommenen  Augmsehein :  In  Bonames 
habe  er  erfahren  dass  der  Auwald  auf  den  gleichen  Tag  ein  Mark 
Convent  berufen.  Um  9  Uhr  sei  er  mit  Amtmann  Usener  von  Ober- 
nrsel  nach  der  Hohen  Mark  aufgebrochen,  dabei  die  Märkermeister, 
einige  Markschultheissen,  Förster  und  der  Markschreiber.  Am  Mutzeu- 
garten seien  Bauern  mit  Hacken  beschäftigt  gewesen,  welche  zum 
Schein  auf  dem  eingerodeten  Sttiok  arbeiteten.  An  diesem  bereits 
eingerodeten  Stttck  Feld  hätten  etwa  90  Bauern  mit  Hacken,  Schau- 
feln, Karsten  das  Vorgehen  gehindert;  man  habe  ihnen  und  dem 
Schultheissen  vorgestellt  ^dass  man  nur  spazieren  gehe,  dass  man 
nur  die  Gegend  besehen  wolle,  dazu  befehligt  sei,  die  einseitige  Be- 
augenscheinigung schade  ihnen  nichts'.  Sie  hätten  grob  geantwortet: 
es  wäre  ihr  und  ihres  gnädigen  Herrn  Grund  und  Boden.  Einige 
hätten  geschrieen:  schlagt  zu,  schnieisst  ihnen  auf  den  Kopf,  dass  sie 
die  schwere  Noth  kriegen ;  besonders  habe  dies  Martin  Scblnid  ge- 


—    wo    — 

sagt,  auch  der  Schuhheias  troloig  bemerkt^  man  habe  Her  niehts  sa 
ntohen.  So  sei  man  imTerrichteter  Bache  zuiückgegangeiu  Der  Be- 
richt ist  unterzeichnet  von  Kraass  fiir  Königstein;  Useaer  für  Hanau, 
Pfhor  fiU*  Usingen,  Weber  fUr  SolnuhBödelheim,  Krebs  ftir  Beiffen- 
berg,  Luther  ftlr  Frankfnrt.  (Mglb.K  31.  VL  [64]66])  Der  letzte  b^ 
merkte  noch  im  Bericht  es  sei  vorgeschlagen  worden  daa  Ghepfiliiz 
wieder  herauszuscbmeissen;  aber  unter  Bedeckung,  dass  kein  Wider- 
stand von  Seiten  Homburgs  zu  befürchten  sei.  Er  sei  später  nach 
Beiffenberg  geritten,  wo  der  Bentiieiverwalter  Krauss  einen  Vor- 
schlag gemad&t,  „dass  jeder  Theil  suchen  solle  Dislricte  der  Hohen 
Mark  fikr  sich  einzurotten",  der  ^saubere  Vorschlag  auf  den  er  sich 
noch  viel  zu  gut  zu  thun  sdtiene^  sei  aber  verworfen  worden. 

Noch  thealte  Landamtmann  Lnäier  in  dem  Berichte  mit,  der 
Hessen  Hanauische  LandcommisBarius  Zink  sei  beauftragt  wordta 
den  Beairk  imGeheiinen  zu  messen;  er  sei  Nachts  weggeritten,  habe 
ihn  mit  Tagesanbruch  begangen.  Als  er  durch  Homburg  geritten, 
habe  er  den  Begierungsrath  Neuhoff  gesprochen,  der  sich  sehr  über 
den  Vorgang  der  Oberstedter  gekitzelt,  gesagt,  er  sei  im  Haupt- 
quitrtier  zu  Oberstedten  gewesen,  und  sein  Herr  habe  sich  ebenfalls 
nicht  weit  davon  befunden,  es  wäre  hauptsächlich  auf  den  Benthei- 
Verwalter  Krauss  gemttnzet  gewesen,  dass  der  etwas  abbekommen 
möchte.  Es  erhielt  der  Landamtmann  Luther  nicht,  wie  der  Sdiul- 
theiss  Lampert,  einen  Verweis  9,wegen  unanständiger  Schreibart". 

Der  psaubere  Vorschlag^^  des  BentheiverwalterB  Krauss,  so  widrig 
er  auch  dem  Ohre  eines  rechtlichen  Beamten  klingen  mochte,  scheint 
demohngeachtet  den  traurigen  Verhältuissen  angemessen  und  nicht 
anpraktisch  gewesen  zu  sein^.  Es  nahmen  auch  die  Kirdorfer  eine 
Wiese,  die  als  Markgut  verpachtet  gewesen,  für  sich  in  Anspruch. 
(Mglb.  E.  31.  VI.  S.  5.)  Dann  wird  berichtet,  die  Gemeinde  Kirdorf 
habe  uogefiihr  200  Morgen  Hohen  Mark  Gut  eingerodet  zu  Adter- 


9^  Wenn  der  Gedrückte  nirgends  Recht  kann  finden, 

Wenn  nnerträglieh  wird  die  Last  —  greift  er 
Hinauf  getrosten  Muthes  in  den  Himmel, 
Und  holt  hernnter  seine  ew'gen  Rechte, 
Die  droben  hangen  nnvcräusserlich 
Und  nnzerbrechlich,  wie  die  S:erne  selbst  — 
D4r  alte  Urständ  der  Natnr  kehrt  wieder, 
Wo  Mensch  dem  lienachen  gegenüber  steht  — 
Zam  letzten  Mittel,  wenn  kein  andres  mehr 
Verfangen  will,  ist  ihm  das  Schwert  gegeben.  — 

SohiUer,  TeU. 


—     Mi     — 

hady  der  cUuuge  SehultheiflB  habe  eridttrt:  Kie  wotttea  6i  ebenso 
mschen  -wie  die  Obmarteder.  Später  erfolgt  AnseigO;  dass  das  Ori 
Doraholsbauseiii  sich  gletchermaMen  ein  beträohtKohes  Stück  Lattd 
▼on  der  Hohen  Mark  abgepftSdEet  hätte ;  sie  wollten  es  n»t  einem 
Onhen  unsiehen^  hätten  es  zam  Theil  schon  siu  Ackerland  gemacht. 
Die  B^erungen  berathen  ob  man  an  die  höchsten  Beichsgmekte 
gehen  soUe^  Hanan  ist  HXr  Znrttckziehnng  des  Eingerodeten,  dlenfalls 
anter  nriKtärischer  Untersttttanng,  aUe  Regierungen  mUssten  angreifen, 
fest  sasammenhaogm  wie  Kletten* 

Aber  es  Uieb  nar  bei  dem  Oerede.  Anf  einer  Conferens  bu 
Frankfort  braebte  Ohurmainz  wieder  den  voraanehnienden  Jagdaetos 
rar  Spraohe.  Vor  allem  aber  wurde  immer  wieder  der,  Theünng 
gedacht,  diese  ktane  niehit  anf  einem  Märkergeding  ausgemacht  wer- 
den, es  sei  Gegenstand  der  ymi  httchst  und  hohen  Herrsdiaften  er- 
nannten depntatoitim.  (Mglb«E.  $1.  II.  29.  Mai  IIW.)  VorgtadkUgm 
wurde  die  Wahlen  der  Märkermeister  ausavsetzen  bis  aur  ThdUng, 
und  Vogteischreiber  Schumann  wurde  1788  durch  Mehrheit  der 
Stimmen  „einstw^en'^  bestellet  die  Markgeschfifte  nach  Treu  und 
Oewissen  zu  besorgen,  welches  derselbe  auch  mit  Handgelöbniss  an- 
gelobet Darauf  wurde  erst  am  10.  Juli  anf  Verwendung  von  Chur- 
mains  der  churflirstl.  Amtsyogt  Seebold  als  Mäikermeister  gewählt. 
Bei  dieser  Gelegenheit  kam  die  Abänderung  des  Märkermeister-Eides 
zur  Sprache,  der  Eid  ffir  Seebold  sei  ein  anderer  gewesen  als  der- 
jenige, welchen  Bauer  1763  abgelegt  Die  eigenmächtige  Abänderung 
sei  präjudicirlich,  sei  auch  bereits  im  Jahr  1767  angemasst  worden. 
Auch  der  Waldschreier  sei  im  Protocoll  ^fllrstHcher"  Waldschreier 
genannt.  Die  hessen-homburgische  Regierung  bemerkt  darüber  kurz : 
die  bisherige  Eidesformul  sei  „gerade  nicht  bei  Händen  gewesen^; 
man  habe  keine  Neuerung  intendirt. 

Im  übrigen  aber  that  die  HomburgischeBegierung  jetzt  so  ziem- 
lich was  ihr  gefiel.  Sie  liess  Schneisen  aushauen,  überliess  von  dem 
gehauenen  Holz  statt  des  Arbeitslohnes  an  die  StedterLeut,  und  ver- 
kaufte eigenmächtig  angebranntes  Holz.  Viele  tausend  Morgen 
wurden  gänzlich  abgeholzt,  Reisig  gemacht  und  zur  Versteigerung 
gebracht.  (Mglb.  E.  31.  V.)  Als  Amtman  Usener  Satisfaction  ver^ 
langt  hatte  wegen  der  Ghrbbheit  der  Stedter  Bauern ,  demonstrirte 
der  Anwalt,  R^er.  Rath  Neuhof  auf  dem  Augenschein  ^nach  seiner 
bekannten  Beredsamkmt*^,  wie  Landamtmann  Luther  berichtet,  ^wdt- 
läuftig  die  unwidersprechliche  Befugniss  der  Oberstedter  Gemeinde 
au  besagtem  Districte  aus  dem  altw  Steinbuche  de  1547".  AlsPro- 
duction  desselben  verlangt  worden,  bedauerte  er  recht  sehr,  dass.  er 


—     »72     — 

solches  mitsimehiiien  veigesseD  habe,  er  könne  desshaib  „die  angeb- 
lichen alten  Steine  nicht  zeigen".  ,,Diese  abennahlige  Impertinens^y 
so  heisst  es  weiter  in  dem  Bericht  an  denBatb,  ^Terdrossnnsso  dass 
wir  nach  Ursel  surückkebrten',  Terabredeten  anf  das  Angehen  eines 
vhöcbsten  Beichsgerichts  zu  dringen,  um  eine  Theüungsoommission  su 
erlangen.    (Mglb.  £.  31.  n.  [185].) 

Die  Schultlieissen  berichten  wieder  und  wieder  dassMarfcthdlang 
das  einzige  Heilmittel  sei,  dawider  lehne  man  sich  hombnxgischer* 
seits  mit  allen  Kräften  auf,  weil  man  bloss  auf  Beibehaltung  und  Be- 
förderung des  eignen  Nutzens  und  der  Privatabsichten  das  Augen- 
merk richte.  Der  Anwald  aber  erkllLrte  auf  dem  Märkergeding  Tom 
9*  Juni  1784  er  erwarte  nur  wegen  der  Theilung  bessere  Vorschlftge 
der  Begierungen.  Auf  ein  weiteres  Hahnschreiben  beschwert  man 
sich  homburgischer  Seits  wegen  des  unpassenden  Titels,  ^der  Herab* 
Setzung  bis  auf  den  Grad  eines  Obersten  Märken',  (Mglb.  K  31.  IL 
[217])  yer bittet  sich  diesen  gar  nicht  schicklichen  Ausdruck. 

Französische  Bevolution. — Wer  kann  sagen  wie  dies  jammer- 
volle Treiben  sich  weiter  fortgesponnen,  wie  lange  es  noch  gedauert  hätte, 
wenn  nicht  die.  französische  Bevolution  einen  Biss  in  das  alte  be- 
schauliche Leben  gemacht  und  dem  stagnirenden  versumpften  Ge- 
wässer neuen,,  lebendigen  Lauf  gebracht  Jeder  Versuch  die  alten 
Missbräuche  abzuscbafien  missglUckte.  Der  Markförster  Groh  wurde 
abgesetzt,  weil  .er  in  den  Jahren  1793 — 1794  nicht  einen  einzigen 
Lastträger  zur  Büge  gebracht.  DasAint  Bergen  beantragte  Abschaf- 
fung der  pflichtvergessenen  Bauemförster.  Ein  neuer  „sehr  recht- 
schaffener, gelernter  Förster^^  wurde  von  dem  ganzen  Mark-Convent 
angestellt,  versäumte  aber  die  Landesherrscbaft  um  die  Erlaubniss 
der  Niederlassung  inBeiffenberg  anzugehen,  „wahrscheinlich  wurden 
d^shalb'^  die  frevelnden  Märker  im  stillen  von  den  Beamten  unter- 
stutzt,  (Mglb.  E.  31.  y.  S.  161.)  es  wurde  von  den  Bassenheimischen 
Ortschaften,  wie  es  hiess  „ein  Bebellionsbiindniss  abgeschlossen"  den 
Förster  Strobel  nicht  in's  Logis  aufzunehmen;  als  er  nach  Amolds- 
hain  einem  Frevler  nachging,  wurde  er  angegriffen  und  erbärmlich 
geschlagen.  Die  alten  Herkommen  wurden  mehr  und  mehr  ausser 
Acht  gelassen;  im  Jahre  1789  berichtet  Land- Amtmann  Luther,  das 
Märkergeding  sei  nicht  auf  der  Auw  gewesen,  sondern  in  des  Mär- 
kermeisters  Seebold  Behausung,  nicht  öffentlich  ^.  Holzzettel  wurden 


^<  Dss  Protoooll  vom  10.  Juni  1789  sagt  trotzdem ;  „Actum  Ober  Ursel 
»auf  dsr  Aue**. 


—     473     — 

eingtAlhrt;  und  Ton  den  Märkermentmi  dgenmächtig  vericauft.  In 
einem  Berichte  hekst  es:  der  neue  Hlirkermeister  Seebold  habe  sich 
trots  aller  Versprediimgen  unglaublich  geändert,  schreibe  Waldzettel 
Lallten;  die  gar  keine  verlangt^  oder  die  Ton  dem  Märkermeister 
Holzmann  abgewiesen  worden^  habe  erkläret  dass  die  Theilting  der 
Mark  niemals  zu  Btande  kommen  werde.  In  einem  Schreiben  von 
Hombnrg  d.  7.  Nov.  1803  heisst  es:  Man  habe  diesem  «Unfug  Ein* 
halt  thim  wollen^;  Mannschaft  sei  beordert  worden  diejenigen;  welche 
sieh  mit  solch  nichtigen  Anweisungen  beholrigen  wollten^  gleich  Frev- 
lern einzutrüben. '  Desä  Förstern  wurde  verboten  ktknftig  die  Befehle 
der  Märkermeister  noch  zu  respectiren  „indem  dieselben  nichts  mehr 
in  der  Mark  zu  befehlen  hätten"".  (Mglb.  E.  31.  III.  S.  50.  S.  62.) 
Darauf  hätten  die  Förster  die  Anweiszettel  der  Märkermeister  tia- 
rtickgegeben.  Der  Bttchsendpanner  Lotz  sei  mit  Mannschaft  aus  den 
Homburgrer  Ortschaften  zur  Aufsicht  nach  der  Hohen  Mark  geschickt 
worden ;  mit  dem  Auftrag  jeden  Märker  der  einen  Ausweiszettel  von 
einem  Märkermeister  habC;  sogleich  einzutreiben.  Dieser  habe  mit 
16  Mann  einen  Ober-Urseler  festnehmen  wollen ,  das  habe  Lärm  ge- 
geben ^  Amts- Vogt  und  Märkermeister  Hilt  habe  8  mal  Sturm  läuten 
lassen^  und  sei  mit  40  bis  50  Bewaffneten  in  die  Mark  gegangen  „da 
dann  die  Homburger  von  ihrem  Vorhaben  abliessen  und  davon  liefen^. 

Darauf  wurde  Hilt  als  Märkermeister  und  als  ConventsmitgKed 
von  Homburg  nicht  mehr  anerkannt;  Hilt  habe  den  geschwomen 
Eid;  „dem  Obristen  Herrn  und  Waldpotten  in  Sachen,  die  Mark  be- 
treffend,  unterthänigsten  Respect  zu  bezeigen*,  verletzt  Es  sei  Sache 
der  Herrschaften  noch  vor  der  Theilung  gemeinsame  Massregeln  zu 
ergreifen,  dass  unter  den  MarkofScianten  Ordnung,  unter  den 
Märkem  Buhe  erhalten  werde.  Märkermeister  Hilt  sucht  sich  zu^ 
rechtfertigen  dass  sein  Verfahren  allein  „die  Bettung  der  angetaste- 
ten Gerechtsamen  des  Mark  -  Convents  und  beider  Märkermeister 
bezielt  habe*.  Justizrath  Hofimann  von  Bödelheim  bemerkt  dazu: 
j^Mag  denen  Markmeistem  von  alten  und  neuen  Sünden  zu  Last 
kommen  was  da  will,  so  sind  Eigenmächtigkeit  und  gewaltsame 
Eingriffe  in  die  Markgerechtsame  von  Seiten  Homburgs  klar  vor 
Augen  und  äusserst  empörend". 

Weit  diplomatisch  schlauer  äussert  sich  Sjndicus  Bachmann  in 
dem  Frankfurter  Gutachten  über  diese  Angelegenheit:  Es  müsse  die 
Absicht  vorherrschen  bei  dem  Theilungsgeschäfte  Buhe,  Einigkeit 
und  Ordnung  zu  erhalten,  desshalb  habe  er  für  jetzt  von  mer 
specifischen  Protestation  „gegen  die  Homburger  Emancipation^'  be- 
sonders wegen  der  Holzzettel,  des  Holzftülens  etc.  abgesehen,  be- 


—    M4     — 

rthre  nicht  die  im  Omikle  ULdkerliehe  und  inoompetente  Abfietmmg 
des  Mftrkiermeiaters  Hilt:  ^diesseitige  jnra  kdimeii  tfberdies  de  leiden^ 
sie  würden  auf  das  sweokmässigste  gewaltret^  wem  man  bcidflii 
Theilen  su  Gemttäie  filhrO;  von  allen  Thadutndlongen  abznlaaseD, 
wodurch  die  Mark-Verfassung  angetastet  würde.  £r  mdchte  die  letE- 
ten  Vorfiille  durchauB  als  niobtgeschehen  eraohteii;  oder  den  Mangel 
einer  Instmction  Torwenden,  cBe  Sache  ad  referendnm  xvehmen,  pro- 
testiren  etc.  In  einem  weiteren  Votum  d.  38.  Mai  1604  bemerkt  er: 
Wenn  mächtigere  Sttbide  mit  einander  hadern,  so  ratbe  es  die 
Klugheit,  dass  der  aehwächere  diese  Bivalitit  benütae,  sich  hincinde 
suchen  lasse,  nichts  vergebe  und  mit  keinem  abwerfe.  Solle  sich  die 
Theilung  verschlagen,  so  sähe  man  klärer  warum?  lerne  mehr  die 
jeteige  geheime  Misdinng  der  Charten  kennen,  könne  sidi  her^ 
nach  mit  desto  sicherem  Suocess  an  die  Cordatiores  ansehliesseR 
und  jura  prohibentis  in  causa  oommuni  vertheidigen.  Um 
»wischen  Hessen  und  Nassau  vota  psaria  zu  erhalten,  keinen  Be^ 
sohlusB  auf  dem  Märkerdiog  zu  Stande  kommen  zu  lassen,  rMh 
er  Instruction  sich  vorzubehalten»  Frankfurt  müsse  majora  machen, 
wenn  Nassau,  Bödelbeim  und  Bassenheim  gegen  Hanau,  Darmstadt 
und  Homburg  stimme,  „welches  aber  gegen  unsere  sentimens  an- 
stiesse^.  In  der  Hauptsache  v^rdtLrbe  man  damit  auf  diesem  Wege 
mit  keinem  Theile.  Dieser  Status  würde  das  Theilungsgeschäfk  acce- 
leriren.  (Mglb.  E.  31.  IH.  S.  116  ffi) 

Im  Ganzen  wurde  im  Sinne  dieses  Votums  die  Miashelligkeit 
bdbiandelt;  Märkermeister  Hilt  hatte  erklärt  dass  er  die  ThätlichkMt 
nicht  als  Markmeister,  sondern  als  fürstlich  Nassauischer  Privatdienar 
unternommen  habe;  der  Anwalt  nahm  desshalb  die  frühere  Publika» 
tion  zurück,  hoffte  von  der  fdrstl.  Regierung  Genugthuung  zu 
erhalten. 

In  dem  bezeichneten  Jahre  1804  war  das  Märkerding,  das  her- 
kömmlich hätte  gebiet  werd^i  sollen,  aus  verschiedenen  Ursache 
auch  des  Vor&lls  mit  Hilt  w^en,  abgesaget  worden.  Trotzdem  war 
der  Märkermeister  Hilt,  Justitzrath  Hoffinann  von  Bödelheim,  die 
Usingischen  Schultheissen ,  der  Schultheiss  von  Beiffenberg,  der 
Schultheiss  von  Praunheim,  welcher  in  churhessischen  und  Sohns- 
Bödelheimischen  Pflichten  stand,  der  Solms'sche  Schultheiss  von 
Niederursel,  endlich  die  Frankfurter  Schultheissen  von  Bonames^ 
Nieder- Erlenbach ^  Dortelweil.  und  Niederursel  erschienen.  Nach 
seiner  Instruction  sollte  der  Märkermeister  Hilt  bei  Niohthegung  des 
Märkergedings  statt  des  Anwalts  die  Hegung  und  die  Wahl  des 
Märkermeistets  vornehmen.    S^lms-Bödelheim  wiU  es  aber  nicht  aUU 


—     475    — 

wtmAr  nnt  dnurheasen  Torderbeiiy  möolite  sus  politiMhen  BfidKidb* 
ten  eine  abweiohende  Erklfirung  geben ;  Bttsenheim  und  Frankfurt 
schKeBien  sich  dem  an,  sind  abgeneigt  ,,an  einem  Ton  Hflt  zu  halten- 
den llUrkerding  Theil  jto  nehmen^^,  und  die  betreffenden  SchuHheift' 
sen  ^dabei  abstimmen  am  lassen'.  Die  Sdmhheissen  erhielten  im 
Wink  sich  sinstweilen  auf  die  Aue  aa  verfügen^  die  Beamten  folgten. 
Dort  erklürte  dann  Märkermeister  Hilt:  dass  weil  der  hessische 
Herr  Anwalt  sieh  nicht  eingefunden ,  er  desswegen  ausdrttckUoh  pro«* 
testire,  der  Mark  und  den  Markherrschafteu  alle  Oerechtsame  tot- 
behalten  wolle. 


ächluss.  —  Bereits  in  den  Jahren  1797  und  1798  war  das  her- 
kdmmliehe  Märkarding  ^^politischer,  unabwendbarer  Ursachen  wegen'' 
surflokgesetst,  an  dessen  statt  ein  Markconvent  abgehalten  worden; 
Es  solle  das  keinerseits  zu  einem  Pr&judize  gereichen.  In  den  Jahren 
1807  und  1806  walteten  diese  Umst&nde  „wiewohl  in  etwas  yer«* 
ändert'  wieder  oIk  Die  Märkermeister  und  ScfaultheiBsen  beruhig'» 
ten  sich  theils  bei  der  Erklärung  des  Anwalts,  theils  protestirten  sie. 
Der  Anwalt  bemerkte  dass  er  dem  obersten  Herrn  und  Waldboten 
dies  unterthänigst  hinterbringen,  höchst  dessen  Befehle  erwarten, 
und  selbige  dem  Markconvent  bekannt  machen  werde.  Die  Mitthei- 
Inng  des  Anwalts  Dufais  vom  7.  Juni  1808  hatte  einfach  gelautet: 
gda  die  Hegung  des  diesjährigen  Märkergedings  nicht  vorzunehmen 
fbr  genehm  befunden  worden  ist,  .  .  so  wollte  ich . ,  diese  getroffene 
Maasregel  .  .  bekannt  machen''  etc.  Als  darauf  im  folgenden  Jahre 
am  31.  Mai  1 809  die  Märker  sich  wieder  auf  dem  gebotenen  Märk^- 
ding  einfSEUkden,  wurde  ihnen  ein  Bericht  des  grossh.  hessischen  Hoff- 
Bath  und  Hoheitsbeamten  Trapp  mitgetheih  des  Inhalts:  ^,dem  Un- 
terzogenen zugeetossene  Unpässlichkeit  hindert  ihn  eine  höchste 
Willensmeynung  Sr.  königl.  Hoheit  des  Orossherzogen  von  Hessen, 
Hertzog^i  zu  Westphalen,  in  Betreff  der  Ausübung  der  Bechte  eines 
obersten  Herrn  und  Waldpoten  in  der  Hohen  Mark,  auf  dem  heute 
zu  bähenden  Märkergeding  bei  Oberorsel  gehörig  zu  verkündigen, 
<^e  welche  Verkündignng  die  Hegnng  dieses  öffentlichen  Qerichts 
dermalen  ^„«und  fernerhin'"  nicht  stattfinden  kann'. 

Die  Herrschaften  fanden  dass  wegen  der  ,^o8sherzogL  Hessi- 
schen Anmassung'  welche  auf  mne  Ansprache  auf  die  Bechte  der 
obersten  Staatsgewalt  ttber  die  Hohe  Mark  abziele,  zu  protestiren 


—    476     — 

seiy  und  erliessen  ein  Betchwernngaschreiben.  Sie  hoben  herror  dsM 
kein  Heteischer  Hoheitsbeamter  gegen  Vertrag  nnd  Observans  die 
Stelle  eines  Anwalds  des  Obristen  Herrn  Waldbotten  vertreten  könnte 
nnd  drangen  auf  beruhigende  Erklärung.  Auf  dem  Märker -Convent 
▼om  12.  Sept  protestirten .  auch  die  MilrkermeiBter  und  die  Schult- 
heissen  Neuhof  yon  Benames  und  Brück  von  Betffenbei^. .  Der  Au- 
wald proponirte  dieses  Jahr  nur  fOr  Holzträger  und  Scbübkärcher 
HoljEtage  zu  gestatten,  indem  diese  Klasse  von  Märkern  vorsüglich 
zu  berfiidcfiichtigen  wära  Allein  die  Märkenneister  Hilt  und  Henning 
sowie  die  Schultheissen  Neuhof  von  Bonames^  Hirschner  TonPfraim* 
heim  und  Brück  von  Reiffenberg  widersetzten  sich  dem  volksthttmeln- 
den  Vorschlage;  gerade  die  bezeichneten  Märker  beholzigten  sich 
tagtäglich  y  mit  Hintansetzung  aller  Markordnungen ,  sie  sorgten  ffir 
ihr  eignes  BedUrfniss  und  verkauften  noch  so  viel  von  dem  gefrevel- 
ten Holze ;  dass  sie  mit  ihren  Familien  alleinig  davon  lebten.  Dies 
sei  unwiderleg^che  Thatsache  und  aus  den  Bügeregistem  zu  ersehen. 
Die  Fuhrleute  als  die  wohlhabendiere  Classe  der  Märker  bezögen 
ausser  den  Waldtägen  nicht  den  geringsten  Nutzen  aus  der  Mark. 
Sonach  wurde  mit  Widerspruch  des  Auwalds  und  des  Schultheissen 
Birkenstock  von  Homburg  zur  Begulirung  der  Hplztäge  ge- 
schritten. 

ImOotober  lief  ein  Antwortschreiben  vonGKesen  ein;  die  grossh. 
hess.  Begierung  verwunderte  sich  über  die  getiianen  Aeusserungen, 
es  sei  eine  bekannte  Sache  ^  dass  das  landgrftfl.  Haus  Hessen -Hom- 
burg die  Landeshoheit  und  Territorialgerechtsame  über  die  Hohe 
Mark  von  jeher  behauptet^  und  actenkundig  in  deren  Besitz  sich  befan- 
den; so  könne  über  die  „durch  die  neueren  politischen  Verände- 
rungen^^ Sr. .  königl.  Hoheit  zugefallenen  Souverftnitätsrechte  ein 
Zweifel  nicht  entstehen.  Gegen  eine  solche  Bechtsdeduction  hätte 
vielleicht  eingewendet  werden  können^  dass  das  Amt  eines  Waldpot- 
ten  nicht  an  den  blossen  Besitz,  sondern  an  den  rechtlichen  Besitz 
von  Homburg  geknüpft  gewesen;  eine  ftlrstl.  Primatisohe  Regierung 
konnte  aber  nichts  anderes  erwidern, '  als  dass  man  einer  Ausdeh- 
nung jener  befragten  Rechte^  weiter  als  dem  Herkommen  nach  zu- 
lässig, wehren  -würde. 

Schuliheiss  Neuhoff  von  Bonames  überrdohte  am  7.  Nov.  1809 
ein  ihm  von  dem  Auwald  der  Hohen  Mark  zugekommenes  Circulär, 
Inhalts  dessen  Se.  k.  Hoheit  der  Grossherzog  zu  Hessen  sich  be- 
wogen gefunden  habe,  des  Herrn  Landgrafen  ^on  Hessen-Homburg 
hochfttntL  Durchl.  bei  den  veränderten  Umständen  einstweilen  den 
Auftrag  zu  ertheilen^  dieBeehte  des  Obersten  Herrn  und  Waldbottoi 


—     »77     — 

in  der  Hohen  Mark  211  wahren  nnd  aaBznttben.  Der  Senate  indem 
er  den  Empfang  der  Anzeige  bemerkt;  verwahret  sich;  dase  aus  der 
über  den  Herrn  Landgrafen  erlangten  Souveränität  in  Beziehung 
auf  dessen  Würde  als  Oberster  Waldbott  ein  mehreres  nicht  gefol- 
gert werde, .  als  was  dem  Herkommen  und  „dem  Markverein^'  ge- 
mäss sei. 

Es  lief  Beschwerde  ein  dass  in  der  Hohen  Mark  19  Wagen  Holi 
auf  Anweisung  des  fürstl.  Anwiüds  zu  Homburg  Air  die  Of&ciere  der 
Besatzung  und  die  dortigen  Wachten  gefilllt  und  durch  Frohnd- 
fubren  abgefahren  worden.  Ein  nachdrückliches  Schreiben  wegen 
des  Eingriffs  in  die  Gemein-Eigenthum- Gerechtsame  der  Bethei- 
ligten sollte  desshalb  an  die  hessische  Begierungzu  Giessen  ei4assen 
werden;  mit  dem  Verlangen  dass  derWerth  des  gefkUten  Holzes  den 
betheiligten  Gemeinden  ersetzt  werde.  Es  heisst  in  dem  Schreiben 
dasS;  nachdem  der  Herr  Landgraf  von  Homburg  j^denen  jetzt  be- 
stehenden staatsrechtlichen  Verhältnissen  gemäss^  dem  grossherzog- 
lich hessischen  Hause  wie  in  jeder,  also  auch  j^ux  der  Eigenschaft 
eines  obersten  Waldbothen  und  Mitgenossen  der  Hohen  Mark;  sub- 
ordiniret  und  unterworfen^  sei;  die  grosshersogl.  hessische  BrCgierung 
solche  Verfägungen  an  gedachten  Herrn  Landgrafen  von  Homburg 
ergehen  lassen  mögO;  damit  dergleichen  den  Bechten  der  Markge- 
nossen;  wie  auch  ^den  bestehenden  Märkerdlngen^^  schnurstracks 
zuwiderlaufende  Eiogriffe  unterblieben.  Die  Besorgniss  wegen  Ter^ 
ritorialer  Eingriffe  war  zwar  stets  wieder  der  leitende  Gedanke;  aber 
die  Bechte  der  Unterthanen  wurden  doch  in  den  Vordergrund  ge- 
stellt. Während  alle  Eechte  der  Hohen  und  der  Herrscher  mit 
Füssen  getreten  wurden;  behielt  ein  Becht;  Jahrhunderte  hindurch 
angegriffen  und  verletzt;  immer  nochWerth; —  das  altC;  gute  Hecht 
der  Märker!  Die  Untergebnen  des  Französischen  Kaisers  suchten  sich 
die  alten ;  ehrwürdigen  Bezeichnungen  mundgerecht  zu  machen, 
sie  fochten  damit;  wie  Kinder  in  alten  Büstungen  mit  den  verroste- 
ten Schwerten  umherhauen.  Sowie  über  die  Markverhältnisse  eine 
Verfügung  zu  treffen;  denselben  irgend  ein  Verhältniss  anzupassen 
war,  trat  immer  wieder  vor;  wie  ein  drohendes  Gespenst,  —  das 
alte  gute  Becht! 

Es  wurde  den  beiden  Archivaren  Dr.  F.  Max.  Stark  und  J.  G. 
Chr.  Thomas  der  Auftrag  darüber  zu  berichten  >  wie  es  sich  mit  den 
Landeshoheitsrechten  der  Hohen  Mark  eigentlich  verhalte.  Li  wenigen 
Wochen  lieferten  sie  einen  vortrefflichen  Bericht,  in  welchem  der 
Nachweis  zu  erbringen  gesucht  wurde,  dass  die  von  Homburg 
angesprochene  Landeshoheit  über  die  Hohe  Mark,  demselben  nie 


—    »78     - 

üugastaiideQ  ^'.  Die  fÜrBÜ.  GommiaBion  sprach  der  Arbeit,  welche 
men  den  Archivaren  ssur  Ehre  gereichenden  Beweis  ihres  Fldsses 
enthalte,  das  Wohlgefallen  EminentiBsimi  aus,  wünschte  dass  noch 
angegeben  werde,  was  sich  in  dem  Archiv  tLbw  den  Ursprung  und 
Geschichte,  wie  das  ehemalige  kaiserliche  dominium  der  Hohen 
Mark  an  die  markbetheiligten  Gemeinden,  riicksichüich  des  Privat- 
jBigenthums,  und  anderen  Herrschaften  oder  Obrigkeiten  behu&  der 
Gerichtsbarkeit  oder  Landeshoheit  ^verschenkt  oder  überlassen^  wor- 
den sei.  Wenn  auch  über  diese  Fragen  zum  grossen  Theil  nur  auf 
Hypothesen  und  Vermuthungen  hingewiesen  werden  konnte,  wurde 
doch  auch  diesem  Berichte  die  gebübrende  Anerkeamung  zu  Theil, 
er  enthalte  von  den  Kenntnissen  und  dem  Fleisse  der  Verfasser  das 
rühmliche  Zeugniss,  werde  später  gegen  die  homburgbchen ,  modo 
grossherzoglidi  hessischen  Prätensionen  zu  benutzen  sein.  (Mglb.  £. 
31.  yiL  acta  commiss.  general.) 

Die  Verhältnisse  der  Hohen  Mark  hatten  sich  durchaus  geändert, 
aber  der  genossenschaftliche  Geist  war  desshalb  nicht  wiederge- 
kehrt, und  die  kleinlichen  Eifersüchteleien  der  Begierungen  waren 
geblieben. 

Im  Mai  1810  wollte  der  Anwalt,  nachdem  mit  Zustimmung  der 
Märkermeister  400  Ehiufen  Stnmpfholz  und  24000  Wellen  aufgebun- 
den worden,  dies  Holz  zum  Besten  der  Markkasse  versteigern.  Aus 
seinem  abschriftlich  bei  den  hiesigen  Akten  liegenden  Berichte  geht 
hervor  dass  der  Schultheiss  von  Bonames  gegen  dies  angeblich  ein- 
seitige Verfahren  protestirt,  darauf  die  anwesenden  Märker  dreister 
geworden  ^völlig  hörbar'  erklärten,  wie  sie  jeglichen  Steigerer  stei- 
nigen wollten.  Da  diese  Aeusserung  bei  jedesmaligem  Ausbot  eines 
Holzhaufens  wiederholt  wurde,  „der  Lärmen  auch  merklich  zunähme, 
so  bliebe  nichts  anderes  übrig,  als  sich  nach  Hause  zu  begeben*. 
Den  betreffenden  Aktenstücken  findet  sich  von  Minister  v.  Eberstein 
die  Bemerkung  aufgeschrieben:  ^der  diesseitigen  Protestation  sind 
übrigens  alle  andern  Märker  beigetreten,  und  H.  Düfais  —  welcher 
sogar  hessische  Soldaten  herbeirufen  wollte,  um  seine  Operation 
durchzusetzen  „war  am  Ende  froh  mit  heiler  Haut  davonzu- 
kommen'. 


^  Wenn  auch  die  Arbeit  eine  Partheisohrift  genannt  werden  mnss,  so  ist 
doch  sn  bedauern,  dass  sie  in  dem  Archiv  vergralien  und  vergessen  ge- 
blieben ist. 


—    47»     — 

Die  Theihiog  der  Mark  kam  frtther  m  dar  Seolbei^er,  Erlaa- 
bacher  als  in  der  Hohen  Mark  au  Stande.  Bereite  in  den  Jabiw 
1780  bis  1784  war  in  ersterer  lebhaft  deathalb  verhandehi  dann 
Anstellung  einer  Thölnngddage  beachloBsen  worden.  Diese  wer  an- 
terblieben.  Erst  nach  der  französiaohen  Bevolution  wurde  die  Thei- 
lung  wieder  angeregt^  diesmal,  im  Jahre  1800,  von  Hombmrg  selbet, 
,iam  denen  durch  den  Druck  des  Krieges  Tcrarmten  UnterthaneoL 
wieder  aufzuhelfen^.  Homburg  hatte  zuerst  den  vierten  Theil  der 
Mark  nebst  dem  ganzen  tTagdrecht  verlangt,  im  Laufe  der  Verhandr 
jungen  erhielt  es  %  oder  soviel  als  ein  Dorf  erhalte,  und  zwar  im 
Spiss,  dem  besten  Markwalde.  Das  übrige  wurde  queorUber  getheilt  na<Ai 
Ortschaften,  doch  so  dass  Ober-Erlenbacb,  die  stärkste  Gremraide^ 
em  aversionale  von  40  Morgen  darüber,  Friedrichsdorf  aber  nur  V^ 
des  Flächengehaltes  den  jede  der  übrigen  6  Gemeinden  zugemesaw 
bekapi,  erhielt  Die  bisherige  Gemonschaft  der  7016  Morgen  halten- 
den Markwaldung  solle  aufhören,  und  dergestalt  aufgehoben  bleibea, 
dass  d^  einer  jeden  Gemeinde  zufSftUende  Betrag  quoad  jura  terrir 
torialia  et  regalia  der  betre£fenden  Landesherrschaft,  aber  quoad 
dominium  privatum  dieser  Gemeinde  daselbst  zugel)öre.  Der  Land*- 
graf  erhielt  sdnen  Theil  quoad  jura  territorialia  et  regaUa  und  quoad 
dominium  privatum  als  praecipuum  zur  Entschädigung  dessen,  was 
er  durch  diese  Theilung  verliere.  Es  ist  unnöthig  hier  w^ter  in  die 
Einzelheiten  des  Vertrags  einzugehen.  Durchführung  allenfallsiger 
Ddinquenten  und  Cadavers  war  ausdrücklich  darin  bedaeht.  Unter^ 
zeichnet  war  er  am  14.  Aug.  1802 
für  Hessen- Cassel  durch  Beg.-Bath  v.  Meyerfeld, 
yj  Hessen  -  Homburg  ,  Beg.-Bath  v.  Sindair  u.  Amtsrath  Haup^ 
0  Sohns -Bödelheim  ,  E.  W.  Hoffinann,  Justizralh, 
„   Frankfurt  ,,     J.  C.  Dietz,  Land-Amtmann, 

„  Jngelheim  „     Hofrath  von  Eonenberg,  Amtmann. 

Die  Gemmnde-Vorstände  hatten  im  Voraus  fllr  sich  und  für  die 
Gemeinden  das  Einverständniss  ausgesprochen.  (Mglb.  E.  30.  6.) 

Auch  in  der  Hohen  Mark  hatte  im  Jahre  1802Hombni^  wegen 
dessen  Ansprüchen  in  früheren  Jahren  die  Theilung  ver^telt  ge» 
blieben,  selbst  wieder  Theilungsvorschläge  gemacht.  Die  grossen 
Ereignisse  welche  im  deutschen  Reiche  kurz  nachher  stattfanden, 
sollten,  so  hoffle  man,  das  Vorhaben  beschleunigen.  Die  Zahl  der 
^uvwaina  in  der  Hohen  Mark  sei  auf  vier  reducirt;  der  Gfross- 
herzog  habe  nun  die  Mittel  in  Händen,  Theilung  zu  bewirken.  Syn- 
dicus  Bachmann,  der  Referent,  hält  es  für  wünschenswerth  dass  die 
Frankfurter   Ortschaften  mit  3000  Morgen,  auch  ungemessen,  sich 


—     480     — 

begnügen^  der  Best  der  Aiueiaandersetsimg  dem  hesaischen  Gesanunt- 
httose  mit  Nassau  überlassen  bliebe. 

Am  20.  Febr.  1810  erliess  die  grosshensoglich  hessiscbe  Be- 
giernng  zu  Giessen  ein  Antwortschreiben  w^en  der  schwebenden 
Frage  der  Theilnng;  sie  bemerkte  dass  sie  weit  entfernt  sei,  der 
erwünschten  Vertheilung  der  Mark  Schwierigkeiten  in  den  Weg  zu 
legen.  Da  es  aber  eine  bekannte  Sache  sei,  dass  der  Herr  Landgraf 
cn  Homburg  „sich  wenigstens  in  einigem  Besitz  der  angesprochenen 
laadeshoheitlichen  Bechten  über  die  Mark  bis  auf  die  neueste  Zeiten 
erhalten'  so  vermöchte  die  Begierung  die  von  demselben  behauptete 
Gerechtsame  ebensowenig  geradezu  aufzugeben,  wie  sie  die  Wider- 
sprüche noch  zur  Zeit  für  ganz  begründet  anerkennen  könne.  Sie 
stellt  es  dahin  ob  d^  Augenblick  der  geeignete  zur  Theihmg  sei 
bei  der  unentschiedenen  Lage  des  FUrstenthums  Hanau.  Die  her- 
zoglich nassauische  Begierung  drängte  auf  eine  Theilnng,  da  auch 
die  Cronberger  Mark,  wobei  die  Hanauische  Gemeinde  Steinbach 
betheiligt  gewesen,  getheilet  worden  sei;  inzwischen  erfolgte  die 
Besitzergreifung  des  FUrstenthums  Hanau,  die  beiden  Eschbach  wur- 
den yon  Seiten  der  fürst-Primatischen  General-Commission  provisorisch 
in  Beschlag  genommen,  von  dem  k.  Oommissaire  aber  nicht  g^rantirt 
Sie  gehörten  zum  Amte  Bodheim,  wesshalb  Hessen  protestirte.  Die 
Entscheidung  wurde  dem  Kaiser^  zur  Entscheidung  vorgelegt.  Auch 
wegen  Beiffenberg  war  noch  Ungewissheit ;  Staatsrath  Seeger  be- 
merkt in  seinem  Gutachten,  dass  Herr  Graf  vpn  Bassenheim,  soviel 
er  wisse,  in  Ansehung  jenes  Dorfes  unter  hessischer  Souveränetftt 
.  stehe.  —  Bei  den  weiteren  Verhandlungen  über  diese  Theilungs- 
aogelejgenheiten  bemerkte  Minister  v.  Eberstein  in  einem  votum,  dass 
es  sich  allerdings  mehr  um  das  Communalinteresse  der  Mark- 
betheiligten ,  als  um  Behauptung  von  Territorialitätsansprüchen 
handele,  es  würde  aber  Hessen,  wenn  es  in  den  Besitz  der  beiden 
Eschbach  gesetzt  sein  werde,  eine  ganz  andere  Sprache  als  bisher 
führen,  und  namentlich  die  Territorialität  in  der  Hohen  Mark  sehr 
nachdrücklich  ansprechen.  Nassau  wollte  die  vorbereitenden  Arbeiten 
beginnen,  Hess^i  verwies  auf  den  nahenden  Winter.  (Mglb.  E. 
31.  V.) 

So  kam  es  erst  im  Jahre  1813,  nach  vielen  und  langen  uner- 
quicklichen Verhandlungen,  zur  Theilung  der  Hohen  Mark.  Auch 
hier  erhielt  der  Waldpott  einen  bestimmten  Antheil  an  den  34509 


^  Dem  franaösisohen  f 


—     481     — 

Morgen;  im  übrigen  aber  wurde  die  Kopfzahl  der  4444  Märker  be- 
rücksichtigt; auch  Juden;  Mühlen;  Höfe  in  bestimmter  Weise  ein- 
gerechnet. Am  23.  Sept.  1813  nach  vollzogener  Grenz-Absteinupg 
leerten  die  Theilunggconmiissäre  auf  dem  Gipfel  des  Feldbergs  noch 
einmal  den  Markbecher  welchen  im  Jahre  1623  Johannes  Marien- 
baum und  AboloniaGleserin  gestiftet^';  ein  yielhunder^ähriger  recht- 
licher Zustand  war  gelöst  worden;  einem  jüngeren  Geschlechte  blieb 
es  anheimgegeben  auf  neugeschaffener  Grundlage  die  rechtlichen^ 
Verhältnisse  fortzubauen. 

Es  fuhrt  uns  diese  Geschichte  der  IrrungeU;  welche  über  die 
Verwaltung  und  Nutzung  der  Hohen  Mark  im  Herzen  unseres 
Vaterlandes  entstanden;  vor  Äugen ;  wie  unser  Volk  mit  treuer 
Anhänglichkeit;  aber  auch  mit  kluger  Vorsicht  lange  die  eignen 
Sitten  und  Gewohnheiten  gewahrt;  wie  die  Gewalt  über  das  Recht 
triumphirt;  aber  auch  so  noch  Jahrhunderte  dahinflossien;  ^he  die 
alte  ehrwürdige  Verfassung  beseitijgt  und  eine  Grundlage  zur 
neuen  Gestaltung  der  Verhältnisse  gelegt  werden  konnte.  Diese 
Geschichte  eines  kleineren.  Theils  erfüllt  uns  mit  froher  Zuversicht 
ftLr  die  Zukunft  des  Gesammt-Vaterlaiides.  Mit  jugendlicher  Kraft 
stehen  die  zerrissenen  Theile  desselben  wieder  auf;  sie  suchen  nach 
dem  alten  Becht  und  der  alten  SittC;  überzeugt  in  derselben  auch 
die  alte  Grösse 'imd  Herrlichkeit  Deutschlands  wieder  zu  gewinnen. 
Was  Jahrhunderte  noch  überdauert  als  es  gebrochen  war;  kann  nicht  in 
eiiiem  Lebensalter  neu  gebaut  werden ;  unberechtigt  ist  die  Klage 
dass  die  Neugestaltung  nicht  in  dtiem  Jahre  zur  Vollendung  ge- 
bracht worden.  Unserer  Generation  ist  die  erhebende  Aufgabe  ge- 
worden den  edlen  Stolz  des  Volkes  wieder  zu  beleben,  den  Sinn  für 
das  Hecht  wieder  zu  wecken^  neue  Formen  flbr'das  alte  Be^ht  zu 
schaffcQ. 


»9  Vergl.  die  Hohe  Mark  im.Ta^nlus/in  dies.  Archiv  II.  S.  360. 


31 


Inhalt 


Seite 

Ansiedelungen  an  der  Hohe.    Oberursel 351 

Die  Hohe  Mark,  ihr  Umfang,  ihre  Abtheilang     :       .       .       .       .  2&9 

Urkandiiche  Quellen 262 

Die  Märker 268 

Der  gemein  Märker 273 

Die  Ortschaften 274 

Die  Frauen 279 

Der  Adel  und  die  SchU>8Ber 279 

Die  Geistlichen 288 

Der  Waldbott 291 

Die  Beamten  des  Waldbotten 306 

Die  Obrigkeiten  oder  Herrschaften 309 

Ihre  Beamten:  die  Sohnltheiase 330 

Die  Bürgermeister                              331 

Die  Märkermeister 333 

Das  Märkerding  344 

Die  Weisungen  347 

Gränabestimmangen  gegen  die  Feldmark  und  gegen  die  Aosmark  355 

Verfügung  über  die  Berechtigung  zur  Mark     ....  360 

Der  Kessler  zu  Bonames 370 

Ausmärker 381 

Der  Theidigungstag 383 

Benutzung  der  Mark 393 

Das  Boden.     Bau-  und  Brennholz.     Gewerbe.     Holzbestand. 
Aulsicht.    Jagd.  Eckern.  Fischerei. 

Aenderüng  der  Mark  Verfassung 404 

Beeinträchtigung  der  Märker.    Zolhitöcke.    Sohweinetrieb  413 

Die  Hühnburgswieeen 422 

Folgen  des  30jährigen  Krieges 427 

Landgraf  Friedrich  mit  dem  silbernen  Bein 438 

Die  Waldenser. 

Versuche  der  Regierungen.    Protestationen.    Schadloshaltung  441 

Entsittlichung 449 

Die  Beamten.    Die  Märker.    Der  Stierstädter  Gewaltthat. 

Verhältnisse  der  Seulburg-Erlenbacher  Mark                       . '      .  457 

Friedrichsdorf.    Vergleich  zwischen  Hessen  und  Ingelheim. 
Auflösung  der  Ordnung  in  der  Hohen  Mark.  Elnrodungen.  Versuche 

einer  Theilung      . 466 

Die  französische  Revolution 472 

Schluss 475 


Beiträge 

zur  GeschicUe  des  Collegiatetlfts  Moxstadt 

ans  dem  Frankfurter  Stadtarchive 


von 


Dt.  lä.  H.  Suler. 


Ueber  das  ehemalige  üollegiajtotift  Moxstadt  finden  sich  in  ge- 
druckten Werken  nur  wenige  Nachriehten.  Gudenus  hat  in  der 
Sjlloge  variorum  diplomatariorum  (Frankf.  1728)  S.  558  den  Stiftungs- 
brief  veröfientlieht  und  mit  einigen  Bemerkungen  begleitet  Danach 
haben  Hildigunt  und  ihr  älterer  Bruder  (senior)  Hartmann  ihr  eigen- 
tiitünliches  Gut  Odoldeshnson  der  Kirdie  des  h.  Donatus  in  dem  Ort 
(oppido)  Muggistat  geschenkt;  fhr  die  Kirche  die  Körper  fünf  heiliger 
ICärtirer  erworben  and  in  demselben  Orte  eine  sancta  congr^;atio 
errichtet;  auch  den  ehrwürdigen  Mann  liuthar  bestimmt;  dem  Orte 
ad  Dei  servicium  secundum  canonico^um  regulam  ordinandam  vorzu- 
stehen. Die  Urkunde  ist  nicht  datirt;  sie  rtüirt  aber  noch  aus  dem 
10.  Jahrhundert  her  und  Ghidenus  gibt  aus  dem  von  ihm  zu  Mainz 
eingesdhenenNecrologe  desStifks  aU;  dass  die  Stifter  idemGeschleohte 
dei*  Dynasten  von  limpurg  an  der  Lahn  angehört  haben.  Er  fügt 
bei;  dass  die  viUa  Muggistat;  jetzt  Mozstadt;  in  der  Wetterau  gelegen; 
dem  hitherischen  Glauben  anhange  und  eine  Pfarridrehe  habC;  nem- 
Uch  die  frühwe  CoUe^tkirche  der  heil.  Geoi^;  Martin  und  Donat : 
obwohl  aber  das  coUegium  caaonioorum  seine  Sorche  verloren;  so 
bestehe  es  doch  fort  und  seien  seine  Mitglieder  zeitweilig  (passim) 
die  Canoniker  von  St.  Bartholomäus  zu  Frankfurt;  welche  auch  die 
übriggebliebenen  Einkünfte  bezögen.  Busch ing  (neue  Erdbe- 
schreibung; Hamb.  1768;  Thl.  3.  S.  1253)  gibt  bei  Beschreibung  der 
Grafschaft  Ober-Ysenburg  aU;    dass  die  gräfliche  Linie   Ysenburg- 

Büdingen  unter  Andeorm  auch  daa  Gericht  Mockstatt  besitze;  wdches 

-,  .  81»  ' 


l\ 


\ 


—    *8*    — 

eigentlich  ^  Yiertel  d^  Ganerbschaft  Staden  aei^  1662  dem  gräf- 
lichen HäuBe  zugetheilt  worden  und  vom  Erzatift  Mainz  zu  Leh^i 
gehe:  zu  diesem  Gerichte  gehörten  die  Dörfer  Ober-  und  Nieder- 
mockstatt,  an  dem  ersten  Orte  sei  ein  den  h.  Martin  und  Donat  ge- 
widmetes Collegiatstift  gewesen,  welches  später  mit  dem  Stifte  St. 
3artholomäi  zu  Frankfurt  vereiniget  worden  und  den  Dechaneihof 
sammt  andern  Höfeu;  Gütern  und  Renten  besitze :  zu  Nieder-Mock- 
statt  befinde  sich  der  Probsteihof :  die  g^sammten  geistlichen  GefSlle 
erhebe  das  gräfliche  Haus  Büdingen  gegen  eine  jährliche  Abgabe^. 
Würdtwein  endlich  erwähnt  des  Stifts  Moxstadt  an  zwd  Stellen 
seiner  Diöcesis  moguntina,  tom  Uly  (Mannb.  1777),  S.  96  und  22& 
An  erster  Stelle  wird  gesagt,  nicht  weit  von  Staden  li^^  die 
CoUegiatkirche  von  Moxstadt,  den  h.  Martin,  Donat  und  Nazarius 
geweiht,  deren  Probst  das  Stift  des  Orts  (coUegium  oppidi)  und  den 
Ort  selbst,  die  Pfarrei  allda,  die  Capelle  in  Banstadt,  das  Dorf 
Nieder-Mockstadt  und  die  umliegenden  Höfe  unter  seiner  (geistlichen) 
Jurisdiction  habe,  die  Sende  halte,  alle  Maasse  prüfe,  die  Ueb^- 
schreiter  bestrafe,  einem  Canonious  das  OüScialat  übertrage  u.  s.  w., 
so  dass  also  diese  Kirchen  von  dem  Archidiaconate  der  CollegiaA- 
kirche  der  Jungfrau  Maria  zu  den  Greden  in  Mainz  eximirt  seien. 
An  der  andern  Stelle  aber  werden  nur  zehn  auf  Moxstadt  bezttgUohe 
Urkunden  gegeben.  Alle  diese  Urkunden  und  was  sich  sonstwo  be- 
sonders in  einzelnen  Staden'schen  Deductionen  Tor£uid,  hat  Scriba 
in  den  Begesten  der  hess;  Urkunden  yerzeiclmet  Ausserdem  ent- 
halten auch  die  Hessischen  Urkunden,  her.  von  Baur,  im  dritten 
Bande  (Darmst.  1863)  drei  aus  dem  hiesigen  Archive  mitgeth^lten 
Moxstadter  Urkunden. 

Diese  wenigen  Nachrichten  über  die  Moxstadtear  CoUegiatkirche 
erhalten  nun  eine  ansehnliche  Bereicherung  durch  das  Archiv  des 
Stifb,  welohes  sich  in  dem  Frankftirter  Stadt- Archive  befindet  Das 
Stift  sah  sich  nämlich  gegen  das  Ende  des  16.  Jahrhunderts,  ojSenbar 
in  Folge  des  Uebertritts  der  ganzen  dortigen  Gegend  zur  Be- 
formation,  genöthigt,  sein^i  bisherigen  Wohnsitz  zu  vwlassen.  Es 
begab  sich  damals  nach  Frankfurt,  behielt  aber  seine  in  Moxstadt 
und  der  Umgegend  belegenen  Ghiter  und  Zehnten,  und  verwaltete 
diese  von  Frankfurt'  aus.  Hier  fand  es  in  dem  St  Leonhards^Stifte 
^üen  bleibenden  Sitz   und  sein  Archiv  wurde  in  demjenigen  des 


1  Walt  her,  das  Grossh.  Hessen,  Darmst  1854  erwähnt  S.  ÜB  bei  den 
Angaben  über  Nieder-  und  Obermoekstadt  das  ehemalige  Stift  nicht 


—    485     - 

Leonhards-Stiftefl  untergebracht.  Ab  in  Folge  der  Secularisation  (1803) 
die  Reichsstadt  Frankfort  das  Leonhards-Stift  einzog,  kam  mit  dessen 
Archiv  zugleich  auch  dasjenige  des  Stifts  Moxstadt  in  den  Besitz 
der  Stadt  Dasselbe  war  mit  den  Gütern  nnd  Gefällen  dieses  Stifts 
der  Fall,  welche  später  durch  Kaufv^ertrag  vom  25.  Juli  1846  von 
der  Stadt  an  den  Fürsten  von  Isenborg-Büdingen  um  den  Preis  von 
fl.  40,000  verkauft  wurden.  iEs  ergibt  sich  hieraus,  dass  die  Angabe 
Büsching's  von  einer  Vereinigung  des  Stifts  Moxstadt  mit  dem  St. 
Bartholomäus-Stifte  eine  irrige  ist;  es  hat  sicih  wenigstens  für  diese 
Behauptung  kein  Beweis  in  dem  Archive  gefunden  und  es  scheint 
dieselbe  wohl  nur  aus  einem  Missverständnisse  der  von  Gudenus  er- 
wähnten allerdings  begründeten  Thatsache  entsprungen  zu  sein,  dass 
zuweilen  Mitglieder  des  Bartholomäüs-Stifito  zugleich  Canoniker  von 
Moxstadt  waren. 

Das  Moxstadter  Archiv  lag  Jahre  hindurch,  unbeachtet  und  theil- 
weise  zerstreut  in  dem  städtischen  Archive.  Erst  in  Folge  der  seit 
Kurzem  bewirkten  Ausscheidung  des  älteren  historischen  Theils  der 
Archivalien  von  den  neuererh  und  laufenden  wurde  bei  Ordnung 
des  älteren  oder  Stadt- Archivs  von  dem  Herrn  Archivar,  Professor 
Dr.  Eriegk  auch  das  Moxstadter  Archiv  seiner  bisherigen  Yer- 
gessenheit  entzogen,  durchgesehen  und  geordnet  Es  bestehet  auei 
869  Urkunden  und  Actenstücken,  die  in  den  Zeitraum  von  1220 — 
1802  fallen.  .Dazu  kommen  noch  14  Gopial-Statuten,  Zins-  und 
andere  Bücher.  Üeber  alle  diese  Archivstttcke  hat  Herr  Dr.  Kriegk 
tm  Yerzeichniss  angefertiget  und  mir  dessen  Gebrauch  mit  Er^ 
laubniss  hohen  Senats  ^gestattet  Dafür  und  fOr,  manche  freundliche 
Beihülfe  bei  gegenwärtiger  Arbeit  spreche  ich  ihm  hier  gerne  meinen 
Dank  aus. 

Den  Inhalt  aller  xlieser  Archivstücke  hier  anzugeben,  würde  zu 
weit  führen  und  mehr  Zeit  erfordern,  als  ich  auf  diese  Arbeit  zu 
verwenden  habe.  Es  genügt  mir,  auf  diese  urkundlichen  Auf- 
zeichnungen, die  ihren  hauptsächlichen  Werth  flu*  die  Local-  und 
Gemarkungsgeschichte  der  Orte  Ober-  und  Niedermoxstädt  und  der 
mnliegenden  Gegend  haben,  hier  aufinerksam  zu  machen  und  nur 
die  sämmtliehen  älteren  Urkunden,  mit  ZufÜgung  weniger  späteren, 
lasse  ich  in  Begestenform  folgen.  . 

Es  unterliegt  wohl  keinem  Zweifel,  dass  die  Herren  von  Lim- 
purg,  welche  das  Stift  Moxstadt  gründeten,'  die  Besitzer  der  dortigen 
Gegend  waren.  Schon  frühe  mögen  sie  dieselbe  nach  damaliger 
Sitte  geistlichen  Herren  zu  Lehen  aufgetragen  haben.  So  wie  1308 
Herr  Johann  von  Limpni^  anerkennt^  dass  er  den  Ort  und  dieBuig 


-     486     — 

Staden  nebst  andern  Gütern  dorten  gleich  seinen  Voreltern  von  dem 
Stift  Fuld  zu  Lehen  trage  Und  das  Stift  tun  Bekräftigung  dieses 
Anerkenntnisses  bittet^  weil  seine  Schwestern  diese  Besitzungen  fttr 
Allode  ansähen  (Scriba  pag.  974)^  so  bestätigt  ihm  in  demselben 
Jahre  Erzbischof  Peter  von  Mainz^  dass  er  die  Vogtei  in  Ober-  und 
Niedermoxstadt  und  in  He^heim  als  ein  Lehen  der  Mainzer  Kirche 
besitze.  Wie  das  Verhältniss  des  Vogts  zu  dem  Stifte  beschaffen 
gewesen;  zeigt  das  Weisthum,  welches  1365  in  dem  Dorfe  Ober- 
moxstadt  unter  dem  Spielhanse  in  einem  gemeinen  offenen  Gerichte, 
genannt  das  ungebotene  Ding;  deren  man  drei  in  dem  Jahre  hegen 
soll;  von  den  Hausgenossen  in  Gegenwart  des  Dechanten  Hermann 
und  des  Amtmanns  Difftol  von  Staden^  der  das  Gericht  von  des 
Herrn  Gerlach  von  Limpurg  wegen  besass  (d.  h.  ihm  vorsass),  ge- 
geben wurde.  Die  Hausgenossen  theilten  zu  Recht;  dass  die  Aigen- 
schafft  (das  Grundeigenthum)  zu  Obermoxstadt;  Niedermoxstadt  und 
Hegheim  dem  Stifte  und  ProbstC;  die  Vogtei  daselbst  aber  einem 
Herrn  von  Limpurg  gehöre;  und  dass  dieser  dafür  mancherlei  Ab- 
gaben; Dienste  und  Leistungen  zu  empfangen  habC;  ftber  auch  das 
Stift  und  dessen  Landsiedel  beschirmen  und  ein  Hichter  des  Stifts 
in  seinem  Gerichte  sein  soUc;  so  oft  es  Noth  thue.    Auch  habe  das 

j 

Stift  zehen  freie  Hüben  zu  Obermoxstadt  und  der  Probst  seinen  Hof 
zu  Niedermoxstadt  mit  dem  Rechte,  dass  wer  auf  Gnade  sich  dahin 
flüchte;  es  sei  wegen  Todtschlags  oder  irgend  einer-  andern  Schuld; 
nicht  mit  Gericht  oder  sonsten  angegriffen  werden  dürfe,  sondern 
eine  Meile  Wegs  weit  von  dannen  geleitet  werden  sollC;  mit  Hülfe 
des  Herrn  von  Limpurg;  wenn  es  nöthig  wäre.  Daas  jedoch  dies 
Vogtei- Verhältniss  dem  Stifte  nicht  immer  von  besonderm  Vorthml 
gewesen;  zeigt  die  Urkunde  desselben  Herrn  Gerlach  vom  Jahre 
1364.  Denn  das  Stift  wurde  dadurch  auch  an  den  Fehden  betheiligt; 
in  welche  sein  Vogt  verwickelt  war;  und  muss  grade  zu  Herrn 
Grerlach's  Zeiten  hart  mitgenommen  worden  sein.  Wenigstens  lässt 
sich  aus  der  Urkunde  schliesseU;  dass  die  Kirche  und  das  Stift  zer- 
stört worden  war  und  desshalb  eines  Neubaues  bedurfte.  Das  Ver- 
sprechen des  Herrn  Gerlach;  das  Stift  bei  seinen  alten  Rechten  und 
Freiheiten  zu  lass^i;  wie  man  sie  ihm  zu  den  ungebotenen  Dingen 
unter  den  vier  Schimen  zu  Obermoxstadt  (wohl  derselbe  Ort;  den 
das  Weisthum  als  Spielhaus  bezeichnet)  theile,  und  diese  Gerichte 
zu  hegen  und  zu  beschirmen;  war  übrigens  wohl  die  Veranlassung 
zu  dem  vorerwähnten  im  folgenden  Jahre  gesehöpften  Weisthum. 
Noch  ungünstiger  scheint  sich  die  Lage  gestaltet  zu  habeu;  als  1405 
Herr  Johann  von  Limburg;  den  der  Erzbischof  von  Mainz  1400  mit 


—     487     — 

der  Vogtei  beliehen  hatte^  sein  SchlosB  und  Gericht  Staden  an  Johann 
von  Isenbnrgy  Herrn  zn  Büdingen^  die  Burg  Friedberg  und  17  Bitter 
▼erkaufte  und  diesen  Ganerben  auch  die  Gerichte  und  Dörfer  Ober- 
moxBtadty  Niederrnoxstadt  und  Ilegheim  mit  allen  Zubehörungen 
überliesB.  Denn  dieser  Gesammtheit  gegenüber  muBBte  es  dem  Stifte 
schwer  fallen;  sich  bei  seinen  Bechten  zu  halten  und  von  deren  Fehden 
unberührt  zu  bleiben.  Merkwürdig  ist  die  Urkunde  vom  Jahr  1400 
(feria  VI.  post  festum  annunc.  Mariae);  in  welcher  die  Ganerben 
festsetzen^  zu  welchen  Theilen  sie  an  dem  genannten  Schloss  und 
den  Gerichten  berechtigt  sein  sollen.  (Scriba  Beg.  1943.)  Herrn 
Johann  von  Isenburg  gehört  ein  Viertel^  ein  anderes  der  Burg  Fried- 
berg;  Tdel  Weiss  von  Fauerbaoh,  Johann  von  Stockheim^  Eberhard 
Weiss  und  Conrad  Weiss,  und  zwar  so,  dass  die  drei  Letztgenannten 
die  eine  Hftlfte  dicBes  Viertels  besitzen,  an  der  andern  Hälfte  die 
Burg  Friedberg  drei  Theile,  Ydel  Weiss  einen  Theil  hat.  Das  dritte 
Viertel  gehört  Conrad  von  Carben,  Gilbreeht  Weiss  von  Fauerbach, 
Johann  und  Werner  von  Stockheim,  dergestalt  dass  Conrad  hieran 
die  Hälfte,  den  andern  drei  die  andere  Hälfte  zukommt  und 
hieran  wieder  Gilbrecht  W^s  so  viel  hat  ak  die  zwei  andern. 
In  das  letzte  Viertel  endlich  theilen  sich  „nach  marzal^'  Conrad  von 
Cleen,  Eberhard  Low  von  Steinfurt,  Mengoz  von  Dudeisheim,  Henne 
von  Cleen,  Eppich  von  Cleen,  Heinrich  von  Buches,  Ludwig  Weiss 
von  Fauerbach,  Hermann  von  Buches,  Jörg  und  Henne  Vogt  von 
Vilbel.  Stirbt  einer  der  Betholigten  und  hinterlässt  kernen  Manns- 
stamm,  so  «sollen  nicht  Töchter  erben,  sondern  die  nächsten  Gan- 
erben den  erledigten  Theil  an  sich  nehmen.  Namens  der  Ganerben 
aber  wird  noch  in  demselben  Jahre  1405  der  Bitter  „Eitelweiß^^  von 
Fauerbach  von  dem  Mainzer  Erzbischofe  mit  Ober-  und  Nieder-^ 
moxstadt  und  Hegheim  als  rechtem  Mannlehen  beliehen.  (Li  gleicher 
Weise  erhielt  noch  1607  Adam  Eberhard  von  Carben  dasselbe 
Lehen.)  Hiemach  waren  auch  die  Vogtei -Bechte  der  Herren  von 
Limpurg  auf  die  Ganerben  fibergegangen  und  diese  hatten  damit 
ebenso  die  Schirmpfficht  des  Stifts  übemomm^i.  Obwohl  aber  das 
Letztere  sich  alsbald  nach  diesem  Verkaufe  mit  den  Ganerben  in 
dieser  Hinsicht  zu  einigen  suchte,  so  kam  es  doch  in  kurzer  Zeit  zu 
80  heftigen  Streitigkeiten,  dass  das  Stift  die  Ganerben  gegen  Basel 
citirte  und  die  Erkennung  des  Banns  über  sie  erwirkte.  Erst  im 
Jahre  1407  gelang  es  dem  Erzbischof  Dietrich  von  Mainz  einen 
Vergleich  zwischen  beiden  Theilen  zu  vermitteln  und  es  geht  aus 
demselben  hervor,  dass  die  Ganerben  nicht  nur  die  Kirche  und  die 
Güter  des  Stifts  arg  geschädigt,  sondern  namentlich  dessen  ^Stein- 


—     488     - 

haus^  zu  MoXBtadt  zerstört  hatten.  Eb  mu8s  dies  ein  hnrg^rtiges 
GebjLude  gewesen  Bein^  welches  sich  die  Stiftsherren  zu  ihrer  Sicher- 
hieit  mitten  unter  dem  fehdelustigen  Adel  erbaut  hatten ,  denn  es 
wurde  bei  der  Gestattung  des  Wiederaufbaues  ausdrücklich  bedungen^ 
dasB  es  nicht  so  fest  werden  solle ;  um  dem  benachbarten  Schloss 
Staden  gefährlich  zu  werden.  Auf  lange  hinaos  war  jedoch  dem 
Stifte  damit  die  Huhe  nicht  gesichert.  Es  fehlen  zwar  Nachrichten 
über  die  einzelnen  Vorfälle  ^  aber  es  lag  in  der  Natur  der  Dinge, 
dass  ein  friedliches  Verhältniss  zwischen  Baubrittem  und  einem  zu  kraf- 
tigem Widerstände  unfähigen  Stifte  nicht  dauernd .  bestehen  konnte. 
So  besc^loss  das  Stift  1435,  wegen  der  steten  Bedrängniss  und  Ver- 
gewaltigung durch  diß  Ganerben  an  gebtUchem  Gerichte  Hecht  zu 
suchen  und  1508  ,kam  es  zu  dem;  Entsehlusse,  wegen  der  häufigen 
Beraubungen  durch  die  Stadener  Ritter  seinen  Sitz  an  einen  anderen 
sichereren  Ort  zu  verlegen«  Dieses  Vorhaben  scheint  damals  nicht  in 
Ausführung  gekommen  zu  sein,  als  aber  im  Laufe  des  16.  Jahrhun- 
derts die  Beformation  unter  dem  besondern  Schutze  der  Ganerben 
in  den  Stiftsdörfem  Eingang  fand^  begab  sich  das  Stift  nach  Frank- 
furt und  fand  hier  Aufuahme  im  St  Leonhards-Stift.  Das  Jahr,  in 
Tjrelchem  dies  geschehen,  lässt  sich  nicht  angeb^a,  doch  wird. die 
Uebersiedlung  wohl  kurz  vor  1580  und  jedenfalls  muss  sie  vor  1585 
stattgefunden  haben.  Denn  1579  fand  in  Frankfurt  der  Angriff  auf  den 
Dechanten  Bromsack  statt  und  1585  wurde  4er  s.  g.  Steinheimer 
Vertrag  von  dem  Erzbischofe  von  Mainz  mit  den  Ganerben  abge~ 
schlössen.  In  demselben  wurde  dieAenderung  der  Religion  zugelassen 
imd  die  Anstellung  eines  protestantbchea  Pfarrers  zu  Mozstadt  ge- 
stattet, von  dem  Stifte  und  dessen  Rechten  aber  nichts  gesagt:  sed 
in  hac  transactione  nulla  fit  mentio  capituli  aut  juris  ejusdem,  wie 
sich  ein  späterer  Bericht  ausdrückt.  Seine  Güter  und  GkftÜle  hatte 
das  Stift  behalten  und  dass  es  hieran  im  Laufe  der  Jahre,  namentlich 
in  den  Zeiten  des  dreissigjährigen  Kriegs,  grossen  Verlust  erlitt, 
ergibt  ein  1643  unter  der  Ueberschrift:  Status  miserrimus  ecclesiae 
Moxst.  gefertigtes  Verzeichniss  seiner  Einkünfte.  Später,  als  bei  der 
Theilung  des  Gerichts  Staden  zwischen  Isenburg  und  den  Übrigen 
Ganerben  die  drei  s.  g.  Stiftsdörfer  an  Isenburg -Büdingen  kamen 
(1662,  durch  den  kaiserL  Conmiissionsspruch,  Büsching  DI.  3033, 
Scriba  3113),  entstanden,  neue  Streitigkeiten  mit  diesem  Hause 
wegen  Einziehung  der  Gefälle.  Eine  um  1700  gemachte  Aii|fzeich- 
nung,  „notae  circa  statum  ecclesiae  Moxst.  breves^'  gibt  von  der  da- 
maligen Lage  des  Stiftes  einef  trübe  Schilderung.  Es  heisst'  hier : 
Bekannt  ist  es,   in  welchen   Stand  bei  Veränderung  der  -  Religion 


—    489    — 

gemeldeteB  Siafk  nach  und  nach  bis  auf  den  Steinheimer  Vertrag^ 
gesetzt 'wordep.  Bekannt  sind  seine  Leiden  im  dreissigjährigen  Kriege^ 
bekannt  die  seit  ungefähr  1660  zwischen  dem  Stift  und  den  Stadener 
Ganerben;  nachher  Isehburg  obgewalteten  jetet  durch  Erzbischof 
Lothar  Franz  verglichenen  Verdriesslichkeiten:  so  ist  das  Stift  herun- 
ter gekommen,  es  hat  zur  Erhaltung  des  unkatholischen  Pfarrers  und 
Schulmeisters  zu  Moxstadt  (denn  religio  catholica  ist  eliminirt  nach 
Maesgabe  des  anni  decretorii)  den  grossen  und  kleinen  Zehnten 
zurückgelassen,  auch  seine  Grundzinsen  cediren  müssen;  es  ist  ihm 
zwar  ein  Stücklein  katholischen  exercitii  gelassen,  mit  der  Auflage 
in  der  Earche  eine  Separatmauer  aufzuführen,  dahinter  den  Altar, 
den  *Lättner  (oder  Männer-Bien)  und  die  Beichtstühle  zu  haben,  aber 
es  muss  ein  Priester  gesucht  werden  um  die  Kirche  zu  halten,  denn 
an  dem  Ort  darf  keiner  wohnen;  seinen  Gottesdienst  hält  das  Stift 
alfaier  zu  Frankfurt  ad  S.  Leonardum  und  muss  in  subsidium  cerae 
etc.  Zahlung  leisten.  So  war  denn  in  den  letzten  Zeiten  das  Stift 
Moxstadt  eigentlich  nur  dem  Namen  nach  vorbanden;  die  übrig 
gebliebenen  Einkünfte  scheinen  zumeist  dazu  gedient  zu  haben,  um 
durch  Verleihung  der  Präbenden  das  Einkommen  anderweitiger 
Pfründen  -  Inhaber  zu  verbessern.  Es  hatte  sieh  überlebt  und  unbe- 
achtet, wie  es  zuletzt  bestanden,  ging  es  unter. 

Das  alte  Siegel  des  Stifte  zeigt  einen  sitzenden  Probst  mit 
Stab  und  Buch,  das  jüngere  den  heiligen  Mairtin.  Es  sind  noch 
die  drei  Originalstempel  im  hiesigen  Archive  vorhanden.  Das  grössere 
Siegel  führt  die  Umschrift:  S.  Conventus  Ecclesie  Sti.  Martini  in 
Mozstat  Die  beiden  anderen  kleinwen  haben  die  Umschrift:  Sigil- 
lumcapitnliEcclesiecoUeg.  Moxstadiensb.  Die  letzteren  stammen,  wie 
die  Form  der  Buchstaben  zeigt,  nicht  aus  derselben  Zeit:  sie  wurden 
ad  causas,  zu  weltiichen  Geschäften  benutzt  (vergl.  Beg.  37)  und  der 
häufige  Gebrauch  oder  der  Umstand,  dass  die  Siegel  einmal  dem 
Erzbischofe  von  Mainz  eingehändigt  worden,  scheint  die  Fertigung 
des  jüngeren  Siegels  veranlasst  zu  haben. 


.Regesten. 

(Die  mit  t  beceiubneten  Urkunden  sind  in  latein.  Sprache  abgefaast.) 
1 1220.  XIII  K^.  Jyn.  (20.  Mai).  Ernst  Sifrid  von  Mainz  verftlgt  in 
(1.)  Betracht  der  geringen  Mittel  der  Kirche  zu  Moxstadt,  dass 
nach  dem  Tode  oder  der  Besignation  eines  Bruders  (d.  h. 
eines  Cataonicns)  die  Einkünfte  des  folgenden  Jahres  der 
Rirchenfabrik  zufiJlen  soUen,  bis  die  Kirche  vollendet  seL 
Baur  Urk.  in.  1513. 


-     490     - 

1 1259 RupertuB  von  HeyderBcheim  schenkt  mit  b.  Ehe- 

(2.)    gattin  Hedwig  als  Seelgerette  seine  Güter  in  HoHzassen  der 
Kirche  in  M.  [Cop.  auf  Papier.] 
f  ca.  1260 — 1285.  (s.  die  et  anno.)  Gerlach  von  Limpurg  und  seine  Ge- 
(3«)    malin  gestatten  dem  Gebhardus  Prime  von  Staden  den  Ver- 
kauf ihrer  Güter  in  Moxstadt. 

Gerlaens  de  Limparg  et  Meina  uxor  ejus  teuere  presentiam  re- 
cognoscimos  et  publice  profitemus  quod  de  bona  volnnUte  per- 
mittimus  et  consentimiis  quod  Gebhardus  dictas  Prime  de  Staden 
vendidit  bona  nostra  sita  in  Makestat  quo  fuerunt  Harmudi  dicti 
Schimere  nomine  proprietatis.  In  cujus  rei  testimonium  has  litrras 
dedimas  sigilli  nostri  munimine  roboratas.  Hnius  rei  testes  Wolra- 
mus  scultetus  de  Frankenvort.  Marobolfns  de  Nasen.  Heinricäs  de 
Hazegeystein. 

1 1266.  Die  Brüder  Conrad ,  Hermann  und  Walter  von  Lybesberg 
(4.)    verkaufen  ihr  Gut  in  Aldenstadt  dem  Heinrich  von  Bleichen- 
bach;   einem  GanonicuQ  zu  Moxstadt    Diöc  Mog.  UI.  231. 
Scriba  567* 
1 1275.  Idus    Dec.   Tragbodo   von  Eisenbach  ^  Probst  zu  Moxstadt^ 
(6.)    und  Canon,  zu  Mainz,  übergibt  dem  Decanate  der  Kirche  zu 
M.  alle  Aecker  der  Blasius- Kapelle  daselbst  mit  dem  anstoa- 
senden  Baumgarten.  D.  M.  HI.  229.  Scr.  652. 
1 1275.  Erzb.  Werner  von  Mainz  befiehlt  dem  Decane  zu  Moxstadt, 
(6.)    alle  Güter  und  Einkünfte  der  M.  Kirche  zwischen  sich  und 
seinen  Concattonikern  gleichheitlich  zu  theilen.  D.  M.IU..229. 
Scr.  654. 
11275.  Derselbe    bestimmt,    dass  nach   dem   Ableben   des   zeitigen 
(7.)    Decans  Gottfried  der  von  demselben  bewohnte  Hof  mit  allen 
zu  seiner  Präbende  gehörigen  Aeckern  und  Wiesen  fortan 
zum  Decanate  gehören  solle,  ausgenommen  die  Zehnten  und 
Güter   in  Hobsassen,    welche   gleichheitlich    ^wischen    dem 
Decane  und  den  Canonikem  zu  theilen  seien.  D.  M.  III.  229. 
Scr.  655. 
1 1275.  Derselbe  bestätigt  die  obige  Verfügung  des  Probstes  Trag- 
(8.)    bodo,  seines  Kapdlans.  D.  M.  UI.  230.  Scr.  652. 

1 1277.  VI  Id.  Jan.   (8.  Juni.)  Die   Brüder  Heinrich   und  Bertram 

(9.)    von   Bleychenbach,   Canoniker   zu   Moxstadt,*  schenken  der 

Kirche  daselbst  verschiedene  Zinsen  zu  Ranstat  und  Wolfar- 

teshusen,  damit  das  Licht  in  derselben  rechlicher  unterhalten 

werde. JoannisBer. Mog.  11.894.  Scriba671.BaurIII.  1551. 

1 1277.  VI  Id.  Jan.  Dieselben  schenken   dieser  Kirche  zum  Seelen- 

(10.)  gerette  alle  ihre  Güter  in  Aldenstat. 


-    491     - 

t  1277.  in   Nan.   Apr.    Der  Dekan  Ootfridus  in  M.  schenkt  seine 
(11.)  GHiter  .in  Holtsassen  als  Seelgerette  der  Kirohe  in  M.     [Cop. 
auf  Papier.] 

1 1277.  V  Non.  Jul     Erzb.  Werner  von  Mains  verfügt  in  Betracht 
(12.)  der  geringen  Peraonenzahl  des  Stifte;  dass  nur  den  anwesen- 
den  Canonikem    die    Einkünfte    ihrer    Präbenden    gegeben 
werden  sollen.    D.  M.  III.  231.    Scn  676. 

1 1284.  III  Eal.  Aug.    Gerlacüs  dominus  de  Limpurg   genehmigt  in 

(13.),  seinem  und  seines  Sohnes  Johannes  Namen  den  Verkauf  des 

Zehntens  in  Hegeheim ,  welchen  Budol&s  civis  Geylinhusensis 

als    ein  Lehen  des  Gerlach   seither   besessen   hatte^  an  die 

M.  Kirche. 

1 1289.  III  Kai.  Mart.  (27.  Febr.)  Der  Moxst.  Dekan  Ger.  beur- 
(14.)  kündet,  daes  er  die  Güter  in  Aldenstadt^  welche  er  mit 
seinem  verstorbenen  Bruder  H.  gekauft  und  der  Kirche  in 
M.  schon  längst  übergeben  habe,  unter  gewissen  Bedingungen 
in  die  Hände  des  Canonicus  Heinrich  genannt  Mojn  fUr  das 
Stift  resignirt  habe.  Unter  den  Zeugen  wird  auch  Frater 
Thepdoricus  dictus  Hacho;  also  ein  Moxst  Canonicus,  mit 
aufgeführt.  Bauer  III.  1560.  (In  einer  Abschrift  heisst  der 
Dekan  Bertram  und  ist  sonder  Zweifel  der  1277  mit  s.  Bru- 
der Heinrich  vorkommende  Bertram  von  Bleichenbach«) 

tl289.  ni  Kai.  Mart.    Die   Brüder  und  Canoniker  der  Kirche  in 
(16.)  M.  beurkunden  diese  Schenkung. 

1299.  IV  Non.  Apn    Die  Bichter  zu  Mainz  beurkunden  in  einem 
(16.)  Bechtsstreit  des  Decans   und  Capitels  zu  Moxstadt  gegen  die 
Brüder  Heinrich  und  Conrad  von  Waldradehusin ,  betreff(»id 
eine  von  deren  Vetter  Eberhard  dem  Stifte  gemachte  Schen- 
kung   von    drei   Maltern   Getraide,    in   welcher  Weise   die 
darüber  abgehörten  Zeugen,   darunter  der  Moxst.  C^^nonicus 
Bertram  von  Bleycheubach^  ausgesagt  haben.  D.  M.  III.  232. 
Scr.  880. 
1302.  In  feste  Barth.    Sifrid  von  Solms,   Probst  zu  M.  und  Cano- 
(17.)  nicus  zu  Mainz,  überträgt  den  zur  Probstei  gehörigen 'Wald 
dem   Decan   und   ganzen   Capitel   zu   M.    D.   M.   lU.   233. 
Scr.  911. 

f  1307.  III.   infra  octav.   nativ.   Mariae.    Liebhardus  und  seine  Ver- 
(18.)  wandte  Guda  von  Rodeheym  entsagen   allen  Rechten   an  die 
bei  Ober-Mexstadt  gelegenen  Guter,  welche  Harbordus  einst 
den  Canonikem  der  Kirehe  zu  M.  geschenkt  hat 


—    492     — 

1807.  Cathed.    Der  Edelknecht  Henrich  Lorbachir  vetkaaft  dem 
(19.)  Stifte  SRI  M.  seine  Qnmdstilcke  daseUNst    (Cop.  auf  Papier). 

f  1308.  Cal.  Jul.    Erzb.  Peter  von  Mainz  bekennt  den  edehi  Mann 
(20.)  Joh.   von   Limpurg    mit  der  Vogtei   in   Ober-   und  Nieder- 
Moxstadt  beliehen  zu  haben.  (Cöp.) 

No8  Petrus  d.  g.  S.  Mogant  sedis  archiep.  sacri  imperii  per  6er- 
msniam  archicancellarius  recogpioscimus  tenore  praesentium,  publice 
profitentes,  nos  oobili  viro  Joanni  de  Lynburi;  Advocatiam  in  su- 
periore  at  inferiori  Moxstadt  ac  in  villa  Heegheimb  cum  suis  per- 
tinentiis  juribus  et  honoribus  et  attinentiis  universis,  quatenus  nos 
et  ecclesiam  nostram  oontingit  sicut  idem  Joannes  a  nostris  praede- 
cessoribus  habnit,  contulisse  titulo  feudali  de  qua  sibi  sub  nostrarum 
praesentium  testimonio  literamm  veram  warandiam  facimus  ut  te- 
nemur.    Datum  in  villa  Anno  dorn.  1908  Cal.  Jul. 

1313   am    12.  Tage.    Heinrich   von  Dorheim  verständig^  sich   mit 
(21.)  dem   Mugstater  Capitel  und  entsagt  allen  Forderungen  an 
dasselbe. 

1 132a  n  Kai.  Junii.    Der  Abt  Heinrich  von  Ful^a  tritt  GtLter  in 

*  » 

(22.)  Rode^   Wolfartshusen  ^   Eanstadt,  Huchilheim  und  Wecking- 
scheim  an  die  Kirche  zu  M.  ab. . 

1333.  Sonntag  vor  Cristisdage.    Die  drei  Gebrüder  von  Bleychen- 
(23.)  bach   verkaufen    dem   Stifte    zu   M.    all   ihr  Gut   zu   Ober- 
Moxstadt 

1335.  Fer.  11.   post  asc.  dorn.  Die.  Gattin  des  Friedrich  Dugel  von 
(24.)  Merodde   verkauft  dem   Stift   zu  M.  einen  Korngulden   zu 
Willingeasassen. 

1335.  dondnica   Cant.    Die  geistliche   Jungfr.   Gerdrud  von   Clen 
(26.)  verkauft  dem   Stifte   zu   M^  einen   Korngulden    zu   grossen 

Aldenstad. 

1336.  Donnerstag  vor  Allerheiligen.    Conrad^  Johann  und  Bertram 
(26.)  von  Blejchenbach  verkaufen  dem  Decan  und  Capitel  zu  M. 

alle  Güter  in  Hoenheim  um  29  Mark  leichter  Pfennige,  deren 
man  zwei  flir  drei  Haller  zählt  D.  M.  IH.  234.  Scr.  1282. 
cfr.  Eeg.  Boicä  VII.  164. 

1343.  Urbani.    Der  Edelknecht  Heynrich  von  Langitte  verzichtet 
(27.)  zu  Gunsten   des  Stifts   zu  M.   auf  all   sein  Gut  in  Bode  bei 
Banstadt. 

.  1344.  Yalent.    Das  Stift  zu  M.  gibt  dem  Edelknecht  Henrich  Lor- 
(28.)  bacher  sein  Gut  zu  Wolfartuhusen  in  Erbpacht. 


—     *93    - 

•1845.  Petri.    Erklärung  des  Gerkch  Monich  Über  das  Seelgerette 
(29.)  (Weing&rten  asu  Dodilsheim),  welches  Wemher  Struch  dem  Stift 
M.  gegeben  hatte.    (Ist  TransfiLx  eines  nndatirten  Briefs  des 
Bitten  Dile  von  Beldirshmxn  über  diese  Weingärten.) 

1345,  am  Sende  nach  Johanni.    Aussage  der  Anverwandten  des 
(30.)  W.  Struches  über  das  Seelgerette  desselben  beim  M.  Stifte. 

1 1346.  Dienstag  vor  Purif.  Mar.    Johann  von  Hegeheim  Dechant  des 
(31.)  M.  Stifts,    bekennt    dass  er  flir  seinen  Todesfall  genannte 
Grundstücke  der  Pfarrei  zu  Hegeheim  gegeben  habe. 

1346.  Tag  nach  dem  18.  Tage.  Hennann  von  Wertdorf  und  Andere 
(32.)  vergleichen  sich  mit  dem  Stifte  zu  M. 

1348.  Fer.  H  ante}  Phil,  et  Jacob.  Der  Edelknecht  Lorbecher  bekundet, 

(33.)  dass  das  M.  Stift  ihm  das  Gut  zu  Wolfarteshusin  in  Erb- 
pacht  gegeben  habe. 

1858.  Samstag  vor  dem  12.  Tag.    Durch  Vermittlung  des  Bitters. 

(34.)  Johan  von  Buches  und  des  Heinrich  Mojn  verzichtet  Hein- 
rich Laufstedir  von  Hegeheim  auf  ein  Gut  daselbst  zu  Gun- 
sten des  M.  Stifts. 

1354.  n  Id.  Jan.    Erzb.  Gerlach  von  Mainz  ezimirt  den^Schola- 

(36.)  sticus  und  Can.  G^rlach  von  Butzbach  zu  Mozstadt  von  s. 
persönlichen  Dienstleistung  daselbst    Würdtwein  nota  subs. 
dipl.  V.  praef.  Nr.  22.    Scr.  1481. 
tl354«  AntoniL    Päbstliche  Commissare  entheben  das  M.  Stift  von 

(36.)  der  Excommunicaiion   und    andern  Strafen,  denen  dasselbe 
wegen  Ungehorsams  gegen   päbstliche  Anordnungen  unter- 
worfen worden  war. 
1 1355.  XI  Eal.  Maj.    Conrad  von  Hockler  Dechant ,  Gerlach  von 

(37.)  Budisbach  Scbolaster  und  der  ganze  Convent  verpachten  eine 
curia  des  Stifts.  (Angehi&ngt  ist  des  Stifts  kleineres  Siegel, 
genannt  Sigillum  ad  causas.) 

1357.  In  festo  Elath.   virg.     Der   Edelknecht  Heinrich  Lorbechir, 

(38.)  seine  Frau  und  Kinder  verkaufen  mit  gesammter  Hand  dem 
Dechant  und  Capitel  zu  M.  ihre  GKiter  zu  Ober-Mozstadt  um 
27  Pfimd  HeUer.    D.  M.  HI.  234.    Scr.  1528. 

1360.  In  festo  S.  Briccii  confess.  Wyenher  Habermann  et  uxor 
(39.)  Gela  verkaufen  Herrn  Heinrich  von  Else  Dechant  und  dem 
Stifte  zu  M.  den  achtel  Komgeldes  ewiger  und  jährlicher 
Guide  aus  ihrem  Gute  zu  Nieder-Moxstadt.  Herr  Gerlach 
von  Ljmpurg  ist  Siegler.  (Abschrift  von  1452,  beglaubigt 
von  Henne  von  Echzdi,  dessen  Siegel  aufgedrückt  ist) 


—     49»     — 

1361.  Mkeric.  dorn.  Schiedsriehtenpruoh  des  Bitters  Conrad  Beheim 
(40.)  von  McHrle  in  dem  Streit  des  Wigand  von  dem  Bucheg  mit  dem 
M.  Capitel  über  ein  Gut  zu  Hegeheim. 

1364.  Galli.    Oerlach  Herr  zu  Ljmpurg  ersetzt  dem  M.  Stifte  den 
(41.)  in  seinen  Kriegen   erlittenen  Schaden  dadurch;  dass  er  ihm 

seine  alten  Freiheiten  "verbürgt. 

Wir  Gwlaeus  Herr  zu  Lympurg  und  wir  Else  setn  ehel.  flans- 
frau  thun  kund  .  .  .,  wesn  die  ehrsamen  Herrn  Deehsnt  und  Cs- 
pitel  und  das  Stift  gemeinlich  zu  M.  grossen  Schaden  und  Verlust 
empfangen  haben  in  unserem  Kriege,  hierumb  zn  ergetzen  und  zu 
erstatten  sie  ihres  Schadens  und  Verlnsts,  so  han  wir  ihnen  diese 
Gnad  und  Freundschaft  gethan,  alao  hernach  geschrieben  stehet, 
mit  Nahmen  : 

So  sollen  wir  Ihnen  und  Ihrem  vorg.  Stift  lassen  aUe  ihre  Frey- 
faeit  und  Recht  alß  sie  von  alten  gehabt  han  bei  unsem  Vorfahren 
und  Eltero,  mit  Nahmen  alß  man  Ihnen  tbeylet  zu  den  ungebodten 
Diagen  anter  den  4  schimen  zu  Obermoixstadt  und  soUen  vir  und 
ansere  AmpUeuthe  von  unsem  wegen  die  vorg.  ungebodten  Ding 
hegen  und  beschirmen  ernstiglich  ^nd  getreulich. 

Auch  sollen  wir  Ihnen  die  Kirche  und  Stift  daselbst  zu  Moxstadt 
widerthan  und  reichen  so  wir  aller  erst  mögen  ohne  Arglist. 

Vortmehr  so  sollen  wir  bestellen  an  die  zu  Obermoxstadt  nnd 
die  darzu  halten,  dass  sie  dem  vorg.  Stift  die  Weydt  die  da  heisst 
das  Silaß  und  die  obere  Haag  die  die  Naehbarn  zu  Ober-Moxstadt 
mit  ihnen  gemein  hat,  dass  die  Nachbarn  ihnen  die  zumahlen  lassen 
12  Jahre  lang  die  allererst  nach  einander  kommen,  ohnmittel  zu 
dem  Baw  des  vorg.  Stifts. 

Vortmehr  so  sollen  wir  bestellen  und  die  Nachbarn  zu  Ober- 
Moxstadt  darzu  halten,  dass  sie  ihnen  das  newe  Hauß  reumen  und 
daruß  thun  was  sie  darin  haut,  dass  die  vorg.  »Herren  ihr  Gemach 
zu  ihrer  Notturft  darin  haben  mögen. 

[Zur  Urkunde  siegeln  die  Ausateller.] 

Datum  A.  D.  1364  ippo  dM  S.  GaUi  fsonfessons. 

tl365.  XIV   cal.   Maj.   Der  Eardinalpriester    Pileus  bestätigt   dem 
(42.)  Decan  und  Kapitel  zru  M.  ihre  Indulgentien^  Statuten  und  Gewohn- 
heiten.   Reg.  Boica  IX.  120.    Scr,  1600. 

1365.  15.  Mai.    Weistbum  über  die  Gerechtsame  der  Herren  von 
(43.)  Limburg  und  des  Stifts  zu  M.   in  dem   Gerichte  Ober-   und 

Niedermoxstadt  und   Hegeheim.     Grimm  Weistb.  III.  435. 
Scr.  1602. 

1366.  Feria  V  infra  octavas  1.  pa,Bcl^ae.    Johannes  Herr  au  Ljm- 
(44.)  purg  bestätigt  den  Brief  seines  Brudejrs  Gerlaeh*  und  dessen 

Ehefrau  Else;  den  Gott  gnade^  unter  s.  ßiegeL 


-     495     — 

1366.  in  die  b.  Valent  Die  Bargmannmi  und  Schdffen  zn  Staden 

(46.)  als  gewillkfthrte  Richter  entscheiden  die  Zwistigkeiten  des 
Stifts  M.  mit  Henzen  Hasensteybe  wegen  eii^es  Landsiedel- 
gats.  Der  zwdte  der  Streitpunkte  b^^riffk  das  WympUy  das 
die  Herren  decf  Stifts  sich  gearbeitet  haben  und  wegen  dessen 
abgeredet  war,  dass  man  ihnen  oder  ihren  Landaiedel;  die 
das  Wympil  halten  keinen  Schaden  zuf&gen  solle.  Die  Sieg- 
ler waren  die  Edelknechte  Wolf  von  Burgbach  und  Ulrich 
Emg^  deren  Siegd  noch  anhängen. 
1378.  Fer.  III.   p.  Pasche.    Mentzer  Grefe  von  Assinheym  legt  als 

(46.)  Obmann  den  Streit  zwischen  dem  M.Stifte  und  dessen Land- 
sideln  in  Hegehajm  und  Moxstadt  bei. 
1 1380.  1.  Mai.    Notariats-Instrument;  wonach  das  M.  Stift  gegen  das 

(47.)  von  Erzb.  Ludwig  von  Mainz  wider  dasselbe  eingehaltene 
Verfahren  protestirt  und  sich  die  Appellation  an  den  Papst 
vorbehiUt 

1387;  Thymothei.    Heinridi   von   Hutzenrode  gibt  als  Seelgerette 

(48.)  dem  M.  Stifte  das  Gut  zu  Wolffershnsen^  welches  des  alten 
Thymen  Gut  heisst. 
1 1390.  Dom.  Exaudi  (29.  Mai).    Hermann  erzb.  Q^ieralvicar  zu  Mainz 

(49.)  weiht  die  Kapelle  auf  dem  Felde  zu  M.  zu  Ehren  der  h. 
Katharina  und  des  h.  Donat  Joannis  B.  Mog.  n.  906. 
Scr.  1810.  4662. 

140O.  Der  Erzb.  von  Mainz  ernennt  Johann  von  Limpurg  zum  Vogt 

(50.)  in  Mozstadt  und  Hegheim.    (Copie.) 

1405.  Fer.  IV  ante  Valent.  Mart  (11.  Febr.)    Johann  Herr  zu  Lim- 
(61.)  purg  und  seine  Gemalin  Hildegart  von  Sarwerden  verkaufen 

an  Sibold  Low  von  Steinfurt^  Eberhard  Weis  von  Fauerbach; 
Eppechin  von  Oleen  und  Henne  von  Stockheim  Schlots  und  Stadt 
Staden  mit  den  Gerichten  und  Dörfern  Ober-Mexstadt,  Nie- 
der-Moxfttadt,  Heegheim  u.  s.  w.  Ysenb.  Suec.  Bechl  Beil.  1. 
Scr.  1938. 

1406.  Fer.  IV  post   Val.    (18.  Febr.)    Abt  Job.  v.  Fuld  willigt  in 
(52.)  den  Verkauf  des  Schlosses  und  der  Stadt  Staden  von  Seiten 

Johannes  Herru  von  Limpurg  an  Johann  von  Isenburg- 
Büdingen;  Burg  Friedberg  und  17  benannte  Ganerben. 
Ysenb.  Suco.  B.  BeiL  5.  Schannat  dient  Fuld.  N.  155.  Scr.  1941. 
1405.  Fer.  IV  post  ValentinL  Erzb.  Johann  von  Mainz  verleiht 
(53.)  Ober-  u.  Nieder-Mozstadt  sowie  Hegheim  zu  rechtem  Mann- 
lehen dem  EytelweiB«  von  Fanerbach,  Bitter^  an  Stelle  der 
Ganerben  von  Staden. 


—    49«    — 

1405.  Primmn  post  diem  St.  Valentini.    Das  M.  Stift  und  die  Gan- 
(64.)  erben  erklären  sich-  ttber  den  Kauf  Stadens  durch  die  Letz- 
teren und  deren  Pflichten  gegen  das  Stift. 
1407.  Freitag  post  divisionem  apost.  Erzb.  Dietrich  von  Mainz  be- 
(65.)  urkundet  zu  Aschaffenburg  den  zwischen  Probst;  Dechant  und 
Capitel  des  Stift»  M.  und  den  Ganerben  ^  Staden  durch  ihn 
vermittelten  Vergleich. 

Der  Vergleich  betrifft  im  Wesentliohen  folgende  Punkte: 

1)  Der  Schaden,  den  die  Ganerben  dem  Stift  an  der  Kirche,  dem 
Steinhause,  dem  Dorfe  und  seinen  Landsiedeln  getlian  haben,  soll 
zur  Entscheidung  stehen  bei  Diether  von  Ysenbnrg  Herrn  zu 
Büdingen  und  Helwig  zn  Poppard,  des  Erzb.  Richter  zu  HöQhst. 
Die  Ganerben  dürfen  das  Stift  am  Anfban  des  Steinhauses  nicht 
hindern,  doch  soll  es  nicht  so  fest  werden,  daas  es  dem  SidilosB 
Staden  schädlich  wftre. 

2)  Die  Ganerben  sollen  das  Stift  bei  den  Freiheiten  lassen,  die  es 
bei  ihren  Vorfahren,  den  Herren  von  Limpurg  gehabt  und  nament- 
lich das  ungebotten  Ding  unter  den- vier  Scharren  zu  Ober-Mog'en- 
Stadt  hegen  und  sohirmen,  auch  die  BcbOfiea  nicht  an  ihrem 
Weissthum  hindern. 

3)  Ob  die  zwei  Walde,  der  Buchwald,  den  die  Mogenstädter  ihre 
Mark  und  die  Ganerben  die  Stadter  Atla  nennen ,  nnd  der  Rein- 
hard*s-Winkel,  sowie  die  Wiesen  dem  Stifte  gehören,  sollen  die 
geistlichen  Gerichte  entscheiden. 

4)  Das  weggenommene  Heu  sollen  die  Ganerben  vergüten. 

5)  Die  Zwietracht,  welche  bisher  bestanden  und  wegen  deren  die 
Ganerben  gen  Basel  citirt  und  zu  Bann  gebracht  sind,  soll  be- 
endigt sein. 

1429.  Sabb.  ante  Invocavit    Vergleich  zwischen  dem  M.  Stift  und 
(66.)  Jungfr.  Eathar.  Stumpen  in  Betreff  eines  Ackers. 
1432.  Fer.  11.  ante  Sjmon.  et  Judae.  Goiante  Männer  bescheinigen^ 
(67.)  daas  sie  in  den  letzten  40  Jahren  den  Zehnten  ron  einem 
H^heimer  Acker  von  dem  Stifte  M.  geachtet  und  erhoben 
haben. 
1483.  Jndica.   Diether  von  Isenburg  Herr  zu  Büdingen  entscheidet 
(68.)  einen  Zwist  des  M.  Stifts  mit  Erwin  Metzeier  von  Ortinberg 
zu  Büdingen  w^en  des  von  beiden  Tbeileü  in  Anspruch  ge- 
nommenen Zehntens  von  rinem  Hegeheimer  Acker. 
1435.  Empf.  Mariü.    Das  Stift  seu  M.  beschliesst  wegen  der  steten 
(69.)  BedrängniBs  und  Vergewaltigung^   welche  die  Ganerben  zu 
Staden  ihm  und  seinen  Landsideln  zufügen,  an  geistlichem 
Gerichte  Recht  zu  suchen  und  zn  diesem  Zwecke  einträchtig 
beisammen  zu  stehen. 

1437. Vergleich  des  M.  Stifts  mit  den  Ganerben  zu  Staden 

(60.)  über  den  Bau  in  Moxstadt 


-    »97     — 

1438.  —  —  Versioktbrief  sweier  Leute  auf  den  Ansprach  von  4 
(61.)  Achtel  Korn,  welchen  sie  an  das  Stift  gemacht  hatten. 

1456. Vertrag  zwischen  Gerlach  von  Byneberg  und  dem  M. 

(62.)  Vicar  Johann  Gobel  über  Wiesen  zu  Meder-M. 

1462. Erbleihbrief  über  den  Pfarrhof  zu  M. 

(63.) 

1467. Leihebrief  über  Gmndstttcke  nf  der  Holtzsassen. 

1468..  Freitag  nach  Ereutzerhöhung.  Ansprache  und  Schuldigung 
(65.)  des  Stifts  zu  M.  zu  denNacfagebum  und  Männern  zu  Banstat 

vbn  des  Zehends  wegen  der  Hube  die  man  nennet  die  pfaffen  hübe. 

(Auf  diesen  Streit  beziehen  sich  noch  mehrere  andere  Urkunden.) 

1469. Die  Pfarrer   zu  Bodenbach/  Oberauwe  und  Host  und 

(66.)  der  Kaplan  zu  St  Kathär.   in  Lintheim  verkaufen   dem  M. 

Stift  eine  halbe  Hube    Selegeretes  Land  zu  Huchelnheim; 

welche  sie  von  dem  verst.  Bitter  Johann  von  Buches  her  be- 
'  sessen  haben.  (DasSi^el  des  Eberhard  von  Buches  hängt  an.) 

1478.  Freitag  nach  Hargar.  Ereb.  Diether  von  Mainz  beurkundet, 
(67.)  dass  ihm  Cristian  Cransse,  Probst,  Dechant  und  Capitel  St  Martins 

zu  Mozst  ein  deutsches  Instrument  ad  vid.  vorgelegt  habe, 
welches  seinem  ganzen  Umfange  nach  inserirt  ist  (Es  ist  das 
Weistiium  von  1365.) 

1479.  Katharina.  Das  M.  Stift  verieiht  an  Godtfiyts  Heintz  ein 
(68.)  Grundstück. 

1481.  Bemigii.  V^zeichniss  der  Abgaben  von  des  Stifts  Hof  zu 
(69.)  SondelljngeiL 

1495. Ausspruch  des  Mainzer  geistL  Gerichts  g^en  das  weltl. 

(70.)  Gericht  zu  Staden,  btrf.  gewisse  dem  M.  Stift  zugehörigen 
Grundstücke  und  Gefälle  in  M.  und  Holtzsassen. 
tl503.  23.  Jan.    Der  £rzb.  von  Mainz  beauftragt  den  Dekan  der 
(71.)  Peterskirche  in  Fritzlar  mit  einer  Untersuchung  in  dem  Pro- 
cesse  über  födus  matrimoniii 
1 1507i  —  —  Dekan,  Scholaster  und  3  Kanoniker  des  M.  Stifts  be- 
(72.)  stellen  sich  einen  Procurator  im  Streite  mit  ihrem  Probste 
wegen  der  Ge&Ue  in  Holtzsassen.  (Notar.-Instrument) 
1 1508.  10.  Nov.  Das  M.  Stift  beschliesst  wegen  seiner  öfteren  Be- 
(73.)  raubung  durch  Stadener  Bitter  und  Andere,  sevien  Sitz  in 
einen  andern  befestigten  Ort  zu  verlegen.  (Not-Instr.) 

1 1515. Bestellung  von  Procuratoren  in  Betreff  der  preces  pri- 

(74<)  mariae  des  Erzb.  Albrecht  von.  Mainz  und  der  in  Folge  da- 
von auf  den  Pastor  in  Dauernheim    übertragenen  Provision. 

32 


—     49«     — 

1 1519.  21.  JunL  Jacob  Funter  ynxA  enm  Notariiu  et  tabellio  publi- 
(75.)  cm  und  judex  ordinanus  emannt. 

1 1520.  23.  Juli.    Der  geistl.  Vicar  Theodorios  (Zabel   verleiht  dem 
(76.)  DonatuB  Weber  aliter  Boler,    dem   Sohne    eines  Presbyter, 

die    Dispensation    zur    Erlangung    geistlicher  Aemter    und 
•    Wttrden. 

1520.  Antonii  Abbatis.  Der  Scholasticus  des  Stifts  M.  Johann  Mauss, 
(77.)  verkauft  einen  Wiederkaufsgulden  auf  seinem  Hofe  in  Alden- 
stat  an  den  Pfarrherm  und  Altaristen  der  Friedberger  Pfarr- 
kirche. 

1527.  Lone  post  regum.  Der  Probst  Oeorg  Laur  schreibt  aus  Cöln 
(78.)  an  Jodocus  Lochmann  Vicar  des  Frankf  Liebfrauenstifts,  sich 

beklagend  und  Massregeln  drohend,  weil  gewisse  Leute  inH. 

ihm  das  Seinige  vergeudet  haben. 

1 1528.  Michaelis.  Das  M.  Stift  bevollmächtigt  einen  Canonieus,  seine 
(79.)  Grerechtigkeit  und  Nutzung  an  dem  hübischen  Gterichte  und 
Fautei  ssu  Sondelingen  dem   Herrn   von  Königstein  zu  ver- 
kaufen. 

1 1528.  1.  Weinmonat  Protocoll  einer  Gerichtssitzung  zu  Sondelingen, 

(80.)  in   welchem   die  G^fklle   und  Rechte  des  M.  Stifts  daselbst 

bestimmt  und  dem  Herrn  von  Eönigstein  abgetreten  werden. 

1531.  17.  Juni.  Der  M.  Probst  Georg  Laur  quittirt  den  Empfang 
(81.)  gewisser  Gelder  vom  M.  Capitel  und  von  Spjer  von  Seiten 

des  in  Mentz  studirenden  Johan  Agricola  sonst  Cochlej  (?) 
genannt. 

1532.  Non.  Mart.   Ein   Ungenannter  in  Cöln  gratulirt  dem  Decan 
(82.)  wegen  des  von  Johannes  Cochläus  erhaltenen  Decanats  und 

entsagt  einer  Vicaiie  des  St.  Barthol.  Stifts  in  Frankfurt 
indem  er  zu  bewirken  bittet,  dass  diese  der  Unterkelner  Bey- 
ner,  Famulus  des  Mozst.  Probstes  in  Cöln,  erhalte. 

1533.  Samstag  nach  Barth.    Der   M.  Probst  Georg  Laur  in  Cdhi 
(88.)  schreibt  an  Philipp  Weis  von  Fauerbach,  Baumeister  zu  Sta- 

den,  dass  er  seinen  Moxst.  Probstei-Zehnten  noch  länger  an 
ihn  und  Johann  Soder  verleihen  wolle. 

1551.  Frdtag  nach  Bemm.    Die  Baumeister  des  Schlosses  Staden 

(84.)  machen  den  Leuten  zuMoxstadt  und  Hegeheim  bekannt,  wie 

viele  Pferde,  Schafe,  Kühe  und  Kälber  jeder  von  ihnen  halten 

dürfe  und  setzen  Strafen  an  für  die  Beschftdiger  oder  Be- 

Stehler  von  Wiesen  und  Gärten. 


-    499     — 

1562.  Mich.  Dechant   u.  Scholaster   des  M.  Stifts  treten  eine  Prä- 
(86.)  bende   Behausung  ab;    damit   dieselbe  als  Seholasterie-Haus 

diene  und  die  alte  verfallene  Scholasterie  in  einen  Lustgarten 
des  Stift»  verwandelt  werde. 

1563.  Inr.  StepL  Henne  Sejp  Schidtheiss  zu  Obermoxstadt  bittet 
(86.)  den  Erzb.  von  Mainz^  seinen  zwei  Söhnen^  deren  einer  Car 

nonicus  zu  M.   ist,   ein  besseres  Einkommen  zu  verschaffen. 

(Der  Erzb.  schreibt  am  7.  August  an   das  Stift  ^  dieser  Bitte   ' 

zu  wiDfifthren.) 
1556.  29.  Jan.  Erzb.  Daniel  von  Mainz  schreibt  dem  M.  Stift^  dass 
(87.)  er  dem  Wolfgang  Wellen  eine  dortige  Präbende  bestimme. 
1 1557.  28.  Decbr.    Der  Decan  des  M.  Stifts  Joh.  Merckel  ertheilt 
(88.)  dem  Nie.  Heyl  von  Niedermoxstadt  eine  Präbende. 

1559.  Samstag  nach  Quasimodogen.      Der  Dechant  Joh.  Merckel 
(89.)  fordert  den  Scholasticus  Job.  Bromsack  und  den  Vicar  Hein- 
rich Bromsack  in  einem  Schreiben  auf;  die  Kirchengeschäfte 
zu  verrichten  und  die  Beligions-Neuerung  abzuwehren. 

1559.  Dom.  V.  Trin.  Der  Dechant  J.  Merckel  und  der  Scholasticus 
(90.)  J.  Bromsack  übersenden  aus  besondern  Gründen  das  Stifts- 
siegel und  einige  handschriftl.  Bücher  dem  Erzb.  von  Mainz. 

1573.  27.  April.    Die  Gemeinde  Banstat  fordert  das  M,  Stift^   sein 
(91.)  dortiges  Einkommen  zur  Türken -Schätzung  zu  verschätzen. 

1574.  Johai^ni.    Das  M.  Stift  gibt  seinen  grossen  Hof  zu  Nieder-M. 
(92.)  an  Ludwig  Bredhauger  in  Erbpacht. 

1579.  11.  Mai.    Das  M.  Stift  bittet  die  Ganerben  von  Staden  um 
(93.)  Schutz  gegen  Phil.  Werner  Bucher  von  Staden^  welcher  in 

Frankfurt  den  Dechanten  Joh.  Bromsack  mit  dem  Schwerte 

angegriffen  hat. 

1585.  18.  Januar.    Der  Erzb.  von  Mainz  vergleicht  sich  mit  den 
(94.)  Ganerben   der   Burg   Staden    wegen   der   in  Mozstadt  und 

anderwärts  angenommenen  Augsburger  Confession.  (Der  s.  g. 

Steinkeimer  Vertrag.) 

1587.  3.  Nov.  Der  Erzb.  von  Mainz  befiehlt  dem  Canon.Weil^brodt;  das 
(95.)  in  seinen  Händen  befindliche  Verzeichniss  der  Einkünfte  des 
M.  Stift»  an  die  erzb.  Canzlei  abzuliefern. 

(um  1590.)  ....    Wolfsbaeh,  Vicar    des    Frankf.  Barth.   Stifts, 

(96.)  bittet  den  päbstlichen  Nuntius  um  das  Moxst.  Decanat. 

1592.  30.  Septbr.    Quittung   des  Ysenburgischen  Amtmanns   über 

(97.)  das  vom  Stifte  M.  bezalte  Schatzgeld  von  1584—1592. 

82* 


-    500     - 

1601.  5.  Janr.  Der  Erzb.  von  Maine  schreibt  an  den  Dechanten 
(98.)  des  Frank£  Barth.  Stifts,  mn  sich  über  die  Gläubigkeit 
des  zum  M.  CanonicaB  ernannten  Petras  Schminck  zn 
.  erkundigen. 
1603.  16.  März.  Der  Erzb.  von  Mainz  erlaubt  dem  M.  Stift  ein 
(99.)  Anleben  von  1000  Gulden  aufzunehmen. 

1607.  22.  Öct.  Aschaff.  Erzb.  Job.  Schweickhart  von  Mainz  leiht 
(100.)  dem  Adam  Eberhard  vonCarben  die  Güter  zu  Moxstadt  und 

Hegheim,  wie  sie  Ejtelweiß  1405  zu  Lehen  empfangen  habe. 

1608.  22.  Juni.    Erbleihbrief  über  die  Holtzässen  und  das  Glock- 
(101.)  geländt. 

1610.  11.  JunL    Das  M.  Stift  nimmt  den  Canonicus  des  Frankf. 

(102.)  liebfraustifts  Jodocus  Asslerus  zum  Canon,  auf  und  dieser 
leistet  den  Eid. 
1 1612.  Margar.    Erneuerung  der  Statuten  des  M.  Stift». 

(103.) 
1 1624.  ö.  Decbr.    Der  Dechant  des  M.  Stift»  schreibt  an  den  Probst 

(104.)  und   empfiehlt  ihm   die   Bitte  der  Moxsi  Colonen  ^   sich   ftir 
ihre  Eriegserleichterung  bei  Tilly  zu  verwenden. 

1624.  .....  Der  Dechant  des  M.  Stift»  publicirt  einen  Bchutzbrief 

(106.)  des  Kaisers  von  1623  bei  den  Kriegsunruhen. 

1627.  13     December.     Der    M.    Probst    schreibt     an    das    Ka- 
(106.)  pitel    bezüglich    des    Schutzes    der    Colonen    gegen    Ein- 

quartierung. 

1628.  26.  Jul.    Das  M.  Stift  ersucht  den  kais.  Hofkriegsrathpräsi- 
(107.)  deuten  um  ein  Sauvegarde- Schreiben    ftir    sich    und    sein 

Eigenthum. 

1633.  14.  Febr.    Die  schwedische  Regierung  zu  Mainz   setzt   den 
(lOd.)  bisherigen    schwedischen  Verwalter   des    Stift»  M.  ab    und 

ernennt  den  Ludwig  Adolf  Krugk  an  dessen  Stelle. 

1634.  12.  Juli.    Die  k.  schwedischen  Bäthe  zu  Mainz  schreiben  an 
(109.)  L.   A.  Ejrugk   in  Betreff  der  Anmassungen   des   M.  Stift»- 

dechanten. 

1634.  ....    Der  M.  Dechant  bittet  die  schwedische  Regierung  im 

(110.)  ober-  und  niederrheinischen  Kreise^  seine  Gerechtigkeiten  in 

M.  anzuerkennen  und  zu  schützen.    [In  einem  gleichzeitigen 

Schreiben  rechtfertigt  er  sich   bei   der   schwed.   Regierung 

wegen  des  Vorwurfs^  sich  Rechte  in  M.  angemasst  zu  haben.] 

1649.  13.  Mai.    Die  mainz.  Visitatores  Cleri  zu  Frankfiirt  erlassen 

(111.)  einen  Befehl  wegen  der  im  Leonhards  und  Moxst.  Stift  zu 

Fr.  eingerissenen  Missbräuche. 


—     501     — 

1668.  16k  Decbr.    Die  erzb.  Begienu^  eu  Mains  schreibt  an  den 
(112.)  Dechanten  in  IL  bezüglich  der  Beschwerden  des  Stifte  über 

den  Grafen  von  Isenbnrg  und  Büdingen. 
1 1683.  6.  Septbr.    Der  Mainzer  geistliche  ^car  befiehlt  dem  Stift; 
(113.)  dem  als  Pfarrer  in  Schwanheim  meistens  abwesenden  Cano- 

nicns  Henr.  Prensser  seinen  Antheil  an  den  OefiÜlen  doch 

zu  verabfolgen. 
1686.  23.  Febr.    Das  Capitel  zu  M.  schreibt  an  den  Probst  beziigl. 
(114.)  der  Jurisdiction  in  den  3  Stiftsddrfem. 
1690.  22.  Oct    Bericht  des  Joh.  Wilh.  Weber  an  die^  erzb.  Begie- 
(115.)  rung  in  Mainz  wegen  des  Nichtvorhandenseins  von  Schult- 

heiss;  Gericht  und  Geflüigniss  in  den  3  Stiftsddrfem. 
1706.  8.  JunL    Die  Ganerben  des  Gerichts  Staden  vergleichen  sich 
(116.)  mit  der  Probstei  M*  wegen  der  Administration  des  probsteil. 

Hofs  zu   Nieder -M.  sowie    wegen  der  übrigen   Güter  der 

Probstei  zu  Ober-  und  Nieder -M.  und  Heegheim«    Ysenb. 

Suca  44.  Scr.  3155. 
1706.  8.  Sept.    Vertrag   des    Stifts    mit    den  Stadener  Ganerben 
(117.)  wegen  der  3  Dörfer. 

1706.  15.  Sept.    Vergleich  zwischen  Churmainz  und  den  Ganerben 
(118.)  zu    Staden ;    kraft  dessen   Ersteres  den   Xietzteren   das  jus 

coUectandi   über   die  Stift  M.  GHlter  zu  Ober-  und  Nieder- 

Moxst   und  Heegheim  zu  Lehen  reicht    Vertheid.  Eigenth. 

der  Ganerben  zu  Staden.  Beil.  61.  Scr.  3169. 


L  Verseiohniss  der  Probate  des  Mozstadter  Stifts. 


1275.  Tragbodo  von  Eisenbaich.    Beg.  5.  8. 

1302.  Sifrid  von  Sohnisse.    Beg.  17. 

1435.  Conrad  Buwe. 

1478.  Christian  Ganfe.    Beg.  67. 

1527.  Georg  Laur.  Beg.  78.  81.  83. 

1594.  Georg  Erstenberger. 

1618.  Wilh.  Diebich  von  Dhaun. 

1627.  Anton  Waldbot  von  Bassenheim. 

1647.  Joh.  Ulrich  von  Andlaw. 

1650.  Peter  Schickius. 


—     502     — 

1672.    Andreas  Birnbeek. 

1675.    Daniel  Lenz. 

1683.    Emmerich  von  Bubenheim 

1707.    Phil.  Carl  Freiherr  von  Eltz^   16.  Aug.  vom  Pabst  Gle- 

mens  XI.  ernannt 
1710.    Dominions  Lorengus^  erhält  die  Probstei  vom  Pabst. 
1730.    Hugo  Franz  Carl  Freiherr  von  Eltz,  wird  vom  Pabst 

Clemens  XIL   zum  Coadjutor  des  Probstes  Phil.   Carl 

von  Eltz  ernannt 
1765.    Hemrich  Wilhelm  von  Harff. 
1781.    Friedrich   Franz  Freiherr  von  Harff^   vom  Erzb.    von 

Mainz  ernannt 


IL  Verzeiohniss  der  Dechanten  des  Moxstadter  Stifts. 


1275.  Gottfried.    Reg.  7.  11. 

1289.  Bertram  von' Bleychenbach.    Reg.  15. 

1345.  Johann  von  Hegehein.    Beg.  31. 

1355.  Conrad  vK>n  Hockler.    Beg.  37. 

1360  Heinrich  von  Else.    Reg.  39. 

1365.  Hermann. 

1435.  Johann  Eckardi. 

1479.  Erbinus  Lantfoydt. 

1508.  Peter  Isenberg. 

1524.  Johann  Dop. 

1553.  Peter  Rauhe. 

1557.  Joh.  Merckel.  Beg.  88. 

1561.  Joh.  (Fabri;  genannt)    Bromsack.    !  Beg.  93.    (bis  1588) 

1594.  War  das  Decanat  vacant:  H.  Schurer,  L.  Hamman  und 
S.  WeiJßbrodt  sind  die  von  dem  Erzb.  von  Mainz  er- 
nannten Directoren  des  Stifts. 

1603.  Lamr.  Hamman. 

1605.  Heinr.  Schurer,  f  17.  Aug.  1611. 

1611.  Job.  Ludwig  von  Hagen,  f  16.  Sept  1654. 

1658.  Joh.  Kempf. 

1667.  Joh.  Breuning. 

1686.  Balth.  Sartorius  (am  10.  Oct  vom  Erzb.  von  Mainz  er- 
nannt). 


—     503     - 


1720.    Nie.  Martmengo,  f  1739. 

1789.    Job.  Faul  Xaver  von  Heck  (vom  Pabst  Benedict  XIII. 

ernannt)  f  1754. 
1754.    Heinrich  Peter  Cunibert    (21.  Decbr.    vom  Erzb.    von 

Mainz  ernannt)  f  1765. 
1765.    Andr.  Bemb.  Brozzendörfer.     (Seine  Wahl  wird  vom 

PabBt  bestätigt). 
1775.    AegidiuB  von  Lohr. 
1792.    Carl  Hieron.  Eolbom. 


Aigelegcnhi^teB  der  refemilrtei  Cknneiadei 

nach  deo 

ProtocoUen  des  lutherißchen  Predigemmiifiteriunis^ 

(Ergimsiing  sa  Archiv  ü.  8.  246.) 
Mitgedieilt  von 


1747  Montag-  den  24.  April  theilte  Herr  Senior  Walther  dem 
Ministerium  mit,  dass  er,  Coli.  Stark,  SchloBsor  nnd  Schmidt  der  Ein- 
ladung des  Herrn  ConBist-Directors  Schöffen  Textor  gemäss  im  Römer 
erschienen  seien ,  wo  ihnen  in  Anwesenheit  der  Herren  Skabini  v. 
Schweitzer,  v.  Lersner  und  Lucius  mitgetheilt  worden,  dass  die  Re- 
formirten  bei  der  hohen  Beichsversammlung  einen  fayorablen  Schloss 
vor  sich  zu  erlangen,  die  beste  Hoffnung  haben,  es  komme  also  jetst 
darauf  an,  ob  man  sich  auf  die  justitia  causae  verlassen. oder  die  re- 
gulas  prudentiaeet  consilii  vorziehen,  aus  zweigt  Uebeln  das  geringste 
wählen,  sofort  die  Vorschläge,  wie  gütlich  aus  der  Sache  zu  kommen, 
anhören,  darüber  deliberiren,  aber  doch  alles  blos  sub  spe  raü,  et 
salva  ratificatione  amplissimi  senatns  besorgen  wolle.  Uebrigens  sei 
ein  leiblicher  Eid  zu  leisten,  die  Sache  geheim  zu  halten.  Auf  die 
sehr  detaillirte  Mittheilung  antwortete  das  Ministerium  am  26.  April 
dem  Senat: 

Es  überlasse  der  Klugheit  und  liebe  des  Senates  zum  jetzigen 
und  kttnfdgen  Vaterlande,  wann  l)kein  anderer  Weg  mehr  zu  hoffen 
und  wann  2)  die  bürgerlichen  Collegien  einstimmten,  die  Vorschläge» 
wie  gütlich  aus  der  Sache  zu  kommen,  anzuhören,  auch  alsdann  zu 
prüfen,  ob  die  extremitas  zu  erwarten,  oder  amicabilis  compositio  zu 
erwählen  sei. 

Diese  Antwort  überreichte  der  Senior  am  29.  April  dem  Skabi- 
nat  und  man  fand  dort,  dass  des  Mmisterii  Gedanken  vernünftig  und 
theologisch  abgefasst  seien. 


—     505    — 

Am  7.  August  berief  der  Senior  du  Mixusteriiuii ,  um  ihm  mit- 
sntheileii;  dass  am  4.  August  eine  grosae  Batbadeputation  auaammen- 
getreten  sei, 

[bestehend  aus  : 

Teictor,  Lersner,  Lucius,  Schneider,  Dr.  Moors  aus  dem  Senat, 
Y.  Fichard  und  v.  Eelhier  von  Limpurg, 
▼•  üffrabach  und  ▼.  Morenhehn  von  Frauenstem, 
Nicolai,  Scbmid  und  Fimcrants  von  den  51  em, 
Walther  mid  Stark  aus  dem  Ministerium, 
Thilen,  Bumpel  und  Ghtdbach  von  den  Ghraduirten, 
Bischof  und  Diehl  von  den  Neunem], 
in  welcher  mitgetbeilt  worden,  der  Bath  habe  den  Beformirten  eine 
Gegenerklärung  au&etzen  lassen,  wolle  aber,  damit  nichts  eiiiseitig 
geschehe,  auvor  die  Gesellschaften  abhören^  ob  sie  mit  dem  Bathe 
dner  Meinung  seien.    Um  sich-  über  die  Sache  äussern  zu  können, 
wurden  den  Collegien  die  verschiedenen  Schriftstttcke  emgehändigt 
und  2war : 

Die  erste  Schrift  der  Beformirten.  Darin  theilen  die  2 
reformirten  Gemeinden  mit,  dass  der  Beichshofrath  und  Beichskonvent 
ihre  Angelegenheit  instruirt  habe,  sie  also  Hofinung  hätten,  zu  dem 
geruhigen  Genuas  ihres  Gottesdienstes  binnen  dieser  Stadt  zu  ge- 
langen. Zu  diesem  Zwecke  wünschen  sie,  durch  eine  aus  ihrer 
Mitte  gewählte  Commission  die  Angelegenheit  mit  dep  zustehenden  Be- 
hörden gütlich  zu  vermitteln. 

[Friedrich  de  Neufrille.  Bud.  Passavant  Christ  Ziegler. 
Jak.  Passavant  Carl  BehageL  Jean  de  Barj.  Pierre  Bri- 
villier.    J.  N.  d'Orville.    Georg  LeerscJ 

Die  andere  Schrift  der  Beformirten  enthält  die  Bitte 
um  ürlaubniss  innerhalb  der  Stadtmauer  eine  Kirche  zu  bauen ,  um 
darin  nicht  nur  Predigt  und  Abendmahl,  sondern  auch  die  anderen 
Amtshandlungen  etc.,  Kindtaufen  und  Kopulationen  halten  zu  dürfen. 
Dafbr  erbieten  sie  sich: 

1)  die  Kirche  auf  eigne  Kosten  erbauen  zu  lassen; 

2)  dem  luth.  Ministerium  als  Entschädig^ung  für  den  Ausfall  des 
Honorars  für  Taufen  und  Kopulationen  fl.  15,000  in  die 
Wittwenkasse  zu  zahlen; 

3)  auf  Baths -Stellen  und  Stadtbedienungen  eidlich  zu  renon- 
ciren ; 

4)  die  Jurisdiction  des  luth«  Consistoriums  allezeit  anzuerkennen 
und  sich  selbst  des  Namens  Consistorii  nicht  zu  bedienen; 


-     506    — 

5)  tute  die  ErlaobnisB  des  Eirehenban's  50,000  TUr.  in  das  Aerar 
zu  bezahlen. 

Die  dritte  Schrift  der  Reiormirten  gibt  die  Motif«  an, 
warum  sie  den  Vorschlag,  ihre  Kirche  Vor  die  Stadt .  zu  bauen  und 
die  Kopulationen  und  Kindtaufen  fernerhin  von  den  lutb.  Geistlichen 
vornehmen  zu  lasseu,  nicht  annehmen  könniBn,  denn 

1)  wäre  dieses  Temperament  ihren  Gerechtsamen  und  ihren 
günstigen  Aussiebten  entgegen; 

2)  würde  es  durch  Annahme  eines  solchen  Temperamentes  von 
der  Willkühr  des  vor  denen  Thoren  sich  aufhaltenden  Zigeu- 
ner und  liederlichen,  auch  durch  eine  Kirche  sich  gemeiniglich 
herbeiziehenden  Bettler-Gesindels  lediglich  abhängen,  unsere 
neu  zu  erbauende  Kirche. stehen  zu  lassen,  sie  sich  mithin 
auf  die  Ausübung  ihres  Gottesdienstes,  und  darinnen  nicht 
gestöhrt  zu  werden,  weder  bei  Friedens-  am  allerwenigsten 
bei  Kriegszeiten  sicheren  Staat  machen  können,  zumalen  uns 
die  traurige  Erfahrung  allbereit  gelehret,  dass  die  von  Einem 
Hochedlen  Magistrat  ihnen  vor  dem  Thor  zu  bauen  erlaubte 
Kirche  schon  einmal  durch  Mordbrenner  in  Staub  und  Asche 
gelegt  worden,  und  die  täglichen  Exempel  vor  Augen  liegen, 
dass  auch  selbst  die  Gärten  von  denen  Mitgliedern  Eines 
hochedlen  Magistrats  vor  dem  Frevel  dergl.  Gesindels  bis  auf 
diese  Stunde  noch  nicht  verschont  geblieben; 

3)  weilen  alte,  kranke  und  schwächliche  Personen,  Schwangere 
und  Säugende  ihren  Gottesdienst  auszuüben  sich  verhindert 
sehen  würden,  in  dem  erstere  denen  üblen  Witterungen  sich 
nicht  exponiren,  letztere  aber  die  durch  eine  Kirche  sich  her- 
beiziehende auch  gemeiniglich  sehr  monströsen  Bettler  anzu- 
sehen, ihnen  nicht  zuzumuthen; 

4)  würde  das  liederliche  Gesindel  bei  Nacht  die  Kirche  eröffnen, 
darin  allerlei  Bubenstücke  ausüben,  und  solche  ssu  einer 
Mörder-  und  Diebsgrube  machen;  auch  würde  das  Gesinde 
und  die  bei  ihnen  in  Condition  stehenden  jungen  Leute,  unter 
dem  Verwände  Gottes  Haus  zu  besuchen,  auf  die  herumliegen- 
den Dörfer  laufen  und  schändliche,  der  hiesigen  Bepublik 
höchst  nachtheilige  Handlungen  ausüben; 

5)  würden  die  Meisten  genöthlgt  werden  zum  Nachtheil  der 
Einzier  und  Lohnkutscher  sich  Kutschen  und  Pferde  zuhalten, 
wodurch  ihnen  nicht  nur  grosse  Ausgaben,  sondern  auch 
darum  Schaden  geschähe,  weil  die  Pferde  im  Freien  halten 
müssten ; 


—     507     — 

6)  wtkrden  bei  einem  während  des  Gotteadienstes  ttoabreehenden 
Brande  viele  Tausend  Menschen  der  Stadt  beim  LöBchen 
entzogen^  ausserdem  aber  viel  böses  und  liederliches  Gesindel 
sich  mit  den  yon  ihrem  Gottesdienste  zurückkehrenden  Men- 
schen über  die  Brücke  herduscbldchen^  wodurch  diese  Stadt 
sich  von  Mordbrennern^  Schelmen  und  Diebsgesindel  auch  bei 
Pestzeiten  vor  inficirten  Personen  niemalen  sicher  stellen 
könnte ; 

7)  würden  bei  der  wegen  eines  begangenen  Mordes  oder  Dieb- 
stählen erfolgten  Schliessung  der  Thore  die  ihren  Gottesdienst 
abgewarteten  oder  denselben  abzuwarten  intentirenden  Per- 
sonen aus  der  Stadt  heraus  oder  hineinzugehen  sich  verhindert 
sehen; 

8)  würden  die  meisten  Potentaten  und  Beichsstände  meinen^  die 
Beformirten  hiesiger  Stadt  verdienten  die  Liebe  der  Obrigkeit 
nicht;  da  sie  doch  ohne  Buhm  melden  können^  dass  sie  ihre 
Bürgerpflichten  treulich  erftkllen; 

9)  würde  bei  einem  jähen  Ueberfalle  des  Gottesdienstes  eine 
geschwinde  Hülfe  nicht  geleistet  werden  können  ^  sondern 
man  müsste  die  Ueberfallenen  ohne  Hülfe  dahin  sterben 
lassen. 

Aus  diesen  Gründen  bitten  sie,  ihnen  eine  favorable  Besolution 
über  ihre  am  17.  Juli  cur.  eingereichten  Vorschläge  zu  geben. 

Das  vierte  Schriftstück,  die  ^Magistratische  Gegenerklä- 
rung" beruft  sich  auf  die  bei  der  Wahl  CarVs  VH.  gewährten  Zu- 
geständnisse, vor  den  Thoren  unter  deren  Kanonen  ihre  Kirche 
bauen  zu  dürfen,  sieht  nicht  ab,  warum  die  Beformirten  jetzt  ein 
Mehreres  fordern,  und  ertheilt  die  Besolution, 

1)  dass  er  gestatten  wolle  an  einem  abgelegenen  Orte  innerhalb 
der  Stadt  eine  Kirche  für  beyde  Gemeinden  zu  erbauen, 
welche  niemals  erweitert  werden  dürfe; 

2 — 4)  diese  Kirche  aus  eignen  Mitteln  zu  erbauen  und  weder 
mit  Thurm  noch  Glocken  zu  versehen; 

5)  die  Trauungen  wie  bisher  von  den  luth.  Geistlichen,  dagegen 
die  Taufen  von  den  ref.  Predigern  vollziehen  zu  lassen; 

6)  Proklamationen  in  den  luth.  Kirchen  vorzunehmen ; 

7)  keine  Schule  zu  errichten; 

8)  das  luth.  Consistorium  anzuerkennen; 


—     508     - 

9)  nicht  mehr  ab  zwei  deutsche  und  zwei  frsniöriBche  Prediger 
anznstelleo^  welche  alsBüiger  oder  BeisasseD  zu  allen  Lasten 
berbeiznziehen  sind,  fbr  welche  Gnade  dieSonune  von  100,000 
Bthlr.  zu  entrichten; 

10)  bei  Streitigkeiten  zwischen  der  Gemeinde  und  den  Fredigem 
entscheide  der  Bath  oder  eine  theol.  FaJcaltät; 

11)  auf    alle    städtischen  Aemter    zu   verzichten.     (12 — 14  un- 
wesentlich.) 

Das  fünfte  Stück,  f,  des  Ministerii  erfordertes  Bedeii- 
ken',  spricht  aus: 

1)  seine  Verwunderung,  dass  die  Beformirten  eine  runde  Bitte 
vorbringen,  die  Kirche  innerhalb  der  Stadtmauern  haben 
zu  wollen.    Desshalb  sei  es 

2)  dem  Ministerium  bedenklich,  dass  die  Beformirten  dieses  Ge- 
*   such  ab  Fundament  friedlicher  Beilegung  vorausfordem. 

3)  Die  Nachwelt  würde  die  Beschwernisse,  welche  aus  dieser 
Nachgiebigkeit  entspringen,  schwer  beseufzen  und  den  Bath 
sowohl  als  die  bürgerlichen  Collegien  wegen  Mangels  ndlhig 
gewesener  Klugheit  beschuldigen. 

4)  Also  könne  das  durch  diese  Umstände  sehr  bekümmerte  Mi- 
nisterium sein  bejahendes  Wort  nicht  geben,  denn 

a)  die  ehemaligen  Bedenken  gelten  noch  fort; 

b)  die  Nachgiebigkeit  wäre  strafbare  Menschenfurcht  in  Folge 
deren  betrübte  bürgerliche  Unruhen  auszubrechen  schei- 
nen, welche  die  gesammte  Ver&ssung  wankend  machen 
dürften. 

c)  die  Einwohner  der  Stadt  würden  durch  das  erleichterte 
Behören  der  reform.  Predig^  in  Zweifel,  Irrungen  und 
Zerrüttungen  gesetzt; 

d)  das  Anerbieten  10,000  fl.  in  die  Wittwen-Kasse  zu  geben 
zur  Ersetzung  der  bisher  genossenen  Accidentien  von  den 
Taufen  und  Kopulationen  ist  betrübt  und  empfindlich  und 
macht  das  Ministerium  völlig  furchtsam;  denn  nicht  der 
nicht  leicht  zu  missende  AusfUl  betrübt  sie,  sondern  die 
Lästerung  der  künftigen  Welt,  dass  sie  um  schändlichen 
Eigennutzes  willen  gehandelt  und  ihre  vieljährigen  Actos 
niinisteriales  vor  Geld  verkauft  hätten. 

Die  oben  erwähnte  zusagende  Bestimmung  des  Bathes  vom  Au- 
gust wurde  aber  durch  die  Bemühung  der  Neuner  und  51er  uptßr 
dem  Verwände  hintertrieben,  man  könne  den  Beformirten,  ohne  die  14 


—     509     — 

Quartiere,  d.  h.  die  ganze  Bürgerschaft  za  befragen;  keine  S[irche 
in  der  Stadt  zugestehen ;  desshalb  berief  der  Bath  am  15.  Noyember 
die  Deputationen  des  Baths,  der  Oesellschaften  Frauenstein  und  lim- 
bnrgy  der  51er;  des  Ministeriums;  der  Graduirten  und  der  Neuner 
wieder  zusammen,  wo  man  sich  denn  dahin  emigte,  es  soUe  den  Be- 
formirten  gestattet  werden,  dass  sie  auf  einem  ihnen  gratis  srä  über- 
lassenden Phitze  vor  den  Thoren,  nach  dem  Exempel  der  Stadt 
Nürnberg,  eine  Kirche,  wie  sie  solche  Anno  16Ö1  gehabt,  aufbauen 
dürften* 

Als  den  Bef.  Gemeinden  diese  Antwort  am  17.  Nov.  mitgetheilt 
worden,  wenden  sie  sich  klagend  an  das  Corpus  Evangelicomm  in 
Begensburg,  stellen  die  Sachlage  klar  und  bestimmt  dar  und  bitten 
um  Hülfe.  Das  Corpus  las  das  Gesuch  am  23,  Dec.  1747  vor  und 
beschloss,  eilig  zu  beschlieissen,  eine  Estafiette,  jedoch  auf  Kosten 
der  Impetranten,  zu  T^rsenden.  Wirklich  wurde  an  denselben  Tage 
ein  Benehmungsschreiben  des  Corpus  an  den  Bath  Srbgeschickt; 
Darin  wundert  sich  das  Corpus,  dass  der  Bath  einis  Kirche  ausser- 
halb  der  Stadt  zu  bauen  gestatte,  aber  innerhalb  verbiete.  Es 
wäre  ausnehmend  ohnverantwortlich,  wennftcin  bloses  Nichtwollen, 
welches  man  niemals  mit  soliden  Bationibus  wird  zu  unterstützen 
vermögen,  wider  tiefere  Einsicht  das  gemöne  Wesen  periklitiren 
sollte;  räih  an,  die  angefangenen  Vergleichs-Traktaten  fortzusetzen, 
dass  den  Beformirten  innerhalb  der  Stadt  eine  Kirche  zu  Theil 
werde. 

[Unterschrieben  von  Chur-Sachsen,  Brandenburg,  Braunschweig; 
von  den  fürstlichen  Ständen:  Magdeburg,  Bremen,  Sachsen- 
Gotha ,  Altenburg ,  Wrimar  -  Eisenach ,  Brandenburg  -  Culm- 
bach,  Onoltzbach,  Braunschweig-Zelle,  Braunschweig-Calenberg, 
Br.-Grubenhagen,  Br.-Wolfenbüttel.  Halberstadt,  Vehrden,  Vor- 
Pommern,  Hinter-Pommern,  Würtemberg,  Holstein-Glückstadt, 
Hessen-Cassel,  Hessen-Darmstadt,  Baden-Durlach,  Baden-Hoch- 
berg, Sachsen-Lauenburg,  IGnden,  Anhalt,  Henneberg,  Schwerin, 
Camin,  Batzeburg,  Hirschfeld,  Mümpelgard,  Nassau-Hadamar 
und  Siegen,  Nassau-Dillenburg  und  Dietz,  Ostfriesland,  Grafen 
V.  d.  Wetterau,  Fränkische,  WestphäUsche.  Von  Bheinischer 
Bank,  Lübeck,  Bremen,  Oberländische  Bank :  HeQbronn,  Lindau. 
In  Summa  43.] 

Dieses  wohlgemeinte  Schreiben  brachte  die  Estaffette  schon  am 
25.  Dec.  1747  nach  Frankfurt,  worauf  der  Bath  umgehend  dem  chur- 
mainzischenDirectorial-Besidenten  Freiherm  von  Lincker  undLützen- 
wirk  in  Begensburg  em  Gesuch  um  Au&chub  des  geforderten  Ent- 


—     510     — 

aoheideg  auf  2  Monate  einreichte.  Derselbe  beantwortet  dieses  Ge- 
snch  unter  dem  2.  Januar  1748^  dass  er  die  Bitte  billig  finde^  der 
Bath  möge  aber  den  Aufschub  benutzen^  die  Sieche  endlich  zum  Ver- 
gleich zu  bringen;  sidi  auch  kttne  Mühe  geben,  die  von  den  Befor- 
mirten  beschickten  Höfe  auch  zu  beschicken;  um  dieselben  gegen  die 
Beformirten  umzustimmen^  was  keinen  Erfolg  haben  dürfte. 

Der  Bath  übergab  die  beiden  Schreiben  von  Begensburg  dem 
Ministerium  sofort  zur  Beg^utachtung.  IKeses  antworte»  am  10.  Ja- 
nuar, es  sehe  so  viele  betrübte  Folgen  dieser  Sache  in  unsrer  Stadt, 
Beligion  und  Freiheit  mit  Zittern  und  Beben  voraus,  dass  es  in 
gläubigem  Vertrauen  auf  die  Hülfe  und  Gnade  Gottes  lieber,  was 
für  ein  harter  Schluss  aus  uns  noch  zur  Zeit  ganz  unbekannten 
Gründen  unter  Gottes  Zulassung  diese  Stadt  betreffen  werde,  ^- 
warten,  als  zu  einer  bedenklichen  Verfinderung  selbst  die  Hand  bie- 
ten und  dadurch  uns  bei  den  Nachkommen  den  Verdacht  ent- 
weder eines  Eigennutzes  oder  einer  Unachtsamkeit  aufladen  wollen. 

Mittlerweile  war  der  Syndikus  von  Löen  vonBaths  "«regen  nach 
Regensburg  geschickt  worden  und  der  Bath  theilte  dessen  Bericht 
dem  Ministerium  am  22.  Mai  1748  mit  Herr  von  Löen  beschuldigt 
darin  zunächst  die  Beformirten,  sie  hätten  den  Bath  in  Begensbuig 
anzuschwärzen  gesucht;  die  Kaiserlichen  Gesandten  hätten  die  Sache 
nicht  ab  eine  religiöse,  sondern  als  eine  rein  politische  betrachtet; 
bei  seinen  Visiten  seien  sämmtliche  Gesandten  der  Meinung  gewesen, 
das  Beichsgutachten  werde  gegen  den  Bath  ausfallen,  denn  die 
Neuner  und  51er  hätten  sich  auf  die  Oeconomica  zu  beschränken,  in 
Kirchensachen  aber  nichts  zu  sagen;  und  die  Stimmen  gingen  alle- 
sammt  dahin,  dass  der  Bath  zur  Nachgiebigkeit  sich  entschUessen 
solle,  ja  der  Kaiser  eröfinete  dem  Herrn  von  Löen  selbst,  er  solle 
den  Bath  bestimmen,  den  Beformirten  zu  willfeihren. 

Während  des  Jahres  1749  ruhte  die  Angelegenheit,  aber  am 
2.  Febr.  17Ö0  berief  Senior  Fresenius  einen  Eztrakonvent,  um  dem 
Miipsterium  mitzutheilen,  dass  Kajserl.  Majestät  Franz  I.  ein  sehr 
ernstliches  Bescript  vom  16.  Juni  1750  an  den  Bath  habe  ergehen 
lassen,  darin  er  denselben  vermahnt^  den  Beformirten  den  Kirchenbau 
in  der  Stadt  zu  erlauben,  denn  hierdurct  sei  der  Weg  zu  einem 
noch  bessern  Commerzium  auch  ausserhalb  desBeiches  gebahnt  und 
droht,  er  werde  der  weiteren  gleichsam  zur  Gewohnheit  werden 
wollenden  Widersetzlichkeit  die  behörigen  Schranken  setzen  oder^ 
andere  Mittel  aus  Kais.  Macht  ftbrkehren.  Auf  Antrag  des  Seniors 
äusserte  dagegen  das  Ministerium  an  den  Bath,  dass  sie  zwar  voll 
christlicher  Liebe  gegen   die  Beformirten  seien,    ihr  Gesuch  aber 


—     511     - 

gc^n  das  inyiolable  Beichsgrnndgesetz  des  Westphälischen  Friedens 
offenbar  streite.  Es  bittet  den  Baih,  auf  dem  bisherigen  Weg  der 
Standfaaftigkeit  zu  verbleiben,  erinnert  desphalb  an  die  vielen  Un- 
ruhen, welche  die  Beformirten;  seitdem  sie  in  der  Stadt  sind,  dem 
Bath  gemacht  haben,  wie  sie  die  heil.  Beligion  verunglimpft,  wie 
die  Wohlfahrt  der  evangelischen  Bürgerschaft  gekränkt  werden 
würde  und  schliesst  mit  Versicherung  seiner  Ergebenheit  gegen  den 
Kaiser  und  den  Bath.  (10  Folioseiten.) 

Das  Schreiben  des  Ministeriums  wurde  vom  Bath  so  beifällig 
aufgenommen,  dass  der  Senior  am  9.  Februar  abermals  einen  Con- 
vent  berief,  welcher  seine  Bitte  um  Standhaftigkeit  gegen  die  Be- 
formirten  wiederholte.  Die  grosse  Gefahr,  welche  der  Evangelischen 
Gemeinde  drohe,  gebe  ihnen  den  Muth  schon  wieder  zu  schreiben 
und  zu  erklSren,  dass  der  Bath  ohne  Verletzung  der  Gewissen  in 
den  3au  der  Kirche  nicht  einwilligen  könne,  denn  das  Gewissen 
kann  nicht  zugeben,  dass  man  das  Eigenthum  eines  Dritten  ohne 
dessen  Bewilligung  verschenke;  sie  rathen  an^  dem  Kaiser  nicht  zu 
gehorchen,  zumal  ja  derselbe  den  Weg  des  beschworenen  Bechtes 
nicht  verlassen  werde,  vertrauen  übrigens  Gott,  dass  derselbe  dem 
Bechten  beistehen  und  des  Kaisers  Herz  lenken  werde. 

Dem  Gutachten  des  Ministeriums  schlössen  sich  die  51er  und 
Neuner  am  3.  Februar  dahin  an,  dass  sie  den  Bath  baten,  sich  von 
der  Bürgerschaft  nicht  zu  trennen,  da  ja  der  Kaiser  1749  erklärt 
habe,  die  Stadt  nicht  zwingen  zu  woUen,  und  versprechen,  dass  die 
Bürgerschaft  dem  Bath  alle  Begebnisse  standhaft  tragen  helfen 
werde.  Auch  die  sämmtlichen  Oberoffiziere  nebst  der  ganzen  luthe- 
rischen und  katholischen  Bürgerschaft  schliessen  sich  durch  eine 
Eingabe  vom  5.  Febr.  1750  dieser  Ansicht  an,  „damit  das  von  der. 
andern  Seite  ausser  der  mindesten  rechtKchen  Befugniss  stehende 
Begehren  abgewendet  und  der  gesammten  Evangelisch-lutherischen 
und  Katholischen  Bürgerschaft  der  sonst  imminirende  äusserste  Buin 
verhütet  sein  möchte.^ 

Von  da  an  scheint  in  der  Angelegenheit  dem  lutb.  Ministerium 
nichts  mehr  zugekommen  zu  sein,  wenigstens  findet  sich  in  denPro- 
tocoUen  bis  1756  kein  Wort  mehr  davon. 

I  4 

(,Das  Weitere  findet  sich  Archiv  II.  S.  308.) 


x^ 


Die  Aufldsong  ies  Grossberzo^hHin  Pradtflnt 

Ein  geschichtlicher  Rflckbtick  auf  die  beiden  letite«  Monate  des  Jahres  1813. 

Von  Br.  Wllh.  F.  G,  Btrioker. 


Es  war  den  französischen  und  primatischen  Behörden  gelnngeii, 
bis  zom  27.  October  die  UnfUle  der  grossen  Armee  der  Bürgerschaft 
von  Frankfurt  zu  verheimlichen.  Erst  an  diesem  Tage  erlebte  man 
eine  ofEcielle  Aeosserong  der  Furcht  vor  ebtem  Angriff,  indem  der 
General  Pr^yal ,  welcher  mit  d-'4000  Mann  die  Stadt  besetzt  hielt, 
die  beiden  Lücken  auf  der  Brücke,  welche  mit  Balken  bel^  waren, 
mit  Tagesanbruch  abbrechen  Hess,  wodurch  der  Verkehr  zwischen 
Frankfurt  und  Sachsenhausen  nur  ftar  einzelne  FussgSnger  mö^ch 
blieb.  Der  n&chste  Feind  war  die  auf  dem  linken  Mainufer  stehende 
Heeresabtheilung  des  Prinzen  Karl  von  Baiem  und  des  Generals  von 
Kechberg,  welche  damals  schon  zwischen  OffentNu^h  und  Seligenstadt 
stand.  BeiJ|[ihrem  Näherrücken  räumte  Pr^val  die  Stadt  und  am  90. 
October,  Morgens  10  Uhr,  zogen,  über  eine  Nothbrücke  die  Oeff- 
nungen  der  Steinbrücke  überschreitend,  von  Sachsenhausen  her,  die 
Baiem  in  Frankfurt  ein  unter  lärmendem  Jubel,  zunächst  zwei  Bei- 
terschwadronen  und  ein  leichtes  Bataillon,  welchen  am  Nachmittag 
zwei  Fussregimenter  und  eine  Batterie  f(dgten.  Sie  führten  eine  An* 
zahl  französische  Gefangene  mit  sich  und  zogen  durch  die  Stadt  auf 
das  Galgenfeld,  während  um  2  Uhr  Kosaken  durch  das  Friedbergerthor 
in  die  Stadt  eindrangen.  Die  grosse  Armee  war  wie  verschollen ; 
man  wusste  weder,  welche  Bichtung  sie  von  Eisenach  an  eingeschla- 
gen, ob  sie  nicht  durch  WestfiJen  (Eurhessen)  und  Nassau  nach  Cob- 
lenz  hin  sich  gewandt,  noch  in  welchem  Zustand  des  Zusammenhaltes 
sie  sich  befand.  Durch  den  Jubel  in  der  Stadt  überhörte  man  in 
dieser  Gemüthslage  die  so  nahen  Ereignisse  bei  Hanau  (30.  Oct)  und 
war  am  Morgen  des  81.  überrascht  von  der  Wahrnehmung,  dass  die 
besser  unterrichteten  Baiem  sich  während  der  Nacht  nach  Sachsen- 


■    A 


—     513     — 

hanstti  zurückgezogen  hatten.  Am  Morgen  des  SK,  eines  Sonntags, 
näherte  der  firanzösiBche  Vortrab  sich  der  Stadt,  um  11  Uhr  waren 
die  ersten  am  Thore  und  bald  wälzte  sich  ein  bunter  Haufe,  meist 
Berittene,  von  der  Allerheiligen-Gasse  her  über  die  Zeil  und  weiter 
zum  Bockenheimer  Thor  hinaus  auf  die  Strasse  nach  Mainz  K  Der 
Oberstlieutenant  der  freiwilligen  Beiterei,  Staatsrath  Simon  Moritz 
Ton  Bethmann,  welcher  gerade  die  Wache  am  Ober-Mainthor 
besichtigte,  fasste  den  Plan,  durch  persönliche  Begrüssung  des  Kaisers 
die  mit  der  Einquartierung  der  zuchtloBen  Schaaren  unvermeidlichen 
Leiden  von  d^  Stadt  abzuwenden  und  vermochte  den  Maire  Guiol- 
let,  ihn  zu  Wagen  zu  begleiten-  Sie  trafen  den  Kaiser  in  der  Mitte 
seiner  Schaaren  nahe  an  den  Biederhöfen.  Die  nun  folgende  Scene 
geben  wir  mit  den  Worten  Anton  Kirchner's  (Ansichten  von 
Frkf.  I.  167),  der  ohne  Zweifel  von  Bethmann  selbst  die  Einzelhei- 
ten erfuhr.  ; 

^Kaum  mit  wenigen  Worten  bei  Napoleon  b^laubigt,  wurde  er 
von  diesem  beauftragt,  ihn  nach  seinem  (dem  Bethmann'schen)  Land- 
hause am  Friedbergerthore'  zu  bringen.  Absichtlich  wählte  drauf  der 
Führer  einen  Seitenweg,  welcher  den  Kaiser  und  seinen  Stab  an 
j^:ier  brettemenAnsiedlung  vorbeiführte,  die  fllr  Rechnung  der  Stadt, 
um  Tausenden  von  Verwundeten  xmd  Ejranken  zum  letzten  Obdache 
zu  dienen,  auf  der  Pfingstweide  erbauet  war.  Napoleon  fragte  nach 
der  Bestimmung  dieser  Gebäude  und  trabte,  wie  er  die  Antwort  ver- 
nahm, mit  einem:  ^Ich  bin  euer  Schuldner!^'  rascher  davon. 

Mochte  dieser  Eindruck  wirken,  oder  glaubte  der  Kaiser  bei  länge- 
ren Weilen  die  Beste  seines  Heeres  ge&hrdet,  —  genug,  er  gab  stren- 
gen Befehl,  dass  ohne  seine  Erlaubniss  keiner  der  Flüchtlinge,  welche 
baarfuss  und  im  Kothe  bis  über  die  Knöchel  watend,  zu  Tausenden  vorü- 
berzogen, in  die  Stadt  gelassen  würde.  So  drängten  sich  dann  diese  Un- 
ghlekUchen  in  dichten  Haufen  zu  den  verschlossenen  Eingängen  hin,  die 
welken  Hände  durch  das  Eisengitter  streckend,  um  von  dem  Mitleid 
der  Bürger  ein  Brod  zu  erflehen,  das  ihnen  gern  gereicht  wurde*. 


1  Eine  am  Bockenheimer  Thor  vergessene  bair.  Abtheilung  wurde  von  Be- 
wohnern der  Stadt  nach  dem  Unter maiuthor  gewiesen  nnd  dort  den  dicht 
drängenden  Verfolgern  durch  Ueberfabrt  über  den  Main  entzogen,  welche 
FSrcher  unter  den  Kugeln  des  Feindes  vollzogen.  Der  Officier,  welcher  jene 
Abtheilung  fährte,  warder  am  14  Juni  1865  zu  Bamberg  verstorbene  Qen.-Ltnt 
A.  von  der  Mark. 

2  Nach  den  Zeitungen  jener  Tage  kamen,  mit  Ausnahme  der  Vorposten, 
in  die  Stadt  bloss  die  Marschälle,  Generäle,  die  Kranken  und  Verwundeten,  die 
Equipagen  des  Kaisers,    ein  Bataillon   Infanterie  nnd  die  £litegendarmerie. 

33 


—     M»     — 

Welcboa  dk  Kraft  nicht  erlaubte.,  aidi  vorzndräiigen,  die  tanken 
eracböpfi;  nieder  und  bildeten  bald,  ürpm  der  Hand  des  Todee  gemäht, 
Schaaren  von  Leichen.  Während  selbst  im  Angesichte  des  Land- 
hauses, wo  der  Kaiser  rastete,  die^eraohQpften  Jftnglinge  sich  still  nie- 
derlegen, im  eiseraen'Schlnmmer  aller  Leiden  zn  yergessen;  während 
die  Fenster  dieses  Hauses  yom  Donner  des  Oeschütaes  klirren,  dae 
vom  diesseitigen  Mainufer  Tod  und  Verderben  hinüber  schleudert; 
während  die  brennende  Brückenmühle  den  umflorten  Abendhimmel 
röthet:  erörtert  Frankreichs  B^heirrBcher  gesetzt  und  ruhig  vor  den 
Al^eordneten  der  Stadt  die  Gründe,  die  ihn  bewogen,  den  Banke- 
rott in  seinem  Handelsgesetzbuche  mit  besonderer  Strenge  zu  ahnden. 
—  Der  Herr  vom  Hause  benutzte  ehien  Buhepunct  im  Gespräche, 
um  Schonung  von  dem  Kaiser  für  die  Stadt  und  ihre  Bewohner  zu 
erbitten.  Er  hatte  sich  früher,  aber  vergeblich,  an  den  Fürsten  von 
Neuchätel  gewandt  Jetzt  stellte  er  Napoleon  selbst  mit  wenigen, 
aber  eindringenden  Worten  vor,  wie  vcEderblich  für  Frajokfurt  und 
wie  zwecklos  fiir  das  französische  Heer;  die  Fortsetzung  des  Geschütz- 
feuers sei  —  ^erthier,  faitee  cesser  le  fen!^^  Mit  dieser  Antwort 
war  Gut  und  Blut  von  Tausenden  gerettet.  Der  Donner  schwieg, 
und  die  beruhigende  Nacht  versöhnte  auf  Augenbücke  die  feindseli- 
gen Gewalten.  Durch  das  Fürwort  desselben  Mannes  ward  der 
PoUzeimeiBter.  des  Hauptquartiers,  Lelorgne  d'Ideville,  welcher  sidi 
aller  auf  der  Post  vorräthigen  Briefe  bemächtigt  hatte,  bewogen,  sie 
uneröffiiet  zurückzugeben.  So  wurden  Hunderte  vcm"  Unruhe  und 
Verlust  gesohützt.^^    So  weit  Kirchner. 

Wir  wenden  uns  jetzt  zu  den  'Vorfällen  am  Mainstrom,  auf 
welche  in  der  obigen  Erzählung  angespielt  ist  Die  Baiem  hatten 
nicht  nur  auf  dem  Mühlbei^  eine  Batterie  au%e£akren,  welehe  ihre 
Granaten  bis  in  die  Gegend  des  Alleibeiligenthores  warf,  sondern 
auch  die  beiden  Brückenmühlen,  die  Gallerie  der  vorqpringeBden 
Pfeiler  des  Kreuzbogens  der  Mauibrücke,  das  deutsche  Haus  und 
andere  Gebäude  in  Sachaenhausen  mit  Schützen  besetzt  und  auf  der 
Brücke  einige  Kanonen  aufgefahren  und  beherrschten  auf  diese 
Weise  den  Ausgang  der  Fahrgasse.  Die  Franzosen  fuhren  nun  eine 
Batterie  am  Ober-Mainthor  auf  und  beschossen  von  der  Seite  die 
Brücke,  steckten  auch  endlich  mit  Granaten  die  östlich  an  der 
Brücke  angebaute,  zunächst  der  Stadt  Frankfurt  liegende  der  beiden 
Mühlen  in  Brand.    Die  um  sich  greifende  Feuersbrunst  zwang  die 


War  Bonach  die  innere  Stadt  vor  Verwüatangen  ziemlich  geschützt,  so  waren 
desto  mehr  die  Qartenhänser  preisgegeben,  welche  geplündert  und  deren  be- 
weglidies  Holzwerk  in  den  Wacfatfeuem  verbrannt  wurde. 


—     515     — 

sich  nach  SachsenbauMn  larückflaziehen^  worauf  Napoleon's 
obeiierwähiiter  Befehl  das  AitUieriefeuer  verstummexi  liess^  ein  Ver- 
such der  Franzosen  aber,  mit  einbrechender  Nacht  unter  dem 
Schatze  vorgewälzter  Fässer  der  Brücke  sich  zu  bemächtigen,  wurde 
Ton  den  nunmehr  am  Eingang  Sachsenhausen's  aufgestellten  baieri- 
schen  Eanonoa  und  von  di^  Behüten  in  den  dortigen  Häusern 
blutig  zurückgewiesen.  Am  1.  November.  Morgens  begann  der 
Abzug  der  französischen  Truppen,  um  Mittag  folgte  Napoleon,  der 
am  Abend  dieses  Tages  sein  Hauptquartier  in  Höchst  aufschlug. 
Die  Nachhut  des  französischen  Heeref  unter  dem  MarsohaU  Mortier, 
Herzog  von  Treviso,  kam  am  1.  Nov  Abends  an,  zog  um  die 
Stadt,  lagerte  vor  derselben  im  Freien  und  setzte  am  2.  Morg^QB 
ihren  Marsch  nach  Mainz  fort.  Um^8  Uhr  Morgens  den  2,  Nov. 
zogen  Cosacken,  österreichische  (Meerveldt-Uhlanen  und  Blanken- 
stcün-Husaren)  und  baierische  leichte  Truppen  durch  die  Stadt  gegen 
Mainz  zu  und  ereilten  vor  dem  Bockenheimer' Thore  die  Nachhut 
der  französischen  Artillerie,  welcher  sie  mehrere  Kanonen  abnahmen 
Den  Tag  über  dauerten  die  Durchzüge  baiarischer  und  österreidu-* 
spher  Heerestheile  fort  Von  8—11  Uhr  waren  etwa  30,000  Mapn 
der  bei  Hanau  erprobten  Truppen,  einsohliesslioh  der  in  Sachsen- 
hausen  verbliebenen  Baiem  eingezogen,  von  sedis  Uhr  bis  Mitter- 
nacht dauerte  der  XHorclunaisch  des  Vortrabs  der  grossen  (böhmi- 
sqhen)  Armee  des  Fürst^  Schwarzenberg  in  der  Stärke  ton 
40— -60,000  Mann. .  Diese  ganze  Tmppenmasse  lagerte  auf  dem 
Galgwfdid.  Am  3.  Nov.  kam  das  Gros  des  österreichisohen  Heeres 
h^an,.auch  preussbcbe  Feld-*  und  Garde-Begimenter  u^d  diese  wur- 
den bei  den  Bürgern  einquartirt.  An  einzelnen  Tagen  belief  sich 
die  Einquastirung  bis  zu  56,000  Mann,  also  mehr,  denä  die  Bev<]il- 
kerung  der  Stadt  Am  4.  Nov.  Nachmittags  traf  Fürst  Schwarzen- 
berg ein  und  nahm  sein  Hauptquartier  im  Belli'scheii  ^a^se  gegen- 
über dfur  Hauptwache.  Am  5.  gegen  Mittag  hielt  Kaiser  Alexander 
van  Bussland  seinen  ]^iuzng  hinter  seinen  Gardekosaken;  ihm  nach 
ülhrte  GrossfUrst  Constaptin  die  russisiihen  und  preussischen  Garde- 
reiter, welche  der  Kaiser  an  der  Kalharinenkirche  an  sich  vorbei- 
defiliren  liess;  er  nahm  dann  sein  Hauptquartier  im  v.  Schweizeri- 
schen Hause  (heute  Bussischer.  Hof),  Grossfbrst  Conatantin  im 
Englischen  Hof.    Abends  War  die  Stadt  erleuchtet 

Am  6.  Novbr.,  einem  Samstag,  bildeten  früh  die  preussischen 
und  russischen  Garden  und  die  österreichischen  Grenadie^bataillone 
vom  Allerheiligenthore  über  die  Allerheiligenstrasse,  die]  Zdl,  die 

KatharinQiipforte,  Bleidenstraiise,  Neuekrämcj  den  Markt  bis  zum 

33» 


—     5i6     — 

Dom  ein  Spalier;  die  ,,GeleitBreiter^  rückten  in  Gala  ans  und  von  der 
Brücke  bis  zum  Becheneigraben  waren  64  österreichische^  32  msm- 
sehe  und  8  Frankfurter  Kanonen  aufgefahren«  Es  galt  den  Eansug 
des  Kaisers  Franz  zu  feiern.  Gkgen  11  Uhr  ritten  Kaiser  Alezander 
und  sein  Bruder ,  gefolgt  von  einer  glfinzenden  G-eneralität,  dem 
österreichischen  Kaiser  entgegen,  welchen  sie  an  den  Biederhöfen 
antrafen.  Der  prunkende  Zug  der  beiden  Kaiser  wurde  auf  der 
Bückkehr  am  Allerfaeiligenthore;  wo  ein  Zelt  angeschlagen  war, 
von  einer  Deputation  des  Baths  empfangen.  Es  waren  Männer  dabd, 
welche  1792  über  demselben  «Mann  als  deutschen  Kaiser  den  Bal- 
dachin getragen  hatten,  dem  sie  jetzt  als  österreichischem  Kaiser  die 
Schlüssel  der  Stadt  überreichten.  Welcher  Wechsel  der  Dinge  lag 
zwischen  den  beiden  Jahren!  Noch  stand  an  dem  Thore  „Gross- 
herzogthum  Frankfiirt^^  angeschrieben  als  lebendige  Mahnung,  wie 
ungewiss  die  Zukunft  der  Stadt  sei,  welcher  einstweilen  der  Prinz 
von  Hessen -Homburg  als  Generalstatthalter  vorgesetzt  war.  Der 
Empfang  des  Kaisers  Franz  war  enthusiastisch;  die  Kanonen  donner- 
ten, die  Trommeln  und  die  Feldmusik  wurden  gerührt  und  darüber 
brausten  die  Vivatrufe  und  klangen  die  Töne  sämmtlieher  Glocken. 
Kaiser  Franz  wohnte  zunächst  einem  feierlichen  Te  Deum  im  Dome 
bei,  besuchte  dann  den  Kaiser  Alexander  im  Schweizerischen  Hause 
und  begab  sich  schliesslich  in  den  Tazis'schen  Palast,  wo  an  dem- 
selben Tage  grosse  Tafel  stattfand.  Aber  noch  vorher  wurde  der 
erste  Versuch  gemacht,  etwas  licht  über  die  dunkle  Zukunft  der 
Stadt  zu  verbreiten.  Bei  einer  kurzen  Audienz,  welche  die  Vorstände 
der  vierzehn  Stadtquartiere,  die  Bürgercapitäne,  mit  ihrem  Sprecher, 
dem  Advocaten  Dr.  Friedrich  Sigismund  Feyerlein,  gegen  4  Uhr 
bei  Kaiser  Franz  erlangten,  wusste  der  geschickte  Anwalt  bei  dem 
durch  den  Einzug  in  seine  Krönungsstadt  noch  angeregten  Kaiser 
Saiten  anzuschlagen,  welche  auch  neben  den  Erwägungen  der  Politik 
bei  der  späteren  Entscheidung  des  Schicksals  der  Stadt  nicht  ohne 
Wirkung  geblieben  zu  sein  scheinen.  Denn  Frankfurt  war  immer 
ein  wünschenswerther  Besitz  gewesen.  Hatte  1806  zuerst  Hessen- 
Darmstadt,  dann  Baden  (durch  den  Minister  von  Beitzenstein)  in 
Paris  sich  bei  dem  Protector  des  Bheinbundes  um  den  Besitz  der 

■ 

Stadt  beworben,  so  war  sie  jetzt  durch  einen  geheimen  Artikel  vdes 
Vertrages  von  Bied  sammt  dem  übrigen  Grossherzogthum  zur  Ent- 
schädigung an  Baiem  für  die  an  Oesterreich  zu  machenden  Gebiets- 
abtretungen bestimmt.  Doch  die  grosse  Menge  liess  sich  von  solchen 
Sorgen  nicht  anfechten;  sie  drängte  sich  im  Theater,  wo  die  Fest- 
oper Titus  zu  patriotischen  Kundgebungen  für  die  beiden  anwesen- 


—     517     — 

den  Kaiser  benutzt  wurde  ^  indem  Publius  den  verbündeten  Monar- 
chen ein  Hoch  ausbrachte  und  Titus  selbst  das  lied:  „Gott  erbajte 
Franz  den  Kaiser^'  anstimmte.  Am  Abend  war  die  Stadt  aufs 
Glänzendste  beleuchtet  Am  8.  Nov.  traf  der  Kronprinz  von  Freus- 
sen  (Friedrich  Wilhelm  IV.)  mit  dem  Staatskanzler  Hardenberg  ein 
und  stieg  im  Darmstädter  Hof  ab;  am  11.  Novbr.  kam  der  Gross- 
herzog Ferdinand  von  Würzburg  aU;  am  13.  die  Grossherzoge  Karl 
Friedrich  von  Baden  und  Ludwig  von  Hessen;  und  spät  am  Abend 
die  Könige  Friedrich  Wilhelm  UI.  und  Max  Joseph.  Am  15.  traf 
der  Herzog  von  Nassau  und  der  Fürst  Blücher  und  am  19.  der 
König  von  Würtemberg  ein,  welcher  am  2.  Nov.  eine  Allianz  mit 
den  Verbündeten  abgeschlossen  hatte.  Es  war  ein  Fürstencongress, 
welcher  manche  Parallele  mit  dem  fünfzig  Jahre  später  an  demsel- 
ben Orte  gehaltenen  anregt.  In  den  Beherrschern  von  Oesterreich^ 
Baiern ;  Hessen -Darmstadt  und  Nassau  und  dem  Kronprinzen  von 
Würtemberg  waren  1863  fünf  Enkel  der  Monarchen  von  1813  hier 
anwesend.  Dazwischen  gingen  mancherlei  militärische  Schauspiele^ 
deren  glänzendstes  die  grossse  Parade  war^  welche  unter  Leitung 
des  GrossfÜrsten  Constantin  am  Sonntag  den  14.  Novbr.  stattfand 
und  wobei  die  Truppen  vom  Allerheiligenthore  bis  zum  Theaterplatz 
aufgestellt  waren.  Am  16.  Novbr.  fand  ein  glänzender  Ball  statt; 
welchen  die  CasinogesellschafI;  den  verbündeten  Monarchen  im 
Theater  veranstaltete.  So  näherten  sich  die  Wirthe  und  Gäste  immer 
mehr  einander  und  besonders  populär  wurde  Friedrich  Wilhelm  HI.; 
welchen  man  jeden  Mittae  nach  der  Parade  mit  seinem  Sohne  durch 
die  Schlimm -Mauer  vor  das  Eschenheimer  Thor  in  die  Anlagen 
gehen  sah.  Beide  trugen  einfache  Uniformsröcke  und  an  der  Mütze 
das  Landwehrkreuz.  Die  Einwohner  der  Strasse  grüssten  sie  und 
ein  aus  Sachsen  stammender  Büiger  und  Handwerksmeister  konnte 
sich  nicht  enthalten,  dem  Könige  jedesmal  zuzurufen:  „Schönen 
guten  Morgen ;  Majestät;  wünsche  wohl  geruht  zu  haben  1^  ^worauf 
der  König  immer  freundlich  dankte. 

Betrachten  wir  aber  auch  die  Bückseite  der  Zustände!  Die 
Zahl  der  Einquartierten  stieg  auf  30;000-40;000  ManU;  daneben 
wurden  einzelne  Heerhaufen  aus  den  Vorräthen  der  Stadt  verpflegt 
und  bedeutende  Lieferungen  &ir  die  Zukunft  ausgeschrieben.  Alle 
nur  immer  entbehrlichen  Gebäude;  selbst  Kirchen  und  Schulen;  waren 
Vorraths-  und  Siechenhäuser  geworden.  Hospitäler  waren  errichtet: 
in  der  Stadt:  im  deutschen  HausC;  dem  LeinwandhauS;  der  Wel- 
lenscheuer (auf  der  Altgasse)  und  der  ReitbaI^l;  vor  der  Stadt 
auf  der  Pfingstweidc;  dem  Fischerfeld;  auf  dem  Sandhof  und  in  dem 


—     518     — 

SchlösBchen  am  Bockenheim.  Dennoch  bliebeii'  Tansende  von  Ejran- 
ken  ans  Mangel  an  Raum  in  den  Bürgerhänsem  asnrück  und  ver- 
breiteten dort  den  tödKchen  Feststoff.  Denn  jene  schanerKche  Senche, 
welcher  schon  im  Sommer  Opfer  gefallen  waren  ^  wat  jetzt  zn  einer 
Ejiegapest  geworden^  welche  einen  nicht  nnbeträcbtlichen  Theil  der 
städtischen  Bevölkerung  wegrafite.  Es  starben  in  Frankfurt  im 
Jahre  1813:  1666.  Pei^onen^  nämlich  im  ersten  Quartale  330,  im 
^weiten  323/  im  ersten  Halbjahr  also  553;  im  dritten  Quartale  271^ 
im  vierten  742,  im  zweiten  Halbjahr  also  1018,  davon  allein  im 
November  838,  und  zwar  vom  13.  bis  19.  November  102;  im 
December  297.  Im  Dr.  Senckenbergiacben  Bttrgerhospital  waren 
1812:  299  Ejranke  aufgenommen  und  74  davon  gestorben; 
1813  stiegen  diese  Zahlen  auf  467  und  100.  Im  Fremden- 
hospital zum  heil.  Geist  wurden  850  Kranke  verpflegt,  wovon 
114  starben.  Es  starben  am  Typhös  die  Aerzte:  Scherbius,  Physi- 
kus,  t  8.  Nov.,  J.  V.  Müller,  f  18.  Nov.,  Holtzmann,  Physikus, 
t  2.  Dec.,  Brumhard,  Physikus,  +  23*  Dec.  1818,  U.  Wi^er, 
Hospitalarzt,    f  5.  -März  1814. 

In  dem  Hospital,  welches  auf  dem  Sandhof  in  der  Art  errichtet 
war,  dass  nicht  nur  der  grosse  Saal,  sondern  aus  Mangel  an  Platz 
auch  die  Musiktribüne  mit  Kranken  belegt  war,  nahm  die  Sterblich- 
keit solche  Dimensionen  an,  dass  der  behandelnde  Arzt,  Dr.  Neeff, 
trotz  des  rauhen  Wetters,  die  Kraooken  auf  Leiterwi^en  in's  Freie 
fahren  liess  und  damit  gute  Besultate  erzielte  ^.  Im  deutschen  Hause 
war  ein  russisches  Hospital.  Unten  in  den  hochgewölbten,  mit 
Stuckatur  verzierten,  mit  gehöhnten  Fussböden  versehenen  •  SSlen, 
wohin  der  Kaiser  kam,  lagen  in  reinlichen  Bettel  die  Kranken  der 
russischen  Garden;  oben  in  den  Dachkammern,  wohin  der  Kaiser 
nicht  kam,  lagen  auf  Stroh  die  Krankai  der-  Feldregim^iter;  die 
eisernen  Oefen  itaren  bis  zum  Bothgltthen  geheizt,  während  durch 
die  zerbrochenen  Scheiben  der  Wind  und  der  Schnee  seinen  Weg 
fand:  Noch  trauriger  sah  es  aus  auf  den  nächsigelegenen  Dörfern. 
Den  Landbewohner  drückten  die  Uebel  doppelt,  unter  d^en  Last 
die  Bürger  seufzten.  Der  Zustand  der  G-emeinden  war  so  zerrüttet, 
als  das  Vermögen  der  Bauern.    Für  die  Besitzer  einzelner  Güter 


3  Es  war  dies  in  derselben  Zeit »  als  Ernst  Hörn  in  den  äälen  seiner 
Typhaskranken  in  der  Berliner  Gharite  eigenbändig  die  Fenster  einschlug,  weil 
er  in  der  reinen  Luft  das  Hauptmittel  der  Genesung  erkannte  und  sich  doch 
nicht  auf  die  Fol^amkeit  seiner  von  VorurtbeiTen  'befangenen  Untergebenen 
verlassen  konnte. 


-     5t9    — 

und  Höfe  war  das  Fatterholen  einoB  EoaakenbaiifeiM  so  sehliinm 
als  eine  förmliche  Plttndenmg  und  nicht  ein  Hähnchen  enÜLam  dem 
geübten  Ange  dieser  vielgepriesenen  Natnrkinder. 

„Linderung  der  Leiden^  die  im  Gefolge  dieses  Krieges  herein« 
brachen ;  soweit  solche  in  den  -Wirkungski'eis  der  Frauen  einschlu- 
gen"; war  der  Zweck  des  in  diesen  Tagen ,  nach  dem  Muster  des 
zu  Berlin  bestehenden;  gebildeten ;  wenn  auch  erst  am  2.  Februar 
1814  förmlich  coüstituirten  FrauenyereinS;  welcher  noch  jetzt  in 
segensreidier;    wenngleich  anders  gearteter^    Thfttigkeit  fortbesteht 

Von  seiner  Gründung  bis  zum  Ende  des  Jahres  1814  konnte  der 
Verein  an  baarem  Geld  gegen  21,000  fl.  und  höchst  bedeutende 
Mengei)  von  KlcädungssMlckeU;  Weisszeug;  Bettwerk  und  Verband- 
Leinen  spenden  und  daran  nicht  nur  Frankfurter  Freiwillige  und 
Linientruppen;  deutsche  und  andere  Verbündete:  Russen,  Spanier, 
Engländer,  Italiener,  Holländer,  Brabanter  und  Schweizer,  sondern 
auch  Franzosm  betheiligen,  und  noch  4000  fl.  den  Hospitälern  ari- 
derer deutscher  Städte  Zukommen  lassen. 

Lidessen  bereiteten  die  Fürsten  sich  vor,  Frankfurt  zu  yerlassei^ 
und  so  musste  noch  ein  zweiter  Sturm  auf  das  Herz  des  Kaisers 
Franz  gewagt  werde.  Es  war  abermals  Fejerlein  mit  den  Büi^er- 
capitänen,  welche  diesmal  zu  längerer  Audienz  bei  den^  Kaiser 
zugelassen  wurden.  Fejerlein  bemühte  sich  besonders  die  Zweifel 
des  Kaisers,  ob  Frankfurt  auch  zu  selbständiger  Existenz  noch  die 
Mittel  besässe,  und  nicht  weniger  dess^i  Bedenkoi,  ob  man  den 
gefährlichen  Neuerungen  nicht  zu  sehr  zugethan  sei,  au  widerlegen. 
Die  nenare  Geschichtsehreibung  hat  eine  andere  Charakteristik  des 
Kaisers  Franz  angestellt,  als  die  unseren  Vätern  geläufige  und  so 
ist  es  uns  weniger  sicher,  als  es  der  vorhergehenden  Generation 
war,  dass  Fejerlein's  Rede  und  Denkschrift  mehr  als  die  allgemeine 
Abneigu^  gegen  Baiems  abermalige  Vergrösserung  bei  der  end- 
lichen Entscheidung  des  Schicksals  der  Stadt  in  die  Waage  gefaUen 
sei;  das  soll  aber  das  Verdienst  des  wackeren  Sprechers  nicht  schmä- 
lern, dem  die  Erkältung  bei  rauher  Herbstlnft,  nachdem  er  in  leich- 
ter Hoftracht  sich  vor  dem  Kaiser  warm  gesprochen  hatte,  eine 
Krankheit  zuzog,  an  welcher  er  um  Weihnachten  erlag. 

An  demselben  Tag  (8.  Dec.)  erschien  ein  GeneralpardoQ, 
welcher  jedem  Deserteur  und  Befiractär  aus  den  Departementen 
Frankfurt,  Fulda  und  Aschaffenbnrg  des  Grossherzogthums  Frank« 
fürt,  sowie  aus  dem  Fttrstenthum  benburg,  wenn  er  sich  vor  dem 
1.  Januar  1814  bei  einer  Militär-  oder  Civilbehörde  des  Landes,  wo 
er  entwichen  ist,   stellt,    Straflosigkeit  zusichert  —  Auffallend  ist, 


—     520     — 

dasB  dieser  erst  am  17.  Dec.  veröffentlichte  ErUss  des  Generalgon- 
verneurs  eine  so  kurze  Frist  festsetzt,  wodurch  es  bei  den  damaligen 
Verkehrsverhältnissen  vielen  unmöglich  wurde,  der  angebotenen  Ver- 
zeihung rechtzeitig  theilhafdg  zu  werden. 

Ehe  die  Früchte  der  Fejerlein'schen  Audienz  bei  Kaiser  Franz 
zu  Tage  traten,  erliess  der  Prinz  von  Homburg  einen  Aufruf,  in 
welchem  er  des  Kaisers  Ideengang  wiederholte,  wie  denn  die  Beac- 
tion  gegen  die  Verheissungen  von  Kaiisch  begonnen  hatte  und  in 
dem  Franzosenkaiser  nicht  nur  der  Eroberer,  sondern  auch  der 
Erbe  jacobinischerG-rundsätze  bekämpft  wurde:  „Habt  ihr^^,  so  wen- 
dete am  II.  Deceiüber  der  Prinz  sich  an  die  Freiwilligen,  „die  alte 
Treue  und  den  deutschen  Sinn  bewahrt,  bei  welchem  der  ausländi- 
sche Schwindelgeist  seine  Grenzen  fand  —  so  eilt  und  schliesst 
euch  willig  den  Scbaaren  an,  welche  für  das  einst  so  heilig  von 
euch  geachtete  Gut:  vaterländische  Freiheit,  Sitte  und  Verfassung, 
muthig  in  den  Kampf  eilen  und  nie  die  Uebermacht  wollen  ziuruck- 
kehren  lassen,  welche  das  alte  Volk  der  Deutschen  mit  schimpfliche 
Knechtschaft  und  völligem  Untergang  bedrohte.  Ein  grosser  Waffen- 
platz ist  ganz  Deutschland;  für  alle  Deutschen  sind  die  Schranken 
geöffnet,  zu  emdten  Buhm  und  unsterbliches  Verdienst  um  das 
Vaterland." 

Am  14.  Dec.  endlich,  kurz  vor  der  Abreise  der  Monarchen, 
erschien  die  Erklärung  derselben,  in  welcher  die  denmächstige  Ein- 
setzung der  Stadt  Frankfurt  in  ihre  vonnaligen  Rechte  und  Frei- 
heiten verkündigt  wurde. 

Am  17.  Dec.  forderte  ein  „Organisationsbüreau"  der  Freiwilligen 
im  „Generalgouvernement  Frankfurt"  die  bemittelten  Glieder  der 
„Communen"  auf,  Beiträge  zur  Ausrüstung  der  Freiwilligen  zu  sam- 
meln. Man  sieht,  es  war  nicht  die  Zeit  des  Purismus;  die  sogenannte 
altdeutsche  Tracht,  die  ,,Banner"  und  „Fähnlein"  tauchen  erst  später 
hier  auf. 

Endlich  am  letzten  Tage  dieses  ereignissvoUen  Jahres  wurde 
die  Bürgerschaft  durch  folgende  Bekanntmachung  von  j^Bürgermeister 
und  Bath  der  freien  Stadt  Frankfurt'  überrascht:  „Wenn  wir  am 
19.  August  1806  unseren  Mitbürgern  die  traurige  Eröffnung  machen' 
mussten,  dass  ein  mächtiger  Wille  über  die  freie  Verfassung  der  hie- 
sigen Stadt  entschieden  habe,  so  mussten  wir  uns  mit  dem  Gedanken 
aufrichten,  dass  kein  Verschulden  diess  unaufhaltbare  Ereigniss 
herbeiführe  und  dass  vielleicht  das  gütige  Geschick,  welches  mensch- 
liche Dinge  mit  wohlthätiger  Hand  weise  lenkt,  früher  oder  später 
ein    Ziel   setzen    werde.   ^-   Dieser    gewünschte  Zustand   ist  jetzt 


—    521     — 

« 

erBchienen.  —  Die  Allerhöchsten  Verbündeten  Mächte  haben 
beschlossen,  dass  die  hiesige  Stadt  mit  ihrem  ehemaligen  Gebiete  in 
ihre  eigne  städtische  Verfassung  vorläufig  wieder  zurücktrete.  Heute 
halten  wir  die  erste  Sitzung  u.  s.  w."  Während  der  Neujahrsnacht 
strahlten  die  Strassen  von  Frankfurt  im  Scheine  einer  glänzenden 
Beleuchtung  —  es  war  dieselbe  Nacht,  als  Blücher  bei  Caub  über 
den  Bhein  ging  und  den  Verhandlungen,  welche  den  Biiein  als 
Deutschlands  Grenze  und  jenseits  ein  übermächtiges  Frankreich 
wollten,  ein  thatsächliches  Ende  bereitete.  Diese  Verhandlungen 
waren  seit  dem  8.  Nov.  durch  St.  Aignan  geführt  worden  und  wür- 
den bei  unverzögerter  Annahme  der  Friedensbedingungen  durch 
Napoleon  die  sogenannten  natürlichen  Grenzen  Frankreichs  (Bhein, 
Alpen,  Pyrenäen)  zugestanden  haben  ^;  sie  hatten  auch  Blücher 
abgehalten,  schon  am  15.  Nov.  bei  Köln  über  den  Bhein  zu  gehen. 
So  spielten  in  jener  denkwürdigen  Zeit  in  unserer  Stadt  die  Geschicke 
Europas  und  die  Geschicke  eines  der  kleinsten  Staaten  neben  einan- 
der und  erst  der  Nachwelt  ist  es  deutlich  geworden,  welches  schwere 
Verhängniss  durch  Napoleons  damalige  Verblendung  von  Deutsch- 
land abgewendet  worden  ist. 


^  Ueber  den  Gang  dieser  Verhandlungen  verweisen  wir  auf  Sphlosser's 
Gesch.  des  18.  Jahrhdts.    Heidelb.  1848.  VII.  1051  ff.  1099  ff. 


^> 


Ldreaz  Heister, 

geb.  im  Jahr  1683  zu  Frankfurt,  gest.  1758  zu  Helmstädt 

Von  Dr.  Bduard  Heydon. 


Wenn  ana  der  nicht  unbeträchtlichen  Anzahl  bedeutender  Män- 
ner auf  geistigem  Gebiete^  die  in  Frankfurt  am  Main  das  Licht  der 
Welt  erblickt  bsben^  der  Name  eines  der  ausgezeichnetsten  Söhne 
dieser  Stadt  allmälig  selbst  in  gelehrten  Kreisen  zwar  nicht  ein» 
gänzlichen  Vergessenheit  anheimgefallen,  aber  doch  mehr  und  mehr 
in  den  Hintergrund  des  Gedächtnisses  getreten  ist,  so  trägt  von  die> 
ser  Erscheinung  sicherlich  weniger  die  Zeit  die  Schuld^  als  vielmehr 
der  besondere  Umstand,  dass  gerade  die  wissenschaftlichen  Fächer, 
in  denen  jener  einst  so  weithin  berühmte  Frankfurter  vor  seinen 
gleichzeitigen  Berufsgenossen,  und  nicht  etwa  nur  vor  seinen  gelehr- 
ten deutschen  Collegen,  glänzend  hervorragte,  seit  der  Mitte  des  vori- 
gen Jahrhunderts,  wo  derselbe  vom  Schauplatze  des  irdischen  Wir- 
kens abtrat,  ganz  aussergewöhnliche ,  fast  riesenhafte  Fortschritte 
gemacht  haben. 

Ohne  Zweifel  ist  es.  als  eine  der  Aufgaben  unseres  Vereines  zn 
betrachten,  das  Andenken  an  verdienstvolle  Männer,  welche  aus  dem 
engeren  heimathlichen  Gebiete  hervorgegangen  sind,  unter  Frank- 
furts Bürgern  in  dauernder  Frische  und  Lebendigkeit  zu  erhalten. 
Gilt  diess  im  Allgemeinen  als  richtige  um  so  gerechtfertigter  dürfte 
es  dann  wohl  sein,  in  gedrängtem  Abrisse  das  Leben  und  Wirken 
eines  Mannes  wieder  zu  vergegenwärtigen,  welcher  einst  als  „eine 
Zierde  Deutschlands^'  und  der  Wissenschaft  zur  ehrenvollen  Aner- 
kennung deutscher  Forschung  bei  allen  gebildeten  Völkern  unseres 
Erdtheils  mächtig  beitrug,  um  dessen  Besitz  «der  grosse  Czar  Peter  L 
mit  fürstlichen  Pflegern  deutscher  Hochschulen  wetteiferte  und  den 
einer  seiner  Biographen  bei  den  Lesern  seiner  Schilderung  mit  der 


\ 


\ 


—    523     — 

rühmlichen  und  erfrenlichen  Bemerkung  einf&hrfr;  dass  ihft  —  diesen 
grossen  Beförderer  der  Arzneikunst,  Chirurgie,  Anatomie  und  Bota- 
nik —  die  Reichsstadt  Frankfurt  hervorgebracht  habe. 

Es  war  im  Jahr  1784,  als  zwei  berühmte  italienische  Gelehrte, 
beide  Professoren  zu  Pavia,  auf  einer  wissenschaftlichen  Eeise  durch 
die  angesehensten  Länder  Europa's  in  einer  norddeutschen  Univer- 
sitätsstadt an  das  Grab  des  Mannes  geführt  zu  werden  verlangten, 
von  dem  hier  die  Rede  ist  und  seit  dessen  Tode  damals  bereits  sechs 
und  zwanzig  Jahre  vei'flossen  waren.  Wer  kennt  nicht  die  Namen 
des  grossen  Physikers  Alessandro  Volta  und  des  grossen  Anatomen 
und  Chirurgen  Antonio  Scarpa  I  Als  sie  an  die  ersehnte  Stätte 
kamen,  sprach  Scarpa  zu  seinem  Begleiter:  *  In  genua  procidamus! 
—  Die  Stadt,  wo  dies  geschah,  war  Helmstädt,  und  das  Grab,  wo 
zwei  Koryphäen  wissenschaftlicher  Forschung  vor  den  Manen  eines 
deutschen  Gelehrten  mit  ehrerbietiger  Bewunderung  sich  beugten, 
war  die  letzte  Ruhestätte  eines  verdienstvollen  Sohnes  unseres  Frank- 
furt. Die  einfach  auf  Rasen  angebrachten  Buchstaben  L.  H.  bezeich- 
neten es  als  das  Grab  des  weltberühmten  Lorenz  Heister. 

Natürlich  kann  es  sich  bei  einer  Lebensskizze  dieses  Mannes  in 

•  ■    •»    . 

einem  nichtmedicinischen  Werke  nur  imi  die. Berücksichtigung  allge- 
meiner Gesichtspunkte  und  darum  handeln,  von  seinen  Erlebnissen, 
Leistungen  und  Verdiensten  «in  mit  Leichtigkeit  zu  überblickendes 
Gesammtbild  zu  entwerfen. 

Lorenz  Heister  wurde  in  Frankfart  am  19.  September  1683 
geboren,  gerade  in  der  Woehe,  wo  sich  hier  wegen  des  sieben  Tage 
vorher  von  Sobiesky  und  den  deutschen  Truppen  bei  Wien  über  die 
Türken  erfochtenen  grossen  und  entscheidenden  Sieges  cUe  freudigste 
Stimmung  kund  gab.  Bein  Vater,  Johann  Heinrich  Heister,  damals 
Diel-  und  Holzhändler,  erkaufte  2  Jahre  später  das  Gasthaus  ^zum 
Tannenbaum^  in  der  Fischergasse  K  Die  Mutter,  Maria  geborene 
Alleinz,  entstammte  einer  achtbaren,  kaufmännischen  FamiHe.  Beide 
Eltern  versäumten  bei  ihrem  Sohne  nichts  von  dem,  was  zu  einer 
guten  Erziehung  gehört.  In  seinem  neunten  Jahre  übergaben  sie 
ihn  dem  hiesigen  Gymnasium,  wo  er  ein  volles  Jahrzehnd  hindurch 
unter  dem  Rectorat  der  Herren  Arnold,  Schudt  und  Klumpf  bei 
unersättlicher  Wissbe  gierde  und  rastlosem  Fleisse  sich  in  Sprachen 
und  Wissenschaften  di  e  gründlichste  Ausbildung  zu  verschaffen  suchte. 


1  Dieses  Hans  führt  jetzt  die  BeseichnuDg  ^zor  Stadt  Dannstadt*. 


—     52*    — 

Sein  nachmaliger  Biograph  Leporin'  erwähnt  ^  dass  Heister  in  allen 
Klassen  allezeit  einer  von  den  obersten  Schülern  gewesen  und  äussert 
sich  über  seine  Thätigkeit  als  Gymnasiast  anter  Anderm  wie  folgt: 
„In  denen  obersten  (Klassen)  hat  er  ohne  dem  vorbemeldeten  Arnoldo, 
auch  dessen  Successorem,  den  zwar  zu  zeitig  gestorbenen,  aber  den- 
noch unsterblichen  Jo.  Jac.  Schudt,  und  den  jetzigen  berühmten  Bec- 
torem  Herrn  Jo.  Thom.  Klumpf,  zu  seinen  vornehmsten  Praeceptoren 
gehabt,  un^er  welches  letztem  Anweisung  zur  Poesie,  er  solche  Lust 
und  Inclination  zu  derselben  bezeuget,  dass  er  schon  damals  in  den 
zwei  letzten  Jahren  auf  der  Schule,  sonderlich  Ao.  1700  biss  1702, 
viele,  sowohl  Lateinische,  als  Deutsche  Gedichte,  im  17.,  18.  und  19. 
Jahre  seines  Alters,  auf  allerley  damahls  sich  ereignende  Vorfälle 
und  in  allerlej  Materie,  geistliche  und  weltliche,  verfertiget,  welche 
vielen  Kennern  nicht  missfallen;  sonderlich  hat  er  damahls  ein 
Gedicht  auf  die  Victorie  des  Königs  von  Schweden  bey  Narva,  auf 
Ihro  Kayserl.  Majestät,  als  Sie  damahls  als  König  nach  Spanien 
gingen,  auf  den  ersten  Feld-Zug  des  damahligen  Bömischen  Königs 
Josephi  und  die  Belagerung  von  Landau,  auf  den  König,  in  Engeland, 
auf  die  Chur-Fürstin  in  Bayern,  als  sie  durch  Frankfurth  passirte, 
auf  die  eroberte  Silber-Flotte  zu  Vigos,  wie  auch  verschiedene  Hoch- 
zeit- und  Leichen-Carmina,  und  allerley  Epigrammata  etc.  geschrie- 
ben, auch  solches  nach  diesen  noch  zuweilen  continuiret,  und  sich 
dadurch  von  liederlicher  Geselschafft  und  Müssigang  entzogen.  ^TJnd 
—  Aigt  Leporin  noch  ausdrücklich  hinzu  —  ob  er  auch  in  einem 
Gast-Hofie  oder  Wirthshause  erzogen  worden,  wo  junge  Leute,  weil 
sie  insgemein  von  denen  Fremden  mehr  Böses,  ab  Gutes  sehen  und 
hören,  leicht  übel  gerathen,  so  hat  er  dennoch  nach  Arth  der  Bienen, 
aus  aUen,  auch  sogar  aus  dem  Bösen,  nicht  den  Gifft,  sonder  den 
Honig  oder  das  Gute  gezogen,  und  zu  seinem  Besten  angewendet' 
In  der  That  kann  Heister  in  weiser  und  gewissenhafter  Zeit- 
verwendung und  in  sorgfältiger  Benutzung  der  ihm  von  seinen  treff- 
lichen Eltern  gebotenen  Gelegenheiten  zum  Lernen  allen  Knaben 
und  Jünglingen  als  nachahmungswerthes  Muster  dienen.  Es  heisst 
von  ihm:  j^Nachdem  er  etwas  erwachsen,  und  im  Lateinischen  ziem 
liehe  Fundamenta  geleget,  haben  ihm  seine  Eltern  auch  Sprach- 
Meister,  um  erstlich  die  Französische,  hernach  auch  die  Italiänische 


2  „Ausführlicher  Bericht  vom  Leben  und  Schriften  des  durch  ganzEaropam 
berühmten  Herrn  Dr.  Lanrdntii  Heisteri,  Allen,  die  von  wahrer  Gelehrsamkeit 
t'rofession  machen,  sonderlich  denen  Herren  Medicis  zum  Dienst  publiciret  von 
Christian  Polycarpo  Leporin,  D.  Quedlinburg  1725/ 


--     525     — 

Sprache  zu  lernen ;  ingleichen  geschickte  Anführer  in  der  MuBiqne, 
im  Zeichnen  und  andern  nützlichen  Exerciiien  gehalten^  welche  Künste 
und  Wissenschaften  er  alle^  ehe  er  auf  Universitäten  gegangen^  auch 
ziemlich  begriffen.  So  hat  er  auch  als  ein  Ejiabe  von  blossen  Zusehen 
zum  Zeit-Vertreib  das  Buchbinden  gelernt  ^  und  ihm^  so  lange  er  in 
Frankfurth  gewesen;  bey  müssigen  Stunden  seine  meisten  Bücher 
selbst;  und  mebrentheils  so  gut  als  ein  Buchbinder;  gebunden.' — 
Ueberhaupt  behielt  es  in  in  der  Ausbildung  Heister's  nicht  bloss  bei 
geistigen  Arbeiten  sein  Bewenden;  er  betrieb  auch  „anständige  Lei- 
besübungen«. « 

Mit  dem  Jahr  1702  begann  bei  dem  nun  neunzehnjährigen  Jüng- 
ling ein  zweiter  Abschnitt  vielseitiger  und  unermüdlicher  Thätigkeit; 
die  nicht  weniger  ab  sieben  Jahre  umfassende  Zeit  seiner  speciellen 
Fachstudien.  Zunächst  begab  er  sich  auf  die  Universität  Giesseu; 
um  sich  dort  der  Erlernung  der  Heilkunde  zu  widmen.  Hier  war 
eS;  wo  der  ausserordentliche  Professor  der  Medicin  und  Fhysikus  der 
Grafschaft  Nidda;  Möller;  den  jungen  Mann  durch  seine  Gelehrsam- 
keit so  an  sich  zu  fesseln  wusstC;  dass  letzterer  nicht  blos  sein  eifri- 
ger Zuhörer  und  Tischgenosse  wrurdc;  sondern  ihm  auch  bereits  im 
nächsten  Jahre  mit  einigen  andern  Studenten  nach  Wetzlar  folgte; 
wohin  Möller  als  Fhysikus  des  Beichskammergerichts  berufen  worden 
war;  und  nicht  weniger  als  vier  Jahre  lang  als  lernbegieriger  Schüler 
bei  ihm  verblieb. 

Während  er  sich  bei  diesem  kenntnissreichen  Lehrer  in  den  ver- 
schiedenen ärztlichen  Fächern  theoretisch  und  practisch  zu  bilden 
suchte;  kam  ihm  zugleich  der  Umstand  sehr  zu  statten;  dass  er  im 
Hause  eines  Apothekers  wohnte ;  wodurch  er  Gel^enheit  fand;  sich 
mit  der  Bereitung  der  Heilmittel  und  mit  den  verschiedenen  cheiAl 
sehen  Proceduren  vertraut  zu  machen.  Er  betheiligte  sich  auch 
nicht  bloss  bei  den  Sectionen  menschlicher  oder  thierischer  Körper; 
welche  Möller  vollzog;  sondern  begab  sich;  so  oft  auf  dem  anatomi- 
schen Theater  in  Giessen  interessante  Zergliederungen  stattfanden; 
zu  gleichem  Zwecke  dahin.  Femer  begleitete  er  seinen  Lehrer;  wenn 
dieser  seine  vornehmen  Patienten  in  den  Taunusbädem  besuchte.  Da 
er  zugleich  eine  grosse  Neigung  zimi  Studium  der  Pflanzenkunde 
hegtC;  so  verwandte  er  einen  Theil  der  schönen  Jahreszeit  auf  bota- 
nische Wanderungen  und  ,,erwies8  sich  gantz  unermüdet;  die  Zeit;  da 
man  Kräuter  finden  kanu;  zum  öfftern  alle  Gärten ;  Wiesen;  Berge; 
Wälder  und  Felder;  sowohl  um  Nidda,  als  auch  um  Wetzlar ;  Gies- 


3  Vgl.  Bracker,  Bildersaal,  III.  Zehnt. 


t 

sen,  Flrankfurth  und  aUer  Orten,  wo  er  hin  kam ,  durch  zu  kriechen, 
da  er  denn  alle  Kräuter,  die  er  nur  bekommen  kunte,  gesamlet, 
derselben  Nahmen  erkundiget,  selbige  sauber  aufgedmcknet,  und  zu 
einem  Herbario  Vivo  bewahret;  so  dass  er,  ehe  er  noch  nach  frem- 
den Landen  gereiaet,  weil  die  Gegend  von  Nidda,  Wetzlar,  Giessen 
und  Frankfurth  yon  Kräutern  nicht  arm  ist,  auch  allerlej  schöne 
Gärten  vorhanden,  schon  t^lber  zwey  Tausend  Kräuter  beysammen 
gehabt,  worzu  sonderlich  des  Herrn  D.  Eberhards  \  vornehmen  Baths- 
herrn,  Schoppen  und  Bürgermeisters  in  Franckfurth  schöner  Garten, 
welcher  zu  der  Zeit  von  curieusen  fremden  Gewächsen  eine  grosse 
Menge  in  sich  hielt,  vieles  contribuiret  hat'' 

Heister  hätte  nach  vierjährigen  medicinischen  Studien  schon  pro- 
moviren  können,  wollte  aber  damit  nicht  eilen,  „um  sich  in  allen 
desto  besser  zu  perfectioniren^.  Er  begab  sich  desshalb  auf  An- 
rathen  seines  lichrers  und  mit  Genehmhaltung  seiner  Eltern,  zu  An- 
fang des  Sommers  1706  nach  Holland.  Die  Heise  machte  er  zu 
Wasser  auf  dem  Main  u;id  Bhein,  besichtigte  genau  alle  an  letzte- 
rem Strome  gel^ene  „schöne  und  berühmte''  Städte,  als  Mainz, 
Bacherach,  Bheinfels,  Koblenz,  Andernach,  Bonn,  Köln,  Düsseldorf, 
Kaiserswerth,  Wesel,  Nymwegen,  Dortrecht,  Rotterdam  u.  a.,  und 
gelangte  endlich  über  Delfft  nach  der  Universitätsstadt  Lejden,  wo 
er  jedoch  erfuhr,  dass  die  Fächer  der  Anatomie  und  Chirurgie  ge- 
rade damals  besonders  gut  in  Amsterdam  könnten  erlernt  werden. 
Dahin  eilte  er  unverzüglich  und  studirte  daselbst  hauptsächlich  auf 
das  Eifrigste  die  Zergliederungskunst  bei  dem  berühmten  Bujsch, 
der,  als  Anatom,  Arzt,  Chirurg,  Geburtshelfer  und  Lehrer  der  Bo- 
tanik fast  gleich  ausgezeichnet,  in  der  Geschichte  der  medicinischen 
I Wissenschaften  und  der  Heilkunde  wohl  für  alle  Zeiten  einen  hervor- 
ragenden Eang  behaupten  wird.  Hierbei  versäumte  er  keine  Ge- 
legenheit zu  wundärztlichen  Operationen,  welche  sowohl  von 
Bruysch,  als  von  anderen  bedeutenden  Chirurgen  ausgeführt  wurden. 
Da  es  ausdrücklich  heisst,  dass  er  sich  mit  vielen  Personen  und 
Gegenständen  des  Lernens  durch  grosse  Mühe  und  „Kosten"  bekannt 
gemacht  habe,  so  ersieht  man  auch  hieraus,  wie  sehr  ihn  seine  Eltern 
in  seinem  ernsten  und  eifrigen  Streben  unterstützten. 

Um  nun  die  in  Anatomicis  und  Cbirurgicis  erworbenen  gründ- 
lichen Kenntnisse  durch  praktische  Anwendung  dauernd  zu  befeati- 


*  Conrad  Hieronymns  Eberhard,  g^enannt  Schwing)  Dr.  med.  —  eiaer  der 
wenigen  Aerzte,  die  in  den  Frankfurter  Rath  gekommen  sind  —  starb  1744  im 
seltenen  hohen  Alter  von  beinahe  91  Jahren. 


—     527     — 

geil;  begttb  er  sich  im  Juni  1707  suder  im  Kampfe  gegen  Ludwig  XIV. 
begriffenen  verbündeten  Armee  der  Britten  und  Niederländer  uJUd 
beBch&ftigte  sieh  ala  ausübender  Arzt  und  Wundarzt  in  den  grossen 
Feldhospit^ern  zu  Brüssel;  wobei  ihm  besonders  der  Umgang  mit 
zwei  vortrefflichen  Wundärzten^  Amiand  und  'Orepio;  sehr  zum  Vor- 
theile  gereichte.  Seine  ganze  übrige  Zeit  verwandte  er  dabei  theils 
auf  theoretische  Studien  im  Fache  der  Chirurgie;  theils  auf  Erler- 
nung der  englischen  Sprache  zimi  Zwecke  der  Conversation  sowohl 
wie  zum  Yerständniss  englischer  Schriften. 

Als  der  Feldzug  zu  Ende  ging;  begab  sidi  Heister  wieder  nach 
Leyden;  um  unter  Albiu;  BoerhavO;  Letten  und  andern  hervorragen- 
den Meistern  seines  Faches  weiter  zu  studiren.  Li  den  Freistunden 
],applicirte  er  sich  auch  auf  die  Mathesin  und  lernte  dabej  das 
Glasschleiffen  und  Mioroscopia  zu  machen'^  Die  Feri^  verwandte  er 
zu  Ausflügen  in  verschiedene  holländische  StädtC;  theils  um  mit  ge- 
lehrten Männern  in  nähere  Berührung  zu  kommen;  theils  zu  botani- 
schen Zweekeu;  indem  er  es  sich  zur  Aufgabe  gemacht  hattC;  seine 
Sammlung  mit  Exemplaren  seltener  Pflanzen  und  Elräuter  aus  den 
holländischen  Gewächshäusern  und  Gärten  zu  bereichena.  Als  er  rinst 
auf  einer  dieser  Beisen  nach  Amsterdam  kam;  lernte  er  bei  Bnysch 
den  damaligen  Bector  und  Dekan  der  medieiniaohen  Fakultät  an 
der  Universität  Harderwyk;  von  Almeloven;  kennen.  Slachdem  dieser 
vernommen  hatte ;  daito  Heister  in  nächster  Zeit  zu  promoviren 
gedächte;  richtete  er  an  letzteren  die  Bitte,  ihm  die  Ehre  zu 
erzeigen  und  inHarderwyk  die  Doctorwürde  zu  erw^ben,  was  denn 
auch  in  der  Bfingstwoche  1706  zur  Ausführung  kam.  Hierauf  kehrte 
Heister  nach  Leyd^a  zurück;  „und  weil  er^;  hdisst  es;  ^gerne  seine 
angefangene  GoUegia  continuiren .  und  zu  Ende  bringen  wollte; 
cachirte  er  noch  seinen  Gradum,  vor  keine  Schande  achtend;  als 
Doctor  noch  eine  Weile  in  die  GoUegia  zu  gehen  und  brachte  selbige 
also  auch  völlig  zu  Ende." 

Beinahe  wäre  Heister  um  jene  Zeit  seinem  deutschen  Vaterlande 
fibr  immer  vetfloren  gegangen.  Da  es  einerseits  in  'Holland  an  tü)ch- 
tigen  Jü»Umm  feUte,  «ndreraeitB  lernbegierige  Jünglinge  «oh  hdd 
ZU  ihm  hingezogen  fühlten;  so  beschloss  er  sich  in  HoUand  zu  habi- 
litiren.  Dieter  Plau;  von  seinem  Lehrer  Bujsch  nicht  nnr  gebilligt; 
sondern  wesentlich  unterstützt  und  gefördert;  erhielt  auch  die  Zu- 
stimmung seiner  Eltern ;  und  so  begann  er  denu;  ;^icht  zweiffelnd; 
dass  er  durch  seine  Studia  und  Fleiss  mitGt>tt  daselbst  (in  HoUand) 
weitere  Fortun  find^  würde^;  noch  im  Jahr  1708  zu  Amoterdam 
seine  anAtomisclMii  Vorträge.  Sein  iCmtes  Auditorium  bildeten  .i^aahen 


—     528     — 

FrantzöBiscbe  Chirurgi  oder  Barbiergesellen",  bd  deren  ünterwei- 
Bang  er  sich  der  franzöBischen  Sprache  bediente;  eine  zweite  Reihen- 
folge von  Vorlesungen  eröfinete  er  bald  nachher  ftar  daB  Winter- 
Bemester  von  1708  auf  1709  vor  einem  Hörerkreide;  dei:  aus  deut- 
schen Studenten  bestand.  Er  wohnte  im  Hause  des  berühmten 
Mathematikers  und  Philologen  Tiberius  Hemsterhuis  und  benutzte 
die  ihm  dadurch  gebotene  Gelegenheit;  sich  mit  den  verschiedenen 
Fächern  der  angewandten  Mathematik;  der  Mechanik;  Statik;  Hydro- 
statik; Hydraulik;  Optik  und  Akustik;  in  ihren  Beziehungen  zu  den 
medicinischen  Wissenschaften;  insbesondere  zur  Anatomie  und 
Chirurgie  vertraut  zu  machen;  sowie  auch  in  den  Besitz  der  nöthigen 
mathematischen  Instrumente  zu  gelangen. 

Im  folgenden  Jahre  veranlasste  ihn  sein  unbegrenzter  Eifer  f&r 
möglichste  Ausbildung  in  der  Wundarzneikunst;  sich  noch  einmal 
als  Feldarzt  zur  Armee  zu  begeben.  Im  Verein  mit  dem  holländi- 
schen Generalwundarzt  von  Quavre  bediente  er  die  Feldhospitäler 
zu  Oudenarde  und  Brüssel;  in  welch  letztere  Stadt  unter  andern 
die  5000  in  der  Schlacht  bei  Malplaquet  verwundeten  HoUänder 
gebracht  worden  waren. 

Gegen  Ende  des  Feldzugs  kehrte  Heister  nach  Amsterdam 
zurück;  wo  er  seine  Vorlesungen  weiter  fortsetzte.  Bald  darauf  lernte 
er  jedoch  einen  jungen  Arzt  aus  Nürnberg  kennen;  welcher  ihn 
darauf  aufmerksam  machte;  dass  in  Altdorf  eine  medidnische  ProfeB- 
sur  offen  sei  und  die  Hofihung  in  ihm  erregte  und  zu  beleben  ver- 
stand; dass  eine  etwaige  Bewerbung  um  diese  Stelle  nicht  ohne 
günstiges  Ergebniss  sein  werde.  In  der  That  meldete  er  sich  mit 
einem  schriftlichen  Gesuche  bei  dem  Bath  zu  Nürnberg;  und  Buysch 
empfahl  ihn  den  Ouratoren  der  Akademie  so  nachdrücklich;  dass  er 
1710  —  mithin  in  einem  Alter  von  27  Jahren  —  di^  Professur  der 
Botanik  und  Anatomie  zu  Altdorf  erhielt 

Bevor  er  dieses  Amt  antrat;  machte  er  noch  filr  einige  Monate 
eineBeise  nach  England,  wo  er  sich  mit  den  grössten  Aerzten  dieses 
Landes  in  persönlichen  Verkehr  setzte  und  seine  botanische  und 
chirurgische  Sammlimg;  sowie  seine  Bibliothek  auf  das  Ansehnlichste 
bereicherte. 

Neun  Jahre  lang  lehrte  Heister  zu  Altdorf  mit  unermüdetem 
Eifer;  und  mit  ebenso  grosser  Anschaulichkeit  als  Grründlichkeit; 
wobei  er  sich  zugleich  einer  ausgezeichneten;  fürstliche  und  diploma- 
tische der  näheren  und  weiteren  Umgebung  der  Universitätsstadt 
angehörige  Kreise  in  sich  schliessenden  Praxis  als  ausübender  Arzt 
zu  erfreuen  hatte.    Hier  war  es  auch|  wo  seine  äusserst  fruchtbare 


-     529     — 

und  nachhaltige  Wirkftamkeit  als  medicinischer  Schriftsteller  begann. 
Blumenbach  nennt  ihn  in  der  Einleitung  zur  Geschickte  der.  medici- 
nischen  Wissenschaft  „utilis  et  extenaae  famae  polygraphus^  de  re 
chimrgica  et  anatomica  meritisBimus^^  Im  Jahr  1719  erschien  seine 
„Chirurgie^,  eines  der  berühmtesten  Büclier,  welches  in  fast  alle 
europäischen  Sprachen  übersetzt  uud  noch  1779,  also  YoUe  sechzig 
Jahre  nach  der  ersten  Veröffentlichung,  in  sechster  Auflage  gedruckt 
wurde.  Ebenso  wurde  sein  zu  Altdorf  1717  erschienenes  Com- 
pendium  anatomicum  in  ganz  Europa  das  allein  herrschende. 

Binnen  wenigen  Jahren  erwarb  sich  Heister  durch  seine  literari- 
schen, akademischen  und  praktischen  Leistungen  innerhalb  und  aus- 
serhalb Deutschlands  die  allgemeine  Anerkennung  als  einer  der  aus- 
gezeichnetsten Aerzte.  Die  kaiserliche  Akademie  der  Naturforscher 
sowohl,  wie  die  königlichen  Akademien  der  Wissenschaften  in  Berlin 
und  London  ernannten  ihn  zu  ihrem  Mitgliede.  Was  aber  für  seine 
weitere  Thätigkeit  und  für  s^ine  ganze  Zukunft  entscheidend  war: 
er  erhielt  im  Jahr  1719  vom  Herzog  von  Braunschweig  den  Buf  als 
Professor  *der  Anatomie  und  Chirurgie  an  der  Juliusuniversität  zu 
Helmstädt.  Heister  nahm  nicht  bloss  das  dargebotene  Amt  an,  son- 
dern kein  noch  so  verlockendes  Anerbieten  hat  ihn  später  veranlassen 
können,  von  Helmstädt  wieder  zu  scheiden  Czar  Peter  der  Grosse 
trug  ihm  die  Stelle  eines  Leibarztes  an,  die  mit  ansehnlichem  Ge- 
halt und  mit  verschiedenen  Bemunerationen  verbunden  war.  Er 
schlug  sie  aus.  In  gleicherweise  lehnte  er  die  vortheilhaften  Aner- 
bietungen ab,  welche  ihm  vom  Bischof  zu  Bamberg,  dem  Herzog 
von  Holstein  und  von  anderen  Seiten  her  gemacht  wurden.  Freilich 
fehlte  ihm  auch  in  Helmstädt  die  Anerkennung  nicht,  die  er  ver- 
diente. Hatte  man  ihn  schon  in  Altdorf  äusserst  ungern  verloren  — 
die  meisten  Professoren  und  viele  Beamte  begleiteten  ihn  bei  seinem 
Scheiden  „biss  ein  gut  Stück  Weges  ausser  der  Stadt^,  und  die 
Studenten  der  Medicin  zu  Pferde  bis  nach  dem  drei  Meilen  entfern- 
ten Nürnberg  — ,  so  war  es  in  Helmstädt  namentlich  der  Herzog 
selbst,  welcher  Heister's  Anhänglichkeit  an  diese  Hochschule  durch 
Ernennung  zum  Leibarzt  und  Hofrath,  sowie  durch  vermehrten 
Gehalt  zu  belohnen  wusste. 

Es  kann  wohl  als  gemeinsame  Folge  eii^r  guten  Leibesconstitu- 

tion,  geschonter  Jugendkraft  und  geregelter  Lebensweise  anzusehen 

sein,  dass  Heister  bei  all  seiner  grossen  Thätigkeit  ein  hohes  Alter 

erreichte  und  erst  im  75.  Jahre,  am  18.  AprU  1758,  einem  bösartigen 

Katarrhalfieber  unterlag ,   nachdem  er  achtunddreissig  Jahre  lang  in 

Helmstädt,  und  —  die  Zeit  in  Amsterdam  und  Altdorf  mitgerechnet 

34 


—    530     - 

—  beinahe  ein    halbes  Jahrhundert   als    akadenuscher  Lehrer  ge- 
hatte. 


Was  seine  Stellung  in  der  Geschichte  der  medicinischen  Wissen- 
schaft betriffi);  so  präcisirt  sie  Huske^  in  den  Worten:  „Deutsehland 
kann  ihn  sicher  als  den  ersten  ansehen,  welcher  die  Chirui^e,  die 
in  England;  Frankreich  und  Holland  schon  grosse  Fortschritte 
gemacht  hatte,  in  seinem  Vaterlande  zu  einer  Wissenschaft  erhob 
und  in  Ansehen  brachte.  Seine  Beobachtungen  über .  Steinschnit^ 
grauen  Staar,  Thränenfistel  und  Wasserbruch  waren  zu  damaligef 
Zeit  trefflich  und  haben  sich  bis  jetzt  als  richtig  und  treu  erwiesen; 
hierbei  war  es  für  ihn  vom  grössten  Nutzen,  dass  er  selbst  Kupfer- 
stecher und  Verfertiger  seiner  chirurgischen  Instrumente  war*. 
Das  Kupferstechen  hatte  er  während  seines  Aufenthaltes  in  Altdorf 
erlernt. 

Auf  Ersuchen  von  Seiten  des  Verfassers  dieser  Lebensskizze 
hat  der  hiesige  ausübende  Arzt  Herr  Dr.  C.  L.  Jung,  dessen  Thä- 
tigkeit  sich  bekanntlich  vorzugsweise  im  Gebiete  der  Chirur^e 
bewegt,  über  HeiBter's  Stellung  in  der  Oeschichte  der  Heilkunde 
nachstehendes Urtheil  abgegeben:  ,, Wie Heister's Nadel  •  von  riesiger 
Dimension  (6'Hang,  2^^' breit)  Entschlossenheit  des  Charakters  kenn- 
zeichnet, ,so  wandte  unser  Landsmann  die  Chinarinde  (seit  1640  in 
Europa  bekannt')  mit  jzuerst  bei  gangrSnösen  Leiden  an^  und  war 
dem  Aufblühen  pathologischer  Anatomie  bahnbrechender  För- 
derer ^.  Wenn  Heister  Trepanationsanzeigen  zwar  nur  auf  Kopf- 
verletzungen einschränkt  ^^,  bleibt  ihm  immerhin  das  Verdienst  gerade 
hierin  damaligem  Unfuge  gesteuert  zu  haben.  Ebenso  danken  wir 
seiner  Beobachtung  den  Existenznachweis  der  Kapselstaare  ^^.  Bei 
Nasenpolypen  ist  derselbe  meines  Wissens  Begründer  des  Wurzel- 
abdrehens  mittels  stumpfer  Zange  i',  und  der  Trachealschnitt,  eine 


*  Vgl.  den  Artikel  „Heister"  in  Ersoh  and  Graber,  Allgemeine  £DC7clop&- 
die  der  Wissenschaften  and  Kfinste. 

*  Fr.  Andr.  Ott,  Lithogr.  Abbildungen  nebst  Beschr.  d.  vorzfigl.  filt.  und 
neu.  Chirurg.  Werkzeuge  und  Verbände.  München.  1829.  S.71.  Taf.VII.  Fig.  29. 

*  Kurt  Sprengel,   Versuch  einer  pragm.  Gesch.  der  Arzneikande.    Halle, 
1800— (».  Bd.  6.  §.  16*  S.  285. 

8  Inst,  ehinirg.    Amstelod.  1760.  p.  82L 

9  Medio.,  Chirurg,  und  anat  Wahrnehmungen.    Bostock.  1753.  Bd.  1. 

10  Chirurgie,  Nürnberg  1719.  Kap.  40.  S.  444. 

fi  Ibid.  S.  478  und  Apol.  et  über,  illustr.  System,  sui  de  catar.  Altd.  1717. 
<>  Chirurgie,  S.  514. 


—     534     — 

segensreiche;  selbst  heute  y<m  competenter  S^te  noch  oft  ver- 
worfene Operation^  fand  anH^ter  einen  eifrigen  Lobredner^^  Seine 
Heilung  der  GefiLssfistel  durch  Gorgeret^  Hohlsonde  und  spitzen  Scal- 
peU^^  wird  bis  zur  Stunde  als  bestes  Verfahren  nachgeahmt;  im 
Streite  aber  um's  königliche  Gesetz  ^^  vertheidigte  er  mit  Energie 
die  Sectio  caesarea  bei  dem  Ableben  schwangerer  Mütter  ^^  und  ver- 
sprach sich  schon  ^om  Hautlappen  für  Amputationen  mehr  Nutzen 
als  Verduin's  Fleischpolster  ^'  bieten  konnte,  auch  galt  ihm  hier^  im 
Gegensatz  zu  Anderen  ^  nur  die  Unterbindung  als  sicherstes  Stypti- 
cum  ^^.  Ihm,  dem  Chirurgen  nüchternen  Verstandes,  erschien 
Tagfiacoz^'s  Bhinoplastik  ^*  geradezu  als  Fabel  ^.  Schwer  erklftrlich 
ist  seine  Furcht  vor  dem  Ausschneiden  chronischer  Maadelschwel- 
lungen  >^.  War  er  doch  nie  messerscheu,  wo  es  Geschwülste  ansehn- 
lichsten Umfangs  wegzunehmen  galt  ^.  Vom  alten  Schlendrian, 
Wunden  mit  Wieken  anzufüllen,  vermochte  sich  Heister  nicht  los- 
zumachen ^,  auch  muss  sein  Mitfassen  kleiner  Compressen  unter  die 
Ligatur  des  Samenstranges  getadelt  werden  ^^.  Von  Instrumenten 
besitzen  wir  nach  seiner  Angabe  einen  Lippenhalter  für  Hasen- 
scharten^, gefensterte  biegsame  SUberröhrdien  aus  Brusthöhlen 
Eiter  oder  Blut  abzulassen  ^,  endlich  messingene  Harnrecipienteii  ^. 
In  seinen  Werken  verzeichnet  verdienen  femer  Erwähnung:  beson- 
dere Nadeln  zur.  Arterienunterbindung,  Fleehsennaht,  die  vordere 
Augenkammem  zu  öfihen;  dann  ein  Perforatorium  des  Thrftnenbeins, 
ein  Pelikan  und  Mnndipiegel,  verschiedene  Messerformen  ftbr  Her- 


13  Ibid.  Cap.  92.  S.  556. 
«^  Ibid.  Gap.  181,  S.  691. 
1»  Digest,  lib.  XL  tit.  8.  De  mortuo  infer.  1.  2. 

1^  Diss.  foetam  ex  utero  matr.  mort.  matare  exBcindendum  esse.  Altd.  1720. 
**  Diss»  epist  de  nov.  artuum  deoartand.  ratione.    Amstelod.  1696. 
18  Haller,  diss.  chir.  vol.  Y.  pag.  221. 
1*  De  cortor.  ehir.  libr.  dao.  Yenet.  1697. 
^  Chir.  8.  oben.  Cap.  66.  S.  619. 
»  Ibid.  Gap.  86.  87.  S.  547. 

*<  Dias,  de  optima  eaner.  mammar.  exstirpatadi  ratione.  Altd.  1720  in  Haller 
1.  e.,  vol.  n.  p.  609. 

23  Inst.  chir.  P.  I.  lib.  I.  Gap.  6.  §.  7.  pag.  97.  Note  b. 
.       3«  L.  Heister  et  Heise,  Diss.  de  Sarcocele.  Heimst.  1764.  and  Haller ,  1.  c. 
Vol.  IL  pag.  609. 

3s  J.  A.  Brambilla»  Instrnm.  obir.  Yien.  Yindob.   1780.  Tab.  XXI.  Fig.  6 
und  7. 

3«  Ghir.  Nürnberg,  1770.  Tab.  Y.  Fig.  9  und  Tab.  YI.  Fig.  10.  11. 
3»  Ibid.  Tab.  XYL  Pig.  7. 

04* 


—    532     — 

niotomien^  GUedabnahmen  u.  s.  w«;  Beine  Flügelsonde  hervorquellen- 
den Darm  zu  schütseu,  ein  männlicher  Katheter ;  Dilatatorimn  und 
Conductor  bei  dem  Steinschnitt,  auch  scharfe  Haken  zur  Mutter- 
gewächsexcision  etc.  In  Behandlung,  der  Scblüsselbeinbrüche  und 
Scoliosen  bediente  sich  Heister  gewisser  Bückenkreuze  um  Becken 
und  Schultern  befestigt  ^%  und  sein  Betinacuhun  des  Dammes  ^ 
nahm  die  Gabel  des  Petif sehen  Werkzeugs^  zur  Beduction  ver- 
renkter Schenkelköpfe  auf.^ 

Was  Heister's  Charakter  anlangt,  so  wird  von  ihm  gerühmt,  daas 
er  im  Umgange  liebreich,  gütig  und  dienstfertig  gewesen  sei.  Zu 
bedauern  ist,  dass  er  sich  in  seinen  späteren  Jahren  auf  eine  des 
wahren  Gelehrten  nicht  würdige  Weise  gegen  linn^  benahm,  dem 
er  um  jeden  Preis  die  Ehre  der  J^rfindung  der  Sexualtheorie  streitig 
zu  machen  suchte.  Er  veröffentlichte  zu  diesem  Zwecke  sogar  einen 
Brief  des  Wolfenbütteler  Arztes  Job.  Heinr.  Burckhard  an  den 
berühmten  Leibnitz,  richtete  aber  damit  nicht  viel  aus.  Denn  obgleich 
allerdings  Burckhard  die  von  Linn^in  sdnem  Systeme  ausgeführte 
Idee  angedeutet  hatte,  so  erkannte  mau  doch,  dass  dadurch  die  Ver- 
dienste Linn^'s  nicht  geschmälert  werden  könnten.  Auch  in  der 
Praxis  suchte  er  das  Linn^'scbe  System  durch  Aufstellung  seines 
eignen,  im  Wesentlichen  auf  die  Verschiedenheit  der.  Frucht  begrün- 
deten, zu  verdrängen,  erlangte  jedoch  keine  Anerkennung  und  Ver- 
breitung desselben  .^^  Sein  Herbarium  war  übrigens  allmilig  bis  zu 
98  Bänden  angewachsen,  in  jedem  Bande  ungefthr  70  getrocknete 
Pflanzen  enthaltend.  Im  Jahi*e  1801  kaufte  es  der  Herzog  von 
Braunschweig  in  einer  Versteigerung  flLr  die  ITniversitätsbibliothek 
zu  Helmstädt. 

Heister  besass  auch  eine  grosse  Sammlung  medicinischer  Dispu- 
tationen: 160  Bände  mit  .je  50,  züsanunen  also,  etwa  8000  Abhand- 
lungen. Auch  diese  Sammlung  ging  später  in  den  Besitz  der  Helm- 
städter Bibliothek  über. 

Von  Heister's  beiden  Söhnen  war  der  erstgebome  schon  als 
Eind  verstorben,  der  andere  —  Elias  Friedrich,  geboren  1715  zu 
Altdorf,  studirte  von  seinem  sechzehnten  Jahre  an  die  Medicin  zu 
Helmstädt,  Berlin  und  Leipzig,  wurde  IT^S  zu   Helmstädt  Doctor 


>»  De  fasoiis  6t  vinctnris  chir.  Amstelod.  1750.  Tab.  VIII.  Fi>.  13. 
w  Ott.  1.  c.  S.  221.  Taf,  XXX.  Fig.  12. 

^  R.  J.  G.  Garengeoty  Nouv.  Trait.  des  instram.  de  chir.  le  plus  utiles. 
2.  T.  Par.  1723. 

31  Vgl  £.  Winokler,  Geschichte  der  Botanik.  Frankfurt  a.  M.  1854.  S.  198. 


533     — 


und  machte  1740  eine  Beise  nach  HoUand,  auf  welcher  er  aber 
berei)B  am  11.  November  des  genannten  Jahres  plötzlich  am  Ver-' 
schlucken  eines  Stückes  von  emem  Messer^  oder  nach  anderer  An- 
gabe an  einem  sehr  bösartigen  Magenkrämpfe  starb ,  nachdem  der 
erst  fUnfiindzwanzigjährige  talentvolle  junge  Mann  noch  vorher, 
gleich  seinem  Vater ,  zum  Mitglied  der  kaiserlichen  Akademie  der 
Naturforscher  9  zum  Hofrath  und  Professor  zu  Helmstädt  ernannt 
worden  war.  Auch  er  hatte  bereits  viel  geschrieben,  doch  fehlte  ihm 
die  Zeit,  es  gehörig  zu  bearbeiten  und  herauszugeben. 


y> 


Johann  Michael  von  loei. 

Goethe's  Grossoheim. 


Quellen: 

Strodtmann,  das  Nene  Gelehrte  Europa.  Th.  2.  S.  520—570. 
S 1 0  8  c  h ,  des  Neaen  Gelehrten  Europa  9.  Thcil,  S.  428 — 439«  B  r  n  c  k  e  r, 
BildersaaL  Hymmen,  Hey  träge  za  der  juristischen  Literatur  in  den 
preussischen  Staaten.  Fünfte  Sammlung.  S.  257—286.  v.  Loen,  Ge- 
sammelte kleine  Schriften.  Diarium  der  Wahl  und  Krönung  Kaiser 
Karls  Vn. 


In  dem  Werke  „Ans  meinem  Leben^'  sagt  Goethe  unter  Andenn : 
„Mein  Vater  mochte  sich  auf  Beisen  und  in  der  freien  Welt,  die  er 
gesehen,  Yon  einer  eleganten  und  liberalen  Lebensweise  einen  andern 
Begriff  gemacht  haben,  als  sie  vielleicht  unter  seinen  Mitbürgern 
gewöhnlich  war/  und  fügt  dann  hinzu :  ,,Zwar  fand  er  darin  Vor- 
gänger und  Oesellen.'  Als  solche  nennt  er  ausser  anderen  den 
Schöffen  yon  Uffenbach,  den  Baron  von  Häckel  und  seinen  Grosa- 
oheim  Johann  Michael  von  Loen,  bei  welchem  letzteren  er,  neben- 
bei bemerkt,  sich  des  kleinen  Irrthums  schuldig  macht,  dass  er  ihn 
als  nicht  von  Frankfurt  gebürtig,  sondern  als  einen  in  die  Reichs- 
stadt Eingewanderten  bezeichnet 

Goethe  eröffnet  seine  Mittheilung  über  Loen  mit  dem  Bemerken, 
dass  derselbe  in  der  literarischen  Welt  sowohl  wie  in  Frankfurt 
ziemliches  Aufsehen  gemacht  habe.  —  In  der  That  war  der  Gre- 
nannte  zu  seiner  Zeit  besonders  als  Schriftsteller  und  vornehmer 
ireimüthiger  Mann  geschätzt  Er  schrieb  —  ein  ächter  Vertreter 
seiner  Zeit  —  lateinisch,  deutsch  und  französisch.  Theils  also  aus 
eben  erwähntem  Grunde,  theils  aber  auch  wegen  der  socialen  Stel- 
lung, welche  dieser  Verwandte  der  Goethe'schen  und  Textor'schen 
Familie  eine  geraume  Zeit  lang  in  seiner  Vaterstadt  einnahm,  dürfte 


—     535     — 

wohl  ein   AbriBB  §emeT  Lebenageschichte    den   Liesem  dea  ArchivB 
nicht  unwillkommen  erscheinen. 

Im  ersten  Viertel  des  siebenzehnt^i  Jahrhunderts  hatte  sich  der 
Niederländer  Justus  oder  Jost  von  Loen  aus  seiner  Heimath  nach 
Frankfurt  gewendet,  am  1 8.  Februar  1623  mit  Margaretha^  der  nach- 
gelassenen Tochter  des  hiesigen  Handelsmanns  Hans  Steffen,  ver- 
heirathet  und  ein  grosses  und  ansehnliches  kaufmännisches  Geschäft 
errichtet  (negotium  suscepit  magnum  et  copiosum).  Er  starb  am 
20.  März  1660.  Sein  Sohn  Johannes  (1628—1703),  vermählt  mit 
Anna  Jordiss,  aus  der  angesehenen  Frankfurter  Familie  dieses  Na- 
mens, fahrte  das  väterliche  Geschäft,  jedoch  nicht  mit  demselben 
ausdauernden  günstigen  £rfolge,  weiter  (magna  commercia  patris, 
ast  impari  successu,  continuavit).  Von  seinen  elf  Kindern  setzten 
nur  zwei  Söhne,  Paulus  und  Michael,  das  Gteschlecht  fort:  ersterer 
in  Schlesien,  letzterer  in  Frankfdrt  Im  Jahr  1690  verheirathete  sich 
nämlich  Michael  von  Loen  mit  Maria  Passavant,  der  Tochter  des  im 
Jahr  1666  hier  eingewanderten  reichen  Handelsherrn  Budolph  Ema- 
nuel  Passavant,  des  ehren wertben  Ahnherrn  der  Frankfurter  Passa- 
vant. Dieser  Ehe  entstammte  unser  Johann  Michael  von  Loen.  Da 
im  hiesigen' Eirchenbuche  der  13.  December  1694  als  dessen  Tauf- 
tag eingeschrieben  ist,  so  erscheint  die  Angabe,  dass  er  am  21.  De- 
cember des  genannten  Jahres,  d.  h.  am  11.  nach  dem  bis  zum 
1.  Januar  1701  hier  gebräuchlichen  Julianischen  Kalender,  geboren 
sei,  als  vollständig  begründet  Leider  verlor  das  Kind  sdne  Mutter, 
die  als  „ein  Beispiel  kluger  Frauen^'  bezeichnet  wird,  schon  im  dritten 
Lebensjahre.  Sie  starb  am  17.  April  1697.  Wegen  seiner  hervor- 
stechenden geistigen  Anlagen  wurde  indessen  sowohl  von  Seiten  des 
Vaters  als  von  der  des  Grossvaters  Passavant  auf  seine  Entwickelung 
und  Ausbildung  eine  besondere  Sorgfalt  verwendet  „Sein  sich  zeitig 
ändsemder  munterer  Geist,  der  feurige  Witz,  der  schon  in  der  Kind- 
heit leuchtende  Blicke  sehen  liess,  und  ein  aufgewecktes  Wesen 
machten,  dass  man  fOr  seine  Erziehung  sorgfältig  bekümmert  war. 
Kriegssachen,  Komödien,  Malen,  Versemachen  ergötzten  diesen  feu- 
rigen Knaben  und  entdeckten  die  Gluth,  von  der  man  sich  nach 
verlodemder  Flamme  eine  wärmende  Hitze  zu  versprechen  hatte." 
Dreizehn  Jahre  alt  kommt  er  in  den  fUrstlich  Isenburgischen  Besi- 
denzort  Birstein,  „wo  damals  eine  gute  Landschule  war  und  wo 
junge  Leute  von  den  besten  Franckftirtischen  Häusern  stndirten.' 
Hier  hatte  er  sich  eines  guten  Umgangs  und  trefflichen  Unterrichts 
zu  erfrtoen^  so  dass  er  bereits  1711  die  Universität  Marburg  be- 
ziehen konnte,  wo  er  sich  dem  Studium  der  schönen  Wissenschaften 


-     536     - 

und  der  Bechtskunde  widmete.  Aach  am  letztgenannten  Orte  war^n 
alle  äusseren  Verhältnisse  seiner  Ausbildung  überaus  förderlich  ^  so 
dass  er  denn  unter  anderm  schon  als  siebenzehnjähriger  Jüngling  in 
einer  öffentlichen  Disputation  auftrat  und  sich  bald  den  Buf  eines 
jungen  Gelehrten  und  dadurch  die  besondere  Liebe  seines  Gross- 
Täters  Passavant  erwarb;  der  ihm  ,,seine  Disputation  reichlich  be- 
lohnte". 

Im  Jahr  1712  vertauschte  von  Loen  die  Marburger  Hochschule 
mit  der  zu  Halle.  An  letzterem  Orte  fand  er,  was  er  suchte:  reich- 
liche Nahrung  (für  seinen  wissbegierigen  Geist,  und  Lehrer  nach 
seinem  Wunsch  und  Verlangen.  Insbesondere  war  es  der  berühmte 
Thomasius,  aus  dessen  Unterweisung  imd  Umgang  er  den  möglichsteh 
Vortheil  zu  ziehen  verstand.  Neben  seinen  ernsten  Studien  ver- 
säumte er  nicht  die  Erlernung  der  Musik  und  des  Zeichnens,  und 
betrieb  auch  das  Fechten  und  Reiten.  Letzteres,  sowie  der  persön- 
liche Verkehr  mit  Leuten  von  feinster  Bildung  trug  natürlich  viel 
dazu  bei,  ihn  allmälig  zu  einem  gewandten  Weltmann  zu  machen. 

1715  kehrte  er  nach  Frankfurt  zurück«  In  seiner  Bescheidenheit 
sah  er  die  mitgebrachte  Gelehrsamkeit  mehr  für  glänzend  als  gründ- 
lich an,  und  drang  desshalb  in  die  Seinigen,  ihm  die  Erlaubniss  zu 
einer  längeren  Reise  zu  gewähren.  Seinem  wiederholten  Verlangen 
wurde  auch  entsprochen,  doch  musste  er  sich  zuvor  im  Herbste  des 
zuletzt  genannten  Jahres  zu  Wetzlar  mit  dem  Kanaimergericbts- 
prozess  bekannt  machen,  oder,  wie  er  selbst  sagt,  „den  Kammer- 
schlender  kennen  lernen  und  einen  sechzigjährigen  Frozess  von  einer 
alten  Grossmutter  besorgen^^  „Man  hätte  es,^  fügt  er  hinzu,  „wohl 
nicht  übler  treffen  können,  um  mir  eine  Lust  zur  Juristerej  beizu- 
bringen.* 

V.  Loen  berichtet  ausserdem  über  diese  kurze  Episode  seines 
Lebens  unter  Anderm  noch  Folgendes:  „Zu  meiner  Zeit  war  kein 
Kammerrichter  in  Wetzlar.  Der  Freiherr  von  Ingelheim  und  der 
Graf  von  Solms-Laubach  waren  Präsidenten :  zwei  redliche  Männer 
von  gleich  grossem  Ruhm.  Der  Assessor  Ludolff  war  damahls  einer 
der  wichtigsten  Referenten:  er  war  sehr  gelehrt,  man  konnte  es 
ihm  recht  ansehen.  Der  Assessor  F.  machte  die  Ehre  der  Kammer 
auf  eine  andere  Art.  Wer  ihn  besuchte,  kam  insgemein  betrunken 
wieder  nach  Hauss.  Dieses  war  ein  solamen  miserum  für  manche 
unglückliche  Sollicitanten.^^ 

Im  Frühlinge  des  Jahres  1716  trat  von  Loen  seine  Reise  an 
und  verweilte  zunächst  eine  Zeitlang  in  Regensburg,  dem  Sitze  des 


—     537     — 

deutschen  BeichstagB  ^.  Von  hier  aas  begab  er  sich  nach  Augftburg, 
dann  nach  München  an  den  knrbayefischen  Sof,  hierauf  durch 
Schwaben;  Franken  und  Thüringen  nach  Halle^  von  da  nach  Dres- 
den,  Toi^aU;  Berlin  und  Frankfurt  a.  d.  O.  zu*  seinem  Oheim  von 
Loeu;  und  endlicli  nach  Wien.  Von  dem  Treiben  in  dieser  Haupt- 
stadt und  dem  kaiserlichen  Hofe  gibt  er  eine  sehr  anschauliche  und 
lebendige  Schilderung. 

y.  Loen  gedachte  von  Wien  aus  den  englischen  Diplomaten 
Lord  Montague  auf  seiner  Gesandtschaftsreise  nach  Eonstantinopel 
zu  begleiten^  konnte  aber  dazu  nicht  die  Erlaubniss  seines  Gross- 
vaters Passavant  erwirken  und  kehrte  desshalb. nach  Frankfurt  zu- 
rück. Von  hier  aus  besuchte  er  die  benachbarten  Fürstenhöfe^  dann 
die  vorzüglichsten  Städte  der  Niederlande  und  reiste  hierauf  über 
Bremen  und  Hambiirg  nach  Berlin^  wo  er  den  Wmter  von  1717 — 
1718  verweilta  Von  dem  Hofe  des  Königs  Friedrich  Wilhelm  I.^ 
des  Vaters  Von  Friedrich  dem  Grossen';  hat  er  eine  sehr  anziehende 
Schilderung  hinterlassen. 

Einige*  Stellen  daraus  dürften  von  besonderem  Interesse  sein :  „Ich 
sehe  hier;  sagt  unter  Anderin  v.  Loeu;  einen  königlichen  Hof;  der 
nichts  glänzendes  und  nichts  prächtiges  als  seine  Soldaten  hat.  Es  ist  also 
möglich;  dass  man  ein  grosser  König  sein  kanU;  ohne  die  Majestät 
in  dem  äusserlichen  Poibp  und  in  einem  langen  Schw'eiff  buntfärbig- 
ter;  mit  Gold  und  Silber  beschlagenen  Creaturen  zu  suchen.  Bier  ist 
die  hohe  Schule  der  Ordnung  und  der  Haushaltungskunst;  wo  grosse 
und  kleine  sich  nach  demExempel  ihres  Oberhaupts  mustern  lemen^^ 
. . .   Der  König  ist  von  seiner  Neigung  für  die  Soldaten  ein  wenig  zu 


*  Beachtenswerth  erscheint,  gerade  in  unseren  Tagen,  was  er  über  letzteren 
unter  Anderm  äussert  r  „Es  wäre  zu  wünschen,  dass  besser  auf  nnsere  Reichs- 
gründgesetze gehalten  würde;  allein  die  besten  Verfassungen  in  der  Welt  leiden 
durch  die  Veränderung  der  Zeiten  und  Menschen  allerlei  Anstösse.  Hätte  das 
Reich  in  seiner  vortrefflichen  und  glückseligen  Gestalt  bleiben  sollen,  so  hätte 
anch  ein  jeder  Stand  so  bleiben  müssen,  wie  er  war.  Es  hätte  keiner  mehr 
Rechte,  mehr  Macht,  mehr  Ansehen,  mehr  Gewalt  und  mehr  Länder  gewinnen 
müssen,  als  er  zu  der  Zeit,  da  die  goldene  Bnlle-  gemacht  wnrde,  wirklich  be^ 
sass  und  innen  hatte;  denn  der  Wachsthum  eines  Körpers  verändert  auch 
die  Gestalt,  und  was  einen  kleineu  wohl  kleidet,  das  kleidet  darum  nicht 
auch  einen  grossen.  Die  allznwiehtige  Erhöhung  einiger  mächtigen  Reichs- 
stände  macht  die  andern  zu  klein  nnd  zu  schwaeh.  Diese  müssen  es  zugebeni 
dass  sich  jene  über  sie  vieles  herausnehmen.  Gebet  Gesetze,  wie  ihr  wolt,  wo  die 
Macht  ist,  da  verlieren  sie  ihre  Kraft.  Grosse  und  mächtige  Fürsten,  die  durch 
sich  selbst  bestehen  können,  lassen  sich  nicht  wohl  mehr  ex  decreto  Sancti 
Impertt  und  durch  Reichsabschiede  behandeln."* 


—     538     — 


Befar  eingenomineii.  Vei^ebens  sucht  er  alle  Mittel  ansawenden^  um 
Leute  in  seiii  Land  zu  eiehon,  welche  die  Handlung  und  die  Fabri- 
ken darinnen  empor  bringen  könnten.  So  lang  aber  nur  noch  ein 
Schatten  der  gewaltsamen  Werbungen  herum  wandert,  so  ist  derselbe 
wie  ein  Gespenst,  welches  alle  Menschen  schrecket."  v.  Loen  knüpft 
gleich  daran  eine  Betrachtung,  die  den  ganzen  Mann  kennzeichnet 
Er  sagt:  „Das  sicherste  Mittel  ein  Land  zu  bevölkern,  ist  die  Frri- 
heit.  Wo  diese  ist,  da  ziehen  sich  die  Menschen  hauffenweise  hin. 
Wo  viel  Volk  ist,  da  ergiebt  sich  die  Nahrung  von  sich  selbst  Man 
lasse  nur  den  Landmann  ruhig  bei  seinem  Ackerbau;  der  Handwerka- 
tnann  und  der  Künstler  werden  beyde  genug  Arbeit  finden,  und  der 
fijiufmann  wird  sich  ebenso  geschäftig  erzeigen,  den  Anwachs  der 
Früchte  und  die  verarbeiteten  Waaren  zu  vertreiben.  Dadurch  ent- 
stehet die  Handlung,  welche  die  Seele  der  Beichthümcr  und  des  lieber- 
flusses  ist.  Die  Gelder  kommen  von  einer  Hand  in  die  andere,  und 
dieser  glückliche  Umlauf,  der  alle  Nerven  beweget^  wird  den  ganzen 
Staatskörper  mit  Geist  und  Stärcke  beleben.  Eine  Handthirung  wird 
auf  die  andere  wirken,  und  wie  das  Bäderwerk  in  einer  Maschine 
fortlauffen.  Die  Einkünfte  des  Königs  werden  sich  dadurch  erstaun- 
lich vermehren,  und  sein  Volk  wird,  wann  es  zugleich  durch  eine 
gute  Policey  regiert  wird,  das  glücklichste  auf  Erden  seyn.  Man 
könnte  dieses  alles  mathematisch  erweisen,  wann  die  Erfahrung  uns 
dieser  Mühe  nicht  tüberhoben  hätte,  indem  sie  zu  obigen  Grundsätzen 
den  völligen  Beweis  vor  Augen  legt.^ 

v.Loen  kommt  sodann  auf  den  jungen  Kronprinzen  zu  spre- 
chen und  sagt:  „Dieser  zeiget  bei  einem  noch  zarten  Alter  eine  unge- 
meine Fähigkeit,  ja  etwas  ganz  ausserordentliches.  Er  ist  ein  über- 
aus munterer  und  lebhafter  Prinz.  Er  hat  eine  sehr  feine  und  geist- 
reiche Bildung;  er  fasset,  er  lernt  alles,  was  man  ihm  vorlegt^  mit 
der  grössten  Leichtigkeit.  Er  gehet  nun  in  das  siebente  Jahr;  man 
ist  beschäftiget  denselben  aus  dem  Frauenzimmer  zu  thun  und  ihm 
einen  besondern  Hofstaat  beizulegen....  Man  sagt,  dass  der  König 
im  Stande  sey,  für  das  Geld,  womit  er  unter  dem  Schloss  die  Ge- 
wölber angefbllet  hätte,  noch  zwej  Armeen  auf  die  Beine  zu  sdtzen. 
Dieses  ist  wohl  zu  glauben.  Als  unlängst  der  Kronprinz  mit  einem 
grossen  Gefolg  von  Offizieren  hinter  dem  König  herging,  radelte 
derselbe  mit  seinem  kleinen  Stöckchen  wider  die  Pallisaden,  und  rief 
dabey  aus :  Wie  froh  werden  einmal  diese  Gefitngene  sein,  wenn  man 
sie  erlösen  wird.  Die  Offiziere,  die  um  ihn  waren,  fingen  darüber 
an  überlaut  zu  lachen.  Der  König  hörte  solches,  er  wand  sich  herum 
und  fragte,  was  da  wäre.     Niemand  wollte  sich  erkühnen  das  gute 


-     589    — 

Wörtchen,  welches  dem  Eronprinsen  entbhreD  war>  dem  König  sn 
sagen ;  dieser  drang  mit  Heftigkeit  darauf  und  machte^  als  er  es  ver- 
nahm, darttber  keine  gar  gnädige  Miene;  er  entdeckte  in  den  Worten 
des  Kronprinzen  die  Sprache  anderer  Leute.^ 

Den  nächsten  Frühling  und  Sommer  verbrachte  v.  Loen  am 
prachtvollen  Hofe  des  Königs  von  Polen  und  Kurfürsten  von  Sachsen, 
August  des  Starken,  zu  Dresden.  Er  entwirft  davon  unter  Anderm 
folgende  Schilderung: 

^Ich  beschreibe  hier  den  prächtigsten  undgalantesten  Hof  von 
der  Welt  Man  muss  mir  das  letete  Wort  mi  Tentechen  gdtea  k»- 
sen,  denn  es  ist  in  Sachsen  sehr  üblich,  und  ich  finde  auch  sonst  kei* 
nes  in  allen  mir  bekannten  Sprachen,  welches  dasjenige  besser  aus- 
drtleken  solte,  was  ich  hier  sagen  will:  es  bedeutet  solches  so  viel, 
als  ein  lebhaftes  art^es  Wesen,  das  geftllt,  das  rühret,  das  sich  der 
Sinnen  bemächtiget  und  den  Witz  gebrauchet,  um  desto  empfindlicher 
wollüstig  zu  sein. 

,,DaB  sächsistihe  Blut  ist  das  schönste  in  Teutschland :  es  ist  feurig, 
zärtlich  und  überaus  verbuhlt.  Die  Wollust  macht  die  Einwohner  in 
diesem  Land  sinnreich,  angenidmi,  höflich  und  schmeichlerisch;  aber 
zugleich  auch  wanckehnüthig,  weichlich,  plauderhaft  und  schwelgerisch. 
Weil  sie  von  Natur  mit  einer  glücklichen  Erfindungskraft  begäbet 
sind,  so  findet  man  unter  ihnen  die  meisten  Poeten  und  Bomanen* 
Schreiber:  sie  sind  die  ersten,  die  sich  erkühnt  haben,  teutsche  Schau- 
spiele nach  dem  Geschmack  der  Franzosen  zu  verfertigen.  Wenn 
man  die  Gottschedische  Sammlung  und  Lustspiele  des  Herrn  Gellerts 
lieset,  so  muss  man  ihre  glückliche  Nachahmung  bewundern. 

„Sie  sind  überhaupt  zu  allen  Künsten  und  Wissenschafffcen  vor 
andern  Teutschen  aufgelegt,  und  was  dabej  am  merckwürdigsten  ist, 
so  sind  sie  eben  so  glücklich  in  tiefsinnigen  und  ernsthaften,  als  in 
lustigen  und  scherzhaften  Sachen.  Unsere  zwey  gröste  Weltweisen 
Leibnitz  und  Wolff  haben  sich  in  diesem  Land  hervorgethan.  Drey 
gelehrte  Thomasii,  Jacobus  und  dessen  berühmte  Söhne,  Christian 
und  Gottfried,  sind  Leipziger  gewesen:  und  wenn  wir  die  Schrifften 
und  die  Nachrichten  von  den  gelehrten  Leuten  lesen,  durch  welche 
die  vier  sächsische  hohe  Schulen  Leipsig,  Wittenberg,  Jena  und  Halle 
80  berühmt  worden  sind,  so  können  wir  sie  fast  allein  allen  andern, 
welche  sich  in  den  übrigen  Theilen  von  ganz  Teutschland  bekannt 
gemacht  haben,  entgegensetzen. 

„Das  Frauenzimmer,  und  darunter  vorzüglich  das  Meissnische, 
hat  etwa4B  überaus  holdseliges  und  liebreitf^endes ;  hier  findet  man 
die  besten  Sprachmeisterinnen  der  Teutschen;  der  liebliche  Klang 


—     5*0     — 

ihrer  Stimme  macht  auch  selbst  ansre  sonst  rauhe  Thöne  zärtlich  und 
angenehm.  Das  sächsische  Frauenzimmer  übertrifft  noch  die  Eng- 
länderionen an  Wuchs  und  Schönheit.  Es  hat  die  Frej^eit  der  Fran- 
zösinnen^ und  das  Feuer  der  Italienerinnen;  in  dem  schmeichelhaften 
und  zärtlichen  Wesen  aber  geht  es  allen  vor.  Es  hat  dem  Ansehen 
nach  etwas  sehr  sittsames  und  unschuldiges ;  es  schlaget  aber  die  Äu- 
gen  insgemein  nur  deswegen  nieder^  um  mit  einem  geschärfften  Blick 
desto  mehr  Unheil  anzurichten. 

„So  sehen  die  Menschen  aus^  welche  zu  unserer  Zeit  den  Glanz 
des  dresdnischen  Hofs  ausmachen.  Nie  hat  man  eine  solche  zusanunenhan- 
gende  Pracht  und  eine  solche  stets  fortstreichende  Galanterie  gesehen. 

,,Der  König  scheint  recht  darzu  gebohren  zu  sein^  den  Menschen 
Lust  und  Freude  zu  machen.  Alle  seine  Lustbarkeiten  sind  auf  eine 
Art  angestellt^  dasß  sein  Volk  nicht  darunter  leidet,  und  seine  Schätze 
nicht  erschöpffet  werden.  Er  befördert  dadurch  die  Künste,  die  Wis- 
senschaften, die  Handlung  und  den  Umlauf  des  Gelds,  wovon  alle 
Handthierüng  und  Nahrung  ihren  ersten  Trieb  bekommt.  Viele  mey- 
nen,  August  hätte  das  Geheimniss  Gold  zu  nuichen.  Es  ist  glaublich, 
dass,  wo  diese  Wissenschaft  der  Verwandlung  der  Metalle  möglich 
wäre,  dieser  König  solche  besitzen  müste.  Alle  chymische  Philoso- 
phen haben  ihre  Künste  hier  probiret,  und  die  Ausgaben  des  Königs 
beziehen  sich  gleichsam  auf  unerschöpfliche  Einkünfte.  Ich  bin  aber 
der  Meynung,  dass  diese  Distillirer  nichts  dazu  beytragen ;  wohl  aber 
•die  stattliche  Handlung,  die  reichen  Bergwerke,  der  gesegnete  Acker- 
bau und  eine  Menge  Volk,  das  sich  durch  Fleiss  und  Arbeit  nährt: 
Quellen,  die  nicht  zu  erschöpffen  sind,  wenn  das  Geld  fein  im  Land 
herum  lauft,  und  mehr  hineingebracht,  als  hinaus  geschleppet  wird. 
Sachsen  hat  es  unter  allen  teutschen  Ländern  darinnen  am  weitesten 
gebracht.^ 

V.  Lo  en  gibt  nun  eine  kurze  Charakteristik  der  vornehmsten  Hof- 
ünd  Staatsbeamten,  des  Feldmarschails  Grafen  v.  Flenuning,'  der  Gra- 
fen V.  Vitzthum,  v.  Wackerbart  u.  s.  w.,  schildert  dann  die  in  Dres- 
den aufgehäuften  Kunstschätze,  und  geht  hierauf  zur  Beschreibung 
einigelr  Feste  über,  denen  er  als  Augenzeuge  beiwohnt  hatte.  Eins 
derselben  war  in  gewisser  Beziehung  so  eigenthümlich ,  dass  wir  es 
nicht  ganz  übergehen  wollen.  Am  13.  Juli  1718  liess  der  Feldmar- 
schall Graf  ▼.  Flemming  sechs  Regimenter  ungefähr  eine  Stunde  vor 
Dresden  ins  Feld  rücken  und  eine  Schlacht  improvisiren.  Neben  dem 
König  ritt  als  Amazone  gekleidet  die  von  ihm  begünstigte  Gräfin 
Dönhof.  Nach  geendigtem  Treffen  setzte  sich  der  König  unter  ein 
grosses  Gezelt  mit  den  vornehmsten  Herren  und  Damen  zur  Tafel. 


—     5*1     — 

„Das  lästige  Schauspiel",  berichtet  v.  Loen^  begunte  nach  geendigter 
Tafel.  Die  Tische  wurden  nicht  aufgehoben^  sondern  alles  Esswerk^ 
was  darauf  stund,  den  hungerigen  Soldaten  preisgegeben.  Weil  es 
aber  an  Brod  gebrach  y  so  befahl  der  Feldmarschall  1000  harte  Gul- 
den,  um  diesen  Mangel  zu  ersetzen,  in  so  viel  kleine'  Stücke  Brod 
zu  stecken.  Es  wurde  darauf  Sturm  geblasen.  Die  in  Schlachtord- 
nung gestellte  Soldaten  rannten  muthig  auf  die  mit  Speisen  angefCLll- 
ten  Tische  loss;  die  fordersten  aber  wurden  von  den  hintersten  zu 
Boden  gedruckt,  sogar  dass  auch  das  eine  Tischbl^att  mitten  entzwey 

# 

brach  und  also  wohl  über  100  Mann  auf  einem  Hauffen  untereinan- 
der wühlten.  Hierauf  wurde  Alles  aus  dem  Weg  geschaffet,  in  dem 
königlichen  Gezelt  aber  ein  Teppich  ausgebreitet  und  bis  Abends  um 
7  Uhr  getanzei  Der  Feldmarschall  tranck  dabey  seinen  Gästen 
wacker  zu  und  wurde  selbst  trunken.  Der  König  schien  auch  nicht 
mehr  ganz  nüchtern:  doch  begieng  er  nicht  die  geringste  seiner  Ma- 
jestät unanständige  Ausschweifiung,  sondern  geberdete  sich  in  allem 
als  ein  König.  Ich  beobachtete  hier  mitleidigst  die  Marter  eines 
gewissen  Gammerherrn,  welcher  die  Aufwartung  bey  demselben  hatte. 
Dieser  stund  eine  lange  Zeit  mit  einem  Glas  Wasser  hinter  dem 
König  und  war  dabey  so  wankelmüthig  auf  seinen  Füssen,  das  man 
ihn  mit  einein  Finger  hätte  übern  Hauffen  stossen  können.  Man  hatte 
eine  muthwillige  Freude  ihn  in  dieser  Stellung  zu  sehen.  Der  Feld- 
marschall aber  war  für  Freuden  ausser  sich.  Er  .fiel  dem  König, 
als  er  sich  wegbegeben  wglte,  ganz  vertraulich  um  denHalss:  Bruder, 
sprach  er:  Ich  sage  dir  alle  Freundschaft  auf,  wann  du  weg  gehest 
Die  Gräfin  von  Dönhof,  die  den  König  nie  yerliess,  suchte  ihn  zwar 
von  solchen  Unanständigkeiten  zurück  zu  halten.  Allein  Flemming 
war  viel  zu  vergnügt,  als  dass  er  sich  diesesmahl  mit  dem  Wohl- 
stand hätte  viel  zu  schaffen  machen  sollen.  Er  wolte  die  Gräfin  lieb- 
reich in  seine  Anne  schliessen«  Du  kleines  H**  sprach  er,  schweige 
du  nur  still,  du  bist  doch  ein  gutes  H**l  Dergleichen  artige  Com- 
plimenten  war  die  Gräfin  von  dem  Feldmarschall,  wann  er  getrunken 
hatte,  schon  gewohnt;  sie  beantwortete  solche  mit  Lachen  und 
bemühete  sich  nur  ihn  von  dem  König  abzuhalten.  Der  König  setzte 
sich  darauf  zu  Pferd,  schlug  aber  hinten  über,  und  würde  einen  üblen 
Fall  gethan  haben,  wann  nicht  einer  von  seinen  starken  Länffem 
gleich  bei  der  Hand  gewesen  wäre  und  ihm  unter  die  Armen  gegrif- 
fen hätte.  Alles  lieff  darüber  zusammen.  Man  bat  den  König,  dass 
er  sich  in  eine  Kutsche  setzen  möchte.  Der  Stallmeister  Bake- 
nitz  war  etwas  heftig  in  seinen  Vorstellungen;  der  König  stiess  ihn 
deswegen  im  Zorn  von  sich.    Die  Gräfin  Dönhof  fiess  darauf  ihre 


—     542     — 

Beredsamkeit  wirken.  Der  Ednig  aber  antwortete  ihr  sehr  höflich: 
Laisses  moi,  Madame,  je  eonnois  mon  cheval:  Ne  Vous  en  mettez 
pas  en  peine.  Er  rannte  damit  in  einem Gurlopp  nach  Dresden;  ihm 
folgten  die  Cavalliergarde  und  andere  Herren  des  Hoffes  nach.  Die 
Gräfin  Dönhof  weite  ihren  Heldenmnth  auch  bej  dieser  €relegenheit 
zeigen  und  den  König  nicht  verlassen;  sie  hätte  aber  bald  das  Un- 
glück gehabt  vom  Pferd  zp  ztürzen,  wo  nicht  ein  Cayalier,  der  sie 
begleitet;  den  Fall  noch  mit  Gksehicklichkeit  unterbrochen  hätte. 
Man  bat  sie  desswegen  sich  in  die  Kutsche  zu  setzen.  Sie  1[>edachte 
sieh  auch  nicht  lang;  sondern  stieg  vom  Pferd  und  fuhr  sicherer  mit 
sechseu;  als  sie  auf  einem  ritt;  wiewohl  sie  sonst  eine  gute  Beuterin 
war.  Nachdem  sich  auf  solche  Weise  der  Hof  entfernt  hatte,  begunte 
der  Feldmarschall  immer  noch  lustiger  zu  werden.  Er  grif  in  Er- 
mangelung der  Damen,  nach  den  anwesenden  Grisetten  und  sprang 
mit  ihnen  herrlich  und  in  Freuden  herum.  Endlich  brach  die  Nacht 
darüber  ein  nnd  machte  dieser  sehr  natürlichen  Eurtzweit  ein  Ende. 

„So  sehen  öfters  die  grossen  Leute  in  der  Nähe  aus.  Wann  es 
geziemend  und  erlaubet  wäre,  ihre  persönUche  Geschichte  mit  einer 
freyen  Feder  zu  beschreiben,  was  würde  der  politiscbe  Abergl&ubeii 
.nicht  darunter  leiden  müssen,  der  uns  in  ihnen  GtStter  zu  verehre 
▼erstellet?  Ich  befragte  einen  von  meinen  guten  Freunden,  der  des 
Hofs  kundig  war,  ob  die  bezeigte  ünehrerbietung  des  Feldmsrschalk 
gegen  den  König  ihm  so  hingehen  würde.  Ha!  sprach  er  imLachra, 
das  sind  wir  so  gewohnt  Flemming  hat  wohl  noch  andere  Sachen 
angefangen;  allein  wenn  der  Bausch  verschlaffen  ist,  und  er  wieder 
nach  Hof  kommt,  so  heist  es:  Ich  höre,  Flemming  ist  gestern  ein 
wenig  närrisch  gewesen;  Ihre  Majestät  werden  es  ihm  doch  nicht 
ungnädig  nehmen.  Der  König  lacht  darüber,  und  dann  ist  alles  wie- 
der gut  In  der  That  ist  Flemming  ein  grosser  Mann,  der  dem  Kö- 
nig sehr  getreu  ist,  und  dem  also  eine  kleine  Ausschwdfung  im  Trünke 
mit  nichten  übel  zu  nehmen  ist;  zumahl  da  der  König  selbst  dazu 
Gelegenheit  giebt  und  auf  solche  Weise  seinen  Ministem  öfters  in 
den  Grund  ihres  Herzens  sehen  kann.^ 

Am  Ende  des  Jahres  1718  (7.  December)  starb  von  Loen's 
GboBsvater  Passavant,  von  welchem  er  so  viel  erbte,  dass  er  von 
nun  an,  ohne  sich  um  Aemter  und  Anstellungen  zu  bemühen,  seiner 
Neigung  und  seinem  Grundsatze  „Nemo  ^sit  alterius,  qui  suus  esse 
potest^'  nachleben  konnte.  Zunächst  bereiste  er  die  Schwdz  imd 
Frankreich,  üeberall,  wo  er  sich  aufhielt:  in  Basel,  Zürich,  Bern, 
Lausanne,  Genf,  Lyon  und  Paris  benutzte  er  jede  Gelegenheit  sich 
im  Umgänge  mit  Leuten  aas  allen,  namentlich  den  höheren  Ständen 


—     543     — 

und  im  persönlichen  Verk^  mit  den  anagezeichnetsten  Grelehrten 
auf  das  vielseitigste  auB2nibilden.  Von  seiner  scharfen  und  richtigen 
Beobachtungsgabe  zeugt  seine  Darstellung  des  französischen  Hofes 
und  französischen  Volkscharakters.  Nach  längerem  Aufenthalt  in 
unserem  westlichen  Nachbarlande  kehrte  er  über  Gent^  Brüssel, 
Löwen ;  Mastricht,  Aachen  und  Köln  nach  Frankfurt  zurück ,  wo 
die  Verwaltung  des  ihm  zugekommenen  mütterlichen  Erbes  seine 
Gegenwart  erforderte  und  ihn  auch  an  der  Ausführung  einer  nach 
England  beabsichtigten  Heise  verhinderte. 

Nachdem  er  dagegen  eine  zweite  Beise  in  die  Niederlande 
gemacht  hatte ;  gedachte  er  Italien  zu  besuchen,  liess  sich  indessen 
durch  Befreundete;  welche  ihm  den  Posten  eines  königlich  preussi- 
schen  Ministers  am  oberrheinisohen  Kreise  verschafien  wollten,  im 
August  1720  zu  einer  Böse  nach  BerEn  bestimmen,  um  dort  dem 
Könige  vorgestellt  zu  werden,  der  aber  mittlerweile  nach  Preussen 
sich  begeben  tmd  das  Patent  als  Hofrath  flk*  ihn  zurück  gelassen 
hatte.  Aus  letzterem  Umstände  glaubte  v.  Loen  zu  erkennen,  daas 
man  mit  der  Absicht  umgehe,  ihn  in  preussischen  Staatsdienst  zu 
ziehen,  und  da  dies  um  jene  Zeit  seinen  Neigungen  völlig  wider- 
sprach-, kehrte  er  nach  Frankfurt  zurück.  Unterwegs  besuchte  «r 
in  Halle  seinen  früheren  Lehrer  Thomasius,  welcher  ihn  in  der 
Meinung  bestifirkte,  „er  solte  nicht  eines  andern  Knecht  seyn,  wann 
er  smi  eigener  Herr  sein  könne". 

Den  Sohluss  seiner  Wanderungen  bildete  im  Sommer  des  Jahres 
1722  eine  Beise  zu  seinem  Oheim  nach  Breslau,  bei  welcher  Gele* 
genheit  er  sich  auch  in  Nürnberg,  Prag,  Dresden  und  Berlin  ver- 
weilte, und  1724  eine  Beise  nach  Italien,  welche  jedoch,  gegen 
seinen  Willen,  in  Folge  unvorherg^s^ener  Hindemisse  auf  einen 
Theil  von  Oberitalien  beschränkt  blieb«    . 

In  einem  Alter  von  SO  Jahren  stehend  und  im  Besitz  eines  an- 
sehnlichen' Vermögens  gedachte  nun  v.  Loen  femer  weit  als  freier 
Mann  zu  leben,  und  sich  völlig  ungehemmt  und  nach  eigenem  Er- 
messen seinen  Studien  imd  geistigen  Neigungen  ku  widmen.  Zunftchst 
vermehrte  er  seinen  Büchervorrath  durch  Ankauf  einer  ansehnlichen 
Bibliothek  und  seine  Kupferstichsammlimg  durch  den  des  Meriani- 
schen  Kabinets,  welches  letztere  damals  in  Folge  der  unsinnigen 
Verschwendung  des  mit  der  Merianischen  Erbtochter  verheiratheten 
Eosander  von  Goethe  zur  Veräusserung  gelangte.  Obschon  er  Stille 
und  Zurüokgezog^üheit  liebte,  konnte  er  es  doch  nicht  verhindern, 
dasB  sein  Haus  bald  ein  Mittelpunkt  guter  Gesellschaft  wurde. 
„Was  einen  feinen  und  geläuterten  Geschmaek  hatte,  fand  sieh  — 


-^     544     — 

so  wird  berichtet  —  in. seiner  Gksellschaft  ein,  und  was  von  Frem- 
den  wa0  zu  bedeuten  hatte,  kam  von  Zeit  zu  Zdt  dazu.  Es  wurde 
eine  ordentlich  eingerichtete  Gesellschaft  daraus,  welche  durch  ein 
auf  praktische  Art  wöchentlich  gehaltenes  2jeitung8collegium  unter- 
stützt wurde.  Gelehrte  und  politische  Unterredungen,  musikdische 
Concerte  und  aUerlei  Gattungen  von  ehrbaren  Belustigungen  machten 
sie  lebendig',  und  zogen,  auch  StandeSpersonen  herbei.^ 

Zu  von  Loen's  Freunden  zählten  unter  andern  die  gelehrten 
Herren  V.  Uffenbach  und.  v.  Lersner,  sowie  später  .der  um  einige 
Jahrzehende  jüngere  ausgezeichnete  Staatsrechtslehrer  Johann  Daniel 
y.  Olenschiager.  . 

Im  Jahr  1729  verheirathete  sich  von  Loen  mit  Katharina 
Sibylla  lindheimer,  der  Schwester  von  Goethe's  Grossmutter  Textor, 
deren  Vater,  Cornelius  Lindheimer,  im  hiesigen  Earchenbuche  als 
b.  B.  Doctor,  verschiedener  des  heiligen  römischen  Beiches  Stände 
Baths  und  des  ELaiser-  und  Reichskammergericbts  Advocat  und  Pro 
curator  ordin.  bezeichnet  ist,  später  aber  unter  dem  Namen  „v.  Lind- 
heim^ .  in  den  Adelstand  erhoben  wurde.  Sein  Hochzeitstag  war 
seines  einzigen  Bruders  Sterbetag.  Letzterer  verschied  ohne  Leibes- 
erben und  hinterliess  ihm  seinen  Antheil  von  dem  Merianischen 
Landgut  ^aufder  Windmühle^,  welches  beide  gemeinsam  erkauft  und 
besessen,  hatten.  Im  Jahr  1733  kaufte  er  das  Bittergut  Mörfelden, 
um  daselbst  das  Landlebeii  zuweilen  ungestörter,  als  in  der  unmittel- 
baren Nähe  von  Frankftirt  geniessen  zu  können.  1742  gab  die  Wahl 
und  Krönung  Kaiser  Karls  VII.  Gelegenheit,  dass  der  spanische 
Gesandte  Graf  von  Montijo  seine  Villa  miethete  und  zu  einem 
Schauplatze  der  herrlichsten  Feste  machte.  Unter  Anderm  fand  am 
18.  November  des  gedachten  Jahres  zur  Verherrlichung  des  Namens- 
festes der  Königin  von  Spanien  ein  prachtvolles  Feuerwerk  daselbst 
statt.  Die  Beschreibung  desselben  im  Diarium  der  Krönung  Kaber 
Karls  Vn.  gibt  zugleich  einen  Beleg  flir  den  stattlichen  Umfang  der 
Loen'schen,  frflher  Merianischen  Besitzung. 

Die  freisinnige  Bichtung  seiner  Lehrer:  Homberg  in  Marbuig, 
ThomasiuB  und  Gundling  in  Halle,  verbunden  mit  dem  ihm  inne- 
wohnenden lebhaften  Trieb '  die  . Wahirheit  zu  ergründen  und  dabei 
zugleich  die  Menschen  zu  friedlichem  Einverständnisse  2u  bringen, 
führte  von  Loen  zu  einer  eben  so  regen  als  vielseitigen  schriftstelle- 
rischen Thätigkeit.  Zunächst  richtete  er  seinen  Blick  auf  die  religiösen 
Zerwürfnisse  zwischen  den  protestantischen  Confessionen  und  Sekten, 
was  ziu:  Herausgabe  seiner  ersten  Schrift,  die  unter  anonymer  Be- 
zeichnung  des  Verfassers   erschien,  Veranlassung  gab.    Ihr  folgten 


_     545     — 

cUuin  Publikationen  der  verocfaiedensten  Art  Wir  lassen  hier  das 
Verzeichniss  seiner  sänuntliclien  Werke  in  chronologischer  Reihe 
folgen: 

1)  Evangelischer  Friedenstempel  nach  Art  der  ersten  Kirche 
entworfen  von  Christian  Gottlob  von  Friedenheim.    Frankfurt^  1724. 

2)  Jo.  Joach.  de  Bussdorf  consilia  et  negotia  polilica,  accedit 
collectio  epistolarum  fandüarium  ad  viros  illustres  ex  bibliotheca 
Loeniana.  Francof.  1725. 

3)  Sjlvander's  von  EdeUeben  •  zufällige  Betrachtungen  von  der 
Glückseligkeit  der  Jugend.  Ebend.  1726.  In  zweiter  Auflage  er- 
schienen zu  Hanau  1728  unter  dem  Titel:  Moralische  und  politische 
Schriften.  ^ 

4)  Oeuvres  Fran^oises  de  Mr.  d'E.  1726.  Mit  einer  Vorrede  von 
Dr.  Burggrave. 

5)  Höchst  bedenkliche  Ursachen^  warum  beyderseits  Lutherische 
und  Beformirte  in  Fried  und  Einigkeit  sollen  zusammenhalten  und 
mit  einander  einerlei  Gottesdienst  pflegen^  von  G.  E.  von  F.^  1727. 
Eine  Fortsetzung  des  Friedenstempels. 

6)  Hiob  Ludolfs  allgemeine  Schaubühne  oder  Beschreibung  der 
vornehmsten  Weltgeschichte  des  XVII.  Jahrhunderts.  Fünfter  Theil; 
von  1675  bis  1688.  Mit  einer  Vorrede  von  Dr.  Pritius.  Frankfurt^ 
1781.    . 

7)  Bibliotheca  Loeniana  selecta  realis  systematica.  1734.'  (Ein 
Verzeichniss  seines  beträchtlichen  und  auserlesenen  Bücherschatzes^ 
dessen  Druck  aber  in's  Stocken  gerieth.) 

8)  Hm.  S.  von  E.  .Bedenken  vom  Separatismo  und  Vereinigung 
der  Beligionen.    Frankfurt,  1737. 

9)  Fr.  de  Salignac  de  la  Mothe  Fenelon's  geistliche  Schriften 
in's  Deutsche  übersetzt.  2  Theile.  Frankfurt  1737  und  1743. 

10)  Der  vernünftige  Gottesdienst  nach  der  leichten  Lehrart  des 
Heilandes^  untersucht  htj  Gelegenheit  einiger  an  Ihre  hochgräfl. 
Excellenz  den  Hrn.  Grafen  von  Zinzendorf  gerichteten  und  von 
Ihroselben  beantworteten  Fragen.  1.  Thessal.  V.  21.  Prüfet  aber 
Alles,  und  das  Gute  behaltet.  Frankftirt,  1738.  3.  Aufl.  1741.  —  Die 
von  V.  Loen  in  der  Frankfurter  Zeitung  an  Zinzendorf  gerichteten 
und  von  diesem  nur  sehr  dürftig  und  unvollständig  beantworteten 
Fragen  waren  folgende:  1)  Ob  die  Hermhuter  nicht  besser  thäten, 
wenn  sie  keine  besondere  Brüderschaft  und  Gemeine  unter  sich  auf- 
richteten und  sich  in  Einfalt  zur  evangelischen  Kirche  hielten,  weil 
sie  doch  zu  ihren  Lehren  sich  bekenneten?    2)  Ob   die  besonderen 

Versammlungen   in   den  Häusern ,    die   eine  Art  eines  öffentlichen 

85 


-     646     •- 

GotteBdienstes  TorBtellen  und  zu  viAen.  yerkehrten  Urtheilen  Anlass 
geben,  nicht  füglicher  eingestellet,  und  die  Erbauung  gutgesinnter 
Seelen  in  einem  gewöhnlichen  Umgänge;  durch  gute  Ermahnungen; 
vertrauliche  Gespräche  und  dergleichen  möchte  befördert  werden, 
damit  es  nicht  das  Ansehen  hätte,  als  wollte  man  etwas  apartes 
haben?  3)  Ob  ihre  Lieder,  weil  viele  darunter  anstössig,  seltsam 
und  dunkel  schienen,  in  allgemeinen  Versammlungen,  wo  allerhand 
Leute  mit  zugegen  sind,  besser  nicht  gesungen  würden?  4)  Ob  es 
ihren  Absichten  nicht  gemässer  sejn  sollte,  in  adiaphoris  sich  auf 
keinerlei  Weise  auszuzeichnen?  In  Betrachtung,  dass  weder  Christus 
noch  seine  Apostel  etwas  gethan  und  gelehret,  woraus  man  einen 
singularismum  in  decoro,  Kleidern,  Manieren  und  dergleichen  äusser- 
lichen  Dingen  abnehmen  könnte.  Es  heisset  wohl,  steUet  euch  nicht 
dieser  Welt  gleich ;  wir  halten  aber  davor,  die  Welt  hebse  hier  so 
viel  als  Gottlosen,   und   nicht  der  in   der  Welt  übliche  Wohlstand. 

5)  Ob  sie  in  ihrer  Sittenlehre  öfters  nicht  auch  zu  weit  gehen,  wenn 
sie  dem  Menschen  den  Genuss  eines  zeitlichen  Vergnügens  gar  leicht 
pflegen  zur  Sünde  zu  machen ;  da  doch  Gott  diese  ganze  Welt,  und 
alles  was  darinnen  ist,  zum  Dienst  und  Genuss  des  Menschen  er- 
schaffen, doch  so,  dass  er  allezeit  die  Früchte  des  verbotenen  Baumes, 
welche  noch  inuner  die  Strafe  und  den  Tod  nach  sich  ziehen,  sorg- 
fältigst zu  meiden  hat.  Wie  viel  Schätze  und  Beichthümer  hat  uns 
nicht  die  Güte  und  Freundlichkeit  Gottes  zu  unserer  Freude  imd 
seiner  Verherrlichung  ausgesetzet,  bey  deren  Genüsse  wir  weiter 
nichts,   als   die  uns  vorgeschriebene  Ordnung  zu  beobachten  liaben  ? 

6)  Ob  die  Lehre,  dass  ein  Jünger  Christi  zur  Stillung  der  Lüste 
nicht  heirathen  soll,  so  zu  verstehen  sey,  dass  dieses  nicht  finis  pri- 
marius  matrimonii  seyn  müsste;  oder  ob  dadurch  die  Lust  selbst  zu 
verstehen,  von  welcher  Paxdus  sagt :  Es  ist  besser  heirathen,  als 
Brunst  leiden.  Wie  wir  im  ersten  Sinne  der  Meynung  völlig  bey- 
pflichten,  dass  unser  Hauptzweck  in  allem  die  Ehre  und  Verherr- 
lichung Gottes,  imd  nicht  die  Befriedigung  unserer  Begierden  seyn 
soll,  so  könnten  wir  im  andern  Sinne,  so  fern  dadurch  die  Lust 
selbst  verbothen  würde,  diesen  Lehrsatz  nicht  verstehen,  gestalten 
die  actus  matrimoniales  ohne  Lust  nicht  vollführet  werden  können; 
es  bleibt  und  haftet  in  unsem  Sinnen  diejenige  lustgebührende  Em- 
pfindung, welche  der  Einfluss  äusserlicher  Dinge  in  unser  Wesen 
ordentlicher  Weise  zu  haben  pflegt,  und  die  wir  desswegen  als  etwas 
Gutes  und  unserer  Natur  gemässes  appetiren?  7)  Ob  die  Nothwen- 
digkeit  der  Wiedergeburt  zugleich  auch  involvire,  dass  man  den 
Modum  müsste  wissen  und  determiniren  können?  und  ob  nicht  der 


-     647     — 

Processus  conversionis  sowohl  nach  und  nacli  (nachdem  ein  Mensch 
guter  Art  und  eine  feine  Seele  empfangen^  mithin  den  Wirkungen 
der  Gnade  bey  sich  Baum  lässt);  als  durch  einen  ganz  merklichen 
Umsturz  seiner  ganzen  Natur  auf  einmal  vor  sich  zu  gehen  pflege^ 
und  der  neue  Mensch  spiritualiter^  wie  er  in  partu  naturali  physice 
gebohren  würde?  — -  Am  Schlüsse  dieser  Schrift  fasst  y.  Loen  den 
religiösen  Glauben  in  Einem  Artikel  zusammen.  ^Es  ist  schwer^ 
sagt  er,  sich  einzubilden^  dass  der  Glaube  so  vielerley  Begriffe  und 
Wissenschaften  in  sich  halten  sollte,  welche  kaum  den  scharfsinnigsten 
und  gelehrtesten  Köpfen  verständlich  vorkommen.  Es  muss  demnach 
eine  gewisse  Grundwahrheit  seyn,  welche  die  andern  alle  begreift, 
und  welche  alle  diejenigen  verstehen  müssen,  die  da  suchen  selig  zu 
werden.  Diese  Grundwahrheit  muss  die  Eigenschaft  haben,  1)  dass 
sie  deutlich,  2)  allgemein^  3)  nach  der  Fähigkeit  aller,  auch  der 
schwachsinnigsten  Menschen  eingerichtet  sey.'^  v.  Loen  bezeichnet 
diese  Grundwahrheit  ,,Sie  ist  der  Glaube  an  Jesum  Christum,  nicht 
aber  ein  historischer,  sondern  lebendiger.  Denn  von  diesem  Jesu 
zeugen  alle  Propheten,  Apostelg.  IV,  12;  X,  43,  und  alles  ist  ge- 
schrieben, dass  wir  glauben  sollen,  Jesus  sey  der  Christ  u.  s.  w. 
Joh.  XX,  31.*  „Meynungen,  flLhrt  er  fort,  Wörterkriege,  Lehrsätze 
nach  eigener  Weisheit,  symbolische  Bücher,  gelehrte  Kritik,  Wissen- 
schaft der  Alterthümer,  alle  diese  Dinge  gehören  nicht  hieher:  sie 
laufen  gemeiniglich  nur  auf  leere  Fragen  hinaus,  die  nicht  zur 
Besserung  dienen,  und  hernach  in  so  viele  Sekten  ausbrechen,  als 
Menschen  sich  finden,  die  von  ihrer  eigenen  Weisheit  eingenommen 
sind.^  —  Es  erhellet  auch  hieraus  v.  Loen's  Verlangen  nach  con- 
fessioneller  Vereinigung. 

11)  Gelehrte  Zeitungen  und  amusemens  litteraires.  Einiges  davon 
findet  sich  in  der  „Frankfurtischen  Gelehrten  Zeitunge"  Jahrgang 
1738. 

12)  Discours  vom  Soldatenstande;  s.  des  Generals  Eosander 
Kriegsschule,  welcher  es  vorgedruckt  ist    Frankfurt,  1738. 

13)  Der  redliche  Mann  am  Hofe,  oder  die  Begebenheiten  des 
Grafen  von  Bivera,  nebst  beygefügteni  freyen  Gedanken  von  der 
Verbesserung  eines  Staats.  Frankfurt,  1740.  Diese  Schrift  erlebte 
verschiedene  Auflagen  und  wurde  auch  in's  Holländische  übersetzt. 

14)  Novemviratus  oder  kurzer  Entwurf  von  der  Macht,  Hoheit, 
Würde  und  Gerechtigkeit  der  nenn  hohen  Churhäuser  des  h.  röm. 
Reichs.    1741. 

15)  Die  güldene  Bulle  Kaiser  CarFs  IV.  nach  dem  zu  Frankfurt 

befindlichen  lateinischen  und  deutschen  Original  in  einer  neuen  Ueber- 

35* 


—     5*8     — 

Setzung  nach  dem' eigentlichen  Wortrerstande  nnd  den  verschiedenen 
Lesearten^  mit  Anmerkungen^  auch  andern  beygefbgten  Beichsgrand- 
gesetzen.    Frankfurt,  1741. 

16)  Der  Kaufmannsadel,  untersucht  von  einem  unpartheyischen 
Rechtsgelehrten.  1742.  (Erschien  in  vielen  Auflagen). 

17)  Lettres  curieuses  d'nn  Gentilhomme  AUemand  töuchant  les 
moeurs  et  les  affaires  du  tems.  2  Theile.  1741  und  1742. 

18)  Memoires  d'un  Gentilhomme  au  sujet  de  ce  qui  se  passe  de 
plus  remarquable  k  la  di^te  de  Frankfort,  1741. 

19)  Le  Soldat,  ou  le  metier  de  la  guerre  consider^  conmie  le 
metier  dlionneur,  avec  un  essais  de  bibHotheque  militaire.  Frft.  1743. 
Eine  vermehrte  deutsche  Auflage  1748,  und  eine  weitere  1752. 

20)  Das  Bild  eines  weisen  Hannes  und  eines  Christen  am  Hofe 
in  dem  Leben  des  Erzbischofs  Fenelon.    Frankfurt,   1743. 

21)  Die  Religion,  entworfen  von  dem  Herrn  Racine  und  in 's 
Deutsche  übersetzt  mit  Anmerkungen.  1744  in  gebundener  Rede. 

22)  Fenelon's  Gespräche  der  Todteii  der  alten  und  neuen  Welt, 
mit  einigen  Fabeln,  aus  dem  Französischen  übersetzt,  mit  Anmer- 
kungen.   2  Theile.  Frankfurt,  1745. 

23)  Lob  der  Bankerutirer.  1745. 

24)  Freye  Gedanken  zur  Verbesserung  der  menschlichen  Gesell- 
schaft. 4  Theile.  Frankfurt  1746  und  1747.  Neue  Auflagen:  1748, 
1750,  1752.  Das  Buch  beginnt  mit  dem  Schreiben  eines  Utopianen 
von  den  Sitten  und  Mängeln  der  Europäer. 

25)  Entwurf  einer  Staatskunst,  worin  die  natürlichsten  Mittel  ent- 
deckt werden,  ein  Land  mächtig,  reich  und  glücklich  zu  machen.  1747. 

26)  Bedenken  von  der  Schädlichkeit  der  Festungen  und  dem 
wider  das  Natur-  und  Völkerrecht  laufenden  Gebrauche  des  Pul- 
vers, 1747. 

27)  Fenelon's  kurze  Lebensbeschreibungen  und  Lehrsätze  der 
alten  Weltweisen,  in's  Deutsche  übersetzt  und  mit  Anmerkungen  und 
Zusätzen  vermehret  1748. 

28)  Neue  Sammlung  der  merkwürdigsten  Reisegeschichten,  von 
einer  Gesellschaft  gelehrter  Leute  in  einen  historischen  Zusammen- 
hang gebracht.  1.  Theil.  Frankfurt,  1748.  v.  Loen  hatte  vielen  An- 
theil  an  diesem  Unternehmen,  verzichtete  jedoch  nach  Erscheinen 
des  fünften  Theils  auf  die  Leitung  desselben. 

29)  Les  rejouissances  des  HoUandois.  Epitre  gratulatoire  par 
Chrisocosmopophilax.  1749.  Auch  in  deutscher  Sprache  gedruckt 
Eitae  feine  und  zugleich  scharfe  Satyre  über  die  Freudenbezeugungen 
der  Holländer  bei  der  Erhebung  des|Prinzen  Erbstatthalters. 


—     549     — 

30)  Abbildung  des  Grafen  von  Zuusendorf. 

31)  Geeammelte  kleine  Schriften,  besorgt  und  herausgegeben 
von  J.  E.  Schnddem.  4  Theile.  Frankfurt,  1749.  1750.  1751  und 
1752  *.  (In  einer  Recension  —  Göttinger  Zeitung,  1750,  No.  53  — 
heisst  es  von  dem  zweiten  Theil,  welcher  35  Sendschreiben  enthftlt, 

•  folgendennassen:  „Des  Herrn  y.  Loen  angenehme  und  abgemessene 
Art  zu  erzählen,  seine  viele  am  rechten  Ort  angebrachte  moralische 
und  politische  Betrachtungen  geben  ihnen  besondere  Vorzüge.  Herr 
V.  Loen  kennet  die  Welt  und  das  menschliche  Herz.  Eine  edle  und 
wirksame  Menschenliebe  zeiget  sich  bei  ihm  allenthalben.  Er  folget 
nicht  dem  gemeinen  Wahne  und  lässt  sich  nicht  durch  den  Schimmer 
der  äusserlichen  Hoheit  blenden.  Er  sagt  öfters  Wahrheiten,  die 
andere  Scribenten  in  Gedanken  behalten.  Er  ist  ein  abgesagter 
Feind  der  Schmeichelej,  der  Pedanterey,  des  lieblosen  und  zänkischen 
Religionseifers.  Dabei  aber  schreibt  er  ohne  alle  Bitterkeit  und  be- 
sitzt die  seltene  Gabe,  seine  Lehren  so  vorzutragen,  dass  sie  auch 
denen,  deren  Eigennutz  dadurch  getroffen  wird,  an's  Herz  gehen. '^) 

32)  Moralische  Gedichte,  herausgegeben  von  Naumann,  mit  einer 
Zuschrift  an  Albrecht  v.  Haller.  17Ö0. 

33)  Die  einzige  wi^re  Religion,  allgemein  in  ihren  Grundsätzen, 
verwirret  durch  die  Zänk^ejen  der  Schriftgelehrten,  zertheilet  in 
allerhand  Sekten,  vereiniget  in  Christo.  2  Theile.  1750  und  1752. 
Neue  veränderte  Ausgabe  1756.  Dieses  in's  Lateinische  und  Hollän- 
dische übersetzte  Buch  machte  grosses  Aufsehen  und  erweckte  dem 
Verfasser  viele  Gegner.  Ein  kurzer  Ueberblick  über  den  Inhalt 
def selben  wird. dies  begreiflich  machen.  Das  Wesentliche  der  ganzen 
Beligion  setzt  v.  Loen  in  die  Liebe  und  in  die  Begriffe  von  Gott, 
seinen  Eigenschaften  und  Werken,  die  auch  der  beschränkteste 
Mensch  äuffiMsen  könne.  In  den  Grundwahrheiten  stimmen  Vernunft 
und  Offenbarung,  vernünftige  Heiden  und  Christen,  Katholiken, 
Protestanten,  Socinianer,  Pietisten  und  andre  Sekten  miteinander 
überein.  Die  Sätze,  worin  sich  diese  Sekten  unterscheiden,  betreffen 
nicht  das  Wesentliche  der  wahren  Beligion  und  dürfen  also  die 
Vereinigung  nicht  Undem.  Alle  Glaubensformen,  Sjstemata,  Contro- 


2  Dieses  Werk ,  das  doch  nteht  leiofat  in  einer  Bibliothek  damaliger  Zeit 
fehlen  durfte,  wurde  dem  Verfasser  von  seinem  Verleger  Heinrich  Hatten  mit 
zwei  Thalern  fftr  den  Bogen  besahlt;  dasselbe  gab  Fleischer  f&r  dessen 
Werk  „der  Soldaf*,  in  welchem  mit  grossem  Freimnthe  die  GrandzOge  einer 
Landwehrorganisation  entwickelt  wurden.  Vgl.  Didaskalia  1867,  Nro.  51. 
.Goethe's  Vaterstadt  vor  seiner  Gebart'  von  A.  v.  L. 


—     650     — 

verBen  mtisBen  abgeschatf);  werden.  AHe  Ceremonien,  zu  denen  er 
aucli  Tanfe  und  Abendmahl  rechnet ,  sind  Erfindungen  der  Geist- 
lieben  und  daher  in  religiöser  Beziehung  gleichgültig;  man  kann  sie 
beibehalten »  „wenn  sie  nütslidi  und  ehrerbietig  sind^^  Das  Abend- 
mahl aber  gehört  nicht  in  die  Kirche^  sondern  nach  Christi  Absicht 
sollen  wir  uns  nur,  wenn  wir  essen  oder  trinken;  seines  Leidens 
erinnern.  Papst,  Bischöfe,  Klöster  u.dgl.  will  er  beibehalten,  jedoch 
von  Missbrftuchen  gereinigt  wissen.  —  Aus  der  nicht  unansehnlichen 
Zahl  der  Gegensciiriften,  welche  das  Buch  hervorrief,  wollen  wir 
hier  nur  zweier  Erwähnung  thun:  der  einen  „dius  die  Rindertaufe 
in  der  heiligen  Schrift  befohlen  und  in  der  ersten  christlichen  Eirche 
üblich  gewesen  sei^,  weil  sie  von  J.  J.  Plitt,  damals  (1751)  Professor 
in  Marburg  und  später  Senior  des  lutherischen  Predigerministeriums 
zu  Frankfort  ausging;  und  einer  andern,  als  der  bedeutendsten: 
^Historische  und  dogmatische  Anmerkungen  über  das  Lehrgebäude 
des  Herrn  von  Loen  in  der  Schrift  die  einzige  wahre  Religion,  mit 
einer  Vorrede  von  Dr.  Siegm.  Jac.  Baumgarten  (dem  bekannten 
HaUischen  Theologen)^^  Letztere  enthält  eine  gründliche  und  einge- 
hende Kritik  der  v.  Loen'schen  Schrift.  Ausser  mehreren  Verthei- 
digungsschriften  des  Verfassera  erschien  „Lob-  und  Trauerrede  auf 
die  letzte  Unionsschrift  des  Herrn  v.  Loen,  das  ist  freundschaftliche 
und  bescheidene  Prüfung  derselben,  abgefasset  von  einem  die  Wahr- 
heit liebenden  evangelisch« lutherischen  Christen.  Leipzig,  1751^. 
Der  ungenannte  Verfasser  ist  der  Meinung,  man  habe  sich  in-Beur* 
theilung  der  v.  Loen'schen  Schrift  zwischen  den  beiden  Extremen 
massloser  Lobpreisung  und  verächtlicher  Geringschätzung  bewegt 
Er  verfahrt  auf  andere  Weise.  Im  ersten  Theile  führt  er  solche 
Dinge  an,  die  man  in  der  Schrift  des  Herr  v.  Loen  nicht  recht  gut 
heissen  könne.  Dahin  rechnet  er  1)  dass  Herrn  v.  Loen  allzu  viel 
Gleichgültigkeit  in  Bezug  auf  die  Eeligion  an  den  Tag  lege,  wdl 
er  den  Glauben  zu  sehr  beschränke  und  die  meisten  Glaubensartikel 
/für  Kleinigkeiten  und  Erfindungen  der  Geistlichen  halte,  2)  dass  er 
allzu  verschwenderisch  mit  der  Seligkeit  umgehe,  da  er  sie  auch 
denen  ohne  Unterschied  zuspreche,  die  von  Christo  nichts  wissen 
sofern  sie  nur  Deisten  seien,  3)  dass  er  allzuviel  Gleichgültigkeit 
gegen  die  von  Jesu  selbst  eingesetzten  Sacramente  blicken  lasse, 
4)  dass  er  alle  Concilien  und  symbolischen  Bücher  als  werthlos  und 
schädlich  verwerfe,  und  5)  dass  er  über  die  Geistlichen  allzu  übel 
urtheile,  sie  für  die  Urheber  alles  Unheils  ansehe,  alle  theologischen 
Streitigkeiten  für  unnütz  halte  und  die  theologischen  Facultäten 
am  liebsten  aufgehoben    sehen    möchte.    Der   zweite  Theil    ist  die 


—     551     — 

Lobrede  und  handelt  von  dem^  was  man  in  der  Schrift  billigen 
müsse.  Dahin  zählt  er  1)  die  Vereinigung  verschiedeaer  christlichen 
Sekten  und  BeligioneU;  2)  die  Herstellung  und  Gründung  gewisser 
Arten  von  Klöstern  u.  s.*  w.  Er  lobt  die  Vorschläge  v.  Loen's  mit 
satyrischer  Feder ,  empfiehlt  sie  als  erspriesslich  und  vermehrt  sie 
mit  neuen  Vorschlägen^  zweifelt  aber  mit  Becht  an  deren  Erfüllung. 

34)  Der  Adel  Ulm,  1762. 

35)  Systeme  de  la  Beligion  universelle.  1753. 

36)  Freye  Gedanken  von  dem  Hofe,  dem  Adel,  den  Gerichts* 
höfen,  der  Policey  etc.  Ulm,  1760.  3.  Aufl.  1768. 

37)  Freye  Gedanken  vom  Hofe,  der  Policey,  dem  gelehrten, 
bürgerlichen  und  Baurenstande,  von  der  Beligion  und  einem  be- 
ständigen Frieden  in  Europa.  Frankfurt  und  Leipzig,  1768. 

In  Betrefi  einiger  anderer  Schriften  ist  seine  Autorschaft 
zweifelhaft. 


Zur  Entwerfung  einer  Parallele  der  hiesigen  Zustände  um  die 
Mitte  des  vorigen  Jahrhunderts  und  wie  sie  jetzt  sind,  möchte  wohl 
nachstehender  Aufsatz  aus  den  „Gesammelten  kleinen  Schriften"  (31) 
sehr  geeignet  erscheinen. 

Frankfurt  im  Jahr  1741. 

^ein  Herr, 

Die  schöne  Zeit  ist  wieder  kommen,  und  ich  habe  Gelegenheit 
gehabt,  diesen  Ort  näher  kennen  zu  lernen.  Ich  will  Jbnen  deswegen 
eine  kurze  Beschreibung  davon  machen. 

Die  Stadt  Franckfurt  ist  eine  der  schönsten  Städte  im  deutschen 
Breich,  sie  ist  zwar  nur  mittelmässig  gross,  aber  sehr  angebauet  und 
volckreich:  die  Lage  derselben  ist  unvergleichlich  und  die  Gegend 
daherum  ist  eine  der  angenehmsten  in  der  Welt  Der  Mayn  formiret 
gegen  den  Aufgang  von  Seiten  der  Brücke  ein  rechtes  Schaugelttste, 
wo  sich  die  Stadt  auf  beyden  Seiten  in  einem  prächtigen  Ansehen 
zeiget.  Sowohl  in  der  Stadt,  als  ausserhalb  derselben  sind  die 
schönsten  Spaziergänge.  Man  siebet  allenthalben  Höfe  und  Lust- 
gärten, deren  einige  sehr  wohl  angelegt  sind,  und  kostbar  unterhalten 
werden. 

Es  ist  nur  Schade,  dass  das  inwendige  der  Stadt  gröstentheils 
sehr  übel  gebauet  ist  Die  mebten  Häusser  sind  von  Holz  und 
Laimen  aufgefkihret,  und  haben  weder  Einrichtung  noch  Bequemlich- 


—     552     — 

keit.  Dieses  ist  ein  allgemeiner  Fehler  in  allen  alten  Städten,  die  in 
der  Gegend  des  Rheinstroms  liegen.  Eine  so  schlechte  Banart  ist 
Ursache,  dass  an  diesem  Ort  die  Feuersbrttnste  so  leicht  überhand 
nehmen  mid  öfters  ganze  Strassen  in  die  Asche  legen.  Wo  einmal 
ein  Brand  ausbricht,  da  stehen  gleich  etliche  Häuser  in  Flammen, 
ehe  mtin  die  Anstalten  zur  Gegenwehr  machen  kann,  so  sehr  hängen 
die  Gebäude  in  einander.  Man  hat  zwar  diesem  Uebel  bisher  da- 
durch vorzubauen  gesucht,  indem  man  die  Häuser  durch  Mauren  von 
einander  absondert  und  gleichsam  wie  mit  einem  steinernen  Mantel 
umgiebt;  allein  diese  Erfindung  macht  die  Wohnungen  sehr  feucht, 
dunckel  und  ungesund,  ohne  gleichwohl  die  Gefahr  des  Feuers  davon 
abzuwenden,  dann  die  mehreste  Strassen  sind  enge  und  die  Häusser 
hängen  von  fernen  etliche  Schuhe  über,  dergestalt,  dass  rie  fast  in 
den  kleinen  Gassen  oben  zusammen  stossen.  Was  hat  demnach  eine 
solche  Stadt  bey  dermaligen  Umständen  nicht  zu  fürchten,  da  sie  mit 
so  vielen  Fremden  angefiUlet  ist,  welche  nicht  alle  die  nöthige  Be- 
hutsamkeit haben  mit  dem  Feuer,  wie  sie  sollen,  umzugehen.  Wenn 
man  die  grossen  Küchen  von  Brettern  siehet,  welche  einige  Herren 
und  Abgesanden  zu  ihrem  Gebrauch  haben  aufführen  lassen,  so  solte 
man  sagen,  sie  seyen  deswegen  gebauet,  um  die  Stadt  in  Brand  zu 
stecken.  Die  Einwohner  hätten  deswegen  Ursache  zu  wünschen, 
dass  sie  eben  so  geschwind  und  so  glücklich  möchten  von  der  Flamme 
verzehrt  werden,  als  neulich  die  französische  Küche.  Man  würde  da- 
durch auf  den  natürlichen  Einfall  konmien,  solche  von  Steinen  und 
Backsteinen  aufzuführen,  wie  solches  würklich  in  den  Quartierendes 
französischen  und  spanisch  to  Gesanden  geschiehet 

Im  übrigen  so  gefüllt  es  mir  überaus  wohl  in  dieser  Stadt  Ein 
Fremder  bringt  hier  seine  Zeit  nicht  übel  zu;  er  darf  nur  dnmal 
den  Eintritt  in  ein  gutes  Hauss  gewinnen,  so  stehen  ihm  die  meisten 
andre  offen.  Der  Umgang  ist  £Mt  durchgehends  leicht  und  ange- 
nehm. Man  siehet  sich  einander  in  den  Caffeehäuss^m,  in  den  Schau- 
spielen, auf  den  Spaziergängen  und  in  den  Gesellschaften.  In  den 
Häussem  des  Adels  ist  man  wohl,  bey  den  Kaufleuten  aber  noch 
besser;  ich  werde  wenig^ens  allezeit  bei  diesen  ein  Quadrille  mit 
zwey  oder  drey  artigen  Kindern,  der  traurigen  Ehre  vorziehen,  mit 
etlichen  alten  Damen  zu  spielen,  bei  denen  sich  sogar  die  Ahnen 
auch  auf  der  Stime  blicken  lassen. 

Es  finden  sich  hi^  unter  den  Kaufleuten  sehr  gute  Familien. 
Man  beobachtet  in  ihren  Häussem  eine  ungemeine  Beinlichkeit, 
welche  sie,  nebst  ihrer  ganzen  Au£Führung  sehr  deutlich  von  ge- 
meinen Bürgersleuten  unterscheidet.  Es  ist  wahr,  dass  der  Eifer  für 


—     553     — 

die  Remlichkeit  bej  einigen  ssnsehr  übertrieben  wird.  Man  kann 
auch  in  guten  Sachen  auBschweiffen  und  lächerlich  werden.  Das 
franckfiirter  Frauenzimmer  gleichet  hierinnen  viel  dem  hoIl&ndiBchcn. 
Eb  macht  sein  gröBtes  Geschaffte  aus  dieser  Kleinigkeit ,  und  ich 
weite  demselb«!  lieber  eine  grobe  Unhöflichkeit  erweisen ,  als  einen 
Kleck  von  ungefehr  auf  den  Boden  machen. 

Ich  bekam  hier  einen  wüsten  Handel  wegen  meines  Dieners. 
Dieser  hatte  einst,  als  er  nach  Hause  kam,  die  Schuhe  nicht  recht 
abgeputzt  BejdeS;  Frau  und  Magd  ttberfielen  ihn  darttber  mit  der- 
ben Scheltworten.  Ich  wolteFrie4e  machen,  allein  ich  konnte  lange 
nicht  zum  Worte  kommen  Endlich  kri^te  mich  das  Mädgen,  wel- 
ches die  Zunge  geläufiger  hatte  als  ihre  Frau,  bey  dem  Arm  zu 
fassen,  und  bat  mich  den  Koth  zu  betrachten,  den  ihr  mein  Laquay 
von  der  Guss^i  ins  Haus  getragen  hätte.  Sehen  sie  .doch,  mein 
Herr,  sprach  sie,  mit  einem  gerechten  Zorn,  sehen  sie  doch ,  man 
kann  alle  seine  Tritte  erkennen.  Es  ist  heut  Samstag;  das  Haus  ist 
von  oben  bis  unten  gerieben  worden.  Wir  leben  hier  nicht  wie  die 
Schweine.'  Wir  sind  Gott  lob!  zu  Franckfiirt  Die  Arbeit  ist  mir 
sauer  worden^  Ich  habe  meine  Arme  nicht  gestohlen.  Sie  sagte  mir 
noch  viele  andere  dergleichen  Dinge  mit  solcher  Geschwindigkeit, 
dass  ich  sie  kaum  hören  konnte,  und  wünschte  dabey  mit  dem  besten 
Hertzen  von  der  Welt,  die  Fremden  mit  samt  der  Kayserwahl  auf 
den  BlockBberg.  Alles  Recht,  so  ich  ihr  konnte  wiederfahren  lassen, 
bestünde  darinnen,  dass  ich  meinem  Bedienten  die  Abscheulichkeit 
seiner  That  verwies,  und  ihn  zu  gleich  bedrohete,  ihn  als  einen 
Menschen,  der  gar  nicht  zu  leben  wülste,  fortzujagen,  wenn  er  noch 
einmal  vergessen  würde  seine  Schuhe  abzuputzen. 

Sonst  kann  hier  ein  jeder  Jeben,  wie  er  wiU:  Er  kann  Kutsche 
und  Pferde  und  liberejdiener  hfdten.  Er  kakin  sich  prächtig  kleiden 
und  aller  freyherrlichen  Vorzüge  gemessen,  wann  er  nur  Geld  hat 
Verschiedene,  wie  man  mir  sagt,  sollen,  ohne  Mitteln  zu  haben,  eine 
solche  Figur  machen,  und  sich  mit  einer  g^osmüthigen  Seele,  in  das 
Verderben,  welches  sie  vor  sich  sehen^  hinein  sittrtzen. 

Man  liebet  hier  nicht  allein  ehien  grossen  Aufwand,  sondern 
auch  eine  gute  Tafel.  Leute,  die  ein  wenig  Vermögen  haben,  ver- 
abscheuen insgemein  die  Arbeit  Ja,  einige  sind  gar  so  gemächlich, 
dass  sie  auch  das  Spazierengehen  für  eine  Beschwerlichkmt  halten:  in- 
dem man  dabey  die  Füsse  zu  viel  beweget  Andere  scheuen  die 
Lufik,  weil  sie  das  FeU  verderben  soll,  oder  weil  sie  sich  solche  der- 
massen  entwöhnet  haben,  dass  sie  gleich  davon  Husten  und  Schnupfen 
bekommen.    Man  siebet  nicht  leicht  eine  Gegend,  die  so  reizend  ist 


—     55*     — 

die  Menachen  ins  Grüne  su  locken  und  die  gleichwohl  so  wenig  ge- 
nossen wird.  Die  Franzosen  bedienen  sich  dieses  Vortheils  schon 
besser.  Man  siehet  sie  in  der  Menge  auf  den  Spaziergängen^  mittler- 
weile dass  die  mehreste  vornehme  Einwohner  dieser  Stadt  hinter 
ihren  Fenstern  sitzen  und  ihre  Zeit  mit  einem  langweiligen  Spiel 
vertreiben. 

Man  sagt,  dass  es  hier  gewisse  reiche  Leute  gäbe^  die  gleichsam 
von  Gesundheit  bersten  und  dem  ungeachtet  sich  doch  immer  be- 
klagten, dass  sie  kranck  wären.  Kinder  des  Glücks,  die  im  Müssig- 
gang  und  in  Ueberfluss  erzogen  sind;  die  nur  leben,  um  zu  leiden, 
weil  es  ihnen  zu  wohl  ist.  Die  Zeit  wird  ihnen  zur  Last^  sie  peiniget 
sie  mit  einer  grausamen  langen  Weile.  Was  das  wundersamste  ist, 
so  kann  man  nicht  wohl  mit  diesen  Leuten  umgehen,  ohne  eben 
dieses  Uebel  zu  empfinden.  Einer  von  meinen  Freunden  drohet  mir, 
mich  in  ihre  Bekanntschaft  zu  briugen,  um  mich,  wie  er  sagt,  zur 
G^dult  zu  gewöhnen.  Er  ist  im  Stand  sein  Wort  zu  halten.  Ich 
flirchte  mich  schon  davor. 

Das  Blut  ist  hier  nicht  hesslich :  es  gibt  schöne  Weibsbilder  in 
dieser  Stadt;  allein  die  grosse  Gemüthsneigungen  stören  nicht  viel 
ihre  Btihe.  Wann  sie  nur  gefallen,  so  ist  ihnen  dieses  schon  genug. 
Wie  viel  Ehre  ist  also  denen  jungen  Marquisen  nicht  vorbehalten, 
welche  mit  dem  Marschall  von  Belleisle  ankommen  sollen,  wann  sie 
diese  träge  und  kältsinnige  Schönen  werden  empfindlich  machen 
können  ? 

Man  siehet  hier  allerhand  Menschen  und  Völker  unter  einander, 
besonders  in  Messzeiten.  Es  wird  hier  viel  Französisch  gesprochen, 
weil  noch  viele  Familien  aus  Franckreich  sich  hier  niedergelassen 
haben.  Sonst  giebt  es  hier  auch  Italiener,  Savojarden,  Tyroler,  in- 
sonderheit viele  reiche  niederländische  und  schweitzerische  Familien. 
Diese  beyde  letztere  sind  meistentheils  reformirter  Religion  und  haben 
ihren  Gottesdienst  ausserhalb  der  Stadt  im  hanauischen  Gebiete:  sie 
suchen  schon  lang  eine  Kirche  in  der  Stadt  Bingmauren,  welches 
ihnen  aber  der  Magistrat,  nicht  aus  Beligions  sondern  aus  Staatsur- 
sachen verweigert  Dieser  Process,  wo  mir  recht  ist,  dauert  schon 
lang  über  hundert  Jahre  und  dürfte  sobald  auch  nicht  zu  Ende 
gehen,  dann  er  gehört  unter  die  nützliche  und  einträgliche  Rechts- 
streite, die  mit  einem  grossmüthigen  Eigensinn  aus  dem  gemeinen 
Seckel  gcfuhret  werden.  Die  Akten  füllen  schon  zwej  starcke 
Foliante:  man  hat  mir  davon  eine  Verehrung  gemacht,  welche  ich 
aber  nur  mit  diesem  Beding  angenommen,  dass  ich  sie  nicht  lesen 
dörfte.  Eine  Streitigkeit  welche  verursacht,  dass  man  aus  christlichem 


—     555     — 

Eifer  in  der  Liebe  des  Nächstens  öfters  manche  kleine  Ausnahmen 
macht  Doch  ist  die  Geistlichkeit  nicht  schuld  daran;  dann  sie  ist 
hier  durchgehends  sehr  friedliebend  ond  bringt  selten  grobe  Contro- 
versen  auf  die  Canzel. 

Die  Juden  haben  in  dieser  Stadt  ihre'  eigene  Synagoge.  Das 
Quartier^  welches  man  ihnen  eingeraumet  hat,  ist  ein  hessliches  Aus- 
läger  voller  Unreinigkeit.  Sie  leben  in  diesen  sumpfigten  Winkeln 
wie  das  Ungeziefer  im  Unflat.  Das  Feuer  hat  diesen  kothigten 
Aufenthalt  schon  zwejmahl  zu  reinigen  gesucht;  und  durch  seine 
Flanunen  in  Schutt  und  Asche  verkehret.  Allein  dieses  hat  nur 
darzu  gedienet^  ihre  Häusser  desto  schneller  wieder  aufzubauen  und 
den  Baum  in  der  Luft  zu  suchen,  den  man  ihnen  auf  der  Erde  nicht 
vergönnet;  dann  sie  dör£fen  sich  nicht  ausserhalb  ihren  iUngmauren 
ausbreiten.  Je  mehr  sie  sich  also  eingespärrt  sehen  und  einander 
über  den  Köpfen  sitzen,  je  besser  geht  auch  bej  ihnen  die  Ver- 
mehrung von  statten ;  es  wimmelt  und  grabelt .  darinnen  alles  mit 
hebräischen  Figuren.  Fragt  man,  wovon  sich  dieses  alte  Ueber- 
Ueibsel  der  zwölf  israelitischen  Stamme  nähret,  so  heisst  es,  vom 
Betrug. 

Es  ist  hier  die  rechte  hohe  Schule  von  dieser  Wissenschaft,  und 
wann  anders  Witz  und  Trug  und  List  unter  die  Verdienste  des  Ver- 
standes gerechnet  werden,  so  kann  man  solche  diesem  verschmitzten 
Volk  nicht  streitig  machen,  dann  es  treibet  solche  bis  zur  Vortrefl*- 
lichkeit.  Doch  gibt  es  auch  noch  ehrliche  Juden,  welche  an  die 
zehen  Gebote  glauben.  Man  hat  mir  davon  einige  Exempeln 
erzehlt,  welche  die  Christen  beschämt  machen;  dann  es 
gibt  viele  unter  diesen  letzten,  welche  ohne  das  Zeichen 
der  Beschneidung  zu  haben,  ihren  Nächsten  im  Handel 
und  Wandel  mit  gleicher  Fertigkeit  zu  beschneiden 
wissen,  wo  sie  nicht  gar  darinnen  noch  die  Juden  über- 
treffen. 

Die  Handlung  ist  die  Seele  dieser  reichen  Stadt:  sie  allein  hält 
sie  empor  und  giebt  ihr  einen  Bang  unter  den  vornehmsten  Städten 
der  Well  Unter  den  Eaufleuteu  selbst  sind  grosse  und  ehrwürdige 
Männer,  die  als  wahre  Patrioten  ihre  erworbene  Beichthttmer  zur 
Auftiahme  der  Stadt  und  zum  besten  ihrer  Mitbürger,  insonderheit 
der  Armen,  mit  vielem  Buhm  zu  gebrauchen  wissen.  Diese  Leute 
haben  meistens  in  ihrer  Jugend  schöne  Beisen  gethan,  verstehen  die 
vornehmsten' europäischen  Sprachen,  lesen  gute  Bücher  und  zeigen 
in  ihrem  ganzen  Umgang  eine  edle  Lebensart.  Sie  müssen  sich  nicht 
wundem^  wann  sie  hier  in  ein  vornehmes  Handelshaus  kommen,  daas 


—     666     — 

• 

sie  von  Liberejdienerh  bedienet  werden,  und  darinnen  einen  Zirckel 
Ton  geputzten  Damen  antreffen,  der  allen  Glans  and  alle  Vorzüge 
der  Höfe  zeiget.  Was  ist  billiger,  als  dass  Leute,  die  ein  grosses 
Vermögen  besitzen,  solches  auch  geniessen  und  sich  damit  dneEhre 
machen;  doch  soll  auch  hier  das  Sprichwort  gelten:  Alles  ist  nicht 
Gold  was  glänzet.  Es  giebt  auch  falsche  Diamanten  und  beschnittene 
Ducaten  unter  diesen  guten  G^prägen.  Allein  wo  ist  ein  Stand,  wo 
ist  eine  Art  von  Gewerbe  darunter  man  nicht  eine  gleiche  Vermisch- 
ung der  guten  und  bösen  beobachtet. 

Die  Stadt  ist  ziemlich  wohl  befestiget :  sie  unterhält  ihre  eigne 
Besatzung,  die  sich  auf  tausend  Mann  und  mehr  belauffet.  Ihre  Sol- 
daten sind  in  Wehr  und  Waffen  so  gut  geübt,  als  andre  und  stehen 
noch  besser  im  Sold.  Diejenigen  so  ein  Handwerk  verstehen,  können 
demselben  dabey  geruhig  abwarten,  und  die  andern  verdienen  sich, 
wann  sie  keine  Wacht  haben,  als  Taglöhner,  ihren  Trunk,  welcher 
die  einzige  Erquickung  ihrer  sonst  wenig  mühsamen  Kriegsdienste  zu 
sejn  scheinet.  Unter  ihren  Befehlshabern  giebt  es  artige  und  ver- 
suchte Leute :  Die  strenge  Eriegszucht  aber  muss  man  an  einem 
Orte  nicht  erwarten ,   wo  man  keine  Eroberungen  zu  machen  sucht 

Man  findet  hier  auch  viele  gelehrte  Leute ,  deren  einige  sich 
durch  ihre  Wbsenschaflften  berühmt  gemacht  haben :  sie  haben  nicht 
alle  das  Unglück  so  arm  zusejn,  als  es  insgemein  Leute  von  diesem 
Handwerck  zu  sejn  pflegen.  Sie  kennen  die  Welt,  sie  wissen  zu 
leben  und  sind  gleichwohl  gelehrt. 

Was  mir  am  seltsamsten  vorkommt,  ist^  dass  man  hier  unter  dem 
Pöbel  alles  Herren  und  Jungfern  heisset.  Ab  ich  hier  ankam,  ver- 
langte ich  einen  Lohnlackejen.  Die  Magd  im  Hause  kam  kurz  dar- 
auf in  mein  Zimmer  und  sagte  mir,  der  Herr  Heinrich  ward  da  und 
begehi*te  mich  zu  sprechen.  Ich  lies  meinen  Diener  hinausgehen, 
um  den  Herrn  Heinrich  herein  zu  ftlhren.  Dieser  erschien  mit  einem 
grossen  Degen  an  der  Seite  und  in  einer  ziemlich  schmutzigen 
Kleidung.  Was  ist  zu  ihren  Diensten ,  mein  Herr  Heinrich ,  redete 
ich  ihn  an;  Er  antwortete  mir  mit  einer  gewissen  Art,  die  seine 
kleine  Meisterschaft  zu  erkennen  gab:  ich  bin  der  Lohnlackej,  den 
die  Jungfer  Luise  hat  ruffen  lassen.  Ich  konnte  mich  hierbey  des 
Lachens  nicht  enthalten;  Die  Jungfer  Luise  war  ein  kleiner Küchen- 
pudel,  den  man  ohne  sich  schmutzig  zu  machen  nicht  hätte  anrühren 
können.  Ich  sagte  darauf  dem  Herrn  Heinrich,  er  solte  meinem 
Diener  nur  die  vornehmsten  Strassen  in  der  Stadt  und  die  Posthäusser 
zeigen.  Den  andern  Tag  darauf  lies  sich  der  Herr  Grünpech  bey 
mir  melden.     Ich  fragte  wer  ist  der  Herr  Grünpech?   es  ist,  sagte 


—     557     — 

man  mir^  der  Sohn  des  Herrn  GrttnpechB^  den  ich  hätte  bestellen 
lassen^  um  mir  ein  Paar  Schuhe  anzumessen.  Ich  konnte  die  Höf- 
lichkeit dieses  kleinen  Volks  nicht  genug  bewundern:  ich  betrachtete 
solche  als  eine  Wttrkung  derjenigen  glückseligen  Freyheit,  die  hier 
einem  jeden  erlaubet^  aus  sich  zu  machen ,  was  er  will. 

Es  ist  hier  ganz  etwas  gemeines  ^  dass  man  einem  Schneider^ 
einem  Schreiner^  einem  Schuhmacher  und  dergleichen  denTitel,  dem 
Wohledlen  giebt.  Ja  der  geringste  Tagdieb  weis  sich  gross  damit 
ein  freyer  Reichsbttrger  zu  seyn. 

Es  sind  viele  Dinge  die  eine  Stadt  gross  und  mächtig  machen; 
darunter  rechnet  man  auch  den  starken  Zugang  Ton  Fremden  und 
Reisenden ;  welche  sich  darinnen  eine  Zeitlang  aufzuhalten  pflegen 
und  durch  ihren  Aufwand  ansehnliche  Geldsummen  hinterlassen.  Kein 
Ort  ist  darzu  besser  gelegen^  als  Franckfurt  Anderwärts  sucht  man 
die  Fremden  herbey  zu  locken^  und  ihnen  allerhand  Veränderungen, 
Lustbarkeiten  und  Schauspiele  zu  geben.  Hier  aber  ist  man  nicht 
so  eigennützig.  Es  dttrffen  sich  hier  keine  Fremde^  als  in  denOast- 
häussem  aufhalten,  und  es  ist  noch  nicht  gar  lang,  dass  man  eine 
Verordnung  gemacht  hat,  vermöge  deren  allen  Fremden  der  Schutz 
aufgekündiget  würde,  wo  sie  sich  anders  nicht  würden  gefallen 
lassen,  sich,  wie  man  es  hier  nennet,  schreiben  zu  lassen,  und  einige 
Lasten  mit  zu  tragen :  weil  sich  darunter  verschiedene  vornehme 
Leute  befSemden,  denen  dergleichen  Zumuihen  nicht  gefiel,  so  wurden 
auch  verschiedene  grosse  Häusser  leer ;  dem  ungeachtet  ist  die  Stadt 
volkreich  genug,  und  es  halten  sich  auch  beständig  Fürsten,  Grafen, 
Gesanden,  Bätiie,  Residenten  und  dergleichen  Personen  vom  Rang 
hier  auf;  wie  dann  unter  andern  der  Fürst  von  Taxis  hier  seine 
Wohnuug  hat  und  prächtig  Hof  hält. 

Das  Loos  hat  die  ehmalige  Bemühungen  in  Rath  zu  kommen 
glücklich  unterbrochen.  Dieses  Loos,  das  durch  Kugeln  gezogen 
wird,  entscheidet  die  Wahl  unter  dreyen  Candidaten.  Man  muss  be- 
kennen, dass  es  bisher  iioch  ziemlich  glücklich  ausgefallen  ist;  dann 
es  finden  sich  in  der  That  unter  dieser  ansehnlichen  Versammlung 
solche  Glieder,  die  ihr  viel  Ehre  machen.  Im  übrigen  aber  so  giebt 
M  wenige  Bürger  hier,  die  nicht  eine  Würde  oder  ein  Aemtgen  be- 
sitzen, darauf  sie  sich  nicht  etwas  zu  gut  thun  und  einbilden  selten. 
Man  findet  hier  noch  treffliche  alte  Familien  unter  dem  sogenannten 
Patriciat.  Sie  treiben  nicht  allein  keine  bürgerliche  Handthiernng, 
sondern  heyrathen  sich  auch  nicht  ausser  dem  Adelstand.  Desshalben 
sie  dann  sowohl  Stifft-  und  Thurniermäsig  sind,  als  die  freye  Reich- 
Ritterschaft:  sie  haben  auch  meistens  ihre  Ritter- und  Landgüter. 


—     558     — 

Der  alte  Adel  zeiget  in  veroohiedenen  Stücken  die  Schwachheiten 
der  eigenBimiigdn  Greisen,  die  sich  nicht  mehr  nach  der  Mode  richten 
wollen.  Der  nene  Adel  im  GFegentheil  gleichet  einer  wilden  und 
unbesonnenen  Jugend,  welche  alle  ihre  Ausschweiffimgen  ftlr  lauter 
Artigkeiten  will  gelten  machen. 

Man  musB  hier  die  ScharfBinnigkeit  der  Menschen  bewundem 
um  die  Fehler  des  Nächsten  zu  entdecken,  wann  es  etwann  um  einen 
Bang  oder  Vorzug  gilt.  Hier  findet  man  eine  tiefe  Erkenntnis  des 
menschlichen  Herzens.  Hier  siebet  man  eine  lebhafte  Abschilderung 
von  seinen  Vorgebungen.  Ich  habe  bej  dieser  G-elegenheit  öfters  die 
Verschlagenheit  unsrer  Eigenliebe  bewundem  müssen,  da  sie  mit 
einer  so  scharffen  Einsicht  die  Fehler  des  Nächsten  entschlejert ; 
mittlerweile  sie  unsre  eigne  so  künstlich  zu  verbergen  weiss.  Mich 
dünckt,  der  liebe  Neid  habe  hier  einen  starken  Anhang.  Ein  Nach- 
bar  siebet  des  Andern  Aufkommen  mit  schälen  Augen  an:  man  ist 
sinnreich  die  Absichten,  die  Qeschäfile  und  die  Aufführung  anderer 
Leute  verdächtig  zu  machen. 

Ein  neuer  Aufsatz  von  Haaren  erwecket  nicht  selten  eine  Eifer- 
sucht unter  den  Frauen,  welche  deswegen  vor  dem  Bichterstuhl  ihrer 
Männer  um  Bache  schreyen.  Die  feinere  Spitzen,  die  reichere  Stoffe, 
die  verbrähmte  Kleider,  haben  sich  hier  durchaus  kdner  Gnade  zu 
getrösten.  Man  höret  alsobald  von  der  Buhlerey  der  einen  und  dem 
Stammbaum  der  anderen  sprechen.  Alle  grosse  Familien  machen 
hier  Banden  unter  sich:  wer  unter  ihnen  ist,  oder  das  G-lück  hat, 
sich  unter  sie  zu  verhejrathen ,  der  ist  von  gutem  Herkoramen,  der 
hat  Verstand,  der  hat  Ehre;  ja  man  Siigt,  dass  einige  wären,  unter 
welchen  es  nie  keine  Thoren  gäbe. 

O  ihr  Einwohner  dieser  Stadt !  denk  ich  manchmal  bey  mir  selber, 
wie  glücklich  wäret  ihr,  wann  ihr  euer  Glück  erkennen  woltet!  Der 
Himmel  hat  euch  alles  gegeben,  um  eure  Tage  in  Friede  und  in 
Buhe  zuzubringen;  und  ihr  verhindert  euch  selbst  einander  den  Gre- 
nuss  dieser  Glückseligkeit  durch  eure  Eifersucht  und  durch  den 
Mangel  einer  gewissen  natürlichen  Einträchtigkeit,  welches  das  süsseste 
Band  des  geselligen  Lebens  ist. 

Sie  müssen  im  übrigen  nicht  denken,  mein  Herr,  dass  die  Sitten 
der  Franckfurter  vor  andern  Menschen  etwas  besonders  haben.  Nein, 
man  findet  hier  alle  Arten  von  Geschöpfen,  ihre  Fehler  und  ihre  Ge- 
brechen sind  der  ganzen  Welt  ihre. 

Dasjenige,  was  hier  besser  sejn  könnte,  ist  die  Policej,  zum 
wenigst^oi  klagen  die  Fremden  darüber :  sie  klagen  über  die  Wirthe, 
welche  ihre  Weine  verkauffen,  nicht  nach  dem   was  sie  werth  sind, 


-     659     — 

sondern  nachdem  sie  fUr  gut  finden,  sie  zn  tsuflfen,  und  ihnen  einen 
N&men  zu  geben :  sie  klagen  über  die  scblechte  Herbergen  und 
Bettungen,  für  die  man  sich  doch  nicht  entblödet,  ihnen  grosse 
Summen  abzufordern :  sie  klagen ,  wenn  sie  des  Nachts  über  die 
Strassen  giengen,  dass  sie  entweder  einem  Tollen  Kerl,  oder  sonst 
anderm  Lumpengesinde  ausweichen  müsten,  welches  dasjenige  öffent- 
lich treibet,  was  auch  heimlich  zu  thun  verbotten  wäre :  sie  klagen, 
dass  sie  des  Nachts  für  dem  Lermen  in  den  Bierhäussem  und  dem 
Schrejen  auf  den  Strassen  kaum  schlaffen  könnten  u.  s.  w. 

Auf  alle  diese  Klagen  pflegen  die  Einwohner  zu  antworten,  dass 
es  immer  einen  Wiederspruch  und  eine  Art  der  Empörung  in  einer 
Bepublick  setzen  würde,  wo  man  allzu  streng  auf  Policey  und  gute 
Sitten  halten  wolte.  Ein  bürgerlicher  Magistrat  hätte  damit  genug 
zu  thun,  nur  die  gröbsten  Ausschweiffungen  im  Zaum  zu  halten :  zu 
dem,  machten  jetzt  die  Fremden  in  ihrer  Stadt  das  meiste  Geräusch 
und  verursachten  die  grössten  Unordnungen.  Diesem  Uebel  sei  also 
eben  so  wenig  hier  als  in  London,  Paris,  Wien  und  andern  volk- 
reichen Städten  zu  steuern. 

Ich  will  mich  in  dieser  Sache  nicht  zum  Schiedsrichter  auf- 
werffen.  Mich  dünket  überhaupt,  dass  dasjenige,  was  andre  Staaten 
ruiniren  wUrde,  ebendasjenige  sej,  was  manche  Kepubiicken  erhält. 
Jene  erfordern  Zwang. und  Gewalt,  alles  nach  gewissen  Absichten 
einzurichten;  diese  aber  haben  gar  keine  Absichten:  ihre  Sachen 
treiben  sich  selber  wie  die  Wirbeln  in  den  Fluten.  Die  Freyheit 
allein  giebt  ihnen  ihre  Bewegung,  und  wo  diese  aufhöret,  da  sind  sie 
nicht  mehr.      Ich  bin. 

Mein  Herr, 
Franckfort,  den  4.  Junii  ^«^  gehorsamster  und 

l«^2  ergebenster  Diener. 


Im  Jahr  1746  ward  v.  Loen  zum  Präsidenten  des  Oberconsisto- 
riums  zu  Berlin  in  Vorschlag  gebracht  imd  kurz  darauf  ihm  ein  fi\r 
jene  Zeit  höchst  ansehnlicher  Gehalt  von  2000  Thalem  angeboten, 
wenn  er  sich  in  Berlin  niederlassen  wollte.  Er  konnte  sich  aber 
dazu  nicht  entschliessen,  und  wohl  Niemand  hätte  damals  vermuthet, 
dass  der  nun  an  Jahren  bereits  ziemlich  vorgerückte  Mann  aus  seiner 
unabhängigen  Stellung  jemals  scheiden  würde.  Und  doch  war  die» 
endlich  der  Fall.  Im  Jahr  1752  erging  nämlich  von  Seiten  des 
Königs  von  Preussen,  Friedrich  d.  G.,  der  Ruf  an  ihn,  als  Geheimer 


—     560     - 

Bath  und  RegierungBpräsident  der  GhraÜMshaften  lingen  und  Tecklen- 
bürg  in  seine  Dienste  su  treten ,  welchem  v.  Loen  wirklich  Folge 
leistete.  „Dieser  Entschluss^,  sagt  Stosch  „hat  viele  nicht  ohne  Ur- 
sache in  grosse  Verwunderung  gesetset.  Der  Herr  t.  Loen  hatte 
in  seinen  Schriften  yielflältig  seine  Mejnung  dahin  geäussert,  dass  es 
eine  Art  Thorheit  fspy,  wenn  man  für  sich  selbst  leben ,  und  sein 
eigener  Herr  sein  könne,  sich  bei  Fürsten  in  Dienste  zu  hieben, 
und  Ehrenstellen  unter  denselben  zu  suchen.  Nun  lebte  er  zu  Frank- 
furt in  einer  recht  stolzen  Ruhe,  und  in  einem  solchen  Ansehen  und 
allgemeiner  Achtung,  dergleichen  die  alleransehnlichsten  und  höchsten 
Ehrenämter  nicht  leicht  Jemanden  zuw^e  bringen  können.  Er  ge- 
noss  die  Einkünfte  und  die  Ergötzlichkeiten  eines  der  angenehmsten 
Landgüter,  so  er  ohnfem  der  Stadt  besass;  es  war  nicht  lange,  dass 
er  eines  der  prächtigsten  Häuser  in  der  Stadt  angekaufet  und  nach 
seinem  Geschmack  ausgebauet  und  eingerichtet  hatte.  Er  fand  das 
grosseste  Vergnügen  in  sdner  zahlreichen  Bibliothek  und  schönen 
Sammhingen  von  Schildereyen,  Kupferstichen,  Zeichnung^i  und  an- 
deren zur  anmuthigen  Gelehrsamkeit  gehörigen  Sachen.  Seine  Lands- 
lente  ehreten  und  schätzten  ihn  hoch,  als  eine  der  grossesten  Zierden 
ihrer  Stadt;  die  Fremden  rechneten  es  für  eine  Ehre,  ihren  Besuch 
bey  ihm  abzulegen ;  alles,  was  Witz,  Belebtheit  und  Liebe  zu  den 
Wissenschaften  besass,  versammelte  sich  wöchentlich  bei  ihm ;  Fürsten, 
Grafen  und  höhe  Standespersonen  drängeten  sich,  ihm  ihre  Hoch- 
achtung zu  bezeugen;  in  allen  Ständen  hatte  er  eine  grosse  Anzahl 
Freunde  und  Verehrer.  Und  dieses  alles  verliess  er  in  seinem  acht 
und  fünfzigsten  Jahre,  um  es  mit  einem  kleinen  und  unbelebten  Orte 
zu  verwechseln,  und  einen  Dienst  anzunehmen,  dessen  er  gänzlich 
entbehren  konnte.  Noch  mehr:  Er  war  bereits  vor  sechs  Jahren  zum 
Präsidenten  des  Oberconsistorii  zu  Berlin  in  Vorschlag  gebracht,  und 
ihm  kurz  darauf  im  Namen  des  Königes  ein  Gehalt  von  zweytausend 
Thalem  angeboten  worden,  wenn  er  sich  entschliessen  wollte,  sich  in 
Berlin  niederzulassen.  Er  hatte  sich  aber  dazu  nicht  völlig  ent- 
schliessen können  etc.  Und  nun  fand  er  ftU*  gut,  in  dem  äussersten 
Westphalen  mit  einem  geringeren  Gehalte  zufrieden  zu  sejn.  Was 
finden  sieh  nicht  auch  selbst  in  den  grossesten  Geistern  filr  Wider- 
sprüche?" 

Loen's  Wc^ug  aus  seiner  Vaterstadt  erklärt  sich  zum  grösseren 
Theil  aus  der  schon  ai^edeuteten  Stelle  in  Goethe's  Selbstbiographie. 
Es  heisst  dort  nämlich  von  ihm,  nachdem  sein  didaktischer  Roman 
jfder  Graf  von  Biverra^  oder  der  ehrliche  Mann  am  Hofe"  eme  sehr 
beifällige  Au&ahme  gefunden  gehabt  habe ,    sei   eine  zweite  seiner 


—     561     — 

Schriften  „die  einzige  wahre  Beligion^^  welche  die  Absicht  hatte, 
Toleranz,  besonders  zwischen  Lutheranern  und  Calvinisten  zu  beför- 
dern, desto  gefiLhrlicher  für  ihn  geworden,  indem  er  dadurch  mit  den 
Theologen  in  Streit  gerathen  sei.  Man  vergleiche  dazu  die  bei  33) 
seiner  Schriften  gemachten  Bemerkungen. 

Dazu  kam,  dass  ihm  die  Stelle  zu  Lingen  von  einem  seiner 
Berliner  Freunde,  dem  Grosscanzier  Freiherm  von  Cocceji,  angetragen 
worden  war.  Auch  von  Lingen  aus  ward  ihm  stark  zugesetzt  Man 
malte  ihm  die  dortigen  Zustände  und  Verhältnisse  sehr  reizend  aus 
und  appellirte  sogar  an  sein  Herz  und  sein  Gewissen.  „Zugleich^, 
sagt  Stosch,  „musste  es  sich  zutragen,  dass  ihm  zu  Frankfurt  einige 
Verdriesslichkeiten  in  den  Weg  gelegt  wurden.  Die  Betrachtung, 
dass  es  ihm  bereits  so  nahe  gelegt  worden,  sich  in  die  Dienste  eines 
in  der  ganzen  Welt  höchst  gepriesenen  Königs  zu  begeben,  ward 
dabej  aufs  neue  belebet.  Kurz,  Herr  von  Loenmejnetehier  einem 
höheren  Berufe  zu  folgen,  den  er  ohne  Vorwurf  seines  Gewissens 
nicht  ausschlagen  könne.^' 

In  der  That  war  sein  Empfang  in  Lingen  sehr  zufrieden- 
stellend und  zu  den  schönsten  Hoffnungen  berechtigend.  Man 
belferte  sich,  ihn  aufs  Freundlichste  willkommen  zu  heissen.  Aber 
bald  sollte,  wie  Goethe  berichtet,  die  Behauptung  seiner  ehemaligen 
Landsleute  in  Erfüllung  gehen,  dass  er  dort  nicht  zufrieden  sein 
könne,  weil  sich  ein  Ort  wie  Lingen  mit  Frankfurt  keineswegs 
messen  dürfe.  Und  Stosch  meldet:  ^Man  wird  vermuthlich  begierig 
seyn,  zu  wissen,  wie  der  Herr  von  Loen  zu  Lingen  lebe,  und  was 
er  daselbst  ausrichte.  Ich  kann  dieser  Neubegierde  einiger  Massen 
ein  Genüge  thun.  Er  hat  es  nicht  so  gefunden,  wie  er  es  gedacht 
und  gehoffet  hatte,  und  die  Erfahrung  überzeuget  ihn  anbey  täglich, 
dass  es  weit  leichter  sej,  der  Welt  und  der  Kirche  in 
seinem  Cabinet  Verbesserungsregeln  vorzuschreiben, 
als  solche  zur  Ausübung  derselben  zu  bewegen  und  zu 
bringen.  Man  muss  indessen  beinahe  erstaunen  über  die  Ver- 
leugnung, mit  welcher  er  sich  von  allem,  so  ihn  zuvor  vergnügte,  ent- 
fernt, in  Ort  und  Umstände  zu  schicken  und  zu  finden  weiss.  Das 
ist  ein  Vorrecht  des  Weisen." 

Während  des  siebenjährigen  Krieges  wurde  von  Loen  von  den 

französischen  Truppen  als  Geissei  nach  Wesel  gebracht,   wo  er  „in 

dem  allerelendesten  und  unanständigsten  Zinmier"   vier  Jahre  lang 

(von  1757 — 1761)  wohnen  musste.    Zwar  gab  man  ihn  endlich  frei, 

doch  musste  er    einen  seiner  Söhne  an   seine  SteUe   treten  lassen. 

Nach  seiner  Losgebnng  verbrachte  er  nur  noch  vier  Jahre  in  seinem 

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I 


—     662     — 

Amt  und  trat  dann  in  den  wohlverdienten  Buheetand.  Er  starb  im 
hohen  Alter  Ton  beinahe  S2  Jahren^  zuletzt  fiut  g&nzlich  erblindet  ^, 
am  24.  Juli  1776. 

Einer  •eeiner  Söhne  --*-  Johann  Jost — ^  geb.  1737  in  dem  Hauae 
auf  der  Windmühle;  vermifalte  sich  1779  mit  der  PrinzesBin  A^ee 
▼on  Anhalt-DessaU;  einer  Tochter  des  regierenden  Fürsten  Leopold 
Maximilian  von  Anhalt^Dessau.  In  Bezug  anf  einen  Besuch,  den 
Goethe  zu  Ende  des  Jahres  1796  bei  diesen  Verwandten  abstattete, 
ftussert  sich  derselbe  in  den  Annalea^:  „In  Dessau  ergötzte  uns  die 
Erinnerung  früherer  Zeiten:  die  Familie  von  Loen  zeigte  sich  als 
eine  angenehme,  zutrauliche  Verwandtschafit ,  und  mau  konnte  sich 
der  frühesten  Frankftirter  Tage  und  Stunden  zusammen  erinnern/ 
Ein  SprÖBsling  der  zuletzt  erwähnten  Ehe,  Friedrich  v.  Loen,  be- 
kleidete das  Amt  eines  Oberhofmarschalls  am  Dessauer  Hofe.  Sein 
Sohn  Hugo  V.  Loen,  der  Urenkel  Johann  Michaels,  k.  preussischer 
Major  a.  D.,  lebt  auf  Schloss  Krangan  bei  PoUnow  in  Pommern 
und  ist  Mitglied  der  hiesigen  adeligen  uralten  Gesellschaft  desHanses 
Frauenstein. 

Ein  Enkel  v.  Loen's,  gldich  dem  Q-rossvater  Johann  Michael 
genannt,  imd  an  dessen  Geburtstage,  dem  21.  December,  im  Jahr 
1760  geboren,  ward  1786  als  Frauensteiner  in  den  hiesigen  Bath 
erwählt,  starb  aber  bereits  im  sieben  und  dreissigsten  Jahre  seinea 
Alters ,  am  26.  September  17^7.  Ueberhaapt  ist  in  Frankfurt  der 
Mannsstamm  des  v.  Loen'schen  Geschlechtes  erloschen. 


>  Ein  wohlrenommirter  Junger  Ant  wsgte  eine  Operatioa,  die  aber  an- 
glQoklich  aosfiel;  es  war  die  letzte  Operation  des  jungen  Mannes,  der  sich  seit- 
dem mit  schriftsteUerischen  Arbeiten  beschäftigte  und  seinem  Namen  —  Jung 
Stiliing  —  eine  ehrende  Stelle  in  der  Literaturgeschichte  erwarb. 

«  Ooethe'8  Werke  XXVII.  61. 


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