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ARCHIV
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FRANKFURTS GESCHICHTE
und
KUNST.
Neue Folge.
HerauBgegeben
von dem
Vereine ffir Gescblehte and AlterthumskuDde
zu Frankfurt am Hain.
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FRANKFURT a. M.
Im Selbat-Verlage des Vert
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THfc. KF.Vy- YORR
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Der Verein ftLr Geschichte und Alterthumskunde hat bis jetzt folgende
Schriften veröffentlicht :
1) Arehiv fSr FrankAirtB Geschichte und Kunst Neue Folge. Band I. IL Mit
Abbildungen. Fnuddurt 1860. 1862. (Schliesst sich an das gleichnamige von
der Gesellschaft fEkr Frankfurts Geschichte und Kunst in 8 Heften 1839—1858
herausgegebene Archiv an.)
2) Mittheilungen an die Mitglieder des Vereins. Band I. IL Frankfurt 1860—1864.
Dritter Band Nummer 1, ausgegeben April 1865. Frankfurt.
3) Des Ganonicus Baldemar von Peterweil Beschreibung der kaiserl. Stadt
Frankfurt am Main aus dem 14. Jahrhundert. Urschrift mit Uebers. und
ErL Herausgegeben von Dr. L. H. Euler. Frankfurt 1858. (Ist besonderer
Abdruck aus Nr. 1 der Mittheilungen.)
4) Das steinerne Haus und die Familie von Melem in Frankfurt. Frankfurt 1859.
(Besonderer Abdruck aus Bd. L Nr. 3 der Mittheiluogen.)
5) Neiyahrsblatt ftlr 1859. — Dorf und Schloss Rödelhehn. Beitrage zu der
Geschichte derselben von Dr. L. H. Euler. Frankfurt 1859. 4^.
6) Desgl. f&r 1860. — Der Frankfurter Chronist A. A. von Lersner, von Dr.
£. Heyden. Frankfurt 1860. 4P,
T) Desgl. für 1861. — Die Melanchthons- und Lutherherbergen zu Frankfurt
am Main : Claus Brommen Haus» Lisa's von Rückingen Haus, Wolf Parente^s
Haus. Eine Untersuchung zur topograph. Geschichte der alten Reichsstadt
von G. E. Steitz, Doctor der Theologie. Frankfurt 1861. 4o.
8) Desgl. für 1862. — Samuel Thomas von Soemmering, der Heilkunde Doctori
k. baier. Geheimerath, nach seinem Leben und Wirken geschildert von Dr. med.
W. Stricker. Frankfurt 1862. 49.
9) Desgl. für 1863. — Drei römische Votivhfinde aus den Rheinlanden, von Dr.
J. Becker. Frankfurt 1863. 4^.
10) Desgl. für 1864 und für 1865. Johann Davfd Passavant. Ein Lebensbild von
Dr. A. Conill. Abth. I. II. Frankfiirt 1864. 1865. 4o.
11) Die Heddernheimer Votivhand. Eine römische Bronze aus der Dr. Römer-
Bttchner'schen Sammlung der XX. Versammlung deutscher Philologen, Schul-
männer und Orientalisten zu ehrerb. Begrüssung vorgelegt von dem Verein
für Geschichte und Alterthumskunde. Frankfurt 1861. 4^. (Mit dem innem
Titel : Die Heddemheimer Bronzehand. Ein Votivdenkmal des Jnppiter Doli-
chenns mit den übrigen Dolichenos-Denkmälern aus Heddernheim zuAammen-
geetellt von Prof. Dr. J. Becker.)
12) Aerzte, Heilanstalten, Geisteskranke im mittelalterlichen Frankfurt a. M. Zwei
Abhandinngen von Dr. G. L. Eriegk. Der Dr. Senkenbeig. Stiftung zur Feier
ihres lOOjShr. Bestehens dargebracht von dem Verein Ülr Geschichte nnd
Alterthamskunde. Frankfurt 1863. 40.
13) Oertliche Beschreibung der Stadt Frankfurt am Main von Johann Georg
Battonn, gew. geistL Rath, Gustos und Ganonicus des St Bartholomäiuuitifts.
Aus dessen Nachlass herausgegeben von dem Vereine fflr Gesehichte und
Alterthumskunde durch den zeitigen Director desselben Dr. jur. L. H. Euler.
Heft L n. in. Frankfurt 1861—1864.
Zar Urgesehiebte des Rhein- und Mainlandes.
Von Professor Dr. J. Becker.
(▼gl. Arehiv. N. S. I. S. 1--46.)
III.
Mythologische Namen römisch-keltischer Badeorte
in Oallien.
ZurGrründung von grösseren und kleineren Städten und Ansied-
lungen gaben bekanntlich schon in uralter Zeit die ihrer wohlthätigen
Wirkungen wegen bei Römern wie Kelten gleich hoch verehrten
und vergöttlichten Mineralquellen und Heilbäder einen so natürlichen
Anlass ^; dass es nicht auffallen kann insbesondere auch in den Reise-
handbüchern des Alterthums^ den Itinerarien^ einer grossen Menge
von Oertlichkeiten zu begegnen , welche entweder einfach und
schlechthin mit der Bezeichnung Aquae belegt sind, oder letztere
noch durch einen naher erklärenden Beisatz erweitern; der sich
(meist in der Form des Adjektivums) bald auf die Natur der
Heilquellen als calidaC; frigidae, amarae oder sonstige Verhältnisse
(vivaC; regiae u. a. m.) bezieht , bald auch nur das Volk (Aquae
AUobrogum, Convenarum; Jasae = Jasorum Orelli 508; Plin. N. H.
UI; 28) oder den Namen der Stadt nennt; wo sie sich befinden;
wie StatiellaC; Lesitanae, Selinuntiae u. a. m. Eine dritte Classe
1 Vgl. Plin. N. H. XXXI, 2: urbesque condunt aquae, sicat Pnteolos in
Campania, Statiellss in Lignria, Sextias in Narbonensi provincia. Ebenso
wurde im Mittelalter eine Reihe von Abteien und Klöstern z. B. in Frankreich
an ehedem heiligen Quellen begründet und darnach benannt: vgl. B. M« Lersch
Geschichte der Balneologie, Hydroposie und Pegologie (Wfirzburg 1863) S. 17,
der S. 68 mit Recht darauf hinweisend sagt: »»Wie viele Ortschaften wnrden
noch unter römischer Herrschaft nach ihren Heilwässern benannt! Wie viele
tragen noch immer im Namen die Anzeige, dass sie durch Quellen ausgezeich-
net sindl Man denke nur an die Orte, welche Aix, Baden, Bath heissen.
Selbst Grafschaften und ein Königreich sind so benannt. In deutschen Orts*
namen deutet die. Endung „ach*' auf die Gegenwart von Wasser."
1
^
_ 2 -
dieser erklärenden Beisätze zu Aquae erhält weiter durch das nomen
gentilicium^ wie Sextiae^ Aureliao, Flaviae^ Domitianae, eine Beziehung
auf die Namen der ersten Gründer und Stifter von Niederlassungen
bei denselben. Eine vierte Classe dieser Beisätze endlich deutet
entweder auf mythologische Bezüge^ wie bei den italischen Aquae
Apollinares^ oder ist ihrer Bedeutung nach mehr oder weniger dunkel
und uns unverständlich^ wie Aquae Balissae^ Labanae^ Labodes;
Aravenae, Tatelae, Albulae^ Voconae. Die Mehrzahl dieser letztem
nennt das unter dem Namen der Tabula Peutingeriana überkonmiene
Itinerarium fast allein nur, und es wird sich weiterhin zeigen , dass
auch grade sie noch einige andere als Aquae bezeichnete Orts-
namen allein überliefert hat, welche in mythologischer Hinsicht
die bedeutsamsten Einblicke in den Cultus der Heilquellen und Mi-
neralbäder, namentlich bei den Kelten, gestatten: eine Ueberliefe-
rung, welche die hohe Wichtigkeit der Tab. Peuting. auch von die-
sem bis jetzt noch gar nicht gewürdigten mythologischen Standpunkte
aus aufs Neue darthut. Es findet sich auf dieser Tafel nämlich
ausser jenen adjektivischen Beisätzen zu Aquae eine wenn auch
kleine Anzahl solcher, welche in dem Genitiv eines S übst an tivums
bestehen: es sind die Aquae Originis, A. Passeris (Martial VI,
42, 6 = A. Passerianae bei Orelli-Henzen 6634), A. Tauri (Tab.
Peuting. segm. IV. F. ed.Scheyb) und A. Casaris (d. h. wol Caesaris
ebendort segm. HI. F.), deren Beinamen auf verschiedene mehr oder
weniger bekannte Anlässe und Ausgangspunkte zurückweisen, die
hier nicht näher betrachtet werden können. Wichtig imd bedeutsam
ist nun aber, dass ausser diesen unzweifelhaft römischen Benen-
nungen eine weitere Anzahl ebenso unzweifelhaft keltischer Bei-
namen von Aquae in den Itinerarien, insbesondere Wieder in der
Tab. Peuting., überliefert ist, welche sich als Genetive der Namen
von Gottheiten herausstellen, denen die Heilquellen selbst gewid-
met und heilig waren. Wiewohl nändich bei einer grossen Anzahl
dieser heilkräftigen Quellen zahlreiche Votivinschriften bezeugen,
dass die Bömer bei der dauernden Besitznahme der Keltenländer
ihre Quell- und Heilgottheiten, wie die Nymphae, Apollo, Aescula-
pius, Hygia und Hercules,, an die Stelle der einheimischen setzten,
so haben sich doch letztere — sowohl männliche als weibliche —
vielfach neben und trotz jenen erhalten und in dem Cultus der Sieger
und der Besiegten fortgelebt ^.
2 Vgl. Cic. nat. D. III. 20: ergo et flumina et fontes sunt dii; Plin. H. N.
X2XI, 2: aquae aagent nameram deorum nominibus variis.
- 3 -
A. Miniüiche Qoell- uad BadegoUkeiten.
Was zunächst die männlichen Quell- und Badegottheiten aui
keltischem Gebiete angeht ^ so lassen sich unter ihnen einestHeils
solche unterscheiden, welche durch eine weitere Verbreitung mehr
oder weniger den Charakter allgemeiner und gemeinsamer
Götter annehmen, andemtheils solche, die, wie es scheint, fast nur
mehr 1 o c a 1 einzelnen bestimmten Quellen und Bädern zukommen.
Zahlreiche inschriftliche Zeugnisse nennen uns diese Gottheiten
entweder inuner allein oder abwechselnd theik mit einer homogenen
römischen identifizirt, theils auch ohne diese Zusammenstellung.
Die römische Gottheit aber, welche solchergestalt mit den sowohl
mehr allgemeinen, als auch den besondern localen kellischen Bade-
gottheiten identifizirt zu werden pflegt, ist immer nur eine und die-
selbe, nämlich Apollo. Der Grund dieser Erscheinung liegt nahe.
Schon Caesar (b. g. VI, 17) fand unter den Hauptgottheiten der
Gallier einen vor, welchen er als den vorzugsweisen Heilgott der-
selben charakterisirt uud geradezu so mit dem römischen Apollo
identifizirt, wie er den gallischen Teutates durch Mercurius, den
Esus oder wahrscheinlicher den Camulus durch Mars, den Taranis
durch Juppiter, die Belisama durch Minerva wiedergibt: in gleicher
Weise entsprach sein Apollo dem keltischen Bei onus. Wiewohl
dieser nämlich sowohl als Sonnengott wie als Orakelspender dem
römischen Apollo vergleichbar war und daher auch nach ausdrück-
lichen Zeugnissen der Alten von seinen Verehrern mit diesem iden-
tificirt wurde, so trifi*t doch auch das bei Caesar vom Apollo bemerkte
(Apollinem morbos depellere) auf ihn genau zu, da auch er, wie alle
übrigen mit Apollo zusammengestellten gallischen Götter, besoaders
als Heiig Ott verehrt erscheint Zwei Inschriften (Grut p. 73, 3]
44,4) bezeugen nämlich den Belenus als Heil quell eng Ott (Föns)
und es sind solche ihm geweihte Heilquellen und Tempel ebenso
nachgewiesen, wie es ausgemacht ist, dass man die göttliche Heil-
thätigkeit der mit Apollo identifizirten allgemeinen und localen Gott-
heiten ganz besonders in der mit dem wohlthätigen Einflüsse der
Sonnenwärme verbunden gedachten Einwirkung der heissen und
mineralischen Quellen sich äussern uud hervortreten zu sehen glaubte ^.
Es ist daher auch nur dem Zufalle zuzuschreiben, dass einige unter
den localen Badegottheiten der Kelten auf ihren Votivaltären nicht
3 Vgl. Annalen des Vereins für Nassauische Alterthnmskande and Oeschiohts-
forscbong IV. S. 365-381 u. Lorsch S. 29. 33.
1*
_ 4 -
mit Apollo zusammengestellt werden: diejenigen unter ihnen^ welche
bald ohne; bald mit ihm in den Votivinschriften identifizirt erscheinen;
beweisen vielmehr^ dass auch jene vorerwähnten ohne Zweifel gleich-
falls als Apollines bezeichnet werden konnten und wurden. Ser-
her gehört
1. Der Schutz- und Badegott des alten Luxovium; des noch
heutO; wie im Alterthume und Mittelalter durch seine warmen Mine-
ralquellen bekannten Luxeuil in der Franche-Comt^^ welcher auf den
ihm gewidmeten Votivinschriften LuxoviuS; Lixovius oder
Lissovius genannt; theil weise auf denselben Denkmälern mit einer
Brixia, Briciazu gemeinsamer Verehrung verbunden ist, welche
Göttin man theils zu dem nahen Bache Breuchin^ theils zu dem
DorfeSaint-Bresson bei Luxeuil in Bezug brachte ^ Noch die ersten
christlichen Missionäre fanden dort unter den Trümmern der in den
Stürmen der Völkerwanderung untergegangenen Badestadt eine
],densitas imaginum lapidearum^ d. h. doch wol eine Menge
noch nicht umgestürzter Götterbilder undVotivaltäre aus der römischen
Zeit vor *. Weiter gehört hierher
2. der Deus Lixo; der Schutz- und Badegott des gleichfalls
auch heute noch als Badeort bekannten Bagn^res -de-Luchon
im südwestlichen Frankreich. Vier dortselbst oder in der Umgegend
gefundene Inschriften bezeugen seine Verehrung^
3. Von demselben sprachlichen Stamme wie Lixo scheint auch
des Deus Lexis Namen abgeleitet zu sein: er war der Schützer
und Vorsteher der am Eingange des Thaies von Aran in den Pyre-
näen gelegenen ^eaux de Lez/ über welche Ed. Barry unter Zu-
sammenstellung der bezüglichen Funde ausführlich gehandelt hat ^ :
ausser mehreren den Nymphae dieser Quellen geweihten Votivaltären
hat sich auch einer mit der Widmung
LEXI
DEO
C.SABI
HORT. F.
gefunden. Ebendahin gehört ferner
* Vgl. Orelil 2024. Rainguel description de Luxeuil p. 28. Greppo
Etndes aar les eaux min^rales et thermales de la Gaule (Paris 1846) p. 123
not. 2 u. p. 126.
s Vit. SS. Columbani et Agili in den Act. SS. Benedict. II., 12, 13, 317.
vgl. Grimm Myth. I. S. 73. 99.
6 Vgl. Greppo a. a. 0. p. 69| n. 12. Du Möge Archäologie pyr^nöenne
p. 212. Orelli-Henzen 5897.
» Rev. archöol. 1857 XIII, 2 p. 677-688.
— 5 —
4. als Hauptschatzgott der Stadt wie ihrer berühmten Quelle
der auch auf Münzen verewigte Dens Nemausus der gallo -römi-
sehen Colonia Augusta Nemausus Neptunia Volcarum Arecomiconmi;
welche in der Tab. Peuting. segm. I. F. noch mit dem alten^ spfiter,
wie es scheint, wieder aufgetauchten Namen Nenniso belegt ist,
heut zu Tage Nim es im südöstlichen Frankreich. Schon Ausonius^
stellt diese Quelle neben die unten zu erwähnende Diyona und den
Patavinischen Aponus, während eine nicht geringe Anzahl grie-
chischer und römischer Votivwidmungen die andauernde Verehrung
ihres Gottes bezeugt^.
5. Schliesslich lässt sich hier noch eine Gottheit Ussubius am-
reihen, welche In einer Votivinschrift aus Mas d'Agenaiß (D^p. de
Lot-et^Garonne) überliefert ist. Sowohl die Tab. Peuting. segm. I. A.
nennt einen Ort Vesubio, als auch das Itin. Antonini p, 220 ein
UsBubium auf der Strasse von Burdigala nach Argantomagus :
die zuletzt genannte Namensform stimmt genau mit der Inschrift;
selbst :
TVTELAE AVG
VSSVBIO.LABBVM
SILVmVS SCI
PIONIS.F.AN
TISTES.D
wobei die Widmung eines labrum durch einen antistes auf einen
Tempel des Gottes und Badgebäude mit Sicherheit schliessen
lässt 10.
Wiewohl alle vorgenannten Badegottheiten, wie schon bemerkt,
nirgends mit Apollo identifizirt oder zusammengestellt werden, so
kann doch kaum bezweifelt werden, dass dieses bei der so offen-
kundig vorliegenden Vermischung gallischer und römischer Glaubens-
anschauungen geschehen konnte und sicherlich auch geschehen ist.
Es beweiset dieses die zweite Olasse dieser gallischen Badegott-
heiten, welche entweder gleichfalls nur an und für sich mit blossem
Namen genannt oder zur Bezeichnung ihrer göttlichen Vorstandschaft
mit ihren Heilquellen (Aquae) so verbunden werden, dass letztere
ihnen gradezu zugeschrieben und nach ihnen benannt sind. Es sind
8 Nob. urb. XIV. Bardigal. 93 ff.
9 Vgl. Orelli 1245. 2032. 4220. Beines. Synt. inscript. p. 848, 107.
Maffei Mus. Veron. p. GOCCXIII, 3.. E. Gerhardts Archaeolog. Anzeiger 1853.
Nr. 50. S. 297.
10 YgL Mömoires de la soeiM archöol. da midi de laFranoe I. p. 253—267.
— 6 -
ApoDUB, Nerus, NisineiaB und Bormo oder Boryo,
nach welchen die 4hnen zugehörigen heilkräftigen Quellen: Aqnae
Aponi, Aquae Neri, Aquae Nisiueii und Aquae Bormonis genannt
werden. Die zuletzt erwähnte Gottheit Bormo oder Borvo konunt
aber auch ausserdem auf einem ihrer Denkmäler noch als Apollo
Borvo Tor^ so dass demnach auch ein Kückschluss auf die übrigen
▼orhergenannten Quellgötter bezüglich einer gleichen Identifizirung
mit dem römischen Gotte wol verstattet ist^ zumal auch ein bri-
tannischer Dens Maponus gleichfalls weiter als Apollo Maponus
inschriflilich beglaubigt ist^ wie sich unten näher zeigen wird«
, 6. Aponus — Aquae AponL Die heisse Schwefelquelle zu
Abano bei Fadua (Patavium: daher Aquae Patairinae^ Patavinorum
aquae calidae Plin. N. H. U, 103) war sowohl wegen ihrer heil-
wirken den, als auch ihrer weissagerischen Kraft bis in die
spätesten Zeiten berühmt und wird theils einiach Aponus^ theils
nnmen Aponi^ theils fons oder fontes Aponi^ theils endlich
auf sieben Inschriften Aquae Aponi genannt ^^
7. Nerus — Aquae NerL Auch diesen Badeort nennt nur
allein die Tab. Peuting. segm. I. £.; jedoch ohne Beisetzung des sonst
bei den Aquae sich findenden viereckigen Gebäudes, auf der Strasse
von Avaricum (Bourges) nach Augustonemetum (Clermont) zwischen
Mediolanum (Chäteau-Meillant) und Cantilia (Sidon. Apollin. epist.
IV, 13; wol Chantelle-la-Vielle). Sein Namen findet sich zunächst auf
folgendem Bruchstücke eines zu Alichamps gefundenen Meilensteins ^^:
FELICI.AVG.TEIB.P.COS.m
P.P.PROCOS.AVAR.L.Xin
MEDI.Xn.NEKI.XXV
Demnach hat man diesen Namen auf das noch jetzt durch seine
Quellen, sowie die i. J. 1820 erfolgte Aufdeckung römischer Bade-
substruktionen (Dampfbäder, ähnlich den zu Aix in Savoyeu biosge-
legten), Statuen, Säulen, Kapitelle und anderer architektonischen
Ornamente bekannt gewordene Neris-les Bainsim Departement
de TAllier bezogen, woselbst auch wie in vielen andern Badeorten
eine Bronzestatuette der Diana ^^ gefunden wurde, über welche
11 Salatifer Aponus Gassiod. Varr. lectt. 2, 39. Suet. Tib. 14. Aqboq. a.a. 0.
Lucan. Phars. VII, 202. Claudian. Idyll. VI. Orelli 1880. Martial. VI, 42, 6.
Orelli 1643. 1644. 2620. 3011. Maffei Mob. Veron. p. LXXXIX, 1. Murat. p.87,8 ; 12.
^2 Caylas Recueil d'Antiq. UL p. 371 ff.
13 Vgl. Greppo a« a. 0. p. 45—51. Walckenaer Göogr. des Gaules I. p. 372.
HL p. 66. d*Anville Notioe de rancienne Gaule p. 77.
_ 7 -
Gottheit als VorBteherin von Bädern unten noch Näheres erwähnt
ist. Mit Unrecht und ohne allen Grund wollte d'Anville in der
Tab. Peuting. Aquae Nerae lesen, was wenigstens; wie schon Greppo
bemerkt, Aquae Neriae heissen müsste: aber auch andere theilweise
erst in der neueren Zeit ebendort aufgefundene Steinschriften beweisen,
dass der Quellgott Nerus und danach seine Wasser Aquae Neri
hiessen. Ein von Greppo *♦ angeführtes Fragment hat NENNERIO
— OVH — VISSV; eine andere ebendort i. J. 1796 gefundene, jetzt
j^dans une petite villa apell^e les Billoux^, einige Minuten von Neris
aufbewahrte Inschrift lautet nach Greppo p. 47:
NVMINIBVS
AVGVSTORVM
ET IVNONIBVS
VICANI
NERIOMAGIENSES
während de Caumont Bulletin monumental vol. XXI (1855) p. 60
in der letzten Zeile NEBIONACENSES bietet, welche adjektivische
Form offenbar auch in dem obenerwähnten Fragmente NENNERIO —
vorliegt: es hat sich also gewiss schon in uralter Zeit bei den dem
Nerus geweihten Mineralquellen eine kleine Ansiedlung (vicus) ge-
bildet, deren einheimische Localvorsteherinnen, die bekannten galli-
schen Muttergottheiten, Deae Matres oder Matronae, in obiger In-
schrift als Junones romanisirt sind. Weit wichtiger als dieses
Denkmal ist die folgende leider fragmentirte Aufschrift einer Tafel
aus weissem Marmor bei Greppo p. 58:
. , . nNIB. AVG ET NERI_
sn.EQVES.ER.nvm.n
LVCn.IVniEQ.ESTRIS.FILn
AS . PORTICVS . QVIBVS . FONTES
OMNIBVS . SVIS . ORNAMENTIS
weil sie neben den NVMINA AVGVSTORVM ausdrücklich wiederum
auch das NVMEN NERI, sowie seine fontes, die Säulenhallen des
Badegebäudes und dessen architektonische und statuarische Aus-
schmückungen (ornamenta) erwähnt. Vier Inschriften liegen dem-
nach als sprechende Urkunden des Quell- und Badegottes Nerus
vor und bestätigen evident die Richtigkeit der Ortsbezeichnung
Aquae Neri in der Tab. Peuting.
1^ Greppo p. 50 nach Barailon Recherches bjit rancienne ville romaine de
Kerls (Paris 1806, 8) p. 142 o. 58. NERVS hat sich als Töpfemamen auf Stem-
peln zu London, Paris und Ems gefanden: vgl. Fröhner Insc. terr. coct.
vas. n. 1863—85.
— 8 —
8. Niflineiaft — Aqaae NisineiL Wie die Aqaae Neri,
so sind auch diese Aquae einzig und allein nur durch die Tab.
Peuting. segm. I. C. überliefert; woselbst sich^ auf. der Strasse von
Avaricum (Bourges) nach Augustodunum (Autun); neben dem Namen
auch wieder das mehr ei-wähnte viereckige Gebäude angezeichnet
findet: übereinstimmend^^ nimmt man daher Bourbon-Lancy
(Saöne et Loire) als die Aquae Nisineii an; diese können aber
nach Analogie der übrigen Aquae nur von einem Quellgotte Nisi-
nein»; nicht von ^quelque personnage distingu^^ dieses Namens, wie
Greppo meint; ihre Namensbezeichnung empfangen haben. Mit
gleicher Evidenz bezieht man aber auch darauf die an Constantin
gerichteten Worte des Eumenius panegjr. VI, 22 bezüglich der
3,aquae calentes^ bei den Aeduem: ^miraberis profecto illam quoque
numinis tui sedem et calentes aquas sine ullo solis ardentis in-
dicio; quarum nulla tristitia est saporis aut halitus; sed talis haustu
et odore sinceritas; qualis fontium frigidorum.^ Das numen tuum
ist natürlich Apollo, wie aus Vergleichung von cap. 21 erhellt
Es lag nahe auch den heutigen Namen der Stadt auf den Namen
des Gottes Nisineius zurückzuführen: d'Anville leitet das FAnci
von dem Namen Ancellus, Anceau ab, wie er auch bei dem unten
zu erwähnenden Bourbon-rArchambault auf einen Erchembaldus zu-
rückgeht. Miliin dagegen 1^ dem Lancy sofort den Namen des
Nisineius zu Grunde , zumal der Namen der Stadt bei älteren
französischen Autoren theils Bourbon nensj, theils Bourbpn — Nansy
lautet; auch Greppo will Nansy aus Nisineius entstanden wissen.
Doch dieses Alles bleibt umsomehr blosse Vermuthung; als sicherlich
auch der erste Theil des modernen Namens von dem gleich zu er-
wähnenden Gotte Bormo oder Borvo abgeleitet ist.
9. Bormo (Borvo) — Apollo Borvo — Aquae B.ormonis.
Nicht weniger als 4 Badeorte sind es^ an welche sich Namen und
Denkmäler des Gottes Bormo oder Borvo knüpfen. Schon darum
allein müsste seine mythologische Bedeutung als eine allgemeinere,
auf Wasser und Bäder überhaupt bezügliche vermuthet werden, wenn
auch andere diese Vermuthung evident bestätigende Momente nicht
vorlägen. Es begegnet aber der dem Worte zu Grunde liegende
Stamm nicht blos in Ortsnamen vieler zum Theil weit von einander
liegenden Gegenden, sondern es liegt dabei auch in vielen Fällen
eine Beziehung auf Wasser oder wasserreiches Land nahe oder ist
<» Vgl. Valesius Notitia Gallianim p. 104. d'Anville p. 78 Walckenaer I.
p. 872. III. p. 68. Greppo p. 51—59.
• >•
• T
- 9 —
leicht nachzuweiseii. Ganz abgesehen von flo^fio^og ist den Fran-
zosen noch jetzt la bourbe eine sumpfig- morastische Niederung:
eine Beschaffenheit des Terrains^ auf welche sich ohne Zweifel auch
die bei anderer Gelegenheit^* näher erörterten Localnamen Borma,
Bormanum^ Bormani^ Lucus Bormani oder Bormanae^ Bor-
mana^ Borbitomagus (Worms in einer wasserreichen Niederung am ^
Rhein); das heutige Bormes an der Küste von Südfrankreich^
sämmtlich im Gebiete des alten Gallien ebenso beziehen ^ wie die
Aquae Bormiae*^, das heutige Bormio *® am Wormser Joch im
Veltlin und das makedonische Worms Bormissus mit dem Grabe
des Euripides in der Umgebung zweier Qu eilen; endlich vielleicht
auch der von den Nymphen in die Fluthen gezogene und alljährlich
durch feierliches Todtenfest beklagte Mariandjnische Wasserheros
B^quoq, Zu allen diesen offenbar von demselben Stamme ausgegan-
genen Local- und Personennamen gesellt sich jetzt auch weiter noch
ein hispanischer Dens Bormani cus ^'; um insbesondere die Zahl
derjenigen Ableitungen zu vervollständigen; welche dem reinkeltischen
Sprachgebiete angehören und zur Genüge bezeugen; dasS; wie oben
bemerkt; die Bedeutung auch des Bormo oder Borvo die mehr
allgemeine eines Wassergottes war; die dannwol ihre besondere
Beziehung auf Mineralquellen und Heilbäder erhielt und den in den
Votivinschriften begegnenden Gott namentlich in seiner Identifizirung
mit Apollo als Badeheilgott erkennen lässt. Die vorerwähnten
vier Badeorte; deren moderne Namen noch auf diese Gottheit zu-
rückweisen; sind nun aber folgende:
Bourbon TArchambault (Allier): wiewohl an diesem Orte
bis jetzt gar kdne Votivaltäre des Bormo (Borvo) zu Tage getreten
sind; so hat man doch dort die Ueberreste eines römischen Amphi-
theaters; einer Wasserleitung; Bäder; Ziegeln von der Badeheizung uilter
einer; wie es scheint; verschwenderischen Anwendung von Marmor und
Porphyr gefunden. So sicher es aber nur dem Zufalle zuzuschreiben
ist; dass bis jetzt keine Denkmale jener Gottheit daselbst aufgefun-
den wurden; so sicher hat dennoch dieselbe dem Orte seinen Namen
gegeben. Dafür zeugt der heutige Namen dieses* Badeorts nicht
weniger als der mittelalterliche und antike. Sirmond^ führt aus
' 16 Vgl. Bonner Jahrb. XXXIII. XXXtV. S. 15 ff.
" Cassiodor. Varr. lectt. X, 29.
1» Lersch a. a. 0. S. 166.
' 19 Vgl. Hübner in den Monatsberichten der K. Akad. der WisB. zu Berlin
1861 S. 801 f.
20 Sirmond ad Sidon. not. p. 48.
— 10 -
einem alten Chronisten folgende Stelle an: ^Äquitaniam ingresaus
quaedam oppida et castella manu cepit, in quibus praecipua fuere
Burbonium, Cantillia; Clanis mons^: hier kann sich daß Bur-
bonium nur auf unsern Badeort beziehen. Dazu kommt endlich
das wichtige Zeugniss der Tab. Peuting. segm. I. C. mit ihren
„Aquae Bormonis'', eingeschrieben wiederum neben einem vier-
eckigen Gebäude auf der Strasse von Augustodunum (Autun) nach
Avaricum (Bourges) zwischen Suillia oder Sitillia (Thiel) und
Degena (D^cise): einstimmig haben die französischen Archäologen**
darin Bourbon - TArchambault erkannt und angenommen. Weiter
gehört hierher
Bourbon-Lancy: in diesem schon oben bei den Aquae
Nisineii besprochenen Badeorte fanden sich drei Votivinschriften,
deren zwei unzweifelhaft Borvoni et Damonae, eine Bormoni
etDamonae gewidmet ist *^. Desselben Badegottes Verehrung
beurkundet ferner auch jetzt noch der Namen von
Bourbonne - les -Bains (Haute Marne), sowie zwei dort-
selbst zu Tage geförderte Votivaltäre, welche Borvoni et Damo-
nae und Deo Apollini Borvoni et Damonae, demnach also
demselben Götterpaare gewidmet sind ^^. Auch diesen Ort wollte
d 'An vi 11 e 24 in einem der mehr erwähnten viereckigen Badegebäude
der Tab. Peuting. segm. II. A. auf der Strasse von Andomatunum
(Langres) nach Tullum (Toul) erkennen, bei welchen kein Na-
men beigeschrieben ist: er vermuthete denmach, dass auch hier
ein Ort Aquae Bormonis d. h. eben das heutige Bourbonne-les-
Bains gewesen sei. DaBs zwei Badeorte nach einer Gottheit be-
nannt worden seien, hat bei der allgemeinen Bedeutung des Deus
Bormo nicht allein Nichts auffallendes, sondern wird sich weiter
auch durch ein analoges Beispiel evident bestätigen lassen. Endlich
ist die Verehrung des Bormo auch durch zwei Inschriften beglaubigt,
welche sich
zu Aix-les-Bains in Savojen gefunden haben. Die erste
dieser Inschriften ist ungenau zuerst vonAlbanis de Beaumont*^
also mitgetheilt worden:
21 Vgl. Valesius Notit. Gall. p.l04. a. d'Anville notice p. 74. Walckenaerl.
p. 372. ÜI. p. 67. Greppo p. 25—27. L. Renier annaaire de la sooiötö des An-
tiquaires de France, 1850, p. 247.
22 Greppo p. 56 u. 57.
23 Greppo p. 28 u. 29. Orelli-Henzen 5880.
2* Notice p. 75.
25 Description des Alpes Grecqaes et OottienneB pL XIX, 9.
— n —
QVRMIVS
CVIICVS
BON VS . M
etwas besser von Greppo^*:
GVLILIVS
CVRICVS
BOMV.V.S.L.M
zuletzt endlich genauer von Allmer*^:
CVLTIIVS
CVTICVS
BORVVSLM
d. h. wol: Gaius Vettius Cuticus Bormoni uti voverat solvit lubens
merito. Ebenderselbe theilt dann weiter a. u. a. O. p. 7 auch die
zweite dieser Inschriften folgendermassen mit:
M LICIN RVSO BORM VVSLM
Wiewohl unter diesen sieben Votivinschriften des Bormo oder
Borvo nur eine ist, in welcher, wie oben schon bemerkt, dieser
Gott mit Apollo identifizirt erscheint, so kann dieses doch ebenso-
wenig auffallen, wie die danebenstehende Thatsache, dass vier die-
ser Quell- und Badegottheiten immer nur in der Zusammenstellung
mit Apollo begegnen. Dass dieses nur dem Zufalle beizumessen ist,
welcher bis jetzt noch kein inschriftliches Zeugniss an's Tageslicht
gefördert hat, das diese Götter nur mit ihrem einheimischen Namen
allein aufwiese: dafür zeugen zwei Votivinschriften eines Dens
Maponus, welcher, obgleich Britannien angehörig, doch füglich
hier eingereiht werden darf.
10. Maponus — Apollo Maponus — Aquae Maponi.
Die eine dieser Votivinschriften, zu Armthwaite in Cumberland ge-
funden, ist, neben den Numina Augustorum, in erster Stelle Deo
Mapono, die andere aus Ribchester aber Deo sancto Apollini
Mapono gewidmet: letztere zeigt auf der einen Seite den Apollo
mit der Leier, auf den beiden andern weibliche Gestalten mit Blumen-
körbchen ^^. Dass aber auch dieser locale Apollo Maponus ein
Quell- und Badegott gewesen, darauf weiset, wenn nicht Alles trUgt,
" Öreppo p. 156.
27 Sar deux inscriptions votives en rhonneur de la d^esse (II) Bormo, pro*
tectrice, ä Föpoque romaine, des eaaz thermales d*Aix en Savoie et sar Föty-
mologie du mot BOVRBON. Lyon 18ö9. 8. p. 6.
20 Vgl. Gollingwood Bruce im Archaeological Journal 1855 p. 47. p. 226.
Britannia Romana ed. Camden-Groagh III p. 378. ed. Camden-Gibson II. p.974.
Tb. Wright the Gelt, the Roman, Ihe Saxon p. 268. Orelli-Henzen 5900.
— 12 —
eine in diesem Bezüge unschätzbare Notiz des Geographns Ravennas *^,
welcher unter andern britannischen Oertem auch ein jetzt nicht leicht
mehr näher bestimmbares Maponi anfftihrt, dessen eigenthtimliche
Form einen Genitiv yermuthen lasst^ bei welchem ein zugehöriger
Nominativ, wie öfter, ausgefallen ist: dieser Nominativ dui-fte aber
kaum ein anderes Wort als eben ^Aquae' gewesen sein: es wären
demnadi auch fUr Apollo Maponus die nach ihm benannten
Aquae Maponi nachgewiesen«
Was nun aber jene vorerwähnten vier Badegottheiten angeht,
welche auf Inschriften .immer nur mit Apollo identifizirt werden,
so sind es Apollo Cobledulitavus, Apollo Grannus, Apollo
Livius und Apollo Toutiorix, von denen der erste dem Südwest-'
liehen Frankreich, die übrigen den Rhein- und Mainlanden angehören.
11. Apollo Cobledulitavus: seine Heimath ist das alte Pe-
trucorii, jetzt Perigueux in Südfrankreich; wiewohl man dort
selbst nämlich erst in neuerer Zeit die Substruktionen römischer
Badeanlagen aufdeckte, so war doch deren einstige Existenz be-
reits durch folgende, schon seit längerer Zeit aufgefundene, jetzt j^dans
les ruines du chateau de Barrifere^ aufbewahrte Inschrift beurkundet^:
ET DEO APOLUNI
COBLEDVLITAVO
M . POMPEIVS . C . POMP
SANCTI SACERDOT
ARENSIS . FIL . QVIR . LIB
SACERDOS . ARENSIS
QVI TEMPLVM DEA .
TVTELAE ET THERMA
PVBLIC . VTRAQ . Ol
VETVSTAE COLLAB
SVA PEGVNIA REST
V.S.L.M
Diese leider fragmentirte Inschrift ist nach Anleitung von Zeile
7. 8. im Anfange DEAE TVTELAE zu ergänzen: eine Gottheit,
deren Verehrung durch zahlreiche Votivinschriften aus dem südwest-
lichen Frankreich dokumentirt ist; ebenso ist Zeile 9 VTRAQ . Ol
wol einfach in VTRAQ VE zu verbessern, mit welchem Worte das
templum der Dea Tutela und die thermae publicae zusammen bezeicfa-
3> p. 486, 20 ed. Finder n. Psrthey.
'0 Vgl. Revae des sodötte savantes 1868. IV. p. 106.
- 13 —
net werden; gleicherweise ist in dem angeblichen VETVSTAE von
Zeüe 10 die Verbindung von A und T übersehen, da es VETVSTATE
heissen muss. Unerklärlich bleibt der SACEKDOS AEENSIS, des-
sen Würde die beiden in der Inschrift genannten Pompejer^ Vater
und Sohn, bekleideten; mit Abbe Audierue einen sacerdos Martis
zu verstehen, ist mehr als ^weifelhafl;. Die thermae publicae aber
beziehen sich offenbar auf Apollo Cobledulitavus, welcher ohne
Zweifel als der Quell- und Badegött deren Schutzgottheit und Vor-
steher war.
12. Apollo Grannus — Aquae Granni. Die Bedeutung die-
ses weitverehrten Heilgottes erhellt zunächst aus einer Nachricht des
CassiusDio^^ über die Krankheit des Garacalla, wdcher während der-
selben verschiedene Heilgötter ohne Erfolg anrief, darunter auch den
Apollo Grannus: ^/d^ o ^Anollwy o r^apvog ov^' o UaxX^ntog ov^ 6
2a^i%ig »alntQ noXld fuv InettiaavTi etit^ fStj^ilfianf^ . Zu diesem Zeug-
nisse kommen noch siebz ehn meist in Süddeutschland und den Rhein-
landen, einzeln auch in Kom, Siebenbürgen und dem Grabe eines
normannischen Häuptlings am Mälarsee in Schweden aufgeAmdene
Votivinschriften««, welche APOLLINI GBANNO gewidmet sind: auf
einigen derselben ist er zugleich mit den NYMPHAE, der HYGIA und
einer gleichfalls keltischen DEA SQtONA^ zusammengestellt, wodurch
einerseits für ihn selbst auch die Bedeutung als Heilgott und zwar
insbesondere durch Heilquellen bestätigt, andererseits auch das Wesen
seiner zuletzterwähnten göttlichen Begleiterin vermuthungsweise näher
festgestellt werden kann. Schon die bemerkenswerthe Thai»ache,
dass die bei weitem grössere Anzahl dieser Votivinschriften das Rhein-
land 9um Fundgebiete hat, weiset darauf hin, dass die „Aquae
Granni^ ebendort gesucht werden müssen, ^ und man hat daher
längst schon dieselben in den Heilquellen von Aachen mit um so
grösserem Rechte wiedergefunden, als ihr Namen fast unverändert
in derselben Form durch das ganze Mittelalter fortgelebt hat^. Die
reiche Urkundensammlung des Niederrheins von Lacomblet ent-
hält im ersten Bande ^e zahlreiche Menge von Dokumenten aus
dem IX. bis XII. Jahrhunderte, unter welchen nur drei in der
Subscription als Ort der Ausstellung „Aquis^^ schlechthin aufweisen;
eine hat „apud Aquis granum^^, eine andere „in aquis gra-
31 Lib. LXXVn, 15 vol. IL p. 413 ed. I.Bekker.
32 Vgl. OrelU-Henzen Ind. s. v. p. 23.
'3 Vgl. Yalesins Notit. Gall. p. 28. Eckhart de Apollhie Granne in Euchen-
beckeri Analeet. Hassiac. Marburg 1728. collect. III. n. XI. p. 220—244. Bimard
diatrib. ad Murat col. 59. Greppo p. 159—161.
— 14 —
nensi palatio^^^ die weitaus grössere Anzahl (16) bietet ^^Aquis
Grani*% theils in einem; theils in zwei Wörtern geschrieben;
ebenso hat auch Einhard in seiner Vita Caroli M.; während
eine von Fröhner^^ mitgetheilte mittelalterliche Hofdichtung
.,ad Aquas Orani'^ anAihrt Man ersieht aus allen diesen
Erwähnungen^ dass, wenn irgendwo^ grade dort sich der römische
Namen ^^Aquae Granni^' lange erhalten hat; wenn auch die Form
Aquis granum (eine an sich ungeheuerliche Wortbildung!) da^
rauf hinweiset; dass die ursprüngliche mythologische Bedeutung und
Beziehung des ,;Grannus" völlig verloren ging; wie auch die Schrei-
bung des ;;Grani'^ mit einem N bezeugt Wie. in vielen analogen
Fällen ^ schon im Alterthume geschah, liess man allmählig den Zu-
satz;; Granu i'^ ganz fallen; wonach sodann aus dem übrig bleibenden
;;Aquae^' das deutsche Aachen und das französische Aix wurde;
welchem letztem sodann theils wol zur Unterscheidung von dem pro-
ven^alischen und savojschen AiX; theils vielleicht auch zur Bezeich-
nung der religiös-kirchlichen Bedeutung der Stadt — und wie zum
Gegensatz gegen den heidnischen;; Graun us^' — noch das charak-
teristische ;;la Chapelle^' hinzugefügt wurde.
13. Apollo Livius. Demselben Rheingebiete gehört weiter
auch der auf einer Votivinschrift aus IKetkirchen bei Bonn zu Tage
getretene ApolloLivius an^. Der anscheinend römische Beinamen
Livius darf hier nicht befremden: auch Zeuss^' weiset nach; dass
dieser angeblich römische Namen keltischer Abstanmiung sei : Plinius
H. N. III; 4 erwähnt eine Stadt Glanum Li vi, ein pagus Livius
findet sich auf einer Inschrif); aus Brescia, eine Frau Cracca Livo-
nis filia ist gleichfalls inschriftlich beglaubigt^: lauter unzweifelhaft
keltische Personen- und Ortsnamen. Eckhart ^^ bezieht den Apollo
Livius auf den zwischen Kaisers werder und Ordingen auf dem
linken Bheinufer liegenden Ort Linne: wiewohl' dieses nur Vermu-
thung ist; so liegt doch die Annahme sehr nahe, dass ApolloLivius
der göttliche Vorsteher einer der zahlreichen kleineren Mineral- und
Heilquellen Bheinpreussens gewesen ist, welche schon den Bömem
bekannt waren.
^^ Vgl. Haupts Zeitschrift f. deutsches Alterthnm. XL S. Iti.
3* Vffl. Annalen des NaBsau'schen Vereins VII, 1. S. 122.
36 Vgl. Hüpach Epigr. p. 6 n. 12. Orelli 2021.
3» Gram. Celt. p. 24.
38 Octavio Rossi Le Memorie Bresciane ed. Vinaccesi p. 233 n. 16. Murat.
p. 77, 16. Orelli 4901.
39 de Apolline Granne a. a. 0. p. 225.
— 15 —
14 Apollo Toutiorix. Wie die ;;Aquae Granni" haben
Bicherlich auch die heissen Quellen des heutigen Wiesbaden eine
der ersten Stellen unter den von den Römern b^i^^tzten Heilquellen
der beiden Germanien eingenommen^ und es wäre auffallend^ wenn
uns nicht auch über die Localgottheit derselben irgend ein Zeug-
niss überkommen wäre. Bekanntlich erwähnt zuerst Plinius N. H.
.XXXI;2, 17 die ,,fontescaliditransIUienum^^zu ^Mattiacum inGeiv
mania^; welcher Ort ^offenbar mit dem Mamanov des Ptolemaeus II,
11; 29 und dem heutigen Wi esbaden identisch ist^. Wenn nun auch
Ammianus Marcellinus XXIX, 4 dieselben Quellen j^Aquae Mat-
tiacae^ nennt, so haben beide Zeugnisse zunächst nur die Benen-
nung der Quellen nach der sie umwohnenden Völkerschaft der Mat-
tiaci im Auge: sowie aber z. B. die Aquae Patavinae als identisch
erkannt wurden mit ,, Aquae Aponi^, so darf auch wol auf eine
analoge Schutzgottheit für die heissen Quellen des alten Mattiacum
geschlossen werden. Und in der That wurde schon i. J. 17^4 bei
der Fundamentirung des Gasthauses zum Schützenhof in Wiesbaden
selbst eine grosse i. J. 1852 von da ins Museum verbrachte Votivinschrift
aufgefunden; welche die Gelübdeerfüllung eines Centurionen der VII.
Legion verewigt; der offenbar in den Heilquellen seine Genesung ge-
funden hatte. Dieser höchst wahrscheinlich zwischen den Jahren 222
bis 235 n. Ohr. gestiftete Votivaltar aber ist APOLLINI TOVTIORIGI
geweiht, dem einzigen Apollo; welcher; unseres WissenS; auf den In-
schriften des römischen Nassau beg^net^« Es kann wohl kaum
einem Zweifel unterliegen; dass dieser einzig dastehende Apollo
Toutiorix als Heilgott und sicherlich als Vorsteher der heilkräfti-
gen Quellen des alten Mattiacum anzusehen ist; welche demnach
auch wol als ^ Aquae Toutiorigis^ bezeichnet worden sein moch-
teU; wiewol ein ausdrückliches Zeugniss darüber nicht vorli^.
B. Weibliche Quell- und Badfgottlieiteii.
Neben diese männlichen Quell- und Badegotäieiten der Kelten
stellen sieh nun aber auch eine Anzahl weiblicher; ohne dass je-
doch bei diesen eine römische Gottheit nachgewiesen werden kanU;
welche mit ihnen so identifizirt worden wäre; wie Apollo mit jenen.
Der Grund dies^ Erscheinung liegt ganz nahe: es finden sich näm-
lich fast an allen durch Mineral- und Heilquellen ausgezeichneten
'^ Vgl. Annalen a. a. 0. S. 76, 138 f.
«< OrelU 2069* Annalen lY. S. 375 n. 518 n. 48.
- 16 -
Orten der ehemaligen Nordprovinzen des rdmischen BeicheB vom
FuBBe der PTren&en bis an den Rhein und die Donau zahlreiche Vo-
tivaltäre der Nymphae: diese aber waren bei den Körnern bekanntr
lieh die eigentlichen Vorsteherinnen der Quellen^ in welchen sie ver-
ehrt wurden; eine besondere weibliche Gottheit gab es daher bei
ihnen nicht; welche in analoger Weise, wie Apollo mit den männ-
lichen, also mit den weiblichen Quell- und Badegottheiten bei der.
Amalgamirung keltischen und römischen Glaubens hätte identifizirt
werden können. Dazu konunt, dass überhaupt auch die nachweis-
liche und muthmassliche Zahl der weiblichen Gottheiten dieser Art
nur klein ist und sich im Ganzen auf sechs bis sieben beläuft. Voran-
zustellen ist
1. Segesta — Aquae Segestae. Zwei an verschiedenen
Stellen der Tab. Peuting. neben das mehrerwähnte viereckige Ge-
bäude eingezeichnete Namen von Badeorten sind offenbar von einer
und derselben Gottheit abgelötet, welche gleich dem Bormo und
der unten näher zu besprechenden Sirona eine allgemeinere
Bedeutung gehabt haben muss. Einerseits nämlich führt die Tab.
Peuting. segm. I. F. einen Ort ^ Aquae Segete^ im Gebiete der
Segusiavi auf, welchen man jetzt gemeinlich in Moind bei Mont-
brison sucht ^^; andererseits findet sich ebendort segm. I. C. im Ge-
biete der Senones gleichfalls ein Bad ^ Aquae Segestae^ einge-
zeichnet, welches man in Montbouis zwischen Chätillon-sur-Loing
und Montargis wiederzufinden meint ^'. Es kann keinem Zweifel
unterliegen, dass diese Badegottheit Segesta (denn also ist an
beiden Stellen der Tab. Peuting. zu lesen) gar Nichts mit der römi-
schen Segetia^ oder Seia oder Segesta^ als die zufällige Na-
mensidentität gemein hat, sondern vielmehr als eine einheimische
gallische Göttin anzusehen ist Plinius N. H. III, 5 und 19 erwähnt
Städte des Namens Segesta aus dem Gebiete der Ligurischen Ti-
guUi und der keltischen Cami: in letzterer Stelle ist nämlich Se-
gesta statt der Vulgate Segeste aus dem trefilicheh Parisinus A (6796)
ohne Bedenken in den Text aufzunehmen. Dazu kann noch Se-
gestica als Namen einer durch den Zusammenfluss des Savus und
der Colapis gebildeten Insel aus demselben Schrifteteller EU, 25, 28
^2 Vgl. Forbiger Hdbch. d. a. Geogr. III. S. 210. Ang. Bernard descriptioB
du paya des Segusiaves, Lyon 1858) p. 94.
♦s Greppo p. 71-86.
^ Vgl. Augnstin. Civ. Del. IV, 8, 25 vol. I. p. 146 ed. Strange.
« Vgl. Plin. N. H. XVIII, 2.
— i7 —
geftigt werden. Der Segesta reiht sich zunächst eine britannische
Quell- und Badgottheit an^ da bei ihr. genau dasselbe Verhältniss ob-
waltet; wie bei dem oben mit aufgeführten britannischen Apollo Ma-
ponus: diese Gottheit ist
2. Sulis — Sulis Minerva — Aquae Sulis. Das Itine-
rarium Antonini^ führt nämlich einen Ort auf^ welcher in der ge-
wöhnlichen Lesung mit ^Aquis Solis^ bezeichnet wird. Während
Ptolemaeos^^ ihn einfach vdata i^s^fiu, aquae ealidaC; nennt^undman
denselben längst in dem heutigen durch seine heissen Quellen^ wie
durch seine zahlreichen römischen Alterthümer bekannten Badeort
Bath erkannt hat, stand die unverfUschte Schreibung seines Namens
noch nicht fest. Da unter den Handschriften des Itin. Anton, die
zweite Hand des dem VIH Jahrhunderte angehörigen codex Vindo-
bonensis (L) und der mit ihm eng verwundte Remensis (I: praefat.
p. XVII), sowie der mit ihm meist tibereinstimmende Vaticanus 1883
(N: praefat p. XX) jedoch „Aquis Sulis^ bieten, so ist bereits
von E. Hühner^® auf diese' Leseart als die allein richtige hingewie-
sen worden, zumal nun, auch die inschriftlichen Zeugnisse die-
selbe evident und überraschend bestätigen. Ganz abgesehen davon,
dass, wie Hübner bemerkt, „Aquae Solis^ schon mythologisch ganz
unwahrscheinlich ist (denn die ^quae Apollinares^ bei Vicarello in
Italien können bei der ganz verschiedenen Beziehung des Apollini-
schen bei ihi er Benennung gar nicht verglichen werden): liegen näm-
lich sechs inschriftliche Votivwidmungen aus Bath vor, von denen
drei einer DEA SVLIS (denn also lautet der Nominativ zu dem
gleichlautenden Genitiv und dem Dativ SVLI dieser Inschriften)
schlechthin, drei andere aber einer DEA SVLIS MINERVA ge-
weiht sind^': der englische AlterthumsforscherLysons^ hat daher, wie
Hübner bemerkt, den Namen der Göttin mit den ,, Aquae Sulis^
zusammengestellt und allerlei etymologische Versuche daran geknüpft.
Dass es dieser nicht bedarf, erheUt aus unserer ganzen Erörterung,
wonach einerseits bei der evidenten Uebereinstiinmung der besten
handschriftlichen und inschriftlichen Urkunden über den Namen der
„Aquae Sulis^ ebensowenig Zwdfel mehr sein kann, wie anderer-
« p. 486,. 3 ed. Wesseling; p. 233 ed. Pinder u. Parthey.
47 p. 73, 16 ed. Tanchnitz.
^ Rhein. Mus. f. Phüol. N. F. XIV S. 349.
49 Lysons Reliquiae Britannico-Komanae (London 1813. fol.) vol. I. Tab. X,
1, 2, 3, 4; Tab. VI, 6; XIU, 2. Orelli 2052. OrelH-Henzen 5914.
50 Lysons vol. I. p. 9. not. c.
- 18 -
seitB darüber; daM jene ^Aqaae' ganz und gar nach Analogie der
meüten rorerwähnten Badeorte ebendiesen ihren Namen von ihrer
einheimischen keltischen Sehntegottheit erhalten haben. Oans beson-
ders bemerkenswerth ist nun aber die Identifimrung denelben mit
der römischen Minerya, wie sie in drei Inschriften klar yorliegt.
Es würde hier zu weit führen, das Wesen der keltischen Belisama,
welche die Bömer wol zunächst mit ihrer Minerva identifizirten,
sowie anderweitige Identifizirungen keltischer Göttinnen mit ebender-
selben^ insbesondere mit Rücksicht auf Caesar b. g. VI, 17, näher
zu erörtern; eine bemerkenswerthe Thatsache dagegen darf nicht
übersehen werden, das unzweideutige Zeugniss nämlich, welches da-
rüber vorliegt; dass, bei dem allmähligen Untergange der alten kel-
tischen Götterwelt und dem vollständigen Siege der Götter Roms,
auch in Bath die einheimische Sulis zuletzt ganz und gar der ro-
mischen Minerva gewichen ist, unter deren Schutz sodann alle jene
Heilquellen kamen. Es berichtet nämlich C. Julius Solinus^ bei sei-
ner Beschreibung Britauniens: ,,CircuitUB Britanniae quadragies oc-
ties septuaginta quinque milia (passuum) sunt In quo spatio magna
et multa flumina, fönt es calidi opiparo exculti apparatu ad usus
mortalium: quibus* fontibus praesul est Minervae numen,
in cuius aede perpetui igues numquam canescunt in favillas, sed ^bi
ignis tabuit, vertit in globos sazeos.^ Die zuletzt erwähnte Thatsache
von einem ewigen Feuer scheint auch einem Chronisten des 14. Jahr-
hunderts bekannt gewesen zu sein, welcher dasselbe in einen dem
Apollo und der Minerva geheiligten Tempel versetaf . Ueberhaupt
dauerte die Bedeutung und Frequenz des Badeorts Bath sicherlich
unter lebendiger Bewahrung der lokalen Traditionen durch das ganze
Mittelalter fort^ wie ausser den mannigfachen Restaurationen der dor-
tigen Thermen von geistlicher und weltlicher Seite, sowie den Bad-
besuchen selbst der königlichen Familie ^ insbesondere noch ein Be-
richt aus dem Jahre 1671 mit den Worten meldet: „Illnc omnis ge-
neris omnisque conditionis viri foeminaeque, sanitatis, imo delitiarum
causa tota ex Britannia confluunt.^^^
Auf dieselbe britannische Dea Sulis bezieht sich vielleicht auch
ein auf der Tab. PeutiQg. segm. I. A. in dem Gebiete der Britannien
" G. Julii Solini polyhistor ed. Salmas. (Piinianae fixerdtt.)» Utrecht 1689,
fol. cap. XXII. p. 31.p. 114 f. ed. Th. Mommsen.
» Lersch a. a. 0. S. 29.
.s3 Lersch a. a. 0. S. 161 n. 165.
^ Lersch a. a. 0. S. 204.
- 19 -
ge^nüber auf der Westküste Frankreich wohnenden Veneti einge-
zeichneter Ort Sulim^ welchen d'Anville**Suli8nenntund Wale ke-
naer** nach Hennebon in Morbihan verlegt: ein Ort, der nach Pa-
tisBier'^ Mineralquellen enthält ; ob aber auch römische) Alterthümer;
ist nicht bekannt. Diesen beiden Gtöttinnen reihen sich am besten
zwei schon genannte göttliche Begleiterinnen des ApoOo an.
3. Damona: sowohl auf den beiden zu Bourbonne-les-Bains als
den drei zu Bourbon-Lancy gefundenen Votivaltären des Bormo oder
Borvo ist diese Göttin mit Ap^ollo zu einem Qötterpaare verbunden,
so dass wol aus der Natur und dem Wesen ihres (Begleiters auf ihr
eigenes Wesen ein Schluss erlaubt ist, wie dieses auch bei andern
ähnlichen Götterpaaren aus der römisch-keltischen Mythologie nahe-
gelegt ist. Bemerkenswerth ist bei diesen Votivinscbrifien no'ch, dass
eine derselben einen G, Daminius Ferox, civis Lingonus, zum
Stifker hat, dessen Namen so sehr an den der Damona anklingt,
dass eine Art besonderen Namenspatronatsverhältnisses vorzuliegen
scheint ^^. Derselbe Wortstamm liegt übrigens offenbar audi den
keltischen Personennamen Dama, Damo und Damio zu Grunde ^^
4. Sirona. Wie Damona mit (Apollo) Bormo oder Borvo, so
ist auch Sirona auf vier der obenerwähnten Volivaltäire des
Apollo Grannus mit diesem zu einem Götterpaare verbunden und
darf desshalb wol ebenfalls als eine wohlthätige Heil- und Quellgott-
heit angesehen werden. Bestätigt wird dieses ganz besonders durch
eine vor nicht langer Zeit in dem obenerwähnten Badeort Luxeuil
(Luxovium) aufgefundene Votivinschrifk, welche ebenso wie eine an-
dere von der unten zu erwähnenden Quelle beiNiersteiu; vielleicht
auch eine dritte aus Graulx bei Soulosse in Frankreich, nur dem
Apollo allein ohne weitere B^amen und der Sirona gewidmet ist:
auch diese beiden Fundstätten und diese Zusammenstellung der Si-
rona mit dem römischen Heilgotte kann nur die jener Göttin beige-
legte Bedeutung bekräftigen. Dass aber, wie auch wol bei der
Damona, diese Bedeutung weniger eine locale, an dne bestimmte
Heilquelle vorzugsweise geknüpfte, sondern vielmehr, wie bei Bormo,
» Notice p. 622«
w Ööogr. m. p. 58.
^v Manuel des eaoz minörales de la France p. 557,
5» Vgl. Orelli-Henzen 5880. Zeitschrift f. d. Alterthnmsw. 1845 S. 56 und
1851 8. 119 ff.
59 Vgl. Wiener Jhrb. 1846. CXVI. Anzbl. S. 59. Stuart Gaiedonia Romana
tab. y. 5 p. 192. Overbeck Katalog des Bonn. Mus. S. 73 n. 146. Fabrett.
p. 465, 96. Ballet. delF inst arch. 1848 p. 110. Orelli 1658.
2*
— 20 —
eine allgemeinere war; dafbr zeugen überdiess noch sieben
weitere Votivinschriften^ welche nicht nur der Dea Sirona allein
gewidmet sind; sondern auch durch ihre Auffindung in dem weiten
Gebiete von Bretten in Siebenbürgen bis lief nach Frankreich hinein
zugleich genugsam die weite Verbreitung ihres Cultus und damit
sicherlich auch die allgemeinere Bedeutung ihres Wesens beurkun-
den^. Der Damona und Sirona «chliesst sich zunächst an die
5. Divona^ jene berühmte Quelle zu Burdigala (Bordeaux)^
welche man jetzt in der Quelle von Fondaud^ge zu sehen glaubt:
bekannt ist das hohe Lob, welches ihr Ausonius gegen Ende des «
vierten Jahrhunderts spendet**:
Salve fons ignote ortu^ sacer, ahnC; perennis,
Vitree^ glauce^ profunde^ sonore, illinis^ opace;
Salve urbis genius; medico potabilis haustU;
Di von a Celtarum lingua fons addite Divis,
und an Güte über die Wasser des Aponus und Nemausus stellt
Burdigala gehörte bekanntlich zu dem Gebiete der Bituriges Vivisci,
während auch die Hauptstadt der Cadurci, das jetzige GahorS; gleich-
falls Divona hiess*^. Ausser den vorgenannten Quell- und Badegott-
heiten lassen sich noch einige andere Göttinnen mit fast gleicher
Sicherheit demselben mythologbchen Kreise einreihen. Zuvörderst
ist aus diesen
«0 Vgl. Bonner Jahrb. XX. S. 108 f. XXYII. S. 80-82. OrelU-Henzen Ind.
8. V. p. 38.
" Clar. urb. XIV, 29 ff.
<> Vgl. Forbiger a. a. 0. III. S. 165. Ghandmc de Crazannes in Rev ar-
ch6o]. 1841 p. 165—170. Greppo p. 113 f. Mit Unrecht verlegt Lersch a.a.O.
S. 15 f. die Qnelle Divona nach Bagnöres-de-Lnchon, dessen Badegottheit Lixo
oben von uns nachgewiesen wurde. Zur Divona fons mag hier noch die Ura
fons verglichen werden, welcher ein auf dem rechten Ufer der Yidourle bei
der alten Stadt Ambrussium im Garddeparrement gefundener Votivaltar geweiht
ist, der sich jetzt im Museum der Stadt I^imes befindet und in der Mitte der
Vorderseite einen mit der patera libirenden verschleierten Priester zeigt, ober-
und unterhalb dessen die Inschrift
AVGVST
LARIBVS
CVLTORES VRAE
FONTIS
verthdlt ist. Diese üra fons ist bald auf die Vidourle selbst, bald auf den
Baoh Etire, dessen Wasser ehemals mit der Quelle Airan nach Nimes geleitet
waren, bald auf die fontaine d*Urre bei Uzte unweit Nimes gedeutet worden:
vgl. Annales encyclopediques tom. III. (1818) p. 271. Greppo p. 213. Boissieu
Insc. de Lyon p.49 n. XXXII. Gomarmond descript. du musöelapidaire de Lyon p.351
n.587 pl.IXn.587. Catalogue du mus.d. Nimes p. 71. Annal.deir inst. arch.l8ö3. p.58.
- 2i —
6. A c i o n n a henrorzuheben, welcher die nachfolgende VotiTin-
Schrift einer quadratischen Platte gewidmet ist, die bei den Ausgra-
bungen der Fontaine de l*Etuv^e zu Fleury unweit Orleans zu Tage
gefördert wurde ••:
AVG . ACIONNAE
SACRVM
CAPILLVS ILLIO
MARI.F.PORTICM
CVM SVIS ORNA
MENTIS.V.S.L.M
Uebereinstimmend sehen alle Erklärer dieser Inschrift in der AGI-
ONNA die Göttin der Quelle de TEtuv^e selbst : eine Ansicht, welche
insbesondere durch die Vergleicbung der einen zu Neris-les-Bains ge- ,
fundenen und dem NERVS gewidmeten Inschrift eine grosse Stütze
erhält. Beide Inschriften beurkunden die Errichtung einer Säulen-
halle d. h. einer eleganten (cum suis ornamentis) Trink- und Spa-
zierhalle für die Kurgäste um die betreffenden Heilquellen von Sei-
ten genesener und daher gegen die Quellgottheit dankbarer Bade-
gäste; wie zu Neris-les-BaipS; so wird demnach also auch hier die
4iarüber sprechende Votivurkunde der wohlthätigen Gottheit selber
gelten. Wie Acionna darf dann auch wol
7. Blandaftir die Mineralquellen des auch durch anderwei-
tige Inschriftenfunde ^ bemerkenswerthen Belley (Belicensis vicus)
im D^artement de TAin als Schutzgöttin und Vorsteherin mit gutem
Ghrmde vermuthet werden. Es liegt für diese Vermuthung bis jetzt
freilich nur eine einzige im dortigen Präfekturgebäude aufbewahrte
inschriftliche Urkunde vor, welobe Greppo p. 182 also mittheilt:
D. BLANDE
CAESU . RV
FINA.PRO.SA
LVTE . BELLI
RVFI ANI . FIL
EX.V
» Vgl. B. Stark Stfidteleben , Kunst und Altertham in Frankreich, Jena
1855, 8. S. 618. M^m. et dissert d. l. soe. d Antiq. d. France, VIT praef.
p. 99 and XI (1885) p. 391. de Wal Myth. sept. mon. epigr p. 8 n. X. Has6e
d'Orleans: explication des tableaux, antiqaitto etc. Orleans 1851 p. 186.
Greppo p. 267 f.
^ Reines. Synt. p. S09. OCXYI. GCXVIL Orelli 1898.
- 22 -
Zu dem Namen der GOttin, der vielleicht eine Zusammenziehong
au8 Belanda ist und damit an den oben erwähnten BelenuB, den
Nf^men des Belicensis vicus selbst^ die gallische Völkerschaft der
Belindi und andere Bildungen ähnlicher Art erinnern würde, lassen
sich aber zunächst der Namen der hispanischen Stadt Blandae bei
Plin. N. H IIT, 3, sowie ein Helvetier Blandus Vindaluconis filius
bei Mommsen Insc. Helv. 290 vergleichen. Wie Blanda^ so dürfte
weiter auch
8. Du na als Quellgöttin in einer von zwei Votivinschriften auf-
zufassen sein^ welche^ zu Bouhj zwischen St. Amand und £ntrs^ins
gefunden, dem MAKS BOLVINNVS gewidmet sind» Während
nämlich dieser Gott einer der zahlreichen gallischen mit dem römi-
schen Mars identifizirten*^ Kriegsgötter, zugleich aber als die Local-
gottheit des dem Fundorte Bouhy benachbarten Dorfe Boulin nicht
zu verkennen ist, wird die mit ihm gepaarte Duna sicherlich als
Vorsteherin der, wie LeBlant hervorhebt, den Römern wohlbekann-
ten Mineralquellen von Bouhy mit allem Bechte anzunehmen
sein. Der Duna schliesst sich endlich an
9. Meduna und 10. Devercana, beide durch einen kleinen
in dem rheinpreussischen Badeort Bert rieh gefundenen Votivaltar
beurkundet*»^ und vielleicht als Vorsteherinnen dortiger Quellen ver-
ehrt:
DEVERCANE
ET MEDVNE
L.TACCITVS
V.S.L.M
Zur Vervollständigung dessen, was bereits oben über diejenigen
römischen und griechischen Gottheiten angedeutet worden ist, welche
noch ausser und neben dem ersten und vorzüglichsten Heilgotte
Apollo bei der im Laufe der Zeiten immer gewaltigem Ueberwucht
des Glaubens der siegrdchen Eroberer über die Götterwelt der be-
siegten Kelten an die Stelle der einheimischen Quell- und Badegott-
heiten getreten sind, erscheint es nicht unangemessen, einige Bemer-
kungen über Hercules, Aesculapius und Hjgia, sowie ins-
besondere über Diana als Badevorsteherin beizufügen. Mit Becht
<5 Vgl. de Canmont Ballet monum. vol. XX (1854) p. 252. La Blant In-
seriptions chrötiennes de la Gaule, Paris 1866, 4. L p.28. Bomier Jahrb. XXIX
XXX. p. 171 f.
«« Rhein. Mus. f. Philo!. N. F. XVH. S. 18. A. 7.
^ Bonner Jahrb» XXYIU. a 109. XXIX XXX. S. 78-82. u. 170.
- 23 —
wird unter diesen Hercules als die personifizirte gewaltig^ Natur-
kraft sei sie neptunischer oder vulkanischer Art vorangestellt^ zumal
sich diese doppelte Art der Naturwirkung grade in der Mineral- und
Heilquelle so offenkundig dokumentirt. Aus diesem Grunde waren
vorzugsweise alle heissen Quellen ihm geweiht und nach ihm be-
nannt: seine Tempel erhoben sich allenthalben bei denselben und er
selbst wurde als Hercules salutifer Heilgott wie Apollo ^^. Nicht
minder grade bei den Heilquellen und wiederum insbesondere bei den
warmen verehrt erscheint Aesculapius mit seiner göttlichen Be-
gleiterin Hygia: auch ihre Tempel und Bilder^ sowie die ihnen zur
glücklichen Genesung (pro salute) Erkrankter geweihten Votivaltäre
fanden sich bei vielen Heilquellen durch das Bömerreich ^^^ so insbe-
sondere auch in unseren Bhein- und Mainlanden ^ in welchen der
Sauerbrunnen bei Godesberg unweit Bonn gleichfalls als Fundort
einer beiden Gottheiten geweihten Votivinschrift bekannt ist'^. An
Hjgia schliessen sich zunächst die in zahlreichen inschriftlichen Ur-
kunden überlieferten Nymphae^ über welche bereits oben ebenso
wie über die an die Stelle der Dea Sulis getretene britannische
Minerva gesprochen worden ist Es erübrigt sonach noch Diana
in ihrer besondem Beziehung zu Heilwassem einer kurzen Betrach-
tung zu unterziehen und namentlich die wenigen Spuren zusammen-
zustellen^ welche auf ihre Verehrung an Mineralquellen Galliens und
vor allem der Bhein- und Mainlande hindeuten. Wie Artemis^ so
wurde auch Diana^ die göttliche Vorsteherin der Waldgebirge und
der Jagd^ bei den Quellen verehrt; gleich dem Sonnen- und Quellen-
heilgott Apollo^ wurde wol auch sie als Göttin der Nacht, des in
den Quellen sich spiegelnden Mondes , als SchÜtzerin der dieselben
umgebenden Waldungep in enge religiöse Beziehung zu jenen ge-
bracht'^ Schon oben ist der Fund- einer Statuette der Diana zu
Neris-les-Bains erwähnt worden: ein ebenso unverkennbares
Zeugniss ihres nahen Verhältnisses za den dortigen Quellen , wie zu
L^omont im Departement de la MeurthC; woselbst sich bei einem
Gehölze eine Quelle findet, welche der localen Tradition nach der
Diana geheiligt gewesen sein soll: eine Ueberlieferung , die sich
evident durch die Auffindung einer Anzahl Medaillen von Blei
^ Vgl. Lersch a. a 0. S. 16 n. 230.
M Vgl. Lersch 8. 27-29.
^ Steiner ood. insc. Rom. Danub. et Rhen. n. 1006.
" Vgl Lersch 8. 82. 230.
— 2* -
mit dem Bilde dieser Göttin bestätigt hat^'; es bilden diese
Medaillen eine der zahlreichen Sorten von Heilgaben ex voto^ die
man nach erlangter Genesung zum Danke in die Quellen zu werfen
pflegte '3. — In gleicher Weise wie in dem innem so treten aber
auch die Spuren dieser Dianenenverehrung bei den Mineralquellen
auch in dem rhein- und mainländischen Gallien herror. Zunächst ist
hier das römische Bad zu Badenweiler im Schwarzwalde als
Fundstätte von zwei theilweise leider bruchstücklichen Votiv-
inschriften zu bezeichnen '^\ deren eine einem wohlerhaltenen Votiv-
altare angehört, welcher sich vor der geöffneten Vorderseite der
Mittelhalle (vestibulum); die von den Höfen aus in das einst gross-
arlige Badegebäude filhrt, noch jetzt befindet, ganz charakteristisch
demnach den Eintretenden sogleich die Schutzgöttin und Vorsteherin
der • Heilbäder vor Augen stellte: es war dieses Diana Abnoba.
Die Dea Abnoba ^^ war bekanntlich die göttliche Personification
des Sch,warzwaldes (mons Abnoba), woraus sich einerseits ihre Iden-
tifizirung mit Diana, andererseits deren Verehrung im römischen
Badenweiler leicht erklärt Die Ausdehnung des Schwarzwaldes
durch das ganze heutige Baden lässt es weiter sehr natürlich finden,
dass dieselbe Diana Abnoba auch. in der Hauptstadt desselben, bei
den berühmten Quellen von Baden-Baden, gleichfalls ihre Ver-
ehrung gefunden habe, wie eine im Sommer d. J. 1845 dort zu Tage
geförderte 2" hohe Statuette von Erz genugsam beurkundet, welche
eine Diana und ohne Zweifel eine Diana Abnoba vorstellt, wie
sie eben den Bogen spannt ^^. Dieselbe Verdrängung der einheimi-
schen Localgottheit durch Diana liegt ferner auch bei dem rhein-
preussischen Bade Ber trieb vor, dessen vennuthliche Vorsteherinnen
Devercana und Medui^a oben besprochen worden sind. Ebendort
in der Bonbeuemer Flur, einem Abhänge, an welchem sich in etwa
0 I
30' Länge die Grundmauern eines Gebäudes hinziehen, wurde näm-
lich i. J. 1860 eine V/2' hohe Figur der Diana aus feinem aläbaster-
,T2 Vgl Alfred Maury in Rev. archöolog. N. 8. I (1860) p. 59 not. 7 nach
L^page le d^partement de la Meurthe IL p. 291 f.
73 Vgl. über diese Heilgaben (stipes) in Quellen, Flüssen, Seen ausser Lersch
S. 43-49. Becker-Marquardt Rom. Alterth. IV S. 157 A. 920. .
7* Vgl. H. Leibnitz Die römisohen Bäder bei Badenweiler im Schwarstwald
Leipzig 1855 S. 11 und Taf. II fig. 1. Steiner a. a. 0. 845 u. 846.
75 Vgl. OrelH 4974. Fiekler Die Donanquellen und das Abnobagebirge der
Aiten, Carlsruhe 1840, S. 86. A. 58. Fröbner Die. grössherzogl. Sammlung
vaterländischer Alterthümer zu Carlsruhe (1860) S. 16 n 39.
T6 Vgl. Ph. Rappenegger Aurelia Aqueusis, die Stadt Baden als römische
Niederlassung, Mannheim 1853, S. 91, n. 10, 2.
— 25 -
ähnlichem Marmor g^nden^ neben welcher die Hindin herläuft^
die von dem an ihr aufspringenden Hunde so eben ereilt wird: die
Göttin^ mit dem Köcher auf dem Bücken (der rechte Arm^ welcher
den Bogen hielt; fehlt), in dem ärmellosen dorischen Chiton, ist als
rasch dahin eilende Jagdgöttin dargestellt^^. Da diese Figur der
Göttin, ohne sonderlich feine Ausfuhrung fabrikmässig gearbeitet,
ohne eigejitlich künstlerischen Werth ist, in den rheinischen Bömer-
ansiedlnngen aber Darstellungen der Diana überhaupt als selten
bezeichnet werden müiteten; so ist ihr Vorkonmien in dem kleinen
Bömerbad offenbar daher zU erklären, dass die fragliche Figur ohne
Zweifel als Bild der Badevorsteherin auf öffentliche Kosten in irgend
einer gallischen Fabrik bestellt und in der Nähe des Hauptbadege-
bäudes errichtet worden ist — Eine vierte unzweideutige Spur der
Verehrung der Diana als Badevorsteherin findet sich endlich in
der Vita S. Bemacli c. 12, woselbst von einer Wandeiling des Hei-
ligen in dieArdenaen also berichtet wird: ^Warchinnam rivulum
accedit, invenit illic certa indicia loca' illa quondam idolatriae fuisse
mancipata. Erant illic lapides Dianae et id genus portentosis no-
minibus inscripti vel effigies eorum habentes; fönt es etiam homi-
num quidem usibus apti, sed gentilismi erroribus poUuti atque ob id
etianmum daemonum infestationi öbnoxii.^ Die j^lapides Dianae por-
tentosis nominibus inscripti^ und die „effigies^ beziehen sich sowohl
auf Bilder der Diana und anderer römischen Gatter, als auch auf
Votivaltäre mit und ohne solche Bilder. Die .Diana aber, welche
hier bei den Heilquellen verehrt wurde, war ohne Zweifel die Diana
des Ardennenwaldes (Arduenna) selbst. Wie nämlich der oben er-
wähnte Schwarzwald bei den Anwohnern als Dea Abnoba vergött-
licht wurde, so der Ardennerwald als Dea Arduinna, deren Denk-
mäler zum Theil gerade am Rande desselben gefunden wurden ^^.
Gleich der Abnoba aber wurde auch Arduinna gradezu mit Diana
identifizirt alsDiana Arduinna und sie ist es, welche in der oben-
erwähnten Stelle der Vita S. Bemacli gemeint wird. — Aus dieser
göttlichen Funktion der Diana als Quell- und Badevorst^herin, wie
sie in den vorerwähnten wenigen, aber unzweideutigen Spuren vor-
liegt, erklärt sich denn auch zur Genüge, wie sie nicht blos als eine
Vt^aldgöttin „Diana nemorensis^, sondern gradezu auch als eine
j^regina undarum^ bezeichnet werden konnte, wie es auf einer
Inschrift aus den „Aquae Jasae^ dem heutigen Warasdin in
Siebenbürgen, bei Gruter p. XXXIX, 8 geschieht.
" Vgl. Bonner Jahrb. XXVIII. S.108 f. XXIX. XXX. 8. 78 f.
T8 Vgl. Bonner Jahrb. XXIX XXX. S. 64—77.
- 26 -
IV.
Bheinländisohe Heilbäder und Mineralquellen in
Bömerseiten.
Wiewohl in der yorau%ehenden ZuBammenstellnng der Torzags-
weise in Gallien nnd seinen rheinischen Vorlanden verehrten Quell-
und Badegottheiten sowohl keltischen als römischen Glaubens bereits
mehrfache Veranlassung gegeben war, die vornehmsten theilweise
offenbar schon vor der römischen Occupation von den Ureinwohnern
benutzten Heil- und Mineralquellen; sowie die dabei entstandenen
Ansiedlungen zu erwähnen: so dürfte es doch zur allseitigen Vervoll-
ständigung dieses kleinen Beitrages zur Ui^eschichte der rheinischen
Bäder nicht unerwünscht sein, auch diejenigen Heilbäder in Kürze
aufzuführen, welche oben keine Erwähnung gefunden haben. Zuvör-
derst — um bei dem Oberrheine zu .beginnen — sind hier die bei-
den Baden, sowie das schon berührte Badenweiler nebst dem
ebässischen Niederbronn. voranzustellen.
1. Baden im schweizerischen Canton Aargau war, wie man aus
Tacitus ^' ersi^t, ein bei den dortigen ohne Zweifel schon von den
Ureinwohnern viel benutzten Quellen, erwachsener Ort der Hei vo-
tier, bei welchen die Römer ein Standlager errichtet hatten, dessen
obligater Tross (canabenses) mit den Einwohnern allmählig (longa
pace) zu einem Städtchen erblühte, das bereits die Formen eines
römischen Municipiums angenommen hatte, als das in den Militärun-
ruhea nach Nero's Tod eingetretene Missverhältniss zwischen den
Helvetiern und dem in Obergermanien commandirenden Caecina letz-
teren veranlasste das Städtchen im J. 72 n. Chr. zu zerstören. Spä-
ter wieder hergestellt und durch eine der Isis gewidmete Votivin-
schrifi aus Wettingen bei Baden als vicus Aquensium beurkundet^,
wlag es ohne Zweifel in den Zeiten des sinkenden Keiches den das
Zehntland überschwemmenden Alamannen und findet sich selbst 1110
noch in diesem Zustande. In den Jahren 1344 und 1388 wurde es
v9 Caecina belli avidas proximam qaamque culpam anteqoam poeniteret.
ultom ibat: mota propere castra, vastati agri (Helvetiorum), direptus longa
pace in modüm munioipii exstructas locus, amoeno salabrium
aqaarnm usu frequens* Tacit. Hist. L c. 67.
^ Vgl. Orelli 457. Mommsen Insc Helv, 241.
- 27 —
wiederholt verwftstet^ erhob sich aber dann^ wie m scheint^ rasch 2U
einem Badeorte, in welchem man i. J« 1480 an SOOO Kurgäste zählte.
Ausser obigen und andern Inschriften wurde der längere Aufenthalt
der lUkner dortselbst schon ums Jahr 1420 durch bemerkenswerthe
Funde von Erz- und Goldmünzen, Hausgeräthe, Statuetten, Bingen
und Würfeln bezeugt, welche Fundstücke zum grossen Theile als
Heügaben in den Quellen selbst gefunden wurden ^^ Würfel be-
ziehen sich dabei bekanntlich auf die den Quellen zugeschriebene
weiseagerische Kr^ft
2. Badenweiler im badischen Oberrheinkreis ist schon oben be-
rührt worden. Seine noch jetzt grossartigen Badesubstruktionen ge-
hören zu den besterhaltenen von allen römischen Bädern in Germa-
nien, nehmet eine Fläche von 126 Quadratruthen ein und waren
seit langem ergiebig an verschiedenartigen Fundstücken, wie Löffel-
eben, Glöckchen, Haften; Schnallen, Ohrgehängen, Lampen, Gläsern,
Thonwaaren, die nur zum Theil als Heilgaben (stipes) angesehen
werden können; viele dieser Gegenstände gehörten auch dem Bad-
gebrauche selbst an. Ausser den beiden obenerwähnten Votivaltären
der Diana Abnoba ist weitaus der interessanteste Fund ein silber-
nes Amulettäfelchen mit mystischen Formeln, dergleichen auch
anderwärts in Quellen .gefunden wurden und in dieselben unter aber-
gläubischer Anrufung von Dämonen zur Abwehr von Uebeln, Erhaltung
der Gesundheit oder ähnlichen Zwecken hineingeworfen worden wa-
ren ^^ Dieses Täfelchen gehört der Zeit des sinkenden Beiches an
und dürfte somit die fortdauernde Benutzung dieser Bäder bis ins
4. Jahrhundert bezeugen, womit auch die Beihenfolge der dort zu
Tage geförderten 64 Bronze-, 21 Kupfermünzen nebst mehreren sil-
bernen und einer goldenen Philipps des Macedoniers zusammentrifil,
81 Mommi^en a. a. 0. 240-244. liersch S. 26. 47. J29. 148. 167. 172.
^ Schon langst vor der A* 74 erwähnten Schrift von Leibnitz sind die
Badesobstmotionen von Badenweiler von A. G. Preuschen Denkmäler von alten
phisischen und politischen Bevoluzionen in Deutschland, besonders in Rhein-
gegenden (Frankf. a.M. 1787. 8) 8.97—288 und ihre Fundausbeute ausführlich
besprochen worden. Zu dem dort S. 209 ff. eingehend behandelten zehnseiligen
Inhalt des Silberplättchens sind die in den Bädern von Am^lie-les-Bains (Rev.
arch^olog. IV. annöe I. part. 1847. p. 409—414. pl. 71. n. 1—8) gefundenen
Bleiblättohen, weiter das Silberplättchen von Poitiers (Beiträge zur vergleichen-
den Sprachforschung von Kuhn und Schleicher III) 2« S. 170, n. 14. S. 175 ü.
212. lY, 1. S. 160 f., sowie die gnostischen Amuletsteine (llonatsberichte der
Berliner Akademie 1855. Nov. 9. 701 f. Rev. arch^olog. IIL annöe. I. part. 1846.
p. 260. H. Monin Monuments des anciens idiomes gaulois, Paris et Besan^^n
1861, 8. p. 25. 27 f. 182 f.) zu vergleichen.
— 28 -
indem aie mit Claudius in der Mitte des ersten Jahrhunderts be-
ginnen und mit Constantin d^m Grossen aufhören^'. Welchen Na-
men die Ansiedlung bei den wol mehr von den Umwohnern und zu-
gereisten Kurgästen; als von dem römischen Militär benutzten Quellen
gehabt; ist in tiefes Dunkel gehüllt; da nur spärliche inschriftliche
Urkunden bis jetzt dort zu Tage getreten sind^.
3. B a d e n im badischen Mittelrheinkreise war von uralten Zeiten bis
in unsere Tage der bevorzugte Badeort der eleganten und vornehmen
Welt Wie die Quellen bei Badenweiler; so sind ohne Zweifel auch
die von Baden den Römern i>ei der Occupalaon des sog. Zehntlandes
(agri decumates) d. h. des Gebietes zwischen Oberrhein und Ober-
donau ^^ bekannt und sodann alsbald ebenfalls Anlass zu einer An-
siedlung geworden; deren Anfilnge sicherlich unter Trajan fallen,
auf den' die älteste Steinschrift von Baden zurückweiset^. Diese
Ansiedlung erhielt wie überall in analogen Fällen den Namen
^Aquae^ und ist sodann der Mittelpunkt eines jener grössern
Gemeinwesen (respublica; civitas) geworden; welche die Böm'er durch
ganz Gallien organisirt haben. Besonderer Gönner und Beförderer
scheint dann auch Hadrian gewesen zu sein und unter ihm wol
bildete sich die Badestadt „Aquae^ als Hauptort einer auf einer
Inschrift vom Jahre 197 n. Chr. ^ genannten ;; Respublica Aqu e n -
sium^^ heraus ; die ihre Blüthe aber; wenn nicht Alles trügt,
unter M. Aurelius Antoninus Caracalla (um 213 n. Chr.) erreichte;
welcher auf seiner Bheinreise o.ffenbar auch dort verweilte und das
von ihm allwärts geförderte Badeleben in neuen Au&chwung brachte.
Von ihm 'nahm jetzt die ganze Civität; deren Mittelpunkt die Stadt
;;Aquae^' war; den Beinamen Aurelia an und erscheint demnach
aufsog. Meilenzeigem der von ;;Aquae^^ ausgehenden Hauptstrasse
vom J. 213 — 222 als ;;Civitas Aurelia Aquensium"^, Dass
^3 Die bezüglichen MCitizen von Claudias, Vespasian, Trajan, Hadrian und
den Antoninen s. bei Prenschen S. 187 £f.
^ Das OIVIT. VV auf einem GeflKssdeckel bei Preuschen S. 183, 14 u. 19S
(Steiner 848) kann bei seiner Rftthselhaftigkeit nicht in Betracht kommen.
w Vgl. Tacit-Germ o.,29.
86 Vgl. Pröhner a. a. 0. n. ÖO.
»» Fröhner n. 61.
«8 Vgl. Fröhner a. a. 0: n. 72. 73. 74. 76. 76. Lersch S. 130. Wie diese
civitas Aquensinm, so nahmen sicherlich damals noch andere Orte des Zehnt-
landes den gleichen ehrenden Beinamen von Caracalla an: dahin gehört offen-
bar auch der vicus Aurelius., das römische Geh ringen in Wtirtemberg,
wie eine i. J. 1861 dort aufgefundene Steinschrift ausd. J.2dd n. Chr. dargethan hat:
vgl. Th. Mommsen in E. Gerhards Arch&olog. Anz. 1861. N. 154. l&ö. S. 380.»
- 29 -
die locale Tradition von dem an die Namen der Kaiser Hadrian
mid Caracalla sich knüpfenden Aufschwung der dortigen "" Bäder
selbst durcli das ganze Mittelalter sich erhielt, bezeugt eine Schen-
kungsurkunde aus dem Kloster Weissenburg im Elsass aus dem
Jahre 676, in welcher der König Dagobert IL vergabt: ^^balnea
illa trans Bhenum in pago Aucicensi sita, quae Antho-
nius et Adrianus quondam imperatores suo opere aedi-
ficaverunt^'^^ Die meisten Forscher haben hier ohne Zweifel
richtig in dem ^^Anthonius^^ den Antoninus Caracalla erkannt^.
Es bedarf keiner besonderen Erwähnung, dass seit langer Zeit eine
bis in die jüngsten Tage herab fortgehende Aufdeckung zahlreicher
Beste aus dem römischen Baden ein lebendiges Bild der einstigen
Bhithe dieses Badeorts vor Augen stellen. Umfangreiche Mauerreste
und Sübstruktionen von Bädern und Oebäuden, G-rabsteine von
Militär- und Civilper^onen, Legionsziegelstempel, Beliefs, Votivaltäre
und Münzen ' zeugen noch jetzt von der bürgerlichen und militäri-
schen Bedeutsamkeit des Orts: insbesondere weiset ein d^n Ootte
Neptun von einer Schifiergüde (contubernium nautarum) gewidmeter
Altar auf eine Lebhaftigkeit des Handels und Verkehrs auf der Oos,
Murg, Alb und dem Bheine hin, wie sie nur ein blühendes reiches
Leben und seine mannigfachen Bedürftiisse hervorzurufen vermögen ^^.
Wie Badenweiler erlag sicherlich auch die in Baden Jahrhunderte
lang blühende Cultur der alles zerstörenden .Wuth der anstürmenden
Alamannen, wahrscheinlich schon gegen die Mitte des 3. Jahrhunderts^^,
bis die vereinte Bemühungen christlicher Mönche und eines fränki-
schen Königes auch dort die Jahrhunderte hindurch in Trümmern
liegenden Cidturstätten einer untergegangenen Weh wieder zu neue-
rer Lebensentfaltung beriefen. Davon zeugt die obenerwähnte Weis-
senburger Schenkungsurkunde, welcher ein weiteres Zeugniss^ über
die Existenz Badens erst für das 11. Jahrhundert beigefügt werden
kann, wiewohl nicht zu bezweifeln steht, dass auch dieser Badeort,
wie das schweizerische Baden, sich eines grossen Zulaufs während
des Mittelalters zu erfreuen hatte. Der Namen „Bad derKüngen'^
»9 Mon. Boic 31 p. 1. Lersch p. 141. 160. Rappenegger a, a. 0. S. 3 f. 11.
^ Vgl. Rappenegger S. 4. .
9^ Rappenegger S. 12^26, woselbst die dnzeineD Kategorien der Fundstflcke
behandelt! sind: S.26— 35 Bind insbesondere die Inschriftenzasammengestell^,
womit Fröhner n. 2—5. 6. 8. 9. 11. 12. 14. 15. 37. 38 41. 42. 48. 60-63. 65.66.
70. 77. 78. 86—91 zu yergleichen ist.
92 Lersch S. 132 nimmt die ZerstOrimg gegen 234 n. Chr. an.
93 Vgl. Rappenegger S. 11.
- 30 -
nnd spftter im 13. Jahrhundert^ unter öBterreichiBcher Herrschaft^
^^Herzogenbad'^^ wenigstens weiset um so überzeugender darauf
hin; als auch Kaiser Friedrich III. auf einer Reise nach Strassburg
i. J. 1478; sowie sein Sohn Maximilian I. L J. 1517 dortselbst die
Heilquellen benutzten*. — Zum Oberrhein gehört endlich noch
4. der Salzbrunnen zu Niederbronn im ElsasS; dessen Be-
nützung durch die Römer dreihundert in denselben als Heilgaben
geworfene römische Münzen bezeugen^ welche i.'J. 1692 aufgefunden
wurden ••.
Weit zahlreicher; wenn auch im Ganzen wohl nicht bedeutender
als die Heilbäder am Oberrhein erweisen sich diejenigen Mineral- und
Heilquellen; welche den Römern am Mittel- und Niederrhein bekannt
und in Benutzung genommen wurden. Voranzustellen ist unter diesen
5. die im April 1803 wiederentdeckte Schwefelquelle zu Nier-
stein unweit Oppenheim oberhalb MainZ; bei deren Aufräumung die
römische Fassung derselben; Trümmer von Bauwerken; darunter eine
kleine SftulC; ein Becken ron Stein, Statuetten von gebrannter Erde,
nebst 14 Kupfermünzen aus den Jahren 86 bis 267 n. Chr. in der
Quelle selbst gefunden wurden. Üass die meisten dieser letzteren ein
frisches Gepräge aufzeigten und von runden Oypskugeln umgeben
wareu; weiset darauf hin, dass sie als Heilgaben (stipes) von Gene-
senen in die Quelle gelegt worden waren. Zugleich bekundet die
Reihenfolge; dass die Quelle wenigstens seit Domitian bis zu der
ftLr das ganze Rheinland so bedeutsamen Wiederherstellung der rö-
mischen Macht am Rhein durch Postumus im Gebrauche war. Zu
allen diesen Urkunden kommt nun aber noch die schon oben er-
wähnte Votivwidmung einer JuUa Frontina an Apollo den Quellen-
heilgott und seine keltische Begleiterin Sirona, welche Inschrift
dem rheinischen Alterthumsforscher Fr. Lehne Veranlassung gab;
die Quelle selbst als ;;8ironabad^' zu benennen '^ Der in einer
Urkunde Garlomanns v. J. 742 als Neristein zum erstenmale vor-
kommende Namen des nahen Nierstein gab ihm dabei zugleich
einen Anhalt au der im Hinblick auf die obenerwähnten doppelten
;;Aquae Bormonis'^ und ;;Aquae Segestae^' ansprechenden
^ Vgl. Lorsch S. 165, wenn anders Lersch hierbei nicht Baden-Baden
mit Baden bei Wien verwechselt.
>» Vgl. Lersch S. 172 a 186.
^ Lersch S. 47.
9* Vgl. Das Sironabad bei Niersteln n. seine Mineralquelle. Mainz 1827. 8.,
besonders S. 1—18 (Lehne Ges. Sehr. ED. S. 51— 68). Lersch 8. 48.
— 81 —
V^rmuthuBgy dase der Ort selbst wegen seiner Qndle ^^Aquae
Neri^; wie das römische Neris-les-Bains geheissen habe^. Zur Be-
gründung dieser Ansicht bedarf es vor AUem einer genauen sprach-
lichen Untersuchung der Bedeutung des ersten Theils des Namens
„Nierstein". Dieser Mineralquelle reihen sich nun weiter die
Heilquellen und Mineralwasser des Taupus und der angrenzenden
Lande an. Dahin gehört vor allem
6. Wiesbaden^ Mattiacum, Aquae Mattiacae^ dessen bereits
oben besprochene Quellgottheit ApoUo Toutiorix zur Hinwei-
sung'' auf die Entstehungsgeschichte der Badestadt^ des bei ihr von
den B4)mem errichteten Castells und die Ausbeute der Funde beider
Oertlichkeiten Veranlassung gegeben hat. Weit geringer noch als
zu Wiesbaden sind die Ergebnisse der Funde aus der Römerzeit in
der Badestadt
7* EmS; wiewohl die Nähe de& vorüberziehenden Pfahlgrabens
(limes imperii transrhenanus); eine an demselben errichtete Wach t -
Station; sowie sonstige antiquarische Funde ^^ hinter demPffurrgar-
ten am Spiess, bei sftmmtUchen Neubauten von Dor£-Ems und bei
den 1863^ vorgenommenen Kanal -Anlagen der Haupistrasse die
dauernde Occupation des Orts in Bömerzeiten ausser Zweifel stellen.
Zahlreiche Gräber mit iluren gewöhnlichen Beigaben an Thon- und
Olasgefösseu; Lampen u. ä. m. sind dabei aufgedeckt worden^ wozu
endlich im Herbste 1858 auch die erste^ leider bruehstückliche; in-
schriftliche Urkunde über die wahrscheinlich durch eine dort statio-
nirte Militärabtheilung bewirkte Erbauung eines grossem Gebäudes
hinzukam; an welchem letztem der Stein wohl zugleich als Votiv-
tafel zu Ehren des kaiserlichen HäuseS; insbesondere ftLr das Wohl
des regierenden Kaisars Septimius Sevenis und seiner Söhne Cara-
calla und Geta, demnach also im Anfange des ^tten JaliThunderts,
angebracht worden war; welche Zeit überhaupt wol als der Höhe-
punkt der ungestörten Blüthe der rheinischen Bäder in Röm^zeiten
angesehen werden kann. Dass es meist nur dem Zufalle oder andern
jetzt unbekannten Ursachen zuzusdureiben ist, w^in die Spuren des
^ Vgl. Eckhart comment de rebus Franciae orientalis. Wirceburgi 1729.
fol. Tom. I. Hb. XXin. c. Y. p. 391. Dr. Ph. A. F. Walther Das Grossherzog-
thom Hessen. Daniistadtl854. 8. S. 518. Förstemann Altdeutsches Namenbach 11.
S. 1073 tt. Deutsche Ortsnamen. Nordhausen ld6a 8. 8. 139, welcher jedoeb
Naristagne a. dJ. 823 als die älteste Form des Namens anführt und
Neristein erst a. d. J. 882* beibringt.
9» Vgl. A. 40.
100 Vgl. Annalen VI, 2. S. 343— 347. Archiyf.FrankfartsGeschiehteu Kanst.
N. F. I (1860). S. 30-34.
— 32 —
Aufenthaltes der Römer an dem einen Orte bis jetzt zahlreicher und
bedeutsamer zu Tage getreten sind^ als an dem andern ; dafür legt
weiter unter den Nassau'schen Bädern auch
8. Schlangenbad vollgiltiges Zeugniss ab: obwohl nämlich an
diesem Badeorte unseres Wissens bis jetzt kein antiquarischer Fund
als Urkunde einer Benutzung seiner Quellen durch die Römer ge-
macht worden ist; so hat dennoch die Natur forschung im er-
freulichen Bunde mit der Alterthumskunde dort eine in ihrer Art
eben so überraschende wie untrügliche Spur des Gebrauchs der dor-
tigen Heilquellen im Alterthume nachgewiesen. Das Verdienst dieser
schätzbaren Entdeckung gebührt dem Scharfblicke des gelehrten En-
tomologen Hm. Senator C. H. G. von Hey den zu Frankfurt a. M.^
welcher in den ^^Jahrbüchern des Vereins für Naturkunde im
Herzogthum Nassau" *•* folgende Beobachtungen niedergelegt hat:
^So viel mir bekannt ist^ werden die milchwarmen Quellen von
Schlangenbad zuerst 1640 von Merian und 1650 von Winkel-
mann erwähnt; jedoch noch nicht als Badeort. Die drei Mühlen^
welche hier standen^ hiessen die warmen Mühlen^ der Bach der warme
Bach. TabernämontanuS; der 1581 in seinem Wasserschatz die
Mineralquellen der Niedergrafschaft Katzenelnbogen beschrieb;
scheint sie noch nicht gekannt zu haben. Als der Ort zuerst als
Bad benützt wurde, nannte man ihn das Karisthaler oder Bärstädter
Bad. NieseU; in seinem Bericht über Schwalbacfa; nennt schon 1687
Schlangenbad. Die Quellen sollen 1657 einem Dr. Gloxin aus Worms
gehört haben. Landgraf Moritz von Hessen liess hier 1694 die ersten
Gebäude auffiihren. Im Jahre 1817 besuchte ich Schlangenbad; be-
sonders um die daselbst vorkommende Schlange näher kennen zu
lernen; die damals und auch noch später ziemlich allgemein als die
gemeine Natter (Tropidonotns Natrix L:) angenommen wurde. Ich
fand; dass es die gelbliche Natter (Calppeltis 'fiavescens Scop.) ist
NaU; der die Amphibien der Unigegend von Mainz flüssig beob-
achtete; hat sie trotz der Nähe von Schlangenbad ' nicht gekannt.
In seinen 1791 erschienenen ^Nenen Entdeckungen und Beobachtun-
gen^ beschreibt und bildet er eine angeblich neue Schlange ab; die
er aus Oesterreich erhalten hatte. Es ist dieses ebenfalls Trop. fia-
vescens und er würde sie sicher erwähnt haben; wenn isie ihm auch von
Schlangenbad bekannt gewesen wäre. — Dieselbe Schlange wurde
von einigen Naturforschern als Coluber Aesculapii (verschieden von
der indischen Col. Aesculapii Lin.) beschrieben und ist solche nicht ver-
101 H. XVI. S. 263-266.
- 33 -
schieden von der berühmten Aesculapch oderEpidaurus Schlange^
welche als Symbol der wofalthätigen Gottheit betrachtet und als
Attribut des Aesculaps um seinen Stab gewunden ist Zur Zeit^ als
Q. Fabius und 0. Brutus Consuln waren, herrschte in Rom die Pest,
und wurden, um solche zmn Aufhören zu bringen, damals viele
Schlangen von Epidaurus geholt, auf der Tiberinsel ausgesetzt und
daselbst verehrt. Noch jetzt soll daselbst in den Gärten des heiligen
Bartholomäus ihr Bild in Marmor ausgehauen zu sehen sein. Gegen-
wärtig ist diese Schlange um Rom noch sehr häufig, was wohl in
früheren Zeiten nicht war, da man sonst nicht nöthig gehabt hätte,
sie von Epidaurus zu holen. Die Schlangenbader Schlange gehört
dem südlichen Europa an und war sie in Deutschland nur aus dem
südlichen Tyrol bekannt. Ihr ganz vereinzeltes Vorkommen bei
Scblangenbad macht es sehr wahrscheinlich, dass. die Quellen daselbst
schon von den Römern als Heilquellen benutzt wurden und'~desshalb
diese Schlange von ihnen dahin gebracht worden ist. Begünstigt
durch die steinige Umgebung Schlangenbads hat sich dieselbe so
isolirt von ihrem eigentlichen Vaterlande hier erhalten können. Es
ist nicht unwahrscheinlich, dass die Römer an die ihnen bekannten
Quellen von Wiesbaden ebenfalls Schlangen eingeführt hatten,
die aber im Laufe der Zeiten daselbst wieder verschwunden sind.
Einige Jahre später habe ich dieselbe Schlange bei Baden-Baden
geftmdjBn, dessen Mineralquellen ebenfalls schon den Römern bekannt
waren.
Sicher interessant ist es, dass ich (1819) bei dem ebenso den
Römern schon bekapnten Bade Ems eine Schlange — Tropidonotus
tessellatus Laur. — entdeckte, die sonst auch nur dem südlicheren
Europa angehört Ich zweifele nicht, dass sich dieselbe hier auf ge-
eignetem Terrain, auch aus den Zeiten der Römer erhalten hat. Bei
ihr ist noch zu bemerken, dass sie vor andern verwandten Arten die
besondere Lebensweise hat, sich gerne längere Zeit im Wasser auf-
zuhalten. Noch jetzt entspringen bei Ems mehrere warme Quellen
im Flussbette der Lahn und findet man hier und in den Abzugs-
gräben der Bäder die Schlange nicht selten. Es wäre hiernach mög-
lich, dass den Römern diese Eigenthümlichkeit der Schlange schon
bekannt war, auch dass sie i;i Rücksicht der verschiedenen Wirkungen
auf die Gesundheit dieser Quellen auch verschiedene Schlangenarten
an dieselben ausgesetzt haben.
Um das Römerbad Badenweiler im Schwarz walde, das ich
mehrmak besuchte, konnte ich keine der Gegend eigenthümliche
Schlangenart auffinden.^
— 34 —
Vorstdiende werthvolleii Beobachtungen des Hrn. v. Hey den
conatatiren zuvörderst die gewichtige Thatsache^ dass sich bei den
von den Römern benutzten Quellen von Baden-Baden sowohl,
als auch bei Schlangenbad eine Schlangenart findet, welche nur
dem südlichen Europa angehört und in Deutschland nur aus Süd-
tyrol bekannt war: es ist dies die sog. Aescnlaps- oder Epidaurus-
schlange; weiter sodann^ dass auch bei dem den Römern ebenso be-
kannten Bade Ems gleichfalls eine Schlangenart vorkonunt, die sonst
auch nur dem südlichen Europa angehört. Es wird an diese That-
Sache mit gutem Grunde die Vermuthung geknüpft, dass diese Schlan-
gen von Italien her durch die Römer ,an diese Quellen eingeführt
worden; denmach sich ehemak auch wol zu Wiesbaden vorgefun-
den haben, daselbst aber im Laufe der Zeit wieder verschwunden
seien. Die Schlange als Symbol des Aesculap ist zu bekannt, als
dass nicht sofort deren Einführung an die, wie oben bemerkt, auch
unter dem Schutze dieses Heilgottes stehenden Quellen als ein reli-
giöses Moment erkannt werden sollte. Erklärlich ist demnach, ,
wenn auch seine Begleiterin Hygia^^^ gleichfalls mit diesem Symbol
ausgestattet erscheint und in der That zeigt auch eine zu Tiberias
in Palästina gefundene Münze Hygia mit der Schlange, auf
einer Anhöhe sitzend, aus welcher mehrere Quellen entspringen ^<^'.
Auch der Isis, welche, wie schon oben bemerkt, an Heilbädern ihre
besondern Verehrer fand, war die Schlange heilig ^^. Nach allem
diesem darf der oben ausgesprochenen Vermuthung, dass dereinst
auch zu Wiesbaden (und wol auch zu Badenweiler und
Aachen) solche südländische Schlangen von den Römern einge-
führt waren, volle Berechtigung zugestanden werden. — Nicht
unerwähnt mag hierbei bleiben, dass auch das germanische
Heidenthum die Schlange mit den Heilquellen in Verbindung
bringt. Grimm D. M. S. 554 sagt darüber: „Das schwedische Volk
schreibt die Kraft einiger Hellquellen weissen Schlangen zu.
1809 strömten Tausende aus Halland und Vestergötland zu dem
wunderthätigen Helsjö (einem kleinen See unweit Rampegärde);
nian erzählte sich, Kinder am Strande das Vieh hütend hätten
102 Vgl. Maorob. Saturnal. I, 24j simalaeris etAesoulapii etSalutis Draco
subiungitur ; humana corpora velut infirmltatis pelle deposita ad pristinum re-
virescunt virorem, nt virescunt dracones per annos singuIOB pelle senectnUs
exttta.
1«» Vgl. Lersch S. 29.
»»♦ Vgl. Lersch S. 15 u. 88. -
- 35 -
Jahr über oft eine schöne Jungfrau am Ufer sitzen sehen ^ sie hielt
in ihrer Hand eine Schlange und wies sie ihnen. Nur alle hundert
Jahre erscheint diese Wasserjungfrau mit der Schlange. Bexells
Halland 2^ 320. 3^ 303.^ Wie bei den Römern Aesculapius und
Hygia als Vorsteher der Heilquellen mit dem symbolischen Attribute .
der Schlange ausgestattet sind; so hier die in der Sage zur Fee
gewordene ursprtbigliche altheidnische Quellgottheit. — Den Tau-
nusbädem ist noch anzuschliessen der Mineralbrunnen von:
9. Schwalheim im kurhessischen Amte Dorheim, eine halbe
Stunde von Bad Nauheim^ in dessen Bereiche 1862 ein ansehn-
licher Fund keltischer Münzen gemacht wurde ^<^^ Dicht an die-
sem Sauerbrunnen ziehen die Spuren des alten Steindammes , d. h.
der Römerstrasse vorbei und die imgefähr alle 15 Jahre vorgenom-
menen Ausf^ungen des Brunnens selber haben jedesmal eine klei-
nere oder grössere Anzahl von römischen Münzen^ darunter auch
eine goldene^ zu Tage gefördert^ welche ohne Zweifel nach uiid
nach im Laufe der Zeit als Heilgaben (stipes) hineingeworfen wor-
den waren. Im Jahre 1811 fand man fast 30^ i. J. 1827 etwa 35,
im September 1831 noch weitere 5 mit den Bildnissen des VespasiaU;
TituB, Domitian, Nerva, Trajan, Hadrian und Antoninus Pius'®*.
Schon in uralter Zeit suchte und schöpfte man also ^uch hier, unter
dem wohlthätigen Einflüsse der dankbar bedachten Quellgottheit, Ge-
nesung und neues Wohlsein aus dieser ,,Lebensquelle^^ der Natur,
wie sie in goldenen Lettern auf schwärzer Marmortafel über dem
Eingange zum dasigen Kurhause in folgendem Distichon:
Föns vitae saliens gemmas eflundit in herbam:
MergC; puer, pateram, sub pede vita fluit
genannt wird, welches der bekannte Genosse Barth^lmy's, der poetische
Panegyriker der napoleonischen Glorie, Mery, bei Gelegenheit einer
Badekur verfasst haben soll. Nicht unerwähnt darf hier auch die
einige Stunden südlich von Nauheim und Schwalheim auf grossher-
zoglich hessischem Gebiete entspringende mineralische Quelle von
10. Vilbel bleiben, an welchem Orte ausser nicht unbetr&cht>
liehen Substruktionen von Gebäuden und Badeanlagen auch der
10» VgL Mittheilungen an die Mitglieder des Vereins ftlr hessische Geschichte
and Landeskunde 1862. Nr. 7 S. 8.
10« Vgl. Hanauisches Magazin I.<1778) St. 17. S. 150. Ph. Dieffenbach Ueber
Alterthümer in und am Friedberg-, Giessen 1829, S. 8 u. 9. A.** Ders. im Ar-
chiv für Hess. Gesch. a. Alterth. IV S. 248, 258. Periodische Blätter der
mittelrheinischen Geschichts- u. Alterthamsvereine 1855. Nr. 7. S. 238 f. II.
Lersch S. 47.
3*
— 36 -
prachtvolle^ jetzt im Museum zu Darmstadt bewahrte, Mosaikboden zu
Tage gefördert wurde, welcher ohne Zweifel zur Villa eines reichen
Provinzialen gehörte und eikien sprechenden Beweis von dem üom-
fort der Bewohner jener äussersten Gegenden des Bömerreiches ab-
gibt. Es berechtigt dieses zu der Annahme ^^^, dass auch der Ge-
sundbrunnen und eine warme Quelle dortselbst schon in den ältesten
Zeiten den Anlass zu einer Ansiedlung gaben, welcher sicherlich um
so mehr die den Alten an sich schon unentbehrlichen Bäder nicht
gefehlt haben werden.
Wie am Mittelrheine, so kannten und benutzten die Römer auch
am Niederrheine alle diejenigen Heilquellen und Mineralwasser,
welche die Neuzeit theilweise erst wieder auffand und dem Heilge-
brauche zugänglich machte. Es gehören dahin zunächst:
11. Die Säuerlinge am L aacher See, wie verschiedene Bau-
überreste von Quelleinfassungen aus römischer Zeit beurkunden,
welche unter andern bei Burgbrohl gefunden wurden**'^, wie denn
überhaupt das in naturwissenschaftlicher wie antiquarischer Hinsicht
gleicher Weise interessante Brohlthal auch bezüglich seiner
Quellen für die römische Zeit bedeutsam ist. Noch i. J. 1862
hat man bei Aushebung der römischen Fundamente des in einem
Seitenthälchen jenes Thaies gelegenen Heilbrunnens in der Quell-
spalte des Felsens, die etwa auf V/t' zugänglich war, gegen 100
meist Kupfer- theilweise auch Bronze- und Silber-Münzen mit
zum Theil noch sehr wohl erhaltenen Umschriften und Köpfen ge-
funden : diese offenbar als Heilgaben in die Quelle geworfenen Mün-
zen erstrecken sich von den letzten Zeiten der römischen Republik
bis auf Constantin den Grossen ^^^. Nicht weit von da entfernt Hegt
12. Der Siedinger (Biedinger) Dreis, eine Sauerquelle bei
Gerolstein (Kreis Dann, Begierungsbezirk Trier) in der Eifel, bei
deren Wiederherstellung i. J. 1778 man als sprechende Urkunden
ihrer Benutzung in römischer Zeit 143 römische Münzen grössten-
theils von Maximinus auffand ^^^. Eine ähnliche kleine Mineralquelle
scheint
lOT Vgl. Dr. Bossler Die Römerstfitte bei Vilbel in dem vorgenannten
Archiv. X, 1 Nr. .1 besonders S. 5 a. 35.
108 Vgl. Lorsch S. 129.
109 Vgl. Joh. Freadenberg Das Denkmal des Hercules Sazanns im Brohl-
thaie, Bonn 1862, S. 3. A. 1. Lersch S. 47.
110 Vgl. j. s. Schannat Eiflia illustrata oder geogri^ihiscbe und historische
Beschreibung der, Eifel. Ans dem lateiniitohen Manusoript ttbersetst und mit
Anmerkungen und Zusätzen bereichert von Georg Barsch. Leipzig 1850 ff. 8
III, 2, 1 S. 40 f. Lersch S. 47.
- 37 -
13. Der Birresborn in der Bürgermeisterei Mürlenbach (Kreis
Prüm^ Regierungsbezirk Trier) in geringer Entfernung vom rechten
Ufer der Kyll am Fusse eines, Grauwacken-Plateaus zu sein: auch
dort haben die in der Nähe des Brunnens aufgefundenen Münzen
bezeugt, dass dieser Born gleichfalls den Römern wol bekannt war ^^^.
Zu den bedeutenderen Heilbädern der Bheinlande aber in römischer,
mittelalterlicher und neuerer Zeit gehört weiter auch
14 Bertlich, gewöhnlich Bertrich, in den 100 Fuss tiefen
Thälem des Uesbaches in der Bürgermeisterei Lützerath (Kreis
Cochem, Begierungsbezirk Trier), an dessen wannen Quellen zu ver-
schiedenen Zeiten die unzweideutigen Spuren der dauernden Be-
nutzimg in Bömerzeiten zu Tage getreten sind. Bereits i. J. 1843
fand man 20^ unter dem jetzigen Boden den alten Bömerbrunnen,
welcher & breit und 7' lang in den Felsen gehauen und wenigstens
27' tief ist. Auch entdeckte man in der Nähe dieses Brunnenschachtes
ein. altes mit römischen Ziegeln gemauertes, gemeinschaftliches
Bad von etwa 12' im Gevierte, in welchem eine grosse Amphora
lag. Mehreremals hat man überdiess bei Bertrich römische Mün-
zen gefunden, unter andern eine GoldmtUize des Vespasian und eine
Münze Constantins des Grossen. Der wiederaufgefundene alte Römer-
brunnen wurde neu gefasst und durch eine wohlgelungene Leitung
der Quellen die Mächtigkeit der Thermen bedeutend verstärkt ^^K
Weitere Aufdeckungen folgten l J. 1860 bei Anlage des neuen Bades,
wobei, ausser dem oben besprochenen Votivaltärchen der Dever-
cana und Meduna und der Marmorfigur der Diana, die SO' lange
Grundmauer eines Gebäudes blosgelegt wurde, auf dessen Mörtelestrich,
ausser Hirschgeweihen (die sich vielleicht auf den Cult der Diana
beziehen), Statuetten vcm Thon u. a. m.^ wiederum Münzen von
Hadrian, Commodus, den Antoninen und Valentinian vorgefunden
wurden ^^^. Welche Bedeutung diese Thermae ad S. Bertricum oder
Aquae Bertlichianae, wie sie in Urkunden genannt werden, im Mittel-
alter gewannen, davon zeugen die wiederholten Restaurationen des
Erzbischofs Johann von Trier in den Jahren 1456 und 1471, so dass
sich dort selbst während des 16. Jahrhunderts ein reges Badeleben
entfaltete. Später kam das.Badin Vergessenheit, bis es um 1741 zu neuem
Rufe gelangte, aber erst 28 Jahre später durch die Fürsorge des
letzten Kurfürsten von Trier wiederum so aufblühte, dass sich dar-
in Vgl. Schannat III, 2, 1 S. 279 f.
1» Vgl. Schannat III, 1, 3 S. 288—291.
11^ Vgl. Bonner Jahrb. XXVIU S. 109.
— 38 ~
nach unter französischer ^ später unter preussischer Herrschaft die
Frequenz immer mehr hob ^^*, Ausser dem schon oben erwähnten
Säuerling bei Godesberg^ welcher ebenfalls den Römern bekannt
war, erübrigt schliesslich noch der Thermen von
15. Aachen zu gedenken , dessen Namen ,,Aquae Granni^^
bereits oben auf die Bedeutung seiner Heilquellen in römiseher Zat
hinzuweisen veranlasste. Schon längst hat man dort bei der Eaiser-
quelle die Substruktionen von Bädern mitHohlziegelU; sowie Mün-
zen aufgefunden <«, neuerdings auch bei den im dortigen Münster
nach dem Grabe Karls des Grossen ^ angestellten Nachgrabungen ^*^«
Dass auch die nahliegenden Quellen von Burtsc hei d gleichfalls schon
von den Römern benützt wurden, ist um so wahrscheinlicher, weil
auch eine Leitung für kaltes Wasser dortselbst als ein Rom er werk
erkannt wurde **^.
V.
Mythologisches zu den Itinerarien.
Ausser den oben erörterten mit ,,Aquae^' gebildeten Ortsnamen
machen sich unter der grossen Menge der in den Itinerdirien über-
lieferten Localbezeichnungen verschiedener Art neben der zahlreichen
Classe blosser Eigennamen weiter auch noch andere von ähnlicher
Bildung bemerkbar, welche gleichfalls aus einem lateinischen
Appellativum nebst zugehörigem Adjektive oder Nominativ oder
Genitiv eines Eigennamens zusammengesetzt sind. Ganz analog
unsem zahllosen Ortsnamen auf heim, dorf, berg, bürg, markt,
brücken, hafen, gau u. a. m. haben die Appellativa theils eine auf
natürliche Verhältnisse der mannigfachsten Art bezügliche Be-
deutung, wie mons, pous und portus, theils weisen sie auf militä-
rische (castra, castellum, praetorium, turris) oder bürgerliche
(pagus, vicus, forum) Ansiedlungen hin, theils endlich geben sie sich
als ursprünglich religiöse Mittelpunkte zu erkennen, um welche sich
meistens wol ein bürgerliches Gemeinwesen kleineren oder grösseren
*i» Vgl. Lersch S. 168.
"* Vgl. Lersch S. 47. 128 A. 129. 141.
"« Vgl. Bonner Jahrb. XXXllI. XXXIV. S. 223.
1» Vgl. Lersch S. 141.
- 8» -
UmfangB bildete, das von ihnen seinen Namen erhielt: hierher ge-
hören die Beseiclinungen als compitnm, templam, fanum, lacus.
Für compitum liegt unseres Wissens nur die- eine Stelle im It.
Ant. p. 145 der Berliner Ausgabe vor, woselbst ein Ort Compi-
tum aufgeführt ist, welcher ebendort p. 143 mit sub Anagniae
and in der Tab. Peuting. segm. V. E. mit Conpito Anagnino
beseichnet wird : die Schreibung Conpito lässt yielleicht auch in
der mutatio C.onpetu des It. Hierosol p. 289 eine ähnliche auf
ein compitum zurückzufahrende Ortsbezeichnung vermuthen. Gleiche
BewandtnisB scheint es auch mit den als templum charakterisirten
Namen der Tab. Peuting. zu haben (vgl. Index bei Scheyb p. XI),
bri welchen auf der Tafel selbst überall ein einzelnes Haus, offen-
bar als Andeutung des Tempels eingezeichnet ist: es findet sich so
templum Jovis, Minervae, Veneris, Herculis (zweimal) und Augusti.
Von grösserer Bedeutung aber in injthologischer Hinsicht sind die
durch fanum und lucus als heilige Stätten gekennzeichneten Oert-
lichkeiten, insoferne sie zugleich auf ein anderes nichtrömisches
Glaubensgebiet hinüberführen, welches ausserdem hauptsächlich nur
durch inschriftlicheZeugnisse beurkundet ist. Beide vorerwähnte
Wörter werden bemerkenswerjther Weise bei diesen Ortsbezeichnun-
gen entweder in üblicher Art vor ihren zugehörigen Genetiv gesetzt
oder aber sie folgen demselben nach und werden bisweilen sogar
mit ' demselben ^u einem Worte verbunden. -
Fanum.
1. Fanum Cocidi. . 2. Haevaef.anum.
Sowol der Qeographus Bavennas p. 258, 11 und 826, 6 als aucli
Guido p. 462, 11 und 605, 4 erwähnen das jetzige Fano in Umbrien,
die Colonia Julia Fanestris, mit der blossen Bezeichnung Fanum,
während die Tab. Peutii^. segm.iy.B mit ihrem fanoFurtunae (sie)
und die li Ant. p. 126 und Hierosol. p. 615 mit fano Fortunae
deutlich noch auf die erste Tempelanlage, das U^v T^g Tv/vi, hin-
weisen (vgl. F orbiger Hdb. d. Geogr. I, 618), deren Namen durch
die analogen Ortsnamen eines fanum Martis (Tab* Peuting. segm. I.
It Ant p. 387) und ebenso eines fanum Minervae (It Ant p. S64)
in Gallien bestätigt wird. Es darf daher gewiss auch bei dem von
dem It Ant p. 80 angeführten fanum Carisi auf der Insel Sar-
dinien in dem zweiten Worte gleichfalls der Namen einer einheimischen
sardischen Gottheit vermuthet werden^ zumal auch die von Forbiger
S. 835 dazu verglichenen Km^f^potoir des Ptolemaeus den nichtrömischen
- 40 -
Urgprnng des Wortes weiter zu beurkunden scheinen. Schwieriger
ist die Entscheidung über ein fünftes fanum^ das fanum fugitivurn in
Umbrien bei Guido p. 419,17, welches das It. Hierosol. p. 613 mu-
tatio fani fugitivi und die Tab. Peuting. segm. IV. F. fano fugitivi
nennt Es scheint demnach der Namen fanum fugitivi gewesen, seinem
Ursprünge nach aber dunkel zu sein, da fugitivi wol nichts mit dem
Namen einer Gottheit zu schaffen hat, ^wie in den vorhergehenden
Fällen und offenbar auch in den beiden folgenden, welche gleichfaUs
wieder nichtrömische d. h. keltische Gdttemamen als Ausgangs-
punkte von Ortsnamen aufzeigen und damit zugleich auf die alten
Quellen zurückführen, die den bekanntlich oft bis zur Ungeheuer-
lichkeit entstellten Ortsbezeichnungen des Geographus Ravennas ganz
unzweideutig zu Grunde liegen. Dieser erwähnt nämlich unter den
zahlreichen tbeilweise auch von Ptolemaeus aufgeführten Ortsnamen
Britanniens, welche in grader lüehtung von Meer *zu Meer Uegen
sollen, p. 433,4 einen Ort, welchen die Ausgaben Fanocedi, der
treffliche cod. Parisinus allein (und daher die Berliner Ausgabe)
Fanocodi, der Vaticanus und Basiliensis dagegen übereinstimmend
Fanococidi nennen und dieses ist die allein richtige Leseart. Es haben
nämlich schon die beiden englischen Archäologen BoachSmüh CSol-
lect antiq. II. p. 201 und CoUingwood Bruce the Roman Wall p. 381
edit II. auf etwa 10 zu Bankshead und Howgill, »in deren Nähe man
den besagt^i Ort des Ravennaten sucht und setzt, wie auch zu Bir-
doswald, Netherby und Bleatam, meist Orte an der Britannien quer
durchschneidenden Linie des Antonjnischen Walles, aufgefundene
Votivaltäre hingewiesen, welche einem DEVS COCIDIVS gewid-
met sind, der auf ' denselben auch, wie zahlreiche andere keltische
Götter, vmit dem. römischen Mars identifizirt wird. Fanum Gocidi
(Cocidii) ist also dem obenerwähnten fanum Martis ganz analog und
damit in jenem bisher ganz rätbselhaften Ortsnamen bei dem Raven-
naten ein neues gewichtiges Zeugniss fär den Cult dieser britanni-
schen Gottheit vgewonnen. Von ähnlicher Art ist der zweite Fall.
Unter den auch hier wieder grösstentheils bis zur Unkenntlichkeit
entstellton Localnam^n am Niederrhein nennt derRavennate p. 228,4
einen schon vielfach der historischen Interpretation unterstellten Ort
Coadulfaveris, an d^sen Stelle die Tab. Peuting. segm. I. B.U.G.
die beiden Ortsnamen Carvone und Castra Herculis bietet.
Unmittelbar hinter, demselben bringt der Geographus RavennsA weiter
einen Ort Evitano (mit der Variante evitario in dem Basiliensis),
stattdessen die Tab. Peuting. segm. I. B. hinwieder Levefano auf-
fuhrt. Aus der Vergleichung dieser beiden Namen ersieht man deut-
— M ~
lichy dass in dem Texte des jGreographus bisweilen die Anfangs-
buchstaben der Namen weggefallen sind^ andererseits liegt ebenso
klar Tor^ dass Levefano aus Leve d. h. Levae oder Laevae und
fano zusammengesetzt ist. Die Erwähnung des Ortes Castra Herculis
aber und die Auffindung einer Anzahl einem kelto-römischen HEB-
CVLEH MAGVSANVS gewidmeter Votivaltäre an verschiedenen
Orten Hollands hat. daher Alfred Maurj (Bev. arch^ol. 1849. p. 237:
vgl. Beucker de orig. iur. frisic. p. 294) zu der ansprechenden Ver-
muthung Azüass gegeben^ dass in beiden Itinerarien Haevaefano
zu verbessern sei, da ein zu Malburgen in Holläadisch-Geldem zu
Tage geförderter Votivaltar HEBC VLI MAGV8AN0 ET HAEVAE
(Orelli 2006) geweiht ist : eine > Textesveränderung der Itinerarien,
welcher in paläographischer Hinsicht kaum ein erhebliches Bedenken
entgegengestellt werden kann. Es wäre demnach nahe bei den Castra
Herculis, welcher Gott dort gewiss leicht zu .einer Identifizirung mit
dem einheimischen Dens MAGVSANVS kommen konnte, einfanum
Haevae d. h. ein seiner göttlichen Begleiterin, der gleichfalls ein-
heimischen, nicht-römischen HAEVA geweihtes. Heiligthum nachge-
wiesen, um welches sich als Mittelpunkt auch eine gleichnamige An-
siedlung. gebildet haben. mag.
Lucus.
1. Lucus Bormanae. 2. Poenilucus. 3. Stailucus. 4. Sage-
lucus.
Denselben mythologischen Ausgangspunkt und Anlass, wie die
mit fanum gebildeten Ortsnamen, haben auch die mit lucus zusam-
mengesetzten, deren zweiter Theil meistens der Genitiv eines Götter-
namens ist; wie dort ein heiliges Gebäude, so gab hier ein heiliger
Hain wol öfter die natürliche Veranlassung zu einer Ansiedlung,
welche sich nn Laufe der Zeit zu einem grossem Gemeinwesen er-
weitem mochte. Heilige Haine aber waren dem römischen wie kel-
tischen Cultus gemeinsam und es kann daher auch hier nicht auf-
fallen, lucus mit Namen von Gottheiten aus beiden Mythölogieen zu-
sammengestellt zu sehen. ItaUen selbst gehören der lucus Fwoniae
(Plin. N. H. nn, 5, 8) und der lucus Angitiae an, dessen gleich-
namiger Ort noch in dem heutigen Luco fortlebt (Forbiger S. 642);
auch das süd-italische Lucos der Tab.Peuting. segm. VLB. gründet
sich sicherlich auf eine gleiche heilige Waldstätte, wenn ^uch die
Gottheit, welcher dieselbe ursprünglich geweiht war, grade so nicht
— ^2 -
mit überliefert ist^ wie oben bei dem Ravennaten das bloBse Fanum^
statt Fanum Fortunae steht ^ wie weiter Bchlechthin Lucas im It.
Ant p. 170, It. HieroBol. p. 263, Tab. Peuting. segm. II. D. und bei
demGeogr. Rav. p. 241 (mit den Varianten tueo undtuco) statt Incus
Augusti (Luc en Die in Frankreich : Plin. N. H. III, 4, 5) und eben
so im It. Hierosol. p. 203. 204 statt Lucus Augusti (Lugo it Spanien)
gesetzt ist, wobei beiläufig bemerkt sei, dass Lucus Asturum (Asto-
rum: Gkogr. Ray. p. 320, 16), uiovnug 'Aatov^av, einer der kleinen
Orte im Ghebiete der hispanischen Astures, deren Haupt- und Natio-
nalheiligthum gewesen zu sein scheint Diese Benennung naheliegen-
der Ansiedlungen nach solchen heiligen Hainen einheimischer Gott-
heiten bezeugt auch der grosse Wald Bouconne im südwesdichen
Frankreich am Fusse der Pyrenäen, an dessen westlichem Saume die
Spuren einer römischen Niederlassung gefunden werden, welche die
locale Ueberlieferung gleichfalls mit dem Namen Bouconne be-
zeichnet ; es erwähnt nun aber das It. Hierosol. p. 261, 1 1 westlich
von Tolosa an der Strasse nach Burdigala unter andern Orten eine
mutatio Bucconis, welchen Ort Bucconae man in dem Flecken
Empeaux und Ue-en-Jourdain erkennen wollte : mit grösserer Wahr-
scheinlichkeit ist aber diese mutatio vielmehr in der obenerwähnten
gleichnamigen römischen Ansiedlung am Rande des Waldes
Bouconne zu suchen. Ganz analog dem italischen lucus Feroniae und
Angitiae ist weiter auf gallischem Gebiete auch der Namen des älao^
'Aifdatfig oder vielmehr *Av9gwfitig, lucus Andart^e, der britannisdhen
Siegesgöttin bei Cass. Dio LXII, 2 gebildet und es lassen sich nach
dieser Analogie auch die Namen anderer keltischen Grottheiten fest-
stellen, welche bis jetzt ganz unerkannt in solchen Ortsnamen der
Itinerarien verborgen waren» Es erwähnen nämlich das It. Ant. p.
141. Tab. Peutmg. segm. II. F. Geogr. Rav.^ p. 270, 8; 338, 4 und
Guido p. 476, 9; 612, 25 einen li guri sehen Ort, dessen Namen
sie in seinem ersten Theile Lucus im Ganzen übereinstimmend,
mehr oder minder abweichend aber in seinem zweiten Tbeile über-
liefern: es ist das zwischen Albingaunum und Costa Balenae au%efilhrte
Lucus Bormani. Von den Handschriften des It Ant. haben nur
der tre£fliche ParisinuB D und der Scorialensis Luco, alle übrigen
Loco; in gleicher Weise weichen von der Vulgate Bormiani der eine
Florentinus mit bormoni/der Scorialensis mit bormaci und am
auffallendsten der vorerwähnte Parisinus mit bormaniae ab; die
Tab. Peuting. segm. IL F. hat Luco Boramni mit offenbarer Ver-
Schreibung statt Bormani. Noch weiter ab liegen die Lesearten
des Ravennaten und des Guido. Jener bietet an erster Stelle Luco
— »3 -
VermaniB^ ebenso auch an zweiter Stelle^ woselbst jedoch der Va-
ticanus und ParisinuB Loco Germaziis, die Ausgaben Loco Ber-
man ig haben. Die Handschriften des Guido haben an erster Stelle
Locö oder Leco Vermanis oder Vernattis, an zweiter Loco
Germinis. Auffallend ist hierbei; dass während It. Ant. und Tab.
Peuting. auf einBormani hinführen; bei dem Ravennaten und Guido
dieses Wort auf i s ausgeht; was als leicht aus einem i e entstanden;
auf das bormaniae des Parisinus D zurückweisen würde. Zunächst
ist aber als Nominativ zu Bormani ein Borroanus festzuhalten und
ist hierzu die ganze Reihe theils dem StammC; theils der ableitenden
Endung nach verwandten und analogen Bildungen zu vergleichen;
welche oben S. 9 zusammengestellt worden sind; unter denen die
beiden letztern dem Bormanus am nächsten kommen und ebenso
wie Lucus Bofmani selbst auf eine einzige keltische Gottheit
zurückzudeuten scheinen; welche entweder ein Deüs Bormanus
oder eine Dea Bormana gewesen ist. Und in derThat lassen sich
wol beide nachweisen. Einerseits nämlich hat Httbner ^^^ zwei
Votivinschriften au« Spanien; demnach also ebenfiBills aus einem Kelten-
lande; mitgetheilt; welche einem DEVS BOBMANIOVS gewidmet
sind und andererseits hat sich; nicht allzufeme von demjenigen Land-
striche GallienS; welchem die Orte Lucus Bormani und das Pli-
nianische Bormani angehören; zu Saint- Vulbas (d^p. deTAin) eine
Votivara mit folgender Inschrift gefunden "':
BOKMANAE
AVG SACK
CAPRI
A : TRATINVS
als deren Schlus^ ein Fragment gelten darf; das. sich in der Mauer
einer Mühle desselben Dorfes befindet :
. SABINL^VS
DSD
Demnach darf wol das LucusBormani auf jenen Gott BORMANVS
oder BORMANICVS bezogen oder; soferne Bormani leicht aus Bor-
mane d. h. Bormanae verschrieben werden konnte; in Lucus Bor-
manae geändert werden; wovon auch der treffliche Parisinus D des
»« Vgl. Anmk. 19.
11* VgLGaillemot introduction k la monographie du Bugey p, 106. AUmer
sur denx inaeriptions votivea (vgl. Anmk. 87) p. 18. Bonner Jahrb. XXXIil.
XXXIV 8. 17.
_ M* —
It. Ani in Beinern Bormaniae eine unzwrideutige Spnr erhalten zu
haben scheint.
Eine ähnliche, schon frühe, wie es scheint, allgemein gewordene
Verderbniss der ursprünglichen Namensform hat auch die Bezeich-
nung der Alpes Poenniae und Alles, was mit derselben zusammen-
hängt, betroffen. Fast überall nämlich zeigen die späteren hand-
schriftlichen Quellen und Urkunden eine Entstellung des Poeninus
in das wegen seines Anklangs anApenninus naheliegende Penn in us,
so dass die Varianten der Handschriften beide Formen untereinander
mischen, wie ein Blick auf Tab. Peuting. IIL D; II. C; II. B. und
den Bavennaten p. 237 genugsam zeigt Schon längst aber hat ^^
die Uebereinstiminung der besten Handschriften und der Inschriften
dargethan, dass nur Po en in üb die allein richtige Form des Namens
ist, deren Entstellung in Peoeninus undPuoeninus in zwei Inschriften
nur als Schreibfehler anzusehen und ohne alle Bedeutung ist ^^K Mit
Recht hebt daher Mommsen a. u. a. O. hervor, dass nach allem
diesem die auch von Zeuss (gr. celt p. 77. 99) noch adoptirte land-
läufige Ableitung von dem gallischen penn ebensowenig stichhaltig
sei, als die von livius XXI, 38 gemachte Angabe, wonach die vallis
Poenina von der Localgottheit der Veragri, dem später mit dem
römischen Juppiter identifizirten Dens Poeninus, ihren Namen erhal-
ten habe, aus sprachlichen Gründen angenommen werden könne, da
vielmehr für beide Ableitungen eine gemeinsame Wurzel voraus-
zusetzen sei. Es ist nämlich evident, dass das Attribut Poeninus zu
Alpes, Vallis und dem DEVS der Veragri ^'^ nur als eine adjdLtivische
Ableitung von einer kurzem Wurzel Poen angesehen werden kann.
Diese Wurzel selbst aber hat Mommsen sicherlich ebenso über-
zeugend u;i dem Namen der rätischen "Aimig uowal bei Ptol. II, 12, 2
in ihrer ursprünglichen Form nachgewiesen, als andererseits scharf-
sinnig auch in dem ganz entstellten Pennelocus der Itinerarien
120 Vgl. Th. Mommsen Die Schweiz in römischer Zeit. (Mittheilangen der
Antiq. Gesellsch. ii;^ Zttrich IX, 2, 1 1854) S. 6. A. 6.
«» Vgl. Strabo UI, 6; PtoL III p. 171 ed. WUberg; Plin. N. H. III, 17,
21; Tacit. Eist. I, 61, 70, 87; IV, 68; Ammian. Marc. XV, 10; Liv. V, 35;
XXI, 38; Zosim. Eist. VI, 3; Grut. p. 37t>. 6; Maffei Ver. illustr. VIII p. Sa»?;
Orelli 3888; Mommsen Insc. Helv. p. 7—10; Bonner Jahrb. IX S. 91 und XI
S. 11-14.
122 Pa mehr als 21 aaf dem grossen St. Bernhard aufgefundene Votivin-
Schriften den Poeninus als männliche Gottheit beurkunden, so kann des Ser-
vius (zu Vergil. Aen. X, 13. vol. I p. 54T ed. Lion) Dea Poenina nur auf
eipem Irrthume beruhen und ist wol mitD'eyks (Bonner Jahrb. XI S. 19) in Dens
Poeninus zu verbessern.
— 45 -
yermnthei Dieser Ort, ohne Zweifel das heutige Villeneuve in
Wallis, wird im It Ant. p 167 durch die 5 Handschriften DJLNP,
auf deren lieber einstinunung p. XXXIII der Berliner Ausgabe ein
grosses Gewicht gelegt wird, als Penne locos, durch die übrigen
als Penne locus bezeichnet, während die Tab. Peuting. segm. II.
B: Pennolucos und der Valicanus nebst dem Parisinus desRaven-
naten p. 237 Pennolocus, der Basiliensis Pennolicus bietet. Das
für die Abschreiber unverständliche, aber in der Tab. Peuting. glück-
lich bewahrte lucos inusste, wie man sieht, sich die Aenderung in
das naheliegende locus gefallen lassen, ganz analog der oben er-
wähnten Stelle des Lucus Bormani im It Ant. p. 141, woselbst nur
zwei Handschriften luco, alle übrigen aber loco haben. Es kann
aber kein Zweifel sein, dass in dem lucos der Tab. Peuting nur
eine keltisirte Nomin^tivform statt lucus zu sehen ist, da bekannt-
lich diese Endung os als eine keltische statt der lateinischen us auf
zahlreichen keltischen Münzlegenden sowol als in inschriftüchen Eigen-
namen kellischen Gepräges gewöhnlich ist, somit also auch bei Orts-
namen wird zur Anwendung gekommen sein ^^. Der erste Theil
dieser mit lucos zusammengesetzten Localbezeichnung aber hat nun
ohne Zweifel dieselbe Wandelung des Poeüo oder Poe ne in Penno
oder Penne erlitten, wie sie in Penninus au^ Poeninus offenbar vorliegt.
Es haben daher Wesseling (zu It Ant p« 352) und H. Meyer *^
den Namen dieser römisch -gallischen Station als Poenilucus (Poeni-
lucos) d. h. Hain des Poenus hergestellt: eine uralte einheimische
Gottheit Poenus muss demnach also auch sprachlich Anlass und
Ausgang der Benennung gewesen sein, womit das ganze Rhonethal
(vallis), sodann der* dazu gehörige Alpenzug (Alpes Poeninae), end-
lich der auf der Höhe des grossen St. Bernhard verehrte Juppiter
optimus maximus belegt wurde : wie überall ging auch hier der
Localgott in der Identifizirung mit dem siegreichen Römergotte unter.
Dass im Laufe der Zeit und bei der Verdunklung der ursprünglichen
Bedeutung des Wortes sich leicht aus Poeniluoos ein Penne — oder
Pennolucos oder locus für den bei dem uralten Haine des Poenus
entstandenen Ort als Namensform bilden konnte, liegt auf der Hand:
vielleicht enthält auch das Pennolicus der Baseler Handschrift des
Ravennaten noch eine Spur des ursprünglichen Namens, da es wie
eine Verschreibung aus Pennilocus oder Pennilucos d. h. Poenilucos
123 Vgl. Kuhn u. Schleiclier Sprachvergl. Beiträge in, 2 S. 189 f.
IM Die römischen Alpenstraflaen in der Schweiz (Mittheilangen der Antiq.
Gesellsch. in Zürich SLni, 2, 4) S. 120.
— 46 -
ersohwit Wie fanum, so ist nämlich auch lacus dem Namen der
Gottheit nachgesetsst d. h. angehängt worden, bo dass gich statt Lucus
Poeni ein Poenilucusy wie oben Haevaefanum, feststellte. Fttr
diese Art der Namenbildung zeugt vielleicht auch der Ortsnamen
StailucuB in der Tab. Peuting. segm. IV. C, dessen «^ter Theil
sich sowol sonst noch in derselben Tab. Peuting. segm. XII. B., als
auch auf römisch-keltischen Inschriften nachweisen lässt:^**^
SVGASSIS
HANIVS
. . . DIAE.STAI.F.
. . . SVGASI ET STAIC.
und somit ebenfalls wenigstens auf einen Personennamen STAIVS
zurückweiset, der wol auch ab Gdttemamen vorkam.
Dieselbe Namenbildung mit lucus, aber auch dieselbe Verwech-
selung des Wortes mit locus, scheint endlich auch in einem dritten
Ortsnamen vorzuliegen, welchen das It Ant p. 226 Segeloco, p.
228 aber Ageloco nennt: auch der Kavennate bezeichnet offenbar
denselben Ort in gewohnter Entstellung mit Segeloes: aus diesen
Fokmen dürfte sich ohne Zwang die Verbesserung Segel ucus oder
SagelucuB herleiten lassen, so dass Sagaelucus wiederum, wie
oben Haevaefanum gebildet wäre; ist auc^ in Britannien selbst (wo-
hin jener Ort gehört) keine DEA SAGA bis jetzt nachgewiesen,
so begegnet eine solche jedoch auf folgender römisch - keltischer In-
Schrift Spaniens: ^^
SAGAE
MAVRVS
CAVDI
V.L.A.S
125 Vgl. Octavi. Roftsi Memor. Bresc. ed. Vinaccesi p. 277 n. 25.
126 Ygl. Cean - Bermadez Sammario de las Antiguedades Romanas qua hay
en EspaSa, Madrid 18S2, fol. p. 422.
xVv
Des Kanonicus Job Rohrbach am Bartholomäusstifte
Frankflirter Ckroilk
vom Jahre 1494 — 1502.
Zum ersten Male herausgegeben
von
Qeorg Eduard Steits, Doctor der Theologie.
Einleitung.
In den folgenden Blättern lege Ich denGeBchichtsfreundenindner
Vateratadt das Tagebuch des im Jahre 1602 in jugendlichem Alter
verstorbenen Kanonicus Job Bohrbach vor, in welches dieser die Er-
eignisse seiner Familie ; seiner Freunde und seiher Mitbürger vom
Jahre 1494 bis 1502 eingetragen und au%ezeichnet hat Ich habe
bereits von der WIederaufGndung dieser interessanten Handschrift in
der Einleitung zu der Familienchronik Bernhard Bohrbachs im 2.
Bande der neuen Folge dieses Archives S. 415 Nachricht gegeben
und vor zwei Jahren in den Versammlungen des Frankfurter Ver-
eines für Geschichte und Alterthumskunde in drei Vorträgen den
reichhaltigen Inhalt derselben entfaltet (Vergl. Frankfurter Patricier-
leben zu Ende des flinfzdinten Jahrhunderts, Frankfurter Conver-
satiousblatt 1868 Nr. 4—7. 16—20. 25 -28). Was in jenen 9 Jahren
in Scherz und Emat; in Lieb und Leid die Bürgerschaft bew^te,
tritt uns in diesen fortlaufenden handschriftlichen Au&eichnungen in
einer Beihe von Bildern enlgegen, die mit naivem Sinne, in leichten
Umrissen absichtslos hingeworfen, uns den Blick in die stillen Kreise
des häuslichen und bürgerlichen Lebens und seiner Sitte eröffnen,
über die man damals nur selten etwas niederschrieb und auch das
Wenige nur als Anhalt ftar die eigene Erinnerung, nicht um die
Neugierde der künftigen Geschlechter zu befriedigen. Das Büchlein,
in welchem Job 178 Blätter mit eigener Hand beschrieben hat, wurde,
in Pergamentumschlag geheftet. In der Familie Bohrbaoh ala ehr-
würdiges Erbstück bis zum Erlöschen des Mannatanunea bewahrt;
mit Margaretha, der letzten dieaea Geachlechtea, der Gattin Johann
Adolfavon Glauburg, ging ea wohl 1579 in den Besitz dieaer FamiUe
— 48 —
über und wurde von einem Gliede derselben um 1636 mit Zusätzen
und Randbemerkungen versehen. Durch welche Umstände es in die
Hände meines GrossoheimS; des Finanzratbes, nachmaligen SchöfFen
und Bürgermeisters Georg SteitZ; kam, ist mir unbekannt Von ihm
vererbte es auf seinen Neffen, den Herrn Rath Georg Finger, der es
mir mit gewohnter Liberalität zur Benützung anvertraute und dem
ichr dafür jetzt auch öffentlich den herzlichsten Dank Aussprechen
darf. Der selige Böhmer, den meine Mittheilungen daraus in dem
Conversationsblatte noch auf seinem schweren Krankenlager im
höchsten Grade fesselten, hatte das Büchlein nie gesehen. Seine
Vermuthung, dass es wohl Fichard gekannt haben dürfte, ist nicht
begründet : dieser würde sonst manche Angaben in seiner Geschlechter-
geschichte (z. B. über den Tod Gilbert Holzhausens zum Spangen-
berg, den er irrthümlich erst 1496 setzt) berichtigt und ergänzt haben.
Der Einzige, der es gekannt, aber weder in seinem Werthe gewür-
digt, noch auch eingehend benützt hat, war der selige Römer. Welche
reiche Quellen und Ströme würden sich erst für die vaterstädtische
Geschichte eröffnen, wenn die Familie Holzhausen ihr Archiv, in
das so viele Archive einzelner Geschlechterfamilien übergegangen
sind, nicht mehr in ängstlicher Zurückhaltung, für die kein Grund
vorliegt, der Benützung verschlösse, sondern die Möglichkeit gewähi*te,
die unvergesslichen Verdienste ihrer grossen Ahnen ^ wie sie es ver-
dienen, zum Gegenstand der Bewunderung für die Nachwelt zu
machen !
Die ältere Geschichte der Familie Rohrbach darf ich hier als
bekannt voraussetzen, da die Familienchronik Bernhards darüber
erscliöpfende Nachrichten gibt. Ich beschränke mich daher nur auf
die Erinnerung, dass dieselbe durch Konrad Rohrb^ch, gestorben
1400, nach FrankAirt kam, dass sie durch Handel mit Elsässer
Weinen und durch Heirathen frühzeitig ein bedeutendes Vermc^en
und ein ausgedehntes Grundeigenthum erwarb, dass schon Konrads
beide Enkel Johann (im Jahre 1444) und Heinrich der Alte in den
Rath erkoren, und dass auch die beiden Söhne des letzteren, Heinrich
der Junge und Bernhard, im Laufe des Jahrhunderts die Nachfolger
ihres Vaters auf dessen Rathsitze wurden.
Job oder IJiob Rohrbach, der dritte Sohn Bernhards, der von
seinem Vater die Neigung zur Aufzeichnung städtischer Begeben-
heiten geerbt zu haben scheint, wurde am 27. December 1469 ge-
boren und von dem Kanonicus zu St Leonhard Wemherus Erbstadt
aus der Taufe gehoben. Die Firmelung empfing er .1477, «Is er im
achten Jahre stand. Da als sßin Firmpathe ^Antonius Armigeri, sin
- 49 —
Rector zu St Bartholomeus*' erwfihnt wird, so dürfen wir daraus
gchliessen, dass er die Stiftsschule daselbdt besucht und in ihr seine
erste wissenschaftliche Bildung empfangen habe. Als sein Vater
Bernhard am 6. December 1482, erst 36 Jahre alt, starb, waren von
dessen neun Kindern nur noch sechs am Leben. 'Die Wittwe Elgin
Bohrbach war eine Tochter des verstorbenen Schoflen Konrad Hqjz-
hausen und dessen Ehefrau Engin, einer geborenen Sassen ^. Sie
wohnte in dem Wixhäuser (dem heutigen Aügsburger) Hof, dessen
östliche und westliche Seite damals noch nicht mit Häusern verbaut
und wie heute zur Strasse eingeengt waren ^ während das Gebäude
selbst, mit Thurm und Erker stattlich geschmückt, die ganze nörd-
liche Breite des Hofes einnahm und mit seiner Ea^ade nach Süden
schaute. Ausserdem besass sie noch immer das Haus Ehrenfels in
der Schnurgasse und einen grossen Hof auf der Eschenheimergasse
mit mehreren Zinshäusern, über dessen Eingang sie im Jahre 1496
das' RohrbacVsche und Hotzhausen'scbe Wappen aufrichten liess.
Auch ein Bohrbach'scber Garten, ohne Zweifel der jüngst verkaufte
grosse Bleichgarten auf der Breitengasse und dem Klapperfeld, wird
von Job häufig erwähnt '.
Von den drei Söhnen trat d.er jüngste, Konrad, schon am 8. April
1493 nach eben zurückgelegtem/ zwölften Lebensjahre eine Reise nach
Augsburg und Venedig an, von der er erst im März 1498, also im
siebzehnten Lebensjahre, zurückkehrte. Die Dauer seiner Abwesen-
heit, seine zarte Jugend imdder längere* Aufenthalt in diesen Städten,
welche die grossen Mittelpunkte des Handels zwischen Deutschland
und Italien bildeten, legt die Annahme nahe, dass sich Konrad dem
Kaufmannsstande widmete und dass der Zweck dieser Reise seine
merkantilische Ausbildung war^ Wenige Tage vor Konrads Abreise
war auch der älteste Sohn Bernhard, damals 26 Jahre alt, am 26.
März 1493 nach Italien gezogen *, weilte längere- Zeit in Rom und
erreichte erst zwei Jahre später mit Ludwig Hokhausen die Heimath.
Als beide auf dem Rückwege am 20. Mai 1495 eben auf einem Roll-
wagen Worms verlassen wollten, begegnete ihnen, wie es scheint,
von Ungefähr dort Job Rohrbach mit mehreren Frankfurtern, Karl
1 Bernhard Rohrbaoh's Familienchronik §. 94—105 (bes. §. 96); 8- 124. Job
Rohrbach Chronik §.1.
> Job's Chronik §. 89 flg. §. 78, 81, 9, 14 etc.
3 Ibid. $ 3 u. 87. DafOr spricht auch sein spfiterer Aufenthalt in Antwer-
pen g. 10.
♦ §. 4.
4
— 50 —
Hjnsberg; Ulrich Neuhauseii; Bechtold Heller^ Johann zum Jungen^
Wolf Blum; dem Schultheisen Ludwig zum Paradies ^ dem Doctor
Adam Hejmbach und Anderen. Sofort kehrten sie mit ihnen in die
Stadt zurück und feierteii mehrere Tage lang ein fröhliches Wieder-
sehen. Begleitet von vier Dienern fuhren sie in einem Rollwagen
am 24. Mai; ihrer fünfzehn; nach Oppenheim; von da am 25. zu
Schiffe nach Mainz und mit dem Mainzer Marktschiff; welches bereits
das gewöhnliche Beförderungsmittel für Beisende aller Stände war,
nach Frankfurts Schon im Jahre 1496 sehen wir Bernhard das
Boss besteigen zu einer neuen italienischen Beise; die ihn sechs Mo-
nate lang dem 'Familienkreise fern hält und wiederum bis nach Born,
von Job schlechthin urbs genannt; führte üeberhaupt ist der Zug
nach Italien eiine charakteristische Erscheinung in dem Leben der
reichen Frankfurter jener Zeit Auch von Haman Holzhausen lesen
wir; da;ss er in seiner Jugend sich dort aufgehalten und für sich und
seinen Beisegenossen Jakob Kühorn einen Ablassbrief erwirkt habe,
der im Jahre 1491 auf die Glieder von Beider Familien ausgedehnt
wurde. Ln September 1494 treten abermals drei junge Frankfurter,
Loy Jostenhofer; ein Sohn des Johannes von Bhein und Magister
Wolfgang Heller die Beise nach Italien, und da sie Briefe für Bern-
hard Bohrbach mitnahmen; so scheint eS; nach Bom an '. Was sie
dorthin zog; war gewiss nicht blos die Herrlichkeit des Landes ; die
noch heute jedem; .der es zu sehen das Glück hatte ; in frischer Er-
innerung bleibt; sondern zugleich die Sprache , die durch eine allge-
mein bewunderte Literatur vertreten; als ein nothwendiger Besitz Aller
galt; die auf höhere Bildung Anspruch machten. Auch Job; obgleich
wir nicht erfahren; dass 'er das Land selbst bereiste; hat nichts desto-
weniger diese Sprache erlernt : unter den wenigen Büchern ; die er
auf Anlass seiner Anschaffungen und der ihm^ gewordenen Geschenke
erwähnt; fuhrt er namentlich die sämmtlichen Werke' des Francesco
Fetrarcha; eine Liebesgabe des befreundeten Dr. Florentius von
Veningeu; auf. Uebrigens waren jene Beisen damals noch mit weit
grösseren Gefahren verbunden, als in unseren Tagen und es fehlt
nicht an Beispielen; diuis Manche jener Jünglinge die Befriedigung
ihrer Sehnsucht nach der Heimath der Kunst und der Wiederaufleben-
den classischen Bildung mit dem Leben büssen mussten: Job selbst
s §. 6. cf. §. 52.
« §. 8.
» §. 5.
- 51 —
erzählt ubb; das» Wolfgang Heller mit seinem Gefährten Otto Eron-
berger auf der Heinureise im Gebiete von Siena elendiglich ermordet
worden sei. Am 25. August 1495 liessen der gebeugte Vater Becfathold
Heller und die Brüder des Gemordeten, Jakob, Bechthold der Jün-
gere und Caspar, ihm in der Bartholomäuskirche die Exequien ver-
anstalten ®. .
Die beiden älteren Schwestern Anna und Afra wurden durch
den Willen der Mutter dem Elosterleben bestimmt • Im Jahre 1488,
wo jene vierzehn, diese zwölf. Jahre alt war, schloss Elgin mit
Anna Bückerin, Priorin zu den Weissfrauen, einen Vertrag, kraft
dessen ihren beiden Töchtern zwei Pfründen zugesichert und dem
Erlöster eine Summe von 250 fi. für jede ausgesetzt wurde, wogegen
es auf ihre Erbschaft; Verzicht leistete. 1490 wurde diese Summe fttr
Anna, 1492 für Afra ausgezahlt nebst 10 fl. ftr die Kleider jeder.
Sie traten also um diese Zeit ihr Noviziat an'* Schon im Jahre 1488
werden beide in einer dem Convente ausgestellten Ablassbulle ge>
nannt^; den Schleier nahmen sie indessen erst am 6. August 1494
nut vierzehn anderen Jungfrauen ^K Anna, damals zwanzig Jahre alt,
überlebte nur um wenige Wochen ihre Einkleidung, sie verschied
am 23. August in dem Kloster ^^. Ihre Schwester Afra vertrauerte in
den öden Mauern ihre Jugendzeit unter frommen Uebungen und
kleinlichen weiblichen Handarbeiten ; ihrem Bruder Job v^ertigte
sie aus Seide einen Zweig mit drei weissgefüllten Knospen, drei
Eicheln, zwei rothgefüllten Blumen und vielen ande]:en kleinen Blüm-
chen : das wehmüthige Bild eines vertrockneten und verkümmerten
Lebens ^^
Nur die jüngste Tochter Martha war bestimmt, als Gattin und
Mutter das Loos des Weibes in den Freuden und Leiden des H!aus-
standes zu tragen. Sie vermählte sich 1495, siebzehn Jahre alt, mit
Karl Hjusberg und die Schilderung der Förmlichkeit^ womit dies
geschah, bildet einen der interessantesten Abschnitte unserer Hand-
schrift**;
Am 11. Mai 1495 kamen in dem Klappergarten von Katharina
Holzbausen im Beisein Jobs, Gilbert Holzbausen's und Jakob Neu-
8 §. 268.
9 Fichard Geschlechtergeschiehte.
10 Lersner I, II, 79.
1* §. 72.
« §. 73.
ö §. 74.
» i 78—81.
4*
— 52 —
hausen'B Elgin Bohrbach die Matter und Karl Hynsberg ttberein^ dass
der letztere Martha zur Ehe nehmen solle. Am 16. Mai imirden die
beiden gleichlautenden Exemplare der eheliehen Briefe versiegelt,
von Seiten des Bräutigams durdi Doctor Ludwig zum Paradies, Schul-
theiss, mit seinem Amtssiegel, Ort zum Jungen und Konrad Neuhaus;
von Martha's wegen durch Georg Frosch/ Haman Holzhausen und
Job Bohrbach, der zu dieser Handlung bemerkt : „Und ist das erste
Mal, dass ich gesiegelt habe, denn meiner Schwester zu lieb, liess
ich das Siegel graben/' ,;Am 18. Mai lud man — erzählt er weiter —
von beiden Seiten Frunde, zu vollenbringen und zu beschliessen die
Ehe zwischen Karlen Hynsberg und Martha Bohrbächerin, myner
Schwester, und hat Karl sjne Frunde durch synen Knecht lassen
laden und mjne Mutter ihre Frunde von Marthen wegen lassen
laden durch Meister Niclasen Schorrebrant, den^ man nejnnt den Arm-
brüster — die Jungfrauen, die nit zu gehören, die lädt man durch
ein Meyd des Morgens. Und sind die Frunde geladen word^i von
beyden Seiten des Morgens, also dass man die hat gebeten zu kom-
men zwischen zwölf und ein Uhr zu den BarfUssem, die Frauen
und Jungfrauen in das Hus myner Mutter. Also ist es auch vollen-
gangen. Und so die Mannen von beiden Seiten zun Barfbssern ka-
men, schickten sie ein Knecht zu den Frauen ins Haus, liessent fra-
gen: „War es den Frauen gelegen, wollten sie kommen.^' Entboten
ihnen die Frauen : „Es war' ihnen, gelten.'' Da thet Georg Frosch
ein Abred, also lutend in der Meinung: „Als beredt und betheidingt
war' zwischen Karlen Hynsburg und Jungfrauwen Marthen ein Ehe,
mit beider Seiten Frunde Bath, Wissen und Willen, die also zu be-
schliessen bat' ' er sie darby zu sin.'' l!)ess sie all' gutwillig waren und
^ngen von den BarfÜssem in myner Mutter Hus zu der Brut und
den Frauen und Jungfrauen. Da im Hus thet Georg aber wie vor
ein Abred, nach der nahm Herr Johann Brun (von Brunfels) Jung-
frau Marthen und Karlen und gab sie zusammen zu der heiligen
Ehe ein vierteler Stund nach einer Uhr Nachmittag." Man nannte
diese ganze Handlung den Handschlag oder den Weinkauf. Die
Zahl der Gebotenen von Seiten des Bräutigams, welche den Fami-
lien Heringen, Hynsberg, Marpurg zum Paradies, zum Jungen und
Neuhaus angehörten, betrug 11, die von Seiten der Braut, die Bohr-
bache, Holzhausen, Frosche, Blume, Glauburger und Holzheimer
waren 28; 6 waren als nicht in der Stadt anwesend oder krank
nicht erschienen; die Sassen waren wegen Trauer ausgeblieben, was,
wie Job versichert, nicht als vollgiltiger Entschuldigungsgrund ange-
sehen wurde. Jungfrauen waren vier gebeten. Nach vollzogenem
- 53 —
Handschlag begab sich der Bräutigam auf die Stube des Hauses
Löwenstein und lud die jungen ; d. h. unverheiratheten Oesellen^
welche man dort vorfand; zum Nachtmahle:, es waren ihrer acht, ein
neunter war von der Mutter der Braut geladen ; ein ssehnter, Jo-
hann Brunu; war zugezogen worden, weil er als Priester die Verlo-
bung vollzog. Diese Ordnung stand so unverbrüchlich fest, dass, als
Bernhard Weiss am 18. August, dem Tage des Hajidschlags , die
jungen Gesellen durch einen Diener von Haus zu Haus zum Nacht-
mahl laden liess, Job dies als eine Abweichung von der hergebrach-
ten Sitte ausdrücklich tadelt. Der Bräutigam scheint dies selbst ge-
fühlt zu haben, denn am folgenden Tage brachte er, nochmals per-
sönlich die Einladung an die jungen Gesellen auf die Stube und
sandte dieselbe auch den Jungfrauen zu und es wurde zum zweiten
Male geschmausst und auf dem Römer getanzt ^^
Erst sechs Wochen später fand die kirchliche Bestätigung der
Ehe statt: Karl von Hynsberg wurde am 1. Juli von seinen beiden
Schwägern Bernhard, der unterdessen von seiner ersten Bomfahrt
zurückgekehrt war, imd Job zur. Kirche geleitet, Martha von ihrer
Mutter, von ihrer Schwiegermutter, Gutgen Heringen, und von den
Jungfrauen Anna und Agnes Blum. Nach Job^s Darstellung scheint
es, als ob dieses der ganze Hochzeitzug und somit die kirchliche
Trauung derjenige Act gewesen sei, der von Seiten der Verwandten
und Freunde die spärlichste Betheiligung fand. Am 6. Juli folgte
die eigentliche Hochzeit, welche in dem 4em Churfilrsten von Trier
zugehörigen Hof, damals noch der ,ßf onzhof'^ oder Münzhof genannt,
gefeiert wurde. Die Geladenen assen und tanzten dort, am Abend
aber geleitete man das junge Paar in die Wohnung der Schwieger-
mutter, den Wixhäuser Hof, wo die Braut in der gemalten Stube,
die sich über dem gewölbten Saale befand, dem Bräutigam beigelegt
wurde. Man bezeichnete dieses Beilager treffend mit den Ausdrücken
apponere sponsam sponso oder consummatio matrimonii in thoro. Es
war dabei üblich, dass einer der Brautführer ihr den linken Schuh
auszog und ihn dem andern gab. Job, der durch einen Fieberanfall
verhindert gewesen war, dem Hochzeitsschmliuss und Tanz beizu-
wohnen, wollte sic^ wenigstens diese Dienstleistung nicht nehmen
lassen, er hatte sich unter dem Ehebette versteckt, und als seine
Schwester sich diesem näherte, zog er ihr rasch den rechten Schuh
aus, aber Jakob Neuhausen, mit der Sitte genauer bekannt, entklei-
» §. 8d0.
— 54 —
dete sie des linken und überreichte ihn Gilbert Holzhansen: erbatte,
wie Job znftagt; das Biefatigere getroffen (et Ule rectins me egit).
Dreizehn Tage später^ am 19. Juli^ wurde Martha Bohrbächerin in
den Hof ihres Eheherrn ^ den Fodenhof; feierlich geleitet und ihm
übergeben. Man sah es ungern ^ wenn der Pomp^ womit man diese
Hochzeiten ausstattete^ ii^endwie eingeschränkt wurde. Als im Jahre
1496 Johann Knoblauch nur den engsten Kreis seiner Hausfreunde
zu dieser Vorfeier seines Beilagers zuzog, sah Job darin einen Be-
weis sdmes übermässigen Geizes ^^, und als am 29. Octöber 1498
Dr. Johann Glauburg in seine dritte Ehe mit Margaretha Horugin
trat und den üblichen Hochzeitsschmauss unterlassen wollte^ brach-
ten Friedrich von der Filsch^ Clas von BücluDgen, Ludwig Holz-
hausen und Job Bohrbach ohne sein Wissen einen Pfeifer in sein
Haus und eröflheten dort den Tanz^^
Diese ganze Darstellung zeigt deutlich; dass man zu Ende des
fünfzehnten Jahrhunderts den Abschluss einer Ehe vornehmlich aus
dem Gesichtspunkt eines bürgerlichen Vertrags betrachtete und dabei
die kirchliche Trauung nur als die Bestätigung des bereits voUgilti-
gen Vertrags vor der Kirche ansah. Noch deutlicher trat dies in der
älteren Sitte hervor. Dass der kirchlichen Einsegnung der Ehe
der Handschlag oder der Weinkauf ^^ vorausging, bei welchem
die freunde , d. h. die Verwandten des Bräutigams und der
Braut ihre Zustimmung zu der Verchlichung gaben und das
Paar durch einen Anwesenden zusammengegeben wurde, also
die Verlobung im Familienkreise, haben wir bereits bei
der Ehe Karl Hynsberg's mit Martha Bohrbach gesehen. Die-
ses Zusammengeben geschah früher einfach durch ein Familien-
glied. Bernhard Bohrbach der Vater und Elgin Holzhausen wurden
durch den Bruder des Vaters der Braut, durch den Schöffen Jo-
hann von Holzhausen, zusammengegeben (Bernhards Familien-
chronik §. 103). Eine wesentliche Veränderung bei dein Handschlag
finden wir zur Zeit Jobs. So oft er fast desselben umständlicher er-
wähnt, werden die Brautleute im Hause der Mutter der Braut durch
einen Kleriker zus4mmengegeben. Von Jobannes Brun, der die-
sen Act bei Jobs Schwester und Karl Hynsberg vollzieht, wird uns
deutlich bemerkt, er sei (obgleich er nicht zu den Verwandten ge-
hörte) eingeladen gewesen, weil er als Priester die Verlobung yoll-
«« §. 291.
» §. 257.
« §. 23 u. 106.
- 55 —
zogen habe (inTitatuS; quia deBpondit iste Bacerdos). Gilbrecht Holz-
hausen rnid Katharina SasBen wurden am 16. December 1499 von
Georg Schwarzenberg; Cantor und Canonicus zu St. Barth olomäi^ zu-
Bammengegeben ^9. Am 14. October 1498 ^bt Job Bohrbach die
Schwester Beiner Köchin Agnes^ Elgin von Sprendlingen^undGicBsen
Henn im WixhäuBcr Hof zuBammen und bemerkt: ,,Und ist das die
erste Ehe^ die ich gemacht und zusamen geben hab; Gott geh, dass
wohl gerathe! Amen!" £r war kurz vorher Kanonikus geworden ^.
So wurde allmählig die Verlobung aus einem bürgerlichen Familien-
act zu einem geistlichen Hausact. Dieser Uebergang fällt zwiBchen
die Jahre 1470 bis 1490. Die eigentliche kirchliche Trauung bestand
in der Erklärung des ehelichen Consenses vor Pfarrer und Zeugen^
die man ,,prieBterliche Benediction" nannte. So heisst es von
Clas Stalburg und Margaretha vom Rbyn^ sie hätten am 21. October
1499 in der Kirche ihre Ehe solemnisirt und von dem Stadtpfarrer
Doctor Conrad Hensel die Benediction empfangen'^. Von Gilbrecht
HolzhauBcn und Krinchen Sassen wird gesagt^ sie seien in der Kirche
am 10. Februar 1500 „inthronisirt" worden**. Auch Job gab im
Jahre 1501 ^^ seinen Bruder Bernhard und dessen Braut nicht blos
als Verwandter^ sondern als Kleriker zusammen.
Eigentliche Hochzeitsgeschenke finden wir hier und da erwähnt.
Als nämlich Dr. Bernhard Kühorn sich am 9. November 1500 in
Mainz mit der nachgelassenen Tochter des kurfürstlichen Kanzlers
Georg Hell; genannt Pfeffer; vermählte und; wie es scheint; eine
prächtige Hochzeit veranstaltete; fuhren unter Anderen auch die
Brüder Bernhard und Job mit dem Schiffe des Käthes nach Mainz
hinab; dort lebten sie bis zum 13. November vier Tage herrlich und
in Freuden (LautO; imo lautissime viximus et triumphavimus); dann
schenkte jeder einen Ducateu; den er für einen Gulden nnd neun
Schillinge erstanden hatte. Ebenso schenkte Job dem Gilbrecht
Holzhausen und seiner jungen Ehefrau bei der Hochzeit; am
10. Februar 1500, weil er, wie er sagt; beiden blutsverwandt war; drei
Gulden ; vorher hatte er, wie er selbst sagt ; noch kein Hochzeits-
«9 §.284.
^9 §. 107. Kur einmal finden wir §. 261 , dass Verlobte nicht durch einen
Kleriker, sondern einen Laien, nfimlich Glas Rfickingen zusammen gegeben
werden. Denn dass unter diesem der Vater, nicht der Sohn verstanden werden
mnss, geht daraus hervor, dass der Letztere erst viel später Kleriker wurde.
" §.322.
" §. 284. Vergl. ttber diesen Ausdruck meinen Artikel Inthronisation hi
den Supplementen von Herzogs theologischer Realencyclopfidie.
M §• 10.
- 56 —
geschenk gemacht '^. Indesseii ist diese Bemerkung nur von wirk-
lichen Geldgeschenken, nicht von sjrmbolischen Gaben zu verstehen:
so erzählt Job selbst, seine Mutter und sein Bruder Bernhard hät-
ten am 25. Januar 1496 dem städtischen Syndikus Eberhard Rosen-
acker und seiner Neuvermählten, jene einen Goldgulden, dieser ausser
einem Goldgulden auch eine Münze, die man „einen engelisch'' ge-
nannt, er, Job, dagegen drei Würfel und zwei Nadeln, eine mit
einem grauen, die andere mit einem blauen Faden, geschenkt^«
Neben den Fathengeschenken, wie sie nach Bernhards Fami-
lienchronik der Päthe dem Täufling machte, wird zum ersten Male
von Job eine Verehrung desselben an die Wöchnerin erwähnt; so
schenkt Goffert von Ellehen der Ehefrau des Haman Holzhausen
bei der Taufe ihres Söhnleins Georg fünf Goldgulden »*• Die Taufen
wurden damals entweder an dem Tage der Geburt oder an dem
darauf folgenden v<^ogen. Ebenso fanden die Beerdigungen meist
schon am Tage nach dem Tode statt
Eigentliche Haussteuern scheinen nur 'in dem Falle üblich ge-
wesen zu sein, wenn die Eheleute einen eigenen Hausstand gründe-
ten. Dieser Fall trat bei Haman Holzhausen ein. „Am 4. Septem-
ber 1495^', berichtet Job, „halt Haman Holzhausen mit samt Margarethen
Froschin'', seiner Hausfrau (er hatte sich mit dieser schon 1491
vermählt), zum ersten, als einer, der eigen Haus halten will, im
Monzhof, den man auch den Trier'schen Hof nennet, gössen, und
darnach uf den 5. Tag des Septembers haben sie zum ersten drin
geschlafen, also sind sie ganz zu Hus gezogen. Item darnach uff
den 13. Tag des Septembers habent mjn Mutter und Krinchen Holz-
huserin zu Spangenberg gekocht und die Kost in Monzhof
getragen und haben den neuen Husluten geschenkt den Mittags-
imbiss, und hat mjn Mutter geschenkt ein schön kupfern Kes-
^ §. 298. 284.
>' §. 308. Die drei Würfel erscheinen auch unter den Gaben, welche der
Pathe dem Täuflinge zu schenken pflegte, in Bernhards Familienchronik §. 95.
26 §. 279. Ich habe vermutheti dass die Abbreviatur bei den Fathenge-
schenken, die in Bernhards Familienchronik aufgeführt werden, III ald th. zu
lesen sei und Tumosen bezeichne (zu §. 95). Es ist aber, wie ich aus Jobs
Handschrift ersehe, wahrscheinlich III. ald h. zu lesen und demgemäss drei alte
Heller zu verstehen. Diese Gabe neben grösseren Mflnzen kann wie die drei
Würfel nur symbolisch gemeint sein.
>v Es ist dies ein Gedächtnissfehler. Nicht Margarethe, die Gattin Ha-
man*s, — sie war eine Tochter des churmainzisehen Kanzlers Georg Hell,
gen. Pfeffer, vergl. §. 279 — sondern Katharina Holzhausen zum Spangenberg,
war eine geborne Froschin.
— 57 —
sei, da man Gläser in waschet, kostet ein Gulden vier Schilling; nnd
ich ein Schindellad, darin standen klein hölzerin Büchslin sieben,
dass sie Species (Spezereieu) darin thun sollen, die in die Küchen
gehören; Krinchen zu Spangenberg schenkt ein Schleier; Ludwig
Holzhausen, ihr Sohn, schenkt ein Instrument von Messing, da man
die Pfann uffsetzet, kostet 15 Albus ; Elgin, ihre Tochter, ein gross
hölzerin .Hofschüssel, da man Teller über Tisch einwirft, wenn man
ein lassen uff will heben. Und des Mittags, was wir assen , schenkt
mjn Mutter und KrincheQ zu Spangenberg, und assen da myn
Mutter, myn Bruder Bernhard und ich, Katharin zu Spangenberg,
Ludwig, ihr Sohn, Elgin, ihre Tochter, Herr Johann Brun; des
Nachts lud uns allesamt herwieder Haman uff sine Kosten. So pfle-
get es denei^ zu geschehen, die ihr eigen Hus halten wollen, und
wann der Mann und die Frau beide, oder eins von ihnen zuvor
nicht geehelicht gewesen ist"'®.
Gastm&hler waren damals überhaupt ungemein beliebt und eins
gab nicht selten den Anlass zu einem andern oder gar zu mehreren,
die sich ihm anreihten. Als am 1. Juli 1496 die Herren des Bathes
nach altem Brauch das berühmte Hirschessen abhielten (in welcher
Weise dies geschah, ersieht man aus Jobs classischem Ausdruck:
Bacchanalia cervi peragunt), veranstaltete Clara, Johann Glauburg's
Ehefrau, in dem Hause des Ambrosius Glauburg (weil in dem Gar-
ten ihres Gatten das Hirschgelag stattfand), ein, wie es scheint,, nicht
minder opulentes Mahl, zu welchem auch Job mit seiner Mutter,
seiner Schwester und seinem Schwager geladen war: zwei Tage
wurde in Freuden geschmaust und getrunken und erst am dritten
Tage, dem der Maria Magdalena, wurde zu Oberrad , dessen Patro-
nin sie war, die Gasterei zu Ehren derselben in gleicher Weise ge-
, schlössen ^^ Li Frankfurt wurde der 5. Januar, die Vigilie des
Dreikönigs- oder Epiphanienfestes, durch ein Gastmahl verwandter
und engverbundener Familien begangen, bei welchem man durch das
Loos den König für das folgende Mahl bestimmte, das wenige Wo-
chen später veranstaltet werden musste. So erzählt Job : „Am 5. Ja-
nuar 1496 wurde ich am Epiphanienabend in meiner Abwesenheit
im Goldstein durch das Loos zum König gewählt, des Königs Gast-
mahl wurde am 3. Februar begangen'^ ^. Leider hat er uns nichts
28 §. 220.
>' §. 21 r. Das Datam mnss auf Irrthnm beruhen ; da der Marien-Magda-
lenentag nämlich auf den 22. Juli fallt, so kann das Hirschessen erst am 20.
Juli stattgefunden haben.
«> S. 225.
- 58 -
Näheres über die übliche Form einer Feier berichtet, deren meines
Wissens- kein anderer Frankfurter Berichterstatter gedenkt. Es wird
daher Manchem willkommen sein, einige Winke über ihre Begehung
in andern Ländern zu empfangen. Der Dreikönigstag, mit welchem
die Zwölfte, d. h. die zwölf heiligen Nächte oder Julnächte schlös-
sen und der darum in England the twelfth day oder the twelfth
night heisst, in Deutschland aber der Berchtentag genannt wurde,
weil an ihm die segnende Göttin Peratha oder Frau B^chta (Frau
Holla) ihren . Umzug beendigte , wurde bei allen germanischen Völ-
kern heilig gehalten. Am Vorabende desselben waren in England
Vermummungen üblich, die mancherlei Verwechslungen und Irrun-
gen im Gefolge führten : diese Sitte klingt noch an in dem Titel von
Shakespeare's allerliebstem Lustspiel: twelfnight (der heilige Drei-
königsabend) oder „was ihr wollt*'. Am Tage selbst wird in Eng-
land noch heute der Königskuchen gespeist, der von bedeutendem
Umfang die Grundlage für ein aus Kandiszucker aufgebautes und
von Conditorfiguren umstelltes gothisch^s Gebäude abgibt; der f)lr
die königliche Familie bereitete hatte vor einigen Jahren ein Ge-
wicht von einem vollen Centner. Am Abende findet in den Familien
grosse Gesellschaft statt, und es werden durch das Loos der König
und die Königin, sowie die sämmtlichen Aemter des Hofstaates be-
stellt. Zur Zeit der Königin Elißabeth geschah die Königswahl durch
eine in den Kuchen gebackene schwarze und weisse Bohne; jetzt
in der Begel durch Zettel, und da nach altem Brauche dem Königs-
paare die Pflicht obliegt, die Kosten des Gastmahls zu bestreiten,
so sucht man bs so einzurichten, dass diese Loo^re in die Hände des
Hausherrn und der Hausfrau gespielt werden. In Flandern trägt der
König eine Krone, und so oft: er den Becher an den Mund setzt,
ruft jeder Anwesende: der König trinkt! wer es versäumt, wird von
dem Hofnarren mit einem schwarzen Striche im Gesichte gekenn-
zeichnet. An dem Bhein war die Königswahl und das Königsgelag
gleichfalls Sitte; die Wahl geschah dureh Zettel, in derEifel gleich-
falls durch die schwarze und weisse Bohne. Zum Theil haben sich
Ueberreste dieses Brauches noch heute sporadisch erhalten^. In
Frankfurt haben ohne Zweifel auch Frauen Theil genommen, da die
Wahl Jobs in dem Goldsteine, der Behausung der verwittweten
Katharina Holzhausen , stattfand; dagegen erscheint es als locale
3« Vergl. Reinsberg - Düringsfeld, das festliche Jahr. Leipzig 1863, znm
Januar.
— 59 —
«
Eigenthümlicbkeit j dass am Epiphanienabend nur die Königswahl
vollzogen^ dagegen des Königs Gastmahl erst mehrere Wochen spä-
ter abgebalten wurde: für das letztere gibt, wie wir vernehmen, Job
den 3. Februar, also den Tag nach Maria Lichtmess, an; beruht
dieses Datum nicht auf einer Zufälligkeit, so würde es auch fär im-
sere Gegend als letzte Spur des in manchen Städten Englands frü-
her bestandenen Gebrauches gelten können, die Nachfeier des Christ-
festes bis zur Lichtmess auszudehnen.
Eine andere Sitte bestand darin , dass ein Mann einer Fran
oder eine Frau einem Manne beim Mahle einen Kranz aufsetzte
und dem, welchem dies geschah, die Nöthigung auferlegte, selbst ein
Gastmahl zu halten. War dies ein Unverheiratheter oder wenigstens
ein solcher, der keinen eignen Haushalt hatte, so waren ihm darin
Andere behülflich. So erzählt Job in einem lateinisch abgefasten
Berichte aus dem Jahre 1500, wo er bereits Kanonikus zu St. Bar-
th olomäi und Episteler, d. h. Subdiakonus war: j^Am 3. Juni hatte
ich Gäste zum Abendmahl; das kam so: am 28. Mai lud Ambrosius
Dietrich, Protonotar des Beichskammergerichts, zum Abendmahl im
Hause Jacobs Neuhaus mehrere Frauen mit ihren Ehemännern und
einigen Andern. Nach gehaltener Mahlzeit setzten scherzend die
Frauen dem Ulrich Neuhaus den Kranz auf, dass er am folgenden
Abend ein Mahl gebe, wora^uf Ulrich auf die Bitte der Frauen und
weil meine Mutter ihm ihr Haus, ihre Köchin, Holz und das Ueforige
anbot, Alle auf den folgenden Tag einlud; auch wurde beschlossen,
dass jede Hausfatnilie, mochten ihrer Einer oder Mehrere in einem
Hause sein, zwei Maass Weines stellen sollte, und so kamen wir auf
den folgenden Tag in unserem Hause zusammen. Ulrich setzte den
Kranz der Ursula Schwarzenbergerin, diese setzte ihn mir„ Job, aui
und so lud ich die ganze Gesellschaft zum Abendmahl auf den
3. Juni; ich hatte aber bei diesem Mahle folgende Personen: meine
Mutter Elgin^ meinen Bruder Bernliard, Georg Neuhaus, Ulrich Neu-
haus, Gilbert Holzhausen, seine Hausfrau Katharina, Katharina, die
Wittwe Gilberts Holzhausen zu Spangenberg, ihren Sohn Ludwig, Ur-
sula Schwarzenbergerin, Ottilia zu Schwanau, Friedrich Faut und seine
Hausfrau Margaretha, Nicolaus Schorrebrant, den man nennt Arm-
brüster,* Karl Hynsberg, meinen Schwager, mit seiner Ehe&au Martha,
meiner Schwester. Haman Holzhausen mit ^seiner Ehefrau Marga-
retha kam nicht, weil er krank war^.^^ Am Schlüsse setzte Job den
Kranz der Katharina zum Spangenberg auf. Es war dies die erste
>
■
M §. 221.
— 60 —
Gasterei; die er verauBtaltete^ und sie bildete ein so wichtiges Ereig-
niss in seinem Leben^ dass er daran die Reflexion knüpft: auf einen
Mittwoch sei er geboren ^ an einem Mittwoch sei er in den Besitz
seiner Präbende gekommen, an einem Mittwoch habe er zum ersten
Male Gäste bewirthet.
Job hat uns aber auch a,usführ]ich belehrt, wie es bei diesem
für ihn so wichtigen Mahle mit den Speisen bestellt gewesen sei.
Er fügt nämlich hinzu: »Wir gaben diese Gerichte oder Trachten:
zum ersten Erbsen mit Zucker; darnach in jeglich Schüssel vier
junge Hühner und ein Stück Hanmielfleisch gedämpft mit Cjbeben,
grossen und kleinen Bosmen, Muscaten und Muscatblumen, darnach
gesottene Scheffen oder Schoten, darnach Gebratenes, je in eine
Schüssel vier junge Hühner, einen Hammelsbug, eine halbe Gans
und frisches Solz, darauf Käse und Kirschen zur CoUaz, am Abend
Käse, Confect, Bettig und zwei Malken, das eine in den Schüsseln,
das andere uss dem Hafen zu trinken^ ^.
Diese Berichte haben uns zugleich einen Blick in den Freundes-
kreis der Biohrbach'schen FamiUe eröfinet und es sei mir gestattet,
einige dieser Verwandten näher hervorzuheben. Die eine ist
Katharine Holzhausen, geborte Schwarzenbergerin, die Wittwe des
Schöffen Johann Holzhausen, die Mutter Hamans und Gilbrechts,
deren letzterer von Schurg^^ als Feind des Klerus bezeichnet wird,
33 Die yerschiedenen Gänge des Mahles wurden also nicht sowohl durch
die Gattungen der Speisen , als darch die Art ihrer Zubereitung abgegrenzt,
daher denn dieselben Fleischarten im zweiten und vierten Gange, nor anders
bereitet, wiederkehren. Ebenso unterscheidet man noch heute im italienischen
Pranzo vier Hauptgerichte: Bollito, fritto, umido und arrosto. Scheffen ist
nach Schmellers Bayrischem Wörterbuch schwäbischer Name für Schoten. Wer
sich Aber die Küche des Mittelalters belehren will, findet reiches Material dazu
in dem von dem literarischen Vereine zu Stuttgart in dem neunten Bande
seiner Bibliothek publieirten: „Buche von guter Speise'*. Solsz scheint iden-
tisch mit tfSalse'^f im 34. Recept wird die Bereitung so angegeben: „Nimm
saure Weinbeeren und thue Salbey, zwei Knoblauchshaupter und Speck dazu;
'stoss es zusammen, drücke es und gieb es für einen guten Salse." Nach Re-
cept 49 sollen die Ingredienzien aus Wein, Honigseim, Ingwer, Pfeffer, Knob-
lauch und £iern bestehen. Die Textesworte: „fyrssess solss*' bei Job Rohrbach
getraue ich mich nicht mit voller Sicherheit zu erkiftren: wahrscheinlich ist
fyrss provincieller Ausdruck für frisch. AusSalae sind die Wörter Sauce, Salat
und Sulz (das letztere in Schwaben eine Fleischgel^) entstanden. „Malk'*
scheint mit melken, Milch, zusammenznhfingen und eine ArtCrtoe zu bezeich-
nen, daher es ebenso gut aus Schüsseln gegessen, als aus Schalen getrunken
werden konnte. Sämmtliche Speisen wurden stark gewürzt.
3^ Anno 1514 die 7 mensis Junii, quae fuit quartaPentecostesobiit Gilbrecht
Holtshausen zum Goltstein, osor Gleri. Msc. Schurg auf der Stadtbibliothek»
p. 198.
- 61 —
während ersterer der thätigste Beförderer des KeformationswerkeB
in Frankfurt wnrde. Eatharina's Wohnung war der Goldstein am
Eingang der häutigen Buchgasse; in ihm muBs eine Kapelle ge-
wesen sein; wenigstens wird in einem Berichte Jobs ein eigner Holz-
hansen'scher Kaplan zum Goldstein erwähnt^. Dieses Haus ging;
wie ich an anderem Qrte^ nachgewiesen habe^ von Katharina auf -
ihren jüngeren Sohn Gilbert und nach dessen Tode 1514 auf seinen
in demselben Jahre geborenen gleichnamigen Sohn zweiter Ehe über^
während dessen Minderjährigkeit es die Wohnung Nesen's und Mi-
cyll's und der erste Sitz der lateinischen Schule gewesen ist Die
andere Katharina oder Krinchen Holzhausen war eine gebome
Frosch; hatte sich am 15. August 1469 mit einem andern Gilbert
Holzhäusen verlobt, aber erst 1471 vermählf'; im Jahre 1479 er-
öffnete sie mit ihrem Ehemann ihren eignen Haushalt in dem Hause
zum Spangenberg zunächst ^er liebfirauenkirche auf dem Berge;
1494 starb am 25. April ihr Gatte ^; sie ist eS; die^ nach der Auf-
zeichnung des jüngeren Matthias Bitter^ Luther im Jahre 1521 ; als
er auf den Tag nach Worms zog^ in seiner Herberge zum Strauss
begrüflste, bewirthete und mit weissagenden Worten ermuthigte^*.
Sie hat noch am 4. August 1523 nach Ausweis ihres Testamentes
gelebt. Ihr älterer Sohn war Ludwig, der jüngere Blasius Holzhau-
sen, von dem Job berichtet , dass er und der junge Gilbert zum
Goldstein ihn am 8. November 1494 nach Mainz zu dem Kanzler
Georg Heller, genannt Pfeffer, geleitet haben, damit er dort seine
Studien betreibe *<^. Diese Abwesenheit von der Vaterstadt ist der
Grund, warum er in den fröhlichen geselligen Kreisen desRohrbach-
schen Hauses nicht genannt wird. Im Jahre 1521 war er mit Phi-
lipp Fürstenberg Abgeordneter der Stadt auf dem Wormser Beichs-
tage. Man ersieht zugleich aus diesen Berichten, dass der alte Be-
griff der Freundschaft im Sinne von Verwandtschaft, wie er
noch heute im Munde des Frankfurter Bürgers lebt, damals seine
volle Wahrheit in den socialen Lebensverhältnissen hatte: die Ver-
hältnisse der Freundschaft ruhten meist auf dem Grunde der Ver-
wandtschaft
55 §. 277.
3« Steitz, Luthers- und Melanchtfaonsherbergen S. SO flg.
3' §. 274. Dass Fichard unsere Handschrift nicht gekannt habe, ergiebt
sich daraus, dass er in der Geschlechtergoschichte zweifelt, ob diese Yermählnng
1469 oder 1471 anzusetzen sei.
3« f. 277.
'9 Luthers- und Melanohthonsherbergen S. 16 flg.
»0 §. 16.
- 62 —
Sonst muBB das Leben in Frankfurt sich in ziemlich einförmigen
Bahnen bewegt haben und der Kreis der Interessen ein sehr be-
schränkter gewesen sein. Ein Qang nach Hausen um in der Nied
zu fischen , ein Bitt zu dem Amtmann auf den Goldstein oder in
BonameS; wo dann die Nacht fröhlich verprasst und die Schmause-
reien in Frankfurt fortgesetzt wurden, ein Ausflug nach Mainz oder
nach Wiesbaden, eine Badekur daselbst oder in Ems, eine Beise
4
bis Köln oder Worms, waren Unterbrechungen, welche in das ein-
förmige Alltagsleben einige Mannigfaltigkeit und Abwechslung
brachten. Die Heirathen, die Geburten, die Sterbfälle und Leichen-
begängnisse waren Ereignisse, denen sich vor Allem die Theilnahme
zuwandte und die gleichfalls zu Schmausereien und Gelagen Veran-
lassung gaben. In dem Jahre 1500 wurde es Sitte, dass die Leichen
vornebmer und reicher Bürger unter dem Vortritt des gesammten
Klerus der Pfarrkirche und der Schüler der Stiftsschulen und unter
dem Geläute der Glocken zu Grabe getragen wurden. Früher war
4ies nur bei den Bestattungen von Klerikem üblich, bei Laien aber
unerhört gewesen ^^ Als die Exequien für Arnold Schwarzenberger
drei Tage nach dessen Tod, am 29. October 1500, bei den Carmeli-
tern beendigt waren, versammelte sich der ganze Bath, sämmtliche
Prälaten und Kanoniker des Bartholomäusstiftes und viele andere
Geladenen zum Mittagsmahl in dem Sterhhause und erfüllten die
Stätte der Trauer mit den lauten Klängen der Freude^'. Einfacher
vielleicht, aber um so wehmüthiger mag eine andere Todtenfeier
gewesen sein, deren Job gedenkt. Lysgin Sassen, die durch seltene
Schönheit und Anmuth ausgezeichnete Tochter Hen Sassens, hatte
sich 1496 mit Johann Frosch verlobt; beider Eltern und Verwandte
waren mit dieser Verbindung einverstanden, aber ein Hinderniss
stand ihnen entgegen; Bräutigam und Braut waren im dritten imd
vierten Grad verwandt, die päpstliche Dispensation musste nachge-
sucht werden, sie traf ein, aber bereits hatte ein unheilbares Siech-
thum sich in dem Kerne der zarten Blüthe ausgebildet; rsksch schritt
die Krankheit fort und statt des Brautkranzes schmückte die Stime
der lieblichen Jungfrau die Todtenkrone^. Sie verschied am Oster-
tage 1497. Auch bei Karl Hynsperg und Martha Bohrbach stellte
sich später heraus, dass sie im dritten und vierten Grad verwandt
waren — Fichard hat in seiner Geschlechtergeschichte diese Ver-
♦1 §. 286. 306. 326. 88.
« §. 320.
♦3 §. 310.
- 63 -
wandtBchaft durch eine eigene Tabelle erläntert — aber da die Ehe
in allen Formen rechtsgültig abgeschlossen war^ so worde dieses
lösende Hindemiss dnrch einen nachträglichen päpstlichen Dispens
gehoben. .
Eine dauernde Unterbrechung und Trübung erfuhr im Jahre
1496 die Unbefangenheit und der heitre Frohsinn des bürgerlichen
Lebens durch das erste Auftreten der SjphiUs oder der französischen
Krankheit. Job Bohrbach ist der Einzige, dem wir darüber eine
Kunde verdanken. Er erzählt :. „Anno 1496 zur Sommerszeit oder im
Frühjahr ist ein ungehört grussUch und erschrockenlich Krankheit
unter die Teutschen von den Walen kommen; die Walen haben sie
krieget von den Franzosen und wird die Krankheit genennet Mal
Franzos und regiert fast in deutschen Landen, noch viel mehr in
Italia und Francia. Die Krankheit macht den Menschen unsäglich
ungeschaffen [missgestalt] ; welcher sie hat , ist über ganz sin Idb
voll schwarz rother Blattern, währt ein Th^ [bei den Einen]
ein halb Jahr, den andern dreiviertel, den andern ein ganz Jahr und
nach dem bleiben die Flecken an ihnen zuweilen lai^e. Ungestalter
Ding hat kein Mensch nie gesehen, von solcher oder dergleichen
Krankheit nie kein Mensch mehr gehört, auch findet k^ Arzt da-
von nicht geschrieben, ausser so viel man irgend dawider ersann^.''
Auch in Jobs nächster Umgebung entfaltete die Krankheit ihre
furchtbare Wirkungen. Sein Bruder Bernhard wurde im Jahre 1498
in so heftiger Weise von ihr befallen, dass er sich dem mensch-
lichen Anblick und Umgang völlig entzog; er zog sich nämlich am
11. Juli in die Einsamkeit seines Gartens, wahrlicheinlich auf dem
Klapperfelde, zurück und rasierte, ohne Zweifel wegen der Ge-
schwüre auf seinem Kopfe, sein Haupthaar am 23. völlig ab. Doch
war das Uebel bei ihm von kürzerer Dauer als bei vielen Andern ;
am 8, Januar des Jahres 1499 konnte er bereits wieder in sein Haus
zurückkehren^. Was Lersner erzählt: „1497 und 1498 haben die
♦♦ §. 172.
^' §. 9* Es mass übrigens hier ausdrücklich bemerkt werden, dass die Seuche in
ihrem ersten Auftreten epidemisch war und auch ohne unmittelbare Berflhrung
ansteckte. Wir dürfen daher keineswegs im einzelnen Falle der Ansteckung
auf sittliche Vergehen schliessen, obgleich über diese das TJrtheü in jener Zeit,
ein weit leichtfertigeres war, als in unseren Tagen. Hütten giebt das siebente
Jahr nach Entstehung der Krankheit, also etwa das Jahr 1500 als die Zeit-
grenze an, von welcher an sie nur dnrch Contagium, namentlich durch ge.
schlechtliche Berflhrung sich fortpflanzte, vergl. de Guiaci medidna et morbo
Gall. c 1. und über die Krankheit überhaupt Stranss, ühr. Hütten I, 338 flg.
— 6» —
Franzosen allhier stark re^eret, also dass auch vornehme Personen
damit inficiert gewesen und man die Badstuben zuhalten müssen" ^,
ist nur eine Bestätigung des Berichtes von Job; dessen Handscbrift ihm
wahrscheinlich nicht unbekannt gewesen ist Auch die Notiz über
das Grassiren der Blattern im Jahre 1496^^ bezieht sich^ wie ich
glaube^ auf dieselbe Krankheit, als deren Symptome Job ja aus*
drücklich „schwarz rothe Blattern'^ angibt. Uebrigens schdnen die
Mittel der Arzneikunde in jener Zeit noch sehr einfach und be-
schränkt gewesen zu sein: eine Klistier , welche ihm der Apotheker
Jodocus applicirte, ein Syrop und Pulver zum Purgieren, eine Ader-
lasB am linken Fusse sind die einzigen, deren Job in seinen man-
nichfachen E^rankheiten erwähnt^.
Wir wenden uns von dem häuslichen zum öffentlichen Leben.
Die Mittelpunkte des regsten geselligen Verkehrs bildeten die Trink-
stuben. Bernhard und Job Rohrbach schlössen sich zunächst der
Gesellscbafi; Lebenstein oder Löwenstein an, welche sich früher im
Hause Limburg zu versammeln pflegte (in welchem in imseren Ta-
gen eine Zeit lang wieder die alte Trinkstube eröffnet war), und seit
dem Jahre 1486 in das Haus Löwenstein rechts vom Brömer über-
gesiedelt war. Am 5. Juni 1494 hielt Job seine erste Zeche auf der
Stube und verprasste dort sechs Heller ^^ Aber da er noch nicht
förmlich eingetreten war und das Gesellenrecht erworben hatte, so
wurde ihm und Konrad zum Jungen um Fastnacht 1495 nur aus-
nahmsweise verstattet, „ihren Pfennig mit den Andern dort zu ver-
zehren", mit dem Bescheid: j^Wolle er für die andere Fastnacht Ge-
sellschaft halten, so solle er Geselle werden" ^, Am 19. Februar
des genannten Jahres wurde die Gesellschaft zum Abendessen mit
den Frauen eingeladen und jeder zahlte dabei sechs Albus; den
Abend beschloss ein Tanz auf der Stube mit Fackeln oder Lichtem *^
Am 26. Februar Di^istag vor Fastnacht wurden bereits die Festlich-
keiten mit einem Nachtessen auf der Stube eröffnet ; am Sonntag
und Montag den 1. und 2. März auch die Frauen zugezogen ; am
Dienstag „uff aller Mann Fassnacht" .und am Aschermittwoch kam
zu dem Abendessen auch ein Mittagsmahl; nach diesem stachen am
♦« I, II, 32.
« n, II, 86.
*s §. 21. 25. 70. Vergl. auch Kriegk, Aerzte, Heifanstalten n. Geisteskranke
im mittelalterlichen Frankfurt. 1863.
♦• §. 11.
M §. 177.
« 8. 176.
— 65 —
Dienstag Jörg Seiss und Nicias von Babenhausen^ früher Amtmann
auf dem Goldstern , mit „Kronlin" ***, der erstere behielt den Sieg;
am Aschermittwoch stachen^ als die Frauen aus Gläuburg's Garten
surückkehrteu; ^vier Reisige mit Kolben'^^ zwei mit Namen Martin
und Eberhard waren Knechte des von Heusenstamm^ zwei mit Namen
Weissbrod und RutÜinger Söldner der Stadt ; Weissbrod föllte zu
mehreren Malen die Heusenstammer Knechte und „blieb doch hart
sitzen'^ Hierauf „stachen mit E^ronlyn'^ Konrad zum Jungen und
Konrad Mones. Am Donnerstag nach Aschermittwoch assen die Ge-
sellen allein ohne die Frauen auf der Stube zu Mittag ; es rechneten
die Küchenmeister Clas von Rückingen und Ulrich Neuhauseu; des-
gleichen die Weinmeister Johann Holzheimer und Philipp Weiss ab;
die Kosten betrugen auf jeden der 43 Gesellen drei Gulden; dabei
sprang noch ein Abendessen für Männer und Frauen an demselben
Tage heraus. Frauen mussten nur am Aschermittwoch einen Albus,
Wittfrauen dagegen nach freier Wahl vier Hühner oder vier Schil-
linge geben ; Jungfrauen waren ganz frei ; es waren 28 Frauen und
Jungfrauen^ welche „Gesellschaft hielten^. Donnerstag Abend assen
Männer und Frauen auf der Stube. Ein G^sellennachtessen, das auf
den Kopf drei Schillinge machte ; beschloss am Sonntag Invocavit
die Fassnachtprasserei im Jahre 1495 ^. Auch sonst boten Geschenke
an Wildprett einen Anlass zu Gesellenessen; so wurden Männer und
Frauen am 2. October 1494 eingeladen^ weil Ambrosius Glauburg
s2 Eine nähere Erklärang fordern die Ausdrücke ,,tnit kronlyn'^ und „mit
kolben stecllen*^ Stechen bezeichnet überhaupt im Mittelalter tarnieren und
wird von allen Gattungen der Turnierkämpfe gebraucht, namentlich sofern
diestiben ohne Ernst und zum heitern Spiele dienten. Nach Bfisching's Ritter-
zeit und Ritterwesen I., 168 gebrauchte man bei den Tarnieren zweierlei Lan-
zen, die spitzen zum sogenannten Scharfrennen oder zum ernstlichen Kampfe,
die stumpfen dagegen, welche von den Kronen, mit denen dieselben oben an
der Spitze versehen waren, „Krönige*' genannt wurden, blos zum Scherzspiele«
Die Krone muss demnach ein an der Spitze der Lanze befindliches, etwa ge-
kerbtes Stichblatt gewesen sein. Man vergleiche auch das von Klüber Über-
setzte und erläuterte Werk: Das Ritterwesen des Mittelalters von de la Curne
de Sainte-Palaye U, 97. Die bei den Turnieren, den Zweikämpfen und krie-
gerischen Gefechten üblichen Kolben waren von Holz, und sind ebensowohl
von dem Morgenstern, einer eisernen mit Stacheln versehenen Kugel an einem
hölzernen Stiele, als von den kleinen metallnen Kolben zu unterscheiden, welche
scepterartig geformt und am Knaufe zierlich durchbrochen, den Rittern mehr
zum Schmuck dienten , zu ernstlichen Kämpfen aber nicht die ausreichende
Stärke hatten. Doch erwähnt unten Job eine clava ferrea, einen eisernen
Streitkolben, als Waffe, die er besessen hat. (§. 4Q.)
w §. 177.
5
— 66 —
drei Hasen, am 27. December; well derselbe zwdl Hasen, und am
10. Februar 1495, weil der Schultheiss Lndwig zum Paradies einen
Hirsch geschenkt hatte ^^ Noch erhob die Gesellschaffc als solche
keinen Anspruch auf Adel: Job bemerkt ausdrücklich, dass die 43
Theilnehmer an der Fastnacht Edele und Andere gewesen seien.
Ueberhaupt vereinigten sich die Adeligen mit den Andern im Be-
wusstsein ihres gemeinsamen Bürgerthums, und ol^leich nach ein^r
Notiz Bernhards auf der P^gamentdecke seiner Familienchronik
die Bohrbache sich schon im Jahre 1470 einen Adelsbrief erwirkt
hatten, so redet doch Job nur von seinen Brüdern Bernhard und
Konrad Bohrbach und seiner Mutter „der Bohrbächerin^. Noch
1526 schreibt Margaretha Homgin an ihren in Wittenberg studierea-
den Sohn Johann Glauburger, dass drei um die Hand der Anna
!^oblauch werben, zwei Edelleute und Johann Wolf Bohr-
bach, der Frau Ursula von der grünen Thür Sohn. Job sagt con-
stant: Haman oder Gilhrecht Holzhausen, JohannesGl&uburgeru. s. w.
Solche, die wirklich ritterlichem Geschlechte angehörten oder aus ihm
stammten, wie die Heusenstamm, Babenhausen und Andere bezeichnet
er meist mit nobilis oder er giebt ihnen, wie dem Clas von Bückingen
und Johann von Holzheim bisweilen das Prädicat „von^^, obgleich
auch dies kein sicheres Zeichen des Adels iftt, wie wir von der Fa-
milie Melem wissen ^^ In aller Naivetät erzählt er, dass bei der
Taufe des Clas Stallburger, desselben, den man später den B^hen
nannte — die Bilder seiner Eltern befinden sich, in Oel gemalt, noch
in der Gallerie des StädeFschen Institutes — am 16. März 1501 der
Schneider Clas von Haffem, — trotz des Wörtleins »von'' vor seinem
Namen schwerlich ein Adeliger — Pathe gestanden habe ^. Den
Titel „Herr** giebt er in seinen Aufzeichnungen nur den Geistlichen,
Ein ungemein wichtiges Ereigniss war im Jahre 1495 die Er-
öffnung des Beicbskammergerichts in Frankfurt. Schon im Monate
September miethete der Bath die Bäumlichkeiten dazu in dem Hause
zum Braunfels auf vier Jahre um dreissig Gulden für das Jahr.
Hierauf wurde ein Podium mit Sitzen für den Kanmierrichter und
die Beisitzer und eine eigene Bühne ftir die Procuratoren und Bedner
erbaut : dem Bichter wurde eine Art Loge mit Fenstern hergerichtet,
die Bänke der Assessoren und Notare mit Tuch ausgeschlagen. Stufen
^ §. 173-175.
55 Eoler, das steinerne Haus und die Familie von Meiern , Mittheilungen
unseres Vereines B. I. S. 228.
56 §. 322.
- 67 —
fährten zu dem Podium hinauf. Am 30. S«pt^nber 14VI5 bestieg i»
römische König Maximilidu die Bühne und rerpflichtete den Bichter
Oraf Ejrtel Friedrich von HohenzoUem und die Assessoren und No-
tare^ so weit sich dieselben bereit» in derBtadt befanden; die^ welche
sp&ter eintrafen , ebenso die niederen Beamten , legten, ihren Eid in
. die Hände des Kammenrichters ab. Am 8.. November hielt dieser
die erste Sitzung; zu »einer Rechten sassen diejenigen Assessoren,
wdehe den Doctorgrad hatten^ zu seiner Linken die nicht graduirten
Adeligen (nobiles), unter ihnen nennt Job einen Grafen von Eber-
stein. Nach Eröffnung der Audienz erinnerte der Graf von Zollern
die Procuratoren, dass sie in ihrer Saehwaltung nach der zu Worms
ertheilten Instruction zu verfahren hiitten; und versprach, dass etwaige
Mängel an derselben im Laufe der Zeit verbessert werden sollten.
Hierauf trat im Nal^en der Majestät der königliche Fiscal Dr. En-
gelender als Kläger gegen einen Grafen v. Mörb auf. Acht Procurur
toren waren zugegen, zwei Sekretäre ftihrten das Protocolly ein dritter
war bestimmt, den gefällten Bichterspruch zu verlesen. Es war dies,
wie Job sagt, die erste Audienz des Kammergenchts, „denn obgleich
der Bichter schon mehrere "Sitzungen in Worms gehalten hatte, so
waren diese doch, wie männiglich bekannt, nur ein Vorspiel mid Bild
von dieser" ^7^
Am 2. November 1495 begab sich des römischen Königs Perse-
vant^^ n^ch dem Bömer ^und hat alle Febdebriefe vom Römer ab*
g^ipmmen, au» Ursai^e, dass unser Herr, der König, alle Fehden,
die diese Stadt auf das Mal hat, hingel^ hattet «». Für Frankfart
tn^ diese Verklindigung de& Landfriedens vorerst sehr fühlbare
Fo%en. Diö Stadt hatte erbitterte Feinde in dem umwohnenden
Ranbadel, namentlich in Jost Frund und den Herren von Hütten,
die ihr Gebiet seit längerer Zeit beunruhigten und sdiädigten. Im
5' §. 111—113,
^ Persevant von dem französuchen poursuivant wurde der Gebülfe und
Lehrling des Herolds genannt, und bezeichnete in Frankreich! den ersten der
Grade, durch welche Jünglinge tut Ritterwilrd^ geleitet wurden. Die Perse-
vsnten begletteteo d^ Herold und gebc^eD, wenn dieser aasrief , dam Volke
Stillschwefgen. Sie lernten von dem Herold die Wappenkunde, tragen Ritter-
helm und Lanze und folgten im Kriege dem Heere, daher der Name Waffen-
persevant. Im Frieden wurden sie auf Reisen geschickt und besuchten die
Hofe der Grossen, um sich mit den höfischen und ritterlicheh Sitten, mit Tur-
nieren und Waffenübungen vertraut zu machen. „Des römischen Königs Per-
sevant'* bei Job scheint einfach einen Bevollmächtigten aus des Königs Gefolge
oder vielleicht den Herold selbst zu bezeichnen.
»» §. 114.
5»
— 68 -
M&rz 1493 hatte das ^Gemperljn^^ die Glocke, welche die Ankunft
von Feinden anzeigte^ die Bürger und Söldner aufgerufen; weil solches
Gesindel eine Heerde weggetrieben hatte, obgleich diese nicht Frank-
furter Eigenthum war. Am 8. Januar 1495 steckten sie eine Scheune
in Oberrad in Brand ; am 8. Mal ertönte abermals das ^Gemperlyn^,
Jost Frund und die Hutten'schen beabsichtigten einen Baubeinfall in
das städtische Gebiet; Alles eilte so rasch zu den Waffen, dass fdr
dieses Mal die Feinde die Flucht ergriffen. Am 7. Juni vernahm
man aufs Neue den Schreckensklang; sie hatten diesmal 100 Kühe
der Gemeinde zu Niederrad geraubt und die Hilfe der Stadt kam
zu spät. Am 23. Juli überfielen sie zwei Frankfurter Fischer in der
Nähe von Bumpenheim und misshandelten sie so schwer, dass der
eine als Leiche in die Stadt gebracht wurde, der andere in der Nacht
seinen Geist aufgab. Zwei Tage später raubten sie in Dortelweil
19 Kühe und 27 Pferde sammt ihrem Geschirre. Am 17. August
verbrannten sie Thüren und Planken auf dem Knoblauchs Hof, dem
Gute Wolf Blums. Am 26. August überfallen sie nochmals Dortel-
weil und treiben ausser einigen Pferden viele Kühe, Schweine und
500 Schafe fort. An demselben Tage, an welchem Maadmilian den
Kammerrichter, die Assessoren und Notare in Pflicht nahm, ver-
brannten Jost Frund und die Hutten'schen in Bonames acht Häuser,
und wagten es Tags darauf, der Stadt einen Fehdebrief zu übersen-
den. So gross war der Schrecken, den diese Vorgänge verbreiteten,
dass, als am 4. October eine Mainzische Beiterschaar in die Nähe der
Stadt kam, man schon die Bäuber vor den Thoren zu erblicken
meinte, Sturm läutete und die Bürger bewaffnet hinaus eilten, aber
im Angesichte der vermeintlichen Feinde ihren Irrdium erkannten
und wieder zurückkehrten *<'. Diesen Belästigungen und Beängstigun-
gen frecher Baubritter setzte wenigstens für Frankfurt der Landfriede
zunächst ein Ziel Job Bohrbach erwähnt ihrer von diesem Zeit-
' punkte an nicht mehr.
Mit der Eröffnung des Beichskammergerichtes traf ein anderes
EreignisB zusammen, das wenigstens in die Gestaltung des geselligen
Lebens in Frankfurt sehr fühlbar eingriff. Im Monat November 1495
kaufte nämlich ein Mitglied der Gesellschaft auf Löwenstein, Daniel
Bromm, „Schöffe und Bath der Stadt Frankfurt, das Hus Laderam,
gelegen uff dem Eck neben dem Bömer gegen dem Hus Limburg
über, mitsamt dem Husrath, der vor die Gast gehört, die in der
60 §. 137-142.
— 69 —
Mess darin herberigeo; und bezahlte daftar acht und zwanzig^ hundert
Goldgulden'^ ^^y und zwar von der Wittwe Anna Schule und ihren
beiden Enkeln^ Peter und Thomas Sossenheimer ^^, die nach Fichard
schon fiiiher dies ihr Besitzthum dem Bathe zum Kaufe fbr 4000
Gulden angeboten hatten^ aber abschläglich beschieden worden waren^
weil das Haus sicli nur mit 100 Gulden verzinste und somit der
Kaufpreis zu hoch gestellt war. Unmittelbar nach vollzogenem An-
kaufe bot Daniel Brorom das Haus Laderam , wie Job ausführlich
berichtet, der Stnbengesellschaft zu Lowenstein zum Kaufe um die
gleiche Summe an ; die Gesellschaft ging darauf ein und beschlösse
dem Daniel Bromm sofort tausend Gulden sAs Angabe abzutragen'
das übrige aber mit vier Procent bis zur völligen Ablösung zu ver-
Zinsen^ so dass, so oft sie ihm zweihundert Gulden abzahle^ der jähr*
liehe Zins sich um acht Gulden verringere. Um diese Summen auf-
zubringen, zahlte jeder Geselle am Andreastage 1495 zwanzig Gul-
den und wurde weiter festgesetzt^ dass die gliche Summe inskünftige
von jedem Sohn eines Gesellen bei seinem Eintritte als Einstand
entrichtet werden ^ dagegen jeder ^ der durch Beweibung Mitglied
werdcy dreissig Gulden zahlen soUe. Ebenso wurde mit denen, welche
auf dem Hause Gülten stehen hatten -^ es standen nämlich darauf
15 Gulden — der Vertrag geschlossen, dass dieselben im Laufe der
Zeit mit achtzehn für einen Gulden abgelöst werden sollten ^\ ^ Es
ergiebt sich ans dieser Erzählung, dass der Kauf des Daniel Bromm
wohl schwerlich ein blosser Scheinkauf gewesen ist , wie man jüngst
vermuthet hat^. Auch die weitere Darstellung des Job Bohrbach
zeigt klar, dass die Gesellschaft den Verkauf des Hauses an sie unter
den angegebenen Bedingungen als ein grosses Verdienst Daniel
Bromm's angesehen und ihn als ihren Wohlthäter dankbar verehrt
habe. Ebenso leuchtet ein, dass die Trinkstube auf Laderam nicht
eine neue Gesellschaft, sondern die bisherige ^aiif Lowenstein^ in
sich vereinigt habe, wenn auch die Bedeutung, die sie schon in den
nächsten Jahren erhielt, wesentlich dazu beitragen mochte, ihr neue
Mitglieder von andern Stubengesellschafiten zuzuführen. Die Gesell-
schaft übertrug zwar sofort auf ihr neues Eigenthum den Namen des
6> Naeh der gewöhnlichen, wie mir scheint, authentischeren Angabe, betrog
der Kaufpreis nar 2600 Gnlden.
<> Yergl. meine Bemerkungen su §. 316.
« §. 179.
^ Römer -Büchner, Die Entwicklung der Stadtverfassang und die Bflrger-
vereine der Stadt Frankfurt am Main, Frankf. 1865 S. 224.
- TO -
Haases; in welchem sie sieh vor dem Jahre 1486 zu verAammeln
pflegte^ und nannte es Alt-Limpurg ^^ gleichwohl kommt dieser Name
bei Job Robrbach noch nicht vor^ dieser nennt nach wie vor Haus
und Gesellschaft Laderam^ und es scheint somit diese Benennung als
die herkömmliche noch längere Zeit sich im Munde der Gesellen und
des Volkes erhalten zu haben.
Das Zusammentreffen dieses Kaufes mit der Eröffnung des Beichs-
kammergerichts in hiesiger Stadt war freilich, nur ein zufälliges; aber
für die Gesellschaft von sehr wichtigen Folgen begleitet. Zählten
auch ihre Gesellen zu den angesehensten Familien der Stadt, so war
dies doch; wie die Familienchronik Bernhard Bohrbach's zeigt; nur
ein Vorzug; den sie mit anderen Trinkstuben teilte ; wie denn der
Fall nicht selten war, dass man versdiiedenen Stubengesellschaften
zu gleicher Zeit angehörte ^. Nach Dr. Bömer's Nachweisen scheinen
mehrere Gesellen der bisherigen Gesellschaft Löwenstein nicht mit
den Uebrigen nach Laderam übergesiedelt zu sein% dagegen warb
die Gesellschaft neue Genossen und zwar mit solchem Erfolge; dass
Fraueustein 1603 nur noch ein und zwanzig Glieder zählte ^^. So
hob sich die Gesellschaft auf Laderam oder Alt-Limpurg nun mächtig
über die anderen Vereine empor; die reichsten und angesehensten
Familien dei Stadt vereinigten sich in ihrem Schoose. Durch das
Beichskammergericht nahm im Jahre 1495 eine Anzahl hochgestellter
Fremden ihren Wohnsitz in der Stadt: von den Assessoren bestand
die eine Hälfte aus Doctoren beider BechtC; die andere aus Dynasten
und Edeln; der Kammerrichter war ein Beichsfürst; acht Proeura-
toren dienten als Sachwalter; ausserdem werden Protonotare erwähnt.
Die Meisten derselben scheinen in der erweiterten Gesellschaft auf
Laderam einen willkommenen Mittelpunkt geselliger Vereinigung ge-
sucht und gefunden zu haben. Zwar mussten anfangs die Sitten ''und
der Bang der Gäste dem Frankftu*ter Bürgerthum als ein fremdes
Element erscheinen; in dessen Umgebung man sich beengt fühlte:
„im Jahre 149t) fiel; wie Job erzählt; die Fastnacht auf den 16. Febr.;
es fand an ihr keine Zusammenberufung der Gesellschaft oder Stube
statt; es war eine Stille; als wären alle ausgestorben; denn die Hin-
dernisse waren uns die Assessoren und die übrigen adeligen DoctoreU;
nebst den Advocaten und Procuratoren ; denn diese waren allzu
^ Römer- Büchner a. a. 0.
66 B. Rohrbach'B Familienchronik §. 106—112
67 Römer - Büchner S. 226.
^ Römer -Büchner S. 216.
— 71 -
saUreich gegenwärtig* ^. Aber schon nach einem Jahre, waren diese
Schrankmi der Zurückhaltung gefallen^ die getrennten Elemente
hatten sich verBcbmolzen und die Gesellschaft entfaltete ein reges
und fröhliches. Leben. AmSl.December 1496 speiste sie zum ersten
Male auf der grossen Stube des Hauses Laderam : Philipp Kaltofen
versieht die Stelle des Wirtfaes oder des obsonü magister. Am 1.
Januar 1497 folgt ein neues Gastmahl^ dem als Wirth Walther Isen>
berg vorsteht Auch Bernhard und Job Bohrbach nehmen zum ers-
ten Male Theil und bekunden ihr Gesellenrecht mit den 20 DenareU;
die sie zu Neujahr dem Stubenknecht Friedrich schenken 'o. Ein
neues Mahl einigt am Tage der heiligen Dreikönige nicht blos
die Gesellen 9 sondern auch Andere: Hs^s vom Rhyn^ der ältere
Büigermeister^ und Ulrich Neuhaus führen als Wirthe den Vorsitz :
als Gesellen werd^i 38 Glieds der Familien Marpurg zum Para-
dies; Heymbach^ vomUheine; Scheidt^ Glauburg^ Sassen^ zum Jungen,
Frosch, Weiss, Stralenberg, Bromm, Mones, Neuhaus, Völker, Reiss,
Haane^ Soss^iheim, Bohrbach, Holzheim, Uffstein, Heusenstamm,
Martroff, Stallburg, Blum aufgeführt; zwei Licentiaten^ ein Bosenberg,
ein Frosch; ein Sossenheimer, ein Dyrmayer und der Bathschreiber
Melchior sind als Gäste gegenwärtig, die Gesammtzahl beträgt 47 ^^
Schon am 12. Januar erfolgt eine neue Zusammenberufung zum
Abendessen, an dem auch Frauen und Jungfrauen theilnehmen : es
war^i im Ganzen^ achtzig P^sonen ; Küchenmeister waren Johann
Frosch und Ulrich Neuhaus; ausser den genannten Familien finden
wir die Namen Holzhausen, Hynsberg, Humbrach t, Ergersheim^
Schwarzenberger, Bückingen, Knoblaueh, Faut^ Alzey; als Gäste
werden nur der Licentiat Engel von Hotzfeld und der Meister (Ma-
gister?) Bingen von -Nördlingen aufgeführt t>a sich unter den aus-
drücklich als Gesellen Aufgeführten Si/b Namen von Mehreren be-
finden, welche wie Johann von Glauburg, Johann von Bückingen,
Johann Frosch, Jakob Weiss und Johann Holzheimer nach Faust's
von Aschaffenbiu'g Angabe''^ anfangs den Ueberzug nach der neuen
Stube abgelehnt hab^i sollen, so kann dieser ohnehin nur von We-
nigen versuchte Widerstand nicht von Dauer, gewesen sein. Bei
dieser Mahlzeit führten Gilbrecht Hölzhausen und Job Bohrbach zu-
erst einen Beigen mit Lichtern auf und geleiteten darin auf B^ehl
69 Jobs Chronik §. 180.
ro §. 181.
" §. 183.
'2 Römer- Büchner S. 226.
— 72 —
der älteren GeselleD die junge BrauU des Bernhard Weiu zu Daniel
Bromm, um diesen dadurch zu ehren^ weil er sich gegen die Gesell-
schaft so freundlich und freigebig benommen und ihr sein Haus zum
kostenden Preise (ju^to pretio) abgetreten habe. Nach beendigtem
Mahle erschien auch der Markgraf Jakob von Baden, der als Kam-
merrichter an die Stelle Ejtel Friedrichs von HobenzoUem getreten
war, mit mehreren Assessoren, Procuratoren und Adeligen des Kam-
mergerichts und nahm mit ihnen am Tanze Theil Die Kosten des
Mahles betrugen fUnf Schillinge, welche Job von seinem Bruder
Bernhard geschenkt erhielt ^^
Mit besonderem Qlanze wurden nun die Fastnachtstage des
Jahres 149 < auf Laderam begangen. Die jungen Gesellen, denen
früher gerade in diesen Tagen kein Antheil zustand, wurden schon
am 22. Januar auf die Stube entboten, und es wurde ihnen hier von
dem Schultheissen Dr. Ludwig zum Paradies eröffnet: „dass ihnen
allen und jeglichen erlaubt sei, uff Aer Stuben und in der Gesell-
schaft zu sein und um ihr Geld zu zehren, doch seien sie gebeten
und befohlen^ züchtig sich zu halten mit Tanzen und willig mit Essen
vortragen, auch im Tanz sich nit in die Arm umfahen als sonst,
sondern anstatt desselben Armfahens den Frauen die Hand geben
und züchtig neigen.'^ Man sieht , dass der Wahlspruch : „züchtig
fröhlich mit guten Sitten", wie ihn eine alte hölzerne . Tafel des
Hauses Frauenstein aus dem fünfzehnten Jahrhundert bewahrt, da-
mals in den Trinkstuben noch immer als Regel galt. Zu gleicher
Zeit liess man den Markgrafen Jakob von Baden, alle Beisitzer und
etliche Advocaten und Procuratoren des Kammergerichts wissen, „wie
man eine Gesellschaft halten wolle, wollten sie darby sin, so möge
sie die Gesellschaft fast wohl leiden, dass sie ihr Geld.by der G^
Seilschaft verzehren^. Desgleichen liess man auch Etliche wissen,
„die in der Ganzlei sin zur Zit der Gesellschaft". Die Fastnachts-
lustbarkeiten wurden mit Nachtimbiss und Tanz am Sonntag Este-
mihi den 5. Februar eröfihet. Tags aarauf, ^uff den Montag zu
Unteren (Nachmittags) haben vier Burger ein Gesellenstechen ge>
habt mit Kronlin, niit Namen Conrad zum Jungen, Heilman.Stralen-
berg, Conrad Mones und Clas Stalburg'^ Hierauf erscheinen wieder
zun^Nachtmabl alle die, welche zur Gesellschaft gehörten oder ge-i
laden waren. Dienstag nach dem gemeinsamen Mittagsmahl fand der
feierliche Umzug sämmtlicher Gesellen nach dem deutschen Haus,
St. Johann und St. Antonien statt; da Job ausdrücklich bemerkt.
'3 §. 185. Zum Folgenden §. 186.
— 73 —
dasfi Jakob von Baden und die ÄBsessoren an diesem Umzüge keinen
Antheil genommen^ sondern erst zum Nachtmahl und Tanz alle wie-
der gekommen seien^ so dürfen wir wohl annehmen; dass sie ausser-
dem die s&mmtlichen Fastnachtsergötzungen mit der Gesellschaft ge-
theilt haben; am Aschermittwoch hielten Männer und Frauen den
Mittag und Abend auf der Stube; nach dem Mittagsmahle wählten
die letzteren nach alter Gewohnheit zwei Küchenmeister zu der grünen
Suppe ^♦j Clas von Rückingen und Hen Stralenberger, beide Wittwer,
dann zogen sie hinaus in Hen Glauburg's Garten ; dorthin kamen der
Markgraf und etliche Beisitzer geritten und verbrachten mit ihnen
den Nachmittag; den Abend aber auf der Stube. Beim Mittagsmable
der Männer am Dienstage fand die Rechnungsablage statt; die Kosten
betrugen auf den Bürger drei; des Rathes Amtleute und andere
Edelleute gaben nur anderthalb; von dem Markgrafen und den übri-
gen Verwandten des Reichskammergerichts nahm man nur je einen
Gulden. Ich bezweifle; ob man mit Grund darauf die Regel anwen-
den konnte : „wer fremden Gästen gegen Geld Zehrung giebt; ist doch
gewiss Wirth^ ^^ Am Donnerstag zu Nacht assen die Gesellen aber-
mals mit einander den „Manderkäse" ^^; und also hattC; wie Job naiv
zufügt; diese Prasserei ein Ende.
Der einförmige Gang des Alltagslebens wufde auch durch die
Frocessionen unterbrochen; in welchen man damals das Allerheiligste
T^ Die grÜDB Suppe wurde von den Frauen anf ihre Kosten gestellt und
in einem Garten gegessen. Jede Portion wurde nebst einer gesalzenen Bricke
und einem Häring von einem Paare, wahrscheinlich einem Gesellen und einer
Frau, vorzehrt. Vergl. Römer -Büchner, Wohlleben der Gesellsch. Limb. S. 5. —
Hierauf zogen Männer und Frauen in Procession durch die Stadt nach der
Stube.
75 Diese Bemerkung ist nämlich d^r einzige Gewinn , den Römer - Büchner
S. 225 Änm. seiner „Entwicklung der Verfassung*' u. s. w. aus dem von ihm
eingesehenen Job sehen Mannscripte, das er nach der Glauburgischen Aufschrift:
„M. S. de stirpe Rorbachiana, Blatt 79** citirt, zu ziehen wusste. Seine tenden-
ziöse Antipathie gegen die Gesellschaft Limburg, die trübend durch das reiche
Material seiner verdienstlichen historischen Arbeiten durchzieht, ist übrigens
leicht erklärlich, weun man die einseitige Bewunderung und Lobpreisung er-
wägt, in der sich der gelehrte Fichard kaum genug zu thun weiss.
1^ Der Mandelkäse wurde nach dem erwähnten Buche des Stuttgarter Ver-
eines Ree. 72 aus gestossenen Mandelkernen bereitet, zu denen man Milch goss
und Eier sehlug; diesen Teig Hess man erkalten, legte ihn dann auf einen
Teller und bestreute ihn mit Zucker. Der Mandelkäse wurde durch Frauen
bereitet, welche jährlich dazu von der Gesellschaft gewählt wurden. Dazu
gaben die Küchenmeister Fische, die Brodmeister Srod und Backwerk, die
Lichtmeister Licht Vergl. Römer -Büchner, Wohllebender Gesellschaft Limburg.
- 74 -
nicht blos durch die Kirchen; sondern auch durch die Strassen der
Stadt trug ^^. Der prachtvolle Aufzug, den man mit allem erdenk-
lichen Glanz ausstattete, die in Sammt und Gold strotzenden Ge-
wänder der minifitrireaden Geistlichen, der zahlreiche Klerus der
drei Stifter, die Mönche, Nonuen und geistlichen ßitter in ihren
malerischen Ordenstrachten, die Glieder des Batbes in ihren Mänteln,
machten diese kirchlichen Aufzüge zugleich zu einem Volksfeste und
gewährten ein romantisches Schauspiel, das nicht blos die Andacht
durch das Mysterium, sondern auch die Sinne durch den Wechsel
sein^ mannigfachen Gestalten und seiner bunten schillernden Farb^i
beschäftigte und erregte. Solcher Processionen wurden vornehmlich
drei im Jahre veranstaltet, nämlich am Sonntag Exaudi (am Kirch-
weihtage der Barfüsser), bei welcher stets ein Glied von Bernhard
Ruhrbach's des Alten Stamm mit einem von ihm gewählten Genossen
den das Sacrament tragenden Priester führte ^^, am Frohnleicbnams-
feste und am Tage' Maria Magdalena. Job unterlässt nicht, diese
Processionen in jedem Jahre umständlich zu beschreiben^ besonders
wenn er dabei persönlich betheiligt war. Die glänzendste ist die
Frohnleichnamsprocession am 25. Mai 1497 gewesen : Herr Johann
Greifenstein, Decan zu St. Bartholomäi, trug das Sacrament, ihn
führten die beiden ältesten Schöffen, HenGlauburg und Jobann vom
Rheine, vier Bürger, unter ihnen Philipp Ugelnheimer, Geoi^ Bdss
und Job Rohrbach, trugen den Baldachin, den man in Frankfurt
den Kasten nannte; vier andere: Heinrich Weiss, Ortgyn zum
Jungen, Ulricli Neuhaus und Georg Martroff gingen mit brennenden
Kerzen zur Seite ; dem Baldachin folgte unmittelbar der Kammer-
richter Markgraf Jakob von Baden mit sechs Beisitzern und mehre-
ren Procuratoren, an sie schlössen sich der Rath und die Bürger
an ^*. Auch solche Feste wurden mit Schmausereien beschlossen. Am
Abende dieses Tages luden Eberhard von Heusenstamm und seine
Ehefrau Gutgin in ihren Garten vor der Stadt, genannt die Nie-
denaü, zum Abendesseii Fremde und Einheimische: den Markgrafen
Jakob von Baden, welcher auch hier seines Ranges nicht vergass
(denn er brachte j^den Dorlinger* und zwei andere- nobiles mit, dass
sie ihm bei Tische dienten), zwei Doctoren, Georg von Nideck und
Johannes Pleniger, so wie Vitus von Walrod, goldenen Ritter (d. h.
VT Vergl. den Abschnitt OaltuB §. 190 flg.
78 Vergl. aber die Stiftung dieser Procession B. Rohrbachs Familien-
chronik §.27
" Jobs Chronik §. 198,
- 75 -
wohl, der die goldnea Sporen beim Bitterschlag empfangen hatte),
alle drei Beisitzer und Edelleute; zwei Beichaschatzmeister, der eine
hiesB Goffart von Klehcn, den Comthur des deutschen Herrenordens
Pankratius von Biieinstein, einen Procurator des Reichskammer-
gerichts. Unter diesen bewegen sich Glauburger, vom Slieine,
Knoblauche, Schwarzenberger, Ergersheimer, Holzhauser, Bohrbache,
Weisse, sämmtlich Gesellen der Stubengesellschaft Laderam oder
Limburg, und Job rühmt die opulente Bewirthung der Gäste, zu
deren ehrenvoller Behandlung der Häusherr aufbietet, waa er ver-
mag ^^. Es war dies das Abschiedsfest für den Markgrafen. Schon
am 12. Mai hatte er die letzte Audienz gehalten; am 26. Mai, den
Tag nach Frohnleichnam, reiste er mit den Assessoren nach Worms,
dem zukünftigen Sitze des Beichskammergerichts ^^ Auch in der
Ferne gedachte er in wohlwolleijder Erinnerung semes Aufenthaltes
in unseren Mauern und der frohen Stunden, die er auf Laderam zu-
gebracht hatte;, noch zwei Jahre später, am 21. Januar 1499, ver*
speisten Männer und Frauen Abends den Hirsch, den Markgraf Jakob
von Baden der Stubengesellschaft geschenkt hatte ®^. Diese blühte
immer sichtlicher auf; während der Frauenstein auf wenige Gesellen
zusanmiengeschmolzen war, so zählte die Stube auf Laderam die
meisten. Schöffen und Bathsmannen zu Gliedern ihres Vereines; ihre
Gesellen führten den Priester bei den Processionen , trugen den
Kasten, begleiteten Ihn mit Kerzen; an Fastnacht veranstalten sie
öffentliche Aufzüge, Gartenfahrten und Gesellenstechen; seit dem
Jahre löOO werden ihre Leichen von dem gesammten Klerus der
Pfarrkirche zu Grabe geleitet ; ohne Zweifel trug auch der vertraute
Umgang mit den Verwandten des Beichskammergerichts, mit Beichs-
fursten und Beichsgrafen, dazu bei, Ihre Ansprüche zu steigern, das
Verlangen nach Erhöhung Ihres Banges und nach Adelsbriefen zu
erwecken und ihr Leben mit jenem glänzenden Luxus auszustatten,
zu dem ihr Beichthum ihnen die Mittel bot, den aber schon in der
ersten Hälfte des sechzehnten Jahrhunderts ein Th^il der Bürger-
schaft mit unverhohlenem Unmuthe betrachtete und bisweilen mit
beissendem Spotte geisselte. Durch das Aufblühen des römischen
Bechtsstudiums war der römische Bechtsbegriff des Patriciers in
Deutschland im fünfzehnten Jalirhundert bekannt geworden und wurde
auf deutsche städtische Verhältnisse angewandt; in Frankfurt wird
80 §. 116.
8» §. 115.
82 §. 187.
~ 76 -
er nicht blos darch einheimische Juristen ^ sondern auch diurch die
Doctoren des Reichskammergerichts unter den Gesellen von Laderam
Eingang gefunden haben, und bald erwuchs er zu einer Lieblings-
idee, deren Verwirklichung mit allem Eifer des Ehrgeizes angestrebt
wurde. So bildet sich allmählig aus der Stubengesellschaft zu La-
deram oder Alt-Limpurg ein städtisches Patriciat ; das bürgerliche
Bewusstsein und Wesen, das sie sich als Gesellschaft auf Löwenstein
zu bewahren verstanden hatte, wurde ihren Gliedern fremder, und
der Aufwand, zum Tlieil auch der Uebermuth, des Junkerthums ^^
trat an die Stelle der alten soliden Einfachheit.
Nächst den Processionen boten die Passionsspiele ein zwar sel-
tenes, aber darum um so fesselnderes und noch* weit volksthümlicheres
Schauspiel dar, in welchem Scherz und Ernst, kirchlicher Geist und
der Sinn für weltliche Lustbarkeit, wie in dem Volksleben des Mittel-
alters überhaupt, sich in wunderbarer Mischung poetisch durchdrangen.
Wie wir aus den Frankfurter CoUectaneien des Kanonikus undCustos
^^ Der Name Junkherr kommt bei Job nirgends vor; dagegen nennt sein
Vater Bernhard in der Familienchronik (§. 70) den jüngeren Bürgermeister
,,Junkherm-Bürgenneister'\ den filteren „Sehöifen Bürgermeister*'. Dies ent-
spricht aber nur dem Sprachgtfbrauch , nach welchem die Glieder der zweiten
Kathsbank Junkherrn, d. h. jüngere Herrn im Gegensätze zu den älteren Raths-
gliedern , den Schöffen, genannt wurden, und bezeichnet somit einen auf da^
Amt, aber keineswegs auf die Geburt und das Geschlecht gegründeten Rang.
Noch heute nennen die niederen Bediensteten im Römer den jüngeren Bürger-
meister den ,. jungen Herrn'^ Diesem deutschen Sprachgebrauche entsprechend
finden wir bei Job Rohrbach die lateinischen Ausdrücke scabinus und domicel-
luB gebraucht. Da nämlich der ältere Bürgermeister aus der Schöffen-, der
jüngere Bürgermeister aus der Rathsbank gewählt wurde, sagt er in seinen
Notizen über die Burgermeisterwahlen stets, jener sei tamquam senior oder
tamquam scabinus, dieser tamquam junior oder taiAquam domicellus Bür-
germeister geworden, vergl. §. 120. 121. 123. 124. 125. 128. £benso heisst es
§. 127 von Jacob Stralenberger, Gilbrecht Holzhausen und Thomas Mass , sie
seien am 16. Juli 1499 in consilium franckfurdiense et in consulares und zwar
omnes utdomicelli erwählt worden. Consularis ist also der aligettieine
Begriff, der sich wieder in scabinus, domicellus und vulgaris specificirt. Dem-
gemäss berichtet Job §. 104, als er im Namen seiner sämmtlichen Hausgenossen
die Reichsschatzung am 9. April 1497 entrichtet habe, seien zum Empfange
derselben vom Rathe verordnet gewesen, sein Vetter Georg Frosch tamquam
scabiuus, sein Vetter Haman Holzhauson ut domicellus und nicht zugegen sei
gewesen Johannes Bechten tamquam de vulgaribus. Es ergiebt sich somit aus
Bernhards und Jobs Chroniken, dass nach Frankfurter Ansdrucksweise domi-
cellus und Junkherr ein Rathsglied zweiter Bank bezeichnete. In anderer
Bedeutung wird uns unten das Wort domicellus in einer älteren Robrbachischen
Urkunde begegnen.
— 77 -
FhOipp Schurg am Bartholomäusstifite (flGOl)^ ersehen^ smd solcher
ächanepiele vier, nämlich in den Jahren 1467, 1468, 1498 und 1506
hier aufgeführt worden ^. Das im Jahre 1498 gegebene, welches
unter der Leitung eines Vioars an der Liebfrauenkirche, Jakob Kol-
messer stattfand, wird von Job BohrbacU nach seinem G^enstande
und seinem ganzen Verlaufe beschrieben. Es erhellt aus dieser Be-
schreibung, dass es nicht, wie Fichard annahm^ von den Schülern
des Bartholomäusstiftes, sondern von einem Vereine von Männern
gegeben wurde, der sich dazu aus Geistlichen und Laien frei gebil-
det hatte. Job ers^ldilt: „Im Jahre 1498 am 4. Juni, dem 2. Pfingst-
tage, wurde hier vor dem Rathhause, dem Römer, auf einer dazu
eigens aufgebauten Bühne ein Schauspiel veranstaltet, an welchem
280 Personen, mit Gewändern und Anderem, wie es sich ziemte,
wohl gekleidet, Theil nahmen. Sie spielten an diesem Tage, zuerst
die Aufopferung des einzigen Sohnes Abrahams, die Geschichte der
Susanna, des reichen Mannes und des armen Lazarus und des ver-
lorenen Sohnes. Als dies vorüber war, bekleidete sich Balthasar,
der Pfarrer in Ober-Eschersbeim (nach Schurg wohl richtiger: ^Esch-
bach) mit einem grauen Gewände (denn vorher hatte er den himm-
lischen Vater gegeben) und eröffnete, mit einem Diadem gekrönt, die
Person Christi darstellend, die Passion, deren ganzen Verlauf er im
Spiele durchführte. Er begann mit der Wahl der Apostel. Am f).
Juni spielte er die Leidensgeschichte bis z\& Gefangennehmung im
Garten ] als Gefangener wurde er hierauf durch die Strassen unserer
Stadt geführt. Am 6. Juni, dem Mittwoch und Quatember, wurde
er abermals lange durch die Stadt gefiihrt, und als sie die Bühne
^ Ob Philipp Sohnrg wirklich der Verfasser dieses Mannsoriptes sei» soheint
mir noch einer Untersuohang zu bedürfen. Auf dem Umschlage dessellten
kündigt er sich nur als Besitzer des Baches an: possidet me Ph. Schurg, eine
Thatsache, welche wenigstens zur Zeit noch die Yennnthnng begünstigt, dass
Schurg die Autorschaft erst einem Missverständniss des Verfertigers der Aus-
zugs in der Üffenbacfaischen Manuscriptensammlung zu danken haheii könne.
Dieser Auszug scheint übrigens nur eine Compiiation Schurg'scher und König-
stein'soher Notizen zu sein.
M M. S. Schurg p. 186 flg. Anno gratiae 1498 fuit ludus passionis Franooforti
et fuere in illo 265 persönae. Saluator dominus Balthasar, parochus in Esch-
bach, Reetor D. Joannes Kolmesser. Aniio 1506 iterum fuit Indus passionis
Francofurti. Salvator Wiihelmus Stein de Cassel, parochus trium
reg am in Sachsenhansen. Reetor Dominus Joannes Kolmesser et Dominus
Petrus Seigenstadt, vicarii montis B. Mariae yirginis. Fuerunt persönae in
Indo 267. Anno 1467 fuit ludus passionis Francofurti. Salvator Ewaldus Totten-
feld. Reetor Dominus Enolphns. Anno 1468 fnit ludus eztremi indieii et Anti-
ehristi. Reetor Joannes Vag.
- 78 -
betreten hatten^ vor Hanna» etc., dann sohlugen sie ihn an das Kreaz,
an welchem er beinahe zwei Standen hing. Am 7. Jüni^ dem Don-
nerstag nach Pfingsten^ trdgen sie sein Kreuz mit denen der Räuber
vor das Thor von Sachsenhausen. Am 11. Jani luden die Theil-
nehmer am Spiele den ganzen Bath zum Mittagessen; dieser schenkte
ihnen zwei Ol im Wein und 20 Goldgnlden; ebenso bewilligte er
ihnen die Bretter und Balken^ woraus die Btibne erbaut wurde ^ in
grosser Menge, aber unter der Bedingung, dass sie dieselben zurück-
gäben, und das, was daran verdorben oder zerschlagen wäre, be-
zahlten ; auch mehrere andere Bürger und kirchliche Personen lüden
sie ein, welche sie dafür beschenkten. Ebenso zahlte jedef Theil-
nehmer am Spiele und jede Person (wohl von den Zuschauern?) der
Gesellschaft anfangs einen Ort, wovon die Zortistungen zum Spiel
bestritten wurden" ^.
Der vorherrschend kirchliche Charakter dieses Spieles zeigte sich
in einer Nachwirkung desselben : am Magdalenentag, dem 22. JuK
1498, trug das Sacrament wieder der Dccan Johannes Greifenstein,
Hea Glauburg und Hans vom Rheine fährten ihn; Georg Neuhans,
Job Rohrbach, Arnold Reyss, Philipps Ugelnheimer trugen den Kasten^
Ludwig Holzhausen, Georg Martroff, Heilmann Stralenberg, Ulrich
Neuhaus die Kerzen; diejenigen aber, welche die Passion gespielt
hatten, folgten dem Rathe in der Procession, angekleidet nach dem
Charakter, den sie dargestellt hatten; den Erlöser stellten diesmal
fünf dar, der eine als Gefangenen, der andere in weissem Kleide,
der dritte trug die Säule, der vierte das Kreuz, der fünfte zeigte ihn
auferstanden, und dieser war es, der während des Spieles selbst alles
wie Jesus gethan und geduldet hatte ^^. Dafür, dass Job den Kasten
getragen hatte, gab ihm am 3. Januar 1499 der Bürgermeister Mi-
chael Schwarzenberger statt der zwei alten Bleygen, die er mit seiner
Mühewaltung verdient hatte, drei neue. Mit dem neuen Jahre waren
nämlich die alten mit den zwei „B^^^^^^'^ (zwei Hunden) und den zwei
Trauben abgeschätzt worden ;. die neuen zeigten auf ihrem Gepräge „eine
Kanne sonder Litt oder Deckel", aus der zwei Trauben wachsen und
zu beiden Seiten herabhängen. Das eine gab er seiner Mutter, das
andere seinem Bruder Bernhard, das dritte dem Kanonikus Herrn
Eberhard Becker. Als am 18. Juni 1499 Johannes Hess in der
Pfarre auf der grossen Orgel, obgleich kaum so viel Claven und
86 «. 214.
w §. 215.
- 79 —
Pfeifen^ dass es geschehen konnte^ gesiimint waren, den Gesang des
Salve regina begleitete^ schenkte auch ihni Job ein Rathsbleygen ^.
Bei da* Magdalenenproceosion im Jahre 1497 hatte das Sacra-
ment Nicolaus Kruder, Bischof von Samland, ein Frankfurter Kind,
getragen^', was ich gerne hier erwähne, theils um das Andenken
i emes sonst unbekannten, zu hohen kirchlichen Würden emporge^
stiegenen Bürgersohnes jener Zeit ssu erneuern^ theils weil solche
Notizen zum Theil die Thatsache erklären mögen, dass hiesige
Kirchen von auswärtigen, fern wohnenden Bischöfen mit Ablasspri-
vilegien ausgestattet wurden. Auch Frankfurter Laien finden wir in
dem Dienste auswär;tiger Kirchenfürsten, so war Dr. Georg Hell, ge-
nannt Pfeffer, Kanzler des Kurfürsten von Mainz; er nahm ein
trauriges Ende, am 5. August 1498 fiel er im Münzhof dahier in
eine noch nicht völlig ausgebaute Gloake^ und starb bald, nachdem
man ihn herausgezogen hatte ^.
Wie gerne man überhaupt aus kirchfichen Handlungen ein
Schauspiel machte, beweist das Ge{)ränge, womit am 19. August 1494
eine Judentaufe in der Bartholomäikirche vollzogen wurde. Eine
schwäbische Jüdin begehrte freiwillig die Taufe , wie sie behauptete,
von der Jungfrau Maria selbst dazu veranlasst, eine Motivirung, wie
sie bekanntlich bis. zu unseren Zeiten in specifisch römischen Kreisen
wiederkehrt. Um diesem Acte eine grössere Feierliehkeit zu geben,
hatte man vor dem Uauptaltare eine Bühne aufgeschlagen und auf
diese das Taufbecken gestellt Die angesehensten Jungfrauen der
Stadt erboten sich zu Pathinnen und geleiteten die Neopfaytin in
Procession zur Kirche. Mit ihr bestiegen zwei diers^en, Anna
Blumin und Christina Froschin, die Bühne. Nach vollzogener Taufe
stimmte das versammelte Volk den Gesang an<: „Nun bitten wir den
helgen Geist^^ Hierauf führten die Jungfrauen sie wiederum in
feierlichem Aufzuge nach dem Hause des P&n*ers ^K, Ein anderes
kirchliches Schauspiel, das selbst damals den Verständigen zum An-
stoBs gereichte, bereiteten im Jahre 1496 der Frankfurter Gemeinde
die Dominikaner. „Am 3« April nämlich, dem Ostersonntag, predig*
ten, wie Job erzählt, bei den Predigern drei zu gleicher Zeit: der
Lector auf dem Kirchhofe, der Subprior in der Kirche, ein dritter in
dem Kreuzgang (in ambitu) und überschrieen einander so, dass aus
^%. 216. 217.
89 §. 199.
90§. 26&
w §. 203.
- 80 -
dieBen Beden dem Volke keine Erbauung (devotio)y sondern nur Ver-
wirrung (confuflio) erwuchs* ^.
CharakteriBtiach ist es^ dass Job nirgends der Jagd als Be-
schäftigung und Belustigung der höheren Stände, wohl aber neben
dem Reiten, dem Fischfange und dem Stechen mit Krönlein und
Kolben, namentlich d6r Schi^stibimgen gedenkt Die, welche man
später Patricier oder. Junker nannte, hatten ihren eigenen Schiessplatz
auf dem heutigen Holzgraben, den man damals noch den Schiess
graberi nannte, unmittelbar hinter der Kirche * unserer lieben Frauen
auf dem Berge. Eine solche Schiessbelustigung Avird uns in sehr an-
schaulicher Weise geschildert : ,^Anno 1496 am 20. Juli sind uff dem
Schiessgraben zwischen den Porten by sant Katherinen Kirchen nach
Mittag zusammenkommen in einer guten ehrlichen Gesellschaft Dr.
Florentius von Veningeo, Katharina Holzhuserin, Haman, ihr Sohn,
und Margret, Hamans Husfrau, Gilbrecht, auch ihr Sohn, Eilchin
Rohrbächerin und ich Job, ihr Sohn, Katherina, Gilbrechts Holzhusen
seliger Gedächtniss Wittwe, Ludwig, ihr Sohn, Karl Hynsberg und
Martha, sin Husfrau, min Joben Schwester, Johann Holzheimer, und
haben des Unterens (Nachmittags) die Gesellen, welche wollten, ge-
schossen, um ziemliche Kleinodien von Zinnwerk; des ]!|^achts hat je
ein Husgesäss zwei Maass Wins bracht, und nach dem Nacbtmal
geschossen, Frauen und Mann, wer da wollte, bis um zehne, also
dass drei Licht by das Blatt (die Scheibe) gesteckt worden und eins
vor den Anzeiger, und nach dem Nachtmahl sind dazu kommen Ort
zum Jungen, der jüngere, und Herr Albrecht Prolin, derHulzhuserin
zu Goldstein Kaplan. ^^ Ob dieses Schiessen mit Armbrüsten oder mit
Büchsen stattfand, wird uns nicht berichtet ; doch ist mir das Erstere
wahrscheinlich ''. Der Büchsen bediente man sich unzweifelhaft bei
den öffentlichen Schiessen, an welchen Büiger aller Stände und
namentlich auch der Zünfte Theil nahmen, lieber diese liegen uns
zwei Berichte Jobs vor.
„Am 13. Novembris 1496 hat hie ein Schiessen angefangen mit
der Handbüchse, das hat gewährt drei Tag und sind der Schützen
M §. 194.
93 Diese Vermathang^ stützt sich theils auf den Umstand , dass Job Rohr-
bach unter seinen Anschaffungen uiid Geschenken zwar eine Armbrust, aber
nie eine Büchse erwähnt, theils auf die freundliche Mittheilung des Herrn Se-
nators Dr. V. Hey den, der den noch am Anfang dieses Jahrhunderts bestehen-
den SchiesBplatz auf dem Graben in seiner Jugend selbst gesehen und mir
ausdrücklich versichert hat, dass derselbe auch damals noch ausschliesslich von
den Stahlschützen, d. h. den Armbrustschützen, benutzt wurde.
— Si-
los gewesen und derKldnod^ darumb man geschoBsen hat^ fünf und
zwansdg^ mit Namen drei Ochsen^ ein schwarzer Hut mit einer sil-
bernen Röhre; vier Ellen schwarzen Schamelot und zwanzig zinner-
ner Kleinod; als Flaschen^ Gläser; FasS; Gelten; Teller; Kannen etc.
Den besten Ochsen gewann Einer heisst ThomaS; Büchsenmeisters
Sohu; sitzt bei der Bockenheimer Porten; den andern Ochsen ge-
wann Conrad NeuhauS; min Vetter; den dritten ein Büchsenmeister
von Menz ; den Hut mit der silbernen Bohre N. N. Schuhläpper
(iSchufaflicker) hj Sant JohanU; den Schamelot gewann Dyll; ein
Lederverkaufer uff dem Ejrautmarkt; die Sau gewann Hans Syd;
unser Schmied; und haben die Frankfurter Schützen neunzehn Klein-
heit (Kleinod) unter den fünf und zwanzig und' die Hauptkleinod
allC; usgenommen den dritten Ochsen. Und haben sie geschossen uff
dem Fischerfeld in zween Schirm (Scheiben) und die Läng des
Schusses vom Stand an bis zum Schirm ist 336 Ellen: mit einer
Schnur ist es also gemessen worden. Item hatte Schnabels Sohn
eine Pritsch; und welcher Schütze sechs Schüsse nach einander des
Schirmes fehlte; den schlug man mit der Pritschen oder musst vter
Denar gebeu; und schössen die Schützen zehn Schuss. Auch sind
der Kleinod; zum Ritterschuss verordnet; mit Namen zwei Hut' und
ein Barret und ein silberner Landsknecht mit einer silbernen Helle-
barten.'' Im Jahre 1500 fand abermals ein Schiessen mit der Hand-
büchsen auf dem Fischerfelde statt; an welchem siebenzig Männer;
sieben aus Mainz; drei von Oppenheim; einer von Gelnhausen; drei
von Oberrad; alle Uebrigen hiesige Bürger; theilnahmen. Der Bath
hatte dazu den Ochsen und zehn Viertel Wein gegeben. Den Och-
sen trug damals des Bathes Schmied; das damastene Wams ein Fi-
scher-davou; den silbernen Becher Bernhard Weiss. Es waren im
Ganzen dreissig Kleinodien; von denen die von Mainz und die von
Oppenheim je eins in ihre Herberge brachten. Die Oberräder ge-
wannen den Hut mit der silbernen Röhre im Ritterschuss. Auf dem
Schiessplatze waren drei Zelte angeschlagen; zwei für die Schützen;
das dritte zum SpieL Auch war eine Kegelbahn eingerichtet; auf
welcher ^ein Schieb^^ mit einem Heller; drei mit einem Weisspfennig
bezahlt wurden; sänmitli&he Kegelpreise fielen den Frankfortem zu.
Auch diese Lustbarkeit v^ährte drei Tage^.
Manche Gebräuche des Volkslebens finden wir in Jobs Auf-
zeichnungen zu unserem Bedauern mehr flüchtig angedeutet; als aus-
führlich beschrieben. Der Anfang des Jahres war noch nicht über-
»» §. 218. 219.
6
- 82 -
einstimmend festgesetzt Tbeilweise datirte man Neujahr von dem
Christfeste an^ und folglich von dem 2ö. December, theilweise von
dem Feste der Beschneidung Christi^ also von dem 1. Januar. Eine
Differenz konnte sich dabei nur für die Tage ergeben^ welche zwischen
diesen beiden Terminen in der Mitte lagen. Job Bohrbach versäumt
darum bei den Daten dieses Zeitabschnittes nie anzugeben, wdcher
Anfang gemeint ist; er sagt: ^im Jahr 1497, das Jahr vom Anfang
des Januars beginnend ; oder am 30. December 1502, des Jahres An-
fang von dem Geburtsfeste gerechnet^^; im letztern Falle ist also das
Jahr 1501 gemeint ^^. Das Verwaltungsjahr lief ursprünglich wie
noch im sechzehnten Jahrhundert vom 1. Mai bis zum 1. Mai: an
diesem Tage, wenn er nicht auf einen Sonntag fiel, wurden die
Bürgermeister gewählt und die Aemter im Begimente neu besetzt^.
Die RathsprotocoUe, wie die Stadtrechnmigsbücher, fangen von diesem
Termin an. Es war die Zeit der alten germanischen Maiversamm-
lungen, sowie der feierlichen Gerichtssitzimgen, die man Maigedinge
nannte. Auch sonst hatte in dem Xieben der germanischen Stämime
dw 1. Mai eine grosse Bedeutung Mit ihm b^innt die schöne
Sommerzeit, die man selbst geradezu Mai nannte, in der nicht nur
die Natur ziun Leben erwacht und sich in das bunte Festgewand
der Farben kleidet, sondern auch in den menschlichen Herzen Lust
und Liebe sich in frischem jungem Triebe regen. In vielen symbo-
lischen Gebräuchen wurde dies ausgedrückt. In manchen Gegenden
wurde am Sonntage Lätare in der Mitfasten der winterliche
Tod ausgetragen, oder auch der Winter verbrannt und der Sommer
singend begrüsst. Am Anfang des Mai's wurden im heidnischen
Norden hohe Feste gefeiert: Gottheiten, in denen sich der Sommer
oder der Frühling personificirte, hielten ihren segnenden Umzug.
Am 1. Mai wurde noch bis in die neuere Zeit in England, Frank-
reich, Deutschland imd dem scandinavischen Norden in mancherlei
Weise der Sommersanfang begangen, „der Sommer empfangen^^ ; der
Mai wurde festlich eingeholt: dahin gehörte das Maireiteo, die Er-
nennung der Maigrafen und Aehnliches; Mayen, d. h. entweder Mai-
bäume, oder Maibüsche, Maizweige und Maisträusse wurden in die
Gemeinden gebracht. Die Maibäume wurden theils an den Haupt-
platz des Ortes, vor die Kirche oder das Bathhaus gesetzt, theils
auch in grösserer Anzahl vor andere Häuser, besonders Solcher, die
man auszeichnen wollte, gepflanzt; die Maibüsche oder Sträusse hef*
9» §. 71 und §. 17. 33. 97. 179.
»6 §. 119 flg.
^ 83 —
tete man vor die Thüren der Frauen und Jungfrauen •^. Die letztere
Sitte bestand in Frankfurt und war besonders unter den Q-esellen
der Trinkstuben üblich. Diese „steckten Mayen und Briefe den
Jungfrauen und Frauen^^^ um deren Gunst sie sich bewarben und denen
sie dadurch ihre Verehrung bezeugen wollten. Die Briefe enthielten ein
Bild mit einer Devise. Lersner erwähnt einige derselben : am 1. Mai
1464 steckte Adolf Knoblauch seiner Verehrten einen Mayen mit der
Devise : „Und ich^ wie kann ich !^^ offenbar, um den unwiderstehlichen
Zauber ihrer Beize anzudeuten; dieser Gedanke war in dem Bilde
durch einen Mann versinnliclit^ der mit einem Siebe Wasser aus einem
Bache zu schöpfen versuchte. Hen Knoblauch fügte zu seinem Mayen
eine Hand, welche ein Gewicht an. einer Schnur in einen Brunnen
hinabliess; mit der Umschrift : „Falscher Grund ist mym Herz onkund^^ ^.
Gegen Ende des Mittelalters fand man diesen poetischen Brauch un-
vereinbar mit der züchtigen Sitte, durch die man die Fröhlichkeit
gemässigt wissen wollte; Job Rohrbach erzählt: »Anno. 14d5 prima
maji nee postea (am I. Mai 1495 und später) hat man keiner Jung-
franen oder Wittfrauen oder Frauen uff unser Stoben oder derglichen
May noch Brief gesteckt nach alter Gewohnheit^. Aus seinen Be-
merkungen zu den Jahren 1496 und 1497 ersehen wir überdies, dass
man die Mayen nicht nur „vor der Jungfrauen und Frauen Thor", '
sondern an die Hausthüren selbst gesteckt hatte, und dass „söliches
geschehen war von den jungen Gesellen^, also von den Unverheira-
theten ^. Eines andern Gebrauches gedenkt er zum Jahre 1494. Am
Tage des Apostel Bartholomäus nämlich legte er den beiden Mägden
seiner Mutter das Loos, und die Köchin Katharina zog sich den
Apostel Matthias, die Hausmagd Margaretha den Thomas ^^^. Der
Zweck dieses Loosziehens war ohne Zweifel die -Wahl eines Schutz*
häligen. Wie sehr überhaupt selbst gebildete Männer jener Zeit
zum Superstitiösen neigten, zeigt ein Recept, das Job Kohrbach von
dnem Bürger zu Speyer, Peter Drach, empfangen, das ihm der Pro-
tonotar des Kammergerichts, Johannes Storch, aus eigener Erfahruüg
als probat empfohlen und er in seinen Aufzeichnungen gewissenhaffc
eingetragen hat. Es lautet! „Wenn man brauchbares Bauholz haben
und dasselbe vor Schwamm und Fäulniss bewahren will, so darf es •
97 Reinsberg-Düringsfeld, das festliche Jahr. Mai.
» Lersner II, I, S04.
w §. 222—224.
^w §. 226.
6»
- 84 -
nur bei abnehmendem Monde und von einem solchen geftllt werden,
der an diesem Tage und der vorhergegangenen Nacht mit keinem
Weibe, auch nicht dem seinigen, Umgang gepflogen hat Willst du
Steine zum Bau deines Hauses setzen, die nicht nässen oder aus-
schwitzen, wie es leicht im Winter und sonst zu geschehen pflegt, so
betrachte genau den Steinbruch und lasse an der Ostseite desselben
graben, besonders wenn die Steine in die Wände der Stuben gefügt
werden sollen. Schlachtest du Schweine, um für das Haus Speck
und im ganzen Jahre Fleisch zu haben, dann thue es bei abnehmen-
dem Mond, damit der Speck und das Fett nicht so reichlich aus-
fliesse, wie es bisweilen zu geschehen pflegt^ ^^.
Im Allgemeinen herrschte noch Einfeu^hheit der Sitte und ehr-
bare Zucht Doch fehlte es auch nicht an mancherlei Unfug und
Muthwillen. Am 12. November 1494 wurden Nachts in der Krämer-
gasse — so nannte man die Strasse, die von St Bartholomäi nach
dem Samstagsberg fuhrt, den heutigen Markt — alle Füsse, d. h.
Hölzer, welche vor den Thüren hingen und mit welchen die Eintre-
tenden zu klopfen pflegten, damit ihnen aufgethan werde, abgerissen
und über die Mauern auf den Kirchhof der Dominikaner geworfen.
Auch wurden einige Fenster der Kirche des Predigerklosters einge-
worfen. Die Urheber dieses nächtlichen UnAigs wurden nicht er-
mittelt*®*. Doch fehlte es auch nicht an schwereren Vergehen und
sie werden mit der ganzen Härte, wie sie der damaligen Rechtspflege
eignete, geahndet. So wurden am 6. April 1498 drei Räuber ver-
brannt, die ausser anderen Verbrechen in Dieburg die Monstranzen
und das Gefass mit den Hostien gestohlen — einer hatte deren sech-
zehn, der andere weniger verschlungen -^ mehrere Almosenstöcke ge-
plündert und in Frankfurt bei St Peter einen Mann getödtet, andere
beraubt hatten. Nach Lersner wurden ihnen Infuln auf das Haupt
gesetzt, auf welchen ihre Verbrechen abgebildet waren *^. Ein An-
derer wurde am 1. September 1497 gehenkt, weil er einen Kelch
geraubt, am 16. September 1496 ein Jude verbrannt, weil er
eine Münze beschnitten hatte *H Hans Drach wurde wegen Unzucht
an einer Ehefrau und ihrer Schwiegermutter am 7. Januar 1497 ent>
hauptet^<^. Doch pflegte man die Hinrichtungen von Adeligen der
" §. 227.
02 §. 143.
OS §. 152. Lersner ü, 1, 688.
0* §. 161. 148.
05 §. 150.
- 86 —
Oeffentlichkeit zu entziehen. So wurde Einer (Lersner nennt ihn
Hans Elogel von Babenberg); der wegen Aufruhrs (oder wie Lersner
angiebt wegen seiner Mithülfe an der Ermordung von Moschel
Henschin) in der Messe eingezogen worden war^ aus Rücksicht auf
seine Eltern am 26. September 1496 Nachts beigeschlossenen Thoren
am Maine enthauptet und auf dem Kirchhof zum heiligen Geist be-
graben ^^, Bisweilen entzog indessen das Asylrecht der Kirchen den
Verbrecher dem Arm der strafenden Gerechtigkeit Als Hames Sohn .
aus Sachsenhausen mit einem Schererknecht mit gewaltsamem Ein-
bruch in das Haus zum Ellenbogen (A. 67) bei den Predigern bei
Nacht' gedrungen war und einen daselbst wohnenden Bürger mit
seiner Geliebten misshandelt hatte^ flüchtete er mit Tagesanbruch zu
den BarfÜssem^ sein Helfershelfer zu den Antonitem; und so ent-
kamen sie beide ^^'.
«
DasVerhältniss zu den Dienstboten war noch ein patriarchalisches
und ungleich enger als in unseren Tagen. Sie nahmen an allen
Freuden und Leiden Theil. Job Rohrbach legt der Köchin und der
Hausmagd seinef Mutter die Loose. Er ist bemüht ^ in schwierigen
Fällen und Verlegenheiten ihnen mit Rath und That zu helfen. Ihre
Treue wurde durch L^ate belohnt. Um so schwerer wurde Untreue
geahndet Die Köchin Karl Hjnsberg's wurde wegen Diebstahls auf
den Katharinenthurm gebracht^ und weil sie nicht gestehen wollte^
dreimal an einem Tage mit einem Stricke in die Höhe gezogen und
ihre Glieder auseinander gerenkt Selbst dem harten Sinne der Zeit
muBBte diese Behandlung anstössig erscheinen. Auf die Fürbitte
zweier Fürsten und dreier Fürstinnen, welche auf der Reise nach
Aachen durch Frankfurt kamen, wird sie der Stadt verwiesen ^^^.
Auch baulicher Veränderungen gedenkt Job in seinen Tage-
büchern. Im Jahre 1494 wird der Befestignngsthurm bei der Mainzer-
pforte bis zum Ge&ngnisB abgebrochen, neu aufgebaut und mit weisser
Farbe angestrichen. Auf Peter und Paul im Jahre 1494 schlug der
Blitz in den Bockenheimer Thurm, schädigte den Thürmer und
dessen Frau und verbrannte das Gebäude; erst 1496 wurde er auf
d^i alten Fundamente neu aufgeführt Im April 1495 wurde der
Bosszoll auf dem Bossmarkt erbaut ; da Job die Lage des Hauses
„uff dem Bossmarkt uff dem Hirczgraben" angiebt; so kann es noch
mchi das spätre sein; welches auf dem Grund des heutigen Zeh-
^ §. 146. Lersner a. a. 0. 687.
107 §. 204.
«« §. 147. vgl. §. 117.
— 86 —
mann'fichen HauBes neben St Maternns stand. 1496 errichtete der
Bath die Meblwage auf der Eschenheimer Gasse nahe bei der Pforte
und führte einen neuen Brunnen auf jener auf, wie es scheint, den
ersten in dieser Gegend; er gab dazu nur eine Beisteuer, das übrige
mussten die Nachbareh zahlen. Die interessanteste Mittheilung, die
wir in diesem Funkte erhalten, ist offenbar die folgende.: „Anno
1495 im Monat Junii oder kurz zuvor hat der Bath die Eürämen von
der Weber* Kaufhaus an bis hervor an das Eck der Barfüsser lassen
von neuem anfangen uffzuschlagen und dieselbige Gasse weiterge-
macht und zugegeben, also dass sie von denselbigen Kramen um
fünf Werkschuhe weiter ist, denn sie vor war und hat man zum
ersten feil gehabt in denselbigeu' neuen Kramen in der Herbst-
mess Anno 95^^ Wir ersehen daraus ganz bestimmt, wann und auf
welchen Anlass der Name dieser Strasse entstanden ist. Da die öst-
liche Seite derselben mit Häusern verbaut war, so haben wir diese
offenbar beweglichen Kramen auf der Westseite längs der Kirchhof*
mauer der Barfüsser zu suchen. Diese muss darum um ein bedeu-
tendes hinter der Linie der Strasse, welche durch das Kaufhaus der
Weber und die aa das Braunfels südlich sich anreihenden Häuser
bezeichnet war, zurückgetreten sein. Die Kramen standen demnach
an der Stelle der heutigen Börse *o*.
Nach diesen Mittheilungen über die allgemeineii Lebensverhält-
nisse der alten Beichsstadt und insbesondere über die Sitten und das
Treiben der höherea Stände, stellen wir noch in der Kürze zusam-
• men, was Job Eohrbach über sein eigenes Leben darin in der Hand-
schrift niedergelegt hat. lieber den Gang seiner Bildui^ erfahren
. wir leider gar nichts; nur dass er die ersten Elemente derselben in
der Stiftsschule zu St. Bartholomäi empfangen habe, konnten wir '
aus einer kurzen Notiz seines Vaters Bernhard entnehmen. Dass er
später eine Hochschule besucht habe, wird nicht gesagt \' vermuthen
aber dürfen wir es aus einer Aufzeichnung, welche berichtet, dass
sich Elgin Bohrbächerin die Ausbildung ihrer Söhne durch Schulen
und Beisen nicht geringe Summen kosten liess. ,,Im Jahre 1495,
sagt er nämlich ^^^y am 12. Tag des Monats August schenkte unsere
Mutter nach dem Mittagsmahle meinem Bruder Bernhard und mir
alle Kosten, welche wir in fremden Ländern und im Studiren ange-
wandt hatten, und ebenso alle Bücher, und zwar mit dem Bedinge,
109 Vrgl. Bauten und Häuser §. 156. 157. 154. 158. 156.
"0 §. 22.
- 87 -
dass nach ihrem Tode, den Gottes Gnade noch lange fern halten
möge, diese genannten Ausgaben und Bücher nicht mit in die Thei*
iimg fallen, sondern vorweg abgezogen, und dann erst das übrige '
Vermögen zu gleichen Theilen vertheilt werden solle. Zu grösserer
Gültigkeit hat sie diese Schenkung mit eigener Hand/ in das Rechen-
buch unseres Vaters eingeschrieben.^' Diese Vermuthung wird noch
durch eine andere Notiz bestätigt. £r bemerkt nämlich ^^\ bis zur
Zeit der männlichen Reife und der Gegenwart ihrer abwesenden
Söhne habe Elgin Rohrbach bei der von ihrem früh verstorbenen
Gatten gestifteten Procession der Minoriten am Exandison^tage zwei
Männer substituirt, welche dea das Sabrament tragenden Priester an
ihrer Statt filhren sollten : demgemäss sei er zum erstenmale im
Jahre .1494 in die Ausübung dieses Rechtes eingetreten ^ was uns
wohl zu dem gesicherten Schlüsse berechtigt^ dass ihn bis 'dahin nicht
bloss seine Jugend — er stand im Jahre 1494 im 2b. Lebensjahre —
sondern auch seine Entfernung von der. Vaterstadt daran verhin-
dert habe. Von jetzt an hat er hier seinen dauernden Aufenthalt
und schwört am 4. Eebruar 1496 mit Gilbrecht Uolzhausen und Hans
Frund den Bürger eid ^i^. Der lateinisjchen Sprache war Job voll-
kommen ftiächtig; aber jenes verderbten Lateins^ wie wir es etwa in
den epistolis obscurorum virorum nachgeahmt finden; von dem Wieder-
erwachen der klassischen Studien giebt seine Schreibart kein Zeugniss.
Er bildet die Casus der Wörter der zweiten Declination öfter nach der
vierten; er gebraucht den Indicativ, wo der Conjunctiv stehen müsste;
sein Satzbau entbehrt die gegliederte Periodenbildung, ist überhaupt
mehr deutsch als römis^ch. Was er eigentlich studirt hat, wird nicht
angedeutet: aus den Rechtsgeschäften, die er seiner Mutter besorgt,
sollte man fast schliessen, dass es die Jurisprudenz gewesen wäre.
In seinen früheren Aufzeichnungen deutet nichts auf die Bestimmung
zum geistlichen Stande und Berufe: was er uns erzählt, spricht für
das Gegen theil. Im Jahre. 1494 nach Ostern schenkt ihm Johann
Kropp im Hause des Johann von Melem, wahrscheinlich bei einem
fröhlichen Gelage, eine halbe Quart Malvasier mit dem Bedinge, dass
er, sobald er sich verheirathe, eine ganze Quart dagegen
1^1 §. 190 and 191. Man beachte die Ansdrficke: „post mortem patris us-
qae ad tempns pubertatis nostrae et praesen'tiae mater nostra sabstitait
dnos" etc. und „sed qnia post obitam patres omnes nos aetate ad eam rem
minores eramus, ao etiam cum aetas nos ablitauit, absentes eramns
ideoqne mater nostra semper dnos . . . nomine nostro elegit" etc.
"» §. 12.
— 88 —
setze ^13. Am 19. September desselben Jahres erhält er von seiner
Mutter einen Brusthamisch^ nebst einem Koller; eine Armbrust und
eine Eisenbrust '^^ nebst einigen Pfeilen und einem Instrument, um
die Armbrust zu spannen : wie Elgin Bobrbacherin überhaupt ihre
Gaben stets mit einer gewissen Feierlichkeit vor Zeugen zu über-
reichen pflegte, so geschah es auch hier in Gegenwart seiner Schwester
Martha und Gilbert Holzhausen's ^^^. In demselben Jahre kaufte er
sich einen eisernen Streitkolben, den er „Fusthanmier^ nennt und
ein langes Messer mit Scheide ^^; 1495 wird er mit einem langen
Degen beschenkt ^^^; 1496 mit einem zweischneidigen D^en von
massiger Länge und einem weissen gewundenen Griff, einer Gabe
des Kanonikus Ludwig Truchsess zu Mainz ^^^. Degen pflegten
übrigens noch im sechzehnten Jahrhundert die Kleriker zu tragen ^^'.
Mit besonderer Vorliebe verweilt er bei der Beschreibung von Klä-
dungsstücken und deren Anschaffiong. Er erzählt uns, dass sein
Grossvater Heinrich von Engel Fröschen am 14 Mai 1466 eineHom-
fessel flir 145 Gulden gekauft und flir ihre Reparatur sieben Gulden
gegeben, und dass dieselbe von seiner Mutter an seine Schwester
Martha durch Schenkung übergegangen sei ^. Nach Faust von
Afichaffenburg war dieser Schmuck, der mit einer Air jene Zeit so
ungeheuren Summe bezahlt wurde, eine Borde von der Breite einer
Hand, aus Sammt oder Guldenstücken gemacht, die an der einen
Schulter befestigt, sich über die Brust bis unter den andern Arm
hinschlang: sie war überdies mit Perlen und blumigen Federn, mit
Silber und vergoldeten Schellen reichlich besetzt und ihr Schall wurde
darum weithin vernommen; daher sagte ein noch im sechzehnten
Jahrhundert gewöhnliches Sprüchwort: „Wo die Herren sein, da
klingeln die Schellen^^ ^^K Auch Job liebte eine bunte Kleidung. Bald
"3 §. 24.
11* „Unter das Wams'S sagt Elüber a. a. 0. II. 105, legte man noch ein
Bruststttck von Eisenblech, das statt eines Kttrasses diente, der den Körper
undurchdringlich machte. Doch hält er es selbst für wahrscheinlicher , dass
man dieses Bruststück zwischen das Wams und den PansKer gelegt habe.
Wahrscheinlich ist dieses die Eisenbrust Job's gewesen.
115 §.43.
11« §. 49.
1" §. 4.
118 §. 54.
119 Steitz: Gnipius Andronicus, Archiv für Frankfurts Geschichte und
Kunst. Neue Folge, I, 195.
im' §. 2.
121 Römer: Wohlleben der Gesellsch. Limburg S. 26.
— 89 —
eracheint er in schwarz geerbtem barchenten Wams und rothen
Hosen y bald in einem nenen leberfarben^i Mantel, mit einem neuen
Gürtel umgürtet und „einem neuen welsch Säcklin^' behängt Eine
besondere Mannigfaltigkeit muss er in seiner Kopfbedeckung gesucht
haben, er erwl^t schwarze, reihe und blutrothe Hüte und Barrette
in allen möglichen Farben, venetianische und andere. In jeder Messe
kauft er mehrere beinerne Kämme, einmal werden ihm deren sechs
zum Geschenk gemacht ^^. In der Fastenmess 1495 schenkt ihm
seine Base Cliura ein mit Gold und einer goldenen wolkigen Schnur
gesticktes Brusttuch, seine Base Margaretha ein anderes von gelbem
Sammt>^^. Während alle diese Anschaffungen einen unverkennbaren
Zug der Eitelkeit und Prachtliebe verrathen, macht es dagegen einen
sehr naiven Eindruck, wenn er vom Jahre 1497 berichtet: „am 10.
April hat mir min liebe Mutter an lassen schneiden zehn
Ellen schwarz londisch Tuch, mit Namen fünf Ellen zu einem Bock
und 4Vt Ellen zu einem Mantel und ein halb Elle zu einem Zipfel, uff
das0, ob Jemands stürbe von unsem Versippten und Verwandten
(davor Gott woU mit Seligkeit einen jeden lang gefristen), dass ich
ftkrters nit dorf Kleider, als vor oft geschehen ist, eatlehnen^' ^^. Bis
zum Jahre 1499 nimmt er an dem Treiben auf der Trinkstube un-
befangen Antheil, schiesst er auf dem Schiessplatze und lebt, wie ein
anderer junger Mann seines Standes. Als am 1. August 1496 Pfalz-
graf Philipp mit sieben Söhnen, einer Tochter und der Tophter des
Herzogs Georg von Bayern eine Zusammenkunfb im deutschen Herren-
haus mit seiner Schwiegermutter, dem Herzog Johann von Sachsen,
dessen Bruder, dem Bischof von Magdeburg, und einigen Fürstinnen
veranstaltete, wobei mehrere Tage im deutschen Haus und hn Trier-
schen Hof festlich geschmaust und getanzt wurde, hielt Job Bohr-
bach mit drei andern Bürgern auf Befehl des Bathes eine Nacht
und einen Tag auf dem jenseitigen Brückenthurm in Waffen die
Ehrenwache ^'^ Unter seinen Anschaffungen werden Bücher selten
erwähnt: im Jahre 1495 ein formulare advocatorum und ein Gebet-
büchlein im kleinsten Format, zum Ersatz für ein anderes, das der
Haushund „Fürst^^ zerrissen hatte ^^. Erst von dem Jahre 1497 an
werden Wörterbücher, Predigten des Bruders Robert Charocholi über
122 Vergl. Ansohafitingen und Geschenke Job Rohrbach's. §. 41 flg.
«M §. 49.
*>♦ §. 58.
w §. 117. 118.
"• §. 50.
- 90 -
die Sünäen und die Heiligen^ Schriften über die Deeretafien, Gebet-
bücher und auch ein Mainzer Brevier aufgeführt <^. Von jetzt an
gehen auch die hellen und bunten Farben seiner Kleidung immer
mehr in das Dimkle und zuletzt in Schwarz über ^^. In dem lebens-
frohen Job ist eine unverkennbare Schwenkung nach dem geistlichen
Stande eingetreten. Diesen Wendepunkt scheint gleichfalls das
Beichskammergericht in sein Leben gebracht zu haben. Einer der
Procuratoren desselben^ Dr. Florentiüs von Veningen ; trat in sehr
nahe Beziehungen zum Bohrbach'schen Hause ^^; an ihn schloss
sich vorzugsweise Job an ; die religiöse Richtung des Mannes
sei: eint schon dadurch angedeutet, dass Job auch ihm ein Exemplar
der Sermonen des Robert Charocholi kauft ^^. Nach der Verl^ung
des Gerichtshofes nach Worms begleiteten ihn am 30. Mai 1497
Jakob NeuhauS; Bernhard und Job Rohrbach bis Höchst ^^^; aber
schon am 19. Juni begiebt sich der letztere zu ihm nacli Worms ^'
und scheint dort ununterbrochen bis zum 29. März des folgenden
Jahres geblieben zu sein. Am zweiten Christtag tritt er mit ihm
eine zwölftägige Reise nach Speier und Landau an, wo ihnen übendl
von den Spitzen der geistlichen und weltlichenBehörden undAndem
Gastmähler und Schmausereien veranstaltet wurden. Am Tage Jo-
hannis des Evangelisten speisen sie mit dem ganzen Klerus der Ka-
thedrale von Speier ; den ganzen Tag der unschuldigen Kindlein
verbringen sie schmausend bei dem Bischof an dessen Hofe *^'.
Wir werden wohl schwerlich irren^ wenn wir annehmen, dass dieser
dreivierteljährige Aufenthalt in Worms dazu bestimmt war^ ihm die
specielle Appretur zum geistlichen Stande zu geben. Ln April und
Juni 1498 finden wir ihn öfter in Mainz, Worms und Köln : vielleicht
suchte er irgend ein Pfründe*^.
Bald darauf eröfinete sieb ihm eine solche am Bartholomäusstifte.
Als am 19. August 1498 der Scholaster und Canonikus Johannes
Sommer gestorben war, ernannte am folgenden Tage das Oapitel den
Canonikus Eberhard Becker zum Scholaster und Job Rohrbach ein-
'" §. 57. 60. 61.
"8 §. 55 flg.
«w §. 28. 29.
»30 §. 57.
«31 §. 58.
13« §. 31.
133 §. 33. 34.
«♦ §. 85. 37.
— 91 —
gtiininig sum Gauozukufl. Nur der Decan Johannes Greifenstein war
seiner Wahl entg^en. Als sich Job am 30. Augast im Chore im
snperpellicium , dem weissen bis zu den Ejiieen herabreichenden
Obergewand mit offenen Aermeln, das alle Kleriker tragen , präsen-
tirte, und dem Decan seine Residenz insinuirte; damit er den Tag
anmerke, antwortete dieser: Die Insinuation gelte, soweit sie kann
(valeat; in quantum valere potest) ! um seinen Vorbehalt in Beziehung
auf die Rechtsgiltigkeit der Wahl auszudrücken. Als demselben
während der Vesper Johannes Ugelnheimer im Namen des neuen
Canonikus 12 Albus für den üblichen Einstandswein (den vinum ad-
missionis) überreichte, versagte er die Annahme : „gebt sie, wem ihr
wollt; ich werde diesen nimmer fUr einen Canonikus halten/' Hier-
auf insinuirte Job seine Residenz dem Scholaster und Cantor, die sie
zu notiren versprachen. Trotzdem trug er bei der Procession nach
der Michaelskapelle am 2. September das Bauchfass und hielt bei
dem Amte die Patene. Am Micbaelstag erschien er in seinem
eigenen superpellicium ; am 3. October erhielt er die niederen Weihen
in der Kirche des Predigerordens ^^, Dies hielt ihn indessen nicht
ab, mit anderen jungen Freunden am 29. October auf die. Hochzeit
des Dr. Johann von Glauburg den Pfeifer zu bringen und dort zu
'tanzen ^^. Fichard fand dies so auffallend, dass er in seiner Oe-
schlechtergeschichte daraus schloss, Job^ könne damals noch nicht
Canonikus gewesen sein; allein man darf das Leben des Mittelalters
nicht nach unserem Maassstab beurtheilen.
DieBesidenz, d. h, die Pflicht der Kleriker, sich an dem Orte ihres
Amtes persönlich aufzuhalten, erstreckte sich damals meist nur auf die
ersten sechs Monate ; erst das Concil zu Trient hat die gelockerten Bande
der Ordnung wieder straffer angezogen ^^'. Sechs Monate nach
seinem Eintritte am 15. März zeigte daher Job dem Kapitel an, dass
seine Besidenzpflicht vollständig erfüllt sei und erbat sich nach dem
Vorgange Andefer Dispensation. Da erhob sich der Decan und er-
klärte: er wolle bei diesem Acte nicht zugegen sein, nicht aus Un-
muth gegen den Petenten, der ihm darum nicht zürnen dürfe; er
möge sein Verlangen von denen sich gewähren lassen, die ihn prä-
«» §. 62.
<36 §. 257. Fichard's Bemerkung beweist wiederain, dass er oBsere Hand-
schrift nicht gekannt hat.
is* Seas. XXIV de .reform. o. XII: Kein Kleriker, Canoniker oder Priben-
dar soll Aber drei Monate von seiner Kirche entfomt sein.
- 92 -
sentirt hätten; er ftlr seine Person wolle iUr jetzt ihm mcht hinder-
lich sein. Damit verliess er das Capitel. Die übrigen Capitularen
und der Stadtpfarrer^ der bekannte Volksredner Dr« Conrad Hensel^
erklärten hierauf die Residenzpflicht ihres neuen Gollegen für voll-
ständig erledigt und gaben ihm Freiheit, zugehen, wohin er wolle ^^.
Wir ersehen daraus^ dass auch die Canoniker des Bartholomäusstiftes
nach den Gewohnheiten desselben nur sechs Monate im Jahre verpflichtet
waren, hier anwesend zu sein ; nach Ablauf dieser Zeit konnten sie
ihren Aufenthalt wählen, wo sie wollten, und auch auswärts die Ein-
künfte ihrer Präbende verzehren. Ordentlicher Weise sollten sie
während dieser Zeit keinen Antheil an den täglichen Distributionen
der Präsenzen haben Es war daher jedenfalls rechtswidrig, dass
Cochläus, der nur zwei Jahre Decan am Liebfrauenstifte gewesen
war, als ihm der Aufenthalt in der Stadt durch seine Angriffe gegen
Luther verleidet wude, am 12. December 1522 mit Notar und Zeugen
vor dem Capitel erschien und nicht nur den Fortbezug seines Decanatge-
haltes und seiner Präbende als Canoniker, sondern auch der täglichen
Distributionen verlangte, „damit er anderswo sicherer leben möcht^^
Das Capitel war vollkommen berechtigt, gegen diese Forderung zupro-
testiren ^^'. Am 30. März 1499, am Samstag vor Ostern, erhielt Job die
Subdiakonatsweihe in der Kathedrale zu Mainz und las in Gegenwart des *
Erzbischofs Berthold die Epistel beim Hochamt ^^. Jetzt erst stimmte
der Decan Greifenstein seiner Zulassung zum Capitel zu und instal-
lirte ihn am 5. Mai ^*K Sein bisheriger Widerstand kann sich daher
nur auf die herkömtnliche Anschauung gestützt haben, dass ein Laie
nicht Mitglied des Capitels sein dürfe, und dass mindestens der Sub-
diakonat Bedingung zur rechtsgiltigen Aufnahme in dasselbe sei ^^\
Die zwölf Canonikate des Bartholomäusstiftes waren nach den Namen
der Apostel benannt; Job erhielt, wie er selbst sagt, den Canonikat
des Johannes (es ist demnach ein Irrthum, wenn ihn Fichard
Wetteravia 132, als Canonikus des Jakobus Zebedäi aufführt); am
27. December 1499, dem Tag Johannes des Evangelisten, an welchem
138 §. 63.
139 M. S. Königstein aaf dem Stadtarchiv zu dem 12. Dec. 1522. In dem
Auszüge der üffenbachischen Manuscripte auf der Stadtbibliothek p. 80.
*♦« §. 64.
!♦! §.66.
1^2 Dies wurde auch durch das Tridentinam a. a. 0. best&tigt: Neminem
etiam deinceps ad dignitatem, canonicatum ant portionem recipiant, nisi qni
eo ordine saoro . . . sit initiatus, qaem illa dignitas, ant canoni-
catuB ant portio requirit.
— 93 —
er vor dreiflsig Jahren geboren war, trug er zum ersten Male das
Almosen vom Chore aus und erwies sich an diesem Tage als Cano-
Ulkus dieses Apostels <^. Freilich verknüpfte sich damit nicht sofort
der Entschluss, auch von nun an sich einer apostolischen Lebensweise
zu befleissigen: er lässt sich noch im Jahre 1500 von Frauen Kränze
aufsetzen, veranstaltet ihnen ein Abendessen und setzt den Kranz
wieder einer anderen auf.
So nahte fttr ihn die Zeit der letzten Weihen : am letzten Februar
1501, am Sonntage Invocavit, sclienkte ihm nach dem Mittagsmahle
seine Mutter von freien Stücken, ohne Jemands Angehen oder Drin-
gen, mit berathem Muthe'^ein grosses Messbuch in rothem Leder ge-
bunden und geschmückt mit Feldern, in welchen die Wappen seiner
Abnen väterlicher Linie 'sich befanden, de&sgleichen dne Casula d.h.
ein Messgewand von rothem geblümtem Sammt, eine Alba, Stola,
Humerale, Manipulus und Cingulum (es sind dies die leinenen Ge-
wänder, das Schweisstuch und der Gürtel, welche dem Priester unter
Angabe der symbolischen Bedeutung bei der Weihe gereicht werden,
und die er in der Messe trägt). Diese Schenkung geschah in Gegen-
wart der Agnes, der Köchin des Hauses. Unmittelbar darauf filgte
Elgin ein kleines, älteres Messbuch bei. Nach der Vesper setzte sie
ihren älteren Sohn Bernhard von der Schenkung in Kenntniss und
verehrte ihm, um ihn nicht zu verkürzen, zwei wahrscheinlich künst-
lich gearbeitete Kasten. Am Abend fand ein Familienessen im Hause
Bernhards statt, bei welchem die Mutter öffentlich ihre Schenkung
bekräftigte *♦♦.
Noch besitzt unsere StadtbibUothek das Missale, welches Elgin
Rohrbach ihrem Sohne Job geschenkt hat. E^s ist schön auf Perga-
ment geschrieben, hat gemalte Liitialen und 323 Blätter in Folio.
Es befindet sich noch in der Mitte des hinteren Deckels ein Erzschild
mit dem Itohrbachischen Wappen in Belief: zwei Hände, welche die
Glieder einer Kette von beiden Seiten her umfasst halten. Vier
Erzschilder in den Ecken tragen je zwei in der Diagonale von der
rechten oberen nach der linken unteren Ecke das Bohrbachische, die
beiden anderen das Werstadtische Wappen (im mittleren Querbalken
drei Dreiecke, im oberen Felde zwei aufrecht stehende Linien, jede
oben nach rechts, unten nach links mit einer kürzeren Linie im
spitzen Winkel verbunden, dieselbe Figur einmal im unteren Felde).
^ §. 66.
- 9» —
Auf der vorderen Decke sind die kleinen Eckschilder dieselben, da-
gegen fehlt das grosse Mittelschild, welches wahrscheinlich das Wer-
stadtische Wappen darstellte. Entweder hatte Heinrich Rohrbach
der Aeltere, Bernhards Vater, der Gatte Gudegins von Wer-
stadt, dasselbe abschreiben lassen, oder war es. eine Gabe seines
kunstliebenden Schwiegervaters Ulrich von Werstadt, der es ftü* das
junge Ehepaar bestimmt hatte. Am 14. März 1465 schenkte es
Heinrich Rohrbach seinem damals neunzehn Jahre alten ältesten
Sohne Bernhard vor zwei Zeugen. Die Schenkungsurkunde ist Blatt
321 eingetragen und lautet also :
„Ich Heinrich rorbach der elter, scheffen zu franckfurt, be-
„kennen mit ^eser myner ejgen hantschri£Fl, daz ich dies
„myn missale von eygem willen gegeben han mym sone
,)bemhart rorbach, vnd han zu gezugenys gebetten die ersa-
^men hern niclas maselhart,. vicarium zu sant bartholomens,
„vnd petrum storczisen, bacularium, myn scbriber, daz sie
„hervnder auch in hantschrifl; geschriben han anno domini
„1465 ady *^ 14 marcij."
„Et ego nicolaus maselhart de omstat, vicarius ecclesie
sancti Bartholomei protestor propria manu ex expeticione
Domicellimei^^, heinrici Rorbachs senioris,scabini francken-
fordensis, superioribus scriptis sie peractis pro vero interfuisse
teslimonio .
„Et ego petrus storczisen superdictus similiter protestor
manu propria me expeticione domicelli mei henrici Ror*
bachs senioris et scabini franckfurdensis superioribus scriptis
sie peractis pro vero interfiiisse testimonio.^
Folio 113 b ist das Rohrbachische und Holzhausen'sche Wappen ein-
gemalt, was erst nach dieser Schenkung, nachdem Bernhard im Sep-
145 Ady hier n. Bernh. Familienchronik §. 88. 90. 92 ebenso in Bernhards
it&liänischer Notiz bei Job §« 7. ist aus dem Italiänischen : a' di oder addi = in
Storno entlehnt und dient zur Bezeichnuag desMonatsdatums: amTagedeBa.8.w.
1^6 Schwieriger is^ hier der Gebrauch von domicellns za erklären, weil da-
durch der ältere Heinrich Rohrbach nicht als Rathsglied der 2. Bank bezeichnet
sein kann, denn er war bereits Schöffe; noch als junger Mann von vornehmer
Geburt (entsprechend dem dentschen Junker), denn er war bereits 55 Jahre
alt. Wahrscheinlich bedeutet es hier nur den angesehenen einflossreichenMaDn
überhaupt und in der Verbindung domioellus mens speciell den Gönner. Auf
solche Bezeichnungen zumeist hat Fichard seine hochgespannte Anschauung von
der Abkunft und dem Range der Limburger im Mittelalter basirt, und doch ist
domioellus ein so weitschichtiges und vieldeutiges Wort, dass es sogar den Be-
griff eines vornehmeren Dieners ausdrücken kann. Vergl. Du Gange s. v.
— 95 —
temW 1466 Beine Ehe mit El^n Holzhausen vollzogen hatte, ge-
schehen sein kann.
Wir kehren zu Job zurück und begleiten ihn weiter auf seiner
priesterlichen Laufbahn. Am 6. März 1601, am Samstag nach Ascher-
mittwoch, wurde er in. der Carmeliterkirche zu Mainz zum .Dia-
konus geweiht, las darauf das Evangelium undministrirte dem Weih-
bischofe beim Hochamte ^^^. Da er am 6. Juni desselben Jahres, am
Dreifaltigkeitsfeste in der Bartholomäuskirche seine erste Messe
(Primiz) sang, so muss er vorher auch die Priesterweihe eihpfangen
haben, deren Ertheilung er nicht angemerkt hat ^^.
Wir lesen von vielen hiesigen Patriciersöhnen, dass sie Canoni-
kate, Cantorien, Scholasterien und Decanate ^^' an den hiesigen Stif-
tern erlangten ; nicht selten beklddeten sie mehrere dieser Aemter
gleichzeitig an zwei hiesigen Stiften, oder hier und in Mainz« So
wurde Johann vom Rhein im Jahre 1499 Decan von St. Leonhard
und hielt am. 13. October seine Primiz an dieser Stiftskirche, zu der
auch Job eingeladen war '^; da Primiz stets die erste Messe bezeich-
net, so ersehen wir, dass er die Priesterweihe sich erst nach seiner
Wahl zum Decan geben Hess, wesshalb auch sein Name in dem
grossen Verzeichnisse von Ganonikern zu St Leonhaid bei Lersner
(II, U, 185) vor dem Jahre 1499 nicht vorkommt. Mit seinem De-
canate verbindet er in den Jahren 1503 bis 1509 ein Canonikat an
dem Bartholomäusstifte. So lesen wir von Nikiaus Bücker, dass er
nicht nur im Jahre 1512^ Canonikus am hiesigen Bartholomäusstifte
geworden, sondern gleichzeitig Decan des Stiftes der heiligen Petrus
und Alexander zu Aschafienburg gewesen ist, und doch war er nicht
einmal Priester, denn im Jahre 1514 resignirte er zu Gunsten seines
Bruders Philipp ]und entsagte noch vor der Priesterweihe dem geist-
lichen Stande. Umgekehrt ixat Jobann von Rllckingen erst als Witt-
wer in den geistlichen <Stand und erhielt 1503 den ceremoniellen
1« §.67.
1« §. 69.
1^' Den hiesigen Stiftern stand der Probst za St. Bartholom&i vor, der als
Archidiaconns des Niedgans, zu welchem Fraskfurt gehörte, seine Residenz zn
Mains liatte. Unmittelbar warde jedes Stift durch seihen Decan geleitet ; unter
diesen standen zunächst der Soholaster oder Scholasticus , dem die Pflege
der kirchlichen Wissenschaft, und der Gantor, dem die des kirchlichen Qe-
sanges oblag. Diese vier waren die Prälaten des Stiftes , das zwölf Canoniker
und eine grosse Anzahl von Vicaren hatte. Ueber andere Aemter vergl. man
Helfenstein, Entwicklung des Schulwesens io Frankfurt.
iw §.208.
- 96 -
Besitz derCantone zu St Bartholomäi ^*^. Diese Züge denten darauf
hiu; dass die geistlichen Pfründen von hiesigen Patriciem als Sine-
kuren betrachtet wurden^ in deren Besitze wohl die Meisten^ wie es
Job Bohrbach that^ das heitere genussreiche Leben ihrer Standesge-
nossen in allen Züchten fortsetzten ^ die Trinkstuben besuchten und
mit den Frauen ehrbaren Scherz und Kurzweil trieben. Trotzdem
war Job gewiss im Sinne seiner Zeit ein guter katholischer Christ;
führte mit andächtiger Devotion den das Sacrament tragenden Priester
am Exaudisonntage und besuchte mit seiner Mutter das heilige Kreuz
vor den Mauern von Mainz^ um ihm seine Verehrung zu erweisen ***.
Wir wenden uns zu den übrigen Gliedern deö Geschlechtes.
Noch Mancher derselben ward in den Bath gewählt und hat
dem Gemeinwesen nach dem Vorbilde der Vorfahren gedient. £s
war zunächst Karl Hjnsberg vorbehalten ^ den Glanz dieser
Stellung und ihres Einflusses über die Familie seiner Frau
zu verbreiten. Schon vor seiaer Verehelichung mit Martha Bohr-
bach war er 1487 Bathsglied und 1492 Schöffe geworden.
Am ersten Mai 1498 wurde er als solcher zum älteren ^ Michael
Schwarzenberger als domicellus zum jüngeren Bürgermeister gewählt.
Sein Amtsjahr ist durch ein für Frankfurt sehr wichtiges und ein-
greifendes Ereigniss merkwürdig geworden, ab dessen Urheber die
öffentliche Meinung ihn damals bezeichnete. Da Job aus nahe lie-
genden Gründen darüber schweigt, so müssen wir unsere Naclirich-
ten aus einer anderen Quelle, dem mehrfach erwähnten Scburgischen
* Manuscrij>te, schöpfen. Die zweite Hälfte des 15. Jahrhunderts ist
unheilvoll für die Juden in Deutschland gewesen ; nicht bloss der
Clerus und das Volk, sondern zum Theil auch die Magistrate und die
Fürsten nahmen wider sie Farthei und vereinigten sich zu ihrer
Unterdrückung : fanatische Frediger wie der bekannte Minoritenpater
Johannes von Capistrano gössen das.Oel ihrer wilden Beredsamkeit
in diese Flammen. In Breslau wurden die Juden 1453 eingekerkert,
gefoltert, ihrer Güter beraubt und nach blutigen Hinrichtungen Ein-
zelner in Masse der Stadt verwiesen, weil man sie beschuldigte, ge-
stohlene Hostien gekauft und an ihnen durch Stiche und Buthen-
streiche ihren Hass gegen Christum gekühlt zu haben, andere schle-
sische Städte folgten diesem Vorgange, dem König Ladialaus selbst
151 Fichard Wetteravia S. Id4. 110. Philipp Hell gen. Pfeffer, der Sohn des
Mainzer Kanzlers vereinigte in sich die Stellen eines Canonüraszu SlBartholo-
mfiuB und eines Präbendarins zu Aschaffenborg §. 206 iu 207.
IM §. 30.
— 97 —
i
seine Billigung schenkte^ 1453 setzte ihnen Bischof Gottfried von
Wtirzburg Frist^ binnen deren sie sein Stift geräumt haben müssten:
1484 vertrieb Hans von Glogau die Juden seiner Stadt^ weil er in
ihnen „einen Schaden des gemeinen Nutz^iB und ein Verderbniss
armer Leute" erblickte.*'^. Dieses Beispiel ging für Nürnberg nicht
verloren. Auf Ansuchen des Bathes gebot am 5. Juli 1498 König
Maximilian I. den dortigen Juden' auf Zeit und Ziel; die ihnen der
Rath setzen: werdC; mit ihrer fahrenden Habe aus der Stadt zu ziehen;
dem Schultheise aber befahl er Häuser ^ Synagoge und liegende
Ghlter der Juden ^ so wie ihren Leichenhof; als königliche Güter in
seinem Namen einzuziehen. Motivirt wird diese Massregel in einem
Schreiben an denBath damit; „weil die Judenschaft über die Anzahl; auf
welche die Stadt gefreit worden sei, sich bedeutend vermehrt, weil die
Bürger durch deren wucherliche Händel und betrügliche Verschreibun-
gen in Schulden gerathen seien; und wenn hierin keine Aenderung
eintrete; noch mehr herabkommen würden; endlich weil mehrere
Personen in ihrer Bosheit von den Juden bestärkt und dadurch Dieb-
stahle und andere böse Händel veranlasst worden seien" ^**. Mögen
auch die Juden allerdings durch ungeheure Wucherzinsen eine Plage
für den bedrängten Büj;ger geworden sein und augenblickliche Ver-
legenheiten nur allzuoft zu seinem völligen Ruin benützt haben —
mit ihrer Austreibung musste sich zugleich ein Quell rascher Hülf-
leistung verschliesseu; der sonst offen stand. Um dahier dem armen
Handwerksmann die Möglichkeit zu sichern; gegen billigen Zins auf
Pfand; Bürgschaft und Versicherung jeder Zeit Darlehen zu erhalten;
privilegirte Maximilian die Stadt Nürnberg zur Errichtung von
Wechselbänken ^^^, In demselben Jahre erfolgte die Austreibung aus
der Reichsstadt Nördlingen. Als Thatsache wird nun berichtet; dass
die Reicheren dieser aus Nürnberg Vertriebenen sich 1498 nach Frank-
furt wandten; dass sogar die grosse Synagoge ftlr Deutschland; deren
Sitz irüher Nürnberg war, hierher verlegt und dass die Zahl der
Juden in hiesiger Stadt gegen früher ungemein vermehrt wurda Der
Glerus und die Bürger aber; welche diesen Zuwachs bei der vorhan-
denen Abneigung nur mit Missgunst wahrnahmen; wollten sogar
»3 VergL die interessante Schrift: Schlesische Urkanden zur Gesehichte
der Jaden im Mittelalter von Dr. L. Oelsner. Wien 1864. S.^dö flg. In Be-
treff Wttrzburgs auch Wiener, Keßesten zur Gresohichte der Jaden in Deatschl.
während des Mittelalters. 1862* g. 201*
' IM Wiener a. a. 0. S. 208.
i's Wiener ebendas. Oelsner S. 9.
7
— 98 —
wiBseii; dasB aDgesehene Senatsglieder nach ihnen Boten gesandt und
sie förmlich zur Uebersiedlung nach Frankfurt aufgefordert, ja man
bezichtigte geradezu den jungten Bürgermeister Karl Hynsberg, dass
er unter Begünstigung und Beistand von Seiten des Hans vom B<heine^
eines der ältesten Schöffen, dies heimlich in das Werk gesetzt habe.
Diese Anklagen des Volksmundes müssen doch mehr als blosses
Gerücht gewesen sein: wenigstens trat der Stadtpfarrer Dr. Conrad
Hensel öffentlich gegen die beiden Schöffen auf und strafte sie von
der Kanzel mit eisier donnernden Philippica; er wurde deshalb von
ihnen bei dem Kapitel belangt, wahrscheinlich ohne Erfolg ^^.
<56 M. S. Schurg p. 233 seq.: „Anno 1498 favore et licentia Maximiliani
regia RomanoruiQ Norimbergenses expulerunt Judaeos, ex his ditiores Jadaei,
ibidem expulsi, venerant Francofartum et Francofurti facta est depost maior
Synagoga in tota Alemannia, quae prins fdit Norimbergae. Ck)llegenint sie
Francofiirtum plures Judaeos, quam pHns habaerant, dicebatur, quod maiores
ex senatu Francofurtensi miaissent nundios ad Judaeos expulsos veniendi ad se.
Nota: Consales tum temporis Francofurti fuernnt GaroluB Hinßbergk et Michael
Schwartzenbcrger. Dicebatur, quod dictus Carolus Hinßbergk hoc eubordi-
naverit cum favore et adiutorio D. Joannis vom Rhein senioris, Scabini. Nota
bene: Plebanus dominus doctor Conrad Hensel concionatns fnit publice contra
praedictos duoe, videlicet Joannem. vom Rhein et Carolnm, qnare oonquereban-
tur coram Capitulo. Eodem anno ex civitate Nortlingensi expulsi sunt** Es
ist demnach unrichtig, wenn Kirchner I, 453 meint, neben Karl von Hinsberg
sei der älteste Schöffe Schwarzenberger Urheber des Planes gewesen. Michael
Schwarzenberger war damals flberdies nicht Schöffe, sondern domioellns , sonst
h&tte er nicht jüngerer Btlrgermeister sein k6nnen. üeber Conrad Heasel's
Tod hat das M. S. Schurg S. 198 die Notiz : „Anno 1505 quarta ante domioicam
Palmarum vitam cum morte commutavit dominus Conradus Hensel de Cassel in
Hassia, sacrae Theologiae Doctor et parochus ecclesiae S. Bartfaolomael."
Lersner sagt von ihm II, A. 205: „Da er verlangte, man sollte ihm alle Glocken
läuten, giebt er gegen Abend unter dem Läuten seinen Geist auf; er ist ein
rechter Prophet seines Vaterlandes gewesen und hat viele bevorstehende Ge-
fahren geweissagt, mit ihm sind alle Ztlnfte zur Leiche gegangen, so sonsten
niemals geschehen." Se^ dem Anfange des vorigen Jahrhunderts ist Conrad
Hensel unter die Vorläufer der Reformation gerechnet -worden. Namentlich
Veiss es der Pfarrer Dieffenbach dahier in seinem „bekehrten Juden*' S. 117. Anm.
zu rühmen, er habe mit seinen christeifrigen Predigten die Gemüther in Frank-
furt zur nachmaligen willigen Aufnahme des Evangeliums disponirt und er-
bietet sich dafür den urkundlichen Beweis beizubringen. Diese Urkunden sind
ohne Zweifel die Au&eichnungen des Decan zu St. Bartholomaei Job. Latomus,
welcher selbst von glaubwürdigen Leuten gehört haben will, Conrad Hensel
habe viel Widriges, was hiesiger Stadt und der Pfaffheit begegnen würde,
vorausgesagt. In welchem Sinne er dies gethan, ersieht man ans den Aeusse-
ruogen, die ihm Latomus in den Mund legt : „von dem Stuhle, auf welchem ich
jetzt stehe, werden Ketzer predigen, hier, hier werden sie stehen in grauen
Röcken, glaubet ihnen nicht!" (vergl. Ritter ev. Denkmal p. 14). Abge-
— 99 —
Nach Ablauf seinee Amtsjahres unternahm Karl Hynsberg in
städtischen Geschäften am 3. Mai 1499 eine Beise nach der schwä-
bischen Rdchsstadt Ueberlingen am Bodensee. Mehrere seiner Ver-
wandten und Freunde^ unter ihnen Job; gaben ihm zu Pferde das
Geleite bis ssum Hirschsprung. Pie Fri^ueU; nämlich seine Mutter
und seine Gattin ; Elgin Eohrbach und Michael Schwärzenberger's
Ehefrau geleiteten ihn im Wagen **^. UebeAaupt bildete der Hirsch-
sprung/ der im Walde durch zwei Steinsäulen bezeichnet war^ die
Grenze ; bis zu welcher man die nach Süden Beisenden geleitete:
hier hatten auch drei Jahre früher Karl Hynsberg^ Gilbrecht. Holz-
haiiseh und Job von Bernhard Bohrbach . :als dieser seine zweite
Bomfahrt antrat^ Abschied genommen ^^.
Im folgenden Jahre wurde Karl Hynsberg durch den am 16.
December 1500 erfolgten Tod seiner Mutter Guttgin Heringen Erbe
des Ftirstenecks und wurde nun nach der Sitte der Zeit j^Karl Hyns-
berg zum Fürsteneck^ genannt. Charakteristisch ist^ dass Job be-.
merkt; sie habe zwei Söhne Wigand und Karl hinterlassen ^^, während
er doch selbst ^^ noch einen dritten Sohn Johann aufftOirt^ der nach
Fichard erst 1504 gestorben ist Der Grand liegt darin^ dass dieser in
Wahnsinn verfallen war. Job erzählt***: „Im Jahre 1497 am 5. März,
dem Sonntag Lätare erhielt Johann Hynsberg nach einem Zank und
Ungebührlichkeiten/ die er im Hause sich erlaubt hatte, zu Hause
mit vollem Bechte Ohrfeigen, hierauf wurdfe er nach der Vesper auf
dem Markt vor dem Bömer ergriffen und öffentlich durch die Diener
des Bathes in dfts G^efängniss zum heiligen Geistfhospitale] gebracht.
Am sechsten Mai desselben Jahres wurde er aus demGef^gniss be-
freit und entlassen^ Hierauf wird er im Januar des folgenden Jahres
wieder im Geflüigniss eingesperrt, worin er noch jetzt sitzt^^ Diese
sehen davon, dass Jo&.LatomTiB, der von 1661 hier Costos, von 1661-^98 Deohant
war, doch den Ereignissen zu ferne stand, als dsas er aus mfindlicher Ueber-,
Ueferang mehr als Sagen beriehten konnte, so beweist auch das, was er mit-
theilt, mehr gegen, als für den reformatorischen Sinn Conrad Hensel's, und be-
zengt, dass er die grosse kirchliche Umwälzung des XVI. Jahrhand erts, wenn
er «ie erlebt hätte, mehr ftlr ein Unheil, als für ein Glflck, gehalten haben
würde.
«» §,84.
IM §. 8.
«» §. 86.
IM §.80.
«i §. 85.
7*
— 100 —
Darstellung macht den Eindruck, als ob der Wahnsinnsanfall am
5. März 1497 der erste gewesen sei ; es scheint daher auf einem Irr-
thum zu beruhen, wenn Fichard in der Geschlechtergeschichte *** dieses
Ereigniss schon in den Anfang der 80er Jahre und die Erledigung
Johann Hjnsberg's aus dem Kerker in das Jahr 1488 verlegt. Mit
Jobs Bericht stimmt auch, dass nach Fichard 1498 Guttgin Hynsberg
ihren geisteskranken Sohn in das Hospital zum heiligen Geist ein-
kaufte und dass ihm Vormünder gesetzt wurden. Er war nun für
die Welt und seine xFamilie bereits lebend abgestorben.
Im Jahre 1501 am 14. Januar Abends nach vier Uhr gab Job
Bohrbach seinen älteren Bruder Bernhard (dieser war damals vier-
unddreissig Jahre alt) und Ursula, die Tochter Johannes von Moln-
heim oder Melem, die nachgelassene Wittwe Walther Sehwarzen-
berg's, im Hause der Braut, es hiess Eisfeld (Bucbgasse J.204)^ und
im Kreise der beiderseitigen Verwandten ehelich zusanunen. An
demselben Tage waren die Urkunden der Ausstattung, die instru-
menta dotalia, besiegelt worden. Am 6. Februar fand die kirchliche
Bestätigung der Ehe, am 10. Februar das Beilager, am 11. die Hoch-
zeit statt. Sein Bruder Conrad weilte noch seit der Bückkehr aus
Italien in den Niederlanden, in Antwerpen ^**.
#
Es war der letzte Freudenschimmer, der um diese Zeit über dem
Wixhauser Hofe aufging. Am 19. December, am vierten Advents-
sonntage des Jahres 1500 verschied Elgin Bohrbächerin mit dem
letzten Glockenschlag der Mitternacht ^^. Job fühlte sich von der
Krankheit seiner ^einzigen und gütigsten Mutter^^ so tief erschüttert,
dass er bald darauf einen stechenden Schmerz in der linken Seite
empfand. Der Sitte der Zeit gemäss suchte er sich durch einen
Aderlass am Fusse zwischen der grossen und zweiten Zehe zu helfen;
er nennt es seine erste Blutentziehung; ein Glauburger fügt 1636
hinzu : „es war auch die letzte, wie ja bei der Aenderung der Natur
in dem fortgeschrittenen Alter Jeden grosse Gefahren zu. umschweben
pflegen; dieser Job starb am 15. Mai 1502" ***. Er stand im drei-
unddreissigsten Jahre und war nur ein Jahr Priester gewesen.
Lersner bemerkt *** : „1504 (1. 1602) stiftet Job Rohrbach in das St.
Bartholomäislift einen ganzen Ornat uff den hohen Altar ^ ist ein
*«» Familie Hynsberg.
^«3 §. 10.
!«♦ §. 70.
'«* §. 71.
tf« II, 202 flg.
— toi —
gülden Stück in grün mit seiner Zugehör und einen Bartholomäum
mit Ferien künstlich gestickt^ item noch einen ganzen Ornat zu dem
hohen Altar^ ist auch ein gülden Stück in weiss mit allem Zugehör;
item ein roth und ein schwarz sammet Messgewand; item ein Mess-
buch, beschlagen und inwendig figuriret mitKohrbach's Wappen^ item
einen Kelch^ wieget zwei Mark Silber und 12^/s Loth^ verguldet, item
zwei silberne Messkannen; wiegen zwei Mark 2V2 Loth^'^ und noqh
andere Sachen mehr. Nach Fichard vermachte er dem Stifte ausser-
dem 500; seiner Magd Agnes 100; seinem Knechte Martin 40 Guldeu;
seinen Brüdern Bernhard und Conrad das HauS; ,,da er; Job; inne
gesessen; der Wixkauser Hof genannt^^ Seine Schwester Martha be-
dachte er nach Fichard nur mit einem überguldeten Kopf (Kelch).
Im Jahr 1504 reyersirte sich das Stift über den Empfang sämmtUcher
Vermächtnisse. . Conrad; sein jüngster Bruder; scheint schwächlich
gewesen zu seiu; da er schon im Jahre 1502; in seinem einundzwan-
zigsten JahrO; seine letztwillige Verfügung traf; er starb 1510 unver-
heirathet. In seinem Testamente wird die Schwester Afra im Weid«-
finauenkloster zum letzten Male erwähnt Karl Hynsberg war dreimal
y^heirathet gewesen; in erster Ehe 1485 mit Elgin Weiss von Lim-
burg; in zweiter 1490 mit Agnes NeuhanS; in dritter 1495 mit Martha
Rohrbach ; nur die erste Ehe war kinderlos ; aus der zweiten stammte
Ulrich; der Stammhalter des Geschlechts und eine Tochter Margaretha.
Martha Bohrbach starb 1514; von ihren fünf Kindern überlebte sie
nur Ortwiu; d^ Geistlicher wurde (was ich zur Berichtigung einer
ungenauen Angabe im Archive unseres Vereins; Neue Folge U. 415
bemerke). Bernhard folgte seiner Schwester Martha schon im fol-
genden Jahre am 21. November ; er erreichte unter seinen ftämmt-
lichen Geschwistern allein das Alter von 48 Jahren. Auch pflanzte
er allein mit seiner Gattin Ursula Melem das Bohrbach'sche Geschlecht
fort Er war 1510 in den Bath gekommen und 1511 Schöffe ge-
worden. Seine Gemahlin überlebte lihn um mehrere Jahre. Beach-
tenswerth ist ihr am 22. März 1524 errichtetes Testament; weil es
durch die darin angeordnete Stiftung von Seelenmessen noch den
gut katholischen Glauben in der ^sten Sturm- und Drangperiode der
reformatorischen Bewegung verräth.
So harmlos lebte man noch unter den grossen Erschütterungen
der Zeit dahin und so fest schien; bei aller TheilnahmO; die man ihnen
widmete; das Alte begründet; dass man den grossen Umschwung
nicht ahnetO; den schon die nächsten Jahre in alle bestehenden Ver-
hältnisse bringen sollten. Und doch haben wir unS; wie schon ange-
deutet wurde ; mit dieser Darstellung in einem Kreise bewegt; aus
- 102 —
welchem die Beformation in Frankfbrt herrorgegangen ist; jene
heitere; gesellige Katharina Holzhausen zum Spangenberg war es^
die am 14. April 1521 den kühnen Mönch auf seiner Reise nach
Worms mit zrwei Maas Malvasier erquickt und ihm die Hände ge-
küBst hat; die sich erinnerte, von ihren Eltern vernommen zu haben^
es werde Einer erstehen , der den Immunitäten des Papstes wider-
sprechen werde ; und deren heisser Wunsch es war^ Bruder Martin
möge der Geweissagte sein ; Haman Holzhausen ist der thätigste Be-
förderer der Beformation geworden und auch die jüngeren Rohrbache
wandten sich später dem neuen Glauben zu. Wie HoUea wir es be-
greifen, dass keine Aeusserung Jobs uns etwas errathen lässt, was
dieser reformatorischen Stimmung günstig erscheint und für sie
Zeugniss giebt? Ich glaube, man geht zu weit, wenn man schon damals
eine bestimmte Form positiver evangelischer Ueberzeugung
bei diesen Personen und in ihren Kreisen voraussetzt. Alle waren
gut katholisch gesinnt und überzeugt; aber daraus folgt nicht, dass
man auch mit den Ansprüchen der Hierarchie und des Clerus sich
einverstanden fühlte : je mehr man sich in frommer Unbefangenheit
mit den Lehren und Uebungen der Kirche einig wusste, weil man
überhaupt über sie nicht grübelte, um so drückender konnte man
jene Anmassungen empfinden, um so entschiedener ihnen entgegen-
treten, um so zuversichtlicher auf eine Reformation der Earche an
Haupt und Gliedern nach dieser Seite hin, der praktischen, hoffen.
Dass dies die Stimmung jener Ej*ei8e war, ersehen wir schon daraus,
dass ein Glied desselben, nämlich Gilbrecht Holzhausen zum G^ld-
stein im Schurgischen Manuscripte den Namen osor Cleri führt Der-
selbe Name wird früher dem am 22. Mai 1499 verstorbenen Henn
oder Johann Glauburg beigelegt ^^, Ohne Zweifel werden Karl
Hynsberg und Johann vom Rheine, die Begünstiger der Juden, die
von Conrad Hensel als solche öffentlich Bekämpften und seine An-
kläger vor dem Capitel, nebst manchem Andern ^^ unter dieselbe
16T s. 199. Anno 1499 die 22 Maji [vergl. Jobs Chronik §. 259] obüt Benno
de Glauburgk, scabinus Francofordiensis, osor Cleri.
168 Unter die Feinde des Clerus wird auch Clas RÜckingen, der Vater
Lisa's Rückingen, der hospita Melanchthon'fi, gehört haben. In der Urkunde
Nro. 504 des Leonhardsarohiv klagt am Dienstag nach Kiliani (am 10. Juli)
1509 der Scholaster zu St Leonhard, l^ioolaus Kuhn, „wie das sich begeben
hatte, das nechten" [gestern] »,zu obents nach dem salve zwischen sieben u.
achten ich stunde uff dem Meyne by dem erwirdigen herm Friederich zum
Wedel, euers rata genossen und elter meister", [Friedrich von Altzey, Licentiat,
1490 Rftthsgeselle u. Schöffe vom 1. Mai 1506 bis 1509 älterer BfirgermeisterJ
- 108 —
Kategorie gestellt worden sein. So dtkrfike sich erklären, dasB Katha-
rina Hokshansen zum Spangenberg die rakünftige Beformation von
dem kühnen Protest Lnther's gegen die Immunit&ten des
Papstes erwartet
Noch einmal wendet sich unsere Darstellung zu dem Bohrbach'-
sehen Geschlechte. Bernhard hinterliess zwei Söhne. Johann Wolf
geb. 1506, und Friedrich geb. 1608. Bei dem älteren fällt uns der
doppelte Vorname auf, das erste Beispiel in der Geschlechtergeschichte
Frankfurts. Er bewarb sich um Anna Knoblauch und seine Mutter
Ursula, welche diese Parthie begünstigte, hatte als Brautwerber Phi-
lipp Fttrstenberg ersehen. Aber es «sollte hier das alte Sprfichwort
wahr werden : ,,Wer das Glttck hat, fiihrt die Braut heim^^ Johann
Wolf musste hinter einem begünstigten Nebenbuhler Dr. Johann
Glauburger zurücktreten, dessen Bewerbung Selbst Philipp Fürsten-
berg im Stillen wärmer unterstützt zu haben scheint ^^*. Er wusste
sich für diese Zurückw^sung dadurch zu entschädigen, dass er noch in
demselben Jahre 1526 seine Hand der Margaretha Beyss reichte.
Das eheliche QliXck bcdder war von kurzer Dauer. Am 27. JuUfiihr
der junge Ehemann mit seinem Schwiegervater und Schwager auf dem
Frühschiff nach Mainz, fiel aus Ungeschick oder, wie Königstein anzu-
deuten scheint, durch allzartes Sdiicklichkeitsgefiihl bei Kostheim in den
Main und ertrank ^''^. Sein Bruder Friedrich heirathete 1528 Katharine
Knoblauch, und nach deren Tod 1543 Stephanie Hyn^berg. & kam
1535 in den Bath , bekleidete 1539 das jüngere Bürgermeisteramt,
0
,,hart nff dem nfer oder staden" [Gestade] „ist b^men hintervertig Clans RQckin.
gen ratsman, als ob er nicht by sinnen gewest, mich mit sampt herr Friedrichen
gewaitiglioh in den Main stossen woUen a. anch bynahe geseheben, gliobsam
wir fibeltheter weren, die das aUo yerschuldet hetten, onaogesehen priester*
lieber wirde und fryheit, auch stand u. ere des frommen erbaren man's Fried-
rich's zum Wedel; darnach mit wehrhaftiger band sin degen gefasst, mit viel
bösen mnotwilligen vorwenden, nntuglichen scheltworten fibergeben [verrSthe-
risch angegriffen] nnd angefallen.'* Er sagt später auch, Glas habe „geschlagen
in einer fry Stadt und am Strom des wassers fryheit gebrochen".
169 Ficbard's Archiv II. 126. Die Angabe Margaretha Horngin's, dass er
damals ^i^it mehr denn 19 iar alt^^ gewesen sei, beruht demnach auf Unkunde*
Er stand im 22. Lebensjahre.
170 Königstein: „Anno 1527 den 27 Jnlij, im frweschiff ist Johan wolf« genant
Rorbar, im abefaren vfFdas schiff gestigen, sein nottorft zu thnn, vndvß schick-
lichheit in den Meyn nit weit von Gostem gestörzt vnd also ertrunken , got
wolle der sei g. vnd barmhertzig sein etc. Sein swiger vnd swager vnder
ander Erbar iewde sein auch im schiff gewest, aber nlmand hat kunnen
beHFen.
— 10* —
wurde 1542 Schöff und starb am 4. December 1563. Aus seiner
ersten Ehe (die zweite war kinderlos) überlebten ihn zwei Kinder^
Heinrich, geb 153 ., und Ursula. Die letztere, geb. 1584, heirathete
1550 Jeremias Bromm, Claus' jüngeren Bruder, später 1565 Hans
Hector von Holzhausen, sie starb 1580. Ihr älterer Bruder Heinrich^
der 1557 die jüngere Schwester seiner Stiefiooiutter, Anna Hynsberg, ge.
ehelicht hatte, kam 1566 in den Rath und mit ihm erlosch am 18. Februar
1570 der Bohrbach'sche Mannstamm. Denn von seinen drei Kindern
waren die älteste Katharine (geb. 1561) und der jüngste Johann
Hector (geb. 1566) vor dem Vater jung gestorben; nur die mittlere
Tochter Margarethe (geb. 1563)> überlebte den Vater; sie heirathete
1579 Johann Adolf von Qlauburg, starb aber schon 1597 34 Jshre
alt, die letzte ihres Geschlechtes, das zwei Jahrhunderte inFrankAirt
geblüht hatte.
Mit diesen Bemerkungen, durch welche wir die schlichten Berichte
des treuherzigen Job ergänzen, scheiden wir — gewiss nicht ohne ein Ge-
fühl stillen Dankes — von einem Manne, der, einer der wenigen unter
seinen Zeitgenossen, es der Mühe werth erachtet hat, seine einfachen Er-
lebnisse in der Vaterstadt aufzuzeichnen und dadurch, ohne es zu wissen
und zu beabsichtigen, sie nicht blos den künftigen Geschlechtem
überliefert, sondern ihnen überdies einen Blick in Verhältnisse auf-
geihan hat, die nur selten von gleichzeitigen Schriftstellern berührt
werden.
Noch bin ich den L&em Rechenschaft über die Grundsätze
schuldig, die mich bei der Bearbeitung des Textes geleitet haben.
Da die Handschrift; ein Tagebuch ist, so ist in ihr die chronologische
Reihenfolge der Notizen strenge eingehalten. Die Beibehaltung dieser
Ordnung wäre für den Herausgeber allerdings sehr bequem gewesen,
aber gewiss nicht ftir den Leser. Dieser würde so das Zusammen-
gehörige getrennt, das Fremde verbunden, die Leetüre ermüdend,
den Gebrauch erschwert gefunden haben. Ich habe mich daher nach
längerem Bedenken doch dazu entschlossen, die sachliche Anordnung
der einzelnen Notizen vorzuziehen. So sind vier grössere Theile
entstanden: der erste enthält die Rohrbach'sche Familienchronik, der
zweite die städtische Chronik, der dritte die Sittenchronik, der vierte
die allgemeine Familienchronik ; die drei ersten Theile zerfallen wieder
in eine Reihe kleinerer Abschnitte, der letzte Theil ist alphabetisch
— i05 —
geordnet. Jede einzelne Notiz ist zur Erleichterung der Citation
paragraphirt und das Blatt der Handschrift angegeben. Ueberall
sind Remissivnoten beigefügt^ welche auf das Vorkommen desselben
Namens und derselben Sache in anderen Theilen hinweisen. Beson-
ders liess es sich der Herausgeber angelegen sein^ den letzten Theil
mit solchen Remissivnoten reichlich auszustatten. Ueberall ist be-
merkt, wo in der Chronik der Name eines Qliedes Frankfurter Fa-
milien vorkommt. In verwickeiteren Fällen sind die Verwandtschafts-
grade nachgewiesen. Dieser Theil, den ich Geschlechterchronik
nenfnen möchte, wenn damals dieser Begriff, mit dem sich die politische
Bevorrechtigung so eng verknüpft, schon so bestimmt nachgewiesen
werden könnte , wird namentlich zur Vervollständigung und theil-
weisen Berichtigung von Fichard's Geschlecbtergeschichte viele Bei-
träge bieten; ich erinnere beispielshalber an Johann Frosch zum
Burggrafen und Johann Frosch zum Affen fFichard: im Sandhof],
die Fichard so confundirt hat, dass er die zweite Hausfrau des •letz-
teren, Rylgin Voelker, und die Kinder dieser Ehe dem ersteren zu-^
schreibt. Denn hier muss, wie ich glaube, das Zeugniss des Zeitge-
nossen Job unbedingt entscheiden, zumal er mit beiden verwandt
war und alle Nebenumstände dieser Verehelichung und der ihr fol-
genden Kindtaufen auf das genaueste angiebi Ich habe anfangs
lange geschwankt, ob ich die ganze Chronik oder nur das Wichtigere
aus ihr herausgeben sollte ; iaicht blos - der Wunsch einsichtsvoller
Freunde, sondern auch die eigene TJebefzeugung entschied für das
letztere. Dem Interesse der Dilettanten könnte eine Auswahl ge-
nügen: das der exacten Geschichtsforschung forderte unbedingt das
Ganze. Die Orthographie und selbst die Sprachfehler sind strenge
beibehalten, nur hier und da ist in Klammern auf das Richtige hin-
gewiesen. Die Handschrift ist gut, aber mit vielen Abbreviaturen,
geschrieben. Die Entzifferung der letzteren .hatte oft grosse Schwie-
rigkeiten und selbst geübte Leser von Handschriften wussten keinen
Rath: nur fortgesetzte Uebung und Vergleichung konnte allmälig
die Hindemisse überwinden. In sehr wenigen zweifelhaften
Fällen musste der Herausgeber sich fUr das Wahrscheinlichere
entscheiden und hat dies durch ein eingeschaltetes Frage-
zeichen angedeutet. Mög6 die viele Mühe, die er sich gegeben bat?
um das Werk durch seine Bearbeitung dem Gebrauche zugänglicher
zu machen, nicht ohne Frucht für die eingehendere Kenntniss unserer
reichsstädtischen Vorzeit bleiben!
Text
L Familie Bohrbach.
1. Bernhard und Elgin Kohrbach.
§. 1. [fol. 10] Anno 1466 vicesima prima ianuarii Bponcialia con-
traxenmt paAer mens Bernhardus Rorbaph et Ejlchin^. mater
mea^filia Conrad! hulczhusens et Ann^ sach&en^ deinde decima nona
septembris benedictionem matrimonii in facie ecclesi^ receperunt; de-
post vicesima secunda septembris consumarunt matrimonium in nup-
tiis et thoro.
Nativitates nostras in quodam alio libro scripsi.
[cf. B. Rohrbach's Familienchronik §. 103—105].
§. 2. [fol. 11] Hoc de manu patris: Emit auub meus den hom-
fessel, quein mater mea dedit marth^, pro 145 fl. Eum reformare fecit,
pro quo dedit fl. 7. Emit autem ab Engel froschen jBinno 1466 die
17 maii.
[Elgin^s Tod §. 70.]
2. Bernhard Kohrbach.
§. 3. [fol. 1] Anno 1493 vicesima sexta marcij abiit bernhar-
dus frater mens. Eodem anno postea, octava die Apprills^ abiit firater
mens Conradus et erat prima sua abitio. Rediit bernhardus anno
1495 die 25 mäij et Indwicns hulczhusen cum eo una rursus.
Bernhardus sexta maij abiit ad Italiam anao 96. Redüt Bernhardus
sepüma octobris anno 96. [§. 8.]
§. 4. [fol. 5] Anno 1494 die 3^ Augusti solui ego iob rorbach
Conrado biescher^ famulo doctoris iohannis gleub erger S; ex
parte matris XVII fl. auri, IX alb. in ecclesia S. bartholomei ante
horologium; quos ipse acceptavit ex parte domini petri quejch^
propositi in markstat^ qui quejch mutuauit eosdem fratri bemhardo
Senis; iuxta condicionem quitanci^; quam dictus Conradus biescher
«
— lOT —
matri ex parte quejch pr^sentauit. Actum die tricessima AugustL
Si erreSy vide obligationein fratris, quam ipse pro eisdem qneych dedit^
quQ plane informabit te.
§. 5. [fol. 8] Anno 1494 sedecima novembris arripuenmt iter
versus jtallam Loy i ostenhoff er senior^ filius iohannis ryn, no-
mine y magister wolfigangus heller [§. 268] etc. ^ cui tradidi
literas matemas et ipsis colligata erat obligatio Alexandripellen-
dorffs, quam simul ipsi commisi; vt fratri differret.
§. 6. [foL 25] Anno 1495 die vicesima maij itter arripuimus vna
simul versus wormatiam doctor Indiens Scultetüs^ karolus henspei^^
aSinis meus^ vdalricus nuhusen etego^ et die 21. maij wormatiam veni-
mus et ingressu ciuitatis inneni frairem meum Bemhardum et ludwi-
cum hulczhusen, qui nouiter venerunt italia^ in quadriga^ vulgo quQ
dicitur RollwagC; volentes ire franckfnrdiam; qui ob complacentiam
mei de quadriga descendernnt et manserunt mecum wormati^ vsque
ad 24 diem mensis. Eo enim die prandio peracto ' conduximus quadri-
gam^ quQ Bollwageü vulgo dicitur^ et in ea sederunt quindecim nostr^
ciuitatis franckf. incolQ vel fiKi: doctor adam heymbach^ lohan zum
jungen^ karolus henspurg^ Bemhardus rorbach^ Job norbach^ Ludwi-
cus hulczbusen^ Bechtoldus beller junior, vdalricus nuhul), Gerhardus
zur Kau, • > . • morsfeit, wolf blum et quatuor famuli. Et in qua-
driga iuimufl usque ad oppenheym de wormatia, 25 die mane
nauigauimus in naui de oppenheym vsque ad maguntiam et cum
peruenimus maguntiam, inuenimus nauem forensem, quam ingressi
franckfurdiam nauigauimus.
§. 7. [fol. 27. Nota marginalis ßemhar<|i manu exarata] Adi XI
del'detto mese io betnhardo cascai a Maganza a santo Victore in
tal modo, che non credette tornare alla pristina sanitä, e fu in casa
del decano, cive di mißwigo *, di Silberberg. [Juni 1495]
§. 8. [fol. 55] Anno domini 149d maij sexta die abiit Bemhardus
germanus mens ad vrbem eratque dies veneris, et eo equum ascen-
dente, vndecima sonuit hora. Habuit comitem vsque ad homeck do-,
TniTinm florcntium de veningen, vtriusq. juris doctorem, cum famulo.
Conduximus cum nos tres vsque ad saltnm cerui, qui düobus erectis
lapidibus signatus, karolus hynsberg, afiinis noster, Gylbertus hulcz-
husen, cognatus noster, et ego pariter. Bediit septima octobris anno,
quo supra.
1 miswigo, vielleicht Menswick, Im Stift Lfittich im westphSüschen Kreise
belegen.
— 108 -
§. 9. [fol: 117J Vndecima Julij Anno 1498 germanu^ [amB4inde:
Bernfaardus Eorbach] cepit habitare in solitudine ortoB [1. horti]; ob
morbuni Gallorum^ quem patiebatnr, vicesima tertia menais eiuBdem
abrasH crines capitis eadem de causa. Itedijt in domum deinde in
anno 1499 octaua ianuarij.
3. Ehe Bernhard Bohrbach's.
§. 10. [f6l. 163] Anno domini 1501 decima quarta januarij^ et
erat diesieuis; vespere post quartam horam parum^ ego Job Borbach
coniunxi matrimonialiter per verba de pr^senti Bemhardum Borbach.
germanura meum^ natum ex Bemhardo rorbach pi^ memoria et
Eyll|gyn] hultzhuseryn ^ et vrsulam, relictam quondam ws^theri
Schwartzenbergers^ natam Vero .ex iohane de molnheym et gretgyn
dorfelderin pi^ memori^. Acta in domO; Elßfelt nuncupata^ pr^en-
tibus matre mea^ sororc; ^Michaele Schwartzenbergers et Katherin§
illius legittime^ iacobi et georgii neuhul>en^ iohane de molnhejm et
gretgyn su^ uxoriß, jacobus heller, kryngyn uxor. Hij fuere präsentes
inytioni matrimonij. Ad c^nam superuenit etMüchior, scriba duitatLs.
Non affuit karolus affinis, quia lugebat matrem. Conradus frater
erat antwerpi^. Eodem die dotalia instrumenta inter eos etc. fuere
sigillata sex sigillis; quorum vnüm meum est.
Eodem anno sexta februarij et die beat^ dorothe^ virginis, et
pro illo anno extitit dies sabathi ante dominicam septuagesimam,
ratihabitio et solemnizatio matrimonij supradicti habita est in fatie
ecclesi^. Eodem anno, decima vero februarij, primum simul condor-
mierunt, et erat dies Mercurij post dominicam septuagesim^. Altera,
quQ dies iouis erat, dies nuptiarum habitus est cum amicis etc.
4. Job Bohrbach.
a) LebepsereigDisse im Allgemeinen.
§. 11. [foL 1] Anno 1494 in die scti bonifacii, quQ est dies quinta
Junii, primam peregi czecham in stuba mea czu lebenstein et solvi
VI h.
§. 12. [tbl. 1] Anno 1494 post pascam donavit mihi Johannes
Knopp/mediam quartam malmaseti ea condicione, ut cum ducerem
uxorem legitimam, solverem quartam integram. Actum franckfordi^
in domo Johannis de molnheym
— 109 -
§. 13. Jfol. 2] Secunda die judH in anno 1494 equitavirnns ad
bonmess et in Bocietate erant^ videlicet mater mea, sororque et
Jacobus et Udalricus nuhusen et heynricus de Andernach et egocum
duobuB BoldatiB, c^nauimus in Castro^ tenebat enim locum officialis
Johann holczheimer in dicta ciuitate et Castro. Tercia antem die
junii omnes rediebamus^ supervenerunt antem Gorg reyss et Gorg
matroff; qui eadem die mane equitamnt UBque ad bonmesa et in re-
deundo tennerunt societatem nobie.
§. 14. [fol. 3] Anno 1494 die Junii undecima equitavi cum
nobiU nicolao de babenhusen ad castrum zum goltsteyn^ nee ego in
dicto Castro antea fui (tenebat enim löcum ofiicialis in dicto Castro,
quia pater snus, henn de babenhusen^ longo tempore in eo fuit oiHcialis
et mortuo patre pr^fatus nicolaus ad tempus vicem ofHcialis funge-
batur), et ibidem noctem in gaudio peregi. Altera die, quQ- erat dies
Xn Junii, redii cum pr^fato nicolao et Anna matre sua, et
pransi sunt cum matre. Prandio peracto in navicula parva omnes
infra scripti descendimus cum Anna et filio ejus, nicolao de baben-
husen, ad dictum castrum zum goltsteyn, videlicet Eylchin rorbeclierin
et ego iob et soror mea martha et mergin uxor junghens, vicini
nostri, et consumpsimus noctem ibidem in gaudio. Tredecima autem
die Junii omnes supra nominati redibamus et adduximus luchelin de
haczsteyn, uxorem heyncz kryegen, et mansimus iü orto [hortoj nocte
illa et altera die usque post sextam horam post meridiem, quia tunc
reversi sunt nicolaus cum matre ad castrum zum goltsteyn et nos
alii ad domum.
§. 15. [fol. 8] Anno 1494 decima quarta nouembris for ich zu
nacht myt vlrich nuhussen off syn schieden.
§. 16. [fol. 9] Anno 1494 decima octaua nouembris in naui des-
cendimus Gylbertus hulczhusen et ego iob, adduximus nobiscum
Blasium de hulczhusen ad maguntiam ad domum Georgii helle,
Sigilliferi episcopi maguntini, vbi gratia studii est Et est primus
exitus Bui de franckfurdia.
§. 17. [fol. 20] Anno 1495 siecunda maij Katherina hulczhuserin
et mater mea iuerunt ad Wisbaden, dehinc 5^ maij Gylbertus et ego
descendimus maguntiam et conuenerunt prefatQ ad nos in domo d.
heynrici de sylberberg, vbi omnes hospitati eramus. 6^ maij mater
intrauit maguntiam et ego vna etc. et emit mihi VI vlnas panni
leberfarb pro vj fl., 7°^ maij rediuimus on^nes simul. Ex iam dicto
panno confecta est vestis, qu§ vulgari nostra hasack [cf. §. 191]
- HO —
appeUatuF; Bubductä pellicula; yidgo merderkeln ' dlcta^ quam
Testern indui die natittitatis ChriBti; anno 1495; annum ab initio
ianuarij inchoando.
§. 18. [fol. 26] Anno 1495 penultima maij descendi magantiam
ex parte nostr^ famili^ ad primitias domini alberti brolljn ^;
inuitauerat enim omnes noB, Bed nee mater; [b. nee] frater^ nee soror
interesBe poterant^ deBcenditque mecnm Katherina hulczhnaeriny Agnes
yrgeBchameryn; Gjlbertus hulczhusen^ filius Katherin^^ qui omnes
aderant primitüsi et cantauit primitias die vltima maij, qn^ tune erat
dominica «xaudi^ in choro ferreo in ecciesia maiori magunti^ et pro-
pinaui ipsi duoB fl* ex parte matris, fratris et mei. Debinc secimda
junij mane Katherina hulczbuserin et Agnes yrgeschamerin mane de
maguntia iuerunt ad wisbadezi et ego redü franckfurdiam. Bedierunt
autem domina Katherina ^ r^licta iohannis fauIczhusenB, et Agnes
yrgeBchamerjn de terpus wissbaden franckfurdiam vltima die Jmiij.
§• 19. [fol. 27] Anno 1495 tertia Junij solatij causa iuimuB pis-
catum ad husen, videlicet mater mea, Bernhardus, frater meus^ martba,
Boror mea^ ^o iob; Katherina hulczhuserin^ relicta Gylberti, ludwi-
cuB filius eius; hamandus hulzhuseii; margareta uxor sua^ Jacobus
nuhusen et Magareta^ uxor friderici faut^ et ibi peregimus diem in
gaudio et nocte rediuimus circa horam sextam, nee febres tercian^
arripuerunt me, qui et semper altero die frigora et calores suslinui
septieS; vsque destruxeruntque ac exhauserunt vires meä« omni-
modo; tamen de gratia dei dereliquerunt me febres die decima sexta
Junij; sed rehabui et durarunt itterum vsque ....
§. 20. [fol. 27] Anno 1495 sexta Junij descenderunt in naui
mater mea^- frater mens bernharduS; martha sorror mea^ katherina,
relicta Gilbert! hulczhusens, ludwicus filius suus, Margreta, hamandi
hulczhusens yxor^ karolus henspurg; sie namque mulieres iuerunt ad
wisbaden pro solatio katherin^ hulczbuserin; viri vero expectarunt
muEeres maguntiam. Duodecima die Junij redierunt mater ^ frater,
soror et karolus henspurg^ eo quod ego infirmabur; et ludwicus hulcz-
husen venit cum ipsis, sed rursus descendit Ceteri manserunt maguntia
penes cancellariam.
[Bernhard fällt in Mainz. §. 7]
§. 21. [fol. 27] Anno 1495 die tredecima junij sumpsi primam
clisteriam ex persuasione doctoris iodoci ...... medici et dedit
2 K31, kgle, Halstheil beim Pelzwerk.
3 Später Kaplan von Katharina Holzbaosen in ihrem Hanse zum Goldstein
vergl. §. 217.
— iU —
mihi eam iodocus appotecarius. Antea uUam habtii; nee recepi
temporibxiB vit^ me^.
§. 22. [fol. 83] Anno 1495 die duodecima mensis Augusti pran*
dio peracto mater donauit Bernhardo germano meo et mihi omnee
expensaS; quas conBumpsimus in partibus alienis et Btudijs, item
et librofl, eaque condidone donanit^ ut pr^dpue h^c habeamus adeo,
qnod in dinisione bonorum post mortem matris (quam deuB sua gratia
cum ^alute longa velit perseruare^) expens^ et libri pr^dictinon veniant
imponenda cum alüs rebus^ sed pr^cipue h^c capere debeamuB^ dehinc
ad äquales portiones cum aliis admitü. Etut valeatdonatio; »ua manu
inscripsit in {ibrum reddituum patriB hanc donationem.
§. 23. [fol. 3ÖJ Anno 1495 quarta septembris hatt Hartmann....
der Bcherrer^ Elsen , . . . der kochmejtt zum goltsteyn die Ehe ge-
lobett vnd YerheysBen vnd den winkaüff gedruncken. Dehinc
nupti^ habitQ sunt zu lympurg 19octobris; et interfuere genitrixmea;
soror martha et frater bemhardus et ego^ anno^ quo supra.
§. 24. [fol. 49] Anno domini bisextili 1496 die quarta februarij
iurauimus vna simul ciuilitatem; hoc est iuramentum ciuium franck-
fordensium; Tidelicet Gylbertus hulczhusen^ ego iob rorbach^ hans
frunt; filius heyncz fruntt. Pr^stitit nobis iuramentum Jacobus geych.
Actum jm Eomer yn der rechenmejster Stoben. Soluit quilibet 11 ß
pro intitulatione. Pr^fatus hans fhUkt obijt in anno 1497, die . . .
§. 25. [foL 54] Anno 1496 die 19 Apprilis incepi bibere Siro-
pium tempore eo, cum ibam ad lectum dormitom, etocto bibi ordine
poBt octo'dies et 26 die pr^fati mensis accepi puluereB in vino mane
hora. quarta, quQ purgarunt ventrem et quatuor sedes operabantur.
§. 26. [fol. 55] Anno 1496 duodecima maij, eoque die colebatur
feetum glorios^ ascensionis in c^lum Jesu Christi redemptoris, suscepi
infantem de fönte baptismatiB, quemsecundum meumnomen nominaui,
Job videlicet, primumque meum est, retro namque alium de bap-
tismatis fönte non. eleuaui. Nomen genitoris infantoli .... genitricis
vero nomen est kryn, soror gissenhens, laboratoris nostri, legitima
uxor pr^ati genitoris.
§. 27. [fol. 56] Anno 1496 die 18 maij mater, ego et LudwicuB
hulczhusen iuiinus ad wisbaden, ^deinde.25 maij de wisbaden iui ego
ad costem [Kostheim], yolens ibidem ad nauem forensem, sed nequiui
ob validisBimum ventmn flantem et ea noote quieui magunti^ ibidem*
que amisi canem nostrum moczschelgyn, sicque 26 redij franckfurdiam.
Bediit de wisbaden ad franckfurdiam genitrix 28 maij. Bursus die trice-
flima Gilbertus htdczhusen et ego pariter de franckfurdia iuimua ad wis-
baden ad matrem suam et rediebamuB nos pariter cum nu^tre yltima maij«
-• ^
- H2 —
§. 28. [fol. 56] Anno 1496 die 20 junij cum doctore Florentio
Licentiatus georgius Bchrottljn et ego iuimuB mane in naui mogun-
tiam et magonti^ cumim conduximus eodem die et vehebainur ad
wormatiam^ et die 25 junij vehebamur de wormatia ad spiram; ibidem
mansimuB vsque ad 25 junij; eo enim die de spira vehebamur ad
maguntiam, 26 junij ascendimus mane in naui franckfiirdiäm.
[Job Bohrbach hält in SachsenhauBen mehreren anwesenden
Fürsten 15 Stunden lang Ehrenwache. §. 118.]
§. 29. [fol. 61] Anno 1496 quarta Augusti dominus doctor Floren-
tius de veningen et ego vna profecti sumus maguntiam, quinta Augusti
'de maguntia ad wormatiam^ sexta Augusti ascendimus ad spiram,
durauimus ibidem vßque ad diem nonam Augusti. £a namque die
iuimuB ad oppidum Landawe^ quod distal a spira miliaribus quatuor;
moram ibi egimus vsque ad sedecimam Augusti^ qua nunc reversi
sumus ad Spiram. lUic mansimus vsque ad vicesimam primam Augusti.
Eadem die ad wormatiam venimus^ vicesima secunda augusti
rediebamus maguntiam, ibidem moram egimus vsque ad vicesimam
quintam Augusti, illa namque die rediuimus fränckfurdiam.
§. 30. [fol. 88] Anno 1497 die secunda maij iuimus pariter
genitrix et ego vna cum katherina^ relicta gilberti hulczhusenS; et
Lüdwicüs hulczhusen, katherin^ iilius ad wisbaden ibique visitauimus
katherinam, relictam iohannis hulczhusen, quQ infirmäbatur. Duraui-
inus ibidem vsque ad quintam maij. £a namque die maguntiam veni-
muB. Sexta maij mater et ego pro deuotione visitauimus sanctam
crucem extra muros maguntinos. Septima maij et dominica post ascen-
sionis rediebamus mater et ego franckfurdiam. Alii manserui^t cum
vxore cancellarij, doctoris peffer.
§. 31. [fol. 91] Anno 1497 die tricesima maij nobilis vir doctor
florentius de veningen, luditij camerQ celeberrimus Advocatus, abiit
deque franckfurdia transtulit se cum libris atque omni suppelectili
wormatiam. Cum eo descendimus in naui nos. tres, lacobus neuhusen,
Bemhardus Borbach et ego Job, frater suus, usque ad hoest, de hoest
pedestres rediimus franckfordiam. Eodem die indui nigram simplicem
tunicam, cuius mentio habetur fol. 87 [§. 58]. Eodem die prima cerasa
comedi pro illo anno.
§. 32. [fol. 93] Anno 1497 decima nona junij exiui franckfurdiam
et veni eo die wormatiam, ibidem intraui habitationem domini florentij,
V. I. doctoris ac ex suis progenitoribus nobilis.
§. 33. [fol. 104] Anno domini 1497 annum ab exordio Januarij
inchoando, ipsa die Stefiani prothomartiris, qoQ est 26 decembris,
ascendi cum nobili V. I. doctore, domino florentio de veningen, spiram,
— H3 —
die Johank evangelist^ pransiBumuB in c^tu omnium clericorum maioris
ecclesiQ spirensis; intereratque et dominus epiacopuB ea die; c^nauimuB
com episcopo in sua curia die inocentum tota; cum Petro drach fdimuB
29 decembriB nocte inuitati a conBuIibuB Bpirensibus. Tricesima de-
cembris ascendimus ad landauwe^ 31 eiusdem pransi sumus ibidem
cum Bcnlteto. . . . Depost Becunda ianuarij apno 1498 a conBulibus
inuitali comparuimuB et in prandio et in c^na. Tertia januarij rursus
iuimuB ad Bpiram^ ibidemque mandimus UBque in quintam diem eius-
dem^ in quo rediuimüB wormatiam.
§. 34. [fol. 93] Anno 1498 yicesima nona martij exiui wormatiam
et triccBima eiuBdem^ quQ erat tunc veneris poBt l^tare^ redij franck-
furdiam.
$. 35. [fol. 113] Anno 1498 die 19 apprilis et quinta pasc^ des-
cendi maguntiam^ 20 ascendi wormatiam^ vicesima prima descendi
a wormatia maguntiam^ 23 descendi in naui de maguntia et 24 eius-
dem mensis venimus Bemhardus et ego parrter coloniam; ibidem ego
mansi vsque ad vndecimam maij illius supra dicti anni, illa die lacobuB
neuhusen et ego ascendimus usque ad wynter, 12 die ad cappel^
14 ad bacherach^ 15 versus maguutiam; sedecima maij ego solus
ascendi wormatiam ; de wormatia descendi 24 maij vna cum domino
Florentio de veningen maguntiam^ et erat pro tunc dies ascensionis
domini, 26 maij de maguntia boIub ascendi franckfiirdiam.
' §. 36. [fol. 116] Anno 1498 die 16 junij iuimuQ genitrix et ego
et Eatherina, relicta uxor Gilberti hulczhusens in spangenberg, vna
cum aliis ad hanawe^ vbi in [17] eiusdem mensis dominus Caspar. . . .;
filius sculteti, ibidem suas primitias seu primum suum diuinum cele-
brauit^ ad quod vocati eramus. Inuitauit nos dominus ple-
banus in stejnheim. Ibidem die 18 fere tota fuimus; nisi quod noctu
regressi fuimus ad hanawe. Decima nona sumus reuersi mensis eius-
dem. [Dieser Plebanus zu Steinheim ist Niemand anders als der
bekannte Johannes de Jndagine.]
§. 37. [fol. 117] Anno 1498 prima julij iui maguntiam, secunda
ascendi wurmatiam; ibidem duraui vsque ad nonam julij y qua redij
moguntiam^ decima autem franckfiirdiam.
§. 38*. [fol. 127] Vicesima nona octobris nupti^ habit^ et consu-
matQ inter zu nasawe et Katherinam^ filiam Eberharts des
motters [§. 39], ad quas vocati fuimus mater egoque et comparui-
mus. Actum die supradicto, anno 1498. [cf. §. 39 }.
§« 39. [fol. 144] Anno 1499 vicesima octaua augusti et die
mercurij per ausceptionem infantis, quem secundum nomen meum,
iob videlicet; vocaui^ compater sum factns Casparis de nasawe et
8
- «4 -
EatherinQ, fili^ Eberhard! des sackdregen, Txoris dicd CasparU, et
ia m ordine est secundus^ quem suscepi.
[Job tanzt auf der Hochzeit des Dr. Joh Glauborg als Cano-
nicus §. 267.]
[Job's GastmaU 1600 §. 221.]
§. 40. [foL 166] Job zsLgf mens patrinuB. Aimodomini 1600 die
21. junij, quQ exstitit dominica infra octauam corporU Christi; de
fönte baptismatis suscepi infantem^ quem secundum meum nomen^
videlicetJob; yocaui; filium Hanß krehers^ eynssporecs, et£l£, vxoris
SU9; et is per ordinem est tertius, quem suscepimns etc. Mortuus est
intra dies puerperij infans.
b) Anschaffangen und GtoscheDke Job Rohrbach^s.
§. 41« |foL 4] Anno dSi 1490 in die S. Laurencij indui primum
lambasium pictum^ w'r den thobiu; coloris morgeiiBgrauwe una cum
caligis eiusdem coloris.
§. 42. [fol. 6] Anno 1494 quarta septembris indui nigras caligas
ad antiquum lambasium nigrum.
§. 43. [fol. 6] Anno 1494 xix septembris donauit mihi mater
loricam; colerium loric^; balistam vnd eyn yssen brüst, cum aliquibus
teils et instrumentO; quo balista tenditur, pr^sentibus Gilberte hülcz-
husen et sorore mea Martha.
§. 44. [fol. 7] Anno 1494 nona nouembris thett ich eyn schwarcz
gefjrnest barchen wameß zu mjnen rotten hossen.
§. 46. [fol. 8] Anno 1494 duodecinui nouembris post meridiem
in domo zum goltsteyn donauit mihi Gylbertus hulczhusen ymagines
picta» duas, quarum qu^libet habet fomam vit« et morÜB. Mas
Caput tenet vitQ et corpus mortuum; e contrario ymago femin^, et sunt
picta super pannum, pannus autem bituminatus et af&xua est ad
afferulas. Donum comitiasQ de stolberg.
§. 46. [fol. 16] Anno 1496 decima nona februarij thet ich eynen
neuwen leberfarben mantell vmb vnd ^yn neuwen gyrttell vnd eyn
neuwen welsch secklin hing ich by mich.
§. 47. [fol. 17] Anno 1496 tertia marcij indui caligaS; wulgo
roset; una cum lambasio.
§. 48. [fol. 18] Anno 1494 in nundinis quadragerimaKbus emi
coltrum longum sandali^ manubro pro i fl. iii alb.; item clauam fer-
ream, eyn fusthamer pro ad alb.; item duos pileos, nigrum et rubeom;
— 115 —
pro qnindecim albis^item dao bjrreia aPbillippo vgdnhejrmer; rubeum
videlicet et sanguinemn^ emi pro xl ß franckf.
S. 49. [foL 18] Anno 1495 yn der fasten meß hab ich mir kaufft
eyn esser vor vüi alb., item hat mjrr myn waß Clar eynbroBtuch
gestyckt myt golt vnd eyn gülden wolckicht schnor daroff geschenckt^
koBt ii gld. minuB i ort. Item myn ws3 Margret geschenckt eyn gel
samett broBtach. Item Erben tagel hat myr geBchenckt eyn langen
thegen, item vi beyner kem.
[GeBchenk von Elgin an Job in Mainz. Mai 1495. §. 17.]
§. 50. [foL 36] Empta et donata in nundiniB autumnalibuB
anno 1495.
Eyn Bchwarczen hutt kauft ich vor vii alb.
Eyn vocabnlarium Catholicon pro i fl. iiii alb.
Item formnlare advocatorum et procuratormn et orationale in
forma minima pro fl Vnum orationale laniendo rupit
canis noBter fürst
§. 51. [fol« 53] In nmidinis quadragesimalibus anno 1496 emi
byretmn nigrum venetianum pro xiiii alb. in vigilia annmitiationis
beat^ Mari^.
Die 29 martij emi iij ulnas velon Rosetten färbe, ulnam pro
ii fl. üi jß, summa 5 fl. 18 ß. De pr^fata summa donauit mihi mater
üi fl.; indui vii junii anno snpra.
Item nigrum byretum donauit mihi Katherina hulczhuserin zum
goltstein secunda apprilis, quQ erat vigilia pascatis.
Vnum pater noster de corallo; cui sunt viginli corrali numero et
duo argeiitei et 4eAurati kneyfi*, et est de optimo corallo; donauit mihi
Margreta cognata zum thorU; [§. 244], die 15 apprilis eo die celebra-
batur festum Corona et Lances.
§. 52. [fol. 54] Anno 1496 vicesima sexta apprilis perfectus est
annulus per Danielem .... aurifabrum, in quo eat lapis impositus,
cui insculpta sunt arma mea/ suppositb veris coloribus armorum,
pro quibus conficiendis exsoluit germanus mens Bemhardus rorbach
rom^ duos ducatos largiter, donoqne dedit mihi; pro factura annuli
ducatum unum exsoluit et hunc donatdt, item magnam partem auri
donauit, ex quo auro annulus formatus est.
*
§. 58. [foL 61] Anno 1496 secunda augusti donaui domino doc-
tori Florentio de venningen aleam. paratam cum asseribus. Pro alea
dedi aurexmoi, pro tabulis sex &, pro ferramento, quibus clauditur et
aperitur, 5 albos.
8*
— 116 —
§. '54. [fol. 62] In nundiniB autunmalibuB anno 1496
emit mihi mater pectinem comeum pro xüi den.;
duos pectines corneos emi pro 26 den.;
cjphum de ligno firaxino^ wulgariter eschenhulcz^ pro
6 ß. emi;
pro tabula lignea, in qua scribitur^ 20 den.;
pro iii pectinibu8 ligneis ß alb.;
pro pileo nigro 7 alb..
Franciscum petrarcham in omnibus operibuB die 16 septembris
donauit mihi doctor Florentius de veningen.
Eyn thegen myt eym wisaien gewunden heflFt ist lang, vnd doch
nyt zu fyll, kaufft vor 24 alb., vnd schnyt zu bejden sytten, donauit
illum frater D. Laurentio truchses, canonico maioris ecclesie mogun-
tinensis, etc. act. 22 martij et mercurij post palmarum anno 1497.
§. 55. [fol. 68] Anno 1496 vicesima sexta nouembris emit mihi
genitrix vi vlnas panni eyner tunckelen färb oder rauchfarb, vlnam
pro 22 jß. Emit ab Hartmudo gryff, curauitque mihi Bubduci nigris
pellibus induique eam primum quarta decembris^ quQ CBt dies Bacr^
Barbara virginis.
§. 56. [fol. 73] Anno 1497 secunda ianuarij donaui aliam Eathe-
rin^ hulczhuseryn zum goltsteyn; pro qua solui 6 alb.; asseres, quQ
in ea sunt, donauit mihi mater. Donaui infiuper vnum paruum col-
tellum, quorum quatuor habui de colonia, pro quibus solui 22 äJb.
§. 67. [fol. 84] In nundinis quadragesimalibus anno 1497
duos pectines emi pro 7 alb., eyn eser* pro 9 alb.;
sex [vier ?] Elen schwarczen meylendeschen samet kaufilt myn bru-
der vnd zweyen zu wamessen, die Ell vor ii gidden üii &, facit
in summa xiii fl. Emptum 20 martij et die lun^ post palma-
rum: indui diploidem factam ex veloto pr^notato, die 21 maij,
beatQ dominica trinitatis Anno 1497.
6 alb. vor zwen steynen krug zu lougen ultima martij.
2 kleyn bettbüchlin kosten vi alb. yn zu bynden vnd funff alb.
rohe, unum dedi germano Bernharde.
Sermones fratris Koberti charocholi, duas partes, de peccatls
videlicet et de sanctis, ^pro quibus solui 16 ß. Et pro ligatura
eins üii alb., itterum emi partem de sanctis pro octo I^, quam
dedi doctori Florentio de veningen.
§. 58. [foL 87] Anno 1497 die decima apprilis hat mir myn
liebe mutter an lassen schniden x eilen schwarcz < londesch tuch, mitt
* £ser=Beatel.
— iil —
namen v eilen zu eym rock vnd iiiij elen zu ejm mantell vnd ejn
halb eil zu eynem zyppffel^ vff das, ob yemants storb von ynseren
vonripten vnd gewanten^ da vor gott wol mitt selligkeyt eyn jeden
lang gefiriesten^ das ich fiirters nit dorff kleyder^ als vor oSt gesche-
hen ist [dorjBT] entlehenen. Soluit pro vlna decem et octo soHdos et .
qnatuor obulos^ suma autem decem vlnarum septem fl. sedecim ß iiii h.
Tunicam induj die tricesima maij anno supra.
§ 59. [fol. 100] Anno 1497 decima octaua septembris misit frater
wurmatiam mihi scriptorum magnum cum variis capsulum, pro quo
soluit X alb. Depost 23 misit mihi idem frater opiimum rubeum du-
plum biretum Scharlach^ item pectinem corneum cum receptaculo suo,
factum [facto] de corrio.
§. 60. [fol. 112] Anno 1498 die 5ta apprilis emi speculatorem in
impressura ipsius Baptist^ de tortis cum additionibus do. Andree^ pro
ligatura illius dedi ii alb. et pro corpore libri seu libro ipso 4 fl.
§. 61. [fol. 119] In nundinis autumnalibus anno 1498.
Emi practicam ferrariensis; Tractatum clausularxmi; Summam
Gottfredi super tit decretalium pro ii fl.'et in unum volumen
feci illigari.
Breviarium maguntinum, impressum venetüs, ligatum pro i fl.
Vocabularium, vbi theutonicum latino pr^ponitur^ et vocabu-
larium doctoris Jodoci etc. pro 8 alb. et in unum feci ligari.
Ejn lideren brun klejn wezschen oder aser pro 8 alb.
[Elgin Borbach schenkt ihrem Sohn Job das Familienmissale
und die priesterliche Kleidung. §. 66.]
c) Job Rohrbach*8 Canonikat and Weihen.
§. 62.. [fol. 120] Anno 1498 vicesima Augusti dominuä Johannes
sumer^ canonicus et scolasticus hie in ecclesia sua diui Bartholom^i
sepultuB esty obiit autem 19 eiusdem; domini autem de capitulo con-
corditer me ad praebendam elegerunt^ solo domino Johanne gryfien-
stein obstrepentC; illiusque possessionem mihi traddiderunt vicesima
augusti iam memorati sub completorio; et erat dies mercurii; sicque
die mercurii natns; die mercurii praebendam adeptus. Deinde domi-
nus Eberhardus becker scolastriam obtinuit. Ego primum chorum
ingressus induto superpelitio die veneris et ultima augusti post nonam
horam de die insinuavique residentiam decano^ ut diem notaret^ qui
respondit: valeat, in quantum valere potest. Sub vesperis vero die illa
obtulit sibi dominus Johannes ugelnheimer xii albos pro vino admis-
- H8 -
sionisy quoB sccipere rennit, dicendo: eoB dandoB^ cui veUent^ me pro
canonico minime reputaret; hac de causa motoB residentiam tone
inchoatam et Bcolastico et cantori ittidem inflintiavi, at diem et horam
Qotarent^ qui et polliciti mihi sunt DepoBt dominica et seconda Bep-
tembriB anno, quo supra, primum ivi in processione ad Baactum
Michaelem in Mpersione aqu^ benedictij, in vigiHa natiuitatiB Mari«
et die ipBa portavi thuribnlnm et t'enni patenam Bub officio. Snper-
pelitium proprium noYum primum indui ipso die ac die Michael
archangeli supradicto anno. . Die mercurii post Michael et tertia
octobris suscepi hie (apud fratres pr^dicatores in capella chori ibi-
dem, qu9 sita est in latere dextro, dum vertes ante altare f&liem)
ordinem accolitatus. Secunda decembris et prima dominica aduentus
anno, quo supra, indui primum cappam nigram, qu« more eccleaiamm
hie Bolet differri tempore aduentus, septnagesim« et quadragesim« etc.
[Bernhard Bohrbach tanzt auf der Hochzeit Dr. Johanna von
Glauburg und der Margaretha Homgin am 29. October desselben
Jahres §. 257.]
§.'63. [fol. 120] Anno domini 1499 die veneris post dominicam
l^tare, qu« erat dies xv martü^insinuaui dominis de capitulo capituli
congregati [fol. 121] residentiam meam completam fore et me porro
relazari ad ambnlandum etc. more aliorum petii. Cum hoc iam pr^
tendebam, decanus cum intellexit, de capitulo surrexit et abiit dicendo
intra hostium [ostium] capituli ad me, se non velle interesse huic
actui, non in despectum meum, quare illi succensere non deberem,
sed debere me petere ab hiis, qui me pr^sentarunt, qu« intenderem;
non se mihi esse molestum, sed se contentari ait in pr^enti in
persona mea, nee quitquam [quidquam] contra me volle
machinari. Quibus dictis ad ceteros dominos capitulares vocatus, ubi
petii, uti supra dixi, me ab onere residenti« relaxare, ex quo com-
pleverim more ecclesiae, qui me abire parum iubebant deEberando
se; habita deliberatione, me revocarunt, et dominus plebanus nomine
capitularium respondit, completam meam residentiam fore et dominos
pro sufficiente eam diiudicasse, ideoque se me ab hoc die liberasBe etc.
Quibus pro hoc egi grates immortales. Fuerunt autem hij, quiapproba-
runt residentiam meam pro sufficiente,. dominus Bberhardtts becker,
Bcolasticus, dominus G-eorgius schwarzenberg, cantor, doctor Gonra-
dus hensell, plebanus, dominus Erhardus dincickhejm^er et dominus
Johannes ugelnheimer, hij erant capituli congregati et petioni meae
annuerunt, dominus wilnawe, alias ruwenheimer, non erat, quia tunc
non exibat domum; dominus Heimanus ytzstein erat magunti^, ybi
comparuit in causa quadam ut prodnctus testb.
— 119 —
§. 64. [fol. 121] Äimo domini 1499 pennltima martii et sabatho
ante pasc^ ordinatas in metropolitana ecclesia snm in Bubdiaconmn,
ubi etiam legi snb officio epistolam^ pr^ente in choro domino
Archiepiscopo maguntino Bertholdo etc.^ ac ministravi eo tone ad
officium ac corpus domini sumpsi Batisfaciendo pasc^.
§. 65. [fol. 121] Anno 1499 Ticesima qninta maji; quQ erat
aabatfamn post pentecosten et dies S. Vrbani^ [fol. 122] receptus sum
in capitnlimiy consentiente decano^ qui et me installavit. Et illo eodem
die in vesperis incboavi officium meum imponendo in vesperis etc.
Et die sequentiy quando celebrabatur festam sanctissim^ trinitatis, in
mattttinis et secundis vesperis imponendo^ legende lectionem etc.,
et fuit primum meum; in missa yero ministram, legi epistolam et h^c
prima, quam franckfurdi^ legi. So^cepi etiam illo die primas pr^sen-
tiaS; Tidelicet noyem h., pro djacono habui d. Hejmanum de jtzsteyn,
canonicum offitium vero celebrabat decanus Johannes de grjffenstein.
Anno 99 in die natiyitatis b. Mari^ ministrauit ad offitium mecum d.
Nicolaus schell; TicariuS; qui legit euangelium; ego vero canonicam
epistolam; contigit ex eo, quia ego ordinem djaconatus non habui.
Anno 1500 die 28 [27] decembris et die veneris, calculando annum
a nativitate christi, ipsa die diui Johannis apostoli et euangelist^ gestiui
primum publice a choro almusium in honore Jhesu christi ac pr^dicti
diui Johannis, in cuius die sum natus, qui et mihi sorte apostolus
obuenit, et quia canonici munus apostolorum repr^sentat, ego me illo
die ut canonicimi ezhibui [supple: ejus], cuius fruor s^pius intercessione.
$. 66. [fol. 167] Anno dfii 1501 dominica invocavit et ultima
februarij, prandio iam acte, Genitrix sua sponte, non rogata, nee vllo
instante, sed animo deliberato, donauit magnum, missale scriptum et in
locis conuenientibus notatum, subductum rubeo corrio et decoratum
monilibus, in quibus arma progenitorum nostrorum ex linea patema
formata; item casulam rubeam von rottem geblümten Samat cum
alba, stola, manipulo, humerale, cingulo; hac die et anno, quo supra,
donauit mihi, ut pr^mittitur. Actum pr^ente Agnete, coqu^ nostr^
[coqua nostra]. Eodem die paulo post donauit et Missale aliud anti-
quum et minoris quantitatis alio; illo die post yesperas retulit Bem-
hardo fratri donationemi suam mihi, yt pr^mittitor supra, factam a se
et donauit illi duas dstas illo tunc. Eodem die, quo supra, c^navimus
mater, ego, Garolus, Martha in domo Bemhardi firatris et Vrsullß et
iU publice mater omnibus in c^na retulit supradictam donationem a
se, ut pr^mittitor in me factam etc.
§. 67. [foL 122] Anno 1501 sezta martij et sabbatho quatuor
tanporum post cinerum fbi ordinatos in dyaconum magunti^ ad car-
— <20 —
melitas; ibi continao legi euangelium et mmistraui ad officium episcopo,
qui ordinee contulit.
§. 68. [fol. 122] Anno 1501 die vicefiima maij, qu^ «rat dies
glorios^ ascensionis Jhesu christi in c^lum^ legi franckfurdi^ euange-
lium pro primo; Johane gryfifenBtejn celebrante ofifitium et domino
Nicoiao hugonis legente epistolam.
§. 69. [foL 122] Anno 1501 sexta junij^ qu^ tunc erat sacra^
tissim^ trinitatis; hie in ecclesia diui Bartholom^i apostoli cecini pri-
mam meam missam de festo pr^dicto et habui pro adstante dominum
Johanem gryifenstejn; decanum eiusdem ecclesi^, et pro ministrantibuB
dominum Heymandum ytzsteyn canonicum et dominum Nicolaum schell
vicarium^ detulique per circuitum ecclesi^ in proceasione caput sancti
BartholomQi et tenui secuiidaB vesperas eiusdem diei vice decani^ sicque
compleui opus seu ofßtium sacerdotij; divina annuente gratia, precor
autem conditorem; vt hoc primum meum offitium vna cum reliquis
futuris benigne pieque suscipiat, vt mihi omnibusque et yniversiB con-
ducat in vitam et gaudium eternum. Amen.
d) Tod der Elgin Rohrbach.
§. 70. [fol. 171] Anno domini 1501 die decima nona decembria,
qu^ exstitit eo tunc quarta dominica aduentus^ domina Eylchin^ relicta
Bernhardi rorbachs, patris mei, primogenita vero ex Conrado hultz-
huBCn et Ann^ sachssen^ post graues languores domino suo reddidit
spiritum corde et mente quieta^ mea unica atque amantissima genitrix,
quam suscipere in sjnxmi suq grätig dignetur omnipotens^ pius et
propitius deuS; intime oro; obijt autem dicta mea genitrix memorato
anno et die^ pr^cise post duodecimum iam tactum in nocte. [cf. Bern-
hards Familienchronik. §. 124.]
e) Letzte Krankheit Job Rohrbach's.
§. 71. [fol. 172] Anno domini a natiuitate auspicando 1502
minui sanguinem in vena ea^ quQ in sinistro pede inter magnam
pedicam et eam, qu^ illi proximior adh^ret; suscepi enim (ob terro-
rem infirmitatis matris me^ et mortem) dolorem lateris sinistri vdie-
mentem, qui per minutionem illam fnitigatus est. Actum anno supra-
dicto di^ tricesima decembris; et h^c minutio est prima.
[Alia manus subscripsit: et ultima. 1636.
Ut Bolent in provectioris aetatis alteratione
omnem magna oomitari pericula.
Job hie moritur 1502. 15 Maij.]
i2i
5. Anna und Afra Bohrbach. ,
§. 72. [fol. 4] Anno 1494 sexta augusti yelamina sunt imposita
religioBiB sponsiB xyi, Ann^ et Afir^; sororibuB meis. Actum zu den
wiflsenfrauwen yn der Kirchen.
§. 78. [fol. 4] Anno 1494 in vigilia Bartholom^i^ qu^ est 23 dies
augusti 9 mane circa horam terciam Anna rorbecherin, ^gO; soror
mea^ obdormiuit in domino franckfurdi^ apud virgines zun wissen
frauwen, de quarum numero et ipsa erat, cuius anim^ propitiari
dignetur misericordissimus deus. Exequi^ quoad diem primum cele-
brat^ sunt die Bartholom^i cum vigiliis^ altera die missa. Actum zun
wissen frauwen. Dies repetitionis exequiarum cum vigiliis xxviii au-
gusti et cum missa xxix peractus est in pr^fata ecclesia.
§. 74. [fol. 9] Anno 1494 vicesima secunda nouembris gab mir
myn Schwester Afira zun wissen ffrauwen eyn zwyg, gemacht von
syden, hatt drij wißgefolt ackeleyen, drij eychlin vnd sust zwo roitt-
gefolt blumen myt fyll anderen kleinen blumchin.
6. Martha Rohrbach.
§. 75. [fol. 7] Anno 1494 vndecima octobris Martha rorbecherin,
soror mea, e sacro fönte baptismatis leuauit infantem Gissenhenn,
quam nomine suo^ videlicet Martha^ nuncupauit. Mortua est infans.
Non eo minus verum est; eo quod deletum sit. [Die Notiz istnämlich^
wie öfter; im Manuscripte ausgestrichen.]
7. Karl Hynsberg*
§. 76. [fol. 3] Anno 1494 duodecima julii natus Vdalricus hens-
perg ex Karolo hensperg et Agnete neuhuserin. Hanc nativitatem
retulit mihi Vdalricus neuhuseU; dicti infantis compater.
§. 77. [fol. 5j Anno 1494 septima septembris obiit Agnes nufauseU;
uxor Karoli henspergs.
8. Karl Hynsberg's Ehe mit Martha Eohrbach.
c
§. 78. [fol. 21] Anno 1495 die undecima maij yn dem klapper-
garten KatherinQ, relict^ Johanis hulczhusen; conelusenmt et consen-
- 122 —
senmt mater et Elarolus henspnrg, ut videlicet Earolus dnceret in
nzorem Martham^ sororem meam^ pr^entibuB ibidem Jacobe neu-
heiuer^ Gilberte hulczhnsen et me.
§. 79. [fol. 21 J Anno 1495 die 16 maij^ eratqne dies satunii^ synt Tor-
flieglet worden zwen elichs brieff glichladent, antreffen Karlen hens-
purg ynd Martha rorbeeherin, myner Schwester^ Tnd von Karies w^en
hatt verei^lett doctor Ludwig zum paradiß, schulteyß etc myt synea
ambcz giegell, Ortt zum jungen ynd Conratt nuhuß, von Martha we-
gen haben yorsiglet Gorg frosch, Haman hulczhusen vnd ich; Job
rorbach; yr bruder, vnd ist das erstmalig das ich gesiglet hab^ den
myner Schwester zu lieb ließ ich das siegel graben.
§.80. [fbl. 21] Anno 1495 die ISmensismaij^ eratque dies lun^, hatt
man von beyder sytten frund geladen zu foUen bringen vnd zu beschlies-
sen die ehe zwischen Karlen henspurg vnd Martha rorbecherin mjner
Schwester, vnd hatt Karlen syn frund durch syn knecht lassen laden
vnd myn mutter yr frund von Martha wegen lassen laden durch
meysterNiclassen schorrebrant, den man nent den armbruster — die
jungfraweu; die nyt zu gehören, die ledt man durch eyn meyt des
morgents — vnd synt die frund geladen worden von beyden sytten
des morgencz, also das man die man von beyden sytten hatt gepetten
zu komen zwischen Xu vnd eyner uwer zu barfussen, die frawen
vnd jnngfrawen yn das huß myner mutter. Also ist ens auch folien-
gangen. Vnd so die man von beyden sytten zu barfussen koment,
schickten sie eyn [fol. 22] knecht zu den frawen yns huß, liessend
fragen: wer ens den frawen gelegent, woltent sie komen. Entbottent
ynen die frawen: ens wer en gelten. Da thet Gorg frosch eyn
abred also luttent yn der meynung : Alß beredt vnd betteydingt wer
zwischen Karlen henspurg vnd jungfrawe Marthen eyn ehe, mytt
beyder sytten frund radt, wissen vnd willen die also zu beschlissen,
pett er sie dar by zu syn. Des sie al guttwillig waren vnd gyngen
von den barfusser yn myner mutter hu£ zu der brudt vnd den frawen
vnd jnngfrawen. Da ym huß thett Gorg aber wie for eyn abredt;
nach der nam her Johann brun jungfraw Marthen vnd Karlen vnd
gab sie zu samen zu der heyligen ehe vnd war eyn soUich fyrteller
stund nach eyner uwer nachmyttag.
Di£ hie nach geschrieben synt die frund, die von Karlen hens-
purgs vnd Martha rorbecherin wegen gebeden worden zu komen zu
dem winckauff ader hantschlag, vnd wo eyn solich o bystett, die
koment nyt Vnd zum ersten von karlens sytten :
Guttgyn beringen, Karies mutter.
- «2S -
KarleD; der brudgamer, \
o Wigrmt(noneratmciyitate) | henapurg, gebruder.
Johan f
Doctor Ludwig zum paradüß, schultheyB,
Asyn heryngen^ Byu husfrawe.
Ort zum juBgen.
Eryngyn heringeii; gyn huBfrawe, EarleB anfirawe.
[foL 23] Conratt nuhul) \
Margrett; Byn husfrawe, > gebruder.
Virich nuhuß ]
Von Martha wegen wurden gebetten :
Eylchin rorbecherin, Marthas mutter^
Martha rorbecherin,
Job rorbach,
"R h t / rorbach wurden nyt gebetten, den Bie waren nyt
p tt i ^^ franckfurt (erat namque Bernhardt in via ez-
1 eundi italiam, ConraduB vero erat venetÜB).
Eatherin hulczhuBerin zu goltBteyn.
Haman
Margret, Byn husfrawe,
Gylbrecht
o Eryngin zu Spangenberg in- ) hulczhuser.
firma erat,
o Eylchin, yr tochter,
Margrett zum thom
Gorg
Gorg, Byn Bun,
o Wicker ward nyt gebetten, denl
er war nytt yn der Btadt,
Enchin,
Magret,
Byn dochter.
Wolff
Enchin, j
Agnes, ( Byn doch^r
LyBz, \
o Mylchar, syn Bun, ward nyt ge*|
betten, den er war auch nyt
hie.
fröBch.
blOm.
— 42* —
o Hen I
o Kryngyn, syn huafirawe^ 1 o i,
T V O ÄCIl B ^
^ l hii non veniebant, alles^abant
o Kr3mffYn / , % .n
T . ^ l causam luctus, sed causa illa
o Luwiff, syn sun, war nyt ee-i ,
, ? j X l non excusat plene.
laden ^ den er war nyt zul ^
franckfurt. /
o [fol. 24] Doctor Johann glauburg non erat in civitate.
Johann von holtzheymer.
Katheryu; die alt rorbecherin. [§. 87]
Die jungffrawen, die nyt zu gehorten vnd doch geladen warent:
Cristyn froschin zum burgreffen,
Kryngyn stralnbergeryn,
Junrarawen \ tt i •
* Kryngyn dyrmeyenn,
Kryngyn humbrechtin.
Die jungen gesellen, die lud Karlen alle, nach, dem der hant-
schlag geschehen war, welche anders uff der stoben den selbigen tag
waren, vnd koment zum nachtmall, die hernach geschrieben :
p f nuhuß, gebruder.
Georg martroff.
Johann han.
Ambrosius glauburg.
Conrat zum jungen.
Philipps ogelnheymer. -
Bemhart wyß.
philipps von stocken, nobilis, inuitatus per matrem et ille le-
gittimus est.
her Johann brun,. inuitatus, quia despondit iste sacerdos.
§ 81. [fol 28] Bolemnizatio matrimonii Karoli et Martha.
Anno 1495 prima die julii, qu^ est vigilia visitacionis b. Mari^,
post horam octavam mane in facie eccledi^ solemnizatum est matri-
monium Karoli hens'pürgs et Martha, german^ me^. Et cum Karolo
adecclesiam iuimus fratermeus Bemhardus et ego et non alius, cum
sorore mater nostra, socrus sua una cum Anna et Agnete, filiabus
Wolf blümes. Deinde sexta julii eodem anno, quo supra, nupti^ act^
sunt, ita videlicet: vocati ad nuptias, ederunt, biberunt ac trepudiarunt
in curia dfii archipr^sulis treuerensis, vulgo monczhoff dicta.
sponsa vero sponso est apposita in domo wixhuserhoff publice
nuncupata, in camera picta, sita super testudinem. Ego autem nuptiis
- 125 -
penitaB non interfui^ febribns pr^peditaB^ Bed cum sponsaapponebatur
sponso, ego occnltatns Bub lectu [fol. 29] extraxi dextram calcenm;
JacobuB nuhusen me pr^venit extrahendo siniBtrum et ille rectiuB
me egit^ cum tum dedit Gjlberto hulczhusen.
§. 82. [fol. 29J Anno 149ö decima nonajulii Martha rorbecherin;
Boror noBtra; traducta est ad curiam Karoli heuBpurgs, mariti Bui^ der
f 0 d e n h o f f nuncupata[m].
9. Kinder dieser Ehe.
§. 83. [fol. 69] Anno 1496 in die diu^ Barbar^ Virginia^ quQ est
quarta dies decembris^ natus estexEarolo henspurg et Martha, sorore
mea; Ludwicus, primogenitusmaxime Martha, habuit namque Caro-
lu8 antea duas yxores. Quinta' decembris baptismate renatus est E
fönte baptismatiB suseepit infantulum Ludwicus de paradiso, iuris
vtriusque doctor ac miles huius opidique scultetus. Deinde anno
1497 die 16 octobris peperit Carolum, de quo latius in chartalOl;
obijt. [fol. 101 : Anno .1497 die sedecima octobris natus est secundo-
genitus Caroli et Martha sororis infra XII et primam horas de die;
vocatus patrls sui nomine videlicet Carolus hynsperg. Infantis com-
pater Dyß hengyn. Arbitror infantem 17 eiusdem baptizatum, me
tunc wormati^ existente. Mortuus est infans.] Anno 1499 decima
quinta junij genuit filium^ quem et Earolum nominauit; vide in 141.
[fol. 141 : Anno 1499 sabatho et decima quinta junij ex Earolo hens-
perg Martha; soror mea, genuit filium suum Karolum ante horam duo-
decimam de die y qui baptizatus die dominica sequenti. Compater
infantis est Michel schwartzenberg, et is in genitura tertius est filius
Martha in ordine; obiit paulo postj Anno 1500 peperit Ort 13 iunij,
de quo in charta 154. [fol. 154 : Anno 1500, anno iubileo et bisextili,
peperit Martha, soror mea, ex Karolo hynsberg quartum filium trede-
cima iunij, qui baptizatus die sequenti, qu^ erat dominica trinitatis.
Nomen nati estOrtt; compater estOrtt zum iungen senior et viduus,
in octobri obiit eodem anno.]
10. Städtische Dienste Karl Hjnsberg's.
Wahl zum älteren Bürgermeister §. 124.
§. 84. [foL 138] Anno 1499 in die innentionis sanct^ crucis et
tertia maijEarolus bynsperg, affinis meus, ärripuititter ad oberlingen,
misBUB a consilio, quem plures comitati sunt vBque ad Saltum
— 126 -
cerni; inter qaos etiam ^o cum Uli» pariter eqnitaui super equum
Jacobi neuhusoD, magistri ciuium. Muüeres etiam curru vehebantur,
videlicet mater Karoli et yxor 9ua, mater mea et vxor Michael
Bchwartzenbergs.
11. Wahnsinn von Johann Hynsberg; Karls Bruder.
§. 85. [fol. 83] Anno 1497 quinta martij et dominica L^tare
lohann hjnßberg post altercationem et insolentias in domo habi-
tas alapas in domo iustissime accepit, deinde post vesperas in foro
ante pr^torium apprehensus, publice per pedeUos magistratuum ductus
in carcem sancti spiritus, depost decima sezta maij eodem anno de
carcere laxatns et emissus est. D^ost vero sequenti anno in mense
Januarij itterum carceri includitur^ in quo nunc residet, actum me
existente wormatiQ [cf. §. 33. 34.J.
12* Tod der Guttgyn Hynsberg; Karls Mutter.
§. 86. [fol. 160] Anno 1500 sedecima decembris obijt honesta
Guttgyn heryngen^ relicta karoli hyni^bergs. Reliquit filios duos,
Wigandum videlicet et Carolum sororium nostrum^ et Annam^ yxorem
quondam domini Johannis reiß^ aduocali huius oppidi.
13. Conrad Bohrbach.
§. 87- [Nicht numerirtes Vorblatt] Anno 1493 octava apriU
abiit primum Conradus, frater meuS; de franckfurdia ad Augustam,
de Augusta Venetias^ de Venetüs rediit franckfurdiam in anno 1498
in mense martij. Ibidem duravit usque diem octavam junii anni jam
dicii. Ea die adduzit cum secum Ludwicus m^urtro£f ad Alemaniam
Bassam.
[Conrad weilt zu Antwerpen §. 10.]
14. Tod der Katharina, Heinrich Bohrbach's Wittwe,
Jobs Tante.
§. 88. [fol. 157] Kaiherina Borbechin. Anno 1500 sexta octobris
ac die martis noctn yndecima hora vel circa eam obijt Katherina,
relicta Henrici rorbachs, patrui mei^ et septiaia eiusdem menais ae-
- 127 -
pnlta est in ecclesia noatra condtatauique funus fbit com Baoerdotibufii
ac Bcolaribus etc. [cf. Bernhards Familienchronik §. 86 seq.]
15. Grundbesitz der Familie Bohrbach.
§. 89. [fol. 5] Anno 1494 zxvüi augusti locauit mater Celaria
in domo Ernfelf duo illa contigua Wolff brente pro v fl. ad
annum iüi*^^, incipiet autem annus currer^ ipso die Mihael proximi
yentiiri, locauit autem eertis condicionibus^ de quibus ipsa nouit
§. 90. [foL 34] Anno 1495 in mense augusti hat die mutter die
zwen herd zu ernfelß mji schyffersteTn lassen beseczen vnd gancz
neuwe machen ^ auch ejn neuwe blanck lassen machen im Esch-
heimerhoffyff der Ijnckten sytten, alß man zu hoff yn gett; fahet
daselbst neben dem stall anvndstost an reckklessen scheuwer; auch
hatt sie die spicher jm hoff lassen bynden^ wo ens noitt ist gewest
pSodem anno die 16 mensis nouembris hat myn mutter zwen neuwe
steynstock vor den keller zu Ernfels lassen machen, not. margin.]
§« 91. [fol. 35] Anno 1495 die 3 septembris ist eyn gancz
neuwer offe ußgemacht vnd bereydt worden jn der grossen stoben.
§. 92. [fol. 50] Anno dnj 1496 in die cathedra beati Petri^ erat-
que tunc dies Iun§ post dominicam inuocauit; feci annectere stubell^
me^ seram cum duabus davibus [duabus]; pro hijs solui octo £.
§. 93. [fol. 59] Anno 1496 hat myn liebe mutter den hoffyn
der Escheymergassen ynwendig vnd vßwendig vnd desglichen
die spicher vnd stel, scheuwer vnd yn allen zynJßhuseren d'arby
lassen bynden^ machen, kleyben, wedderbarten, estricheu; vfige^omen
das hynderst zynßbuß im gesslyn, das also onreyn ward gehalten
durch die daryn wonnend, das man dar vmb nyt mocht das selbig
huß mjt estrich beschlagen; sust syn die andern zwey hußlin myt-
sampt dem hoff gancz vßbereyt, auch zwen ganzer neuwer offen
gemacht; eyner yn die stoben des huß, das ym hoff lyt, der ander
yn das huß zwischeym hoff vnd dem eck ; auch den hoff ynwendig
vnd vßwendig, vor vnd [suppl. die] zynßhusser, wo sie czur gassen
zu gan, lassen wissen vnd malen , auch fom an hoff myns vatter
seligen vnd yr wappen lassen mallen, dar uor gab sie vüi &, vnd ist
der hoff gancz vßbereyt worden, wie obstet, die vicesima octaua
julij anno, quo supra.
§. 94. [foL 64] Anno 1496 prima octobris duplicat^ valuQ circa
fenestras anterioris partu maioris stub^ erect^ ac perfecta sunt. Eodem
aano, antea videüeet quam valu^ erigebantor, stuba magna et aula, qu^
I
I
— 128 -
pr^cbe ante stubam est, wulgariter der em, dealbat^ et coloribua
varÜB, Yt vides; colorat^ sunt.
§. 95. [fol. 85] Anno 1497 in martio et apprili hat myn mutter
lassen das dach heben ober dem stall jnn vnserem hiü3 vnd etlich
neuwe balcken vnd suellen darunter lassen ziehen.
16. Besitz und Vermögensverhältnisse derFamilie Bohr-
bach im Allgemeinen.
§. 96. [fol. 3] Anno 1494 die junii xv tradidit mater binas sigil-
latas litteras Nicoiao armbruster^ unas super iüi morgen et
X3txvii rudon bratorum [pratorum]; secundas impignoratas pro vi flo-
renis; videlicet caveant de xii achtel vel malder siliginis; sed sunt
impignoratae, quousque de litteris aliis caventes [caventibus?] de sex
florenis mater prouideatur [provideat]. Item habuit et antea diu litteras
caventes desuper iij flor.
§. 97. [fol. 8] [Anno 1494 duodecima novembris]. Item hat myn
mutter Qylbrechte die schnjdbanck geluwten.
§. 98. [fol. 45] Anno 1495 die tricesima decembris; annum ab
initio ianuarij inchoando, solui ex parte matris exactionem^
quam domini de consulatu imposuerunt eodem anno et solui noveni
aureos et duodecim solides^ et vi d. pro xviii & census, quem censum
soluit magister iohannitarum^ et hij restituent eosdem vi d. Hanc
solutionem feci in stubella vff dem romer sederuntq. ex parte con^
sulatuS; qui hanc exactionem a me receperunt^ Cristianus folcker,
tanqum scabinus^ Johann zum iungen, tanquam domicellus
et Scheffer hen seniar, vt vnus ex plebeijs^ et tan-
quam scriptor. Jn alia stubella^ in qua picti sunt principes secundum
ordinem, sederunt Ortt zum iungen^ tanquam scabinus
Eisdem^ dempto quod non erat Cristianus folcker eodem in
loco^ et eandem quantitatem videlicet viiij fl. 17 h. ex parte matris
solui. Actum anno domini 1496 die decembris vicesima [1. tricesima] .
§. 99. [fol. 53] Anno 1496 die octaua hab ich possesion ent-
phangen von wegen mjner mutter von dem schultheyssen vnd schef-
fen zu kaldebach bj bonmeß vber die x achtel kpmgulte, die mjn
r
mutter kaufft hatt vor hundert gülden vmb Cuncz schwalbach iuxta
litteras, quarum initium 151: Joh. Cuncz von schwalbach vnd ich
Else etc. et finis litterarum est: Geben nach christi vnsers herren
geburt dusent vierhundert nunzig vnd sechs iar vff fritag nebst noch
vnser lieben frawen tag zu latln genant anuntiationis. Aderat ibi
. — 129 —
WaltheruB de fischbom, primus officialiB in bonmeß; quem et scul-
tetus et scabini et venditor rogarunt pro sigillo et venditoris vxor,
pr^se^te me et Nicoiao schorrebrant; vulgo Niclas armbru-
Bter genannt; qui ob eormn preces sigillmn 8uum i^pendit
§. 100. [fol. 63] Anno 1496 5. septembris sigillaui octo quitan-
tias matri« Piima x fl. sub titulo reemptionis in geyhihusen ; secunda
xüi fl. continebat ad vitam matris ; tertia xx fl. sub titulo reemptionis
in ylma; quarta xiii fl. ad vitam matris in norenberg; quinta xüi fl.
ad Yitam meam, olim etiam ad vitam Ann^ sorororis; in erfurdia;
sexta xüii fl. sub titulo reemptionis in erfurdia; septima xüi fl. ad
vitam Bernhardi fratris in erfurdia; octaua x fl. sub titulo reemptionis
in hochhejm. Fratri meo sigillaui vnam quitantiam super 8 fl. ad
vitam suam ei; matris in er^rdia. Anno 1498 sigUlaui decem quitan-
tias matri; fratri duas.
§. 101. [fol. 66] Anno 1496 hab ich eyn gewalczbrieflT versiegelt
zu vorzyhen* vff zwen morgen ackers vnd fünf fyrtell mynner
üü rüden ; gelegen ynn der bockenheymer termyni, die myn mutter
vor ym iar 1490 verkatdSft hatt Classen mertellern vnd Hen ym
hoff', der iimflrawen zu wyssen frawen lantsydell, vnd hatt[en] die buwe-
ren keyn genügen dran^ sie werent dan noch gewonheytyrs gerichtcz
gewert. Darvmb gaben Bernhart; myn bruder; vnd Martha ; myn
Schwester; rniyr eyn gewalczbrieff von yrer zweyher wegen zu vorzy-
hen ; also bracht ich dissen gewalczbriefi* vor das siezen gericht zu
bockenheym; den liessen sie zu vnd darnach vorzieh ich von wegen
myns bruders vnd Schwester vnd mynet wegen. Also wurden wir vß
dem lant von gerichcz wegen druß gesetzt vnd die obgenanten bue-
ren dryngeseczt vnd den gewalczbriefi* wolt myr das gericht nyt
Widder geben. Actum anno 1496 die octaua nouembris. Von myns
bruder Conracz wegen könnt ich nyt vorzyheU; den er was zu
Venedig.
§. 102. [fol. 69] Anno 1496 die vicesima decembris solui exac-
tionem ex parte matris ; videUcet nouem flor. duodecim ß. et vi h.;
dominis de consulatu traddidique Jobanni zum jungen et iSchef-
fer benn et aderat scriptor Johannes schneglin. Cristianus fol-
cker debebat adessC; sed non erat. Actum in prima stubella versus
gradus vff dem Eomer, vide supra in anno 95. [§. 98.] Die 30 de-
cembris tandundem [1. tantundem] ex parte matris.
§. 103. [fol. 84] Anno 1497 decima quarta martij sigQlaui matri
octo quitantias; primam de x fl. titulo reemptionis in ciuitate geyln-
» verzichten.
— <30 —
husen^ secundam xx fl. sub titulo reemptionis vlm^^ tertiam xiii fl.
ad vitam matris norrenberg^ , quartam de x iL redimendis in viUa
hocheym^ quintam xiii fl. ad vitam matris argentin^, sextam xiii fl.
ad vitam meam et AnnQ sororis^ nunc defunct^^ erfiirdi^^ Beptimam
de xiii fl. redimendis erfordi^, oetauam xiii fl. ad vitam fratris Bern-
hardi erfurdi^. Fratri sigillaui vnam de octo fl. ad vitam suam et matris.
Anno 1498 ipsa die Petri et Pauli sigillaui matri quitantias 8 de
20 fl. sub titulo reemptionis^ quos praestant vlmenses/debitos auteni
ipso die natiuitatis Johannis baptist^.
Dum vero ego wurmati^ fderam, sigillauit frater Bembardns
qu^dam, qu^ nescio, attamen alias nihil pr^ter quitantias.
§. 104. [fol. 86] Anno 1497 die nona appril solui ex parte
matris^ fratris Bernhardi, Boler hens^ AgneS; coqu^ nostr^; et All;
Cuncz flecken tochter von sprenlingen, in solutionem regii exaetio-
nis iuxta decretum a tota vniversali congregatione imperij wormati^
ordinatum, videlicet in anno 1495^ videlicet quilibet in bonis habens
quingenta soluat medium aureum renensem^ habens mille soluit aureum^
et si vltra mille millia haberet, non tamen prestaret nisi aureum,
habentes vero minus quingentis vel etiam nihil habentes, vt famuli
et famul^ aliique, dumniodo ^tatem quindeeim annorum habeant,
soluit qu^que persona vicesimam quartam partem fl. renensis.
Sicque ego die pr^fata pro me solui 1 fl., pro reliquis quatuor per-
sonis iiii ß monet^ franckfurdensis. Hij [?] autem ordinati erant a
consulatu pro colligenda dicta exactioue Georgius frosch, äff i nis
meus, tamquam scabinus, Hamandus hulczhusen, cognatus
mens, vt domicellus, et quum solui ego, eo tunc non erat pr^sens
Bechten iohannes, tamquam de vulgäribus. Et quidem aderat
scriptor Johannes schneglin. H^cque prima est solutio, quam nos
pr^fati soluimus, sie enim soluetur ad quindecennium iuxta ordina-
tionem supra dictam. [Spätere Notiz:] Sed depost minime practica-
tum, eo quod pecuni^ h^c non vertebantur in publicum profec-
tum etc.
Dienstboten im Rohrbaeh'schen Hause.
§. 105. [fol. 69J Anno 1496 die decima nona octobris hermanus
de Liech locauit operas suas matri, die vero 17 decembris abijt de
voluntate matris.
[Diebstahl einer Magd des Hjnsbergischen Hauses §. 147.]
§. 106. [fol. 117] Sedecima julij anno 1498 Hensell juuenis
noster, fllius Cremer hens, abijt de domo nostra, non petita venia
- 131 -
et insalutato hoBpite^ adeO; quo se contalerit^ignoremus; nee quitquam
abatulit; sed vestibus exignis^ non etiam indutus caligis; sed eamisia,
toga> pallio et capotro indutus abijt.
§. 107. [fol. 124] Anno 1498 deeima quarta octobrie ist mir
stompfflichen anbracht durch Eylchin von sprendelingen, wie sie sich
fillicht ongeuerlich mit werten vorlauffen mag haben gegen Giessen
henn [cf. §. 26 u. 75] y die £e berum^ doch glaub ne nit^ das schaden
bring; oder wie dem allen hab sie ejn ring von im genomen vnd
besorg sich vß sjner red^ sie hab mer vnd witter geredt, dan sie
vormejnet Darumb so er sie haben woU; woU sie im gefolgig syn etc.
Uff das hab ich noch irem bruder vnd ires bruders schwer [swdher]
geschickt vnd den bruder gegen ir widder vertragen ; der den fast
onwillig war, das sie von solichem handel im noch vnß keyn wissen
gethan hat; noch dem giessen hen befoln [foL 125] syn frund mit
im zu bringen; hat er ako bracht sin vater Cunczen zinghen vnd
hansen siner Schwester man, myn geuatter. ,Da sie also by
eud ander qwamen y noch filen furhalten vnd nach Gelegenheit irrer
beider ist nichts witter beschlossen worden^ dan das eyn kuntschaflft
abgeredt ist worden noch gewohnheit disser stat zwischen innen^ wo
sie Kind gepur^ die will auch der gemelt giessen henn^ [suppl. der] zwo
dochter von der furderigen frawen hett, vnd das, so ens eyn erbar ratt
hie verwilliget vnd zugeb; sust so ens nit zugelassen durch den ratt
wurd^ sal ens noch gemeynen rechten vnd gewonheitt gehalten wer-
den. Noch dieser abredung byn ich vnd zinghen von frunden Eyl-
chin das also zu erofihen verordenet worden, das ich auch also in
myner mutter kochen gethan hab in by wesen des icz genanten zing-
hens vnd der gedachten Eylchins Schwester, vnser meyt Agneßen
[$. 104], vnd eyner frawen. Als aber solichs gescheen war, begerten
die frund, das der hantschlag geschee, vnd hatten mich, Jop, das
ich sie zusamen geb, das ich den also gethan hab vff den obgemel-
ten tag vmb drij wuer [Uhr] nochmittag. Actum h^c omnia in domo
nostra, der wizhuser hoff genant, in pr^sentia pr^dictorum, item
et Jacobi nehusen, viri consularis, et meisterNiclaß armbruster,
quos specialiter ego hüic caus^, vt Interessent, vocaui; mater etiam
huic actui pro tunc interfuit. Vnd das die erste .Ehe, die ich gemacht
vnd zu sam geben hab, got geb, das wolgerat. Amen.
§. 108. [fol. 126] Barbara, Hanß kneyffen, doliatOris ac incol^
opidi huiuB, et Elßen filia, iniroijt domum nostram ad famulandum
genitrici als eyn vndermeyt, 24 octobris anno 1498. Abijt de post,
kathedra Petri. anno 99.
9»
IL Frankfurter Sachen.
1. Zeitgeschichtliches.
§. 109. [fol. 3J Anno 1494 die janij 14 wormatieivies iuramnt
fidelitatiem serenissimo regi Maximiliano etc. solutique sunt a ditione
palantini; si est^ vt fertur.
§. 110. [fol. 78] Anno 1497 prima ianuarij; vt arbitrof; obiit
generosus comes Johannes de jsenberg^ frater comitis Lndwici de
ysenberg; dominus in budyngen.
2. Das Beichskammergericht in Frankfurt
§. 111. [fol. 38] Anno 1495 in mense septembre consules franck-
furdenses aulam ad cameram in domo zu brunfek conduzerunt qua>
tuor annis ea lege^ vt pro quolibet anno 30 fl. exsoluerent pro
mercede^ et si intra pr^fatos annos renuatiarent conductioni, tunc
^dificata manebunt dominis domus et censum pro temporis rata soluere
tenentur. Hac conuentione habita^ mox machina et sedes cum scamnis
construuntur pro iudice camer^ regalis et assessoribus. Stacio etiam
propria pro procuratoribus seu oratoribus causarum ordinatur. Et
fenestris ornatur deinde iudicis tribunal et assessorum et tabeUionum
scamna pannis decorantur. Novus ascensus ad aulam per gradus
struitur. H^c aula sie expedita iudici regalis iudicii et suis assessori-
bus est deputata, in qua audit causas et sententias profert. Anno
1495 vltima septembris ascendit Serenissimus [fol. 39] Maximillia-
nus^ romanorum rex; aulam et iuramenta a gener oso domino, do-
mino Yttell Friderich de zolert comite, tamquam iudice accepit
et ab onmibus assessoribus aduocatis procuratoribus et tabelüonibus
sicque pr^fati omnes regi in propria persona assistenti iurarunt et [?]
verum in hijs^ qui tunc aderant; hij vero; qui neglexerunt vel non
aderant; depost iudici iuramenta pr^stiterunt.
— 133 —
§. 112. Deinde terda die nouembris anno^ quo snprS; genero-
Bos dominiiB comes de zoler iudex aulam ascendit et iuramenta
pr^stitit quibusdam asseflsoribus et uni ex tabellionibus; qui antea non
iuraront; dehinc in snam sedem seditet assessores partim ad dexteram
locauit; et hi erant doctoreB, partim ad siiuBtram et hij nobOeB erant^
non tamen doctoroB^ eratque unuB ex nobilibus comes dictuB
de EberBteyn. Cumque sedebant^ mandauit iudex procuratoribuB ^ ut
causaB iuxta normam ipaiB traditam wormati^ agitarent, et Bi in ea
«nergeret quiB defectUB, emendaretur per eum succeBBU temporis.
Et primam doctor engelender, fiBcaliB regis; agitabat cauBam
ex parte regi« maieatatiB tanquam actoriB aduerBum comitem
demörf. Et in bac prima audientia Bedebat iudex pr^fatuB cum quin-
que doctoribuB in dextra et comes de ebersteyn cum tribuB
nobilibus in sinistra iudicis. Item aderant du'o Bcriptores, qui acta,
quae aguntur in iuditio , Bcribebant , quorum vnus Johanes starck,
alter Ambrosius dietherich appellatur, et hij duo secretarij dicnntur.
AliuB etiam erat scriptor, qui instrumenta legebat publice. Erat et quar-
tuB et iBte specialis erat scriptor iudicis. Item erat et pedellus. Item
aderant octo procuratores seu oratores causanun. Et h^c fiiit prima
sessio iudicis seu prima audientia camer^ regalis; licet wormatiQ
s^pius audientiam dederit, tamen revera non nisi ymago hujus fuit,
ut Omnibus patet Hoc acto, ex camera, quQ adh^ret aulQ prefatQ,
stuba formatur, ornatur [fol. 40] fenestris et scanmis etc. et in ea
causaB et fiententias tractant.
§. 113. Anno 1495 27 die nouembris pr^stitit comes Yttell
Friderich, iudex regaUs iuditij camer^, iuramenta Jacobe leyer et
Cunz schryner tamquam cursoribus, qui iurarunt die, quo sup'ra.
Anno 149Ö .die secunda nouembris doctor Bernhardus schefferlyn
pr^stitit iuramentum assessoris, et iurauit quidam nuntius eodem die.
§. 114. Secunda nouembris Anno 1495 hatt des römischen
konigs perseuant alle phede brieff von romer abgenomen vß yrsach,
das vnser her der konig alle phede, die disse statt vff das mall hat,
hingelacht hatt
§. 115. [fol. 8&j Anno 1497 duodecima maij marchio lacobus
. ... de baden, Iudex iuditij camerQ vna cum asBessoribus vltimam
pr^buerunt audientiam. Ex eo enim die iuditium camer^ translatum
est a franckfurdia wormatiam.
§. 116. {fol. 90] Eodem die [sc corporis christi et vicesima
quinta maij anno 1497] inuitavit Eberhardus de husestheym et
Guttgjn, uxor sua, ad c^nam ad ortum, quem habet extra muros,
dictuB nydennawe, yidelicet marchionem lacobum de baden supradic-
— 13* —
tarn (qui Becom habuit dta dorlinger et duos aUos nobilee sibi ser-
nientes ad tabniam); doctorem [fol. 91] de nideck; lohaxmem pleniger^
Vitom de walrod^ equitem auratum, onmes bij assessores iudilij
camer^ nobilesque, ........ scliaczmeyfter imperij^ comendatorem
domns dominorum theatonicorum, nomine Päncratius de rynBtein;
GoffSeui; de kleben, auch echaczmejster, Fridmcum von fylsch^ capi*
taneum franckfnrdengem; doctomm Valentmnm cum Mar-
greta sua legittima^ iuditij camer^ procoratores^ Henn glaaburg,
Ciaram tixor[em] suam^ Hans von lyn^ Sjffart knobelach^ C^Iiam^
oxorem Buam, Yrsulam^ relicta[m] Walten Bchwarczenberg'S; Agne-
tem, reUctam Hertuani yrgerBcheym^B, Otiliam^ relictam Amoldi
glauburgs, Katherinamy relictam Gilberti hnlczfansenB; Ludwicum hnlcz>
hnBCQ; dictQ katherine filium^ Elchin, relictam Bemhardi rorbachs,
Bemhardum et Job rorbach, nati dict^ Eylchins, Margretam, uxorem
Hamandi halcshuBen, Frönicam, legittunam lacobi wiBBcn, Fridericom
[Geprgium] flach; Annam, uxorem eiuB, officialem zum gohBtejn, Ag-
netem, virginem et filiam Stefiashans. Hob omnes pr^fatuB £berhar-
duB laute honorifice admodum cibauit actractauit. Deindedie vicesima
sexta maij abiit marchio cum aliquibuB aBBCBSoribuB wormatiain.
3. Fremde Fürsten in Frankfurt^
§. 117. ffol. 60] Anno 1496 prima augusti aduenit franckfur-
diam illustris dominus Philippus palatinus cum filiis Septem et filia
vna ac cum filio ducis Georgii de Bauaria. Aduenerunt etiam epis-
copus medburgensis; nomine ac ejus frater Johannes, dux
de saxonia; cum Ulis aducitur mater vxoris palatini ' pr^fati cum
duabus alijs principissis. Et l^ti cum triumpho conuiuia celebrabant,
trepudiando in domo dominorum theutonicorum et in domo domini
treuerensis episcopi. Tercia augusti abierunt.
§. 1 18. [fol. 60] Anno 96 prima die augusti Johann kreutter macella-
rius, vt vnus de consilio, ^o Job rorbach, Jost kronberger, Jobann
kloppheym, nos quatuor ex mandato dominorum de consilio ob aduen-
tum principum supra scriptorum armati ascendimus hora secunda
post meridiem pro custodia seu vigilia noctis et diei facienda turrim
supra pontem, quQ propinquior est domo dominorum theutonicorum,
wulgo der neuwe brocken thorn genant. Moram in ea fecimus vsque
in seoundam augusti, tunc mane hora quinta descendimus.
— 136 —
4. Raths* und Bürgermeisterwahlen.
§. 119* [fol. 1] Anno 1493 secunda maji Uamandus de hultz-
husen et SiffridnB klobelach assumpti sunt in consilium franck-
fordi^.
§. 120. [fol. 20] Anno 1495 prima maij electi sunt de consilio
firänckf. in magistros ciuium Johann glauburg^ tamquam scabi-
nus et senior, et Claß roddngen, tanquam junior, et pr^cedenti
anno fuerunt daniel brom, tamquam scabinus, et Johann zum
iungen.
§. 121. [fol. 55] Anno domtni 1496 prima die maij in magistros
ciuium sunt electi Johannes de ryn, vt senior, et Conradus,
»chytt
§. 122. [fol. 87] Anno 1497 in die marci euangeUst^, qu^ est
25 apprillis assumpti sunt in consulares Wolff blüm senior, affinis
mens, Johann hann, Claß stalburg.
§. 123. [fol. 88] Anno domini 1497 prima maij et die lun^,
rogationis ebdomade, in magistros ciuium sunt electi Fridericus de
Alczen, licentiatus juris, tamquam scabinus, etHeynri'cus de
rynn, vt domicellus.,
§. 124. [foL 114] Anno 1498 prima maij in magistros ciuium
franckfurdi^ electi sunt Karolus hynsperg, vt scabinus, et
Michael sehwarczenberg, vt domicellus, hij duo anteanunquam
pr^fuere ofßtio tali.
§. 125. [foi. 188] Anno* 1499 prima maij electi in magistros
ciuium Ortt zum jungen scabinus et Jacobus neuhusen, vt
domicellus.
§. 126. [foL 141] Anno 1499 nona iulij duo hij, videlicet Con-
rad Bchytt etHamandus hulczhusen, in scabinos franckfurdenses
sunt electi.
§. 127. [fol. 141] Auno 1499 sedecima julij accepti sunt in con-
silium franckf. et in consulares creati Jacobus stralnberg, nondum
vxoratus, Gilbertus hulczhusen viduus etThomaß maß vxorem
habens, omnes vt domicelli.
§. 128. [fol. 152] Anno domini 1500, qui erat jübil^us et bisex-
tilis, prima die maij in magistros ciuium sunt electi Cristianus
folcker, vt scabinus, et Wolff bl um e iunior, tamquam domicellus.
Nee quisquam iUorum pr§fuit retro illi officio.
- 136 —
5. Amtleute.
§. 129. [fol. 2] Anno 1494 in mense junii vel paulo ante electos
est Oeorgius flach in officialem zu goltsteyn per dominos de con-
Bulatu franckfordi^.
§. 130. [fol. 2] Anno 1494 in mense augusti electuB per dominos
de consilio franckf. Walterus fisehbom.in officialem zu bonmesa
ingregflUBque est officium circa festum Michael eodem anno.
§. 131. [fol. 169] Anno domini löOl vicegima nona apprilia
Georgius flacb^ nobilis et officialis consulatus hie zum goltsteyn circa
magannm^ sepultus est hie apud minores et, vt arbitror, die pr^ce-
denti reddidit domino spiritum.
§. 132. [fol. 169] Anno 1601 in mense maij electus est a con-
sulatu Johann hulczheymer, cognatus mens, in officialem zum goltsteyn
in locum Georgij flach hie suprascriptL
[Jobann Holzbeimer; früher Amtmann zu Bonames, §. 13. 80. 177.
183. 185. Nicolaus von Babenhausen, früher Amtmann zuGoldstein,
§. 14 §. 177. Erban Tagel, officialis in Erlenbach, §.48. 334.]
6. Städtische Hauptleute.
§.133. [fol. 155] Anno dominj 1500 die 14 julij aducitur huc
ad habitandum et ezercendum officium capitanei nobilis Johann mor,
Capitaneus nouiter assumptus in locunf Friderici de fylsch, qui
ob infirmitatem cessit, et dictus Johann mor in illius locum assumptus.
§. 134 [fol. 171] Fridericus de fylsch, olim capitaneus huius
oppidi, obijt vicesima sezta septembris anno 1501, relicta vxore et
nullis liberis. [cf. §. 116. Friederich von der Fylsch §. 257. Johann
Mohr §. 290.]
7. Richter.
§. 135. [fol. 54] Anno 1496 vicesima sexta aprilis Gerla,ch
zur alten wagen ist eyn oberster richter worden.
§. 136. [fol. 88] Anno 1497 nona maij hat man drihen richtem
gerufft vor den sitzend Ratt vnd yh die steh oder stecken genoinen
mitt namen Gypel hennen vnd Schaffmans vlrichen vnd Hartmutten
Restituti sunt ad officia die vicesima tertia maij annO; quo
supra.
— 137 —
8. ßäuber und Feinde.
§. 137. [fol. 14] Anno 1495 deeima octaua ianuarii succenderunt
hostes horreum yn rad sagittando ignea tela.
§. 138. fol. 18] Anno 1495 deeima die apprilis vnus hie com-
bustus est^ qui et latrO; de noBtris adverBariis.
§. 139. [fol. 20] Anno 1495 oetava maij fama de hostibuB seu
latrunculis; videlicet die hutteschen vnd Jost frundt etc. cum coheren-
tibuB; orta est; quod adesBcnt et damnum seu pr^dam arripere pr^-
tenderent ideoque pulsata est campana, qu^ wulgo est gemperlyn
nuncupata^ ad cuius sonitum omnes ad hostes fugandos et se defen-
dendoB currunt et eucurrerunt, et tum de gratia dei nihil lucri
habere latrones poterant, nee a nostris aliquis aduersariorum captus;
vel visuS; nisi a paucis. Item in anno antea 93 pulsata est pr^fata
,campana gemperlyn in marcio^ eo quod ribaldi spoliarunt quendam
pastorem sua grege ouium; licet pastor nee oves^ ut fama fuit, ad
iurisdictionem franckfurdienaium pertinebat, nihilominus tarnen oues
retinebant et vendebant.
§. 140. [fol. 27] Anpo 1495 Beptima junij; erat dielt penthecostes^
vndecima hora ante meiidiem pulsabatur campana wulgo Qemperlin
eo, quod latrones noBtr^ civitatis; videlicet die hutteschen et jost
frund etc.; centum rapuerunt vaccas; quQ fuerunt rusticorum yn
nyder rad^sed tarde nimis rescitum est et tarde nimis persecuti sunt
nostri latrones.
§. 14fl. [fol. 3:^] Anno H95 die 23 julii latrones JoBt frund vnd
die hutteschen cum reliquis miseris modis et multiplicibus vulneribus
necarunt duos piscatores circa rumpenbeym; unum tot vulneribus
repleuerunt; vt mortuus ad ciuitatem traductus est, alter semianimis
in nocte spiritum tradidit Dehinc videlicet 25 julii supra dicti rapue-
runt 19 vaccas; 27 equos et equas vna.cum eorum iumentis czu
durckelwyll. Item deinde 26 augusti pr^fati latrones vaccas^ porcos
(equos paucos) et quingentos oues rapuerunt zu durckellwill. Item
ultima septembris combusserunt tecta octo in bonmeß sagittando tela
ignea et hij;^ qui sagittas emiserunt; die sequenti per Hteras hostilita-
tem indixerunt Act. anno 1495.
§. 141. [toi. 34] Anno 1495 die 17 Augusti latrones Jost frundt
cum suis combuserunt sepes et hostia vff dem knobellachs hoff, qu^
curia est Wolff blumenS; filii quondam Georgii blumens. Actum in
nocte.
§. 142. [fol. 37] Anno 1495 die 4 octobris pulsata est campana
Gemperlyn vulgo dicta, eo quod visus est exercitus, videlicet Tom-
— 138 —
hanrud [?], magister 'curiQ archiepisoopi moguntinenflig^ cum militibuB,
equestribuB; ideoque enht arbitrati homines esse de latronibuB, qui
pr^dari cupermit, et armati exienint, sed cum sentiebant eoB non
fuiflsey reuersi sunt in pace.
9. Nächtlicher Unfug.
§. 143. ffol. 8J Anno 1494 duodecima nouembris in nocto in
vicu institorum omnia manubria; pedes vel ligna pendentia ante
hostiam^ quQ pulsare solent volentes ingredi, abscisa sunt et proiecta
Bupra cymiterium pr^dicatorum et rupt^ Bunt aliqu^ fenestr^ iaculis
in ecclesia pr^dicatorum, nee Bcitur; quiB fecerit.
10 Strafen.
§. 144. [fol. 4] Anno 1494 die 22 augUBti suBpensus est hie
vnuB.
§. 145. [fol. 6J Anno 1494 die 26 septembriB decapitatuB est
vnuBy ob Bcdicionem factam in nundiniB, noctu portiB clausis circa
maganiun BepultUBque in ecclesia sancti spiritus ob honorem paren-
tum Buorum. Erat de babenberg.
§. 146. [fol. 6] Anno 1494 prima octobris suspensus -est rusticus
hie de prunheym.
[OombuBtio aduerBarii §. 138.] ^
§. 147. [fol. 57] Anno 1496 die nona julij margreta y
coqua Earoli henspurgis af&nis et Bororts MarthQ^ traducta est in
carcerem turris sanctQ katherin^ ob varia et magna furta^ qu^ sub-
traxit domino et domiuQ suis pr^fatb^ licet addixerit seu promiserit
fidelem ipsis famulatum etc., uti solent promittere famul^, fuitque
tribuB vicibuB vna die tracta seu extensa per laqueum. IBmissa autem
de carcere die 29 julij ea conditionC; ut franckfurdiam nunquam
reuertatur. Precabantur pro ea principes duO; principissQ tre«^ qui
casu peregrinando ad aquisgranam per hanc ciuitatem [6x]proficis-
cebantur. [cf. §. 117.]
§. 148. [fol. 63] Annö 1496 die 16 septembris crematus est iud^us
quidam eo^ quod monetam abscindendo falsificauit
§. 149. [fol. 69] Anno 1496 die sedecima decembris quidam
mulier per iusticiam virgis c^sa per ciuitatem.
§. 150. [fol. 78] Anno 1497 vicesima septima ianuarij gladio
punitusHans dracfa, eo quod stoprum et incestum perpetrauit^ cogno-
— 139 —
oit et vxorem et socrum. L. si quis adnlter ad I. jul. de adalt. Et
cnm eo dnctiiB für, qui Buspensus est patibulo.
§. 151. [fol. 100] Anno 1497 prima seplembris suspensus est
quidam, qni furatns calicem in nauique forensi apprehensus [s. est].
§• 152. [fol. 112] Anno 1498 sexta aprilis et veneris post judica
tres insignes latrones combusti hic^ qui licet omnibus sceleribus fhe-
rint dediti; tarnen pr^cipue in dominico corpore deliquenmt; fiirati
namque in diepurg monstrantias ac vas ipsum^ in quo contin^bantur
consecratQ hosti^; vnus ex eis xvi consecratas bostias deuorauit^ alter
paulo minus. Pr^terea plura gazophilatia spoliarunt et hie ad sanctum
Petrum homines trucidarunt^ alios spoliarunt.
11. Bauten und Häuser.
§. 153. [foL 6] Anno 1494 ruperunt muros turris acialis iuxta
portam maguntinam usque ad carcerem et de nouo inceperqnt ^di-
ficare eam incipiendo super caroerem et redegerunt eum in fbrmam,
in qua nunc est, et perfecta est in mense septembri et dealbata
depost.
§. 154, [fol. 19] Anno 1495 in apprili haben die herren vom
rad das zolhuß vfigeschläg^U; daryn man furters sali den zol von
pherden nemen ynd vffheben vnd stet das selb büß vff dem Boß-
marckt vff dem hyrczgraben by hanf Schmyden hiiß.
§. 155. [fol. 28] Anno 1495 in mense junij vel paulo ante hatt
der ratt die krem von der wober Ejiuffhucz an byß her fiir an das
eck der barfusser lassen von neuwen anfahen vff zu schlagen vnd
die selbige gasse wytter gemacht vnd zu gegeben, also das sie vor
den selbigen kremen vmb funff werck schuch wytter ist, den sie for
war, vnd hatt zum ersten feyU gehabt yn den selbigen newen
kremen yn der herbstmess anno 95.
§. 156. [fol. 1] Anno 1494 in die Petri et Pauli apostolorum hatt
der thoner yn bockenheymer thom geschlagen vnd man vnd frawe^
die daruff wonten, gelecziget, doch sterben sie nit daruon^ vnd das
gebewe zur bruchen vnd vorbrent. Diß ist geschehen des morgens
zur sexten stund. Uff die selbige zitt war Kryngen hulczhuserin vnd
Gilbrecht yr sun vnd myn mutter Eylchin rorbecher vnd ich Job zu
Emps ym bad vnd vff- sant Petter vnd Paulus abent war eyn mechtig
groß ongewitter des obencz vnd fillen J^yssel, die grosten als zillich
huner Eyer, die kleynen alle als duben eyer.
— 140 —
[Wiederholte Erzählung fol. 4: Anno 1494 in die Fein et Pauli
flpoBtoIorum hat der thonner in bockenheymer thom geacbalagen ynd
die frauwe heftiglig vorbrent vnd den man auch^ doch syn sie myt
dem leben dar von komen vnd haitt das gebeuwe^ was von
holtzwerg gemacht^ alß zurbrochen vnd zurspalten.]
§. 157. [fol. 72] Anno 1493 super fundamentum^ quod prius erat^
est «dificata turris; wulgo der bockenheymer thoru; et in formam
redacta eam, ut cemis.
§. 158. [fol. 72] Anno 1496 hatt der Ratt zu franckfurt eyn
raelwag vff gericht yn der Escheymer gassen nah by der porten.
Mer hat man auch eyn newen bron da uffgefurt, daran hatt der Ratt
eyn steheuwer geben^ das vberig haben die nachbar vnd die darumb
wonnend müssen beczallen, vnd hat myn mutter von yren hoff myt
sampt den zynshüßlin gelegen yn der obgemelten Eschenheymer gassen
musen zallen.
§. 159. [fol. 83] Anno 1497 prima martij cecidit turris vff dem
klobelachshoff extra portas. Antea structura erat satis fortis^ circum-
ducta, fossata et aquis^ diruptaque funditus reparari non potest, nisi
de nouo ^dificetur [cf. §. 141].
§. 160. [fol. 149] Anno 1500 tertia februarij ipsaque die beati
Blasii reparatum seu renouatum est superiori parti su? patibulum hie.
12. Rathsverordnung we^en der Ratten.
§. 161. [fol. 135] Anno 1499 undecima apprilis ist hie angefan-
gen von dens Ratts geheiß> das man eyn yden menschen, der ein
totte ratzen bringt vff die brücken «wischen eilff vnd zwolffen, der
selbig hatt eyn k., den im den einer gibt, der darzu verordent ist,
die Ratzen zu entphangen, vnd nympt die selbigen vnd hewt inen die
schwentz abe vnd worfll sie als bald inn meyn.
13. Naturereignisse.
§. 162. [fol. 4] Anno domini 1494 mesis omniom frugum est
collecta et in horreum traducta, videlicet siliginis, tritici et auen^ etc.
ante mensem augusti.
^ Ein Wort wie manita scheint ausgefalien.
— 141 —
§. 163. [foL 4] Anno 1494 in die S. Jacobi habebantur racemi,
adeo quod vendebantur aliqui.
§• 164. [fol. 14] Anno 1495 tonitmit die decima et vndecima
iannarij.
§. 165. [fol. 37] Anno 1495 ym september vnd jm october
haben die bangen dorn wiclder geblüwet, also das man fiinden hat
roitt vnd wiss gefo'lt vnd vngefolt haün rossen; item morgen droppen
blmnlin, item haben fyll bäum wyder blütt gehabt, item fyU kom
blumen vnd ander.
§. 166. [fol. 54] Anno 1496 die octaya apprilis^ qu^ erat sexta
post diem pasch^, synt ob sechs hundert gutter wolgemester schwyn
zu franckfurt feyl gewest vnd hat eyn gutt schwyn vor eyn gülden
kauffk; das man vor drien iaren nyt woU vmb drij gülden hett konden
kauffeU; vnd menig fart darnach hatt uff die fritag vnd sust schwyn
feyk gehabt vnd haben fiU lud sie kaufft vnd gestochen; glich als
man sunst plegt zu winterzitt zu thun.
§. 167. [fol. 55 ad Calendas maias anni 1496] Illo etiam tem-
pore moganus et rehnus [adeo] excreuerunt; adeo vt aiebant homines
se eo tempot*e anni non meminisse äqualem illorum fluminum abun-
dantiam; manauit moganus durch die farport et per plures alias
portas.
§. 168. [fol. 73] Anno 1497 synt vberschwencklich vnd eyn
grosse menge krawen oder krehen gewest; die da angefangen haben
ym, iar 1496 vnd ym iar 1497 vergangen, oder ym iar 1497 ist eyn
mechtige große geschwoorm der kofferyn gewest
§. 169. [foL 73] Anno 1497 synt fyll huner suchtig an der grossen
kranckheyt vnd auch fill dar an gestorben; maxime vemali ^stualique
tempore.
§. 170. [fol. 75.] Anno 1497 octaua ianuarij alluvio magani ex-
creuit; ita vt ascendit vltra schansteyn vsque ad domum Ruperti
mones; adeo quod aliquibus diebus intrauit per omnes portaS; claude-
banturque portQ omnes pr^ter portam sancti spirituS; quQ nocte vna
non claudebatur. Et ob eins excrescentiam dimissa sunt diuina in
ecclesia diui leonhardi vsque in duodecimam ianuarij; nee poterant
naues a maguntia ascendere per dies aliquott. Duodecima port^ re-
serabantur. Nee hijs diebus operari poterant moUitores ; celaria
variä ac plura repleta aquis. Rursusque excreuerunt et moganus et
Rhenus ac omnia fluuia in hac regione effecta maiora; quam antea,
adeo vt rethro in sedecim annis non fuere flumina abundantiora.
xviii ianuarij moganus se extendebat plene vsque ad ecclesi^ introi-
— 142 -
tum^ vbi-per gradas ii^edittir. Denno etiam diaina obmiBsa die xy
ianuarij vsque ad 22 eiusdem mensis.
§. 171. [foL 171] Anno 1501 in die nicolaj noctu infra nonam
et decimam horaa flante vento yaUdo tonitrua valida audita Bunt^
fulgura visa grandineaque ceddere. De tonitmo vide etiam supra
fo. 14 [§. 164].
14. FranzöBische Krankheit
§. 172. [fol. 56] Anno 1496 tempore ^Btatis et verne [vemoj ist
eyn ongehort grußlich vnd erschrockenlich kranckheyt vnder die
theüschen von den walen komen^ diewalen haben sie krieget von den
franczosen vnd wyrt diß krankheit genent mall franezoß; vnd
regirt fast in deutschen landen^ noch fyll mer in italia vnd frantia.
Die kranckheyt macht den menschen onseglich ongeschaffen ; welcher
sie hatt; ist vber gancs sin lipp foU schwarcz rotter blätteren ; wert,
eyn teyllen eyn halb iar, den anderen drij firteill; den anderen eyn
gancz iar vnd noch dem belibent die flecken an ynen etwen lang.
Ongestalter ding hatt keyn mensch nie gesehen; von solicher oder
d^^lichen kranckheytt nie keyn mensch mer gehört^ auch fint keyn
arczet da von nicht geschrieben^ den als fill, als man nient (?) dar
widder tracht
[Bernhard Bohrbach wird 1498 von der Krankheit befallen §. 9].
15. Gesellschaft Löwenstein.
§. 173. [fol. 6] Anno 1494 secunda octobris donauit Ambrosius
glauburg tres lepores societati stub^ nostr^ et ob hoc facta est
conuocatio virorum et mulienun^ tenueruntque conuiuium et conc^na-
nint et coreaa duxerunt Actun hie zu lebensteyn.
§. 174. [fol. 9] Anno 1494 die 27 decembris donauit AmbrosiuB
gleuburg duos lepores. societati nostr^ in lebensteyn ideoque
connocati sunt et viri et mulieres ad c^nam et ego tnnc pro primo
cQnaoi in dicta societate.
^ 175. [fol. 15] Anno 1495 decima februarij doctor Ludwicus de
paradisO; scultetus huius opidi; donauit societati nostr^ zu lebensteyn
cemum et pr^cipue mulieribus ideoque fiicta conuocatio et virorum
et mulierum ad c^nam, pro simbolo soluit unus iüi ß.
§. 176. [fol. 16] Anno 1495 decima nona februarij conuocata
est societas zu lebensteyn, etiam muUaiim, ad c^nam et soluit unus
vi alb. et tunc primum trepudium cum t^s etc.
- U3 -
%. 177. [fol 16] Anno 1495 die 24 febniarij hatt Johan holcz-
heymer mjr "vmb die geachelschafft zu lebensteyn gebetteu; das sie
myr wollten vqrgunden die fasnacht myn phenig myt yn zu yorzeren.
Also haben sie myrs vorgundet myt solichem vnderscheytt: wol ich
furtters andere faßnacht gesellsclmüß halten; so 0OI ich gesell werden;
das erstemal haben sie myr vnd Conratt zum jungen difimall nach«
gelassen. Vnd darnach üff den 26 tag februarij hatt zum nachtmall
die geselschafil angefangen. Darnach uff den sontag zu nacht, mon-
dag zu nacht, das ist der erst vnd der zweyt dag ym mercz ossent
man vnd frawen vff der stoben vnd darnach vff den iii vnd iiii tag
des merczes ossent beyd man vnd frawen morgens vnd abentz vff
der stoben vnd vff den dynstag, uff aller man fasnacht, stechen
myt kronlyn 6org reyß, Nielaß von babenhusen vnd behylt
Gorg, vnd vff den eschermyttwocb stechen iiii Beysige myt kolben,
zwen mit namen Martins vnd Eberharcz von hussesteyn knecht vnd
zwen vnser soldner myt namen wisbroitt vnd ruttlinger vnd behylten
die soldner, also das wissbroitt die hussesteyheymer knecht zu dicker-
mall feit vnd er doch hart blyb 'siezen. Vnd das geschach noch dem
die frawen widder kamen vß gleuburgs garten. Item do diss^ vffge-
horten, stechen myt kronlyn Conrat zum jungen vnd Conrat mones.
Darnach vff den donerstag zu myttag ossent die gesellen alleyn vff
der stoben vnd rechentten die kochenmeyster Claß von rockyngen
vnd Vlrich nuhuJß vnd die wynmeyster Johan von holczhejrmer,
Philipp wiß, vnd beczalt der man iii gid. Vnd vff den donerstag zu
nacht, das ist der v tag ym mercz^ ossent man vnd [fol. 17] frauwen
vff der stoben vnd ward das selb obent mall yn die forderigen mal
gerechnet vnd warent xuii gesellen, so edel vnd andere, die
beczalten; frawen vnd junfirawen, die galten nichcz, den vff den
eschermyttwocb zum vnderen galt eyn i alb., vnd vor drij huner
gabent die wyttfrauwen iiii ß oder mogent huner dar vor geben nach
yrem willen ; junffrawen gebent gar nichcz, vnd waren frawen vnd
junfirawen, die geselschafil hylten xxviii. Damach vff inuocauit, das
ist der eycht tag ym mercz ossent wyr zu nacht vff der stoben,
gult der man iii ß.
§. 178. [fol. 38] Anno 1495 die octava octobris Cristianus folcker
prodonauit duos lepores societati nostr^ ideoque et viri et mulieres
conuocati sunt ad c^nam et paucQ aderant mulieres, \nrgo vero nuUa.
— 144 —
16. Gesellschaft Limburg.
§. 179. [foL 41] Anno 1495 in mense nouembri hatt Daniel
broni; Bch'effen vnd ßatt der stadt franckfurtt; kauffl; daa hul>
laderem genant ^ gelegen vff dem Eck neben dem Eomer geygen
dem hnßlymburg vber^ da iczunt zur zytt Heyrt wjß yn-wont
vmb ) hatt yor das hxS laderem mytt sampt dem hu&
ratt; der vor die gest gehört^ die yn der mel^ dar yn herberigen^
bezalt eyeht vnd zwenezig hundert golt gülden. Nach dem selbigen
kauff hati der obgenant Daniel brom der geselschafft vnser Stoben
das obgenant huß laderam angemutt zu kauffen vmb das obgemelt
gelt; als er ens kaufft hatt^ das hatt die geselschafft zu grossen danck
angenomen vnd habent vorordenet vnd gemacht^ das ieder gesel, der
vff die selbige zytt gesel sy^ oder die^ die noch nyt gesellen syn^
doch von rechtem vnd mytt recht n3rtt mögen der geselschafft vor-
wißt werden; als die syntt; die von gehurt daraJOT horeu; sollen geben
zwenezig gülden; des die gesellen alsampt wyllig gewest synt. Vnd
darnach vff sant Andreas tag nach alter gewonheyt haben die ges-
seilen; die daczumall gesell gewest synt; vff der stoben gessen vnd
eyn iglicher beczalt xx glden nach dem. vertrag; dens sie yngangen
waren vnd darczu i gülden als von wegen des stoben zyns. Also
hatt die geselschafil von den gesellen; die vff solich zytt hie waren;
vnd v£ den bocksen der geselschafft dusent gülden dem vorgenanten
Daniel bromen beczalt; von der vberigen som; sali man ym ierlich zu
gulde iüi gulden von hundert geben [suppl. fort: bii^ zur] ablosung;
vnd als ofit die geselschafft ii hundert gulden bringt; will er ym
viii gulden ablassen lassen; als lang byß die gancz some abgelost
[fol. 42] wyrdt. Vff den iczgerinten sant Andreas dag synt zu buw-
meystern des huß laderam gemacht Hans vom ryu; Daniel
brom> Gorg frosch; vnd zu stoben meystem synt gemacht Jo-
hann frosch zum affeu; Johann zum jungen vnd Con-.
ratt schytt Item welcher gesell durch bewybung vf die stoben
kompt; der vor nyt von gepurt daruff gehört; der selbige sali geben
drissig gulden. Sust eyner; der von gepurt daruff gehört; gypt nyt
mer den zwenezig. Auch gypt das obgemelt hul^ ladarum xv glden
ewiger golt czu zynß; haben vor williget zu ablosung vnd gybt man
eynem vor eyn gnlden abzulösen xxviii gulden.
§. 180. [fol. 50] Anno d&j bisextili 1496 erat dies decima sexta
februarij vltima carnisbreuii et non fuit vlla conuocatio nostr^ socie-
tatis seu stubQ; veluti omnes mortui fuissemus; sed impedimento nobis
— 145 —
faerant assesBores camer^ inditii ceterique doctores nobiles et
adnocati et proearatoreS; hij namque aderant nimis copiosi.
§. 181. [fol. 42] Anno 1496 vltima decembris primum societas obBoni-
tauit in magna stuba domus ladarum. Obsonij ma^ster^ wulgariter
der wyrt vff der stoben, fuit Fhilippua kaltoffen, nee ego die
illa inter obsonantes fiii, latuit namque me, quod ea die in ea domo
obsoninm. fnerat inceptum. Anno 1497 incipiendo annum a pri-
mordio ianuarij Bernbardus rorbach, germanus mens,
[suppl. : et egoj primmn inter&imuB obsonio in pr^fata domo,
(obflonii magist^r erat Walter ysenberg) donauitque ipihi ger-
manus quinque h. tum, cum Boluebatur pro obsonio; quilibet eliam
nostrum donauit xx den. Friderico .... nostr^ societatis
famulo, sie namque moris est, vt quilibet, maxime socii,
dent famulo societatis die circumcisionis xx den. Et hoc primum ego
donaueram. Anno 1497 ipsa die epiphani^ conuiuium primum habi-
tum in nostra stuba, de quo clarius in. anno 1497 (§. 183).
§. 182. [fol 73] L a d a r u m. Anno 1497 prima ' die ianuarij
primum frater et ego ivimuB ad ladarum, de quo latius vide
Bupra in anno 95, ubi de emptione domus ladarum habetur, in fol.
[41. § 179.]
§. 183. [fol. 74] Ladarum. Anno 1497 in die ephiphani^
primum in noua stuba c^nauimus omnes infrascripti, non more socie-
tatis, sed conuiuium habuimus, in quod omnes pariter admissi siue
de corpore societatis fiiue non. Huic c^n^ pr^positi erant Hans votn
rjn, ciuium magister, etVdalricus neuhusen, quos solemus magistros
coquiuQ appellare. Erant autem c^nantes doctor Ludwicus de
paradiso, scultetus; doctor Adam heymbach, aduocatus,
Hans vom rjn, duimn magister, et Conradus schyt,
suus sodalis, doctor Johan et Hen glauburg, Hen saß,
Ortt, Johann, Conr'at et Ortt zum jungen, Georg,
Johann et Johann frosch, Bernhart, Philipps,
Heynrichwiß, Jacob, Hejlman stralnberg, Daniel
brom, Gonrat moneß, Virich neuhuß, Cristian
folcker, Johan reyß, Johan han, Thomas Bos-
sen hejmer. Bernhart, Job rorbach, Johan yon
hulczheymer, Symon yffsteiner. Eberhart von
husessheym, Geoxg martroff, Ludwig marpurg,
Claß Btalburg, Wolff etWolff blum. Supra scripti sunt
de societate vel iuB ipsis competit. Engel von hoczfelt,
Licentiatus, Georgius artulf, licentiatus
rosenberg, Hen frosch, den man nennt fros6helgyn,
10
— 146 -
Petter sossenheymer; Hans blnm, Mylchior des
rattes schriber/ Hans djrmeyer; hijs non competit iuB eocie-
tatifl. Summa 47. .
§. 184. ffoL .76] Aimo 1497 octaua iannarij; si. iuste memini,
admissi sunt in societatem nostr^ stub^Wolff blum iunior et Lud-
wicus martroff; soluit qnilibet pro iure sodetatb trigifita fl. et
fl. tres eo, quod vxorati sunt. Heynricus wiß admisauB in societa-
tem tertia februarij. Eodem die obijt Margreta, relicta Heynrici
ergeschemmers.
§. 185. [fol. 76] Ladarum. Anno domini 1497 duodecima
ianuarij conuocata est societas nostra ad c^nam et viri et mulieres,
nee admissi alii, quibus non oompetebat ius aliquod in sodetate,
duobus demptis. Erant autem infra scripti in c^na präsentes nee
ordine debito subnotantur, scilicet; prout memoria ineiderunt; coll^L
Et h^c c^na prima erat; in quam conueniebant more societatis vere;
antea in noua stuba non fuerant mulieres.
(1) Ludwicus de paradiso^ scultetus^ (2) doctor Johan-
nes glauburg, (3) Johan glauburg^ (4) Hamandus,
(5) Margreta, uxor sua^ (6) Gylbertus^ (7) Ludwicus
hulczhuser^ (8) Eliseus^ (9) Barbara, sua uxor,
(10) Bernhardus, (11) Anna, sponsa sua, (12) Philippus,
(13) Eatherina, uxor eins, (14) Jacobus, (15) Fronica,
uxor sua, omnes wyssen; (16) loban, (17) Cristyn, uxor
sua, (18) Gorg, (19) Johann, (20) Ljsgyn, sponsa sua,
omnes frosch, (21) Ortt, (22) Johann, (23) Margret,
uxor sua, (24) Gonrat, (25) Ortgjn, omnes jungen,
(26) Karlen henspurg, (27) Michel schwarczenberg,
(28) Kryngyn, eins uxor, (29) Hans von ryn, senior
magister ciuium, (30) Kryngyn uxor, (31) Gonrat,
(32) Margret, uxor sua, (33) Jacob, (34) Ulrich, om*
nes neuhuser, (35) Johan, (36) Agatha, uxor sua, (37) Claß,
omnes rockyngen, (38) Syffart klobellach, (39) C^ci-
cilia, uxor sua, (40) Hen saß, (41) Gristian folcker,
(42) Johan reyß,. (43) Crystyngyn, sua uxor, (44) Johan
hulczheymer, (45) Bernhart, (46) Job rorbach, (47)Lud-
wig martroff, (48) Enchyn uxor, (49) Johann han, (ÖO)
Katherina, uxor sua, (51) Daniel, (52) Hans brom, (53)
Qretgyn, uxor sua, (54) Wolff blum, (55) Kryngyn, uxor
sua, (56)doctor (57) Adamheymbach [56 u. 57 eine Person], (58)
Anna,uxoreius, (59)Eberhartyonhusescheym, (60)Guttgyn;
uxor sua, (61) Gonrat schytt, ciniummagister iunior, (fö)Mar-
/— 147 —
gret; Qxor sna^ (68) Friderich fant, (64) Margret; uxor
sua^ (65) Friderich yon alczen^ (66) Conrat mones, (67)
CUU Btallburg, (68) Gorg martroff. (69) Engel von hocz-
feit, (70) bingen, meister von norlyngen, hij
honoris gratia admissi in c^na, nnllnm namque ins socio-
tatis competit ipsis. Qhq sequuntnr viduQ erant: (71) Agnes
wisse zu [fol. 77] Lebensteyn , (78) Eylchin rorbechin, mjn
mntter, (73)Eatherina hulczseryn, relicta Gylperti huczhosens,
(74)Otylia glauburgerin, (76)Vrsula schwartzenbergeryn,
(76) Agnes ergeschemerjn. Virgines, qu^ adhuc nulli adh^re-
bant, diiQ tantum: (77) Kryngyn humbrechtin, (78) Eryngin
sassen. (79) Thomas sossenheymer, (80) Grettgjni; uxor sua. Huic
c^n^ pr^fecti sunt, vt coquin^ pr^essent, Johan frosch et Vlricfa
nuhuß. OylbertUB hulczhusen et ego eramus primi, qui
cum cereis correas duximus et ex iussu seniorum trade-
bamus Annam, sponsam Bernhard! wiss, Danieli bromet
h^c prima correa in ea stuba et h^c correa iusta conside-
ratione Danieli brom tradita ipsi, [supple: quod] magni-
ficum et humanum se exhibuit erga societateip, domum
namque iusto pretio traddidit societati etc., vt supra
mentio habita. Post c^nam aduenit marcbio lacobus de baden,
iudex ittditii camerQ regii [regiae?] maiestatis, et cum eo aliqui ex
assessoribus, procuratoribusvot nobilibus et trepudiabant vna nobiscum.
Item quinque solides soluit unus pro c^na, hos quinque solides donauit
mihi germanus Bemhardus ob memoriam, quia prima c^na.
§. 186. [fol. 79] Ladarum. Anno 1497 hatt man eyn offent-
lieh geselschaffb gehalten vff der newai stoben vor £Bkßnacht vnd bt
die erst gesekchafil, die man gehalten hatt vff der neuwen stoben,
vnd für hin hatt man vorbotten vff die stoben alle junge gesellen,
die etwan gerechtikeyt yn der geselschaift haben, vnd synt die jungen
gesellen also erschynen myt namen vff den 22 tag des ianuarij vnd
hatt da selbst doctor Ludwig vom paradijß, schultheyß, von
wegen der gesekchafil disse meynung zu den iungen gessellen geredt,
das den iungen gesellen allen vnd iglichen erlaubt sy vnd laub haben
sollen vff der stoben vnd in der geselschafft zu syn vnd vmb yr
geld EU zeren (das sust nyt gewonHch ist, den noch ordenung gunt
man eym nyt mer dan eyn gesellschafft zu halten, dan er gessel
wyrt), dar by auch gebetten vnd befollen, züchtig sich zu halten
myt danczen vnd willig myt essen vortragen, auch ym dancz sich
nyt yn die arm vmbfiihen als sust, sunder an stat des selben arm-
fahens den frauwen die heiid geben vnd zuchtig neygen. Diss ist
10»
— 1*8 —
also geschehen. Auch halt die geBelschafi margraffen lacoben^ zu
den zytten kamer richter^ vnseren genedigen herren, vnd alle bysitzer
ynd ettlich aduocaten vnd procuratores des kamer gerichtz lassen
wissen^ wie man ejn geselschafit halten woU, wollent sie dar by syn,
80 möge sie die geselscÜafil fast woll liden^ das sie jr gelt by der
geselschafflt vorzeren ; des glichen hat mans anch ettlich lassen wissen,
die yn der canczelly syn zu der zytt der geselschaffk. Damach yff
Tnser frauwen tag purifficationis ist loczell faßnacht gewest^ danimb
hatt die geselschafft nyt yren anhab gehabt als von alter vnser
frauwen zu eren vnd [hatt] yff den sontag estomihi, quQ est quinta
februarijy hat sie angefangen ynd yff denselben obent zum ersten des
nachtz ymbs da gessen ynd [fol. 80] öffentlich hie ynden gedanczt
Vff den montag darnach zu ynderen haben fier burger eyn gesellen
stechen gehabt myt kronlyn, myt namen Conrat zum jungen,
Heimen [Heylman] stralnberg, Conratt mone£ ynd Claß stal-
berg, noch dem syn widder zum nachtmall erscbynen alle die, die
zur ge[sel]Bchafil gehören oder geladen waren. Vff den dynstag ist die
geselschafft zu myttag auch by eyn ander gewest Glich alß sie zu
mittag gessen hatten, syn sie ymb gangen noch alter gewonheyt zum
theuschen huß, zu sant lohans ynd zu sant Anthonien ynd ist der
fürst margraff lacob yon baden kamerrichter nyt mytt gangen, noch
keyner yon assessoribus oder bysiczeren, darnach zum nacht mall
syn sie alle zu semen komen ynd zum dancz; desglichen den escher-
myttwoch zu myttags ynd obents yff den eschermittwoch noch myt-
tag haben die frauwen noch olter gewonheyt zwen kochen meyster
gemacht zu der grünen soppen myt namen Claß yon rockyngen
ynd Hen stralnberger, beyd sampt widwer, darnach synt sie hynuß
yn Hen gleuburgs garten gangen, da die geschelschaffl; hin yß kam,
bald darnach kam der fürst myt sampt ettlichen bysiczem zu ynen
geryten ynd war by ynen, darnach rytten sie widder heym ynd gyng
die geselschafft auch heym ynd kamen zum nachtmal widder zusa-
men. Vff donerstag zu mittag ossent die mannen eynig yff der stoben
ynd beschlossent die rechenschaffl ynd namen yon dem margkgraffen
nyt mer den i gld. ynd desglichen yon bisiczem ynd allen dennen,
die dem kamergericht yorwandt waren, gab keyner mer den i gld.,
[fol. 81} schenckt der margkraff der geschelschaffb eyn hirsch ynd
eyn rehe, des Battes ampüude ynd Ander Edellude gaben eyner ij guld.,
eyn burger iii gld., darnach yff den gBt. domstag zu nacht ossent sie aber
by eynander den manderkeß ynd yorzert eyner Vnd also hatt
disse brasseryhe eyn ende. Disser geselschaffi; kochenmeyster sint
gewest lacob neuhuß, lohann hi^n, wynmeyster ynd broitt-
— 1*9 —
■
mejBter sjnt gewest lohan frosch^ sponsiis LyßgenB^ vndConrat
neuhuß.
By diser geselschafil sjut nyt gewest myn mutter, myn bru-
der Bernhart vnd ich, noch myn schwager, noch myn Schwe-
ster; auch Haman hulzhusen vnd Margret, syn frawe, noch
Oylbrecht, syn bruder, noch Katherina, yr matter, die war auch
kranck, noch auch Eatherina hulczhuseryn zum spangenberg,
noch yr sun Ludwig hulczhusen, vßgenomen uff den sontag inuo>
cauit zu nacht ist Schwager Karlen hynsberg und Martha, myn
Schwester, byder geselschafft gewest, vnd hatvnsyß der geselschafift
gehalten Margretten zum thorn dott, die wir als den truerrenten.
§. 187. [fol. 132] Anno 1499 21 ianuarij hoben man vnd frauwen
yS der stoben gessen zu nacht, eo quod marchio lacobus de baden,
iudex Begalis iuditij camerQ, donatiit societati ceruum et soluit ynas
6 alb. Ego aderam, non mater, neque frater.
17. GultuB.
§. 188. [fol. 2J Item secunda junii celebrabatur hie missa in
Omnibus ecclesiis pro conservatione fructuum et conduitatis et pro
defensione hostium anno 1494.
§. 189, [fol. 7 ad iii novembris 1494] Eodem die agebatur in
ecclesia conmiemoratio animarum fidelium, qu^ commemoratio trans-
lata est in terciam diem nouembris, eo qüod dominica dies se-
cunda erat.
[XTeber die Stifhmg der Bathsmesse §. 260. Fam. Frosch.]
§. 190 [fol. 12] Anno 1494 [1. 1493] decima nona maii cecide-
bat dedicatiö ecclesiQ fratrum minorum ' franckfurdi^. Semper enim
secundum cursum temporis in dominica exaudi, qu^ est sexta post
pasca, agitur dedicatiö in pr^fata ecclesia. Et tunc ante inchoationem
summ^ miss^ defertur yenerabile corpus Christi extra ad plateas
circumeundo monasterium et omnes fratres ferunt reliquias etc.
Et fimdauit pater iuxta literas h^c clare fantes, et fratribus meis ac
mihi incumbit ductio sacerdotis deferentis sacrum et ego Job pr^fato
anno et die, vt hie supra mentio habetur, duxi et Hamandum hulcz-
husen in sodalem assumpsi. Et post mortem patris ego primus fui,
qui ex fratribus meis duxerat; tempore enim intermedio, videlicet post
mortem patris vsque ad tempus pubertatis nostr^ et presenti^ mater
nostra substituit duos, qui vicem nostram adimplerent Et in anno
1494 dedicatiö fratrum minorum cecidebat in XYÜi diem maii et duxi
— 150 —
ego Bacerdotem et JacoboB nuhuseiiy quem mihi in Botium aBsompsi,
nee enim tum afiuerunt fratres.
[Ueber diese Stiftung vergleiche: Familienchronik Bernhard
Bohrbachs §. 27. Der Sonntag Ezaudi fiel übrigens nicht im Jahre
1494; sondern 1493 auf den 19. Mai, es ist daher statt. 1494 zu lesen
1493, wie auch aus der wiederholten Beschreibung der Procession
von 1493 hervorgeht:]
§. 191. [p. 25J Anno 1493 decima nona ma;ij et in dedipatione
templi minorum duxi ego primum sacerdotem deferentem corpus
Christi in processione, qu^ habetur ante missam summam. Assumpsi
mihi in sodalem, qui mecum duzit, Hamandum hulczhusen.
Frocessio [1. processionis], quQ fit in dedicatione eoclesiae fratrum
minorum, et maxime quod diflertur corpus dominicum, fundator fuit
pater mens Bernhardus rorbach, ipse namque suis pecuniis im-
petravit a papa fratribus, vt possent difierre [corpus] domini per
circuitum, inque memoriam huius pr^servavit sibi, d^un vixit, nobisque
filiis suis, vt ins ducendi hab'eremus, sed quia post obitum patris
omnes nos Qtate adeamrem minores eramus, ac etiam cum Qtas nos
ablitauit(?), absentes eram^s, ideoque mater nostra semper duos, quos
voluit, nomine nostro elegit, qui offitium in hoc nostrum explevenmt
Et die et anno pr^fato ego primus inter fratres duxi, eo quod
Bernhardus existebat in italia eo tuno, Conradus vero frater
minor annis erat. Competit autem ius ducendi duobus senioribus ex
nobis iuxta litteras, [fol 26] Änno 1494 decima octaua maij in dedi-
catione fratrum minorum, ego pariter cum Jacobe neuhusen
duxi sacerdotem ferentem corpus redemptoris. Anno 1495 dominica
exaudi, qu^ tunc fuit vltima maij, erat dedicatio ecclesi^ minorum,
et tunc duxit Bernhardus, frater mens, , (et adiuuantem assumpsit
Karolum henspurg, affinem nostrum,) sacerdotem, qui fert do-
mini corpus, et hoc ex more, qui nobis incumbit; et primum fuil^ quod
frater duxerit, ego tamen antea duxi^ ipso semper absente. Anno
1496 ego Job vna cum pr^fato Karolo duximus sacerdotem. Anno
1497 Bernhardus, frater mens, cum Karolo henspurg duxit sacerdotem
in dedicatione minoruin. [fol. 88: Anno 1497 septima maij in dedica-
tione minorum duxit Bernhardus rorbach, frater meus, sacerdotem
deferentem corpus dominicum. Assumpsit Karolum hensburg in
sociüm, quia ego non aderam.] Anno 1498 maij 27 erat dedicatio
fratrum minorum et duxerunt frater Bernhardus etKarolus, tunc
magister ciuium [§. 14^4], sacerdotem iuxta morem. [foL 114:
Anno domini 1498 vicesima septima maij et dominica exaudi in de-
dicatione ecclesi^ fratrum minorum franckfurdi^ frater meus Bern-
— iSi —
harduB assoinpBit Earolum hjnspergy tunc magistrum ciaiunii
in sotinm et duxerunt sacerdotem^ qui ibidem in processione detulit
corpus domini. H^c enim dedidatio no&tra est de iure iuxta litteras.]
Anno 1499 xii maij et dominica exaudi ego cmn-Jacobo neuhuß;
magistro eiuium pro tunc [§. 125J; duximus sacerdotem de-
ferentem eucharistiam. [foL 139 : Anno 1499 duodecima maij et do-
minica exaudi in solennitate dedicationis ecclesi^ minorum duxi ego
vna cum Jacobe neuhusen^ tunc magisto eiuium^ eum^
qui inde ex institutione genitoris mei detulit in processione corpus
domini; induique eo die ex panno nigro tunicam simplicem, de illo
eodem panno induit Jacobus pr^fatus ejn hasack.] Anno
1500 vltima maij Bemhardus, frater meus, yna cum Geoi^gio neuhusen
duxerunt sacerdotem, de quo in 152. [fol. 152: Anno 1500 vltima
maij in dedicatione minorum duxerunt sacerdotem gestantem corpus
domini frater meus Bernhardus et Georgius neuhusun.]
§. 192. [fol. 32] Anno 1495 in die beatQ Mari^ Magdalena
Johannes griffen st eyn, decanus S. Bartholomei, detulit cor-
pus dominicum, Johann glauburg et Ortt zum iungen
in locumJohannid von ryn duxerunt decanum, Bernhart wyß,
Georg neuhuß, Fhilippus ogelnheymer, Jacob wyß
portarunt den casten. Vdalricus nuhusen, Georg
matroff; Gylbertus hulcshusen, Heynricus wyß faces
gestabakit.
§. 193. [foL 43] Anno 1495 ordinatum est per serenissimum
Maximillianum Bomanorum regem ac per archiprQsulem magnntinum,
Bertholdum de henberg etc. et per alios, vt in omnibus cathedrali-
buS; coUegiatis parochialibusve ecclesüs et monasterijs per totum
imperium in omnibus diocesibus et locis, qui sub imperio sunt, vt
ad quadriennium singulis mensibus missa rogationis decantetur
in initio cuiuslibet mensis pro impetr^nda (a magnipotenti deo) miseri-
cordia et peccatorum venia pro salute et victoria, vt suo iuamine
[iuvamine] hostibus fidei et imperij resistere valeamus cristianaque
religio vt augmentetur imperiumq. simul amplificetur. Et onmibus
deuote interessentibus xl dies indulgentiarum tribuuntur. [fol. 44]
H§c inissa rogationis est franchfurdi^ primitus cantata die nona de-
cen^bris anno 1495 et singulis mensibus continuata usque in annum
1499; vbi ultima obseruata fuit quarta nouembris. Celebratur autem
missa hoc ordine. Ante missam flexis genibus cantatur antiphona:
„CognoscimuS; domine , quod*^ etc. cum versu et coUecta pro pecca-
tis. Dehinc Septem psalmi p^uitentlales leguntur usque ad litaniam,
Ixtaniaque inchoatur voce altiori cantabitnrque per circuitum eoclesi^i
— 152 —
pr^cedente quodam, qai cnicem defert ante scholareB (ubi sunt) et
clerum. Hijs finitis in choro cantatur antiphona: ^Alma redemptoriB
mater'^ etc. cum versu et collecta de beata virgine. Hijs sie actis ad
missam yenitur^ cuius initium est: „si iniquitates^^ collect^: „Farce
domine''; „Omnipotens sempiteme deus'S H^c duQ collect^ leguntur
sub prima conclusione[?]. AUq tres collect^, yidelicet: „quaesumus^
omnipotens deus^ ut famulus tuns rex^'^ „deos^ a quo sancta desideria'',
,,deuB, qui non mortem peccatoris"; leguntur sub secunda conclusione,
Epistola Hieriem^ prophetQ: „Si iniquitates nostr^ contendant'' Gra-
duale: „Propitius esto peccatis". AUeluja: „ostende nobis^ domine^.
Tractus post Ixx [septuagesimam] : ,,Domine; non secundum peccata".
Ewangelium: „Amen^ amen- dico yobis, quivis dixerit huic monti^.
Offertorium: „sicut in holocausto''. Post eleuationem flexis genibus
cftntatur antiphona: j^Media vita in morte''^ versus et collecta pro
peccatis. Commune: „Amen dico yobis; quidquid orantes''. Finita
missa proceditur cum processione ad altare beat§ yirginis et cantatur
flexis genibus antiphona: „Salye regina'^ cum versu et collecta. Tan-
dem cum ad chorum reuersi sunt, cantatur antiphona: ^O Martine,
o pie^; versus et collecta vel loco illius antiphona cantantür antiphona
de patrono ecclesi^ illius. Hqc missa tali> rittu et ordine suprascripto
primituB franckfordi^ est decantata die nona decembris anno 1495.
[cf. S. 200.]
§. 194 [fol. 53] Anno 1496 die S*" apprilis, erat dies sanct«
paschQ; tres apud fratrespr^dicatores pr^icabant:lector in cymiterio,
subprior in ecclesia, tercius in ambitu, adeoque se inuicem clamoribus
[se] impediebant; ut parua ex hijs sermonibus populo generabatur
deuolio; sed confusio potius.
§. 195. [foL 54] Anno 1496 in die sancti Marci ewangelistQ
derus nonibat ad villam rad^ sed mansit in sachssenhussenobpluuiam^
qu9 die integra durabat
§. 196. [fol. 55] Anno 1496 in mense maij erecta primum est
tabula summi altaris in choro fratrum pr^dicatorum.
§. 197. [fol. 58] Anno 1496 in die beat^ Mari^ Magdalena de-
canus Johannes in processione gestabat corpus domini, Johann
glauburg et Öans vom ryn cum duxerunt; Jacob wiß, Gorg
neuhuf; Conrad mones, Diether . . . von sassenhusseu por-
tabant den kästen; Gylbertus hulczhusen; Lud^icus hulcz-
huseu; Heylman stralnberg; Conrat zum jungen ferebant
cereas.
§. 198^ [foi. 90] Anno 1497 ipso die corporis Christi et vicesima
quinta maij deferebat corpus dBi Johannes grjffensteyn, decanus
— 153 —
dini Bartholom^i francofurdienBis. Assistebant decano eum ducendo
Henn glanburg et lohannes vom ryn^ seniores scabini,
qaataor autem ferebant struem^ qu^ super sacramentumdefer-
tur, noBtro ydiomate der käst genant^ videlicet Philippus
ogelnhejmer^ Gorg reyß, Ditther et ego lob ror-
bach, et primum est; quod ego geBtabam den kasteii; quatuor alij
deferebant t^das seu cereas, videlicet Hejnrich wiß, Ortgyn
zum jungen^ Virich neubusen vnd Gorg martroff. Comita-
bantur sacramentum a retro Marchio lacobus de baden ^ iuditij
camer^ iudex^ cum eo sex assesBoreS; item aduocatus iuditij camer^^
Doctor Florentius de veniugeii; aliquique procuratores. Post hos ibant
consules opidi huius, deinde wulgares etc.
§ 199. [foL 95] Nicolaus kruder episcopus Sambiensis
et filius franckfurdensis. Anno 1497 die 22 iulij ipsa die diu^
Magdalena Nicolaus kruder^ episcopus Sambiensis^ filius oppidi franck-
furdensis^ detulit Corpus dominicum in processionC; qu^ ea die agitur
ex voto. Bernhardus^ frater meuS; lorg neuhuß, Conrat monef et
Dither humeris seu scapulis suis [gestaverunt] den kästen et prima
est fratris gestio illa pr^fata. ' Eram tunc wormatiQ.
[Maria-Magdalenen-Frocession 1498, begleitet von den Theilneh-
mem an dem Passionsspiel §. 215].
§. 200. [fol. 137] Bede Meß. Anno 1499 vicesima quarta ap-
prillis decantata est in onmibus collegiatis ecclesijs et monasterijs
missa pacis. Et in ecelesia parochiali nostra hoc modo processum est :
primum cantata antiphona: ^Cognoscimus domine, quod peccauimus^;
deinde lecti submissa voce vii psalmi litaniaque alta voce per duos
decantabatur. Cantando eam facta est processio et circuitus per totum
cimiterium. In ea ibant primum scolares, deinde persona ecclesi^,
demum tötum consilium fteu omnes consulares viri vna cum capitaneo,
aduocato medicoque etc., qui omnes durarunt vsque in finem pffitij
missQ. Antea etiam quam inchoaretur ofiitium summum, cantata an-
tiphona: „Alma redemptoris^ cum coUecta; introitus : ,,Dapacem'^;habita
eleuatione, cantata antiphona : „Media vita^ cum coUecta. Finito offitio
missQ; cantata fuit antiphona: j^Salue regina^ cum coUecta [fol. 138].
Steterunt consules in dextro latere chori, ingrediendo chorum scabini
et pr^tores, in superioribus sedibus seu stallis alij, in inferioribus
persona vero omnes ecclesi^ honoris gratia cedebant consulibus et in
latere sinistro manebant. Deinde eodem anno 22 maij ob exhorta-
tionem domini Bertholdi archiepiscopi ^que et per omnia decantata
est missa, vt supra , et sequebantur itterum omnes consulares
[cf. §. 193].
— 154 —
§.201. [fol. 142] Anno 1499 in die din^ Mari^ Magdalena do-
minus Johannes gryffensteyn detulit corpus Christi. Ducebant 6 um
Johannes vom ryn et Ort zum jungen. Den kästen deferebant
Gorg neuhuf, Engil langstorff^ Arnolt reyß, Philipps
vgislnhejmer. Deferebant die fackeln Sebastianus Schmitt,
Conrat zum Jungen,
§. 202. [fol. 156] Bede Mel). Anno dominj 1500 vltima augusti
decantata est missa pro pactis ad instar eius; quQ supra notatur
Charta 137 [§. 200]^ nisi quod in ea nunc consules in latere cantons
steterunt supra in latere decani etc.
18. Judentaufe.
§. 203. [foL 5] Anno 1494 decima nona augusti baptizata est
hie Jud^a ex partibus sueui^^ qu^; vt ait^ ex instinctu Mari^ yirginis
proprio motu baptizari petiit, et nomen ipsi est impositum Katherina
et inter plures compatrices duxerunt eam du^ virgines; Annablumyn,
filia Wolfgangi blums; afiinis mei; et^Cristina froschin, filia Jo-
hannis frosch, quQ prefat^ virgines steterunt in latere super machinam,
quando baptizabatur, erat enim machina constructa ante aram parochia^
lem et peluis super posita, in qua steterat baptizanda. Cetera autem
compatrices non ascenderunt machinam, et, ea baptizata, cecinitpopu*
lus: „Nun bjden wyr den beigen gejst^! Et postea eduxerunt eam
prefatQ virgines in processione (sicuti et intrauerat ecclesiam) ad
domum plebani.
19. Asylrecht der Klöster.
§. 204. [fol. 89] Anno 1497 decima maij in nocte hatt hameß
sun .... zu sosenhusen eyn thor geweltiglich vffgetretten an ejnem
huselin hj dem huß, zum Einbogen genant, hj den predigern vnd
hatt gewont eyn burger von aschaffenburg, der hie reyff feyll hatt,
genent vnd hatt der gemelt burger eyn frawe zu aschaffen-
burg. Aber hameß sun hatt dissen burger gewont vmb des, das er
by ym lygen fant syn hör . . . des wagners dochter von sassenhusen.
Darumb dratt er die dor vff vnd hywe den burger vnd schlug die
bor by eynander ym beth. Vnd hatt hames sun eyn scherrer
knecht . . . . by ym yn disser thatt Des morgens lieff hames sun
vff die friheytt yn's barfusser kloster vnd der scherrer knecht zusant
Anthonij vnd synt beyd daruonkomen.
155
20. Cleriker.
§. 205. * [fol. 55] Anno domini 1496 duodecima maij expirauit
deuotuB HartmanduB moliatoris^ canonicus sancti Bartholom^i.
Canonicatum obtinuit.Fhilippus de helle^ alias peffcr dictus.
§. 206. [fol. 62J Anno 1496 vltima augusti dominus Niclaus
wißbecker exspirauit^ qni erat scolasticus sancti Bartholom^i. Scolasteriam
obtinuit Joannes sumer^ canonicus sancti Bartholom^i, quod sibi
contulit generosus dominus .... de uassawe comes^ pr^positus diui
Bartholom^i [cf. §. 62.].
§. 207. [fol. 99] Anno 1497 Carolus [1. PhiUppus] de helle^
filiuB doctoris Georgii^ vulgo peffer cognominatus^ obtinuit pr^bendam
in aschaffenburg per mortem cuiusdam rejfF, qui obiit vltima augusti.
H^c scripsit frater, quum wormati^ eram 7.
§. 208. [fol. 145] Anno 1499 die tredecima octobris Johanes
vom rjn, filius Johanis vomryn et decanus sancti Leonhardi^
snas celebrauit primitias in dicta ecclesia S. Leonhardi^ ad quos ego
fueram inuitatus.
§. 209. [fol. 160] Anno domini 1500 tertia decembris obijt do-
minus Georgius schwartzenberger; cantor et canonicus ecclesi^ sancti,
Bartholom^i franckfurdi^. cf. §. 63. 327.
[Johannes Greif enstein^ decanus sancti Bartholomaei; §. 62 seq.; 192.
197. 201. 215.
Eberhardus Becker^ scholasticus sancti Bartholomaei^ §. 62. §. 63.
ConradusHensel; doctor theologiae^ canonicus sancti Barth olomaei
et plebanus; §. 63.
Johannes Ugelheimer^ canonicus sancti Bariholomaei, §. 62. 63.
ErharduB Dincickheymer, canonicus sancti Bartholomaei^ §. 63.
Johannes WilnaU; canonieus sancti Bartholomaei, §. 03.
Heimannus Itzstein, canonicus sancti Bartholomaei, §. 63. 65. 69.
Nicolaus Schell; vicarius sancti Bartholomaei, §. 65.
NicolauB HugoniS; clericus sancti Bartholomaei; §. 68.
Heinricus Stößel^ vicarius sancti Bartholomaei; §. 236.
Nicolaus Kruder, episcopus Sambiensis et filius franckfurdensis;§. 199.
Johann Brunn, sacerdos §. 80.
Albertus Brollyn, capellanud Katharinae Holzhausen zum Gold-
stein, §. 18. 217.]
' Am Rande hat Job „Karolas" ansgestrichen vnd dafür „Phillipas" ge-
setzt. Es unterliegt demnach keinem Zweifel, dass der Inhaber Jener Praebende
und der Canonikus zu St Bartholomaei eine Person und Sohn des Kanzlers
Georg Helle, gen. Pfeffer, war.
IIL Sitten.
1. Das jährliche Hirschesaeii des Batha.
§. 210. [fol. 31 1 Anno 1495 die tredecima julij domini de con-
silio comedenint ceruum in domo JohanniBgleuburg iuxta morem
eorum, vti singulis annis faciunt.
§. 211. [fol. 57] Anno 1496 die 1 julij domini de consulata
conuiuium cerui peragebant Et Clara, vxor Johannis de glau-
burg^ inuitauit plures in domum Ambrosii glauburg (consulares enim
sunt in domo Johannis glauburgs, cum bachanalia cerui peragunt),
qui ad triduum ederunt ac biberunt in gaudioque triduum hoc con-
Bumpsere, iueruntque tercia die ad yillam rad causa Bolatii et quod
dies diuQ Margret^ agebätür, quQ illic patrona colitur. Inter alias
aderant mater, Boror, affinis et ego, fraier in italia erat [§. 8] soluit-
que genitrix pro se et me pro hoc triduo xx &.
§. 212. [fol. 93] Anno 1497 decima nona junij domini consules
franckfurdenses bachanalia cerui peragebant
§. 213. [fol. 117] Anno 1498 ricesima lunij consulares franck-
furdeuBOB conuiuium cerui iuxta morem agebant.
2. PasBionsspieL
i
§. 214. [fol. 115] Anno 1498, quarta junij et secunda penthe-
costes, hie ante pr^torium, quod dicitur der romer, supra machinam,
qu^ ob hoc constructa fuerat, ludus habitus, in quo erant 280 per-
sona bene omat^ cum vestibus ac similibus, quQ decebant; luserant
autem eo die primum sacrificium unici filii Abraam, historiam Susann^,
divitis et pauperiB Lazari, item filii perditioms, quibus actis Balthazar,
plebanuB in obern Escherschejm, induit se tunica grisea
— 157 —
(antea eniin personam patris in dinis reprQsentabat); ao djademitate
coronatus^ personain Christi simulang pasBionem domini aggrediens,
quQ causam omnem dedit ludo. Eam incipiebat ab electione aposto-
lomm. Die quinta junij Inserat passioneni; usque dum captus fuerat
in ortu [horto]; sub illa captura ducebatur per nostras vicns ciuitatis.
Sexta junij et mercurij et quatuor temporum ad longum per ciuita-
tem traducebatur; anteaquam ascerenderent machinam^ cumque
macbinam asoendissent^ adAnnam eo die etc. ducebatur et cruci ap-
pendebant eum, in qua pendebat fere ad duas horas. Sexta [lege:
septima] junij et jouis post pentheoosten exportarunt crucem una
cum crucibus latronum extra portam saxenhusen. Undecima junij
hijy qui de ludo erant^ inuitarunt totum consulatum ad prandium^ qui
donarunt illis duasamas vini et 20 aureos^ item concesserantillis asser es et
ligna in mftgna copia yalde^^ ex quibus machina construebtftury ea
tarnen lege^ yt redderent^ etqu^ destruerentur seu c^derentur^ solue-
rent; pr^terea plures alios eines et ecclesiasticas personas inuitabant^
qui et illis; qui de ludo erant^ propinabant. Item omnis; qui de ludo
erat, et qu^libet persona singulariter dedit primo societati [fol. 116]
ejn ort, de qua pecunia, quQ ludum concemebant; parabantur.
§. 215. [fol. 118] In die diuQ Magdalena anno 1498 in processione
corpus domini detulit lohanes gryffenstein, decanus ecclesi^
S. Bartholom^i; Hen glauburg et Hans vom ryn duxerunt
eundem, Gorgneuhus, lob rorbach, Arnold reysz,
Philipps vg.elnheimer gestabant den kästen, et antea in festo
Magdalena non gestaui; Ludwick hulczhusen, Gorg mar-
troff; Hejlman stralnberg, Virich neuhus portabant cereas;
faij antem, qui luserant passionem, vt habetur supfa 115 sequebantur
consulares in processione, induti seu vestiii more eorum, nisi quod
quinque repr^sentabant salvatorem, vnus captivum, alter in veste
alba, tertius colunmam ferebat, quartus crucem, quintus resurrectio-
nem repr^sentans, et is erat, qui, dum ludebatur, omnia Jhesu more
simiUtudinarie gesserat ac patiebatnr.
3. Bathsbleygen.
§. 216. [foL 132] Anno 1499 terda januarij dedit mihi magi-
ster ciuium Michel schwarczenberg pro duobus Bleygin, die ich
▼ordjnt hat vff den tag Mari§ Magdalena, do ich den kästen drug^
yts. 118 [§«215], vor diezwej gabermirdreuder neuwen bleygin vnd
waren die ersten, die ich gesehen hab; gap ich der mutter eyns.
— 158 —
Bemharten^ mynbruder; das ander, her Eberharten becker das
dritt zu neuwen iar vnd hat der selbigen [keynes] keyns mer gesehen
oder gehat A tempore natiuitatis Christi anno illo hie notato defece-
runt die alten blejgin mit den zwejen brachen vnd mit den zwejen
drüben vnd die neuwen haben die gestalte das y& ejner kannen
sunder ejn lytt oder deckel wachsen zwen drubeu; hengend vff bej-
den sjrtten [cf. Lersner I, 468].
$. 217. [fol. 141] Anno 1499 decima octaua junij zum erstmaU
yff der grossen yrgeln in der phar durch Johannes hessen, des vor-
sprechen Hans hessen sun, ejn salue gespilt worden vnd gesungen
ynd waren kum als fill claues vnd pTffen gestjmpt, das eß bescheen
mocht. Schanckt ich hierumb dem selbigen lohannes eyn rats blyg^
die will das [erj zum ersten zum salue gespilt hat etc.
4. Schiessen.
§. 217. [fol. 58J Anno 1496 die julij vicesima vff dem schjss
graben zwyschen den porten bj sant katherinen kjrchen noch myttag
sjnt zusamen komen jn ejner gutten erlichen geaellschafft doctor
Florentius von veningen, Katherina hulczhuserin, Hamen, jr sun^
vnd Margret, Hamens husfrawe, Gylbrecht, auch yr sun, Ey Ichin
ror becherin vnd ich lob, yr sun, Katherina, Oylbrechtcz h^lczhusen
seliger gedechtniss wyttwen, Ludwig, yr sun, Karlen henspurg vnd
Martha, syn husfirawe, myn loben Schwester, Johan holczhejrmer,
vnd haben desunderens die gesellen geschossen, welche wollten, vmb
zymlich kleynet von zinwerg; des nacktes hatt ye eyn huszgeseß
II maß wyns bracht, vnd nach dem nachtmall geschossen frawen vnd
man, wer da wolt, byß vmb zehne, also das III liecht by das blatt
gesteckt worden vnd eyns fam anzeyger, vnd noch dem nacht mall
synt darczu komen Ort zum iungen, der junger, vnd her Albrecht
prolin [§. 18], der hulczhuserin zu goltstein kappellan.
§. 218« [fol. 67] Anno 1496 trededma nouembris hat hie eyn
schy essen angefangen mytder h€uitbocksen; das hatt gewert diy tag
vnd synt der schuczen hundert vnd eycht gewesen vnd der kleynet,
darumb man geschossen hatt, fimff vnd zwenczig, myt namen drij
ochsen, eyn schwarczer hudt mjrt eyner sylberen roren, iüi eleu
schwarczen schamelott, vnd zwenczig zinnener kle3met als fleschen,
gieß, faß, gelten, byren [?], teller, kannen etc. Den besten ochsen
gewan eyner heyst Thomas, bossenmeysters sun, sycztby der bocken-
hejrmer porten, den andern ochsen gewan Conrad nnhuß, myn vetter,
— 159 —
den drytten eyn bossenmeister von mencz^ den hut mit der silbernen
roren schuchlepper by sant iobann^ den schamelott zum
wames gewann dyll .... eyn ledder verkanffer vflF dem krutt marckt^
die Buwe [Sau] gewan Hans syd, vnser schmyt, vnd faabent die franck-
furter scbüczen nünczehen kleynheyt vnder den fiinff vnd zwen-
czigen vnd die beubt kleynet all; vjßgenomen den drytten ochsen.
Vnd haben sie geschossen vff dem fyscherfelt yn zwen schyrm vnd
die leng des schuß vom stand an byß yn schyrm ist 336 ilen, niyt
eyner scfanor ist ens also gemessen worden. Item hat Schnabels sun
eyn brieczsch^ vnd welcher schütz sechs schus nach eyn ander des
schyrms feit, dem schlug man der briczschen; item welcher
nyt by die schuczen gebort vnd gyng vber das gebleng, dem schlug
man der briczschen oder must iiii den. geben , vnd schössen die
schuczen zehen schüß. Auch synt der kleynet zum rytter schuf ver-
ordenet myt namen zwen hud' vnd eyn byrett vnd eyn silberen
lanczknecht myt eyner silbernen hellenbarten.
§. 219. [foL 157] Anno 1500 ist eyn schissen mitt der haut-
bocksen hie gehalten worden vff dem fiescherfeld zu zweyen scbyr-
men vnd synt siebentzig schützen gewessen, der synt vii von mentz,
dry von oppenheym, vier von gelnhusen, dry von rad, die anderen
synt alle franckfurter gewessen vnd hat man zehen schuf gethon,
synt vnder den schützen nor zwen, die sex schuß zu meisten gehabt
haben, mitt namen meister Ludwig, des rats Schmitt, hat den ochsen
der das best war, behat [behalten ?] vnd fiescher das damasten
wams, Bemhart weiß eyn silberen becher, vnd sjnt ettwan mit aUen
kleyneten, so mitt dem ritter schuß vnd sust, dryssig kleynett ge-
wessen, des hat der ratt hie den ochsen zu vor geben vnd den
schützen auch x firtell wyns geschenckt,. in die h^berig habent die
[fol. 158] von oppenheym eyn kleynet gewan, die von mentz eyns
vnd die su, die von rad eyn hutt mitter eyner silberen rom im
ritter schuß, die andern kleynet syn alle von franckfurtem gewannen.
Dar by *ist eyn kegelban gewesen vmb ettlich kleynet, haben die von
franckfnrt auch gewanen (alweg dry scbyb vmb 1 h. vnd in eym
weißphening gab man eym dry schyb zu), vnd waren dry zeit
vff geschlagen vff dem fischerfeit by helligen stock , ir zwey vor die
schützen, im drytten spilt man vnd hat das schissen dry tag gewert.
— 160 -
5. Erstes Gastmahl im eigenen Hausstände.
§. 220. [fol. 35] 1495 die quarta septembris hatt Harn an hulcz-
husen myt sampt Margrett^n froschin ®, syner husfrauwen, zum ersten,
alß eyner der eygen hnß halten wyll, ym monezhoff, den man auch
den trierssen hoff nennet , gessen vnd darnach vff den funfilen dag
des Septembers haben sye zum ersten dyn geschlaffen ^ also synt sie
gancz zu huß geczogen. Item darnach uff den xiii tag des Septem-
bers habent myn mutter vnd Kryngen hulczhuseryn zu spangenberg
gekocht vnd die kost yn monczhoff getragen ynd haben den newhen
huflutten geschenckt das myttag ombß, ynd hatt myn mutter ge-
schenckt eyn schon koppfferen kessel; da man glesser yn weschet,
kost 1 fl. iiiiß yel alb., vnd ich eyn schyndell lad, da yn stunden kleyn
hulczeryn bochßlyn tu, das sie species ' dar yn thun sollen, die yn
die kochen gehören, Kryngyn zu spangenberg schanckt eyn Schleyer,
Ludwig hulczhusen, yr sun, schanckt eyn Instrument^ von myssen *^
gemacht, damandiephan uffseczet, kost xvalb., Eylchyn, yr dochter,
eyn groß holczeryn hoff schussel, da man deller vber diesch yn
worfft, wenn man eyn essen uff will heben. Vnd des myttags was
myr assent, schanckt myn mutter vnd Kryngyn zu spangenberg,
vnd assent da myn mutter, myn bruder Bernhart vnd ich, Katheryn
zu spangenberg, Ludwig yr sun, Eylchin yr tochter, her Johann
brun ; [fol. 36] des nachtes lud uns alsampt herwidder Häman ufF syn
kosten. Et solitum est fieri hijs, qui primum proprias incipiunt fa-
cere in domo expensas, et cum et maritus et uxor ambo, vel alter
ex eis antea non fuerunt copulati.
6. Job Eohrbach's Gastmahl mit Speisezettel.
§. 221. [fol. Iö3] Anno domini 1500 tertia junij habui hospites
in cQna, vt infra, quod sie contigit Vicesima octaua maij Ambrosius
dietherich, prothonotarius iuditij camer^, inuitauit ad c^nam in domum
Jacobi neuhuß certas mulieres cum maritis et alijs quibusdam. Acta
c^na , jocando mulieres imposuere sertum Vdalrico neuhuß, vt daret
c^nam die sequenti, quod precibus mulierum ^^ et eo, quod genitrix
s Helle. Vrgl. Einleitung Anin. 27. Margarethens Mntter war eine geborene
Frosch.
9 Species = Gewttrz, Specerei.
!<' Messe = Bronze. Das Messinge ist erst 1553 durch Erasmus Ebner er-
funden.
11 Ein Wort scheint zu fehlen, vielleicht accepit.
— 161 —
Uli dommn; coquam; lign» etc. obtulit^ ipse Vdalricus omnes sie inui-
tavit ad diem seqnentem ; placuit etiam^ y% qu^libet famiUa * domus^
siue vnuB vel plured in vna domo forent^ afferrent ii nnaß wyiiß^ aicque
ad diem seqnentem comienirous eo pacto^ vt supra/ in domum nostram.
Vdalricus vero sertmn imposuit Yrsul^ schwartzenbergeiyn ^ ipsa
Vrsula mihi Job sertum dedit sicque inuitaui omnes et ömnem hanc
societatem ad c^nam ad tertiam diem junij^ qu^ erat dies mercurij
poBt dominicam exaudi; habui autem in c^na seqifenteB personas:
Eylchin matrem, Bemhardum fratrem, Georgium neuhul^^ Jacobus
frater suus inuitatus, sed quod sumpserat medicinam^ noi^ comparuit^'
Vdalricum neuhuß^ Gilb^rtumhultzhusen, Katherinam; suamlegittimam,
Katherinam, relictam Gilberti hultzhusens zu spangenberg^ Lndwicum
filium ipsius; Vrsulam schwartzenbergeryn^ Otiliam zu schwanawe,
Fridericum faut, Margretam vxorem Buun^ Nicolaum schprrebraat^
wulgo armbruster, Hamandus hultzßiujsen cum uxore Magreta vo-.
catus erat, sed quod infirmus ipse, non comparuit etiam uxor; item
Karolum hjnspurg affinem cum Martha, uxore sua, sorore nostra,
sicque considera te mercurij natum, mercurij pr^bendam adeptum,
mercurij primum hie hospites habuisse meis impensis. Vnd gaben disse
gericht oder trachten : zum ersten erpffem mit zocker^ darnach in
iglich schußell iüi jung huner vnd ejn stock heymellfleyschgedempfft
mit cybeben, resyn.grof vnd klejn, muscaten vnd muscat blumen,
darnach gesotten schefFen oder schotten, darnach gebröttes je in
eyn schussel iüi junger huner, eyn hamelsbuck, eyn halb ganl^ vnd
fjrsseß soliß darbey, daraffter keß vnd kyrsen zur collatz, am obent
keß, confeckt, rettich vnd zwey malckum, das eyn in der schussehi,
das ander vß dem haffen zu drincken. Sertum ego imposui E^the-
riu^ zu spangenberg.
7. Meyenstecken.
§. 222. [fol. 20] Anno 1495 prima maij nee postea hat man
keyner jungfrawen oder wittfraviren oder frawen vffvnser stoben oder
der glichen mey noch briff gesteckt nach alter gewoAheytt.
§. 223. [fol. 55] £odem die [anno domini 1496 prima die maij]
nil per adolescentes affixum foribus est, ut antiquitus moris erat.
§. 224. [fol. 88] Anno 1497 hat man keyn mey, als vnser altem
ym gebruch gehabt, vor der jungfrawen vnd frawen thor u£f den
ersten tag ym mey [suppl. gesteckt]. Solichs ist von den jungen
gesellen nyt geschehen vff Philippi vnd Jacobi.
11
— 162 —
8. König8wahl*ain Epiphanienabend.
§. 225. [fol. 47] Anno 1496 öu januarij [per Bortem] zum golt-
stein in vigilia epiphani^ sum electus per sortem in regeni; me ab-
»ente. Regis conuiuium obseruatum est tertia februarij.
V
9. Superstitionen.
§. 226. [fol 5] Anno 1494 in die Bartholom^i apostoli Katherina,
coqua matris^ etMargreta^ alia famula^ sorte elegernnt apostoloS; me
sortem ponente^ et obtinuit Eatherina Matbiam; aüa Thomam.
§. 227. [fol. 11 IJ Cum secanda sunt ligna ^dificiis vtilia vtque
ab corrosione et putrefactione diutius conseruentur; monenda duo sunt,
primo Tt in decrescentia lun^ secentur, aduertendumque est^ vt a
nuUo secentur, qui habuerit nocte pr^cedente vel die ea rem cum mu-
liere^ etiam uxore sua. Pr^terea cum lapides ponere velis in partes
[parietes?] domus, ne humectentur de se seu sudent, vt frequenter
lapides hjemis tempore et alio solent^ sie prouidendum; vt consideres
fodinam lapidicin^ et fodere eures in ea partO; quQ est ad solis ortum^
hoQ maxime animadvertendum propter lapides a4 stubas aptandos.
Cum porcos neeas; vt pro domo lar [lardum?] vel cames porcinas
per annum habeas^ necandi sunt in lunQ decrescentia ^ eo tunc lar
[lardum?] vel pinguedo non tam effluet, vti contingere frequenter
cemimus.
H^c retulit et pro uero asseruit Petrus drach^ ciuis spirensis,
contirmauit Jobannes storcb^ prothonotarius iuditii camer^^ qui se
horum experientiam habuisse et prpbasse affirmat. Actum wormati^
die 18 martij et dominica oculi anno 1498.
IV. Frankfurter Familien.
Alzey.
[Friedrich von Aken. §. 128. 185. .
Friederich^ Dietherich und Agnes von AJzey. §. 301.
Agnes von Alzen, Peter Baissen und in zweiter Ehe Bortholds
von Babenliausen Hausfrau. §. 328.]
Artenberg.
[Margreta^ filia Heinrici de Artenberg, scriptoris <^uitati8^ marita
Bemhardi Weiss. §. 327. 330.
Fichard. schreibt Ortenberg.]
Babenhausen.
[Nicias von Babenhausen, siehe Amtleute.
Berthold von Babenhausen (Babenheim) und Hausfrau Agnes
von Alzen. §. 328.]
Blarock.
§. 228. [fol. 15] Anno 1495 in februario Johannes blarock nup-
tias celebrauit cum Beatrice de oppenfaejm, soror est ibidem
hospitis zur kanne et soror uxoris Amoldi schwarzenbergs, cf.
§.320.
[Anna, Feter Blarock's Hausfrau, §. 234. Sie war eine gebome
Ritter.]
Blum.
§. . 229. [fol. 11] Anno 1476 die 28 nouembris contraxerunt spon-
salia Wolff blum et Lysa, filia Conradi hulczhusens ; nuptias habuerunt
in die ScolasticQ virginis anno 1477.
§. 230. [foL 31] Anno 1495 prima die julij post meridiem obiit
Balthazar blum, frater Milchart et Affinis mei Wolf blum, reliquit
11*
— 164 -
vxorem suam Katherinam bodnerjn absque liberis^ sepultus autem
apud carmelitas. Deinde eodem anno nona nouembris nuptias con-
Bummauit cum Johanne han [cf. §. 261].
§. 231. [fol. 37] Anno 1495 die 21 septembris maneinuentus in
curia faabitacionis suQ Mylcharblum^ frater Wolfien^ morte subitanea
mortuuB, cuius anim^ deuB propicietur^ res horribilis humanis!
§. 232. [fol. 49] Anno 1496 die nona februarij sponsalia con*
traxerunt Wolff blum iunior, filius Georgii blum pi^ memoria, et
Katherina virgO; filia Alberti djrmeyers pi^ memoria. Solemnizatum
dehinc in facie ecclesi^ matrimonium est die tercia iunij^ depost
sponsa CBt sponso apposita die quinta iunij; sexta iunij
pompa nuptiarum est secuta. Acta omnia anno^ quo supra.
[Wolf Blum, Lisa Holzhausen's Ehemann §. .6. 80. 122. 183. 185.
Seine Kinder : 1) Melchior §. 80. 2) Engin §. 80 (Ludwig ,
Matroffs Ehefrau §. 294. 295.) 3) Agnes §. 80. 4) Lyse (Elisa-
beth) §. 80.
Seine Geschwister: 1) Katharina (Bechthold Heller's des Ael-
teren Hausfrau).
2) Agnes, Peter Ugelnheimer's Ehefrau §.326.
3) Georg.
4) Melchior.
5) Balthasar, Catharinen Bodnerin (Fichard
Budtnerin) Ehemann, sie in zweiter Ehe
an Johann Haane yerheirathet §. 261.
Georg Blum's Kinder :
1) WolfBlum iunior (§. 128. 141. 183. 184. 185. 216)
und Eringen Dyrmejer seine Hausfrau (§.180.232).
2) Hans Blum.
Wolf Blum t 1471.
!
1) Katharina, 2) Agnes, 3) Georg, 4) Melchior, 5) Balthasar, 6) Wolf,
verh. an verh. nn v«rh. an T«rh. an
Bechthold Heller. Feter Ugelnheitner. Katharina Bndtner. Lisa
Holshauseo.
Wolf Blum iunior, Hans Blum.
verh. an Katb. Diermeyer.
1 I I I
1) Melchior, 2) Anna, 3) Agnes, 4) Elisabeth.]
Ludwig
Martroffs
Ehefrau.
— 165 —
Breidenbach.
[Friedrich von Breydenbach and seine Hausfrau Margretha §. 256.]
Bronim.
§. 233. [fol. 61] Anno 1496 die decima sexta augusti natus est
Petrus brom ex Hansen bromen et Grettgyn eins legitima. Sic
mihi retuUt Hans brom.
§. 234. [fol. 100] Anno 1497 secunda septembris ex Johanne
brom ac Grettgjn; eins legittim^; nataAnna^ tertia eiusdem bap-
tizata. Comater Anna^ vxor Fetter blarock's. Hqc ex scriptis
fratris, cum eo tunc wormati^ -eram.
§. 235. [Schedula mter fol. 117' et 118] Prima vel secunda julij
[1498] peperit Gretgyn brumin gemellas, vnam mortuam^ alteram
vivam^ qu^ baptizata fuerat secunda julij. Comater jd die nesciam.
§. 236. [fol. 144] Hejnrich brom. Anno 1499 vicesima tertia
septembris baptizatus est Heynricus, filius Johannis brumen et Mar-
gret^ [darüber geschrieben: Grettgyn], vxoris eins. Compater est
dominus Heynricus stol^ell; vicarius ecclesi^ nostr^.
§. 237. [fol. 167] Anno 1501 seplima martij obijt Daniel
brom^ scabinus^ vittricus daß Stalberg's et frater Johannis
bromm«
[Daniel Bromm §. 120. 179. 183. 185. 302.
Hans bromm und seine Hausfrau Grettgyn §. 185.
Hans und Daniel Bromm waren nach Fichard Brüder ; der
Erstere vermählt mit Margaretha Tegen [Degenerin], der
Wittwe Jacob Brunn's, siehe §. 239.]
Brun.
^ §. 238. [fol. 15] Anno 1495 vicesima quartaianuarijEatherina
gleuburgerin^ relicta lacobi brun, mater Katherin^; uxorisHenn
sassen^ [cf. §. 284] obiit; reliquit dictam filiam et nepotem^ Jacobum
brun^ ex filio suo Jacobo, ante eam olim defuncto; sepulta hie ad
minores.
§. 239. [fol. 170] JacobuSy filius quondam Jacob bruns et
Gretgyn degneryn, cuius maritus secundus nunc est Hans brum,
contraxit matrimonium cum Eatherina^ virgine et sorore pr^dictQ
Magdalena [Geuch cf. §. 307]. Actum eodem die [12 augusti] et
anno [1501], quo supra de Heinrico von ryn agitur [§ 307]. Anno
^pradicto videlicet 1501 ratificatum in fatie ecdesi^ est matrimonium
— 166 —
Bupradictorum videlicet 18 nouembris, nupti^ autem habit^ 22 nouem-
bris annO; quo supra.
[Johann Brun; Priester, §. 80.
Lisgyn Brunnin, Hans Glismund's Hausfrau, §. 260.
Katbarina Brunn, Henn Sassen Hausfrau, §. 284*
Johann Brun, der Canonikus, und Lisgin Brun, Ehefrau des
Jobann Glismund, gehören zwei älteren Linien an» Die jüngere
Linie gestaltet sich so:
Jacob Brun (statt dessen hat Fichard Henne Brunn)
und Katharina von Glauburg.
I
I
Jacob Brun Katharina Brun
und Margaretha Degenin [Tegen j verheir athet an Henn Sassen .
, Jacob Brun
Katharina Geuch.]
V
Demer.
[Anna, filia Henns Demer's, alias dicti Stockem's Henn, et Bar-
barae Leningen, marita secunda Bemhardi Weiss (Anna Stockheimin):
§. 331. 332. Fichard hält sie (bei „Bernhard Weiss") ftlr eine Tier-
meyer, was sicher auf einem Lrthum beruht , zumal er bei „Tier-
mejer" keine Anna aufführt, die mit Bernhard Weiss vermählt ge>
wesen wäre.]
DiermeycF. [Fichard: Tiermeyer.]
[Kryngin Dyrmeyerin §. 80, Wolf Blum's Ehefrau §. 232.
Hans Dyrmeyer §. 183.
•Agnes Dyrmeyerin, Hert Ergersheimer's und in zweiter Ehe
Jacob Kühorn's Ehefrau, gen. Agnes zum Mohren, §. 292.]
Diernstein.
§. 240. [foL 14] Anno 1495 die 18 ianuarij Philippus dyrm-
stein celebrauit nuptias cum Gretta, filia Gofferen beckers.
§. 241: [fol. 96] Anno 1497 die decima nona julij Heynricus
dyrmsteyn contraxit sponsalia cum Margreta, filia Heynrici,
des kellers von afnheym vel maßheym. Nuptias depost ce-
lebrauit 19 ianuarij Anno 1498,
- 167 —
[Heinrich Diernstein war Philipps Oheim. Als Ehefrau des
Letzteren giebt Fichard Mai-garetha von Omstadt (Umstadt?) an.]
Engeländer.
§. 242. [fol. 92] Anno 1497 duod^cima jnpij nuptias celebrabant
Jacobus engelender, wulgo dictus guldenleb; viduus, etMargreta,
filia Eberhardi motters. Ad has nuptias inter ceteros foeramus
et vocati nos, yidelicet mater, frater et egö.
[Doctor Engeländer , fiscalis regius beim Reichakammergericht;
§. 112. Margreta, älteste Tochter Johann Engeländer's, gen«
Quldenleb; §. 325. §. 38 u. 39 wird Eberhard^ der Motter oder
der Sack träger, erwähnt; sollte dieser derselbe sein mit Eberhard
Motter, dem Schwiegervater von Doctor Engeländer?]
Ergersheim.
§. 243. [fol. 11.] «Anno 1476 in die Bamab^ apostoli despon-
satus Henricus ergerschheymer cum Margreta, filia Johannis
hulczhusen de prima sua uxore, nupti^ exinde secuta in die sancti
Blasii, anno 1477.
§. 244. [fol. 78J Anno 1497 die tertia februar\j, eratque dies
veneris, paululumpost duodecimam horam in meridie exspirauit Mar-
gretha hulczhuseryn, vulgo dicta zum thom, relicta Heynrici
yrgescheymers, cognata singularisque benefactrix mea, dum vixit,
vtque coUocetur intra electorum numerum, sincera mente deum precor.
Quarta febmarij tradita est sepulturQ. Sepuha est pr^cise ante eam
chori ianuam, qu^ sita est inter altare sanct^ crucis, quod est plebani,
et scrinium dominici corporis [cf. §. 184J.
§. 245. [fol. 11] Anno 1494 vndecima februarii vf allerman fai3-
nacht obiit Hejrtwinus yrgescheymer, illius progeniei vltimus.
[Agnes Dirmeyerin, gen. zum Mohren, Hertwin's Wittwe, §. 18.
116. 186. Jacob Kühom's Ehefrau §. 293.
Margaretha Ergersheimerip, Heinrichs Wittwe, §. 51. 80. 279.
Hertweinr uhd Heinrich Ergersheimer gehören verschiedenen
Linien an.
Der letztere, der Ehemann Margarethen Holzhauserin zum Thom
(§. 244), starb 1484. Mit dem ersteren erlosch 1494 das Ge-
schlecht der Ergersheimer.]
— i68 —
Ejsenberg.
§. 246. [foL lOOJ Anno 1497 decima nona septembnB Elsgyn,
vxor Walten ysenberg's, peperit gemellos; qui et de post mortui sunt
infanteB; xne wurmati^ . existente.
[Walter Eysenberg §. 180.]
Faut.
§. 247. [fol. 54] Anno 1496 die septima apprilis peperit Mar-
greta, uxor Friderici fautt^ filium suum Johanneni; qui statim
postea^ die videlicet x apprilis^ obijt. Etsi deletum^ attamen verum est.
[Fridericus Faut und seine Hausfrau Matgaretha §. 19. 185
und 221.]
Von der Filsch.
[Friederich von der Filsch^ siehe ^ Städtische Hauptleute ^
§. 133 flg.].
Flach.
[Georg Flach; Amtmann zu Goldstein^ siehe ^Amtleute^^ §. 129.
§. 116. 290. 304. 331.
Bei Lersner führt er den Namen Georg Flach von Schwarzenberg.
Seine Gemahlin Anna Voelkerin, verwittwete Knoblauch (§.291).
§. 116. 304. 331.]
Freund.
[Hans Freund, Heinz Frcund's Sohn, §. 24.]
Frosch.
§. 248. [fol. 10] Anno 1474 penultima februarii desponsatus
Gorg frosch et Anna^ filia Conradi hulczhusens, nuptias dein pere-
gerunt feria secunda post Sjmonis et Jud^ apostolorum eodem anno.
§. 249. [fol. 11] Anno 1491 die 27 aprilis obiit Anna^ uxor
Georgii fr ose h, et soror genitricis me^, begraben bi dem ewigen
liecht.
§. 250. [fol. 11] Anno 1493 die prima maij obiit Wickerus
frosch, frater Georgii et Johannis frosch, fundauit duas missas
celebrandas die martis et iouis singulis ebdomadis, vt finita sint, ante-
quam domini de consilio ingrediantur consilium, in ecciesia beatf
Nicolaij et salve omni nocte decantändum in eadem ecciesia.
— 169 —
§. 251. [fol. 11] Anno 1493 decima octaua augnsti obiit Fri-
dericuB romanus imperator ^' in castro opidi hucz. Sepultas in
ecciesia beati Stephani vien^.
§. 252. [fol. 18J Anno 1495 die 5. apprilis, qu9 erat dominica
iudica^ sepulta est apud carmelitas Eatherina^ uxor Johannia
FroBch zum a£fen; et habuit ante iam dictum Johannem in nuuritum
Wilhelmmn, vulgo zum äffen cognominatum.
§. 253. [fol. 111] Anno 1498 die nona martij Cristina, uxor
Johannis frosch^ illiuB videlicet^ qui moram agit in habitatione
ea wulgo zum burgreffen dieta, expirauit. !^rat pro tunc dies veneris
poBt inuocauit. Actum, cum ego eram wurmati^.
§. 254. [fol. 140] Anno 1499 vicesima prima maij sponsalia
sunt contracta inter Johannem froscfa, wulgo dictum Johann
frosch zum äffen, viduum, et Bylgen virgine-, filia Cristia^i folckers.
Et erat dies martis post penthecosten anni supra dicti, vbi celebra-
batur dedicatio ad S. Leonhardi. Nupti^ de poert habit^ sunt 26 augusti
anno illo, quo supra. Primogenita eorum nata est, vt infra 154. [foL
154: Anno 1500 sedecima junij nata est ex Johanne frosch, dictus
zum äffen, et Rjlgjn, secund^ yxoris suq, Elß [Rjlgin], quQ ex iUo
matrimonio primogenita existit . Baptizata autem decima octaua
eodem mense et die corporis Cristi. Ck)mater infantis est E1I3, vidua
zum Eranch et mfantis proauia matema. (Am Rand ist a^ Name
des Kindes: Rylgyn froschin angegeben.)] Secundogenitus eorum
natus est infra 169. [fol. 169: Anno domini 1501 prima augusti bap-
tizatus est filius Johannis frosch et Rjlgyn, cuius nomen est, vt arbi-
tror, Cristianus. Compater infantis est üristianus folcker, dict§ Ryl-
gjn pater. Et obijt paulo post]
Erste Linie.
[Engel Frosch §. 2. Seine Tochter Elisabeth, Dr. Hell's
gen. Pfeffer, Ehefrau. §. 265.
Katharine Fröschin, seine Tochter, Oilbert Holzhausen's
Ehefrau, Ludwigs und Blasius Mutter, siehe Holzhausen.
<> Diese fremde Notiz fand darum hier ihre Stelle, weil die abbrevierten Wörter
rem. iiTr, an sich undeutlich und in einem Worte geschrieben, durch eine
spätere Hand noch so alterirt wurden, dass sie nur ran ig er gelesen werden
konnten. Dass die Notiz in einer Reihe von Familiennachrichten der
Frosch n. Holzhausen steht, begünstigte diese Auffassung. Erst bei der Revi-
sion des Druckes hat eine nochmalige genaue Untersuchung der Handschrift
mit dem Yergrösserungsglase die ursprüngliche Schrift wieder glücklich fest-
gesteUt.
— i70 —
Zweite Linie..
Henne Frosch, den man pennet Fröachelgin, §. 183.
Joh. Frosch zum Affen [Fichard: im Sandhof J §. 179. 183.
185. 186.
Seine erste Frau Katharioa [Fichard: von Hengsberg], Wittwe
WilhelmB zum Affen [Fichard: von Caldenburg] $. 253.
Liflgin Sassen^ seine Braut ^ §. 185. 186. 310.
Seine zweite Frau Reilgen Völcker und die Kinder dieser Ehe
Reilgen (irrthümlich Eis), und Christian (Fichard schreibt die Frau
und Eönder irrthümlich (vgl §. 254) dem Johann Frosch zum
Burggrafen zu).
Dritte Linie.
Wicker Frosch. [Fichard.]
Seine Eonder: 1) Reilgen^ Wicker Knoblauch's Hausfrau, §.279.
2) Wicker Frosch §. 250.
Guttgin Stephan im Saalhof, seine und in zweiter
Ehe Eberhard's von Heusenstamm Hausfrau :
§. 272.
3) Johann Frosch zum Burggrafen §. 183. 185. o04.
Christina Degenerin [Tegen] seine Hausfrau
§, 185. 304
Christina Froschin ihre Tochter §. 203., Johann
Raissen Hausfrau §. 304.
4) Georg Frosch §. 79. 80. 101. 179. 183. 185.
248. 304.
Anna Holzhauserin, seine Hausfrau, §. 248. 249.
Ihre Kinder Georg und Wicker, Engin und
Margret. §. 80.
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Gantz.
[Anna Gantzin, Bechthold Heller'B des Jüngeren Hausfrau.
§. 267.1
Gelthufi.
[Katharina GelthuBerin^ Tochter Heinrich GelthuBcn zu Oppen-
heim wohnend^ Ehefrau Adolf Knoblauches. §. 291.J
Geuch.
§. 255. [fol. 144] Anno 1499 vicesima septima septembris obijt
Agneß weißyn; vxor lacobi geychen, relicto seu superstite marito
vna cum filiabus duabus.
[Jacob Geuch §. 24. Agnes Weissin^ seine Hausfrau §. 307. Mag-
dalena, Jacob Geuch's und Agnes Weissin Tochter, Heinrichs vom
Rheine Hausfrau. §. 907.]
Glauburg.
[Das dreitägige Gastmahl der Clara Glauburg. §. 211.]
§. 256. [fol. 103] Anno 1497 die 4^ nouembris contraxit spon-
salia doctor Johannes glauburg cum Katharina virgine, filia nobili
Friderici de breydenbach et Magret^. (Habuit autem dictus Johannes
glauburg olim in vxorem Katherinam, relictam Heynrici wi£). Deinde
8^ nouembris benedictionem matrimonij in ecclesia susceperunt et
die illa fuit sponsa sponso apposita, me wormati^ existente, et unica
modo nocte concubuerunt simuI.'A prima nocte, qua apposita sponsa
fuit; Qgrotare c^pit sponsa, quQ et obiit mortem in die beat^ Elathe-
rinQ, quQ est25mensis pr^fati anno, quo supra. Omnia supra scripta
contigerunt, me wormati^ existente, Pater prefat^ Katherin^ obijt,
vt audiui, die pr^cedente ante diem iili^ mortis.
§. 257. [fol. 127] Eodem die et anno [29 octobris 1498] doctor
Johann glauburg suas consumavit nuptias cum Margreta
[Eine weit spätere Hand füllte die Lücke aus: „Homgin^] devrbe [soll
wohl bedeuten : Orb] virgine, quQ tertianunc illius vxor est, etquia noluit
obseruare conuiuia nuptiarum solito more, Friderich yon der fjlsch,
Claß von ruckingen, Ludwigk hulczhusen et ego adduximus sine
suo scitu fistulatorem et trepudiauimus in domo sua.
§ 258. [fol. 170] Anno domini 1501 secunda. augusti baptizata
est Kungundis, filia doctoris lohannis glauburgs ex tertia sua
vxore, de cuius matrimonio contracto cum illa tertia non [? cf. supra]
constat ex hoc libro. Eam infantulam suscepit de baptismo Engyn,
virgo et filia quondam Arnoldi schwartzenbergers et Kathe-
rin^ hodie viuentis.
173 —
§. 259. [fol. 139] Anno 1499 vicesima secunda maij et quarta
feria post penthecosten obijt Henn glauburg. Beliquit vxorem
nomine Ciaram sine libeim
[Katharina Glauburgerin, Jacob (Fichard: Henne] Bruns
Hausfrau. §. 238.
Henne [oder Johann] Glauburg §.116. 183. 215. 186. 198.
259. — 120. 185. 192. 197. 198. 210. 211. Clara [Fichard: Kemmerer
von Fuld] seine Gemahlin. §. 116. 211. 259. -
Gudula Glauburg^ Ehefrau [Fichard : seit 1464] Arnold Holzhausen's.
Dr. Johann Glauburg §. 4. 80. 183. 185, oben 256 und 257.
1. Gemahlin Katharina Weiss §. 256.
„ Katharina voh Breydenbach §. 256.
,, Margareta Homgin von Orb §. 257 , in zweiter Ehe
verheirathet an Wicker Frosch.
Ottiha [Brunnin], Wittwe Arnold Glauburg's §. 116. 185. 221.
Ambrosius Glauburg §. 80. 173. 174.
2.
3.
Erste Linie.
Johann Glauburg
zu Rüstenberg.
I
Sein Bruder
Arnold Glauburg
zum rothen Mündlein.
L
Arnold Glauburg
zu Schwanau f 1495.
O ttilia Brun
▼onBrunfels.
Henne Glauburg
zu Lichtenstein 1461.
Kunigund Holz-
hausen.
Dr. Johann Glauburg
zu Lichtenstein 1510.
1) Katharina Weiss zu Limburg.
2) Katharina von Breydenoach.
3) Margaretha Horng.
Henne Glauburg
zum
rothen Mündlein
t 1469.
I
Ambrosius Glauburff,
bertthmter Turnierer. ^
Richard Glauburg.
Katharina Glau-
burg, heirathet
Jacob Brun von
Brunfels.
Zweite Linie.
Geschwister:
Henne Glauburg
im Nürnberger Hof.
Gudula Glauburg,
Hausfrau
Arnolds von Holz-
hausen.
Henne Glauburg im
Nümbeiger Hof f 1499.
2. Ehe: Clara Kem-
merer.
— 174 —
■
Glismund.
§. 260. [fol. 95] Anno 1497 julij 12 mane benedictionem matri-
monij in fatie ecclesiQ susceperunt Hans glismundt et Ly^gyn; vidua
zu weyßlin, ex stirpe eyn brunin. Tredecima julij festiuitatem nup-
tiarum consummarunt. Eram ego tune wormatiQ.
Grünberger.
[Stephan Grünberger vnd seine Hausfrau Margreta Grusaerin^
Thomas Ugelnheimer gelassene Wittwe. §. 296.]
Haane oder Hayne.
§. 261. [fol 37] Anno 1495 die 27 septembris faatt Johann han
vnd Katheryn bodenern, [s. so] ettwan Baltaßar blumen husfrawe
was [§. 230], zu der heyligen ^e gegriffen vnd die eynander gelobt
vnd hatt sie Claß von rockingen zu samen geben vnd darnach
9 nouembris haben sie hochzytt gehabt.
[Johann Haane §. 80. 122. 183. 185. 186. Katharina, seine Haus-
frau, §. 185.] ' ^
Heimbach.
§. 262. [fol. 40] Anno Domini 1495 octaua nouembris natus est
Nicolaus, filius doctoris Adam de heymbach, aduocati franckfurdensis,
et Anna sigwyn, eins vxore. De fönte säcro leoauit cum Nicolans de
rockingen, protunc magister ciuium franckf.
§.263. [fol. 113] Anno 1498 decima quarta apprilis nata Kathe-
rina, filia doctoris Ad§ de heymbach et Ann^, eins vxoris. 15 eiusdem
et ipsa die pasc^ baptizata et a Katherina virgine, filla Claß hum-
brechts, de fönte baptismatis suscepta
§. 264. [fol. 155] Anno 1500 die mercurij et quinta augusti
sepulta est apud minores Anna, vxor doctoris Ad^ de heymbach,
aduocati hie.
[Dr. Adam von Heymbach §.6. 183. 185. Anna, seine Haus-
frau 185.]
Hell, genannt Pfeffer.
§. 265. [fol. 10] Anno 1474 23 octobris Georgius de hele, alias
peffer, doctor iuris, sponsalia contraxit cum Elizabeth, filia Engel
froschen, nuptias habuerunt feria secunda et crastina sancti Britii
episcopi. Eodem die fuit sponsus Johannes vom ryn.
— <75 —
§. 266. [fol. 119J GeorgiuB pfeffer doctor. Anno 1498 quinta
augUBti cecidit in noua cloaca^ nondum plene extructa^ in curia
domini treuerensis, wnlgo der äionczhoff genant^ insignis vir Georgius
de [de Hell. In margine Dr. Georg Pfeffer] vtriusque iuris
doctor^ reuerendissimi archipr^sulis magunlini cancellariuS; qui mox^
cum extrahebatuT; obijt^ cuius anim^ miserere dignetur Jesus^
filius dei.
[Kanzler Hell gen. Pfeffer §. 16. Seine Hausfrau §. 30. 293.
Margreta^ ihre Tochter^ Haman Holzhausen's Hausfrau^ §. 220. 279.
Elisabeth; ihre Tochter, Dr. Bernhard Kühom's Hausfrau, §♦ 293*
Philipp Hell, gen. Pfeffer, Canonicus zu St. Bartholomäus §. 205,
Präbendarius zu Aschaffenburg §. 207.]
Heller.
§. 267. [fol. 3] Anno 1494 tredecima julü obiit Anna Ganczin,
uxor Bechtholdi hellers iunioris.
§. 268. [fol. 34] Anno 1495 die 25 augusti exequi§ Wolff hellers
(filii Bechtoldi hellers ac frater Jacobi, Bechtoldi et Caspari hellers)
celebratQ sunt in ecclesia sancti Bartholom^i, qui Wolff vna cum
Ottone cronberger, comite suo, misere necatus est in terra
Senensium, cum tendebat ire de jtalia ad alemanniam. [cf. §. 5.]
§. 269. [foL 146] Anno domini 1499 decima nouembris sepultus
fuerat senior Bechtolt heller, relictis vxore et tribus filiis
Jacobo, Bechtolto et Caspare.
[Katharina, Bechthold Heller's des Aelteren Wittwe, §. 294.
Kinder: Jacob Heller und seine Hausfrau Kringen [v. Melem]
§. 10. cf. §.296.
Bechthold Heller junior. (§♦ 6.)
Ehefrau: Anna Ganz. §. 267.
Caspar Heller. §. 268-
Wolf HeUer. (§. 268.)
Agnes Heller, Heinrichs von Eheine Ehefrau, §. 305.]
Heringen.
§. 270. [fol. 102]. Anno 1497 die 28 octobris, ipso die Simonis
et Jud^ apostolorum, post primam horam de die obijtAnna beringen,
relicta Wigandi herings, auia materna Caroli hensperg, affinis mei.
Eram tum wormati^.
[Katharina Heringen, Orten zum Jungen des Aelteren Haus-
frau. §. 287.]
— 176 —
Hensenstamm.
$. 271. [fol. 7] Anno 1494 nobilia Martinus de husaegtheym,
eques auratus^ celebrauit nuptias cum Elsen von brendeln^ £lia Eber-
hard! de brendel^ tercia die nouembris.
§. 272. [fol. 14J Anno 1495 Eberhardus de hussesthejm
nobilista nuptias consummauit cum Guttigin ym salhoff^ filia Ste-
phens henn, relicta quondam Wickerj froschen^ act^ 20 die ianuarij.
Et iam dictus Wicker frosch despondit eam in die Johannis euange-
list^ anno 14G6^ celebrarunt nuptias in die Nicodemidis martyris
anno 1467.
[Das Gastmahl Eberhards von Heusenstamm und seiner Ge-
mahlin Guttgin^ zur Ehre des abgehenden Reichskammerrichters
Markgrafen Jacob von Baden^ §.116. • ».^'^
Brüder: Martin und Eberhard von Heusenstamm §. 177.
Eberhard von Heusenstamm §. 183. 185.
Guttgyn Stephan; seine Hausfrau §« 185. 291.]
Familie Holtzhausen.
§. 273. [fol. lOJ Anno 1464 die tricesima ianuarii Johann
hulczhusen secundam duxit uxorem; videlicet Ratherinam^ filiam
Johan schwarczenbergS; dehinc nupti^ act^ sunt die, quo supra.
§. 274. [fol. lOJ Anno 1469 dominica ante assumptionem b.
Mari^ sponsalia contraxerunt Gylbertus hulczhusen et Kathe-
rina froBchin, nupti^ dehinc celebrat^ sunt die undecima februarij
anno 1471, proprias deinde inceperunt expensas in domo zum span-
genberg quarta post Vrbani aimo 1478.
[cf. Tod der Anna frosch, geb. Holzhauserin. §. 249.]
§. 275. [foL 11] Anno 1491 vicesima secunda maij, eratqne dies
penthecostes, obiit Anna, relicta Conradi hulczhusens, auia mea et
mater genitricis, begraben by dem ewigen licht.
§. 276. [foL 1] Anno 1473 die 13 junii, qu^ erat tunc temporis
dominica trinitatis, natus est Ludovicus hulczhusen.
§. 277. [fol 2] Anno 1494 in die sancti Marci evangelist^, qu^
est 25 april obiit cognatus mens Gylbertus hulczhusen. [fol. 52:
Eodem anno videlicet 1494 die 25 apprilis, qu^ est dies, qua
agitur festivitas Marci ewangelist^, obiit Gylbertus hulczhusen,
sepultus in sacello beati Michael in loco suorum progenitorum in
choro.]
[Blasius Holzhausen begiebt sich zum Studium nach Mainz
1494. §, 16.]
— 177 —
§. 278. [fol. 4] Äimo 1494 venerunt Sophia et. Barbara de mar-
purg 22 die augusti et maDserunt penes Katherinam hulczhuseriB
zum goltstein viii ebdomades unoque die.
§. 279, [fol. i4j Anno 1495 yicesima secunda ianuarij nata eat
Katherina secuiidagenita Hamandi hnlczhusen's et Margret^; fili^
Oeorgii hell^ alia« pfeffer. cancellarii episcopi maguntmi. E Bacro fönte
leuauit eam Katherina ^ relicta Gylberti hulczhusens. Nata est autem
infra decimam et vndecimäm horam diei ea die^ qua suprit, et hora
yespertma baptizata est eadem die^ qua supra. Et habet sororem^ quQ
est primagenita pr^dicti Hamandi, nomine Mai^reta, qu^ paulo vitro
annum Katherinam exsuperat in §tate^ Anno 1496 quarta augusti
nata est Dorothea, tertiagenita pr^fati Hamandi etc. Mortua est
Dorothea intra annum. Etsi deletum, tamen verum est. [fol. 61. Anno
1496 quarta augusti nata est ex Hamando hulczhusen et Margreta,
sua legittima,. 'Dorothea, quam ex fönte sacro leuauit relicta vidua
Heynrici yrgeschemer's. Defuncta est. Etsi deletum tamen verum est.J
Anno 1498 natus Georgius prima augusti, de quo in char. 119.
[fol. 119. Anno 1498 prima augusti mane quinta - hora natus est
Georgius^ - filius Hamandi hulczhusen et Magret^ eins vxoris. Is pri-
mus eorum filius, antea enim filias procrearunt. Baptizatus est' dictus
Georgius secunda augusti; compater iufantis nobilis Goffert de
kleben, qui donauit quinque aureos puerper^. Mortiius est infra an-
num]. [fol. 161] Anno 1500 die martis post remihiscere et vicesima
quarta martij, hora, vt arbitror, vndedma de die natus est Amandus,
filius Amandi hulczhüsens et Margret^ vxoris suq* Baptizatus in die
annuntiationis virginis glorios^. Compater est comendator domus
theutomoorum hie, cuius nomen est, vt arbitror, Beynhardos de neu-
husen. Mortuus est sub nutrice in iunio illo anno« [fol. 171] Rylgjn,
filta Amandi hulczhüsens et Margret^, nata est die Iuuq et sexta
septembris, baptizata autem die nativitatis beatQ Mari^, coniater Bylgyn,
vxor Wicken knobellauch's, anno 1501. Mortua est infra puerperium.
[Haman von Holzhausen wird 2. Mai 1493 Bathsmann §. 119,
gründet seinen gesonderten Hausstand 4. Sept 1495 §. 220 und wird
Sdiöffe 9. Juli 1499 §. 126]
§. 280. [fol. 62] Anno domini 1496 vicesima secunda septembris
Katherina hulczhuserin zum goltsteyn in stnba sua tradidit ducentos
aureos mutuo domino Heynrico sylberberg, pr^posito in monasterio mej-
feit etc., quos ipsemet numerauit, in numerando mater mea traxit. Actum
vt supra, pr^sentibus ibidem matre mea, Gylberto hulczhusen, filio pr^-
fiit^ Katherin^ et me Job rorbach. Quos cum accepit pr^dictus Heyn-
ricusetc. in naui forensi descenditGjlbertus, et ego cum ipso pariter,
12
-— 178 —
traddiditque Gylberto obligatioiiiB litteras, qnibns pro ducenÜB obli-
gauit 86 et fratrem suuin^ Hans von silberberg, dictQ Katherin^ et
faeredibuB suis^ quod clarins patet in dicta obligatione sigillata ambo-
rum sigillis et domini Heynrici et fratris sui Hansen ^ ambo de sjl-
berberg. Bediebamus Gjlbertus et ego 25 septembris.
§. 281. [fol. 97] Anno 1497 die tertia angosti Gilbertns hulcz-
husen (cognatas meus)^ filius Johannis hulczhusen et KatherinQ, eiuB
uxore; quQ est ejn schwarczenbei^erin ex suis parentibuS; contraxit
sponsalia in oppenhejm cum Clara stompffin. Depost eodem anno
vicesima prima nouembris matrimonium quo ad ihomm consnmanit
franckfurdi^, non vocatis nee sponsionis nee condormitionis cognatia
etc.; nisi admodumpaucis; qu^de post mortua est in mense maij anno
1498; yidelicet sexta die iam dicti mensis et anni.
§. 282. [fol. 108] Anno 1498 die tertia januarij mane circa de-
cimam horam spiritum domino reddidit Katherina^ relicta Johan-
nis hulczhusen, cognatamea. Corpus in suorum maiorum loco sepul-
tum est; videlioet in sacello diui Mihaelis. Delatum auiem corpus
sepultür^ est 4^ yidelicet ianuarij; cuius anim^ propitiari dignetnr
omnipotens deus. Actum; mewormatiQ existente.. H^c autem ex scrip-
tis Jacobi neuhusen babuL Duos reliquit filios vxoratoS; Hamandum
et Gilbertum.
§. 283. [fol. 108] Anno 1498 decima iannarlj expirauit Gude^
vxor Amoldi hulczhucen. Sic enim ex fratris scriptis habui; me wor-
mati§ moram agente. [Fichard giebt irrthttmlich aU; sie wäre nach
1500 erst gestorben.]
§. 284. [fol. 146] Anno domini 1499 sedecima decembris spon-
salia contraxerunt Gilbertus hulczhusen viduus et Elatherins
virgO; filia Henn Sachsen et Katherin^ brun, iUius Henn
l^ttim^ Coniunxit eos dominus Georgius sohwartzenberger; cantor
et canonicus ecclesi^ sancti Bartholom^L Juncti autem sunt paolum
post primam horam de die in domo brunfelf et nupti^ deinde secuta
sunt decima februarij anno 1500. [foL 149] Anno 1500 decima februarij
Gilbertus hulczhusen et Katherina Sachsen celebraxunt nuptias. Mane
cum celebri processione ad ecclesiam [ierunt]; vbi sunt inthro-
nizati; deinde dies nuptiarüm et coniunctio thori in curia treuerensi
actQ et habit^ sunt EgoquC; quia vtrique mihi sanguine iuncti; pro-
pinaui tres fl. Et inter pares ipsi primi erant; quibus in nuptüs
donaui.
[Einer der wunderbarsten Missgriffe ist Fichard mit dies^ zwei-
ten Ehe des Gilbrecht Holzhausen begegnet und beweist schlagend,
dass er unser Manuscript nicht gekannt hat Er fOhrt nämlich Holz-
— 179 —
hausen U* 3 nur zwei Ehen dea Gilbrecht ziun Goldstein mit Clara
Stumpf von Dettingen 1499 und mit Dorothea Schanz 1512 iuf, und
bemerkt dazu: „Einige Genealogien geben diesem Gilbrecht die
Katrine von Sassen; die Andere seinem Oheim Gilbrecht [zu Span-
genberg} zugeben, zur dritten (.?!) Frau^ w.elches unm^Hch ist, da
Dorothea ihn überlebte." Noch kühner verfährt seine Kritik in die-
sem Punkte bei Gilbrecht zu Spangenberg. Er sagt R, 3: „Mehrere
Stammbäume berichten^ dass^Gilbrecht in zweiter Ehe mit Katharina
Sassen verheirathet gewesen. Das (xanze ist eine Verwechslung [sic!J
mit Anna von Sassen , der Frau von Conrad Holzhausen und diese
angebliche Katrine eiistirte nie." Sie hat dennoch existirt und sich
auf GastKnähiern und Hochzeiten (§.80, §.221) ihrer Existenz erfreut;
Job selbst hat sie gesehen . und mit. ihr gespeist bei dem Gastmahl^
das er in seinem Hause gab; sie h$t sich auch mit Gilbrecht Holz-
hausen ^ freilich nicht mit dem^ welcher ^u Spangenberg, sondern
mit dem, welcher im Goldstein sasa^ nicht in dritter , wohl aber in
zweiter Ehe vermählt DassFichard uneer.Mai^usi^ript nicht gekannt,
ersehen wir ferner aU0 seiner Naohricht über den Tod Gilbrechts
zu Spangenberg. Job giebt zweimal bestimmt, als Todestag den
25. April 1494 an. Fichard berichtet zunächst^ ein Wappenschild in
der Michaelskapelle setze denselben in das Jahr 1434. (Wahrschein-
lich war nur die Zahl 9 undeutlich geworden, so dass sie wie 3 aus-
sah.) Dann 81^ er: nach einer Familiennotiz falle sein Todestag auf
den 8. November; zuletzt entscheidet er sich für das Jahr 1496.
Arnold Holzhausen und seine Ehefrau Gudula Glauburg
§. 283.
Conrad Holzhausen und seine Ehefrau Anna Sassen.
<
Kinder: Elgin Holzhausen , Ehefrau von Bernhard Borbach
dem Vater, §.1.
Anna Holzhausen, Ehefrau von Georg Frosch,
§. 248. 249.
Lose Holzhausen, Ehefrau von Wolf Bhmi, §. 229.
Gilbert Holzhausen zum Sp.angenberg (f 1494 §.276)
und seine Gemahlin (Wittwe) Katharina (Fröschin)
zum Spangenberg: §. 19. 20. 30. 36. 116. 185. 186.
217. 220. 221.
Kinder: Ludwig Holzhausen: §. 3. 6. 19. 20. 30. 116. 185.
186. 197. 215. 217. 220. 221. 257.
Elgm Holzhausen §. 80. 220.
Blasius Holzhausen §. 16.
12*
— .180 —
Johsan Holzhauseii zum Ooldetein und
A. Margaretha im Steinhaus.
Tochter: Margaretha HokhauBen 211m Thoni; Ehe-
firan Hebrich Ton Ergeraheim^ §. 51. 80. 184. 244
B. 2^' Ehefrau Johatin's: Eatharine von Schwar-
. zen'berg zum Goldstein: §. 17. 18. 30. 61. 56. 80.
217. 279. 28^.
• Söhne: 1) Haman Holzhansen: §. 19. 79. 80. 104. 119. 185.
186. 190. 191. 217. 221.
Ehefrau Margaretha Hell: §. 20. 80. 116. 185. 217.
221. Kinder siehe oben §. 278.
• 2) Oilbrecht zum Goldstein: §. 8. 18. 24. 27. 45. 80.
127. 185. 186. 192. 197. 217. 221.
.1*^ Ehefrau 1497 Clara Stampf [Fich. von Dettingen]
§. 28a 1 149a
2^ Ehefrau 1499 Anna Saasea §284 <£ §. 221.
(ef. §. 80.)
3^ Ehefrau 1512 Dorothea Schantz, yergL Steitz,
Lufher'a und Mehmqhthon's Herbergen 31*.]
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'■ Die daselbBt ßuf Fiehard gestfltaste Angabe, dass dieses die iweite Ehe
Q|lbreöht*8 gewesen sei, moss demnach berichtigt werden; es war die dritte.
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- 182 —
Holzheimer.
[Johann Holzheimer; siehe Amtleute, §. 132.J
Humbrecht.
•
§. 285. [fol. 171] Margreta, vxor Claß humbrecht's, obijt viceaima
quinta septembris; relicto dicto suo marito et filiis etfiliabuB; anno 1501.
[Kryngin Humbrechtin, Jungfrau, §. 80. 185. 263. Tochter, Clas
Humbrecht's und Gretgin Foid, dritte Haus&au von Bernhard
WeiBß, §. 333.
Margaretha Humbrechtin, Ehefrau Conrad Scheid's, §. 311.]
Claus Humbrecht.
Greda, Foid von Monsberg.
Margaretha Katharina Humbrecht,
Humbrecht, Eh efrau von Bernhard Weiss.
Ehefrau Conrad Scheid's.
Inckus zu Schwanau.
[Familie starb 1482 aus. Ottilia zu Schwanau §. 221. ist die
Ehefrau Arnold Glauburger's zu Schwanau, geb. Brun.J
Jostenhöfer.
§. 285. [fol. 155] Apno 1500 sex:ta augusti Katherina vgelnher^erin,
uxor Loj iostenhoffers, sepulta est hie in ecclesia parochiali et
delatum est funus ad ecclesiam, pr^cedentibus personis ecclesi^ noatr^
et Scolaribus et hoc primum in eo inceptum, antea enim inauditum,
quod clerus nostrQ ecclesiQ pr^cesserit funus laici.
[Loy Jostenhöfer §. 5.]
•
Zum Jungen.
§. 287. [fol. 142] Anno 1499 vltima julij Katherina beringen,
vxor Orten zum iimgen senioris, obijt, eo magistro ciuium existente,
nullos relictos habens. Erat Ortt illo anno magister ciuium senior.
[Ort zum Jungen §. 79. 80. 83. 98. 125. 183. 185. 201.
Kryngin Heringen, seine Hausfrau, Guda Hynsbei^'s Schwes-
ter, §. 80.
Johann zum Jungen §. 6. 98. 102. 120. 179. 183. 185.
Conrad zum Jungen §. 80. 177. 183. 185. 186. 197. 201.
Ortgyn zum Jungen §. 185. 198.
Gretgin zum Jungen, mater Conradi et Ortgyns zum Jungen,
§. 328.]
— <83 -
Brüder:
Ort zum Jungen — Heiiirichziun Jungen — Johannzum Jangen
t 161» (zum Korb) f 1483
Eaiharinii Heringen Margaretba Beiss.
seuieHauBfirau Marg. Glauburg.
t 149». I '
Conrad zum Jungen Ort[gm] zum Jungen.
Ealtofen.
[Phüipp Kaltofen §. 180.]
Kelscb.
§. 288. [fol. 65 .Ajmo dommi prima die maij] Eodem die Jung-
henn von kelscb ^ yicinus noster^ fatum exsoluity reüquit uxorem
nomine Morgen et filias, videlicet Mergen, Dorotheam et Katherinam^
et filium^ cuius nomen Jodocus.
Kemmerer von Fulda.
§. 289. [fol. 10] Anno domini 1464 in die Doroth^ virginis des-
ponsati Hen kemmerer vnd Eisgin [cf. Bernhards Familien-
chronik^ §. 61]^ nuptias babuerunt 4 junij zum iungen frosch^ eodem
anno.
Knoblauch.
§. 290. [fol. 3] Anno 1494 prima augusti mane natus est Georg
clobellacb^ filius Siffiridi clobellach et C^cili^ vxorissuQ; et compater
dus erat Georgius Flach. [foL 37] Anno 1495 die 24 septembris
natus estWickerus klobellach; filius Sjffi:idi klobellach et C^cili^
Yxoris BUQ. Compater infantis est Wickerus klobellaph, maritus Byle
froschin. [fol. 83] Anno 1497 secunda martij hora quarta post meri-
diem natus Sifindus klobellach ex Sifffido klobellach et C^cilia vxore
eiuS; tertiaautemfebruarij [martii?] baptizatus. Compater infantis domi-
nus Bemhardus schefi*erlyn; doctor et iuditij camer^ venerabilis assessor.
[fol. 145] Anno 1499 in principio octobris^ yt arbitror^ natus est
PancratiuS; filius Sjffiidi knobellauch et C^cili^, eins legittim^. In-
fantis compater est Pancratius de rynsteju^ comendator domus theu-
tonicorum hie. [fol. 168] Anno domini 1501 vicesima quinta apprillis
et dominica misericordia domini baptizatus Johannes, natus ex Siffiido
knobellauch et C^cili^, eius legittim^. Infantuli compater est Johannes
mor, huius oppidi capitaneus.
[Sifried Knoblauch und seme Uaufirau Caecilia §. 116. 185.
Sifried Knobfaiuch §. 119.]
•»
— 18* —
§. 291. [fol. 57] Anno 1496 die decima septima julij Johannes
klobellacb^ filius Adolffi klobellach's pi^ memorie et Ann^ folckeriny
contraxit sponsalia de pr^aenti cum Katherina gelthusenQ, filia
Hejnrici gelthnß felicis memoria; morantis; dum ybdt, in ojqienhejm
et Actaym wasserhuß^ zum goltsteTn genant^ extra mBros.
Deinde decima nouembris spir^ se ipsum sponsQ se apposuit: non
conuocatis aliis^ nisi qui quottidianj erant in domo Wicken klobellach'B,
abundantem suam auaritiam notiorem facere Toluit Begula, eorum
primogenita, nata est 22 augnsti, de quaplenius in 99. Obiit [fol 99:
Bjlchin klobellachin. Anno 1497 22 augusti; qu^ est vigilia Bartho-
lom^iy nata est primogenita Johannis klobellach^s et Katherin^ spir^^
nomine Begula. Comater infantis est Bjlgin, üxor Wicken klobellach'a.
Sic esse factum retulit mihi pr^fatus Johannes klobeUach wormati^
prima septembris anno supra. Mortua nondum habens akmum Be-
gula^] Eberhardus de mense octobri natus in 127. [fol. 127: Anno
1498 de mense octobri natus Eberhardus (et^ vt arbitror, 25 illiua
mensis baptizatns), filiud Johannis klobellach's et Katherin^, eins uzoris,
[filiusj ; compater infantis Eberhardus de hussesthem.) [fol. 150] Anno
1501 decima nona februarij ex Johanne knobellach peperit Eatherina
filium^ nomine [fol. 170] Anno 1501 infra octauam assump-
tionis nata est Grettgyn ex Johanne klobellach et KatherinQ, eiua
vxore.
[Bylgin Froschin^ Wicker Knoblauch's Hausfrau, §. 279. Siehe
Frosch. Wicker Ejaoblauch gehörte einer anderen Linie an, ab die
folgenden :
Adolf Knoblauch f i486.
Anna Völckerln,
heirathet in zweiter Ehe Georg Flach.
!
.J. •'• I
Seifried. Johannes.
CaeciliaZäch Katherine Qelthaus
ausEslingen. aus Oppenheinu]
Kühorn.
§. 292. [fol. 154] Anno 1500 decima junij et die mercurij post
penihecosten contraxerunt matrimonium per verba de pr^senti Jaco*
bus knhorn. viduuB, doctor et cancellaris [cancellarius] principis
palentini electoris, et Agnes djrmeyern, yidua relicta Hert
jrgeschemerSy qu^ solita fuit a populo Agnes zum morn nuncupari
propter dommn, quam inhabitat Deind^ eodem anno quinta augusti,
— 185 —
quQ erat di68' mercurij, «olemnizatio matrimonij in fatie
eeclesii^ et consumatio in thoro secuta est et habita.
§. 293. [fol. 159] Auno domini 1500 nona nonembris nupti^
celebratQ sunt maganti^ inter doctorem Bernhard knhorn, Jacobi
kuhom de stackgardia filius, et Elisabeth ^ filia quondam doctoris
Qeorgij hei, alias peffer, cancellarij ärchipr^nlis magnntini, dnm
vixit, et Elisabeth froschin^ genitricis dict^ sponsQ, qn^ nuno vinit*
Ad nuptias iUas deseendimos octaua < nonembris ad magnntiam in
nani consulatns, hie [huc] rediebamos tredecima eiusdem mensis
annOy quosnpra, etlante, jmo lautissime viximus ac trinmphaninms;
propinani dncatum, pro quo solni 1 fl. 9 Jß. TaDtondem propinamt et
frater mens Bemhardus rorbacL Laurentius eonim primogeDitos
natns est, de quo infra fol. 170.
[foL 170. Anno 1501 in vigilia vel die lanrentij natns est
primogenitus maguntiQ doctoris Bernhardi kuhom et Elisabeth
sne legitim^; nomine Lanrentins; hone snscepit de baptismo '
nobilis Laurentius tmchseß, canonicos maioris eoclesi^ magan-
tmQ etc.]
Brüder.
Jacob Walther, gen. Eühom,
der Aeltere,
wohnt in Stuttgard.
Bernhard;
J. U. D. in Mainz.
Elisabeth Hell
Jacob Walther, gen. KtÜiom,
J. tJ. D.
Procurator zu Mainz.
Agnes Diermeyer (Tiermeyer)
zum Mohren,
Wittwe von Hert Ergersheimer.
Langsdorf.
[Engil Langsdorf §. 20L]
Marpurg zum Paradies.
{Ludwig zum Paradies, Dr., goldner Bitter und Schultheiß; §.6.
79. 80. 83. 175. 18a 185. 186. 294. 334.
Elsbeth (Asyn) Heringen, seine Hausfrau, §. 80. 294.
Ludwig Marpurg, §. 183, kann nur Ludwig Martroff von
Marpurg [§. 294], der Erbe des Hauses zum Paradies gewe-
— 186 —
sen s^^ da Ludwig zum Paradies in dem Verzeichniaae
der Limburger §. 183 an der Spitze genannt ^ Ludwig Mar-
purg aber unmittelbar nach Georg Martroff aufgeführt
wird.]
Martorff.
§. 29i. [fol. 50] Anno domini bisextili 1486 die dedma quinta
februarij; qu^ tunc penultima camiBbreuij erat^ Ludwicus mar-
troff, filiuB Johannis martroff, ex una, ex parte alia Anna virgo,
Bonior filia Wolff blumens et Lyßgin's hulczhuBerTn, cbntraxerunt
sponsalia et pr^ter morem nostrum non adductuB ad
Btubam est sponsus, allegabant rogationes pugnantes
ad placitum [?]. Solennizatum dehinc est matrimonium in
facie ecclesi^ nona die junij, quQ pro tunc erat octaua corporis
Chriflli Nupti^ de post secuta die trededma junij anno, quo supra.
Tandem procreatus est ex ipsisLudwicuB, primogenitus eorum,
de quo in folio 93; obiit infans. [fol. 83: Anno 1497 decima septima
junij ex Ludwico martroff et Ann^ [1. Anna] blumin, eius legittim^
[1. le^tima], natuB est Ludwicus, primogenitus eorum, decima octaua
junij fönte baptismatis renatus. Compater infantis est Ludwicus de
paradiso, doctor ac eques auratus, franckfurdensium scultetus. Mor-
tuus est pauco tempore post pr^fatus infans]. Secundagenita,
Elsbeth nomine, nata est vltima junij in anno 98, clarius infra 117.
[fol. 117: Anno 1498 vltima junij nata est secundagenita Ludwid
martroff [am Bande: Elisabeth martroff] et prima julij baptizata.
Commater infantis est Elßbeth [sonst auch Asyn genannt §.80], uxor
Ludwici de paradiso, sculleti huius oppidi, quQ vocauit infantem
nomine suo, qu^ de post obijt, anteaquam habuerit ^tatem
15 dierum.] Johannes natus est 14 octobris anno 99 et quartus
[1. tertius] in ordine genitur^, quaere in charta 145. [foL 145: Anno
14i^9 decima quarta octobris mane quinta hora vel circa natus est
Johannes ex Ludwico martroff et Ann^ [1. Anna], eius uxore. Sus-
cepit de baptismate infantem concanonicus Johannes vgelnhejmer.
Obiit infans.] Katherina nata est anno 1500 decima decembris, de
qua vide in 160. [fol. 160; Kryngjn martroff« Anno domini die
decima decembris, decima hora vel quasi post c^na^m, et erat
diesiouis, genuit Anna, uxor Ludwici Martroff's, filiam suam Eatherinam
nomine. Comater infantis est Katherina,relicta senioris Bechtoldi heilers].
§. 295 [fol. 168] Anno domini 1501 decima die apprilis, qu^
erat vigilia pasc^ obijt Anna, vxor Ludwici martroffs et Benior filia
senioris Wolff blumens. Beliquit maritum suimi filiamque nondum
annum habentem nomine Katherinam superstites.
— 187 —
[Ludwig Hartroff §. 184 und 185. (§. 183 cf. „Marpnrg zum
ParAdies'^ und unsere Bemerkung daBelbsi)
Engui; seine Hausfrau^ §. 186. .
Georg Martroff §. 13. 80. 183. 185. 1^. 198. 215.
Georg und Ludwig Martroff waren Vettern.]
Meiern.
§. 296. [foL 65] Anno domini 1496 die decima septima octobris
sponsio' matrimonij contracta est inter Johannem de molnhejm
(habuit autem antea duas vxores) et Maigretam' virginem, filiam
quondam ThoniQ ogehihejmers etMargret^ grussern, nunc vxor Siephani
grünbergerS; vittericus pr^fat^ yirg^nis Margret^ sponsQ. Solemnizatum in
facie ecclesiQ decima septima nouembris. NuptiQ deinde celebrat^ fuere
dievicesima secunda nouembris; eratquedies martis; non enim poterat
consumari die lunQ ob festum pr^sentationis virginis ManQ. Ex illis
natns est Ogir 15 junij anno 1499; vide in charta 140. [fol. 140:
Anno 1499 decima quinta junij et die Sabbathi genuit Grettgjn,
Yxor Johannis molnheym, suum primogenitum filium; cuius nomen
OgjT; baptizatus decima sexta iunij; compater infantis est Jacobus
heller. Primogenitum dixi quoad Gretgjn; Johann molnheym enim
ante eam duas vxores habuit.] [fol. 168] Anno domini 1501 die veneris
post dominicam quasimodogenili natus ex Johanne de molnheym et
Margreta, yxoresua^ Jacobus estque secundus in ordine genitur^ ex
illorum pr^fatorum matrimonio. Sequenti die e fönte baptismatb sus-
cepit infantulum Jacobus neuhusen.
[Ursula de Melem, uxor Walteri de Schwarzenberg^ §. 317.]
Johann von Melem (Molnheim).
Gretgen Dorfelder.
Johann von Melem. Katharina von Melenu Ursula von Melem.
Margaretha Jacob Heller. 1) Walter v. Schwar-
Ugelnheimer. zenberg.
2) Bernhard Boibach
der Jüngere.
Mohr.
[Johannes Mohr, städtischer Hauptmann^ siehe unter dieser
Ueberschrift: §. 133.]
— 188 —
Monis.
§. 297. [fol. 96j Anno 1497 die vicesima tertia jnlij Buprecht
monef vidnus nuptias peregit cum quadam vidua^ si recte memim,
defulda^ nomine etc. Nuptias deinde celebrauit vicesima nona januarij
anno 1498.
§. 298. [fol. 102] Anno 1497 tredecima nouembris Conradus
mones celebrauit nuptias cum Ejlcbin stomelu; obiit autem dicta
£ jlcbin die 23 junij anno 1500.
[Conrad Monis §. 177. 183. 185. 186. 197. 199.
Ruprecht und Conrad Monis sind Vettern.]
Neuhausen.
§. 299» [fol. 10] Anno 1464 Jacobüs nuhusen et Eongnndis,
filia Walten schwarczenbergs senioris, desponsati sunt in die beati
Xystiy nuptio secuta in profesto Gralli eodem anno»
§. 300. [fol. 18] Anno 1495 iii. apprillis reuersi sunt de pere-
grinatione Jacobus nuhusen^ Johannes molnheym et famulus eorum
Heynricus de Andernach^ cum antea iter peregrinationis arripuerunt
in anno 1494 die xxiii junii^ qu^ est Vigilia Johannis baptist^.
§.301. [fol. 51] Anno 1496 die 5^martij vocauit nos Jacobus
neuhuser inter cet^ros eins amicos^ videlicet Bemhardum rorbach
et me Job, fratrem Bemhardi^ yt adessemus, cum sentenlia esset
ferenda. Comparuimus cum c^teiis suis cognatis et amicis in stuba
consulatus et audiuimus sententiam^ in qua adiudicabantur Jacobe et
Georgio neuhuser germanis noningenti quinquaginta floreni, dandos
[1. dandi] per heredes Katherin^ wissen, nee tantum in pr^dicta
summa, verum et in expensis sunt condemnati dicti heredes. Hqc sie
acta esse certo scio et aderat, yt pr^dixi, frater mens et plures alij.
Heredes veroappellarunt,.hij autem erant heredes vel saltem pr^ten-
debant se heredes esse: Johannes laneck, tanquam vna stirps, Helesqs
wiß, tanquam secunda stirps, Fridericus, Diihericus et Agnes germani
et germauQ de Altzen, tanquam tertia stirps.
§. 302. [foL 83] Anno 1497 quinta martij nata, vt arbitror,
baptizata namque est ea die, Margreta neuhuserin, filia Conradi neu-
heusers et Margret^ vxore [1. uxorisj eins. Commater infantis Margreta
. . . . Yxor doctoris Valentini dumckheym, iuditij camer^ procurator.
Mortua est, anteaquam fuit trium mensium.
[fol. 112] Anno 1498 tertia appriUs nata est Agnes, filia Conradi
neuhusen et Margret^, suq legittim^ yxoris. 4** eiusdem baptizata et
de fönte baptismatb suscepta per Agnetem relictam Hans schmidden.
— 189 —
[fol. 143:] Anno 1499 die viceBima secnndn augusti baptizatus Oeor-
giuB neuhuJß^ filins Conrad! neuhuß et Margret^ ^ su^ legittim^.
Infantia compater est Georgins neuhuß zum fraß. Infans obijt paaco
tempore post^ supra dictus GeorgiuB. [foL 157]. Anno 1600 tertia
octobris Daniel, filiua Conradi neuhu^ et Margret^ ehiB legittim^,
est baptizatus. Compater infantis Daniel bromnou
[Jacob Neubausen §. 13. 35. 79. 80. 81. 107. 125. 185. 186.
190. 191. 221. 296.
Georg Neuhausen/ sein Brnder, §. 80. 191. 192. 197. 199. 301.
215. 221. [zum Frass] 327.
Conrad Neuhausen §. 79. 80. 185. 186. Margret seine Haus>
frau §. 80 und 185.
Ulrich Neuhausen §. 6, 13. 15. 80- 177. 183. 185. 192. 198.
215. 221.
fl
Conrad zum Neuen Haus
zum Frass.
I
I ^ .1
Jacob zum Frass f 1493. Ulrich zum Frass.
Kunigunde Schwarzenberger
I
Jacob zum Frass,
kinderlos.
Conrad " Ulnch Neuhaus.]
zum Feuerfunken.
Margaretha
Georg Silberbom.
zum Frass,
ehelos.
Baiss.
§. 303. [foL 36] Anno 1495 die 14 septembris obiit Ortt reyß,
pater Johannis, Georgij etc. et Margrett^ rejsen et aliorum con-
fratrun.
§. 304. [fbl. 51] Anno domini bisextili 1496 die sexta mardj
.Johannes reyß scabinus (filius quondam pi^ memoria Ort Beysen
et Kongundis hjUebrant), contraxit sponsalia cum Cristina virgine
(filia Johannis froschen et Cristin^ degeneryn morantium in domo
zum burggreffen nuncupata). Eratque dominica occuli in quadrage-
sima, cum sponsalia contrahebantur ideoque non vocati sunt ad c^nam
mA prozimi tantum. Depost die vicesima iunij benedictionem matri-
monij ia ecclesia receperunt mane sub matutinis. Eodem die nuptias
celebrabant et apposita sponsa sponso est anno, quo supnu
— 190 —
Depost in anno 1497 die juuij vndecima nata est Anna eorum pri-
mogenita^ de qua clariiu in folio 92. [fol. 92: Anno 1497 vndecima
innij et die dominica nata ex Johanne reyß et Cristina froschin, legit-
tima sua, primogenita eorum , nomine Anna. Baptizata duodeeima
iunij. Conunater infantulQ est Enchin, vxor Georgii flach , officialis
znm goltstejn eis moganum extra muros.] Deinde in anno 1498 natns
Johannes, qui et mortuus est, vide in charta 129. [fol. 129: Anno
1498 vicesima secunda nouembris circa mediam vel in media noctis
natos est ex Johanne rej& et Cristina, eiüs uxere, Johannes, qui
baptizatus 23 eiusdem et ab Johanne frosch, patre Cristin^, de bap-
tismo susceptus. Obiit infra mensem.] Genuit Wickerum tertia maij
anno 1500, de quo vide in charta 152. [fol. 152: Anno 1500 tertia
maij natus est ex Johanne rejH et Cribtin^ [Cristina], eius legittim^
[legitima], Wickerus, qui baptizatus est 4^ eiusdem mensis, et is in
ordine genitur^ suorum parentum est quartus [tertius]. Ipsius infantis
compater est Oeorgius frosch senior.] ,
[Johannes Baiss §. 86. 183. 185. Chrjstingin^seine Hausfrau,§. 185.
Georg Rabs §. 13. 177. 198.
Arnold Eaiss §. 201. 215.
Margreta Baiss, Tochter Peters Raiss und Agnes von Alzej,
Heinrich Weissen Hausfrau, §. 328.
Anna Hynsberg, relicta Johannis Baiss, aduocati quondam
huius oppidi, §. 86.
Heintz Baiß.
_j
I I
ülesechin Baiß. • Orth Baiß.
I I
Peter. Johann, Johann. Georg, Arnold-, Margäretha.
Agnes J. U. D. Christina ledig. ledig.
vonAlzey. AnnaHyns- Froschin.
berg.
Margäretha
Heinr« Weiss
V. limpurg.
Bheine.
§. 305. [fol. 48] Anno 1496 nona die ianuarij sq^ulta est in
ecclesia fratrum pr^dicatorum franckfordi^ Agnes (filia Bechtoldi
— 191 —
beller's senioris); uxor Heynrici de ryn, reliquit superstites Septem
liberos.
§. 306. [foL 156] Anno 1500 in die Laurentij martiris obijt Ka-
therina; filia Stheffans faen^ uxor autem Johanis von rjn senioris, pro
tunc Bcabini hie, et comitatum est fdnuB^ vt bic proximum supra
[§. 286} in {hnere uxoris Loy ioBtenhofifer's est notatam, nisi qaod
bic pulsabantur campan^^ quod obmigsum fuerat in superiore ftinere.
§. 307. [fol. 170] HenricuB; filius Johannis von ryns et
defiinctQ Katherin^ ex familia StefiPens henn; contraxit matriinonmm
cum Magdalena^ virgine etfilia Jacobi gejchenviventis etAgneß
wysBen piQ memoria. Actimi die ioius et 12 augUBti anno 1501.
fiodem anno ratificatum est dictum matrimonium in fatie ecclesi^
tredecima nouembris ; nupti^ vero habit^ sunt 15 nouembris anno
Bupra dicto.
[Johannes deRheine §. 5. 116. 121. 179. 183. 185. 192. 197. 198.
201.215.265.
Krjngin^ seine Hausfrau^ §. 185.
Johannes vom Kheine^ seinSohn^ DechantzuSt. Leonhard^ §.208.
Engin^ Johanns vom Bheine^ des Aelteren Tochter^ §. 208.
Heinrich vom Bheine^ des älteren Johann Bruder^ §. 123.
Margaretha vom Rheine^ Heinrichs Tochter, Claus StaUburger's
Hausfrau, §. 322.
Jobannes vom Bhein, Decan zu St. Leonhard, §. 208.
Heinrich vom Bheine
I
Heinrich vomRheine f 1509 HansvomRheine
zum Wolkenberg. zum gülden Kopf.
Agnes Heller. Katharina Stefian.
I
I . . I I
Margaretha. Johann z. Rh. Heinrichz.Rb. Anna.
Claus Stall- Dechant z. St Leonh. zum Mohren.
b u r g er. Magdalena Geuch. J
Rosenacker.
§. 808. [fol. 48] Anno 1496 decima quarta ianuarij Eberhardus
rosenacker de werthejm, sindicus dominorum de couBilio franck-
fordensi, contraxit sponsalia cum Otylia, fili^ [1. filia] quondam
Caspar behemers et Margret^, matre vivente tunc. Dehinc nupti^
— 192 —
secutQ die vicesima quinta eodem anno et mense. Ego Job ror-
bach pr^fatam Otjliam sponsam ad eccleBiam duxi^ vna
cum CasparO; fratre -spons^^ n<octe adueniente sponsam
sponso apposni. Ante iam dictam sponsam nullam duxi
ad ecolesiam^ nee ad thorum aliquampraeter illam sponso
apposui. Propinauit mater aureum^ frater Bernhardas
anreum et monetam, quQ eyn engelisch dicitur, ego.autem
tres taxillos/duas acus^ vnam cum filo glauco^ aliam cum
filo blawe.
Kückingen.
[Clas Eükingen §. 120. 133. 177. 185. 186. 257. 261. 262. älterer
Bruder.
Johann Bückingen und Agatha, seine Hausfrau, §. 185. jüngerer
Bruder.]
Sassen.
§. 309. [fol. 10] Anno 1471 decima ianuarü contracta sunt
sponsalia inter Henn sassen et Katherinam, filiam Johann brunnen,
nuptiQ autem habitQ in craetina sancti.BIasü eodcm anno.
§. 310. [foL 85] Lysgyn sachsin. Anno 1497 in die sacro
pasch^/qu^ erat vicesima sexta martij expirauit Lisgyn aachsyn, virgo
venusta, cognata mea, filia Hen Sachsen et Eiingyns, eins uxore. Et
retro in anno 1496 conuentio amicabilis facta et concepta de futuro
matrimonio contrahendo inter ipsam iam dictam virginem et Johannem
frosch, viduum, wulgo dictum Johan frosch zum Affen, et placuit h^c
conuentio ipsis videlicet Johanni frosch et Ljsgjn virgini et parenli-
bus suis, non^lum autem contraxerant nee verbo nee facto, eo quod
tercio et quarto gradu cognationis cognati erant, quapropter dispen-
satio papalis requirebatur, cumque iam impetrata erat dispensatio et
iam aderat, infirmitas virglnis impediebat contrahendum matrimonium.
Tandem mors virginis omnem conuentionem et contractum interemit
et in nihilum reduxit Jnhumata in ecdesia minorum in loco soamm
progenitricum.
[Hen Sassen §. 80. 183. 185. 284. 309. Katharina, seine Haus-
frau, §. 80. 284. 309.
Aelteste Tochter Elisabeth (lisgin) §. 8a 185. 186., Braut Jo-
hannes Fröschen zum Affen §. 310.
Zweite Tochter Katharina (Kringen) §. SO. 185., seit 10. Februar
löOO verheiraihet an Gilbert Holzhausen zum Goldstein; ihre
Existenz von Fichard mit Unrecht bezweifelt, §.284 u. Anm.
Sohn Ludwig §. 80.J.
— 193 —
Scheid.
§. 311. [fol. 82] Anno 1497 decima nona februarij baptizata est,
arbitrorque eam ea etiam die natam, Margreta, filia Conradi schytts^ eo
tone iuQior existentis ma^ster duium, et Margret^ humbrechten.
SuBcepit de baptismo infantulam Margreta, relicta et mater
Conradi et Ort zum iungen.
[Conrad Scheid §. 121. 126. 179. 183. 186.
Margreta Humbrecht^ seine Hausfrau^ §. 185.
Die Pathin war Margaretha Glauburgerin, Wittwe Heinrichs
zum Jungen; vrgl. zu §. 287.]
Schmied.
§. 312. [foL 15] Anno 1495 secunda februarij natus est Bejn-
hardus schmyd ex Johanne schmydt et Agnete wissen^ eins uxore.
§. 313. [fol. 52] Anno 1496 die xüi martij obiit Hans schmyt;
reliquit uxorem Agnetem cum sex liberis^ omnes adliuc in puppillari
^tate; sepultus in parochiali ecclesia ßancti Bartholom^i^ etfiratersuus
Sebastianus schmytt obiit in anno 1494 die 19 apprilis.
§. 314. [fol. 134] Anno 1499 decima quinta februarij et sexta
post dominicam estomihi obijt Agnes vidua, quondam vxor Johannis
Bchmjdty 16. mensis iUius inhumata in parochia.
[Stephan Schmied von Miltenberg hatte zwei Söhne :
1) Sebastian Schmied f 1494 Dessen Sohn Sebastian
Schmied wird, §. 201 erwähnt
2) Hans Schmied f 1496 (§. 313). Seine Gattin Agnes (§.302
und 314) war eine Weiss von Limburg zum Bebstock
(§.312). Ihr Sohn war Reinhard Schmied (§. 212)].
Schöfferhenn.
§. 315. [fol.. 1] Prima die junij [1494?] sponsalia contraxerunt
Scheffer hemi Junior et Anna de hanauwe; relicta Konstens hentzeu;
qut^ moratur in domo vocata ozu der winreben, sita ex opposito a
latere domus czu spangenberg iuxta ecclesiam beat^ virginis«
[Schöfferhenn §. 93. 102« Lersner führt ü, 11, 143 u. 147 im
Bathsverzeichnisse auf: Johann von Ostheim, gen. Schöfferhenn,
Wollenweber, erw&hlt 1461, gestorben 1501, und Johann von Ost-
.heim, erwählt 1494. Wahrschdalich ist der letztere unter dem Nsr
men Schöfferhenn junior gemeint, während jener, vielleicht der Vaten
als senior zu denken ist. Nach den Briefen des Cochlaeus nahm der
jüngere Schöfferhenn sich 1620 dessen freundlich in Frankfurt an.]
13
— 19» —
Schule.
§. 316. [fol. 144] Anna zum yssenmenger; auia Petri et
Thom^ Bossenheymer ex linea matema^ obijt vicesima octaua septem-
bris [1499].
[Die erwähnte Anna bt des Peter Schule zu Laderam Hausfrau.
Die Tochter dieses Paares, Katharina Schule, hatte Peter Sossenheimer
geheirathet und war die Mutter der Brüder Peter und Thomas Sossen-
heimer. Im Jahre 1495 verkauften Anna, Peter Schulen seeLWittwe,
Peter und Thomas Sossenheimer, Margaretha [Weissin von Limburg]
vxor, dieser Anna Diechtern [Enkel] und Snorche, das Haus Laderam
um 2600 fl. an Daniel Bromm. So Fichard in der Geschlechterge-
schichte (Familie Sossenheimer und Schule). Derselbe ftüirt femer
aus der Originalurkunde an, dass Anna zu Laderam in ihrem am
Marien-Magdalenentag 1495 errichteten Testamente ihren Diechter
Peter Sossenheimer zum einzigen Erben eingesetzt habe, weil
dessen Bruder Thomas ^zu seinen Veränderungen sonst ein merg-
liches über ihre Kräfte erhoben habe^. Wenn Fichard daraus
schliesst, dass Anna zum Laderam noch um 1495 gelebt haben mtUse,
80 ersehen wir aus obiger Notiz', dass sie erst am 28. September
1499 gestorben ist und nach Verkauf des Hauses Laderam im Hause
zum Eisenmenger (neue Krame K. 103) gewohnt hat.]
Schwarzenberg.
§. 317. [fol. 8] Anno 1494 die 25 julij obiit Waltenia de
Bwarczenburg hora undecima diei. Beliquit uxorem Vrsulam de
molnheym cum filia Vrsula nomine [eine spätere Hand schrieb dazu:
qu^ relicta nupsit Bernharde de rorbach. Cf. §. 10].
§. 318. [fol. 9] Anno a natiuitate Christi 1495 in die Johannis
ewangelist^, vt opinor, nata est Margreta, filia Amoldi schwarczen-
burg's et KatherinQ .... de oppenhejm.
§. 319. [fol. 9] Anno 1496 in die Johannis ewangdistQ est bap-
tizata, et certo scio credoque etiam eo die natam fuisse, Beatrix,
pr^fatorum etiam filia. [fol. 71: Anno 1496 aimum ab initio ianuarij
inchoando Beatrix, filia Arnoldi schwaarzenbergs et Katherin^,
baptizata est in die Johannis euangelist^, eodem die eam fuisse natam
arbitror. Commater infantis est mater Symonis yfistenners.]
§. 320. [fol. 158] Anno 1500 vicesima sexta octobriir obijt Ar-
noldus schwartzenberg mane. Beliquit uxorem Katherinam . ...
de oppenheym, filias tres, Annam .... Beatricem. Vicesima nona
mensis illius prima dies exequiarum apnd carmeUtas fuit obseroata.
- 195 -
Ad exequiaB et prandium fbenmt omnes canonici et pr^lati ecdeiiQ
S. Bartholom^i; item omneB viri consOiarij inuitati et complures alij.
[Walther Schwarzenberg dw Aeltere (Hausfrau Anna HoIe-
hausen. Fichard).
Seine Kinder: 1) Walther Schwarzenberg §. 317. Hausfrau Ur-
sula von Meiern §. 10. 116. 185. 221. 317., in
zweiter Ehe rermählt mit Bernhard Rohrbach
dem Jüngeren, %, 10. Tochter erster Ehe Ur-
sula §. 317.
2) Georg Schwarzenbei^, Canonicus zu St. Bar-
thol., §. 209. 327.
3) Kunigunde Schwarzenberg, Jacob Neuhausen's
Ehefrau, §. 299.
4) Anna Schwarzenberg, Henne Wdssen zu Lim-
burg Ehefrau, §. 828.
5) Arnold Schwarzenberg, 3teEhe mit Katharina
Bitter (Eichard) aus Oppenheim. Hinterlassene
Töchter: Anna (§.258), Elisabeth [nach Fichard,
Job Rohrbach: Margaretha], Beatrix §. 320.
6) Ifichael Schwarzenberg $. 10. 83. 124. 185. 216.
Kringen (Martroff, Fichard), seine Hausfrau,
§. 10. 185.]
Sossenheim.
§. 321. [fol. 123] Anno 1498 obijt Gretgyn, vxor Thom^ sossen-
heimer's, sororautemHert,Bernhardi et Agnes wisen, die sexta
septembris^ vt arbitror ; corpus sepultur^ traditum est septima eiusdem
mensis et hoc.certum.
[Thomas Sossenheimer §.183. 185. vergl. Schule §. 316. Seine
Ehefrau gehörte zum Zweig der Weiss von Limpurg zum Rebstock,
siehe Weiss.]
Stallburger.
§. 322. [fol. 143] Anno 1499 die sexta augusti Claß stalberg
contraxit sponsaUa cum Margreta uirgine , filia Heynrici vom rjn.
Eodem anno die 21 octobris et vndecim millium virginum habit^ sunt
nupti^. Solemniter et in apto ordine et decorate processerunt ad
ecdesiam ibidemque solemnizanmt matrimonium ac benedictionem a
plebano doetore Coni*ado henseU susceperunt Primogenitus eorum
Claß nomine natus sedecima martij anno 1501. [fol. 167 : Anno do-
mini [1501] sededma martij, qu^ erat dies martis post dominicam oculi
13*
— 196 —
natas est Clsßy filios et primogenitas Cl&ß stalbergs et Margret vom
ryn, quem de fönte baptismatis suscepit Claß vom haffem sartor
die Bequentiy videlicet decima aeptiiiia marlij.]
[aas StaUburger §. 122. 183. 185. 186.]
Stocken.
[Philipps von stocken, nobiUs, §. 80.]
Steffan.
[Henn Steffan (Steffanshenn, Steffashans) §. 116.
Guttgin, im Saalhof, Stephans Henn Tochter, Wicker Fröschen
Wittwe, Eberhard's von Heusenstamm Ehefrau, c£ zu §• 254 und
§. 272. §. 116.
Katharina, Steffans Henn Tochter, Ehefrau Johanns vom Rheine,
§. 307. Fichard nennt Henn Steffen : Werner steffanshenn von Bin-
gen, muss übrigens zugeben, dass der Name Werner ihm nur einmal
begegnet ist und sich möglicherweise auf eine ganz andere Person
bezieht. Steffanshenn ist übrigens eine Abkürzung für Henne,
Steffan's Sohn. Dass solche Abkürzungen bei Leuten bürgerlichen
Standes damals ganz üblidi waren, wusste Fichard sehr wohl,, aber
anstatt daraus zu folgern, dass auch diese eingewanderte Familie wohl
bürgerlicher Herkunft sei, sucht er zu zeigen, dass dieselbe Abkürzung
auch bei Vornehmen sich ausnahmsweise finde. Wie hätte er auch
zugeben dürfen, dass die Steffan von Cronstetten ursprünglich Bür-
gerliche gewesen seien! Der Name von Cronstetten rührt übrigens
erst aus dem 16. Jahrhundert her.]
Storck.
§. 323. [foL 6] Anno 1494 die xxx augusti hora quinta poat
meridiem Maigereta, uxor Joannis storck, magunti§ geminas peperit
filias, quarum una Fronica, alia Clara nuncupata; mortui sunt
Stralenberg.
§. 324. [foL 143} Anno 1499 die duodecima augusti contraxitHen
stralnberg viduus sponsalia cum Agnete [Eine spätere Hand
ftdlt die Lücke aus : StefBn] virgine. Eodem anno quarta nouembris
solemniter processionaliterque iuerunt ad ecclesiam solemnizando ma-
trimonium nocteque illa consunutrunt nuptiasue celebrarunt Felicitas
eorom filia nata est, vt in folio 166. [fol. 166: Anno 1501 vicesima
ianuarij nata est Felicitas, primogenita Hen stralnbergs et Agnetis....
ex illo matrimonio, quia Hen stralnberg primus aliam habuit vxoremj.
— 197 —
[Henne Stralenberger §. 186; in zweiter Ehe vermählt mit Agnes
Steffen, $.324
Hert Stralenberger f i486, sein Oheim.
HerfsEjnder: Jacob §. 127 n. 183.; Katharina, Simon üffBteiner's
Hausfrau, §. 325, und Heilmann §. 183. 186. 197. 215.]
TageL
[Erban Tagel, Amtmann zu Erlenbaeh, siehe Amtleute. §. 129
bis 132.]
Tegen.
[Gretgyn Degnerin [Tegen], Jacob Brun's, in zweiter Ehe Hans
Brommen Hausfrau, §. 239.
Christina Degenerin, Johann Fröschen zum Burggrafen Hausfrau,
§. 263, 304.] -
Tiermeyer, siehe Diermeyer.
Uffstein.
$. 326. [fol. 60] Anno 1496 secunda augusti Symon yffstenner
sponsalia contraxit cum Eatherina de stralnberg virgine, filia Hert
stralnbergs felipis memoria et Gretgin. Appositi sunt simul in thorum
tredecima 4ouembris, de^inc decima quarta nouembris secuta nuptiQ
anno, quo supra. Primogenita eorum nata est quarta nouembris Ma-
greta nomine anno 1497, de quo in 103. [fol. 103: Anno 1497 die
4^ noueipbris nata est Margreta, primogenita Simonis yffstenders et
Margret^ (?), legittim^ su^. Commater infantis est Margreta senior
filia lohannis engelenders, vulgo dictus guldenleb.] Elfgen, secunda
eorum filia, nata est in anno 1499 12 junij, vide in charta 140.
[fol. 140: Anno 1499 in mense iunij et, si iuste memini,
vi eiusdem mensis genuit Grettgyn(?), vxor Symonis vffiitenner's,
Elßgin et h^c secundagenita illorum.] Enchin tertia eorum filia nata
est anno 1501 de mense februarij, de quo infra charta 166. [fol. 166:
Anno 1501 decima die februarij baptizata est Enchin uffstenuem,
filia Symonis et Gretgyn (?). Comater infantis est Enchin, virgo
et filia Johannis vom ryn senioris, et est h^c in ordine genitur^
tertia.]
[Simon Uffsteiner §. 183. Die Mutter Simon Uffsteiner's §.319 hiess
Guda (unbekannt aus welcher Familie) und sein Vater Jacob (Fi-
chard) Seine Gemahlin Katharina Stralenberg wird in den obigen
Geburtsnotizen überall irrthUmlich Gretgen genannt. — Siehe
Stralenberg.]
- 198 -
Ugelnheimer.
§. 326. [fol. 156] Anno domini 1600 triüesima augusti sepulta
est Agnneß blumin, relicta vgelnheymen; et per sacerdotes
et Bcolares ecclesi^ noBtFQ fiinus comitatum, Tt snpra de alijs etc.
[cf. §. 286. 306.]
fPhillppuß Ugelnheimer. §. -19. 80. 192. 198. 201. 215.
Johannes Ugelnheimer^ Canonicus zu St Bartholomaei| §. 62.
63. 294.
Katharina Ugelnheimerin, Loy Jostenhöfer'g Ehefrau, §. 286.
Thomas Ugekiheimer und Margreta Grussern, seine Hausfrau:
ihre Tochter Margreta Ugehiheimeriu; Johannas von Moln-
heim Hausfrau, §. 296.
Peter Ugebiheimer,
heir. 1439 Agnes Blume (§. 326),
t 1463.
I
I I
Peter Philipp
Ugeln- Ugebiheimer.
hemier.
Handels-
mann zu
Venedig.
I
Johannes
Ugelnheimer,
CanonicuB
St BarthoL
I
Katharina
Ugelnheimer,
heir. 1475
hoj Josten-
höfer.
I
Thomas
Ugelnheimer,
heir. 1474
Greda Grusser,
gen. Schöffer.
Margaretha,
heir. 1496
Johann v. Melem.]
Voelcker.
[Christian Voelcker §. 98. 178. 183. 185. 254.
Bylgin, Christian Voelcker's Tochter, Johann Fröschen zum
Affen Hausfrau, §. 254.
Anna Voelckerin, heir. Adolf Knoblauch und in zweiter Ehe
Georg Flach, §. 291 und Georg Flach.]
Weiss von Limpurg, Bullmännischer Zweig.
Jacobus Weiss.
§. 327. [fol 32] Anno 1495 in die beati Jacobi apostoli, qu^ est
25. dies julij, natus est ex Jacobe wiß etFronica demonchen,
eins vxore, Georgius wi£, eorum primogenitus, et leuauit de fönte
— 199 —
sacro eum Georgius neiihtiß. MortuuB est Etsi deletom^ non tarnen
eo minus venun. [fol 64] Anno 1496 die sedecima Beptembris natuB
est Jobann wiß ex Jacobo wyß et Fronica .... de moncheni vxore
eins. [fol. 109] Anno 1498 vicesima secunda januarij natus est Geor-
gius^ filiuB Jacobiwiß et Feronic^^ eius legitim^^ 23. eiusdem baptiza-
tns^ compater Georgius scUwarczenberg, cantor et canonicus colle-
giatQ ecclesi^ diui Bartbolom^i franckftirdiQ. (fol. 133] Anno 1499
27. februarij baptizatns Heinricns infans, filius Jacobi weiß et Feronic^
eius vxoris. Suscepit infantem de fönte baptismatis Heinricus de ar-
tenberg; scriba ciuitatis. [fol. 166] Anno domini 1501 in vigilia Ma-
thi^y qüQ erat dies martis ante dominicam inuocauit et vicesima ter-
tia februarij; baptizata est Fronica, iilia Jacobi wi&, qu§ precedente
nocte nata, et FronicQ, eius legittim^.
Jacob Weiss, §. 186.^ 192. 197.
Fronica, seine Hausfrau, §. 116. 185.
[Wer die Fronica .... von München gewesen sei, ist nicht
mit Bestimmtheit auBzumitteln. Fichard vermuthet: Veronica
Buchmüller.]
Heinrich Weiss.
§. 328. [fol. 70] Anno 1496 decima nopa, yt arbitror, mensis
decembris Heynricüs wi£ (filius quondam Hans wjssen et Ann«
schwarczbergeryn) contraxit sponsalia cum Margreta reyssen,
filia quondam Peter rejssen et Agnetis de alczen, quQ hodie vivit
habetque secundum maritum nomine Bechtoldus de babenheym
nobilista. Acta h^c sunt sponsalia in Algessheym. Deinde anno 1497
sedecima ianuarij et solemnizatio matrimonij in fatie ecclesi^ et nup-
tiarum pomp^ habit^ sunt.
[fol. 123] Anno 1498 de mense septembri die natus
est Fridericus, filius Heinrici weißen et Margret^, vxoris suq« De
fönte baptismatis suscepit eum Fridericus de altzey, licentiatus. [fol.
150] Anno 1500 decima quarta februarij genita est Grettgyn, filia
Heinrici weiß et Margret^, eius legittim^, baptizata die sequenti;
comater est Grettgyn zum jungen, mater Conradi et Origjn's zum
jungen [cf. zu §. 287].
[Heinrich Weiss, Jacobs Bruder, §. 183. 184« 192. 198.]
Elisäus Weiss (§. 185), der vorigen Oheim.
§. 329. [fol. 100]. Anno 1497 die 22. septembris obiit Elisäus
wiß. BeUquit Barbaram, eius vxorem, ac filios tres, Conradum,
- 200 —
Johannem et Elisaeum. Anno 1497 die 28. BeptembriB obiit Gonradns
wi£; pr^fatormn proxime supra filias.
[Barbara; des Elisaens' Haosfiraa, §. 186. J
Bullmännischer Zweig der Weiss von Lmipiirg.
Henne (§. 328).
Anna von Scnwarzenberg.
Sein Bruder Elisaeus.
Barbara.
I
Heinrich
zur
Landskron.
Mar^aretha
Biess.
Johannes. Elisäeus.
(kennt
Fichard
nicht).
Jacob Heinrich Conrad,
zum
GishubeL
Veronika
[Buchmtiller?J
von München.
Eine andere Linie dieses Zweiges bildet: Lotz Weiss zu From-
melin, vermählt 1437 mit Elsa von Werstadt (Beruh. Familienchronik
§. 74). Ihre Tochter war Katbarina, in erster Ehe vermählt 1459
mit Heinrich Weiss zu Wissen, in zweiter Ehe 1481 mit Doctor
Joh. von Glauburg. Sie stirbt 1491 kinderlos. Ihr erster Mann, Hein-
rich Weiss zum Wissen, gehörte zum Wernerschen Zweig der Weiss
von limpurg. Vrgl. §♦ 256.
Bernhard Weiss.
Erste, Ehe mit Margaretha von Artenberg.
§. 330. [fol. 34] Anno 1495 die 18. augusti Bemhardus wiß,
frater Hert wissen, contraxit sponsalia cum Margreta, filia Hejnerici
de artenberg, scriptoris ciuitatis et Et per famulum
inuitarunt hostiatim adolescentes ad c^nam, quod alias
non est solitum, sed solitum est, cum sponsus accedit
stubam, hos, quos tunc vidit ibidem, ipse in persona
inuitat, sie fecit Karolus affinis mens. Et trepudiarunt
super pr^torium, vulgariter vff dem romer. Die sequenti, videlicet die
19, sponsus inuitauit iuuenes, qui erant in stuba, ad c^nam et similiter
virgines itterum ad c^nam vocatQ sunt, et trepudiarunt ac in gaudio
diem istum peregerunt. Et matrimonium depost die octaua octobris
in facie ecclesi^ solemnizatnm est et demum nuptiarum solemnitas
secuta die 12. octobru. ActQ vff dem romer anno supra dicto 1495
vnd hatt keyn vndern frawen geladen. Heynricus wiß, primogenitcfo
eorum, natus est 24. julij anno 1496, mortuus est. [cf. fol 58: Anno
1496 die 24 julij natus est Heynricus wi£, primogenitns Bemfawrdi
wiß et Margret^ artenberg. Mortuus est, deinde tradidit spiritum ipsa
— 201 -
Margreta^ mater iam dieti mfaatisy die 28. angnsti, anno vt siSipra.
Hoc veriunest^ quanqnam deletom est] [foL 62:] Anno 1496 viceaima
octana augosti Margreta^ vxor Bemhardi wil$ et filia Heynrici de
artenberg; scriptoris ciuitatiB; exsoluit debitum natorae.
Zweite Ehe mit Anna Demer.
[Fichard giebt irrthümlich Anna Tiermeyer an, yergl.
Demer.]
§. 831. [fol. 76] Annp 1497 deeima ianuarij publieata sunt gpon-
salia Bemhardi wiß vidui et Ann^, virginis et fili^ Henn demers,
alias dicti Stockems henn, et Barbar^ leningen. Omnia enim acta
suntyVti solent fieri, cum sponsalia contrahuntur; eo enim die conuo-
cati cognati simulque c^narunt et trepudiarunt. Sponsio autem matri-
monij est antea in aduentu celebrata. Eodem anno quinta iunij nup-
ti^ habitQ sunt; apposita sponsa sponso in thorum. [fol. 92] Anno
1497 quinta junij nuptias celebrauit Bemhardus wiß et Anna, filia
Henn demers, alias vulgo dictus Stockemshen, vide supra fol. 75.
Eodem die nuptias celebrauit fiUus jm ejchner hoff cum qua-
dam de spira virgine. Anna, primogenita Bemhardi wiß etc., nata est,
vide in charta 110. [fol. 110: Anno 1498 quarta martij nata Anna,
primogenita Bemhardi wiß ex matrimonio eo videUcet, quod habet
cum Anna, filia Henn demers, vulgo Stockems henn, vti clarius patet
supra Charta 34 75. 92. [§. 330. 331]. Comater infantis Anna, vxor
Georgii flachen, offitialis zum goltstejn. Actum, me existente wurma-
ti^.] fol. 135. Anno 1499 in mense martij, die videlicet nata
est filia Bemhardi weif et Ann^, illius vxoris.
§. 332. [fol. 141] Anno, quo supra, [1499] die tredecima julij
sepulta fiiitAnna stockheymmjn, secunda vxor Bemhardi weiß. Beli-
quit filiam infantulam.
Dritte Ehe mit Katharina Humbrecht
§. 333. [fol. 165] Anno domini 1501 Bemhardus weiß tertio
contraxit matrimonium cum virgine Katherina [in marg. Kryngyn],
filia Claß humbrechts et Grettgyn foeden, die iouis et 28 ianuarij
anno, yt supra. De eodem yide supra charta 34 et 75. Condor-
miuemnt yero deeima octaua febmarij anno, quo supra.
— 202 —
Zweig der Weiss yon Limpurg zam Bebstock»
Reinhard Weiss. Sein Bruder Heinrich zum Kranch .
I I
Asnes. Hert. Margaretha. Bernhard. A^nes Elisaoeth.
Joh.^ Thomas l)Margareta "V^iss. Carl von
Schmidt Sossen- von Jacob Hynsberg.
heimer. Artenberg. Geuch.
2^AnnaDemer.
3) Katherina
Humbracht.
Von diesen werden erwähnt:
Agnes ^ Job. Schmidten Ehefrau; §. 312. 314 321.
Hert §. 321. 330.
Margaretha §. 321.
Bernhard §. 80. 183. 185. 192. 219. 321. Anna, seine Braut,
§. 185. Seine drei Ehefrauen §. 330-333.
Agnes Weissiu; Jacob Geuch's EhefraU; §. 255.]
Philipp Weiss.
.§. 334. [fol. 16] Anno 1495 die 26 februarij natus est Conradus
wiß ex Philippe wi£ et Elgin vxore. Et eum de sacro fönte leuauit
Conradus wiß, fraterPhilippi. Mortuus est. [fol. 61] Anno 1496 de-
cima sexta augusti baptizata est Fronica^ filia Philippi wi£ et Fronic^
[1. Elgin]; suQ legittimQ. [fol. 100] Anno 1497 vicesima quarta septem-
bris vxor Philippi wiß peperit filium nomine Erban^ quem de bap-
tismo suscepit Erban tagell^ officialis in Irrlenbach 25. eiusdem«
Ludwicus eorum filius natus 4^* uouembris anno 98 in 128 [foL 128:
Anno 1498 quarta nouembris et dominica die natus ex Philippe weiß
et eins uxore Ludwicus , quem suscepit de baptismate doctor
Ludwicus de paradiso, scultetus hie] [fol. 150] Katherina; filia Phi-
lippi weiß; nata est; vt arbitror; de mense martij; videlicet die
anno 1500.
PhiHpp Weiss §. 177. 183. 186.
Katharina seine Hausfrau §. 185.]
Philipp Weiss (nach Fichard: mit dem einen Auge) gehört
einer anderen Linie des Bebstock'schen Zweiges der Weiss von Lim-
purg an. Er war ein Sohn Conrad's zu Löwenstein und seiner
Gemahlin Agnes von Hengsberg. (Agnes Websin zu Loewenstein
Wittwe §. 185.) Der Name seiner Gattin ist nicht zu ermitteln. Job
nennt sie oben baldElgiu; baldFronica; bald Ejitharina; baldlässter
— 203 -
ihren Namen ans. Ihren Zuna^ien kennt er nicht. Fichard will wissen; er
sei in erster Ehe mit Veronika (unbekannten Geschlechtes), seit 1510 mit
Elisabeth Schwarzenberger verheirathet gewesen. Doch ist er selbst
geneigt; eine Verwechslung mit Veronika aus München; der Frau
Jacob's; anzunehmen; und bemerkt; dass die Genealogien zu Anfang
des XVI. Jahrhunderts oft verworren und dunkel seien. Am leichte-
sten konnten Verwirrungen bei einer so vielverzweigten Familie,
wie den Weiss von Limpurg eintreten. **]
1* Der Herausgeber bemerkt am Schlüsse, dass der im Manttscripte schwan-
kende Gebranch der grossen Buchstaben bei Vor- und Gescbiechtsnamen nur
bis zu §. 30 des Textes beibehalten, von da aber noch während der Revision
des Druckes nach einer festen auf die Schreibart jener Zeit gegründeten Regel
geordnet worden ist.
Berichtigungen.
S. 61. Z. 13 von oben ist statt 1479 zu lesen 1478. Vergl. §. 274.
S. 124. Z. 7 von oben: „Kryngin beringen, syn husfrawe, Karies anfrawe.'*
Die ersten Worte bilden im Mannscripte bis husfrawe eine Zeile; Karies an-
frawe steht am Schlüsse der folgenden Zeile und ist irrthümlich als Appo-
sition zu dem Vorigen gezogen worden : Job hat nämlich wie Öfter den Raum
zur AusOHlong des Namens frei gelassen, der ihm beim Schreiben nicht gegen-
wärtig war. Karl Hynsperg's Ahnfrau hiess nach §. 270 Anna und war die
Wittwe Wigand Heringen*s ; sie starb am 28. October 1497 ; ihre Töchter waren
Gnttgin Heringen, vermählt an Karl Hynsberg den Vater, unseres Karl Hyns-
berg's Mutter (f 1500, 16. Dec. §. 86), und die oben erwähnte Kringln Heringen,
vermählt mit Ort zum Jungen, den Aelteren, die mithin Karls Tante war
(t 31. Juli 1499, §. 287.)-
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i28.
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6.
ohrbach'schen Geschlechtes.
% ( J.) und Fiduurd.
28. Sept. 1400.
28, B. §. 65).
1, t 12. Febr. 1402 (B. §. 43).
.ai 1438 (vergl. B. §. 43 n. 66).
GodegiH,
runil411<B.§.61).
i KtmmtTtf voi
dA, SchWe.
r;
6. Bernhard.
ib. 26. Juni 1412 (B.
2. Febr. 1416 (B.
7. Adolf.
.62). geb. 16. JoU 1413.
. 62). t nach 7 Wochen (B.§. 63).
8. Gele.
fb. 20. Oct 1414.
unverändert (B. §. 64).
crina.
1437.
65.
1 von Breydenbach,
^enneiBter(B.§.79).*
Wix.
1469
.St
da-
1498
>02
5. Elisabeth oder Ekgia.
fb. 13. Dcc. 1438 (B. §. 80).
1. Juli 1463 (B. §. 81).
a) Heinrich Weiss znm Wedel
t 23. Dec. 1461 (B. §. 80).
b) 6. Jan. 1463 Conrad Ganz (B. §.81).
6. Bernhard» der Alte» can Wlxhiser
Hof.
gb. 11. Februar 1446 (B. §. 82).
ithsmann 23. Jan. 1476 (B. §. 113).
t 6. Dec. 1482 (B. §. 124).
19. Sept 1466 Elgin, Conrads von
Holzhausen Tochter,
t 19. Dec. 1501 (J. §. 70).
4. Adolf. 5. Ana I.
geb. 13 Dec. geb. 1 . Dec.
1470. 1471.
t 22. Febr. f 10. Oct.
1471 1472
(B. §. 97). (B. §. 98).
6. Aaaa II.
geb. 12. Aug
1474
(B. §. 99).
7. Afira.
geb. 19. Dec.
1476.
(B. §. 100).
Nehmen den Schleier zu den
Weissenfrauen 6. Aug. 1494
(J. §. 72).
t 23. Aug. 1494 (J. 73).
8. Martha.
geb. 30. Juli
1478 (B.§. 101).
t 1514.
1. Juli 1495
Carl Hynsbeiig
(J. §. 81).
9. Conrad znia Wix-
haser Hof.
geb. 6. April 1481
(B. §. 102).
Aufenthalt in Augs-
burg u. Venedig 1&3
bis 1498, in Nieder-
deutschland seit 1498,
1501 in Antwerpen
(J. §. 10 u. §. 87).
1 1510 unverheirathet
la.
r 1580.
iTomm.
Dr von Hoh-
fohaia Hector.
6. t in demaelben
Jahre.
A
Die Strassen der Frankenfnrt.
Von Dr. Friedrich Soharff.
(Mit einer Karte.)
Unter demselben Blan, über dem nämlichen Grün
Wandeln die nahen und wandeln vereint die fernen Geschlechter.
Schiller.
•
Vor wenigen Jahren noch begann man die Geschichte unseres
Landes mit den Nachrichten^ welche die Körner über dasselbe uns
hinterlassen. Was über diese Mittheilungen hinausreichte lag in
dunkler Nacht. Erst die Neuzeit hat Mittel und Wege aufgesucht
diese Dunkelheit mehr und mehr aufzuhellen. Die Beschaffenheit
der Bodenverhältnisse musste ebenso wol dazu dienen^ wie die Er-
zeugnisse des menschlichcA Fleisses; welche von dem aufmerksamen
Beobachter an's Tageslicht gezogen wurden. Bis auf den Grund der
Sümpfe und der Seen erstreckte sich die emsige Forschung^ und so
ist allmälig dem überraschten Blick eine neue Welt entstanden ^ ein
Volk; das sein Dasein fristet^ und mit Annehmlichkeiten zu umgeben
sucht, ohne die Bearbeitung der Metalle zu kennen* Aus der Zu-
sammenstellung solcher Gegenstände mit den Bodenverhältnissen,
unter welchen sie begraben waren, hat man die Gewissheit erlangt,
dass die Anwesenheit der Bömer in Deutschland als eine spätere und
jüngere Zeit zu betrachten ist, dass vor derselben eine, wenn auch
bescheidene Cnltur vorhanden gewesen. Von den Bömem mag die-
selbe verachtet und ausser Berücksichtigung geblieben sein; fUr uns
aber ist sie von hohem Interesse.
Wenn wir die Bodenverhältnisse unserer Gegend beachten, so
kann darüber gar kein Zweifel bleiben, dass der Main in vorgeschicht-
licher Zeit weit höher geflossen, wie jetzt Wir finden seine Ge-
schiebe, den schwarzen Eieselschiefer des Fichtelgebirgs, den rothen
Sandstein von Miltenberg, den Gneis von Aschaffenburg weit oben
um den Sachsenhäuserberg her, auf dem Kesselbruch bis nach
r
\\
\
— 206 -
Isenbui^ hin. Unterhalb des SachgenhäiuserbergB; westlich ^ hatten
die Gerolle sich hoch aufgelagert^ sie bilden noch jetzt vom Forst-
hause über die Helle im Schwanheimerwalde bis nach der Schweden-
schanze hin; und weiter^ einen steilen Wall^ welcher nach dem Main-
thale abföUt. Von den Quellen und Bächen^ z. B. der Eönigsbach^ ist
er allmälig ausgespült ^ der Sand hinabgeführt worden.^ Auch auf
der rechten Mainseite finden wir den unterhalb der Bergerhöhe und
dem Bornheimer Galgenberge abgelagerten Mainsand über den gan-
zen Böderberg hin^ zum Theil in tiefen Gruben. Auch hier ist er
von Quellen und Gewässern an verschiedenen Stellen hinabgetragen
worden nach der jetzigen Mainebene ^ hauptsächlich dies von den
Bornheimerquellen ; zwischen dem Buchwald und dem Altenberge
hinab nach dem Bruch.
Es mag eine lange ; lange Zeit dahingegangen sein^ bis der Main
in der Höhe floss^ in welcher jetzt die Seehofquellen liegen. Bei der
Fassung dieser Quellen fand man .Spuren des thierischen Lebens
aus jener Zeit In der Schlucht^ welche durch diese Quellen aus-
geschwemmt worden ; hatten die Gewässer sog. vorweltliche Thiere
gelandet, im Sande und Schlamm begraben.
In noch jüngeren Zeiten durchzog der Main, tiefer im Thal, ein
sumpfreiches Land; sein Lauf war ein wechselnder; ein mannichfach
verzweigter. Südwärts bog bei Mühlheim ein Arm ab, zog in der
Richtung der Klingewiese nach der Kuhmähle bei BUrgel, wo er sich
mit dem Hauptstrom wieder vereinigte. Auf der damaligen Insel
findet sich noch jetzt der Entensee imd der Altmainw^, welche
Mainarme andeuten. Hochwasser haben diese Gegend öfter schon
an die alten Bodenverhältnisse erinnert. Aehnlich so war das Thal
bei Sachsenhausen beschafi*en; auch hier tritt der Main bei 16 oder
18 Fuss Höhe in die alten versumpften Mainesarme; dies war zuletzt
der Fall am 7. Februar 1862. Ein breiter Strom zog von der Ger-
bermühle, ein anderer zweigte etwas weiter oben von dem Haupt-
fluBs ab; hie und da mit einander verbunden , flössen sie nahe an
Oberrad vorüber und vereinigten sich am Fusse des Mühlbergs. Die
ganze Mainebene vom Mühlberg bis hinüber zum Bornheimer- und
Böderberg war^ fast ohne Unterbrechung; überfluthet. Das Wasser
bespülte die Oberräder Chaussee; überzog die Wiesen und Gärten.
Nur die alte Strasse; welche von Sachsenhausen nach dem Hainer-
< Vergl. die MittheUang über die Gerolle des untern Mainlaufa im Notiz-
blatt des Mittelrheinischen Geol. Vereins 1862. Nr 2.
— 207 -
weg ftlbrie^ ebenso die neuere erhöhte Ghausee lagen trocken ^ weiter
nnten, beim Apoihekerhof ^ traf man wieder auf Wasser im alten
Mainarm. Dieses alte Mainbett führt über die Wiesen beim Biedhof
nach dem hohen Steg^ und ist wieder bemerkUch vom Sandhof nach
Niederrad; bis zum Bothenhamm hin. Am untereoiMaine zeigen sich
noch andere alte^ jetzt versandete Flussarme bei Schwanheim und
bei Rtisselsheim. Schwerlich war es der ganze Main^ welcher vor
Zeiten dort sttdlich abbog, es war nur ein Arm.
Auch auf der rechten Mainseite flössen nicht wenige Mainarme *
von dem Hauptstrome ab. Von der Braubach her zog ein solcher
der Bergerhöh entlang bei Bischofsheim und Seckbach vorüber,
bedeckte die Wiesen zwischen dem Röd^berg und Biederspiss^ und
verband sich mit dem Hauptstrom über die Hanauerchaussee hin.
Diese bezeichnet noch jetzt die höchsten Punkte, welche als Inseln
aus den Hochgewässem heraustreten. Bei dem Brückchen in der
Nähe des Hanauer Bahnhofs hatte dieser Mainarm bei dem Wasser-
stand im Februar 1862 noch 60 bis 80 Fuss Breite. Er vereinigte
sich weiterhin mit dem Hauptstrom, überfluthete so das Fischerfeld,
zweigte wieder ab nach dem Rechneigraben und war im Innern der
Stadt in der Richtung des alten Mainarmes, oder der grossen An-
tauche, bis zum Hirschgraben hin zu verfolgen. Zum letztenmale
wahrscheinlich hat im Jahre 1784 dieser grosse Mainarm wirklich
geslaröml Damals brach er durch die Braubach über die Niederung
herein, kam plötzlich nach Bischofisheim hergeechossen. Auch diese
Maininsel war nochmals von einem zweiten Mainarm durchzogen,
welcher oberhalb Fechenheim nach den Riederhöfen floss. Unterhalb
Friankfurt ist auf der rechten Mainseite noch eine ganze Zahl von
Flussarmen zu bezeichnen, die über die Wiesen der Kettenhöfe,
durch das Hellerhöferfeld und Gutleuthöfer Geländ zogen. Sie bildeten
Sümpfe zwischen dem Maine und der Nidda. Der Wald reichte bis zur
feuchten Niederung herab; mochten die Gewässer in der wärmeren
Jahreszeit mehr abgelaufen sein, so boten die Sümpfe und Torf-
moore weder einen Platz zu Wohnungen, noch festen Grund zu
Strassen. Es war am ganzen Untermain kaum eine Stelle zu finden,
wo zu allen Zeiten ein Uebergang über den Main zu bewerkstelligen
gewesen. Entweder auf dem einen Ufer^ oder auf dem andern, oder
auf beiden war morastige Niederung.
Auch der stolze Rhein war damals noch unzugänglich. Wie vie-
ler Jahrtausende bedurfte es, bis er Sand imd Schlamm genug herab-
> Der ,,Rieder8pi8s^' ragte als „Spitze" aas den Qewässero.
— 208 —
gefährt und sich ein angemessenes Bett geschaffen. Blicken wir hent
zu Tage von der Höhe bei Altstätten hinab, so seh^i wir die vielen
Ortschaften des oberen Bheinthals an den Fnss der Berge ange-
schmiegt, während das weite, grüne, vielfach noch v«-sumpfte Flach-
land kaum ein Häuschen aufzuweisen hat Das Sheinthal zwischen
Odenwald und der Haardt ist zwar viel mehr schon angebaut, aber
auch da bemerken wir in der Ebene zahlreiche Wiesengründe lang-
gestreckt, in Schlangen Windungen das Bheinthal durchziehen; sie
verzweigen sich, verschwinden und kehren wieder. Man hatwol die-
ses tiefer gelegene Land als das ehemalige Bett des Neckars gedeu-
tet, so wird z.B. eine Gegend bei Crumstadt noch bezeichnet; mög-
lich aber bleibt es «doch, dass der Rhein selbst hier in vielfacher
Verzweigung sein Wasser dahingewälzt, dass es langer Zeiten be-
durfte bis die Bheinarme aus Fluss und Sumpf zu Wiesen, allmälig
selbst zu Aeckem umgewandelt worden sind ^. Als der 'iÜaunusabhang
bereits einer gewissen Cultur sich erfreute, herrschte südlich der
Nidda bis zum Odenwald und der Haardt hinüber noch die Wildniss
und das Wild. Noch heut zu Tag staut derBbeii^ bei Hochfluthen von
5 bis 6 Meter den über Trebur und Wallerstädten eingedeichten
Schwarzbach an, und überschwemmt die breite, zwischen den Deichen
liegende Niederung von Ginsheim bis Gross-Gerau ♦.
Es mag nicht ganz unwichtig sein, der alten Gränzen der Drei-
Eich hier zu gedenken. Diese umfasste das ganze Sumpf land zwischen
Rhein, Main und Nidda. Der Main zog auf der Strecke von Nidda
bis zur Braubach bei Hochstadt, inmitten des Wildbanns der Drei-
Eich. Von Vilbel, auf der Nidda-Brücke, ging die Gränze über die
Höhe nach der Braubach bei Hochstadt b, dem Maine hinauf bis
Ostheim , am Odenwalde westwärts über den Otzberg ^, der Modau
3 Vergl. Eriegk, Beschr. der Umgegend v. Frankf. im Archiv f. Frankf.
Gesch. n. K. 1 Heft. S. 24. 25.
* Vergl. R. Ludwig in dem Beiworte zur geologischen Specialkarte des
Grossh. Hessen, Section Darmstadt
s Es war dies eine willkührliche Abgränzung, keine natürliche. Der alte
Weg zieht jetzt nicht mehr darch „Hochholz'^ Getraide bedeckt die ganze
Breite der Höhe, zum TheU anch, südlich der „hohen Strasse", die Mulde des
früher tief ausgefahrenen Weges selbst. Weiter östlich zieht eine ,,Landwehr"
in der Richtung nach Niederdorfeiden und auch ein ^.Eselsweg". Es scheint
diese Abgränzung älter zu sein, als der auf dem linken Niddaufer liegende
Theil von Vilbel; sie schneidet diese Ansiedelung mitten durch.
^ „Mitten über den Thurm za Odisberg" heisst es in einer alten Abschrift
des Drey-Eicher Weisthnms. (Mglb. A. Nr. 48. V. modo C. C.)
— 209 -
herab nach Stockstadt ämBheine, diesem hinab zur Mainesmündung.
Das Wichtigste und Wesentlichste in äer Drei -Eich war der Wild-
bann ^ nicht die Bodencultur. So ist es erklärlich ^ dass der grösste
Theil dieser Strecke in historischen Zeiten dem Könige zugehörte,
dass Kirchen und Adel darin frtthe die Herrschaft und reichen Be-
sitz errangen; während in dem Markenland nördlich der Nidda die
Sitte und das Becht des Urbewohners, der zuerst den Wald umge-
rodet und das Land urbar gemacht hatte, in weit höherem Ansehen
blieb; und nur ganz allmälig und langsam durch List und Gewalt
unterdrückt werden konnte» Um den Taunus hielten die Dorfbewoh-
ner Flur und Wald als ihr Eigenthum, sie machten dies geltend
noch in späteren Zeiten.
Pfahlbauten sind bis jetzt mehr in den Sümpfen und Seen des
nördlichen und des südlichen Deutschlands gefunden worden ; ich habe
solche bis jetzt vergeblich in unserer Gegend, bei Bischofsheim , bei
Seckbach gesucht Es ist wahrscheinlich, dass die grosse Verschie-
denheit des Wasserstandes in Flüssen sich weniger zu derartigen
Bauten geeignet hat.
Man hat an verschiedenen Orten des Mainthals in alten Grab-
hügeln Menschenknochen gefunden; die Kunstgegenstähde, welche
ihnen beigegeben waren, beweisen, dass sie aus verschiedenen, meist
verHältnissmässig späteren Zeiten stammen. Die Hügel am Taunus,
z. B. bei Stedten, waren wol früher aufgeworfen als die im Frank-
furter Stadtwalde. Es ist natürlich dass sie nur im Walde sich vor-
finden, denn einestheils wurde für solche Begräbnissstätten nicht das
Tiefland, die Wiesen ausgewählt, sondern der hochgelegene trocknere
Boden des Waldes; andemtheils sind sie zerstört worden, überall
wo der Pflug hindrang, so an den Heidengräben bei Oberursel, so
auch bei der Babenhäuserstrasse als vor einigen Jahren der Wald
daselbst gefallt und nach neueren Principien angelegt wurde. Ln
Jahre 1836 wurden andere altdeutsche Grabhügel im District Königs-
haide geöfinet Nach dem darüber aufgenonmienen Protocoll des
Herrn Dr. Jung^ fand man ein Skelett mit dem Gesicht nach unten
gekehrt, dabei Holzkohlen und einen kupfernen Bing; drei bis vier
Schuh tiefer ein zweites Skelett mit dem ersteren kreuzweise liegend,
aber auf dem Bücken«
Es ist leider nicht mehr möglich, eine Uebersicht herzustellen
über die in unserer Geg^id vorgefundenen Grabstätten. Die meisten
' Frankf. Jahrbücher YII. 18S6. S. 253.
14
- 310 -
Bind geöffiiet worden ohne Plan und Sorgfalt; die Gegenstände
welche man darin fand^ sind herausgenonun^i und zum grössten
Theil verschleudert; der Nachweis woher die Beste stammen^ ist
meist verloren gegangen und nicht mehr zu ersetzen ^.
Wie das Wasser in den Sümpfen die Ansiedlungen der Men-
schen verhinderte^ ebenso gesucht war es in seinem lebendigen Lauf .
Es bot Speise in den Fischen ^ Trank in den klaren Fluthen. Die
Bäche welche von den Bergen herabeilten ^ zogen durch Wälder,
welche das Material zu den Wohnungen und zu Wärme gabeu; und
eine reiche Jagdbeute. An dem Fusse der Berge befeuchtete es die
Wiesen ; fanden sich gar noch Salzquellen und heilende Thermen in
der Nähe, wie bei Soden oder Wiesbaden, so war dem Menschen
das Nöthigste geboten. Nicht die Bergkuppen, sondern die Quellen
waren frühe benannt, sie luden den vorüberziehenden Wanderer zur
Bast, sie erquickten täglich den Hirten mit der Heerde. Nach der
Quelle wurde dann erst der anliegende Berg im Taunus bezeichnet;
an dem Hasselborn liegt der Hasselberg, mehr nur eine Bei^pseite
als ein wirklicher Berg; am Sangebom erhebt sich ein Hügel, der
Sangeberg, und am ELlingenborn, an der Eüingenruh vorüber, zog
der Weg nach der Höhe des Elingenbergs. Der Name Dalbesbei^
kommt in Urkunden nicht vor, es findet sich statt dessen stets die
Bezeichnung: Masebömerberg, vom Maassbom oder Mäusbom, der
gegen Norden hervorquillt'. Weiter abwärts, wo die klaren frischen
Bäche aus dem Gebirge heraustreten, siedelten sich die ältesten Be-
wohner des Landes an.
^ Es fehlt uns ein Museum, in welchem die Erinnerungen, welche aas der
Vorzeit uns erhalten sind, aufbewahrt werden könnten. Sie gehören nicht in
den RaritStenkasten einer Bibliothek oder in die Gelasse des Römers; siq wer-
den dort nimmer die nöthige Pflege nnd Bearbeitung finden können. Wer
unsere Vorzeit studiren will, muss sich nach Mainz oder Wiesbaden wenden.
Ist Frankfurt zu arm, ein Museum seiner merkwürdigen Vorzeit zu gründen?
In Köln hat ein patriotischer Bürger durch würdige Horrichtung einer solchen
Stätte sich selbst ein ^rendes Denkmal gesetzt. Man tröstet damit, dass, wenn
einmal die eine oder andere öffentliche Anstalt verlegt würde, sich dort wol
einige Säle ftir den Zweck finden sollten. Indessen sind neuerdings wieder bei
Aufhebung det Zünfte die interessantesten Gegenstände, weil ein solches Mu-
seum fehlt, verschleudert worden. (Vergl. Dr. Römer, Beiträge Nr. 40 auf S. 56.)
9 Leider sind jetzt die schönen Quellen des Taunus zum grossen Theil ver-
sumpft, wenn sie nicht, wie der Buchborn, der Dreimühlenbom und der Sange-
born, an einem betretenen Pfade liegen. Es entfernt jetzt Niemand das wuchernde
Moos und das fallende Laub, Niemand sorgt für diese vergessenen Wohltbater
der Gegend, ihre Namen verklingen, wie die der alten Wege und Plätze.
- 21t -
Die Ortschaften wurden — wie in dem früheren Ao&atz: „Die
hohe Mark im Taunus^, bereits angedeutet worden — meist nach der
Bach genannt; wie die Berge nach der Quelle. Gerade solche Namen
scheinen die ältesten Ortsnamen der ganzen Umgegend zu sein:
Erlenbach; Eschbach; Schwalbach; Suhsbach; Ealbach oder Ealte-
bach; Seckbach. Die meisten dieser Ortschaften boten noch vor
wenigen Jahren das ächte BUd einer Taunusortschaft dar: die Häu-
ser der Bach entlang mit ihrem GehöftC; von Obstbäumen beschattet;
zu beiden Seiten der vielfach überbrückten Bach ein Fahrweg;
an welchem Erlenbäume und Büstem. Häuser; Bach und Bäume
bildeten zusammen ein Ganzes ; das grüne Laub verband das Ganze
zu em^n freundlichen Bilde.
' Ebenso bedeutend; vielfach aber erst später entstanden; scheinen
andere Ortschaften gewesen zu seiu; welche als Städte bezeichnet
sind; wie Stedteu; Heckstadt; Ockstadt, Stierstadt; von geringerer
Bedeutung und späteren Ursprungs aber die Ortschaften; deren
Namen mit „haqsen^^ oder ^heim^'; oder mit „hor^ zusammengesetzt
sind. Diese mögen in der Beg^ nach einem Erbauer oder Inwohner
genannt worden seiu; wie Eschers-heim; Ecken-heuU; Heuchels-heim;
Qontzen-heim; Willkomms-hausen. Es scheinen diese „städte^^ keines-
wegs bedeutender gewesen zu seiu; wie die nach den Bächen benannten
Niederlassungen; sie sind auch in der äusseren Erscheinung nicht
von diesen im Wesentlichen zu imterscheiden; so z. B. Stierstadt von
Steinbaclx. Stedten (zu den statten; oder auf den statten) hattC; wie
andere Niederlassungen; ein Mittel-Stedten und Nieder-Stedten; es
liegt — wie die anderen Ortschaften des Taunus — der Bach ent-
lang; unterhalb des höher gestellten Eirchleins. Im Laufe der Zeit
haben sich die bedeutenderen Ansiedlungen weiter ausgedehnt; es
wurden die Zweigdörfw mit der Bezeichnung ober-; mittel- und
nieder- näher bestimmt Die Ansiedlungen zogen vom Fuss der Höhe
an den .Bächen abwärts ; nach der allmälig entsumpften Ebene. Von
den drei Ursell — nach der Schellbach benannt — hat Ober-Ürsell
stets den ersten Bang eingenommen; ebenso ist Ober-Erlenbach älter
als Nieder-Erlenbach. In ersterem sind die Hofraithen von der Bach
nach der Anhöhe hinauf dicht zusammengedrängt; die Kirche obeu;
weithin sichtbar; ist von einem alten Mauerring umgeben; ähnlich
wie in anderen sehr alten Niederlassungen unserer Gegend; z. B. in
Hochstadt. Nieder-Erlenbach aber; an breite Strassen gebaut; besteht
zu grossem Theil aus adlichen oder herrschaftlichen Höfen. Ersteres
ist auf dem Boden erwachsen; letzteres ist angelegt; es erhielt erst
14»
- 212 —
im Jahre 1376 einen SchultheiBsen und Schöffen ^<^. Bei andern gleich-
benannten Dörfern mag es schwer sein Vermuthungen über ein
höheres Alter zu begründen. Es finden sich Bm südlichen Taunus-
abhang zwei Holzhausen y das eine später auch Burg-Holzhausen
genannt ^^, das andere Dornholzhausen oder Dorreholzhausen^
frühe schon verlassen; ausgegangen.
Alle Anzeichen sprechen dafllr^ dass im mittleren Deutschland
der südliche Abfall des Taunus mit am frühesten bewohnt wurde;
wir finden aber in anderen benachbarten Gegenden die Art und
Weise der Ansiedlungen dtirchaus übereiiistimmend mit denen des
Taunus. Auch im Odenwalde sind es -wol die ältesten WohnplätzC;
welche amFusse des Höhenzuges^ da wo die klaren Bäche aus dem-
selben hervortreten; sich an diese anschmiegen: Aisbach; Bickenbach,
Auerbach; Lautenbach; Hemsbach; Sulzbach und weiterhin Bohrbach;
im Innern des Odenwaldes Erbach; Eisbach; Ellenbach; Erlenbach;
Crumbach; Brombach; Wallbach; Lützelbach; Assbach; Keinsbach.
Ebenso liegen an der Haart; auf der linken Seite des Bheins:
Müsbach; Hambach; Eschbach u. a.; übereinstimmend hiermit mögen
auch die Verhältnisse des Spessharts bezeichnet werden; auf der
10 Urkunde auf Pergament mit 2 Siegeln von Wachs, Mglb. E 42. Nr. 2.
„Wir Karl von Gottes Gnaden Römischer Kaiser zu allen Zyten merer des
Rychs und Königzu Beheym, bekennen nnd tun kant offenlich mit dieasem brieffe
allen den die yne sebent oder hören lesen, wenn wir dem Dorffe zu Nydem
Erlenbach by nnß and des Rycbes stadt zu frankenfart uft dem Meyne ge-
legen, Do Inne grosser gebrest gewest ist und noch ist, das nicht Scbaltheiasen
und Scheffen, do bißher gewest sin, Des haben wir mit wole bedachtem mute
rechter wissen und snnderlichen Gnaden, den Bargermeistern denScheffen und
Rate der egenanten Stadt zu franckenfart , unser and des Rychs lieben ge-
trawen, die gnade getan, and tan mit crafft diess briefXs, das sie forter mer
Schultheissen und Scheffen doselbs za Nydem Erlebaeh setzen sullen und mö-
gen als dicke des noit ist, uff das Jdermanne geriohts recht do widderfare und
das die egenanten von Franckenfart In dem vorgenanten Dorffe und gericbte,
tan and lassen, brechen and hassen mögen und sullen zu allem Jren nutze und
dinste wer sie daran hindere oder widerspreche Jn Dheinenweiss der ist ver-
fallen mit funffzig marg lediges goldes. Das halb Jn unß und Des Rychs Gam-
mer, und das andere teile der egeinanten Stadt zu franckenfart werden und
gefallen sal (mit Urkunde dlß brleffo versiegelt mit unser Kaiserlichem maiestadt
Jngesiegele, geben za Franckenfart uff dem Meyne nach Christas gebarte
Drytzehenhundert Jare darnach in dem sechs und siebentzigsten Jare an sant
Johannes Dage des H. Teaffers etc.
^1 Dies Holzhausen, wol jünger als das benachbarte Ober-Erlenbach , ist
eine der wenigen Ortschaft^, , welche an der uralten Mainzerstrasse nach Butz-
bach (Weinstrasse) gelegen sind. Diese überschreitet hier die Erlenbach, windet
sich an dem östlichen Ufer hinan, und zieht bei der Kirche nordwärts. Die
Wohnstätten sind vielleicht jünger als die Strasse.
— 213 -
Höhe die alten Ortschaften (des dunklen Spessharts) nach d^r
Quelle benannt; wie Bohrbrunn und Rossbrunn; weiter abwärts nach
der Bach bezeichnet: Frammersbach, Krausenbach^ Bessenbach,
Gailbach; Morsbach^ Fechenbach und BöUbach. Unterhalb Soden
liegt auch dort ein Sulzbach; und AschafF erinnert an Walluff
(Waldau). Die Aschaff (Aschen- oder Eschen-awe) gab wieder ver-
schiedenen Ansiedlungen einen Nameu; wie Waldaschaff, Mainaschafi
und - wol viel später — auch Aschafienburg; ebenso findet sich
auch ein Ober-, Mittel- und Nieder-, wie bei Gersprenz, bei Ostern,
bei Keinsbacb und bei Einzig ^^.
Der Verkehr der -Anwohner der Höhen war in jenen alten Zei-
ten wol kein ganz unbedeutender, wir finden häufig die Ortsnamen
hier und dort ganz gleichlautend: so ein Heuchelsheimerfeld bei
Homburg, ein Heuchelheim bei Echzell, ein anderes bei Hadamar,
noch eins bei Worms und eins bei Giessen, ein Höchelheim bei
Gross-Linden und bei Nassau; um den Taunus her li^en vier oder
fUnf Holzhausen, ein Eschbach liegt bei Homburg und bei Nastädten,
ein Aschbach im Odenwald, ein Kalten -Eschbach bei Usingen, ein
Schwalbach bei Cronberg, und Langen-Schwalbach auf der Nordseite
des Taunus; ein Steten bei Ober-Ursel, ein zweites bei Runkel.
Auch in der Bezeichnung der Bäche selbst fallt diese Wiederholung
auf, wie der Name Grifkel, mit den Ortschaften Cröftel, Okriftel am
Maine, und ähnlich Cröftelbach, CraftrSolms an der Solms^ welche
bei Braunfels vorUberfliesst. Auch fllr den Odenwald liessen solche
Zusammenstellungen leicht sich auffinden, z. B. in den verschiedenen
Erlenbach und Laudenbach oder Lauterbach.
Wenn wir diese Art und Weise der ersten Ansiedlungen berück-
sichtigen, können wir die ältesten Verkehrsstrassen unserer Gegend
nicht in der süd-nördlichen Bichtung aufsuchen. Weniger der Main,
als wol die Sümpfe des Maines unterbrachen diese Richtung; die
Taunusbewohner verkehrten über die Höhe und entlang derselben
von einer Ansiedlung zur andern ; sie gelangten so nach Wiesbaden
i> fiigenthümlich ist die Beneniraiig von Amorbacb, wie die Sage geht
nach dem Heiligen Amor benannt. Die Kapelle dieses Heiligen liegt aber
nicht im Hauptthal, sondern in einem kleinen Seiten thälchen, über einer uralten,
als heilig bezeichneten Quelle. Manches lässt darauf schliessen, dass der Heilige
selbst nach dem Thal benannt worden, in welchem er vorzugsweise wirkte.
Wir finden in anderen C^ermanischen Landestheilen mehrfach den Namen Ammer,
•o im Elsass Ammerschwier und der Ammergau inBaiem, auch ein Wüst- Amor-
baeh bei ümstadt. Im J. 714 soll die Gapelle von dem h.Pirminiu9 gegründet,
die Abtei Amorbaoh erst i. J. 784 gebaat worden sein. Vergl. über die Quelle :
Decker, die Quellen im Odenwald, Arohiv fttr hess. Gesch. VIL S. 186.
— 21» -
und Mainz ^ von dort nach der Haart; ostwärts nach dem Spees-
hart; von diesem nach dem Odenwald. Wahrscheinlich war b^
Mainz ^*, wo die Hügel am meisten nach dem Rheine vortraten , die
älteste Ueberfahrt über diesen Theil des Flusses. Oberhalb und un-
terhalb wehrten Sümpfe.
Die Orte welche denUebergang über einen Bach^ einen Sumpf^
einen Fluss anzeigen, sind für die vorhistorische Zeit von grosser
Wichtigkeit. Sie weisen auf die Wege und Verkehrsstrassen hin,
deren die damals Lebenden sich bedienten. Bei kleineren FlüBsen
zogen die Wege nach Brücken, bei breiteren nach Furten. Brugg
im Aargau verdankt seine Entstehung der tiefen und schmalen Rinne,
welche die Aar daselbst in die Felsen' eingeschnitten ; Baumstämme
reichten hinüber bis zum andern Ufer. Bei Osnabrück treten die
Hügel, welche das Thal derHaase begrenzen, enger zusammen; hier
war es leichter den Sumpf und den Bach zu überbrücken.
Der Main mit seinen Hochwassern und dem mächtig drängen-
den Eisgänge duldete keine kunstlos errichtete Holzbrücken, bei ihm
vorzugsweise finden wir die Furten. Es sind dies breite, ruhige
Stellen des Flusses, bei welchen man bequem zum Ufer des Flusses
gelangen, und ruhig und gefahrlos über denselben fahren konnte.
Es ist von Batton die Vermuthung ausgesprochen worden^ dass
bei Frankfurt eine seichte Stelle des Maines gewesen, an welcher
die Heere leichter durch den Fluss geführt werden konnten. Am
Fahrthore sei eine Furt für Nachen gewesen, ein seichterer Ueber-
gang aber am Leonhardsthore. Fichard bemerkt dazu^ dass an der
Furt in Sachsenhausen keine Häuser gestanden^ desshalb Sachsen-
hausen wol jünger als Frankfurt, nach der Herstellung einer Brücke
erbaut worden. Auch Kirchner -r Geschichte der Stadt Frankfurt —
beschreibt eine Furt als eine ,,8eichte Stelle des Flusses^ um ^schaa-
renweise* überzugehen. Allein bereits Dr. Kriegk — im Archiv N. F.
I. S. 81 — bezieht die Bezeichnung . ,,Furt^ nicht auf die Seicht-
heit einer Flussstelle, sondern auf die Gangbarkeit, Durchfahrbarkeit
derselben, der Uebergang über den Fluss habe daselbst hergesteUt
werden können.
13 Auch in diesem Namen finden wir, ähnlich wie in den Ansiedelnngen an
den Bächen des Taunus, den Flussnamen wieder, vielleicht Hainsiel oder Maines
Ende. Mainz erhob sich dicht am Ufer des Rheines, die RGmer bauten -^ wol
erst spater ~ oben suf den H6hen. Ans Mainz oder Moins ist Moguns ge-
bildet worden, nicht umgekehrt. Zu vergl. Kriegk im Archiv L S. d6.
- 216 —
Wir finden am Maine Terschiedene Orte als Furten bezeichnet:
Frankfurt^ Lengfurt; Ochsenfurt; Schweinfurt^ Hassfurt. Die^e mögen
zum Theil localen Bedürfimwen ihre Entstehung yerdanken; da die
Hausthiere in jenen Zeiten^ fast noch mehr wie heut zu Tag auf den
Alpen ; eine der wichtigsten Bedingungen des menschlichen Lebens
waren, ist es ganz natürlich , dass eine Beihe von Ortsnamen auf
dieselben hinweisst, wie Schwanheim (sonst Bchweinheim), Säulberg;
Oekstadt; Stierstadt Andere der genannten Furten haben aber -dem
Strassenverkehr gedient, wie Lengfurt und. vielleicht auch Trennfurt.
Das letztere liegt an einer sanften Abdachung des Odenwaldes, in
unseren Tagen mehrere Minuten vom Main entfernt; es ist nicht
einmal mehr eine regelmässige Ueberfahrt daselbst Diese befindet
sich weiter abwärts, bei Klingenberg. Früher mag es anders gewesen
sein, denn der reissende Strom bei Klingenberg war gewiss kein Platz
zu einer alten Furt Als die Stadt sich hob, zog sie die Fürt
an sich.
Oede war das Land zwischen dem Bhein und dem Bomheimer
Berg, wahrscheinlich hat in jenen alten Tagen die spätere Dreieich
einen Uebergang über den Main nicht geboten. Es fehlten die Ort-
schaften eben so wol, wie die Verbindtmgswege. Erst musste das
Niddathal angebaut werden, gleichzeitig vielleicht das Kinzigthal und
der mittlere Mainlauf, viel später stieg dann der Pflug auch- in das
untere Mainthal herab ^\
Wir besitzen aus jenen Zeiten noch Denkmäler, welche uns
nicht unwesentlichen Nachweis bieten. Es sind dies die Ringwälle,
deren bereits in dem firüheren Aufsätze „die hohe Mark im Taunus^'
gedacht worden ist Der Gestalt und Anlage nach zu urtheileh, so
sind die Bingwälle des Taunus, insbesondere die des Altkönigs und
die Altenhöfe wol die ältesten. Offenbar war es die l^atur selbst,
welche die Anwohner der Höhe auf den Gedanken brachte, in dieser
Weise sich eine Zufluchtsstätte zu schaffen, bei feindlichen Einfällen
das Nothwendigste bergen zu können. Li der geraden Richtung vom
Altkönig nach dem Hirtzberg li^ eine ganze Reihe von Berggipfeln
auf denen zusammengebrochene Felsmassen den Anblick von Ring-
wällen darbieten: die weisse Mauer, der Lindenberg, der ßleibes-
köpf und der Marmorstein. Diese Felstrümmer und Rossein sind zum
Theil wirklich als Ringwälle bezeichnet und aufgeführt worden ^^,
1^ Verg^. Kriegk, Frankf. Bflrgerzwlste, 3. 236 ff.
» So z. B. in der sohönen Arbeit Aber Rln^älle von Dr. Knapp, (Archiv
f. hess. OescL IL), bei welober nur va bedauern ist, daas der Autor aUznviel
— 2i6 —
doch ist nur der Altkönig mit wenigen andern aasgewähh^ ein Bing-
wall hergestellt und vollendet worden. Bei den ttbrigen fehlt der
ZuBammenhang des Schutzwalls ebensowol, wie die Beziehung su
den daran hin^ oder hineinführenden Wegen.
Grosse Uebereinstimmung mit den Felsmassen des Taunus bieten
die Porphyrf eisen des Schwarzwaldes bei Baden-Baden. Dieser Punct
war, wie Wiesbaden und Soden am Taunus , wol lange vor dem
Eindringen der Körner bekannt und bewohnt Der Berggipfel des
heutigen Schlossbergs , der Batter, hätte nur geringer Nachhülfe
bedurft y um zu einem gewaltigen Schutz walle umgewandelt zu wer>
den. Die wenigen wallähnlichen Spuren über den „Kaaseln^^ des
nordwestlichen Abhangs , schmal und ohne Zusammenhang, lassen
aber nicht auf menschliche Thätigkeit schliessen.
Ganz anders finden wir es im Spesshart, im Odenwald und an
der Haart, wo das Gestein zwar weniger in Bosseln und in Fels-
massen zusammenbricht, wo aber, wie im Einzigthal in der Gegend
von Orb, dann bei Klingenberg, bei Miltenberg am Main und bei
Dürkheim a. d. Uaart die Ringwälle uns andeuten, welche in alten
Zeiten die bewohntesten Stellen des Landes, und wo die Verkehrs-
wege gewesen. Bei allen diesen letzteren Bingwällen, ebenso wie auf
dem Goldgrubenberg im Taunus, hat weniger die Natur dem Men-
schen geholfen, mehr die Kunst. Sie scheinen aus den Bömerzeiten
oder aus den darauf folgenden zu stammen. Der ganze Gipfel eines
Berges ist umschlossen, ein Baum gross genug, nicht nur die ganze
Bevölkerung einer oder mehrerer Ortschaften aufzunehmen, sondern
auch dem Vieh derselben für eine Zeitlang Weide zu bieten Eine
Quelle habe ich nirgends in solchen Ringwällen gefunden ^^, die
liegen weiter unten im Walde, der ja mit zur Vertheidigung vw-
wendet wurde. Den Ringwall selbst, bei einer längeren Belagerung,
zu vertheidigen, wird bei den meisten unmöglich gewesen sein, da
der Wall auf dem Schlossberg bei BtLrgstadt z. B. über eine halbe
Stunde im Umfange hat
auf fremde Augen sich verlassen. Aach G. Sobadt, Homburg v. d. H. and seine
Umgebang, 1854, spricbt von der Heidenmaaer auf dem Lindenberge, von dem
Ringwall auf dem Bleibeskopf.
16 Eine Vertiefang auf der westlichen Seite der Altenborg bei Cassel an
der Bieber soll zuweilen Wasser enthalten ; ich habe darin keins vorgefanden.
Von Hadamar wird berichtet , dass sich in dem Ringwall der Dombarg ein
Wasser stets mit einer Tiefe von IV2 Foss erhalten solle. Aach vom Altkönig
hat man Derartiges HUschlich behaupten wollen. Das wäre aber oooh keine
Quelle.
— 217 —
Alle diese Bingw&lle sind bo ziemlich nach demselben Sjstem
angelegt; sie umfaesen den Gipfel bis zum steileren Abfalle hin; auf
der Seite; wo der Gipfel eben sich ausdehnt ^ ist das Werk durch
höheren Wall und durch Graben verstärkt Daselbst ist gewöhnlich
der Eingang. Auf dem Kreinberg^ oberhalb Miltenbergs ist derselbe
ziemlich gut erhalten, er führt über grosse Steinplatten, auf welchen
Wagengeleise tiefe Furchen eingeschnitten haben. Wahrscheinlich
mit Bäumen wurde er verrammelt; von einem Thore findet sich
keinerlei Spur. Der innere Wall, wenn ein solcher vorhanden, hat
gewöhnlich g^r keinen Eingang. Diese Sandsteinwälle scheinen
nicht mit Holzwerk verbunden gewesen zu sein. Sie sind viel steiler
als die flach zusammengebrochenen älteren Taunuswerke; zunächst
des Eingangs auf dem Kreinberg ist der obere Theil des Walles
kaum zwei Schritte breit Eben so ist es auf der „Schanze^^ bei
Klmgenbeig, wol einem der jüngsten aber auch der kleinsten Stein-
walte. Der Weg dahin führt anfangs auf der Nordseite des Berges
aufwärts, wendet sich um die östliche Seite, zieht an der tiefen
Schlucht hin, und biegt von Süden her gegen den Steinwall. Hier
auf der Eingangsseite sind drei Wälle mit Gräben, einer dicht hinter
dem andern; von dem obersten aus kann man über alle drei hinsehen,
s. Fig. 1 und 2
Ott
|9 CiMMe Steinbflciif en etwa
4S« Schritte
vnndfiEScihaiiae
//
w««
CO
CS
0<
Abhang gegen den Main.
Klingenberg, Dorcbschnitt der Wälle, westtlich vom Eingang.
— 218 —
■
Die SteinwIÜle der Heidenmauer bei Dttrkheim gleichen sehr
denen auf dem Goldgrubenberg des Taunus; sie sind fast durch-
gängig von grosser Mächtigkeit, besonders auf der flacheren Nord-
und Nordwestseite, mehr znsammeng^unken als die Wälle von
Kfingenberg oder von Cassel an der Bieber. Sie fallen noch steil ab
nach Aussen, yerflachen nach Innen; etwa in der Mitte sind sie ver-
tieft, als wenn auch hier ein doppelter Steinwall die Zufluchtsstätte
umgeben hätte, s. Fig. 3.
Fig.3.
Durohschnitt des Ringwalls bei Dürkheim.
Wir sind genöthigt für Zeiträume, die wir noch jetzt die Urzeit
nennen. Gewicht auf alle diese an und fär sich unbedeutenden That-
Sachen zu l^en, weil es eben Bsist die einzigen Ueberreste mensch-
licher Thätigkeit sind, die unmittelbar aus jener entlegenen Zeit zu
uns reden. Sie verstärken die Wahrscheinlichkeit, dass in jenen
Zeiten schon eine Stammesverwandtschaft; der Bewohner am Mittel-
rhein und Main, und eine enge Verbindung bestanden; weiter dass
gerade die bezeichneten G^enden nicht nur die bevölkertsten ge-
wesen, sondern auch den feindlichen Heereszügen am meisten aus-
gesetzt. Von einer Bestimmung zur Gottesverehrung kann — bri
diesen jüngeren Bingwällen wenigstens — nicht die Bede sein^'; ab-
gesehen von der Bauweise , so fühlt heut zu* Tag kaum einer der
Nachkommen je das Bedürfniss auf die Höhe hinaufzusteigen, es sei
denn, dass das Geschäft oder der Holzbedarf ihn dahin rufe.
Einen wichtigen Abschnitt in der Geschichte unseres Landes
bildet das Eindringen und die Herrschaft der Römer. Das ganze
Leben des Volkes erhielt dadurch einen weiteren Gesichtskreis und
eine wesentliche Umgestaltung, wenn auch die Verhältnisse und die
Bedürfnisse, welche die ersten Ansiedlungen hervorgerufen und be-
günstigt hatten, grösstentheils bestehen blieben, später wieder in den
Vordergrund traten. Die Bömer, wie jetzt die Engländer in Indien,
<' In einem, aus meiner Feder stammenden, ganz oder theUweise in vm-
sohiedene Zeitschriften übergegangenen Aufsätze : „Uhland auf den Ringwällen
des AltkOnigs" ist die Ansicht ühland's mitgetheilt: es seien die Steinringe
uralte ümwallangen eines heiligen Hains, weil in denselben eine Quelle nicht
vorhanden. Dieser Ansicht vermag man bei genauer Darohforschnng einer
grösseren Anzahl von Ringwällen kaum noch zuzustimmen.
- 219 -
die RuBsen am Gaucaaus^ die Franzosen in Äfrica, suchten ihre
Herrschaft zu erweitem ^ nicht um äie Völker zu beglücken, sie mit
den Segnungen der Cultur bekannt zu machen, nicht um Sümpfe
auszutrocknen; das Land dem Pfluge zu gewinnen, sondern um die
gewonnenen Länder zu nutzen^®. Sie haben die besten und cultiyir-
testen Länder am liebsten genommen und am hartnäckigsten verthei-
tigt; den Pfahlgraben haben sie weithin um die Wetteraü gezogen.
Es ist daher die Thatsacbe nicht unwichtig, dass die Bömer ihre
Hauptniederlassung in unserer Gegend unmittelbar auf einer Anhöhe
an der Nidda gegründet haben. Dies mit Anderem beweist uns, dass
das Niddathal ' bei dem Eindringen der Bömer bereits angebaut und
bewohnt gewesen. Die Bömerstrasse von Mainz führte in gerader
Linie nach Praunheim, durch diesen Ort dann hinauf nach dem
vicus noTHS. Der Aufenthalt der Bömer in hiesiger Oegend dauerte
aber durch mehrere Jahrhunderte, und während so l&nger Zeit mag
Manches eine Umänderung erlitten haben, manche Strecke der
Cultur gewonnen worden sein.
Es ist nicht so leicht, die Strassen der Bömer von den Wegen
der Landesbewohner überall zu scheiden. Die Bömer mögen diese
Wege wol überall benutzt haben, wo sie für ihre Zwecke genügten.
Stets hatten sie das eine Ziel — die Festigung ihrer Herrschaft.
Die Bömerstrassen führen alle nach den Anlagen, welche zur Unter-
drückung des Landes erbaut waren: die Strassen der Einwohner
aber führen Ton Dorf zu Dorf, auf das Feld, in den Wald, nach
ihren Zufluchtsstätten. Die Bömerstrassen gleichen in der Anlage
unseren Eisenbahnen; nicht für den Augenblick gefunden und nur
allmälig vervollkommnet, sondern für Jahrhunderte angelegt Mit der
Herrschaft der Bömer hört auch die Bedeutung der Bömerstrassen
auf, sie sind vergessen, von Wald überdeckt, vom Pfluge zerrissen,
der Steinunterlage beraubt, kaum noch vom Vieh betreten. In unserer
Gegend finden wir ihre Strassen vom Bheine nach dem vicus novus
führen, der Hauptbefestigung; von da nach denCastellen des Taunus
— den Zwingburgen — und weiter nach Norden; ostwärts nach
Bonames und der Wetteraü, nach Bergen und Aschafienburg.
Die Strassen der Landesbewohner waren nicht nur naturwüchs-
iger, sondern auch schmäler als die Bömerstrassen; dies besonders
in den Bergen, weniger vielleicht in sandigem* Flachlände. Die Bö-
mer — wie auch die Bussen im Gaucasus — hatten besonderes Li-
IS Anderer ADticfat ist Hofrath Steiner.
- 220 —
teresBe, die undurchdringlichen Waldungen, die Zuflucht der Landes-
bewohner, durch breite Strassen zu öffnen , zugänglich zu machen.
Wie auf der Nordsoite des Altkönigs ein Römischer „Pflasterweg'
nach dem Feldbergcastelle zieht, so wurde ein anderer als „Pflaater-
weg" mir genannt auf dem südlichen Fuss, etwa in der Bichtung vom
Eichelberg nach dem oberen Ende der Falkensteiner Wiesen, also
ebenfalls nach dem Feldbergcastell zu. Dieser ist kein ursprünglicher
Waldweg; sondern schnurgerade angelegt, gleichmässig 12 Schritte
breit und auf beiden Seiten von einem Mäuerchen eingefasst Der
Bömerweg weiter unten beim Stationshause von Weisskirchen war
16 Schuh breit, aufs Begelmässigste und Sorgfidtigste gebaut, mit
Steinplatten unterlegt, zur Seite mit Pfaden für Fussgänger und
mit Gräbchen versehen.
Man hat darauf hingewiesen, dass der Marsch der Bömer vor-
zugsweise auf den Wasserscheiden, den Höhenrücken stattgefunden,
zugleich aber mit Grund die Frage aufgeworfen, ob die Biömer diese
Hochstrassen und Bennwege erst eröffnet haben? *^ Diese Bevor-
zugung der Höhen war keine Besonderheit der Bömer, sie lag in
den Verhältnissen, in dem damaligen Zustande des Landes. Es lässt
sich im Ganzen annehmen, dass die ausgedehnteren Verkehrswege
verhältnissmässig älter sind, je höher sie auf den Gebirgen hinführen.
Die Schwierigkeiten, welche dort zu überwinden, waren geringer,
als diejenigen, welche in jenen alten Zeiten die Ebenen boten. Je
mehr die Sümpfe schwanden, desto mehr zogen sich die Wege von
den Bergen herab in's Thal Der Bennpfad auf dem Taunus zieht
nicht gleichmässig mit dem Pfahlgraben, er war gewiss schon vor-
handen als die Bömer den letzteren anlegten. Er zieht am südlichen
Abhänge des Feldberges hin, der Pfahlgraben nördlich. In der Nähe
des Mückenboms, jenseits der Höhe, zieht eine „hohe Strasse'^ nord-
wärts, die weder mit dem Pfahlgraben, noch mit einem der daran
liegenden Gastelle in Verbindung steht. Dies ist sonst bei Bömer-
strassen im oestlichen Taunus der Fall, entweder ziehen sie nach
dem Feldbergcastell oder nach der Saalburg. Der Bennpfad auf dem
Taunus hat nur die für einen einzigen Wagen erforderliche Breite.
Viel breiter ist die alte Strasse auf dem Hunärück und die auf dem
Thüringerwalde. Aber die Verbindung zwischen Coblenz und Mainz
auf der Höhe hat sich« mehr und mehr grossartig gesteigert, während
19 Vergl. Untersnchang über die Kriegführung der Römer gegen die Deut-
schen von K. F. in Ztschr. d. V. z. £• d. Rhein. Geschichte, 11. 8 Hft. 1863.
- 22i -
die Strasse vom Bheine nach der Wetterau schon zu der Bömer
Zeiten — ^ wenn nicht schon früher — in die Ebene herabverlegt
war^ nnd am Fusse der Berge hinzog.
Vom vicus novus nach dem Maintiiale herüber scheint keine
directe Römerstrasse angelegt worden zu sein. Es zog vom Nidda-
Übergang bei Heddemheim der Weg hinauf nach Eschersheim und
weiter nach Berkersheim; Bergen und Vilbel ^^ nicht aber nach der
Frankenfurt In dieser letzteren Richtung entstand vom Niddaübergang
aus ein Fusspfad^ er gehörte zuletzt zu den verbotenen Wegen und
ist jetzt von der Eisenbahn ganz beseitigt. Es sprechen wol That-
Sachen daf&r^ dass die Römer die Frankenfurt kannten^ selbst Strassen
dahin benutzten oder bauten ; aber mehr noch deuten darauf hiu;
dass diese Furt damals noch keine Wichtigkeit hatte. Bis auf den
heutigen Tag heisst der kleine Main oberhalb der Sachsenhäuser
Brücke der „bahles^ oder pales'^. Dies würde nicht schwer auf das
palus der Römer ^ Sumpf ^ zurückzuführen sein, also auf dasjenige,
was in damaliger Zeit wirklich sich an der fraglichen Stelle befun-
den haben mag. Zu beachten bleibt auch, dass man vor einigen
Jahrzehnten in der Fahrgasse beim Graben eines Canals, etwa
16 Fuss tief, auf ein altes Pflaster stiess. Leider ist dasselbe nicht
sorgftltig untersucht worden; Hufeisen fand man dabei, grosse und
kleine, solche von denen man vermuthet, dass Esel oder Mauldiiere
sie getragen. „Eselspfade^^ bringt man vielfach in Zusammenstellung
mit den Römern, so den Eselspfad von Miltenberg nach der Einzig
über den Spesshart, einen andern von Eschersheim nach Vilbel.
Weit wichtiger sind die Thatsachen welche daf^ sprechen,
dass zur Römerzeit die Frankenfurt noch ohne Bedeutung gewesen.
Sie beziehen sich theils auf die damalige Verkehrsrichtung in dem Main-
lande, theils auf den gewerblichen Betrieb in den Römemiederlassungen.
Die wichtigste Strasse welche vor und zu der Römer Zeiten von
Süden nach Norden zog, führte nicht wie jetzt am Odenwalde hin,
durch die Rheinebene, sondern auf dem Gebirgsrücken. Die Befest-
igungen, welche zur Seite der Strasse, von Schlossau nach Obem-
20 Vergl. u a. deu Aufdatz von Schmidt, Annal. des Nasssner Vereins,
6 Bd. 1 Hft., über d. Pfsigraben.
21 Nach genauerer Ennittelang oberhalb der zwei Brückenbogen anf der
Sacbsenfaänser Seite. Dort badeten bis zu Anfang dieses Jahrhunderts die
Juden. Bei EisgSngen hört man noeh den Ausruf: ,,Wo88 dar bales woilt*'
iwUhlt). Ganz ähnlich heisst noch heute ein Weidicht stldlich von Offenbacb :
im Salig» der Weg dabei: der Saligweg.
— S22 -
I
borg aufgefunden worden sind, zeigen uns welch grosses Gewicht
die Bömer auf den ungestörten Besitz dieser Strasse legten. Castelle
reichten sich von Station zu Station die Hand ^, und sie waren, wie
aus den unternommenen Ausgrabungen, kürzlich noch bei Schlossau,
zu ersehen ist, nicht viel schwächer als die Saalburg am Pfahlgraben
des Taunus. Sie waren aber nur zum Schutze der Strasse bestimmt,
denn die Eeichsgränze, der befestigte Pfahlgraben lief in fast gleicher
Bichtung mehrere Stunden ' weiter dstKch bei Freudenberg von Sü-
den über den Spesshart nordwärts. Diese Hauptstrasse stieg bei
Obemburg von den Bergen nach dem Mainthale herab ; führte weiter
nach Aschaffenburg, wo sie mit der von Mainz auf dem rechten
Mainufer ziehenden Strasse zusammentraf. Wol legen die vielen
Bömischen Gegenstände, welche z. B. in Stockstadt, in Diepurg und
in Seligenstadt gefunden worden sind, Zeugniss dafür ab, dass auch
im Mainthal Wohnsitze der Bömer gestanden oder entstanden, aber
gerade an derFrankenfiirt sind solche Gegenstände nicht, oder doch
so äusserst spärlich aufgefunden worden, dass auf eifie langjährige
Benutzung derselben durch die Bömer nicht zu schliessen isl Diese
Meister der Ejriegskunst würden eine wichtige Furt nicht ohne Be-
festigung, etwa auf der Höhe der damaligen Maininsel — jetzt auf
dem Markt — gelassen haben, und solche könnte nicht spurlos ver-
schwunden sein.
Wenn wir von dem Maine nach dem Thale der Nidda uns hin-
über wenden, so sind daselbst zuerst wieder die Uebergangsstellen
in's Auge zu fassen. An der Nidda gab es drei Stellen, die wol in
sehr alter Zeit schon als Uebergangspunkte benutzt worden sind:
Bödelheim,Bonamea und Vilbel^* Die Bömer kannten sie, benutzten
sie, schwerlich aber sind die Ansiedlungen Bömische. Nur Einwohner
des X4andes bauten in den Niederungen, der Fluss diente ihnen zum
Unterhalt des Lebens, die Ueberfahrt bot ihnen Erwerb. Die Bömer
mieden stets die Tiefe und das Flussthal, wie bei den Strassen, so
bei der Anlage von Wohnungen. Ihr vicus novus lag hoch, erst das
neuere Heddemheim ist unten an die Strasse, in die feuchte Niede-
>> Vergl. Steiner, Gesch. a. Top. des Msingebiets und Spessarts. S. 104.
^ Auch Nied oder Nidda, am Ansfiuss der Nidda, mag eine sehr alte Nie-
derlassung der Eingebomen sein, allein ein bedeutender Flussübergang war,
der Sümpfe des Mainthaies wegen, hier schwerlich. Die Römer mögen das
hochgelegene Höchst and den Ausgang des Niddatbales bewacht haben, allein
es führte keine abzweigende Steinstrasse nach Höchst, und es führt noch heut
zu Tag keine Strasse von Höchst südwärts naoh der Drei-Eich.
- 223 -
nmg gestellt. Am wenigsten, oder auch erst am spätesten benutst
war unter den genannten Furten wol Bödelheim (l^edelheim) ; es
lag auf dem rechten Niddaufer, die eigenthümliche Bauweise manpher
alten Häuser auf Erderböhungen lässt vielleicht noch auf die frühere
sumpfige Beschaffenheit des Bodens' schliessen. Auch das linke Fluss-
ufer war und ist noch sumpfig ; doch mag die Anlage des Mühlcanals
und der Brückenbau manches geändert haben. Von der Römischen
Mainzer -y jetzt Elisabethenstrasse; scheint kein Zweig nach diesem
Uebergang abgegangen zu sein; aber von Bödelheim zog oberhalb
der Wiesen hin nach den basaltischen Höhen von Bockenheim dne
alte Strasse ; sie hält weiterhin ostwärts fast die Wasserscheide ein,
theilt sich am Heiligenstock nach Vilbel und nach Beiden. Von Bö-
delheim nach der Frankenfdrt Alhrte und führt bis auf den heutigen
Tag nur ein Fusspfad.
Weit mehr als Bödelheim, scheint Bonames von den Bömem
benutzt worden zu sein; hier ist selbst der Name durchaus verschie-
den von allen andern Täunusortschaften ; nur etwa Vilbel hat einen
gleich fremdartigen Anklang. ^ £ine Bömerstrasse führt nördlich von
Bonames nach der Wetterau; eine zweite führt von Westen herein^
oder wenigstens nach der nördlichen Mauer hin. Der Platz einer
Römischen Befestigung war wol oben auf dem Saalhof, die Burg in
der sumpfigen Tiefe war nicht Römisch ^. Wie der Name, so sind
auch die Verhältnisse von Bonames ganz eigenthümliche. Die Gränze
der Gemarkung von Kalbach zieht dicht an Bonames vorüber und
reicht bis zur Nidda. Während diese fast überall den Genossen
der Hohen -Mark eine Gränze war, sie von der Drei -Eich schied,
liegt der grösste Theil der Bonameser Gemarkung jenseits auf dem
südlichen Ufer. Dies südliche Ufer wurde aber nicht bewojint, war
auch nicht Mark-berechtigt, wie ein Streit aus dem sechszehnten
Jahrhundert über den Eohlenbedarf der Mühle oder des Kupfer-
schmieds am Mühlgraben es genauer verhandelt So scheint es als
ob Bonames nicht wie die andern Täunusortschaften aus den Boden-
verhältnissen erwacluren, sondern dass es gleichsam eingepfropft wor-
den sei Alles weisst hierbei auf die Römer hin, selbst der Umstand,
dass die Bonameser Bürger waren, keine Bauern. Auch von Bona-
mes zog in gerader, directer Linie keine Strasse nach der Franken-
furt.
Vilbel scheint, wie Bonames, einen Römischen Namen zu tragen.
Die jüngste Ansicht der Gelehrten geht zwar dahin, dass Vilbel nicht
2« Vergl. Dr. KOmer-Baohner in diesem Archiv N. F. IL S. 182.
— 224 —
von villa bella den Namen habe^ dam es vielmehr ,,Weid6ndorf^
bedeute '^ Ich halte trotzdem am Alten fest Fttr die Germanischen
Dorfnamen der Umgegend bedarf es keiner gelehrten Deutung^ sie
sind alle noch jetzt leicht verständlich. Mochten die Lateinischen
Schreiber den Namen verketzern^ er kam doch wieder in natürlicher
Gestalt zum Vorschein. Nur Bonames und Vilbel machen, wie be-
merkt, eine Ausnahme, sie sind fremden Ursprungs, wie aevel (aquae
bellae) die schönen Quellen am Ufer der Nidda zwischen Praunheim
und Hausen, bei welchen eine Römische Wasserleitung aufgefunden
worden ist*^
Auch bei Vilbel walten, wie bei Bonames, ganz eigenthümliche
Verhältnisse. Vor allem ist hier die ganz unverhältnissmässige Längen-
ausdehnung in's Auge zu fassen. Sie kann gar keinen Zweifel
darüber lassen, dass hier vereTchiedene Interessen zusammengewirkt,
wie dies auch stets bei andern, ähnlich in die Länge gezogenen
Städten, wie Miltenberg, Heidelberg, Bornheim oder Bockenheim
der Fall gewesen. Auch Heidelberg zieht sich von der alten Neckar-
furt bis über die Burg hinaus, so Vilbel von der Niddafurt bis zur
Römischen Villa, die in der Nähe des jetzigen Bahnhofs lag. Die
ersten Wohnungen lagen wol oben auf dem rechten Flussufer, bei
der Brücke. Nach dieser oder nach der Furt {(ihren die Strassen:
nördlich die von Friedberg, südlich die von Bergen und von der
hohen Strasse. Bei der Brücke traten die trocknen Ufer am nächsten
zusammen, die Strasse^ wandte sich auf dem nördEchen Ufer sogleich
der Anhöhe zu. In der Nähe der Brücke liegen die bedeutenden
Steinbrüche; sie scheinen Veranlassung zu einer Vergrösserung
Vilbels gewesen zu sein, und zwar ostwärts bis zur Kirche. Diese Theile
dehnten sich später weiter aus nach der Römischen ViUa hin.
Der fremdartige, vielleicht, wie das Pompejanum bei Aschaffenburg,
drollig klingende Name der Römischen Anlage mag allmälig dem
Gesanmitorte geblieben sein.
Die Steinbrüche von Vilbel weisen uns auf einige gewerbliche
Verhältnisse, welche durch die Römer in hiesiger Gegend begründet
wurden, oder in Aufschwung kamen. Dass dieser Aufschvnmg über-
haupt ein bedeutender gewesen, geht schon aus den vielen Strassen-
anlagen hervor, welche von dem vicus novus nach allen Richtungen
2» Arohiv f. Hess. Gesch. X. 1.
>< Kaum giebt es einen andern Ortsnamen, der so verschieden geschrieben
vorkommt, wie Vilbel, Villbyl, Vilvil, Velvil. Viel mehr hat Bonames, Bone-
mesa den Namen gleich behalten.
— 225 —
zogen. Neuerdings ist bei Weiskirchen das Profil der Strasse ofien
gelegt worden^ welche von dieser Römischen Niederlasstmg nach dem
Feldbergcästell geftlhrt wurde ^ so dass kein Zweifel mehr über die
Bedeutung dieser Hohle sein kann. Sie wird jetzt ausgefüllt, die
Aecker werden geebnet; die Steinunterlage ist zum grossen Theile
herausgebrochen, einzelne Steine zeigen noch, dass die Bömer den
alten Steinbruch von Mamolsheim dazu benutzt hatten. Bei Nieder-
XTrsel wendet sich diese Strasse etwas ostwärts nach diesem Dorfe
hin, welches dazumal wol schon vorhanden war; sie schwenkt
wieder südlich ab, theilt sich in zwei Arme, deren einer nach dem
vicus novus zog, der andere nach dem Niddaübergang bei Heddern-
heim. An dieser Stelle hat sich eine Ortschaft; zur Seite der Strasse
angebaut; Heddemheim ist in die Erbschaft der Bömer eingetreten.
Bei Nied^-Ürsel zogen mehrere der alten Strassen vorüber: die
Hessenstrasse, vom vicus novus nach dem Norden, filhrte östlich
vorbei nach der Höhe, die sie bei der Saalburg überschritt (sie
ist in den letzten Jahren fast ganz ausgebrochen und geebnet wor-
den, nur wenige Beste sind noch übrig); eine Mainzerstrasse durch
Eschborn^ nach Butzbach überschritt eine Viertelstunde oberlialb
Nieder-Ursel die Bach. Sie ist jetzt ebenfalls unterbrochen und durch-
pflügt; endlich ist noch der Crutzenstrasse zu gedenken, jetzt Ereu-
zerstrasse. An dieser Strasse soll eine Quelle hervorgesprudelt sein,
als des Bonifacius Leiche daselbst geruht; mit anderen Worten: das
Trauergeleite ruhte an einer Quelle. Eine solche findet sich etwa
auf der Hälfte des Weges, wo die Qemarkpngen von Kalbach und
Nieder-Ursel zusammenstossen. Angeblich hat man dort Mauersteine
auf£:efunden, allein aus dem Gedächtniss der Landbewohner ist jede
Eri»««.g '» »,. KWe g^chw^d». Nioh. ,«. d.v.. ««d ein
Hochgericht Andere Strassen bei Bonames sind schon erwähnt worden.
Wenn wir im Winter über die kahlen Felder hingehen, da wo
sonst die Strassen des Bömerortes sich ausdehnten, finden wir aussei
" In der Heimgereite von Esohborn soll — nach Vogel — die älteste
Kirche der Umgegend gestanden haben« Schwerlich w^r dies Tidenheim eine
von Eschborn getrennte Ortschaft, oder Eschborn war doch älter als diese
Kirche. Der Name Tidenheim ist jetzt auch in den Flurbüchern nicht mehr zu
finden. Nach der Angabe von BfirgeVmeister Knntz sollen anter dem Districte
Feldweingärten, auf den Haneokem (Hainäckem) Basalt- und Ziegelsteine im
Boden gefunden werden. Dort habe möglicherweise eine kleine Kirche oder
Kapelle gestanden. Ueber dieser Stelle ist der Streitplatz, wo angeblich im
Jahr» ld89 die von Cronberg heimkehrenden Frankfurter ereilt und geschlagen
wurden.
15
— 226 —
den zahllosen Ziegelbrocken und den BollBtückchen der TaunoBab-
hänge zwei Steinarten besonders, welche zum Bau der Bömermauem
verwendet worden sind: einmal den Basalt von Eschersheim, dann
aber auch das Todtliegende von Vilbel, selbst Stücke versteinerten
Holzes aus demselben. Man kann aus den zijm Theil stark verwitter-
ten Steinen nachweisen, dass zu jener Zeit schon in Vilbel die gros-
sen Steinbrüche in Betrieb standen, welche heute noch benutzt wer-
den oder noch erkennbar sind. Es beweist dies, dass zu jener Zeit
ein anderer Transport und Verkehr auf der Nidda gewesen sein
muss, als in unseren Tagen. Statt der ]\l4ihlen, die jetzt durch Wehre
das seichtere Wasser aufstauen, sah man zahlreiche Schiffe und Aus-
ladeplätze. Neben den Basaltstücken von Eschersheim und dem Todt-
liegenden von Vilbel finden sich auf dem Heidenfelde bei Heddernheim
auch Kalksteine, wi^hrscheinlich vom Bomheimerberge; daneben
grössere und kleinere Bruchstücke von Handmühlen, welche aus
dem Rheinischen Basalte von Nieder-Mendig stammen; durch die Ein-
schlüsse (HauTn) sind sie von den Eschersheimem wol zu unter-
scheiden. Auch Schiefersteine finden sich ziemlich zahlreich, zum
Theil haben sie noch IVa Schuh im Gevierte; dem Anscheine nach
stammen sie nicht aus dem benachbarten, schieferreichen Taunus,
sondern aus Tagesbauten von Caub, sie sind nicht so tein, wie die
Schiefer, welche wir jetzt aus den tiefen Gruben von dort erhalten.
Die Anwesenheit aller dieser Steine zeigt uns, wie Handel und Verkehr
in jenen Zeiten sich schon lebhaft entwickelt hatten.
Von der ganzen grossartigen Anlage, welche die Bömer in ihrem
vicus novus geschaffen, ist jetzt keine Mauer mehr sichtbar, die
Strassen sind verschwunden, bis auf den einen Weg, welcher die
Um&Bsungsmauer umzog. Der Qrimm der Germanen hat nur Trüm-
merhaufen an der Stelle der Eriegerwohnungen übrig gelassen.
Während langer Jahrhunderte wurde von hier das Material zu den
ärmlichen Hütten der benachbarten Ortschaften entnommen. So erst
konnte das gereinigte Feld wieder dem Saatkorn geöffiiet werden.
Der Wind brausst frei über die Aecker, die jetzt der Pflug durch-
furchet. Zwischen den letzten ungezählten Bröckchen und Splittern
einer untergegangenen Zwangsherrschaft sprosst die grüne Saat freudig
empor ! Kein Bericht der Bömer meldet, wie die , Vertreibung ge-
schehen, auch die Namen Derer, welche damals geblutet, sind nicht
verzeichnet; aber auf die gebrochenen Mauern der Zwingburg sollten
unsere Lehrer die Jugend hinfllhren,jährlich, wenn der Winter entweicht !
— 227 —
Eb folgt nach den Bömern eine lange Zeit^ aus welcher uns kaum
Thatsachen aufbewahrt sind. Die gewaltigen Heereszüge, welche wir
unter dem Namen der Völkerwanderung begreifen, können dem Mainthal
und den Taunusbewohnem nicht fremd geblieben sein. Wir wissen
aber nicht, ob sie die vorhandene, unter der Bömerherrschaft nach
dem eignen Berichte ihrer Schriftsteller verdorbene Bevölkerung ver-
pflanzt und ausgerottet, oder ob diese neu gekräftigt worden. Nach
manchen Anzeigen war wol das letztere der Fall. Viele der alten
Weisthümer, so der hohen Mark, der Bibrauer Mark und anderer,
heben hervor, dass Wald, Wasser, Weide den Märkern ^zu recht-
lichem eigen' sei, dass die lIßLrker sie von Niemanden zu Lehen er-
halten. . In der Bibrauer Mark wird geweiset, dass der Herr von
Falkenstein nur ein gewählter, kein gebomer Vogt sei. Das spricht
fOr Ureinwohner, die selbst den Wald gerodet, nicht für Eroberer.
Vielleicht stammen, wie bereits bemerkt, aus diesen Zeiten die
späteren Ring wälle, auf dem Goldgrubenberge, von Dürkheim, von
Elingenberg und aus der Gegend von Orb. Doch haben wir nicht
überall in einer kunstfertigeren Ausführung ein entscheidendes Merk-
mal darüber. Auf dem höchsten Gipfel des Erainberges oberhalb
Miltenberg liegen, von zwei Germanischen Bingwällen umschlossen,
Spuren welche den Aufenthalt der Bömer an dieser Stelle nach-
wdsen, Steininschriften, Mauern, Bildwerke und Anderes ^.
Wahrscheinlich ist es, dass während der Zeit der Bömerherrschaft
man anfing, die Drei^Eich mehr zu bebauen. Auch hier, wie am Tau-
nusabhang, finden sich einige Ortschaften, welche gleichen Namen
haben wie die Bach, welcher sie angebaut sind. Bieber, (Ober-) Boda,
Sembdt, Egels^bach, Kelsterbach, Ofenbach (noch 1493 Ouenbach
geschrieben). Andere, besonders am Abhang des Odenwaldes, tra-
gen die Bezeichnung einer Stadt: Stockstadt, Langstadt, Eleestadt,
Umstadt, Bamstadt, Eberstadt, Pfungstadt, Crumstadt Sie zeichnen
fast die Grenze der Drei-Eich vor; von Stockstadt am Main bis zu
Stockstadt am Bhein reichen sie sich die Hand. Eine jüngere Zeit
ist in den Ortschaften angedeutet, welche von Behausungen der ersten
28 Steiner, Maingeb. u. Spess. S. 254. hält diese Germanische Wehr für
älter als die Römische Befestigung. Aach hier sprechen wir, im Interesse der
Eigenthümer ebensoweit wie im Interesse der Erforschung unserer ältesten Ge-
schichte die Bitte aus, alle solche Ringwälle, namentlich aber die ältesten, wie
den auf dem Altkönig, vorerst nicht zu verändern, nicht zu durchbrechen, keine
Wirthshäuser darin oder daraus zu erbauen. Zu solchen finden sich stets in
der Nachbarschaft geeignete Plätze genug !
16*
- 228 -
Ansiedler den Namen anch später beibehalten haben. Ln Innern der
Drei-Eich ist dieses Vorkommen das zahlreichste: Obertsfaansen;
Froschhausen; Hainhausen^ Zellhausen/ Messenhansen; Eppertshausen^
Güntershausen; Hergertshausen ^ Harpertshausen^ Buben- (Baben)-
hausen, Harreshausen, und mehr westlich: WixhauseU; Erzhausen,
Schneppenhausen, Qräfenhausen, weit seltener sind die Bezeich-
nungen nach dem Hof wie Dilshofen und Sickenhofen. Das
Weisthum der Drei-Eich von d. J. 1338 zeigt uns dass damals, und
wol auch schon viel früher die Drei-Eich in Marken al^etheilt war.
Wahrscheinlich älter als diese mit „Haus^ und ^Hof zusammenge-
setzten Ortsnamen sind andere mit der angehängten Endigung „heim'',
fast alle unmittelbar auf dem Main- und Rheinufer angelegt: Ostheim,
Welzheim, Auheim, Steinheim, Dietesheim, Mühlheim, Griesheim,
Schwein- (Schwan)heim, Büsselsheim, Baunheim, Bischofsheim,
Ginnsheim, Bauschheim, Altheim, Geinsheim, und das jetzt verschwun-
dene Pfopfenheim. Fast gleichzeitig mit „heim" sicheinen Dorfschaf-
ten mit der Endigung „ingen" entstanden zu sein. Solche finden sich
aber weit seltener und scheinen ebenso wie die wenigen als ,, Weiler"
bezeichneten Ortschaften des Taunus, Petterweil, Dortel- (Torkel- oder
auch Di\rkel-)weil und Hinterweil, einem Volksstamm zuzuschreiben
sein, der nur vorübergehend sich in dieser Gegend aufgehalten hat
Einmal nur ist ein solcher Name auf der Nordseite des Taunus auf-
zufinden, Usingen, welches an der Usa liegt, nicht aber mehr nach
dieser als Usa oder Usbach bezeichnet ist. Am südlichen Abhang
des Taunus li6gt oder lag Dillingen, weiterhin an der Einzig Bückin-
gen, in der Drei-Eich am Fusse des Odenwaldes Spr^idelingen, am
Maine Sindlingen und weiter östlich Mainfellingen und Dettingen ".
Ganz spät noch entstehen Ortschaften, die deutlich von einer
mehr fortgeschrittenen Cultur uns Zeugniss geben, oder welche auf
die Fränkische Zeit hinweisen wie Eönigsstedten zur Seite des fremd-
artig klingenden Trebur. Urprach ^ erhob sich mitten in den Wäl-
dern, ebenso Ober- und Nieder-Bode am versumpften' Mainesarm
bei der Frankenfiirt; weiter Erfelden, Worfeiden und Meerfelden.
39 Förstemann, deutsche Ortsnamen, 186S, findet die Namen auf „Weiler"'
ald Repräsentanten des Deutschen Südwestens, mehr gewaltsam als organisch
fortgeschrittene Namenbildung. Die Endigang auf ,,ingen*' und „nngen* bezeichnet
er als ThÜringenschen Gebrauch.
30 Iq dem Gült- u. Rentengefäll Yerzeichniss der Drey-Eioh aus dem Jahre
1589 ist Urprach aufgeführt, weil es „Dorffgelt** zu zahlen habe.
— 229 —
Durch diese letzteren der Feldciiltar geweihten Ortochaften zog die
. Geleitsstrassa
Zum Schlüsse ist hier noch der Bomheimerberg zu betrachten^ der
grossentheils noch zur Drei-Eich gehörte. In der Gegend von Aschaf-
fenburg scheint die rechte Mainseite vor der linken bewohnt worden
SU sein. Gross- Welzheim, Gross-Erotzenburg, Gross-Auheim liegen
auf der rechten Mainseite, Klein Welzheim ^ Klein Krotzenbürg und
Klein- Auheim sind sp&ter gegenüber auf der linken Mainseite als Zweig-
dörfer entstanden. Beim Bomheimerberg finden sich nur wenige
Spuren, welche andeuten, dass einzelne Plätze in Yerhältnissmäsig alte
Zeiten hinaufreichen. Bomheim selbst ist, wie Eschborn, nach der
Quelle benannt ; aber letzteres wird, wie die alten Taunusortschaften,
ebenso wie die Quelle oder die Bach selbst bezeichnet; Bomheim
leitet seine Bezeichnung nur von der Quelle her. Bei einem
Vergleich mit den altern Taunusortschaflien kann kein Zweifel darüber
sein^ dass Bomheim viel jünger ist als diese, z. B. als Obererlenbach
oder Oberursel, oder Steinbach. Von dem ganzen Gericht des Bom-
heimerbergs sind nur Offenbach, Nidda und Seckbach ^^ ebenso wie
die Bach genannt, Bergen nach seiner Lagie, oder auch nach der Rö-
mischen Befestigung. Fast alle andern Ortschaften sind als Heimath
einer bestimmten Person, meist wol des ersten Ansiedlers, bezeichnet:
Eschersheim, Berkersheim, Bischpfsheim, Bockenheim, Bräungesheim,
Enkheim, Fechenheim, Ginheim, Griessheim, Massenheim.
In Bomheim sind drei Theile wol zu unterscheiden. Einmal der
obere Theil um die Kirche gelegen, welcher wol als der älteste zu
betrachten ist. Weiter als zweiter Theil das Bömerfeld, westlich von der
Güntersburg, etwa 10 Minuten von der Bomheimerkirche. Näher
bei dieser , auf dem Rabenwingert ^^, hat man bei dem Legen der
Wasserleitung eine Römische Begräbnissstätte gefunden. Dieser Rö-
mische Theil ist vertügt und von der Erde verschwunden; Dr. Romer
hat in seinen Beiträgen zur Geschichte der Stadt Frankfurt (1853)
31 Der älteste Theil von Seckbach ist wol der nordöstliche an der Seck-
bach (Sackbach ?) ; abwärts, nach dem Bruche hin, stand ein Eichwald. Durch
Wald und Sumpf war d^r Ort vortrefflich geschützt; Quellen waren imUeber-
flnas vorhanden. Die Gemarkung von Seckbach ist wol abgerundet, sie reicht
weit gegen Bergen und Vilbel hin, und über dem Bruch lag wieder ein Wald.
Westlich am Bomheimerberg zieht vom Sulzenschlag ein Wiesenthälchen nach
dem Bruch herab, die Weide darauf steht gemtdnschaftHch Seckbach und Bom-
heim zu, aber der Grund und Boden gehört ersterem.
32 Noch jetzt darf in diesen, l&ngst ausgerodeten Wingert nicht gefahren
werden.
— 230 —
auf Seite 79 ff werthyolle Mittheilungen darüber gemacht Er hält
dafür, dass das Monumentum Trajani an dieser Stelle gestanden. ^.
Uns kann diese Untersuchung hier nicht weiter beschäftigen ; die Trüm-
mer, welche wir von der Bömerherrschaft noch vorfinden, sollen nur
dazu beitragen, Nachweis über den Zustand der Eingebomen uns zu
geben. — Noöh ist ein dritter Theil von Bomheim zu betrachten; es
ist dies der untere , an der Strasse nach Bergen , lang hinge-
streckt, und wol erst entstanden als der Verkehr zwischen der Fran-
kenfurt und Bergen und weiter ostwärts bedeutender wurde.
Wenn wir die beiden ersten, die ältesten Theile von Bomheim
zusammenstellen, so finden wir dass die Strassen, so weit sie jetzt
noch vorhanden oder offen gelegt sind, ftir ein höheres Alter der
Deutschen Niederlassung zu sprechen scheinen. Der alte Pfad welcher
von Frankfurt unter der Güntersburg vorüberführt, zieht nach dem
ältesten Theile von Bomheim, der Vogelgesanggasse und der Kirche.
Auch die Strasse nach Seckbach und nach Bergen ist keine Bömische,
so wenig wie die noch jetzt in nördlicher Richtung ziehenden Wege.
Von dem Germanischen Bomheim führt nordwestlich der Weg nach
der Friedbergerwarte und nach Bonames, nördlich der Weg nach
Vilbel. Dieser letztere Weg heisst der Preungesheimerweg, zieht mehr
auf der Höhe hin und ist wol der ältere. Er führt etwa 5 Minuten
östlich der Friedbergerwarte vorüber und wurde noch in sehr später
Zeit auch von Frankfurt aus benutzt. Es bog von dieser Warte her,
der Landwehr entlang, die Frankfurterstrasse nach diesem altem Wege
herüber. Jetzt ist diese Frankfurter Strasse etwas anders gelegt,
allein sie fällt noch immer unter einem stumpfen Winkel in die Born-
heim-Vilbeler Richtung. Auch dieser alte Weg von Bomheim nach
Vilbel gehört jetzt zu den verbotenen: er soll ^eigentliche nicht
begangen werden, aber es ist die Gewann eine Grenze. Nicht nur
das Verbot, auch die Poesie, die über solchen verbotenen Wegen
schwebt, giebt ihnen einen eigenthümlichen Reiz. Bei dem Heiligen-
stock lenkte die hohe Strasse zwischen Rödelheim und Vilbel ab nach
Bergen. Dieser Ort scheint für die Römer wichtiger gewesen zu sein
als Bornheim. Seine Lage stimmt mit der des vicus novus in vielem
überein. Die Berger Strasse nach Vilbel führt auf der Höhe und
scheint Römischen Ursprungs zu sein, nach Osten führt ebenfalls
eine j^hohe Stra^se^; an den Fuss des Berges, beim Uebergang
über den Sumpf, schmiegt sich das Deutche Eukheim, wie an der
33 Vergl. noch Fraiikf. Jahrb. 1836. VUI. S. 251. Historisch antiquarisches
von Dr. Römer.
— 231 ^
■
Nidda dasjüngereHeddemheim; endlich ist Bergen der Hauptort des
Bornheimerbei^es geworden, während dies ursprünglich doch gewiss
Bomheim warH Auch mit Bonames bieten die Verhältnisse von
Bergen manche Vergleichungspunkte.
Noch ist des W^es zu gedenken , welcher von Bomheim süd-
westlich nach der Frankenfurt zieht; dabei sind aber die Bodenver-
hältnisse zu berücksichtigen. Die vielen Quellen de^ Bornheimerberges
haben ihren Abfluss zum Theil nach Osten, nach dem Köderberg
hin, sie schwemmten dort allmälig den Sand herab nach dem Metzger-
bruch, und rissen selbst zwischen dem Scheidswald und dem Buch-
Wisld durch das Kalkgestein eine Schlucht. Von der Wasserscheide
des Berges, auf welcher das Römische Lager gestanden, rie-
selten andere Quellen nach Südwesten gegen die Frankenfurt hin.
Ihnen verdanken die ersten Ansiedler die schönen Wiesen und Wei-
den, welche bis zum Jahre 1864 noch als Bornheimerhaide beatanden.
Sie waren wol neben den Quellen eine hauptsächliche Veranlassung
zur Ausiedlung auf dem Bomheimer Berge. Die Bomheimer haben
sie auch beharrlich sich erhalten, als später sie dem aufblühenden
Frankfurt fast bis an das Thor reichten. Sie sind den Frankfurtern stets
sehr unbequem gewesen; die Landwehr bog sich um diese Wiesen
her. Weiter abwärts, beim Hermes oder Hermannsbrunnen bildeten
die Gewässer einen Sumpf, dessen alter Abfluss nach dem Maine
jetzt kaum < noch zu ermitteln sein möchte. (Battonn H. S. 178 weist
auf den Elkenbach hin, der über's £lapperfeld nach der Prediger-
gasse geflossen.) Die Landwehr durchschnitt auf der südwestlichen
Gränze der Bornheimerhaide zwei Wege; der nördlichere kommt
von dem ältesten Theil Bomheims herab, er zog in gerader Linie
an der Stelle vorüber, wo General von Auerswald ermordet worden
ist An dieser Stelle aber hat ihn die Landwehr seitwärts gedrängt,
und mühsam, ungeschickt, im Zickzack sucht er jetzt die alte Rich-
tung nach dem Friedbergerthore und der Vilbelerstrasse einzuhalten.
Der südlichere Weg ist die alte Bergerstrasse, an welcher der jüngste
Theil von Bomheim sich angebaut. Er zog in gerader Linie durch
die Landwehr, über dem Hermessumpfe her, ebenfalls nach der Vil-
belergasse. Bei dem Gasthause zum Pfau vereinigten sich beide
W^e, zogen so nach der alten Eckenheimerstrasse, und bogen auf
dieser — jetzt bei der Peterskirche — südwärts nach der Franken-
^ lieber die weiteren VerbSItniflse von Bergen vergl. Usener, Ritterburgen
8. 3 ff. Auch Steiner, Maingebiet, S. 151.
- 233 -
fürt; oder vielleicht auch tlber die Schaf ergasae und Gelnhäasei^asBe
nach dem ältesten Theile der Stadt
Wir können nicht umhin dem Bömerlager bei Bomheim noch
unsere Aufmerksamkeit zu schenken. Wir suchen es auf; indem wir
den Weg von Bomheim oberhalb der Gilntersburg nach Westen
betreten; am Ende der Mauer theilt sich dieser Weg; der nördliche
Zweig steigt etwas nordwestlich; und hält dann die frühere Richtung
wieder eiu; der südliche läuft als wenig betretener Pfad südwestlich
über die Aecker; dann nimmt auch dieser wieder die frühere Bich-.
tung auf. Die Wege laufen so parallel; sie zeigen die einstige nörd-
liche und südliche Begränzung des römischen Lag^-s. Im vorigen
Jahrhundert waren die Gräben noch sichtbar; jetzt sind sie ausge-
glichen; aber ein kleiner Abhang ist geblieben. Von dem südlichen
wie von dem nördlichen Thore des Lagers liefen; wie es den An-
' schein hat; Strassen aus; die eine nordwärts g^en die Höhe der
Friedberger W^rtO; in welcher Gegend sie auf die Strasse nach
Bonames und nach Vilbel traf; südwärts aber eine zweite gegen die
Frankenfiirt. Dieser Weg; ebenso wie der nördliche; dient jetzt nur
noch der Feldcultur; er zieht in gerader Richtung auf der Wasser-
scheide durch den „Eichwald^^; biegt aber weiterhin jetzt ostwärts
nach Bornheim ab. Anscheinend zog dieser Weg nach dem südlichen
Theil der Bomheimerhaide; vielleicht auf die Bergerstrasse; Anlage
wie Schicksal sprechen dafür; dass Bömer diesen W^ hergestellt.
Mit dem Abzug der Bömer verkümmerte er; aber die älteren
Strassen der Einwohner blieben benutzt
Den Trümmern und der Begrenzung nach zu urtheilen hat hier
nur ein sehr untergeordnetes befestigtes Lager; und dies nur verhält-
nissmässig kurz und in später Zeit bestanden. Während bei dem
vicus novus der ganze Boden mit Besten gleichsam erfüllt ist; müssen
sie hier aufgesucht werden.
Es scheint dass der Hermessumpf eine ganz gerade Bichtung
des Weges von der Frankenfurt nach Bornheim verhinderta Wir
können eine spätere Verbindung über die Allerheiligengasse und
Breitengasse ; also des Ost-Endes von Frankfurt; mit dem jüngeren
Bomheim verfolgen; sie führt über den ^Sandweg^'; meidet ebenso
den Hermessumpf; wie die Sümpfe des Fischerfelds. Dieser Weg
scheint die alte Bergerstrasse beeinträchtigt und theilweise entbehr-
lich gemacht zu haben ; die letztere wurde nach dem Band der Bom-
heimerhaide bin gedrängt; zog dann über den Sandweg; und wurde
weiterhin ganz zur Landwehr verwendet Sie reicht jetzt nicht mehr
bis zum BrückcheU; auf welchem sich die Strassen wieder vereinig-
— 233 -
ten. Die nördlichere dieser Strafen ist die Gelnhäusentrasse; es ist
die FahrstraBse oder GHiterBtrasse nach dem nördlichen und mittleren
Theil Ton Frankfurt^ andererseitB nach Bergen und Gelnhausen. Bei
der Nachtweide durchzog sie den eiflemen Schlag und die Landwehr^
hinter Seckbach ftihrte sie durch die Wingerte nach Bergen hinauf.
Es ist schwierig aufzusuchen, zu welcher Zeit wol eine Strasse
nach Hanau in der Ebene gefllhrt worden sei. Wie in der Fahrgasse
bei der Mehlwaage etwa 16 Fuss tief ein alter Steinweg zu Tage
gekommen ]Bt,> so fanden sich bei Canalisirung des Metzgerbruches
dicht bei dem BriickQhen der Hanauerchausseo; tief unter dem Moor-
grund grössere und kleinere alte Hufeisen und Pferdeknochen. Es
war dies die Stelle , wo der alte nördlidbe Mainesarm am schmälsten
war; und den leichtesten Uebergang darbot Die Strasse welche von
de^ Frankenfart auf den Bomheimerberg zog, zweigte am Fusse
desselben östlich nach Hanau oder nach Kesselstadt ab. Sie über-
brückte hier wol den Metzgerbrach und zog auf der höchsten Erhe-
bung des Flachlandes dahin. Noch jetzt bezeichnet die Chaussee die
Bichtung dieses Weges. Einzelne Pferde mögen von der mangel-
haften Holzbrücke gestürzt; oder durch das Eis gebrochen sein; ihre
Eisen; ihre Knochen fanden sich mehr als 10 Fuss tief unter der
jetzigen Oberfläche des Bodens ; von Torf überdeckt. Nach den Aus-
sagen sachverständiger Männer sind diese Hufeisen von sehr guter
Arbeit; von schön geschwungener Form, vordere wie hintere Eisen.
Einige sind mit Stellen; eine Falz ist bemerklich und Nagelköpfe;
ein grösseres Ebeu; wie sie jetzt bei kranken oder zu schonenden
Pferdehufen angewendet werden. So finden wir in diesen Besten; welche
wol aus den ältesten Zeiten der Frankenfurt stanmieu; die Gewerbe
bereits auf einer gewissen Höhe.
In dem Vorstehejjiden ist mehrfach des störenden Einflusses ge-
dacht worden; welchen äussere Verhältnisse im Laufe der Zeiten auf
die Bichtung der Strassen ausgeübt haben. Es giebt kaum etwas
zäheres ; unverwüstlicheres als die Bichtung einer Strassa Ein Bei-
spiel liegt uns in der alten Eckenheimerstrasse vor; welche von der
Höhe herabsteigend imterhalb des Friedhofs nach zwei Bichtungen
sich abzweigte; nach dem ösüichen Theile von Frankfurt und nach
dem nördlichen. Durch die Ackerbesitzer ist der letztere Weg mehr
und mehr bedrängt worden; allein die Wanderer hielten stets an der
geraden Bichtung fest Auf dem Plane welchen Thomas im Jahre
1790 verfertigt hat; ist diese Bichtung noch angedeutet. Neuerdings
brachten es die Grundbesitzer dahiu; ein Verbot des alten Weges zu
erwirken. An einem Sonntag Morgen war ein Stock aufgerichtet mit
— 234 —
der Warnung; zwei Feldschützen standen Ktir Bekräftigung daneben,
wiesen die Leute rechts ab; nach der Chaussee. Diese machten laut
ihrem Unmuthe Luft, beriefen sich auf das Becht des Publikums,
aber keinw hatte Lust, zur Wahrung desselben die Gerichte anzuge-
hen. Ganz im Stillen jedoch bildete sich in kurzer Zeit ein neuer
Weg neben dem aken verbotenen, und wird nun gerade so begangen,
wie sonst der alte. —
Zweierlei Dinge haben weit störender auf die Bichtung der
Strassen der FrankenAirt eigenwirkt, als ein blosses Verbot. Einmal
die Umschliessung der Stadt selbst mit Mauern und Gräben, dann die
Herstellung der Landwehr in weiterer Entfernung von der Stadt.
Die Sicherheit verlangte eine Beschränkung der Anzahl der Pforten
und Thore; so war im Innern der Stadt eine Hemmung oder Er-
schwerung des Verkehrs herbeigeführt worden bei der Bornheimer-
pforte für den Ausgang gegen Osten, bei der Hasengasse und bei
dem Liebfrauenberge für den Ausgang nach Norden. Mit der soge-
nannten zweiten Stadterweiterung wurde der Verkehr mit Bornheim
ebenso in der Bichtung der Breitengasse und dem Sandweg durch-
schnitten, wie auf der Bergerstrasse; weiter die Eckenheimerstrasse
bei der Altgasse, und der Weg von der Brücke nach Eschersheim
bei der Schlimmäuer. Sachsenhausen wurde geschlossen bei der Op-
penheimerpforte und am Thiergarten. Die Landwehr hat den öst-
lich, nach Seckbach über den. Berg Aihrenden W^ bei dem
Scheidswald abgeschnitten ^; sie zog auf der Gränze der Feldmark
nach der Bergerstrasse, welche sie, wie angeführt, theilweise zerstörte,
lief um den untern Theil der Bprnheimerhaide und durchschnitt da-
selbst zwei Bomheimer Wege. An dem östlichen Zugange Bomheim's
war ein Fallthor angebracht; die Landwehr begann wieder am nord-
östlichen Ausgang beim Adlersweg, zog nach dem Seckbacher- oder
Sulzen-Schlag, von wo sie jetzt noch in der nordwestlichen Bichtung
verfolgt werden kann; sie durchschnitt hier den Weg von Bomheim
nach Vilbel und nach Eckenheim. Weiterhin zwang sie die W^e
nach Praunheim und nach Ginnheim über den Ginnheimer Steg, und
durchschnitt den Wellerpfad nach Preungesheim.
Wie die Verkehrsverhältnisse auf dem rechten Ufer des Maines
andeuten, dass die Frankenfurt den Bömem ohne besondere Bedeu-
tung gewesen, so auch die Strassen auf der linken Seite des Flusses.
3' An dem Abhang des Berges daselbst ist auf alten Plänen auch ein
Jadenkirchbof verzeichnet.
— 235 —
Auch hier ftübren die Kltesten Strassen hoch über der smnpfreichen
Ebene. Ein solcher Weg ist der Bischofsweg, der vielleicht oder
wahrscheinlich bereits zu der Römer Zeit von Mainz nach Aschaffen-
burg fUhtte. Er zieht hoch oben an der Frankenfurt vorüber. Von
dem Königslacher Bronnen im Wäldchen beim Forsthause lenkt er
nach Südosten, überschreitet die Königsbach bei der schwarzen
Steinkaute auf den zwei Brückchen, führt dann dem Lärchesberg ^
hinauf, südlich der Warte vorüber. Diesen Weg ritten später die
Mainzer Bischöfe, wenn sie Aschaffenburg besuchten'^.
Eine spätere Zeit ist angedeutet in dem Wege, welcher von
der Königsbach, oberhalb dem Ried oder Sumpf in dem der Riedhof
liegt, am Fusse des Sachsenhäuser Berges ostwärts zum Hainerweg
führt. Zu dieser Zeit war die Frankenfurt benutzt, die W^e ziehen
jetzt nach ihr hin, selbst die „alte Strasse', welche südlich bei Ober-
rad vorüber, von Offenbach nach dem Seehof imd weiter über den
Mühlberg fUhrt. Mit diesen beiden Strassen leiten alle von Süden
kommenden Wege nach einem Puncto, an welchem der Uebergang
über den Sachsenhäuser Mainesarm bewerkstelligt wurde. Die Rich-
tung dieser Strassen bezeichnet für das untere Mainland eine neue
Zeit und eine neue Cultur, und der Name der Furt daselbst zeigt
uns an, wem diese Zeit gehörte!
Die Richtung aller nach der Frankenfurt ziehenden Strassen
lässt keinen Zweifel dagegen aufkonimen, dass auf der rechten
Seite des Maines der Landungsplatz der Furt an der Stelle gewesen,
wo jetzt in Frankfurt die Fischergasse und die Fahrgasse nach dem
Maine führen. Mag die Stelle jetzt durchaus umgewandelt sein, er-
höht, überbaut — dorthin führten in den ältesten Zeiten schon die
Strassen. Oestlich dieser Stelle, auf dem Fischerfeld, zog Niederung
und Sumpf weit in'a Land hinein, nordwestlich, auf der alten Main-
insel, siedelte sich der älteste Stadttheil an; von der Furt durch die
Fischergasse aufwärts nach dem Dome und weiterhin auf dem Markt
war die eigentliche Niederlassung „bei der Frankenfiirt" '®.
Es scheint dass eigentlich nicht die Fahrgasse, sondern die
Fischergasse die älteste Strassenrichtung bei der Frankenfurt be-
^< Der Name ist sehr yersohieden in den Urkunden und auf den alten
Karten geschrieben, z. B. Lechlingsberg. Es stand Nadelholz darauf.
s' Yergl. den älteren Aufsatz: Die Wege des Frankfurter Waldes, abge-
druckt im Frankf. Conv.-Blatt. 1861. Nr. 115 ff.
^ Noch 1465 heisst es in einem kaiserlichen Schreiben : Unser und des
Reichs statt zu Frankfurt auf dem Mayne. Yergl. oben S. 212 Note.
- 236 -
seiclmet. Der Weg von der Fiscfaerpforte nach der Höhe der Mün-
Insel, dem Markte, führte wol anf der Wasaerecheide hin, ist aber
allmälig durch spätere Bauten, z. B. beim Fergamenterplätzchen fast
unkenntlich geworden. Auf der Höhe selbst hat der Bau des Doms
und der. Friedhof jede sichere Spur der Strassen Terwischt; bei dieser
. höchsten Stelle schied der W^, welcher darch die Bomgaase nord-
wärto über den Mainesann führte, von der Strasse, welche die Rich-
tung der ältesten Niederlassung oder Ansiedelung bezeichnet, von dem
Markte, dem höchsten Bücken der Mam-Insel. Wahrscheinlich war
gerade in der BomgaBse der versumpfte Mainarm am leichtesten zu
Überschreiten, oder es veranlasste der Born, dass hier der Weg sich
Inldete. Dieser Born lag jenseits des Grabens, am Fusse der An-
höhe, welche nach dem Bornheimerberg hinaufzog, wahrscheinlich
haben hier bei dieser Quelle die Strassen nach Norden sich getheUt,
es liegt aber üÜt diese Vermuthung jetzt nur die entferntere lUchtung
der Strassen noch vor, in nächster Nähe hat der Hof der Johannita:
die nordöstlich ziehenden Strassen verwischt, s, fig.
Der obere Theil der Fahrgaaae ist nach dieser Quelle gerichtet;
ebenso die Ijndheimei^asse und die GelDhäuseigasse, deren weiterer
Verlauf in der Schäfergasse und in Boruheim sich vorfindet Der
kürzeste Weg nach Eschersheim zog durch den Trier'scben liof;
als zeitweise die königliche Hilnze diesen Platz eingenommen,
mag die Steingasse als HauptstrasHC gedient haben. Sehr zu be-
achten bleibt hier die Mittheilung Battonn's, dass die Schnnrgasse
eine grössere Breite gehab^ und dass, wie vor anderen Thoren der
- 237 —
Stadt, WD Pfbhl auch bei der 0«lnhtlQBei^a8B6 gelegen, b, Heft IH.
S. 3. 4. 24.
Da in den letzten Tagen dies dritte Heft von Battonn's örtltclier
Beschreibung der Stadt Frwikfiirt, mit den v. Fichard'echen Ziu&tzen
veröffentlicht worden ist, so konnten diese trefflichen Mittheilnngen
bei dieser vorliegenden Arbüt noch benutzt werdmi^ Es gehen diese
ausgezeichneten Forscher davon ans, dasB Frankfurt seine Entstehung
den Königen verdanke, dass der Kömerberg mit der Sala der Platz
gewesen, um welchen her die übrigen Theile der 8tadt sich angelegt
Zu gleichem Resultate ist die vorli^ende Arbrät nicht gelangt; die
Aufschltlsse, welche die Strassen der Stadt uns geben, scheinen viel'
mehr alle dahin zu deuten, daea Frankfort in soner oberen Altstadt
schon vor den Königen bestanden, dass erst der untere Theit der
Altstadt, d.h. die um den Saalhof und die Leonhardskircfae gelegenen
Strassen, eine Schöpfung der königlichen Nähe gewesen. Die zwischen
dem Markte und dem Saalhof hinziehenden Qfisschen geben ein
deutliches BUd dieser verschiedenen Entstehung, s. fig.
kwwt^iyerf
b) DrKlir
dl icildDa llsigüiii
h) Ti«u Ocrdonoi-
t) SOukifHClMa
Die GBsschen der östlichen Altstadt ziehen nach dem Markt,
insbesondere nach dem Höhnermarkt, der westliche Theil aber ist
nach dem Saalhof oder nach einem Eingange desselben, da wo jetzt
die Bendergasse ist, gerichtet.
Demnach wäre nicht der Römerberg derHauptplatz der tütesten
Niederiaseung gewesen, sondern der Huhnermarkt oder Friedhof.'
Sehr mit Grund wol bat Battonn gerade au dieser Stelle die älteste
Kirche Frankfurts gesucht, (s. 8. Hft 136) und Fichard. in d. Wet-
teravia S. 12. diese Vermuthung unterstützt Für ihre Anrieht spricht
noch der Grund, dass in alten Zeiten die Kirchen an den Haupt-
Btraaeen erbaut wurdra, der JJirm des Verkehrs brachte noch keine
— 238 —
Störung. An der bezeichneten Stelle zog nicht nur die HanptstrasBe
▼orüber; sondern es mündeten auch zwei SeitenstrasseU; die Lange-
schim und der Tuchgaden. Diese sind nicht auf den Platz selbst
gerichtet, sondern auf das Eckhaus Lii. L. Nr. 144, zum Schlegel
Auf dieser Stelle hat vielleicht die Kirche oder Kapelle in den ältes-
ten Zeiten gestanden, der steigende Verkehr bat sie verscheucht.
Fichard macht (Battonn, 3. S. 193) aufinerksam, wie blühend hier der
Handel, wie gross das Gedränge an dieser Stelle gewesen sein müsse.
Das sprechendste Zeugniss darüber giebt uns noch heute das g^en-
überliegende Haus Lit M. Nr. 190, zum neuen rothenHaus, das auf
Säulen ruht. Es schwebt über der Strasse, hat von dieser keinen
Eingang, aus dem Nachbarhause Nr. 191 führt der Zugang hinein.
Welch ein Gewühl mag hier gewesen sein, welch ein Gedränge in den
engen Strassen. Der Markt — sonst die Kramgasse, unter denEjremen —
bezeichnet, wie bereits bemerkt, die Wasserscheide der Frankfurter
Maininsel ; auf dieser Hauptstrasse standen die wichtigsten Gebäude der
Stadt, östlich die Hauptkirche (St. Salvator) auf dem Kreuzungspunkte
mit der Eschersheimer Strassenrichtung ; das Bathhaus daneben ; weiter-
hin beim Freihofe und den Tuchgaden das Kaufhaus. Der Brunnen wel-
cher auf der höchsten Stelle des Hühnermarktes steht, der Friedhofbom,
ist ein vielleicht erst in verhältnissmässig späten Zeiten gegrabener;
eine Quelle ist er nicht, wie ohne Zweifel der alte Born in der Bom-
gasse es war. Gegen Norden Wlt die frühere Maininsel hier ziem-
lich steil ab, so dass die alte Marienkapelle wol nicht auf der Nord-
seite des Friedho& gelegen war. Auf dem Abhang nach dem Main-
arm lagen grössere Gehöfte oder Gärten, sie sind heut zu Tage
noch in dem Haynerhofe, dem Keppelerhöfchen, dem Bebstock, dem
Lämmchen, dem Nümbergerhofe aufzufinden. Nur eine Strasse bil-
dete sich noch auf diesem nördlichen Abhang: hinter dem Lämmchen.
Jetzt reicht diese Strasse bis zum Hühnermarkt, es ist nicht unwahr-
scheinlich dass sie früher weiter g^en Osten gereicht (Vergl.
3attonn, 3. Hft. 142. sub kl. Sehgeneck.)
So ist die Altstadt in der Richtung und dem Verlaufe des Mark-
tes angedeutet Auffallend vereng^ sich dieser an seinem Ende beim
steinernen Hause, wo mehrere Strassen sich vereinigen. Wie an ver-
schiedenen andern Stellen eine solche Verengung ein ehemaliges
Thor ai]^deutet, so wol auch hier. Auf dem Samstagtfberg fiel die
Maininsel ab nach einer Mulde, deren westliche Seite jetzt der Bö-
merberg bildet. Ueber diese Mulde hin zog der W^ von dem Markte
westwärts nach der Wedelgasse, er hielt sich auf der Höhe (hinter
dem Bömer) längs des Mainarmes. Zur Zeit Karls des Grossen mag
— 239 —
■
diteer Stadttheil noch nicht bebaut gewesen sein ; er ist wdt geräum-
iger angelegt als die eigentliche Altstadt oder Oberstadt Die Kö-
nigspaläste waren Wasserburgen^ sie lagen hinter Wassergräben in
der sumpfigen Niederung des Flusses; der Saalhof am unteren Ende
4er angedeuteten Mulde ^ gerade in dem Wasserablauf; der andere
Palast etwas weiter mainabwärts. Wol nicht der besseren Bundsicht
w^en traten sie vor die Uferlinie heraus^ sondern weil sie im
Wasser lagen ^'. Vom Markte aus zog sich ein sehr bemerkenswer-
ther Strassenfächer nach der Sala herab; von beiden Königspalästen
aber zogen breite Strassen über den Mainarm hinüber und nach dem
nördlich ziehenden Eschersheimer Wege, von dem Saalhof die neue
EjämC; von der Leonhardskirche die Buchgasse mit dem Kommarkt.
Der erster e Palast ^ der Saalhof; scheint der bedeutendere gewesen
zu sein; nach ihm sieht eine grossere Zahl von Strassen; selbst das
linke Mainufer beachtet nur diesen Palast^.
Viel schwieriger als auf dem rechten Mainufer bleibt der Ab-
fahrts- oder Landeplatz auf der linken Mainseite^ in Sachsenhausen;
zu bestimmen. Die Sichtung der Strasse welche; von Süden kom-
mend; den Sachsenhäuser Bruch überschreitet; bleibt weiterhin die-
selbe auf dem^Steinweg"; sie führt nach dem Affenthor; durch die
Paradiesgasse nach dem Mainufer, In unseren Tagen finden wir da-
selbst keinen Ausgang nach dem Flusse ; allein der spätere Bau der
Brücke hat manche Bedürfioiss^ umgestaltet Wir müssen uns vor-
erst noch. Brücke imd Stadtmauer; Mühlwehre ; in's Flussbett vor-
gerückte Steinschanzeu und das dahinter angeschwemmte Land mit
den heutigen Bleichen wegdenken; wir werden dann mit ziemlicher
Sicherheit die Paradiesgasse und den Stadttheil; welcher östlich der-
selben von der kleinen und der grossen Bittergasse umschlossen ist;
als den ältesten Theil Sachsenhausens bezeichnen können. Die abge-
rundete Form desselben finden wir in dem Kern mehrerer alten
Ortschaften des Taunus ähnlich vor. Hier mochte; wie drüben an
der FischergassC; der Fluss die Wohnungen fast erreichen. Zur Seite
des Gässchens bei des Francken Hof zeigt ebx Strich in der Mauer
die Wasserhöhe von 1184 etwa 4 Schub über dem Strassenpflaster.
Eine solche Wasserhöhe muss also schon zur Zeit der ersten Ansied-
lungen in Sacbsenhausen eine nicht gewöhnliche gewesen sein.
39 Yergl Krieg von Hochfelden, die ältesten Bauwerke im Saalhof. Archiv
f. Frankf. Gesoh. u. Kunst. III. Heft. S. 1.
«0 Yergl Battonn, Beschr. d« St. Frankf. I. S. 25.
— 240 —
Wir können noch jetzt leicht beobachten wie bei steigendem
Hochwasser zuerst der unterhalb der Brücke gelegene l^eil von
Sachsenbausen überschwemmt wird , dann tritt das Gewässer bei dem
Deutschen Hause in den oberen Theil, weiter durch die Antauche in
die Bittergasse; langsam nur steigt es in der Paradiesgasse , die
nicht unbedeutenden Fall hat. Hier scheint der alte Landungsplatz
der Furt gesucht werden zu müssen , da wo jetzt die Stadtmauer
mit dem einen Hirtenthurm, oder wo der Frankensteiner Hof steht
Auf dem Plan von 1552 ist daselbst eine Pforte.
Fichard *^ hält die Brückenstrasse für den ältesten Theil Ton
Sachsenhausen. Allein diese Strasse hat nicht das Kennzeichen der
alten Strassen , welche immer in geradester Bichtung auf ihr Ziel
geben. Sie hält die südliche Bichtung nur kurz ein, stösst sehr bald
auf die Dreikönigstrasse und deren Verlängerung , die Elisabethen-
gasse; in diese letztere bi^ man ein, fast unter einem rechten
Winkel, gelangt so nach der Paradiesgasse; auf dieser erst geht es
wieder südwärts dem Steinwege zu.
Viel älter als die BrückenslarasBe scheint der Weg zu sein, in
welchen sie einmündet, die Dreikönigstrasse, weiterhin Elisabethen-
gasse genannt. Dieser 'Weg trifft etwa in der G^end des Ulrichstei-
nes auf den Main, an welcher Stelle noch auf dem Plane von 1552
eine Ueberfahrt angegeben ist. Sie ging nach der Fahrpforte oder
dem Saalhof, und war bedingt durch das Vorhandensein des Königs-
palastes; sie ist jünger als dieser. Die Strasse zieht auf dem linken
Maiuufer von der Ueberfahrt ostwärts nach der Paradiesgasse und
demUebergang des Sachsenhäuser Bruches; es bot sich kein näherer
Weg dar um nach dem Süden zu gelangen. Sie mag in ihrem unte-
ren Theile lange unbebaut geblieben sdn,*denn noch jetzt wird dieser
untere Theil als Dreikönig „strasse^^ bezeichnet, der obere als „Eli-
sabethen ^gasse^^ Diese Namen selbst sind wol aus verhältnissmässig
später Zeit; die Elisabethencapelle wurde von den Deutschen Herren
auf der Südseite dieses Weges, am Ende der Brückenstrasse «rich-
tet. Der Platz wo sie stand, ist erst im Anfange dieses Jahrhunderts
zur Verlängerung der Brückenstrasse verwendet worden.
Man weiss- nicht genau, zu welcher Zeit die Brücke nach Sach-
senhansen gebaut worden ist; es bestand damals gewiss schon der
obere, dicht gedrängte Theil von Sachsenhausen, ebenso die Drei-
königstrasse, oder vielmehr der W^ von der Königsfurt nach dem
Steinweg über den Saohsenhäuser Bruch. Der Ort mag damals noch
«< Vergl. Battonn, örtl. Beschr. d. Stadt Frkf. I. S. 996.
— 241 —
sehr klein gewesen sein^ er hatte wol keine Kirche. Als die Brücke;
vielleicht um das Jahr tausend , hergestellt wurde ^ war Platz genug
Torhanden^ es bildete sich eine sehr breite Strasse ^ auf welcher die
Brückenarbeiter y Zimmerleute und Schmiede behaglich arbeiten
konnten. Es ist die breiteste Strasse der Altstadt; obgleich sie bei
dem Bau des Deutschen Hauses von ihrer Breite verloren haben mag.
Auffallend ist es dass gerade in dem mittleren Theile von Sach-
senhausen, zunächst der Brücke ^ grosse Besitzungen sich erhalten
haben. Es lagen daselbst die Wohnungen der Ministerialen , während
die kleinen Ansiedlungen der Gewerbtreibenden; östlich bei der Para-
diesgasse ^ und westlich dem Maine entlang bis zur unteren Ueber-
£ahrt bei dem Königspalaste sich erhoben hatten. Auch hier scheinen
zwei verschiedene Veranlassungen der langen Streckung des
ursprünglichen Dorfes Sachsenhausen zu Grunde gelegen zu haben^
einmal die Frankenfnrty dann die Nähe der Königsburg und die
Ueberfahrt daselbst
Von der Brücke mainabwärts bi& zur alten Ueberfahrt bei dem
Königspalaste bildete sich allmälig eine Gasse, jetzt die Löhergasse.
Sie stammt wol aus dem Zeitraum zwischen dem Bau des Königs-
palastes und dem Brückenbau , und war gewiss immer vorzugsweise
von Gewerbsleuten bewohnt, welche an oder auf dem Flusse ihre
Nahrung fanden. Als im Jahre 1338 — 40 in Sachsenhausen eine
Kirche gestiftet wurde, fand sie ihren Platz auf der Südseite dieser
Strasse. Die Bewohner von Sachsenhausen wanderten am Buhetage
nicht hinauf; zur höchsten Stelle der.G^end : — wie man sonst wol
in älteren Ortschaften des Mainthaies die Kirche zu stellen pflegte —
sie gingen hinab, oder sie fuhren in Kähnen zur Kirche, wenn
Ueberschwemmungen eingetreten waren. Die Kirche, der Geistliche
und der Schullehrer ist dem Unterquartier immer geblieben, das
Oberquartier aber hatte die zwei weltlichen Hirten.
Es drängt sich hier die Erinnerung an eine Sage auf, nach
welcher Sachsenhausen von Sachsen erbaut worden sein soll. Dass
dies unter Carl dem Grossen geschehen sei, ist mehrfach und von
ausgezeichneten Forschem bezweifelt worden ^^. Es mag erlaubt
sein, auch diese Frage hier zu berühren.
Bekannt ist die grosse Verschiedenheit der Bewohner Sachsen-
hausens von den Frankfurtern. Sie zeigt sich in Sprache, in Sitten
und Gewohnheiten, und selbst in der Bechtsanschauung ^. Allein
«2 So z. B. von Fiohard, in Battonn L S. 227.
«3 Yergl. Kirchner I. S. 20.
16
— 242 —
eine solche Ver&diiedenheit ist keineswegs gerade in einem Stammes-
unterschied zu suchen, sie entwickelt sich ebensowol aus verschie-
dener Gewerbstbätigkeit. Während der Handel den Frankfurter
unablässig yeranlasste, mit den verschiedensten Menschen in Be-
rührung zu treten, lebte der feldbautreibende Sachsenhäuser abge-
schlossen und einförmig fiir sich hinH
Weit wesentlicher scheint die Verschiedenheit des oberen und
des unteren Quartieres in Sachsenhausen zu sein. Jetzt wird der
Theil oberhalb der Brücke vorzugsweise vpn Qärtnem bewohnt,
unterhalb wohnen mehr Fischer und Gerber, doch haben auch diese
zum Theil schöne Güter, Baum wachs und Weinwachs. Früher mag
dies anders gewesen sein; als die Garolinger längst dahin gegangen,
war noch die Umgegend von Sachsenhansen Wald und Sumpf, der
Wald deckte noch den Sachsenhäuser Berg, er reichte bis zum
Main. Die Sachsenhäuser hatten ihre Nahrung auf dem Maine;
Ober-Eeusen hiessen die Bewohner des oberen Theils, Unter-Beusen
die andern« Beide waren also Fischer. Sie hatten als solche keinen
besondem Zunftverband, sie bildeten eine gemeinschafUiche Zunft
mit den Frankfurter Fischern, hatten aber eine besondere Zunft-
stube.
Anders ist es mit den Gärtnern, 'die sich wol aUmälig ihr Feld
urbar machten, und den Feldbau zu ihrer Nahrung betrieben; sie
waren nie zünftig und auch nicht rathsflähig; sie blieben Weingärt-
ner bis sie spät, erst im Jahre 1843, nach langem Processiren und
Bitten, zu einer besonderen Genossenschaft zusammentreten durften.
Als 20 Jahre später alle Zunftochranken fielen, zählten sie über
200 Meister, die Frankfurter Gärtnerzunft kaum deren 50.
Die Ober-Beosen und die Unter-Beusen ohne gwade in Fdnd-
schaft zu leben, haben sich doch steto gemieden, sie kamen nicht leicht
zum Wein zusammen; alte Familien, wie die Bumbler, die Frej-
eisen, die Schenk sind immer in ihrem Quartier verblieben; ein sel-
tener Fall ist es, wenn dnzelne Familienglieder wegziehen.
Sollte diese Abneigung auf Stammesverschiedenheit und auf
sehr alte Zeiten zurückzuführen sein? Auch dies möchte stark zu
bezweifeln sein. Wenn Carl der Grosse Sachs^a nach dem Franken-
^ Neuere Reisebesohrefbiingen lieben das fBrohterliohe Flachen uad Sohwöroo
der Sachsenh&user kls eine besondere Eigenthamüchkeit heryor. Dies waf nicht
immer so. Als im Jahr 1532 ein Diener des Amtmanns im Hain vor dem
Schlag bei der Molen (Quirinspforte) Bauern, weil sie nnberechtigt H0I2 nach
Frankfurt führten, anhielt, entsetzten sieh die Zeugen ans Sachsenhaosen über
sein ISsterliches Flnchen. Acta Mglb. A. 46. Tom. IX. S. 44 sqq.
— m —
lande irerpfiaiiKt hat; so miu»te er ihnen auch Ländereien geben,
aof denen sie leben konnten. Solehe waren aber in Sachsenhausen
damals nicht yorhanden, selbst der Fischfang war nicht mehr frei.
Einzelne Familien nfögen sich im unteren Theile von Sachsenhansen
angebaut haben , sie mögen selbst allm&lig dem Dorfe den Namen
gegeben haben, aber dass eine Sfiohsische Colonie Sachsenhausen ge-
gründet habe, dafür liegt gar keine Wahrscheinlichkeit vor. — Es
scheint dass die Bezeichnung ^hausen" eine kleine Ansiedlung an-
deute; solche Ortschafken sind yieUach wieder ausgegangen, so Wil-
kommshausen, Hausen bei Oberursel, Veltmershausen am Feidberg.
Andere derartige Ortschaften sind aber gediehen, wie Gdlenhausen,
Baben- (Buben-) hausen, Holzhausen. Alle Ortsnamen unserer Gegend
beziehen sich entweder auf ihre Lage, wie Hochstadt, Ostheim, oder
auf Gegenstände der Landwirthschaft und der Waldcultur, wie Stier-
stadt, Seulberg, Lindheim, Heckstadt, Eschenhahn, Kodheim, Meer-
felden, oder aber, wie wol am meisten, auf die Person, den Bewoh-
ner, wie Sossenhdm, Eckenheim, Buppertshain und die meisten mit
,,hausen^ zusammengesetzte Namen. So mag es ach auch mit Sach-
senhausen verhalten, dem entweder ein oder mehrere des Namens
oder — was wol dasselbe ist ^ des Stammes der Sachsen ihren
Namen g^eben haben ^.
An den Brückenbau knüpft sich wol die Entstehung der Fahr-
gasse; sie Ifluft weit tiefer ab der Markt, am östiichen Saume der
Maininsel, über dem Fischerfelde hin. In unseren Tagen macht sich
das Bedürfnies nvehrerer Brücken gehend, zugl^ch aber die Schwie-
ri^eit die pass^ide Stelle zu finden,, welche nicht allzuviele Literes-
sen verletzt, möglichst viele berücksichtigt So hat man wol auch
zu der GaroKnger Zeit die Brücke nahe an die Furt gelegt, zugleich
aber eine neue Strasse ges(ihaffen, welche nicht gehindert von den
bestehenden kleinen VerhSttnissen ^ breiter dahinzog und erst beim
Johanniterhof in die alte nach Norden fährende Strasse mündet.
Das in der Tiefe der FiJirgasse aufgefundene Pflaster dürfte dann
kaum Römischen Ursprungs gewesen sein.
Weit melyr bebaut als der nördliche Abhang war die Maininsel
auf dem Abfedl geg^s Süden, wo die Bend^rgasse in gleicher Rich-
tung mit der Hauptstrasse zog, nach Erbauung der Königspaläste
*' Gewiss UQrichtig aber ist es, wenn der l^ame SachseBhausen auf ,,an-
sSssig'' bezogen wird, wie im „Elsass'^ denn so würde das Wort „hausen" nur
eine llHederhotang von „sassen" sein.
16»
— 2U —
I
auch die Saalgasse ^ welche von diesen nach der Furt; oder auch
nach der Fahrgasse führte. Bei dem Eingang in den Saalhof verengte
sich die Saalgasse; sie erhielt in westlicher Bichtong eine Verlänge-
rung nach dem andern Königspalast^ in der* Mainzergasse. Die
Bendergasse aber blieb auf die obere Altstadt beschränkt, es war
keine Veranlassung für eine Ausdehnung nach der unteren Altstadt
vorhanden.
Als eine nördliche Stadterweiterung — gewöhnlich als ^erste^'
bezeichnet — über den Mainarm erfolgte, hatte sich wol schon jen-
seits eine Strassenanlage vorbereitet, die Schnurgasse, in dem Namen
ebenso wie in der Veranlassung ganz übereinstimmend mit der Zeil,
welche die zweite oder eigentlich die dritte Stadterweiterung andeu-
tet Battonn giebt sich grosse Mühe im dritten Hefte nachzuwdsen,
wie eigentlich Schnurrgasse müsse gesprochen und geschrieben wer-
den, allein er selbst macht zugleich darauf aufinerksam, dass diese
Gasse vor . Zeiten so breit als die Zeil gewesen, dass also das
Schnurren der Bäder drinnen in den Häusern nicht so störend ge-
wesen sein möge. Das Volk fragt nicht die Gelehrten, wie es schrei-
ben und sprechen solle, es spricht so wie die Väter gesprochen.
Nur drei Gassen führten aus der Altstadt hinüber, nach der
damaligen Neustadt, die Fahrgasse westlich, die Bomgasse mehr in
-der Mitte, die neue Krame westlich. Dies mochte dem Bedürfniss
nicht genügen, so dass die Neugasse noch geschaffen wurde. Viel-
leicht wurde zu diesem Zwecke der Friedhof auf dein Markte dem
Verkehr geopfert Wie wichtig die Neugasse gewesen, das zeigen
die vielen Sackgässchen, welche in sie münden. Die Höfe auf dem
nördlichen Abhang der Maininsel hinderten die Verbindung; in eig-
nem Interesse öffneten sich dem Durchgang der Bebstock und der
Nümbergerhof, aber nur bei Tage. Jetzt wurde auch die Vertiefung
des alten Mainarmes bebaut, besonders von Gewerben welche Wasser
brauchten, wie Färbereien und Badstuben. Nur ein gröaserer Hof
bildete sich zwischen dem Mainann und der Schnurgasse, der Hof
des Johanniterordens. Er hat wol, wie bemerkt, die verschiedenen
abzweigenden Strassen, vom Born nordwärts, beschränkt; es blieb nur
die Borngasse, bis zu welcher der Hof hin reichte.
Für den Höhenrücken des neuumsehlossenen Stadttheils ist die
Döngesgasse zu halten, mit dem liebfrauenberg. Auch sie hatte an
diesem Kreuzungspunkte eine Kirche. In ähnlicher Weise wie die
Döngesgasse zur Schnurgasse sich verhält, scheint auch die Vilbeler-
gasse bei der Peterskirche vorüber nach dem Eschenheimerthore eine
Verlängerung gehabt zu haben, anders liesse sich das plötzliche
— 2*5 —
Umbiegen der Schäfergasse (der Fortsetzung der GelnhftasergaBse)
beim alten Kirchhof kaum erklären.
Es mag hier des Unterschiedes in der Bezeichnung von Gassen
und von Strassen gedacht werden^ welchen Herr Dr. Finger richtig
gedeutet hat. Ersteve bezeichnen die auf beiden Seiten dicht ange-
bauten; mit Häuser besetzten Wege der Altstadt^ Strassen finden
sich nur in der Neustadt; sie sind unvollständig bebaut gewesen. Aber
auch hier werden die alten Wege^ die Allerheiligengasse und Brei-
tengasBC; die Vilbelergasse und HammelsgassC; die Altgasse und
Schäfergasse ; die Eschenheimergasse; in der Bezeichnung selbst als
wol bebaut geschildert.
Wenn schon bei der ersten nördlichen Stadterweiterung es sich
ze%te; wie schwer geeignete Verbindungsmittel geschaffen wurden^
so dies noch weit mehr bei der zweiten nach dem Jahre 1333. Auch
diesmal waren es nur die zwei alten Wege^ welche zu Strassenver-
bindungen der Altstadt und der Neustadt verwendet wurden; die
Fahrgasse nach der Friedbergergasse und die Borngasse mit der
Hasengasse nach der Schiimmenmauer; jetzt Stiftsstrasse. Ausser
diesen hatte, bis vor wenigen Jahren, die Zeil keine Verbindung mit
der Döngesgasse.
. Nicht nur fllr die Frankenfurt; auch für das ganze Land zwi-
schen Bheiu; Main und Odenwald ist die Zeit der Franken von der
höchsten Bedeutung geworden. Zur Bömerzeit befand sich die Haupt-
Btrasse welche vom mittleren Bheine nach Osten zog; auf der rech-
ten Mainseite« Zur Zeit der Fränkischen Könige wurde das linke
Mainufer das betretnere. Die Fahr über den Rhein bei Weissenau
nächst Mainz wurde ein BeichsleheU; die Befestigung bei Büssels-
heim und bei Kelsterbach wurden strategisch wichtige Puncto. Glän-
zende Beichsversammlungen werden jetzt auf dem linken Mainufer;
zwischen Bhein und M^n gehalten, zahlreiche Güterwagen ziehen
zwischen den. aufblühenden Reichsstädten dahin.
Die Garolinger hatten auf der Mainspitze einen Königssitz zu
Trebur oder Treber **. Es war die Nähe von Worms, Oppenheim
und Mainz, der vortreffliche Boden, die reichen Wiesen und der
nahe Forst, welche für die Anlage dieser, an der kleinen Schwarz-
bach gelegenen Villa entschieden. Ringsum eine freundliche Aussicht,
^* Aach dieser Name klingt fremdartig, man hat ihn mit Trier in Verbin-
dang gebracht, an eine Pflanzstätte der Trevirer gedacht. Vergl. Dilthey,
Yölkerstämme am Mittelrhein, Hess. Archiv Y. 8. Hft.
— 246 —
begrenzt durch die Hügel jenBeits des BbebiSy durch den Taunus,
den Odenwald. Unter den Fränkischen Kaisern wurden häufig die
Grossen des Beichs nach Trebur berufen. Von den drei Kirchen,
die sich daselbst erhoben, ist jetzt nur noch eine einzige übrig, auf
den Grundmauern der St Laurenzienkirche erbaut. Alle übrige
Herrlichkeit, Kirchen und Palast sind fast spurlos verschwunden. Man
kennt nicht mehr die Stelle, wo der E^aiserpalast gestanden ^'. Tre-
bur und Königstedten sind reiche Bauemdörfer geworden, aber die
alten Strassen haben sich erhalten. Südöstlich über Geinshmm geht
der Weg nach der Bheinfurt bei Oppenheim, die alte, hochgelegene
„Hosterstrasse" fihdet sich da noch; nordöstlich zieht, über König-
stedten, der Weg nach der Frankenfurt. Dieser Weg ist noch auf
alten Karten als Königstedt^ Strasse bezeichnet. Er führt von die-
sem Orte nach den Göndt- oder Gundhöfen, von da unweit dem
Vier-Herrentische oder dem Vier-HerrensteiQ vorüber nach dem
Königslacher Bronn beim Frankfurter Fonithaus. Mir ist in unsem
Tagen noch von Hasslocher Waldarbeitern diese Strasse als ,yA£chaf-
fenburgerstrasse^' bezeichnet worden, auch in der Hessischen Gene-
ralstabskarte ist sie so au%ef)lhrt; wahracheinlich ist sie älter als
Frankfurt
Für diese Strasse nach Südwesten entstand, in verhältnissmässig
wol späteren Zeiten, ein Uebergang über den ehemaligen Sachsen-
häuser Mainesarm, die Oppenheimerstrasse; sie ftLhrte zum Oppen-
heimerthore, durch ein schmales Gässchen in Sachsenhausen nach
der Dreikönigstrasse und der Brücke : es ist kein alter , mit der
Frankenfurt aufgewachsener Weg; der Festungsgraben schnitt später
die Strasse entzwei*®, das Landpfortchen am- XJlriclisteine wurde
erweitert, dass die Wagen durch das Schaumainthor gelangen konn-
ten, aber der grosse Verkehr ging doch durch das AflTenthor.
Von dem Schaumainthore aus führte durch Buschwerk und Wie-
sen nur ein Fusspfad nach dem Sandhof und nach Niederrad. Er
überschritt die Königsbach, hier auch Biedbach genannt, unweit des
Sandhofs auf dem hohen Steg, an der Stelle, wo der alte Mainesarm
durch herabgeführten Sand hoch überdeckt ist Bis zum heutigen
Tag muss dieser Pfad und dieser Steg dem an manchen Tagen so
unendlich gesteigerten Verkehr genügen. Aber dafilr sehen wir auch
an jedem schönen Abend, unbelästigt von dem Staub der Carossen,
*'' Vergl. Benkard, die Reiohspaiästo za Tribar etc.
^t* Erst im Jahre 1864 ist die Verbiadung wiederfaergestelU worden.
— 2*7 —
so viele Schaaren glücklicher Men sehen auf diesem Pfade durch das
wogende Korn nach dem Walde ziehen.
Oberrad ^^ mag äher a^n als Niederrad, das mehr noch in der
feuchten Niederung lag; beide aber sind, wie wol nicht zu be>
zweifeln sdn mag, weit jünger als Frankfurt. Es waren
gewiss ärmliche Bodeplätze, sie hatten fast keine Ländereien. £s
mögen nur wenige Wohnungen gewesen sein, die unterhalb der alten
Strasse nach Offenbach bei dea Quellen in der Nähe der ELirche
aufgebaut wurden. Die Bewohner trieben ihr Vieh in den Frank-
furter Wald, der Viehweg bildete das Ende des Dorfes. Im vier-
zehnten Jahrhundert theilte sich Oberrad mit Sachsenhausen in den
Waldboden, der bis zur Landwehr hin urbar gemacht wurde. Wol
der Streitigkeit wegen über den Wiltbann begünstigte der Frank-
furter Bath dieses Boden. Der neue Berg ist bis auf unsere Zeit
grosspntheils mit Beben bepflanzt; diese Cultur hat die Eigenthüm-
lichkeit, dass sie, wie in Sicilien, gegen Norden gelagert ist Die
Sachsenhäuser theilten mit den Oberrädem den Waldboden durch
eine fast ganz gerade Linie, welche die Gränze der Oberräder Ter-
miney bildet^.
Es führte nach Oberrad, als es am Bergesabhange sich erhob,
ein Fahrweg von der Qnirinspforte ostwärts am Fusse des
neuen Berges hin. Der alte Weg auf der Höhe wurde nach und
nach verlassen. Aber die neue Strasse reichte nur bis Oberrad, dort
bogen die Güterwagen nach dem Viehweg ab, und gelangten mit
Vorspann mtthsam auf die alte Strasse, welche sie weiter ostwärts
verfolgten. Dies ging so bis in das neunzehnte Jahrhundert hinein.
Auf der Höhe ist jetzt diese Strasse von den anliegenden Grundbe-
sitzerii eingeschränkt, sie ragt auf und zeigt dass sie die höchsten
Stellen auf dem Berge benutzt. Weiterhin, da wo sie von dem Kä^
borg oder Kessberg nach Offenbach durch eine Hohle herabfUhrt,
gibt sie uns noch getreu das Bild einer alten Strasse.
*9 Oberrad hiess sonst Ober Rode , von roden , ebenso Nieder Rode. Die
Wortbildung ist hier verschieden von Ober Roden an der Rodau oder am Ro-
denbach; dies wurde Ober Roda geschrieben.
M Noch sweimal hat Oberrad Stfkk^ des Frankfurter Waldes f&r den Feld-
bau eingeräumt erhalten, den Kessberg und den Teller. Später haben die
Frankfurter ihren grOssten Schata, den Frankfurter Waldr gegen alla Anforde-
rungen beharrlieh gewahrt. Erst unseren Tagen blieb das früher Ündenltbare
vorbehalten^ dass Abgeordneten der Frankfurter Ortschaften es gestattet wurde,
mitzustimmen über die Verwendung des Frankfurter Waldes.
— 248 —
Wie nach Niederrad, so Allirte auch nach Oberrad ein Fuas-
pfad vom Thiergarten in Sachsenhaosen durch die Wiesen^ über die
versumpften Mainesarme. Die Wiesen und Felder waren zeitweise
nicht gangbar; als die Umgegend von Sachsenhaosen bereits ange
baut war, störte noch der alte Mainesarm die Cultur; an ihm wen-
dete der Pflug, wie noch heut zu Tag die Furchen. Die vereinzelte
Baumgruppe steht auf der alten Insel zwischen den Mainesarmen ^*.
Wir wenden uns zu der südlichen Strasse welche nach dem
Hain führte, heute noch der Haynerweg. In der kürzesten Bichtung
führte sie von der AfPenpforte über den Sachsenhäuser Mainesarm,
überschritt ihn auf schmalem Damme, der leicht durch einen Schlag
gesperrt werden konnte ^', und zog gerade aus den Berg hinauf. Bei
dieser Stelle zweigten die jüngeren Strassen ab, rechts zuerst für
den Güterverkehr eine bequemere Fahrstrasse, an welcher die Warte
erbaut wurde; ^ann nach Westen die nach Mainz und nach Oppen-
heim unten am Fusse des Sacbsenhäuserberges hinführende Statsse;
nach Südosten die Strasse nach Ditzenbach und naöh Heusenstamm ;
ostwärts die alte Strasse nach Offenbach, endlich am Fusse des
Mühlberges die jüngere Strasse nach Oberrtfd.
Der alte Hajnerpfad war vorzugsweise wol von Fussgängem
und von Heitern benutzt, für Wagen war er zu steil. Diese zogen
gemächlicher der Anhöhe hinauf auf der Strasse, die weiterhin als
der „breite Sandweg^' bezeichnet wurde, sie überschritt südlich der
Sausteige die Eönigsbach auf dem Sandbrückchen (jetzt beim Men-
delsohnsplatze) ; den Kesselbruch umgehend, gelangte man in die
alte Weilen-Buh ^, nach SprendUngen und nach Langen. Es
liegt noch ein grosses Dunkel über der Gheschichte der Drei-Eich;
nicht einmal über den Ursprung des Namens besteht eine Nachricht
oder eine Sage. Dicht vor dem Thore von Dreieichenhain, wo die
*i Auf einer solchen früheren Insel ist auch Bischofsheim bei Bergen ange-
baut. Dass die Ansiedelung nicht auf der rechten Seite des Mainarmes, am
gesüuderen Bergesabhang geschehen, dafür läset sich kaum ein anderer Grund
angeben, als dass dies bessere Land schon seinen Eigenthümer hatte. Um das
Ende des vorigen Jahrhunderts erst betrieb es der tüchtige Amtmann Usener
in Bergen, dass auch der Sumpf getheilt und zu Wiesen umgeschafren wurde.
" Vergl. Kriegk, Bttrgerzwiste S. 260 und Anm. 141. — Der Name Quirins-
pforte wurde wol von einem der Pförtner entlehnt, es findet sich auch die
Bezeichnung „Molen Porte" von der hohen Badmtthle. cf. Acte Mglb. A. 46
modo CG. Tom. IX.
33 Auch der Weilen Rüg. Weil hiess die jetzt fast vertrocknete Bach bei
Ysenburg. Ruh, auch in der hohen Hark öfter statt Rüg, Rüge, Gericht.
— 249 —
Wege nach Langen und nach Sprendlingen sich scheiden^ sollen sie
gestanden haben. In dem dicken runden Thurm der Burg hat man
hoch oben einen Römischen Qrabstein eingemauert gefunden. Jetzt
steht er unten, an die Kirche angelehnt. Schwerlich hatten die
Römer in diesem Sumpfe sich angebaut Nach einer Mittheilung
von Pfarrer Nebel ^ stiess man kürzlich beim Graben eines Brun-
nens in der Haupstrasse des Ortes auf ein zweites Pflaster, weiter
abwärts auf ein drittes, und etwa acht Fuss tief auf einen Rost von
Eichenstämmen. Das passte vortrefflich zu einer Burg des Mittel-
alters, aber für einen Römischen Feldberrn hätte doch eine solche
Station fem von der Strasse, in abgelegener Wildniss und im Sumpfe
keine Bedeutung gehabt.
Die deutschen Burgen haben im Ganzen wenig verändernd
auf den Strassenverkehr eingewiriLt. Es waren entweder hochge-
legene Felsen dafür ausersehen, wie Cronberg, Nüringen, Homburg
(Ho^nberg oder Hohenburg), oder aber sumpfige Stellen, bei welchen
die Sicherheit hinter Wassergräben gesucht wurde, dies bei den vielen
Burgen in der Niederung des Mainthaies, dann bei der Güntersburg,
der Schnepfenburg u. a. m. Diese letzteren waren von geringerer
Bedeutung, sie sind meist zu Höfen herabgesunken, oder ganz ver-
schwunden, wie die Burg der von Buchen oder von Praunbeim. An
die erstere aber knüpften sich vielÜBU^h jüngere Ansiedelungen,
welchen nicht Ackerbau, sondern allein die Burg Veranlassung war;
sie schmiegen sich an diese an. Homburg scheint ursprüngUch gar
keine Gemarkung gehabt zu haben, erst in neu€Nster Zeit soll die
Kirdorfer Gemarkungsgränze aus der Stadt hinaus verlegt worden
sein. Benachbarte Dörfer und Höfe, wie Heucheisheim, Dorn-
holzhausen, Niederstedten, schlössen sich dem begünstigteren Orte
an ; indem sie verödeten, wuchs dieser. Aber bis auf die heutige
Stunde führt von der Frankenfurt oder von Bonames kein directer
Fahrweg nach Hombui^. Die lange Meile hat nie ordentlich Platz
greifen können.
Es hat jede Zeit ein Denkmal auf oder in den Strassen unserer
G^end hinterlassen. Als die Waldenser ihres Glaubens wegen ver-
folgt, aus ihren Thälem geflohen, wurde ihnen gestattet, in Walddorf
und in Neu-Ysenburg sich anzusiedeln. Die Ysenburger fanden später
Beschäftigung in Niederrad, sie zogen täglich durch den Wald da-
hin, den Weg, der noch heute der Wälschen Weg heisst; früher war
^ Arohiv f. he8s. Geschichte 9. Bd. 8. Hft.
— a&o —
er als ,,Wäl8chdorfferWeg" bezeichnet. Ergeht nicht gerade aus nach
Sprendlingen^ sondern nach dem erst spät gegründeten Neu-Ysenbnrg.
An dem Niederräder Fusspfad^ auf der Anschwetttmung welche
die Königsbach über den Bruch oder das Bied herabgeführt; hatte
der Deutsche Orden den Sandhof erbaut Ihm war vom Kaiser die
sumpfige Niederung westlich von Sadisenhausen geschenkt worden.
Die Holzhecke daneben wurde der Stadt überlassen. Streitig-
keiten über den Schaftrieb währten lange Zeit^ andere knüpften sich
daran. Der Bau einer Festung sdi g^gen die Privilegien der Stadt,
um den Graben sei keine Mauer zu gestatten, nur ein schlechter
Rohrgraben sei aufzuwerfen. Auf dem Sandhof, nordwärts, hatte
der Orden einen grossen Schafstall erbaut, von da zogen töglich die
Schafe in den Wald. Durch einen Vertrag wurde ihr Weg be-
stimmt. Zwei Reihen von Marksteinen, auf der einen Seite mit F,
auf der andern mit dem Kreuze bezeichnet, erinnern noch heute an
die Grenze der Holzhecke und der deutschherrlichen Berechtigung.
Bei dem Försteracker steht der Schäferstein No. 1, bei der
Mainzerstrasse No. 4; im Walde ist noch, ein Graben zu erkennen,
welcher die Richtung nach dem Königslacher Bronn einhält. Er
zeigt uns die grosse Breite der damaligen Strasse. Beim Nieder*
räder Bruch, am Gartenzaun des Forsthauses, steht No. 11» Von da
wandte sich der Zug südlich, nach dem Hohlweg und dem Ysen-
bui^er Loog, wo der Stein No. 37, westlich der Main-Neckarbahn,
etwa eine Ruthe ' nördlich vom Grenzgraben, den Schluss bildet
Weiter östlich ziehen sie zurück nach der Königswiese.
Um die Mitte des vorigen Jahrhunderts wurde für den Wald
eine bessere Bewirthschaftung eingeführt. Die vielen Wege welche
ohne Ordnung durch den Wald liefen, wurden beschränkt, gerade
Strassen gebaut. Am 28. Mai 1729 war unfern der Königslache der
Grundstein zu einem Oberforthause gelegt worden; dort wurde die
Mainzerstrasse vorübergeführt, nachdem sie sonst bis zu den Schäfer-
steinen „wüstes Land aus puren Strassen bestehend'^ gewesen. Ihre
Breite wurde auf 80 Schuh ermässigt. Im Jahre 1728 war bereits
die „neue Darmstädterstrasse'^ über Ysenburg abgesteckt, ebenso die
neue Mehrfelder Strasse, ^so Ihre Durchlaucht der Herr Landgraff
von Darmstadt mit eigner hoher Hand abgesteckt und durcfakaueu
lassen'^ Die ,,neue Schnaidt^ vom Sandhof nach dem Oberforsthause
wurde im Jahre 1754 gehauen; um dieselbe Zeit auch eine Schnaidt
vom Oberforsthause nach dem Weyler-Ruhe Forsthaus bei Neu-
Ysenburg. Auch der Riedhöfer Weg nach Niederrad wurde in eine
gerade Linie gemacht.
— 26i —
Mit den Deutschen Kaisern sanken auch die Sch&pftingen ihrer
Zeit, die Beichsstädte verloren ihre Bedeutung, mit ilinen verstummte
das geräuschvolle Leben auf den Strassen die dahin ftlhrten. Worms
und Oppenheim sind den Frankfurtern jetzt fast unbekannte Städte,
und auch die Treburer sind fremd geworden in der verwandten
Stadt Die reichen Bauern von Hassloch, Trebur und Königstedten
fahren einmal des Jahres, im Herbste, nach Frankfurt, um ihr Kraut
auf den Markt zu bringen; sie gelten dort fbr Gerauer Bauern.
Aber die alten Wege haben sieb doch erhalten* Als man sich bemühte
im Anfang des vorigen Jahrhunders die vielen Wege, welche den
Wald durchzogen, zu beseitigen, andere einzuschränken, so nament^
lieh die Mainzerstrasse ,,auf der Königshaide wüstes Land aus puren
Strassen bestehend^^, glaubte man dies durch einen blossen Erlass
bewerkstelligen zu können. Aus einem Plan, den teutschfaerrischen
Schaftrieb betreffend, ergiebt es sich wie weit man dies beabsich-
tigte. Es ist darauf noch verzeichnet: der alte Welschdorffer Weg
von Niederrad nach Ysenburg „so dermalen abgeschafft^; die alte,
breite ^nnn abgeschaffte Sandstrasse", ,,der Tränkweg ist abgeschafft",
„die Zwergstrasse ist abgeschafft"^ die Kreuz- oder Königstedter-
strasse ^t abgeschafft'^, der Diebsweg am Lieferstein vorüber, wo
die Gefangenen sonsten abgeliefert worden^, j^ist nun abgeschafft",
die Gundthofferstrasse ^ist abgeschafft" — und alle diese alten
Strassen besteben noch bis auf den heutigen Tag, und gerade diese
alten, gewundenen Waldwege, wie der Wälschenweg, diese Pfade
voll wunderbarer Romantik, geben unserm Walde den grössten Beiz.
Wie gerne entbehrten wir daneben die drohenden neumodischen
Parkanlagen.
Auch auf der Oppenheimerstrasse, der Geleitstrasse über Mehr-
felden, nahm der Verkehr ab, es blieb aber das Geleit mit allem
Unwesen. Bei der Königsbach, am Schlag, wurde es überliefert mit
den lüderlichen Dirnen, die zur Messe ssogen; nach ihnen wurde die
Königsbach selbst, voiq Austritt aus dem Walde an, die Jungfem-
oder Frauenbach genannt, zuletzt erhielt sich der Name: Luderbach.
Im Jahre 1788 wurde wegen Begulirung und Chaussirung dieser
Strasse zwischen den betheiligten Begierungen eine Vereinbarung
getroffen; ne sollte vom Apothekerhofe am Biedhof und Forsthaus
vorüber in gerader Linie nach der Gehspitz ^® geführt werden; die
» Vergl. Grimm, Rechts-Alterth. S. 874.
K Gehspitz ^ auch Göhspits — wol von jäb, weil daselbst der Wald and
die Gränze sich ansspitzte. So lag auch eine Schenke an der westlichen Seite
von Eschborn auf der Gehspitz, dicht an der alten Königsleiaer Strasse.
— 252 —
alte GeleitstrasBe^ an der ZiegelhtLtte vorüber ^ sollte eingehen ^ das
Ueberlieferungsmal versetzt^ auch die unter einem Zelte bei dem
Schlag am Schaf hof^^ von Seiten der Reichsstadt Frankfurt gege-
bene Collation fürter auf dem Biedhof gegeben werden. Die neue
Strasse wurde bis auf die Gränze beendigt und befahren, das Geleit
aber noch lange auf der, bald ungangbaren, alten Strasse aufge-
führt, weil die Form des Kecesses fürstlich Ysenburgischer Seits
beanstandet worden war.
Mit dem Deutschen Reiche brachen diese Formen ohne Leben
zusammen. Die Sonderstellung der Territorialherren trat jetzt noch
entschiedener hervor; die Strassen wurden möglichst nach den Resi-
denzen geleitet; die Chaussee nach Oppenheim ist unvollendet ge-
blieben.
Wie in der Fabigasse schon längst die Spuren der Strasse zur
Frankenfurt überdedit sind, so werden nun bald- auch auf der Sach-
senhäuserseite die Neubauten vor dem Affenthor die letzten Reste
dieser Strasse verschvnnden machen. Tief unter der nsaen Mühl-
bruchstrabse sind sie jetzt noch auf einer kleinen Strecke zu erkennen,
einige Schuh erhaben über dem sumpfigen Grunde, von Mäuerchen
gestützt oder getragen. Im Jahre 1807 waren Verhandlungen über
Erweiterungen dieses Weges und über Reparatur. Die Mauer am
Frankenstein'schen Grundstücke hin war schadhaft, von „Staatspoli-
zei wegen'^ wurde Wiederherstellung angeordnet^. Zufolge des Be-
richtes von Stadtbaumeister Hess lag der Steinweg um Vieles höher
als die beiderseits daran stossenden Gärten. In diese herab führten
von dem Pflaster Abzugsdohlen für das Regenwasser. Die Mauer,
so hiess es, gehöre dem Eigenthümer, dieser habe aber servitns
oneris ferendi, müsse wegen Verstärkung der Mauern Land von
seinem Grundstücke hergeben. Herr von Frankenstein wollte wol
Land zur Erweiterung hergeben, aber die Kosten der Mauer, welche
auf fl. 295 angeschlagen waren, wollte er der Stadt überlassen. Es
wurde damals von Breiterlegung und Anlage einer Chaussee statt
des schmalen Stein wegs, der Kosten w^en, abstrahirt. Im Jahre
1810 kam die Erweiterung der Landstrasse wieder in Anregung.
Diese sei bei dem Jassov'schen Garten so eng, dass nicht zwei Wagen
sich ausweichen könnten. Der Directorialrath Guiolette erstattete
desshalb Bericht. Die ganze Gegend gewinne jetzt bei Abtragung
5T Die wenigen alten Manerreste ohnfern der Ziegelhfltte stammen wol von
diesem Schafhofe.
&8 Vergl. Acta Uglb. A. 21. Nr. 8.
— 253 —
der Festungswerke eine andere Gestalt; es möchten die Kosten ans
der Demolitionscaflse genommen werden. Wenn mit d^i Besitzern
eine Verständigung nicht zu Stande käme^ so würden dieselben
schiddig sein ^der Strenge nach'^ die „yerkäufliche Abtretung selbst
um den Taxationspreis^' sich gefallen zu lassen.
Es wurde in dem genannten Jahre die neue Chaussee westlich
von der alten Strasse au^eschüttet, und so über den früheren Sach-
senhäuser Mainesarm gefuhrt Der alte Steinweg wurde entbehrlich.
Die Pyramide an der Quirinspforte verschwände^.
Es hat jetzt wieder eine neue Zeit begonnen. Im Anfang dieses
Jahrhunderts ist die Strasse nach dem Rheine wieder auf die rechte
Mainseite verlegt worden. Aber die alten Steinstrassen genügen nicht
mehr; Eisenstrassen verbreiten ihr Netz mit wunderbarer Schnellig-
keit Als zuerst es galt Frankfurt mit dem Rheine auf diese Weise
ki Verbindung zu setzen , wirkte die Stadt selbst dahin ^ dass die
neue Eisenstrasse auf die rechte Mainseite gelegt werde. Andere
Interessen haben auch für das linke Mainesufer eine zweite Eisen-
strasse entstehen lassen; so sehen wir jetzt beide Ufer zugleich dem
Bedürfhisse unserer Zeit dienstbar. Und wie ein Ufer nicht mehr
genügte^ so hat auch die alte Furt nicht mehr den neueren Forde-
rungen entsprochen; eine zweite Brücke musste erbaut werden. Sie
war noch nicht vollendet; als am 18. September 1848 das erste Deut-
sche Parlament in der Paulskirche sich bedroht sah. Hessische Ar-
tillerie; welche die alte Brücke gesperrt fand; rückte auf demEisen-
babndamm nach der neuen ; wo man beschäftigt war Bohlen auf die
Eisenschienen zu legen ; denUebergang zu erleichtem. Als dies dem
Zwecke nicht entsprach; commandirte Hauptmann Becker ein Marsch!
und die Kanonen rasselten hinüber. So wurde die neue Verbindungs-
strasse eingeweiht
Wir leben jetzt in einer grossen Zeit Allerwärts regt sich das
Streben das zu vollenden; was frühere Jahrhunderte Schönes und
Gutes begonnen. Der Wust wird entfernt; den eine traurige Ver-
gangenheit angesammelt. Es bew^ sich wieder der Krahneu; der
so lange auf den Thürmen ein unverstandenes Mahnzeichen war;
Baumaterialien hebt er hinauf das Herrlichste zur Vollendung zu
^9 Im Jahre 1764 wollte der chnrmainzische Beamte von Steinheim, der die
längst abgerissene Quirinspforte nicht fand, das Geleit bis an das Sachsen-
häuserthor fahren. Es entstand darüber eine grosse Aufregung. Vor der
Wahl Leopolds wurde darauf, im Jahre 1790, eine etwa 8 Fnss hohe steinerne
Pyramide mit Inschrift: „Quirinspforte*' errichtet.
— 25» -
bringen^. Die Frankenfurt die in kriegerischen Zeiten dem Krieger
diente , sie belebte sich später im friedlichen Verkehr der
Stammesgenossen; sie bildete das Band, das den Norden mit dem
Süden verknüpfte. Den Anwohnern war Tonnigsweise die schöne
Aufgabe geworden dies Band fester zu schlingen, den Gedanken
des grossen Kaisers zu höherer Vollendung zu bringen. Mit der Er-
füllung dieser Aufgabe wuchs ihre Bedeutung und ihr Glück. Von
dem Rheine wurde die Wahl und die Ej*önung des Beichsoberhaupts
nach der Frankenfurt verlegt, und noch jetzt hat das GoUegium,
welches bestimmt ist die Theüe des deutschen Reichs zusammenzu-
halten, hier seinen Sitz. Eis mag darum nicht impassend sein in
nnsem Tagen an die Bedeutung dw Frankenfurt und an die Auf-
gabe der Anwohner zu erinnern.
Im December 1864.
^ In Frankfurt zwar ist man vielfsch der Ansicht, unvollendet sei der
Pfarrthurm schöner!
x^
Das Recht in der hohen Mark,
lit besonderer BerleksichtlgoDf der tigrenzendeB Sealberg- Erienbteher ete.H«rL
Von Br. IPriedricli
Einen Wald doch kenn* ich droben
BaaBchend mit den grünen Kronen,
Stämme brüderlich verwoben,
Wo das alte Recht mag wohnen.
Manche auf sein Rauschen merken
und ein neu Croschlecht wird st&rken
Dieser Wald an deotsohen Werken.
Eichendorff.
In einem früheren Aufsätze^ ist versucht worden eine üebersicht
zu geben; welcher Art die Verhältnisse der hohen Mark im Taunus
gewesen^ wie sie sich entwickelt, wie sie nach eingerissenen Miss-
bräuchen zur Th eilung hingeführt. Die Thatsachen, zum grösseren
Theile einzelnen Akten des Homburger Archivs entnommen^ waren
nur fragmentarisch zusammengestellt. Seitdem sind die Akten des
Frankfurter Archivs mit dankenswerther Freundlichkeit mir eben-
falls zur Einsicht gestattet worden'; ich fand mich dadurch veran-
lasst noch eine besondere Aufmerksamkeit den rechtlichen Verhält-
nissen dieser Mark zu schenken und sie, soviel als möglich, zusammen-
zustellen mit den Einrichtungen der Seulberg- Erlenbacher etc. Mark.
Die Begriffe von dem Recht der Märker, der Befugniss des Wald-
« Archiv für Frankf. Gesch. n. E. IL S. 818.
2 Eine Bemerkung von Jacob Qrimm in der Vorrede zum 4. Bande der
Weisthümer, eine weitere auf S. 326 des trefflichen Werks über die Gau- und
Markverfassung in Deutschland, von Thudichum, zeigen uns, wie sparsam noch
dem Gelehrten die Brosamen zugemessen sind, aus denen er die Wissenschaft
fortzubilden hat, und wie sehr die Bereitwilligkeit anzuerkennen ist, mit welcher
derzeit das Frankfurter historische Arohiv auch einem grösseren Kreise zu-
gänglich gemacht wird.
— 256 —
potteDy von der Stellung der Regierungen den Märkem sowohl gegen-
über wie dem Waldpotten^ hier in dem Herzen Deutschlands zur
freiesten Darlegung gekommen, werden auch weiterhin mit Interesse
verfolgt werden. Sie werden nur in geschichtlicher Entwickelung
vorzuAihren sein, da das Recht in den verschiedenen Zeiten ein sehr
verschiedenes gewesen, man auch hier verstanden Unrecht zu Recht
w
zu machen. Die staatlichen Verhältnisse unseres Vaterlandes, welche
gertide jetzt wieder zu ordnen und festzustellen sind, weisen uns be-
sonders auf die Zeiten zurück, in welchen die Gemeinde- und Marken-
Verhältnisse sich gestaltet, auf die Menschen und Gewalten welche
dabei mitgewirkt, auf die Sitten und Gewohnheiten welche treue
Liebe und ängstliche Fürsorge ausgebildet, auf die Umwandlung
welche Trägheit und Mangel an Selbstvertrauen und an einträchtiger
Opferberaitwilligkeit gebracht. Wir wollen beginnen mit dem Zu-
stande, wie nach Ausweis der ältesten Urkunden die Rechtsverhält-
nisse der hohen Mark beschaffen gewesen, dann übergehen zu dem
Kampfe welchen sie mit List und Gewalt zu bestehen hatten, endlich
den Zustand vor Augen legen, in welchen die Märker nach ihrem
Unterliegen gerathen waren. Es soll überall der Wortlaut des
Frankfurter Archivs, wo es zweckmässig scheint auch die Schreib-
weise, möglichst beibehalten werden.
Nirgends findet sich die geringste Andeutung, dass das Land
am Fusse der Höhe je den Ansiedlem oder den Ortschaften ge-
schenkt oder überwiesen worden ; alles deutet vielmehr darauf hin,
dass das Recht derselben auf das erste Ausroden, auf die erste Be-
sitzergreifung zurückzuführen sei. Und wie das Fruchtland, so er-
warben die ersten Ansiedler den Wald, sie benutzten ihn als All-
meinde \ Da er gross genug war, wurde auch den später hinzu-
kommenden Ortschaften der Mitgenuss leicht gewährt. Es ist glaub-
lich dass die sämmtlichen Waldungen des Taunus oder der Höhe
zu der Römer Zeiten allen umliegenden Ortschaften als Gemeingut
gehörten ^. Die Abtheilung in kleinere Markgenossenschaften fand
wol erst später durch die Merovinger oder durch Karl den Grossen
statt; die Hohemark ist nur der Rest, wol auch war sie der Kern
der früheren Höhemark. Ihre Gränzen fallen westlich; wenigstens
3 Yergl. Carti) Beleuchtung der Ansprache des Klosters Pf ävers auf sämmt-
liche Wälder und Allmeinden der Gemeinde Vättis. St. Gallen 1831.
^ J. Grimm hat in den Recbts-Alterthflmem S. 495 in der Note die Ansicht
ausgesprochen, dass schon zu des Tacitos Zeiten unter den Deutschen festes
und geregeltes Grundeigenthom gegolten.
— 25,7 —
theilweise^ mit dem Bömerwege vom yicus noyus nach d6m Feld-
bergscastell zusammen, ÖBtlich aber mit dem weit älteren Wege
Yom TanniiBübergang bei der Saalburg nach Seulberg oder Esch-
bach. Auf dieser Seite scheint der Bömerweg vom vicus novus nach
der Saalburg wenig benutzt und neben den älteren; natorwüchdigen
Wegen einerseits nach Seulberg und Obereschbach; andererseits nach
Stedten eehr bald in Vergessenheit gekommen zu sein. Er bewal-
dete sich allmählig. Auch gegen Norden bildete der Ffalgraben
auf kleineren Strecken eine Gränze. Die Schwierigkeiten welche
einer zweiten Theilung im Anfange dieses Jahrhunderts nach dem
Verfall der Markeinrichtungen sich noch entgegenstellten; sprechen
dafür; dass die erste Theilung eine erzwungene gewesen; durch Ge-
walt herbeigeführt; nicht durch freie Bestimmung. Es war mit dem
Schwert durchgehauen worden; nicht war eine durch irgend ein Be-
dürfniss als wünsch enswerth erkannte Scheidung erfolgt. Steinbach
blieb markberechtigt ebenso in der Cronberger Mark; wie in der
Hohen Mark; Niedererlenbach in der Hohen Mark zugleich in der
Erlenbacher Mark; Köppem in dieser letztgenannten und in der
Itodheimer Mark. Mancher Streit ist daraus erwachsen.
Einen Nachweis über das hohe Alter der Hohen Mark liefert
die Bestimmung welche den Hegwald „auff der Strassen^' betrifft.
Im Weisthum von 1401 heisst es darüber : ^Hauwet aber eyn Wal-
pode in der gebückten Hegemarg; so sol der lantman nit busseU; ob
er darafiler auch darjnne heuwet' Bestinmiter bezeichnet das In-
strument von 1484 diese Hege. „Item hauwet jemandt und thut
Schaden in der gebickten Hege auff der Strassen; und wird gerüget;
der ist dem Waltbotten mit zeben Gulden zu Peen verfallen; und soll
ein Waltbott auch selber kein Schaden darinn thun. Wo er aber
das thät; soll er dem Landtmann büssen.^ Wo waren diese Strassen?
Es geben darüber spätere Verhandlungen Auskunft ^ es waren dies
die alten Strassen von Stedten nach dem Weil- und üsathale und
von Eschbach nach WehrheinL Wie alle alten Strassen des Taunus/
welche einen wichtigen Zugang oder Uebergang bildeten; zur Ver-
theidigung mit einem Gebück auf beiden Seiten versehen waren ; so
auch diese. War die Strasse durch einen Verhau geschlossen; oder
wie wir jetzt sagen verbarricadirt; so wehrte das Gebück dem wei-
tei'en Vordringen der Feinde zur Seite der Strasse. Dies war dess-
halb unter einen besondern Schutz gestellt und ebensowol den Wald-
pott wie die Märker bei Beschädigung mit einer Strafe bedroht^.
& Die gleiche Strafe von zehn Golden finden wir imRiieingau wieder, auch
dort war das Gehen oder Kriechen durch dajs Gebttok, ja das blosse Abschnei-
17
— 258 -
Indem aber die Bedeutung des Gkbücks sich verlor ^ schwand auch
das Verständniss des betreffenden Gesetzes; Der Waldpott nahm die
Hege an den Strassen als sein Eigen in Anspruch ^ die Märker glaub-
ten ihm nur gewisse Bechte daran zugestehen zu müssen ; Streitig-
keiten entstanden über die Gränzen des Bezirks ; wie der Gerecht-
same. Anstatt die ganze, zwecklos gewordene Verfügung aufzuheben;
berief man sich immer noch auf das Herkommen dessen Absicht man
schon um das Jahr 1400 nicht mehr verstand.
Oberursel. Es scheint Oberursel in früheren Zeiten der wich-
tigste Punct an der .Höhe gewesen zu sein. Vielleicht war es seine
Lage, welche dasselbe zum Vereinigungsort der Markgenossen ge-
macht. Dies Vorrecht ihm zu entreissen ist dem später aufstrebenden
Homburg bis in die letzten Zeiten der Genossenschaft nicht gelungen.
Wäre die Einsetzung des Waldpotten ein Werk der Märker gewe-
sen, so würde der Sitz des Schirmherm bald der natürliche Ort der
Zusammenkunft der Beschirmten geworden sein. Aber »o hwge^. so
weit die Geschichte der Mark verfolgt werden kann, zeigt sie uns
einen Kampf des Schirmherm und der Beschirmten , ein starres
Festhalten der Märker an ihrem alten Herkommen , ein stets sich
gleich bleibendes Misstrauen derselben gegen den Obristen Märker
und Waldpotten.
Ein Vorzugsrecht oder eine besondere Pflicht, vielleicht aus der-
selben Veranlassung, könnte f)ir Oberursel aufgefilhrt werden, die
Pflicht den Wald zu löschen, wenn er zu brennen anging. Daa war
im Art. 12 des Instruments von 1484 vorgesehen und ak die Urseller
in dem Streite über die Wiesen an der Hünenburg zu Ausmärkem
erklärt werden sollten, protestirten sie im Jahre 1592 gegen die Aus-
schliessung,, und die Märker stimmten ihnen bei: es seien „in der
Marckordnung etliche Articul so die Urseller insonderheit berühren,
also dass sie die Marck leschen uff den Fall darin entstandener
Feuersbrunst''; dies hätte bei der Ausschliessung geändert werden
müssen. (Mglb. E. 29. I.)
Die Hohe Mark ist wol auch „Urseller Mar<^^ oder ^omburger
Marck'' genannt worden. Die letztere Bezeichnung liebte der Wald-
pott und seine Beamten, die Märker aber widerstrebten« Auf dem
Märkerding vom 22 Mai 1Ö83 legte Jost Vestenberger, der Keller
von H(^mburg, eine neue Ordnung „der Homburger Marck" vor, ob
den einer Spiesagerte verpönt. Vergl. Bodmann, Rheinganer Alterthümer
U. S. 319.
— 3S9 —
die Märker dieselbe annehmen wollten. Diese wiesen sie von der'
Hand, weil sie ein gut alt Instrument hätten. Als drei Jahre später
die gleiche Anforderung wieder gestellt Worden , bemerkten sie ^die-
weil ein zeitlich hero der Oberste Waltpott ein Herr der Mark;
und die Höhe Marck die Homburger Marck benannt wöll werden;
wofern dann das dem Eygenthumb und der Märcker Recht unab-
brüchlich verstanden würde , weren sie damit zufrieden. Im Fall aber
künftiglich etwas anders daraus erzwungen werden solt, piotestirten
sie gegen solche Namen und wüssten die nit anzunehmen oder zu
approbiren^^ Dagegen behaupteten die hessischen Gesandten „es were
die Marck vor Alters die Homberger Marck genennet worden ; bei
dem Namen solle es auch hinforter billig verpleiben'^. Der Märker
Ausschuss aber erwiderte mit anderm darauf „so viel die neue Be-
nennung berühre, were der Ausschuss zufrieden das die Mark die
Höhe Mark (wie vor Alters) und niöht die Homberger oder Urseller
Mark mit neuem Namen genannt würde.^
Umfang der Hohen Mark. Gewiss umfasste ursprünglich
die Höhe Mark das ganze Gebiet von der Nidda bis auf die Höhie|
hin, zur Weil und vielleicht zur Usa^ Wenn allmähg auch das Frucht-
feld mehr und mehr getheilt und abgegränzt wurde, so blieb doch
der alte Begriff der Gesammt-Mark bestehen ^ Märker war der Be-
wohner dieser Mark, er hatte das Becht an der gemeinsamen Be-
nutzung des ungetrennt gebliebenen Markwalds Theil zu nehmen. .
Dieser Wald wurde dann vorzüglich verstanden unter der Hohen
Mark, er war durch einen Graben, die Landwehr, abgeschnitten von
dem Felde, zugängUdi nur auf Strassen, welche durch einen „Schlagt
gesperrt werden konnten. Ein solcher Schlag wird namentlich aufge-
führt im Häuserfeld bei Oberursel und bei Oberstedten. Durch Ein*
rodimg wurde im Verlauf der Jahre noch manche Strecke Waldes
auch jenseits der Landwehr der Gemeinheit entzogen.
Die Bezeichnung selbst ^die Höhe Marck^ weist darauf hin,
dass, wie bereits bemerkt, diese Mark vor Zeiten die ganze Höhe,
oder den Taunus, umfasst habe, dass erst im Laufe der Zeiten ein-
zelne Bezirke davon, westlich und östlich, sind abgeschnitten wor-
den. Die Hohe Mark blieb immer noch die bedeutendste, sie behielt
auch den fdten Sammelplatz der Märker, die Aue vor Oberursel,
und in ihr ist der alte Geist wol am längsten lebendig geblieben.
< lieber die Herleitong des Wortes „Mark" s. Grimm, Recbtsalterthümer
S. 494 fr.
17»
— 360 —
Dies zeigt sich schon wenn wir sie mit der Seulberger^^ Erlenbacher-
etc. Mark * zusammenstellen. Schon der Name legt uns hier bei der
letzteren ; ebenso wie der Versammlungsort; vor AugeU; dass diese
Genossenschaft willkürlich gebildet worden ist; wo nicht gewaltsam.
Sie hatte keinen natürlichen Mittelpunct; die dazu berechtigten Ort-
schaften waren alle von ziemlich gleicher Geltung; Seulberg; Ober-
und Nieder -Erlenbach; Petterweil; Holtzhausen und Köppem. Nur
letzteres; welches jenseits der; die Grenze der Mark bildenden Eöp-
p^nerbach gelegen ist; auch bei der Bodheimer Mark betheiligt
war; trat einigermassen zurück. Das meiste Gewicht scheint in alte*
ren Zeiten in Ober -Erlenbach gelegen zu haben. Als Ort für das
Märkergeding war ein Platz auf freiem FeldO; auf derMainzerstrassC;
bestimmt; so ziemlich in der Mitte zwischen den Ortschaften; allen
gleich günstig; oder gleich ungünstig gelegen Kein Baum; keinerlei
Vorrichtung schützte hier den Märker bei Wind und Wetter. Als im
Jahre 1539 Diether Gewend; der Keller zu Homburg; die Seulberger
zu sich auf einen besonderen Ort nahm, haben die andern Märker
„nit nachfolgen wollen ; und sich alsobald ein Irrthumb des Platzes
uff welchem man Merckergeding zu halten pflegt erhoben^. Es behaup-
teten die andern Ortschaften „uff dem Platz und breiten W^e dar-
auf sie stunden; welches der Menzer Wege genannt; were das Mer-
ckergeding gehalten worden von Alters her". Man verglich sich
dass die ehesten Mercker sollten auf den Platz treten; wo das Mer-
ckergeding von Alters her gehalten were worden. Dies geschah:
es war ein Graben vor kurzem dahin gemacht worden. — (Mglb. E.
30. n b. 173.) — Nach dem offen Instrument von 1486 ist die Ver-
sammlung gewest „uff eym flecken zusehen, Sulburg; Hultzhusen
und Obern Erlebach da man das Merckerding über die Irlenbacher
Margk gewonlichen pfleget zu halten". In dem Abscheit von 1488
heisst es: „uff der weyde bij Obern Erlebach*. Dann wieder im
Jahre 1498 ist „man abermak uff dem flecken ober Obem-Erlebach
am Merckergeding gewest". (Mglb. E. 30. No. 2.) —
Auch die Wiesen waren allmälig der hohen Mark entfremdet
worden; wenn auch einige, so namentlich die SchrderwiesC; bis zur
Theilung dabei verblieben. Allein eigenthündicher Weise blieben die
auf den Wiesen stehenden Waldbäume Eigenthum der Märker. Es
fand hierüber am 26. Juni 1595 eine Verhandlung zu Homburg statt;
es wurde vorgelegt; dass Kilian Kühu; ein Bürger von Oberursell
einen Eichenstamm in seiner Wiesen an der Hünerborgk; in der
Höhe Mark gelegen; abgehauen und heimgeführt; ist von Phil. Wolffs;
Märkermeister umgefragt worden; ob nicht solcher Stamm den sämmt-
— 261 —
liehen Märkem zustehe. Die ürBeller behaupteten soldie Stamm ge-
hörten denjenigen ^ dessen die Wiesen eigenthümlich wären; diesel-
bigen köimten selbiger Stfimme ihres gefallens sich gebrauchen. Da
aber aus dem Steinbuch und aus der Markordnung zu ersehen ^ dass
alle Stämme ; so in Wiesen innerhalb der Mark gefunden werden
den sämmtlichen Märkem eijgenthümlich zustehen^ als haben sämmt-
liehe Märker (exceptis UrsuUanis) gedachten Eilian Kühn wegen
freyels zur Buhe (Rüge) und straff verwiesen. Man nahm keinen
Anstand so in eigner Sache zu entscheiden.
Wie bei der Hohen Mark Homburg den Namen der Homburger
Marck gerne eingeführt hätte , so liebten es die Homburger Beamten
die benachbarte Mark nach Seulberg; welches zur Homburger Herr-
schaft gehörte; zu benennen. Die Beamten von Frankfurt zogen
ihrerseits die Bezeichnung „Erlenbacher Marck^' vor^; die Märker
selbst aber; da sie alle Ortschaften nicht wol nennen konnten; sagten
stets: Die Seulberger-; Erlenbacher- etc. Marck. . Dies etc. fehlt
in den älteren Documenten fast nie. Die Ortschaften hielten darauf
dass die Gleichberechtigung gewahrt bliebet Die Unzweckmässig-
keit des Platzes auf dem das Märkerding gehalten wurde ; trug wol
dazu bei; dass in dieser Mark frühe schon Vorsammlungen dar
Ort^orständC; der Markhäupter; zugelassen wurden; bei welchen die
Markordnung beratheu; diese dem Märkerding später nur zur Be-
stätigung vorgelegt wurde. Diese Vorversammlungen der Markbäup-
ter fanden abwechselnd bei einem der Wirthe statt; doch wol am
meisten in Ober -Erlenbach. So finden wir sie im Jahr 1590 auf
Donnerstag nach Oculi zu Ober-Erlenbach in Job. Beckers Wirths-
behausung. Die Schultheissen und Märckermeister erschienen dort
und habeur sich mit dem Homburger Anwalt allda „bequemlicher
Gelegenheit halben; (weil sonsten dem Instrument oder Weissthumb
nach die Marck .... auf der Auwe in der Lohe zwischen Seulberg
und Erlenbach; genant Maintzer Bisthumb bestellet und versehen
werden sollte) einer gewissen Weise und Ordnung erregter Margk
zum besten untereinander vereiniget; verglichen^ .... Im darauf
folgenden Jahr 1591 war die Vorversammlung wieder zu Ober-
' In den Protocollen oder Berichten ist dies indess ebeDSOwol auf Ober-
Erlenbacb, wie auf Nieder-Erlenbach bezogen. Im Jahre 1539 heisst es : Beriebt
ttber die Sewelberger und obem Irlebecher Gemark; im Jahr 1541 aber „Mark-
geding der Sewlnbnrger odder Nidderlrlenbecher gemarok*'.
8 Bei Gelegenheit der Beschwerden gegen den Waldpotten wird im Jahre
1606 auch die Bezeichnung: Nidder-Erlenbach und Holtzhauser Mark gebrauoht
— 262 —
Erlenbach; im Frotocoll findet sich die Entschuldigung, dass nach
dem Instrument zwar die Zusammenkunft in der Lohe zwischen
Seulberg und Erlenbach auf der Awe genannt Maintzer Biedthumb
statt haben soUe^ ^aber von wegen der Ungelegenheit des Orts ^ auch
des unbeständigen rauwen zeittig furgefallnen ungewitterf alterß
her woll angeordnet worden, daß man den Donnerstag zuvor in der
Marckflecken einem zusamenkommen und sich einer gewissen Ord-
mmg (welche nachmals auf dem Merckergeding an gewöhnlicher
Mahlstatt publiciret worden) verglichen hat*'. Im Jahre 1592 kommen
die Markhäupter in Fetterweil auf dem Bathhause zusammen, 1593
und 1595 erscheint der Ausschuss wieder zu Ober-Erlenpach in Joh.
Beckers Wtirts Behausung auf der ober hinder stuben gegen der
bacbe; 1596 zu Petterweill in der gemeinen Herberg, 1599 wieder
zu Ober-Erlenbach in der Herberg zum weissen Ross in der oberen
Stube; 1602 zu Köpffern in Jost Schweitzers Gasthalters Behausung;
1608 zu Köpffern in Conrad Lorey Schultheissen, Behausung. —
(Mglb. E. 30. in.) 9 ^
Urkundliche Quellen. — Die Akten welche uns über die
Hohe- und über die Seulberg -Erlenbacher- etc. Mark aufbewahrt
sind, gewähren uns vielleicht einen tieferen Blick in die vorgeschicht-
lichen Zeiten derselben, als die wenigen, zum Theil räthselbaffcen
Aeusserungen , welche Römische Schriftsteller uns darüber hinter-
lassen. Wir finden, ai)ge8ehen von der Römischen Herrschaft in die-
sem Lande, nicht eine einzige Andeutung, dass die Verhältnisse da-
selbst je eine durchgreifende Aenderung erlitten , weder einen
herrschenden Stamm noch einen besiegten, keine Sage von einer
allgemeinen Aus- oder Einwanderung. Das Volk ist aus dem Boden
in allen seinen Verhältnissen erwachsen und mit ihm verwachsen.
Es scheint dass eine, von allen zur Hohen Mark Betheiligten
als maassgebend anerkannte ProtocoUftthrung, eine urkundliche Fest-
stellung der Verhandlungen und Beschlüsse, in den älteren Zeiten
wenigstens, nicht angeordnet war. Die ältesten vorhandenen Auf-
zeichnungen über die Märkerdinge, aus dem Anfange des 15. Jahr-
hunderts, wenn sie im Wesentlichen auch dasselbe berichten, sind in
9 Es mag nicht überflüssig sein hier auf andere, ähnliehe Verhältnisse hin-
zudeuten. Als nach den kirchlichen Spaltungen Appenzell Inner roden von
Ausserroden sich trennte, behielt ersteres den alten Landsgemeindeplatz im
Dorfe selbst bei , das letztere wechselte aber nun ab mit einer Ländsgemeinde
in Huntwyl und in Trogen.
— 263 —
der Fassimg oft ganz yerschieden. Die Abgeschickten der Herrschaf-
ten haben wol jedesmal; oder doch gewöhnlich; einen solchen Bericht
eingereicht; nicht immer war er unterzeichnet ^^. Der gemein Märker;
der lantmau; liebte nicht die schriftliche Feststellung der Verhält-
nisse, iiir ihn zeichnete Niemand ein Protocoll auf. Bei vielen G-e-
legenheiten tritt sein Widerwille vor dem sich fest binden in ge-
schriebenem Wort deutlich zu TagC; er verlangt dass man aus
j^leb^üdigeu; unpartheiischen Zeugen^ das Becht darthue. Nur in
seltenen Fällen; so z. B. bei Gelegenheit der Weisung von 1484;
haben die Märker selbst „eine Verzettelung^ überreichen lassen.
In späteren Zeiten hatten freilich auch die gem. Märker ein beson-
deres Archiv in Oberursel; und im Jahre 1782 wurde sogar beantragt;
dass jedesmal den Markschultheisaen der Hauptortschaften die Ab-
schriften der abgehaltenen ProtocoUe ausgefertigt würden ^^. (Mglb.
K 31. n. 169.)
Der Waldpott seinerseits hatte nicht nur ein Archiv; sondern
wusste es auch sehr gut zu verwenden; doch sind regelmässige Pro-
tocoUe wol erst nach Einführung des Markschreibers üblich gewor-
den. Ein Buch in Quart mit dem Titel „Hocher Marck Protocoll; ahnge-
fange Anno 166(y' geht bis zum Jahre 1700. Wahrscheinlich sind
deren noch mehre in dem Homburger Archiv. Gar nicht selten berief
sich der Waldpott aiif frühere Beschlüsse; deren sich der gemein
Märker nicht mehr erinnert; oder deren Existenz er geradezu be-
streitet. Besonders gilt dies von dem unheilvollen Beschluss des
Jahres 1547. In solchen Fällen wandte sich der MSrker wol an
seine Herrschaft:; die dann „Zettel und Instrumente^ vorbrachte.
Bei Gelegenheit der Aufstellung von Beschwerden und Gegen-
beschwerden i. J. 1702 — 1703 bemerkte man Homburgischerseits :
es s^i auf deni Märkergedingsabschied de anno 1547 dem Herrn
Obrist Waldbotten erlaubt worden „auf der Strasse" zu hauen. Die
Märker entgegneten: es sei ihnen unbekannt; dass in anno 1547
' 10 In Mglb. E. 29. III. S. 150 findet sich der Bericht des Schultheissen B.
Hildebrandt zn Bonames aus dem Jahre 1595 zugleich mit der Instruction des
Raths. Mitglieder des Raths selbst erhielten zn wichtigeren Verhandlungen
wol eine Vollmacht mit, nie aber eine schriftliche Instruction.
11 Dies war bei der Senlb. Erlenbacher etc. Mark schon l&ogst geschehen.
In der Markordnung von 1588 Art. 22 wurde festgesetzt, es solle jedem Mark-
flecken, damit der Ordnung naohgelebet werde, „uff begehr zur Noth Gopey
daraus mitgetheilet werden*'. Johannes Zang^, zu der Zeit Markschreiber, be-
sorgte diese Abschriften mit Eifer, sie wurden besonders bezahlt Auf der
Abschrift von 1602 ist der Lohn bemerkt : Taxa 7 Patzen von 4 Bogen.
— 264 —
I
wegen der Strasse etwas yergUchen sein solle/ so dem alten Mark
Instramente entgegen war, vielmehr sei damals der Strasse mit
keinem einigen Wort gedacht worden; es liege dem Obiiaten Herrn
Waldbotten ob ^darch Producirung gedachten Abschieds in forma
authentica^ sein Vorgeben darzuthun«
Bei besonders wichtigen Grelegenheiten wurde ein kaiserlicher
Notar, ein Offenschreiber, requirirt und ein Instrument über den Vor-
gang aufgenommen. Es war dies der Fall bei dem Märkergeding
von 1484, auf Mittwochen nach St. Margareth^i gehalten. Dies In-
strument genoss zu allen späteren Zeiten das höchste Ansehen, ja
Verehrung; es wurde zu verschiedenen Zeiten wieder abgedruckt,
um die späteren Nachkommen mit seinen Satzungen bekannter zu
machen ^*, Zusätze wurden für erlaubt gehalten, allein Abänderungen
nur wenige und mit Widerstreben vorgenommen, selbst Bestimmun-
gen die längst aus der Uebung gekommen, wurden nicht aufgehoben.
Das Märkerding von 1484 auf Mittwochen nach St Margareiha ge-
balten, war ein ungewöhnlich feierliches, der Walpott sdbst war er-
schienen mit seinen Schultheissen und Bäthen, auch der dreien Herr-
schaften, der Stadt Frankfurt und der Ritterschaft von Reiffenberg
Amtleut, Bäthen, Bathsmann und Sendbotten, und eine grosse Menge
Schultheissen, Märker, Hübner und Landleute. Als das Märkerding
geheget, hiess der Waldpott die Schultheissen sie sollten die ungehor-
samen Märker, die ausgeblieben, rügen. Dann wurde auf Begehren
des Waldpotten während einer Zeitdauer von etwa acht Stunden des
Waltpotten Herrlichkeit und der Marck Bechte geweiset, und zwar
mit Zugrundelegung einer ^Verzettelung^' in welcher die Puncto,
über welche zu weisen, verzeichnet standen. Die Verhandlungen
wurden durch zwei Offenschreiber niedergeschrieben, und diese beide
namens der drei Herrschaften, der Stadt FrankAirt und der
Bitterschaft von Beiffenberg, auch von etlichen Schultheissen
als von der Märker wegen ersucht ihnen zu ewiger Gedächt-
niss darüber zu machen eius oder mehr offen Teutsch Instru-
mente. Auch der zugezogenen Instrumentszeugen waren un-
i> Abtruck deßJenigen Instruments Welches über die Hohe Marck umbden
Feldtberg hero im Jahr Christi 1484 den 14 Jnlij auff der Aawe vor Obern
Yrsel durch darinn vermeldte offene Keys. Notarlos vffgerichtet etc. Von
Nevem getrnckt im Jahr MDCXXXII. s. Mglb. £. 29. —
Instrument das ist Geschichtbach und schrifftliche Versicherung welcher-
gestalt die Mafck in der Höhe, umb den Feldbergk hero, . . . uffgericht ist
worden. Abermals gedruckt zu Giessen bei J. D. Hampeln MDGLIII.
s. Ebendas. —
— 265 —
gewöhnKch viele Tom'Adel^ ans den Gewerken und GeiBtIiche Ton
St. Bartholomeus und su Unser lieben Frauen-Berg zu Frankfurt^
die Pfarrherm zu Pfraumheim und zu Obern Eschbach, endlich nodi
^ander viel meHr Umbst&nder^ die alle zu glaublichen Zeugen hier-
über geheischen und gebeten" worden.
Im Jahre 1662 wandten sich die Mainzer Dörfer klagend an ihre
Obrigkeit : der Waldpott habe durch Bergknappen hin und wieder
graben lassen „welches anfänglich nicht sonderlich attendiret, hoffend
es würde sich dies von selbst legen^; jetzt aber viel Gehölz veröset,
viel Eisenstein herausgegraben; und verlautet dass eine Schmelz an*
geleget werden solle. Dies sei den Rechten der Märker zuwider
Sie baten churfürstl. Gnaden möge sich ihrer annehmeui ihnen sagen
wie sie sich zu verhalten; damit sie bei dem Instrument das „zwischen
dem obersten Waltbott und Märckem heilsamlich uffgericbt worden,
und uf welchem der ganzen hohen Marck Grundfeste gleichsam be-
ruhet« ruhig verbleiben möchten ^. (Mglb. E. 29. V. S. 34.)
Bei Gelegenheit der Ueberreichung von Beschwerden im Jahre
17Q2/3 heisst es in der Beantwortung der G^enerklärung: das
Mark-Instrument so . . . anno 1484 aufgerichtet; auch hernachmals
durch öffentlichen Truck a"" 1586 publiciret^ a° 1653 zuGiessen nach-
getruekt worden und auf pergament geschrieben im Originali annoch
vorhanden sei; müsste die basis sein womach man sich bei Streitig-
keiten zu richten habe ; nach diesem müsse ein jus venandi privativum
bestritten werden ; wider das Markinstrument könne keine Observanz
angeführt werden, auch ein Vergleich sei nicht gültig ^eswäre danU;
dasB solcher mit Gonsens aller derjenigen gemacht worden wäre, in
deren Beisein das instrument aufgerichtet worden und welche dabei
gar merklich interessirt sind.«
Das Instrument von 1484 wurdC; durch Vertrag festgestellt; für
alle Zeiten gültig angesehen ; oder wenigstens solange' bis ein ein-
müthiger Beschhiss; vertragsmässig wieder Abänderungen treffen
würde. Ein solcher fand im. Jahre 1547 statt. Zehn Jahre früher
wurde über die vom. Ausschuss aufgestellten neuen Artikel abge-
stimmt; es hiess bei einigen : und ^also ejn Jar langkh zu halten
plieben^. Im Jahr 1547 wurden auf einem besonders berufenen
13 Die wenigen Notizen welche Kirchner auf S. 476. 477. in der Geschichte
der Stadt Frankfurt a. M. Über die Hohe und die Seulb. Erlenbacher etc. Mark
giebt, scheinen weniger auf Quelhenstudium als aaf Mittheilnngen anderer
Schriftsteller zu beruhen.
- 266 —
Märkerding die vom AugBchnsB vorgeBchlagene Abttnderang, betreffend
die Verbrechen des Waldpotten; ang^iommen» Es hiess im Instru-
ment : |)So der Waldpott yerbricht sölt der Märker oder lanlman ob
der darnach auch verbreche nit büssen^^ Mancher Unordnung die
daraus entstanden^ vorzubeugen wurde „eyntrechtig beschloBsen^^; daas
der ^gemeyn mercker und lantman sich verbrechung des Waltpottens
nichts zu behelffen oder zu weigern haben^ sollen. Am Schlüsse
heisst es dann^ dass diese Bestellung bis zu dem nächsten Mercker-
geding zu halten^ doch mit diesem Geding und ftkrworten dass das In-
strument . . . soll in aUen andern Artikeln und Functen seines
Inhalts bei seinen Kräften und Würden bleiben und denselbigen
hiermit nichts benoinmen oder abgezogen sein^ in kein Wege^ sonder
Gefärde. Im Jahre 1550 heisst es dann weiter^ es solle die Ordnung
im Jar 1547 durch die gesandten des obersten Waltpoten und die
gemeynen Merker ufFgericht ^aüch fürter gehalten und dero gelebt
werden/' Auch im folgenden Jahre 1561 wurde beschlossen: diese
hernachbemelte Artikel dero etliche hiiebevor im 47. 49. und 50 Jaren
ufgericht in diesem läufenden Jar auch zu halten^ bis auf ein andern
künftigen Merckergedingtag.
Wenn es sehr wol erklärlich ist warum der Hohe-Märker so fest
an seinem Instrument hing/ so ist dies weniger begreiflich in der
Seulb. Erlenbachef etc. Mark; in welcher das Instrument ^ - errichtet
Anno 1493; ein fast ebenso grosses Ansehen genoss. Es wurde da-
selbst ein feierliches Märkergeding abgehalten^ weil zuvor bei dem
Streit über Wahl und Bestätigung der Märkermeister die Rechte des
Waldpotten ganz in Frage gestellt; und die Mark gemeinsam von
den Herrschaften und dem gemeinen Märker bestellt worden war.
Darum war es zwar natürlich dass gerade die Rechte des Waldpotten
besonders in's Auge gefasst und zuerst geweiset worden smd, aber
weniger ist es zu begreifen dass die Märker sich dabei beruhigten;
iJs ihre Rechte kaum nur angedeutet worden waren. Die drei
ersten Artikel hatten sich mit der Person des Waldpotten und seiner
Befugniss den Wiltpan zuzuthun und zu jagen befasst; im vierten
handelt es sich um die Ausmärker; welche, in der Mark betreten;
dem oberen Waltpoten gen Homburg der Strafe wegen geliefert
werden sollen; endlich heisst es noch; so der Wiltpan zugethanwird;
wer dann durch sein eigen Gewalt in der Mark jagt; den mögt der
Oberwaltpot nach seinem Gefallen strafen. Darnach war der Wild-
bann zugethan worden; und es heisst: j^und wiewol andre stück
halben not war weither zu sagen und zu weissen; so wolt doch der
Anwalt meines gn. Hr. von Hanau daselbe umb kürz willen diPmale
— 26T —
ruhen lassen^ doch ohngchedlich und tmvorgreiflich hemachmals deren
seines Herrn und Oberwaltpotten Rechte. Der Anwald fordert dann
den Notar auf über das was er gehört Instrument zu machen.
Es war hiermit allerdings der Streit beendigt, aber nur zum
■Vortheil des Waldbotten war dies urkundlich festgestellt worden,
und selbst aus dem Nachsatz hat nur dieser Yortheil. gezogeh ; der
Anwald legte es später so aus , als ob seinem Herrn noch weitere
Rechte zu weisen gewesen, dies der Kürze wegen nicht ge-
schehen sei.
Auffallend ist es, dass über die Errichtung dieses Instruments
in den Frankfurter Akten nichts zu finden ist Nachdem über das
Märkergeding anno 1492 berichtet, dass nämlich Ervin Dügel, Amt-
mann zu Nieder-Erlenbach zu einem Märkermeister wieder uffge-
nommen und Widder durch bede Pärthieen wie obgemelt' beeidiget
worden, heisst es weiter: „Nota. In anno XCiii und XOiiii ist Gise
der bereiter allein uff bestallung der marg gewest und ob die Zyt
von Instrumenten oder etwas Näwerung gehandelt sy, ist kein rela^
tion gescheen.^
Im Jahre 1507 begehret auf dem Märkerding der Kellner „die
Herrlichkeit seines gn. Herrn zu weisen^^, dies ist aber nicht ge-
schehen, ^dieweil das Instrument damals nit bei der Hand und der
gemein Merckerman die Herrlichkeit zu wysen unbedacht gewest ist,
ist solches gütlich uffgeschlagen worden bis uff ein andern ti^^^
Später auf dem Märkerding 1526 bitten die Märker das Instru«
ment verlesen zu lasen, was das auswyse dem wollen sie gern
nachkommen. „Der Schnltheiss von Homberg geantwortet: der Kel-
ler sei ein neue zukommend Man, des Instruments halben nit wissend
gehabt, es li^ aber in seines gn. Herrn Oanzley und sei des gemein
Merkerman des Falls unvoi^fSich. Sollichs hatt sich der gemein
Man settigen lassen.^^
Als im Jahre 1552 für die Seulberg- Erlenbadier Mark eine
neae Ordnung auf ein Jahr aufgerichtet ¥mrde, ist am Schlüsse
bemerkt word^i, dass diese Artikel der Mark zu gutem gehört, ge-
stellt, angenommen und bewilligt worden, doch dem Instrument in
alle Wege unschädlich. Im Jahre 1588 wurde sogar beschlossen,
dass die Markermeister jährlich auf d^n Markgeding das Instrument
lesen lassen , damit gemeiner Mercker dessen Inhalt desto besser
fassen könne. Als einige Jahre später, es war im Jahre 1595, die
Märker bedachten, wie im Instrument gesagt sei, der Waldpott solle
auf Sonntag Mitfasten, Lätare genant , auf die Aue kommen und
daselbst mit Bath der Märker ' die Mark bestellen, dass aber die
— 268 —
Markordnimg stets vorher schon durch die Häupter berathen und
vereinbart würde, hoben sie hervor, dass es mit fürgehender Pro-
testation geschehe, dieweil solche von Alters mit gutem vorbedach-
ten Willen introducirte Zusammenkunft ^dem hcTtereu' Buchstaben
in dem Instrument etwas zuwider^^, es solle dies aber Sr. f« Gn. an
ihrer Gerechtigkeit ohnabbrttchlich sein. Mglb. E. 80. IV. [11].
In späteren Zeiten wurden auch bei Umgängen der Mark ge-
wöhnlich Notare zugezogen, manchmal mehrere. Zu dem Umgang
von 1710 bemerkt der Notar dass er requirirt worden sei seines
gnädigen Herrn „gerechtsame in Acht zu nehmen, auf dass seinem
gn. Herrn nichts präjudicirliches bei diesem Umgang vorgenonunen
werden möge". Auch die Märker haben es zu der Zeit öfter fibr
nützlich gehalten einen Notar zuzuziehen damit derselbe feierlichst
gegen Neuerungen protestire und ihnen eine beglaubigte Urkunde
einhändigen möchte. Zu dem Märkerding von 1660, Mittwoch nach
dem alten Pfingstfest wurde von dem Schuldieissen der 5 Haupt-
flecken ein Notar requirirt. Er erschien zuvor in der Behausung des
Stadtschreibers zu Oberursell; dort erklärten Märkermeister und
Schultheissen es haben P^ fbrstl. Gn. als obrister Waldbott sich zeits
etlichen Jahren anmasslich unterstanden den Märkem die beschwer-
liche Servitut aufzubürden, dass sie ihren Hunden, wenn sie die-
selben mit sich in die Mark nehmen wollten Knütteln anhenken
sollten. Wiewol sie nun oftmals hiergegen bei Märkerdingen prote-
stirt, sei bei Schliessung der Märkerdinge stets wieder erwähnt und
Ahndung gedrohet worden. Wollten dagegen förmlichst protestirt
haben. Als nun auch bei diesem Märkerding wieder der Anwalt ver-
boten Htmde ohne Prügel in die Mark gehen zu lassen, mit Bedro-
hung dass widrigenfalls dieselben todt geschossen würden, sind die
Schultheissen der Hauptmarkflecken abgetreten und haben sich ent-
schlossen der Protestation den Fortgang zu lassen ; worauf der No-
tar mit den Zeugen alsbald in den Elreis getreten und g^en diese
Zumuthung im Namen sämmtlicher Märker aufs beste protestirt und
alle rechdicbe Mittel reservirt. Der Anwalt liess diese Protestation
in ihrem Werth oder Unwerth beruhen. — (Mglb. E. 29. V. S. 26.)
Die Märker. Wenn von der Hohen Mark berichtet wird,
ist vor Allem der Märker selbst zu gedenken. Die Hohe Mark war
den Märkem rechtlich eigen Es musste derjenige welcher die Mark-
wälde benutzen wollte in der Mark angesessen und begütert sein.
Auf dem Märkerding von 1438 trat Emerich von Beiffenberg auf,
erzählt wie dass der Müller zu Eschersheim die Mühle verkauft und
- 269 -
Ter&nssert habe^ sich gleichwol der Mark gebrauche, hätte auch
Eicheln darin gelesen, das doch nicht sein BoUe. Darauf erzälte
Henne zu Eschersheim und bekannte das» er die Mühle verkauft
und sich der geäussert habe, er hätte aber noch nicht Währschaft
gethan, und vor dem Märkerding uffgegeben, wie gewohnlich sei,
hoffbe darum dass er daran nit tLbel sondern recht gethan, und
wolle sich auch der Mark gebrauchen, so lange er die Mühle noch
nit uffg^eben habe. — (Mglb. E. 29. 2.) —
In der Markordnung vom 22. Mai 1594 heisst es unter 44: die
Markmeister sollen die Förster überwachen, und die Ausmärker,
auch welche nicht eigen Rauch in der Mark halten von der Mark
abhalten. — (Mglb. E. 29. V.) —
Ebenso bestimmt die Seulberger, Erlenbacher etc. Markordnung
▼on 1588, es solle kein Märker, so in der Mark nicht eigen Rauch
halte, einiger Gerechtigkeit sich darin unterfahen tmd zu gebrauchen
zugelassen werden. Es bestimmt dies die Markordnung von 1583
sub 12. genauer: es solle derjenige, so eine Behaussung und Hofe-
reith in der Markflecken ^nem oder mehr hat (ungeachtet er die-
selbige nicht selber bewohnen thete) dem Ausmärker nit allerdings
gleich geachtet, sondern ihm und seinem Mundbauer zu Erhaltung
der Bauten nach Gelegenheit und Notturfl; Holz gegeben werden.
Auch in dieser Mark heisst es, dass Rittern, Edelleuten imd Pastoren
^in der Mark gesessen, die darin eigen Rauch halten^', erlaubt sein
solle zu jagen, wenn der Waltbott vorher gejagt
Bereits auf dem Märkerding 1649 war vor Ursel beschlossen
worden, dass dem Cronbui^erhof zu Obern Hexstat, dieweil der ver-
fallen und abgängen sei, soll kein brauch oder beholzung in der
Ifark gestattet sondern die Hofleute, so das Geländ bestanden, für
Ausmärker gepfend werden, bis der Hof wieder erbaut und bewohnet
wird, alsdan soll demselbigen Hofman zugelassen sein, mit eim halben
Wagen in Wald zu fahren gleich einem andern Märker, laut des
Instruments. — (Mglb. E. 29. H«» S. 136.) — Im Jahre 1777 und in
den letzten Zeiten der hohen Mark werden stets 3 Oberhöchstetter
Märker genannt ^^welche das volle Nachbarrecht in der hohen Mark
gemessen^, Kopp, Eberhard und Hfldmann.
Von Praunheim wird später, im Jahre 1777 gesagt: es sei da-
selbt ein Freihof, die sogen. Augustusburg dermalen nur von zwei
Gartenkneeht bewohnt; darauf aber wegen der verfallenen Burg
Selbsten die dritte Feuerstätte hafte. Es folgen in der Aufstellung
noch mehrere Höfe und Mühlen mit dem Zusätze: weilen solche in
hiesigen territory liegen so haben die Bewohner dieser Höfe das
— 270 —
Recht sich in der hohen Mark bu behohsen, wie die Unterthaneii
teithero gehabt. (Mglb. E. 31. I. 360 ff.)
Dass in dem Streit des Frankfurter Baths mit den Märkem wegen
der Mühle zu Bonames die letzteren unter anderm auch ^itgegenhiel-
ten: der Keseeler zu Bonemesa wäre ein knecht und kein Mtirker,
wird besser an anderer Stelle zu berühren sein; die Irrungen über
die Berechtigung des Burgsitzes zu Niedem- Erlenbach sind aber
hier schon zu erwähnen. In dem ProtocoU des Maricausschusses d.
d. Seulberg 27. M^rtii 1606 heisst es: Im Namen des obersten
Herrn und Waldpotten hiesse Sr. fliratl. Gn. Kellner zu Homburg,
Eckhardt EUnberger, die Märkermeister und diejenig zu der Mark
gehörig; sitzen; dabei Johann Adolff Keller w^en eines Erb. Baths
zu Frankfurt und dessen Burgsesses zu Nieder-Erlenbach sich auch
des Beisitzes anmassen wollen ^ es hat aber der Marker solliches nicht
zugelassen ; sondern für eine Neuerung angezogen. Der Geschickte
des Batbs bezog sich auf das Instrument, darinnen klärlich zu be-
finden ^ dass E. E. Haths zu Frankfurt Amtman zu Nieder-Erlenbach
nit allein Märkermeister gewesen, sondern auch jederzeit denBeisitz
gehabt. Darauf erwiderten die Märker, dass das Mark-Instrument
ihnen genüge, man möge es ablesen, der Oberst Wi^ldbott wolle sie
darin schützen, zumal da die Burg Nieder-Erlenbach «eit 50 und
mehr Jahren kein exercitium gehabt, und nichts hergebracht, dess^
wegen man auch deroselben keiner Gerechtigkeit als einem gemei-
nen Märker in der Mark geständig, vielweniger einem £. £ath der
Stadt Frankfurt Der Abgesandte des Baths protestirte. Der Märker
liess es darbei, der gewesene Amtmann und Märckermeister sei nur
als Zeuge beim Instrument genannt, er wolle dem „so ejgen Bauch
in der Burg Nieder-Erlenbach halte^^ nochmals für einen Märker und
weiter nicht erkennen. — (Mglb. E. 30. 4.)
In noch spätere Zeit fällt das Memorial des Schöffen Hieronymus
von Glauburg, welcher am 12. Januar 1781 um ein VorschreibeD
an den Landgrafen von Hessen-Homburg als Obersten Waldbotten
ersuchte; er habe das zu Nieder-Erlenbach gelegene v. Hundheimi-
sche Freigut käuflich an sich gebracht; bei dem Märker Convent sei
einer aufgetreten, habe angegeben, dass der gewesene von Hund-
heimische Hof nicht mehr stände, ihm kein Markrecht mehr zukäme,
und demgemäfls sei ein Beschluss gefasst, Holzzettel ihm vom Mark-
m^ter verweigert worden. Er bemerkte dazu, er habe das uralte
Haus, Scheuer und Stallung abgerissen und in dem ihm gehörigen,
vordersten Burghof gesonderte Scheuer und Stallungen erbaut. Es
könne dem Mark-Convent nichts darw liegen ob diese Wirtbschafts-
- 2T1 -
gebäude an einem Ende des Orts oder an dem andern liegen. Nie-
derstedten^ Hattstein^ Hinterweil und der Mtinchhof bei Niederursel
hätten auch ihre Markgerechtsame behalten. Auf die Eingabe wurde
im Senat beschlossen: dass> man in optima forma hierunter willfahren
solle. Auf die Mittheilung des „Mit Bathsfreunds und älteren Schöffen^
wurde dann dem fiirstl. Anwalte aufgegeben^ bei dem Mark-Convent
dahin zu sehen/ dass die Beschwerde untersucht und nichts wider-
rechtlich zu des Herrn Schöffen Bekränkung verfiiget werde. Es
mag schwierig gewesen sein zu der Zeit noch zu bestimmen; was
rechtlich; was widerrechtlich bei solcher Frage sei, nachdem der
Waldpott selbst eingewanderte Fremdlinge in Domholzhaüsen und
Friedrichsdorf auf Markboden angesiedelt; und dem Widerspruche
der Märker mit Erfolg entgegengetreten war!
Eigenthümlich war das Verhältniss von Vilbel. Ursprünglich
gehörte wol nur der älteste; nördliche Theil zur Hohen Mark. Diese
Scheidung verwischte sich aber aJhnälig. Auf dem Märkertag von
1401 wird desshalb angefragt ob Vilbel gapz zur Hohen Mark gehöre?
Es wurde darauf beschlossen : Der landmann wille sich beraden obe
die von Vilwil tjnn teyls oder zu male mercker sin suUen oder nit;
doch so sin sie bisher verbodet worden **.
Es giebt nur Märker und Ausmärker; die ersteren sind die
Eigenthümer des Bodens ; der Mark imd ihrer Nutzungen; schädi*
gen sie die Markwäldc; so schädigen sie ebensowohl die Genossen;
wie auch sich selbst Nicht von dem Waldpott werden sie gerichtet;
sie werden nur gerüget; und von den Genossen bestraft. Anders
verhält es sich bei den AusmärkerU; zum Theil in der Mark sess-
hafte Ge werbtreibende ; Köhler und Eulner oder Häfher; welche
kein Eigenthums- oder sonstiges Becht zu beanspruchen haben ; wenn
diese in der Mark freveln; so werden sie nach Homburg ^getrieb^Q.
Eine Andeutung über Hörigkeit oder über Vollbürger findet sich
in den Akten der Hohen Mark nicht; der Leibeignen wird nur in
den letzten Zeiten vor der Theilung gedacht Nur die Märker wer-
den erwähnt und Ausmärker.
Unter den Märkern ist wieder zu scheiden; der gemein Märker
oder lantmAU; dann die Edelleute und Priester; endlich der Obriste
Märker und Waldbott. In den ersten' lag wol ursprünglich das
meiste Gewicht und die entscheidende Gewalt; der Waldbott erhielt
von ihnen seine Bechte und seine Herrlichkeit geweiset. Zuweilen
i^ Mglb. £. 29. nb S. 4
— 272 —
werden die Eigenthümer einer ganzen Hube^ die Hubner ^ noch
besonders betont ^ es heisst dann lantman und Hübner. Der Klein-
bauern^ der Einspeniger^ der Eynläuftigen wird nur in den Mark-
ordnungen gedacht bei Gelegenheit der Holznutzungen, oder bei G-e-
legenbeit des Streits mit den Ackerleuten wegen des ^Furdripp"
(Vortriebs) auf der Weide und in den Stuppeln. — (Mglb. E. 29.
IP» 25. —
Das Weisen der Rechte des Waltbotten war nicht eine
leere Form; wir finden noch im 15. Jahrhundert überraschende Auf:
Schlüsse in dieser Beziehung. Auf Mittwoch nach St Margaretha
anno 1445 war der Edle Jungher Gotfrid von Eppenstein bei Ursel
auf der Auwe, liess ihm da — also auf einem gebotenen Märker-
ding — weisen seine Bechte und Herrlichkeit über die Mark. Er liess
Artikel fragen die gemeinen Märker, und diese begehren dass der
Jungher ihnen diese Fragen und Artikel wolle geben, sich uff solche
Weisunge zu bedenken und zu besprechen, bis auf ein anderes volle
Merkerding, darzu sie sein Gnaden bescheiden würde. Bei diesen
Fragen stand oben an: 1) Wie fem und wie weit des Waltpoten
Wiltpan ginge. Es folgte dann 2) die Frage: Wenn sein Gn. den
Wiltpan verbode, und wer das brechete was der darum verloren
hätte? Es wird weiter unten dieser Weisungen noch besonders
Erwähnung geschehen.
lieber die Namen oder Familien der Taunusbewohner bieten
für die späteren Zeiten die Theilungsacten reichen Stoff, ftlr frühere
Jahrhunderte finden sich besonders die Unterschriften von Schult-
heissen und Gerichtsschöffen auf den Markordnungen, dann die
Namen der Zeugen bei Feststellung rechtlicher Verhältnisse, sowie
der Märker, welche bei den Umgängen der Mark sich betheiligten.
Auf den Märkerdingen tritt nur selten der Einzelne redend oder
handelnd auf, mehr die Ortschaft oder der gesammte Umstand. Die
Namen der Märker sind entweder von den Gewerben oder dem Amt
hergenommen, mit welchen der zu Benennende sich wahrscheinlich
befasste, so in Stierstadt: Müller, Aumüller, Schmidt, Messerschmidt,
Schreiber, Schneider, Köhler, Zentgraf; inBommersheim: Koch, Eul-
ler, Bender; in Ealbach undHarheim Fischer, Keller, Krämer, Schär
fer, Spentler, Dreher; in Steinbach: Hirth; in Beiffenberg: Wald-
schmitt, Wagner, Meier; in Heddemheim: Ziegler, Kessler, Koehler,
Hammerschmid; oder es sind die Bezeichnungen von Eigenschaften
oder Eigenthümlichkeiten entnonmien, die meisten einsylbig und vor-
zugsweise nur in einer Ortschaft eingebürgert; odbr es weisen auch
die Namen auf einen früher^i Wohnort hin, so in ]B[albach: Diehl,
— 273 -
Enhii; Kopf; EUp, Stöhr, Stamm; injEIarfaeim: Bockenhdmer^ Bren*
burger; in Eirdorf: OdenwäUer, Währheim, Ostumer^ Bircketifeld;
Wisskirch; in Oberheckatadt: Kopp, Beul; Schaub; Haub; Kamels-
berger; in Bonames: Flamm, Bipps, BeuBs, Bnrck, Momberger, Neu-
hof; in Nieder-Erlenbach: Bien, Boch, Heil, Fritz, Hom, Kahn,
Jann, Helm, E^Iob, Fix, Lanz, Heim, Pfeil, Beitz, Both; in Dortel-
^eil: Bach, Sehuch, Mutz, Kitz, Mohr, Einott, Scharch, Becht, Gelf;
In Niederursel: Greiff, Schmarr, Dietz, Kraft, Gröls, Stark; in Ober-
Eschbach: MausB, Best, Kling, Gull, Genth, Manns, Knorr, Porth;
in Nieder-Eschbach : Jost, Loos, Lotz, Wahl, Schwenk, Winkler,
Durnauer. In Massenheim : Hess, Clees, Ghrimm, Pietz, Maul; in
Beiffenberg: Brück, Sturm; Usinger.
Ziemlich verschiedene Namen sind in Vilbel, das an der grossen
Heerstraase gelegen weniger Abgeschiedenheit und Eigenthümlich-
keit bdialten: Fauerbach, Marburger, Wenderoth, Schickendanz,
Vömel, Uphoff, Seybold,
Die mancherlei Lateinischen oder fremdartigen Namen stammen
wol JTast ohne Ausnahme tou Pfarrern oder Schullehrern : Galenza in
Bommersheim, Comelj in Kalbach, Battonn und Quirin in Harheim,
Hieronjmi in Stierstadt, Molitor in Kirdorf, Gaffka und Schul-
mdbter Alberti inAmoldshain, Henrid und Sutor in Ober-Eschbach,
Laupus und Debus in Nieder-Eschbach. Am meisten Bömische Na-
men finden sich in Heddemheim, so Filius, Fabritius, Justus, Majus,
Jacobi, KmsiuB, Pauli; doch spid dies schwerlich Nachklänge aus
dem benachbarten vicus npvus.
Der Name Brendel, welcher einem adlichen Gesühlechte von
Seulberg und Homburg angehörte, findet sich später und bis auf den
heutigen Tag in Beiffenberg, Schmitten und Arnoldsharn; auch in
Köppem soll er noch vorkommen.
Ganz verschieden sind natürlich die Namen in Domholzhausen
nnd Friedrichsdorf: Gallet, Cherigaut, Arnoud, Bouch^s, Pastre les
heritiers, Berthalot, Garnier, Valien, Bousseau, Micol, Balli, Bezar,
Lagneau, darunter nur wenige Deutsche. Am mannigfaltigsten aber
sind die Namen in Homburg, wo Begierung und Hof viele fremde
Familien herbeigezogen, später dann auch die Französische Ein-
wanderung einen neuen Stadttheil erbaut hat.
Wenn auch der gemeine Märkermann „fbr sich selbst^' auf den
M&rkertagen erschien — Mglb. E. 29. IP S. 173 — so handelte und
stimmte er doch stets nur als Einwohner einer der zur Mark berech-
tigten Ortschaften; der gemein lantman trat in Haufen zusammen,
18
— 27» —
und in dieser Weise wfoigte durch einen der Aeltesten oder dnrch
den SchnltheiBsen der Ausspruch oder die Abstimmung der Ortschaft.
Nach der ältesten vorhandenen Urkunde der hohen Mark vom
13. April 1401 rief bei dem gebotenen Märkerding der Schreier „die
DorlBTe'' auf. Es waren ,,die Ortschaften hergeboden^'. (Mglb. £. 29.
n^ 8.8.) Es wurde einmüthiglich geweiset: dass die Mark der xxviü
Dorffer „mind oder meh^^ den Märkem rechtlich eigen sei. Es wur-
den damak nur aufgerufen: &anbach, Homsjshem (wahrscheinlich
Amsheim) Wilen^ Obersteden ^ Domholczhusen; Eardidprff^ Obern
Espach; Nidem Espach^ Nydem Erlebaoh^ Massenhejrm^ Vilwil^ Hor-
heim^ Bonemese, Hedemheim^Caldebach^NjdemUrsel^Bomerszheim,
Njdem StedeU; Mitteln Steden^ Nydem Bombenzheym; Mitteln Ursel,
Husenn. Einige 2. B. Stierstadt fehlen, vielleicht weil der Schultheiss
in seiner Eigenschaft als Märkermeister eugegen war. —
Auf dem Märkertag, St Katharinen 1401 werden aufgerufen:
Obern-Steden, Nydem-Steden, Dorreholczhusen, Kirchdorff, Oontsen-
heym, Obern Espach, Nydem Espach, Massenheim, Vilwil, Horeheim,
Bonemese, Caldebach, Escherheym, Hedemheim, Prumheym, Nydem
Ursel, Wiesenkirchen, Stierstat, Branbach, des jungen Francken hoff
zu Heckstat, Obemursel, Gattenhofen, Biffemberg, Haizstein, Am-
steyn (Amshain), Forderwilen, Hinderwilen, Mitteln Ursel, Nidem
Bomersheim. Ueber das gebotne Märkerding auf St Catharina 1488
finden sich in dem Frankfurter Archiv zwei Urkunden (Mglb. E. 29.
n. S. 93 und n^) von denen die letztere, wahrscheinlich eine spä-
tere Abschrift, einige Dörfer weggelassen. Die erstere ruft deren 31
auf: Obern Steden, Nydem Steden, Domholczhusen , Eirchdorff,
Ountzenheim, Obem-Eschbach, Nydem-Eschbach, Nydem Erlebach,
Massenheim, Vilwil, Harheym, Bonemese, Caldebach, Escherheim^^
IS Eschersheim selbst gehörte nioht zur hohen Mark, jss liegt sfldHoh der
Nidda, das Ausmfen kann sich nur auf die Mtthl^ und des Abts Hof beziehen.
Von der Mflhle wird ans dem Jahre 1667 angegeben, dass dieHananischen ge-
beten nmb 25 stamm Holz a^ Erhaltung der Mftlien« Darauf heisst es: Dieweü
im Instrument stehet da;» die Müll mit eym halben Waj;en ^Jm die Mark ge-
hörig sei", sind ihnen uff diesmal 10 stemm erlaubt, die mögen sie mit eim
ganzen Wagen heim führen, aber snst zum Bronnholz sich „der Mark gebraa-
chen mit eym halben Wagen'^ (Mglb. E. 29. UI. S. 40.) — Von dem Abtshofe
wird im Jahre 1603 bemerkt, der Märker habe den Bescheid gogebMi dass der
Herr Graf zu Hanau für sich kein M&rker, dem Hofe zu Eschersheim aber sei
man seiner Gerechtigkeit gest&ndig, und zufrieden dass „der Inhaber und Be-
sitzer solches Hofes, dem Instrument gemäß, sein Brennholz durch seine eigne
Fuhr ausführe", wo aber der Hofe kein eigen Fuhr hette, alsdann durch einen
— 275 —
die mole zu Esch^heim; des Apts hoff za Eschersheim; Hedemheim;
Pramheim^ Nydem Ursel, Wissenkirchen, Stirstat, Branbach, des
jimgen Francken hoff zu Hexstat, Obemnrsel, Gatt^ihofen, Biffem-
berg, Hatzstein, Amstein, Forderwilen, Hlnderwilen, Mitteln Ursel,
Nydem Bomersheim. Anch hierunter fehlen noch Homburg, Dürckel-
weil, Steinbach, der Mönchhof bei Nieder-Ursel und die Waldschmidt,
jetzt Schmitten bei Amoldshain, welche alle im Jahre 1484 aufge-
rufen werden. Offenbar geschah das Aufrufen nicht nach einem ge-
schriebenen Verzeichniss, sondern aus dem Gedächtniss des Schreiers
indem er sich im Kreise umsah. Der Schultheiss von Homburg be>
fand sich wol gewöhnlich im Gefolge des Waldpotten oder des Au-
walds, andere Schultheisse mochten zwei oder mehr, besonders aus-
gegangene Ortschaften vertreten. Es gibt hierüber das hohe Mark-
Protocoll von 1660 — 1700, welches im Homburger Archive sich be-
findet, manche beehrende Auskunft. Bei der Märkermeister Wahl im
Jahre 1660 wurden au%erufen und stimmten: Homberg, Obersteden,
Niedersteden ^^, GK>ntzenheim, Ober Esbach, Kirdorff, Nieder Esbach,
Nieder Erlenbach , Dorckelweil , Vielbel , Harheim , . Bonames,
Calbach, Mühl und Abtshoff zu Eschersheim, Hetternheim, Ffraum-
heim, Niederurdell , Steinbach, Weiskirch, Oberhexstatt 3 Haus,
Stierstatt und Bomerscheim, Oberursell, Eeiffenberg, Hattstein und
Amoldsheim, Waldschmitt, Forderweil. Hinderweil und Brombach
stimmen nicht. Es waren 30 Dörfer und Höfe, welche als stinunbe-
rochtigt aufgeftihrt werden. Aus dem Protocoll von 1661 geht hervor
dass Mtihl und Abtshoff zu Eschersheim mit 2 Stimmen zählen; zu-
sammen sind es in diesem Jahr wieder 30 Stimmen, bei Hinderweil
und Brombach steht eine 0. Im Jahre 1662 sind 29 Stimmen zuge-
gen, Brombach abfuit, Hatzstein desgl. Im Jahre 1665 sind es 31
j^ndem Märkor*' daiwelbige uff diä Wittage auszuführen Macht haben soll; doch
ohn Uebermaaß und dass das Holz auf dem Hofe selbst verbraucht werde.
(Mglb. E. 29. IV. S. 84.) Bei den Yorbereitnngen zar Theilnng der hohen Mark
stellt Amtmann Üsener zu Bergen Bescheinigung aus, dass in dem zum hochf.
Hess. Haaanischen Amt Bomheimerberg gehörige Ort Eschersheim die daselbstige
Mfihl und der sogen. Abt- modo v. WetzePsche Hof mit drei Wohnungen znr
hohen Mark berechtigt sei.
IS Es ist die Angabe dass Niedersteden im dOjfthrigcn Kriege Terwfistet
worden, (s. den Aufsatz: die hohe Mark S. MO) zu berichtigen; es soll später
durch Feuer zerstört worden sein. Koch jetzt führt ein besonderer Weg nach
dem Kirchhof von Niederstedten bei Homburg, es liegt derselbe etwas erhaben
Aber der Wiese, eine alte Linde überschattet den Platz. „Leute die es nicht
Yerstehen, meinen es sei hier wüste; aber im Sommer, wenn die Sonne brennt,
kommt der Hirt mit den Schafen gezogen, da pflegen sie der Ruhe'S
18*
— 276 —
« ■
welche stinunea; 1674 wieder nur 29^ Schmitten , Beiffenberg und
Arnoldshain fehlen ^ weil sie der Kohlen w^en Satisfaction thun
sollen, dagegen ist die Weihl, Brombach, Hattstein und „die Sorg'^
anwesend^'. Hattstein erschien also damals nnter den gemeinen
Märkem, während Arnoldshain fehlt. Aber bereits auf dem Märker-
ding von 1563 fragen die 2 Stämme von Bjrffenbergk und Hattsteyn
an, warum die Märker ihre Unterthanen „die Bjffenbergischen und
Amfhainer^' aus der Mark geschlossen; sodann bittet im Jahre 1676
der „Hattsteinisch Schultheiss zu Arnoldshain^^ dieses — Arnoldshain —
als ohnvertheilte Hattstein'sche und Beiffenbergische Unterthanen bei
ihrem Markrecht 2su lassen ^^ Demnach scheint es dass das Dorf
Hattstein damals schon nicht mehr bestanden, bereits ein verrotteter
Burgfiecken war; oder dass ein solches Dorf überhaupt nie bestan-
den habe; es bt desshalb schwer zu erklären, wie bei den Bora-
thungen im Jahre 1773, ob die hohe Mark nach Köpfen oder nach
Ortschaften zu theilen sei, eine Uebersicht vorgelegt werden konnte,
in welcher unter den Bassenheim'schen Ortschaften Beiffenberg mit
80 Köpfen oder Märkern, Hattstein mit 60, Arnoldshain mit 80 an-
gegeben steht. — Bei den Conferenzen im Jahre 1777 wurde bemerkt,
dass Niedersteden durch einen Homburger Batbsherrn vertreten sei,
in ähnlicher Weise der Mönchhof und Hinterweil, auch der Schult-
heiss von Hattstein werde noch aufgerufen. Mglb. E. 31. I. S. 165.
Weiterhin folgen genauere Verhältnisse aus jedem einzelnen Orte.
Es findet sich darin verzeichnet bei Beiffenberg: daa Schloss Hatt-
stein, sammt dem daselbst liegenden herrschaftlichen Ghite; die herr-
schaftliche Mühl bei Hattstein, mit dem dabei liegenden Gut; der
Zainhammer mit dem daran liegenden herrschaftlichen Gut Bewoh-
ner eines Dorfs Hattstein werden aber nicht aufgeftLhrt. Andere
markberechtigte Ortschaften und Höfe haben sich wahrscheinlich
an benachbarte Dörfer angeschlossen, so Wilkommshausen , Dom-
holzhausen, Gtkttenhof en , Dillingen u. a. m« Den Namen Gatten-
hofen oder Gottenhofen trägt noch jetzt eine Mühle zwischen Stier-
stadt und Oberursel; wahrscheinlich ist es von Gozzo oder GU>tfnt
herzuleiten; es soll sich mit Oberursel vereinigt haben. Nördlich von
diesem, am Fusse des Goldgrubenbergs lag auch die Ortschaft
IV Auf dem Märkerding von 1568 legen „die Waldschmid von der Sorg und
Hundtstair^ eine Schrift vor, nnd in der Waldordnnng von 1594 heisit es:
70) endlich ist denen uf der Sorge lanth des^alten Vertrags kein Reiser oder
Holz kolen zn brennen gestatt worden.
18 Yergl. dieses Archiv n. S. 342.
— 277 —
« •
Hansen^ weldie im Jahre 1401 ak betheiligt zur Mark noch ani-
gemfen worden ist. Auf dem Märkerding von 1438 wird noch Nid-
dernsteden aufgeführt^ Gottenhofen^ Mittel Ursel ^ Niddem Bommers-
hejm^ aber nicht mehr Hausen. Bei Gelegenheit des Streites über
die Hnnerbnrgkswiese bei dem Endenpfuell; übergeben die Urseller
eine Beschwerdeschrifk in welcher sie unter anderm auch anführen;
dass die Hessischen Beamten zu Homberg in Beziehung der H5h-
mariL den ganzen Häuser Grund anno 1586 abgegangen ^ auch von
den Merckern Erklärung abnöthigen woUen, dass solcher ganze Wie-
sengrund und stattlich Forellenbach auch zu der Mark und nit
Urseller Gerichtsbarkeit gehörig weren. Dagegen betten etlich alter
Merker Einwendung gemacht Ueber dies abgegangen Epsteinisch
oder Königsteinisch DorfiF Hausen befinde sich in dem alten Ursel-
ler Gerichtsbuch verzeichnet; das bemelte Häusser Gericht sei in
anno 1455 durch die gnedige Jungherm ^en Ursell transferirt wor-
den. Es werde noch ein alter Gültbrief aufbewahret; welcher vor
Schultheiss und Schöffen des Gerichts zu Haussen in anno 1400 über
Häusser Gerichtsgüter gemacht. Desshalb würden noch die Nsr
men des Häiu»er Hains und Landwehren gebraucht; des Häus-
ser Feldes ; der oberen und unteren Häusserwiesengründe ; des
HäusserwegeS; -Steges ; des WilthauseS; Newenhauses; der Ep-
iStdner Wiesen; die noch ein Waltschreier in seinem Gebrauche
habe. Ihre Vorfahren hätten noch den Ort der Heuserpfan-
neu; Schmitten und gefelle uff solche schmidt und mühlen voige-
zeigt; wie das auch noch zu sehen; und begriffen des Häusser-
bezirks Güter über 400 Morgen Acker; Wiesen; gestreuch; Wüstung;
Geholtz und auch die obberürte schöne Forellenbach welche alle-
sampt dem Dorff Hausen königsteinscher Obrigkeit allein zustendig
gewesen. Bei den Umgängen der Höhmark wird stets dieses Dorf
angeführt; es heisst z. B. im Umgang von 1586: an derselbigen
Wiesen hinauf bis an den Heuser fort (pfort; pfad?) den Heuserfdrt
hinaus under der Schreyerwiesen hiu; und fortan zwischen dem
Heuserhayn und dem Veit den Weg an der Landtwehr hinaus;
fortan an die Strassen da vor Zeyten ein schlag gestanden; der
Heuserschlag genannt.
Mittelursel schloss sich an Weisskirchen und an Niederursel an,
das Gericht wurde durch Schultheissen und Schöffen dieser beiden
Ortschaften abwechselnd versehen.
In der Nähe des jetzigen Dorfes Friedrichsdorf; südlich von
demselben; lag DiUingen; der Name kommt noch vor im Umgang
der Seulberger Mark von 1539 zu welcher Zeit der Ort selbst bereits
— tT8 —
untergegangen ist x Es beisst daselbst: ^sie ^gen die Landgewer^
die von DoUingen uff das Sewelbergfeld geht^. Dicht dabei lag die
Brendelsburg; welche dem^ beiSewelberg ansässigen^ meist in Hom-
burg wohnhaften adeligen Geschlechte der Brendel zugehörte; viel-
leicht gehörte diesem Geschlechte auch die weiter nordwärts damals
im Wald gelegene Schneppenburg. Höchst wahrscheinlich hat sich
Dillingen mitSewelberg yerbunden^ welches vordem ein Schaf- oder
Schweinhof gewesen.
Bei Gelegenheit der Streitigkeiten zwischen den Märkem und
dem Waldpoten wegen des neuen Dorfes oberhalb Seulberg^ wurde
auch des untergegangnen Dillingen gedacht. Der Waldpot brachte
vor: an selbigem Ort sei ein adeliger Hof und dabei das Dorf Dil-
lingen gelegen gewesen , welches vor diesem den von Brenddl zu-
gehöret; von welchen es auf die vonHarffen gekommen; von diesen
habe es der landgraf gekauft; so habe er diesen Ort nebet dem
Dannen-Wald „woselbst in vorigen Zeiten das Dorf Willkomms-
hauseu; von welchem auch noch ein Haus abgebrochen ^ und nach
Seulbei^; da es noch stehet; transportirt worden, b^eben^^ Die neuen
Ansiedler hätten die Wüsteneien wieder zu fruchtbaren Aeckem ge-
macht, und sich darauf der Markgerechtigkeit „gleich ihren Vor-
fahren und vorigen Besitzern der Dörffer Dillingen und Willkomm»*
hausen y auch des adlichen Hofs der von Harffen mit Fug und Recht
bedient^^ Es haben ihnen aber „diese uralte Gerechtigkeit^' einige
Märker disputiren wollen, ebenso wie in der hohen Mark wegen
Domholzhausen die Märker anfangs sich opponiren wollen.
Hierüber wird weiter unten noch einiges nachzutragen sein. Das
jetzige Dillingen ist erst nach Theilung der Mark auf früherem Wald-
boden nördlich von Friedrichsdorf erbaut worden.
Noch -findet sich eine ausgegangene Ortschaft auf dem nördlichen
Abhang des grossen Feldbergs, vielleicht ein Gehöfte, Velperhausen
oder Vellmerhausen. Jetzt ist sie spurlos verschwunden. In dem
ProtocoU über den Umgang vom Jahre 1539 wird angeführt, dass
die Märker gegangen „bis an den Feldberg gegen Beiffenberg und
den .Pfingstbrunnen bei Velperhausen; daselbst hat sich zwischen
den Geordneten der Gemeinde von Eeiffenberg an einem, und den
übrigen Märkern am andern Theil ein Zwiespalt des GimgB zuge-
tragen^^ Letztere wollten nach dem grossen und kleinen Bettstein
gehen. Aus andern Umzugsprotocollen ist zu ersehen, dass die Ghrenze
der Mark vom Pfingstbrunnen östlich von Oberreiffenberg auf einen
Stein lief bei Veltmerhausen; in denselben heisst es weiter: „noch
ein Stein bei Veltmerhausen, item noch ein Stein uff Veltmerhausen
— 279 —
obendig dem W^ naher Hatzstein ; noch ein Stein uff Veltmerhau-
sen vor dem Wald, fortan noch ein Stein zwischen der Mark und
Veltmerhansen, stehet in einer Ecken; noch ein Stein uff Veltmer-
hausen am Dieleberg, liegt Umb'S Im Protocoll de^ Umgangs von
1609 heisst es: an Vettmarshausen so zur Mark gehörig. Der S^ Stein
stehet auf der Haide vor Vohnarshausen; der 11*® Stein in einer
Eck allda VeldmarJßhausen wendet Es waren um diesen Bezirk
von Yeltnuirshausen eine ganze Beihe von Grenz -Steinen am nörd-
lichen Abhang des grossen Feldberges hin. In spätem Umgängen
wird dieser Ort YoUmarszhausen geschrieben. Es ist glaublich dash
auch diesci wahrscheinlich verkümmerte Ansiedelung naoh.dein ersten
Besitzer genannt worden. ^
Die Frauen. Es ist sehr zu bedauern, wenn es auch sehr
natürlich ist, dass die Akten der hohen Marck der Frauen und ihrer
Wirksamkeit zu gedenken, keine oder fast keilie Gelegenheit haben.
In den gesammten Schriften welche die Hohe- und die Seulberger etc.
Marck betreffen, werden uns ntu* zwei Frauen genannt und über ihr
Wirken uns Mittheilung gemacht. Einmal ist dies Margaretha Elisa-
betha, Landgräfin und Waldbottin, welche am Ende des 30jährigen
Krieges als Vormünderin die Erlasse unterzeichnet, dann aber noch
die wackere Schultheissin von Stierstadt welche im Jahr 1765 bei Ab-
wesenheit ihres Mannes einer wüthenden Botte allein sich entgegen-
stellt, gefährdeten Förstern Schutz in ihrer Wohnung gewährt und
muthig die Verfolger bedroht
Der Adel und die Schlössen. Neben den j^Dorffen^ wurde
in den älteren Zeiten immer oder oft auch der „Schlössen'^ gedacht.
Im Jahre 1536 werden aiis den 4 Schlössen als Homberg, Obemursell,
Beiffenberg und Bonemesa aus jedem ein Mann genommen, den Holz-
bedarf zu untersuchen. Auf dem Märkerding im darauf folgenden
Jahre ist ^nach altem Gebrauch durch den Schreyer den Schlössen,
.Flecken, Dorffen und Orten in die Margk gehörig^, gerufenworden;
ebenso in die Egidii anno 1538 «allen Schlössen, Flecken und Dorffen^.
Auf dem Märkerding von 1517 erhob sich Streit darüber ob der
Bath von Frankfurt das Becht habe Pfäl zu hauen, das Schloss, die
Brück, das Wehr zu Bonamesa zu versehen. Die Frankfurter Ge-
schickten erklärten es wären zwarPfal aus der Mark nach Bonamesa
geftLrt, daselbst ^im. slol^ iind sunst, doch nit über der brück^ benutsst
worden; auch der gnädige Herr von Eönigstein hab' in der Mark
merklichen Schaden gehauen, hab' Ffalwerk zu Befestigung des
Fleckens Oberursel verbauet Es seien allein 4 Flecken nemlich
— 280 —
Byffemberg; Hoemberg vor der Hoe^ Obenirsel nnd BonameBe in
die Mark gehörig^ darzu gemeine Märker in Yehden nnd andern
nöthen vor andern Flecken Znflucbt haben^ danun anch billig sollich
Flecken vor andern zn befestigen. Die 3u& »A desshalb auch dem
gnädigen Herrn von Königstein erlassen worden ^ das Gleiche ver-
hoffen desshalb die Geschickten des Eaths für Bonamese. Die Mfir-
ker stellen ihrerseits nur in Abrede dass das ans der Mark genom-
mene Holz zum Brdckenban verwendet werde; sie beschweren sich
dass sie grössere Zollerleichterong anf der Brücken von Bonamese nnd
fiausen gehabt^ der Zoll sei erhöht worden. Schliesslich aber wird
dem Schnltheissen von Bonames doch gestattet etwa gehauene PfU
in der Mai'k zu holen^ bis zum nächsten Märkerding aber nicht weiter
zu hauen. — Mglb. E. 29. 11^ S. 103.
Diese ^Schlössen und Flecken* haben bereits im 16. Jahrhundert
einen Vorrang vor den übrigen Ortschaften eingenommen, besonders
wol desshalb weil in ihnen die verschiedenen Begierungen der zur
Mark gehörigen Ortschaften eine Vertretung fanden. Sie bildeten
den Ausschuss der in mancherlei Weise eine Thätigkeit entwickelte^
namentlich im Bechtsprechen und in der Verwaltung der Mark. In
älteren Zeiten gehörten dazu Homburg, Oberursell, Bonamesa, Keif*
fenberg, Hatstein und Pfraumheim; aber bereits im Jahre 1594 sollen
die Märkermeister vor dem Waldbotten und den fünf Hauptflecken
Bechnung thun. Hatstein wird von da an nicht mehr unter den be-
vorzugten Ortschaften genannt. Noch im Jahre 1545 als die Märker
Eingriffe des Waldbotten in ihre Gerechtsame befürchteten, hatten
sich die Solmsischen, Hanauischen, Frankftirtischen, dann Juncker
Friedrich von Beiffenberg und der von Hatstein mit einander ver-
glichen, und einen Tag zu Frankftirt im Predigerkloster angesetzt,
daselbst zu bandeln wie sie das Instrument wollen helfen handt haben.
„Und aeind die nachfolgend Dorffer und Flecken zum Ausschuss ghen
Homburg verordnet: Homburg, Obemursell, Bonamesa, Beiffenberg,
Hatstein und Ffraumheim^ ^^
Es kann hier nicht daran gedacht werden Verzeichnisse und
genealogische Aufzeichnungen des Adek in der hohen Mark zu
geben, das würde dieser Arbeit sehr ferne liegen; es soll nur das
Verhältniss des Adels zum gemeinen Märker berührt werden.
Einen bestimmt ausgesprochenen Vorzug in der Nutzung der
Mark vor dem gemeinen Märker hatten die Edelleute in älteren 2jd-
<9 Vergl. über den Untergang der Barg Hatstein : üsener, Ritterburgen
S« 180, IL ff.
— 281
\
ten nicbt Es wnrde aber doch eine gewisse Bücksicht auf sie g^
nommen, um so natllriicher als gerade der Adel die Vork&npfer
Keferte^ wenn es galt den Anmassnngen des Walpotten entgegenasu-
treten. Ans den Edelen wurden anch meist die Schulibeissen be-
stell^ entweder ans dem Adel der Mark selbst, od«: der Umgegend.
Analissige; in 'der Mark gegndete Edelleute sollten vor andern zn
M&rkermeister gew&blt werden. So finden wir im Jahre 1401 Henne
Olemm von Hoenberg und Heinrich von Beldersheim; 1545 Georg
von Bellerßiejm Amtmann jsu Nidem Jrl^ach; 1578 Philips Wolff
von Pfrannheim Amptmann au Eönigstein, derselbe im Jahr 1595
als Mftrkenneister. Ausser diesen kommen noch vor: 1401 einSifiidt
von Stierstadt, Fritaohen Olenmi und Damen von Pmmheim, die
Franken von Hexstat, Henne von Delckelnheim, Wilh. von Bomm^r»-
heim, Jacob von Cronberg, Balthasar von Eschbaeh, Job. von Bus*
seck, n. a. m.
Besonders sind es, neben den Brendel von Hombni^, die Jmiker
von Beifienberg and von Hatstein welche in Stämmen auftreten^
ähnlich wie der gemein Märker in Ortschaften. So heisst es dass
1545 angegen gewesen von wegen des Stamms Brendel, Johann
Brendel der ältere von Homberg d. h. Beichs Burggraf snFridb«^,
Job. Brendel der jtingere von Homberg, von wegen der Stämme
Byffenberg nnd Hattstejn erscheinen aber Pfarrer und Schnltheiss.
Ebenso anch 1541 waren erschienen anstatt des obersten Walpoden
der ehrenvest Ohristoff von Hatstein, Amtman m Königstein, dann
Oonrat von Hatstein, Bitter, Vitzthnmb zn Mainz von wegen des
Haqs Hatstein, nnd Johan von Beiffenbergk von wegen des Haus.
Noch im Jahr 1607 erschien ein Daniel Brendel und Job. Eittel
Brendel von Homburg, der Schnltheiss zu Erlebach und der Bitt-
meister von Homburg Brendel werden au Märkermeistem erwählt
Im Jahre 1578 heisst es, nachdem die Geschickten der Herrschaften
aufgezählt worden, letzlich waren erschienen ^beneben den gemeinen
Märkern Johann Brendel von Homburg und Burckhardt Engelbrecht
von Hattstein als Mitmerker'.
Wir finden diese beiden Beiffenberg und Hatstein bald unter
denen vom Adel aufgeführt, bald unter den Herrschaften. Als der
Keller von Homburg 1541 einen Ausschuss bestellen wollte ^sindihm
die gemelt^i Herrschaften Sohns, Eisenburgk, Frankfurt, Hatzstein
und die Unterthanen in die Bed gefallen^.
Die Hatsteiner und die Beiffenberger abgeschieden von der übri-
gen Welt haben sich auch nicht viel um deren Anforderungen be-
kümmert Im 15. und 16. Jahrhundert fehlte es nicht an Beschwer-
- ^M2 -
den der Märker gegen dieaelben ; bo auf Mitwoch oäcbst nach dem
b. PfingBtti^p^ 1484 eine Beschwerde gegen die yon Biffemberg die
eüieh in der Marg gefangen und g^ftndet haben. Im Jahre lildl
abennalB ein Mftrkerding gehalten wegen der Irrung mit den von
Biffemberg „den abgezogen Walt" betreffend« Zugegen waren die
Abgeordneten von wegen Hanau, SohnSi Königslein, Frankfurt, dann
J. von Cronberg wegen Nidem Heckatat (?), Marqwart von Hatstdn
Yon wegen des Schloss Hatitein, Gilbrecht Yon wegen des Sdiloss
Biffenbei^. Sie beschliessen einen Umgang wieder su halten, und
yfiy jede herschafi ufs getrost sie künnen kommen und erschinen^',
auch die Jungen allenthalben mitnemeU; darmit der Umbgang m
Gedechtnits bliebe. Im Jahr 1600 baten die Beiffenberger um Hegung
des SchartterwaMto, die Mirkermttster erwiderten : die Beiffenberger
theten den mehrsten schaden, und sonderlich die uff Beiffenberg g«>-
legenen Soldaten.
Die Brendel, welche beaonders bei Senlburg begütert gewesen,
sollen auletat im untern Sdiloss bu Homburg gewohnt haben, 1630
oder 1636 ausgestorben sein. Die Wolff Ton Pfraumheim ^ erscheinein
noch um das Jahr 1600 auf den Märkerdingen, so 1600 Philips Wolff
von Pfraumheim. Er schdnt aber keine vorragende. Stdlung dabei
mehr eingenommen zu haben. Als man ihn nicht sum Ansschuss
berief sagte er, dass er mit darunter g<^öre „wolle sich untermen^^
gen, wie maußdreck undem Pfeffer^^ Er beschwert sich dass num
die Adelspersonen nicht aum gemeinen Zechen siehe. Gheorg Bren-
dell von Hoenbui^k affirmirt, dass solches also herkommen und billig
geschehe. Im Jahre zuvor aber heisst es von Phil. Wolff von Pranm«
heim es sei uff sein Ansuchen an sein gesetzten büßen der 8 fl.
zwei fl. nachgelsssen.
Der Walpode hatte sich nur von dem Landman oder dem ge*
mein Märker seine Bechte und Herrlichkeiten weisen zu lassen;
Strafen mochten ^ der walpode und der lantman'^ mildigen, aber bei
der Wahl der Märkermeister waren die Edelleute in mancher Be-
ziehung bevorrechtet: j^Wen die Edelluto und der lantman uff St
Eathrinentag zu Markerm^tem kiesen, den hat der Walpode zu
besteifigen^. So geschah es im Jahre 1401. Auf demjtfärkergeding
von 1438 gingen die Edelleute beiseite und auch der lantman, und
besprachen sich und wählten die Märkermeister. Der lantman ge-
dachte auf Anstiften des Kellners von Homburg dreie zu wählen da-
^ Vergl. Aber dieses Geschlecht, Dr. Ealer* im Fftr. Archiv fttr Gesch. 6
Hfl. S. 110.
- 28* -
mit die Mark besser bestellt würde, die Edeln aber wühlten zwei
„Heimen von Delckenheym hie £ese syt de hoe und Cunen von
Biffenberg hinsit der hoe", und meinten dass man es bei den ssweien
liess bleiben, wie es von altem Herkommen wlbre, und hi^ssen die
Landleute hinter sich treten und darauf besprechen. Als ne sich be*
sproehen hattm ^ensählte der Schuhheiss zu (fehlt der Name des Orts)
von der Landleute wegen wie sie meinten dass dieEddn es. als gerne
gut sähen als sie, und wollten es auch bei den zweien lassen bleiben,
wie die Edeln gekoren betten." -- Mglb. E. II. & 93.
Nach dem Weisthum von 1484 soll man kiesen zu Märkermeis-
tern aus den Edeln die in der Mark gesessen und gegut seien. Mag
man d^ nicht haben, so soll man kiesen aus denPriestem, ma^ man
auch der nicht han soll man kiesen aus denlantmannendiefUmemst^L
und niltzigsten.
Noch im Jahre 1541 traten die Edeln ,^o von Jre Person sdbsl
wegen, vom Adel zugegen" zugleich mit den Herrschaften g€^en die
Gesandten des Waldpotten auf, begehrten zu wissen ob dieser der
Cremark merklichen Sehaden, gethan mit Abhauen von Eichenbäumen
aus welchen viel taus^id Zaunsteoken gemacht die I^^ Gnaden apisser
der Mark verbraucht; solche Büge hätten sie in den Bflgezetteln
nicht Vliesen hör^i, ob solches mit Wissen des gemein Märkers
oder der Märkermeister bescheen, ob sein Gnaden auch solchen
Schaden verbüsset? Wenige Jahre nachher aber stimmen auch die
Brendel, die Herren von Bommersheim, von Pniumlieym, wie die von
Beiffenberg und von Hatstein den unheilvollen Beschlüssen bei^ welche
das alte Becht der Mark vernichten halfen.
Damals schwand das Ansehen der Edelleute. Auf Mitwoch nach
Pfingsten 1668 begehren die zween Stämme von Beiffenbergk und
Hattsteyn Anzmg, warum die Märker ihre ünterthanen die Beiffen-
bergbchen und Amßhainer aus d^ Mark geschlossen; zum andern
warum nicht die Märkermeister aus dem Adel gewehlet würden; zum
Dritten aus was Ursachen ihnen gewehret wdll werden Säuheoken
im Wald zu machen? Der Amtmann von Epstejn erbietet sich zum
Versuch die Irrungen in Güte beizulegen, dagegen die ssween stamm
„dieweil die andern gahnErben nit vorhanden^^ wollen sich in keine
gütliche Verhandlung einlassen. Die Märker ihrerseits heben hervor
wie die Bei£fenberger die Ausschliessung verdient; sie bemerken
dann : es sei im Instrument geordnet dass Merkermdster vom Adel,
in der Mark gesessen, sollen gewählet werden, j^Inen eey aber auch
ufgelegb sie sollen zytlich in den Walt ryten und zusehen , dass die
Förster Jres dienstes flüssig und treulUi warten; Dwjl aber solchea
— 284 —
Ton etlicheii unterlassen und auch im Instrament versehen, wo man
solche Personen vom Adel nit haben möge, soll man Yon Priestern
oder von andern redlichen Märkem nehmen, so hab man etliche Jar
her redliche Personen aus den Merkem gewehlet die der Mark zum
treulichsten sollen ftirstehen. Es heisst weiterhin zur dritten Be-
schwerde: ^soviel die sewhecken belangt, hab der öberst Waltpot die
Vorjagt in der Höhmark, laut des Instruments, demnach mögen die
Merker auch jagen; zu solcher jaget mög der Waltpott Hecken lassen
machen, sust wissen die Mercker nit dass Jemant andres hecken hab
zumachen. Wan ejn jeder merker sjntsgefallenswöll hecken machen,
so betten sie des Walts nit genug^S Mglb. £. 29. III. — Nicht lange
nachher, im Jahre 1578 bringen die Beamten des Waltboten vor,
dass etliche Märker, sonderlich aber die vom Adel sich des Wild-
schiessens gebrauchen, dazu eigne Schlitzen halten sollen, welches
dem Instrument zuwider sei, sie hätten sich des Schiessens in der
Mark gänzlich zu enthalten.
Im Anfange des 17. Jahrhunderts (1602) übergaben die wenigen
noch vorhandenen adelichen Mitmärker den beiden Märkermeistem
und den gemeinen Märkem Beschwemngspuncte. (Mglb. E. 29. IV.
S. 26.) Das Instrument bestinmie, dass aus den adelichen Mitmerkem
oder geistlich, da man derselben haben könne, Märkermeister zu er-
wählen seien, dass sie auch zu den Berathschlagungen gemeiner Mark
gezogen werden soUen; etliche Jahre hero seien aber dem zuwider
nicht allein gemeine Personen zu Märkermeistem erwählet, sondern
auch der adliche Märker von gemeiner Berathschlagung gänzlich
ausgeschlossen worden. Sie begehrten dass jederzeit aus den adlichen
Märkern einer zum Meister erwählet werde ; dass auch die jährlichen
Rechnungen zur Prüfung den adlichen und andern Mitmärkem vor-
gelegt werden. Sie machen Vorschlag wie Ersparnisse durchgeführt
werden könnten, die Aufsicht im Walde geschärft Darauf beschliesst
aber der Märker: die vom Adel würden sich dem Instrument gemäss
zu verhalten wissen, sie seien mit dem Ausschusse zu Rath gegangen,
ausser den Versammlungen hätten nur die Hauptflecken zu deliberiren.
Die Bechnung abzuhören stehe allein bei dem obersten Waldpotten
und den Hauptflecken. Burghard Engelbert von Hatstein habe wol
etwas in Vorrath gebracht, andere vom Adel aber hätten den Vor-
rath nit gebäufet sondern durchbringen lassen. Den Becess betreffend
hätte der Märker lieber nichts wünschen mögen, als dass Philips
Wolff von Praunheim, der Caspar Jeckel succedirt, dero Zeit ein
schärferes Aufsehen gehabt, die Bechnung so liederlich nicht appro-
birt oder unterschrieben, sondern die Becessschulden ausgetrieben
— 285 —
hfttte. Endlich sei in dem Instnunent nichtB ra finden, dMs die vom
Adel mit der Beholzigang nnd Eintreibnng ihrer Sohweine cur
Mastong vor andern Mftrkem berechtiget, sie lassen'a bei solchem
Herkommen billich verbleiben da die vom Adel in Markbeschwerung
mehr nit dann andere gemeine Märker contribuiren»
Als auf dem Theidigungstage am 28. Juni 1608 der Kellner zu
Vilbel sein Begehren wiederholt, dass von der Schwein rügen abge-
standen werde, erkennt der Märker „den Besitzer des Hauses Vilbell
fbr einen M&rker, und Niemandts weitter^ und weisst ihren Besitzer
auf ^das Instrument und die Markordnung ^zuversichtlich , er sich
daran begniige und keine Neuerung veranlassen, auch der verwirk-
ten Bußen halben sich mit ihm aller gebttr abfinden werde, damit
nicht Noth sei andere zulässige Mittel gegen ihn an die Hand zu
nehmen.*
Von weit geringerer Bedeutung als in der hohen Mark war der
Adel in der Seulbmrger, Erlenbacher etc. Mark; doch auch hier
hatte er gewisse durch sein Auftreten und Benehmen bedingte Ehren-
vorrechte. Bei den Strei%keiten über die M&rk^rmeister Wahl
erklärten die gemein Märker im Jahre 1482 sei auch ein alt Herkom-
men, wann ein M&rkermeister sein Amt aufgestabet habe, were der
ein Edelman in der Mark der darum b&te, den sollen die Märker
darzu uffnemen, were aber kein Edehnan der darum bitten wollte,
were dann ein Pastor in der Mark der darum bftte, solle ihm gelas-
sen werden. Die Fassung ist hier eiue andere wie in der hohen Mark:
einem Edelmann der um das abgegebene Amt wieder bittet, dem
soll die Bitte nicht abgeschlagen w^den'^.
In der Markordnung von 1Ö88 ist bestimmt dass Sontags nur
grün Holz, Freitags nur dürr Holz gehauen werden solle, jedoch den
Burgsessen und Herrenhäusern hiermit nichts gewisses vorgeschrie-
ben werde ydann dieselbe uff gewieße tag nit gebandt sein soUen^^
Im Jahre 1501 ist dann beigefügt, dass jeder nur einmal des Tages
fahren dürfe, wer ausserhalb der Wittage „under dem schein der Bürge
Holz bei sich in seinen Hoff führe^' solle gestraft werden. Schon im
Jahre 1599 findet sich aber : soviel die Burgsesse anlangen thut ist
>i Qew5hnlich sind es nur die unteren Beamten welche um ihr Amt bitten,
die Förster, der Schreier, wie hent su Tage noch in der Sohweis der Weibel
und der Landschreiber. Die obersten Xarkbeamten werden, in den spfiteren
Zeiten wenigstens, ohne dass sie desshüb bitten, gew&hlet. So noch jetzt auch
in der Schweiz die Lsndsmmftnner welche von andern in Vorschlag gebracht
werden.
— «86 -
besehioBsen daM der Ober Herr Waldpott nf gewiste Tage nicht ge-
baadet, noch ihme Maaß und Ziel färgeschrieben sein solle; aber die
Petterweiler Burg soll ihr Holz „wie vor Alters oof die vier fron-
fasten lassen atisfkihren , und weiter bu thun nicht macht haben^ bey
der straffe in gemeinden Verbrechern geordnet; so oft einer darüber
mißhandlen und bedretten wirdt*. 1601 wird festgesetzt: „Waß dan
die Nieder-Erlenbacher etc. bürge so anjetzo durch des Pfarher do-
selbsten besessen wird, und wdchem man auf eine sonderliche Gerech-
tigkeit von deswegen im Walde zuzueignen sich ahnmaßlich unter-
stehen wUl, anlangend deroselbigen und ihrem Besitzer gestehet man
weiter nicht als sonsten einem gemeinen landman und Mftrker, und
«oll keinem mehr als ^mal uf obangeregte Wittage zu fahren erlau-
bet sehL'' M^b. E. 30. UX
Als sich die Betroffenen beschwert, bemerkt die Waldordnung
des Jahres 1602 : „ob nuhn weil der Gtrnß zu Sollmß uf seines ver-
storbenen Eelners zu Petterweiil anregen, wie auch die Statt Franck-
furth gegen diese Verordnung des Burgholzes protestiren und ein
vermaint Hehrpringen anziehen liefen, mit Begehren sie darbei unge-
bant pleiben zu lassen. Dieweil aber der Wald in kurzen Jahren
sehr abgenommen, und war deswegen ,dem Märker soviel als etwa
bishero beachehen nit mehr verstattet sondern abgebrochen worden,
und dann die beide angeregte Burgsesse vermöge des Instruments
mehre Gerechtigkeit als ein ander Märcker nit hergebracht ; zu dem
auch 4ie Nieder Erlebächer barg bei Menschen gedenken in 50 und
mehr Jahren kein exercitium gehabt, noch sich dessen mit fugen und
gutem gewiesen rühmen kann, so ist ihnen ihr begehren rund abge»
schlagen, auch die vermeinte protestationes auf ihrem unwertb und
es bey dieser Ordnung gelassen werdenn/^ Ein ganzer Band (Mglb.
E. 42. No. 33.) umfasst allein den Streit über diese behauptete Ge-
rechtigkeit aus den Jahren 1601 — 1605, Dr. Schacher stellt den Satz
auf, die Beholzungsgereohtigkeit sei durdi non usum nicht erloschen,
es handle sich nicht um servitus in re aliena, sondern um jus
in re propria, das oondominium in der Mark. Nach der Ordnung
von 1598 sei die Burg an gewisse Tage nicht gebunden, das könnten
die Märker nicht willkührlich abändern. Weitere Verhandlun-
gen wegen der Burgsitze und der ungebanten Behokignngsge-
rechtigkeit folgen im Jahre 1607 auf dem Bathhause zu Seulberg.
Der Bath hatte dazu Johann Adolph Keller, Schöffen und des
Baths, sowie den Sjndicus D. Casp. Schacher gesandt; die Mär-
kermeister und der Ansscbuas der. sämmtlichen Dorfsohaften Seul-
berger Mark hatten einen Beistand in der Person des D. Andres
— 887 —
^n ^nm Fiidbei^ sngesogen. Nachdem die Bolms'Kdieii ihre
Gewalt überreicht^ zeigen Bie «&, dasB ihr gn. Herr beim Beiohibef-
rath rechtlichen Process ausgebracht^ wollten dieselben Proteatirt haben,
daaa durch diese gütlidie Handlung der Klage nicht al^eiagt aei.
Dieee wird articulirt verlesen: 1) von des Dorfs Peterweil Gelegen-
heit, 2) dass dasaelb Ysenburg und Sohns mit aller Gerechtigkeit
ogenihümlich zustendig sei. 3) Von Gelegenheit der Senlberg und Erle«
bacher Mark. 4) Dass Sohns darin die Beholngangsgerechtigkeit und
6) selbige flir sich, seine Keller und das Bnrghans herbracht habe;
6) und selbiges ohn dnige Verbannimg. 7) hettens Merker nie gefoob-
ten, 8) hette ihtien anch keine Contradiction gebliret, 9) seien zwar
etwa Waldordnungen gemacht worden, 10) dabei der gemein Märker
gebaut; 11) ausgenommen die Burgsitz, 12) conseq. seien dieselben
in ihrem Besitze des Unbans gelassen worden, 18) doch haben sie
sich gegen Umstand und Keller zu tnrbiren, 14) dieselbe PfSsrde
imd Wägen abgepfandt, 15) einen Bnrgmeister von Pettarweil ge>
fangen, 16) den PetterweUer ihre Schwein ausgetrieben, 17) es hette
sich ab^ Solms nit wollen teglifaiiren oder verdrängen lassen sondern
meinen Besitz contmmrt, 18) Mercker wollten aber noch nit abstehen,
bitte deshalb dasselbe im Besitz zu schtttzea. Die Märker uamen
nach Verlesung der Sehrift ihren Abtritt und bedachten. Sie erwie-
dem dass firüher ein jeder Märker nach Bdieben beholziget^ später
sei wegen Holzmangel Wittage gesezet wollen. ^Sollte Sohns gegen
solche Ordnung gehandelt haben, so sei es dann geschehen und dar*
gegen auch gepfendt worden." Auolf die andern Artikel werden in
Abrede gestellt oder gedeutet. Die Frankfurter Abgeordneten, wel-
chen auch das Becht in dem Ausschuss zu sitzen bestritten worden ^,
hatten sich entfernt. Sie erfuhren nachher durch den Schultlieiss zu
Nieder-Erlenbach , dass die Märker sogleich nach der Frankfurter
Geordneten Abscheidt ein ander Sprach angefangen , der Burgk Pe-
terweil und sonst keinem Burgsitz eine ungebante Gwechtigkeit
einlräumen wollten, doch so dass die Herrschaft solches nit als eine
ewige Gerechtigkeit habe, sondern dass solches nur aus gutem Wil-
len geschehe, und die von Solms an die jährlichen Waldordnungen
gebunden sein sollten. Er, der Schultheiss habe ex paile Senatus
widersprochen, es gäbe dies nur Veranlassung zu ewigem Geztok.
Mglb. E. 30. 4.
» Auf dem Aosschnsstage am 25. Mai 1604 zu Senlberg hatte der gem.
Mftrker begehrt, der Abgesandte des Raths möge anders nicht, detln als
„beistand des dorflb Nid. Brienbaoh** der Session beiwohnen.
- 288 -
Ln Jabre 16SM veiAiAiifte der Frankfmier Bath die Nieder-Etlen-
bacher Burg mit dem dazu gebörenden Gellinde an den Herrn von
GUubnrg; (Mglb. E. 48. No. 1 und 6.) Der ScbnliheiBs Job. Tob.
Lampert bescheinigt am 16. Sept 1789, dass die Gemeinde Nieder-
Erlenbach nicht nur seit dem Jahre 1769, m welchem Jahr er das
SchnltheisBen-Amt angetreten, sondern bereits viele Torherige Jahre,
denen hochadlichen Besitzern der Burg aus der hohen Mark jährlich
sechs Wagen Hoks, jeden Wagen mit 4 Stück Vieh bespannt, zur
Frohnde in die Bm^ gefahren habe. In dem genannten Jahre 1789
aber trieb der Waldschraer Hasch auf Befehl des Märkermeisters
zu Ober-Ursel zwei Pferde des Herrn Oberamtmann ▼. Glauburg
zur Strafe ein, und es wurden dieselben nicht eher losgegeben bis
Strafe und Unkosten mit fl. 20. 41 kr. entricktet waren. Der Eigen-
thümer wandte sich an den Bath, ihn in der verkauften Gerechtsame
zu schützen. Der Mürkermeister Siebold von Obemrsel verthetdigte
seine Handlungsweise, die Gerechtsame sei nicht erwiesen, das pos-
sessorium nicht bescheinigt, selbst die ,,Darmstfidtbchen Prinzen-
höffe zu Nieder-Eschbach^ verlangten kein weiteres Becht ab jeder
andere Märker verlangen könne.. Die {brsüich Hessische Begierung
zu Homburg, an welche man sich nun wandte, versprach, dass das
Anliegen des Burgbesitzers bei dem nftchsten Markkonvent in Ueber-
legung genonunen werden solle ; verwiess aber zugleich auf Märker-
gedings-ProtocoUe von 1517, 1601, 1602 und 1608, nach welchen denen
vom Adel wegen ihrer Güter kein Vorrecht in der Mark einger&umt
werden soUe. Da Herr Obenufttmann v. Glauburg auf dem Märker-
ding 1791 sich nicht meldete, blieb die Sache liegen.
Die Geistlichen. — Auffallend ist der geringe Einfluss wel-
chen die Geistlichkeit in den Angelegenheiten der hohen Mark gehabt,
und wie überhaupt jedes äussere Zeichen einer Gottesverehrung dieser
fremd geblieben ist. Kein Kreuz ist darin errichtet^, und auch die
Benennung einer Gegend am Lindenberg : ,,an der Magd-Kreuz^^, soll
an ein Verbrechen erinnern. Nur eine einzige Stelle in der Hohen
Mark ist als eine heilige bezeichnet. In den Markumgfingen, z. B.
von 1586, gelangen die Märker hinter dem grossen Feldberg bei dem
kleinen Bettstein an das Feldchen „heiligen Wald" genannt „Ein
Stein so noch gesetzt werden soll, oben am Eck hejligen Walt
genant, ist der 5«, der 6. Stein zwischen dem AmßhaTner Walt
» Dss rothe Kreuz liegt nieht in der hohen Mark.
— 389 —
und d«m kleinen Bettetem.^ Der 8» Stern weiter binanier swiBchsn
dem kleiiien Bettotein und dem heilig Wald. y^Fortun Ton dem J^imn,
oboadig dem hebmg Senfifen, binsnff am heiligen Walt ^^ imd Faulr
berg ein Stein/^
Wol scheint es, daes der Abtahof bq EBchersheim; jtoseitB der
Nidda gelegen , einer besonderen Begünstigung gewürdiget worden^
diese ist aber. andern geisdichen Anstalten^ z. B. dem Kloster Thron,
jenseits der Höh, nicht geworden. Auf dem Märkerding von 1549
wnrde beschlossen : weilen die Tom Thron mit ihrem Vieh in die
Mark treiben, auch Wellen daselbst machen^ ist den Förstern befohlen
sie zu pfilnden : ^^wöUen dann die Thröner nnsem Förstern die andert-
halben Gulden Oelts so sie Inen bis daher jerlich zu geb^i pflegten
fürthers mit geben, so mögen sie es unterlassen, dan die Merker wol-
len nitlyden da0 der Förster halben den Aufimerkem ejniebe gerech-
tigkeit in der Mark gestatei werd.'^ Mglb. £. 29. üb S. 135.
Wmter wird bemerkt im Jabre 1667, die Jungfern zum Thron hat*
ten gebeten ,,Inen zu grannen daß tie mögen mit Irem Yiek wen-
den, und weilen machen in der Höhmark an etlichen Orten so den
Merken entlegion syen. Solchs Inen abgeechlagen, wie hiebevor im
Jar 1549 aueh geschehen^.
Priester werden in den Verhandlungen der Hohen wie der Seul-
bnrger, Erlenbacher etc. . Mark fiiet nur genannt als Zeugen. So
namenäioh bei dem feierlichen Märkerding bei Oberursel im Jahre
1484 Nur die Hatsteiner und Beiffenberger senden, weil sie sonst
keine geeignete Beamte hatten, ihre Capeliane auf die Märkerdinge.
So wird 1586 eu dem Aussohuss nach Homburg geschikt * Georg
Betseler Oapelan zu Beiffenberg, 1545 zu dem Ausschusstag Herr
Jorg.«..P£arrher wm BTSSenberg und Hans . . . . Soholthes daseibat.
Neben den Edelleuten eraUten auch die Fastoren vorzugsweise
berüeksiofatigt werden bei der Wahl der Märkermeister: ^were aber
kein Bdehnan der darum beden 'wollte, were dann ein Pastor in
der Mark der darum bete, sol im gelassen werden.'^ Nur ein ein-
fligesmal aber findet sieh ein Pastor bei der MSrkermeisterwaU berück-
sichtiget Im Jahre 1485 während der Streitigkeiten des Waldpoten
bei diesen Wahlen in der Seulbiurger, E^lenbadier etc. Mark haben
die Yon Petterw^e, Nydem Irlebach und Ober Irlebach gehöre»
den Paalor ütt Obena Irlebaßh, die vy)n Qulczhusen, Eoppem und Sul-«
^ In der Seal)). Erlenb. Mark wird in ähnlicher Weise beim Umgang 1593
ein »»heiliger Acker'' bärllhrt, bei demselben stehet der SS. Hänfen ; unten am
heiligen Aeker naok der RegeUbaoh zv, der 9L Haiii^ Mglb. B. dO. IV. -^
' 19
- 290 —
borg aber Erwin Dogel« Ak aber die von Pelterwyle gehlM haa
daß Erwin Dogel von den Eppenstrinem gekom were, lo stundea
sie von dem Pastor und koren auch Erwin Dogel, damit er die Mehr«
heit gewann. Mglb. E. IT» S. 152.
Im Jahre 1583 1^ der Kriler von Hombuiff den Entwurf zn
einer neuen Ordnung Yor; in demselben heisst es sum zwöUSken, die
Erwehlung und Eiesung des Merkermeister anlangend: man solle
wehlen, so maus kann, aus den Edeln die in der Mark gesessen, oder
lantman die Vornehmsten und nutaestea. Der Fastoren wird nicht
mehr gedacht
Auch die Bevorzt^fung der Pastoren in Betreff der Jagd war
wol nur noch ein AnUang aus einer vergangenen, roheren Zeit Schon
im 15. Jahrhundert findet sich keine Spur der Benutzung vor.
Wie der Bereich der ^emaligen Höhmark staatlich zertfaeilt und
in Stückchen zerrissen ist, so auch in Folge dessen der kirchliche
Znsammenhang. Nach der Beformittioa wurde in dem einen Dorf
die hiliierisdie Predigt eingeführt, in einem andern daneben wurde
▼on Churmainz die Messe wieder hergesteQt, in ein^i dritten stritten
Lutheraner und Beformirte um die Kirche. Dies z. B. in Ober-Escli^
bach, wo die Kirche den letztern zugesprochen wurdi», weil der Lan-
desherr dem Olaubeti der Beformirten zagethan war. Die Lutheraner
bauten sich eine neue. In Oberursel wurde im Jahr 1604 die luäie*
rische Kirche abgeschafil, Pfitrrer und Sohuldiener verwiesen. Die
Menschen wurden nicht dirum gefragt was sie glaubten, es
wurde ihnen vorgeschrieben was sie glauben sollten. In den Dör£mi
und auf dem Felde erhoben sich Denkmale welche den daseibat
herrschenden Glauben vor Augen stellten, selbst dicht am Walde
wurden solche errichtet ; aber drinnen in den grünen Hallen, wo die
gefiederten Sänger das Loblied ihres Gt>ttes fk>öhlich erschallen lassen,
da verstummte das Kirchengeeänk, da herrschte gleiche Berechtigung,
da verdttogte keiner der Landesherren den Glauben des Ander»»
denkenden.
Es findet sich noch ein Tbeil der Hohen Mark an der jdteii
Strasse nach Webrheim, unterhalb der Sasiburg, mit der Bezeich-
nung „der EinsiedeP. Dies hat aber wol , obgleich es von den Be-
wohnern der Umgegend so gedeutet wird, mit einem Einsiedler, der
zu ein^m ernsten, beschaulidben Leben sich in- den Wald zurtlckg^
zogen haben solle, nichts zu thun. Einsiedel oder Einläufiger war
ein Mann der kein Feld bebaute.
Der Juden wird in der Hohen Mark nur ein einzigesmal gedacht
in einem Schreiben ab «n jüdischer Verbrecher gestfaft werden sollte.
— J91 —
Auf den Hirkerdiiigeii; bei den Umgangen; bei Strei%keiteii wird
ibrer nie erwfthnt Als es snr Theilnng der Mark kam, haben die
Obrigkriten einen gewissen Bmchiheil per Kopf auch der Jaden
wegen beansprucht nnd ausgewirkt Der Hakdel wies sie nicht in
den Wald; auf die Höh; sondern naek der Stadt. Nur wenn' sie
gestorben waren wurden sie kinau^eiaragen auf die stÜleU; einsam^i
Bnhepiätse in oder an dem Walde. Der Begr&bnissplatE oberhalb
Seulberg; am Dachacker^ disnte fbr die ganze Umgegend besonders
Ar Homburg; Holzhausen bat einen besonderen Fiats bei der ver-
fUlenen Burg; Falkenstein und Cronberg hoch oben im Walde, Hed«-
denÜHun am Harktplaits der Terschwundenen Bömerstadt
Der Waldbott — Von der höchsten Bedeutung und schon
im Namen als oberste Person in der Mark bezeichnet; war der
Oberste . Herr und Waldbott oder Waltpode. Ob dieses Wort von
Wald oder aber Ton Qewalt herzuleiten; ist wol nicht zu ermitteln,
die wechselnde Sohreibwebe gibt uns in dieser Beziehung keinen
Aidialt; es wnrd z. B. im Jahte 1401 ebensowol Waltpott wie Wal-
pode und Waldbot geschrieben. Bei den Streitigkeiten um das Jahr
1700 berühren die M&rker in einer Gegenbeantwortung auch diesen
Nainen. Der Besitzer des Hauses fiomberg heisse nicht nur oberster
Herr; eohdern er werde genannt ein oberster Herr *und Walpott.
Beide Beaeiehnungen seien nicht zu tramen, sondern ein und das-
selbe. Waldbott sei forestarius; saltuarius. Ein solcher sei schon
aano 621 von Dagobert; dem Kdnig der FraiAen bestellt worden
die Meereskttste gegen die Konnannen zu schütaen, wie solches in
den Oem|U3hem des Bassenkeinnsohen Hauses vetustis et fugientibus
Kiteris aa%0zeichnet stehe; gegen die B&uber in den Wmdem seien
sie gesandt gewesen; so sei ein oberster Herr und Waldbott nichts
andmrs als ein oberster Mürker, dem das Directorium mid die Ob-
sieht auf die Mark und deren Ordnung aufgetragrai wordcQ; ein
Schutz^ und Schirmherr welchen die Mäjrcker au dem Ende erwfthlet
haben, damit er sie ge^en alle Gewalt schütze. Damit habe er^ so
heisst es in der Beantwortung weüer; noch keine Jurisdiction erhal-
ten. Nach dem laetrument bitten die Marker dem obenteü Wald-
botten seine Herrliehkett in der Mark zu weisen, er besitBe nieht
mehr BechtC; als ihm von den Märkem eingeräumt worden; diese
hätten das rechtliche Eigenthum, er selbst könne die Mark nur
mit Bath der Märker besteilen; haue er in der gebückten Hege
auf der Strassen, so äoUe er dem landmanne büßen; die erwählten
Märkermetster könne er nicht zurückweisen, nach dem Instrum^it
19*
— 29» —
habe er sie zu beetfiligen; der Eid defBelben sei aU^ Mf die Ifark
gerichtet; das Märkergeding werde geheget im Namen dee oberstea
Waldbotten und der gemeinen Märker.
Hiergegen lässt sich aber gar Vieles anführen« Schwerlieb hahes
die Märker selbst den Waldpotten gewählt^ ihm Sehnte nnd Sehirm
der Mark gegen Bänber übertragen. Auch nicht eine^nr findet sich,
dass er die Obei^walt im Kriege, oder zur Veräieidigung gehabt.
Als er die Märker zn den Wolfsjagd^i bestellte, fand er den he^
tigsten Widerspruch. Die Mark nmfasste zwar früher au<^ die Doif-
scbaften selbst, der oberste Herr und WaUbott war aber nur ftr
den Wald selbst eingesetzt Dafilr sprechen die AusdHioke' „obemter
Märker' und auch „Oberwaldpott^^ (Seulb. Erl. etc. Wästhum von
1493. Mglb. 30. No. 4)
Als bei den Streitigkeiten über die Wahl und Einsetzung der
Märkermeister längere Zeit die Mark unbestellt geblieben, waren es
die Herrschaften die das Märkerding zu hegen untemamen. In Be-
treff der Ausmärker hatte der Waldbott unbestritten die Bestrafong
der Waldfrevel und den Eintrieb der Frevler, auch bei diesen heisst
es aber, dass der Waldbod mit ihnen leben mag wie er wolle „ane
den dot und lemede^.
Es ist alle Wahrscheinlichkeit dafür dass die Einsetzung des
Waldboten ein' Werk der Fränkischen Könige ist In dem Auftatoe
über die Hohe Mark, im ersten Bande dieses Archivs, ist wied^diolt
auf den innigen Zusammenhang derselben mit dem Deutscheil Reiche
selbst hingewiesen. Nicht Wunsch und Bedürfiiiss der Mäcker führte
die Einsetzung herbei, sondern das Streben des Königs jeine Gewalt
zu festigen. Alles was das Eigenihum der Märker an der Marl( be-
traf, die Verwaltung, die Nutzung, selbst die Aufticbt Uii^b dem
Märkerding vorbehalten ; der Waldbott aber hatte das Mätkergediag
zu hegen, in dringenden Fällen ein solches zu berufen, er hatte
die obersten Beamten der Mark zu bestätigen, sie nöthigen£alls bei
der Ausübung des Amtes zu schützen und zu sebirmen; sie aber
mussten ihm der Mark wegen geloben ^^ EndBeh stand ihm der
Wildbann und das Strafredit über Ausmärker zu. Weiter ange-
sprochene Amtsredite waren nicht unbeatritttti, namentlich dies nicht
die Ausdehnung des Biehteramtes und der Blutbann. Ueber die sur
» So auf dem Märkergediag der hohen ICark im Jahr 1488 : globete Cane
von Riffenberg Jörgen Brendeln . . an des obersten Walpoden Stadt Jn sin
hant, der marg getruwelich für zu sin, und sie zu schozen und zu schirmen als
ferre jme orafft nnd maoht getragen mag. Mglb. 29. 11.
— 298 —
h^hen Mark gel^ötenden Gemeinden hatten die betreffenden Herr-
»ohifcften da« Gmcht über Hals und über Haupt ^^. Da die Markwal-
dung aber gemeinsameB Gut war, konnte fUr sich allein keine der-
selben da6 Gericht darin in Anspruch nehmen.
Im Jahre 1600 schreibt der Märkermeister Niclas Bnpell an den
MKrkermeister Hildeblraiid ^ Sohultheissen ^ Bonames, theilt ihm
mit wie der Landgraf Torhabe die Personen; so die Juden in der
Ifork bei dem Fahrbom umgebracht ^ richten und wie man sage
deni^nen vierteln und auf 4 Straßen henken zu lassen. Er befürch-
tet, dassderWaldbott aus solchem eine Gerechtigkeit schöpfen wolle.
Allein es wurden keine Schritte dagegen gethan. Heftiger war die
Unaufriedenheit weil der oberste Herr und Waldbott die in der
Hohen Mark erschlagenen Körper, es mochte yorsätzlich von Men-
schen oder ohngeftbr von Bäumen geschehen sein, in oder ausser
der Mark b^raben lassen wollte. „Es sei bekannt,'^ so führen die
Märoker beschwerend an, „dass in anno 1660 eines Urseler Wagners
verUichener Körper aus der Mark, worinnen er von einem Baum
ersehlagen worden, von denen Houmburgern, bevor man's zu Ursell
gewahr worden, nach Steden getragen, und dass auf Anflehen der
betrübten Wittib (die Urseller) umb dessen Wiederabfolgung ange-
sucht, auch einen Bevers deßwegen von sich gegeben haben. Dies
sei ohne Priyudiz der Mark geschehen, und auf dem nächsten Mär-
kergeding dag^en protestirt worden«^ Auch diese Beschwerde war
vielleicht mehr gegen die harte und willktthrliohe Ausdehnung des
Blutbaames, als gegen die Bichtergewalt des Waldpoten selbst ge^
richtet. Bei Streitigkeiten unter den Märkern, so z B. bei den Strei-
tigkeltsii dei Frankfurter Baths mit dem lantman, wegen Kohlen-
Kefennig an dea Kessler von Bonames, ist die Bichtergewalt des
Waldbotten von dem Frankfurter Bath angerufen worden. Auch aus
den gemeinen Märkem haben dies welche gethan, so Bernhard Ebel
roa Nieder-Erlenbach, welcher zu einer Busse verurtheilt, im Jahre
1699 an den Waldbotten appellirte, diesem seine positiones und pro*
batoirial Artieul ousandta Damals wurde vom Senat nach eingehol-
tem Berichte decretirt: „dem Seh ultheiBsen zu Nieder-Erlenbach zu
bevdhen mit der anbevolhenen Pfändung gegen den Bernhard Ebel
bb auf weiteren Bescheid einzuhalten^.
Bei dem, Ende des 16^^ Jahrhunderts statthabenden Streit wegen
Einsetzung der Märkermeister in der Seulberger, Erlenbacher etc.
» Qrisim, Wdsthftner UL 8. 496 ff.
— 29» —
Marky erboten sich die Regienmgen zn rechtlichem Auftrag. Ans
dem Jahre 1490 findet sich dass der P&lzgraf einen gütlichen Tag
gen Germersheim ernannt^ die Irrungen ziimohen dem Herrn von
Hanau und „den andern Härkem^ hinzulegen. Es sind „Isenberg^
Sohns y Eönigstein und der Eath alhie utf freitag Sant EKsabeihen
tag ersdiienen und allda ejnhellig dieser norteln eins wordod den
tag abzuschlagen'^ Im Antwortschreiben an den Pfalzgräfen wurde
hervorgehoben dass die herschaften nit Fug haben dem ang^etztdn
Tag ohne den gemeynen lantman und merker zu besuchen; würde
ein gütliche Tag ,in den augenschein' angesetzt, werde sich der
Handel am besten beilegen*
Des Pfalzgrafen Antwort war, er habe zu gelegner Zeit einen
Tag ia den Augenschein ernennen wollen, sei auf Anregung des
Herrn von Hanau davon abgestanden, er anderwerbe ejn tag der
mark halben uff Domstag nach conceptionis Mariae allhie by: eju
komen und sich über einen Noteli einhellig vertragen, doch solcheoi
notell nit geen zu lassen, sondern ein Merckergeding zu halten • .
dann „mit Verwillignng des lantmans^' sein Gnad die verfsst noteU
zu schicken.
Hierauf antworteten wieder die Begierungen: Sie hätten eit 4en
Märkem vorgelegt, kein ander Antwort .erhalten, . dann ^wie sie
haben ein gewonlichen platz auch irer bestelnuss lang, alt geübt
herkomen, des mayn sie sich zu halten und gefuge Ine Iren nach«
komen deßhalb kein Irrgang zu machen, es sei auch in Irem Ver-
mögen nit aus Iren kosten der Mark halber solicher ferren tagreise
zu erlegen^.
So wurde im Jahre 1491 auf der Auen vor Ober-Etlebach ein
Märkergeding gehalten, bemerkt, dass die M&rker das Begehren des
Hwm Pfabsgraf en , welcher auf Ansuchen des Herrn Philipp Grafen
zu Hanau gütliche Tage der Irrthnm halber nach Germersheim an-
gesetzt, zum zweiten male abgeschlagen „sunder in Augenschein au
komen begert haben". Darauf haben sie, aufgefordert der Mark
Rechte zu weisen ausgesprochen: „die marg sei der herren ejgen-
thum und der mercker erbe^« ^ Mgb. E. 30. H. —
Auffallend ist das Vorgeben des Waldbotten, die Hohe Mark
sei ein PflLlzisches Lehen. Als dies im Jahre 1487 ausgesprochen
worden, sagten die Märker: die Mark sei ihr Eigen. „derJjantman
hat sich daß nit hoch anfechten lassen".
Wiederum wurde die Behauptung, dass die Mark Pfalzisches
Lehen sei, im Jahre 1586 vorgebracht. Als bei grosser Erbitterung
die Hessischen Gesandten auf der Aue vor Ursdl Drohungen fallen
— 395 —
litaaeny da fügten sie bei: Bmtemal Ihr fiirstl. Qn. die Höhe Mark
▼on d^ cbiirftüfBtL Pfalz zu Lehen trüge , (wie er Hans Herman
Mönch daa bei seiner adliehen Ehre könne affermiren/ und deshalb
habenden Färstlichen Memorial Zettel deme von Hattatein und
Herrn Ghrittoffen zum Jungen yorgezeigt) auch die Leih neulich
•mpfuig^ und angenommen worden/ würd ihr gn« ibrBtu.Herr selbst
uff Mittel und Weg bedacht sein, wie denjenigen so sich unbefugt
darin dringen wölteu; fUglich begegnet werden BoUt, Darauf bemerkte
der AuBschuss: es komme ihnen befremdlich vor^ dass die Höhe
Mark itzt allererst ein churfttratl. Pfalzgrayisch lehen angegeben
werde, das Listrument weisse aus, daß Grund und Boden und die
Mark selbs derMwker rechtlich eygen were; wollten solche Anzeig
auf ihrem Werth und Unwerth beruhen lassen« Die Hessischen Ge-
sandten erwiederten: dieMftrker möchten iht Verwundern einstellen,
denn dass sie sich uff ein alt Instrument ziehen theten, das were
bei lebzeiten eines alten Herrn von Eppsteiu; der sich des Lehens
nit erinnert, uffgericht worden, und hätten diejenig, so gedachtem
Herrn von Eppstein und auch den Merkern ihr recht und gerechtig-
keit damals vermeintlich aufgewiesen, kein juramentum leisten wol-
len, auch ihren Weyßthumb ajdhaftig nicht betheuem können, dass
ako dein Eigenthumsherrn der churfbrstfichen Pfalz an der Mark
derzeit nichts begeben worden. Der Ausschuss wiederholte das frUhei:
gesagte: „die gemeinen Merker wtUHen sich aus dem Instrumente so
schlecht nicht treiben zu laasen^^
In spftteren Zeiten ist der landgraf von Hessen nie mehr auf
diese Behauptung zurttd^koiumen, namentlich hat er hm. der Thei*
lung der Mark die Entschädigung nur ftlr sich allein beansprucht.
In andern Fällen, in der Feldmark, war es gewöhnlich dass bei
gemeinschaftlicher Terminei auch der Blutbann gemeinschaftlich aus-
geübt würde. Es scheint dies wenigsteuB aus einer Verhandlung her-
vorzugehen welche im Jahre 1579 auf dem Mönchshof bei Nieder-
Ursel zwiseben Königstein'schen Abgeschickten (als Besitzer von
Weisskirchen) einerseits, und Solmsischen und Frankfurldschen (als
Besitzer von Niederursel) andererseits gepflogen wurde. Es geschah
dies des Krebsers halben, welchen die Niederurseier Unterthanen in
des ausgegangnen Orts, Mittelursel, Terminei krebsend ergriffen und
gefänglich nach Frankfurt geführt Die Eönigsteinschen hatten fo]r
gends fürgeben, das« ihrem gn. Herrn die hohe Obrigkeit des Ortfl
allein gebühre, hatten verlangt den Krebser wiederum an das Ort^
da er g^piffen, zu stellen. Bei dem Güteversuch auf dem Mönchhof
— 296 —
behauptete Eönlgistem in der ,)Mitteluneler oder Mittelgeriohtstanm-
ney^ die hohe Obrigkeit und den Blutibaan^ audi das Geleit zu
haben ^ das, Gericht werde in Eönigsteing; als obersten Blutrioh-
ters Namen^ geheget^ die andern Obrigkeiten (für NiedemrBel) hätten
nur mittel- und niedere Obrigkeit in dem ausgegangen^i Ort. Solma
und Frankfurt aber geben vor dass die Mittelurseler Termini
KönigBtein einerseits; Sohns und Frankfurt andererseits, in gemein
eigentlitimlich zustände, mit allem Gericht und Gerechtigkeiten, sie
seien sämmtlich Stände des Reichs, hätten die hohe Obrigkeit zu
exerciren; das Gericht des Ortes werde mit Solms'schen, Frankfur-
tischen und mit Königsteinschen Schultheiß und Schöffen abwech-
selnd geheget, es werde das Gericht ein durchgehend Gericht ge-
nannt. Die Weisskircher hätten eine Person mehr, denn sie, in das
Gericht zu setzen gehabt, (einen Schultheissen und 3 Soheffen, sie
nur einen Schultheissen und 2 Scheffen), vielleicht so der Abstim-
mung Wegen; dadurch seien die Niederurseier überwältiget, das Ge-
richt zweimal von Weisskirchen gehegt worden. Das Geleit werde
nicht zugegeben, dagegen protestirt. Man solle das Gkriohtsbuch, so
in Weisskirchen verwahrt werde, ediren, darin nrlisse im Eingang
sich finden von was wegen das Gericht zu hegen, wem es zuständig
sei. Wer es zu besetzen habe. DerErebser sei übrigens nichts anders
wegen beschuldigt, habe sein ersten Versuch gethan, kein leibsstraf
verdient, es sei nur eine sohlechte Missethat die mit Geld oder dem
Thurm zu verbüssen. Er wäre nun bald ein ganz vierte Jahr in
schwerer Gef&ngniss gelegen und „also seines Erebsens ziemlich ge-
strafft worden^', wären bedacht ihn ledig zu geben, solches avisuren
sie „damit Königstein, als Mitherm nichts praejudieirt werde'S Es
ist aber zu einem Verständniss nicht gekommen. — (Mglb. E. 44.
No. 18.)
D^ Waldpott hatte auch die Mark zu bestellen, dies aber nur
„mit Bath der Märker'S Für die Hohe Mark sprechen dies die
Märker im Weisthum von 1484 aus. Dieser Beirath der Märker war
wol mehr als ein blosses Abgeben einer Meinung, denn wie die
Mark dann bestellt wurde, also soll es dasselbe Jahr von einem
Waldbotten auch gehalten w^den; verbreche es aber «in Waldbott,
so soll der Märker oder landtmann, ob der darnach auch verbreche,
nicht büssen. In gleicher Weise war im Instrument der Seulburger
Mark vom Jahre 1493 ausgesprochen, wie der Walpott die Mark
bestelle „mit Bath der Märker^ also soll es das Jahr aus gehalten
werden.
- Wf -
Wie ab«r eine sölohe Vetdinbanüi^ zu Wc^e gekommen, das
wird gewiss fUr yer0cluedene Z^ten Yenohieden zu beantworten sdn«
Die v(Hrhandenen Urkunden berichten in beiden Marken tlber Strei*
tigkeit welche der Wahlen wegen sieh erhoben. Ab bei dem Mftr*
kerding der Sewlnburger oder Nidder Irlenbacher Qemark im Jahfe
1541 die Märker auf einem Haufen beisammen gewest, hat Diethor
Gewand, der achlaoe Anwalt des WaHpoden^ angezeigt, die . Märker
hätten auf letztem Mä^kergeding Johaim Fleckenburg, Amtmann,
zum Mäf kermeister vorgeschlagen ; da der oberste Walpott nicht zu-
gegen gewesen,, habe er, der Anwalt, ohn Vorwissen desselben den
Gewählten nicht bestätigai können, jetzt sei der oberste Walpotte
zugegen, begehre einen Märkermeister mit dem landmen zu erwäh-
len. Der gemein Märker liess das Instrument yerlesen. Der Anwalt
hob hervor darin sei bestimmt, daes die Mark im Beisein eines
obenttti Waldpoteai ^mitBath der gemein Märker'^ bestellt sollt wer-
den. Sein Htm: sei erb9t% die Mark helfen «u bestellen und zu thun
was ihm gebühre. Die Märker aber traten wieder zusammen, bespra<
oben sich und liessen. durch ihren Bedner , Johann Sj^hwilb, Burger
zu Frankfurt, fbrtragen, dass aie jetzt wieder Johann Fleokenburg
gekoren, mit bitt dass der oberste Waldpot denselben, wie. von
Alters herkommen bestätigen und in gewdhalichen Eid aufnehmen
wolle.
Die Geschichte dieser Marken zeigt uns auf jedem Blatt, dass
der Streit welcher jetzt in den Deuts<^en Ständekammern über die
Berechtigung der Volksvertretung gekämpft wird, keineswegs. inEng-«
laod seinen Ausgangspunct hat, dass er vielmehr ein ächtde^tsdier
ist und dauern wird so lange das Deutsche Leben noch pulsirt'^ Es
ist nicht eine einseitige Macht und Gewalt welche dem geäammten
Staatsleben als Fundament dient, so dass nur in ihr einige, dem
Untergebenen eingeräumte Bechte gleichsam wurzeln , son4em es ist
eine weehselseitige Beschränkung der Bechte, deren Ausdehnung
und Begrenzung wesentlich von der Klugheit UAd Beharrlichheit der
Kämpfenden, aber auch von den Zeitverhältnissen abhängt Der
Güteversueh, das Vertragen und Austragen werden immer wieder
vorgeschlagen, zur Hand genommen und versucht. Als im
Jahr 1488 der Auwald des Waldpotten das Märkerding auf dem
Flecken, wie von Alter herkommen war, nicht halten woi-
>T De minoribus rebos prindpes coDSultant; de maioribns omnes : ita tarnen,
ttt ea quoqae, qnomm penes plebem arbitrfam est, apudprlndpespertractentar.
Tadt Germ. XI.
— 398 -
len^ sondern wegen der streitigen Märkermeisterwahl ohn lAen ab-
flchejt mit den Ton Seulberg abgescbieden, haben sich die Sendbo-
ten der Herrschaften darauf bedacht, und dem lantmui auf ihrer
Seiten gesagt: sie sollten die Mark gebrauchen wie Ton Alüer; dann
aber! es sollten die Sendboten den Herrschaften vorbringen und sie
im GedächtnisB zu dem n&chsten M&rkerding halten, ^tr^flich und
80 dapp^Kch bu schicken, deß da stadlicfa guilidiiß oder rechtlichiß
ußdragi0 sich eu yerdragen^^
Nichts bereditigt aber au der Aniaame dass es den Mlbrkem der
Hohen- und der SeulbergeT) Brlenbacber etc. Mark zugestanden
von der Gewalt des Waltboten sich loszusagen, wenn et d^o getrof-
fenen Anordnungen sich nicht geftlgt Die Schirmherrschaft des
Waltpoten an und ftir sich war ebenso festgestellt, wie das landes-
herrliche Verhftltniss. Als der Waldpot, um seine Ansprüche bei
der Wahl der Märkermeister durchzusetzen die Hegung des Mir-
kergedings unterliess und die Mark nicht bestellte, wurde diesem
Noilistande durch Vermittelung der Eegierungen abgeholfen, aber
darnach eichen wir die Gewalt des Waldpoten ungeschmälert wieder
vortreten. In den ftltesten Urkujiden schon, in den Weissthümem
der Hohen Mark von 14D1 eteht voran dass die Mark der Dörffer
rechtlich eigen sei. Umnittdbar darnach heisst es aber: „und dar-
über eyn oberster Herr und Walpode sei ejn Herr von Eppenstein,
oder wer Hoenberg von sinetwegen in habe/' Dann folgen die
Pflichten des Waldpoten, die Mark alljfthrlioh zu bestellen, und seine
Gebote über den Wald selbst auch zu halten. Thut er das nicht,
so kann er desshalb nicht bestraft werden ; aber wenn er das Gebot
bricht, so ist auch der Merker nicht mehr gebunden. Hauet er oißt
die seinen in der Hegemark, so soll der lantman nit büssen, ob er
darnach auch darinne hauet; wie er den Wiltpan besteilet, also soll
er ihn auch halten, verbrechet aber er das, so mögen es die Merker
auch verbrechen. Nur in dem einen Fall soll auch der Waldbott
straffidlig sein, wenn er in der gebickten Hegemari^ auf der Strassen,
also in dem zur Landesvertbeidigung gehegten Walde, hauet. „So
er aber das thät, soll er dmn landtmann büssen.' Es ist nicht ge-
sagt ob der Busssatz der gleiche sein soll wie wenn ein Märker das
verbrochen, auch ist kein Beispiel aufzufinden, dass je eine Strafe
desshalb gegen den Wäldboten verhängt worden, aber in den ge-
druckten Ausgaben des Instruments von 1484 ist auf dem Rande ein
„Nota bene" beigefügt.
In der Hohen Mark ist das Amt eines Waltpotten an den Be-
sitz von Homburg geknüpft Auch in der Seulberger, ErlenlMkoher eta
— ÄW —
IIsiAl war dos Amt an Hofabnrg geknttpft «ad swar afi den reeht*
liehen Beiits dawdben; es ist dies durch das Härkecgeding v<m
1491 ansgesproehen ini den Worteat ^das ein igficher d«r hoembevg
mit got und mit eren inhab^ das derselb ein oberster Waltpode jder
marg sj." Im merkergeding roh 1488 weisen und erkennen die
Märker Hörm Philips Grafen nnd Qerm xu Hansa itst; und naoh
ihme den, der Hombnrg mit Iren (Ehren) nnd rechte inn hat Air ein
obersten Heitn und Walpoden der Mark. ^ Mglb. SO. No. 4 [2].
Als im Anfange dieses Jahrhnnderts über den Besitss von Hoin-
bnrg willktÜn-Uch dnrch den Kaiser von Frankreich yerfligt wiurd^
hatten die Mä^^r nichts mehr sn wosen ond nichts mehr zu er*
kennen 1 —
Auf dem Märkergeding ven 1401 feria quarta infra octavas
pasche als der Schreier den Dorfen gesufrn hatte, spradi Scbudereyn
der Schultheiss au Ho€nberg (Hombui^) va Henne Clennnen und
Sieliold Heylbeeher dem Sdiubheiseen flu Harhefm, daas sie austreten
dnd den hmtmann an sich nehmen, sie sollten weisen dieweU Henne
Brendel Hoenberg von der herschafft von Falkenstein ^^in pfandeß-
wjse inhette, ob sie dann denselben Hennen Brendeln irkenteniejneii
obersten Walpoden.^ Darauf haben die Mftrker einmfithiglieh ge-
weiset, dasii über die Mark ein oberster Walpode sei ein Herr vicai
Eppenstein oder wer hoenberg von sinen wegen, inhabe, nnd wan
iss dann ejxx berre von Eppenstcdn wjder gelose (auslöse) oder I»^
gew]fnne so sj er iss aber ids TOr^. M^« £ 29. H^ & 3 o. H
8.83- —
Noch fixk VerbKltniss ist hier an berühren, der Fall nemlkh
wenn swei Personen Anspruch maehten an das Amt eines Wald*
betten. Es geschah dies im Jahre- 1456. Auf Samstag nach fiL
Eaäurineutag begehrte Hans Walbom, gen. Hans, Tonwegen seinem
gn. H. von Kataenelnbogen der auf die Zeit einen Theil an der
Stadt Homburg inne hatte, nnd von wegen Jnnghem Gotfrit H. au
Eppenstein der^ das Schloss Homburg gann und einen Thett aa der
Stadt auf die Zeit inne hatte, zu weisen des Walpoden Herrtichkeit
und der Mark Hecht. Da bat Simon darauf, es wiure Nodi dass sich
der lantmann bespräche, und als dies gesdiehen, enEählte er von
des kntmanns n^agen, dieser hätte geweiset^ es sei von altem Her«
kommen dass em oberster Walpode sei ein Herr von Eppenstein oder
wer Homburg von seinet wegen inne habe, das lasse man auch noch
A, aber da nun zwei Walpoden auftreten, so habe der lantmann
an red^n« Es sei allw«gen Herkonmien dass man einen' Wal«
poden gehabt habe^ imd "wenn an Zehen awei Herrn von ^BppaHBteän
— «0 —
in nngetheiUem Gkit gemessen^ so wäre der Eltesto fttr einen Wal-
poden geweiset worden und nit der jüngste. lEir verlangte dam sie
sich einigten and welchen sie gäbeo; der solle dem lantman ein
Walpode sein ! Da redete Hans Walbom^ ging auf die Weisnnge
und Zettel und meinte demnach sollten sie beide^ . derweil sie Hom*
bürg inne hätten Walpode sein. Simon aber erwiderte : „er hette
geweyset also jne der lantman geheissen hette, er lasse zedel sedel
sin.^ Es ist danach in demselben Jahr noch, Donnoirtag nach Ki-
lias; ein gemein Märkergeding gewest^ dahine dann der Edel und
Wolgebome Jnngher Godefrit Herre au Eppenstein geboten ••. und
▼erlai^te 8e. Edelkeit ihre Herrlichkeit und Gerechtigkeit zu
weisen. —
Später findmi wir zwei Waldpotte ebenso in der Seulb. Erlen-
bacher etc. wie in der Hohen Mark. Das im Jahre 1569 in der
enteren abgehaltene Märkerding „hat der Ehrenhaft und Wolacht-
bare Hans Sehaffnitt; gen. Koch^ Amptmann zu Eppstein anstatt
und Ton weg^.«. G. Wilhelm Ludwig Phttipsoi und Georg Land*
gfaven zu Hessen geheget Ebenso fährt an das jiVerzeichniss des-
jenigen was auf dem Mäikeigeding vor ObernUrsel tfi 1578 Yexh
handelt worden,*^ dass der CSanzler Nordeck erschienen sei im Namen
der durekl. hochgeb. Ftirsten und Herrn Wilhelmen und Herrn Phi-^
Kpseuy Gebrüdern^ Landtgraffen in Hessen^ Graren in Gatzeneln-
bogen etc. Er ereält dass^ na^dem hiebevor das Markgeding im
Namen aller Gebrüder der Landtgraffen zu Hessen gehägt wor-
den^ neulicher Zeit aber Ihre f. gn. sich verglichen, dass hinfiJLro das
Hana Uombuig und dessen Zngehörungen Landgraffen, Wilhelmen
und Landgraffen Philipeen allein zuständig sein solle.^ Zuletzt
wird. der neae Waldschreier fürgestellty und ^^im Namen beder ob»
gedachten Fürsten zu Hessen durch den Herrn üantzter in GelQbdt,
Eidt nnd Pflicht nfigenommen'^
Ebenso wird es auch bei VerpÜLndung spätw nicht mehr so
genau genommen : Schon im Jahre 1545 wird bei Gelegenheit des
Ausschasstags bemerkt „uff des durchl. hochgeb. Fürsten des Heim
H. Phjlipsen Landgr. zu Hessen, Grafen zu Katzenehibogen, etc.
assgangen befelch, dast der Wohlgeb. H. Herr Ludwig Graf zu
ätolbeig Königstein, Wernigerode und Rechfurt, Herr zu Eppsteb,
Müntzenberg und Breuberg mit gem. Märkem ein Ordnung in dem
Wald, die Hohemark genant fttmemen und uffrichten sollen, . . .
sind etüohe Märker zum Ausschuss erfordert, die hab^i . . . bedacht
und abgeredt „doch uff mit Bewilligung hochbedachts Fürsten unsere
gn. Herrn u. woh^emelts Grafen m Kdnigstein, auch unsere gn.
- 80< —
Herrn^. Am SehhisAe heiest es, dasB zugegen gewesen Im iS»u»
Ordmuig von wegen onsers gn» H. Ftkittten n. H, cu Heaseii als Erb-
wütpotteB) Diether Gewend . . . u. v. wegen Königftteyns ^ak Pfand-
Wartens« Philips RTffenBtejn etc. — Im Jahr 1563 wird daa
Ifibrkeigeding gehißt „von w^en des Fürsten yon HiBssen, als
rechten JBrbherm and öbenten Waltpotens, auch von wegen dM
gestrengen Fridrichs von Bjffenberg als Pfandthem und und^rwait-
potens des Ampts HombergL^^
Die steigende Macht des Waldbotten wurzelte ebensowohl in der
klugen, nicht gerade immer rechtlichen, Benutaong d^Ehrenrischte,
wie der eig^atlichen Vorreehte oder Amtsreohte. Zu den etstoreii
gehörte die Jagd, die Beheizung und der EiBtrieb der Schweine in
die Ejckenu
Auf dem Hftrkeigeding Mittwoch nach 8i Margaretiia aano 1445
war der edle Jungher Gotfrid von Eppenstein bei Ursel auf der
Aue, liess ihm da weisen seine Bechte und HerrUehkeit ttber dae
Mark, und den Märkom Artikel zur Beantwortni^ vorlegen. Der
erste Artikel lautete : ,,wie ferm und wie weit sein, Wiltpant ginge^.
Die Beaatw<Mrtang zeigt uns wie damals noch der Begrtf im den
Mirkera lebte, dass Wald und Flnr zusammen die Hadk bildete« Sie
bedachten ab«^ der Waldpott möchte das ihm eii^erttomte Beoht
missbrauchen, auch die Fischerei in derNidde beanspruchen^ so ant-
wortsten sie ausweichend : Sein Wä^an gehe nit weiter dann er
sein Hecken anbinde in der Mark, (als der Wald gehe) jjagete er
aber hirze oder bynde uß den Hecken und folgete yn nach^ gonden
(gönnten) ihm das die merker, doch wttssten sie nit abeü^ recht were".
S^dkw^lich war der Wildbann v<mi den Mftrkem Mlbst dem WaU^
bottan eingeriumt worden; sie haben sich ihr altes Beeht des Jagesw
wehl vorbehalten. So heisst es noch im Weisthum von 1401 auf OL
Eatbarinen für & Hohe Mark: „Wan auch ayn Walpode den WiU*
pann off dut und darjnne jaget, so ist dem lantsiaxi solidiee auch
erlenbet^. Ebenso heisst es imWeisthum von 1401 feria quarta infrü
octavas pasche: „so mag auch eyn walpode uff denselben tag d«a
wütpan bestellen, und wie er iß bestellet also ssl er In aueh halden,
verbrechet aber er das, so mögen iß die meroker auch verbrechen^.
EM; im Weisthnm von 1484 heisst es dann: Ein Waldbott mag ji&r^
lieh uff S. Eathaiinentag so man die marg bestellet den wiUibeiuil
zu thnn, alsdann aoll er' das Jar zu bleiben; ob aber ein Waldbott
darüber darinn jagte, so soll es daroa<^ über drei Tagen den Mer-
kern und lantman auch erlaubt sein zu jagen.
Offenbar hat der Mttrii^er mehr auf das Becht selbst ab auf die
- $oa -
Awülmiig derJagd gehalten. Die letztere Tertnig iich nicht inst dem fori-
ge0chrittenen Aekerbau, und mit den Arbeiten welche dieser in
Anspruch nahm. Anf Sonntag Lfttare anno 1491 sprachen die Ittrk^er
▼OB SeiAerg; Erlenhadi etc. ans: „Item das derselbe (ein oberster
waltpode) jagen müge dry ti^e in der marg Yor allen merckem biS
mitten in die Nidde nnd biß an den pfal, nnd daniach mHgen die
mereker auch jagen'. ^ Mglb. E. SO. No. II. — Schon zwei Jahre
später heisst es dann in dem auf Sonntag Litare 20 Mitfastm errick-
teten Instnnnente: den i^lildpan mag her Philips Graf eu Habau als
der oberhw und waldpot oder sone geschickten^ eins Jeden jars so
maa die mark bestellet znthun, also dass in der mutk dasselbe
Jahr au0 Nieman darhs jagen oder wildwerk trcnben soll Woh aber
der waltpot oder die Seinen das ufilhun und darin jagen . . . • das
mag er thun; und so er darinn gejaget, so ist e& drey tag darnach
ritterU; edelleuten und ps^m in der mark gesehen , die darin eygtn
rauch halten, und nicht erh, auch erlaubt sbu jagen, die mögen auch
danm an des wdtpöten heeken anbinden und jagen. Und wan« solliehs
also 6 Wochen und 8 tagen gewert, so mag der waltpot dartaach all-
wegcR, wann er will, den wiltpann wider eutbun nach seinem ge-
fallen; alsdtann soll der wieder eupleiben . , als lang bi6 der waltpot
wider von neuem drei tage wie vorerst gejagt hat. Sie weisen auch
dass der waltpot einem wildpreth in der g^end nachfolgen möge bis
mitten in die Nidde auf dieser Seiten, und jenseit der holte deme
dermaten nachfolgen 'biß in' den pfalgraben on Jntrag und verluDde*
rung menigfiehs. ~. Mglb.^ B. 80; No: 4. [2].
Wahrscheinlich gab man hie): nach, in der Meimmg dass durch,
die lEidtii das Becht schon gewahrt sei. Aber schon im Jahre 1588
sdieinen die Edeln und Pastoren in der Seulburger, EMenbacher etc.
Mark durchaus bedeutungslos gewesen tu sein; es findet sich fortan
in den Markordmmgen die unv^st&ndliche Vorschrift c Art. 19. Wann
der Waldbotte 8 Tage in der mark gejagt, sofl es auch Bitteniy
Eddleuten, Pastoren die in der Mark sesshaftig und eigen Rauch
darinnen halten, auch 6 Wochen und drei Tage, und länger nicht,
erlaubt sein; und soU vermöge Instruments den Merkem (als denen
ohne das darinnen n jagen verpotteh sein soll tmd pleiben) biß so
lang der Waldtpott wiederum jagen wird, frei off^ stdien und also
fortahn. — Mglb. E. 80. HI.
Aehnlieh wie mk dem Jagdreoht TerMelt es sich mit dem Becht
der Behokung*^ und des fiintriebs der Schwdne in die Eckern.
^ Iti der Beulberg, Brlenbaeher ete. Markordaoay war bereits 1599 festge-
\
— «08 —
AnlluigB hemüg iidh die BarooIitigQilg des WalfcpottAii «of dm Be«
darf der Heii0haltiing>. Ak die Holftverwllstiup^ in derJtfMk zanahm^
wurde den MSrk«cn . der Gebmmh dee HokeB befldirftnkt^ gerade zn
der Zeit aJber begann der WaWx>tt das Hek der Mark* Air sieh in
industriellen UnterneknrangM amaabeaten. Anf dem stiiniuschen
Märkwding weldlea l£7ft TOr Ursel gehakto würde Uagten «rter
and^ttm dieMKi^er, deif WaJdpott habe jsioht alkin in dem gehegtem
Walde^ send^om aueh an dien straften^ da auch der Obrist Waldiiott
sn hauen nit recht habe, gdianen und da&w^en' kein Straf geben wolksi.
Noch mehr, er hab' etliehe Wagen xnU Hobi, in* der Mark gehauen,
gen Frankfiurt führ^i lassen, welches dem Instnunent zuwider, und
er ymrbQßen $olt Das Sbuen an verbolaen Orten, stellt der Keller in
Alorede, dass aber Breonbolii aus der Mark in die Me0 gen. Frank-«
fürt in die landgreflich Herbevg geftM worden, dae Teüttutwerten die
HessisdKm Q-esandten; da Ihiie gn. F. u. B. Mjtmerker und.obvi&ter
Merker weren, ttnd da aie ]n Hombui^ Hof hielten, och ganz und
g«r aus der Mark beholzen zfedcbton, sei es mit zu vei^enken, dass
Ihr £1 gn. diener etwan wenig Brennholz zur Meß notturffli zuge-
sehiqkt irerde.
Wie die Beholzung antiuags gewil» nur zu den fihrenseohteu
des Waldpotten gehi^rte^ desren Ausübung und Ausdehnung, dem An<>
stand iu»d ZAxtgeßÜd überlassen blieb, so auch die Befugnisa Schweine
in die Eckern zu treiben. Es zeigt uns wie sehr, einfach die früheren
Zeiten, gewesen, dass Hher diesen <}6gensiiand weitlftuftige Stnsitig-
keiten entztanden aiad. Pie Märker behaupteten : dem Waltpatten
stAnde nsor zu die Schweine seiner Haus* oder Hofhaltung emzutreit
beii; dieser aber beanspreiohte nioht nur ein unbegrenztes Beeht,
sondern nahm, nach der Anklage . der MSrker, Aueh fremde Schweine
unter die landgrafischen au£ In der Seulburger ^, £rlenbacher Mark
war der 8^^ ttber die Berechtigung Sebiiieine eimoiti^eiben noch
yiel lebhafter. Es findet sich darüber in den Akten *- Mglk E. 80.
No. 4. [6} — ein. auaflUirUches Verh$r. Dasselbe iat Überschrieben;
,)bela¥|gend künde sage über die Seulburger und. Erlenhiudiep Mark
eto. Ton den Eltestoim solcher Mark den 9» Oet. mup .1569 i^bgehöH
wie Jnnlaulfau Deii Sohweintrieb in die Eckern so dis FftrsAen von
Hezsen als abrieten Waldpotten praet^idirt Ihnen aber nit gestanden
setzt wordeo „dass der Ober herr Waldtpott auf gewisse Ta^ nicht .gebindet,
noeh ihm Maaß und Ziel fUrgeschrieben sein solt^.
'* Seulburg, Sewelberg hat wol toh diesen Tbtere den Kamen, wahrscfaein-
Heb errichteten daselbst, nnmittelbar am Walde, die Erlenbacber ihre Steigen.
N
— 804 —
wovd«!, betreffend^. ; fis war anf dem Ifiirkergediiig 1669'TorgtBkouiiiieBy
dasB dier Ämtmami zu Eppeteih auf Befehl sr. gn. F. a. H etüoh sehwein
iB bemehe Miurk g^ethan^ hierauf die Märker abgetreten und einmüthig-
lieh eBteohlöAsen: dieweil etlioh Mitmftrker nicht gegenwärtig, wolle
den Mäfkem lo zugegen nit gepllren Antwort au geben , also den
Amfiman freuniBioh und nacbparlieh gebeten ^esmal stille zu stehen,
kei^e Neuerung inne au bringen, es wollen die Mftrker in 10 Tagen
Antwort geben. Es wurden darauf die 6 Ortschaften; die Schulthe»-
sen und Ehesten, auf den 9. Ootbb. erfordert. Jeder Schultheiss hat
seme Untertbanen bei ihren Ajdespflidit^ft befragt, darauf ein jeder
seine Wissenschaft erklärt wie nachfolgt Beuelburgk : Simon Schef-
fer : ihm gedenke Wol 70 Jahre, er habe aber bei sdbes Tags nie
erfahren noch gehört, dass die durchlauchtig hochgepome Fürsten md
Herrn yod Hessen .... Sehwein in die Mark ingeäian oder inzn-
schlagen begehrt. I^is gleiche sagen andere, so Henne Eerber von
Petterweill, dem 70 Jahre und mehr gedenkt, der sich noch erinnert
ydaß solcher Ort Homburg noch Hanauisch gewesen^. Ebeniso Caspar
Schmidt imd Caspar Moller von Ober-'tlrlenpaeh , der weder selbst
„noch Yon seinen Vor Eltern gehört, daß Schweine des Fürsten in
die Mark eingetrieben worden, er habe 4 oder 6 Ihrer Fürsd. Qn.
Kellner und diener zu Homber|f gekannt. Ebenso ahe Männer aus
Nieder-Erlenfbach , Köppern und Holtzhausen, von letzterem Clees
Moller, der vor 50 Jahren ,,in diese Mark gewandert^.
Da der Waldpott auf die Klagen der Märker keine Bücksicht
nahm, wiederholen sich die Beschwerden in den fblgenden Jahren.
Im Jahre 1690, als observiret worden dass etsliche „fremde Schwein,
dem durchlauchtigsten hochgepomen Fürsten und Herrn, Herrn
Georg etc. Landgraven zu Hessen etc. anständig^ in die Seulburger,
Brlenbacher etc. Mark, wider alt herkommen waidgangs zur mastung
getrieben, hat der Märkermeister dieses sämmtlichen Märkem kund
thun lassen, und seint die Häupter am 23. Sept. au Ober Erlenbach
zusammen kommen, haben mit einhelligem Rath ein Schreiben an
den Auwald Kellner zu Hoemberg v. d. H« Georg Vestenberger
abgehen lassen ^daß er an statt hochgedachten Fttrsten solche Neue-
rung abschaffe, deswegen eine schriftliche Antwort gäbe". Der liess
mündlich antworten, dass solche schwein in beiden Marken ihre
Mastung und Wayde haben sollten; wolle sich versehen die Märker
wollen solches gut sein lassen. Diese wandten sich zur Abhülfe an
ihre Obrigkeiten. Sie waren klug geworden durch das ITnhen welches
den Hoh^ Märkem wider^H^bren wAr.
- 305 —
Diegen war im Jahre 1569 Ton den Bürgern zn Bonamese an-
gezeigt worden^ wie der Amtman zu Eppstein ungefähr 60 Schwein
in Walt getrieben habe^ obgleich von den Märkem beschlossen wor-
den, und der Amtman in den Beschluss gewilligt, es sollt Niemand
seine Schwein in den Walt trmben vor St. Michelstag. Die Märker-
meister Hessen sich bedünken der Amtman habe wider das Instru-
ment gehandelt; haben auf den 28. Sept. die Märker zusammenbe-
rufen ^ und diese beschlossen einmüthigUch; dieweil der Amtman nit
vorhanden sondern vorritten war: es sollt aus jedem Flecken einer
alsbald in den Wald gehen und die Schwein aus dem Walt gen
Homberg treiben, und sobald der Amtman wieder heimkäme weiten
sie ihn ansprechen ^ dass er die Märker bei ihren Kochten schützen
woUt Als etliche Märker so darzü verordnet waren „solchem nacb
gesetzt und die seh wein in Homberg getrieben; haben die Homberger
die Pforten zugethau; und dieselbigen Merker in Haft behalten'.
Dies geschah trotzdem dass im Instrument von 1484 Art. 8 vor-
gesehen war: wenn in der Mark Waiden Eckern , dasselbe zu be-
sehen dann ein Tag anzuberaumen sei; daselbst man zu Bath werde
wieviel ein Waltbott; die Märkermeister und ein jeglicher Märker
• oder Landmann; Schweine in das Eckern treiben; und wie man es
^ damit halten solle ; dem Armen als dem Reichen.
Unbedingtes Strafrecht hatte der Waldpott unbestritten nur in
Betreff des Ausmärkers. Wenn ein solcher in der Mark gefrevelt; so
solle man ihn mit dem Leib und mit seiner Haab gen Homburg einem
Waldbotten überantworten; zu strafen nach des Waldbotten willen
und gefallen; ihn doch nicht tödten oder lähmen.
Als aber der Keller zu Homberg im Jahre 1521 E. Erb. Raths
Zugehörige zu Nidem Erlebach wider alt Herkommen gestraft; wurde
solches dem gemein Lantman in clagweif fürgebracht. Als sich dann
begeben dass der Keller ihnen das Holz genommen und von einem
Wagen dazu einen halben Gulden zur Straf abgedrungen hätt ^wel-
ches Widder alt herkommen und langwierigen gebrauch; auch nie
meh beschehen gehört werO; sonderlich diwil die Straff dem lant-
man; und dem Keller nit; zustünde^^; also hat der lantman gepilligt
und erkannt: wo auf nechstgehaltnem merckergeding anno 1520
durch den gemain landtman nit eingewilligt worden; dass der Keller
zu Hoemburg bis auf dies jetzig Merckergeding strafen mögC; so
habe der Keller solche strafe unbillig und wider alt Herkommen
genommen und solle die wider herausgeben und den Gestraften be-
handeu; und die von Nidem Erlenbach die Straf wie von alter Her-
kommen vertudingen.
20
- 306 -
Nur in dem einen Fall 80 jemand in der gebickten Hege auf
der Strassen Schaden tbut^ und.gtBrUgt wird, heisst es: ^der ist eim
Waldbotten mit zehn Gulden zu Poen verfallen^ ; aber gerade für
diesen Fall ist dann sogleich Torgeseben dass ein Waldbott auch
- selber kein Schaden darin thun soll, wo er. aber das thät soll er „dem
landtfiian büssen^. .
Dem Waldpotten lag es ob, das Märkergeding zu hegen und die
Mark mit Kath der Märker zu bestellen , aber soweit unsere Urkun-
den hinaufreichen, hat er dies nur sehr selten ^ nur bei besonders
wichtiger Veranlassung in eigner Person gethan,. gewöhnlich sandte
er dazu einen oder mehrere Beamte. In dem Bericht über das Mär-
kergeding. von 1433 erzählt Herr Madern ^ Kellner zu Honxburg:
i^lieben. Freunde, inyn Jungher von Eppensteyn .derder Marg ejn
oberster Walpode ist, hait sin Frund^ hergeschickt* dar an zu sin,
das man die. marg bestelle, nuwe marckni^eister kiese .und du. (thue)
und halde als dann uff.Sant Katharinentag jarlich gewohnlichen und
alsi> herkomen ist'^ Bei dem feierlichen Märkergeding im Jahre
14^, als der Waldpote in efigner Person mit seinen Bäthen ersi^hie-
ixen war, um sich seine Herrlichkeit und der MarkBecht weisen zu
lassen, wurde ausgesprochen, dass. ein Waldbotj; selbst erscheinen
soUte, oder durch seine ^mächtige" Sendbott^chaft ^oder Amtleut.
Auf dem Märkergeding im Jahre 1621 wurde das Instrument ver-
lesen, darauf dem Schultheisf^en von Homburg (der anstatt des Kellers
von Homburg erschienen) ^tge^'et: in dem .Instrument habe der
lantmann befunden, dass er, der Schvitheisa, mit. einem ^völkonunli-
chen Gewalt^ erscheiaen soll, das sei .aber nii bescbehen, dann er
hab kein völligen Gewalt laut des Instruments. ^
In der Begel erschien der Keller vonHiomburg äk Stellvertreter
des Waldpotten, zuwdlen aber, besonders wenn der Keller seine
Handlungsweise, zu verth^digen oder in Abrede zu stellen für gut
fand, wurde audi ein anderer geschickt, derCapäler, oder der Schul-
theiss von Homburg. Besonders bei rechtswidrigen Handlungen oder
bei Neuerungen war es sehr bequem, dieselben von dem Keller zu
Homburg vornehmen zu lassen, der dann in andern Fällen wieder
mit der Macht und der Ahndung des Waldpotten drohte, sich mit
derselben schützte. Der Keller zu Homburg trat als Anwalt des
Waldpotten auf, und wurde als solcher bezeichnet Mit Ausnahme
des Landgrafen Friedrich (mit dem silbernen Beine) hat kein Wald-
pott in der Geschichte der Hohen Mark eine besondere Bedeutung
erlangt, die Anwälte waren es, welche für die. Waldpotten und in
deren Interesse aufs thätigste und erfolgreichste arbeiteten. Vorzüglich
— 30T —
siiid hier Diether Gewand oder Gewend^ G^org Vegtenberger und
aoB den letzten Zeiten etwa, noch Gebräder Neuhof zu nennen. Sie
haben kein Mittel gescheut^ um die Macht ihres Herrn zu heben.
Die AnwiÜte haben zu allen Zeiten vor Allem gesucht Unfriede unter
den Märkern selbst zu stiften^ die Märkermeister herabzuziehen oder
zu verdächtigen^ und die Gesetze und Ordnung der Mark zu um-
gehen ^ durch Nichtachtung derselben das Ansehen des Waldpotten
über das Gesetz zu stellen. Zahlreiche Belege werden im folgenden
die Wahrheit dieser Beschuldigung erhärten. Sie haben sich
auch nicht gescheuet selbst das Amt eines Märkermeisters oder eines
. Waldschreiers auf sich, zu bringen^ um in dieser Stellung leichter ihr
Ziel zu erreichen. So kam es dass allmählig ein ungemessenes Miss-
traoen gegen diese Beamten bei den Märkern sich fest einwurzelte^
es genügte dass irgend ein Vorschlag von dem Anwalt aus^g^ die
Märker wiesen ihn ab^ wenn er auch einiges Wahre und Sichtige
enthielt. Das Misstrauen der Bauern^ noch in unsem Tagen ^ es ist
kein unbegründetes; das Becht musste oft verletzt werden^ bis es
soweit gekommen ist; aber das Andenken daran hat sich auch tief
eingeprägt.
Im Jahre 1583 übergab Jost Vestenberger^ der Keller , den
Märkern den Entwurf einer neuen Ordnung der Mark : der Waldpote
be&ftde diu» die Märkermeister bisher ihren Eiden und Pflichten
nicht nachgekommen; die Königstoiner begünstigt^ sie nicht gestraft
wie die andern^ will dass man umwechsle bei der Wahl der Märker-
meister. Man solle vorsehen dass diese ihre Pflicht besser thun;
statt der alten Strafen für anstecken und schädigen der Mark; bean-
tragt er unbestimmte Strafen ^näch Erkenntmss des Waltpottens und
gemeiner Märker^. Der Märkersohluss war aber : ,,uff des Kellers
voi^elegte neu Ordnimg geben die Märker diesen Bericht: dass sie
ein gut alt Instrument babeu; bei demselbigeu; uud dero von Altera
wohlgeordneten Ordnungen woUten sie^ die Märker , pleibeu; diesel-
bigen behalten^ und begehren dass sie der Waltpott dabei schützen
. und schirmen wolle^ und dieweil Neuerungen anzunemen geferlich,
wollen sie des Kellers Bedenken diesmals nit annemen'^
Zuweilen haben die Märker versucht sich selbst darüber zu täu-
schen;-es dai^estellt; als ob der Beamte gegen die Absicht seines
Herrn. von dem Herkommen abwiche oder sie verletze; sie haben
damit niemals etwas erreicht; weder in der Hohen Mark; noch in der
Seulberger; Erlenbacher etc. Mark. Bei der Sti'eitigkeit der letzteren
wegen der landgräfiichen Schweine; im Jahre 1590; schrieben die
Märker an den Waldpotten ; sich beschwerend über Georg Vesten-
20*
— 308 —
berger^ den Anwalt^ dem sie die Schuld beimeBsen^ da sie nit dafbr
halten wollen^ dass er solches auf Befehl gethan „sondern vielleicht
aus seinem selbsten beginnen". Sie bitten der Waldpott wolle sie
bei ihrem alten Herkommen ^ Bräuchen und Gerechtigkeit bleiben
lassen. Darauf wurden sie nach Homburg beschiedeu; daselbst er-
klärt ihnen Hans Herman von Busseck gen. Mönche^ J. fstl. Gn.
Oberamtmau; sein gn. Herr wolle keine Neuerung einfuhren, er wolle
es bei dem lassen, wie es von seinem H. Vater und Bruder gehalten
worden; bei welchen dann, wie aus dem Saalbuch erscheinen sollte,
auch mit andern Documenten zu beweisen, solche Mastungsgerechtig-
keit jederzeit exercirt worden Er mahne sie von ferneren Weit-
läuftigkeiten ab „wofern sie bei deme, so bisher ihnen vielleicht aus
Gnaden widerfahren . . gelassen wollen werden ; dan der Vogell ihnen
zu gros und viell zu schwehr". Die Märker wandten sich damals um
Beihülfe an ihre Obrigkeiten, welche an den Waldpotten auch ihrer-
seits ein Schreiben abgehen Hessen, „er könne nicht glauben", schrieb
dann der Erzbischof von Mainz an den Landgrafen, ^dass S. Durch-
laucht die Turbation ernstlich beabsichtige". Aber dieser antwortete
den Herrschaften: er habe nur das gesucht was „von unsem Vor-
fahren gottseligen uff uns transmittirt worden", schickt Abschrift eines
Berichts des Kellers von Homburg, daraus zu ersehen dass er das
Einschlagen nicht angefangen, sondern dass es „von den geliebten
Vorfahren schon geübt worden", wolle sich desshalb zu ihnen freund-
lichst versehen „Sie werden obgedachte Jro Angehörige JresUnfuges
erinnern und von solchen unnötbigen Klagen abzustehen ermahnen".
Der angeführte Bericht von Georg Vestenberger liegt bei, die Rich-
tigkeit des Märker'schen Vorgebens ist darin bestritten , es wird Be-
zug genompien auf ein ProtocoU und Markbuch d. 1547 , daraus sei
zu ersehen, dass vor 30 Jahren iBeintz Mörlenhauser, auch ein Be-
amter zu Homburg, anstatt seines Herrn und Waldpottens zweimal
3,nit ohne Bevelh^ Schweine eingeschlagen gehabt Noch andere
Beispiele lägen vor. Darauf erfolgte ein Verhör der ältesten unter
den Märkern. In Frankfurt fand es am 23. April 1591 auf der Bau-
stuben statt. Es erschien damals zuerst Hans Gh*aff von Nieder-
Erlenbach, 80 Jahr alt, weiss nichts von Hans Mörlenhäusser Zutreiben ;
ebensowenig von dem Intreiben unter Landgrafen Philips. Die Mär-
ker hätten dem Landgrafen nie einen Intrieb zugestanden, ^daß aber
anitzo etwas Neues gesucht werde, sei der Beamten Schuld, welche
die Obrigkeiten also zusammenhetzten^. Peter Jögkel von Nieder-
Erlenbach, ungefähr 70 Jahr alt, sagt aus: ein Beamter von Hom-
borg habe allewege nit mehr Schwein eintreiben lassen, als er Air
— 309 —
sich in der Küchen gebraucht Er hätte von keinem landgrevisch
Viehe^ an^rhalb diß Jar gehört^ und were alle die Ur&ach Niemands
anders dann Vestenbergers, welch anitzo Neuerung suchen^ und sich
mit Gewalt zu ihnen nöthigen thete.^ Ounz Mang; 70 Jahr alt, giebt
an, man gestünde dem Beamten ron Homberg soviel Schwein er in
die Küche brauche^ einzuschlagen, weiters keine Gerechtigkeit. Der
Amtman Epstein habe Schweine eingetrieben , seien aber herausge-
trieben worden. Es sei aber niemand anders dann er^ Vestenberger^
an diesem Zwiespalt schuldig.^ — Mglb. E.30. Nr. 4. [9] bis [19].
Däss die landgräflichen Beamten manichfach in Versuchung
kamen ihre Stellung und den Schutz den dieselbe ihnen gewährte zu
missbrauch'en war natürlich. Die Seulb. Erlenbaoher etc. Akten tbei-
len mit, wie bei Feststellung der Mark Ordnung für 1592, zu der Be-
Stimmung dass den Ausmärkem die Mark zugeschlossen sein solle,
die Bemerkung gemacht worden : daß jüngster Zeit ein landtgrftvischer
Unterthan von Gutftzenheim einen Karn voll Holz in der Mark ge-
macht, dessen Thuns halber von den Förstern zu reden gesetzet,
erkläret, daß er geheißen worden allda dem Schultheißen zu Hom-
berg, Wilhelmen Buchen, einen Karn voll Burgholz abzuholen. „Ob
nun wol die Merker nicht glauben können, daß sollich färnehmen
aus bevellich oder mit Vorwissen dessen Schultheißenn (denn er als ein
Ausmärker.zweifielsfrej selbst sich besser wird zu bescheiden wissen)
geschehen sei, Sonder sie darfUr halten wollen, der bauer damit den
Förster betrttglichen werde abgewiesen haben, und darumben die
straffe gegen den Schultheissen dießmalß in allem guten desto eher
schwienden lassen) jedoch so protestiren sie zum wenigster dagegen
hiemit öffentlich, und behalten es ihnen bevor, daß es ihnen ohne
NachtheU sein solle.'' Mglb. E. 30. UL 1592. [9].
Die Obrigkeiten. — Während die Wälder der Hohen Mark
gemeinsames Gut der Genossen blieben, wurde das getheilte Feldeigen-
thum der Mark verschiedenen Landesherm untergeben. Es ist wol
kaum eine zweite Stelle Deutchlands welche so zerstückt und zerris-
sen ist, wie gerade die alte Höhen-Mark, oder der Abhang zwischen
Taunus \md Nidda. Selbst der Platz auf dem das Märkerding ge-
halten wurde, war einem der Landesherm zugefallen. Es geschah
desshalb im Jahre 1578 eine Anfrage von Seiten Homburgs welches
die Aue vor Oberursel gerne zur Hohen Mark gezogen hätte. Der
Anwalt gab. vor: an dem Ort des Märkerdings hätten fürstlich hes-
sische Beamten stein setzen lassen, welches ein Anzeig sei, dass diese
Ort „wo nit gar, doch etlicher maßen zu der Mark gehörig^' sein
— 310 —
mttssten. Die Märker erwiderten: der Plate sei ihres Wissens ferner
nicht darin gehörige dann dass das Märkerding darauf gehalten.
Einige Jahre später brachte Philipp Wolff^ der Märkermeister, vor,
dass der Förster von Obemhexstadt; Möbs^ dem Welschen Bierbrauer
von Pfiraumheim als einem Ausmärker aufm Fuss nachgefolget bis
uff die Urseller Anw da selbst in Gegenwärtigkeit Johann Ackers^
ihme dem Bierbrauer, die Pfändung angelegt. Solches^ dass die Pfän-
dung auf der Anw geschehen , haben die Urseller nicht gut sein las-
sen; denn die Anw sei kein Markgut, sondern ihres gn. Churfursten
und Herrn eigenthümlich Grund und Boden. • Darauf der Oberamt-
man zu Königstein Befehl gegeben den Förster in Haft zu bringen;
dieser würde flüchtig und vermied seine häusliche Wohnung. Mgib.
E. 2Ö. m. 152.—
So bestand zu jener Zeit ein. schroffer .Unterschied zwischen
Mark und Flur; unter Mark wurde, nur noch der Markwald verstan-
den. Wenn auch bei der Weisung im Jahr 1401 feria quarta infra
octaväs pa6che es von dem Frevler heisst: „komet er aus dem Walde
so ist er niemand nichtis schuldig^/ so mag auch hier die Eitersucht
der Märker auf ihre Selbständigkeit im WaldC; Veranlassung zu einer
solchen Aussage gewesen sein. Streng durchzuführen war sie nicht,
denn derjenige welcher Kohlen oder Holz aus der Mark, d. h. über
die alte Markgränze fuhr, wurde bestraft
Thudichum bemerkt in „Gau- und Markverfassung in Deutsch-
land'^, S. 135 ff., die Grafengewalt in der Hohen Mark, im Jahre
■
1271 Grafschaft Ursel genant, habe als Zubehör des Schlosses König-
stein den Herrn von Falkenstein zugestanden. Dieses sowie weitere
Untersuchungen über die Zeit wann, und die Art und Weise wie die
einzelnen Ortschaften des Taunus allmählig diesem oder jenem Ter-
ritorialherrn unterworfen worden sind, oder gar zweien zugleich,
genauer zu begründen, dazu bieten die Akten der Hohen Mark
keinen Stoff. Nicht selten ist das Gebot des Landesherm in entschie-
denen Widerspruch getreten mit den Pflichten, welche der Märker
der Mark gegenüber hatte. In solchen Fällen gereichte es der Mark
zum Heil dass das Interesse der übrigen Herrschaften dem gesonder-
ten Einzelwillen widerstrebte. Ebenso hat gewiss der Umstand nicht
wenig zur Aufrechthaltung der Markverhältnisse beigetragen, dass
/ier Gewalt des Waldbotten das Interesse der Territorialregierungen
entgegengestanden. Es war in den Mark-Angelegenheiten derWald-
bott den Märkem drohender und gefährlicher als die Obrigkeiten
Sein Streben war auf die unbeschränkte Herrschaft im Walde ge»
richtet. Die Märker suchten dem «itgegen eine Stütze bei denObrig-
- 311 --
kmten welche nicht weniger eifersIK^btig aUe Schritte des Waldbot-
ten verfolgten. Aber der Schatz den sie gewährten reichte eben meist
nur so weit auch das eigne Interesse ging; wo ihr eignes Ansehen
nicht bedroht war^ ist die Hülfe die sie bringen hie ausreichend;
der Eifer erkaltet^ ehe das Ziel erreicht tst. Wol nur im 15. Jahr-
hundert und zuletzt wieder hei der Theilung der Hohen Mark blieb
dieser Eifer beharriich auf das gleiche Ziel gerichtet, und gelangte
zu einem segensreichen Resultate.
Es ist nicht ohne Interesse zu verfolgen wie in dem Rechtsver-
hältniss der Marken das Lehenswesen Platz gegriffen. Die Weisung
welche im Jahre 1491 auf der Au vor «Ober-Erlenbach gegeben
wurde: die Mark sei ,,der herren Eigenthum und der Märker Erbe'^
ist wol auf diese Apschauung zu beziehen. Die Hohe Mark jedoch
war der Märker „rechtlich eigen". Andeutungen von Lebensverhält-
nissen kommen nur wenige in den Akten vor. Als 1484 Symon von
Ursel gebeten wurde die Weisungen dem Walpoden auszusprechen^
entschuldigt er sich er sei des Herrn von Epstein Lehensman und
Angehöriger ^mit Eyden und globden* verwant*, dass ihm solches
nit wol fhglich zu thun wäre; wo aber sein Herr von Epstein ihm
das zu thun gestatte ^ wolle er gern dem lantman zu G-ute thun,
was an ihm wäre. Es ist wahrscheinlich dass hier der Weigerung ein
wirkliches Lehensverhältniss zu Grunde lag; die Lrfinstreu des Va-
sallen begreift unter sich auch die Verbindlichkeit den Lehnsherrn
in seinen Rechten nicht zu beeinträchtigen^ ja selbst demselben eine
besondere Achtung zu erweisen, ihm „treu und hold" zu sein. Dör
Vasall durfte y wenigstens in einer Griminalsache nicht gegen den
Lehnsherrn Zeugniss ablegen. Es fragt sich ob in andern Berichten
und Mittheilungen der Ausdruck „Lehnsherr^ auch aufzufassen sei in
der Bedeutung von Herrschaft, Obrigkeit^. Wann ein voll Märker-
ding zu verkünden war hatte der landsiedel zu erscheinen „mit seinem
Lebenherm". In dem Weisthimi der Hohen Mark vom St. Catharinen-
tag 1401 geschieht der Aufruf mit den Worten : ^N. bistu hüte hie als man
30 In dem vortrefflichen Bericht, welchen die Archivare Dr. F. Max: Stark
and J. G. Chr. Thomas in Auftragr des Senats 4m 28. Dec. 1BC9 und "16. April
1810 über die Verhfiltnisse der Hohen Mark vorlegen, berühren sie auch die
Frage: ob unter den Lehenherrn die Obrigkeiten zu. verstehen .seien. Si^ bejahen
dieselbe. „Vermöge der Gerichtsbarkeit übe.r die Markbetheiligten Ortschaften
hätten die Herrschaften die Gemeinden auf den Märkergedingen und in Mark-
strdtigkeiten vertreten und die Jurlsdictionem forestalem über den Markwald
mit ausgeübt, seien auch auf den Märkergedingen mit dem lantman erschienen."
— 312 —
dir geboten hat mit deinem lehenherren". Ebenso heismi es iq cler
Urkunde über das Märkerding des Jahres 1401 feria quarta infra
octaväs pasche^ dass der Schreier gerufen: „N. bistu hude hie als
man dir hergeboden hait mit dem lehenherren". Dabei findet sich
auf einem Zettel welchen Henne Yon Beldersheim , der Burggraf zu
BonemesO; geschrieben, als ihm der Auftrag geworden von der Bur-
ger wegen gen Ursel zum Märkergeding sich zu verfügen: „Item
wan ein schreyer verkündet eyn vol ijfierckerdmg so sal eyn laut-
sidel mit seine lehenherren da sin, und weren daß' die dan ußblieben
so verlorn sieVIIIß ein iglicher der da ußbliebe. — Mglb. £.29. U^
S. 3« — In dem Weisthum von 1438 werden nur die ,)ZU der Marg
gehörende dorffer^ aufgerufen; es ist aber nicht gesagt ob es ein
gebotnes Märkergeding war. Auf dem Märkeigeding St. Veitsti^
1484 wurde den Märkem, welche damals nicht vorbereitet gewesen
der Mark Becht zu weisen , ein anderer Tag anberaumt. Auf diesem
sollten dann die ungehorsamen Märker und Landtmann, die aufge-
blieben ^ g^i^t werden. Die Gesandten der Obrigkeiten waren mit
erschienen ; sie wurden aber nicht, oder nicht mehr au%erufen. Bei
andern Märkergedingen z. B. 1458, 1479 ist nicht erwähnt ob ein
Aufruf erfolgt sei. Bei dem Streit wegen der Mühle zu Bonames
bittet im Jahr 1525 der Schultheiss von Oberursel um ein gemein
Märkerding, dass alle diejenigen „als nemlich die Lehenherm und
Junkern so Markrecht hatten^ dahin kommen „möchten, damit Inen
und der Mark nichts entgegen würde^^ Auf dem Märkerding in
die Bartholomei 1543 wird bemerkt dass unter den „Edeln
und Merkern, Lehenherm und LandtsjdeP^ der weniger TheU er-
schienen. —
Gerade dieser Gegensatz von Lehenherm und Landsiedel macht
es aber sehr zweifelhaft ob hier ein wirklicher Lehensnezus, oder
ob ein obrigkeitliches Verhältniss in Frage steht In der Ge-
richts- und Land-Ordnung der Herrschaft Solms, vom Jahre 1571,
wird im 2^^ Theil, 5. Tit. von Verleihung und Beständniss liegender
GKiter gehandelt. Bei der Erbleihe heisst es darauf im 6. Titel § 6,
es sei der Lehenherr („denn also pflegt man den Verleiher und Ei-
genthumsherm abusive, in dieser Landart auch zu nennen ^^) inder-
gleichen Fällen, da das Lehen oder die Erbleihe verrückt wird,
nicht schuldig dem Beständer Erstattung der Besserung zu thun.
Ebenso heisst es im 7. Titel, die Land-Siedel-Leihe sei nicht erblich,
sondern möge „der Lehenherr^^ dieselbe aufkUnden. Es wird dabei
ausführlich gehandelt: „den Lehenherrn belangend^. Es solle „der
— 313 —
Lehenherr^^ ein^i Leihebrief fertigen ^ die Geb&udo in, gutem Stand
überliefern^ die Leihe nicht steigern u. d. m.
Demnach scheint eS; dass auch bei den Märkerdingen diejenigen
Gutsherrn, welche Land in Erbbeatand oder einem Landftiedel
übergeben hatten ; gerufen wurden , und verpflichtet waren bei Yollen
Märkerdingen zu erscheinen; Die Stadt Frankfurt hatte in.Bonames
Güter erworben 9 besaas Markreoht, hatte die Mühle z. B. in Pacht^
den Dinghof in Erbbestand gegeben , so war sie als j^Lehensherr^
gerufen.
Ln Jahre 1545 soll Bonames gestraft werden , weil es ,,seine
Lehensherm" nicht mit auf die Aue gebracht Da yerwendete sich
der Bath bei Gottfried von Eppstein und hebt hervor dass Frankfurt
fbr seine Dörfer vermöge der Freiheiten nicht verbunden wäre zu
erscheinen. (Mglb. E. 29. II. p. 92. — ) Auch im Jahre 1458 noch
beehrt Hans Walborn, von wegen der Walpoden, zu büßen ^die
lehenherrn^' die nit da weren. Da erzählte Gerlach vonLondorff: der
Bath hätte den in der Mark angesessenen befohlen und geboten zu
Hause am bleiben^ es were der Bath mit schweren Fehden beladen;
es seien etliche Bürger von Frankfurt an einem offnen Gericht zu
Seckbach böslich abgefangen worden ohne Fehde und indem sie deß
unbesorgt waren, darum der Bath besorge daß die Seinen wenn sie
zu einem offen wissentlichen Dinge und offnen Felde kämen, Schaden
nehmen möchten; auch sei der Bath vom Bömischen Kaiser und
Könige bei schwerer Peen gefreyet daß seine Bürger solche offen
Gerichte und Dinge zu suchen nit schuld sein sollen. Darauf redete
Hans Walbom: solich Geschichte und was dem Bathe zu Ungnade
geschehen, were ihm nit lieb, und ließ er das dabei.
In dem Bande: Mglb. E. 29. II findet sieb zu dem Märkerge-
ding des Jahres 1445 eine Note in Betreff der Lehensherm; es heisst
daaelbet S. 19: Nota omb den artikel als sie wollen so ejn folle
merckerding sy, das eyn iglicher mit sine lehenherm da syn suUe
by YIII ß zu bussen. Nota der artikel ist von alter nit gehalten^
obe man es wole wyse, und wer auch nit zutunde (zu thun) dan es
vast sorglich wer.
Hierbei ist zu bemerken, dass es mit der Vollmacht, fbr einen
andern zu erscheinen und zu handeln, nicht sehr streng genom-
men wurde, es genügte meist die Versicherung dass Jemand „eines
andern mächtig'^ wäre; zuweilen erbot sich der Bevollmächtigte smn
Vorgeben eidlich zu erhärten; so z. B. auf dem feierlichen Märkw-
ding St Margaretha 1484.
— 31* —
Wenn aber die Pflicht der Herrschaften, auf den Markerdingen
zu erscheinen y in Frage gestdlt werden kann^ so war doch ihre
Berechtigung daeu unzweifelhaft. Der gemein Mi&rker bedurfte in
wichtigen Angelegenhieiten einer Leitung; fiand er sie nicht in den
eignen Reihen 'oder im Adel ^ so ordnete er sich bereitwillig den
Begierungen in Markangelegehbeiten nnter. Aus beiden Marken k5n*
nen zahlreiche Thatsachen angeführt werden ^ welche darl^en wie
die Obrigkeiten n^cht nur mit den Märkern auf den M&rkerdingen
erscheinen; sondern auch für sie das Wort ergriffen, im Ipteresse
ihrer Angehörigen handelten ^ ja diese aufforderten sich zu entfernen^
die Versammlung zu verlassen.
Wir wenden uns zuerst zur Sei^lburger, Erlenbaher etc. Mark;
wo wir bei dem Streit über die Märkermeisterwahl im Jahre 1482
finden; dass Ysenberg; Sohns und Frankfurter Amptleute und Freunde
von Peterweii und Njdem Irlenbach wegen erklärt: sie gewillxgen in
kein Neuerung; haben dess auch keine befohlen; und wollen an ihre
Herrschaften bringen ; wie da geredt und gehandelt sei; ,^hant sich
dayon gewandt und sind hinweg gerjtteu; und haben ihren Männern
gefragt auch abzuscheiden^.
Im Jahre 1486 auf • Sontag mitfasten; als man singet in der
heiligen Kirchen Letare, sind dann erschien^i „die nachgenanten
Partbeyen^ der Keiner zu Homburg; Herr Dietrich MeyenkranZ;
Priester; und Henritze Sulberg; Schultheiss zu Hoembui^; die vor-
zeiten auch Keiner zu Hoemburg gewesen; von wegen des wolgep.
Hern Godfritz Hern zu Eppenstein und zu Mintzenberg „an eyme^
und Philips von Buchis; amptman zu Petterwil; von wegen des
wolgep. Hern Ludwigs von Isemberg; Her Philips von BickeU; Bit-
ter Conrat Schenck von Sweynßberg gem. AmptmaU; und Job. von
HornauO; Amptmän zu Petterwil; von wegen .... PhiUpsen Gra-
ven zu Solms . . /sodann . . Erwin Topl von Carbeti; Amptmann
zu Niddern Erlebach und Ludwig Waldeck des Bats schriber zu
Frankfurt von wegen des ersameu; wisen tmd fiiraicbtigen Bürger-
meister und Bat zu Frankfurt „am andern Tiele^^; auch waren da
versamlet die Merker aus den 6 Dornen. Hier werden also die Herr-
schaflien geradezu als Parthei dem Waldpotten auf dem Märkerding
gegenüber gestellt Philipp von Buchis und Joh. von Homan sind zu
dem Kellner geritten, gefraget ob er bereit sei anzufangen. Der bat
noch auf ihren Amtman zu warten; da dieser aber nicht erschien;
hat Heinritze von Sulberg von der Herrschaft Eppenstein wegen zu
reden anfangen lassen; uff stund ist von wegen der obged. Hern
Ludwig von Isemberg . . . Solms . . . und des Erb. Bats zu Frank-
-^ 315 -.
furt „als Von w^en Ai&c Jipen von Petierwile und Kiddem Irlebacli^
geredt dass sie keinen für einen Märkeraieister halten wollen er sei
dann dqrch gemeine M&rker erwählt und sragelassen: wie* von alter
Herkomen sei. Sie fragen den Eppensteinschen ob er die Wahl
wie von Aker Herkomen stt flirnehmen wolle ,. darauf der Sd^ult-
heiss zu Ho^mberg . geantwortet: neyn, gesaget sie wolhen handeln
wie sie im vergangnen Jahr gethan. hfttten. Als aiich. der vermeint
Mfirkermeister der Mark halben reden wollen , da haben Gonr^t
Schenck von Sweynßberg und Ludwig Sehreiber Ime gesagt zu
schweigen^ sie haben weiter zu reden. Und hat der itsgenant Ludwig
weiter geredt und begehrt an alle Uinbstendar zuzuhören: dieweil
von Eppensteinschen verneint worden zu handeln wie. von Alters
Herkommen, so seien sie ),von Uirer Herrsdiaft und dw Ihren wegen
obgenant^^ auch nit g^neint einige Ntaerung zu gewilligen, würden
den, der nit nach altem Herkommen gew&hlt, auch nit. filr einen
Merkermeister halten; sie erbieten sich zti rephtlichem Austrag,
ersuchen* den offen Notar ei^ offen Lifstrument zu machen, sind da-
rauf abgeritten, und haben die von Petterweil und. -N. Erlenbach
auch ^hey^en abgeen^. Zwei Jahre später, 1488, finden wir dass der
Homburger Amtmann das Märkerding nicht halten wollen, sondern
on allen abscheyt mit den von Seulberg abgeschieden« Da haben
sich di« Sendbotten von Isenlberg, Soinut, Einigstem und ^Frankfort
bedacht, und dem l^ntmaii uff ihrer Seiten gesagt ob die „Widderr
parthie^^ einen Märkermdster gekoren hätten, selten sie für kein Mär^
kermeister halten, sie sollten „die marck ge^nu^en wie von Alterf^,
und ob Jemand Beschwemiss der Marck halber habe, solt derselbe
„an sein Herrschaft langen lassen, solt syn Herrsehaft mit Flys vor
Jen arbeiten. Ine by altem herkommito zu hanthaben'.
Dass dies zu jener Zeit kein leeres Yer^reche^' gew^en, das
zeigen die Verhandlungen als im folgenden Jahre, 1489, das Märker»
geding der Seulberger, Erlenbacher etc« Mark durch den Walpoden
bis auf Dienstag nach Quasimodogeniti erstrecket worden. Es wurde
durch Herrn Ludwig von Isenberg ein Tag emant gen Petterweil,
daselbst ein Abscheyt beschehen wie folgt: Nach alter Q«wohnlieit
und Herkommen pflege man „Märkergericht" zu halten auf Mitfasten
m der Erlebacher Margk. Das habe der Graf zu Hanau etzlioh Jahr
lang verhindert, allein nach seinem Gefallen zu erstrecken sich unter-
standen, ... es haben die Sendboten gerathsohlagt und eynmündig
beschlossen,, wenn der Graf von Hanau einen andern Tag fümehinen
werde, so sollen die Herren mit den Ihren in mitteler Zeit bestellen
und verfügen, dass sie den Tag mit nichts besuchen und sich doch
— 316 —
der Mark wie von Alter Herkommen iBt yerbmcheiiy und sich fortan
Eum Märkergericht das im znkfinftig sein wird zu mitfasten verfügen.
Jegliche Herrschaft solle daselbst ^erscheinen oder dahin schicken,
helfen zum bebten bestellen, tan und ratschlagen^^
Sontag Laetare 1490 ist das Erlebacher Merkerding gehalten
worden durch denvesten PhUipsenvon Buches, Diethervon Lutem
von wegen Hern Ludwigs von Isenburgk, Heinrieh bereiter zu
Königstein von wegen derselben Herrschaft, Heinrich Keller zu As-
senheym von wegen Graf Philipsen von Sohns , und Jacob von
Cronberg, Erwin Dogd, Amtmennere, und Melchior Swartzenberg,
Rathschreiber , von wegen deis Baths zu Frankfurt Inn Beiwesen
des gem. Lantmans, wiewol das Merkei^eding zu halten durch den
Herrn von Hanau verbotten war, wart durch Jacob von Cronberg
geredt „alle die in die Marg gehören selten uff den Hauffen treten^
da waren etliche von Sulberg zugegen die hinweg gingen und nit
unter die Märker gehen wollten. Bedt derselbe Jacob zu dea Mer-
kern, sie sollten sagen, wie es mit. der Marg gehalten worden
sei, ob man den Märkermeister kiesen möge, so etliche in die Marg
gehörig nit uf den Tag erscheinen. Begehrten die Männer sich zu
bedenken, nahmen j^von jeglichem Dorf drei der edelsten^^ und ant^
werteten gemeynlichen durch Conradt von Petterweil: Es sei von
alter Herkommen, dass man uff den Tag einen gemeinen Märker-
meister uff dem flecken kiese, und so etli^h nit allda wären gewest,
hätten sie nit desto minder gekoren, und die so nit erschienen
„mit Bat der Herschaften^' gebttsst Wurden „die Mendw" wdter
gefragt, es wären etlich von denen von Sulburg gebüsst, die noch
im Gefängniss wären, und doch kein Märkermeister gesetzet durch
die gem. Merker von ddr Mark wegen, wie es gehalten werden soU
mit den büßen ^^ Antworten die Männer gemeinlich: sie kunten oder
wolten nit weiter antworten, sie hätten dann einen Märkermeister
gekoren; so der gekoren, wollten sie „mit Bath desselben'^ antwor-
ten. Also haben die Geschickten sich bedacht und ihnen vergönt
einen Märkermeister zu kiesen« Antworten die Männer gemeinlich:
sie hätten sich bedacht und gekoren, und sei ihr alt Gewohnheit,
welcher gekoren werde, er sei Edel, Priester oder sonst ein gemein
Mann in der Mark seßhaftig, der muss es annemen^^, und wo ihnen
^1 Seulberg war homburgisch; die von Sealberg hatten, vielleicht in Auf-
trag ihrer LandeBherrschaft, Petterweiler Märker gefänglich eingezogeo, ohne
Auftrag eines Märkermeisters.
32 In Appenzell muss noch heut zu Tag der gewählte Landamman die
Wahl annehmen, er ginge denn ausser Landes.
- 317 —
I
dasBelb zugesagt werde woHten sie den Mttrkermeister nennen. Hilt
man den Männern fbr: wolten sie einen erwählen der in der m«*g
begut nnd behobt wäre^ das müssten sie lassen geschehen^ aber wo
sie dnenAmtman wolten ^ der möcht über Nacht Urlaub nemen oder
gegeben w^den; so wäre die Marg aber unbesteh^ solten sie selber
Zusehen. Antworten die Männer: Sie haben vor Alter einen seßhaftigen
gekoren nnd hit angesehen ob einer begut oder behubt sei; wo man
ihnen dasselbige noch gestatten wolle ^ wolten sie den erwählten
nennen. Das wurd' ihnen nachgelassen. Also erwählten sie Erwin
Dogeln, Amtman zu Erlebach. Sagt derselbe: wo ihn die Herren und
Jungkern der Geschickten nit bei der Marg beschirmen weiten,
wäre ihm das Ampt an sich zu nemen nit gelegen. Also haben sie
ihm einhellig zugesagt; von der Herrschaften wegen ihn dabei zu
hanthaben. Darnach wurde gefragt wer den Märkermebter ejdigen
solle; ward geantwort: sie (die Märker) haben to/ Zeiten ein Ampt-
man zu Erlebach gehabt der Märkermeister gewest was, der-
selb Ton dem gekoren Märkermebter globe genommen. Also erwdtt
der gem. lantman Philipsen von Buches ; der nam gelob von Erwin
Dögeln uff den Ejdt den er seinen Herrn gethan hatte dbr Mark
das best und nutz zu schicken; und wurden alsbald zween Märker«
knecht erwelt, die auch, gelobten und sworen Erwin Dögeln in Ge^
genwärtigkeit des lantmans; und alsbald wurden die geschickten
Eyns und befolen den Markknechten die«iron Sulberg, die die Solms-
ischen gefangen gehabt hatten, zu verpieten auf dinstag nechst, dar-
nach zu yerhören aus was Ursachen die Solmßen gefangen seien,
und solle von jeglichem Dorf gein Ober Erlebach zween komen mit
sampt dem Märkermeister, die Sache zu verhören, und was alsdan
zu antwort werde, jegliche ihr Hern und Junghem wissen zu
lassen.
Es ist dieses Auftreten der Herrschafben aus dem Grunde so
ausführlich mitgetheilt worden, weil es das einzige Beispiel ist, dass
dieselben ganz in die Bechte und Pflichten des Waldbotten eingetre-
ten sind. Sie haben nicht nur das Märkerding gegen Befehl des
Waldbotten hegen lassen, die Mark bestellt, einen Märkermeister
wählen lassen und Markkn^chte, sondern sie haben auch dem Mär-
kermeister versprochen ihn bei der Mark zu beschirmen. Es liegt in
dieser Handlungsweise die Anerkenntniss dass der Waldbott nur im
Interesse der Mark seine Vorrechte besitze, und dass wo er diesem
Interesse entgegen handele, die Mark nicht bestelle, dies auf andere
Weise geschehen müsse.
— 318 -
Hier, wie in der Hohen Mark; haben die Begiemiigen später
nicht mehr den Mutb; oder nicht mehr die Kraft gebäht in gleicher
Weifl»e das Becht des oberst^i Märkers dem Interesse der Mark
selbst unterzuordnen. Auch in Yorliegendem Fall aber haben sie
nur das Nothwendigste gethan, sie haben. nur einen Märkermeister
erwählen lassen. Bei dem nun folgenden Qliteversuch hat man sich
bedacht und dahin geeinigt, dass H^r Friedrich von Dorfeiden von
w^en des obersten. Walteten und Cunrad Schenck von wegen 'der
alldem Herrn den Märkermeister beeidigen solle ^ bis die Herrn zu-
sammen kommen und sich des vereinigen. Auf das Sehreiben des
Pfalzgrafen ; die Herrschaften möchten. sich auf dem gUtUchen Tag
zu Germersheim einfinden; antworteten sie : dass sie nit Fug haben
den angesetzten Tag ohne den ge'meüien lantman und Merker zu be-
suchen. — Mglb. E. 30. IL
Wenn die Obrigkeiten das Interesse der Mark und der lUlrk er be-
achten wollten, so mussten sie auch die Gewohnheiten derselben
berücksichtigen und an denselben festhalten. Anno 1484 auf Sonntag
Letare zu halbfasten sind von Peterwyl auf das Irlenbach Merker-
ding gemacht seibist: Johann von Glaubürg^ Sohöff, Wicka* Frosch
der jüngO; Ratsfreund; und Ludwig Waldeck; Schreiber; und als die
hinausgeritten und bei Irlenbach in das Feld komen sin um die
10 Uhr; haben sie nach Erwin Dogel; AmptmaU; und den Märkem
in Nieder Irlenbach geschickt Ist Erwin dazu konmien und hat
gesagt; indem als er zu Irlenbach herausgeritten; sei einknecht ihm
begegnet mit dem bemerken dass das Märkerding mondig (Mont^) sei,
dann sein H^r von Eppeostein das widerbotten lassen habe. Die
Geschickten haben sieh darauf mit den Solmsischen und Tsenburgi-
sehen beredt und sind mit d^oi Märkern von Peterwyle und Nydem
Irlebach auf die „Walstatt des Merkerdings bj Sulburg gerjden";
und sind bis nach Mittag ungefähr um ein Uhr dablieben, und als
Niemand aus den andern Dorfen komen ist; han die Amtleute die
von Petterweil und Nydern Irlebach wider zu Hause gehen lassen,
und sind auch abgeritten. — Mglb. lü. 30. U^ S. 151.
In dem Berichte über die „Sewelberger und obem Irlebacher
Gemark^; 1539 heisst es dass die Herrschaften ;^von w<gen^ ihrer
Märker erscheinen. Uff Montag nach Penihecojst, morgens 7 Uhr
erschienen auf dem Platz da man merkerding ■ pfleget zu halten, von
wegen des Fürsten Philips Landgraven zu Hessen, als obeMenWalt-
poten, Helwig von Laurpach und Diether Gewende, Keller zuHom^
burg,^ „von wegen der Herrschaft Königsteyn Gemerker* Ohridtopfl
von Hatzetein, Amptman zu Königstein, ^von wegen der Herrschaft'
— 319 -
' I
Sulmbs Gemerker'^ Hartman von Troso, Amtman, „von wegea.der Herr-
schaft Eyssenbürgk Gemerker" Engelbert^ lialber Amtmann^ „von wegen
der Stadt Frankfurt Gemerker'^ Juätinian von Ht)lsEhausen> und dann
„der geinein Merkennan der Sewelberg und Ober Irlenbach gemsurc^c
für sich selbst". ^ . .
Wenn die Herrschaften einestheils fär die Ihrigen ein Schutz
waren, so «nchten sie andemtheils in denselben auch eine Stfitse für
das ei^e Ansehen zu gewinnen. Vorzüglich gilt dies von jdem Wald-
poten selbst; soweit er auch Landesherr war^ in der Seulbei^ Er-
lenbacher Mark also flir Coppem und Seulberg, in der Hohen Mark
für Homburg; Gontzenheim und Steden. Die Stimme von Nieder
Steden wurde noch festgehalten;. Scbultheiss und Gericht ernannt,
als dies Dorf schon längst verschwunden war. Neue Ortschaften auf
hombürger Gebiet, Domhol^hausen und Friedrichsdorf; würden be-
günstigt weil sie grösseren Einfloss verschafften. Im Jahre 15S9
brachte der Keller zu Homburg, Diether.Gewend, schriftlichen ^Be-
fehl des obersten Waldpott die Mark ^uff heute dato" zu umgehen.
Die Märker weigerten sich ,,es sei kein Mangel an der Gemark ver-
merkt". Der Keller drohte mit Ausschluss von d^ Mark; Hess auf
;swei Seiten treten zur Abstimmung. Es trat zu ihm Niemand denn
die ij^eihen Tpn Homburg und Seuljberg; der Mehrertheil blieb
stehen« ^ "
. Zwei Jahre, darauf als der Walpöt mit Märkermeister kiesen
wollte; hat der Amtman zu Königstein. die Dörffer getrennt und „die
von SiBulnburg und Kuppern beredt bei dem Instrument zu bleiben;
die Gemerker Seulburg. und Kpppern sind abgefallen,^ bei der Ab-
stimmung, traten sie auf die andere Seite. .
.. AUniälig erhielt das Erseheinen der herrschaftlichen Geschick-
ten eine andere Bedeutung. Darüber giebt ein Bißricht von Job.
Ludwig von Glauburg über das Seulberger Erlenbacher Märkerge-
ding des Jahres .1588 Andeutung. Es sei erstach nach -altem Ge-
brauch das Instrument; so anno 1493 ufigericht, hernacber etliche
neue A^culy ungefehrlich uf die 22, letzlich ^u<^ die Bugen yer-.
lesen.worden. Darauf .die vorigen Märkermeister wieder zu Märker-
m^ter erbeten und verordnet worden ^und ist durchaus nichts neues
oder E. Erb. Bath nachtheiliges des Ends furgangen oder verhan-
delt worden"., Beim Abschied hätten die lilärkermeister und. der Kell-
ner w^en des Schreibens E. Erb. Baths, dass man die Nieder-Er-
lenbacber aus der Mark zu bringen gedächte, sich entschuldigt; sie
seien dies fUr ihre Person nie bedacht gewesen, sondern hätten iie
jede ^it fUr ihre Mitmärker gebalten, sollten auch wie andere ge-
- 320 —
halten werden; wollten gebeten haben E. Erb. Bath wolle jShrlichs
auf den Sontag Lätare eine BathsperBon auf das ICärkergeding ver-
ordnen „welche gleich wie Sy der Mark zum Besten beiwohnen thete";
wie dann von E. Erb. Baths wegen H. Dan. Ton Hinsperg vor
Jahren etlicher Irrung halben auch draussen gewesen. Joh. Ludw.
von Glauburg bedankt sich der freundlichen Antwort wegen „mit
' pit solche Ir Entschuldigung schrifftlich an E. Erb. Bath zu gelangen^^
Mglb. E. 80. IV. [6]
Als die Märker bei dem Streit über die landgrevisch schwein
einsahen, dass ihre eignen Bemühungen vergeblich seien, haben sie
sich verglichen, dass die Schultheisse solche neugesuchte Gerecht-
sattle des obersten Waldpotten ihrer Obrigkeit anpringen soUten,
deren Bath, wie es auf's beste anzugreifen, zu vernehmen. Es wand-
ten sich darauf in einem Schreiben d. d. 1. Oct 1590 Märkermeister •
und Häupter der Seulberg Erlenbacher Mark an die Herrschaften:
von ihnen selbst könne es nicht wol in's Werk gerichtet werden,
j^Ir dag^en als hochgelahrte, verständige in denen und andern der-
gleichen Sachen täglich e^ercirt und geübet, die gepüer zu pon-
deriren werdet wissen, damit dan nicht zuviell oder zu wenig von
uns ftirgenommen, so wollen wir euch und E. Hochachtpare Weis-
hey ten ganz freund und dienstlich gepetten haben sich als Mitm&rker
von wegen des Fleckens Nidern Erlenbach dahin und soviel zu
bemühen und durch deren Advocaten fürhabende SuppUcation con-
cipiren und stellen zu lassen; und sind wir es hingegen freundlichen
lu bedienen. Euch und Ew. Hochachtparen Weisheyten sonsten
angenehmen Willen zu erweisen erpöttig und befliessen, Euch, Ewer
Hochachtp. Weish. und uns alle hiermit dem lieben G-ot empfhelend*.
Mglb. E. 30. IV. [8] — Sie sollten erst später lernen, dass es besser
ist der eignen Kraft und Ausdauer zu vertrauen, als der Opferbereit-
willigkeit anderer. Auch die andern Dörfer hatten sich an den Erz-
bischof von Mainz und die übrigen Herrschaften gewendet, sie bitten :
dieselben wollen geruhen gnedigst, gnedig und gUnstig „uns deren
armen Leute^^ zu schützen und darg^en bei unser ruhigen woUher-
geprachten possession vel quasi handt zu haben. Der Bath liess die
Sache untersuchen, Zeugen vernehmen. Am 20. Oct 1597 berichtet
Conrad Wachteler, Märkermeister, dass der Landgraf Ludwig der
Jüngere 130 Schwein in die Mark einschlagen lassen; begehret eines
Erb. Baths Gutbedünken was fiirzunehmen. Die Antwort lautete am
4. Nov. dahin: er habe anno 1591 Zeugen vernehmen lassen; ob
solches von den andern Herrschaften gleichmässig beschehen, davon
habe er nichts vernommen; es möge wol sein „daß solche Sachen
— 321 — ,
also ersitzen blieben^^ Sollten aber die andern Herrscbaften einhellig
Bich an den Landgraven wenden wollen ^ würde es dem Rath nit
missfallen. — Mglb. E. 30. IV. [20/21.] — Weiter wnrde im Jahr
1604 die Hülfe de^ Baths angerufen; der Oberherr und Waldpott
habe diesmal 100 Schwein in die Mast einschlagen und ein besonder
steig auf Irem Grund und Boden ufrichten lassen. Es wurde auf den
BeschlusB d. 1597 verwiesen^ dasjenige so damals begert; sei noch
nit effectuirt worden, sondern vermuthlich bishero ersitzen blieben;
darumb man den Bereiter an den Märkermeister wiederumb abge-
fertigt. Der berichtet dass die Abhörung noch nit stattgefunden. In-
zwischen fanden die Hefrschaften es sei nöthig einen Tag zur Zu*
sammenkunft zu bestimmen: „weil solches samptlichen interessiren-
den Herrschaften" zu nicht wenigem praejudiz gereichen thut. Auf
einem Tag zu Petterweil werden die Torhandenen Zeugenaussagen
verlesen; neue Zeugen yerhört imd beschlossen ein weiteres Schrei-
ben an Homburg abgehen zu lassen.
In späteren Jahren genügte es dem Rath den Landbereiter all-
jährlich auf das Märkergeding, Sontag Lätare, zu schicken. Johannes
Zeundel berichtet im Jahr 1644: „hat es auf bevehl Ihr E. E. Veste
besucht; zu vernehmen ob etwas deme Flecken Niter Erlenbach an
Ihrer Gerechtigkeit vorgenommen; oter Ihme Flecken sonsten durch
Ihre f. Gn. Herrn Landgrafif diner oter Dero selbigen Märkermeister'^
Es sei aber nichts vorgenommen; als der gemeinen „Euhen und
Busen" wie auch „der verfallne Bauw und ßösse dachung" (veröste)
und „waß B.ugbar- daßselbige gestrafft worden^. „Dasselbige auch Ir
lusterment ist vorgelesen worden von dem Waldschrayer wie von
Alters herkommen ist."
So berichtete der Abgeschickte der Stadt Frankfurt. Mit einem
solchen mag der Kellner zu Homburg leicht fertig geworden sein*
Derselbe berichtete am 2. Juni desselben Jahres über das Märker-
ding der Hohen Mark: er sei auf das gebande Mark Gericht zu
Oberurschel geschickt worden „zu vernehmen ob etwan meiner
groBsgünst Ihrer Dorffschaften in einem oder dem andern an irer
Gerechtigkeit witer Billigkeit etwaß vorgangen wöre", weiss diesmal
nichts zu berichten; als „daß Niter Urschel und Dirkelweil wegen
der Wolfsjagd nicht zu Humburg erschinen sind; gestrafil werden
sollen; nach gehaltnem Markgeding über 14 Thag zu Humburg zu
dem Busatz sollen beiten Flecken Erscheinen und IreBuse thaidigeu;
dieweil alle andern Flecken erschienen; sie gemelte Flecken allein
nicht", (bei der Wolfsjagd nämlich). — Mglb. K 29. IV. S. HO.
21
— 322 -
Wie in der Seulberger, Brlenbacher etc. Mu*k, so st^ea auch
in der Hohen Mark nicht wenige Thatsachen klar, dass in früheren
Zeiten das Auftreten d6r Obrigkeiten in Markangelegenheiten keines-
wegs bloss eine Förmlichkeit oder eine Ehrenauszeichnnng gewesen.
Eiii sehr undeutlich geschriebener Bericht über das Märkerding von
1479 theilt mit^ dass die lUthsfreunde begehrt die von Dorckelwdl
wieder zu ihrem Markrechte kommen zu lassen, und dass diese sich
erboten „umb den bruch des faltdors halb'' zu taidingen. Darauf die
anwesenden M&rker beiseit getreten und gemeint die von Dorckel-
weil nit wider zuzulassen , der Rath wolle denn dem lantman den
„slag zu Husen offen daß man dadurch Far^i und denselben- Weg
gebruchen mochten zu zyden so die Wasser gross weren'S DesBaths
Freunde gaben darauf zu verstehen dass der Bafch den Weg zu Hau-
sen gekauft habe und war kein gemein W^. Hausen (an der Nidda)
stand mit der Hohen Mark in gar keiner Verbindung, die MäriLcr
gedachten also durch die Beeinträchtigung der Dorckelweiler den
Bath zu nöthigen anderwärts ihnen, den Märkem, Vortheile einzu-
räumen. Das Recht oder die Pflicht der Obrigkeit war aber mehr
die Ihrigen in dem Rechte zu schützen und zu vertheidigen, als pri-
vatrechtlichen Vortheil aus dem Verhältniss zu ziehen ^.
Bei dem Märkerding Montag nach Erhardi 1522 hat der Keller
angezeigt: wer den Wald schädige soll gepfändt werden, es sollten
auch itzo die Ffandzettel verlesen werden. Darauf Viel aus dem
lantman nein gesagt, man sollt die Pfandzettel jetzo nit verlesen;
dafür were der unberufen Märkertag bestimmt. Aber der Schultheiss
von Ober-Ursel hat etliche vom lantman, so ihm zugehörig, zu ihm
auf ein Ort genommen und mit den geredt, bis sie in die Pfändung
und Verlesung der Zettel bewilligt. Darauf die Zettel gleich ver-
33 j)ie Vollmacht welche im Jahre 1489 der Bath seinem Abgesandten mit-
gab, lautete: Wir der Rate zu Franckenfort Erkennen uns uffentlich mit die-
sem briefe das wir gantze maefat und vollen gewalt gegeben han diesem gein-
wurtigen Eysen von Miltenbergk nnaerm beryder, und thun das lane craffte
diß brieffs, uns, unser burger, das unser, die unsem und die uns zu verant-
wurten steen an dem Marckerdinge zu Ursel das uff Mittwoche nach dem hei~
ligen Pfingstag nehst komende werden sal, zu verantwürten , zu verteidingen,
zu vergeen und zu versteen zu glieber wyse und Inne aller der maeße und zu
allem rechten, wir selbst thun und laißen sollten und mochten, obe wir dabei
geinwurtig werenn, Des zu Orkunde han wir der egenantien unser Stede Jnge*
sigel an diesen brieff thun drucken. Datum etc.
Weiter unten ist auszufahren wie die Stadt Frankfurt zugleich in der Eigen-
schaft eines Hitmärkers, wegen Besitzujigen in Bonames, aufzutreten hatte.
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lesen worden nnd gesagt: wer itzo woU taidingen soll des macht
haben oder zum nächsten Märkergeding, Die Abgeordneten des Baths
beschweren sich „daß die Ihren nit so yiel Holz geholet als die an-
dem, man möge den Wald noch nit znschliessen". Darauf der lantman
zusammengeruckt, sich besprochen und die b^ehr abgeschlagen,
gesagt die mennig sei schon gemacht, (es sei abgestimmt).
Es gab sich dabei von selbst dass die Herrschaften öfter auch
vermittelnd auftraten, Frieden und Einigkeit herzustellen suchten.
Im Jahre 1521 als Streit sich erhoben über die Wahl und Entlas-
sung der Forstknecht, begehrte der Schultheiss von Homburg dass
Verordnete aus jedem Flecken nach Homburg kommen zu verhan-
deln „denn er were nit allhie uff dem merckerding umb Zankes wil-
len^^ Darauf sind die Beamten von Königstein und Beddelnheim
zusammengeruckt „und sich der Sachen damit der landtman gefriddet
und zu Stillem gesetzt werden mocht, vielfeJtiglich besprochen und
den Schultlieis gebeten dem kntman zu wülfam und andere forst-
knecht erweblen; da er dies abgeschlagen hat man sich weiter
berathen zu erhaltung friddens, und herfunden daß nicht besseres
were denn daß man am lantman anr^ die alten forstknecht auf
dismal onbeurlaubt zu lassen; solchs auch also beschehn^S
Ebenso findet sich aber auch dass die Herrschaften mahnend
und abrathend auftraten, wenn sie es heilsam für die Untergebenen
hielten* Auf dem Märkerding 1524 wurde vorgelegt dass man aus
dem lantman solt Merkermeister machen, nemlich zween zu Hom-
burg und zween zu Oberursel. Darauf aller Oberkeit Gesandten sich
besprochen, darin nit willigen können and einhellig beschlossen, „daß
jeder Gesandter seiner Herrschaft untertbaa zu ihm berueff und
dahin wysse, von solchem Beschluss abzusteen. Damach ist mit dem
Unterthan In geheym abgesonderter Weise gehandelt, bei dem
Folg erlangt Sollichs haben alle Gesandten dem Keller von Hoem-
burgftirgehalten, der glycherWjse by seines gn. Herrn zugehörigen
verfügt hatt, sich hören ließ^^ Also ist ein Bing gemacht worden,
dem lantman gesagt, nachdem sie. von ihrer Meinung abgestanden,
wolle sich gebttren dass sie Mftrkermmter kiesen, was darauf
geschehen. .
Auf Dienstag Sant Lucastag 1524 hat der Amtman zu Eppstein
Namens des Waldbotten den Gesandten der Herrschaften der Irrung
der kupferschmitten zu Bonamesa halben Anzeige gemacht, mit
beehren ihm zu entdecken, ob sie mit einem ehrbaren Bath „güt-
lich verhöre^^ annehmen, oder aber rechtlich für sein gn. Herrn, den
Landgraven, fürkommen und erlyden wollten. Es haben die ein
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Bedacht genommen und Bolchs dem lantman angezeigt, der es
ein gut Zeit nit thun wollen; als sie aber „die liberredt die Güte zu
verfolgen'; haben sie solchs durch Philipps Byffenstain von wegen
der Märker öffentlich zugesagt
In späteren Jahren wurden die Unterthanen mehr und mehr
abhängig von den Obrigkeiten. Es tritt dies schon in der Mitte des
sechszehnten Jahrhunderts bei der Irrung über den Dielnberg und
Bettstein grell hervor. Bei dem Umzug von 1Ö61; als die Märker
über die Höhe kamen, wichen „die Jhenseit der Höhe' von den
gemeinen Märkem und gingen nicht allein den grossen Bettstein,
sondern auch den Dielnbergk und den Jungen Bettsteyn" von der
Höhemark hinweg. Ebenso, als die Märker 1561 noch in dem
Scharterwald waren, da gingen ^die von Rjffenbergk und Amßhain
eyn sonder weg, gingen also auch eyn teyl des Scharterwalds und
die obgemelten Velde samt dem grossen Bettstein von der Mark".
Gefragt warum sie nit bei den gemein Märkem blieben? gaben sie
diese Antwort: sie müssten gehen wohin die Junkern sie hiessen
gehen, dieweil Irrung um den Bettstein were. Im Jahr 1562 wurde
aberm^Js Umgang gehalten um den Dielnberg und kleinen Bettstein
zu lochen. Da haben die jenseit der Höhe sich wieder abgesondert,
etliche Tage darnach die Loch an dem jungen Bettstein ausgehauen,
den grossen Bettstein der Mark abgelochte „Und ist gar kein
Zweifel wenn die überhöhisohen die Wahrheit sagen dürften, on
scheu für Iren Junckern würden sie bekennen sie hetten's ebenso*
wol gehört von ihren Eltern daß der Bettstein in die Höhmark ge-
hörig sei^^ Hiemach wurde beschlossen es sollten die Nachbar eines
jeden Fleckens in die Mark gehörig solche obgemelte Irrung „ihren
Oberkeiten anzeigen und umb Bath bitten^. Desshalb, so heisst es,
yist die bitt E. E. f. W. so der Sachen besser wissen nachzudenken
dann wir arme unverständige, wollten uns in dieser Sachen rathen
und helffen, dass die angezeigte Irrung endlich mög gerichtet wer-
den". Mglb, E. 29. III. S. 14.
Weiterhin folgt (S 38. cit.) eine „Forma der merkere bedenkens,
doch uff Verbesserung Irer Obrigkeyten, ob also an den Fürsten in
H^sen zu schryben sei". Als die Märker die Homburger Schwein
ausgetrieben, und dafür in Haft gehalten worden, setzen sie auf den
7. Oct. eine Zusammenkunft; was hierein zu thun, bitten der Bath
wolle verstendige Leut dazu verordnen damit sie arme Märker bei
^ Abgelocht, die Wahrzeichen ans den Orenzbinmen ausgehanen.
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ihrem anererbten Gute mögen erhalten werden* Und auch 1570
setzen sie einen Tag an wegen der Neuerungen in der Mark und
Insetzung von Zollatöcken; sie kamen überein ; es möchten auch die
ö Herrschaften je eine Person abordnen nach Marpurg zu dem laut-
graven, die Mengel und Gebrechen vorzutragen. Im Fall aber die
Zollstöck nit abgeschafi% würden ist der gemein Merker Bitt^ die
Obrigkeit möge guten Eath geben ,,ob man nit die Zollstöck ab-
hauen, und alsbald an kajs. Eammergericht umb mandatum de non
offendendo anzusuchen befugt sei^'?
Es ist offenbar dass mit dem Aussterben des niedern Adels die
Mark er ihre Stütze verloren, sich nunmehr an die Obrigkeiten zu
wenden gezwungen sahen. In dem Markwalde wurden sie mehr und
mehr von dem Waldbotten geschädigt und ausser demselben wurden
sie abhängiger von dem Willen ihrer Obrigkeiten. Im Jahre 1684
thmlt Burckhart Engelbrecht von Hattstein demBath mit: dass der
Beschwerden gegen den Landgraven wegen die Märker zusammen-
zukommen sich entschlossen, mit der Bitt dass er die Seinen hei
Zeiten „zu dieser Zusammenkunft verordnen" wolle; der Bath ant-
wortet: „wollen unsers theils disfalls nichts an uns mangeln lassen^.
In einer Supplication bitten dann die Märker ihre Landesherrn, sie
wollten sich „unser armen Merker und Unterthanen gnädigst ahnneh-
men". Diese wandten sich darauf an den Waldpotten die Beschwer-
den abzuschaffen. Der gravamina sind es 19 dem obersten Wald-
botten von den „vom Adel, Burger und Landtman gemeine Märker
erwehnter Marck" überschickt. Unter denselben finden wir aufgeführt,
dass den „Unterthanen des Amts Homburg, welche Mitmärker sein,
uferlegt worden eine Anzahl Gebundt Eichen Pfal in der Mark zu
reißen, machen und ihm überliefern"; dass die Märker welche „we-
gen Pfahlmachen ingerugt worden, Ihre Bueße bis noch nicht ver-
theitiget und dazu nicht angehalten worden" endlich dass die Inge-
sessnen im Ampt Homburg „ihr gepuer Unkostens, nemlich ein Jeder
4 Pfen., zu Anbringung aller Beschwerungs Puncten nit contribui-
ren wollen, weil solches durch ihre Obrigkeit verbotten worden^. —
Mglb. E. 29. m. S. 82 ff.
Wir werden hier auf eine wichtige Befugniss oder Verpflichtung
der Begierung hingewiesen, nämlich die Bussen einzutreiben; daran
knüpft sich dann weiter die Stellung ihrer Beamten zur Mark oder
in der Markverfassung.
In der Seulberger, Erlenbacher Markordnung von 1552 heisst es
in Art. 12 : Wer die. Bujße nit entrichtet, soll durch seine Obrigkeit
gepfendt werden, wo Armuth halben nicht zu pfenden ist, so soll er
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vor ein Jeden Gulden acht Tag „im Beczenlooh oder NarrenhusB
durch seine Obrigkeit uff beger deß Merkermeisterß gestrafft wer-
den''. Aehnlich heisst es im Jahr 1588 Art. 11: ,, Welcher M&rker
geruegen und seine bueßen uf angesetzte Thedigstag nicht «-legt,
der soll durch seine Obrigkeit für voll dafür gepfendet, oder nacber
Hombergk eingeführt werden, und im FaUe einer Armuth nicht zu
pfenden . . . für jeden fl. acht. Tage lang mit dem Thurm durch
seiner Obrigkeit gestraffet werden. Doch dem obersten Waldpotten
an seiner habenden Gerechtigkeit damit nichts benommen'^
Auch in der Hohen Mark ist in diesem Sinne geweiset worden,
so namentlich auf dem wichtigen Märkerding von 1484 welchem
Abgeschickte der Obrigkeiten zahlreich beiwohnten. Da heisst es in
Art. 17 : wer nicht theidigt, den mag der Waldbott und der Mär-
kermeister, jeglicher nach seiner gebühr, vor ihre verfallene Büß
pfänden; weigert sich dann einer der Pfände, so sollen der Herren
knecht im flecken, da der gerügt frevler wohnhaflag ist, forderlich
Pfand geben, bei Verlust desselben fleckens Markrechts. Ebenso ist
1647 beschlossen worden, jede Obrigkeit ihrer Flecken und Dörfer
solle bei den buosfelligen mit Ernst verfügen, dass die Buossen
bezahlt werden oder pfand gegeben werde. Sollte dies in einem
Monat nicht geschehen „soll die gemeyne ihres Markrechts entsetzt
sein, bis die büße eingetrieben werde". Es war damit eine Strafe
für die Saumseligkeit der Gemeinde, nicht gerade ' eine Haftbarkeit
der Gemeinde fUr die Buße des Märkers , ausgesprochen ^. Mglb.
E. 29. n^
Dass die Obrigkeit der Aufforderung zur Strafe und Execution
sich willig unterzog ist in der BrCichtssache des Bernhardt Ebel zu
9' Dies noch in einem andern Falle. Als nämlich die Gemeinde Heddern-
heim den 20jährigen Rügenrückstand aller Verwarnung ohnerachtet nicht ab-
geführet, wurde auf dem Märkerding 1773 dem Waldschreier und den Förstern
aufgegeben sämmtliches Geschirr und Schiebkarren welche von Heddernheim
in die Mark kommen würden, sofort nach Homburg einzutreiben, inmassen die
Mark sich länger nicht herumführen lasse ,,sondern einen vor den andern von
den Heddernheimern angreifen wird*'. Mglb. £. 31. I. S. 26. Wahrscheinlich
ist es dabei geblieben, denn zu jener Zeit war an ein energisches Handeln nicht
mehr zu denken. Es lassen sich andere Beispiele anführen, ans denen
ersichtlich ist dass eine Gresammtbaft als Regel nicht bestand. In den Jahren
1478, 1479 sollten die Nieder-Erlenbacher der Mark Verstössen werden. Als man
die Mark auf St. Katharinentag bestellte hatten sie Holz aus der Mark ver-
kauft. Die Nieder-Erlenbacher aber behaupten dass wenn einer oder zween in
der Mark verbreche „darum nft eine ganze Gmeine aus der Mark verstoßen
werden könne''. Mglb. E. 29. IIb S. 20*
— 327 —
Nieder-Erlenbach deutlich zu ersehen. Das Bathsprotocoll vom 29. Juni
1598 theilt mit: Als die zu den Ortschafben verordneten Herren
anbracht, ob wol dem Müller zu Nieder-Erlenbach desswegen etliche
mal 10 fl. zur straf abgefordert worden , dieweil erv über Verpott
etliche Stemme in der Seulburger Mark abgehauen, welcher aber der
Thaten nit allein nit gestendig sein, sondern auch über des Märker-
meisters yielfUtig anhalten die straf nit erlegen wollen: . . . soll man
zur Erlegung der strafe noch 8 Tage peremtorie ansetzen. Erfolgt
hierauf ein Schreiben der Märkermeister Joh. Bender zu Seulberg
und Conrad Wächteier zu Ober-Erlenbach d. d. 11. Aug. 1598,
Bernhard der Müller zu N. Erlenbach als ihm Markbuße abgefordert
worden, habe mit schnöden Worten b^egnet, und in Gegenwart
des Schultheissen sie bezüchtiget, dass sie ihn nit redlich, sondern
wie diebe und schehnen gerüget und gebttsset hätten. Solche
Schmach hätten sie sich zu Gemüth geführet, und nit gemeinet die-
selbig auf sich ersitzen zu lassen. Sie klagen, nachdem sie sich hie-
bevor an den Schultheissen gewannt, und ersuchen dienstlich, E.
Erb. Bath wolle in günstiger Erwägung des Handels Beschaffenheit,
ihn zur Abzahlung seiner zweijährigen Bußen samt dene darauf ge-
wendeten Unkosten, dan auch zum gepürlicben Abtrag und Wider-
ruffe von Oberkeit wegen günstig ermahnen und anweißenn. — Am
22. Aug. wurde dann beschlossen: als Bernhardt Ebel zu Nieder-
Erlenbach sich beklagt, daß ihm von den Märkermeistem widder die
gebühr ein büß abgefordert werde, soll man, weil er dem d. 29. Juni
jüngst gemachten Bathsdecret nit parirt^ ine gefenglich einziehen.
Am 24 Aug.: Als der alter Herr Burgermeister anbracht es habe
der Pfarrer zu Nieder Erlenbach filr seines Sohns Bernhardts, wel-
cher Ungehorsams wegen zur Haft kommen^ Erledigung angehalten,
wurde beschlossen: soll man Ine lenger liegen lassen. Auf weiteres
Anhalten des Pfarrers wurde am 29. Aug. decr.: soll man Ine der
Haft «erledigen mit dem Bevelch, sich hei den Märkermeistem klag-
los zu machen, bei Bedrohung des Wiedereinziehens. Es findet sich
weiter ein Schreiben der Märkermeister, welche sich am 7. Januar
1599 beschweren, dass der Schuliheiss den mehr angedeuteten Be-
seheid nach seinem Verstände auslege, mit der Anzeige, dass er wol
befehl empfangen zur Bezahlung beholffen zu sein, es erstrecke sich
aber der Bescheid nicht auf die Pfandreichung. Sie bitten dass mehr
Schärfe gebraucht, Ebel sie w^enderUnkosten zufrieden stellen möchte.
Demgemäss war am 16. Januar der Bescheid ergangen, dass der Schul-
theisB dem Beklagten imverzüglicheBezalimg der geklagten Waldtbußen
uferlegen und in Entstehung denselbigen alsobald pfänden lassen soUt
— 328 —
Allein bereits am 18. Januar überreichte* Ebel eine weitere
Schrift: die Geldatraf sei ihm aus blosser Missgunst ^ abgefordert
worden, er sei desshalb genöthigt gewesen seine Unschuld dem
durchlaucht. hochgeb. Fürsten und Herrn G. Ludwigen d. J. Landgr.
zu Homburg etc. „seinem gn. Fürsten und Herrn und der Mark obersten
Waldbotten* per Supplicationem zu erkennen zu geben; der ihn
gehört und Joh. Vestenbergern den Kellner von Homburg mit Er-
gründung der Wahrheit beauftragt Diesem liabe er seine positiones
und probatorial articul zugesandt; er habe gehofft dass bis zu Er-
öffnung derselben seine Widersacher sich gedulden , sie hätten aber
auf Pfändung angetragen mit Verschweigung dieser Umstände;
bittet : der Bath möge diese Sach' an den Kellner von Homburg
weisen. Es war dieser Schrift ein Verzeichniss beigelegt der Eicben-
stemm, welche die andern Märker gehauen und doch die Nieder-
Erlenbacher zuerst strafen wollen: die von Holzhausen zum Schwein-
stall und den Hörten 60 Stamm, die von Petterweil 120, die von Seulberg
123; die vonOber-Erlenpach ÖO. Der Senat beschloss am 18. Januar nach
eingeholtem Bericht: Es sei den Märkermeistem Copei zuzuschicken;
dem Schultheissen zu Nieder-Erlenbach aber zu befehlen, mit der
anbefohlenen Pfändung gegen den Beruh. Ebeln bis auf weiteren
Bescheid einzuhalten.
Der Erlass welchen der Waldpott dem Kellner von Homburg
schon unter dem 1. November 1598 in dieser Sache hatte zukommen
lassen, zeigt wie klug derselbe jede Gelegenheit zu benutzen ver-
stand seinen EinflusS; sein richterliches Ansehen fester zu begründen.
Es heisst in demselben unter anderm: Ob nun wol in diesem und
dergleichen Fällen die Appellationes vor uns als den obristen Waldt-
potten gehörig sein, dahero wir auch des klägers bei uns beschehenes
suchen flir sich wol bestehen lassen könnten; . . . jedoch dieweil die
Sachen noch zur Zeit allein ufi* dem Beweißtumb beruhen und wir
3^ Diese Miss^anst ist häufig gegen die Frankfurter Ortschaften besonders .
gegen Nieder-Erlenbaoh, welohes in beiden Marken berechtigt war, bemerklich.
Da Nieder-Erlenbach weit vom Walde entlegnen, war viel und leicht Gelegen-
heit gegeben dies Dorf zu benachtheiligen. Als im Jahre 1523 die Märker ver-
hiodern dass dem Eupferschmid zuBonames Kohlen zugeführt würden, bringen
sie zugleich beschwerend vor, dass sie sonst auf der Brück zu Bonames 3 H.
gegeben, jetzt 3. Ebenso sei der Zoll in Hausen gesteigert worden; dazu be-
schweren sie sich dass sie an der Stadt Pforten zu Frankfurt „sich loosen oder
das Ir verzollen'' müssten. Der Keller bemerkt das Kohlenverbot sei geschehen
vielleicht aus sonderer Ungunst, die zu Ein. Erb. Rath getragen wurd .und
noch unverdienet were**. Mglb. E. 29. IP>. S. 66, 73.
— 329 —
*
dafftr gehalten, derselbig wol vor dem gemeinen Märker beschehen;
und demnach von demselben nach Befindung der Partheien ein endt-
licher bescheidt gegeben werden könnte, — so haben wir uns auch
derselben biß noch nicht annehmen mögen, — bevelhen denmach dir
(dem Kellner) in Grnaden, daß du sie beiderseits, so wol den Kläger
Bemdt Ebeln als auch die Märkermeister und Markschreiber vor dich
erforderst und Inen unsemtwegen anzeigest, . . . wir wolten sie ihren
beweißtumb zu ftlhren an den gemeinen Märker gewiesen haben*
Würde nun der beschuldigte beweisen können, daß er das übrig Holz
. . . anderswo zu wegen gebracht, gereicht es ihm zum besten; wo
nicht, würd er sich der ihm gesetzten Straf schwerlich entschlagen
können. Doch stehet jedem alsdann die Appellation ... in allewege
noch frei und bevor.
r
Am 5. Februar 1599 fragen die Märkermeister nochmals wegen
der Execution an, Ebell habe sich so wol Geld als auch Pfand zu
geben geweigert, der Schultheiß den empfangenen Befehl nit exequiren
wollen, fUrgegeben, dass er Niemand der sich Pfand zu reichen wd-
gere, dieselbig ohne fernere Specialbefehl abdringen dürfe, — sie bitten
entweder wirkliche Hülfe zu befehlen oder sie in Schriften günstig
zu yerständigen ; sie erbieten sich gleichmässig zu Gegendiensten :
„Gott hiemitt in Eill befohlen, und geben Ob. Erlenbach 6. Febr.^ etc.
Job. Ludwig von Glauburg und Joh. Ufstainer theilen darauf
denselben am 8. Febr. mit, wie der Bath nach vorgelegtem schrift-
lichen Befehl des Herrn Waldpotten anderer Meinung worden, dafür-
gehalten es sei so lange zuzusehen bis dem ufferl^ten Befehl ein
Genüge gethan. — Mglb. E. 30. IV. —
Auch in andern Eechtssachen wurden die Obrigkeiten gelegent-
lich um Hülfe wegen Executionen angegangen, besonders in solchen
wo den Markbeamten keine Möglichkeit gegeben war auf andere
Weise sich an Person oder Sachen zu erholen. Es schreiben am
22. Febr. 1630 der Keller und die Märkermeister an den Bath : Ein
Bürger der Stadt Frankfurt, Hans Scherer, auf der Allerheilgeugasse
wohnend, habe vor etlichen Jahren dem Fürsten Landgrafen Friedrich
seine zu Hombergk vor der Höhe gehabte Mühle verkauft, einen
Nebenbau davon abgebrochen und wider die uralte Markordnung
ausserhalb der Mark veräussert, und nach Frankfurt verwendet ^.
„Deßhalb er auf dem Märkergedingtag gerüget, und nach Hombergk
3T Die Markordnung verbot »Holz, Kohlen oder andres ans der Mark in
ander Pflege oder Gebiet" zu führen.
— 330 —
über 14 Tagen hemacher die bul^ eu thejdingen geheißen^ auch ihm
50 f. geseteet worden.^ Man habe der ZuTersicht gelebt daas er die
Gelder erlegen werde, nach lang gehabter Geduld und unterschied-
lich gütlichem MiJinen wolle man „den Markproceß widder ihn ge-
brauchen^'y notificire dies demBath, bitte aber zuvor: derBath wolle
hilfreiche Band leisten ; den mehrerwähnten Scherer anhalten, dass
er „Zeyger dieses, unserm zehrungswürtt, Wilhelm Heyers TonHom-
bergk, welchem diese Gelder anstatt Zahlung von uns bereits ange-
wiesen, ermelte öO f. abbezahlen müsse". Ein Besolutum steht nicht
dabei, auch ist nicht angegeben ob die Anweisung sonst honorirt
worden.
Die Schultheissen. — Bei diesem innigen Verhältniss der
Obrigkeiten zu der Mark waren es besonders die Schultheissen, welche
als Beamte der Herrschaften, zugleich als Vorsteher der Dorfschaften
von grossem Einflüsse waren. Die Schultheissen erhielten von den
Begierungen Instructionen, wie sie sich in den Markangelegenheiten
zu verhalten h&tten. Es findet sich eine solche ftir den Schultheissen
Barthel Hildebrandt zu Bonemess aus dem Jahre 1595 in dem fasc.
Mglb. E. 29. in. S. 150 aufbewahrt: derselbe solle sich in d^r Frage
wegen der . streitigen Wiesen von den mehreren nicht absondern,
jedoch mit dem Protest : dass er an dem Process bei dem Beichs*
kammerg^richt nichts zu thun haben wolle. Er solle über den Ver-
lauf in Schriften der Gebühr zu referiren wissen. — Andererseits
gelangten an sie die Bestellzettel aus der Homburger Canzlei; sie
wurden angewiesen zu erscheinen zum Märkergeding „mit den Mit-
nachbam und Märkem". Der Schultbeiss war der eigentliche Ver-
treter des Dorfs und der Dorfangehörigen; erst in ganz später Zeit,
als die Verhältnisse schon ganz verrückt waren, liess er sich mit dem
leeren und unrichtigen Ehrennamen eines ^Markschultheissen' be-
zeichnen. Früher wurden sie nur nach ihrem Dorfe benannt Als
Vertreter seines Dorfes gab der Schultbeiss die Stimme ab Namens
desselben, so besonders bei den Wahlen; war er einzuladen bei den
Markumgftngen ; sass er im Gericht und in den Markversammlungen
von denen weiter unten noch die Bede 49ein wird. Die 5 Ortschaften
welche als Hauptorte genannt werden, stellen in ihren Schultheissen
eine Abordnung und Vertretung der Herrschaften dar. Durch die
Schultheissen wandte sich das beschwerte oder das klagende Dorf
an seine Begierung,- und diese beachtete gewiss die Klage mehr oder
weniger, je nachdem der Schultbeiss durch seine Persönlichkeit sie
unterstützte. Johannes Bilger, Schultbeiss zu I)ürckelweil, bat 1617
— 331 —
um Intercesfidoii, weil der .Keller zu Homburg einen Dtlrckelweiler
habe eintreiben und bekflmmem lassen. Nach altem Herkommen
habe Dürckelweill den Gontzenbeimem eine Zinne oder S(^lagthor
zu machen^ dazu sie Bauholz gehauen, das aber von den Gontzen*
heimem vor dem Verbrauch sonst verwendet worden. Die Sache
sei so liegen geblieben und 4 fl. Buss erkannt aber nicht erlegt wor-
den. Der Keller habe die Gontzenheimer als Homburger Unter-
thanen geschont. Daraufhin verlangt am 21. Oct. der Bath dass der
Keller den DUrckelweiler der Verstrickung entlasse und die Gemeinde
mit Unkosten verschone. Mglb. £• 29. IV. S. 79. —
Die Bürgermeister. — Neben den Schultheissen waren noch
in jedem Dorf 3 Schöffen oder Bürgermeister, welche den Schul-
theissen in seinem Amte zu unterstützen hatten, besonders auch das
Bechnungswesen führten. Sie werden noch um das Jahr 1600 als Ge-
richtsschepf, ja auch als Markschepff bezeichnet Sie nehmen an den
Markumgfingen Theil und an den engeren Versanmilungen. Die
Vergütung fiir Zeitversäumniss wurde (in den ^äteren Zeiten) fUr
den Bürgermeister halb so hoch berechnet wie für den Schultheissen;
diesem wieder war gestattet 4 Schwein in die Eckern zu treiben,
wenn der' gemein lantman ein Schwein eintrieb. In früheren Jahren
genügte eine geringere Auszeichnung^ für die. Hohe Mark wurde im
Jahr 1599 bestimmt dass jedem M&rker 3 schwein anzutreiben, er-
laubt sein sollo; dem Schultheissen vier«
Wir lernen, den amtlichen Kreis dieser Vorsteher am besten aus
den Markordnungen der Seulb.; Erlenbacher et& Mark kennen^ wenig-
stens was die polizeiliche Stellung betriffi;. ^Schultheißen und Bur-
germeistere sollen ungebüer anbringen so oft sie etwas rugbahr
sehen^^, sie sollen „ebensowohl als die Förster zu rügen schuldig sein^^
Dieweil „in dem Tituli vom Holzausgeben mehrentheils auf d^
Schultheißen und Burgermeistere Erkenntnisse gegangen und ihren
versiegelten Bescheinigungen fümamblich Glaub gegeben wird . . •
sollen sie die Märkermeister damit nicht bedriegen^. Es sollen
Märkermeister und Schultheissen „in den Markflecken umbhergehen
und zusehen^ daß die Baue in redlichem Wesen und guter Besserung
erhalten und nicht zu scheydem gehen^S ,Zu einem nßwen Wohn-
hause ^ wenn die Schultheißen und Markschepffen eines jeden Qr^s
die lange, Weitte eta ermessen, . . sollen sie alsdann die Märker-
meister darvon berichten, die dann femer uff ihren der Schulthdßen
und Markscheffen zugeschickten Schein (welcher unter des Schultheißen
Sigell verscbloB^n sein, und alle umbstendliche Gel^enheiten . , • •
— 332 —
Inhalten soU)^' das nöthige Holz erlauben. Jeder welcher Holz be-
nöthigt^ auoh erlanget hat „wie er nicht Macht hat ohne der ForBterer
bey Wesen einen eintzigen stamm zu hawen^ soll also auch dahin yer-
bunden sein^ dasselbige Holz; sobald er£ zu seiner Gewahrsam be-
kommen und ehe es von der Fuhr abgeladen wird durch seinen
Schultheißen und Bürgermeisterei die es ihm zuvor erkannt, besiech-
tigen zu lassen^. Auch der Förster Wahlen wegen ist beschlossen
worden „daß die Markschultheißen beneben den Markschepffen auf dem
Märkergedinge das beste darzu rathen sollen^. Endlich sollen Wald-
bussen „Montags nach Quasimodogeniti gesetzet; durch jeden Mark-
schultheißen von seinen Amtsbefohlenen Unterthanen beipracht und
den Märkermeistem eingeliefert werden'^ Mglb. E. 90. HI. Diese
Beispiele der polizeilichen Amtspflichten der Schultheissen und Bür-
germeister in Betreff der Mark mögen hier gentigen.
Es lag in der Gerechtigkeit der jeweiligen Obrigkeit Schultheiaa
und Schöffen des Orts zu ernennen imd auch abzusetzen. Als im
Jahre 1435 Harheim und Caldebach um fl. 3000 der Stadt Frankfurt
verkauft; resp, versetzt worden, mit Zubehör und Leuten, übte der
Bath dies Becht aus. Indess scheint es dass der Wunsch und der
Vorschlag der Ortschaften gehört wurde) es heisst im Jahr 1488:
dieweil der „alte Schöff^^ zu Harheim altershalber unvermüglich ist,
ihme des Scheffenstuhls erlassen und andern an seine Stelle setzen
und kiesen; sollen die von Harheim bis Donnerstag über 8 Tagen
etliche Männer zum Scheffenstuhl tauglich verzeichnet beschrieben
geben. Die Scheffen von Harheim sollen es halten wie von Alters
gehalten worden ist; an Gericht zu sitzen und Sachen zu verhören.
Im Jahre 1512 wurden die Dörfer wieder von Königstein gelöst
Es sind Johann Frosch; Schöff; und Weicker Frosch; Bürgerm^ter,
zu Harheim und Caldebach gewesen und haben die Männer ihre Eide
ledig und los gemacht und die fUrter ihrem gn. Herrn zugestellt
Vergl. Lersner, Chronik, IL S. 663 ff.
Ueber die Absetzung des Schultheissen findet sich in den Seul-
berger; Erlenbacher Mark- Akten (Mglb. E. 42. Nr. 32) ein interessan-
tes Beispiel Am 8. Dec. 1601 überreichte der Pfarrer zu Nieder-
Erlenbach die Anzeige dass er kein Holz aus der Mark ausserhalb
der gewöhnlichen Tag bekommen köimO; er bewohne die Burg zu
Nieder Erlenbach; ^e habe doch Gerechtigkeit in die Mark zu fahren
Auf dem Ausschusstag habe des Baths Schultheiss und der eltiste
Gerichtsschöffe dabei gesessen und E. Erb. Baths Gerechtigkeit fast
Übergeben; wie sich denn der Keller zu Homburg dessen, etwas
lachenden MundeS; gegen den Pfarrer vernehmen lassen. Wurde hei Bath
— 333 —
beBchloBsen: Soll man den Schultheissen und eltiBtenGerichtgscfaeffen
▼on Nidder Erlenbach beschicken; der uflagen halben zur red stellen.
Leidheck der Bereiter bestätigt des Pfarrers Aussage, derSchultheiss
aber und Peter Krauss, der älteste Gerichtsschöff; stellen es in Ab-
rede „ward aber etwas erschrocken in seinen Reden". Der älteste
Schöff stiess die Worte heraus: ein alter Mann habe zu ihm gesagt,
sollten nit darin willigen sonsten müssten sie etwan daraus dem
Pfarrherrn Holz zur Frohn führen. Der Bereiter giebt noch an,
dass er protestirt, der Keller aber mit lachendem Mund gesagt habe:
Was es viel Protestirens bedürfe, sintemal £. Erb. Baths Bauern
sich Selbsten dieser Gerechtigkeit begeben. Darauf wurde am 15. Dec.
beschlossen: soll man beede Ihrer Aempter entsetzen und einem
Jeden f. 50. zur straff abnehmen, welche straf zu bessemng des
Pflasters zu Nidem Erlebach angewendet werden soll. Die Verur-
theilten, Arnold Scheffer der Schultheiss, und Peter Erauss der Sohöff
bringen nun Zeugniss Ton den übrigen Schultheiss und Gerichten
bei dass sie das Behauptete nicht gesagt, bitten sie in ihren Aemtem
zu belassen. Den Märkem überhaupt sei der Gebrauch der Mark
beschränkt worden, somit auch der Burg. Es wurde darauf be-
schlossen : Soll man sie zur Zeit noch bei ihren Aemtem verbleiben
lassen, bessere Erkundigungen einnehmen.
Die Märkermeister. — Weit wesentlicher als die Beihülfe
der Obrigkeiten war die Stütze welche die Märker in ihren eigenen
Beamten, besonders den Märkermeistem hatten. Wie die Schult-
heissen das Dorf vertraten, so die Märkermeister die Mark. Sie
stellen die eigentliche, wahrscheinlich uralte Obrigkat der Märker
dar. Ihr Kampf mit den eigennützigen Bestrebungen des Waldbotten
ist ein sehr beachtenswerther; erst als dieser die Wahl derselben
ganz in seine Hand bekam, dies besonders in der Seulburger, Erlen-
bacher etc. Mark, war die S^lbstbeslammung der Mark rettungslos
verloren. Wir finden bei dieser selbstgewählten Obrigkeit den Dua-
lismus; die Märker scheuten sich die geringe Gewalt, welche sie ihr
eingeräumt, in eine Hand zu legen, auch wechselten sie ab mit den
Ortschaften aus welchen die Märkermeister genommen wurden; doch
behielten zuletzt ^ie mächtigsten oder einflussreichsten Orte eine
Bevorzugung, so Obemrsel und Bonames. Der Versuch fUr die Ort-
schaften jenseit der Höhe im Jahre 1438 einen dritten Märkermeister
zu bestellen, wurde von den Märkem selbst wieder zurückgenommen.
Die ältesten Aktenstücke welche wir aus der Hohen und aus
der Seulberger, Erlenbacher etc. Mark besitzen, befassen sich be-
— 33* —
reits mit dein Streit über die Wahl and die BefugniBse der M&rker-
meister. AoffiJlender Weise befindet sich dabei in der letzteren
Mark eine symbolisohe Uebuug fesigehalten welche sich in der Hohen
Mark nicht mehr vorfindet Es ist dies das ,,Gid staben^ welches
als die Ursache des Streites über die Wahl der Märkermeister im
Jahr 1482 angegeben wird. Jährlich^ so heisst es in einem Bericht
Ludwig des BathschreiberS; wann man ein Märkergeding hat gehal-
ten^ so hat ein Märkermeister sein Stab vor sich in die Erde ge-
steckt^ und hat die Mercker um das Merckermeister Ampt gebeten,
und wenn ihm dies wieder zugesagt worden, „so ging derselbig
Merckermeister widder zu seinem stieibe den er vor sich inne die Erd
gestossen hat und globet demselben stabe von der Mark wegen^^^.
So sagen die von Fetter weil, von Obern- und Nidden Erlebach, sei
es von altem Herkommen auf sie kommen. Darüber war aber Irrung
entstanden, in Folge deren die Wahl eines Märkermeisters unter-
blieben war. Denn Se. Gnaden der Jungher von Eppenstein als
oberster Waldbott behauptete dass ein Merkermeister der Mark zu
geloben nit schuldig sein solle, sondern dass ein solcher, so der zu-
gelassen werde, ihm gelobe; das wäre billig und ein alt Herkommen,
und werde auch in der Urseller Mark, welche zum nächsten dabei
sei, also gehalten. Er begehrt an die Amptleute und die Märker
solches gütlich zu besehen, dass man Märkergeding halten und die
Mark bestellen möge. Er sei nit der Meinung den Märkem an ihren
Bechten und Herkommen Abbruch zu thun, sondern die Mark mit
Bath derselben zu bestellen. Als nun die Märker sich besprechen
wollen, hat ein Eppensteinisch Schultheiss öffentlich gerufen, was
Eppensteiner sei, soll uff ein besonder Ort gehen. Darauf die von
Petterweil und Niedem Erlenbach „bei eyn gangen^' und meinten
Ober Erlenbach sollte auch bei sie gangen sein, nadidem sie bis an
die Zeit einer Meinung mit ihne gewest weren. Als die aber besun-
der „by eyn gangen' und Bintze der Schultheiss, der bis uff das
vergangen Jahr seiine.äO Jahr und länger Märkermeister gewest war,
bei ihne stunde, hat der Eppensteinisch Amtman weiter geredt: be-
gehrt zu gewilligen dass der Märkermeister s^em gn. Junghem
globde, und obe das Bintze thue, wolle er ihn zu einem Märker-
meister ufiiehmen, wolle er es aber nit, so wolle er ein andern
nehmen. Nach einigem Bedenken haben die von Isenberg, Solms
und Frankfurt „von ihren Herschaften und Dorff w^en^^ wider
3B Der Stab als äjrmbol des Besitzens and des AuTgebens der Gewalt , s.
Grimm, Bechtsalterthümer S. 187.
— 335 -
reden laasen: das sei nit Ton Altera Herkommen , Bintze der. da zu-
gegen; sei bei 30 Jahre Märkermeister gewesen ^ und habe solches
Amtes halben keinem Herrn y<m Eppenstein nie gelobet; als er su
erste Märkermeister geworden sei; habe es die Q-estalt gehabt; dass
die Märker ein merklich Gespanne mit Sr. Fiirstl. Durchl. gehabt
haben: ^da war einAdelman M&rkermeister; genant Pawl vonlrlen-
bach; der war alt und unyermüglich worden; hatte darum wegen
der Gezenke die Mürker gebeten einen andern Märkermeister zu
machen; da hatte derselbe Pauli von der Märker wegen von Bintze
gelobdet über das Märkermeister Ampt genommen. Es sei auch ein
alt Herkommen dass auf d^ Aue ein jeglicher Märkermeister auf
d^n Märkerding pfl^e du stapp fUr sich in den Wasen zu stecken
und damit zu sagen: Ich stedie die Mark dahin ; und sag da^ Mär-
kmneister Amt damit uff. Und so er dann wieder darum bäte, so
antworten die Märker dass er widd^ an den stab griff; und das
Amt des künftigen Jahres widder an sich nehm bd der globden so
er vor gethui habe. Also sd es auch bei Bintzen nit anders gehal-
ten worden und sd kdner in der Mark dem gedenke dass es je
anders gehalten worden sd. Das hat der Eppensteinisch Amtman
auch abgeschlagen und zu Bintzen gesagt ob er das Märkermeister
Amt annehme und Ime seinem gn« Junghwm darüber gdoben thuC;
woU er ihn darzu bestettigen. Daruff Bintze geantwort und gesagt
hat: wo das der Märker Wille sei wolle er es thun. Da haben die
Eppensteinschen .... gesagt ja * Isenberg; Solms und Frwkfurt
AmÜude und Freunde haben in kein Neuerung gewilligt; sind hin-
w^ geritten; haben ihren Männern gesagt auch abzuschddeü. Also
hatBintzC; derAmtmau; gdobt^^ »Wie aber; ist uns nit wissend^ fügt
der Frankfurter. Berichterstatter beL . .
Im Jahre 1483 auf Walpurgistag wurde ein Märkerding gehal-
ten ,,brantshalb damit die Mark beschädiget worden war". Die yon
Petterweil und Nyddem Irlebach entgegnen dem Märkermeister
BintzC; der sie büßen wollte, de halten ihn vor kdnen Märkermei-
ster; er sd nit erwählt als von altem Herkonuneo seL
Zwei Jahre darauf war Bintze der Märkermeister mit Tode ab»
gangen. Erwin Tegel oder Dögel wurde an seiner statt gewählt
Dieser hat gebeten ihm das zu blassen; auf bitten gesagt: wo er
zugdassen werde; wolle > er Inen aUen zu willen reden. Da saget
Walther von wegen seinem Herrn yon Eppenstein: ^sei nit der
Meinung einen Stab stecken zu lassen^. Da hat Erwin . sich des
Märkermeister Ampts entschlagen. Hat Walther die Märker geheissen
einen andern zu kiesen ; der ime anstatt seines Herrn globde .thu;
— 336 —
haben Isenbergk und Sohns von Petterweil wegen gesagt : sie haben
gekoren, da lassen sie es bei, und seien nit schuldig einen andern
zu kiesen, gepüre auch nit Ime die globde zu thun, und sind damit
das an die Herrschaft zu bringen, abgeschieden. Sie wollten in kein
andern gebilligen.
Darauf blieb die Mark unbestellt, wie bereits mitgetheilt wor-
den, bis im Jahre 1490 durch die Abgeschickten der Obrigkeiten
das Märkerding auf Sonntag Lätare abgehalten, Erwin Dogel, Amt-
man zu Erlebach, wieder zum Märkermeister erwählt und von Phi-
lips von Buches in Pflicht genommen wurde. Im folgenden Jahre,
als der gütliche Tag zu Qermersheim abgeschlagen worden, erschie-
den auf dem Märkerding, Sontag Lätare : Herr Fried, von Dorfeld^i
und Georg Meyer, Schreiber, von wegen des wolgebornen Jung-
hern Philippen Grafen zu Sölms; Philips von Buches und Diether
von Lutern von wegen des wolgep. G. Ludwigen von benberg,
Grafen zu Büdingen; Balthasar von Eschpach von wegen der Herr^
Schaft von Königstein ; und Wjker Knobelach sammt Melchior Swar-
tzenberger, Radsschreiber, von wegen des Rats zu Frankfurt; und
redt Georg Schreiber, wie sich die Merk er allwege uff den Augen-
schein erboten haben, also sei sein gn. Herr ein zukommender Herr
der Mark und „wyß nit wyters, wann sin gnad underricht werde".
Desshalb sei Herr Friedrich und er also abgefertiget, die Männer
sollen wben wie von alter, doch jeglicher Parthei irs rechten unbe-
nommen. Die Märker haben darauf aus jeglichem Dorf vier erweh-
let, die sollen sich besprechen und den Herren „mit Willen des land-
mans Ire Gerechtigkeit wisen^^ und nachdem sie bedacht waren
haben sie also gewiesen : Zuerst dass der Homberg inhab ein oberste
Waltpode der Mark sei ; darauf über dessen Befugniss zu jagen in
der Mark; sodann dass der Waltpode das Recht habe frevelnde Aus-
marker gefänglich zu halten imd gnädiglich zu schätzen. Es folgt
darauf viertens dass die mark der Herren Eigenthum sei und der
Märker Erbe. Dann heisst es: die Männer sagten dass sie sich irthen
wer den Märkermebter eidigen soll, sie haben alwege gehört dass
sie den Märkem geschworen haben, aber es sei keiner zugegen,
dem gedenk, dass je ein Märkermeister geschworen hab, sondern
alweg bei den Eiden die er vorgethan hat, bleiben lassen. Wohl hab
Bintz dem von Epstein vor Jaren gelübde gethan, sei aber wider
Willen der Märker bescheen, sie hab^ auch uff der Zeit gesagt :
„Bjntz sj durch den Karren gefallen'^ Darauf haben sich die Ge-
schickten bedacht und vereinigt • den Märkermeister gemeinsam zu
beeidigen bis zu einem schliecrslichen Vergleich. Der lantman wählte
— 337 —
Erwin Dogebi ^ einem MSrkermeiiter, der also von beiden Par-
thien geeidigt worden ist „bei den eyden die er vorniak den herren
und dem Bat dwü er ir iglichem inn sanderheit gedworen were das
best zuthnn befolen, das er also gelopt hat^. Mglb. E. 29. U^ S. 144 ff.
~ E. 30. No. 2.
Es zeigt mis anch dies Beispiel wie wenig die Ghrundgesetze
der Marken festgestellt waren, wie vieles von den Männern abhing,
welche einerseits den Lantman leiteten, andererseit9 dem Waldpotten
als Säthe dienten. Erwin Tögel war vielleicht der tüchtigste "M&rker-
meister unserer Marken, nie mehr späterhin hat der Lantman in den
Verhandlungen eine so würdige und so gewichtige Stellung einge-
nommen wie unter- seinem Meisterthum. Nicht lange nachher ist es
den gewandten und schlauen Beamten des Waldpotten, Diether
Oewend und Georg Vestenberger, gelungen dem letzteren eine bevor-
zugte und überwiegende Stellung zu verschaffen; so wurde dann das
Becht mehr imd mehr in diesem Sinne gedeutet und abgeändert.
Es ist «ehr merkwürdig dass noch ini 15. Jahrhundert über die
Frage wer die Märkermeister zu verpflichten hätte Streit in der Seul-
berg-Erlenbacher Mark entstdien konnte. In der Hohen Mark war, wie
es scheint ganz richtig, die Wahl dem Lantman zugewiesen, die Be-
stätigung aber dem Waldpotten, dem Sendboten des Königs« Unter-
blieb die Bestätigung in einer Weise dass das Wohlergehen der
Mark dadurch litt, in solchem Falle griffen dann die Begierungen
^. Die Akten führen kein Beispiel auf dass die Märker beschwörend
sieb an den König und Kaiser selbst gewendet. EJagen bei dem
Beichskammei^ericht kommen vor, auch Entscheidungen, aber nicht
immer waren diese durchzuführen«
Die äheste Urkunde der Hohen Mark, der Berieht über das
Märkerding änno 1401 feria quarta infra octavas pasche (13. April),
gedenkt der Märkenneisterwahl. Diese sollte . auf St. Katharinentag
geschehen, war aber^ wie es scheint^ im Jahr 1400. unterblieben. Es
wurde bemerkt ,^aß noth sei daß man zwene Merckermeister setze
imd die Mai^ bestelle als man auf St. Kathrinentag thun sollte, und
meinte da Schudereyn, der Schultheiß zu Hoenberg, daß der Wal-
pode die erste Köre haben solte; darzu geantwortet ward: der Wal-
pode hätte kein Köre, dann wen die Edelleute und der lantman
erkoren, den hätte der Walpode zu bestedigen'^ Damit war die
Fn^e entschieden, es traten die EdeUeute bei Seite und auch der
lantman, und koren zu Merckermeistem Fritzechen Clemmai und Da-
men von Frunheym ^zwischen hie und St. Kadiarinenti^ als
man dann gewöhnlich neue Merckermeister setzen soU^. Das wollte
38
— 338 —
flieh das FritBeohea nit onterzicheD; da erbat man Henneü Glannnieii
den Bmder; dass er sich des an seiner statt unterzöge^ und also
gelobten Henne und DameC; voigenante^ dem Walpoden in sem
Hand der Marg getreulich vor zu sein und zu versdien und zu schirm
meu; und gleich damit umzugehen dem Armen als demBeiohen, und
das um keinerlei sache nit zu laßen ^ ak fem als ihn der Walpode
auch nach seinem Vermögen darzu getreulich behelfim wollte^.
Auf dem M&rkerding St. Katharinentag desselben Jahres 1401
wurde dann geweiset: „wen die Edelleute und der lantman zu Mer-
kermeistem kiesen ^ den hat der Walpode zu bestedigen und ihn
darüber lassen geloben und schwören: der Marg getreulich fitr zu
sein, sie zu versehen; au schüren und zu schirmt); und gleich da^
mit umzugehen dem Armen als dem Beichen, und das um keinerlei
Willen zu lassen , als fem ihne kraft und Miaeht getragen mag und
als ferre als ihne der Walpode auch nach seinem Vermögen dazu be-
hülflich sei; das er auch also thun solle ungefährliches Es wurden
dann zu Märkermeistem gekoren, ein Jahr zu seia, als der Marg
recht ist: Henne Clemm von Hoemberg imd Honrich Ton Belders-
heim „und dieselben Merckermeister haben heute zu Tag^ Conzchen
Brendel von Hoemberg, als an eines Walpoden stat, gdobet der
Marg recht zu thun^.
Auf dem feierlichen Märkerding 1484 wurde auch wegen der
Märkermeisterwahl geweiset: ^Und wer also auf den Tag zum Mfir-
kermeister gekoren wird, den hat der Waidbott zu bestettigen; und
soll er sie darüber lassen geloben und schweren der Mark getreuKdi
für zu sein, die zu versehen, zu schauwon und sn schirmen; und
gleich damit umbzugehn den Armen als dem Beichen, und das umb
keiner Sachen willen zu lassen, als fem ihm Erafll und Macht tregt,
ohn alles gefehrdte^.
Bei Gelegenheit der Besprechung des Waldpottki vkd seiner
Befugniss ist b^eits des Streites gedacht welcher im Jahre 1541 auf
dem Seulberg'Erlenbaoher Märkerding über die Wahl des Märker-
meist^rs sich erhobt Der oberste Waldpott berief sicli darauf daas
die Mark mit Bath dw gem. Märker solle beatollt werden. Dietiier
Gewend, der schlaue Bathgeber, verfocht dieses Beoht seines Herrn,
des Grafen Ludwig zu Königstein, als dieser Zeit obersten Wald*
potten. Zug^en waren auf dem feierlichen Märkergeding neben dem
obersten Waldpotten in Person, Graf Philips Herr zu Sulmbs, Graf
Anthoni von Eysenburgk, Herr Ulrich von Hinzspurck und Justi*
nian von Hohdmsen für den Bath und die Stadt Frankfurt, endHoh
die Ingehörende Markermaa, Dorff und Flecken Sewelnburgk, O^*
— M9 -
pem^ Petteorweyl, HolzhtiBen, Ober Irlenbach und Nidder Irleiibach.
Den AiiiprOchen des obeftten Waldpotten entgegen liewen die Mär-
ker dnrck ihren Bedner Tortragen das» seit 20, 30; 40 Jahren, auch
seit Menschengedenken nicht vorgekommen dass ein oberster Wald-
pott ein Merkermeister hätt mit helfen kiesen, sondern der gemein
Merker habe den Merkermeister gekoren, dem obersten Waldpotten
die Wahl angeeeigt und gebeten den gewählten zu bestätigen und
ia Eid zu nehmen. Ebenso hat der Graf Philips, Herr zu Sulmbs,
im eigner Person Graf Ludwigen fleissig erinnert, dass dergleichen
Wahl nie vorgenommen wäre worden, weder zu Zeiten der Hanaui»
sehen Herrn, als der Zeit einigen Herrn dieser Gemark, noch vol-
gends.bei dem landgraven zu Hessen, noch volgends bei andern
Herrn und wieder bei dem lantgrav^n zu Hessen der Wslil halben
ein Intrag geschehen. Graf Ludwig aber hat den Buchstaben des
Jnstniments (von 1493) fuigezogen ^daß ein oberster Waldpott die
Mark mit Bath der gemein Märker bestellen soll, dies bringe mit
sich da&^r als ein oberafter Waldpott mit zu kiesen habe^. Es wurde
gegen diesen Grund angegeben: der Gebrauch solcher Wahl sei älter
als das Instrument, welchias erst 48 Jahr alt sei. Graf Ludwig erwi-
derte: dieweil es zeuge solle es billig in seinem, Buchstab gehalten
werden. Er sei ein oberster Waldpotte und dieser Zeit der Gemark
Pfandherr, müsse das Instrument in seinem Buchstaben handhaben.
Da hat der Amtmann zu Königstein die Dörffer getrennt und die
von Seulbeig und Koppem beredt, bei dem Instrument zu bleiben.
Darauf ist Graf Ludwig «u ihne« g^tten, gesagt, är lass ihnen den
^mtman Fleckenbnrg zu, wo sie mit ihm zufrieden wären, wollten
sich mit einsinder einigen. Das mag auf den Lantman Eindruck ge-
macht habWf er hat sich „solchen Vorschlag gefallen lassen, one
Erwogen ja gesagt^. Graf Philips von Sulmbs, sammt Grafen An-
tpni nnd d&ß Abgeschickten von Frankfurt „so diese listige Wahl
vermerkt^ haben nochmals gebeten den gemein Merker allein kiesen
zu lassen, diesen auf den Yortheil der Wahl erinnert, welchen sie,
ala die unverständigen, nicht gemerkt noch verstanden hätten. Der
Waldpott mahnte man .möge es jetzt bei. geschehener Wahl bis zu
künftigem Merkergeding bleiben lassen. Ysenburg und Sulmbs da-
gegen warnten: einmal nachgelassen, wäre immer nachgelassen, hülfe
keine Prötestation, der gemein Merker wolle bei altem Herkommen
bleiben. Allein dieG«merker Se^lburg und Koppem sind abgefallen,
sonderlich die jüngsten unter ihnen schrieen: j^sie wollten bei dem
Instrument bleiben^* Bei der Abstimmung traten sie auf die andere
Seite; sie waren die Minderheit Die andern begehrten, dass Graf
22*
— 340 —
Ludwig bei dem Mennig (Mehrheit) der Wahl bleiben soll. Dess sidt
der geweigert: ^es wolle ihm als einem Paniherm nh gebUren dee
landgraven Angehörige aus ihren OerQchtigkeiten zu bringen^ BokheB
wÜBste er gegen den landgraven nit zu verantworten; er wolle .es an
den landgraven gelangen lassen^.
Dass die Mark nicht gar unbestellt bliebe haben Soims, Ys^ii-
burg und Frankfurt darauf sieh mit dem Waldpotten verglichen,
dass die Forstknecht so von gemein Mfirker zu Mitfa^ten gewählt
worden bis zu nächster Bestellung bestätigt sein üoUen. Nach dem
Mittagsmahl in Ober-Erlenbach haben dann die ^edaditen Herrschaf-
ten för gut befunden keinen weiteren Tag mehr zu Terlangen, .son-
dern ihre Unterthanen bei ihren Oerechti^mten bleiben zu lassen,
oder das Recht auch am kaiserlichen Kammergeriofat desshalh ge-
wärtig zu sein. Es fand in demselben Jahre 1541 noch eis zweites
Märkerding statt ^vermög der Tagsatzong jüngst in Frankfturt be-
scheen'; der Waldpott weigerte sich Johann Fleckenberg, den Amt-
man zu Peterweil als Märkermeister zu bestätigen. Die andern Herr-
schaften wandten ein, dass der Buchstabe des Instruments nit ax-
presse mitbring däss ein Walpott mitzuwählen habe, dagegen von
altem Herkommen sei, dass die Märker den Märkermeiater unter sich
wählen auf Bestätigung des Walpoten. Dieser aber schlug es ab,
Seulberg und Koppem hätten das Herkommen nit zugestanden, er
wolle solches an Hessen gelangen lassen. Erst fünf Jahre . später,
1546, erschien Diether Gewend auf begehren des Ausschusses der
gemein Märker bei ihnen zu Ober Erlenbach, beredt sich mit ihnen
einer Ordnung und hat sich verglichen. Des Merkermeisters halben
ist bewilligt ein Jahr lang. Johann Fleck enptthell (Fleckenberg) mit
Eidespflichten anzunehmen und zu bestätigen durch Verordnete d^
Waldpotten.
Vielleicht waren es die obschwebenden Verhandluügen in der
Hohen Mark, Welche Diether Gewend bewogen flir's erste in der
Seülb. Erlenbacher Mark .sich' nachgiebig finden ~ zu lassen. In
späteren Jahren wurde die Wahl der Märkermeister in den Torbera-
thenden Ausschussversammlungen vereinbart. Ini Jahre 1588 httsst
es: Markmeister anlangend ist gemeiner Ausschuss bedacht schierst
künftigen Sonntag.Lätare auf dem Mark^eding auf's neue einmüthig-
Kch zu bitten den Edlen und Vesten Friedrichen Von Döebschütz
uf schadenwalt, Ysenburgischen Amptman zu Petterweil, und den
Ehrenhaften Wolffhard Falkenstein, königsteinschen Schultheiss zu
Obern Erlenbäch ihr Amt noch ein Jahr lang zu tragen, . . . j^darin
obersten Walipötten Anwaldt bewilliget und mit denen bißanhero
341
und auch nooh ganzwol zufrieden geweBen". Ebezifio wird bemerkt
im Jahre 1S90 dass der GemeindeaoaBchufis sich bedacht am künftigen
Mitfasten Sonntage gen. Laetare auf dem Markgedinge und gewöhn-
licher Wahlstadt einmühetlich zvl . bitten die Edlen . . F. von Döb-
schütz und Bud. Armbrostern das Markermeister Amt noch ein Jahr
anzunehmea, . ^in welchen Vorschlag Obersten Herrn Waldtpottens
^ Anwalde bewilliget und mit. denen beiden Personen ganz wol zufrie-
den und content ist^;. dännheisst es gleich weiter: .,,8ind hieruff er«'
petten qnd für dem Umbstande zue Mergkermeistern confirmirt und
bestäitiget worden^. In ähnlicher Weise sind im darauf folgenden
Jahre 1591 Anthoxi Zubrot ^ Sollxos Laupachischer Kellner zu Fetter-
weil und Thepbald Schefer zu Nieder Erlenbach einmüthigliph
erwählet, der Vorschlag vom Anwalde bewilliget worden, und 1593
war der Ausschuss bedacht mit Zuthun der sämmtlichen Märker
aurs freuüds und dienstlichst zu bitten die Ehrenhafte und vornehme
Wolffüardt Falckenstein und Simon Praun, beide Schultheissen zu
. Ober Erlenpach und Seuiberg, welches bewilliget worden.
In den Berichten der Hohen Mark ist nicht immer der Bestäti-
gung gedacht; zuweilen ist nur die Wahl angeführt; so im Jahre 1521
als Eberhardt Schenk der Amtman von Bonamesa von E. Erb. Baths
wegen, dann CcHirad Weiss und Job. Mfkrsteller „sammt ethchea
Knechten^ auf dem Märkergeding erschienen. Eberhardt Schenk
sammt dem Berater za Königstein, beide Märkermeister haben be-
gehrt ^sich und ihre jedem insonder des Märkermeister Amtes ssa
Erlassen" und. an ihr stell andere zu erwählen* Darauf ist der gemein
Märker oder Jlantman durch kurtaen Bedacht dem Amptmaa und
Bereiter in Antwort begegnet; „sie bitten sie dafür und haben sie
auch wider herwählet; das dann die zween widerumb angenommen'^
Aber auch hier kommen in späteren Jahren Beispiele vor, dass trotz
der Vorschrift des Instruments, der Waldpott oder sein Beamter die
Bestätigung verweigerte. Es fend dies bereits im Jahre 1595 statt.
Dr. Strupig, des Waldpotten Gesandter zeigt aui der Au in Homburg
an, dasa auf jüngstem Markerdixig Philips Wolff von Praunheim und
Wendell Hoff von Ursell seien eiostinomig zu Märkermeistern erwählt
worden. Ersteren wolle er hiermit einsetzen und bestetigen^ ^denn es
Ihr f. Gn. fast wohl gefallen, dass er, der Junker, durch gemeinen
Bath der Märker were zum Märkermeister erwählet, worden. Was
aber Wendell Hoff betreffe, nehme es Ihre £ Gn.- Wunder wie sie
diesen einhellig erwehlet, da er doch nicht der sämmtlichen Märker,
sondern seinen und seiner Mitbürger Vortheil suchte'^; desswegen
BoUe er diesmal nicht bestätigt werden, Bondem seines Dienstes hier-
- S42 —
mit beurlaubt Beiii; bis auf künftigen Bartholomei, da ei dann den
Märkern frei gestellt sein solle, ihn beizubehalten oder einen andern
zu wählen. Herr Philips Wolff thäte sich darauf ganz freundlich be-
danken; dass man ihn dessfäUs würdig imd gut genugsam geachtet,
wandte seines Leibes Schwachheit vor. Darauf ging der Dr. Strupig
nicht ein, „er habe Befehl den Jungkem von Pfraunheim zum Mär-
kermeister zu bestätigen'^ Wendell Hoff tfaet sich gleichfalls ganz
freundlich bedanken, bemerkte er wolle gar nicht der Bechtfertigung
halber für partheiisch gehalten sein, er habe es allwege mit sämmt-
lichen Märkem gehalten, und wolle es flirters so halten. Sie möch-
ten sehen ob sie ihre einhelKge Wahl wollten lassen untergehen und
zu nichte werden ^ es gäbe dies ein sonderliches praejudicium, als ob
man die Märkermeister fürschneiden wollte. — Mglb. E. 29. IH.
S. 152. ff.
Wie der Bürgermeister in der Burg und in den Städten, so der
Märkermeister in der Mark. Er vertrat, soweit und wann es nöthig
war; die Gksammtheit der Märker, er überwachte die Mark und
ihre Beamten. Als auf dem Märkerding von 1541 Diether Oewend
sich auf die neue Ordnung des Jahres 1537 berief, nach welcher
Ordnung BrCchenmeister zu wählen seien, welche Macht hätten zu
erlauben und zu verbieten, gestanden die Edellente keine neue Ord-
nung ZU; dieselbe sei nit weiter denn desselben Jahres zu halten ver-
standen worden. ,,Wir wissen im Instrument kein BechemneiBter
vermelt; sondern Merkermeister die über die Mark bevelh hätten^.
Mglb. E. 29. IP S. 112. Die Märkermeister hatten Markknecht und
Förster mit der lantleute Bath zu kiesen ^; zu eidigen und der Mark
geloben zu lassen; sie konnten pfiinden; sie hatten die Bussgelder
einzunehmen; sie hatten das Holz anzuweisen. Wo es n5thtg war
hatten sie ihre Verrichtung gemeinsam mit dem Schultheissen zu
vollführen, Armenzettel sollen von dem Schultbeiss den Märker-
meistern übergeben werden; es sollen Märkermeister und Schultheissen
zusammen in den Markflecken umgehen ; zu sehen ; damit die ge-
machte Bau in Vesten und Besserung gehalten werden; Bauholz zu
alten Bauen soll nach unvermeidlicher Nothdurft von Schultheissen
und Bürgermeistern bescheinigt; von den Märkermeistem aber er-
laubt werdet! ; erstere werden verwarnet mit ihren Siegelungen nicht
zu betrügen; letztere aber angewiesen ein fleissiges Insehen auf der
Schultheissen imd Bürgermeister Erkanntnüsse zu haben ^damit sie
von denen nicht fallirt werden^.
» So 1438 vergl. Mglb. E. II. S. 93^
— 3M —
Naek der Setilbei^*Erleiibacher MArkordnung von 1688 hattoa
die Märkermeister nur fl. 3 jährlioh Belohnung^ aber sie sollten den
halben Theil der Bussen^ haben. In der Hohen Mark waren die
Bussen zum Theil ganz den Märkermeistem zugewiesen^ zum Theil
aber auch den Förstern oder dem Waldpotten. Als im Jahre 1458
die Lehenshfirm wegen des Ausbleibens geblisst werden sollten^ be-
merkte Bechtold von Eschpach : die Bussen hörten dem Märkermeister
zu^ und war von alt^n Herkommen dass davon Niemand frei wäre,
so hätte die Bussen auch Niemand zu erlassen. Im Jahr 1499 als
Erwin Dogel den Märkern das Märkermeisteramt aufgesagt, erinnert
er an etliche Kappun und Streng so dem Märkermeister in seinem
Amt gefallcin: und es haben die Märker den Schützen befohlen die
Bussen in 14 Tagen auszurichten, sonst zu pfänden.
Die Märkermeister standen wie die andern Märker unter dem
Gesetz, sie waren über die Ausübung ihrer Befugnisse, besonders
über die eingenommenen Bussen Bechenschaft vor dem Ausschuss
abzulegen verpflichtet. Zur Zeit der Neuerungen im Jahre 1645
wurde ausdrücklich erinnert und festgehalten, so ein Märkermeister
▼erbreche, dam er gleich einem andern Märker taidingen und büssen
solle, und das Theil so er an gemeinen Buessen habe, damit audi
verwirkt, darzu er seines Amts entsetzt sein, tmd kein Lantman sich
des Märkermeisters Verbrechen behelfen solle. Frtiiier schon, im
Jahre 1492, fand eine Verhandlung desshalb statt, (s. Mglb. E. 29.
IV* S. 36^) Als die Märkermeister ihre Zettel von den Bügen vor-
liisen, also hat Gutheim in seinem Zettel mit sammt andern gerüget
Jorgeil Brendel den Märkermeister. Hat J. Brendel sich verantwort
es möge sein Eoieoht Holz im Walde geholet haben, vermeine das
billig gethan als ein Märkermeister, wo er das vcrbUssen solle möge
man ihm i^ihgeii von wem er Orlaup heischen solle, denn er könnte
es nit anders verstehen, denn dass die Büge geschee aus Feintschaft;
es hab der knecht andere, die er billiger rügen solle, nit gerüget^
sondern von ejm theil geschenk genommen und in's Holz fahren
lassen. Darnach aufgefordert Märkermeister zu kiesen hat der Lanth
man gesaget, es befremde sie dass man dem knecht als einem ge-
schworüen knecht nicht glauben gab, und gedenke die Mark nit zu
bestellen, es sei denn dass der Märkermeister büAS, oder sie wollten
auch nit büssen nach lüde des Instruments: so der Oberst Waldpott
oder die seinen in der Mark verbrechen, sei ihnen die Mark auch
aufgethan. Haben sich die Geschickten bedacht, und von keinem nit
erfahren mögen dass ein Märkermeister je gerüget- sei worden; es
beklagt sich der Iiantman dass die Märkermeister die Bussen nit von
— 34» —
den Q-ewaltigen sondern allräi von dai Armen nehmen. Am Ende
heisst es; man wolle Jörgen Brendeln itzund die Büge nachlassen
,,doch so ferro er sich freimtlich g^en die^ so verbrochen haben hal-
ten wolle".
Märkerding. — Es. bleibt nun noch übrig einiges über die
Versammlungen der Märker zu sagen; und über die Art und Webe
wie sie das Recht in der Mark übten und wieset.
In der Hohen Mark fanden die regelmässig wiederkehrenden
Versammlungen der Märker; in welchen die Mark zu bestellen, Mär-
kermeister zu wählen waren am St Eatharinentag (25. Nov.) statte
auf der Aue unter den Linden südlich vor Oberursel. Es enchien
auf solchen Tagen derLantman und Märker zwar „für sich^ aber er
stimmte nur nach Dorfschaften. Die Mehrheit der Stimmen gab den
Ausschlag; sowohl innerhalb der Gemeinde; als unter den Dor&chaften.
Welcher Märker bei dem gewöhnlichen Märkerding ausgeblieben der
hatte mehr nicht; als seine Küre verloren ; dies galt ebenso von diran
Einzelnen; wie von der Ortschaft Im Jahre 1484 wurde der feste;
unberufene Mark ertag des häufigen Frostes wegen vom St Katharinen*
tag auf den Mitwoch nach Pfingsten verlegt.
Die Bezeichnung für diese Versammlung war : Merkerding oder
Märkerding; später Märkergeding oder selbst Märkergedingtag; einige
mal findet sich auch : Märkergericht Mglb. E. 30. II. 1489.
Sie begannen in der Begel des MorgenS; so z.B. im Jahre 1484
waren die Märker auf 9 ühr berufen; als in späteren Jahren der
Besuch lässiger war; wurde die Mittagsstunde festgestellt; bis zu
welcher die Eröffnung des Tages statthab^i sollte ^.
Es traten die Märker zu einem Kreis zusammen; ^zu einem
Bink'; in welchem die Abgeschickten des Waldpotten und der
Obrigkeiten; sowie die Märkermeister und Schultheissen sich befanden.
So forderte der Waldpott oder sein Bevollmächtigter den Schreier
auf „die Flecken so Merkerrecht haben zu berufen". Damach wurde
das Märkerding geheget ^^. Dies war durchaus nothwendig; und
^ So ituch wurde in der Seulb. Erlenbacher etc. Mark i. J. 1592 sab 38
besehloBsen, dass fürterhin allen Mitfasten Sontage deme Instroment nach an ge*
wohnlicher Wahlstat das Märkergeding um^den Schlag 12 Uhren gehalten wer-
den solle , zn welcher Stand ein jeder Märker bei der strafe erscheinen und
dasselbige Märkergeding zieren helfen solle.
^1 Es findet sich dies am besten beschrieben in dem Weistham' Aber das
Sealb. Erlenbacher etc. Märkerding von 1498, als gegenwärtig zu Pferd Uelt
— 8»« —
aeheint Eur BechtBgtÜt^tit .der BeteUttMe. erfordfeHcki gewesen zu
acin. Auf de^i stünniscben Tag von 1586 begann das Mtrkerding
mit BoBohwerden der Märker, eB folgten aufregende. und beleidigende
Verhandlungen. Ganz zuletzt e»i h^et der Keller zu Homburg
das Merekergeding und sind dann die BugeU' verlesen und Mirker-
meieter gewählt worden. (Mglb. E. 29. III. S. . 125.) Auf daoti faier«
liehen Märkerdin^ Mitwoch naoh St Margaretfaa 1484^ ak die M&rker
Yereammlet und verhaufil gewesen^ liess seine Qn. der oberste Wald«
pötl ^an seiner Gnaden statt und von seiner Gn. wegen das Miopker-
ding hegen^'^ und als das gehegt war jeglichem Flecken tviexL
£s weiset dies hin auf die Bestimmung des Hkrkerffings^ neben
dar eigentlichen Bestellung der Mark auch Gericht, zu halten; oder
besser allgemein gesprochen^ Becht zu Weisen. Ob neue Mitglieder
der Mark an selehen Tagen aufgenommen oder dem Märkerding
Yorgestellet worden, darüber findet sich in den Akten nirgends etwas ;
es genügte wol die Aafoabme in die Gemeinde. Dass «vor dem
Märkerding Wfthrschaft gethaa wurde ^ das wird ans dem Jahre
1438 von dem Müller zu Eschersheim erwähnt; dieser hatte aber
keine Gemeinde i^in die Mark gehörig^^
Der Waldpott hatte dae Becht auch ausser der Zeit ein beson-
deres Märkerding zu berufen; dazu mussten bei Strafe alle Märker
erscheinen ^mit ihren lehensherm^. Solche Märke^dinge waren dess-
halb die besuchteren^ sie heiasen gewöhnlich ^ein yoll Märkerding".
Sie waren meist nur bestimmt unerledigte Streitigkeiten zu ordnen^
oder auch Bechtsfragen festzustellen oder zu weisen. Dem gebotnen
Märkerding war die eigentliche Bestellung der Mark vorbehalten. So
wurde im Jahr 1401 feria quarta infra octavas pasche dem Amtman
von Homburg; ak er verlangte dass gewiesen werde: ^was rechts
eyn oberster walpode da hette*^, geantwortet: ein Walpode habe auf
St. Kathrinentag die Marg zu bestellen; weiterhin heisst es noph: So
mag auch ein Walpode auf denselben tag den wiltpan bestellen, und
wie er es bestellet also soll er Ihn auch halten.
der Erstm Georg Mai«r . . . Anwslt mit vielen südern Herrn , Edlen und Un-
edlen, Dienern und Verwandten und sonderlioh des gemeinen lantmms, h^
Erwin Dogel, der HärkermelBter auf G^iß und Befehl das Märkergedlag, er
sagt und rafet flberlaut mit diesen oder dergleichen Worten: Von wegen meines
gn. Herrn v. Hansa als Oberherrs und Waldpottes der gemelten Mark , der
Homburg mit Ehren and Recht inne bat, and des gemein Mftrkers, mit aller
Gewohnheit hege ieh dies Mftrkergeding und Reoht, verbiet damit ale Unreeht,
Wort and Werk; Fraget ob er reeht geheget, antworten die Mereker: Ja.
— 8*6 —
Eb finden sieh in den ftlteren Zeiten dwdian& keineVondbriften
wie der M&rker zu ersdieinen habe. Waffen mit sieh zq fttliren v«r
dem Market nicht untersagt ^^ auoh ersohien er zuweilen cm Pferde.
Von detti Märkenüng 1504 Dienstag Bt Lucas wird bemterkt : „Auf
soKtb rucket e^n Mendtin (Mttnnlain) v^on Obern Uraell auf ejnei»
P£Brd herfUr^ und. sagt er were bescheididn zu-redden^. Bei diesem
Härkerding hielt anich der Sthultbeiss Ton Bonemesa nahe dabei am
Pferd. Auf dem Mfirkerding Mitwoch naqh Pfingsten 1533 gab der
Lantmuh Antwort durch Henne Urbem^ Schultheissen su Obemursell,
der bei£hro£haiifi voti Homburg in einer gelben Kappen auf dnem P£Br4
gehaheu. (Mglh« £. 29. IP S. 7ä 8a) Auch di€ Abgescfaicktea des
BAths.m Frankfurt ersohcinen gewöhnlich zuPfa*d; ja sogar „samrat
etibshen Knechten'. (Mglb. E. 2d. IP B. 61.) Auf dem Härkerding
Sametag nach Bt. Katharinentag 1468 meint Simon tob Bensheimy
Schultheiss au Obemrsel; wer nit in der Mark gesessen oder darin
gegttdet wäre- der solle abtiieten; solches ward widerredt ,^dann alle-
w^e gewdnlick mür gewest^ daß man kaeclite nachgefUhrt bette*,
dabei daa anch blieb ^.
Das Märkerdmg wie wir es noch im 15. Jahrhundert finden,
weist uns zurück auf die alten Zeiten, da die Flur von dem Wald
noch nicht getrennt war, da den versammelten Markgenossen die
Sonvörfinität zustand in der Nutzug ihres gemeinschaftlichen Ver-
mägenl^, ded Waldes und der Weide, ebenso wie in Politik und Ge-
setzgebung. Mit Becht wird geltend gemacht, dass im ganzen
* ■ — —
*9 Aaf «ton Härkerding des JabrB 1464 greift der gewAUte
Jacob Wyderrette ^^n seine Armbruste*' während er seinem Gegner Friedrich
Clemroe beleidigende Worte zuruft. (Mglb. £. 29. I^. S. 13 ff.)
^3 Auf der Landsgemeinde von Appenzell Inner-Rhoden, welche unter den
Schweizerischen vielleicht am meisten die alte Porm und den Geist erhalten,
wird das Ausschliessen der Nicbtberechtigtea nieht streng durehgefUhrt,
so lange sie nicht etwa stören. Es ist der Tag ein Festtag für das ganze Volk.
Jeder Volljährige erscheint dabei im besten Kleide, er trägt seine Wehr bei sich,
einen kurzen Säbel in lederner Scheide, der in derRegel mit dem Regenschirm
zttssminengebanden ist. Es ist dsr Stolz des freien Masnes dass er mit seiner
Wehr auftreten darf; dies selbst auf den Landsgemeinden yon Appeazell der
äusseren Rhodeai Die Wehr ist ein Zeichen der Ehrenhaftigkeit. Ehrlose er-
sehiSiaen wehrlos. Wähtend der Dauer der Laadsgemeinde stehen die An«
wesenden baarhaupt. Frauen und Mädchen, ebenfalls festliek gesehmflckt,
at4ben iimbsr, keineswegs ängstlich gesehiedien von den Mäonera. — In Betreff
der alten iGebräuehe die sich in Appeasell erhalten, s. aneh Osenbritggcm,
culturbistorisobe Büder au» der Sohweiz. h^ß* 1868.
— 34.» —
Oebiete des deotBcbeti Becbts wü^jetsstwol nur sccb in den Oebbg»-
geg^nden der Schweiz die alte grotwe Majtkgenoflsenscbaft inlebendiger
Wirksamkeit finden ^. Bb in das fbnfeehnte Jahrhundert hatte sich
die Hebe Mark ihre alten Befugnisse gewahrt^ nicht nur. in Betraff
der Nutzung und Verwahnng des Waldes ; sondern anok in Betreff
alles ' desjenigen, was damit in Bertthrung oder Zusammenhang stand^
so namentlich in Betreff der Jagd auf dem gesammten alten Mark*-
boden. Die Weisungen der Mttxker geben uns dariiber sicheren
Aufsehlttssl ' .
Die Weisungen. -^ Das Weista des Racbts konnte eastweder
einen bestonniteD, vorliegenden Falf betreffen, so das AburthcUen
über Frevler, oder es wurden — und dies wird gewähniieh unt^
der Bezeichnung verstanden -^ im al^meinen das Becbt gewisser
Personen an 4er Mark und in Beziehung auf die -Mark ausgesprodien
und im Einzelnen feelgesteUt DasBi^straiHi der Fre^kv soUte jedes^
mal auf dem geboten M&rkerding gesoheben, auf Torgttngige Anklage.
Dielte wurde entweder vom Märkermeister ünddenF^tem erhoben>
oder auch von irgend eisAm Märker^ Als im Jahre 1507 das Mftr-
kerdii^ bei Ober^Erlenbaeh griieiget worden, wurde den Knechten
der Mark befohlen ^zu rügen das sie des Jahrs inne den Waiden
gesehen und gebort haben, ein Leuitot vor ein Leumnt, und ein
Warhdt fUr ein Warheit^^ Also sind etUche gerttgei w<^rden nach
Inhalt eines Zettels „das dem Markermaster ttberUebert wäret, sie
darnach haben isu straffen und zu büßen*^.
Auf dem Märkerding der Hohen Mark, 1531, hat der M&rker*
meister . drei zettel darin der rugbaren PeraonMb Namen angezeigt
waren, verlesen lassen. Darauf haben die NiedemEiienbadber, näm»
lieh Volczen Henne Wendel sanunt andern die durch den KeUcü'
von Homburg wider alt Herkommen gestraft worden, dem gemein
lantman solichs klagweis i^ürgebraoht: er habe das Holz genommen^
md von einem Wageii einen halben/ Guldeti daau> welshes wider
alt Herkommen auch nie noch beacheben gehört wers, dieweil die
Straf dem lantman und nit dem Keller zustttnde; mit der Bitt ^er
Erbor lantman soUt solliche Straf onbilUg beschehen, nnd dass Inen
ir abgmommen gelt durch den Keller obgen» billig wiedergegeben
werden sollt, erachten und erkennen'^; also nach Bedde und Wider-
** Friedr. Wyss, die Schweizerischen Landsgemeinden, in Zeitschr. für
SchweizetischeB Recht I. 1. S. 66. zu vergl. J. J. Blumer, StaSts* u. R.-€^di.
der Bobw. Demoor. IL Bd; oap. IIL 8. 188. S48.
— 3« —
redd« hat der lantman gebilfigt tmd erkannt: Wo anf nächst gehalt*
nem Märkerding amio etc. 20 dnreh den gem. Lantmfloi mt gewilligt
sei; das« der KeUer :tu Hombiirg bis anf dies itzig Mirkerding stra-
fieo möge; so faab der Keller solche Straf onbüHg und widder alt
Herkommen genommen/ und solle die wider heransgeben und den
Gestraften bdianden^ und die von Kid^m Erlebach die 8traf wie
von Alter hertcommen vertaicUngen. *
Auf Mitwoch nach 8 Kön^tag, 8. Jan. 1538^ zeigt der XeUer
auf der Au vor Ursel an, wie die Forstmeister noth bedünke, di^weil
der Wald merklich beschädigt werde ; dass man ein Poen darauf
setze; welcher im Wald zwischen dem nädisten Märkergeding Holz
hiebe; dass ein Jeder ans der Mark so einen solchen betrete; Macht
habC; dem ein Pferd auszuspannen oder das Gesohier zu nehmen;
und tmi ein Gulden zu pfänden. Der Pfänder sollt schuldig «dn auf
dem gemein Märkergedingtag bei seinen Eyden anzusi^en nnd zu
rttgen; und dase man in aHen Dorfen mit einer läutenden Glocken
den gem. Mttrfcem Terkünden soll den Wald bei Poen nit zu beschä-
digen; dazu aus jedem Dorf 2 Personen gen Homburg zu sehiokmi;
Bolfiche Ding zu beschliessen Der lantman. war damals der Meinung
dass es gut sei den Wald zu schützen; aber mit dem Tag so in Hom-
burg sein sollt; wäre ihr bedünken es wäre besser dass der gemein
lantman dabei wäre. Desshalb ist ein ander Märkerdix^ angesetzt
worden. Mglb. E. 29. 11*». S. 60 flF. ^
Eb ist merkwürcKg wie sehr das weisen Aac Bechte selbst im
15. Jahrhundert noch üblich und ndthig war. • Dass gerade der Wal*
pott sich damals noch seine Hechte und Herrlichkeiten wrisen liess;
zeigt wie wenig fest und klar begrenzt diese Bechte waren ; dann
aber aueh welches Gewicht damals noch in dem Brauch und in dem
Auespruch des gemein Märkers lag. Die älteste Urkunde welche in
den Akten über die Hohe Mark sich vorfindet; der Bericht über das
Märkerding von 1401 feria quarta infira octavas pasche beginnt da^
mit di^s der Pfand «Inhab^ von Homburg bei dem Märkermeister
anfragt; ob der Märker ihu; Hennen Brendeln ittr einen obersten
Waldboten erkenne; wie das auch vorher zu zweien malen vor ihm
geweiset wäre. Der Gefragte antwortete: Weisete ihm der lantman
ichtea (etwas) so wollt er gerne es sagen ; weiseten sie ihm aber
nidyts so sage er ihm auch nichts. Es erfolgt darnach die einmüthige
Weisung der Märker. Weiter fragte der Stellvertreter des Waldpot-
ten, es wären Ausmärker betreten worden und hätten verbrochen;
sie seien „den Förstern entwältiget^ worden von den von Oberursel;
dahin sie kamen ; was des Walpoden Becfats darmn sei? AuBweieh^id
war die Antwort: Sie haben rot imW^tpodea sein ceobt geweisel^
habe ihn jemand daran gebindctrt, das möge er fordern.
Im Jahre 1445 anf Mitwoch nach St' Marfj^ethen war der
Edle Jnngberr Qotfiid van Eppenetein bei .ürsei anf der Ane^ liem
ihm da weisen sein !Eleoht und Herrliohkeit über die Mark^ und die
gemein M&ker eine Hähe von Artikeln firageni Efi liegt den Akten
--* Mglb. E.29.^^ 8.9.10. — ein solcher „Zeddel'' bei, das Papier
gebrochen ; anf der einen Seite die Frage, die andere leer fiir die
Antwort. Diese findet sich' aber erst spttter S. 18. 17. auf andern,
iUmücheo Zetteln. Die. ersten Artikel betreffen den Wiltpant: „Wie
ferro und- wie weit sein Wil^ant ginge^? Die Antwort lautet wie
bereits angeAkhrt: „Sein Wiltpant gehe nit weiter, dann er sein
Heoken anbinde, in der Mark. J^ete et aber fiirae odär hTnde nß
den.Heeken und fislgele yn naoh, gondien ihm das. die nwirker, doch
wttssteii sie nit ob isir reoht were^^ Dann wird gefragt: „wenn s.
Gnaden den Wil^patit Tsrbode, und wer das bräehe, was der dämm
verloren hfttte^. Hi^r ist beigemerkt ^uff den Artikel ist nichts ge-
sagt^. Der 3^ Artikel fragt: ,,Wenn die gesnbweren knecht oder
sonst Merkw, Ausmerker die geechädiget, einfbhffen wollen, und
sprächen ingeseesen Merker um Htdfe an, wenn die Merker das nit
thftten, was .sie verbroehen. hfttten^. Die Antwort laiptet: „Der^olk
der Mark verscholden sein, oder sollte dem Herr» d^i Min antwoiv
ten, die Pferde dem lantnnn, die Wagen, und sieler dem* Foniter^.
Im 4. Artikel ist weiter gefraget: ^Wenn die gesohwometi knechte
einen rilgen, und der das leugnen wollte^ welcher Parthei man dann
glauben soUte^^? Danrauf ist gesagt: sind es geeehw^me knechte, so
soUte man ihnen, glauben, es wire denn dass die Widderpavtbei bes->
sere kondsdiaft hi(tte. Der Art. 5 fragt: ^Wenn ein Merkermeister
vff St Cathar. tf^ gekoren wtürde, und kein MerkermeistBr sein
wollte, wie dann der Waltpott die Mark bestellen solte?^ Bi&niu
beist ea: ^^Uff diesen Artikel ist nichts gesagt^. Weiterhin ist gefragt:
wie ferre man uAnerkem nach feigen solle, die die Maork hinweg^
ftdiren? Auch „uff den Artikel ist nit gewiset, da etliche sagen bii
an dmi Byne, aber das is nit bestandlich; die andern sageii bis mit»
ten in die Njde^ und dies bedünket sie die meiste Menge^.
Es scheint dass der Waldpott mit diesen, Weisungen sieh nicht
zufrieden' gegeb^, denn schon auf dem Milrkerding 1468 fiiklen wir
dieselben Frag^ zum Theil wieder gestellt. Als gefinget war, M
wyßen wie weit die Mark gehe, drauf besorgete der Lantman
dass die Meinung wiU'e ,,80 man wyse^: bis mittw in die Ni4|d^ ^
wollte der Walpöde sich der fischen auch unt^rzidien, und darmit die
— SM —
Dorff» dM Tonioheldcii^ ; vmtie geantwortet: „daS dem InainMui if^al
Indenk sei daß die Frage audi mehr gesoheen dei, aber sie haben
das nie gehört wjsen und danunb ao sei der lantman das nit be-
dacht; und wolle daa hkid ifame behalten uf dae nit solch wysungen
mit einem genommen nnd dem andern g^geben^ und einem gegeben
nnd dem andern -genommen werde, . . « sondern so der laatman zu-
aammtn komme mi aant Katharinenioge so sei 6r dann etwas daranf
bedacht^.
Als nnter deü Märkem Zwiespalt Ober die Wahl der Mttrker-
meister sich erhoben, soUte im Jahre 1464 auf Donnerstag nach
Kilian hierüber geweiset werden« Es hatte daUn der Edel und wol-
gebom Jnngher Q-odefrit Herr zu Eppstein seinen Seh» mit den
trefSiehen Bäthen gesandt. Als denDorffen und Hoffen, als gewöhn^
Heb war, gerufen, forderte derobgenante Juncker Gtotfirit durch die
Seinen an die Edeln und andern die in der Mark geg^det, bei dn-
anderzu gehen, sich zu bespreehen, und seiner Edelkeit nnd andern
„deren sich der gdbfUrt Ire HerHchbcit Oereohtigkeit zu wis^^ Es
schickten sich des Badis Freunde bd den jungen Herrn von Eppen-
stein und erzählten, nachdem sein Edelkeit Vater alle M&rker hätte
zu ihm yerboten, henie herzukommen und seine khenheirn mitzu-
bringen, also hätte der Bath die Ihren, der eine gvte Menge sei,
die da Märker seien, daheim heissen bleibet, nachdem aie mit
Sehäden belad^i waren, und anderer Soi^liehkeit halber. Darzu sein
Edelkeit det antw<»rten: sein Vater hittte sich bishero günstlich und
freundlick gegen den Sath und denen Ihren erzeigt, das wnlten sie
ihm auch thun. Darauf besprachen sich des Boths Freunde not des
Baths aiimie, Leute voai Bonamese, Erlebach, Hareheym und Calde-
baoh ^ und Bossen sie ein Schreiben h(^en, wie vordem gewest wäre.
Da hatten sie alle ein gut gefallen darin, und sagten es wäre auch
also geweiset und Herkommen. Walther von ByflNiberg kam mit
andern Edeln hiedernt und hynatt der Hoe,. erzählte sie hätten sich
mit den Ihren besprochen und wäre ihre Meinung dass man <fie
Weisung geachehen lasse, da« dan des Baths Freunde Mei^uuig auch
war. Also begaben sich die Solmsen, £e Biffenbergischen und des
Baths Freimde mit allen diesen zu Philips yon Hatzstein und Be<^'
told von Eapaeh und anderen der Königsteinschen, fragten die was
ihre Meinung wäre, sagten dabei sie liessen die Weisung zugehen.
Darzu die Kömgsteinschen antworteten: sie liessen es auch gescheh^i.
** Ueber den Wlederkanf der Vörfeir Harheim and Caldebaeh durch Eppen-
stein s. Mglb. K 93. Kr. 5.
— 861 —
Ako redete Wal&er Tcm Biffenberg sie b&ttcti «nieii Zettel im vor-
mals ftvf ekiem g»ni. Märkexding geweuet wäre^ des^Saä». zu Frank*
liirt Freunde hätten auch dies schreiben ^ desg^eiofaen hätten üt
gebilligt dass man der «eines liesg verleBesi ehngevetfliek. ■ Also wmrd
der Zettel des Ton BjffeiDbei^ gelesen, der ,^8ich dee Sats schreiben
haste glidiete^^ Darauf die EänJgBtän>seh«n sich beeproeb^a ^ • ant-
worteten ^ sie erkennten dase man bisher also gereist hätte , f^HS^^;
man hätte bisher andi geweist das nit in dem Z^ettef stände ^ oder
möchte billig darinnen stehen, und sie hätten ttberhört • Man hätte
allerwege auf Bt. Catharinentag Märkermeister gekoren , und weiche
„von der meinste Mimg der Dorffere und Hoffe gekmren weren wor«-
den' dabei wäre es blieben und hätte allewege ^die meinete iMJenige
Fuigang gelutbt'^ ; welche Dörfer und Höfe auf die Zeit nit dabei
gewesen ; das hätte auf die Zclit nit mehr denn» seine köre tnrlora».
Dänsu die von Bolmssen, die von Bjffeaberg und die Frankfart^aehieB
aiitworteten, sie Uessen das geschehen. £* verAkgten sieh darauf die
Mäifker aUe su dem jungen Herrn voa Sppensteiny und trog Walther
von fiyffiBnbeh:^ vor, dieMärker häitten sich besprochen, es sei ihnen
ein Zettel gelesen worden, wie die Märker vonmab geweiset, sie
auch ilooh wieseten, bäte 8e. Gnaden Aea. eu hören. Nachdem der
Zettel gelesen bemerkte der junge Herr von Eppensteitt: es wären
auf St. Catharinentag etliche 2u Märkermoeter gekoren , die hätten
noch nit Gehorsam gethan als sich gebOrt^ beehrt »n wissen, was
die desshalben bnssfällig wären. Darauf mancherlei Weobs«lrede|^ die
Märker bringen vor daae mehr Märkermeister gekoren worden, da
dann doch nit mehr denn xwei sein sollen. Es erhob «doh Streit über den
gewählten Friedrich Clemme und Jadob Wydnrrette. Brsterer sagt:
Jacob war nit geboren und gut genug darzu dass «r MärkeimeiBter
smn soUe. Darauf Jacob Wjderrette: Er wäre besser und Arominsv
denn Clemme, was er noch verschrieben und versiegelt hätte, das
hätte er frommelioh gehalten ; Clemme hätte -das mt gethan. Da redete
der Sehultheiss von Frasikfiart (der von BoiHanMs?) es deoehte ihn
„zu tunde sein', dass man die Märkermeister von beiden Seiten ab^B-
stelle und koye itaud zween Märkermeister. DitfELÖnigateiB'soliea und
die von Ursel antworteten: die sie gewählt^ hätten die meisten stim-
men gehabt, dächten sie nit abezustellen umb nachfolgende Menge
(Stimmenmehrheit) willen. Da wurde von den Eppenstein'schen den
Märkem vorgehalten, es wäre nur um V« Jahr noch bis zu Bt. Kar
tharinentag, sollten die Sachen ruhen lassen. Das wurd also aufgC:
nommen, und schied jederman von dannen. — (Mglb. E. 29, II \
S. 13 ff.)
- 352 —
Wieder ^ar auf St. Vitetag 1484 dn gemeiii Ifilrkerding auf
die Aue vor Obertirsel berofeii; und begehrte Herr Gottfirit von
Eppentteiii; der penönlick mit seunen Bätiien ercbienen war^ za
weisen des Walpoden Henrliefakeit und der Mark recht Er lieaa
einen Zettel verlesen in welchem das m weisende recht pnnctsweise
verzeichnet stand ^ ^i^gte ob der Lantman daranf weisen wolle? Es
wurde nach einem Bedenken geantwortet: Es wSren also Verzeich-
nungen und Zettel da die der Lantman gehört hätte , darauf wollten
sie weisen. DerWalpode aber .begehrt^ dase der Lantman auf die ver-
lesene Verzeichnung sich hören lasse. Es wurde durch Arnoldt von
Holzhausen ^ Sr.- Gnaden geantwortet: der Lantman sei noch willig
aus den alten Verzeichnissen oder dass man ihm der Pnncten einen
nach dem andern anzeige, mündlioh zu weisen; worauf Sr. Gnaden
akh mit den B&then besprochen und begehrt dass sie nach laute
seines verlesenen Zettels weisen sollten , oder aber dass sie bei den
Eiden versichern sollten y diesmal nidit darauf bedacht zu sein. Die
Märker- vwlangen durch Arnold von Holzhausen der Zettel Abschrift
und der Ding ein uffsug, sie hinter sich an seine Herrschaft zu
bringen, denn der gemein Lantman woU auf den Eid behalten, er sei
diesmal auf die verlesen Zettel zu weisen unbedacht Demnach wurde
von Sr. Gnaden an anderer TsLg, Mitweoh nach 8t Margareihen
auf die Au zu Ursell, des Morgens um 9 Ühr, angesetzt
Mitwoch nach Peter und Paul fitind eine Besprechung der Herr-
schaften und anderer in der Mark gegudeter Männer, zwei oder
drei der ältesten aus jedem Dorfe, statt, zu Ursell auf dem Rathhaus.
Zwei alte Weisunge aus anno 34 und 88 wurden durch die Reiffen-
beripschen und ein Zettel durdi die Eönigstein'schen vorgelegt, und
des gemein lantmanns Meinung gefragt Diese haben gesagt dass sie
nadfib laut der verlesen zwei Zettel weisen wollten, sich darauf un*
terredt wer £e Weisung Sr. Gnaden thun und aussprechen solhe ^^
Symon von Ursel wurde dazu erbeten, und erklärte sich nach einigem
Bedenken bereit, dem Lantman zu Gute zu thun was an ihm wäre.
(Mgib. £. 29. n^ aao.)
Es liegt diesem Berichte ein Zettel bei, mit der Aufschrift: das
sind die Puncto der Weisung bIb die Eönigstein'achen verzeichnet
hatten:
^6 Also durch eioen JibgeBehiektea das Frankfurter Ratfas.
^7 Bei wichtigen WeiflUDgen bAben die Märker immer am Zulassung eines
Redners gebeten ; ein ruhiger, verständiger, wo möglich auch angesehener Mann
wvrde dazu bewogen. Vielleicht unrichtig iilt daraus der Schtuss gezogen
worden, dass dem gem. Manne der Muth zu reden damals schon gefehlt
— 36$ — .
Ttem astim ersten: Wer die Mark zu besteUen habe?
„ wer die Mürkermeister beetedigen und eidigen soll?
„ mit dem Ußrufen yon dem Schreier, was einer yerloren
hfttt (der nieht erschienen wäre) und wie man den bttßen ?
„ wer den Wiltpan zu bestellen habe?
* 9 von Bugen als knecht (Förster) pl^en zu mgen.
„ obe ein nßmarker schaden thede.
9 obe ein Inmärker schaden tedel
„ Hulz nnd kolen u^ der Mark zu fliren und wan man den
begriff etc.
„ ob ein fol merkerding bescheident wird, waß die nßbliben,
verloren.
„ ob ein Inmerker nfi^ der Strassen Hnlz hiebe (hiebe) etc.
9 ob eckem im Walde worden.
„ obe Vilwil zu der Marg höre , und wie eß darzu komen sj.
,9 wie ferre die Mark gehe.
„ ob man nit alle Zerung zn Hoemburg tun soll, so es ein
Hauptslof in der Mark sy.
Es folgte nun das merkwürdige, feierliche Märkerding auf Mit-
wochen nächst nach St Margarethen, 14. Juli 1484, auf welchem
der Edel Herr Gottfried, Herr zu Eppstein mit sämmtlichen Amt-
leuten und Bäthen erschien, dem Junker Philips von Redeinheim,
Budolfi^ und Bernhardt Brendel Ton Homberg, Gilbrecht und Hein-
rich Bittesei, endlich Walther Isenberg seiner Gnaden Schreiber, an
einem Theil; andererseits aber der Herrschaften Sohns, Hanau und
Eönigstein auch der Stadt Frankfurt und der BitterschafI; von Bdf-
fenberg Amtleute, Bäthe und Sendbotten; für Sohns Philips von
Bicken, Bitter Erafit von Deckenbach und Jeckel, Bereiter zu Be-
delnheim; für Hanau Heintz Metzler, Keller; für die Herrschaft zu
Eönigstem, Heinrich von Eppenstein, Keller zu Butzbach, Dietrich
Geyseler, und Heinrich, Bereiter zu Königstein; für Frankfurt Jun-
ker Jacob von Cronberg, Amtman zu Bonemese, Junker Erwin
Dögel , Amtman zu Erkbaoh und Junker Walther Schwartzenburger,
Bathsman; fbr Beiffenberg die Junker Philips und Marsilius, der
Jung, von Beiffenberg. Endlich erschienen auf der Au die Märker-
meister, mit ihnen ein gross versammelte Menge Schultheissen, Hüb-
ner und Landtman, welche Sr. Gnaden als einem Waldbotten, sein
Herrlichkeit und der Ifeirk ihre Beeht und Buge zu weisen vertagt,
verbotten und also versammlet und verhauffi waren ^. Die Ifiirker
4« Vergl. Lersner's Chronik L S. 466.
23
- 354 -
•
erboten aioh die verlangte WeisuDg zu tbun, doch nicht auf ihre
Eide, da ihnen solch Eide zu thun gefährlich wäre, üe in vielen
Jahren eines Waldbotten HerrUchkeit, der Mark Becht und Buge
nicht geweist^ und der Alten die das mebr gesehen und gehört hät-
ten, gar wenig mehr im Leben seien. Es ward ihnen darauf ein Eid
gestabt des Inhalts, dass die Weisung die sie thun wollten, sie von
den Alten nicht anders gehört hätten, und ihnen anders nicht wis-
sentlich wäre. Sie liessen durch Heinrich von Eppeastein eine Ver-
zettelung behändigen, erboten sich durch Simon Bensheim, wohnhaft
zu Ursel, von ihrer allerwegen mündlich auf die einzelnen Puncte
der Verzettelung zu weisen. Diese Weisung spricht aus : wem die Mark
rechtlich eigen und wer darüber ein oberster Herr und Waldpott sei;
wie die Mark zu bestellen, und die Markordnung einzu-
halten sei;
wie insbesondere es mit demWiltbann zu halten, mit dem Heg-
wald auf den Strassen und mit der neuen Hege;
wie das Verhältniss zu der Ausmark und den Ausmärkem sei;
wie der Eintrieb in die Eckern zu geschehen habe;
wie Frevel zu bestrafen seien;
wie Märkerdinge zu halten, Märkermeister und Förster zu er-
wählen und zu verpflichten; endlich wie Gericht zu halten und zur
Noth gepfendet werden solle.
Hiemach liess der Waldpott den Märkem sagen, dass auch
Noth wäre zu weisen, wo die Mark aus- und anginge; das und an-
deres wolle sein Qnad, nachdem es jetzt spät geworden auf diesmal
beruhen lassen bis auf einen andern Märkerdingtag.
Diese Weisung galt von nun an in der Hohen Mark als geschriebenes
Becht Die Märker hielten fest daran, sie wollten k^en Buchstaben
daran ändern lassen. Der Walpott liess ihnen die Buchstaben und
das Papier, wandte und drehte aber dem Inhalt und Geist bis sie
nur noch ein Hohn waren auf die ursprüngliche Verfassung. Beriefen
sich die Märker auf ein Herkommen, so erwiderte er dass davon in
dem Instrument nichts stehe. Die Verhältnisse, auf welchen das In-
strument beruhte, änderten sich alle mit der Zeit, so wurde die
Grundlage des geschriebenen Bechtes ebenso wie dies selbst mehr
und mehr eine hohle Form. Wol wurden noch neue Verordnungen
gemacht, aber diese betrafen, soweit sie nicht bestimmt waren die
Macht des Waldpotten zu kräftigen, nur Nebensachen, Holztage, Be-
strafung oder Bedrohung der Frevler, u. d. m.
Aus diesem Weisen ersehen wir wie darin eine leboidige Quelle
des Bechts telegen, wie die Markgenossen dabei beständig nicht nur
— ä5S —
Auf die Brinnenrng sondern auch anf ihr Bechtsbewnsstsein zurück-
zogen ^ wie in den ttlteren Zeiten überhaupt Herkommen undGksete
mehr noch ssusammenfielen ^^ Erst in den späteren Jahrhunderten
erhielt das geschriebene vor dem im blossen Bewusstsein des Volkes
ruhenden Bechte ein entschiedenes Uebergewicht einger&umt
Gränzbestimmung. — Wie es den versammelten Märkern
zustand das Becht, selbst die Herrlichkeit des obersten Waldpotten
zu weisen, ebenso hatten sie auch zu bestimmen wie weit die Mark
gehe und wer dazu gehöre. Wegen der Gränzen hatten sie sieh
theils mit den benachbarten Marken zu verständigen^ theils mit den
Inhabern der getheilten Feldmark^ mit den Ortschaften der Mark
selbst Dies geschah auf Umgängen der Mark welche bei der klein-
eren Seulb. Erlenbacher Mark oft unmittelbar von den Märker-
dingen aus unternommen wurden. Auf den Märkerdingen ward auch
über die Berechtigung zur Mark, über den Ausschluss von derselben
und über das Verhältniss zu der Ausmark erkannt und geweiset.
Aus dem Jahre 1484 ist angefbhrt dass unter den Puncten auf dem
Zettel der Königsteinischen auch die Frage sich befunden: ob Vilwil
zu der Marg höre, und wie es dazu kommen sei? Diese Frage war
eine wol begründete, da die Nidda Grenze der Hohen Mark war,
Vilbel aber auf beiden Seiten des Flusses liegt
Auf dem Seulb. Erlenbacher Märkerding von 1539 brachte der
Keller Diether Gewend einen handschriftlichen Befehl des obersten
Waldpotten „uff heut dato die Mark zu umgehen^. Die Märker gaben
Diethem die Antwort: nachdem sie kein Mangel an der Gemark
vermerkt wäre es unnöthig dieselbe zu umgehen. Der Keller drohte
mit Ausschluss von der Mark und liess auf zwei Seiten treten zur
Abstimmung ; es traten aber zu ihm nur die Seinen von Homburg und
^» Dr. Kriegk, Frankfurter Bfirgertwiste, S. 31 berichtet, wie die Zünfte
verlangt, der Rath solle sie ,,bei den Gewohnheiten, welche sie von Alters her
hätten, handhaben^'; der Rath habe dies Begehren mit Recht znrttckgewiesen,
,,wüil in einer königlichen Stadt ohne des Königs Zastimmnng blosse Gewohn-
heitsrechte nicht in förmliche Gesetze ^.umgewandelt*' werden konnten. Das
Herkommen hatte Geltung in einem bestimmten Bereiche, sollte eine Erweite-
rnng stattfinden in der Ausdehnung seiner Wirksamkeit, sollte es bindend wer-
den für andere Mitbürger, oder für die Obrigkeit, so mnssten diese oder der
KOnig Eustimmen. Auf S. SSß. 884 ete. ist dies sehr schön dargelogt in dem
Herkommen der Zünfte, welches in eine Gerechtsame oder Machtvollkommen-
heit eingriff, die der Rath für sich in Anspmob nahm.
23»
— 856 —
Seulberg; der mehrer theil blieb steheB. Hierüber unwillig haben
die Hombarger Gesandten ihren Abschied genommen; die andern
Gesandten aber bewogen nmi die Mlbrker die Marg zu umgehen^
allein es solle kein neu Instrument aufgerichtet werden. So hat man
sich verglichen 9 und es sind aus jedem der 6 Ortschaften von den
ältesten und von den jungen Männern etliche dazu gewählt worden.
Diese Personen verlangte Diether Gewend in einen besonderen Eid
aufzunehmen 9 mit Begehr an die Gesandten sie ihrer Eide und
Pflichten ; mit* denen nie ihren Oberen zugethan, ledig zu zählen.
Dies wurde von den Gesandten abgeschlagen, aber bewilligt dass die
Märker bei den Eiden und Pflichten mit denen sie ihren Herrn und
Oberen verpflichtet seien, ihm Diether, anstatt und von wegen des
obersten Waldpotten ^mit handtgeb'end treu verpflicht sein sollen
Bolliche Gemark zum treulichsten, niemand in lieb oder zu leyde,
zu umbgdin^. Dess sind die Beamten des Walpott^ zufrieden ge-
wesen. Der gemein Märker hat sich nach Hause begebeii, die Ge-
wählten aber mit den Bean^ten haben angefangen* die Mark zu um-
gehen. Sie gingen damals von Seulberg aus zur linken Hand am
Wald hin, oben am hinter Damm an der Landgewer hin die von
Dollingen ^ auf das Seulberger Feld gdiet, gegen die Erebshaide
zu, an den Wiesen hinauf; nach der deutsch Herrn von Frankfurt
Wald und der Hohen Mark Gränze; dieser, entlang die alte Hohl
hinauf, auf das Botlaub und zum*Fahrbom, den Throner Weg hin-
auf über den Einsydel bis an den Pfalgraben ; diesem hinab bis an
die Throner Mühl und die Bach. Dieselbig bäch „gipt und nimpt
zwischen den zweien Waiden Seulbergs Lrlenbach unid .Bhod<emer
Gemark" ^K Die Männer zogen die Bach hinab bis a.uf die Eöppemer
Wiesen, dann vor dem Walde* hinab bis zur Hunerrap ^^, und auf
den spis, der ist den von Holzhausen. Vom Spies ging es nach der
Begelsbach und wieder zurück auf den hinter Damm.
^ Das alte Dillingen lag südlich des Waldes dessen Plata jetzt von Friediichs-
dorf eingenommen wird, zwischen den 'Rohrwiesen nnd der Hflnbnrg.
Bi Als der Umgang zur Rhodemer Qemark kam, machten die Hanauer Ge-
sandten geltend, wie ihre Unterthanen in der Rhodemer Mark gleiche Gerecht
tigkeit ,,in der bach*' haben (sn fischen); dies haben ,die Gesandten des Wald-
I)otten^ nicht zagegeben , die andern Gesandten aber haben Jedem sein Theil
vorbehalten^ den Streit so verglichen.
52 Jetzt Hahnruppen, von Hain, auch bei Gh>nzenheim ist ein Hahnberg.
In der Ordnung von 1588 heisst es Art. 10. «Die Pflege der Hain Rappen sollen
. . auch dieses Jar . . . verpotten sein daimnen sa haawen." —^
— 857 — ^
Das Verzeichnifls des Umgangs hatten die Märker angegeben,
Meister Johann Schwaben, der Notar sollte ein Instrument. darüber
aufrichten. Als d^ gesammte Ausschuss mit den Gesandten Abends
7 Uhr- nach Ober-^Erlenbacfa gekommen, liess Diethor Gewend über
dem Abend Iipbis allerlejWort vemehmen, daraus zu ersehen war,
dass sich der oberst Waldpott zuviel Gerechtigkeit der Mark unter-
ziehen wolle. Des Dienstag zu Morgen haben si^, des obersten Wald-
potten Gesandte nochmals mit Ernst um Aufrichtung des Instruments
des Umgangs angehalten, viel Gegen- und Widerreden wurden ge-
dian. Um Mittag vei^lich man sich: wie die Gesandten gestern in
den Umgang s<> nit von nöthen gewesen gewilligt, mit dem Geding
dass sie des Umgangs halben ein neu Instrument aufzurichten ohn
Vorwissen der Oberen nit zugegeben; sie yersprachen dartLber zu
schr^beu; Freitag nach Medardns fand eine Zusammenkunft im
Oarmefiterkloster zu Frankfurt statt, es wurde wiederholt: das alte'
Instrument wäre genügend gewesen, Irrungen seien nicht vorhanden,
kein sonder Spim, sein F. Gn. wolle es bei d«n alten Instnuiiente
bewenden lassen, damit nicht Mißhelligkeit aus beiden Instrumenten
erwachse. (Mglb. £. 29. II ^ S. 174 ff.) Es findet sich noch in dem
Fascikel l%lb. 30. No. 4 [3] ein Schraben d. d. Petterweil, Freitag
nach Medardi 15S9 unter dein aufgedrückten Pittschaft von Engel-
brecht Halbers, Schulthdssen zu Petterweil und Justinians ven
Holzhausen, Schöffen zu Fnmkfurt: auf das begehren über den
Umgang der Mark ein neu Instrument zu erriditen gaben die Ge-
sandten und der Ausschuss zu erkennen, dass sie den Umgang zu
thun filr unnöthig angesehen, dass ihre gn. Heren und Oberen nit
erachten dass das begehrt neu Instmm^dt aufzurichten von Nöthen
sein sollt, wollen also gebeten haben dass es s. f. Gn. also bei dem
alten Instrument gnediglich bleiben wollt lassen; sie bemerken dass
wo Irrungen fOrfielen, der gemein Märker zu jeder Zeit zusammen
kommen, davon reden, fiimehmen und handeln möge, wasdieNoth-
dnrft erfordere.
Auch bei den Umgängen erschienen die verschiedenen Bethei-
ligten zu Wahrung der eignen oder gemeinsamen Interessen, und
nur dann wurde das Becht als festgestellt angesehen, wenn die ver-
schiedenen Betheiligten sich über die Gränze geeinigt, wenn sie dem-
nach gemeinsam den Weg gemacht hatten. Bei dem Umgang der
Seulb. Erlenbacher etc. Mark am 28. April 1593 wdchen der schreib-
seelige Johann Zangus, notarius publicus und bestellter Markschrei-
ber protocollirte, erschien Georg Vestenberger der Kellner zu Hom-
burg V« d; H. „einestheils^^ sodann die auch ehmhaffte, ersame und
— 358 —
r
vornehme Märkermeiater und Markhänpter „fmdemtheils^ auf „vorge-
hende Vergleichung und gepfl<^ene tractation^ auf der Haiden gen
Eirchdorff; allda solche ihre Mark mit deren zu Eirchdorff und
Seulberg Termineyen ihre Angrenzung hatt^ und haben von Alters
her wohlangeordnetem Brauche nach dieselbige ihre Marke von allen
aufstOBsenden Marken^ Waiden, Sträuchen und Termineyen, im Beisdn
aller derer Besitzer , Inhaber und Einwohner . . bei Eidspflichten
abgangen und gewisse scheide oder Mahl mit Rainen, Steinen, baum-
lochen und andern mehr kennezeichen . . gemacht, auch die alten
„uffworffD und mahlzeychen^ wiederum von neuem renoviren lassen.
Auf der Gränze zwischen Seulberg, Eirchdorf und der Hohen Mark
befand sich ein alter Eichenbaum, der jederzeit für das Schiedsmi^l
der dreien Grftnzen gehalten; er war durch die von Eircbdorf abge-
hauen und ein wenig ihres Gebietes hinunter zu einem Damm und
AnfentluLlt des zeitweise den Weg hinunter fallenden gewässers ge-
braucht worden. Die Märker haben desshalb der anwesenden gemeinen
Nachbarschaft in Eirchdorf von wegen ihres unnachbarlichen Wesens
den Eühe- und Viehtrieb, so ihnen seither gegdnnet und zugdoaaen
worden, ganz und gar abgekündigt und zugethan. Eeuig erboten
sich die Eirchdorfer ^^zu guter Nachbarschaft'^ und wurde das Ver-
bot gemindert, dass sie in Schriften bei dem Märkerding wieder um
den Viehtrieb ansuchen sollten, derselbe könnte ihnen nochmals wie*
der vergönnet werden. Darauf hat man den erst^i Schiedhaufen „an
die Mahlstatt des abgehauenen und entnommenen alten ejchen baums
aufgeworfen^, und den Umgang ostwärts angetreten. An der Bren-
del von Homburg Walde haben die Seulberger ,,Markgut zu ihrer
Terminey und für ihren Eigenthumb abgaagen^', die Märker aber,
da sie Mastungsgerechtigkeit darin besessen, die Mark ausser dem
Gehölz an der Haiden endigen wollen. Der Eellner von Hombui^g
ergriff Parthei ftir die Seulberger als homburgische Unterthan^
„weißt in Schriften nach daß in einem früheren Abgange solche et-
liche Ruthen breit Walds für der Seulberger Eigenthum angezogen
worden, sie also nichts neues sondern allein dasjenige, was ihre
lieben Voreltern seeligen etwa in Prauch und Esse gehapt^, suchen.'
Er ermahnt die Märker bei ihrem Gewissen, und die zu Holzhausen
und Ober-Erlenbach haben ihm beifallen wollen, doch hat man es
bei den alten Lochbäumen verbleiben lassen. Weiter zogen die Mär-
ker nach dem hinteren Damm der Hohle hinauf, vom heiligen Acker
nach der Regelsbach wo der 37^ Haufen an der Wiesen stand,
dann von der Dillinger Haiden die lange Wiesen hinunter bis auf
die köppemer Strasse , auf der liandgewehr herum bis an den Holz-
- 369 -
haasar Spieas y £e Haihnruppe hemm bis auf die HolshäUBer Bach^
folgende ist die Bach die scheide bis hinauf an Bernhard Möllers
Wiesen, stehet in der Ecken am köpffemer Oebiete bei einem gros-
sen gelochten Banm der 66^ Haufen; von dannen hinauf sramWalde,
baß am köpffemer Felde hinauf und den Wiesen, von dannen hinauf
„bis an die Wald möllen soll die bacb scheiden*, die Mühle stehet
in der Mark, gleicbergestalt bis hinauf an die Thröner Mühle ist die
Bach die Scheide zwischen dieser und der Bodheimer auch köpffener
Gemarken; weiter hinauf scheidet der „Pollgraben'^ diese Mark von
dem Thrönerwalde , allda gegen der Hohe Mark den Fahrbronnen-
Weg hinunter bis wieder an den ersten Haufen , wurde der Weg
fftr den unstreitigen schiede gehalten. Zugegen waren bei diesem
Umgang ausser dem Keller, Schultheiss und Stadtschreiber von
Homburg, Simon Braun, Schultheiss zu Seulberg Märkermeister,
Wolfhardt Falkenstein, Schultheiss zu Ober-Erlenbach und Märker-
meister, der Kellner und der Schultheiss von Petterweil, JoL Beck
Schultheiss zu Holzhausen, Ghunrad Lohre, Schultheiss zuKöpffem,
anstatt des Schultheissen zu Nieder-Erlenbach meister Johann der
Schmied daselbsten, samt den Burgormeistem und etlichen Eltisten
der G^chte auch anderer gemeinen jungen Personen, je 10 Per-
sonen ohne die Schultheissen von jedem Flecken, auch die beiden
Förster. (Mglb. E. SO. 4. Jahr 1593.)
Ebenso wie in der Seulberger Erlenbacher finden wir auch in
der Hohen Mark dass bei den Umgfti^n die gesammte M&rker-
schaft vertreten sein musste, ähnlich wie auf den Märkerdingen selbst
Auf dem MSirkerding, Sonntag Claudi 1539 als der Keller gesehen
dass der ganz Märker nit erschienen „hat er gezomt^', aber ab er
daAlr gebeten worden, hat er's bleiben lassen, gab an der Walpott
wolle dass die Mark umgangen werde Darzu wurden aus Oberursel
20 Mann, ebensoviel aus Homburg, aus Bonemesa 12 oder 14, sonst
aus einem Dorf 7, aus anem Weiler 4 Jungk und alt und eynander^
genommen. Es versammelten sich die Qeschickten aus jeden Flecken,
Dörflern und Höfen der Gemeinden und „derjenigen welchen der
Eigenthumb gemelter Mark zustehet^^ oben am Vilwiller Holtzgin
und dem Spitzenstein; sie sind gegangen bis an den Feldberg g^en
Beiffenberg und den Pfingstbronnen „bei Velperhausen^', daselbst hat
sich zwischen den geordneten der Gemeinen des Haus Beiffenbei^
und Inwohner daselbst ^an einem^' und den übrigen Märkem „am
andern Theil'^ ein Zwiespalt desGhmges zugetragen; letztere wollten
nach dem kleinen und grossen Bettstein gehen. Sie haben aber ein-
trechtiglich Antwurt geben: es sei Niemand unter ihnen der auf sei-
- 3C0 -
nen Eid sagen könne dasB er das atreüig Ort je hab umgangen, aber
doch auf Hörensagen und wie sie von ihren Eltern yerstanden für*
schreiten und gehen wollen. Die Beiffenberger protestirten coram
notario dass sie in ihrer beseß und beweisen wolten. Das Weiter-
gehen unterblieb damals. (Mglb. K 11^. S. 171.)
Auf dem st&rmisohen M&rkerding des Jahres 1586 verlangten
die Käthe des Walpotten dass der Umsmg der Mark auf der gemei-
nen Märker Kosten geschehe. Dies stand durchaus der Grundansicht
entgegen y dass ein jeder Theil sein eignes Interesse dabei su ver-
treten habe. Der Ausschuss der Märker bemerkt dessbalb ganz rich-
tig, zu dem vorhabenden Umgang der Mark wolle jeder Flecken
einen Jungen und alten Mann auf seine Kosten zuordnen, nach vori-
gem Gebrauch; die beiden Märkermeister aber, der Keller %u Hom-
burg, der Schreier zu Stedten und die 4 Markförster oder knecht
sollten ziemliche Zehrung aus der Mark haben. Nachdem der Aus-
schuss noch aller Anwesenden Gutdünken explorirt, hat er durch
Wendel Ilmstedten weiter noch antworten lassen: Zu beziehung
der Mark wären hiebevor aus jedem Flecken 2 Personen zugeschickt
worden, die seien von jedem Flecken insonderhat verköstigt worden;
nach Vollendung des Umzugs . hätten die Märkermeister allen „Ar-
beitsleuten^, wann ein Vorrath an Bussen vorhanden gewesen, eine
Verehrung zum Trunk aus dem gemeinen Seckel gegeben, es solle
nachmals auch so gehalten werden. Die hessiscken Gesandten aber
beharrten darai)f dass der Umzug auf gemeiner Märker kosten solle
vorgehen, dann wollten sie die Bl^the sich dazu gebrauchen lassen
^nicht allein gegen den anstößenden und angrenzenden Nachbauren^
sondern auch g^en dem Inmärker so der Mark zu sohadiBn gevai-
det^; sonsten aber deswegen nicht ein Esel, katz oder ein ander
gering Thier satteln lassen. Die Märker wollen nun ,^restheik dem
Umgang der Mark auf folgenden Tag voi^hen lassen, da die aa-
stossenden Naiohbauren hierzu alle oitirt seien. Aber die hessischen
Gesandten gestunden den Märkem den Umzug ,,vor sich^' nit zu.
Der Märkermeister Hattstein suchte zu vermitteln: dieweil fbr diesmal
Vorrath in der Markkasse sei, solle ausnahmsweise der Umzug da-
raus bestritten werden. Dieses hat aber von gemeinem Märker nicht
eingewilligt wollen werden, sondern sind stracks auf ihrer erst ge^
thanen Eröffnung beharrt Der Umzng wurde vorerst eingestellet und
abgekündigt. Er fand erst im September statt Eine sorgfältige Be-
schreibung desselben ist uns in dem Fase. Mglb. E. 29. IH S. 128
~ 36t —
auB dem Jahre 1566 ^/r. Sept. aufbewahrt Alle Stein und die
Yornehmste Lochbaum sind daselbst beschrieben ^^
*3 Der Umgang begann von dem ersten Stein bei den Loßheeken, Stein-
b&cher Termine! inwendig dem SölmischenWald, zog Über den Königstein'scben
Pfad der Cronebnrger Mark hinanf nach der Förster Knh Rage (Ruhe), ob^r
der fester Wiesea nach der Weydeastmt nnd den Httnemborg Wiesen. Von
der HQpfteben Wiesen bis auf das Httnerbritcb vurden 80 Locbb&mne gezählt.
Von da der Hohl hinauf die beide Marken (die Hohe und die Cronberger)
scheidet, nach den Haderheckes bis „nff das alt künn'* *), den holen Weg hin-
anf an den Masebörnerbergs bis an die Schief ersteinkanten, hinter dem lützel
Vehberg hinaus, hinter dem grossen Yeltberg hinab nseh dem Sohärterwald,
welcher in die Mark gehöret, und fiber den Polgral>en. Von dort ging der
Zng auf der Heiden hinaus über die Strassen so von Reiffenberg auf Homburg
gehet nach dem Börnchen, der Pfingstbrünnen genannt; weiter nach den
Sieinen von Yeltmerbansen „obendig dem Weg nacher Hattstein", vom Diele-
berg obendig den AnüShayaer Wiesen asd derKredenbaoh, nach den Seoffen« dner
Wiesen Gort VQn Hattsteia saatepdigi und aus der Mark gexodt worden; weiter
nach einem Stein neben der Kredenbach an der Schiefersteinkanten „unter einem
Holzapfelbaum, so ein Lochbaum ist." Es folgen die Loehbäome am grossen
Bettstein „der Loohbaum an dem Weg der ans der Kuetrenken gehet, ist ab-
gehsfoen, den Forster zu fragen, wer es gethan-^ Wdter an der Kremmelges-
wiesen stehet ein Buclienloohbaum „daran Hornberger und Urseler Wapen*';
dann folgen die Steine am „heyligen Waldt^S ein Stein bei dem brunn obendig
dem heimig Seufifen nach dem Weissen Berg zu, welcher auch in die Mark ge-
höret; zwischen dem Wald und Feld hinauf am Faulberg*, den Weissenberg
hinauf, „auif ein Holzapfelbanm welcher gelocht ist^S zwischen den Anßb&cher
Hecken «ad den Weinpfölen aber, die Alt-Ridie hinflber, bei der Klingenruhe
nnd dem Klingenborn,^ dem Ansbächer Gebiok und dem Polg^aben hin, bis auf
die Seulberger Mark nnd den Fahrborn. In dem Graben herunter darinnen
^tzliche Stein bis ufT die Kirdorffer Heidt, ufT den Lochbaum daselbst an der
Ecken des Walds; die Landtwehr herunter dnrch die WeingSrteu bis auf das
KirtorfElar H^lein Lasarins genannt, es folgen 3 Steine in der Landwelir, dana
an der Landwehr hinaus stehen 6 Steine „bis uff die Strassen", weiter ein Stein
an den Wiesen in der Landwehr, und gehet die Landwehr zwischen dem Hom-
burger Feld und dem Reyßberg auf Steden zu. Es ging der Zug yoi' dem
Brendelsbuseh hfer, den Thröner Pfad herum, obendig dem HeuchelheimerFeid
hiU) über die Wiesen» d^ Graben hinaus nach dem alten Hof da der Steder
Dreieckbrunnen steht. Fortan „gehet die landtwehr durch das Steder Veit bis
an die Walt-Eck", weiter ein Stein auf dem Weg so von Steden auf Ursel
geht ; ein Stein an der Ecken zwischen der Wiesen Ochsenstein gen. und der
Weidt; dann folgen die, Steine in der Lußhecken; den Hftuserfort hinaus unter
der Schreierwiesen hin und fortan zwischen dem Hänserhain und dem Wald
den Weg an der Landwehr hinaus, bis an die Strassen „da vor zeiten ein schlag
gestanden, der Heuserschlag genant'^; Furters an das Eck „zu Endt der
Landwehr da vor Zeiten ein Muhl gestanden , der . Lußmuhlen genant^' ; den
*) Es ist hier der Abbug des Altkonigs in yerstehen, niebt der Qipfel ; die OrKnse sog auf
dm PSaalerwegi
— 368 —
Nach dem NotariatsprotocoU über den ün^^ang ^/n Aug. 1609
ist dieser Umgang ebenso eingeleitet worden wie ein Märkerding.
Es hat zwischen 7 und 8 Uhr bei Ursel auf der Au, da man pfl^t
das Märkerding zu halten , der hessische Batii J. Ph. Eüieinschmidt
den Tag zu dem Märkerding anfönglich eröffnet und angezeigt: es
seien Neuerungen und Eingriffe geschehen, die Eirdorfer Ausmärker
gemacht ; es hätte sein gu. Herr diesen Tag ausschreiben lassen,
wollten auch hierauf die Homburger Mark umgehen, und in Steinen
und Hainen umziehen lassen ; er wollt hiermit den Tag auf seines
gn. Herrn Befehl eröffnet haben. Darauf haben die Mainzischen
Abgesandten protestirt, der Eirdorfer Ausschliessung wftre nit mit
Billigung sämmüicher Märker geschehen, sie widersprechen auch
der Bezeichnung „Homburger Mark'. Dagegen bemerkte der Keller:
man sei desshalb nit hie, dass man viel disputiren wolle, ob es
Homburger oder Hohe Mark genant würde; man habe hier nit mit
den partibus und dem toto zu tihun, sondern die Eirdorffer wären
per majora vota ordentlich ausgeschlossen. Die Mainzischen und
Eönigsteinschen zogen , darauf ab und hinweg, den Unter-
thanen war geboten worden sich des Umzugs zu enthalten.
Der Umzug wurde begonnen ohne die Mainzischen und die
Reiffenbergischen welche mit abgezogen waren. Ist man von der
Aue hinweg den Cronbeiger Weg hinab auf die Loshecken zuge-
zogen zu dem ersten Stein auf dem Triesch. Als daselbst etliche
Cronbergische Beamte und Unterthanen sieh gefunden, hat man
abermals durch den Waldschreier auf Seiten der hohen Märker
Umfrag halten, und die Schultheissen ru£^ lassen; es sind mehren^
theils alle andern Schultheissen, die Mainaisefaein, Hedemheim und
Beiffenburgischen allein ausgenommen erschienen und da gewesen.
Es wurde nachgefragt wer diesen Umgang mehr mitgemacht, viele
waren im Jahr 1586 mitgezogen, nur einer vor 90 Jahren, andere
vor 5 Jahren.
Es werden dann die Gronberger aufgezählt welche zu den
Hohen Märker sliessen, aus Nerings, aus Obemhexstatt etc. Eine
Berg hinauf bis an den Zwergweg auf der Sandkauten ; hinüber an die Eck
am Forst, über den Urseler Knetrieb, nach einem Siein zwischen dem üden-
born und dem Hanpfad, nach dem Königsteiner Pfad und der Atzelhell „gehet
furters die grenz immer an den Wingarten hinab", ein Stein am Johannsberg,
ein grosser Stein an dem Beckerpfad, weiter von dannen ein Stein in der
Wiesen die Reßbach genant, iteqi ein Stein unten an der (^eyerswiesen , der
letzte Stein am Raddervelt obendig der Cronburgerstraßen „zeigt auf 'den
ersten Stein uff der Loßheckeu m im Anfaogk beschrieben".
— 963 -
Ermahnung wurde an alle gerichtet fK> mitgingen „ako die Mark
^u umbziehen; wie es von Alters herkommen; und es ein Jeder vor
dem Bichterstnhl Gottes verantworten könne^^ So sogen sie von
dannen am Solmsischen Wald hinauf , nach der Forsterwiesen^ an
der „Hünerburgk^* hin, die Hohle hinauf bis an die Haderhecken,
so zu der Cronburger Mark gehörig, als den hohlen Weg hinauf
^neben dem Altkin hin'^ nach dem Mosebomer Berg, die Strasse
hinaus „nacher kühl hermansbrunnen^ . . bis an den lützeUeldberg,
dann den Scharterwald, so in die Hohe Mark gehörig , hinab nach
dem Pfingstbrunnen. Beim 22^®*^ Stein welcher vom Dielenbei^ zur
linken Hand hinüber nach dem grossen Bettstein zeiget, haben die '
Hattsteinische und Beiffenbergische diener mit eüichen ihrer Herrn
und Junkherm Unterthanen und Bauern, rechter Hand hinauf ziehen
wollen, und trotz des Widerspruchs der Märker vollführet DiesUmmt-
lichen Märker sind aber hinabwärts auf die linke Hand stracks über
ein Bächlein dem grossen Bettstein zugezogen; von einem abgebrann-
ten stumpf, so ein gelochter Apfelbäum gewesen, den Sehieferberg
hinauf, nach Grimmelgens wiese, wo sie an einem Lochbaum der
Homburger und Urseller Wappen gehauen fanden. Da es spät geworden
sind sie von hier „nach Schmitten in's Nachtlager gereist^. Dienstag
den 22. August ist man mit hellen Haufen in früher Tagezeit wieder
angessogen; die ReifFenberger hatten über Nacht die zwei Wappen
aus dem Buchbaum ausgehauen. Dagegen protestirten die homburger
Bäthe, solches gereiche den sämmtUchen gemeinen Mäxkem zum*
merklichen Schaden, ihrem gn. Herrn aber, als obersten Waldbotten
zu sonderbarem Despect Es haben die Beiffenberger ihr Unwesen
behaupten wollen, besagter Lochbaum stehe auf ihrer Herrn und
Junkherrn Orund und Boden; dies wurde von den Märkem wider-
sprochen. Trotzdem hat weiterhin Carl Ffitzner von Dresden, als
Beiffenburgischer Keller den Bauern, «o er bei sich gehabt, befoh-
len, dass sie einen zweiten Lochbaum umhauen sollten ^auch darüber
Herrn Gebott angelegt". Als die Unterthanen Hand und Axt geho-
ben den Lochbaum zu fällen ,haben des Ober Waldbott Befelhaber
und Bäthe den Beiffenbergischen und Hattsteinischen solchen Frevel
underw^en zu lassen gebotten", aber es haben derselbig ein oder
etliche, ein Weg als den andern ungestüm in den Baum zu hauen
fortgefahren; dessbalb Carl Ffitzner sammt zweien Bauern ^welche
in öffentlicher, frischer That in umbhawen betretten, zur Hafft ge-
nommen und auf gethane Handtastung mit nacher Homburg gefäng-
lichen geführet worden'^ Nach solchem als sich die übrigen Beiffen-
burgischen und Hatsteinische abermals abgesondert und zum Theil
— 364 —
ausgerissen und die Flucht genommen ^ ist man weiter gezogoi nach
dem heiligen Feld^ um deü kleinen Bettstein ui^l den weißen Bei]g,
von dem Wejhengrund. nach den Weinpftlen, der Klingenruhe und
dem j^Pfulgraben^ aiif eineA „Faulbieren oder Stinkbaum Lochbaom^.
Bißi dem Thröner schlag begann die Seulburg Erlenbacher Mark^
und am Fahrbom wurden wieder sämmtliche Märker vermahnet und
erinnert ^^ weilen man mm bald an den Ort kommen ^ welchen die
Kirdorfier -strittig mächten , daß sie so gehen wollten, wie von Alters
herkommen, auch sie am jüngsten Tag bei ihrer Seelen Seligkeit
verantworten konnten^. Alda als man ein wenig gerastet, hat Paul
Anthonius, der eine Märkermeisteri um Urlaub und Erlassuhg des
Märkermeister Amtes gebeten, ^weilen ihm solchem vorzusein bei Ihr
churfttrsti. 6n. sehr schwer und bedenklich fiele, wegen bewußter
entstandener Uneinigkeit'^ Dies wurde ihm aber nit erlassen, weil
es die gebührende Zeit nit were. Er würd' wissen, was er geschwo^
ren. Darauf ist man fortangezogen \,den hohlen Weg oder alte Straß,
neben dem Orth Waldts, die Strsße genandt, hinunter'' bis an das
Kirdorffcr Feld, wo die Kirdorfier neulich Zeit einen Graben auf-
geworfen, aber die Märker vor diesem wieder geschldfl hatten. Die
Märker haben einhellig bejaht, dass die eine Seit der Scheid am
Weg der Mark zugehörig, und sind also am zweiten und am dritten
Graben hinübeigezogen. So ist man auf die Kirdorffer Heid glom-
men, wo ein alter Stumpf eines lochbaumes unter .der Erden sich
noch gezeiget und merken lassen. Ist ein „Gemerk mit einer Bhur-
hawen gemacht worden, ein Markstein daselbst zu setzen". Aus Kir-*
dorf war Niemand erschienen, so „ist man die Landg^ewehr den
Graben hinunter nach dem kleinen Eichwäldchen, welches die Mar-
kier Lazarius, die alten Markbücher aber Sylvam Lotharii nennen,
gezogen^. Daselbst hat Job. Philipps Kleinschmid, im Namen Ihr.
Fürstl. Gn. als obersten Waldbottens,, und der sämmtlichen Märkem'*
protestirt, dass dieses Wälddien von den Eirdorffem aus der Mark
gezogen werden wollte. So ging es wdter die'Landgewehr hinaus, an
Stedten vorüber nach dem Häuserfeld, über das Triesch nach der
Sandkauten. Da haben die landgräffischen angezeigt, dass anno 1599
zwischen Mainz und Hessen des Orts halber am Häusei^rund ein
Vertrag geschlossen worden, sie wollten diesen repetiren; dann zog
man nach Ursel zur Mahlzeit. Nach dieser wurde der Umzug weiter
westlich verfolgt nach der 'Atzelhohl, dem Johannisberg und der
Kesbach, auf die Steinbacher Weid, hinab bis an's Eck, welches der
Steinbacher Schultheiss widersprochen, Hans Durkopf aber und
Thinius vom Hain- vermelteten: sie wären vor 23 Jahren auch so
— $65 —
weit hinabgegangen wie jetzo nnd h&tie Jemand waa darwider ge-
redt So wurde von den M&rkem dahin geschlosBen, dass es hei den
zweien letaten Umgängen verbleiben solle; man a<^ auf den Stein
in der Losahecken eu/ woselbet die Märker nochmals feierlich ange-
redet und dann abgedankt worden sind
Bereits bei früherer Gelegenheit ist auf die Landwehr im Taunus
aufinerksam gemacht worden ^^ sie habe wahrscheinlich zum Schutze
des Feldes gedient. Wichtiger war vielleicht noch dass sie die ge-
theilie Feldmark abzüg^nzen bestimmt war von der uugetheilten
Waldmark. Im Jahre 1700 beschweren sich die Mftrker dass den
Waidensem ein Platz in der Hohen Hark eingeräumt worden, sie
bemerken, dass die Landwehr am Baissberg ^so jederzeit beide Ge-
markungen Homburg und Hohe Mark von einander separirt und als
Gränzstein abgeschieden, trotz Protestation eingeräumt und den
Feldern : eben und gleich gemacht, die. Markgrän^en perturbiret^^
Schon in älteren Zeiten als da« Boden mehr oder weniger gestattet
war, mag das Fruchtfeld über diese Märkgränzen hinüber ausgedehnt
worden sein. In spätren Zeiten ist es auf frevelhafte Weise noch
in grösserem Massstabe geschehen» Scho^ im Jahre 1710 zeigte sich
das bei dem Gronberger Umgang mit den Hohen Märkem. Das
Yerzeichniss der Tholnehmer an demselben ist. ein sehr reichhaltiges^.
Es gingen damals mit, zu Fuss und zu Pferd, von Cronberg; der
Amtmann, EeUer, Ober^Bchultheiss, S^dtschreiber, Stadtwachtmeister,
3 Gerichtsmännür und ein Mann des Badui, Bürgermeister, 3 Bürger,
Stadtdiener, Amtsbott, 2 Förster, 1 Jäger und 8 junge Leute; von
Eschborn derSchultheiss,*einQ-erichtsman, 1 Lanünan und 2 Knaben;
von Niederheckstadt der Schultheiss und 2 Gerichtsmänner, ebenso
war betheiligt Schwalbach , Oberheokstadt, Schönberg; Mammelshain
mit dem Schultheissen, 3 Gerichtsmännem Und einem Gemeindsmann;
Steinbach war in seinen Vertretern zurückgewiesen worden, weil sie
den Umgang um den strittigen Ort nicht mit vornehmen wollten;
von Bödelhdm waren erschienen 3 Mann, von Falkenstein (Nerings)
der Schultheiss und drei Mann* Dazu kamen noch die Hohen Märker;
das Ganze ein grosser Zug zu Pferd und zu Fiiss, Montag den
19. Mai war der Notar welcher berichtet, zwischen 7 und 8 Uhr nach
der Haide an der Loosheck geritten, wo der Anwalt der Hohen
Mark, die Schultheissen,- der Waldschreier init vielen Förstern zu
Pferd, sodann eine grosse 22ahi der Märker sich befsnd. Die Stein-
M^ Die Hohe Mark, im Arohiv für Ffts. Qeseb. a. K. IL S. 827.
- 366 —
bttcher Untertiumen faieken sich parat, sie gehörten an beiden Mar-
ken, waren mit den Cronbergem in Streit wegen eingerodetem
Felde. Die Hohen Märker blieben vorerst an dem St«n in der Los-
hecken an dem Stierstttdter Feld; die Cronberger gingen zwischen
den Feldern bis auf den Etthtrieb, forderten die Stembacher auf
,^nGang mit ihnen znrttckznthnn^, mit dem Znaatz: ^faÜB sie Stein-*
bäoher, ab Mitmärker, diesen ssar Mark gdiörigen Diatrict nicht mit
begehen würden, man von seiten der Cronberger Mitmärker sie zur
weiteren Fortbegehimg der Mark nicht admjttiren würde^^ Die Stein-
bächer weigerten sich den Gang mitzuthnn ,,8ie seien auch bereits
in Abzug begriffen^^, so wurde der Gang vom Viehtrieb zur Lob-
hecke ohne sie zurQckgenommen; dann die Hohen Märker zu wei-
terem, nunmehr gemeinschaftlichen Begängnisse eingeladen« Auch
jettst wieder gab es Streit Der Anwalt mit den Hohen Märkem
wollte auf einen unten an der Haide vormals gestandenen Stein und
Baum zu, verwies auf eine zu sehende Kaute imd auf ein Stein-
buch. Der Oronbergische Amtmann aber wandte ein, das Steinbucfa
»ei privata scriptura, sei nicht von den angrenzenden Steinsetzern
mit aufgerichtet worden. Er bestritt den Gang, wie die Hohen
Märker ihn vornehmen wolltet, mdnte aber man solle sich wegen
dieser wenigen Morgen nicht aufhalten, werde der Beweis, dass sie
in die Hohe Mark gehörten, erbracht, wollten sie sich nicht weigern.
Dies wurde von dem Notar der Hohmärker notirt, und der von den
Cronbergem ^equirirte Notar wurde gleichfalls ermahnt die Repro-
testation und das Erbieten dem Instrumente einzuverleiben. Der
Umgang wurde auf das Solms'scbe zu fortgesetzt Dort baten die
Oberheckstätter ^daß dieses Begängnis an ihrer Feldterminey nicht
präjudicirlich sein möge^^ Es vrurde erwidert: diese Erinnerung sei
unnöthig, es sei brauen vorigen, uralten Umgängen kdne Erinner-
ung geschehen. Weiterhin wurde bemerkt dass die Steinbächer sich
wieder beigeschlichen und den Umgang mitmachten; man hielt an,
wies sie nochmals ab, und liess 10 Märker bei vi^ Steinbächer zu-
rück, welche sidi nicht abweisen lassen wollten, bis diese entweder
von selbst abgehen oder der Umgang geschehen sein würde. ^Ob
nun wol der ein und andere Steinbächer sich sehr grob in Worten
verliefe, thete man ihnen gleichwol andersten nichts als gemeldtes
Verwehren^. Inzwischen bewegte sich der Zug weiter über den Kö-
nigsteinerweg, über den alten Graben, durch die Hopfenrebwiese,
den alten Weg und die Hohl hinauf nach der Haderheck, wo „der
anno 1699 in Disput gezogene Ort, an welchem die Cronberger und
die Hohe märker von einander gangen sein^S Der Anwalt verlas
— IC7 -
WOB altMi üiiig«ig«pr»toeollen die betreffintde St^e, emiclite die
Gronberger sie möchten, wenn sie auch emen Umgang de anno 1&86
hätten „von an&ng an was drauß lesen, ssn sehen ob die Protocoll
einander glichen'^. Da nun die eisten 2 pagina einander von Wort
SU Wort gleichlautend waren, insistirte er, Herr Keller, man möchte
sich doch gefallen lassen den passnm dieses in dispnt gesogenen Orts
an lesen. Ea faad.sich das» der Hombntf^er Anwalt „entweder obn-
gel&hr oder mit Fleiss oniges übersdien oder ausgelassen, was et
gana beschämt gestehen musste", (nämHch: die Haderheck „so zur
Cronberger Mark gehörig"). Der Hombnrger Anwalt und die Mfirker-
meister suchten nun vergeblich nadiStdnen,wussten sich mit nichts
,ials mit etweloher Schamhafti^eit^^ au entschuldigen, und erboten
sich den streitigen Distrikt, etwa 10 Morgen lichtes Gesträuch, zu
theQen; auf welches die Qnmbei^er nicht eingingen. Sie richteten
ihren Gang gerade die Hohl hinauf nach der Beschreibung der
Hohen Märker eignen Umgangs. Diese ab^ gingen doch den Weg
linker Hand, trafen erst zu End der Haderheck wieder auf die Cron-
berger. Von dort aus ging ^er Umzug gemeinschaftlich weiter, die
, Lochbäume wurden frisch gelocht, die alten Zeichen gefrischt. Diese
Zeichen scheinen manichfaltig gewesen zu sein ; ausser den Wappen
finden sich bei diesem weiteren Umgange der Cronberger ein Baum
mit einem klemen lateinischen c, sodann mitten dnen Holzhieb, oben
diesem ein Zeich^ii '^; es entstand hier Zweifel ob dies ein
Locbbamn sei Wie das Becht der Mark bereits in Ver-
gessenheit kam, 90 auch die alten Zeichen. Weiterhin fand mau
einen Baum, in welchen ein. Zapfen eingeschlagen war „vermuth-
lieh von einem Hirten seinen Brodsack oder Ranzen daran zu
hängen^^ Der alte Schultheiss von „Nörings oder Falckenstern' Joh.
Ad. Pfaff, hat aber bei seinem Gewissen behauptet, dass anno 1668
dahin gangen und „der lochbaum^ denen Königsteinern gezeigt
worden sei. Allein die Cronenberger halten ihr Becht g^en die König-
steiner aufrecht; sie führen den Vergleich von 1552 an.
Unter den Lochbäumen hatten verschiedene eine besondere Be-
nennung, beim gedachten Cronberger Umgang finden sich erwähnt:
der Cronenbaum, die Schuhsohl, dann die verfallne Krämerbuch bei
dem Königsteiner ZoUstock. (s. Gefach E* 29 die betreffenden
Umgänge.)
Indem wir die Bedeutung des Märjcerdings verfolg^ten, sind wir
bei Gelegenheit der Umgänge in spätere Jahrhunderte geführt wor-
den; wir kehren zu den älteren Zeiten zurück, weiter nachzusehen
wie auf den Märkertagen das Verkältniss zu den Ausmärkern fest-
— 3«« —
gestelh und über die Berechtigimg aar Mark erkaniit wurde. Auf
dem Märkerding, Dienstag St. Bartholomeiuitag 1568, haben die
Waldachmid von der Sorg und Hnn^tstaU^ wie ihnen auferlegt war,
eine Abschrift ihres Instruments gebracht^ unter zweien Siegehi der
Befehlshaber zu Alten Wylnau; darin ist die Marka^prftnznng gegen
die Anspacher Mark verzeichnet. Sie beginnt mit den Worten : n^^>^
von Langen Anspach weisen'^ ; es wird dann die Gr&nze; von Philq»
MüUn hinter dem Throne anfallend besdbrieben: den Pfalgraben
aussen, hinder dem grauen Forste ftlrtan den Pfalgraben aussen bis
an den Byffenberger Buchwalt ... in die Wynpfull;*.. in die kleyn
Weilnauer Bach, ufF den Zitterling^.. bis uS den pastrot^ do stdit
eyn nickel etc.». Nach Verlesung dieser Inttruments-Abschrift ist
ihnen gesagt ^ die Märker seien mit solcher Be Weisung zufrieden^
wollen hinüber kommen mit ihnen abstoinen. (Mglb. E. 29, lEL)
Die Cronberger mussten alle Jahr auf dem Mttrkerding wegen
der Tränkung ihres Viehs (wahrschmnlich aus dem Dreibom) an-
suchen ; gleichergestalt haben „die Höriger under Falckenstein sess-
hafdg^ der Trenk wegen „bei dem Märker" ansucheii müssen. (Mglb.
E. 29; V. s. Ordn. vom 21 Mai 1604) Der Jungfern vom Thron
wegen wurde auf dem Märkerding 1649 ausgesprochen : die Mftrker
wollten nit leiden dass dieselben mit ihrem Vieh in di6 Mark tlrei-
boD; dass den Ausmärkern einige Gerechtigkeit in der Mark ge-
stattet werde.
Bei dem Märkerding der Seulbetg Erlenbacher etc. Mark auf
Sontag Lätare 1498 hat man fUrgeben wie dass* zwei Bürger von
Friedberg haben Wellen in der Mark geholet uAd seien darin er-
wischt worden zu Köppern^ auch haben die von Radeheim einen
Placken in der Mark abgehauen über das man sich des rechtlichen
auf Sr. Gn. den Herrn von Hanau erboten^ auch Erwin Dogel^ Mär-
kermeister solches H. y. Hanau gesagt] ihm aber sei nit erwünscht
Antwort entstanden; darum^ so erklärt der Märkermeister^ wo man
nit darzu thun wolle^ lass er auch gescheeU; gedenk der hinAlro nit
mehr Märkermeister zu sein. XJnd also sind die von Friedberg er-
schienen, haben gesagt, ein Mann von Eöppem, so zugegen, hab
iünen die Wellen verkauft und gesagt, die Wellen gehören ihm zu.
Aber der Märker hat sich daran nit gekehrt, sie seien betreten wor-
den und sollen sehen wem sie abkaufen, sie gedächten der ihren,
der das gethan hätt, auch ungestraft nit zu lassen^, hab derselb
» Weil er Holz aas der Mark verkauft.
— 369 -
mibilli'oh yerkaufl^ möchten sie sich an demselben auch erholen;
darom wollten sie sich in Qnad geben ond taidingen, i¥^ll man ihnen
diesmal Onad beweisen. Also haben sie sich ^in die taiding geben^.
Der ander Gebrechen halben der von Badeheim solle der Märker-
meister an den gn. H. y. Hanau bringen, die Mark zu verhören und
die M&rker die Herrlichkeit weisen zu lassen. Das sei in lange Zeit
mt geschehen bei einem vollen Märkerding, dazu verboten damit es
im Qedächtniss halte. Alsdann solle ein einhellig Instrument ge-
macht werden zu ewigem Oedächtniss ^.
Im Jahre 1595 wurde von dem Märkermeister und 13 Ge-
schwomen der gem. Bodheymer und Köpfiener Marcke klagweise an-
gebracht, wie dass etliche Märker zu Köpffem nun eine. ziemliche
Zeit sich des Nachts mit Brennholz zur Ausfuhr auf Ober-WöUstadt
und Friedbei^ versehe und wenn sie dann von den ihrigen ange-
schrieen und zur Bede gesetzt worden, alsdann fUrwenden, dass sie
solch Holz in Seulberger und Erlenbacher etc. Marke gehauen, also
solcher gestalt ihren Betrug und Diebstahl bemänteln und sich von
der Strafe erledigen* Damit nun gleichwol IrinfQro das Uebel an's
licht gestellt und gestraft werde, so hat man sich mit ihnen ver-
einiget, wenn femer ein Märker er sei gleich von Köpffem oder
Holzhausen mit Holz zur Ausfuhr von ihnen in ihrer Mark ereilet
oder betreten werde, welcher ftbrgebe dass er das Holz in Seulberger
oder Erlenbacher etc. Marke gehauen, dass sie solchen durch ihre
Förster den unsrigen Mäikermeistem nahmhaftig machen sollen, mit
dem .Gegenanerbieten dass es andererseits gleichei^estalt gehalten
werden solle.
Die Nidda war die alte Gränze der Gesammtmark, die nord-
wärts wohnenden waren darin betheiligt, dazu berechtigt Es war
aber diese Abgränzung nicht streng durchgeführt worden ; der Abts-
hof und die Mühle bei Eschersheim hatten Begünstigung erfahren,
und auch wegen VHbel, das auf beiden Seiten der Nied gelegen,
will sich der lantman auf dem Märkerding von 1401 beraihen. Weit
wichtiger als diese Frage ist ftir das Becht der Hohen Mark der
Streit welcher über die Berechtigung der Mühle zu Bonames im An-
fange des 16. Jahrhunderts geflihrt wurde.
^ AuffallenderweiBe ist auch hier des Instruments und MSrkerdings von
1493 nicht gedacht.
24
- 870 —
Der Kessler zu Bonames. — Wie die Beifftnberger und
Hatsteiner auf den Märkertagen als Edelleute erschienen und «ugleich
als Herrschaften; so war es ähnlich bei der Stadt Frankfurt. Auch
diese hatte einestheils die Herrschaft über verschiedene Ortschaften
welche zur Hohen und zur Seulbui^ri Erlenbacher etc. Marie ge-
hörten; dann aber war sie auch markberechtigt ihrer Besitzui^en in
Bonames und in Nieder-Erlenbach wegen; für diese trat rie auf den
Märkerdingen zugleich als Märker auf Sie wurde ebenso wenig wie
die Edelleute namentlich aufgerufen; stimmte mit diesen. So heisst
es bei dem Märkerding auf Eatharinentag 1401 „Henne Clemme von
Hoenberg und Hejnrich von Beldersheym sin hude zu tage von den
Edelluten; den burgermeistem von Frankfurt und von dem lantman
zu merkermeister gekoren*.
Der Rath lässt als Markberechtigter Pfähl hauen; er wird aber
auch gerügt als Märker. Es berichtet der Oeschickte des Baths nach
dem Märkerding von 1518: sind die Bugezettel verlesen und meine
Herrn von Frankftirt darin auch rugbar angezogen worden der Mei-
nung; dasB sie 8 Wagen mit Holz in der alten Hege und zween
Wagen in der neuen Hege gehauen haben. Mglb. E. 29. IP», 98. —
Es folgt darauf die Bechtfertigung des BathS; dass er die Ffthl fbr
das SchlosS; die Brück und das Wehr zu Bonamesa habe hauen
lassen'^'.
Wenige Jahre nachher; 1531; entstand eine andere Irrung zwi-
schen dem Bath und den Märkem über das Zcrftthren von Kohlen
aus der Hohen Mark an den Kessler oder Kupferschmid in Bonames.
Es iSnden sich in den betreffenden Verhandlungen manche Aufschlüsse
über den Umfang der Hohen Mark; über die Machtstellung der
Märkergedinge und über das richterliche Amt des Waldpotten in
Streitigkeiten unter den Märkern selbst. Es ist aber bei allem steta
im Auge zu behalten^ dass diese Verhandlungen in die Zeit einer
gewaltigen Aufreg^g fallen; es ist die heftige und ungebundene
SprachweisC; welche der Märker sich hier erlaubt; kaum zu irgend
einer andern Zeit wieder zu finden; es sei denn in den traurigen
Zeiten da: Auflösimg der Mark'^^
&^ Auch in Vilbel hatte der Bath dieBrfloke za anterhaiten and verlangte
das Holz dazu aus der Hohen Mark. 1524 beschwert er sich dass die Marker-
meister keine Pfähle zn Besserung dieser Brflcke verabfolgen lassen; diese
entschuldigen sich und der Amtman von Königstein schreibt, er werde ihn
weiters unbelästigt lassen. — Mglb. E. 29. II. 70.
58 Die weitläuftigen Aktenstücke hierüber s. Mglb. E. 29. 11^* S. 60 ff. E.
29. IL S. 56 ff.
— 371 —
Nachdem anf dem M&rkergedi&g 1621 den 22, Tag des Monats
Maj die M&rker die Wahl d^r Förster flir sich beansprucht, folgte
die Beschwerde des Raths dass dem Kessler zu Bonamesa „als Mit-
merkern'^ kohlen zu kaufen und zuführen zu lassen onbillig verbotten
worden. Der Keller zu Hoemberg sei solchs Verpott nit gestendis
gewest: er h&tte solehes Grebot nit angelegt. Darauf erwiderte einer
Ton Homburg; genannt Groshans: sdches werd sich wol herfinden,
wann man gen Hombergk auf den Tag bis nächst Mitwoch kotnmen
werde, solle alsdann desshalb auch gehandelt werden. Groshans und
einer genant Stynuß hab sich dabei öffentlich hören lassen : die Mühl
liege über der Nidda, So kaufe der Kessler kohlen und führe die
gen Frankenfurt; aber denen ist man solchs nit geständig gewest.
Auf dem Tag zu Homburg erschienen die Frankfurter Beamten, der
Sehultheiss «su Bonamesa und Johann Marsteller, Bathschreiber, mit
samt dem Bereiti». Weil aber der gemein lantman damals ausge-
blieben, sind die genanten alsbald nach dem Essen aufs Rathhaus
gegangen, sich gesezt und nach Gewohnheit handeln wollen. Es
wnrde aber bemerkt dieweil sie nit bei einander, könnte man mit
Antwort nit begegnen; £. E. Bath möge die Mengel auf einem
Märkerding anreg^i. Auf dem nächsten Märkerding, am 8. Jan. 152^
wurde aber nur von Beschädigung des Waldes gehandelt. Ej*st sftü
13. wurde dem Bath enigegengehalten : der Kessler zu Bonemesa
were ein knecht und kein Märker, item so läge die Mule in der
Nidda; in dem Instrument finde sich diese Mule nicht verzeichnet,
also solle man solche Neuerung nit geschehen lassen. Zugleich er-
griffen die Märker diese Gelegenheit sich über den Brückenzins zu
Bonemesa und Hausen zu beschweren. Der Bath beantragte die
Mule in Augenschein zu nehmen. Auf einem weiteren Märkergeding
Mitwoch nach Apollonia, 11. Febr. 1523, wurde ein Gebot des Wal-
potten, Landgrafen Philips zu Hessen mitgetheilt, nach welchem dem
Kupferschmitt zu Bonemesa kohlen für Geld zuzuführen erlaubt sein
solle; der Keller zu Homburg that dem gemäss das der kohlen halb
▼on den Märkem erlassne Verbot namens seines Herrn auf. Dagegen
ist der lantmann alsbald fast unwillig worden, und gesagt ^sie woll-
ten darin nit willigen, die Mark sei ihre; man könne das Ihre also
nit hinweggehen.'^ Die Märker haben Bedacht genommen und dem
Keller mitäieilen lassen ,)der Lanlanann hätt sich dess, wie beschehen,
zu dem Wal^potten nit versehen, sie wären ohnwissend von £. Erb.
Bathe der 8tadt Frankenfort beklagt, sie begehrten die Klagsohrift
um daranf zu antworten, sie könnten dem Bescheid nit geleben, nnd
wollten auch itzo verboten haben, dass Niemand dem Kessler sollt
24«
- 372 —
kohlen zufilhren^ welcher das aber darüber thit, den wollten sie
rügen. Dess mehr, so wäre das Verpott hiebevor durch den Keller
und lantman sammtlich angelegt; und würd' itzo ohn den hmtman
uffgebeu; das konnten sie nit gedulden/^ Darauf der Keller sagt:
,er wäre gehört, dabei wollt' er'a bleiben lassen, könnt' seines Herrn
Bescheid nit ändem^^ Doch stellte er die Schrift des Baths den ge-
mein Märkem za, forderte sie auf zu antworten, sein gnäd. Herr
würde ihnen nit unrecht thun. £r wollt' allen denen die dem Kessler
Kohlen zuführten für allen Schaden sprechen, wollt' leiden dass man
sie rüget, aber das pfenden nit, das habe allein sein gn. Herr zu
thun, und sie nit. Er gestund ihnen auch keines gebots oder Ver-
bots in der Mark, auch das habe nur sein gn.Herr zu thun. Sa blieb
es diesmals dabei.
Auf dem weiteren gebotenen Mfirkergeding auf Petri und Pauli
1523 erschien Assmus Widdersheim Keller zu Homburg, dann Har
mann von Holzhausen, Conrad Weiss und Johann Marsteller Rath-
Schreiber namens des Baths, weiter verschiedne Abgeordnete der
Herrschaften und des lantmans eine gute Meng. Der Keller zeigt
an dass die Irrungen der Kohlen halber zwischen dnem Erb. Bath
d^r Stadt Frankfurt eines, und dem lantman anderntheils sich er-
bf^lten, desshalb sein gn. Herr von Erb. Bath durch eine Supplioa-
tion angegangen, darin „etliche recht gebott^^ voi^eschlagen worden,
desshalb er damals alle angelegte gebott und verbott abgethan und
widerrufen. Dieweil etliche Märker wären, die seines gn. Herrn ge-
bott verbieten thäten, und was sein gn. Helr als oberster Waldpott
aufgethan, sie dies gemeinlich zugethan, das gleiche seinem Herrn
zu nicht geringem ohnleidlichen Abbruch. Darum hätte er von sei-
nem gn. Herrn den Befehl vom lantman einen Abtrag (Widerruf)
zu fordern, den begehre er jetzo von ihnen. Wollten sie ihn nicht
bewilligen so hab' er einen andern Befehl ihnen ftürzuhalten, der
ihnen wenig gefallen würde. Darauf hat der lantman einen Bedacht
genommen und durch Hans Urber, den Schnltheissen zu Oberursel,
reden und fttrtragen lassen : Das Verbot der Kohlen sei mit Willen
des Kellers von Homburg geschehen, so aber der Bath von Frankfurt
dem landgrafen geklagt, und sie, die Märker, noch nit gehöret wor-
den, wäre von Nöthen dass man auch sie Hess zur Verantwortung
kommen. Sie wollten auch eine Schrift an Se. Gnaden machen las-
sen und darin alle ihre Mängel und Gebrechen anzeigen. Es wäre
bekannt, dass die Schmitt zu Bonames nit über 10 odw 11 Jahren
gestanden, darum gestünde man ihr kein Markrecht. Darauf be-
merkte der Keller: Er wäre gehört^ er ^ wäre nit zugegen mit ihnen
— 373 -
zu „taglajBBen'' sein gn. Herr werde wol Leut haben, die geschickter
wären denn er; verlangt nochmals, wie vorbegehrt, den Abtrag. Der
Lantman aber erwiderte, sie wollten kein gebot haben, und ,^hatt
ein unfreundlich Gemurmell gehabt, also dass der Keller sich ent-
setzt und eyn andern Weg fürgenomen^' sich bedacht und gesagt^
er dürfte dem lantman rathen, dass sie ihr Gebot liessen absein, und
seines gn. Herrn Gebot liessen fürgehen, bislang die Sach geordnet
oder die Mule besichtigt würde, damit Niemand unrecht geschehe.
Aber der Lantman sich nit bewegen lassen, sondern beharrte auf
dem Fllmehmen, wie er die Verantwortung und Bericht in Schriften
wollte verfassen lassen ''. Also nach vielen Reden und Widerreden
sagte der Keller: er gebiete allen Kölern und Märkem dass sie der
Kupferschmid Kolen sollten zufliren bislang die Sach geordnet werde.
£r wollt auch einem Jeden vor allen Schaden versprechen. Darwider
soll auch Niemand reden. Da waren etliche Märker die das wider-
sprachen, und sagten sie wollten das widersprechen. .Also sagt der
Keller zuletzt: er wollt die Sach diesmals bei seinem Verbot und
Gebot bewenden lassen, sein gn. Herr würd' sich gegen Inen wol
zu halten wissen; nahm Herrn Haman und Conrad Weissen zur Seite,
sagte ihnen: dass er seines gn. Herrn Gebot nit angelegt wäre
dies die Ursach, dann er besorgt wo er das geihan, es wären dem
Lantman Pferd, Kühe imd anderes genomen worden ; dadurch andere
von der Ritterschaft als Grafen Herren und Edelleut zur Sach und
ohn Willen kommen wären, dass dann vielleicht mehr zu ohnnutz
dann zu gutem komen möcht. Darnmb hätt'' er das unterlassen.
Darauf Eberhart Schenck zum Keller gesagt : Ein Edl. Rath sei nit
gemeint Unwillen zwischen dem lantman aufzurichten, sagt also dem
Keller Dank. Dieser verspricht er wollt selber in die Höhe reiten,
und allen Kölern von wegen seinem gn. Herrn gebieten derKupfer-
schmitten Kolen zuzuführen. Dabei blieb es. Doch hatten etliche
vom lantman gesagt, so dass es der Marsteller, und auch des Amt-
maus Kjiecht, der schmit zuBonemesa gehört: sie wollten dieKoeler
alle erschlagen wenn sie Kolen nach Bonemesa ft)hreten.
Am Tage Margarethae Virginia in anno 1523 ülierreichten die Mär-
ker eine Schrift an Herrn Phillipsen, Landgrafen zu Hessen, den Walt-
potten. Sie sagen darin : Es hab ein Erb. Rath zu Frankfurt in den
letzten 11 Jahren jenseit der Nidd und dem Flecken Bonemesa ausserhalb
S9 Weiterhin wehrte er sich wieder gegen das „in die Feder*' reden.
— 374 —
des Bezirks darin das Markrecht herbracht sei^ ein kupferschmitten
gebaut und ein Zeitlang ihre kolen zum theil aus der Mark doch ohn
der Märker gemein Erlaubniss oder wissen^ um ihr Geld bestellt und
sich des stillschweigend also zu brauchen unterstanden^ bislang solches
an sie^ die Märker^ auf gemeinem Märkertag gelangt sei. Die Mär-
ker hätten sich unterredt dieweil solch Schmitten jenseit der Nidde
gelegen und zufbren der kolen ein Neuerung were^ darauf nach ge-
meiner Mark Herkommen entschlossen^ man sollt es von Sr. F. Gn.
als obersten Waltpotten wegen yerbieten. Welchea s. F. Gn. Keller
zu Homburg „wie sich auf beschluss des Merckers gebUrt, auch ge-
than". Dabei sei es ein Zeitlang also blieben^ dasswiewol derBath
zu Frankfurt zu mehrmalen darwider habe klagen lassen, die Märker
doch und Sr. F. Gn. Keller mit ihnen auf gemeltem beschluss des
Verpots bestanden. Die von Frankfurt hätten dann die sach zu ihrem
glimpff aufgenitizet, imd Sr. F. Gn. derhalben bevelh geben, die be-
rührten Verbot abzuschaffen und es bei dem alten Herkommen bleiben
zu lassen. Dieses letztere, dass es bei dem alten Herkommen bldben
solle, haben sie gerne, gehört, und die Sach auf ihrem ersten Beschluss
bestehen lassen, ihres Vermuthens nit unbillig, nicht als ob sie den
befehl freventlich übergangen sollten han. Das Verbot sei ihren
Bechten und dem Instrument zuwider welches besage: was der ge-
meyn Mercker eyntrechtiglich besdiloss soll der oberst Waltpott
hanthaben. Die von Frankfurt möchten noch mehr Schmitten
bauen, und würd die Lenge der Mark nit genügend sein, ihnen zu
ihrem Wesen kolen zuzulassen. Am Spessart und andern grossen
Wäldern gebe es am Holz allenthalben ab, desgleichen in der Hohen
Mark gestatte die Notturft kein Neuerung. Sie verlangen von ihrem
gn. Herrn und Waltpott dass er sie schirme.
Es ist in dieser Schrift zu beachten, wie die Märker den feinen
Unterschied des Bömischen Bechts zwischen Besitz und Herkommen,
wol mit einem gewissen Hohn, übersehen und glauben machen wollen,
der Bath habe nur auf Letzteres sich berufen. Ebenso ist es be-
merkenswerth wie der Waldpott seinerseits im Folgenden die Stellung
eines Bömischen Prätor einzunehmen sucht und seinem Amtmanne
Aufträge gab, ähnlich wie derBömische judex sie erhielt. Der Land-
graf theilte die Antwort der Märker dem Bath in einem Schreiben
d. d. Sontag nach Jacobi ap. 1523 mit, es heisst darin: Unsem
günstigen Gruss zuvor. Wir haben den gem. Märkem befolen die
kupferschmitt in ihrem brauch zu lassen, wie das von Alter Her-
kommen wäre; nachdem aber sie weiter darüber gehandelt, einen
Abtrag von ihnen gefordert, darauf sie uns Antwort gegeben wie
— 375 —
hierin eu vemehinen« Wenn also die sach wliire wie die Merker an-
zeigen, wiewol wir auch zu willfahren geneigt wären, müssen wir es
dabei lassen; wo es ein ander Gestalt hat, möcht ihr uns Bericht
darauf geben, seint wir geneigt „soviel uns mit Icht fiigen will' der
Gepüre und gnädlich darin zu halten. £s beeilte sich hierauf der
Bath zu erwidern, wie seit Jahren der Mühle kohlen zugefiirt wor-
den, es sei mit Wissen und Erlaubniss der Märker geschehen; als der
Bath im Jahr 1521 auf dem M&rk^ding sich beschwert, etliche ver*
hinderten dass kohlen zugefürt würden, hab der Keller gesagt, er
wisse nichts von solchem Yerpot, er hab es nicht gedian. Der Bath
bemerkt weiter, die Mühle liege nicht jenseit der Nidda» es sei altes
HeriLonmien dass man jeden Märker bei seinen Beohten belasse. Das
Instrument gäbe dem lantman nicht das Becht Grewahsamkeit zu
üben, noch dem Waltpotten ungerechtes Fümehmen einem Dritten
zum Nachtheil zu handhaben. So der Landman in seiner eignen
Sadi reohtsprechen mdcbt und den Mitmärker seines Bechts entsetzen,
so möcht er heut einen und morgen den andern hinauswerfen, und
ihnen ihr Jlecht nach Gelieben nehmen. Darum sei die unterthenigste
bitt s. F. Gn. als oberster Waltpott und beachirmer solcher obbe-
stimmten Becht und G^echtigkeit wolle den Bath als Mitmärker bei
sdnen unleugbaren beseß und Bechten erbieten, handhaben und dem
Gebot Vollziehung thun.
D^r Waltpott war damals offenbar in grosser Verlegenheit; einer-
seits das Drängen des Frankfurter Baths auf sein gutes Becht, an^
derer Seits die drohende Bew^ung des lantmans; dazu kam seine
Betheiligung an der Fehde mit Sickingen. Am Sonntag nach dem
b. Dreikönigstage hatte er von Cassel aus dem Bath geschrieben, er
wolle seinem Amtman zu Eppstein und Keller zu Hombeig vor der
Höbe thun schreiben und befehlen mit Fleiss in die Dinge zuzu^
sehen, dass es wie vor Alters gehalten werde« iBin zweites Schreiben
datirt am Sonntag nach Corpus Christi 1523 aus dem Feldlager bei
Ebernburgk besagt : sobald er wieder innerhalb Landes gekommen
wäre, wolle er verschaffen dass das beschehen Verpot au%ethan, den
Schmitten kolen zugef&hrt werden« Es folgt nun ein drittes Schreiben
d. d. Cassel^ Freitag nach Assumpte Mariae 1523 an seinen Amtman
Helwigen von Lauerpach: Wir schicken dir hierbei Abschrift eines
Bmchts uns von den zu Frankfurt zi^gesehickt, belangend dieselbigen
von Frankfurt von wegen einer kupferschmitten, und die Märker in
unser Homburger Mark uf der Hohe, und dieweil die von Frankfurt
sich anmaassen dass sie solober Schmitten halber des Markrechts in
gemelter Homburger Mark in besess^ und desshalb offenbar sein soU,
— 376 —
auch darauf vorige unsere bescheid und heSM g^allen, und aber die
Märker solches dermassen nit gesiendig sein wollen; — ist unser
befehl dass du dich in solchem sommarie erkundigst und wo es notb
thut beide tlieile darzu forderst ^ dessbalb ihren Bericht und weiter
Beibringung zu hören, und wo du befindest dass die kupferschmitt
in Bonames in besess bt, oder je zum wenigsten dass sie in sechs,
acht oder zehn Jahren dem nftchsten, kohlen aus der Höhe gebraucht
hat; alsdann ,,yon Unsem wegen als obersten Herren und Waltpot-
ten gemelter Schmitt solche kolen flirther bis zu rechtlichem Austrag
der Sachen zu gebrauchen vergennest', auch dassdbige bei den
Merkern unverhindert geschehen zu lassen verschaffest, und denselben
Merkern ansagest: wo sie darin Beschwerung hätten, dieweil dann
solche Irrung zwischen ihnen und den von Frankfurt schwebt, der-
halben die Märker, als Partheien, unsers Fürsehen nit urtheilen
mochten, so wären wir geneigt ab der Oberherr und Waltpott gen
Homburg Tag zu setzen, die Oebrechen auch beider Tlieil bewei-
sung rigentlich hören, und darin was recht ist geschehen zu lassen,
und dass darauf ein Theil den andern bei recht und Gewalts erlassen,
daran geschieht unsere Meinung. — Der Amtmann soUte also zuför-
derst über die Besitzfrage Untersuchung einleiten, dann über das
Recht selbst. Er ordnete eine Tagfahrt nach Bonames, Dienstag nach
Mathai den 22. Sept 1523; es fanden sich daselbst ein von Seiten
des Baths Dr. Niclaus Bideker, Advocat, Haman von Holzfaausen,
Schöff, und Conrad Weiss, Bathsireund, samt Job. Marstell^ dem
Berater und etlichen Söldnern, weiter etliche vom gemajn landt-
mann; anstatt Ss. gn. Herrn zu handeln war der Ambtman vor der
Hohe Helwig von Lauerspadi zugegen „auf der Wiesen zwischen
d^n Müelgraben und der Nidda, nahend bei dem Weher, so dass
Wasser auff die gnant schmit zwingt^^ Daselbst baten die von Frank-
furt den Amtman des besess halben zu handeln, und dass der sdmiit-
ten bis zu rechtlichem Austrag kolen zugeführt würden zu verschaf-
fen. Sagt der Amtman solche Meinung steh noch bei ihm dem laut-
man fürzuhalteI^ Er besorge die Pauem würden solcfas nit thun ;
er wollt doch soviel möglich darin handeln. GUng also zum lantman
mit dem des Tags Eröffnung halben zu reden. Er verlangt dass ihm
diejenigen genant würden welche der kupferschmitt kolen aus der
Mark zugeführt, damit er sich der Sachen erkundigen mödit Dem
widersetzte sich der Schultheiss von Obemrsel und Grosshenne von
Homburg : der lantman könne jetzt keine Antwort darauf geben, er
bat um ein gemein Märkerding, dass aUe ,die Lehenherm und Jun-
kern so Markrecht betten, dahin kommen moditen, damit Inen und
— 377 —
•
der Mark nichts entflogen Würde^. Die von FrahkAirt erboten sich
die Namen scbriftKch dem Amtman zuenschicken; sie beriefen sich
dann w^en des Bechtes selbst^ auf den Augensdiein ,,da8s der
Graben so uff die kapferscbmitt Uef, ntt die Nidd hieß*. So gefragt
würde: wie heiaat das Wasser so anf die kupferschmitt lanft mllsst
gesagt werden: der Mülgraben so auf die Mole lanft^ and wieder so
gefragt würde wie heisset das Wasser „den 8tranmb der Nidd mey-
nend'^, müsst getagt werden : die Nidd« Ans dem kläriieh absran^men
dass die Mühle nit auswendig; sondern in der Mark gelegen wäre.
So wftre länger denn Menschengedenken eine Walkmühle an Statt
der Enpferschmitten gelten gewesen ^ die ak in der Mark gehalten^
und darwider* keine Einrede gethan worden. Schliesslich wurde vom
Amtmann ansgesprochen, dass ein jeder so vom lantman zugegen
gewesen seinen ^Naehpauren'^ diese Handlung entdecken soll; damit^
wenn sie zum nächsten Märkerding kcnnmen, ein Jeder wksen möge,
was er thun und lassen sollte* Und sagt f^mer^ er mödit wol leiden,
dass sie ^geschickt leuih dahin schicken , dann wenn sie Ochsen da-
bin verordneten; so zi^pennd (zäg^i) sie als die Buffell und kont
niemani mit Inen tfeherr komen; so stunden der eyns taik und
sagten von mehen oder sehemi; die andern hörten nichts zu^^ Solche
Spässchen hörte man gern, doch ist es dabei -geblieben ; dass ein
Märkergeding solt vericündet werden. Mitwoch nach Pfingsten 1584
erschien auf der An vor Oberorsell Jacob Widdersheyn; Schnltheiss
zu Homburg samt dem neuen Kdler daselbst 'ab Anwalt des Ober-
stcai Waltpotteu; Johann Brennel (Brendel) als Märkemmster; dann
Fridrich von Byffenberg; N. Kanipach; Eberhard Schenk; water
Conrad Wdss und Johann Marsteller. Als der lantaan die Wahlen
allzusehr in die Länge zog; verfügte sieh Herr Conrad Weiss mit
dem Batbsehreiber in den Kreis ; brachte die Irrung wegen der holen
vor; bat in Ansehung der billigen G^echtigkeit nochmals von ihrem
unbilligen Fömebmen abzustehen. Darauf sich der lantman bedacht
und nach guter Weile einen Kreis gemacht und in Betsein des An-
walts von Homberg der kolen halb geantwoftet: Sie gestehen der
kupfersdimitt kein Gerechtigkeit; denn sie lieg in der Niddc; so sag
das Instrument man soll darin kein kolen geben.
Frdtag nach Corpus Christi 1684 ist auf Ansudien des Baths
der durchlauchtig hochgebom Fürst und Herr; Herr Philipps Land-
grafen zu Hessen sammt seinem Canzler zuBonemesa auf den Augen-
schein; die Kupferschmitt belangend erschienen; die besichtiget; auch
den Fluss des rechten Straumbs der Nidd gesdian und E. Erb.
Badis Bericht empfiangen. Den Gesandten des Baths wurde -durch
— 378 —
den Cansler in Antwort begegnet: Auf das Widerabreiten Yom
Sohietsen %n Heidelberg sollt £. Erb. Batk ansuchen ^ wollt sein
Gn. ein Märkerding machen und ehrUohe Bäthe zur Handlung^ darin
die Partheien zu verhören , bei den Augenschein verordnen lassen.
Freitag nach Bonifaciw ist darauf Johann Marsteller bei s^
günst Herrn, dem Schrauttonbach zu Gronberg gewesen. Sobald
dieser abgesessen Und sich aussieben lassen, sei er im SoUoas oben
erschienen, habe um Tagsatzung angesucht. Schrauttenbach habe
beg^net, er woUe es seinem gn. Herrn anzeig<eu, habe ihn auf den
Abend wieder beschieden , dieweil die B&th noch hemidden im
Flecken gewest Also sei er um 3 Uhr wider hinauf gangen und
habe sich ansagen lassen. Bald darnach seien Schrauttenbach und
Helwig von Lauerback, Amtman zu Eppstein und Cronberg zu ihm
kommen, der gn.Herr }asse ihm sagen, wie er dem Amtman Helwig
Befehl gethan da» Instnunent der Mark zu ersichtigen und auch
sonst bei den Märkem in Erüurung zu bringen, ob der Tagsatzung
halber ein benante Zeit im Instrument, oder sonst der Mark Brauch
were; wo dann dem also, denselfaigen Weg zu halten, die B&the und
Gericbtschreiber zum Verhöre zu verordnen. J.- Marsteller bedankt
sijch dieser Antwort mit d^ Zuversicht £. Erb« Bath werde s. f. Gn.
freondlichenDienst allerzeit gemwillig gedenken, gedienen und onver«
gessen sein. Br berichtet dann weiter: „demnach hatSchrauttenbaoh
J. Hellwig von Lauerbacfa gleich bevolhen mich im SaaU bei dem
Essen zu bduslten. Darauff ich mich bedankt und aBgesagt daß
gijeh ufisitaen und den Weg geynh Frank&rt woll fbmemen. Da
hab ich doch zuvor mit dem Amtman üi den Keller gehn und eyn
Drunk nemien mflssen. Hab also bei dem Herrn Schrauttonbach und
Juncker Hellwig mein freundlichen Abschaid ehalten, der milr aber«-
mals zugesagt des Tags und der Benennung Indenk zu sein und
aufs förderlichste zu vollnziehen. Dabei pUeb es*.
' Auf dem Märkerding Diensti^ St Lucastag wurden die Gesand-
ten der Herrsohafben vom Keller .zu Homburg gefragt, ob sie mit
E. Erb. Bath gütlich Veriiöre annehmen wollten oder aber rechtlicb
für s. gzL Herrn den landgrafen fUrkommen wollten. Sie haben nach
einem Bedacht dem lantman angezeigt, und die überredt die Gtlte
zu verfolgen; es i^ solches durch Philipp Bjffenstajm von wegen
der Märker o£Eenilieh zugesagt worden. Darauf wurde Dienstag nach
Martini ids Tag zum Güteversuch bezeichnet Es eröffiaete denselben
in Homburg der Edel und Ehrenvest Helwig von Lauerpach mit
begehr ihm etliche Schreiber zuzugeben, dage und Antwort, au&u-
schreiben, dann ihm solche Fürtrag im Haupt zu behalten unnK%*
- 379 -
lieh wäre. Die Edelleute Mimt dem Lantman erklären daas sie allein
dem Waltpott zu Ehren ^ Ihren Bechten unvorgreiflich, erschieneai
seien; es wäre dem Weisthum und ihren Markrechten zuwider ^in
Schriften etwas zu handien ^ sondern wollt £. Erb. Bath etwas clagen^
das sollt mondlich gescheen, und in Lufilb geredt werden ; wollten sie
sich daruff bedenken und Antwort geben*. Der Amtman sagt „were
ihm nit müglich zu behalten; was in Luft geredt werde, darum were
sein Bitt noch als vor'^ Der lantman wollte aber nit in die Feder
reden; begehrten dass die Klage in der Güte geschehe mündlich;
wo aber nit; begehrten sie den Tietg bis ssa einem Märkerding „u^
zuschurizen*. Als sich beiderseits' Yiele Bede Terlaufeii; sagt der
Amtman „der tag sei gelajst; er konnte nit meh thun*; dann er
möge wol seinem gn. Herrn anzeigen; warum und wesshalb. sich
dieser Tag gestossen habe. Darauf Eines Erb. Baths Gesandten dem
Amtman gedankt und gebeten dem Waltpoden zu entdecken das«
sie an dem Zenrtossen dieser Handlung nicht Schuld gewesen.
So sah der Bath sich genöthigt Samstag nach Katharina 1524
redhtliche kli^e zu erheben. Die Form derselben ist hier nicht un-
wesentlich; sie beginnt:
^An Herrn Philipsen; Landgr^ven zu Hessen. Durchlauchtiger;
hochgebomer Fürst 1 E. F. Gn« seien unser unterthlnig willig Dienst
alles Fleiss zuvor bereit. — Gnädiger Herr. — Der Irrung und
Gebrechen halben so sich zwischen dem lantman und unsern Mit»
merkem der Homburger Mark eyns — und unS; unser kupfersohmitt^i
halben zu Bonemesa andemtheils erhalten'^ Die Klage gedenkt im
Eingang der Verhandlungen vor dem Märkergeding; und des Güte-
versuchs bei welchem aber „nichts fruchtparlichs gehandelt^ weisst
hin auf den genommenen Augenschein und die Oflfenkundigkeit dass
die kupferschmitte in der Mark liege ; deshalben wie andere schmitr
ten darin gelegen;. Markrecht habe. Viel Jahre. habe sie dies Becht
geübt; der Kelli3r ku Homburg habe der Märker Verbot wiederum
geöffnet. Es wäre unbillich dass dem grossen Haufen der Märker
gestattet werden sollt den cläger von seinen offenbaren Markrechten
ohn einig vorgehend Gericht; recht oder Erkantniss zu vemnrechten,
dieser wisse anders Niemand« um gebürliche Hilf „dann den obersten
Waltpottela und Herrn der Homburger Mark'^ anzurufen. Die Bitte
gebt dahin Se. F. Gn. wolle gnä^gl. verftkgeu; dass der Schmitten
kolen bis zu Austrag der Sachen zugeführt werden; und den so
holen führen; für schaden sein imd dass sie Arges nit zugewarten
haben. „Wo dann die Märker je vermeinen wollten; dass soUichs nit
Eteinr sollt; so wollen wir ihnen desshalb flirderlicbs und schleiuiigs
- 380 -
rechtes vor E. F. Gn. als dem obersten Walltpötten und Herrn der
Markfa^ nit vor sein; des wollen wir uns ... zu Ew. F. Gn. als
unserm gn* Herrn untertheniglich verdrehten und solchs alles Vleis
umb dieselben E. F. Gn. wiederumb zu verdienen willig und bereit
erfunden werden^. Der Bath bittet zuletzt um schriftliche geneigte
Antwort.
Diese erfolgte schon , von Cassel aus^ Montag nach Andrea
Ap. Sie war ausweichend; im Gefllhle einer bescheidenen Machtstel-
lung abgefasst. DerWältpott schreibt: er sei nit gemeint die Zufilh-
rung der kolen zu hindern, sondern des Gemüts so viel an ihm läge
kolen zuzuflifaren zu gestatten ; dass er aber vor Schaden sein und
d^m gebürliehe Verhütung thun solle „das will unS; als ihr selbs zu
ermessen habt; beschwerlich sein. Wir lassen aber geschehen; dass
ihr auch etwas besesS; soviel recht ist; geprauchet; was uns dann
unsern theils als ajnem obristen Waltpotten und Herren der Marck
dartzu zu thun gebürt; an dem soll an uns kejnn Mangell gespürt
werdeni;!*'.
Zum Schlüsse dieser Verhandlungen findet sich dann in den
Akten Mglb. E. 29. 11^. S. 95 noch eine förmliche Elagschrift des
BathS; welche mit den Worten beginnt: Für euch; den emvesten
and verordneten Rathe des durcbl. hochgeb. Fürsten u. H« etc. er-
scheinen Eines E. Raths zu Frankfurt Anwälde zU; „gegen und wi*
der die emvesten und ersamen landtman und Merker derHombergor
Mark; und bringen nachfolgende Mejnung in schlechter erzelung
der G^chicht in Recht klagweiß für^'; und sagen ; dass wiewol die
kupfermüle zu Bonamese in der Homburger Mark und derselben
bezirk gelegen sei; und dessfaalb Markrecht hab; so
sei doch auf begehr des gem. lantmans und Merker der Hom-
berger Mark verboten worden; dass der kupferschmitt zu Bona-
mesa und den Inhabern derselben kolen aus der Mark zu-
gefUhret, oder um ihr Geld verkauft werden solle. Verhandlungen
auf den Märkerdingen und Güteversuch seien vergeblich gewesen.
t)emnach sei der Anwälte „in recht bit und begehr an die verord-
neten Bäthe .... sie wollen mit endlichem Bechtspruch sprechen;
urtheilen und erkennen; dass vielgemelter gemainer lantman und
Märker der Honkbuiger Mark solch Neuerung fürzunehmen undVer-
pot legen zu lassen und zu verschaffen nit gepürt und daran Unreclit
gethan habC; dass auch; solch vermdndichen Verpotts onangesehen,
der kupfermül zu Bonemesa und Inhabern derselbigen Markrecht
gleich andern Merkem . . folgen; gedeyeu; auch Holz und kolen
mgfiürt werden sollen und mögen; lüles mit erstattenden kosten und
- 381 -
Bchadeii .... mit ferner angehüiigtorBitt, in diesem FiJl wuBeekt
sei asu sprechen; und ihnen den Anwälden anstatt eines Erb. Baths
au Frankfurt dasselbe mitzuthdlen, auch den Gegenthdl uff solche
Ela|; zu antworten und den krieg ftlr allen Dingen zu befestigen
anzuhalten^. Es folgt zum Schluss der gewöhnliche Vor bdialt die
Klage au mehren und an äiindem.
Wie diese Sache zu Ende gegangen , dartlber $ndet sich weiter
nichts vor. Wahrscheinlich hat der Bath fUr klug angeseheu, fiß
beruhen zu lassen. Ln Jahre 1561 wurde sie auf einem Märkerding
wieder angeregt: Es hab sich in kurzer Zeit ein Messerschmit gen
Bonames gesetzt , der verbrauch' au seinem Hantwerk soviel kolen
und Holtz, dass es der Mark zu grossem schaden reiche; desshalb
auch die Hufscbmid^ Waffenschmid| kopferschmid, Schlosser und an*
dere in der Mark gesessen, darüber klageten es kom' ihnen zu gros-
ser beschwerung, dann der Messigschmid näm' die kolen so theuer,
dass sie kerne kolen können bekommen, er halte auch einen sonder-
lichen knecht und ein Pferdt des Walds halben, der ihm Hohs und
kolen anführe. Darauf haben sich die Märker beqprochen und bedacht
dass vor Jahren eine kopferschmitte zu Bonmes sei gewesen, die .sei
abgangen, aber anstatt derselbigen sei eine BapiermttU eingerichtet
in dero wol soviel oder mehr Holz und kolen verbraucht werden
als zuvor in der kopferachmitten verbrauclit seien, dass aber gar
darüber nun auch eine kopfer- oder messig-schmitten (zu verderbung
des Walds) angerichtet sei oder wöll werden Das sei gar ein neues.
Auch einen Glasmacher haben die Märker nit wollen leiden, ebenso
Eschenbrenner. Henrich Biedesell hab wollen Kalk zu Obern Espach
lassen brennen, aber die Merker habens ihm versagt. So sagten sie
auch wegen des messigschmid sie wollen ihm soviel Holz und kolen
als er zu seiner gemeinlichen Haushaltung bedürf, gleich einem
andern Merker gunnen und nit wehren, aber Holz und kolen zu
seinem Hantwerk, das könnten und wollten sie nit leiden.
Auch hier bei dem Bechtsverhältnisse der Ausmärker werden wir
wieder hingewiesen auf den Stolz den der Märker an den Tag legte, dass
er in der Mark auf seinem eignen Ghrund und Boden stehe. Würde,
so.heisst es auf dem Märkerding, Catharinentag 1401, ein Märker
begriffen der die Mark schädigte, den sollen die Märkermeister oder
Förster rügen und nit pfänden, der solle zu büß verloren haben
XV tomese. Würde aber, so beisst es weiter, ein Ausman in der
mark begriffen, der da innen gehauen hätte, der hätte „lip und gut
verloren, und sulde man den Manne antworten dem Walpoden, der
mitime leben mag wie er will, ane den dot und lemede^f die Pferde
- 382 —
sollen werden dem lantman; und von den Pferden den Märkermastem
▼iii 6 heller^ nnd Wagen und Greschhr den Förstern. Ebenso wurde
anf dem ifärkerding von 1488 gesagt: wftr^ es dass ein Märker in
derMarg begpriffen würde^ den solte man nit pfenden sondern mgefi;
der solte xxk Schilling geben; davon solt werden ein Pfand den
Märkermeistem und z ß den Purstem. Würde aber ein ußwendig
man dar inne begriffen , da soll man den Hann^ antworten eym
Walpoden mit dem mag er umbgeen wie er will, also dass er ihn
nit töde oder Kihmete.
Die Bezeichnung als Ausmllrker enthielt also keines w^s bloss
die Erklärung dass Jemand, nicht an dem Gebrauch der Mark theil-
ssunehmen berechtigt sei, sondern auch dass der Schutz der Mark
ihm entzogen, dass er der Gewalt des Waldbotten überlassen; dieser
bei Waldfreveln zu überiiefwn sei.
Im Jahre 1561 wurde auf dem Märkerding geklagt, dass die
Amßheimer und die von der WjU, eine Hege so dem Walde zu
gute gemacht war, verwüstet hätten ; sie sollen für solche lieber-
fahrung 20 fl. den Märkem zurBuss geben, wenn sie nit in 14 Tagen
bezalt, sollen sie fbr Ausmärker „eingetrieben^ werden. Weiter die-
weil der Schultheiss zu Beiffenberg in einem verbotenen Hegewald,
der Scharterwald genant, Holz erlaubt hat, und doch kein Holzgeber
noch Merkermeister nit ist, soll er den Merkem 10 fl. zu Buss ge-
ben, in 14 Tagen vorlegoi; wo nit so sollai sie vor Ausmärker ge-
halten werden. Im folgenden Jahre ist der Häge am Pfutzenberg
gedacht, so durch die Beiffenberger und Amoltshainer verhauen sei.
Dann heisst es lö64 dass die Beiffenberger noch kein Beweisung des
Bettstmns wegen g^han; endlich heisst es im Jahre 1562, dass der
Dielnberg oder Bellnstein und der kleine Beltstein ausgelocht wer*
den solle, auf dass keine Irrung derenhalb fiirfalle, doch onbegeben
den grossen Bettstein; durch die Amßhainer sei eine Säuheck in der
Höhmark gemacht, und viel Holz dazu gehauen und verderbt wor-
den, die Märker haben auch angezeigt : die Beiffenberger, Amßhainer
und andere jenseit der Höhe, als die Mark ausgegangen worden,
seien sie in dem Scharterwald von dem rechten Lodrwege einen
andern W^ g^suagen, haben den Dielnberg, den grossen Bettstein
und den kleinen Bettstein alle von der Mark gegangen, so doch
allein um den grossen Bettstein Irrung gewesen; als auch diese
gelocht worden, so haben darnach die Beiffenberger ohn Wissen
und Willen der gemein Merker die gehauenen Loch an dem kleinen
Bettstein ausgehauen, und haben darüber den grossen Bettstein ihnen
'ZU, und den Märkem abgelocht — haben die Merker sie uff diesmal
- W8 -
wem der Mark ansgeschloMen^ woHeii lie ftlr Aoisittrker
und halten« Im folgenden. Jahr begehren darauf die 9wen 9tänim
von ByflPenbei^k ond Hattsteiii Anseig^ wamaa die Mftrker ihre ün-
terlhanen aus der Mark geschlossen. Die Mirker geben an: die Un*
terthanen haben gilt Wissens dass sie in vide Wege der Mftrker
OrdBHngen zuwider gelebt^ seien anoh noch Tieler alter Bossen
schuldig; die Br^fEmbergsen und Amfihainer seien ein tbeil des
Scharterwaldfl ond den Didaberg^ d«i klemen ond den grossen
Bettstein von der Mark g^a&gen „danunb können die gemein Mer-
ker sie nit für MiCnorker erkennen*. Den FQrsteni wird befohlen^
wo sie die Rjffenbergsen odor AmMiaiAer in der Mark betreten,
sieh dero su gebrauchen, so sollen sie dieselbigen ^mit Ijben und
Hab gen Hbrnbergk dem Widtpoten liefern m straffen ab Ansmer-
ker^^ Darauf fanden sich die beiden Ortschaften erbötig sieh mit
den Merkem der ganian Mark su einem gütlicfaen Vertrage su yer-
gleicben; es wurde auf den 25. Oet. 1565 ein glMiidier Tag nach
Homburg Ter der Höhe eingesetet um die Immgen der Mtrker
diesseits und jenseits der HUie bu entscheiden. (Mglb. E. 29. UI.
S. 12 C S. aa 37.)
Theidigungstag. Es bildete sieh fiüh schon der Gebrauch
aus, dass nur die wichtigen Gegenst&nde bei dem ganzen M&ikerding
reriiandelt und zur Entscheidung gebracht wurden, andere wurden
nur dem Mftrkerding mitgetheilt, rön diesem daim ausdrücklich oder
stUlschweigend einem Ausschüsse zur 'Erledigung ttbertriesen. So
wurden infrbesondere die oft sehr zahlreichen Bügen nur verlesen,
den Betroffeien stand es frei sogleich sich zu Tcrantworten, zu ver-
theidigen, oder auch 14 Ti^e nachher auf einem Ausschusstag zu
Homburg dies zu thun ^. Dieser Tag welcher vorzugsweise sich mit
dem vertheitigen odertaidingiBn derOerttgten 2U befassen hatte, hiess
deshalb der Theitigungstag oder i^uoh, weil die Vertheitigung meist
gar nicht versucht Wurde, der Bufoatztag, oder gar der A-fterbus-
theidingstag. :
Ein sehr unleserlich geschriebener Bericht über den Tag Don-
nerstag nach Conception Mariae 1478 (Mglb. E.29. IL\ S.22.) theilt
M So io der äohweb dte Naehgemeinde, 8 öder 14 Tage oadi der grossen
Landsgemelnde, welehe Öfters- von den Wahlen ganz In Anspruch genommen
war. Sie gehl^rt sn dem regelmSssigen Organismus der Behörden. I>ie Yer-
pfliobtang zvm JErscbeinen 'fiillt bei dieser weg; sie wird sohwieh^ besucht
Blnmer, Staats- n. R.-Oeseh. d. Sehw. D. n. &• 108.
- 5» -
mit wie die beiden Mäimer von Nieder<-£iie&bach , welche Hole ans
der Mark verkauft hatten, naeh Homburg beschieden waren. Mit
ihnen erschien Erwin Dogel, damak nur ak Amtman au Erlenbadi,
Ludwig Waldecky Schultheias von Uoembuig; PilippsvonBedebheim
der Jungi Amtman, der Junker von Eppenatein, Beehtold vonfispach,
Märkermeister, u. A. m. Da eraiUilte Philipp von Bedekiheim, es
war auf St Eatharinentag auf der Aue vor Ursel dieser Tag ^^ in
Homburg gesetat worden, dass die von Erlenbach taidingen sollten
„und dem lantman darbei au sin^, da es sidi gebühre dass die Mftnner
vor seinen gn. Jungherm den obersten Waltpotten, den Märker-
meistem und dran lantmsa zu büßen. Darauf sagte Erwin Dogri
„die armen von Irlebach wären also da zu taidingen und bäten um
Q-nade und ging^i daruff uß/' A1im> unterredete sich der Amtman
Philips von Bedelnheim, Bechtold von Espftob ^und etliche vom lant-
man, d^ nit vii da waß^^ ; man war der Meinung daas die Marker-
meister und lantinan nit unterstunden au taidingen, da weite der
Amtman seines gn. Junkhem Meinung auch nicht gdben. . Darauf
sagte Erwin Dogel, sein Jungher war oberster Walpott, so die
Männer vor sein Gnaden getaidiuget hätten, hofiken sie bei den an-
dern desto baß gnade zu erlangen, dann der bruch stand uff sage
und wäre klar. Es erhob sich aber bedenken hiergegen. Also sind
sie wieder in die Stube gegangen, da allerlei geredt worden, der
lantman meinte wieder, dass man so nit ^getaidingen'' könne; Erwin
Dogel darauf: die armen leute würden also unfreundlicher Weise zu
kosten bracht, und umgefdhret, und bat noch als wie vor das taidin-
gen ufzunehmen, aber da dies nit sein möchte, daß dann die gemein
zu Irlebach wieder zugelassen werde, sidi der Mark zu gebrauchen,
denn es sei unbillig, obe ein oder zween von ihnen verbreche, dal^
darum eine ganze Gemeinde solle verstoßen sein. Darauf erzählte
Phil, von Bedelnheim wie der lantman nit all da wäre, nachdem dann
die Sachen lange gestanden, so könnten sie itzt die von Irlebach nit
zulassen, da das mUssto durch ein gemein Märkerding geschehen.
Hat man sich abgeredt daß man uff Montag nach Halbfasten uff die
Au zu Ursel zu einem gemein Märkerding käme und dazu Märker-
«1 £8 findet sich über diesen Tag noch^ein kurzer Bericht in Mglb. £. 29.
II. S. 2(>b : da die Erlenbacher Holz aus der Mark verkaufet, sei ein Versach
der Güte anberaumt worden, da anf dem Tag kein ziemlich Usstrag oder Güt-
lichkeit an erlangen, so sei auf ein yoU Märkerding erkannt worden, was nach
altem Herkommen billig sei. Es war demnach jener Tag nicht der eigentiiebe
Theitigungstag.
— 385 —
meister und den lantman allenthalben mit Macht in die Sache zu
kommen verbotten. Erst auf Montag nach Sontag .Lätare 1479 ist
wieder von einem Märkerding berichtet, vor Uraell auf der Au. Es
haben die zwei Männer vor dem Jungher von Eppenstein angefangen
zu taidingen und werden von diesem gebüßt um 1 Achtel Haber.
Damach ^hat man mit dem lantman getaidingt^ also dass die Männer
ihm büße geben, item für Bechtold von Espach, Märkermeister, der
saget er wolle sein büße der armen fallen lassen ; „damit sollich bruche . .
vertaidingt ist^ ; es werden die von Irlebach wieder zugelassen.
In dem Instrument von 1484 ist auch über das theidigen Weis-
ung geschehen. Art 17 sagt desshalb: Wer gerüget wird, dem soll
man seinen Sühntag vor Ursel auf die Au bescheiden undgelüst den
daselbst zu thejdigen, das mag er thun; und ob einer auf denselben
Tag nit theydigt so soU man ihm ein andern Tag, nemlich darnach
über 14 Tag gen Homburg bestimmen. Theydigt er auf dem da-
selbst auch nicht, so mag ihn der Waldbott und Märkermeister, jeg-
licher nach seiner Gebühr, vor ihce verfallnen büß pfänden.
In der Ordnung von 1594 heist es im Art. 29 : Ein jeder Flecken
solle seine Buß&üigen dahin halten, dass sie ihre Bußen auf den zwei
thedingstagen zu TJrsell oder Homburgk erlegen, sonst sollen die
Nachbarn alle als Ausmärker eingetrieben werden, bis die Bußen er-
legt sind, und wollen die Märker zugeben dass die büßen ohn ge-
taidingt gesetzet und erhoben werden. Im Art. 50 ist vorgesehen,
dass keine büßen gethejdingt werden, die seien denn zuvor auf der
Au gerügfet worden.
Auf dem Märkerding am 27. Mai 1607, nachdem die Rugzettel
verlesen, sagt der Keller: wer anjetzo nit thätigen wollte, sei inner
14 Tagen nach Homburg verwiesen.
Im Jahre 1703 werden bei Gelegenheit der vorgebrachten Be-
schwerden gegen die üebergriffe des Waldpotten bemerkt : bei den
Bußsatztägen seien beide Märkermeister und die Schultheissen der in
die Hohe Mark gehörigen Hauptflecken zugegen, und würden keine
anderen Verbrechen daselbst gethaitigt, als welche bei dem Märker-
ding angez^get und gerüget worden, dahero auch einem jeden
Märker freistehe entweder vor öffentlichem Märkergeding oder aber
dem folgenden Bußsatztage seine Markbuße zu erlegen.
Da in dem Instrument ein fester Tag für das Theitigen ange-
setzt war, so wurde ganz mit Recht strenge darauf gehalten. Der
Anwalt unterliess es nicht, als er die Rechte der Märker allmälig
kürzte, auch über diese Bestimmung sich hinauszusetzen. Im Jahre
25
— 386 —
1644 findet sich auf einem Zettel auch die Notiz, wahrBcheinlicb des
Landbereiters Zeundel, dass die Ruhe (Buge, Theidigung) nacher
Homburg v. dato über 3 Wochen angesetzt sei „umb gewisser Ur-
sachen willen^ welches die Märkermeister mit Protestation dass dem
Herkommen nichts präjudiret werde geschehen lassen. —
Noch ist aus der stürmischen Reformationszeit, aus dem Jahre
1524, das Märkerding, Dienstag sant Lucastag, zu erwähnen. Der
Keller von Homburg fragt ob etliche Mängel, Gebrechen oder Scha-
den in der Mark wären, die seien jetzt dem Märker und gemeinen
lantman zu entdecken. Der lantman antwortet: Er, der Amtman,
möge die Förster darum fragen« Diese gerufen, ob auch die Gebott
in der Mark seien gehalten worden, sagen nein; und erhub sich
also vielerlei Rede. Der Amtmann sagt sie würden zulezt die Wald-
ung gar verderben, die armen Leute würden den grössten Schaden
dadurch haben, sie könnten kein Holz hauen und wären doch am
Waldverderb nit Ursach; wenn sie weise wären, sie würden wohl
anders schreien. Die Märkermeister beklagten sich dass die von
Oberursel und von Niedem Eschpach nit wollten der bueß halb
thejdingen. Da ruckte ein Männlein von Oberursel auf einem Pferd
herfür, sagt, er wäre bescheiden zu reden. Das von den Märker-
meistern angeregte, als selten etliche zu theidigen sich geweigert
haben, solches möcht wol also bescheen sein ; doch aus dieser Ursach,
denn die Märkermeister hätten selbst gebrochen. Nuh stund im Li-
strument ^wenn sie brüchig würden, so wäre der lantman zu tey-
dingen nit schuldig, und wenn der Abt W^ür£fel trüg so were dem
Mönch spielen erlaubt^. Darum wollten sie nit tejdingen, sondern
bei dem Instrument bleiben. Helwig von Lauerpach bemerkte da-
gegen, der lantman woU hierin sein Nutz nit prüfen, so würden
alle Märker in Wald fahren und den ganz verderben, dass je ein
gemeiner Nutz nit wäre. Darum sollten sie itzo alsbald mit den
Märkermeistem teydingen. Darauf ward ein gross Geschrei vom
lantman, sagte, sie wollten das itzo nit thun, es were nit also her-
kommen, sie wollten bei dem Insttument bleiben. Also sagt Joh.
Brendel, Märkermeister: Er wüsst nit anders denn daB Listrument
drückt klarlich aus, wo ein Märkermeister verfüre, so sollt alsdann
diejenen so nach ihm obertreden nit taidingen, daraus folge nit
dass diejene so vor ihm gebrochen hätten, darum zu taidingen nit
schuldig weren; und welcher mit seinem Eide darthun möcht, dass
er nach ihm, dem Märkermeister, gehauen hätt, dem sollt nichts ab-
gefordert werden. Aber die Märker schrieen gemainlich darwidder,
sagen, sie i?^ollten bei dem Listrument bleiben. Der Amtman Hess
— 387 —
auB jedem Flecken 2 Personen zum Ansschuss verordnen und ein
Antwort verfasBen. Nach lang gehabter Unterredung des Ana-
BchuBses iBt das MendEn von Oberursel abermals herfllr geruckt, er
hab befehl zu sagen dasB die Personen so nit getajdingt nochmals
bei dem Instrument und den Zetteln, wie die auf nächstgehaltnem
Märkerding verlesen worden, bleiben wollten, es bedtLnk sie unbillig
sein, dass sie bei ihren Eiden sagen sollten, auf welche Zeit sie das
Holz gehauen haben. Es seien etliche die sagen, er soll reden was
sie ihm befehlen oder sie wollten ihm den Kopf zerschlagen; wonuh
solches beschehe, und ihm der Kopf zerschlagen würde, so erschlu-
gen sie je ein arme Kreatur, er hätt aber noch kinder, die würden
das nit ongeroöhen lassen. Und darauf redd das Menlin, es ging
die Bede Johan Brendel were auf die Dörfler geritten, hätt die buoi)
ingefordert, habe vorgegeben die von Obern Ursell betten getay-
dingt, das were doch nit also „mit Einziehung eines Schimpfs des
Schulthissen von Bonamesa wolt solchs also geredt haben". Dieweil
aber solch Wort in Schimpf geredt, lacht der Schultis und gestund
das nit „als auch daran ihm onrecht beschah". Also sagt Johan
Brendel ; welcher das von ihme redt, der sagt nit wahr. Er hätt an
den von Homburg angefangen, allein Nachred halben, dass nit ge-
sagt würd, er wollt, dieweil er zu Homburg wohnet, die Urseller
hassen und an ihnen anfahen. Dieweil aber nichts fruchtbares mögen
erlangt werden, hat der Amtman gesagt: er wolle das seinem Herrn
anzeigen. So ist damals nicht getaidingt worden. (Mglb. E.29, 11^ S. 88.)
Von ungleich grösserer Bedeutung als in der hohen Mark, war
der Ausschuss in der Seulberger, Erlenbacher etc. Mark. In jener
bestand er aus den Märkermeistem und den Schultheissen weniger
fiauptfiecken, ei* bildete gleichsam die Vertretung der verschiedenen
Regierungen und seine Thätigkeit war vorzugsweise eine richter-
liche; die Schultheissen stellten die Gerichtsschöffen dar. Der letztere
Ausschuss war in mancher Beziehung verschieden, sowohl was die
Befugniss als was die Zusammensetzung betraf. Er nahm mehr und
mehr die Stelle des Märkerdings selbst ein, verglich sich über die
Wahl derMärkermeister ebenso wie über die vorzuschlagende Wald-
ordnung, verglich sich mit den Verordneten des Waldpotten und den
Märkermeistem über den Eintrieb von Schweinen in die Eckern,
und hatte ausserdem auch die Frevel zu strafen, welche beim Mär-
kerding nicht erledigt worden. Es gehörten zu diesem Ausschusse
neben den Märkermeistem die Schultheisse und Burgermeister sammle
lieber 6 Dörfer. Diese wurden als Markhäupter bezeichnet.
25*
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SaniBtag nach Oculi 15&3 sind auf Erfordernng des Waltpottens
der Ausschuss gemeiner Märker der Seulberger und Erlenbacher
Margk; die Ernvesten und ersamen^ nemlich anstatt und von w^^n
des Waltpotten^ Joh. Abt^ Keller zu Homburg y. d. H.,
Item aus Petterweil der Edel und Emvest Pilips Friderich Haber-
kom von Zellingen^ Eißeubur^cher Amtmann, Heinrich Hu-
bert; Solmsicher Keller ^ und Gernhard Zubrodt, Schultiß da-
selbst;
Item aus Nidem Erlebach: Philips Schefer, der SchulteiJß; Wendel
de;* Bender und Hans Broß, Burgermeistere ;
itenTaus Seulbergk: Hani^ Bockenheim , Schultis, Wol& Thomaß
und Henß Steingesser, Burgermeistere;
item aus OberErlenbach : Emrich Bommerscheim, Schultheiß; Lenhart
und Hanjß Mauß; Burgermeistere;
item aus Burgkholzhausen Emrichs Henn, Schultis; Engelbert und
Heiin Johan, Burgermeinstere;
item aus Kuppern ... Peter anstat desselbigen SchultessC; Endreß der
Eulner und Heiin Veltiu; Burgermeinstere;
in Emrichs des Schultessen Hauß zu Ober Erlepach erschienen; sich
daselbst einer Ordnung ... wie es ein Jahr langk bis uff ein andern
Merckertag gehalten soll werden; und solches j^den gemein mer-
kem uff nechst kommenden mitfasten Sontag dieses 53 Jars der
Margk zu gutem zu verkundeu;" verglichen und entschlossen wie folgt.
In der Ordnung der Seulberger and Erlenbächer ,,und zu^eich
anderer Flecken Margk^^ vom Jahre 1588 wird ebenso festgesetzt;
was durch „den Ausschuss und Häupter deren Flecken^' einhellig
beschlossen und uffgerichtet worden. Doch heisst es später: Märker-
meister belangend; ist gemeinter Ausschuss bedacht schierst künftigen
Sonntag Lätare auf dem Markgeding ufs neue einmütiglich zu bitten
den Edlen und Vesten Friedrichen von Doebschütz etc. ihr Amt
noch ein Jahr lang zu tragen.
Da die Märker hier sich nicht streng an den Wortlaut des In-
struments hielten; erlaubte sich sehr bald auch der Anwald des Wald-
botten Eigenmächtigkeiten. Im Jahre 1592 heisst es: demnach das
Instrument mit klaren Buchstaben ausweisen thut; dass ein jeder
Herr so Homburg mit Ehren und recht in hatt, für einen OberHerm
und Waltpotten der Marck erkannt werden, und jeden Jars auf
Sonntag Mitfasteu; Laetare genannt; die Harck mit Bath der Märker
bestellen sollC; „welches wolgeweistes Recht von unsem lieben Vor-
eltern und uns bis auf diese gegenwärtige Zeit ganz in Achtung ge-
nommen; sonsten es auch wol also gehalten worden; dass von wegen
— 389 -
der Ungelegenheit und des zeitlich eingefallenen rauhen ungewitters
die Märkerhfiupter den Donnerstag in der Wochen zuvor ... zusam-
men gekommen sind; und sich auf allerhand Nothwendigkeiten be-
dacht habeu; wie gute Polizei und Ordnung erhalten'^., und aber
alledem en%egen des durchl. Herrn Georgen Landtgraven zu Hessen
... jetzigen Herrn Waltpottens Diener und Anwald solche von Alters
an bestimpte und bisher woIge&Uige Zeit; aus „andern ehehafilen Ur-
sachen und trefflicheren Herren gesch&ften^^ acht Tage- lang zu die
sem mahl uffgeschlagen und fOrter diese zween Tage indicirt hat,
nämlich den Mitwoch nach Lätare zu allerhand nothdUrftiger Vor-
bereitung oder Abrede, und dann den darauf folgenden Sontag
Judica zur Hegung und Haltung des Markgedings, so sind hierauf
zu Ende benante Mftrkerbäupter in Petterweil auf dem Bathhause
zusammen konmieU; in Meinung sich allda zu beradtscblagen ; ehe
aber zu der Haupttractation soll geschritten werden, haben beiwe-
sende Häupter des Ufschlags und Verlegung halben des Markge-
dings Und der Zeit zum zierlichsten protestirt, protestiren auch noch-
mals für Euch dem ganzen Umstände allhie, dass dieses thun und
diese Neuerung ihnen und auch den sämmtlichen märkem unschäd-
lich sein solle. Zugegen waren diesmal Georg Vestenberger, der Au-
wald, daün von wegen der gemeinen Märker: Anthonius Zubrot,
Sollmischer Keller zu Petterweil und „Marckermäister", Theobald
Schäfer, Schultheis zu Nider-Erlenbach und Marckermäister, Herr
Hieronjmus zum Jungen von wegen des Burgsesses Nider-Erlen-
bach; Job. Beck, Schultheiß, und Peter Boch, Luntz Kessel beide
Burgermeistere zu Holzhausen, Seifried Born, Schultheiß, und Peter
Schmiedt, Heinrich Grohe beide Burgermeistere zu Petterweil, Con-
rad Lohre Vice-Schultheiß, und Georg Reiff, Hannß Stam, beide
Burgerinaistere zue Köpffem; Heinrich Lutzenbruck genant Becker
und Hanns Weiphardt beide Burgermaistere zue Seulberg, Matthies
Kracker und Job. Ermell, b. Burgerm, zu Ob. Erlenbach, und end-
lich Job. Schmiedt, Burgerm, zu Nid.' Erlenbach. Und ist dieselbe
Ordnung hemacher am Sonntage Judica den 12. Martii an gewohn-
licher Wahllstadt bei gehegtem Merckergedinge dem ganzen Um-
stände »publicirt«" worden.
Solche Protestationen haben nie irgend welchen Erfolg gehabt,
es ist nie die Zeit gekommen in welcher eine muthigere Generation
sie hätte verwerthen können. Schon im nächstfolgenden Jahre 1593
findet sich wieder ein solcher Aufschub. Georg Vestenberger, der
Anwald, liess den Ausschuss am Donnerstag nach dem Sonntag Lae-
tare bescheiden, der „gutwilligen erschienene^, und hat im Namen der
. — 390 —
s&mmtlichen Märker den abermaligen, gleichwol aus bewussten ebr-
haften Ursachen und trefflichen Herren geschäften Ufscfalags des
Märkörgedinges sich vor allen Dingen zum zierlichsten bedinget, de-
ren tröstlichen Zuversicht, es werde derselbige des Herrn Auwalds
Anbringen nach, „nicht tolo malo oder ihnen den Märkern zur nach*
theiligen Consequenz und Präjutiz sondern aus angezogenen Ursachen
fürgenommen worden sein^^ Dagegen aber Herr Anwald seine Ge-
genprotestation nicht weniger der Gebühr angestellet und dabei ge-
deutet hat, dass dergleichen vor ohngefahr 30 Jahren auch beschehen
und fürgangen ^sein solle^ darum es „vor keine Neuerung angezo-
gen werden könnt^^ Sonach waren nunmehr die ^trefilichen Herren
geschäfte^ der obersten Markbeamten für wichtiger erklärt, als die
Bestellung der Mark selbst.
Das Frankfurter Archiv hat uns in den Akten Mglb. E. 30, IV.
eine gerichtliche Verhandlung vor dem Ausschüsse der Seulberger,
£rlenbacher etc. Mark aus dem Jahre 1597 aufbewahrt. Sie betrifft
die Nider-Erlenbacher, welche Scliweinssteigen im Walde errichtet,
Holz dazu wider «rgangnes Verbot gefällt hätten, und beginnt mit
einer Citation an die Nider-Erlenbacher Burgermeister und Gemeinde :
„Dieweyl ihr Burgermeister und Gemeind zu Nieder-Erlenbach
^in Verfertigung eurer iettzigen Schweinsteyhen sowoU wieder die
j^ewliche, mit euers Schultheißen willen beschehene Waldhegung,
„als auch den jetzigen zue Holtzhausen durch die marckerhäupter
„ufgeriechten mast- oder eckern beschluss freuentlich mißhandlet,
„und nit allein der marcker, sondern auch eures Schultheißen selbsten
„treuliches Abmahnen verächtlichen in Wiende geschlagenn /
„AUß haben gemeine Marckerheupter zu bestraffung solches
„freveis und muthwillens Sampstags nach Martini den 12. buj. schierst
„künfftig abermalß eine Zusammenkunfft in Holtzhausen angestellt
„Heischen euch, obgenantte Nieder-Erlenbach er Burg(6rmeister
9,und Gemeinde, als Verächter hiermit von Marck wegen, und wollen,
„dass ihr auf gemelten Sampstage umb den mittage und schlage 11
^Uhr zue Holtzfaaussen, in Peter Jungen Schultheißen Behaußung,
„für ihnen erscheinen und euren verübten muthwillen thejdigen und
jgabtragen sollet /
„Ihr erscheinet nuhn also hieruf oder nicht, wirdt man doch auf
„Gelegenheit handien, damit der veracht und muthwille nit unge-
„straffb bleibe, darnach ihr euch zu geriechtten.
„Sign. Seulberg am 7. Novembris anno 1597.
^Beide Marckermeister der Seulb. oder Erlenbacher etc. Marcke.^^
— 391 —
Es folgt hierauf ein ProtocoU der gerichtlichen Verhandlung mit
dem Urtheil:
„Marckermeister und Marckerheupter deren Seulberger oder Er-
^lenbacher etc. marcke-siend von wegen das die gemeind zuNieder-
^Erlenbach ihre ietzige Schweinsstejhen sowoU der Marckordnung
,,alft auch dem jüngsten MastbeschlusBe zuwieder^ in den newen^
„gegen der. Hohen Marck und Ederchdorff zu, gehegten Walde oin-
„gesetzt und uffgeriechtet, auf heut unden bemeltem dato zue Holz-
„hauten in Peter Jungen BehauJßung zusammen kommen; sie Erlen-
„bacher solches ihres verübten muthwillens halben in gepürliche
„Straffe anzunehmen , unnd haben erstlich gefordert — zehen Gul-
„deU; dasB die Marckordnung, dan abermals — zehen Gulden, dass
„den mastbeschluss überdretten und verachtet, und endlichen — neun-
j^igk Gulden, von wegen das 90 eychenstämme bey ihrer schwein-
sstejhen veröset und verbrändt, Thut zusamen — Einhundert —
yzehen Gulden ^^^s
„unnd obwoll gedachtte Marckere aus der Mastordnung und
„sonsten Ursach genugsamb gehabt und woU befuget gewesen, sie,
j^rlenbacliCr, von wegen eines jeden Stammes an — zween gülden
^ohnnachleßlich zu Vkiejßen — so haben sie doch ihr eingewandte
„Ursachen der Sterbesleufften und bei ihnen grassirender Pestilenze
^nachparlich beherziget und es dießmalß bei der eintzeligen straffe
jyverpleiben lassen / Doch mit der reservation und dem vorbehält,
„wofern sie auf ihren halsstarrigen Wortten bestehen und ihr an-
„pringen femer anziehen werden, das sie alsdann weitter nit gehört,
„unnd von Marck wegen auf diejenige Mittel und Wege bedacht
•„werden soll, wie man sie zu gehorsamb priengen und die gesetzten
„bui^n für vollem erlangen möchtt«
„Hieruf bekantten die Erlenbacher abgesandte ihre, der ge-
„meind, überdrettunge, prättendirten ihre nach der sterbensläufften
„und Festilentze, und baten um lienderung der straffe , welche sie
„auf gewohnlichem Bufoazttage zu thejdigen willig und diel>mals der
^achparschafffc bei ihnen zu Nieder-Erlenbach dief eibige referiren
„wollen.
„Die Marckermeister und Marckerheupter pleiben bei obgesezter
„ihrer Forderung der — HO fl. und ernennen ihnen, Erlenbachern,
^zu Erlegung derselbigen hiemit acht tage zeit, darinnen sie die
„Sachen riechtig machen soUenn.
j,Conclu8um Holtzhausen den 12 Novembris anno neunzig &
„siebenn durch nachbeaohriebene Hern Marckermeister und Marcker-
„häupter : Johann Bender Schultheiß und Marckermeister, Conrad
— 392 —
•
,, Wächteier Marckermeister^ vor mich und dann auch auf Pitt von
„Seifried Born, Schultheißen zu Petterweill, Peter Jung Schultheiß
„zue Holzhausen, Conrad Lorey, Johann Zangus, Markscbreiber.*
Es wandten sich hierauf Schultheiß, Burgermeister und Gemeind
zu !I^ieder-Erlenbach an den Bath: es sei von den Märkem der Be-
schluss gefasst gewesen keinen Schweinstall in den Wald zu machen
mit Holzwerck, sondern die Schwinställ sollten mit Mauern 6 Schuh
hoch aufgeführt werden; davon hätten sie nichts gewusst, auch nicht
darinn gewilligt ; denn sie hätten nicht gehen dürfen Sterbens halben.
Kurz vor dem Eintreiben sei es ihnen angezeigt worden; es sei un-
möglich gewesen dem Beschlüsse nachzukomnien denn kein Nachpar
sei bei den andern gewandtert, von wegen dass Gott der Allmächtige
sie also heimgesucht, sie auch keine fremde Arbeiter hätten mögen
bekommen. Da nun sie bedroht seien dass heimlicherweise, wenn
die Märker einen mit Pferden und Wagen bekommen, sie ihn pi^-
den und gen Homburgk eintreiben, als wie Aussenmärker, derohalb
bitten sie: der Rath wolle ihnen Verschriefften an Hern Jörgen
Vestenberger, Kellner zu Homburg mittheilen.
Eine Aufschrift zeigt, an, es sei Montag den 24. April 1598 diese
Sache endlich verglichen, und die Gemeinde *^ieder-Erlenbach bei
fl. 50 straf gelassen worden. —
Schon in demselben Jahre 1598 wurde dann Bernhard Ebel von
Nieder-Erlenbach wegen weiteren Umhauens von Stämmen gerüget-
und gefänglich festgenommen. Er berief sich dorauf dass die andern,
besonders die Homburgischen Dorfschaften, ebenfalls Holz zu ihren
Schweinsteigen genommen.
Wie in der Hohen Mark, so hatte auch in der Seulberg-Erlen- '
bacher etc. der Ausschuss die vorbereitenden gerichtlichen Geschäfte
zu versehen, z. B. den Augenschein einzunehmen. Ein solcher wird
beschrieben, als im Jahr 1593 die Kirchdorfer, wie bereits angefahrt,
einen Eichen lochbaum gefrevelt. Bei einem Markumzug war in
Augenschein befunden worden dass ein solcher, der am Wege ge-
standen, entnommen, und in einem Graben zu einem Auf halt der
Gewässer hingelegt worden. Der Keller hatte angedeutet, dass er
oft unter dem Baum „auf derHasenlauße^ gesessen, den wohl kenne;
dass man, da er umgewälzet werden sollte, die Lochkerben daran'
noch befinden würde. Welche Bede als Schultheiss und mehrer theil
der Nachbarschaft zu Kirchdorf gegenwärtig und nicht widersprochen,
sondern mit ihrem Stillschweigen die bezüchtigte That gestanden,
haben darnach die Märkerhäupter die Gemeinde zu Kirchdorf zu
den Bügen heissen schreiben und am Märkergeding rügen lassen,
— 393 —
auch auf dem Bufoatztag ihnen ^ Kirchdörfern 20 fl. zur Strafe
gesetzet und ihnen den yergünstigten Viehtrieb abkündigen lassen.
Erst als die Strafe abgefordert worden^ haben die Eirchdo^er ange-
fangen der ^jHeymmaßung^ oder Bezüchtigung zu widersprechen und
auf den Äugenschein mit den Märkem zu stammen; haben soviel
anspracht „daß der landgrevische Canzlar zu Darmstadt; obgedach-
ter Keller zu Homburg, und alle Markschultheissen, Bürgermeisterei
Merckermeistere, Schreiber und förstere, sampt Caspar Kollen, Ampt-
Schreiber uff Königstein , ^ auch Schultheiss und ganzer Gemeinde zu
KirchdoHT' am 24. Mai auf den Augenschein kommen; alda sie
nachmals ihre Beschwerden der abgeforderten Straff halben anpracht
und einen öffentlichen Widerruf deren, mit solcher Bezüchtigung
ihnen zugelegten injuri begehret, oder aber sie zu überweisen; dann
sie mit nichten geständig, dass der geklagte Lochbaum durch sie
abgehauen worden, viel weniger dass es dasjenig Holz, so ihrerseits
im Graben gelegen, und noch liege, sein solle. Die Märker antwor-
ten, dass die zu Kirchdorf vor einem Jahre, bei dem Abgang ihrer
Marke, als ihnen die Entwendung zugemessen worden, darzu still
geschwiegen, und damit Ursach gegeben, dass die Mark er sie ge-
rüget und bestrafet hätten, darauf sie nochmals beruheten. Die
Kirchdorfer haben aber ihre Klage und Verneinen repetiret und be-
weisen wollen, wo das im Graben gelegene Holz abgehauen worden.
Denen ^e Märker weiter antworten lassen, dass sie nunmehr Jahr
und tag stillgeschwiegen, und so sie erstmals sobald widersprochen
und zum Augenschein sich berufen hätten, wollt' man ihnen ge-
stämmet haben, welches diesmal nit sein könnte, aus Ursachen dass
seithero beide, der Stock sowol, auch das Holz „verhergert und zer-
hauen wofden'^ Nach welchen Beden und Gegenreden der Canzler
sich erklärt, dass er seinem gn. FUrst^i und obem Herrn Wald
Pötten untertbänig wolle referiren, was er befunden und was geklagt
worden; was dann I. f. Gn. darüber decemiren und beecheyden wür-
den, solle den Parthejen wiederumb zu seiner Zeit schriftlich zuge-
schickt werden, indessen aber sollen die Sachen einen Stillstand
haben, und man iieissig Nachforschung haben auf den Thäter, damit
man in der Sachen desto füglicher verfahren könnte Damit war der
Augenschein beendigt; die Akten theilen nicht mit, dass den Par-
theien später etwas schriftlich zugeschickt worden sei, oder dass
Kirchdorf die Busse bezahlt habe ^>.
^^ Die Wichtigkeit und Beliebtheit des Augenscheins ist noch heute io der
Schweiz zu verfolgen, wo z. B. in Glaros ein Angenscheinsgerioht abgehalten wird.
— 894. —
Nutzuug der Mark. — Als der eintretende Holzmangel im
lö^"° und beBonders im 16^^° Jahrhundert eine gröBsere Behtttnng des
Waldes verlangte; war es wieder Sache der AuBBchüsBe die Mark-
oder Waldordnungen zu berathen^ und den M&rkem vorzulegen.
Am Borgflältigsten geschah dies in der Seulburg, Erlenbacher etc.
Mark, wo gegen das Ende des lö^° Jahrhunderts alljährlich die
Holzordnung revidirt und stets mit Zusätzen verseh^a wurde.
Diese Markordnungen gestatten uns einen Einblick auch in die
gewerblichen Verhältnisse der Dorfscliaften unserer Marken, sie
haben vielfach noch Spuren der ursprünglichsten Verhältnisse auf-
bewahrt. Die Versuche der Communisten und Socialisten sind keines-
wegs ein Erz€)ugniss unserer Zeit, sie sind in Deutschland vor langen
Jahren schon durch die GenosseDSchaften praktisch zur DürchfÜli-
rung gekommen. In den urkundlichen Zeiten unserer Marken war
die Feldmark bereits unter die einzelnen Familien und Bewohner
getheilt, der Wald aber war noch Gemeingut. Es konnte niclit nur
ein Jeder nach Bedürfniss sich daraus beholzen, sondern auch das
Roden einzelner Walddistricte zu ges ndertem Gebrauche war noch
nicht verboten. Auf dem Märkerding 1537 wurde von den j^Rhödern"
in der Hohen Mark gehandelt, von jjden gerothen Gütern so inner-
halb 20 Jahren in der Mark gerödt worden*, die sollten mit Zinsen
belegt werden. Die Märker konnten sich wegen des Artikels nit ver-
gleichen; die ReiflFenberger mit dem grössten Haufen (wol allen
denen die dem Wald zunächst gelegen), wollten dass der Artikel der
Zinse halber abe sei, es sei denn dass man auch die früher gero-
deten Güter mit Zins belege. Im Jahre 1545 wird das roden ver-
boten, und soll was innerhalb 10 Jahren gerodet worden, wieder
zu gemeiner Mark gezogen werden. In der Seulberg, Erlenbacher
etc. Markordnung von 1552 wird ^das rathen" verboten bei iO fl.,
dazu soll das ingenommen Radt der Margk bleiben. Itn Jahr 1593
wird dies wiederholt: das rohden soll durchaus verboten sein bei
Straf 10 fl. und das eingenommene Rohde nichts weniger bei der
Mark bleiben. Trotz alledem wurde noch im Jahr 1702 erwähnt
dass den Markem noch erinnerlich sei wie Hans Georg Stubich eine
Wiese auf dem Raisberg gemacht, von der Mark aber contradiciret
worden, und Stubich solche wieder liegen lassen müssen, die Märker
es mit ihrem Vieh betrieben, und Stubiclien kein Nutzen davon
ziehen lassen**.
^ Die Schreibweise von „Rhoden'^ war hier so verschieden, wie sie noch
— 395 —
Ebenso war eg dem Märker gestattet Steine nach Bedürfeiss su
holen. In der Ordnung von 1594 heiset es : der Märker sei befugt die
Schiefersteinkauten zu gebrauchen^ da die „laidecker^^ zuBeiffenberg
vor sich allein gebraucht aber kein Zins gegeben. Als später^ in der
Mitte des 17^^ Jahrhunderts, der Waldpott durch Bergknappen hin
und wieder graben Hess, beschwerten sich die Mark er allein aus dem
Grund weil „viel Holz verderbet* worden.
Das Holz der Mark wurde gebraucht zum bauen, zum ein-
heitzen und zu den mancherlei Gewerben. Erst im 16*"* Jahrhundert
wurde der freie Gebrauch eingeschränkt, es wurden Holztage, in der
Seulb. Erlenb. Mark j^Wittage* festgestellt, Weichköler sollen nicht
gelitten werden, Hartköler sollen nur mit Anweisung zweier Förster
kolen brennen, Kupfer- und Waffenschmieden soll nicht mehr als
6 karren kolen gefolgt werden, brauchen sie mehr sollen sie fllr
jeden karren 2 fl. jpzu strafft' geben Bretthauer, Lattenhauer, Felgen-
hauer und Wagner sollen ohne Anweisung kein Holz hauen. Wir
finden in diesem gemeinschaftlichen Genuss des Waldes eine natür-
liche Erklärung der Beschränkung beim Verkaufe mancher Producte
und des Vorkaufsrechts. Die Wagner sollen ihre Arbeit den Inmär-
kem ^umb ein gebülirlich Geld wieder zukommen lassen und ver-
kaufen". Sie dürfen nichts aus der Mark verkaufen, auch soll kein
Holz zu ^Schwindelstegen* erlaubt sein. Auch in der Seulb. Erlenb.
Mark sollen die Ziegler zu Holzhausen die Ziegel umb gebürlich
Bezahlung „vor Ausmärkem" gönnen und lassen. Es sollen daselbst
nicht mehr als 2AueUofen geduldet werden, die sollen den Märkem
die Ziegel nicht höher als 4 fl. das tausend verkaufen, und „also
ihnen den Vorkauf zulassen". Dass dieser Punct „bisher in Wiend
geschlagen, davon soll schierst künftig uff dem bußatze montags nach
Quasimodogeniti weiter tractation gepflogen werden^. Später, im
Jahre 1591, heisst es dass die Ziegeler, wie auch alle andere welche
in dieser Marke Brennholz zu hauen berechtiget, den Merkem ihre
Ziegel das tausend eiiien Gulden wohlfeiler als einem Ausmerker
lassen Im Jahre 1595 wird auch des Bierbrauens halben nothdürftig
geradtschlaget und verabschiedet, dass der Bierbrauer zu Ober-
Erlenbach dei;! Merkem ihr Bier ein ziembliches wohlfeiler geben
jetzt in Appenzell inner und äussere Rhenen es ist. Manche Forscher beziehen
dies Wort anf Abtbeilung znr Entriohtnng einer Leistung, cf. F. Wyw, die
Schw. Landsgemeinden 8. 71. inZtsehr. f. Sohw. R. I. 1. Kann man nicht noch
weiter zurückgehen, auf die Veranlassung solcher Abtheilnngen ?
— 396 —
solle, als den Ausmerkem, und ihnen allerdings den Vorkanf ge-
statten.
In den damaligen Zeiten zog ein jeder oder eine jede Dorfschaft
möglichst alles das selbst was er bedurfte. Weinberge haben sich «in
der Namensüberlieferung fast allerwärta noch erhalten^ auch in Ort-
schaften welche die Weinkultur schon längst aufgegeben, vielleicht
in den traurigen Zeiten nach dem SOjährigen Kriege als die Armutfa
den lantman zwang dem Weingenuss zu entsagen. Bei den Markum-
gängen zogen die Märker westlich von Oberursel an einer ganzen
Reihe vonWdngärten oder Wingerten hin. Bei Dortelweil heisst es:
im Weinstück; und am Weingartenweg. Die Weingärten von Bona-
mes lagen beim Homburgerpfad. Unter dem Eschbacher Hardwald
liegt der Wingertsberg, ebenso der Weinberg unter dem Lobberg
bei Ober- Erlenbach. / Zwischen dem Creuzerweg und der Borngass
östlich von Niederursel lagen die Weinberge und in diesem Orte ist
selbst eine Bendergasse verzeichnet®^.
Wie gewisse Gewerbe im Iß'*"" Jahrhundert in dem Holzver-
brauche beschränkt^ so wurden andere ganz verboten. Den Bendern
soll kein Eichenholz in der Mark erlaubet werden, Schwarz-
färber, so leinen Tuch fbi4)en und Aichen und Erlenholz gebrauchen
sollen nicht gelitten werden. Aicbenpfael^ Girten, Reifstangen und
Zaunstecken sollen im ganzen Wald verboten sein. Auch nicht kau-
fen soll man sie. In der Seulberg; Erlenbacher ete. Mark Ordnung von
lö'^O sind überhaupt Pt'aell, lattenstang und girten verboten , es sefi.
denn dass „die gehe hohe notb gemeinder Margkflecken* Friede zu
erhalten fürhanden^; alsdann sollen Märkermeister erheischender
Nothdurft nach „an etwas^ geben y und also den Ueberfluss meiden;
dieweil rathsamer^ auch fbrträglicher und sicherer ist eine lebendige
^ Vergl. hieizn Dr. Kriegk, Frankf. Bflrgerzw. S. 241. Auch anderwärts
finden wir hierzu bemerkeoswerthe Andeutungen, so in den Fichardisohen Aus-
zügen. Aus dem Jahre 1566 wird aufgeftthrl; Hochheimer Wein das Fuder
30 bis 31 fl. Seckb&cber 21 fl. fiinganer 29 fl. ; 1531 Burnheymer Wein per Fu-
der 11 fl. 18 ß, Wertbeymer 14 fl.; 1584 Riederberger Wein ä 22 fl.; 1589 Hoch-
heimer Wein neuer per Fuder 101 bis 1Q2 fi. Soder Wein nur 86 fl.; 1590 Nie-
der-£rlenbacher Wein per Fuder 56 fl., Soder 60 fl., Dflrckelweiler 56 fl., Ober-
röder 68 fl., Bonameser 56 fl., Hochheimer 84 fl. 12 alb. — Im Jahre 1543 kam
der Weinzehnte der Sulzbaoher und Soder Gemarkung in den Rathekeller,
orsterer ergab 2V2 Foder. Noch im Jahre 1628 wird der neue Wein von Sulz-
baoh und Soden erwähnt, 1680 Oberroder neuer Wein zu 48 fl. Rauenthaier zu
42 R. Hochheimer zu 61 R« im Jahr 1635 Seckbaoher neuer Wein; und 1647
Neuenheymer Wein.
- 397 —
Gehege um einen Flecken 'zu ziehen^, und uff zu pflanzen , als die-
selben mit Zäunen zu befriedigen^ so sollen die so Holz zu Zaun-
stecken begehren werden^ auch ^umsich' eine lebendige Hege zwan-
zig Ruthen lang uffpflanzen und ziehen ^ wer sich das weigere ; dem
soll gar kein Holz mehr zu Zaunst^cken gevolget werden. Dazu
heisst es im Jahre 1591 welcher MSrker seine Zfiune mit Wellen
beschlagen will, dasselbige nicht von Buchenholz, sondern von Dor-
nenwellen, feus der Haihnruppen darzu abgehauen, in'sWerk richten
soll — Allen denjenigen welche das Haffener oder Döpffermachen
handtwerk nit ehrlich und voll gelemet, soll das Ziegelmachen ernst-
lich yerpotten sein; so soll auch keiner kein gesinde oder knecht
darauf halten, sondern mag ein Jeder der das Hä&erhandwerk bei
ehrlichen leuten gelemet, mit seinen Kindern und Gesinde auch wol
Ziegell machen, anders soll es nicht zugelassen werden. — Jung
ejchen Holz zu bender und Wagener Arbeit, als Fass oder Zuber-
Dauben, it. Speichenfelge und Achsen soll bei straf 10 fl. nit gehauen
werden* — Dieweil auch des Mühlwerks auf der Bach eine Ueber-
maass vermerket, so ist abgeredt worden dass hinfUro zu keinem
Mühlwerk weiter als 8 stamm zu ahrmen gefolget werden solle. —
Endlich sollen die welche Erlaubuiss bekommen keine kein Ziegel-
brandt allein thun, sondern ein Jeder hinfOro halb Ziegel und halb
Döpffen zugleich in einem Ofen brennen.
Wie bei den Gewerben Vorsehung getroffen wurde den Wald
zu schonen, so auch bei dem Bauen. Es wurde darauf geachtet dass
der Märker seine Baue nicht verfallen Hesse; es solle ihnen „zur
Notturft Wimprichen und Schomsteynruden' erlaubt werden ; sollte
ein neues Wohnhaus errichtet werden so hatte Scfaultheiss und die
Schöffen eines jeden Orts Länge und Weite zu messen; der Bauman
oder Erbauer hatte „zwei dännen Hölzer^ zu ^kaufen, erst wenn
diese auf dem Bau Placken liegen befunden, soUte der Schein gege-
ben werden, es sollte der Bauende fOr ein jedes Gebäude 8 Stämme
angewiesen erbalten, „jedoch da£ sie der Größe und des beigeführten
Dännenholzes zuvor gewiß und genugsamb berichtet, ohne daß sie
denjenigen so sich der zwejen Dännen Holtzes auf ein jedes Gebäude
zu kaufen verweigern würde, auch den geringsten ejchen stamm nit
erlauben sollen'^ Zu einer Scheuer sollen 20 Stänmi gegeben werden,
und durchaus Dännen Holz zu Werckholz gekauft und gebraucht
«s Noch jetit finden sich die Sparen solcher Gehege oder Haingrfiben bei
vielen Ortschaften vor, z. B. bei Sealberg, Niederursel, Ober-Eschbach u. s. w.
— 398 —
werden^ zu einem neuen Stall mit einem ganzen Dache sollen 2 dän-
nen Hölzer auf den Bau Placken hingeführt und begichtigt werden,
zu einem halben Stall 1 dänneu Holz.
Es zeigt uns dies dass gegen das Ende des 16**^ Jahrhunderts
in der Hohen Mark die Tanne noch nicht gefunden wurde. Die
Eiche war der vornehmste und wol auch häufigste Baum in den
Wäldern; Eichen und Buchen wurden als „fruchtbare Bäume^ be-
zeichnet, es solle in den verbotenen Wäldern nichts an fruchtbaren
Bäumen ^es sei gleich buchen oder ejchen Holz'^ darin gehauen
werden ; bei Verlust von zehen Gulden. Wenn etwa ^Gedrayde und
Mästung in der Margke sich erzeigen thue^ soll daselbe besichtigt
und eine Ordnung aufgerichtet werden. Schon in der Markordnung
des Jahres 1552 ist vorgesehen, dass wenn sich „Eckem-getraidt^
im Wald erzeigt, sollen der Verordnet des Waltpothens mit Merker-
meistern und dem Ausschuss gemeiner Merker sich vergleichen, wie
es damit solle gehalten werden.
Ausser, den Eichen und Buchen fanden sich aber noch Bäume
in sehr grosser'Manichfaltigkeit vor, wie wir aus den Aufzeichnungen
der Lochbliume sehen; es waren darunter Ahorn- ^ Holzapfel- Faul-
bier- oder Stink -Bäume, Birken, Linden, Erlen, Eschen, Hassel-
Bäume, ja selbst Kirschbäume werden, wenigstens am Saume des
Waldes genannt. Hasselbäume wurden sehr hochgeschätzt; die Ord-
nung von 1594 stellt im Art 31 auf: wer Haselbäume um der Hasel-
nus willen verderbe, der soll gebttsst werden als ob er ein Eichen-
baum verderbet hätte.
Bei den zunehmenden Klagen über Verösung des Waldes wird
besonders das Abhauen der Eichbäume schmerzlich berührt. Diese
waren damals noch ungleich wichtiger ftir das Leben der Mark, weil
zu jener Zeit das Schwein eine viel bedeutendere Bolle unter den
Hausthieren einnahm, als es heute zu Tag noch der Fall ist. um
das Jahr 1700 wird unter den Klagen der Märker gegen den Wald-
potten auch hervorgehoben dass er viele der schönsten tragbaren
Eichbäume abhauen lassen, von deren theils 4 und mehr Wagen
Uhrholz g^eben. Uhr-, Ur- oder Ohr-Holz wurde das dürre Stamm-
holz genannt, Holz, von Fruchtbäumen, d. h. von Eichen und von
Buchen. In der Seulb. Erl. Mark-Ordnung von 1552 werden 3 Tage
festgestellt, Montag, Mittwoch und Freitag ^Dore Holz^ zu hauen.
*« Beim Umgang von 1710 (Mglb. E. 29.} geht derselbe nach dem Pflaster-
weg, daslebfit ein i,Obm HoUzbaum", weiter wird erwähnt „ein Ohm-banm^*.
— 399 —
ul^zufiihren und zu tri^en, doch kein Eichen- oder Bau Holz^ kein
Grünbolz, sondern „dhor ligende Holcz^. Auf dem Märkergeding
der Hohen Mark wurde 153>7 ertaubt 2 Tage der Woche, Diedstag
und Freitag, in der alten Hege „Uhr-Holtz^ auszuführen und
zu tragen.
Schon um die Mitte des 16^®° Jahrhunderts werden auch ganze
Walddistricte in die Hege gelegt, darin zu hauen wird verboten«
Auf Bartholome 1543 wird beschlossen, es solle 3 Jahr verboten sein
zu hauen von dem lauberichten Baum bis uff das Kessbergen; ebenso
der Berg unwendig der Magt Kreutz herüber bis auf die Urseller
bach und bis auf d^e unterst Scheibach; weiter der Berg uf der
Putzen, vom Pfal an bis an klingenborn hinab« Dann wird vorge-
sehen dass beim Wellenschneiden bei jeder Wellen j^ein schneyder^
lingk^ soll ^,au8geschneit^ werden; ein solcher zu einem Stamm
geschnittener Sclmeiderlingk soll keiner abgehauen werden, bei Ver-
lust 12 ß bueß. Auch in der Seulb. Erlenbacher Mark soll, bei einer
Welle so gemacht wird, ein Stamm ,,uffgeschneidt^' werden, damit
man „widder Wald uffziehen mege^'.
Die Aufsicht im Walde war in. den älteren Zeiten einer kleinen
Anzahl Förstern oder Waldknechten überwiesen, die aus den Mär-
kem selbst alljährlich gewählt wurden Auf dem Märkerding vor
Ober-Erlenbach, 1491, als Erwin Dogel gelobt hatte, erwählet er
alsbald zwei Merkerknecht, die Jörgen dem Schreiber geschworen
haben, dieweil der Märkermeister den Eid zu staben nicht geschickt
wäre j^dem es doch zu thun gepürt", und Ist gewest einer von Seul-
berg, der andere von Erlenbach. Im folgenden Jahre wird bemerkt
dass die alten Merkerknecbt wieder aufgenommen worden, und hat
der Merkermeister die knecht beeidiget Auf dem Märkerding der
Hohen Mark von 1438 wird auch erzählt „das die merckermeister
knecht und furster betten zu kiesen, der marg zu huden , doch mit
der lantlude Badt*.
Noch im Jahre 1552 war in der Seulb., Erlenb. Mark die Wahl
der Förster dem lantman nicht entzogen. Es heisst in der Markord-
nung dass 2 oder 3 Förster, nemlich einer zu Seulberg, der andere zu
Holzhausen und der dritt unter den Merekem «von den gemeinen
Merckem nechst mitfasten Sontag angenommen und durch den
Merckermeistem bestätigt^^ werden solle. Von jeder Bugen, so der
Forste vorbringt, soll ihm 1 Thornis von demjenigen gegeben wer-
den, 980 die buBsen uffhat^^ Im Jahr 1588 heisst es, dass wenn die
alten Förster wieder darum bitten , sollen sie aufs neu angenommen
werden, sonst soll Ludwig Schedel zu Obern Erlenbach (dock uf
~ 400 —
ansuchen und vorhergehende Pitt) von Märkermeistem angenommen
nnd beeidigt werden. Auch 1590 ist der Förster halben vom Aus-
schuss verabschiedet; dass an gewöhnlichem Ort wenn das Merker-
geding gehalten werde^ zween die zuvor der. Gebühr darum gebeten
angenommen und vereidet werden sollen.
Zu Förstern sollen angenommen werden nicht leichte ^ sondern
ernste und solche Personen welche „einen guten Namen bei den be-
nachparten haben, und in stettiger betrachtung ihrer geleisten ejdes-
pflichten sich mit der Hute vleißig; und im rügen getreulich verhalten
möchten, damit nit etwa durch sie die Diener oder ihren unehrlichen Wan-
del, die Merker unverschuldeter Dingen in Despect kommen, und also
ihr eingeführter Nähme, (sondert rühm zu meld^i) und lob guter
Ordnung und Gerechtigkeit verdächtig gemacht werde/' Wenn
die Förster beim Zechen gefunden werden, solle» sie gefänglich an*
genommen werden. Sie dürfen (1594)- keine bücbsen im Wald .tragen
sondern einen Spieß und „ein klapscbell" daran. — Die Försterwiese
soll verliehen werden, die Förster die Abnutzung davon nehmen.
In der Hohen Mark erhob sich auf dem Mürkerding 1518 Streit^
es beschwert sich der gemein lantman wie die landgräfischen Heintzen
Junghem zu einem Walt- oder Fürstknecht angenommen, und von dem-
selben Gelübde und Eide genommen. . Dies sei wider das Instrument
Der gemeine lantman habe die knecht zu erwählen, dieFürster dem
Märkermeister geloben und schwören sollen. Der Schultheiss von
Homburg giebt vor dass der oberste Waltpott solches zu thun Macht
habe. Der Kellner sei jetzt abwesend, so wolle er sieh mit Absetzung
des erwählten Knechts nicht befassen. Trat der lantman ab, sagte
dann wo Heintz Jungher die Merkermeister und gemein lantman ihn
uffzunehmen bitten würde, soll ihm eine gut antwort werden; und
darauf Heintz Jungher „soUich bitt so balde gethan^^ Aber Jacob
der Schultheiss von Homburg hat ihn sehr gescholten und gesagt: er
solle Urlaub haben, ob er sich also in Sack laß zwingen. (Mglb. £.
29. n\ S. 98.)
Auf dem Märkerding 1521 erneute sich dieser Streit, der Schul-
theiss von Homburg behauptet wieder dass sein gn. Herr der oberste
Waltpott allein zu wählen die Macht habe; er verlangt dass aus
jedem Flecken 2 nach Homburg verordnet würden, da man dann
dieser sach handeln möchte. Aber noch auf dem Märkerding von
1647 werden Förster erwählt, von Ursell, Obersteden, Kirtorff und
zu Rjffenberg, die haben den beiden Märkermeistem gelobt und ge-
schworen.
— 401 —
Eigenthümlich ist die Bezeichniing eines Beamten der Hohen
Mark als „Schreier^. Der Ursprung dieser Bezeichnung reicht in eine
Zeit in welcher nicht viel geschrieben wurde, zugleich aber das Be-
dürfiiiss bestand sich mit einer nicht unbeträchtlichen Volksversamm-
lung zu verständigen^^. In der Mitte des 16. Jahrhunderts wurde
der Schreier, anf Antrag der Hombur^schen Gesandten, zugleich
oberster Förster und reisig, der alle Tag in den Wald ritte und zu-
sehe, dass die Ordnung gehalten werde. Da er sich anders als ihm
aufgelegt halten würde, sollten die gemein Märker ihn abzusetzen
haben, und von ihnen den Märkem ein änderer erwählet werden. Er
wohnte in Oberstedten, war also von dem Waldpotten abhängig.
Schon 1563 zeigt der Amtpian von Eppstein an, der Fürst von
Hessen hab' einen Schreier gen Stedten gesetzt, und flir gut ange-
sehen dass derselbig auch ein Förster soll sem. Die Märker ant-
worteten : die Märker haben Märkermeister und Förster zu wählen,
und sollen die Förster durch die Märkermeister beeidigt werden.
Dagegen protestirt der Amtman. um das Jahr 1578 liess sich der
Keller von Homburg das Amt eines Waldschreiers übertragen, sei es
der Einkünfte wegen oder um allmählig mehr und mehr das Ansehen
des Waldpotten zu festigen. Er gab dies Amt „anderer Geschäfte
wegen^^ auf, snchte um Erlass bei Ihre f. Qu. an; Ihre f.Gn. hätten
einen andern, so zugegen, zu einem Waldschreier verordnet ,,den sie
hiermit den Märkern wollen präsentirt haben'^ Im Jahre 1586 be-
schweren sich die Märker dass dem Schreier die Inmerker zu rügen
zugelassen werde, er solle nur auf die Förster Acht haben, wo nöthig
Anzeige machen. Die Hessischen Gesandten aber halten filr Becht
dass der Schreier auch Inmärker rüge, er sei der Mark zu gute ge-
ordnet; sie wollen nicht zulassen dass vor Einwilligung oder An-
nehmung des Schreiers zum Förster die Haltung des Märkerdings
sollte vorgenommen werden. In der Waldordnung von 1594 soll der
Waldschreier auf die Förster Acht haben, auch selbst zu rügen ver-
pflichtet sein. Im Jahre 1700 werden unter den Beschwerden gegen
den Waldpotten auch aufgeführt, dass der Waldschreier bei Aus-
flihrung des Holzes (für die fremden Waldenser) sagen dürfen,
solches fähre er auf seine Gefahr aus; statt dass er die bei dem
Märkerding verfasste Ordnung beachten solle: deswegen, wenn der
<' Auf der Landsgemeinde der Inneren Boden von Appenzell lässt der
Landamman selbst abstimmen. Anf der weit grösseren Landsgemeinde der
jinsseren Roden versieht der Waibel die Steile eines Schreters.
26
— 402 —
Schreier dies wieder unternähme^ die Mfirker ihm das Schreierbrodt
zu gebeu; oder rügen von ihm zu nehmen, weigern. —
Noch wäre hier bei Gelegenheit der Waldordnung einiges We-
nige über das Recht der Märker an Jagd, Eckern und Fischerei zu
sagen. An anderer Stelle, in dem Aufsatze : die Hohe Mark im
Taunus, ist bereits erwähnt wie 1537 der Oberst Waldpott mitge-
theilt dass Niemand gestattet sei in der Hohen Mark zu jagen , dass
der Adel und die Märker auf das Instrument sich berufen. Dieses
überliess zwar dem Waldbotten, so man die Mark bestelle den
Wildbann zuzuthun, setzte aber hinzu: so ein Waldbott darüber darin
jagte, so solle es darnach über 3 Tagen den Märkem und landtman
auch erlaubt sein zu jagen. Es scheint aber dass der Lantman schon
zu jener Zeit weder besonders Zeit noch Lust mehr zum Jagen hatte;
es waren fast nur die Edelleute die sich dieses Rechtes noch be-
dienten. Anno 1554, am 5. October, schrieb Phil. Landgraf zu
Hessen an Friedrichen von Reiffenbergk: Unser lieber Getreuer; wir
sind bracht worden, wiewol die Inmerker in der Hornberger Mark
weiter nichts als. die Hude und Behulzung in derselbigen Mark be-
rechtigt, dass sich doch etzlich derselben unterstehen Hirsche, Seue
und Wiltpreth ihres gefallens darin, zu schießen, auch daruff eigne
Hund halten. Welches nun keineswegs leidlich, dir auch als jetzigen
Pfandsinhaberh unseres Amts Hombergk indem uns zu Nachtheil und
Abbruch unserer Gerechtigkeit zuzuseen nicht gebüret; Ist deßhalb
unser gnädigstes begehren du wollest den Mitmärkern mit Ernst
untersagen, dass sie sich des Schießens und Jagens in der Hornber-
ger Mark genzlich enthalten und an der Hude und Behulczung be-
gnügigt sein.
Es findet sich darauf weiter (in den actis Mglb. E. 31. IV. Lit
A:) ein Mandat des kaiserL Eanmiergerichts vom 11. Jan. 1566
welches mit den Woi-ten beginnt: Wir Maximilian der ander etc...
dem wohlg. Philipsen, Landgr. zu Hessen, . < . unserm lieben Oheim
und Fürsten, auch s. 1. Schultheissen unsem und des Reichs getreuen
Muel Endressen, Balthasar Eppstein zu Steden schreier, unser Gnad
und alles Guts.
Es folgt nach dieser freundlichen Einleitung dass Graf zuEönig-
stein und Stollberg geklagt, wie er und seine Voreltern von alters-
hero herbracht, welche Zeit der Waldbott in der Hohen Mark ge-
jagt, dass dann nach dreien Tagen er Kläger wie andere Mitmärker
darin zu jagen auch Macht gehabt. Dem entgegen sei Schultheiss
Muel Endres in der Hohen Marck ohngefUhr bis in 50 oder mehr
stark zu Ross und zu Fuss, am 19. Dec. 65 als Graf Ludwig nach
— 403 —
dem Waldbotten auch jagen lasseu^ gewaltsamlich eingefallen und
seinen Jäger genöthigt anzugeloben und handtreuv geben müssen;
ihm auch in die 150 Wildseiler und zwei Bebe gewaltsamlich ge-
nommen. Da diese Pfändung und Handlung unrechtmässig gewesen^
so gebietet das Gericht . bei 10 Mark lottigs Gold .... dass
alsbald nach Verktindung dieses die abgepfändt Wildseil sammt
den zweyen Behem oder den gebührlichen Werth für dieselben,
an des Ort ihr solche abgepfändt, restituirt . . . dazu auch der Kö-
nigsteinische Jäger sriner abgedrungener handgelUbdt, doch alles
uf ein alte gewöhnliche Urphede und Wiederstellen, im Falls her-
nacher mit Recht erkannt würde, relaxirt und ledig gelassen werde.
Es folgen weitere Copien, einmal des Schreibens von Jeremias
Sohne, hess. Kellers zu Bossbach d. 19. März 66, in welchem man
sich erbietet, dem kaiserl. Mandat nachzukommen, auffordert Jeman-
den von wegen des Landgrafen beneben dem Jäger abzufertigen
an den Ort da die Pfändung geschehen; (es war dies auf dem
Henchelheimer Feld unter Brendels Busch) dann weitere Verhand-
lungen über die Form der Urphede. Nach eingetretenem Verständniss
wurden zuletzt die Seile zurückgegeben und für die Bebe vier •
Thaler. —
Schon im Jahre 1578 war wieder Streit wegen des Wildschiessens ;
die Gegenwärtigen vom Adel so in der Mark gesessen, da sie nit alle
beisammen, bitten ihnen Zeit zu lassen, wollten schriftlich antworten.
Schliesslich ist es aber ihre f. gn. „ernstlicher bevelh'' dass sich
maniglich binfüro des Wildschiessens enthalte.
In ähnlicher Weise wurde mit dem Fischen verfahren. Es ist
sehr wahrscheinlich dass in älteren Zeiten ein jeder Märker die Fo«
rellen aus den Waldbäc&en fangen durfte. Es wird der schönen
Forellenbach in der (ausgegangenen) Häucfergemarkung gedacht, ob
solche zu der Mark oder zu Urseller Gerichtsbarkeit gehöre. Schon
im Jahre 1582 aber heisst es am Schlüsse des Märkerdings: der
Oberst Walpode sei berechtigt die Mark zu hägen und zuzuthun, der-
wegen solle sich jederman „des Jagens, läußens und Schießens, auch
fischen und krebsen gänzlich enthalten'.
Auch das Eintreiben der Märker-schweine in die Eckern wurde
mehr und mehr beeinträchtigt zu Gunsten der landgräfischen Schwein.
Unter den verschiedensten Vorwänden, selbst dass der Waldpott zu-
vor jagen müsse, wurde die Ausübimg dieses wichtigen Bechtes auf-
gehalten. Nur allein über das Weiden des Bindviehs theilen die
alten Urkunden keinen Streit mit; es ist im Art. 34 der Ord-
26*
— 40* —
nung von 1Ö94 vorgesehen dass Schweine nur bis Peterstag in Wald
gehen sollen^ verderben dem Bindvieh die Weide.
Als der Wald verödet^ die alten Eicbwälder ausgehauen waren,
hörte das Eintreiben der Schweine wol mehr von selbst auf. An der
Stelle der Eichen wuchs jetzt Gras und so war es natürlich dass die
Viehherden mehr und mehr Nahrung fanden. In älteren Zeiten
waren es besonders Pferde und Schweine die des Mark ers Beichthum
ausmachten. Nur Pferde wurden zum Ziehen gebraucht, wurden im
Walde beim Freveln gepfändet, selten wol Ochsen oder gar Kühe,
die nur die spätere dürftige Zeit nach dem 30jährigen Kriege zum
Ziehen benutzt. Im Jahre 1594 wollen die Niederurseier 205 Schwein
in die Hohe Mark eintreiben; Wendel Hoff, der Märkermeister zu
Oberursel will es anfanglich wehren, entschuldigt sich dann er habe
diese hergebrachte Gerechtigkeit „nicht ausdrücklich gewusst^, sie
möchten in der Hohen Mark auch ihre Stege machen, und ein-
schlagen wie die andern Märker thun. Der Bereiter .meint, wenn
die Nid. Urseler ihren Vortheil verstünden, würden sie zur Mästung
in beide Hohe Mark ihre Steigen ^^ machen.
Gab es keine Eicheln so wurde verboten Steigen zu machen ;
1599 wurde jedem Märker 3 Schwein einzutreiben und ^ein Wehr
zu kaufien" erlaubt ; dem Schultheissen 4. Ein Wehr ist geschätzt
' für 6 ß. Dabei heisst es : die Hirten sollen zulassen ihnen die Säckel
durch die Förster besichtigen zu lassen, damit sie kein Eicheln
lesen. —
Aenderung der Markverfassung. — Bald nach der Befor-
mation und dem Bauernkrieg begann in der Hohen Mark die Macht
des Waldpotten ungemessen zu steigen, während die Bedeutung der
Märker, desLantmans, mehr und mehr dahinschwand. Vorzugsweise
ist. hier einer der Bäthe und Beamten des Waldpotten zu nennen^
welcher diesen Umschwung anbahnte, Dietherich oder Diether Ge-
wend. Er begann im Jahr 1536 das alte Fundament der Markord-
nung zu lockern. Es werden neue Anstalten getroffen „die Ver-
<^ Steige, Stef^e, styge, sttga, ahd. altnordisch; stfa dänisch; stie, stige
vergl. Grimm gram. III. 433. P, 464 In der Hohen Mark werden nnr Schwein*
steigen erwähnt, nicht aneh Schafsteigen oder Hühnersteigen. Das Wesent-
liche bei solchen Schweinsteigen ist das umschliessen und verwahren , nieht
auch das „Steigen*^ Die Steigen sollten sp&ter, am das Holz zu sparen ,. von
Steinen gemacl^t werden; also Trockenmaaem. Kostspielige Steingebände
als Schweinsteigen finden wir jetzt noch im Frankfurter Walde an Orten wo es
kaum noch eine alte Eiche mehr giebt.
— 405 —
wüstang der Mark zu hemmen^. Es sollen 2 glaubwürdige Personen
gekoren; ihnen ein geschickter Sclireiber zugeordnet werden^ die alle
3 dem Waltpotten, Märkermeistem und gem. Märker wegen gebühr-
lich Pflicht thun, ein gemein kisten oder buchsen aufrichten sollen^
die buBsen darin zu sammeln. Solche Rechenmeister sollen aus dem
gemeinschaftlichen Potte belohnt werden ^ der Rest solle theils den
Märkermeistem zufaUen^ theils zum Besten der Mark verwendet
'werden. Auf dem M&rkerding 1537 wurde über die neuen Artikel
abgestimmt; einige Zusätze wurden beliebt^ und „also ein Jar langkh
zu halten^^ besahlbssen. Auf den Tag Johannis des Täufers war
wieder ein Märkerding; das Roden in der Mark solle beschränkt^
geordnet werden^ man konnte sich über die Massregeln nicht einigen;
da drohte Diether Gewend^ es möge solcher Span nicht für sein gn.
Herrn den obersten Waldpotten kommen ^ „dann derselbige würde
etwan anders zur Sachen thun^^
Schon auf dem Märkerding 1541 zeigte es sich welchem Einfluss
die neuen Rechenmeistei*; die auch nach Ablauf des Jahres in Thätig-
keit blieben ; zu folgen hatten. Die Mark sollte bestellt werden laut
des Instruments und der neuen Ordnung ^ neulich aufgericht mit
Rath des obersten Waldpotten. Als die Rügen verlesen worden be-
gehrt Diether dass ein jeder Fleck 2 Mann geben solle, welche zur
Förderung der Sachen neue Märkermeister, wo von Nöthen ordnen
und kiesen sollen. Da begehren die herrschaftlichen Gesandten und
die vom Adel zu wissen, ob der Schaden in der Gemark durch Ir.
Gnaden verursacht, mit Wissen des gem. Märkers oder der Märker-
meister geschehen; ob sein Gn. auch solchen Schaden verbüsset?
Die Forstknecht, zur Rede gestellt, gestanden dass die Bäume gefüllt
worden auf Befehl der neuen Rechenmeister; diese hätten ihnen
verboten solches in die Rüge zu setzen oder zu schreiben, derhalb
sie entschuldigt wollten sein. Die Edelleute hielten Diethem vor,
dass nach dem Instrumente, wo ein oberster Waltpotte in der Ge-
mark Schaden thue, so sei der gemein Märker die verwirkte Bus»
zu geben auch nicht schuldig. Desshalb wäre beschwerlich die Ar-
men zu strafen, wo nicht vermög des Instruments Gleichheit gehalten
solt werden. Diether berief sich auf die neue Ordnung von 1537
nach welcher Ordnung die Rechenmeister Macht hätten zu erlauben
und zu verbieten. Entgegnet wurde die neue Ordnung sei nicht wei-
ter denn desselben Jahres zu halten verstanden worden. Nur die
Märkermeister hätten Befehl über die Mark. Der Keller. wollte hier-
auf einen Ansschuss zu Wahl der Märkermeister bestellen^ die
Gesandten aber den Markgenossen verboten keinen Ausschuss zu
— 406 —
geben. Darauf ,,der weniger Theil* sich verglichen^ die andern dem
widersprochen. Wo er nicht bei dem Instrument bleiben würde, woll-
ten sie die Sach an ihre Herrn und Oberoi gelangen lAsaen. Chri-
stoffel von Hattstein bat Diether Gewend die neue Ordnung fallen
zu lassen, so wären die Märker sämmtlich erbötig die Mark helfen
zu bestellen, wo aber solches nicht statt habe, einen andern gelegen
Tag zu ernennen. Der Keller berief sich darauf dass solche Ordnung
zu Zeit ihres gn. Herrn des Landgraven als der Zeit obersten Wald-
potten mit Wissen des gemein Märker aufgerichtet worden, es würde
vonnöthen sein, dies an Ir. fbrstl. Gnaden als Pfandherrn gelangen
zu lassen. Die Gesandten dagegen brachten vor, es wäre unnöthig
solches an Ir. gnäd. Herrn von Hessen gelangen zu lassen, nach dem
Instrument habe der jeweilige Waldpott Macht ±n handeln, wäre ihr
begehr es an den obersten Waltpotten kommen zu lassen; lieasen
auch sofort durch einen offenen Notarius g^en die neue Ordnung
des Jares 1537 protesliren, ein Instrument zur Noth dürft aufrichten;
vereinigten sich dann auf den 16. Aug. zu Frankfurt im Prediger-
oder Frauenbrüderkloster zusammen ^u treten, zu rathschlageo,
dass das Instrument bei seinem Buchstaben gehandhabt „die neue
uffgericht Ordnung abgethan müg werden^.
Auf dem Märkergeding, Bartholome 1543, waren wenige der
Edlen und Märker, lehenherm und landsydel erschienen, es hat der
Abschied in denen Puncten desshalb das Märkergeding fttrgenom-
men, diesmal hat mögen wirklich voUenzogen werden. Doch ist
der Abschied (wahrscheinlich der von 1536) öffentlich verlesen wor-
den. Es sollen die alten bussen innerhalb 14 Tagen bezahlt werden,
welcher Ort solches nit thäte ^soUe aus der Mark gestossen sein'
bis sie ihr obgemelt Antheil bezalt haben. Solches haben die Ge-
schickten des Waltpoden gewilligt Jeder Fleck sollt bis Michaelis
die alten bussen nach Homburg den Bechenmeistem erlegen; welcher
in verbotenen Wäldern Schaden thäte, den sollen die Förster ver-
mög des Abschieds „pfänden oder nach Homburg eintreiben' ; würde
ein Ort um Hülfe angesprochen werden, so sollte er bei Verlust des
Märkerrechts solch Hilf zu thun schuldig sein.
Auf Sonntag St. Laurentiustag 1544 war wieder Berathschlagung
was auf nächstem Märkerding zu beschliessen : wie es mit den bussen
und dem roden zu halten; die Rechenmeister sollen Rechnung ab-
legen; es soll berathschlaget werden, wie es mit den Rechenmeistern
zu halten sei ; und solle dies dem Instrument ohnschädlich.
auf Wohlgefallniss oder besser bedenken des Waltpotten und der
Mjlrker vorgeschlagen "werden. (Mglb. E. 29. II ^ S. 1 18.)
— 407 —
Anf dem ersten Märkerding von 1545 am 27. Mai wurde ein
Ausachngs gemacht und beachlossen^ derselbe^ solle am 10. Juni in
Homburg zusammenkommen^ nottürfdglich von den Sachen handeln
und wie die Aemter von Neuem möchten bestellt werden. Es hat
hierauf Diether Gewend „die Mark . und den Wald^ sugethan und
verbotten dass kein Mftrker vor dem 10. Juni darin fahren noch
Bauhok darin haben soll „bei Verlierung des Märkerrechts und des
Intriebs^^
Am genanten Tage sind die Gesandten auf dem Bathhause zu
Oberursel erschienen ^ haben das Instrument besichtigt und fünf
Artikel so der Mark nachtheilig geachtet worden bedacht und
gebessert.
Es wäre unb^reiflich wie die Gesandten auf die nachfolgenden
Vorschläge hätten eingehen können ^ da sie doch gerade bedacht
waren eine gefährliche Neuerung des Waldpotten zu beseitigen;
wie sie anstatt einfach die Rechenmeister als Instruments widrig ab>
zustellen ; vermocht worden sind dem Waldpotten ein wol ungleich
wichtigeres Zugeständniss zu machen. Ea ist dies nur in der Weise
zu erklären, dass die ganze Einrichtung und Ordnung der Mark sich
zu einem Vertragsverhältnisse gestaltet hatte , und dass auch zur
Abstellung einer getroffenen Einrichtung des Waldpotten Zustim-
mung nöthig war. Er knüpfte diese Zustimmung an die Annahme
eines Artikels welcher anscheinend zum Besten der Mark gereichen
sollte^ in der That aber das vertragsmässige Grundverhältniss be-
seitigte, den Waltpotten über das Gesetz stellte. Bis jetzt war dieser
durch das vertragsmässig festgestellte Gesetz gebunden wie der
gemein Mark er ^ frevelte er dawider , so zerriss er die Ordnung,
dann war auch der gemein Märker nicht weiter an die gestörte
Ordnung gebunden. Damit wurde gleichsam der Frevel gebüsset,
denn die Ordnung war in beiderseitigem Interesse und Vortbeil
vereinbart worden. In unserii Tagen sucht man die Sicherstellung
der zwischen dem Herrscher und den Unterthanen vereinbarten Ver-
träge darin, dass man den Käthen des ersteren besondere Rechte
und Pflichten überträgt, eine Verantwortlichkeit diesen zuweist.
Die fünf Artikel welche am 10. Juni 1546 in der Vorberathung
vereinbart wurden betrafen: erstens hat der Ausschuss der gemein
Merker in Betracht gezogen, wie der 2. Artikel im Instrument
verfüge, dass der Waltpott die Bestellung der Mark auch halten
solle; so der Waltpott verbreche, dass dann derLantraan so darnach
verbricht, nit büssen solle: derhalben bedacht, obgleich der Walt-
— »08 —
pott** dem Bescblusee der Märker zuwider hauen lieaae^ dafts doch
der gemein lantman aein buss trage. Nach dem 2. Artikel solle der
Märkermeister taidingen und bussen wie der gemein lantman. Der
3. und der 4. Artikel betreffen eine Steigerung der Busssätze. Der
fünfte endlich erleutert die Bestimmung^ dass der Märker auf Erfor-
dern des Waldpotten zu erscheinen habe, solcher Artikel sei nicht
anders dann von einem vollen Märkergeding zu ver&tehen, und soll
sich niemand entschuldigen, es beneme ihm dann Herrn oder
leibsnoth ''^.
Weiters ist dann nach diesen Artikeln „uff beider Waldpotten
Gesandten" begehr zu Förderung und Hegung der Mark bedacht
worden, dass ein Schreier zugleich oberster Förster und reisig
wäre, sodann weitere Massregeln wegen Köhler, Bauholz, Boden
U. d. HL
Diese obgemelte Puncto sind der Mark zu gute durch den Aus-
schuss bedacht, doch allen Artikeln des Instnunents onschädlich, ein
Jahr lang zu halten und „zu versuchen, vollends uf gemeinen
Beschluss der Mark er zu mindern, zu neuen oder gar abzutun".
Neben des Ausschuss Bedenken haben dann die Geschickten der
Erb- und Pfand - Waltpotten vorgeschlagen es sollten 4 glaubhafte
Personen ernannt werden jede Woche einen Tag in dem Wald sich
finden lassen und Aufsehen haben. (Mglb. E. 29. II ^. S. 1 19.)
So wurde anscheinend der grösste Eifer an den Tag gelegt die
Mark durch zweckmässige Anordnungen zu bessern; es häufen sich
auffallend die Berichte über Ausschusstage, während der gemein
Märker zur Seite geschoben wurde. Bereits am 30. Juli desselben
Jahres 1545 war wieder ein Ausschusstag um eine Ordnung in dem
Wald, die Hohe Mark genant, aufzurichten; es sind ^etlich Merk er'
zum Ausschuss erfordert, die haben nach gemelt Ordnung im besten
bedacht und abgeredt doch uff mitbewilligung hochbedachts Für-
sten unsers gn. Herrn, und wolgemelts Grafen zu Eönigstein auch
unsers gn. Herrn*^, zum ersten : dieweil zu Versehung der Mark und
Annelimung der Merkemieister Irrung eingefallen, und der weniger
teyl der Merker uf diesem Tag erschienen, deshalb sie sich solcher
irrung nit vergleichen mögen, und doch der Mark Notturfft erfor-
^? Die Worte: „oder die Seinen zu Homburg*' sind durchstrichen
v<* Auf dem M&rkerding von 15 IS haben sich die Reiffenberger ,,vernoit-
botten"* lassen, dies der Schul theiss von Oberursel dem gem. landtman zu er-
kennen geben hat, wiewol der von Hompnrg das nit gestehn wolt. (Mglb. E.
29. IIb. S. 99.)
— 409 —
dert ^in der Eile bestellung zu thtm^^ so hat der AusBchuss im
Namen aUer Märker diesmal erjbeten Jungker Johann Brendel den
jttngem von Homberg, als einen vom Adel der Mark gesessen ^ und
neben ihm „Diethern Ö-ewend als ein eingesessnen Merker, und an-
derer gestalt nit^^, also dass die beede von gemeiner Merker wegen
sampt und sonder zwischen den künftigen Pfingsten Märkermeister
sein, und unsem gn. Herrn Waltpoten darüber gebürlich Pflicht
thun sollen. So war der Wolf zum Hirten gemacht, oder der Bock
zum Gärtner gesetzt Freilich wurde sodann auch hier vor gut an-
gesehen, dass uff Verbrechung des Merkermeisters ein gleiche Poen
gesetzt sein solle, dass er gleich einem andern Merker taidigen und
büssen solle, auch sein Antheil an den gemeinen Bussen verwirkt
haben, und seines Amts entsetzt sein solle; weiter folgen dann ver-
schiedene Artikel welche Strafen schärfen, das Holzholen erschwe-
ren, die gewesen Eechenmeister sollen Rechnung thun, die alten
bussen einbringen. Diese Puncto seien, so heisst es, der Mark zu
gutem geordnet, den Artikeln im Instrument onschädlich, bis zu
nächstem Märkergeding also zu halten und zu versuchen. Es waren
zugegen bei dieser Ordnung von wegen des Fürsten zu Hessen,
Diether Gewend, Amtmaa zu Homberg; von wegen Königsteins als
Pfand Waltpotens, Philips Rjffenstein, Amtm. zu Ursell; von wegen
Solms der Kellner z.Bedelnheim; von wegen Hanau,Era8mu8 Stejndecker
Keller zu Hanau; von w^en des Stamms Brendel, Johan Brendel
der Elter von Homberg desH. Beichs Burggraf zu Friedberg, Joh.
Brendel der jünger von Homberg; von w^en der Stamm Bjffenberg
und Hattotein der Pfarref und der Schultheiss zu B7£PSenberg; dann
Wilhelm von Bommersheym und N. N. von Praumheym, endlich von
wegen der Stadt Frankfurt Justinian von Holzhausen; Joh. Völker
der jünger, und G^org von Bellersheym Amtm« zu Nidern
Irlebach.
In den Akten E. 29. HL 7 finden sich aus dem Jahre 1546 Auf-
forderungen der Märkermeister Joh. Brendel von Hombergk und
Diether Gewend, Amptman, an dieAmtleude, Schultheissen, Bürger-
meister und guten Freund, sie sollen, vermög nächst ufgerichter
Markordnung ihre Mitbürger anhalten nach Homburg auf das Rath-
baus zu kommen» ihre bussen zu taidingen.
Ueber das im Jahre 1547 am 2. September gehaltene Märker-
ding wird berichtet: Auf des dnrchl. Fürsten und Herrn Phi-
lipsen Landgrafen zu Hessen, Grafen zu Katzenelnbogen als diesw
Zeit obersten Waltpoten ausgegangnen befehl an den wolgebomen
H. Ludwigen Grafen zu Stolbergk und Königstein , nemlich
— MO —
dass Se. gnad boU das Gehök der -Mark „ssu Abbruch der Pfand-
verschreibung^ nit veröhsen lassen ^ sondern Einsehens haben dass
solich geböltz und Hude versehen werde; aber mitler Zeit die gewe-
sen schwinden Eriegslenft zugetragen^ dass solichs ordentlicher Weise
nit hat geschehen rnttgen, demnach der Waltpott habe Märkerding
berufen lassen , daselbst mit Bat der Mei'ker und lantmans beschlos-
sen: sub 1 und 2 werden Märkermeister und Forste erw&hlt und
▼erpflichtet; sub 3 findet sich die Bestimmung dass wenn Jemand
gegen Förster sich zur Wehre stelle^ sollen die Förster den Waltpotten
oder die Märkermeister; oder die nächsten Flecken oder Dorff
um Hülf ansuchen; diese bei V^lust ihres Markrechts schuldig sein
zu helfen; die Ausmärker sollen in Homberg und nirgends anders
eingetrieben werden ; die Merker aber mögen nöthigenfalls auch in
8tedten; Ursell, Eirtorfi* oder Rjffenberg eingetrieben und angenom-
men werden. Zum 4. sind nachfolgende Artikel des Instruments uff
diesem tag „mit gemeynem rat erklert worden'^; nemlich also: wi«-
wol das Instrument im 2. Art. ausweiset; dass der Waltpott Bestel-
lung der Mark; wie die jährlich geordnet wird, auch halten solle;
so ist doch demselbigen Artikel ein Poen angehengt; die „den Mer-
kem und Wald zu beschwerlichem Nachtheil gereichen mag^; nem-
lich: So der Waldpott verbricht; sollt der Märker oder lantmau; ob
der darnach auch verbreche; nit büssep. Aus solchem Anhang sind
viel Bügen hinterhalteU; und die Mark „dadurch^' merklich besche-
digt; und ist „daraus^^ gefolgt dass dem Waltpotten und lantman
bisher keine Rechnung geschehen. Ist auch weiter gefolgt dass die
Merkermeister; Bechenmeister und Forster ihrer Belohnung ,auch
die Wirt ihrer geborgten Zerung^ bis uff diesen tag nit bezahlt sind,
äolich Unordnung und Mangel zuvorzukommen ist ^ejntrechtig be-
schlossen^: obgleich der Waltpot zu ire gn. zimlichen notturfft dem
jerlicben beschluss zuwider im Wald Holtz hauen würd oder hauen
Hess „dafür doch der gemein mercker untertheniglich bitt; auch hofl%
solichs geverlicher und beswerlicher wjse nit geschehen söUe^; so
sollt doch der gemein Merker und lantman ihre verwirkten bussen
tragen; und sich Verbrechung des Waltpotens nichts zu behelfen
oder zu weigern haben. Der Unterwaltpot oder bevelhaber; oder ein
Merkermeister soll wie ein anderer Merker bestraft werden. Es wer-
den dann auch hier die bussen geschärft und bestimmter gefasst,
auch weil „in vielen Jahren^ kein Rechnung geschehen; beschlossen
dass dies jetzt geschehen solle ; die Obrigkeit solle dafür sorgen;
weiter solle das Eintreiben und Pfänden der Merker; Pferd und
Wagen zugelassen werden; wer sich widersetze solle gefänglich an-
_ 4H _
t
genommen werden; endlich wurde Verftlgnng wegen der Hege ge-
troffen. Zum Schlüsse heisat es, diese Bestellung sei bis eu dem
nächsten Märkergeding zu halten, doch so dass dem Instrument hier-
nnt ^nichts benommen oder abgezogen sei, in keine Wege, sonder
Geverde*. Auf Pfingsten 1549 wird dem Cronburger hof zu Ober-
heokstatt, so verfallen und abgegangen^ kein Beheizung mehr ii| der
Mark gestattet, sonst, soll ,,die Ordnung im 47^° Jahr u%ericht in
andern Artikuln und Puncten festiglich gehalten wordenes Auch im
Jahr 1550 „soll die Ordnung im Jar 1547 durch die Gesandten des
obersten Waltpoten und die gemeinen Merk er uffgericht auch flirter
gehalten und dero gelebt werden^. Ausgenommen wird der Artikel
„halben des Holzgebens, tlber welchen die Merker nicht einig. Dess-
halb ist dieser Artikel uff diesmal ufgeschlagen^. Auch 1551 wurde
beschlossen die Artikel wieder zu halten; zugleich ist bemerkt, ds«s
die Abrechnung der bussen noch nit gescheen.
Es beginnt in der Mitte dieses Jahrhunderts eine GesetzgdHing^
Periode in der Mark, welche sich darin gefallt bis in's kleinste über
alles zu beschliessen , Satzungen zu häufen, stets neue Artikel den
Markordnungeu beizufllgen. Zugleich aber wurden die Gewalthaber
gewöhnt, mit Geringschätzung auf das alte Recht herabzusehen ; das
Römische Recht wurde möglichst in alle Verhältnisse hereingezogen,
ihm gegenüber stand der 3färker rathlos da. Von grossem Gewicht "
war die Abfassung der Gerichts- und Landordnung der Grafschaft
Solms und Herrschaften Münzenberg etc. ans dem Jahre 1571. Sie
wut'de Yon Johan Fichard, dem gelehrten Syndicus, verfasst, und
spricht den vornehmen Uebermutfa der Lehrer des Römischen Rechts
in Beziehung auf das einheimische Recht und der vaterländischen
Verhältnisse an gar vielen. Stellen aiu. In der Einleitung heisst es:
Wir Philipps Graf zu Solms etc. thun kund . . wiewol die kaiserl.
Satzungen und Rechte in dem h. Rikn. Reiche allenthalben an-
genommeni worden . . so haben wir doch daneben befunden, dass
der gemeine Mann mehrentheils eines gemeinen unbeschriebenen
Landbrauchs ^so von alten Zeiten in unsem Ghafsohaften . . einge-
schlichen^, bis daher sich gehalten; welcher aber, ob er wol in
etlichen Puncten und Sachen den Rechten und der Billigkeit auch
nicht ungemäss, und derohalben ihm dem gemeinen Mann ohne Zer- ,
rüttung schwerlich zu entnehmen, doch des mehrentheils unrichtig,
ungleich, disputirlich, . . auch wol ihm selber widerwärtig ist. Es
gebühre der von Gott gesetzten Obrigkeit oberzählte Beschwerlich-
keiten abzuschaffen, Landbräuche in eine Gewissheit zu bringen. In
der ersten Abtheilung, der Gerichtsordnung, wird das Verschieben
— 412 —
an die Oberhöfß abgeBtellt. .Es sei der Btauch bei den ITutergerich-
ten, dass die der Partheien Geld genommen ^ und sich bei andern
Gerichten als Oberhöfen Raths und Rechtens erholet „wir aber be-
finden dass dieselben Oberhöfe der Sachen und des Rechtens gleich
so wenig, etwa auch weniger, Verstands gehabt^', den Partheien also
grosse Unkosten aufgelaufen' Die Appellationes, so heisst es dann
weiter; sollen von dem Gericht an die Herrschafk allein „darin dasel-
bige Gericht gelegen . . des Orts, als dann die Herrschaft ihre Hof-
haltung hat; mit ausdrücklicher derselben Herrschaft Benennung . .
geschehen. In der zweiten Abtheilung wird von den Landrechten
gehandelt; es heisst daselbst in der Vorrede: Nachdem neben den
Landrechten . . . auch allerlei Missbräüche mit der Zeit eingeschli-
chen und eingewurzelt; dermassen dass dieselben anders nicht, als
zu Recht gehalten; auch darauf in den Gerichten erkennet und ge-
urtheilet worden: welches dann Airnehmlich aus dem hergeflossen;
dass die einfllltigen Schöpfen an den Untergerichten etwan von den
Alten ; von Fällen; und wie es mit einem und anderm gehalten wor-
den gehöret; solches aber zum Theil nicht recht eingenommen, und
zum Theil nicht recht verstanden haben, auch oftmals aus einem Fall,
so mit Reell t erörtert worden, demselben nach einem andern so doch
derselbige dem vorigen nichts allerdings gleich; sie aber den Unter-
schied als ungelehrte Leyen nicht merketf noch verstehen können,
geurtheilt haben; da doch nicht eben den Exempeln nach, und wel-
cher Gestalt zuvor erkennet worden; sondern dem nach, was Recht
ist, soll geurtheilet werden.
Li unseren Tagen hat sich der alte Kampf um das Recht wie-
der erneut. Wohl miissten die deutschen Juristen bei den Römern
erst in die Schule gehen, bevor sie das eigne angei^tammte Recht
zu geistiger Freiheit und zu höherer Auabildung bringen konnten.
Aber auch die Gesetze der Sprache wurden beachtet, bevor sie zum Bc-
wusstsein erhoben waren ; die Gesetze des Denkens wurden im Leben
angewendet, bevor eine Logik dieäe Gesetze begriff, das Recht wurde
bewahrt und geschirmt, bevor die Jurisprudenz die juristischen Ge-
danken darstellte, getrennt von unmittelbarer; iiK^vidueller Anwen-
dung; es wurde angewendet, wenn schon die Richter es nicht wis-
senschaftlich begriffen '^
Es. ist anzuerkennen dass Fichard in sehr zweckmässigen Bei-
spielen die Unterscheidungen darzulegen sucht welche das gebildete
»» Blunlschli, Staats- u. Kechtß^'esch. d. St. u. K. Z. I. S. VII. S. 59.
— 413 —
Römische Keoht schon längst in scharfer Begränzung au%e8teUt hatte,
aber besser wäre ea noch gewesen ^ wenn er das ans den Sitten und
den Verhältnissen der Bewohner erwachsene Becht fortzubilden und
auszubilden gesucht hätte^ statt es auf die Seite zu schieben oder
zu verbieten. Das ist aber ein Vorwurf der nicht dem einzelnen
Gelehrten gilt, sondern seiner Zeit. Uns freilich iBt es leicht aus den
Folgen, die jetzt vor Augen liegen^ das Verderbliche des Unter-
nehmens darzulegen.
Eine Fortbildung und wissenschaftlichere Behandlung des gelt-
enden Volksrechts mag damals wol Bedttrfniss gewesen sein. Rechts-
grundaätze^ die aus der Tiefe der nationalen Sitte hervortreten, diese
werden voik jedem verständigen Individuum erfasst, und mit grösserer
oder geringerer Klarheit und Sicherheit befolgt werden; aber bei
gesteigerter Manichfaltigkeit der Lebensverhältnisse und deren g^en-
seitigen Beziehungen, erfordert die richtige Anwendung der Rechts^
grundsätze eine. fortgesetzte Aufmerksamkeit, eine mehr ausschliess*
liehe Beschäftigung mit dem Rechte ^^.
Beeinträchtigung der Märker. ^- Zwei Gegenstände wa-
ren es in der nächsten Zeit welche die Beamten des Waltpotten vor-
züglich im Auge behielten um die Macht ihres Herrn in der Mark
zu erweitern, die Aufrichtung von Zöllstöcken, und die Beschränkung
des Schweinetriebs der Märker. Aus dem Jahre 1566 oder 1567
findet sich eine „forma der merkere bedenkens, doch uff Verbesserung
ir^ obrikeiten, ob also an den Fürsten in Hessen zu schreiben sei^.
Es wird darin zuvörderst dem Fürsten gedankt dass er durch seine
Gesandten zu hinlegung des Zwiespalts so sich zwischen den 2 ed-
len Stämmen von Reiffenberg und Hattstein gegen den gem. M^rker
diesRcits der Höbe viele Jahre erhalten, beigetragen habe. Dann
zeigen die Märker an dass der gewesene Waldschfeier etliche ZoU-
stöck in die Höhmark auf die Strassen gestellt, als ob man in der
Mark, die doch der Märker rechtlich eigen, einen Zoll zu geben
schuldig sei, welches gar ein neues und nit erhört. Sie meinen der
Waldschreier möchte dazu keinen befehl gehabt haben, bitten S. f.
Gn. wolle verschaffen dass solche zoUstöck aus der Mark gethan
würden. Am 22. Mai 1567, auf dem Märkerding, waren wie zu er-
warten gewesen, die ZoUstöck noch nicht entfernt ^wollen die Mer-
ker uff diesmal öffentlich darwider protestirt haben, uff dass Inen
'> Beseler, Volksrecht und Jaristenreeht, S. 117.
— 414 —
kein Bchail derenhalb entstehn mög^^ Im Jahre 1580 wenden sicti
die Märker abermals an die Herrdchafien um Rath und um Abhülfe ;
auch diesmal ohne Erfolg. Vier Jahre später, am 22. Sept 1574,
las der Kellner ein Schreiben des Landgrafen Ludwig auf der Aö
vor Ursell : dieweil sich nicht gebühre, daas die Märker der Honi-
burger Mark mit ihren Scliweinen eh und zuvor eintreiben lassen,
der Landgraf habe denn zuTor gejagt; so sei dessen befehl, dass den
Märkem das Eintreiben der zahmen , Schwein untersagt sei, bis so
lang der Landgraf die Schweinhatz yerrichtet habe ; „welches dann,
geliebts Got, sehr bald geschehen wird^'. Die Märker haben darauf
wieder beschlossen, dass jede Parthei ihrer Obrigkeit dieses Verbot
zu wiflsen thue, ihres Raths darüber untertheniglich bitte. Mglb. E.
5^9. III. 74. ^
Dem Rath wird am 19. Oct 1574 dessbalb eine Schrift über-
reicht, in welcher zuerst der ZoUstöc^e gedacht ist, alles Protestiren
sei vergeblich gewesen, man habe nur mehr andere Beschwerungen,
so wegen des Schweineeintreibens. Die Märker hatten nämlich zu
Ehren und Wohlgefallen S. Gn. sechs Tage über die gewöhnliche
Zeit eingestellt; inzwischen schriftlichen Bericht an Sr. Gn. abgehen
lassen, da die Eckern schon gefaUen, vieles aus dem Wald getragen
worden. Als keine Antwort gekommen, hatten die Märker einhellig
ihrem Gebrauch und Gerechtigkeit nach instellen wollen, es hatte
aber der Kellner zu Homburg das ganze Amt au%eboten und bei
nächtlicher Weil eine grosse Anzahl Volks mit wehrhafdg Hand,
mit Hunden und mit Trommen in die Mark gefüret, den Märkern
die Schwein zurückgehalten und in den Wald nit wollen treten las-
sen. Darnach hat der Keller den Märkem entbieten lassen, er wolle
ihnen das Einschlagen nit ^ Jagens halber verwehren, sondern der
unerlegten bussen und unbezahlten Wirthe halben. Dieweil aber die
Bussen den Keller nichts angehen, so haben die Märker sich ent-
schlossen, ihr Vieh einzuschlagen und sich daneben dermassen zu
stärken, dass sofern der Keller sie abennal mit Gewalt zurück-
treiben wollte, sie ihr Vieh dock in den Wald bringen möchten. Der
Keller mahnte abermals sein ganzes Amt auf, die Mitmärker (die
Homburgischen nämlich) welche sich im Walde in ihren Rüstungen
haben sehen lassen, vermochten aber nichts wider die Märker aus-
zurichten, doch sahen sich diese gemässigt ihre Schwein mit etlichen
bewehrten Mannen, nicht ohne grosse Gefahr und Versäumnias ihrer
Nahrung, in die Mark zu treiben.
Eine weitere Beschwerde liegt in dem erwähnten Akten-Fascikel
S, 57 ; sie ist von dem Schultheiss, Burgermeister und Rath zu Ober-
— 415 —
ursel gegen den Kellner von Homburg gerichtet. ,,Un8ern Gruss in
gutem Willen^^; so beginnt sie, ,,£rnbaffte, gute freonde und nach-
bar^'. Der KeUner habe oft und viel Holz in der Mark gehauen
ohn alle Erlanbniis^ keine bnssen gegeben noch gethaidigt Viel
Hole habe er aua der mark nach Frankfurt ftahren lassen. In et-
lichen Jahren habe er keinen Markschreier verordnet „sondern will
selbst Markschreier sein, nimt auch des Waldschreiers Belohnung^
aber er dienet den Märkem nit^ sondern ist ihnen zuwider^^ Er habe
innerhalb 4 Wochen zween Märker mit ihren Leiben, zween Pferden
und einem Wagen voll Wellen gen Honjtburg in Haft geführet ohn
alle Verschuldung.
Auf dem Märkerding anno 1578 berichtet der Geschickte des
Waldpotten^ dass die Märker vorigen Winter die Schwein in Wald
getrieben ehe die Jagden volnbracht, die von Obemursel sich ge-
lüsten lassen mit gewehrter Hand, buxen und Spiesen in die Mark
zu laufen, Ihrer f. gn. Kellner und diejenigen so bei ihm gewesen
anzufallen, zu sehlagen und zu schiessen unterstanden ; einer dessen
Namen aufgezeichnet wäre, habe dem Keilner die buxen auf den
Leib gehalten, ihn auch vielmals einen Schelmen gescholten; die
Schwein habe man mit Gewalt wieder in die Mark getrieben, deren
sie hoch gefrevelt; derwegen solches zu verbUssen schuldige wie denn
auch Ihre £ Gn. befohlen denen von Ursel deswegen 4000 Thaler
zum Abtrag abzufordern, mit bedrohung da sie solche in kurzer Z^t
nit erlegen dass Ihre f. Gn. verursacht würden nach den Thätem zu
greife, sich bei Ihrer Hoheit und Gerechtigkeit handzuhaben. Es
wären auch Ihre f. Gn. bericht worden dass die Märker sich ver-
einigt hätten, wo der Kellner wieder die Schwein abtreiben wörde,
alsdann mit dreien Schfissen losung zu geben, einander zuzuziehen
und dem Kellner mit Gewalt zu begegnen. Da weiten Sie die märker
gewarnt haben, nit zu fernerem Ohnwillen Ursach zu geben. Die
„hohe Obrigkeit und AngrifF^^ stehe in der Mark niemand anders zu
als Ihr f. Ghi. Der Amtman zu Königstein habe Ihrer f. Gn. Keller
zu Homburg „thätlicher landtfriedenbruchigerweiß^ auf Ihr. f. Gn.
„Grand und Boden^^ angegriffen, denselben anzugeloben gedrungen,
dass er sich zu. Königstein stellen und seinem gn. Herrn einen Ab-
trag thun solle. Daran gedachter Amtman höchlich gefrevelt Noch
anderes über das Wildschiessen wurde vorgebracht. Darauf haben
nach langem bedenken die Märker eine Antwort gegeben: Sie be-
danken sich dass die Herren Wilhelm und Philips Landgrafen zu
Hessen „als obristen Waldvogt der Homburger Marck'^ sich gnädigst
erboten die Märker bei ihrem Herkommen zu schützen ; sie hätten
- 416 —
von Alters her jedei-zeit ihre Schwein den nächsten Tag nach Mi-
chaelis eingetrieben ; auf des Kdiers bitten hätten sie 8 Tage mit dem
Intrieb gewartet; als sie noch 8 Tage hätten warten sollen^ wäre ea
ihnen nit zu thun gewesen. Ausmärker^ auch der Keller^ wären in
den Wald gefallen das Eckern aufsulesen; durch geschwinde Kälte
sei das übrige zu schänden gangen. Da sie nun die Schweine ein-
getrieben, sei der Keller sammt etlicher andern von Hombui^ mit
Drummen und Pfeiffen in die Mark kommen, habe die Schwein zer-
streut, verjagt, vertrieben. Die Oberurseier, besoi^ der Keller würde
ihre Schwein gen Homburg eintreiben, seien hinausgeloffen, dem
Keller wehren wollen; sie seien nit geständig dass sie an denselben
Gewalt gelegt; derwegen auch kein Abtrag zu erstatten schuldige
vielmehr der Keller zu verbüssen schuldig sein solle.
Nach solchem hat Philips Wolff von Pfraumheim, Amtman zu
Königstein erzählt, dass der Keller von Hombuig seines gn. Herrn
Unterthanen unverschuldeter Weise gefänglich angenommen und ge-
pfändet ; da er nun gedachten Keller auf seines gn. Herrn Grund
und Boden angetroffen, habe er ihn zu Bede gestellt, und als er ihm
mit trutzigen bösen Worten begegnet, sei er verursacht worden „die
Faust von ihm zu nehmen, dass er zu Königstein erscheinen, und
sich bei seinem gn. Herrn dieser Sachen halben • klaglos machen
wiU^. Er bat den Augenschein einzunehmen.
Es brachten dann die Märker ihre Klagen vor dass Zollstöck
in der Mark errichtet, die doch der Märker eigen sei; der Keller
hab auch etUchen Märkem den Zoll abgefordert, ihnen Vieh und
Wein genommen. Ebenso haV derselbe im Walde gerichtet und
gepfändet, was nur den Märkermeistem gebühre. Endlich hab' er
in dem gehegten Walde und auch an den' Strassen gehauen und
desshalb keine Straf geben wollen.
Hierauf antwortete der Canzler Nordeck : Soviel die von Ober-
ursel belange, weiten sie den Märkern nit bergen dass Ihre f. Gn.
und Herrn albereit etliche Zeugen verhören lassen, welche viel an-
ders ausgesagt, derw^en sie von ihrem begehrten Abtrag nit abzn-
stehn wussten. Er drohte dass die „Fürsten aus Hessen^^ die Thäter
greifen und in Haft einziehen liessen. Belangend des Amtmans
Entschuldigung, wollten sie den Augenschein einnehmen ; es hätte
doch dem Amtman nit gebührt Ihrer f. Gn. Kellner ^des Reichs
Constitution und dem Landfrieden zuwidder^^ handfest zu machen
sich an fremden Orten zu stellen, wussten demnach von begehrtem
Abtrag nit abzustehen. Dass die Märker abgeschlagen mit ihren
Schweinen bis 14 Tag nach Michaelis mit dem Intrieb einzuhalten
— 417 —
befremde sie nit wenig, dass sie solches Ihre f. Gn. zu Ehren nit
gestatten möchten, wollten demnach die Märker noch einmal erinnert
haben solches zn bedenken, Ihro f. Gn. wollte die Eckern durch die
Ihre verhüten lassen. Soviel aber der gemeinen Märker Gegeuklag
belange, da wüssten sie nichts von den Zollstöcken, viel weniger
dass den Märkem einige Schadlosverscfareibung zugesagt worden,
fraget demnach der Herr Canzler den Keller von Homburg, ob er
etwas davon wüsste. Dieser antwortet darauf, es wäre nit ohn, dass
Hans Koch auf der Märker Anhalten dieselbige vertröstet, dass er
bei Ihrof. Gn. deswegen Anmahnung thun wolle, verhoffenlich ihnen
solche Schadlosverschreibung solte zugestellt werden. Dabei es der
Herr Can^bler bleiben liess. Weiter zeigt er an, er wisse nicht dass
der KeUer einigen Märkem .den Zoll abgedrungen. Es wurden aber
alsbald zween fürgestellt, deren dem einen Zoll vom Wein, dem an-
dern nit aHein Zoll vom Vieh abgenommen, sondern der auch ge-
pftüid und gestraft worden war. Solches ^dieweil es die fstl. Ge^
santen nit verantworten konten, namen -sie solches an, Ihrem gn.
Fürsten u. H. zu vermelden"^ Das eingenommene Bussgeld verant-
wortet der Keller, er habe von gemeiner Mark wegen allerlei aus-
geb^i, wolle derwegen Rechnung thun. War aber nit gestendig dass
er in gehägten Wäldern noch an der Strassen Holz gehauen, sagt
er möcht den gern sehen, der ihn solches in Wahrheit zeihen
dörfte. Die Märker antworten dass sie auf B'artholpmä sich ferner
erklären wollten Nun erst fand die Wahl der Märkermeister statt;
dann wurde der Förster halben ausgerufen, ob Jemands wäre der
sich dazu wolt gebrauchen lassen. Als sich zween anzeigten, ruftoi
etUch aus der Gemein, man solt die alten behalten und „nit mehr
Dieb und schelmen machen^^ Dab^ es blieben. Der Waldschreier
aber rief überlaut, man sollt auch die Märkermeister anhalten, dass
sie einmal Bechnuug thäten, denn er habe viel Märkermeister ge-
sehen, aber keinen der so ehrlich gewesen dass er Rechnung gethan
hätte. fiS erboten sich aber die zween Märkermeister dass sie als-
bald weiten Rechnung thun, mit der Bitte dass man sie des Amts
erledigen wolle. Man liess es aber dabei bleiben, und sind die hes-
sischen Gesandten auf den Augenschein mit dem Amtman nach Kö-
nigstein gezogen. (Mglb. E. 29. III. 60 ff.)
Wozu diente nach solchen Vorgängen alles Drohen der Märker,
dass sie „an gepürenden Orten rechtlich ihrer Notturft nachzusuchen
und keineswegs zu ersitzen lassen^^ gedächten und wozu konnte
das Abfassen neuer Ordnungen dienen, wenn das Vertrauen in die
Rechtlichkeit der eignen Beamten erschüttert war?
27
— 418 -
Auf dem Märkerding 1583 ttbergab Jost Vestenberger, der Kel-
ler; eine neue Ordnung der Mark ob die Märker dieselbe annehmen
wollten. Die Märkermeister anlangend befinde der Waldpote dass
dieselben bisher ihren Eiden und Pflichten nicht nachgekommen^ die
Königsteiner begünstigt; es sollen zwei andere Märkermeister er-
wählt und umgewechselt werden, doch dem Waldpoten seine Stimme
in der Wahl frei behalten .werden. Die Bussen sollten sogleich nach
geschehncr Rüg zu Ursel bezahlt werden, spätestens 14 Tag danach
zu Homburg. Wer dies versäume solle für AusiAärker erklärt^ vom
Waldpot gepfändet und selbst sein Ort angehalten werden können
das Pfand einzutreiben^ bei Verlust des Markrechts. Ausmärker die
gefrevelt sollen mit Ruthen ausgehauen werden^ damit den Dieben
und Frevlern gewehret. Statt der alten Strafen für das anstecken
und schädigen der Mark solle unbestimmte Strafe nach Erkenntniss
des Waldpottens und gemeiner Mark er angesetzt werden. Auf des
Kellers Bericht erwidern die Märker^ dass sie ein gut alt Instrument
haben^ dabei sie bleiben wollten ; des Kellers Bedenken stellen sie
den Hauptflecken zu, darüber zu berichten; sie setzen dem neuen
Vorschlag ihre Beschwerden entgegen, die nicht berücksichtigt wor-
den; sie bringen sie abermals zur Abhülfe an ihre Landesherm.
(Mglb £. 29. III. S. 83 ff.) Der gravamina sind es jetzt 19 dem
obersten Waldtbotten von den vom Adel, Burger und Landtman ge-
meine Märcker erwehnter Marck überschickt. Zuerst werden auf-
geführt die ZoUstöck; dann die Verhinderung des Schweine-Ein-
triebs ; das eigenmächtige Holzhauen ; das Verkaufen von Brennhoks
aus der Mark; das Einschlagen einer übergrossen Zahl von Schwei-
nen zur Mast; das Pfönden und Einziehen der beiden Märker; das
Einziehen eines Oberurselers in der Mark ^fremden unmarklichen
Sachen halber^^ ; das Anrichten neuer Wildhecken und das Ausbauen
dreier grossen Wildplätze ; dass er die Müller zu Homburg und Ste-
den ungebüsst hauen Hesse; es folgen verschiedne Beschwerden we-
gen der Jagd; auch dass das Hundehalten beim Vieh verboten; dass
die Förster und der Schreier, die Markdiener, zu den Jagden ge-
braucht werden; dass die Unterthanen des Amts Homburg angewie-
sen worden in der Mark Eichen-Pfäl zu reissen und zu überliefern;
dass diese desshalb weder ^ingerugt^^ noch die Busse vertheitigt oder
dazu angehalten worden; auch dass diese Unterthanen ihr Gkbühr
Unkostens zu Anbringung dieser Beschwerungs-Puncten nit contri-
buiren^ weil solches durch ihre Obrigkeit verboten worden. Georg,
Landgrav zu Hessen entschuldigt sich hierauf ^dass er des gemuets
nit wer den beamten ichtwaß so der Markordnung zuwider zu ver-
-r 419 —
\
statten" ; er sei erpietig zufolge »einer beschehnen Erklärung eines
gewissen Tages mit ihnen zu vergleichen den Geprechen soviel mög-
lich abhelfen zu lassen. An schönen Worten hat es in der Welt nie
gemangelt. —
Auf dem Märkerding, Mitwoch den 25. Mai 1586 kam die Sache
weiter zur Verhandlung; es waren erschienen von Seiten des Wald-
potten Hans Hermann von Bußeck, gen. Mönch ^ Oberamtm. zu
Darmstadt, Johannes Pistorius fürstl. Bath* und Greorg Vestenberger,
Keller zu Hombergk. Sie mahnten sich einer Markordnung auf das
künftige Jahr zu vergleichen. Die Zahl der Artikel ward bis zur
Zahl 66 gemehrt. Auch auf diesem Märkerding herrschte der Un-
friede^ die Märker wehrten sich gegen die Bezeichnung der Mark
als der ^Homberger Mark^', sie weigern sich dass der Umgang der
Mark auf der gemeinen Märker Kosten allein geschehen solle, sie
verlangen dass Rechnung abgdegt, die Besolutiones auf ihre Be-
schwerden schriftlich übergebeb werden. Die hessischen Gesandten
weigeam sich dies zu thun, sie wollen aber so ^^beschoydenlich und
verständigt die vorhalten/ repetiren und lesen, dass sie wol darauf
antworten könnten; Rechnung der Märkermeister müsste vor den
hessischen Käthen und dem Ausschusse geschehen nicht vor dem
Märkerding. Weiter wollen die Märker nicht zulassen, dass der
Schreier auch auf die Frevler Inmärker Achtung geben solle, zum
Forster könnten sie ihn nicht zulassen, denn die Mark mit vieren
sei genüg versehen. Sie dringen schliesslich darauf dass zu Haltung
des Märkerdings geschritten werde, sonst wollten sie. Märker, ihres
Theils femers verrichten, soviel der Mark nöthig und dem Instru-
ment gemäss sei. Die hessischen Gesandten erwidejrn, dass sie nun
abermals gehört, Ifde Ihren gn. f. u. Herrn Maass und Ziel gesetzt
und mit Spott und Hohn abgewiesen werde; wollten pro testiren dass
vor Einwilligung oder Annehmuug des Schreiers zum Förster das
Märkerditig gehalten werden solle ; sie drohen die Mark sei churpfkl-
zisches Lehen, (wie er Hans Herman Mönch das bei seiner ^adelichen
Ehre^ könne affermiren). Endlich heget der Keller das Märkerding,
die Bugen werden verlesen, Märkermeister erwählt, die alten Förster
wieder „verglübdt^' and es ermahnt der hessische Bath Pistorius
Merten den Schreier von Obersteden j^alles so er in der Mark bei
Ish oder Ausmärkern rugbar finden würde zu merken". (Mglb. E.
29. m S. 125.)
In den Akten Mglb. E. 29. fV. S. 19 findet sich ein Bericht,
als auf der Märker Schreiben um Abschafiung der zur Mast in die
Höhmark eingeschlagenen landgrevischen schwein, Landgraf Georg
•27 -•
— 420 —
ZU Darmstadt, Dienstag den 3. Nov. 1590, durch den Oberamtman
zu Darmstadt den beiden Märkermeistern zu Homburg hat vorhalten
lassen: sie wären dem oberstenr Waldpotten und Herrn der Mark
mit Aydt und Pflichten zugethan, ein Schreiben zu erlassen gebtlhre
ihnen nit Sie erwiderten dass sie keiner hessischen Pflichten gestSn-
dig, sie hätten allein geschworen der Mark treulich für zu sein, die
zu versehen und zu schirmen. Der Ober-Amtman berief sich auf das
Instrument: wenn Eckenf in der Mark Waiden wäre so sollten die
Märker Ordnung machen, wieviel ein Waltpott, sein Märkermeister
und andere sollten eintreiben , es könne hieran nit hindern dass ihre
f. Gn. kein Rauch in der Mark halten, dann solches sei nit dem
Herrn sondern den andern MärRera geordnet. Er vness auf frühere
Vorgänge hin, der Waltpott werde sein jus nianuteniren, sei nit ge-
meint die Sau gar abzuschaffen. Die Märkermeißter erwiderten, es wäre
in der Mark also hergebracht, dass zu Mastungszeiten einem Keller
zu Homburg anstatt des Waltpotten erlaubt würde so viel Schwein
zuzutreiben als der zu seiner Haushaltung bedürftig; behielten den
Märkern ihre Gegen Notturft bevor.
Am 21. Juli 1606 kamen die Abgeordneten von Mainz, Solms,
Hanau, Ysenburg und Frankfiirt, wie auch Phil. Wolff von Praun-
beim in Oberursel zusammen zu berathschlagen was fürzunehmen;
ob den turbationes zu begegnen init der That und erlaubter Gegen-
wehr, oder mit rechtlichem Process, oder aber vermittelst gütlicher
Handlung. Nicht lange zuvor war bei der Irrung über die Beholzi-
gungsgerechtigkeit der Burgsitze zu Petterweil und zu Nied. Erieu-
bach dieselbe Frage schon bei Rath verhandelt worden. Es hatte
pämlich Graf Solms um die Freilassung seine» ihhafdrten Bürger-
meisters von Petterweil zu erleichtern, den Schultheissen von Holz-
hausen, den Bürgermeister von Ober-Erlenbach und einen Unter-
thauen von Köppern zu Nid. Willstadt verkundschaftet, gefangen
gesetzt und nach Assenheim geführet Bei Kath wurde damals vor-
gebracht (30. Juni 1605) ob nicht auch die Thätigkeit an die Hand
zu nehnien, wie Solms gethan ; ob nicht auch einer aus den Märkern in
Verstrickung zu nehmen, und so lang bis E. E Baths Unterthanen erle-
digt, darin behalten, oder aber ob diese Sache rechthängig gemacht wer-
den solle. Man hatte befunden dass mit solch thätlich er Handlung nit viel
sonderlich ausgerichtet, wohl aber dadurch allerlei Unwillen erregt
worden; es mochte gütliche Handlung zerschlaigen, GegenpfUndung
veranlasst werden. Man hatte nochmals an den Landgrafen geschrieben.
Auch diesmal hielt man dafür dass das zuerst vorgeschlagene
Mittel möge auf die Länge zu schwer werden, dem Herrn Land-
— 421 —
grafen auch leicht zu weiteren Eingriffen Ursach gegeben werden.
Das zweite Mittel sei auch langwierig und beschwerlich; jedoch die-
weil besser wäre über 30, 40, 50 oder mehr Jahr dasjenige wozu
mfo befugt^ der Nachkommenden zum besten, zu erhalten, als es ver-
loren zu geben, -so- solle solcher Weg an die Hand genommen wer-
den. Zuvörderst möge noch an den Herrn Waldbotten zu schreiben
sein, weil bei dem jetzigen Landgrafen solche gravamina noch nicht
vorgebracht worden; dameben sollen die Märker zu gebührender
Handhab und Defension ihres Herbringens, und andrer Gestalt nit,
sich gebrauchen. Es wurde ein advocatus bestellt und ein director
causae in dem Epzbischof von Mainz erbeten. Wegen der Kosten hat
man vor gut angesehen dass dieselben aus der Märker Vorrath, son-
derlich wenn derselbe etwas erstarke, angewiesen würde. Die Klage
betreffenden Registraturen und Archive sollten nach Königstein
eingeschickt werden.
Der Beschwerden der Mark er werden jetzt 22 aufgeführt, dar-
unter die ZoUstöck, des Kellers eigens Gefallens Beheizung, die
Herrichtung einer* grossen Wildhecke einer Viertel Meil Wegs lang,
das Aushauen und öd machen dreier grossen Wildplätze so etlich
100 Morgen einhalten; nach dem Instrument gebühre den Märkem
„drei Tage zu jagen" doch werde sobald gejaget der Wildpann
sanunt fischens und krebsen« Gerechtigkeit zugethan; weiter das
Verbot der Hunde, die Mastschwein des Waldpotten, das Hauen auf
der Strassen, der Missbrauch des Schreiers und der Förster zur
Jagd; weiter dass der Waldpott die Hohe Mark als Pfälzisches
Lehen angedeutet, seine Gewalt so deute als solle er allein und
absolute zu disponiren, zu gebieten und zu verbieten haben ^ und
eine sondere Oberkeit über die Märker zu suchen sich unterstanden.
Er habe die Märker zur Wolfsjagd antreiben lassen, und Inmärker
geftLnglich angenommen von der Mark abgesonderter Sachen willen.
Aus dem allen bitten die Märker ihre Obrigkeit ihnen nothdürfti^e
Handbietung zu erweisen und gütlich oder zu rechtlichem Austrag
verhelfen zu woUen. (Mglb. E. 29. IV. S. 50).
Die mitgetheilte Klag kommt dem Waldpotten fremd für, da sie
bei ihm nicht das geringste gesucht, welches doch billigst hätte ge-
schehen soUen, auch die Beschwerungspunkte zum Theil aus den
Zeiten seines Vaters und Grossvaters herrührten; er habe schon
erklärt dass sich seine väterliche Gnaden mit den Märkem aller
Billigkeit nach vergleichen wollten. Der gravaminum wegen solle
Bericht eingezogen werden, Erklärung solle folgen dass die Märker
mit Fug nichts sollen zu klagen haben.
— 422 --
Auf dem Märkerding am 27. Mai 1607^ nachdem der SchultheiBs
von Erlebach und der Rittmeister von Homburg, Brendel,, zu Märker-
meiBtera erwählt worden, erklären die hesBiBchen Käthe: die Märk^
hätten sieh an die Begierungen gewendet „da doch diese mit der
Märker Sach durchaus nichts zu thtm^^. Sie müssten glauben dass die
Beschwerden ^nicht aus der samptlichen Marker bevelh und begem,
sondern aus etlichen Particular- Personen, welche zu Verwiggelung
der Herrschaften mehr, als zu nachbarlicher Einigkeit luBten trügen'^,
hergeflogen seien^^ Die wesentlichsten Beschwerden seien schon
widerlegt und nicht dagegen replicirt worden.
Der Obrigkeiten Gesandten nach einem kurzen Abtritt in's
Schützenhaus widersprachen dem allen, sie hätten für ihre bedräng-
ten Unterthanen intercedirt wie es Herkommen sei. Dabei sie's für
diesmal bewenden lassen „weilen sie. weiters nit instruirt^. Als hie^
mit der Convent auf der Aue dissipirt, hat man sich im Schützen-
haus verglichen wieder zusammen zu kommen.
Hühnburgs wiesen, — Es mag hier noch eiaer Irrung gedacht
werden welche der Waltpott in seinem Interesse auszunützen suchte.
Sie betraf ejne in der Hohen Mark gelegene Wiese bei dem Enden-
pfiiell, auch die Hünerburgswiese genannt. In einem Bericht aus
dem Jahre 1592 (Mglb. E. 29. I.) bemerkt hierüber der Urseller
Schultheiss: es habe der gewesene Stadtschreiber in Ursell, Niclas
Schönwalt diese Wiese zeitlebens in Händen gehabt, seines Dienstes
wegen von derselben keine Beede gegeben. Nach seinem Ableben
hätten die Erben die Wiese Johann Beckern, Einwohner zu Stein-
bach für fl. 120 verkaufet. Auch dieser habe die Beede nicht ent-
richten wollen, wesshalb der Oberamtman zu Königst^in den Erben
auferlegt die Wiesen wieder einzulösen, und an solche Leut zu ver-
geben von welchen man die Beede ohne Streit erhalten möge. Dem
Becker sei das ausgelegte Kaufgeld sammt Besserung und Kosten
angeboten worden. Anfangs habe er eingewilligt, dann sei er zurück-
getreten, habe sich an die hessischen Beamten zu Homburg gehenket,
die erkläret dass die Wiesen zur Höhmark gehörig sein sollten,
ihn wieder eingesetzet. Becker habe sonach die Wiesen gemähet,
das Heu zu sich geführet. Desshalb habe ihn der Königsteiner Ober-
amtman zu Oberheckstadt auf seinen Gütern annehmen und ge-
fänglich nach Königsteiu führen lassen. Die Beamten zu Homburg
7^ „Wühler'* würde man jetzt sagen.
— 423 —
aber haben darauf eine Zusammenkunft der Märker ^ mit ÄussclilusB
der Uraeller, auf das Bathl^aus zu Homberg bescbeiden lassen, da-
selbst den Schultbeissen von Ursell des Härkermeister-Amts entsetzet,
einen andern beeidiget, die Gemeind zu Ursell zur Ausmark erken-
net, mit der Bedrohung des Pfandens, Fahens und Eintreibens wo
Menschen oder Vieh aus Ursell in der Höhmark betreten würden.
In Folge dieses Beschlusses wurde den Ursellern in der That
eine Heerde Schaf sammt dem Hirten nach Homburg eingetrieben;
der churmainzische Oberamtman Gemaud von Schwalbach frug bei
Bath an, ob dies mit seiner Zustinmiung geschehen? Dieser antwor-
tete ausweichend: in diese fremde Sache mische er sich nicht, werde
sich an das Instrument halten. Der Schultheiss zu Bonames, Bar-
tholomaeus Hildenbrandt, zum Bericht aufgefordert bemerkt, dass
der Canzler zu Darmstadt die Hauptflecken und Ausschuss entboten
den Augenschein einzunehmen; die ältesten Märker hatten ausge-
sprochen dass die streitigen Wiesen zur Mark gehörten; er, Hilden-
brandt, habe sich als ein ankommend , neuer Märker entschuldigt,
man möge die Alten fragen. Uebrigens deuche ihn in seinem ein-
fliltigen Verstände, die Wiesen würden nit d^hero, fast mitten in die
Mark, geflogen sein. Der Märkerausschuss habe den Urseller Schult-
beissen seines Amtes als Märkermeister entsetze^, weil er dem ober-
sten Waldpotten und den Märkern einen Eid gethan^ der Mark treu-
lich vorzustehn, dieselbe zu schützen und zu schirmen, demselben
aber zuwider gelebet Die Schafe seien eingetrieben bis der gefangne
Mitmärker seiner Verstrickung entlediget sein würde.
DieUrseller suchen nun nachzuweisen, dass alle Wiesen obendig
Ursell gelegen von unvordenklichen Zeiten her zu königsteinscher
Obrigkeit gehörig und Privat possessores zuständig gewesen. In
Ursell seien die Wehrschaften am Gericht ergangen, durch das
Urseller Gericht seien die Schiedsteine gesetzt worden. Bei Absou-
derung der Mark von den ^eroiden gtttem^^ im J^hre 1547 seien
alle diese Wiesen dem UrseUer Gericht zugestaiuet, die von der Mark
abgesonderten Güter jedem Gericht ruhig im Besitz gelassen wor-
den. UrseUer Bürger müssten noch Beede und Schutzlohn für Wie-
sen die zur Obersteder Gerichtsbarkeit gesteinet worden, dorthin
abgeben. Die strittigen Wiesen seien von der Höhmark selbst durch
14 oder l5 Stjcine abgesondert, sie seien von. Becker eingelösst wor-
den, dieweil dieser darin noch nit gewähret und sich fest machen
lassen. Auf ungegründet Erkenntniss etlicher junger unerfahrener
in Marksachen, der Schultbeissen der 4 übrigen Markhauptflecken
sei Becker in die Wiesen wieder immittirt worden ; . die Beamten zu
— 424 —
Homburg und iiit die Märkermeister hätten eine Zusammenkunft der
Märker zu Homberg^ wider den klaren Buchstaben des Markinstru-
ments, unverhört ihrer^ der Urseller; angestellet, den Märkermeister
utiverhört des Amts entsetzet , die ganze Gemeind zu Ufsell zur
Ausmark erkannt^ solch nichtige Händel durch den Waldschreier
ihnen verkündigen lassen, endlich eine.Heerd Schaf- Vieh ,,zur Un-
nachbarchaft^ durch etliche Obersteder abtreiben lassen. Es sei den
Ursellem bedenklich gewesen „diesseits der iandwehren^ ^* zum Augen-
schein zu folgen, ohne ausdrücklichen Befehl der churfllrtl. Obrig-
keit über die strittigen Wiesen zu disputiren. Sie gedenken des aus-
gegangen königstein'schen Dorfes Hausen, zu welchem die stritt
tigen Wiesen gehört; es sei früher ein eigener Wildschütze von
Ursel auf das aus der Mark in die Waldwiesen tretende Wild gebal-
ten worden, und ein besonderer Hüter zu Versehung der Forellen-
bach. Frevler die darin betreten, seien von ihrer derUrseller Obrig-
keit bestraft worden. Am 15. März* 1587 als ein Bürger in Ursell
ein stück Wild in dem Oberhäuser Grunde geschossen^ in den
Wiesen um den Albansbrunnen gelegen, hätten die Märker entschie-
den dass, weil die Güter abgestainet seien, man es dabei belassen
solle. Die Homburger Beamten hätten vorgegeben, dass die Abstei-
nung bloss darum geschehen sei, dass künftig von der Mark nichts
weiters solle abgeroidt werden; allein die Märker bestätigten dass sie
nit anders wüssten, denn dass die Absteinung der Mark von den
geraidt gutem geschehen vor kräftig solle gehalten werden.
Am ^^/%8. Juli desselben Jahres 1592 protestirten darauf die Ur-
seller feierlichst vor Notar und Zeugen wegen vorhabend Entsetzung
wohlhergebrachter Gerichtsbar- und Obrigkeit auf den zugesteiuten
Waldwiesen, wider die Beschlüsse des Märker Convents und die
Ausschliessung der Gemeind zu Ursell aus der Mark.
Die beiden Märkermeister protestirten ihrerseits weil der strittige
Grund und Boden in die Höhmark gehöre, den Märkern eigenthüm-
lich sei, die „hohe Obrigkeit aber und was - derselben anhängig'^ dem
Landgrafen als obristen Herrn und Waldpotten zustehe. Dieser sandte
seinerseits einen Notar nach Frankfurt,' weil auf das, für die 556
abgepfändeten, nach Frankfurt verkauften Schafe erlösste Kaufgeld,
von den Ursellern ein Arrest geschlagen, Process ausbracht und
erlangt worden ; die Decision gehöre vor den Obristen Waldbotten ;
er protestire, damit an habender Oberherrlich- und Gerechtigkeit in
der Hohen Mark nichts präjudicirlich eingeführt werden möge.
7^ Also ausserhalb des Waldes und der Competenx des Waldpotten.
— 425 —
Die MärkermeiBter hatten begehrt dass zu AusflLhrung deren
zwischen dem Landgrafen und den Oberursellern angefangener
Rechtfertigung ein jedes Hausgesess 4 1^» erlegen solle. Der Bathzu
Frankfurt ebenso wie der Graf zu Solnas widersprachen demi, den
Märkermeistem käme es nicht zU; für sich eine Schätzung aufzu-
legen, sonderlich da der Nutzen' der bussen piincipaliter dem Widd-
potten concemire. Es wurden weil die 4'^ nicht entrichtet worden
den Flecken Pommetßbeim , Stierstadt; Weyßkircheu; Kalbach^
Harheym^ Vilbel, Kirdorff, der Gebrauch der Höhmärk verbotten,
kein Bauholz ihnen gefolgt.
Im Juni 1593 wurde auf einem Märkerding ön besondere Um-
frag gehalten, es begehrten die Urseller sie zu bescheiden ob die
Märker die von Ursell für Ausmärker hielten; die Märker sich dess-
halb besprochen, haben dem Schreier eine Umfrag zu thun gerufen,
welcher bereits gen Oberursell geritten gewesen. Man habe einen
Boten nach ihm geschickt, inmittelst aber der Sachen ein Anfang
gemacht und eines jeden Meinung, welche ein jeder Fleck durch
seinen Schultheissen öffentlich und laut ausgesprochen, angehört und
aufgezeichnet Es habe sich befunden dass die Märker einhellig sich
erklärt die Oberursler bei der Mark zu belassen. Es ^ei dies alles
geschehen mit dem ausdrücklichen Vorbehalt, dass dadurch weder
dem obersten Waldpotten an deroselben Gerechtigkeiten, noch auch
dero zwischen Iren f. Gn. und dem Herrn Churfllrsten von Mainz
am kaiserl. . Cammergericht schwebender Rechtfertigung nichts be-
nommen sein sollt
Auf einem ausserordentlichen Märkertag, am 10. Juli 1593,
bemerkt der Canzler zu Darmstadt, die Oberurseller seien zu Hom-
burg fbr Ausmärker erkannt, aber am Pfingstmitwoch wieder zur
Mark zugelassen worden; solches einander zuwider laufen thäte.
Die Abgeordneten mit allerseits Unierthanen erklärten: die Zulassung
sei erfolgt, weil die Ausschliessu^g praecipitanter und ohne Bedacht
geschehen, auch nicht auf der Au, und nur durch die Hauptflecken
^ohne .Vorwissen . derselben Obrigkeit,' die «ie in solchen wichtigen
Sachen pillich ersuchen sollen^. Die hessischen Gesandten gaben
hierauf zu verstehen dasis die Wiesen quoad utile dominium Privat-
personen zuständig seien, es solle der Beed halber kein Eintrag
geschehen, allein das directum dominium gehöre zur Mark, per con-
aequens die Jurisdiction dem obristen Widdpotten. Es sei gleich
anfangs in dieser Sachen* ein grosser Missverstand gewesen.
Montag den 11. März 1594 wurde der Streit wegen der Process-
kosten erledigt; es sei vornemlich hier um die Jurisdiction zu thun;
— 426 —
■
dicweil durch den Herrn Erzbischoff Proceas ausgebracht sei; aia
würde Herr Landgraf solche Sach gegen den Erzbiach offen auf seine
Kosten; ohne Zuthun der Märker auch wol auszufuhren wissen ; mit
welcher Bemerkung man allseitig zufrieden war. Darauf wurde
am 22. Mai auf der Auen ein neuer Märkermeister gewählet Der
Schultheiss und Schreiber von Homburg gab die erste Stimm f)ir
Wendel Hoff den Schultheissen von Oberursell; welchem die anderen
Märker alle gefolget und ihre Stimme gegeben; worauf der Canzler
erkläret: er wüsste im Namen seines Fürsten imd Herrn ihn, Wendel
Höfen ; nit vor ein Märkermeister zu erkennen ; viel weniger zu be-
stätigen; man solle einen andern wählen. Die Märker aber beriefen
sich darauf dass sämmtliche Märker die von Oberursell als Mitmärker
anerkannt; begehrten dass dem Instrument nachgekommen werde.
Auch die anwesenden Abgeordneten waren der Meinung dass man
nit vorüber könne ; sondern es dabei müsse bleiben lassen; da nicht
vor der Wahl die Einrede geschehen sei. Wendel Hoff wurde von
dem Cauzler; jedoch unter Widersprechen und Frotestation einge-
setzet und beeidigt. Ein Versuch die Irrung wegen der Wiesen in
Güte beizulegen; misRlang auch diesmal; Mainz hielt fest an der
Oberherrlichkeit und der Beed; die Märker wollten mit der hohen
Oberkeit nichts zu thun haben ; aber auch keine Entschädigung
zahlen; der Waldpott wollte weder auf die Oberherrlichkeit der
Wiese verzichten; noch seinerseits Entschädigung zahlen. So erging
am 16. Jan. 1Ö95 endlich vom Beichskaznmergericht zu Spöier ein
Urtheil im wesentlichen des Inhalts: Es sei in des h. Reichs Consti-
tution; insonderheit anno 1555 zu Augsburg uffgerichteten Abschied
geordnet; dass kein dem h. Reich immediate unterworfener einen
andern; gleichmässig demselben unterthan oder dessen Unterthanen
pfänden oder fahen solle; der Churfürst sammt der Gemeind zu
Uhrseil hätte in den anno 1547 von der Hohen Mark abgesteinten
Wi^en alles und jedes was der Obrigkeit anhängig sein möge her-
bracht; dergestalt dass die abgesteinte Bezirk gen Uhrsell verbeedt,
verschätzet und darüber Wehrschaft gegeben; die Schiedsteine durch
die Uhrseiler Gerichtsschöffen gesetzt; die possessores solche Güter
als ihr eigen und nit als Markgüter kauft und verkauft; — dass doch
dessen alles ohnanges^hen Johann Becker, Hanauischer Unterthan
zu Steinbach; wegen nit entrichteter schuldiger Beed und angestif-
teter trutziger Verweigerung anbefohlener Wiederlösung erkaufter
5 Morgen Wiesen; auch sonsten schimpflicher Verachtung angekünd-
ter Gebot durch Sr. Lbdn. Schultheiss zu Oberhexstadt; aus Befehl
dero Amtmans zu Köuigstein zu gefänglich haften gebracht worden;
— 427 —
— dero Lbd. zagefahren und durch Ihro SchultheisB und Schreier zu
sieden ; in ohnzweiffeliger Ubrseller Weidgangs district^ etliche
Tag durch Johann Mandeln uf der Lauß halten ^ und endlich
675 schaf gewaltsamlich abpfanden^ nach Homburg in Gewahrsam
treiben y daselbsten einestheils verschmachten^ die übrig um ein ganz
geringes ; nemlich vor 390 fl. acht Schilling den Frankfurter Metz-
gern verkaufen^ den Werth der gemelter Uhrseller Bürgerschaft vor-
enthalten lassen : — hierumb so gebieten wir Dero Liebden von
Bömischer kaiserlicher Macht bei Poen zehn Mark lediges Golts,
halb in unser kais. Kammer, den andern halben Theil Sr. unser
Churf. Lbd. zu bezahlexi; und wollen dass dieselben D"; Lbdn. ohne
Verzug das abgepfändt Vieh oder den billigen Werth dafür restitnire
. . Wir haischen und laden auch D? Lbdn auf den 30^° tag
bemelter Insinuation . . selbst oder durch einen vollmächtigen An-
walt . . zu erscheinen, Iren hierin geleisteten Gehorsam gebürlich
anzuzeigen.
Der 30jährige Krieg. Wenn auch schon gegen das Ende des
16 Jahrhunderts die Verfassung und das Recht der Hohen Mark
wesentliche Beeinträchtigung erfahren hatte, so machte doch erst der
unselige Bürgerkrieg, welcher im Anfange des 17. Jahrhunderts
Deutschland so schauderhaft verwüstete, eine gedeihliche Fortent-
wickelung der Markenverhältnisse unmöglich. Der 30jährige Krieg
hat den edlen Stolz der Bürger und Bauern gebrochen. Kaum kann
weiter noch von einem Rechte in der Hohen Mark geredet werden,
denn an die Stelle des Rechts war die Gewalt getreten; die alten
Formen sind geblieben, aber der Geist ist nicht mehr darin Noch
ist die Hohe Mark der Märker eigen, aber sie haben in ihrem Eigen-
thum nichts mehr zu sagen; ihre Stinune wird kaum mehr gehört;
die Obrigkeiten treten für sie auf, mehr um das eigne Ansehen, die
eigne Herrschaft zu wahren, als um das gekränkte Recht der Untere
thanen zu schützen; aber auch die Thatkraft dieser Regierungen ist
gebrochen, der kecke Uebermuth spottet ihrer. Die Berichte welche
der Abgeordnete des Raths zu den Märkerdingen, der Landbereiter
Johannes Zeundel zu der Zeit einschickte, zeigen welclies Interesse
man damals an den Märkerdingen nahm, und was die Mark er von
den Regierungen zu erwarten hatten. Er berichtet am 9. Juni 1652
dass zuerst die Busse verlesen sei, dann „die büße Häuser und
Dächer gereutt und in 14 Tagen die büßen zu dättigen zu Hum-
burg".
— 428 — -
m
Auch im 16. Jahrhundert war berichtet worden dass etliche Wölfe
in der Hohen Mark sich sehen liessen. Die Schultheisse von Dürkel-
weil und Bonamese fragen am 6. Dec. 1598 bei Rath an^ der oberst
Waldpott habe den Märkem zu erkennen gegeben „nottürftig ge-
rtklH^ zu erscheinen und die stell- und jagden verrichten zu helfen.
Diejenigen so sich lygehorsamlich einzustellen bedacht"; sollen schrift-
lich Bubscribiren. (Mglb E. 29. III. S. 157.) Der Rath benahm sich
mit den Befehlhabem von Hanau^ mit dem Amtman von Königsiein
Gemaudt von Schwalbach, und mit dem Solms'schen Kellner zu
Beddelnheim, welche vor solchen Neuerungen warnen^ andeuten
wohin solche neuerliche An^ge zuletzt geratlien. Darauf wiess der
Rath die Schultheissen an, sie sollten solche begehren an die ordent-
liche Obrigkeit weisen.
Im Jahr 1644 sollen Nieder Urschel und Dörkelweil auf dem
Märkerding gestraft werden weil sie, wie der Landbereiter Zeundel
berichtet; nicht wegen der Wolfsjagd zu Humbiirg erschienen seien.
Aehnlich erging es den Märkern der Seulburg Erlenbacher etc.
Mark. Es beschwert sich in einem Schreiben d. d. 29.' Febr. 1648 Qraf
Johann Augustus zu SolmS; Herr zu Münzenberg und Sonnenwaid an
Frau Margarethen Elisabetha Landgräfin zu Hessen, es seien auf den
Befehl bei den Wolfsjagden zu erscheinen; nach dessen Verpleiben
Förster aus der Höhe nach Homburg geflinglich abgeführt worden;
er verlangt dass sie freigelassen werden; man sei bereit; nach Be-
grüssung der competenten Obrigkeit; d^i Unterthanen die Verfolgung
der schädlichen Thiere zu befehlen^ Landgräfin Margaretba Elisa-
betha; Wittib und Vormundiu; schreibt am 13. März 1648 dem Rath:
sie wundere sich wie derselbe in die Gedanken gerathen sich in
fremde ihn gar nicht concemirende Sachen zu mischen und fremden
Leuten in ganz ärgerlichen; strafbaren Vernehmen beizufallen. „Was
wir mit den widersinnigen Petterweilem zu thun bekommen, das
habet ihr nicht zu verantworten noch zu vertreten^. Hätten die
Märker sich zu beschweren; sollten sie es bei ihr zuvörderst suchen
und Resolution erwarten ; sie habe das nachbarliche Vertrauen; dass
der Rath seine Unterthanen zu gebührend beigebrachter; auch ihnen
selbst nutzbarlichen Schuldigkeit anwdse.
Der Qraf zu Solms wandte sich wieder an den älteren Bürger-
meister Hieron. von Stalburg wegen der vorgenommenen; thätigen
Hin wegschleppung seiner armen Unterthanen zu Peterweil; in billiger
Verweigerung ungeziemender Wolfsjagden. Die Landgräfin aber ant-
wortet auf das gütliche Schreiben desRatbs: dass früher die Mark er
zu Wolfsjagden verbunden gewesen; sie könne vor diesmal; bevorab
— 429 -
vermöge Vormünderpflichten zu ConBervirung aller herbrachten Rechte
eidlich verbunden, ohne Vorwissen der sämmtliehen interessirten
Fürsten und Landgrafen zu Hessen in das Begehren so blösslich nit
willigen. So haben scheinheilige, fromme Worte zu allen Zeiten hel-
fen müssen selbstsüchtige Handlungen zu bemänteln.
Auf Lätare 1648 sind vom Herrn Keller zu Homburg ^im Nah-
men ihrer Fürstl. Qn. als oberster Waldbotin^^ den gesammten Märk-
ern Fragen vorgehalten „aber von Niemand beantwortet worden^^:
Was die Wahrheit sei dass Ober- und Nieder-Erlenbach bei ihrer
Obrigkeit geklagt hätten?
Warum sie nicht zuvörderst ,bei I. f. Gn. als obersten Waldbo-
tin, welche ihnen auch gebott anlegen lassen, geklagt hätten?
Ob I. f. Qn. als Waldbotin der Mark oder den Märkem jemals
etwas zuwider gethan, das ihnen schädlich gewesen?
•Wer die Märker jemals darzu gezwungen, zum Wolfsjagen?
Hierauf antwortet Schultheiss zu Holzhaussen: er meint, sie
müssten es thun „dann die WöUf lifGui ja bald in die hoff, e£ wöhre
in andreß dran gelegen, alß den andern Märkern, dann die Leute
hätten gut sagen, sie legen weit vom Walt, wir aber sind dem
Wald zu nahe gesessen^« Femer wird gefragt:
obdie Leut nit gutwillig zum Jagen erschienen? aber keine
Besolution erfolgt, „außerhalb daß der Schultheiß von Nieder-Erlen-
bach geantwortet, sie plieben bei irer Ordnung^^
Hierauf gab der Kellner wieder zu vernehmen dass nit alles in
dem Listrument begriffen, sondern „vor ohnge^hr 20 Jahren^' eine
neu Ordnung gemacht und verbessert; darauf der Schultheiss von
Nieder-Erlenbach erwidert: es werde aber keines Wolfl^agens darin
gedacht.
Ein Erlass der Landgräfin vom 2. März 1649 belehrt uns wie
der Märker jetzt dem obristenWaldpotten gegenüber steht. Es werden
Schultheiss, Bürgermeister und ganze Gemeinde zu Petterweil gefragt,
was wegen des den 22. Nov. 1647 angestellten Wolfsjagens, darauf er-
folgter Verbrechen und Frevel, zu erinnem wissen. Sie hätten nicht
ihre Schuldigkeit gethan, seien zur Bezeugung ihrer Widersetzlich-
keit mit Geschirr und Ochsen des Tags Brennholz zu führen sich
gebraucht Die Widersetzlichkeit und den Trotz könne man nicht
dem „ganzen fUrstlichen Hause Hessen ohn sonderbares Praejudiz
und Nachtheil ohngestraft passiren lassen^. Die Petterweiler sollen
am 2. April zu Seulberg erscheinen sich zu entschuldigen, oder nach
Befinden zu verbüssen. Als der Schultheiss Johann Leichner den
Nieder-Erlenbacher Schultheissen angeredet,^ was er sich deshalb
— 430 —
bedünken Hesse; hat dieser den Märkenueister Burck auch angeredt^
gefragt, was er dann dazu sage, ob er denn still -dazu schwiege; wo-
ruff der Holtzhäuser Märkermeister geantwortet: j,^j wer wird sieb
au solchem Orth widersetzen, hätten die Petterweiler einen Mann,
2 oder 3 geschickt, wie andere auch^ so hätte es keine Noth gehabt^^
Der Ober-Erlenbacher Schultheiss aber hätt' unterm Gespräch mit
diesen Worten herausgelassen: man hätte vorm Jahr ihn gerne in
Straf bringen wollen, da er doch nur mit ohngeiähr 3 Mannen allein
zum Wolffsjagen gegangen, indeme aber seine Nachbarn gesehen
dass die Nieder-Erlenbacher so stark herankommen, so weren seine
Nachbarn uf dieselbige um 25 Personen weiter nachgefolget. Weiter
habe der Ober-Erleubächer Schultheiss gesagt, er wäre damals zu
Petterweil in Johann Eckarts Haus bei vorigem Schultheissen Bal-
thaser Laissen gewesen, welcher bei der Aufforderung geantwortet:
„Sie möchten jagen oder nicht, es wäre morgen Waldtag, sie führen
in Waldt".
Zwei Petterweiler waren in Folge der Weigerung und Wider-
setzlichkeit ein Vierteljahr in Haften gehalten worden; flir die auf-
gewandten Unkosten wurde Restitution begehrt, eingeschlagene
Mastschweine gepfändet, fl. 100 Unkosten und fl. 50 Straf verlanget
Nicht nur Wölfe, auch andere Gefahren bedrohten zu der Zeit
die Hohe Mark. Am 18. April 1645 erging ein Erlass von Hom-
burg, da zum öffcem in der Hohen Mark Brand entstanden, solches
nun überhand genommen imd durch wenige Wehr nicht gelöscht
werden mag, hat die durchl. hochgep. Fürstin und Frau, Frau Marg.
Elis. Landgräfin zu Hessen etc. Obriste Frau und Waldbottin, . . in
Gn. ernstlichen und bei fl 10 Strafe anbefohlen, dass jeder Mark-
schultheiss seine Untergebene mit allem Ernst anhalte, dass sie mor-
gen Tags Zeit zu Oberstedten „mit gewöhnlichem Feuerwehr" er-
scheinen, und da dem Brand zu wehren sich als redliche Märker
gebrauchen lassen etc.
Im Jahre 1663 beriethen sich die [Regierungen, ob die Grenze
begangen werden solle, weil viel Klagen wegen der hessischen Ein-
grifi*e eingelaufen. Eine Vorstellung der Märker wiess darauf hin,
wie der Umgang immer auf dem Märkerding beschlossen worden,
nicht erst von den Regierungen berathen; der Umzug sei nöthig
weil so lange keiner gehalten, der Freiherr von ßeifienberg Hoch-
würdigen Gn. einen Markstein bestreite und ein Stück Wald, Holz
falle und Kohlen brenne; w^en der hessischen Eingriffe möge
man den Umgang nicht aufhalten.
— 431 —
Um diese Zeit war es besonders der Oberamtman von König-
steiiiy Freiherr v. Bettendorf, welcher im Interesse der Regierungen
den Uebergriffen des Waldpotten entgegenarbeitete. Er fragt der
Zollstöcke wegen bei Bath an, ob derselbe die Abschaffung mit be-
treiben wolle, da „die Herrschaften bei dem Markwesen sehr we-
sentlich interessirt^ seien; ersucht das Märkermeister-Amt „bei einem
churf. Mainzischen subjecto^ zu erhalten, da hessische Unterthanen
aus tragendem Respect in vorfallenden Attentaten leichtlich nach-
geben. Als der Märkermeister Joh. PhiL Stahl von Ober-Eschbach
auf gewöhnlichem Bussthätigungstag, ohngeständig, in Arrest genom-
men und verwahrt worden, schreibt im Juli 1695 Freiherr v. Betten-
dorf: die freie Wahl sei das einzige was die Märker sich erhalten,
es scheine dass man sich absoluteUerr von der Hohen Mark machen
wolle^ der Unterthanen conservation dependire von dem Mark- Wald,
vergeblich habe man auf Relaxation gedrungen, ob nicht von sämmt-
liehen Herrschaften mit Repressalien zu verfahren sem möchte. Der
Rath war zu allem erbötig, aber in die vorgeschlagenen Repressa-
lien, als widerrechtlich, könne er nicht einwilligen. Auf den 7. Febr.
1696 wurden die Markschultheissen mid der Märkermeister Messer
wieder nach Homburg berufen. In Gegenwart Ihr. hochf. Durchl.
wurde denselben bemerkt, wie der Märkermeister in anno 1693 der
Untreu beschuldigt worden, er habe verschiedene Stämme Holz an
den hochgräfl. Hanauischen Rath H. Fabritius verschenkt, auch Vieh-
Schinderei halben gescholten, weil er verrecktes Vieh durch seinen Schäfer
in seinem Hof abdecken lassen. Er, der Qbrist Waldpott, habe desshalb
nicht anders gekonnt, als den Märkermeister, bis er unschuldig be-
funden, seines Amtes zu suspendiren. Die Sache sei ohnausgemacht,
die Mark in Zertrennung geblieben, maßen anno 1695 keine Bussen
angesetzt noch erlegt worden seien. Er schlage vor, die Sache auf
einem Tag zu Homburg vor dem Anwalt, dem Märkermeister Messer
und den Schultheissen der 5 Hauptflecken zu untersuchen, dass sie
dann entweder bei dem ordentlichen Busssatz oder auf dem nächst-
konmienden Märkergeding verlesen und abgethan werde. Märker-
meister Stahl und Joh. Jac. Roth von Ober-Eschbach, der Anbringer,
wurden aufgefordert auf einem „extraordinari Märkerding oder Mär-
kergericht^^ zu erscheinen, ein jeder könne mitbringen, was zu der
Sachen Nothdurfk erforderlich sei. — Es findet sich weiterhin eine
Hanauische Citation d. d. 22. Febr. 1696: hochgräfliche Canzlei habe
sich mit der Burg Friedberg dahin concertirt dass die zwischen Stahl
und Roth geschwebte Schwierigkeit bei der hochgräflichen Canzlei
ausgemacht werde. Das Urtheil wurde am 3. Sept. publicirt; nach
— 432 —
ungehorBamem Ausbleiben des Beklagten wird derselbe wegen wie-
derholter Injurien verurtheilt dem Kläger eine christliche Abbitte zu
thuH; sich aller Thätlichkeiten und Injurien zu enthalten, die aufge-
gangenen Kosten zu erstatten. — Auf dem extraordinari Märkerge*
rieht erschienen beide Theile durch ihre Anwälte, Both konnte aber
den „geringsten Beweisthumb nit beibringen^. Er gab desswegen
vor : das Märkerding sei „sein competent forum nit^^ I>er Schultheiaa
Wunderer von Bonames berichtet darüber: diese Behauptung sei
unrichtig, da Itoth, ein Märker, mit der ersten Delation des Märker-
meisters Amts-Obligation, mit der zweiten seine Ehr und Statum in
Quästion gezogen, daher die Untersuchung niigendswo, denn nur,
altem Herkommen nach, als von der Mark geschehen müssen. Weil
mm Roth bei der Citation j^de forum nit excipirt^' sondern das ex-
traordinari Märkerding vor sich gehen lassen, also habe die sammt-
liche Märck mit höchstem Fu^ den Ausspruch gethan, dass der Herr
Both wegen der falschen delationen dem Märkermeister Stahl und
der Mark wegen erlittenen Schadens und Unkosten 200 Rtiilr. Straf
anzuhalten, im übrigen es bei der von hochgräö. Hanauischen Re-
gierung ihm, Rothen „injurgirten deprecation^' zu lassen, worauf die
Mark wiederum in Einigkeit gesetzt. Zwar habe Herr Roth von die-
sem Aussprach coram notario et teslibus an höchster Obrigkeit her-
nach sich berufen, worauf auch die Mark, wiewol es derselben ge-
hörigen Orten nit insinuirt worden, „die fatalia resp. und bis zu
deren Verfluss mit der Execution zurückgehalten^^, nach deren End-
igung aben die Execution dem Markschluss gemäss vor Hand ge-
nommen und dem Herrn Roth 6 stück Rjndvieh, nacbgehends 3
Pferde aus der Mark nacher Homburg getrieben, daselbst dem Her-
kommen gemäss 3 Tag enthalten, ex post plus offerendi verkauft,
ihm, Rothen, jedoch auf 24 stunden die Lösung gestattet. Hiemach
habe Herr Roth wegen solcher Pfändung Herrn Stahl zu Friedburg,
dann bei Ihrer fürstl. Gnaden actionirt; da es vergeblich gewesen,
habe er bei der hochL kaiserl. Kammer mandata an Sr. hochf.Durchl.
den Herrn Oberst Waldbotten ausbracht, dass ihm die ablata oder
der Werth dafür restituirt werde. Die zum Theil abschriftlich bei-
gelegten Sentenzen legen dar, wie die freie Reichsritterschaft Mittel*
Rheinischen Kreises in der Wetterau und Consorten, Klägern, wider
Herrn Landgrafen Friedrich zu Hessen-Hömburg der Execution hal-
ben Klage erhoben, letzterer den Märkern den Streit verkündet,
weil im Unterliegungsfalle er sich an der Mark wieder erholen
müsse. Der Schultheiss hält es für rathsam interveniendo einzu-
kommen, sieb aber nicht in den Process, den Sr. hochf. DurchL und
— «33 -
der HeiT Beth untereinaatder haben, einknlaiseii, die MsrlcBachen
sepftrirt bh halten, und in Zeiten sni remoBstriren. (Mglb. E. 29. V.
8. 60-69. a 162.)
So haben die Märker den Boden ihres alten, gnton Becfatos, anf
dem sie unangreifbar gewesen, verlassen ; sie stehen jetzt auf einem
fremden Bechtsgebiete, auf dem sj^ dem Gängelbande ihrer Advo-
caten folgen, Hab und Out und die Buhe ihres Lebens opfern
müssen.
Landgraf Friedrich. — Der Landgraf Friedrich, Obrist
Waldpott, wandte sich im Bept. 1698 an den Bath: er sei gei^onnen
nächst seinem eigenthümlichen Tannenwald'* ohnweit Stedten einen
kleinen Thiergarten anzulegen, gedenke sich mit der Hohen Mark
zu vergleichen, dass sie ihm den streitigen Brändeisbusch nebst dem
jetzigen Hägeholz, ind. des Bleiwelsberg erb- und eigisnthUmlich
tiberlassen möge, er dagegen wolle der Hohen Mark „unsere beyde
sogenannte Strafon^ gleichfalls auf ewig cediren. Die Beheizung
darin sri noch- in sehr gutem Zustand. Er habe die gute Zuversicht
dags der Bath die Sache fordern werde, dazu „seine Beamten an-
weisen lasse*' dass sie dem Tausch nicht entgegen seien. Der Bath
erwiderte, ^ es sei ihm berichtet worden, dass diejenigen Stücke welche
Se. Fürstl. Durchlaucht d<r. Hohen Mark zu überlassen willens, der-
selben nicht eigenthÜmHch, sondern als obersten Waldbotten zu«
kämen, mifliin also ohnedem schon mit zur Hohen Mark gehören thä-
ten. Unter den Beschwerden der Märker findet sich dann :
dass der Dannenwald und die daselbst gelegene Wiese, auch ein
Stück von 3 Morgen un^sputirUch Markgut, zum Oaningesgarten
mit einem Zaun umgeben worden.- Landgraf Friedrich schreibt wd-
ter an den Bath : er habe bereits vorgestellt, wie er seinen kleinen
Thiergarten zu seinem Pläsir' und Ergötzlichkeit in etwas vergrössem
wolle, er erwarte dass der Bath durch seine Beamte dahin: wirke,
wie es zur Erreichung seines intents am sichersten sein möge „zu-
mal da solches nur zu unserm pläsir angesehen ist". Die Antwort
des Baths war: er müsse sich mit den andern Herrschaften beneh-
men, zumal da berichtet worden dass diejenigen Stücke, welche Se.
fllrstl. Durch!, der Hohen Mark überlassen wollten, deroselben nicht
eigenthümlich seien.
n Es ist dies der erste Tannenwald dessen in der Hohen Mark gedacht
wlfd.
28
— 43* —
Ueberall wo diesar Landgraf Friedrich in den Akten der Hohen
Mark handehid auftritt^ erscheint er ak ein lebendiges Bild, that-
kräftig und unternehmend^ aber riickBichtsloS; ebne irgend eine Ahn-
ung dasB es neben oder über ihm noch ein Becht g&be, dass auch
Andere zur Glückseligkeit berechtigt seien.
Aber der alte Stolz der Märker regte sich zuweilen noch, sdbst
einem solchen Waldpotten gegenüber. Von der Homburger Ganz-
lei wurde im April 1699 geschrieben k Monsieur, Monsieur
Wunder, Schultheiss de la ville Imperiale ä Bonamös : zu bevor-
stehender Beise des Landgrafen solle er Verordnung stellen,
dass durch seine Untergebne ein guter Weg an dem Ort, wo
die grundböse passage am Wasser sei, gemacht werde, aller-
massen hochf. Durchlaucht sich, noch dero Suite, durch diese gefähr-
liche Weg weiter nicht mehr hazardiren wolle. Versehe sich dass
wenn dieselbe morgen auf Bonamös konunen, sie den verfertigten
Weg ohngehindert passiren können. Der Schultheiss berichtete an
den Bath dass der Landgraf an laufendem gef&hrlich Wassers zu
Bonames passiren wollen, die Unmöglichkeit aber war, dass man die
ordinari Strass passiren könnte, desswegen von ihm begehrt worden
man mög eine Brück über einen Graben vor einem umgezackerten
jedoch unbesäten Acker machen lassen. Dies sei durch die Unter-
thanen, wie schon öfters geschehen, ausgeführt worden; ein jeder
habe das gern gethan, sagend, man müsse so einem Herrn aus der
Gefahr forthelfen. „Kommt ein Nachbar aus Bonames, Fetter Mi-
chell, fähret mit Ungestüm heraus, wer ihnen solches befohlen?
darauf die Männer geantwort, es hätte solches der Schultheiss be-
fohlen, dem sie zu pariren schuldig gewesen; Fetter Michell aber
geantwortet, das wären sie nicht schuldig zu thun; wenn der Schul-
theiss Brücken wolle gebaut haben, solle er sie auf sein Gut bauen,
das wäre Schelmenarbeit, oder ein Schelmengebrauch. Worauf die
Männer geantwortet, wo deim der Fürst soUte fort.komitien? Fetter
Michell sagend : er solle nach dem Teuffei £ahren, möchte sehen wie
er hinüberkäme^^ £in anderer Nachbar habe geantwort, das seien
Worte die sich nicht noch einmalsagenlassen. Darauf Fetter Miche],
er sage es noch sechsmal. Die Leute hätten dies nicht verschweigen
können, er, der Schultheiss, habe sie bis auf den nächsten Batbstag
auf das hochlöbl. Land-Amt vertröstet. Während der Zeit seien Ihre
Durchl. passiert, hätten gesprochen, man möcht die Brück bis künf-
tigen Montag liegen lassen, sein ältester Frinz würde mit dero Ge-
mahlin passiren, der Schultheiss habe dem gemäss befohlen, man
solle die Borden von den Trumen thun, bis auf etliche, damit sicbs
— 435 -
nicht dn Jeder bediene^ imd dem Nachbar Schaden darduroli ge-
schehe. „Wie nun der Prinz fiHh morgens kompt, wo die Brück
gewesen, hatt ein böser Bnb den Rest von der Brück abgemacht nnd
am* Nied hineingeworfibn ; ist eine andere Brück dorch Bonameser
Nächbar gemacht worden, daß also der Prine ohne Gefahr passiret
ist^ Der Schultheiss brachte obgemeldt action bei hochL Land-
amt klagbar vor. Michell wurde angewiesen, solches nicht mehr zu
thun. Bei dieson Berichte bemerkt der Schultheiss noch, dass eben
kein Vortheil bei des Herrn Landgrafen seiner Passirung sei; er
habe sich oft beschwert, aber niemahlen gewisse ordre bekommen«
Die vielen Passagiers machten den Schaden, denn es sei eine Land-
strasse, und suche sich ein Jeder „aus dem Wasser zu salviren^. Die
Bonameser hfttten sich oft auch, bei bösen Wegen, auf der Wald-
strasse Vortheil bedient, nie habe einer die geringste Ungelegenheit
desshalb im Homburgischen gehabt. (Mjglb. E. 29. V. 114.)
Es lag sehr in dem Interesse des Landgrafen nicht nur die An-
zahl seiner Unterthanen zu mehren, sondern auch eine Stimme in
Angelegenheiten der Hohen Mark mehr zu erhalten. Ob bei An-
legung der Waldenser Dörfer auch Gründe der Menschlichkeit mitge-
wirkt, das kann hier nicht untersucht werden. Der Freiherr von
Bettendorf schrieb am 27. Aug. 1699 : es seien in der G^end von
Stedten Waldenser angelangt, vorhabend Anbauung eines neuen
Dorfs, forderte den Bath auf, sich desshalb beschwerend an den Land-
grafen zu wenden. Es sei die Beheizung und Weide ziemlich zu-
sammengegangen und Mangel daran; ob auch ein Dorf dagestanden,
bd dessen Abgang hätten sich die Einwohner samt dero Güther in
andere nächst angrenzende Markflecken und Dorfiscfaaften gezogen,
selbige sich dadurch um soviel mehr verstärkt und vergrössert, bäte
also den Landgrafen Waldpotten den Anbau eines neuen Dor& zu
verhindern. Friedrich, Landgraf zu Hessen, churfttrstl. Brandenbur-
g^scher über die Cavallerie bestalter General, antwortet am 2. Sept.
1699: er habe vernommen wie die zur Hohen Mark gehörigen Un-
terthanen sich beschweret über die intention für die armen ver-
triebenen Waldenser dn Dorf aufzubauen; es sei aber kundig dass in
diesem Distriet welcher den Waidensem eingeräumt worden, vorher
das Dorf Domholzhausen gelegen, solches in der Mark berechtigt
gewesen, würde sich also seine jura und Gerechtsame picht dispu-
tiren lassen, sondern sich derjenigen ^rechtlichen Freiheiten'^ in der
Hohen Mark bedienen, wie auch andere Mark-Flecken, denen er-
laubt sei sich durch Ankömmlinge und Fremdlinge zu peupliren und
femer zu bauen« Er hoffe also dass der Bath seine Unterthanen
28*
- 43« —
zur Ruhe weise. Dieser aber wandte sicli besehweread an den An-
walt^ dasB die Waldenser welche keine Mitmürker seien sidi unter-
stehen mit ihrem Vieh in die Hohe Mark zu fiihren, auch Bauholz
zu fidlen. Die Schultheisse. Yon Praunheim> Uniell ui^d Bonames
traten zusammen : ohnerachtet der Märker Protestation, auch „der
Herrschafken Thädigungsschrifiton* unterfiuage man ach Holz aus
der Mark ftir die Waldenser durph dieUnterthanen fahren zu lassen;
sie schlagen vor gegen die so Holz führen ohne Vorwissen der Mär-
kermeister mit Pf&ndung und Eintrieb zu verfahren^ den Eintrieb-
aber; weil es Homburg concemire, anderswo als nach Homburg zu thun,
„die Herrschaft um Verhaltongsbefehl zu bitten^; wie man sich im
Widersetzungsfall zu verhalten, (Mglb. E. 29. V. S. Sk), 94, ^0
Die Herrschaften waren nicht weniger rathlos als die Märker.
Es schrieb Freiherr Yon Bettendorf, der Königsteiner Amtmann, an
den Bath ; es seien von Seiten Ihr. f. Durchl. je länger je mehr
Missbräuch sowohl zu Nachtheil derMärker, als auch condominomm
der Mark eingeschlichen, ja sogar tLber die Jagensgerechtigkeit
gleichsam ein dominium absolutum und Jurisdiction darunter uaurpirt
werden wollen, da doch dieselbe darein nur Umitatum jus herge-
bracht. Ob es nicht räthlich dass dieMärker beim nächst^i Märker-
ding ihre Beschwerden nochmals übergäben, auch wofern nicht
abgeholfen werde, man „die Markgerichter sistiren, und weiter nit
erscheinen werde^^ bis al^eholfen sei. Der Bath liess sich den Vor-
schlag Wohlgefallen, will die Seinigen anhalten zu rechter Zeit sich
einzufinden, würde es nichts helfen, sei weiter zu berathen. Weiter
finden sich aus dem Jahre 1702 die Vorschläge und Berichte über
die gravamina der Märker: Es sind dies
1) Dass zwar in dem Weisthum von 1484 ^ Dorf Domholz-
hausen stehe, dass aber selbiges über 200 Jahre schon in Abgai^
kommen, ingleichen dass das jetzige an einem andern Ort und der
Waldgränze viel zu nahe stehe. 2) Dass der Obrister Herr Wald-
bott vieles Holz „ausser der ordinarii Nothwendigkeit^^ als zu Salz-
soden, Canälen und Palisaden, Ziegelhütten und Kalköfen ohn An-
weisung oder Zahl weghauen lassen, ebenso durch seine Köhler und
alle welche nur einen Schein einer Bedingung von Ihme haben. 3)
Dass er ein absonderliches Stück in der Hohen Mark, die Strasse
genant, für sich allein halten und benutzen wolle, da doch im Instru-
ment Art 6 vorgesehen, dass auf derselben auch ein Walbött keinen
Schaden thun, oder sonst den Märkem bttssen solle '^. Wetter fdgt
'^ Es finden sich anf dem Sitnationsriss (Risskiste Nr. 39), welcher bei Ge-
legenheit „der vorgewesenen Theilung^' im Jahre 1777 durch den f. hess.
— ^ *37 —
unter 5) dass er der Jagd in der Hohen Mark gar nicht privative
berechtigt sei^ vielmehr auch den Märkern nach dreien Tagen zu
jagen gestattet sei; anter 7) dass er sich der Territoijialjnrisdiction
anmasse; habe Hunde todt schiessen lassen; die keinen Knüttel ge-
tragen; unter 8) dass er Zoll hebe in der Hohen Mark. Weiter
dasB er „die anbauende Walt Eußer, oder wer die sein mögen^^, für
Mitmärker angenommen und den Wald ruiniren lassen; dass er
Schwein über 8 Tag nach verglichenem Einschlag kommen lassen,
solche noch eingeschlagen, dazu Ausmärker schwein mit untertreiben
lassen; dass der Kaningesgarten vergrdssert, dazu der Märker Ei-
genthum hinweggenommen, auch viel Holz zu Zäun gehauen wor*
den. Diese und andere Beschwerden sind unterzeichnet von den
Märkermeistern Job. Jacob Messer und Joh. Fh. Stahl, von den
ScIiultheiBsen B. Anthoni, Caspar Brendel, J. Wunder, und Johannes
Conwert (?), sie wurden am 14. Juni 1702 auf gewöhnlichem Märker-
ding dem Anwaid übergeben.
Jedes Märkerding fast sah jetzt neue gravamina vorlegen, und
die betheiligten Regierungen beriethen emsiger welche Schritte zu
thun seien, um die Herrschaft, die sie &iT sich selbst beanspruchten,
nicht durch die Willkühr des Waldpotten beeinträchtigt zu sehen.
Im Jahre 1703 waren es 12 gravamina welche die Märker aufs
Weitläuftigste zu begründen suchten. Der Oberste Herr und Wald-
bott liess Gregenwklärung ausarbeiten, und gravamina auch seinerseits
vorbringen. Er bemerkt :
Des Waldpotten Jagdgerechtigkeit sei auf Observanz und
Herkommen, auch auf klaren Vergleich Amdirt, auf jedem Märker-
ding sei das Jagen verboten worden. Diese Gerechtigkeit sei mit
der Cession und Uebergab Homburgs an den Waldpotten g^Lommen,
müsse also vom Hause Hessen mit geschützt, Eviction geleistet wer-
den ; es befremde ihn, wer die gemeine Mäi'ker so aufwiegeln möge,
dass sie nach zwei-, dreihundert Jahren sich „nun erst unterstehen^'
solche praetensiones vorzubringen und jus et possessionem anzufechten.
Ebenso sei die Territorial-Jurisdiction oberherrlich- und Grerechtig-
keiten in der Observanz und im Hohen Mark Instrument de 1484
Landoommissarias Job. Hein. Zincke und Joh. Friedr. Zincke über die ,,in ^^^
Wetterau gelegene" berühmte Hohe Mark verfertigt wurde, auch die 2
Strassen aafgezeichnet: „gebÜck, hecke oder Strasse" anregelmässig begrenzte
Walddistricte, einer auf dem Wege von dem Brendelsbasch nach der Saalbarg, unter-
halb des Fahrborns, ein s weiter bei dem Elisabethenstein, in der Gegend des
alten Heegwaldes.
— 438 —
§. 2 klar exprimirt „dazu alle oonnexa und accesBoria*. Was nicht
expreese für andere vorbehalten „sei sub genere dnes obersten Herrn
begrieffen^. Diese jura und regalia seien auch durch ein zwischen
Chur-Mainz und Hessen am Vi^ ^^^ 1^^ aufgerichteten Vergleich
weiters erläutert. Auch die Hebung des Zolls in der Hohen Mark
sei nie widersprochen gewesen, zu dem Ende noch vor 16 k 18
Jahren zwei Zollstöcke in der Hohen Mark gesetzet. Wenn auch
darin „excessus durch scheltworte, Schlägerei , Todtschlag oder auf
andere Weise^' yorgehe^ competire obersten Herrn und Waldpotten
darin Cognition^ decision und Bestrafung; Execution und Einmahnung
der Strafen, wie aus yerschiedenen Bußsatztagen zu ersehen. Es
folgen weiter Entschuldigungen über den Holzbedarf, dass er zum
Theil Yon den Märkern, zum Theil anderswoher gekauft, der angeb-
lich zugeftigte Schaden müsse näher erläutert werden, die herrschaft-
lichen Bedienten würden] „andern Mälrkem" durchgehend gldchge^
stellt, die angebliche Zerreissung tragbarer Eichbäume könne bis zu
besserer Bescheinigung nicht geglaubt werden. Der Oberste Herr
und Walpott verlange dass die Landtgewehr und Markgrenzen in
richtigem Stand erhalten werden, dahero auch öfter erinnert das
Umgehen der Mark nicht zu trainiren. Die Ländwehr von Dom-
holzhausen sei ohne sein Wissen eben und gleich gemacht, auf seinen
Befehl auch wieder aufgericht und in ebenen Stand gesetzt worden;
es befremde dass man diesen Posten dennoch anregen mögen ^'.
Wegen Erweiterung des Caningesgartens habe Oberster Herr und
Waldbott „das Vertrauen auf die sämmtlichen Märker gesetzet, dass
sie sich hierin von selbst begriffeu, imd dieserhalb gegen dero Pläsir
...nichts weiter entgegensetzen werden'. Suchen auch der Mark gar
nichts zu entziehen, ^sondern selbiges soll vor wie nach die Quan-
titet eines Markstücks behalten'. Der Bezirk sdi nicht der Mühe
werth etwas dagegen einzuwenden, da obersten Herrn und Wald-
botten mit Benutzung der Mark wohl nicht verwehret werden könne,
noch werde, einen solchen Bezirk mit Palisaden zu verwahren. Nie-
mand könne beibringen dass in Betreff der Strassen etwas gegen den
VI Art der Mark instrumenti prätendirt werde, es stehe Obersten
Herrn und Waldbotten frei darin zu hauen, auch solches noch weiter
durch einen Märkergedings abscheidt d. a. 1547 erläutert sei (?) den
Märkem stehe auf den Strassen der Weidgang und Mästung zu ; man
T' Nach der Karte von Stampf ist Dornholzhausen genau in der Richtung
und auf der Landwehr erbaut!!!
— 439 —
▼erlange hierin nichts alleinig 2U haben. Dombolzhaosen sei im In-
fltrument benennet, höre in die Mark, sei nnr das alte wieder aufge-
baut Was von Ausmftrkerschweinen angefbhrt, solle untersucht
werden, im übrigen aber sie Märker sich in ihren vermeintlichen
gravaminibus nunmehro besser begreiffen und sich in Buhe begeben
würden.
Die Märker antworteten in einer sehr umfangreichen, mit latei-
nischen Oitaten aus Stryk, Zejler, Speydel, Klock u. A. reichlich
versehenen Schrift, heben vor Allem die Bedeutung des Instruments
und seiner dauernden Geltung hervor, gedenken des Widerspruchs
den die Märker den Neuerungen stets entgegengesetzt, dem Verbot
Hunde in den Wald mitzunehmen, auf der Wolfsjagd zu treiben.
Die Nutzungen der Mark stünden den Märkem allein zu, auch die
Bollwerke gehörten diesen. Der Vertrag mit Churmainz sei nicht
bekannt gemacht worden, könne die Märker nicht binden. Gegen
die ZoUstöcke habe man inmier protestirt, es sei die Antwort gewesen
dass die ZoUstöck nur der Ausmärker wegen gesetzet seiea, der
Croubergischen und anderer Juden. Es folgt eine Ausführung der
vielen Frevel welche Namens und im Interesse des obersten Wald-
botten statt hätten, der Zerreissung tragbarer Eichstämme zu Brenn-
holz, des Eohlenbrennens in der Mark und der Errichtung von aller-
lei Bauwerk. Es dürfe in der Hohen Mark nur Holz gehauen
werden zu nöthigen Bauten „wo unter Obdach und i^ das Trockne
konunen^^, dahero. s. v. Schweinställe, Thor, Pfosten, Fallisaden,
Kennel und dergleichen aus der Mark zu hauen verboten. Es sei
aber bekannt dass viel tausend Schuh Eennel zu den Salz Soden,
eine grosse Quantität Fallisaden, viel Holz zu Mühlen, Ziegel- und
Kalköfen Homburgischerseits gehauen worden, und meist im Häge-
wald'^. Die Landwehr und den Beil^berg eigenmächtig denWalden-
'« Es finden sich ans den Jahren 1679 bis 1704 Specification der Wald-
frevel so die Homburg-Meyerey knecbt und Frohndienst-Ieuth in der Hohen
Marck, sonderlich in denen Verbotenen Hägwftlden begangen ; vielfaltig wird
angegeben, wie die herrschaftlich knecht mit dem schädlichen Eichen-Trsuden
noch nicht nachlassen, also dass aaf vielen Bäumen kein Ast bleibe; dass sie
beim Holzholen junge Eichen hauen , zn hemmen ; Eichenstämme im ,,principal
Heegwald dem Rotblauf* gehauen, dass sie im neuen Hägewald „so denen
Märckem so scharff yerbotten ist" reidel geholt ; dass der Waldschreier eben-
daselbst Reisser gelangt, dass er Eichbäum geschlagen, dass zum Kalkoffen im
Jahr 1697 355 Karrn Holz verbrennt worden, dass der Vogelfänger an der
Haardt zwei Olaaßbänme zu Brennholz gehauen; dass im Frühling 1698 ttber
vierzig Claoßbäam für die Homborger Herrschaft anf der sogenannten Straaßen
_ 440 — *
sem eiiusuräumen sei nicht erlaubt gewesen, ebenBOWenig den
CanincheBgarten zu erweitem; die Märker möchten dem obent^i
Herrn Waldbotten seine Fläsir und Lust gern gönnen, wenn es nur
ohne der Mark Schaden geschehen könne. So wenig , man sich
sonsten von Seiten des Obristen Herrn Waldbottens -an das alte
Mark Instrument binden lassen wolle, so sehr liabe man bei An-
bauung des neuen Dorfs sich dessen zu bedienen gesucht Ein Dorf
Dornholzhausen sei in der Hohen Mark mitberechtigt gewesen, aber
über Menschengedenken gänzlich eingegangen und gleichsam abge-
storben, so dasB es weder ein eigen Gericht gehalten, noch in dessen
Namen jemand bei dem gewöhnlichen Märkergeding erschißnen, noch
auch dasselbe unter andern in der Mark berechtigten Flecken abge-
lesen worden. So sei das neu erbaute Dorf Domhoizhausen nicht für
einen Markflecken zu halten, umsoweniger als es auf einem andern
Orte stehe, und von ganz fremden Waldensern bewohnet werde;
der Herr Waldbott könne nicht ohne Bath der Märker ein neues
Dorf mit allen Rechten au&ehmen.
Kurze Zeit darnach bringen die Märker zur Anzeige dass die
Homburgischen bedienten eine neue Majerei oder Viehhaus mit dazu
gebauen worden, desgl. 5 Eichen im Rothlaaf zam Vogelheerd, weiter im Jahr
1699 die Bau- und Yieh-hoffknecht bei 10 Stamm anf der Straaßen gehauen;
es heisst dabei : die Waldenser im üeaen Heegwaldt and n&ohstgelegner Orten
baaen nach Belieben, holtzen und thun grossen Schaden ; vier Eichen Stamm'
im gehegten, ontg den bergen zu einer Wsldenser Mfihl gehauen ; Herr Obrisi
Winther zu Frankfurt 25 Stück Schwein unter denen herrschaftlichen Schweinen
in der Marck gehabt; sodann im Jahr 1700 in der güldenseller drei Eiohen-
stämm zur Pulvermühl gehauen, zu Schindeln in diesem Jahr viel baulicher
Buchb&um un gehegten gehauen worden, und was sich nicht gar 'wohl darzu
schickt, bleibt liegen ; die Waldenser hauen eigenes Gefallens im neuen Heegwald,
treiben Geißviehe in die Marck, so. denen Märekern nicht gestattet wird. Unter
einer langen Reihe von Rügen im Jahre 1701 heisst es auch: die Stellmacher
6 junge Eichen zum Schlitten gehauen , der Stedter Meyerey HofPmann im ge-
hegden einen grünen Baum für den Herrn Wagner gehauen , desgL einen
Stamm für den Herrn Glaßer. Die Waldenser continuiren in der Mark auf
discretion zu hauen und zu weyden, auch zu roden, davon die Eichen Stumpf
so noch hie und da stehen den Augenschein geben. Im Jahr 17Q4 : die Bau-
wagen. 8 Eichen-Stamm ausgeführt, so auff der Güldenseller durch die Hom-
burger Soldaten gehauen worden; Herrn Marchals knecht 6 Claiifib&am am
Lindeberg; der herrschafU. Weingartamann 300 Trndem im neueu Heegwaldt
gehauen; der Stellmacher 8 Eichen. im Brendeisbusch, weitere Beschädigungen
kommen vor an balthsen hellgen ,• auf dem gebrauten am Graüßen bäumgen,
auff der Sang, im Schmidts Wäldchen, auf der Bromann Onner, bei dem Mühl-
bom, im Hanß Wagner und anderwärts; endlich wird angeführt, dass tftglich
2 Wagen Holz zur Brennerei ausgefCUurt werden. (Mglb. £. 29. V. S. 182).
— u« —
erfordernder stalliing in die Hohe Mark auf den Poblgraben ansa-
lzen im Werk begriffen seien. Sie protestiren und erinnern dass
der Boden der Märker rechtlich Eigen Bei.
Veranche der Regierungen. — Bei solchen unablässigen
Beschwerden wurde immer mehr die Be80if;nis8 der andern Herr-
schaften r^e^ dass ihre Unterthanen und auch ihre eigne Begientng
allsusehr beeinträchtigt werden möchten. Der Frankfurter Bath
war mit Allem was geschehen solle einverstanden^ nur extremen Schrit*
ten war er, wol im Interesse d^ Handelstadt abhold. Als bei der Be-
rathung welche im Bept. 1704 zu Ursel statt hatte, yorgeschlagen wurde,
eine würkliche Jagd in vim realis contradictionis einmal vorsunehmen,
waren die Frankfurter Herrn Gesandten darauf nicht instruirt, wol aber
möge man die Replicirung der Märker mit einem Schreiben unterstütssen.
Wen^e Tage darauf bmchtete Freiherr von Bettendorff dass der
Anwald den churfürstlichen Jäger zu Beiffenberg wegen eines in der
Hohen Mark gefidken Rehes nach Homburg eingeftihret, demselben
sein' Rohr abgenommen und ihn in Eissen und Banden geschlossen.
Wahrscheinlich galt dies als Antwort des energischen Landgrafen
Friedrich auf die Schreibereien der Andern. Auch em uralter durch
Stedten ftUirender Waldweg wurde jetzt . den Märkem gesperrt,
Aexte und Ketten den Uebertretem abgenommen. Auf einem
Marck Oonvent zu Homburg erklärten die beiden Märkermeister,
Christoph Balthasar Antoni und Johann Adolph Wunderer, den Mark-
schultiieissen der Hauptflecken (in Abwesenheit des Herrn Schul-
theissen von Homburg) dass am 24 April ein in der Hohen Mark
gefundener todter Körpeir, ohne Anzeig bei den Märkermeistem, mit
G-ewalt durch den hochftarstL Stadtschultheissen und einige aus dem
Bath zu Houmburg tLber Stedten dahin abgeftkhrt worden* Gegen
solches Attentat habe man namens der Märker protestirt, den todten
Körper reclamirt, oder einen. Revers de non praefudicando verlangt.
Dem' Notar sei ein Revers zugesagt worden, sofern das Requisitions-
schreiben durch die eigenhändige Unterschrift beider Märii:ermeister
legitimirt sein sollte. Nach dreien Tagen sei endlich der Notar mit
einem eigenliändig von Sn Durchlaucht unterschriebnen Schön ab-
geüertigt worden. Dies sei aber kein Revers sondern die Ansetzung
einer Geldstrafe gewesen, wegen des kühnen Untemdimens; .sie
hätten es dem Notar zurückgegeben, es wieder hinzuliefem. Da nun
Se. DurchL wenn sie in solchen ge&hrlichen Unternehmungen weiter
fortfahre, endlich gradatiih die Märker dero Gerechtsamen entsetzen
würde, möge man an die hohen Herrschaften sich wenden, ohne deren
— 4*2 —
asfliBtenz das Nachtlieilige zu redreasiren die Märker zu schwach und
gering seien. Abschrift des hochfÜrstL Erlasses darauf d. 1. Mai 1709
liegt den Akten E. 29. V. S. 242) abschriftlich bei ; es heisst darin :
dass durch die Proteatation wider das kundbare Herkommen^ auch
die d6m Obristen Herrn und Waldbotten allein zustehende hohen
Ober- und bottmfissig- auch herrlichkeit be^träcbtiget^ „maßen wir
und unsere durchlauchtigste Vorfahren glor würdigsten GedÄchtnias in
sothaner hohen Marck alle gebothe^ VerbottC; Angriffe^ bestraffungen
und andere zur hohen Obrigkeit gehörende actus jederzeit und ohn
widerspreoblich weit über Menschen Gedenken geruhiglich herge-
bracht . . . Damit wir aber dergleichen strafbares und widerrecht-
liches beginnen von denen Marckermeistem nicht mehr auf solche
unzuISflsige Art gewärtig sein mögen, so werden sie . • • hiermit
jedweder besonders in ftüiffzig Beichsthaler Straff ohnnachläsnch ab-
zuftihreft, condenmirty womach sie sich gehorsamst zu achten wissen
werden."
Verhandlungen der H^rschaften folgten , auch Frankfurt ver*
spricht einen Abgeordneten auf das nächste Märckerding zu schicken.
Am 10. Juni 1710 hatten sich in Oberursel eingefunden seitena
Churmainz Herr von Bitter, Hofrath, u. Straub, Bath und Beni-
meister zu Eönigstein; v. Seiten Haaau's Bath Wohlfahrt; y. S. Solms
Sartorius, Canzleidirector zu Bödelheim; v. S. Frankfarts von der
_ • __
Birgden, Schöff und des Baths, und Syndicus Sondershaussen. Sie
versamil[ielten sich vor Beginn des Märkerdings auf dem Bathhaose,
goneinschaftliche Schritte zu besprechen gegen die Attentate des
Obristen Waldbotten. Chur-Mainz eröfinete die Sitzung, Hanau trug
Bedenken zu wirklichen Thätlichkeiten zu schreiten, da man Hessen-
Homburg im Hanauischen Lande nicht beikommen könnte, die Sadie
nur schlimmer würde; Solms-Bödelheim meinte die im Mark-Instm-
m^it fundirten jura sollten einmal exercirt werden^ imUebrigen aber
sei der Weg rechtens der sicherste und hinlänglichste. Chur-Mainz
befürchtete dies würde in eine Langwierigkeit ausschlagen, grosse
Spesen erfordern, ohne noch zur Zeit zu wissen wer solche tragen
werde; schlug vor die Unterthanen anzuhalten keine Klage vor dem
Waldbotten allein zu thun, keine Oitation ohne Vorwissen der Mark-
meister anzunehmen ; die Frevel nicht mehr auf dem Bussensatztage
in Homburg sondern vor Ober-tJrsell zu thätigen, den Waldschreier
auf dergleichen Betretungsfälle mit dem Thurm abzustraffen, die
bürgerlichen Gefälle des Waldbotten in eines jeden Mitmärkers ter-
ritorio zu henmien, und feierlichst zu erklären dass man sich selbsten
die rechtliche Satisfaotion verschaffen werde. Zugleich brachte Chor-
— «3 -
Mains ein Mittel in Vorschlags auf das man in unseren Tagen Ton
anderer Seite gekommen ist, dass man nämlich die Märkenneist^
wegen deren gegen sie ansgeübten Pfändungen indemnisire und sicher
stelle ; es regte endlich einen früheren Plan wieder auf, nämlich einen
Ji^d-actum in der Hohen Mark, dem alten Weissthnmb gemäss^
thim zu lassen. Die andern Abgeordneten stimmten alle g6gen Thät*
lichkeiten, waren aber zur feierlichen Protestation bereit, such snr
Abhaltung eines Jagdactums; es solle jede Herrschaft etliche yon
ihren Jägern, benebenst jeiner gewissen Mannschaft von dei: Land-
miliz zur Bedeckung, auch zum Traben etliche Eintzlinge Untw-
thanen, keine so fuhr halten, darzu bestellen, jedoch in beflissener
stille.
Diesemnach begaben sieh Domini deputati um 10 Uhr Vormit-
tags tiieiis zu Pferd, theik in Chaisen auf die Aue vor Oberursell
alwo die verabrabredete Protestation beiwesend des ganzen Umb-
Stands /vieler versambleter Märker g^en den Anwald durch den
Churmainzischen Herrn deputatum primaritim communi nomine dn*
gelegt wnrde. Nach dem Abschied wurde dann noch besprochen
wer die Spesen der Entschädigung der Markmdster, des Protestes
und des in Aussicht st^enden Jagd-Actus tragen solle, und wurde
allerseits die Abrede dahin genommen, dass solche ad interim von
den Märkem erhoben und gezahlet werden sollten, spätere Ver«
glltnng vorbehalten.
Wie im Archiv f. Frfts. Gesch. u. A. IL ö. 344 bereits ange-
führt worden, so hat der hessische Anwald gegen die Turbation
des Märkergedings protestirt und seinerseits ein angebliches Recht
gewahrt, die Märker entlassen. Damit daraus kein Schaden für die
Mark erwachse liess er ein Schreiben ergehen, untersagte ^krafft
habender Hoheit und Herrlichkeit' jedem Märker VerwQst- und
Boinirung der MarL Unterzeichnet ist neben dem flirstL Anwaldt
Stttler, auch J. H. Stein ^ftlrstl. Heseen*Homburg« Stadt und Marck-
schultbeiß.''
Auf den 1. Oct. 1710 war ein weiteres Mäi^ergeding anberaumet
worden; der vom Frankfurter Bath dazu abgeordnete Andr. Textor
berichtet darüber, dass vor demselben Verhandlungen mit dem An-
walt stattgeftmden, welcher als expediens vorgeschlagen, die herr-
schaftlichen. Beamten sollten im Kreis erklären dass sie nur da seien
um zu hören, welches aber nicht angenommen worden. Beim Mar-
k^geding habe der Anwalt sogleich gefri^, was die Ausmärker
und Beamten dabei zu thun hätten? Die Beamten erklärten darauf
dass sie dem alten Herkommen gemäss da seien, nm ihrer Hohen
• "^
444
Herrschaften und derer zur Hohen Hark gehörigen Oemeinen
Märker Interesse zu obserriren. Es erwiderte der Anwalt die Be-
amten wären keine Märcker; hätten im Kreis nichts zu thnn, könnt^i
im Fall der Noth auch ausser dem Kreis mit ihren Leuten reden.
IKese entgegneten es sei allezeit Herkommens gewesen dass die
Beamten dem Märkeigeding bmwohnten; als des Herrn Ober-Wald-
bottens hochftLrstl. Durchlaucht erst vor wenigen Jahren das Märker-
geding in hoher Person selbst gehäget^ habe er nicht das Geringste
dagegen eingewendet. Der Anwalt führte dagegen an, wie anno
1623 der Amtschreiber von Königstein abgewiesen worden^ als er
zum Markschluss beigehen wollen ; aber ein Märkermeister bemerkte
wie aus dem verlesenen ProtocoU klar zu ersehen sei^ dass der an-
geführte Markschreiber zur Session wo der Anwaldt, Märkermeister
und Markflchultbeissen deren 5 Hauptflecken zusammen zu sitzen
pflegten^ sich habe nähern wollen, und wäre davon we^ewiesen
worden: hier sei aber nicht von einer Session sondern von einem
Märkerding die Bede. Darauf habe der AnWald die Formeln des
Märkermeistereids verlesen^ und gerufen, die Herrn Märkermeister
handelten gegen ihre Pflicht/ wenn sie zuliessen dass die Beamten
im Greyss stehen möditen, sie wären verbunden die Märker und
deren Gerechtsame gegen alle fremde Herrschafken zu schützen.
Diese aber hielten fest daran, dass die Herrschaften, wie das Instni-
ment bewiese, keine fremde seien. Nachdem darauf von allen Seiten
wegen dieser angeUichen tui^bation protestirt und reprotestirt war,
ist der homburgische Anwalt^ Rath Stühler, abermahlen unverrichteter
Sachen davon geritten, so dass das hochnöthige Märkerdmg sich
wieder zerschlagen.
Eß folgten darauf jämmerliche Verhandlungen über das Becht
der Herrschaf ken. beim Märkeigeding zu erscheinen. Chur«Mfldnz blieb
der beständigen Meinung „eUstens einen Jagens actum dem mitbe-
liebten modum nach, vorzunehmen, auch solchen mit Waldhörnern
und Hunden ciamoros und Esclatant machen zu helffen.'
Der Waldbott fuhr fort die Märkermeister, welche das Interesse
der Mark za wahren suchten, auf alle Weise zu bedrängen ; sie be-
schweren sich dass sie bei einem theidigungstag in Homburg publice
ziemlich verächtlich tractiret, ja wohl gar prostituiret und bedrohet
worden, da doch vielmehr der Christ Waldbott Terbunden sei die
Iterkermeister zu handhaben, zu schauem und zu schirmen. Als das
Amt Cronberg den Anwalt und beide Märkermeister schriftlich zu
einer Gränzbegehung invitiret, habe der Anwalt den Märkerm^tern
das Original zurückgehalten, und eine mit demselben gar nicht über-
- U5 -
einstimmende Oopiam, in welcher nicht gemeldet gewesen; dass anoh
an sie die Einladung ergangen sei, commimiciret, auch die M&rker
beschieden^dass sie in termino des Umzugs an der CconbergerQränz
erscheinen sollten. Die Märkermeister hätten aber die Märker ad
locum consuetum, auf die Aue vor Ursell beschieden; wo sie auch
erschienen wären. Als der Herr Anwald den versammelten Märkern
seines Herrn Principalis Interesse au den Gronberger Gränzen zu
observiren anbefohlen., hätten diese ihr an der Hohen Mark haben-
des Eigenthumsrecht reserviret und sich erkläret, dass sie bei bevor-
stehender Gränzbegehung ihi:e Nothdurft wohl würden zu- besorgen
wissen.
Auch mit den Herrschaften erhob sich nun ein offiener Streit
Diese schickten einen Notar und zwei Zeugen nach Homburg, die
Protestation wegen des Märkergedings zu überbringen.' Der Anwalt
liess die Zeugen nicht eintreten, verlangte dass der Notar sein Schrei-
ben, welches vorzulesen nicht gestattet wurde, wieder mitnehmen
solle, dazu eine Protestation welche er wegen der Hm*rs«haften An-
massungen hiermit wiederhole. Der kaiserl. Notar Moll legte darauf
das Instrument nebst dem copeilichen Requisitioqsschein auf einen
Tisch, es wurde ihm aber zweimal von dem eingetretenen Homburger
Schulüieissen wieder unter den Arm gesteckt, so dass er es endlich
auf den Boden fallen und liegen liess. Der Anwald aber liess den
Notar durch die Schlosswacht arretiren bis er das Instrument wieder
an sich nehmen würde. Auf sein Bitten wurde er um Mittagszeit in
das Wirthshaus zum ggi^denen Engel von einem S<|ldaten geleitet,
allda bewachet, bis ihm von einem Notar, welchen der Stadtachul-
iheiss und der Stadtwachtmeister begleitete, das Instrament und ein
Protest überbracht worden war. (Mglb. E. 29. V. S. 307, 306.)
Die Herrschaften setzten in's Werk diejenigen zu entschädigen,
welche in Ausübung der Mark Interessen durch den Obersten Wald-
bott Noth gelitten hätten. Es liegt eine Spesenrechnung bei den
Acten (E. 29. V. S. 349) ; sie enthält folgende Posten :
a) Specification des Herrn Märckermeisters Anthoni
dessen Schaden an Heu und Ohmathe ent^ fl. kr. hl.
haltend 114. 50. —
b) Derselbe an andern Auslagen desshalb . 62. 45. —
c) Notarius Moll wegen insinuirtem Instrument 19. 34. —
Conferenz-Kosten :
d) bei H. Job. Jac Mösser seel. Wb. . « . 90. 36. 3
e) ,, Job. W^them dem Babenwirth • % .4. 28. — ^
— • 446 —
• f) bei Henr. Mann Wirth aum Ochsen . 9. --*. —
g) „ Casp. Burckbarden^ Wirth zum Hirsch 8. 14 —
h) H. Märokermstr. Wanderer an Zehrang and Bo-
tenlohn aosgetegt 5. — . —
Summa 314. 27. 3
Ferners pro hodierna die 45. 33. —
fl. 350. — . 3
Specification der Märcker und waß ein Bauch darin hat, frej
nnd ohnfrej; nichts ausgeschlossen :
Churmainz: Oberursel 220. Bommersheim 76* Stierstadt 51.
Weisskirchen 36. Callbach 48. Harheim 82. Eirtorf 72. Hedemheim
65 (auf den Rand bemerkt: 56 Christen und 35 Juden seindt in He-
demheim). Oberheckstadt 3.
Gemeinschaftlich: Reiffenberg 34. Arnoldshain 35. Schmitten 18.
Hananisch : Völbel 142. Steinbach 47. Ober-Eschbach 48. Nie-
der-Eschbach 67. Massenbeim 36. Abtahof u. die Mtthl za Eschera-
heim je 1. ;
Gemeinschaftlich: Praunheim 48.
Solms-Rödelheim : Niederursel gemeinschaftl. mit Frankfiirt 59.
Frankftirt: Bonamoes 38. Nider-Erlenbach 80, Torckelweyl 48.
Summa 1355 Märker. Es trägt jedem Märcker 15 kr. 2 hl.
Hombarg^<dier Seits sachte man dag^en alle die zu er-
leichtem, welche von Seiten der Herrschaften bedrängt wnrden.
Wejgand Kester von Nieder-Eschbaoh hatte sich aof der Aue vor
Oberursel, nachdem das Märkwgeding au%etesst worden, beleidigend
gegen die Herrschaften geäussert, war desshalb von dem Schultheis-
sen zu Rodheim gestraft, wegen der Unkosten war Execution heim-
gelegt worden. Der Homborger Anwalt Stüler drohte, wofern dem
Märker Kester der Exequirer nicht sofort abgenommen würde, werde
man zu andern Mitteln greifen, erklärte, er würde den Kester auf
alle ersinnliche Weise souteniren und ihm zu seiner vollkommnen
Satisfaction sanmit Unkosten hinwider verhelfen; und dies unter dem
Prätext ,,weilen Wejgand Kester bei dem Märkergericht zu Ursel
gesündigt, folglich seine hochf. Durchl. allein darüber zu cognosciren
habe^^ Dieser Erlass wurde in Abschrift auch dem Bestraften durch
den Waldschreier insinuirt, mit dem Bedrohen dass er bei Verlust
seines Markrechtes durchaas sich zu nichts verstehe, wegen dem
Exequiren nichts ^ahle, wogegen ihm „nach Inhalt des Instruments
— w ^
Se. hochfttnil« Diurohl. aflen Scbuts, Schina und SchadkNihaltiiiig
gnädigst venichem Iabbo'^
So sah 08 dsBiunal im deutBchen Beiche ans; ans den Akten
würde man nicht ersehen dass za der Zeit nodi dn Kaiser dage-
wesen^ wenn nicht ein jedes notarielle Instrument ihn nennte und alle
Länder aufführte, welche er beherrscht. In trauriger Weise bewährte sich
das alte Sprüchwort: dass die Völker geschlagen werden, wenn die
Herrscher streiten. Während der churmainser Beamte den betreffen-
den Ortschaften verbot von dem Obristen Waldbotten allein ergang-
nea Citaiionen au pariren, beschwerte sich der Homburgische An-
walt dass die Obrigkeiten selbst die Unterthanoi zum obngehorsam
verleiten. Zum Märkerding Donnerstag den 1. Oci 1811 requirirte
er einen Notar um fbr den Fall dass die Gttte nicht Plats greifen
sollte, gegen die Anwesenheit der Herrschaftsbeamten zu protestiren,
dann aber das Märkergeding zu hägen. In dem von dem Notare
verlesenen Proteste findet nch auch die Beschwerde: dass die Aus-
marker - Beamten sich unterstanden die gemeinen Härker gegen den
obersten Herrn und Waldbotten aufzuwickeln, Geld zu erpressen,
sie mit harten Auflagen zu tribuliren; |die Märker werden angewie-
sen ^sich im geringsten nicht zu den Geldpressuren zu verstehen,
vielweniger selbige zu erlegen, so lieb ihnen dieGhciade des obersten
Herrn und Waldbotten hochfürsü. Durchl., und Vermeidung harter
Bestrafung'' seL (Mglb. E. 29. V. S. 841—361.)
Inzwischen und nach diesem hörten aber die Bdästig^ngen des
gemönen Märkers nieht auf. Nach dem Bericht des Stadtschultheis-
sen zu Ursell war der Zollstock, welcher 1683 an die Sirasse. in die
Hohe Mark jenseits des Stierstädter See'« angerichtet worden , aber
zorfaUen, im Jahre 1713 wieder erneuert: es befand sich darauf Name
und Wappen samt der Unterschrift: „allhier giebt man Zoll"; die-
jenigen welche diesen Stock passiren wollten, hätten zur Entrichtung
des Zolls auf Stedten bei einer Stunden Wegs oder IVs Stunden
auf Homburg umzugehen gehabt; damit sei denen hochfOrstl. hessi-
schen gesambt Häusser welche an dem Weinzoll gemeinschaftlicb
participiren das jus telonii in der Hohen Mark eingeräumt worden.
Zu dem auf den 22. Mai 1731 ausgeschriebenen Märkerding und
der dazu angestellten Mahlzeit hatte der Märkermeister zu Ursell
ftknf Märker ausgeschickt, herkömmlicher Weise Forellen aus der
Mark, worinnen Se. hochf. Durchl. bereits emige Tage zuvor hatte
fischen lassen, zu fangen. Diese Männer wurden mit Gewalt ergriffen,
gefänglich nach Homburg geführt, und gleich den ärgsten Maleficaur
ten in Ketten und Banden geschlossen, endlich der Märkermeister
— ♦*» —
gar Vermtworiniig geaogetu Die Heirscliafteii sdncltten wieder einen
kaigerlichen Notar mit zweien Zeugen nach Homboi^ bei Sr. DorcUL
sn protesüren. Dieser , naobdem er TorgelaBaen worden, begann mit
Bchnldigstem Bespeet seinen Auftrag aaezuricbten, wurde aber mit
den Worten unterbrochen: ^Wisset ihr nicht, wo mein Anwalt ist?
was hundert sa^rement, wollt ihr vor mir, in meinem Schloss prote-
stiren, wollt ihr 100 Frttgel haben, wie der andtt^e Notarius". Als
nun der Notar IsidoruB Bauer, so berichtet er selbst, seinen Anfitrag
auszuftahren , den Pf otest auf einen Tisch gelegt , habe Se. Durch-
laucht ihm das Spanisch Bohr aus der Hand gerissen, und ihn der-
malen auf Kopf, Buckel und Arm gesehlagen, dass das Bohr von
eiusjider gespalten, auch so lange fortgeCtdiren bis er das Instrument
wieder von dem Tisch fortgenommen, hernach dem dabeistehenden
Läufer und andern Anwesenden zug^erufen, auf ihn, den Notar und
die Zeugen, zu schilpen, waa dieser mit dem dicken Lauffer- stock
auch ohn Unterlass gethan, auch die Wacht augeloffen „worauf sie
voller Schlag, Aengst und Schrecken außer dem Schloß flüchtig
werden müssen«. (Mglb. E. 29. V. 372. S. 401 ff.)
Zu jener Zeit galt Mensch und Menschenwürde nur wenig oder
nichts; and nicht viel mehr in FraiÜLfurt, wie in Homburg. Darüber
giebt einen Nachweis und Beleg dieTheilung des gemeinscbafidiehen
Fleckens Niederursel welche im Jahr 1714 zwisehtti dem Raih der
Stadt Frankfurt und den Orafen Ludwig und Ludwig Heinrich
Gebrüder au Solmß und Fleckenburg, Herrn au Mütizenberg etc.
vorgenommen wurde. Das Dorf wurde getbeik durch die lange
Strasse; „weilen der ober Theil etwas schwftcher ausfällt an Mann-
schaft^' so solle Arnold Pfleger, Job. Deehert und Ufaich Hofmann
aus dem untern in den obem Theil sich häuslich niederlassen, ihnen
dazu Gelegenheit und Holz zum Bauen angewiesen werden'. Der
Weg durch die Spilles- oder Spielsgasse und durch die Bendergasse^
Särch, Kirchhof u. s. w. blidlten gemeinschaftlieh. Es folg^ in der
ThMhmgsui^unde (Mglb. E. 41) eine Specification aller Unterthanen
eigen- und lehen-baren, auch steuerbaren Güter, dann das Notariats-
instrument über die Theilung wie sie am 9. JuU erfolgte. Bei der
Kirche war auf dem Solms'chen Bauplatz ein Zelt au%eschlagen ;
nach den üblichen Anredmi, Besichtigung der Urkunden u. s. w.
wurde die Verloosung vorgenommen, die Unterthanen der Pflichten
entlassen, und wieder in absonderliche Pflichten genommen, wie
auch die Landmiliz und Leibeigne gegen einander limittirt und über-
geben. Syndieus Qrth erhielt für Frankfurt die obere HäUte; dies
halte in Niederursel an Leibeignen 4 Männer, 6 Weiber, 9 Söhne
— 4*9 —
imd 7 Töchter^ Sobns dagegen besaAs 18 Mftnner; 29 Weiber^ 48
Sölme und 36 Töefater^»; bo sali rieh Frankfurt genöthigt zur Thei-
Inng Leibeigne in Frannheini; Ossenheim und Petterweil abzugeben^
um den Austausch bewerkstelligen zu können. EBerauf wurden die
sftnuntlichen Bürger aufgerufen und abgezählt, in 2 Beihen gestellt,
die Solms'chen rechts, die Frankfurter links nach der oberen Seite
zu, ihr^ Pflichten entlassen, dem neuen Herrn Übergeben, die Leib-
eigne an den neuen Herrn „nebst angehenkter Gratulation über-
tragen'^, darauf die absonderliche Pflicht und neue Huldigung der
Unterthanen vorgenommen. Diese erhielten je 2 Ohm Bier zum
Huldigungstrunk, die Deputirten aber nachdem sie sich an der
Gh*änze aus dem possess und in possess gesetzt, haben eine Mahlzeit
unter einem Zelt auf der Wiesen, nach Frankfurt zu, einge-
nommen.
Entsittlichung. — Wie die Hissbräuche sich steigerten, so
wuchs die Sittenlosigkeit und eine abschreckende Selbstsucht; die
Achtung vor dem Gesetz schwand mehr und mehr; Jeder sorgte nur
ASr sich und die Seinen^ die Klagen verhallten ungehört oder sie
gaben nur Veranlassung zu neuen Missbräucben auch auf anderer
Seite. Die abgelegeneren Ortschaften wiederholen die Beschwerden
über die Quantitäten Holz welche von den Homburgischen Brenne-
reien consumirt würden, die Pächter müssten ihrerseits ein grosses
Stück Geld an die Herrschaft zahlen; es seien in einem Jahr über
fl. 6000 Bügen gemacht worden, aber es geschehe keine Verrech-
nung; den Gemieinden werde kein Bauholz mehr verabfolgt; viel
Wald sei bereits ausgerodet, Wiesen angelegt und verliehen, Geld
werde dafür nicht verrechnet; die nahegelegenen Mainzer und Hom-
burger unterthanen ruinirten die Mark mit Bind- und Scbafneh.
Besonders beschweren sich die Niederurseler dass ihnen verwehrt
worden Steigen in der hohen Mark aufzuschlagen, sie sollten ihre
Schweine in den beim Walde liegenden Orten unterbringen, dort
würden sie aber nicht aufgenommen. Sie bitten den Bath um Ab-
hülfe; diesem antwortet der Waldpott: es hätten die Urseller grünes
Holz ftar die Hirtenhütte geschlagen^ den Wald sträflich devastirt,
der Märkerbescbluss sei gefasst worden die deterioration des Waldes
^9 Die Leibeignen waren von denselben Namen and wol auch Familien wie
die Freien, darunter Greiff, Wentzel, Ruppel, Launhard, Dechert, Heimber«
ger etc.
29
— 440 —
xa verhinderiL Auch gegen den StadtsdraltheuseB Dr. Thonnet bh
Oberorsel wurden Klagen wegen Waldfrevel erfaioben^ wie gegen
andere Beamte. Das Landamt stellte Verhör deahalb an; ea eradnen
der Landhauptmann Ktihn von BQ/aamen^ erklärte auf Befragen: er
wäre jein mitbeisitzeBder MarkscholtlieMg und ^scbicke flioh alao mt
wohl für ihn, wenn er aneh gleich einige Fehler wiaaen aoUte, daaa
er sich hierinnen heranalaaaen sollte. Es könne sein, dass einige
derer erregten grayaminum Grand hätten, doch getrante nnd könnte
er nicht solche behaupten^. So entlassen erschien Scholtheiss Bilgor
von Dortelweil, Scholtheiss Boch ssu Nieder Erlenboich nnd Schak-
heiss Buppel zu Niedemrsel, sagen ans: „sie glaubten wohl daS es
nicht in allen Stücken gar zu richtig herginge, und ließen die ihnen
Yoi^elesene gravamina an ihren Ort gestellt sein, sie könnten nicht
alles wissen was fürginge, noch auch was dies&lls recht und un-
recht sei".
So sprachen im Jahre 1736 die Schultheissen der Hohen Mari^!
(Mglb. E. 29. VI. S. 20 ff)
Es findet sich in den Akten aus dem Jahre 1746 eine Anfrage
des Landamts, ob den Dörfern Dörkelweil, Nieder - Erlebach und
Niederursel ^ihr gewöhnlicher Beitrag zu dem Bonameser Märker-
geding' zu erlassen sei. Diese Gemeinden müssten zu ^/b, ^/t und Vs
wegen des alljährlich zu haltenden Märkergedings Mahlzeit zu Bona-
mes „concurriren^, sie seien durch Fouragirung undi&ULrscbe verannt
und im betrübten Stand, so dass diese Mahlzeitskosten, welche
gegen 100 fl. betrügen, nur schwer beizutreiben seien. Es möchte
den armen Gemeinden vor dieses Jahr citra onmem consequentiam
yihre sonsten rechtliche Schuldigkeit^ in Gnaden zu erlassen sein^.
Vom Jahr 1773 an erfolgt dann regelmässig der Beschluss, dasa
dieses Jahr, citra consequentiam, die sonst gewöhnliche Mahlzeit ein-
zustellen. Im Jahre 1775 war angefahrt worden, dass der aus dem
ganz und gar ausgehauenen Gehölze, in dem man yergeblick Bäume
suche, entspringende Nuteen so gering sei, dass er «n dem in die«>r
Markzehrung erforderlichen Aufwand in gar keine Vergleichung ge-
setzt werden könne. Es wurde aber das Gesuch diesmal abgeschla-
gen. Auf der über und über mit Tinte beschmutzen Eingabe findet
^^ Es erben sich Oesetz' und Rechte
Wie eine ew'ii^e Krankheit fort;
Sie ttchleppen von Gesohlecht sich zum Geschlechte,
UdcI rflcken saoht von Ort zu Ort*
Vernunft wird Unsinn, Wohlthat Plage. —
— 45< —
nch aufgeschrieben: dass löbl. Land-A. Depntirten^ Tit H. Schöffen
Stalbiii^ Jan« „diese piece in dieser tranrigen Gestalt ad Archivum
geliefert^. Das macht wenigstens seinem Hwzen Ehre I Auf S. 375
nnd 684 findet sich noch eine Notis: Wenn die Depnlarten dem
Mftrkergeding beigewohnt^ war es üblich geworden in der retour bei
dem Märkermeister in Bonames zn Mittag zn speisen^ die Zehrangs-
kosten wurden von den Markdorfechaften getragen; sie betragen
anfangs 6 fl.^ dann über fi. 20, endlich waren „die sogenannte Marker-
gedings-zehrangskosten^ dergestalt in die Höhe gestiegen ^ dass die
Frankfurter Ortschaften dafbr über fl. 100 zn zahlen hatten. Sie be-
tragen hn Jahre 1730 ft 87. 80; 1760 fl. 113; 1769 fl. 152;
1771 fl. 182.
Vergebens wurde versacht solche und Ifchnliche Missbr&uche ab-
anschaffen oder zu mildern; die Mahlzeiten sollten bei einem ordent-
lichen Oastwirtfae gehalten ^ keine Fremde nach Gunst zugezogen
werden; man erwog wie der Holzverbrauch zu verringern; wie die
Markgelder unter sicheren Verschluss zu legen; von Ursel, weg; an*
derswo in Sicherheit zu bringen. Alles Vertrauen war geschwunden;
em ganzer Fascikel (Mglb. E. 29. Vn.) befasst sich mit den Rech-
nungs- und Gegenrechnungs - Irrungen eines Märkenneisters ; die
Schultheissen erklSrtm vor dem Landamte dass die Waldtäge nicht
«ingehalten; wie die mehrsten Obermftrker manchen Waldtag 2 bis
3 mal in den Wald ftahreu; das beste und schönste Holz nied^hiebeU;
wie die grossen Hermhöfe und die reichen Märker Eichen- und
Buchbäume holten; die Armen aber; die Einläuftigen so kein Ge-
schirr hätten; verkürzet seien; die Waldförster wurden mit grossen
Geschenken bestochen. (Mglb. E. 29. VL S. 60.) Conferenzen wurden
veranstaltet und man Hess Hanauischerseits die Diäten dazu mittelst
Anlegung eines Arrestes auf die WaldrOgen bei dem Markschultheis-
sen bezahlen; Frankfurterseits fand maU; die Billigkeit erfordere dass
die beiden hiesigen Herrn D^utati ebenfalls ezemplo der andern;
jedoch beide nur fbr einen ; die Diäten gemessen. Es wurden fl. 78
daftbr berechnet Die Bügen sollten eingetrieben, einstweilen auf dem
Landamte hinterlegt werden. Hierttber neue Verhandlungen und
weitere Diäten.
Was der Anwald befahl ; verboten die Herrschaften; was der
Anwfdd und die Homburgischen frevelten; dem wollten nun die
Märker nicht nachstehen. Die MärkermeiBter erschienen nicht auf
dem Märkergeding am 21. Oct. 1748 weil es ihnen nicht notifidret
worden; die Schulthebsen widersetzten sich der Abhaltung des Tags.
Ein Mark-Convent wurde darauf ohne Homburg berufen um dem
29*
— 452 —
gemein Mann noch jedem 2 Wagen, soTiel ICärker als süea, ange-
deihenzn lassen; nnd weilen sicli die Homburgisohen hemchafilichen
Bedienten angemasset 120 E^lafter Buchenholz niederxnhanen, als
solle von Seiten der Hohen Mark gleichfalls einem jeden Märker
ein Wagen ansgetheilet werden. Gleich darnach findet sich ein Er*
lass des Landamts an die Frankfurter Schultheissen, bei dem Mftrker-
geding am 22. Oct. 1748 nicht zn erscheinen „erheblicher Ursachen
halber". Der fürstliche Anwalt seinerseits erliess eine Wdsnng an
die Markschultheissen „sich an keine eigenmächtigen Verordnungen
derer Herrn Markermeister zu kehren". Der Märkermdster Mergent-
heim zu Vilbel aber sandte ein Promemoria umher „daß man den
anmaßlichen Neuerungen ersagtem Herrn Obrist Waldbotten und
deren Anwalt keine Folge leisten*, auf einseitige Gitation nicht er-
scheinen solle, wenn nicht vorher von den Märkermeistem nomine
der Mark mit concertirt worden. Auf einer anno 1748 gehaltenen
Markconferenz der Hohen Mark Mitherrschaften wurde dann nodi
beliebet und der vielen Diäten und Unkosten halber vereinbart^ daas
die ßügen nicht mehr an die Märkermeister, sondern an jeden Dorf-
schultheissen abgegeben und bei Amt deponirt werden sollten. So
wurde von allen Seiten willkllhrlich in das alte Recht eingegriffen
aber stets ausdrücklich versichert, dass dies nicht geschehe die alte
Markverfassung aufzuheben, sondern blosserdings wegen des eingeris-
senen höchst verderblichen Haushalts ,als welcher nicht remedirt
werden wollen".
Es begann allmählig eine verzweifelnde Stimmung der Gemü-
ther sich zu bemächtigen, jeder suchte fllr sich aus dem wenigen
Uebrigen noch etw.as zu retten. Es findet sich aus dem Jahre 1747
ein promemoria über das befindliche Holz in der Hohen Mark
Waldungen, darin hdbst es unter anderem: der vordere Ohrenberg
so kahl. . . . der kleine Bettstein hat jung Buchen Baidel, . . . der
Lantzenboden, der Eymersberg, Mallmenstein hat junges Geheck;
derHirtzberg etwelche Dannen, der Bleibeskopf noch einige Eichen-
stümpf. Am besten wäre noch der Hegwald auff der Strassen bestellt,
darinne befänden sich noch etwelche altei Buchenbäume; wäre billig
dass nicht auch das andere Holz noch von einem H. Waldbott
für sich private missbraucht würde. Auf dem Lindenberg, in der
Goldgrub, am Sinnesblacken, im alten Hegwald, Pferdskopf, an den
Haidengräben fanden sich wol keine 100 Wagen dürre Eichenstümpf
übrig. Es würde nützlich sein die doch von einem Waldbotten
schlecht gehaltne Heege an der Strassen für die Märker aufisnthun.
— 453 —
Die SellNrtyerwaltang der Markgenossen hatte ganz aufgehört
Am 31. Mai 1756 wurde bei Bath beBchlossen, das» der Landmann
jederzeit das Mfirkerding besuche, der Markschultheiss wegen der
Busfttäge berichte. Ein ProtocoU des Landamts vom 4 Juni 1756
zeigt wie dies geschah. Landeshauptmann Kühn liess sich wegen Ab-
wesenheit entschuldigen, Philipp Greiff von Niederursel zeigt an,
dass der Schultheiss Büppel ^anderer Geschäfte wegen'' anheute bei
Amte nicht erscheinen könne; die rückständigen BUg^elder beizu-
treiben sei derselbe nicht im Stande. Der Schultheiss von Nieder-
Erlenbach schützte Unpässlichkeit vor. Der Schultheiss Bilger von
Dorckelweil wollte nächstens die ünterthanen j^zu gelebigen ihrer
Schuldigkeit anweisen^, Gelder habe er nicht hinter sich. Schultheiss
Holzmann, von Bonames hat die Bügenzettel bereits übergeben, auch
etliche fl. 40 in Händen, aber noch Diäten an die Mark zu fordern,
so wolle er solche gegen auszustellende Quittung in Händen
behalten.
Wie die Märker den Haushalt in der Mark ansahen und beur-
theilten das ergiebt sich am deutlichsten aus den Untersuchungs-
acten gegen die Stierstadter d. a. 1765. (Mglb. E. 29. VI. S. 479.)
Die Markförster Lissing und Kissel hatten sich mit dem Waldschreier
Einicke von Oberstedten nach Stierstadt begeben um auszukund-
schaften wohin einige gefrevelte Eichstämme gebracht worden. Da
die drei Männer den Schultheissen nicht zu Hause antrafen, wiess
dessen Frau einen Märker an, dieselben nach Georg Sulzbachers
Hause zu führen, wohin angeblich die Stämme gebracht worden.
Der Märker Spiessmann J. Aumüller weigerte sich sie dahin zu be-
gleiten, er wolle sich keine Feinde machen. Auf der Strasse trafen
sie eine grosse Anzahl Stierstadter, welche auf sie eindrangen und mit
Heugabeln, Schippen und Prügel losschlugen. Schwer verletzt, mit
gebrochnem Arm und Bippe gelang es ihnen nach des Schultheissen
Haus zu flüchten, wo die Schultheissin auf alle Weise Misshandlungen
zu verhüten suchte. Sie drohte zuletzt, man solle Buhe halten, es
gäbe Schantzarbeit Es gelang aber weder ihr, noch zweien Husaren
welche von Oberursel desshalb abgeschickt worden, die Wüthenden
zu besänftigen. Auf der Flucht noch wurden die Förster bei den
Haaren ergriffen, zu Boden gerissen, mit Stössen und Tritten auf's
gräulichste zugerichtet. Die Husaren Schlewitz und Harff sagten
später aus, dasa der eine Angreifer, dem aus Bosheit der Schaum
am Munde gestanden, als er des Lissing wieder ansichtig worden,
ihm mit der Faust in's G^cht geschlagen und ausgerufen: „bist du
da, SpitabubP Tis sei in dem Getümmel den Husaren der Pehs vom
— »54 —
Leibe abgeriBsen worden; groBs und klein ^ Mann und WabBleath,
sogar die kleinen Buben wären zuMnmengerottet nnd anfrülurertach
gewesen; nnd wenn sie, die Unsaren, nicht gekommen^ w&ren die
Förster doch noch todt geschmissen worden.
Es wird dies alles hier mitgefheilt; nicht damit daraus ersehen
werde dass auch in der Hohen Mark zuweilen Schlägereien stattge-
funden; sondern damit aus dem gewaltsamen^ leidenschafUichen
Ausbruche auf die tief eingewurzelte ^ lang genährte Erbitterung
geschlossen werden könne.
Auch von dem Waldschreier wurde ausgesagt dass er misshan-
delt worden ; spottweise habe man ihn bald geküsst, bald an der
Barrick gezopft. Er hat gleich anfangs die Worte gehört: „Was
sucht ihr hier, ihr Spitzbuben!" Während des Tumults habe Alles
geschrieen: j^Schlagt die Hunde, die Spitzbuben todt!" In desSchult-
heissen Haus hörte der Waldschreier gegen lissing ausrufen: „Siehe
Spitzbub; du Hund; es wäre kein Wunder ich stiesse dir das Messer
in Leib hinein I" Und später als er von den Bauern gezwungen wor-
den mit ihnen Branntwein zu trinken, habe bald der einC; bald der
lindere zu ihm gesagt: „Bist du nicht ein Spitzbub, seynd nicht
auch die Märkermejster Spitzbuben? gelt du bist ein Spitzbub?"
Die Begierungen dachten nicht daran die tiefer liegende Veran-
lassung solcher Scenen aufzusuchen und kräftig aus dem Wege zu
räumen, sie fanden „daß dieses grobe Yergehen nicht ohngestrafl
bleiben könne, wo nicht das ganze Markwesen in grollte Confiision
gerathen soUe^. Die Confusion war aber bereits längst da.
In den Akten Mglb. E. 31 befinden sich eine Anzahl abschrifUicher
Urkunden, darunter auch ein Chur Mainzer Begierungsschrriben d. d.
Mainz 16. Mai 1765, die Stierstadter Gewaltthätigkeiten betreffend. Das-
selbe besagt: Man habe aus denUntersuchungsprotocoUen ersehen, wie
die eines nächtlichen Waldfrevels wegen abgeschickten Förster und
Waldschreier liesing und Kiesel, von mehreren zusammengerotteten
Burschen . . dergestalten misshandelt worden, dass solche viele Kopf-
wunden nnd Armbrüche erlitten haben. „Nachdem solche schwere
Thätlicbkeiten auf das schärfste zu ahnden sind, als hättet ihr die
beiden Bädelsfllhrer Henrich Glock und Johannes Snlzbach, nach-
dem Ihr diesen beiden vorher in loco Stierstadt eine ihrer Leibes
Constitution proportionirte Tracht Schläge öffentlich habet geben las-
sen, zu Verrichtung einer jährlichen ohnabbittUchen Schantzenstraf,
dahingegen den Henrich Schreiber zur halbjährigen Schantzenarb^,
nnd den Waltiber Sidzbach auf vier Wochen laoig in dahiesiges
— 455 —
ZachthauB an £">'. Gtowaltsbotten wohlverwarter einKefern zu UMsen^ . .
Es sei nöthig „zu Aufrechthaltiiiig des gemeinen Buhestandes und
der nSthigen Subordination deren Untei^benen gegen ihre Vorge-
setste'; dass keiner der betheiligten Pursche ^ohngestraft davon
kommen möge", . . anch hftttet Ihr den Heinrich Anmüller ^als
wdcher damak den Dorfspieß getragen gehabt, wegen dessen dabei
bezeigter Widerspenstigkeit 14 Tage lang, nnd zwar des andern
Tags bei Wasser nnd Bröd zu seiner künftigen Warnung einzu-
thürmen". Wegen der Privatsatisfaction sei noch Verzeicbniss der
Cur und anderen Kosten zu verfertigen, auch die vulneratos zu ver-
nehmen, wieviel sie fOr ihre erlittenen Schmerzen zu fordern ge-
dächten, mittlerweile aber deren Thätem samtfiches Vermögen in
Beschlag zu nehmen, . . demnächst aber das abzuhaltende Protocoll
zur weiteren VerAigung einzuschicken.
Solche Bcenen mögen doch mitgewirkt haben, dass die Begie-
rungen endlich daran dachten eine Theilung der Mark zu bewerk-
stdligen« Der Frankfurter Bath sprach um diese Zeit die Beftirch«
tung aus dass bei so fortgehenden Verhältnissen die Mark in wenig
Jahren von Holz entblösst und zu einer leeren Haide gemacht sein
würde. Von Seiten Hanau's wurde betont dass es an guten alten und
neuen Verordnungen nicht fehle, dass aber der Effect von sothanen
Ordnungen von Seiten Hessen-Homburg nicht nur guten Theils behindert
werde, sondern auch von daher Selbsten grosse Eingriffe geschehen.
Conferenzen wurden in Aussicht gestellt, von Frankfurt und Hanau
auch betrieben, von Mainz aber, dessen Dörfer den Markwaldungen
näher und günstiger gelegen, wenig imterstützt. „Seit ich letzt die
Ehre gehabt', schreibt der Urseler Amtmann Thonet, „Ew. Wohl-
geboren aufzuwarten bin von Mainz in's Bhingau bis dato herumr
spaziert, und dadurch aui^r Stand blieben die . . Antwort • . ver-
sprochener ma^n einzuschicken; aus d^ . . . ausgeschriebenen Con-
ferenz dörfifle wohl, wenigstens sobald, nichts werden, womit ver-
bleibe etc.' (Mglb. E. 29. VI. 70.) Der Bath hatte schon im Jahr
1747 den ^Deputirten zur Conferenz in Sachen die Hohe Mark be-
treffend, den Herrn Schöffen Joh. Georg Schweitzer, Edlen Herrn
von Widerhold nnd Joh. Jac. Lucius, seinem Consulenten und Sjn-
dicus, vollkommne Macht und Oewalt gegeben, das Nöthige zu ver-
handeln. Homburg zeigte an, dass wegen Chur Mainz ein Aufschub
statt finden müsste. Es komme jetzt vorzüglich auf die Frage an:
wie, wo und welchergestalt künftig in der Mark zu beholzigen wäre,
ein Augenschein sei zu veranstalten. Der Bath Hess die Markschult-
heissen vernehmen, ob und wie eine Theilung der Mark zweckmässig
— 466 —
sei? Er hört nur wieder die alten; bekannten Klagen. Eine Thei-
lung sei nm jeden Preis wünscfaenswerth.
Die Verhandlungen über die Marktheilung dauern nun über ein
halbes Jahrhundert , sie füllen eine ganse Beihe von dicken Folian-
ten; sie werden ausschliesslich zwischen den Regierungen welche die
Interessen ihrer Dorfschaften vertreten, und den Beamten des ober-
sten Waldbotten gef%Lhrt; die Markgenossenschaft wurde nur zuletzt
der Genehmigung wegen ang^angen®^.
•
Die Wahl der Beamten, namentlich der Märkermeister war ganz den
Begierungen anheimgefallen, diese suchten sich über die Wahlen bestens
zu verständigen, das eigne Interesse dabei zu wahren. Auf dem Märker-
geding von 1 759 sollte die Wahl emes Mttrkermeisters an des Baths Thonet
81 Weit kräftiger als in DentschlaDd hatte in der Schweiz der Sinn fOr das
Recht sich erhalten. Aeholich wie in der Hohen Mark war noch nm die Mitte
des vorigen Jahrhunderts, bis zum Jahr 17d6, das ganae Land Toggenbnrg ein
ökonomisches nnd politisches Gemeinwesen, mit gleichen Rechten, Pflichteni
Nntznngen. Gewisse Corporationen oder Private besassen wol privatrechtlich
erworbene Küh- oder Atzungsrechte« aber die Voralpen, nnbestossene Alpen
worden gemeinschaftlich benutzt. Auch die Holznntznng wsr eine allgemeine.
Dies Nutzungsrecht fiel auch hier znnlichst den Anwohnern zu, die Entfernten
erhielten nichts oder wenig ; die Waldungen wurden von den oberen Toggen*
burgern gelichtet, der gemeinschaftliche Boden von diesen bebaut. Die unteren
Toggenbnrger ergriffen zuerst die Gelegenheit der neu zu errichtenden Land-
strassen, sie wollten Geld auf die gemeinschaftlichen Voralpen aufnehmen, da-
von Strassen bauen; dann aber verlangten sie Abtheünng, da ihr Recht andern
Gemeineigen thum illusorisch geworden. Die oberen Toggenbnrger bestritten
dass dies eine Rechtsangelegenheit sei, es sei Landes- oder Gemeindsaugelegeo-
heit, der Landrath, nicht der Richter habe über die Nutzungen zu entscheiden.
Die unteren, katholischen Toggenbnrger wandten sich aber „in dieser pur ei-
vilen Interessesache'' an den Ftirst-Abt. Dieser suchte, wie der Waldpott in
der Hohen Mark, seinen Einfluss zur Geltung zu bringen, erklarte dass er Nie-
manden, der Recht suche, solches abschlagen könne. Der Gerichtstag wurde
zu Schwarzenbach unter dem Vorsitze des Fttrst-Abts gehalten. Die oberen
Toggenbnrger sagen, es sei dies Gemeindesache, in welcher Jeder einzelne
Toggenbnrger seine Stimme absugeben habe. Die unteren aber verlangen
Entscheid tlber Mein und Dein, es liege eine Civilsaohe vor, welche den Land*
rath nicht berühre, ein Anliegen des Interesse und Eigenthums; der Landes-
herr habe Entscheidung und Fürsorge für die Untergebenen. Die Theilung
wurde verfügt, und zwar nach Proportion der Mannschaft; jede Gemeinde
erhielt eignes Oorporationsgnt. — Vergl« das Land Toggenburg oad sein
Landesallmeinden Redamationsprocess. St. Gallen 1845. Zu bemerken ist hier-
bei dass in einzelnen Districten des Toggenburgs Freizügigkeit galt. Die
Landleute von Uster, Gasser und Wallenstadt konnten aus Stadt in Land
ziehen, und umgekehrt. — Zu vergl. noch: .die Rechte der Gemeinde Kappel
auf die Allmeinden Steinthal und Brandholz''. St. Gallen 1847.
— 457 —
Bielle vorgenommen werden. Hombnrg ist dafür, es möge variirt,
nicht immer ans denselben Orten die Märkermeister genommen wer-
den. Die freie Wahl dürfe nicht bedntr&chtigt werden, wurde ent-
gegnet, und wieder von Oberursel der Stadtschreiber Messer ge-
wählt Zu den Wahlen von 1763 finden sich empfdilende Schreiben
der Begierungen , Frankfurt stimmt fbr PhiL Carl Bauer von Eysen-
eek zu Bonames; Wältbott Bassenheim empfielt seinen Bentmeister
Bauer; Hanau verwendet sich ftür He^berenter Henning zu Ober«
Eschbach; Chur Münz für Joh. Holzmann zu Bonames, Landhaupt-
monn Im Mai 1767 wurde berichtet, der Stadtsehulth^ss zu Ober»
ursel Vitus Franz Bauer sei ^aus besonders bewegenden Ursachen'
seiner Diensten entlassen worden. Chur Mainz emp&hl nun den der«
maUgen Schultheissen Montmorenci als Murkmeister, weil ^nicht
schicksam' dass ersterer als Markmeister beibehalten werde. Der
Graf Waldbott Bassenheim, Cammergerichtsprftsident, bringt wieder
die Theflung der Mark in Anregung, schlägt vor die Wahlen aus-
zusetzen. Die Wahl sei jedesmal wider Vermuthen so gerathen, dass
die Markbedienten von dem Waldwesen keine Eenntniss gehabt;
sie hätten den Meister gespielt und ihren guten Vortheil gewahret
(Mglb. E. 29. VI. S. 518 ff.) Derselbe schreibt später noch ans
Wetzlar, 21. März 1775, beschwert sich über die Eigenntttzigkeit
der beiden Märkermeister, deren jeder allein für sich handle ^ die
gröBsten Unordnungen erlaube, einer Gemeinde die strafbarsten
Handlungen nachsehe, einer andern, wenn sie auch nur aus Irrthum
gefehlet, unmässige Kosten verursache. Die Frankfurter Ortschaften
klagten gegen den Urseller Märkermeister Montmorenci, andere
gegen den Bonameser Schultheissen und Märkermeister Holtzmann.
Auf dem Märkergeding am 7. Juni 1778 heisst es: weilen annebst
die Gemeinde Heddemheim auf den im vorjährigen ProtocoUbericht
gemerkten 20jährigen Btügenrttckstand, deE an dieselbe ergangnen
V^wahrung ohngeachtet, nichts abgeführet, so wird dadurdi dem
Waldschreier und Förstern aufgegeben sämmtliches Geschirr und
Schiebkarren welche von Heddemheim in dieMarit kommen werden,
sofort nacher Homburg einzutreiben, inmassen die Mark sich länger
nicht herumfuhren lassen, sondern einen vor den andern von den
Heddemhränem angreifen wird. Eis findet sich nicdits darttber dass
im 21. Jahre des Rüdestandes die Drohung erfbUt worden.
Aenderungen in der Seulb. Erl. Mark. — Es wird hier
einiges über die Seulburg, Erlenbacher eta Mark nachzutragen sein,
— »68 —
da auch dort, aber in ganz ranohieden^r Weiie , der Freihett der
Wahlen nm diese 2ieit gedacht wurde«
Wie durch DomhohshaoMn in der Hohen Mark, so hatte durch
die Erbauung von Friedrichidorf in der Seulberg, Erlenbacher etc*
Mark der Waidpott — abgeedien von allen edleren Beweggründen
die ihn bei der Aufiiahme der Flttchtlinge mögUcherweiBe beatinunt -^
sein Ansehen und seinen Einfluss m steigern gesucht Die Mirker
haitten seinem Beginnen nur Klagen entgi^enrasetaen den Mnth,
und kaum diese. Die Mftrkermeister und Schaltheissen schreiben im
Jahre 1698 an den Batb, das nene Dorf oberhalb Seulberg habe
sich also yermehrt, dass de facto 20 und mehr Hansgeeessen sich allda
befinden, wodurch den Mftrkem grosser Schaden eugefilget werde.
Die neuen Inwphner liessen sich auf den Märkerdingen ablesen gkioh
den reehtibefiigleQ Märkem, sucht^i sich in die Mark einauschleichen.
Die Märker seien yoigemfen worden, gefragt warum sie kein Bau*
hole SU gedachtem Orte hätten verabfolgen Isssen, hätien sich eat-
schuldigt ^dass solches nicht bei ihnen, sondern bei ihren gpiädigsten
und gnädigen, auch grossgünstigen Herrschaften sttLnde' ; worauf
Ihro hochf. Durchl. aur Antwort ertheilt, dass Tormals in eben
selbigem Ort, wo dies neu Dorf aaitzo auferbaut sei, auch ein ander
Dorf gestanden. Ihnen, den Märkem, sei darüber nichts wissig,
hätten nichts darüber erfahren können; wäre immer noch die Frage,
ob sie Mitmäiker gewesen. Jetzt seien die Inwohner des neuen
Dorfs zwar erlnelig die Bussen gleich den rechtmässigen Märkem
zn.thätigen, aber sie strichen die Mark durch nach ihrem Wohl-
gefallen, rinden die Bäume in der Mark ab, dass solche abg&n^
würden. Yei^blich habe man gehoffi dass Friede werde und des
neuen Dorfs Inwohner in ihres Landes sich wiederum begeben, es
brächen dieselben jetst ihre Hütten ab, formale Hänser au erbauen,
ja sogar Döppen und Ziegelöfen zum Nachtheil der Mark auf-
anrichten.
Auf die Beschwerde* Schreiben des Churmainzer Oberamtmanns
Freih^m von Bettendorf antwortete der Landgraf; an der Stelle von
Friedrichsdorf sei ein adlicher Hof ^ und dabei das Dorf Dillingen
gdegen gewesen, welches vor diesem den von Brendell zugehöret,
von welchen es auf die von Harffen gekommen. Von diesen habe es
der Landgraf vor einigen Jahren gekauft, daselbst die refugirt^Dt
Franzosen aufgenommen. Er habe denselben auch den ihm eigen-
em Wol die S<An^fenbarg?
-- »59 —
thÜmKdien Dannenwald; an dessen SteUe WillkommBhaaseli gestan-
den^ zugewiesen, da dann die Franzosen Wohnungen gebaut und
die Wüsteneien wiederum zu fruchtbaren Aeckern gemacht; sich
darauf der Markgerecfatigkeit ^gleich ihren Vorfahren' bedienet. Die
neuen Einwohner srien auch eine Zeitlang wohl gelitten gewesen^
ihnen Holz yerabfolget worden , sie weg^i etwaigen exoessus ge»
btthrend mit der Markstrafe belegt worden, wodurch nie dann „öffent-
lich fbr Mitmftrker erkläret^^ und in der ^uhralten ' Gerechtigkeit
contomiret' und aufs neu wieder in possesrion gesetzet worden, iiin
Abriss der Gegend mit Angabe der Lage der verschiedenen Ort-
schaften und H5fe war dem Schreiben beigelegt (Mglb. E. 80 IV.)
Graf Ingelheim schrieb darauf am 19. Juni 1701 an den Batii:
als seine böid^i Gemeinden, die Fleckto Hoh^ausen und Ober-
' Erlenbaeh sich ttber die Homburgischen Eingriffe besehwert, um
Schutz angesucht; habe er die Sach' an seines Lehenherm chur-
fürstliche Regierung zu M^iinz gelangen lassen, Ton dort sei d^n
Oberamtmann zu Königst^n sogleich befohlen worden die Anmais-
sungen sofort ^zu thätigen^, dahin zu sehen dass die Mark an ihren
Bechten gelassen werde. Er frage an ob es nit räthlich mit gesamm*
ter Hand bei behdrigem Richter zu klagen. Herr von Bettendorf
meinte, es seien schon viele Schriften gewechselt, niemals aber mdcht
gründlich durchgedrungen, man möchte die Sach mit rechtem Nacb*
druk angreifen^ entweder via juris vel &cti ausmachen, erwar*
tet vom Rath „derensdben hochverntinftig Gedanken darttber'^. In
der Folge betrat Graf Ingelheim seinerseitB den Reobtsw^. Es be>
traf die Klage die Gerechtigkeit der Naohjagd^ Missbrauch des
Klägers Unterthanen zu Jagddiensten, Uebertretnng der Waldordnung,
Devastirung des Waldes, Beistellimg neuer Markermeister und Forst»
bedienten, einseitiger Ai&ahme von Märkgenossen u. d. m. Das
Urtheil des Reichskammergerichts vom 15. November 1713 erkannte
dass Beklagter, Herr Friedrich Landgraf zu Hessen-Homburg, modo
Successoren und Erben, daran zuviel und Unrecht gethan und sich
dessen zu enthalten, ohnbenommen dessen was ihm als Obristen
Waldbotten und als Oberherm der Markfleckm Senlberg und Köppwn
von Rechtswegen zukomme. Am 14. Jan. 1715 wird dem Herrn
Landgrafen zu Hessen aufgegeben nachzuweisen, dass er dem Urtheil
gehorsamlich sei, dass er sich auch deis anzüglichen und taxirUchen
Stjls g^en das höchste G^cht enthalte. Der Landgraf beeilte sich
nicht der Aufgabe nachzukommen; mittlerweile beauftragte der
Freiherr von Ingelheim einen Notar dem Märkerding am 30. März
1715 beizuwohnen. Dieser begab sich zu dem Amtmann CSarl Lud-
— *«0 —
w^ Neolioff SU Homburg; forderte ihn auf ssu dem naoigenden Mir*
kergediog das alte Markiuatrument mitzubringen , es öffentlich rer-
leaen zu lasBen, auch im Uebrigen alles nach dem ergangnen Ca-
meral-Urtheil zu halten. Neuhoff antwortete: ^^r wolle nachsehen
oh dieses Instrument in dem Archiv zu finden und bei Händen wlre»
er vor sich zwar hätte noch niemahlß eines gesehen^; er habe auch
noch keine Instruction was morgen zu geschehen habe. Vor Hegung
des Märkerdings erinnerte der Ingdheimsche Consulent und Abge>
ordnete dass die Friedrichsdörfer vom Märkerding und Bufisatztage
aussuschliessen^ die Vor- und resp. Nachjagd aufzuthun, die WUd-
bahn sammt dem Forst zu hegen und schonen, das Markinstmment
zu extradiren und yorzulesen, ein ohnpartheiisdber Markschreiber
anzunehmen, die Markmeister zu Ablegung der Bechnung und zu ge-
meinschafttichem Handeln anzuhalten, dass die eigenmächtig angelegte
Mtthl oberhalb Köppem abgeschafit, die auf Markboden angelegten
Wiesen zu aUgemeiner Markgeniessung tiberlassen würden. Es er^
folgten thmls leere Versprechungen, theüs ausweichende Antworten;
als dann der Kreis geschlossen, wurde auch der Friedrichsdorfer
Schultheiss gerufen; der Ingelheimische Notar trat vor und protestirte.
«» Im Januar 1717 wurde der Notar Cretschmar requirirt um da«
Kammeigerichtsurtheil vom 13. Nov. 1713, da der hohe Impetrat auf
4malige Citation nicht erschienen, in den betreffenden Dörfern zu
publiciren. Zuerst wurde die Gemeinde Holzhausen durch den
Glockenschlag conTodrt, milgetheilt, dass das alte Markin-
strument zu ediren und sänuntlichen Märkem zu communi-
ciren, dass die den Ingelheimischen Unterthanen abgepfändetoi
3 Paar Ochsen und Wagen, oder deren Werth, zu restiituiren,
Kosten und Schaden, ebenso die abgedrungenen 100 Bthlr. Straf
mit Interessen und Unkosten zu erstatten, einseitig abgesetzte
Markförster wieder zu agnosciren, wegen des unzulässiger Weise
zu Erbauung der Salz -Soden, des Schlosses, der Vorstadt
zu Homburg, anderer FttrstL Privatgebäuden und des Orts
Friedrichsdorf genonmienen Bau ,,auch entführten Brennholzes
und der nicht competirend, dennoch im Uebermass gebraucht»
Mästung, abzufinden, ebenso die Friedrichsdorfer für genossene Weid,
Aeckerigs, Brenn- und Bauholzes Satisfaclion zu geben, die auf
Markboden gesetzte Papiermtthl abzuschaffen, endlich Caution zu
leisten, dass keine ferneren Eingriffe geschehen in der Mark Eigen-
thum und Gerechtigkeiten. Anderes noch war in dem Decret hervor-
gehoben, dass die Markbediente ordentlich zu wählen, dass die Mark-
Inatrumente, ProtocoUe u. d. m. in einer gesammten Mark-Truhen
— 46t —
ma yerwafaren^ daM keine Rtlge einseitig angesetzt; kein Märker-
meister private ein- nnd abgesetzt werde^ dass der Flecken Fried-
richsdorf abgeschafft oder wenigstens die Bewohner sich der Mark
endialten nnd vor AnsmSrker passiren sollen. Zu schuldiger Parition^
ErfilU- und Gelobung dessen allen wurde eine I4tägige Frist prae- ,
figirt mit militärischer Execution gedroht Nachdem dies Executions-
Decret und Patent verlesen und am Bathbause angeschlagen war,
verftLgte man sich zu gleichem Zwecke nach Ober -Erlenbach und
den übrige Markflecken. Der Solms'sche Amtskeller Patrick von
' Petterweil war weggeritten ^ der Hessen-Darmstädtiscbe und Solmsi-
sche Schultheiss, Melchior , wollte die Ghemeinde ohne gnädigsten
herrschaftlichen Befehl nicht convociren: das Decret wurde an das
Bathhaus affigirt Das gldche geschah in Seulberg; auch in Fried-
richsdorf hatte der Schultheiss Moses Lapart rieh entfernt; in Köp*
pem liess sich der Schultheiss Bhdneok ah unpässlich melden.
Abends halb fünf U^r kehrte die Commisrion nach Burgkholzhausen
daselbst das Nachtlager zu nehmen ^ begab sich am folgenden Tage
Bonntag den 17. Jan.^ nach verrichtetem Gottesdienste y,atif Franck-
furth nacher Hau£; wormit dann dieser gantze Execntions actus ge^
sdilossen und völlig geendigt worden^^
Welchen Erfolg dieser actus gehabt das ergiebt sich aus dem
Protocolle ttber den Märker-Gonvent welcher wenige Tage darnach,
am 27. Jan« 1717 zu Seulberg gehalten wurde. Es heisst darin:
Nachdem der Obrister Herr und Waldbott aus dem . . affi^rten
Snbdelegations-Decret ersehen, dass die mehrsten Puncten nicht den
Christen Herrn und Waldbott angingen, sondern die Mark, und
dieses derselben an ihren Gerechtsamen nicht allein schädlich und
schimpflieb, sondern aucb, wenn sie ihre Gerechtsame nicht wahr-
nehmen, gar darum kommen könnten, desshalb sri ein Märker-Oon-
vent berufen worden. Von Seulberg war zugegen der Märkermdster
und Schultheiss Dorsch sammt beiden Bürgermeistern; von Ober-
Erlenbach niemand, haben sich excusirt; von Petterweil der Schul-
theiss Schneider, sampt den beiden Bürgermeistern, ebenso Schult-
heiss Rheineck von Eöppem mit den Bürgermeistern, von Nieder-
Erlenbach Bürgermeister Lentz welcher den Schultheissen excusirte,
von Holzhausen Niemand, Friedrichsdorff hatte sich schriftlich excu-
sirt Die Anwesenden wunderten sich, dass sie von keiner Klage
wüssten, keine Vollmacht zur Klage gegeben, protestirten einstimmig
und einhelKg dagegen und behielten sich Gerechtsame bevor; wollten
auch den Christen Herrn und Waldbotten unterthänigst gebeten ha^
ben zu inquiriren, welcher so unnöthigen Process suche; sie dankten
- 46S -
unterthänigst dass denelbe sie in ihrer Gerechtsame zu schtltBen
suche, sie die Anwesendeo wttssten im Geringsten von keiner Klage
oder Beschwerde. Die einzelnen Puncte wurden Torgenommen: Je-
des Ort, so wurde bemerkt, habe allerdings Abschrift des Instru-
ments; das Original aber wisse Niemand. Wer nicht zahle, müsse
eingetrieben werden, dieses sei der Zwang von welehem sie als Her-
kommens nicht abgingen; worbei siüBamtliche anwesende Burger-
meistere aitftretten, die Anzeige gethan, dass sie bei dem Herkommen
mainteuirt werden möchten. Die Holshttuser srien die grössten Wald-
frevler, sie und die Ober^-Erlenbacher seien abgegangen, aber sri
doch das M&rkergeding vor wie nach gültig, die Abgetretenen hätten
ihre Tota yerloren. Einzig und allein der Obrist Herr und Waldbott
sei befugt in dieser Maiic zu jagen, in dem Annehmen und Abschaf-
fen der Förster woUe sich die Marck niehts vorschreiben lassm ;
die Saline sei von purem Dannenholz gebaut, und es sei so w^ig
in Holz- als in Mast-saohen sich Ziel und Bfaas vonmschreiben. Die
Papiermühle sei noch nicht erbauet^ erst in Fundament gelege^ der
Papiermaoher erbötig zu . weichen. Die Mirkermeister und Förster
seien stets durch die misten Stimmen erwählet, wer abtrete und
das Markergeding abandonnire, yerliere seine Stimme. BeidemPunet
wegen Friedricbsdorf trat der Nieder-ErlenbAcher Burgermeister auf:
es sei ihm bekannt, dass wegen dieses Dorfs von ihrem Schulzen
protestirt worden; was aber die prätendirte Satisfaction oder Strafe
angehe, so sei desshalb keine Vollmacht ertheilt worden, die Frie-
drichsdörfer seien als Mftrker gerüget undr bestrafet wcurden ^per
consequenz als Märker wir sie alle zu erkennen' ; wäre unbillig sie
noohmalen zu bestrafen. Schliesslich finden sich sämmtliche an-
wesende Härker gemttsigt aufs feierlichste zu protestiren, ihre von
undenklichen Zeiten wohlfaergebrachten Bechte und Gerechtigkeiten
zu wahren ; sie widerrufen alles was der Herr von Ingelheim hierin
gethan, erkennen ibn als einen Ausmärker, welcher mehr seinen
Privatnutzen als der Mark Bestes und Vortheil suchte. (Mglb..£. 30. IV.)
Am 27. März 1728 machte die FürstL Hessische Canzlei zu
Homburg die Anzeige, dass die Differenzen mit dem Freiherrn von
Ingelheim vollkommen gehoben, wobei denn die Friedrichsdörfer als
Mitmärker in bemelter Mark aufgenommen, und ihre Stimme glüch
andern haben sollten. Sie ersucht den Bath dem Schultheissen zu
Nieder-Erlenbach die nöthige Notiz zuzustellen. Ein Besehluss findet
sich nicht aufgesehrieben* Frankfurt suchte nun an der Wahl dar
Märkermeister in der Weise Antheil sich zu erhalten, dass die Ort-
schaften Holtzhausen, Petterweil, Ober- und Nieder-Erlenbach ge*
— «3 —
mMoamdiaKUität gegm die dm ho«iliiii^iiidie& Ortieluiftea Seidberg,
Edppern und Friedrichsdorf majore maeheD sollten. Wie dies er-
rmchf worden geht ans späteren Akten herror.
In dem dickeren Aktenpack £. 80 findet sich d. d. Hanan
28. Dec. 1767 ein Schreiben des flirstL HeB8.-Hananischen zur Re^
giemng verordneten Präsidenten etc. Man erinnert daran wie in
dem Anfang dieses Jahrhunderts das ftbrsü. Hans Hessen-Homburg
in der Seulbeiger-Erlenbadier Mai^ verschiedne VorztigUehkeiten
si^ angemasset, die Sache aber von dem Herrn Baron, nachherigen
Ghrafen yon Ingelheim vor kaiserl. Beichskammergerioht anhängt
gemacht, auch yerscfaiedene günstige Urth^e ausgewUrket worden,
wie Ludolph in Consnhat H. p. 4Q6 berichte. Der Herr Graf habe
aber sich bewegen lassen, wie vor einiger Zeit in tHahrung
gebracht, nach der Hand mit Hessen - Homburg in gütliche
Tractaten sich einzulassen, und zum grössten Nachtheil der
ganzen Märkerschaft, gegen einige Ihme Tor sich, seine Beamten
und ünterthanen nachgelassne Privatvortfaeile, sich zu vergleichen.
Man empfielt eine Protestation. Das hierauf erstattete STndicatsgut»
achten pflichtet dem bei mit der Bemerkung dass in den Akten keine
Spur zu finden sei was, oder ob etwas auf die Vergleichs^Anzeige
d. 27; Man: 1728 geantwortet worden. In Abschrift liegt dem Hes-
sen>Hanauischen Schreiben Aer Vergleich zwischen Hessen-Darm-
stad^ Hessen-H<Mnburg nnd Ingelheim bei, aber ohne datum. Vor
allem wird darin der Landgraf als Obrist Herr nnd Waldbott, auch
als Territorial' Herr der Senlberger und Erlenbacher Mark aner-
kannt mit Vorbehalt der den Märkem zukommenden nliKtates;
2) werden die Friedrichsdorfer ab Mitmäiker aneikannt; 3) vep-
richtet Ingelheim auf die Jagd in der Mark erhält dagegen die
Jagdbefugniss in der Seulbcoger Gemarkung; 4) erhält cUe Gemeinde
Ober-Erienbach den Viehtri^ durch den Flecken Seulberg gegen
eine bestimmte Entschädigmig ; 5) soll dem Ingelheim'scheu Beamten
freistehen dem Bussensatz und Abhör der Rechnungen beianwohnen.
Ein etwaiger Ueberschuss aus den Bechnungen solle 6) sogleich für
jeden Marktflecken pro quota ausgetheilet, der Friedrichsdorfer An-
theil aber wieder unter die Homburgischen und Ingelheimischen
Markflecken repartirt werden; 7) obligiren sich Hessen-Darmstadt
und Homburg bei der Wahl wies Märkermeisters allezeit die Stirn*
men ihrer Markflecken einem Ingelheimisehen Beamten oder SchuH»
heissen zu geben, hingegen sollen die „Ingelheimische zu wählende
Burgerm eistere Ihre Stimme vice versa* allezeit rinem hessischen
Markschultheissen geben, der Ingelheimische Märkermeister einen
— 46* —
Waldförster zu ernennen^ auch den Sitz nach dem hochAmtL Anwalt
haben; 8) wird der Eintrieb der Mttrker ,,worin der Mark herge-
brachter Zwang und Execution bestehet^ gestattet; 9) wegen Mahl*
zdten und Diäten werden hohe Ansätze ausgeworfen. Es soll er-
halten den ersten Tag fttr Mund, Pferd und Knecht der Anwalt 8 fl.,
der M&rkermeister 5 fl.; der Markschreiber 5 fl., ein Markschultheiss
1 Bthlr.; ein Bürgermeister 15 alb., ein Förster 1 &., die folgenden
Tage, sowie bei Mark-Umzügen weniger^. 10) Wenn ein Ingel-
heimischer ünterthan in der Mark Todtes verfahren, solle nach Be-
sichtigung den Angehörigen des Verblichenen abgefolgt wor-
den, Criminalia aber vorbehalten bleiben. Es sollen 11) die ge-
meinschaftlichen Mark-Documente von den beiden MärkermeiBteni
verwahrt werden; 12) solle eine scharfe Waldordnung gemacht
werden; endlich solle 13) der Process beim Oammergericht abge-
rufen werden.
Dass dieser Vergleich zur Geltung gebracht wurde das ist unter
anderem aus dem Schreiben des Raths d. d. 20. Mai 1778 ersichtlich,
in welchem derselbei den Landgrafen darum angehet, es möge ein-
mal wieder aus Nieder-Erlenbach ein Mftrker-Meister gewählet wer-
den. Nach dem Berichte des Laodamts war dies seit 61 Jahren
nicht mehr der Fall gewesen. In der Antwort des Landgrafen
Friedrich d. d. 13. Juni 1778 ist versichert, wie es ein wahres Ver^
gnllgen gewesen, auch bei dieser Grelegenheit, so wie bei einer jeden
andern, dem Bath DienstgefiLlligkeiten zu leisten, es stehe aber die
VerfiMSung der Mark und die denen Bürgermeistern eines jeden
Markortes asustehende freie Wahl im Wege „zu deren Beschränkung
wir uns nicht entschliessen können'. —
Am 6. Juni 1781 zeigt der Schultheiss von Nieder-Erlenbach an,
es sei durch die Stimmen der 3 Homburger Ortschaften und des
Markorts Ober-Erlenbach ein Seulbergor Oerichtsmann, Safiin, zam
Märkermeister gewählet worden. Die übrigen hätten gegen diese
Wahl protestirt, weil im Jahre 1747 der jetzige Schultheiss von Holz-
es Nach einem Landamts-ProtocoH vom 12. Jan. 1782. (Mglb. £. 30. dicker
Qaartpack [39] bemerkt Schultheiss Lamper t, ein Märkermeister geniesse, wo
er nicht irre 9 fl., bei Mark-Gonventen hätten sie nebst dem Tisch 1 R. Diäten,
bei sonstigen Verrichtungen 1 R. ohne Kost; die Markschultheissen aber hätten
bei Märkergedingen 1 R. Diäten ohne Kost , bei dem Baßsatz 1 R. und die
Kost; die folgenden Tage und bei sonstigen Verrichtongen 1 fl. and die Kost.
An Holz erhielten die Märkermeister soviel sie nöthig hätten , der Markschal*
theiss geniess 4 Wagen, Bürgermeister and Pfarrer 2 Wagen, jeder Baner 1
Wagen; soviel er wisse gründe sich dies auf Observanz.
— 465 —
bancien; Fritz, ebenfalls als Gerichtsmann gewählet, die Wahl vor
tingültig angeBehen worden, und weil die Wahl auf höheren Befehl
geschehen sei. Er bittet bei dem Bußsatztage dem herrschsQchtigen
Verfahren abseiten Homburgs Einhalt zu thun. Ein Schöffenbe-
schluss verfügte darauf, dass die Nieder-Erlenbacher bei dem Buß-
satztage sich nicht einfinden sollen. (!) Die Nieder-Erlenbacher Bur-
germeist^ Hahn und H. Müller gingen aber doch hin, entschuldigten
sich, dass die Gemeinde es so verlangt habe. Der Schultheiss be-
richtet^ dass er ihnen ^die alleinige Befolgung des herrschaftlichen
und nicht der Gemeinde befehl" anbefohlen, dass eine solche AufiOlh-
rung „mit dem Namen: Unterthan gar nicht reime'; aus solchem
Ungehorsam für den Bath und für ihn selbst, den ,,die befehl be-
kannt machenden Schiiltheissen', die alleitacfalimmsten Folgen ent*
stehen könnten; hofft dass Bestrafung erfolge. , Solchem Bath wurde
gerne entsprochen, es wurden die Börgermeister bis auf weitere Ver-
fügung in Arrest gebracht, später noch um 3 Bthlr. g^bflsst, weitere
Untersuchung der Anstifter angeordnet!
Schultheiss Lampert berichtet am 25. Mai 1782 an das Land-
amt^ dass die Märkermeister Safan und Bupp wieder gewählt worden.
Es sei aber bei dieser Wahl bei der er sich doch wegen der zu
Seulberg gehaltnen Conferenz mehrere Unpartheilichkeit abseiten
Homburg vorgestellet hätte, abermahl ordnungswidrig verfahren, die
Bürgermeister der Ortschaften Seulberg, Friedrichsdorf und Eöppern
den Samstag vor Pfingsten nach Homburg citiret und ihnen zum
votiren der Befehl gegeben worden. Auf die Frage des Waldschreiers
Mack: wie es gehalten werden solle? habe der Seulberger Burger-
meister die Antwort gegeben: Es werde wohl beim Alten bleiben;
welchem die Bürgermeister von Friedricbsdorf, Eöppern und Ober-
Erlenbach beigestimmt, dass also auch diesmal wieder wie seit 10
und mehr Jahren die Märkermeister durch die Stimmen der ver-
bundenen Markortschaften erwählet worden, die andern nicht zum
votiren gekommen. „Die Wahl Selbsten wird vor das künftige, wie
bishero, eine blosse Ceremonie sein, die beiden Männer im Dienst
erhalten werden, weilen Homburg durch ihre Ejdbrüchige Conni-
ventz im Mark- Wald thun kann, was es nur will'^
Hierauf wurde in Senatu Soab. am 1. Juni 1782 beschlösse:
beruht auf sich, es wird aber löblichem Land- Amt committirt dem
Schultheissen zu Nieder-Erlenbach seine gebrauchte unanständige
Schreibart w^^ Hessen-Homburg zu erweisen (verweisen), und ihm
künftighin ein glimpfliches Betragen einzuschärfen.
— 46« —
G in r o du ngen. — Es köimte bier^ iimofeni das Beoht der Hohen
Mark diurzulegen unternommen wurde^ vieUeicht nicht unzweckmäasig
ein AbschlusB stattfinden; denn ob bleibt fraglich ob dae^ was noch
folgt; mit dem Rechte zusammenzustellen sei. Es werden die Bechts-
Verhältnisse wie sie zuletzt sich gestaltet; nur vorgelegt, weil Be-
richte und Thatsadien jener traurigen Zeit entnonunen, dazu gedient
haben in der Lehre ttber die Markverfassungen eine nicht unwichtige
Bolle zu spielen. Darum sei es vergönnt noch Einiges über diese
Zeit und die in derselben handelnden Personen anzuführen.
Als im Jahre 1773 die Theilung der Hohen Mark wieder ange-
regt wurde hoffte man auf guten Erfolge weil die chur mainzische
Begienmg durch den Grafen von Bassenheim für dieselbe günstig
gestimmt sei. Tüchtige Begierungsbeamten nahmen sich der Sache
jetzt und in der nächstfolgenden Zeit mit grossem Eifer an, der
hanauische Amtmann Usener zu Bergen, Landamtmann Luther von
Frankfurt, Justizrmth Hoffinann von Bödelheim u. a. m.; man unter-
suchte die Fragen, wie zu theilen, und was zuvor zu ordnen aein
möchte. Die Frankfurter Schultheissen hielten für ihre Ortschaften
ebenso vortheilhafl eine Theilung nach Köpfen, als nach Ortschaften;
ohne die Theilung s6i keine Hoffnung je wieder Holz aus der Mark
zu erhalteu. Wie zu theilen, überlassen sie der ^^erleuchteten Ueber-
legung einer hohen Obrigkeit^. Es folgen genaue Aufstellungen der
Einwohner und der Gebäulichkeiten ; die obschwebenden Streitig-
keiten zu erledigen wurde versucht. Vor allem kam wieder die ge-
bückte Heege zur Sprache, über welche im Jahre 1780 Hessen-
Homburg erklärte, dass auf der angeblich strittigen Fahrbor-
ner Strasse die privative Beholziguugsgerechtigkeit dem Obristen
Herrn und Waldpotten zustehe ; die Strasse sei nie strittig gewesen.
Er berief sich auf ein abschriftlich beigegehenes Hohe-Mark-Protocoll
vom 2. Juni 1597 in welchem die Grenzen abgesondert worden
seien ^; sodann Abschrift eines Märkerdings-Frotecolls vom 30. Mai
lb99 inhalts dessen die Märkerschaft bekenne dass diese Strasse dem
Herrn Waldbott allein zustehe; endlich andere Mark-Protokolle nach
Ausweis deren die Grenzen zwischen der Strassen jenseits Kirdorf
und gemeinen Mark verglichen worden. Am 4. Juni 1614 sei man
zu Oberursel desshalb zusammengekommen, aus jedem Flecken sei
eine Person mit genügsamer Vollmacht erschienen. Am 5/25. Sept
^^ In diesem Protoeoli ist ein Umzng mitgetheilt, weleher aageblioh statt-
gefunden.
— 467 —
sei geiheilt n^ordea^ indem Feldgeachworene und Landtseheider einee*
theila vom Eesslergnund, anderei-seits vom Pfad gegen Eirdorff aus
dieBttihen geg«n einander geschlagen^ die Breite gemitfeelt und einen
aufgeworfenen Hänfen jedeemal in die Mitte gemacht
Der Bath Hess \m der heesiBdien und bei der charfÜrsÜiehen
Begierung anfragen ob in dortigen Archiven von den angefttiirten
alten Hohen-tfark-Protokollen etwas vorfindig sei. Es wurde aber
nichts darüber aufgefunden. Die Streitigkeiten blieben unerledigt,
neue kamen stets dasü, indem nun die meisten der Hohen-Madk-
Waldung anliegenden Ortschaften Ländereien für sich einBurdden
anfii^en. Beim Umgang von 1768 hatte besonders Stierstadt ge-
^eigty wie das ungestraft geschehen könne. Vor Beginn dieser
Grenebesicht^nng hatte der Anwalt die Mftrker bedeutet^ dass wenn
einer oder der andere gesonnen sei au protestiren ein jeder solches
mit Beseheid^oDheit tfiun mlige. Man war darauf rechter Hand ttber
die Aue nach der Triesch an der Looshecke geritten, dort hatte
man, an der Käsbacb, die Stierstadter bei einem Wackenstein, welchen
sie als Grenzstein bezeichneten, angetroffen, mit allerhand tödtlichem
Gewehr, als nemlich Bohrbacken, Mistgabeln, Sensen, Erappen udd
dergL bewaffnet ; sie we^erten sich die Märker durchzulassen , ja
sie s(^ugen ohne alle Yeranlassuag einen Homburger Unterthanen
mit einer Bohrfaacke nieder, und ^wo&rn der Schultheiss von Stier-
stadt, wenigstens pro forma den andern Schlag nicht au%riialten
btttte^^, so wäre dieser vielleicht noch weit gefilhrlieher geworden.
Der fürstliche Herr Anwalt protestirte namens des höchsten Wald»
botens und der sämmtKchen Hohen Mark, behielt sieh alle Bechte
vor, und die Märker „liessen also den ganzen District von der Eees»
bach bis an das Solms'sche Wäldchen liegen". Am Cronenberger
Weg wMren einige Eastamenbämne in die Hohe Mark gesezet, wo-
gegen der Anwald sowohl als die Märkermeister protestiret, und re*
solviret worden dass sie nächstens sollten ausgerodet werden. Weitto-
hin hatten die Stierstadter wieder einen Stein besezt ,, weilen aber
. . . keine Gewaltthäti^eiten sollten verübet werden, so Hessen
wir^, hdbst es „auch diesen Stein liegen cum reservatione omnium
jurium^^ Als später der SchultheLas von Stierstadt dem Zuge sieh
anschliessen wollte, wurde er bedeutet, dass man wegen den Ex-
cessen seiner Leute seiner Person nicht nötiiig habe. Der Schultheisa
entschuldigte ^die Ungezogenheit seiner Leute und ging nach
Hause'. Die Märker zogen weiter, nahmen auf dem Feldberg ein
kleines Mittagessen ein, das auf sie wartete, und ritten nach Beiffen-
berg, allda sich mizuquartiren ^weilen die Bonne sie verlassen und
30»
— 468 —
hinter die Oebttif^ sich venteck«! wollte' . Nachdem sie ihre
Eräflftei berichtet weiter das Notariatsprotocoll^ wieder ein wenig
Busammen gesamlet und ein kleines Frülttttick eingenommen ver-
folgten sie weiter den Umgang; nahmen am BehhUngensberg y,die
Wüsche ab'; welche die Anspach^ zu weit ansgehänget; zogen nach
der Saalbarg; j3en Fahrbom hinnnta: bis an die Strasse. Nachdem
aber das Regenwetter so stark gewesen „dass es kein Mensch länger
aushalten konnte'; ritten sie nach Homboi^ und assen. Den dritten
Tag weiter nach dem Wolfsgarteu; wo- sie die Eordorffer Gemeinde
trafen; nnd protestirteu; „dass de nicht sollten den Ober-Eschbacher
Weg passiren'. < Der Anwalt schlug vor alles unentschieden za
lassen; die Kirdorffer aber Hessen demohngeachtet die Märker y,nicht
pasmren^^ Der Waldschreier zeigte den Märkem die .Grenze gerad
über das Feld hinauS; wie es 1609 beschrieben. Der Schultheiss von
Domholzhausen protestirte darauf; die Herrn Märkermeister repro*
testirteU; wellten der Mark; weil sie nicht in der Grenze ging^i;
„nichts vergeben haben'. Den Baisberg hinauf protestirte Hom-
burg ; gleicherweise als die Märker links die Heck hinauf nach dem
Brendekbusch zu gehen prätendirteu; da doch der Tannenwald dem
durchlauchtigsten Fürsten von Homburg prätendirtermassen gehörig
seiD solle. So ging es um den lauen Wald; im Hajnmüller pro>
testirte Stetteu; die Herrn M&rkenneister reproteslirende mit dem
Bedeuten dass dieser Mark-Umzug keinem Tfaeil präjudicirlich sei;
an der Hege bei Oberursel protestirte Oberursel. „Wir liessen also
alles liegen'^ schreibt der Notar Johannes Laurentius Stell wag; ^ritten
nach Oberursel bei Herrn Märkermeister Montmorencj und assen
zu Mittag. Hiermit endigte dieser actus.' — (Mglb. E. 29. Umgang
vv 1768.)
Es ist nicht wol nachzuweis^Ei ob eine solche Auflösung der
Ordnung vomWaldpotten überall begünstigt wurdo; in einigen Fällen,
nämlich so weit es die Homburger Unterthanen betraf; scheint es
der Fall gewesen zu sein. (Es finden sich die Aktenstüdse über die
Einrodungen der Oberstedter und Kirdorfer Mglb. E. 31. VI.) Die
Gemeinde Stedten gab im Jahre 1781 vor, sie habe einige alteGränz-
steine gefanden ; ohne dass den Märkern Mittheilung gemacht — nur
der Märkermeister Montmorencj wurde auf den Augenschein ge-
laden — hob man die Steine und . zog den District ein. Es war
derselbe noch im Jahre 1769; beim letzten Umgange für Markantheil
erkannt worden; die Mark war in unbestrittenem Besitz gewesen.
Jetzt aber wurde. behauptet; die Stedter hätten sich wieder ,in den
alten Besitz gesetzt'. Ein Bericht über das „strafwürdige Einrotten
— 469 —
d«ar liess. liombui;^. Obentedter Gemeinde^ wurde auf dem Märker-
geding Tom 16. Juli 1781 überreicht Dasselbe wurde von dem
Bmder des Anwalds^ dem fürstl. homb. Begienmgsrath Nenhof abge-
halten. Dieser soll nach dem Bericht des Landamtmanns Luther
betronkoi gewesen sein, habe sich auf so unschickliche Art be-
nommen dasB Amtmann Usener den Kreis verliess. Neuhof habe
vergessen die Hegung des Mftrkerdings vorzmidimen, gleich die
Mftrkermeister abgedankt Dann habe, er gestottert, den Titel des
Landgrafen vergessen, aber hinzugesetzt : totns titnius nön est ne>
cessarhis, auch den Marksdireier beordert die Mftrkermeister wieder
in den ^eis zu holen, mit dem Anfügen, es sei besser dass er sie
hole, ab dass sie der Teufd hole. Bei dem Verlesen der Rttgen
habe er wiederholt Zweideutigkeiten zi^eftlgt und zum Schlüsse ge-
sagt: ^nun.muBS ich auch noch laußen, schmaußen, fisohen, hetzen,
ächzen, krächzen^ J^^ luid wie das einftltige Zeug alle heisst, ver*
bieten".. Auf den eingermchten Bericht und beigefügten Protest der
Regierungen wegen dem Emroden der Oberstedter am Mutzengarten
liegt kein Beschluss des MSrkeidings vor. Aber die homb. Regierung
theilte in einem Schreiben vom 14. August 1781 mit, es sei bei
dem Mftrkergeding der Pretestation hinlänglich begegnet worden,
besagte Gemeinde befinde sich in rechtmässigem Besitz des bestrittenen
Landes. In einem späteren Schreiben d. 26. März 1782 wiederholte
sie, dass die Märker nicht den mindesten Anspruch auf. das Stü<^
Landes zu machen hätten, sie erbot sich zu gemeinschaftlichem
Augenschein, b^alte aber der Gemdnde jedenfalls nach wie vor ihre
Rechtszuständigkeit bevor. Am 6.Sept 1782 berichtet Landamtmann
Dr. Luther ttber diesen eingenommenen Augmsehein : In Bonames
habe er erfahren dass der Auwald auf den gleichen Tag ein Mark
Convent berufen. Um 9 Uhr sei er mit Amtmann Usener von Ober-
nrsel nach der Hohen Mark aufgebrochen, dabei die Märkermeister,
einige Markschultheissen, Förster und der Markschreiber. Am Mutzeu-
garten seien Bauern mit Hacken beschäftigt gewesen, welche zum
Schein auf dem eingerodeten Sttiok arbeiteten. An diesem bereits
eingerodeten Stttck Feld hätten etwa 90 Bauern mit Hacken, Schau-
feln, Karsten das Vorgehen gehindert; man habe ihnen und dem
Schultheissen vorgestellt ^dass man nur spazieren gehe, dass man
nur die Gegend besehen wolle, dazu befehligt sei, die einseitige Be-
augenscheinigung schade ihnen nichts'. Sie hätten grob geantwortet:
es wäre ihr und ihres gnädigen Herrn Grund und Boden. Einige
hätten geschrieen: schlagt zu, schnieisst ihnen auf den Kopf, dass sie
die schwere Noth kriegen ; besonders habe dies Martin Scblnid ge-
— wo —
sagt, auch der Schuhheias troloig bemerkt^ man habe Her niehts sa
ntohen. So sei man imTerrichteter Bache zuiückgegangeiu Der Be-
richt ist unterzeichnet von Kraass fiir Königstein; Useaer für Hanau,
Pfhor fiU* Usingen, Weber fUr SolnuhBödelheim, Krebs ftir Beiffen-
berg, Luther ftlr Frankfnrt. (Mglb.K 31. VL [64]66]) Der letzte b^
merkte noch im Bericht es sei vorgeschlagen worden daa Ghepfiliiz
wieder herauszuscbmeissen; aber unter Bedeckung, dass kein Wider-
stand von Seiten Homburgs zu befürchten sei. Er sei später nach
Beiffenberg geritten, wo der Bentiieiverwalter Krauss einen Vor-
schlag gemad&t, „dass jeder Theil suchen solle Dislricte der Hohen
Mark fikr sich einzurotten", der ^saubere Vorschlag auf den er sich
noch viel zu gut zu thun sdtiene^ sei aber verworfen worden.
Noch thealte Landamtmann Lnäier in dem Berichte mit, der
Hessen Hanauische LandcommisBarius Zink sei beauftragt wordta
den Beairk imGeheiinen zu messen; er sei Nachts weggeritten, habe
ihn mit Tagesanbruch begangen. Als er durch Homburg geritten,
habe er den Begierungsrath Neuhoff gesprochen, der sich sehr über
den Vorgang der Oberstedter gekitzelt, gesagt, er sei im Haupt-
quitrtier zu Oberstedten gewesen, und sein Herr habe sich ebenfalls
nicht weit davon befunden, es wäre hauptsächlich auf den Benthei-
Verwalter Krauss gemttnzet gewesen, dass der etwas abbekommen
möchte. Es erhielt der Landamtmann Luther nicht, wie der Sdiul-
theiss Lampert, einen Verweis 9,wegen unanständiger Schreibart".
Der psaubere Vorschlag^^ des BentheiverwalterB Krauss, so widrig
er auch dem Ohre eines rechtlichen Beamten klingen mochte, scheint
demohngeachtet den traurigen Verhältuissen angemessen und nicht
anpraktisch gewesen zu sein^. Es nahmen auch die Kirdorfer eine
Wiese, die als Markgut verpachtet gewesen, für sich in Anspruch.
(Mglb. E. 31. VI. S. 5.) Dann wird berichtet, die Gemeinde Kirdorf
habe uogefiihr 200 Morgen Hohen Mark Gut eingerodet zu Adter-
9^ Wenn der Gedrückte nirgends Recht kann finden,
Wenn nnerträglieh wird die Last — greift er
Hinauf getrosten Muthes in den Himmel,
Und holt hernnter seine ew'gen Rechte,
Die droben hangen nnvcräusserlich
Und nnzerbrechlich, wie die S:erne selbst —
D4r alte Urständ der Natnr kehrt wieder,
Wo Mensch dem lienachen gegenüber steht —
Zam letzten Mittel, wenn kein andres mehr
Verfangen will, ist ihm das Schwert gegeben. —
SohiUer, TeU.
— Mi —
hady der cUuuge SehultheiflB habe eridttrt: Kie wotttea 6i ebenso
mschen -wie die Obmarteder. Später erfolgt AnseigO; dass das Ori
Doraholsbauseiii sich gletchermaMen ein beträohtKohes Stück Lattd
▼on der Hohen Mark abgepftSdEet hätte ; sie wollten es n»t einem
Onhen unsiehen^ hätten es zam Theil schon siu Ackerland gemacht.
Die B^erungen berathen ob man an die höchsten Beichsgmekte
gehen soUe^ Hanan ist HXr Znrttckziehnng des Eingerodeten, dlenfalls
anter nriKtärischer Untersttttanng, aUe Regierungen mUssten angreifen,
fest sasammenhaogm wie Kletten*
Aber es Uieb nar bei dem Oerede. Anf einer Conferens bu
Frankfort braebte Ohurmainz wieder den voraanehnienden Jagdaetos
rar Spraohe. Vor allem aber wurde immer wieder der, Theünng
gedacht, diese ktane niehit anf einem Märkergeding ausgemacht wer-
den, es sei Gegenstand der ymi httchst und hohen Herrsdiaften er-
nannten depntatoitim. (Mglb«E. $1. II. 29. Mai IIW.) VorgtadkUgm
wurde die Wahlen der Märkermeister ausavsetzen bis aur ThdUng,
und Vogteischreiber Schumann wurde 1788 durch Mehrheit der
Stimmen „einstw^en'^ bestellet die Markgeschfifte nach Treu und
Oewissen zu besorgen, welches derselbe auch mit Handgelöbniss an-
gelobet Darauf wurde erst am 10. Juli anf Verwendung von Chur-
mains der churflirstl. Amtsyogt Seebold als Mäikermeister gewählt.
Bei dieser Gelegenheit kam die Abänderung des Märkermeister-Eides
zur Sprache, der Eid ffir Seebold sei ein anderer gewesen als der-
jenige, welchen Bauer 1763 abgelegt Die eigenmächtige Abänderung
sei präjudicirlich, sei auch bereits im Jahr 1767 angemasst worden.
Auch der Waldschreier sei im Protocoll ^fllrstHcher" Waldschreier
genannt. Die hessen-homburgische Regierung bemerkt darüber kurz :
die bisherige Eidesformul sei „gerade nicht bei Händen gewesen^;
man habe keine Neuerung intendirt.
Im übrigen aber that die HomburgischeBegierung jetzt so ziem-
lich was ihr gefiel. Sie liess Schneisen aushauen, überliess von dem
gehauenen Holz statt des Arbeitslohnes an die StedterLeut, und ver-
kaufte eigenmächtig angebranntes Holz. Viele tausend Morgen
wurden gänzlich abgeholzt, Reisig gemacht und zur Versteigerung
gebracht. (Mglb. E. 31. V.) Als Amtman Usener Satisfaction ver^
langt hatte wegen der Ghrbbheit der Stedter Bauern , demonstrirte
der Anwalt, R^er. Rath Neuhof auf dem Augenschein ^nach seiner
bekannten Beredsamkmt*^, wie Landamtmann Luther berichtet, ^wdt-
läuftig die unwidersprechliche Befugniss der Oberstedter Gemeinde
au besagtem Districte aus dem altw Steinbuche de 1547". AlsPro-
duction desselben verlangt worden, bedauerte er recht sehr, dass. er
— »72 —
solches mitsimehiiien veigesseD habe, er könne desshaib „die angeb-
lichen alten Steine nicht zeigen". ,,Diese abennahlige Impertinens^y
so heisst es weiter in dem Bericht an denBatb, ^Terdrossnnsso dass
wir nach Ursel surückkebrten', Terabredeten anf das Angehen eines
vhöcbsten Beichsgerichts zu dringen, um eine Theüungsoommission su
erlangen. (Mglb. £. 31. n. [185].)
Die Schultlieissen berichten wieder und wieder dassMarfcthdlang
das einzige Heilmittel sei, dawider lehne man sich hombnxgischer*
seits mit allen Kräften auf, weil man bloss auf Beibehaltung und Be-
förderung des eignen Nutzens und der Privatabsichten das Augen-
merk richte. Der Anwald aber erkllLrte auf dem Märkergeding Tom
9* Juni 1784 er erwarte nur wegen der Theilung bessere Vorschlftge
der Begierungen. Auf ein weiteres Hahnschreiben beschwert man
sich homburgischer Seits wegen des unpassenden Titels, ^der Herab*
Setzung bis auf den Grad eines Obersten Märken', (Mglb. K 31. IL
[217]) yer bittet sich diesen gar nicht schicklichen Ausdruck.
Französische Bevolution. — Wer kann sagen wie dies jammer-
volle Treiben sich weiter fortgesponnen, wie lange es noch gedauert hätte,
wenn nicht die. französische Bevolution einen Biss in das alte be-
schauliche Leben gemacht und dem stagnirenden versumpften Ge-
wässer neuen,, lebendigen Lauf gebracht Jeder Versuch die alten
Missbräuche abzuscbafien missglUckte. Der Markförster Groh wurde
abgesetzt, weil .er in den Jahren 1793 — 1794 nicht einen einzigen
Lastträger zur Büge gebracht. DasAint Bergen beantragte Abschaf-
fung der pflichtvergessenen Bauemförster. Ein neuer „sehr recht-
schaffener, gelernter Förster^^ wurde von dem ganzen Mark-Convent
angestellt, versäumte aber die Landesherrscbaft um die Erlaubniss
der Niederlassung inBeiffenberg anzugehen, „wahrscheinlich wurden
d^shalb'^ die frevelnden Märker im stillen von den Beamten unter-
stutzt, (Mglb. E. 31. y. S. 161.) es wurde von den Bassenheimischen
Ortschaften, wie es hiess „ein Bebellionsbiindniss abgeschlossen" den
Förster Strobel nicht in's Logis aufzunehmen; als er nach Amolds-
hain einem Frevler nachging, wurde er angegriffen und erbärmlich
geschlagen. Die alten Herkommen wurden mehr und mehr ausser
Acht gelassen; im Jahre 1789 berichtet Land- Amtmann Luther, das
Märkergeding sei nicht auf der Auw gewesen, sondern in des Mär-
kermeisters Seebold Behausung, nicht öffentlich ^. Holzzettel wurden
^< Dss Protoooll vom 10. Juni 1789 sagt trotzdem ; „Actum Ober Ursel
»auf dsr Aue**.
— 473 —
eingtAlhrt; und Ton den Märkermentmi dgenmächtig vericauft. In
einem Berichte hekst es: der neue Hlirkermeister Seebold habe sich
trots aller Versprediimgen unglaublich geändert, schreibe Waldzettel
Lallten; die gar keine verlangt^ oder die Ton dem Märkermeister
Holzmann abgewiesen worden^ habe erkläret dass die Theilting der
Mark niemals zu Btande kommen werde. In einem Schreiben von
Hombnrg d. 7. Nov. 1803 heisst es: Man habe diesem «Unfug Ein*
halt thim wollen^; Mannschaft sei beordert worden diejenigen; welche
sieh mit solch nichtigen Anweisungen beholrigen wollten^ gleich Frev-
lern einzutrüben. ' Desä Förstern wurde verboten ktknftig die Befehle
der Märkermeister noch zu respectiren „indem dieselben nichts mehr
in der Mark zu befehlen hätten"". (Mglb. E. 31. III. S. 50. S. 62.)
Darauf hätten die Förster die Anweiszettel der Märkermeister tia-
rtickgegeben. Der Bttchsendpanner Lotz sei mit Mannschaft aus den
Homburgrer Ortschaften zur Aufsicht nach der Hohen Mark geschickt
worden ; mit dem Auftrag jeden Märker der einen Ausweiszettel von
einem Märkermeister habC; sogleich einzutreiben. Dieser habe mit
16 Mann einen Ober-Urseler festnehmen wollen , das habe Lärm ge-
geben ^ Amts- Vogt und Märkermeister Hilt habe 8 mal Sturm läuten
lassen^ und sei mit 40 bis 50 Bewaffneten in die Mark gegangen „da
dann die Homburger von ihrem Vorhaben abliessen und davon liefen^.
Darauf wurde Hilt als Märkermeister und als ConventsmitgKed
von Homburg nicht mehr anerkannt; Hilt habe den geschwomen
Eid; „dem Obristen Herrn und Waldpotten in Sachen, die Mark be-
treffend, unterthänigsten Respect zu bezeigen*, verletzt Es sei Sache
der Herrschaften noch vor der Theilung gemeinsame Massregeln zu
ergreifen, dass unter den MarkofScianten Ordnung, unter den
Märkem Buhe erhalten werde. Märkermeister Hilt sucht sich zu^
rechtfertigen dass sein Verfahren allein „die Bettung der angetaste-
ten Gerechtsamen des Mark - Convents und beider Märkermeister
bezielt habe*. Justizrath Hofimann von Bödelheim bemerkt dazu:
j^Mag denen Markmeistem von alten und neuen Sünden zu Last
kommen was da will, so sind Eigenmächtigkeit und gewaltsame
Eingriffe in die Markgerechtsame von Seiten Homburgs klar vor
Augen und äusserst empörend".
Weit diplomatisch schlauer äussert sich Sjndicus Bachmann in
dem Frankfurter Gutachten über diese Angelegenheit: Es müsse die
Absicht vorherrschen bei dem Theilungsgeschäfte Buhe, Einigkeit
und Ordnung zu erhalten, desshalb habe er für jetzt von mer
specifischen Protestation „gegen die Homburger Emancipation^' be-
sonders wegen der Holzzettel, des Holzftülens etc. abgesehen, be-
— M4 —
rthre nicht die im Omikle ULdkerliehe und inoompetente Abfietmmg
des Mftrkiermeiaters Hilt: ^diesseitige jnra kdimeii tfberdies de leiden^
sie würden auf das sweokmässigste gewaltret^ wem man bcidflii
Theilen su Gemttäie filhrO; von allen Thadutndlongen abznlaaseD,
wodurch die Mark-Verfassung angetastet würde. £r mdchte die letE-
ten Vorfiille durchauB als niobtgeschehen eraohteii; oder den Mangel
einer Instmction Torwenden, cBe Sache ad referendnm xvehmen, pro-
testiren etc. In einem weiteren Votum d. 38. Mai 1604 bemerkt er:
Wenn mächtigere Sttbide mit einander hadern, so ratbe es die
Klugheit, dass der aehwächere diese Bivalitit benütae, sich hincinde
suchen lasse, nichts vergebe und mit keinem abwerfe. Solle sich die
Theilung verschlagen, so sähe man klärer warum? lerne mehr die
jeteige geheime Misdinng der Charten kennen, könne sidi her^
nach mit desto sicherem Suocess an die Cordatiores ansehliesseR
und jura prohibentis in causa oommuni vertheidigen. Um
»wischen Hessen und Nassau vota psaria zu erhalten, keinen Be^
sohlusB auf dem Märkerdiog zu Stande kommen zu lassen, rMh
er Instruction sich vorzubehalten» Frankfurt müsse majora machen,
wenn Nassau, Bödelbeim und Bassenheim gegen Hanau, Darmstadt
und Homburg stimme, „welches aber gegen unsere sentimens an-
stiesse^. In der Hauptsache v^rdtLrbe man damit auf diesem Wege
mit keinem Theile. Dieser Status würde das Theilungsgeschäfk acce-
leriren. (Mglb. E. 31. IH. S. 116 ffi)
Im Ganzen wurde im Sinne dieses Votums die Miashelligkeit
bdbiandelt; Märkermeister Hilt hatte erklärt dass er die ThätlichkMt
nicht als Markmeister, sondern als fürstlich Nassauischer Privatdienar
unternommen habe; der Anwalt nahm desshalb die frühere Publika»
tion zurück, hoffte von der fdrstl. Regierung Genugthuung zu
erhalten.
In dem bezeichneten Jahre 1804 war das Märkerding, das her-
kömmlich hätte gebiet werd^i sollen, aus verschiedenen Ursache
auch des Vor&lls mit Hilt w^en, abgesaget worden. Trotzdem war
der Märkermeister Hilt, Justitzrath Hoffinann von Bödelheim, die
Usingischen Schultheissen , der Schultheiss von Beiffenberg, der
Schultheiss von Praunheim, welcher in churhessischen und Sohns-
Bödelheimischen Pflichten stand, der Solms'sche Schultheiss von
Niederursel, endlich die Frankfurter Schultheissen von Bonames^
Nieder- Erlenbach ^ Dortelweil. und Niederursel erschienen. Nach
seiner Instruction sollte der Märkermeister Hilt bei Niohthegung des
Märkergedings statt des Anwalts die Hegung und die Wahl des
Märkermeistets vornehmen. S^lms-Bödelheim wiU es aber nicht aUU
— 475 —
wtmAr nnt dnurheasen Torderbeiiy möolite sus politiMhen BfidKidb*
ten eine abweiohende Erklfirung geben ; Bttsenheim und Frankfurt
schKeBien sich dem an, sind abgeneigt ,,an einem Ton Hflt zu halten-
den llUrkerding Theil jto nehmen^^, und die betreffenden SchuHheift'
sen ^dabei abstimmen am lassen'. Die Sdmhheissen erhielten im
Wink sich sinstweilen auf die Aue aa verfügen^ die Beamten folgten.
Dort erklürte dann Märkermeister Hilt: dass weil der hessische
Herr Anwalt sieh nicht eingefunden , er desswegen ausdrttckUoh pro«*
testire, der Mark und den Markherrschafteu alle Oerechtsame tot-
behalten wolle.
ächluss. — Bereits in den Jahren 1797 und 1798 war das her-
kdmmliehe Märkarding ^^politischer, unabwendbarer Ursachen wegen''
surflokgesetst, an dessen statt ein Markconvent abgehalten worden;
Es solle das keinerseits zu einem Pr&judize gereichen. In den Jahren
1807 und 1806 walteten diese Umst&nde „wiewohl in etwas yer«*
ändert' wieder oIk Die Märkermeister und ScfaultheiBsen beruhig'»
ten sich theils bei der Erklärung des Anwalts, theils protestirten sie.
Der Anwalt bemerkte dass er dem obersten Herrn und Waldboten
dies unterthänigst hinterbringen, höchst dessen Befehle erwarten,
und selbige dem Markconvent bekannt machen werde. Die Mitthei-
Inng des Anwalts Dufais vom 7. Juni 1808 hatte einfach gelautet:
gda die Hegung des diesjährigen Märkergedings nicht vorzunehmen
fbr genehm befunden worden ist, . . so wollte ich . , diese getroffene
Maasregel . . bekannt machen'' etc. Als darauf im folgenden Jahre
am 31. Mai 1 809 die Märker sich wieder auf dem gebotenen Märk^-
ding einfSEUkden, wurde ihnen ein Bericht des grossh. hessischen Hoff-
Bath und Hoheitsbeamten Trapp mitgetheih des Inhalts: ^,dem Un-
terzogenen zugeetossene Unpässlichkeit hindert ihn eine höchste
Willensmeynung Sr. königl. Hoheit des Orossherzogen von Hessen,
Hertzog^i zu Westphalen, in Betreff der Ausübung der Bechte eines
obersten Herrn und Waldpoten in der Hohen Mark, auf dem heute
zu bähenden Märkergeding bei Oberorsel gehörig zu verkündigen,
<^e welche Verkündignng die Hegnng dieses öffentlichen Qerichts
dermalen ^„«und fernerhin'" nicht stattfinden kann'.
Die Herrschaften fanden dass wegen der ,^o8sherzogL Hessi-
schen Anmassung' welche auf mne Ansprache auf die Bechte der
obersten Staatsgewalt ttber die Hohe Mark abziele, zu protestiren
— 476 —
seiy und erliessen ein Betchwernngaschreiben. Sie hoben herror dsM
kein Heteischer Hoheitsbeamter gegen Vertrag nnd Observans die
Stelle eines Anwalds des Obristen Herrn Waldbotten vertreten könnte
nnd drangen auf beruhigende Erklärung. Auf dem Märker -Convent
▼om 12. Sept protestirten . auch die MilrkermeiBter und die Schult-
heissen Neuhof yon Benames und Brück von Betffenbei^. . Der Au-
wald proponirte dieses Jahr nur fOr Holzträger und Scbübkärcher
HoljEtage zu gestatten, indem diese Klasse von Märkern vorsüglich
zu berfiidcfiichtigen wära Allein die Märkenneister Hilt und Henning
sowie die Schultheissen Neuhof von Bonames^ Hirschner TonPfraim*
heim und Brück von Reiffenberg widersetzten sich dem volksthttmeln-
den Vorschlage; gerade die bezeichneten Märker beholzigten sich
tagtäglich y mit Hintansetzung aller Markordnungen , sie sorgten ffir
ihr eignes BedUrfniss und verkauften noch so viel von dem gefrevel-
ten Holze ; dass sie mit ihren Familien alleinig davon lebten. Dies
sei unwiderleg^che Thatsache und aus den Bügeregistem zu ersehen.
Die Fuhrleute als die wohlhabendiere Classe der Märker bezögen
ausser den Waldtägen nicht den geringsten Nutzen aus der Mark.
Sonach wurde mit Widerspruch des Auwalds und des Schultheissen
Birkenstock von Homburg zur Begulirung der Hplztäge ge-
schritten.
ImOotober lief ein Antwortschreiben vonGKesen ein; die grossh.
hess. Begierung verwunderte sich über die getiianen Aeusserungen,
es sei eine bekannte Sache ^ dass das landgrftfl. Haus Hessen -Hom-
burg die Landeshoheit und Territorialgerechtsame über die Hohe
Mark von jeher behauptet^ und actenkundig in deren Besitz sich befan-
den; so könne über die „durch die neueren politischen Verände-
rungen^^ Sr. . königl. Hoheit zugefallenen Souverftnitätsrechte ein
Zweifel nicht entstehen. Gegen eine solche Bechtsdeduction hätte
vielleicht eingewendet werden können^ dass das Amt eines Waldpot-
ten nicht an den blossen Besitz, sondern an den rechtlichen Besitz
von Homburg geknüpft gewesen; eine ftlrstl. Primatisohe Regierung
konnte aber nichts anderes erwidern, ' als dass man einer Ausdeh-
nung jener befragten Rechte^ weiter als dem Herkommen nach zu-
lässig, wehren -würde.
Schuliheiss Neuhoff von Bonames überrdohte am 7. Nov. 1809
ein ihm von dem Auwald der Hohen Mark zugekommenes Circulär,
Inhalts dessen Se. k. Hoheit der Grossherzog zu Hessen sich be-
wogen gefunden habe, des Herrn Landgrafen ^on Hessen-Homburg
hochfttntL Durchl. bei den veränderten Umständen einstweilen den
Auftrag zu ertheilen^ dieBeehte des Obersten Herrn und Waldbottoi
— »77 —
in der Hohen Mark 211 wahren nnd aaBznttben. Der Senate indem
er den Empfang der Anzeige bemerkt; verwahret sich; dase aus der
über den Herrn Landgrafen erlangten Souveränität in Beziehung
auf dessen Würde als Oberster Waldbott ein mehreres nicht gefol-
gert werde, . als was dem Herkommen und „dem Markverein^' ge-
mäss sei.
Es lief Beschwerde ein dass in der Hohen Mark 19 Wagen Holi
auf Anweisung des fürstl. Anwiüds zu Homburg Air die Of&ciere der
Besatzung und die dortigen Wachten gefilllt und durch Frohnd-
fubren abgefahren worden. Ein nachdrückliches Schreiben wegen
des Eingriffs in die Gemein-Eigenthum- Gerechtsame der Bethei-
ligten sollte desshalb an die hessische Begierungzu Giessen ei4assen
werden; mit dem Verlangen dass derWerth des gefkUten Holzes den
betheiligten Gemeinden ersetzt werde. Es heisst in dem Schreiben
dasS; nachdem der Herr Landgraf von Homburg j^denen jetzt be-
stehenden staatsrechtlichen Verhältnissen gemäss^ dem grossherzog-
lich hessischen Hause wie in jeder, also auch j^ux der Eigenschaft
eines obersten Waldbothen und Mitgenossen der Hohen Mark; sub-
ordiniret und unterworfen^ sei; die grosshersogl. hessische BrCgierung
solche Verfägungen an gedachten Herrn Landgrafen von Homburg
ergehen lassen mögO; damit dergleichen den Bechten der Markge-
nossen; wie auch ^den bestehenden Märkerdlngen^^ schnurstracks
zuwiderlaufende Eiogriffe unterblieben. Die Besorgniss wegen Ter^
ritorialer Eingriffe war zwar stets wieder der leitende Gedanke; aber
die Bechte der Unterthanen wurden doch in den Vordergrund ge-
stellt. Während alle Eechte der Hohen und der Herrscher mit
Füssen getreten wurden; behielt ein Becht; Jahrhunderte hindurch
angegriffen und verletzt; immer nochWerth; — das altC; gute Hecht
der Märker! Die Untergebnen des Französischen Kaisers suchten sich
die alten ; ehrwürdigen Bezeichnungen mundgerecht zu machen,
sie fochten damit; wie Kinder in alten Büstungen mit den verroste-
ten Schwerten umherhauen. Sowie über die Markverhältnisse eine
Verfügung zu treffen; denselben irgend ein Verhältniss anzupassen
war, trat immer wieder vor; wie ein drohendes Gespenst, — das
alte gute Becht!
Es wurde den beiden Archivaren Dr. F. Max. Stark und J. G.
Chr. Thomas der Auftrag darüber zu berichten > wie es sich mit den
Landeshoheitsrechten der Hohen Mark eigentlich verhalte. Li wenigen
Wochen lieferten sie einen vortrefflichen Bericht, in welchem der
Nachweis zu erbringen gesucht wurde, dass die von Homburg
angesprochene Landeshoheit über die Hohe Mark, demselben nie
— »78 -
üugastaiideQ ^'. Die fÜrBÜ. GommiaBion sprach der Arbeit, welche
men den Archivaren ssur Ehre gereichenden Beweis ihres Fldsses
enthalte, das Wohlgefallen EminentiBsimi aus, wünschte dass noch
angegeben werde, was sich in dem Archiv tLbw den Ursprung und
Geschichte, wie das ehemalige kaiserliche dominium der Hohen
Mark an die markbetheiligten Gemeinden, riicksichüich des Privat-
jBigenthums, und anderen Herrschaften oder Obrigkeiten behu& der
Gerichtsbarkeit oder Landeshoheit ^verschenkt oder überlassen^ wor-
den sei. Wenn auch über diese Fragen zum grossen Theil nur auf
Hypothesen und Vermuthungen hingewiesen werden konnte, wurde
doch auch diesem Berichte die gebübrende Anerkeamung zu Theil,
er enthalte von den Kenntnissen und dem Fleisse der Verfasser das
rühmliche Zeugniss, werde später gegen die homburgbchen , modo
grossherzoglidi hessischen Prätensionen zu benutzen sein. (Mglb. £.
31. yiL acta commiss. general.)
Die Verhältnisse der Hohen Mark hatten sich durchaus geändert,
aber der genossenschaftliche Geist war desshalb nicht wiederge-
kehrt, und die kleinlichen Eifersüchteleien der Begierungen waren
geblieben.
Im Mai 1810 wollte der Anwalt, nachdem mit Zustimmung der
Märkermeister 400 Ehiufen Stnmpfholz und 24000 Wellen aufgebun-
den worden, dies Holz zum Besten der Markkasse versteigern. Aus
seinem abschriftlich bei den hiesigen Akten liegenden Berichte geht
hervor dass der Schultheiss von Bonames gegen dies angeblich ein-
seitige Verfahren protestirt, darauf die anwesenden Märker dreister
geworden ^völlig hörbar' erklärten, wie sie jeglichen Steigerer stei-
nigen wollten. Da diese Aeusserung bei jedesmaligem Ausbot eines
Holzhaufens wiederholt wurde, „der Lärmen auch merklich zunähme,
so bliebe nichts anderes übrig, als sich nach Hause zu begeben*.
Den betreffenden Aktenstücken findet sich von Minister v. Eberstein
die Bemerkung aufgeschrieben: ^der diesseitigen Protestation sind
übrigens alle andern Märker beigetreten, und H. Düfais — welcher
sogar hessische Soldaten herbeirufen wollte, um seine Operation
durchzusetzen „war am Ende froh mit heiler Haut davonzu-
kommen'.
^ Wenn auch die Arbeit eine Partheisohrift genannt werden mnss, so ist
doch sn bedauern, dass sie in dem Archiv vergralien und vergessen ge-
blieben ist.
— 47» —
Die Theihiog der Mark kam frtther m dar Seolbei^er, Erlaa-
bacher als in der Hohen Mark au Stande. Bereite in den Jabiw
1780 bis 1784 war in ersterer lebhaft deathalb verhandehi dann
Anstellung einer Thölnngddage beachloBsen worden. Diese wer an-
terblieben. Erst nach der französiaohen Bevolution wurde die Thei-
lung wieder angeregt^ diesmal, im Jahre 1800, von Hombmrg selbet,
,iam denen durch den Druck des Krieges Tcrarmten UnterthaneoL
wieder aufzuhelfen^. Homburg hatte zuerst den vierten Theil der
Mark nebst dem ganzen tTagdrecht verlangt, im Laufe der Verhandr
jungen erhielt es % oder soviel als ein Dorf erhalte, und zwar im
Spiss, dem besten Markwalde. Das übrige wurde queorUber getheilt na<Ai
Ortschaften, doch so dass Ober-Erlenbacb, die stärkste Gremraide^
em aversionale von 40 Morgen darüber, Friedrichsdorf aber nur V^
des Flächengehaltes den jede der übrigen 6 Gemeinden zugemesaw
bekapi, erhielt Die bisherige Gemonschaft der 7016 Morgen halten-
den Markwaldung solle aufhören, und dergestalt aufgehoben bleibea,
dass d^ einer jeden Gemeinde zufSftUende Betrag quoad jura terrir
torialia et regalia der betre£fenden Landesherrschaft, aber quoad
dominium privatum dieser Gemeinde daselbst zugel)öre. Der Land*-
graf erhielt sdnen Theil quoad jura territorialia et regaUa und quoad
dominium privatum als praecipuum zur Entschädigung dessen, was
er durch diese Theilung verliere. Es ist unnöthig hier w^ter in die
Einzelheiten des Vertrags einzugehen. Durchführung allenfallsiger
Ddinquenten und Cadavers war ausdrücklich darin bedaeht. Unter^
zeichnet war er am 14. Aug. 1802
für Hessen- Cassel durch Beg.-Bath v. Meyerfeld,
yj Hessen - Homburg , Beg.-Bath v. Sindair u. Amtsrath Haup^
0 Sohns -Bödelheim , E. W. Hoffinann, Justizralh,
„ Frankfurt ,, J. C. Dietz, Land-Amtmann,
„ Jngelheim „ Hofrath von Eonenberg, Amtmann.
Die Gemmnde-Vorstände hatten im Voraus fllr sich und für die
Gemeinden das Einverständniss ausgesprochen. (Mglb. E. 30. 6.)
Auch in der Hohen Mark hatte im Jahre 1802Hombni^ wegen
dessen Ansprüchen in früheren Jahren die Theilung ver^telt ge»
blieben, selbst wieder Theilungsvorschläge gemacht. Die grossen
Ereignisse welche im deutschen Reiche kurz nachher stattfanden,
sollten, so hoffle man, das Vorhaben beschleunigen. Die Zahl der
^uvwaina in der Hohen Mark sei auf vier reducirt; der Gfross-
herzog habe nun die Mittel in Händen, Theilung zu bewirken. Syn-
dicus Bachmann, der Referent, hält es für wünschenswerth dass die
Frankfurter Ortschaften mit 3000 Morgen, auch ungemessen, sich
— 480 —
begnügen^ der Best der Aiueiaandersetsimg dem hesaischen Gesanunt-
httose mit Nassau überlassen bliebe.
Am 20. Febr. 1810 erliess die grosshensoglich hessiscbe Be-
giernng zu Giessen ein Antwortschreiben w^en der schwebenden
Frage der Theilnng; sie bemerkte dass sie weit entfernt sei, der
erwünschten Vertheilung der Mark Schwierigkeiten in den Weg zu
legen. Da es aber eine bekannte Sache sei, dass der Herr Landgraf
cn Homburg „sich wenigstens in einigem Besitz der angesprochenen
laadeshoheitlichen Bechten über die Mark bis auf die neueste Zeiten
erhalten' so vermöchte die Begierung die von demselben behauptete
Gerechtsame ebensowenig geradezu aufzugeben, wie sie die Wider-
sprüche noch zur Zeit für ganz begründet anerkennen könne. Sie
stellt es dahin ob d^ Augenblick der geeignete zur Theihmg sei
bei der unentschiedenen Lage des FUrstenthums Hanau. Die her-
zoglich nassauische Begierung drängte auf eine Theilnng, da auch
die Cronberger Mark, wobei die Hanauische Gemeinde Steinbach
betheiligt gewesen, getheilet worden sei; inzwischen erfolgte die
Besitzergreifung des FUrstenthums Hanau, die beiden Eschbach wur-
den yon Seiten der fürst-Primatischen General-Commission provisorisch
in Beschlag genommen, von dem k. Oommissaire aber nicht g^rantirt
Sie gehörten zum Amte Bodheim, wesshalb Hessen protestirte. Die
Entscheidung wurde dem Kaiser^ zur Entscheidung vorgelegt. Auch
wegen Beiffenberg war noch Ungewissheit ; Staatsrath Seeger be-
merkt in seinem Gutachten, dass Herr Graf vpn Bassenheim, soviel
er wisse, in Ansehung jenes Dorfes unter hessischer Souveränetftt
. stehe. — Bei den weiteren Verhandlungen über diese Theilungs-
aogelejgenheiten bemerkte Minister v. Eberstein in einem votum, dass
es sich allerdings mehr um das Communalinteresse der Mark-
betheiligten , als um Behauptung von Territorialitätsansprüchen
handele, es würde aber Hessen, wenn es in den Besitz der beiden
Eschbach gesetzt sein werde, eine ganz andere Sprache als bisher
führen, und namentlich die Territorialität in der Hohen Mark sehr
nachdrücklich ansprechen. Nassau wollte die vorbereitenden Arbeiten
beginnen, Hess^i verwies auf den nahenden Winter. (Mglb. E.
31. V.)
So kam es erst im Jahre 1813, nach vielen und langen uner-
quicklichen Verhandlungen, zur Theilung der Hohen Mark. Auch
hier erhielt der Waldpott einen bestimmten Antheil an den 34509
^ Dem franaösisohen f
— 481 —
Morgen; im übrigen aber wurde die Kopfzahl der 4444 Märker be-
rücksichtigt; auch Juden; Mühlen; Höfe in bestimmter Weise ein-
gerechnet. Am 23. Sept. 1813 nach vollzogener Grenz-Absteinupg
leerten die Theilunggconmiissäre auf dem Gipfel des Feldbergs noch
einmal den Markbecher welchen im Jahre 1623 Johannes Marien-
baum und AboloniaGleserin gestiftet^'; ein yielhunder^ähriger recht-
licher Zustand war gelöst worden; einem jüngeren Geschlechte blieb
es anheimgegeben auf neugeschaffener Grundlage die rechtlichen^
Verhältnisse fortzubauen.
Es fuhrt uns diese Geschichte der IrrungeU; welche über die
Verwaltung und Nutzung der Hohen Mark im Herzen unseres
Vaterlandes entstanden; vor Äugen ; wie unser Volk mit treuer
Anhänglichkeit; aber auch mit kluger Vorsicht lange die eignen
Sitten und Gewohnheiten gewahrt; wie die Gewalt über das Recht
triumphirt; aber auch so noch Jahrhunderte dahinflossien; ^he die
alte ehrwürdige Verfassung beseitijgt und eine Grundlage zur
neuen Gestaltung der Verhältnisse gelegt werden konnte. Diese
Geschichte eines kleineren. Theils erfüllt uns mit froher Zuversicht
ftLr die Zukunft des Gesammt-Vaterlaiides. Mit jugendlicher Kraft
stehen die zerrissenen Theile desselben wieder auf; sie suchen nach
dem alten Becht und der alten SittC; überzeugt in derselben auch
die alte Grösse 'imd Herrlichkeit Deutschlands wieder zu gewinnen.
Was Jahrhunderte noch überdauert als es gebrochen war; kann nicht in
eiiiem Lebensalter neu gebaut werden ; unberechtigt ist die Klage
dass die Neugestaltung nicht in dtiem Jahre zur Vollendung ge-
bracht worden. Unserer Generation ist die erhebende Aufgabe ge-
worden den edlen Stolz des Volkes wieder zu beleben, den Sinn für
das Hecht wieder zu wecken^ neue Formen flbr'das alte Be^ht zu
schaffcQ.
»9 Vergl. die Hohe Mark im.Ta^nlus/in dies. Archiv II. S. 360.
31
Inhalt
Seite
Ansiedelungen an der Hohe. Oberursel 351
Die Hohe Mark, ihr Umfang, ihre Abtheilang : . . . . 2&9
Urkandiiche Quellen 262
Die Märker 268
Der gemein Märker 273
Die Ortschaften 274
Die Frauen 279
Der Adel und die SchU>8Ber 279
Die Geistlichen 288
Der Waldbott 291
Die Beamten des Waldbotten 306
Die Obrigkeiten oder Herrschaften 309
Ihre Beamten: die Sohnltheiase 330
Die Bürgermeister 331
Die Märkermeister 333
Das Märkerding 344
Die Weisungen 347
Gränabestimmangen gegen die Feldmark und gegen die Aosmark 355
Verfügung über die Berechtigung zur Mark .... 360
Der Kessler zu Bonames 370
Ausmärker 381
Der Theidigungstag 383
Benutzung der Mark 393
Das Boden. Bau- und Brennholz. Gewerbe. Holzbestand.
Aulsicht. Jagd. Eckern. Fischerei.
Aenderüng der Mark Verfassung 404
Beeinträchtigung der Märker. Zolhitöcke. Sohweinetrieb 413
Die Hühnburgswieeen 422
Folgen des 30jährigen Krieges 427
Landgraf Friedrich mit dem silbernen Bein 438
Die Waldenser.
Versuche der Regierungen. Protestationen. Schadloshaltung 441
Entsittlichung 449
Die Beamten. Die Märker. Der Stierstädter Gewaltthat.
Verhältnisse der Seulburg-Erlenbacher Mark . ' . 457
Friedrichsdorf. Vergleich zwischen Hessen und Ingelheim.
Auflösung der Ordnung in der Hohen Mark. Elnrodungen. Versuche
einer Theilung . 466
Die französische Revolution 472
Schluss 475
Beiträge
zur GeschicUe des Collegiatetlfts Moxstadt
ans dem Frankfurter Stadtarchive
von
Dt. lä. H. Suler.
Ueber das ehemalige üollegiajtotift Moxstadt finden sich in ge-
druckten Werken nur wenige Nachriehten. Gudenus hat in der
Sjlloge variorum diplomatariorum (Frankf. 1728) S. 558 den Stiftungs-
brief veröfientlieht und mit einigen Bemerkungen begleitet Danach
haben Hildigunt und ihr älterer Bruder (senior) Hartmann ihr eigen-
tiitünliches Gut Odoldeshnson der Kirdie des h. Donatus in dem Ort
(oppido) Muggistat geschenkt; fhr die Kirche die Körper fünf heiliger
ICärtirer erworben and in demselben Orte eine sancta congr^;atio
errichtet; auch den ehrwürdigen Mann liuthar bestimmt; dem Orte
ad Dei servicium secundum canonico^um regulam ordinandam vorzu-
stehen. Die Urkunde ist nicht datirt; sie rtüirt aber noch aus dem
10. Jahrhundert her und Ghidenus gibt aus dem von ihm zu Mainz
eingesdhenenNecrologe desStifks aU; dass die Stifter idemGeschleohte
dei* Dynasten von limpurg an der Lahn angehört haben. Er fügt
bei; dass die viUa Muggistat; jetzt Mozstadt; in der Wetterau gelegen;
dem hitherischen Glauben anhange und eine Pfarridrehe habC; nem-
Uch die frühwe CoUe^tkirche der heil. Geoi^; Martin und Donat :
obwohl aber das coUegium caaonioorum seine Sorche verloren; so
bestehe es doch fort und seien seine Mitglieder zeitweilig (passim)
die Canoniker von St. Bartholomäus zu Frankfurt; welche auch die
übriggebliebenen Einkünfte bezögen. Busch ing (neue Erdbe-
schreibung; Hamb. 1768; Thl. 3. S. 1253) gibt bei Beschreibung der
Grafschaft Ober-Ysenburg aU; dass die gräfliche Linie Ysenburg-
Büdingen unter Andeorm auch daa Gericht Mockstatt besitze; wdches
-, . 81» '
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\
— *8* —
eigentlich ^ Yiertel d^ Ganerbschaft Staden aei^ 1662 dem gräf-
lichen HäuBe zugetheilt worden und vom Erzatift Mainz zu Leh^i
gehe: zu diesem Gerichte gehörten die Dörfer Ober- und Nieder-
mockstatt, an dem ersten Orte sei ein den h. Martin und Donat ge-
widmetes Collegiatstift gewesen, welches später mit dem Stifte St.
3artholomäi zu Frankfurt vereiniget worden und den Dechaneihof
sammt andern Höfeu; Gütern und Renten besitze : zu Nieder-Mock-
statt befinde sich der Probsteihof : die g^sammten geistlichen GefSlle
erhebe das gräfliche Haus Büdingen gegen eine jährliche Abgabe^.
Würdtwein endlich erwähnt des Stifts Moxstadt an zwd Stellen
seiner Diöcesis moguntina, tom Uly (Mannb. 1777), S. 96 und 22&
An erster Stelle wird gesagt, nicht weit von Staden li^^ die
CoUegiatkirche von Moxstadt, den h. Martin, Donat und Nazarius
geweiht, deren Probst das Stift des Orts (coUegium oppidi) und den
Ort selbst, die Pfarrei allda, die Capelle in Banstadt, das Dorf
Nieder-Mockstadt und die umliegenden Höfe unter seiner (geistlichen)
Jurisdiction habe, die Sende halte, alle Maasse prüfe, die Ueb^-
schreiter bestrafe, einem Canonious das OüScialat übertrage u. s. w.,
so dass also diese Kirchen von dem Archidiaconate der CollegiaA-
kirche der Jungfrau Maria zu den Greden in Mainz eximirt seien.
An der andern Stelle aber werden nur zehn auf Moxstadt bezttgUohe
Urkunden gegeben. Alle diese Urkunden und was sich sonstwo be-
sonders in einzelnen Staden'schen Deductionen Tor£uid, hat Scriba
in den Begesten der hess; Urkunden yerzeiclmet Ausserdem ent-
halten auch die Hessischen Urkunden, her. von Baur, im dritten
Bande (Darmst. 1863) drei aus dem hiesigen Archive mitgeth^lten
Moxstadter Urkunden.
Diese wenigen Nachrichten über die Moxstadtear CoUegiatkirche
erhalten nun eine ansehnliche Bereicherung durch das Archiv des
Stifb, welohes sich in dem Frankftirter Stadt- Archive befindet Das
Stift sah sich nämlich gegen das Ende des 16. Jahrhunderts, ojSenbar
in Folge des Uebertritts der ganzen dortigen Gegend zur Be-
formation, genöthigt, sein^i bisherigen Wohnsitz zu vwlassen. Es
begab sich damals nach Frankfurt, behielt aber seine in Moxstadt
und der Umgegend belegenen Ghiter und Zehnten, und verwaltete
diese von Frankfurt' aus. Hier fand es in dem St Leonhards^Stifte
^üen bleibenden Sitz und sein Archiv wurde in demjenigen des
1 Walt her, das Grossh. Hessen, Darmst 1854 erwähnt S. ÜB bei den
Angaben über Nieder- und Obermoekstadt das ehemalige Stift nicht
— 485 -
Leonhards-Stiftefl untergebracht. Ab in Folge der Secularisation (1803)
die Reichsstadt Frankfort das Leonhards-Stift einzog, kam mit dessen
Archiv zugleich auch dasjenige des Stifts Moxstadt in den Besitz
der Stadt Dasselbe war mit den Gütern nnd Gefällen dieses Stifts
der Fall, welche später durch Kaufv^ertrag vom 25. Juli 1846 von
der Stadt an den Fürsten von Isenborg-Büdingen um den Preis von
fl. 40,000 verkauft wurden. iEs ergibt sich hieraus, dass die Angabe
Büsching's von einer Vereinigung des Stifts Moxstadt mit dem St.
Bartholomäus-Stifte eine irrige ist; es hat sicih wenigstens für diese
Behauptung kein Beweis in dem Archive gefunden und es scheint
dieselbe wohl nur aus einem Missverständnisse der von Gudenus er-
wähnten allerdings begründeten Thatsache entsprungen zu sein, dass
zuweilen Mitglieder des Bartholomäüs-Stifito zugleich Canoniker von
Moxstadt waren.
Das Moxstadter Archiv lag Jahre hindurch, unbeachtet und theil-
weise zerstreut in dem städtischen Archive. Erst in Folge der seit
Kurzem bewirkten Ausscheidung des älteren historischen Theils der
Archivalien von den neuererh und laufenden wurde bei Ordnung
des älteren oder Stadt- Archivs von dem Herrn Archivar, Professor
Dr. Eriegk auch das Moxstadter Archiv seiner bisherigen Yer-
gessenheit entzogen, durchgesehen und geordnet Es bestehet auei
869 Urkunden und Actenstücken, die in den Zeitraum von 1220 —
1802 fallen. .Dazu kommen noch 14 Gopial-Statuten, Zins- und
andere Bücher. Üeber alle diese Archivstttcke hat Herr Dr. Kriegk
tm Yerzeichniss angefertiget und mir dessen Gebrauch mit Er^
laubniss hohen Senats ^gestattet Dafür und fOr, manche freundliche
Beihülfe bei gegenwärtiger Arbeit spreche ich ihm hier gerne meinen
Dank aus.
Den Inhalt aller xlieser Archivstücke hier anzugeben, würde zu
weit führen und mehr Zeit erfordern, als ich auf diese Arbeit zu
verwenden habe. Es genügt mir, auf diese urkundlichen Auf-
zeichnungen, die ihren hauptsächlichen Werth flu* die Local- und
Gemarkungsgeschichte der Orte Ober- und Niedermoxstädt und der
mnliegenden Gegend haben, hier aufinerksam zu machen und nur
die sämmtliehen älteren Urkunden, mit ZufÜgung weniger späteren,
lasse ich in Begestenform folgen. .
Es unterliegt wohl keinem Zweifel, dass die Herren von Lim-
purg, welche das Stift Moxstadt gründeten,' die Besitzer der dortigen
Gegend waren. Schon frühe mögen sie dieselbe nach damaliger
Sitte geistlichen Herren zu Lehen aufgetragen haben. So wie 1308
Herr Johann von Limpni^ anerkennt^ dass er den Ort und dieBuig
- 486 —
Staden nebst andern Gütern dorten gleich seinen Voreltern von dem
Stift Fuld zu Lehen trage Und das Stift tun Bekräftigung dieses
Anerkenntnisses bittet^ weil seine Schwestern diese Besitzungen fttr
Allode ansähen (Scriba pag. 974)^ so bestätigt ihm in demselben
Jahre Erzbischof Peter von Mainz^ dass er die Vogtei in Ober- und
Niedermoxstadt und in He^heim als ein Lehen der Mainzer Kirche
besitze. Wie das Verhältniss des Vogts zu dem Stifte beschaffen
gewesen; zeigt das Weisthum, welches 1365 in dem Dorfe Ober-
moxstadt unter dem Spielhanse in einem gemeinen offenen Gerichte,
genannt das ungebotene Ding; deren man drei in dem Jahre hegen
soll; von den Hausgenossen in Gegenwart des Dechanten Hermann
und des Amtmanns Difftol von Staden^ der das Gericht von des
Herrn Gerlach von Limpurg wegen besass (d. h. ihm vorsass), ge-
geben wurde. Die Hausgenossen theilten zu Recht; dass die Aigen-
schafft (das Grundeigenthum) zu Obermoxstadt; Niedermoxstadt und
Hegheim dem Stifte und ProbstC; die Vogtei daselbst aber einem
Herrn von Limpurg gehöre; und dass dieser dafür mancherlei Ab-
gaben; Dienste und Leistungen zu empfangen habC; ftber auch das
Stift und dessen Landsiedel beschirmen und ein Hichter des Stifts
in seinem Gerichte sein soUc; so oft es Noth thue. Auch habe das
j
Stift zehen freie Hüben zu Obermoxstadt und der Probst seinen Hof
zu Niedermoxstadt mit dem Rechte, dass wer auf Gnade sich dahin
flüchte; es sei wegen Todtschlags oder irgend einer- andern Schuld;
nicht mit Gericht oder sonsten angegriffen werden dürfe, sondern
eine Meile Wegs weit von dannen geleitet werden sollC; mit Hülfe
des Herrn von Limpurg; wenn es nöthig wäre. Daas jedoch dies
Vogtei- Verhältniss dem Stifte nicht immer von besonderm Vorthml
gewesen; zeigt die Urkunde desselben Herrn Gerlach vom Jahre
1364. Denn das Stift wurde dadurch auch an den Fehden betheiligt;
in welche sein Vogt verwickelt war; und muss grade zu Herrn
Grerlach's Zeiten hart mitgenommen worden sein. Wenigstens lässt
sich aus der Urkunde schliesseU; dass die Kirche und das Stift zer-
stört worden war und desshalb eines Neubaues bedurfte. Das Ver-
sprechen des Herrn Gerlach; das Stift bei seinen alten Rechten und
Freiheiten zu lass^i; wie man sie ihm zu den ungebotenen Dingen
unter den vier Schimen zu Obermoxstadt (wohl derselbe Ort; den
das Weisthum als Spielhaus bezeichnet) theile, und diese Gerichte
zu hegen und zu beschirmen; war übrigens wohl die Veranlassung
zu dem vorerwähnten im folgenden Jahre gesehöpften Weisthum.
Noch ungünstiger scheint sich die Lage gestaltet zu habeu; als 1405
Herr Johann von Limburg; den der Erzbischof von Mainz 1400 mit
— 487 —
der Vogtei beliehen hatte^ sein SchlosB und Gericht Staden an Johann
von Isenbnrgy Herrn zn Büdingen^ die Burg Friedberg und 17 Bitter
▼erkaufte und diesen Ganerben auch die Gerichte und Dörfer Ober-
moxBtadty Niederrnoxstadt und Ilegheim mit allen Zubehörungen
überliesB. Denn dieser Gesammtheit gegenüber muBBte es dem Stifte
schwer fallen; sich bei seinen Bechten zu halten und von deren Fehden
unberührt zu bleiben. Merkwürdig ist die Urkunde vom Jahr 1400
(feria VI. post festum annunc. Mariae); in welcher die Ganerben
festsetzen^ zu welchen Theilen sie an dem genannten Schloss und
den Gerichten berechtigt sein sollen. (Scriba Beg. 1943.) Herrn
Johann von Isenburg gehört ein Viertel^ ein anderes der Burg Fried-
berg; Tdel Weiss von Fauerbaoh, Johann von Stockheim^ Eberhard
Weiss und Conrad Weiss, und zwar so, dass die drei Letztgenannten
die eine Hftlfte dicBes Viertels besitzen, an der andern Hälfte die
Burg Friedberg drei Theile, Ydel Weiss einen Theil hat. Das dritte
Viertel gehört Conrad von Carben, Gilbreeht Weiss von Fauerbach,
Johann und Werner von Stockheim, dergestalt dass Conrad hieran
die Hälfte, den andern drei die andere Hälfte zukommt und
hieran wieder Gilbrecht W^s so viel hat ak die zwei andern.
In das letzte Viertel endlich theilen sich „nach marzal^' Conrad von
Cleen, Eberhard Low von Steinfurt, Mengoz von Dudeisheim, Henne
von Cleen, Eppich von Cleen, Heinrich von Buches, Ludwig Weiss
von Fauerbach, Hermann von Buches, Jörg und Henne Vogt von
Vilbel. Stirbt einer der Betholigten und hinterlässt kernen Manns-
stamm, so «sollen nicht Töchter erben, sondern die nächsten Gan-
erben den erledigten Theil an sich nehmen. Namens der Ganerben
aber wird noch in demselben Jahre 1405 der Bitter „Eitelweiß^^ von
Fauerbach von dem Mainzer Erzbischofe mit Ober- und Nieder-^
moxstadt und Hegheim als rechtem Mannlehen beliehen. (Li gleicher
Weise erhielt noch 1607 Adam Eberhard von Carben dasselbe
Lehen.) Hiemach waren auch die Vogtei -Bechte der Herren von
Limpurg auf die Ganerben fibergegangen und diese hatten damit
ebenso die Schirmpfficht des Stifts übemomm^i. Obwohl aber das
Letztere sich alsbald nach diesem Verkaufe mit den Ganerben in
dieser Hinsicht zu einigen suchte, so kam es doch in kurzer Zeit zu
80 heftigen Streitigkeiten, dass das Stift die Ganerben gegen Basel
citirte und die Erkennung des Banns über sie erwirkte. Erst im
Jahre 1407 gelang es dem Erzbischof Dietrich von Mainz einen
Vergleich zwischen beiden Theilen zu vermitteln und es geht aus
demselben hervor, dass die Ganerben nicht nur die Kirche und die
Güter des Stifts arg geschädigt, sondern namentlich dessen ^Stein-
— 488 -
haus^ zu MoXBtadt zerstört hatten. Eb mu8s dies ein hnrg^rtiges
GebjLude gewesen Bein^ welches sich die Stiftsherren zu ihrer Sicher-
hieit mitten unter dem fehdelustigen Adel erbaut hatten , denn es
wurde bei der Gestattung des Wiederaufbaues ausdrücklich bedungen^
dasB es nicht so fest werden solle ; um dem benachbarten Schloss
Staden gefährlich zu werden. Auf lange hinaos war jedoch dem
Stifte damit die Huhe nicht gesichert. Es fehlen zwar Nachrichten
über die einzelnen Vorfälle ^ aber es lag in der Natur der Dinge,
dass ein friedliches Verhältniss zwischen Baubrittem und einem zu kraf-
tigem Widerstände unfähigen Stifte nicht dauernd . bestehen konnte.
So besc^loss das Stift 1435, wegen der steten Bedrängniss und Ver-
gewaltigung durch diß Ganerben an gebtUchem Gerichte Hecht zu
suchen und 1508 ,kam es zu dem; Entsehlusse, wegen der häufigen
Beraubungen durch die Stadener Ritter seinen Sitz an einen anderen
sichereren Ort zu verlegen« Dieses Vorhaben scheint damals nicht in
Ausführung gekommen zu sein, als aber im Laufe des 16. Jahrhun-
derts die Beformation unter dem besondern Schutze der Ganerben
in den Stiftsdörfem Eingang fand^ begab sich das Stift nach Frank-
furt und fand hier Aufuahme im St Leonhards-Stift. Das Jahr, in
Tjrelchem dies geschehen, lässt sich nicht angeb^a, doch wird. die
Uebersiedlung wohl kurz vor 1580 und jedenfalls muss sie vor 1585
stattgefunden haben. Denn 1579 fand in Frankfurt der Angriff auf den
Dechanten Bromsack statt und 1585 wurde 4er s. g. Steinheimer
Vertrag von dem Erzbischofe von Mainz mit den Ganerben abge~
schlössen. In demselben wurde dieAenderung der Religion zugelassen
imd die Anstellung eines protestantbchea Pfarrers zu Mozstadt ge-
stattet, von dem Stifte und dessen Rechten aber nichts gesagt: sed
in hac transactione nulla fit mentio capituli aut juris ejusdem, wie
sich ein späterer Bericht ausdrückt. Seine Güter und GkftÜle hatte
das Stift behalten und dass es hieran im Laufe der Jahre, namentlich
in den Zeiten des dreissigjährigen Kriegs, grossen Verlust erlitt,
ergibt ein 1643 unter der Ueberschrift: Status miserrimus ecclesiae
Moxst. gefertigtes Verzeichniss seiner Einkünfte. Später, als bei der
Theilung des Gerichts Staden zwischen Isenburg und den Übrigen
Ganerben die drei s. g. Stiftsdörfer an Isenburg -Büdingen kamen
(1662, durch den kaiserL Conmiissionsspruch, Büsching DI. 3033,
Scriba 3113), entstanden, neue Streitigkeiten mit diesem Hause
wegen Einziehung der Gefälle. Eine um 1700 gemachte Aii|fzeich-
nung, „notae circa statum ecclesiae Moxst. breves^' gibt von der da-
maligen Lage des Stiftes einef trübe Schilderung. Es heisst' hier :
Bekannt ist es, in welchen Stand bei Veränderung der - Religion
— 489 —
gemeldeteB Siafk nach und nach bis auf den Steinheimer Vertrag^
gesetzt 'wordep. Bekannt sind seine Leiden im dreissigjährigen Kriege^
bekannt die seit ungefähr 1660 zwischen dem Stift und den Stadener
Ganerben; nachher Isehburg obgewalteten jetet durch Erzbischof
Lothar Franz verglichenen Verdriesslichkeiten: so ist das Stift herun-
ter gekommen, es hat zur Erhaltung des unkatholischen Pfarrers und
Schulmeisters zu Moxstadt (denn religio catholica ist eliminirt nach
Maesgabe des anni decretorii) den grossen und kleinen Zehnten
zurückgelassen, auch seine Grundzinsen cediren müssen; es ist ihm
zwar ein Stücklein katholischen exercitii gelassen, mit der Auflage
in der Earche eine Separatmauer aufzuführen, dahinter den Altar,
den *Lättner (oder Männer-Bien) und die Beichtstühle zu haben, aber
es muss ein Priester gesucht werden um die Kirche zu halten, denn
an dem Ort darf keiner wohnen; seinen Gottesdienst hält das Stift
alfaier zu Frankfurt ad S. Leonardum und muss in subsidium cerae
etc. Zahlung leisten. So war denn in den letzten Zeiten das Stift
Moxstadt eigentlich nur dem Namen nach vorbanden; die übrig
gebliebenen Einkünfte scheinen zumeist dazu gedient zu haben, um
durch Verleihung der Präbenden das Einkommen anderweitiger
Pfründen - Inhaber zu verbessern. Es hatte sieh überlebt und unbe-
achtet, wie es zuletzt bestanden, ging es unter.
Das alte Siegel des Stifte zeigt einen sitzenden Probst mit
Stab und Buch, das jüngere den heiligen Mairtin. Es sind noch
die drei Originalstempel im hiesigen Archive vorhanden. Das grössere
Siegel führt die Umschrift: S. Conventus Ecclesie Sti. Martini in
Mozstat Die beiden anderen kleinwen haben die Umschrift: Sigil-
lumcapitnliEcclesiecoUeg. Moxstadiensb. Die letzteren stammen, wie
die Form der Buchstaben zeigt, nicht aus derselben Zeit: sie wurden
ad causas, zu weltiichen Geschäften benutzt (vergl. Beg. 37) und der
häufige Gebrauch oder der Umstand, dass die Siegel einmal dem
Erzbischofe von Mainz eingehändigt worden, scheint die Fertigung
des jüngeren Siegels veranlasst zu haben.
.Regesten.
(Die mit t beceiubneten Urkunden sind in latein. Sprache abgefaast.)
1 1220. XIII K^. Jyn. (20. Mai). Ernst Sifrid von Mainz verftlgt in
(1.) Betracht der geringen Mittel der Kirche zu Moxstadt, dass
nach dem Tode oder der Besignation eines Bruders (d. h.
eines Cataonicns) die Einkünfte des folgenden Jahres der
Rirchenfabrik zufiJlen soUen, bis die Kirche vollendet seL
Baur Urk. in. 1513.
- 490 -
1 1259 RupertuB von HeyderBcheim schenkt mit b. Ehe-
(2.) gattin Hedwig als Seelgerette seine Güter in HoHzassen der
Kirche in M. [Cop. auf Papier.]
f ca. 1260 — 1285. (s. die et anno.) Gerlach von Limpurg und seine Ge-
(3«) malin gestatten dem Gebhardus Prime von Staden den Ver-
kauf ihrer Güter in Moxstadt.
Gerlaens de Limparg et Meina uxor ejus teuere presentiam re-
cognoscimos et publice profitemus quod de bona volnnUte per-
mittimus et consentimiis quod Gebhardus dictas Prime de Staden
vendidit bona nostra sita in Makestat quo fuerunt Harmudi dicti
Schimere nomine proprietatis. In cujus rei testimonium has litrras
dedimas sigilli nostri munimine roboratas. Hnius rei testes Wolra-
mus scultetus de Frankenvort. Marobolfns de Nasen. Heinricäs de
Hazegeystein.
1 1266. Die Brüder Conrad , Hermann und Walter von Lybesberg
(4.) verkaufen ihr Gut in Aldenstadt dem Heinrich von Bleichen-
bach; einem GanonicuQ zu Moxstadt Diöc Mog. UI. 231.
Scriba 567*
1 1275. Idus Dec. Tragbodo von Eisenbach ^ Probst zu Moxstadt^
(6.) und Canon, zu Mainz, übergibt dem Decanate der Kirche zu
M. alle Aecker der Blasius- Kapelle daselbst mit dem anstoa-
senden Baumgarten. D. M. HI. 229. Scr. 652.
1 1275. Erzb. Werner von Mainz befiehlt dem Decane zu Moxstadt,
(6.) alle Güter und Einkünfte der M. Kirche zwischen sich und
seinen Concattonikern gleichheitlich zu theilen. D. M.IU..229.
Scr. 654.
11275. Derselbe bestimmt, dass nach dem Ableben des zeitigen
(7.) Decans Gottfried der von demselben bewohnte Hof mit allen
zu seiner Präbende gehörigen Aeckern und Wiesen fortan
zum Decanate gehören solle, ausgenommen die Zehnten und
Güter in Hobsassen, welche gleichheitlich ^wischen dem
Decane und den Canonikem zu theilen seien. D. M. III. 229.
Scr. 655.
1 1275. Derselbe bestätigt die obige Verfügung des Probstes Trag-
(8.) bodo, seines Kapdlans. D. M. UI. 230. Scr. 652.
1 1277. VI Id. Jan. (8. Juni.) Die Brüder Heinrich und Bertram
(9.) von Bleychenbach, Canoniker zu Moxstadt,* schenken der
Kirche daselbst verschiedene Zinsen zu Ranstat und Wolfar-
teshusen, damit das Licht in derselben rechlicher unterhalten
werde. JoannisBer. Mog. 11.894. Scriba671.BaurIII. 1551.
1 1277. VI Id. Jan. Dieselben schenken dieser Kirche zum Seelen-
(10.) gerette alle ihre Güter in Aldenstat.
- 491 -
t 1277. in Nan. Apr. Der Dekan Ootfridus in M. schenkt seine
(11.) GHiter .in Holtsassen als Seelgerette der Kirohe in M. [Cop.
auf Papier.]
1 1277. V Non. Jul Erzb. Werner von Mains verfügt in Betracht
(12.) der geringen Peraonenzahl des Stifte; dass nur den anwesen-
den Canonikem die Einkünfte ihrer Präbenden gegeben
werden sollen. D. M. III. 231. Scn 676.
1 1284. III Eal. Aug. Gerlacüs dominus de Limpurg genehmigt in
(13.), seinem und seines Sohnes Johannes Namen den Verkauf des
Zehntens in Hegeheim , welchen Budol&s civis Geylinhusensis
als ein Lehen des Gerlach seither besessen hatte^ an die
M. Kirche.
1 1289. III Kai. Mart. (27. Febr.) Der Moxst. Dekan Ger. beur-
(14.) kündet, daes er die Güter in Aldenstadt^ welche er mit
seinem verstorbenen Bruder H. gekauft und der Kirche in
M. schon längst übergeben habe, unter gewissen Bedingungen
in die Hände des Canonicus Heinrich genannt Mojn fUr das
Stift resignirt habe. Unter den Zeugen wird auch Frater
Thepdoricus dictus Hacho; also ein Moxst Canonicus, mit
aufgeführt. Bauer III. 1560. (In einer Abschrift heisst der
Dekan Bertram und ist sonder Zweifel der 1277 mit s. Bru-
der Heinrich vorkommende Bertram von Bleichenbach«)
tl289. ni Kai. Mart. Die Brüder und Canoniker der Kirche in
(16.) M. beurkunden diese Schenkung.
1299. IV Non. Apn Die Bichter zu Mainz beurkunden in einem
(16.) Bechtsstreit des Decans und Capitels zu Moxstadt gegen die
Brüder Heinrich und Conrad von Waldradehusin , betreff(»id
eine von deren Vetter Eberhard dem Stifte gemachte Schen-
kung von drei Maltern Getraide, in welcher Weise die
darüber abgehörten Zeugen, darunter der Moxst. C^^nonicus
Bertram von Bleycheubach^ ausgesagt haben. D. M. III. 232.
Scr. 880.
1302. In feste Barth. Sifrid von Solms, Probst zu M. und Cano-
(17.) nicus zu Mainz, überträgt den zur Probstei gehörigen 'Wald
dem Decan und ganzen Capitel zu M. D. M. lU. 233.
Scr. 911.
f 1307. III. infra octav. nativ. Mariae. Liebhardus und seine Ver-
(18.) wandte Guda von Rodeheym entsagen allen Rechten an die
bei Ober-Mexstadt gelegenen Guter, welche Harbordus einst
den Canonikem der Kirehe zu M. geschenkt hat
— 492 —
1807. Cathed. Der Edelknecht Henrich Lorbachir vetkaaft dem
(19.) Stifte SRI M. seine Qnmdstilcke daseUNst (Cop. auf Papier).
f 1308. Cal. Jul. Erzb. Peter von Mainz bekennt den edehi Mann
(20.) Joh. von Limpurg mit der Vogtei in Ober- und Nieder-
Moxstadt beliehen zu haben. (Cöp.)
No8 Petrus d. g. S. Mogant sedis archiep. sacri imperii per 6er-
msniam archicancellarius recogpioscimus tenore praesentium, publice
profitentes, nos oobili viro Joanni de Lynburi; Advocatiam in su-
periore at inferiori Moxstadt ac in villa Heegheimb cum suis per-
tinentiis juribus et honoribus et attinentiis universis, quatenus nos
et ecclesiam nostram oontingit sicut idem Joannes a nostris praede-
cessoribus habnit, contulisse titulo feudali de qua sibi sub nostrarum
praesentium testimonio literamm veram warandiam facimus ut te-
nemur. Datum in villa Anno dorn. 1908 Cal. Jul.
1313 am 12. Tage. Heinrich von Dorheim verständig^ sich mit
(21.) dem Mugstater Capitel und entsagt allen Forderungen an
dasselbe.
1 132a n Kai. Junii. Der Abt Heinrich von Ful^a tritt GtLter in
* »
(22.) Rode^ Wolfartshusen ^ Eanstadt, Huchilheim und Wecking-
scheim an die Kirche zu M. ab. .
1333. Sonntag vor Cristisdage. Die drei Gebrüder von Bleychen-
(23.) bach verkaufen dem Stifte zu M. all ihr Gut zu Ober-
Moxstadt
1335. Fer. 11. post asc. dorn. Die. Gattin des Friedrich Dugel von
(24.) Merodde verkauft dem Stift zu M. einen Korngulden zu
Willingeasassen.
1335. dondnica Cant. Die geistliche Jungfr. Gerdrud von Clen
(26.) verkauft dem Stifte zu M^ einen Korngulden zu grossen
Aldenstad.
1336. Donnerstag vor Allerheiligen. Conrad^ Johann und Bertram
(26.) von Blejchenbach verkaufen dem Decan und Capitel zu M.
alle Güter in Hoenheim um 29 Mark leichter Pfennige, deren
man zwei flir drei Haller zählt D. M. IH. 234. Scr. 1282.
cfr. Eeg. Boicä VII. 164.
1343. Urbani. Der Edelknecht Heynrich von Langitte verzichtet
(27.) zu Gunsten des Stifts zu M. auf all sein Gut in Bode bei
Banstadt.
. 1344. Yalent. Das Stift zu M. gibt dem Edelknecht Henrich Lor-
(28.) bacher sein Gut zu Wolfartuhusen in Erbpacht.
— *93 -
•1845. Petri. Erklärung des Gerkch Monich Über das Seelgerette
(29.) (Weing&rten asu Dodilsheim), welches Wemher Struch dem Stift
M. gegeben hatte. (Ist TransfiLx eines nndatirten Briefs des
Bitten Dile von Beldirshmxn über diese Weingärten.)
1345, am Sende nach Johanni. Aussage der Anverwandten des
(30.) W. Struches über das Seelgerette desselben beim M. Stifte.
1 1346. Dienstag vor Purif. Mar. Johann von Hegeheim Dechant des
(31.) M. Stifts, bekennt dass er flir seinen Todesfall genannte
Grundstücke der Pfarrei zu Hegeheim gegeben habe.
1346. Tag nach dem 18. Tage. Hennann von Wertdorf und Andere
(32.) vergleichen sich mit dem Stifte zu M.
1348. Fer. H ante} Phil, et Jacob. Der Edelknecht Lorbecher bekundet,
(33.) dass das M. Stift ihm das Gut zu Wolfarteshusin in Erb-
pacht gegeben habe.
1858. Samstag vor dem 12. Tag. Durch Vermittlung des Bitters.
(34.) Johan von Buches und des Heinrich Mojn verzichtet Hein-
rich Laufstedir von Hegeheim auf ein Gut daselbst zu Gun-
sten des M. Stifts.
1354. n Id. Jan. Erzb. Gerlach von Mainz ezimirt den^Schola-
(36.) sticus und Can. G^rlach von Butzbach zu Mozstadt von s.
persönlichen Dienstleistung daselbst Würdtwein nota subs.
dipl. V. praef. Nr. 22. Scr. 1481.
tl354« AntoniL Päbstliche Commissare entheben das M. Stift von
(36.) der Excommunicaiion und andern Strafen, denen dasselbe
wegen Ungehorsams gegen päbstliche Anordnungen unter-
worfen worden war.
1 1355. XI Eal. Maj. Conrad von Hockler Dechant , Gerlach von
(37.) Budisbach Scbolaster und der ganze Convent verpachten eine
curia des Stifts. (Angehi&ngt ist des Stifts kleineres Siegel,
genannt Sigillum ad causas.)
1357. In festo Elath. virg. Der Edelknecht Heinrich Lorbechir,
(38.) seine Frau und Kinder verkaufen mit gesammter Hand dem
Dechant und Capitel zu M. ihre GKiter zu Ober-Mozstadt um
27 Pfimd HeUer. D. M. HI. 234. Scr. 1528.
1360. In festo S. Briccii confess. Wyenher Habermann et uxor
(39.) Gela verkaufen Herrn Heinrich von Else Dechant und dem
Stifte zu M. den achtel Komgeldes ewiger und jährlicher
Guide aus ihrem Gute zu Nieder-Moxstadt. Herr Gerlach
von Ljmpurg ist Siegler. (Abschrift von 1452, beglaubigt
von Henne von Echzdi, dessen Siegel aufgedrückt ist)
— 49» —
1361. Mkeric. dorn. Schiedsriehtenpruoh des Bitters Conrad Beheim
(40.) von McHrle in dem Streit des Wigand von dem Bucheg mit dem
M. Capitel über ein Gut zu Hegeheim.
1364. Galli. Oerlach Herr zu Ljmpurg ersetzt dem M. Stifte den
(41.) in seinen Kriegen erlittenen Schaden dadurch; dass er ihm
seine alten Freiheiten "verbürgt.
Wir Gwlaeus Herr zu Lympurg und wir Else setn ehel. flans-
frau thun kund . . ., wesn die ehrsamen Herrn Deehsnt und Cs-
pitel und das Stift gemeinlich zu M. grossen Schaden und Verlust
empfangen haben in unserem Kriege, hierumb zn ergetzen und zu
erstatten sie ihres Schadens und Verlnsts, so han wir ihnen diese
Gnad und Freundschaft gethan, alao hernach geschrieben stehet,
mit Nahmen :
So sollen wir Ihnen und Ihrem vorg. Stift lassen aUe ihre Frey-
faeit und Recht alß sie von alten gehabt han bei unsem Vorfahren
und Eltero, mit Nahmen alß man Ihnen tbeylet zu den ungebodten
Diagen anter den 4 schimen zu Obermoixstadt und soUen vir und
ansere AmpUeuthe von unsem wegen die vorg. ungebodten Ding
hegen und beschirmen ernstiglich ^nd getreulich.
Auch sollen wir Ihnen die Kirche und Stift daselbst zu Moxstadt
widerthan und reichen so wir aller erst mögen ohne Arglist.
Vortmehr so sollen wir bestellen an die zu Obermoxstadt nnd
die darzu halten, dass sie dem vorg. Stift die Weydt die da heisst
das Silaß und die obere Haag die die Naehbarn zu Ober-Moxstadt
mit ihnen gemein hat, dass die Nachbarn ihnen die zumahlen lassen
12 Jahre lang die allererst nach einander kommen, ohnmittel zu
dem Baw des vorg. Stifts.
Vortmehr so sollen wir bestellen und die Nachbarn zu Ober-
Moxstadt darzu halten, dass sie ihnen das newe Hauß reumen und
daruß thun was sie darin haut, dass die vorg. »Herren ihr Gemach
zu ihrer Notturft darin haben mögen.
[Zur Urkunde siegeln die Ausateller.]
Datum A. D. 1364 ippo dM S. GaUi fsonfessons.
tl365. XIV cal. Maj. Der Eardinalpriester Pileus bestätigt dem
(42.) Decan und Kapitel zru M. ihre Indulgentien^ Statuten und Gewohn-
heiten. Reg. Boica IX. 120. Scr, 1600.
1365. 15. Mai. Weistbum über die Gerechtsame der Herren von
(43.) Limburg und des Stifts zu M. in dem Gerichte Ober- und
Niedermoxstadt und Hegeheim. Grimm Weistb. III. 435.
Scr. 1602.
1366. Feria V infra octavas 1. pa,Bcl^ae. Johannes Herr au Ljm-
(44.) purg bestätigt den Brief seines Brudejrs Gerlaeh* und dessen
Ehefrau Else; den Gott gnade^ unter s. ßiegeL
- 495 —
1366. in die b. Valent Die Bargmannmi und Schdffen zn Staden
(46.) als gewillkfthrte Richter entscheiden die Zwistigkeiten des
Stifts M. mit Henzen Hasensteybe wegen eii^es Landsiedel-
gats. Der zwdte der Streitpunkte b^^riffk das WympUy das
die Herren decf Stifts sich gearbeitet haben und wegen dessen
abgeredet war, dass man ihnen oder ihren Landaiedel; die
das Wympil halten keinen Schaden zuf&gen solle. Die Sieg-
ler waren die Edelknechte Wolf von Burgbach und Ulrich
Emg^ deren Siegd noch anhängen.
1378. Fer. III. p. Pasche. Mentzer Grefe von Assinheym legt als
(46.) Obmann den Streit zwischen dem M.Stifte und dessen Land-
sideln in Hegehajm und Moxstadt bei.
1 1380. 1. Mai. Notariats-Instrument; wonach das M. Stift gegen das
(47.) von Erzb. Ludwig von Mainz wider dasselbe eingehaltene
Verfahren protestirt und sich die Appellation an den Papst
vorbehiUt
1387; Thymothei. Heinridi von Hutzenrode gibt als Seelgerette
(48.) dem M. Stifte das Gut zu Wolffershnsen^ welches des alten
Thymen Gut heisst.
1 1390. Dom. Exaudi (29. Mai). Hermann erzb. Q^ieralvicar zu Mainz
(49.) weiht die Kapelle auf dem Felde zu M. zu Ehren der h.
Katharina und des h. Donat Joannis B. Mog. n. 906.
Scr. 1810. 4662.
140O. Der Erzb. von Mainz ernennt Johann von Limpurg zum Vogt
(50.) in Mozstadt und Hegheim. (Copie.)
1405. Fer. IV ante Valent. Mart (11. Febr.) Johann Herr zu Lim-
(61.) purg und seine Gemalin Hildegart von Sarwerden verkaufen
an Sibold Low von Steinfurt^ Eberhard Weis von Fauerbach;
Eppechin von Oleen und Henne von Stockheim Schlots und Stadt
Staden mit den Gerichten und Dörfern Ober-Mexstadt, Nie-
der-Moxfttadt, Heegheim u. s. w. Ysenb. Suec. Bechl Beil. 1.
Scr. 1938.
1406. Fer. IV post Val. (18. Febr.) Abt Job. v. Fuld willigt in
(52.) den Verkauf des Schlosses und der Stadt Staden von Seiten
Johannes Herru von Limpurg an Johann von Isenburg-
Büdingen; Burg Friedberg und 17 benannte Ganerben.
Ysenb. Suco. B. BeiL 5. Schannat dient Fuld. N. 155. Scr. 1941.
1405. Fer. IV post ValentinL Erzb. Johann von Mainz verleiht
(53.) Ober- u. Nieder-Mozstadt sowie Hegheim zu rechtem Mann-
lehen dem EytelweiB« von Fanerbach, Bitter^ an Stelle der
Ganerben von Staden.
— 49« —
1405. Primmn post diem St. Valentini. Das M. Stift und die Gan-
(64.) erben erklären sich- ttber den Kauf Stadens durch die Letz-
teren und deren Pflichten gegen das Stift.
1407. Freitag post divisionem apost. Erzb. Dietrich von Mainz be-
(65.) urkundet zu Aschaffenburg den zwischen Probst; Dechant und
Capitel des Stift» M. und den Ganerben ^ Staden durch ihn
vermittelten Vergleich.
Der Vergleich betrifft im Wesentliohen folgende Punkte:
1) Der Schaden, den die Ganerben dem Stift an der Kirche, dem
Steinhause, dem Dorfe und seinen Landsiedeln getlian haben, soll
zur Entscheidung stehen bei Diether von Ysenbnrg Herrn zu
Büdingen und Helwig zn Poppard, des Erzb. Richter zu HöQhst.
Die Ganerben dürfen das Stift am Anfban des Steinhauses nicht
hindern, doch soll es nicht so fest werden, daas es dem SidilosB
Staden schädlich wftre.
2) Die Ganerben sollen das Stift bei den Freiheiten lassen, die es
bei ihren Vorfahren, den Herren von Limpurg gehabt und nament-
lich das ungebotten Ding unter den- vier Scharren zu Ober-Mog'en-
Stadt hegen und sohirmen, auch die BcbOfiea nicht an ihrem
Weissthum hindern.
3) Ob die zwei Walde, der Buchwald, den die Mogenstädter ihre
Mark und die Ganerben die Stadter Atla nennen , nnd der Rein-
hard*s-Winkel, sowie die Wiesen dem Stifte gehören, sollen die
geistlichen Gerichte entscheiden.
4) Das weggenommene Heu sollen die Ganerben vergüten.
5) Die Zwietracht, welche bisher bestanden und wegen deren die
Ganerben gen Basel citirt und zu Bann gebracht sind, soll be-
endigt sein.
1429. Sabb. ante Invocavit Vergleich zwischen dem M. Stift und
(66.) Jungfr. Eathar. Stumpen in Betreff eines Ackers.
1432. Fer. 11. ante Sjmon. et Judae. Goiante Männer bescheinigen^
(67.) daas sie in den letzten 40 Jahren den Zehnten ron einem
H^heimer Acker von dem Stifte M. geachtet und erhoben
haben.
1483. Jndica. Diether von Isenburg Herr zu Büdingen entscheidet
(68.) einen Zwist des M. Stifts mit Erwin Metzeier von Ortinberg
zu Büdingen w^en des von beiden Tbeileü in Anspruch ge-
nommenen Zehntens von rinem Hegeheimer Acker.
1435. Empf. Mariü. Das Stift seu M. beschliesst wegen der steten
(69.) BedrängniBs und Vergewaltigung^ welche die Ganerben zu
Staden ihm und seinen Landsideln zufügen, an geistlichem
Gerichte Recht zu suchen und zn diesem Zwecke einträchtig
beisammen zu stehen.
1437. Vergleich des M. Stifts mit den Ganerben zu Staden
(60.) über den Bau in Moxstadt
- »97 —
1438. — — Versioktbrief sweier Leute auf den Ansprach von 4
(61.) Achtel Korn, welchen sie an das Stift gemacht hatten.
1456. Vertrag zwischen Gerlach von Byneberg und dem M.
(62.) Vicar Johann Gobel über Wiesen zu Meder-M.
1462. Erbleihbrief über den Pfarrhof zu M.
(63.)
1467. Leihebrief über Gmndstttcke nf der Holtzsassen.
1468.. Freitag nach Ereutzerhöhung. Ansprache und Schuldigung
(65.) des Stifts zu M. zu denNacfagebum und Männern zu Banstat
vbn des Zehends wegen der Hube die man nennet die pfaffen hübe.
(Auf diesen Streit beziehen sich noch mehrere andere Urkunden.)
1469. Die Pfarrer zu Bodenbach/ Oberauwe und Host und
(66.) der Kaplan zu St Kathär. in Lintheim verkaufen dem M.
Stift eine halbe Hube Selegeretes Land zu Huchelnheim;
welche sie von dem verst. Bitter Johann von Buches her be-
' sessen haben. (DasSi^el des Eberhard von Buches hängt an.)
1478. Freitag nach Hargar. Ereb. Diether von Mainz beurkundet,
(67.) dass ihm Cristian Cransse, Probst, Dechant und Capitel St Martins
zu Mozst ein deutsches Instrument ad vid. vorgelegt habe,
welches seinem ganzen Umfange nach inserirt ist (Es ist das
Weistiium von 1365.)
1479. Katharina. Das M. Stift verieiht an Godtfiyts Heintz ein
(68.) Grundstück.
1481. Bemigii. V^zeichniss der Abgaben von des Stifts Hof zu
(69.) SondelljngeiL
1495. Ausspruch des Mainzer geistL Gerichts g^en das weltl.
(70.) Gericht zu Staden, btrf. gewisse dem M. Stift zugehörigen
Grundstücke und Gefälle in M. und Holtzsassen.
tl503. 23. Jan. Der £rzb. von Mainz beauftragt den Dekan der
(71.) Peterskirche in Fritzlar mit einer Untersuchung in dem Pro-
cesse über födus matrimoniii
1 1507i — — Dekan, Scholaster und 3 Kanoniker des M. Stifts be-
(72.) stellen sich einen Procurator im Streite mit ihrem Probste
wegen der Ge&Ue in Holtzsassen. (Notar.-Instrument)
1 1508. 10. Nov. Das M. Stift beschliesst wegen seiner öfteren Be-
(73.) raubung durch Stadener Bitter und Andere, sevien Sitz in
einen andern befestigten Ort zu verlegen. (Not-Instr.)
1 1515. Bestellung von Procuratoren in Betreff der preces pri-
(74<) mariae des Erzb. Albrecht von. Mainz und der in Folge da-
von auf den Pastor in Dauernheim übertragenen Provision.
32
— 49« —
1 1519. 21. JunL Jacob Funter ynxA enm Notariiu et tabellio publi-
(75.) cm und judex ordinanus emannt.
1 1520. 23. Juli. Der geistl. Vicar Theodorios (Zabel verleiht dem
(76.) DonatuB Weber aliter Boler, dem Sohne eines Presbyter,
die Dispensation zur Erlangung geistlicher Aemter und
• Wttrden.
1520. Antonii Abbatis. Der Scholasticus des Stifts M. Johann Mauss,
(77.) verkauft einen Wiederkaufsgulden auf seinem Hofe in Alden-
stat an den Pfarrherm und Altaristen der Friedberger Pfarr-
kirche.
1527. Lone post regum. Der Probst Oeorg Laur schreibt aus Cöln
(78.) an Jodocus Lochmann Vicar des Frankf Liebfrauenstifts, sich
beklagend und Massregeln drohend, weil gewisse Leute inH.
ihm das Seinige vergeudet haben.
1 1528. Michaelis. Das M. Stift bevollmächtigt einen Canonieus, seine
(79.) Grerechtigkeit und Nutzung an dem hübischen Gterichte und
Fautei ssu Sondelingen dem Herrn von Königstein zu ver-
kaufen.
1 1528. 1. Weinmonat Protocoll einer Gerichtssitzung zu Sondelingen,
(80.) in welchem die G^fklle und Rechte des M. Stifts daselbst
bestimmt und dem Herrn von Eönigstein abgetreten werden.
1531. 17. Juni. Der M. Probst Georg Laur quittirt den Empfang
(81.) gewisser Gelder vom M. Capitel und von Spjer von Seiten
des in Mentz studirenden Johan Agricola sonst Cochlej (?)
genannt.
1532. Non. Mart. Ein Ungenannter in Cöln gratulirt dem Decan
(82.) wegen des von Johannes Cochläus erhaltenen Decanats und
entsagt einer Vicaiie des St. Barthol. Stifts in Frankfurt
indem er zu bewirken bittet, dass diese der Unterkelner Bey-
ner, Famulus des Mozst. Probstes in Cöln, erhalte.
1533. Samstag nach Barth. Der M. Probst Georg Laur in Cdhi
(88.) schreibt an Philipp Weis von Fauerbach, Baumeister zu Sta-
den, dass er seinen Moxst. Probstei-Zehnten noch länger an
ihn und Johann Soder verleihen wolle.
1551. Frdtag nach Bemm. Die Baumeister des Schlosses Staden
(84.) machen den Leuten zuMoxstadt und Hegeheim bekannt, wie
viele Pferde, Schafe, Kühe und Kälber jeder von ihnen halten
dürfe und setzen Strafen an für die Beschftdiger oder Be-
Stehler von Wiesen und Gärten.
- 499 —
1562. Mich. Dechant u. Scholaster des M. Stifts treten eine Prä-
(86.) bende Behausung ab; damit dieselbe als Seholasterie-Haus
diene und die alte verfallene Scholasterie in einen Lustgarten
des Stift» verwandelt werde.
1563. Inr. StepL Henne Sejp Schidtheiss zu Obermoxstadt bittet
(86.) den Erzb. von Mainz^ seinen zwei Söhnen^ deren einer Car
nonicus zu M. ist, ein besseres Einkommen zu verschaffen.
(Der Erzb. schreibt am 7. August an das Stift ^ dieser Bitte '
zu wiDfifthren.)
1556. 29. Jan. Erzb. Daniel von Mainz schreibt dem M. Stift^ dass
(87.) er dem Wolfgang Wellen eine dortige Präbende bestimme.
1 1557. 28. Decbr. Der Decan des M. Stifts Joh. Merckel ertheilt
(88.) dem Nie. Heyl von Niedermoxstadt eine Präbende.
1559. Samstag nach Quasimodogen. Der Dechant Joh. Merckel
(89.) fordert den Scholasticus Job. Bromsack und den Vicar Hein-
rich Bromsack in einem Schreiben auf; die Kirchengeschäfte
zu verrichten und die Beligions-Neuerung abzuwehren.
1559. Dom. V. Trin. Der Dechant J. Merckel und der Scholasticus
(90.) J. Bromsack übersenden aus besondern Gründen das Stifts-
siegel und einige handschriftl. Bücher dem Erzb. von Mainz.
1573. 27. April. Die Gemeinde Banstat fordert das M, Stift^ sein
(91.) dortiges Einkommen zur Türken -Schätzung zu verschätzen.
1574. Johai^ni. Das M. Stift gibt seinen grossen Hof zu Nieder-M.
(92.) an Ludwig Bredhauger in Erbpacht.
1579. 11. Mai. Das M. Stift bittet die Ganerben von Staden um
(93.) Schutz gegen Phil. Werner Bucher von Staden^ welcher in
Frankfurt den Dechanten Joh. Bromsack mit dem Schwerte
angegriffen hat.
1585. 18. Januar. Der Erzb. von Mainz vergleicht sich mit den
(94.) Ganerben der Burg Staden wegen der in Mozstadt und
anderwärts angenommenen Augsburger Confession. (Der s. g.
Steinkeimer Vertrag.)
1587. 3. Nov. Der Erzb. von Mainz befiehlt dem Canon.Weil^brodt; das
(95.) in seinen Händen befindliche Verzeichniss der Einkünfte des
M. Stift» an die erzb. Canzlei abzuliefern.
(um 1590.) .... Wolfsbaeh, Vicar des Frankf. Barth. Stifts,
(96.) bittet den päbstlichen Nuntius um das Moxst. Decanat.
1592. 30. Septbr. Quittung des Ysenburgischen Amtmanns über
(97.) das vom Stifte M. bezalte Schatzgeld von 1584—1592.
82*
- 500 -
1601. 5. Janr. Der Erzb. von Maine schreibt an den Dechanten
(98.) des Frank£ Barth. Stifts, mn sich über die Gläubigkeit
des zum M. CanonicaB ernannten Petras Schminck zn
. erkundigen.
1603. 16. März. Der Erzb. von Mainz erlaubt dem M. Stift ein
(99.) Anleben von 1000 Gulden aufzunehmen.
1607. 22. Öct. Aschaff. Erzb. Job. Schweickhart von Mainz leiht
(100.) dem Adam Eberhard vonCarben die Güter zu Moxstadt und
Hegheim, wie sie Ejtelweiß 1405 zu Lehen empfangen habe.
1608. 22. Juni. Erbleihbrief über die Holtzässen und das Glock-
(101.) geländt.
1610. 11. JunL Das M. Stift nimmt den Canonicus des Frankf.
(102.) liebfraustifts Jodocus Asslerus zum Canon, auf und dieser
leistet den Eid.
1 1612. Margar. Erneuerung der Statuten des M. Stift».
(103.)
1 1624. ö. Decbr. Der Dechant des M. Stift» schreibt an den Probst
(104.) und empfiehlt ihm die Bitte der Moxsi Colonen ^ sich ftir
ihre Eriegserleichterung bei Tilly zu verwenden.
1624. ..... Der Dechant des M. Stift» publicirt einen Bchutzbrief
(106.) des Kaisers von 1623 bei den Kriegsunruhen.
1627. 13 December. Der M. Probst schreibt an das Ka-
(106.) pitel bezüglich des Schutzes der Colonen gegen Ein-
quartierung.
1628. 26. Jul. Das M. Stift ersucht den kais. Hofkriegsrathpräsi-
(107.) deuten um ein Sauvegarde- Schreiben ftir sich und sein
Eigenthum.
1633. 14. Febr. Die schwedische Regierung zu Mainz setzt den
(lOd.) bisherigen schwedischen Verwalter des Stift» M. ab und
ernennt den Ludwig Adolf Krugk an dessen Stelle.
1634. 12. Juli. Die k. schwedischen Bäthe zu Mainz schreiben an
(109.) L. A. Ejrugk in Betreff der Anmassungen des M. Stift»-
dechanten.
1634. .... Der M. Dechant bittet die schwedische Regierung im
(110.) ober- und niederrheinischen Kreise^ seine Gerechtigkeiten in
M. anzuerkennen und zu schützen. [In einem gleichzeitigen
Schreiben rechtfertigt er sich bei der schwed. Regierung
wegen des Vorwurfs^ sich Rechte in M. angemasst zu haben.]
1649. 13. Mai. Die mainz. Visitatores Cleri zu Frankfiirt erlassen
(111.) einen Befehl wegen der im Leonhards und Moxst. Stift zu
Fr. eingerissenen Missbräuche.
— 501 —
1668. 16k Decbr. Die erzb. Begienu^ eu Mains schreibt an den
(112.) Dechanten in IL bezüglich der Beschwerden des Stifte über
den Grafen von Isenbnrg und Büdingen.
1 1683. 6. Septbr. Der Mainzer geistliche ^car befiehlt dem Stift;
(113.) dem als Pfarrer in Schwanheim meistens abwesenden Cano-
nicns Henr. Prensser seinen Antheil an den OefiÜlen doch
zu verabfolgen.
1686. 23. Febr. Das Capitel zu M. schreibt an den Probst beziigl.
(114.) der Jurisdiction in den 3 Stiftsddrfem.
1690. 22. Oct Bericht des Joh. Wilh. Weber an die^ erzb. Begie-
(115.) rung in Mainz wegen des Nichtvorhandenseins von Schult-
heiss; Gericht und Geflüigniss in den 3 Stiftsddrfem.
1706. 8. JunL Die Ganerben des Gerichts Staden vergleichen sich
(116.) mit der Probstei M* wegen der Administration des probsteil.
Hofs zu Nieder -M. sowie wegen der übrigen Güter der
Probstei zu Ober- und Nieder -M. und Heegheim« Ysenb.
Suca 44. Scr. 3155.
1706. 8. Sept. Vertrag des Stifts mit den Stadener Ganerben
(117.) wegen der 3 Dörfer.
1706. 15. Sept. Vergleich zwischen Churmainz und den Ganerben
(118.) zu Staden ; kraft dessen Ersteres den Xietzteren das jus
coUectandi über die Stift M. GHlter zu Ober- und Nieder-
Moxst und Heegheim zu Lehen reicht Vertheid. Eigenth.
der Ganerben zu Staden. Beil. 61. Scr. 3169.
L Verseiohniss der Probate des Mozstadter Stifts.
1275. Tragbodo von Eisenbaich. Beg. 5. 8.
1302. Sifrid von Sohnisse. Beg. 17.
1435. Conrad Buwe.
1478. Christian Ganfe. Beg. 67.
1527. Georg Laur. Beg. 78. 81. 83.
1594. Georg Erstenberger.
1618. Wilh. Diebich von Dhaun.
1627. Anton Waldbot von Bassenheim.
1647. Joh. Ulrich von Andlaw.
1650. Peter Schickius.
— 502 —
1672. Andreas Birnbeek.
1675. Daniel Lenz.
1683. Emmerich von Bubenheim
1707. Phil. Carl Freiherr von Eltz^ 16. Aug. vom Pabst Gle-
mens XI. ernannt
1710. Dominions Lorengus^ erhält die Probstei vom Pabst.
1730. Hugo Franz Carl Freiherr von Eltz, wird vom Pabst
Clemens XIL zum Coadjutor des Probstes Phil. Carl
von Eltz ernannt
1765. Hemrich Wilhelm von Harff.
1781. Friedrich Franz Freiherr von Harff^ vom Erzb. von
Mainz ernannt
IL Verzeiohniss der Dechanten des Moxstadter Stifts.
1275. Gottfried. Reg. 7. 11.
1289. Bertram von' Bleychenbach. Reg. 15.
1345. Johann von Hegehein. Beg. 31.
1355. Conrad vK>n Hockler. Beg. 37.
1360 Heinrich von Else. Reg. 39.
1365. Hermann.
1435. Johann Eckardi.
1479. Erbinus Lantfoydt.
1508. Peter Isenberg.
1524. Johann Dop.
1553. Peter Rauhe.
1557. Joh. Merckel. Beg. 88.
1561. Joh. (Fabri; genannt) Bromsack. ! Beg. 93. (bis 1588)
1594. War das Decanat vacant: H. Schurer, L. Hamman und
S. WeiJßbrodt sind die von dem Erzb. von Mainz er-
nannten Directoren des Stifts.
1603. Lamr. Hamman.
1605. Heinr. Schurer, f 17. Aug. 1611.
1611. Job. Ludwig von Hagen, f 16. Sept 1654.
1658. Joh. Kempf.
1667. Joh. Breuning.
1686. Balth. Sartorius (am 10. Oct vom Erzb. von Mainz er-
nannt).
— 503 -
1720. Nie. Martmengo, f 1739.
1789. Job. Faul Xaver von Heck (vom Pabst Benedict XIII.
ernannt) f 1754.
1754. Heinrich Peter Cunibert (21. Decbr. vom Erzb. von
Mainz ernannt) f 1765.
1765. Andr. Bemb. Brozzendörfer. (Seine Wahl wird vom
PabBt bestätigt).
1775. AegidiuB von Lohr.
1792. Carl Hieron. Eolbom.
Aigelegcnhi^teB der refemilrtei Cknneiadei
nach deo
ProtocoUen des lutherißchen Predigemmiifiteriunis^
(Ergimsiing sa Archiv ü. 8. 246.)
Mitgedieilt von
1747 Montag- den 24. April theilte Herr Senior Walther dem
Ministerium mit, dass er, Coli. Stark, SchloBsor nnd Schmidt der Ein-
ladung des Herrn ConBist-Directors Schöffen Textor gemäss im Römer
erschienen seien , wo ihnen in Anwesenheit der Herren Skabini v.
Schweitzer, v. Lersner und Lucius mitgetheilt worden, dass die Re-
formirten bei der hohen Beichsversammlung einen fayorablen Schloss
vor sich zu erlangen, die beste Hoffnung haben, es komme also jetst
darauf an, ob man sich auf die justitia causae verlassen. oder die re-
gulas prudentiaeet consilii vorziehen, aus zweigt Uebeln das geringste
wählen, sofort die Vorschläge, wie gütlich aus der Sache zu kommen,
anhören, darüber deliberiren, aber doch alles blos sub spe raü, et
salva ratificatione amplissimi senatns besorgen wolle. Uebrigens sei
ein leiblicher Eid zu leisten, die Sache geheim zu halten. Auf die
sehr detaillirte Mittheilung antwortete das Ministerium am 26. April
dem Senat:
Es überlasse der Klugheit und liebe des Senates zum jetzigen
und kttnfdgen Vaterlande, wann l)kein anderer Weg mehr zu hoffen
und wann 2) die bürgerlichen Collegien einstimmten, die Vorschläge»
wie gütlich aus der Sache zu kommen, anzuhören, auch alsdann zu
prüfen, ob die extremitas zu erwarten, oder amicabilis compositio zu
erwählen sei.
Diese Antwort überreichte der Senior am 29. April dem Skabi-
nat und man fand dort, dass des Mmisterii Gedanken vernünftig und
theologisch abgefasst seien.
— 505 —
Am 7. August berief der Senior du Mixusteriiuii , um ihm mit-
sntheileii; dass am 4. August eine grosae Batbadeputation auaammen-
getreten sei,
[bestehend aus :
Teictor, Lersner, Lucius, Schneider, Dr. Moors aus dem Senat,
Y. Fichard und v. Eelhier von Limpurg,
▼• üffrabach und ▼. Morenhehn von Frauenstem,
Nicolai, Scbmid und Fimcrants von den 51 em,
Walther mid Stark aus dem Ministerium,
Thilen, Bumpel und Ghtdbach von den Ghraduirten,
Bischof und Diehl von den Neunem],
in welcher mitgetbeilt worden, der Bath habe den Beformirten eine
Gegenerklärung au&etzen lassen, wolle aber, damit nichts eiiiseitig
geschehe, auvor die Gesellschaften abhören^ ob sie mit dem Bathe
dner Meinung seien. Um sich- über die Sache äussern zu können,
wurden den Collegien die verschiedenen Schriftstttcke emgehändigt
und 2war :
Die erste Schrift der Beformirten. Darin theilen die 2
reformirten Gemeinden mit, dass der Beichshofrath und Beichskonvent
ihre Angelegenheit instruirt habe, sie also Hofinung hätten, zu dem
geruhigen Genuas ihres Gottesdienstes binnen dieser Stadt zu ge-
langen. Zu diesem Zwecke wünschen sie, durch eine aus ihrer
Mitte gewählte Commission die Angelegenheit mit dep zustehenden Be-
hörden gütlich zu vermitteln.
[Friedrich de Neufrille. Bud. Passavant Christ Ziegler.
Jak. Passavant Carl BehageL Jean de Barj. Pierre Bri-
villier. J. N. d'Orville. Georg LeerscJ
Die andere Schrift der Beformirten enthält die Bitte
um ürlaubniss innerhalb der Stadtmauer eine Kirche zu bauen , um
darin nicht nur Predigt und Abendmahl, sondern auch die anderen
Amtshandlungen etc., Kindtaufen und Kopulationen halten zu dürfen.
Dafbr erbieten sie sich:
1) die Kirche auf eigne Kosten erbauen zu lassen;
2) dem luth. Ministerium als Entschädig^ung für den Ausfall des
Honorars für Taufen und Kopulationen fl. 15,000 in die
Wittwenkasse zu zahlen;
3) auf Baths -Stellen und Stadtbedienungen eidlich zu renon-
ciren ;
4) die Jurisdiction des luth« Consistoriums allezeit anzuerkennen
und sich selbst des Namens Consistorii nicht zu bedienen;
- 506 —
5) tute die ErlaobnisB des Eirehenban's 50,000 TUr. in das Aerar
zu bezahlen.
Die dritte Schrift der Reiormirten gibt die Motif« an,
warum sie den Vorschlag, ihre Kirche Vor die Stadt . zu bauen und
die Kopulationen und Kindtaufen fernerhin von den lutb. Geistlichen
vornehmen zu lasseu, nicht annehmen könniBn, denn
1) wäre dieses Temperament ihren Gerechtsamen und ihren
günstigen Aussiebten entgegen;
2) würde es durch Annahme eines solchen Temperamentes von
der Willkühr des vor denen Thoren sich aufhaltenden Zigeu-
ner und liederlichen, auch durch eine Kirche sich gemeiniglich
herbeiziehenden Bettler-Gesindels lediglich abhängen, unsere
neu zu erbauende Kirche. stehen zu lassen, sie sich mithin
auf die Ausübung ihres Gottesdienstes, und darinnen nicht
gestöhrt zu werden, weder bei Friedens- am allerwenigsten
bei Kriegszeiten sicheren Staat machen können, zumalen uns
die traurige Erfahrung allbereit gelehret, dass die von Einem
Hochedlen Magistrat ihnen vor dem Thor zu bauen erlaubte
Kirche schon einmal durch Mordbrenner in Staub und Asche
gelegt worden, und die täglichen Exempel vor Augen liegen,
dass auch selbst die Gärten von denen Mitgliedern Eines
hochedlen Magistrats vor dem Frevel dergl. Gesindels bis auf
diese Stunde noch nicht verschont geblieben;
3) weilen alte, kranke und schwächliche Personen, Schwangere
und Säugende ihren Gottesdienst auszuüben sich verhindert
sehen würden, in dem erstere denen üblen Witterungen sich
nicht exponiren, letztere aber die durch eine Kirche sich her-
beiziehende auch gemeiniglich sehr monströsen Bettler anzu-
sehen, ihnen nicht zuzumuthen;
4) würde das liederliche Gesindel bei Nacht die Kirche eröffnen,
darin allerlei Bubenstücke ausüben, und solche ssu einer
Mörder- und Diebsgrube machen; auch würde das Gesinde
und die bei ihnen in Condition stehenden jungen Leute, unter
dem Verwände Gottes Haus zu besuchen, auf die herumliegen-
den Dörfer laufen und schändliche, der hiesigen Bepublik
höchst nachtheilige Handlungen ausüben;
5) würden die Meisten genöthlgt werden zum Nachtheil der
Einzier und Lohnkutscher sich Kutschen und Pferde zuhalten,
wodurch ihnen nicht nur grosse Ausgaben, sondern auch
darum Schaden geschähe, weil die Pferde im Freien halten
müssten ;
— 507 —
6) wtkrden bei einem während des Gotteadienstes ttoabreehenden
Brande viele Tausend Menschen der Stadt beim LöBchen
entzogen^ ausserdem aber viel böses und liederliches Gesindel
sich mit den yon ihrem Gottesdienste zurückkehrenden Men-
schen über die Brücke herduscbldchen^ wodurch diese Stadt
sich von Mordbrennern^ Schelmen und Diebsgesindel auch bei
Pestzeiten vor inficirten Personen niemalen sicher stellen
könnte ;
7) würden bei der wegen eines begangenen Mordes oder Dieb-
stählen erfolgten Schliessung der Thore die ihren Gottesdienst
abgewarteten oder denselben abzuwarten intentirenden Per-
sonen aus der Stadt heraus oder hineinzugehen sich verhindert
sehen;
8) würden die meisten Potentaten und Beichsstände meinen^ die
Beformirten hiesiger Stadt verdienten die Liebe der Obrigkeit
nicht; da sie doch ohne Buhm melden können^ dass sie ihre
Bürgerpflichten treulich erftkllen;
9) würde bei einem jähen Ueberfalle des Gottesdienstes eine
geschwinde Hülfe nicht geleistet werden können ^ sondern
man müsste die Ueberfallenen ohne Hülfe dahin sterben
lassen.
Aus diesen Gründen bitten sie, ihnen eine favorable Besolution
über ihre am 17. Juli cur. eingereichten Vorschläge zu geben.
Das vierte Schriftstück, die ^Magistratische Gegenerklä-
rung" beruft sich auf die bei der Wahl CarVs VH. gewährten Zu-
geständnisse, vor den Thoren unter deren Kanonen ihre Kirche
bauen zu dürfen, sieht nicht ab, warum die Beformirten jetzt ein
Mehreres fordern, und ertheilt die Besolution,
1) dass er gestatten wolle an einem abgelegenen Orte innerhalb
der Stadt eine Kirche für beyde Gemeinden zu erbauen,
welche niemals erweitert werden dürfe;
2 — 4) diese Kirche aus eignen Mitteln zu erbauen und weder
mit Thurm noch Glocken zu versehen;
5) die Trauungen wie bisher von den luth. Geistlichen, dagegen
die Taufen von den ref. Predigern vollziehen zu lassen;
6) Proklamationen in den luth. Kirchen vorzunehmen ;
7) keine Schule zu errichten;
8) das luth. Consistorium anzuerkennen;
— 508 -
9) nicht mehr ab zwei deutsche und zwei frsniöriBche Prediger
anznstelleo^ welche alsBüiger oder BeisasseD zu allen Lasten
berbeiznziehen sind, fbr welche Gnade dieSonune von 100,000
Bthlr. zu entrichten;
10) bei Streitigkeiten zwischen der Gemeinde und den Fredigem
entscheide der Bath oder eine theol. FaJcaltät;
11) auf alle städtischen Aemter zu verzichten. (12 — 14 un-
wesentlich.)
Das fünfte Stück, f, des Ministerii erfordertes Bedeii-
ken', spricht aus:
1) seine Verwunderung, dass die Beformirten eine runde Bitte
vorbringen, die Kirche innerhalb der Stadtmauern haben
zu wollen. Desshalb sei es
2) dem Ministerium bedenklich, dass die Beformirten dieses Ge-
* such ab Fundament friedlicher Beilegung vorausfordem.
3) Die Nachwelt würde die Beschwernisse, welche aus dieser
Nachgiebigkeit entspringen, schwer beseufzen und den Bath
sowohl als die bürgerlichen Collegien wegen Mangels ndlhig
gewesener Klugheit beschuldigen.
4) Also könne das durch diese Umstände sehr bekümmerte Mi-
nisterium sein bejahendes Wort nicht geben, denn
a) die ehemaligen Bedenken gelten noch fort;
b) die Nachgiebigkeit wäre strafbare Menschenfurcht in Folge
deren betrübte bürgerliche Unruhen auszubrechen schei-
nen, welche die gesammte Ver&ssung wankend machen
dürften.
c) die Einwohner der Stadt würden durch das erleichterte
Behören der reform. Predig^ in Zweifel, Irrungen und
Zerrüttungen gesetzt;
d) das Anerbieten 10,000 fl. in die Wittwen-Kasse zu geben
zur Ersetzung der bisher genossenen Accidentien von den
Taufen und Kopulationen ist betrübt und empfindlich und
macht das Ministerium völlig furchtsam; denn nicht der
nicht leicht zu missende AusfUl betrübt sie, sondern die
Lästerung der künftigen Welt, dass sie um schändlichen
Eigennutzes willen gehandelt und ihre vieljährigen Actos
niinisteriales vor Geld verkauft hätten.
Die oben erwähnte zusagende Bestimmung des Bathes vom Au-
gust wurde aber durch die Bemühung der Neuner und 51er uptßr
dem Verwände hintertrieben, man könne den Beformirten, ohne die 14
— 509 —
Quartiere, d. h. die ganze Bürgerschaft za befragen; keine S[irche
in der Stadt zugestehen ; desshalb berief der Bath am 15. Noyember
die Deputationen des Baths, der Oesellschaften Frauenstein und lim-
bnrgy der 51er; des Ministeriums; der Graduirten und der Neuner
wieder zusammen, wo man sich denn dahin emigte, es soUe den Be-
formirten gestattet werden, dass sie auf einem ihnen gratis srä über-
lassenden Phitze vor den Thoren, nach dem Exempel der Stadt
Nürnberg, eine Kirche, wie sie solche Anno 16Ö1 gehabt, aufbauen
dürften*
Als den Bef. Gemeinden diese Antwort am 17. Nov. mitgetheilt
worden, wenden sie sich klagend an das Corpus Evangelicomm in
Begensburg, stellen die Sachlage klar und bestimmt dar und bitten
um Hülfe. Das Corpus las das Gesuch am 23, Dec. 1747 vor und
beschloss, eilig zu beschlieissen, eine Estafiette, jedoch auf Kosten
der Impetranten, zu T^rsenden. Wirklich wurde an denselben Tage
ein Benehmungsschreiben des Corpus an den Bath Srbgeschickt;
Darin wundert sich das Corpus, dass der Bath einis Kirche ausser-
halb der Stadt zu bauen gestatte, aber innerhalb verbiete. Es
wäre ausnehmend ohnverantwortlich, wennftcin bloses Nichtwollen,
welches man niemals mit soliden Bationibus wird zu unterstützen
vermögen, wider tiefere Einsicht das gemöne Wesen periklitiren
sollte; räih an, die angefangenen Vergleichs-Traktaten fortzusetzen,
dass den Beformirten innerhalb der Stadt eine Kirche zu Theil
werde.
[Unterschrieben von Chur-Sachsen, Brandenburg, Braunschweig;
von den fürstlichen Ständen: Magdeburg, Bremen, Sachsen-
Gotha , Altenburg , Wrimar - Eisenach , Brandenburg - Culm-
bach, Onoltzbach, Braunschweig-Zelle, Braunschweig-Calenberg,
Br.-Grubenhagen, Br.-Wolfenbüttel. Halberstadt, Vehrden, Vor-
Pommern, Hinter-Pommern, Würtemberg, Holstein-Glückstadt,
Hessen-Cassel, Hessen-Darmstadt, Baden-Durlach, Baden-Hoch-
berg, Sachsen-Lauenburg, IGnden, Anhalt, Henneberg, Schwerin,
Camin, Batzeburg, Hirschfeld, Mümpelgard, Nassau-Hadamar
und Siegen, Nassau-Dillenburg und Dietz, Ostfriesland, Grafen
V. d. Wetterau, Fränkische, WestphäUsche. Von Bheinischer
Bank, Lübeck, Bremen, Oberländische Bank : HeQbronn, Lindau.
In Summa 43.]
Dieses wohlgemeinte Schreiben brachte die Estaffette schon am
25. Dec. 1747 nach Frankfurt, worauf der Bath umgehend dem chur-
mainzischenDirectorial-Besidenten Freiherm von Lincker undLützen-
wirk in Begensburg em Gesuch um Au&chub des geforderten Ent-
— 510 —
aoheideg auf 2 Monate einreichte. Derselbe beantwortet dieses Ge-
snch unter dem 2. Januar 1748^ dass er die Bitte billig finde^ der
Bath möge aber den Aufschub benutzen^ die Sieche endlich zum Ver-
gleich zu bringen; sidi auch kttne Mühe geben, die von den Befor-
mirten beschickten Höfe auch zu beschicken; um dieselben gegen die
Beformirten umzustimmen^ was keinen Erfolg haben dürfte.
Der Bath übergab die beiden Schreiben von Begensburg dem
Ministerium sofort zur Beg^utachtung. IKeses antworte» am 10. Ja-
nuar, es sehe so viele betrübte Folgen dieser Sache in unsrer Stadt,
Beligion und Freiheit mit Zittern und Beben voraus, dass es in
gläubigem Vertrauen auf die Hülfe und Gnade Gottes lieber, was
für ein harter Schluss aus uns noch zur Zeit ganz unbekannten
Gründen unter Gottes Zulassung diese Stadt betreffen werde, ^-
warten, als zu einer bedenklichen Verfinderung selbst die Hand bie-
ten und dadurch uns bei den Nachkommen den Verdacht ent-
weder eines Eigennutzes oder einer Unachtsamkeit aufladen wollen.
Mittlerweile war der Syndikus von Löen vonBaths "«regen nach
Regensburg geschickt worden und der Bath theilte dessen Bericht
dem Ministerium am 22. Mai 1748 mit Herr von Löen beschuldigt
darin zunächst die Beformirten, sie hätten den Bath in Begensbuig
anzuschwärzen gesucht; die Kaiserlichen Gesandten hätten die Sache
nicht ab eine religiöse, sondern als eine rein politische betrachtet;
bei seinen Visiten seien sämmtliche Gesandten der Meinung gewesen,
das Beichsgutachten werde gegen den Bath ausfallen, denn die
Neuner und 51er hätten sich auf die Oeconomica zu beschränken, in
Kirchensachen aber nichts zu sagen; und die Stimmen gingen alle-
sammt dahin, dass der Bath zur Nachgiebigkeit sich entschUessen
solle, ja der Kaiser eröfinete dem Herrn von Löen selbst, er solle
den Bath bestimmen, den Beformirten zu willfeihren.
Während des Jahres 1749 ruhte die Angelegenheit, aber am
2. Febr. 17Ö0 berief Senior Fresenius einen Eztrakonvent, um dem
Miipsterium mitzutheilen, dass Kajserl. Majestät Franz I. ein sehr
ernstliches Bescript vom 16. Juni 1750 an den Bath habe ergehen
lassen, darin er denselben vermahnt^ den Beformirten den Kirchenbau
in der Stadt zu erlauben, denn hierdurct sei der Weg zu einem
noch bessern Commerzium auch ausserhalb desBeiches gebahnt und
droht, er werde der weiteren gleichsam zur Gewohnheit werden
wollenden Widersetzlichkeit die behörigen Schranken setzen oder^
andere Mittel aus Kais. Macht ftbrkehren. Auf Antrag des Seniors
äusserte dagegen das Ministerium an den Bath, dass sie zwar voll
christlicher Liebe gegen die Beformirten seien, ihr Gesuch aber
— 511 -
gc^n das inyiolable Beichsgrnndgesetz des Westphälischen Friedens
offenbar streite. Es bittet den Baih, auf dem bisherigen Weg der
Standfaaftigkeit zu verbleiben, erinnert desphalb an die vielen Un-
ruhen, welche die Beformirten; seitdem sie in der Stadt sind, dem
Bath gemacht haben, wie sie die heil. Beligion verunglimpft, wie
die Wohlfahrt der evangelischen Bürgerschaft gekränkt werden
würde und schliesst mit Versicherung seiner Ergebenheit gegen den
Kaiser und den Bath. (10 Folioseiten.)
Das Schreiben des Ministeriums wurde vom Bath so beifällig
aufgenommen, dass der Senior am 9. Februar abermals einen Con-
vent berief, welcher seine Bitte um Standhaftigkeit gegen die Be-
formirten wiederholte. Die grosse Gefahr, welche der Evangelischen
Gemeinde drohe, gebe ihnen den Muth schon wieder zu schreiben
und zu erklSren, dass der Bath ohne Verletzung der Gewissen in
den 3au der Kirche nicht einwilligen könne, denn das Gewissen
kann nicht zugeben, dass man das Eigenthum eines Dritten ohne
dessen Bewilligung verschenke; sie rathen an^ dem Kaiser nicht zu
gehorchen, zumal ja derselbe den Weg des beschworenen Bechtes
nicht verlassen werde, vertrauen übrigens Gott, dass derselbe dem
Bechten beistehen und des Kaisers Herz lenken werde.
Dem Gutachten des Ministeriums schlössen sich die 51er und
Neuner am 3. Februar dahin an, dass sie den Bath baten, sich von
der Bürgerschaft nicht zu trennen, da ja der Kaiser 1749 erklärt
habe, die Stadt nicht zwingen zu woUen, und versprechen, dass die
Bürgerschaft dem Bath alle Begebnisse standhaft tragen helfen
werde. Auch die sämmtlichen Oberoffiziere nebst der ganzen luthe-
rischen und katholischen Bürgerschaft schliessen sich durch eine
Eingabe vom 5. Febr. 1750 dieser Ansicht an, „damit das von der.
andern Seite ausser der mindesten rechtKchen Befugniss stehende
Begehren abgewendet und der gesammten Evangelisch-lutherischen
und Katholischen Bürgerschaft der sonst imminirende äusserste Buin
verhütet sein möchte.^
Von da an scheint in der Angelegenheit dem lutb. Ministerium
nichts mehr zugekommen zu sein, wenigstens findet sich in denPro-
tocoUen bis 1756 kein Wort mehr davon.
I 4
(,Das Weitere findet sich Archiv II. S. 308.)
x^
Die Aufldsong ies Grossberzo^hHin Pradtflnt
Ein geschichtlicher Rflckbtick auf die beiden letite« Monate des Jahres 1813.
Von Br. Wllh. F. G, Btrioker.
Es war den französischen und primatischen Behörden gelnngeii,
bis zom 27. October die UnfUle der grossen Armee der Bürgerschaft
von Frankfurt zu verheimlichen. Erst an diesem Tage erlebte man
eine ofEcielle Aeosserong der Furcht vor ebtem Angriff, indem der
General Pr^yal , welcher mit d-'4000 Mann die Stadt besetzt hielt,
die beiden Lücken auf der Brücke, welche mit Balken bel^ waren,
mit Tagesanbruch abbrechen Hess, wodurch der Verkehr zwischen
Frankfurt und Sachsenhausen nur ftar einzelne FussgSnger mö^ch
blieb. Der n&chste Feind war die auf dem linken Mainufer stehende
Heeresabtheilung des Prinzen Karl von Baiem und des Generals von
Kechberg, welche damals schon zwischen OffentNu^h und Seligenstadt
stand. BeiJ|[ihrem Näherrücken räumte Pr^val die Stadt und am 90.
October, Morgens 10 Uhr, zogen, über eine Nothbrücke die Oeff-
nungen der Steinbrücke überschreitend, von Sachsenhausen her, die
Baiem in Frankfurt ein unter lärmendem Jubel, zunächst zwei Bei-
terschwadronen und ein leichtes Bataillon, welchen am Nachmittag
zwei Fussregimenter und eine Batterie f(dgten. Sie führten eine An*
zahl französische Gefangene mit sich und zogen durch die Stadt auf
das Galgenfeld, während um 2 Uhr Kosaken durch das Friedbergerthor
in die Stadt eindrangen. Die grosse Armee war wie verschollen ;
man wusste weder, welche Bichtung sie von Eisenach an eingeschla-
gen, ob sie nicht durch WestfiJen (Eurhessen) und Nassau nach Cob-
lenz hin sich gewandt, noch in welchem Zustand des Zusammenhaltes
sie sich befand. Durch den Jubel in der Stadt überhörte man in
dieser Gemüthslage die so nahen Ereignisse bei Hanau (30. Oct) und
war am Morgen des 81. überrascht von der Wahrnehmung, dass die
besser unterrichteten Baiem sich während der Nacht nach Sachsen-
■ A
— 513 —
hanstti zurückgezogen hatten. Am Morgen des SK, eines Sonntags,
näherte der firanzösiBche Vortrab sich der Stadt, um 11 Uhr waren
die ersten am Thore und bald wälzte sich ein bunter Haufe, meist
Berittene, von der Allerheiligen-Gasse her über die Zeil und weiter
zum Bockenheimer Thor hinaus auf die Strasse nach Mainz K Der
Oberstlieutenant der freiwilligen Beiterei, Staatsrath Simon Moritz
Ton Bethmann, welcher gerade die Wache am Ober-Mainthor
besichtigte, fasste den Plan, durch persönliche Begrüssung des Kaisers
die mit der Einquartierung der zuchtloBen Schaaren unvermeidlichen
Leiden von d^ Stadt abzuwenden und vermochte den Maire Guiol-
let, ihn zu Wagen zu begleiten- Sie trafen den Kaiser in der Mitte
seiner Schaaren nahe an den Biederhöfen. Die nun folgende Scene
geben wir mit den Worten Anton Kirchner's (Ansichten von
Frkf. I. 167), der ohne Zweifel von Bethmann selbst die Einzelhei-
ten erfuhr. ;
^Kaum mit wenigen Worten bei Napoleon b^laubigt, wurde er
von diesem beauftragt, ihn nach seinem (dem Bethmann'schen) Land-
hause am Friedbergerthore' zu bringen. Absichtlich wählte drauf der
Führer einen Seitenweg, welcher den Kaiser und seinen Stab an
j^:ier brettemenAnsiedlung vorbeiführte, die fllr Rechnung der Stadt,
um Tausenden von Verwundeten xmd Ejranken zum letzten Obdache
zu dienen, auf der Pfingstweide erbauet war. Napoleon fragte nach
der Bestimmung dieser Gebäude und trabte, wie er die Antwort ver-
nahm, mit einem: ^Ich bin euer Schuldner!^' rascher davon.
Mochte dieser Eindruck wirken, oder glaubte der Kaiser bei länge-
ren Weilen die Beste seines Heeres ge&hrdet, — genug, er gab stren-
gen Befehl, dass ohne seine Erlaubniss keiner der Flüchtlinge, welche
baarfuss und im Kothe bis über die Knöchel watend, zu Tausenden vorü-
berzogen, in die Stadt gelassen würde. So drängten sich dann diese Un-
ghlekUchen in dichten Haufen zu den verschlossenen Eingängen hin, die
welken Hände durch das Eisengitter streckend, um von dem Mitleid
der Bürger ein Brod zu erflehen, das ihnen gern gereicht wurde*.
1 Eine am Bockenheimer Thor vergessene bair. Abtheilung wurde von Be-
wohnern der Stadt nach dem Unter maiuthor gewiesen nnd dort den dicht
drängenden Verfolgern durch Ueberfabrt über den Main entzogen, welche
FSrcher unter den Kugeln des Feindes vollzogen. Der Officier, welcher jene
Abtheilung fährte, warder am 14 Juni 1865 zu Bamberg verstorbene Qen.-Ltnt
A. von der Mark.
2 Nach den Zeitungen jener Tage kamen, mit Ausnahme der Vorposten,
in die Stadt bloss die Marschälle, Generäle, die Kranken und Verwundeten, die
Equipagen des Kaisers, ein Bataillon Infanterie nnd die £litegendarmerie.
33
— M» —
Welcboa dk Kraft nicht erlaubte., aidi vorzndräiigen, die tanken
eracböpfi; nieder und bildeten bald, ürpm der Hand des Todee gemäht,
Schaaren von Leichen. Während selbst im Angesichte des Land-
hauses, wo der Kaiser rastete, die^eraohQpften Jftnglinge sich still nie-
derlegen, im eiseraen'Schlnmmer aller Leiden zn yergessen; während
die Fenster dieses Hauses yom Donner des Oeschütaes klirren, dae
vom diesseitigen Mainufer Tod und Verderben hinüber schleudert;
während die brennende Brückenmühle den umflorten Abendhimmel
röthet: erörtert Frankreichs B^heirrBcher gesetzt und ruhig vor den
Al^eordneten der Stadt die Gründe, die ihn bewogen, den Banke-
rott in seinem Handelsgesetzbuche mit besonderer Strenge zu ahnden.
— Der Herr vom Hause benutzte ehien Buhepunct im Gespräche,
um Schonung von dem Kaiser für die Stadt und ihre Bewohner zu
erbitten. Er hatte sich früher, aber vergeblich, an den Fürsten von
Neuchätel gewandt Jetzt stellte er Napoleon selbst mit wenigen,
aber eindringenden Worten vor, wie vcEderblich für Frajokfurt und
wie zwecklos fiir das französische Heer; die Fortsetzung des Geschütz-
feuers sei — ^erthier, faitee cesser le fen!^^ Mit dieser Antwort
war Gut und Blut von Tausenden gerettet. Der Donner schwieg,
und die beruhigende Nacht versöhnte auf Augenbücke die feindseli-
gen Gewalten. Durch das Fürwort desselben Mannes ward der
PoUzeimeiBter. des Hauptquartiers, Lelorgne d'Ideville, welcher sidi
aller auf der Post vorräthigen Briefe bemächtigt hatte, bewogen, sie
uneröffiiet zurückzugeben. So wurden Hunderte vcm" Unruhe und
Verlust gesohützt.^^ So weit Kirchner.
Wir wenden uns jetzt zu den 'Vorfällen am Mainstrom, auf
welche in der obigen Erzählung angespielt ist Die Baiem hatten
nicht nur auf dem Mühlbei^ eine Batterie au%e£akren, welehe ihre
Granaten bis in die Gegend des Alleibeiligenthores warf, sondern
auch die beiden Brückenmühlen, die Gallerie der vorqpringeBden
Pfeiler des Kreuzbogens der Mauibrücke, das deutsche Haus und
andere Gebäude in Sachaenhausen mit Schützen besetzt und auf der
Brücke einige Kanonen aufgefahren und beherrschten auf diese
Weise den Ausgang der Fahrgasse. Die Franzosen fuhren nun eine
Batterie am Ober-Mainthor auf und beschossen von der Seite die
Brücke, steckten auch endlich mit Granaten die östlich an der
Brücke angebaute, zunächst der Stadt Frankfurt liegende der beiden
Mühlen in Brand. Die um sich greifende Feuersbrunst zwang die
War Bonach die innere Stadt vor Verwüatangen ziemlich geschützt, so waren
desto mehr die Qartenhänser preisgegeben, welche geplündert und deren be-
weglidies Holzwerk in den Wacfatfeuem verbrannt wurde.
— 515 —
sich nach SachsenbauMn larückflaziehen^ worauf Napoleon's
obeiierwähiiter Befehl das AitUieriefeuer verstummexi liess^ ein Ver-
such der Franzosen aber, mit einbrechender Nacht unter dem
Schatze vorgewälzter Fässer der Brücke sich zu bemächtigen, wurde
Ton den nunmehr am Eingang Sachsenhausen's aufgestellten baieri-
schen Eanonoa und von di^ Behüten in den dortigen Häusern
blutig zurückgewiesen. Am 1. November. Morgens begann der
Abzug der französischen Truppen, um Mittag folgte Napoleon, der
am Abend dieses Tages sein Hauptquartier in Höchst aufschlug.
Die Nachhut des französischen Heeref unter dem MarsohaU Mortier,
Herzog von Treviso, kam am 1. Nov Abends an, zog um die
Stadt, lagerte vor derselben im Freien und setzte am 2. Morg^QB
ihren Marsch nach Mainz fort. Um^8 Uhr Morgens den 2, Nov.
zogen Cosacken, österreichische (Meerveldt-Uhlanen und Blanken-
stcün-Husaren) und baierische leichte Truppen durch die Stadt gegen
Mainz zu und ereilten vor dem Bockenheimer' Thore die Nachhut
der französischen Artillerie, welcher sie mehrere Kanonen abnahmen
Den Tag über dauerten die Durchzüge baiarischer und österreidu-*
spher Heerestheile fort Von 8—11 Uhr waren etwa 30,000 Mapn
der bei Hanau erprobten Truppen, einsohliesslioh der in Sachsen-
hausen verbliebenen Baiem eingezogen, von sedis Uhr bis Mitter-
nacht dauerte der XHorclunaisch des Vortrabs der grossen (böhmi-
sqhen) Armee des Fürst^ Schwarzenberg in der Stärke ton
40— -60,000 Mann. . Diese ganze Tmppenmasse lagerte auf dem
Galgwfdid. Am 3. Nov. kam das Gros des österreichisohen Heeres
h^an,.auch preussbcbe Feld-* und Garde-Begimenter u^d diese wur-
den bei den Bürgern einquartirt. An einzelnen Tagen belief sich
die Einquastirung bis zu 56,000 Mann, also mehr, denä die Bev<]il-
kerung der Stadt Am 4. Nov. Nachmittags traf Fürst Schwarzen-
berg ein und nahm sein Hauptquartier im Belli'scheii ^a^se gegen-
über dfur Hauptwache. Am 5. gegen Mittag hielt Kaiser Alexander
van Bussland seinen ]^iuzng hinter seinen Gardekosaken; ihm nach
ülhrte GrossfUrst Constaptin die russisiihen und preussischen Garde-
reiter, welche der Kaiser an der Kalharinenkirche an sich vorbei-
defiliren liess; er nahm dann sein Hauptquartier im v. Schweizeri-
schen Hause (heute Bussischer. Hof), Grossfbrst Conatantin im
Englischen Hof. Abends War die Stadt erleuchtet
Am 6. Novbr., einem Samstag, bildeten früh die preussischen
und russischen Garden und die österreichischen Grenadie^bataillone
vom Allerheiligenthore über die Allerheiligenstrasse, die] Zdl, die
KatharinQiipforte, Bleidenstraiise, Neuekrämcj den Markt bis zum
33»
— 5i6 —
Dom ein Spalier; die ,,GeleitBreiter^ rückten in Gala ans und von der
Brücke bis zum Becheneigraben waren 64 österreichische^ 32 msm-
sehe und 8 Frankfurter Kanonen aufgefahren« Es galt den Eansug
des Kaisers Franz zu feiern. Gkgen 11 Uhr ritten Kaiser Alezander
und sein Bruder , gefolgt von einer glfinzenden G-eneralität, dem
österreichischen Kaiser entgegen, welchen sie an den Biederhöfen
antrafen. Der prunkende Zug der beiden Kaiser wurde auf der
Bückkehr am Allerfaeiligenthore; wo ein Zelt angeschlagen war,
von einer Deputation des Baths empfangen. Es waren Männer dabd,
welche 1792 über demselben «Mann als deutschen Kaiser den Bal-
dachin getragen hatten, dem sie jetzt als österreichischem Kaiser die
Schlüssel der Stadt überreichten. Welcher Wechsel der Dinge lag
zwischen den beiden Jahren! Noch stand an dem Thore „Gross-
herzogthum Frankfiirt^^ angeschrieben als lebendige Mahnung, wie
ungewiss die Zukunft der Stadt sei, welcher einstweilen der Prinz
von Hessen -Homburg als Generalstatthalter vorgesetzt war. Der
Empfang des Kaisers Franz war enthusiastisch; die Kanonen donner-
ten, die Trommeln und die Feldmusik wurden gerührt und darüber
brausten die Vivatrufe und klangen die Töne sämmtlieher Glocken.
Kaiser Franz wohnte zunächst einem feierlichen Te Deum im Dome
bei, besuchte dann den Kaiser Alexander im Schweizerischen Hause
und begab sich schliesslich in den Tazis'schen Palast, wo an dem-
selben Tage grosse Tafel stattfand. Aber noch vorher wurde der
erste Versuch gemacht, etwas licht über die dunkle Zukunft der
Stadt zu verbreiten. Bei einer kurzen Audienz, welche die Vorstände
der vierzehn Stadtquartiere, die Bürgercapitäne, mit ihrem Sprecher,
dem Advocaten Dr. Friedrich Sigismund Feyerlein, gegen 4 Uhr
bei Kaiser Franz erlangten, wusste der geschickte Anwalt bei dem
durch den Einzug in seine Krönungsstadt noch angeregten Kaiser
Saiten anzuschlagen, welche auch neben den Erwägungen der Politik
bei der späteren Entscheidung des Schicksals der Stadt nicht ohne
Wirkung geblieben zu sein scheinen. Denn Frankfurt war immer
ein wünschenswerther Besitz gewesen. Hatte 1806 zuerst Hessen-
Darmstadt, dann Baden (durch den Minister von Beitzenstein) in
Paris sich bei dem Protector des Bheinbundes um den Besitz der
■
Stadt beworben, so war sie jetzt durch einen geheimen Artikel vdes
Vertrages von Bied sammt dem übrigen Grossherzogthum zur Ent-
schädigung an Baiem für die an Oesterreich zu machenden Gebiets-
abtretungen bestimmt. Doch die grosse Menge liess sich von solchen
Sorgen nicht anfechten; sie drängte sich im Theater, wo die Fest-
oper Titus zu patriotischen Kundgebungen für die beiden anwesen-
— 517 —
den Kaiser benutzt wurde ^ indem Publius den verbündeten Monar-
chen ein Hoch ausbrachte und Titus selbst das lied: „Gott erbajte
Franz den Kaiser^' anstimmte. Am Abend war die Stadt aufs
Glänzendste beleuchtet Am 8. Nov. traf der Kronprinz von Freus-
sen (Friedrich Wilhelm IV.) mit dem Staatskanzler Hardenberg ein
und stieg im Darmstädter Hof ab; am 11. Novbr. kam der Gross-
herzog Ferdinand von Würzburg aU; am 13. die Grossherzoge Karl
Friedrich von Baden und Ludwig von Hessen; und spät am Abend
die Könige Friedrich Wilhelm UI. und Max Joseph. Am 15. traf
der Herzog von Nassau und der Fürst Blücher und am 19. der
König von Würtemberg ein, welcher am 2. Nov. eine Allianz mit
den Verbündeten abgeschlossen hatte. Es war ein Fürstencongress,
welcher manche Parallele mit dem fünfzig Jahre später an demsel-
ben Orte gehaltenen anregt. In den Beherrschern von Oesterreich^
Baiern ; Hessen -Darmstadt und Nassau und dem Kronprinzen von
Würtemberg waren 1863 fünf Enkel der Monarchen von 1813 hier
anwesend. Dazwischen gingen mancherlei militärische Schauspiele^
deren glänzendstes die grossse Parade war^ welche unter Leitung
des GrossfÜrsten Constantin am Sonntag den 14. Novbr. stattfand
und wobei die Truppen vom Allerheiligenthore bis zum Theaterplatz
aufgestellt waren. Am 16. Novbr. fand ein glänzender Ball statt;
welchen die CasinogesellschafI; den verbündeten Monarchen im
Theater veranstaltete. So näherten sich die Wirthe und Gäste immer
mehr einander und besonders populär wurde Friedrich Wilhelm HI.;
welchen man jeden Mittae nach der Parade mit seinem Sohne durch
die Schlimm -Mauer vor das Eschenheimer Thor in die Anlagen
gehen sah. Beide trugen einfache Uniformsröcke und an der Mütze
das Landwehrkreuz. Die Einwohner der Strasse grüssten sie und
ein aus Sachsen stammender Büiger und Handwerksmeister konnte
sich nicht enthalten, dem Könige jedesmal zuzurufen: „Schönen
guten Morgen ; Majestät; wünsche wohl geruht zu haben 1^ ^worauf
der König immer freundlich dankte.
Betrachten wir aber auch die Bückseite der Zustände! Die
Zahl der Einquartierten stieg auf 30;000-40;000 ManU; daneben
wurden einzelne Heerhaufen aus den Vorräthen der Stadt verpflegt
und bedeutende Lieferungen &ir die Zukunft ausgeschrieben. Alle
nur immer entbehrlichen Gebäude; selbst Kirchen und Schulen; waren
Vorraths- und Siechenhäuser geworden. Hospitäler waren errichtet:
in der Stadt: im deutschen HausC; dem LeinwandhauS; der Wel-
lenscheuer (auf der Altgasse) und der ReitbaI^l; vor der Stadt
auf der Pfingstweidc; dem Fischerfeld; auf dem Sandhof und in dem
— 518 —
SchlösBchen am Bockenheim. Dennoch bliebeii' Tansende von Ejran-
ken ans Mangel an Raum in den Bürgerhänsem asnrück und ver-
breiteten dort den tödKchen Feststoff. Denn jene schanerKche Senche,
welcher schon im Sommer Opfer gefallen waren ^ wat jetzt zn einer
Ejiegapest geworden^ welche einen nicht nnbeträcbtlichen Theil der
städtischen Bevölkerung wegrafite. Es starben in Frankfurt im
Jahre 1813: 1666. Pei^onen^ nämlich im ersten Quartale 330, im
^weiten 323/ im ersten Halbjahr also 553; im dritten Quartale 271^
im vierten 742, im zweiten Halbjahr also 1018, davon allein im
November 838, und zwar vom 13. bis 19. November 102; im
December 297. Im Dr. Senckenbergiacben Bttrgerhospital waren
1812: 299 Ejranke aufgenommen und 74 davon gestorben;
1813 stiegen diese Zahlen auf 467 und 100. Im Fremden-
hospital zum heil. Geist wurden 850 Kranke verpflegt, wovon
114 starben. Es starben am Typhös die Aerzte: Scherbius, Physi-
kus, t 8. Nov., J. V. Müller, f 18. Nov., Holtzmann, Physikus,
t 2. Dec., Brumhard, Physikus, + 23* Dec. 1818, U. Wi^er,
Hospitalarzt, f 5. -März 1814.
In dem Hospital, welches auf dem Sandhof in der Art errichtet
war, dass nicht nur der grosse Saal, sondern aus Mangel an Platz
auch die Musiktribüne mit Kranken belegt war, nahm die Sterblich-
keit solche Dimensionen an, dass der behandelnde Arzt, Dr. Neeff,
trotz des rauhen Wetters, die Kraooken auf Leiterwi^en in's Freie
fahren liess und damit gute Besultate erzielte ^. Im deutschen Hause
war ein russisches Hospital. Unten in den hochgewölbten, mit
Stuckatur verzierten, mit gehöhnten Fussböden versehenen • SSlen,
wohin der Kaiser kam, lagen in reinlichen Bettel die Kranken der
russischen Garden; oben in den Dachkammern, wohin der Kaiser
nicht kam, lagen auf Stroh die Krankai der- Feldregim^iter; die
eisernen Oefen itaren bis zum Bothgltthen geheizt, während durch
die zerbrochenen Scheiben der Wind und der Schnee seinen Weg
fand: Noch trauriger sah es aus auf den nächsigelegenen Dörfern.
Den Landbewohner drückten die Uebel doppelt, unter d^en Last
die Bürger seufzten. Der Zustand der G-emeinden war so zerrüttet,
als das Vermögen der Bauern. Für die Besitzer einzelner Güter
3 Es war dies in derselben Zeit » als Ernst Hörn in den äälen seiner
Typhaskranken in der Berliner Gharite eigenbändig die Fenster einschlug, weil
er in der reinen Luft das Hauptmittel der Genesung erkannte und sich doch
nicht auf die Fol^amkeit seiner von VorurtbeiTen 'befangenen Untergebenen
verlassen konnte.
- 5t9 —
und Höfe war das Fatterholen einoB EoaakenbaiifeiM so sehliinm
als eine förmliche Plttndenmg und nicht ein Hähnchen enÜLam dem
geübten Ange dieser vielgepriesenen Natnrkinder.
„Linderung der Leiden^ die im Gefolge dieses Krieges herein«
brachen ; soweit solche in den -Wirkungski'eis der Frauen einschlu-
gen"; war der Zweck des in diesen Tagen , nach dem Muster des
zu Berlin bestehenden; gebildeten ; wenn auch erst am 2. Februar
1814 förmlich coüstituirten FrauenyereinS; welcher noch jetzt in
segensreidier; wenngleich anders gearteter^ Thfttigkeit fortbesteht
Von seiner Gründung bis zum Ende des Jahres 1814 konnte der
Verein an baarem Geld gegen 21,000 fl. und höchst bedeutende
Mengei) von KlcädungssMlckeU; Weisszeug; Bettwerk und Verband-
Leinen spenden und daran nicht nur Frankfurter Freiwillige und
Linientruppen; deutsche und andere Verbündete: Russen, Spanier,
Engländer, Italiener, Holländer, Brabanter und Schweizer, sondern
auch Franzosm betheiligen, und noch 4000 fl. den Hospitälern ari-
derer deutscher Städte Zukommen lassen.
Lidessen bereiteten die Fürsten sich vor, Frankfurt zu yerlassei^
und so musste noch ein zweiter Sturm auf das Herz des Kaisers
Franz gewagt werde. Es war abermals Fejerlein mit den Büi^er-
capitänen, welche diesmal zu längerer Audienz bei den^ Kaiser
zugelassen wurden. Fejerlein bemühte sich besonders die Zweifel
des Kaisers, ob Frankfurt auch zu selbständiger Existenz noch die
Mittel besässe, und nicht weniger dess^i Bedenkoi, ob man den
gefährlichen Neuerungen nicht zu sehr zugethan sei, au widerlegen.
Die nenare Geschichtsehreibung hat eine andere Charakteristik des
Kaisers Franz angestellt, als die unseren Vätern geläufige und so
ist es uns weniger sicher, als es der vorhergehenden Generation
war, dass Fejerlein's Rede und Denkschrift mehr als die allgemeine
Abneigu^ gegen Baiems abermalige Vergrösserung bei der end-
lichen Entscheidung des Schicksals der Stadt in die Waage gefaUen
sei; das soll aber das Verdienst des wackeren Sprechers nicht schmä-
lern, dem die Erkältung bei rauher Herbstlnft, nachdem er in leich-
ter Hoftracht sich vor dem Kaiser warm gesprochen hatte, eine
Krankheit zuzog, an welcher er um Weihnachten erlag.
An demselben Tag (8. Dec.) erschien ein GeneralpardoQ,
welcher jedem Deserteur und Befiractär aus den Departementen
Frankfurt, Fulda und Aschaffenbnrg des Grossherzogthums Frank«
fürt, sowie aus dem Fttrstenthum benburg, wenn er sich vor dem
1. Januar 1814 bei einer Militär- oder Civilbehörde des Landes, wo
er entwichen ist, stellt, Straflosigkeit zusichert — Auffallend ist,
— 520 —
dasB dieser erst am 17. Dec. veröffentlichte ErUss des Generalgon-
verneurs eine so kurze Frist festsetzt, wodurch es bei den damaligen
Verkehrsverhältnissen vielen unmöglich wurde, der angebotenen Ver-
zeihung rechtzeitig theilhafdg zu werden.
Ehe die Früchte der Fejerlein'schen Audienz bei Kaiser Franz
zu Tage traten, erliess der Prinz von Homburg einen Aufruf, in
welchem er des Kaisers Ideengang wiederholte, wie denn die Beac-
tion gegen die Verheissungen von Kaiisch begonnen hatte und in
dem Franzosenkaiser nicht nur der Eroberer, sondern auch der
Erbe jacobinischerG-rundsätze bekämpft wurde: „Habt ihr^^, so wen-
dete am II. Deceiüber der Prinz sich an die Freiwilligen, „die alte
Treue und den deutschen Sinn bewahrt, bei welchem der ausländi-
sche Schwindelgeist seine Grenzen fand — so eilt und schliesst
euch willig den Scbaaren an, welche für das einst so heilig von
euch geachtete Gut: vaterländische Freiheit, Sitte und Verfassung,
muthig in den Kampf eilen und nie die Uebermacht wollen ziuruck-
kehren lassen, welche das alte Volk der Deutschen mit schimpfliche
Knechtschaft und völligem Untergang bedrohte. Ein grosser Waffen-
platz ist ganz Deutschland; für alle Deutschen sind die Schranken
geöffnet, zu emdten Buhm und unsterbliches Verdienst um das
Vaterland."
Am 14. Dec. endlich, kurz vor der Abreise der Monarchen,
erschien die Erklärung derselben, in welcher die denmächstige Ein-
setzung der Stadt Frankfurt in ihre vonnaligen Rechte und Frei-
heiten verkündigt wurde.
Am 17. Dec. forderte ein „Organisationsbüreau" der Freiwilligen
im „Generalgouvernement Frankfurt" die bemittelten Glieder der
„Communen" auf, Beiträge zur Ausrüstung der Freiwilligen zu sam-
meln. Man sieht, es war nicht die Zeit des Purismus; die sogenannte
altdeutsche Tracht, die ,,Banner" und „Fähnlein" tauchen erst später
hier auf.
Endlich am letzten Tage dieses ereignissvoUen Jahres wurde
die Bürgerschaft durch folgende Bekanntmachung von j^Bürgermeister
und Bath der freien Stadt Frankfurt' überrascht: „Wenn wir am
19. August 1806 unseren Mitbürgern die traurige Eröffnung machen'
mussten, dass ein mächtiger Wille über die freie Verfassung der hie-
sigen Stadt entschieden habe, so mussten wir uns mit dem Gedanken
aufrichten, dass kein Verschulden diess unaufhaltbare Ereigniss
herbeiführe und dass vielleicht das gütige Geschick, welches mensch-
liche Dinge mit wohlthätiger Hand weise lenkt, früher oder später
ein Ziel setzen werde. ^- Dieser gewünschte Zustand ist jetzt
— 521 —
«
erBchienen. — Die Allerhöchsten Verbündeten Mächte haben
beschlossen, dass die hiesige Stadt mit ihrem ehemaligen Gebiete in
ihre eigne städtische Verfassung vorläufig wieder zurücktrete. Heute
halten wir die erste Sitzung u. s. w." Während der Neujahrsnacht
strahlten die Strassen von Frankfurt im Scheine einer glänzenden
Beleuchtung — es war dieselbe Nacht, als Blücher bei Caub über
den Bhein ging und den Verhandlungen, welche den Biiein als
Deutschlands Grenze und jenseits ein übermächtiges Frankreich
wollten, ein thatsächliches Ende bereitete. Diese Verhandlungen
waren seit dem 8. Nov. durch St. Aignan geführt worden und wür-
den bei unverzögerter Annahme der Friedensbedingungen durch
Napoleon die sogenannten natürlichen Grenzen Frankreichs (Bhein,
Alpen, Pyrenäen) zugestanden haben ^; sie hatten auch Blücher
abgehalten, schon am 15. Nov. bei Köln über den Bhein zu gehen.
So spielten in jener denkwürdigen Zeit in unserer Stadt die Geschicke
Europas und die Geschicke eines der kleinsten Staaten neben einan-
der und erst der Nachwelt ist es deutlich geworden, welches schwere
Verhängniss durch Napoleons damalige Verblendung von Deutsch-
land abgewendet worden ist.
^ Ueber den Gang dieser Verhandlungen verweisen wir auf Sphlosser's
Gesch. des 18. Jahrhdts. Heidelb. 1848. VII. 1051 ff. 1099 ff.
^>
Ldreaz Heister,
geb. im Jahr 1683 zu Frankfurt, gest. 1758 zu Helmstädt
Von Dr. Bduard Heydon.
Wenn ana der nicht unbeträchtlichen Anzahl bedeutender Män-
ner auf geistigem Gebiete^ die in Frankfurt am Main das Licht der
Welt erblickt bsben^ der Name eines der ausgezeichnetsten Söhne
dieser Stadt allmälig selbst in gelehrten Kreisen zwar nicht ein»
gänzlichen Vergessenheit anheimgefallen, aber doch mehr und mehr
in den Hintergrund des Gedächtnisses getreten ist, so trägt von die>
ser Erscheinung sicherlich weniger die Zeit die Schuld^ als vielmehr
der besondere Umstand, dass gerade die wissenschaftlichen Fächer,
in denen jener einst so weithin berühmte Frankfurter vor seinen
gleichzeitigen Berufsgenossen, und nicht etwa nur vor seinen gelehr-
ten deutschen Collegen, glänzend hervorragte, seit der Mitte des vori-
gen Jahrhunderts, wo derselbe vom Schauplatze des irdischen Wir-
kens abtrat, ganz aussergewöhnliche , fast riesenhafte Fortschritte
gemacht haben.
Ohne Zweifel ist es. als eine der Aufgaben unseres Vereines zn
betrachten, das Andenken an verdienstvolle Männer, welche aus dem
engeren heimathlichen Gebiete hervorgegangen sind, unter Frank-
furts Bürgern in dauernder Frische und Lebendigkeit zu erhalten.
Gilt diess im Allgemeinen als richtige um so gerechtfertigter dürfte
es dann wohl sein, in gedrängtem Abrisse das Leben und Wirken
eines Mannes wieder zu vergegenwärtigen, welcher einst als „eine
Zierde Deutschlands^' und der Wissenschaft zur ehrenvollen Aner-
kennung deutscher Forschung bei allen gebildeten Völkern unseres
Erdtheils mächtig beitrug, um dessen Besitz «der grosse Czar Peter L
mit fürstlichen Pflegern deutscher Hochschulen wetteiferte und den
einer seiner Biographen bei den Lesern seiner Schilderung mit der
\
\
— 523 —
rühmlichen und erfrenlichen Bemerkung einf&hrfr; dass ihft — diesen
grossen Beförderer der Arzneikunst, Chirurgie, Anatomie und Bota-
nik — die Reichsstadt Frankfurt hervorgebracht habe.
Es war im Jahr 1784, als zwei berühmte italienische Gelehrte,
beide Professoren zu Pavia, auf einer wissenschaftlichen Eeise durch
die angesehensten Länder Europa's in einer norddeutschen Univer-
sitätsstadt an das Grab des Mannes geführt zu werden verlangten,
von dem hier die Rede ist und seit dessen Tode damals bereits sechs
und zwanzig Jahre vei'flossen waren. Wer kennt nicht die Namen
des grossen Physikers Alessandro Volta und des grossen Anatomen
und Chirurgen Antonio Scarpa I Als sie an die ersehnte Stätte
kamen, sprach Scarpa zu seinem Begleiter: * In genua procidamus!
— Die Stadt, wo dies geschah, war Helmstädt, und das Grab, wo
zwei Koryphäen wissenschaftlicher Forschung vor den Manen eines
deutschen Gelehrten mit ehrerbietiger Bewunderung sich beugten,
war die letzte Ruhestätte eines verdienstvollen Sohnes unseres Frank-
furt. Die einfach auf Rasen angebrachten Buchstaben L. H. bezeich-
neten es als das Grab des weltberühmten Lorenz Heister.
Natürlich kann es sich bei einer Lebensskizze dieses Mannes in
• ■ •» .
einem nichtmedicinischen Werke nur imi die. Berücksichtigung allge-
meiner Gesichtspunkte und darum handeln, von seinen Erlebnissen,
Leistungen und Verdiensten «in mit Leichtigkeit zu überblickendes
Gesammtbild zu entwerfen.
Lorenz Heister wurde in Frankfart am 19. September 1683
geboren, gerade in der Woehe, wo sich hier wegen des sieben Tage
vorher von Sobiesky und den deutschen Truppen bei Wien über die
Türken erfochtenen grossen und entscheidenden Sieges cUe freudigste
Stimmung kund gab. Bein Vater, Johann Heinrich Heister, damals
Diel- und Holzhändler, erkaufte 2 Jahre später das Gasthaus ^zum
Tannenbaum^ in der Fischergasse K Die Mutter, Maria geborene
Alleinz, entstammte einer achtbaren, kaufmännischen FamiHe. Beide
Eltern versäumten bei ihrem Sohne nichts von dem, was zu einer
guten Erziehung gehört. In seinem neunten Jahre übergaben sie
ihn dem hiesigen Gymnasium, wo er ein volles Jahrzehnd hindurch
unter dem Rectorat der Herren Arnold, Schudt und Klumpf bei
unersättlicher Wissbe gierde und rastlosem Fleisse sich in Sprachen
und Wissenschaften di e gründlichste Ausbildung zu verschaffen suchte.
1 Dieses Hans führt jetzt die BeseichnuDg ^zor Stadt Dannstadt*.
— 52* —
Sein nachmaliger Biograph Leporin' erwähnt ^ dass Heister in allen
Klassen allezeit einer von den obersten Schülern gewesen und äussert
sich über seine Thätigkeit als Gymnasiast anter Anderm wie folgt:
„In denen obersten (Klassen) hat er ohne dem vorbemeldeten Arnoldo,
auch dessen Successorem, den zwar zu zeitig gestorbenen, aber den-
noch unsterblichen Jo. Jac. Schudt, und den jetzigen berühmten Bec-
torem Herrn Jo. Thom. Klumpf, zu seinen vornehmsten Praeceptoren
gehabt, un^er welches letztem Anweisung zur Poesie, er solche Lust
und Inclination zu derselben bezeuget, dass er schon damals in den
zwei letzten Jahren auf der Schule, sonderlich Ao. 1700 biss 1702,
viele, sowohl Lateinische, als Deutsche Gedichte, im 17., 18. und 19.
Jahre seines Alters, auf allerley damahls sich ereignende Vorfälle
und in allerlej Materie, geistliche und weltliche, verfertiget, welche
vielen Kennern nicht missfallen; sonderlich hat er damahls ein
Gedicht auf die Victorie des Königs von Schweden bey Narva, auf
Ihro Kayserl. Majestät, als Sie damahls als König nach Spanien
gingen, auf den ersten Feld-Zug des damahligen Bömischen Königs
Josephi und die Belagerung von Landau, auf den König, in Engeland,
auf die Chur-Fürstin in Bayern, als sie durch Frankfurth passirte,
auf die eroberte Silber-Flotte zu Vigos, wie auch verschiedene Hoch-
zeit- und Leichen-Carmina, und allerley Epigrammata etc. geschrie-
ben, auch solches nach diesen noch zuweilen continuiret, und sich
dadurch von liederlicher Geselschafft und Müssigang entzogen. ^TJnd
— Aigt Leporin noch ausdrücklich hinzu — ob er auch in einem
Gast-Hofie oder Wirthshause erzogen worden, wo junge Leute, weil
sie insgemein von denen Fremden mehr Böses, ab Gutes sehen und
hören, leicht übel gerathen, so hat er dennoch nach Arth der Bienen,
aus aUen, auch sogar aus dem Bösen, nicht den Gifft, sonder den
Honig oder das Gute gezogen, und zu seinem Besten angewendet'
In der That kann Heister in weiser und gewissenhafter Zeit-
verwendung und in sorgfältiger Benutzung der ihm von seinen treff-
lichen Eltern gebotenen Gelegenheiten zum Lernen allen Knaben
und Jünglingen als nachahmungswerthes Muster dienen. Es heisst
von ihm: j^Nachdem er etwas erwachsen, und im Lateinischen ziem
liehe Fundamenta geleget, haben ihm seine Eltern auch Sprach-
Meister, um erstlich die Französische, hernach auch die Italiänische
2 „Ausführlicher Bericht vom Leben und Schriften des durch ganzEaropam
berühmten Herrn Dr. Lanrdntii Heisteri, Allen, die von wahrer Gelehrsamkeit
t'rofession machen, sonderlich denen Herren Medicis zum Dienst publiciret von
Christian Polycarpo Leporin, D. Quedlinburg 1725/
-- 525 —
Sprache zu lernen ; ingleichen geschickte Anführer in der MuBiqne,
im Zeichnen und andern nützlichen Exerciiien gehalten^ welche Künste
und Wissenschaften er alle^ ehe er auf Universitäten gegangen^ auch
ziemlich begriffen. So hat er auch als ein Ejiabe von blossen Zusehen
zum Zeit-Vertreib das Buchbinden gelernt ^ und ihm^ so lange er in
Frankfurth gewesen; bey müssigen Stunden seine meisten Bücher
selbst; und mebrentheils so gut als ein Buchbinder; gebunden.' —
Ueberhaupt behielt es in in der Ausbildung Heister's nicht bloss bei
geistigen Arbeiten sein Bewenden; er betrieb auch „anständige Lei-
besübungen«. «
Mit dem Jahr 1702 begann bei dem nun neunzehnjährigen Jüng-
ling ein zweiter Abschnitt vielseitiger und unermüdlicher Thätigkeit;
die nicht weniger ab sieben Jahre umfassende Zeit seiner speciellen
Fachstudien. Zunächst begab er sich auf die Universität Giesseu;
um sich dort der Erlernung der Heilkunde zu widmen. Hier war
eS; wo der ausserordentliche Professor der Medicin und Fhysikus der
Grafschaft Nidda; Möller; den jungen Mann durch seine Gelehrsam-
keit so an sich zu fesseln wusstC; dass letzterer nicht blos sein eifri-
ger Zuhörer und Tischgenosse wrurdc; sondern ihm auch bereits im
nächsten Jahre mit einigen andern Studenten nach Wetzlar folgte;
wohin Möller als Fhysikus des Beichskammergerichts berufen worden
war; und nicht weniger als vier Jahre lang als lernbegieriger Schüler
bei ihm verblieb.
Während er sich bei diesem kenntnissreichen Lehrer in den ver-
schiedenen ärztlichen Fächern theoretisch und practisch zu bilden
suchte; kam ihm zugleich der Umstand sehr zu statten; dass er im
Hause eines Apothekers wohnte ; wodurch er Gel^enheit fand; sich
mit der Bereitung der Heilmittel und mit den verschiedenen cheiAl
sehen Proceduren vertraut zu machen. Er betheiligte sich auch
nicht bloss bei den Sectionen menschlicher oder thierischer Körper;
welche Möller vollzog; sondern begab sich; so oft auf dem anatomi-
schen Theater in Giessen interessante Zergliederungen stattfanden;
zu gleichem Zwecke dahin. Femer begleitete er seinen Lehrer; wenn
dieser seine vornehmen Patienten in den Taunusbädem besuchte. Da
er zugleich eine grosse Neigung zimi Studium der Pflanzenkunde
hegtC; so verwandte er einen Theil der schönen Jahreszeit auf bota-
nische Wanderungen und ,,erwies8 sich gantz unermüdet; die Zeit; da
man Kräuter finden kanu; zum öfftern alle Gärten ; Wiesen; Berge;
Wälder und Felder; sowohl um Nidda, als auch um Wetzlar ; Gies-
3 Vgl. Bracker, Bildersaal, III. Zehnt.
t
sen, Flrankfurth und aUer Orten, wo er hin kam , durch zu kriechen,
da er denn alle Kräuter, die er nur bekommen kunte, gesamlet,
derselben Nahmen erkundiget, selbige sauber aufgedmcknet, und zu
einem Herbario Vivo bewahret; so dass er, ehe er noch nach frem-
den Landen gereiaet, weil die Gegend von Nidda, Wetzlar, Giessen
und Frankfurth yon Kräutern nicht arm ist, auch allerlej schöne
Gärten vorhanden, schon t^lber zwey Tausend Kräuter beysammen
gehabt, worzu sonderlich des Herrn D. Eberhards \ vornehmen Baths-
herrn, Schoppen und Bürgermeisters in Franckfurth schöner Garten,
welcher zu der Zeit von curieusen fremden Gewächsen eine grosse
Menge in sich hielt, vieles contribuiret hat''
Heister hätte nach vierjährigen medicinischen Studien schon pro-
moviren können, wollte aber damit nicht eilen, „um sich in allen
desto besser zu perfectioniren^. Er begab sich desshalb auf An-
rathen seines lichrers und mit Genehmhaltung seiner Eltern, zu An-
fang des Sommers 1706 nach Holland. Die Heise machte er zu
Wasser auf dem Main u;id Bhein, besichtigte genau alle an letzte-
rem Strome gel^ene „schöne und berühmte'' Städte, als Mainz,
Bacherach, Bheinfels, Koblenz, Andernach, Bonn, Köln, Düsseldorf,
Kaiserswerth, Wesel, Nymwegen, Dortrecht, Rotterdam u. a., und
gelangte endlich über Delfft nach der Universitätsstadt Lejden, wo
er jedoch erfuhr, dass die Fächer der Anatomie und Chirurgie ge-
rade damals besonders gut in Amsterdam könnten erlernt werden.
Dahin eilte er unverzüglich und studirte daselbst hauptsächlich auf
das Eifrigste die Zergliederungskunst bei dem berühmten Bujsch,
der, als Anatom, Arzt, Chirurg, Geburtshelfer und Lehrer der Bo-
tanik fast gleich ausgezeichnet, in der Geschichte der medicinischen
I Wissenschaften und der Heilkunde wohl für alle Zeiten einen hervor-
ragenden Eang behaupten wird. Hierbei versäumte er keine Ge-
legenheit zu wundärztlichen Operationen, welche sowohl von
Bruysch, als von anderen bedeutenden Chirurgen ausgeführt wurden.
Da es ausdrücklich heisst, dass er sich mit vielen Personen und
Gegenständen des Lernens durch grosse Mühe und „Kosten" bekannt
gemacht habe, so ersieht man auch hieraus, wie sehr ihn seine Eltern
in seinem ernsten und eifrigen Streben unterstützten.
Um nun die in Anatomicis und Cbirurgicis erworbenen gründ-
lichen Kenntnisse durch praktische Anwendung dauernd zu befeati-
* Conrad Hieronymns Eberhard, g^enannt Schwing) Dr. med. — eiaer der
wenigen Aerzte, die in den Frankfurter Rath gekommen sind — starb 1744 im
seltenen hohen Alter von beinahe 91 Jahren.
— 527 —
geil; begttb er sich im Juni 1707 suder im Kampfe gegen Ludwig XIV.
begriffenen verbündeten Armee der Britten und Niederländer uJUd
beBch&ftigte sieh ala ausübender Arzt und Wundarzt in den grossen
Feldhospit^ern zu Brüssel; wobei ihm besonders der Umgang mit
zwei vortrefflichen Wundärzten^ Amiand und 'Orepio; sehr zum Vor-
theile gereichte. Seine ganze übrige Zeit verwandte er dabei theils
auf theoretische Studien im Fache der Chirurgie; theils auf Erler-
nung der englischen Sprache zimi Zwecke der Conversation sowohl
wie zum Yerständniss englischer Schriften.
Als der Feldzug zu Ende ging; begab sidi Heister wieder nach
Leyden; um unter Albiu; BoerhavO; Letten und andern hervorragen-
den Meistern seines Faches weiter zu studiren. Li den Freistunden
],applicirte er sich auch auf die Mathesin und lernte dabej das
Glasschleiffen und Mioroscopia zu machen'^ Die Feri^ verwandte er
zu Ausflügen in verschiedene holländische StädtC; theils um mit ge-
lehrten Männern in nähere Berührung zu kommen; theils zu botani-
schen Zweekeu; indem er es sich zur Aufgabe gemacht hattC; seine
Sammlung mit Exemplaren seltener Pflanzen und Elräuter aus den
holländischen Gewächshäusern und Gärten zu bereichena. Als er rinst
auf einer dieser Beisen nach Amsterdam kam; lernte er bei Bnysch
den damaligen Bector und Dekan der medieiniaohen Fakultät an
der Universität Harderwyk; von Almeloven; kennen. Slachdem dieser
vernommen hatte ; daito Heister in nächster Zeit zu promoviren
gedächte; richtete er an letzteren die Bitte, ihm die Ehre zu
erzeigen und inHarderwyk die Doctorwürde zu erw^ben, was denn
auch in der Bfingstwoche 1706 zur Ausführung kam. Hierauf kehrte
Heister nach Leyd^a zurück; „und weil er^; hdisst es; ^gerne seine
angefangene GoUegia continuiren . und zu Ende bringen wollte;
cachirte er noch seinen Gradum, vor keine Schande achtend; als
Doctor noch eine Weile in die GoUegia zu gehen und brachte selbige
also auch völlig zu Ende."
Beinahe wäre Heister um jene Zeit seinem deutschen Vaterlande
fibr immer vetfloren gegangen. Da es einerseits in 'Holland an tü)ch-
tigen Jü»Umm feUte, «ndreraeitB lernbegierige Jünglinge «oh hdd
ZU ihm hingezogen fühlten; so beschloss er sich in HoUand zu habi-
litiren. Dieter Plau; von seinem Lehrer Bujsch nicht nnr gebilligt;
sondern wesentlich unterstützt und gefördert; erhielt auch die Zu-
stimmung seiner Eltern ; und so begann er denu; ;^icht zweiffelnd;
dass er durch seine Studia und Fleiss mitGt>tt daselbst (in HoUand)
weitere Fortun find^ würde^; noch im Jahr 1708 zu Amoterdam
seine anAtomisclMii Vorträge. Sein iCmtes Auditorium bildeten .i^aahen
— 528 —
FrantzöBiscbe Chirurgi oder Barbiergesellen", bd deren ünterwei-
Bang er sich der franzöBischen Sprache bediente; eine zweite Reihen-
folge von Vorlesungen eröfinete er bald nachher ftar daB Winter-
Bemester von 1708 auf 1709 vor einem Hörerkreide; dei: aus deut-
schen Studenten bestand. Er wohnte im Hause des berühmten
Mathematikers und Philologen Tiberius Hemsterhuis und benutzte
die ihm dadurch gebotene Gelegenheit; sich mit den verschiedenen
Fächern der angewandten Mathematik; der Mechanik; Statik; Hydro-
statik; Hydraulik; Optik und Akustik; in ihren Beziehungen zu den
medicinischen Wissenschaften; insbesondere zur Anatomie und
Chirurgie vertraut zu machen; sowie auch in den Besitz der nöthigen
mathematischen Instrumente zu gelangen.
Im folgenden Jahre veranlasste ihn sein unbegrenzter Eifer f&r
möglichste Ausbildung in der Wundarzneikunst; sich noch einmal
als Feldarzt zur Armee zu begeben. Im Verein mit dem holländi-
schen Generalwundarzt von Quavre bediente er die Feldhospitäler
zu Oudenarde und Brüssel; in welch letztere Stadt unter andern
die 5000 in der Schlacht bei Malplaquet verwundeten HoUänder
gebracht worden waren.
Gegen Ende des Feldzugs kehrte Heister nach Amsterdam
zurück; wo er seine Vorlesungen weiter fortsetzte. Bald darauf lernte
er jedoch einen jungen Arzt aus Nürnberg kennen; welcher ihn
darauf aufmerksam machte; dass in Altdorf eine medidnische ProfeB-
sur offen sei und die Hofihung in ihm erregte und zu beleben ver-
stand; dass eine etwaige Bewerbung um diese Stelle nicht ohne
günstiges Ergebniss sein werde. In der That meldete er sich mit
einem schriftlichen Gesuche bei dem Bath zu Nürnberg; und Buysch
empfahl ihn den Ouratoren der Akademie so nachdrücklich; dass er
1710 — mithin in einem Alter von 27 Jahren — di^ Professur der
Botanik und Anatomie zu Altdorf erhielt
Bevor er dieses Amt antrat; machte er noch filr einige Monate
eineBeise nach England, wo er sich mit den grössten Aerzten dieses
Landes in persönlichen Verkehr setzte und seine botanische und
chirurgische Sammlimg; sowie seine Bibliothek auf das Ansehnlichste
bereicherte.
Neun Jahre lang lehrte Heister zu Altdorf mit unermüdetem
Eifer; und mit ebenso grosser Anschaulichkeit als Grründlichkeit;
wobei er sich zugleich einer ausgezeichneten; fürstliche und diploma-
tische der näheren und weiteren Umgebung der Universitätsstadt
angehörige Kreise in sich schliessenden Praxis als ausübender Arzt
zu erfreuen hatte. Hier war es auch| wo seine äusserst fruchtbare
- 529 —
und nachhaltige Wirkftamkeit als medicinischer Schriftsteller begann.
Blumenbach nennt ihn in der Einleitung zur Geschickte der. medici-
nischen Wissenschaft „utilis et extenaae famae polygraphus^ de re
chimrgica et anatomica meritisBimus^^ Im Jahr 1719 erschien seine
„Chirurgie^, eines der berühmtesten Büclier, welches in fast alle
europäischen Sprachen übersetzt uud noch 1779, also YoUe sechzig
Jahre nach der ersten Veröffentlichung, in sechster Auflage gedruckt
wurde. Ebenso wurde sein zu Altdorf 1717 erschienenes Com-
pendium anatomicum in ganz Europa das allein herrschende.
Binnen wenigen Jahren erwarb sich Heister durch seine literari-
schen, akademischen und praktischen Leistungen innerhalb und aus-
serhalb Deutschlands die allgemeine Anerkennung als einer der aus-
gezeichnetsten Aerzte. Die kaiserliche Akademie der Naturforscher
sowohl, wie die königlichen Akademien der Wissenschaften in Berlin
und London ernannten ihn zu ihrem Mitgliede. Was aber für seine
weitere Thätigkeit und für s^ine ganze Zukunft entscheidend war:
er erhielt im Jahr 1719 vom Herzog von Braunschweig den Buf als
Professor *der Anatomie und Chirurgie an der Juliusuniversität zu
Helmstädt. Heister nahm nicht bloss das dargebotene Amt an, son-
dern kein noch so verlockendes Anerbieten hat ihn später veranlassen
können, von Helmstädt wieder zu scheiden Czar Peter der Grosse
trug ihm die Stelle eines Leibarztes an, die mit ansehnlichem Ge-
halt und mit verschiedenen Bemunerationen verbunden war. Er
schlug sie aus. In gleicherweise lehnte er die vortheilhaften Aner-
bietungen ab, welche ihm vom Bischof zu Bamberg, dem Herzog
von Holstein und von anderen Seiten her gemacht wurden. Freilich
fehlte ihm auch in Helmstädt die Anerkennung nicht, die er ver-
diente. Hatte man ihn schon in Altdorf äusserst ungern verloren —
die meisten Professoren und viele Beamte begleiteten ihn bei seinem
Scheiden „biss ein gut Stück Weges ausser der Stadt^, und die
Studenten der Medicin zu Pferde bis nach dem drei Meilen entfern-
ten Nürnberg — , so war es in Helmstädt namentlich der Herzog
selbst, welcher Heister's Anhänglichkeit an diese Hochschule durch
Ernennung zum Leibarzt und Hofrath, sowie durch vermehrten
Gehalt zu belohnen wusste.
Es kann wohl als gemeinsame Folge eii^r guten Leibesconstitu-
tion, geschonter Jugendkraft und geregelter Lebensweise anzusehen
sein, dass Heister bei all seiner grossen Thätigkeit ein hohes Alter
erreichte und erst im 75. Jahre, am 18. AprU 1758, einem bösartigen
Katarrhalfieber unterlag , nachdem er achtunddreissig Jahre lang in
Helmstädt, und — die Zeit in Amsterdam und Altdorf mitgerechnet
34
— 530 -
— beinahe ein halbes Jahrhundert als akadenuscher Lehrer ge-
hatte.
Was seine Stellung in der Geschichte der medicinischen Wissen-
schaft betriffi); so präcisirt sie Huske^ in den Worten: „Deutsehland
kann ihn sicher als den ersten ansehen, welcher die Chirui^e, die
in England; Frankreich und Holland schon grosse Fortschritte
gemacht hatte, in seinem Vaterlande zu einer Wissenschaft erhob
und in Ansehen brachte. Seine Beobachtungen über . Steinschnit^
grauen Staar, Thränenfistel und Wasserbruch waren zu damaligef
Zeit trefflich und haben sich bis jetzt als richtig und treu erwiesen;
hierbei war es für ihn vom grössten Nutzen, dass er selbst Kupfer-
stecher und Verfertiger seiner chirurgischen Instrumente war*.
Das Kupferstechen hatte er während seines Aufenthaltes in Altdorf
erlernt.
Auf Ersuchen von Seiten des Verfassers dieser Lebensskizze
hat der hiesige ausübende Arzt Herr Dr. C. L. Jung, dessen Thä-
tigkeit sich bekanntlich vorzugsweise im Gebiete der Chirur^e
bewegt, über HeiBter's Stellung in der Oeschichte der Heilkunde
nachstehendes Urtheil abgegeben: ,, Wie Heister's Nadel • von riesiger
Dimension (6'Hang, 2^^' breit) Entschlossenheit des Charakters kenn-
zeichnet, ,so wandte unser Landsmann die Chinarinde (seit 1640 in
Europa bekannt') mit jzuerst bei gangrSnösen Leiden an^ und war
dem Aufblühen pathologischer Anatomie bahnbrechender För-
derer ^. Wenn Heister Trepanationsanzeigen zwar nur auf Kopf-
verletzungen einschränkt ^^, bleibt ihm immerhin das Verdienst gerade
hierin damaligem Unfuge gesteuert zu haben. Ebenso danken wir
seiner Beobachtung den Existenznachweis der Kapselstaare ^^. Bei
Nasenpolypen ist derselbe meines Wissens Begründer des Wurzel-
abdrehens mittels stumpfer Zange i', und der Trachealschnitt, eine
* Vgl. den Artikel „Heister" in Ersoh and Graber, Allgemeine £DC7clop&-
die der Wissenschaften and Kfinste.
* Fr. Andr. Ott, Lithogr. Abbildungen nebst Beschr. d. vorzfigl. filt. und
neu. Chirurg. Werkzeuge und Verbände. München. 1829. S.71. Taf.VII. Fig. 29.
* Kurt Sprengel, Versuch einer pragm. Gesch. der Arzneikande. Halle,
1800— (». Bd. 6. §. 16* S. 285.
8 Inst, ehinirg. Amstelod. 1760. p. 82L
9 Medio., Chirurg, und anat Wahrnehmungen. Bostock. 1753. Bd. 1.
10 Chirurgie, Nürnberg 1719. Kap. 40. S. 444.
fi Ibid. S. 478 und Apol. et über, illustr. System, sui de catar. Altd. 1717.
<> Chirurgie, S. 514.
— 534 —
segensreiche; selbst heute y<m competenter S^te noch oft ver-
worfene Operation^ fand anH^ter einen eifrigen Lobredner^^ Seine
Heilung der GefiLssfistel durch Gorgeret^ Hohlsonde und spitzen Scal-
peU^^ wird bis zur Stunde als bestes Verfahren nachgeahmt; im
Streite aber um's königliche Gesetz ^^ vertheidigte er mit Energie
die Sectio caesarea bei dem Ableben schwangerer Mütter ^^ und ver-
sprach sich schon ^om Hautlappen für Amputationen mehr Nutzen
als Verduin's Fleischpolster ^' bieten konnte, auch galt ihm hier^ im
Gegensatz zu Anderen ^ nur die Unterbindung als sicherstes Stypti-
cum ^^. Ihm, dem Chirurgen nüchternen Verstandes, erschien
Tagfiacoz^'s Bhinoplastik ^* geradezu als Fabel ^. Schwer erklftrlich
ist seine Furcht vor dem Ausschneiden chronischer Maadelschwel-
lungen >^. War er doch nie messerscheu, wo es Geschwülste ansehn-
lichsten Umfangs wegzunehmen galt ^. Vom alten Schlendrian,
Wunden mit Wieken anzufüllen, vermochte sich Heister nicht los-
zumachen ^, auch muss sein Mitfassen kleiner Compressen unter die
Ligatur des Samenstranges getadelt werden ^^. Von Instrumenten
besitzen wir nach seiner Angabe einen Lippenhalter für Hasen-
scharten^, gefensterte biegsame SUberröhrdien aus Brusthöhlen
Eiter oder Blut abzulassen ^, endlich messingene Harnrecipienteii ^.
In seinen Werken verzeichnet verdienen femer Erwähnung: beson-
dere Nadeln zur. Arterienunterbindung, Fleehsennaht, die vordere
Augenkammem zu öfihen; dann ein Perforatorium des Thrftnenbeins,
ein Pelikan und Mnndipiegel, verschiedene Messerformen ftbr Her-
13 Ibid. Cap. 92. S. 556.
«^ Ibid. Gap. 181, S. 691.
1» Digest, lib. XL tit. 8. De mortuo infer. 1. 2.
1^ Diss. foetam ex utero matr. mort. matare exBcindendum esse. Altd. 1720.
** Diss» epist de nov. artuum deoartand. ratione. Amstelod. 1696.
18 Haller, diss. chir. vol. Y. pag. 221.
1* De cortor. ehir. libr. dao. Yenet. 1697.
^ Chir. 8. oben. Cap. 66. S. 619.
» Ibid. Gap. 86. 87. S. 547.
*< Dias, de optima eaner. mammar. exstirpatadi ratione. Altd. 1720 in Haller
1. e., vol. n. p. 609.
23 Inst. chir. P. I. lib. I. Gap. 6. §. 7. pag. 97. Note b.
. 3« L. Heister et Heise, Diss. de Sarcocele. Heimst. 1764. and Haller , 1. c.
Vol. IL pag. 609.
3s J. A. Brambilla» Instrnm. obir. Yien. Yindob. 1780. Tab. XXI. Fig. 6
und 7.
3« Ghir. Nürnberg, 1770. Tab. Y. Fig. 9 und Tab. YI. Fig. 10. 11.
3» Ibid. Tab. XYL Pig. 7.
04*
— 532 —
niotomien^ GUedabnahmen u. s. w«; Beine Flügelsonde hervorquellen-
den Darm zu schütseu, ein männlicher Katheter ; Dilatatorimn und
Conductor bei dem Steinschnitt, auch scharfe Haken zur Mutter-
gewächsexcision etc. In Behandlung, der Scblüsselbeinbrüche und
Scoliosen bediente sich Heister gewisser Bückenkreuze um Becken
und Schultern befestigt ^% und sein Betinacuhun des Dammes ^
nahm die Gabel des Petif sehen Werkzeugs^ zur Beduction ver-
renkter Schenkelköpfe auf.^
Was Heister's Charakter anlangt, so wird von ihm gerühmt, daas
er im Umgange liebreich, gütig und dienstfertig gewesen sei. Zu
bedauern ist, dass er sich in seinen späteren Jahren auf eine des
wahren Gelehrten nicht würdige Weise gegen linn^ benahm, dem
er um jeden Preis die Ehre der J^rfindung der Sexualtheorie streitig
zu machen suchte. Er veröffentlichte zu diesem Zwecke sogar einen
Brief des Wolfenbütteler Arztes Job. Heinr. Burckhard an den
berühmten Leibnitz, richtete aber damit nicht viel aus. Denn obgleich
allerdings Burckhard die von Linn^in sdnem Systeme ausgeführte
Idee angedeutet hatte, so erkannte mau doch, dass dadurch die Ver-
dienste Linn^'s nicht geschmälert werden könnten. Auch in der
Praxis suchte er das Linn^'scbe System durch Aufstellung seines
eignen, im Wesentlichen auf die Verschiedenheit der. Frucht begrün-
deten, zu verdrängen, erlangte jedoch keine Anerkennung und Ver-
breitung desselben .^^ Sein Herbarium war übrigens allmilig bis zu
98 Bänden angewachsen, in jedem Bande ungefthr 70 getrocknete
Pflanzen enthaltend. Im Jahi*e 1801 kaufte es der Herzog von
Braunschweig in einer Versteigerung flLr die ITniversitätsbibliothek
zu Helmstädt.
Heister besass auch eine grosse Sammlung medicinischer Dispu-
tationen: 160 Bände mit .je 50, züsanunen also, etwa 8000 Abhand-
lungen. Auch diese Sammlung ging später in den Besitz der Helm-
städter Bibliothek über.
Von Heister's beiden Söhnen war der erstgebome schon als
Eind verstorben, der andere — Elias Friedrich, geboren 1715 zu
Altdorf, studirte von seinem sechzehnten Jahre an die Medicin zu
Helmstädt, Berlin und Leipzig, wurde IT^S zu Helmstädt Doctor
>» De fasoiis 6t vinctnris chir. Amstelod. 1750. Tab. VIII. Fi>. 13.
w Ott. 1. c. S. 221. Taf, XXX. Fig. 12.
^ R. J. G. Garengeoty Nouv. Trait. des instram. de chir. le plus utiles.
2. T. Par. 1723.
31 Vgl £. Winokler, Geschichte der Botanik. Frankfurt a. M. 1854. S. 198.
533 —
und machte 1740 eine Beise nach HoUand, auf welcher er aber
berei)B am 11. November des genannten Jahres plötzlich am Ver-'
schlucken eines Stückes von emem Messer^ oder nach anderer An-
gabe an einem sehr bösartigen Magenkrämpfe starb , nachdem der
erst fUnfiindzwanzigjährige talentvolle junge Mann noch vorher,
gleich seinem Vater , zum Mitglied der kaiserlichen Akademie der
Naturforscher 9 zum Hofrath und Professor zu Helmstädt ernannt
worden war. Auch er hatte bereits viel geschrieben, doch fehlte ihm
die Zeit, es gehörig zu bearbeiten und herauszugeben.
y>
Johann Michael von loei.
Goethe's Grossoheim.
Quellen:
Strodtmann, das Nene Gelehrte Europa. Th. 2. S. 520—570.
S 1 0 8 c h , des Neaen Gelehrten Europa 9. Thcil, S. 428 — 439« B r n c k e r,
BildersaaL Hymmen, Hey träge za der juristischen Literatur in den
preussischen Staaten. Fünfte Sammlung. S. 257—286. v. Loen, Ge-
sammelte kleine Schriften. Diarium der Wahl und Krönung Kaiser
Karls Vn.
In dem Werke „Ans meinem Leben^' sagt Goethe unter Andenn :
„Mein Vater mochte sich auf Beisen und in der freien Welt, die er
gesehen, Yon einer eleganten und liberalen Lebensweise einen andern
Begriff gemacht haben, als sie vielleicht unter seinen Mitbürgern
gewöhnlich war/ und fügt dann hinzu : ,,Zwar fand er darin Vor-
gänger und Oesellen.' Als solche nennt er ausser anderen den
Schöffen yon Uffenbach, den Baron von Häckel und seinen Grosa-
oheim Johann Michael von Loen, bei welchem letzteren er, neben-
bei bemerkt, sich des kleinen Irrthums schuldig macht, dass er ihn
als nicht von Frankfurt gebürtig, sondern als einen in die Reichs-
stadt Eingewanderten bezeichnet
Goethe eröffnet seine Mittheilung über Loen mit dem Bemerken,
dass derselbe in der literarischen Welt sowohl wie in Frankfurt
ziemliches Aufsehen gemacht habe. — In der That war der Gre-
nannte zu seiner Zeit besonders als Schriftsteller und vornehmer
ireimüthiger Mann geschätzt Er schrieb — ein ächter Vertreter
seiner Zeit — lateinisch, deutsch und französisch. Theils also aus
eben erwähntem Grunde, theils aber auch wegen der socialen Stel-
lung, welche dieser Verwandte der Goethe'schen und Textor'schen
Familie eine geraume Zeit lang in seiner Vaterstadt einnahm, dürfte
— 535 —
wohl ein AbriBB §emeT Lebenageschichte den Liesem dea ArchivB
nicht unwillkommen erscheinen.
Im ersten Viertel des siebenzehnt^i Jahrhunderts hatte sich der
Niederländer Justus oder Jost von Loen aus seiner Heimath nach
Frankfurt gewendet, am 1 8. Februar 1623 mit Margaretha^ der nach-
gelassenen Tochter des hiesigen Handelsmanns Hans Steffen, ver-
heirathet und ein grosses und ansehnliches kaufmännisches Geschäft
errichtet (negotium suscepit magnum et copiosum). Er starb am
20. März 1660. Sein Sohn Johannes (1628—1703), vermählt mit
Anna Jordiss, aus der angesehenen Frankfurter Familie dieses Na-
mens, fahrte das väterliche Geschäft, jedoch nicht mit demselben
ausdauernden günstigen £rfolge, weiter (magna commercia patris,
ast impari successu, continuavit). Von seinen elf Kindern setzten
nur zwei Söhne, Paulus und Michael, das Gteschlecht fort: ersterer
in Schlesien, letzterer in Frankfdrt Im Jahr 1690 verheirathete sich
nämlich Michael von Loen mit Maria Passavant, der Tochter des im
Jahr 1666 hier eingewanderten reichen Handelsherrn Budolph Ema-
nuel Passavant, des ehren wertben Ahnherrn der Frankfurter Passa-
vant. Dieser Ehe entstammte unser Johann Michael von Loen. Da
im hiesigen' Eirchenbuche der 13. December 1694 als dessen Tauf-
tag eingeschrieben ist, so erscheint die Angabe, dass er am 21. De-
cember des genannten Jahres, d. h. am 11. nach dem bis zum
1. Januar 1701 hier gebräuchlichen Julianischen Kalender, geboren
sei, als vollständig begründet Leider verlor das Kind sdne Mutter,
die als „ein Beispiel kluger Frauen^' bezeichnet wird, schon im dritten
Lebensjahre. Sie starb am 17. April 1697. Wegen seiner hervor-
stechenden geistigen Anlagen wurde indessen sowohl von Seiten des
Vaters als von der des Grossvaters Passavant auf seine Entwickelung
und Ausbildung eine besondere Sorgfalt verwendet „Sein sich zeitig
ändsemder munterer Geist, der feurige Witz, der schon in der Kind-
heit leuchtende Blicke sehen liess, und ein aufgewecktes Wesen
machten, dass man fOr seine Erziehung sorgfältig bekümmert war.
Kriegssachen, Komödien, Malen, Versemachen ergötzten diesen feu-
rigen Knaben und entdeckten die Gluth, von der man sich nach
verlodemder Flamme eine wärmende Hitze zu versprechen hatte."
Dreizehn Jahre alt kommt er in den fUrstlich Isenburgischen Besi-
denzort Birstein, „wo damals eine gute Landschule war und wo
junge Leute von den besten Franckftirtischen Häusern stndirten.'
Hier hatte er sich eines guten Umgangs und trefflichen Unterrichts
zu erfrtoen^ so dass er bereits 1711 die Universität Marburg be-
ziehen konnte, wo er sich dem Studium der schönen Wissenschaften
- 536 -
und der Bechtskunde widmete. Aach am letztgenannten Orte war^n
alle äusseren Verhältnisse seiner Ausbildung überaus förderlich ^ so
dass er denn unter anderm schon als siebenzehnjähriger Jüngling in
einer öffentlichen Disputation auftrat und sich bald den Buf eines
jungen Gelehrten und dadurch die besondere Liebe seines Gross-
Täters Passavant erwarb; der ihm ,,seine Disputation reichlich be-
lohnte".
Im Jahr 1712 vertauschte von Loen die Marburger Hochschule
mit der zu Halle. An letzterem Orte fand er, was er suchte: reich-
liche Nahrung (für seinen wissbegierigen Geist, und Lehrer nach
seinem Wunsch und Verlangen. Insbesondere war es der berühmte
Thomasius, aus dessen Unterweisung imd Umgang er den möglichsteh
Vortheil zu ziehen verstand. Neben seinen ernsten Studien ver-
säumte er nicht die Erlernung der Musik und des Zeichnens, und
betrieb auch das Fechten und Reiten. Letzteres, sowie der persön-
liche Verkehr mit Leuten von feinster Bildung trug natürlich viel
dazu bei, ihn allmälig zu einem gewandten Weltmann zu machen.
1715 kehrte er nach Frankfurt zurück« In seiner Bescheidenheit
sah er die mitgebrachte Gelehrsamkeit mehr für glänzend als gründ-
lich an, und drang desshalb in die Seinigen, ihm die Erlaubniss zu
einer längeren Reise zu gewähren. Seinem wiederholten Verlangen
wurde auch entsprochen, doch musste er sich zuvor im Herbste des
zuletzt genannten Jahres zu Wetzlar mit dem Kanaimergericbts-
prozess bekannt machen, oder, wie er selbst sagt, „den Kammer-
schlender kennen lernen und einen sechzigjährigen Frozess von einer
alten Grossmutter besorgen^^ „Man hätte es,^ fügt er hinzu, „wohl
nicht übler treffen können, um mir eine Lust zur Juristerej beizu-
bringen.*
V. Loen berichtet ausserdem über diese kurze Episode seines
Lebens unter Anderm noch Folgendes: „Zu meiner Zeit war kein
Kammerrichter in Wetzlar. Der Freiherr von Ingelheim und der
Graf von Solms-Laubach waren Präsidenten : zwei redliche Männer
von gleich grossem Ruhm. Der Assessor Ludolff war damahls einer
der wichtigsten Referenten: er war sehr gelehrt, man konnte es
ihm recht ansehen. Der Assessor F. machte die Ehre der Kammer
auf eine andere Art. Wer ihn besuchte, kam insgemein betrunken
wieder nach Hauss. Dieses war ein solamen miserum für manche
unglückliche Sollicitanten.^^
Im Frühlinge des Jahres 1716 trat von Loen seine Reise an
und verweilte zunächst eine Zeitlang in Regensburg, dem Sitze des
— 537 —
deutschen BeichstagB ^. Von hier aas begab er sich nach Augftburg,
dann nach München an den knrbayefischen Sof, hierauf durch
Schwaben; Franken und Thüringen nach Halle^ von da nach Dres-
den, Toi^aU; Berlin und Frankfurt a. d. O. zu* seinem Oheim von
Loeu; und endlicli nach Wien. Von dem Treiben in dieser Haupt-
stadt und dem kaiserlichen Hofe gibt er eine sehr anschauliche und
lebendige Schilderung.
y. Loen gedachte von Wien aus den englischen Diplomaten
Lord Montague auf seiner Gesandtschaftsreise nach Eonstantinopel
zu begleiten^ konnte aber dazu nicht die Erlaubniss seines Gross-
vaters Passavant erwirken und kehrte desshalb. nach Frankfurt zu-
rück. Von hier aus besuchte er die benachbarten Fürstenhöfe^ dann
die vorzüglichsten Städte der Niederlande und reiste hierauf über
Bremen und Hambiirg nach Berlin^ wo er den Wmter von 1717 —
1718 verweilta Von dem Hofe des Königs Friedrich Wilhelm I.^
des Vaters Von Friedrich dem Grossen'; hat er eine sehr anziehende
Schilderung hinterlassen.
Einige* Stellen daraus dürften von besonderem Interesse sein : „Ich
sehe hier; sagt unter Anderin v. Loeu; einen königlichen Hof; der
nichts glänzendes und nichts prächtiges als seine Soldaten hat. Es ist also
möglich; dass man ein grosser König sein kanU; ohne die Majestät
in dem äusserlichen Poibp und in einem langen Schw'eiff buntfärbig-
ter; mit Gold und Silber beschlagenen Creaturen zu suchen. Bier ist
die hohe Schule der Ordnung und der Haushaltungskunst; wo grosse
und kleine sich nach demExempel ihres Oberhaupts mustern lemen^^
. . . Der König ist von seiner Neigung für die Soldaten ein wenig zu
* Beachtenswerth erscheint, gerade in unseren Tagen, was er über letzteren
unter Anderm äussert r „Es wäre zu wünschen, dass besser auf nnsere Reichs-
gründgesetze gehalten würde; allein die besten Verfassungen in der Welt leiden
durch die Veränderung der Zeiten und Menschen allerlei Anstösse. Hätte das
Reich in seiner vortrefflichen und glückseligen Gestalt bleiben sollen, so hätte
anch ein jeder Stand so bleiben müssen, wie er war. Es hätte keiner mehr
Rechte, mehr Macht, mehr Ansehen, mehr Gewalt und mehr Länder gewinnen
müssen, als er zu der Zeit, da die goldene Bnlle- gemacht wnrde, wirklich be^
sass und innen hatte; denn der Wachsthum eines Körpers verändert auch
die Gestalt, und was einen kleineu wohl kleidet, das kleidet darum nicht
auch einen grossen. Die allznwiehtige Erhöhung einiger mächtigen Reichs-
stände macht die andern zu klein nnd zu schwaeh. Diese müssen es zugebeni
dass sich jene über sie vieles herausnehmen. Gebet Gesetze, wie ihr wolt, wo die
Macht ist, da verlieren sie ihre Kraft. Grosse und mächtige Fürsten, die durch
sich selbst bestehen können, lassen sich nicht wohl mehr ex decreto Sancti
Impertt und durch Reichsabschiede behandeln."*
— 538 —
Befar eingenomineii. Vei^ebens sucht er alle Mittel ansawenden^ um
Leute in seiii Land zu eiehon, welche die Handlung und die Fabri-
ken darinnen empor bringen könnten. So lang aber nur noch ein
Schatten der gewaltsamen Werbungen herum wandert, so ist derselbe
wie ein Gespenst, welches alle Menschen schrecket." v. Loen knüpft
gleich daran eine Betrachtung, die den ganzen Mann kennzeichnet
Er sagt: „Das sicherste Mittel ein Land zu bevölkern, ist die Frri-
heit. Wo diese ist, da ziehen sich die Menschen hauffenweise hin.
Wo viel Volk ist, da ergiebt sich die Nahrung von sich selbst Man
lasse nur den Landmann ruhig bei seinem Ackerbau; der Handwerka-
tnann und der Künstler werden beyde genug Arbeit finden, und der
fijiufmann wird sich ebenso geschäftig erzeigen, den Anwachs der
Früchte und die verarbeiteten Waaren zu vertreiben. Dadurch ent-
stehet die Handlung, welche die Seele der Beichthümcr und des lieber-
flusses ist. Die Gelder kommen von einer Hand in die andere, und
dieser glückliche Umlauf, der alle Nerven beweget^ wird den ganzen
Staatskörper mit Geist und Stärcke beleben. Eine Handthirung wird
auf die andere wirken, und wie das Bäderwerk in einer Maschine
fortlauffen. Die Einkünfte des Königs werden sich dadurch erstaun-
lich vermehren, und sein Volk wird, wann es zugleich durch eine
gute Policey regiert wird, das glücklichste auf Erden seyn. Man
könnte dieses alles mathematisch erweisen, wann die Erfahrung uns
dieser Mühe nicht tüberhoben hätte, indem sie zu obigen Grundsätzen
den völligen Beweis vor Augen legt.^
v.Loen kommt sodann auf den jungen Kronprinzen zu spre-
chen und sagt: „Dieser zeiget bei einem noch zarten Alter eine unge-
meine Fähigkeit, ja etwas ganz ausserordentliches. Er ist ein über-
aus munterer und lebhafter Prinz. Er hat eine sehr feine und geist-
reiche Bildung; er fasset, er lernt alles, was man ihm vorlegt^ mit
der grössten Leichtigkeit. Er gehet nun in das siebente Jahr; man
ist beschäftiget denselben aus dem Frauenzimmer zu thun und ihm
einen besondern Hofstaat beizulegen.... Man sagt, dass der König
im Stande sey, für das Geld, womit er unter dem Schloss die Ge-
wölber angefbllet hätte, noch zwej Armeen auf die Beine zu sdtzen.
Dieses ist wohl zu glauben. Als unlängst der Kronprinz mit einem
grossen Gefolg von Offizieren hinter dem König herging, radelte
derselbe mit seinem kleinen Stöckchen wider die Pallisaden, und rief
dabey aus : Wie froh werden einmal diese Gefitngene sein, wenn man
sie erlösen wird. Die Offiziere, die um ihn waren, fingen darüber
an überlaut zu lachen. Der König hörte solches, er wand sich herum
und fragte, was da wäre. Niemand wollte sich erkühnen das gute
- 589 —
Wörtchen, welches dem Eronprinsen entbhreD war> dem König sn
sagen ; dieser drang mit Heftigkeit darauf und machte^ als er es ver-
nahm, darttber keine gar gnädige Miene; er entdeckte in den Worten
des Kronprinzen die Sprache anderer Leute.^
Den nächsten Frühling und Sommer verbrachte v. Loen am
prachtvollen Hofe des Königs von Polen und Kurfürsten von Sachsen,
August des Starken, zu Dresden. Er entwirft davon unter Anderm
folgende Schilderung:
^Ich beschreibe hier den prächtigsten undgalantesten Hof von
der Welt Man muss mir das letete Wort mi Tentechen gdtea k»-
sen, denn es ist in Sachsen sehr üblich, und ich finde auch sonst kei*
nes in allen mir bekannten Sprachen, welches dasjenige besser aus-
drtleken solte, was ich hier sagen will: es bedeutet solches so viel,
als ein lebhaftes art^es Wesen, das geftllt, das rühret, das sich der
Sinnen bemächtiget und den Witz gebrauchet, um desto empfindlicher
wollüstig zu sein.
,,DaB sächsistihe Blut ist das schönste in Teutschland : es ist feurig,
zärtlich und überaus verbuhlt. Die Wollust macht die Einwohner in
diesem Land sinnreich, angenidmi, höflich und schmeichlerisch; aber
zugleich auch wanckehnüthig, weichlich, plauderhaft und schwelgerisch.
Weil sie von Natur mit einer glücklichen Erfindungskraft begäbet
sind, so findet man unter ihnen die meisten Poeten und Bomanen*
Schreiber: sie sind die ersten, die sich erkühnt haben, teutsche Schau-
spiele nach dem Geschmack der Franzosen zu verfertigen. Wenn
man die Gottschedische Sammlung und Lustspiele des Herrn Gellerts
lieset, so muss man ihre glückliche Nachahmung bewundern.
„Sie sind überhaupt zu allen Künsten und Wissenschafffcen vor
andern Teutschen aufgelegt, und was dabej am merckwürdigsten ist,
so sind sie eben so glücklich in tiefsinnigen und ernsthaften, als in
lustigen und scherzhaften Sachen. Unsere zwey gröste Weltweisen
Leibnitz und Wolff haben sich in diesem Land hervorgethan. Drey
gelehrte Thomasii, Jacobus und dessen berühmte Söhne, Christian
und Gottfried, sind Leipziger gewesen: und wenn wir die Schrifften
und die Nachrichten von den gelehrten Leuten lesen, durch welche
die vier sächsische hohe Schulen Leipsig, Wittenberg, Jena und Halle
80 berühmt worden sind, so können wir sie fast allein allen andern,
welche sich in den übrigen Theilen von ganz Teutschland bekannt
gemacht haben, entgegensetzen.
„Das Frauenzimmer, und darunter vorzüglich das Meissnische,
hat etwa4B überaus holdseliges und liebreitf^endes ; hier findet man
die besten Sprachmeisterinnen der Teutschen; der liebliche Klang
— 5*0 —
ihrer Stimme macht auch selbst ansre sonst rauhe Thöne zärtlich und
angenehm. Das sächsische Frauenzimmer übertrifft noch die Eng-
länderionen an Wuchs und Schönheit. Es hat die Frej^eit der Fran-
zösinnen^ und das Feuer der Italienerinnen; in dem schmeichelhaften
und zärtlichen Wesen aber geht es allen vor. Es hat dem Ansehen
nach etwas sehr sittsames und unschuldiges ; es schlaget aber die Äu-
gen insgemein nur deswegen nieder^ um mit einem geschärfften Blick
desto mehr Unheil anzurichten.
„So sehen die Menschen aus^ welche zu unserer Zeit den Glanz
des dresdnischen Hofs ausmachen. Nie hat man eine solche zusanunenhan-
gende Pracht und eine solche stets fortstreichende Galanterie gesehen.
,,Der König scheint recht darzu gebohren zu sein^ den Menschen
Lust und Freude zu machen. Alle seine Lustbarkeiten sind auf eine
Art angestellt^ dasß sein Volk nicht darunter leidet, und seine Schätze
nicht erschöpffet werden. Er befördert dadurch die Künste, die Wis-
senschaften, die Handlung und den Umlauf des Gelds, wovon alle
Handthierüng und Nahrung ihren ersten Trieb bekommt. Viele mey-
nen, August hätte das Geheimniss Gold zu nuichen. Es ist glaublich,
dass, wo diese Wissenschaft der Verwandlung der Metalle möglich
wäre, dieser König solche besitzen müste. Alle chymische Philoso-
phen haben ihre Künste hier probiret, und die Ausgaben des Königs
beziehen sich gleichsam auf unerschöpfliche Einkünfte. Ich bin aber
der Meynung, dass diese Distillirer nichts dazu beytragen ; wohl aber
•die stattliche Handlung, die reichen Bergwerke, der gesegnete Acker-
bau und eine Menge Volk, das sich durch Fleiss und Arbeit nährt:
Quellen, die nicht zu erschöpffen sind, wenn das Geld fein im Land
herum lauft, und mehr hineingebracht, als hinaus geschleppet wird.
Sachsen hat es unter allen teutschen Ländern darinnen am weitesten
gebracht.^
V. Lo en gibt nun eine kurze Charakteristik der vornehmsten Hof-
ünd Staatsbeamten, des Feldmarschails Grafen v. Flenuning,' der Gra-
fen V. Vitzthum, v. Wackerbart u. s. w., schildert dann die in Dres-
den aufgehäuften Kunstschätze, und geht hierauf zur Beschreibung
einigelr Feste über, denen er als Augenzeuge beiwohnt hatte. Eins
derselben war in gewisser Beziehung so eigenthümlich , dass wir es
nicht ganz übergehen wollen. Am 13. Juli 1718 liess der Feldmar-
schall Graf ▼. Flemming sechs Regimenter ungefähr eine Stunde vor
Dresden ins Feld rücken und eine Schlacht improvisiren. Neben dem
König ritt als Amazone gekleidet die von ihm begünstigte Gräfin
Dönhof. Nach geendigtem Treffen setzte sich der König unter ein
grosses Gezelt mit den vornehmsten Herren und Damen zur Tafel.
— 5*1 —
„Das lästige Schauspiel", berichtet v. Loen^ begunte nach geendigter
Tafel. Die Tische wurden nicht aufgehoben^ sondern alles Esswerk^
was darauf stund, den hungerigen Soldaten preisgegeben. Weil es
aber an Brod gebrach y so befahl der Feldmarschall 1000 harte Gul-
den, um diesen Mangel zu ersetzen, in so viel kleine' Stücke Brod
zu stecken. Es wurde darauf Sturm geblasen. Die in Schlachtord-
nung gestellte Soldaten rannten muthig auf die mit Speisen angefCLll-
ten Tische loss; die fordersten aber wurden von den hintersten zu
Boden gedruckt, sogar dass auch das eine Tischbl^att mitten entzwey
#
brach und also wohl über 100 Mann auf einem Hauffen untereinan-
der wühlten. Hierauf wurde Alles aus dem Weg geschaffet, in dem
königlichen Gezelt aber ein Teppich ausgebreitet und bis Abends um
7 Uhr getanzei Der Feldmarschall tranck dabey seinen Gästen
wacker zu und wurde selbst trunken. Der König schien auch nicht
mehr ganz nüchtern: doch begieng er nicht die geringste seiner Ma-
jestät unanständige Ausschweifiung, sondern geberdete sich in allem
als ein König. Ich beobachtete hier mitleidigst die Marter eines
gewissen Gammerherrn, welcher die Aufwartung bey demselben hatte.
Dieser stund eine lange Zeit mit einem Glas Wasser hinter dem
König und war dabey so wankelmüthig auf seinen Füssen, das man
ihn mit einein Finger hätte übern Hauffen stossen können. Man hatte
eine muthwillige Freude ihn in dieser Stellung zu sehen. Der Feld-
marschall aber war für Freuden ausser sich. Er .fiel dem König,
als er sich wegbegeben wglte, ganz vertraulich um denHalss: Bruder,
sprach er: Ich sage dir alle Freundschaft auf, wann du weg gehest
Die Gräfin von Dönhof, die den König nie yerliess, suchte ihn zwar
von solchen Unanständigkeiten zurück zu halten. Allein Flemming
war viel zu vergnügt, als dass er sich diesesmahl mit dem Wohl-
stand hätte viel zu schaffen machen sollen. Er wolte die Gräfin lieb-
reich in seine Anne schliessen« Du kleines H** sprach er, schweige
du nur still, du bist doch ein gutes H**l Dergleichen artige Com-
plimenten war die Gräfin von dem Feldmarschall, wann er getrunken
hatte, schon gewohnt; sie beantwortete solche mit Lachen und
bemühete sich nur ihn von dem König abzuhalten. Der König setzte
sich darauf zu Pferd, schlug aber hinten über, und würde einen üblen
Fall gethan haben, wann nicht einer von seinen starken Länffem
gleich bei der Hand gewesen wäre und ihm unter die Armen gegrif-
fen hätte. Alles lieff darüber zusammen. Man bat den König, dass
er sich in eine Kutsche setzen möchte. Der Stallmeister Bake-
nitz war etwas heftig in seinen Vorstellungen; der König stiess ihn
deswegen im Zorn von sich. Die Gräfin Dönhof fiess darauf ihre
— 542 —
Beredsamkeit wirken. Der Ednig aber antwortete ihr sehr höflich:
Laisses moi, Madame, je eonnois mon cheval: Ne Vous en mettez
pas en peine. Er rannte damit in einem Gurlopp nach Dresden; ihm
folgten die Cavalliergarde und andere Herren des Hoffes nach. Die
Gräfin Dönhof weite ihren Heldenmnth auch bej dieser €relegenheit
zeigen und den König nicht verlassen; sie hätte aber bald das Un-
glück gehabt vom Pferd zp ztürzen, wo nicht ein Cayalier, der sie
begleitet; den Fall noch mit Gksehicklichkeit unterbrochen hätte.
Man bat sie desswegen sich in die Kutsche zu setzen. Sie 1[>edachte
sieh auch nicht lang; sondern stieg vom Pferd und fuhr sicherer mit
sechseu; als sie auf einem ritt; wiewohl sie sonst eine gute Beuterin
war. Nachdem sich auf solche Weise der Hof entfernt hatte, begunte
der Feldmarschall immer noch lustiger zu werden. Er grif in Er-
mangelung der Damen, nach den anwesenden Grisetten und sprang
mit ihnen herrlich und in Freuden herum. Endlich brach die Nacht
darüber ein nnd machte dieser sehr natürlichen Eurtzweit ein Ende.
„So sehen öfters die grossen Leute in der Nähe aus. Wann es
geziemend und erlaubet wäre, ihre persönUche Geschichte mit einer
freyen Feder zu beschreiben, was würde der politiscbe Abergl&ubeii
.nicht darunter leiden müssen, der uns in ihnen GtStter zu verehre
▼erstellet? Ich befragte einen von meinen guten Freunden, der des
Hofs kundig war, ob die bezeigte ünehrerbietung des Feldmsrschalk
gegen den König ihm so hingehen würde. Ha! sprach er imLachra,
das sind wir so gewohnt Flemming hat wohl noch andere Sachen
angefangen; allein wenn der Bausch verschlaffen ist, und er wieder
nach Hof kommt, so heist es: Ich höre, Flemming ist gestern ein
wenig närrisch gewesen; Ihre Majestät werden es ihm doch nicht
ungnädig nehmen. Der König lacht darüber, und dann ist alles wie-
der gut In der That ist Flemming ein grosser Mann, der dem Kö-
nig sehr getreu ist, und dem also eine kleine Ausschwdfung im Trünke
mit nichten übel zu nehmen ist; zumahl da der König selbst dazu
Gelegenheit giebt und auf solche Weise seinen Ministem öfters in
den Grund ihres Herzens sehen kann.^
Am Ende des Jahres 1718 (7. December) starb von Loen's
GboBsvater Passavant, von welchem er so viel erbte, dass er von
nun an, ohne sich um Aemter und Anstellungen zu bemühen, seiner
Neigung und seinem Grundsatze „Nemo ^sit alterius, qui suus esse
potest^' nachleben konnte. Zunächst bereiste er die Schwdz imd
Frankreich, üeberall, wo er sich aufhielt: in Basel, Zürich, Bern,
Lausanne, Genf, Lyon und Paris benutzte er jede Gelegenheit sich
im Umgänge mit Leuten aas allen, namentlich den höheren Ständen
— 543 —
und im persönlichen Verk^ mit den anagezeichnetsten Grelehrten
auf das vielseitigste auB2nibilden. Von seiner scharfen und richtigen
Beobachtungsgabe zeugt seine Darstellung des französischen Hofes
und französischen Volkscharakters. Nach längerem Aufenthalt in
unserem westlichen Nachbarlande kehrte er über Gent^ Brüssel,
Löwen ; Mastricht, Aachen und Köln nach Frankfurt zurück , wo
die Verwaltung des ihm zugekommenen mütterlichen Erbes seine
Gegenwart erforderte und ihn auch an der Ausführung einer nach
England beabsichtigten Heise verhinderte.
Nachdem er dagegen eine zweite Beise in die Niederlande
gemacht hatte ; gedachte er Italien zu besuchen, liess sich indessen
durch Befreundete; welche ihm den Posten eines königlich preussi-
schen Ministers am oberrheinisohen Kreise verschafien wollten, im
August 1720 zu einer Böse nach BerEn bestimmen, um dort dem
Könige vorgestellt zu werden, der aber mittlerweile nach Preussen
sich begeben tmd das Patent als Hofrath flk* ihn zurück gelassen
hatte. Aus letzterem Umstände glaubte v. Loen zu erkennen, daas
man mit der Absicht umgehe, ihn in preussischen Staatsdienst zu
ziehen, und da dies um jene Zeit seinen Neigungen völlig wider-
sprach-, kehrte er nach Frankfurt zurück. Unterwegs besuchte «r
in Halle seinen früheren Lehrer Thomasius, welcher ihn in der
Meinung bestifirkte, „er solte nicht eines andern Knecht seyn, wann
er smi eigener Herr sein könne".
Den Sohluss seiner Wanderungen bildete im Sommer des Jahres
1722 eine Beise zu seinem Oheim nach Breslau, bei welcher Gele*
genheit er sich auch in Nürnberg, Prag, Dresden und Berlin ver-
weilte, und 1724 eine Beise nach Italien, welche jedoch, gegen
seinen Willen, in Folge unvorherg^s^ener Hindemisse auf einen
Theil von Oberitalien beschränkt blieb« .
In einem Alter von SO Jahren stehend und im Besitz eines an-
sehnlichen' Vermögens gedachte nun v. Loen femer weit als freier
Mann zu leben, und sich völlig ungehemmt und nach eigenem Er-
messen seinen Studien imd geistigen Neigungen ku widmen. Zunftchst
vermehrte er seinen Büchervorrath durch Ankauf einer ansehnlichen
Bibliothek und seine Kupferstichsammlimg durch den des Meriani-
schen Kabinets, welches letztere damals in Folge der unsinnigen
Verschwendung des mit der Merianischen Erbtochter verheiratheten
Eosander von Goethe zur Veräusserung gelangte. Obschon er Stille
und Zurüokgezog^üheit liebte, konnte er es doch nicht verhindern,
dasB sein Haus bald ein Mittelpunkt guter Gesellschaft wurde.
„Was einen feinen und geläuterten Geschmaek hatte, fand sieh —
-^ 544 —
so wird berichtet — in. seiner Gksellschaft ein, und was von Frem-
den wa0 zu bedeuten hatte, kam von Zeit zu Zdt dazu. Es wurde
eine ordentlich eingerichtete Gesellschaft daraus, welche durch ein
auf praktische Art wöchentlich gehaltenes 2jeitung8collegium unter-
stützt wurde. Gelehrte und politische Unterredungen, musikdische
Concerte und aUerlei Gattungen von ehrbaren Belustigungen machten
sie lebendig', und zogen, auch StandeSpersonen herbei.^
Zu von Loen's Freunden zählten unter andern die gelehrten
Herren V. Uffenbach und. v. Lersner, sowie später .der um einige
Jahrzehende jüngere ausgezeichnete Staatsrechtslehrer Johann Daniel
y. Olenschiager. .
Im Jahr 1729 verheirathete sich von Loen mit Katharina
Sibylla lindheimer, der Schwester von Goethe's Grossmutter Textor,
deren Vater, Cornelius Lindheimer, im hiesigen Earchenbuche als
b. B. Doctor, verschiedener des heiligen römischen Beiches Stände
Baths und des ELaiser- und Reichskammergericbts Advocat und Pro
curator ordin. bezeichnet ist, später aber unter dem Namen „v. Lind-
heim^ . in den Adelstand erhoben wurde. Sein Hochzeitstag war
seines einzigen Bruders Sterbetag. Letzterer verschied ohne Leibes-
erben und hinterliess ihm seinen Antheil von dem Merianischen
Landgut ^aufder Windmühle^, welches beide gemeinsam erkauft und
besessen, hatten. Im Jahr 1733 kaufte er das Bittergut Mörfelden,
um daselbst das Landlebeii zuweilen ungestörter, als in der unmittel-
baren Nähe von Frankftirt geniessen zu können. 1742 gab die Wahl
und Krönung Kaiser Karls VII. Gelegenheit, dass der spanische
Gesandte Graf von Montijo seine Villa miethete und zu einem
Schauplatze der herrlichsten Feste machte. Unter Anderm fand am
18. November des gedachten Jahres zur Verherrlichung des Namens-
festes der Königin von Spanien ein prachtvolles Feuerwerk daselbst
statt. Die Beschreibung desselben im Diarium der Krönung Kaber
Karls Vn. gibt zugleich einen Beleg flir den stattlichen Umfang der
Loen'schen, frflher Merianischen Besitzung.
Die freisinnige Bichtung seiner Lehrer: Homberg in Marbuig,
ThomasiuB und Gundling in Halle, verbunden mit dem ihm inne-
wohnenden lebhaften Trieb ' die . Wahirheit zu ergründen und dabei
zugleich die Menschen zu friedlichem Einverständnisse 2u bringen,
führte von Loen zu einer eben so regen als vielseitigen schriftstelle-
rischen Thätigkeit. Zunächst richtete er seinen Blick auf die religiösen
Zerwürfnisse zwischen den protestantischen Confessionen und Sekten,
was ziu: Herausgabe seiner ersten Schrift, die unter anonymer Be-
zeichnung des Verfassers erschien, Veranlassung gab. Ihr folgten
_ 545 —
cUuin Publikationen der verocfaiedensten Art Wir lassen hier das
Verzeichniss seiner sänuntliclien Werke in chronologischer Reihe
folgen:
1) Evangelischer Friedenstempel nach Art der ersten Kirche
entworfen von Christian Gottlob von Friedenheim. Frankfurt^ 1724.
2) Jo. Joach. de Bussdorf consilia et negotia polilica, accedit
collectio epistolarum fandüarium ad viros illustres ex bibliotheca
Loeniana. Francof. 1725.
3) Sjlvander's von EdeUeben • zufällige Betrachtungen von der
Glückseligkeit der Jugend. Ebend. 1726. In zweiter Auflage er-
schienen zu Hanau 1728 unter dem Titel: Moralische und politische
Schriften. ^
4) Oeuvres Fran^oises de Mr. d'E. 1726. Mit einer Vorrede von
Dr. Burggrave.
5) Höchst bedenkliche Ursachen^ warum beyderseits Lutherische
und Beformirte in Fried und Einigkeit sollen zusammenhalten und
mit einander einerlei Gottesdienst pflegen^ von G. E. von F.^ 1727.
Eine Fortsetzung des Friedenstempels.
6) Hiob Ludolfs allgemeine Schaubühne oder Beschreibung der
vornehmsten Weltgeschichte des XVII. Jahrhunderts. Fünfter Theil;
von 1675 bis 1688. Mit einer Vorrede von Dr. Pritius. Frankfurt^
1781. .
7) Bibliotheca Loeniana selecta realis systematica. 1734.' (Ein
Verzeichniss seines beträchtlichen und auserlesenen Bücherschatzes^
dessen Druck aber in's Stocken gerieth.)
8) Hm. S. von E. .Bedenken vom Separatismo und Vereinigung
der Beligionen. Frankfurt, 1737.
9) Fr. de Salignac de la Mothe Fenelon's geistliche Schriften
in's Deutsche übersetzt. 2 Theile. Frankfurt 1737 und 1743.
10) Der vernünftige Gottesdienst nach der leichten Lehrart des
Heilandes^ untersucht htj Gelegenheit einiger an Ihre hochgräfl.
Excellenz den Hrn. Grafen von Zinzendorf gerichteten und von
Ihroselben beantworteten Fragen. 1. Thessal. V. 21. Prüfet aber
Alles, und das Gute behaltet. Frankftirt, 1738. 3. Aufl. 1741. — Die
von V. Loen in der Frankfurter Zeitung an Zinzendorf gerichteten
und von diesem nur sehr dürftig und unvollständig beantworteten
Fragen waren folgende: 1) Ob die Hermhuter nicht besser thäten,
wenn sie keine besondere Brüderschaft und Gemeine unter sich auf-
richteten und sich in Einfalt zur evangelischen Kirche hielten, weil
sie doch zu ihren Lehren sich bekenneten? 2) Ob die besonderen
Versammlungen in den Häusern , die eine Art eines öffentlichen
85
- 646 •-
GotteBdienstes TorBtellen und zu viAen. yerkehrten Urtheilen Anlass
geben, nicht füglicher eingestellet, und die Erbauung gutgesinnter
Seelen in einem gewöhnlichen Umgänge; durch gute Ermahnungen;
vertrauliche Gespräche und dergleichen möchte befördert werden,
damit es nicht das Ansehen hätte, als wollte man etwas apartes
haben? 3) Ob ihre Lieder, weil viele darunter anstössig, seltsam
und dunkel schienen, in allgemeinen Versammlungen, wo allerhand
Leute mit zugegen sind, besser nicht gesungen würden? 4) Ob es
ihren Absichten nicht gemässer sejn sollte, in adiaphoris sich auf
keinerlei Weise auszuzeichnen? In Betrachtung, dass weder Christus
noch seine Apostel etwas gethan und gelehret, woraus man einen
singularismum in decoro, Kleidern, Manieren und dergleichen äusser-
lichen Dingen abnehmen könnte. Es heisset wohl, steUet euch nicht
dieser Welt gleich ; wir halten aber davor, die Welt hebse hier so
viel als Gottlosen, und nicht der in der Welt übliche Wohlstand.
5) Ob sie in ihrer Sittenlehre öfters nicht auch zu weit gehen, wenn
sie dem Menschen den Genuss eines zeitlichen Vergnügens gar leicht
pflegen zur Sünde zu machen ; da doch Gott diese ganze Welt, und
alles was darinnen ist, zum Dienst und Genuss des Menschen er-
schaffen, doch so, dass er allezeit die Früchte des verbotenen Baumes,
welche noch inuner die Strafe und den Tod nach sich ziehen, sorg-
fältigst zu meiden hat. Wie viel Schätze und Beichthümer hat uns
nicht die Güte und Freundlichkeit Gottes zu unserer Freude imd
seiner Verherrlichung ausgesetzet, bey deren Genüsse wir weiter
nichts, als die uns vorgeschriebene Ordnung zu beobachten liaben ?
6) Ob die Lehre, dass ein Jünger Christi zur Stillung der Lüste
nicht heirathen soll, so zu verstehen sey, dass dieses nicht finis pri-
marius matrimonii seyn müsste; oder ob dadurch die Lust selbst zu
verstehen, von welcher Paxdus sagt : Es ist besser heirathen, als
Brunst leiden. Wie wir im ersten Sinne der Meynung völlig bey-
pflichten, dass unser Hauptzweck in allem die Ehre und Verherr-
lichung Gottes, imd nicht die Befriedigung unserer Begierden seyn
soll, so könnten wir im andern Sinne, so fern dadurch die Lust
selbst verbothen würde, diesen Lehrsatz nicht verstehen, gestalten
die actus matrimoniales ohne Lust nicht vollführet werden können;
es bleibt und haftet in unsem Sinnen diejenige lustgebührende Em-
pfindung, welche der Einfluss äusserlicher Dinge in unser Wesen
ordentlicher Weise zu haben pflegt, und die wir desswegen als etwas
Gutes und unserer Natur gemässes appetiren? 7) Ob die Nothwen-
digkeit der Wiedergeburt zugleich auch involvire, dass man den
Modum müsste wissen und determiniren können? und ob nicht der
- 647 —
Processus conversionis sowohl nach und nacli (nachdem ein Mensch
guter Art und eine feine Seele empfangen^ mithin den Wirkungen
der Gnade bey sich Baum lässt); als durch einen ganz merklichen
Umsturz seiner ganzen Natur auf einmal vor sich zu gehen pflege^
und der neue Mensch spiritualiter^ wie er in partu naturali physice
gebohren würde? — - Am Schlüsse dieser Schrift fasst y. Loen den
religiösen Glauben in Einem Artikel zusammen. ^Es ist schwer^
sagt er, sich einzubilden^ dass der Glaube so vielerley Begriffe und
Wissenschaften in sich halten sollte, welche kaum den scharfsinnigsten
und gelehrtesten Köpfen verständlich vorkommen. Es muss demnach
eine gewisse Grundwahrheit seyn, welche die andern alle begreift,
und welche alle diejenigen verstehen müssen, die da suchen selig zu
werden. Diese Grundwahrheit muss die Eigenschaft haben, 1) dass
sie deutlich, 2) allgemein^ 3) nach der Fähigkeit aller, auch der
schwachsinnigsten Menschen eingerichtet sey.'^ v. Loen bezeichnet
diese Grundwahrheit ,,Sie ist der Glaube an Jesum Christum, nicht
aber ein historischer, sondern lebendiger. Denn von diesem Jesu
zeugen alle Propheten, Apostelg. IV, 12; X, 43, und alles ist ge-
schrieben, dass wir glauben sollen, Jesus sey der Christ u. s. w.
Joh. XX, 31.* „Meynungen, flLhrt er fort, Wörterkriege, Lehrsätze
nach eigener Weisheit, symbolische Bücher, gelehrte Kritik, Wissen-
schaft der Alterthümer, alle diese Dinge gehören nicht hieher: sie
laufen gemeiniglich nur auf leere Fragen hinaus, die nicht zur
Besserung dienen, und hernach in so viele Sekten ausbrechen, als
Menschen sich finden, die von ihrer eigenen Weisheit eingenommen
sind.^ — Es erhellet auch hieraus v. Loen's Verlangen nach con-
fessioneller Vereinigung.
11) Gelehrte Zeitungen und amusemens litteraires. Einiges davon
findet sich in der „Frankfurtischen Gelehrten Zeitunge" Jahrgang
1738.
12) Discours vom Soldatenstande; s. des Generals Eosander
Kriegsschule, welcher es vorgedruckt ist Frankfurt, 1738.
13) Der redliche Mann am Hofe, oder die Begebenheiten des
Grafen von Bivera, nebst beygefügteni freyen Gedanken von der
Verbesserung eines Staats. Frankfurt, 1740. Diese Schrift erlebte
verschiedene Auflagen und wurde auch in's Holländische übersetzt.
14) Novemviratus oder kurzer Entwurf von der Macht, Hoheit,
Würde und Gerechtigkeit der nenn hohen Churhäuser des h. röm.
Reichs. 1741.
15) Die güldene Bulle Kaiser CarFs IV. nach dem zu Frankfurt
befindlichen lateinischen und deutschen Original in einer neuen Ueber-
35*
— 5*8 —
Setzung nach dem' eigentlichen Wortrerstande nnd den verschiedenen
Lesearten^ mit Anmerkungen^ auch andern beygefbgten Beichsgrand-
gesetzen. Frankfurt, 1741.
16) Der Kaufmannsadel, untersucht von einem unpartheyischen
Rechtsgelehrten. 1742. (Erschien in vielen Auflagen).
17) Lettres curieuses d'nn Gentilhomme AUemand töuchant les
moeurs et les affaires du tems. 2 Theile. 1741 und 1742.
18) Memoires d'un Gentilhomme au sujet de ce qui se passe de
plus remarquable k la di^te de Frankfort, 1741.
19) Le Soldat, ou le metier de la guerre consider^ conmie le
metier dlionneur, avec un essais de bibHotheque militaire. Frft. 1743.
Eine vermehrte deutsche Auflage 1748, und eine weitere 1752.
20) Das Bild eines weisen Hannes und eines Christen am Hofe
in dem Leben des Erzbischofs Fenelon. Frankfurt, 1743.
21) Die Religion, entworfen von dem Herrn Racine und in 's
Deutsche übersetzt mit Anmerkungen. 1744 in gebundener Rede.
22) Fenelon's Gespräche der Todteii der alten und neuen Welt,
mit einigen Fabeln, aus dem Französischen übersetzt, mit Anmer-
kungen. 2 Theile. Frankfurt, 1745.
23) Lob der Bankerutirer. 1745.
24) Freye Gedanken zur Verbesserung der menschlichen Gesell-
schaft. 4 Theile. Frankfurt 1746 und 1747. Neue Auflagen: 1748,
1750, 1752. Das Buch beginnt mit dem Schreiben eines Utopianen
von den Sitten und Mängeln der Europäer.
25) Entwurf einer Staatskunst, worin die natürlichsten Mittel ent-
deckt werden, ein Land mächtig, reich und glücklich zu machen. 1747.
26) Bedenken von der Schädlichkeit der Festungen und dem
wider das Natur- und Völkerrecht laufenden Gebrauche des Pul-
vers, 1747.
27) Fenelon's kurze Lebensbeschreibungen und Lehrsätze der
alten Weltweisen, in's Deutsche übersetzt und mit Anmerkungen und
Zusätzen vermehret 1748.
28) Neue Sammlung der merkwürdigsten Reisegeschichten, von
einer Gesellschaft gelehrter Leute in einen historischen Zusammen-
hang gebracht. 1. Theil. Frankfurt, 1748. v. Loen hatte vielen An-
theil an diesem Unternehmen, verzichtete jedoch nach Erscheinen
des fünften Theils auf die Leitung desselben.
29) Les rejouissances des HoUandois. Epitre gratulatoire par
Chrisocosmopophilax. 1749. Auch in deutscher Sprache gedruckt
Eitae feine und zugleich scharfe Satyre über die Freudenbezeugungen
der Holländer bei der Erhebung des|Prinzen Erbstatthalters.
— 549 —
30) Abbildung des Grafen von Zuusendorf.
31) Geeammelte kleine Schriften, besorgt und herausgegeben
von J. E. Schnddem. 4 Theile. Frankfurt, 1749. 1750. 1751 und
1752 *. (In einer Recension — Göttinger Zeitung, 1750, No. 53 —
heisst es von dem zweiten Theil, welcher 35 Sendschreiben enthftlt,
• folgendennassen: „Des Herrn y. Loen angenehme und abgemessene
Art zu erzählen, seine viele am rechten Ort angebrachte moralische
und politische Betrachtungen geben ihnen besondere Vorzüge. Herr
V. Loen kennet die Welt und das menschliche Herz. Eine edle und
wirksame Menschenliebe zeiget sich bei ihm allenthalben. Er folget
nicht dem gemeinen Wahne und lässt sich nicht durch den Schimmer
der äusserlichen Hoheit blenden. Er sagt öfters Wahrheiten, die
andere Scribenten in Gedanken behalten. Er ist ein abgesagter
Feind der Schmeichelej, der Pedanterey, des lieblosen und zänkischen
Religionseifers. Dabei aber schreibt er ohne alle Bitterkeit und be-
sitzt die seltene Gabe, seine Lehren so vorzutragen, dass sie auch
denen, deren Eigennutz dadurch getroffen wird, an's Herz gehen. '^)
32) Moralische Gedichte, herausgegeben von Naumann, mit einer
Zuschrift an Albrecht v. Haller. 17Ö0.
33) Die einzige wi^re Religion, allgemein in ihren Grundsätzen,
verwirret durch die Zänk^ejen der Schriftgelehrten, zertheilet in
allerhand Sekten, vereiniget in Christo. 2 Theile. 1750 und 1752.
Neue veränderte Ausgabe 1756. Dieses in's Lateinische und Hollän-
dische übersetzte Buch machte grosses Aufsehen und erweckte dem
Verfasser viele Gegner. Ein kurzer Ueberblick über den Inhalt
def selben wird. dies begreiflich machen. Das Wesentliche der ganzen
Beligion setzt v. Loen in die Liebe und in die Begriffe von Gott,
seinen Eigenschaften und Werken, die auch der beschränkteste
Mensch äuffiMsen könne. In den Grundwahrheiten stimmen Vernunft
und Offenbarung, vernünftige Heiden und Christen, Katholiken,
Protestanten, Socinianer, Pietisten und andre Sekten miteinander
überein. Die Sätze, worin sich diese Sekten unterscheiden, betreffen
nicht das Wesentliche der wahren Beligion und dürfen also die
Vereinigung nicht Undem. Alle Glaubensformen, Sjstemata, Contro-
2 Dieses Werk , das doch nteht leiofat in einer Bibliothek damaliger Zeit
fehlen durfte, wurde dem Verfasser von seinem Verleger Heinrich Hatten mit
zwei Thalern fftr den Bogen besahlt; dasselbe gab Fleischer f&r dessen
Werk „der Soldaf*, in welchem mit grossem Freimnthe die GrandzOge einer
Landwehrorganisation entwickelt wurden. Vgl. Didaskalia 1867, Nro. 51.
.Goethe's Vaterstadt vor seiner Gebart' von A. v. L.
— 650 —
verBen mtisBen abgeschatf); werden. AHe Ceremonien, zu denen er
aucli Tanfe und Abendmahl rechnet , sind Erfindungen der Geist-
lieben und daher in religiöser Beziehung gleichgültig; man kann sie
beibehalten » „wenn sie nütslidi und ehrerbietig sind^^ Das Abend-
mahl aber gehört nicht in die Kirche^ sondern nach Christi Absicht
sollen wir uns nur, wenn wir essen oder trinken; seines Leidens
erinnern. Papst, Bischöfe, Klöster u.dgl. will er beibehalten, jedoch
von Missbrftuchen gereinigt wissen. — Aus der nicht unansehnlichen
Zahl der Gegensciiriften, welche das Buch hervorrief, wollen wir
hier nur zweier Erwähnung thun: der einen „dius die Rindertaufe
in der heiligen Schrift befohlen und in der ersten christlichen Eirche
üblich gewesen sei^, weil sie von J. J. Plitt, damals (1751) Professor
in Marburg und später Senior des lutherischen Predigerministeriums
zu Frankfort ausging; und einer andern, als der bedeutendsten:
^Historische und dogmatische Anmerkungen über das Lehrgebäude
des Herrn von Loen in der Schrift die einzige wahre Religion, mit
einer Vorrede von Dr. Siegm. Jac. Baumgarten (dem bekannten
HaUischen Theologen)^^ Letztere enthält eine gründliche und einge-
hende Kritik der v. Loen'schen Schrift. Ausser mehreren Verthei-
digungsschriften des Verfassera erschien „Lob- und Trauerrede auf
die letzte Unionsschrift des Herrn v. Loen, das ist freundschaftliche
und bescheidene Prüfung derselben, abgefasset von einem die Wahr-
heit liebenden evangelisch« lutherischen Christen. Leipzig, 1751^.
Der ungenannte Verfasser ist der Meinung, man habe sich in-Beur*
theilung der v. Loen'schen Schrift zwischen den beiden Extremen
massloser Lobpreisung und verächtlicher Geringschätzung bewegt
Er verfahrt auf andere Weise. Im ersten Theile führt er solche
Dinge an, die man in der Schrift des Herr v. Loen nicht recht gut
heissen könne. Dahin rechnet er 1) dass Herrn v. Loen allzu viel
Gleichgültigkeit in Bezug auf die Eeligion an den Tag lege, wdl
er den Glauben zu sehr beschränke und die meisten Glaubensartikel
/für Kleinigkeiten und Erfindungen der Geistlichen halte, 2) dass er
allzu verschwenderisch mit der Seligkeit umgehe, da er sie auch
denen ohne Unterschied zuspreche, die von Christo nichts wissen
sofern sie nur Deisten seien, 3) dass er allzuviel Gleichgültigkeit
gegen die von Jesu selbst eingesetzten Sacramente blicken lasse,
4) dass er alle Concilien und symbolischen Bücher als werthlos und
schädlich verwerfe, und 5) dass er über die Geistlichen allzu übel
urtheile, sie für die Urheber alles Unheils ansehe, alle theologischen
Streitigkeiten für unnütz halte und die theologischen Facultäten
am liebsten aufgehoben sehen möchte. Der zweite Theil ist die
— 551 —
Lobrede und handelt von dem^ was man in der Schrift billigen
müsse. Dahin zählt er 1) die Vereinigung verschiedeaer christlichen
Sekten und BeligioneU; 2) die Herstellung und Gründung gewisser
Arten von Klöstern u. s.* w. Er lobt die Vorschläge v. Loen's mit
satyrischer Feder , empfiehlt sie als erspriesslich und vermehrt sie
mit neuen Vorschlägen^ zweifelt aber mit Becht an deren Erfüllung.
34) Der Adel Ulm, 1762.
35) Systeme de la Beligion universelle. 1753.
36) Freye Gedanken von dem Hofe, dem Adel, den Gerichts*
höfen, der Policey etc. Ulm, 1760. 3. Aufl. 1768.
37) Freye Gedanken vom Hofe, der Policey, dem gelehrten,
bürgerlichen und Baurenstande, von der Beligion und einem be-
ständigen Frieden in Europa. Frankfurt und Leipzig, 1768.
In Betrefi einiger anderer Schriften ist seine Autorschaft
zweifelhaft.
Zur Entwerfung einer Parallele der hiesigen Zustände um die
Mitte des vorigen Jahrhunderts und wie sie jetzt sind, möchte wohl
nachstehender Aufsatz aus den „Gesammelten kleinen Schriften" (31)
sehr geeignet erscheinen.
Frankfurt im Jahr 1741.
^ein Herr,
Die schöne Zeit ist wieder kommen, und ich habe Gelegenheit
gehabt, diesen Ort näher kennen zu lernen. Ich will Jbnen deswegen
eine kurze Beschreibung davon machen.
Die Stadt Franckfurt ist eine der schönsten Städte im deutschen
Breich, sie ist zwar nur mittelmässig gross, aber sehr angebauet und
volckreich: die Lage derselben ist unvergleichlich und die Gegend
daherum ist eine der angenehmsten in der Welt Der Mayn formiret
gegen den Aufgang von Seiten der Brücke ein rechtes Schaugelttste,
wo sich die Stadt auf beyden Seiten in einem prächtigen Ansehen
zeiget. Sowohl in der Stadt, als ausserhalb derselben sind die
schönsten Spaziergänge. Man siebet allenthalben Höfe und Lust-
gärten, deren einige sehr wohl angelegt sind, und kostbar unterhalten
werden.
Es ist nur Schade, dass das inwendige der Stadt gröstentheils
sehr übel gebauet ist Die mebten Häusser sind von Holz und
Laimen aufgefkihret, und haben weder Einrichtung noch Bequemlich-
— 552 —
keit. Dieses ist ein allgemeiner Fehler in allen alten Städten, die in
der Gegend des Rheinstroms liegen. Eine so schlechte Banart ist
Ursache, dass an diesem Ort die Feuersbrttnste so leicht überhand
nehmen mid öfters ganze Strassen in die Asche legen. Wo einmal
ein Brand ausbricht, da stehen gleich etliche Häuser in Flammen,
ehe mtin die Anstalten zur Gegenwehr machen kann, so sehr hängen
die Gebäude in einander. Man hat zwar diesem Uebel bisher da-
durch vorzubauen gesucht, indem man die Häuser durch Mauren von
einander absondert und gleichsam wie mit einem steinernen Mantel
umgiebt; allein diese Erfindung macht die Wohnungen sehr feucht,
dunckel und ungesund, ohne gleichwohl die Gefahr des Feuers davon
abzuwenden, dann die mehreste Strassen sind enge und die Häusser
hängen von fernen etliche Schuhe über, dergestalt, dass rie fast in
den kleinen Gassen oben zusammen stossen. Was hat demnach eine
solche Stadt bey dermaligen Umständen nicht zu fürchten, da sie mit
so vielen Fremden angefiUlet ist, welche nicht alle die nöthige Be-
hutsamkeit haben mit dem Feuer, wie sie sollen, umzugehen. Wenn
man die grossen Küchen von Brettern siehet, welche einige Herren
und Abgesanden zu ihrem Gebrauch haben aufführen lassen, so solte
man sagen, sie seyen deswegen gebauet, um die Stadt in Brand zu
stecken. Die Einwohner hätten deswegen Ursache zu wünschen,
dass sie eben so geschwind und so glücklich möchten von der Flamme
verzehrt werden, als neulich die französische Küche. Man würde da-
durch auf den natürlichen Einfall konmien, solche von Steinen und
Backsteinen aufzuführen, wie solches würklich in den Quartierendes
französischen und spanisch to Gesanden geschiehet
Im übrigen so gefüllt es mir überaus wohl in dieser Stadt Ein
Fremder bringt hier seine Zeit nicht übel zu; er darf nur dnmal
den Eintritt in ein gutes Hauss gewinnen, so stehen ihm die meisten
andre offen. Der Umgang ist £Mt durchgehends leicht und ange-
nehm. Man siehet sich einander in den Caffeehäuss^m, in den Schau-
spielen, auf den Spaziergängen und in den Gesellschaften. In den
Häussem des Adels ist man wohl, bey den Kaufleuten aber noch
besser; ich werde wenig^ens allezeit bei diesen ein Quadrille mit
zwey oder drey artigen Kindern, der traurigen Ehre vorziehen, mit
etlichen alten Damen zu spielen, bei denen sich sogar die Ahnen
auch auf der Stime blicken lassen.
Es finden sich hi^ unter den Kaufleuten sehr gute Familien.
Man beobachtet in ihren Häussem eine ungemeine Beinlichkeit,
welche sie, nebst ihrer ganzen Au£Führung sehr deutlich von ge-
meinen Bürgersleuten unterscheidet. Es ist wahr, dass der Eifer für
— 553 —
die Remlichkeit bej einigen ssnsehr übertrieben wird. Man kann
auch in guten Sachen auBschweiffen und lächerlich werden. Das
franckfiirter Frauenzimmer gleichet hierinnen viel dem hoIl&ndiBchcn.
Eb macht sein gröBtes Geschaffte aus dieser Kleinigkeit , und ich
weite demselb«! lieber eine grobe Unhöflichkeit erweisen , als einen
Kleck von ungefehr auf den Boden machen.
Ich bekam hier einen wüsten Handel wegen meines Dieners.
Dieser hatte einst, als er nach Hause kam, die Schuhe nicht recht
abgeputzt BejdeS; Frau und Magd ttberfielen ihn darttber mit der-
ben Scheltworten. Ich wolteFrie4e machen, allein ich konnte lange
nicht zum Worte kommen Endlich kri^te mich das Mädgen, wel-
ches die Zunge geläufiger hatte als ihre Frau, bey dem Arm zu
fassen, und bat mich den Koth zu betrachten, den ihr mein Laquay
von der Guss^i ins Haus getragen hätte. Sehen sie .doch, mein
Herr, sprach sie, mit einem gerechten Zorn, sehen sie doch , man
kann alle seine Tritte erkennen. Es ist heut Samstag; das Haus ist
von oben bis unten gerieben worden. Wir leben hier nicht wie die
Schweine.' Wir sind Gott lob! zu Franckfiirt Die Arbeit ist mir
sauer worden^ Ich habe meine Arme nicht gestohlen. Sie sagte mir
noch viele andere dergleichen Dinge mit solcher Geschwindigkeit,
dass ich sie kaum hören konnte, und wünschte dabey mit dem besten
Hertzen von der Welt, die Fremden mit samt der Kayserwahl auf
den BlockBberg. Alles Recht, so ich ihr konnte wiederfahren lassen,
bestünde darinnen, dass ich meinem Bedienten die Abscheulichkeit
seiner That verwies, und ihn zu gleich bedrohete, ihn als einen
Menschen, der gar nicht zu leben wülste, fortzujagen, wenn er noch
einmal vergessen würde seine Schuhe abzuputzen.
Sonst kann hier ein jeder Jeben, wie er wiU: Er kann Kutsche
und Pferde und liberejdiener hfdten. Er kakin sich prächtig kleiden
und aller freyherrlichen Vorzüge gemessen, wann er nur Geld hat
Verschiedene, wie man mir sagt, sollen, ohne Mitteln zu haben, eine
solche Figur machen, und sich mit einer g^osmüthigen Seele, in das
Verderben, welches sie vor sich sehen^ hinein sittrtzen.
Man liebet hier nicht allein ehien grossen Aufwand, sondern
auch eine gute Tafel. Leute, die ein wenig Vermögen haben, ver-
abscheuen insgemein die Arbeit Ja, einige sind gar so gemächlich,
dass sie auch das Spazierengehen für eine Beschwerlichkmt halten: in-
dem man dabey die Füsse zu viel beweget Andere scheuen die
Lufik, weil sie das FeU verderben soll, oder weil sie sich solche der-
massen entwöhnet haben, dass sie gleich davon Husten und Schnupfen
bekommen. Man siebet nicht leicht eine Gegend, die so reizend ist
— 55* —
die Menachen ins Grüne su locken und die gleichwohl so wenig ge-
nossen wird. Die Franzosen bedienen sich dieses Vortheils schon
besser. Man siehet sie in der Menge auf den Spaziergängen^ mittler-
weile dass die mehreste vornehme Einwohner dieser Stadt hinter
ihren Fenstern sitzen und ihre Zeit mit einem langweiligen Spiel
vertreiben.
Man sagt, dass es hier gewisse reiche Leute gäbe^ die gleichsam
von Gesundheit bersten und dem ungeachtet sich doch immer be-
klagten, dass sie kranck wären. Kinder des Glücks, die im Müssig-
gang und in Ueberfluss erzogen sind; die nur leben, um zu leiden,
weil es ihnen zu wohl ist. Die Zeit wird ihnen zur Last^ sie peiniget
sie mit einer grausamen langen Weile. Was das wundersamste ist,
so kann man nicht wohl mit diesen Leuten umgehen, ohne eben
dieses Uebel zu empfinden. Einer von meinen Freunden drohet mir,
mich in ihre Bekanntschaft zu briugen, um mich, wie er sagt, zur
G^dult zu gewöhnen. Er ist im Stand sein Wort zu halten. Ich
flirchte mich schon davor.
Das Blut ist hier nicht hesslich : es gibt schöne Weibsbilder in
dieser Stadt; allein die grosse Gemüthsneigungen stören nicht viel
ihre Btihe. Wann sie nur gefallen, so ist ihnen dieses schon genug.
Wie viel Ehre ist also denen jungen Marquisen nicht vorbehalten,
welche mit dem Marschall von Belleisle ankommen sollen, wann sie
diese träge und kältsinnige Schönen werden empfindlich machen
können ?
Man siehet hier allerhand Menschen und Völker unter einander,
besonders in Messzeiten. Es wird hier viel Französisch gesprochen,
weil noch viele Familien aus Franckreich sich hier niedergelassen
haben. Sonst giebt es hier auch Italiener, Savojarden, Tyroler, in-
sonderheit viele reiche niederländische und schweitzerische Familien.
Diese beyde letztere sind meistentheils reformirter Religion und haben
ihren Gottesdienst ausserhalb der Stadt im hanauischen Gebiete: sie
suchen schon lang eine Kirche in der Stadt Bingmauren, welches
ihnen aber der Magistrat, nicht aus Beligions sondern aus Staatsur-
sachen verweigert Dieser Process, wo mir recht ist, dauert schon
lang über hundert Jahre und dürfte sobald auch nicht zu Ende
gehen, dann er gehört unter die nützliche und einträgliche Rechts-
streite, die mit einem grossmüthigen Eigensinn aus dem gemeinen
Seckel gcfuhret werden. Die Akten füllen schon zwej starcke
Foliante: man hat mir davon eine Verehrung gemacht, welche ich
aber nur mit diesem Beding angenommen, dass ich sie nicht lesen
dörfte. Eine Streitigkeit welche verursacht, dass man aus christlichem
— 555 —
Eifer in der Liebe des Nächstens öfters manche kleine Ausnahmen
macht Doch ist die Geistlichkeit nicht schuld daran; dann sie ist
hier durchgehends sehr friedliebend ond bringt selten grobe Contro-
versen auf die Canzel.
Die Juden haben in dieser Stadt ihre' eigene Synagoge. Das
Quartier^ welches man ihnen eingeraumet hat, ist ein hessliches Aus-
läger voller Unreinigkeit. Sie leben in diesen sumpfigten Winkeln
wie das Ungeziefer im Unflat. Das Feuer hat diesen kothigten
Aufenthalt schon zwejmahl zu reinigen gesucht; und durch seine
Flanunen in Schutt und Asche verkehret. Allein dieses hat nur
darzu gedienet^ ihre Häusser desto schneller wieder aufzubauen und
den Baum in der Luft zu suchen, den man ihnen auf der Erde nicht
vergönnet; dann sie dör£fen sich nicht ausserhalb ihren iUngmauren
ausbreiten. Je mehr sie sich also eingespärrt sehen und einander
über den Köpfen sitzen, je besser geht auch bej ihnen die Ver-
mehrung von statten ; es wimmelt und grabelt . darinnen alles mit
hebräischen Figuren. Fragt man, wovon sich dieses alte Ueber-
Ueibsel der zwölf israelitischen Stamme nähret, so heisst es, vom
Betrug.
Es ist hier die rechte hohe Schule von dieser Wissenschaft, und
wann anders Witz und Trug und List unter die Verdienste des Ver-
standes gerechnet werden, so kann man solche diesem verschmitzten
Volk nicht streitig machen, dann es treibet solche bis zur Vortrefl*-
lichkeit. Doch gibt es auch noch ehrliche Juden, welche an die
zehen Gebote glauben. Man hat mir davon einige Exempeln
erzehlt, welche die Christen beschämt machen; dann es
gibt viele unter diesen letzten, welche ohne das Zeichen
der Beschneidung zu haben, ihren Nächsten im Handel
und Wandel mit gleicher Fertigkeit zu beschneiden
wissen, wo sie nicht gar darinnen noch die Juden über-
treffen.
Die Handlung ist die Seele dieser reichen Stadt: sie allein hält
sie empor und giebt ihr einen Bang unter den vornehmsten Städten
der Well Unter den Eaufleuteu selbst sind grosse und ehrwürdige
Männer, die als wahre Patrioten ihre erworbene Beichthttmer zur
Auftiahme der Stadt und zum besten ihrer Mitbürger, insonderheit
der Armen, mit vielem Buhm zu gebrauchen wissen. Diese Leute
haben meistens in ihrer Jugend schöne Beisen gethan, verstehen die
vornehmsten' europäischen Sprachen, lesen gute Bücher und zeigen
in ihrem ganzen Umgang eine edle Lebensart. Sie müssen sich nicht
wundem^ wann sie hier in ein vornehmes Handelshaus kommen, daas
— 666 —
•
sie von Liberejdienerh bedienet werden, und darinnen einen Zirckel
Ton geputzten Damen antreffen, der allen Glans and alle Vorzüge
der Höfe zeiget. Was ist billiger, als dass Leute, die ein grosses
Vermögen besitzen, solches auch geniessen und sich damit dneEhre
machen; doch soll auch hier das Sprichwort gelten: Alles ist nicht
Gold was glänzet. Es giebt auch falsche Diamanten und beschnittene
Ducaten unter diesen guten G^prägen. Allein wo ist ein Stand, wo
ist eine Art von Gewerbe darunter man nicht eine gleiche Vermisch-
ung der guten und bösen beobachtet.
Die Stadt ist ziemlich wohl befestiget : sie unterhält ihre eigne
Besatzung, die sich auf tausend Mann und mehr belauffet. Ihre Sol-
daten sind in Wehr und Waffen so gut geübt, als andre und stehen
noch besser im Sold. Diejenigen so ein Handwerk verstehen, können
demselben dabey geruhig abwarten, und die andern verdienen sich,
wann sie keine Wacht haben, als Taglöhner, ihren Trunk, welcher
die einzige Erquickung ihrer sonst wenig mühsamen Kriegsdienste zu
sejn scheinet. Unter ihren Befehlshabern giebt es artige und ver-
suchte Leute : Die strenge Eriegszucht aber muss man an einem
Orte nicht erwarten , wo man keine Eroberungen zu machen sucht
Man findet hier auch viele gelehrte Leute , deren einige sich
durch ihre Wbsenschaflften berühmt gemacht haben : sie haben nicht
alle das Unglück so arm zusejn, als es insgemein Leute von diesem
Handwerck zu sejn pflegen. Sie kennen die Welt, sie wissen zu
leben und sind gleichwohl gelehrt.
Was mir am seltsamsten vorkommt, ist^ dass man hier unter dem
Pöbel alles Herren und Jungfern heisset. Ab ich hier ankam, ver-
langte ich einen Lohnlackejen. Die Magd im Hause kam kurz dar-
auf in mein Zimmer und sagte mir, der Herr Heinrich ward da und
begehi*te mich zu sprechen. Ich lies meinen Diener hinausgehen,
um den Herrn Heinrich herein zu ftlhren. Dieser erschien mit einem
grossen Degen an der Seite und in einer ziemlich schmutzigen
Kleidung. Was ist zu ihren Diensten , mein Herr Heinrich , redete
ich ihn an; Er antwortete mir mit einer gewissen Art, die seine
kleine Meisterschaft zu erkennen gab: ich bin der Lohnlackej, den
die Jungfer Luise hat ruffen lassen. Ich konnte mich hierbey des
Lachens nicht enthalten; Die Jungfer Luise war ein kleiner Küchen-
pudel, den man ohne sich schmutzig zu machen nicht hätte anrühren
können. Ich sagte darauf dem Herrn Heinrich, er solte meinem
Diener nur die vornehmsten Strassen in der Stadt und die Posthäusser
zeigen. Den andern Tag darauf lies sich der Herr Grünpech bey
mir melden. Ich fragte wer ist der Herr Grünpech? es ist, sagte
— 557 —
man mir^ der Sohn des Herrn GrttnpechB^ den ich hätte bestellen
lassen^ um mir ein Paar Schuhe anzumessen. Ich konnte die Höf-
lichkeit dieses kleinen Volks nicht genug bewundern: ich betrachtete
solche als eine Wttrkung derjenigen glückseligen Freyheit, die hier
einem jeden erlaubet^ aus sich zu machen , was er will.
Es ist hier ganz etwas gemeines ^ dass man einem Schneider^
einem Schreiner^ einem Schuhmacher und dergleichen denTitel, dem
Wohledlen giebt. Ja der geringste Tagdieb weis sich gross damit
ein freyer Reichsbttrger zu seyn.
Es sind viele Dinge die eine Stadt gross und mächtig machen;
darunter rechnet man auch den starken Zugang Ton Fremden und
Reisenden ; welche sich darinnen eine Zeitlang aufzuhalten pflegen
und durch ihren Aufwand ansehnliche Geldsummen hinterlassen. Kein
Ort ist darzu besser gelegen^ als Franckfurt Anderwärts sucht man
die Fremden herbey zu locken^ und ihnen allerhand Veränderungen,
Lustbarkeiten und Schauspiele zu geben. Hier aber ist man nicht
so eigennützig. Es dttrffen sich hier keine Fremde^ als in denOast-
häussem aufhalten, und es ist noch nicht gar lang, dass man eine
Verordnung gemacht hat, vermöge deren allen Fremden der Schutz
aufgekündiget würde, wo sie sich anders nicht würden gefallen
lassen, sich, wie man es hier nennet, schreiben zu lassen, und einige
Lasten mit zu tragen : weil sich darunter verschiedene vornehme
Leute befSemden, denen dergleichen Zumuihen nicht gefiel, so wurden
auch verschiedene grosse Häusser leer ; dem ungeachtet ist die Stadt
volkreich genug, und es halten sich auch beständig Fürsten, Grafen,
Gesanden, Bätiie, Residenten und dergleichen Personen vom Rang
hier auf; wie dann unter andern der Fürst von Taxis hier seine
Wohnuug hat und prächtig Hof hält.
Das Loos hat die ehmalige Bemühungen in Rath zu kommen
glücklich unterbrochen. Dieses Loos, das durch Kugeln gezogen
wird, entscheidet die Wahl unter dreyen Candidaten. Man muss be-
kennen, dass es bisher iioch ziemlich glücklich ausgefallen ist; dann
es finden sich in der That unter dieser ansehnlichen Versammlung
solche Glieder, die ihr viel Ehre machen. Im übrigen aber so giebt
M wenige Bürger hier, die nicht eine Würde oder ein Aemtgen be-
sitzen, darauf sie sich nicht etwas zu gut thun und einbilden selten.
Man findet hier noch treffliche alte Familien unter dem sogenannten
Patriciat. Sie treiben nicht allein keine bürgerliche Handthiernng,
sondern heyrathen sich auch nicht ausser dem Adelstand. Desshalben
sie dann sowohl Stifft- und Thurniermäsig sind, als die freye Reich-
Ritterschaft: sie haben auch meistens ihre Ritter- und Landgüter.
— 558 —
Der alte Adel zeiget in veroohiedenen Stücken die Schwachheiten
der eigenBimiigdn Greisen, die sich nicht mehr nach der Mode richten
wollen. Der nene Adel im GFegentheil gleichet einer wilden und
unbesonnenen Jugend, welche alle ihre Ausschweiffimgen ftlr lauter
Artigkeiten will gelten machen.
Man musB hier die ScharfBinnigkeit der Menschen bewundem
um die Fehler des Nächsten zu entdecken, wann es etwann um einen
Bang oder Vorzug gilt. Hier findet man eine tiefe Erkenntnis des
menschlichen Herzens. Hier siebet man eine lebhafte Abschilderung
von seinen Vorgebungen. Ich habe bej dieser G-elegenheit öfters die
Verschlagenheit unsrer Eigenliebe bewundem müssen, da sie mit
einer so scharffen Einsicht die Fehler des Nächsten entschlejert ;
mittlerweile sie unsre eigne so künstlich zu verbergen weiss. Mich
dünckt, der liebe Neid habe hier einen starken Anhang. Ein Nach-
bar siebet des Andern Aufkommen mit schälen Augen an: man ist
sinnreich die Absichten, die Qeschäfile und die Aufführung anderer
Leute verdächtig zu machen.
Ein neuer Aufsatz von Haaren erwecket nicht selten eine Eifer-
sucht unter den Frauen, welche deswegen vor dem Bichterstuhl ihrer
Männer um Bache schreyen. Die feinere Spitzen, die reichere Stoffe,
die verbrähmte Kleider, haben sich hier durchaus kdner Gnade zu
getrösten. Man höret alsobald von der Buhlerey der einen und dem
Stammbaum der anderen sprechen. Alle grosse Familien machen
hier Banden unter sich: wer unter ihnen ist, oder das G-lück hat,
sich unter sie zu verhejrathen , der ist von gutem Herkoramen, der
hat Verstand, der hat Ehre; ja man Siigt, dass einige wären, unter
welchen es nie keine Thoren gäbe.
O ihr Einwohner dieser Stadt ! denk ich manchmal bey mir selber,
wie glücklich wäret ihr, wann ihr euer Glück erkennen woltet! Der
Himmel hat euch alles gegeben, um eure Tage in Friede und in
Buhe zuzubringen; und ihr verhindert euch selbst einander den Gre-
nuss dieser Glückseligkeit durch eure Eifersucht und durch den
Mangel einer gewissen natürlichen Einträchtigkeit, welches das süsseste
Band des geselligen Lebens ist.
Sie müssen im übrigen nicht denken, mein Herr, dass die Sitten
der Franckfurter vor andern Menschen etwas besonders haben. Nein,
man findet hier alle Arten von Geschöpfen, ihre Fehler und ihre Ge-
brechen sind der ganzen Welt ihre.
Dasjenige, was hier besser sejn könnte, ist die Policej, zum
wenigst^oi klagen die Fremden darüber : sie klagen über die Wirthe,
welche ihre Weine verkauffen, nicht nach dem was sie werth sind,
- 659 —
sondern nachdem sie fUr gut finden, sie zn tsuflfen, und ihnen einen
N&men zu geben : sie klagen über die scblechte Herbergen und
Bettungen, für die man sich doch nicht entblödet, ihnen grosse
Summen abzufordern : sie klagen , wenn sie des Nachts über die
Strassen giengen, dass sie entweder einem Tollen Kerl, oder sonst
anderm Lumpengesinde ausweichen müsten, welches dasjenige öffent-
lich treibet, was auch heimlich zu thun verbotten wäre : sie klagen,
dass sie des Nachts für dem Lermen in den Bierhäussem und dem
Schrejen auf den Strassen kaum schlaffen könnten u. s. w.
Auf alle diese Klagen pflegen die Einwohner zu antworten, dass
es immer einen Wiederspruch und eine Art der Empörung in einer
Bepublick setzen würde, wo man allzu streng auf Policey und gute
Sitten halten wolte. Ein bürgerlicher Magistrat hätte damit genug
zu thun, nur die gröbsten Ausschweiffungen im Zaum zu halten : zu
dem, machten jetzt die Fremden in ihrer Stadt das meiste Geräusch
und verursachten die grössten Unordnungen. Diesem Uebel sei also
eben so wenig hier als in London, Paris, Wien und andern volk-
reichen Städten zu steuern.
Ich will mich in dieser Sache nicht zum Schiedsrichter auf-
werffen. Mich dünket überhaupt, dass dasjenige, was andre Staaten
ruiniren wUrde, ebendasjenige sej, was manche Kepubiicken erhält.
Jene erfordern Zwang. und Gewalt, alles nach gewissen Absichten
einzurichten; diese aber haben gar keine Absichten: ihre Sachen
treiben sich selber wie die Wirbeln in den Fluten. Die Freyheit
allein giebt ihnen ihre Bewegung, und wo diese aufhöret, da sind sie
nicht mehr. Ich bin.
Mein Herr,
Franckfort, den 4. Junii ^«^ gehorsamster und
l«^2 ergebenster Diener.
Im Jahr 1746 ward v. Loen zum Präsidenten des Oberconsisto-
riums zu Berlin in Vorschlag gebracht imd kurz darauf ihm ein fi\r
jene Zeit höchst ansehnlicher Gehalt von 2000 Thalem angeboten,
wenn er sich in Berlin niederlassen wollte. Er konnte sich aber
dazu nicht entschliessen, und wohl Niemand hätte damals vermuthet,
dass der nun an Jahren bereits ziemlich vorgerückte Mann aus seiner
unabhängigen Stellung jemals scheiden würde. Und doch war die»
endlich der Fall. Im Jahr 1752 erging nämlich von Seiten des
Königs von Preussen, Friedrich d. G., der Ruf an ihn, als Geheimer
— 560 -
Bath und RegierungBpräsident der GhraÜMshaften lingen und Tecklen-
bürg in seine Dienste su treten , welchem v. Loen wirklich Folge
leistete. „Dieser Entschluss^, sagt Stosch „hat viele nicht ohne Ur-
sache in grosse Verwunderung gesetset. Der Herr t. Loen hatte
in seinen Schriften yielflältig seine Mejnung dahin geäussert, dass es
eine Art Thorheit fspy, wenn man für sich selbst leben , und sein
eigener Herr sein könne, sich bei Fürsten in Dienste zu hieben,
und Ehrenstellen unter denselben zu suchen. Nun lebte er zu Frank-
furt in einer recht stolzen Ruhe, und in einem solchen Ansehen und
allgemeiner Achtung, dergleichen die alleransehnlichsten und höchsten
Ehrenämter nicht leicht Jemanden zuw^e bringen können. Er ge-
noss die Einkünfte und die Ergötzlichkeiten eines der angenehmsten
Landgüter, so er ohnfem der Stadt besass; es war nicht lange, dass
er eines der prächtigsten Häuser in der Stadt angekaufet und nach
seinem Geschmack ausgebauet und eingerichtet hatte. Er fand das
grosseste Vergnügen in sdner zahlreichen Bibliothek und schönen
Sammhingen von Schildereyen, Kupferstichen, Zeichnung^i und an-
deren zur anmuthigen Gelehrsamkeit gehörigen Sachen. Seine Lands-
lente ehreten und schätzten ihn hoch, als eine der grossesten Zierden
ihrer Stadt; die Fremden rechneten es für eine Ehre, ihren Besuch
bey ihm abzulegen ; alles, was Witz, Belebtheit und Liebe zu den
Wissenschaften besass, versammelte sich wöchentlich bei ihm ; Fürsten,
Grafen und höhe Standespersonen drängeten sich, ihm ihre Hoch-
achtung zu bezeugen; in allen Ständen hatte er eine grosse Anzahl
Freunde und Verehrer. Und dieses alles verliess er in seinem acht
und fünfzigsten Jahre, um es mit einem kleinen und unbelebten Orte
zu verwechseln, und einen Dienst anzunehmen, dessen er gänzlich
entbehren konnte. Noch mehr: Er war bereits vor sechs Jahren zum
Präsidenten des Oberconsistorii zu Berlin in Vorschlag gebracht, und
ihm kurz darauf im Namen des Königes ein Gehalt von zweytausend
Thalem angeboten worden, wenn er sich entschliessen wollte, sich in
Berlin niederzulassen. Er hatte sich aber dazu nicht völlig ent-
schliessen können etc. Und nun fand er ftU* gut, in dem äussersten
Westphalen mit einem geringeren Gehalte zufrieden zu sejn. Was
finden sieh nicht auch selbst in den grossesten Geistern filr Wider-
sprüche?"
Loen's Wc^ug aus seiner Vaterstadt erklärt sich zum grösseren
Theil aus der schon ai^edeuteten Stelle in Goethe's Selbstbiographie.
Es heisst dort nämlich von ihm, nachdem sein didaktischer Roman
jfder Graf von Biverra^ oder der ehrliche Mann am Hofe" eme sehr
beifällige Au&ahme gefunden gehabt habe , sei eine zweite seiner
— 561 —
Schriften „die einzige wahre Beligion^^ welche die Absicht hatte,
Toleranz, besonders zwischen Lutheranern und Calvinisten zu beför-
dern, desto gefiLhrlicher für ihn geworden, indem er dadurch mit den
Theologen in Streit gerathen sei. Man vergleiche dazu die bei 33)
seiner Schriften gemachten Bemerkungen.
Dazu kam, dass ihm die Stelle zu Lingen von einem seiner
Berliner Freunde, dem Grosscanzier Freiherm von Cocceji, angetragen
worden war. Auch von Lingen aus ward ihm stark zugesetzt Man
malte ihm die dortigen Zustände und Verhältnisse sehr reizend aus
und appellirte sogar an sein Herz und sein Gewissen. „Zugleich^,
sagt Stosch, „musste es sich zutragen, dass ihm zu Frankfurt einige
Verdriesslichkeiten in den Weg gelegt wurden. Die Betrachtung,
dass es ihm bereits so nahe gelegt worden, sich in die Dienste eines
in der ganzen Welt höchst gepriesenen Königs zu begeben, ward
dabej aufs neue belebet. Kurz, Herr von Loenmejnetehier einem
höheren Berufe zu folgen, den er ohne Vorwurf seines Gewissens
nicht ausschlagen könne.^'
In der That war sein Empfang in Lingen sehr zufrieden-
stellend und zu den schönsten Hoffnungen berechtigend. Man
belferte sich, ihn aufs Freundlichste willkommen zu heissen. Aber
bald sollte, wie Goethe berichtet, die Behauptung seiner ehemaligen
Landsleute in Erfüllung gehen, dass er dort nicht zufrieden sein
könne, weil sich ein Ort wie Lingen mit Frankfurt keineswegs
messen dürfe. Und Stosch meldet: ^Man wird vermuthlich begierig
seyn, zu wissen, wie der Herr von Loen zu Lingen lebe, und was
er daselbst ausrichte. Ich kann dieser Neubegierde einiger Massen
ein Genüge thun. Er hat es nicht so gefunden, wie er es gedacht
und gehoffet hatte, und die Erfahrung überzeuget ihn anbey täglich,
dass es weit leichter sej, der Welt und der Kirche in
seinem Cabinet Verbesserungsregeln vorzuschreiben,
als solche zur Ausübung derselben zu bewegen und zu
bringen. Man muss indessen beinahe erstaunen über die Ver-
leugnung, mit welcher er sich von allem, so ihn zuvor vergnügte, ent-
fernt, in Ort und Umstände zu schicken und zu finden weiss. Das
ist ein Vorrecht des Weisen."
Während des siebenjährigen Krieges wurde von Loen von den
französischen Truppen als Geissei nach Wesel gebracht, wo er „in
dem allerelendesten und unanständigsten Zinmier" vier Jahre lang
(von 1757 — 1761) wohnen musste. Zwar gab man ihn endlich frei,
doch musste er einen seiner Söhne an seine SteUe treten lassen.
Nach seiner Losgebnng verbrachte er nur noch vier Jahre in seinem
36
I
— 662 —
Amt und trat dann in den wohlverdienten Buheetand. Er starb im
hohen Alter Ton beinahe S2 Jahren^ zuletzt fiut g&nzlich erblindet ^,
am 24. Juli 1776.
Einer •eeiner Söhne --*- Johann Jost — ^ geb. 1737 in dem Hauae
auf der Windmühle; vermifalte sich 1779 mit der PrinzesBin A^ee
▼on Anhalt-DessaU; einer Tochter des regierenden Fürsten Leopold
Maximilian von Anhalt^Dessau. In Bezug anf einen Besuch, den
Goethe zu Ende des Jahres 1796 bei diesen Verwandten abstattete,
ftussert sich derselbe in den Annalea^: „In Dessau ergötzte uns die
Erinnerung früherer Zeiten: die Familie von Loen zeigte sich als
eine angenehme, zutrauliche Verwandtschafit , und mau konnte sich
der frühesten Frankftirter Tage und Stunden zusammen erinnern/
Ein SprÖBsling der zuletzt erwähnten Ehe, Friedrich v. Loen, be-
kleidete das Amt eines Oberhofmarschalls am Dessauer Hofe. Sein
Sohn Hugo V. Loen, der Urenkel Johann Michaels, k. preussischer
Major a. D., lebt auf Schloss Krangan bei PoUnow in Pommern
und ist Mitglied der hiesigen adeligen uralten Gesellschaft desHanses
Frauenstein.
Ein Enkel v. Loen's, gldich dem Q-rossvater Johann Michael
genannt, imd an dessen Geburtstage, dem 21. December, im Jahr
1760 geboren, ward 1786 als Frauensteiner in den hiesigen Bath
erwählt, starb aber bereits im sieben und dreissigsten Jahre seinea
Alters , am 26. September 17^7. Ueberhaapt ist in Frankfurt der
Mannsstamm des v. Loen'schen Geschlechtes erloschen.
> Ein wohlrenommirter Junger Ant wsgte eine Operatioa, die aber an-
glQoklich aosfiel; es war die letzte Operation des jungen Mannes, der sich seit-
dem mit schriftsteUerischen Arbeiten beschäftigte und seinem Namen — Jung
Stiliing — eine ehrende Stelle in der Literaturgeschichte erwarb.
« Ooethe'8 Werke XXVII. 61.
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