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ARCHIV
FÜR
LATEINISCHE LEXIKOGRAPHIE
UND
GRAMMATIK
MIT KIN8CHLU88 1)K8
ÄLTEREN MITTELLATEINS.
ALS VOR ARBKIT ZU EINKM
THESAURUS LINGUAE LATINAE
MIT UNTERSTÜTZUNG
DER K. BAYERISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
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EDUARD WÖLPPLDf,
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VIERTER JAHRGANG.
THIS ITEM HAS BEEN MICROFILMED BY
STANFORD UNIVERSITY LIBRARIES
REFORMATTING SECTION 1994. CONSULT
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DRUCK UND VKRLAG VOM it. w. ........KR.
1887.
I .
Inhalt.
Seite
Die Dissimilation der littera canina. Vom Herausgeber 1
Genuswechsel der Deminutiva. Von A. Weitüiold 169
Subbtautiva mit in privativnm. Vom Herausgeber 400
Die Verba auf -illare. L II. Von A. Funck 68. 223
Die Verba frequentativa und intensiva. Vom Herausgeber 197
Die lateinischen Adverbia auf -iter. Von H. Osthoff 455
Die Natur im Sprichwort. Von A. Otto 14
Das Pflanzenreich im Sprichwort. Von A. Otto 189
Essen und Trinken im Sprichwort. Von A. Otto 345
Ober die Latiuität der Pert'grinatio ad loca sancta. Vom Herausgeber 259
Zu Dracontius. Von Konr. Rofsberg 44
Velum = Fahrzeug , Flofs. Von Heino Pfannenschmid 413
Usque mit Accusativ. Vom Herausgeber 52
Penes. I. II. Von P. Hirt 88. 389
Uls, trans und ultra. I. II. Von Phil. Thielmann 247. 358
Abdico bis abhibeo. Vom Herausgeber 101
Abeo. Abeona. Von Jos. Menrad 467
Abhinc. Von Heinr. Ploen 109
Abborreo, abhorreaco, abhorride. Von Heinr. Ploen 277
Abicio, abiectus, abiecte. Von Phil. TJiielmann 632
Abiectio bis ablingo. Vom Herausgeber 288
Ablatio. Abloco bis abnuto. Vom Herausgeber 562
Vulgärlateinische Substrate romanischer Wörter. (M bis P.) Von
G. Gröber 116. 422
Miscellen.
Alteste lateinische Inschrift. Vom Herausgeber 143
Zwei neue Fragmente archaischer Poesie. Von Phil. Thielmann . . 600
Zu Lucilius 710 B. Von J. M. Stowasser 616
Zu Plinius epist. 1, 6, 14. Von O. Keller 139
Firmicus Maternus. Von Karl Sitti 608
Zu Au80nius. Von J. M. Stowasser 616
Zur Peregrinatio ad loca sancta. Von Paulus Geyer 611
Verbalformen vom Perfektstamme bei Claudian. Von Th. Birt . . . 589
Zu Isidor. orig. 17, 3, 10. Von Dr. Schwarz 196
Das lateinische Futurum ezactum. Von Franz Gramer 594
70\*r\
a*
IV Verzeichnis der angezeigten Schriften.
Seit«
Verba auf -issare und -izare. Von A. Funck 317
Composita auf fer und -ger. Von Fr. Stolz 316
In privativum. Von Fr. Vogel 320
Zur Entwicklung der Hendiadyoin. Vom Herausgeber 143
Randglossen zu Archiv III 355 ff. Von Martin Hertz 137
Abhastare {Hsgb.) 324. Accipiter {W. Brandes. H. Dressel) 141. 324. Acha-
riter {Phil. TJiielmann) 600. Adductorium {Jul. Hauer) 141.
Balan {Phil Thielmann) 601.
Coluber (L. Havct) 142. Cornuficius {Hsgb.) 620.
Dirigero litteras {Hsgb.) 100. Dumtaxat {Hsgb.) 325.
Expedire (L. Havel) 246.
OladiatoriciUH {Edm. Hauler) 323.
Hispali (L. Havct) 142.
Incoepisse (Edm. Hauler) 323. Inpensae, Mörtel {(). Secck) 421. Instar
{Hsgb.) 357. lnteremo {K. E. Georges) 315. Iulicae, Bartflaum {A. Sonny)
606. lulus {Ed. Labbert) 587.
Lausa {Fr. Scholl) 258. Luxuriator {Edm. Hauler) 324.
Magie {(). Keller) 316. Medianus {Konr. Hofmann) 43. Mtlo = Nilus
{0. Keller) 140. Moscillus. muscillus {0. Keller) 139. Mulus, mulastcr
{Hsgb.) 412.
Natare {John Mayor) 531.
Opus est {Hsgb.) 325.
Peremo {K. E. Georges) 315. Perviam. pervium. {H. Blase) 322. Praedi-
catrix {Edm. Hauler) 324. Promus ut {Hsgb.) 618. Prosodiacus (/. 31.
Stotc asser) 617.
(Jues {O. Keller) 139.
Saeculum. eaecula (H. Nettlesliip) 598. Salaputtium {Phil. Thiclmann) 601.
Scopero. scrobere (J. N. Ott) 616. Secus. setius {A. Zimmermann) 602.
Subitare {Hsgb.) 586.
Temere {Hsgb.) 51. Ex toto. in totum {Hsgb.) 144.
Ullageris (/. N. Ott) 388. Ut quid (Hsgb.) 617.
Vice versa {Hsgb.) 67. Viscera = membra {W. Brandes) 464.
Sprechsaal 168. 343. 645
Verzeichnis der angezeigten Schriften.
Seite
Ahlbeim, Aug. De Senecae rbetoris ubu dicendi 162
Bourciez, Ed. De praepOBitione Ad casuali 330
Brugmann, O. Über d. condicionale Ni 334
Cocchia, E. Rassegna critica 629
Cramer, Fr. De perfecta coniunetivi usu potent iali 165
Darmesteter, J. La vie des mots 623
Verzeichnis der angezeigten Schriften. V
Seite
De ecke, W. Die griechischen und lateinischen Nebensätze .... 624
Dombart, Bernh. Commodiani carmina 641
Dorsch, Josef. Assimilation in den Compositis 633
Ellis, Rob. Philipps Glossary 149
Felix, Hans. Quaest. grammat. in Velleium Paterc 164
Fröhlich, Franz. Stilistisches zu Caesar 635
Gamurrini, J. Franc. Hilarii tract. Peregrinatio ad loca sancta . 338
Georges, K. E. Lexicon der latein. Wortformen 326
Gradenwitz, Otto. Interpolationen in den Pandekten 644
Grösst, loa. Quatenus Silius Ital. a Vergilio pendeat 638
Hauler, Edm. Sallustfragmente 166
Hildebrand- Fügner. Lexicon Livianum 627
Hinze, Paul. De An particulae usu 332
Hoerle, Ad. De caeuum usu Propertiano 336
Holder, Alfr. Rufi Festi Avieni carmina 329
Huemer, loh. Virgilii Maronis grammatici opera 167
Jordan, H. Sallustii Catilina, lug., Histor 636
Krebs- Schmalz. Antibarbarus 165. 330. 628
Lange, 0. Zum Sprachgebrauche des Velleius 166
Langen, P. Plautinische Studien 160
Leo, Frid. Vindiciae Plautinae 632
Madvig, J. Nie. Opuscula academica 629
Martialis, Wörterverzeichnis 148
Marty, Adam. De Quintiliani copia verborum 337
Menge-Preufs. Lexicon Caesarianum 328. 627
Merguet, H. Lexicon zu Cäsar 626
Meusel, H. Lexicon Caesarianum 327
Meyer, Wilh. Die latein. Sprache in den roman. Ländern .... 154
Meyer, Paul. De Ciceronis in epist. ad Atticum sermone 634
Mowat, J. L. G. Anecdota Oxoniensia 342
Niemöller, G. De pronominibus ipse et idem 336
Paucker, C. Supplem. lexicorum latinorum 326
Paul, Hermann. Principien der Sprachgeschichte 621
Piechotta, J. Anecdoton latinum 339
Planer, H. De haud et haudquaquam negationibus 158
Reiter, A. De Ammiani Marc, usu orationis obliquae 642
Richard so n, G. M. De Dum particulae usu 332
Riemann, 0. Syntaxe latine 151
Imperatif en -to 153
Ron ach, Herrn. Semasiologische Beiträge 327
Roh de, Dietr. Adiectivum quo ordine apud Sallustium coniunetum
sit cum substantivo 636
Rozwadowski, Joa. Qua ratione historici Romani numeros qui accu-
rate definiri non poterant expresserint 637
Schmalz- Landgraf. Reisigs Vorlesungen 163. 631
Seh man 8, Hans. Tacitus ein Nachahmer Vergils 640
Scböndörffer, Otto. De Syntaxi Catonis 161
VI Verzeichnis der Gelehrten u. 8. w.
Seit«*
Stowasscr, .T. M. Hisperica Famina 341
Trump, Frid. Obs. ad genus dicendi Claudiani 643
Walter, Friedr. Studien zu Tacitus und Curtius 639
Winnefeld, Herrn. Sortis Sangallenses 340
Wolf fliu, Ed. Das Wortspiel im Lateinischen (531
Wrobel, Jac. De vocabulis nimis et nimium 633
Zander, C. M. Quod et ld quod 157
Verzeichnis der Gelehrten,
welche Beitrage zu Band I. II. JH. IV geliefert haben.
Appel, Erust, Dr. phil. Gymn.-Lehrer in Elberfeld.
Bährens, Emil, Prof in Groningen.
Bälgt, G., Dr. ]»liil. Bibliothek«- Sekretär in Erlangen.
Bauer, Ludw«, Dr. phil. Studionlelirer in llegensburg.
Beck, J. W., Dr. phil. Gymn.-Lehrer in Groningen.
Birt, Theodor, Prof. iu Marburg.
Blase, II., Dr. phil. Gymn. Lehrer in Darmstadt.
Bftckel, Ernst, Prof. in Karlsruhe.
Bonnet, Max, Prof. in Montpellier.
Brandes, Willi., Dr. phil. Oberlehrer in Braunsehweig.
Brandt, Sani., Prof. in Heidelberg.
Brnns, lvo, Prof. in Kiel.
BOcheler, Franz, Prof. in Bonn.
Christ, Wilh. v., Prof. in München.
Cramer, Franz, Dr. phil. Gymn.-Lehrer in Duisburg.
Dehner, Sein, Dr. phil. Gymn.-Lehrer in Bonn.
Heuerling, A., Rektor in Burghausen.
Dombart, B., Rektor in Ausbach.
Drager, A., Gymn.- Dir. iu Aurich.
Draheim, H., Dr. phil. uud Gymn.-Prof. in Berlin.
Dressel, H., Oberlehrer in Zwickau.
Dziatzko, Karl, Dr. ])hil. Oberbibliothekar in Göttingen.
Ellis, Robinson, Prof. in Oxford.
Fleischer, Curt, Dr. phil. Gymn.-Prof. iu Meifsen.
Förster, Wend., Prof. in Bonn.
Frankfurter, S., Dr. phil. an der Universitäts-Bibliothek in Wien.
Friedrich, 0., Dr. phil. Gymn.-Prof. in Potsdam.
Ffirtner, Jos., Stndienlehrer in München.
Funck, A., Dr. phil. Gymn.-Lehrer in Kiel.
Verzeichnis der Gelehrten n. s. w. VII
Georges, K. E., Dr. phil. Prof. in Gotha.
Geyer, Paulas, Studienlehrer, z. Z. in Rom.
Gitlbauer, Mich., Prof. in Wien.
Götz, G., Prof. in Jena.
Grober, €L, Prof. in Strasburg.
Gutjahr-Probst, E. A., Oberlehrer in Leipzig- Reudnitz.
Härder, Franz, Dr. phil. Gymn.- Lehrer in Berlin.
Hartel, Wilh. ?., Prof. in Wien.
Hart mann, Felix, Dr. phil. in Grofs- Lichterfelde.
Hauer, Jul., Gymn.- Lehrer in Kremsmünster.
Hauler, Edmund, Dr. phil. in Wien.
Haufsleiter, Jon., Dr. phil. Studienlehrer in Erlangen.
Haret, Louis, Prof. in Paris.
Helmreich, G., Dr. phil. Studienlehrer in Augsburg.
Hertz, Martin, Prof. in Breslau.
Hirt, Paul, Dr. phil. Gymn. -Lehrer in Berlin.
Hoffmann, Eman., Prof. in Wien.
Hofmann, Konr., Prof. in München.
Huemer, Job«, Dr. phil. im Unterrichtsministerium in Wien.
f Jordan, Heinr., Prof. in Königsberg.
Kalb, Wilh«, Dr. phil. Studienlehrer in Nürnberg.
Keil, Heinr., Prof. in Halle.
Keller, Otto, Prof. in Prag.
Köhler, Albr., Dr. phil. Studienlehrer in Nürnberg.
Korsch, Theodor, in Moskau.
Krumbacher, K., Dr. phil. Priv.-Doc. in München.
Kr lisch, Bruno, Dr. phil. am Kgl. Staats- Archiv in Berlin.
KObler, Bernh., Dr. phil. Gymn.-Lehrer in Berlin.
Landgraf, Gust., Dr. phil. Stadienlehrer in München.
Langen, Peter, Prof. in Münster i. Westfalen.
fLöwe, Gust., Dr. phil. in Göttingen.
Ltibbert, Eduard, Prof. in Bonn.
Mayboff, K., Gymn.-Direktor in Leipzig.
Mayor, John E. B., Prof. in Cambridge.
Meiser, Karl, Dr. phil. Gymn.- Prof. in München.
Meltzer, Job., in Tübingen.
Menrad, Jos., Dr. phil. Assistent am Luitpold-Gymn. in München.
Miodonski, Adam, in München.
Müller, Adolf, Dr. phil. Gymn.-Lehrer in Flensburg.
Nauck, Carl, Gymn. -Dir. a. D. in Königsberg i./N.
Nettleship, Henry, Prof. in Oxford.
Nohl, H., Dr. phil. Gymn.-Lebrer m Berlin.
Opitz, Theodor, Dr. phil. Gymn.-Lehrer in Dresden-Neustadt
Osthoff, H., Prof. in Heidelberg.
VW Verzeichnis der Gelehrten u. s. w.
Ott, J. N., Eektor in Rottweil.
Otto, A«, Dr. phil. Gymn.-Lehrer in Oppeln.
Pauli, C, Dr. phil. Priv.-Doc. in Leipzig.
Peiper, IL, Dr. phil. Gymn. -Prof. in Breslau.
Petsehenig, M., Dr. phil. Gymn. Prof. in Graz.
Piechotta, J., Dr. phil. Gymn. Lehrer in Leobschütz.
Ploen, Heinr., Dr. phil. Lehrer am Lyceum in Strasburg i. Eis.
Bibbeck, Otto, Prof. in Leipzig.
Rohde, Erwin, Prof. in Heidelberg.
Rossberg, Konr., Dr. phil. in Hildesheim.
Schenkl, H«, Dr. phil. Gymn.-Prof. und Priv.-Doc. in Wien.
Schenkl, K«, Prof. in Wieu.
Schepss, Georg, Dr. phil. Studienlehrer in Würzburg.
Schlee, Fr., Dr. phil. Gymn. -Lehrer in Berlin.
Schmalz, J. H«, Gymn. -Dir. in Tauberbischofsheim.
Schmaus, H., Dr. phil. Assistent am Gymn. in Dillingen a. D.
Schmidt, Jon., Prof. in Giefsen.
Schmitz, Wilh., Gymn. -Dir. in Köln.
Schnorr y. Carolsfeld, H., Dr. phil. Sekretär an der Staatsbibl. in Mönchen.
Scholl, Friedr., Prof. in Heidelberg.
Scholl, Rad., Prof. in München.
Schulthefs, Otto, Dr. phil. Gymn.- Lehrer in Frauenfeld.
Schwarz, Dr. phil. Gymn.-Lehrer in Hirschberg i. SchL
Seck, Franz, in Moskau.
Seeck, 0., Prof. in Greifs wähl.
Sittl, Karl, Dr. phil. Priv.-Doc. in München.
Sonny, Adolf, Dr. phil. Docent an der Universität Kiew.
Spengel, Andr., Dr. phil. Rektor in Passau.
Stolz, Friedr., Dr. phil. Priv.-Doc. und Gymn.-Prof. in Innsbruck.
Stowasser, J. M., Gymn.-Prof. in Wien.
Stademnnd, Wilh., Prof. in Breslau.
Such i er, Hermann, Prof. in Halle.
Thielmann, Phil«, Dr. phil. Studienlehrer in Speier.
Thorneysen, Rad., Prof. in Freiburg.
Usener, Herrn., Prof. in Bonn.
Yogel, Friedr., Dr. phil. Studienlehrer in Nürnberg.
Wagener, C, Dr. phil. Gymn.-Lehrer in Bremen.
Weber, Phil«, Dr. phil. Studienlehrer in Speier.
Weinhold, A., Dr. phil. Gymn.-Prof. in Grimma.
Weyman, Karl, Dr. phil. Assistent an der Staats- Bibl. in München.
Wölfflin, Eduard, Prof. in München.
Zimmermann, A., Dr. phil. am Marien- Gymn. in Posen.
Zingerle, Anton, Prof. in Innsbruck.
Die Dissimilation der littera canina.
Wenn das Archiv für lateinische Lexikographie und Gram-
matik sicher nicht gegründet worden ist um anderen philo-
logischen Zeitschriften Konkurrenz zu machen, sondern um einem
wissenschaftlichen Bedürfnisse entgegenzukommen, so mufsten
demselben von Anfang an strenge Grenzen gezogen werden. So
gut aber die Sprachvergleichung oder die Eonjekturalkritik , so
weit sie nur längst bekannte Worte in die Texte einführt, aus-
geschlossen werden mufste, so notwendig war es zum Bewußt-
sein zu bringen, dafs das gewählte Spezialgebiet weit und reich
genug sei auf lange Jahre Stoffe zu lohnenden Untersuchungen
zu liefern. Indem das Spätlatein und das Mittellatein bis auf
Karl den Grofsen in die sprachgeschichtliche Forschung eingefügt
worden ist, sind wir gleichsam auf einen weiten Ocean geraten,
auf dem man erst lernen mufs sich zurechtzufinden. Seien wir
daher zufrieden, dafs unser Fahrzeug nicht nur keinen Schaden
genommen hat, sondern dafs die ersten Probefahrten zur Kenntnis
gewisser Strömungen und zur Unterscheidung weiterer und kür-
zerer Wege geführt haben. Obschon indessen die Redaktion
bemüht gewesen ist eine möglichst grofse Mannigfaltigkeit in die
Aufsätze zu bringen, so sind doch nicht alle Disziplinen gleich-
miifsig zur Vertretung gelangt, und es ist deshalb eine unab-
weisbare Aufgabe die bisher vernachlässigten in unsern Kreis
hereinzuziehen; wo aber die Zettel kein Material bieten, werden
wir uns auf Anregungen beschränken müssen, und darin mögen
die folgenden Zeilen, welche einem Kapitel der Lautlehre ge-
widmet sind, ihre Entschuldigung finden.
Es soll hier nicht über die Natur und Aussprache des R
(littera canina bei Persius 1, 109) gesprochen werden, worüber
es genüge auf Seelmanns Aussprache des Latein, S. 307 ff. zu
verweisen, sondern nur im Nachgange zu Thielmanns schöner
Bemerkung über meneris (Arch. III 539) über den bei Seelmann
Archiv für lat. Lexikogr. IV. Heft 1. 1
2 Ed. Wölfflin:
S. 329 also formulierten Satz: „Zwei in direkt aufeinander fol-
genden (dieses Moment vernachlässigt Bechtel in der unten an-
zuführenden Dissertation) Silben stehende R vertragen sich schlecht,
und die Sprache ist verschieden vorgegangen, diesen verwickelten
Artikulationsmechanismus zu vereinfachen." Dafs es am nächsten
lag der holprigen Form meretrix durch meletrix auszuweichen,
hat Bücheier in Fleckeisens Jahrb. 105 (1872) 113 gezeigt, und
Turpiliüs wie Afranius (136 Ribb.) haben beispielsweise so ge-
schrieben, wie meltrice ital. dial. und meltriz altfrz. ist; menetrix
aber konnte durch die Analogie von Genetrix und durch den
Gebrauch von manere = concumbere begünstigt werden; ix er-
weichte sich zu is wie in cacatris = cacatrix Inscr. Pomp.* 2125,
und schliefslich trat an die Stelle von menetris das noch be-
quemere meneris. Die These von Seelmann ist im ganzen gewifs
richtig, wenn auch nicht mehr neu, und bei Bücheier (auf den
Seelmann nicht verweist, so wenig als auf Corssen) bereits aus
führlich begründet; die Tragweite erkennt man noch in den
romanischen Sprachen, wenn beispielsweise die Franzosen *un lit
de Procuste' sagen oder das Sieb (cribrum) frz. crible, die Hor-
nisse (crabro) ital. calabrone heilst; auch die Hauptmittel zur
Vermeidung der unangenehmen Nachbarschaft (1. Verwandlung
des einen r in eine andere Liquida, 2. Trennung der beiden r-
silben durch vokalische Epenthese, 3. Tilgung des einen der
beiden r) hat Bücheier richtig angegeben. Einiges giebt auch
Fritz Bechtel, Assimilation und Dissimilation der Zitterlaute,
Göttingen 1876. S. 17 — 27; romanische Beispiele Diez, Gramm.
I3 222 — 224. Indessen dürften die Beispiele in gröfserer Reich
haltigkeit beizubringen sein, und abgesehen davon, dafs die
Schriftsprache die zwei r mehr, die Volkssprache weniger duldete,
wird auch darauf zu achten sein, ob die r für sich allein oder
in Verbindung mit einer Muta, ob sie in den zwei Anfangssilben
oder in Mittel- und Schlufssilben stehen, ob das r echt oder aus
8 entstanden sei.
1. Gen. plur. auf -raram, -rorum.
Da es leicht ist deüm auf fcäv zurückzuführen, so lag kein
Bedürfnis vor zur Erklärung der Endung um für arum, oruni
den Rhotacisuius beizuziehen; indessen bemerkte ich schon Philol.
25, 133, es sei bei barbarüm zu erwägen, dafs die volle Form
die littera canina dreimal enthalten hätte; eine Erklärung, die
auch Bücheier (Grundrifs der lat. Declin. 1879. S. 86) für dieses
Die Dissimilation der littera canina. 3
Wort angenommen hat. Überliefert ist barbarüm bei Nepos Milt
2, 1. Alcib. 7, 4; schwerlich bei Livius, da Kühnast S. 25 kein
Beispiel anführt und barbarorum 6, 42, 7. 22, 22, 6. 31, 34, 8
sicher steht; bei Phädrus 4, 7, 11; bei Tacitus Annal. 14, 39.
15, 25, so dafs die dritte Auflage von Neues Formenlehre das
bisher übergangene Beispiel wird erwähnen müssen. Da übrigens
die Reden Ciceros nicht weniger als 11 Belege für barbarorum
aufweisen (Merguet, Lex. I 394. 395) und einen für barbararum
(imp. Pomp. 23), so ist augenscheinlich, dafs dem Redner die
grammatische Regel mehr galt als die in der Umgangssprache
geduldete und beliebte Erleichterung. Im Philolog. 33, 66 habe
ich auch vorgeschlagen, das bei Semproniuä Asellio frg. 14 Pet.
überlieferte triarum (quartum signum accedebat) in triariüm
(statt triariorum) zu verändern, was nun Peter in der neuen
Ausgabe in den Text gesetzt hat. Wird nun die Vermeidung
der vollen drei r enthaltenden Genetivformen aus phonetischen
Gründen begreiflich erscheinen, so wird man auch adversariüm
bei Ter. Hec. prol. 2 und 14 sowie bei Pompeius Cic. Attic. 8,
12, D, 2, obwohl die ein r enthaltenden Silben nicht unmittelbar
aufeinander folgen, am einfachsten so erklären, ohne zu betonen,
dafs die Römer nicht gerade Freunde sechssilbiger Wortformen
waren.
Schwieriger ist es allerdings zu bestimmen, wie weit aus
der Vermeidung der littera canina diejenigen Genetivformen zu
erklären seien, welche in der Kürzung nur noch ein r behalten,
wie virüm (konstant duumvirum, triumvirum), fabrüm, inferum,
posterum, procum, patricium (aus Servius' Klassenordnung, Festus
p. 249 M.); aber auch wenn man praefectus fabrum als eine
archaische hergebrachte Formel entschuldigt, müfste man doch
zuerst erklären, warum man in der vorklassischen Prosa fabrum
und nicht fabrorum sagte. Bei den Komposita auf fer und ger
mag der Gen. plur. mit Rücksicht auf die Länge der Wortformen
beschnitten worden sein, obschon auch diese Annahme nicht
gerade notwendig ist Liberum hat Cicero in den älteren Reden
bis zur Prätur, in den folgenden nur liberorum, nach Merguet
IH 46 f., worin wir nur eine Bestätigung des Satzes finden, dafs
der strenge Prosastil und die Schulmeisterregel mehr den For-
derungen einer vermeintlichen Korrektheit nachgab, während die
Konversation sich Erleichterungen gestattete. Im Gegensatze zu
dem dem sermo familiaris angehörigen Worte liberi hat über
l*
4 Ed. Wölfflin:
das Buch, ein Begriff der Gelehrtensprache, den Gen. plur. nicht
auf um gebildet Dafs das bei Neulateinern häufige plero-
rumque vermieden werden mufs, ist aus dem Antibarbarus be-
kannt; man sage plurimorum oder drehe die Konstruktion anders.
Der Ausdruck Vitruvs I 1, 11 scientia plerarumque litterarum
ist nur ein Beweis seiner mangelhaften grammatischen Bildung.
Sacrum, welches bei Neue fehlt, gebraucht Martial 1, praef. und
10, 41, 7 neben sacrorum 3, 24, 11.
Somit glauben wir wenigstens an eine Neigung den beiden
r aus dem Wege zu gehen, wenn auch dieselbe nie in dem Grade
erstarkt und durchgedrungen ist, dafs die Formen mit doppeltem
r verpönt gewesen wären. Allerdings scheint Pompeius die Sache
so aufgefafst zu haben, wenn er Gr. lat. V 111, 11 Keil schreibt:
legistis in Cicerone ut usque alteram r litteram non declinis,
und je weniger Wert wir auf eine eigene Beobachtung des
Grammatikers legen würden, desto bedeutsamer wird eine Notiz,
die er offenbar aus älterer Quelle geschöpft hat. Wenn aber der
Schriftsteller die Wahl hatte, liberum oder liberorum zu schreiben,
so wurde die Doppelform für den Dichter ein Mittel seinen Vers
leichter zu bauen. Während Plautus Capt. 889 in trochäischen
Septenaren vier r in den Kauf nahm (liberorum quaerundoruni
causa), finden wir bei Ennius sowohl liberum quaesundum causa
als auch liberorum quaesendum (quaesundum) gratia, wie bei
Gellius 4, 3, 2 liberum quaerundum gratia.
Bei den a-stäinmen spielt das r eine weniger wichtige Rolle,
aufser bei amphorum, welches = afitpogav sein wird; die Vor-
schrift bei Pompeius bezieht sich übrigens eben sowohl auf die
erste Deklination als auf die zweite.
2. Komparative auf -rior.
Auf die Steigerung der Adjektiva auf arus, erus, irus, orus,
urus ist bisher nicht geachtet worden, und möglich, dafs sie es
nicht verdienen; eine feste Übung wie bei praefectus fabrüm
oder triumvirum hat sich hier nicht gebildet, aber vielleicht auch
nicht bilden können, weil die Komparative in den Formeln des
Kurialstiles nur eine untergeordnete Bedeutung haben. Es kommt
dazu, dafs bei Formen wie purior die beiden r zwar zwei un-
mittelbar aufeinander folgenden Silben angehören, aber doch, auf
Anlaut und Auslaut verteilt, zwei Vokale zwischen sich haben,
wodurch das den Körnern Anstöfsige wesentlich gemildert wurde.
Formen mit dreifachem r sind allerdings sichtlich vermieden
Die Di88imilatioD der littera caniua. 5
worden; denn Plaut. Most. 394 Lor. ist pro prior als korrupt
anerkannt; Sen. contr. 10, 33, 19 haben Madvig und Kiesling
verbo magis proprio usus verbessert, wie schon Neue vermutete;
German. Arat. 4, 2 schreibt Bährens mit dem alten codex Pa-
risinus: vitavit fiammas proprio bene lucidus ore; und so mag
proprioribus einem Merobaudes (Carm. 5, 27) überlassen bleiben.
Rarior vermag ich im Augenblicke nicht aus Cicero zu belegen,
wenn auch Seneca rariores geschrieben hat.
Barbariora hat Ovid. Pont 3, 2, 78 als anai, etg. ge-
schrieben, man braucht nicht zu sagen, inkorrekt, aber doch in
einer Zeit, als dem Verbannten der sermo urbanus nicht mehr
an das Ohr schlug. Vgl. Trist. 3, 14, 49.
Über Komparative mit zwei r läfst sich etwa Folgendes
sagen. Gnarior kennt die Latinität vor Augustin nicht, sondern
als Ersatz tritt peritior ein, dessen beide r doch durch eine
Silbe getrennt sind. Perus weicht dem Komparativ aus (Neue
II2 131) zu Gunsten von ferocior; serior hat Martial 5, 6, 3
und verior ist allbekannt, wenn auch die Umschreibung mit magis
nicht minder selten. Dirior lesen wir bei Tertullian, während es
bei Cicero divin. 2, 36 durch die besseren codd. nicht unterstützt
wird; statt miriora sagt Plaut. Amph. 1107 magis mira, Mil.
539 magis miris modis statt mirioribus modis. Auch der Kom-
parativ von decorus versagt bei Quintilian und Tacitus, die (8,
3, 10. 11, 3, 156. Agr. 44) auf decentior greifen, etwa wie
sanctior für sacrior in die Lücke treten mufs. Endlich stellt
Quintilian 10, 1, 94 nebeneinander tersior ac purus magis
Horatius. Vgl. d. Vf. Comparation S. 32.
Dabei soll nicht bestritten werden, dafs sich diesen Beispielen
leicht andere gegenüberstellen lassen, welche das Gegenteil be-
weisen können. An avarior haben weder Plautus noch Cicero
Anstofs genommen, und des letzteren Wortspiel 'omnia prae-
clara rara' (Lael. 79) beweist zur Genüge, dafs er gegen den
knurrigen Laut abgehärtet war. Allein selbst Dutzende solcher
Stellen vermochten nicht die Gewifsheit zu geben, dafs keine
Strömung gegen die Wiederholung des r bestanden habe. Wurde
es aber einmal üblich magis mirus zu sagen, so blieb man bei
der Umschreibung auch da, wo sie nicht nötig war, im Neutrum,
magis mirumst, u. ä. Unter allen Umständen kann diese 'Frage'
nicht für sich allein, sondern nur im Zusammenhange mit den Be-
obachtungen auf andern Gebieten der Sprache entschieden werden.
6 Ed. Wölfflin:
Die Form pluriores, welche in dem französischen plusieurs
erhalten ist, hat das Spätlatein ertragen; wenigstens finden sich
keine Varianten bei Hilarius epist. ad Philem. 4 pluriori pro-
secutioni explicata; Vict. Vit, 3, 32 pluriores tortores; Fulgent.
uiyth. praef. 1 pluriora laniola; Facundus Hermauensis in ReifFer-
scheids Bibl. patr. I 54 quanto plurioribus offuerunt.
3. Konjugation.
Wenn wir die auf r auslautenden Verbalstamme und die
Endungen re, ri, rem, ris ins Auge fassen, so fällt unser Blick
zuerst auf fero, welches die Formen mit doppeltem r wie ferere,
fererem durch Synkope beseitigt Denn vor rr genierten sich
die Römer so wenig als die Griechen, während im Sanskrit
geradezu umgekehrt r im Anlaute unmittelbar aufeinanderfol-
gender Silben geduldet, rr dagegen vermieden wird. Gero wird
im Lateinischen anders behandelt; weil hier das r erst aus s
hervorgegangen ist uud zwar in einer Zeit, als fero seine Bildung
beendigt hatte, und weil zwischen den beiden s (gesese) der
Bindevokal bleiben mufste, um den Übergang in r zu ermöglichen.
Tero, terere mit ursprünglichem r ist somit der Analogie von
gero gefolgt, ebenso sero, knüpfe.
Für Formen wie laborare, merere, currere und die Desi-
derativa auf -urire gab es freilich kein Entrinnen, und so mufs
sich das Ohr an dieselben gewöhnt haben. Cicero schrieb sogar
in einem sorgfaltig stilisierten Briefe an Pompeius (Epist. 5, 7, 3)
cquod vererere*.
Dagegen wäre es wenigstens möglich, dafs die Abneigung
der Römer gegen r in aufeinander folgenden Silben den Abfall
der vollen Infinitivendung in ainarier, moverier, audirier be-
günstigt hätte. Auch wüfsten wir die Beobachtung, dafs der
Genetiv plural. der Partie, fut. act. in der klassischen Prosa (mit
Ausnahme von futurus) und auch in der augusteischen Poesie
(mit Ausnahme von Ovid met. 15, 835 venturorumque nepotum)
nicht vorkomme, kaum einfacher zu erklären. Raph. Kühner,
ausführl. Gramm. § 188, Anm. 8 giebt keinen Grund an, und
Alfr. Sommer, de usu partic. fut. act. 1881. p. 30 nennt die
Form vermieden, quippe cum aliquid absoni habeat. Die silberne
Prosa, namentlich Seneka, hat sie von den Dichtern angenommen.
Vollends ist eine Perfektreduplikation wie rerupi oder ru-
rupi (nach Analogie von tutudi) geradezu undenkbar; haben ja
nicht einmal die Griechen die mit q anlautenden Verba der
Die Dissimilation der littera canioa. 7
regelmäßigen Reduplikation unterzogen, sondern lieber mit Sq-
Qwya, £qq<oii(u (statt ^BQoya) zu einer Metathesis gegriffen.
4. Wortbildung. Ableitung.
Die Perfektreduplikation führt uns von selbst hinüber zu
der Wortbildung. Griechische Lehnwörter wie tartarus, purpura,
carcer (siculisch xapxapov), barbarus kommen natürlich hier nicht
in Betracht; in lateinischem Gewände wurde das letztere Fremd-
wort zu balbus (vgl. dial. Balbierer = Barbier), wie dem grie-
chischen yagyaQBcov das lateinische gurgulio (Kehle, Gurgel) ent-
spricht. Vergleichungsweise mag hier an balatro erinnert werden,
welches Acro ad Hör. Sat. 1, 2, 2 schwerlich richtig a balatu
ableitet, während die Erklärung mit aöarcog in Glossaren offenbar
auf barathrum deutet. Näheres findet der Leser in dem Pro-
gramm von Dr. Carl Jacoby 'Die Reduplikation im Lateinischen',
Danzig 1878. Ebensowenig verfolgen wir die Wörter, in denen
das doppelte r stehen geblieben ist, wie murmur (fioQfivQco!),
furfur, turtur, sondern beschränken uns zunächst auf die Schwä-
chung der Reduplikation, wie sie uns in susurrus entgegentritt,
indem, wie das ähnliche murmur wahrscheinlich macht, das r der
Anfangssilbe in die zweite übergetreten ist. Vergleichen läfst
sich der von Jacoby übergangene Name Cicirrus (= Circirus) bei
Uor. Sat. 1, 5, 52, den man mit Kikeriki oder Kampfhahn über-
setzt; vgl. xiTUQQog = äkexTQveiv bei Hesychius. Marmar =
Mars ist noch in dem Arvalliede erhalten, in jüngeren Ableitungen
dagegen ist das erste r aufgegeben, z B. in Mamertini, Mamu-
rius. Der sabinische Flufsname Farfarus (Ovid met. 14, 330)
verlor in der römischen Form Fabaris (Verg. Aen. 7, 715) das
erste r; und im Vulgärlatein sagte mau mamor statt marmor,
was freilich Pompeius Gramm, lat. V 283, 15 als Barbarismus ver-
wirft.
Eine andere Abhilfe gewährt die Verwandlung des einen r
in eine Liquida, 1 oder n (vgl. gurgulio); und ein solches Bei-
spiel böte uns Cancer (Gitter), wenn man das Wort als Neben-
form von carcer zu betrachten sich entschliefsen kann, wozu frei-
lich Gurtius, Vaniöek, Fick und Breal keine Lust zeigen, während
Zehetmayr (vergl. Wörterbuch 1879) es nahe legt. Festus (Paulus)
p. 46, 2 sagt nämlich: cancri dicebantur ab antiquis, qui nunc
per diminutionem cancelli.
Ob Seelmann S. 329 mit Recht auf Perperna, Perpenna hin-
gewiesen, kann bestritten werden. Der Ausgang des Wortes an
8 Ed. Wölfflin:
sich (taberna, lucerna) hätte kaum zu einer Assimilation geführt;
aber dafs die Römer zuerst Perpenna gesagt hätten, bleibt eine
blofse Annahme; vermutlich hat schon der etruskische Name per-
cenna (aus percedna) gelautet, wozu perperna, perpenna eine etwa
umbrische Nebenform sein dürfte. Perperna ein Ziegel von Chiusi.
Ganiurr. Append. zu Fabr. N. 415.
Neben f lagrare brennen (<pXdyc>) giebt es ein (nach R. Ellis,
Exeurs zu Catull p. 344 = p. 346 edit. II lautlich identisches)
Verbum fragrare stark riechen, welches dem Kehlkopfe des ge-
meinen Mannes weniger bequem lag. Hätte man sich nun auf
die Dissimilation fraglare riechen geeinigt, so wäre es ohne
Unglück abgelaufen; allein da in der Volkssprache 1 und r oft
ihre Plätze wechselten, wie in lerigio für religio, leriquiae, co-
lurnus corulnus, clustrum (Arch. I 111), ullageris (Arch. III 176),
grolia (neapolitanisch für gloria), so konnte es kaum ausbleiben,
dafs man auch flagrare für riechen sagte, wie telebra für terebra
nach Probi append. Gr. lat. IV 201, 19 K., oder wie die Stadt
Cararis auch Caralis und üalaris hiefs. Nun ging es, wie wenn
zwei Spaziergänger einander ausweichen wollen und nach derselben
Seite ausbiegen; flagro brennen, in seiner Existenz bedroht, zeigte
sich bereit den verlassenen Platz von fraglo einzunehmen, und
diese babylonische Verwirrung nahm so sehr zu, dafs Grammatiker
wie Nonius p. 438 einzuschreiten für nötig hielten. Vorsichtige
Leute wufsten nichts Besseres zu thun als sich des Wortes ganz
oder so viel als möglich zu enthalten; wie denn beispielsweise
in der Vulgata flagro nur an einer Stelle, Nuin. 1, 4 vorkommt,
ardere weit über 50mal. Vgl. Bücheier in den Jahrb. f. Philol.
105, 111.
Hier soll nur ein Punkt der verwickelten Kontroverse fest-
gestellt werden, nämlich, dafs flagrare brennen in der Litteratur
bis auf die Afrikaner das Feld behauptete. Für die klassische
Periode sieht man dies aus den Allitterationen Cic. Verrin. 4, 71
flagitiis flagrabunt, 4, 74 flagrantem usus flectet. Auch Tacitus
kann nur konsequent flagrare geschrieben haben, obwohl an 2
(von 32) Stellen, hist. 2, 31. 46 der cod. Medic. II fraglare bietet.
Von Fronto an dagegen zeigen die mafsgebenden Handschriften
eine solche Bevorzugung der Metathesis, dafs wir notwendig auch
an eine veränderte Taktik der Schriftsteller glauben müssen. Bei
Fronto selbst war man so billig, fraglare im Texte stehen zu
lassen, p. 27 (Marcus) desiderio fraglantissimo (= ardentissimo)
Die Dissimilation der littera canina. 9
50 (Fr.) epistulas fragl anter compositas, p. 5 und 34; allein bei
andern Autoren war man so unvorsichtig zu ändern. Florus 3,
5, 3 überliefert cod. Nazarianus Europae cupiditate fraglabat,
und 2, 18, 7 firaclans (wie ich nach eigener Kollation verbessere)
ignominia, d. h. es war im archetypus fraclans geschrieben; und
ein über r korrigiertes 1 (welches der Abschreiber als i las) sollte
einer Korrektur flagrans dienen. Bei Gellius sind die hand-
schriftlichen Zeugnisse für fraglo zu schwach und wenig zahlreich,
und über Tertullian dürfen wir uns zur Zeit kein Urteil erlauben,
obschon beispielsweise apol. 46 der cod. Erlang, so liest. Bei
Apuleius met. 4, 17 steht im Florent. fraglantia solis (editt. fla-
grantia; doch 4, 14 cod. richtig aestiva flagrantia), 4, 31 amore
fraglantissimo (editt. flagrantissinio), 5, 9 invidiae feile fraglantis
(ed. flagrantes), 6, 12 solis fraglantia (ed. flagrantia), und in der
Bedeutung 'duften' in demselben Florent. Metam. 2, 8 cinnama
fraglans (edit. fragrans), 4, 2 caliculos fraglantis (ed. fragrantes).
Vgl. noch 3, 9. 8, 22. Arnobius erscheint uns anfänglich als
Klassiker, da 2, 1 ardoribus avaritiae flagrans, 2, 17 aestatis fla-
granti as; 3, 30 aethera flagrantem vi flammea die Editoren im
Codex Parisinus finden, was sie wünschen; allein der Schein trügt,
und 4, 22 bewahrt die handschriftliche Überlieferung einen sol
fragrantissimus (ed. flagrantissimus), 5, 1 liquoribus odoratis fla-
-grantia (edit. fragrantia) pocula, 5, 6 sitiendi fraglantiam (edit.
flagrantiam). Das bedeutet wohl, dafs der Text in den ersten
Büchern korrigiert ist, in den letzten dagegen den Abfall des
Autors von der klassischen Norm zeigt. Dies wird durch Cyprian
bestätigt, dessen gute Überlieferung (cod. Seguierianus, Wirce-
burg. etc.) oft die vulgäre Metathesis verbürgt, pg. 12, 2 H. fra-
glant delicta (Hart, flagrant), 353, 2 aestate fraglantia (Hart, fla-
grantia) und öfter; append. Cypr. p. 20, 18 in fraglantia (var.
flagrantia), 135, 21 amore fraglant (edit. flagrant). Wir dürfen
somit aus dieser flüchtigen Rekognoscierung die Lehre ziehen,
dafs wir die Texte von Fronto an nicht mehr nach Zumpt ab-
korrigieren dürfen, und zugleich fallt ein Licht auf die Stellung
des (Afrikaners) Florus. Für Augustin, den man in der Reihe
der Afrikaner genannt zu sehen wünschen wird, ist es unmöglich,
etwas Bestimmtes zu sagen: civ. dei 11, 23 hat der Veronensis
(nach gefalliger Mitteilung von Prof. Eman. Hofmann in Wien)
amore fraglantem, dagegen 12, 21 amore flagramus. Für den
klassischen Gebrauch kann auch civ. d. 14, 8 die Allitteration
10 Ed. Wölfflin:
flagitiosus . . . flagrans geltend gemacht werden. Für Claudianus
Mamertinus vgl. Engelbrecht, Sprache des C. M. 1885. 92 ff.
(= Sitz.-Ber. d. Wiener Akad. 110, 512 ff.). In einem Gedichte
des Paschasius Radbertus (Poetae aevi Carolini, vol. III. 1886.
p. 48, vers. 82) steht flagrem (dufte) neben flavescam, womit die
Änderung von Mabillon fragrem widerlegt ist. (Von flagellum
bildet das Italiänische fragellare, peitschen.)
Das von ferveo nicht wohl zu trennende febris hat das r
der ersten Silbe eingebüfst, nach Pott, etyin. Forsch. II 550.
Corssen, Krit. Beitr. z. lat. Formenlehre S. 204. 394. Krit Nach-
träge 191. Nur kann die Etymologie keinen Anspruch auf Neu-
heit machen, da schon Nonius p. 46 das Wort natürlich nicht
*a feritate', sondern nach codex Harleianus ca fervitate' abgeleitet
hatte, worin jedenfalls eine Ableitung von ferveo steckt, nach
L. Havet Arch. I 318 ferviditas.
Um aber auf die Ableitungssuffixa überzulenken, so beginnen
wir am besten mit aris, alis, welche, wie längst bekannt und
schon von Plinius (bei Charisius I 135, 13 K. vgl. Priscian 4, 27)
erkannt, verwendet werden, je nachdem in dem Stamm worte ein
1 oder r vorkommt, z. B. vulgaris, militaris, consularis, singularis;
ruralis, floralis, muralis, pluralis. Nach dieser Kegel ist gebildet
intralia, die Eingeweide, franz. les entrailles. Vgl. L. Havet, Mem.
de la Society de linguistique, VI 27 f. (1885). Selbst die grie-
chische Sprache zeigt gelegentlich die Neigung p, q durch p, A
zu beseitigen, wie in yaQyakdmv neben yccgyccgemv, orgdXeog neben
6tq7]qos. Dafs der Siebmacher (xoöxlvotcoios) nach Glossen cri-
brarius hiefs, ist daraus zu erklären, dafs arius festes Suffix
zur Bezeichnung der verschiedeusten Gewerbe geworden war.
Von Ceres, Cereris bekam man entweder Cereralia oder mit Dis-
similation Cerelalia; da übrigens auch an zwei 1 im Anfange
zweier aufeinander folgender Silben Anstofs genommen wurde
(caeruleus = caeluleus; Parilia = Palilia^ keine Perfektredupli-
kation wie Xikouta), so warf man r lieber aus und sagte Cerealia.
Auffallend ist die archaische Bildung gnaruris = gnarus, wo-
von bekanntlich gnarurare, narrare.
Das gleiche Verhältnis besteht zwischen er um und dum:
simulacrum, lavacrum, fulcrum; periclum, oraclum. Es ist mir
daher nicht klar, warum Corssen, Krit. Beitr. 345 ff. eulum als
Normalform des Suffixes ansetzt und S. 348 von einer Verkür-
zung zu clum, namentlich in der archaischen Latinitäl spricht.
Die Dissimilation der littera canina. 11
Sollte nicht vielmehr clum die ursprüngliche Form sein und culum
unter Einflufs der Deniinutiva auf ulus, uluin entstanden? Im
Umbrischen ist ja das Suffix auch einsilbig. Es läfst sich damit
-brum (Ausnahme cerebrum, doch cerebellum für cerebrellum, ital.
cervello, frz. cerveau) und -bulum vergleichen.
Die mit -or und -ura gebildeten Ableitungen hat die Schrift-
sprache mit Erfolg geschützt, z. B. orator, oratorius; Cursor, cur-
sorius; fractura (Cato). Dafs der römische Familienname Plae-
torius = Praetorius sein solle, wie Corssen glaubt, ist nicht
wahrscheinlich. Sollte nQiötig den lateinischen Feminina auf rix
ähnlich gemacht werden, so wäre man auf pristrix gekommen,
begnügte sich aber mit der Metathesis pistrix.
Bei crebresco (von creber) sind die beiden r berechtigt,
aber das zweite in gewissen Formen (percrebui) gefallen, worüber
Bücheier genaue Nachweisungen giebt; bei rubesco dagegen ist
kein r ausgefallen, da das Inchoativum sich nicht an ruber an-
lehnt, sondern an den in rubigo erhaltenen Stamm.
5. Zusammensetzung.
Impraesentiarum hat Corssen, Ausspr. II 869 = in prae-
sentia harum (nämlich rerum) erklärt und die Zustimmung von
Eberhard in der Berliner Zeitschr. f. Gymn. 1873. 846 gefunden 5
allein es erscheint viel ratsamer zu der alten Erklärung in prae-
sentia rerum zurückzukehren. Hand Turs. 3, 234 ff. Denn so-
bald die Worte in eines zusammenflössen, unterlag das ohnehin
schon langgestreckte Kompositum den Gesetzen, die wir in Sti-
pendium = stipipendium, gratulari = gratitulari, venificium =
venenificium, calamitosus = calamitatosus, cordolium = cordidolium
wirksam finden, Nun wurde aber rerum auch sonst in der Kon-
versationssprache ohne zwingende Notwendigkeit in Formeln wie
dulcissime rerum, quid rerum geritis angehängt, auch in ita
rerum (Tertull. adv. Valent. 14), welchem tunc locorum (Tert. de
pallio 4), postea loci u. a. verglichen werden mag. Tert. Scorp.
1 lesen wir sogar nunc praesentia rerum, und Schol. Bob. Cic.
284, 32 Or. das volle in praesentia rerum (cod. in praesentiarum
rerum). Die Verkürzung ist somit nicht nur wegen der littera
canina erfolgt, sondern mit dem gleichen Rechte wie in den oben
genannten Zusammensetzungen, und so gut wie in horrifer =
horrorifer.
Am nächsten aber liegt es, auf die Partikelzusammensetzung
zu achten und zwar auf Präpositionen wie per, prae, pro. Daijs
12 Ed. Wölfflin:
peiero aus per und iuro zusammengesetzt sei, sollte beute nicht
mehr bestritten werden, da man weifs, dafs Ableitungen von
Komparativen wie minorare, peiorare, certiorare erst in der afri-
kanischen Latinität auftauchen; auch waren die am Buchstaben
streng festhaltenden Römer am allerwenigsten das Volk, um einen
Meineid als eine Verschlimmerung zu bezeichnen. Peregrinus
wurde im Volksmunde zu pelegrinus (die inschriftlichen Belege
bei Seelmann), pellegrino, pelerin, Pilgrim. Praestigiae (franz.
prestige) ist in der klassischen Litteratur anerkannt gewesen, ob-
wohl es eigentlich praestrigiae heifsen sollte, nach dem bekannten
Verse des Caecilius Statius, com. 209 Rib. Praestrigias praestrin-
xit commoditas patris. Sollte damit nicht zusammenhängen,
dafs man in der Verbalkomposition so oft prae = praeter gesetzt
hat, z. B. praegredi castra, Livius 35, 30, 11 am Lager vorüber
marschieren, während doch niemand iu für inter zu setzen ge-
wagt hat?
Prorigere hat die Sprache nicht geduldet, sondern zu por-
rigere (Intensivuin porrixare bei Apuleius) umgewandelt, wie
auch prurigo, inis (prorigo) eine Nebenform porrigo, iuis erhielt.
Bücheler a. a. 0. 117 f. Es war schon aus diesem lautlichen
Grunde bedenklich, den Namen des Gestütknechtes proriga
(auch peroriga) bei Varro und Plinius verteidigen zu wollen;
doch ist die Form nun durch Keil i Arch. I 290) beseitigt. Man
konnte sich auf diese Weise auch expergiscor = exporgiscor
(erwachen = anlangen die Glieder zu strecken) erklären, wenn
die Form exporgiscor sich nachweisen liefse; doch kommt man
auch mit pergo (per, rego) aus.
Ar hält sich unbeanstandet in arvorsuni; darum sagt man
aber nicht etwa arcredo, arcresco, arprobo, artribuo.
Beharrlichen Widerstand hat aber die Sprache der Kompo-
sition von re und mit r beginnenden Verben entgegengesetzt:
von *rerigo oder *reripio oder *rerumpo findet sich nirgends
eine Spur, obwohl (prorigo^ porrigo, proripio, prorumpo, welche
das Gegenteil bedeuten, ganz gewöhnlich sind; es bestätigt dies
unsere zu *rerupi gemachte Bemerkung, dafs r im Anlaute zweier
Anfangssilbeu den Römern am wenigsten sympathisch war; da-
gegen wurden die beiden r hingenommen, wo sie der Stammsilbe
angehörten, wie in rar-o, rar-a, ror-em, rur-o (Landwirtschaft
treiben), ebenso einem refringo, regredior, resurgo, refornio keine
Schwierigkeiten in den Weg gelegt.
Ed. Wölfflin: Die Dissimilation der littera canina. 13
Schon Bücheier hat richtig bemerkt, dafs der Trieb zur Dis-
similation zweier r (beziehungsweise Auswerfung des einen) in
der Volkssprache wurzelte, dafs aber die Schriftsprache dieser
Bewegung einen Damm entgegensetzte, indem sie die bereits voll-
zogenen Umwandlungen zwar annahm, aber den status quo ge-
wahrt wissen wollte; schon in der allerersten Kaiserzeit versuchte
die Volkssprache proprius auf propius zu vereinfachen (Corp.
inscr. lat. 9, 2827) ohne durchzudringen; manches haben erst die
romanischen Sprachen nachgeholt. So finden wir im Italienischen*)
albero, Baum = arbero, wie alfrergo = althochd. heriberga (Diez
etym. W. I 13), schon im cod. Bamberg. E. III 14 der um-
gearbeiteten Epit. Caes. (Galba): intrante in aliperga; reclutare
rekrutieren (von recrescere), conquidere neben franz. conquerir,
Liperata statt Riparata (vita Benven. Gellini, ed. Sonzogno, p. 7),
prete neben franz. pretre (presbyter); altfranz. aubre, maubre
(Baum, Marmor), penre = prenre nehmen, fortelesce, serouge neben
serorge (sororius, Schwager; vergleiche damit die lateinische Form
consobrinus = consororinus) , belfroi neben berfroi (= bergfrit,
Wachtturm), trai'te neben neufranz. traitre; franz. proue = prora,
rancune (altfrz. rancure, latein. rancor), Treves Trier u. s. w. An
die Stelle von soror ist im Ital. das Deminutiv sorella getreten,
und das Französische ist ausnahmsweise nicht von dem Accus,
sorörem ausgegangen (woraus etwa sereur geworden wäre), son-
dern von dem Nomin. söror. Bücheier gedenkt seinen so lehr-
reichen Aufsatz gelegentlich in neuer, vermehrter und verbesserter
Gestalt vorzulegen. Wenn auch vorstehende Zeilen nur als ein
Beitrag zur Lösung der Aufgabe zu betrachten sind, so enthalten
sie doch wohl das eine und andere, um dazu anzuregen das
gleiche oder abweichende Verhalten und Verfahren anderer Sprachen
schärfer zu beobachten; vor allem aber werden wir darauf zu achten
haben, in vulgären oder spätlateinischen Texten die handschrift-
lich überlieferten dissimilierten Formen herzustellen, auch wenn
sie mit der Latinität Ciceros im Widerspruch stehen.
München. Eduard Wölfflin.
*) Anormal: cristero Klistier, scramare = exclamare.
Die Natur im Sprichwort.
Iu einer grofsen, man kann wohl sagen, der gröfsten Zahl
von Sprichwörtern lebt trotz ihrer rein praktischen Tendenz
ein echt poetischer Geist. Indem nämlich das Sprichwort sich
nicht begnügt, einen allgemeinen Gedanken in der abstrakten,
anverbrämten Form auszudrücken, sondern ihn unter dem Ge-
wände der Analogie verhüllt und ihn anschliefst an einzelne kon-
krete Vorgänge im Natur- und Menschenleben, schlägt es im
Grunde dieselbe Bahn ein, wie die Poesie. Von dieser Seite be-
trachtet erscheint uns das Sprichwort nicht blofs als „die Weis-
heit der Gasse", sondern zugleich als das poetische Element der
Volkssprache. Wohl nirgends zeigt sich dies deutlicher, als in
denjenigen sprichwörtlichen Sentenzen und Wendungen, welche
sich auf die allgemeinen Formen und Erscheinungen im Leben
der uns umgebenden Natur beziehen. Haben doch auch von
jeher sich die Dichter bemüht, die subjektiven Stimmungen der
Seele mit der Aufsenwelt durch Vergleiche und Metaphern in
Zusammenhang zu setzen und dadurch zu objektivieren. Und
gerade die Dichter sind es auch, welche von den hierher gehörigen
Sprichwörtern gerne und oft Gebrauch machen. Für uns ent-
steht aber dadurch eine Schwierigkeit insofern, als sich nicht
überall mit Sicherheit bestimmen läfst, wo der blofs dichterische
Sprachgebrauch oder das Eigentum des einzelnen Dichters auf-
hört und das allgemein übliche Sprichwort beginnt.
Sowohl die Poesie, als die Redeweise des Volkes zerlegt
sich abstrakte Begriffe, wie Welt, Erde, Zeit, in die konkreten
Bestandteile Himmel und Erde, Land und Meer, Tag und Nacht u. a.
Als sprichwörtlich \verden solche Verbindungen erst empfunden
in gewissen Redensarten, wie wenn terra marique quaeritare
gesagt wird anstatt omnibus locis: Plaut. Poenul. prol. 105 Filias
pater mari terraque usquequaque quaeritat. Cic. ad famil. V 9 2
Ego tarnen terra marique ut conquireretur praemandavi. Sali.
A. Otto: Die Natur im Sprichwort. 15
Catil. 13 vescendi causa terra marique omnia exquirere. Vgl. Plaut
Pseud. 317 Aut terra aut mari alicunde aliqua evolvam id argentum
tibi. Von dem, der in der Aufregung und im Zorn lauten Lärm
schlägt und sich wie wütend gebärdet, hiefs es caelum et terras
miscet (confundit), wobei offenbar der Gedanke an das wild em-
pörte Meer vorschwebte (Verg. Aen. 1 133. V 790. Beide Stellen
sind nicht sprichwörtlich!): Liv. IV 3, 6 Quid tandem est, cur
caelum et terras misceant? Juven. 2; 25 Quis caelum terris non
misceat et mare caelo? 6, 283 clames licet et mare caelo Con-
fundas.*) So schon die Griechen: yrj ovQavbv öwdmeiv xal yij
&dAaööav avayuyvvvai. Diogen. II 19. Append. prov. 1 69. Lucian.
Prometh. 9. — Dieselbe Verbindung begegnet uns bei Plaut Pers.
604 A terra ad caelum quidlibet (licet percontari) und bei
Petron 44 narratis quod nee ad caelum nee ad terram pertinet,
was gar nicht zur Sache gehört Der griechische Ursprung der
letzteren Phrase erhellt aus Lucian Pseudomart. 54 oxtei pot xqtj-
öfiovg STte^itpsv ovte yrjg, (paöiv, ovxs ovQavov ayttofiiuovg. —
Eine ganz abweichende Anschauung liegt zu Grunde bei Tertull.
de speetac. 25 Quäle est enim de ecclesia dei in diaboli ecclesiam
tendere, de caelo, quod aiunt, in caenum, vom Himmel zur Hölle*
adv. Marc. IV 7 de caelo statim ad synagogam, ut dici solet**).
An die weite Ausdehnung des Himmels erinnert Petron 45
ubique medius caelus est, die Welt ist immer die gleiche***), und
der Ausdruck toto caelo errare, um das ganze Firmament irre
gehen d. h. gänzlich auf dem Holzwege sein (vgl. unser „himmel-
weit verschieden"): Macrob. sat III 12, 10 venit in mentem toto,
ut aiunt, caelo errasse Vergilium. Augustin de gen. ad litt. I 19, 39
(Migne XXXIV 261) ita delirare, ut, quem ad modum dicitur,
toto caelo errare conspiciens risum tenere vix possit. c. Faust 20, 6
(42, 371 M.) toto caelo, ut dicitur, erratis. Vgl. Aristoph. Ran. 1136
svfrvg yaQ ^fta'^rcqrei/ ovqccvlov oöov. — Das Schlimmste, was
den Menschen begegnen könnte, wäre der Einsturz des Himmels:
*) Vgl. Vellei. 2, 2, 3 (von Tib. Gracchus) summa imis miseuit, und
Sali. Gat 2, 3 omnia miscere. Die Red.
**) Auf ein älteres Vorbild der allitterierenden Verbindung von caelum
und caenum weist E. Wölfflin hin (die allitt. Verb, der lat. Sprache S. 31):
Livius Drusus hatte gesagt, er hinterlasse nichts, nisi quis aut caenum di-
videre vellet aut caelum (Flor. III 17, 6. de vir. illustr. 66.)
***) Vgl. „Der Himmel ist uns überall gleich nahe" (Düringsfeld , die
Sprichw. d. germ. u. roman. Spr. I 732), und Anazagoras bei Cic. Tusc. 1,
104 undique ad inferos tautundem viae est
16 A. Otto:
Varro bei Non. p. 434, 24 Tanta porro invasit cupiditas honorum
plerisque, ut vel caelum ruere, modo magistratum adipiscantur,
exoptent. Hör. carm. III 3, 7 Si fractus illabatur orbis Impavidum
ferient ruiuae. Senec Quaest nat. VI 32, 4 securus adspiciet
fulminantis caeli trucem atque horridam facieni, frangatur licet
caelum ff. Vgl. Probus zu Verg. Ecl. VI 31 Afranius etiam in
Augure: Mare, caelum, terram ruere ac tremere diceres (Ribb.
fr. com8, p. 166). Aber nur der übermäfsig Zaghafte sagt quid,
si nunc caelum ruat? (Ter. Heaut. 719 redeo ad illos qui aiunt
q. s. n. c. r. und dazu Donat.) Vgl. Theogn. 869 "Ev poi ixsiza
Ttiooi (idyag ovQctvog svQvg vnsQftev ga'Axiog, äv&Qcixa>v detfuc
Xaiuuyevi&v. Auch einige deutsche Sprichworter sehen den
Einsturz des Himmels vor, z. B. Wenn der Himmel einfiele,
wären alle Spatzen gefangen.*)
Zahllos sind die Sterne am Himmel. Ov. trist. I 5,46 quot
in aethere sidera lucent. Rutil. Naniat. Itin. I 94 Ut si quis
Stellas .pernumerare velit. Catull. 7, 7 aut quam sidera multa,
cum tacet nox. Vgl. Callim. hymn. IV 175. Müssigganger ver-
treiben sich die Zeit damit, dafs sie die Sterne zahlen: Petron 62
Sedeo cantabundus et Stellas numero. Auch die Griechen sagten
aötigag apröfiffg Diogen. I 15 (Paroemiogr. gr. II p. 4). Unser
Vergleich „schon wie ein Stern" findet sich schon bei Hom. II.
VI 401 ivaUyxiov aötsQt xaXä und danach bei Hör. carm. III
9, 21 quamquam sidere pulchrior Ille est — Zu den Sternen
versetzt, d. h. unsterblich zu werden, ist das Streben aller der-
jenigen, die Ruhm suchen (vgl. ad caelum, ad astra efferre). In
diesem Sinne sagt Verg. Aen. IX 641 sie itur ad astra, was später
zu einem geflügelten Worte geworden zu sein scheint: Senec. ep.
48, 7 Sic itur ad astra? 73, 13 Credamus itaque Sextio mon-
stranti pulcherrimum iter et clamanti: Hac itur ad astra.**) Vgl.
Hör. Carm. I, 1, 36.
Der Mond scheint ins Sprichwort der Römer überhaupt
nicht Eingang gefunden zu haben; eine um so gröfsere Rolle
spielt die Sonne, das hellstrahlende und wärmende Gestirn des
*) Zu der Redensart pugnare cum diis (Archiv III 207) Bei nachtrag-
lich noch hinzugefügt Salvian gnb. dei VI 4, 24 quasi caelum oppugnamus.
**) Zum Gedanken vgl. Ov. trist. IV 3, 74 ardua per praeeeps gloria
vadit iter. Pseudo-Sall. de re publ. II 7, 9 ad virtutem via ardua est.
Cyprian de hab. virg. 21 Non est ad magna facilis ascensus. „Der Weg
zum Himmel führt durch Kreuzdorn. "
Die Natur im Sprichwort. 17
Tages. Dafs die Sonne vom Himmel fallen könnte, erscheint
ebenso undenkbar, wie der Einsturz des Himmels selbst: Gic. ad
Att IX 10, 3 8ol excidisse mihi e mundo videtur, ich hätte eher
alles für möglich gehalten. — Unser „es ist noch nicht aller
Tage Abend" steht bei Livius XXXIX 27, 9 nondum omnium di-
erum sol occidit. — Die Sonne sieht alles (darum heifst es bei
Plautus Stich. 110 von einem trefflichen Menschen meliorem neque
tu reperies, neque sol videt, einen Besseren bescheint die Sonne
nicht) und leuchtet allen ohne Unterschied: Petron 100 sol Om-
nibus lucet*), die Natur verteilt allen ihre Gaben. Gleich-
wohl giebt es nach einem dem alten Cato in den Mund gelegten
Worte Leute, die, weil sie die Nacht zum Tage machen (Liv.
XXXI 41, 10 per somnum vinumque dies noctibus aequarent.
Verg. Aen. IX 337), noch nie den Aufgang oder Untergang der
Sonne erblickt haben: Cic. de fin. II 8, 23 qui solem, ut aiunt, nee
oeeidentem umquam viderint, nee orientein. Colum. praef. I 16
dies ludo vel somno consumimus ac nosmet ipsos dueimus for-
tunatos, quod nee orientem solem vidimus, nee oeeidentem. Senec.
ep. 122,2 Sunt quidam in eadem urbe antipodes, qui ut M. Cato
ait, nee orientem umquam solem viderunt, nee oeeidentem. Die
griechische Quelle findet sich bei Athen. XII p. 520 A od'Bv xal
Qrjd'ijvai ort tbv ßovkofievov iv UvßccQSt pi} tcqo fioLQCcg aito&a-
velv ovte dvofievov ovte avi6%ovta tbv fjXiov bgäv öet. Vgl.
VI p. 273 C. Wieder andere tappen bei hellem Tage im Dunklen,
sind mit sehenden Augen blind: Quintil. I 2, 19 cum proferenda
sunt studia, caligat in sole. Prudent. in Symmach. I 577 spien -
dentemque die medio non cernere solem. Es giebt sogar solche,
die so leichtgläubig und dumm sind, dafs sie sich bei Tage ein-
reden lassen, es sei Nacht: Titin. bei Non. p. 277, 16 qui illuni
sat sciat Delicere et noctem facere possit de die. Plaut. Bacch.
699 Si tu illum solem esse dixeris Se illam lunam credere esse,
et noctem qui nunc est dies. Petron. 37 mero meridie si dixerit
illi tenebras esse, credet. Vgl. Boeth. consol. phil. III 10 v. 17
Hanc quisquis poterit notare lucem Gandidos Phoebi radios ne-
gabit und Cic. Att. I 1, 1 Catilina, si iudicatum erit meridie non
lucere, certus erit competitor d. h. niemals. — Vergebliche und
thörichte Mühe ist es, bei lichtem Tage der Sonne, die doch
*) Zum Gedanken vgl. Ovid. Metam. I 136. VI 360. Symmachos ep.
XI 1. Wir behaupten das Gleiche von der Luft.
Archiv für lat. Lexikogr. IV. Heft 1. 2
18 A. Otto:
selbst hell genug ißt, in die Augen zu leuchten, rjM<p <päg 6a-
vsl£siv (Apost. VIII 51): Cic. de fin. IV 12, 29 ut in sole, quod a
te dicebatur, lucernam adhibere nihil interest. Quintil. V 12, 8 in
rebus vero apertis argumentari tarn sit stultum, quam in clarissi-
mum solem mortale lumen inferre. Arnob. I 27 et snb sole cla-
rissimo cum lucernis et facibus permigrare vastitatem. Symmach.
ep. III 48 ut si in sole positis facem praeferas et accensu lu-
minum claritudinem diei gestias adiuvare. Ennod. p. 39, 7 Vog.
quasi lychnis contra solis radios pugnaturi. p. 40, 15 sol facibus
non iuvatur. p. 52, 22. 73, 14 Supervacuis ad beneficia laborat
impendiis, qui solem certat facibus adiuvare. Vgl. noch kv%vov
iv fisörj^ßQLcc anxBiv Diogen. III 12 und Senec. de vit. beat. 27, 1. —
Doch heifst es mit scherzhafter Übertreibung bei Plaut. Menaechm.
180 solem vides Satin ut occaecatust prae huius hominis can-
doribus?, und mit ähnlicher Übertreibung nennen die Römer das,
was sonnenklar ist, luce clarius: Cic. Catil. I 3, 6 Luce sunt cla-
riora nobis tua consilia omnia. pro Mil. 2, 6 clariores hac luce.
pro Cael. 9, 22 signis omni luce clarioribus. de fin. I 21, 71 ea,
quae dixi, sole ipso inlustriora et clariora sunt. Tuscul. I 37, 90
quod est luce clarius. de divin. I 3, 6 solis luce — clarius. Arnob.
I 147 sole ipso est clarius. I 54 quod nisi aperta res esset et luce
ipsa, quem ad modum dicitur, clarior. Tertull. adv. Marc. IV 1
et luce ipsa clarius. de resurr. carn. 20 quaeque luce clarius
praedicarentur. Hieron. adv. Ioann. Hieros. 10 p. 417 sole clarius.
Augustin. Patrol. XLTI col. 105. 735. 750. 782.
Wie man das Deutliche und Bestimmte mit der Helle der
Sonne vergleicht, so im Gegensatze dazu das Dunkle und Un-
gewisse mit dem Nebel. (Vgl. Hör. carm. 111 15, 6 Et stellis
nebulam spargere candidis.) So braucht man per nebulam videre
von ungenauer Wahrnehmung (im eigentlichen, wie im über-
tragenen Sinne): Plaut. Pseud. 403 quae quasi Per nebulam nos-
met scimus atque audivimus. Capt. 1023 quom mecum cogito, —
Quasi per nebulam Hegionem meum fratrem vocarier. Für nebula
setzte man später geradezu caligo: Cic. de fin. V 15, 43 vis naturue
quasi per caliginem cernitur. Philipp. XII 2, 3 Quod videbam
equidem, sed quasi per caliginem. Petron9 Quasi per caliginem vidi
Gitonem. Plin. ep. V 8, 8 adhuc tarnen per caligineui video, wie
im Traum. In diesem Sinne ist auch zu verstehen Macrob. Comm.
in soiun. Scip. I 3, 7 inter vigiliam et adultam quietem in quadani,
ut aiunt, prima sonini nebula adhuc se vigilare aestimans. Daher
Die Natur im Sprichwort. 19
sind Nebel und Wolken zugleich ein Bild des Wesenlosen, Eitlen,
Trugerischen: Plaut. Poen. I 2, 62 Cuius ego nebulae cyatho septem
noctes non emam. Hör. a. p. 230 dum vi tat humum, nubes
et inania captat. Vgl. Pers. 5, 7. (Gell. n. a. VIII 10 lemm.
nebulae quaestionum verfängliche Fragen.) Plaut. Epid. III, 4, 40
Quas tu mihi tenebras cudis? welche heimliche Listen ersinnst
du? Einen Menschen, der anderen „blauen Dunst vormacht",
nennen die Römer einen nebulo. — Als Gegensatz zu etwas Hartem
und Rauhem findet sich nebula bei Plaut. Cas. IV 4, 21 Nebula
haud est mollis atque cutis huius est. —
Auch Luft und Wind bilden einen Kontrast zu Festem und
Sicherem. Wer auf Hoffnung jagt, fangt Nebel oder baut Luft-
schlösser: Augustin. serm. 8, prooem. (MigneXXXVlII 67) ne sub-
tracto fundamento in aere aedificare videamur. ibid. col. 30 ne sub-
tracto fundamento rei gestae quasi in aere quaeratis aedificare.
Arnob. II 62 spe — aeria blandiatur. Gleichbedeutend ist ventos
pascere bei Augustin. c. Faust 15, 6 (42, 309 M.). Wer vom Winde
leben will, mufs sehr geringe Bedürfnisse haben: Cod. Just. V
50, 2 Nee ferendus est iuvenis, qui . . . sumtus recuset, quasi
vento vixerit. Thöricht ist es, wider die Winde zu streiten d. h.
mit wesenlosen Gegnern zu kämpfen, gegen die man nichts aus-
richten kann: Petron. 83 dum cum ventis litigo. Augustin. de ag.
Christ. V 5 (Migne XL 294) ne putent stulti adversus aerem nos
debere certare. Hieron. adv. Rufin. I 15 p. 47 1 stultum est pugnis
aerem verberare. Claud. Mamert. III 16 p. 187, 19 Eng. in auras
tela iacere et sine hoste pugnare.*) Und ebenso verkehrt, weil
unmöglich, ist es, in der Luft zu pflügen, oder zu fischen: Ov.
trist. I 8, 3 Caelum findetur aratro. Plaut. Asin. 99 Jubeas me
— piscari in aere. Ov. ex Pont. II 6, 37 remo tarnen utor in
aura. Griechische Analogieen sind avfyovg yeagyetg Zenob. I 99.
öiKtvGi avspov ftriQ&g Zenob. III 13. aiftiga vr\vh\kov igsööetg
Diogen. Vindob. I 15. -Vgl. Düringsfeld Sprichw. der german.
und roman. Sprachen II 379 f. — Luft und Wind sind leicht ver-
änderlich, man darf ihnen nicht trauen. „Menschen und Wind
*) Bei Verg. Aen. V 446 Entellus vires in ventum effudit ist zwar die
wörtliche Auffassung möglich, doch hat wohl zugleich die sprichwörtliche
Phrase dem Dichter vorgeschwebt. Das Gleiche gilt von Catull 64, 111
Nequiquam van iß iaetantem cornua ventis, wozu das griechische Vorbild bei
Cic. ad Att. VIII 5, 1 erhalten ist: noXXa pdvriv %eqdtaaiv ig rjSQCt ih>p>j-
vavta. Vgl. Ov. Metam. VII 775 vanos exercet in aera morsus.
20 A. Otto:
ändern geschwind": Prop. II 9, 33 Non sie incerto mutantur fla-
mine Syrtes. (II 5, 1 1 f.) Ov. ex Pont. IV 3; 33 aurä incertior.
Calpurn. ecl. 3, 10 mobilior ventis femina.*) Zugleich sind die
Winde auch das schnellste Element (vgl. unser „schnell wie der
Wind"): Plaut. Bacch. 290 neque aves, neque venti citius. Verg.
Aen. V 242 Noto citius. VIII 223 Fugit ilicet ocior Euro. XII 84
Qui candore nives anteirent, cursibus auras. XII 733 Fugit ocior
Euro. Hör. carm. II 16, 23 Ocior cervis et agente nimbos Ocior
Euro. Stat. Theb. VI 521 volat ocior Euro. Sil. Ital. II 173 ocior
Euro. Nemes. ecl. 4, 14 rapidis fugacior Euris. Claudian. I 100
rapido velocior Euro. — Worte, die in den Wind gesprochen
werden, sind vergebens gesprochen: Lucr. IV 931 tu fac; ne ventis
verba profundain. Ainm. Marc. XV 5, 8 ventis tarnen loquebatur
incassum. Suidas: av€(iG> öiaXiyetg. Paul, ad Cor. I 14, 9. Darum
ist es die stehende Klage der Dichter, dafs die Winde ihre
Bitten und Schwüre verwehen könnten oder verweht haben:
Catull 64, 142 quae euneta aerii discerpunt irrita venti. 74, 52
inrita ventosae linquens promissa procellae. 65, 17 tua dieta
vagis nequiquam credita ventis. Verg. Aen. X 652 nee ferre videt
sua gaudia ventos, und dazu Servius, XI 795 (voti) partem vo-
lucris discerpit in auras. 798 in notos vocem vertere procellae.
Tibull. I 5, 35 quae nunc Eurusque Notusque Jactat odoratos
vota per Armenios. III 4, 9 et iubeat tepidas inrita ferre notos.
Prop. I 16, 34 At mea nocturno verba cadunt zephyro. Ov. am.
I 6, 42 Verba dat in ventos aure repulsa tua. I 4, 11 nee euris
Da mea, nee tepidis verba ferenda notis. 8, 106 tulerint voces
ventus et aura meas. II 8, 19 periuria ferre per auras. ep. 2, 25
ventis et verba et vela dedistf (= me fefelliati). Culex 383 Et
mea diffusas rapientur dieta per auras. Claudian. XXXVI 133
procul irrita venti dieta ferunt. Voran gehen auch hier wieder
die Griechen: Eurip. Troad. 419 avifiotg <peQe6&cu didtofti. Theoer.
Id. XXIX 35 AI dl tavra cpEQSiv avipoiöiv imtQsnsig. Doch
fügen die Römer zu den Winden noch die Wolken: Catull. 30, 9
tua dieta faetaque Ventos irrita ferre ac uebulas aerias sinis.
Verg. Aen. IX 312 sed aurae Omnia discerpant et nubibus
irrita donant. Tibull. (Lygdamus) III 6, 27 venti temeraria vota
Aeriae et nubes diripienda ferant. Wind und Wellen erscheinen
*) Ov. ep. 17 (18) 185 Cumque niinaa iirmum nil sit, quam ventus
et unda In ventis et aqua spes mea semper erit?
Die Natur im Sprichwort. 21
Yerbunden bei Tibull. I 4, 21 Veneris periuria venti Inrita per
terras et freta longa ferunt. Prop. II 28, 8 Quidquid iurarunt,
ventus et unda rapit. Ov. am. II 16, 46 ventus et unda ferant.
trist. I 8, 3J5 Cunctane in aequoreos abierunt.irrita ventos, Cunc-
tane Lethaeis mersa feruntur aquis? Ahnlich wie Tibull läfst
auch Ovid die Winde das Gesprochene ins Meer tragen: a. a. I
388 dicta per mare ventus agit. am. I 8, 19 Tu dea, tu iubeas
animi periuria puri Carpathium tepidas per mare ferre notos, und
ebenso schon Theoer. Id. XXII 167 rä {feig vyQOv ä%sxo xv(ia
nvoLTi ijjovd avsfioio. Von Traurigkeit und Furcht spricht den-
selben Gedanken aus Horaz carm. 1 26, 1 tristitiam et metus Tradam
protervis in mare Creticum Portare ventis. Und gleichbedeutend
ist der Wunsch, es möge etwas sich in Luft, Staub oder Wasser
verwandeln: Prop. II 16, 45 Haec videam rapidas in vanum ferre
procellas, Quae tibi terra velim, quae tibi fiat aqua. Ov. ep. 1, 79
hoc crimen tenues vanescat in auras. (Tibull. IV 4, 8 In pelagus
rapidis evehat amnis aquis. Catull. 66, 85 Ulius a mala dona
levis bibat irrita pulvis.)
Sturm und Regen ist für die Phantasie ein Bild des Unglücks,
der Heimsuchungen. Aber auf Regen folgt Sonnenschein, post
uubila Phoebus. Dieser Gedanke kehrt schon bei den Römern
öfter wieder: Tibull. III 6, 32 Venit post multos una sereua dies.
Prop. II 28, 32 Et deus et durus vertitur ipse dies. Ov. trist. II
142 Nube solet pulsa candidus ire dies. fast. I 495. Senec. ep.
107, 8 Nubilo serena succedunt. Hör. carm. II 9, 1 Non semper
imbres nubibus hispidos Manant in agros ff. (vgl. II 10, 19 neque
semper arcum tendit Apollo). — Vom strömenden Regen sagte
man im Volke urceatim pluit (Petron. 44), es regnet wie mit
Kannen, und eine leicht erreichbare Sache vergleicht Plautus
mit dem fallenden Regen: Capt. 336 Tarn hoc quidem tibi in
proelivi est, quam imber est, quando pluit. — Ein blofser Tropus
ist wohl der Vergleich einer zahlreichen Menge mit den Hagel-
körnern (vgl. unser „hageldicht"): Auct. bell. Afr. 47, 1 cum saxea
grandine. Sil. Ital. II 38 resonant saxorum grandine turres. IX
578. Amm. Marcell. XIX 1 , 8 ritu grandinis — convolantibus
telis. Prudeni cathein. V 98 gelida grandine densius. — Wie der
Blitz am liebsten die höchsten Gegenstände trifft, so sind grade
die Höchstgestellten dem Falle am nächsten: Hör. carm. II 10, 11
Feriuntque summos Fulgura montes. Senec. Agam. 96 feriunt
celsos fulmina colles. Hippol. 1132. Claudian in Ruf. I 22. Am
22 A. Otto:
meisten sind sie dem Neide und der Mifsgunst ausgesetzt:
LucrezVll31 invidia quoniauj, ceu fuloiine, summa vaporani.
Liv. VIII 32, 7 etiam invidiam, tamquam ignein, summa petere.
Ov. rem. am. 369 Summa petit Livor — Summa petunt dextra
fulmina missa Iovis. Der Gedanke findet sich schon bei Hero-
dot VIII 10 OQag rä vitBQi%ovxa £cia Gig xsQawol 6 &£og.
Was ohne Bestand ist, zergeht wie Eis und Schnee au der
Sonne: Ov. a. a. I 374 Ut fragilis glacies interit ira morä. Plaut.
Stich. 648 quasi nix tabescit dies*). Ähnlich ist Ov. ep. 13, 52
more nivis lacrimae sole madentis eunt. — Das glänzende Weifs
des Schnees beziehen die Dichter mit Vorliebe auf die weibliche
Schönheit: Catull. 80, 2 candidiora nive. Ov. Metam. VIII 373.
ex Pont. II 5, 38. ep. 15 (16) 249. Mart. 1 115, 3. II 29, 4. IV 42, 5.
V 37, 6. VII 32, 2. XII 82. 7. Senec. de beu. VII 24, 1. El. ad Maecen.
1,62. schol. luven. VI 155. Claudian XXXI 126. Auson. parent.
5, 6. Schon Homer nennt die weifsen Rosse des Rhesus Xevxo-
tcQa %iovog (II. X 437. nachgeahmt von Verg. Aen. XII 84).
Das Wasser selbst in seinen mannigfachen Erscheinungs-
formen und Verwendungen liefert dem Sprichwort einen überaus
reichhaltigen Stoff. Ein Wasser ist dem anderen gleich: Plaut.
Menaechm. 1089 Neque aqua aquae, neque lacte lactis — us-
quam similist. mil. glor. 551 Nam ex uno puteo similior num-
quam potis Aqua aquae sumi, quam haec est atque ista ho-
spita. — Was man ins Wasser schreibt (wir sagen: in den
Rauch, in den Schornstein), giebt man als verloren preis:
Catull. 70, 4 sed mulier cupido quod dicit amauti, In vento et
rapida scribere oportet aqua. Soph. fr. 741 N oqxov dVy© ywai-
xog elg vö&q yQccqxo. Allgemein elg vöcoq ygayetv Diogeu. V 83.
Macar. V 50. Apost, VI 56. Vgl. Augustin de civ. dei XIX 23, 1
Forte magis poteris in aqua impressis litteris scribere, aut —
per aera ut avis volare, quam etc. (aus griechischer Quelle). Ver-
gebliche Mühe wäre es auch, Wasser mit einem Siebe schöpfen
zu wollen (Ambros. de Noe et arca c. 22, 80 [Migne col. 419J
tamquam in proverbio, si quis reti subtili haurire cupiat aquam,
sie qui malitiam ex pectoribus hominum conatur auferre. Vgl.
Archiv III 224), oder im Wasser einen Bau aufzuführen: Cic. de
fin. II 22, 72 quarum omnium (virtutum) fundamenta vos tain-
?) Ebenso vom Wachs Ov. ex Pont. I 2, 68 Ignibus admotis ut nova
cera aolet.
Die Natur im Sprichwort. 23
quam in aqua ponitis. — Die leicht platzende Wasserblase gilt
als Sinnbild der Vergänglichkeit und Kürze des menschlichen
Lebens: Varro r. r. I 11 Cogitans esse properanduni, quod, ut
dicitur, si est homo bulla, eo uiagis senex. Petron. 42 nos nou
pluris sumus, quam bullae. schol. Pers. IT 10 ex quo etiam pro-
verbialiter dicitur, homo bulla est. Der Vergleich wird durch-
geführt von Lucian Charon 19. — Und doch ist selbst ein Tropfen
imstande durch wiederholten Fall den härtesten Stein zu durch-
löchern, steter Tropfen höhlt den Stein: Lucr. IV 1286 Nonne
vides etiam guttas in saxa cadentis Umoris longo in spatio per-
tundere saxa? I 314 stilicidi casus lapidem cavat. Tibull. I
4, 18 Longa dies molli saxa peredit aqua. Prop. II 25, 15 teritur
rubigine mucro Ferreus et parvo saepe liquore silex. IV 5, 19
ceu blanda pererret Saxosamrjue terat sedula gutta viam, doch
ist hier die Lesart zweifelhaft. Ov. a. a. I I 476 Dura taineu
molli saxa cavantur aqua, ex Pont. I 1 , 70 Aequorei scopulos et
cavat unda salis. II 7, 40 Percussa crebro saxa cavantur aquis.
IV 10, 5 Gutta cavat lapidem, consumitur anulus usu. 'Pavlg iv-
deXs%ov6a xoikaCvei itizQav Apost. XV 19. — Zur Bezeichnung
eiuer ganz geringen Menge dient der Tropfen sowohl im eigent-
lichen, wie im tropischen Sinne: Plaut. Cas. II 3, 31 Si ego in os
hodie vini guttam indidi. Most. 508 gut tarn haut habeo sanguinis
(vor Schreck). Pseud. 3970 Quoi neque parata est gutta certi
consilii. Lucr. IV 1053 gutta dulcedinis stillavit in cor. — Wasser
und Feuer vertragen sich nicht mit einander, es ist undenkbar,
dafs beide Elemente sich vermischen könnten: Cic. Phil. XIII
21, 49 prius undis flamma (seil, miscebitur) ut ait poeta nescio
quis (Ribb. Frgm. trag.2 258). Augustus bei Dio Cass. 55, 13
&a6öov nvQ vSan (iix&riöEG&ai. Ov. trist I 8, 4 Unda dabit
flammas et dabit ignis aquas. Gleichwohl sind Wasser und
Feuer im Leben die unentbehrlichsten Dinge (vgl. die Formel
aqua et igni interdicere): Cic. de amic. 6, 22 itaque non aqua,
non igni, ut aiunt, pluribus locis utiuiur, quam amicitia, die
Freundschaft brauchen wir wie das tägliche Brot*). Doch giebt
es auch Wasserfeinde, die sich davor fürchten und in acht
nehmen, wie vor einem bösen Hunde: Petron. 42 aqua dentes
habet**), während wiederum es den Geizhals reut, selbst das
*) Auch der ganze Gedanke ist sprichwörtlich. Vgl. das griechische
Ttdvvoov ifiiGta cpiUa (Paroemiogr. gr. II p. 766).
**) So verstehe ich dem Zusammenhange entsprechend diesen sehr
24 A. Otto:
Badewasser wegzugiefsen: Plaut. Aulul. II 4, 29 aquam hercle
plorat, cum lavat, profundere. — Durch Benetzen mit Wasser
werden Ohnmächtige wieder zum Bewufstsein zurückgebracht,
davon heilst aquam aspergere alicui jemand nach einem ge-
habten Schreck wieder aufrichten und trösten: Plaut. Bacch. 247
Euax, aspersisti aquam. Epid. IV 1, 27 guttula Pectus ardens
mihi aspersisti. CistelL II 3, 37 obsipat Aquulam. Ennius v.
173 p. 28 Vahl. : aquast aspersa Latinis. Jedoch kann man wohl
auch jemandem einen Schabernack anthun, indem man ihn heim-
tückisch von hinten mit einem Strahl kalten Wassers übergiefsi.
So bedeutet Plaut. CistelL I 1, 37 clam — Aquam frigidam sub-
dole suffundunt das Gegenteil von blandiri (ähnlich unser m:
vorne streicheln, hinten kratzen)*). Eine Parallele und zugleich
Erklärung bietet Hör. sat. I 4, 87 E quibus unus amet quavis
adspergere cunctos Praeter eum, qui praebet aquam, wo zu
quavis ebenfalls aqua zu ergänzen ist. Die Bezeichnung des
Gastgebers durch qui praebet aquam, ist aber wohl nur eine
scherzhafte und zugleich durch aspergere veranlafste, nicht wie
u. a. noch Georges will, eine sprichwörtliche. — Noch weniger
sprichwörtlich, wenn auch vielfach darunter gerechnet, ist
Plaut. Bacch. 105 dabitur opera, calet aqua, da die Aufforderung
zum Baden an jener Stelle buchstäblich gemeint ist. — Sklaven-
brot essen heifst servam aquam bibere: Ov. am. I 6, 26 Nee tibi
perpetuo serva bibetur aqua! Das Gegenteil bei Petron. 71 cito
aquam liberam gustabunt. — An die Wasseruhr hat man wohl
zu denken bei der Redensart aqua haeret, ich kann nicht weiter,
weifs mir keinen Rat: Cic. de off. III 33, 117 Dicit ille quidein
multa multis locis, sed aqua haeret, ut aiunt. ad Qu. fr. II 6, 2
In hac causa mihi aqua haeret. Ebenso haeret haec res Plaut.
Pseud. 423. 985. Trin. 904.
Das reinste und beste Wasser ist das der Quellen**).
Leider dürsten zuweilen auch diese: Cic. ad Qu. fr. III 1, 11 Tibi
verschieden gedeuteten Satz, dessen Färbung allerdings eine sprichwört-
liche scheint.
*) Zur Erklärung s. auch Pflügl das latein. Sprichwort bei Plautus
und Terenz. S. 33.
**) Ov. ex Pont. III 5, 18 Gratior ex ipso fönte bibentur aquae. An
die übertragene Bedeutung von fons streift Hieron. adv. Rufin. I 15 p. 470
neque enim fieri potest, ut do eodem fönte dulce amarunique processerit.
III 1, p. 631 de uno fönte dulce amarumque procedit.
Die Natur im Sprichwort. 25
quod rogas, quoniam fontes iain sitiunt, siquid habebo spatii,
scribam. ad Att. XII 5, 1 11011 ad dtr^coaav XQrjvrjv, sed ad IJec-
Qtjvriv eum venisse. Dann mufs man zu dem sonst verachteten
Wasser der Teiche und Tümpel seine Zuflucht nehmen: Hör. ep.
13,11 Fastidire lacus et rivos ausus apertos. Prop. II 23, 2
Tpsa petita lacu nunc mihi dulcis aqua est. Ahnlich Hieron. adv.
Lucif. 23 p. 196 conatus est beatus Cyprianus contritos lacus
fugere nee bibere de aqua aliena. Ganz verächtlich und wertlos
ist ein vertrockneter Teich: Prop. II 14, 12 Dicebar sicco vilior
esse lacu. Darum erheischt es die Klugheit, rechtzeitig für seine
Bedürfnisse zu sorgen, und nicht erst den Brunnen zu graben,
wenn der Durst auf der Zunge brennt: Plaut. Most. 380 miserum
est opus Igitur demum fodere puteum, ubi sitis fauces tenet.
Ob Plaut, mil. glor. 1150 haec res apud summum puteum agitur,
die Sache steht an des Brunnens Rand, ist sehr gefährdet,
wirklich, wie man allgemein annimmt, ein Sprichwort enthält,
erscheint mir deshalb sehr fraglich, weil die Stelle einem des
weiteren ausgeführten Vergleiche entnommen ist. Wozu aber
diese Ausführlichkeit, wenn das Wort für sich verständlich ge-
wesen wäre? — An den Philosophen, der die Welt um sich
vergessend und den Blick auf das Überirdische gerichtet in
einen Brunnen fiel (Archiv III S. 358), erinnert Hör. ep. II 2, 135
posset qui rupem et puteum vitare patentem. — Dinge, die man
in einen Brunnen, oder in einen Flufs wirft, sind verloren:
Petron. 42 aeque est enim ac si in puteum conicias. Hör. sat. II
3, 242 qui sanior ac si Illud in rapidum fluvium iaciatve cloa-
cam? — Leute, die im Überflusse leben, ihn aber nicht zu ge-
brauchen wissen, sind dem Tantalus vergleichbar, der mitten im
Wasser stehend dürstete (Ov. am. n 2, 42): Prop. I 9, 16 in medio
flumine quaeris aquas. Ov. trist. V 4, 10 nee pleno flumine
cernit aquas. Metam. IX 761 mediis sitiemus in undis. Petron.
fr. p. 879 Burm. 45 Buch, flumine vicino stultus sitit. (Vgl. unser
Sprichwort: Am Flusse Brunnen graben.) — Der dumme Bauer,
der über den Strom will, wartet, bis er abgelaufen sein werde:
Hör. ep. I 2;, 42 Rusticus exspeetat, dum defluat amnis, was
wohl aus einer Fabel stammt. Ebensowenig kommt zum Ziele,
wer gegen den Strom schwimmt: Ovid. rem. am. 121 Stultus
ab obliquo qui cum descendere possit, Pugnat in adversas ire
natator aquas. luven. 4, 89 Ille igitur numquam direxit bracchia
contra Torrentern. Senec. ep. 122, 19 contra illam (naturam)
26 A. Otto:
nitentibus non alia vita est, quam contra aquam reniigantibus.
Fronto p. 113, 10 Nab. adverso, quod aiunt, flumine. Symmach.
ep. III 43, 2 non tibi adverso nunc amne nitendum est. Augustin
bei Hieron. ep. 110,3 Cur itaque conor contra fluininis tractum?
Greg. Naz. epist. 63 (57) p. 819 D zb da ^ ßid&ö&cu $ovv xora-
fiov xal r) naQoiftta naiSeveu — Dein Wasser zu trauen ist ge-
fährlich, oft sind gerade die stillsten Wasser die tiefsten: Curt.
VII 4, 13 altissima quaeque flumina ininimo sono labuntur. Cato
dist. IV 32 Quod flunien placiduni est, forsan latet altius unda.
Erst wenn man wieder festen Boden unter den Füfsen hat, ist
man in Sicherheit: Plaut. Aulul. 803 Haec propemodum iam esse
in vado salutis res videtur Rud. I 2, 81 At in vado est, iam
facile enabit. Ter. Andr. 845 Res est in vado.
„Alle Flüsse laufen ins Meer": Plaut. Cure. I 1, 86 Quisnam
istic fluvius est, quem non reeipiat mare? Darum wird bei
Plaut. Poen. III 3, 14 der Rat gegeben: Viam qui nescit, qua
deveniat ad mare, Eum oportet amnem quaerere comitem sibi.
— Die Wellen des Meeres sind zahllos, wie der Sand am
Gestade: Verg. Georg. II 108 Nosse, quot Ionii veniant ad littera
fluetus. Mark VI 34, 2 Oceani fluetus me numerare iubes.
Kviiara (istQstg Macar. V 43. Theoer. Id. XVI 60. — Überflüssig
und zwecklos wäre es, Wasser ins Meer, wie wir sagen, in die
Spree oder in den Rhein zu tragen: Ov. trist. V 6, 43 in mare
fundat aquas. am. II 10, 13 In freta collectas alta quid addis
aquas? III 2, 34 in mare fundis aquas. Und nur der Thor jagt
im Meere: Plaut. Asin. 100 venari autem reticulo in medio mari.
— Ein sanftes Wesen gleicht dem ruhigen Spiegel des Meeres:
Plaut, mil. glor. 664 leniorem dicis, quam mutum est mare.
Most. 852 Tarn placida est, quam placida est aqua. Vgl. Stich.
529. Poen. 1 2, 143. — Wie das Meer nur vom Winde auf-
gewühlt wird, so geschieht im Leben nichts ohne eine bestimmte
Veranlassung: Anthol. lat. 726, 7 (Baehr. Poet. lat. min. III p. 62)
Atqui turbari sine ventis non solet aequor. Glücklicherweise
verraucht der Zorn und die Leidenschaft oft so schnell, wie sie
gekommen: Hieron. ep. 66, 9 cito turgens spuma dilabitur. Und
zuweilen ist es nur ein Sturm im Glase Wasser, d. h. Kleinig-
keiten halber: Cic. de leg. III 16, 36 excitavit enim fluetus in
simpulo, ut dicitur. Denn die Welle ist leicht beweglich, ein
Bild der schwankenden Volksmenge: Senec. Herc. für. 170 fluetu
iuagis mobile vulgus. — Wenig glaubhaft erscheint mir die ge-
Die Natur im Sprichwort. 27
wohnliche Annahme, dafs Plaut. Cas. prol. 26 Alcedonia sunt
circa forum, es herrscht Windstille auf dem Markte, wirklich
einen sprichwörtlichen Ausdruck enthalte. Ich glaube, es ist ein
einfacher Vergleich.
Der Sand am Ufer des Meeres ist zahllos wie die Sterne und
die Wellen des Meeres selbst (Genesis 22, 7): Verg. Georg. II 105
Discere quam multae zephyro turbentur arenae. Hör. carm. I
28, 1. Te maris et terrae numeroque carentis arenae Mensorem.
Ov. a. a I 254 numero cedat arena meo. trist. IV 1, 55 Meque tot
adversis cumulant, quot littus arenas — habet. Metam. XI 615
qnot — eiectas littus arenas (gerit). trist. V 1, 31 quot flavus
Thybris arenas. Calpurn. 2, 73 tenues citius numerabis arenas.
Amm. Marcell. XIV 11, 34 arenarum uumerum idem iam desi-
piens et montium pondera scrutari putabit. Boeth. consol. phil.
II 2, v. 1 Si quant&s — Pontus arenas Aut quot stelliferis edita
noctibus Caelo sidera fulgent. Häufig wird in gleicher An-
wendung der Sand der libyschen Wüste genannt (Archiv III
S. 378 f.). Auch die Griechen hatten die Redensart apiiov fie-
TQetv (Zenob. I 80). Sand ans Meer zu tragen bezeichnet also
eine ganz überflüssige Thätigkeit: Ov. trist. V 6, 43 His qui con-
tentus non est, in littus arenas, In segetes spicas, in mare fundat
aquas. Den Sand am Gestade zu stehlen ist leicht und gefahrlos:
Ov. am. I 19, 45 Ille potest vacuo furari littore arenas. Wer das
sandige und darum unfruchtbare Gestade des Meeres bepflügt
und besät, arbeitet ohne Nutzen und Erfolg: Prop. II 11, 2
Laudet qui sterili semina ponit humo. Ov. ep. 5, 115 quid
arenae semina mandas? ep. 16 (17) 139 Quid bibulum curvo
proscindere littus aratro Coner? trist. I 4, 48 Nee sinet ille tuos
littus arare boves. ex Pont. IV 2, 16 Sed siecum sterili vomere
littus aras. luven. 7, 48 tenuique in pulvere sulcos Duciraus et
littus sterili versamus aratro. Auson. ep. 4, 4 Cultor arenarum,
vates, cui littus arandum. Act. S. Sabiniani II 8 sed prorsus
super arenam seminasti. Vgl. itstgag cnüqziv Apost. XIV 20. —
Aus Sand ltifst sich kein Strick drehen, „Seil aus Sand, wie hält
das Band?" Das Sprichwort ist griechisch: i\ &(iftov G%Qiviov
xlexeig Greg. Cypr. III 46. Es wird angeführt von Columella X
praef. 4: eadem tarn exigua sunt, ut, quod aiunt Graeci, ex
incomprehensibili parvitate arenae funis effici non possit. Vgl.
auch Irenaeus adv. haeres. I 8, 1 et quod solet dici, de arena
resticulas nectere afleetantes. II 10, 1 de arena resticulas nee-
28 A. Otto:
tentes. — Nach Sueton (Calig. 53) nannte Caligula den Philo-
sophen Seneca arenam sine calce, indem er auf dessen zerhackten
und zusammenhangslosen Stil anspielte. Doch war dies vielleicht
nur eine witzige Bemerkung des Kaisers. — Unsere Redensart
„jemandem Sand in die Augen streuen" findet sich zuerst bei
Gellius V 21, 1 easque (inauditiunculas) quasi pulverum ob
oculos, cum adortus quemque fuerat, adspergebat. Vgl. Plin.
nat. h. X 4, 17. Plut. Sert. 17. Einen Vorläufer hat sie jedoch
schon bei Plautus mil. glor. 148 Glaucumam ob oculos obicienius,
wir wollen ihm blauen Dunst vormachen. — Mit Bezug auf den
Sand und Staub der Kennbahn sagt Horaz ep. I 1, 51 Cui spes,
cui sit condicio dulcis sine pulvere palmae. Ebenso Amm. Marcell.
XIX 11,7 sine ullo pulvere, ohne jede Mühe. (Vgl. Hieron. ep.
14, 10 nemo athleta sine sudore coronatur.) Sine pulvere ist
eine Übersetzung des griechischen ccxovltl: Plin. n. h. XXXV 11,
139 citra pulveris iactum, quod vocant aconiti, vicit.
Mit dem trockenen Sande kontrastiert der feuchte, schmutzige
Schlamm. Wer in grofser Verlegenheit ist, sitzt in der Patsche,
in der Tinte: Plaut. Aulul. 230 iaceam ego asinus in luto. Pers.
535 Neque mihi haut imperito eveniet, tali ut in luto haeream.
Hieron. ad Joann. Hieros. 22 p. 427 V. Dubios non in luto
haerere pateris? Ennod. p. 20G, 28 Vog. nullius inscii niersa
caeno haerere vestigia. 'Ev ßogßoQG) xdftqTai bei Mein. fr.
comic. IV p. 653.*) Ähnlich Cic. de fin. V 28, 84 Veuit ad ex-
tremum, haeret in salebra, sitzt fest. Nur mit gröfster An-
strengung gelingt es, den Fufs aus dem Schlamm zu ziehen:
Hör. sat. II 7, 27 et haeres Nequfquam cupiens evellere plautam.
Plaut Bacch. 384 Ut gnatum ex lutulento caeno propere hinc
eliciat foras. Hieron. adv. Lucif. 11 p. 189 V. aut pariter in
luto haesitabimus aut pariter expediemur. Auch dies geht
zurück auf griechische Vorbilder: alQsiv £%& Ttoda nrjkov Greg.
Cypr. II 32. ix zov nrjkov Ttoda i%eig Zenobius III 62. Von
dem, der bei dem Versuche, sich aus dem Sumpfe heraus-
zuarbeiten, nur noch tiefer hineingerät, heifst es bei Terenz
Phorm. 780 In eodem luto haesitas: vorsuram solves (du wirst
die Schuld durch eine neue Anleihe bezahlen). Hieron. adv.
Pelag. I 11 p. 703 V. in eodem luto haesitas. I 24 p. 721 V
in eodem caeno volutaris. ep. 143, 2 in eodem luto haesitas.
*) Vgl. Senec. ep. 57, 2 eodem die et luto et pulvere laboraviuius.
Die Natur im Sprichwort. 29
Mar. Mercat. col. 158 in eodeui luto haerendo versuram solvit.
col. 917 In eodem luto versuram solvit. Die Terenzstelle, welche
auch Lactant. Inst. VII 2, 3 citiert, lag offenbar allen vor. —
Scheinbar ähnlich, aber der Bedeutung nach völlig verschieden
ist Hieron. adv. Pelag. II 4 p. 745 V. e quibus et nos de eodem
luto sumus. ep. 77, 6 de eodem nobiscum formatus est luto, er
ist aus keinem besseren Stoffe geschaffen als wir, hat nichts vor
uns voraus. Zu Grunde liegt hier das griechische i% ivbg %v\1.qv
(Macar. III 44. Append. prov. II 68. Vgl. ix trjg avrrjg iIhcc&ov
yayovc&g Append. prov. II 47), welches ausdrücklich mit der Pro-
metheussage in Verbindung gebracht wird von Callimachus fr.
133 Sehn, st 6* 6 flQo^rjd-evg "EnXaöe xal %r\Xov (ty 'j; irigov yiyo-
vccg und luven. 14, 34 quibus arte benigna Et meliore luto finxit
praecordia Titan. S. noch Claudian XX 496 Deteriore luto pravus
quos edidit auetor. Vergleichen läfst sich auch Cic. in Pis. 25,
59 quid cessat hie homullus ex argilla et luto fictus Epicureo,
wozu jedoch der häufige Gebrauch von lutum als Schimpfwort
noch näher liegt (luteus homo, ein Nichtsnutz bei Cic. in Verr.
III 14, 35). So heilst es bei Plautus Poenul. I 1, 29 lenone isto
Lyco Illius domi non lutum est lutulentius, und Lucil. 28, 25
p. 79 M. (674 L) haut litteras doceas lutum. Nichts ist verächt-
licher und billiger als ein Dr. . . Daher stammt auch die Redensart
pro luto esse: Petron 44 Itaque illo tempore annona pro luto
erat 51 aurum pro luto haberemus. 67 omnia pro luto haberemus.
Plaut. Trucul. II 7, 5 Qui bona sua pro stercore habet. Auf
dieselbe Anschauung gründet sich ein Ausspruch des Vergil bei
Cassiod. Institut. I 540 Vergilius dum Ennium legeret, a quodam
quid faceret inquisitus, respondit: aurum in stercore quaero, eine
Antwort, die sich ohne Zweifel an eui bekanntes Sprichwort an-
lehnte. Vgl. Hieron. ep. 107, 12 et grandis esse prudentiae
aurum in luto quaerere. 98, 22 nee unguenta aurum et mar-
garitas quaerunt in luto. Auch niedrige, verachtete Stellung
wird durch caenum bezeichnet: Lucr. III Ipsi se in tenebris volvi
caenoque queruntur. Liv. X 15, 9 orare, ut ex caeno plebeio
consulatum extraheret. Salvian gub. dei VI 8, 43 quasi in caenum
proieiantur.
Die "festen Bestandteile des Erdkörpers sind Steine und
Metalle. Ihre Härte und Unempfindlichkeit wird auch auf den
Menschen übertragen; ein fühlloser Mensch ist hart wie Stein,
oder trägt wenigstens ein Kieselherz im Busen: Prop. I 16, 29
30 A. Otto:
Sit licet et saxo patientior illa Sicauo. Ov. Metain. XIV 712
Durior et — saxo. Senec. de benef. VIII 24, 1 His iniinobilior
scopulis. Mart. IX, 45, 6 Durior ipse fuit (saxis). Sidon. Apoll,
ep. 4, 23 nisi scopulis durior duras. VeDant. Fortun. carm. III
1, 2 marmore durior. — Tibull. I 1, 64 neque in tenero stat
tibi corda silex. Ov. am. I 11, 9 Nee silicum venae — in pectore.
III, 6, 59 Ille habet et silices et vivuin in pectore ferrum. Metam.
IX 614 Nee rigidas silices — in pectore — gerit. ep. 10, 109
Illic tu silices — habes. trist. I 8, 4 Et tua sunt silicis circum
praecordia venae. III 11, 4 Et dicam silices pectus habere tuum.
Quintil. declam. 6, 19 Non erat illi ferreum pectus nee cor silice
concretum. Hieron. Didym. de spir. sanet. 24 p. 130 Licet quis
possit existere saxei, ut ita dicam, cordis. Solche Menschen
können nicht von Menschen, sondern müssen von wilden Tieren
oder Felsen abstammen: Cic. Tusc. III 6, 12 Non enim silice
nati sunius. Ov. ep. 7, 37 Te lapis et montes progenuere. trist.
III 11, 3 natus es e scopulis, nutritus lacte ferino. In der That
giebt es Leute, die gegen alle Bitten und Beschworungen taub
bleiben wie ein Fels im Meer: Verg. Aen. VI 470 Nee magis
ineepto vultum sermone movetur, Quam si dura silex aut stet
Marpesia cautes. Hör. epod. 17, 54 Non saxa undis surdiora
navitis. carm. III 7, 21 nam scopulis surdior Icari. Sidon. Apoll,
ep. 4, 23 nisi scopulis durior duras. Senec. Hippol. 580 f. Vgl.
Eurip. Med. 28 wg dl itixqog r} ftakdöö iog xXvöov dxovsi. (aipaka
kaXelg Apost. I 84. Mft<p kaketg Macar. V 61), obgleich das
Flehen ihrer Mitmenschen so jammervoll ist, dafs es einen Stein
erweichen konnte: Cic. de orat. 1 57, 260 lapides mehercule
omnes flere ac lamentari coegisses. Ov. Metam. IX 303 moturaque
duros Verba queror silices. Mehr erreichen gewöhnlich Lieb-
kosungen und Schmeicheleien, denn illis (blanditiis) et silices et
possunt cedere quercus Prop. I 9, 31. Ov. am. III 7, 57 Illa —
potuit quercus Surdaque blanditiis saxa movere suis. Plaut. Poen.
284 illa mulier lapidem silicem subigere, ut se amet, potest. —
Die Unbeholfenheit eines ungeschickten Steinblocks, der liegen
bleibt, wohin man ihn mit vieler Mühe gewälzt hat, eignet sich
vortrefflich zur Bezeichnung eines Dummkopfes, mit welchem
nichts anzufangen ist: Plaut, mil. glor. 1024 Nullum est hoc
stolidius saxum. 236 Neque habet plus sapientiae quam lapis.
Poen. I 2, 78 tu es lapide silice stultior. Mercat. 632 credidi
homini docto rem mandare: lapidi mando maxumo. Most. 1073
Die Natur im Sprichwort. 31
Verba Uli non magis dare hodie quisquam; quam lapidi potest.
(Bacch. 1088.) Ter. Heautont. 831 I, quid stas, lapis? 917 Ni
essem lapis. Hec. 214 quae nie omnino lapidem, non hoininem
putas. Aristoph. Nub. 1202 ovxsg ACftoi. — Beneidenswert ist,
wer so gute Zähne hat, dafs er damit Steine mahlen könnte:
Catull. 23, 4 dentes vel silicem comesse possunt.*) Gewöhnliche
Menschen beifsen sich daran die Zähne aus, ebenso wie man nur
sich selbst schadet, wenn man mit der blofsen Hand auf einen
Stein schlägt: Plaut. Curcul. 197 Noli, amabo, verberare lapidem,
ne perdas manum. Tadelnswerte Un vorsieht verrät es, wenn man
zweimal an denselben Stein stöfst, d. h. zweimal denselben Fehler
macht: Cic. ad fami). X 20, 2 culpa enim illa, bis ad eundem,
vulgari reprehensa proverbio est. Auson. ep. 11 praef. tu ut tua
culpa ad eundem lapidem bis offenderes. Ov. trist. II 16 Saxa
malnm refero rursus ad ieta pedem. Das Sprichwort ist griechisch :
dlg nQog tbv avxbv al6%Qov itQOöxQOveiv Xlftov Zenob. III 29.
In ähnlicher Weise sagt der, welcher zum zweiten Male in die
gleiche gefährliche Lage gerät, ad unum scopulum iterum me
fluetus ferunt: Plaut. Most. 677 nunc quid dicam, nescio: Iterum
iam ad unum saxum me fluetus ferunt. fr. com. ine. bei Cic. de
orat. III 41, 16 neque me patiar Iterum ad unum scopulum f et
teluni classem Achivum offendere.*) Plaut. Mercat. 198 Verum
video me (iterum) ad saxa ferri saevis fluetibus. Ov. ex Pont.
IV 14, 21 ad veteres scopulos iterum devertor. — Von dem, der
einem andern schöne Versprechungen macht, um ihn ins Garn
zu locken, heifst es bei Plaut. Aulul. II 2, 18 Altera manu fert
lapidem, panem ostentat altera. Ebenso Hieron. ep. 48, 13 panein,
ut dicitur, ostendere, lapidem tenere. ep. 81, 1 altera manu la-
pidem tenere, panem offerre altera. Seinen Ursprung hat das
Sprichwort in der gegen Hunde angewandten List. Eine ver-
wandte Redensart begegnet bei Plaut.Aulul.il 1,29 mihi misero
cerebrum excutiunt Tua dieta, soror: lapides loqueris, deine
Worte treffen mich wie harte Steine.**) — Zu den uralten Ge-
brauchen, beim Abschlufs von Verträgen gehörte u. a., dafs der
*) Sprichwörtlich ist vielleicht auch Afran. bei Non. p. 208, 1 silices
cum findat gelus.
**) Ribb. fr. com. p. 218 liest ad uneum statt ad unum, allein die
Vnlgata wird geschützt durch die oben angeführte Flautusstelle. Für et
telum liest Ribb. ut olim.
32 A. Otto:
pater patratus dem zu opfernden Schweine den Kopf mit einem
Kieselsteine zerschmetterte (Liv. I 24). Aus diesem Brauche er-
klärt sich das Sprichwort inter sacrum et saxum sto, ich bin
in der äufsersten Gefahr, das Messer sitzt mir an der Kehle.
Plaut. Capt. 616 Nunc ego omnino accidi: Nunc ego inter sa-
crum saxumque sto, nee quid faciam, scio. Apul. Metam. IX 28
plurimum ego duritia paupertatis intercedente, quod ait vetus
proverbium, inter sacrum et saxum positus truciabar. — Ahnlich
ist die Verbindung von saxum und crux: Cic. ad Att. XIV 16, 2
quis enim audeat laedere proposita cruce aut saxo. XIV 15, 1
Magnani avaftscoQYiöiv res habet: de saxo in crucem. Gemeint
ist der Tod am Kreuze oder durch Herabstürzen vom (tarpeji-
schen) Felsen.
Noch sei hier der Bim stein genannt, dem infolge seiner
Porosität ganz besonders die Fähigkeit, Wasser aufzusaugen,
eigentümlich ist. Ein Geizhals wird mit einem Bimsteine ver-
glichen: Plaut. Aulul. II 4, 18 Pumex non aeque est aridus,
atque hie est senex. Wer nicht weinen kann, sagt pumieeos
oculos habeo Plaut. Pseud. 75. Von einem dürren, hageren
Mädchen heifst es Priap. 32, 7 Quae sueo caret est putusque
pumex. Wenn jemand um etwas augegangen wird, was er selbst
nicht hat, so erwidert er wohl tu aquam a pumice hercle postulas
Qui ipsus sitiat (Plaut. Pers. 41).
Dieselben Eigenschaften wie der Stein zeigt in Bezug '»uf
seine Härte unter den Metallen das Eisen. Stein und Eisen
sind häufig verbunden: Prop. I 16, 29 Sit licet et saxo patientior
illa Sicano, Sit licet et ferro durior et chalybe. Ov. Metam. XIV
712 Durior et ferro — Et saxo. ex Pont. IV 10, 3 Ecquos tu
silices, ecquod — ferrum Duritiae confers — meae? Plin. ep. II
3, 20 saxeus ferreusque es. — Cic. Lael. 13, 48 qui virtutem du-
ram et quasi ferream esse quandam volunt. Senec. ep. VI 4, (56) 3
te ferreum et surdum. — An Stelle des Kieselherzens tritt häufig
ein Herz von Stahl und Eisen: Ov. Metam. IX 614 solidumve
in pectore ferrum Aut adamante gerit. ex Pont. IV 12, 31 duro
tibi pectora ferro esse vel invicto clausa adamante putem. Ov.
ep. 10, 109 illic (in pectore) adamanta tulisti. trist. I 8, 42 Et
rigidum ferri semina pectus habet. Pindar bei Athen. XIII 8 xsl-
*) Der Zusammenhang zeigt, data die Vermutung Pflügls (das lat.
Sprichw. bei Plant. 11. Ter. p. 35 Anm. 1), es sei lapidi (= surdo) loqueris
zu schreiben, unbegründet ist.
Die Natur im Sprichwort. 33
vog i£ äSäfiavtog rft 6lSclqov Kt%ahisvxix.i \tiXuwav xaQÖiav. Das
Bild selbst, aber nicht im tadelnden Sinne, schon bei Homer IL
II 490 %dbttov de pot, %xoq iveirj. Harte, gefühllose Menschen
tragen einen Eisenpanzer um die Brust: Tibull 1 1, 63 non tua sunt
duro praecordia ferro Vincta. Hör. carm. I 3, 9 Uli robur et aes
triplex Circa pectus erat. Nemes. Bucol. 4, 56 Quisquis amat pueros,
ferro praecordia duret. Vgl. Ov. ep. 10, 107 Non poterant figi prae-
cordia ferrea cornu. — Die gröfste Harte besitzt der Stahl. Auch
wir kennen die Verbindung von Stahl und Eisen: Ov. ep. 2, 137
Duritia ferrum ut superes adamantaque. — Petr. Chrysol. bei Migne
LH 532 sed dives adamante durior. — Stai Silv. I 2, 69 nee enim
ex adamante nati sumus. — Thränen und Bitten erweichen nicht
blofs Steine, sondern auch Stahl: Ov. am. HI 7, 57 lila graves
potuit quercus adamantaque durum — movere, art. am. I 659
lacrimis adamanta movebis. — Stählerne Bande sind unzerreifsbar:
Ov. trist. IV 8, 45 adamas licet alliget. Augustin de duab. anim.
14, 23 adamantinis, ut dicitur, catenis conectere.*) Vgl. Prop. IV
11, 4 Non exorato stant adamante viae. Apul. Metam. IX 18
auro solent adamantinae etiam perfringi fores, „Gold geht durch
alle Thflren."**) — Dem Roste widersteht das Eisen auf die Dauer
ebensowenig, als mau es verhüten kann, dafs ein Ring sich durch
bestandigen Gebrauch abnutze: Prop. II 25, 15 Teritur rubigine
mucro. Ov. ex Pont. I 1, 71 Roditur ut scabra positum rubigine
^Tum. Curt. VII 8, 15 ferrum rubigo consumit. Hieron. ep.
98, 19 aes quoque ac ferrum rubigo consumit. — Lucr. I 312
anulus in digito subtertenuatur habendo. Ov. a. a. I 473 Ferreus
assiduo consumitur anulus usu. III 91 Conteritur ferrum silices
tenuantur ab usu. ex Pont. IV 10, 5 consumitur anulus usu.
cf. II 7, 43 assiduo vomer tenuatur ab usu.
Wie für Eisen und Stahl die Härte, so ist für das Blei ge-
rade seine Weichheit und Biegsamkeit charakteristisch. Waffen
aus Blei sind in der Regel nicht gefährlich: Cic. ad Att. 1 16,
2 Cum illum plumbeo gladio iugulatum iri tarnen diceret. de
fin. IV 18, 48 0 plumbeum pugionem! eine stumpfe Waffe!
Augustin c. Julian. I 4, 12 (Migne XLIV, 647) acies vitrea vel
plumbei pugiones, unzutreffende Beweise. III 7, 16 iaetas plum-
*) ähnlich ist das „eherne Joch" bei Hör. carm. I 33, 10 cui placet
imparis Formas atque animos sub iuga aenea laevo mittere cum ioco. III
9, 18 diduetosque iugo cogit aeneo.
**) Vgl. Düringsfeld a. a. O. I S. 318.
AtoUt für Ut. Lexikogr. IV. Heft 1. $
34 A. Otto:
beos pugiones. Claud. Mamert. III 16 p. 187, 18 Eng. manu
captum plumbeis pugionibus exarmare.*)
Hinsichtlich des Wertes gilt das Blei als das wertloseste,
das Gold als dai wertvollste Metall. Von einem Glückspilse
heifst es bei Petron. 43 in mann illius plumbuin aurnm fiebat,
wobei man wohl zunächst an die bekannte Midasfabel zu denken
hat. Ein ausgezeichneter Mensch ist nicht mit Golde zu bezahlen:
Plaut. Epid. III 3, 30 Non carust auro contra. Pseud. 688 ori-
chalco contra non carum fuit. Man müTste ihn in Gold fassen,
oder mit Gold aufwiegen: Plaut. Bacch. 640 Hunc hominem decet
auro expendi; huic statua decet ex auro.
Will jemand glänzende Versprechungen machen, so verheilst
er ganze Berge von Gold: Ter. Phorm. 68 modo non montis
auri pollicens. Pers. III 65 Et quid opus Cratero magnos pro-
mptere montes. schol.: in proverbio est montes (promittere).
Hieron. adv. Rufin. III 39 p. 565 V. cum montes aureos pol-
licitus fueris. Ahnlich Sali. Catil. 23 maria montesque polli-
ceri coepit. Wölfflin, Allitter. Verb. S. 34. Von Bergen Goldes ist
auch sonst die Rede: Plaut, miJ. glor. 1065 praeter thensauros
Tum argenti montis, non massas habet; Aetna est non aeque alta.
Juven. XII 129 montibus aurum Exaequet. Plaut. Aulul. 701
Pici divitiis, qui aureos montes colunt. Apul. apol. 20 nee mon-
tibus auri satiabitur. Vgl. Archiv III S. 375 und Aristoph.
Acharn. 82 x&%£&v — inl %Qv6(bv oqcqv. Überhaupt bezeichnen
Berge das Massenhafte, so Plaut. Pseud. 188 montes maxumi
fruraenti sunt strueti domi. Auch im schlimmen Sinne montes
mali: Plaut. Epid. I 1, 78 In te irruunt montes mali. Mosl. 352
Ita mali maeroris montem maxumum — modo conspicatus sum.
Merc. 618 Montes tu quidem mali in me ardentis iam dudum
iacis. — Einen steilen Berg zu erklimmen ist eine anstrengende
Aufgabe: Senec. ep. 31, 4 Tanto melior surge et clivum istum
uno, 8i potes, spiritu exsupera. Sil. Ital. IV 603 perque aspera
duro Nititur ad laudem virtus interrita clivo. Ov. ep. 19, 41
mille doli restant, clivo sudamus in imo, wir sind noch lange
nicht über den Berg. Petron. 47 nee adhuc sciebamus nos in
medio lautitiaium, quod ahmt, clivo laboraie. Vgl. die Redensart
lassus taniquum caballus in clivo Petr. 134. Ov. rem. am. 394.
Von dem, was auf den Erdboden fällt, versteht man ge-
*) Von der Schwere Plaut. Poexral. III 6, 18 plumbeaa iras geront.
Die Natur im Sprichwort. 35
wohnlich die Redensart quod in solum venit = quod in buccam
venit, was mir einfällt: Cic. de nat. deor. I 23, 65 quodcumque
in solum venit, ut dicitur. ad fam. IX 26, 2 loquor, quod in
solum, ut dicitur. Afran. (Ribb. fr. com. p. 146) bei Non. p. 124,
18 quod in solum non venit caeco. Varro bei Non. p. 500, 11
quod in solum mihi venerit, ponam. Mir däucht diese Deutung
zu vage, ich mochte lieber solum in der auch sonst wieder-
kehrenden Bedeutung von „Fufssohle" nehmen (z. B. Cic. Tusc. V
32, 90. Varro r. r. II 9, 4 u. a.), also: was mir unter die Füfse
kommt, worauf ich zufällig stofse.
Wer in eine tiefe Grube, oder einen Abgrund fallt, ist ver-
loren, aber nur der Unvorsichtige springt blindlings hinein: Hör.
sat. II 3, 59 Hie fossa est ingens, hie rupes maxima: serva! a.
p. 458 Si veluti merulis intentus deeidit aueeps In puteum fo-
veamve. Apul. Metam. II 6 tantum a cautela Pamphiles abfui,
ut etiam ultro gestirem in ipsum barathrum saltu concito prae-
cipitare. II 25 somnus me in imum barathrum demergit.*) Und
nur der Verzweifelte wünscht, die Erde möge sich aufthun und
ihn verschlingen: Plaut. Bacch. 148 0 barathrum, ubi nunc es?
ut ego te uöurpem lubens! Verg. Aen. IV 24 tellus optem prius
ima dehiscat X 675 aut quae iam satis ima dehiscat Terra
mihi? Ov. Metam. I 545 Tellus, ait, hisce. fast III 609 quos
terrae quaerat hiatus? ep. 6, 144 Hiscere nempe tibi terra ro-
gauda fuit. Petron. 81 ergo me non ruina terra potuit haurire?
Senec. Phaedr. 1238 Dehisce tellus. Die Quelle ist Hom. II. IV
182 %6xb pol %dvoi avQsla jftmv. XVII 416 dkk9 avrov yala
pikaiva naöi %dvoi. — Dem gewissenlosen Egoisten und Genufs-
menschen, der nur für den Augenblick lebt, ist es gleichgiltig,
ob die Welt nach seinem Tode aus den Fugen geht, er sagt ipov
&avovrog yala fuj&qra» tcvqC (Append. prov. II 56. Suet. Nero
38), apres nous le deluge. Das Sprichwort wird als ein grie-
chisches angeführt von Cic. de fin. II 19, 64 Quoniamque illa
vox inhumana et scelerata ducitur eorum, qui negant recusare,
quominus ipsis mortuis terrarum omnium deflagratio consequatur,
quod vulgari quodam versu graeco pronuntiari solet, und Senec.
*) Man wirft auch nichts mutwillig hinein: flor. sat. II 3, 166 Quid enim
differt, barathrone Dones, quidquid habes. Plant. Curcal. I 2, 28 effande
hoc cito in barathrum (in den Schlund). Scherzhaft Hör. ep. I 15, 31 ba-
rathrum macelli.
36 A. Otto:
de clem. II 2 cui Graecus versus similis est, qui se mortuo niis-
ceri terram ignibus iubei
Das angeführte Sprichwort führt uns zu dem vierten Ele-
mente, dem Feuer. Zu den feststehenden Verbindungen gehören
ferrum flammaque (vgl. E. Wölfflin, die allitt. Verb. d. lat. Spr.
S. 55 f.) und ferrum ignisque von den äufsersten, schmerzhaftesten
Mitteln: Prop. I 1, 27 Fortiter et ferrum saevos patiemur et
ignes. 111 24, 1 non ferro, non igne coactus. Ov. am. I 14, 25
Quam se praebuerunt ferro patienter et igni! ep.- 19 (20) 183
ferrum patiuntur et ignes. rem. am. 229 ferrum patieris et ignes
(Senec. ep. 7, 4 ferro et igni res geritur. Agam. 152 Et ferrum
et ignis saepe medicinae loco est). Claudian. XX 14 ferro sa-
nantur et igni. Hieron. ad Rufin. III 39 jivqI xal tftdifpG). Vgl.
dat griechische xipviiv xal xdeiv. — Untrennbar zusammen ge-
hören Feuer und Bauch, denn wo Rauch ist, da ist auch Feuer,
und umgekehrt. Damit erklärt sich die allitterierende Verbin-
dung fumus et flamma (vgl. E. Wölfflin a. a. 0. p. 60) und das
Sprichwort flamma fumo est proxuma (Plaut. Gurcul. I 1, 53).
Die gemeinhin in letzteres gelegte Bedeutung „Schon die Be-
rührung steckt an" entspricht nur ungefähr dem Zusammenhange
der Stelle, das Wort hatte sicherlich die weitere Bedeutung
„das eine hängt mit dem andern zusammen, folgt aus dem andern",
ein Gedanke, den noch ein anderes Sprichwort ausdrückt bei
Fest. p. 309 M: Calidius in oratione in Qu. Gallium: Nonne vobis
i(udices, scintillam) et fumus prosequi (et fumum flamma) vi-
detur? nach 0. Müllers wahrscheinlicher Ergänzung. — Zu be-
ilauern ist, wer die Asche meidet und in die Kohlen fällt, oder,
wie die Griechen ebenfalls sagten, den Rauch flieht und dabei
ins Feuer fällt: onodov <pevycov aig kvq iyminx^xa Macar. VII 77.
xbv xaitvov tpsvyovxeg slg xo nvq ivineöov Macar. VIII 42. Von
den Römern braucht das Sprichwort Amm. Marceil. XIV 11, 12
prorsus ire tendebat de fumo, ut proverbium loquitur vetus, ad
flammam. XVIII 1, 26 et iussus ad eius comitatum duci, de
fumo, ut aiunt, in flammam occidit. — Indem aber der Rauch
das Feuer verdüstert, bildet er zugleich einen Gegensatz zu dem-
selben. Daher sagt Hör. a. p. 143 Non fumum ex fulgore, sed
ex fumo dare luceui Cogitet. Der Rauch ist auch ein Bild des
Haltlosen, Wesenlosen: Pers. V 20 dare pondus idonea (pagina)
fumo d. h. inani. Jemanden mit leeren Versprechungen abspeisen,
hinters Licht führen, heilst (per) fumum vendere: Mart. IV 5, 7
Die Natur im Sprichwort 37
Vendere nee vanos circum palatia famos. — Lamprid. Alex. Sever.
23 qui de eo fumum vendiderat, in crucem tolli iussit. 36 famo
punitur, qui vendidit fumum. Heliog. 10 omnia Heliogabali dieta
et facta venderet fumis. Capitol. Ant. Pius 11 qui et ipsi nun-
quam de eo — per fumum aliquid vendiderant Apul. Apol. 60
homini rustico fumum vendidit. Was man in Rauch aufgehen
lä&t, ist vernichtet: Hör. ep. I 15, 37 omne Verterat in fumum
et cinerem, er hatte alles durchgebracht. Augustin. ep. 48, 24
(Migne XXXIII 33) in favillam fumumque vaneseunt.
Feuer wird mit Wasser gelöscht, indes genügt eine Hand
voll Wasser noch nicht, um einen grofsen Brand auszulöschen:
Amm. Marceil. XIX 5, 2 tantum proficientes, quantum in publico,
ut aiunt, incendio aqua unius hominis manu adgesta. Auch ist
es zu spät Wasser ins Feuer zu giefsen, wenn das Haus herunter-
gebrannt ist: Quintil. declam. 12, 23 aquas infundere in cinerem.*)
Gleichbedeutend ist Prop. II 14, 16 cineri nunc medicina datur
von dem schon verbrannten Toten.**) Noch unbesonnener han-
delt, wer anstatt die Flammen zu dämpfen, Öl ins Feuer giefst
und sie noch mehr anfacht: Non. p. 22, 21 M. Tullius in Hor-
tensio: Ad iuvenilem libidinem copia voluptatum gliscit ita, ut
ignis oleo. Hör. sat. II 3, 321 Adde poemata nunc, hoc est,
oleum adde Camino. Porphyr.: et usus est vulgari proverbio.
Apul. Metam. IX 36 quod est oleum flammae, sulfur incendio,
flagellum Furiae. Hieron. ep. 22, 8 Quid oleum flammae adici-
mus? 77, 7 et quasi oleum flammae adieimus. 125, 11 ne —
oleum igni adicias. Ttcrtt] xal iXaim xataößsvvvvcu (tcvq) Luc.
*) Ein Brand wird auch durch das Einreifsen der benachbarten Hänser
unterdrückt^ weshalb incendium ruinaextinguere als sprichwörtliche Redens-
art angenommen wird, z. B. von Dietsch zu Sali. Catil. 31, 6. Wenn Ca-
tilina beim Verlassen des Senates gesagt hätte : incendium meum ruina rei
publicae eztinguam (die besten codd. resting. ohne rei p., Basil. exting.),
wie J. Mähly vermutet, zur Kritik lat. Texte. 1886. S. 13, so hätte er sich
gewifs nnr logisch auegedrückt; allein er hatte doch den Takt nicht aus-
zusprechen, was zum Opfer fallen müsse. Zudem lautete der Ausspruch
nach Cic. Mur. 51 incendium se non aqua, sed ruina restineturnm, nach Val.
Max. 9, 11, 3 incendium, si aqua non potuero, ruina extinguam (Paris, Epit.
reetinguam), nach Flor. 2, 12 (4, 1) 7 incendium Buum restineturum ruina.
Da& re in zahlreichen Verbalzusammensetzungen nach unserer Auffassung
entbehrt werden könnte, ist bekannt genug. Die Bed.
*•) Bei Plant, mil. glor. 1000 sermo huius haud cinerem quaeritat —
politus est hat man an den Gebranch der Asche als Putzpulver zu denken.
Doch halte ich den Ausdruck nicht für sprichwörtlich.
38 A. Otto:
Timon. 44. — iXaCcp iivq ößevvveig Plut. Boiss. 22. Eine Leiden-
schaft nährt und steigert die andere, wie ein Feuer ein zweites:
Ov. a. a. I 244 Et Venus in vinis ignis in igne fuit ep. 15
(16) 230 et ebrietas ignis in igne fuit (Anders Ov. am. III 2,
34 In flammam flammas, in mare fundis aquas.) Nach dem
Griechischen prj icvq ixl icvq Diogen. VI 71. Eine ähnliche
Vorschrift ist die des Pythagoras hvq pa%aiQa nrj öxakevew
reize nicht einen jähzornigen Menschen durch Schmähworte
noch mehr (Porphyr, zu Hör. sat. II 3, 276. Athen. X 452.
Diogen. Laert. VIII 18): Hör. sat II 3, 275 Adde cruorem Stul-
titiae atque ignem gladio scrutare. Hieron. adv. Rufin. III 99
p. 485 Ignem gladio ne fodias. — Am besten ist es, einen Brand
überhaupt zu verhüten und selbst auf das kleinste Fünkchen zu
achten, denn „aus einem kleinen Funken wird oft ein grofser
Brand": Lucret V 609 et accidere ex una scintilla incendia passim.
Hör. ep. I 18, 85 Et neglecta solent incendia sumere vires.*)
Lucr. VI 3 (8) 11 Parva saepe scintilla contempta magnam exci-
tavit incendium. Juven. XIV 244 ignem, cuius scintillas ipse de-
disti, Flagrantem late et rapi entern cuncta videbis. Hieron. ep.
127, 10 Cernentes haeretici de parva scintilla maxima saepe in-
cendia concitari. ep. 129, 3 de scintillis incendia concitari. 148,
23 ne ex nobis scintilla procedat, per quam adversus nos si-
nistrae flammae flamma confletur. — Manches Feuer ist jedoch
nur ein Strohfeuer, ein Symbol der schnell verrauchenden Leiden-
schaft: Verg. Georg. III 99 ut quondam in stipulis magnus sine
viribus ignis Incassum furit Ov. trist V 8, 20 Flammaque de
stipula nostra brevisque fuit Hieron. ep. 54, 13 Sed tarnen cito
ignis stipulae conquiescit. Gefahrlich bleibt auch das unter der
Asche glimmende Feuer: Hör. carm. II 1, 8 et incedis per ignes
Suppositos cineri doloso. Prop. I 5, 5 Et miser ignotos vestigia
ferre per ignes. Ebenso schon die Griechen: Callim. ep. 46, 2
tcvq vnb ty öitodijj. Eurip. Elect. 1182 dia itvQog ßaivsiv. —
In die Gefahr mitten hinein begiebt man sich aber nur im
äufsersten Notfalle: Cic. ad Att XVI 7, 2 ut in flammam ipsam
venirem. XVI 15, 6 veniendum est igitur vel in ipsam flammam.
— Niedrige, bettelhafte Gesinnung und Habsucht zeigt es, wenn
*) Sprichwörtlich ist vielleicht auch der vorhergehende Vers Nam tua
res agitur, paries cum proximus ardet Ein deutsches Sprichwort lautet:
Es geht dich auch an, wenn des Nachbars Haus brennt Düriugsfeld a. a. 0.
II S. 73.
Die Natur im Sprichwort. 39
jemand selbst aus dem Feuer das Essen herauszuholen bereit ist:
Ter. Eun. 490 nam quid adsentari huic animum induxeris E
flamma petere te eibum posse arbitror. Donat: Nam antiquum
verbum est: Petere eibum e flamma. Welches Feuer dabei ge-
meint sei, zeigt Catull 59, 2 vidistis ipso rapere de rogo cenam.
(Plaut. Pseud. 361 Busti rape.) Vgl. Lucil. bei Non. p. 138, 21
mordicus petere aurum e flamma expediat, e caeno eibum (26,
61 M.). Gleichbedeutend ist Hör. ep. I 16, 63 qui liberior sit
avarus In triviis fiium cum se demittit ob assem. Pers. V 111
Inque tuto fixum possis transcendere nummum? Petron. 43 pa-
ratus foit quadrantem de stercore mordicus tollere. — Feuer in
den Mund zu nehmen ist freilich noch schwieriger, und doch ist
es nach einem alten Worte des Ennius eher denkbar, als dafs
jemand einen verständigen Einfall und guten Gedanken für sich
behalte: Cic. de orai II 54, 222 flammam sapiens facilius ore
in ardente opprimit, Quam bona dieta teneat (Vahl. p. 148. Ribb.
fr. trg. p. 60). Symmach. ep. I 31 (25) 2 nam facilius est ar-
dentes favillas ore comprimere, quam luculenti operis servare se-
cretum. Hieron. adv. Rufin. III 31 et flammas ore coneeptas
tenere non potes. Ennod. p. 240, 13 Vog. facilius est ignem in
pyras animatum lingua comprimere, quam silentium inter op-
tata servare.
Was nach dem Feuer übrig bleibt, ist Asche oder Kohle:
Ter. Ad. 849 tarn exeoctum reddam atque atram, quam carbo
est. Die glücklichen Tage bezeichnet man symbolisch weifs, die
unglücklichen schwarz (dies albus — ater): Hör. carm. I 36, 10
Cressa ne careat pulchra dies nota. sat. II 246 Sanin creta an
carbone notati? Pers. V 108 lila prius creta, mox haec carbone
notasti? Plin. ep. IV 11, 30 diem — laetum notandumque mihi
candidiore calculo. Symmach. ep. I 96 (90) albo calculo veter um
more signabo. Wir: den Tag will ich mir im Kalender rot an-
streichen. — Auf einen uralten Aberglauben bezieht sich Phaedr.
V 6, 6 Garbonem, ut aiunt, pro thesauro invenimus von einem
vereitelten Unternehmen und getauschter Hoffnung. Die Griechen
sagten av&gaxeg 6 &rj6avQog Zenob. II 1.
Zum Schlufs seien anhangsweise noch diejenigen Sprichwörter
besprochen, die es mit den räumlichen und zeitlichen Verhältnissen
im allgemeinen zu thun haben. Der Begriff des Graden und
Krummen wird übertragen auf das moralisch Gute und Schlechte,
das Richtige und Verkehrte: Hör. ep. II 2, 44 Scilicet ut vellem
40 A. Otto:
curvo dinoscere rectum. Pers. IV 12 rectum discernis, ubi inter
curva subit. Anthol. lat. II 789, 6 curvo diducere rectum —
Permitte. — Plin. ep. V 21, 6 invenimus, qui curva corrigeret
(ironisch). Senec. apol. 8 Hie nobis curva corriget? Corp. Inscr.
lat. I 1438 p. 264 Gorrigi vix tandem quod curvom est factum
crede. Vgl. Sedul. p aschal, carm. IV 7 cui prona facultas ardua
plauare et curva in direeta referre. (S. auch Archiv III p. 238 f.)
— Auf dem Gegensatze zwischen Eckigem und Rundem beruht
Petron. 43 facile est autem, ubi omnia quadrata currunt, wo alles
Eckige läuft wie eine runde Kugel d. h. wo alles Schwierige und
scheinbar Unmögliche sich von selbst macht (andere Erklärungen
s. bei Burmann).
Eine Variation des im Anfange erwähnten toto caelo errare
findet sich bei Ter. Eun. 245 tota erras via, du bist ganz auf
dem Holzwege. Das Gegenteil davon bietet Plaut. Asin. 54 reetam
instas viam, du bist auf der rechten Fährte. Ahnlich lauten
Plaut. Gas. II 8, 35 Nunc pol ego demum in reetam redii semi-
tam, nnd Ter. Andr. 190 redeat iam in viam, wozu Donat be-
merkt: proverbiale. Sonst ist semita verschieden von via: Plaut.
Gas. 5, 39 seien s de via in semitam degrederis, du bringst dich
selbst in Verlegenheit. Ebenso in dem bekannten Worte des
Eunius bei Cic. de divin. I 58, 132 Qui sibi semitam non sapiunt,
alteri monstrant viam. Auch die Verbindung der beiden Worte
ist sprichwörtlich (wie in unserem: Weg und Steg): Fronto p. 213,
16 Nab. fumum et pulverem, sine quis neque arae neque foci,
nee viae, quod vulgo aiunt, nee semitae usurpantur.
Die kleinste Zeiteinheit ist bei den Alten die Stunde:
Hör. ep. I 1, 82 Idem eadem possunt horam durare probantes?
Prop. I 6, 1 1 His ego non horam possum durare querellis. Arnob.
II 74 ante horas, quemadmodum dicitur, paueulas. Vgl. in hora,
ad horam (zur Minute). Ein Mann, der gleich in äfsig zu Ernst
und Scherz aufgelegt ist, mit dem man ernste und heitere
Stunden gern durchlebt, Keifst omnium horarum homo: Quintil.
VI 3, 110 ut de Pollione Asinio seriis iocisque pariter aecommo-
dato dictum est, esse eum omnium horarum. Suet. Tib. 42
Codicillis quoque iueundissimis et omnium horarum professus.
Vgl. Cic. de orat. II 67, 271 C. Publicium solitum dicere P. Mum-
mium cuivis tempori hominem esse. — Von dem, der nur für
den Augenblick bedacht ist, gilt die Redensart in horam vivit
(Cic. Phil. V 9, 25). Noch gewöhnlicher ist in diem vivere, un-
Die Natur im Sprichwort. 41
bedachtsam in den Tag hineinleben: Cic. Phil. II 34, 87 non
solum de die, sed etiam in diem vivere. Plin. ep.V 5, qui volupta-
tibus dediti quasi in diem vivunt. Liv. XXII 39, 13. XL 8.
XXVII 12, 4. Colum. III 3, 6. Hieron. ep. 7, 5. — Dies ist um
so tadelnswerter, als niemand weif 8, was die Zukunft, nicht
einmal was der Abend bringen wird: Liv. XLV 8,6 nee praesenti
cedere fortunae, cum quid vesper ferat, incertuoi sit. Amm.
Marc. XXVIII 1, 53 nescis, quid serus vesper vehat. Den gleichen
Titel fährte eine der Satiren Varros (Gell. XIII 11, 1. Macrob.
I 7, 12)*). Ein anderer, allem Anschein nach ebenfalls sprich-
wörtlicher Titel war cras credo, hodie nihil, das glaube ich
morgen, d. h. überhaupt nicht (Riese p. 113). Ebenso erscheint
sprichwörtlich Petron. 45 quod hodie non est, cras erit. —
Während wir die Sitte des Verschiebens tadeln, warnen die Alten
umgekehrt vor Übereilung. Plaut Poen. II 1, 51 Res serias
omnes eztollo ex hoc die in alium diem. Cornel. Nep. Pelop. 3, 2
in crastinum, inquit, Archias differo res serias. Dafs aber eben
ein solcher Grundsatz auch gefährlich werden kann, zeigt die
historische Erzählung, mit welcher das Wort gewöhnlich in
Zusammenhang gebracht wird (Cornel. Nep. a. a. 0. Plutarch
Pelop. 10. Append. prov. II 58 iv aot xa öitovdata. [stg avgiov
rä öitovdata Plutarch]). Doch sogar auch wir: Das will ich mir
beschlafen. — In der That ist das Heute des Gestern Schüler
(dies diem docet): Publil. Syr. 123 Discipulus est prioris poste-
rior dies. — Nur zu oft will uns aber das Heute weniger gut
erscheinen als das Gestern: Publil. Syr. 103 Cotidie est deterior
posterior dies. Senec. Hippol. 773 horaque semper praeterita
deterior subit. asl xa iisqvöi ßekxim Macar. I 31. Darum klagen
wir über die schnelle Vergänglichkeit der Zeit, die nicht mehr
wiederkehrt (Hör. epod. 17, 25 Urget diem nox et dies noctem.
carm. II 18, 15 truditur dies die. Senec. ep. 24, 25 Diem nox
premit, dies noctem. — Verg. Georg. III 284 sed fugit interea,
fugit irreparabile tempus. Aen. X 467. Catal. 12, 10 hora mit.
Pers. V 153 fugit hora. Colum. XI 1, 29 Praeterlabentis vero
temporis fuga, quam sit irreparabilis, quis dubitet? Auson. epigr.
13, 4 nee revocare potes, quae periere dies), die uns alles raubt:
Verg. ecl. 9, 51 Omnia fert aetas. Ov. Metam. XV 234 Tempus
*) Vgl. Cic. de fin. II 28, 92 non dico in aonum, sed ad vesperum.
Der Wortlant ist ähnlich bei Verg. Georg. I 461 Denique quid vesper serus
vehat — Sol tibi signa dabit.
42 A. Otto:
edax reram. Die Vergangenheit laust sich nicht zurück rufen,
Geschehenes ist nicht ungeschehen zu machen: Cic. in Pis. 25, 59
quoniam praeterita mutare non possumus. Hanmbal bei Liv.
XXX 30, 7 sed praeterita magis reprehensi possunt, quam cor-
rigi. — Für den Verständigen ergiebt sich daraus die Auf-
forderung: Gehe sparsam um mit der Zeit und nütze die Zeit:
Senec. ep. 88, 34 Adeo mihi praeceptum illud salutare excidit:
Tempori parce? ep. 94, 28 Qualia sunt illa aut reddita oraculo
aut similia: Tempori parce. — Hör. carm. I 11, 8 Carpe diem.
Tibull. I 8, 47 dum primi floret tibi temporis aetas, Utere; non
tardo labitur illa pede. Prop. IV 5, 60 Utere, ne quid cras libet
ab ore dies. Ov. trist. IV 3, 83 Utere temporibus. fact. III 59
Utendum est aetate. — Dem Thätigen wird die Zeit nicht lang:
Senec. ep. 122, 3 nullus agenti dies longus est (sprichwortlich?).
Bekanut war im Altertum der Ausspruch des Kaisers Titus:
amici, diem perdidi (Suet. Tit. 8). Auson. ad Gratian. 16 Celebre
fuit Titi Caesaris dictum, perdidisse se diem, quo nihil boni
fecerat. Vgl. Claudian de rapt. Pros. 11 282 Amissum ne crede
diem. Plin. ep. III 5, 16 Poteras, inquit, has horas non perdere.
— Die Klugheit verlangt, dafs man sich in die Zeit schicke,
ein Gedanke, den Cicero immer wieder betont: ad Att. XII 51, 2
ut sunt tempora, quibus parere omnes itoliuxol praecipiunt. ad
famil. X 3, 3 fuisse quoddam tempus, cum homines aestimarent
te nimis servire temporibus (den Mantel nach dem Winde hängen!),
ad Att. X 7, 1 et tempori servienduni est. ad famil. IV 9, 2
Tempori cedere, i. e. necessitati parere semper sapientis est
habitum. defin. III 22, 73 Quaeque sunt vetera praecepta sapien-
tium, qui iubent tempori parere. ad famil. X 7, 2 Quid faciam?
tempori servienduni est. Laur. Pison. 155 temporibus servire
decet. Senec. Med. 175 tempori aptari decet. Vgl. Liv. XXXIII
47 , 10 itaque cedere tempori et fortunae statuit. Caes. b. g.
VII 89, 2 quoniam sit fortunae cedendum. KaiQm öovkevsiv
Apost. IX 24 c. Vergleichen lafst sich der Ausspruch des Pittakus
xcuqov yvci&i (Mant. prov. II 59). — Grofs ist die Macht der
Zeit, sie lindert und heilt jeden Schmerz. Darum sagten die
Griechen 6 xoivbg latQog de ftsgaitevöei, %Qovog Apost. XII 55 a
und Xvicrig 8% Ttdörjg yCvst latQcg %Qovog Mant. prov. I 100.
Und ebenso die Romer: Ter. Heaut. 421 aut illud falsum est,
quod vulga audio Dici, diem adimere aegritudinem hominibus.
Cic. ad fam. V 16, 5 diuturnitas mazimos luctus vetustate tollit.
Die Natur im Sprichwort. 43
VII 28, 3 sed etiam dies, qui stultis quoque mederi solet. IV
5, 6 Nullus dolor est, quem non longinquitas temporis minuat
ac molliat. ad Att. III 15, 2 dies autem non modo non levat
luctem hone, sed etiam äuget, ad Att. XII 10. Ov. ex Pont. I 3, 15
Tempore ducetur longo fortasse cicatrix. Seuec. ad Mai. 8, 1
Dolorem longa consumit dies. Senec. ep. 63, 10. — Die Zeit
bringt aber auch das verborgene Unrecht ans Licht (die Sonne
bringt es an den Tag): Tertull. Apol. 7 Bene autem, quod omnia
tempus revelat, testibus etiam vestris proverbiis et sententiis.
Hör. ep. I 6, 24 Quidquid sub teria est, in apricum proferat aetas.
Phaed. fab. VI 4, 24 Sed tempore ipso tarnen apparet veritas.
"Aysi 8% xqoq q>äg xi\v a\r\%ziav %Qovog Apost. I 27 b. itdvt' ava-
xccXvnxai %$6vog XQog <päg Apost. XIII 86 c.
Beinahe sprichwörtlich kehrt bei Cicero der Ausruf o tem-
pora, o mores wieder: Catil. I 1, 1. 11,31. de domo s. ad poutif.
53, 137. in Verr. IV 25, 55. pro Deiot. 11. Vgl. Senec. rhet. suas.
6, 3. Hieron. adv. Helvid. 16 p. 224 V*).
Glogau. A. Otto.
Medianus.
Das Wort medianus (ital. mezzano, franz. moyen) findet sich
auch im Germanischen und zwar in der Form meiden = Pferd,
welches man gewöhnlich mit dem gotischen maithms = öcoqov
identifiziert, in der Meinung, das Pferd habe seinen Namen davon,
dafs es im Mittelalter Gegenstand von Geschenken war, z. B. an Spiel-
leute. Allein meiden ist = medianus, womit (vgl. Ref. Zur Text-
kritik der Nibelungen, Abhdl. der bayr. Akad. d. Wiss. 1872. S. 63.)
dasjenige Pferd bezeichnet wird, welches den Mittelpreis hat zwischen
dem Ritterrofs und dem Trofspferd. Das gotische maithms aber (und
die ihm entsprechenden Wörter im Altnordischen, Angelsächsischen,
Altsächsischen) entspricht dem lateinischen mutuum oder mutuus,
und dieses ist entstanden aus moetns = sikul. (xotvog = %<xQig (So-
phron. bei Hesychius), wie schon Varro 1. lat. 5, 179 erkannte.
München. Conrad Hofmann.
*) Die dem Pflanzenleben entnommenen Sprichwörter sind einem be-
sonderen Artikel vorbehalten.
Zu Dracoutius.
I. Im Archiv III 150 und 284 [vgl. auch Arch. III 442]
verbreitet sich M. Petschenig über den reflexiven Gebrauch
von transitiven Verben bei Corippus. Sieben Transitiva sind
es, welche jener afrikanische Dichter reflexiv (wofür ich die Be-
zeichnung intransitiv vorziehe) anwendet: frangere,iungere, mergere,
minuere, trahere, vertere, volvere. Dazu kommen noch zwei, mi-
scere und spargere, deren reflexiver Gebrauch wenigstens wahr-
scheinlich ist.
Es ist interessant wahrzunehmen, wie ein etwa 50 Jahr älterer
Landsmann des Corippus schon völlig in denselben Bahnen fahrt,
wie dieser. Auch Dracontius, dessen Gedichte, wie R. Amann gezeigt
hat und ich noch eingehender zeigen könnte, Corippus gekannt
und nachgeahmt hat, verwendet eine Anzahl Transitiva in intransi-
tiver (reflexiver, passiver) Weise, zum Teil dieselben wie Corippus.
So steht, um mit letzteren zu beginnen, minuere («= minui) de
deo I 736 et minuantur aquae luna minuente liquentes satisf. 238
qua (luna) minuente polis est minor unda maris ibid. 239 f.
Cynthia dum crescit, fontes et flumina crescunt, haec eadem
minuunt, Cynthia dum minui t. Ferner mergere (= mergi)
10,499 ne mundi machin a mergat Orest. 373 vidi ego mergentem
fluctu sorbente carinam und so auch sicher de deo I 158, wo es
jedoch nötig ist auf den Zusammenhang etwas näher einzugehen.
Es ist dort die Rede von der am dritten Schöpfungstage erfolgten
Scheidung zwischen Wasser und Trockenem. Dies wird von
Vers 154 an folgendermaßen geschildert:
Quam molles portant ceu fundamenta liquores,
arida materies rapitur de corde fluenti
nondum mater humus; cuius pars solvit arenas,
in glaebas pars membra ligat, pars saxa tumescunt
et cautes stat montis apex, pars flumina mergit,
planities (codd. u. Ausg. planitie) pars tensa iacet e. q. s.
Konrad Bofsberg: Zu Dracontius. 45
Hier können V. 158 die Worte pars flumina mergit nur heifsen
'ein Teil des Erdbodens versinkt in die Flüsse (als Sand,
Schlamm u. s. w.)' Die intransitive Anwendung ist völlig klar,
nur fraglich bleibt, ob man Drac zutrauen soll, dafs er den
blofisen Accus. = in flumina setzte, oder nicht vielmehr mit ge-
ringer Änderung, die durch die umgebenden Singulare noch
erleichtert wird, entsprechend dem guten Sprachgebrauch flu-
mine mergit schreiben soll.
Ich komme zu iungere, welches sich dreimal intransitiv in
dem Epithalamium (carm. 7) findet, aber dort von dem neusten
Herausgeber in seiner Bedeutung verkannt ist. Die erste Stelle,
in welcher iungere zweimal begegnet, ist Vers 33—36. Diese
lese ich unter Aufnahme von Schenkls Konjektur Oreades und
Naides für Oreadas, Naidas in engem Anschlufs an den
cod. also:
Bybliades Satyris iungant Nymphisque Hymenaeös
et Dryade«, passim coeant per prata Napaeis,
Oreades Faunis iungant et Naides omnes,
et Bacchis copuletur*) Amor per castra Dionae
und übersetze: 'die Mädchen von Byblos mögen sich den Satyrn
und Hymenaeus den Nymphen gesellen, die Dryaden überall auf
den Wiesen sich mit . den Napaeen vereinigen, die Oreadeu und
Najaden insgesamt sich den Faunen gesellen, und Amor sich
mit den Bacchantinnen verbinden im Heerlager der Venus'.
Hymenaeus im Gefolge der Venus auch 10, 162. 263.
Die andere Stelle, an welcher Baehrens wieder geändert und
einen mir wenigstens unmöglich erscheinenden Sinn hinein-
gebracht hat, findet sich V. 57. 58. Hier ist überliefert
Tot bona proveniant sponsis, quot dextra parentum
iungit amoriferis per festa iugalia palmis
d. h. 'soviele Glücksgaben mögen dem Brautpaar aufspriefsen,
als sich die Rechte der Eltern am Hochzeitsfeste mit glück-
*) Beiläufig bemerke ich, dafs ich copuletur beibehalte und nicht
mit v. Dubn und Baehrens copletur schreibe, da auch de deo I 407 über-
liefert ist iterum copulate iugales und Orest. 785 für das überlieferte capu-
labat wahrscheinlich herzustellen copulabat. Dafs eine Prosodie copulari
im Spätlatein vorhanden war , beweist aufserdem eine Stelle des Licmtius
bei Augustin. epist. 26 al. 39 arcet amor copulamque tenet communis honesti,
sowie indirekt die konstante Kurzmessung der ersten Silbe bei Thiofrid.
Tita Willibrordi metr. 2, 210. 468. 8, 874.
46 Konrad Rofaberg.
wünschenden Händen verbindet (d. h. in solche einschlägt).*
Wie Baehrens sein amoriferas palmas verstanden wissen will,
weifs ich nicht und verzichte deshalb auf vielleicht unberechtigte
Vermutungen.
Zwei transitive Verba in intransitivem Gebrauch dicht hinter
einander, temperare und frangere, zeigt der Vers 8,330
temperet invidia, frangat dolor, ira quiescat
Unter den bisher genannten befinden sich vier, die in gleicher
Verwendung auch bei Corippus vorkommen, nämlich minuere,
iungere, mergere, frangere. Aufserdem ist intransitiv gebraucht
serenare 10, 174
et magis accessu pueri plaga maesta serenat;
sodann begegnet crispare, welches 2, 86 satisf. 139 de deo III
625 transitiv steht, in intransitivem Sinne 8, 352 lata procul
venabula cernens venantis crispare manu. Hier änderten die ersten
Herausgeber manu in manura, was nicht nötig erscheint, wenn
man den intransitiven Gebrauch des part. crispans in 8, 412 dum
(agni) cauda crispante tremuut und de deo I 238 (pisces) crispante
freto proflabant naribus undas, der sich schon bei früheren Schrift-
stellern findet, in Betracht zieht. Das Partie. Praes. scheint
überhaupt diejenige Verbalform zu sein, welche für intransitive
Auffassung am zugänglichsten war. Die oben angeführten Stellen
enthalten mehrere Beispiele dieser Art. So tritt denn auch so-
lid are, welches 10, 560 de deo I 233. 246. II 86 transitiv steht,
ibid. I 152 in der Wendung (tellus) solidante globo per inane
pependit intransitiv auf, wie auch ibid. I 26 quibus omnia con«
stant nubibus et radiis solis pascentia anheli das Particip pascens,
welches hier natürlich zu pasci, nicht zu pascere gehört. Hier
dürfte zugleich eine Spur sichtbar werden, waium das Part. Praes.
sich am meisten für die Annahme intransitiver Bedeutung eignete.
Der Mangel eines Part. Praes. pass. gab Anlafs, einen Ersatz
zu suchen; da nun aber die Deponent'a ihr Part. Praes. in aktiver
Form bildeten, so war dieses eine Atfc neutrales Gebiet, auf
welchem aktive und passive (= intransitive) Bedeutung zusammen-
trafen. Daraus erklärt es sich, wenn schon Cicero anno veitente,
Vergil u. a. solventibus annis gebrauchen. War erst einmal
diese Brücke zwischen Aktiv und Passiv resp. Deponens bei
einem Verbum geschlagen, so wird es erklärlich, wenn nun auch
andere Formen nachdrangen.
Zu Dracontiu8. 47
Etwas anders kann die Sache zu liegen scheinen bei dem
sechsmal in des Dracontins Gedichten intransitiv auftretenden
rumpere. Ich gebe zunächst die Stellen: 5, 17 dum classica
rumpunt 10, 223 corda calent oculique labant, suspiria rumpunt
10, 579 rumperet ensiferis cum ferrea messis aristis 11, 4 cortice
turgidulo rumpunt in palmite gemmae de deo I 631 ambrosio
reduces rumpunt de cortice fructus (so die Lesart des besten
cod., des VaL, wogegen die Ausgaben mit den schlechteren Hdschr.
rumpuntur cortice bieten) ibid. 1 688 quod sermo creavit unus ubi-
que deus, dum iussio rumperet una (so Arevalo nach cod. Vat). Dafs
rumpere an allen diesen Stellen intransitive Bedeutung hat, ist
nicht zweifelhaft Nun könnte man aber sagen, das Simplex rum-
pere stehe hier in Vertretung seiner iutransitivenCompositaprorum-
pere, erumpere. Der Grund, welcher mich abhält, dieser Auffassung
zu huldigen, ist folgender. Rumpere mit einem Objekt, welches
einen Ton bezeichnet, heilst 'hervorbrechen lassen', so z. B. Verg.
Aen. 3, 246 rumpitque hanc pectore vocem ibid. 4, 553 rumpe-
pat pectore questus Stat. Theb. 6, 136 und 11, 676 vocem de
pectore rumpit Dracont. Orest. 522 gemitu suspiria rumpens;
mit andersartigem Objekt Ovid. niet. 5, 257 fontis, quem prae-
petis ungula rupifc. Zu diesem faktitiven 'hervorbrechen lassen'
tritt dann reflexiv se rumpere oder passiv rumpi in der Be-
deutung 'hervorbrechen'. So wiederum Verg. ge. 1, 445 f. densa
inter nubila sese divorsi rumpunt radii ibid. 3, 428 amnes rum-
puntur fontibus. Diesen Beispielen stellen sich nun die oben
angeführten aus Dracontins so zur Seite, dafs statt des Pass.
oder lief), das Activum gebraucht ist. Ich halte deshalb dafür,
dafs wir auch bei diesem Verbum einen Übergang aus der transi-
tiven in die reflexive Bedeutung anzusetzen haben.
Ob man auch concludere in 7, 137 sed ne maesta canens
concludat Carmen amoris intransitiv zu fassen hat, darf fraglich
erscheinen, da sich allenfalls aus v. 139 os tacitum als Subjekt
hinzudenken liefse.
Als sichere Beispiele transitiver Verba in intransitiver Be-
deutung ergeben sich demnach für Dracontius: crispare, frangere,
iungere, mergere, m-nuere, rumpere, serenare, solidaie, temperare.
II. Es ist bekannt, dafs sich das Hilfszeitwort esse in den
romanischen Sprachen durch Formen von stare ergänzt, so im
Part. Perf. ital. stato prov. estat franz. ete, entsprechend einem
lateinischen status a um, ferner im Imperfekt des Französischen
48 Konrad Rofaberg:
(sonst jedoch keiner der romanischen Tochtersprachen) etait =
stabat. Ist es aber wirklich lateinisches stare, welches diesen
romanischen Formen zu Grunde liegt? Bedenklich bin ieh be-
treffs dieser Annahme durch die Beobachtung geworden, dafs Dra-
contius und Gorippus (vermutlich auch andere) nicht sowohl stare
als vielmehr extare im Sinne von esse gebrauchen. Die Stellen
siehe später. Nun können alle oben angeführten Bildungen eben-
sowohl von extare, welches ja in spätlatein. Volkssprache zu
e stare werden mufste (vgl. Gorssen Ausspr.2 I 297), herkommen,
wie vom Simplex stare. Denn ital. stato entspricht einem extatus
ebenso, wie stendere dem lat. extendere (franz. etendre), stenuare
dem lat. extenuare u. s. w. Bei den prov. und franz. Formen ist es
von selbst klar, dafs das e im Anlaut ebensogut ein ursprüng-
liches, wie das vor s impur. auftretende prosthetische sein kann.
Es wäre deshalb eine Aufgabe der Romanisten von Fach diese
Frage noch einmal in genauere Erwägung zu ziehen. Die Stellen,
an denen extare bei den genannten spätlateinischen Dichtern
in der abgeblafsten Bedeutung von esse vorkommt, sind folgende:
Dracont. de deo II 696 placidissimus extas ibid. v. 731 solus
enim dominus, dominum qui non habet, extat. satisf. 155 £ nonne
dei praecepta iubent, ne sol cadat intrans irascente alio, sed pius
extet homo? Orest. 67 vivis, an effigies et imago volatilis extas?
Orest. 323 f. nam principis uxor cuiuscunque libet, licet extet
pulcra pudica, in den kleineren Gedichten des Drac. 5, 90 audacia
forsan pauperis horretur, ne clam temerarius extet 8, 182 vel
amysticus extet uterque 10, 65 licet immemor extet relligionis
amor. (In einigen dieser Beispiele, wie 5, 90 satisf. 156, nähert
sich die Bedeutung der von fieri, während in den meisten deut-
lich esse vertreten wird.) Ferner Coripp. Justin. 1, 136 par
extans curis, solo diademate dispar ibid. 3, 378 monstraque, quae
variis extant conflata metallis ibid. 4, 303 (Christus) una in na-
turis extans persona duabus.
Für Dracontius ist noch zu bemerken, dafs er auch con-
stare in der Bedeutung von esse gebraucht, so 8, 10 quota
portio patris omnis constat homo? ibid. v. 137 f. uni pia mater
haberis, .... set multis impia constas 9, 180 sed quid dorsa viri
palpant? iniuria constat magnanimi iuvenis. Dafs auch haberi,
manere, adesse, inesse im Sinne von esse durch Drac. verwendet
werden, sei hier beiläufig angemerkt.
III. Bei dieser Gelegenheit will ich nicht unterlassen, einige
Zu Dracontius. 49
Worte über expectare bei Dracontius anzuschliefsen. Dies be-
gegnet an mehreren Stellen unseres Dichters in der Bedeutung
yon spectare, so 9, 21 desuper orbein expectant stellasque vagas
[fraglich ist 9, 159], de deo I, 356 ac procul expectat (Adam)
virides iumenta per agros [fraglich de deo II 742], de deo III 53
divitis extincti tormenta expectat egestas (sc. Lazarus), Orest. 777
werden die Götter aufgefordert expectate vices nato redhibente
parenti. Der neuste Herausgeber der carmina profana, Baehrens,
hat sich veranlafst gesehen, offenbar in der Annahme, dafs ex-
pectare nicht 'schauen, anschauen9 bedeuten könne, 9, 21 expec-
tant in aspectant und Orest. 777 expectate vices in en spectate
vic38 zu ändern. Mit Unrecht, wie ich behaupte. Einmal näm-
lich stützt sich die Überlieferung an obigen Stellen gegenseitig,
so dafs schon deshalb Änderung bedenklich erscheinen müfste;
andrerseits aber ist es so leicht erklärlich, dafs expectare (ge-
sprochen espectare) und spectare (in der Volkssprache mit Pros-
these = espectare, ispectare) sich mischten, dafs der Gebrauch
des Kompositums für das Simplex alles Auffällige verliert, ganz
abgesehen davon, dafs schon in früher Zeit Beispiele von expec-
tare fast = spectare sich nachweisen lassen (vgl. Arevalo zu
Drac. de deo I 356, wo nur Ovid met. 14, 418 als irrtümlich zu
streichen). .
IV. Eine eigentümliche Spracherscheinung des Spätlateins,
die u. a. bei Sedulius und Corippus hervortritt, hat auch an
Dracontius einen Vertreter. Es ist dies der Gebrauch des Partie.
Praes. in der Bedeutung eines Part. Perf. Nicht alles, was Huemer
im Index zu Sedulius und Parts ch in dem zu Corippus zusammen-
stellen, dürfte ganz zutreffend sein, da gewisse Stellen andere
Auffassung gestatten. Ganz zweifellos liegt aber diese Zeit-
verschiebung vor, wenn Sedul. carm. pasch. 2, 95. Coripp. Joh.3,73
und 156 nascens im Sinne von natus steht, oder Sedul. c. p.
3, 130 moriens virgo =mortua, Coripp. Joh. 8, 635 extemplo
turbatae acies pereunte tyranno = occiso, mortuo. Auf der-
artige unzweifelhafte Stellen bei der Auswahl der Beispiele aus
Dracontius mich beschränkend sehe ich von Stellen wie Drac. 6, 21
in praedam venere dei vincente Dione oder 10, 178 f. torvo man-
dante tyranno ecce trahebatur ceu taurus pulcher Iason ab, da
sich in diesen das Part. Praes. kausal fassen oder immer noch
mit einer gewissen Leichtigkeit auf die Stufe der Vergangenheit
rücken läfst. Wenn aber 8, 537 f. Helena vor der Entführung
Archiv für Uk. Lexikoffr. IV. Heft 1. 4
50 Eonrad Rofsberg:
zu Paris sagt: conferet Atridi, quisquis me duxit amator, ut
vivuin linquam non iam moriente marito, so steht hier deut-
lieh moriente für mortuo. Ahnlich verhält es sich mit de deo
I 661 f., wenn es dort von der Wiederverjüngung des Phönix
heilst: et cinis extinetus gelida moriente favilla tollitur alta
petens erecto crine vagatus. Nicht minder zwingend ist Orest.
702 f., wo Cly taemestra, als sie die schmetternden Trompeten des
nahenden Orestes hört, sagt: nullus, ad Argolicos moveat qui
bella, remansit Hectore consumto, Troia pereunte sub armis.
An dem Zeitpunkt, von dem hier die Rede ist, sind seit Aga-
memnons Ermordung 7 Jahre und 8 Monat (vgl. v. 455), eine
viel längere Zeit also seit Trojas Fall verflossen. Troia per-
eunte ist demnach völlig gleichwertig mit Troia deleta. Ein
viertes Beispiel findet sich Orest. 352 f. Dorylas libertus Atridis
et pueri nutritor erat fugientis Orestis. Längst vorher v. 283 ff.
ist von der Flucht des Orestes nach Athen erzählt worden, und
Dorylas hat ihn nicht etwa auf der Flucht begleitet, sondern ist
in Mycenae zurückgeblieben. Somit kann fugientis nur den
Sinn des griech. <pevyovzog = ixjteitraxozog haben, wenngleich ich
sehr bezweifle, dafs dieses griechische Analogon dem Dracontius
vorgeschwebt habe. Endlich scheint mir auch Orest 764 hier
Erwähnung zu verdienen. Clytaeinestra hat den Orestes gebeten,
dafs auch sie von der Hand des Pylades durch dasselbe Schwert
wie Aegisthus fallen dürfe, worauf sie v. 761 ff. von dem Sohne
zur Antwort erhält:
'Quod super ossa rogas moechi moribunda iacere',
natus ait, 'melius reeides super ossa mariti;
nee cruor amborum miscebitur ense minaci,
criminibus ne (cod. B nee) fruetus eat morientis amoris
765. aut operae pretium capiatis sorte malorum:
supplicio sociante nefas discreta iacebis'.
Ich kann hier nur verstehen: 'damit nicht die Verbrechen des
toten Liebhabers noch belohnt werden oder ihr durch das (ge-
meinsame) Todesgeschick gar einen Preis für eure That erlanget9.
Ist diese Auffassung richtig, so steht auch an dieser Stelle
morientis für mortui.
Betrachten wir nun die angeführten Fälle etwas näher, so
finden wir, dafs es sich überall um Verba mit intransitiver Be-
deutung handelt, deren zwei wenigstens der Fähigkeit ein Part.
Zu Dracontiue, 51
Perf. zu bilden entbehren, fugere und perire. Bei diesen wird
der Mangel einer verwendbaren Form Grund für die Zuhilfenahme
des Part. Praes. gewesen zu sein. Von mortuus aber eignen sich
nur wenige*) Formen für die Verwendung im Hexameter. So mag
also bei diesem Worte das metrische Bedürfnis die stellvertretende
Funktion des Part. Praes. erklären. Vielleicht kam diesem Um-
stände aber noch eine Neigung der Volkssprache entgegen, die,
an und für sich minder genau in allem, was Tempora und Modi
anlangt, auch moriens für mortuus sagte. In derselben Weise
würde dann auch nascens für natus in den aus Sedulius und Co-
rippus angeführten Stellen aufzufassen sein.
Hildesheim. Konrad Rofsberg.
Temere
wird von Forcellini-De Vit und Georges Handwörterb.7 als Anapäst
notiert, vielleicht nach Analogie von propere, wänrend Klotz sich mit
der Bezeichnung temere begnügt. Allein abgesehen davon, dafs wir
neben recte nur male* haben, ist properus bezeugt, temerus unbekannt,
ferner propere als Anapäst sicher gestellt durch Lucr. 6, 148. 842**),
temere nicht Umgekehrt haben sämtliche hexametrische Dichter,
Ennius, Lucilius, Lucretius, Catull, Vergil, Lucan, Valerius Flaccus,
Statins, Silius das Wort vor einen Vokal gestellt, wozu anders, als
nm durch Elision eine lange Silbe zu bekommen? Schon daraus
folgt, dafs man das Wort als Tribrachjs bezeichnen mufs, was durch
die Vergleichung von Ennius fab. 406 M. = trag. 189 V. Dimitto,
ut ne res temere tractent türbidas. und Turpil. 117 R. Heu me in-
felicem. | Sänusne es, qui temere lamentare? nur bestätigt wird.
Durch die Bestimmung der Quantität wird nun auch die Bil-
dung des Adverbes klarer; denn es kann nur Neutrum von temeris
sein, analog facile; faciliter und temeriter wurden als Proceleusmatici
vermieden, obwohl celeriter in die Prosa Eingang fand. Plautus und
Ennius sagten aber noch celere, wie Pomponius memore.
München. Ed. WüJfflin.
*) Eigentlich nur der Nomin. sing., da die Elision der Endung (z. B.
mortuum amicum) gemieden wird. Ober veniens, decedens u. ä. bei Livius
— ll&etv (rediens 24, 17, 7) vgl. E. Güthling De T. Livü oratione. II. De
participiis. Liegnitz, 1872. S. 4. Die Red.
**) (propere demersimua imbrem, propere dimittit in auras.)
4*
Usque mit Accusativ.
Über die Präposition usque weifs man etwas weniger als
über die meisten andern Präpositionen, weil Hands Tursellinus
leider mit P abbricht; man ist also beispielsweise im Unklaren
darüber, wie weit sich usque ad und usque in auf den lokalen .
und temporalen Gebrauch verteilen lasse; nur ganz ungenügend
aber 3ind wir über die Verbindung von usque mit dem Accusativ
unterrichtet, so dafs die Herausgeber an zahlreichen Stellen
schwanken, ob sie ad oder in einschieben sollen. Dieser dunkle
Punkt möge in dem folgenden Aufsatze, welcher als Ausführung
von Dräger, Uist. Syntax § 265 zu betrachten ist, zunächst auf-
gehellt werden.
1. Während bei Plautus usque mit Accusativ noch fehlt,
finden wir zuerst bei Terenz Ad. 655 Virginem ut secum avehat? |
Sic est. | Miletum u. obsecro? Natürlich ist es eine verkehrte
Auffassung den Accusativ von usque regiert zu denken, da der
Städtename auch ohne usque im Accusativ stehen würde. Ab
Alpibus usque Romain contendit bedeutet mithin: er reiste von
den Alpen nach Rom ohne die Reise zu unterbrechen, oder: er
reiste in einem fort von den Alpen nach Rom, und dafs das Ziel
erreicht wird, ergiebt sich eben aus der Versicherung, die Reise
habe keinen Unterbruch erlitten. Usque kann in dem vorliegenden
Beispiele ebenso gut auf ab Alpibus bezogen werden, nach Cic.
Cluent. li)2 usque a mari supero Romam proficisci. In dieser
Einschränkung auf Städtenamen hat Cicero den Gebrauch an-
genommen, Verrin. 4, 108 u. Hennam profecti sunt (sie setzten
die Reise bis Henna fort); Pison. 51 ut a Brundisio usque Romam
agmen perpetuum totius Italiae viderit. Gerade hier zeigt sich
deutlich, dafs mit usque ursprünglich nicht das erreichte Ziel,
sondern eine ganze Bewegung vom Ausgangspunkte bis zum End- .
punkte bezeichnet wird. Wenn sich aber in den Reden nur zwei
Stellen finden und vier weitere in den Briefen (Epist. 12, 15, 5
Ed. Wölfflin: Ueque mit Accueativ. '53
in einem Briefe des Lentulus classem fugientem persecuti sunius
usque Sidam; ad Quint. fr. 1, 1, 42 ut u. Romara significationes
vocesque referantur; ad Attic. 5, 7, 16 profectus Tarsum u.; ad
Att. 15, 29, 2 u. Puteolos venit, wo cod. Medic. hisque bietet),
so kann man diesen Thatbestand nur dahin auslegen, dafs die
Konstruktion in der kunstmäfsigen Prosa noch nicht als gültige
Regel anerkannt gewesen sei; denn in der Rede pro Deiot. 19
heifst es u. ad Nuniantiam misit. In der Stellung wollte Cicero
nichts entscheiden, wenn er auch abweichend von Terenz die
Partikel dem Accusativ lieber vorangestellt hat. Andere geogra-
phische Bezeichnungen folgen den Städtenamen noch nicht, z. B.
Verrin. 5, 50 u. ad Oceanuin mittere; ebenso Tusc. 1, 28. Die
Beispiele von u. mit Städtenamen vollständig vorzuführen er-
scheint zwecklos, nachdem die Verbindung durch Cicero in der
Prosa Bürgerrecht erlangt hatte; aber sie blieb doch noch eine
geraume Zeit ziemlich selten, und wir finden sie nur mit Verben
der Bewegung, nicht mit Verben der Ortsruhe. Im ganzen ersten
Jahrhundert nach Chr. begegnen uns, wenn wir einstweilen von
dem Naturforscher Plinius absehen, nur folgende Beispiele: Hör.
sat. 1, 6, 105 ire u. Taren tum; Nepos bei Plin. nat. h. 2, 169
Gades u. pervectum; Val. Max. (Nepotian) 1, 1, ext. 9 Delphos
u. pervenerat; 8, 2, 4 hat nur der Epitomator Julius Paris equo,
cuius usus illi usque Ariciam commodatus fuerat, während Valerius
usqne wegläfst. Sen. epist. 53, 1 etwas freier: solvi mari lan-
guido; sed putavi tarn pauca milia a Parthenope tua u. Puteolos
(auf der Fahrt von . . . nach) subripi posse. In der geogra-
phischen Litteratur macht man sich freilich weniger Bedenken;
denn Plinius giebt zahlreiche Belege und durchaus nicht immer
mit Verben der Bewegung. 3, 16 Carthaginem u. procederent;
3, 88 favilla Tauromenium u. pervenit; 4, 78 accolae sinus in
mentione Thraciae dicti sunt Histropolin u.; 5, 25 fossa Thenam
u. perducta; 5, 77 Zimyram u. porrigitur; 5, 87 ita fertur u.
Suram locum; 6, 163 bei Angabe von Entfernungen Ptolomaida
u.; 6, 175 Gadis u. navigandum; 10, 53 a Morinis u. Romam
venire; 14, 61 a Baiano lacu Ostiara u. navigabilem (fossam);
35, 167 ab Oropo Aulida u. quicquid attingitur mari. Voran-
gegangen war schon Pomponius Mela 2, 3, 55 mare u. Ter-
gestum . . Italicis gentibus cingitur, und Plin. 2, 169 Arabico
sinu egressum Gades u. pervectum deckt sich sogar wörtlich mit
Pomp. M. 3, 9, 90. Tacitus hat den Gebrauch erst in den Annalen
54 Ed. Wölfflin:
angenommen 2, 30 an habiturus fbret opes quis viam Appiam
Brundisium u. pecunia operiret; 3, 5 Ticinum u. progressum;
16, 19 Gumas u. progressns. Es folgte Plinius epist. 6, 25, 1
Ocriculum u. commune iter peregisse; ad Traian. 17 A (28), 1
navigationem u. Ephesum perpessns. Suet. Aug. 97 Beneventum
u. prosequi; Tib. 7 Romam u. pervexit; Tib. 72 Misenum u. de-
vectus; Vesp. 6 Aquileiaui u. perseveraveruiit. Fronto 101, 4N.
feci compendium itineris Lorium u. etc. etc. Scaevola Dig. 45, 1,
122, 1 pecuniam accepit u. Brentesium. Am häufigsten ist die
Konstruktion bei den Script, tust. Aug., nämlich vita Marc. 8, 10
Capuam u. prosecutus; 9, 4 Brundisium u. deduxit; Ver. 8, 1 redit
Romam u.; Sever. 24, 1 Romam u. cum magna provincialium
reverentia susceptum est (corpus); Car. 8, 1 Otesiphontem u. per-
venit; trig. tyr. 15, 4 Otesifonta u. persecutus; 30, 6 Ctesifonta
u. pervenit. Gord. 27, 6 Nisibin u. pervenimus et, si di faverint,
Ctesifonta u. perveniemus. Man bemerke die Nachstellung der
Präposition, die auch bei spätem Autoren, wie Cassiodor, ganz
gewöhnlich ist. Dies dürfte genügen.
2. Den Städtenamen folgten bald andere Ortsbezeichnungen.
Zwar Livius 36, 21, 5 a Patris Corcyram usque Aetoliae atque
Acarnaniae littora legit wird man eher an die Stadt als an die
Insel denken; aber die Dichter gingen freier vor, Lucan 3, 295
Quicquid ab occiduis Libye patet arida Mauris, Usque Paraetonias
Eoa ad littora Syrtes, wo das Verbum auf der Grenze zwischen
Bewegung und Ortsruhe steht; Valerius Flaccus 2, 29 undas
Sicanium dedit u. fretum; Juvenal 10, 1 Omnibus in terris, quae
sunt a Gadibus usque Auroram et Gangen. Aber auch hier folgt
Plinius dem Lukan auf dem Fufse, während Pomponius Mela
mit seinen zwei Beispielen bei den Städtenamen stehen geblieben
war. Er schreibt nämlich 3, 5 primus sinus a Galpe Bruttium
usque promunturium fiectitur; 3, 43 multoque amplior mensura
fieret Lacinium u.; 3, 75 ab hac Cretam u. Siculum (mare ap-
pellat Eratosthenes); 4, 91 ad conterminos deferre (sacra) atque
ita Delum u.; 6, 177 a Syene . . . esse dicit u. Meroen; 6, 181
haec sunt prodita u. Meroen; 6, 212 potet u. Arabiam et Rubri
maris accolas; 6, 219 a Tanai u. Borysthenen; 12, 19 raram
arborem Meroen u. esse; 18, 215 Chersonesum et continentia u.
Atho montem. Es verdient Beachtung, dafs Tacitus und Sueton
in diesem Gebrauche nicht mehr folgen; um so gröfser erscheint
Usque mit Accusativ. 55
daher die Kühnheit des Velleius, welcher, sogar den Dichtern
voraneilend, 2, 6, 3 geschrieben hatte: civitatem extendere u.
Alpis, ohne dafs man darum die Überlieferung beanstanden
dürfte.
Wenn nun Florus2, 2,1 nach codex Bamberg, ediert wird,
cum ad fretum u. venisset, so hatte Opitz spicileg. 14 allen Grund
dem poetisierenden Autor die im cod. Nazarianus erhaltene Lesart
fretum usque zurückzugeben , obwohl sich kein zweites Beispiel
bei Florus findet. Wichtiger wird hier die stufenweise Beob-
achtung des Sprachgebrauches für Justin. 1, 1, 6 Rüdes adhuc
ad resistendum populos terminos u. Libyae perdomuit; 1, 1, 6
u. Aegyptum excessit; 5, 11, 11 virtute se u. terminos patriae
defenderunt; 7, 1, 4 Imperium u. extremos Orientis terminos pro-
latam; 11, 12, 10 offert maiorem partem regni u. Euphratem
flumen; 41, 6, 8 Imperium u. flumen Euphraten protulit; 42, 2, 9
Armenia a Cappadocia u. mare Caspium undecies centena milia
passnnm patet Denn natürlich konnte Trogus Pompeius in der
Zeit des August us dies nicht geschrieben haben, so dafs wir hier
offenbar mit der Latinität des Epitomators rechnen müssen;
dieser aber mufs allermindestens nach Tacitus und Sueton gesetzt
werden, da die Historiographie der ersten Hälfte des 2. Jahrh.
Dach Chr. nichts von ferne Ahnliches aufzuweisen hat. Selbst
die scriptores hist. Aug. sind in dem lokalen Gebrauche nach
dem Vorgänge von Tacitus und Sueton nicht über die Städte-
namen hinausgegangen, und die Fanegyrici lat. geben nur ein
solches Beispiel (10, 25 = 231, 27 Bahr, pulsus Veronam u.
contendit ad praesidia maiora) und ein einziges eines Flufsnamens,
8, 6 =» p. 185, 2 B. et usque (cod. A erasque) Ararim porrecta
planities. Namentlich die heidnischen Schriftsteller sind in Er-
innerung an ihre klassischen Muster nur ungern über die Städte-
namen hinausgegangen; Ammian liefert sogar nur ein einziges,
und zwar ein korrektes Beispiel 21, 16, 20 prosequi Constan-
tinopolim u. Den Geographen Solinus wird man allerdings aus-
nehmen müssen, da er zu sehr von Plinius beeinflufst ist: 1, 98 M.
Elin u. transierunt; 19, 4 u. Dalierum flumen pervenire, deinde
mare Caspium; 19, 5 u. Indos advehi; 23, 14 Cretain u. (est);
56, 5 u. Aethiopum litora promovetur. Da nun die christliche
Litteratur, wie wir gleich zeigen werden, die Zurückhaltung des
Tacitns und Sueton nicht teilt, so wird man geneigt sein den
Justin in der Christengemeinde zu suchen.
56 Ed. Wölfflin:
Gleich Tertullian hat die Fesseln gesprengt: de an. 46 a
Molossis u. Macedoniam; lud. 7 ab India u. Aethiopiam habuit
regni sui teruiinos. Es ist dies wohl daraus zu erklären, dafs
die Itala griechisches sag und pi%Qi einfach mit usque übersetzt
(daher auch usque mit Genetiv im cod. Lugdun. Numeri 4, 39
u. L annofum; Ezech. 41, 17 cod. Wirceburg. u. exterioris), woraus
man schliefsen mufs, die Volkssprache habe usque dem klassischen
usque ad gleichgestellt. Man vergleiche Esther 1, 1 regnans ab
India u. Aethiopiam; Esth. 13, 1 und 16, 1 eis qui in India u.
Aethiopiam ... saliitem; Tob. 5, 8 est iter bidui ex Bathanis u.
Rages; Acta apost. 11, 19 pertransierunt u. Phoenicen; Act. 20, 4
(Laud.) comitabatur eum u. Asiam; Matth. 24, 27 (Veron.) fulgor
paret u. occidentem (Vulgata u. in occidentem). Dadurch machte
der Gebrauch solche Fortschritte, dafs zwar Arnobius, Cyprian
und Lactanz noch sich desselben enthielten, Ambrosius und Hie-
ronymus ihn wenigstens nicht geradezu verwarfen. Schon Hi-
larius zu psalm. 119, 13 schrieb unbedenklich: cuius fines u.
Medos proferuntur (Vulg. usque ad Medos; vgl. A. Zingerle,
Studien zu Hilarius, Sitz.-Ber. d. Wiener Akad. d. Wiss. CVIII
Bd. III S. 972); Ambrosius (II 2075 Mig.) ab ortu solis u.
Arabiam protexitur (latitudo); epist. ad Rom. 15, 20 in cireuitu
u. Illyricum; Hieron. de situ 909, B Mig. de Magdalo u. Syenen;
comment. Jerem. proph. 3, 12 (col. 926 M.) Chaldaeam u.; in
Ezech. lib. 14, 478 M. tendunt termini u. Jordanem; lib. in Abd.
20. 21 (1114 D Mig.) u. Euphratem, und daher ist das so ge-
brauchte usque ausnahmsweise auch in der (nicht revidierten)
Vulgata stehen geblieben, wenn auch in der Regel u. nur vor
Städtenamen, usque ad vor andern geographischen Bezeichnungen
gebraucht ist. Augustin ist hierin Klassiker, da er nur Namen
von Städten und Dörfern in den Accusativ setzt, z. B. Patrol.
43, 409 M. produxit illos u. Bethaniam.
Überblicken wir, wie weit etwa der Gebrauch im Spätlateiu
sich entwickelt hat, so stehen den Städtenamen am nächsten die
Völkernamen, weil sie oft zu Städtenamen geworden sind.
Könnte usque Remos bei Cäsar nur auf das Volk bezogen
werden, so wird man die Worte seit Ammian auf die Stadt
Rheims deuten müssen, und so will Greg. Tur. hist. Franc. 4, 50
dieselben verstanden wissen. Das Gleiche gilt von Namnetae
(Nantes), Santones (Saintes). Sonst haben nur Dichter u. mit
wirklichen Völkernamen verbunden; Avienus orb. descr. 970 Et
Usque mit Accupativ. 57
freta qua spumanft . . . Usque Arabas et longa Syriae confinia
terrae; Paulin. Nolan. carm. 17, 17 ibis procul u. Arctoos Dacos,
citiert bei Isidor orig. 9, 2, 90 und nochmals 17, 143 u. Dacos.
Etwas häufiger finden wir die Ländernamen , bei Martianus
Capella unter dem entschiedenen Einflüsse des Naturforschers
Plinius, p. 213, 1 Eys. u. Thessaliam nach Plinius 4, 63; 227, 4
ab Attica u. Italiam; 207, 10 u. Peloponnesum. Cassian conlat.
6, 1 solitudo u. Arabiain (codd.; u. ad edit.) porrectae; Marcellin.
(Patrol. 51, 939 A Mig.) u. Lycaoniam perrexerunt; Cassiod.
complex. act. apost. 26 u. Phoenicen; Arnob. iun. (Patrol. 53,
407 M.) deducet u. Idumaeam; Patric. (Patrol. 54, 810 M.) u.
Gallias visitare fratres; Desiderius (Patrol. 87, 233 M.) u. Bri-
tanniam fuisse. Am häufigsten natürlich begegnen uns Beispiele
in der geographisch-historischen Litteratur, so im ltiner. Alex.
26, 16 Volkm. Aegyptum u.; bei Aethicus 103 u. Italiae fines,
109 u. Aethiopiam; in dem liber generationis bei Riese, Geogr.
min. p. 166. 167 u. Indiam, Aethiopiam, Syriani; bei Greg. Tur.
hist. Franc. 5, 33 timor u. Spaniam attigit.
Gebirgsnamen stehen nur ausnahmsweise im Accus, nach
usque: Orosius 7, 40, 3 Pyrenaeum u. und ebenso in der hist.
misc. 13,29; ebendaselbst 23,28 u. Gaspias portas; bei Marcellin
(Patrol. 51, 939Mig.) u. Thermopylas; bei Aethicus 67 u. Caucasi
iagum, 101 u. Rifeos montes.
Bei Flufsnamen (vgl. oben Plinius und Justin) dagegen ist
der Gebrauch so häufig und sicher, dafs es unmethodisch ist,
gegen die Handschriften ad einzusetzen, wenn der Flufsname mit
ähnlichen Buchstaben beginnt. Von richtigem Gefühle geleitet
hat daher Waitz bei Paulus Diac. hist. Langob. 2, 14 u. Adduam
fluvium protelatur stehen gelassen, während Eyssenhardt in der
Hist. misc. 21, 21 persecuti eos u. ad Danubium die Präposition
einschaltete, willkürlich, da ja selbst Eutrop 6, 10 schreibt u.
Danuvium penetravit. Auch Hieron. lib. in Abd. 20. 21 (Comment.
zu den kleinen Propheten 1114 D Mig.) besann sich nicht u.
Euphratem zu schreiben und Mart. Cap. p. 213, 1 sagt u. Rhenum
nach Plinius. Prudent. peristeph. 10, 160 Almonis u. pervenitis
rivulum. Eine vollständige Aufzählung der Beispiele aus der
späteren Litteratur wäre hier nutzlos; nur möge hervorgehoben
sein, dafs die Nachstellung (bzws. Zwischenstellung) der Präpo-
sition schon verhältnismäfsig frühe durchdrang; vgl. Jul. Valer.
3, 84, 218 Tanaim u. fluvium supervenimus; Feetus (Gtafos^ ?>
58 Ed. Wölfflin:
Danuviara u. perventum; Jordan 27, 19 Momm^! Danabium amnem
il profectus.
Oceanus, mare, fretum, lacus sind fast nur den Geo-
graphen geläufig und abgesehen von Julius Valer. 3, 90, 225
(mare u.) fallen die Belege in das fünfte Jahrhundert und noch
später: Orosius 1, 2, 93 harenas iacentes u. oceanuin; 5, 15, 23
Tigurinos u. Oceanum persecutus; Greg. Tur. hist Franc. 1, 10 u.
ipsum mare venerunt; öfters bei Aethieus, z. B. 67 u. lacum. 32
u. Euxinum maris sinum; bei dem Geogr. Ravennas 3, 12 u.
fretum, 4, 46 u. supra scriptum (colfum). Geogr. min. 134, 25.
138, 25 It.
Man wird hier am besten anschließen, was, wenn auch etwas
anders geformt, doch dem Gedanken nach in die obigen Rubriken
einzureihen wäre: u. civitatem Greg. Tur. hist. Franc. 6, 31; u.
Macho villam 4, 44; ut moenia Carthaginis u. venirem Paulinus
Pellaeus 31 (Patrol. vol. 61 Mig.); u. Burgundionum terminum
Greg. h. Franc. 2, 37: u. Burdegalensem terminum 9, 5; vadit u.
fines Sinemurenses Pardessus diplom. 111* (anni 528); u. Animonis
templum comment. Bern. Lucan. p. 146, 4 IL; u. Trinarchias aras
Aethic. 67; u. Herculis stelas Geogr. min. 164, 19 R.; u. ipsum
Lapideum campum Greg. hist. Franc. 4, 44; ut veharis u. felices
oras Paulin. Nol. carm. 17, 192 und u. littora id. 23, 345; u.
minorem Syrtem Geogr. min. 164, 18 R.; u. odoriferam terram
Mart. Cap. p. 234, 14 E.; u. superius dictam patriam Geogr. Ray.
2, 1 1 ; u. Cempsorum sata Avien ora marit. 301 ; u. terrae limitem
Ambros. liymn. 1; eum u. torrentem Leo Magn. 426 A; u. viam
Saxorum Diplom. 170*7 Zeumer; scalam u. Geogr. min. 135, 29 R.
Auch Itala Matth. 24, 27 sicut fulgur exit ab, Oriente et paret u.
occidentem (Vulg. u. in occid.); u. vesperum (Westen) Geogr.
min. 161, 22 R.; u. extremam partein caeli Itala Deuteron. 4, 32
(Vulg. u. ad summum caeli); u. mundi terminum crescit, Paul.
Patrol. 20, 727 0 Mig.; u. Hyrii summam Prise, perieg. 372 B.
und Ahnliches kann hier noch erwähnt werden, um den Übergang
zu einer folgenden Reihe (N. 3) zu vermitteln.
Das Wichtigste, was hier schon gesagt werden mufs, ist
aber, dafs Ortsbezeichnungen nach usque auf die Frage wohin?
auch im Ablativ, oder im neuen romanischen Normalcasus auf-
treten. Das Gefühl des Accusativ war durch die vielen Indecli-
nabilia wie Bethlehem, Jerusalem, Dan, Bethel abgestumpft, die
man sich mit u. zu verbinden gewöhnt hatte, und die dann auch
Usque mit Accusativ. 59
zu der Konstruktion u. mane, u. hodie, u. nunc führten. Dazu
kam, dafs der griechische Genetiv nach iii%Qi mehr dem latei-
nischen Ablativ als dem Accusativ entsprach. In der ersten De-
klination freilich labt sich der Übergang weniger sicher beob-
achten, weil die Endung am durch Abfallen des Nasallautes leicht
in a übergehen konnte; indessen lassen sich schon in Bibelüber-
setzungen vor Hieronymus deutliche Ablativformen nachweisen:
1 Maccab. 11, 62 (cod. Sangall.) perambulavit regionem u. Da-
masco (Vulg. Damascum); Act. apost 17, 15 (cod. Cantabrig.)
perduxerunt eum u. Athenis (Vulg. Athenas). Diese Konstruktion
konnte so gut überhand nehmen, als umgekehrt tenus mit usque
verwechselt den Accusativ*) zu sich nahm, nach Arch. I 422 f.;
Avien Aratea 247 mento | usque ist mithin nichts anderes als
eine Konfusion mit mento tenus, Ammian 28, 2, 4, wie Jordan.
46, HM. solo u. prostratae eine Vermischung mit solo tenus,
Arch. I 418. Es ist daher beispielsweise bei Gregor. Tur. virt.
Jul. 2 richtig hergestellt, cum u. Lugduno processissem, während
Rainart schrieb Lugdunum und cod. Paris. 2205 u. ad Lugduno
korrigierte. Gesta Franc. 41 u. fluvio penetravit, wie Jordan.
3, HM. u. orbis terrae diluvio. Pardessus, diplom. 253a (anni
631) vadit u. memorato loco. Clotarius III (Patrol. 87, 1281 M.)
u. Fraudehario. Childericus II (ibid. 1294. 1295) u. Sico-Campo
mensurare, u. Rarobacco. Vorangegangen waren hierin die Iti-
nerarien und die Geographen, und zwar bereits in der ersten Hälfte
des vierten Jahrhunderts das Itinerarium Antonini. Bei Angabe
der Entfernung zwischen zwei Orten heifst es Itin. Wessel. p. 90
per maritima loca Tyndaride u.; 97 Drepanis u.; 302. 304 ab
urbe Benevento u.; 385 Tullo u.; 464 Praetorio u. Daneben
aber findet sich nicht nur der Accusativ, p. 559 a Mediolano
Aquileiam u.; 567 Serdicam u.; 572 Nicomediam u.*, 575 Anchiram
u.; 579 Tharson u., 584 Tyrum u.; sondern auch der Lokativ
306. 308 ab urbe Adriae u.
Was sollten inmitten dieser Strömung die späteren Gram-
matiker thun? Charisius p. 230, 23 (= Cominian) giebt wohl-
weislich als Musterbeispiel usque Romam, aber Diomedes 410, 6
usque Galliam, Donat (Gr. lat. IV 365,21. 390, 12) u. Oceanum
und ebenso Anecd. gramin. Helvet. p. 215, 25 Hagen, Probus
*) Claudian. Mamert. de statu an. 1 , 26 (p. 95, 4 Eng.) obsequinm vocis
aarem tenus meat. Acta Sanct. vita S. Attalae 1 LuxQvium teuxxa nwäV».
60 Ed. Wölfflin:
in*tit. artium (Gr. lat. IV 147, 14 K.; usque arcum, Asper (Anced.
Hei? et. p. 58, 20 Hagen) u. mare and u. maria. Sie fugten sieb
also, wenn auch [Sergius] Explan, in Donat, (Gr. lat. IV 562, 5)
und Augustiu. gramm. p. 29 Web. lieber bei usque Romam stehen
blieben. Noch andere wollten Oberhaupt u. nicht als Präposition
gelten lassen nach Donat 1. c. 390, 15: u. praepositio plurimis
non videtur, quia sine aliqua praepositione proferri recte non
potest Vgl. auch Marius Plotius, Gr. lat. VI 429, 9. Den Ablativ
oder Lokativ nach usque hat natürlich keiner anerkannt.
3. Das Beispiel des Probus leitet uns zu einem weiteren
Gebrauche, wornach mit usque nicht nur geographische Eigen-
namen, sondern überhaupt örtliche Begriffe verbunden werden
können. Wenn man denselben nicht als weitere Entwicklung der
unter N. 2 geschilderten Konstruktion betrachten und daher erst
im Spätlatein suchen wollte, so würde man bedeutend fehl gehen;
denn in Wirklichkeit ist er viel älter. Es wird nichts helfen ihn
bei Cato r. rust 49, 2 zu leugnen: ex radieibus bene exfodito,
u. radices persequito, wenn auch Dräger die Stelle nicht aner-
kennt; Curtius 8, 9, 21 corpora u. pedes carbaso velant wird
allgemein zugestanden, und die Konjekturulkritiker haben es in
Buhe gelassen; aufserdem schreibt Hedicke 4, 3, 26 mit Acidalius
ubi loricam corpus usque (corpusque codd.) fervens harena
penetraverai Bei Livius 44, 5, 6 conlapsus pons usque ad alterius
initium pontis haben Weissenborn, Hertz und Madvig ad einge-
schoben. Ist dies auch an dieser Stelle berechtigt, so mufs man
sich doch in der späteren Litteratur vor Einschiebimg eines ad
hüten, wo der Ausfall paläographisch weniger wahrscheinlich ist.
Nach Celsus zu seh lief sen, den man bisher nicht beachtet hat,
scheint in der Sprache der Arzte bei Bezeichnung von Körper-
teilen usque im Sinne von u. ad gebraucht worden zu sein;
5. 28, 3 (p. 207 Dar.) penetrando u. ossa corpus vorat; 7, 25
(p. 305 D.) a pube u. circulum; zweifelhaft 5, 26 (p. 198) usque
sanum (so die meisten codd.; u. eo sanum cod. Medic. I; u. ad
s. Caesarius) corpus coneidere. Damit wird aber das Urteil über
Quintilian 11, 3, 131 entschieden sein: illud non ferendum,
quod quidam reieeta in unierum toga, cum dextra sinum usque
ad lumbos reduxerunt, sinistra gestum facientes spatiantur et
fabulantur; denn wenn auch sonst Quintilian usque nicht mit
dem Accusativ verbunden hat, so ist die Phrase u. lumbos mit
Usque mit Accusativ. 61
der Gewohnheit der Arzte entschuldigt. Unter den Dichtern ist
Statius am herzhaftesten vorgegangen und das Metrum schützt
ihn besser als den Prosaiker; Theb. 2, 155 has meus u. domus
Ye8Ügia fecit Apollo; Theb. 11, 89 horrendus ab astris Descendit
Tos u. fragor.
Von Bezeichnungen von Körperteilen sind aus dem Spät-
latein anzureihen: Deuteron. 28, 28 (cod. Monac.) a vestigio
pedum tuomm u. caput percutiet te (Vulg. blofs percutiat te
amentia); Avien Arat. 1088 premit ophiuchum celsos u. umeros;
Ammian 25, 4, 22 ab ipso capite u. unguium summitates; Mart
Cap. p. 311, 3 ophiuchus a pedibus u. umeros; Greg. Tur. hist.
Franc. 8, 14 u. labium impleta. Paulus [Diax.] dichtete intima
iocineris penetrantes u. sagittas, Poet, aevi Carol. I p. 54 (17, 9),
wofür bei Migne Patrol. 95, 1599 schon gegen das Metrum in-
tima et ventris gedruckt ist.
Die weitere Fortsetzung schliefst so eng an N. 2 an, dafs
eine strenge Abgrenzung schwierig, wenn nicht gar unmöglich
wäre: wir knüpfen daher die Beispiele an den Faden der Chrono-
logie. Firm. Mat. math. 4, 20 u. solis partem. Mart. Cap.
p. 43, 3 iL lunarem globum; 42, 29 u. solarem circulum de-
meantes; 257, 10 u. abacum consecutus. Sedulius carm. paschal.
5, 137 tartareum descenderit u. (descendit adusque Edit.) pro-
fundum. Prud. perist. 13, 33 u. episcopale provehitur solium
doctor. Oros. 1, 2, 100 a borea u. subsolanum. Greg. Tur. hist.
Franc. 2, 16 in alto u. cameram pedes 50; 10, 15 u. basilicam
deferunt; virt. Mart. 1, 2 columnae u. beatum templum delatae
sunt. Leo Magn. serm. 17, 4. Patrol. 54, 514 C Mig. tertium u.
raptus caelum. Hist. misc. 26, 41 exivit u. aquae ductum iuxta
Heracleam. Vita S. Gaudentii 10 (Acta Sanct. Januar, vol.
II 418) u. eius hospitium de venerat; Acta S. Thyrsi 3 (Januar
II 824) culmen u. Patrol. 87, 1295 M usque viam mensurare;
87, 1412 u. fines aedificare. Dies wird ausreichen, um einen
Begriff von der Ausdehnung des Gebrauches zu geben. Selbst
Grammatiker schlössen sich gegen denselben nicht ab, wie Dio-
medes Gr. lat. I 505, 16 longiatur a dimetro u. pentametrum,
eine Variation des üblicheren in tetrametrum longiare, ampliare
I 505, 8. 22. 31. Pomp, comment. Gr. lat. V 111, 11 ut u.
alteram R litteram non declinis.
Eine neue Licenz hätte Ulpian in das Juristenlatein ein-
geführt, wenn er nach Digest 37, 5, 5, 1 wirklich schiifcV. &*-
62 Ed. Wölffiin:
missem u. legata praestare. Dafe er aas der Sprache seiner
Zeit zu schöpfen sich gestattete und der Tradition seiner Vor-
gänger oft untreu wurde, ist ja bekannt genug und auch in der
Miscelle dieses Heftes In tot um, ex toto nachgewiesen; da aber
die genannte Stelle die einzige ist. so kann der Ausdruck auch
den Kompilatoren zugeschoben werden. Gaius und die übrigen
Juristen haben u. mit Accusativ nicht anerkannt, aufser mit
Accusativ eines Stadtenamens. Scaevola Dig. 45. 1. 122, 1 peeu-
niam accepit u. Brentesium. Die klassische Wendung findet sich
bei Marcianus Dig. 20, 6. 8, 10 u. ad summam debiti solvatur;
Ulp. Dig. 48, 10. 4 u. ad dodrantem: Ulp. Dig. 38, 6, 1, 9 tueri u.
ad partem dimidiam. Vergleichen läfst sich Pseudo-Cypr. de
laude martyrii 13 legis scriptum esse u. quadrantem nos ultimum
reddere , und aus späterer Zeit Cod. lustin. 8, 53 (54) de donatio-
nibus, 36,2 u. (Var. u. ad) trecentos solidos factae donatione*,
und ebendaselbst 3 quingentos u. t Var. u. ad q.) solidos valere.
Eine andere Freiheit zeigt die lateinische Lbersetzung des
Oribasius, Synops. 1,6 evacuare u. una bemina, so cod. La
gegen cod. Aa: u. ad unam eminam. Den korrekteren Parallel-
ausdruck giebt hier Marcellus Emp. pg. 143. 148. 180 u. ad he-
minam, 147 u. ad mensuram sextarii u. s. w.
4. Schließlich bleibt der temporale Gebrauch zu erläutern
übrig. Dafs man schon zu Ciceros Zeit bei Angabe des Datums
kurzweg usque für u. ad gesetzt habe, zumal in dem freieren
Briefstile, mochten wir nicht in Abrede stellen, da die beiden
Stellen Cic. epist 16, 9, 1 Corcyrae fuimus usque a. d. XVI. K.
Dec. und ad Att 3, 10, 1 acta quae essent usque a. d. VIII. KaL
lun. sich gegenseitig schützen; die Herausgeber freilich glauben
ad einschieben zu müssen. Auch Livius 25, 12, 1 haben die
Udschr. nur usque ante diem V. Kai. Mai. und vor Wesenberg
hatte niemand daran gedacht ad einzusetzen. Sueton hat die
Präposition nicht nur im zweiten Gliede weggelassen Calig. 17
consulatus quattuor gessit . . . tertium usque in Id. Ian., quartum
u. septimum Idus easdem, sondern Claud. 34 sogar geschrieben:
vesperani u. opperiri. Bei Palladius r. rust. 13, 1 giebt die
Überlieferung noch kürzer: usque VII. Idus üecembris, wo man
doch jedenfalls nicht ad und a. d. ausgefallen denken wird.
Erchempertus hisi Langobard. Benevent. 40: a IV: Ydus Martii
Usque mit Accusativ. 63
usque VII. Ydus Madii. Dionysius Exig. Patr. 67, 518 A Mig.
(epist de rat. pasch, ad Bonif.) a decimo quinto Kalendas Maii u.
Nonas Aprilis; ibid. col. 25 D. Und damit ja kein Zweifel zurück-
bleibe, können wir die Bedeweise auch inschriftlich bestätigen.
Corp. inscr. latin. VI 2548 mil[itavit] usque die (= diem) qua ex-
emptus est. Corp. XI N. f295 in hoc loco stetit arca beati
Apolenaris . . . a tempore transitus sui usque diae (= diem) qua
translata est (Überführung a. 549 p. Chr.; Inschrift später.)
Diese Ausdrucksweise mufs auch in der ärztlichen Sprache
gang und gäbe gewesen sein, da Celsus nicht nur 4, 26 (p. 151)
schreibt: vinum bibere aqua pluviatili mixtum, idque usque quin-
tum diem facere, sondern auch 3, 5 (84, 36 D.) post cibuin u.
somni tempus und 3, 22 (111, 10) utilius balneum est, etiam
usque sudorem (doch 4, 5 und 4, 8 u. ad sud.); 7, 7, 15 (281, 25)
id vitium mansurum est u. mortis diem. Ist dies einmal für die
Zeit der julischen Kaiser festgestellt, so läfst sich auch Seneca
clem. 1,7,1 verteidigen: expedit usque ultimam (ad ult. cod.
Nasar. von 2. Hand; in ult. Madvig) perniciem verteidigen,
während bei Sen. controv. 10, 3, 5 illa crudelis belli fortuna usque
rö infimae plebis supplicia descendit die in dem codd. fehlende
Präposition leicht ausfallen konnte. Bemerkenswert ist, dafg der
in dem lokalen Gebrauche von usque fast mafslose Plinius kein
Beispiel temporaler Anwendung aufweist
In der zweiten Hälfte des 2. Jahrhunderts und im dritten
drang dieser Konversationstil mächtiger in die Litteratur ein.
Nicht nur Apuleius schrieb metam. 4, 21 ut u. diluculum nemo
fuerit ausus bestiam contingere, sondern Censorin scheut sich
nicht die Redensart öfters anzuwenden, 14, 2 u. annum XV
pueros dictos; ibid. qui erant u. XLV annos, iuvenis appellatos;
ibid. inde u. finem vitae senes appellatos; 22, 9 Quintilem u.
Decembrem. Dafs der Strom aus der Volkssprache kam, verbürgt
die Itala: Exod. 9, 18 (Monac.) u. hodiernum diem; Levit. 25, 52
(Lugd.) u. annum remissionis; Lev. 27, 6 (Lugd.) a mense uno
n. annum quintum; Num. 11,20 (Lugd.) u. mensis dies mandu-
cabitis; 2 Maccab. 14, 15 (Bobb.) u. saeculum statuit populum
suum protegere: Matth. 27, 45 (Cantabrig.) tenebrae factae sunt
u. nonam horam und ebenso Luc. 23, 44. Joh. 2, 10 (Rehdig.);
Matth. 28, 15 (Rehdig.) u. hodiernum diem; Acta apost. 23, 1
conversatus sum deo u. haue diem. Wie schon oben gezeigt
wurde, übersetzt man sog und pi%Qi> einfach mit usque. H\eto-
64 Ed. Wölfflim
nynius korrigiert in der Vulgata: Exod. 9, 18 usque in praesens
tempus; Lev. 25, 52 quod reliquum est annorum; 27, 6 u. ad
aimum quintum; Nuin. 11, 20 u. ad menseni dierum; 2 Macc. 14,
15 in aeternum; Matth. 27, 45 u. ad horani nonam; Act ap. 23, 1
u. in bodiernum diem. Damit ist die Frage so entschieden, dafs,
wer sich eines gewissen familiären Kolorites nicht schämte, mit
usque ausreichte, während der Freund mustergültiger Diktion
(z. B. Sidonius Apollinaris) der Präposition nicht entraten konute.
Auch hier treffen wir den Justin im Widerspruch mit der
klassischen Prosa des Trogus Pompeius, dagegen in Überein-
stimmung mit dem kirchlichen Latein : 2, 5, 8 pax fuit u. tempora
Ianthyri regis; 2, 7, 7 prope u. interitum armis dimicatum
fuerat, womit die oben erwähnte Stelle aus Seneca de clem. zu-
sammenzuhalten ist; 17, 3,21 qui regnum adultam (doch Itühl:
in ad.) eius aetatem tuerentur; 33, 2, 6 Macedonia a Carano u.
Persen (mit Jeep und Rühl) XXX reges habuit; 2, 4, 32 liest
jetzt Kühl u. tempora Alexandri duraverunt (Jeep u. ad t.).
Soll des Fortlebens dieser Ausdrucksweise im Spätlatein
noch mit einigen Worten gedacht werden, so sind zunächst die
Hauptvertreter medizinischer Litteratur zu dem klassischen
Sprachgebrauche zurückgekehrt. Marcellus Empiricus, Sextus
Placitus, Theodorus Priscianus, Cassius Felix; bei Gaelius Aure-
lianus scheint sich nur ein Beispiel zu finden, acut. 2, 103 cibi
abstinentia u. tertium diem; auch in dem Briefe des Hippocrates
an Antiochus bei Marcellus pg. 18 heifst es u. veris aequinoctiuni,
doch einige Zeilen weiter unten u. in autumni aequinoctium.
Blofs die lateinische Übersetzung des Oribasius läfst die alte
Freiheit wieder aufleben, und wenn auch an mehreren Stellen
die Überlieferung unsicher ist, so wird aller Wahrscheinlichkeit
nach ad von dem Abschreiber eher zugesetzt als getilgt worden
sein. Sichere Stellen sind Synops. 3, 17 admisce u. dies decein
malacas; 5, 17 ieiunium observans tota die u. saera (= seraui,
soir); Eupor. 3, 72 da bibere per singulos dies u. dies XL; 4,34
esse in auribus u. dies quinque; 4,46 sit sie u. dies novein.
Auch der Ablativ kommt vor Synops. 9, 56 sanies passionem u.
XL deducit diebus.
Eine häufige Phrase der Arzte mufs usque (ad) peri-
culum, bis zur Krisis, bis zum Tode, gewesen sein. Marcell.
p. 99 (cap. 14) u. ad periculum laboranti; p. 17 commotio adus-
que vesani eum furoris periculum trahet, und sie hat daher auch
Ueque mit Accasativ. 65
in der übrigen Prosa Eingang gefunden. Arnob. 1,3 terrarum
yalidissimis motibus tremefactae u. ad periculum civitatis; 5, 2
ut u. ad ebrietatis periculum veniretur. Hilar. in psalm. 118 (col.
511 Mig.) ne u. animae periculum derelinquat. Mar. Vict. col.
1217 B Mig. u. periculum laboravit. So läfst sich auch *Amnrian
17, 4, 15 von der vielen unmöglich scheinenden Aufrichtung des
Obeliskes in Rom verstehen: erectis u. periculum altis trabibu?,
wo Eyssenhardt und Gardthausen nach Haupt ad perpendiculum
schreiben; das Experiment wird mithin als ein lebensgefährliches
bezeichnet.
Hat kein Grammatiker ein Beispiel von u. in temporalem
Sinne gegeben, so ist der Gebrauch auch bei den Historikern
ungleich seltener als der örtliche. Aus den Script, hist. Aug.
ist eine einzige Stelle anzuführen, Vopisc. Car. 3, 4 Severi dili-
gentiam u. Alexandrum; Ampelius giebt zwei, 18, 15 u. septimum
consulatum, 47, Überschr. u. Imperium Traiani; der Vf. de vir.
illustr. eine, 67, 2 u. sextum consulatum. Bei Ammian 19,2,5
liest Gardthausen unbeanstandet: a sole orto u. diei ultimum,
allein er scheint seine Ansicht geändert zu haben, als er *29,
5, 48 a sole orto u. ad diei extimum pugna protenta die Präpo-
sition gegen die guten Handschriften einsetzte. Gleichzeitig
übersetzte auch der sogen. Hegesippus 2, 13, 14 a reditu populi
u. Antiochum Eupatorem (Vulg. u. ad). Iordan. 3, 11 lesen wir
u. orbis terrae diluvio (= diluvium), 4, 6 u. nativitatem Abrahae,
10,8 u. Tarquinium regem; bei Marcellin. (Patrol. 51, 920 A
Mign.) u. hunc XIX imperii annum, so dafs auch die Origo
gent. R. 1, 1 u. id tenipus, 8, 4 permansit u. Appium Claudium
ganz gut in diese Zeit gesetzt werden könnte. Orosius erhebt
sich als guter Stilist über andere Autoren des fünften Jahr-
hunderts, indem er keine ähnliche Wendung in die Feder fliefsen
liefs und auch die Historia miscella als Fortsetzung besserer
Historiographie* ist frei von solchen; dagegen hat Gregor von
Tours, vielleicht unter dem Einflüsse des Kirchenlateins, die
Ausdrucksweise gebilligt und nicht selten verwendet: hist. Franc.
1, 16 u. nativitatem Christi, 1, 48 a passione u. transitum Mar-
tini, 2 praef. u. nostra tempora, 4, 34 u. vitae consummationem,
5, 18 u. sacerdotalem audientiam („bis er ihn vor das Gericht
der Bischöfe stellen konnte" Giesebrecht), 7, 6 u. praesens tempus,
10, 13 u. passionem eius, 10, 31 u. Kalendas Octobris, u. deposi-
tionein Martini; Glor. confess. 15 u. lucis adventum. 1n<ta**fe\t
Archiv für Ut. hcxikogr. IV. Heft I. ft
66 Ed. Wölfflin:
begegnen wir auch hier dem Ablativ, den wir oben S. 58 er-
läutert haben, so dafs die Stellen sich gegenseitig stützen: hist*
Franc. 1,23 a captivitate Hierosolimae u. ad passionem Christi,
id est u. Tiberi septimo decimo anno; 3, 13 castrum u. illa die
defensatum, 7, 36 benignissime u. hoc tempore vixi, 8, 14 dum
u. obscura nocte reteneremur, 8, 42 u. natales dominici tempore,
10, 31 u. medio Februario und ebendaselbst beweiskraftig quae
u. nostris temporibus perseverat Wir glaubten dies etwas aus-
führlicher darlegen zu sollen, weil der Index der neuesten Aus-
gabe kaum ausreichen würde um die sprachliche Erscheinuug
allseitig zu beurteilen. Auch die Script, rer. Langobard. kennen
die beiden Strukturen: Agnellus 122 u. horam nonam exspecta-
biinus, Catal. reg. Langobard. p. 496, 7 Waitz (1878) ardere
visa u. horam diei tertiam; dagegen ebendas. 510, A (zum
Jahr 882) u. prope aurora, Agnellus 31 u. nostris temporibus
perduravit.
„ Die späteren Rechtsquellen zeigen uns das temporal ge-
brauchte u. nicht selten, und wenn auch an einzelnen Stellen
die Lesart nicht sicher steht, so läfst sich noch viel weniger der
Sprachgebrauch durch Emendation beseitigen. Cod. Theodos. 11,
20, 5 ex triennio u. quinquenium nach Haenel (Var. u. ad). 1 1,
28, 3 u. indictioncm quintam, vielleicht u. in ind. 15, 1, 35 a
primo cousulatu u. praesens tempus (cod. Aur. Lugd. u. ad). Lex
Rom. Visig. 2, 15 u. continuum bienuii; 2,16 u. XXVIII annis;
1, 9 u. vicesimum annum. Lex Rom. Utinensis 105, 9 u. XV
aetates (= aetatis) annum cum venerit. Pardessus dipl. 376*
(675 p. Chr.) u. tempore ipso perducere dignatus est. Forraulae
688 Zeumer u. ipso placito; 19529 u. annos tantos opera facere;
229 13 37 u auno et die sanus.
Die bessere Patristik, wie Ambrosius, Hieronymus, Augustin
liefert keine Belege (Ausnahme: usque hoc tempus bei Hilarius
de synod. 2.); die jüngere nur spärliche. Cassian collat. 5, 12
u. nonam differre ieiunia; hist. coenob. 5, 5 u. occasum solis tole-
ratur (nach den besten codd., u. ad Edit), 8, 9 ebenso. Arnob.
iun. (Patrol. 53, 477 Mig.) operatur u. vesperum; Benedict von
Nursia in der Regula 15 u. pentecosten, 18 u. dominicain, 48 u.
horam quartam laborent und ähnl. Aurelianus (Patrol. 68, 404 A)
u. inediam nocte in neben u. media nocte (ib. 396 B); Marculfus
(Patrol. 87, 770. 777) u. annos tantos; Valerius (Patr. 87, 466) u.
quartum diem non pluit; Donatus (Patr. 87, 296) u. octavo Ka-
Usque mit Accusativ. 67
lendas decidant. Isidor orig. 7, 11, 1 u. mortem pro veritate
certaverunt; Paulus Diac. (Patr. 95, 1377 B) dies nuncupantur u.
8abbatum.
Die Poesie endlich kennt ein paar Phrasen, wie Paulin.
Nol. 17, 338 bonus u. finem duc bonum cursuni; Paulin. Pell. 177
u. duo daran s . . . decennia; Orientius 2, 364 a primi . . tempore
mundi u. diem mundo qui modo finis erit. Aldhelm 1, 27 u. nona-
genariam . . . vetustatis senectam. Noch ^lcuin Poet, aevi Carol.
I p. 184 y. 683 beginnt den Hexameter mit u. diem mortis, ebenso
I 192, v. 1020 und I 213, N. XVIII 14; I 290, v. 102 u. dies Sauli;
I 291, v. 149 tempora baptistae decurrens u. Johannis. Die erstere
Verbindung ist aus Inschriften bekannt und bereits oben S. 63
nachgewiesen. Ahnlich schon Porphyr, zu Hör. Cann. 4, 7, 17
vitae, quam hodiernum u. egisti.
München. Ed. Wölfflin.
Vice versa.
Es ist im Rhein. Mus. 37, 119 f. nachgewiesen worden, dafs die
gesamte lateinische Litteratur nur die Stellung versa vice kenne.
Die moderne Wortstellung findet sich allerdings in dem Romane de
Co n 8 tan t. et Hei. 44, womit aber gerade die späte Abfassungszeit
dieses Buches erhärtet wird. Zum Beweise, wie konstant der Sprach-
gebrauch war, mögen noch einige Belege für versa vice folgen: Sen.
Herc. Oet. 470, vielleicht die älteste Stelle, da man bisher die Redens-
art nicht über Justin hinauf verfolgt hat; Apul. flor. 20. Gellius 16,
13, 7. Diomed. 433, 17 K. Sulpic. Sever. Mart. 2, 5. Ennod. p. 185,
16 Vog. Justin, instit. 3, 19, 21. Wenn aber auch noch Schol. Beru.
Verg. Edog. 6, 79. Schol. Bob. 366, 6 Or. Hist. misc. 14, 18. 26, 20
dieser Wortstellung treu bleiben, so erkennt man erst recht, wie jung der
Gonstantinroman sein mufs. Zudem bestätigen auch Parallelausdrucke
wie mutua vice bei Columella, mutata vice, verso ordine in dem fälsch-
lich dem Apuleius beigelegten dritten Buche de dogm. Plat die obige
RegeL
München. Eduard Wölfflin.
Die Verba auf -illare.
Die Verba, als deren gemeinsamer Auslaut -illare scho
durch seinen Klang dem Ohre auffiel, einer zusammenfassendem.
Erörterung zu unterziehen, schien besonders dadurch anziehend^
dafs man hoffen durfte die kleine Zahl wirklich deminutiver*
Verben im Lateinischen vermehrt oder doch durch neue Belege
bereichert zu sehen. Auch der allgemeinen Sprachwissenschaft
konnte auf diese Weise ein erwünschter Zuwachs an Erkenntnis
geboten werden; denn, wie schon Grimm D. Gr. III S. 664 be-
merkte, wird in der Sprache überhaupt die Verminderung am
seltensten an Verben zum Ausdruck gebracht. Natürlich, der
Wunsch die sinnlich wahrnehmbare Verkleinerung äufserlich zum
Ausdruck zu bringen machte sich zunächst bei greifbaren ein-
zelnen Gegenständen geltend, welche bei einem Vergleich mit
ihresgleichen dem Auge an Gestalt verkürzt erschienen. Auch
das begreift sich leicht, dafs dergleichen sinnlich malende Be-
zeichnungen sich dort am reichsten finden, wo die Sprache mehr
der Wiedergabe von Sinneswahrnehmungen als dem Ausdruck
abstrakter Gedanken dient. Daher zeigt sich, wie Grimm III
688 f. erwähnt, in Volksmundarten besonders die Neigung auch
deminutive Zeitwörter zu bilden. Auch für das Lateinische hat
man längst beobachtet, dafs die Deminutiva bezeichnend für die
Volkssprache waren und eben von dort aus — oft mit Einbufse
an ihrer eigentlichen Bedeutung — ihren Weg in die romanischen
Sprachen fanden (vgl. Wölfflin, Philologus 34, 153). Es läfst
sich also auch für unsre Kenntnis des Vulgärlateins aus einer
Besprechung deminutiver Verben Gewinn erwarten. Fafst man
nun diesen Begriff in jener engsten Bedeutung, dafs ein Verbum
deminutivum eine „Zerstückelung und Verkleinerung*' (Grimm)
des Begriffes enthalte und beschränkt man sich dann noch auf
die von Verbalstämmen unmittelbar abgeleiteten Wörter wie
A. Funck: Die Vcrba auf -illare. 69
»nscribillo u. dgl., so würde freilich der Stoff baldigst erschöpft
in. Indes wäre man damit doch der sprachlichen Erscheinung
keiner Weise gerecht geworden. Wieder ist es Grimm, der
erst darauf aufmerksam gemacht hat, dafs jene „Zerstückelung"
les Verbalbegriffes oft die Wiederholung der Handlung be-
ute; andre Nebenbedeutungen, welche die ursprüngliche ver-
nkelten, sind von Wölfflin a. a. 0. berührt. So kommt man
zu, zunächst jedenfalls auch Wörter mit scheinbar abliegender
deutung mit in den Kreis der Untersuchung hineinzuziehen,
imm stellt dann auch diejenigen Verba neben die Deminutiva
rbalen Stammes, welche das Suffix -il bereits aus dem Sub-
intiv entlehnen. Gewifs mit Recht. Wenn neben chizil —
izilön = titillus — titillare steht, wer will entscheiden, ob die
«n Römer und Deutschen zuerst nur die Empfindung als
>men oder die Thätigkeit der Nerven in einem Verbum zum
jsdruck brachten? Jedenfalls war das Deminutivum auch ohne
fserlich sichtbaren Vorgang für diese dem Lustgefühle ver-
indte Empfindung wohl bezeichnend. Giebt man aber dies zu,
wird es immer schwieriger, eine Grenze zu ziehen, und es
eilt sich als das Richtigste heraus, den gleichen Auslaut zur
ichtschnur für das in Betracht zu ziehende zu nehmen. Erst
lf diese Weise ist es ja auch möglich, ein Urteil zu gewinnen,
b wirklich das -illare so häufig erklang, dafs es zu Analogie-
ildungen Anlafs geben konnte. Corssen Ausspr. u. Vokal. II2
28 f. hatte bereits Schwierigkeiten genug die Substantiva mit
uffix -illo auf kürzere Suffixe zurückzuführen; es blieb ein Rest
esonders von Vor- und Zunamen, für welchen er -illo als ein-
eitliches Suffix ansetzte. Aber es möchte doch schwer sein,
elbst für die von ihm als denominativa bezeichneten Verba wie
orbillo, gracillo u. s. w. jedesmal ein wirklich vorhandenes
fomen aufzutreiben; und so böte sich denn der Erklärung ein
lochst willkommener Ausweg, wenn es gelänge, Verba auf -illare
inerlei welchen Ursprungs in solcher Zahl nachzuweisen, dafs
ie Häufigkeit der Belege die Annahme von Analogiebildungen
ghtfertigte.
Solche Zusammenstellungen sind aufser von Corssen bereits
>n Schwabe (de deminutivis Graecis et Latinis. Gissae 1859
26 sq.) , von Kessler (die lateinischen Deminutiva. Progr. v.
ildburghausen 1869 S. 27 f.) und von Kühner (Ausführt. Gr.
lat Spr. 1877. I 644 f.) in Angriff genommen, ohne Ab-
70 A. Funck:
schliefsendes zu bieten; doch wird sich im Laufe der folgenden
Untersuchung öfter Gelegenheit finden auf diese Vorarbeiten
zurückzugreifen.
Ich beginne mit der Besprechung derjenigen Wörter, deren
Schreibung uud Deutung durch ein daneben gebrauchliches
Nomen auf -illa oder -illus, -illum gesichert ist, und den Vor-
rang verdienen in jeder Gruppe die Verba, in welchen die
deminutive Bedeutung des Suffixes erkennbar geblieben ist.
A. Verba zu Nominalstämmen auf -illa.
1. scintilla — scintillo „funkeln." Über den Ursprung vgl.
Vaniöek, Etymolog. Wörterbuch II 1113 (Leipzig. 1877). Wie
lebhaft sich dem Römer die Erscheinung des in kleinsten Teil-
chen aufsprühenden Feuers darstellte, zugleich aber auch, wie
die Kraft eines solchen Suffixes schwand, zeigt die Weiterbildung
scintillula, die sogar bei Cicero de fin. V 43: virtutum quasi
scintillulas in übertragenem Sinne vorkommt. Die eigentliche
Bedeutung des Verbum scintillo mit ignis, flamma, lampas,
facula, dies u. a. können wir verfolgen bis auf Aldhelm hinunter;
dem oleum wird es schon bei Verg. Geo. I 392 beigelegt; calor
scintillat (ex lapide molari) Aetna 405 ist das Vorbild zu calidi
fervor amoris Galpurn. ecl. V 22; cupiditatis ardor Ambros. in
ps. 118. serni. 18 § 22. Dafs die funkelnden Augen unsrer
Romanhelden antik sind, kann man schon aus Plaut us Men. 830:
ut oculi scintillant nide lernen; zornfunkelnd sind sie bei
Persius III 117: ira scintillant oculi (daher bei Silius IX 562:
scintillavit ira)\ bei Augustinus ist dieselbe Erscheinung ad
fratr. in erem. 18 unter den Kennzeichen der invidi genannt:
oculis scintillant ut sidera. Augustin gebrauchte das Wort
aber öfter in bildlichem Sinne verschiedener Art: de subsi di). 1:
ne forte scintillet in cordibus . . . ignis; contra Julian. V 11:
sterilis scintillat accensio (sagt Julian von den impuberes); der
Ausdruck ist gut gewählt, um das unstate Aufflackern der Leiden-
schaft zu schildern, während bei Paulus Diac. Hom. de Sanctis
1493 c (M. 95): pulcfire . . scintillavit hie ignis grade die lautere
Flamme der Begeisterung gepriesen wird; ähnlich bei Aldhelm
p. 14: scintillante superni ardoris facula inflammantur. Aber auch
Augustinus gebraucht das Wort in edlerem Sinne conf. IV, 2:
(Deus) vidisti . . in multo fumo scintillantem fidetn „die vom
Rauch verdunkelte Flamme des Glaubens". Dieselbe Wendung
kehrt in anderem Zusammenhang wieder bei Aldhelm p. 146
Die Verba auf -illare. 71
v. 386: scintillante fide dum fervent corda virorum, nämlich der
Märtyrer auf dem Scheiterhaufen. — Fallen dann bei August.
enarr. ps. 96 v. 3 = col. 1241 (M. 37) die verba scintillantia so
gut wie die oculi flammantes unter die Kennzeichen des leiden-
schaftlichen homo iniquus, so rühmt anderseits Sedulius in
Eutych. p. 26, 30 H.: conditor . . linguarum nihil inrationabiliter . * . ,
sed omnia copiosa ratione scintillantia formavit — Die Stelle
Augustin tract. in ev. Joh. 1, 8 (M. 35, 1383): quomodo ergo
potuisti scintillare in illud kann wohl nur heifsen: „wie konntest
du auf den erleuchteten Gedanken kommen ?"
2) still a — stillo „träufeln" Vaniöek II 1138, vgl. Festus
345, 3. Die Flüssigkeit stürzt nicht in raschem Strome und
grofser Masse auf einmal herunter, sondern tröpfelt in kleinen
Teilchen allmählich ab; hier sieht man vor Augen, wie nahe
sich Zerstückelung der Thätigkeit und Wiederholung der Hand-
lung berühren. Dafs das Zeitwort gleich unserm „träufeln"
transitiv und intransitiv gebraucht wurde, dafs ferner nicht nur
die guttae selbst, sondern auch die feuchten Gegenstände wie
saxum, paenula u. a. stillant, ist nicht minder bekannt, wie dafs
frühzeitig bildliche Verwendungen ausgeprägt wurden. Die Bei-
spiele gehen von der ältesten Zeit (z. B. Lucr. VI 943) bis zur
Historia miscella und Paulus Diaconus hinunter. Nur einiges
Bemerkenswerte mag hier hervorgehoben werden, ohne dafs
irgend auf Vollständigkeit Anspruch erhoben würde. Hieronymus
IHM. XXIII 1430 C sagt einmal: ad deum stillat oculus nieiis;
das wiederholt sich bei Gregorius Magn. libr. Moral. XIII 29:
od Deum necesse est ut oculus stillet, und bei Paulus Diaconus
H. d. S. 1515 b: ad te . . stillant oculi nostri. Die eigentümliche
Wendung scheint aber auch dem modernen sermo ecclesiasticus
nicht fremd zu sein; sie begegnet noch wieder in dem für die
Anschauungen und cjie Redeweise des Buüsen-Rotheschen Kreises
so bezeichnenden Liede des Malers Maydell (Rom, etwa 1825),
welches Ludwig Richter in seiner Lebensbeschreibung S. 248 4
mitteilt: „Nach Dir schau ich so früh als spat, Nach Dir die
Augen thränen". — Schon Seneca ep. 40, 3 bezeichnet dann im
Gegensatz zum Redeflusse eine stockende, gleichsam tropfenweise
dem Ohr zukommende Sprache mit den Worten: aeque stillare
älum nolo quam currere; und in gleichem Sinne spricht Calpur-
flius ecl. 6, 23 von voces vix stillantes und dann noch Ennodius
518, 7 (carm. I 5): torrida ieiuno vix stillant verba relatv,
T2 A. Funck:
(= CDXXI1I 7 Vogel); 424, 1: si in alveum magni fluminis
stillantis-guttam fundis eloquii (= 1, 15 Vogel). Jene Neben-
bedeutung des Langsamen scheint dann völlig erloschen Vulg.
Hiob. 29, 22: super Mos stillabat eloquium meutn. Ezpeetabant
mc sicut pluviam e. q. s. Hieronymus erklärt: sensum . . penetrabat
doetrina eins; und ähnlich Arnos 7, 16: non prophetabis super
Israel, et non stillabis super domum idoli. — Neues bringen
auch sonst die geistlichen Schriftsteller. Wie schon der Tropfen
Wassers die Lippen des Dürstenden erquickt (vgl. Greg. Magn.
üb. Moral. XII n. 56; Ennodius 416, 20 (= 19, 9 V.); 452, 2
(= 117, 7 V.), so labt die Gnade Gottes die lechzenden Seelen
der Menschen: Patr. apost. Mart. Ign. IV 1: c quibus gratia
spiritualis stillabat; Augustin ad fr. in eremo 19: stillabant
spiracula gratiarum; so transitiv Vulg. II Macch. 8, 27: deus
misericordiae initium still ans in eos. W7ir sprechen vom Strome
der Zeit, der über uns dahinfliefst ; dem rastlos thätigen
Augustin zerrannen die Minuten wie die Wassertropfen, daher
klagt er epist. CX, 5: vix mihi gtdtae tetnporis stillantur. Ob
man solche bildliche Verwendung des transitiven Simplex schon
für die unsicher überlieferte Stelle Cic. ad Att. IX 7, 1: litterae
quat mihi quiddam quasi animulae stillarunt} zugestehen soll,
ist bezweifelt worden; Wesenberg schreibt instillarunt und
kann sich auf Cic. Cato mai. XI 36 berufen : nisi tamquam lumini
oleum instilles, exstinguuntur (nämlich die Seelenkräfte); auch
das seltene restillo hat man schreiben wollen. Was Georges noch
in diesem Sinne anführt, luven. III 122: cum facilem stillavit
in aurem exiguum de naturae patriaeque veneno, limine summoveort
lilfst sich auch intransitiv mit exiguum als Subjekt fassen. Dafe
der transitive Gebrauch des Wortes überhaupt alt ist, zeigen
Stellen wie Horatius Ars p. 429: stillabit amicis ex oculis rorem;
das Alter der bildlichen Verwendung des Intransitivs ist nicht
vor der oben angeführten Seneea-Stelle (ep. 40, 3) bezeugt; der
frühste Beleg für bildlichen Gebrauch des Transitivs ist wohl
Hermae pastor 51, 9: desuper stillavit iustitiam suam: dennoch
wäre es wohl nicht zu kühn, dem Ciceronianischen Briefstil
eine sonst noch nicht nachgewiesene, aber doch sehr wohl
mögliche Anwendung des Worts zuzutrauen, wenn nicht die
Überlieferung auf ein längeres Wort wie instillarunt hinwiese
(vgl. Orelli-Baiter u. Boot zu d. S.). — Die Stellen der Vulgata
Arnos 9, 13 = Joel 3; 18: stillabunt montes dukedinem hatte
Die Verba auf -illare. 73
sich scIiod Tertullian etwas anders übertragen: adv. Marc. III
5: montes legimus destillaturos dulcorem. — Auch das mag
schliefslich nicht anerwähnt bleiben, dafs nach dem Vorbild von
adv. Jovin. I 25 (M. 23, 244 A): ira Domini stillante super
Jerusalem Hieronymus zu Naum I 6 col. 1236 D auch das
indignatio eft'usa est ut ignis der Vulgata umschrieb mit furor
eius in simüitudinem stillavit incendii (iörafcv). Hier ist jede
Spur einstiger deminutiver Bedeutung geschwunden.
Das Gesagte wird bereits genügen, um den ausgedehnten
und mannigfaltigen Gebrauch von stillare zu erweisen. Ein
Blick auf die zahlreichen Composita bestätigt die reich ent-
wickelte Lebenskraft des Wortes.
Für destillo schwankt die Schreibung zwischen de und di;
Georges entscheidet sich für*de, mit Recht, da hier unzweifelhaft
„herabträufeln" die eigentliche Bedeutung war. So bei Varro
LL. V 22: sudando assum destillat calore (Müller: humorem);
Yergil. Geo. III 281: lentum destillat ab inguine virus; bei Seneca
n. q. II 12, 3: Anaxagoras ait illum ex aethere destillare; ähn-
lich II 31, 1; III 21, 1; Lucan. 8, 777; in medizinischem Sinne
Sen. ep. 78: ut ipse destillarem ad summatn maciem deductus9
nämlich vom Durchfall = destillatio; dann bei den Kirchen -
Schriftstellern, besonders in der öfter wiederkehrenden Wendung:
md destillat a Idbiis Hieron. ep. I 78. maus. XL, ähnlich Ambros.
De Ca. et Abel. I c 5 p. 342 Z 15, Lucifer M. 13, 776 C nach dem
Vorbilde des merkwürdigen transitiven Gebrauchs Vulg. Prov. 5, 3
= Cant 4, 11: favus distülans labia. Wiederum auch von dem
triefenden Gegenstand, schon bei Tibull. II 2,7: puro des t dient
tempora nardo, dann bei Plinius n. h. XV § 82: ficus . . . anus . .
destillant cumtnium lacrima — und gewifs noch öfter; z. B. Ambro-
siuB de 18. et anima c. G p. 547 Z 23: manus meae destillaverunt
Htyrrha] Augustinus de genesi ad lit. 3, 10, 15: aurae . . rore
destillant, annot. in Job 24: saxa destillant; Hieronymus
contra Joann. Hier. M. 23 col. 382 B: carne . . quae nunc prae
dolore destillat (etwa sudore? wie bei Soran. II, 4: sudor
destillat?) Unklar ist mir Hier, de nom. hebr. M. 23 col. 780,
12: Jdkab: mago patre, sive distillans. Die Übertragung auf
den stockenden Redeflufs hat auch hier wieder Ennodius 530,
31 (carm. I 8): sum fateor, cttius destillent verba relatu, quae
*aciem monstrent pauperis ingenü (XXVII 31, p. 31 V.). — Die
transitive Bedeutung belegt Georges aus Caelius Aurel. und
71 A. Funck:
Apicius; es kommen dazu Fronto p. 88, 5: minimum cum vino
destillatum gluttivi; Augustinus enarr. ps. II 1731: gutiam sibi
destillari; in Joann. evang. tract. 21, 3: aliquid irrorare dignetur
et destillare in sitim nostram; Gregorius Magnus homil. in Et.
40 n. 5: distillari aquam in ore suo concupiscit; Hieron. ep. I
78 mans. XXV: mel distillant läbia tua (siehe oben Gant. 4, 11).
— Ist auch an letzteren Stellen nicht eben das einzelne Wort
für sich bildlich gebraucht, so sieht man doch in diesem Zu-
sammenhang den Ansatz zu übertragener Verwendung auch des
transitiven Verbs. — Das aus destillo weitergebildete super-
destillo scheint aus dem gelegentlichen Gebrauch bei den Me-
dizinern nicht herausgetreten zu sein; zu dem Beleg aus CaeL
Aurel. bei Georges kommt noch Orib. Syn. III 17 bis, Addit. 12.
Nur transitiv ist das in eigentlicher wie übertragener Be-
deutung oft gebrauchte instill o. Aufser bei den Medizinern
(z B. Celsus 166, 17; 171, 25 und sehr oft; Seren. Sammon. 11,
163, 1074) findet sich die erstere schon bei Cicero Cato m.
c. 11, 36: nisi tamquam lumini oleum instilles (hier freilich mit
Beziehung auf die Seele gesagt), Ovid. 19 Heroid. 153: merum
instillat in igncs; Hör. II Sat. II 62; bei Ps.-Vergilius Mor. 113;
Quintil. I 2, 28 vasetda augusti oris . . . instillatis conplentur;
Cassianus Gonl. VIII 1, 1; Augustinus de genesi lib. impf. 14,
47. 239, 7. Auf eine sprichwörtliche Wendung weist die Stelle
bei Augustinus de cogn. ver. vit. 1 hin: quid tu tentas ligna silvis
importare aut redundanti nuxri uridam instillare conaris? Überall
steht als Objekt die eingetropfte Flüssigkeit; der beträufelte
Gegenstand findet sich im Accusativ nur bei Cicero Tusc. II 25
in der poetischen Übersetzung von Aeschylus Prom. sol.: guttat
quae saxa adsidue instillant — Mindestens ebenso alt ist nun
die bildliche Verwendung, zu welcher Stellen wie Val. Max. I
6 ext. 3 das Vorbild abgeben mochten: apcs . . eloquentiae in-
stillasse videntur alintenta. Modernen Erziehern mag es tröst-
lich sein, zu erfahren, dafs auch die Fassungskraft der Alten
nur erlaubte die Lehren der Weisheit und Tugend tropfenweise
dem Geiste zukommen zu lassen. Von Horaz, welcher in der
Ars poetica 335 f. auch über die Form der Lehren knappe und
gute Vorschriften giebt (pmne supervacuum pleno de peetore manat),
kennen wir auch zuerst das praeeepta instillare auriculis
(I Epist. VIII 16). Wenn aber Seneca ben. VI 16, 6: praeeeptor
aliqua instillavit ac tradidit schrieb, so ist Haases Vermutung
Die Verba auf -illare. 75
eu diaL IX 3, 3: gut virtutetn instillat animis (so auch Koch
fttr instituat), auch sprachlich wohl begründet. Auch die Kirchen-
schriftsteller behielten die bezeichnende Wendung: Hieron. ep. I
73, 5: universa fidis auribus instillanda sunt; Anonymus
(M. 18/19) 71 B: innocentiae singularis instillata doctrina.
Um das langsame Eintropfein des Öls noch anschaulicher
zu machen, bildet sich Apicius 3, 95 das Kompositum subinstillo.
Die übrigen Zusammensetzungen sind spärlicher belegt.
Man liest perstillo außer den bei Georges erwähnten Stellen
der Yulgata prov. 19, 13 tecta perstillantia; eccl. 10, 18
per still abit domus noch bei Hieron. epist. et verb. s. Pachom.
HI 86, 88 C: per still at domus, im Sinne von „durchtropfen
lassen", " während Augustinus de civ. Dei XXII 11 p. 586, 15
nuUa eins per still ante parte von dem durch das cribrum durch-
sickernden Wasser spricht.
Das intransitive restill o „zurückträufeln" kennen wir nur
aas Prudentius c. Symm. II 287: decoquat in massam fervens
strictura securem rursus et ad proprium restillet vena tnetallum.
Es hat demnach geringe Wahrscheinlichkeit fQr sich, das Wort
schon an der oben besprochenen Stelle bei Cic. ad Att. IX 7, 1
in den Text zu setzen.
Transitiv ist das bisher den Wörterbüchern unbekannte
«ubterstillo „unten anträufeln" Vegetius III 7: testes subter-
ttillatis cauteriis urito. Es bildet den Gegensatz zu super-
itillo, welches Georges aus Apicius IV 67 belegt; dasselbe
steht Oribasius Syn. V 20: mel super stillatur; VII 46: detcrge
«ton ragadas et superstillas (versio altera: detergis ante ragadas
4 sie superponis).
War in diesen Substantiven und Verben immerhin noch die
deminutive Bedeutung ursprünglich bestimmt fühlbar, so ist sie in
3) ancilla — ancillor mindestens sehr zurückgetreten. Mit
Berufung auf ancus — anculus u. dgl. hat man das Substantiv um
freilich als eine deminutive Weiterbildung erkannt, vgl. die Zu-
sammenstellungen bei Vanicek I 3*, aber diese eigentliche Be-
deutung wird kaum irgendwo greifbar nachzuweisen sein. Es
war daher gewifs nicht überflüssig, noch ein Deminutivum des
Deminutivum zu bilden, ancillula zu ancilla (vgl. Wölfflin Philol.
34, 8. 154). In beide aber ging etwas von dem Affekt des
Redenden über, der nur hier nicht, wie bei vielen ähnlichen
weiblichen Geschlechts, freundlicher Art war, sondern das Kleine
76 A. Funck:
oft mit Geringschätzung behandelte. Daher nennt Sallustius
z. B. den knechtischen Fufidius hisi fr. I 41, 21 eine ancilla
turpis; und ehrerbietig ist es auch nicht eben, wenn Cic de or.
I 55, 236 sagt: istam iuris scientiam tamquam ancillulam pedise-
quamque adiunxisti; vgl. auch de fin. II 21, 69: iubebat eos . . secum
ipsos cogitare pictam in tabula Voluptatem , . . praesto esse virtutes
nt ancillulas e. q. s. Dieselbe Wahrnehmung wiederholt sich
nun bei dem Verbum ancillor (vgl. famulus — famulor). Die
Glossen beschäftigen sich öfter mit demselben: cod. EpinaL.
ancillatur: adulatur; gloss. Abavus ancillari: humiliter servire;
Philox. 16, 16: ancillor: xokaxsvo] Gloss. Vet. (angeführt bei
Oehler ad Tertull. apol. 17 p. 183) tyyoiKoxevco ancillor, adsecto,
adulor; ebenso Beda Gr. Lat. VII 263, 13: ancillor, blandior et
adulor unum significant, quod est graecc xoXaxevct) et dativum
trahunt, und wegen dieser Verbindung mit dem Dativ hat es
auch bei Charisius 294, 6: ancillor magistro neben adsentio, und
bei Diomedes 313, 22: ancillor amico neben adulor und blandior
seine Stelle gefunden. Das Wort schien also schon den alten
Gelehrten besonderer Erwähnung wert, und diesem Umstände
verdanken wir auch die Erhaltung seiner ältesten Belege durch
Nonius, welcher dem ancillantur pro serviunt p. 72, 1 f. eine
Stelle aus Attius (Ribb. 442) beifügt: quam inuita ancillans,
dich oboediens uiri, und eine zweite aus Titinius (ß. 72): verum
enim dotibus delcniti nitro etiam uxoribus ancillantur. So werden
also die Pantoffelhelden zum Range der ancillae herabgedrückt.
An die oben erwähnte Cicerostelle, wo ancillula mit pedisequa
verbunden war, erinnert Ps.-Cic. invect. in Sali. 4, 11: non enim
itni privatim ancilla tu s sum neque me addixi. Plinius n. h. II
99 (213) bezeichnet dann die Abhängigkeit der aestus maris
von den Gestirnen, indem er sie ancillantes sideri avido nennt
Einen Beleg zu dem humiliter servire der gl. Abav. giebt die
Zusammenstellung mit subservio bei Apul. d. Plat. I 13 (G. 75, 11):
cetera membra ancillari et subservire capiti (vgl. auch bei Arnob.
adv. nat. VII 13: ancillatum seruuli pauibundis trepidationibus
imitatus); der anderen Erklärung mit adulor aber steht am
nächsten die Stelle aus dem Panegyricus Pacati Theodosii dictus
paneg. lat. XII 2 (272, 21): tristis illa facundiae ancillantis
necessitas. Auch den geistlichen Schriftstellern war das Wort
nicht ganz fremd. Zu lob IV 9: vidi eos qui operantur iniqnir
tatetn — flaute Deo perisse et spiritu irae eius esse consuntptos
Die Verba auf -illare. 77
heifst die Expositio interlin. Hieron. III M. XXIII 1413 D:
operanies iniquitatem scimus ancillante iracundia deperisse; das
bedeutet doch wohl „mit dienender Hilfe des göttlichen Zornes".
Ob man zu dem ganz vereinzelten exancillata bei Tertull.
apol. 17 p. 183 ein Deponens exancillor ansetzen soll, scheint
mir nicht so ausgemacht; wie bisher angenommen ist. Die Stelle
heilst: quae (sc. anima) licet carcere corporis pressa, licet institutioni-
bus pravis circumscripta, licet libidinibus et concupiseentiis evigorata,
licet falsis deis exancillata, cum tarnen resipiscit . . . et Sanitätern
SHam patitur, deum nominal. Alle vorhergehenden Participia sind
passivisch; Deponentia oder auch nur Intransitiva, in welchen,
um einen Ausdruck von Georg Curtius zu gebrauchen, ex als
Exponent der Zeitart, hier also der ganz vollendeten Handlung,
gebraucht wäre, wufste ich mit Bestimmtheit nicht zu nennen
(höchstens emorior?). Liegt es da nicht näher, an ein im An-
schlufs an edomare gebildetes Transitivum exancillo „dienstbar
machen" zu denken?
4) Darf man cavilla — cavillor unter die deminutiven
Worter rechnen? Die Etymologie, bietet hier keinen sicheren
Anhalt. Georges bringt cavillus mit cavus zusammen und er-
klärt „das leere, nichtige Gerede"; allein zu solcher Verwendung
des Adjektivs fehlt bei ihm selbst ein sicher zutreffender Beleg;
auch ist für die gewöhnliche Verwendung der Wörter das Hohle
nicht besonders bezeichnend. Die noch von Schwabe a. a. 0. an-
genommene Zurückführung auf calvSre, über welches Löwe Prodr. 366
handelt, findet sich zwar schon bei Prise. VIII 76; allein selbst
^"onn man gr. Ixxaykog für ixitkaykog und ähnliches für sicher
halten wollte, wäre solcher Ausfall des 1 wegen des folgenden 11
**x& Lateinischen, das doch ruhig calculus u. dgl. sagte, ganz un-
e*""^riesen und hier um so weniger glaublich, als gerade das 1 in
^Älumnia erhalten ist Es scheint, dafs dem Wortstamm nahe
Verwandte auf lateinischem Boden überhaupt fehlen, und so
^ixd man desto lieber auf Ficks Zusammenstellungen aus andern
•tischen Sprachen eingehen (wiederholt bei Van. 1118), von denen
Z^nd ^kutara neckisch, gr. %ava% xdßcc%' itavovQyog Suid. wohl
*i^ nächstliegenden sind. Allen diesen Erklärungen ist das ge-
meinsam, dafis cav- als Stamm -ill, als deminutives Suffix gefafst
wird, und in der That pafst das Deminutive zu der gewöhnlichen
Bedeutung des cavillari, da der cavillator ja nicht durch grofse
Schläge, sondern durch kleine Stiche den Gegner angreift. Aber
7* A. Fcack:
»elbst jene kürzeste Form des Substantivs ist weder häufig noch
gUrichmalsig bezeugt. Cavilla liest man Plant. Aulul. 638 G.:
anfer ca Hill am. bestätigt tob Osbernas p. 121, A. Hai Class.
aact. VIII 121: da an bei Mart. Cap. IV § 423: quid cauilla
taewusf: bei Placidus 27. 3: cauilla. cauillatio: mit dem ans
Paulas ex Fest. 46, 10 bekannten cavülom patzte Apuleias met
I 7 seine gesuchte Bede auf, doch ohne zur Sicherheit über das
Wort zu gelangen: denn II 19 steht cavillus: ein paar Belege
des Ablativ auf -o führt Georges ans Aar. Vict. epit an (9, 44;
23. 6)i zu der Stelle aus Iolian ap. Aug. op. impf. c. IoL III 50:
cacillo . . Müdere kommen noch ebda. Augustinus: quod verum
audis, non rocabii catillum in einem Wortspiel mit cave illum~
III 149 Iulianus: cacillo tecum agL Weitere Stellen sind mir-
nicht bekannt: dagegen kennt schon die alte Komödie das spateir-
oft gebrauchte cavillatio, z. B. Plaut Stich. 226. — Das Verbann
cavillor gab schon den alten Giossensammlern Anlab au Be —
merkungen, von denen Oehler zu TertulL de res. carn. 21 die aa.d
die aktivische Nebenform bezüglichen anführt: Maii Auctt. Clasa*
tom. VIII p. 121: ,jst inde catillo. as #. contendere, unde caviUm.—
tor*m cett. et iterum ibid. p. 145: rcavillare, contendere. disputan^
litigare. iurgare." Cf. Gloss. Isidori ap. Du Cangium s. v. cavil-
lare. Ouoniasticon Graeco-Latin. ed. Vulcan. p. 22: .,caville>,
Goyilofiai''. Soweit Oehler. Sichere Beispiele der aktiven Form
oder auch des Passivs sind spärlich. Auch für jene Tertulliao-
stelle: per quae promulgatio maiorum cavillatur, findet Oehler
unter Berufung auf c. 35 (so, nicht 36): de mterpretatione corporis
quaestio cavillatur, das Deponens glaublicher, wohl in der Be-
deutung von aoyi&öd'ai. Das passive Participium steht aber
unzweifelhaft bei Apuleius met. III 19: invicem cavillatus ißr
quam; IX 28: hlanditie cavillatum ducebat Hier aber beruht
die Voraussetzung eines aktiven cavillo nicht wie so oft (*$•
Dräger, Hist. Syut. I 156 f.; nur auf dem Ptcp. Perf. Pass.; m«n
liest ein wirkliches Aktivum bei Ven. Fortun. Vita Mart. II 241:
cuius modo verba cavillant und bei Prise. VIII 76: rycalvo cd-
villo1' pro ,}calvillou.
Die weitaus gebräuchlichste Bedeutung „sticheln, bespottein'1
laust sich nun teils an dem Verbum, teils an seinen Ableitungen
wie cavillator, cavillatio, von frühester bis spätester Zeit durch
die Litteratur verfolgen; noch Aldhelm sagt p. 76: infami elogü
cavillantes; p. 95: ironia . . cavillabatur; und damit auch de*
Die Verba auf -illare. 79
klassische Zeuge nicht fehle, seien aus Cicero nur angeführt: ad
Att. II 1, 5: cum ipso cavillor ac iocor; de or. III 31, 122: aut
trriclentes oratorem cavillantur. Die Zusammenstellung mit iocor
und irrideo ist zugleich bezeichnend für die Bedeutung. Der
transitive Gebrauch herrscht bei weitem vor; die Verbindung
mit cum reiht sich den anderen bei Dräger H. Synt. I 639 auf-
geführten an, in denen „das reciproke Verhältnis ein trennendes
oder feindliches ist". Ein weiteres Beispiel dafür ist Sueton
Titos 8: cum populo . . cavillatus est; Georges führt noch Livius
als Gewährsmann für diese Verbindung an und Cicero für in
c AbL
Schon die oben erwähnte Übersetzung v. 0og>t'£o/iai durch
cavillor kann dann auf eine aodre Wendung der Bedeutung hin-
weisen, welche längst an mehreren Stellen beobachtet ist. Sie
vermittelt sich leicht mit jener bekannteren, wenn man als
Grundbedeutung der cavillae „Reden, welche nicht ernst gemeint
sind" ansetzt; sollen sie nur die Wahrheit verhüllen, so sind es
eben Sophismen; richten sie aber ihre Spitze verletzend gegen
einen anderen, so hat man die Stichelei. Wie nahe beides bei
eixiander liegt, zeigt z. B. die Stelle Sen. de ben. VII 4, 8: in-
***merdbüia sunt, per quae cavillantur, cum pulcherrime, quid a
«oftis dicatur, inteUegant; hier pafst sowohl „necken", als auch
»in Sophismen sich ergehen". Ahnlich Iulian ap. August, contra
h*l. I 85: tu utrum vis hie simpliciter confitere et cavillari desine
(eemBo Hindere steht III 50). Vgl. cavillator Seneca epist. 102,
20- und besonders ep. 111, wo als passendste Übersetzung für
sophismata aus Cicero eben cavillationes genannt wird. Wo
Cicero das Wort so gebrauchte, wissen wir nicht; Or. II 54
Technet er die cavillationes unter die facetiae; aber Quintilians
iuris cavillationes VII 4, 37 sogut wie seine verborum cavillatio
X 7, 14 (vgl. auch VIII 6; 2) und die cavilla des Martianus Ca-
pella IV 423 sind auf die Sophisten unter den Rechtsgelehrten
und Dialektikern gemünzt Den Juristen schiebt sie auch Ulpian
dig.50, 16, 177 zu: natura cavillationis . . . haec est, ut ab evidenter
teis per brevissimas mutationes disputaHo ad ea} quae evidenter falsa
*art> perducakir.
Das Verbum gebrauchte wohl zuerst Livius III 20 in diesem
°ume: cavillari tum tribunos; die Tribunen trieben hier wahr-
fch keine facetiae; durch Ausflüchte, zu denen die Religion her-
zten mufste, suchten sie die Heeresfolge zu verhindern: sed
80 A. Fonck:
nondum haec, quae nunc tenet saeculum, neglegentia deum venerat:
nee interpretando sibi quisque iusiurandum et leges aplas faciebat —
fährt der Geschiehtschreiber fort. — Ob der historische Schuster
des Apelles bei Plin. nat. bist. 35, 10, 85 sich die Aufforderung,
ne supra crepidam iudicaret, durch harmlosen Spott, oder durch
peinliche Klügelei — cavillante circa crus — , zugezogen hatte,
ist schwer zu sagen; da der Maler sonst vom Publikum viel hin-
nahm, so weist des Plinius indignatum prospexissc vielleicht darauf
hin, dafs der Schuster wirklich in anstößiger Weise genörgelt
hatte. Völlig gesichert ist die Bedeutung „in sophistischer Weise
behaupten" Plin. n. h. 11, 267: stridorem cum dentibits fieri ca-
villantur; ferner Ulpian dig. 38, 17. 2 §44: si verba cavillatus
imputaverit matri, cur e. q. s*)
Ganz besondere Berücksichtigung verdient die Sprache Ter-
tullians. Zwei Stellen de res. carn. 21 und 35 sind bereits oben
erwähnt. Zu ihnen stellt sich de an im. 34: non fallens, non
caviHabundus; aus dieser Berührung mit fall er e erklärte schon
Salmasius die Stelle de pall. 2: fmtium venae cavillando
sc. mutant durch fallunt in officio suo fluendi cbuUicndiquc eavür
Tanten. Nun sagt aber Tertullian auch de coron. 11: omnibus
modis caviUandum, ne quid adeersus deum committatur, und der
offenbare Anklang an caveo, auf welchen Sinn und Konstruktion
hier hindeuten, hat zu der gewifs falschen Ableitung des Wortes
von caveo verleitet, welcher schon Müller zu Festus 45, 14 ent-
gegentritt. Trotzdem mag Tertullian selbst hier an cavere gedacht
haben, und der Sinn sein „zu verhüten suchen". Vielleicht pafst
diese Bedeutung auch am ehsten de pudic. 10, wo vom Propheten
Ionas in Bezug auf Ion. III 4: clamarit et dixit: Adhuc quadra-
ginta dies et Ninive subvertetur gesagt wird: cavillaretur in prae-
dicatiotiis officio) etwa „er warnte"?
Das Kompositum in ca vi Hör wird in einer Glosse bei Mai
Class. auet. VII 564 erklärt: incavillatur inderidetur (inridetur,
deridetur Müller zu Festus 107, 16 s. v. incavillatio per despeo
tum irrisio)) die Übersetzung führt zu einem aktiven incavillo.
Das Deponens schreibt Hertz im Lemma Gellius V 5: cuius modi
ioco incauillatus sit Antiochum regem Pocnus Hannibal.
5) Zu dem aus Varro und auch sonst bekannten furcilla
*) Wohl auch Hieron. ep. 98, 6: seetatores cavillantur et garriunt,
Rowie ep. 38, 6: cavillentur vafriora licet, vgl. Sen. ep. 111, 2: cauilla-
tiones . . quibm quisquis se tradidü, quaestiuneulas vafras nee t it.
Die Verba auf -illare. 81
(v. furca „Gäbelchen'') findet sich bei Plautus ein Verbum fur-
cillo. Aus Varro R. R. I 8: süb eam (sc. viteni) . . subiciuntur
e surculis furcillae wissen wir, dafs die Pfahle, deren man sich
besonders in waldreichen Gegenden zur Stütze der Weinst'öcke
bediente (vgL Hehn, Kulturpfl. u. Hausth.* S. 70), auch furcillae
genannt wurden. Offenbar beruht auf dieser Beziehung Georges'
Erklärung „stützen". Die Worte des Pseudolus v. 631. Vac tibi:
tu inuentu's uero, meatn qui für etiles fidem. Quasi non mihi
seseenta tanta soli soleant creäier, würden dann den bedenklichen
Harpax in dieser Form trösten: „du bist freilich der erste, der
meine Zuverlässigkeit erst noch stützen will/' Das ist nun aller-
dings recht künstlich; Harpax stützt ja doch zunächst eigentlich
nicht die Glaubwürdigkeit des Erzschelms, sondern erschüttert
sie vielmehr durch seine Zweifel. Diese Bedeutung gewinnt
Lorenz aus der Placidusglosse: adfurcillavi: subrui, labcfactavi,
coneussi; den Ursprung des Wortes läfst er dahingestellt, während
Georges affurcillo aus ad und furcilla zusammensetzt und daraus
nicht, wie man bei seiner Deutung des furcillo erwarten mufs,
den Sinn „anlehnen", sondern das Gegenteil, eben jene Erklärung
des Placidus entwickelt. Das scheint mir unmöglich. Sollte aber
nicht folgendes denkbar sein? Die furcillae dienten gar nicht
blofe zur Stütze, sondern waren gelegentlich höchst unbequeme
Angriffswaffen. Von den furcae weifs das jeder, seit Horaz den
Vers: naturam expellas furca, tarnen usque recurret (ep. I 10, 24)
niederschrieb. Die kleinen furcillae waren aber nicht harmloser
(Müller z. Pestus 88, 17 s. v. furcilles: in . . terribilibus rebus
sermo hominum ludere assolet); nicht nur schreibt von sich
Cicero ad Att. 16, 2, 4: furcilla extrudimur; sondern bei Gatull
105, 2 jagen die Musen den Eindringling — mentula — mit den
furcillae von ihrem Berge: musae farcillis praeeipitem eiciunt Ist
danach nun einem Plautus nicht wohl ein furcillo zuzutrauen im
Sinne von „mit der Heugabel zu Leibe gehen, plump angreifen"?
Die Weiterbildung mit ad würde dann entweder das Aggressive
noch mehr hervorheben oder wie in addubito, in unserm an-
stochern, angekränkelt und ähnlichen dadurch, dafs erst der Ansatz
zu einer Wirkung bezeichnet wird, den Begriff des Simplex et-
was abschwächen. Zu den Worten des Placidus pafst das viel-
leicht noch besser. (Nachträglich sehe ich, dafs diese Deutung
von furcillo bereits bei Forcellini mit angeführt ist: er sagt: alii:
quasi furcillis abigere et reicere).
Arohiv für tat. Lexikogr. IV. lieft 1. &
82 A. Funck:
B. Verba zu Nominalstämmen auf -illo.
Es lassen sich hier zu einer kleinen Gruppe diejenigen
Verba zusammenfassen, welche eine dem Auge oder Ohre auf-
fallende lebhafte Bewegung schildern; das Deminutive erscheint
darin insofern gewahrt, als nicht grofses Getöse, heftige Er-
schütterungen, sondern kleinere Schwingungen zum Ausdruck ge-
bracht werden. Wer dächte dabei nicht gleich an jenes oscillare,
das durch franzosische Vermittelung auch uns zugekommen ist?
l)oscillum — oscillo „schaukeln". Die Sammlungen haben
für diese Wörter gar nichts Neues ergeben; ich begnüge mich
daher mit kurzem Hinweis auf das Bekannte. Von den in neuerer
Zeit angenommenen Etymologieen ist keine ganz gesichert. Georges
geht bei dem Nomen von dem Verbum aus und setzt das selten
und zum Teil unsicher belegte cillo (eilleo?) mit ob oder obs zu-
sammen; so käme man etwa zu oscillo „sich entgegen bewegen"
oscillum „das sich entgegen bewegende''; die Zusammensetzung
mit ob ist freilich für die Schaukel und das Schaukeln nicht grade
besonders zutreffend.*) Georges trennt von diesem oscillum das
gleichlautende Deminutivum von os, und eben dieses bildet die
Grundlage zu Corssens Deutung Kuhns Ztschr. XV, 156. Da
nämlich beim Bacchusdienste kleine baumelnde Püppchen erwähnt
werden, welche bei Vergil Georg. II, 389: oscilla ex alta suspen-
dunt mollia pinu oscilla heifsen, so würde dann oscillum weiterhin
jedes Baumelnde, Schaukelnde bezeichnen. Die Schwierigkeit
dieser Erklärung liegt darin , dafs nicht zu erweisen sein wird^
ob das, was bei dem oscillum „Püppchen" ursprünglich dochw
etwas Accidentielles war, nämlich die baumelnde Bewegung^-?
bleibend und augenfällig genug war, um zur Hauptbedeutung zi
werden. Die Belege für das Verbum sind folgende: Santra apu<
Festum 194, 9 u. 10: oscillum Santra dici ait} quod oscillent
id est inclinent, praeeipitisque afferantur. oscillantes, ait Conti*
ficius, ab eo quod os caclare sint soliti personis propter vereeundiat
qui eo generc lusus utebantur. — Schol. Bob. in Cic. pro Plane 9^
p. 256, 4: ipsis diebus ideo oscillare instituenmt, ut penduli^^
niachinis apitarentur. — Endlich im Passiv (oder Deponens?^
Mythogr. Lat. I, 19: oscilla dieta sunt ab co} quod in his oscil-
larentur} id est moverentur ora.
*) Schwabe: nonne „oscillo14 ab „obscieo" derivandum? cf. „os-tendo
= obs-tendo", citus, cito wird sich die Bedeutung ähnlich zurechtgelegt
haben; ein obscieo scheint aber nirgends belegt.
I
l
Die Verba auf -illare. 83
2) Ob murmurillo hierher zu stellen ist, mag man be-
iweifeln. Es YsSat sich ebensowohl unmittelbar von dem Yerbum
nmrmuro herleiten, wie an das Deminutivum murmurillum an-
knüpfen. Offenbar sind beide Deminutivbildungen Augenblicks-
gebilde des komischen Dichters; das Substantivum liest man Plautus
Rudens 1404: palam agc, nolo ego murmurillum neque susurrum
fieri; das Yerbum führt Nonius 143, 2 aus demselben Schrift-
steller an: quid murmurillas teeum et te discrucias? Bei For-
cellini finde ich noch: „Onom. Gr. murmurillo vnoxov&oQifa."
3) Aus der Anthologie gehören dann wenigstens dem äufseren
Klange nach ein paar Wörter von Vogelstimmen hierher. Wie
der grillus grillat 762, 62, so gracillat 762, 25 oder cacülat, wie
andere lesen, die gallina; gallinae cacillant auch bei Aldhelm
p. 303. Zu letzteren fehlen die Substantiva. Übrigens sind
Worter mit einfachem 1 viel gebräuchlicher, um die Stimmen der
Vogel zu bezeichnen, z. B. 762, 17; turdus trucilat; 762, 13: me-
lius einssilcU; 733, 11: müvus iugilat. Wackernagel, Yariae voces
anim. p. 23 ff.
4) Mit dem bekannten Deminutivum catillus „Tellerchen"
hingt höchst wahrscheinlich das seltene Verbum catillare zu-
sammen. Papias erklärt es mit deglutire vel sonare ut cattdus;
die erste Bedeutung pafst an der ältesten Stelle, wo es erhalten
ist Plaut Casin. III 2, 22 ist, wie mir Prof. Goetz freundlichst
Butteilt, statt des catülae. tum alter Ausgaben im Codex Vetus
und Ambrosianus überliefert: cperam uxoris polliceor foras quem
totillatum „zum schleckern, tellerlecken". Zur Bestätigung
dient Fulgentius expos. serm. ant. XVII ed. Lersch: Quid sit
totillare. Catillare dicitur per alienas domos infrontote girare.
o cakdis tractum quod per omnes domos circumeant. Unde et pro-
poiius. Ca tili ata geris uadimonia. publicum prosttbulum. et
fkutus similiter ait. Quin tneam uxorem mittom catillatum.
Die Deutung hängt augenscheinlich mit der gewifs unrichtigen
Etymologie von catulus zusammen. Die unter dem Namen des
Properz beigebrachte Stelle weist Lersch nach Form und Inhalt
mit grofserer Wahrscheinlichkeit einem Komiker zu; an Plautus
*u denken, will mir nach der Art, wie derselbe gleich nachher
&eu eingeführt wird, nicht recht annehmbar scheinen. Verfasser
*ie Erklärung der Stelle bleiben ungewifs. Soll man etwa
cttillata im Sinne der unten genannten Festusstelle mit „ver-
prafst" übersetzen und an einen oder eine denken, die Biirgschafts-
6*
84 A. Funck:
geldcr verjubelt? patrimonia für vadiinonia würde dann freilich
besser passen; devorare patrimomum kennt man aas Cicero.
— Von dem deminutiven Ursprung des Worts ist noch ein
Niederschlag in der despektierlichen Bedeutung des „leckern" zu
spüren. Ist auch das Verbum selbst nur schwach bezeugt, so
fehlt es ihm doch nicht an Ableitungen, welche die Verwandt-
schaft auch mit den catillones (Löwe Prodr. 321) nicht verleugnen.
Ich führe nur aus Georges wieder an: catillatio „Leckerei" Gloss.
Labb.; dann bei Festus p. 44 übertragene catillatio grave oppro-
brium Iwminibus generosis obiieiebatur, si qui provincias amicas po~
pult Romani exspoliassent, also „das Aussaugen". Zu der ebenda
genannten Stelle aus Arnobius (M. 50, 1249) für catillamen:
catillaminum inseeta de morcy kommt noch p. 880: catilla-
menta, beides in Bezug auf Leckerbissen gesagt.
Ist es bis hierhin doch noch gelungen, meistens eine deut-
lichere oder schwache Spur der deminutiven Bedeutung auch iu
den Verben zu entdecken, so ist darauf bei den folgenden wohl
zu verzichten.
5) Zu dem wohlbekannten bacillum führt Georges aus
Notao Tiron. 115 ein bacillatur an von bacillo „prügeln". Es
beruht hier auf einer einleuchtenden Verbesserung für vacillatur;
vacillo ist in der That oft seinerseits mit b überliefert.
6) sigillum — sigillo, frz. sceau — sceller. Von dem
verschiedenen Bedeutungen des Substantivs ist in das Verbum.
besonders die des Siegels übergegangen. Das Substantiv kennen,
wir in diesem Sinne bereits aus Cicero Acad. II 20, 86: si in-
cera centum sigilla Jioc anulo impressero; das Verbum ist erst aus*
späterer Zeit bezeugt Die frühste Stelle in diesem Sinne ist*
wohl Fulgentius myth. I praef. 8 M: intuemur arva, quibtis adkwr
impressae bcllantium plantae muricatos (fptod aiunt) sigillaverunE
gressus, hier die weitere Bedeutung „eindrücken". Sigillo „siegeln**"
für das obsigno (seltener signo) der klassischen Zeit kann ich
erst aus dem 6. Jahrhundert nachweisen; es steht überaus häufig
in den Diplomata imperii bei Pertz, schon 517a. 528; dann 72a.
546; 12844ca. 5(52; viel häufiger im folgenden Jahrhundert so-
wohl hier z. B. 141 ^ a. 029, als auch bei Clodoveus (M. 87)
602 A; Marculf form. 809 D u. öfter; Reg. Franc, dipl. ibid. 1307 B.
1337 B; Reg. Langob. 1401 D, 1417 B. C; ferner bei Aldhelm
p. 219, in den Formulae z. B. 3183* bei Zenmer ca. 826—30,
und so konnte es denn iu die romanischen Sprachen hinüber-
Die Verba auf -illare. 85
wandern. Besonders häufig waren Wendungen wie sigillare
praecepimus, iussimus, decrevimus. Einmal findet sich bei Marculf
form. M. 87, 878 D dafür subsigillo (fehlt bei Georges). —
Neben diesem Gebrauch stehen völlig vereinzelt aus älterer Zeit
zwei andere Anwendungen: Apuleius met. II 19 erwähnt ein
vttrun fahre sigillatum = sigillis (mit Bildern) ornatum; Ve-
uantius Fortunatus aber wagt es, zu dem von ihm Y. Mart. IV 56
in der Bedeutung „Kreuzeszeichen'' gebrauchten sigillum: fecit
crucis ipse sigillum ein sigillare c. Acc. „das Kreuz vor jemand
schlagen'' zu bilden: vita 8. MarcelL 10: draconcm sigillavit ille.
Für dissigillo giebt es nur einen einzigen Beleg auf der
Inschrift bei Brambach, Inscr. Rhen. 141: ni dissigilletis nive
wtfetis opus; Bücheier, welcher die Stelle im Greifswalder Ind.
lect. 1868/9 behandelt hat, erweist sowohl die Bedeutung „ent-
riegeln" wie „des Bildes berauben" als möglich; in der ersteren
Bedeutung ist bei Du Cange wenigstens dissigno aus Glossen
belegt.
Wenn es nun auch irrig wäre, zu den mehrfach überlieferten
Adjektiven auf -atus wegen ihres Anklangs an Participia immer
Verba auf -are zu erschliefsen, so mögen doch hier der Voll-
ständigkeit wegen auch diese Formen erwähnt werden. Zu dem
bekanntesten cap Hiatus (capillus) findet sich in späterer Zeit
bei Audoenus (ca. 660) M. 87, 490 B ein circillatus wohl im
Sixme von „gelockt": gerebat caesariem formosam et crinem quoque
cvrcillaturn. Aus specillum „Spiegelchen" bildet Vopiscus Prob. 4,
** «in specil latus „mit Spiegeln versehen" (Peter: specellatus),
a^fi papilla „Brustwarze" entsteht nicht nur papil latus „zitzen-
föxniig" z. B. Anth. lat. 84, 3, sondern auch bei Plautus Mil. 1 180
e3tpapillato brachio, erklärt von Festus 79, 10: expapillato
^"ac/kio, exerio; quod quum fit, papilla nudatur, Nonius 103, 2: ex-
9<*pillato brachio: quasi usque ad papillam renudato. Plautus
^filtte. Indes darf nicht verschwiegen werden, dafs die Über-
lieferung an jener Plautusstelle wie in mehreren Glossen auf eine
*ödere Form hinweist, zu der Placidus 41, 16: exf'abillauero
xzeruero das Verbum bieten würde. Was hier das Richtige sei,
hat auch Loewe prodr. 270 nicht zu entscheiden gewagt.
Von fernerstehenden Bildungen verwandter Art seien hier
*&r aus Georges pociUator (pociUum) „Mundschenk" und ptigillator
(pHgülus) „Briefbote" angeführt, sowie von Verben lapiUisco (7a-
päks) „steinhart werden" und pastillico (pastillus) „die Gestalt
86 A. Funck:
eines Kügelchens haben". Andres der Art findet man in den
obengenannten Schriften, besonders bei Kessler Ste. 27 f. — Ferner
will ich auch nicht unterlassen auf die Denominativa auf -ello
zu Substantivis auf -ellum, -ellus, -ella hinzuweisen. So gehört
zu cribellum „kleines Sieb" cribello nebst excribello „durchsieben",
zu cxdtellus „Messerchen" cultelfo „messerförniig machen", zu fla-
bellum „kleiner Fächer" flabello „fächeln" nebst conflabello „an-
fachen" und inflabeUo „einhauchen", zu flageUum „Geifsel" das be-
rüchtigte flagello „geifseln", zu novdlne „Weinschöfslinge" novelfo
„neue Weinstöcke setzen", zu tesselüw „Mosaiksteinchen" tessdlo
„mit Mosaik belegen".
Von geringer Bedeutung sind die wenigen Verba zu Adjek-
tiven auf -illus; deminutiver Ursprung ist nirgends deutlich er-
wiesen.
1) Von imbecillus gab es ein seltenes Verbum imbecillor
„schwach sein". Georges belegt es aus Dosith. p. 60, 2 inbeciüor
äöfravdi; Gloss. Labb. p. 29 a (unter äöfrevä); es kommt hinzu
Gloss. Cyrill. p. 398: aa&evcb: Egroto, Lcmgueo, Morueo, Languesco,
Inuccillor, Infirmor.
2) Desto bekannter ist tranquillo zu tranquillus. Man
liest es in eigentlichem Sinne bei Plinius n. h. II 234: omne sc.
mare oleo tranquillari, ebenso vom Meere bei Augustin. de
antichr.: faciet quoque multa signa . . mare turbari et subito tran-
quillari; verwandt sind Soranus I 45: tranquillare nimietatem
gcstatiommi; II 22: tranquillatae sunt febres; II 23: tranquil-
lantur omnia. Wieder einmal ist die übertragene Bedeutung*
älter bezeugt als die eigentliche; schon der Parasit Plaut. Capt. 106
sagt: adulescens, quoius numquam uoltum tranquillaui gratiis^
wo die erregte Miene doch nur die Bewegung der Seele wieder-
spiegelt, Cicero Topica 26, 98 verbindet es mit animos: ut auß=~
perturbentur animi aut franquillentur (vgl. Horaz epist. I 18,
102: quid pure tranquillet) und diese Verbindung war noch im
neunten Jahrhundert lebendig, Agobardus Am. epist. 2, II p. 151:
gratia animum tuum tranquillat. Nepos Att. IV 5 läfst den
Atticus tranquillatis rebus von Athen in das vorher von bürger-
lichen Unruhen heimgesuchte Rom zurückwandern. Augustinus
endlich ad fratr. in erem. 2 gebraucht es von dem der Welt ge-
schenkten Frieden: quando sc. mali discordant, tum tnundus alir
qualiter tranquillatur. Forcellini führt noch Augustin enarr. ps. 93,
25 an und eine merkwürdige Stelle bei Hil^rius op. hist frgm.
Die Verba auf -illare. 87
III 25, wo das cessäbit mare a vobis der Vulgata Jou. I 12 ersetzt
ist durch tranquillabit mare a vobis. Dieser intransitive Ge-
brauch erinnert an dieselbe Verwendung von minuo z. B. Caes.
B. Gr. III 12: minuente aestu.
Mehr ist nicht gesammelt, doch ist vermutlich das Yerbum
yoii manchen als nicht hergehörig unberücksichtigt gelassen.
Zu dem aus ältester Zeit schon bekannten singillatim (vgl.
Fleckeisen, 50 Art. aus e. Hilfsb. f. lat. Rechtschreibg.: singillatim
besser bezeugt als singulatim), z. B. Plaut. Trin. 881: singillatim
et pkeide percontabere, Cic. inv. I 30, 49: de unoquoque singil-
latim dürfen wohl gleich an dieser Stelle die spärlichen Belege
«nes singillo „vereinzeln, trennen" gestellt werden. Das Par-
tizipium singillatus mit der Erklärung separatus kannte man
schon aus Atto Polypticum bei Mai Gloss. nov. Lat. p. 64; aktive
Formen sind erst aus der Earolingerzeit bezeugt: Poetae aevi
Car. II 465, 1445; a te quid nunc me singillat sancta voluntas?
467, 1557: hostem qui singillabit nocuos a sorte piorum.
Um auch hier noch auf etwas wenigstens Naheliegendes zum
Schlüsse hinzuweisen, sei daran erinnert, dafs zu dem Varronischen
totullus bei demselben Sat. Men. 401 ein satullo (satullo goprago
Onom. Lat Gr. bei Forcell.) kommt: carnes quibus satullem Cor-
pora; während uns Festus 193 (a) 14 aus einem Komiker ob-
satullo erhalten hat: obstrudent, obsatulent. Dies letztere, dem
kein Adjektiv mit ob zur Seite steht, kann man auch gleich mit
dem Terentianischen obsaturo zusammenbringen: Heaut 869:
istius obsaturabere.
Kiel. A. Funck.
Penes.*)
1 Penes (Probi de ult. syll. Gr. lat. IV 254, 13 K. p. dua-
bus brevibus constat) proepositio cum acctisativo. Gloss. abavus
penes: apud; ibid. p. arbitros: apud arbitros. Cyrill. p. 570, 43
TtccQ9 ifwl: penes me; ibid. 572, 11 itaQ* <p: p. quem; ibid. 594, 22
itQog ipavxov: p. nie. Dosith. art. gramm. VII 413, 19 K. penes:
ivtog. Festus (Paul.) 22, 9 M. Apud et penes in hoc differunt,
quod alterum personam cum loco significat, alterum personam
et dominium ac potestatem, quod trahitur a penitus. Isidor. differ.
1, 57 (ed. Arevalo vol. V) p. possessionem significat Nequc sine
casupotita advcrlii muntre fungitur (Probi instit. Gr. lat. IV 149, 25.
Serg. explan, in Donat. IV 561, 20) nequc cum nominibus aut verbis
componitur, id est, ut grammatici dicunty casibus tantum servit, lo-
qudis non item. Charis. 23G, 23. 237, 21. Diomed. 409, 1. Casui
suo non ita adhaeret, ut duo verba unam orationis partem efficiant
(Serv. in Donat. IV 442, 7. VII 413, 11), immo culco sui iuris est,
ut non solum saepe nominibus, maximc pronomini relativo, post-
ponatur} scd etiam longiore intewallo ab iis dirimatur. (Charis. 234^
16. Plaut. Aulul. 654 neque tui me quicquam invenisti penea.)
Quas ob res Scaurus (Gr. lat. IV 562, 1) in enumerandis praepo-
sitionibus cum accusaüvo coniunetis penes, utpote alienam ab anti-
quiore vocabuhrum indogermanicorum gencre, ultimo loco collocavit
2 Ab eadem radice haud dubie dueta sunt penus, penumf penu
(Corp. inscr. lat. VI 10298 quidquid penus se venit. Collegium
aquae 1; Corp. inscr. III 6441 defuneta penus colonia Sirmi =
apud col.) penates, penitus, peneträre. Festus 250, 18 M. Penetrale
sacrificium dicitur, quod interiore parte sacrari conficitur; unde
et penetralia cuiusque dieuntur, et penes nos, quod in potestate
nostra est. Cf. Mich, ßreal, Etymologies latincs. Memoires de la
societe de linguistique. V. 1884. p. 431 sq. Itaque penes alqm esse
*) Der ursprünglich deutsch geschriebene und anders disponierte Artikel
wurde vor der Drucklegung im Einverständnisse mit dem geehrten Herrn
Verfasser einer partiellen Umarbeitung unterzogen. Die Red.
P. Hirt: Penes. 89
dicUur, quod in inferiore parte aedium clausuni vel in sinn togae
conditum est, item quod manu tenetur. Etsi igitur non necessario
possidet, p. quem aliquid est, tarnen praepositio non solum loci signi-
ficationi inservü, sed indicatur illud aul eius arbitrio permissum
aut certe tutelae commissum esse. Plerumqtte coniungitur cum verbis
esse aut habere aut synonymis, raro et maxime a scriptoribus aetatis
aeneae cum verbis movendi.
I. A. De pecunia aliisque rebus corporalibus. Plaut. 3
Trin. 733 Honeste fieri ferme non potest, Ut eam perpetiar ire
in matrimonium Sine (lote, quom eius rem p. me habeam donii
(a patre ei commendatam Trin. 113); 1146 tbesaurum tuom Me
esse penes; Aulu). 654 perscrutatus es Tuo arbitratu (pallium,
tunicam, utramque manum), neque tui me quicquain invenisti
penes; Capi 234 Quod sibi volunt, dum id inipetrant, Boni sunt,
sed ubi iam p. sese habent, Ex bonis pessumi. Trucul. 858 vidi
audivi quam p. est mea omnis res; 891 Manus vetat, priusquam
p. sese habeat, quicquain credere. Ter. Adelph. 388 istaec iam
p. tos psaltriast? Ellam intus, (i. c. non solum domi vestrac,
sed in vestra quasi potestate, quia eius, qui conduxerat, voluntati
parere debebat.) Claudius Quadrig. ap. Gell. 17, 2, 21 cum tantus
arrabo (sexcenti obsides) p. Samnites esset. Cic. Verrin. 4, 67
de ceteris operibus ex auro et genimis, quae sua p. illum essent;
ibid. 3, 171 quod omnis frumenti copia p. istam esset redacta.
Caes. civ. 1, 87 ut quod quisque eorum in bello amiserit; quae
aint p. milites suos, restituatur; 2, 20 quod p. eum est pecuniae;
belL Alex. 70, 7 restitueret (Pharnaces) Romanis, quae p. eum
essent. Sali. lug. 31, 9 p. eosdem et summam gloriam et maxi-
mas divitias esse; 41, 7 p. eosdem aerarium promnciae magi-
stratus; 31, 16 beneficia vestra p. optumos, non audacissumos
forent. Propert. 4, 7, 57 di maris Aegaei Quos sunt p. aequora,
venu.
Livius 2, 24, 2 ut p. eosdem pericula belli, p. quos praemia 4
essent. Curtius 8, 4. 22 eum, qui p. ipsum relinquebatur, tradit;
3, 13, 3 quaecunque rex p. ipsum reliquisset. Petron. frgin. 12
tot regum manubies p. fugitivum repertae. Quintil. 9, 3, 80
neminem alteri posse dare in matrimonium, nisi p. quem sit
Patrimonium. Statins Tbeb. 2, 430 te p. Inachiae dotalis
regia dono Coniugis; 8, 308 (de Tellure) te p. et pecudum gens
mitis et ira ferarum Et volucrum requies. Ps. Frontin. 4, 7, 22
Pinarius praesidio Ennae praepositus claves portarum, quas p.
90 P. Hirt:
se habebat reposcentibus magistratibus Enneusium etc. Tac. hist.
1, 76 provinciae . . . p. Othouem manebat (i. e. a partibus Othonis
stabant); 2, 6 ne p. ceteros iniperii praemia, p. ipsos tantum ser-
vitii necessitas esset; 4, 74 p. quos aurum et opes (Gallia et
Germaniac, provinciae ditissimac)\ 5, 9 dum Assyrios p. et Persaß
Oriens fuit; annal. 15, 54 praemia p. unum fere. De hoc usn
' itide a tetnporibus Antoninorum cf. IL
1 De rebus, quae moveri non posstint: Cod. Theodos. 10, 3, 5
aedificia . . . p. municipes . . . collocata pcrmancant. Africanus
Dig. 23, 3, 50 praef. ut fuiidus quasi sine causa p. inaritum esse
coeperit, condicatur. Pompon. Dig. 36, 1, 74 (72) p. heredem fun-
dum esse voluit testator. Paulus Dig. 39, 3, 9 sive remanserit
(praedium) p. emptorem sive recesserit. Cod. lustin. 11, 59, 14
rura p. eos, qui . . . excoluerunt, firmiter perdurabunt. Cf. ius
fundi § 9.
> B. Pencs deos hominesqtie dicuntur esse virtutes, quae iis in-
sitae sunt et in animis eoruni insidcnt, quem usum tarn praeivit
Plaut. Ainph. 653 Orania ad sunt bona, quem peuest virtus Sen.
benef. 1, 3, 8 Chrysippus, p. quem subtile illud acumen est. Tac.
Agr. 15 maiorem constantiam p. miseros esse; annal. 15,63 sit
consi p. utrosque par. Cic. orat. 142 (eloquentia) eos ornat,
p. quos est; nat. deor. 2, 79 quae (fides, mens) qui convenit p.
deos esse negare? Heges. 5, 15, 88 p. paucos eminentia, p. plu-
rimos mansuetudo. Zacchaeus Patrol. 20, 1141 B p. quem mi-
sericordiae summa est. Coruif. 4, 5, 7 si putabit posse omnia
(omnes virtutes oratoris) p. unum consistere . . . nee mirum quom
ipse praeeeptor artis omnia p. unnm reperire non potuerit. Petr.
Ckrysol. Patr. 52, 588 p. Deum pietas est Quintil. 12, 10, 36
proprietas p. illos (Atticos) est certior, copia vincamus. Iul.
Valer. 2, 30 (7) unum esse p. Graecos constabat, quod plus pru-
dentia menti* quam valentia corporum posset. Laciant. instit.
2, 13, 8 Hebraei, p. quos religio Dei resedit = epit. 43, 3. Petr.
Chrysol. Patr. 52, 485 C ut audirent esse p. centurionem divini-
tatis reverentiam, p. gentilem legis adtum, p. militem Stipen-
dium gratiae, p. Komanum fidei doctrinam. Nazarii Paneg. X 15
(p. 224, 23 B.) p. se sanetitatis famam stetisse. Chalcid. Tim.
24 B p. quos venandi colendique ruris scientia; id. 22 C. August.
epist. 102, 11 sc. p. ipsum (deum) est. Cassiod. Var. 164 (799 C
Mig.) p. quem est scientiae magnitudo. Silius ltal. 6, 309 quem
nunc p. est sollertia belli . . . cederet Hannibali.
Penes. 91
C. a) Penes deos est potestas earum rerum, quae eorum re- 6
yimini subiectae sunt, p. homines aut p. perpetua aut in tcmpus tri-
buta. Plaut. Trin. 820 Neptuno (gratias habeo) et fluctibus salsis,
quos (cod. quoniam) p. fuit niei potestas. Cic. epist. 4, 7, 3 ei,
p. quem est p. (Caesari); 9, 16, 3 de illo, quem p. est omnis p.
Livius 8, 33, 17 populi, p. quem p. omnium rerum esset; 36, 11, 8
Clytum praetorem, p. quem tum summa potestas erat; 37, 11), 5
iis, p. quos p. fuerit. Val. Max. 7, 3, 2 p. eum summam urbis
nostrae potestatem futuram respondit, qui ante omues matri os-
culum dedisset. Sen. benef. 2, 29, 3 aliquis ea auimalia couparat
nobis, quorum p. p. nos est? Tac. hist. 2, 39 vis ac p. p. Pro-
eulum.
Apul. d. Plat. 2, 27 alterum (genus) paucorum (civium), p. 7
quos rerum est potestas; de mund. 27 (deum) maiestatem retinere,
si ipse in alto residat altissimo, eas autem potestates p. omnes
partes mundi orbisque dispendat, quae sint p. solem ac lunam
cunctumque caelum. Paneg. habitus § 17. Lactant. instit. 2,
7, 10 rerum p. p. unum est. Iulius Valer. 1, 46 (38) iiielinationis
vis ac p. est p. superos. Vopisc. v. Taciti 1, 1 pontifices, p. quos
scribendae historiae p. fuit. Hegesippus 2, 13 apud plerosque
dignitas sola, p. paucos etiam ins potestatis fuit. August, de trin.
12, 12 (Patr. 42, 1008 M.) illa mentis intentio, p. quam summa
p. est membra in opus movendi. Oros. 6, 20, 2 summa rerum
ac potestatum p. unum esse coepit. Petr. Clirysol. Patr. 52, 379 A
p. quem (Christum) facti et efteetns permanet p.; 52, 414 A p.
illum potestatem fuisse; 52, 402 D. 674 D hoino, p. te est p. ve-
niae, in te est indulgentiae. Maxim. Taurin. Patr. 57, 698 C p.
quem . . esse potestatem. Dionys. Exig. Patr. 67, 151 D p. ipsos erit
p.; 67, 153 A p. episcopos erit p. Cassiod. psalt. Patr. 70, 90 B
p. p. Deum. Codex Theodos. 8, 18 A p. p. patres maneat. Cod.
lustin. 11, 63, 1 ius potestasque p. emphyteuticarios permaneant.
ß) Simüiter imperia et iura. Cornif. 4, 34 imperium 8
Graeciae fuit p. Athenienses. Cic. Verr. 5, 40 cum p. te praeto-
rium imperium ac nomen esset; post. red. ad Quir. 21 diguitatem
eins imperii, quod erat p. ipsos, vendiderunt; repbl. 1, 63 omne
i. nostri p. singulos esse voluerunt. Nepos Them. 7, 2 p. quos
(Lacedaemonios) summum erat i.; Eum. 11,3 Onoinarcho, p. quem
summa imperii erat custodiae. Verg. § 15 decus. Livius 2, 2, 3
L esse p. Collatinum; 3, 70, 1 summa imperii p. collegam erat;
6, 37, 4 ubi i. p. illos (patres), p. se (plebem) auxilium tan tum
92 P. Hirt:
sit; 22, 45, 4 quod summa imperii p. Paulum fuerit; 27, 31, 10
Cycliadas, p. euin summa imperii erat Cf. § 10. Seneca dial.
4, 15, 5 imperia p. eos fuere populos, qui mitiore caelo utuntur.
Val. Flac. 5, 14 quem (Tiphyn) cursus p. imperiumque carinoe. Tac
an. G, 43 neque p. Arsaciden i., sed inane notnen apud imbellem
externa mollitia, vim in Abdagesis domo. Tertull. apoL 24 i. sum-
mae dominationis esse p. unura (deura), officia p. multos. lustin.
1, 1 i. p. reges erat (= August civ. dei 4, 6); 41, 1, l Parthi,
p. quos Orientis i- est. Aur. Vict. epit. Caes. 41, 1 imperii iura
p. Constaiitinum deveticrc. Orosius 2, 13, 3 insigno imperii p. unum
erat. Freculf. I 4, 10 p. unum esse i.
9 y) Horat § 10. Livius 2, 29, 12 de tergo vitaque sua ius p.
unum illum esse, cuius maiestatem violaverit. Sen. Phoen. 104
i. vitae ac necis meae p. me est; id. Oedip. 249 tu (Phoebe), p.
quem iura praecipitis poli. lustin. 39, 1, 9 nomen regis p. filium,
ius p. matrem esset Pompon. Dig. 23, 3, 60 i. (fundi) remaneat p.
maritum. Id. Dig. 1, 2, 2, 10 p. quos (consules) summum ius uti
esset, lege rogatum est. Ulpian. Dig. 11,7,33 p. eum (heredem)
iura sepulehrorum remaneant. Ambros. vol. III 949 Mig. ut p. su-
perstitem ecclesiae iura permanercnt. Aur. Vict. epit. Caes. § 8.
Cod. Theodos. 11,36,25 iure fuudi p. eum, qui appellaverit, con-
stituto = cod. lustin. 7, 65, 5, 2. Cf. § 7.
10 D. Ad idem genus pertinent: Tac. an. 6, 44 plurima aucto-
ritas p. Abdagaesen erat. Chalcid. Tim. 42 D ne qua p. se re-
siderct auctoritas: id. 42 E. Hör. art. poei 72 si volet usus, quem
p. arbitrium est et ins et norma loquendi. Sen. benef. 1, 12, 1
a. dandi p. nos est. Tac. Germ. 11 quorum p. plebem a. est;
annal. 13, 56 ut a. p. Romanos maneret. Livius 6, 41,5 p. quos
igitur sunt auspicia? nempe p. patres; 10, 8, 9 p. vos a. esse,
auxilium § 8. Bened. Nurs. Reg. 55 haec consideratio p. ab-
batem est. Cic. repbl. 2, 50 yeQovtag, quos p. summam consilii
voluit esse (Lycurgus). Liv. 22, 25, 13 si p. se summa imperii con-
siliique sit. Itiner. Alex. 4 aetas alterius p. te est, alterius vero
consilium. August, civ. dei 10, 12 c. p. ipsum (deum) est; id.
serm. Patr. 38, 534 M. de peccat. mer. 2, 18, 32 (Patr. 44, 170 M.)-,
id. Patr. 42, 448 c. p. principem sit; id. Patr. 42, 445 ut p. Do-
minum esset c. iubcndi, p. famulum obsequium. Freculf. 1, 3, 12
c. p. senes esset. Symmach. relat. 25, 2 manenk p. Auxentiuin
cura; Ennodius p. 213, 2 Vog. scis in te curam, p. deum per-
fectionis esse substantiam. Lex Baiuwar. add. VI 3, 7 (Mon. Germ.
Penea. 93
Leg. III 475) viduarum inopum c. sit p. episcopum. Ovid. fast. 1, 119
(de Iano) Me p. est unum vasti custodia mundi. Statius silv.
1, 4, 16 quem p. intrepidae niitis c. Romae (cf § 8). Cod. lustin.
9, 4, 1 cum p. quem officium custodiae est.
August, civ. dei 7, 13 (Saturnus), p. quem sationum om-11
nium dominatus est, qxtod idetn eodem capite Iovi quoquc
vindicatur. Cf. Tertull. dominatio § 8. Ulpiau. Dig. 24, 1, 7, 8
dominio p. se retnanente. Novell. Martiani 3, 1, 1 manentc p. suc-
cessores eorum illibato dominio. Cod. Theodos. 11, 1, 14 = Cod.
lustin. 11, 48, 4 p. quos fundorum dominia sunt. Cod. Theod.
10, 17 — Cod. lustin. 10, 3, 5 = Frgm. Vatic. 37 (ubi Huschke
perperam scripsit perpetui) ut perpetuo p. eos sint iure dominii,
quibus res . . . fiscus addixerit. Isid. orig. 5, 25, 22 dominium
(pignoris) p. debitorem est. Livius 3, 33, 8 fasces erant p. prae-
fectum iuris; 9, 8, 2 Publius,p. quem f. erant. Festus 161* 31
maiojrem consulem, p. quem f. sint. Cod. Theodos. 13, 10, 8 =
C Iust. 11,47, 9 immunitates . . . p. fruentes . . redcant. Tac.
Germ. 31 omnium p. hos initia puguarum. Hormisdae epist. 22, 2
(Ep. pontif. ed. Thiel) p. quos causae plena esse posset instructio.
Cic. leg. agr. 2, 52 p. Cn. Pompeium omne iudicium esse; id.
de dorn. 130 p. quem (censorem) maiores i. esse voluerunt; id.
Scaur. 1, 2 cum iudicia p. equestrem ordinem essent. Livius
3, 53, 10 iudicia p. vos erunt; 23, 23,4 ne p. unum honiinem
i. faerit; Liv.' perioch. 70, 2 equestri ordini, p. quem iudicia erant.
Petar. Chrysol. Patr. 52, 627 B est p. Christum i. Rufin. bist, eccles.
1, 17 iudicandi libertas p. accusatores erat. Livius 24, 4, 3 no-
men regium p. puerum futurum; Tac. § 8. Iust. §9. obsequium
§ 10. Censorin. de d. nat. 15, 5 officia p. te unum esse. Orientius
1, 25 te p. o. nostri est et cordis et oris. Cf Tertull. § 8. Einhard.
vit. Kar. 2 opes et potentia regni p. palatii praefectos tenebantur.
Livius 34, 62, 13 p. eum possessionem fuisse, qui plus armis 12
potuisset. Paulus toent. 1, 11, 2 p. possessorem p. rctnanct. Iulian.
Dig. 41, 1, 37 pr. quam vis p. p. eum sit; 41, 5, 2, 2 naturalem p.
p. eum fuisse. Cod. Theod. 10, 3, 3 p. eos imjem permanere pos-
sessionem, quos etc.; ib. 11, 24, 6 pr. possessiones p. priores pos-
sessores residebunt. Tac. an. 11, 28 quos p. potentia et formido.
VaL Place. § 19. Tac. hist. 4, 2 praefectura praetorii p. Arrium
Varum, summa potentiae in Primo Antonio. August, quaest. in
heptat. 1,127 Nabuchodonosor, p. quem inveuitur primatus fuisse
militiae. Cic Attic. 13, 19, 4 ut p. ipsum sit princiyatw^.
94 P. Hirt:
Solin. 11, 4 M. quorum (oppidorum) p. est p. Gortynani. August
de trin. 3, 4, 9 (Patr. 42, 873 M.) si p. sapientes sit p. et regime*
rerum humanarum. Cod. Iust. 11, 58(59) 11 p. eos proprietas
possessionis intemcrata permaneat. Sen. ben. 4, 8, 2 ratio p. illum
(Iovem) est. August de peccat mer. 2, 5, 6 p. ipsum (deum) est r.
Liv. 3,33, 7 regimen totius magistratus p. Appium fuit; 4,8,2 p.
eam (censuram) r. morum; 24, 4, 3 r. p. se virosque suos. Val.
Max. 1, praef. te (Tiberium), p. quem hominum deorumque con-
sensus maris ac terrae r. esse voluit. Tac. hist. 3, 5 principes, p.
quos civitatis r.; anual. 1, 31 r. summae rei p. Germanicum; 15, 1
Monobazus, p. quem Adiabenum r. August, supra s. principatus.
Livius 29,31, 1 utrum p. Masinissam regnum esset Sen. epist
90, 5 saeculo, quod aureum perhibent, p. sapientes fuisse regnum;
üedip. 402 p. quem summa regnorum. nat. quaest. 6, 23, 3 Da-
reum, p. quem tum maximum r. erat. lustin. 21, 1, 2 r. si p.
unum reinansisset; 44, 4, 14 r. p. Geryoneni fuit Lact inst 2, 10,8
regni sublimitas p. Saturnum fuit Oros. 2, 2, 6 partem regni p.
se retinuerunt ühaldaei. Mythogr. Yatic. 1, 22 r. p. eum fataliter
mansurum, qui arietem aurei velleris haberet = 2, 147.
13 Uegcs. 2, 13,34 p. Alexandrum et regnum et sacerdotium
mansit Tac. hist 2, 6 p. ipsos tantum servitii necessitas esset
Plaut. Truc. 1, 1,4 Venus, quam p. amantum summa summarum
rcdit. Cic. repbl. 1,42 eum p. unum est s. rerum, regem illum
unum vocamus. Livius 35, 38, 1 p. quos tum s. rerum erat Vellei.
2, 63 Lepido, cum s. virium p. eum foret Apul. mund. 30 unius
ducis imperio tantus exercitus paret, quem praefecerit, p. quem
est s. rerum. Sen. üed. 402 p. quos (pastores) constitü s. gregum.
Petron. 55 s. carminis (i. e. summa inter poetas laus) p. Mopsum
Thracem. Tac. an. 2,45 satis probatum, p. utros s. belli fiierit
Jul. Val er. 3, 53, (20) Gandaules cum eius facinoris summam p.
Antigonum collocaret. August civ. dei 7, 9 (ex Varrone) p. Ianum
sunt prima, p. Iovem summa. Freculf. I 7, 15 s. rerum p. unum
esse. Cf. § 5. 7. 8. 10. 12. Paulus Festi 5G, 5 clavis, cuius rei
tutelam p. Portuuum esse putabant. Ulp. Dig. 24,4,3,5 t p.
ceteros patronos est Livius 1, 43, 10 vis omnis p. primores civi-
tatis esset Tac. hist 2, 39 vis ac potestas p. Proculum; 3,50 v.
comiliorum p. Annium Bassum; 4, 39 v. p. Mucianum erat; 4, 55
plurima v. p. Treveros ac Lingones. Cf. § 8. 18. Iul. Valer. 1,
46 (38) inclinationis v. ac patestas est p. superos. Ulpian. Dig.
33, 2, 9 beres, }>. quem usus fructus remanet
Penes. 95
E. Pariter laus, culpa, victoria, similia p. alqm esse 14
dieuntur, quia quasi inhaerere putantur hominibus (cf. Ter. Hec.
229 in te omnis haeret culpa; Cic. Verr. 3, 106), cum victoria
etiam diccUur apud alqm esse, quippe quae eripi possit victori.
a) Ter. Hec. 535 ego etiam illorum esse hanc eulpam credidi,
quae te est p. Livius 4, 53, 5 eulpam p. Maeniuin fore; 5, 36, 10
ne p. ipsos c. esset; 22, 44, 6 nullam p. se eulpam esse; 35, 33, 3
p. Aetolos eulpam belli esse; 45, 10, 10 eulpam non p. populum,
sed p. paueos concitores volgi esse. Sen. benef. 7, 18, 2 p. illum
erit culpa, non p. me. Statius Theb. 11, 189 omnis c. malo-
rum me p. Plin. ep. Trai. 30 (39), 2 p. eos c. est, qui etc. Quin-
til. decl. mai. 9, 2 ne odii c. videatur p. patrem. Alfenus Dig.
9, 2, 52, 1 eulpam p. eum, qui prior flagello percussit, residere.
August, epist 154, 1 (Macedonius ad Augustinum) eulpam p. me
remanere. Cod. Theodos. 6, 35, 10 eius officium, p. quod eulpam
neglectae iussionis Jiaerere manifestum est. Codex Gregorian.
14, 2, 1 (ed. Haenel) si p. te culpa fuit. — Tac. hist 1, 30
prineipatus praemia, quorum libido ac voluptas p. ipsum sit,
rvbor ac dedecus p. alios. Tac. an. 1, 44 p. eosdem saevitia
facti et invidia erat. Salv. gub. dei 5, 8, 44 ut i. p. emptorem,
inopia p. venditorem esse videatur. Tac. hist. 4, 81 patrati re-
medii gloriam p. Caesarem, inriti ludibrium p. miseros fore. Li-
vius 3, 42, 2 noxia p. milites. Quint. decl. min. 300 (p. 184, 15 R.)
non semper erroris odium p. cognoscentes est. Val. Max. 9, 2
praef. cum p. illam (crudelitatem) sit timeri, p. nos sit odisse.
Plaut Poen. 1241 numquam . . . reperies tu istuc probrum p.
nos. rubor, cf. stipra s. dedecus.
ß) Verg. Aen. 12, 59 decus imperiumque Latiui Te (Tur- 15
num) p. Livius 6, 25, 4 adversae pugnae in L. Furio eulpam, se-
eundae d. omne p. M. Furium esse; 8, 38, 16 p. te equestre sit d.;
9, 42, 4 belli d. p. alios est Val. Max. 2, 7, 7 XII fasces, p. quos
summum d. erat Tac. hist. 3, 75 d. domus p. Sabinum erat
Chalcid. comm. Tim. c. 225 p. quam est dignitas exemplaris.
Cod. Theodos. 6, 26, 11 manente p. eos dignitatc; 7, 21, 3. Heges.
§ 7. eminentia Heges. § 5. Sali, gloria § 3. Livius 3,68,3
belli g. p. hostes est; 30, 24, 1 quia pacatae Italiae p. se g.
esset; 44, 23, 6 civitatem, p. quam unam tum rei navalis g. esset.
Stat. Theb. 5, 331 quem (tauruni) p. . . adultae g. gentis (i. c.
aueti gregis). Constantinus epist. ad Porfyr. (p. 5 ed. Luc. Müller)
cum p. primos faeundiae conditores g. tota resideret. Cf. §. 14, 16.
96 P. Hirt:
Tac. hist. 2, 39 honor imperii p. Titianum. Stat. silv. 2, 7, 5
ipsi, quos p. est h. canendi.
16 Cic. Brut 258 locutionem latinam, cuius p. quos laus ad-
huc fuit, non fuit rationis. Livius 1; 57, 10 1. p. Lucretiam fuit;
21, 46, 8 p. quem perfecti belli 1. est. Tac. an. 2, 52 p. alias
familias imperatoria 1. fuerat. nomen cf. infra s. victoria. Sen.
contr. 10, praef. 13 [p. Latronem gloria fuisset], p. Gallionem
palma. Sen. benef. 5, 3, 3 p. neutrum erit p.; Epist. 83, 24 cum
p. te p. fuerit. Itin. Alex. 9 laudis palmam p. regem fuisse. Liv.
28, 41, 3 sicut p. C. Lutatium prioris Punici perpetrati belli ti-
tulus fuit, ita p. te huius fuerit. Caes. b. Gall. 7, 21 p. eos
(? Heller Piniol. 19, 496. Vielhaber Zeitschr. f. östr. Gymn. 1864.
p. 39) summam victoriae constare. Livius 3, 24, 9 victoria p.
tribunos fuit; 4, 50, 8 v. p. patres fuit; 8, 11, 7 victoriae nomen
esse p. Romanos; 21, 52, 11 maior tarnen hostium [caedes, penes]
Romanos farna victoriae fuit; 31, 49, 3 omnia praeter victoriam
p. consulem esse; 42, 29, 9 si p. Romanos v. esset. lustin. 5, 4, 2
v. p. Athenienses fuit; 41, 6, 6 v. p. Parthos fuit.
17 F. Varia. Diomed. 336, 32 passiva est significatio, cum alio
patiente p. alium sit administratio; 337, 7. aetas cf. § 10.
Livius 28, 27, 11 causa atque origo omnis furoris p. auetores est
luven. 14, 226 mentis c. malae tarnen est et origo p. te. Tac. an.
4, 1 initium et c. p. Seianum; 4, 16 potissimam (causam) p. in-
curiam virorum. Ghalcidius Tim. prooem. omnium bonorum con-
mterc causam penes eam (virtutem). August, civ. dei 7, 9 hunc
deum, p. quem sunt omnes causae. eultus legis § 5. August.de
trin. 1, 3, 5 desideriuni nieum p. ipsum (deum) habeo. Cic. p.
Mil. 60 hi centum dies p. aecusatorem cum fuissent. Append. ad
Ambros. Patr. 17, 519 B quasi ecclesia p. ipsum sit. Paul. Dig. 31,
1,4 p. eos hereditatis quaesitae emolumentum remanet. ctrror,
cf. infra s. fremitas. Tac. hist. 2,47 p. me exemplum erit. August
enchirid. 3 e. si est p. te. Stat. Theb. 3, 80 (de satellitibus duo-
bus) hos regni ferrum p. Sali. lug. 17, 7 Fides eins rei p.
auetores erit. Sen. quaest. nat 4, 3, 1 p. auetores f. erit; apo-
col. 5 f. p. auetorem erit. Plin. nat. h. 17,93 f. p. auetores erit
Vulg. epist. ad Roman. 14, 22 (Itala. Ambros. append. Patr. 17,
180 A. Vincent, commonit. 22, 667 Patr. vol. 50) tu fidem habes?
p. temet ipsum habe coram deo. Claudian. in Rufin. 1, 75 Me-
gaera, quam p. insani fremitus animique profani error.
18 Paneg. VI 15 (171, 27 B.) ut p. te habitus, p. illum pokstns
Penea. 97
esset imperii. Tac. an. 15, 14 iniagineui retinendi p. nos, r/m p.
Parthos memorat. Paul. Digest. 46, 1, 67 iniuriam p. te manere
quam ad alium transferri aequius est. Vulg. Proverb. 2, 1 man-
data mea absconderis p. te. .Sidon. Apoll, epist. 4,21 materia
sit p. pbysicos. Ambros. append. Patr. 17, 1001 B non remane-
bit p. me memoria facti. Chalcid. Tim. 22 A sacerdotum, p.
quos praecipua sit m. vetustatis. Gic. mens. § 5. Augustin. de
trin. 12, 12, 27 ille quem p. primitus sunt omnium quae sunt
inensurae, numeri et pondera. Caes. b. civ. 1, 76 p. quem quis-
que sit Caesaris miles. Tac. hist. 2, 31 nulla ultra p. Yitellianos
mora, quin certarent. Claudianus Mam. de statu an. 2,7 (p. 124,4
Eng.) quod movetur p. scientem .. causas motus habet. Pane-
gyr. Maxim, et Constant. 7 (p. 103,30 6.) ut p. te sint omnia,
quasi ea sola optineas. origo § 17. Servius in Donat. Gr. lat
IV 440, 25 quae res (participia ab inpersonalibus verbis) p. La-
tinitatem non erit.
Val. Flacc. 4, 16 arcano redolentem nectare rorem, Quem p. 19
alta quies liquidique potentia somni. Nepos Attic. 8, 1 cum res
publica p. Brutos videretur esse. Tac. Germ. 6 plus p. peditem
roboris. Origo geni Rom. 8, 6 sacra p. Pinarios rcsedisse.
Statius Theb. 10,631 (de Clio) saecula te p. Max. Taur. Patr.
57, 266 C p. nos votorum sanctificatio. August civ. dei 7, 19
p. Saturnum, non p. Caelum semen esse divinum; cf § 11, do-
minatus. Plaut. Poen. 5, 4, 26 Iupiter, p. quem spes vitae sunt
hominum omnium. Stipendium § 5. sublimitas § 12. Mar.
Victor. Patr. 61, 1, 377 p. hos mundi substantia. Petr. chrys.
Patr. 52, 569 B erat p. Ioannem venia. Max. Taur. Patr. 57,
505 A peccatis dare veniam quia p. hominem non est Cf § 7.
Claudianus Mameri stat. an. 1, 26 (p. 95, 4 Eng.) si loquentem
te unus audierit, totuin verbum tuum p. te est, totum p. illum.
Lact, instit. 4, 2,4 Iudaeos, p. quos (veritas) erat; 5, 21, 1 v. p#
nos est. Solin. praef. 6 constantia veritatis p. eos est, quos se-
cuti sumus. Cf fides § 17. (yoluntas) August, de geu. ad litt.
11, 10 cur noluerit, p. ipsum (deum) est. Tac. voluptas, § 14.
G. Penes se esse «= sua in potestate, sanae mentis vel coro- 20
potetn esse mentis unus Horatius licentia poetica scripsit. Satir. 2,
3, 273; Quid, si Picenis excerpens semina pomis Gaudes, si
cameram percusti forte, p. te es? (Ter. Andr. 408. Petron. 129 apud
se esse). (Continuabitur).
Berolini. P. Hirt.
Archir für Ut. Lexikogr. IV. Heft 1. 7
98 Penes..
Erläuterungen.
Über die Bildung von penes ist eine befriedigende Ansicht
bisher nicht aufgestellt worden; Sanskrit und Griechisch helfen nichts,
da die Partikel nicht zu den alten indogermanischen Präpositionen
gehört, sondern auf italischem Boden gebildet und entwickelt zu sein
scheint. Die Grundbedeutung ergiebt sich aus dem Zusammenhange
mit penates, penetralia u. ä., und darum hat Dositheus das Wesen
des Wortes besser mit ivzog gegeben als Cyrill mit itaqa. Wenn die
Partikel ursprünglich mit Verbis der Bewegung verbunden worden
wäre, so könnte man penus als älteste Form fassen und wie domum
erklären (und Breal vergleicht auch mit p. mc das franz. chez inoi =
„casam meu p. 432); allein dieser Erklärung widerstreitet der Sprach-
gebrauch. Somit wird man richtiger penes als Locativ von penus,
peneris mit abgefallenem Suffixe, als ursprüngliche Konstruktion alqd
p. est oder habeo auffassen; denn nach Analogie von rare, ruri (auf
dem Lande) kommen wir auf penere, peneri im Inneren, altlat
penese, penesi, und die Endung fiel ab wie bei instar (Arcb.II 597),
weil sie gewöhnlich vor einen Vokal zu stehen kam; der Accusativ
trat erst später dazu nach Analogie von apud.
Den nächsten Anlafs zu der Deutung =naga gab wohl der Umstand,
dafs namentlich seit dem Ende des 2. Jahrhunderts nach Chr. penes
in seiner Anwendung geradezu mit apud zusammenfiel; allein es darf
daneben nicht übersehen werden, dafs es ebenso oft mit in wechselt,
schon bei Livius 6, 25, 4 adversae pugnae in L. Furio culpam, se-
cundae decus omne p. M. Furium esse; bei Tac. bist. 4, 2 praefectura
praetorii p. Arrium Varum, summa potentiae in Primo Antonio;
annal. 6, 43 p. Arsaciden imperium . . . vim in Abdagesis domo;
ebenso bei Petrus Chrysologus und Ennodius. Und was heilst denn
Plaut. Truc. 891 p. manum habere anders als in manu habere?
Darum ist, quod p. me est, zwar nicht mein Eigentum (darin
irrte Festus), aber doch bei mir in Verwahrung, so dafs ich dafür
verantwortlich bin, wie z. B. Schlüssel, oder eine Geldsumme, und
daher auch darüber zu verfügen habe im Sinne des Deponierenden,
während apud einfach bezeichnen würde, dafs es im Hause liege,
möglicher Weise olme unser Wissen. Bildlich kann man daher von
Tugenden sagen, p. alqm sunt, weil sie nicht veränderlich und vorüber-
gehend, sondern bleibend und unveräufserlich sind, ein Gebrauch, der
schon bei Plautus bezeugt ist.
Aus dem Gebrauche p. alqm = in manu alicuius entwickelte
sich leicht der weitere, dafs Subjekt von p. alqm esse die Machtsphäre
eines Einzelnen sein konnte. Zunächst bei den Göttern: denn ihre
Macht ist keinem Wechsel unterworfen und ewig, und es ist be-
zeichnend, dafs Plautus nur diese Anwendung kennt und die Partikel
so von Juppiter, Neptun und Venus gebraucht. In diesem Sinne
Penes. * 99
konnte potestas auch p. regem sein unter der Voraussetzung, dafs
er zeitlebens seinen Thron behaupten werde. Potestas p. consulem
est war schon eine weitere Lockerung, da der Konsul nach Ablauf
seines Amtsjahres seine Macht verliert; allein man hat an die Grund-
bedeutung von p. nicht mehr gedacht, da es oft heifst, p. quem
tum summa potestas (od. ähnl.) erat. Die nächsten Synonyma von
potestas, imperium und ius, sind § 8. 9 aufgeführt, die zahllosen
weitern § 10 — 14.
Den oben genannten Tugenden reihen sich die Begriffe Ehre
und Buhm samt den Gegensätzen ungezwungen an; aber es ist doch
kein Zufall, dafs culpa, probrum (Plautus, Terenz) um ein Jahrhundert
im Vorsprunge sind. Schuld und Schande haften dem Menschen für
immer an, während die Auszeichnung leicht durch den umschlagenden
Wind weggeblasen werden kann. Darum finden wir auch bei culpa
statt des matten esse öfters haerere, residere, remanere, und der volle
8inn von culpa est p. alqm wird glänzend durch die Parallele aus
Terenz illustriert: in te omnis haeret culpa. Hatte Cicero zuerst
gesagt laus est p. alqm, so bildete Vergil die Phrase decus est p.
alqm, welche Livius, Valerius Maximus und Tacitus ihm abnahmen.
Gefiel dem Livius victoria est p. alqm (Sali. Cat. 20 victoria in
manu nobis est), so konnte er natürlich ebenso gut schreiben 8, 31, 2
malle apud Samnites victoriam esse, gerade wie Nepos Phoc. 2, 4
cum apud eum esset summum imperium für das nach § 8 übliche
penes. Dafs schon Cäsar b. Gall. 7, 21 sollte geschrieben haben v.
p. alqm constat, ist um so weniger wahrscheinlich, als das Verbum
constare in dieser Verbindung Bedenken erregt.
Unter den Varia mag bemerkt werden, dafs die echt lateinische
Formel lautet: fides p. auctores erit, nicht sit, wie Neulateiner
schreiben.
Die Accusative sind in der Regel Personennamen oder personi-
fizierte Begriffe. Civitas und Gortyna stehen für cives und Gortynii,
fasces und fiscus für Konsul und Kaiser, censura für den Inhaber der
Censur, crudelitas und incuria für grausame und sorglose Menschen;
Staat (Tac. hist. 1, 57 non p. rem publicam fuisse = non servisse),
Natur und Himmel (aeterna, caelum) werden persönlich gedacht, im
Nektar wirkt eine göttliche Kraft (Val. Place. 4, 16); selbst die
Sprache hat einen eigenen Willen nach Hör. poet. 72 und p. latini-
tatem (non) est heifst, der Geist (ingenium) der Sprache erlaube et-
was oder nicht. Sint haec p. Martini ditione (= ditionem, bei Greg.
Tut.) ist nur eine Vermischung von p. Martinum und in ditione
Martini. Dafs daher *[Serg.] explan, in Donat. Gr. lat. IV 561, 16
als Musterbeispiel penes fidem gegeben haben sollte, klingt geradezu
ungeheuerlich. Die Überlieferung per amicos, penes fidem, prope
vicinos, bedarf der einfachen Umstellung: penes amicos, per fidem,
prope vicinos. Zur Bestätigung vergleiche man die Beispiele der
andern Grammatiker: Charis. 230, 7 p. te; 230, 20 p. hospilem; 234,
16 p. illum; 236, 23 p. te. Diomed. 409, 30 p. plurimos. Serv. in
Donat. Gr. lat. IV 442, 7 und Cledonius Gr. lat. V 76, 28 p. arbi-
7*
100 Penea.
tros. Ja unser sogenannter Sergius citiert fünf Zeilen weiter unten
(Gr. lat. IV 561, 21) apud deos, p. homines. Somit bleibt für p.
fidem um so weniger ein Minimum von Wahrscheinlichkeit, als auch
die mittelalterliche Grammatik (Anecd. Helvetica, ed. Hagen 58, 7.
21. 215, 28) bei p. arbitros stehen geblieben ist Amicus tritt für
aliquis ein Gramm, lat. VII 352, 7 ad amicum . . . p. illum; Serv.
in Donat. IV 442, 7 apud amicum . . p. arbitros; die Verbindung p.
amicos findet sich aber auch bei Apuleius flor. 17.
Über die Verba u. a. Näheres zum zweiten Artikel.
München. Eduard Wölfflin.
übrigere litteras.
In dem ersten Briefe des Seneca an den Apostel Paulus finden
sich die Worte: litter is, quas ad aliquam civitatem seu caput pro-
vinciae direxisti, mira exhortatione vitam moralem continentes, usque
refecti sumus. Dafs der Brietschreiber nicht wufste, an wen der
Brief gerichtet war, welcher ihn so sehr erbaute, ist an sich bedenk-
lich genug-, dafs aber der Philosoph diese Worte nicht geschrieben
haben konnte, verbürgt allein schon der Ausdruck dirigere litteras ad
alqm., statt mittere. Freilich als mittere die Bedeutung des fran-
zösischen mettre allmählich annahm, mufste die Sprache für einen
Ersatz sorgen, und im 4. Jahrh. nach Chr. sagte man ganz gewöhn-
lich dirigere epistulam, z. B. Hieronymus; vgl. H. Gölzer, Latinite de
S. J6rome, p. 268. Die älteste Belegstelle wird wohl die des frgm.
Muratorianum 40 sein (epistulae Pauli directe volentibus intellegere),
welches an das Ende des 2. Jahrh. gesetzt zu werden pflegt und dessen,
vulgäre Färbung allgemein anerkannt ist.
Nach Servius zur Aen. 8, 168 soll aber schon der Sohn Ciceros
so geschrieben haben: Cicero per epistolam culpat filium, dicens
male eum dixisse 'direxi litteras duas', cum 'litterae', quotiens epi-
stolam sigificant, numeri tantum pluralis siut. contra 'epistolas binas'
non dicimus, sed (duas9. Dieses Bruchstück eines Briefes ist indessen
um nichts echter als der Brief Senecas, obschon es heute allgemein
für echt genommen wird) z. B. von Neue, Formenlehre 11* 165. Der
Inhalt ist nichtssagend genug für einen Fälscher, da es ja eine be-
kannte Vorschrift der Grammatiker ist, binae quadrigae, tabulae su
schreiben, nicht duae. Varro ling. lat. 10, 3, 67. Caper de verb.
dub. p. 2247. Der Redner Cicero hätte gewifs nicht unterlassen
können beizufügen, man sage nicht dirigere litteras, sondern mittere.
So lange nicht bessere Beweise vorgebracht werden, müssen wir daher
die Redensart dem Zeitalter Ciceros und Senecas absprechen. Über
gefälschte Briefsammlungen aber wäre noch manches zu sagen.
München. Ed. Wölfflin.
Abdico — Abhibeo.
Abdico, xi, ctum, c&re, aicayoQsvsw , aicsucetv, absagen.
Secundum disciplinam aaguralem aves aliquid dbdicere dicebantur,
cum id aut fieri non posse aut improspcrum fore ostendebant.
Contrarium est addicere, qua de re cf. J. Marquardt, Römische
Staatsverwaltung III (1878) 388. Charisius p. 256, 20 de im-
perativi formatione abdico: ab die. Liber gloss. abdicit: repudiat, a
se alienum facii Id. abdicit: avertit Gloss. abavus Abdixi: distiti.
Gloss. Monac. 19439 Abdixi: distiti, negavi, abnui. Philox. 1,
18 abdixit: anelnev^ ait't\^vr\6cLxo. Gloss. affatim, Gl. abavus el
GL aa Abdixit: abnuit.
Cic. divin. 1, 33 cum/ in quattuor partes vineam divisisset
trisque partes aves abdixissent etc. Pomponius Dig. 1, 2, 2,
24: Verginius cum animadvertisset Appium Claudium contra
ins . . . vindicias filiae suae a se abdixisse et secundum eum,
qui in servitutem ab eo suppositus petierat, dixisse . . . filiaui
interfecit, i. e. abiudicasse vel denegasse, cui oppositum est vindicias
dare Liv. 3, 56, 4. Tertull. adv. Marc. 4, 15 Totum quod ab
homine captatur, abdixit creator. Ambros. de Jac. et vit. beat
2, 10 de sene Martyrium patiente, cui confitenti impunitas
fromittüur: Totius vitae laboris abdicam brevis viatico senectutis?
Augustin. de visit. infirm. 2, 8 (Patrol. 40, 1158 Mig.) nemini
unponendum est, quod aut impossibilitas ei abdicat aut tempus
evauescens adimplere prohibeai Dracont. 8, 96 Hecuba mi
genetrix, abdicor crimine nullo Parvus Alexander pastor nutritus
^ Ida. Id. 9, 128, si sana est codicum scriptum: Prostratis dum
Wa negas manesque (Bücheier ; mortesque Bährens; mor. esque
wi) Abdlcas. [Falso editur ap. Cic. de orat. 2; 102 ubi plus
toali quam boni reperio, id totum abdico atque eicio, quia cum
tobe Abrincensi scribendum est abiudico.]
Abdomen (abdümen Charisius p. 38, 9 a. XanccQa abduminis;
ioon. de idiomatibus generum = Gr. lat. IV 582, 30 a. XanaQa;
102 Abdomen.
Gloss. Cyrill. 526, 19 kandga hoc abdunien; Gloss. Paris, in
luven, ed. H. Keil. 187G. p. IV abdumine id est pinguedine),
inis, neutr. dicitur pars ventris infra unibilicum. Gloss. Placidi
4, 20 abdomen: pinguedo carnium. Philox. abdomen: AaicaQa,
vitoyaGzQioV) vitoxoikiov. Lib. gloss. abdomen : graece [Xanaqa],
pinguedo carnium. Alii nomen ab ab d endo formatum esse
putant, quod a. bestiarum sit quasi abditum et kumo adversum,
alii corruptum dicunt ex adipomen, H. Röusch annal. gymn.
Austr. 1886. p. 589 sq. ex obdumen, ab obdueudo id est
obdendo, Wanst, Vorstopfung von Fett. Cf. creduo interduo =
credo interdo, et gloss. Philox. p. 145, 52: obde, ßvöov. 0. Weise
in Bezzenberger, Beitr. z. Kuude der indogerm. Sprachen, V
(1880) 78. Fick II3 121. Mich. Breal, Dict. etym. lat. (1885) 2.
I. De bestiis, praesertim de suibus et piscibus. Plant.
Cure. 323 Pernam, [call um], abdomen, sumen, glandium. Plin.
nat. hist. 8, 209 Hinc censoriarum legum paginae interdietaque
cenis abdomina, glandia, testiculi, vulvae, sineipita verrina, ut
tarnen Publi mimorum poetae cena, postquam servitutem exuerat»
nulla memoretur sine abdomine, etiam vocabulo suminis ab eo
imposito. Id. 11, 211 (Porcae) sumen optimum, si modo fetus
non hauserit. antiqui abdomen vocabaut priusquam calleret,
incientes oeeidere non adsueti. luven. 2, 86 Atque bonam
tenerae placant abdomine porcae Et magno cratere deam. (Schol.
vet. a. p. pinguedine aut intestinis.) Prudent. peristephan. 10,
918 Reponit aras ... et tus Et ignem vividum in carbonibus
Tauriua et exta vel suilla abdomina. Pompon. v. 180 Ribb.
Tamquam frater mihi sis, medium abdomen tecum dividam
(abdomericum cod. Bamberg., abdomen cum alii codd.) Valer.
Max. 3, 5, 3 Mortis erubescendo genere consumptus est: avide
enim abdomine devorato foedae intemperantiae spiritum reddidit
Lucilius 1, 34 M. Ad cenam adducam et primum hisce
abdomina thunni Advenientibu' priva dabo. Plin. nat. h. 9, 48
(thynni) membratim caesi cervice et abdomine commeudantur.
Auson. Mos. 105 de salmone: facturus fercula cenae ... cui
prodiga nutat Alvus opimatoque fluens abdomine venter. Sidon.
Apoll, epist 2, 2 (1) piscibus, qui carnes rubras albis abdomini-
bus extendunt.
IL De homiuibus. Celsus humani corporis partes interiores
describens 4, 1 (p. 122, 37 D.): a quibus (iliis) ac pube abdomen
sursum versus ad praecordia pervenit, ab exteriore parte evidenti
Abecedaria. 103
cute, ab interiore laevi membrana inclusum, quae omeuto iungi-
tur; xsQizovtuov autem a Graecis nominatur; 7, 19 (p. 298, 10 ü.):
ingaen incidendum sub imo ventre, qua cum abdomine tunicae
inferioris committuntur. 7, 4 (267, 37). 7, 15 (292, 10). 7, 17
(294, 16). 7, 18 (296, 18). 7, 19 (298, 33). 7, 26 (308, 23).
8, 1 (326, 18). Posterioris aetatis medici Jwc vocabtdo abstinuisse
et in eius locum aut peritonaeum aut ventreni exteriorem aut nescio
quid aubstituisse videniur. luven. 4, 107 Montani quoque venter
adest abdomine. Apul. d. Plat. 1, 13 cupidinem et appetitus
postremam mentis portionem infernas abdominis partis tenere.
Symmach. epist. 1, 2, 1 gratulor ostreis . . abdomen tibi esse
satiatum. Mar. Victor, ad Justin. Man. 16 ipsorum abdominum
mole praegravari. Sid. Apoll, epist. 3, 13 (3, 4 Bar.) in describendo
homine gnathone: Tota haec ossium ramosa compago sub uno
relut exundantis abdominis pelago latet
a) De gula. *Ter. Eun. 460 abdomini (Bentl.; ex homine
codd. cett editt.) hunc natum dicas? Cic Pis. 41 imitatus Teren-
tiutn Ille gurges atque helluo, natus abdomini suo; ibid. 66 solet
oculorum et aurium delectationi abdominis voluptates anteferre.
Cic. Sest. 110 manebat insaturabile abdomen. Sen. benef. 7, 26, 4
Alias libidine insanit, alius abdomini servit.
b) Intelliguntur testiculi. Plaut Mil. 1398 quin iam dudum
gestit moecho . . hoc abdomen adimere (cf. 1420 salvis testibus,
1426 carebis testibus, 1416 intestatus). *Plautus Trucul. 629
Abdomen seco (F. Scholl; abo domum Ego tecum B., ibo domum
ego tecum ceteri codd.; abi domum Spengel; cf. Mil. glor. 1406.
1408), ni, bellator, arbitrum aequom ceperis.
c) De feminis. Donatus in Terent. Eunuch. 460 Abdomen
in corpore feminarum patiens iniuriae coitus scortum dicitur.
*Lucilius 30, 82 (971 Lachm.) Quae non spectandi studiosa, ab-
domini' (Bährens; studio se ab hominis cod.; studio sed ab omiin'
Lachm. Müller) taetri Impulsu ingressasi [NB. Protulimus omnes
locos, qui in schedis amicorum perscripti erant.]
Abecedaria^ ae. fem. (seil, ars), primorum elementorum
institntio. Fnlgentius myth. 3, 10 In omnibus artibus sunt
primae artis et sunt seeundae, ut in puerilibus litteris prima
abecedaria, seeunda nota (notaria). — Abecedarium, ii, neutr.
alphabetum. *Aethicus 5, 66 Eius abecedarii (ex coni. Avezacii;
ab auetorio, abeturio codd.) insequentes caracteres notavimus.
Aldhelm. p. 257 aenigma heptastichum primum inscribitur: de
104 Abecedariiis — Aberro.
elementis sive abecedario. — Abecedariiis, a, um, ad alpha-
betum pertinens. August, retract. 1, 20 Volens causam Dona-
tistarum ad vulgi notitiam pervenire et eorum quantum fieri per
uos posset inhaerere memoriam, psalmuni qui eis cantaretur per
latinas litteras feci, sed usque ad V litteram: talis autem
abecedarios appellant. Id. enarr. p salin. Patrol. 37, 1596 M. quos
abecedarios vocant psalmos. Gf. Archiv. I 375.
[Ab$do, £re legitur apud Charisium p. 261, 32 K. Similiter
quae ex eo veniunt, velut comedo abedo; item apud Diomedem
p. 362, 21 quae ab eo derivantur, comedo ambedo abedo. Sed
cum ambedo sit verbnm Plautinum, abedo nullis testimoniis firmatum,
illuii Cluirisio rcstituendum; abedo Diomedis aut pro dittograpliia
(var. lect.) aeeipiendum, aut, quod proposuit Keilius, in adedo
corr'ujendum est.]
Alrömo, ßre. Paulus Festi pg. 4, 18 M.: Abemito siguificat
demito vel aufer to; emere enim antiqui dicebant pro aeeipere.
Propter ordinem litterarttm (praecedit enim ambidens, sequiiur am-
barvalis) Odofredus Müller olim scriptum fuisse ambemito conicciL
Philox. 1, 30 (pg. 3, 29 ed. Götz) Abemit, aeeepit: ükaßsv.
Abequito, are, cc<pui7tevco. Livius 24, 31, 10 Cum tanto
clamore ad arma discursum est, ut praetoris inter tumultum
pavidi abequitaverint Syracusas. Verbum novatum a Livio, fortasse
ad exemplum verbi graeci stipra scripti; simile aita.% sIqtjiisvov legi-
tur apud eundetn Livium 1, 34, 7 amigrant Romain.
Aberratio, önis. fem. actus aberrandi (de quo cf. Aberro
II I) a), mdlorum in tetnjnis oblivio. Cic. ad Attic. 12, 38, 3
(709 ab u. c.) existiment me, sive ita levatus sim, ut auimum
vaeuum ad res difficilis scribendas adferam, reprehendendum non
esse, sive haue aberrationem a dolore delegerim maxxme . . .
laudari me etiam oportere. Cic. epist. 15, 18, 1 (709 ab u. c.)
verum aliam aberrationem a molestiis nullam habemus. —
Uelasius epist. 43, 6 ob schismatum aberrationem (= ffta zijg
7tccQaTQ07trjg täv 0%i6pMt<ov) cumulata est ultra ceteras ipsorum
impietatis ruina.
Aberro, -avi, -are. I. Proprie: a recto itiuere} a suo loco
invitum declinare sive abirc. Philox. p. 1, 32 Aberro: äitonkavä.
Cyrill. p. 390, 59 anonkavw^ai: aberro.
A. De hominibus. Plaut. Men. prol. 31 puer inter homines
[ibi] aberravit a patre. Livius 31, 37, 2 dispersi equites per
agros aberrarunt. Petron. 97 puer in balneo aberravit . . . si
Aberro. 105
quis eum reddere aut common 8 trare voluerit, accipiet nummos
mille. Julius Yaler. 2, 39 nee vagum quemquam a regione vel
sedibus suis aberrasse quopiam probaturus sum. Veget. r. milit.
2, 13. 2 [18] a contubernalibus suis. Mart. Gap. pg. 5, 9 Eyss.
ab Apollini 8 congressibus. Mythogr. Vatic. 3, 11 ne a suo littore
aberraret (Leander).
6. Plin. nat. h. 11, 54 (de apibus) si qua aberravit. Ulpian.
Digest. 47, 14, 1, 1 si quis bovem aberrantem vel equos in
solitudine relictos abduxerit, non est abigeus, sed für potius =
Mos. et Rom. leg. collat. 11, 8, 1. Augustin. de lib. arbitr.
(1278 Mig.) a. equus. Porphyr, ad Hör. carm. 1, 23, 1 hinuu-
lus, qui cervae matri aberravit. Maximus Taurin. Patrol. lat. 57,
478 A lupos non longe ab eorum (leonum) venatibus aberrare.
Pseudo-Cyprian. de dupl. mart. 21 relictis IC ovibus unani,
quae a grege aberraverat, (Evang. Luc. 15, 4. 6 quae perierat).
Hieron. epist. 2 a grege morbida aberrans ovis. August, sermon.
Patr. 38, 288 M. ecclesiam quaerit ovis a grege aberrans.
Ambrosius Patr. 17, 669 D = Max. Taur. Patr. 57, 560 M. cum
una ovicula de centum ovibus aberrasset. Marius Merc. lib.
Subnot. 155 ovem quaerit, quae aberravit. Romulus Nil. 18
huc illuc aberrantes ranuneulas colligere. Livius 41, 13, 2 ab
agresti tauro, qui pecore (a pecore?) aberrasset.
C. De rebus. Mart. Cap. 8, p. 328, 26 E. (de stellis)
licet Venus a Solis orbe plus quadraginta sex partibus aberrare
non valeat. August, serm. Patr. 38, 223 M. aberraverunt
(lapides pretiosi) ab ornamento mulieris; August, de lib. arb.
Patr. 32, 1278 lapis non aberrans. Livius 37, 13, 1 aberrantis
ex agmine na vis. Seneca nat. q. 3, 27 in maiora violentus
aberrat (torrens); cf. Lactant. instit. 4, 4, 4 a deo si hi duo
rivi (sapientia et religio) aberraverint. Petron. 67 aberrante
tunica super genua; id. 126 vestigia pedum extra mensuram
aberrantia.
IL Translative. A. Imagine aliis quoque vocabulis expressa.
Cic. offic. 1, 100 via, quae deducit ad convenientiam, quam si
tquemur ducem, numquam aberrabimus. Seneca epist. 37, 4
u&a ad hanc (sapientiam) fert via; non aberrabis. Lactant. inst.
% 17, 13 viam si tenebit, non offendet; si aberraverit etc.
Ambro8. Patr. 17, 1081 A revertere in viam, a cuius semitis
»berraveras. Ammian. 22, 10, 3 ab aequitatis redo tramite
fariare . . . a quo ille ne aberraret, tamquam scopulos cavebat
106 Abcrro.
abruptos. August doctr. christ 2, 23 a sensu auctoris devius
aberrat interpres; Patr. 46, 905 M. Est via; modo ambulemus,
ne aberreinus; enarr. psalm. 17, 46. Patr. 36, 153 ab Uineribus
praeceptorum dei a.; 37, 1151. 38, 377. a-wa; Id. Patr. 42,
207 M. a via veritatis, item alii Eccles.
B. a) Addita re, a qua dberratur. Cornif. 4, 15 qui ab eo,
quo profecti sunt, aberraverunt. Cic. Tusc. 1, 81; fin. 5, 83. 85
a proposito; pet. cons. 49 a distributione. Sen. controv. 2, 1
(9) 36 ad Othonem redeo, a quo longius aberravi. — Cic. Lig.
19 a communi utilitate; de orat. 2, 160 a cuius inventis tibi
ego videor non longe aberrare; Acad. 2, 140 a regula naturae;
fin. 4, 40 non multum ab Herilli levitate aberrabimus. Infra D,
a miseria. Sen. clem. 1, 8, 2 a. a fortuna tua non potes; benet
6, 23, 2 (de diis) non libet ab optimis aberrare; epist. 104, 8
quam bene cum quibusdam ageretur, si a se aberrarent. Plin.
epist. 4, 28, 3 a similitudine artificem ne in melius quidem sinas
aberrare. Apul. apol. 68 longe a vero aberrare. Firmicus math.
3, 8 a recto vivendi ordine. Mart. Cap. 8, p. 327, 22 E. Stilbon
ab eo (sole) nimquam ultra XXII partes poterit aberrare.
b) Arnob. 1, 1 mundus aberravit a legibus. Lactantius
(qui huic verbo multum favit) inst. 1, 6, 17 aberrantes a veritate
falsis religionibus serviunt; 6, 11, 12 a vera iustitia; inst. 2,
13, 12 a notitia dei; 3, 28, 1 dei agnitio et pius cultus, unde
philosophi aberraverunt; 5, 22, 14 a disciplina; 7, 6, 9 a rerum
summa; Epit. 33, 10 a ratione. Hilarius psalm. 118 a praeceptis.
Zeno tract. 1, 3, 1 a veritate. Hieron. epist. 98, 9 ab aposto-
lorum regulis; Vulg. I Tinioth. 1, 6 a caritate, conscientia bona,
tide. Ambros. Patr. 17, 666 A a castris si quis aberraverit, ab
spiritali Pharaone invaditur, quod imitatus est Max. Taurin.
Patr. 57, 313 C. Ambros. Serm. Patr. 18, 114 A a meditatione
praecepti. Augustinus passim: a veritate et a grege; Patr. 40,
622 M. a creatore; civ. dei 9, 2 a vero deo; de spir. et an. 35
a similitudine conditoris; enarr. psalm. Patr. 37, 1140 ab alis
dei; civ. dei 8, 24 a cultu et religione; Patr. 34, 174 a fontibus;
42, 209 ab evangelio; 42, 387 a fide. Dionys. Exig. Patr. 67,
394 B ab eo quod decet. Gregor. Moral. 5, 83 a rectitudine;
Id. Patr. 78, 117 A ab aequalitate. Mansi Goncil. I 604 B ab
hac similitudine degener aberrat. Passio Bogatiani (Acta mart.
322 ed. Manz.) a Judaeis.
G. Addito ablativo quo significatur , quanam in re quis
Aberro. 107
faUaiur. Cic. ad Attic. 14, 22, 1 vereor ne nihil coniecturä
aberrem; de orat. 3, 160 alio ducitur cogitatioiie neque tarnen
aberrat; *nat. d. 1, 100 qui si aberrant coniecturä (Walker; a
coni. codd.), video tarnen quid sequantur. Cf. etiam E} s. v.
suspicio. Cic. har. resp. 23 si aedilis verbo aut simpuvio aber-
ravit. Infra E, s. v. carmina praesagiis a. Paulus Diac. Patr.
95, 1523 A Neapolitani paganis adhuc ritibus aberrautes.
D. Absolute, a) De oratoribus et scriptoribus, qui a propo-
sito abeunt Cf. sub B. Cicero fin. 5, 90 venio ad inconstantiae
crimen, ut ne saepius dicas me aberrare. Sen. dial, 5, 19, 1 ad
rem pertinet, quamquam aberrare alicui possimus videri et in
devium exire. — Cic. ad Attic. 12, 38, 1 (ann. 709 ab u. c.)
nihil equidem levor, sed tarnen aberro = malorum in tempus
obliviscor. 12, 45 (709 ab u. c.) nullo alio modo a miseria quasi
aberrare possum. Cf. s. v. aberratio. — Sen. ben. 5, 22, 4 uxor
maritum aberrantem ad se reduxit. Id. epist. 81, 2 aberrent,
ut aliquando haereant. Auson. epitaph. 1.
b) Scriptoribus ecclesiasticis dicuntur maxime aberrare, qui a
deo desciscunt. Cf. B. b). Lactant. inst. 3, 24, 10 cum semel
aberraverint, constanter in stultitia perseverant; 6, 24, 9 quicunque
aberraverit, referat pedem; Epit. 69, 5 hie Plato aberravit, hie
perdidit veritatem. Hilar. Matth. 18, 6 C omne hominum genus
aberravit. Hieron. in Jesai. 13, 49 qui aberraverat, qui deserto
Creatore idolis serviebat; 3 lib. in Oseam 11, 3 percutit deus
filios aberrantes comminatione; ibid. 11, 12 aberrante penitus
Ephraim. Vulg. Eccles. 4, 22 si aberraverit homo, derelinquet
«um sapientia. Augustin. Patr. 40, 578 ubi forte titubamus aut
aberramus; 40, 681 tria sunt genera hominum, quae odit:
remanentem, retro redeuntem, aberrantem; 46, 882 odit deus
aberrantem. Polycarp. ad Philipp. 6, 1 aberrantia reducere.
E. Ovid. remed. 662 admonitu Liber aberrat amor. Cic.
Phü, 7, 1 animus aberrat a sententia. Augustus ap. Suet.
Claud. 4 de Claudio mentis impote: ubi non aberravit eius animus.
Augustinus Patr. 40, 322 M. tantum a veritate rerum non aberret
uumns. Arnob. 7, 48 fatalia carmina multum veris aberravisse
praesagiis. August, confess. 4, 13 (libri) aberraverunt a nobis
t (** exciderunt nobis) nescio quomodo. Claud. epithal. de nupt.
Hon. et Mariae 6 mens omnis aberrat in vultus, quos pinxit
amor. Cic. de orat. 2, 152 a quo non aberrat oratio tua;
Tiwc. 3, 80 ab eo, quod erat a te propositum, aberraverit oratio :>
108 Aberro — Abhibco.
5, 66 redeat, unde aberravit oratio; offic. 1, 135 ut etiamsi
aberrare ad alia coeperit, ad haec revocetur oratio; p. Gaec. 55
iie ab eo, quod propositum est, longius aberret oratio. Sen. de
ben. 4, 25, 3 ratio si ab exemplari suo non aberrat. Cic. PhiL
12, 23 uum aberret a coniectura suspicio periculi mei. Petron.
54 nee longe aberravit suspicio mea. Cic. fragni. ap. Non. 8. v,
exsultare: timor si quando paululum aberravit, statim spe
impunitatis insultat. Petron. 126 vestigia pedum extra men-
suram aberrantia. — Cic. fin. 4, 53 a falsis principiia profeeta
congruunt ipsa sibi et a proposito non aberrant.
F. De tempore. Seneca nat. quaest 3, 16, 3 hiems num-
quam aberravit; aestas suo tempore incaluit. Censorin. de die
nat. 20, 8 adeo aberratum est, ut 6. Caesar pontifex maximus
duos inenses intercalarios interponeret.
6. Constructio. Lactant. inst. 4, 11, 1 aberrantes ad
impios eultus deorum; 4, 14, 17 ad colenda figmenta; Epik 43,
4 ad profanos ritus. Gallus confess. serm. Patr. 87, 17 A ad
infidelitatis malum. — Augustin. Patr. 43, 152 M. circa
veritatem; item Enarr. psalni. 92, 5 (Patr. 37, 1185). Marina
Vict. Afer in epist. ad Galat. lib. II 83 (col. 1189 Mig.) circa
evangelium. — Poetae aevi Carol. II 106, 30 D. ne ex hia
aberres. — Irenaeus 5, 3, 1 in natura sua. Lact. inst. 6, 12,
26 in ceteris propius aberraverunt Hieron. epist. 82, 7 scio
istos in quibusdam ut homines aberrare. Augustin. c. acad.
2, 6, 14 si in quoquam aberravero; Patr. 43, 115 M. in quo
aberraverat, einendaret. Concilia I 746 D Mansi: nisi in reeta
fide aberraverint. — August confess. 5, 13 per Manichaeas
fallacias. Damianus epist. Patr. 87, 1261 D per devia et abrupt*.
Paulus Diac. Patrol. 95, 1437 C. Mig. per diversa vitiorum
flagitia. Aldhelm. p. 109 per devia.
Abgrego, are. Paulus Fest. p. 23, 7 M. Abgregare est ab
grege ducere. Gloss. Labb. abgrego: ccTtayeXd^o , dut%a>QC£(D.
Abhibeo, öre, proeul habere. *Plautus Trin. 264 Br.: Mille
modis amor ignorandust, proeul abhibendust (ex coni. Brixii;
adkibendust Codices; abigendus Bergk; abdendust Ritschi) atque
apstandust.
E. W.
Abhinc*)
Abhinc adverbium compositum ex ab et hiuc significat
. ex hoc tempore; II ex hoc loco.
I. Abhinc temporale.
A. refertur ad tempus praeteritum;
1. iungitur cum casibus;
a. significat temporis acti intervallum quo aliquid a praescnti
tempore distat, et ita quidem, ut dies, menses, anni:
in accus ativo casu cum numeris cardinalibus addantur,
abhinc ante accusativum ponatur. Plaut. Bacch. 388 . . . hoc fac-
tumst ferme abhinc biennium; Cas. prol. 39 . . . sed abhinc an-
no« factumst sedecim; Stich. 137 qui abhinc iam abierunt trien-
nium; Truc. 341 Quasi <ab>hinc (coni. Fleckeisen; 'quam si
kinc* libn) ducentos annos fuerim mortuos. — Ter. Andr. 69
mulier quaedam abhinc triennium commigravit huc; Hec. 822
niemini abhinc mensis decem fere ad me confugere; Phorm. 1017
▼inolentus fere abhinc annos quindecim mulierculam eam com-
prassit — Turpil. 133 abhinc triennium. — Laberius 13 quem
ego me abhinc menses duos ex Africa advenientem excepisse
tibi narravi. — Cicero Rose. com. 37 repromittis tu abhinc
triennium Roscio; Yerr. I 34 quaestor . . . fuisti abhinc annos
quattnordeeim ; II 25 horum pater abhinc duo et uiginti annos
wt mortuus; Balb. 16 si Pompeius abhinc annos quingentos fuis-
wt; Phil. II 119 abhinc annos prope viginti hoc ipso in teinplo
Wgayi. — Cic. Div. II 118 Demosthenes qui abhinc annos prope
tecentos fuit, iam tum yiXt,it%C%uv Pythiam dicebat. — ep. Att
Hl 17 me abhinc amplius (accus.) annis XXV spopondisse. —
"* Hör. ep. II 1, 35 Scriptor abhinc annos centum qui deeidit
*) Prol&ti sunt omnes loci, quibus abhinc oeenrrit; praeterea ex con-
**tora Bcripnt Müllems apud Feetum 392, 10, Centeeimo et seeundo] et
**ageBi[ino anno abhinc' et Cic. ep. Att. IX 8, 1 Wesenberg coniecit:
*^Mqc mnltoB dies. Priore loco collocatio usui non conuenit.
110 H. Ploen:
ad Octavianum Augustuni data apud Suet. Aug. 69 Nunc coepi,
an abhinc annos novcm? — Sulpicius Severus I 2, 1 Mundus a
Deo constitutus est abhinc annos iam paene sex milia; II 9, 7
abhinc annos . . DCCCLXXX et VIII: oinne tempus in Stilicho-
neni consulem direxi; cf. II 30, 8. II 33, 1. II 39, 8. Apud cäeros
scriptorcs desunt huius usus exempla, quare Gharisius p. 116,24K.
ut rcterum locutionem „abhinc annos decem natus est" profert.
b. in casu ablativo.
«. jki/7*Vm/« abhinc ante ablatirum posita, cui adiunguntvr nu-
meri eardinales rel adiectiva.
aa. Plaut. Most. 494 Qui abhinc sexaginta annis occisus
forot. — Cic. Verr. II 130*) offendit eum mensem, qui conseqoi-
tur mensem comitialem, comitiis iam abhinc triginta diebus habi-
tis (eonputatis diebus non ab eo tanpnrc} quo Cic. orationem habmtf
.W ci tempore practerito, i. «\ a mense cemiitia subsequente).
bb. K'dttn quo abhinc cum aecusativo sensu: Cicero pro
Itoseio coinoedo 37: Quo tempore? Abhinc annis (annos Mai-
vitfi quindeeim**^: . .. repromittis tu abhinc triennium? — 8mt
liter Alfenus Dig. VI, 76: populum eundem hoc tempore putari,
qui abhinc centum annis fuissent, ^ qui abhinc anno fuissemus.
Cod. Tluodos. VII 11, 2 quos abhinc triennio . . . Tindictre
eonstitorit: V1I1 7, 15 qui abhinc quinquennio ~ evolaverunt —
Gellius 1 10. 2 serin one abhinc multis annis iam desito uteri«,
iuter IVrfectos veteresque reterri debet? — Velleius Patercnlns
riciens jwfiVii/cifii alJiinc usioyxuü aecusativo constanter postposüo,
atque stptinif quidem addito adverbio ferme, neque solum in mi-
Mtrit rotiukiis, ceiut 1 14. 7 at Cosam et Paestum abhinc anno«
fenuo trocontos coloni missi sunt. ef. I 6, 2: I 8, 2; sed etiam, M
uunkryS tuvuratissiine ejrät\jui:i*r &ripy*r. ut I 15, 2 Bononia de-
ducia colonia abhinc annos feriue ducentos septendeeim tW II 12,1
luirurthi» rv$ro abhinc annos forme centum triginta quattnor poti-
tus est tC. Marius" ; 1 15, 3 et 4. (;". praetorta 112,5. 14,3.
112. 2. 4.5. 10. I. 27,1 2>M. 36.1. 3S 2. 3S. 4. 90,2. 93,1.
12>. 1. /i\:«v m«3:;si: l^-run; ü-pu <<; re esuicatttr. quod VeUetUS
tnd< *; c -." ■» j?si .V l~iu:W. 'y;«y fis*»^*.«: iSp:»*.*. — Epist» Antonii
* Hi'.r.::-.:* vr* ?«"*"•" -;*j:; Vr^ -s ?'«"•-"■ y->i £■ !*• W- Müller probt-
■ •
**% K ■.;:■.::& tu* r. crar.-.r/ ".*:. *". *;;> r.r.j „-.. r*trivtiocem apud Cicero-
v.«r:v. y%: *:tr*. ücrf :v. cjtfu:".:v os*;- :•: .:.*•:. ::;-. :«r üb'ASioam quo tempore?
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A>hinc 111
SM» locutn imitatus est Amm. Marc. 30, 4, 12 locuntur ~ iam
l legea ignotas, cum Euandri matre abhinc saeculis obrutas
litis. — Sidonius epist. IX 9 et quidem talis (sc. venisti),
alem abhinc longo iain diu tempore desideria nostra praesto-
>antur.
ß. particula abhinc inter nomen numerale (i. e. ordinale) vd
iectivum et ablativum posita: Epist. M. Aureli imperatoris ad
ontonem (ed. Naber pag. 35, 12) anno abhinc tertio me com-
jmini . . . devertere. — Gellius 14, 1, 20 centesimo usque ab-
ic saeculo vel magis primo caeli atque mundi exordio — stel-
> istae praemonstrare debuerint. — Oros. VII 43, 11 cum
periore abhinc anno Gothorum nianus transire moliretur. His
is ablativus non particula abhinc regitur, sed abhinc absolute ad-
tom est ad tempus accuratius definiendum.
2. abhinc absolute ponitur et sine casu cum uerbo iungitur.
puleius apol. 1 dies abhinc quintus* an sextus est; apol. 55
)hinc ferme biennium est, quuni — ista prae me tuli = abhinc
rme biennium ista prae me tuli. Nov. The od. XXIII 1 § 1 intra
iginta annos abhinc retro numerandos; Nov. Maj. VII 1 § 1
ltra triginta abhinc retro annos. Sidon. ep. IV 4 cumque ab-
ine retro iuvenes eramus, in pila — - saneta .... contentio.
B. Abhinc particula refertur ad tempus futurum.
a. iungitur cum ablativo casu et significat
a. ex hoc tempore in futurum: Apul. flor. 16: uti — toto
bhinc tempore laudes . . repraesentet. — Symm. ep. IV 59, 2
los pretium proxima abhinc aestate mittemus.
ß. ex illo tempore praeterito in futurum: Oros. III 22,6
ttero abhinc anno Fabius Gurges consul male aduersum Sanini-
es pugnavit (quem locum ex Orosio deprompsit Freculf I 4, 24);
V4}5 sequenti abhinc anno. — Hilar. contra Constantinum 2
Patrol. X 579, 1 Mig.) quinto ahhinc anno. •— Victor Caes.
1, 15 abhinc consumpto fere biennio.
b. abhinc absolute positum significat
a. inde a puncto aliquo temporis praeteriti: Ter-
oll. An. 38 nee quia iura ciuilia abhinc (= a XIV. anno) agen-
is rebus attemperant; Val. 14 Euthymesis siue iam Achamoth,
uod abhinc scriptum; 17 Abhinc Achamoth expedita tandem
un proficit (quibus duobus locis Oehlerus abhinc de loco usur-
<üm esse sine iusta causa putat). — Auson. Caes. tetr. 65 An-
)nins abhine regimen capit. — Victor Caes. 13, 12 abhinc di-
112 H. Ploen:
uisa nomina Caesaruin atque Augusti; 24, 9 abhinc dum domi-
nandi .... cupientiores sunt; 37, 5 abhinc ruilitaris potentia con-
valuit — Pallad. r. r. IV 13 latent abhinc aetatis notae. —
Ambro s. enarr. in ps. XXXVI col. 1047, 17 Mig. denique ab-
hinc uidi in praeceptis sanctuni Prophetain assurgere; Ambros.
(Patr. 17, 24 B Mig.): Iam abhinc proinoventur filii Israel de
monte Sina et transeunt in sepulcra concupiscentiae; ef. Isidor.
exp. in Num. 12, 15; Ambros. ibid. 652 6 In toto anno non
dicitur ulla dies Septuagesima nisi ista: nee Sexagesima, nisi
sequens: neque Quinquagesima nisi abhinc tertia, nee Quadra-
gesima, nisi abhinc quarta Dominica. — Oros. III 16, 2 Cetera«
urbes . . . uectigales fecit. Ulyrios et Thracas, translato mox
abhinc bello, domuit. Inde profecturus ad Persicum bellum
(= Freculf I 4, 22); 23, 68 cum iam abhinc Pyrrhi bella inci-
piant; V 19, 2 equidem de Mithridatici belli spatio uarie tradi-
tum est, utrum abhinc primum coeperit an tunc praeeipue
exarserit; VII 27, 12 intra sex abhinc menses interfecti sunt tres
sueeidui imperatores. — Script, rer. Langob. 473, 20 abhinc
nulluni ei amplius euenit triumphum ; 475, 20 abhinc tandem red-
iit Franciam. — Hilar. ep. 3, 7 (ep. pontif. ed. Thiel) A cuins
(= Nini) etiam tempore gestarum rerum publici scriptores apud
barbaros esse coeperunt. quapropter vir venerabilis praedictus
Eusebius chronicorum abhinc (= a Nini tempore) exorsus est
historiam. — Poetae aeui Carolini II 108 XV 1 nie homo
coepit abhinc ~ ecclesiae mundare loca.
ß. inde a praesenti tempore in futurum: Pacuuius ap.
Charis. 195, 1 (trag. 21 K.) seque ad ludos iam inde a. exerceant
— Tertull. Marc. III 5 causas . . adlego cognoscendas abhinc
aduersariis nostris; IV 9 abhinc (aitb rot; vvv) enim eris homines
capiens; IV 41 abhinc, iuquit, erit filius hominis sedens ad dex-
terum uirtutis dei (cf. Ambros. enarr. ps. XL col. 1132, 25); Res.
Carn. 42 abhinc enim definimus carnem resurrecturam ; Prax. 24
sed abhinc nostis illum (an &qu). — Ambros. de parad. 5,
302, 3 facilis abhinc praeeeptorum — series uideretur; de bono
mortis 11 col. 590, 15 iufra, qui locus repetibar ab Angustino
contra II ep. Pelag. IV 11, 31 ergo, iuquit, quia iusti hanc re-
munerationem habent, ut uideant faciem dei ~; ab hinc induamus
huiusmodi studium, ut . . . . — Paulin. Nolan. (Patr. 61, 641 B
Mig.) Recolamus abhinc signata sacratis gesta patrum libris, ubi
abhinc candem quam alias *iam9 uim liabct. — Sidon. ep. IV 16
Abhinc. 113
iure abhinc uberi praeconio non carebis; IV 0 Benedictua Sira-
plicius, hactenus uestri, iamque abhinc nostri .... ordinis comes.
— App. ad S. Leonem M. opp. Patr. 56, 418 B Mig. Ut abhinc
quisquis decretonim temerator exstiterit, sciat se status sui opera-
tum fuisse iacturam. — Aldhelm. translat. S. Petri. 26 ut ab-
hinc in futurum . . permaneat. — Einhard. uita Caroli c. 18
cuias animi dotes et summam ~ constantiam ~ iam abhinc di-
cere exordiar. — Poet. aev. Garol. 1198,8 iniles — coepit abhinc
qui sit exitus — (enarrabo).
II. Abhinc locale.
Localis particulae abhinc usus primum exemplum afferunt ex
Lucretio III 953: aufer abhinc lacrimas, f barathre, et compesce
querelas. Qui uersus nisi abhinc pro hinc accipias, aptum sensum
non habet Nam ea quam Lachmannus proposuit collato loco Pacu-
uiano notio *inde ab hoc tempore9 abhorret a ceteris uerbis. Quam
ob rem si uerba huius uersus recte tradita sunt, ut futuri temporis
notionis apud Pacuuium, ita hie localis significationis exemplum
deprehendimus ducentis annis ante eos, qui htinc usum latius propa-
gauerunt. Cetera exempla in duo genera dividere liceat:
a. exempla quae tradueunt ad localem notionem. In enumera-
Hone a. legimus ap. Mam. Cland. 698 C primus über in sui
primordio ~, post ~. Abhinc itidem ad erudienduin lectorem ~
praelibavit, ubi abhinc est = in posteriore libri parte, inferius. Contra
res se habet 703 A 15 ubi addito aduerbio superius prior pars libri
significatur: Abhinc superius etiam per philosophos aeeidentias
Deo non obiieit, et hie per prophetas etiain uitiorum necessitates
imponit; 756CExin~, abhinc ignium aetheriorum spatia; 759 B
postque ~ transcende; ab hinc in tertium caelum. — Cassian.
incarn. Chr. V 5 Quia anterioribus libris ueritatem hanc ~ pro-
bauimus, nunc, ut libello abhinc proximo instituimus, eum ~
Deum praenuntiatum esse doceamus. — Dositheus Gramm, lat.
VII 402, 21 K. trigena abhinc. - Myth. Vat. III 11, 17 B ad
Venerem . . abhinc revertamur. — Causcdetn uero fere sensum
particula abhinc habet apud Emporium in rhet. min. ed. Halm
566, 11 quae autem abhinc bona etiam in posteros propagata
conspicio (abhinc = ex hoc facinore bono, ex hac bona re).
b. exempla usus proprie localis. Apuleius flor. 16 uti ^
toto abhinc orbe totoque abhinc tempore laudes . . repraesentei
— Augustinus de civ. dei XXII 584, 28 Domb. Ac per hoc, in-
Archir für Ut. Lexikogr. IV. Heft 1. %
114 n. Ploen:
quiunt, quoniani terra abbin c sursum uersus est priina, secunda
aqua super terrain ~, non potest esse terrenum corpus in caelo.
— Claud. Main. Migne 53, 755 A Estne aliquid quo ab hinc
locorum uapiam progrediaris? — Patric. Migne 53, 824 D Mo-
nachus et virgo, unus ab hinc et alia ab aliunde, in uno hospi-
tio non commaneant. — Iordanes 82,8 Abhinc ergo Geta re-
cessit ad propria. — Actliicus II 24 pag. 14, 12 Abhinc usque
ultra Gades et Hercoleas coluninas; VI 101 pag. 76, 4 Ab hinc
recessus maris post spatium urbis inclitac usque Rifeos montes.
Script, rer. Langob. 478, 12 in Kon t anain Lucii, abhinc Pe-
oleni. — Poet, aevi Carol. vol. II, pg. 206 V 3 Qui translatua
ab hinc preeibus tarnen adstat houestis.
Erläuterungen.
Bei den klassischen und vorklassischen Schriftstellern waren die
Partikeln hinc, dehinc und abhinc strenge von einander geschie-
den; hinc wurde besonders in lokaler Bedeutung angewendet, dehinc
und abbin« in temporaler. Und zwar bezog man dehinc auf Zu-
künftiges, abhinc mit Ausnahme von Pac. trag. 21 und Lncr. III 953
nur auf Vergangenes.
Doch fand abhinc lange nicht bei allen Schriftstellern Billigung.
Schon Cäsar und seino Anhänger verwarfon das Wort abhinc gänz-
lich; wir finden üb überhaupt nur bei Plautus, Terenz, Pacu-
vius, Lucrez, Cicero durch alle Worke zerstreut, dann je einmal
in einem Brief des Antonius an Augustus und in den Episteln
des Iloraz und zwanzigmal bei Volle ins Paterculus. Cusars
Einflufs [der sich wohl über das Wort, wie übor igitur, vgl. Areh.
III 5G0, in den Büchern do analogia ausgesprochen hatte, die ltc<L]
siebte; die ganze grolVe Zahl der andern Schriftsteller des ersten
«Jahrhunderts v. Chr. und der ersten 150 Jahre n. Chr. mieden es
gänzlich, bis es die Schriftsteller seit der zweiten Hälfte des 2. Jahr-
hunderts teils aus der archaischen (und klassischen) Litteratur, teils
aus der Sprache des Volkes, in der es geblieben war, wieder her-
vorholton. Aber Konstruktion und Bedeutung von abhinc war schon
halb in Vergessenheit geraten. Dem Charisius ist die Konstruktion
mit dem Accusativ schon eine veraltete; Sulpicius Severus aber
kennt sie noch aus Velleius Paterculus, dem er in der Art der
Jahresangaben, vom Konsulat des Stilicho an rückwärts rechnend, folgt»
Besser als der Accusativ hatte sich der Ablativ bei abhinc
gehalten. War schon in der klassischen Zeit ein Schwanken zu
merken gewesen — Cic. Rose. com. 37 wird durch die Alfenusstellen
geschützt — so scheint der Kampf zwischen Accusativ und Ablativ
später noch zugenommen zu haben. Denn am Anfang des 2. Jahrb.
n. Chr. bemerkt Caper zu Plaut. Most. 494 Sitroque casu recte
Abhinc. 115
licimus, quamui8 nt sordidum et vulgare quidam improbent' (Charis.
96, 1 E). Für die Schriftsprache hat dann der Ablativ den Sieg
lavon getragen; so wird abhinc auch einige Male zum abl. temporis
linzugefügt, um die Zeit genauer als der Vergangenheit angehörig
eu bezeichnen; vgl. IAbß. Nur wenige Male steht abhinc absolut
in dieser Bedeutung.
Doch neben dieser gewöhnlichen, von den guten Schriftstellern
illein gebilligten Bedeutung scheint schon früh im Volksmunde die
Futurale einhergegangen zu sein. Darauf läfst uns wenigstens die
Pacuvius8telle schliefsen. Das zweite Beispiel findet sich jedoch erst
300 Jahre später; von da an wird aber abhinc weit mehr im Hin-
weis auf die Zukunft als auf die Vergangenheit angewandt und zwar
auch mehrere Male neben einem Ablative. Dadurch sahen sich die
Juristen, denen es vor allen andern auf Deutlichkeit des Ausdrucks
ankam, veranlafst zu abhinc noch ein retro hinzuzufügen, wenn sie
Nif die Vergangenheit verweisen wollten.
Ob sich neben der temporalen Bedeutung auch schon in früher
Zeit die lokale im Volksmunde ausgebildet hat, ist schwer zu sagen,
da die Lucrezstelle vielleicht verderbt ist. An und für sich wider-
strebt die Bildung dieser Partikel ja durchaus nicht dieser Bedeutung.
Das erste sichere Beispiel finden wir aber erst bei Apuleius parallel
neben einem temporalen Begriffe und weitere dann erst wieder am
Ende des 4. Jahrhunderts. Vgl. Aug. Engelbrecht, Untersuch, über
die Sprache des Claudianus Mamertus, S. 22 f. = Sitz.-Ber. d. Wien.
Akad. 1886. CX. 442 f.
Bei den Schriftstellern der untergehenden Latinität findet sich
öfter die Partikel abhinc in zwei Worten geschrieben. Man darf
vielleicht annehmen, dafs diese Schriftsteller keine klare Vorstellung
mehr von der alten zusammengesetzten Partikel abhinc hatten. Viel-
mehr setzten sie jetzt auf eigene Hand vor das Adverbium hinc,
dessen Bedeutung ihnen auch entschwunden war, noch die Präposition
ab, um die Richtung 'woher* auszudrücken. Daher kommt es auch,
dafs abhinc besonders an den Stellen, wo es eine lokale Bedeutung
hat, in zwei Worten geschrieben wird.
Wenig im Einklang mit der Herleitung des Wortes abhinc steht
« aber, wenn diese Partikel angewandt wird, um von einem Punkte
der Vergangenheit an rückwärts oder vorwärts zu rechnen." Dies
beruht auf einer Ungenauigkeit im Ausdruck, die man bei den
sp&tern Schriftstellern ja auch sonst findet, die aber bei Plautus und
Cicero höchst befremdend ist. Mit Recht dürfte man daher mit
Halm Cic. Verr. II 130 für verderbt halten.
Strafsburg i. Eis. Heinr. Ploen.
ft*
\r\ilgriirlateiiiische Substrate romanischer
Wörter.
(Fortsetzung.)
Minaciae nach: span. amenaza, port amea^a, cai menassa, pror.
menassa, franz. inenace, (rat. sch-nianatscha), ital. minaccia,
S. Georges, s. v., Diez, Et Wt I minaccia. War roma-
nisch nicht bildbar.
inin'sterium für minist erium nach: prov. mestier, franz. mutier,
altfranz. mestier (daher port. inister), ital. meatiere.
& Georges, s. v., Diez, Et. Wt. I mestiero. Bei George»
s. ministro wird der Ausfall des i in frühröniischer Zeit be-"
legt. Er ist vorromanisch, weil die Ausstofsung des n i
der sekundären ^romanischen^ Verbindung -n*s nicht, und na
bei lat. -ns stattfindet. Das bei Diez erwähnte altport me-*""
noster ist franzosisch, weil n geblieben, und ei nicht fttr e lin-
der Tousilbe eingetreten ist. Auch das Altprov. und Altfrani*-»
ttihrten menestier neben der Erbwortform, und das Franz. das
gleichfalls erst mittelalterliche ministerialis als menestrel (daher
port. menestrel\ das Prov. als menestral = span. menestraL
Das span. menester Amt. luniürfnis, wird dem franz. menestier
gleichzusetzen sein. Das ital. minestra Suppe kommt Ton mi-
nestrare anrichten ^s. Die*, Ex. Wt. II* s. v.). — Wenn lat
mir.us. amscr in der Gestalt mens im Prov., moins im Franzfo,
als Vorsilbe verwendet wie in franz. mefV^prendre}, prov. mes-
vprerar\ als nies- erscheint, so ha: die Tonlosigkeit der Silbe an
der Ausstofsung des n Anteil. Dier. Gramm. II 434 belegt das
Prür.x rues- sei: der.: i\ J.ihrh. Er im. wenn er es dort und
Et, Wt. 1 ;v.is auch /.e:u l:a*. .zuschreibt, das es vielmehr
::.:: frar.irsiscV.esi WTneru aus Frankreich bezog und nach
solche« Wörtern neue bildete, Itsl wird minus durch meno
^ertivter. woraus suis «ich: üseV.r gewonnen werden konnte.
ruinuare su uv.uus. «v.uo.eru. ::Ä:h: >:.;:*.. «sengu-ar, port» mengo-ar,
G. Gröber: Vulgärlatein. Substrate romanischer Wörter. 117
cat. minv-ar, prov. (in Urkunden) minu-ar, altfranz. niinu-er
(Godefroy), ital. menov-are.
8. Diez, Et Wt. I menovare. Mit minutare verträgt sich
weder Begriff noch Laut; -t- fallt nicht in Spanien, Südfrank-
reich und Italien, im Franz. weit später aus, als minuare zu
belegen ist (6. Jahrh., s. Du Cange, Diez, Et. Wi s. v.). Auch
*minim-are *minum-are würden mit dem Hinweis auf ital. no-
verare ans numerare, für das ital. menovare darum noch keine
annehmbare Grundlage, weil numerare unter dem Einflüsse von
nove = novem sein m mit v vertauscht hat; für die andern
rom. Sprachen aber leisteten jene Substrate nichts. Übrigens
hat sich das Ital. aus minimus = menomo: menomare, wie
das franz. aus der gleichstehenden Steigerungsform: merme
(wenigste): mermer (mindern) gebildet Wenn aber neben lat
mejere: mejare, neben molere: molare (s. Georges) besteht, weil
es ein Subst. mola gab und *meja (vgl. port. mija, span. mea)
gegeben haben wird, so war zwischen minuSre und minuare
nicht auch eine so günstige Vermittlung vorhanden. Es sei
denn, dafs man den Umstand in Rechnung bringt, dafs minu-ere
allein unter den Verben auf -uo in minu-s scheinbar sein Grund-
wort zur Seite hatte, von dem aus zu minu-are überzugehen
so lange nicht ausgeschlossen war, als minus sein u nicht (wie
franz. prov.) aufgegeben. Das franz. dtminuer ist französiertes
diminuere; zu hispan. -ngu -ngo in menguar mengoar vergleicht
sich span. mangual = manuale.
minutiare aus minutus, zerstückeln, nach: altspan. menuzar;
prov. menuzar, altfranz. menuisier, rät manizar, ruin. märunt-esc,
ital. minuzzare.
S. Diez, Et. Wi I minuto. Zur Bildung vgl. Archiv I 235
acutiare u. a. Lat. minutia ergab port. miu£a, ital. minugia
(Darm, Diez II*), also eine Darstellung des -ti-, die der im
Zeitwort widerstreitet; auch im Franz. hätte sich der Ausgang
-cer statt -isier bei franz. Entstehung des Zeitworts aus einem
Hauptwort *menuce = minutia eingestellt (vgl. placer aus
place =» platea).
mlscere (Marx 1) nach: span. mecer, port. mexer, ital. m^scere.
S. Georges, s. v. Für 1 zeugt auch:
mlsclare aus miscere, nach: cat. mesclar, prov. mesclar, franz.
meler, altfranz. mesler, (rät. mischclar Karten mischen), ital. mi-
_ _"!_•
118 G. Gröber:
S. Diez, Et. Wi I mischiare, Du Gange, 8. v. Span, mezclar,
port. mesclar (vgl. Archiv III 528 niasc'lus) kamen aus Söd-
frankreich; das Rät. sagt in allgemeinerem Sinne maschadar
(von mascha Masche, Schlinge), das ital. i hat seinen Grund
im Schwanken des Ital. zwischen e i in ähnlichen Wörtern,
wie eschio ischio = aesculus (s. Arch. II 278), vischio veschio
aus viscuin. — Von mescere führt kein Weg zu dem neben
mischiare im Ital. üblichen mescolare; es ist aus der mittel-
lateinischen Schriftsprache geflossen.
misSllus nach: prov. niesej, altfranz. mes^l aussätzig (daher alt-
span. misyllo).
S. Georges, s. v., Diez, Et. Wt. II0 mesel. Nur runi. mi-
selu in der latein. Bedeutung.
niitiare aus mitis, daher ital. mezzare teigig werden, von Früch-
ten, woher mezzo teigig, weich.
Vgl. Diez, Et. Wi II*. Bildung wie grevi-are aus gravis
u. a. s. Arch. II 441. Diez setzt für mezzo ein unbelegtes mi-
tius aus mitis voraus, dessen betont. 1 sich nicht mit ital. §
in mezzo verträgt. Als verkürztes Particip aus mezzare (ebenso
svezzo = svezzato aus svezzare, entwohnen u. a.) für *nräzare
versteht man e für i, wie etwa in mcraviglia (maraviglia) xssx
nnrabilia, premizia und pr/mizia = primitia u. a. Das gleich-
bedeutende ital. vizzo, das Diez II* s. v. mit vietus zusammen-
hält (Beleg für eiusilb. -ie- bei Georges), ist durch *vizx»t'C)
*vezzato *vezzare = lat. *v(i)et-iare mit dem lat. Adjektiv
ebenfalls zu vermitteln.
mit'lus = mitulus (turuAog) nach: span. a-meja Muschel (dafaeT
port. a-meija), ital. nicchio.
S. Georges, s. v., Diez, Et. Wt. I nicchio; vgl. Arch. I
Das Ital. hält nur I vor -cchi- fest, nicht i (secchia = situl^'
orecchio = auricula); das Span., das Ija (-Icula) und eja (-8cal^'
vermischt (s. o. III 511 lentic'la) ist daher hier unmafsgebli***-1"
Vgl. auch u. musc'lus.
mittere (Marx l) nach: span. meter, port. metter, cat. metr'^^
prov. metre, franz. mettre, rät. metter, ital. mettere.
Rom. e = lat. i.
möbilis statt mobilis? nach: span. mueble, port. movel, g>&*
moble, prov. moble, altfranz. mueble, franz. meuble.
S. Foerster in Zeitschr. f. rom. Phil. III 561; vgl. die Pal10
der Einwirkung eines labialen Konsonanten auf o Arch. III 45?^*
Vulgarlateinische Substrate romanischer Wörter. 11$)
flövius. Nur Frankreich deutet mit ue auf 5. Das ital. mo-
bile ist, nach rovere = robur, -evole = Ibilis, Tevere = Ti-
berim beurteilt, Lehnwort, wie /torido = flöridus, npto = nötus
u. a., und noch jünger in der Sprache als diavolo = diabolus,
fatn>la — fabula, tavola — tabula (vgl. fola = fabtrla, tola =
tabula, nebbia = nebula u. a.). Das span. inueble ist, da nur
in der erst im MA. auftretenden Bedeutung „bewegliche Habe"
(s. Du Cange) gebraucht, franz. Lehnwort. Das die lat. und
mittellat Bedeutung vereinigende port. movel ist nach lau-
davel *= laudabilis neben \ouvar = laudare, terrivel = terri-
bilis u. a. auch dann noch zu den Bücherwörtern zu rechnen,
wenn es mit o gesprochen wird (vgl. goZa = güla neben mo
= mola, so = sola). Weil aber im Franz. neben möbilis
movere besteht, das in mues muei = moves movet ue ent-
wickelte, und die franz. Sprache den Diphthongen des Verbums
auf das stammverwandte Eigenschaftswort übertragen konnte,
wie sie ihn bei metmier für altfranz. mounier «= molinarius
von il muei meut = mölit, bei roue aus roee = rota von rotier
= rotare u. s. w. hergenommen hat, so ist ein vulgäres möbilis
nicht zuzugeben und höchstens für das mittelalterliche Latein
Galliens einzuräumen.
a odiölum nicht mediolum Dotter, nach: prov. moiol, neuprov.
mouiöu, franz. moyeu.
S. Georges, s. v., vgL Diez, Et» Wt. 1IC moyeu. Nur in
Gallien. Im Prov. entsteht o nicht aus e. Das Verhältnis von
modiolus Nabe zu modiolum „Nabenfüllung" kehrt wieder bei
vielen Wörtern mit dem Begriffe des Umschliefsens; vgl. myxa
Dille und Docht, modius Hohlmafs und Füllung des modius,
dtsch. Scheffel vom Mafs und Feldertrag.
t clio-nem aus nioles molis? nach: sard. mullone Haufe, Grenz-
stein, span. mojon, altport. moiom.
Vgl. Diez, Et. Wt. Ilb mojon. Von mole (span.) aus, konnten
die drei Sprachen nicht zu ihren Formen gelangen. Eine ähn-
liche Bildung ist aus piscis: piscio-nem = franz. poisson, s. u.
* ciliare statt mollire von inollis, weichen, befeuchten, nach span.
mojar (3. Sgl. Praes. moja, wie hoja = fölia), port. molhar,
cat. mullar, prov. molhar, franz. mouiller.
S. Diez, Et. Wt. I molle und o. mitiare. Das Ital. bildete
selbst aus dem Eigenschaftswort molle: mollare. In den übrigen
Sprachen, die 11 uner weicht im Adjektiv lassen (franz. mol mou,
120 G. Gröber:
prov. mol, cat moll, [»ort. molle, span. muelle), würde 11 auch
in einem selbstgebildeten denominativen Zeitwort unverändert
geblieben sein,
in Ollis (Marx) nach: span. muelle, port molle, cat moll! prov.
inol, fraflz. raol, rät. moll, rum. mtflle, ital. molle, friaul. muell.
Rom. o ue = lat ö.
*
möntem mons (Marx inont-ein) nach: sard. monte, spau. monte,
port. monte, cat. inunt, prov. mcnt (Donatus proenz.), franz.
mont, rät. munt, rum. munte, ital. monte, sicil. niunti, friaul.
mont u. s. w.
S. Ar eh. II 426 font-em. Im Span, und Friaul. wäre aus
Ö ue entstanden.
m ordere (Marx), mörsus (Marx ö), nach sard. morsu Bissen,
span. morder (3. Sgl. Praes. muerde) mueso, port. morder, cat
mos Gebifs, prov. mordre mors (Donatus proenz.), franz. mordre
mors, rät. morder morssa, ital. mordere morso, friaul. muardV
s-muars.
Allgemeinroman, o oder ue = lat. Ö.
mürga mürca = amurga amurca, a^oQyrj, nach: span. morg^
cat. morca; ital. morchia, sicil. niurga, venet. morga.
S. Georges s. v. amurca, Diez, Et Wt I morchia; rom. *
= lat ü. Das Ital. hat nur Wörter auf -qrchia, -o.
moria «= niüria, aX-pvQis, nach: (span. moje Kraftbrühe), neti
prov. mouiro muro, franz. muire, rät muora müra Salzbrüll*
rum. mura moare Krautsuppe, ital. moja. Verbunden mit s»'
sal-inuera, port. sal-moura, cat. sal-morra, neuprov. sau-mie*"c
franz. sau-mure, altfranz. uau-muyre, rum. sara-murä, ital. g&l
moja, neugriech. öaX-^ovQa.
S. Georges s. v. muria, Diez, Et. Wt. I moja. Für Ö zeu
franz. ui und ital. o, nicht gegen ö port. ou (vgl. couro *
cÖrium) und span. ue, (vgl. cuero = corium), wiewohl p<*
Douro aus Dürius, lavadouro aus lavatörius und span. agu^
aus augurium, asmaduero aus aestimatörius hervorging (r
auch Arch. I 545 ciconia); das span. sabueso Kläffer, po>
sabujo Spürhund = ital. segugio, piemont sus, d. i. lat
güsius (auch Swsa = Següsia, s. Georges, s. v.J, kommen,
aus Italien übernommen, hier nicht in Betracht; das span.
ist, wegen -ri- zu j, ebenfalls ital. Lehnwort Im Ital. behalt
o und o ihre Qualität vor j (scrittojo = scriptörium; stoja «
stÖrea). Nur bei unmittelbar auf o folgendem j ergiebt si-
Viilgftrlateini8che Substrate romanischer Wörter. 121
o im Ital. wie im Französ. (boja = ital. boja, altfranz. buie,
walloD. boie; *troja = ital. troja Sau, franz. truie). Wegen
ital. pioggia, franz. pluie = plövia für pluvies, ital. loja
Schmutz = *allövia für illuvies (Caix, Studi di etimologia
8. 32) b. Ar eh. II 425 flovius. Bei Pistoja = Pistorium ist die
Art des o im Grundwort metrisch sicher gestellt. Der bei muria
dem u vorangehende Labial genügt nach ital. moglie = mülier
nicht um o für ü zu erklären. Bei foja Brunst, Geilheit, ist
die herkömmliche Ableitung aus fiiria (s. Diez, El. Wt. Ila foja)
durchaus zweifelhaft. Es ist zu fragen, ob das nichtoskanische
Wort nicht etwa fÖvea in dem bei Tertullian vorkommenden
Sinne (genitales feminae foveae; s. Georges, 8. v.) wiedergiebt,
das zur abstrakten Bedeutung „Geilheit" ebenso gelangen
konnte, wie franz. rut, ruit, Gebrüll brünstiger Tiere, Geilheit,
*= lat. rugitus.
örtem mors (Marx) nach: sard. morte, span. muerte, port. morte,
cat. mort, prov. mort, franz. mort, rät. mort, rum. mörte, ital.
morte. friaul. muert.
Rom. o ue ö = lat. Ö. Ebenso bei
örtus = mortuus nach: sard. mortu, span. muerto, port. morto,
cat. mort, prov. mort, franz. mort, rät. mort, rum. mortu, ital.
morto.
Hiat-u ging nach Doppelkonsouanz stets verloren; vergl.
Arch. I 249 battere, I 542 cardus.
mörum pogov nach: span. mora, port amora, cat. mora, prov.
mora, altfranz. meure, franz. mure, rät. mura, rum. murä,
ital. moro.
S. Georges s. v. Rom. o ueu=» lat. ö. Das ital. moro
ist der gelehrte Name, der volksübliche gelso (Diez, Et. Wt. IIa).
**Örvus für morbus nach: span. muermo Rotz, port. mormo,
cat. vorm, prov. vorma; franz. morve und morfondu (morv +
fbndre, ursprünglich vom Pferd), rät. mörf, bergam. morv ä
stinken, sicil. morvu Rotz.
S. zur Bedeutung Diez, Et. Wt I mormo; vgl. 11° gourme,
Jtiorfondre. Über m aus v im Span. vgl. Michaelis, Rom. Wort-
schöpfung S. 234. Auch ital. bedeutet morbo = morbus pest-
artiger Geruch; der Begriff des weichen und weichlichen ver-
bindet sich mit ital. morvido (morbio bei Bonvesin, morbio bei
Ugu9on da Laodho); vgl. Diez, Et. Wt. lla morbido, Ascoli
icn Arch. glottologico YII 536 u. u. mueeidus. Morbus scheint
122 G. Gröber:
der einzige allgemeine Fall der Veränderung von lat. -rb- zu -rv-
(bedingt durch anlautendes m). Sie ist Kegel im SiciL (z. B.
varva = barba), hat statt bei rät. orva Stallsperre, bei orv orb
= orbus (vgl. dazu franz. orv- et Blindschleiche, Dies, Et. Wt
Anhg. I., orbo); im Franz. bei verve = rerfca (s. Foerster in
Ztschr. f. rom. Phil. IV 381, Komania X 302) und verveine
= verben*) im Portug. bei herva = herba, carväo ™ carbo-
nem u. a.
Mösa nach altfranz. Muese (Benoit de St. More), franz. Meuse.
S. Georges s. v. Franz. ue = lat. Ö.
mövita Bewegung, Aufbruch aus movere, nach: sard. movida,
altspan. muebda, franz. meute, altfranz. muete, rät. mott Trieb,
bergani. müida.
S. Du Cange: movita und Arch. II 260 movi-cio = niotio;
Diez, Et. Wt. IIC meute. Derselben Art ist bibituin -a » span.
beodo, franz. boite, ital. bibita; fallita s. Arch. II 282. Weitere
Participialsubstantiva auf -itus, a s. bei Canello in Rivista di
filologia romanza I Hfl*.
m ücce us aus muecus nach: cat. moix traurig, prov. traurig,
feucht, neuprov. mouis feucht, rom. Schweiz mouess, altfranz.
mois (Benoit, Reinichronik) albern, mois-ir schimmeln, rat.
niutch-egna Kotz, ital. moccio Kotz, Schleim, venet. niozzo,
friaul. muess welk.
S. Diez, Et. Wt. II* moccio, IIC moisir. Zur Bildung vgl.
luteus aus lutum. An Herlcitung der rom. Ausdrücke aus musteus
zu denken verbietet die Bedeutung. Das gleichsinnige lat. muc-
eidus genügt für das ital. moeeio (vgl. marcio = mareidus), aber
nicht für das franz. mois (vgl. rance = raneidus) und die übrigen
Sprachen. Ähnlichen Bedeutungswandel zeigt luridus, Arch.
III 517. Das ital. mogio schläfrig, schwermütig, kommt vom
franz. mois (vgl. cervogia — franz. cervoise; s. Arch. III 523
unter niale-vatius und III 525 mansio-nem). Dem franz. (prov.)
Zeitwort mois-ir würde zwar niüc-ere (vgl. nois-ir = nÖc-ere]
nicht aber niüc-ere oder mücc-ere (vgl. luis-ir = luc-ere, dress-ei
= *direeti-are, Arch. II 102) Genüge thun; es ist daher am
mois gezogen. Daför spricht noch besonders, dafs es de-^,
starken Abwandlung entbehrt, die bei ähnlichen Zeitwörterc^,
wie placere tacere = plaisir taisir u. a. nicht verloren g<
gangen ist.
müccidus = mücidus nach: frauz. moiste feucht, schlaff (dahe
Vulg&rlateiDische Substrate romanischer Wörter. 123
limous. mousti feucht, engl, moist, span. mustio traurig, cat.
inusti-ch schlaff, ital. moscio welk, lomb. moisc feucht, sicil.
musciu), lothring. meuche, rät. musch feucht; (friaul. moscid
teigig).
S. Georges, s. v. mucidus; Diez, Et. Wt. I 217 moscio.
Die Form des franz. Wortes ist nach ranci = rancidus und
boiste = pyxida pyxis (s. Zeitschr. f. rom. Phil. III 269) zu be-
urteilen; der rätischen steht marsch = marcidus, asch = aci-
dus zur Seite; das friaul. moscid steht offenbar mit moscio in
Zusammenhang. Die sinnliche Bedeutung blieb nur im Franz.
und Rät Das span. mostio, das nach span. ranci-o = ranci-
dua nicht Umwandlung von muccidus sein kann, wird mit
franz. moisfe durch das limous. mousti vermittelt, woraus das
Span, sich ein Eigenschaftswort zweier Endungen schuf. Ebenso
entstand moscio im Ital. (kein andrer lat. Konsonant als s er-
giebt ital. s), das *moistio den Wörtern auf -oscio zugesellte,
wie das, dem franz. mo&te nach Form und Bedeutung noch
näher gebliebene lomb. moisc sich an die auf -schio (vgl. ne-
visc&io und nevislio Glatteis) anschlofs. Das Friaul. hat lisp
im Sinne von mucidus, das Sicil. lippu für mucus.
müccu8 statt mücus (Marx müccus), nach: sard. inuccu, span.
moco, port. inonco monc-ar, cat. moch moc-ar, neuprov. mouc
Lichtschnuppe, mouc-os rotzig, rom. Schweiz mokka Rotz, franz.
mouch-er schnauzen, mouch-ure Lichtschnuppe, rät. moc mocca
Rotz, Lichtschnuppe, rum. mucn, ital. moccolo Lichtschnuppe,
piemont. moch, calabr. muoccu Rotz.
S. Georges, s. v., Diez, Et. Wt. IIa moccio, II0 moucher.
Ausnahmslos liegt -ücc- zu Grunde,
mügilare müglare nach: sard. muilare; ital. mugghiare (friaul.
mugulä mugnulä).
S. Georges, s. v., vgl. Diez, Et. Wt. I mugghiare; Du
Gange mugulare. Das franz. meugler mugler brüllen hat nichts
damit zo thun, ist vielmehr lautmalende Umgestaltung des
gleichbedeutenden beugler bugler (Diez, Et. Wt II0).
aÖ leere (Marx) nach: ital. möleere.
S. Georges, s. v. Ebenso wegen rom. o:
*Ülctrarium, nur rät. (tirol.) moltra.
S. Georges, s. v.
^tilgere (Marx) nach: sard. mulliri, span. (arag.) muir, port.
tuungir, cat. munyir, prov. molser, franz. (picard.) moudre;
124 G. Gröber:
rät niulger, ruui. uiulge, ital. niungere; lomb. molg, piemont.
1UOD86.
S. Georges, s. v., Diez, Ei Wt. I mungere. Die Gruppe ng
bewirkt, dafs im Ital. etc. u beibehalten ist; vgl. Arch« III 515
lougus. Wo n an Stelle von 1 trat (Spanien; Ital. ), fand Anschluß*
an die Zeitworter auf ngere statt, (span. ungir pungir, pori
jungir ungir, ital. ungere pungere u. 8. w. — lat. ungere pungere
jüngere.)
müllus (Marx u) Meerbarbe, nach: franz. mul-et, ital. mullo.
S. Georges, s. v., Diez, Et. Wt. I muggine. Rom. u, ü —
lat. ü.
muH us (Marx) nach: span. mucho, port muito, cat molt, pro?,
niult, altfranz. molt, rum. multu, itaL molto.
S. Georges, s. v., Diez, Et Wt IP mucho. Rom. o — lat.
ü; im Span. Port, ist u für ü vor, zu *jt, (daher port. it
span. ch) verwandeltem lt Regel (vgl. span. eseuchar, port
eseuiar). Ebenso ü bei:
mündare ^Marx) nach: sard. mundare, span. mondar, pori. mon-
dar, prov. mondar, franz. monder, itaL mondare.
müudus (Marx) nach: sard. mundu, span. mondo, port mundo,
cat. mon, prov. mon, franz. monde, rat mund, itaL mondo.
musca iMurx ü) nach: sard. musca, span. mosca, port mosca,
cat. mosca, prov. mosca, franz. inouche, rat musca, rum. mu-
sca. ital. mo^ca.
inüscea aus musca nach: rat. (tirol.) moscia Bremse, ital. moscia
kleine Fliege.
Bildung wie bestia zu besta (Arch. I 1:50, 588, III 107),
taurea und taura. Romanisch findet ein morphologischer Aus-
tausch zwischen sc und sc nicht statt.
mu seil! us bemoost, nach: rat. misch uiitsch, mQsch mQtsch
schimmelig.
8. Georges, s. v. Zur Wortgestalt vergl. rat. marsch =
mareidus u. a. Die Bedeutung Moos und Schimmel vereinigen
sich auch bei dem span. nioho is. u. inuscus). Zusammenhang
mit müccidus ^s. o uud miliare ^s. o' ist, durch das rat fl
neben i ausgeschlossen.
musclus ^Marx u^ Muschel, nach: ^cau musclo. neuprov. muscle^^
aittYan*\ mousle m;;i>\\ trau.'. :uo:;lo. nu. uiuschla. dtaeh. MuscheV,
5>. lieor^es. s. v.. v£i. l>;cr. Kt. Wt. 1 nicchio. Das fraix^
o uud sl ^vergl. Arch. 111 -7 masc ius verwehren eine
Vulgärlateinische Substrate romanischer Wörter. 125
leitung aus mltylus (s. o. mlt'lus). Der cat. und prov. Aus-
druck gehört der Gelehrtensprache an.
m08cus müsc'lus Moos (Marx ü) nach: sard. nuscu, span. musgo,
port musgo. — Sonst: rät. mustl (tirol.), müschiel miskel
meschel, mm. muschiu, ital. muschio.
8. Georges, s. v., Diez, Et. Wt. I musco. Nicht sowohl
die spanischen Formen mit u sichern lai ü, denn der volks-
tümliche Ausdruck für die Sache ist in Spanien deutscher Her-
kunft: moho (s. Diez, Et. Wt. I muffo), wie in Frankreich:
franz. mousse, prov. moesa, cat molsa d. i. dtsch. moos (siehe
Diez, Ei Wt IIC mousse), das in der Suisse romande auch noch
die Bedeutung Moor, mooriges Thal, festgehalten hat; als viel-
mehr die ostromanischen, bes. die rät Worter, deren ü i nur
lat. ü entsprechen kann, und denen keine anderen Ausdrücke zur
Seite stehen. Altital. moscolo bildet hiergegen keine Instanz.
Das Arch. II 262 belegte muss-ula Moos bezeugt das frühe Ein-
dringen des deutschen Namens in Frankreich, zugleich aber
auch die Möglichkeit eines Deminutivums wie musc-ulus, das
übrigens auf die ostromanischen Sprachen beschränkt ist. In
Sicilien lippu (von Xücog Fett) = Moos, Schleim, Kleber (vgl.
aififltac-(eus) «-» pvöxafc Schnurrbart, nach: ital. mostaccio, njo-
stachio, auch Maul, Gesicht Daher span. mostacho, franz. mou-
stache, rät mustazz, rum. mustate.
S. Diez, Et Wt. I mostaccio. Die Darstellung des v als o
deutet auf ein vom römischen Volksmund fortgepflanztes Wort
(8. Diez, Gram. I 168). Ein unvermittelter Zusammenhang
zwischen dem rum. und dem Grundwort wird durch den Aus-
gang -ate ausgeschlossen, der weder -acem noch -aceum ent-
spricht; das rät. zeigt die nordital. Wiedergabe von -aceum;
im franz. moustach ist s wie che gegen die Lautregeln; der
Erbwortcharakter des span. Wortes kommt nicht in seiner Ge-
stalt zum Ausdruck, und wird besonders zweifelhaft, weil Süd-
frankreich, Catalonien und Portugal des Ausdrucks entbehren.
mtUteia = mustella (Marx ü) nach: prov. mostela, altfranz.
musteile moustoile moutele Wiesel, Schmerle, lothring. moteile,
Schweiz motaila Schmerle; rät. musteila (ü nicht ü) neben
misteila Wiesel; s. auch Arch. glott II 51.
Rom. o = lat u; rora. ei oi = e; zum franz. Wort vgl.
Thurot} Prononciation franc. I 405.
12G ö. Gröber:
müstio-nem mustio nach: ital. moscionc Mostfliege, Säufer.
S. Georges, s. v., Diez, Et. Wt. II* moscione. Die erste
Bedeutung steht sicher durch das Zeugnis Isidors 12, 8, 16.
Für dieselbe würde Bildung aus ital. moscia -f- one (8- °-
muscea) anzunehmen unzulässig sein, weil der Nachdruck bei
der Benennung auf dem Artbegriff liegt. Rom« o-»8. Ebenso:
müstum (Marx) nach: span. mosto, port. mosto, cai most» pro?.
most, franz. nioüt, rät. most, runi. mostu, ital. mosto.
Mütica = Mytice Movtovxa nach: ital. Mqdica, sicil. Mudrica
(nach gef. Mitteilung von Guastella).
S. Georges, 8. v. Abgesehen von dem Vokal der vorletzten
Silbe steht die griech. Schreibung der italien. Wortfonn naher
als die lateinische und vermutlich ist das tonlose ou erst sici
lianisch zu i durch Angleichung geworden.
müt'lus? = mütilus nach: span. mocho (daher cat. motxo), port.
mocho hörnerlos, abgestumpft, (rum. muchie mute Rücken [am
Messer], Falz, Kerbe u. s. w.).
S. Georges, s. v., Diez, Et. Wt. I mozzo. Da der Zusammen-
hang des span. cach-orro mit lat. catulus, den Diez, Et. W^-
Tlb s. v. andeutet, nicht sicher ist, und span. ch nur hinfc*5*
, Konsonant aus t'l zu erwachsen scheint (s. Arch. II 144 astul*}>
so ist trotz der genauen Übereinstimmung des span. und l»*-'
Wortes in der Bedeutung und den sonstigen Lauten die Ideiffc*-"
tat beider nicht gewifs. Das bergam. niotfd, mail. m\\66 v
trägt sich (nach vec'tf = vetulus) allerdings mit mut'lus;
es deckt sich in der Verwendung mit ital. mozzo (mozz
verstümmelt, abgestumpft, in welchen Bedeutungen auch n»
rät. muotsch muott mott gebraucht werden, deren Anlaut mit
(vgl. vegl = vetulus), so wenig verträglich ist, wie das zz d
ital. mozzo. Das erst neufranz. mousse, neuprov. mos stumpf, — ~ ""
abgestumpften Hörnern, könnte auf das ital. Wort zurückgeh^^
(vgl. franz. banqueroutte aus bancherotto und caresse aus i
carezza), wäre hier nicht, wie im limous. mout und andre-
scits im gredner. mul die spezielle Bedeutung von mutil
(mit abgestumpften Hörnern) wieder vorhanden. Auch
deutschem mutzen (Diez a. a. 0.) ist nur ein Teil der
Wörter vereinbar (nicht z. B. mul, mout). Mit einem *muti
(vgl. mut-icus) vertrüge sich nur mozzo mos und etwa mousst
noch weniger Formen wären von murc-us (s. Georges s. v.)
Vulgarlateiniscke Substrate romanischer Wörter. 127
zu erklären. — Das mm. Wort ist seinen Bedeutungen nach
aus mutilus schwer zu entwickeln.
Die beliebte Ableitung *mut(i)l-o-nem im Sinne von
Hammel (s. Diez, Et. Wt. I montone; Flechia im Arch. gloti
II 340), die für span. moton, cat. moltö, prov. moltö, altfranz.
molton, franz. mouton, picard. monton; ital. montone Widder
venet. molton (Bonvesin molton), sicil. muntuni zu Grunde ge-
legt wird, der aber bei Ducange seit dem 8. Jahrh. multo-nem
gegenüber, und nur sehr spat belegtes mutilo-nem zur Seite steht,
hat das Bedenken gegen sich, dafs die Endung -on-em in dem
vorliegenden Sinne, weder lateinisch noch romanisch sich mit
Eigenschaftswörtern, vielmehr nur mit Hauptwörtern vereinigt.
Wo das erstere der Fall zu sein scheint (z. B. ital. bos-one
Art Trompete aus buso leer, Loch), hat das Adjektiv zugleich
substantivische Bedeutung, und diese ist bei mutilus so wenig
nachzuweisen, wie die bei *niutilonem für mutilus voraus-
gesetzte: kastriert. Es ist daher fraglich, ob nicht für
mittellat. mult-o ein Grundwort fremder Herkunft mult- =
Hammel (vgl. tirol. mot = Hammel) den Ausgangspunkt
bildete. Seine Heimat würde das keltische Gebiet gewesen
sein. Denn im Span., das den Hammel carnero nennt, ist
moton, weil lautregelwidrig, franz. Lehnwort; auf denselben
Ursprung weist im ital. montone Widder, Bock das n bin,
wodurch volksetymologisch molton als der „Be Springer" (nach
mont-are bespringen) gedeutet wurde (ebenso picardisch).
tittum zu mutt-ire, nach: cat. mot Ausspruch, Wort, prov.
mot (Donat. proenz.), altfranz. mot mot.
S. Diez, Et. Wt. I motto; s. noch Georges, mutmut. Das
span. und port. mote, Spruch, geben durch abgeleitete Bedeutung
und ausl. -e für -o (vgl. span. brulote bigote aus franz. brülot
bigot) ihre Herkunft aus dem Franz., das ital. motto, Spruch,
lenselben Ursprung durch Bedeutung und o statt o zu erkennen.
?tkr eine Wiederholung auf italienischem Boden der Verände-
"u.Dg des p zu o, die sich in französischen Texten noch ver-
folgen läfst und im Franz. vereinzelt dasteht, ist ein Grund
licht zu ersehen. Das südital. muttu mutto zeigt u für ital. o,
wie sicil. murra = ital. mora, murga = ital. mqrchia u. a.
rxa Docht, im span. mecha Docht, Lunte (daher port. mecha;
fcat. metxa Lunte), prov. mecha mecca, neuprov. auch netse,
franz. meche mesche, (daher ital. miccia Lunte; calabr. micciu).
128 G. Gröber:
S. Georges, s. v., Ducange; Diez, Ei Wt. I. miccia. Die
nur Lunte bedeutenden Wörter sind entlehnt. Docht heilst
port. pavio, cat. bled ble, ital. stopp-ino; auch rät. (lum-elg),
ruin. (mucu), sard. (zaffo) bestehen eigne Wörter. Die Volks-
üblichkeit des griech.-lat. Namens scheint sich auf das Span,
und Franz. zu beschränken; er genügt aber mit seinen Lauten
weder span. mecha noch franz. meche, da z weder hier noch
dort zu ch wird. Da aber das span. und franz. ch verschiedene
Grundlagen haben, mufs span. mecha, für das auch arab. Ur-
sprung ausgeschlossen ist, auf franz. meche oder dieses auf
jenem beruhen. Unvereinbar sind ferner auch das prov. mecca
(14. Jahrh.) mit dem franz. mesche, das allerdings erat eine
spätere Zeit überliefert. Nicht ohne Gewalt wären die vor-
handenen Formen aus *mesca *misca unter französ. Ver-
mittelung herzuleiten, worin aber berechtigte Vertreter des,
seiner Bedeutung und mittelalterlichen Verwendung wegen von
den rom. Wörtern kaum zu trennenden myxa nicht wohl ge-
sehen werden können.
N.
NamnStes statt Naninetes, nach: franz. Nantes.
S. Georges, s. v., vgl. Arch. II 270 Isara.
näpus nach: sard. napa napu, span. naho naba, port. nabo, cat
nap, prov. nab-et, franz. nav-et nav-el, rum. napu, ital. napo.
S. Georges, s. v., Diez, Et Wt. II0 nabot
Narböna = Narbo, nach prov. Narbona, Narbouno, franz. Nar-
bonne.
S. Georges s. v. Narbo Narbona.
nar-ina aus naris, nach: franz. narine, auch Mundarten.
Vgl. Georges: narin-osus. Bildung wie *pector-ina Brust
= franz. poitrine (s. u.), radic-ina (s. Georges). Die altfranz.
Nebenform nar-ille, der ein *naricula entsprechen würde, hat
in der latein. Überlieferung keinen Anhalt; sie versteht sich
durch Einwirkung der franz. Ableitungen aus nasus: nasille
nasiller u. dgl. Da eine franz. Bildung aus unbezeugtem franz.
*ner für nar-em e in der Stammsilbe haben müfste, ausschliefs-
lich aber narine sich iindet, so ist narina als eine Form des
gallischen Lateins aufzufassen. — Das Grundwort bewahrte
das Sard. (nare Nase), das Altprov. (nar), das Rum. (nare
Nasenloch) und Ital. (nare). — In Spanien wird nasus durch
Vulgarlateinische Substrate romanischer Wörter. 120
nar-iz Nase, Geruch (span.), port nariz, cat. nar-iz, (auch ital.
nar-ice Nasenloch, ruail. nar-is) vertreten, das, da dem Span.
Port. Cat nar-is selbst abgeht, eine lateinische Ableitung nar-
ice in nar-ix aus naris voraussetzt, für die (das in Spanien fort-
erhaltene cervix das Vorbild abgeben konnte, da es nächst
Nacken auch Schlund, Flaschenöffnung bezeichnet und sich so
in gewissem Sinne in der Bedeutung mit naris berührt S. auch
natica.
narrare nur im sard. narrere = sagen; das allgemein rom. dicere
wird im Sard. dadurch ersetzt.
Vgl. Georges, 8. v. narrare am Ende.
nassa nicht naxa, nach: sard. nassa, span. nasa, port. nassa
neuprov. nasso, franz. nasse, nanse, rät nassa, ital. nassa
Fischreufse.
S. Georges, s. v.; naxa hätte im Port, neiso, frauz. naisse
ergeben.
natica aus natis, nach: sard. natica, span. nalga, port nadeca,
prov. natja (nagga), altfranz. nache, franz. nage, ital. natica,
friaul. nadie.
S. Diez, Et. Wt I 8. v. Das Grundwort geht den rom.
Sprachen ab. S. Ducange s. v., Hildebrand, Gloss. lat S. 216
nates, Lowe, Prodrom. 409; Gloss. nom. S. 38. 58.
nasturcium nur sard. martuzzu, span. mastuerzo, port mastruco;
neuprov. nastoun, wallon. mastouche; sicil. mastrozzu, venet
nastruzzo, piemont bistordd
S. Georges, s. v., Diez, Et Wt. I nasturzio und Anhg. ma-
stouche. In den andern Sprachen in gelehrter Form oder volks-
etymologisch entstellt Rom. o = lat. u. Nur die mit dem Span,
in Beziehung stehenden Sprachen zeigen m für n.
natta für matta (Flechte, Decke; rom. auch Rahm u. s. w.) nach:
span. nata, port nata, cat. nata Rahm; neuprov. natta Decke,
franz. natte Flechte, Decke; ital. natta Flechte, lomb. natta
schlechter Käse.
S. Ducange natta; Diez, Et Wt.llb nata, 11° natte; Zeitschr.
f. rom. Phil. IV 563, V 564; VI 121 zur Bedeutung. Altfranz.
noch matte Käse, daher mat-on geronnene Milch, daher cat. inatö.
Das auf den drei Hauptgebieten der rom. Sprachen begegnende
n in Verbindung mit der weitverbreiteten abgeleiteten Be-
deutung des Wortes deutet auf frühzeitige Veränderung des
Anlauts von matta hin. — Matta, Decke, besteht daneben
Archiv für lat. Loxikogr. IV. Hüft 1. 0
130 G. Gröber:
französ., italien. und deutsch. — Erst romanisch dürfte nappa
statt mappa, Vortuch, gesagt worden sein (s. Diez, Et Wt 11°
nnppe). In Spanien wird es durch andere Ausdrücke ersetzt;
ital. lautet es noch mappa Tischtuch, piemont. mapa; nur
franz. nappe (neuprov. nappa) Tischtuch, jedoch wallon.
inapp, — und freilich auch albanes. nappe-a Käsetuch. Das
rat. nappa wird durch das deutsch-schweizerische Nappe mit
dorn franz. nappe vermittelt. Ital. nappa Quaste, = lomb. mappa
ist mit der latein. Bedeutung wohl zu vermitteln; ob aber nicht
auch an napus (s. o.) gedacht werden darf, mit dem sich der
Begriff eines kugeligen in Faden auslaufenden Korpers verbindet,
bleibt zu erwägen.
nanclerus und nauticarius Schiffführer, nach: 1) ital. nocchiere
idaher sieil. muWtieri): 2) prov. nauchier (danach cat. nauxer,
altspan. naucher nauchel>: franz. nocher.
S. Georges s. vv.f Diez. Et. Wt. I nocchiere, Förster in
Zeitsehr. f. rom. Phil. 111 566. Der eigentliche Ausdruck für
den Begriff in den rom. Sprachen ist marinarius. Den rom.
Mundarten fehlt das Wort. Auch ital. nocchiere (übrigens
schon bei PanteN und franz. nocher 'erst seit 16. Jahrh. be-
kannt \ sind nur poetische Benennungen, wahrend prov. nauchier
iCarbonel de Marseille, li*. JahrlO volksüblich gewesen zu
sein scheint ^prov. naucler nur in Übersetzung« werken). Da
prov. franz. eh. ital. chi sich nie in demselben Gruudlaute be-
iiegneu. erstres nur eh letzteres nur «Cons.- + ca entspricht,
so liegen verschiedene Etyma zu Grande. Nauclerus schlug
sich in Italien :\\ den Wortern auf -Srium twie monast^ro
— inonasterir.irA Per I.ehnwortchararakter des span. cat
Nomons Heer auf der Haiui: av.eh franz. nocher kann aus dem
Süden stammen v*;!. prov. Aurenga. franz. Orange).
uaviceüa nicht v.a.ueiia. r.a*h: :'ran.\ nacelle (daher neuprov.
iisce'.'o. spar., r.acisa . i:a".. r..iv:oeI".a, ^ergani. naizella.
>- Georges, s. v.. P-.s*.\ K:. W:. W nacelle. Da« einfache
W^r: r.t*: trar.r.. lere v..i: — ■ :.iv:s -r^^-chte eine solche Ab-
"e::*.:r.e r.u/.: l:v. V:-av:. w;:>: „■. *.:v. l-rr^-i:^. a-i naueella zurück.
r.eV .* -■ v.c : ■.:"*, :•*.::; >srl ..■;:;'.& . >:\sil sie&a. ^port. nevoa);
ca:. y.ev.'.a M*r..:a:.. K.:;"> ;: **: .. yrov. sebl* neula. altfranz.
v.sv:*-.*. :•;•;::>: v:*K:\ ri.: :.?.• ä. ?:::.. n«^ra . ital. nebbia.
> v:;vrci*s. * * . *v- **-' ^ ■ " r.^v^A. Das sardische
Yulg&rlateinische Substrate romanischer Wörter. 131
Wort stammt von dem gleichbedeutenden catalan. Portug.
nevoa ist zu beurteilen wie niagoa (s. Arch. III 520; vgl. S. 508),
wie artigo (artigo-o) neben artelho = articulus; insua und ilha
= insula, cfr'abo (diabo-o) = diabolus, tavoa = tabula; zum Teil
gleichbedeutend ist cerrafäo. Das rum. Wort ist, nach staulu
«= stabulum, fauru = faber beurteilt, entlehnt und zeigt wie
ital. nugolo = novolo lat. nubilus (rum. nouru) ein noch zu er-
klärendes g für -b-.
neb'lus Hühnergeier, nach: (altspan. nebli Edelfalke, s. Baist,
Don Manuel S. 114; pori nebri), altfranz. nieble; ital. nibbio,
sicil. nigghiu, mail. nibbi, bologn. nebbi.
Vgl. Diez, Et Wt. I» nibbio, Förster, Lyon. Yzopet S. 139.
Zusammenhang mit miluus (*mivlus) ist wegen \ das nur für
liibbio sich fügt, zweifelhaft.
necare ertranken, nach: span. a-negar, cai a-negar, altprov. negar,
franz. noyer, altfranz. neier, rät. nagar; rum. a in-neca ersticken,
ital. an-negare; ven. negare.
S. Georges, s. y., Diez, Et. Wt. I. In derselben Bedeutung
bei Gregor von Tours. Wohl verkürztes e-neeare, das in den
Formen mit a-, in- noch erhalten zu sein scheint. Das Präfix
fehlt nur in Frankreich und im Rät
nee und neque, nach: 1) sard. nen, span. ni, port. ne-m (wegen
näo = non?), cat. ni, prov. ne ni, franz. ni, rat. ne, ital. ne;
2) rum. nid.
Neque nur rtfm. (vgl. rum. ci = quid).
nec'unus keiner, nach: span. ninguno (port. nenhum), cat. ningun, ,
prov. negus, altfranz. negun, rät. naginn.
Vgl. Diez, Et. Wt. I niuno. Die Verschmelzung ist vor-
romanisch, nach der Darstellung des c als g. Die romanischen
Bildungen mit nee, das schon in den ältesten rom. Texten ohne
c auftritt (9. Jahrb.), zeigen keine Spur von c mehr: prov.
ni-ent (ni -(- ent-em), altfranz. ne-ull (ne + ullus), ital. ni-uno
(ni + uno).
Nemausu8 = Nipavöog, nach: prov. Nemze, franz. Nim es.
S. Georges, s. v. Die griechische Betonung liegt zu Grunde.
nemo nur: sard. nemus, rum. nime und in ital. Mundarten nimo,
nimmu (cors.).
S. Georges s. v., Diez, Et Wt. II* nimo.
n€pta und nSptia = neptis, nach: 1) sard. nepta, span. nieta
(dazu nieto Enkel), port. neta (dazu neto Enkel), cat. net (msk.!);
132 G. Gröber:
prov. nepta und netsa, franz. niece, rät. niazza nezza, itaL nezza;
calabr. niepita!
S. Diez, Et. Wt. IIC niece. Nepta z. B. CIL. X No. 7645
(Sardinien); nepta CIL V 2208 (s. Index); vgl. Arch. glott
ital. III 281 zu neptia. Nepta in den älteren Sprachen bis
Proveuz., von da ausschließlich nepta. Das picard. en- nette
stellt für uen-ette nin-ette Base, Kindchen (Corblet, Gloss. dn
patois picard), gehört also nicht hierher, sondern zu ninna (s. u.).
nSrvus nerviuru nach: sard. nerviu, span. neryio, niervo, port
nervo, cat. nirvi, prov. nervi; franz. nerf, Genf nierfe, picard.
uier, rät. nierv, rum. nevru, ital. nerbo, nervo.
S. Georges, s. v., Di^z, Et. Wt. IIb nervio; nervio bis zum
Prov.; rom. ie = lat 6.
nSscius (Marx) nach: span. nez-ucla, port nec-ear albern; cat.
neci, prov. nesci; franz. nice niche, ital. ngscio n§sci.
S. Georges s. v. In Spanien ist das Wort einheimisch,
aber die Qualität des e ist fraglich; das cat. prov. nesci ist
Lehnwort; dem Auslaut zufolge auch das franz. Wort, das ital.
verrät sein Alter nicht.
nespilum mespilum (Marx) nach: span. nespera, port. nespera,
cat. nespla, prov. nesple, altfranz. nesple, franz. nefle, Mons
neppe, picard. neple, rum. nespilä, ital. nespola, sicil. nespula,
friaul. gnespul.
S. Georges, s. v. mespilum, Diez, Et. Wt. I nespola. Die
Nebenformen des französischen Nordens (wallon. mese mespe,
picard. meille mesle, norm, meille) stehen unter dem Einflüsse
des botanischen Namens um so eher, als die M. zu den Kultur-
pflanzen zählt.
ntmbus (Marx) nur ital. nembo, Kegengufs u. s. w.
S. Georges, s. v.; port. nembo hat andere Bedeutuug nnd
daher andre Grundlage.
ninna nach sard. ninna Wiege, span. niiia Augapfel, nino Kind;
port. fazer nina schlafen, niuha Wiege; cat. nina Pupille, Puppe;
rät. ninar einwiegen, ital. ninna Kind, Wiegenlied u. 8. w.,
ninnar einwiegen.
S. Diez, Et. Wt. I ninna. S. auch oben nepta.
nitidus nach: (sard. nettu), (span. neto); port. nedeo feist, cat
net, prov. nepte net, franz. net, rät. nett rein, neidi unbehaart,
glatt, rum. netedu, ital. netto.
S. Georges, s. v., Diez, Et. Wt. I netto. Die kurze Form
Vulgftrlateinische Substrate romanischer Wörter. 133
erscheint der Verbreitung nach als vorromanisch. Sard. uettu
ist jedoch aus dem Ital. genommen; das span. Wort Gallien
(vgl altspan.: pudio = putidus); das rät. neidi zeigt mit port
nedeo (vgl. tivio = tepidus) und der rum. Form den Fortbestand
des unverkürzten nitidus auf allen rom. Sprachgebieten an. Rät.
net ist Lehnwort Nach ital. putto (putidus) gehört net aber
nicht ausschliesslich Nordfrankreich an. Hiernach ist das Arch. I
540 über nitidus Bemerkte zu berichtigen, wiewohl sich für
die dortige Auffassung z. B. auch span. nov-io zu novus an-
führen liefse.
nivare schneien, nach: sard. nivare, span. nevar, port. nevar,
prov. nevar; bologn. nVar.
Läfst sich wohl aus nivatus folgern (s. Georges 8. v.); das
rom. Partizip besagt ebenfalls „durch Schnee gekühlt". Aus
ihren Formen für nix konnten die obigen rom. Sprachen aller-
dings das Verbuiu selbst ziehen; aber sie bilden hier wiederum,
abgesehen vom bologn. n'var, eine chronologische Reihe. Nach
dem rat. Gebiet gelangte nivere (= neiver), in Rumänien
blieb ningere (= a ninge); Frankreich und Italien haben uu-
bezeugtes nivicare = ital. nevicare, franz. neiger übernommen;
daher franz. neige Schnee (anders Diez, Et. Wt 11°), wie prov.
liiva Schnee von nevare. Von neif noif = nivem konnte das
Franz. nicht zu neiger selbst gelangen.
nivem nix, im Sard. nie, span. nieve, port. neve, cat. neu, prov.
n$u ni§u, altfranz. neif noif, rät. neiv, rum. ueä, ital. neve.
S. Georges, s. v. Hier nur erwähnt wegen des span. ie
för 1; 8. dazu Arch. III 512. Ebenso ist das prov. ni§u (rei-
mend mit bri$u = brevem) zu verstehen. Das Ztschr. f. rom.
Phil. IX 482 erwähnte nif dürfte sich ebenfalls an levare an-
geschlossen haben. Das bergamask. nif versteht sich wie berga-
mask. bif = bibere.
nöbilis lautet sard. nobile, span. noble, port nobre, prov. noble,
franz. noble, rät niebel nobel edelgeboren, edel, ital. nobile,
sicil. nobbili u. s. f.
S. Georges, s. v.; vgl. Förster in Zeitschr. f. rom. Phil.
III 562. Die Behandlung des o im Franz., Rät, Ital. deutet
nur scheinbar auf Umwandlung des lat. o vor Labial zu Q (vgl.
Arch. II 425 flovius; o. S. 118 mobilis). Aber da bei Buch-
wörtern derselbe Wandel sich beobachten läfst, und z. B. glö-
ria vietöria, rät. gliergia, franz. victqire werden, bei sicil.
134 G. Gröber:
nobbili die Konsonantendoppelung das ital. Lehnwort kenntlich
macht, und bei span. noble (vgl. inueble, o. S. 118) nicht von
8 die Rede sein kann, so entfallt das Wort aus der Reihe der
rom. Erbwörter.
nöctem nöx (Marx) nach: sard. nocte, span. noche, port. noite,
cat. nit, prov. nuech, franz. nuit; rät. uoig, rum. uopte, ital. notte.
S. Georges, s. v. Rom. o ue ui. = lat. Ö.
nöctanter nur im Franz. nuitantre.
8. Georges, s. v. Bei Diez, Et. Wt. II0 mit anderer Er-
klärung.
Nöla (Georges) Ncoka steht gegenüber ital. Nola, während ö in
gleicher Stellung sonst als ital. o erscheint (sölus a = solo a).
nön 1) im Sard. non, span. no, port. näo, cat. no, rum. nu.
2) prov. non nein, no nicht; altfranz. non nein, neu ne nicht;
ital. no nein, non nicht.
S. Georges, s. v., Diez, Et. Wt. II0 ne. Die Fornienspal-
tung ist nur gallisch und italisch, und die kurze und lange
Form dienen gerade entgegengesetzten Zwecken; die Spaltung,
für die, wie bei der Behandlung des Vokals, die proklitische
Verwendung entscheidend war, ist daher erst romanisch.
nönnus a, nach: sard. nonnu nonna Pate, -in, span. fiofio stein-
alt, neuprov. nono Nonne, Großmutter, altfranz. nonne, -ain
Nonne; ital. nonno Alter, nonna Grofsmutter, sicil. minnu a.
Vater.
S. Georges, s. v., Diez. Et. Wt. I nonno; und belegt von
Schuchardt 11 117; abgesehen vom Sicil. besteht o = lat ö;
vgl. oben muttum.
noptia = nuptiae, nach: (cat. noces), prov. nossas, franz. noce,
rät. noazza nozza, ital. nozze.
S. Georges s. v., G. Paris in Romania X 397 f. Nur in
Gallien und Italien. Novus, das man in einen etymologischen
Zusammenhang mit nuptiae (vgl. neuvermählt = vermählt)
brachte (vgl. nova nupta, Georges s. v. mibo), bewirkte die Um-
bildung von ü zu 8 nicht nur (G. Paris, 1. c), sondern trat in
Spanien und Südfrankreich auch an Stelle von nupta, -us in
der Form nov-io (vgl. lat. Nov-ius) Neuvermählter, -e, port
noivo a, cat. novi, prov. novi, dazu prov. novia Hochzeit. Nup-
tiae verblieb nur Sardinien (nunsas), das, wie das Rum., aus
nupta daneben die Form nuntas (rum. nuutä) gewann.
nöra = nurus, nach: span. nuera, port. nora, cat nora, prov.
Vnlgarlateiniscbe Substrato romauischer Wörter. 135
nora (Donai proenz.), altfranz. nore, rum. norä noru, ital. nuora,
mail. pceura, sicil. nora.
S. Georges, s. v. nurus; Arch. III 262 nur-u-a (sie), Schuchardt,
Vok. II 160, Diez, Et. Wi I nuora; Rom. ue uo o = lat. Ö.
nöscere (Marx) nach: sard. conuo schere, span. conocer, poct.
conhecer, cat coneixer, prov. cono isser, altfranz. conoistre, rät.
au-canuscher, rum. a eunosee, ital. conoscere.
S. Georges, s. v.; Rom. o = lat. ö.
nötare und natare schwimmen, nach: 1) sard. nadare, span.
nadar, port. nadar, prov. nadar; 2) altfranz. no-er, rät. nudar,
rum. in-nota, ital. nuotare, bergairu nodä, mail. nodä (neapol.
natare), albanes. nottieni.
S. Georges natare, Diez, Et. Wt. I nuotare; Schuchardt,
Vokal. I 175, III 89. Natare bis zum Provenzalischen (ein-
sehliefslich neapol.); notare vom Französ. an.
nÖster (Marx) nach: sard. nostru, span. nuestro, port. nosso,
cat. nostre, prov. nostre, altfranz. nostre, rät. noss, rum. nostru
noastra, ital. nostro, friaul. nestri.
S. Georges, 8. v. Rom. o ue = lat. 8. Die portug. Form
ist hervorgerufen durch Anlehnung an das Demonstrativuni
esse a os as (ipse a, u. s. w.), wie ese a (ipse a) im Span, das
volksübliche nues-o zu nuestro treten liefs.
novac'la = novaculum, nach: span. navalha, port. navalha, cat.
navaja Schermesser.
S. Georges, s. v., Diez, Et. Wt. IP nur in Spanien. Ob damit
altprov. nau, Beil zum Behauen, in Verbindung steht?
liücem nux, nach: sard. nughe, span. nuez (nog-al), port noz
(nog-ueira), cat. nou, prov. notz, franz. noix, rät. nusch, rum.
nueu, ital. noce.
Allgemeinrom. o, also lat ü. Vom Span, nog-al weicht
nuez ab; vgl. Arch. II 426 font-em. Ursache dieser Ausweichung
wird sein, dafs o und ue im Wortstamme wechseln, und, wie
ruego bitte, rogar bitten, huego hogar Feuer, Herd, lwego logar
Ort bestand, so auch nuez (statt noz) zu nö^-al (Nufsbaum) die
berechtigte Form zu sein schien.
Nüceria nicht Nüceria, nach ital. Nocera.
S. Georges, s. v. Die rom. Form entspricht der Messuug
bei Paulinus von Nola.
nüc'la = nueula, nach ital. nocchia grüne Haselnufs, friaul. uole.
S. Georges, s. v. Das einem ü sonst nicht entsprechende
136 G. Gröber: Vulgftrl ateinischc Substrate roman. Wörter.
o kehrt wieder im Ital. bei nodo Knoten, Knöchel, Knorren =
nödus (gegenüber sard. nudu, span. nudo, port. no d. i. no-o,
prov. notz, altfranz. neu, neufranz. noeud, rät. nuv) nnd bei dem
gleichbedeutenden nocchio, das jedoch nicht = nodulus (s.
Georges s. v.) ist, da d'l nicht zu cchi wird, noch auch von
nucleus Kern (trotz Diez, Et. Wt. II*) hergeleitet werden kann,
da die Bedeutungen sich nicht decken, (auch gnoeco Mehl-
klofs wird unrichtig daher von Caix abgeleitet; 8. Diez, Et.
Wt. IIR Anhg.; vgl. damit das. IIa gnoeco). Der nur ital. o-Laut
bei nodo schreibt sich her vom gleichbedeutenden ital. nocca
Knöchel (s. die Herleituug des Wortes bei Diez, Et. Wt II*) j
als Deminutiv davon ist nocchio (vgl. dtsch. Knöch-el) aufzu-
fassen; nocchia scheint in diesen Wortkreis infolge seiner Be-
deutung hineingezogen worden zu sein.
nügalis nicht nöga-, nach: prov. nualla Possen, altfranz. uuak
S. Georges, s. v. Diez, Et Wt. II0 nualh; u ü entspricht
lat. ü. Port, nuga und ital. nuga mögen Buchwörter sein. .
null us (Marx) nach: (sard. nudda Null; span. nulo nichtig: ge-
lehrt; ebenso port. nullo nichtig); cat. null, prov. nul, franx.
nul, rat. nul (nicht nil), ital. nullo, sicil. nnddu.
S. George 8, s. v. Wenn auch das franz. nul aus altfrant
ne-ul kommen und rät. nul in Abzug zu bringen sein mag)
auch span. nulo nach Form und Bedeutung zum Zeugnis nicht
zuzulassen ist und sard. nudda in seiner Vereinzelung (nudd**
fehlt) nicht Erbwort sein mag, so wird ü doch von der pro^-
ital. Form hinreichend gestützt.
Nürsia nach: ital. Norcia.
»
S. Georges, s. v. Ital. o nicht = lat. ü.
nütrire nütrix, nicht nütrire nütrix nach: sard. nudrire; (span.
nutrir nutriz) nodriz-a; (port, nutrir nutriz); cat. nudrir notrir,
nudriss-a; prov. noirir noiriss-a (auch noirim ■=» nütrimen);
franz. nourrir nourric-e (nourrain = prov.); rät. nudrir, nuors-a
nurs-a Schaf (vgl. Arch. glott. VII 541; Schuchardt im Lite-
raturbl. f. gerni. u. rom. Phil. 1887 S. 20); runi. nütrire; ital.
nodrire (nütrire), nodrice (nutrice).
S. Georges, s. v. v.; Schuchardt Vokal. II 186. III 225.
Die Erbwörterformen deuten auf ü.
(Wird fortgesetzt.)
tftral'sburg i. E. G. Gröber.
Miscellen.
Randglossen zn Archiv III 355 ff.
Hochverehrter Herr Kollege!
Ihre Aufforderung zu einer Miscelle für den vierten Jahrgang
des Archivs traf bei mir fast gleichzeitig mit dem Doppelschlufs-
hefte des dritten ein. In demselben zog mich namentlich der Auf-
satz über die historischen und geographischen Sprichwörter von A. Otto
tn und da sich mir bei der Durchlesung desselben ungesucht einige
meinem nächsten Stadienkreise entspringende Bemerkungen ergaben,
so will ich, um Ihrem freundlichen Wunsche einigermafsen zu genügen,
Ihnen dieselben, wie ich sie nach der Reihenfolge der Seiten stans
pede in uno aufgezeichnet habe, zu dem gedachten Behufe mitteilen.
Ich hoffe, dafs sie Ihnen dazu geeignet erscheinen werden; nicht
minder hoffe ich freundliche Aufnahme derselben auch von dem Ver-
fasser jenes Aufsatzes, dessen treffliche Arbeiten ich mit dem warmen
hteresse begleite, das ich ihm seit dem Beginn seiner Studienjahre
unausgesetzt zugewandt habe.
8. 366. Den Titel der varronischen Satire bei Non. S. 40, 1 M.
wird man nach der Überlieferung *Idem Atti quod Tetti', nicht *Idem
Atti quod Titi' schreiben, wie schon Gerlach sah; dasselbe ist auch
hei Öellius III 16, 14 und entsprechend im vorhergehenden Paragraphen
Attio idem quod Tettio ius esto' herzustellen; s. meine Anm. zu § 14,
Wo sich auch sonst einiges zur Ergänzung der ähnlichen vom Vf. beige-
brachten formelhaften Verbindungen römischer Geschlechtsnamen findet.
8.367. .Zur pugna Osculana bei Pest. S. 197 M. konnte auf
Mercklins Abhandlung darüber in einem Dorpater Programm von
1854 und meine Anzeige desselben in den Jahrbüchern f. Philol.
LXXI334ff. verwiesen werden, S. 373 zu Hör. epp. I 17 v. 36 und
dem entsprechenden griechischen Sprichwort Ov navxog ccvöqbg ig
J&fyvfrov fofr' o nXovg auf Osann Philolog. VI 671 if.
8. 377. Der Vers aus. dem Quintus des Titinius bei Pest. 8. v.
Obscum S. 189 M. ist überliefert: *Qui Obsce et Volsce fabulantur,
*am Latine nesciunt' und steht so auch bei Ribbeck (fr. VII CRF*
8.148; 'Opsce' L. Müller Q. Ennius S. 21 6 f.).
8. 378. Dafs nicht nur Capua wegen seines Luxus, sondern
flafe daselbst auch die salbenduftende Strafse Seplasia, in der die
lniguentarii ihren Sitz hatten, sprichwörtlich war, konnte bei den
Ktaten aus Varro und Cicero, die unter Capua erscheinen und aus
däten es sich ergiebt, wohl noch ausdrücklich bemerkt werden: vgl.
138 M. Hertz - 0. Keller.
noch aufser den sehr unvollständig bei Festus S. 317 M. erhaltenen
Versen eines Komikers (ine. poet. Adelph. . . Ribbeck CRP* S. 112), in
denen jedenfalls eine entsprechende, wenn auch dem Wortlaute nach
nicht sicher wiederherzustellende Äufserong steckt, Cic. pro Sestio
§ 19 alter (sc. L. Piso) capillo ita horrido, ut Capua . . Seplasiam
sublaturus videretur, sowie die in dem citierten Paragraphen (§ 24)
der Pisoniana vorhergehenden Worte: Seplasia mehercule, ut dici
audiebam, te ut primum adspexit, Camp an um consulem repudiavit
und das varronische vielumstrittene*) 'Postumi cui(?) Seplasia fetet'.
El>endas. Wie das Oskische und Volskische, so durfte auch neben
der Ruhmredigkeit der Pränestiner ihre Sprache hier berücksichtigt
werden nach Plaut. Truc. v. 690 f. (III 2, 22 f.), wo Stratulax das von
ihm statt 'arraboneni' gebrauchte 'rabonem' rechtfertigt mit "A' facio
lucri, Vt Praenestinis *conea' (s. G. Loewe ASPhL II 474) pro 'ciconia'
und Trin. v. 609 (III 1,8) 'Tarn modo9 inquit Praenestinus' nebst der
entsprechenden Stelle des sogen. Probus de ultimis syllabis OL IV
263,9 und des Festus s. v. Tammodo S. 359 M. und den von Loewe
a. a. 0. und von F. Schoell in den Anmerkungen zu den plautinischen
Stellen angeführten Erörterungen.
S. 380. Das auf den Tempel des Jupiter Ammon bezogene
oraculum 'arietinum' bei G. 111 3, 7 und 8 inufs wohl der Überlieferung
geinäfs aus Afrika als oraculum 'Arretinum' nach Italien und somit
nach S. 381 versetzt werden; s. ramentor. Gellian. mant. S. IS fg.
(opusc. Gell. S. 63 ff.); meine Vermutung in dem Verse des plau-
tinischen oder pseudo - plautinischen Fretum § 7 zu schreiben 'Nunc
illud est quom Arreti ludis niagnis responsum datur' ist von C. F. W.
Müller plant. Prosodie S. 339, 1 und von E. Lübbert gramm. Studien
II 214 gebilligt worden (Winter Plaut, fab. dep. fr. S. 36 giebt, so
wie ich jetzt im Texte, nur die verderbte Überlieferung 'Nunc illud
est quod responsum arretini ludis magis dicitur* ) ; sicher steht jeden*
falls durch die Übereinstimmung mit 'oraculi Arretini' § 7 das, was
hier dabei allein in Frage kommt.
S. 383 bei der Erwähnung des honigspendenden sie i lisch en Hybla
ist das Chat eGell. X 170' in 'Colum. X 170' zu verwandeln**);
eine Hinweisung auf Gellius hätte sich dagegen wohl als weiterer
Zusatz zu der Besprechung des Alcinous S. 228 (in dem Aufsätze
desselben Verfassers 'die Götter und Halbgötter im Sprichworte')
S. 387 beifügen lassen: 'cedere, inquit (Antonius Iulianus), vobis debui,
ut in tali asotia atquo nequitia AI ein um vinceretis', nach der 1848
im Rhein. Mus. VI 634 f. (opusc. Gell. S. 202 f.) gegebenen Textes-
besserung für das überlieferte 'arcinum' oder 'arcinnuin', die ich schon
1853 in den Text aufgenommen habe und auch heute noch für
richtig halte.
Breslau. M. Hertz.
*) S. Ricöe Varr. sat S. 199; Bflcheler Rh. Mub. XIX 476 f. und Petron
S. 20(3 der Ausg. v. 1882; L. Müller Jahrb. f. Phil. XCV 509; L. Havet rev.
de phil. n. s. VII 180.
'*) Statt trist. V7,38 ebenda«. 1. V6,38; st. Mart.Vll26,4 1. 1X26,4.
**>
Misccilen. 139
Zu Catos Fragmenten.
I. Die Form ques.
Sogleich das erste Fragment des I. Buchs der Origines ist durch
eine sonderbare Konjektur verunstaltet. Si ques homines sunt quos
delectat etc. giebt die Überlieferung, in schönster Übereinstimmung
mit dem Senatus consultum de Bacchanalibus , wo ques als Nom.
Plur. des Indefinitums auftritt und scharf unterschieden wird vom
Relativum, wofür die Form qui existiert; Jordan setzt aus eigener
Erfindung queis. Ich würde es als selbstverständlich angeuommen
haben, dafs Jordan seine Ansicht seit dem Drucke jener Ausgabe
(1860) zurückgenommen hat, wenn nicht in seinen „kritischen Bei-
tragen zur Geschichte der lateinischen Sprache, Berl. 1879", wo doch
manche Catostelle behandelt wird, über diese Stelle geschwiegen
wäre. Nach Charisius p. 91 hat Cato auch quescumque als Nom.
Plur. gebraucht; um so weniger ist es angezeigt, jenen wahrschein-
lich richtigen Gebrauch der Form ques beim Indefinituni dem Cato
durch eine Konjektur zu verkümmern.
IL Moscillns oder muscillusV
S. 88 führt Jordan aus Festus an: [Moscillis Cato] pro pravis
moribus dixit. Ohne Zweifel ist zu schreiben muscillis Cato pro
parvis muribus dixit. Das o, welches K. 0. Müller , Ursinus und
Jordan festhalten, ist schwerlich zu rechtfertigen; Übrigens ist mos-
cillis blofs bei Paulus, nicht bei Festus erhalten. Museulis und muri-
bus hat schon Salmasius emendiert. Da die handschriftliche Tradition
parvis, nicht pravis, bietet, so entfernt sich obige Herstellung kaum
weiter von der Tradition als die Jordans. Ein Deminutivuni von mos
aber kommt mir etwas monströs vor: wer spricht z. B. im Deutschen
von Sittchen, Bräuchlein u. dgl.V Musculus verhält sich zu muscu-
ks wie oscilium zu osculum, auricilla zu auricula, ancilli zu ancula,
farcilla zu furcula, penicillus zu peniculus, anicilla zu anicula. Das
angebliche muscellarium = Mausfalle in den gloss. Philoxen. („Mus-
cellarium] viverrarium, yaXeayqau gehört nicht hierher, weil natürlich
nmstellarium gelesen werden mufs.
Zu Plin. epist. I 5, 14.
Subiunxit egregiam causam: 'scripsit' inquit *in epistula qua-
dwn', quae apud Domitianum recitata est, 'Regulus omnium bipe-
dum nequissimus'; quod quidem Modestus verissime scripserat.
Es ist mir nicht bekannt, ob das Wortspiel in den Worton Re-
gulas — neqaissimus schon genügend in das Licht gestellt worden
»t Offenbar ist der Sinn: wie der kleine Zaunkönig (regulus) der
geringst zu achtende unter allen Vögeln sei, so sei der Denunciant
Regulas der verächtlichste, schlechteste, geringste unter allen Menschen.
Der Zaunkönig, regulus, bekanntlich der kleinste unserer ein-
heimischen Vögel, kommt in der römischen Litteratur, wie es scheint,
140 0. Koller - W. Jiraudes.
blofs ein einzigesmal vor, im cannen Je philomela V. 42; danach ist
er aber gewifs ein Singvogel:
Regulus atque merops et rubro pectore progne
Consimili modulo zinzinulare sciunt.
Die Handschriften haben zinzizulare und zinzilulare, und zwar ist die
bessere Handschrift für das erstere, was ich deswegen in den Text
setzen würde. Kiese liest zinzinulare. Dieser Singvogel regulus ist
identisch mit dem congelin der heiligen Hildegard (ed. Migne p. 1307),
und ebenso mit dem ßaoiXioxog oqvig oder ogvvyiov der Griechen,
Artemidor ]>. 234 IL: 7a Öh (wvaixa xal rjSv<pa)va cpiXoXoyovg wrl
(tovoixovg xal svgxovovg^ ä>g zeliSav xal ayÖwv xal ßaötlfaxog xal w
ofioia. Nach dieser Stelle ist der ßaadiaxog ein kleiner Singvogel.
Die Identität von regulus und ßaadiaxog scheint mir ans Hesych.
p. 1323 Seh. hervorzugehen: 'PoßiXXogl ßaadiaxog oovig. Da mit dem
durchaus singulären (toßdXog nichts anzufangen ist, wird man (xydXog
lesen müssen. Dafs man ihn für listig und abgefeimt hielt, geht aus
der äsopischen Fabel vom Adler und ßaadiaxog hervor, Plutarcb,
mor. p. SOG E. Der Adler, der höher als alle andern Vogel ge-
flogen war, sollte eben als König ausgerufen werden; da flog der
Zaunkönig unter einer seiner »Schwingen hervor, setzte sich auf seinen
Kopf uud erklärte sich für siegreich. Dieses hinterlistige Gebaren
des Vogels in der Fabel stimmt vort reiflich mit der Anwendung auf
den obigen Denunzianten.
Melo = Nilus.
Eine der rätselhaftesten Veränderungen, welche sich die archa-
ischen Lateiner nn einem Lehnworte erlaubt habeu, ist die Form Melo
ttir Nilus: Fest. p. 124 M. Servius zu Verg. georg. IV 291. Auso-
nius epist. 4, 75. Der Übergang von anlautendem n in m ist für
die gesainte Latinität etwas so einzig dastehendes, dafs man, wenn
nicht zufallig drei Zeugen der Form vorhanden wären, versucht sein
könnte, die Sache für einen Irrtum der Tradition zu erklären, ob-
gleich wir durch Wörter wie coluber = axoXoTtsvSoa^ Melerpanta ■»
Bcllerophontes , alea = aargayedda u. v. a. in diesem Stücke abge-
härtet genug sein düriten. Ich vermute, dafs die Form von einem
nicht in Rom geborenen bedeutenden archaischen Schriftsteller ge-
wagt worden ist im Anschlüsse an die Sprache seiner Heimat, unA.
dafs dieses jetzt nicht mehr festzustellende Idiom zufällig die gleiche
Liebhaberei hatte wie das Ungarische, wo der Übergang eines aa —
lautenden n in m nichts weniger als unerhört ist. ,,Er lacht" heifs*
sowohl nie v et als nevet, und jedermann kennt aus der ungarisch
Geographie die Verwandlung des heil. Nikolaus in Szent Miklos. [Vgl
oben S. 120 natta, 132 nespilum.J
Trag. 0. Keller.
Miscellen. 141
Accipiter „Jagdfalke44.
Im Eucharisticos des Paulinus von Gella findet sich v. 145 unter
anderen Dingen, welche das Ziel der jugendlichen Wünsche des Ver-
fassers bildeten, neben einem vclox canis auch ein spcciosus accipiter.
Es bedarf kaum noch des Hinweises auf Sidon. Ep. III, 3 und IV, 9
(m equis, canilms, accipitribus institucndis), um zu erhärten, dafs hier
nur der zahme Jagdfalke (acccptor in der lex Salica) gemeint sein
kann. Soweit mir bekannt ist (vgl. namentlich Lindenschmit, Handb.
der deutschen Altertumsk. I, 453 ff.), haben wir in dieser bislang von
niemand berücksichtigten Stelle das älteste sichere Zeugnis für die
Übung der Falkenjagd im Abendlande; denn wenn auch das Gedicht
selbst nicht lange vor der vermutlichen Entstehungszeit der lex Salica
verfafst ist, nämlich 456, so bezieht sich diese Äufserung doch auf
eine weit frühere Zeit, auf die letzten Dezennien des 4. Jahrhunderts.
Auf die Wichtigkeit derselben für die alte Streitfrage nach Heimat
und — so zu sagen — Nationalität jener Jagdart habe ich an anderer
Stelle hingewiesen. Hier möchte ich nur unter Hervorhebung des Um-
Standes, dafs die Bedeutung „Jagdfalke" für accipiter in unsern Wörter-
büchern überhaupt fehlt, die Frage aufwerfen, ob sich nicht vielleicht
sonst noch, etwa bei Kirchenschriftstellern, wo man solche Notizen
nicht zu suchen pflegt, gleichzeitige oder frühere Zeugnisse für Sache
und Wort gefunden haben.
Braunschweig. Wilhelm Brandes.
Adductorium.
Im Archiv II 468 übersetzt J. N. Ott das Wort adductorium
mit „Zelt". Augustin Quaest. in Hept. II 177, 8 (Migne XXXIV 661)
überliefert das Wort im Znsammenhang: „Et facies adductorium de
hyacintho et purpura et cocco torto et bysso torta, opus variatoris.
fit facies velamini quinque columnas . . ." Ebd. § 18 (p. 671) erklärt
Augustin, der in der ganzen Stelle vom hl. Zelt (tabernaculum)
handelt: Quod ostium ingresso occurrebat velum, quod ad ostium
berat oppositum, in quinque columnis extentum, variatum illis quat-
taor coloribus ; quod velum cum faciendum praeciperet, „adductorium"
▼ocavit, eredo quod curreret ducendo et reducendo, cum operiret at-
qite aperiret ingressum. Dieser Erklärung gemafs ist adductorium
*l übersetzen „beweglicher Vorhang".
Dafs adductorium einen Vorhang bezeichne, fordern die voll-
ständigeren hebräischen , chaldäischen und griechischen Texte, mit
«önen die Vulgata stimmt, welche an der betreffenden Stelle (Exod.
*6» 36) liest: „Facies et tentorium in introitu tabernaculi de hya-
clöiho ..." Die Übersetzung aus dem Chaldäischen lautet in der
"*l>lia Complutensis: „Faciesque velum in ostio tabernaculi ex hya-
c,**tho . . /' Auch die vollständigen Texte der Septuaginta haben:
142 P. J- Hauer — Louis Havet
Kcel Ttottiöeig iniGitctCrgov rjj ytvqct xr\g Gxijvfjg i£ vcrx/v&ov..., während
die Übersetzung bei Augustin aus einer lückenhaften Handschrift ge-
flossen ist, welche die Worte rjj &vqcc rrjg ax^vyjg nicht enthielt, wie
sie ja auch beispielsweise in der Biblia Complutensiß fehlen.
Es ist aber die Rede vom Vorhang, welcher den Eingang ans
dem Vorhof dor Stiftshütte ins Heilige verhüllte und gleichsam als
Thüre diente. Wir müssen ihn darum beweglich nennen gegen-
über den Vorhängen, welche als Wände dienten. So heilst es z. B.
bei Loch und Iteischl (Die hl. Schriften des a. und n. Testamentes,
Rogens bürg 1851. Bd. 1. S. 112. Anmkg. d): „Die östliche Seite hatte
links und rechts je 15 Ellen feststehende Vorhänge und in der Mitte
20 Ellen bewegliche, die als Eingang dienten". Ähnlich standen
die Dinge bei unserem Vorhang, nur dafs die feststehenden Vorhänge
zu beiden Seiten fehlten.
Diese Beweglichkeit dürfte im griechischen hticxaQx^ov und im
lateinischen adduetorium ausgedrückt sein; das hebräische Wort ^CQ
bedeutet aber blofs „Decke, Vorhang" (Fürst). Dieses Wort ist
übrigens von der Septuaginta nur hier imoxaoiQov übersetzt worden;
Exod. 27, IG und 40, 5 ist es xcr'Avppa Übersetzt, obwohl an der
letzteren Stelle von dem nämlichen Vorhang die Rede ist.
Kremsmünster. P. Julian Haner.
Coluber.
Ni Jans Curtius, Grundzüger>, ni dans Georges, Handwb.7, ni dans
F. <>. Weise, Die griech. Wörter im Latein, ni dans Saalfeld, Ten-
suurus Italograeous, je ne vois catalogu«'1 parmi les mots emprnntes
coluher = xilvögog et son frminin colubra. Pourtant cette vieille
ötymologie nie parait evidente. Colubra se trouve deja dans Plante,
Stich. 321; l'emprunt est donc dune date oü % devait ötre transcrit
par c et v par u. Le changement de dr en br s'explique peut-ötre
par uu dfveloppement phonrtique regulier, analogne a celni qui fr
changi' XiTQa en libra; on remarque que le groupe dr est tr&s rare
en hitin (ipiadrus est röcent pour quatr-i xigdog a ete estropie en
citrus); en tout cas un chaugement moins regulier aurait ses ana-
logues dans les mots grecs estropüs Catamitus = Ja irufirjörig^ Cor-
thago = KaQiaöwv, Coctib'f = KvKlajxeg (Mt-moires de la Soc. de
ling. V 283). Le ohangement de/ en öl serait moins regulier que
dans oliru = fW«, oar apros r ou // le persiste (cr/fr, scelus, gek*
etc., ibid. 4(> n. 1); inais le vocalisme est ir regulier dans bien des
mots emprunus, citrus, <l»t?iiwt = iktynov, aptustre = SuplaGzor-
l'olubor i'st au plus lvcent üuhidrus comme le ntmpia d'Ennius e^
rhohijJmm. | Vgl. nben Seite 140. D. Ked.J
Hispali.
Pollion iVrivant a l kvron» Farn. X 32, 3, emploie Hispali comme
adverbe de la question ubi*: lYsar, B. civ. II 20, 4 emploie Hispali**
Mißcellen. 143
pour la question quo, mais ponr la question ubi il met in üispali
II 18, 1. Cette irregularito tient au desir de ne pas confondre
l'expression locative avec le nominatif, qui etait Ilispali. Ce nomi-
natif est intact dans les mss. de Pline, h. n. III 11, ä cöte de Cclti,
Axati (cf. 8 Sexij Murgi, 10 Hiberri, Artigi, Vesci, Singili, Tucei
vetuSj Ossiffi, IUiturgi, Isturgi, Sacili etc.). II 219 Pline dit Gadibus,
mais Hispali oppido, c'est a dire qu'il ajoute le nom commun coinme
Cesar ajoute la preposition. — Le nominatif HispeU semble assur6
en poesie (Silius 3, 392). Dans Mola II 88 je ne suis pas sür qu'il
ne faille pas Iire Hastigi, Hispalfi], Coräuha; on fera bien de ne
pas admettre legerement le nominatif Hispalis.
Paris. Louis Havet.
Älteste lateinische Inschrift.
In der Sitzung des deutschen archäologischen Institutes zu Rom
wm 7. Jan. 1887 legte Dr. Hei big eine in einem Grabe bei Prae-
neste gefundene goldene Fibula vor, welche folgende linksläufige In-
schrift trägt:
MANIOS : MED : FHE : FHAKED : NÜMA8I0I
i h. Manius me fecit Numerio. In dem Nominativ ist der Name
des Goldschmiedes, in dem Dativ der des Bestellers und Besitzers
n erkennen. Das M ist fünfstrichig , das F durch zwei Zeichen
F (Vau) und H ausgedrückt. Die Accusativform med erweist die
Inschrift als lateinisch; das bisher aus dem Oskischen bekannte re-
duplizierte Perfekt zerfällt in zwei graphisch getrennte Teile und
geht auf D aus (statt T), wie im Oskischen. Die Dativendung Ol
kennen wir aus Marios Yictorinus; S für R wie in Fusii und Valesii.
Die Lesung und Erklärung wird Dr. phil. Ferdin. Dümmler verdankt.
Dr. Heibig weist die Fibula dem sechsten Jahrhundert vor Chr. zu.
(Nach der vorläufigen Mitteilung in der Wochenschrift f. klass. Philo-
logie; Genaueres wird im Bulletino des römischen Institutes folgen.
Vgl auch Bücheier im Rh. Mus. 1887. Heft 2.)
Zur Entwicklung des Hendiadyoin.
Die Figur, welche wir in Ciceros Prosa in vollster Blüte finden
(Arch. m 584), hat aller Wahrscheinlichkeit nach in der archaischen
Ißtinität sich in sehr bescheidenen Grenzen bewegt; denn manches
*öist darauf hin, dafs die deutsche Ausdrucksweise wie 'bange Furcht,
trtger Müfsiggang, geordnete Reihenfolge' u. ä. auch im Lateinischen
gegolten habe, und erst als diese Variation der Figura etymologiea
(ursprünglich bange Bangigkeit, müfsiger Müfsiggang, geordnete Ord-
nung) mifsbeliebig geworden war, durch Bangigkeit und Furcht, Träg-
*) Bell. Hisp. 36, 1 Lnsitani Hispali pugnare nullo tempore desiste-
tait. Eed.
144 Eil. Wölfflin.
heit und Müssiggang u. Ä.. ersetzt worden sei. Denn gerade in Cicero«
Jugendschriften findet sich noch die deutsche Wendung, de inyent
2, 30 perfecta absolutio (ideale Vollkommenheit), wofür später per-
fectio atque absolutio eintritt Brut. 137. de orat. 1, 130. Genau ent-
sprechend pro Quinctio 07 usitata consuetudo, später usus et con-
suetudo. Darnach gehurt frequentissima celebritate laetari in der Bede
pro Caolio 47 zum älteren Stil, während der moderne Geschmack u
frequontia et celebritas oder einer ähnlichen Auflösung drängte. Wir
finden eine solche in der Rode pro Flacco 41: hie Dorylensis nuper
cum eftorretur magna frequeutia consensuque vestro, da das über-
liefe rte consensuque etwa in coneursuque zu ändern sein wird. Vgl
Vorrin. V 10 quem de trihunuli citsiri iussit coneursu magno frequenti»-
que conventus. p. Arch. 3 tanto conventu hominum ac frequeutia.
Ex toto, in totum.
Den griechischen Adverbialbildungen nuvrcog (ffovrfAftg, itavti-
xaci), oXcog entspricht im Lateiui sehen nur das von omninus gebildete
omnino, da von totus kein Adverbium abgeleitet wird, aufser im .
Spätlatein totaliter von totalis. Von der Glosse oktag: toto, omnino
darf hier fuglich abgesehen werden.
Die erste Hü Ho bot die Präposition wie in: ex improviso, ex
facili, in rot) (pavtoov* ex Tiavxog, und Ocid griff in drei Pentametern
um so lieber zu diesem Mittel, als er omnino überhaupt nicht ge-
brauchen mochte und lieber ex omni parte, z. B. fast. 5, 157. Bern.
42, 358 sagte. Diese sind:
Her. 15, 158 nee Venus ex toto | nostra fuisaet inera.
Pont. 1, G, 28 non est ex toto | nulla relicta meae.
Pont. 4, 8, 72 nee tarnen ex toto | deserere illa potes.
Dafs die drei Sätze negativ >ind, fallt in die Augen, und da bekannt-
lich omnino sich gern mit der Negation verbindet, so mufa man in
der Umschreibung einen neuen Ersatz für omnino vermuten; ja die
Vergleichung zweier Verse Vcrgils läfst darüber keinen Zweifel auf-
kommen ,
Aen. 9, 248 non tarnen omnino Teucros delere parat is.
4, 330 non equidem omnino capta ac deserta viderer.
Denn nicht nur finden wir die Negation wieder an der Spitze des
Verses und tarnen an zweiter Stelle, sondern an dritter omnino, um
den zweiten und halben dritten Versfufs auszufüllen, genau wie bei
Ovid ex toto. Auch bei Martini begegnen wir dem nämlichen Vers-
anfange :
10, G8, 12 non tarnen omnino, Laelia, Lais eris.
12, 40, 5 nil tarnen omnino praestas mihi, etc.
4, 06, 2 qua nihil omnino dulcius esse potest.
Ähnlich auch bei Horaz sat. 2, 8, 04 Ut nihil omnino gustaremus,
au gleicher Verstelle.
Auch der Vergleich der Prosa mufs uns überzeugen, dafs Ovid 8
ex VAo mit Negation und posse nur Variation des hergebrachten
Misoellen, 145
nnino ist: Cic. Verrin. 5, 103 nam omnino tolli posse non arbitra-
ütor. Maren. 14 nihil o. dici potest. prov. cons. 45 o. non potuit.
» dorn. 8 o. non posse. Philipp. 2, 53 cum o. nulla causa esse
38sil Caesar bell civ. 1, 49 quo o. adire non poterat. Gall. 1, 32
sque ullam o. vocem exprimere posset b. Alex. 6, 3 aqua bibi o.
cm poterat; 19, 5 ut nulla o. scapha egredi posset. Sali. Jug. 99, 2
sque o. facere quidquam poterant.
Den Übergang ans der lokalen Auffassung in die modale er-
annt man bei Proper z 4, 21, 6:
Omnia sunt temptata mihi, quacumque fogari
Possit: at ex omni me premit iste deus.
ie Umschreibung behauptet im Verse genau den Platz von omnino;
och übersetzt man Won überall fier\
Die neue Wendung Ovids ex toto hat Seneca rhetor in die
rosa eingeführt, und zwar im ganzen mit den Modifikationen des
chöpfers, mit der Negation und mit posse. contr. 1, 7, 5 quod ex
>to emi non debet, duplo emit. 9, 5, 11 ex toto non potes. 9, 6, 13
t t puellam ambulare non posse. 10, 1, 10 quidam ex t. nihil
ixerunt. 1, 8, 8. 2, 2, 6 et [ex] toto dixit. Ungleich herzhafter
ber ist Celsus ins Zeug gegangen, und zwar mit der neuen Unter-
sheidung, dafs er omnino mit Negation beibehielt (7, 19. 10, 23.
6, 14. 84, 18. 142, 6. 220, 11. 237, 36. 285, 7. 348, 11 Dar.),
k toto aber in der Regel im positiven Satze gebrauchte, im Sinne
08 bei ihm dafür fehlenden prorsus (welches p. 213, 36 Dar. nur
jhiechte Konjektur Lindens für protinus ist). Demnach sind als
.usnahmen zu betrachten p. 18, 35 non ex t. res condemnanda est;
06, 13 ex t. ßibi temperare non possunt. Der positiven Beispiele
ber sind so viele, dafs wir nur wenige hersetzen können: 22, 30
x t. utilia sunt; 45, 36 ex t tutus est; 47, 4 ex t. tolli t; 76, 36
xU cibo abstinere; 93, 21 ex t. reinittuntur febres; 95, 5 ter-
iana ex t intermittit; 96, 16 aliud ex t. sequendum curationis genas;
109, 28 donec ex t. convalescat. Vgl. 35, 4. 48, 19. 63, 3. 77, 25.
J2, 2. 83, 1. 89, 2. 115, 16. 124, 3. 130, 31. 151, 20. 159, 7.
219, 13. 221, 17. 239, 30. 267, 29. 330, 6.
Von jetzt an hat die Phrase einen Freibrief durch die ganze
Litfceratur. Immerhin griffen die Prosaiker nur schüchtern zu; Colu-
mella 2, 21, 2 nach Celsus in der Bejahung ex t. indurescere; 5, 8, 6
ereia ex t. repudianda est, ebenso Plin. nat. hist. 11, 54; Sen. de
ira 2, 6 non ex t. liberare, epist. 75, 10 ex t. non petendis, nach
dem Vorgange der Dichter in der Negation, ebenso Curtius 8, 23, 23
fion ex t. dorn um suam aversari deos, wo Mützell die Redensart zu
foa Gräcismen rechnet Vgl. Hand Tursell. 2, 653 ff. Dräger, histor.
Syntax I2 57 — 59. Bei einem solchen Punkte angelangt, darf der
Grammatiker jeweilen abbrechen.
Nur darf man darum nicht glauben, dafs ex toto die einzige
"tägliche oder versuchte Umschreibung gewesen wäre. Celsus selbst,
fa einflufereichste Patron derselben, schwankte anfänglich zwischen
**toto und in totum. Im dritten Kapitel des ersten Buches schrieb
Atchir fttr l»t. Lexikogr. IV. Heft 1. \t)
146 Ed. Wölfflin:
er p. 21, 34 aestate in totum abstinendum est, gerade wie 76, 36
ex toto a cibo abstinere, nachher, so viel ich weife, nicht mehr. Er
schwankte anfänglich, entschied sich dann aber. Die Auflösung wir
an eich nicht viel schlechter als die andere; Columella, der Philo-
soph Seneca, der Naturforscher Plinius und Quintilian haben
ihr sogar den Vorzug gegeben; aber sie erinnerte an in Universum
und es haben ihr daher nicht alle die gleiche Bedeutung beigelegt
wie Celsus. Wenn Columella 3, 2, 31 sich nicht in Details einlassen
will, sed illud in totum praecipere, quod et Celtras ait etc, so Mut
er die Redensart = in Universum, wie auch 11, 2, 80 in t praeci-
pimus; wenn er aber schreibt 12, 1, 4 munia, quae domi capes-
suntur, non in totum muliebri officio relinquenda sunt, und 12, 1, 5
nut in t. aut certe plurimum domi morari, so meint er, was wir mit
* ausschliefslich ' bezeichnen. Dem ersten Gebrauche folgt Seneoa epist
94, 31 utraque res praecipit, sed altera in totum, particulatim alten,
und epist. 31, 5 in t. iam per maxima acta viro turpe est etiam-
nunc deos f atigare, während epist 72, 6 animus semel in t. sanator
die Umschreibung an die Stelle von omnino getreten ist. Vgl Cic
Sest. 116 semel se ludis omnino commisit; Curidus 4, 10, 24 semel
0. eam viderat, und so oft in Verbindung mit Zahlen «* alles zu-
sammengerechnet. Plinius setzt es im Sinne von prorsus 25, 36
temeraria in t. medicina, 31, 90 in t. di versa, 35, 4 in t exolevit;
vgl. 2, 205. 10, 16. 16, 48 (?); ebenso Quintil. 3, 8, 68 diversum atqno
in t. contrarium, 4, 1, 63 (a7to(STQo<p^v) quidam in t. a prooemio snb-
movent, 4, 1, 72 in t. id necessarium negat; 7, 1, 31. 8, 6, 8. 9,
2, 88; dagegen 9, 2, 98 nam in t. (= in Universum) iurare grati
viro parum convenit et est a Seneca dictum eleganter etc.
Unter den Juristen hat Ulpian die Redensart am häufigsten
gebraucht, nämlich nach gefälliger Mitteilung von Dr. jur. GradenwiU
in Berlin Über 30 mal, sowohl im Sinne von omnino als auch int
Sinne von in Universum Es ist dies gewifs kein Lob für den Juristen,
da * etwas unter allen Umständen verbieten' (grundsätzlich, absolut»
omnino) und c etwas im allgemeinen verbieten' (mit Zulassung vor*
Ausnahmen, in Universum) gewifs nicht einerlei ist. Vgl. Dig. 3, 1, 1
und 3 in t. prohibere (= omnino), 3, 17 denegare. Leider finden«
sich darunter Stellen, an denen selbst ein Jurist über die Auslegung
schwanken kann. Papinian und Paulus, jener an 6, dieser am
10 Stellen, scheinen es nur = in Universum verstanden zu haben*
Die kleineren Juristen haben es selten und der Gebrauch schwankt,
wenn auch die Bedeutung = omnino nur an einer Stelle bei Modestin,
dem Schüler Ulpians, sichersteht. Gaius aber, der in der Form
korrekteste, hat sich der Formel überhaupt enthalten. Ex toto fehlt
bei den klassischen Juristen.
Von den Kirchenvätern gebrauchen in totum schon Minucius
Felix und Tertullian, der erste nur in Verbindung mit einer Ne-
gation (24, 3 quaedam in t. nefas visere; 28, 3 nee audiendos in t.
putabamus), im Sinne des klassischen omnino (wie bei Justin. 32,
1, 9 non in t. dicens male consultum Achaeis); bei Sulpic. Sever.
Miacellen. 147
pend. epist. 2, 11 (si in t. non iures) findet sich sogar die band-
lriftliche Variante (Glossem?) omnino. Viel freier bewegt sich
rtullian, dessen Stellen man in Öhlers Index und bei Hesse, Das
iratori'sche Fragment, 8. 276, Note 1 findet; auch Lactanz gebraucht
ohne Bedenken im positiven wie im negativen Satze; de ira 21, 5
b in i prohibet irasci erinnert die Verbindung an Ulpian. Die
lege aus Cyprian hat Hartel im Index zusammengestellt und mit
inino erklärt; darunter scheint in t. perire (596, 10. 637, 23) eine
sonders beliebte Phrase gewesen zu sein. Die Vulgata zeigt omnino,
d nichts von in totum oder ex toto. Sonst ist aus der profanen
oea nicht sehr viel zu notieren; Liv. perioch. 28 praeclusis in t.
itäbus, 29 victus in t. privatus est kann jedenfalls nicht von Livius
ichrieben sein.
Als charakteristisch darf aber noch erwähnt werden, dafs die
ttlateinische Poesie in totum nach altem Muster in den zweiten
Tsfufs stellt, Venantins Fortun. Carm. 6, 2, 110 Omnibus in to-
n | factus es omne boaum; und noch klassischer mit Negation und
m tarnen Vergils und Ovids Avitus poemata 2, 95:
Non tarnen in totum periit, etc.
Man könnte nun noch per omnia und in omnia als Auflö-
tigen von omnino verfolgen, und würde dieselben wohl auch schon
n Tiberiu8 an in der Prosa 6uchen dürfen; namentlich hat Velleius
»e Formen begünstigt 2, 13. 35. 40. 69. 79. 97. ülpian giebt
gar die stilistische Gleichung per omnia = in totum Dig. 1, 1, 6
B civile est, quod neque in t. a naturali vel gentium recedit nee
tr omnia ei servit, wie Virgil. grammat. p. 59, 29 H. nee in totum
•odueta nee omnino correpta. Doch würde dies zu weit führen.
tt allgemeinere Interesse liegt darin, dafs einzelne Adverbia schon
Uke der Auflösung verfallen sind; begreift man aber in totum und
•r omnia, so versteht man auch das französische partout — » ubi-
ue; hier beabsichtigten wir die Anfänge, nicht die Ausläufer klar zu
Bgen.
München. Eduard Wölfflin.
10<
Litteratur 1886. 1887.
Das „Wörterverzeichnis" zu Martial
99
[Bd. II S. 382—631 der Ausg. von L. Friedländer*) 1886] hat dem Bef.
(Arch. III 564) einige Schwierigkeiten bereitet Daus der Bearbeiter
im Gegensätze zu dem des ' Namenverzeichnisses' (S. 347 — 381),
Carl Frobeen, sich nicht nennen wollte, thut nichts zur Sache; allein
für den Lexikographen ist es nicht gleichgültig, was man unter
„Wörterverzeichnis41 zu verstehen habe. Da der Hsgb. darüber keine
Auskunft giebt, so mufste Ref. dies herauszubringen suchen, und er
konstatierte daher zunächst, dafs es kein Verzeichnis aller Wörter sei,
indem beispielsweise cur, dum, inter, aber auch ecquis u. &• fehlen,
während die Vf. der an gleicher Stelle besprochenen Indices zu Catoll
und Tibull auch den Partikeln und Pronomina eine Stelle gönnen.
Wäre nun durch eine Bemerkung abgegrenzt, was aufgenommen,
was übergangen sei (Fr. nennt jetzt als übergangen: Wörter wie at-
que, aut, et, etiam und dergl.), so würde sich der Lexikograph auf
ein stilles Bedauern beschränken; da aber nichts gesagt ist, so weift
man nie, ob der Schlafe ex silentio berechtigt sei oder nicht. Wenn
numquid aufgenommen ist und ccquid fehlt, so wird man glauben,
Martial habe es nicht gebraucht, und doch findet es sich VII 6,1
und sonst. Oder wenn autem und vel aufgenommen sind, aut aber
fehlt, so mufs man annehmen, der Dichter habe es vermieden., und
doch hat er einfaches wie doppeltes aut sehr oft gebraucht. Man
wird es dem Lexikographen nicht verübeln, wenn er durch solche
Willkür verstimmt wird Sollte denn die deutsche Lexikographie
von 1886 auf dem Standpunkte stehen, den namentlich die Franzosen
im 18. Jahrh. eingenommen haben? Damit kann ich mich unmög-
lich einverstanden erklären. Allermindestens hätte gesetzt werden
sollen: aut epigr. 26,8. I praef. 17 etc. Die einzige Entschuldigung
bot die Annahme, es sei dem * Wörterverzeichnisse ' der Index der
Ausgabe in usum Delphini (1739) zu Grunde gelegt, in welchem z.B.
aut fehlt, und Ref. glaubte diese dem Bearbeiter leihen zu dürfen,
indem er eine * Revision' desselben annahm. Wenn H. Prof. Fr. uns
nun belehrt, es seien zu don ersten 250 Citaten fünf neue hinzu-
gekommen, so haben auch wir dies beobachtet, würden darin aber
keinen Widerspruch mit dem Ausdrucke Revision* finden.
Nach der Versicherung von H. Prof. Fr. haben Königsberger
*) Herr Prof. L. Fr. fragte am 13. Dezb. au, ob eine Berichtigung im
Archive Aufnahme fände, was 'bereitwilligst' für das nächste Heft IV 1 zu-
gesichert wurde. Da er aber nicht so lange warten wollte, veröffentlichte
er dieselbe in der Berliner pbilol. Wochenschrift vom 6. Febr. 1887, worauf
bieinit umgehend Antwort erfolgt.
Litteratur. 149
Studenten das * Wörterverzeichnis neu zusammengestellt', und der
ndex der Ansg. in nsnm Delpbini ist nnr zur Eontrole benutzt. Um so
ehlimmer, dafs nun die Fehler mit Wissen begangen sind. Da wir
ber doch veranlafst sind, das Wort zn ergreifen, so haben wir noch
lehr zu sagen. Zum Behufe der Anzeige wurden an den ersten
fodichten von lib. VII, nam. an 15 — 20 Stichproben vorgenommen.
fobei ergaben sich:
1) Citatfehler: summe ITI 7,5, lies VII 7,5; hilares III 8,1, lies
m 8,1; poscit VII 10, 4 lies VII 10,14.
2) Falsch eingereiht: unter sölum die Stelle VII 16, 1
Aera domi non sunt, snperest hoc, Regule, sölum.
/ulva VII 20, 1 1 unter volva. (Besser stände im Texte volva.)
3) Es fehlen: colitur VII 15, 3. sölum VH 16, 1. muta VII
18, 14. quater VII 20, 4.
Wenn Ref. dies mit Stillschweigen überging, so glaubt er damit
das nötige Mafs von Wohlwollen bewiesen zu haben. Endlich liegt
uns noch etwas auf dem Herzen. Der Leser mufs die Stellen von
onus unter una, von qnidam unter quaedam, von lux unter luce, von
lego unter lecta, von loquor unter locuto, von volo unter velit
rochen, ohne dafs er darüber aufgeklärt würde. Dies sieht schon
dem Versteckenspielen ähnlich. Es ist nämlich der Grundsatz durch-
geführt, die in der alphabetischen Reihenfolge ersten Formen als die
lexikalischen Grundformen zu betrachten, didici für disco u. s. w.
Wozu soll sich nun der Benutzer abquälen, diese Form herauszufinden?
Und wenn nun didici oder lectus zufallig nicht vorkommt, so mufs
man den Artikel unter disco und lego bringen, wodurch Ungleichheit
und Verwirrung entsteht. Wir können vor der Neuerung nur
dringend warnen. Der Herausgeber.
Pbillipps Glosaary by R. Ellis. Beprinted from American Journal
of Philology. vol. VI No. 4. vol. VII No. 3.
Unter den Glossenhandschriften der Bibliothek von Thomas
Phillipps in Cheltenham sind die älteren insofern die weniger inter-
eoanten, als der Inhalt anderwärts und besser überliefert ist. Nicht
ohne Interesse sind dagegen zwei jüngere Handschriften No. 2274
and 4626, beide aus dem Ende des 12. oder Anfang des 13. Jahr-
hunderts, beide mit genau demselben glossographischen Inhalt, nur
dafs die zweite von einer gleich alten Nachtragshand an mehreren
Stellen vervollständigt worden ist. Eine im 1 7. Jahrhundert gemachte
Abschrift des nämlichen Glossars liegt in Brüssel (No. 8421); sie
ragt die Überschrift: Glossarius S. Mariae de Camberone. Da nun
ieses Apographon mit No. 2274 auffallend übereinstimmt, da ferner
erschiedene Handschriften der Cheltenhamer Bibliothek aus dem ge-
innten Kloster herrühren, so ist zu vermuten, dafs die Brüsseler
bschrift aus No. 2274 gemacht wurde, bevor der Codex seinen Weg
ieh England fand.
Über den Inhalt des cod. Cheltenham. No. 4626 hat R. Ellis
150 Litteratur.
nach sorgfältigen Excerpten an verschiedenen Orten dankenswerte
Mitteilungen gemacht. Die erste Erwähnung findet sich im Journal
of Philol. B. VIII p. 71; eine ausführlichere Besprechung steht ebenda
B. XIV p. 81 ff. Einige Glossen aus 0 sind im 2. Bande dieses
Archivs p. 321 abgedruckt; Excerpte aus M N 0 P R bieten die in
der Überschrift genannten Hefte des amerikanischen Journal of Philo*
logy. Dazu kommen noch zerstreute Einzelbemerkungen.
Es wird natürlich Ellis nicht entgangen sein, dafs die Chelten-
hamer Glossen sich in zahlreichen Fällen mit Osberns Panormia und
Isidors Origines berühren: auf beides wurde von Minton Warren zu
den Buchstaben M und N sowie von der Redaktion dieser Zeitschrift
in einer Anmerkung ausdrücklich hingewiesen. Wichtiger wäre die
von Ellis in den Vordergrund gerückte Beziehung zu Paulus-Festus,
wenn Ellis recht hätte mit seiner Ansicht, dafs die Cheltenhamer
Glossen dem Festus vielfach näher ständen als dem Paulus. Allein
so gern ich mich auch mit Ellis im Einvernehmen wüfste, so ver-
mag ich doch nach den seitherigen Mitteilungen, die ohne Zweifel
das Wichtigste bieten, an eine solche engere Beziehung nicht iu
glauben. Was Ellis für seine Ansicht vorgebracht hat, erscheint
mir teils als unerheblich, teils ist mancherlei unberücksichtigt ge-
blieben, wodurch die Sache in eine andere Beleuchtung gerückt wird.
Wenn z. B. aus der leichten Diskrepanz bei Plancus auf Verwandt-
schaft mit Festus geschlossen wird, so steht dem entgegen, dafs
plancus sehr oft mit latus glossiert wird, dafs also der Zusatz sehr
nahe lag. Wenn ferner bei Patagium die Worte ex purpura et auro
variatum, die bei Paulus fehlen, auf Festus bezogen werden, so
dürfte doch nicht zu vergessen sein, dafs grade dieser Zusatz sieh
in den Scholien zu des Atto Polypticum findet, wie bereits De -Vit
erwähnt. Durchschlagend wäre das Citat bei Sororiare, wenn es
wirklich bei Paulus fehlte. Indessen hat Thewrewk von Ponor, dessen
Paulus -Festus -Ausgabe zu meiner Freude rüstig fortschreitet und
hoffentlich nicht lange mehr auf sich warten lassen wird, gezeigt,
dafs dasselbe in andern Paulushandschriften, die Otfr. Müller nicht
benutzt hat, ebenfalls vorhanden ist. Kurz wohin man den Blick
richtet, bietet sich kein Argument, das wirklich Stand hielte. Wenn
ich aber auch in dieser Hinsicht von Ellis abweiche, so will ich da-
mit die Bedeutung des Glossars nicht bestreiten; dieselbe erstreckt
sich jedoch, soweit ich urteilen kann, in erster Linie auf die Ge-
schichte der glossographischen Tradition, worüber an andrer
Stelle zu handeln sein wird. Hier sei nur so viel erwähnt, dafs wir
es mit einer im ganzen jungen Überlieferung zu thun haben, deren
Spuren sich namentlich bei Hugutio und Osbera verfolgen lassen.
Jena. Georg Goetz.
Du Cange-Favre: Glossarium mediae et inflmae latinitatia.
Tomus septimus. R. S. Niort. 1886. 694 pg. 4°.
Der den Normal um taug beträchtlich überschreitende siebente
Band zeigt keine wesentlichen Unterschiede von seinen nächsten Vor-
Litteratur. 151
gftngern. Dafs Diefenbach, dem der erste Band beispielsweise die
(von homo abgeleiteten!) nenen Artikel abhominabilis, abhominare,
abhominatio, abhominatus, abhominosus verdankt, mit mebr Vorsicht
benutzt ist, verdient nur Lob; die wirklich neuen aus Drucken und
Handschriften gesogenen Artikel sind auf den ersten 50 Seiten: ra-
canus, rachamator, racinus, rapabulum, ratum, ravauus, rausarius,
reaptatura, rearripere, rebrunatura, recamatura, recaperator, recha-
mator, recluseria, recogitatio (von Georges schon ans Augustin, Cas-
sian, Donat nachgewiesen), recomparsatio. Diese neuen Wörter sind,
im Gegensatze zu den alten Artikeln von Du Gange, entweder in fran-
zösischer Sprache, oder auch gar nicht erklärt, z. B. „Ravanus: Da
ei tres Bavanos medianos cum ipsorum foliis. BibL nat. Ms. lat.
10272. p. 277." Dafs damit mittelgrofse Rüben gemeint sind (franz.
rave), mufs der Leser selbst finden; aber „Recomparsatio: In recom-
parsationem castri Balonis . . . reddidit et tradidit castrum castillionis"
kann vielleicht weder der Leser noch der Herausgeber die Bedeutung
mit Sicherheit bestimmen. Oder sollte recompensatio zu lesen sein?
Ebenso wenig ist redlerius erklärt. Unter den neu hinzugekommenen
Artikeln finden sich manche, die nur orthographische Varianten sind,
z. B. relicare libros — = religare, relier. Alle diese Wörter, welche
sieh für das gesamte Werk auf 2000 — 3000 belaufen dürften, sind
(abgesehen von dem oben genannten Diefenbach) teils aus L. Qnicherat
(Addenda lexicis latinis. Parisiis 1862) gezogen, teils von M. Frati,
Bibliothekar in Bologna und AI. Pajot, ehemaligem Zögling der Ecole
des Chartes geliefert. Refirmare, welches C. Wagener aus Festus
breviar. cap. 14 entfernt (Arch. ICE 397), wird S. 79 mehrfach ans
dem Mittellatein belegt, z. B. Altampetram refirmare vel castrum
alibi • . . firmare. Dafs reformare an der genannten Stelle als in
den lateinischen Wörterbüchern fehlend bezeichnet wird, beruht auf
einem Irrtum; denn wenn das Wort auch der klassischen Prosa fremd
ist, so hat es doch nach dem Vorgange von Ovid die silberne und
spätere Latinität angenommen. Vgl. Georges s. v.
0« Riemann: Syntaxe latine d'apres lea prinoipes de la gram-
maire hiatorique. Paris. 1886. 496 p. 8°.
Wäre das genannte Buch blofs Schulgrammatik, so wiire eine
Anzeige durch das von uns bisher festgehaltene Programm ausge-
schlossen; es ist aber nicht nur für die Oberklassen, sondern auch
fftr die Studierenden auf der Universität bestimmt, und bietet daher
nicht nur zahlreiche Vergleichnngen mit der griechischen Syntax,
sondern es ist auch der Sprachgebrauch der klassischen Prosa mög-
lichst von dem der Dichter getrennt; aufserdem wird, nach dem
Vorgange von Schmalz, in der Prosa die streng korrekte Ausdrucks -
weise von der familiären und vulgären unterschieden. Die Grund-
lage, auf der die Darstellung des Vf. fufst, sind die bekannten
Grammatiken von Dräger, Kühner, Gofsrau, Schultz, Zumpt, Madvig,
Schmalz; die lateinischen Autoren sind in der Regel nach den
152 Litteratur.
neuesten Rezensionen citiert, nur mutete der Vf., der seine Vorrede
am 23. Oktober 1886 in Interlaken schrieb, für Varro de lingua
latina die 1885 erschienene Ausgabe von A. Spengel benutzen, und
für Plautus Epidicus nicht die von Weise (1837), sondern die von
G. Götz (1878). Dafs der Vf. p. VII zngesteht, es fehle noch eine
wissenschaftliche lateinische Grammatik, wie das neuerdings auch ein
deutscher Romanist unverblümt ausgesprochen hat, freut und schmerzt
uns zugleich; denn eine so alte Wissenschaft wie die klassische Philo-
logie hätte längst das Lehrgebäude aufrichten können, wenn mit
dem Fleifse der Grammatiker die richtige Einsicht verbunden gewesen
wäre; andrerseits ist es doch als ein Gewinn zu erachten, dafs die
Mängel heute wenigstens erkannt sind. Diesem Notstande abzu-
helfen, hatte die Redaktion dieser Zeitschrift wenigstens den guten
Willen, und Riemann hat auch von dieser Seite Belehrung angenom-
men, z. B. S. 323 über ut qui = Arch. II 144. In einem Punkte
aber unterscheidet sich R. wie auch sein Vorgänger Antoine (Syntaxe
de la langue latine. Paris 1886) von den deutschen Grammatikern,
darin dafs sie die lateinischen Musterbeispiele, wenn auch nicht
immer, glauben übersetzen zu müssen.
Man wird in dem Buche verschiedene Beobachtungen finden,
welche neu und dem Vf. eigentümlich sind; in der knappen Form
der Mitteilung aber und durch ihre Zerstreutheit vermögen sie kaum
auf den Fortgang der wissenschaftlichen Untersuchung einzuwirken;
um so lieber verweisen wir hier im voraus auf die Revue de philo-
logie, in welcher Vf. einige Punkte näher auszuführen gedenkt.
(Über die Imperativformen auf -to Rev. de phil. X. 1886 für Plautus,
Terenz und Cicero.)
Auf Wunsch des Vf. ihm Beiträge zu einer verbesserten zweiten
Auflage zu liefern, lassen wir noch ein paar Bemerkungen folgen.
8. 81. Schon vor Ovid (hominum cunctos) hat Catull 66, 9 geschrieben
cunctis deorum. — S. 98. Ob man dignus mit Genetiv der poetischen
Sprache zuweisen dürfe, erscheint doch noch fraglich, da die Stelle
Verg. Aen. 12, 649 wdignus avorum dazu kaum berechtigt. Vgl.
Rhein. Mus. 37, 114. — S. 122 wird opus est aliqua re fälschlich
erklärt j'ai a agir etc.; vielmehr opus (= opis) mihi est libris, mir
ist mit Büchern geholfen, gedient. Vgl. auch Fr. Scholl, Arch. II
207 f. und das analoge usus est. — S. 156. sui (statt sua) causa
kann bei Cicero Verrin. nicht richtig sein, vgl. Arch. I 172. —
Ebendas. tenus, jusque entspricht doch nur der Auffassung des Spät-
lateins; denn Tauro t. regnare heifst nicht bis zum Taurus herrschen,
sondern vom T. an. Vgl. Arch. 1415 ff. — S. 199. ne quis fecisse
velit ist doch nicht identisch mit ne quis faciat, sondern = es möge
sich niemand beikommen (einfallen) lassen — zu thun. — S. 212.
Tnfin. histor.] Es war wohl zu sagen, dafs die Konstruktion in der
Regel 2 oder mehr Infinitive voraussetzt, und dafs ein einziger In-
finitiv nur dann steht, wenn die Handlung wiederholt gedacht wird,
z. B. negitare = iterum iterumque negare. — S. 252. videre est,
constructioii incorrecte; nach Serv. zu Verg. Aen. 8, 676 figura Graeca,
Litteratur. 153
wenn auch die beigefügten Worte: sicut graeco dicitur oqccv iveaxi
Interpolation von Codex D sind. — 8. 75 ist das Beispiel ans Livius
id remedium timori fuit nicht mit den partizipialen Dativen venien-
tibus ab Epiro u. a. zusammenzustellen.
O. Riemann: La question de l'imperatif latin en -to. (Revue
de philol. X (1886.) 161—188. 8°.
Nach dem Vorgange der alten lateinischen Grammatiker be-
zeichnet man bekanntlich die Imperativformen auf -to als Jussivus oder
Imper. futuri, während Schmalz (Synt. 258. § 36) glaubt, die Volks-
sprache habe dieselben als die zudringlicheren verwendet. Riemann
erkennt die Frage nicht als spruchreif, da ein vollständiges Ver-
zeichnis der einschlägigen Stellen nicht vorliege, kommt aber auf
Grund seines ans Plautus, Terenz, Ciceros Briefen und Reden ge-
sammelten Materiales zu dem vorläufigen Ergebnis, dafs die gewöhn-
liche Annahme sich bestätige, wenn auch mit einigen Modifikationen.
Er wünscht andere zur Fortsetzung seiner Studie anzuregen, wobei
u. a. auf die Sentenzenlitteratur (alteri semper ignoscito) und die
Rezepte der Ärzte zu achten wäre. Offenbar haben verschiedene
Einflüsse bei der Feststellung des Sprachgebrauches mitgewirkt: die
einsilbigen Formen es und sei weichen den zweisilbigen esto und
scito; Plautus mag metri causa oder nach dem (schon bei Terenz
modifizierten) Usus seiner Zeit die Bildungen auf to bevorzugt haben,
und die klassische Latinität hat im ganzen mehr die kurzen Formen,
die auf tor gar nicht mehr, wie ja auch die Infinitive auf arier auf
ari sanken; überdies mochte die Sprache (abgesehen von den Formeln
der Gesetzessprache) amato nicht als zweite und als dritte Person'
gelten lassen, sondern griff für die letztere, um Zweideutigkeit zu
vermeiden, lieber auf den Konjunktiv. Vorschriften wie ne colito
bei Plin. nat. hist. scheinen aus altern Schriftstellern de re rust.
übernommen zu sein, da hier Cicero für ne colueris eintrat.. Un-
erwiesen ist, dafs der Imper. auf -to besonders in koncessivem Sinne
gebraucht wurde, da dies mindestens mit gleichem Rechte auch von
den kürzeren Formen gilt.
J. G. Schmalz und G. Landgraf: K. Reisigs Vorlesungen über
lateinische Sprachwissenschaft. 10. und 11. Lief. Berlin 1887.
Calvary. 8.577—768. 8°.
Die vorliegende Doppellieferung, die Syntaris Casuum, die Prä-
positionen und die Lehre vom Participium umfassend, ist von Studien-
Lehrer Dr. G. Landgraf redigiert. Man mag über den Wert des
früher Epoche machenden Buches Air unsere Zeit denken, wie man
will: die Überarbeitung giebt uns die neuere Litteratur über lateinische
Grammatik in einer Vollständigkeit, wie sie weder bei DrUgor noch
sonst wo zu finden ist; den nützlichen Grundrifs von E. Hübner aber
übertrifft sie nicht nur, weil seit der letzten Auflage desselben ein
halbes Dutzend Jahre verstrichen sind, sondern auch, weil man durch
154 Litteratur.
Landgraf auch den Inhalt der genannten Schriften kennen lernt; die
Cilate.aus alten Autoren aber sind so sorgfältig revidiert, dafSs man
mir zur gröfsten Seltenheit einen Fehler finden wird. — Ob cxcettere
in der That mit dem Dativ verbunden werde (S. 623), scheint doch
noch fraglich, da die vermeintlichen Dative wie bei eminere eher
Ablative sein dürften. Ein excellere gregi könnte man zwar etwa
bei Dichtern voraussetzen; doch haben diese gerade das Verb in auf-
fallender Weise zurückgesetzt oder ganz gemieden, und bei Georges7
oder Forcellini - De Vit findet man kein beweiskräftiges Beispiel.
Wilhelm Meyer: Die lateinische Sprache in den romanischen
Ländern. (Grundriß der roman. Philologie, hsgg. von 6. Gröber.
2. Lief. Strafsburg 1886. 8. 351—382.)
Nach ■ einer Einleitung über die Art und die Zeit der Verbrei-
tung der römischen Sprache behandelt Verf. im Hauptteil die 'Ge-
schichte der lateinischen Volkssprache', ein Abschnitt, den Romanisten
und Latinisten mit gleicher Freude begrüfsen werden. Denn er fafst
nicht nur zusammen, was bis jetzt über das Vulgärlatein von andern
ermittelt worden, sondern er bringt zugleich eine grofse Anzahl Re-
sultate, die M. eigenster Forschung verdankt; und überall tritt der
weite Umfang seiner Kenntnisse zu Tage. Am ausführlichsten ist
natürlich die Lautlehre und die Formenlehre dargestellt, da in dieser
Richtung die Erforschung der romanischen Sprachen am weitesten
fortgeschritten ist. Kürzer wird die Wortbildungslehre und die
Syntax behandelt, wo zwar die Latinisten vielfach vorgearbeitet haben,
die Kontrolluntersuchungen nach romanischer Seite hin aber noch
grofsenteils fehlen. Unter der Fülle des Neuen findet sich natürlich
manches, das zum Widerspruch auffordert, zumal der knappe Raum
dem Verf. die Begründung seiner Aufstellungen versagte. Doch ist
hier nicht der Ort auf Einzelheiten einzugehen; M. hat wohl hie
und da allzu genau darstellen wollen, genauer, als das überlieferte
Material sichere Schlüsse gestattet; vgl. z. B. die Vermischung und
den Untergang der Casus § 42 ff.
Während man früher den Beginn des Vulgärlateins zu spät
datierte in die Zeit, da die Schriftsprache in Verfall gerfit, scheint
man mir gegenwärtig in der anderen Richtung zu weit zu gehen,
namentlich seit den bestechenden, aber nicht durchweg überzeugenden
Ausführungen Gröbers Archiv I 213 ff. Der in manchen Beziehungen
altertümlichste Dialekt, das Sardinisohe, geht, soviel ioh sehe, nicht
sowohl direkt auf die präsumtive Volkssprache zur Zeit der Einver-
leibung Sardiniens zurück, als ungefähr auf das Gemeinrömische zu
Beginn unserer Zeitrechnung. Dafs die Schriftsprache etwa bis auf
Cicero sich aufser in Syntax und Wortschatz auch in den Lauten
und Formen von der römischen Volkssprache wesentlich unterschieden
habe, ist unerwiesen und unwahrscheinlich. Ich halte daher z. B.
die Deutung der romanischen Imperfekte auf -e#m, tarn als alter
Formen der Vulgärsprache, die nur nirgends in die schriftlichen
Litteratur. 155
enkm&ler eingedrungen wären (Meyer § 36 nach Gröber), nicht so-
ohl fnr eine Erklärung, als für einen bequemen Ausweg, schwer
i erklärende Formen bei Seite zu schaffen oder doch in das Dunkel
nr Urzeit zurückzuschieben. Ebensowenig kann ich mit Gröber an
n Tulgftrlat Suffix -erius glauben, das seit alter Zeit neben dem
ftriftlat -arius gestanden hätte (vgl. Meyer § 50). Wenn hier eine
ermutung gestattet ist, so möchte ich roman. >$rius für lautgesetz-
ch aus -(i)arius entstanden halten im Norden, im nordfranzösischen
od francoprovenzalischen Gebiete, wo in sehr früher Zeit d nach y
i 0 (resp. ie) geworden ist. Es verdrängte daselbst -arius und er-
tarte ganz Südfrankreich, drang auch in Italien vor, ohne aber hier
ber den einheimischen Abkömmling von -arius völlig Meister zu
erden. Ähnlich läfst sich die nördliche Form cer§sca neben dem
ldlichen cerdsea 'Kirsche' erklären (§ 15), iudem das kymrische
ehnwort ce'trios eine nördliche Grundform mit vertauschtem Suffix
ceriäsia erschliefsen läfst. — Druckfehler — die nicht ganz fehlen —
drrigieren sich von selbst. Auf Versehen beruht die angebliche
[earang pfyus bei Ter. Maur. 168 in § 15, die I Plur. afrz. faismcs
it. faimes) in § 33, der überhaupt wenig Überzeugendes bietet.
Stehen wir nicht an den Inhalt dieses Abschnittes, von Einzel -
eiten abgesehen, als vortrefflich und auch in seinen zweifelhaften
'eilen als anregend zu bezeichnen, so möchten wir andrerseits gegen
ie Form desselben energischen Einspruch erheben. Ref. ist wahrlich
em Freund der Weitschweifigkeit Es giebt aber einen Grad von
Kondensation, der dem Verständnis und der Übersicht gleichermafseu
und ist; und diesen Grad scheint uns der Verf. an manchen Stellen
rreicht zu haben. Das ist gerade in einem encyklopädischen Werke
oppelt bedauerlich. Wird es schon demjenigen, der sich selber ge-
auer mit den Problemen beschäftigt hat, nicht leicht sich in den
lehr als knappen Notizen zurechtzufinden, so steht zu vermuten, dafs
er Studierende oder auch der Latinist oder Romanist, der bis jetzt
lesen Spezialfragen ferner gestanden, sich mit leisem Grauen von
&m Gewirre von Formeln und Zeichen abwendet, was doch gewifs
icht die Absicht des Verf. sein kann. M. hat als Entschuldigungs-
rund den engbemessenen Raum; doch hätten ihm Verlag und Re-
aktion doch wohl einen halben Bogen mehr bewilligt So ist zu be-
drohten, dafs manche anregende Bemerkung, die zum fruchtbaren
lameukorn für weitere Untersuchungen werden könnte, unbeachtet
der unverstanden bei Seite liegen bleibt.
Den Schlufs des inhaltreichen Abschnittes bildet ein guter Über-
•lick über die Geschichte der lateinischen Schriftsprache in den
omanischen Ländern.
Jena. R. Thnrneysen.
'r. Cramer: De perfeoti ooniunotivi ura potentdali apud prisoos
soriptores latinos. Marburg. 1886. Diss. inaug. 87 pg. 8°.
Der Konjuuktiv des Perfekts hat längst die Aufmerksamkeit der
listorischen Grammatik auf sich gezogen. Schon das Vorhandensein
156 Litteratur.
von Doppclformen im Altlatein erregte das Interesse, man forschte
nacb Entstehung und Bedeutung derselben, suchte eine Differenzierung
von fecerlm und faxim und ähnlichen nebeneinander bestehenden
Formen; ferner bemerkte man den aoristischen Gebrauch des Konj.
Perf. in ne dixcris und dixerit quispiam, dann die allmähliche Er-
weiterung der Gebrauchssphäre des Konj. Perf. im silb. Latein, &. B.
ut sie dixerim, das Fehlen der ersten Person Pluralis im Altlatein,
so daf8 z. B. dixerimus sich vor Cornificius nicht nachweisen lftfst
u. a. mehr. Kontroversen konnten nicht ausbleiben, die wichtigste
ist die über die Bedeutung des sigmatisch gebildeten Konj. Perf. s. B.
faxim, negassim; leichter einigte man sich über Herleitung der For-
men; denn dafs capso ein Konj. Aor., capsim ein Optr Aor. ist, dafg
auch viderim = eidelrjv entspricht, dürfte wohl allgemein anerkannt
sein. Bei dieser Sachlage ist es naheliegend, dafs der Konj. Perf.
ein ergiebiges Feld für sprachliche Untersuchungen abgiebt und so
hat denn auch Vf. sich vorgenommen, die eine Richtung im Ge-
brauche des Konj. Perf., den Potentialis, hinsichtlich seines Gebrauchs
im Altlatein näher zu beobachten; die Optative und prohibitive Ver-
wendung der gleichen Verbalform wird nur gestreift, dagegen wirft
die Untersuchung des vorklassischen Brauches auch Licht auf die
kl. und nachkl. Diktion.
Vf. stellt fest, dafs der Gebrauch des Potentialis sich ans der
hypothetischen Satzfttgung entwickelt habe; dabei kommt er auf ähn-
liche Gedanken, wie Wegener Grundfragen S. 188 f., wo Wunsch und
Bedingung Zwillinge genannt werden; denu aus dem Nachsatze der
hypothetischen Periode ist wohl in gleicher Weise der Potentialis
hervorgegangen, wie aus dem Vordersatze der Optativus. Die That-
sache, dafs der Potentialis im Altlatein selten vorkommt, verlangt
eine Erklärung; diese giebt Vf. durch den Hinweis auf den nativns
antiquissimi sermonis vigor, der noch nicht ea quae exploratissima
erant modestiore qnadam iudicandi specie quasi obvolvere studebat;
somit blieb der Cic. Zeit die besondere Ausbildung des Potentialis
vorbehalten; eine Einwirkung der eleganten attischen Diktion sei
dabei nicht zu verkennen. Bezüglich der Doppelformen faxim neben
fecerim stellt sich Vf. vollständig auf den Standpunkt von Madvig
und Lübbert (vgl. Archiv II 227); auch ihm gilt der Madvigsohe
Satz, „dafs die sigmatischen Formen die Bedeutung der Vergangen-
heit überhaupt nicht besessen haben". Im Gebrauche von dizerim,
fecerim und den andern längeren Formen scheidet er zwischen per-
fectum logicum und praeteritum historicura; der Potentialis des
ersteren findet sich im Altlatein wohl nur im hypothetischen Satze
und auch da selten; der Potentialis des letztern wird gleichfalls nicht
häufig angetroffen und unterscheidet sich wesentlich in Anwendung
und Bedeutung von der Übung der klassischen Zeit. Dieser Ab-
schnitt wird von dem Vf. besonders ausführlich behandelt und mit
zahlreichen Beispielen belegt.
Die Abhandlung stützt sich in der Darlegung der einseinen
Beobachtungen auf ein reiches, kritisch wohl gesichtetes Stellen«
Litte ratur. 157
naierial, ebenso sind dem Vf. die neusten Forschungen auf seinem
Gebiete wohlbekannt. Das Latein ist, wie natürlich bei einer so
spröden Materie, vielfach schwerfällig.
Tauberbischofsheim. J. EL Schmalz.
3. M. Zander: De relatione pronominal! ea, quae est per QVOD
et ID QVOD. Lundae. typis Berlingianis. 1885. 54 pagg. 4°.
Die Arbeit kommt mehr der Stilistik als der historischen Gram-
natik zu gute. Gleichsam nur pflichtschuldigst, um einem herge-
>rachten Brauche zu genügen, giebt Verf. eine geschichtliche Ein-
eitung, wobei die prisci hinter der Klage über die exiguae reliquiae
ler vorciceronianischen Litteratur zurücktreten, von der Kaiserzeit
iber wird gelegentlich bemerkt: quod non scrutatus sum, nee enim
keile talem rem animum advertas, nisi intenderis. Ober Varro ge-
lenkt Verf. ealio tempore' zu handeln, für das bell. Hispan. und für
2nrtius beruft er sich auf Äufserungen von Degenhardt und Vogel;
lie Autoren der silbernen Latinität sind mehr nur gelegentlich heran-
gezogen. Darnach besteht das Hauptmaterial der Untersuchung aus
jueretius, Cicero, Cäsar, Sallust und Nepos, wenn auch für Cicero
ast nur die Reden und das Leiicon von Merguet benutzt sind. Mit
iülfe desselben und durch sorgfältige Prüfung der einzelnen Stellen
tat aber Z. in verdienstlicher Weise festgestellt, dafs in einer grofsen
Sahl von Fällen ausschliefslich quod gebraucht werden darf. Nach-
Lem Verf. in Cap. 2 und 3 einige Fragen aus der Lehre von den
Relativsätzen behandelt, kommt er in Cap. 4 (p. 20) zu seinem eigent-
ichen Thema, und unterscheidet genau Stellung, Form uud Bedeu-
ung des Belativums.
Der Umstand, ob das Pronomen, resp. der Relativsatz am An-
ang oder am Ende des Hauptsatzes stehe oder in denselben paren-
hetisch eingeschoben sei, ist von grofser Bedeutung für die Form
les Pronomens. Aus den Bemerkungen über die Formen ist hervor-
nheben, dafs, wenn quod mit einer Konjunktion oder einem andern
*ronomen verbunden ist, nie id steht, aufser Cic. in Verr. III 162:
i quod tametsi. Bücksichtlich der Bedeutung wird sodann quod be-
landelt in der transitio, in Wunsch-, Final- und Konsekutivsätzen,
derauf restriktiv, adversativ, koncessiv (so auch in der praeteritio)
ind schliefslich kausal, zwar hier als Begründung, warum man etwas
rwähne, ferner als Bekräftigung einer Behauptung, als parenthetische
:nrze Erläuterung einer unklaren oder unbekannten Sache, ferner,
im etwas zu erwähnen, was eigentlich bekannt sein sollte, zur ge-
tauern Angabe der Bedeutung des Beziehungswortes (explikativ oder
pexegetisch), emphatisch bei Dingen von Bedeutung, als wiederholte
Versicherung. Mit Recht bemerkt Vf., dafs man vielfach schwanken
önne in der Zuweisung der Beispiele zur einen oder andern Klasse;
och komme es ihm hauptsächlich darauf an zu zeigen, wo ü ber-
aupt quod, yo id quod vorkommen könne. In geschickter Weise
lacht er das dadurch klar, dafs er zuweilen zu Beginn jeder Unter-
158 Litteratnr.
abteilung an einer gröfsern Zahl von Beispielen zeigt, in welcher
Weise sonst noch das betreffende modale Verhältnis mit dem Vor-
hergehenden oder Folgenden verknüpft werde. Nicht zn oft aber
kann betont werden, was auch Vf. nicht zu erwähnen versäumt, dafs
diese Scheidungen nicht aus der variierenden Bedeutung des an sich
indifferenten quod hervorgehen, sondern allein aus dem Inhalt des
mit quod eingeleiteten Satzes in seiner Beziehung zum Hauptsätze.
An Einzelheiten ans diesem Abschnitt wäre noch hervorzuheben
das quod, welches, obgleich relativisch ans Vorhergehende anknüpfend,
doch zn einer ganz neuen Sache überleitet (p. 46). Hier mufs häufig
das Belativum als solches zurücktreten oder verdunkelt werden; das
ist der Fall bei quod si} worin übrigens mit Recht Zander nicht
mit Bergk, Ritschi und Munro den alten Abi. quöd, sondern einfach
den Nom. oder Acc. quod sieht. — In Kürze wird p. 51 daran er-
innert, dafs bei Cicero und seit ihm nicht selten quae res oder quam
rem für quod erscheint (11 Beisp. in Ciceros Beden), namentlich
aber dann, wenn quod mit Konjunktionen verbunden werden sollte.
Zum Schlufs bietet Vf. (p. 51 — 54) einen nicht ungeschickt
angelegten Überblick über die Resultate seiner Untersuchung, indem
er summarisch die Fälle angiebt, wo nur quod vorkommt, und die*
jenigen, wo quod und id quod promiscue gebraucht werden, immerhin
so, dafs id quod bei Cicero nicht blofs absolut, sondern auch relativ
viel häufiger ist als bei den andern gleichzeitigen Schriftstellern.
So bleibt nur zu wünschen, dafs Vf. seine Untersuchungen auch
über die andern Schriften Ciceros und über andere Zeiten als blofs
die ciceronianische ausdehnen möge.
Frauenfeld. Otto Schultheis.
H. Planer: De haud et haudquaquam negationum apud serip*
torea latinos natu Jenae 1886. 8°. 91 pp. (Inauguraldisser-
tation.)
Wenn je ein Philologe in der Lage war, tüchtige Vorarbeiten
benützen zu können, so war es der Vf. der vorliegenden Schrift. Für
Livius, den erklärten Liebhaber des Mädchens aus der Fremde —
oder gelten nicht von der Partikel haud des Dichters Worte „Man
wufste nicht, woher sie kam; doch schnell war ihre Spur verloren?"
— lag die bekannte gründliche Arbeit von M. Müller (Progr. v.
Stendal 1877), für die schwierigste Litteraturperiode, die archaische,
die gediegene Abhandlung von F. Sigismund ede haud negationis
apud priscos scriptores usu9 (comment. philol. Jen. III p. 217 sqq.
vgl. Archiv I, 306) vor, in welcher sowohl mit den antiken und
modernen Etymologieen, als mit den vielfachen Bestrebungen einen
Bedeutungsunterschied zwischen haud und non herauszuklügeln, hoffent-
lich für immer aufgeräumt wurde. Doch bleibt dem Vf. das grofoe
Verdienst, die Untersuchung auf die ganze Latinität ausgedehnt und
das allmähliche Verschwinden des rätselhaften Wortes uns gewisser-
mafsen, ad oculos demonstriert zu haben. Planer hat die sämtlichen
Litteratur. 159
Belege zusammengestellt, deren Verzeichnis den Hauptteil der Schrift
(p. 29 bis Schlafs) bildet, während im ersten Teile nach einer kurzen,
nichts Neues bietenden Einleitung (p. 1 — 5) nur die aus der Samm-
lung eich ergebenden sprachgeschichtlichen Thatsachen verzeichnet
werden. Von Livius und Vergilius, welch letzterer natürlich auch
in der häufigen Anwendung von haud für die späteren Hexametriker
maßgebend war, abgesehen, macht sich schon im goldenen Zeitalter
der lateinischen Litteratur eine Beschränkung des Gebrauches von haud
bemerkbar; die Elegiker verhalten sich ziemlich ablehnend, bei meh-
reren Schriftstellern fehlt es schon in dieser Periode gänzlich. Von
den Vertretern der silbernen Latinität halten fast ausßchliefslicb die
mehr oder minder von Sallustius und Livius beeinflufsten Historiker
am Gebrauche der Partikel fest; Tacitus, der sie nach Livius am
häufigsten anwendet, enthält sich ihrer in seiner rhetorischen Jugend-
schrift, womit ihr Fehlen bei seinem Freunde Plinius, sowie ihre
ftufserst spärliche Anwendung in dem Werke des gemeinsamen Lehrers
Quintilianus zusammengehalten werden mag. Der Naturforscher Pli-
nius läfst sie nach auffallig häufigem Gebrauche in der ersten Hälfte
der naturalis historia, in welcher er nach des Vfs. Ansicht (propius
ad rerum scriptores in genere dicendi accedit' (p. 15), fast gänzlich
fallen. Der Philosoph Seneca hat sie, vielleicht nach dem Vorgange
seines Vaters, in den Prosaschriften durchaus gemieden, ohne sich
in seinen Tragödien der nämlichen Abstinenz zu befleifsigen. Von
Fronto und Genossen an nimmt besonders die Verbindung von haud
mit Verbiß immer mehr ab, — eine Ausnahme macht noch Julius
Valerius — die abgesagten Feinde der Partikel werden immer zahl-
reicher , sie verschwindet aus ganzen Litteraturgebieten, z. 'B. den
Rechtsquellen, und fristet schließlich in festgewurzelten Wendungen,
wie haud longe, haud procul, haud dubie und dgl. ein kümmerliches
Dasein. Unselbständige Stilisten können ebensowenig, als die Dichter
(s. o.) für die fortdauernde Lebensfähigkeit des Wortes Zeugnis ab-
legen. — Auffallend ist, dafs der Vf. es nicht der Mühe wert ge-
funden hat, derjenigen Gelehrten Erwähnung zu thun, welche in Unter-
suchungen Aber den Sprachgebrauch einzelner Autoren auf das Vor-
kommen, resp. Nichtvorkommen von haud geachtet haben, wie z. B.
8ander, Brolen, Törneblath; vgl. Reisig: Vorl. üb. lat. Spr. neu bearb.
von 8chmalz-Landgraf III, Anm. 405; für die Panegyriker: C. Burk-
hard, obs. crit ad paneg. lat act. sem. Erl. III p. 167 adn. 5. Dafs
Columella sich an Vergilius angeschlossen (p. 13 adn. 1), ist doch
sehr unwahrscheinlich, wenn er in dem in gebundener Sprache ab-
mieten 10. Buche eomnino ,haud' aspernatus est' (p. 17). Warum
wird p. 14, wo das Fehlen der Partikel in Senecas Prosaschriften
(konstatiert von Haase, Sen. op. III praef. p. XIII) erwähnt wird,
nicht darauf hingewiesen, dafs der Vf. des Briefwechsels zwischen
8eneca und Paulus schon durch die wiederholte Anwendung dieses
Wortes sich als plumpen Fälscher verrät? (epist. 7; 11; 12); p. 23
mufste gelegentlich des hl. Hieronymus auf den viermaligen Gebrauch
von haud in der Vulgata aufmerksam gemacht werden: haud dubie
160 Litteratur.
t
Levit. 13, 43; haud dubiura Esth. 15, 1; 1. Tim. 6, 7; h. procuL
lud. 18, 17. — Die Disposition des] Index ist folgende: Adiectiva
29 — 45), Pronomina (45-48), Adverbia (48—70), Substantiv»
70 — 71; hier werden auch haud sine, haud cum und dgL unterge-
bracht); Verba (71 — 82) und 'exempla, quae videntur a communi
lege discrepare' (82 — 86; scheinbare Beziehung auf den ganzen Safe,
Anwendung bei Gegensätzen und dgL); p. 86 sqq. werden in gleicher
Ordnung die Belege für haudquaquam angeführt; vgl. p. 25 sqq.
Vermifst habe ich (haud immitis' Ov. met XIII, 740; 'haud invidus'
steht bei Stat. Theb. VIII, 281, nicht III, 281; — Val. PL VIII 266
wird richtiger caut falsi . . . tauri' gelesen. — In die Hochzeit der
Venus (sie!) mit der Philologie hätte der Vf. nicht einwilligen sollen
(p. 54; 63)!
München. Carl Weyman.
P. Langen: Plautinische Studien. Berlin, Calvary u. Co. 1886.
(Berliner Studien für class. Phü. u. Arch. V, 1). VI + 400 8.
Die von Ritschi angeregte und in neuerer Zeit vielfach behandelte
Frage nach den Veränderungen und Erweiterungen, welche die plau-
tinischen Stücke im Laufe der Zeit durch die Praxis der Bühne er-
litten haben, sucht Verf. in vorliegender Schrift ihrer Lösung einen
Schritt näher zu führen. Mit Recht wird verlangt, dafs eine solche
Untersuchung sich auf sämtliche Komödien zu erstrecken habe;
ferner wird ausgeführt, dafs gewisse Mängel in Sprache und Kompo-
sition, Breite des Ausdrucks, Widersprüche, Inkonsequenzen und
psychologische Un Wahrscheinlichkeiten, eben weil sie feieb in allen
Stücken finden, nicht den Diaskeuasten und Interpolatoren, sondern
dem Dichter selbst zuzuschreiben sind: die allgemeinen Ausführungen
darüber, welche Langen mit der ihm eigenen Besonnenheit besonders
S. 89 f. giebt — man vergleiche auch das S. 336 über den Pönulus
Gesagte — scheinen dem Ref. durchaus einleuchtend, wenn man
auch über Einzelheiten immer verschiedener Meinung sein kann. Die
einzelnen Komödien werden zunächst S. 1 — 88 auf Wiederholung des
nämlichen Gedankens hin untersucht, dann S. 89 — 232 die sachlichen
Mängel besprochen; der dritte Abschnitt S. 233 — 387 giebt eine
eingehende Erörterung unechter oder als unecht verdächtigter Stellen:
beachtenswert scheint namentlich der Versuch des Verf. (S. 344 f.),
den echten und unechten Schlufs des Pönulus zu rekonstruieren.
Hiebei kommt natürlich eine Reihe von Worten und Wendungen zur
Sprache, bei welchen zu untersuchen ist, ob sie für plautinisch gelten
können oder nicht: für die Leser des Archivs ist von besonderem
Interesse die Auseinandersetzung S. 324 — 329 (im Inhaltsverzeichnis
sind Z. 6 u. 7 die Zahlen 250 und 324 zu vertauschen), wo Langen
die Unechtheit der ganzen Sceue Mil. III 1 (596 — 812) besonders
mit sprachlichen Gründen zu erweisen sucht; hier wird u. a. der
plautinische Gebrauch von obicere, optio, ludus, compendium,
poscere, das bei Plautus nur mit persönlichem Subjekt vorkommt,
Litteratur. 161
erörtert; defendere kennt der Dichter nur in der Bedeutung 'ab-
halten, verteidigen', partes gar nicht in der Bedeutung * Rolle', das
Wort Studiosus und wahrscheinlich servilis (8. 341) überhaupt
nicht. Freilich, ob odiorum Ilias (Mil. 743) wirklich für das Publi-
kum des Plantus als unverständlich gelten mufs (S. 328), scheint
mir zweifelhaft. Ebenso ist post am Schlufs einer Aufzählung (Mil.
653 8. 326) kaum anstöfsig und braucht gar nicht mit Brix 'kurz9
erklärt zu werden. Dagegen nimmt sich Langen mit Recht in der
Stelle AuL 76 ex tne ut unam faciam litteram Longam des unam
an: dafs Piautas öfter onus wie unseren anbestimmten Artikel ge-
braucht, hat schon Pareus mehrfach belegt und später Lorenz zu
Most. 676. Ebenso wird Pseud. 92 sciens mit Recht verteidigt: es
ist 'mit voller Absicht, mit klarem Bewufstsein', und Langen konnte
noch die Formel si sciens fallo Ribb. trag. R.2 p. 234 (Cic. fam.
7, 1, 2) und die Stelle des Ctlcilius 69 — obwohl eines malus auc-
tor Latinitatis — vergleichen: Machaera quin licitari adversum ahe-
num coepisti sciens? wo wenigstens das letzte Wort ganz sicher ist.
Die Untersuchung über quid est? das 8. 362 behandelt wird (vgl.
Brix zu Capt. 576), führt Langen vielleicht einmal später in dem
Sinne weiter, wie sie für Terenz Schlee im Archiv III 553—557
gegeben hat: wenigstens bieten Amph. 735 die Handschriften Quid
id est? Der Verf. hat selbst den Exkurs S. 388 f. über die Kon-
struktion von utor, das bei Plantus über dreifsig mal das Nominal -
objekt im Acc. hat und lange nicht so oft transitiv ist, als man bis
dahin glaubte, seitdem auch auf die Komposita und fruor, fungor,
potior ausgedehnt im Arch. III 329 — 336.
Dafs eine genaue Statistik über das Auftreten und Verschwinden
einzelner Worte und Wortkonstruktionen für eine methodische Kritik
des so stark überarbeiteten Plautustextes von der grüfsten Wichtig-
keit ist, liegt auf der Hand: möchte die Anregung, welche dazu auch
das vorliegende Buch giebt, eine recht fruchtbare sein! B.
Otto Schoendoerffer: De syntaxi Catonis. Diss. inaug. Regim.
1885. 89 pg. 8°.
Die Frage, wie weit Catos Schrift De re rustica als Original
oder als durch spätere Überarbeitung entstellt zu betrachten sei, ist
heute noch eine offene, da die Ansichten von Keil und Jordan sich
widersprechen and eine ins einzelne eingehende Untersuchung nicht
vorliegt Nachdem Reinh. Klotz aus den Citaten bei Varro, Plinius
u. a. nachgewiesen hatte, dafs die Alten das Buch in der Gestalt
lasen, in der wir es heute noch besitzen, müfste sich eine genauere
Untersuchung sowohl auf den Wortschatz, als auch auf die Formen
und die Syntax erstrecken. Der Vf. hat, von Jordan angeregt, nur
den syntaktischen Teil behandelt, und zwar in dem Sinne, dafs er
wohl einzelne Interpolationen anerkennt, eine durchgreifende Über-
arbeitung und umfängliche Zusätze in Abrede stellt.
Kann daher seine Antwort nur der dritte Teil der vollen Ant-
Axohir für Ut. Lodkogr. IV. Heft 1. IV
162 Litteratnr.
wort sein, so mufs man noch hinzufügen, dafs auch diese Partial-
lösung manches zu wünschen übrig läfct, da Vf. in der neueren
Litteratur nicht genügend bewandert ist. So wird nicht nur von
E. Hauler keine Notiz genommen, der Arch. I 582 die Echtheit der
Schrift verteidigt, sondern in den syntaktischen Fragen geht Vi
nicht tief genug. Eine Struktur wie: Quo modo oletum agri iugera
CCXL instruere oporteat vilicum, vilicam . . . opilionem I summa
homines XIII, kann man nur richtig beurteilen, wenn man sich er-
innert, dafs auch in Koch- und andern Rezepten der Acousativ ge-
wöhnlich ist, z. B. bei Apicius, bei dem man Reoipe ergänzen mag;
dafs dann das Resultat der Addition mit dem Ablativ summa ange-
geben werde, hätte Vf. nicht nur behaupten, sondern beweisen, und
zugleich erwägen sollen, ob vielleicht vor summa ein Punkt zu setzen
und summa mit ausgelassener Kopula als Subjekt zu fassen sei —
Ein Analogon zu: ob struem obmovendam hat Vf. nur bei Sali,
lug. 89 gefunden, kennt also weder Pacuv. ine. 86 lt., noch Sali
lug. 102, 2 ob regnum tutandum, noch Cic. Rab. Post. IG die alte
Formel: si quis ob rem iudicandam peeuniam aeeepisset. — Dafs ans
inpraesentiarum nicht auf Interpolation geschlossen werden dürfe,
wird S. 45 mit Recht bemerkt, aber weder etwas Neues zur Er-
klärung der Form (vgl. oben S. 11), noch etwas zum Verständnis
der Stelle beigebracht.
Druck und Ausdruck sind nicht musterhaft, z. B. p. 23: num
ablativum instrumentalem esse viri docti dubitant.
Aug. Ahlheim: De Senecae rhetoris neu dicendi quaestiones
seleotae. Diss. inaug. Giss. Darmstadini 188G. 54 pgg. 8°.
Den Sprachgebrauch des Rhetors Seneca haben bisher mehrere
Abhandinngen M. Sanders (Quaestiones in Sen. rhet. syntacticae.
part. I. de particulis loci, temporis, comparationis, finis, oausae, con-
cessionis. Greifs wald 1872. Der Sprachgebrauch des Rh. Sen. I
Berlin 1877. II 1880) zum Gegenstande gehabt. Ahlheim verhält
sich ergänzend zu Sander, ohne auch übrigens seinerseits die Unter-
suchung zu Ende zu führen. Er behandelt nach Drägers Schema
die Kapitel: Genetiv, Ablativ, Präpositionen, Participia, Gerundium
und Gerundivum; Koordination statt Subordination. Da er anf histori-
schem Standpunkt steht, versäumt er nicht, die grammatischen That-
sachen in diesem Sinne zu beurteilen und sieht sich so mehrfach in
der Lage, gegen die bisherige Konstatierung (namentlich bei Dräger)
einen Gebrauch als zuerst bei Sen. rh. auftretend zu bezeichnen.
Er hätte hiebei noch einen Schritt weiter gehen und Senecas und
der von ihm, nach begründeter Annahme, wohl in ihrer Sprach-
eigentümlichkeit wiedergegebenen Rhetoren Eigentum noch bestimmter
scheiden sollen. Posttdare c. gen. z. B. (A. p. 10) wird man, da es
sich nicht in den Worten Senecas, sondern nur des Latro, Vib.
G alias u. s. w. zu finden scheint, als zuerst in der Praxis der Rhe-
torenschule aufgetaucht bezeichnen dürfen. IncmUus c. gen. (A. p. 9)
Litteratur. 163
gehört dem YotienuB an, insatiäbilis c. gen. (A. p. 10) dagegen dem
Seneca selbst, und es ist immerbin bemerkenswert, dafs gerade das
letztere auch bei Seneca Sohn auftritt. Circa im übertragenen Sinn
(p. 45) findet sich vornehmlich in Senecas eigenen Worten, ahnlich
steht es mit citra (p. 45). — Von intra weifs A. nichts zu notieren:
Erwähnung verdiente jedoch die Verbindung dieser Präposition mit
persönlichen Begriffen Sen. contr. II. praef. 5. ante illuin (Blan-
dum) intra Ubertinos praeeeptores pulcherrimae diseiplinae continebantur,
f&r welche weder Hand, Tursell. noch Drager Parallelen bieten. Bei
der Besprechung von a, ab durfte die Stelle Sen. contr. X. praef. 16.
horum nomina non me a nimio favorc sed a certo posuisse iudicio
eeietis, wo a kausal gebraucht ist, nicht übergangen werden, wenn
schon dieser Gebrauch auch bei Livius nicht fehlt. Für propttr
nimmt Vf. (p. 42) mit Grund auch finale Bedeutung in Anspruch-,
daß Beispiel: Cestius. contr. II, 5 (13), 3: nupsit isti prqptcr libcros =
bberorom quaerundorum causa ist beweisend. Der Versuch, suas.
6, 1 7 die handschriftliche Lesart vlx attollentes lacrimis oculos homines
intueri . . . membra potuerunt gegen die Gronovsche, von Kiessling
und H. J. Müller aeeeptierte Konjektur (prae) lacrimis zu verteidigen,
durch Hinweis einmal auf eine Reihe kausaler Ablative, namentlich
aber auf die Thatsache, dafs im ganzen Seneca prae nicht vorkomme,
ist zwar auf den ersten Blick ansprechend, der Beweis ist aber nicht
stringent, da erstens von den erwähnten blofsen Abi. causae keiner
eich als eine ausreichende Parallele betrachten läfst, zweitens die
betr. Worte livianisch sind und am Mafstab livianischer Gewohn-
heit gemessen prae wohl erwarten lassen (cf. Liv. 10,13,9 rix prae
strepitu audita lex est. 9, 13, 1 prae clamore . . . nulla adhortatio
andita est). — In dem Urteil, suas. 6, 9 (solus dcclamatoribus) sei nicht
mit Kiessling zu ergänzen solus de decl., sondern mit H. J. Müller sol.
t d., da sich bei Sen. sonst de = gen. pari, nicht finde, wird A.
recht haben. — Die Stelle suas. 6, 1 1 sed maxime eum m Asiam et
Macedoniam hortaius est in Cassi et in Bruti castra gehörte mehr
unter die bei A. fehlende Rubrik „Ellipse", als unter „Präpositions-
gebrauch14. Sander allerdings, der die Ellipse I 1 5 f. behandelt, hat
das Beispiel nicht beigezogen. Dafs andrerseits das für die Tempus-
praxis wichtige: Lacones nisi suecurritis, mundus captus est, (Senian.
suas. 2, 18), bereits von Sander II S. 20 notiert war, noch dazu mit
Hinweis auf das fast identische: nisi suecurritis, noverca vicit, ego
victus suni (Argentarius contr. IX 6 [29], 4) scheint A. entgangen zu sein.
Indem A. p. 51 über die Erscheinung: Koordination statt Kon-
dicionalsatz' handelt, bespricht er die Stelle: suas. 6,7 repete age-
dmn tot patrocinia, tot clientelas et maximum beneficiorum tuorum,
ipeum: iam intelleges Ciceronem in mortem cogi posse, in preces
non posse. Sander II 21 sucht ipsum zu baiton; A. schreibt nach
Schulung und den Editoren rem publicam ipsam. Vielleicht ist mit
Berücksichtigung von suas. 7, 2 quid consulatum salutarem urbi etc.
suas. 6, 21 hoc certe publicum bencficium palam erat, illam miserrimi
temporis servitutem a Catilina dilatam in Antotrium. 6, 26 redeunt
U*
164 Litteratur.
animis ingentia con&ulis acta, eher zu lesen consulatum ipeum. Das
Vorhergehende: patrocinia, clientelas läfst entschieden die Erwähnung
einer Thätigkeit erwarten und die Apodosis speziell die einer ge-
fahrvollen: Cic. or. in Catil. IV, § 2. 3 kann als Illustration dieser
Stelle dienen.
Nürnberg. Albrecht Köhler.
Hans Felix: Quaestiones grammatioae in Veüeiom Pftteronlum*
liallen8er Inauguraldissertation. 1886. 60 pg. 8°.
Nach einer in gutem Latein geschriebenen Einleitung über die
silberne Latinität gliedert der Vf. p. 12 seinen Stoff folgendermafsen:
1. Das genus orationis des V. im allgemeinen; 2. Neubildungen;
3. neue Bedeutungen der Wörter; 4. Syntax; 5. Gräcismen; 6. Ein-
flufs der Vulgärsprache.
Dafs er den schönen Aufsatz von Sauppe im schweizer. Museum
von 1837 (nicht 1827) zur Grundlage genommen und die Prolego-
mena von Kritz mit Vorsicht benützt hat, war ohne Zweifel wobi-
ge than; dafs er die Arbeiten von Georges (Sohn), Lange und Fritsch
nicht benützt hat, ist ein entschiedener Nachteil. Man sieht wohl,
dafs Vf. seinen Stoff auf Grund eigener Lektüre selbst zusammengetragen
hat, aber indem er nur die augusteischen Dichter und Livius mit
seinem V. vergleicht, hat er dessen Stellung in der Geschichte der
Sprache und Litteratur nicht vollkommen zu würdigen vermocht. So
ahnt er nicht einmal den Zusammenhang des Vell. mit Sallust, der
doch längst erkannt ist, und vindiciert daher claritudo und ähnliche
Bildungen, inquies, multi mortales, cetera mit Adjektiv, longe mit
Komparativ dem V., offenbar ohne eine Ahnung, dafs alles dieB
schon dem Sallust geläufig ist. Es ist dies eine Gefahr, der junge
Vf. oft erliegen, die nur einen einzelnen Autor bearbeiten, während
sie doch gerade darauf achten sollten, das Individuum richtig in den
grofsen historischen Zusammenhang einzureihen. So wird also auch
elanguesco als Neubildung dem V. zugeteilt, obwohl nach Georges
bereits Varro das Wort gebraucht hat; bei consummatio wird ver-
gessen zu bemerken, dafs gleichzeitig (wenn nicht früher) auch Valerins
Maximus das Verbalsubstantiv anwendet, und dafs consummare (Aren.
II 355 f.) überhaupt eine Neubildung des Livius ist; zwei Decom*
posita soll V. den Griechen nachgeahmt haben, nämlich repraesen-
tare (welches kein Decompositum ist), und subrefectus, wo sub =
paulum nicht als Präposition zählen darf. In dem Abschnitte De
sermone plebeio werden einige Frequentativa = Simplicia aufgezählt,
adventare, consultare, dictitare, pollicitari, vocitare, wobei weder des
Vorganges von Sallust gedacht, noch untersucht wird, ob das Fre-
quentativum wirklich bedeutungslos sei; indicare konnte aber in diese
Rubrik nur setzen, wer mit List oder Gewalt möglichst viele Bei-
spiele sammeln wollte; und eben so vag ist die Bemerkung über
Verba activa und Deponentia, oder die über den Ablativ der Zeitdauer.
Das Beste scheint uns der Nachweis des Einflusses der Dichter-
Litteratur. 165
Sprache und die Zusammenstellung der Neubildungen zu sein; der
Vf. wttre aber gewifs leicht im stände gewesen, bei etwas gröfserer
Anadauer eine zuverlässigere Arbeit zu liefern.
»
0. Lange: Zum Spraohgebrauche des Velleiua Paterculus.
Gymnu-Progr. Stettin 1886. 26 S. 4°.
Das vorliegende Programm bildet eine erwünschte Ergänzung
zu dem früheren desselben Vfs. (Putbus 1878), in welchem die Syn-
taris casuum behandelt ist; es umfafst die Syntaxis convenientiae,
die Präpositionen, die Tempora und Modi inclus. Modi in Nebensätzen,
Infinitiv, Participium, Gerundium und Gerundivum, und zum Schlüsse
noch die koordinierenden Partikeln. Nach dem Vorgange ähnlicher
Arbeiten ordnet es mehr nur das Material, welches bei einer neuen
Auflage Dragers benützt werden könnte, während 66 den Einflufs
Sallusts und der augusteischen Dichter wie Vergil (sine fine; ante
omnes mit Nomen proprium vom Range) oder Ovid (saepe . . . saepe)
nicht heraushebt; dagegen ist öfters auf die Redensarten hingewiesen ,
welche in der silbernen Prosa zuerst auftauchen, z. B. auf in con-
fesso esse. In dem Abschnitte über die Participien wäre Franc. Helm
De paiücipiorum usu Tacitino, Velleiano, Sallustiano (Lips. 1879) zu
vergleichen gewesen.
Ob Velleius neben dem kausalen ob auch propter in gleichem
Sinne an der einen Stelle 2, 108, 2 gebraucht habe, ist nach Arch.
I 163 doch zweifelhaft; 2, 11, 1 quantum hello optimus, tantum
pace pessimus allerdings c eigentümlich ', aber nicht nur wegen der
Superlative, welche, weil unregelmäfsig gebildet, zuerst auf die Stufe
der Positive herabsinken, sondern auch wegen quantum und tan tu in,
welche an die Stelle von quam und tarn traten. Da igitur konstant
an der Spitze des Satzes steht, so mufs 2, 65, 2 tum igitur als
eine schlechte Konjektur betrachtet werden. Wie kühn es vom Vf.
war, 2, 6, 3 zu sagen: civitatem extendere usque Alpis, ist oben
S. 55 gezeigt.
Krebs-Schmalz: Antibarbarus der lateinischen Sprache. 6. Aufl.
Vierte Lieferung. Basel 1887. S. 401-528. Lex.-8Ü.
Das rasch fortschreitende Werk ist mit dieser Lieferung bis
Famosu8 gelangt.. Wenn auch das buchhändlerische Bedürfnis dem
Hsgb. kaum genügende Mufse liefs, alles bis auf den Grund durch-
zuackern, so ist doch von Lief. 5 an Sorge getragen, dafs sämtliche
Citate revidiert werden; denn es stellt sich immer mehr heraus, dafs
man sich auf die Angaben von Krebs und Allgayer nicht unbedingt
verlassen kann. Da die Anlage des Buches längst bekannt und an-
erkannt ist, so beschränken wir uns auf ein paar flüchtige Bemer-
kungen. Epistolae ad diversos] Dieser Gebrauch wohl zuerst in der
Überschrift der Scriptores historiae Augustae: Vitae diversorum prin-
cipum et tyrannorum etc., dann epist. ad diversos Hieron. vir. ill 135,
wie auch Alcimus Avitus drei Bücher epistularum ad diversos schrieb.
166 Litteratur.
Ausg. von Peiper, 1883. 8. 35 ff. — sine dubio] Es war hier vor
dem unsterblichen 'sine nllo dubio' zu warnen, da das substanti-
vierte Neutrum dubium kein Attribut ertragt. Vgl. sine ulla dubi-
tatione. - — dumtaxat] Die Bedeutung scheint uns auch jetzt noch
nicht genügend festgestellt, und eine Specialuntersuchung notwendig.
— exadversuß] Bei Cicero; aber in einem freien Citate aus einem
älteren Historiker. — Excellere mit dem Dativ]? Vgl. oben S, 154.
— Externatur] Vgl. jetzt Archiv III 542 ff.
E. Hau ler: Die Orlöaner Palimpsestfragmente xu Salluats
Historien. Wioo. 1887.
Die Wiener Studien IX 25 — 51 bringen uns die erste Gesamt-
ausgabe der für uns unschätzbaren Überreste römischer Historio-
graphie mit knappem Apparate, Prolegomena und angehängten Er-
klärungen. Da über den Inhalt zu referieren nicht Aufgabe dieser
Zeitschrift sein kann, über den sprachlichen Gewinn aber der Ent-
decker selbst Bericht erstattet hat (Arch. III 535 — 539), so bleibt
für diese Anzeige nicht mehr viel zu sagen. Manches, wie der ver-
suchte nächtliche Überfall des römischen Lagers durch die Piraten,
liest sich so glatt, dafs man von Zeit zu Zeit von dem Gedanken
verfolgt wird, die Geschichte schon irgendwo gelesen zu haben;
anderes dagegen hinterläfst den Eindruck, dafs Sallnsts Sprache von
gewissen Härten nicht freizusprechen, oder der Text durch nochmalige
Revision des Palimpsestes und durch Konjekturalkritik zu bessern sei.
Dürfen wir auch auf diese zweite Möglichkeit noch einige Hoffnungen
setzen, so müssen wir doch zu allererst Herrn Dr. Hau ler unsere
vollste Anerkennung zollen für alles das, was er unter schwierigen
Umständen geleistet hat. Er hat auch mittlerweile in Rom gefunden,
dafs cod. Urbinas 411 und Vatican. 3415, welche die Reden und
Briefe aus Sallnsts Historien enthalten, nicht directe Abschriften deB
älteren Vaticanus 3864 saec. X sind, wie H. Jordan annahm. Ebenso
hat das im Arch. III 306 mitgeteilte Fragment durch die zweite
Lesung gewonnen, indem jetzt ediert ist: conscientia noxarum tnetuert,
nc datis arrnis mox tarnen extretna victis (statt extremas vices) patc-
retitur; dann ni tnetus urgwet (statt nc nictus surgerei), endlich et in
co (wonte Micro Magnae Matri) credebafur cjmlari diebus certis dea.
Die Schwierigkeit in dem Passus: montem, ex quo in fuqam oppidi
teil cofiiectus erat, oecupavit, scheint noch nicht gehoben: Hartel inter-
pretiert si ex oppido fugere conarentur; Mommsen vermutet in iuga,
Bücheler in infuma oder in rttgam, Hirschfeld in tcrgat Domaszewski
in fanum.
Bei dieser Gelegenheit möge nachgetragen werden, dafs das
Wort noxa (Plautus und Cicero sagen noxia, Caes. b. Gall. 6, 16
schwanken die Codices) von Sallust vielleicht in die Prosa eingeführt
und sehr selten im Plural (vgl. Sali. hist. I 48, 11 noxarum metu)
gebraucht worden ist.
Litteratur. 167
Virgilii Maronis grammatioi opera edidit loh. Huemer. Lips. 1886.
Bibliotiu Teubner. XV. 196 pg. 8°.
Die Opuscula deß gallischen Grammatikers Virgilius Maro (saec. VII)
wurden zuerst von A. Mai nach einer Neapolitaner Handschrift heraus-
gegeben und zwar die epistolae vollständig, von den epitomae nur ein
Auszug (vgl. class. auet. V p. 1 — 149). Auf Grund einer zweiten
genaueren Abschrift beganu Mai eine zweite Ausgabe, die aber nicht
zum Abschlufs gelangte. Nach Mais Tod wurde ein Teil des revi-
dierten Textes in die Appendix ad opera edita ab A. Mai (Rom 1871)
aufgenommen. Die Literarhistoriker pflegten bisher die Theorieen
dieses Grammatikers nicht ernst zn nehmen. Dafs diesem Gramma-
tiker so lange die gebührende Würdigung versagt blieb, ist zum Teile
Mais Verschulden, der den Text in eigenmächtiger Weise nach „be-
rühmten Mustern14 emendierte und seiner spezifischen Eigentümlich-
keiten zu entkleiden suchte. Im J. 1882 machte Prof. W. Meyer
in seiner berühmten Schrift 'Der Ludus de Antichristo' auf die Be-
deutung dieses Mannes als Metrikers aufmerksam. Zur selben Zeit
unterzog Ref. die Sprache des Autors sowie einige seiner grammati-
schen Theorieen einer genaueren Würdigung (Wiener Sitz.-Ber. 1882
S. 510 ff.). — Das Archiv hat auch diesem Autor seine Aufmerk-
samkeit gewidmet (vgl. I 58, II 26 ff.).
Da Mais Text für wissenschaftliche Forschungen nicht hinreichte,
so entschlofs sich Ref. auf Grundlage der ihm bekannt gewordenen
Handschriften und der zahlreichen Zeugnisse aus Grammatikern zu
einer Neubearbeitung mehr in der Absicht, durch dieselbe die Er-
forschung dieses Grammatikers anzuregen als eine solche abzuschlie-
ßen. Das handschriftliche Material ist zwar dürftig, doch war es,
wie es schien, hinreichend, um einen relativ sichern und gegenüber
Mai vielfach korrigierten Text herzustellen. Die Eigenart der Über-
lieferung selbst in orthographischen Dingen wurde möglichst geschont,
and so nahe oft der Versuch einer Emendation lag, so wurde den-
noch, wenn irgendwie eine Interpretation einer zweifelhaften Steile
sich finden liefs, die Überlieferung beibehalten. Das Latein der
spätem Jahrhunderte, das sich in den Provinzen durch nationalen
Einflufs in besonderer Weise entwickelte, ist noch zu wenig erforscht,
als dafs mit Sicherheit die Schwierigkeiten eines Autors wie Virgils
wegkonjiciert werden könnten und dürften. Die Sprache Virgils ist
offenbar dialektisch; sie läfst die fremden Einflüsse deutlich erkennen,
denen das Latein seines Heimatlandes ausgesetzt war.
Virgil stammte nach dem Zeugnisse des Abbo Floriacensis aus
Toulouse, und habe ich richtig interpretiert, so hat er selbst seine
ßprache als Dialekt bezeichnet mit den Worten S. 8, 13: De pote-
state autem, quia magna ex parte legestum est, bigerro (= biger-
rico) sermone clefabo. In dieser Gegend Galliens machte sich der
Einflufs Massilias, Spaniens und Germaniens geltend; kein Wunder,
dafs Virgil nebst seiner einheimischen (im Gegensatz zum klass.
Latein), der griechischen und hebräischen Sprache gedenkt, dafs er
168 Litteratur. Sprechaaal.
Wörter gebraucht, die wir nur durch Vergleichung mit dem Deut-
schen zu erklären vermögen, z. B. clefare (sprechen), clefium (Wort^
vgl. ahd. klaphön, mhd. klaffen (kl abastern bei Kluge etym. Wörter —
buch), gande (vgl. Wende), Galbungus (vgl. Nibelung).
Virgil erregt auch die besondere Aufmerksamkeit durch die
mannigfachen Citate aus Autoren, die teilweise unter klassischen«.
Pseudonym verschiedene Schriften publi eiert hatten. Da man dies»
Citate in alten Schriftstellern vergebens gesucht hatte, nannte rnanr
den Grammatiker vorschnell einen Fälscher, die fragliche Litteratur
bezeichnete man als fingiert. Nichts ist unrichtiger als dies. Wir
haben es offenbar mit einer Art nationaler Litteratur zu thun, deren
Enthüllung langsam, aber doch stetig fortschreitet. An einer solchen
Stelle tritt Virgil mit Aldhelm in Berührung. Die bisher unerklärten
Worte heifsen (Giles p. 95): Si vero quippiam inscitia suppeditante
garrula frontose convincitur pagina prompsisse, ut versidicus ait
Digna fante glingio gurgo fugax fambulo.
Die Glossatoren schmückten die Stelle romanhaft aus (vgl. Du
Cange-Henschel unter gurgo). Die Erklärung und Emendation der
Stelle vermittelt Virgil S. 121, 10 verum tarnen ne in illud Glengi
incedam, quod cuidam conflictum fugienti dicere fidenter ausus est
gurgo inquit fugax fambulo (fabulo N) dignus est, pauca . . . profabulor.
Es ist im Rahmen dieser kurzen Selbstanzeige nicht möglich,
alle Punkte zu erörtern, die diesen Autor zum Studium empfehlen,
Nur dies eine soll noch hervorgehoben werden, dafs die epitomae
des Virgil in der ältesten Handschrift, dem Cod. Parisinus 13026 s. IX
vulgärlateinisch überliefert sind. Der Index verborom et locutionum
enthält nur das Wichtigste; Ref. beabsichtigt über die Sprache Virgils
eine Specialabhandlung zu veröffentlichen.
Ein störender Druckfehler ist S. 132, 17 sicat; lies sciat
Wien. Dr. Joh. Huemer.
Sprechsaal. Berichtigung. Druckfehler.
Das Verzeichnis der ausstehenden Zettel, durch welches die
Redaktion den Anspruch auf Vollständigkeit der lexikalischen Probe-
artikel zu ihrem grtffsten Bedauern ablehnen mufs, folgt wegen Raum-
mangel im nächsten Hefte.
Arch. IV 12. Porrigere wird man besser als mit der Prä-
position por komponiert betrachten; vgl. Arch. II 498.
Arch. III 387 ist statt Göttinger Handschr. zu lesen: Gött-
weiger Handschr.
Genuswechsel der Deminutiva.
Die lateinischen Deminutiva sind zum Gegenstand von Einzel-
anter8uchungen gemacht von Gryczowski, de substantivis La-
ä'norom deminutivis Konigsb. 1830, L. Schwabe, de deminutivis
Graeciß et Latinis Giessen 1859, G. Müller, de linguae Latinae
deminutivis Leipzig 1865, Kessler, die lateinischen Deminutive
Hildburghausen 1869. „Über die lateinischen Deminutive mit
doppeltem 1" handelt Paucker in der Zeitschr. f. vgl. Spr. XXIII,
169, „über die Deminutive mit dem Suffix -c-ulus, a, um" Zeitschr.
f. österr. Gymnasien 1876 S. 595, über „die lateinischen Deminu-
tive auf einfaches -ulus, -ula, -ulum" derselbe Mitau 1876. Eine
Znsammenfassung dieser Untersuchungen — leider mit manchen
Versehen — findet sich bei R. Kühner, Ausf. Gramm, der lat.
Sprache I 661—667.
Ehe wir zu der Sache selbst übergehen, seien uns einige
allgemeine Bemerkungen gestattet. Eine Untersuchung über die
lateinischen Deminutiva hat zu berücksichtigen, dafs in der Litte-
ratur das Material bei weitem nicht vollständig vorliegt Die
Bildung und Verwendung der Deminutiva gehört vorzugsweise
dem gewöhnlichen Leben an; daher einerseits der Reichtum an
derartigen Bildungen sowohl, wie das häufige Auftreten der ein-
zelnen Worter bei Plautus, in den Briefen des Cicero, bei Apu-
leius, andrerseits die Unregelmäfsigkeit in den Bildungen. Eine
weitere Beachtung verdient der Umstand, dafs wir die lateinischen
Deminutive in einem verhältnismäfsig fertigen Zustande über-
kommen haben. Damit soll nicht gesagt sein, dafs auf diesem
Gebiete während der ganzen Zeit, die wir übersehen können,
vollständiger Stillstand geherrscht habe, allein die Entwickelung
von der einfachsten Art der Bildung bis zur zusammengesetzten
Form der Suffixe liegt vor den ältesten Denkmälern der Sprache.
Es läge der Gedanke nahe, dafs die früheste Zeit die denkbar
einfachsten Formen verwandt hätte. Gerade aber Plautus zeigt
Arohir fttr lat. Lexikogr. IV. Heft J5. Yfc
170 A. Weinhold:
— wie schon Diomedes I 326 K gut bemerkt: descendebant (anti-
qui) ad tertiam usque forinam, tarn quam arca arcula arcella
arcellula — in ganz besonders reicher Weise die Formen auf
unculus etc., und eine jede in vielen Beispielen.
Obwohl es nur unsere Aufgabe ist die Deminutive mit ver-
ändertem Geschlecht zusammenzustellen, wird es doch notwendig
sein die verschiedenen Stufen der Deminutivbildung vorzuführen,
um später die Form blofs bei Unregelmässigkeiten besprechen
zu müssen. Die lateinischen Grammatiker behandeln die Demi-
nutive unter der Lehre von der Komparation. Charisins II 155 K
erklärt: sunt deminutiva quae in absolutis nominibus adieeta in
novissima parte aut littera aut syllaba capiunt deminutionem
sine ulla comparatione, ut montanus niontaniculus, scholasticus
scholasticulus, parvus parvulus, adulescens adulescentulus. illud
vero meminerimus quod semper deminutiones generibus suis unde
oriuntur consonant, pauca dissonant, ut rana ranunculus, unguis
ungula, glandium glandula, beta betaceus etc. Diomedes I 325 K
sagt: Diminutiva sunt quae in diminutione absolutorum nominum
fiunt sine ulla conparatione, ut parvus parvulus . . . horum autem
sunt tres gradus. quorum forma quamvis magis minuitur, crescit
saepe numerus syllabarum . . . apud nos diminutionis hoc genüs
servatur quod est primae positionis, id est prima diminutio. Ich
füge noch als charakteristisch für seine weiteren Anschauungen
hinzu: sunt etiam quasi deminutiva, quorum origo non cernitur,
ut fabula macula tabula, sunt item quae non servant genera
quae ex nominibus primae positionis aeeeperunt, ut scutum, scu-
tula, scutella. Priscian endlich hat im III. Buche ein besonderes
Kapitel den Deminutivis gewidmet, welches sich durch Reichtum
an Beispielen, auf die wir zum Teil zurückkommen werden, aus-
zeichnet.
In Bezug auf das Geschlecht stellt sich das Latein also in
entschiedenen Gegensatz zum Griechischen und Deutschen, steht
im Einklang mit Sanskrit und Gotisch. Während im Griechi-
schen gewissermafsen neue Wesen entstehen und auch die durch
Deminutive bezeichneten Personen nicht als solche, sondern als
Sachen aufgefafst werden, behalten im Lateinischen die Deminu-
tiva das Geschlecht des Stammworts, ein Gegenstand ändert sein
Geschlecht nicht, mag er grofs oder klein erscheinen; itatg xai-
tfov, puer puerulus.
Als Deminutivum werden wir ein Wort betrachten, welches
GenuBwechsel der Deminutiva. 171
den Gegenstand des Stammwortes in kleinerem Mafsstabe be-
zeichnet und dies thut vermittelst der Suffixe la und ca und
ihrer Zusammensetzungen. Drei Bedingungen sind also zu er-
füllen, wollen wir ein Wort als Deminutivum ansehen: erstens
mufs ein primitiver Nominalstamm als Grundform aufstellbar
oder wenigstens zu erschliefsen sein, zweitens mufs die Bedeutung
des Wortes eine wirklich erkennbare Verringerung, Schwächung etc.
des Grundwortes ergeben, drittens müssen die genannten Suffixe
bei der Bildung beteiligt sein.
Das Suffix la — erscheinend in lus, la, Iura — tritt nun
zunächst an die Stämme der 1. und 2. Deklination, wobei —
Corssen, über Aussprache etc. II2 69 u. a. — das a zu o ver-
dumpft, welches letztere später zu w wird: nur wenn ein i oder
e oder t? voraufgeht, erhält sich o. Stolz, Lat. Gramm. 23, 2.
So haben wir: ara arula, hortus hortulus, filius filiolus, valva
valvola. Bei den Stämmen, welche mit ursprünglichem o aus-
lautend — agro — Nominative auf er gebildet hatten — ager — ,
tritt das lus an den Nominativ, ager-lus, agel-lus: bei denen auf
ra, lo, no, na erfolgt Ausstofsung des Vokals und Assimilation
des Stammkonsonanten an den des Suffixes: z. B. Corona, coro-
nula, corolla. Dafs wir mit Corssen diesen Gang annehmen und
nicht ein corolla unmittelbar aus coron-la entstehen lassen, hat
seinen Grund darin, dafs unsers Erachtens keine Veranlassung
vorlag, bei diesen Wortern eine andere Bildungsweise zu befolgen,
als sonst: dem widerstreitet auch nicht, dafs später die ursprüng-
liche Form cöronula — allerdings im übertragenen Sinne — ge-
braucht worden ist. Wenn dagegen Substantiva auf Inus, Ina
ihre Deminutiva auf ellus und ella bilden, so werden wir
schwerlich mit Kühner darin eine Verstärkung „des dünnen i in
das vollere e" erkennen, sondern richtiger annehmen, dafs das
ursprüngliche e in Stämmen wie *aseno sich erhalten hat, so
dafs das Deminutivum zu asinus asellus lautet.
Bei den von Stämmen auf -pro, -bro, -bra, -cro, -gro, -tro,
-tra gebildeten Wörtern entwickelte sich infolge des r bei der
Deminutivbildung dfein vokalisierter Stimmlaut e, so dafs wir
erhalten capra capel-la, labrum labellum etc., und in gleicher
Weise werden wir transtillum von transtrum etc. auf Rechnung
der Entfaltung des Stimmtons des 11 zu dem ihm jedesmal ge-
nehmen Vokal zu setzen haben. Siehe hierüber Osthoffs treff-
liche Auseinandersetzung in Forschungen im Gebiete der indo-
12*
172 A. Weinhold:
gcrm. nominalen Stammbildung 1. Teil p. 16 u. £, der wir auch
weiter unten reiche Belehrung danken werden.
Hatte man auf dem oben bezeichneten Wege eine grofse
Menge von Deminutivis auf ulus, a, um erhalten, so fafste man
dies als Deminutivendung und setzte dieselbe auch an konsonan-
tische Stamme der 3. Deklination, insbesondere an gutturale, rex
regulus, allein auch an dentale civitas, civitatula.
Erst eine späte Zeit aber zeigt derartige Bildungen von
Substantiven nach der 4. Deklination.
Einige Substantive auf o setzen das Suffix lus an den
ursprünglichen Nominalstamm auf on, dessen o zu u verdumpft
und dessen n sich dem 1 assimiliert z. B. homo homullus, leno
lenullus.
Die meisten Stämme nach der 3., ebenso die nach der 4
u. 5. Deklination bildeten ihre Deminutiva mit dem verdoppelten
Suffix eulus*), welches an die i- und e-Stamme unmittelbar, bei
den konsonantischen Stämmen an die Nominativformen auf or
und er, os, us und as trat: so erhielt man apicula, vulpecula,
uxorcula, passerculus, flosculus, corpusculum, vasculum; bei den
Wortern der 4. Deklination wurde das u zu i geschwächt, arti-
culus, versiculus**); die e-Stämme der 5. erlitten keine Ver-
änderung vor dem Suffix. Was dieses Suffix selbst anlangt, so
dürfen wir kaum uns über die Erklärung mit Paucker durch die
Bemerkung hinweghelfen, es sei hier ein prothetisches c zu finden;
auch die Ansicht möchte schwerlich das Richtige treffen, dafs
eulus einem Mifsverständnis seine Existenz verdanke: man hätte
gebildet arca, arcula und alsdann falsch abgeteilt ar-cula und so
geglaubt ein Suffix eulus, a, um zu haben. Einerseits ist die
Zahl der Deminutive mit stammhaftem c doch zu gering, um
einen so gewaltigen Einflufs auszuüben, zum anderen ist der
Beweis nicht zu erbringen, dafs die Formen auf eulus später
seien, als die auf ulus mit stammauslautendem c. Es ist nun
*) Corbula bei Plautus und Cato (corbicula Patladins) ist entweder
ältere Bildungsart oder von *corba abgeleitet. Vgjff'den Eigennamen Cor-
bulo, Körber. Die Red.
**) Nicht üblich ist diese BilduDg in der archaischen , klassischen und
silbernen Latinitat in der 2. Deklination, weshalb lecticulus bei Catull
57, 7 (nach cod. Oxon.) und panniculus auf lectus, us und pannus, us
(pannibus Pompon. com. 70) zurückzuführen sind. Eine Einwirkung von
lectlca ißt nicht wahrscheinlich. Die Red.
GenuswochBcl der Deminutiva. 173
aber nirgends die Neigung zur Verdoppelung und Verdreifachung
der Suffixe so grofs wie bei den Deminutivis; nur zum Überflufs
erinnere ich an unser Männelchen u. ä., weise auch im voraus
auf agnellus u. 8. w. hin. Wir haben also auch in culus
nichts anderes als die Verbindung des alten Deminutivsuffixes
ca, dessen Vokal vor 1 zu u verdumpft ist, mit la zu sehen:
jenes ca, welches im Lateinischen auch in wenig Wörtern
noch als selbständiges, wenn auch nicht als solches empfundenes
Deminutivsaffix erscheint, wie z. 6. in noverca. Durch die Ver-
bindung dieses Suffixes mit i- und u-Stämmen war aber eine
stattliche Reihe von Deminutivis auf iculus entstanden, und so
kam es, dafs man hier allerdings falschlich an ein Deminutiv-
saffix iculus glaubte, welches dann an konsonantische Stämme
der 3. — denticulus — , ja auch im Spätlatein an solche der
2. Deklination — agniculus — trat. Die Quantität dieses % ist
schwankend; vgl. Prise. III 5, 31, Paucker, ZOG 604, L. Müller,
de re nietr. p. 353, wie Corssen, Ausspr. 1P 513 lehrt, infolge der
„Vermengung der ursprünglich auf -es auslautenden Nominal-
stamme mit I- Stämmen/' „Jene bildeten eigentlich Deminutiva
auf e-cula wie nube-cula, sede-cula, vulpe-cula . . ., die I-Stämme
solche auf Y-culo, -l-cula wie fascl-culus, aedi-cula u. a. Daher
entstanden mit jener Vermengung Mittelformen wie clavi-cula,
crati-cula, cutl-cula, und diese wurden natürlich von den dakty-
lischen Dichtern gewählt, weil sie die drei kurzen Silben -1- eil hl
in ihrem Versmals nicht brauchen konnten/'
Für die Substantiva von Stämmen auf ursprüngliches on,
mochten dieselben im Genetiv das onis bewahren, oder mochten
sie es zu inis schwächen, trat in der Regel behufs der Demijiutiv-
bildung culus an den alten Stamm, dessen o sich wieder zu u
verdumpfte; so erhalten wir die zahlreiche]} Formen auf unculus,
a, um: carbo carbunculus, homo homunculus, ratiuneula u. s. w.
Diese Bildung für die sich von frühester bis in die späteste Zeit
eine ausserordentliche Vorliebe zeigt, — Paucker ZOG 599 führt
140 Beispiele auf — war es nun, welche die Sprache zu einer
Deminutivform auf unadus gelangen liefs, so dafs man bereits
frühzeitig auch von solchen Worten, welche keine Form auf o
haben, derartige Deminutiva bildete, an denen besonders das
Spatlatein überreich ist.
Über die Deminutiva von ala, aula etc., sixilla, auxiila etc.,
welche den Grammatikern älterer wie neuerer Zeit so viel
174 A. Weinhold:
Schwierigkeiten bereitet haben, verdanken wir wiederum Osthoff"
1. 1. 190 u. f. Aufklärung, welcher m. E. unwiderlegbar zeigt»
wie als Grundformen für diese Worte *axla, *maxla u. s. w. an-
zusetzen sind, von welchen wir auf dem gezeigten Wege zu den
Deminutivformen gelangen. Vgl. auch Stolz, p. 187.
Hiermit ist, so viel ich sehe, die Reihe der Deminutivbil-
dungen ersten Grades in ihren Grundzügen erschöpft, nicht so
die Triebkraft der lateinischen Sprache. Wölfflin hat in seiner
Abhandlung über Vulgärlatein Philol. XXXIV 153 ff. u. a. aus-
geführt, wie die Deminutive nicht immer verkleinern, wie sie öfters
den Affekt ausdrücken und wie es besondere Gruppen von Worten
sind, welche vorzugsweise Deminutive bilden, wie ferner besonders
das weibliche Geschlecht es ist, welches sich der Kosedeminutiva
erfreut, so dafs sich entsprechen puer und puella. Den dort auf-
geführten Beispielen könnte man als älteres für Gleichstellung
beider Worte noch hinzufügen Varro de 1. 1. IX 29 non sie ex
viro et muliere omnis similis partus, quod pueri et puellae? Aber
auch hierbei können wir wieder die Bemerkung machen, dafs die
erste Stufe nicht stets die am frühesten bezeugte ist; so haben
wir haedilli bereits Plaut, asm. 667, während die erste Stufe
erst luven. XI 65 in haedulus uns entgegentritt
Die Form der Bildung von Deminutiven 2. Grades ist nun
die, dafs — und dies ist die weit überwiegende Mehrzahl der
Fälle — an die Deminutivformen auf ulus nochmals das Demi-
nutivsuffix lus antritt, das erste u sich zu e oder i abschwächt,
während das 2. ausfällt: agnus, *agnu-lu-lus, *agne-lu-lus, agnel-
lus. Wir müssen uns hierbei vergegenwärtigen, dafs ein agnellus
rücksjehtlich seiner Bildung ganz anders dasteht als ein fabelUiy
welches, wie Osthoff im Anschlufs an Ascoli le figure italiche
p. 25 zeigt, aus fa-bula (grdf. *fa-bla) entstanden ist *fa-blula,
*fa-bel(u)la, fa-bel'la. Diesen Unterschied scheinen mir weder
Corssen II8 530 noch Schwabe p. 40 hinlänglich gewürdigt zu
haben, und ebenso stehen bei Kühner I 666 haedillum, pocillum
und axilla friedlich nebeneinander.
Selbst jedoch mit dem 2. Grade der Deminutive hatte die
Sprache nicht genug. Hatte man cista, cistula, cistella gebildet»
so ging schon Plaut, rud. 391 einen Schritt weiter mit cistel-
lula, und die spätere Zeit hat in diesen Bildungen kein Mals
gekannt. Nur das eine Wort agnus möge mir gestattet sein
anzuführen mit seinen Deminutiven agnulus, agnellus, agniculus,
Genugwechsel der Damin utiva. 175
agnicellus, agnicellulus. Wie wenig man sich aber der deminu-
tiven Kraft dieser Worter bewufst war, das erhellt aus den
romanischen Sprachen, wo die Deminutiva vielfach an Stelle der
Stammworter getreten sind.
Die lateinischen Grammatiker rechneten unter unsere Wörter
noch eine ganze Anzahl, welche wir auszuscheiden haben, da sie
den oben angegebenen Bedingungen nicht entsprechen. An erster
Stelle seien erwähnt die Wörter auf uleus. Schon Schwabe hat
darauf hingewiesen, und Paucker, Mitau 1876 p. 20 an ein paar
Beispielen es wahrscheinlich gemacht, dafs die Wörter auf uleas
ursprünglich adjektivisch seien und die Gleichartigkeit u. s. w.
bezeichneten. Es läfst sich diese Bedeutung für alle nachweisen.
Ich füge dem dort Gesagten noch hinzu: Eculeus wird — soweit
ich sehe — von Livius nur von Portentis gebraucht: z. B. XXXI 7
in Lucanis . . . eculeus cum quinque pedibus; bei Cicero da-
gegen Verr. IV 20, 42 sind eculei (argentei nobiles) Trinkhörner,
deren Spitze in einen Pferdekopf endet, während das Wort sonst
bei ihm und bei anderen zur Bezeichnung des Folterwerkzeugs
dient Ebenso zeigt manuleus (bei Paucker fälschlich manulea)
schon durch seine Bedeutung „der bis an die Hand reichende
Ärmel der Tunica", dafs an ein wirkliches Deminutivum nicht
zu denken sei; ziehen wir ferner in Betracht, dafs nuculeus (wo
die Ergänzung von lapis = Kern so nahe liegt) der „Kern der
Nufs" ist, nicht „die kleine Nufs", dafs oculeus als Substantiv
nur auf einer Grammatikerstelle ohne Beleg beruht, während es
als Adjektiv bei Plautus erscheint, so wird die einzige Stelle,
wo ein Substantiv auf uletis als wirkliches Deminutiv gebraucht
zu sein scheint, uns schwerlich irre machen dürfen: Varro 1. 1.
IX 28 quod ex quocunque asino et equa nascitur id est mulus
aut mula, ut ex equo et asina hinnulei, wo Laetus hinnuli
bietet, hinnulei aber lediglich orthographische Abweichung ist,
ei = i. Terent. Scaur. p. 19 K: Neue I- 97, Corssen, Ausspr.
I* 330. An allen übrigen Stellen finden wir hinnuleus gebraucht
von dem männlichen Jungen des Hirsches und Rehes; Scrib. 13
setzt sogar cervus hinzu. Sind diese Erwägungen richtig, so
verschwindet aus dem Verzeichnis der Deminutive auch acideus,
bei dem — nebenbeigesagt — von verändertem Geschlecht nicht
wohl die Rede sein kann, da acus nach Prise. V 6, 33 und VI
14, 17 tarn masculinum quam femininum invenitur. Vgl. Prob,
cath. I 41 p. 1463; Plin. n. h. XXVI 5.
176 A. Weinhold:
In gleicher Weise finden wir an den oben aufgeführten
Stellen als Deminutive Worter auf -aster und -aceus verzeichnet.
Über erstere lehrt uns Arch. 1 407, dals sie instrumentale Be-
deutung haben, während die Worte auf aceus sämtlich ursprüng-
lich Adjektiva waren, die dann mit Ausfall des Substantivs sub-
stantivisch gebraucht wurden.
Endlich hat noch einer Klasse von Wortern Osthoff, For-
schungen I § 5 die Berechtigung als Deminutive zu gelten genom-
men: es sind die Wörter auf edula, acredula, ficedula u. s. w., deren
dula derselbe Forscher vermittelst der Mittelstufe dl d auf ursprüng-
liches cul zurückführt; aufserdem würde schon der Umstand, dals
keine Primitiva zu ihnen vorhanden oder erschliefsbar sind, hindern
sie mit Kühner u. a. als Deminutive aufzuführen. Mit diesem
als cul erscheinenden Suffixe ist aber eine stattliche Zahl von
anderen Wörtern gebildet, welche den Deminutivis auf culus, a,
um täuschend ähnlich sehen und auch für solche gehalten worden
sind. Es sind dies die Instrumentalia auf culum und — wenn auch
weniger Verwechselung bei ihnen vorgekommen ist — auf bulum.
Eine Zeitlang hat man diese Wörter mit Bopp, vgl. Gramm. IIP
815 a von W. kara und bhara abgeleitet, eine Meinung, die Corssen
lebelang, s. bes. Krit. Nachtr. p. 186 — 193, Ausspr. P 166, wohl
mit mehr Schärfe als Glück verteidigt hat. Nach einer Bemer-
kung Benfeys, die Ebel weitergeführt, Ascoli (die Citate s. bei Ost-
hoff), des näheren erläutert, hat endlich Osthoff in seiner um-
sichtigen und scharfsinnigen Untersuchung den Beweis geführt,
dafs die älteste Form des in Rede stehenden Suffixes die auf do
ist, dafs dieselbe aus einem ursprünglichen tlo ableitbar ist, dals
ferner die Umwandlung von tl in kl mit den Lautgesetzen des
Lateinischen nicht im Widerspruche steht, während eine Ablei-
tung von kara sowohl wegen der spärlichen Verwendung des
Wurzelverbs im Lateinischen, als wegen der Kegelmäfsigkeit
seines Erscheinens in Formen mit r, als endlich wegen der Art der
lateinischen 'Nominalbildung, welche direkt aus dem Verbalstamm
hervorgeht, unmöglich ist. Dafs die Sprache natürlich nicht in
jedem einzelnen Falle den Lautwandel von tl zu cl durchgemacht
hat, sondern sich gewöhnte das Suffix als selbständig anzusehen, ist
kaum nötig zu bemerken. Ursprünglich bildete man dergleichen
Wörter von Verben insbesondere der a-Konjugation; also cena,
cenare, cenaculum, gubernare, gubernaculum, doch bald war das
Suffix so gebräuchlich geworden, dafs man ohne Vermittlung
Gennswcchsel der DeminutiTa. 177
eines solchen Verbums z. B. tabernaculum zu taberna bildete, ja
sogar ein retinaculum wagte, obwohl es kein Verbuin retinare
gab. Die Bildungen von Verben der übrigen Konjugationen sind
es nun insbesondere gewesen, welche Veranlassung gaben, diese
Wörter mit den Deminutivis zu verwechseln, wie ja schon Ilagen,
anecdota Helvei p. 191, 8 „pera (= JtetQa?) ex qua periculum"
aufweist. Wie nun die Bedeutung des Mittels oder Werkzeugs
sich erweiterte und man diese Worte auch gebrauchte zur Be-
zeichnung des Ortes (cubiculum), oder des durch das Werkzeug
oder Mittel Hervorgebrachten (saeculum), ferner der Handlung
selbst (meaculum), wie das Instrumentale schliefslich der Bedeu-
tung des Stammwortes sich zuwendete, teils in Übereinstimmung,
teils mit einigen Abweichungen von Corssen und Osthoff zu ver-
folgen, wäre wohl interessant, würde aber Ober den Rahmen
unserer Darstellung hinausgehen. Ich lasse daher nur die Worte
folgen, welche oft als Deminutive mit abweichendem Geschlecht
betrachtet werden, aber Instrumentalia sind.
Cenaculum Varro 1. 1. V 33, 162 ubi cenabant cenaculum vo-
citabant etc.
clunaculum Gell. X 25, 2. Paul. Fest. 50, 0: cultrum sanguina-
rium dictum vel quia clunes hostiarum dividit vel quia ad
clunes dependet. (Corssen, krit. Beitr. p. 347.) Isid. 18, 6, G.
Placid. gloss. 2G, 3.
conventiculum Cic. de domo 28, 74: quoniam plebi quoque
urbanae inaiores nostri conventicula et quasi concilia quaedam
esse voluerunt. p. Sest. 40, 91 conventicula hoininum, quae
postea civitates nominatae sunt „die ersten Anlange von Ver-
einen" etc.
curriculum Plaut, mil. 522 etc. „Wagen zum Rennen, Ort zum
Rennen, Lauf/'
furfuraculum Gloss. Isid. no. 759. Arnob. t>, 14.
öffendiculum Plin. ep. IX 11, 1 und an vielen Stellen der Eccl.
offensaculum von Apul. niet IX 9 an bei den Eccl.
pinnaculum Vulg. Matth. 4, 5 templi die Zinne des Tempels etc.
Poetae aevi Car. II 148, 24; ein (kleiner?) Flügel Vulg. 4.
Esdr. 1 1, 38, 22.
sediculum Paul. Fest. p. 336 „Sitz": cf. Corssen, Krit. Beitr. 347,
Ausspr. II2 311.
serraculum ülp. dig. IX 2, 29, 2 vgl. Not. Bern. 90(1) Steuer-
ruder; dagegen Deminutiv zu serra ist serrula.
178 A. Weinhold:
tabernacaluin Plaut. Amph. 426. 428. Gic. div. I 17, 33. frgm.
1055, 10 etc. eigentlich die Einrichtung zu einer taberna, dann
gleichbedeutend mit taberna selbst,
terricula Afran. com. 270, Lucil. sat. 15, 5M etc. und
terriculum Acc. tr. 324. 623, von denen das erstere wohl Ad-
jektiv mit hinzuzudenkendem Substantiv und als frühes Bei-
spiel für eine derartige Ergänzung interessant ist.
umbraculum Varro r. r. I 51. Cic. frgm. ap. Macrob. Sat. 6, 4 etc.
Hierher ziehe ich auch foculum; denn es ist wohl ein Ver-
sehen, wenn W. Meyer, die Schicksale des latein. Neutr. im Roman.
p. 129 meint, die Quantität spreche für Stammesgleichheit mit
focus. Vgl. aufser Plaut. Pers. 104 bes. Brix zu Capi 843.
Die Sprache hat nun in gewissen Fällen doppelte Bildung
beliebt, einmal die wirkliche Deminutivform, dann die eines In-
strumentalsubstantivs: so in indiculus Symm. ep. 6, 49. 7,81 und
indiculum z. B. Augustin serm. app. 66, 3, wie an vielen Stellen
der Form, et Diplomata, die jedoch wegen der dort hervortreten-
den Vermengung der Geschlechter, welche uns weiter unten ent-
gegentreten wird, wenig bedeuten. Auf diese Weise findet aber
auch appendiculum (Arch. II 1 14) Hieron. in Ezech. 14, 45 seine
Erklärung.
An die ursprünglichen Instrumentalia auf culum reihen sich
die nur lautlich verschiedenen Bildungen auf bulum. Nur zwei
kommen für uns in Betracht.
cunabula — incunabula, welches, wie wir oben sehen, ohne
Vermittelung eines Verbums gebildet ist und gleiche Bedeutung
wie das Grundwort erhalten hat. [Vgl. Arch. II 321. Die Red.]
naustibulum Fest. 169 (a), 23 naustibulum vocabant antiqui vas
alvei simile videlicet a navis similitudine. Paul, ex Fest. 168, 3,
wo wir eine andere von den bei den Wörtern auf culum ge-
machten Wahrnehmungen sich wiederholen sehen.
Aus der Zahl der Deminutive werden wir schliefslich noch
einige einzeln stehende Wörter auszuschliefsen haben. An erster
Stelle anguilla der Aal. Dafs das Wort mit anguis zusammen-
hänge, ist ebenso aus seinem Klange, wie aus der Ähnlichkeit
der bezeichneten Tiere ersichtlich. Dagegen verbietet Bildung
wie Bedeutung es mit den alten Grammatikern als Deminutivum
von anguis zu fassen, welches Gic. tin. V 15, 42 anguiculus heilst»
während anguilla durch Vermittelung der Adjektivbildung an-
guina entstanden ist. Eine andere Erklärung ergiebt sich, wie
Genuswechsel der Deminutiva. 179
mir scheint, fQr unguis, unguis. Weder dürfen wir mit den
alten Grammatikern ungula als Deniinutivum mit verändertem
Geschlecht auffassen, noch mit Georges ungulus zwar als Demi-
nutiv zu unguis nehmen, ungula dagegen nur in entferntere Be-
ziehung dazu setzen: wie Paucker, ZOG 595/6 ungula als „reguläre
Bildung aus ungere" fafst, ist mir nicht verständlich. Ungulus
und ungula gehören beide nicht sowohl zu unguis, als zu uncus,
über dessen Bedeutung und Gebrauch Arch. III 242; denn ab-
gesehen davon, dafs ungula eine ganz einzig dastehende Bildung
von unguis sein würde, bezeichnet es ja nie den kleinen Nagel,
sondern die Kralle, die Klaue, den Huf-, zu ungues dagegen tritt
sehr häufig unci hinzu. Andrerseits ist die Bildung aus uncus
sowohl für ungula als ungulus eine durchaus regelmäfsige. Dafs
aber letzteres auch die Bedeutung von unguis haben könne, scheint
mir bis jetzt nicht erwiesen und so mochte denn auch die Lesart
von Götz Plaut Epid. 623 vielleicht nicht das Richtige treffen.
Hierher gehört auch pastillum, welches man sich seit
Charisius p. 37, 15 K — hie panis hie pastillus et hoc pastillum,
ut Varro dixit — gewöhnt hat als Deminutivum mit verändertem
Geschlecht aufzuführen. Sind aber die oben gegebenen Grund-
züge der Deminutivbildung richtig, so ist es unmöglich pastillum
als Deminutiv zu panis zu stellen; denn wie man von panis zu
einem pasf gelangen sollte, möchte schwerlich jemand zu zeigen
vermögen. Es ist, wie Schwabe p. 100 und Corssen, Ausspr. P 424
richtig andeuten pastillus und pastillum von gleicher Wurzel
wie panis gebildet, ihr Primitivum aber ist verloren: während
man nun in der Bedeutung von Küge leben, insbes. von Arznei-
pillen pastillus bildete, brauchte man — wohl nicht ohne Ein-
flufs von libum — für eine Specialität des Opferkuchens pastil-
lum Fest. 250 (b), 30.
Als Deminutiv mit verändertem Geschlecht — freilich ganz
singulärer Form — Schwabe p. G3 — wird matellio genannt;
allein Varro 1. 1. V 25, 119 accessit Matellio (Aldus, matiolio
libri, matiolus B) a matula dictus et fictus, qui posteaquam lon-
gius a figura matulae discessit, et ab aqua Aqualis dictus, (Paul.
ex Fest. 126, 3), auf den man sich beruft, beweist nicht, dafs
matellio wirkliches Deminutiv sei; den Zusammenhang mit ma-
tula aber leugnen auch wir nicht; die Stellen bei Cato r. r. X 2,
XI 3 u. s. w. ergeben ebensowenig sicheren Anhalt für Deminutiv-
bedeutung.
180 A. Weinhold:
Ganz vereinzelt steht das nach griechischer Weise gebildete
scutriscus Cato r. r. X 11 — Schwabe p. 51 — dessen Deminutiv-
bedeutung nicht minder fraglich ist, wie das blofs von Pompej.
coniment. 164, 24 K als Deminutiv zu scutra angefahrte scutrillus.
Wir wenden uns jetzt zu den Deminutiven, welche wirklich
verschiedenes Genus von dem des Stammwortes haben. Am
wenigsten auffällig werden wir dies finden, wenn das Deminu-
tivum das ursprüngliche Geschlecht bewahrt hat. So calculus
— calculuiu, calcula fem. Glossae Appel, de genere neutro in-
tereunte in lingua latina p. 106 gehört unter die am Ende
aufgezählten Abweichungen — dessen Stammwort call bei Plaut.
Poen. IV 2, 86 nach den neuesten Herausgebern entgegen dem
ausdrücklichen Citat des Nonius p. 198 ed. Lips. — als Femi-
ninum erscheint, aber von Cato r. r. 18, 7 (Vitruv. VII 6, 1)
als Maskulinum gebraucht worden ist, wie es auch als „Ende
der Rennbahn" bei Varro an der angeführten Stelle des Nonius
als Mask. erscheint. In Cato or. II 10 findet auch eine Begrün-
dung culliola, orum (Archiv II 121), Paul. Fest. p. 50, wenn
wir an genannter Stelle den Plural cullea von cu Ileus lesen. So
möchte auch das von Probus p. 197, 24 K angeführte, sonst aber
nirgends bezeugte cultellum auf ein altes eultrum s. Gesner,
thes. s. v. zurückzuführen sein. Hierher stelle ich auch frenus-
culi Isid. or. IV 8, 18 „ulcera circa rictum oris". Die Späteren
haben nämlich auch bei Wörtern auf us nach der 2. Dekl. die
Endung eulus dem Nominativ angefügt, ein ramus also gerade
so behandelt wie corpus — Schwabe p. 60 — ; frenus aber tritt
als Maskulinum — Neue P 546 — in allen Perioden der Latinität
auf. Kaum dürfte es Zufall zu nennen sein, dafs für das Frontin
IV 1, 29 u. a. vorkommende galericulum gerade der Alter-
tümler Fronto (bei Serv. Verg. Aen. Vll 688) die alte Form ga-
lerum, für die dann galerus das gebräuchliche war, erhalten hat,
welche denn auch bei Späteren Apul. apol. 22. Hier. ep. 64, 13
wiederkehrt. Ein besonderes Interesse gewährt gladius mit seinen
Deminutivis gladiolus, gladiola und gladiolum, das Neutrum
Messala bei Quintil. instit. or. 1 6, 42. Wenn letzterer dies tadelt
und I 5, 16 sagt gladia qui dixerunt, genere exciderunt, so geht
derselbe nicht vom historischen Standpunkte aus, insofern gladium
das ältere war — Lucil. fr. ine. 85, vgl. auch Varro 1. 1. IX 49, 81,
V 24, 116, VII 1 23, 45, r. r. I 48, 3 - und diese Form von Alter-
tümlern bewahrt wurde, die demgemäfa auch gladiolum brauchten,
Gennswechsel der Deminutiv*. 181
wahrend neben dem gewöhnlichen gladiolus al> Bezeichnung der
Pflanze, wozu man, wie spater noch näher treten wird, gern
Feminina verwendete, gladiola Plin. Val. II IS auftritt. Kein
andrer Grand, als dafs man wohl in der Sprache des gewöhn-
lichen Lebens Unter noch als Maskulinum brauchte, bestimmte
Cicero ad Att. X 10, 5 zur Bildung lintriculus, wie denn auch
Prise. V 8, 42 unter in das Verzeichnis der doppeltgesehlechtigen
Worter aufgenommen hat. (Als Fem. jedoch V 3, 16/* Nicht
anders mag es sich mit reticulus verhalten, welches mit reti-
culum gleichbedeutend, auf ein von Charis. 61, 15 K. Prise. V 5, 45
angefahrtes, aber nicht belegtes — vgl. Victorius zu Varro r. r.
III 5, 11 p. 280 K — maskulinisches retis zurückgeht. Ob das
Romulus Append. 38 vorkommende reticularum wirklich auf ein
bewußt vorschwebendes retis, das Charisius a. a. 0. verwirft, das
aber Varro r. r. III 5, 11 rete cannabina bezeugt ist und das
Charisius 33, 20 in retes meas ineidisti selbst braucht, mag dahin
gestellt bleiben; nur sei des Zusammentreffens halber bemerkt,
dafs derselbe Rom. 18 allein in der ganzen Litteratur die Form
ranuneulas aufweist. Asserculum Cato r. r. 12 endlich werden
wir ohne Bedenken mit Meyer p. 59, dessen Ausführungen über
diesen Genuswechsel (p. 58 u. f.) sehr beachtenswert sind, auf
ein altes neutrales asser zurückzuführen haben.
Hieran reihen sich die Deminutiva derjenigen Wörter, welche
«ich in klassischer und nachklassischer Zeit im Genus schwankten:
canalicula Lucil. b. Non. 198,7, Varro r. r. III 5, 14, Gell.XVII 11,2;
wenn auch Serv. zu Verg. Georg. III 330 viel zu weit geht, wenn er
das Femininum als das richtigere Geschlecht bei canalis erklärt,
wahrend die erhaltenen Schriftwerke das Gegenteil bezeugen;
deliciolum Seneca ep. 12, 3 von delicium Phaedr. IV 1,8 mehr
ßtellen bei Georges s. v.; diecula von Plaut. Pseud. 710 u. Ter.
Andr. 710 an durch die ganze Latinität vom fem. dies; auch
fonicula würde sich durch Lucr. II 1154 und Gell. X1I1 20, 21
ebenso erklären, ist freilich bei Charis. 125, 22 ohne Beleg, und
faniculum Greg. Tur. V 25 p. 220, 24 kann auch als Accusativ
▼on ihm geschrieben sein. Gesichert ist lauriculus Marc. Euip.30;
foL 131 (b), 45 und begründet durch Pall. 12, 22, 4 substrato lauro,
*ie auch Priscian laurus V 8, 42 in jene, allerdings von ihm
selbst, wie wir sahen, nicht stets festgehaltene Reihe der doppelt-
geschlechtigen Wörter aufgenommen hat. Dagegen ist locella
Plural blofs belegbar aus Warnefr. de episc. Mett. 1 H, 22
182 A. Weinhold:
und aus mehreren Stellen der Forin. (997, 1007 10, 1527) und
Diplom. (9233), was wohl mehr in der Nachlässigkeit der Ver-
fasser seinen Grund hat. Hergehörig wiederum ist olivastel-
lum (s. Archiv I 393) bei den Gromat. 395, 4; 308, 8. 20 etc,
von dem bei Gramm, incert. de gener. 90 und Calp. Buc. II 44
vorkommenden oleastrum; panicula Non. 149, 22. Paul. Fest
220, 16 von der Nebenform pana Plin. Val. III 27, 1 (Philologus
XXXII 387) nach Weise späterer Zeit unregelmäfsig auf icula
gebildet; porticulus = porticuculus, mit im Lateinischen be-
liebter Ausstofsung der wiederholten Silbe im Innern eines Wortes
— Murat. inscr. 1716, 14 zu dem Inscr. Neap. 244; 4209, 12
CIL II 3420 bereitwilligst ein maskulinisches porticus liefern;
rapula Titin. 164, zu dem rapa allerdings erst von Columella
XI 3, 1 6 u. Petron. 44 an nachweisbare Grundform zu sein scheint;
cf. Appel 55; endlich ve-precula — ein nach Harre, ZGW
1885 p. 94 nicht zu belegender Nominativ — dessen von Non. p. 231
und Priscian V 8, 42 für Commune erklärtes Stammwort vepres
in Lucr. IV 62 eine Stütze für fem. Geschlecht erhält. Kaum
zu erwähnen ist trotz der bekannten Reimregel canicula, denn
an Stellen für als Femininum gebrauchtes canis ist kein Mangel,
das Sternbild aber forderte nahezu dies Geschlecht, wie denn
auch planeta und cometa in vielen romanischen Sprachen Femi-
nina werden. Meyer p. 9.
Einen weiteren Grund für die Abweichung des Geschlechtes
eines Deminutivums von dem seines Stammwortes werden wir
zu finden haben in dem Wechsel der Bedeutung. Es ist dies
ein insofern schwieriger Punkt, als sich hierbei die Frage auf-
drängt, wie weit die Römer noch das Gefühl gehabt haben, dato
die betreffenden Worte Deminutiva seien. So hat digitulus als
Deminutiv ersten Grades „das Fingerchen*' mit der Bedeutung
das Genus des Stammwortes bewahrt, dagegen ist digitellum
Col. XII 7, 1 und digitillum Plin. n. h. XVIII 159; XXV 160 in
der Bedeutung Hauswurz Neutrum geworden. In gleicher Weise ist
f asciolum bei Veget. inulomed. III 57, 1 — falls die Lesart richtig
ist — als t. t. Neutrum geworden, wird von fei feil icula ■-»
cholera gebildet Isid. IV 5, 4; wiederum als t. t. der Baukunst
ist geniculus Vitruv VIII 6, 6 ein Kniechen der Rohren; end-
lich hordeolus das Gerstenkorn des Auges Marc. Emp. 8 etc.,
Isidor. IV 8, 16. Dasselbe Streben nach Deutlichkeit — Differen-
zierungstrieb, wie er sich auch in anderen sprachlichen Erschei-
Genuswechsel der Deminutiva. 183
nungen zeigt, findet sich bei der Doppelbildung von arcus.
Wahrend der „ringförmige Wulst" als Unterlage beim Tragen
der Gegenstande auf dem Kopfe das Genus wahrte , Paul. Fest.
X 6 zeigt arculum „der Kranz der Flaminina" ein anderes Ge-
schlecht. Serv. Verg. Aen. IV 137. Wenn wir daher Cod. lustin.
[und Tertull. Natt I 13; Pal. 29] cf. Isid. VI 17, 4 laterculum
finden, so dürfen wir kaum an eine Nachlässigkeit der Schrei-
benden denken, sondern wir sehen, dafs das Streben nach Unter-
scheidung des „Amter Verzeichnisses" von dem kleinen Ziegel etc.,
wenn das Wort auch sich davon ableitete, die besondere Endung
hervorgerufen hat Hierher möchte ich ziehen pirula Isid. XI
1, 48 extremitas eius (columbae narium) pirula, a formula pomi
pyri, radiola Isid. XVII 7, 64 radiolas, pro eo quod oblongae
sunt in modnm radiorum, endlich bei demselben XIX 14, 1 tes-
selli a tesseris nominati. Brauchte man in eigentlicher Bedeutung
von Saccus das Deminutiv 2. Grades saccellus Säckchen, so hiefs
Plin. Val. II 18 saccellum das Säckchen als Umschlag auf ein
krankes Glied« Hiefs scamellum, scamillum und scamnellum das
Bänkchen — so war es wohl nicht ein Fehler, sondern, wenn von
ihm erfunden, wohlbedachte Abweichung, wenn Vitruv III 4, 5 und
V 9, 4 die Erhöhungen auf dem Säulenstuhle scamilli nannte:
nicht minder werden wir das Deminutivum 2. Grades campi-
cellum Gromat. 312, 9 u. 17 als t. t. aufzufassen und zu erklären
haben. Zu scrupus war in eigentlicher Bedeutung das Deminutiv
8crnpulus, als Gewichts- und Mafsbezeichnung dagegen tritt von
Varro r. r. I 10, 2 an scripulum und scrupulum auf, wofür nur
einmal Fabretti inscr. 97, 219 die Form scripulus und scriptulus
Metrol. Script, lai p. 128, 8 H erscheint. Urceus bildet in eigent-
licher Bedeutung urceolus das Krüglein, dagegen ist Pelag. vet. 12
p. 156 urciola das Krüglein als Benennung der Ohrhöhlung: auf
diese Weise erhält endlich auch Schuchs Lesart ventricula für
Schwartenmagen Apic. VII 289 eine Stütze.
Ziemlich vereinzelt steht penicillum neben peniculus und
penicillus. Nach dem mir zur Verfügung stehenden Materiale
kann ich die Form penicillum nur bei Quintil. II 21, 24 und Marc.
Erap. 28, 198, 19 nachweisen, an erster Stelle entschieden als
Pinsel, an zweiter als Schwämmchen zu fassen. Sollte hier die
Sprache auf halbem Wege stehen geblieben sein, oder haben
später Ungenauigkeiten im Gebrauche der Formen stattgefunden?
Sind aber unsere Erwägungen richtig gewesen, so werden wir
184 A. Weinhold:
uns nicht zu bedenken brauchen, auch armilla Plaut. Men. 536.
Truc. 272 u. s. f., sowie armillum Varro b. Non. 547, 15 etc. als
solche Deminutiva 2. Grades von armus anzusehen, welche zugleich
mit Änderung der Bedeutung ein anderes Geschlecht erhielten,
ohne dafs es nötig ist erst adjektivische Bildung und Fortlassung des
Substantivs, bei armillum vas, bei armilla etwa fibula anzunehmen.
Hiermit steht im engsten Zusammenhange, wenn ein Demi-
nutivum, sei es eines Tiernamens, sei es eines anderen Begriffes
gebildet worden ist, um eine Person damit zu bezeichnen. Dafs
man einen Corculus von cor, aber auch einen — Cic. ad fam.
11 15, 5 bezeugten — Ocella von oculus bildete, wird schwerlich
befremden; es würden diese Eigennamen auch hier nicht Er-
wähnung finden, wenn sie nicht die Brücke bildeten zu Erschei-
nungen wie passercula M. Aurel. b. Front, ad M. Caes. IV 6 als
Kosename für ein Madchen, trotz passer, m., turturilla Sen. ep.
9(>, 5 zur Bezeichnung eines weibischen Menschen, ohne dafs
man sich wohl darauf berufen wird, dafs turtur bei Plin. n. h.
XXX 08 als Femininum gebraucht ist. So erklärt sich auch
simiolus Cic. ad fam. VII 2, 3 trotz dem gewöhnlichen simia.
Letzteres Wort ist überhaupt für den Genuswechsel charakte-
ristisch. Cicero bildete — wiederum als Spottname für einen
Menschen — simiolus, trotzdem dafs sich die Sprache aus einem
für uns unerfindlichen Grunde für das Femininum entschieden
hatte; denn wenn Charis. p. 108 K und Serg. expl. in Donat 4,
4, 27 K behaupten, man hätte hie und Jiaec simia gesagt, so über-
sehen sie, dafs die Schriftsteller — so weit ich sehen kann — simia
blofs bei Personen als Maskulinum gebraucht haben: simius hin-
gegen ist sehr selten. Es mochte aber bei einer ganzen Reihe
von Tiernamen ursprünglich sowohl die männliche, wie die weib-
liche Form vorkommen, beziehentlich das Wort im männlichen,
wie im weiblichen Geschlecht gebraucht werden, so dafs bei dem
relativ geringen Umfange der Überlieferung oft schwer zu ent-
scheiden ist, ob ein wirklicher Genuswechsel bei Bildung des
Deminutivs stattgefunden hat, oder ob die Bildung desselben in
eine Zeit fällt, wo das Stammwort noch in beiden Geschlechtern,
resp. in beiden Formen üblich war. Um nur ein Beispiel an-
zuführen, erinnere ich an aranea, wozu sich araneus erhalten hat
und dem entsprechend beide Deminutive araneolus und araneola
sich finden. Die eben gemachte Bemerkung mochte ich nun aber
auch in Anspruch nehmen für das sonst so auffallende ranun-
GenuBwechsel der Deminutiva. 185
culus von Cic. de div. I 9; 15 an [von Personen ad fam. VII
18, 3], wofür erst Apul. met. IX 34 das Deminutiv ranula setzt.
Die Bildung ist aber keine andere wie die von avunculus und
der ganzen Sippe, welche Corssen II2 188 aufführt und welche
die spätere Sprache noch reich vermehrt hat: so wenig wir aber
bei diesen eine Form auf ö, der sie ihre Existenz verdankten,
nachweisen können, ebenso wenig werden wir für ranunculus eine
solche — *rano — anzusetzen haben (cf. Schwabe p. 60).
Aufs engste verwandt hiermit ist der Fall, dafs in einer
spateren Zeit das Deminutivum in doppeltem Geschlechte er-
scheint, während das Stammwort nur ein Geschlecht aufweist. So
gut nämlich wie man in früherer Zeit bei Epicoenis zu genauerer
Bezeichnung des Geschlechts mas und femina hinzusetzte, stand
bei der Deminutivbildung zu diesem Zwecke die doppelte Endung
zur Verfügung. Es war also möglich aucellus und aucella —
und so hat man gebildet (vgl. Archiv I 245), Belege bei Georges,
während die bessere Zeit blofs avicula — aviculus verpönt nach
Varro 1. 1. VIII 79. — kennt. Und in dieser Leichtigkeit der Va-
riierung haben denn Bildungen wie suculus lustin. instit. II 1,37
und vielleicht auch suellus Adelh. de re gramm. in class. auct.
V 558, anstatt des allgemein gebräuchlichen sucula, vervella
Exe ex Charis. 553, 28 K von vervex ihren Grund.
Hatte bei Tiernamen das natürliche Geschlecht, wohl auch
die Eigenschaften, mit welchen die Tiere sich begabt zeigten, be-
deutenden Einflufs, so war man bei den Pflanzen nicht in dieser
glücklichen Lage und daher wohl mag es kommen, dafs bei ihnen
bereits in den Primitivis vielfaches Schwanken sich findet. (Vgl.
Pott, Geschlecht p. 454 in Ersch und Grubers Encyclop. Appel,
de genere etc. p. 37.) So wird uns zunächst fabulus als Demi-
nutiv zu faba angegeben. Dafs Pelag. vet. VII 57 fabus bietet,
wird bei der überwältigenden Masse von Beispielen für faba nicht
ins Gewicht fallen und ebensowenig hätten wohl, insbesondere
bei der Verschiedenheit der Quantität die Körner einer Verwechse-
lung mit fabula vorbeugen wollen. Fabulus war, sollte ich
meinen, ursprünglich Adjektiv, und bezeichnete mit Auslassung
des betreffenden Substantivs den Kern der Bohne. In Catos
Rezept de agri culi 70, 1 fabulos albos III ist es entschieden so
aufzufassen, wie das hinzugefügte albos zeigt; die Stelle bei Varro
r. r. I 31, 4, wo übrigens Keil fabali schreibt, widerspricht nicht,
Gellius VII 11,1 beweist nach keiner Seite etwas. Den gleichen
ArohW für Ut. Lexikogr. IV. Heft 2. 18
186 A. Weinhold:
Fall haben wir bei betaculus. Von beta hatte man gebildet
betaceus und Varro r. r. 1 2, 27 hat pedes betacei „rote Rüben";
die Späteren lassen pes weg und sagen (Apic. III 63. 64, Arnob.
4, 10, Glos8. Lab.) betaceus vgl. insbes. Charis. 37, 16. 155, 16.
Prise. III 44 oder betaculus Serv. comment. in ari Donat 432, 17:
schließlich dürfte auch callicula (Archiv I 282. II 121) auf
diese Weise Erklärung finden.
Es war nun nur ein kleiner Schritt, welchen man zu thun
brauchte, wenn man auch in dem Falle, wo das Deminutivum
nicht ein substantiviertes Adjektiv war, den Einflufs eines be-
deutungsverwandten Substantivs walten liefs. Diesen anzunehmen
wäre ich geneigt bei aditicula Iul. Val. III 45, wo wohl der
Begriff von foris oder porta wirkte, ebenso wie bei dem erst
Oonc. Hisp. Mign. 84, 336 auftretenden agell um das Synonynium
rus nicht ohne Einflufs sein mochte. Ein Gleiches nehmen wir
in Anspruch für staticulum Plin. n. h. XXXIV 163 etc. und
statunculum Petron. 56, 6 (cf. Donat 379, 6K.) etc., wofür Spa-
tere (Appel p. 56) statu neu la bieten, bei welchen beiden Wörtern
der allgemeinste Begriff signum das Geschlecht der Species nach
sich zog; wie denn auch tergilla Apic. IV 174 wohl einer Be-
einflussung durch cutis sein Geschlecht verdankt. Deutlicher noch
als bei dem letzten scheint mir die Sache bei vitellum zu sein. Das
Deminutivum zu vitulus — wofür nirgends ein vitulum — hiefs
vitellus sowohl in der Bedeutung Eälbchen Plaut, asin. 667, als
Dotter des Eies; Varro dagegen Prob, ad Verg. ecl. 6, 31 (p. 19,
3 u. 5E.) bildete in letzterer Bedeutung, entschieden mit Rück-
sicht auf ovum, vitellum.
Hierher stelle ich auch zwei Bildungen nach Analogie, indem
ich es dahingestellt lasse, ob man bei ihnen noch von verändertem
Geschlecht sprechen kann: accentiuneula Gell. XIII 6, l nnd
morsiuneula Plaut. Pseud. 67. War man gewohnt von Verbis
ein Verbalsubstantiv auf io zu bilden, und von diesem wiederum
ein Deminutiv orare, oratio, oratiuneula — so war von mordere
nicht blofs ein morsus, sondern auch ein *morsio möglich nnd
hiervon ein morsiuneula; und so war auch Gellius zu seinem
accentiuneula als t. t. berechtigt, wenn auch das Verbum accino
nur noch bei den Grammatikern (Diom. 431, 1, Prise. 11, 35, Mar.
Victorin. 58, 3) in Gebrauch war.
Einer späteren Zeit gehören an eine Anzahl vereinzelt vor-
kommender Deminutiva, welche, ohne dafs ein erfiudbarer Grund
Genaswechsel der Deminutiva. 187
obgewaltet hat, im Geschlecht von ihren Stammwörtern ab-
weichen. Bei manchen von ihnen läfst sich allerdings bereits
bei den Stammwortern die betreffende Veränderung in der Ge-
schlechtsbezeichnung nachweisen, und ist diese dann dank der
Beihilfe von Appels schon oft citierter Schrift und Georges' Lex.
notiert, da die Herren Mitarbeiter keine Veranlassung gehabt
hatten, diesen Punkt zu berücksichtigen. Es ist daher auch die
Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dafs von dem einen oder anderen
Worte, was jetzt bei einem späten Autor als Deminutiv mit ver-
ändertem Geschlecht erscheint, das Primitivum in demselben Ge-
schlecht gebraucht worden ist, eventuell gebraucht worden sein
würde. So haben wir: arbusculus Oribas. Eupor. II 1; arbus-
culum Gloss. Lab. — Poetae aevi Carol. II p. 198, 20; centunclum
(equestre coactile und ornatum ab aca) Edict. Diocl. 7,52.53; cere-
b eil ns Oribas. 20, 17. Gloss. Sang. 931; doch zeigt Caper de orth.
7, 103, 6 & cereber qui dicunt, sine cerebro vivunt, dafs gewisse
Leute doch das Maskulinum brauchten; corpusculus Pardessus
437 a. 696, doch hat derselbe auch pretiosws smis corpus 457 a. 702,
was allerdings auch bereits beiOribasius vorkommt, cf. Meyer p. 39;
circulum Iordanes 55, 3, cf. Appel p. 103; flagellus Lex Sal.
Guelf. 12. Cap. in deuteron. 131 Appel p. 90; floscellum und
flosculum Iren. I, praef. 2, Venant. Fortun. X 2, 9, Iord. I 9, 3, 6;
furfuriculae Marc. Emp. 5, 45, 8. 9; herediolus Apul. flor. 11;
iu8cellus Orib. Eupor. 1,9; libellus als Femin. Form. 16s, 167etc.;
nummullum Alcuin. Poet. aev. Carol. I p. 283 (duo nummula);
oratoriolus Pardess. 230 a. 615; pernunculus Not. Tir. 167;
pulvisculum Vigilant. b. Hieronym. c. Vigil. 4,390 pulvisculum
nescio quod 5, 39, [dagegen 8,394 vilem pulvisculum]; sigillus
Mon. Hist. Patr. Chart. 1, 260 a. 981; surculum Venant. Fortun.
V 16, 4; append. 22, 11; Aethicus VI 72 p. 55,20; taurulum Reg.
Longob. diplom. Migne 87 p. 1410 A; vannulus Gloss. Lab.
Wir haben nun noch einige Wörter anzuführen, welche als
Deminutive mit verändertem Geschlecht aufgezählt werden, deren
Überlieferung jedoch fraglich ist. Aediculum Aulular. ed. Peiper
II 1; columellus Paul. Diac. Waitz, H. L. IV 51 p. 176; cuni-
culum Caper p. 109, 6 (K curriculum), farticula Titin. 90 p. 146
Ribbeck, nutriculum Petr. Chrysol. Migne 52 p. 351 B; sarci-
nolus, Migne 87 p. 452 D; ebensowenig werden wir nach dem
oben Gesagten den Grammatiker Virgilius (p. 28. 29 ed. Huemer
1886) als Zeugen anerkennen, welcher uns pera — periculum,
188 A. Weinhold: Genuswechfiel der Deminutiva.
lapis — lapicula, bax — baculus auftischt. Sollte nicht auch en-
sicula hierher gehören und, obwohl bei mehreren Grammatikern
vorkommend, ein sich von einem zum anderen fortschleppender
Irrtum sein? Wenigstens wenn wir es bei Charisius p. 155 K in
Gesellschaft mit pistrinum, pistrilla — als gäbe es kein pistrina
— und Priscian III 44 p. 166 nach hie qualus hoc quasillum —
als gäbe es kein quäl um — finden, so scheint mir, trotzdem
Probus citiert wird, ein Zweifel an dem durch kein Sckriftsteüer-
zeugnis bestätigtem ensicula annoch erlaubt. Auch veretilla
möge hier seine Erwähnung finden, da Apul. apol. 34 Erüger
nicht veretillam, sondern veretillum bietet. (Übrigens würde ve-
retilla nicht unmöglich sein, da es gleichbedeutend ist mit partes
verendae, virilis, muliebris pars, also nach dem oben Gesagten
seine Erklärung fände.) Assula endlich, was so häufig als Demi-
nutiv von assis = axis angeführt wird, gehört zu hasta (Archiv 1242).
Nirgends kann ich die Worte domunculum und lagunculus
— domuscula bei Apuleius, laguneula bei Columella — , die an so
vielen Stellen z. B. noch bei Kühner als Beispiele figurieren, belegt
finden. Unsicher scheint auch das von Georges als Deminutivum
von rota angeführte rotulus bei Calpurn. Bucol. VII 51, wo nicht
nur alle Godd. mit Ausnahme von © (ed. H. Schenkl) rutilum bieten,
Salmasius rutulum liest, endlich Lipsius rotulam teretem schreibt.
Andrerseits möge es erlaubt sein, hier zwei Wörter an-
zufügen, deren Stammwörter in dem Geschlecht, welches die
Lexika angeben, nicht belegbar sind: gerricula Plin. n. h. XXXII
148 und lucunculus [Afran. com. 162] Stak silv. I 6, 17, Apul.
met. 10, 13. Nun ist aber weder aus Plinius a. a. 0. oder Mari
III 77, 7, XII 32, 15 ein maskulinisches gerres, noch aus Varro
sat. Men. 417 u. 508 u. Paul. Fest. 119, 18 ein als Femininum
gebrauchtes lucuns zu erweisen.
Wir sehen also, die Regel der alten vielgeschmähten Gram-
matiker besteht zu Recht: das Deminutiv folgt dem Geschlecht
des Stammwortes. Nur ganz bestimmte Gründe konnten die im
Verhältnis zu der grofsen Anzahl von Deminutivis äufserst seltenen
Abweichungen veranlassen. Die Regel ist gültig aber in noch
weit gröfserer Ausdehnung, als die, welche sie aufstellten, es ahn-
ten; denn von den meisten der auch ihnen als abweichend er-
scheinenden Wörter hat sich Laufe unserer Untersuchung heraus-
gestellt, (lafs es keine Deminutive sind.
Grimma. A. Weinhold.
Das Pflanzenreich im Sprichwort.
Es ist Thatsache, dafs die Pflanzenwelt in ihren mannig-
faltigen Arten und Einzelheiten die Aufmerksamkeit des gemeinen
Mannes, dem sentimentale Naturschwärmerei ebenso fern liegt,
als wissenschaftliches Interesse, in weit geringerem Mafse erregt,
als die Erscheinungen des Menschen- und Tierlebens. Damit
erklärt es sich denn auch, wenn das Pflanzenreich im Sprichwort
eine verhältnismäfsig untergeordnete Rolle spielt uud wenn in
demselben fast nur diejenigen pflanzlichen Gebilde vertreten sind,
welche für den Menschen von irgend welchem praktischen Nutzen
sind und mit denen er die Notdurft des Lebens befriedigt.
Diese rein praktische Tendenz bewährt sich sogleich bei den
auf einer niedrigen Stufe der Entwicklung stehenden Pflanzen,
z. B. dem Seetang oder Seegras, welches als nutzlos und un-
tauglich gilt: Verg. ecl. 7, 42 Horridior visco, proiecta vilior
alga. Hör. sat. II 5, 8 Et genus et virtus, nisi cum re, vilior alga
est. (Hör. carm. III 17, 10 et alga littus inutili). In gleichem
Mifskredit stehen Pilze und Schwämme: Plaut. Bacch. 821
tantist, quantist fungus putidus, er ist nicht mehr wert, als ein
Pilz. Einen Dummkopf nannten die Romer ebenso wie wir einen
Pils: Plaut. Bacch. 283 Adeone me fuisse fungum, ut qui illi
crederem! Bacch. 1085. Auf die Porisität des Schwämme« geht
Plaut. Stich. 773 Satis esse non magis hoc potis est, quam fungo
imber, sind unersättlich wie ein Schwamm. Wir sagen von einem
guten Trinker: Er hat einen Schwamm im Magen.
Bei den Komikern begegnet öfter der der Volkssprache ent-
nommene Ausruf gerrae! Lappalien, Possen, Thorheit!: Plaut
Poen. 134 Scitum est per tempus si obviam fit verbum vetos.
Nam tuae blanditiae mihi sunt, quod dici solet, gerrae germana^.
Epid. II 2, 49. Ann. 600. Trin. 760 und schon Caecil. U>i Non.
p. 118, 33 (Ribb. fr. com. p. hl). Auaon. XX Vi 1 .ScL muri ita-
que ad te fri^pla, gerris Hiculh vaniora. Zur Erklärung dient,
190 A. Otto:
was Fest. p. 94 M. berichtet: gerrae crates vimineae. Athenieuses
cum Syracusas obsidereiit et crebro gerras poscerent, irridentes
Siculi gerras clainitabant. Unde factum est, ut gerrae pro nugis
et contemptu dicantur. Varro ling. lat. 7, 55 gerra graecum est
et in latina cratis. Suidas: yeQQa nccQa UixeXotg xä ywauula
xal avÖQtla aldota.
Verwandt damit ist der Bedeutung nach der Ausdruck scopae
solutae, auseinander genommene Reiser, die zu nichts mehr zu
gebrauchen sind (sicherlich im Gegensatz zum wohlgebundenen
Besen): Cic. ad Att. VII 13b, 6 L. Caesarem vidi Minturnis, ....
cum absurdissimis mandatis, non hominem, sed scopas So-
lu tas. Orat. 70,235 Isti autem, cum dissolvunt orationem, in qua
nee res nee verbum ullum est nisi abiectum, non clipeum, sed,
ut in proverbio est (etsi humilius dictum est, tarnen simile est)
scopas, ut ita dicain, mihi videntur dissolvere. Der Zusammen-
hang an beiden Stellen beweist klar, dafs die Lexika die Bedeu-
tung des Wortes ganz falsch augeben, wenn sie übersetzen: etwas
in Unordnung bringen*).
Auf den Umstand, dafs die Binsen keine Knoten haben
(Auson. XXVI 1, 36 Seh. numerorum naturam non esse scirpum,
ut sine nodo sint. Tsid. Orig. XVII 9, 97 scirpus^quo tegetes texun-
tur, sine nodo), gründet sich die Redensart nodum in scirpo
quaerere d. h. Schwierigkeiten oder Fehler finden, wo keine sind:
Fest. p. 330 M. inde proverbium est in eas natum res, quae nul-
lius impedimenti sunt, in scirpo nodum quaerere. Ennius: quae-
runt in scirpo, soliti quod dicere, nodum (Vahl. p. 162). LuciL
bei Donat zu Ter. Andr. 941 Lucilius in primo: nodum in scirpo
insanu' facessere vulgus (fr. 36 M.)**). Plaut. Men. 247. In scirpo
nodum quaeris. Ter. Andr. 941 nodum in scirpo quaeris. Hieron
adv. Joann. Hieros. 3 p. 409 Vall. etiain in scirpo nodum quaerit
ady. Pelag. II 30 p. 780 Vall. non est necesse, nodum in scirpo
quaerere. August, c. Jul. II c. 215 in scirpo nodus quaeritur.
Isid. Orig. XVII 9, 97 Et in proverbio: Qui inimicus est, etiam
in scirpo nodum quaerit. Paul. Nol. ep. 37, 1 Sed nodus in scirpo
et naevus in lumine potuit inveniri. Ennod. p. 64, 20 Vog. num-
*) Das deutsche Sprichwort: „Nene Besen kehren gut", hat zwar
einen ganz anderen Sinn, beruht aber auf der gleichen Vorstellung.
**) So nach L. Müller. Lachmann schreibt: insane, fac aere volnos,
Dziatzko: insano facere nlcus. Überliefert ist: insane facere.
Das Pflanzenreich im Sprichwort. 191
quam bene nodus in scirpo quaeritur. Sprichwörtlichen Bei-
geschmack hat auch das Fragment des Novius bei Fest. p. 330 M.
Sume arma, iam te occidam clava scirpea, etwa: mit einem Stroh-
halm (Ribb. fr. com. p. 225).
Von Blumen haben im Sprichwort der Römer nur die Rose
und etwa die Lilie eine Stelle. Das Sprichwort: Auch unter
Dornen wachsen Rosen (Düringsfeld, Sprich w. der german. und
roman. Spr. I No. 300) läTst sich, wie es scheint, erst aus dem
späteren Altertume belegen: Amin. Marceil. XVI 7, 4 sed inter
vepres rosae nascuntur et inter feras nonnullae mitescunt. Hieron.
vit. Hilar. c. 1 Hilarion .... cum haberet parentes idolis deditos,
rosa, ut dicitur, de spinis floruit. Hegesipp. prol. 12 tamquam
in spinis rosam quaerentes. Doch sagt schon Publil. Syr. 610
Spina etiam grata est, ex qua spectatur rosa. — Der Vergleich
mit der schneeweifsen Lilie gehört der Dichtersprache an: Prop.
II 3, 11 Lilia non domina sint magis alba mea. Mart. I 115, 3
candidior puella cygno, Argento, nive, lilio, ligustro. V 37, 6
nivesque primas liliumque non tactum. Vgl. Calpurn. ecl. 3, 51
Te sine, vae misero, mihi lilia nigra videntur. — An den wohl-
riechenden Thymian hat man zu denken bei dem Sprichwort,
welches Ambros. Hexaem. V 2, 6 erwähnt: Neque te inhonoratum
nostra persecutione, thymale, dimittam, cui a flore nomen ino-
levit, seu Ticini unda te fluminis, seu amoeni Atesis unda nu-
trierit, flos es. Denique sermo testatior, quod de eo, qui gratam
redolet suavitatem, dictum facete sit: aut piscem ölet, aut flore in;
iia idem pronunciatus est piscis odor esse, qui floris*j. — Eine
Bezugnahme auf ein Sprichwort liegt vor in den Worten Catulls
11, 22 qui illius culpa cecidit, velut prati Ultimi flos praetereunte
postquam tactus aratro est**) nach Fest p. 3G3 M. Tarn perit
*) Der richtige Name des Fisches ist thymalus, wie sowohl die beste
Hs. (cod. Par. 12135) bietet, ah auch Aelian. b a. XIV 22 bestätigt, der
zugleich das obige Sprichwort erklärt: övualov dt l%&vv ovxa xodovpLtvow
rgitpti TixiwoQ xal ov* xai tvoöuog lort, xaC ttg ovx ld<op xb J«So*
oljptxai xoav ivdov tlvcu tit9 fuxliöza ptlittav zqo^ot^ ivfttv %al xixXr\xai.
Ebenso tagt Isid. or. XII 6, 29 Thvinaluä ex flore nomen accepit. thymus
qoippe flos appellatur; nam dam feit specie gratas et saj>ore iucuuduf, tarnen
sicnt flos flagrai et corpore aspirat odorem. Ich verdanke die vorliegen-
den Nach Weisungen der gütigen Mitteilung d<;s Herrn Prof. K. Schenk 1
in Wien.
**) Ähnlich Catull 62, 3'J flos .... nullo convulsiu aratro, nach-
geahmt Ton Verg. Aen. IX 435 Purpur eu* veluU cum flo» succi#u* aratro
192 A. Otto:
quam estrema faba in proverbio est, quod ea plerumque aut
proteritur aut decerpitur a praetereuntibus*).
Die Bohne kebrt noch iu zwei weiteren Redensarten wieder,
deren Erklärung mit Schwierigkeiten verbunden ist. Bei Plaut.
Aulul. V 11 wird auf die Frage Quid repperisti? geantwortet:
Non quod pueri clamitant in faba se repperisse d. h. dem Zu-
sammenhange nach: nichts Kleines, Geringfügiges. Ob die Er-
klärer recht haben, wenn sie den Wurm in der Bohne (die Made
im Apfel) darunter verstehen, mag dahingestellt bleiben; man
konnte auch an ein Kinderspiel denken. Aber es ist nicht einmal
gewifs, ob wir es hier wirklich mit einer sprichwörtlichen d. h.
viel gebrauchten Wendung zu thun haben. Sicher ist dies jedoch
der Fall bei Ter. Eun. 381 At enim istaec in me cudetur faba.
Wie vielfach und vergeblich sich schon die Alten mit der Deu-
tung des Wortes abmühten, zeigt die Anmerkung des Donat z.
d. St. Trotz aller Anfechtungen in neuerer Zeit halte ich doch
an der alten Auffassung fest, wonach das Bild vom Ausdreschen
der Bohnen hergenommen ist**). Der Wortlaut an sich läfst
schwerlich einen anderen Sinn zu. Der Sklave Parmeno ver-
gleicht das Vorhaben seines jungen Herrn mit einer Bohnen&at,
die für ihn, den Sklaven, bittere Früchte tragen werde; er meint»
du wirst die Erbsen säen (istaec faba), auf mir (in me) wird
man die geernteten ausdreschen d. h. ich werde die Folgen tragen
müssen, oder mit einem anderen Bilde: du wirst die Suppe ein-
brocken, ich werde sie ausessen müssen. Dafs Parmeno seinen
Kücken geradezu mit einer Tenne vergleiche, ist damit noch nicht
gesagt, wenn auch der Gedanke an die zu erwartende Prügel-
strafe ihm das Bild offenbar eingegeben hat. Übrigens sagen
auch wir von einem Pockennarbigen: der Teufel hat Erbsen auf
ihm gedroschen (Körte, Die Sprichw. d. Deutschen No. 1450).
Die Wolfs bohne wurde, wie es scheint, sprichwörtlich gebraucht
von etwas Wertlosem, nach Juven. XIV 153 tunicam mihi malo
Languescit moriens. Auf die Vergilstelle bezieht sich Ennod. p. 166, 9 Vog.
ceu flos succisus aratro est.
*) Bei Körte, Die Sprichwörter der Deutschen, 6nde ich unter No. 831
das Sprichwort: Schöne Blumen stehen nicht lang1 am Wege.
**) Schneider, de proverb. Plaut, et Terent. p. 3 f. will das griechische
qpaxov %6nteig (Zeuob. VI 48. Appeod. prov. IV 68) „de iis, qui operam
luduntu herbeiziehen, wobei aber weder dem Zusammenhange Rechnung ge-
tragen, noch das überlieferte in me berücksichtigt ist
Das Pflanzenreich im Sprichwort. 193
lupini (die Schale einer Bohne) and Hör. ep. I 7, 23 Nee tarnen
ignorat, quid distent aera lupinis, er weifs wohl das Wertvolle
Tom Unnützen zu unterscheiden. Die Schauspieler brauchten
nämlich im Theater diese Bohnen statt des Geldes (Plaut. Poen.
III 2, 20).
Auf den Getreidebau führen uus mehrere sprichwörtliche
Wendungen, zunächst der Ausdruck in herba esse, noch in den
Anfängen stehen*): Cato bei Gell. XIII 18 (17), 1 Nunc ita
aiunt, in segetibus et in herbis bona frumenta esse; nolite ibi
nimiam spem habere. Ov. ep. 17, 263 Sed nimium properas et
adhuc tua messis in herba est. Fronto p. 102 Nab. Egone, qui
indolem ingenii tui in germine etiamtum et in herba et in flore
dilexerim, nunc frugem ipsam maturae virtutis nonne diligam?
Sjmmach. ep. 4, 20 tuae enim res non in germine, sed in fruge
sunt. Ferner gehört hierher die Phrase ad (bonam) frugem
redire, sich bessern: Cic. p. Gael. 12, 28 emersisse aliquando et
se ad bonam frugem, ut dicitur, reeepisse, gravesque homines et
illustres fuisse. Plaut. Trin. 116 Quin tu adulescentem, quem
esse corruptum vides, . . . restituis? quin ad frugem corrigis? 270
Certa res est ad frugem applicare animum. (Vgl. Bacch. 1085).
Lamprid. Heliogab. 15 milites . . . dixerunt, se parsuros esse He-
liogabalo, si .... ad bonam frugem rediret. (Vgl. Gell. XIII
27, 2 ad bonam frugem ducentia). — Die Ähren eines Saat-
feldes zu zählen, ist ebenso schwer, als den Sand und die Wellen
des Meeres, die Sterne am Himmel, das Laub am Baum: Catull
48, 5 non si densius aridis aristis sit nostrae seges osculationis.
Ov. trist IV 1, 57 aestu numerabis aristas. ex Ponto II 6, 25
citius numerabis aristas. Vgl. Stat. silv. III 3, 97 hibernos citius
numeraveris imbres, Silvarumque comas. Dem Anscheine nach
ist auch sprichwörtlich Ov. ep. ft, 111 et minus est in te, quam
summa pondus arista. Von jemand, der vorsichtig und unsicher
vorwärts geht (wir sagen: wie auf Eiern), heifst es bei Hieron.
adv. Ruf. II 10 p. 501 Vall. et quasi super aristas pendenti in-
cedens gratu loqueris. ep. 82, 5 totuin relinquit ambiguum et
quasi super aristas graditur. — Ein altes Wort im Munde der
Landleute war: hordeum saeculo seri, Gerste werde für den
Geldbeutel gesät, wie Plin. n. h. XVIII 7, 80 hinzusetzt, propterea
quöd celerrime redit. — Wer seinen Acker nicht pflegt, erntet
*) Vgl. Plin. n. h. XVIII 7, 62 frumenta hieme in herba sunt.
194 A. Otto:
nicht Korn, sondern Disteln: Hör. sat. I 3, 37 Neglectis urenda
filix innascitur agris. Parallelen hierzu bei Düringsfeld a. 0.
I No. 8*).
Von Küchengewächsen ist zu nennen der Kürbis: ApuL
Metam. I 15 nempe etsi tu alicuius facinoris conscius scilicet
mori cupis, nos Cucurbitae Caput non habemus, ut pro te mo-
riamur, wir sind keine solchen Strohköpfe (der Kürbis hat Ähn-
lichkeit mit einem Kopfe, ist aber im Innern hohl). Ein Kahl-
kopf wird mit einem Kürbis verglichen Apul. Metam. V 9 atque
ego misera primum patre meo seniorem maritum sortita sum,
deinde Cucurbita calviorem. — Weiterhin der Lauch: Fronto
p. 31 Nab. quod ait Laberius de amore .... Tarn cito crescit,
quam porrus, tarn quam palma firiuiter (Bibb. Laber. v. 133).
Und schließlich die Raute: Petr. 37 queinvis ex istis babaecalis
in rutae folium coniciet. 58 Nee sursum nee deorsum non cresco,
nisi dominum tuum in rutae folium coniecero. Die Drohung soll
die höchste Überlegenheit ausdrücken und bedeutet wohl: jemanden
so klein machen, dafs er auf einem Rautenblatt Platz hat. (Andere
Erklärungen bei Burmann zu c. 37).
Von der Weintraube besafsen die Griechen das Sprich-
wort ßotQvs TtQog ßoTQw iteitalvetai' iitl tgqv i&tiovö&ai yikovH-
xovvrcov Append. prov. 1 60. Apost. V 5. Im schlimmen Sinne
(ein Schlechter steckt andere an) braucht dasselbe luven. II 81
Uvaque conspeeta livorem ducit ab uva, wozu der Scholiast be-
merkt: hoc ex proverbio sumitur: uva uvani videndo varia fit.
Auch aus germanischeu Dialekten wird das Sprichwort angeführt
von Düringsf. a. 0. 1 No. 378.
Um etwas Unmögliches, Widernatürliches zu bezeichnen, sagt
Verg. ecl. 8, 54 Pinguia cortieibus sudent electra myricae, und
dafs hierin in der That ein sprichwörtlicher Kern enthalten sei,
scheint hervorzugehen aus Ov. a. a. I 747 Siquis idem sperat,
iacturas poma inyricas Speret et e medio flumine mella petat.
Einzelne Bäume finden sich sonst im Sprichwort der Römer
nicht genannt**), nur ein paar Anspielungen auf griechische Ori-
ginale begegnen. So steckt in dem Verse Et fortasse cupres-
sum scis simulare bei Hör. a. p. 19 ein griechisches Sprichwort.
Porphyr, z. d. St. behauptet: Proverbium est in malum pictorem,
*) Vgl. Petr. 46 Hermogcnis filicem.
**) Doch darf vielleicht für sprichwörtlich gelten Petr. 43 corneolua
fuit, aetateiu bene forebat, er war ein hagebuchener Mensch.
Das Pflanzenreich im Sprichwort. 195
qui nesciebat aliud bene pingere quam cupressuin. Quod pro-
verbium Graecis in usu est: pr\ xi ix xwcaQiööov fttktig\ — Das
bekannte griechische Wort itokkaZtii nXv\yalg ÖQvg datid&tcu hatte
ohne Zweifel im Sinne Lucr. IV 1283 Nam leviter quamvis quod
crebro tunditur ictu, Vincitur in longo spatio tarnen atque la-
bascit. — Die Erfahrung lehrt, dafs ein Baum, der oft verpflanzt
wird, nicht gedeiht (Düringsf. a. 0. II No. 226): Senec. ep. 2, 2
non convalescit planta, quae saepe transfertur. Man vergleicht
das griechische XCftog xvXio^ievog tpvxog ov nocet Apost. X 72.
Am schwersten aber verpflanzt sich ein alter Baum (Düringsf.
a. 0. I No. 64), und auf diesen Gedanken bezieht sich wohl Senec.
ep. 86, 14 didici ab Aegialo, diligentissimo patre familiae . . .
quamvis vetus arbustum posse transferri. Wenn schon der Ertrag
der Baumzucht für sich lange auf sich warten läfst, so ist es um
so betrübender, wenn ein anderer durch Gewalt oder List sich
su Unrecht denselben aneignet: Liv. X 24, 5 Fabius, quam arbo-
rem consevisset, sub ea legere alium fructum indignum esse di-
cere. Der Bedeutung nach identisch ist das griechische äkko-
xqiov afiag frigog (Diogeu. II 75) und akkov 6ksCqov(5lv^ akkoi
d9 a\ir\(5ovxai Greg. Cypr. Mosqu. I 38. Vergl. auch Düringsf.
a. 0. I No. 344.
Mit den Blättern des Baumes werden unselbständige und
unzuverlässige Menschen verglichen: Ov. ex Ponto IV 3, 33 Quo-
libet est folio et quavis incertior aura. Am. II 16, 45 Vcrba
puellarum foliis leviora caducis, ep. 5, 109 Tu levior foliis. Cic.
ad Att VIII 15, 2 qui ipsi aut pluma aut folio facilius moventur.
Vgl. Plaut Mil. glor. 17 difflavisti spiritu, Quasi ventus folia,
sowie Apul. Met. I 8 folia sunt artis et nugae merae. Wenn die
Blätter von den Bäumen fallen, ist noch keine Gefahr, wohl aber,
wenn diese selbst stürzen: Plaut. Men. 375 folia nunc cadunt . . .
si triduum hoc hie erimus, tum arbores in te cadent, das ist erst
der Anfang, bald wird es schlimmer kommen.
Wie die Blätter, so ist auch die Rinde, der Kork, Symbol
der Leichtigkeit und Leichtfertigkeit: Hör. carm. III 9, 22 tu le-
vior cortice. Infolge seiner speeifischen Leichtigkeit hatte sich
der Gebrauch des Korkes beim Schwimmen längst eingebürgert,
und Horaz konnte sagen sat. I 4, 120 simul ac duraverit aetas
. . . nabis sine cortice, wozu Acron anmerkt: Proverbialiter po-
suit^ nabis sine cortice i. e. sine alieno adminiculo.
Dagegen ist ein abgehauener Baumstamm, ein schwerer
196 A. Otto: Das Pflanzenreich im Sprichwort.
Klotz das Bild eines unbeweglichen oder stumpfsinnigen Men-
schen: Cic. in Pis. 9, 19 sed qui, tamquam truneus atque sti-
pes, si stetisset modo, posset sustinere tarnen titulum consulatus.
de nat. deor. I 30, 84 Quae potest esse in eiusmodi trunco sa-
pientia? de harusp. resp. 3, 5 stipitem illum. post red. in sen. 6
Cum hoc homine, an cum stipite (Aethiope). Petr. 74 codex, non
mulier. Ter. Heaut. 877 Quae dieta sunt in stulto: caudex, sti-
pes, asinus, plumbeus. Claud. XVIII (in Eutr. I) 126 Et nihil
exhausto caperent in stipite lucri. Arnob. II 24 et non stipes ut
aliquis aut Marpesia, ut dictum est, rupes stabit, elinguis aut
mutus.*) Gegen einen groben, astreichen Klotz richtet auch nur
ein grober Keil etwas aus: Hieron. ep. 69, 5 iuxta vulgare pro-
verbium, malo arboris nodo malus euneus requirendus est, auf
eine schlimme Krankheit gehört eine bittere Medizin. (Vgl.
Düringsf. a. 0. I No. 926.)
Wer Holz in den Wald trägt, handelt ebenso thöricht, wie
derjenige, welcher Eulen nach Athen oder Wasser ins Meer bringt:
Hör. sat. I 10, 34 in silvam non ligna feras, citiert von Hieron.
adv. Ruf. I 17 p. 474 V. adv. Pelag. III 19 p. 805. — Ov. am.
II 10, 13 quid folia arboribus . . . addis? ex Ponto IV 2, 13 Mit-
lere carmen ad hunc, frondes erat addere silvis. Sidon. Apoll,
ep. 7, 3 hoc enim fronte possemus fluminibus aquas, silvis ligna
transmittere. Düringsf. a. 0. II No. 470. — Mancher ist auch
so blind, dafs er den Wald vor Bäumen nicht sieht: Ov. trist
V 4, 1 Nee frondem in silvis . . . uec pleno flumine cernit aquas.
Oppeln. A. Otto.
Zu Isidor orig. XVII 3, 10.
'Hordeum dictum, quod prae ceteris generibus frumenti aridum
ante Hat, vel quod spica eius ordines habeat. horum tria genera.
primuin hexaticum vocatur, eo quod spica eius sex ordines habeat,
quod quidam cantherinum appellant.' Statt hexaticum ist sicher he-
xastichum zu lesen; vgl. Colum. II 9, 14: proximus est frumentis
usus hordei, quod rustici hexastichum, quidam etiam cantherinum ap-
pellant.
Hirschberg i. Schi. Dr. Schwarz.
*) Nach Verg. Aen. VI 470 Nee magis ineepto vultum sermone mo-
vetur, Quam si dura silex aut stet Marpesia rupes.
Die Verba frequentativa und intensiva*).
Trotz der beiden Monographieen von Rieh. Jonas (De verbis
frequentativis et intensivis. Poznaniae 1871 = Jenenser Doct.
Diss. — Progr. von Meseritz 1872. — Progr. von Posen 1879,
1884) und C. Paucker (Die Verba freq., Zeitschr. f. vergl. Sprach-
forsch. N. F. VI. 1883. 241—261) sind wir weder über die Bil-
dung noch über die Bedeutung der genannten Verba ausreichend
aufgeklärt. Eine kraftige Förderung der Frage war schon da-
durch ausgeschlossen, dafs keiner der beiden genannten Verfasser
die Arbeit des anderen kannte; es ist aber auch ebenso un-
genügend die Frequentativa und Intensiva der Komödie, bei Cato
Varro und Sallust, bei Livius monographisch zu behandeln und
sie in drei Kategorien (-ito, -to, -so) zu teilen, als die Scheidung
der Bildungen in archaische, klassische und nachklassische ohne
Würdigung der Hauptvertreter der Litteratur zu befriedigen ver-
mag. Zudem sind einerseits wichtige Stellen der alten Gramma-
tiker wie interessante Frequentativbildungen unbeachtet geblieben,
andrerseits ist die Aufsuchung der Verba auf ito so iiufserlich
und mit so peinlicher Gewissenhaftigkeit betrieben worden, dafs
nicht nur territo und aecusito gleich gestellt, sondern adequito
und praeeipito, ja selbst der Imperativ animadvertito bei Cato
(als total, etgritiivov natürlich) zu den Frequentativa gezählt
worden sind. Je mehr aber die Untersuchung auf der Oberfläche
geblieben ist, um so mehr vermifst man die tieferen Ideen, welche
*) Da die alten Grammatiker drei Arten von Verbalableitungen unter-
scheiden, die Verba meditativa (= desiderativa) , die inchoativa, die fre-
quentativa (zu denen sie auch capesso u. a. rechnen) und das Archiv I
408 ff. 465 ff. II 355 ff. III 398 ff. IV 68 ff. die zwei ersten und verwandte
Abschnitte der Wortbildungslehre auf Grund des Zettelmaterials behandelt
hat, so schien es passend zur Ergänzung auch über das bisher nicht berührte
Kapitel einiges beizufügen.
198 Ed. Wölfflin:
der fortgeschrittenen Wissenschaft mehr gelten als das leblose
Material. Denn sowohl die Annahme einer doppelten Kategorie
von Verba frequentativa und intensiva ist eine verfehlte, als auch
mufs der Bedeutungswert jedes Wortes nicht nur an einzelnen
Stellen vermutungsweise bestimmt, sondern nicht minder die Wir-
kungskraft des Suffixes im ganzen nach Perioden zu messen ver-
sucht werden, bevor wir das letzte Resultat der Entwicklung, wie
es in den romanischen Sprachen klar vor Augen liegt, zum all-
gemeinen Gesetze erheben, nach welchem die Frequentativa dem
Sinne nach meist auf der Stufe der Stammverba stehen, jeter
(iactare) = iacere, meriter (meritare) «= merere, chanter (cantare)
= canere, aider (adiutare) = adiuvare. Diez, Gramm, der roman.
Sprachen 11» 401.
1. Die Bildung der Frequentativa geht von dem Partie
per f. pass. aus: Gellius 9,6 frequentativa eodem modo in prima
syllaba dieuntur, quo partieipia praeteriti temporis ex his verbis,
unde ea profeeta sunt, in eadem syllaba pronuntiantur, sicuti clego
lectuV facit *lectito\ Prise, park 1, 2.8. p. 466, 15 H.: a parti-
cipiis praeteriti temporis solent fieri frequentativa plerumque, ut
habitus, habito habitas habitat. Consentius p. 376, 20 venit
(forma frequentativa) interdum a perfecta forma, ut a canto can-
tito. Allerdings schreibt der nämliche Priscian 10,57 (p. 546, 8 H.):
solent frequentativa plerumque a supinis vel partieipiis prae-
teritis nasci, und 8, 74 (p. 429, 22 H.) noch bestimmter frequen-
tativa plerumque a supinis derivantur mutatione eztremae u in o,
ut cscriptu, scripto9. Dies kommt daher, dafs es ihm unmittelbar
vorher (p. 429, 10) besser pafste, die Meditativa (=» desiderativa)
auf urio mit dem zweiten Spinum in Verbindung zu bringen,
obschon er auch hier sein Gewissen wahrt mit den Worten:
species (meditativorum) a partieipio praeteriti temporis solet fieri
sive a supino in u. Die neueren Grammatiker aber hätten besser
gethan das Supinum bei dieser Bildung aus dem Spiele zu lassen.
In der ersten Konjugation bilden die einsilbigen Stamme
regelmafsig dätare, flätare (Arnob.), nätare; in der Komposition
gewifs * additare, was aus additamentum zu erschließen und durch
subditare bestätigt wird, wie bei langem a adnatare; ebenso regel-
recht ist die Bildung von crepitare und strepitare, cubitare und
domitare, sowie von adiutare, restitare.
Die zweite liefert uns habitare und pavitare, meritare und
Die Verba frequentativa und intcnsiva. 100
territare, monitare bei Venantius Fortunatus, in der Zusammen-
setzung mit der Präposition de desponsare, detentare, detonsare,
devotare, daneben das selbständige responsare, auctare, tortare
und motare. Gellius hat von dem Halbdeponens soleo ein soli-
tare wohl nicht gebildet, aber doch nach altem Vorgange gebraucht,
wie andere zu ausare (franz. oser) geworden ist. Placitare ist
wohl bei Plautus (= sehr gefallen) ein Frequentativuin, im Spät-
latein dagegen, wo es litigare bedeutet (franz. plaider, plaidoier)
von placitum, Gerichtstermin (lex Salica 42, 10) abgeleitet. Vgl.
Lowe, Prodrom. 261. Verba auf etare, wie deletare, giebt es nicht;
dafs aber statt ftare in archaisch-vulgärer Orthographie auch
Stare geschrieben wurde, beweist uns die Lex Iulia municipalis
vom J. 709 u. cond., in welcher sich habetaretur (von Bruns,
fontes iuris Bomani korrigiert) neben habitabitur findet, wie
ähnlich Festus p. 23, 10 M. bezeugt: Acetare dicebajit, quod nunc
dicimus agitare.
Die dritte wird die reichste sein mit fugito (intrans. Ter.
Eun. 847), lambito, vendito, vomito; iacto tracto, capto rapto,
verao merso, nexo vexo, penso defenso, specto (von * specio) und
delecto (von * lacio), quasso presso, nuto voluto, curso pulso,
canto und attento (tempto), gesto truso und vielen anderen.
Und schliefslich stellt sich die vierte ein mit dormlto (die
selbstverständliche Länge möge bezeichnet sein, da Jonas das i
als kurz mifst) munito, hinnito (Gloss.), (tinnito falsche Lesart bei
Commod. instr. 2, 23, 17), aperto und operto, vento und compos.
Besondere Erwähnung aber verdient noch, um das spätlateinische
sepulto zu übergehen, salto mit seinen zahlreichen Zusammen-
setzungen.
Die Deponentia nehmen teil an der Bildung mit licitari
und pollicitari, tutari (weil tütus sum neben tititus aum) und
eommentari, argutari (von Paucker übergangen, älter als argu-
tare), amplexari und versari; gradior bildet nicht gressari, sondern
grassari, degrassari.
Bevor wir indessen zu den Besonderheiten und den in der
Grammatik unvermeidlichen Ausnahmen übergehen, müssen wir
doch noch als Regel aufstellen, dafs eine grofse Zahl von Verben
der ersten Konjugation auf itare ausgeht, statt auf atare, auch
wo das sogenannte Supinum nicht auf -itum lautet; beispiels-
weise clamitare statt clamatare, imperito, vocito, appellito, volito,
fugito (transitiv), negito, rogito, culpito, welches bei Paucker fehlt;
200 Ed. Wölfflin:
im Franz. vanter (= vanitare) vou *auo[r], zugleich anklingend
an venditare anpreisen. Man könnte hier etwa sagen, clamatare
sei wegen des dreifachen a eine mifsbeliebige Form gewesen, wie
etwa in der Deminution nicht agnus, agnulus agnululus (mit
dreifachem u), agnullus, sondern durch Verschiebung zu agnelulus
vielmehr agnellus gebildet wird; allein da die übrigen genannten
Verben kein a in der Stammsilbe haben, so liegt es doch viel
näher, entweder eine Nebenform des Partie. Perf. auf itus (vgl.
explicatus, explicitus) anzunehmen, oder, wenn man lieber will,
eine Einwirkung von domito und strepito, vielleicht auch von
habito und merito, mithin eine spätere Analogiebildung. Schon
Priscian 8, 74 (p. 429, 25H.) hat die Sache so aufgefafst, und die
Erklärung wird um so überzeugender, wenn wir beispielsweise
neben dem ennianischen halito (Supinum angeblich halätum) das
Verbalsubstantiv halitus finden. Darum brauchen wir aber lavi-
tare nicht von lavare, lavatum entstehen zu lassen, sondern wir
werden, da das Verbum auch in der dritten Konjugation zu finden
ist (lavere), einfacher an dieses Supinum (lautum = lavitum) an-
knüpfen. In der Ableitung von hiare (Verbalsubstantiv hiatus)
schwächte die Volkssprache das a zwar nicht zu i, welches sich
nach vorausgehendem i wenig empfohlen hätte, wohl aber zu £,
weshalb die Komiker die Form hietare gebrauchen.
Dies zwingt uns aber die ganze Participialbildung nochmals
ins Auge zu fassen und besonders darauf zu achten, ob wir uns
auf die Angaben der Normalgrammatik verlassen dürfen, oder ob
sich seltenere Nebenformen und überhaupt Abweichungen von
der Regel finden, welche auch den Übergang von ato in Ito durch
Verschiebung des Accentes (claniäto, clamato, claineto, clamito)
glaublicher erscheinen lassen. In der ersten Konjugation treffen
wir bereits bei Plautus Men. 1019 die Form commetare, welche
doch aus commeitare = commeatare kontrahiert sein mufs. Von
luo (luiturus) würde man lülto erwarten, welches auch Festus
ansetzt, um damit lito zu erklären, während Varro die Form lüto
(kontrahiert aus luito, wie tuitus, tütus) gebrauchte. Darnach
dürfte man wohl auch ein fluitum neben fluo, fluxum ansetzen
und fluitare um so mehr als regelmäfsige Bildung erklären, als
flutare, welches nicht schlechter ist als nutare, bei Lucretius
(Lachmann zu 4, 77) durch das Metrum gesichert und fluxare
nicht gebildet worden ist. Und so gewifs mantare aus manitare
entstanden ist, so leicht läfst sich neben mansum ein manitum
Die Verba frequentativa und intensiva. 201
annehmen, weil die Bildung gerade dieser Form (Livius Andro-
nicus hat bereits das Kompositum ominento) iu die älteste Zeit
zurückreicht. Manso ist nicht bezeugt und mansito erst im sil-
bernen Latein (Plin. Tac.) belegt.
Dies führt uns weiter auf den Wechsel von t und s.
Nach Quintilian 1, 4, 14 sind die älteren Formen mertare und
pultare durch die jüngeren verdrängt worden, und darin befindet
er sich in Übereinstimmung mit Festus 124, 9 mertat pro mersat
dicebant Pulto freilich scheint Macrobius de differ. verbi (Exe.
Bobiensia bei Keil, Gramm, lat. V 651, 32) sich aus pulsito, pulsto
hervorgegangen gedacht zu haben, unter Verwerfung der Ansicht
anderer Grammatiker, welche pulso pulto wie frdkaööa Jakarta
beurteilten. Von veho kommt vecto, aber gewifs auch, wie schon
Gellius 2, 6, 5 erkannte, vexo und vexillum, nicht vom Perfekt
vexi, womit man das analog gebildete taxare nicht erklären könnte,
sondern von dem nicht mehr nachweisbaren Particip vexus, wie
taxo von taxus. Wir dürfen daher auch rapsare nicht in raptare
korrigieren, sondern wir werden es im bell. Afric. 73, 4 als eine
archaisch- vulgäre Nebenform betrachten, die u. a. auch noch Gellius
2, 6, 5 erhalten hat Vgl. refutare, franz. refuser.
Von salio (Perfekt salui) bildet Varro ling. lat. 5, 85 ein
saKto, um daraus den Namen Salii abzuleiten, wie Vegetius mil.
1, 18 salitio. Pisare und pinsare (welche bei Paucker fehlen)
sind nebeneinander im Gebrauche, weil es auch zu pinsere ver-
schiedene Supina giebt; visito kommt wohl von * visitum = visum.
Auch coquito wird nur eine Nebenform von * cocto sein, wie
das von Ennius und Lucrez gebrauchte tudito auf tuditum =
tunsum, tusum zurückgeht. Der Konsul des Jahres 514 freilich
M. Sempronius Tuditanus hat langes i bei Ennius Annal. 349 M.
«■305 V., wornach man wohl an eiuen Städtenamen (vgl. Tuder;
Gaditanus) und nicht mit Ateius Philologus (Festus 352, 31) an
tudes, itis zu denken hat.
Man könnte auf diesem Wege noch weiter gehen; aber da
es schwer ist die richtige Grenze zu finden, so wollen wir lieber
gleich zugestehen, dafs einige wenige Frequentativa teils sicher,
teils möglicherweise vom Präsensstamm gebildet sind. In der
Gesamtzahl, die Paucker einschliefslich der Komposita auf etwa
500 berechnet hat, verschwinden sie nahezu. Gar nicht ins Gewicht
fallen die Neubildungen der Autoren des Spätlateins, welchen ein
lebendiges Sprachgefühl fehlte, z. B. mergito bei Tertullian,
Archiv für lat Lexikogr. IV. Heft 2 \A
202 Ed. Wölfflin:
fhiscito bei den Gromai, discito bei Pseudo-Juvencus, legito statt
des mehrfach bezeugten lecto bei Priscian 8, 74, doch ohne Beleg,
so dafs er die Form selbst gebildet haben mag, wenn sie auch
bei Virgil. gramm. p. 139, 6 Huemer wiederkehrt. Unguitabant soll
Cato nach Charisius p. 101, 15 geschrieben haben; allein da
Servius zu Verg. Aen. 4, 698 in dem nämlichen Fragmente
unctitabant citiert, so hat Jordan mit Recht diese der archaischen
Latinität entsprechende Form in den Text gesetzt.
Andere Ausnahmen freilich reichen in die alte Zeit hinauf.
Was sollen wir von dem plautinischen funditare sagen, dem
Kameraden von tudito? Und doch läfst sich für die Ableitung
vom sogen. Supinum anfahren, dafs fusare nicht gebildet worden
ist, so wenig als tunsare. Fusus selbst war aus fuditus, fudtus
hervorgegangen, welches nach Vaniöek noch in futare («= verba
effundere) vorliegt, oder doch in confutare, refutare. Fest. PauL
89, 3 Futare arguere e^fc et confutare; sed Cato hoc pro 'saepius
fuisse' (Van. fudisse) posuit. Placid. gloss. 44, 14 futavit: fuit
(Van. fudit); 45, 14 futavere: fuere (Van. fudere). Der näm-
liche Plautus hat auch quaerito gebraucht, welches sich in der
ganzen Latinität, auch in der Zusammensetzung perquirito, re-
quirito findet, so dafs Priscian 8, 74 sein quaesito selbst kon-
struiert hat.
Von Inchoativbildungen hat schon Plautus noscito und sei-
scito (klassisch sciscitor), und die ganze Litteratur weifs nichts
anderes; denn nÖtare kommt nicht von nötus, wie Priscian meint
8, 75, unter Annahme einer Vokalkürzung, sondern von dem Sub-
stantiv nöta, und unterscheidet sich in der Bedeutung wesentlich
von noscito. Einzig Vergil protestierte gegen sciscitari, weil er
die Form nicht in den Hexameter brachte. Er bildete korrekt
scitari Aen. 2, 105, glaubte aber die Neubildung noch durch
quaerere erklären zu müssen: tum vero ardemus scitari et quae-
rere causas, während er an der zweiten, unmittelbar folgenden
Stelle (2, 1 14 scitantem oracula Phoebi) dies nicht mehr für not-
wendig hielt. Auch Servius glaubte zum Verständnis des ersten
Verses mit der Erklärung festinamus inquirere nachhelfen zu
müssen. Dafs Horaz und Ovid dem Vergil gefolgt sind, begreift
sich leicht; dagegen verstiefs die Vulgata bei Cicero orat 52 id
scitari (jetzt sciscitari) gegen alle historische Entwicklung. Dieses
Deponens erinnert auch an seetari, welches natürlich nicht auf
secütus zurückgeht, weil der lange Vokal nicht ausfallen konnte,
Die Verba frequentativa und intensiva. 203
sondern ■= sequKtari zu fassen sein wird, (vgl. oben coquito neben
•cocto, coctito) oder auf eine Nebenform sectus weist.
Coctare mag uns weiter auf das regelmäßige coactare und
von da auf das zu ago fehlende actare und das an dessen Stelle
Qbliche agitare führen. Ist es vom Präsensstamme gebildet, oder
eine Nebenform zu dem aus Festus und Glossen bekannten axare
= nominare? Je häufiger das Wort ist, um so reichere Formen
hat es entwickelt; denn wir finden auch noch ein agare in dem
Kompositum indagare, und die axamenta sind identisch mit den
indigitamenta. Wenn Solin 56, 18 schrieb palmeta caryotas feri-
tantia, so mag er dies selbst verantworten; von Rechtes wegen
mufste das Frequentativa * latare lauten, wie wir es in prolatare
kennen, oder, wie Cato schrieb, latitare. Dies leitet aber gleich
auf einen weiteren und letzten Punkt der Bildungsgeschichte.
Fanden wir bisher nach Anleitung der sogen. Supinalstämme
Frequentativa auf tare, sare, itare, so ist klar, dafs die Endung
itare mehr in die Ohren fiel, weil sie um eine Silbe überlegen
war, möglicher Weise auch an iterum erinnerte. Daher mufste
die Grundbedeutung sich bei tare und sare früher verwischen,
and wenn man diese auffrischen und kräftigen wollte, so lag
nichts näher als durch Verdoppelung des Suffixes tare und sare
auf titare und sitare zu erweitern. Schon Macrobius Exe. Bobiens.
•
Gr. lat V 651, 14 hat eine Parallele aus der Bildung der Demi-
nutiva beigezogen, wenn auch das Beispiel nicht gerade glücklich
gewählt ist. Forma frequentativa nonnumquam uno gradu, non-
numquam duobus derivatur, ut cano, canto, cantito; nee tarnen
ost in po8terioribus maior quam in prioribus frequentationis ex-
pressio, sicut nee in diminutivis seeundus gradus minus priore
significat, anus anula anicula. Besser wäre etwa ager, agellus,
fegellulus. Auch die Wortzusammensetzung ist nicht anders ver-
fahren als die Ableitung, wenn sie Verba wie adalligare, con-
comitare gebildet hat, in einer sekundären Periode natürlich, als
man nach vollzogener Assimilation (alligare) die Präposition ad
nicht mehr erkannte. So erhalten wir Doppelfrequentativa
wie: aeeeptito, auetito, cantito, captito, circumvectitari, cursito,
defensito, deversito, dictito, duetito, factito, gestito, iactito, itito,
iectito, mersito, motito, mussito (wenn musso selbst ein Frequcn-
tativum ist von mutio, wie quasso von quatio), natito, oecursito,
pensito, potito (obschon das Stammwort zu poto verloren ist), pren-
sito, raptito, responsito, scriptito, vectito, ventito, versito, victito.
204 Ed. Wölfflin:
Romanische (d. h. im Lateinischen nicht bezeugte) Fortbildung
ist taxitare = ital. tastare, franz. täter. Nicht selten ist die erste
Frequentativbildung untergegangen und nur die zweite erhalten,
resp. die erste übersprungen, wie in: accessito (doch cessare),
actito, alsito, coctito, emptito, esito, haesito, mansito, missito,
morsito (? Paul. Fest. 68, 15. morsico?), natito, plausito, pransito,
rasito (franz. raser = rasare), risito, sessito, subrectito, sumptito,
tonsito, victito, visito (ital. span. frz. advisare; lat visSre), unctito,
usitor (usitatus; franz. user = usare). Puellitari ist entweder eine
scherzhafte Analogiebildung des Laberius oder es lehnt sich an
ein *puellare, *puellari. Verba wie nobilitare, debilitare ziehen
wir nicht hieher. Das wäre etwa eine Zusammenstellung nach
Zumpt, und doch haben wir das Gefühl, dafs sich manche dieser
Bildungen durch Annahme von Nebenformen des Supinums als
regelmäfsige rechtfertigen läfst. Gerade weil die Frequentativa
so frühe gebildet worden sind (crepito, nexo, ommento bei Livius
Andronicus, rumito von rumo = rumino, welches bei Paucker
fehlt, adnicto, adnuto, conficto, welches gleichfalls übergangen ist,
agito, canto schon bei Naevius) und wir von dem ältesten Latein
so wenig wissen, müssen wir uns versagen, die Sprachentwick-
lung nach unsern Kenntuissen von der ciceronianischen Latinitat
beurteilen und regeln zu wollen.
Über die apokryphischen Enthüllungen des Grammatikers
Yirgilius Maro p. 136, 33, das Frequentativum von vinco
(victito) sei eigentlich = vinco vinco, wofür einige auch vincinco,
Perf. vicici zu sagen pflegten, wie auch clamamo, vocaco (Perf.
clamamavi, vocaeavi) statt clamito vocito, wollen wir hier kein
Wort verlieren, weil der Verfasser selbst so klug war beizufügen:
quod quia nulla veritate subnixum atque suffultum est, non ad
auetoritatem sed ad ambiguitatem scribendum est. Diese Theorie
ging aus der Benennung Verba iterativa hervor, wornach man
clamito = clamo clamo fafstc, welches man dann weiter zu cla-
mamo gemildert dachte.
2. Statistik den Gebrauches. Die blofse Durchsicht der
Frequentativbildungen inufs den Leser überzeugt haben, dafs. der
vorgeführte Wortschatz kaum zur Hälfte der klassischen Lati-
nitat angehört; wie Paucker ausgerechnet hat, fallt nahezu ein
Drittel ausschließlich der archaischen Sprache zu, wobei man mit
in den Kauf nehmen mag, wenn einzelne archaisierende Autoren
der späteren Zeit, wie Gellius, Apuleius oder Arnobius solche
Die Verba frequentativa und intensiva.
205
Worte wieder aufgreifen; nur ein starkes Drittel ist Eigentum
Giceros und Cäsars, während der Rest dem silbernen oder Spät-
latein gehört. So starke Unterschiede im Gebrauche werden nicht
viele Suffixe aufweisen. Der Natur der Sache nach sind die
Stammverba älter als die Ableitungen; in dem Salierliede stand
zwar bereits praeceptare, aber auch cante = canite nach Varro
de ling. lat 7, 27, und eine Haupthandlung des Priesterkollegiums
inufs damals als ein salire bezeichnet worden sein, was man später
eher saltare genannt hätte. Allein schon mit Beginn der Litteratur
finden wir die Frequentativa in der üppigsten Blüte, wie oben
bemerkt worden ist. Für unseren Zweck wird es genügen, nach
dem Handwörterbuche von Georges die Belege für die mit A bis
£ beginnenden; später aufgegebenen Verba der archaischen
Periode zusammenzustellen. Für Plautus vgl. G. Schmilinsky, de
proprietate sermonis Plautini usu linguarum Romanicarum illu-
atrato. Halis Sax. 1866, p. 44 sqq.
abnuto Plaut. Enn. (Arnob.) conficto Naevius.
acceptito Plaut frgm. (?) coquito Plaut, nach Fest,
accessito Cato. ; culpito Plaut. Gist. 224.
accusito PI. Most 712. dato PI. Cato. (Fronto, Apul.).
adaucto Accius.
adito Eniiius.
aunicto Naevius.
annuto Naev. Plautus.
aperto Plaut. (Arnob.)
aucto PL Lucr. Catull.
[auctito Tac. Arnob., etwa nach
Cato od. Sallust.]
casso Plaut Mil. 852. 856.
circumvectitor PI. Kud. 933.
commeto PI. Ter. Comici.
comprehenso Claud. Quadr.
conclamito PI. Merc. 57.
depulso PI. Stich 286.
detonso Fabius Pictor.
discrepito Lucr.
disserto Cato (Sali.?) Tac.
ductito PI. Eccles.
edicto Plautus.
edisserto Plaut (Livius).
eiulito Lucilius.
electo (lacto) Plaut,
electo (eligo) Plaut
erogito PI. Accius. (Silius).
esito (essito) Plautus. Cato. ( Apu-
leius. Gellius).
Hier mufs zunächst auffallen, dafs Terenz so schwach ver-
treten ist; offenbar, weil schon der Scipionenkreis dem über-
mässigen und uumäfsigen Gebrauche der Frequentativa entgegen-
trat, und weil die Volkssprache sie mehr verwendete als der
feinere sermo urbanus. Die Verba, die uns bei Terenz zuerst
begegnen, wie cursito, haesito, pavito, hat die spätere Sprache
206 Ed. Wölfflin:
bewahrt, die plautinischen grofsenteils verworfen. Aus der That-
sache, dafs manche Frequentativa nur an je einer Stelle bei
Plautus vorkommen, darf man auch wohl schliefsen, dafs dieser
Dichter manches Verbum im Geiste der Volkssprache geschaffen
und improvisiert habe.
Unter den klassischen Prosaikern hat nur Sallust als Nach-
ahmer Catos die Vorliebe für die Fr. beibehalten, während Cäsar
und Cicero eine noch strengere Kritik vornahmen als der Sci-
pionenkreis. Schon Quintilian 8, 3, 44 bezeichnet exercituui duc-
tare (= ducem exercitus esse) bei Sallust als sanete et antique
dictum, und die Verwendung dieses von Cäsar und Cicero ganz
vermiedenen Wortes an sechs Stellen ist jedenfalls eine starke
Leistung; auch imperitare hat er sechsmal, grassari und defen-
sare je dreimal, dagegen Cäsar nirgends gebraucht; pollicitari
zweimal, Cäsar und Cicero nur das gleichfalls sallustianische
pollicitatio = promissio, weil pollicitio nicht gebildet wurde;
endlich Sallust obieetare viermal (obicio einmal), Cäsar einmal in
dem nicht überarbeiteten bellum civile, Cicero in den Reden zwei-
mal (gegen mehr als 100 obicio). Doch scheint Sallust im wei-
teren Verlaufe seiner Schriftstellerei, d. h. in den Historien von
seiner Vorliebe zurückgekommen zu sein, die schliefslich zu einer
unerträglichen Manier geworden wäre. Vgl. hist. 1, 48, 22 exer-
cituui ducere; hist. 4, 61, 1 pacem agere (Jug. 109 p. agitare).
Auch darf uns die Vergleichung mit den Verfassern des bellum
Afric. und Hispan., bei denen die dem Sallust eigentümlichen
Frequentativa fehlen, in der Überzeugung bestärken, dafs der
Historiker dieselben weniger der Volkssprache, als dem Stile der
älteren Historiographie (Cato, Sisenna) entnommen hatte. Vgl.
noch missitare und negitare. Auch Varro ist als Schriftsteller
noch vielfach Archaist: vgl. Stünkel, de Varroniana verborum
formatione. Argent. 1875, p. 62 sq.
Die beiden Reformer und Puritaner, Cicero und Cäsar, wollten
mit den Mitteln des sprachlichen Ausdrucks besser haushalten
und die Frequentativform nur da anwenden, wo der Sinn dies
entschieden verlangte. Cicero ist am zurückhaltendsten gegen
die Frequentativa in den Reden, mit Ausnahme der Rosciana,
die ja noch vor die zweijährige Studienreise und Sprachläuterung
fällt. nA%a\ sIq. sind daher bei Cicero p. Rose. Amer. 63 recla-
mito (wo Richter ohne Grund reclamo schreibt), 78 fugito (zwei-
deutig, weil es von fugo und fugio kommen, also transitiv und
Die Verba frequentativa and intensiva. 207
intransitiv sein kann), 140 munito, dieses sicher Citat aus einem
verlorenen Komiker, wie der Vers verrat. Vgl. Landgraf z. St.
Dem Verbum consulto, welches doch selbst Cäsar annahm, kann
Cicero in den Reden wohl nur absichtlich aus dem Wege ge-
gangen sein, während umgekehrt Cäsar das von Cicero anerkannte
tutari auszuschliefsen beabsichtigte (b. civ. 1, 52 an. sIq.). Vocito
findet sich nur p. Rab. Post. 23 (qui Phalereus vocitatus est),
bei Vitruv an 22 Stellen. Für declamito entschuldigt er sich im
Brut. 310: Commentabar declamitans (ita enim nunc loquuntur)
aaepe cum M. Pisone, und er hat es auch orat. Phil. 5, 19 und
Tusc. 1, 4, 7 passieren lassen, obschon er offenbar meinte, decla-
uiare würde auch genügen. Recht lehrreich ist es zu beobachten,
wie er sich in der Anführung einer Stelle des Cato über die
Tischlieder der alten Römer verhalten hat. Cato hatte der „Car-
olina in epulis cantitata" gedacht, und diese Worte führt auch
Cicero Brut. 75 mit dem ausdrückliche Beisatze an: in originibus
scriptum reliquit Cato, damit man ihn nicht für das nach seinem
Geschmacke unpassende cantitare verantwortlich mache. An zwei
andern Stellen dagegen, wo er nach eigenem Geschmacke referiert,
Tusc. 1, 2, 3. 4, 2, 3 hat er das Frequentativum umschrieben durch
morem hunc epularum fuisse und solitos esse in epulis und ca-
nere folgen lassen. Altere Herausgeber haben bei Cic. Brut, can-
tata geschrieben, wie auch Herrn. Peter Cat frgm. 118, der in
der gröfseren Ausgabe dieses wörtlich genaueste Citat in die An-
merkung verwies und Tusc. 4, 2, 3 hunc fuisse epularum morem
in den Text setzte, während doch auch die Parallelen bei Varro
und Valerius Maximus in conviviis (= in epulis) geben.
Livius steht als Historiker dem Sallust näher als dem
Cicero, namentlich in der ersten Dekade, wo er seinen Stil als
Rhetor unter dem Einflüsse der gelesenen Annalisten in einen
historischen umzuwandeln suchte. Die stufenweise Abnahme der
Frequentativa hat Jonas in dem Programme von 1884, einer
Andeutung des Vfs. (Livianische Kritik S. 29) folgend, im einzelnen
nachgewiesen, den Blick aber dadurch getrübt, dafs er allgemein
anerkannte und keiner Konkurrenz unterworfene Wörter wie specto
mit in die Rechnung hereingezogen hat; denn wenn er dasselbe
in der L, III., IV. und der verstümmelten halben V. Dekade an
28, 29, 26 und 10 Stellen findet, so bedeutet dies genau so viel,
als dafs Livius im Gebrauche dieses Wortes sich gleich geblieben
sei. Viel deutlicher dagegen sprechen folgende Reihen:
208
Ed. Wölfflin
•
t
I. Dek.
IU. Dek.
IV. Dek.
V. D<
agito
47
25
17
4
clamito
14
1
1
2
dictito
15
3
imperito
6
4
noscito
5
2
rogito
18
2
sciscitor
12
o
1
1
territo
6
1
1
obiecto
3
1
ostento
26
13
4
2
grassor
5
1
iucurso
8
6
4
prenso
10
1
1
1
Schade, dafs mau nicht die Ziffern von agere, clamare, dicere
u. s. w. daneben hat.
Bei Tacitus lilfst sich umgekehrt eine Zunahme in den
Annalen konstatieren, z. B. hist. 3, 1 ferocius agere, Annal. 4, 46
ferocius agitare; hist. 1, 30 animo volvo, Annal. 2, 49 animo vo-
luto, 4, 40 intra aniinum voluto; Agric. 32 male parentes et in-
iuste iniperantes, Annal. 1, 64 parendi aut imperitandi; hist. 1, 52
aviditate iinperandi, hist. 4, 25 cupidine imperitandi; hist 3; 42.
4; 74 procul agere, Annal. 1, 50 procul agitare. (Annal. 1, 72
consultante praetore = Suet. Tib. 58 consulente praetore.)
Es kam übrigens hier, wie es überall in der Sprache kam.
In der Litteratur konnte wohl zwei Jahrhunderte lang die freie
Volkssprache durch die Bildung unterdrückt oder zurückgedrängt
werden; später drang sie doch in dieselbe ein. Es war ein zwei-
schneidiges Schwert, welches Fronto zu Gunsten der archaischen
Latinität zog. Denn die Nachahmung führte die Menschen doch
nicht zu der alten Einfachheit im Denken, in Sprache und Sitte
zurück, sondern mit dem Archaismus drang auch die vulgäre
Unsauberkeit, Planlosigkeit und Abundanz ein. Von Quintilian
abzugehen konnte sich nur rächen, aber es lag die Rückkehr zu
dem Alten in dem Geiste und Geschmack e des übersättigten und
verwöhnten, aber nicht mehr leistungsfähigen Jahrhunderts.
Das Spätlatein nahm also die von den Klassikern ver-
pönten Frequentativa des alten Lateins nicht nur wieder in Ehren
auf, sondern bildete zahlreiche neue dazu, freilich meist nur Prä-
positionalcomposita längst bekannter. Der Hauptteil fällt auf
Die Verba frequentativa and intensiva. 209
i und Tertullian, ein kleinerer auf spätere Afrikaner wie
3, Fulgentius und Coripp, Einzelnes auf Sedulius, Iuvencus,
18 Fortunatus u. a.; endlich stehen manche Bildungen,
:ker anführt, kritisch auf schwachen Füfsen. Hier zur
n kleines Register.
> Sedulius.
ipuleius.
lito Apuleius.
> Corippus.
30 Tert. Porph.
3 Apul. Tert.
> Arnobius.
fco Prudentius.
to Venantius.
congesto Gonimodian.
conterrito Corippus.
convento Solinus.
correpto Iuvencus.
credito Fulgentius.
demorsito Apuleius.
desulto Tert.
devecto Sedulius.
deversito Gellius.
ser doppelte Zuwachs durch Aufnahme alter und Bildung
requentativa mufste übrigens notwendig dazu führen den
»rselben herabzudrücken, wie wir es in den romanischen
a deutlich genug sehen.
Verba frequentativa und intensiva. Wenn nun die
luf -sare, -tare, -itare formell auf gleicher Stufe stehen
l die auf sito und tito als Doppelfrequentativa besonders
»n sind, was Jonas zu thun versäumt hat), so fragt sich,
He heutzutrage übliche (vgl. R. Kühner, Gossrau, Schweizer-
Trennung in Intensiva (tare, -sare) und in Frequentativa
beruhe. Eine Lehre der alten Grammatiker kann dies
r Form schon darum nicht sein, weil der Ausdruck Verba
i überhaupt kein alter, ja intensivus (intentiva nennt
a, 36 valde, nimium, prorsus etc.) nicht einmal ein latei-
Wort ist. Am nächsten steht vielleicht noch der neueren
Virgil. grammat p. 140, 7 sq. Huemer, weil er in lecto
;eigertes, in lectito ein fortgesetztes Lesen findet: sed nos
nus, quod hie legat, quod est minimum saltim litteras
leckt autem, qui quod legit intellegere ineipit, legitet vero,
d legit intellegit et alios legere fecit . . . porro lectitet,
nino legere non desinet. Doch haben wir gewifs allen
den Autor um diese selbstgefundene Weisheit nicht zu
i; aber auch er selbst spricht nur von drei Stufen der
forma frequentativa, nicht von zwei verschiedenen Bil-
mit verschiedenem Namen: freq. forma tria habet incre-
lecto freilich sei von vielen verworfen, weil es zu wenig
210 Ed. Wölfflin:
von lego abweiche, man verlange den Zuwachs einer Silbe, damit
dem Plus an Buchstaben auch ein Plus des Sinnes entspreche.
Und doch geht der Ursprung dieses grofsen Irrtums, wenn
ich richtig sehe, auf Gellius zurück. An der einen Stelle, wo
er die Yerba frequentativa (und er zuerst unter diesem Namen,
obschon er beifügt: verba, quae appellant grammatici frequenta-
tiva) bespricht, 9, 6, nennt er als Beispiele nur Doppelbildungen,
wie lectito, unctito, pensito, gestito; an der andern dagegen,
2, 6, 5 ff., wo er seine Ansicht über vexare, taxare, quassare,
iactare entwickelt, gebraucht er diesen Namen nicht. Darnach
könnte es den Anschein gewinnen, er betrachte diese beiden
Klassen von Verben als verschiedene. Sieht man indessen ge-
nauer zu, so konnte und durfte er an der ersten, wo es sich um
actitare handelte, nur ähnlich gebildete Yerba, also Doppel-
frequentativa, als Parallelen anführen, an der zweiten, die ihren
Ausgangspunkt von vexare nimmt, nur entsprechende einfache
Bildungen. Dafs er den Namen Frequentativa dort gebraucht
hat, hier nicht, ist zufallig und für die Sache vollkommen be-
deutungslos, wenn auch bei den um eine Silbe längeren Formen
die Frequentativbedeutung stärker hervortritt. Denn es ist leicht
nachzuweisen, dafs die Grammatiker vor und nach ihm einen
solchen Unterschied nicht gemacht und beide Bildungen in gleicher
Weise erläutert haben.
Schon Yarro schreibt de lingua lat. 6, 75: ab eo quod semel
canit, si saepius, cantat; hinc cantitat. Er betrachtete somit
canto als ein Frequentativum, nicht als ein Intensivum, cantito
als eine Ableitung davon; genau gleich aber, d.h. durch saepius,
erläutert er die Bedeutung der Doppelfrequentativa 10, 30, indem
er die verschiedenen Species der Yerba u. a. herleitet: ab semel
et saepius ut scribo lego, scriptitavi lectitavi.
Doch auch Gellius selbst lehrt nichts anderes; denn wenn
in der einen Stelle die Erklärung schon in dem Ausdruck verba
frequentativa liegt, wird an der anderen die Kraft der Verba
vexare taxare quassare iactare durch fusius largiusque, gravius
violentiusque, aber auch durch pressius crebriusque erläutert, und
von vexare im Vergleiche zu vehere gesagt: vi atque motu procul
dubio vastiorest. In dem Vergilverse Eclog. 6, 76, um den sich
dort der Streit dreht, ist allerdings an vexare die wiederholte
Handlung nicht die Hauptsache, und darum konnten auch zur
Rechtfertigung des Dichters nicht Yerba von streng bewahrter
Die Verba frequentativa und intensiva. 211
Frequentativbedeutung angeführt werden; aber dafs Gellius auch
ein crebrius, d. h. saepius oder frequeutius in diesen Formen an-
erkennt, beweist zur Genüge, dafs er, so verschieden auch die
Anwendung einzelner Worte sich gestalten mochte, doch die
ganze Gattung nicht von den Frequentativa getrennt wissen wollte.
Da ferner Festus die Freq. aller Bildungen regelmässig mit
saepe erklärt, so mufs dies bei den altern Grammatikern (Yerrius
Flaccus) ganz gewöhnlich gewesen sein. Vgl. p. 27, 18 M. ab-
nutare: saepe abnuere. 27, 8 arvocitat: saepe advocat. 28, 15
auditavi: saepe audivi. 61, 18 coquitare pro coctitare, id est fre-
quenter coquere, Plautus posuit. 89, 3 futare Oato pro saepius
fuisse posuit 121, 12 latitaverunt Gato posuit pro saepe tulerunt.
133, 15 mantare: saepe manere. 167, 9 natare est saepius uare,
ut dictitare, factitare. 177, 7 nictare et (est?) oculorum et alio-
rum membrorum nisu saepe aliquid conari. 191, 1 opertat: saepe
operit. 201, 31 obsonitavere: saepe obsonavere. 205, 10 prae-
ceptat in saliari carmine est: saepe praecipit. 226, 14 prolicitare:
saepe prolicere. 261, 16 quassare est saepe quatere. 379, 9 ver-
beritare Cato frequentative ab eo quod est verbero dixit.
Aber auch die ganze jüngere Litteratur der Grammatik ver-
harrt ohne Ausnahme auf diesem Standpunkte. Uaper, orthogr.
105, 3 K. Frequentativa sunt caenito, pransito, lectito ... ex
hac nota sunt ito habitoque. Porphyr. Hör. Sat. 1, 6, 122 lecto
frequentativum est ab eo quod est lego. Charisius p. 255, 25 K.
erklärt sowohl dictitare als datare durch saepius; Diomedes
p. 344, 20 mersare durch saepius mergere; Placid. gloss. 65, 9
Deuerl. Mulsito: frequenter mulceo. 79, 2 raptari: frequenter rapi.
Macrob. Exe. Bob. 21 traetare est saepe trahere. Cledon. p. 18, 8 K.
Frequentativa canto [cantas, cantito] cantitas. Pompeii Gomment.
p. 220, 25 K. Frequentativa aliquando conscendunt in duos gradus
. . . nt curro, curso, cursito, und ähnlich Consent. 376, 20 K.
Priscian 8, 74 (p. 429, 20 H.) est alia species derivativorum in
to vel so vel xo desinens (also ohne Unterscheidung einer Klasse
auf -ito), quae frequentiam actus significant etc.
Endlich werden in den Glossaren Verba auf itare und tare,
sare gleichmäfsig durch frequenter, d. h. als Frequentativa erklärt,
nämlich Gloss. abav. territant: terrent frequenter; uolitat: fre-
quenter uolat; bei Papias iactitat: frequenter iaetat; imperitat:
frequenter imperat; agitare: frequenter agere ; Vati o. 3321 dictitat:
frequenter dicit; Gloss. abav. facti tat: frequenter facit, officit;
212 Ed. WölffHn:
Gl. asbest. rogitat: saepius rogat; Gloss. aa fugitat: frequenter
fugit; bei Papias fluitare: frequenter solvi; crepitare: frequenter
sonare. Aber auch bei Papias raptare: frequenter rapere, trahcre;
iactare: frequenter iacere; Gloss. abav. reptaverat (raptaverat):
saepius traxerat; Gloss. aa lapsari: saepius lauit (labitur); men-
sare: saepius mingere; Sangall. 912 pressant (ich vermute prae-
cessant): saepe praecedunt. Placidi gloss. 65, 9 Deuerl. Mulsito:
frequenter mulceo; 79, 2 raptari: frequenter rapi.
Die Ansichten der neueren Grammatiker, welche in der Mehr-
zahl der Scheidung in intensiva und frequentativa beitreten, zu
registrieren ersparen wir uns und dem Leser aus dem einfachen
Grunde, weil wohl für Wahrheiten zahlreiche Belege erwünscht
sind, nicht aber für Irrtümer. Es genüge daher auf R. Kühnen
ausführt. Gramm, der lat. Sprache I (1877), 643 f. zu verweisen
4. Die Bedeutung des Suffixes nach den Alten. In dem
ältesten Namen, Yerba frequentativa, sowie in der ältesten Er-
klärung mit saepe (saepius) liegt ausgesprochen, welchen Sinn
die alten Grammatiker in den genannten Verbalbildungen ge-
funden haben; auf das nämliche läuft der Name Iterativa bei
Diomedes p. 344 K. hinaus, und in der Erklärung konnte man
frequenter statt saepe gebrauchen, sei es um an den älteren
Namen der Verba anzuknüpfen, sei es, weil das absterbende
saepe überhaupt durch frequenter und ähnliche Adverbia ersetzt
worden und schon bei Petronius saepe selten, frequenter häufig
ist. Vgl. des Vf. Latinität des Cassius Felix 410 f Donat zu
Ter. Heaut. 260 cantabat] hoc est frequenter dicebat. Pompeii
Comment. p. 221, 17 E. frequentativum verbum est, quod saepe
nos aliquid agere ostendit, ut est lectito, id est frequenter lego.
Gloss. abavus Lapsantem : subinde (souvent) latentem (lies laben-
tem). Man kann diese Interpretation der Grammatiker auch durch
Stellen von Klassikern stützen wie: Plaut. Pseud. 726 saepe usi-
tatus; Bacch. prol. 66 itat ad eum frequens; Novius 73 saepe
grassari; Livius 9, 18, 6 dictitare solent. Plin. nat. h. 25, 51
saepius sumptitare. Tac. 12, 3. 15, 52 crebro ventitare. Gellius
11, 13,5 saepius lectitare, obwohl ein Beweis damit darum nicht
zu führen ist, weil, wie sich bald zeigen wird, auch andere Ad-
verbia zur Verstärkung der Frequentativa gebraucht worden sind«
Damit ist freilich nicht gesagt, dafs mit dieser Formel der ganze
Gedankeninhalt des Suffixes erschöpft sei.
Sah man in den Frequentativa den Ausdruck der mehrmals
Die Verba frequentativa und intensiva. 213
«riederholten Handlung, so konnte man in den sogen. Doppel-
frequentativa auf tito und sito den der sehr oft oder gar ständig
wiederholten Handlung finden, da sie an Kraft unstreitig den
enteren fiberlegen sind. In diesem Sinne schrieb der Vf. der
Excerpta Charisii p. 563, 4 K.: quaedam verba semel quid factum
significant, ut lego, quaedam saepius, ut lecto, quaedam semper,
ut lectito, curro curso cursito-, und gerade das nämliche Verbum
lectito interpretiert ja Virgilius grammat. p. 140, 12: qui omnino
legere non desinet. Auch die Deutung von Diomedes p. 344, 30
exercito = assidue exerceo (vgl. Glos 8. abav. Minitantur: assidue
minantur) neigt sich eher nach dieser Seite, und in der verwor-
renen oder verdorbenen Fassung der Differentiae sermonum p. 43
ed. J. W. Beck: Canere est semper cantare (man erwartet: can-
titare est semper canere) vel suavi modulatione, cantare autem
Bolummodo voce (franz. chanter) vernimmt man noch einen Nach-
klang dieser Definition. Auch hier würde es nicht schwer fallen
eine Reihe ähnlicher Stellen aus Klassikern beizubringen wie:
Plaut. Gapt. 298 sedulo occultare. Ter. Phorm. 743 semper dic-
titasti. Cic. p. Quinct. 68 semper id clamitat; Verrin. 5, 60. Phil.
2, 41 semper facti tare. Suet. Caes. 45. Calig. 52. Vit. 2 perpetuo
und assidue gestare. — Eine wesentlich verschiedene Auffassung
liegt hierin gewifs nicht, sondern nur ein Gradunterschied, und
darüber kann die Grammatik nicht im ganzen, sondern die Inter-
pretation nur im einzelnen entscheiden. Und schliefslich, ob
saepe, saepius, saepissime, semper, alles dies findet Raum unter
den Frequentativa.
Unter den Grammatikern war aber, abgesehen von Gellius,
wenigstens einer, welcher auch mit dem Namen Fr. nicht mehr
auszureichen glaubte. Die Explanatio in Donat. Gr. lat. IV 548, 19
sagt: frequentativa et plus nescio quid significantia, ut
dicto (wenn nicht dictito zu schreiben ist, da der hier allein
maßgebende cod. L dicito hat), cursito. Nach Virgil. gramm.
136, 25 sprach man in der Schule des Galbungus nicht von der
forma frequentativa, sondern von der adiectiva, dicentes eam
non litteris modo, verum etiam sensibus adiciendam esse. Quidam
accumulativam vocitarunt; cum enim dicis victito, hoc intellegi
das, quasi id dixeris magis ac magis vinco. Was also die neueren
Grammatiker mit dem Ausdruck Intensiva meinen, das haben
die älteren nicht gefühlt, nicht ausgesprochen, oder doch der
Benennung von der Wiederholung untergeordnet.
214 Ed. Wölfflin:
Indem wir die Anerkennung einer zweiten Bedeutung weiter
verfolgen, müssen wir auf Verrius Flaccus (Festus) zurück-
kommen, der so viele Frequentativa namentlich der archaischen
Litteratur zu erklären Anlafs hatte, und in der Kegel (vgl. oben
S. 211) mit saepe durchzukommen glaubte. Nur ein anderer Aus-
druck ist es ja, wenn er p. 88 M. schreibt: fatantur, multa fan-
tur, und auch wo er eine Nüancierung des Gedankens annimmt,
hält er doch an der Grundbedeutung fest, wie 29, 2 adnietat:
saepe et leviter oculo annuit, und 201, 1 ostentas: saepe ostendis
(floriandi causa. Die neue Bedeutung schliefst somit die alte nicht
aus; sie entwickelt sich vielmehr aus derselben und verbindet
sich mit ihr. Wir müssen seinem Zeugnisse um so gröfseres
Gewicht beilegen, als er manche Frequentativa aus Cato anführt,
und nach Gellius 17, 6, 2 de obscuris Catonis geschrieben hatte.
Caeculto (= caeculito) erklärt er 45, 4 caecos imitari und 62, 3
caecis proximi sunt unter Anführung eines Plautusverses;, allein
abgesehen davon, ob das Verbum hieher zu ziehen sei, scheint
auch die Deutung unrichtig und die Fassung des Paulus nicht
vollkommen zuverlässig. Paulus Festi erklärt grassari ab impdu
gradiendi.
Es liegt hier noch eine weite und lohnende Aufgabe vor,
»Stellen zu sammeln, an denen Frequentativa anders als mit saepe
erklärt werden. Zur Probe ein Beispiel. Bemerkenswert ist,
wie sich Ulpian Digest. 42, 4, 7 über latitare ausgesprochen
hat als Interpret des prätorischen Ediktes: Qui fraudationis causa
latitabit (das Futurum I nach dem Stile des späteren Juristen-
lateins; QUI FRAUDATIONIS CAUSA LATITARIT Cic. p.
Quinct. GO), eins bona possideri vendique iubebo. Wie ein Philolog
beginnt er mit den Worten: quid sit latitare videamus, und ant-
wortet dann § 8: latitare est cum tractu aliquo latere (vgl.
Placid. 73, 19 a mantando, id est diu manendo), quem admodum
factitare frequenter facere. Adeo autem latitatio an im um et
affectum oecultantis se desiderat, ut etc. Derjenige, welcher
als Schuldner sich versteckt hält, um sich den Ansprüchen des
Gläubigers zu entziehen, thut dies mit Vorbedacht und längere
Zeit. Und in dem ganzen langen Kapitel hält Ulpian gewissen-
haft an dem Frequentativum fest. Ebenso 42, 5, 5 fraudationis
causa latitare; 42, 5, 36 cum, qui circa columnas se oecultet, ut
creditorem evitet, latitare placet. Doch darf man darum nicht
sagen, dais nicht auch das einfache latere von der nämlichen
Die Verba frequontativa und intensiva. 215
Sache gebraucht werden konnte; schreibt doch derselbe Ulpian
Dig. 21, 1. 17, 4: qui domi latuisset, ut fugae nactus occasionem
ae subtraheret. Auch Cicero, welcher in der Rede pro Quinctio
§ 54. 60. 75. 84. 85. 86 der Sprache des prätorischen Ediktes
treu bleibt, schreibt doch nach eigenem Geschmacke § 74: quis
est, qui fraudationis causa latuisse (Quinctium) dicat? Vielleicht
ist es nicht zufallig, dafs Cicero und Ulpian gerade das Perfekt
von latitare vermieden haben, da auch in anderen Fällen das
Frequentativum vorwiegend im Präsens Imperfekt und Futurum
gebraucht, im Perfekt, Plusquamperfekt und Futurum II dagegen
vermieden wird. Vgl. Plaut. Trin. 925 latuit, 927 latitabat, und
Archiv III 559.
Bei dieser Gelegenheit spricht sich Ulpian auch gegen eine
Definition von Cicero aus, mit den Worten § 4: latitare est
non, ut Cicero definit, turpis occultatio sui; potest eniin quis
latitare non turpi de causa, veluti qui tyranni crudelitatem timet
aut vim hostium aut domesticas seditiones. Ob man mit Recht
annehme, diese Definition decke sich mit dem Wortlaute einer
▼erlorenen Stelle Ciceros (p. Qu int. § 85. frgm. orat. A, 1 ed.
Baiter-Halm), darf doch bezweifelt werden: denn wenn Cicero
das turpe als wesentliches Moment in eine allgemeine Definition
gesetzt hätte, so könnten wir ihm kaum beistimmen, so sehr
auch die turpitudo im einzelnen Falle zutreffen mag. Begreiflich
bleibt allerdings, dafe der 'Advokat' die Definition zu seinen
Guasten formuliert hätte; aber es ist vielleicht auch denkbar,
dais dem Ulpian Stelleu vorschwebten wie Cic. Rabir. 24 latere
mortis erat instar turpissimae, oder Sest 89 et vinci turpe pu-
tavit et latere, oder auch eine ähnliche mit latitare, so dafs er
sich berechtigt glaubte die Definition als der Auffassung Ciceros
entsprechend aufzustellen.
5. Die Ansichten der Neueren. Haben die alten Gram-
matiker nach dem Vorgange des Varro an dem Begriffe der
wiederholten Handlung festgehalten und nur ausnahmsweise eine
intensive Bedeutung anerkannt, so haben die neueren, wie schon
Gerh. Joh. Voss im Aristarchus V, cap. 44, und nicht mit Un-
recht, beide als gleichberechtigt genommen. Aber die Frage
▼erwickelt sich weiter, indem manche die Verba frequ. auch als
desiderativa erklären, captare = capere velle, dormitare = dor-
mire velle, so schon der Franzose Hadrian Turnebus im XVI. Jahrh.
Advers. 25, 15. €verba fr. saepe actionis desiderium et voluntatem
216 Ed. Wölfflin:
significant'. Vgl. Jonas, 1871, p. 17 sq. welcher seinem Vorganger
beistimmt. H. Düntzer (lat Wortbildung 138) wollte einmal
-itare als Frequentativum von ire fassen, unter Vergleichung von
infitias ire u. ä., und nahm als Grundbedeutung an 'im Begriffe
stehen', gab aber diese Etymologie wieder auf. Genauer sagt
Consentius Gr. lat. V 376, 20: Fr. usu loquendi pro meditativ»
aut inchoativis usurpantur, ut est dormio dormito. Nam hoc
dormito magis pro meditativo auf inchoativo dici potest; A h.
er betont, dafs diese Bedeutung nicht von Haus aus in dem
Suffixe lag, sondern erst im Laufe der Zeit mifsbräuchlich hinein-
gekommen sei. Der gute Homer wünscht ja nicht zu schlafen
(Hör. art poet. 359 quandoque bonus dormitat Homerus), sondern
er nickt von Zeit zu Zeit ein, kommt aber gleich wieder zu sich,
gerade wie Demosthenes bei Quintil. 10, 1, 24 cum Ciceroni dor-
mitare interim (= interdum) D. videatur. Oder bei Plaut Trin. 981
(dormitas, senex) wünscht der Alte nicht zu schlafen, sondern
er träumt und ist nicht bei Sinnen. Und wenn man auch Plaut
Mil. 845. 849 Lor. cassabant cadi nicht als intransitives quassare
fafst, sondern als Frequentativum von cadere (vgl. Placid. 24, 10
cassabundum, titubantem), so ist doch die Bewegung des Wackelnß
eine wiederholte. Wir glauben daher den Begriff des Verlangens
von der Grundbedeutung fern halten zu dürfen.
R. Kühner findet in den Intensiva auf tare und sare eine
Verstärkung, eine Dauer oder ein Verharren in der Thätigkeits-
äufserung der Stammverben ausgedrückt, in den Frequentativa
auf itare eine Wiederholung des einfachen Verbalbegriffes. Wenn
wir nun diese Trennung ablehnen und frequentativum und in*
ten siv um unter einen Hut zu bringen versuchen, so haben wii
uns die Sache ähnlich vorzustellen, wie wenn die Deminutiv!
ursprünglich die Kleinheit, aber auch den Affekt der Liebe au»
drücken, was ja bei Licht besehen fast auf dasselbe hinausläuft
da 'meine Kleine, mein Kind' oft = cmeine Liebe' ist Leide:
können wir den Entwickelungsgang nur vermutungsweise be
stimmen, da die Anfänge unsern Augen verborgen sind und be
Plautus die Bildungen bereits in üppigster Blüte stehen.
Nehmen wir an, captare habe ursprünglich bedeutet 'eiiiei
Griff machen, einen Fang machen' = captum facere, wie aucl
Pott, etymol. Forschungen IP 477 actitare = actum agere ei
klärt, so kann man das frequentativum im Gegensatze zu caper
greifen, fangen wohl ein intensiv um oder ein potenziertes Verbur
Die Verba frequentativa und intensiva. 217
nennen. Denn einen Fang machen ist auch in unserer Sprache
■= einen guten Fang machen, einen Fang, der der Rede wert ist.
Analog wäre cantare einen Sang machen (resp. inusicieren), d. h.
nicht nur naturalistisch singen, sondern mit einer gewissen Vir-
tuosität; dagegen nur signa, receptui canere von dem blofsen
Signale. Dem Sinne nach wäre dies nicht viel viel verschieden
Ton captorem esse, ein (geschickter) Fänger (vgl. Vogelfänger,
Bauernfanger) sein, cantorem esse, ein Sänger sein,. doch mit
dem Unterschiede, dafs das Verbum seine transitive Kraft be-
wahrt Durch das Suffix wird die Thätigkeit eine tQchtige, be-
rufsmäfsige, woraus sich leicht der Begriff der Wiederholung
entwickelt, da ja nur Übung den Meister macht. Wer als Kan-
didat manus civium prensat, thut dies sowohl oft als auch in
bestimmter Absicht und mit einem gewissen Geschicke, wie sal-
tare von dem gilt, der aus dem Springen eine Kunst oder ein
Gewerbe macht. Wir interpretieren somit captare rgeschickt und
öfter greifen', nicht 'greifen wollen'. Jedenfalls liegt die Erfolg-
losigkeit der Handlung nicht im Verbum, so wenig als in chasser
(captiare), sondern viel eher die Übung des Jägers. Aber auch
wer das desiderativum zugiebt, darf nicht vergessen, dafs dies
nur Resultat längerer Sprachentwicklung sein kann, wie etwa
amaturu8 von amator abgeleitet den Begriff des Zukünftigen erst
später angenommen hat.
Einen Beweis, dafs sich in der Frequentativbildung der
Grundbegriff des Verbums viel fester, gleichsam xar #;oxtjv fest-
gesetzt hat, finden wir darin, dafs sie den abgeleiteten und bild-
lichen Gebrauchsweisen des Simplex in der Regel unzugänglich
ist Terenz sagte Heaut. 434 tuom conspectum fugitat, weil der
Schuldbewufste sich Mühe giebt dem Geschädigten überall aus-
zuweichen; doch dürfte man von einem Unwissenden nicht sagen
hoc me fugitat, weil hier von einer wirklichen Flucht nicht die
Rede ist Quaerito wird von dem eifrig Suchenden gesagt, aber
nicht von einer gelehrten Untersuchung: quaeritatur, quis sit
libri auctor. Imperitare ein straffes Regiment führen, aber nicht
imperitare frumentum; prospectare in die Ferne sehen, neben
prospicere pabulum, filiae maritum; ductare exercitum Heerführer
sein, doch nirgends Optimum ductare, aufser etwa bei einem
Autor, der kein lebendiges Sprachgefühl mehr besitzt; saltare
vom Tänzer, doch nicht cor, mica saltat. Weitere Beispiele im
Philol. 26, 115.
Archir für Ut Lezikogr. IV. Hoft ± 16
218 E<L Wölfflin:
Dir Frequentativform berührt sich in gewissem Sinne mit
der figura etyniologica; pugnam pugnare und vitam vivere ge-
braucht man fast ausschliefslich, wenn zum Objekte ein Attribut
hinzutritt (vitam miseram vivere stärker als misere vivere); das
potenzierte (konkretisierte) Verbum an sich ist das Frequenta-
tivum gewesen. Der Name, den die alten Grammatiker wählten,
war kein besonders glücklicher.
Den stärksten Unterschied von den Stammverben zeigen
natürlich die Doppelfrequentativa, z. B. Ter. Eun. prol. 43 igno-
scere, quae veteres factitarunt (schon oft) si faciunt novi; Cic
Attic. 7, 12, 6 ad me scribas velim vel potius scriptites, und so
durchweg bei guten Autoren. Aber selbst bei dem Wechsel von
Stammverb und einfachem Frequentativum mufs der Interpret wenig-
stens vorsichtig sein, bevor er eine Identität wie von latere und
latitare (vgl. S. 214) zugiebt. Plaut. Amph. 821 tu si me inpa-
dicitiai captas (mit Bezug auf die verschiedenen Versuche und
Mittel), capere non potes. Ter. Hec. 73 qua via te captent, eadem
ipsos capi. Claud. Quadrig. fr. 46 dum collega id caperet, quod
captabat (conatus). Plaut. Rud. 3, 4, 50 postea [tu] aspicito nieum
tergum, quando ego tuum inspeetavero. PI. Poen. 136 apud aedem
Veneria man tat. Maneat licet, Menaech. 926 ubi satur suin, nulla
(intestina) crepitant; quando esurio, tum crepani (metri causa).
6. Die Entwertung des Suffixes. Es erübrigt zu der Frage
Stellung zu nehmen, wann und warum die Frequentativa auf die
Linie der einfachen Stammverba zurückgesunken seien. Man ist
darin einig, dafs sich diese nicht durch eine allgemeine Formel
lösen lasse, vielmehr will jedes Wort für sich allein untersucht
sein. Bei manchen Verben ist die Degradation früher, bei andern
später, bei manchen gar nie eingetreten, wie denn in speetare
immer der Begriff des wiederholten, längeren Betrachtens, des.
Sehens um zu sehen (spectaculum) geblieben ist, im Gegensatze
zu *specio, conspicio, welches das einmalige Erblicken ausdrückt
Selbst im Französischen fallen saillir (ital. salire steigen, span.
salir ausgehen) und sauter durchaus nicht zusammen, und chanter
ist nicht schlechtweg = canere, sondern in verengerter Bedeutung
= voce canere, Gellius 10, 9, 1, mit Beschränkung auf die Vokal-
musik. Man hüte sich also, ein Suffix vor der Zeit tot zu sagen,
weil an einzelnen Stellen vielleicht das primitivum für den Sinn
auch auszureichen scheint; eine gewisse Lebenskraft müssen wir
immer noch anerkennen, wenn das Suffix dem Verbum zwar
Die Verba frequentativa und intensiva. 219
keinen höheren Ton, aber doch einen stärkeren Accent giebt.
Sicher bedeutungslos ist es erst dann, wenn das Stammwort
untergegangen ist oder doch bei dem betreffenden Autor fehlt;
also ist franz. jeter = iacere, weil dieses abstarb, gerade wie
conduire = ducere, weil dieses im Französischen fehlt. Aber
darum ist etwa Plaut. Trin. 26 nam ego amicum hodie nieum
concastigabo pro conmerita noxia die Präposition noch lange
nicht tot, weil wir sie im Deutschen vielleicht nicht übersetzen
und nicht übersetzen können ohne plump zu werden, sondern sie
beweist, dafs der Sprechende sich möglichst kräftig ausdrücken
will, nachdem er Vers 23 gesagt hatte: Amicum castigare ob
meritam noxiani etc. Über dieses schmähende con vgl. Archiv
IH 16.
Wenn daher Jonas sagt, bei dem gröfsten Teile der archa-
ischen Frequentativa unterliege es keinem Zweifel, dafs sie nur im
Sinne der Stammverba gebraucht seien, so ist zunächst dagegen
zu halten, dafs Festus dieselben fast ohne Ausnahme mit saepe
erklärt hat. Allerdings erklärt er p. 27, 1 appellitasse: appel-
laase; 76, 6 electabo: eliciam, und 152, 10 Meritavere Cato ait
pro merere; allein diese Stellen bilden doch eine verschwindende
Minderzahl gegenüber den S. 211 angeführten, und da sie alle
nur dem Excerpte des Paulus angehören, Festus aber schreibt
p. 154, 17 Meritavere: saepe meruere, so ist es noch nicht einmal
«eher, dafs dieser auch nur an einer einzigen Stelle die Frequen-
' tativbedeutung nicht anerkannt hätte. Daraus ergiebt sich, dafs
die Ohren des Verrius Flaccus für den Klang dieser Verba noch
nicht abgestumpft waren, und dafs er etwas in ihnen fand oder
suchte. Und doch liegt wahrscheinlich die Wahrheit in der Mitte
zwischen Verrius Flaccus und Jonas. Die archaische Latinität
•und nach ihr die Volkssprache aller Zeiten zog die Verba fre-
quentativa namentlich gegenüber denen der dritten Konjugation
vor, weil die Endungen der ersten voller klangen, und der den
Mund gern voll nehmende Mann des Volkes benutzte dieses Mittel,
am den Worten gröfseren Nachdruck zu verleihen. Verrius aber
mag nach dem gereinigten Geschmacke des augusteischen Zeit-
alters interpretiert und darum hie und da ein saepe herausgehört
haben, wo der Autor selbst es nicht gefühlt hatte, weil die Gram-
matiker gewohnt waren, die Frequentativa so zu interpretieren.
Nachdem also bereits Terenz, wie wir oben gesehen haben,
mehr Ökonomie in die Verwendung der Frequentativa gebracht
15*
220 Ed. Wölffliiv.
hatte, stellten Cäsar und Cicero als Regel auf, alle Frequentativs
zu vermeiden, die nicht ausgeprägten frequentativen oder inten«
siven Sinn hatten. Aber die klassische Sprache lockerte selbst ihi
strenges Gesetz durch zwei Ausnahmen. Einmal zog sie die Fre-
quentativa als Lückenbüfser heran, so oft das Stammwort irgend
eine Form nicht bildete, wie auch das Verbalsubstantiv zu polli«
ceri pollicitatio heifst. Ebenso steht exercitatio (wenn exercitiuno
nicht ausreichte) zu exercere, und'exercitatus im Sinne von geübt
während exercitus (vgl. Krebs Schmalz, Antibarbarus) die Bedeu-
tung von geplagt angenommen hatte. Dadurch wurde die Fusion
der Stammverba und der Frequentativa vorbereitet, gerade wie
die der Inchoativa (calesco, caleo) durch das gemeinschaftliche
Perfekt calui. Vgl. ital. fiorisco, fiorisci, fiorisce, fioriamo, fioritq
fioriscono = floreo etc. So fehlt also zu cano das Particip Perf
pass. und es tritt dafür cantatus ein, wie schon Ellendt-Seyfferl
lehrt: cano, cecini, cantatum, canere. Dafs Prise part. 1, 31 ein
Particip cantus bildet, will nicht viel sagen, trotz Festus 46, £
canta pro cantata, sondern die Ausnahme bestätigt nur die Regel.
In diesem Sinne bildete man auch zu oeculo das Partie, perf
oecultatus, weil oecultus Adjektiv geworden war. Sallust mufstc
Jug. 90 schreiben ineepto suo oecultato, wenn er den Ablatii
absol. dem Leser zum Verständnis bringen wollte, und die Wort-
bildung bietet uns nur oecultatio und oecultator, nicht oecultio
und oecultor. Ja Cäsar, Cicero in seinen Reden und Sallust
kennen nur das Präsens oeculto, kein oeculo. Wahrscheinlich
wird man auch die Stammzeiten salio, salui, saltatum, salire zu-
sammensetzen müssen.
Invisus konnte wohl ^ungesehen' bedeuten, wenn es neben
visus oder neben incognitus, inauditus stand; wollte man einei
Verwechslung mit invisus Verhafst' vorbeugen, so sagte man,
namentlich seit Livius, invisitatus. Vgl. Cic. har. resp. 57 invisa
. . inaudita sacra; Liv. 5, 37, 2 invisitato atque inaudito hoste;
5, 45, 4 und öfters.
Dazu kam ein zweites, dessen Tragweite vielleicht noch höh«
anzuschlagen ist. Die Epiker, sicher von Lucrez an, bedienten
sich der Frequentativa, wo die Stammverba nicht in den Hexa-
meter pafsten. Aus diesem Grunde wohl hat Lucretius, dem es
noch so schwer fiel, seinen Vers mit lateinischen Worten xn
bauen, discrepito und nominito geschaffen, um mit Hülfe diese!
Formen die dritte Person Praes. plur. bilden zu können: 2, 1011
Die Verba frequentativa und intenaiva. 221
discrepitant (weil discrepant uubrauchbar) gegen 1, 634 discrepät;
uomiuitaot, nominitamus, noniinitarent, nominitanda oft, gegen
1, 696 nominat. Wir dürfen dies darum um so herzhafter glauben,
weil andere Autoren, mit Ausnahme etwa des Lucretianers Arno-
bias, diese Verba kaum gebraucht haben. Und nicht anders müssen
wir bei Vergil increpito und imperito beurteilen. Verg. 12, 719 im-
peritet wie Lucr. 3, 1041 imperitarunt gegen imperat; bei Vergil in-
crepitas, increpitans, nach dem Vorgange eines altern Dichters bei
Varro 6, 67 quid increpitas mortemque minaris? Die Bedeutung
dieses Momentes hat schon Köne, Sprache der röin. Epiker 1840.
8. 158. 168. 181 erkannt, wenn er auch irrtümlich behauptet,
Livius habe zuerst imperito in die Prosa eingeführt. Sagt man
inserere manum alicui rei (Ovid am. 2, 15, 11. met. 12, 320) und
huweris exsertis (Caes. 7, 50) oder auch exsertus humeros, so
schrieb Verg. Aen. 2, 672 clipeoque sinistram insertabam und
Statius Theb. 1, 413 exsertare humeros, warum anders als metri
causa? [Ahnlich schon Plaut Gapt. 79 cocleae suo sibi suco
munt, und 81 von den mit denselben verglichenen Parasiten
miseri victitant suco suo, vielleicht um das Gewerbsmässige her-
Torzuheben.] Verg. konnte Aen. 1, 483 nur raptaverat sagen,
weil rapuerat sich nicht in den Vers fügte, gebrauchte es übrigens
mit Fug und Recht als wirksames Frequentativum, weil er es
mit ter circum muros verbindet. — So gesellten sich zu der Un-
fögsanikeit der Volkssprache zwei Gegner im eigenen Lager, und
wie sehr die silberne Prosa im Banne der augusteischen Dichter
stand, ist männiglich bekannt
Das Ende des Kampfes ist unschwer vorauszusehen. Im
Aufange des vierten Jahrhunderts nach Chr. erklärte Nonius,
der in seiner .Zeit meist entwertete Frequentativa hörte, die alten
Bildungen ohne das saepe des Verrius Flaccus, p. 75 M. adauctavit:
awit; 89 conmetare: conmeare; 131 lutavi pro lui; 275 captare:
capere. Auch bei Vergil fand er keinen Unterschied, p. 65 ex ul-
nare dictum est exilire; 329 iucrepat et increpitat paria sunt; 330
Hwultare dicitur insilire, und umgekehrt p. 353 nare est natare;
183 veget: vegetat; 505 mau tat pro manet. Ahnliches findet sich
w den Glossen des Placidus, p. 4, 18 D. adsultantes: adsilientes;
'J, 3 attrectant: adtrahunt; 25, 12 captabat: capiebat; 39, 10 ex-
tovit: excitavit; 52, 6 habeo: habito. quod nunc frequeutative
^tum dicitur. cqui hie habet' pro *habitat\ 71, 3 nandi: na-
^^di; 79; 6 resultant: resiliunt. Beide interpretierten nach dem
222 Ed. Wölfflin: Die Verba frequentativa und intensiva.
Sprachgebrauche ihrer Zeit und können keine Quellen aus au|
steischer Zeit abgeschrieben haben. Wir gewinnen damit zugle
einen Mafsstab rar die Beurteilung der Glossenlitterat
Denn offenbar gehören die oben S. 211. 212 vorgefahrten BeL
mit frequenter der altern Periode an, die folgenden dagegen
jüngeren: Gloss. abav. minitarentur: minarentur; gestare: gerc
ductabat: ducebat; yalitant (bisher nicht bekannt): valent. i
cod. Vat. 3321 agitare: agere; sectatur: sequitur; lapsantes:
bentes; imperitat: imperat. Die Quellen des Papias sind mit
im grofsen Ganzen älter als die des cod. Vatic. 3321. Dafe a
die Gloss. abavus verschiedene Interpretationen neboneinan
bieten, darf nicht befremden, da dieselben, wie andere auch, \
verschiedenartigem Materiale geflossen sind.
Welcher Grammatiker hat nun zuerst diesen Verfall i
Form anerkannt? Die grofse Mehrzahl folgte natürlich bis
späte Zeit der alten Tradition; aber Servius verrät uns in d
Kommentare zu Donat Gr. lat. IV 413, 1: «Juas Irinas (inch
tiva, raeditativa, frequentativa) plerique veluti inutiles refufc
volunt, sed convincuntur secundum rationem naturalem; mu
cniui sunt, quae proprie explicari nou possunt nisi istis. Di<
Gegner meinten also nicht ohne Grund, au diesen Formen hl
man nicht viel und es ginge ohne dieselben auch, da man s:
mit velle, coepisse, saepe etc. helfen könnte. Sie konnten d
nur in der Meinung sagen, dafs die Formen an sich doch c
Anfang, die Wiederholung der Handlung u. s. w. nicht deutl
genug ausdrückten, und die Inchoativform hat ja in der Tl
ihren ursprünglichen Wert eingebüfst, wie die Desiderativa
urio ganz untergegangen sind. Diese plerique (= permulti, ni
= plurimi) fallen somit etwa in die Zeit des Noniys, der ebei
die Frequentativforin als eine wirkungslose anerkannt hatte, i
was man gewöhnlich 'romanisch' nennt, trifft etwa das Lat
des vierten Jahrhunderts nach Christus.
München. Eduard Wölfflin.
Die Yerba auf -illare.
II.
C. Yerba, welche sicher von Verbalstämmen abzu-
leiten sind.
Das wenige, was hier zu erwähnen ist, führt in die älteste
Zeit der lateinischen Litteratur zurück. Es sind Verba, deren
Bedeutung auf die Sprache des täglichen Lebens hinweist, aus
dwsen Bereich sie nur selten hervorgetreten sind.
1) Conscribo — conscribillo. Von Varro bezeugt uns
Nonius p. 82, dafs er für conscripsi conscribillavi gesagt habe;
man schreibt es daher jetzt Sat. Men. 76 (Bü.): Columna Her-
culis nsgl do^g: itaque eas inceravi et conscribillavi Herculis
aäiis vgl. Roeper Philol. IX 232; ebenso 280 schon bei Nonius:
astrologi non sunt? qui conscribillarunt pingentes caelum. Die
Bezeichnung des Geschriebenen als „Geschreibsel" wäre um so
harmloser, als ja im ersten Satze der Schreiber die Spitze des
Ausdrucks gegen sich selbst wendet. Aber vielleicht liegt nicht
einmal bestimmt etwas Despektierliches in dem Wort; es mag
aneh nur 'teils die kleinen Schriftzüge, teils die öftere Wieder-
holung der Handlung bezeichnen sollen; der mangelnde Zusammen-
hang läfst keine sichere Entscheidung zu. Nur einmal finden
wir das Wort noch wieder aus dem sermo vulgaris hervorgeholt,
bei Catull 25, 1 1 : ne laneum lafusculum manusqae mollicellas inusta
topiter tibi flagella conscribillent; das Gedicht an den cinaede
ThaUey mottior cuniculi capillo enthält auch sonst viele Deminu-
tiva, die auf den Weichling sticheln; ihm grade mufste schon
die Drohung mit Geifselhieben die zarte Haut nur so bekritzelt
zu sehen besonders empfindlich sein. Die Stelle hat den galligen
Humor, mit dem sonst die Komödie das oft berührte Thema des
Prügeins anzufassen pflegt. Davon gleich ein zweites Beispiel.
2) occo — occillo. Plautus Amph. 183: qui tni/ii aduenienti
06 occillet probe. Die Richtigkeit der Deutung bei Goetz-Loewe
^reggen" scheint mir durch die dort gegebenen Zusammen-
224 A. Fuuck:
Stellungen völlig gesichert, und zwar ist gewifs auch die
Schreibung occillo der anderen occilio vorzuziehen, da jene als
Deniinutivbildung wohl begreiflich, diese durch die Überlieferung
bei „Cyrillus" auch handschriftlich nicht aufser allen Zweifel ge-
setzt ist (vgl. für ähnliches Schwanken z. B. couspicillum — con-
spicilium bei Locwe Prodr. 280 f.). Freilich weifs ich weder für
occo noch für ßakoxoTtcS oder ßcoloörQOtpä diese bildliche Ver-
wendung nachzuweisen; aber die Annahme eines solchen axa%
eiQtiiisvov in der Komödie ist darum doch nicht zu kühn. Jeden-
falls ist weder das oscillet von Osbern, noch Dousas ossillet,
noch suggillet (Scriverius-Gertz) wahrscheinlicher; wollte man
ändern, so liefse sich auch an ein occellet oder auch occellat
von dem bei Loewe prodr. 100 erschlossenen occello denken«
3) sorbeo — sorbillo. Das Wort ist schon von alten
Grammatikern öfter besprochen und zwar durchweg in dem glei-
chen Sinne, dafs es ein Beleg deminutiver Verbalbildung sei.
Hier die Zeugnisse: Diom. 345, 23: sunt item deminutiva a per-
fecta forma, id sorbillo; Cledonius 54, 31: sunt quasi diminutiva,
qttae a perfecta forma veniunt, sorbillo sugillo (Donat IV 382, 3)
isla sorbillo et sugillo velnt diminutiva sunt, sed diminutiva tum
sunt, sed magis dcrivativa. nam a primis significationibus his <fe-"
sccndunt, ab eo quod est sorbeo et stigo; Pompeius Comuientum
221, 1: hoc etiam in verbis possumus invenire, ut sit verbttm prin-
cipale et faciat diminutivum, ut est sorbeo et sugo [sugeo AB), ista
principalia sunt; fiunt inde diminutiva sorbillo sugillo; Cassio-
dorius de orat. II de verbo: sorbeo sugo: fit inde quasi diminutio
sorbillo sugillo. Sunt sine originc perfectae fortnae, ut vacillo, pitisso,
non enim facit pito vaco. Überall ist die Schreibung mit 11 durch hand-
schriftliche Überlieferung wie durch die Beziehung auf deminutive
Wörter gesichert. Nicht so ganz an den wenigen Stellen, wo das
Wort in der Litteratur wirklich gebraucht wird. Terentius Ad.
501 schreibt Umpfenbach mit dem ßembinus: cyathos sorbilans
panlatim hunc producam dient, ebenso Fleckeisen und Dziatzko;
die anderen Handschriften haben den doppelten Konsonanten,
welcher metrisch wenigstens nicht unerträglich wäre, vgl. Dziatzko,
Einleitung zum Phormio S. 25. Aus ähnlichen Stellen mag sich
dann Apuleius auch diese Rarität wieder hervorgeholt haben;
dafs er das Wort als Deminutivum auffafste, zeigt er Met. 2, 16:
idque modico prius quam totum cxsorbercm clementer invadit ac
Die Verba auf -illare. 225
relictum ptillulatim labeUis minucns meque respicictis sorbillat dxil-
cäer; hier ist dies die einzig beglaubigte Schreibung, während Met.
3, 14: oculos Fotidis meae udos ac tremnlos et prona libidine mar-
cidos iam iafnque sctniadoperttdos adnixis et sorbillantibus sa-
viis sitienter hauriebam — der cod. Laur. einfaches 1 bietet. Die
übertragene Bedeutung bedarf keiner Erklärung. Aus den Glossae
„Tsidori" führt Vaniöek 1229 noch ein sorbillator: degulator an.
Auch die bei Plautus Poenulus 397: uictitandum sorbilo sowie
bei Caecilius com. fr. 73: sine suam scnectutcm ducat usqiw ad
Senium sorbilo bezeugte adverbiale Wendung sorbilo soll nicht
unerwähnt bleiben. Bei Caecilius (aus Festus p. 339) beruht
sorbilo auf Bentleys Verbesserung des überlieferten sorbitio (Spengel
sorbito, Grauert sonticum), welchem die Schreibung mit 11 noch
näher bliebe; an der Plautusstelle hat wenigstens cod. F. sor-
billo, was man an dieser Versstelle schon mit Hinweisung auf
solche Verkürzungen wie Stichus 226: cauillationes rechtfertigen
mutete. Es läfst sich nämlich nicht leugnen, dafs eine echt demi-
nutive Form hier, wo von den kleineu Bissen des armen Schluckers
die Rede ist, sehr wohl passen würde. Doch mag man hierüber
denken, wie mau will, für das Verbum steht fest, dafs die Gram-
matikerzeugnisse doppeltes 1 fordern, die Handschriften es wenig-
stens nicht verbieten. Ist es danach nicht wohl berechtigt, das
Wort mit anerkannt deminutiver Bedeutung auch zu schreiben,
wie sonst ähnlich klingende Deminutiva meistens geschrieben
werden? Dennoch thut man gut die Entscheidung, welche auch
für andere Fälle mafsgebend sein wird, vorsichtiger zu formu-
lieren. Zwar darüber liefse sich hinwegkommen, dafs eigentlich
nur -lo das deminutive Suffix ist-, wo sonst eiii i vor demselben
steht, ist die Weiterbildung zu illo in eben dieser Schreibung
fast aus3chliefslich herrschend; vgl. Corssen II 527 ff.; nur equila,
nubilus und vielleicht mutilus — mutilare (Corssen II 153) könnte
man ausnehmen. Viel wichtiger ist dieses. Wir wissen, dafs
überhaupt das Lateinische im Inlaut oft zwischen einfachem und
doppeltem 1 schwankte, wozu Corssen I 226 f. zahlreiche Belege
giebt, Ott, JJhb. 1874, 1,860 die in der Volkssprache übliche Zurück-
nahme des Tones auf die Stammsilbe dieser Verba zur Erklärung
heranzieht.*) Die Handschriften mögen also auch in diesem Falle
*) Selbst für pugilor, pugilatus u. ähnl. liest man an mehreren Stellen
gut beglaubigt 11; und doch zweifelt niemand, dafs diese Wörter von pugil
and nicht etwa von pugillus „die Handvoll" herzuleiten sind.
226 A. Funck:
die Unsicherheit der Aussprache wiedergeben, «und man gewinnt
einen neuen Beleg zu dem Corssenschen Satz: „Aus diesen Schwan-
kungen der Schreibweise erhellt, dafs 11 im Inlaut lateinischer
Wörter, da das zweite 1 nach Plinius sehr dünn lautete, dem
einfachen 1 sehr ähnlich klang."*)
D. Yerba, bei denen wenigstens Anlehnung an Verbal-
stämme angenommen wird.
1) focillo. Wieder ist die Überlieferung sehr schwankend, und
die Herausgeber haben daher bald focilo, bald focillo vorgezogen.
Will man der Etymologie folgen, so ist doppeltes 1 mehr be-
rechtigt, sobald es gelingt, deminutiven Charakter an dem Worte
nachzuweisen. Kessler sowohl wie Schwabe behaupten ihn be-
stimmt, ohne der Bedeutung weiter nachzugehen. Die Schwierig-
keit das Wort unmittelbar von fovere abzuleiten, verkennt aber
Schwabe keineswegs, und sie ist auch durch Corssens Annahme
(Krit. Beitr. S. 57) eines Stammes fogu — *foguere — fovere,
welches eben doch nur eine Annahme ist, nicht gelöst; nach
sorb-illare, conscrib-illare erwartet mau doch fov-illare. Mindere
Schwierigkeit bietet Vaniöeks Deutung, welche sich ähnlich schon
bei Gros ad Suet. Aug. 17 findet. Wenn man zu focnlus bei
Nonius p. 10, 11 ein foculo = foveo findet, aus üloss. Labb .**) ein
focillus „kleiner Herd" überliefert wird, so würde freilich zunächst
ein von diesem Concretum abgeleitetes Verbum nur etwa be-
deuten „mit einem kleinen Herd in Verbindung bringen" oder
„einen kleinen Herd machen". Das ist aber gar nicht der Sinn
des oft gebrauchten Wortes. Vielmehr heifst es „(durch Erwär-
mung) wiederbeleben, hegen und pflegen"; die Bedeutung weist
*) cantilo, welche» man doch wohl am leichtesten aus canto mit einer
Anlehnung an cantilena herleitet, steht nur viermal bei Apuleius und jedes-
mal in den besten Handschriften mit einem 1. Die deminutive Bedeutung,
welche Georges durch die Übersetzung „trillern" anzudeuten scheint, ist an
keiner Stelle geboten; es fällt also auch diese Stütze für 11 fori Das Wort
verdankt seinen Ursprung wohl nur der affektierten Laune des Apuleius.
Met. IV 8: strepitu cantilant sc. iuvencs; Flor. 3 (K. 4, 14): gratissime
cantilat sc. Apollo; 15 (K. 17, 17): quos Anacrcon cantilat; 17 (27, 8):
in solitudine cantilavit »Orpheus in silvis, inter delphinas Arion" (=- Verg.
Ecl. VIII 56). Du Cange führt das Wort in gleicher Bedeutung aus einem
späten Autor an; mit welchem Recht er 11 schreibt, weifs ich nicht zu sagen.
**) Die Redaktion inufs diese (Jitatione weise stehen lassen, bis wir das
Corpus glossarum besitzen.
Die Verba auf -illare. 227
also allerdings gradeswegs auf fovere hin, mit welchem es z. B.
bei Fronto p. 88, 5, bei Cyprianus ep. 18, 2 p. 524, 11 eng ver-
bunden wird. Vielleicht ist es erlaubt, die Form so zu erklären,
dafe unter dem Einflufs der oft gehörten Nomina focus und fo-
culos das c in das Verbum eindrang*); die Bedeutung legte eine
Anlehnung an Koseformen nahe. Von einer eigentlichen Er-
wärmung des Korpers ist an keiner Stelle die Rede; die sinn-
liche Bedeutung ist sogar überhaupt seltener belegt als die über-
tragene. Fronto erzählt p. 88, 5 von sich, die Cholera habe zwar
den Ärzten nicht einmal die occasio ac tempus fovendi gelassen;
schließlich doch: focilatus totus sum\ bei Plinius ist es zweimal
in den Briefen von jemand gesagt, welcher sich von heftigen
Schlägen erholen niufs: ep. 3, 14, 4: aegre focilatus; 3, 16, 12:
focilata . . . inquit; ganz ähnlich bei Cyprianus ep. 40 p. 586, 5:
der Leidende ist zwar semiustidatus et lapidibus obrutus et pro
mortuo derelictus, allem der Sorge der Tochter gelingt es, ihn
zu finden: seniianimis inventus et extracttis et focillatus a comir
tibns . . . retnansit invitus; Pelagonius 30 p. 105: cibariis foci-
Utur.**) Wieder einmal ist die bildliche Verwendung viel älter
bezeugt; aus Varro hat es uns Nonius als Deponens erhalten
481, 12: de vita P. R. 2 fr. 7: prqpter secundas sublato metu7 non
in commtmi spcctant, sed sutim quisque diversi commodum focila-
tur (alii focillantur), dann im Aktiv bei Seueca epist. 13, 14:
pudet me ibi sie tecum loqui et tarn lenibas te remediis fo ciliare;
Sueton. Aug. 17: M. Antonii societatem setnper dubiam et incertam,
reconciliationibusqiw variis male focillatam, abrupit tandetn; Cy-
prianus ep. 18, 2 p. 524, 11: ceteram quoqtte partem plebis qttae
lopsa est praesentia vestra fovete et ut a fkle et misericordia Do-
*m non deficiant vestro solacio focillatc; Hieron. epist. I 32, 2:
faplici pietatis officio focillavi. Man sieht, wie die lindernde
Heilkraft der Wärme von körperlichen auf seelische Leiden über-
tragen wurde, ein Bild, welches ja auch unseren Anschauungen
wohl vertraut ist Dafs bei einem Worte von solcher Bedeutung
Zusammensetzung mit re- nahe lag, ist offenbar, und so findet
*) Auf foculo wage ich nicht mich bestimmt zu berufen, da die Worte
"e* Nonius: focula dieta sunt nutrimenta; unde et focularc dicitur ut fo-
t>€r^ über den Gebrauch und Sinn des Wortes doch gar zu wenig Deutliches
^saagen.
**) Vgl. Festus 85, 6: focus, f Omenta, focillationcs, foculi a fovendo,
G«t calefaciendo dieta sunt.
228 A. Funck:
sich denn in der That rcfocillo in späterer Zeit besonders häufig.
Zwar Sencc. ben. III 9, 2: efficacibus remcdiis refocillasse lugen—
tan gilt jetzt für unecht, und an den beiden oben genanntem.
Stellen aus Plinius' Briefen steht jetzt das Simplex; desto öfter-
begegnet man dem Kompositum bei Kirchenschriftstellern von.
Hieronymus an bis auf Paulus Diaconus hinunter, ja noch später.
Der sinnlichen Bedeutung von refoveo z. B. Apul. Met. IV 8: lavacro
refoti blieben am nächsten Stellen wie Hieron. ep. II 108, 7=
rcfocillato paululum corpusculo} vita Malchi § 10, ep. II 108, 14;
I 1, 14; Vulg. Judic. 15, 19; Judith. 7, 7; Thren. 1, 11; 1. Regg.
IG, 23 (überall ltt; Aethicus V, 65 p. 44, 28: refocillatas . . .
vires; Cassian coen. inst. 3, 9; Hist. misc. XX 33 und noch Poetae
aevi Carol. II 268 I: ad rcfocillandum corpus (aus Heitonis visio
Wettini etwa v. J. 824). Danebenher geht zu allen Zeiten die
übertragene Verwendung; schon iu dem herrlichen Gebet des
Augustinus am Schlüsse der Meditationen heifst es: pota tue In-
terim fletibus meis, refociUa me doloribus meis (41); ebenso roa-
nuale 9: quibus tamlem refocillatus delictis . . . in te requicsco;
und so öfter z. B. Hier. Orig. Hom. Luc. 227 B Migne: trepidantem
refociUat; auch noch bei Paulus Diac. (M. 95) S. Arnolfi vita
733 c: ut . . . innumerdbilis virorum ac imdicrum caterva ad eum
refocillanda festinaret Man hat hier also offenbar ein Wort,
welches iu der ganzen späteren Latinitiit gut eingebürgert war,
uud für jene Zeiten bedurfte es mindestens nicht erst einer
Erklärung, wie sie Georges aus Gloss. Labb. und Thomae
Thes. beibringt: t) refocilat (so!) ävccxtärai xbv leixofrviiyoccvtif
(= Philox. p. 185), vgl. Thoni. thes. 213: „refocilo, nutrirc et inde
refocilatus, a, um"; refocilat io Thoin. thes. 213. Ich habe die
Belegstellen überall in der Schreibung der besten Ausgaben ge-
geben: 1 wechselt mit 11; das letztere dünkt mir auch hier durch
die wahrscheinliche Etymologie und die der deminutiven nahe
stehende Bedeutung als da* ursprünglichere begründet Es
scheint, dafs hier wie öfter die deminutiven Formen die Stamm-
wörter foveo — refoveo in späterer Zeit allmählich zurücktreten
liefsen.
2) obstri(n)gillo. Wieder ist zu einer Entscheidung über
die Schreibung nur zu gelangen, wenn man auf Grund der fest-
stehenden Bedeutung den Ursprung des Wortes zu erklären ver-
sucht. Aus offenbar lebhaftere in Gebrauch im ältesten Latein
ist e> nur spärlich in die spätere Zeit hinübergerettet Bei No-
Die Verba auf -illare. 229
nius 147 lesen wir: obstringillare, obstarc. Ennius Satyrarum
]ih.U: restitant, occurrunt, obstring illant, ovagitant. Varro Manio:
lex neque innocenti propter simultatcm obstringillat, neque nocenti
fropter amicitiam ignoscit. Idem de re publica Hb. V: qui quod
wvidis tanto scriptori obstringillandi causa, ut cum praeclara
quaedam, quae laudes. Idem de vita P. R. üb. IV: quod Curio, cum
AJ fecisset, dicebat amicis, ut Uli renuntiaretur, se obstringilla-
turum, ne triumphus decerneretur aut ne iterum fieret consul. Dazu
finden wir in unserm Varrotext de re rust. I 2, 24: tu} inqutt,
mvides tanto scriptori, et obstrigillandi causa siglinas repreliendis;
ferner Varro Sat. Men. 202, 5 R (= 436 Bü.) : aemulum illius artis
atque obstrigilatorcm, quapropter aliquot annos quaesti nihil fe-
cerit; hier ist jedoch bei Nonius 492 überliefert öbtrigilatarem}
jenes Verbesserung der Aldina, Bücheier schreibt obstrigülatorcm.
Auch Isidorus orig. X 200: obtrcctator . . . qui obstringillando
offiriendoque non sinat quetnpiam progredi et augescere mag auf
dem Sprachgebrauch . einer älteren Zeit beruhen, und es bleibt
somit nur eine einzige Stelle eines nachchristlichen Schriftstellers
übrig, welche auf einer freilich wohl sicheren Konjektur beruht,
Seneca ep. 115, 6: nemo, inquam, non amore eins arderet, si nobis
Harn videre contingeret (sc. faciem boni viri): nunc enim multa
obstrigillant et aciem nostram aut splendore nimio percutiunt,
aut obscuro retvnent; der Gegensatz folgt gleich: aciem animi libe-
rare inpedimentis. Offenbar ist nach diesen Beispielen Nonius'
- Wiedergabe durch obstare richtig. Auch seine Schreibung ob-
stringillo? Darüber wird gestritten. Kettner, Krit. Bern, zu Varro
und lat Gloss. Rossleben 1868 S. 21 macht darauf aufmerksam,
dafs de re rust. I 2, 24 die älteren Ausgaben vor Victorius obstrigi-
gilandi haben und diese Form auch der Leidensis des Nonius
p. 147, 13 bietet; auch das erwähnte obtrigilatorem bestätige
diese Schreibung, nur eine falsche Etymologie habe in Anlehnung
an conscribillo u. a. verführt obstringillo zu schreiben; das Wort
sei abzuleiten von strigilis. Vermutlich denkt er sich die Sache
so, dafs eine ähnliche Anschauung wie bei unserem „gegen den
Strich reiben" zu Grunde liege, obwohl er das nicht sagt. Ein
strigilare, welches Kettners Annahme stützen könnte, fehlt; er
selbst giebt zu, dafs die Lesarten des Lemma wie der übrigen
Nöniusstellen für obstringillo sprechen. Man wird danach doch
versuchen, ob nicht eine Erklärung dieser Schreibung möglich
ist. Die obstrigilli, von denen Isidorus 19, 34, 8 erzählt: obstrigiUi
230 A. Funck:
sunt, qui per plantar cmsuti sunt, et ex superiore parte corrigii
trahitur, ut constringantur : unde et nominantur bringen uns nicl
weiter; die bei Du Cange genannte Stelle aus Hincmar Reni.I65(
wo die obstrigilli Leute sind, welche obstrittgant Jmmanorum aän
oculmum wage ich nicht zur Deutung eines so alten Worte
heranzuziehen. So bleibt nur das Verbuni obstringo, an welche
doch offenbar diejenigen, welche obstringillo schrieben, dachte]
Von dessen verschiedenen Bedeutungen liegt hier am nächste
die bildliche „(in Schwierigkeiten) verwickeln"; Beispiele sin
häufig, ich nenne nur die Verbindung mit scelere, sceleribti
Cic. II Verr. I 8; IV 71; parricidio pro Sulla 6; conscientia sa
leris Liv. IV 17, 5; aere alieno Cic. XI Farn. 10 ad fin.; debit
Seneca VT. Benef. 11; legibus Cic. 2. Inveni 45. Dafs das Bh
dende als eine Widerwärtigkeit, ein Hemmnis empfunden win
ist leicht begreiflich. Schwierig dagegen ist die deminutiv
Form zu erklären. Das einzige scheint mir anzunehmen, d&J
in jener Zeit Wörter wie das gleichfalls Varronische conscribill
häufig genug waren, um Analogiebildungen zu ermöglichen, od
dafs das Deminutive hier jene böse Nebenbedeutung hatte, toi
welcher Wölffiin a. a. 0. schlagende Beweise giebt. Es wflnl
also übersetzt werden mit „kleinlich im Wege stehen, ver
wickelnde Schwierigkeiten bereiten". Wollte man für die For
inen ohne n andere Gründe als blofse Schreib versehen suchen
so wäre an das häufige Verklingen des lateinischen Nasals n
erinnern.
3) Kein einziges der hierher gehörigen Verba hat soviel fl
reden gegeben wie Hii(g)gillo. Eingehend hat zuletzt Ott in de
Anzeige von Rönsch, Das neue Testament Tertullians, JJhb. 1874
1, 858 ff. über die höchst schwankenden Schreibungen und wech
selnden Bedeutungen des Wortes gehandelt, sugilo und suggil
werden durch die Tonversetzung auf die Stammsilbe erklär
welche die Verdoppelung des g nach sich zog; ob sugillo od<
suggillo richtiger sei, mufs die Etymologie entscheiden. Hild
brands Ableitung (zu gloss. Paris. S. 279) von gula wird m
Recht verworfen, ebenso die des Festus 302, 27 von gr. xvlo
Auch Rönsch's Versuch a. a. 0. S. 604 suggilo mit sub cilio co
hindere zu erklären hält nicht Stich; von allem Lautlichen a
gesehen sind doch die paar Stellen, wo das Verbum gr. xwomdl
wiedergiebt — cod. Vindob. Luc. 18, 5; gloss. Philox. p. 206 su
gillat: jrAijtftfff, vitcima noui, suggillatio: vittoitiaGpog, su
• Die Verba auf -illare. 231
gilatns: vx&xiaöfatg; vgl. Georges, Philol. Anz. 1872 S. 139*),
— zu vereinzelt, um dem weitverzweigten Gebrauch auch viel
früherer Zeiten zu Grunde gelegt zu werden. Wahrscheinlich hat
weh Ott sie aus diesem Grunde nicht weiter berücksichtigt. Ott
selbst geht auf Donatus, Cledonius, Pompeius und Gassiodorius
larflck, deren Worte oben unter sorbeo angeführt sind; sugillo
ist ihm ein richtiges Deminutiv um, insofern dieses „nicht nur
etwas Kleinliches, sondern auch etwas Fehlerhaftes, Karikiertes
(fgl. conscribillo) bezeichnet." Nun aber das Bedenkliche. Schon
6. J. Vossius sagte im Etym. u. d. W.: proprio dicitur de ma-
cnlis quae nimio suetu fiunt; aus der Bedeutung „saugen" leitet
Ott ebenso erstlich die ab „durch drücken, reiben, stofsen, schlagen
male verursachen" dann zweitens die übertragene „höhnen, spot-
ten" so, dafs „das tertium comparationis in der beim saugen
entstehenden ausstofsung und einziehung des athems durch die
nue zu suchen ist, worin bekanntlich die alten ein zeichen des
hohnes und spottes erblickten." Gleich die erste Bedeutungs-
entwickelung leuchtet mir nicht recht ein. Sollte man wirklich
im Altertum so oft und so gewaltig haben saugen sehen, dafs
ttn Verbum, welches ursprünglich doch nur ein wenig, wenn
such ein malitiöses wenig saugen bedeutete, bald nur noch „blut-
rünstige Male ziehen, blaue Flecke schlagen" bezeichnen konnte?
Bier komme ich über ein „non liquet" nicht hinaus. Annehm-
barer ist die freilich auch künstliche Ableitung der anderen Be-
deutung des Höhnens und Spottens, weil sie in der That durch
die umgekehrte Entwickelung bei ftv£o ^vx^ttp ^vxrtjQ^m
einigen Anhalt bekommt. Mir scheint, über die Etymologie ist
auch nach diesem Versuche Sicheres nicht ermittelt. Es wird
daher wieder unsere Aufgabe sein, vor allen Dingen festzustellen,
ms welcher Grundbedeutung die verschiedenen Gebrauchsweisen
nch am ungezwungensten erklären lassen. — Aus dem Altertum
«fod neben den bereits erwähnten Etymologieen mehrere Über-
setzungen erhalten, welche die sinnliche Bedeutung festhalten.
FUcidus 80, 22 sagt: sug illare est yidatn cotistringere, quomodo
Äetmtis strangtdare. sugillo actiuum, sugillor passiuutn; dazu
fohrt Deuerling aus dem lib. gloss. an: sugillavit, gulae manum
*) Man könnte noch Varro Sat. Men. 238 Bö. hinzuziehen: nc filii pa-
trikus . . . 8uggillent (suggilent L.) oculos hinzufügen; freilich erklärt es
Nonius hier mit obeludo.
232 A. Funck: m
iniecit; das wäre also soviel wie „erdrosseln, zuschnüren"; Tgl.
noch suggillat: suffocat glos. asbest., sugillare: strangüllare
cod. Sangall. 912, sugillat: suffocat, stramjulat cod. Vat. 3321,
sugillat: suffocat, strangulat, inridet gl. Abav., sugillare: gulam
stringere, suadendo concitare, inridere Papias. Hiermit läfst sich
auch Nonius* Erklärung mit obeludere wohl vereinigen; nur ist
in seinem Beleg aus der lex Maenia (s. oben) nicht von der
Kehle die Rede, sondern die Augen sind der Teil, welcher ge-
waltsam zugedrückt wird. Eben diese Verbindung aber begegnet
noch wieder bei Plinius 31, 100: ex ictu vero subfusis cruore ocuüs
suggillntisve; die Quetschung, welche hier allerdings durch
einen Schlag bewirkt ist, hiuterläfst sugillationes, vgl. ebenda
31, 100: sal . . . contra subfusioncs oculorum . . . teritur, privatim
suggillationibus in linteolo involutus crebroque ex aqua ferventi
inposiius; 32, 74: reliquae carnes inpositae suggillationem rapiunl;
andere Rezepte stehen 20, 55: alium . . . suggillata aut liventia
ad colorem reducit; 28, 132: caseus recens cum ntelle suggillata
etnendat. Die beiden letzten Stellen beziehen sich nicht mehr
auf Verletzung der Augen; ebensowenig Seneca ep. 13, 2: non
potest athleta magnos Spiritus ad certatnen adferre, qui numquam
suggillatus est: ille, qui sanguinem suum videt e. q. s. (vielleicht
auch Tertull. Marc. IV 34), und endlich eine ganze Reihe von
Stellen aus des Gregorius Turonensis Schriften: h. F. 3, 5 p. 112,
15: suggilatus est = 4, 20 p. 158, 7 sugillatus est; 4, 28
p. 164, 10: suggillari iussit a jmero; 7, 7 p. 294, 15: sng-
gillavit; 9, 34 p. 389, 23: domina mea suggillatur ; 10, 8
p. 414, 15: suggillata reperitur; gl. mart. 87 p. 547, 4: $u-
gillavi; überall pafst sowohl die Übersetzung „erdrosseln"
wie „erschlagen"; Forcellini erklärt: suffocare. Dies die Stellen
mit unzweifelhaft sinnlicher Bedeutung. Mir scheint, folgendes
ist danach klar. Wie Placidus' Erklärung die Ableitung von
gula nicht wahrscheinlicher macht, so wenig braucht man sich
durch die Stellen, wo das sugillare in Verbindung mit dem
Auge gebracht wird, nötigen zu lassen die schon lautlich kaum
denkbare Herleitung von sub und cilium begründet zu finden.
Aus der Bedeutung „quetschen, drücken, stofseu" ergiebt sich
leicht, dafs auch die sichtbar zurückbleibende Spur dieser Korper-
verletzung mit eben diesem Worte bezeichnet werden konnte;
daher die loca sugillata, die sugillationes bei Plinius. Nur glaube
ich nicht wie Ott, dafs diese letztere die Grundbedeutung ist,
Dio Verba auf -illare. 233
und ich mufs gestehen, dafs ich nicht sehe, wie von sugere aus
zn jener oder dieser Bedeutung zu gelangen ist*)
Ohne Schwierigkeit aber schliefst sich an diese sinnliche
Bedeutung des körperlichen Quetschens und Stofsens die häufigere
des geistigen Verletzens. Dafs die Wunde mehr die momentan
heftig wirkenden Hohns als die tiefschneidenden Schmerzes ist,
wird wie bei cavillor grade durch die deminutive Form angedeutet
sein. Liegt nicht unserni „geifseln" ein mindestens verwandtes
Bild zu Grunde? Eben diese Übersetzung aber würde an vielen
Stellen treffend den Sinn des sugillo wiedergeben. So besonders
bei Valerius Maximus, der wie kaum ein anderer das Wort und
seine Ableitungen bevorzugt hat: III 2 ext. 1: testari volitit se
Fulvi crudelitatem sugg illare quam senatus miserkordia uti ma-
hisse, vgl. IX 2: quem modum sibi ipsa statuet sc. crudelitas, si ne
suggillationis frenis fuerit revocata? V 3 § 4: invalidae ad hoc
mmistrum suggillandum lüterae; Senec. de ben. V 22, 3: quodsi
admonitionis quoque suggillationem ingratis remittimus, segniores
ad reddenda beneficia faciemus. Diese strengere Bedeutung, welche
vielleicht auch in dem sugillet: condemnet des gloss. cod. Vai
3321 Ausdruck gefunden hat, ist ganz vorzüglich dem Tertullian
eigen; es werden notam innrere, öbiurgare, incusare als Synonyma
angeführt; Belege: Apol. 4: ad sugillandam odii . . iniquitatem}
39: coenulas nostras practerquam sceleris infames ut prodigas quoque
suggillatis, Marc. IV 17, 18, 27; V 14; sugillatio Resurr. 10, 15;
Apol. 1 1 ; wohl auch Res. Carn. 49 : et hoc enim infttlciens apostolus
carnem et sangitinem de fructibus ipsorum manducandi et bibendi
snggillavit („tadelnd nennen"?). Ahnlich Hieronymus Comm.
Matth. 9, 13: sugillat Scribas et Pharisaeos = „er trifft, rügt".
Auch sonst aber wird das sugillare kaum je harmlosen Spott
bezeichnen; der verletzende Hohn, oft sogar ein Schimpf ist die
Bedeutung der sugillatio. Vgl. Placidus 82, 26 sugillavit: irrisit.
So schon bei Livius IV 35, 10: primis annis sugillatos7 repulsosy
risui patribus fuisse: desisse postremo praebere ad contumcliam os
sc. viros speetatos, vgl. sugillatio Livius XLIII 14, 5: id non . . .
*) Die Hauptstütze für die Erklärung von Rönsch, Luc. 8, 15: vindi-
cabo Warn, ne in novissimo venipns sugg Met me (vnoanuitrj) läfct sich auch
aas unarer Bedeutung erklären; Luther übersetzt mit „übertäuben"; konnte
nicht der lateinische Übersetzer ebenso gut das drastische griech. Bild
durch ein anderes ersetzen und sagen: „dafs sie mich nicht mit Bitten be-
dränge, gleichsam erdrücke"?
Archiv fflr Ut. Lexikogr. IV. Heft 2. IG
234 A. Fnnck:
sine sugillatione constdum mandatum est; Valerius Max. VII 5, 5;
Sylla repulsa praeturae suggillatus est, VII 8, 9: sanctissima iura
scurrili lusu suggillanda sibi desumpsit, V 2 ext. 4: cuUum . . .
neglectum suggillandi gratia referenius; sugillatio ähnlich II 3, 1;
VI 9, 12; Petronius 128: noli suggillare miserias; Tertullian
Val. 6: sicubi tarnen indignitas meruerit suggillari (syn. ridere)\
Hieronymus comm. in Matth. c. 10, 3 = 61 C Migne: ne . . su-
gillare evangelistam viderentur, epist. 96, 8: Christum \ibiq\te su-
gillat iniuriis et diabolum honore sustollit, ep. 108, 18; 121, I col.
1009; ep. 82, 6; Cassiodorius II M. 70, 350 D: vilem rem laudando
suggillat; Porphyrio Hör. Serin. II 5, 1: Iwc fuit apud veteres
moris, ne praesentes suggillarent aut saeculi praesentis lacerarent
mores; Ulpianus dig. 2, 4, 10: si famosa actio non sit vd pudorem
non suggilat („Hohn spricht, verletzt"), 44, 4, 4: adversus pa-
rcntes patronosque neque doli exceptio neque alia quidem, quae pa-
troni parentisve opinionem apud bonos mores suggillat („verletzt");
Aldkelin 45: ferinis rictibus suggillaretur, 95: sciolos . . sugil-
lare a quoquam autumer, ebenda sugillatio. Wie wir dann oben
die Bedeutung „tadelnd nennen" zu erkennen glaubten, so stellt
sich hier die verwandte „höhnisch, verächtlich nennen" für mehrere
Hieronymusstellen als die zutreffendste heraus: in Jes. II 3, 51 C:
Domintis . . . in evangclio (Math. 13, 55; Marc. 6, 3) filius fabri
suggillatur, Mal. 1, 6 col. 1547 C: Iudaei filii diaboli sugil-
lantur (ev. Johan. 8, 44).
Es ist nun das Verdienst Otts, darauf aufmerksam gemacht
zu haben, dafs mit diesen Bedeutungen eine andere «= suggerere
„eingeben'* kaum in Einklang zu bringen ist Dafs die alten
Orthographen einen etymologischen Zusammenhang von suggero
und suggillo annahmen, scheint aus mehreren Stellen hervor-
zugehen: Marius Victoriuus I p. 19, 21: per duo g (sc. scribtic),
quotiens duorum g sotmm attres exigent, ut aggerem, suggillat,
sugg(rmdum7 suggestmn et similia, namentlich aber Orthogr. Ein-
sidl. bei Hagen Anecd. Helv. p. 297, 11: aggcstus, suggerendum,
suggillat, suggillat io per duas g, wo suggellatio überliefert ist
Ott weist mit Heranziehung von satullo und obsatullo nach, dafs
es möglich sei, zu suggero ein aus suggcrulo entstandenes sug-
gello sich zu denken; infolge des im Spät- und Volkslatein häu-
figen Wechsels zwischen i und e besonders auch im Deminutivuni
sei suggello in dem älteren sugillo — suggillo untergegangen,
da beide, wie auch ital. suggellare lehre, in der Volkssprache
Die Verba auf -illare. 235
nicht zu unterscheiden gewesen seien. Das scheint mir noch
glaublicher, als seine andere Annahme, dafs die Belegstellen für
jene Bedeutung auf Einflufs der orthographischen Doktrin sug-
gero — suggello zurückzuführen seien. Was sind nun jene Beleg-
stellen? Ott beruft sich aufser auf alte Glossographen, die mir
nicht bekannt geworden sind, auf die Worte des Prudentius
perist. X 999: sciat hie quis Uli verba suggillct deus: ego9 unde
mutus sit disertus, nescio; das suggerat des Ambr. zeigt, wie richtig
seine Deutung ist; Georges* Übersetzung „einbläuen, einkäuen,
eingeben, an die Hand geben" setzt doch zumal bei einem geist-
lichen Dichter gar zu wenig Geschmack in der Wahl seiner
Bilder voraus. Sollte aber dies die einzige Stelle sein, wo die
Bedeutung „eingeben'' jeder anderen vorzuziehen ist? Ich glaube
nicht. Man vergleiche Augustinus X 2 contra Iulianum IV 3
(1339 — 38): Iulianus: profitetur scriptis öbviare nostris, quae ad
se ait in brevi cJiartula destinata, et ponit aliquas sententiarum
mearum particulas atque suggillat, quae in meo opere non tenen-
tur; was heifst das anderes als „er deutet an, schiebt unter",
zumal da eben vorhergeht: ut intelligcntia . . . suggeratur? An
einer anderen Stelle derselben Schrift IV 123 (1419 — 28): quon-
iam vix singulos sparsosque versiculos de Ubro meo proponens sibi
cosque laudans frequenter, nonnumquam etiam titillat suggillatione
brevissima; cum tarnen hoc quäl mordendum putat, a me non sit
tto, ut suspicatur, prolatum — scheint mir wenigstens der Sinn
„Andeutung" nicht unmöglich. Auch die schwierigen Worte des
Venantius III 4, 3 finden, wie mir Dr. Mohr mitteilt, am ehsten
ans dieser Bedeutung ihre Erklärung: credebam . . quasi sofo Pin-
darico conpaetus tetrastroplws pedestri glutine suggillatus et ac
si enthymematum parturiens catctiatum vinculum fectmda fluxisset
oratio „ich glaubte, wie eine in pindarischem Schwünge verfafste
Ode, die in prosaischer Fassung (mir, dem Lesenden) eingegeben
würde, und gleichsam eine Kette von E. hervorbringend sei die
Rede dahingeflossen."
Alle wichtigeren Belege des sugillo werden in dieser Unter-
suchung berührt sein. Wenn auch die Etymologie nach wie vor
unsicher bleibt, so scheint mir doch die Bedeutung aus dieser
Obersicht klarer hervorzutreten, als man bisher aus einem in ge-
ringerem Umfange bekannten Gebrauchsgebiete zu erkennen ver-
mochte. Dafs schon den Alten der Ursprung des Wortes dunkel
war, zeigen ihre abweichenden Deutungsversuchc; eben diese Un-
16*
236 A. Funck:
klarheit aber machte es möglich; das Wort als eine synonyme
Ableitung von suggero aufzufassen und zu gebrauchen.
4) v a c i 1 1 o bereitet der Erklärung insofern geringere Schwierig-
keiten, als wenigstens die Bedeutung „wanken" vor jedem Zweifel
geschützt ist. Dagegen hat der Ursprung sich sehr verschiedene
Erklärungsversuche gefallen lassen müssen. Cledonius V 55, 2
berichtet: ut pytisso vacillo (Donat. IV 382, 4): vacillo quasi
vago, alii repre/ietidunt Donatum,mut ab co quod est poto muktfa
littera pytisso pro potisso dixerit, et ab co quod est vagor vacillo
pro vagillo; dem gegenüber verzichten Diomedes, Donatus und
Sergius auf eine Etymologie; jene sagen 345, 23: sunt sc. demi-
nutiva sine originc perfectae fortnae, ut pitisso vacillo = Donat
IV 382, 4; dieser expl. in Donat. TV 550, 19: pitisso vacillo prin-
cipalc noti häbent vcl originem; vgl. auch Cassiodorius oben unter
sorbillo. Freilich ist das c mit dem Ausspruch vacillo pro va-
gillo nicht erklärt, und so ist eine unmittelbare Herleitung aus
dem übrigens sinnverwandten vagor nicht erwiesen. Aber es
kommt etwas anderes hinzu. Vagor hat stets kurzes ä, vacillo
zwar in der Kegel auch; allein bei Lucretius III 504: tum quasi
vacillans primum consurgit et ornnis et. q. s. ist die erste Silbe
ohne jeden Zweifel lang gemessen, obgleich eben derselbe z. B.
III 479, V 1236 das nämliche Wort in gewöhnlicher Quantität
hat. Nun ist aber hier vaccillare überliefert und diese Schrei-
bung hat auch Nonius 34, 23 f.: vaccillare est trcpidare, vd cum
lassitudine niti M. Tullius Phil lib. III: in Galliam muti-
latum ducit exercitum; cum una lcgione7 et ea vaccillante. Dies
behielt daher Lachmann und berief sich mit gutem Recht auf
ähnliche Schwankungen bei offa — ofella, mamma — mamilla
u. dgl. (p. 36 u. 37). Aufserdem schien ihm das doppelte c durch
die Ableitung von vacca als ursprünglich berechtigt. Diese Ety-
mologie hat Johannes Schmidt, Zur Gesch. des indog. Vocal. I 104,
zurückgewiesen, und sie läfst sich in der That nicht halten; an
dem Gang der Kühe ist Schwerfälligkeit doch eher auffallend als
das unsichere Wanken und Wackeln des vacillare. Da nun in
anderen indog. Sprachen Wörter von ähnlicher Bedeutung den na-
salierten Stamm vank haben, so verlangt Schmidt und mit ihm
Delbrück, Kuhns Ztschr. XXI 83, gebieterisch die gleiche Stamm-
form för das Lateinische, der Nasal sei verklungen mit Hinter-
lassung eines langen Vokals, auf den die Schreibung mit cc wie
bei gelegentlichem suecus, bracca u. dgl. hinweise; die zur klas-
Die Verba auf -illare. 237
sifichen Zeit geltende Betonung habe dann wie in acerbus, rao-
lestus neben äcer, möles der Wurzelsilbe mit dem Ton auch die
Lange genommen. Aber sind das doch nicht sehr gewagte Kom-
binationen? Für ein Wort mit sonst stets kurzem Vokal braucht
man an einer einzigen Stelle die Länge; um diese zu gewinnen,
wird die dort und ganz vereinzelt sonst noch einmal überlieferte
Schreibung als irrtümlicher graphischer Ausdruck für etwas ganz
anderes ausgegeben, zu welchem das Lateinische sonst keinerlei
Anhalt bietet; aus diesem so Konstruierten mufs dann das Ge-
wöhnliche auf einem neuen Umwege erklärt werden. Ist es denn
so ganz unerhört, aus der von Lachmann schon erwiesenen That-
sache einer Unsicherheit in der Schreibung doppelter Konsonanten
zu folgern, dafs wohl auch einmal nach einer wirklich kurzen
Silbe irrtümlich ein doppelter Konsonant sich einstellte? Ich
denke, grade diese Untersuchung der Verba auf -illo hat neues
Material zur Bestätigung jener Unsicherheit geliefert; selbst wo
alles für einfaches 1 spricht, wie bei pugilor und cantilo, ist
unsere Überlieferung bedeutenden Schwankungen unterworfen.
Wenn Goethe und Schiller sich noch wegen metrischer Irrtümer
Fuldas nicht unberechtigten Spott zuziehen konnten, so ist zur
Zeit des Lucretius, wo man doch auch noch nicht so gar lange
lateinische Hexameter gemacht hatte, ein Schwanken an einem
Schwankungen bekanntermafsen ausgesetzten Punkte nicht so
ganz unerklärlich. Geht man aber von väcillo aus, so fällt damit
zugleich jene Zurückführung auf den nasalierten Stamm anderer
Sprachen, ohne dafs man im Lateinischen selbst eine bestimmte
Anknüpfung dafür gewänne. Indes wird es erlaubt sein, daran
zu erinnern, dafs jenem Stamme doch wohl ein kürzerer ohne
Nasal zu Grunde liegt, welchem wir unser „wackeln" verdanken.
Auch macht Schwabe mit Recht darauf aufmerksam, dafs in ne-
gotium für nee- oti um, neglego für nec-lego ein paar sichere Be-
lege von Übergang des c in g vorliegen, so dafs jene alte Her-
leitung vagor — vacillo doch nicht völlig von der Hand zu
weisen ist.
Der zu allen Zeiten weit ausgedehnte Gebrauch des vacillare
zerlallt nach eigentlich-sinnlicher und übertragener Bedeutung in
mehrere Gruppen, deren jede wenigstens durch einige Belege hier
vertreten werden soll. Nach den vorliegenden Sammlungen ist
Aldhelin der letzte Zeuge, über fr/, vaciller zeigt, dafs das Wort
auch später noch im Gebrauche blieb.
238 A. Funck:
a) vacillo in sinnlicher Verwendung. Lucretius III 479:
praepediuntur crura vacillanti vom Trunkenen, ebenso Cicero
frgm. ap. Quintil. VIII 3, 66: vidcbar videre quosdam ex vino
vacillantes; Lucr. III 504: quasi vaccillans primum consurgit,
nämlich der Genesende; Cicero Brutus 60, 216: toto corpore va~
cillante; Apuleius Met. V 25: ab . . titubante et . . vacillante
vestigio; VI 30: titubas et vacillas; Ausonius ep. XXVII (XXIV)
30 p. 191: tota per immmeros artus cmxpago vacillat; Hieronymua
VI M. II Mich. 6, 3 c. 1209 B.: non habet stabilem gradum, sed
sefnper flucluans et vacillans pervenit; ep. I 38, 4: poplües va-
cillantes, 39, 1: vacillabant gressus, 79, 10: melius est gressu
v a ciliare quam pudkitia; Festus 359, 31* (= 358, 4): talipedare
antiqui dicebant pro vacillare pedibas. lassitudine; Paneg. Lat. X
24 (231, 9): semineces vacillare Inf. histor. von Verwundeten;
Venantius Fori V. M. 4, 540: sensu spatiante vacillans. An allen
diesen Stellen ist vom menschlichen Körper die Rede, besonders
von unsicherem Gange; andere konkrete Subjekte sind seltener:
Lucr. I 806: arbusta vacillent} V 1095: vacillans . . . arbor}
VI 574: vacillant . . teeta, 553: terra vacillans, V 1236: sab
pedibus tellus cum tota vacillat; Apuleius Met. V 22: lumen Iti-
cernae vacillabat; Panegyr. Lat. V 8 (137, 26) vom sumpfigen
Rheindelta: ita sc. regio .... subiacentibus innatat et suspensa lote
vacillat; cod. Theodos. X 19, 14 interpr.: fmidamentorum firmitas
ineipiat vacillare; Aldhelm p. 107: tigna tota ... vacillabant
b) Bildlicher Gebrauch von vacillo.
Ich beginne damit, einige häufiger wiederkehrende Verbin-
dungen des Wortes mit verwandten oder auch grade entgegen-
gesetzten Begriffen aufzuführen. 1) vacillo mit nuto verbunden:
Cypriauus ep. 74, 10 p. 808, 15: si .. nutaverit et vacillavcrit
veritas; Aldhelm p. 81: fidei fragilitatc tremebundus ac nutabtmdm
vacillare videor; p. 89: firmamentum fidei nutabundum vacillabit
2) vacillo neben fluetuo: Vulg. Isai. 29,9: fluctuate, et vacillate,
inebriamini, et non a vino; Hieronymus (VI Mich. 6, 3 p. 1209 B
s. oben) Comiu. Eph. 575. 468 D: hominum spes f luctuet et va-
rillet, vgl. Gregorius Turon. patr. 3 p. 672, 11: saneti nullis hae-
sitationum fluetibus vacillantur (so! deponential). 3) neben con-
cutio cod. Theodos. IX 34, 5: dignitas coneussa .... vacillabit.
4) neben claudico Cic. de nat. deor. 1 38, 107: tolaque res ra-
cillat et Claudicat. 5) neben titubo siehe oben Apul. Met V 25,
VI 30. 6) vacillo neben den entgegengesetzten Begriffen der
Die Verba auf -illare. 239
Festigkeit (cod. Theod. X 19, 14 s. oben); Cicero de fin. I 20, 66:
videtur quibusdam stabilitas amicitiac vacillare; Paneg. Lat. VI 10
(156, 10): ülic plurimum Jiabuerat stabilitatis asserta (sc. firmitas
des Staates), tibi deserta maxime vacillavit; Hieronymus III
1413 C: vacillantes cmfirmaverunt; Gregorius Magii. lib. Mor.
V n. 31: vacillantes confirmare. So von sinnverwandten Nach-
barn gestützt, wurde nun vacillare überaus häufig in bildlichem
Sinne verwendet. Schon die Römer sprachen von einem wack-
ligen Stande der Geldangelegenheiten, Cicero Catil. II 10: in vetere
aere alieno vacillant sc. Itomines, Att. 14, 18, 3: ciiius non sine
magna culpa vacillarunt sc. ista; später bei Petronius 38: se-
stertium säum vidit decies, sed male vacillavit. non ptito illum
capiüos liberos Jiabere; dann bei den Juristen wie Gaius lex Rom.
Vis. Gai.: hoc ordine integrum debitum vacillare cognoscitur; Vis.
G. ep. II 9, 10: integrum debitum vacillat; cod. Theodos. XII 6, 5:
ne . . . fisci nostri publica emolumenta vacillcnt; ferner Paneg.
VIII 6 (184, 24): quibus . . . in aere alieno vacillantibus, VIII
12 (189, 30): quamquam . . sttb pristina sarcina vacillemus; S.
Valerianus M. 52 p. 753 A: Patrimonium vacillet alienum, D:
vacillat praedium. Das uns so geläufige Bild vom Schwanken
in grammatischen und metrischen Dingen ist gleichfalls antik:
Sacerdos K. VI 482, 22: luxus, vacillans, huius luxi facit: Sal-
lustius ablativo: luxo pede; Diomedes 500, 18: fluxi sunt qui so-
luto modo et uberi metro vacillanter quatiuntur; Sergius expl.
in Don. IV 498, 15: istae ergo regulae duos vacillantes casus
kahent; Terentianus Maur. K. VI 367, v. 1404: verstis hie nusquam
vacillat; Fragm. Sangall. K. VI 640 — 8: metrum ... non vacillat.
— Zu diesen kleineren Übereinstimmungen im bildlichen Gebrauche
der Sprachen steht in vollem Einklänge die weitaus häufigste
übertragene Verwendung des vacillo für „Schwanken in Urteil
und Gesinnung". Persönliche Subjekte sind gar seltener als säch-
liche. Von Wendungen wie Cic. Phil. III 31: cum una legione et
ea vacillante, Att. 12, 1, 2: ysQovtixcitEQov est memöriola va-
cillare; Julius Valerius I 9 (23): civitas de obsequio vacillavit;
cod. Theod. XII 1, 158: vacillare plurimos ordines civitatis com-
perimus; Modestinus dig. 22, 5, 2: tesks qui adversus fidetn suae
testationis vacillant, vgl. 48, 10, 27: cuitts ita aneeps fides va-
cillat; — von hier aus gelangte mau leicht zu sächlichen Sub-
jekten, welche mehr oder minder persönlich gedacht wurden. So
schon fama bei Lucretius IV 1124: aegrotat fama vacillans
240 A. Funck:
vergl. die fabulae vagantes bei Plinius nat hist» V 5; for-
tuna bei Julius Valerius II 2G (6): siquid eorum fortuna . . va-
cillaret; fuuctio Hegesippus I 19, 27: quo et singulorum poten-
tiae nihil relinqueretur et functio regionum non va ciliar et; civi-
litas (= condicio legibus consentanea, pax) Ennodius 466, 9
(= 310, 11 V): inter vos civilitas non vacillat; disciplina Yigilius
Diac. M. 50 reg. mon. init. 373: ut . . neque disciplina iuniorum
vacillet; iustitia bei Cicero III off. 33: iustitia vacillat vd
iacet potius; iura Aldhelin p. 336: iustitiae iura vacillant; uti-
litas cod. Theod. XII 6, 31: ne publica vacillet utilitas. Ferner
pietas Hieronymus ep. II 107, 12: pietas fidei non vacillet; iudi-
cium Hilarius ep. pontif. 14, 2: defuncti iudicium in eius merüum
non vacillat (= Dionysius Exig. Decr. Hilari 317 D); intellectus
Augustinus enarr. ps. II p. 1843: intellectus vacillat aliquantum;
opinio Dionysius Exig. Decr. Innoc. 31 p. 249 C: ut opinio eorum
in nullo vacillet; studium S. Valerianus c. 726 D: vacillat hu-
manuni Studium; res = Gegenstand der Untersuchung Cic. de nat
deor. I 38, 107: totaque res vacillat et Claudicat; definitio Augu-
stinus de cogn. ver. vit. 5: ne vacillet haec definitio, ratio eam
probatiofiibus roboret; Julian ap. Augustin. X 2, III 161 (1314—29):
tria definitionum capita . . . vacillant: vacillant, inquio, imo, ut
funes e sabulof dildbuntur antequam coeant9 ähnlich vorher III 160
(1313 — 12); oratio Cassiodorius II M. 70, 146 D: ne . . . vacillet
oratio.
Ohne alles zu erschöpfen, werden diese Belege, aus den
Sammlungen und Lexicis zusammengetragen, hinreichen, um den
ursprünglichen wie den übertragenen Gebrauch des vacillare nach
seinen verschiedenen Richtungen hin zu veranschaulichen. Die
Häufigkeit der Metapher zeigt, wie lebhaft der Gedanke an die
Unsicherheit menschlicher Dinge immer wieder dem Auge ent-
gegentrat.
E. Yerba ganz unsicheren Ursprungs.
1) titillo.
Von den noch bei Schwabe erwähnten älteren Etymologieen
des Wortes — aus tero oder auch aus tango — kann keine als
auch nur einigermafsen gesichert gelten. Festeren Anhalt scheint
die von Bücheier, Archiv II 118 f. erwiesene obscöne Bedeutung
des titus als penis zu bieten. Zwar fehlen die vorauszusetzenden
nominalen Zwischenformen titulus — titillus in dieser Bedeutung
Die Verba auf -illare. 241
so gut wie ganz; denn das übertragene titillus = titillatio cod.
Theod. VIII 5, 2: innocuo titillo admonerc ist wohl erst aus dem
Verbum gebildet, so dafs die Akten der Sprachgeschichte, soweit
sie vorliegen, die oben berührte Frage nach der Priorität von
Nomen oder Verbum hier doch zu Gunsten des letzteren ent-
scheiden. Das Verbum titillo hat wie unser „kitzeln" etwas Ono-
matopoetisches an sich, die Laute scheinen die lebhafte, wenn auch
nickt mächtige Empfindung anzudeuten. Man könnte sich nun
denken, dafs entweder jene Ableitungen titulus — titillus in der
Volkssprache doch vorhanden gewesen wären, oder dafs unmittel-
bar aus titus jene onomatopoetische Verbalform gebildet wäre;
eben der Umstand, dafs die Form des Verbum sich von dem
Etymon etwas weiter entfernte, konnte dem titillare das Ein-
dringen in die Literatursprache erleichtern. Wo das Wort in
seiner sinnlichen Bedeutung steht, ist grade die Beziehung auf
roluptas, concupiscentia u. dgl. besonders häufig; von den res
Veneriae ist ausdrücklich die Rede: Hieronymus ep. I 54, 10:
nihil sie titillat membra genitdlia sicut indigestus eibus; Isidorus
differ. I 431 = Hieron. in Matth. 26, 37: qui viderit midierem et
anima eins fuerit titillat a; Ausonius epigr. 107, 16: titillata...
vduptas fervet. Weniger ausschließlich tritt eben diese Beziehung
in den übrigen Stellen der sinnlichen Verwendung des Wortes
hervor; am deutlichsten noch in der bei den Kirchenschriftstellern
öfter wiederkehrenden Verbindung mit caro und Verwandtem:
Tertull. de pud. 22: titillatam prosternens carnem; üassianus
Conl. XXII, 2: carnis aculeis titillemur; Hieronymus Comin. in
Gal. 500, 410 D; Augustinus enarr. ps. II p. 1319; Kabanus Maur.
IV M. 329 D 4; vgl auch Tertul. de ieiun. 12: ungulis tit Hiatus;
de virg. vel. 14: digitis titillatur. Als Sitz der Empfindung be-
gegnet am häufigsten sensus, schon bei Lucr. II 429: quae titil-
lare magis sensus, quam laedere possunt; Cicero de fin. 1 11, 39;
Tusc. III 20, 47 ; Hieron. ep. 122,6; dann animus bei Augustinus
M. 38, 816; animi bei Hieron. ep. 79, 9; anima bei demselben an
der angeführten Isidor-Stelle und bei Kaban. Maur. IV M. 329 l) 12;
mens bei Hieron. M. 23, 1092 A. Vergeblich sucht man auch bei
den Subjekten noch bestimmtere Anhaltspunkte für jene an-
genommene sinnlichste Bedeutung; die Belege sind zu allgemein
gehalten, als dafs sich Sicheres erkennen liefse, ob etwa ursprüng-
lich das Wort nur vom geuus inasculinum gebraucht sei. Be-
merkenswert ist immerhin die häufige Verbindung mit voluptas
242 A. Fanck:
und ähnlichen Begriffen. Voluptas selbst ist noch die causa mo —
vens bei Hieronymus VI M. II Am. praef. 1023 A: aliud est ti —
tillari, aliud obrui völuptatihus; Seneca dial. VII 5, 4, dann über-
tragen bei Cic. Off. II 18, 03: quasi adsetitatornm populi multitudini&'
levitatem voluptate quasi titillantium; Seneca ep. 99, 27; con —
cupiscentia öfter bei Augustinus M. 38, 718: habemus illas (sc—
concupiscentias); velimus nolimus titillant, blandiuntur, stimulant^
infestanty 834, 816, ähnlich 819; bei Cassianus Conl. II 13, 4, vgl»
titillari molestia cupiditatum bei Augustinus enarr. ps. II 1746^
ferner incentiva vitiorum bei Hieronymus ep. 79, 9: incenHvavUiorum-
omniurn titillent anirnos; ähnlich peccatum Augustinus M. 38,839;
endlich diabolus Hieron. M. 23, 1092 A: si titillaverit menten* tuan-
diaboltis et te ad libidinem concitaverit. In allgemeinerer Anwendung
tritt dann das Wort zu Ausdrücken, welche ein prickelndes Be-
gehren auch nach nicht sinnlichen Dingen bezeichnen: daher bei
Hieronymus ep. II 125, 8: clericatus te titillat desiderium; Petrus
Ghrysologus p. 654 C: titillante luxuria; vgl. Hier. ep. II 100,8:
titillantem gtdae vicere luxuriam; Marius Mercator Nest. c. Pelag.
208C: hotninem titillabo vom Kitzel der Eitelkeit und des Ehrgeizes,
vor dem schon Horaz Sat. II 3, 179: ne vos ti tili et gloria gewarnt
hatte. An >die assentatores bei Cicero erinnert die Stelle des
Paneg. Pacati Theodosio dictus (XII 2 p. 272, 23): trucem domi-
num mendax assentatio titi Ilabat Wie schon an mehreren
der angeführten Stellen, ist überhaupt bei dem titillo nicht immer
an ein bestimmtes Begehren, sondern vielmehr an jede Art von
Reiz gedacht, daher im Paneg. Nazarii Constantino dictus (X 37
p. 242, 15): puerilem animum spes laeta et blanda gaudia titil-
larunt Ohne erschöpfend zu sein, wird das Gebotene schon hin-
reichen, um zu zeigen, in welcher Richtung sich der bildliche
Gebrauch des Wortes entwickelte; je öfter die Stilisten Gelegen-
heit haben vor der Übertragung von Bildern aus einer in die
andere Sprache zu warnen, desto wichtiger ist es, vorhandene
Übereinstimmungen aufzuweisen. Es kommt aber noch einiges
Weitere hinzu. Wenn Augustinus X 2 contra Julian. IV 123
sagen konnte: nonnumquam ctiam titillat suggillatione brevissima
d. h. „er reizt mich", so begreift man auch die vereinzelte Wen-
dung bei Marius Mercator App. II 410 A: nee cuiusquam audeat
titillarc praesumptio „anzutasten" nämlich die feststehenden pri-
vilegia; auch Act. mart. pass. Sisinn. 627, 5: dum nulla fidei uti-
litas titillaret „solange keine Förderung des Glaubens aufreizte
Die Verba auf -illare. 243
sc die Heiden" gehört wohl hierher. Wieder eine andre Beziehung
leigen Stellen, zu denen Augustinus M. 38, 578 das Muster ab-
geben konnte: habet bonam conscientiam; non illum titillant
erimina in corde concepta; ähnlich enarr. ps. II 1637; M. 38, 733;
Hieronymu8 contra Lucif. c. 21 extr. (= M. 23, 175 D): iste scru-
pulus multos titillat; vielleicht auch epist. 133, 3: nee cogitatione
vitiorum aliqua titillari, — Gassiod. expos. in ps. 134 v. 4 (M.
70, 962 B): nonnullos tit illare cognoscitur, quare non sit hie
Abraham posüus, bedeutet titillare „reizen = Ärgernis, Anstofs
erregen".
Das attillo nur in dem Brief Alexanders an Aristoteles bei
Julias Valerius III 26 Mai: qttae dieta cum ex natura hominis
mm quoque animutn attillarcnt, hat man auch wegen der ver-
wandten Bedeutung „reizen" nämlich zur Neugier, mit Recht mit
titillo zusammengebracht. Georges erklärt: „von ad u. * tillo,
woraus titillo." Ein * tillo zu titillo wäre wohl ebenso gewagt,
wie wenn man aus gigno ein *geno erschliefsen wollte; mir
scheint es richtiger, den Ausfall des ti zu erklären wie in den
bekannten Gompositis von curro: aecurri für aecueurri u. dgl.,
wenn nicht das Ganze auf einem Schreibfehler für attitillarent
beruht
2) facillo.
Philox. 93, 32 facillare: otQayyaXiöai hat Könsch, Roman.
Forschgen III 336 mit focillare = faucillare erklärt.
3) fucillo.
Das Wort findet sich nur bei Festus 371, 46: augures . .
eandem (sc. aveni) fucillantem appellant sc. voisgram avem, qitae
se veUit. Bedeutung und Ursprung sind dunkel.
4) Ob das unsicher überlieferte strittilo bei Varro 1. 1. 348
§ 65 etwa hierher zu ziehen ist, bleibt bei der auch noch un-
bekannten Deutung ungewifs. Die Stelle heifst bei Spengel: strir
tabülae a stritilando; stritare ab eo qui sistit aegre; Müller schrieb
mit cod. B strittilando; strettillando bietet Flor.; andere haben
anderes versucht, ohne dafs es gelungen wäre, etwas Sicheres
herzustellen. •
5) Mindestens ebenso unsicher ist irquitillo bei Ceiisorinus
c. XIV 7: vocem crassiorem et inacquabilcni ficri, quod Aristoteles
appeUat tragizin, antiqui nostri irquitillare et inde ipsos putant
trquitattos appellari, quod tum corpus ircum olere ineipiat. Da ir-
quitallus auch sonst bezeugt wird, vgl. Georges s. v. hirquitallio,
244 A. Punck:
so ist die Lesung anderer Handschriften irquiUMire bei CensorinuB
wohl berechtigter.
Zu dem iin ersten Teile dieser Untersuchung besprochenen
singillo IV 87 kommen noch ein paar Nachträge. Besonders
wichtig ist das^Zeugnis des Grammatikers Virgilius Maro p. 160,7
(Huemer): quaedam (sc. nascuntur) ex partieipiis uerbi passiui ut
strictim, singillatim: nam singillo trite legitur iuxta illud Damini
cloquentissimi et modestissimi uiri dicentis: non est medioeris ud
facilis negotii bonum singulare a malo (Mai: Donati). Diese be-
kannte Bedeutung bestätigt auch Atto Polypticum bei Mai Gloss.
nov. Lat. p. 64, indem er singillatus mit separates erklärt
üb das arillator bei Festus 20, 12, Gellius 16, 7, 12, Glossen
bei Loewe prodr. 142 u. 285 auf ein Verbum arillare zu schliefsen
erlaubt, läfst sich nicht entscheiden.
cillo (eilleo?) ist schon Seite 82 erwähnt. Das Wort steht
bei Servius Verg. ge. II 389: oscilla dieta sunt ab eo, quod in his
(oribus) cillerentur, i. c. moverentur ora. Nam eitlere est mo-
vere: unde et furcillae dietae sunt quibus frumenta cillentur. Alii
diaint oscilla esse membra virilia de floribus facta, quae suspen-
deibantur, per intercolumnia: ita ut in ea homines aeeeptis clausis
personis impingerent, et ea ore cillerent i. e. moverent ad risum
populo commovendum; fast wörtlich dasselbe wiederholt Mythogr.
Lat. II 61; etwas freier Isid. 20, 14, 11: furcillae dietae, eo quod
iis frumenta cilluntur (sie!), id est mouentur. Unde et oscilla
dieta ab eo, quod cillantur, hoc est moueantur ora. Nam cillere
est mouere. Zwei weitere Belege gewinnt Georges, indem er My-
thogr. I 19 ora cillerentur, Festus 194, 9 os cillant schreibt,
offenbar um seine Etymologie von oscillare zu stützen. Allein
abgesehen davon, dafs man so doch nur ein wiederum etymolo-
gisch unklares cillo (eilleo?) gewinnt, gehen jene drei Belegstellen
augenscheinlich auf eine einzige zurück, die wenn nicht in ältester,
so doch in vollständigster Fassung bei Servius gelesen wird. Und
hier kann man sich des Eindrucks doch nicht erwehren, dafs das
Verbum schon damals nur einem etymologischen Wahn zu Liebe
angesetzt sei, welchem die Deufung von furcillae sicherlich nicht
zur Empfehlung dient. Ich glaube, das Wort ist in den Lexicis
nur als Grammatikererfindung zu verzeichnen.
Wie an diesem letzten Punkte, so hat überhaupt der Gang
unserer Untersuchung, vornehmlich in ihrem zweiten Teil, oft
schwankenden Boden berührt, auf welchem besonders die Er-
Die Verba auf -illare. 245
forschung des Ursprunges der behandelten Wörter nur ein un-
sicheres und behutsames Auftreten gestattete. Hoffentlich wird
sich dabei weder das Bewufstsein der Unsicherheit verleugnet
haben, noch aus dem Streben das deutlich Erkennbare von ge-
wagter Vermutung scharf zu scheiden eine übergrofse Bedenk-
lichkeit des eignen Urteils hervorgegangen sein. An manchen
Punkten liegt schon in der sicheren Aufnahme eines Wortes oder
einer Schreibung eine Entscheidung ausgesprochen in dem Sinne,
dafs auch, wo sinnlich verkleinernde Bedeutung uns nicht mehr
wahrnehmbar ist, andere mit der deminutiven sonst öfter ver-
knüpfte Nebenbedeutungen auf jene als die ursprüngliche zurück-
zuschliefsen erlauben. Wir, die wir das Wort nur noch lesen,
nicht das Gesprochene in uns wiederklingen lassen, vermögen
nicht zu erkennen, ob die Römer auch nur in ältester Zeit bei
vacillo, cavillor u. dgl. noch die Vorstellung von etwas Kleinem
oder Kleinlichem empfanden. Breal hat in einem bewunderungs-
würdig feinen Vortrag (Melanges de Mythologie et de Linguisti-
que*. Paris 1882 S. 295 ff.) von den idees latentes du langage
gehandelt, welche kaum bei einem einzigen gesprochenen Worte
nicht mit in Betracht zu ziehen sind. Wenn wir jetzt bei Wörtern,
welche äufserlich zu einer Gruppe vereint erscheinen, bald diese
bald jene Beziehung von unter sich nicht grade abliegender Art
hervortreten sehen, so mag doch dem, welcher die Wörter als
lebendige gebrauchte, das Gemeinsame aller mehr oder minder
„latent" im Bewufstsein gelegen haben. Auf diese Weise vermag
sich die deminutive Schreibung -illare auch da zu rechtfertigen,
wo uns die deminutive Bedeutung erloschen oder doch sehr ver-
dunkelt erscheint. Denn darüber kann kein Zweifel sein: selbst
wenn man die Grenzen so weit als möglich hinausrückt, eigent-
lich deminutive lateinische Verba sind auch nach unserer Über-
sicht nur ganz wenige erwiesen. Ob aufser dem conscribillo,
occillo, sorbillo die Volkssprache noch andere verbalen Ursprungs
enthielt, ist nicht zu wissen.
Index.
affurcillo 81. cantilo 226. conscribillo 223.
ancillor 76. capillatus 85. cribello 86.
arillator 244. catillo 83. deiitillo 73.
attillo 243. cavillor 77. dissigillo 85.
bacillo 84. cillo 244. exancillor 77.
cacillo 83. circillatus 85. " excribello 86.
246
A. Funck: Die Verba auf -illare.
exfabillo 85.
expapillatns 85.
facillo 248.
focillo 226.
facillo 243.
furcillo 80.
gracillo 83.
grillo 83.
imbecillor 86.
incavillor 80.
instillo 74.
irquittallio 243.
lapillisco 85.
marmorillo 83.
Kiel.
obstrigillo 228.
occillo 223.
08cillo 82.
papillatue 85.
pastillico 85.
per8tillo 75.
pocillator 85.
pugillator 85.
refocillo 228.
restillo 75.
Bcintillo 70.
aigillo 84.
aingillo 87. 244.
aorbillo 224.
gpecillatns 85.
stillo 71.
strittilo 243.
8ubin8tillo 75.
subsigillo 85.
sabterotillo 76.
sugillo 230.
superdeatillo 74.
Buperstillo 75.
titülo 240.
tranqaillo 86.
vacillo 236.
A. Funck.
Expedire.
Ce verbe prend l'ablatif. Cic. Cornel. I fragm. 48 Orelli: duoö
laqueos . . ., ut, si mo dltcro expedissem, tenerer altero. II peut prendre
ab, s'il s'agit non d'un embarras dont on sort, mais d'un embarras
oü on se prcserve d'entrer. Cic. Att. III 20, 2: quod te in tanta
hereditate ab omni occapatione expedistL II peut aussi prendre er,
s'ii s'agit non d'un embarras propre ment dit, mais d'une Situation
facheuse. Plaut. Capt. 454: expediui ex seruitutc filiura. Ici ex
marque un simple mouvement. Entre la premiere phrase de Ciccron
et celle de Piaute, il y a cette difference que Cicöron parle d'un
filet dont on se degage en se debattant contre lui, Plante d'une con-
dition dont le heros se trouvera sortir sans s'etre debattu.
Cela dit, on comprend que Terence dise expedire cura Ph. 823;
aerumnis, Hec. 288; er inline, Hec. 755. Mais on s'etonnera de lire
dans les mss. nie ex hae expediam titrba, Ad. 614. Et* en effet, il
est tres probable qu'il faut oter ex. Car, apres les v. choriambiques
611 — 613 (Vt neque quid nie faciam nec quid agam certum sit;
Membra metu debilia sunt, animus timore Obstipuit, pectore con-
sistere nil consili quit. Vah!), on a ainsi un v. eboriambique Quo-
modo nie hac expediam turba? Et ensuite, apres de courts vers
trocbaYques et iambiques (Tanta nunc suspicio De me ineidit), les
choriambes reviennent: Neque oa immerito (616); Sostrata credit
mibi me psaltriam banc emisse, id anus mi indicium fecit (617).
Le dernier vers contient une seule dipodie trochaYque.
Paris.
Louis Havet.
Uls, trans und ultra.
A. Uls.
Uls *an jener Stelle, auf jener Seite' (nur auf die Frage wo?)
ist nach Corssen, krit. Beitr. S. 302, Steigerungsform zu ollus
(= *ülus ille), wie eis €an dieser Stelle' zum Pronominalstamm
cL Uls, dessen Blüte in die vorlitterarische Zeit fallt, hielt sich
in versprengten Ausläufern vielleicht noch bis auf Cato (Fest
p. 379 *uls9 Cato pro 'ultra9 posuit), während zwei Belege aus
Yarro (1. 1. 5, 50. 83) bereits Archaismen der Sakralsprache sind.
In die Erbschaft von uls haben sich trans und ultra geteilt. Die
wenigen Beispiele (vgl. GLK I 236, 30. IV 562, 2) weisen zunächst
auf eine stehende Formel uls Tiberim, die uns zu trans hinüber-
führen wird: Varr. 1. 1. 5, 83 et uls et eis Tiberim, Gell. 12, 13, 8;
auch Tac ann. 12, 56 liest W. A. Becker, Topogr. v. Rom, 657:
uls [Med. cis9 Urlichs trans] Tiberim. Dagegen beruhen bei Pom-
pon. dig. 1, 2, 2, 31 eis Tiberim et ultis T. die drei letzten Worter
auf einem Einscbub der Kompilatoren (vgl. ib. § 33 und Liv. 39,
14, 10); jedenfalls ist ultis eine grammatische Fiktion. Zwei
weitere Belege vermitteln den Anschlufs an ultra: Varr. 1. 1. 5, 50
Oppius mons prineeps Esquilis ouls lucum Facutalem (so 0. Müller,
A. Spengel; quüis ouis die Hdschr., esquilios eis Corssen), GLE IV
562, 4 uls provinciam als Beispiel (einem Schriftsteller entlehnt?).
Uls ging unter wegen der Unbeliebtheit der Konsonantenverbin-
dung Is im Auslaut, und weil das Wort überhaupt zu wenig
Volumen hatte. Letzteres ist auch die Ansicht des Gellius 12,
13, 7 f.: tres istae voces Untra citra ultra9 . . singularibus apud
veteres sylläbis appellabantur *in eis uls9. Haee deinde partieulae
quoniam parvo exiguoque sonitu obscurius promebantur,
addita est tribus omnibus eadem syllaba, et quod dicebatur *cis Ti-
berim9 et c«& T.9> dici coeptum est 'citra T.9 et 'ultra T9
248 Pb. Thielmann:
B. Trans und nltra.
I. Allgemeines über trans.
Trans ist das Part. Präs. des Verbums *trare 'überschreiten8
(vgl. Vanicek, etym. Wörterb. unter W. tar tra), das noch er-
halten ist in extrare (Afran. com. 5 p. 165 R), pcne-trare un<
intrare. Darnach verband sich trans ' überschreitend' zunachsM
nur mit den Begriffen 'Meer, Flufs, Berg' und wurde gebraucht
in Beziehung auf ein singularisches Subjekt: frans wäre (das M_
überschreitend) proficiscor in Graeciam. Bald aber wurden nichfcz:
nur Sätze gebildet wie trans m. proficiscimur in Gr., sondern auch^
scis nie (nos) tr. m. proficisci in Gr. Allmählich sich loslosendB
von seiner ursprünglichen Bedeutung gewann tr. den Sinn von —
'über — hinüber'; das Auge folgt, von einem Punkte auf dei~
einen Seite des zu überschreitenden Meeres, Flusses u. 8. w. aus-
gehend, der Bewegung über den ganzen Raum hinüber bis zu.
einem zweiten Punkte auf der andern Seite desselben. Denn
Ausgangspunkt und Endpunkt der Bewegung sind wichtig bei
trans: PI. merc. 354 tr. mare hinc, Varr. r. r. 3, 5, 7 ex Italia
tr. mare u. o., Caes. b. gall. 1, 35, 3 tr. Ithenum in Galliam u. o.,
Cic. Quinct. 80 Roma tr. Alpis in Segusiavos.
Darnach ist der Satz, dafs alle Präp. ursprünglich Adverbien
gewesen seien, einzuschränken. Wenn auch tr. hie und da als
Adverb auftritt, so hat sich dieser Gebrauch erst später und nur
in der Volkssprache entwickelt nach Analogie derjenigen Präp.,
die zugleich Adverbien sind. Vitruv kennt die Zusammenstellung
trans cotitra 'auf der andern Seite gegenüber' 9, 4 (1), 2 p. 219, 7
und 9, 4 (2), 2 p. 225, 13, und so fasse ich auch das einfache
trans als Adverb 9, 4 (1), 4 p. 220, 1: tantundem eius (signi) con-
trarii versationis necessitate supergressum rotatione circumacta trans
(auf der andern Seite) locis patentibus ex öbscuris egreditur ad
lucctn. Da die Hdschr. locis patentibus et öbscuris bieten, so ver-
mute ich locis latentibus et o., und verweise auf 5, 4, 2 p. 111,13,
wo in den Hdschr. gleichfalls patentia für latentia steht Die
übrigen Beispiele gehören dem Kirchenlatein an: num. 21, 13 bei
Aug. castra collocaverunt in Achalgai tr. in eremo (hoc est in ul-
teriore eremo fügt Aug. hinzu); Matth. 8, 28 Cant. venientc eo tr.
[eis tö nigav] in terram Gerasmiorum; Matth. 14, 22 Cant. coegit
discipulos . . praccederc trans; Matth. IG, 5 Corb. 1 in regionem
quae tr. erat, ib. Cant. venientes trans; Ambr. II, 2 de 42 mans.
UU, trän 8 und ultra. 249
(39) erat citra ad Hebraeorum viam, tr. vero ad terrae sanctae
situm.
Nach dem zu Anfang Gesagten ist bei tr. nur der Acc.
denkbar. Die Ausnahmen sind nur scheinbar und beruhen auf
der bekannten vulgären Unterdrückung des auslautenden m: CIL
I 200, 21 tr. Curime, ib. VI 10346 tr. via, grom. 17, 8 tr. ripa,
ib. 411, 22 tr. ardine, lex Sal. tr. Ligere; auch Gommod. apol. 936
tr. Persida ist wohl als Persidam vom vulgären Nom. Persida
zu fassen. Über Vitr. p. 220, 1 tr. locis s. oben, über Transalpibus
Plin. Gell. s. unten S. 252.
So verbindet sich tr., weil auf die Frage wohin? stehend,
ursprünglich nur mit Verben der Bewegung, was auch die beiden
ältesten Stellen (PL merc. 354. mil. gl. 468) bezeugen. Ein grofser
Teil aber ihres Gebietes wird unserer Präp. durch die zahlreichen
Composita wie transeo -gredior u. a. entzogen; man sagt lieber
flutnen transeo als eo tr. flumen. Allerdings findet sich letzteres:
Caes. b. gall. 4, 12, 1 ierant tr. Mosam (aber 4, 16, 2 Mosam
transisse), Liv. 39, 54, 11. 40, 25, 4, wie auch z. B. duco tr., veho
tr., aber scando tr. treffe ich nirgends, gradior tr. nur Catull 11,9.
So steht die Präp. tr. in der Regel nur bei solchen Verben der
Bewegung, die nicht (oder nur selten) mit tr. komponiert werden,
wie ccdo fugo sequor u. ä., besonders oft bei den Begriffen c ver-
kaufen' (PL merc. 354. Hör. ep. 1,11, 16. Gell. 20, 1, 47 u. ö.)
und 'melden', speziell also bei solchen, die schon anderweitig
komponiert sind, wie concedo, evado, proficiscor, me recipio, sub-
moveo u. ä.
Weiter aber steht tr. bei solchen eine Bewegung bezeich-
nenden verba simplicia, die nach ihrer Zusammensetzung mit tr.
eine von der ursprünglichen abweichende Bedeutung annehmen.
Da z. B. transmitto nur selten = 'hiuüberschicken' ist, so wird
dieser Begriff fast regelmäfsig durch mitto tr. ausgedrückt: Brut,
et Cass. ep. 11, 3, 2 u. o. Aus demselben Grund wird 'über etwas
hinüberwerfen ' meist durch iacere tr. alqd gegeben: Verg. ecl. 8,
102. Iuvenc. 3, 732. Vu3. 1 reg. 20, 36. Boeth. Bd. 64, 1154» M;
vgl. abicio tr. Liv. 23, 9, 13 (12) und proicio tr. Val. Max. 3, 2, 20.
Aber auch bei traicere 'hinüberwerfen' wird die Präposition
wiederholt: Liv. 25, 14, 4 vexillum tr. vallum hostium traiecit, id.
41, 4, 2. Bei traicere 'übersetzen* bleibt die Präp. allerdings meist
weg, aber Livius schreibt doch der Deutlichkeit wegen 21, 26, 6
omnibus ferme suis tr. lUwdanum traiectis und 38, 25, 7 donec res
Archiv für tot. Lezikogr. IV. Heft 2. 17
250 Ph. Thielmann:
\
)
suas . . tr. Halyn flnmcn traicerent. Doppeltes trans findet sich
vereinzelt in allen Perioden der latein. Sprache, und zwar bei
1) transtinco: PI. mil. 468 R tr. parietem; 2) transfero: Cic Quinct
12 tr. Alpes usque*), Liv. 42; 60, 3 tr. Peneum, Vu*. act. ap. 7, 43.
grom. 17, 8; 3) traduco: Caes. b. gall. 1, 35, 3 tr. Ehenum in
Galliam; 4) trcmsmitto: Fest. brev. 14, 1 tr. Taurum (aber Verg.
Aen. 3, 403 gehört tr. acquora zu steter int)] 5) trans freto: Luc
8, 22 Colb. Vua. tr. staynum, deui 30, 13 bei Aug. tr. tnare,
Nenn. 37; 6) transcendo: Vu.* Marc. 5, 21 tr. fretum; 7) transeo:
.loh. 18, 1 bei Ambr. tr. torrentcm Cedron, grom. 319, 22. Isid.
myst. exp. sacr. Jos. 3, 1. Somit steht doppeltes tr. bei seltenen
Verben, bei denen die Struktur mit dem Acc nicht durchgebildet
ist (z. B. transtinco), aber bei den meisten der angeführten Bei- —
spiele ist, abgesehen etwa von dem Streben nach Deutlichkeit, «^
ein bestimmter Grund nicht anzugeben. Verkehrt aber ist es,
aus der vereinzelten Cäsarstelle (b. gall. 1, 35, 3; s. oben) die
Regel ableiten zu wollen, tr. werde wiederholt, wenn noch dabei
stehe, wohin etwas hinübergeführt etc. wird.
Gelegenheit zur Erweiterung des ursprünglichen Gebrauches
von tr. bot sich dar mit dem allmählichen Untergang von uls.
Trans Tiberim cüber die T. hinüber' konnte um so eher die Funk-
tion von uls T. 'jenseit der 17 übernehmen, als ja, wie oben
bemerkt, bei tr. immer zugleich der Endpunkt der Bewegung ins
Auge gefafst wird. Durch diese Erweiterung (erstes Beispiele
CIL I 198, 17 queive tr. mare erit, a. u. 631—632) gewann <r_
Tiberim die Bedeutung cauf der andern Seite der T., über der T-~
drüben, jenseit der T/ (wo?). Aber auch jetzt noch verband
sich, seinem ursprünglichen Gebrauche entsprechend, nur mit d<
Namen von Meeren, Flüssen, Bergen, die übrige Erbschaft vo
uls fiel an ultra. Hier steht also tr. bei Verben der Ruhe, su
incolo häbito u. a., und mufs namentlich in der Soldatensprach
verbreitet gewesen sein; denn nichts ist häufiger als Verbin
düngen wie castra ponere (constituerc, liaberc) tr. flumen etc. Caes—
b. civ. 3, 13, 6. b. Hisp. 7, 1. Liv. 7, 9, 6. 22, 44, 3. 35, 3, 3. 38^
4, 7. 42, 60, 5. 43, 22, 8 u. o.
Von jetzt bildet also eis den Gegensatz zu tr. wie seiner
Zeit zu uls: Caes. b. gall. 4, 4, 3 tr. flumen (Bhenum) . . . eis
Eltenum, Liv. 5, 33, 9 eis Appenninum . . tr. App. (ebenso 41, 19, 1),
*) So bteht noch usque bei tr. Fest. brev. 3, 2 usque tr. Fadmn.
Uls, trans und ultra. 251
id. 8, 14, 5 f. tr. Tiberim . . eis T., Liv. per. 139 eis Bhenum et
tr. Rh. u. o. Erst seitdem man anfangt, tr. und ultra zu ver-
mengen, wird tr. einem eitra gegenübergestellt, dessen eigentlicher
Gegensatz doch ultra ist: Vell. 2, 12, 4 f. tr. Älpis . . eitra A.,
grom. 178, 5 f. tr. fluvium Lirem . . eitra L., Ambr. II, 2 de 42
mans. (39) u. 5. Noch später erscheint intra (= eitra) als Gegen-
satz zu tr.: Hier. ep. 64, 2 tr. lordanem et itttra L, ebenso ep.
78, XLII; vgl. auch Tert. pall. 1 tr« crura . . intra genua.
Den Relativsatz mit der Kopula esse, CIL I 577, I, 6 in area
quae est . . tr. viam, verkürzte man schon frühe: ib. I 577, I, 9
in area tr. viam, wodurch die unmittelbare Verbindung des Prii-
positionalzusatzes mit einem Subst. hergestellt wurde; vgl. noch
Cic. frgm. or. VI, 24 p. 14 (Baiter) montem illum tr. Aniencm u. o.
Der Relativsatz liefs sich aber auch beseitigen durch ein mit tr.
zusammengesetztes Adjektiv: regiones transmarinae = r. quae tr.
mare sunt. Es finden sich folgende Bildungen: 1) transmarinus
(schon bei Plautus), -fretanus; 2) -fluminalis, -fluvialis; -tiberinus,
-padanus, -rJienanus, -albianus, -danuvianus, -tigritanus; 3) -mon-
tanuSy -iugitanus, -alpinus (-alpicus); 4) -limitanus, -lucanus, -ulma-
nuSy -mundanus, -beneventanus^ -austrinus. In häutigerem Gebrauche
sind davon aber nur transmarinus, -tiberinus, -padanus, -rhemnus
und -alpinus.
Aber tr. steht auch auf die Frage woher? In dem Satze alqs
tr. flumen venu ad me ist der Sprechende auf dem jenseitigen
Ufer gedacht, an dem erst noch zu erreichenden Ziele der Be-
wegung, und tr. gewinnt so die Bedeutung *über — herüber'.
Nun wird weiter gerade bei diesem tr. oft zugleich der Aus-
gangspunkt der Bewegung (s. S. 248) berücksichtigt: Varr. r. r.
3, 5, 7 (turdi) quotannis in Italiam tr. mare (übers M. herüber)
advolant . . et eodem (d. i. tr. mare = in regiones transtnarinas)
revolant. Hier giebt eodem nur dann einen befriedigenden Sinn,
wenn man bei tr. mare advolant zugleich den Ausgangspunkt der
Bewegung, das andere Meeresufer ins Auge fafst; vgl. ebenda
cum ex Italia tr. mare (übers M. hinüber) retneant. Tr. cüber —
herüber' steht gerne bei Compositis mit ad: Sen. ben. 5, 16, 1
tr. Alpes accitus hostis (von Catilina nach Italien), Plin. n. h. 35,
199 venalium tr. maria advectorum (nach Italien), Quint. 7, 3, 33
amicum arcessierit tr. mare, Gild. 15, aber auch sonst: Caes. b.
gall. 1, 35, 3 tr. Ilhenum in (ialliam traduceret (der Standpunkt
ist in Gallien), Ascon. p. 4, 4 venisse eum in Italiam dicit tr. Alpis,
17*
252 Pb- Thielmann:
Plin. d. h. 10, 135 venerunt in ItäUam . . tr. Padum et novae aves,
Stat. silv. 3, 2, 21 u. ö. Wird nun der Ausgangspunkt der Be-
wegung stark betont, so geht *über — herüber* leicht in den
Sinn Von jenseit* über, besonders bei solchen Verben, die nur
den Terminus a quo, nicht auch in quem zu sich nehmen, wie
z. B. peto: Plin. n. h. 19, 58 Indicum pipcr . . quaeque tr. marin
petimus = Waren, die wir von jenseit der M. beziehen, Ps.-Quint
decl. 12, 5 salutem publicam tr. wäre petmdam, Heges. 1, 45 § 9
u. ö. Daher hat transtnarinus nicht selten die Bedeutung qui tr.
mare advenit oder qui tr. m. petitur: PI. most. 2, 2, 66 -ms hospes,
Cic. rep. 2, 29 non -is nee inportatis artibus u. o.
Den Sinn Von jenseit' deutet Varro durch inde an (r. r. 1,
41, 5 si quando quis tr. mare semina mütere aut inde peterc vuti),
deutlicher aber drückt sich Hieronymus aus: Sophon. 3, 10 in
lib. 3 in Arnos 9, 7. 8 p. 109 ld tr, flumina Aethiopiae, inde de-
tülerint (== nigaftev) u. ö. Es ist dies ein Versuch der Schrift-
sprache, den Begriff Von jenseit' deutlich auszudrücken, ohne die
Regeln der gebildeten Latinität, die Doppelpräpos. nur ungern
zuliefs, zu verletzen; vgl. auch Hier. Bd. 3, 912* vneeber (d. i.
liya von jenseit) id est trans vel de contra. Die Volkssprache
aber sagte kurz und deutlich de trans: Vu.9 Mattb. 4, 25 und
S. Germ. 2 Marc. 3, 8 de tr. Iordanen -etn, Jos. 24, 3 bei Aug.
quaest. 25 in Jos. de tr. [ix xov ntgav] flumen, Orib. syn. 3, 65
panis de tras mare, lex Sal.; vgl. Diez II3 S. 459, altfr. detres,
span. detras. Seltener steht a für de: a tr. Iordanen num. 32, 19
Lugd. Mon. und Marc. 3, 8 Colb., einmal auch e trans: Marc 3, 8
Veron. e tr. Iordanen. Von andern Präp. tritt nur noch ad in
Verbindung mit tr.: Judic. 11, 29 bei Aug. quaest. 49 in iud. ad
tr. [elg xo ntyav] filios Ammon.
Infolge der Formeln aftigkeit von Ausdrücken wie tr. Tiberim,
tr. Padum, tr. Alpes wuchsen dieselben im Laufe der Zeit zu
einem einzigen Worte mit substantivischer Geltung zusammen:
Transtiberim = to itigav zov Tißigeog 'das Land jenseit des T/,
Transpadum, Transalpes. Einen so kühnen Schritt wagte zunächst
nur die Volkssprache, die dann konsequenterweise vor das neue
Subst. wiederum Präpositionen setzte: CIL VIII 822, 13 per Trans-
padum. Die Schriftsprache deklinierte die neuen Worter, liefs
aber Präpositionen davor weg: Plin. n. h. 3, 124 Boi TransalpSms
profecti (d. i. ex regionibus transalpinis), Gell. 15, 30, 6 petorrihtm
est (stammt) non ex Graecia dimidiatum, sed totutn Transalpibns
Ul8, trans und ultra. 253
(so ist zu schreiben und das von Hertz nach totum zugesetzte
ortum zu streichen); vgl. scr. Lang. 201, 20 plura TransaJpium.
So mufs namentlich auch Transtiberim schon frühe in der Volks-
sprache als Subst. behandelt worden sein, wenn auch durch-
schlagende Belege erst das Mittelalter liefert: Mirabilia Romae
(älteste Fassttng um 1150) 2 sine Transtiberim, 3 excepto Trans-
tiberim, 10 in Transtiberim; vgl. ital. Trastevcre. Ein sorgfältiger
Autor durfte derartiges freilich nicht wagen, zumal sich solche
Ausdrücke leicht vermeiden liefsen. Statt in Transtiberim sagte
man beispielsweise in transtiberina regione Spart. Sever. 19, 5.
Vop. Aurel. 45, 2 oder in tramtiberino tractu Amm. Marc. 27, 3, 4,
statt in Transpado lieber in transpaclanis partibas scr. Lang. 206, 21,
statt e Transpado lieber e regione transpadana Suei Vesp. 1. Das
Ge wohnliche ist, dafs für in Transtiberim sowohl auf die Frage
wo? als wohin? einfach tr. Tiberim eintritt, so dafs es dem Leser
überlassen bleibt, die betreffende Nuance im Sinn selber zu finden.
So wird z. B. in der kirchlichen Übersetzungslitteratur das griech.
iv rc5 nigav xov 'Ioqöccvov einfach durch tr. Iordanen gegeben:
num. 32, 19. 32. 35, 14. deut. 3, 20. 4, 46 im Lugd. Wir haben
also die Freiheit, an Stellen wie Liv. 2, 13, 5 patres C. Mucio . .
tr. Tiberim agrum dono dedere den Präpositionalausdruck im Sinne
von iv tg) hsqccv xov T. cin Trastevere* zu fassen ; vgl. z. B. Vop.
Aurel. 45, 2 thermas in transtiberina regione Aurelmnus facere paravit
mit Bd. 13, 453 M. fecit . . basilicam tr. Tiberim (in Trastevere).
Noch deutlicher ist Aur. Vict. Caes. 28, 1 exstructo tr. Tiberim
lactt, quod eam partem (den Stadtteil Transtiberim) aquae penuria
fatigabat. Die Frage wohin? liegt vor Suet. Dom. 1 cum se tr.
Tiberim (nach Trastevere) ad condiscipidi sui matrem contulisseU
Eine Anastrophe von tr. wagen nicht einmal die Dichter;
dagegen erlauben sich diese hie und da, tr. you seinem Kasus
zu trennen: Ov. trist. 4, 9, 23 tr. ego tellurem, Stat. Th. 4, 394
tr. . . Caucason, Iuvenc. 1, 415 (Marold) tr. et Iordanem, Boeth.
cons. ph. 3, 8 v. 17 tr. dbiit polum, Alcuin. poet. Car. I 180, 456
tr. insuper aequora. Das Stärkste leistet Bonifatius poet. Car. I
6, 83 trans, ubi semper eram, fugiens nunc sidera scandam.
Die Dichter weisen auch unserer Präposition in der Regel
eine feste Stelle im Verse an. Im Hexameter steht tr. regel-
lnäfsig 1) in der Arsis des 1. Fufses: Lucr. 5, 914 tr. maria alta,
Verg. ecl. 8, 102. Aen. 6, 312 u. o.; mehrmals steht so tr. fluvium
Paul. Petr. 6, 88. Coripp. loh. 4, 141. Erm. Nigell. poet. Car. II
254 Pb. Thielmann:
27, 93; — 2) am häufigsten in der Thesis des 4. Fufses (se
Vergil). Stehende Verbindungen sind: tr. flumina Verg. g»
3, 213. Auson. 417, 72. Erm. Nig. poet. Car. II 48, 261; tr. aequor
Verg. Aen. 3, 403. Sil. It. 1, 30. Stat. silv. 3, 2, 21. 3, 4, 67. Chi
dian. 10, 47. 20, 149. 509. 26, 108. Paul. Petr. 6,456(459). Alcui
poet. Car. I 171, 62. 188, 837. 191, 1010. 220, 1; trtaeihera Verj
Aen. 7, 65. Avit. cann. 4, 597; tr. ardua Sil. 15, 493 (496). Neme
cyn. 251; tr. sidera Iuvenc. 1, 495. 2, 222. Paul. Nol. natal. 8, 18!
poet. Car. III carm. Centul. 2, 54; — 3) weniger häufig in de
Thesis des 3. Fufses: Verg. geo. 3, 269 tr. Gargara, Ov. met !
114. Hör. ep. 1, 11, 16 u. o. Hier bürgert sich tr. aequora en
nach Vergil ein: Sil. 8, 505. Claudian. 1, 34. Wal. Strab. poe
Car. II 306, 71. Alles übrige, z. B. tr. in der Arsis des 2. Fulsc
(Verg. Aen. 6, 415. Stat Th. 5, 11) oder in der Arsis des 5. Fulsc
(Verg. geo. 3,269. Hör. ep. 1, 11,27) ist nur vereinzelt. Sor§
faltige Dichter stellen tr. da, wo sie es zweimal im Vers voi
bringen, einmal in die Arsis, das andere Mal in die Thesis: Verj
geo. 3, 269 Mas dtteit amor tr. Gargara transque sonantem Asa
nium, Ov. trist. 4, 9, 23. Claudian. 1, 34.
IL Allgemeines über ultra.
Ultra (parte) gehört wie uls als Steigerungsform zu olfo
(S. 247); vgl. die Zusammenstellungen u. Ultimos collcs b. Afi
18, 4, u. ulterioretn ripam Flor. 4, 12, 19. Vermöge seiner kom
parativen Bedeutung bezeichnet u. die Vorwärtsbewegung (in hör
zontaler Richtung) über einen bestimmten Punkt (Linie, Raum
hinaus, der regelmäfsig als Grengpunkt gedacht ist. War Im
trans *über — hinüber5 der Blick auf den zu durchmessende:
Raum gerichtet, so fallt bei u. 'über — hinaus* das Schwergewich
auf den hinter dem Grenzpunkt liegenden Raum. So steht t
zunächst wieder bei Verben der Bewegung, und aus seiner Grund
bedeutung erklärt sich seine häufige Verbindung mit Compositi
von pro (Vorwärts über eine Grenze hinaus'). Gleich das ältest
Beispiel rex atribas u. fossam protendere coepit Enn. ann. 555 ^
= 339 B (Müller ann. 536 hat intra) gehört hierher, wenn ander
Lachmanns Lesung (zu Lucr. 4, 619) richtig ist. Ferner verbinde
sich t(. mit proeresco, -curro, -dueo, -fero u. a., insbesondere abe
mit progredior (Cic. Tusc. 4,38. Phil. 11, 1. div. 1,24. b. Alei
15, 5. Liv. 26, 25, 17 u. ö.) und procedo: Prop. 5, 7, 29. Liv. 3, 46
1. Sen. suas. 1, 3. contr. 10, 3 (32), 9 u. ö. An zweiter Stell
Ula, trans und ultra. 255
folgen die Komposita mit ex, die das Heraustreten aus einem ab-
gegrenzten Raum und somit gleichfalls das Überschreiten einer
Grenze bezeichnen: effero Com. 4, 60, egredior b. Alex. 20, 3. Quini
1 1, 2, 13, excedo Liv. 3, 41, 4. Val. Max. 3, 2, 24 u. a.
Aus der Grundbedeutung erklärt sich auch das häufige Vor-
kommen von u. im negativen Satze: eine angegebene Grenze
wird nicht überschritten. In verschiedenen Entwickelungsstadien
tritt w. zuerst eine Zeit lang nur in negativen Sätzen auf, denen
erst nach einer Weile die positiven folgen. So heifst es anfangs
nur non progredi ti. (Cic. s. oben; positiv seit b. Alex. 15, 5), non
pracedere u. (die angeführten Stellen sind sämtlich negativ; pos.
seit Cels. 7, 15 p. 292, 19) u. s. w.
Die komparativische Natur von u. erklärt den häufig hin-
zutretenden abl. discriminis: Caes. b. gall. 1, 48, 2 miUibus pas-
$**-um duobus u. cum, Plin. n. h. 4, 79 multis u. Alpes millibus, be-
sonders oft paulo m.: Caes. b. civ. 3, 66, 4. b. Alex. 9, 3. 21, 4.
Phaedr. app. 1, 14, 7. Colum. 4, 29, 9 u. ö. Der Acc. des Maises,
der sich daneben findet, steht ebenso bei andern Komparativen
CWölfflin, Komparation S. 35): Caes. b. civ. 3,26,4 u. Lissum
millia passuum tria, Sen. dial. 2, 3, 3 multum u. se, Plin. n. b. 9,
181 paulum u. digitos u. ö.
Den Gegensatz zu u. bildet citra: Hör. sat. 1, 1, 107 flnes,
tuos u. citraque, Liv. 25, 5, 6. 38, 39, 17. Plin. n. h. 3, 47. 5, 66
u. o. Auch eis tritt hie und da als Gegensatz zu u. auf, da ja
letzteres teilweise die Funktionen von uls übernommen hat: Cato
p. 10, 20 J. eis Ariminum . . u. agrum Picentium. Im Spätlatein
tritt intra an die Stelle von citra: Paul. dig. 17, 1, 5, 5 non u.
präium aut intra pretium, Vu8. 1 reg. 20, 22 sagittae intra te sunt
• . sagittae u. te sunt u. ö.; vgl. Isid. diif. verb. 579 u. illuc vel
dmplius, citra huc ad nos, intra ms. Da u. nicht selten = supra
ist, so steht auch sab als Gegensatz: Theod. Mops. Eph. 4, 9 sub
terra . . «. terratn, Aug. in ps. 38, 10 u. solem . . sub sole.
Dem Adverbium w. (zuerst bei Com. 4, 60 bis) können wir
im folgenden nur ausnahmsweise Berücksichtigung schenken. Wenn
bei Cicero Verr. 5, 119 estne aliquid , «. quo crudelitas progredi
possit? Müllers Interpunktion richtig ist (die übrigen Herausgeber
setzen das Komma nach u. oder gar nicht), so dient hier u. zur
nähern Bestimmung des allgemeinen quo, in ähnlicher Weise,
wie etwa in u. fossam der ursprüngliche lokale acc. fossam durch
die zugesetzte Präposition präzisiert worden ist (vgl. Cic. Tusc. 1,17).
256 Pb. Tbielmann:
Wie u.f so hat vielleicht auch ulterias einmal den Accusatu
bei sich: Prop. 1, 6, 4 tilteriusque domos vadere Memnonias (w
Haupt-Vahlen; domo -a Müller). Der scheinbare Ablativ (S. 249^
findet sich bei u. im Texte: u. finitima linea grom. 22, 15, u
prima flexura schol. Germ. Ar. 420, 16 u. Legere (Ligerc, Ligire
Fred. 3, 75. gest. Franc. 5. 28. 33. 53, u. Geronna cont. Frei 13C
134; vgl. noch die Varianten zu Ps.-Cypr. Bd. 3 de laucL mart. i
u. ardore QT, grom. 187, 14 B, 188, 9 AB, Greg. T. h. Fr. 7,8!
p. 315, 4. 8, 30 p. 343, 13. Ven. Fort. carm. 1, 8 tit. Dafe hie:
überall nur der Accusativ vorliegt, zeigen Stellen wie grom. 22
15 u. limites et u. finitima linea, coni Fred. 112 u. Igne fluvium
117 u. fluvium Igni. So bleibt als wirklicher Ablativ nur «
viribus bei Aethicus 82 p. 63, 30, einem Autor, der von der rieh
tigen Verwendung der Kasus überhaupt keine Vorstellung meh
hat. Der Gen. bei u. wäre denn doch gar zu abenteuerlich: ii
de u. Scquane Capit. Car. 134, 25 ist Sequane als -a (= -am) zi
fassen, und in u. portus act. Timoth. ed. Usener 12, 59 liegt ein
sklavische Obersetzung des griechischen xsqccv xov kipivog voi
Zu einem mit trans zusammengesetzten Verb kann eine naher
Bestimmung mit tt. treten: Sen. ep. 102, 4 u. extretnum diem cura
transmittere, jedoch lange Zeit nur bei temporalem oder modalen
Sinn von u. Erst die spätere Entwicklung, in der das lokal
u. sich allmählich in die Rechte von trans eindrängt, bringt Bei
spiele wie transduxit u. Iordanem Hier. Bd. 3, 1347, ti. amnet
transeunt Greg. T. S. Iulian. 7 p. 567, 33, u. mare transmitteba*
Nenn. 43.
Mit dem Untergänge von uls trat u. dessen Erbschaft ai
soweit diese nicht an trans gefallen war (erstes Beispiel: Cat
p. 10, 20 u. agrum Picentium, wenn Varro genau citiert), un
stand somit auch auf die Frage wo? in der Bedeutung cüber eine
Grenze drüben, jenseit'. Bezeichnet trans vermöge seiner Zu
sammenstellung mit den Begriffen cMeer, Flufs, Berg* die Lag
jenseit einer Querlinie, so wird durch u. oft die Lage jensei
einer als Punkt gedachten Grenze ausgedrückt (vgl. Liv. 22, 43, '
u. castra transque montis und dazu Wölfflin). Wie trans wir
auch dieses u. unmittelbar mit einem Substantiv verbunden (z. E
Curt. 4, 9, 14 regio te. amnem), im ganzen aber nicht oft, und s
hat sich im Anschlufs an diesen Gebrauch nur ein einziges mi
u. komponiertes Adjektiv entwickelt: ultramundanus Apul. dogff
PI. 1, 11. Mart. Cap. 2, 185.
UU, trans und ultra. 257
Aach u. steht manchmal auf die Frage woher?: Sen. ep.
110, 14 vestes u. non tantum noslrum, scd u. fincm Jwstium ad-
ttdas, Plin. n. h. 19, 52 avis u. Phasim arnnem peti und besonders
ib. 21, 11 petitis ab India aid u. Indos. Anch hier hilft Hiero-
nymus durch inde nach: Vu3. Sophon. 3, 10 u. flumina Aethiopiae,
inde . . deferent; auch hier entschlofs sich die Volkssprache kurz
und gut eu de ultra: Sophon. 3, 10 de u. flumina bei Rufin. interpr.
Orig. comm. in Cantic. lib. II (opp. Orig. ed. Lomm. XIV p. 364 sq.),
das später besonders in Gallien üblich war: Pard. 247 a. 629 de
u.mare, Fred. 4,38 de u. Renutn, Capit. Car. 134,25 de u. Se-
<pme (it. cFoltra, (Tollre, fr. d'outrc). In ab u. vicum Triari CIL
VI 9493 ist u. vicum Triari als erstarrte Bezeichnung einer be-
stimmten Lokalität zu betrachten, vor die wiederum eine Präpo-
sition treten konnte. In ultra steht nur adverbial: Lev. 13, 57
Tolet quodsi in u. [ßxi\ apparuerit.
Wenn bei trans die Anastrophe fehlt, ist sie bei u. um so
häufiger. Der erste und leichteste Fall ist die Umstellung beim
Relativ (quem u. Cic. Tusc. 4, 38, quos u. Hör. sat. 1, 1, 107.
Phaedr. app. 1, 14, 7), aber noch vor der Anastrophe beim De-
monstrativ Qiunc u. Germ. Arat. 241, haec u. luven. 8, 199, lianc
u. Avien. descr. 582) findet sich die beim Substantiv: saepetn u.
[Munro, Bernays; cod. saepe supra] Lucr. 4, 611, viris u. Verg.
Aen. 6, 114, portas u. Prop. 5, 7, 29, scopxdos u. Stat. silv. 5,3,49,
Tiberim w. luven. 14, 202, molem aggeris u. id. 16, 26, umetitia u.
Tac. ann. 1, 65, Danuvium u. ib. 2, 63, Euphratem tu 15, 17; bei
Sen. Ag. 996 mortem . . w., Stat. Th. 1, 706 fatum . . u. und in der
nt Vedasti 6 (AS Febr. I 792 ff.) Crientium fluviölum . . u. kommt
noch Trennung der beiden Bestandteile hinzu. Demnach erlauben
Weh Anastrophe (aufser Cicero) nur Dichter und poetisierende
Prosaiker.
Auch aufserhalb der Anastrophe ist die Trennung der beiden
Teile nur selten: Stat. silv. 1, 2, 114 u. emincat matres, Ambr. I
937* = apol. Dav. alt. 4, 24 u. David regis proecssisse virtutem,
wie auch die Stellung von u. zwischen Adjektiv und Substantiv:
Tac. ann, 13, 26 centesimum n. lapidem, Claudian. 5, 149. Sedul.
carm. pasch. 2, 12. Sehr auffallig bleibt daher b. Hisp. 16, 2 u.
ibat [stabat Koch] flumen Salstim. Sollte hier ein mifsglückter
Versuch vorliegen, u. zur Verbalkomposition zu verwenden, u. Hat
= tr ansibat?
Für die Verwendung von u. (als Präposition) im Hexameter
1
258 Pb- Thielmann: Ula, träne und ultra. j
i
i
ist zu beachten; dafs die Betonung auf der letzten Silbe die !
frühere ist: ultra9 Enn. ann. 555 V. Lucr. 4, 269 u. o., ultra* Lucr.
4, 611. Verg. ecl. 7, 27 u. o., ultra41 Verg. Aen. 6, 114 u. o. Die
Betonung ultra findet sich erst seit Horaz (beim Adverb schon
seit Vergil), und zwar zunächst am Schlüsse des Hexameters j
(sat. 1, 10,69. 2, 1, 1); seit Manilius auch am Anfang desselben: ,
1, 140. Lucan. 2, 138 u. o.; vgl. ultra Ovid. Her. 2, 2 am Anfang \
des Pentameters. Elision der Präposition ultra ist im Hexameter
bzw. Pentameter (Sil. 13, 554. Stat. sil?. 5, 3, 49. Ven. Fort carm. ;
8, 3, 331. Mart. 3, 511. spur. 1, 232) bei sorgfaltigen Dichtern
ebenso selten als in andern Versen : Sen. Ag. 996. Oct 27. Arien,
or. mar. 375. (Schlafs folgt)
Spei er. Ph. Thielmani.
Lausa.
Von dem im Archiv durch Bücheier (II 605 f.) und Gröber (DI
510) neu beleuchteten und erhärteten Worte lausa = Steinplatte,
Grabplatte — das sich zu dem inschriftlich erhaltenen lausia ter-
hält, wie noxa zu noxia — wird Anwendung zu machen sein ttf
eine Stelle des Plautus, durch die zugleich der älteste Beleg md
eine noch weitere Instanz gegen die keltische Herleitung des Wort*
gewonnen wird.
Im Truculentus v. 730 f. ist überliefert:
Stultus es, qui facta infecta facere uerbis postules:
Thetis quoque etiam lamentando laumm fecit filio.
Über und für das unbekannte lausum sind mancherlei Ver-
mutungen aufgestellt worden: zur Vulgate wurde das schon von Valla
aufgebrachte pausam. Dies habe ich mit gutem Grunde aufgegeben,
hauptsächlich weil es dem Sinne nicht entspricht, sondern, wider-
spricht: dafs Thetis zu jammern aufgehört, kann doch nicht mit
tjuoque etiam dem Gedanken angeschlossen werden, dafs Thoren Ge-
schehnes mit Worten ungeschehen machen wollen. Aufserdem mochte
ich ungern die in der Überlieferung erscheinende starke Allitteration
beseitigen. Allein mein Vorschlag lamentando lassa hau fecit filiu*
giebt dem Gedanken einen ungeschickten, ja unzulässigen Ausdruck:
wir können mit kleiner, ja eigentlich keiner Änderung schreiben
lamentando laus am fecit filio, selbst eine Thetis mufste mit Jammern
den Sohn begraben, konnte ihn nicht damit zum Leben erwecken.
Heidelberg. Friedrich SchölL
1
Über die Latin ität der Peregrinatio
ad loca sancta.
Es wird hoffentlich bei den Lesern Entschuldigung finden,
wenn der letzte freie Bogen des Heftes und der letzte freie Tag
?or der Vollendung des Antiquasatzes dem Berichte über einen
Fund gewidmet wird, welcher für die Geschichte der lateinischen
ßprache von hervorragender Bedeutung ist. Indem wir auf die
Litteraturanzeigen verweisen, nehmen wir es als wahrscheinlich an,
dafe die jetzt zuerst veröffentlichte und zugleich älteste Beschrei-
bung einer Reise nach dem gelobten Lande etwa zwischen 380 und
390*) anzusetzen ist, und dafs die ebenso bibelfeste als rüstige
Verfasserin, die von Konstantinopel aus an ihre Klosterschwestern
»treibt, Gallien zur Heimat hatte. Die Identifizierung derselben
nit einer aus Palladius bekannten Pilgerin Silvia aus Aqui ta-
uen kann hier weder bestritten, noch als sicher angenommen
Verden; doch scheint die Abhärtung der Silvia, die ihrem Korper
lie Wohlthat eines Bades nicht gönnte und nie sich in einer
Sanfte tragen liefs, noch gröfser gewesen zu sein, als die unserer
Verfasserin, die nicht nur reitet (p. 58 descendimus de aninia-
ibus; 53 ut sedendo in asellis possit subiri), sondern auch die
Sanfte nicht grundsätzlich verschmäht, nach p. 38: pedibus me
ucendere necesse erat, quia prorsus nee in sella ascendi poterat.
Jbrigens thut der Name nichts zur Sache. Unsere Verfasserin
r*r des Griechischen kundig, aber sie schrieb ein Latein, welches
fe nicht der Lektüre Ciceros verdankt, vielmehr schreibt sie so
lern lieh, wie sie sprach. Aus ihrer Bescheidenheit (p. 44 par-
itas mea) läfst sich nichts über ihre Stellung folgern; sonst
ekennt sie von sich nur p. 60: ut sum satis curiosa, was man
dt Vifsbegierig' wird übersetzen dürfen, wie denn auch ihr
*) Die Sprache der Verf. stimmt durchaus zu dem Ausgange des
f. Jahrb. nach Chr., was hier freilich nicht näher ausgeführt werden kann.
260 Ed. Wölfflin:
Interesse sie in der Darstellung öfters vom geraden Wege ab-
führt; so dafs sie sich mit ut redeam ad rem wieder zurückruft.
Nachdem sie den Sinai bestiegen, Ägypten, Palästina, Mesopo-
tamien drei Jahre lang bereist hatte, wollte sie noch von Kon-
stantinopel einen Abstecher nach Ephesus machen, propter mar-
tyriuin S. Iohannis, p. 75. Dafs sie mehr Sinn für den Kultus
als für die Naturschönheiten besitzt, ist ganz natürlich; die Haupt-
ausbeute wird daher den Theologen zufallen. Wir versuchen hier
nur darzustellen, wie etwa zu Ende des vierten Jahrhunderts im
südlichen Gallien (die Verfasserin vergleicht den Euphrat mit dem
Rhodanus) das Latein 'gesprochen' worden ist, was man aus den
Schriften des Sulpicius Severus oder Cassian kaum erkennt, and
wir hoffen mit dieser Skizze namentlich den Romanisten zu
dienen.
Mit der Lautlehre wollen wir den Leser nicht lange auf-
halten. Da in Gallien wie anderwärts die Aspiration im Anlaute
der Worte frühzeitig abgeschwächt wurde und die Grammatiker
nicht müde wurden zu predigen, man solle abire und habere und
ähnliche Worte auseinanderhalten, so findet sich in der Reise-
beschreibung h sowohl falsch zugesetzt, als auch, wenn auch
seltener, gegen die Regel weggelassen; regelmäßig Ierusolima \
und ymnus, hitur neben itur, abitatio 42, hac = ac (vgl. unten), .
Hisauria, heremus, hostium = ostium, dagegen 58 Ostias für hostias, <
88 ora für hora. Es kann daher die Vermutung nicht unterdrückt *
werden, 83 sei statt: quam (Kirche) Constantinus, in quantum
vires regni sui habuit, honoravit auro, musivo et auro pretioso
zu schreiben hornavit = ornavit, obwohl anderwärts richtig or-
natus (aber freilich auch 84 falsch hornatus) geschrieben ist
Ilispatium bietet der Codex 53, aber 97 spiritum. Die Ortho-
graphie baptizare überwiegt in der ersten Hälfte der Schrift 59.
60 bis; in der zweiten baptidiare 98. 104. 105. 107. Vgl. die An-
merk, zu Arch. III 590. 63 Gerapolin = Hierapolin.
Die Deklination ist bereits halb zerfallen; die Accusative
Sing, verlieren ihr m (35 per valle illa, per giro und per girumi
69 nobis satis gmtum evenit und grate satis evenit, 68 illud mihi
satis grata fuit) und fallen dadurch mit den Ablativen zusammen;
statt der Antwort auf die Frage wohin? erhalten wir die auf die
Frage wo? (33 in eo loco cum venitur), und damit man nicht
in monte als Schreibfehler für in monteni ansehe, so heifst es
konstant: ubi cum ventum fuerit, nicht quo. Infolge dieser Kon-
Ober die Latinität der Percgrinatio ad loca sancta. 261
farion heilst es also auch 95 sedete vobis, und griechische Worter
ghilten ihren Nominativ (Accusativ), wie 76 simul cum mona-
lontes, 84 a monazontes. Wir übergehen indessen dieses Kapitel,
feil man ja sagen könnte, die zerrütteten Kasusformen (75 si in
orpo faero?) gehörten nicht der Verfasserin, sondern dem Ab-
direiber etwa des eilften Jahrhunderts, eine Einwendung, die
reilich nur geringe Berechtigung hat, wenn man erwägt, wie
orgfaltig die in Monte Casino geschriebenen Handschriften kopiert
o sein pflegen.
Aus dem gleichen Grunde können und wollen wir die Kon-
lgation nur streifen. Die Yerba der zweiten und der dritten
onjagation fliefsen ineinander über ohne bestimmtes Prinzip; ja oft
ieint in der Koordination die vorangehende Form die folgende
i beeinflussen; z. B. 76 dieuntur et responduntur. Dormito p. 80
t erstes Supinum; 93 fietur so wenig zu beanstanden als zwei
iilen weiter unten facitur. In den passiven (bezw. deponentialen)
)rmen statt esse, sum, sim, eram, essem regelmäfsig fuisse,
erim, fueram, fuissem u. s. w. Einmal lesen wir sogar 78 ubi
m perventus fuerit (episcopus et populus), was an das roma-
iche je suis venu, io sono venuto erinnert, wenn nicht viel-
&hr perventum zu lesen ist, wie an zahlreichen Parallelstellen.
Einige Aufmerksamkeit werden wir dem Verbum ire schenken
irfen, welches bereits in gewissen Formen durch v ädere und
übulare verdrängt ist. Vadere liefert an 14 Stellen (das
belcitat vade in Charram kommt hier nicht in Betracht) die
itte Person Sing, und Plur. des Präsens Ind. Act. mit vadet
td vadent (Ausnahme 101 vadunt); ambulare stellt namentlich
n Infin. Präs. Act (41. 45 bis. 91), auch das Partie. Präs. (35.
1), die unterliegende Konkurrenzform ambulant, 45, bis, und
ideres. Ire hat nicht nur seine einsilbigen Formen eingebüfst,
ädern auch die zweisilbigen werden gern verstärkt durch kon-
nantischen Zusatz, ivens 90, bitur 83. 93. 95; hiens 57, hivit
l; lebenskräftig und wenig bedroht sind die dreisilbigen wie
ntes, eundo, eamus, eatur, ibamus, ierunt, ieramus. Möge man
»er den Ursprung des französischen aller denken, wie man
)lle: die Entscheidung der Kontroverse wird aus dem Spätlatein
d Vulgärlatein zu ziehen sein.
Das Futurum kommt in dem Reiseberichte offenbar zu kurz,
d läfst sich durch das lebhafte Präsens vertreten, z. B. 65: si
•enter habes, loca ostendiuius tibi = so zeige icli dir die Ort-
262 Ed. Wölfflin:
lichkeiten = werde , will ich zeigen. Es nützte nichts, Ofltao-
demus zu schreiben, da dieses selbst doch nur als Präsensfonn
gefafst wordeu wäre.
Da die Franzosen sagen le livre se vend, la guerre se &ü
(= wird verkauft, wird geführt, wozu lateinisch venditur und
facitur fehlt), so verlohnt es sich, den Anfange? dieses auch
aus dem Italienischen bekannten Sprachgebrauchs nachzugehen
Während die Verfasserin 93 schreibt collecto omni populo, halt
sie sich doch im Aktiv regelmäßig an se colligere (77. 79 btt.
82.84.92.93), zieht dieses mithin dem medialen colligi vor. So be-
gegnen uns denn eine Reihe von Redensarten, welche einem grie-
chischen Medium entsprechen, wie se tendere, sich bestrebo,
sich nach etwas richten: 45, 2 ad signa se tendunt, 59 tendmri
se, ut laventur in eo loco, 62 ad quos (locos) me [te]tenderam, *
tendat illuc, 109 qui non se in Ierosolima tendat. Nach Analogi
von se movere (Gl) und se lungere (45) heilst es auch 36 v
plicaremus nos ad montem, 45 plicavimus nos ad mare (abeolo
66 cum Persae iam prope plicarent civitati); und sogar inkorrek
45 inde nos . . . reversi sumus, 82 vadent se unusquisque •
ospitium suum. Einen noch handgreiflicheren romanischen V«
lauf er haben wir in: se facere: 86 facit se hora quinta, 89 ut
coeperit se niane facere, 91 cum cocperit se facere hora noni
97 cum sexta hora se fecerit und ebenda cum ceperit se imi
hora nona facere. Vgl. 91 cum ceperit esse hora undecinia.
Die Hauptsache über die Komparation läfst sich etw
dahin zusammenfassen, dafs der Komparativ noch nicht dura
magis oder plus umschrieben, auch der Superlativ noch gebildk
(35 planissimus neben Positiv, 49 vetustissimus, 50 frequentis«
mus, 74 amicissimus, 80 quam vis durissimus), doch, wo er du
einen sehr hohen Grad einer Eigenschaft bezeichnet, häufige
mittelst valde und satis ausgedrückt wird, welche bald vor, bab
hinter das Adjektiv treten. Optimae satis 57 und 59 beweist
dafs optimus = bonus zu interpretieren ist; 46 melior satis m
= melior multo, wohl auch 68 vere amplius dem Sinne nach *
multo, wie ähnlich 53. 73 vere sanctus = valde, 49 pleonastiscl
vere satis religiosus. Auch 72 lapidem infinitum nimis und 31
vallem infinitam ingens sind hieher zu ziehen. Immer heifst «
superius dicerc, doch 81. 82 infra annotare.
Der Wortschatz der Schriftstellerin ist ein beschranktet
viele Ausdrücke fehlen ihr, weil sie in der Volkssprache nich
Über die Latinität der Peregrinatio ad loca sancta. 263
mehr lebten, andere, weil sie sich nicht bemühte, die ganze ihr
n Gebote stehende copia verborum auszunutzen. Bedürfte es für
genauere Angaben einer wiederholten Lektüre, so sieht man doch
schon auf den ersten Blick, dafs urbs wie oppidum bereits ganz
abgestorben und durch civitas ersetzt sind, und wie libcri vor
infantes hat weichen müssen, so vesper und vespera dem roma-
nischen sera, was eigentlich auf Italien als Heimat der Verf.
deuten könnte. Die gute Latinität kannte wohl und gebrauchte
in gewissen Verbindungen das substantivierte serum, und Virgil
Georg. 4, 122 erlaubte sich, da es ihm besser pafste, den Plural
sera, orum; die weibliche, in die erste Deklination übergetretene
Form ist Georges nicht bekannt und bei DuCange erst mit der
fiegula Benedicti belegt, während sie in dem Reiseberichte die
fast allein übliche Form ist, z. B. 41 zweimal quia iam sera erat,
87 sera manducant, 88 de sera ad seram, 100 revertuntur sera,
ebenso 101, wogegen 98 usque ad sero eine Ausnahme bildet.
Vergl. das aus dieser Zeit aus Eutrop bekannte strata, 89.
Dafs liberi (die Kinder) in der Volkssprache neben libri (die
Bücher) sich nicht behaupten konnte, ist schon von vornherein
klar; wenn nun auch die Peregrinatio, welche diesen Begriff selten
streift, nicht gerade geeignet ist, um einen strikten Beweis zu
fahren, so fehlt doch liberi und an dessen Stelle erscheint mehr-
fach in erweiterter Bedeutung infantes, 91 infantes cum ramis vel
palmis occnrrerunt Domino, 99 cum omni clero et omnibus in-
fantibus, 94 von einer Prozession usque ad minimum infans.
Unter den Adjektiven behauptet pulcher seinen Platz sieg-
reich gegen das nirgends auftauchende bellus; magnus liegt in
den letzten Zügen, da nur an vier Stellen (63) fluinen magnuin
et ingens gesagt ist (man beachte die nähere Bestimmung durch
ingens), 94 tarn magna turba und tarn m. montem, und (65) ein
Bischof von einem magnus labor spricht. Dagegen tritt grandis
bereits zwanzigmal auf, und zwar nicht nur lapis, ecclesia, vallis,
ficus, campus grandis (36. 38. 42. 48. 43. 75), sondern auch gr.
labor, reverentia, grande testimonium, 38. 58. 62. 70. Nicht ge-
ringerer Beliebtheit erfreut sich ingens, welches offenbar noch
mit grandis wetteiferte, weil es so ziemlich die nämlichen Ver-
bindungen aufweist, wie i. vallis, lapis, ecclesia, civitas, 36. 36.
(9. 60. 64; auch infinitas wird herangezogen 60 vallis ingens,
«orrentem infinitum, 72 lapidem infinitum; 49 ruinae infinitae, 77
amen infinitum, 84 i. turbae, 39 infiniti montes (= alti). Vgl.
264 Ed. Wölfflin:
noch 58 turbae aliquantae, 66 transacto aliquanto tempore, 56
post aliquantum tenipus. Parvus ist fast ganz verschwunden
(109 quando parvi fuerint = wenn es ihrer wenige sind, pauci);
pauci und paulum (paulo) fehlt ganz. Hier ist lange und mit
verschiedenem Erfolge nach einem passenden Ersätze gesucht
worden; die sogenannte Silvia begnügte sich in der Regel mit
modicus: 37 colliculi permodici, 39 modica nerrola, 48 clivus
m., 49 arbor perni», 59 m. frustella, 88 sorbitione m. In Ver-
bindung mit einem Komparativ ist modice = paulo stehend, 51
altior, 53 m. altior und m. acrius, 56 m. planior; auch das Neu-
trum paulum (paululum) vertritt das nämliche Adverb, 95 sedent
modice, und ebendaselbst bedeutet modico parati estote: in kurzem,
bald. Ein anderer Stellvertreter, pisinnus, wird den Klassikein
kaum bekannt sein; Silvia schreibt 50 a pisinno, von Jugend an;
53 ecclesia p.; 78 pisinni plurimi stant = pueri.
Dies erinnert uns daran zu sagen, dafs auch multi, so gut
wie magnus, auf dem Rückzuge begriffen ist, mit 53 multi ex
monachis, 57 aquae multae, 64 multa erant, 69 virtutes multas, 71.
109. Das klassische quid multa? hat bereits regelmäfsig dem Kom-
parative quid plura? Platz gemacht, wie ihn in dieser Formel
auch Sidonius Apollinaris in seinen Briefen regelmäfsig, und
Gregor von Tours hist. Franc. 2, 2. 4, 12. 44. 5, 5. 19 ms. w.
wenigstens häufiger als den Positiv anwendet. Aus den Stellen
der Silvia 45. 50. 109 Et quid plura? ergiebt sich auch die Emen-
dation von 38: senex integer et, quod plura, qualis dignus est
esse in eo loco, da es nicht nur plus heifsen müfste, sondern
auch die rhetorische Frage durch die der Silvia gewöhnliche Ko-
pula et verbürgt ist. Vgl. 36 iter . . . plures sunt, der Wege
giebt es mehrere (viele?) Auch cetera plura (71) ist wohl nichts
anderes als cetera multa. Aufserdem stehen dem multi minde-
stens zwölf Stellen von plurimi gegenüber, 41 bis. 48. 53. 58. 62.
74. 75. 78. 79. 109, auch infinitus greift teilweise ein, 78 vocesl»
80 luminaria i.; 64 martyria aliquanta, 51 fratribus aliquant»,
63 mansiones aliquot, 64 aliquanta legimus. Die Superlative
sanken ja auf die Stufe der Positive herab (vgl. oben), vor allem
die unregelmäfsig gebildeten, und darum konnten sie leicht dem
untergehenden Positiv Hilfe leisten. Unter diesem Gesichtspunkte
darf auch 93 maximus labor als Ausweichung von magnus labor er-
wähnt werden und 84 valde cum summo honore = magno, 46
melior satis = m. multo, gerade wie bonus selten (106 b. vitae),
über die Latinität der Peregrinatio ad loca «ancta. 2(>5
optimus häufiger (41.57) ist, und 59 neben einem Positiv steht:
aquae optimae et purae.
Unter den Adverbien verniifst man zuerst saepe, während
semper noch nicht erschüttert ist; freilich kommt der Begriff nur
selten vor, und zum Ersätze ist subinde nirgends, frequentcr 74,
aliquotiens 59, assidue, wenn es überhaupt als Synonymum gelten
darf, 87 benutzt. Stärkere Lücken zeigen die Präpositionen, und
man entdeckt sie um so leichter, als dieselben in jeder Stil-
gattung und bei jedem Stoffe gleich unentbehrlich sind. Das
lokale ex ist (aufser 54 ex parte) durch de ersetzt; erhalten hat
sich das temporale ex (ex ea die GG. G7, ex ea hora 7G, doch 50
de eo tempore), wie es auch noch in dem französischen des (= de
ex) fortlebt. Vgl. 102 legunt de actibus apostolorum = aus der
Apostelgeschichte. Verschwunden ist auch ob, und bis auf eine
Stelle sub, während auf das Fehlen von ad versus, erga, penes
weniger Gewicht gelegt werden darf. Ungewöhnlich stark ist iuxta
entwickelt, nicht nur im lokalen Sinne, sondern auch in dem über-
tragenen, iuxta consuetudinem, scripturam, so dafs das Fehlen
von secundum nicht zufällig ist. Zweimal nimmt es als Adverb
den Dativ einer Person zu sich: 39 monachi instituunt i. sibi
monasteria, 59 si quis i. sibi vult facere domum. (39 iusta, im
Vergleich zu.)
Einen Teil der sich so ergebenden Verluste deckte man mit
Hilfe des Griechischen. Rupes ist zwar noch nicht unter-
gegangen (67), aber petra (la pierre) gewinnt doch sichtbar an
Terrain, 40. 42 bis. 53, wozu 39, 5 mons petrinus. Für Wüste
hatten die Kömer kein passendes Wort, weil Italien keine Wüsten
enthielt; Sallust umschreibt daher das griechische Fremdwort
lug. 19 loca exusta solis ardoribus; Silvia hat sich natürlich an
(h)eremus gewöhnt, da sie das Wort im Oriente so oft hörte,
und man wird fast überrascht, 69 solitudo (monachi, qui in so-
litudine sedebant, quos ascites vocant) zu finden, welches übrigens
mit heremus nicht zusammenzufallen braucht. Die Geschenke,
welche die Pilger in den Klöstern auf ihrer Reise erhielten
(meistens Obst), heifsen im vierten Jahrhundert gewöhnlich eu-
logiae, wie auch Silvia schreibt (nicht dona).
Ein solches, zwar nicht neu auftauchendes, aber doch bald
zu ungeahnter Ausdehnung gelangendes Wort ist ?vqo$, der Kreis.
Es verdrängt sowohl das Substantiv circulus, als auch bildet es
Präpositional Verbindungen, welche dem adverbiellcn circa (die
Arohiv für lat. Lexikogr. IV. Heft >. 18
266 Ed. Wölfflin:
Präposition circa ist noch unberührt, z. B. 39. 44. 54. 72. 74) und
circiter (environ = in gyrum) Konkurrenz machen, und das früher
seltene Yerbum girare kommt in Aufnahme (42 fundamenta la-
pide girata, 66 girant civitatem = cingunt), auch in der neuen
Zusammensetzung pergirare (66 civitatem). Die beiden Formeln
lauten in giro, per giro, per giruni, 36. 37 montes qui per ginxvxi
sunt. 38 subis per girum. 39 montium, qui per giro sunt. 40
petra per g. habens planitiem. 49 civitas ingens per girum. 58
fundamenta in giro. 66 civitatem per giro clusam. 89 campi in
g. 95. 96 stare in giro. 105 sedent io giro. Ein in letzter In-
stanz griechisches Verbum (xdii7creiv) treffen wir 53: ut de vi«
camsenius; es ist schon aus Ennius' Annalen bekannt (Leucatam
campsant), aber in der guten Litteratur verworfen und daher in "
Glossaren erklärt, z. B. Gloss. Hildebr. 43 campsat: flectit (vgL
die Note des Hsgb.), von Apuleius und den Gromatici dagegen auf-
genommen (cambiare, cambire) und das Stammwort von frz. changer.
Für die Komanisten ist besonders wichtig die Aufnahme der
griechischen Präposition cata in die lateinische Sprache. Viel-
leicht hat sie die morgen Kindische Kirche nach dem Abendlande
gebracht; denn Silvia spricht nicht von einem Evangelium des
Matthäus oder Johannes, sondern sie schreibt 92 in evangelio in
cata Matheo, 67 de evangelio cata Iohannem, wie schon Cyprian
regelmäßig; vgl. 60 cata pascha. Dafs man die Präposition auch
in distributivem Sinne gebraucht hätte, war uns nicht bekannt,
aufser mit Wiederholung des Substantivs, wie in der Vulgata
Ezech. 46, 14 cata mane mane, jeden Morgen. Der Gebrauch mit
einfachem Substantiv, wie er durch altfrz. cheun = cata unum
(seltener als cheseun, chaseun = quisque unus, Diez, et. WÖrterb.
P 125) vorausgesetzt wird, ist nun durch das Ineditum für eine
verhältnismäßig frühe Zeit belegt. Zwar verbindet sich mit der
Präposition gerne noch das Pronomen singuli, 76 cata singulos
ymnos orationes dieunt (bis), ebenso 79, und 80 cata singulos
psalmos fit oratio; allein einmal tritt die Präposition auch selb-
ständig auf, 46 sie . . . ut cata mansiones (Station zum Über-
nachten, Tagereise) monasteria sint cum militibus et praepositis,
= auf jeder Station. Auch para mufs in die römische Volks-
sprache eingedrungen sein, doch lernen wir hieför aus der Reise-
beschreibung nichts.
Ein Blick auf die Wortbildung bestätigt mit neuen Bei-
spielen, was wir längst wissen, weshalb wir uns mit einigen An-
Über die Latinität der Peregrinatio ad loca Bancta. 267
ieutungen begnügen können. Die Deminutiva machen sich in
äer Umgangssprache viel breiter als in der Schriftsprache; und
lerum gebraucht Silvia unbedenklich 57 das unklassische nion-
rfculns, 37 colliculus, obschon das Wort in der Prosa, mit Aus-
lahme von Apuleius, flor. 1, mindestens äufserst selten sein wird;
Mit domuncella, pomariolum 30, frustellum 59 (frustilluni aus
&rnobius bekannt) bietet sie uns bisher gar nicht bekannte
Pormen. Wenn es aber 39 heifst, die Mönche auf dem Sinai
benutzten jedes Fleckchen Pflanzland: statim pro diligentia sua
arbusculas ponunt et pomariola instituunt vel orationes, quasi
(«= ut) ex ipsius montis terra aliquos fructus capiant, so kann
die Erklärung von oratio = kleine Kapellen (aediculae) schon
darum nicht befriedigen, weil man nicht einsieht, welche Lebens-
mittel dieselben hätten liefern können; vielmehr wird arationes
zu emendieren sein, nach dem alten Witze des Cicero, Philipp.
3, 22 ex oratore arator. Von latrunculus weiter gebildet ist das
neue Verbum latrunculari 74. Einem Fremdworte ist das Demi-
nutivsuffix angehängt in nerrola (39 modica n. est) = rivulus,
wozu man DuCange s. v. Nero vergleiche.
Von Adjektivableitungen sei nur medianus, ital. mezzano,
frz. moyen, erwähnt (vgl. Arch. I 188) als der Haupt Vertreter
einer Reihe romanischer Bildungen wie aitanus hautain, subitanus
Boudain, nostranus (ital. vino nostrano). Die Form medianus flofs
der Schriftstellerin zuerst in die Feder, wie sie ihr gewifs auch
zuvorderst auf der Zunge lag, denn sie bediente sich derselben
siebenmal (p. 37 — 39, z. B. mons medianus); doch von p. 41 an
bekehrte sie sich zu dem klassischen medius, und schrieb nicht
nur substantivisch in raedio (41. 53. 59. 74), sondern auch 42 per
▼alle media, 57 in media planitie, 58 medio vico, 63 plus media
die, 98 de media nocte, 104 cathedra media u. ä. Dafs der Casi-
nenser Abschreiber umgesprungen sei, erscheint viel weniger
glaublich.
Die Zusammensetzung lebt im Spätlatein bekanntlich fast
nur noch in den Partikeln (Präpositionen) fort. Die sogenannten
Verba decomposita, in der Klassizität vermieden, vermehren
sich von Jahrhundert zu Jahrhundert, und bei Silvia finde ich
das bisher Unerhörte, dafs ein Verbum vierfachen Vorspann er-
hält, 61 perdiscooperuissent. Es sind überhaupt fast ausschliefst
lieh mit per beginnende Verba, mit denen sich Silvia auszeichnet:
persubire 38, perexire 41 und oft, perdesceudere 41, peraccedere
18*
268 Ed. Wölfflirt:
52, perintrare 65, pertransire 96 (dreimal). Andrerseits wollen
wir aber doch noch die Aufmerksamkeit auf 43 reingressi lenken,
da diese Komposition nicht nur nicht antik ist (es mfifste, vor
Hieronymus wenigstens, redingredi heifsen; redintegro und redin—
venio bei Tertulliau, reinvito in der Vulgata Luc. 14, 12), sondern.
weil die Abwerfung des d durch remplir (reimplere) und zahl-
reiche analoge Bilduugen für die Volkssprache vorausgesetzt wird.
Die bekannte Verstärkung des Simplex durch con (conduire ™*
ducere) zeigt sich auch hier schon darin, dafs commaneo (38-
53 bis. 64. 72), commoneo (35. 52. 77 bis. 78), commoror (3S_
37. 38. 43. 44. 52. 58. 70) das einfache maneo moneo etc. bereit»
verdrängt haben.
Das andere Gebiet, auf dem die Komposition noch fortlebte,
fallt den sogen. Doppelpräpositionen zu, nur dafs dieselbe
auch im Sinne von Adverbien gebraucht werden. Zu dem
kannten inante (47 ire, 68 accedere) stellt sich das neue, späte x-
von abante überwundene deante, 97 missa facta deante cruc«
(später deabante = devant); vgl. arriere derriere, adretro deretro.
Ähnlich erhalten wir zu dem älteren econtra (61 apparuit mons*)
sowohl acontra (55 ostensae duae civitates, ebenso 56) als auch
decontra (mit videre, ostendere u. ä. 37. 42. 47. 54. 65. 72). Über
deinter und deintro (vgl. ital. dentro) wollen wir nichts Sicheres
behaupten, da wir uns auf die Ausgabe nicht zu sehr verlassen
möchten. Wir geben daher blofs die Belege: einfaches inter 35
montes, inter quos ibanius; 44 de inter montes exire, ebenso 45
zweimal, dagegen 77 exeunte de intro cancellos und ebendaselbst
de intro cancellos dicet orationem und de intro cancellos lueerna
lucet (80. 81 stat intro cancellos, 98 intrat intro cancellos, 103).
Ob die beiden Bestandteile damals schon in ein Wort zusammen-
gewachsen gewesen seien, ist schwer zu bestimmen. Dem deforis
(77 lumen deforis non aflertur, franz. dehors) entspricht 55 afo-
ras accessimus. Einfaches foras = frz. hors erscheint bald ad-
verbial (54. 69 egredi), bald als Präposition mit dem Accusativ:
39 egredi f. hostium = ostium, 34 accedite (excedite?) f. ho-
stium, 66 tenebrae f. civitatera; doch bestehen daneben sowohl
ante als extra, letzteres freilich in temporalem Sinne, z. B. 69. 85
extra diem (vgl. Hieron. in Matth. 27, 33 extra urbem et foras
portam) oder statt (des fehlenden) praeter = ausgenommen, 70
extra paueos clericos, 85 extra ipsum diem toto anno.
Mit dem bekannten adsatis = assai, assez läfct sich ver-
Über die Latinit&t der Peregrinatio ad loca sancta. 269
>
gleichen 62 adtunc (facta est ecclesia), 50 ad plenum (ital. ap-
pieno) discere, und namentlich das neue ad subito (adsubito?):
60 &. vidimus, 61 a. videbainus, 66 a. tenebrae faetae. Die Ana-
logie des älteren derepente (demagis) lüfst es auch hier offen,
ob man eine Zusammensetzung mit dem Adverb subito annehmen
oder subito als romanischen Accusativ = subitum fassen solle.
Vgl. das alte apprime.
Diese Zusammensetzungen begünstigten es, dafs man pleo-
nastisch synonyme Partikeln häufte, ohne dafs man damit ein
Compositum herstellen wollte. Schon Preufs hat (De bimembris
dissoluti apud scriptores Romanos usu sollenini, Edenkoben 1881)
die Verbindungen tum deinde, deinde postea, denique tandem, ita
sie, quoque etiam, sed autem, ergo igitur, quasi velut und zahl-
reiche ähnliche, die grofsen teils in die archaische Latinitat zurück-
reichen und seit Apuleius wieder häufiger auftreten, genauer
untersucht. Wir haben hier den Anknüpfungspunkt, um etiam
et (44. 49. 51. 69 vor is, hie, ille) und nee non etiam et (78 pres-
biteri, 99 de plebe, 73 omnis actus, 47 vor Eigennamen) anzu-
reihen. Noch beliebter ist itaque ergo (vgl. Hand, Tursell. 11 465)
42. 51. 53. 54. 56 u. s. w.; vereinzelt ita ergo 77, sie ergo 87,
&t autem 92. Hat man dies begriffen, so wird man auch aus
der Zusammenstellung von
78 Et ut ubi diaconus perdixerit omnia
81 Et at ubi intraverit populus
82 At ubi autem se resumpserit populus
94 Ante crucem autem at ubi ventum fuerit
96 At ubi autem osculati fuerint crucem
97 At ubi autem missa facta fuerit
den Schlufs ziehen, dafs an der ersten Steile at für ut zu
schreiben sei. (105 ut si probaverit] lies at si p.)
Die Erzählung, welche bei Historikern oft mit igitur fort-
schreitet, wird (da diese Partikel wohl fehlt) meist mit ac sie
(63. 67. 75. 77. 83. 98. 106), et sie (72. 78. 95. 105. 106), am
häufigsten, d. h. etwa an vierzig Stellen mit ac sie ergo fort-
geführt, welches, seltener im Nachsatze (= xal c5g, dialektisch
und so) meist Hauptsätze anknüpft. Der Kopist schrieb anfäng-
lich 38. 39 (zweimal) Hac sie ergo, erkannte aber von 41. 42.
43. 44. 45 an seinen Irrtum und verbesserte Ac. Man vergleiche
damit das neufranzösische ainsi und das provenzalische aissi,
und man wird es weder auffallend finden, dafs in der proven-
270 Ed. Wölfflin:
zalischen Boethiusübersetzung acsi für aissi geschrieben ist, noch
dieses mit Diez (etymol. Wörterb. F 141) auf aeque sie zurück-
führen. Dieses ac sie vermischte sich wohl mit ac si, welches
ursprünglich in Vergleichuugssätzen gebraucht wurde, 39 ac si
essent colliculi, 65 ac si de margarita esset; elliptisch 38 montes
non lente per girum, sed totum ad directum subis ac si parie-
tem (nämlich ascenderes; gerade wie eine Wand hinauf); 66 aqua
quae est ac si fluvius ingens, wie ein mächtiger Strom; 79. 84
ac si per pascha. Wenigstens ist damit ein Mittel gegeben, den
Abfall des Schlufskonsouanten (ital. si = ja = sie) noch leichter
zu erklären.
Der Gebrauch der Partikeln im Spätlatein verdient über-
haupt eine viel aufmerksamere Beobachtung, als ihm bisher zu
teil geworden ist. Vel, aut und sive sind gleichbedeutend mit et,
z. B. 47 clerici vel monachi, 53 clericis et monachis; 74 apo-
tactitum seu virginum, viri aut mulieres. Quasi dient nicht mehr
der Vergleichung, sondern hat die Bedeutung von fere angenom-
men, nach dem Vorgange älterer Autoren, und dieses verdrängt
Vgl. 41 in medio quasi, 63 q. terribilis est, 39. 53. 67. 94. 97. Statt
44 subito . . subito . . ducentos, aliquotiens etiam . . quingentos
passus würde Cicero etwa modo, modo geschrieben habeu; eine
Parallele wird weniger in dem catonianischen repente • . repente
zu suchen sein, sondern wahrscheinlich ist subito mit subinde
(Arch. II 250) zusammengeworfen. Als Adverb zu totus fungiert
das Neutrum totum (vgl. Arch. IV 144 ff.) 36 t. per mediana val-
lem, 38 t. ad directum (tout droit), 44 t. iuxta mare, t. heremi
sunt arenosae, 50, 59, 91, 70 t. gentes sunt (lauter Heiden), 99 t.
ad momentum (vgl. tout de suite), 91 mit verbesserter Inter-
punktion: levat se (erhebt sich und macht sich auf den Weg)
episcopus et omnis populus, porro iude de summo monte oliveti
totum pedibus itur. Das Maskulinum ist gebraucht 90: rever-
tuntur rectus ad Anastase.
ßegelmäfsig ist an die Stelle des gallus in Redensarten wie
sub galli cantuni das Wort pullus getreten, 92 de pullo prinio
und so oft, ebenda a pullo primo, 94 cum coeperit esse pullorum
cantus, 76 ante pullorum cantum, 79 ad pullorum cantum.
Lucemare (officium) und lucernaris (hora) statt des von
Augustin gebrauchten lucernarium sind Ausdrücke, deren Entwick-
lung der Theologe zu untersuchen haben wird; die Verfasserin
erläutert selbst 77: hora autem deeima (quod appellant hie lioi-
Über die Latinität der Peregrinatio ad loca sancta. 271
nicon, nam nos dicimus lucernare) sc omnis multitudo colliget ad
Anastasim; gemeint ist natürlich xb Xv%vixov. Die Ortskundigen
(iocorum periti) heüüsen gewöhnlich loci notores.
Daus ipse nicht mehr überall das klassische Pronomen ist,
(69 lectus ipse locus, die betreffende Stelle), leidet schon darum
keinen Zweifel, weil es viel zu häufig gebraucht ist, und nicht
leiten in wenigen Zeilen hintereinander, z. B. 3G Ende: singula
loca per ipsam vallera . . . caput ipsius vallis . . . Mons autem
ipse etc. 53 multi ex ipsis monachis, qui ibi commanebant iuxta
aqua ipsa. 68 Ende. Am auffallendsten sechsmal ipse in sechs
Zeilen pag. 67. Offenbar haben wir hier einen Ansatz zum be-
stimmten Artikel, den schliefslich allerdings ille geliefert hat.
Allein dafs ipse lange Zeit mit Glück (in Sardinien) konkurrierte,
ist kein Geheimnis mehr (Archiv III 86). Die enge Berührung
der beiden Pronomina findet auch darin ihren äufseren Ausdruck,
dafs in der Reisebeschreibung mehrmals die Neutralform ipsud
gebraucht ist, z. B. 48. 62. 88, nach Analogie eben von illud.
Unnötige Häufung von ille beispielsweise 54: interrogavi illos
sanctos . . sepulturam illius . . memoria illius; 70, 11. 12.
Vexare se oder aliquem heilst 'sich, jemanden bemühen'
49. 50; communicare wird von der Teilnahme an der „Kommu-
nion" gebraucht, 36. 87; manducare ist über edere vollständig
Herr geworden (87. 88), wird aber gelegentlich auch von pran-
dere und cenare unterschieden; sublinteatus 95 ist eine neue
Bildung. Unbezahlbar aber ist 36 v allem traversare habeba-
mus, und ebenda ut per medium transversaremus caput ipsius
vallis. Denn die einzige Parallelstelle aus Verg. Moretum 46
farinas transversat (knetet) zeigt uns das Verbum als Frequen-
tativ von yertere, während es hier von trans versus, tra versus
abgeleitet ist, und daher einen ganz andern Sinn annimmt. Auch
habere in dem oben angeführten Gitate (wir hatten zu passieren,
gedachten zu passieren) mag bemerkt werden, wenn auch die
Erklärung und Entwicklung durch Thielmann längst gegeben ist.
Vgl. 41 non ipsa parte exire habebamus. Dieses Verbum zeigt
uns noch andere weniger bekannte Bedeutungen und Gebrauchs-
weisen, z. B. 65 si libenter habes (wenn du es gern hast, wenn
du Lust hast), 76 quia libenter haberetis. Eine echt romanische
glaube ich 35 entdeckt zu haben: habe bat de eo loco ad nion-
tem Dei forsitan quattuor milia = il y a; ebenso 73 habebat
de civitate forsitan mille quingentos passus.
272 Ed. WOlfflin:
Die Syntax der Casus ist noch in leidlichem Zustande er-
halten; wenn auch die Präposition de und andere die einfachen
Casus zu umschreiben beginnen; 39 dederunt nobis eulogias, id
est de pomis = des pommes, Teilungsartikel.; 88 ad aliam
dieiu prandent nicht mehr als ram andern Tage'; pleonastisch
steht in 38: ibi ergo mansimus in ea nocte. Namentlich be-
stehen die Regeln von den Städten amen nicht mehr, zum Teil
aus dem äufseren Grunde, weil die orientalischen, oft auf Li-
quida schliefsenden Namen eine deutliche Casusbezeichnung aus-
schliefsen. Wo die klassische Norm des Ausdruckes gewahrt ist,
z. 13. 04. 75 perveni Edessam, Constantinopolim, Chalcedona, re-
versa Tharso, war die erwähnte Schwierigkeit nicht vorhanden,
und auch in solchen Fällen lesen wir 62. 73. 73 apud Edessam,
de Antiochia, de Tharso proficisceus, 50 regressi in Ierusolimam.
Der Lokativ wird nämlich durch apud aufgelöst, welches schon
im altern Latein, wie bei Taeitus die Bedeutung von in annimmt,
z. B. 74 apud Ierusolimam; auf die Frage woher? antwortet seit
dem Untergange von ex durchweg de: 46 exeuntes de Ramesse,
56 profecta de Ierusalem, 63 de lerapoli; auf die Frage wohin?
in: 45 in Clesma (Suez) cum venissem, sogar mit dem Ablativ
50 revertens in Sodomis.
Das Satzgefüge aber ist im ganzen sehr einfach, da die
Verf. keine rhetorische Darstellung, sondern eine schlichte Er-
zählung giebt, deren Wendungen und Gedanken sich oft bis zur
Ermüdung wiederholen. So beginnen auf Seite 47 nicht weniger
als sechs Sätze unmittelbar hintereinander, S. 48 wieder sechs und
S. 49 nochmals sechs mit na in; S. 42 neun mit ostenderunt,
welchem inonstraverunt voranging. Zum Erschrecken häufig sind
auch die Erklärungen mit: id est. Die Abwesenheit rhetorischen
Schmuckes zeigt sich schon in dem Fehlen alliterierender Ver-
bindungen, wogegen an zwei Stellen der von der Kirche wohl mehr
kultivierte Heim deutlich hervortritt, 93. 94 rugitus et mugitus
totius populi. Die populäre Sprachtorm der Vf. hat uns eine sprich-
wörtliche Redensart erhalten, die aus dem vierten Jahrhundert
belegt zu sehen nicht unerwünscht sein wird: 38 subis lente per
giriiin. ut dicimus in cocleas. also langsam wie die Sehnecken, vgl
Plaut. Poen.3, 1.-9 podagrosi esti>. ae vicistis cochleam tarditudine.
Wird der iiesprächston nach der Xatur wiedergegeben, so be-
ginnt die Antwort, oder sonst eine Mitteilung gerne mit ecce,
/. P>. .'*'.» lvquisivi quam longe esset ipse locus. Tunc ait ille
Über die Latinität der Peregrinatio ad loca sancta. 273
sanctus presbiter: ecce hie est in ducentis passibus; nam si vis,
ecce modo pedibus dueo vos ibi. Die Stelle ist zugleich darum
bemerkenswert, weil (wie aus Hausleiters und andern Unter-
suchungen bekannt ist) ipse und ille bei mangelndem Gegensatze
den romanischen bestimmten Artikel vertreten. Auch ecce et
(etiam) ist nicht selten 38. 41. 76. 77. 80, und die Anwendung
Tor einem Pronomen demonstrativum (vgl. celui, parceque) treffen
wir 58 ecce ista fundamenta.
Die Relativsätze wiederholen mit Vorliebe das voraus-
gehende Substantiv: 38 montes ascendere, qui montes; 41 rubus,
qui rubus; ibid. hortus, in quo horto; 42 petram, ad quam pe-
tram; ibid. abitationes, de quibus abitationibus; 45 signa, ad
quae signa; 45. 46. 53. 55. 61. 80. 97. 101; 71 sogar puteus,
qui puteus . . in cuius putei . . ad^quem puteum. Aufserdem
finden wir vielleicht an 30 Stellen tarnen im Relativsätze im
Sinne von quidem, z. B. 38 monachi, qui tarnen iinbecillitate
aon fuere impediti; 53 qui t. volueritis laborem vobis imponere;
54 in quantum t. poterat oculis conspici. Eine Dittographie hat
sich 99 eingeschlichen: ubi [ita] tarnen, ut seinper, missa facta
de martyrio. Vgl. 35 ubi sex tarnen montes aperiebant valiem.
Doch fehlt darum etwa quidem dem Wortschatze der S. nicht,
j. da es beispielsweise 36. 89 und 101 begegnet, aber nur aus-
> nahmsweise in Relativsätzen, 43 quae quidem omnia singulatim
wribere satis fuit.
Der Accusativ c. infin. ist noch vorhanden, z. B. 37. 38;
doch folgt auf Verba dicendi und sentiendi öfters quia, wie 56
dictum est nobis quia filii Israel castra ibi fixa habuissent, 65
eredidit, quia esset filius Dei, 76 sciens quia libenter haberetis;
seltener in gleichem Sinne quoniam 49 paret, quoniam ingens
fuit, 55 dixit nobis, quoniam iam aliquot anni essent. Beide Par-
tikeln werden sonst in kausalem Sinne gebraucht, 90 propterea
quia, 41 propterea quoniam.
Während die Konzessivsätze in der Regel mit licet (wahr-
scheinlich Dittographie ist 40: licet et tectum non sit) eingeleitet
werden, z. B. 40. 43. 46. 49. 50. 68 (etsi, quamquam, quam vis erinnere
ich mich nicht so gefunden zu haben), steht den Temporal-
sätzen noch die Hülfe des Ablativus absolutus zur Verfügung,
wenigstens in den beiden bekanntesten Formen iubente deo, lecto
loco, perdescenso monte. Postquam ist durch posteaquam (39 bis.
66. 67. 92. 99) verdrängt, welches sowohl mit dem Plusquampf. als
274 Kd. Wölfflin:
mit dem Futurum exactum verbunden wird. An eiuer Stelle
steht post scheinbar für posteaquam, 107 post autem venerint
dies paschae; noch ungewöhnlicher aber schreibt Silvia 79: moz
autem primus pullus cantaverit, statim descendet episcopus, wo
'bald' für 'sobald' gesetzt ist, wie simul für simulac. Doch könnte
man auch an Korruptel*) aus mox ut primus pullus cantaverit
denken, nach 03 statim ut mandueaverint omnes vadent in Eleoni.
Es siud dies offenbar Ausdrücke für das fehlende simulac; aufser-
dem findet sich quemadmodum in ähnlichem Sinne gebraucht:
63 quemadmodum revertebar; 87 q. prandideriut; 88 quemid-
modum mandueaverint; 08 quemadmodum exient; 101. 102 quem-
admodum subito (anal xa%idxa) fuerit in monte Oliveti. Die
Sache ist an sich nicht so auffallend, da ja auch ut und unser 'wie*
temporal gebraucht werden; nach diesem Vorgange kann man sich
auch quomodo als Temporalpartikel denken, und kommt dadurch
leicht zu der Erklärung des franz. temporalen comme. Daneben
findet sich aber quemadmodum auch comparativ 42. 81. 09. 101
Recht gut hat sich auch donec mit dem Konjunktiv in der
Bedeutung von 'bis' erhalten, z. B. 43 coinmorati donec Moyses
ascenderet in montem; tamdiu immorati, donec primuin fielet
tabernaculum. (In dem folgenden in quo confixum mos esset
tabernaculum wird wohl zu lesen sein: Mosis est tabern.) Hit
dem Indikativ 07 dieuntur psalini, donec commouetur episcopus.
Verhältnismäfsig häufig ist der Gebrauch von quando, und der
Herausgeber hat es noch an zahlreichen Stellen hergestellt, wo
nur qua überliefert ist, 36. 40. 42. 80 (bis). 100. 105; auch 88 Sab-
bato quod mandueaverint mane, iam nee sera manducant scheint
quando in 'quod' zu stecken; indessen bedürfte die ganze Frage
der Nachprüfung auf Grund des Codex, bei welcher auch noch
quo = quomodo = cum in Rechnung zu ziehen wäre. VgL
Diez, etyniol. Wörterb. P 135.
Vergleichuugssätze treten sowohl in der bekannten Form
tarn . . . quam auf, als auch in der Einkleidung durch tarn . • .
tarn, oder quam . . . quam. Vgl. 81 tarn qui uocte dieuntur
(psalmi) tarn qui mature; 00 dieuntur ) mni tarn in ecclesia . . .
tarn etiam in Imbomuin (102 = locus, unde asceudit Dominus
in caclis; vgl. i^ßm^tog)^ 0(5 ponitur in inensa quam lignuni cracis
*) Für die handschriftl. Überlieferung spricht 105: consuetudo est, ut
. . . exoreizentar, mox miaea facta fuerit matutina. Setzt man iam für mos,
80 erhält man auch eine romanische Konstruktion.
Ober die Latinität der Peregrinatio ad loca sancta. 275
quam titulus. In dein Proportionalsatze 103: omnes ieiunant
iuxta consuetudinem, q\i\s<pte prout potest, war das überlieferte
pronomen indefinitum qui (= mancher) nicht anzutasten , nach
104: de plebe qui, quomodo possunt, vadent, clerici autem coti-
die vicibus.
Um nun mit einer echt romanischen Spracherscheinung zu
schliefsen, welche in der lateinischen Grammatik noch kein Platz -
j- eben gefunden hat, weisen wir auf die Gemination des Nomens
[ und des Adverbs hin. Wie Augustin sagte confess. 7, 5 ipsa
loci« et locis ordinavit, er wies dem einen diesen, dem andern
jenen Platz an, so schrieb auch S. 45 von den Farauiten, weiche
die Wüste durchziehen: signa sibi locis et locis ponent, bald hier,
bald dort, links und rechts. Es ergiebt sich hieraus, dafs auch
das Excerpt des Petrus Diaconus: inter rotam et rotani (der
Wagen des Pharao) viginti et quatuor pedes fueruut, den Wort-
laut der Verfasserin bewahrt hat. An diesen Gebrauch lehnt sich
mos et unus an, einer nach dem andern, 77 uno et uno benedicet,
96 o. et u. acclinant se ad mensam, und ebendaselbst nochmals,
104 adducuntur u. et u., 107 u. et u. vadet cum patre suo. In
gleichem Sinne sagte man auch cata unum distributiv (x«#' tvu),
Tgl. oben S. 266.
Über die intensive Wiederholung des Adverbs hat der Vf.
in seiner Gemination (Münchener Sitz.-Ber. 1882. 477—485) ge-
bändelt Eine diesen Ausdruck motivierende wiederholte Handlung
liegt vor 46: in Clesma cum venissenius, necesse nos fuit denuo,
et ibi denuo resumere (= reficere vires), quoniam iter hereuii
arenosum valde feceramus. Interessanter aber scheinen mir noch
folgende Stellen zu sein: 38 eos (montes) subis lente et lente
per girum, ut dicimus in cocleas; SU sie dedueunt episcopum
respondentes, et sie lente et lente, ne lassetur populus; 94 lente
et lente cum yninis venitur in Gessemani. Von jeher hat das
Lateinische den Begriff der allmählich sich vollziehenden Hand-
lang durch zwei Worte ausgedrückt, wenn sie auch lieber zwei
8ynonyina wählte wie sensim pedetentimque (Cicero) oder sensim
paulatimque (Gellius 17, 11,6. 12,1,22), worauf die Neulateiner
ihr sensim sensimque wagten. Dafs dieser Ausdruck durchaus
der romischen Umgangssprache entspricht, leuchtet nunmehr ein;
die Romanen, und namentlich die Italiener, haben auch noch die
Copula aufgegeben und sich auf piano piano und andere Redens-
arten beschränkt
276 Ed. Wölfflin: Über die Latinitat der Peregrinatio etc.
P. S. Zu Seite 260. Zu dem Verfalle der Deklination
möge noch bemerkt sein, dafs in geographischen Eigennamen
der Accusativ die Normalform geworden ist, wie der romanische
Nominativ aus dem lateinischen Accusativ hervorgegangen ist
Vgl. 48 Pithona civitas ostensa est nobis; Phitona castrum est;
49 quae Ramessen civitas nunc campus est; 57 Carneas civitas;
55 ostensae sunt civitates Esebon etc.; 63 provinciae Siriae Gelen
(= Goelen); transito flumine Euphratem; 71 locus ille decima
mansione est hinc, intus in Persida; 73 civitatein, quae appellatnr
Pompeiopolim; 75 mansionem quae appellatnr Mansocrenas; 83 in
Eleona, id est in ecclesia quae est in monte oliveti omnia or-
nantur; 92 ecclesia quae est in monte Eleona; 99 in ecclesa
maiore in Eleona; 109 de diversis provinciis, vel de Egypto ant
Thebaida. Seite 58 ist der jüngere Städtename Sediina der Accu-
sativ des alten Namens Salem.
Wie im alten Latein das ursprüngliche Particip trans wir
Präposition erstarrte (vgl. oben S. 248) und auch zu einem Ver-
buni im Plural treten konnte, so verliert auch im Spatlatein (ei
ist alles doch nur ein Kreislauf) das Particip seine Pluralform,
wie 64: unde denuo proficiscens pervenimus Edessam; denn dili
mit der Änderung perveni nicht geholfen wäre, zeigt die Fort-
setzung der Periode: ubi cum pervenissemus (die Pilgerin mit
ihrer Begleitung), statim perreximus ad ecclesiam etc.; ebenso 51:
proficiscens Ierusolima fecimus iter etc.; doch kommt daneben die
regelmäßige Bildung auch vor, z. B. 53 divertentes secuti summ
Diese Ersetzung des Nom. durch den Acc. zeigt sich zunächst in
andern griechischen Wörtern, wie 10G per tres horas fit catechisin;
seltener bei lateinischen, und hier doch nur als Ausnahme neben
dem regelrechten Casus, wie 102 locus de actus apostolorum,
ebendaselbst legunt de actibus apostolorum. Einen Nominativus
absolutus mit neuem Subjekte des Hauptsatzes finden wir 103:
ingressi in ecclesia dicuntur ymni.
Zu S. 270. Unter den Partikeln bemerke man enim «= de,
z. B. 40 ibi enim est ecclesia und oft; sie = item, z. B. 108
benedieuntur cathecumini, sie fideles.
München. Ed. Wölfflin.
Abhorreo.
Abhorreo, ui, öre verbum dttctum ab horrendo (*Jwrsendo;
F. torreo = torseo; r/ptfoftat, tsqücclvo); tostus = *torstus; hirsu-
ff). Inglossariis explieatur: (Cyrill. p. 432, 21) dt,a<pc)vd>: discrepo
bhorreo dissentio dissono; (Philox. p. 1, 33) ixoq>Qitrsi9 arnpSov
mr; (Cyrill. p. 383, 10. cf. 382, 10 et Lib. gloss.) dnadsi', dis-
tepat; (cod. Amplon.) longe est; (Gloss. abav.) discrepat disso-
it displicet; (Papias) discrepare, discors esse vel valde horrere;
»d. Amplon.) abhorrens: discrepans; (gloss. abav.) abhorruit:
ttorpuit.
Invenitur inde a Plauto per omnem latinitatem, sed multo ra-
u apud poetas; itai. aborrire, hispan. aburrir, provinc. abor-
r, aorrir, francogcUL inde a saeculo XVI abhorrer forma ad
y*oncm latinum accommodata. Cf. Littre, s. v.
A. Proprie. = ita alienum esse ab aliqua re, ut eam re-
rmides; abominari, aversari, detestari alqd. (oppos. amare, an-
ere, gaudere).
I. Sequente praepositione ab. Diomed. 315, 31 K. cum prae-
sitione (a) ablativum casum trahunt . . . abhorreo ab illo; Ser-
Qß expl. in Don. IV 553, 51 K. 556, 30.
a. De hominibus dictum. 1) äbh. a rebus. Plaut. Merc. 839
Atticis (seil, moribus institutisque) abhorreo. Ter. Andr. 829
alescentulo In alio oecupato amore, abhorrenti ab re uxoria.
tin. 41 ab hac (C. JF. Müller, Ribbeck; hanc libri Nonii) domo
horres. Lucr. 1, 945. 4, 20 retroque volgus abhorret ab hac
itione). Cic. de orat 2, 14 a studiis audiendi nimis abhorrentem ;
59 inventi sunt qui . . . a re civili et a negotiis animi quodam
licio abhorreant; fat 8 alii a (add. Lambinus praepos.) talibus
iiis abhorreant; offic. 2, 64 convenit esse a litibus abhorrentem;
- 1, 8 a. a Latinis (litteris); ib. 3, 37 quis contra studia na-
rae tarn vehementer obduruit, ut a rebus cognitione dignis ab-
rreat; 3, 62 perspieuum est natura nos a dolore a.; acad. 1, 14
278 H. Ploen:
a Graecorum artibus et disciplinis. Cic. Cluent. 27 ab eis nuptiia;
Arch. 1 a qua (disciplina) ego nulluni confiteor aetatis meae
tempus abhorruisse; ib. 27 non debent togati iudices a Musarum
honore et a poetarum salute a.; Flacc. 9 si quis a genere isto
studio ac voluntate non abhorrens fuit; Sest. 112 cum ipse lator
nihil ab horum turpitudine, audacia, sordibus abhorreret; 132
C. Caesarem mitem [homineiu et a caede abjhorrentem (verba
uncis inclusa orn. P1; h. et ab omni vi abh. Halm. cdit. sec Ebcr-
liard; h. temperantem Paul Z. f. d. G. 1874. 316). Cael. 10 long*
ob ista suspicione a. debet; 48 ab huius saeculi licentia . . . ■
maiorum consuetudine atque concessis; Pis. 62 a qua (cupidüate
triumphandi) te lotige dixisti a.; Plane. 58 non abhorrens a studio
antiquitatis; Phil. 7, 4 animo a. ab optimo civitatis statu. EpisL
2, 16, 3 >vidisti quam abhorream ab urbe relinquenda; 7, 3, 2 tb
ea sententia valde a.; 13, 12, 2 est a nostris studiis non abhorrens;
13, 22, 1 a studiis nostris non abhorret; ad Attic. 7, 13, 2 a
pugnando abhorrentium; 12, 38, 4 a Drusi kortis; 14, 13, 5 »
ducenda uxore. Caes. b. G. 1, 85, 3 duces a pace abhorruine.
Nep. Milt. 3, 5 adeo a ceterorum consilio, ut.
Livius 22, 18, 1 Fabius ab nocturno utique abhorrens certo-
mine; 25, 23, 4 quia ab novis consiliis abhorrebant; 44, 25, 4
senatum non a. a finiendo tarn incommodo ac difficili hello.
Curt. 6, 9, 36 aeque illum a nostro more quam a sermone a. Sen.
epist. 97, 15 natura nos a scelere a. Tac. hist. 3, 65 mitem viram
a. a sanguine et caedibus. Plin. cp. 1, 2, 5 ipsum me et coft-
tubernales ab editione non a. Suet. Domit. 9 usque adeo ab omni
caede abhorrebat.
Gellius 1,3, 7 ne a perfidia et culpa non abhorreat; 9,14*8
ab insolentia vocis istius abhorrentes; 12, 5, 7 ut omnibus co^
poris sui commodis gauderet, ab incommodis omnibus abhorreret;
12, 5, 14 intolerabilia, a quibus fortes viri aut öbeundis abhorre-
ant aut sttstinendut) 13, 20, 3 adulescens non abhorrens a litteris;
15, 20, 6 quod natura abhorruit a mulierum coetu. ApuL apoi
88 miror, quod tu a villa tantopere abhorreas. Cypr. dupl. mart
29 Christiani abhorrent ab idolothytis et ab ingressu fanoram
atque ab ipsis etiam simulacris. Lactant. Ambros. Heges. Hieron.
Augustin. saepissime. Salv. gub. d. 7, 72 penitus a. Acro Scliol
Hör. serm. 1, 10, 25 ita hi a Graecis (vocabulis) abhorraeront,
ut Messala primus Funambuli noinen intnlerit.
2) abh. ab hominibus. Livius 9,26.4 longinquitas a. (scü.
Abhorreo. 279
Romanos) a rdegandis . . civibus . . cogebat. Tac ami. 13, 12
uxore ab Octavia . . fato quodam abhorrebat. Mar. Merc. Patr.
48, 955 Mig. ab ita credentibus a.
b) De animo, mcnte, similibtts. Ter. Hec. 714 omnino
a. animum huic video a nuptiis. Cic. inv. 2, 32 animus eius . .
uti a tali culpa non videatur abhorruisse; Lad. 50 si (virtus) a
c&ritate vulgi abhorreret; Cluent. 78 huius persona ab nulla turpi
1 anspicione abhorrebat; Verr. 2, 10 ut ego istum accus arein, a quo
; mea longissime ratio voluntasque abhorrebat; Sest. 71 animum
► Caesaris a causa non a.; prov. cons. 43 voluntatem Caesaris a
t salute mea non a.; Lig. 28 animi a causa abhorrebaut. Cic. epist.
2, 17, 6 quam valde Bibuli voluntas a me abhorreret; 16, 21, 2
(Cic fil.) aures a commemoratione abhorrent; ad Att. 2, 6, 1 a
scribendo prorsus abhorret animus; 14, 10, 1 nostram aetatem a
caatris a.
Livius 1, 57, 2 abhorrebant a certatione auimi; 4, 6, 7 sen-
tentiae abhorrebant a caede; 30, 30, 9 animo tan tum nobis opus
ttt non abhorrente a quietis consiliis; 38, 24, 3 (animum uxoris)
abhorrentem a voluntario stupro; 42, 62, 7 numquam ab talibus
consiliis abhorrebat regis animus. Sen. contr. 2 praef. 3 animum
a civilibus officiis abhorrentem. Curt. 4, 6, 3 (Bactriani) horridis
ageniis niultumque a Persarum luxu abhorrentibus; 5, 8, 10 con-
nlium fugae, a qua multum abhorret animus. Tac. ann. 13, 47
natura eius a crimine abhorrebat. Florus Verg. or. p. 107, 8 H.
tota mens, totus animus resiliit atque abhorruit ab illa civitate.
Sulp. Sev. 1, 10, 7 cui a tanto facinore abhorrebat animus. August,
ftp. 138, 1 a quibus seusus abhorret.
IL Seqttente ablativo. Curt. 6, 7, 11 animum tanto faci-
nore procul abhorrentem; 7, 8, 11 abhorrent moribus |hominibus|
qae nostris et tempora et ingenia cultiora sortitis. Plin. nat. h.
37, 195 mellis Corsici acrimonia abhorrentis. Tac. hist. 4, 55
publice civitas talibus inceptis abhorrebat; ann. 1, 54 neque ipse
abhorrebat talibus stndiis; 14, 21 spectaculorum oblectamentis.
Heges. 1, 30, 21 abhorrentes studio.
III. Sequente aceusativo a) pcrsonae. (Cic. Cluent. 41
ßcugmatis licentia: omnes illura aspernabantur, omnes abhorre-
bant, omnes . . . fugiebant.) Suet. Aug. 83 pumilos atque distor-
tos . . abhorrebat. Pass. Cypriani (acta mart.) 257, 19 nos et
parentes ipsos abhorremus. Sedul. op. pasch. 2, 17 (p. 229, 8H.)
deus abhorrens divinis monitis non parentes. Meginhard. de fide
280 H. Ploen:
cap. 4 (Caspari anecd. vol. I 269) abhorreo Priscillianum. Greg"-
Tur. Mart. 2, 25 yos abhorrens Romae mirabilia facit.
b) rei. Suet. Galb. 4 ceteris ut obscenum ostentum abhor—
rentibus; Vit. 10 abhorrentis quosdam cadaverum tabem. Min.
Fei. 12, 5 cibos et potus. Porphyr. Hör. carni. 1, 3, 17 mortem^
2, 16, 13 victum angustum; epod. 16, 35 tantum abhorrent eos
(reditus); sat. 1, 6, 98 abhorrens senatoriam dignitatem. Ach»
schol. Hör. carm. 2, 4, 19 lucro aversam] abhorrentem fraudem,
et pecuniam. Dictys 2, 23 exemplum huius modi abhorrent«;
2, 25 exemplum admissi abhorrentem. Lactant epii. 51, 2 ab-
horrent nonien crucis. Donat. ad Ter. Ad. 349: exsecrative, nt
alii facinora abhorreani Ambros. enarr. psalm. 37 ne mysticua
quidem abhorreat pietatis affectus; id. epist. 19, 13 quod abhor-
reret lididinis consuetudinem. Heges. 1, 16 abhorreat tantornna
contagia flagitiorum; cf. Isid. reg. monach. 3, 3 (monachus) phil-
argyriae contagium abhorreat. August, epist. append. 19, 8 qnae
illud vitium abhor rebat; 19, 20 mulierum visus abhorrebat; de
vera et falsa poen. 7, 18 temerarius est qui peccatum non ab-
horret; 8, 21 fragilitatem. ad fratr. in er. 35 decet indicea a.
falsitatem; 36 divitias; 46 omne dominicum. sim. passitn. Past
Herrn. 91, 5 consuetudinem. Cassian conl. 20, 12, 4 criminum
sordibus quae abhorret dominicus. Sedul. hymn. 2, 22 faeno iacere
pertulit, praesepe non abhorruit. Lucan. comm. Bern. p. 188,22
coniugis fortunam. Anthol. lat. II 730, 12 R. num deus hoc re-
cipit, quod homuncio sanus abhorret? Zeno traci 2, 27, 1 in-
felicitatem; ib. 2, 66 tauros, arietes. Maxim. T aurin. Patrol. 57,
258 vos abhorrete vana. Paulin. Nol. Patr. 61, 456 strepitusque
fori rerumque tumultus cunctaque divinis inimica negotia donis
et Christi imperiis abhorrent. Eugenius Patr. 87, 400 felix qui
terrae fragiles semper abhorret opes. Fructuos. reg. monasi Patr.
87, 1116 habent consuetudinem mores pristinos nunquam abhor
rere. Ambros. Autpert. Patrol. 89, 1311 quisquis totum abhorret,
quod animam inducit; ib. 1330 qui haec abhorremus. Dion. Exig.
nuptias, conventus martyrum, communionem fratrum, falsitatem.
Lex Visig. XII 3, 3 munus. Cassiod. Var. 1, 41 qui se pro-
mittat abhorrere moribus, quam refugit sanguine vilitatem; bist
trip. 11, 10 cuius mores cum populus abhorruisset. Draconi 8,
101 B. nee mater pignus abhorret Aethic. 6, 108 eorum auda-
ciam et temeritatem abhorruit. Script, rer. Lang. p. 554, 23 W.
(Autpertus) haec. Greg. Tur. bist. Fr. 5, 5 eibum potumque; 5, 11
!
Abhorreo. 281
quod; vit. patr. 1,4 non abhorrens luridae maculam leprae. Paul.
Diac Patrol. 95, 737 coquinac servitium non abhorrens.
c) Epist. concilii Rom. a. circ. 380 p. Chr. = Patr. 13, 584
fcormenta abhorreat religio sacerdotis. Ambros. in apocal. Patr.
17,835 deprecor, ut hanc (humilitatem) cordi meo inseras, quae
novitatum praesumptionem abhorret.
Passive: abhorrendus. August, append. epist. 19, 5 ab-
horrenda verba facis; 19, 19 vitia abhorrenda exerceret Nov. Val.
13, 1 ne abhorrenda usurpatio ab omni honesta conversatione vires
diutius obtineret. Lex Visig. 7, 5, 7 abhorrenda fraudis molimina.
IV. Sequente infinitivo vel acctisativo cum infinit ivo. Por-
phyr. Hör. carm. 1, 1, IG inercator abhorret navigare. August,
cir. dei 2, 5 cum talia quaerat in suis sacris, qualia viri optimi
abhorrent suis adhibere conviviis. Petr. Chrysol. Patr. 52, 351
eam inter ipsa stercora perquirere non abhorret. Aeihic. 6, 82
aspidiscus priscus effodiens a podixe cilia ab[h]orrit sequi pedes
non ferre secum. Aldhelm. Patr. 89, 337 quod abhorreo fari.
Gelasii traci (epist. pontif. ed. Thiel) 3, 4 quod abhorret ani-
mus dicere.
V. De gernndivo (ab urbe relinquenda, a ducenda uxore,
a finiendo bello) cf. A I a.
VI. Absolute. Gatull. 22, 11 tantum abhorret ac mutat (seil.
a vero vel bono.) Cic. de orat. 2, 85 (de eo, qui ad oratoris
laudem adspirat) sin plane abhorrebit et erit absurdus] ib. 185
aut cupiant aut abhorreant Bell. Afric. 73, 4 postquam abhorrere
eos videt (seil, a pugna). Livius 29, 12, 10 neque enim regis
animus abhorrebat (seil, a pace). Ambros. apol. Dav. alt. 4, 25
lex prohibet, repugnat religio, abhorret fides. August, d. mus. ß
(col. 1164 Mig.) aut annuimus aut abhorremus; ib. col. 1105 vel
annuendo vel abhorrendo; Patr. 4(5, 917 abhorret anima (a co-
gitatione aliqua); ib. 961 laudari a male viventibus nolo, ab-
horreo; Patr. 40, 499 omnium fere seusus abhorret. Salv. gub.
d. 6, 3, 18 abhorres animo. Mythogr. Vatic. 3, 9; 7 neu abhor-
reas, quod iuxta stellarum status prospera nobis vel adversa dican-
tur destinari. Poet. aev. Carol. II 439, 390 D. insana puella maeret,
tristatur, abhorret.
B. Translative. = discrepare, differre, non convenire;
alienum, diiunctum, distinctuin esse (oppos. convenire, consentire,
concordem esse).
ArcfiiT für Ut. Lexikogr. IV. Iloft ± 10
282 II. Ploen:
I. Personaliter vel cum certo subiecto.
a. Sequente praepositione ab:
1) De rebus, quae abhorrent a) a rebus. Cic. inv. 1,77 illa
nobis abhorrere ab usu oratoris visa suut; part. or. 20 verba ab
ipsa actione atque imitatione reruin abhorrentia; 33 verba ab usu
abhorrentia; opt. gen. 20 causa abhorret a formula consuetudinis
noBtrae; 23 (verba) non abhorrent a more nostro; de orat 3,66
orationis genus abhorrens ab auribus vulgi; 3, 202 illusio a prae-
ceptis Caesaris non abhorrens (= Quintil. 9, 1, 28); 224 illnd
videtur ab linius nostri sermonis officio non a. — Cic. fin. 3,4
agricultura abhorret ab omni politiore elegantia; 5, 31 ab inter-
itu naturain a.; 5, 06 id a . . . societate humana non abhorrebit;
Parad. Stoic. 1 locos graves ex philosophia abhorrentes ab hoc
usu forensi et publioo; Divin. 2, 125 quod abhorret ab hominis
constantia; Tusc. 4, 35 quorum mens abhorret a ratione; offic.
1, 128 ab omni, quod abhorret ab oculorum auriumque appro-
batione fugiamus; rep. 1,24 oratio abhorrens a persona hominis
gravissimi; 2, 21 civitatem a vita hominum abhorr entern et mo-
ribus; leg. 2, 1(5 mentes liaud satte abhorrebunt ab utili aut i
vera sententia.
Cic. Kose. Am. 68 tanta temeritas, ut non procttl abhorreat
ab insania; Verr. 3, 52 cum huius iudicii discrimen ab opinione
tua non abhorreret; Catil. 1, 18 consilinm quod a tuo scelere ab-
horreat; 1, 20 id quod abhorret a meis moribus; Miir. 69 illud
quod a consuetudine non abhorret; Arch. 3 nie hoc uti genere
dicendi, quod non modo a consuetudine iudiciorum, verum etiam
a forensi sernionc abhoreat; Flacc. 69 istorum (ludaeorum) religio
sacrorum a splendore huius imperii, gravitate nouiinis nostri, ma-
iorum institutis abhorrebat; Sest. 96 nee ab utili täte eorum, qui
audient, nee ab officio vestro nee ab ipsa causa P. Sestii abhor-
rebit oratio mea; 98 otium quod abhorreat a dignitate; Pis. 71
ne hoc ipsiun genus orationis ab huius loci more abhorreret;
Plane. 78 hoc abhorret a virtute verbuin; Deiot. 17 etsi a veri-
tate lotiffc, tarnen a consuetudine criminandi non multum res ab-
horrebat. — Cic. epist. 1,9,23 abhorrent (libri) a communibas
praeeeptis; Att. 1,20,2 a meis consiliis ratio tua non abhorret;
Quint. fr. 1, 1, 39 quae cum abhorrent a litteris [atque] ab hu-
manitate, tum vero contraria sunt imperio ac dignitati.
Nepos Att 14,2 eos vocabat, quorum mores a suis non ab-
horrerent. Livius 1,48,5 (faciuus) non abhorret a cetero scelere;
Abhorreo. 283
7 consilio haud abhorrente ab ingeniis hoininum; 22, 13,6
im abhorrens ab Latinoruin nominum [pronuntiatione os];
8 spem ab effectu haud abhorrentem. Curtius 3, 1, 14 vehi-
cultu haud sane a vilioribus abhorrens; 3; 6, 19 cultus ha-
ue patdum a privato abhorrens; 4, 6, 3 (Bactriani) horridis
18 multumque a Persaruin luxu abhorrentibus; 8, 9, 4 aquas
re niaris haud multura abhorrentes; 8, 9, 14 raare (rubrum)
ore quidem abhorret a ceteris; sim.passim. Celsus p. 8, 16 (D.)
ue addicta alterutri opinioni sunt neque ab utraque nimium
entia; 314, 9 quaedam a concreto sanguine non abhorrentia.
&n. 2, 35, 2 a consuetudine quaedam abhorrent; epist. 103,5
sophia) non abhorreat a publicis moribus. Colum. 8, 8, 1
possessio non abhorret a cura boni rustici. Quintil. 5, 12, 1
idiecta fuerint, non tmdlum ab his abhorrebunt; 9, 27 78
ententiarum non proctd a ratione iocandi abhorreat; 12, 10,
iletarum Corpora ab illa specie quae sit concessa hominibus
. dial. 45 materiae abhorrenti a veritate. Plinius epist. 2,
qui titulus a vita hominis compti semper et pumicati non
•ebat.
ellius 4, 15, 6 significatio a sententia Sallustii non abhorret;
l (ex Nigidio Figulo) cum adnuimus et abnuimus, motus
$1 capitis vel oculorum a natura rei quam significat non
et; 18, 1 1, 2 quae (voces) mihi neque a. a poetica facul-
sae sunt etc.; 19, 8, 2 sermocinatio a Latinae linguae studio
Dhorrens. Apul. apol. 90 vitam suam proctd ab huiusmodi
bus abhorrere; dogm. Plat. 2, 13 ille alius abhorrens ab
itatis dementia, qui vulgo amor dicitur, est appetitus
: ib. 22 paria similibus non abhorrent. — Aquila Romanus
orum ordo ab liumili, fortuna a sordida, natura a turpi
le abhorret. Hoc enim 'abhorret' ad tria refertur. Cf. Mart.
>, p. 180, 20 E. — Ulpian. Dig. 19, 5, 13, 1 a. liaec ab area
,4, 7, 11 hominis eius siatus et habitus a pupilli condicione
ultum abhorret. Julian. Dig. 50, 17, 66 nanctus exceptioneni
i nee ab aequitate naturali abhorrentem.
aetant. Amm. Marc. 28, 4, 33 quae (voces) longe abhorrent
liis et voluntate veteris plebis. Chalcid. Ambros. Heges.
i. adv. Lucif. 2, 18 quae ab auribus et a corde nostro a.
i. Augustin. saepissimc, maxime a vero, a veritate, ab re.
b. Marius Merc. Marius Victor. Salvian. Sidonius epist. 4, 22
o historica videtur ordine a nostro mxdtum a. Cassian. Cas-
19*
284 H. TJoen:
siod. Boeth. Schol. Bob. Cicer. et Victorin. Isid. Einhard. Lopus
Perrar.
ß) De rebus abhorrentibus ab hominibus. Cic de orat 3,65
quod ab hoc oratore valdc abhorreat; Cluent. 167 quid unquam
in se admisit, ut hoc tan tum ab eo faeinus non a. videatur?
Livius 10, 3, 7 qui terror a Fabio abhorret. Curt. 5, 6, 17 gentem
bellicosam et mtütum a ceteris Persis eultu vitae abhorrentem.
Tac. bist. 2, 2 neque abhorrebat a Berenice juvenilis aniraus.
2. De hominibus ab aliqua re alienis. Livius 4, 44, 11 virgo
Vestalis ab suspicione parum abhorrens. Quintil. 9, 2, 30 qui
(adversarii) ita dem um a fiele non abhorrent, si ea locutos finie-
rimus, quae cogitasse eos non est absurdum. PHn. epist. 5,7,3
scio te a iudicio meo non abhorrere. August, de gratia Christi
6 non a. a doctrina apostolica.
3. Infinitiv o subiecti loco posito. Celsus 6,6,1 (p. 227,21
Dar.) neque ab ratione abhorret etiam penicillo uti. Suet. Cat
12 nee abhorret. a veritate ipsuin de parrieidio professum (esse).
August, quaut. an. 14, 24 non abhorret a vero aninium carere
omni corporea maguitudine. Schol. Bob. Cic. 339, 22 Or. non ab-
horret a fide hoc dixisse Clodiuni.
b. Seqmntc ablativo. Curtius G, 2, 5 iubebantur suo ritn
canere ineonditum et abhorrens peregrinis auribus Carmen; 8,6,2
ad niunia hnud multum servilibus ministeriis abhorrentia. Flor.
1, 7 nee abhorrebat moribus uxor Tullia. Apul. met 10, 16 quod
potissimuin abhorret asino. Bonif. I epist. 1 (Patr. 20, 752 M.)
quod divinis legibus abhorreat (cod. Vatic. horreat). Cyprian.
epist. 07, 9, () (= epist. Pauli ad Rom. 1, 30) abhorrentes deof
iniuriosi (&tö6Tvyti£; Vulg. deo odibiles). Boeth. comui. in Ari-
stot. II lf>9, 27 (Meiser) sententiam a. ratione.
c. Scqnentc dativo. Livius 2, 14, 1 huic tarn pacatae pro-
fectioni ab urbe regis Etrusei abhorrens mos manet bona Por-
sinae regis vendeudi. Zacchaeus consultat. 1, 1 (Patr. 20, 1073
Mig.) si quidquain ex divinis vestrae sapientiae congruum taliqae
(codd. Yindoc. et Lemov.; talisque ceteri) iustitiae abhorrens possit
expromi. Marculf. form. Patr. S7, 90<> Mig. multum ei vestra fati-
gatio abhorret.
d. S&juctüe praopositionc int er. Livius 38, 56, 6 orationes
P. Seipionis et Ti. Gracchi abhorrent inter se. Celsus 6, 18, 7
an us nuilta taediique plena mala reeipit neque inter se mn/Afff!
abhorrentes ourationes habet. Mar. Vietorin. art. gram. 3, 102, 31
Abhorreo. 285
est coniunctionis genus nimis scabrum atque asperum, ut sunt
ioiiica faco iu{£ovog cum iatnbicis vel dactylica cum trochaicis
aemper dissentientia inter se atque abhorrentia.
e. Sequente praepositione in. Boeth. Geometr. p. 393, 3
FriedL si (lector) in aliquibus superius propositis vacillando ab-
horreat Cf. aberrare in aliqua re7 Arch. IV 108.
f. Absolute. 1. Verba finita. Plaut. Cist. 1, 1, 56 Quid, cedo,
te obsecro, tarn abhorret hilaritudo? Livius 40, 57, 7 nee enim
aut lingua aut moribus (aequales) abhorrere, cf. Weissenb. ad h. 1.
Plinius nat. h. 37, 113 alterum genus (prasii) sanguineis punetis
abhorret, tertium virgulis tribus distinetum candidis. Salvian. gub.
i 6, 3, 18 quia abhorres animo. Eugenius Patr. 87, 408 ad ce-
teras interrogationes, si hoc non abhorret, transeamus. Paulus
Diac. Patr. 95, 737 iuxta litteram, quantum abhorreat hoc, facile
patei — Seq. infinitivo Claudian. Mamert. de statu animae 2, 12
(i 149, 21 E.) non abhorret aliquid illic esse terrenum.
2. Participium abhorrens in modum adiectivi (dissimilis, di-
verw, ineptus) usurpatttm. Livius 21, 32, 10 Gallos haud sane
multum lingua moribusque abhorrentis (seil ab incolis Alpium);
27,37, 13 Carmen nunc abhorrens et inconditnm; 30, 44, 6 vestrae
iatae dbsurdae et abhorrentes lacrimae. Gellius 6, 8, 4 delphini
amantis et pueri non abhorrentis (ab amore delphini) consuetu-
dines refert; 7, 12, 4 non abhorrens neque inconcinna significatio.
Cypr. epist. 34, 2 dum salubres eibos et utiles potus quasi ama-
ro8 et abhorrentes respuunt. August. (Innocentii) epist. 183, 2
hoc ad catholicam pertinere doctrinam, quod abhorrens longins et
penitus adversutn = Append. ad S. Leonem Magn. Patr. 5G, 482 M.
Marius Victorin. 3, 103,4 intellegis atque ipso sensu abhorrentium
aurium pereipis.
IL Impersonaliter vd sine certo subiecto.
a. Sequente praepositione ab: Cic. Brut. 31 ab hoc quod
proposuimus abhorret; opt. gen. 16 abhorrebit . . a suspicione;
de orat. 1, 12 in dicendo vitium vel maximum sit a vulgari ge-
nere orationis atque a consuetudine communis sensus a. cf.
Quintil. 8, praef. 25. Cic. Acad. pr. 29 haec habere dubia nee iis
ita confidere ut moveri non possint, a. a sapientia plurimum.
Livius 9, 36, 6 abhorrebat a fide. Quintil. 8, 3, 43 licet adsumere
duplicata et idem significantia atque [ab ipsa actione atque] iini-
tatione rerum non abhorrentia. Suet. Ner. 43 uiulta et immania
rerum non abhorrentia a natura sua creditur destinasse; Tib. 62
286 H. Ploen:
nee abhorret a vero. — Ambros. August, passim (Patr. 38, 664
nou a. a vero, quod dicitur a nobis; 43, 747 a factis eorum ab—
horrendo). Cassiau. coul. 23, 12, 4 abhorret a iustitiae auetore,
quiequid bonitati euntrariuni est. Greg. Magn. Concil. Hispan.
b. Scquente ablativo: Tac. bist. 5, 24 neque abhorret vero.
Dositheus Gr. lat. VII 420, 17 usu forensi abhorret. Cod. Theodos.
11, 27, 2 abhorret uostris moribus, ut quemquam fame confici
concedamus. Cod. lustin. 2, 17, 3 abhorret saeculo nostro.
Abhorresco, ere propric est tncipio abhorrcre; cum autem
vcrbiim a recentissimis demum acriptoribus sit novatum, plerumqve
nun (li/fh't ab abhorrendo. Cf. Arch. I 478. Gloss. abav. abhorre-
scens: discrepans; Cyrill. p. 432, 21 äiaqxovä: discrepo, abhorreo,
abliorrcsco, dissentio, dissono. Not. Tirou. Bern. 43, 103. Hispan.
Lusit. aborrecer aliaque indc dtwta.
Vulg. 2 Maccab. 6, 12 obsecro eos, qui hunc librum lecturi
sunt, ne abhorrescant propter adversos casus. Rufin. Orig. comm.
in epist. ad Roman. 10, 6 ut non spernant eos, abiciant, abhor-
rescant; id. 1, 19. Greg. Mor. 10, 30 hoc abhorrescit, quod etc.
Marculf. formul. (Patr. 87, 882 Mig.) ne populus abhorrescat a
nobis. Lex Visigoth. 12, 3, 7 ut quieuinque ex illis carnibus vesci
penitus abhorreseunt.
Afohorride. adverbunn duetum ab adiedivo *abhorridus, cum
mdlum exstat vxcmplum. (Jharisius p. 57, 5 K. eanitia nee inratio-
uabiliter nee abliorride dicitur.
Argentorati. Henr. Ploen.
Erläuterungen.
In Abwesenheit des auf einer Reise begriffenen Verfasser* vor-
stehender Artikel möge es der Red. verstattet sein einige Bemerkungen
an dieselben anzuknüpfen.
Vor allem füllt das Zurücktreten von abhorreo in der Poesie
in die Augen. Sind schon bei Plautus und Terenz je zwei Stellen
weniger als wir erwarten, so fehlt es bei Vergil, Iloraz, Tibull, Pro-
pertius, Ovid, Manilius, Lucan, Valerius Flaccus, Silius, Statins, Martial
ganz, und je eine Stelle bei Lucrez und Catull zeigt nur den nahenden
Tod an. Aber auch Ciisar hat es nur an einer Stelle des nicht mehr
überarbeiteten bell, civile, Corniticius, Varro und Sallust gar nicht,
der Philosoph Seneca sehr selten und der llhetor nur einmal das Par-
tieip; dagegen hat es Cicero mit aller Energie in Umlauf gesetat,
und Livius wurde sein Bundesgenosse.
Das Verbum ist von Haus aus durchaus ein intransitives, in
Abhorresco. Abhorride. 287
höherem Grade als horreo, welches Bchon Cäsar und Cicero mit cri-
men und crudelitateni verbinden, und zwar ist die Norrnalkonstruktion
nur: abhorrere ab aliqua re, wie die alten Grammatiker ausdrücklich
bezeugen. Ein Beispiel nach dem Muster *res abhorret ab nomine'
ist nnr ans Cic. epist. ad Octav. 2 quorum au res atque animus a
nobis abhorrent bekannt, d. h. der Brief ist, wie längst erwiesen,
unecht. In der Bedeutung 'einen Abscheu (Widerwillen) haben vor
(gegen) etwas9 ist es erst von Curtius (dem Plinius und Tacitus folg-
ten) mit dem blofsen Ablativ verbunden worden, erst von Sueton mit
dem Accusativ der Person und der Sache, indem sich mittlerweile die
Grandbedeutung zu aspernari, detestari, abominari verschoben hatte,
und das Spätlatein hat sich die neue Konstruktion unbedenklich an-
geeignet. Die Lesart bei Titinius 41 haue dorn um a. ist aus diesem
Grunde wenig wahrscheinlich. Die Konstruktion Cic. Cluent. 41 ist
eben durch das Zeugma mit aspernari zu erklären, was Arus. Mess.
p. 452, 14 übersah.
In der übertragenen Bedeutung 'verschieden sein von, nicht
stimmen zu' (die beiden Nuancen liefsen sich nicht wohl streng aus-
einanderhalten) ist das Verbuni in der Klassizität gleichfalls mit ab
verbunden; den blofsen Ablativ bringen die poetisierenden Prosaiker,
Curtius, Florus, Apuleius, die hier freilich nicht die dichterische Kon-
struktion gerade von abhorrere in die Prosa übertragen, sondern das
in der Poesie gemiedene Verbum nach Analogie anderer den Dichtern
geläufigerer behandeln. Livius wagte sogar einmal, aber auch nur
in dem zweiten Buche, wo er noch wie im ersten am meisten der
Dichtersprache sich anschliefst, den Dativ, indem er a. = non con-
venire fafste. Im Übrigen ist bei doppeldeutiger Form, zumal bei Pro-
saikern, eher an den Ablativ als an den Dativ zu glauben, obwohl
Madvig den Dativ vorzieht. Vgl. Heraeus zu Tac. bist. 4, o5.
Die Konstruktion mit inter lehnt sich an difterre und ähnliche
Verba an; abhorrere in aliqua re hat sein Seitenstück an aberrare
in aliqua re, Arch. IV 108.
Multum abhorrere ist bei Cicero und Livius und Spätem nicht
selten, also auch tantum, quantum, nimium, paulum u. s. w. korrekt;
multo ist nicht belegt, doch tantopere bei Apuleius apol. 88. Aufsor-
dem sagt Cicero: proeul, longe, longissime, valde, prnrsus, plaue ab-
horrere. Negativ schreibt der nämliche Cicero rnon abhorrere', *haud
a/ bei hinzutretendem sano (leg. 2, IG), wie auch Curtius 3, 1, 14,
während Livius auch einfaches fhaud abhorrere' liebt.
Synonyma von abhorrere und abhorrens sind durch Kursivschrift
ausgezeichnet; das Particip haben sowohl Livius als Curtius mit in-
conditus verbunden; absurdum ist stärker als abhorrens nach Cic. de
orat. 2, 85.
Abiectio — Ablingo.
AbiectiO; Ollis*), fem. Proprie actus abwiendi. Greg. Magn.
homil. in evang. 40, 3 si a. vilis indumenti virtus uon esset CaeL
Aurel. acut. m. 2, 59 manuum neglecta atque distensa a. Prise
de metr. Ter. 8 abiectionibus S litterae sunt usi.
Translativc. De animo demisso Cic. Pia. 88 quid debüitatio
atque a. aninii tui? — In arte rhetorica extenuatio, utiaöig; opp.
amplifkatio. Cornif. 1, 6, 10 exordieniur ab abiectione (cf. Cic. orat
127 augendis rebus et contra abiciendis). Dicitur ctiam de magi-
stratu vcl imperio deposito sive deponendo: Cassian. collat. 1, 6, 3
perfectiouem non privatione omnium facultatum seu dignitatum
abiectione contingi. Lex Visigoth. 2, 5, 19 in necem Tel ab-
iectionem regiam nituntur; ib. 2, 1, G in necem vel abiecüonem
nostrani iutendere proditus videtur esse. Nithard. vit. Hludov. 44
praetendentes abiectioneni sui. Isid. ulleg. 85 a. sacerdotii (86 suc-,
cessit in ininisterio sacerdotali).
Apud svriptores christianos dicitur de contemptu et coth
dickmc hutnili. Itala et Vulg. Psalm. 21, 7 ego sum opprobrium
liominum et a. plebis = Tert. adv. lud. 14; Cypr. test. 2, 13;
Gaudent. Patr. 20,089. 1175. Ambros. August, passim. Salvian.
gub. d. 7, 10, 40 = Psalm. 106, 40 effusa est a. super prineipem
(Vulgata: contemtio). August, enarr. psalm. 1447 Mig. ex kac mor-
talitate, corruptionc, abiectione. Salv. gub. 1, 2, 6 bonos in m*-
scria et abiectione. Greg. Magn. Mor. 31, 95 non vult per ab-
iectionem in infimis hubitarc. 31,9(3 damua, contumeliae, cgestas,
a. Paul. Diac. bist. Lang. 4, 6 episcopos, qui in depressione et ab-
iectione erant, a. De contemptu sensu activo. Tertull. de patient
*) Das Substantiv ist in der Neuauflage von Du Gange- Favre auf-
genommen, doch in der kurzen Fassung: fA. remotio. DIEF.' In vor-
liegender Bearbeitung ist das Material der Profanlitteratur annähernd voll-
stündig gegeben, der reiche Gebrauch in der Patristik dagegen nnr durch
einzelne ausgewählte Beispiele angedeutet worden.
Ed. Wölfflin: Abiectio — Abiegnuu. 289
7 & divitiarum. August. Patr. 46, 863 voluptatis a.; quam idem
Aug. aliis locis dixit contetnptum völuptatis. Ennod. p. 54, 33 Vog.
quos dei servitium post istarum rerum abiectionem fecit ingenuos.
— Summa modestia et animi submissio. Ennod. 248, 12 Vog. sub
pio principe nulla militem decolorat a.; ib. 188, 29 flagitium celat
a. Agobard. adv. Fredeg. 2 abiectionis humilitas. Greg. Magn.
Vor. 18, 54, 89 per abiectionem, qua se humiliando deiecerat, talis
factus est. — Ennod. p. 62, 38 nolo Hat in abiectione possessio,
u e. nolo alicui emolumentnm parari ex detritnento alterius.
Abiegneus, a, um, i. q. abiegnus. Hac fonna vuhjari scrip-
tmm unus usus esse videtur Vitmvius p. 166, f) R. (asseres) maxime
copressei, quod abiegnei (sie codd. GH) ab carie et ab vetustate
eeleriter vitiantur. Cf* Faventinus p. 303, 17 R. asseres abiegnei
(abiegni Hose] abstinei codd.). Praeterea accedunt haec inscriptio-
*m testimonia: Corp. inscr. lat. I 577, 2, 3 opercula abiegnea
inponito; 577, 2, 4 antepagmenta abiegnea lata inponito. Ab-
iegnius. Corp. inscr. I 577,2, 1 Inasserato asseribus abiegnieis
sectilibus. Vol. II, edict. Diocl. 12, 1 materia abiegnia. Abiegineus
Corp. inscr. lat. I 577, 1, 19 Insuper mutulos trabiculas abiegi-
neas inponito.
Abiegnus, a, um, proprie ah (ex) abiete genitus, ex äbiete
factus. Priscian. I 70, 19 H.: ligneus, marmoreus . . . inveniuntur
pauca sine e ut quernus abiegnus.
Plaut. Cas. 2, 6, 32 num ista aut populna sors aut abiegna
est tua? Ennius, Medea 252 M. 281 V. 205 R. utinam ne in ne-
more Pelio securibus Caesa aeeidisset (accedisset) abiegna ad
terram trabes, quos versus certatim laudavertmt scriptores. Accius
trag. 261 R. stipitem abiegnum (cod. abiegum) aut alneum; cf.
Fest p. 314, 18*. 21* M. Catull. 64, 7 verrentes abiegnis aequora
palmis. Prop. 4, 1, 25 de equo Troiano quis equo pulsas abiegno
nosceret arces, sicut 5, 1, 42 abiegni venter apertus equi. 4, 19, 12
de Pasiphae abiegnae cornua falsa bovis. Ovid. art. 3, 469 a.
tabellae. Livius 21, 8, 10 phalarica erat Saguntinis missile telum
hastili abiegno; 42, 65, 10 a. breves pinnae. Vitra v. p. 59, 16 R.
a. rates. Colum. 12, 44 et 47, 6 a. scobe. Boeth. comm. in top.
Cic lib. 5. Patr. 64, 1148 D de versu Enniano supra laudato Nisi
cecidissent abiegnae trabes ad terram, Argo illa facta non esset.
Vulgata III Reg. 5, 8 ego faciam omneni voluntatem tuam
in lignis cedrinis et a.; 5, 10. 6, 15 texit pavinientuui domus ta-
bulis a. 6, 32 ostia de lignis a. 9, 11 ligna cedrina et a. II Paralip.
290 Ed. Wölfflin:
3, 5 ilomum texit tabulis ligneis a. Sidoii. Apoll, epist. 8, 12
pandi carinarum ventres abiegnarum trabium textu pulpitabuntur.
Aguellus 168 (Script, rer. Langob. p. 387 ed. Waitz) onmia ligna a.
Abies (correpta a, Cassiod. Gr. lat. VII 200, 18; producta e
8erv. Gr. lat. IV 452, 14. Verg. Buc. 7, 6G. luven. 3, 255) abiätfe
(Charis. p. 40, 13 K.; correpta c Prise. Gr. lat. III 524, 22 H.),
gen. feinin. (Varro ling. lat. 9, 41. Prise. 5, 26. Ajiecd. gramm.
Helvet. p. 105, 20). Apud poetas abiete (quattuor syllabas habet
breves Beda, Gr. lat. VII 241), 9) = abjete et tribrachi et daetyli
loco ponitur (Ennius trag. Verg. Aen. 2, 16. 5, 663. Probus Gr.
lat. IV 257, 24. Servius in Donat. ibid. IV 425, 14), falso in venu
Vergilii proceleusmutieuni intellegit Isid. orig. 1, 17, 28; abieti-
bus = abjetibus Clcdon. Gr. lat. V 30, 12.
I. Plinius li. nat. 12, 134 arbur, quam alii elaten vocant..
uos abietem. Hieron. epist. 106, 65 pro abietibus ... et cupressis
in Hebraeo ponitur barusiui. Cassiod. (?) Patr. 70, 1085 Mig.
in comnientario ad Canticum: Nonnulli dieunt elatas paliuarum
speciem arboris esse aromaticae, quam latine abietem sive spa-
tas vocant; nam graece a. ikdrrj dicitur. Abietem vero bic non
magnain illam arborem, quae est navigiis et domibus apta, sed
speciem aromaticae arboris debemus aeeipere. Isid. orig. 17,7,32
a. dieta, quod prae ceteris arboribus longe eat et in excelsum pro-
mineat. Philox. gloss. abies: *A«ti/; Cyr. 451, 56 Harri, divÖQOv:
abies. Gloss. nom. 14 abies: genus palmae fruetiferae. Vanicek,
etymol. Wörterb. 1 80. Liuneo dicitur et pinus abies et pinus
picea.
De arbore. Ennius ann. 190 M. 195 V. a. consternitur aUa.
Accius trag. 407 11. ego me extollo in abietem, alte ex tuto pro-
spectum aueupo. Varro r. rust. 1, 6, 4 in montanis naseuntur
abietes; sat. Menip. 189, 7 K. alius tmeram abietem solus percellit.
Verg. Buc. 7, 66 a. in montibus altis; Georg. 2, 68 nascitur et
casus a. visura marinos (utpote aedificandis navibus); Aen. 9, 674
abietibus iuvenes patriis aequos. Ovid. met. 10, 94 enodisque a.
curvataque glandibus ilex. Livius 24, 3, 4 lucus irroceris abietis
arboribus saeptus. Vitr. p. 55, 23. 60, 25 a. supernas, infernas
(maris superi et inferi); 105, 18 in arboribus tcretibus a. cupresso
pinu. Colum. 11, 2, 13 sexagenum pedum a.
Plinius nat. bist. 16, 30 seqq. 38 pinus atque a. omnesque
quae picem gignuut; 48 a. amplissima est et femina etiam pro-
lixior, materic mollior utiliorque, arbore rotundior, folio pinnato
Abies. 291
ilensa ut irabres non tramittat atque hilarior in totum; 74 montes
et valles diligit; 80 tblia non decidunt; 90. 91; 100 robur et a.
intermittunt germinationem; 106 floret croei colore; 122. 125 in
longitudinem excrescit; 127 radices singulares abieti; 128 hirsttta;
129; 138; 187 (lignuni proximum medullae) in abiete leuson
Graeci vocant; 196 abiciis quac pars a terra fuit cnodis est; 201 ;
225 firinissiina in rectum; 245. 17, 21 quid abiete procerim?
91 umbra abietis . . . veuenuui; 235. 13, 137 in alto |mari] a.
Valer. Flacc. 7, 405 abietibus tacitis siiniles. Silius 4, 084 amb-
usta comas a.; Statius Theb. 6, 104 auclax a. scinditur; luven.
3, 255 longa coruscat Serraco venientc a.
Fronto 7, 18 N. a. et alnus . . . ventis atque iuibribus edu-
cantur; 148, 5 qui te ut abietem aut alnuni proccratn incurvant;
216, 4 intonsas a. [Tertull.] de iudicio domini 225 Hie abietes
celso florent in vertice nigrae. Palladius 12, 15 a. quam Galli-
cam vocant. Ambro«, hex. 3, 11 a. non contenta terrenis radici-
bus; 3, 12 proccra. Vulgata les. 14, 8 abietes laetatae sunt; 41, 19
ponam in deserto abietem; 60, 13 gloria Libani, a. et buxus.
Ezecb. 27, 5 abietibus de »Sanir; 31, 8 abietes non adaequaverunt
summitatem eius (= Isidor. seilt. 1, 10, 5). Zacliar. 11, 2 ulula,
abies, quia cecidit cedrus, ad quac Iiieron. comment. Zach, per
cedros et abietes principes significat. Osea 14, 9 dirigam euni
ut abietem virentem, et Iiieron. comment. ad h. 1. lieg. 4, 19, 23
succidi sublimes cedros eius (Libani) et electas abietes illius.
Hieron. comment. ad Os. 3, 14,9 a. domus eius; adv. lovin. 2, 6;
Patrol. 23, 968 B Mig. proiecit puerum subter ( sub unam Augustin.
Patr. 34, 561 Mig.) abietem. Claudian. rapt. Pros. 4, 18 altior . . .
cuuctis a.; Avianus 19, 1 a. pidchcrrima risit dumos horrentes.
Cassiod. var. 5, 17 a. quac fluentis amnicis nutrita surrexit, nm-
rinarum superare cumulos discat undarum. Lex Burgund. 28, 2
quod etiam de abietibus praecipimus custodiri. Ycnant. Fort. carm.
3, 9, 23 myrta salix a. corylus. Coripp. lustin. 4, 45 in tenues
tabulas a. numtana secatur. Aethicus 1,21 codrorum et a. magni-
tudincm; 6, 72 comantia innectunt aves pulcherrimae surcula ab-
ietibus et platanis. Greg. Magn. mor. 18, 20, 32 pro saliunca
ascendit a. = Vulg. Ies. 55, 13.
Numero singulari collective. Verg. Aen. 8, 579 nigra
nemus abiete cingunt. Yitr. 14, 16 nee abietis nee sappinorum.
Plin. nat. hist. 15, 67 uvas in ramentis abietis, populi. Val. Flacc. 3,
165 iamque abies piceaeque ruimt. Silius 3,442 densos abiete lucos.
292 Ed. Wölfflin:
II. De materia sive ligno. Gloss. Yatic. 3321 abietem:
genus ligni. Eimius trag. 80 K. Tosti alti stant parietes defor
mati atque abiete crispa, Caesar 5, 12 materia cuiusque generii
praeter abietem. Yarro r. rust. 3, 5, 13 columnas ex abiete tenues
Yerg. Aen. 2, 16 sectaque intexunt abiete costas; 5, 663 picta
abiete puppis. Li vius 28, 45, 18 a. in fabricandas naves . . . abiet
ex publicis silvis est usus. Yitr. 55; 25 non potest id robur quo
a. 56, 23 (= Favent. p. 297, 3) a. non ponderosa . . enodis . .
laricis vero materia etc. Pliu. nat. hist. 16, 41 a. expetita na
vigiis; 46 lignum abieti similius; 195 larici et magis abieti bu<
cisis umor diu defluit; 221 abietem aquis non corrumpi. Siliu
6, 352 aut abiete secta transtra novant. Itala (Weing.) Ezecl
27, 5 ut facerent tibi vela de abiete (ut facerent tibi malun
Vulgata). Itala psalm. 97, 6 psallite in tubis abietum (Vulg. i
cithara). Veget. r. mil. 4, 34 ex a. liburna contexitur. Ambra
vol. III 746 Mig. bonae ex a. naves Tharsis. Aminian. 23, 4,
de artete: eligitur a. vel ornus. Prudent. apoth. 520 quod null
a. pinusve dolata texuit. Merobaud. paneg. 168 texitur in turres t
III. Materia pro re inde confecta a) de tabellis. Plam
Pers. 248 ad . . . erani hanc obsignatam abietem (seil, feto]
Quintil. 8, 6, 20 prosa ut mucronem pro gladio reeipiet, ita noi
abietem pro tabellis. b) de navibus. Accius 331 R. lucifer
lampade abietem (arietem codd.) exurat lovis. Verg. Aen. 8, 9;
labitur uneta vadis a. c) de hasta. Verg. Aen. 11, 667 trana
verberat abiete pectus. Lucan. 6, 197 levis ast a. elusit utrum
que; 6, 236 fert a. (ingentem umbram). Silius 4, 256 fata ex
trema ferens a. Statius Theb. 9, 552 it tremebunda a. clipeun
per et aerea terga loricae. d) de remis. Poeta ap. Petron. 89, &
pulsumque abiete imposita geinit e) de manuali lectorif
Martial. 14, 84, 2 haec a. ehartis tempora longa dabit.
Abietarius, ii, masc. faber lignarius. Vulgata Exod. 35, 3!
ambos erudivit sapientia, ut faciant opera abietarii. Corp. insci
lat. VI 9104 vivit C. Itoius C. L. Eros abietarius. — Festus (Pau
lus) p. 27,11 Abietaria negotia dicebantur, quam materiariai
{codd. materiam) nunc dieimus, videlicet ab abietibus coemendü
AbYga, ao. fem. Pliu. nat. k. 24, 29 Chaniaepitys latine abig
vocatur propter abortus, ab aliis tus terrae, cubitalibus ramii
flore pinus et odore. Apul. de medicam. herb. 27.
Äbi'gator, örR masc. Cf. Arch. I 558. III 13.
Abietarius — Abigo. 293
Äbtg&tS: involata. Arch. I 563.
Äblgftfttor, örig. masc. Arch. I 558. Coli. leg. Mos. et Rom.
All.
AbYg£ätu8, 118. masc. Ulpian Dig. 47, 14, 1, 4 si non color
abigeatus quaesitus est. Macer Dig. 47, 14, 2 abigeatus crimen
public! iudicii non est. Callistratus Dig. 47, 14, 3 § 2. Arrius
Menander Dig. 49, 16, 5, 2. Paulus lib. sent. 5, 18, 1.
Abigeatus, a, um. abactus. Cypr. epist. 71, 2 ut quia ovis
iam fuerat, hanc ovem abigeatara (cf. adnot. crit. üartelii) et
errabundam in ovile suum pastor recipiat.
Äbl'ggus, i. masc. abactor. Arch. I 501. Ennius trag. 299 R.
impetrera fac ille ab animo ut cernat vitalem *abigeum (Rib.;
babium codd. Non.) Cf. Itibbeck, röm. Trag. 200. Ulp. Dig. 47,
14, 1, 1 Abigei proprie hi habentur, qui pecora ex pascuis vel
ex armentis subtrahunt et quodammodo depraedantur et abigendi
stadiuin quasi artem exercent, equos de gregibus vel boves de
armentis abducentes. Macer Dig. 47, 14, 2 abigei plerumque ferro
utantur, si deprehendentur. Callist. Dig. 47, 14, 3 aut furem aut
abigeum. Saturninus Dig. 48, 19, 16, 7 discernit iurem ab abigeo.
Collat. leg. Mos. et Rom. 11, 6. 7. Isid. orig. 10, 14 für iumen-
torum et pecorum, quem vulgo abigeum vocant, ab abigendo
scilicei Corp. inscr. lat. VI 218 in fine inscr. ABIGEI Fee. ad quae
ditor adnotat: quid sit a. mihi non liquet.
Abigo, äre. obigere. Arch. III 12.
Abigo (Prise. 14, 42, partit. 41), egi (Cic. oral. 158), actum 1
(Prise. 10, 34), fgöre. Abigo: aitslavvfo Philox. p. I 35 (cod.
*bigio; an abigeo?); uitsXavvco Cjrill. p. 385, 12; djtoöoßci Cyr.
p. 391, 54; öoßä Cyr. p. 610, 55. abigit: anskavvei, ixtirgdöxai
Philox. p. I 47; minat Gl. asbest (cf. Arch. I 560), Abav.; minat,
expellit Lib. gloss. Vatic. 3321; abigunt: a se expellunt Gl.
Abav. abige: expelle Lib. gloss.; amove vel a te expelle, ab-
ioga Gloss. Abav.; abigito: anilawa, aito<s6ß*i<Sov Philox. p. I 44.
abigebat: fugabat Lib. gloss. — Acro schol. Horat. carm. 1,
21, 16 aget, avertet, abiget; 3, 24, 40 abigunt: cohibent, repel-
lunt; epist. 1, 15, 19 abigat: auferat.
I. A. aliquem vel abigi. a) addita re vel loco undc ab- 2
igitur. 1) Plaut. Amph. 150. 978 advenientem ab aedibus; Men.
127 iurgio uxorem ab ianua; Cure. 186 a eibo; Truc. 620 a te.
Livius 2, 37, 9 ab ludis; 2, 38, 4 a sede piorum. Quint. decl.
294 Ed. Wölfflin:
mai. 8, 19 abucta a peritura prima mater. Itala (Land.) Act.
apost. 8, 16 abegit (Vulg. minavit) eos a tribunali. Paßt. Herrn.
89, 9 ab iustitia. Hieron. ep. et verb. Pach. 7, 96 a cboro sanc-
torum; Hier. Hilar. 28, 28 uuum de fratribus ab oculis. August
cnarr. psalin. 118. serni. 24, 3 nialignos conipellendo a se abigii
Coelest. epist. 24, 1 (Patrol. 50, 547 RL) a navi vectores. Greg.
Tur. bist. Fr. 5, 5 a praesentia sua. Ionas, vit. Columb. Patr.
87, 1036 M eanis me Theodericus nieis a fratribus abegit —
Poet. Carol. II p. 433, 138 D de sedibus . . . qui sanctos abigant
3 2) ablativo uiuntur maxime poctae. Ovid. fast 3, 344 (de
Numa) vir colloquio non abigende deum. Prop. 4, 15, 30 sta-
biilis mater abacta suis. Lucan. 6, 735 urnis. Pliu. nat. h. 27, 52
hac (herba) feminis abigunt quos . . . Fatuos vocant Val. Flacc
5, 628 (de Iove) qui Pallada caelo Non abigis. Silius 2, 230 muro
tectisque Sagunti Hac abigam Poenos tlrxtra; 17, 466 socioque
abigat me fratcr Averno. Statius Theb. 2, 54 (Cerberus) agri-
oolas cainpis auditus abegit; 11, 725 tectis. Paulin. Nol. poem.
8, 27 via iusta. Cassiod. var. 1, 18 ut huiusmodi portenta (per-
cussores) provinciae fiuibus abigautur.
4 b) quouam? Plaut. Oapt. 815 quorum odos subbasiticanot
oniues abegit in forum. Ter. Ad. 401 rus. Verg. Aen. 11,261
diversum ad litus. Sen. dial. 7, 25, 1 int er egeutes me abige
(abiee (Jrouov.X Hilar. psalni. 14n, 13 se dissipari, se secus io-
fernuni abigi existimat. Eustath. Patrol. 53, 885 M damnati in
tenebras ultimas abiguntur. Ilist. mise. 20, 64 usque Dainascum.
[Poetae Carol. II 153, 13 1> legionem daemonum salvator in iuare
abegerat.] — Paneg. XI 25 p. 265, 1 B. ab bis [vilissimis] opti-
mus quisque abigebatur procul. Sidon. epist. 9, 3 procul hitfi
et Hippoereneu abigamus. Orosius 4, 5, 5 extorres dominos pro-
cul abigunt. Paneg. XII 21 tum longe (a principe) populus
abigebatur.
5 c) quanam rc? Plaut. True. 252 item, ut de frumento an-
seres, elamore absterreat, abigit: Asin. 445 iam hie me abegerit
suo odio. Cic. Tusc. I. 104 baeillum propter me, quo abigam
ivolucres et feras\ ponitoto. Martial. I, 34, 5 meretrix abigit
testein veloque seraque. Statius Theb. 4. 603 frondibus instantes
abigit. Suet. l'alig. 26 spoi-tatores in cireo^ fustibus abegit
Apul. inet. 8. 13 gladio. 1'lpian. Pig. 47, 14, 1, 3 qui cum gladio
abigunt. Vulg. «Jenes. 31. 36 tilias quasi eaptivas gladio. Hieron.
adv. Hbr. Hutin. 3% 33 baculum. quo tu canes abigere consue-
Abigo. 295
Ywti. Rufin. apol. ad Anastas. 1 baculum, quo abigerentur. Sidon.
| earm. 12, 9 barbaricis abacta plectris Thalia. Paulus Diac. vita
Amolfi (Patr. 95, 733 M.) cum phalanges adversariorum suo ab-
egisset mucrone.
d) se obigere (cf. se agere, Spengel ad Ter. Andr. 708): 6
i Aulul. Peip. 3, 1 celeriter hinc te (ex conieci Canneg.; hunc codd.)
abige. Ven. Portun. vit. Mart. 3, 421 die, qua se conventus abegit
\ (i. e. discessit, sich auflösen); ibid. 4, 362 hinc se proripiens pro-
pere Martinus abegit (seil. se). — Isid. orig. 18, 24, 1 (de ursis)
I modo manibus tentare invicera, modo complexu abigere sese more
lactantium.
e) nulla addita nee loci nee instrumenta siynificatione. 1) ab- 7
dneere invitum. Livius 4, 21, 1 praedae abaetae hominum jr#-
«rwmque, quare huc referri potest praedam a. Liv. 3, 68, 2. 6,
31,8. 8, 19, 10. 9, 36, 12. Num. plur. Liv. 38, 47, 12 agri va-
atati, praedae abaetae. Amm. Marc. 24, 4, 9 ut turmae abigendis
insiaterent praedis. Paul. hist. Lang. 6, 24. Cf. abducere,- Arch.
11460 seq. Ven. Fort. carm. 10, 12b, 7. — 2) avocare. Verg.
CqL 124 lotos Impia, quae socios Ithaci maerentis abegit. —
3) vi armisque repellere. Iulius Val. 2 (11), 2 in oratione De-
*adis: Persen abegimus. Hieron. epist. 78, inans. 25 insidiatores.
Bnnodius p. 189, 36 Vog. variis pertbssum ictibus abigit infestan-
tem. Passim a. hostem, lordan. p. 67, 9 M. Hist. misc. 14, 18 bis.
20,66. 4) vi repellere. Plaut Pers. 297 abigis facile (sciL.me).
Min. pan. 41 te delatores abegissc. Hyg. fab. 169 Neptunus Sa-
tyrnm (Ainymonae vim inferre conantem) abegit. Vulg. Num.
22, 11 si possim pugnans a. eum (populum). Vulg. lud. 16, 19
coepit (Dalila) a. eum (Samsonem) et a se repellere. = expellere
VitaHilarii 22 (Petr. 50, 1242) populos a. irruentes nocte. Gregor. II
pap. Epist. 12 (Patr. 89, 521) deus inhabitet in tuo corde citoque
abigat eos, qui te inhabitant. — 5) repudiarc. Hier, transl.
homil. Orig. Luc. 24 (Patr. 26, 275) Ioannes iuxta lordanem ve-
öientes ad baptisraum praestolabatur et alios abigebat; in Ies.
7, 22 (Patr. 24, 269) erumpit in lacrimas et abigit consolantes.
— 6) amovere a munere. Paul. Fest. 23, 3 abacti magistratus
dicebantur, qui coacti deposuerant imperium. Stat. silv. 3, 3, 70
Hec proximus heres abegit (sc. te). Coelest. epist. 23, 2 (Patr.
50, 545) a. sacerdotes de Christo impia praedicantes. Greg. Tur.
hist. Franc. 4, 13 Firminum a comitatura urbis abegit. Cassiod.
Var. 94 filios de albo curiae t'aeiat abradi, ut posteritas nesciat
296 Ed. Wölfflin:
fuisse, quod yetatur abigere (codd. obigere). Sen. epist 19, 2 nun
quam usque eo te abigam generis humani forore damnato («
a negotiis). — 7) Quintil. decl. mai. 15, 2 cum abigi cotnpesäq\
non posset.
8 II. De hominibus pecora, bestias etc. abigentibus a)
pascua. Varro r. rust. 2, 1, 16 (greges) longe abiguntur ex Apnl
in Samnium aestivatum; 2,5,10 (armeuta) abigantur in monb
2, 10, 11 in his regionibus stabulari solent equas abigere, ut
Apulia.
9 b) vi aut furto abducere: Cic Verr. 3, 57 fainiliam <
duxit, pecus abigit; Pisou. 84 familias abripuerunt, p. abegeni
Sen. ben. 6, 4, 5. Digest. (Pomponius) 9, 2, 39, 1. 47, 14, 3.
(Callistratus) qui a stabulo abegit dorn i tum pecus, non a flu
nee grege. Ennod. 58, 18 Vog. Einhard. annal. 820. pecora ]
vius 2, 23, 5. 28, 8, 10. 39, 47, 2 De hominibus raptis pecoribi
que abactis. Cf. § 7. 42, 41, 11. Hygin. poet. astr. 2, 4. Lact mc
pers. 27, 6 abaetae praedae pecorum ac iutnentorum. Quint de
13, 11 pecorum greges. Ulpian. 47, 14, 1, 4. Paul. sent. 5, 18,
Collatio leg. Mosaic. tit 11, cap. 2. Leg. barb. Mon. Genn. V
p. 158, § 56 sive ea (pecora) de stabulis abegerint sive de pasco
boves Livius 1, 7, 4. Ovid. met. 2, 686 (sequitur furtum). Feri
237 M. Apul. met. 9, 35. Hyg. poet. astr. 2, 7. Firm. Mat. de e
12, 5 videat ut Hercules occiso Geryone abegerit b. Coli. 1«
Mos. til 11, cap. 3. Schol. Acr. Hör. carm. 1, 10, 9 abegisti
Apollini pascenti pecus Admeti. Mythogr. Vatic. 2, 43. Paul. N
poem. 18, 235 amisit taciti furto praedonis abactos (iuvenco
iumenta Livius 7, 14,4. Curtius 5, 13,25 confossa potius qni
abaeta esse. Calpurn. Eclog. 1, 41 laxis abiget i. canistris. Vulg
Reg. 23, 5. Lex Rom. Visig. Gai. 2, 10, 5 si iumentum dec*
lOmilibus abegerit, furti reus erit (Gall. minaverit). — equoru
greges Cic. Verrin. 1, 28 coli. 2, 20. Liv. 24, 20, 16. Phaedr. «
pend. 19, 2 equum ec quadriga multis palmis nobilem Abej
quidam et in pistrinum vendidit. Curt. 7, 9, 16 equos M et DO
abegere. Paul. sent. 5, 19 (cf. Callistr. Dig. 47, 14, 3) abigeato:
sunt, qui unum equum, duas equas totidemque boves [oves]
capras decem, porcos quinque abegerint = Coli. leg. Mos. 11,
ibid. § 2 atroces (abigeatores) sunt, qui equos et greges ovi
de stabulo vel de paseuis abigunt, vel si id saepius, aut fe
aut condueta manu faciunt. Cassiod. var. 9, 32 insidiis rusti
rum abaetas sibi asserit caballos. Callistr. Dig. 47, 14,3 o\
Abigo. ■ 297
pro numero abactarum; ibid. porcos quinque abactos. — asi-
Bum: Apul. met. 8, 29 iuvenes abactum sibi noctu perquirent.es
asellum. Hier. Patr. 23, 1439 asinum pupillorum abegerunt =
Vulg. Hiob 24; 3. Fab. Romuli Nil. 15 quem (asinum) ad presepia
lassum abegere. — gregem Ulp. Dig. 19, 2, 9, 4. Tertull. pat. 14.
Hier, epist 118. Myth. Vat 1, 38. 2, 161. 3, 13, 5. animalia
maiora Ulp. Dig. 47, 14, 1, 2. Stat. silv. 2, 1, 8 citius me tigris
ibactes fetibus . . . velint audire.
c) a sc depellere, fuyare. Cic. de orat. 2, 247 puer, abigell
muscas. Phaedr. 4, 25, 13 (formica ad muscam) abigeris, cum
Tenia, seil, ad aras. Tertull. de an. 15. August, civ. d. 2, 22 ma-
ioresmultos deos tamquam muscas abegerunt; enarr. psalm. 1570 M
▼elot ab oculis cordis sui m. irruentes abegit; id. Patr. 38, 69
mascae sunt minutissimae non permittentes hominem quiescere,
dam abiguntur et irruunt, dum abaetae rursus redeunt; id. 39,
1784. 46, 950; id. (Patr. 32, 1039) de quant. animae = Isid. de
nat rer. 36 (Suet. pratum, frgm. Reiff. p. 228, 3) muscas abigentes
terem commovemus. Mart. epigr. 10, 5, 12 abigatque moto noxias
aves panno. Quint decl. mai. 6, 24 plauctibus a. abigam. liier.
adv. Lucif. 22 cotidie industria rusticana a. sonitu abigit; epist. 78,
maos. 25 Samson qui abegerat a fructibus suis a.; id. in lerem.
2,7 nullus si t, qui abigat (aves et bestias). Gregor. Moral. 16, 53
1 abegit, ne oblatum sacrificium raperent. — Statius Theb. 8, 265
(Phineus) nil stridere . . . volucres sensit abaetas. Hier. Patr.
23, 962 descenderunt v. super cadavera et abigebat eas Abraham
-Vulg. Genes. 15, 11 = August. Patr. 39, 1745. Vulg. Deuter.
38, 26 sie cadaver tuum in escain volatilibus caeli et bestiis
terrae, et non sit qui abigat. — Plin. nai li. 18, 160 passerum
agmina herbä a. Hier, epist. 78, mans. 24 Abraham abactis cor-
vis abactoris vel depulsoris sortitus est nomen. Hilarii vita 6
(Patr. 50, 1128) quae (columba) nee . . . abigi potuit.
Ovid. met. 14, 62 refugitque abigitque timetque Ora proterva 12
cannm. Plin. nat. h. 8, 142 canem volucres ac feras; 8, 145 (ca-
nem) nee in carcere abigi potuisse = Solin. 15, 10. Apul. met.
9, 37 abigere canes adgrediuntur; 9, 2. Hieron. adv. lib. Ruf. 2, 2
saevientes a. c; 3, 33 baculum, quo tu c. a. consuevisti. Petr.
Chrysol. Patr. 52, 532 uti nee abigeret c. divitis; 533 quare vel
c abigere noluisti? Valerius vit. Fructuosi Patr. 87, 464 c. procid
abigi iussit.
Val. Max. 9, 12, ext. 6 ut illum (asinum) abigeret (a ficu). 13
Archiv fOr \tJL Lcxikogr. IV. Heft 2. 20
298 Ed. Wölfflin:
Apul. met 3, 26 abigor quam proctil ab ordeo. — Plin.
18, 160 mures abiguntur cinere mustelae. Min. Pel. 24^ 1
hirundines, müvi rodunt . . . nisi abigatis. — Hilarii vita (
50, 1227) abegit exinde lupum. Max. Taurin. Patr. 57,1
pum procul abegit. Veuant Fort. vit Mart 4, 157 ac sin
lupum salvo grege pastor abegit. Gelasii epist. 43, 3 (Thi
clava boni pastoris abiguntur. — Hyg. poet. astron. 2, 33
vix lepores ex insula abegisse dicuntur. Schol. Gern
p. 416, 18 Eyss. totius consilium civitatis fuit, ut eos (1
ex insula abigerent. — Plin. nat b. 8, 24 elephantum a
a grege; 8, 118 abigendis serpentibus; 29,62 suffitu si
sugas; 17, 266 formicas abigunt (ab arboribus) rubi
Yulg. Deuteron. 8, 19 ut abigantur ranae a te (Pharaon
per deum. — Hieron. in Isai. 1, 1 (Patr. 24, 31) homii
bestiolas, quae insidiari solent frugibus, abigunt Ep:
licis II (epist. pontif. ed. Thiel) 1, 10 bestiam a gregibus
abigendam.
d) abdticere. Macrob. Saturn. 3, 7, 6 veteres null um
sacrum in finibus suis esse patiebantur, sed abigebant f
deorum, quibus sacrum esset.
14 HI. De bestiis abigentibus. a) Plin. nat. h. 8, 104 i
pendris abactos esse Rhoetienses. Apul. met 4, 3 (de
nisi . . fimo excusso quosdam extremi liquoris aspergine
putore . . a meis iam quassis scapulis abegisseni. — b)
6, 37, 9 equa abacto viliore (asello) pretioso mari iungitcu
n. b. 8, 142 caneni volucres ac feras abigentem; 8, 91 €
eos (crocodilos) abigentes praedae (praeda?); 10, 101 ut
ces) rixando abigant eam (feniinam); 10, 9 aquila (aven
ticam) ictu abigen te alae; 11, 28 abigunt eos (apes fucos);
Suet. Vesp. 5 supervenisse tertiam (aquilam) ab solis ex
victricem abegisse. Lactant inst. 3, 8, 7 (de venere canu
alios mares abigant; 3, 22, 9 volucres fetus suos amanl
alienos obieceris (subieceris?) abigunt
15 IV. Absohite. a) = pecus abigere. Arnob. 2, 4
citarent, abigerent, praevaricarentur. Ulp. Dig. 47, 14, 1
■ abigendi studium quasi artem exerceant. Callistr. Dig. 47,
qui saepius abigerunt (cf. § 9) lsid. orig. 10, 14 vulgo a
vocant, ab abigendo (seil, homines et pecora). Stat 6, 6(
tores) dueunt sternunt abiguntque feruntque. — b) de di
(quod idem dicitur exigere Suet. Cal. 50. Claud. 26). Suet
Abigo. 299
Agrippinam abegisse post divortium doluit. — c) = partum a.
Marcianus Dig. 47; 11,4 quae data opera abegii
V. De hotninibus (diis, animalibus) aliquid (res) auf a selG
aui ab aliis removentibus, depellentibus. PI au tu s Mcrc. 119
ibigc abs te lassitudinem. Ennius trag. 27 R. pestem abige a me.
Partum a. («= partum elidere Cels. 5, 28, 1). Cic. Clueut. 32
partum sibi medicamentis a. = Tryphonius Digest 48, 19, 39.
Tac. ann. 14, 63 abactos partus conscientia libidinum. Suet. Do-
mit 22 ut causa mortis extiterit coactae conceptum a se abigcre.
Ulpian. Dig. 48, 8, 8 si mulier visceribus suis vira intulisse? quo
partum abigeret, constiterit. Sulp. Sev. 2; 48, 3 stupro gravidam
p. sibi graminibus abegisse.
Ovid. met. 7, 202 de Medea: nubilaque induco, ventos abigo-
que vocoque. Livius 8, 14, 8 naves inde (Antio) longae abactae.
Exempla aetatis argenteae. Val. Max. 3, 8, 7 an abigi 17
debet ... ab horum exemplorum contextu? Seil. dial. 1, 5, 2 ab
optinris abigit (deus cupita); dial. 7, 21, 2 non abigit (sapiens)
illa (bona) a se, sed abeuntia securus prosequitur; 12, 2, 2 illam
(pecuniam) a se abigit (Madv.; abiecit B; abiicit E). Epist. 88, 29
alias (voluptates) odit atque abigit. Sen. Phoen. 490 mater in-
wdias et binc et rursus illinc abiget; Thyest. 79 immissas faces
(furiarum) abigis. Petron. 4G si non didicisset, hodie famem a
labris non abigeret. Plin. nat. h. 7, 113 eandem linguam (Grae-
corum) in illo (Catone censorio) abegisse, in hoc (Uticensi) im-
portasse memorabile est; 8,30 taedium muscarum; 12,81 fasti-
dium; 25, 106 (de magis) verbenacä febres abigere; 32, 115 (magi)
tertianas abigi promittunt; 31, 22 (pisces cibum) caudis abigunt;
32, 17. Silius 8, 124 quae (somnia) dum abigo menti. Statius
8, 245 Oedipoden ferunt tum abacta prius solatia passum (esse) ;
6,919 abigant hoc numina. Martial. 10, 33, 7 a nobis abigas
(versus), i e. versns nteos esse ncga.
Gellius 7, 16, 9 (ad versum Catulli Quibus servitutem mea 18
ttiiseria deprecor) significat abigo et amolior vel prece adhibita
tel quo alio modo. Apul. flor. 19 prociä faces abigerent, procul
ignes amolirentur. Tertull. cult. fem. 2, 2 quod deus a suis abigat
(temptationes). Arnobius 7, 13 ut (dii) abigant averrtmcentque
res contrarias. Aulul. Peip. 2, 3 turbas. Itala (Monac) Levit.
14, 40 abigent eos (lapides) foras = Vulg. iubebit lapides proici;
(Wirceburg.) lerem. 23, 17 verbum domini. IuYencus 3, 449 pre-
cibusque locum truculentus abegit. Hilar. trin. 7, 10 cynomyiam.
cm*
300 Ed. Wölfflin:
Quintil. dccl. mai. 14, 9 alioqui non est, quod abigas, quod ex
pcllas. Martyr. Vatic. 7, 2. Latin. 9, 2 (Funk, patr. vol. II) tj
rannicos nequitiae spiritus ab horainibus abegit. Ambro», d
No. et arca 24 temperantia abigat a se vir sapiens huiusmod
passiones. Hieron. II Hab. 3, 3 aquilonem sponsus abigit e
austrum vocat (cf. Cani Cantic. 4, 16). Paulin. Not. poem. 2!
142 verbo morbos. Prudent. bam. 899 abductum abigit de pectoi
vitam.
19 Augustinus epist. 92, 5 vanitatem a fide; 120, 13 abig
quicquid tibi corporeae similitudinis occurrerit; 147, 42. 43. Ii
op. imperf. contra Iulian. 5, 42 mali infamiam; 4, 121 Manichai
orum nonien ab Ambrosio abigis; de gen. ad litt. 4,8, 15 snsp
ciones a mentibus; Serm. Patr. 38, 356 abigatur (cogitatio)
sensu devotorum; Confess. 7, 1. 10, 8; Patr. 42, 586 abigite i
cxpellite a cordibus vestris . . . pugnam. Coelest. epist. 23, 3 n<
sufficeret abegisse morbos et pestilentiam reppulisse. Cassiai
inst. 8, 7 (iram) e suis abegerat sensibus. Leo Magn. Serm. 61,
Ic8us febres abegit, dolores resolvit, daemonia eiecit; epist 7,
per nostram curam abigitur morbus a nostris ovibus. Greg. Tn
patr. 2, 1 a corpore nequam spiritum. Gregor. Magn. Moral. 5, 6
imaginum phantasmata; 6,59 umbras rerum corporalium; 30,5
(cogitationes) ab oculis mentis; in libr. I Reg. 6, 1 opus nefarim
a cogitatione. Ven. Fort. vit. Mart. 4, 198 quam (daemonis un
bram) procul iutendens sanctus flatu oris abegit. Mansi, Conci
I 772 omni studio a. coutumelias.
20 VI. Do rebus homines (animdlia) abigentibus. Hör. Carn
3, 24, 40 nives raercatorem abigunt. Epod. 5, 29 abacta null
Veia conscientia. Sen. epist. 124, 1 non refugis nee ulla te sat
tilitas abigit. Lucan. 6, 150 quo vos pavor abegit? (adegit Webei
Plin. nat. h. 9, 18*1 ne sonus ceteros abigat; 20, 50 alium sei
pentes abigit; 27, 52 absinthium culices abigit. Quintil. decl. ma
19, 11 quis te, mulier, adfectus abegit, tenuit, exclnsit? Lactan
inst. 3, 18, 9 exsecrabilis doctrina, si abigit homines a vita. V«
getius mul. 4, 12 suffimentum daemones abigit et larvas. Hieroi
adv. Lucif. 22, 195 cotidie industria rusticana aves sonitn abigi
Claud. rapt. Pros. 3, 190 volucres quae vis Sirenas abegit? Pauli
Nol. poem. 15, 79 Hermiara mundus abegit. Isiod. orig. 13, 13,
Gelonium stagnum Siciliae taetro odore abigit proximantes.
21 VII. lies rebus abiguntur. Hör. epist. 1, 15, 19 (vinun
quod cu ras abigat. Sen. nat. q. 5, 9, 8 calor omnis abigit nebula
Abigo. 301
Colnm. 6, 22, 2 fluvialis aqua partum abigit; 6, 27, 11 haec in-
eommoda foetum abigunt. Petron. 89, vers. 18 lacrimas, quas
metns abegit; 109 (vers.) vernantesque comas tristis abegit biems.
Pomp. Mela 1, 1, 6 mare abigit vaste cedentia littora. Pliu. nat. h.
2, 126 venti nubes abigunt; 20, 2 ferrum ad se trahente magnete
lipide et alio rursus abigente a sese; 20,38 inula venenatorum
morsus abigit; 23, 161 vinuui fastidium; 28, 77 fasciä niulierum
abigi grandines; 28, 111 crocodili cor quartanas; 36, 130 mons
ferrum; 37, 61 adamas ljmphationes. Statius Tbeb. 3, 257 ab-
aeto flamine nubes mulcet iners aestas; 10, 92 otia abigunt ventos
a culmine; 12, 44 lacrimas nee serus abegit yesper.
Apuleiu8 d. Plat. 2, 22 deformitas corporis taleni abigere pot-22
erit adpetitum. Paneg. XI 28 poetae ferunt deum cum despiciat
in terras . . . illius hilaritate turbines abigi. Patrol. lat. XX 1183
Mig. spiritus taedii abigit lacrimas. Solin. 52, 53 (adamantes)
ljmphationes abigunt. Seren. Sammon. 946 letalesque abiget mi-
randa potentia morbos. Prudent. psych. 632 pax fugatis hostibus
abigit bellum. Anth. lat. 465, 1 K. iam nunc ardentes autumnus
abegerat umbras. Marc. Emp. 8 hygra caligines abigit; 26 violae
...dolores vesicae cito abigunt; 30 (de medicamento) abigit cou-
ceptuui feminis praegnantibu» da tum. Cassian. conl. 21, 33, 3 ele-
mo8ynae hilaritatem abiget maesta eunetatio. Leo Magn. serm.
75,2 ad veteres tenebras abigendas novae lucis fulgura corusca-
bant Ven. Fort. carm. 8, 11, 14 fervidus . . gelidas iguis abegit
aquas Isid. orig. 16, 4, 2 in Aethiopia magues ferrum omne abigit
VIII. Constr. passiva, non adäito auetore abiyendi, abactus.23
Verg. Aen. 8, 407 prima quies medio iam noctis abaetae Curri-
cnlo expulerat somnum, i. e. ahaetae ab ascensu et conversae ad
descensam. Stat. Tbeb. 1, 231 spatio vix noctis abaetae enumerare
queam. Cf. Corp. inscr. lat. VI 10082 aetate abaeta virgiui Speu-
dosa Lethen incolis. Hör. Sat. 2, 2, 44 necduin omnis abaeta Pau-
peries epulis regum. Plin. nat. h. 30, 104 reeidivas frequenter
abigi. Stat Theb. 1, 104 (de Tisiphone) sedet intus abactis ferrea
lux oculis, i. e. tiefliegend (Seu. trag, retracti iutrorsus oculi).
Tac hist. 5, 19 velut abacto amne.
Cyprian. carm. 3, 105 (Ionas) mortis testis abaetae. Itala24
(Wirceburg.) Exod. 22, 10 aut tribulatum aut abactum erit (sub-
iugium). Augustin. serm. Patr. 38, 356 M abigatur (baec cogitatio)
a sensu devotorum; de praedestin. 14, 29 haec ab auribus et co-
302 Ed. Wölfflin:
gitationibus abigenda; id. Patr. 43, 498 M o scelus extra omne
caelum abigenduin. Leo Magn. serm. 27, 1 abigatur procul terre-
narum caligo rationuni; 65,4 ad abigendam cementiuui diffiden-
tiain = epist. 124, 6; epist 1C2, 1 abigantur dissensiones a soll-
ditate illius petrae, supra quam civitas dei aedificatur. Coelestinuß
epist. 21, 12. 13 Spiritus ab eis imuiundus abigatur. Salv. gub. d.
8, 4, 22 ut uovuui iuauditumque inonstrum abigi atque externti-
nari arbitraretur. Cassiodor. Var. 9, 10 senatus consulta de abi-
genda simonia. Ven. Fort. carm. 10, 6, 122 pinus abacta redit
Gregor. Magu. homil. in Ezech. 2, 5, 9 abigenda sunt omnia manu
discretionis ab oculis mentis; hom. in evang. 1 2, 4 vix eogitatio
ab oculis cordis abigitur. Concil. Hisp. Patr. 84, 497 M abigenda
sunt ab omni sacerdote, quae maculant.
Älrfgus, a, um, quod abigit. Cf. abiga.
Abitio, Ollis, fem. actus abeundi, discessio. Abitioue: disces«
sione Loewe Prodr. gl. p. 149 ex cod. Leid. 67 E. Vatic 332L
lib. gloss. 1) De hominibus. Plaut. Rud. 503 Quid mihi sce-
lesto tibi erat auscultatio? quidve hinc abitio? Ter. Heaut. 190
propter eam haec turba atque a. e ven it. Iulius Valer. 3, 30 das-
sico signum abitione praeeipio. Symmach. epist. 1, 90, 1 a. fratris
nostri Marii quodam viatieo carere non debuit. Ennodius p. 211,
27 Vog. quid strages militum revolvam et ducis abitionem (=
iugam) turpissimam. — Gloss. Festo adscripta ap. Üdofr. Müller
p. 380, 9 Abitionem antiqui dicebant mortem. = Fest. ed. Thewrewk
p. 17,23. 2) De rebus. Iulius Valer. 3,41 solis occasus et a.
Ennodius p. 301, 1 Vog. timere deum de abitione sospitatis et in
ipso gaudere de reditu.
Abitö, are, (?) saepius abire. ('aper orthogr. (Gramm, lat
VII 105, 3 K.) Frequentativii verba sunt caenito, pransito, lectito,
dictito, cursito, vectito: ex hac nota sunt ito abitoque (codd. Bern.;
habitoque cod. Montc2>essul. et Kell coli. Diorn. p. 344, 33. Adi
Prise, jyart. 1, 28, ]>. 166, 15 IL). In Momim. Leg. vol. V, append.
II § 1 pg. 171 qui per oeeidentales partes abitare noseuntur a.
pro habitarc scriptum est.
Abito, ere, compos. cj: praepositione a et baeto, abeo. Plaut
Itud. 777 hunc quoque adserva ipsum, ne quo abitat; 815 sin ipse
abitere hinc volet, quaiitum potis, Extemplo ampleetitote crura
fustibus. ('f. Trucul. 96 ne qui adventor gravior abaetat (cod. B
et Fr. Scholl; abeat DCLZ cum Prisciano).
AbiguB — Abitu8. 303
Abitus, US. masc. I. actus abeundi, discessio (abitus: discessus
Papias). Agroecius de orthogr. p. 114, 17 Abitum sine aspira-
tione de abcessu scribis, habitum de vestitu. Vsurpantur in nu-
mero singtdari nominativus (getietivum unus probavit Silius), accti-
sativus, äblativxis; in num. plur. unus accusativus (Statuts, Tac. Apul.
Grat. Fcdisc.).
1) De hominibus. Plaut. Amph. 529 lacruuianteui ex abitu
nxorem; 641 plus aegri ex [hoc] abitu viri quam ex adventu vo-
hptatis cepi; 645 perferain usque abitu in eius aniino forti; 662
atque id se volt experiri, suom abitum ut desidereni. Cistell. 1;
1,39 eas si adeas, abitum quam aditum malis. Mosteil. 711 si a.
tuos tibi fecerit male. Ter. Heaut. 414 quom videam miserum
hone tarn exeruciarier eius abitu; 746 sperabit sumptum sibi
senex levatum esse haruue abitu. Verg. Aen. 8, 214 (usus voca-
kdoPlautino) abitumque pararet (Amphitryouiades). Silius 7, 136
retroque abitum fictosque timores dissimulat (Haunibal); 13, 14
qnaö abitus , niiles, cauaas, illaese, dedisses; 13, 83 optato laetis
tbitu (maniplis); 15, 633 deponuut abitus curam. Statius silv.
2,1,63 quis . .. abitusque morabitur artis uexibusV Apul. met.
7,8 liberos abitus concedebant. Pacat. paneg. Theodos. 37 hie
Perpetuum vietis abitum, ille victoribus crebrum optabat adventum.
hrenc 2, 452 abitum pax vestra sequetur. Auson. peri. Odyss. 4
de abitu Telemachi. Ammian. 21), 5, 35 cuius abitu clandestino
ttultitudo dispersa. Poet, aevi Carol. II 96, 4 D. commeniorans
patris abitum hinc venustum; 433, 153 cum dies abitum pararet.
*- In formulam abilt post abitum: Cic.Verr. 3, 125. Catull. 64, 27.
Marius Victorinus Afer adv. Arium lib. 3 (Patr. Mig. col. 1108 C).
Ammian. Marcell. 18, 2, 18. 20, 8, 22. 31, 8, 6. 31, 16, 2.
2) De animalibus. Plin. nat. bist. 18, 311 signum orientis
eiu» sideris (delphini) servetur hirundinum abitus. Gratius Cyneg.
242 accessus abitusque notare ferarum.
3) De rebus. Lucretius 1, 457 Servitium contra, Libertas
Divitiaeque, Paupertas, Bellum, Concordia, cetera, quorum Adventu
manet incolumis natura abituque; 1, 677 de atomis Certissima Cor-
pora quaedam, quorum abitu aut aditu mutatoque ordine mutant
Naturam res et convertunt corpora sese.
II. Locus, quo liceat ubire. Verg. Aen. 9, 380 omnemque
abitum custode coronant, ad quae Servius: melior est lectio abi-
tum quam aditum; cingunt enim silvam, ne abeaut, non ne adire
304 Ed. Wölfflin:
possint Tacitus annal. 14; 37 circumiecta vehicula saepserant
abitus.
Abitldico, avi, atuiu, Are. Abiudicas: negas Gloss. Amplon.*
cc7toöixd£(ö: abiudico Cyrill. p. 387, 41. I. Proprio. Senteniia iudi-
ciali abdicere, oppos, add teere, a) aliquid ab aliquo. Plaut. Rud. 1283
abiudicata a nie (leuone) modost Palaestra. Gic. Verein, act I 13
nulla res tam patria cuiusquaui atquo avita fuit, quae non ab eo
imperio istius abiudicaretur; leg. agr. 2, 43 iudicabit Alexandriain
regis esse; a populo Romano abiudicabit. Lactant. Plac. arg. niet
13, 1 ab Aiaec arma abiudicata sunt, b) aliquid alieui. Ulpian.
Dig. 30, 50, 2 ut ei hereditas abiudicetur (Flor.8 adiudicetur) et
oneribus careret. — e) nulla personae siynificatione. Schol. Gronof.
Cic. 402, 18 Or. iudieio abalienari, quod est abiudicari. Livius 4,
1, 4 ob iniuriam abiudicati agri. Sen. benef. 3, 6, 3 quod tam-
quam alienum abiudicatur. Tac 14, 18 abiudicatis agris.
II. Translativc. Plaut Asiu. 607 me a vita abiudicabo;
Kud. 1039 numquam hercle bodie abiudicabit ab suo triobulum.
Cic. Verr. 1, 4 opinione populi 11. rationem veritatis ab hoc or-
dine abiudicari; Gaec. 00 cum über esset, ipsum sibi libertatem
abiudieuvisse. Arnob. 2, 24 non enim nos convenit fidem rebus
a. August, de quaiitit. animae, Patr. 32, 1055 numquam ab aninut.
eas (vires corporis) abiudieaverim; ib. 1076 ab ea (anima) nomera.
veritatis abiudicent.
Abiügo, are, verbum ut videtur non nisi priscis scriptoräms
usurpatum. Gloss. Vatic. 1468 abiugat: a iugo solvit Philos.
p. 1, 50 abiugat: cc7ioXvei. Vatic. 3321 ubiurat (leg. abiugat): dis-
solvit. Gloss. Placidi, p. 0, 13 Deuerl. abiugassere: abiungere, ab-
ducere. Gloss. Vat. 1468 abiugassere: disiungere, dissolvere. Gloss.
Philox. abiugassere: aito&v&i»
Pacuvius trag. 222 Rib. Quae res te ab stabulis abiugat? —
Gertum est loqui.
Ahiunctuni, i. neutr. Garm. de figuris, v. 55 ^uckelvfuvov.
Abiunctum contra est, si nullis (singlis Biihrens) singula necto.
Opponilur itoXvtivvdetov, midtiiuyum.
Abiiuictus, a, uiik I. Proprio de loco, remotus, separates.
Tert. carn. Chr. 7 in matre a. (a Christo). SSidon. Apoll, epist
0, 9 iundis abiunetisque regionibus. Paulin. Petricord. de visit
nepot. 65 (Patrol. vol. 61 M.) longe abiuneta sepulcro cellula.
II. Translative, seq. praepos. ab, = alienus, diversus. Gel-
lius 12,5,8 hoiuo a dolore ubiunetus abalienatusque est Arnob.
\
Abiudico — Abiuratio. 305
2, 40 ab hominum formis . . abiunctae animae; 3, 10 ab omni
tarpitudinis labe disparata atque abiuncta divinitas. — Seq. dativo.
Pradeoi. c. Sjmm. 2, 817 quantum quadrupes abiuncta est bipedi.
-Absolute. Panegyr. XII (Pacatus) 22 quas (gentes) inaccessas
aut . . . separatas aut interfusis aequoribus abiuncta s natura dis-
terminat. Hieron. Patr. 23; 848 et 1 160 Nazarenum sanctuin vel
abiunctuni. Paulin. Nolan. poem. 20, 380 nam genere abiunetarn
pecus armentale iuveneam.
0
Abiungo, xi, ctuni, gäre. Gloss. Yatic. 1408 abiungere: dis-
sociare. I. Proprie. De iumentis: exuerc iugo, disiungere, quod
est vocabtdum proprium scriptoribus de re rustica. Verg. Georg.
3, 518 arator Maerentem abiungens fraterna morte iuveneum.
Prop. 2; 18, 10 (de Aurora) illuin (Tithonuw) saepe suis decedens
forit in ulnis, quam prius abiunetos (Scaliger; adiunetos plcr. edit.
quod praestat; aduinetos cod. Neapol.) sedula lavit equos.
IL Loco separate, seimigere. Caes. b. Gall. 7, 56, 2 abiuneto
Labieno timebat. Catull. 66, 51 abiunctae paullo ante comae mea
fata sorores Lugebant (de Berenice). Panegyr. V 17 (p. 144, 10 B.)
Uli milite8, qui per errorem nebulosi niaris abiuneti . . pervenu-
fant. Statius Theb. 5, 389 abiunetis regemunt tabulata cavernis,
od quae Lactant. schol.: Abiunetis quidam hyphen leguut, divisis:
wc in Olympio (i. e. Neinesiano) 'abiungere luna iunices'. cui
contrarium est coniungere. Sidonius Ap. epist. 2, 2 (= 2, 1 Bar.)
tüiae duae conexis frondibus, fomitibus (= stipitibus) abiunetis
unam umbram non una radice conficiunt. Boeth. cons. phil. 123,
3P. Tigris et Euphrates una se fönte resolvunt Et mox ab-
iunetis dissociantur aquis. Leo Magu. epist. 93, 1 abiuncta a vobis
praesentia mea.
III. Translative. Cic. epist. Att. 2, 1; 3 quod se ab hoc
refractoriolo iudiciali dicendi genere abiunxerat. August, civ. d.
7,5 quid opus erat ab ea (theologia naturali) civilem tanta cura
distinetionis abiungere? Boet. comm. in Arist. 1 132, 17 M. ali-
quid ab eo, cui privatiouem copidat, abiungit; II 131, 22 ut id
quod iunxitj idem negatio dividat et abiungat. — abalienare,
(wertere. Stak silv. 1, 376 haec domus Egeria nemoralem abiun-
gere Phoeben . . possit. Quint. decl. mai. 14, 6 iuvenum inentes
abiungas a meretrieibus. August, op. imperf. contra Iuliau. 4, 109
cur non ambos a Manichaeis dignaris abiungere (paulo supra
Manichaeis adiungere).
AbifirfttlO; Ollis, femin. Isid. orig. 5, 26,21 lnfitiatio est ne-
306 Ed. Wölfflin:
gatio debitae rei, cum a creditore deposcitur; idem et abiuratio*
— Translat. Ennod. p. 155, 1 Vog. a. fastidii de eo, qui mperbiam
arrogantiamque ponit. Locus Itiner. Alex. 41 a diis potuisse poniri
abiurationis corruptus esse videtur.
Abiiirator, Oris, masc. perUiis abiurandi. Cassiod. Var.3,25
Non sit convieiuni negotium perdere, cum proprie a. alieni für
tum, non animam reddat; 11,3 non sum callidus a. Translak
contcmptor. Ennod. p. 1924 17 Vog. a. dulcedinis (u e. comitaHSj
Abitiro, avl, atum, are. Serv. ad Verg. Aen. 8, 263 Abiurar
est rem creditam negare periurio. — Lib. gloss. Abiu.ro : negc
Cyrill. p. 469, 40 smoQxä: abiuro, periuro. Lib. gloss. abiuras
abnegas. Vatic. 3321 abiurat: reprobat vel negat. Lib. gloss
abiurat: periurat. Id. abiurare: rem creditam negare periurH
Amplon.2 abiurant: abnuunt negant. Lib. gloss. abiurate: furat
(= abiuratae: furatae). Casin. 90 abiuratae: fraude subreptae.
I. Proprie. a) Peeuniam, similia. Plaut Cure. 496 qt
abiurant, si quid creditumst; Pers. 478 Nee metuo quibus credid
hodie ne quis mi in iure abiurassit; Rud. prol. 14 in iure ab
iurant peeuniam. Sali. Oat. 25, 4 creditum. Verg. Aen. 8, 265
(de Caco) abstraetaeque boves abiurataeque rapinae (Servius econ
tra ius retentas' intellegit). Corp. inseript. 1 206, 113 queive ü
iure bonam copiam abiuravit abiuraverit. Sedul. pasch, pros.2,1*
(p. 227, 16 H.) quisquis, deo quae sunt, infUiatus abiurat. Sym
mach, epist. 2, 87 partem pretii emptor abiurat. Schal. Bern, ai
Lucan. 2, 254 permiscenda h'des] debitum abiuratum. Cod. Theodos
10, 8, 2 ne fraudibus ininuantur vel petentibus aliquid abiuretur
10, 21, 3 ut quisquam de abiurato pretio conqueratur. Cassiod
Var. 2, 34 abiuratam (peeuniam). Claudian. de VI cons. Honoi
110 abiurata palam Libyae possederat arva, /. e. contra fiden
sacramento datam sibi vindieata.
b) De rebus abstractis, iure iurando infitiari alqd. Stai
Theb. 6, 151 Eu quam ferale putemus abiurasse sacrum, L e. cat
dem sacramento adhibito factum. Quintil. declam. mai. 3*, 7 tuue
sanguinem. Petrus Chrysol. Patr. 52, 654 iurat miser, dum quic
quid honestatis esi, abiurat. Gelasii tract. 6, 2 (Epist. pontif. ec
Thiel) abiurata unius dei Providentia et potestate, quam confessn
est, ad superstitiones seducitur. Append. ad Leonis M. opp. Pati
56, 4(51 dei potentiam. Hufin. bist, eccles. 1, 28. 30.
c) A. aliqncm. Quintil. deel. mai. 3a, 7 abiurandus est noJ
esse sanguis tuus. Zacchaeus consult. 2, 6. Patr. 20, 1118 Iudae
I
Abiurator. Abi uro. 307
11011 tarnen credunt Christum, quem a patribus abiuratum non
nesciunt Hilar. psalm. 145, G quia patrem sibi diabolum ab-
iuraverat. Ambros. de Iac. et vit. beat. 2, 10 non abiurabo vos.
Hieron. Patr. 30, 207 matrem Mariam sibi Dominus abiurat.
Ambros. de interpell. lob 1, 5, 13 centurio agnoscit alienum ...
Bebraeus abiurat (= non agnoscit. Of. Ev. Matth. 27, 54). Maxim.
Tauriii. Fatr. 57, 287 hunc regem Iudaea intidelis abiurat. Epist.
Felicis II 13, 7 (ed. Thiel) qui Christuni quem semel confessus
est, abiurarit.
d) Absolute, Cic. epist. ad Attic. 1, 8, 3 mihi a. (te pro-
muisse munusculum Tulliolae) certius est quam dependere. Lact,
instit. 6, 1, 8 rapiunt, spoliant, insidiantur, abiurant.
e) Seq. accus, c. infin. Einhard. annal. ad a. 763: (Tas-
silo) ad regis conspectum ulterius se venturum abiuravit, i. e.
mavit se non venturum.
II. Translate. Obscurata iurandi significatione: negare, re-
fatare, spernere. Isid. differ. 1, 5(5 abiuro: nego. Apul. de deo
Socr. 15 (de Lemuribus) poetheo colore usus: animus humanus cor-
pore suo abiurans, /. e. carpore excedens et quasi ei vale dicens.
Panegyr. XII 41 sed nee tu debitam (seil. Fortunae) gratiam
beneficii infitiator abiuras. Symmachus epist. 1, 35 abiuratus ami-
citias adfeetat. Nov. Theodos. II 3, 1, 8 unde ver solitam gratiam
abiuravit? unde aestas agricolam in spe destituit aristarum? Nov.
Äfciorian. 5, 1 bona oecultata fraudibus aerarii coramodis abiu-
fantur, i. e. subtrahuntur.
Latissime patet hie usus apud scriptarcs ccclcsiasticos,
$*oximc apud Ennodium, euius locos ef. in ind. Vag. p. 363. Am-
bros. enarr. in psalm. 40 (de Zacchaeo publicano) temporis su-
perioris abiuravit lucra; de viduis 4, 2(5 virgo calumniam inle-
gritate corporis abiurat = repcllit; de fide 3, 5, 38 qui causam
•alutis abiurant, i. e. respuunt. Augustin. de vita ereniit. 1457
Mig. omnes confabulationes abiuret, i. e. otnittaf, devikt; de ami-
citia 13 abiuremus convicia, quorum ultor est Deus, i. e. respna-
**M. Prud. apoth. 223 abiurare (derogare) deo titulum nomen-
<Jue paternum. Dracont. 10, 51)6 te Venerem freta vestra negent,
abiuret (cod. adiures) A mores Cyprus et Idaliam pigeat coluisse
Dionen. Ennod. p. 47, 30 simplex conloquii eultus diademata ab-
iurat, sermo familiär is pompam spernit; 41), 5 diligentiam decoris
abiurat, non affeetat; 229, 2 abiurata est caritatis religio, /. e.
sublata, extineta.
308 Ed. Wölffiin:
AblactötYo, önis. fem. vocabulum latinitatis christianae, acta
ablactandi, ubi cf Vulg. Genes. 21, 8 fecit Abraham grande con
vivium in die ablactationis eius (Isaac). Hieron. Patr. 23, 961
ib. 968 quinto anno ablactationis tempus statutum. Gregor. Magr
in Hb. I Heg. 1,41 ab ablactationis loco ductus asseritur.
Ablacto, avi, atuni, Are* aitoyalccxrifa, a matris uberüm
removcre, verbum latinitatis cliristianac, maxime usitatum in par
pers. pass. ablactatus, a, um. Cassiod. Patr. 70, 944 Ablactal
dicuntur, qui sunt a lacte prohibiti. Isid. orig. 10, 11 ablactatu
quasi a lacte ablatus.
Itala Psalm. 130, 2 sicut ablactatum (Vulgata ablactatui
super matrem suam, sie retribues in animam meaui (Vulg. retr
butio in aniuia rnea) = Hilar. in psalm. 130, § 5. Id. ibid. al
lactatus iam pueril i aetati proximus. Vulg. Os. 1, 8. I Reg. I 2!
24. Ies. 11, 8. 28, 9. Ainbros. hex. 5, 18, 58 feininae nostri gern
ris cito ablactant etiani illos, quos diligunt, aut si ditiores sud
lactare fastidiunt; de ben. patr. 4 saneti tanquam ablactati esc
solidiore firinantur; Gain et Ab. 1, 5, 19. Hieron. I in Os. 1,
qui ablactatus, recedit a uiatre, parentis lacte non vescitur, ali
mentis sustentatur externis; Epist. 107, 13. 108, 18. 29. Quaesl
hebr. in lib. I lieg. 2, 24; in Ies. 9, 28 ablactati ab lacte, aTew
ab ubere; Quaest. in heptat. 1, 50. August, enarr. psalm. 98, 1<
cum (Samuelem) ablactavit; psalm. 130, § 12 cum coeperis panet
,iuanducarc, ablactaberis et ablaetatur non iufans, sed iam grar
diusculus. Petr. Chrysol. Patr. 52, 407 quando virginis in geruiiii
ablactatur universa feeunditas. Veuant. Fortun. carm. spur. 1, 10
ablactatus agens (== c3i>). Greg. Magn. in lib. 1 Reg. 1, 41. 4
ablactatus infans ante conspectum domini ducitur. Willibald, tl
Bonif. 1, 1 maternae sollicitudinis cura ablactatus.
Translatc. August, in enarr. psalm. 130, § 13 timendum, n
quis ante tempus ablactetur. Petr. Chrysol. Patr. 52, 407 (solen
nitas paschalis) novae regenerationis ablactat infantiam.
Ablaiqueatio, onis. fem. 1) actus ablaqueandi, übt cf.Cohm
4, 8, 2 hiemalis, quae ex pluviis consistit in lacusculis ablaquet
tionis aqua; 4, 9, 1 ablaqueationem sequitur putatio; 4, 12,2 prai
cessit autumnalis a. quae uudavit summas et ad inferiores rad
culas hiberuos transmisit imbres. 4, 17, 2. 5, 9, 16 arbor abli
quuatione iuvauda est. 13, 5, 4 peraeta ablaqueatione ante br«
mam. De murra Plin. nat. h. 1 2, 6G = Solin.33, 9.
2) lacusculus ablaqucando effeclus. Coluni. de arb. 24, 1 (<
Ablactatio — Ablativus. 309
piris) obruta ablaqueatione cinerem supra terram spargito; cf.
57 10, 17. 13,5,5 ante aequinoctium vernuin ablaqueationem ad-
aequato (solo)] 13, 5, 4 post bruraam ablaqueationem circumfodito;
5, 10, 17 adobrtita ablaqueatione.
AM&qutio, äyI, ätuni, äre (ablacuo Varro r. rust. 1, 29, 1)
vocafodum rei rusticae, terram circa vitcs vel imas arbores e ff ödere
et lacusctilos (Colum. 13, 10, 4) circa radices excavare, quo laetius
immsso stercore proveniant, quod idetn dicitur oblaqucare secundum
Isidor. orig. 17,5,31: Obl. est circa codicem terram aperire et
▼eint lacum efficere; hoc aliqui excodicare appellant; oppos. agge-
rare, adobraere, accumulare. Gloss. Philox. 1, 53 ablaqueata: dio-
(tvftivTa. Colum. 11, 2, 40. 54. Plin. nat. h. I, summarium lib.
17, 31.
De vitibus sive vineis Cato r. rust. 33 capita Vitium per
lementim ablaqueato; 114. 115. Varro r. rust. 1, 29, 7 circum vites
sblacuari. Colum. 2, 14, 3. 4, 4, 2. 4, 8, 1 priusquam frigora in-
radant, vitis ablaqueanda est; quod opus adapertas ostendit aesti-
Tt8 radiculas easque prüden 8 agricola ferro decidit etc. 4, 22, 0
priu8 a. deinde amputare (vineam); 4, 29, 10 ablaqueari vitem
antiquissimum est; 5, 5, G vites tota hieme ablaqueatas habere;
11,2,87 vineis ablaqueatis; 13, 5, 3 ab idibus Octobris a. incipito,
wte brumam ablaqueatam habeto (vitem); 13, 10,4 vineam no-
vellam ante brumam ablaqueatam habeto; 13, 10, 5 vinea vetus
neque ablaqueanda est neque aranda. Pallad. 2, 1. 6, 4. 12, 3
rinea vetus ablaqueata fimo satietur.
De arboribus Cato r. rust. 27. Colum. 11,2,40 arbores
aWaqueatas circumfodere; 11,2,82. 11,10,4 vites nrboresqne,
quaecunque in clivis sunt positae, ita ablaqueandae sunt, ut a
8&periore parte secundum codicem lacusculi fiant, ab inferiore
Pulvinuli altiores excitentur. Pallad. 11, 8. De oleis Cato r. rust.
5 circum oleas autumnitate ablaqueato et stercus addito; 29. 93.
Colum. 11, 2, 87. Plin. nat. h. 17, 127. De piro Colum. 5, 10, 17.
*3, 24, 1. Pallad. 3,25. Deplantn ; Pallad. 12,7. De moro Pallad.
'»25. Radices a. Colum. 13,6,4 r. ut ablaqueatae non conspi-
c»antur. Plin. 17,259. 203. Pallad. 2, 15. 4, 10; quare *Plin. nat.
"• 19, 131 seri etiam radices inlitas fimo interest et repleri abla-
^Ueata humo cum Mayhoffio scribendmn est ablaqueatas.
Ablativas, i. masc. seil, casus. Varro 10, 62 casus sextus,
^i est proprius Latinus. Diomed. p. 302, 4 K. Varro sextum,
^terdum Latinum appellat, quia latinae linguae proprius est.
310 Ed. Wölfflin:
Dooatus Gr. lat. IV 377, 17 ablativum nonnulli sextum <
appellant. Pomp, comment. Gr. lat. V 183, 11 idem est 8
mus, qui et ablativus. August. Loa in Heptat. 1, ad Genes,
ablativum, vel quem appellant septimum. Versus Scoti de ;
beto (littera D) ablati casus vox sum. Anecd. gramm. I
88, 10 ablativus, non ablator vel ablatus. Prise. 5, 73 a.
comparativus (vocatur).
Primus vocabttlo usus esse dicitur Caesar = Charis. 122,
Ar litteris nomina neutralia terminata item non minus ait C
quia dativo et ablativo pari iure funguntur, ut idem Pliniu;
bit. Cf. Lerscli, Sprachphilosoptiie II 231. Max Müller, Vorles.
Festus p. 282 M. Refert cum dieimus, errare nos ait V<
esse enim rectum rei fert, dativo scilicet, non ablativo casu
p. 140 a. casus. Quintil. 1, 4, 20 quaerat, sitne apud Graec
quaedam sexti casus et apud nos quoque septimi. nam cui
'hasta percussi9, non utor ablativi natura; 1, 5, 59 casus a.
illi (Graeci) non habent. 1, 7, 3. 7, 9, 10 ablativo inest na
amphibolia. 7, 9, 13. Diomed. 316, 3G K. immensa est huius
licentia et utimur eo saepissime pro duobus casibus, ge
et dativo. Prise, 5, 75 seq. a. proprius Romanorum. Donat. a:
lat. IV 377. 407 K. Servius in art. Don. ibid. 433, 15. Serg
in Don. gramm. Gr. lat. IV 535, 1 a. quod per cum aufen
ab aliquo aliquid significamus, ut ab hoc magistro = Isid.
1, 7, 32 Pomp. comm. Gr. lat. V 171, 12 a. apud Graecoi
invenitur, sed latini hunc adsumpserunt sibi. Cf indices i\
Keilii. Ablativus casus plerumque dicitur scriptoribus saec. 1
post Chr. n.j etiam Charisio, 1, ltif Auson. teclmop. 11, 11,
tivus omisso substantivo, Exc&ptori Charisii, Nonio cap. 9 (p
— 503), aüis.
Porphyr. Hör. Epod. 14, 9 per a. dictum. Diomed. p. 3
multa sunt, quae Romani per ablativum casum solent e
Macr. Sat. 3, 2, 16 sie legend um per a. — Prise, passim a
gere, adiungi ablativo; Mart. Gap. 4 p. 122, 17 Eyss. abla
adiungere. Prise. 18, 57 assumere ablativum. Gellius 1, ]
casum capere a. Prise. 17,91. 18,153 ablativo coniungi. A
Patr. 32, 1431 pleraque ablativo copulari. Donat. Gr. li
276, 27 ablativum habere. Donat. Prise. Mart. Cap. 3 p. 95
iungi ablativo. Passim ablativum pon er e. Max. Victor. G
VI 203, 20 regunt ablativum Gr. lat. VII 352, 21 ablativo
respondere. 2xls^m- ^r« 'a^- VII 413, 21 ablativo casui se
Ablativus — Abiego. 311
Gr. lat. VII 401, 5 ablativum casum trahere. Prise. 18, 280
ßomani ablativo utuntur.
Ablativus, a, um. ad auferendum vcl ad casum ablativum
pertinens. Praepositiones ablativae Mart. Cap. 3 p. 74, 20 Eyss.
Pomp. Coniineni in Donat. Or. lat. V p. 273 sq. K. Isid. orig. 1,
13, 1. — Boeth. co mm. in Aristot. I 63, 5 M. a. modo. Prise.
16, 1 a. (species coniuneiionum).
Ablator, oris. masc. qui aufert. August, eiv. d. 19, 13 sen-
tientes eoruin (bonorum) ablatorem iustissimum deum. Sedul.
pasch, carm. 5, 344 beati corporis a. Anecd. gramm. Ilelvet.
p. 88, 10 genetivus . . . ablativus, non genitor vel genitus . . . non
ablator vel ablatus dicendi sunt.
Ablavo, 1. 3 coniuy. lavando tollere, ablwre. Gloss. Cyr. p. 390,
34 anoviTiTco : ablavo, abluo. Exe. Cliaris. .004, 14 K. lavo lavi,
ablavo ablavi. [*Iulius Valer. 1, 9 ed. Müller: souinio defen-
sante (te) ab omni culpa, quo ablavi (coni. Müller; quam adlavi
cod.; qua maculari Bern. Kubier) posses.]
Ablägfttio, önis, fem. dimissio. (1f\ ableyo. In re militari
Livius 6, 39, 7 primo intercessione collegarum in leges suas
pugnatuni esse, deinde ablegatioue iuventutis ad Veliternum bel-
lum. De exilio. Plin. nat. h. 7, 149 pudenda Agrippae a. Con-
stitut. Sirmond. 2 impp. Arcadio Honorio et Theodosio (de epi-
scopis damnandis) sibi debent esse et aliis constituta ablegatioue
terrori. — Patr. 20, 1087 (de Israelitis) postea in desertis tarn
longi temporis ablegatione cruciati sunt. Symniach. epist. 8, 19, 2
vide ne aliud genus suspicionis ineurras, si obsessam a morbo
coniugem vacuo secessu et intuta ablegatioue maceraveris.
Ablögo, avi, atnm, ärc. I. Vroprie. Lrgando, per causam
kgationis dimitiere, removere, summovere aliquemy plerumquc nvgotio
oliquo imposito. Cf. delegarc. a) In re militari ac de mayi-
stratibus. Cic. Att. 2, 18, 3 legatio libera (a Caesare oblata) a
fratris adventu me ablegat. Verrin. 2, 73 dimisso atque ablegato
consilio; 74 illis adhibitis in consilium, quos ablegaverat; 79 ho-
nestos homines, qui causam norint, ableget a consilioque dbnit-
tat; 5, 82 remoto atque ablegato viro. Livius 4, f)8, 12 plebcm
proeul urbe ablegavi; 5, 2, 4 ablegatam ab urbe et a re publica
iuventutem; 7, 13, 8 ab urbe, a penatibus ablegatos; 7, 39, 3
ablegati per speciem militarium usuum; 21, 10, 12 ablegandum
(Hannibalem) eo, unde nee ad nos nomen iamaque eius aeeidere
possit etc.; 22, 25, 5 (consulem) alterum specie classis Punicae
312 Ed. Wölfflin:
persequendae procul ab Italia ablegatum; 23, 31, 7 ablegatum
velut de industria M. Marcellum; 24, 26, 9 ablegarent procul ab
Syracusis (stirpem regiam); 24,29,1 duces ablegandos; 24,29,5
nisi Hippocrates atquc Epicydes procul Sicilia ablegarentur; 25,
41, 3 praefectum sub ipsani certaminis diem ablegatum; 35, 15,5
ut procul ab se honore eura quoque able garet; 39, 14, 1 preces
ut se ablegaret; 40, 21, 7 non fallebat Demetrium ablegari se,
ne adesset consilio; 44, 44, 8 per haue causam (falsi nuntii) Thra-
eibus ablegatis.
Ascon. p. 83, 4 E. Piso in Hispaniam missus a senatu per
honorem legationis, ut ab urbe (Robortellus; anus suus C; ad
tempus Eiessl. Scholl.; anuuus Car. Rück coli. Cic. Attic. 5, 13,3)
ablegaretur. Suet. Cal. 9 ablegari eum ob seditionis periculum
et in proximam civitatem ilcmandari. lustin. 1, 5, 8 (de Cyro)
ablegatus ab avo in Persas. Vir. illust. 64, 9 Nasica per speciem
legationis in Asiam ablegatus est. Gomm. Bern. Lucan. p. 151, 15
ablegatam [a] Pompeio Corneliam Lesbon.
b) De exilio. Livius 27, 9, 3 extra ltaliam in exilium verius
quam in militiam ablegari. Gran. Licin. p. 36, 14 Bon. mulierem
(coneubinam) Cyzicum cum Socrate et quingentis talentis ablegat
Ammian. Marc. 28, 1, 21 ablegatus est in exilium; 29, 2, 11 cum
ablegatos conscientia ipsa viros ostenderet claros, illi . . exilio
adflicti . . sunt revocati. Cod. Theodos. 16, 5, 57 in exsilium se
vehementer coercitos non ambigant ablegandos.
c) In re privata. Plaut. Cas. prol. 62 hinc adulescentem
peregre ablegavit pater; Mil. 869 hunc sub custodem suom Foras
ablegavit. Ter. Hec. 414 aliquo mihist hinc ablegandus. Livius
1, 35, 2 Tarquinius pueros venatum ablegavit. Sen. exe. controv.
4, 6 rus ablegatus; contr. 7, 1 (16) 13 a. privignum. Schol. luven.
7, 265 (de Cloelia) ablegatis custodibus transnatavit. Liv. per. 52
a patre quondam ablegatus Gnidon. Gellius 16, 19, 19 ablegato
Arione. Apul. apol. 44 rus ablegatus est. Heges. 2, 12, 43 si
ablegaret coniugem. Donat. ad Ter. Hec 359. 360. — Boeth.
Patr. 64, 1055 quodammodo a propositionum terminis relegati.
d) De animalibus. Varro r. rust. 1,47 pecus ab prato ab-
legandum. Colum. 6, 5, 2 cum ablegabantur (boves); 6, 22, 1
sunt taurae ablegandae; 6, 27, 8 in longinqua pascua marem ab-
legari. Statius Theb. 5, 63 lila (Venus) procul ablegasse volucres
(columba8, cygnos, passeres) fertur. Flor. 4, 2, 82 ablegato equo
Ablevo — Abligurrio. 313
. . in aciem procurrit. Comm. Bern. p. 253, 19 colonis ableganti-
bus se (greges) procul.
e) a. aliquid. luven. 14, 202 nee te fastidia mercis Ullius
ßubeant ablegandae Tiber im ultra.
IL Translate, maximc apud soriptores ccclesiasticos A.
aliquid, abicoro, removerc. Fronto p. 78, 4 unuin verbuin de ora-
tioue ablega. Tertull. adv. Marc. 5, 2 ratio ablegandae Jegis.
Ambros. de los. patr. 13 ubi pax est, ablegatur discordia; de Cain
et Ab. 2,6 fides, quae defeetuin senescentis devotionis ableget; de
No. et ar. 25 eibos ablegat et rcicit corporales. Salv. gub. 1, 4, 20
reniovit a se eunetam terrestrium rerum curani et ablegavit. Oros.
2, 13, 3 ablegata religione eonsulum.
Abl£vo, ävi, atmn, are. Vorabulum ab nno Ambrosio nsur-
pakim, si fides liabenda est editionibus nondum ad fidem optimomm
codictim correctis, idetn fere significat quod levarc sive allcvarc, quo-
cum saepe confunditur. 1) a. aliquid. Ambros. de Iac. et vit.
beal 2, 11 aerumnam (Ennius: adlevare aerumnas); de virgin. 3,
7, 33 deus remedio non offenditur et faciuus fides ablevat; de
vid. 6, 36 (fletus oculonun) dolorem ablevat; exliort. virg. 4, 20
potestis excusare patrem, a. matrem; ibid. 6, 34 si ablevet virgi-
nitas onera condicionis; de bon. mort. 5 ablevemus an im am ex
istius carnis cubili. Hegesippus (AnibrosiusV) bell. lud. 5, 2,
80 quae (misericordia) sola solet a. miserias.
2) se a. vel ablevari. Ambros. Patr. 060 ut (anima) soluta
nexu corporis se ablevet et Christo adhaereat. a) ab alqa re.
Ambr. exh. virg. 4, 19 ut a mundanae cogitationis ableventur
contagio; de fug. saec. 7 a. se a saeculo — a corpore, b) aliqua
re. Ambr. de Is. et an. 3 ahlucebat se, ablevabat vitiis saeculi
huius; de bon. mort. 3 qui se voluptatibus oxnit atque ablevat.
Abligurrio, ii, ire. (Porfecti abligurrivi nullum cxcmplum
extare videtur.) I. Proprio. Lignrriendo absumore, vcl siqxrficiom
aliaäus rei lamberc. Apul. in. 10, 4 (de asino) raneidiora seligens
abligurribam dulcia. Arnob. 7, 3 ab canibus abligurritur sanguis.
IL Translate. Per luxnriam conswnore, dissiparc. Ennius
sat. 28 mox cum alterius abligurrieris (L. Müller, abligurias Lugd.)
bona. Ter. Eun. 235 patria qui abligurrierat bona. (Donat.
suavibus escis consumpserat; nam airh rov kiyvQOv est lig.)
Apul. apol. 59 Patrimonium abligurriit. Heges. 4, 7, 18 nullus
rapiendi finis, quia nullus abligurriendi modus; 4, 32, 9 luxuriae
sumptibus Komani imperii opes abligurrisset. Sidon. epist. 9, 6
Axohir für Ut. Lezikogr. IV. Heft 2. 21
314 Ed. Wölfflin:
q u an tum de bonusculis sumptuositas abligurrisset. Schol. Pera.
6, 09 ut tuus nepos haec omnia abligurriat. — Sensu cbscoeno »
feUare, ki%veva>. Auct ine. ap. Suet. gramin. 23 vis tu quotiens
festinantem aliquem vides, abligurrire. Cf. Suet. Tiber. 45.
Abligurritio, onis. fem. Non legitur nisi sensu tropica de
yula et luxuria. Iul. Capitol. v. Macrini 15, 2 Heliogabalus im-
perium dedecoravit vitiis ingentibus, luxuria, turpitudine, abli-
gurritione.
Afolignrritor, öris. masc. gulo, liorno dclkatus. Ambros. epist
4f>, 10 unusquisque se eviscerat luxuriosius, heluo internecat, abli-
gurritor perimit. Cassiod. Patr. 70, 90 sunt blasphemi abligurri-
tores et luxuriosi.
Abiingo, #re. Propric. Lambendo detergere. Past. Herrn.
361* 7 (canes) ablin gebaut vulnera eius. Marc. Empir. 8, 67 co-
tidie ieiunus oculos ablingito. — Translat. Lingendo dbsumerc
August, quaest. in heptai 4, 46 nunc ablinget synagoga haec
omnes qui in cireuitu nostro sunt = Vulg. Num. 22, 4 delebit
hie populus omnes qui in nostris finibus conimorantur, quomodo
solet bos herbas usque ad radices carpere.
Erläuterungen zu abigo.
Das Interesse, welches die Geschichte des Wortes uns bietet, liegt
weniger in den verschiedenen Schattierungen, welche die Bedeutung um.
Laufe der Jahrhunderte angenommen hat, als darin, dafs in der klas-
sischen Latin i tat Subjekt und Objekt lebende Wesen zu sein pflegen»
Die einzige Phrase dos Cicero, a. partum, ist /.war unter die sächlichem.
Objekte eingereiht, betrifft aber dem Sinne nach lebende Wesen. Vom.
abducere (Archiv 11 460) unterscheidet es sich meist so, dafs diese*
mehr auf Mensehen (Objekt), abigere mehr auf Tiere bezogen wird;
Donat. zu Ter. Ad. 101 abigam hunc rus| ut peeudem dixit abigam,
non ut hominem mittani. Hoc lentius (v i o lentius V) ; bei Zusammen-
stellung beider Begriffe (z. B. praeda hominum pecorumque) mute
daher der Schriftsteller sich für das eine oder andere Verbum ent-
scheiden und die Freiheit des Zeugma sich aneignen. Ungewöhnlich
sagte daher Ovid (nie tri causa?) Her. 15,357 abdueta armenta, Metam.
1, G77 capellas abdueta s. In der Anwendung auf die Tiere kann abigere
sowohl bedeuten: aus dem Stalle, oder von dem Orte, wo sie sich be-
finden, forttreiben, als auch: lästige Thiere verscheuchen, von sich ab-
treihen. Nur Varro de re rust. gebraucht es vom Treiben auf die Weide.
Der absolute Gebrauch (mit fehlendem Objekte) ist mäfsig.
Der Dichtersprache siud entsprossen Kedensarten wie a. lassita-
tudinem, pestem; nives nie reu torein abigunt; vinum curas abigit Erst
Erläuterungen zu abigo. 315
die silberne Latinität hat sich derselben bemächtigt und ihnen eine un-
geahnt weite Ausdehnung gegeben; neben Valerius Maximus und dem
Philosophen Seneca hat namentlich der Naturforscher Plinius das Wort
ausgenutzt.
Der Syntaktiker findet bestätigt, was er schon ahnt, dafs die Prosa
und bereits Plautus verbinden a. ab aedibus, erst die augusteischen
Dichter a. stabulis. Bemerkenswert für den Verfall des instrumentalis
und für die unklassische Diktion Ulpians ist, dafs dieser schreibt a. cum
gladio, offenbar im Interesse der Deutlichkeit. Se abigere = sich packen,
sich entfernen, kann nur vulgär gewesen sein; vgl. se ducere, sich
schieben, drücken. Die passiven Wendungen sind, wo sich der Urheber
der Handlung leicht aus dem Zusammenhange entnehmen liefs, den ent-
sprechenden aktiven beigemischt worden; einige Beispiele aber, wo dies
nicht der Fall ist, am Schlüsse besonders gestellt.
Cod. lustin. 8, 51, 3, 2 darf nicht gelesen werden: eos qui infantes
abegerant et mortis forte spem circa eos habuerunt, da nach dem Zu-
sammenhange von Aussetzung, nicht von Abtreibung die Rede ist; die
richtige Lesart abiecerunt bestätigt u. a. Arnob. 4, 3 abiectis infan-
tibus pepercit lupa. Freilich ist abigere frühzeitig mit abicere ver-
wechselt worden.
München. Eduard WSlfflin.
Interemo. Perento.
Ein bayerischer Schulmann fragte bei mir an, ob es gerecht-
fertigt sei, dafs in der in seiner Anstalt eingeführten lateinischen
Grammatik interemo als mustergültige Orthographie empfohlen
werde. Brambach verwirft dieselbe für die Schulpraxis wohl mit
Recht. Sie findet sich aber nach sehr guten Handschriften bei Tragic.
vet. fr. bei Fronto ad M. Caes. 3, 13 p. 51, 121 N. (interemut).
Lucr. 1, 216 Bern, (interemat); 2, 1002 Bern, (interemit); 3, 287 Bern,
(interemant). Verg Aen. 10, 428 Ribb. ed. mai. (interemit). Hör. sat.
2, 3, 131 Holder (interemis). Schol. Bob. ad Cic. pro Milon. 3. no. 6
in Claß8. auctores ed. Mai. 2. p. 95 (interemendi ; Baiter p. 278, 21
interimendi mit der nota crit: interemendi, sie cod.).
Ebenso finden sich von peremo folgende Formen:
peremo, Apul. met. 3, 6 Eyss. — peremit, Ulp. dig. 2, 15, 4
Momms. — peremunt, Plin. 33, 3 Detl. Fest. 245 (a), 31. — peremat,
Cato de re mil. fr. 4 (bei Fest. 217, 2). — peremere, Cinc. bei Fest.
214, 31. — peremitur, Ulp. dig. 2, 15, 4 Momms. — perematnr, Gai.
dig. 19, 2,35, und Ulp. dig. 27, 8, 9. § 2 Momms. Apul. met. 3,8 Eyss.
Gotha. K. E. Georges.
21
Miscellen.
Magis.
Magis dürfte wohl mit satis, potis, nimis zusammenzustellen Bein
und eigentlich keine Komparativbildung darstellen. Es würde also
einfach „9 ehr" bedeuten und erst allmählich die Bedeutung des Kom-
parativs „mehr4' erlangt haben In dem Sinne von „sehr" erkenne
ich es in einigen Überresten der archaischen Latinität. Varro ling.
Lat. IX § 73 ed. A. Sp.: „Magis mane signiticat primum mane, magis
vespere novissimum vesperu. Wilh. Fräsdorif, de coinparativi gradus
11 su Plautino S. 25 f. führt mehrere Beispiele aus Plautus an, wo
wir magis finden, wahrend wir nicht den Komparativ erwarten. Sein
erstes Beispiel lautet: Amphitr. 110 f.: „Nunc de Alcumena ut rem.
teneatis magis („Damit ihrs genau wifstu), Utrimque est gravida1
Da mir keine wirklich überzeugende lautgeschichtliche
von magis als Komparativform bekannt ist, so möchte ich obigen
Gedanken der Krwägung der Fachgenossen empfehlen. Dafs ai
mag- ins nichts anderes als miijus, mäjis entstehen konnte, scheint roi
festzustehen. Nur bei der Annahme einer völligen Irregularität kam
die Behauptung bestehen, dafs magis der Form nach ein Komparati-
sei. Audi minus ist schwerlich ein Komparativ, sondern mit seci
und necessus zusammenzustellen.
3
_r
v
Prag.
0. Keller.
Zur Bildung der latein. Komposita auf -fer und -ger.
In der Besprechung der Schrift von B. Delpser „Über die Bil-
dung und Bedeutung der lateinischen Adjektiva auf -fer und -ger **
ist Arch. HI 567 angeführt, dafs Vf. in Bildungen wie u vifer,
aurifer, ignifer, rorniger den Vokal i nicht für einen Binde vokaJ
erklärt, sondern in den ersten Bestandteilen derartiger Komposita
deklinierte Formen erkennt. Ausgehend von Kompositis wie ignifer
iür igni(m)-fer sei das -i auch auf andere Nominalstämme über-
tragen worden und so durch Analogie die übrigen Komposita ent-
standen. Hierzu erlaube icli mir die Bemerkung, dafs die Sprach-
wissenschaft, den Begriff Bindevokal in der Komposition längst auf-
gegeben hat. Für das (Griechische verweise ich auf G. Meyer in
(Jurtius Studien Vif., für das Lateinische auf meine Schrift, die
lat. Nominalkmnposition in formaler Hinsicht, Innsbruck 1877, S. 32 f.,
Miscellen. 317
die wenn auch in mancher Beziehung durch die spätere Forschung
überholt, doch in dieser Beziehung den richtigen Thatbestand lehrt.
Es widerspricht ferner dem Wesen der indogermanischen Nominal-
komposition, ein Kompositum aus einer deklinierten Substantiv form
und einem als Simplex ungebräuchlichen Verbalnomen entstanden sein
zu lassen. Selbständige Worte, wie öovqI nlvxog, %aQi\ xo/liowv-
vtg domum itio aquae ductus können durch Zusammenrückung zu
scheinbaren Kompositis dovQixkvtog KccQrjKoixocovTeg, domuitio,
aquae ductus vereinigt werden.*) Aber die in Frage stehenden
Komposita auf -fer und -ger müssen ihre Vorbilder in einer früheren
Spracbperiode haben; imbrifer, malifer sind ebenso wie griech.
oußQoyoQog, ptikotpoQog nach Muster einer Sprachperiode gebildet,
in welcher das alte indogermanische Gesetz, dafs zur Bildimg der
Komposita der reifte Stamm im ersten Gliede zur Verwendung kommt,
noch in voller Kraft war. Und eigentlich ist dasselbe auch nie aufser
Kraft gekommen, nur haben analogische Einflüsse die ursprünglichen
Verhältnisse zum Teil undeutlich gestaltet, zum Teil verändert, und
sind in den späteren Sprachperioden die einfachen Zusammenrück ungen
mehr in Gebrauch gekommen. Dies ist nach meinem Wissen der
von allen Sprachforschern anerkannte Sachverhalt. Es darf demnach
nicht daran gezweifelt werden, dafs uvi-, auri-, igni-, corni- den
reinen Stamm repräsentieren. Dafs der Stammvokal in uva-, auro-,
cornu- sich zu i gewandelt hat, ist nach dem bekannten lateinischen
Lautgesetze geschehen, dafs der Vokal der nachtonigen Silbe in be-
stimmten Fällen i ist, worüber ich der Kürze halber auf W. Meyer,
Zeitschr. f. rom. Phil. 8, 205 f., meine Lautlehre § 22 und Brugmann,
Grundrifs der vergl. Gramm. S. 91 f. verweise.
Innsbruck. Fr. Stolz.
Verba auf -issare, -izare.
Zu dem im vorigen Jahrgange gegebenen Überblick über die
Verba auf -isso, -izo bietet sich noch eine kleine Nachlese. Einige
Nachzügler aus den Sammlungen haben sich eingestellt, anderes und
zwar besonders Wichtiges wird den Mitteilungen des Herrn Prof.
Georges, D. Rönsch, Dr. Sittl und anderer Gelehrten verdankt.
Indem ich Unwesentliches, wie einige weitere Belege zu anathematizo
und baptizo, übergehe, gebe ich die Nachträge in alphabetischer Folge;
wo ich nicht selbst habe nachprüfen können, weist der Anfangsbuch-
stabe des Namens auf den Urheber der Mitteilung hin.
acarizo wird auf ein griechisches cc%ccqI£co = Ivtcw zurückgehen,
welches ich freilich nicht nachweisen kann.
alapizo steht nach R.(önsch) auch 3. Esdr. 4, 30. DuCunge hat
einen späten Beleg für alaphisare.
*) Es thnt für die gebrauchten Beispiele nichts zur Sache, dafs La
Roche (mit Recht) SovqI %Xvz6g aufgenommen hat und seit Bekker xa?7/
xopomvxtg geschrieben wird.
318 A. Fimck.
angarizo bieten nach S.(itil) schon der Gull, und Anrel als
Wiedergabe von ayyctQEva) sowohl Matth. Ö, 41 wie 27, 32, ferner
Fs.-Hicron. indic. de haercs. 2. An jener ersten Bibelstelle führt es
auch Sabatier an aus Sangerm. 2; Mss. S. Gat. et Maj. Mon. DuCange
bringt wieder eine späte Belegstelle bei.
appetisso ist die Überlieferung für Accius fr. 160: cur uetera
tarn <x alio appeiissis dteeidia, Agamemno; die Herausgeber lesen
zum Teil apprtis.
arm i/o H. DuCange belegt das Participium an/nizatus = paratvs.
baptizo ist von Hausloiler im afrikanischen Latein der Bibel-
übersetzungen in der Schreibung baptkio nachgewiesen; weitere Be-
iego dafür sind mir nicht zur Hand.
catechizo. Die Stelle Gal. 6, 6 ist auch bei Augustinus in
lob. 31, de ope monach. 16 angeführt. S.
chorizo, corizo, coriso kommt nach Wilken, Geschichte der
gcistl. Spiele in Deutschland S. 220, A. 5 in mittelalterlichen latei-
nischen Weisungen im Sinne von Reigentänzen vor. Beispiele bei
DuCange, G riech. %oq££<o für xoQivta scheint zu fehlen.
chrysizon Lucilius XXII 3 erhält eine merkwürdige Bestätigung
dadurch, dal's nach einer Mitteilung von Prof. Ellis dasselbe bereits voo
Munro, Cambridge Journal of philology VIII 210, und, wie Bahreas
^No. 111) angiebt, auch Marx bereits vermutet haben. Bährens setzt
es in griechischer Schreibung xqvö%ov in seinen Text.
citharizo. Die für die Neubildung tibko wichtige Verbindung
beim Mythogr. Vat. 111 10, 7 steht auch schon bei Fulgentius p. 728:
ftOo^/rror j] ^aklontvrov ij avlovfAiiioi: hw rst aut cantantium aut
cithttrizantiiun auf tihi:<in(him.
cnlaphizn. Die oft wiederholte Stelle 2. Cor. 12, 7 liest man
auch bei Augustinus in psalm. OS, i:i, serm. col. 35-4, 7; 1. Cor. 4, 3 hat
nur Boerner. tnltiphiztiMiir für das rol<tpßtiit vaedimur der Vulgata,
colophizo hat Gall. Matth. 26,67. ^S.) 1. Cor. 4, 12 steht bei Saba-
tier colaphisaiinir.
daemonizo steht Matth. l.">, 22 auch im Gall. u. Taurinensiß,
Matth. S, X\ im Taur. i S.^ Sabatier hat an der letzten Stelle da*
im*nnt htrfnbaHl ihahuerant?'-. Fnroollini verweist für dag Substanti-
vum diiMHtHiznti" auf Quicherat, Add. Lex. Lat. p. 64; DuCange hat
wieder einen Beleg aus späterer Zeit.
eremi/.o nur bei Cassius Felix 51 p. 135 Rose: per jwftfl»
titttuztito f'vtlv oMnpftvnhr Vitium infhibL<. Das Griechische scheint
nur lüfjuaco zu keimen.
Für evaugeli.o ist die Berichtigung zu geben, dafs auch dem
griechischen Bibeltext schon die aktive Form wohlbekannt ist, z. B.
Apoc 10, 7 tvtiyyiitfstm II. 6: tvayyfjJaat und öfter auch im Alten
Testament ilO
eun uch i/o ist schon bei Uönsch lt. u. V. S. 248 weiter belegt
K> stein Matth. \\K 12 im cod. Ga!l.. Rehdig., Gigas, Aurel., Vercell
für das t'fiN.'r-if- der Vulgata. S/- Vgl. auch Sabatier z. d. St
iireiTori/o IJ.
Miscellen. 319
harmonizo R. Ein Graecum scheint zu fehlen. Forcellini führt
tarmonizatus als beste Lesart für Ambros. in Ps. 118. Serm. 7.
i. 27 an.
idiomatizo R. iduoiuttfärn fehlt.
incipisso Plaut Capt. 532, 802, Mil. 237, Trin. 884 war von
en Sammlern wohl als echt lateinisches Wort unter diesen Fremd-
rörtern nicht mit berücksichtigt.
iudaizo hat auch schon Augustinus de baptismo 2, 2 in dem
ft wiederholten Bibelwort Gal. 2, 14. Daselbe Verb um hat cod.
lall. Ioann. 4, 9, wo Sabatier nur Iudaeus sis bietet (S.).
nablizo steht nicht Gloss. Philox. (wie Saalfeld aus Forcellini
bgeschrieben hat), sondern Gloss. Cyrilli p. 663 Vulcan. und daraus
lloss. Sabb. p. 205 a. Aufserdem steht es noch Kxcerpta ex vet. lex.
Iiaeco-lai p. 333 Vulc. — Gloss. Labb. p. 118c hat nabliso (so!) auch
ns Gloss. Cyrilli, was vielleicht Saalfeld mit nablito meint. Georges.
opizo. Dr. Liebl macht darauf aufmerksam, dals auch die von
[an, Progr. v. Burgdorf 1875 veröffentlichten Berner Persius-Scholien
a I 35 auf dieses unerklärte Wort hinführen, p. V: Minuit vel intvr-
vqmtur opezissat. opizizare est verba minucre, auch cod. m8 (Monac.
5965 fol. 4 retr.) enthalt offenbar dasselbe: stiplantat i. opi£i£at.
)pi£are est ubaminuere. un et diminutores littcrarum opi£i£i dicuntur,
'gl. auch de Vit. Gloss. unter dem Worte.
Für organizo findet sich schon bei de Vit Glossarium (am
forcell.) ein weiterer Beleg (G.) aus Sedul. Scot. de R. C. c. 18 ap.
Ifai Gloss. nov. Lat. p. 45.
patrisso hat auch Apuleius flor. 3: eo gen'Uus Marsyas cum in
uiificio patrissaret tibicinii
poetizo ist von Dr. Liebl jetzt aus mehreren Persiusscholien
lachgewiesen. Zu Prol. v. 12 hatte schon Kvicala (Prag 1873 p. 8)
las Prager Scholion veröffentlicht: si sprm häbuerint ut nummum ad-
pUrant pro poemaie, onmes poctizabunt (cod. poetizabanf) ; die Berner
kholien bei Kurz bestätigen das: Bl poetizabunt; b2 pocmatizarent
lucht Kurz dadurch zu stützen, dafs er eine andere Überlieferung
wenam dabant in poematizdbunt verwandelt. Auf poetizo führt nach
jiebls Mitteilung nicht nur Monac. 15965 m2 (Progr. v. Straubing
1883 S. 18 Anm.): omnes poetizarentur (sie!), sondern auch die-
elbe Handschrift fol. 2 vorne m3: omnes poetizabunt und endlich
donac. 14748 (saec. XII? oder XIII?) fol. 39: omnes poetizarent.
— Bei DuCange findet sich eine einzige späte Belegstelle.
Zu den halbgriechischen Pliniana kommt noch poppyzon 35,
.04: cum ptngeret et poppyzonta retmentem eum.
prosializo B.
sancenissat: laetatur, triumphat Gl. „Isidori" p. 693, 41 an-
geführt bei Loewe prodr. p. 31 mit Barths Vermutung saracenissat.
semisso führt Georges aus Vegetius I 26, 4 an: qui semis-
antur non eliduntur.
Für solemnizo beruft sich Georges bereits auf Augustinus,
erm. 93, 5 Mai; nach Forc. steht dort: sollempnizandum.
320 A. Funck — Fr. Vogel.
spondiaznntas schreibt jetzt Bücheier auch Schol. Pers. 195;
ebenso Keil Mar. Vict. VI 112, 7 statt der Varianten, welche auf
spondaizo hinführten ((?.).
tablizo gloss. Amplon. p. 269, 230 (R.), vgl. auch Forcellinl
thymiamatizo hat Luc. 1, 9 cod. Gall. Du Gange fuhrt ein ihy-
miatizo an.
üb i/o siehe oben unter citharizo.
Zu trisso kommen nach Georges aus Aldhelm ein neuer Beleg
nicht nur, sondern auch die Weiterbildung trissito und bei Sueton fr.
161 p. 251, 4 RfFsch. anatem tetrissitarc.
Zum Schlufs seien noch die wunderlichen Worte des Gramma-
tikers Virgilius hierher gesetzt p. 140, 12 ed. lluemer: inckogalimt
. . formae verha utrinsquc coniugationis esse possunt, ita tarnen ut idra-
tjiic coniagatio altermtm sibi uindivet uerbum. nam cum dicis florisso,
primae coniugationis cssv noscitur ut florisso florissas; sie calisso,
2>atisso, parisso. mirantur sane doctorcs horutn in quibus adsumus
temporum, quarc et quotnodo uerbum primae coniugationis non per omnia
tempora declinabitur. si ctiim decUnafur, inchogat'tuum esse non poiest:
nam primae coniugationis uerba per omnia tetnpora exire posse, faciens
lectio demonstrat. Niemand kennt sonst jene Verba; mirantur sane
doctores.
Kiel. A. Funck.
IN privativuni (haud impigre).
In den Neuen Jahrbüchern (1886 713 f.) hat W. Heraeus die
beiden Stellen:
Sallust. fragm. ine. 29 1). haut inpigre neque inultus oeeiditur
Liv. 32, 16, 11 oppidani primo haud impigre tuebantur moenia;
dein-fessi ... ad deditionem inclinarunt,
wo haud impigre dem Zusammenhang nach notwendig mit * nicht
unmännlich ', also gleich haud pigre oder einfach impigre, übersetzt
werden inufs, einer näheren Untersuchung unterstellt und durch über-
raschonde Parallelen aus der deutschen Litteratur glaubhaft gemacht,
dals an beiden Stellen nicht etwa eine Textverderbnis vorliegt, son-
dern eine Gedankenlosigkeit der betreffenden Schriftsteller selbst
Auch Sulpicius Severus hat sich wahrscheinlich des gleichen Ver
stofses gegen die Logik schuldig gemacht, wie in der gleichen Zeit-
schrift (1886. 867^ von mir ausgeführt wurde.
Da aber noch nicht jeder Widerspruch überwunden zu sein
scheint, verlohnt es sich wohl der Mühe mit ein paar Worten noch
einmal auf die angeregte Frage zurückzukommen. Die Wortbildung
mittels des *in' privativ um ist, augenfällig nur ein Notbehelf, zu
welchem die Sprache erst dann griff, als ihre Lebenskraft zu ver-
siegen begann. So lange die Quelle der Wortschöpfung in ursprüng-
licher Fülle sprudelte, bedurfte die Sprache dieses künstlichen Druck -
und Flickwerkes nicht. Wie die Substantivbildung jedenfalls filier
Miscellen. 321
ist als die Bildung von Adjektiven, so spielt das *in' privativum in
dieser eine viel bedeutendere Rolle als in jener. Ebenso entbehren
die Adjektiva, welche die Sprache am frühesten bedurfte und schuf,
dieses Notbehelfes; die Gegensätze werden durch besondere Wörter
bezeichnet: magnus — parvus, longus — brevis, gravis — levis,
bonus — malus, dum* — mollis, albus — niger etc.
Erat spftter, als die Sprache zu verblühen begann, wurde das
Hülfsmittel des cin' privativum notwendig, das darum auch oft ohne
weitern Einflufs auf das bereits starre Wortbild blieb, mit dem es
verbunden wurde (vgl. inhibitus, aber inhabilis, illisus aber illaesus,
inquisitus aber inquaesitus; inimicus incestus insulsus irritus sind
natürlich viel älter als inanimus impastus incalcatus irratio). Das
rin' privativum konnte zunächst nur die Wirkung haben, das mit
ihm verbundene Wort zu entwerten oder zu entleeren, es konnte
also zunächst nur verbunden werden mit positiven Stamm w orten, die
einen Inhalt oder Wert hatten. Also
sanus — insanus, aber nicht aeger — inaeger
validus — invalidus, aber nicht debilis — indebilis
felix — infelix, aber nicht miser — immiser
probus — improbus, aber nicht pravus — impravus.
Verbot es die Logik, ein Wort, das den negativen Begriff eines
Mangels in sich schliefst, durch das rin' privativum zu einem posi-
tiven Begriff u mz usch aften, so widerstritt es dem Geschmack, eine
lobende Eigenschaft so auszudrücken, dafs man vor ein tadelndes
Adjektivum des rin' privativum setzte. Euphemistisch war es z. B.
statt fatalis oder funestus zu sagen infortunatus oder infaustus, und
nrban imperitus, imprudens, ineptus, inelegans, illepidus, inurbanus,
infacetus zu sagen statt rudis, stultus, stolidus, stupidus, fatuus,
agrestis, rusticus: aber wem hätte es einfallen können instultus statt
sapiens, inrusticus statt urbanus zu sagen?
Das lateinische Sprachgefühl mufste demnach von vorn herein
geneigt sein, in den mit cin' priv. zusammengesetzten Adjektiven
"den Begriff eines Mangels oder Tadels zu suchen. Jedoch galt das
nur a parte potiori, dadurch und besonders durch die Gleichheit des
'in* priv. und der Präposition *in' mufste das Sprachgefühl unsicher
und geradezu verwirrt werden. imminutus heilst zugleich unver-
mindert und vermindert, immutabilis unveränderlich und veränderlich,
inclinis ungebeugt und geneigt, iuauratus unvergoldet und vergoldet
etc.; somit konnte inhabitabilis, das sonst unbewohnbar bedeutet,
von Arnobius recht wohl einmal in der Bedeutung bewohnbar ge-
braucht werden. Die Verwirrung ging also soweit, dafs die Bedeu-
tung einzelner Wörter nur aus dem Zusammenhang, nicht aus der
Wortbildung gewonnen werden konnte. Man frage nur sein Sprach-
gefühl: was heifst inhabilis, immersabilis, incurvabilis? Das läfst
sich endgültig nur aus dem Sinn entscheiden, den der Zusammen-
hang an der betreffenden Stelle fordert. impinguare heifst fett
machen, impinguatio die Mästung: daher Reges. 3, 20, 58 iinpinguis
= fett oder fett machend!
322 Fr. Vogel — H. Blase - E. Hauler.
Wenden wir das Gesagte auf band impigre an, so ergiebt sieb,
dafs die Sprache wohl navus — ignavus duldete, aber nicht deses —
indeses, obschon letzteres (lellius einmal gewagt hat; dafs es urban
war statt piger zu sagen ignavus, aber nicht impiger statt navus.
In der That hat Cäsar das Wort impiger verschmäht, Cicero samt
der ganzen archaischen LatiniÜit äufserst selten gebraucht; bei Sallust
dagegen findet es sich an 7 Stollen. Förderlich für die Aufnahme
des Wortes war, dafs das Advorbiuin nave fast gänzlich gemieden
wurde und naviter ebenfalls unbeliebt war; daher griff schon Piautas
nach dem Adverbium impigre.
Impiger ist also weder ein rationell gebildetes noch ein in der
altern Latinität geläufiges Wort; das lateinische Sprachgefühl ist
geneigt, den mit in zusammengesetzten Adjektiven einen negativen
Sinn zu geben, wozu bei haud impigre noch die Form der Litotes
verleiten mulstc; endlich ist der Stamm von impiger nicht so augen-
fällig, weshalb die Bedeutung, wie bei so manchen mit in beginnen-
den Adjektiven als negative oder positive je nach dem Zusammen-
hang sich bestimmte: Gründe genug, um einen solchen Verstofs
selbst einem Sallust und Livius zumuten zu dürfen und sich gefallen
zu lassen, wie denn in der That fast alle Leser und Herausgeber
unbefangen über die Stellen hinweglasen, bis erst in neuester Zeit
Lärm geschlagen wurde.
Nürnberg. Fr. VogeL
Perviam. Pervium.
Übor das Adverb perviam sagt Stolz Archiv II 503: „Endlich sei
von den Zusammensetzungen mit per noch perviam erwähnt, das
ursprünglich 'um den Weg herum', dann *am Wege', endlich Zu-
gänglich' bedeutete und in der letzteren Bedeutung offenbar das Adi.
porvius in Leben gerufen hat.u Wer dieser an und für sich mög-
lichen Entwicklung zustimmt, muls wohl annehmen, dafs das Adv.,
wenigstens in älterer Zeit, in täglichem Gebrauch gewesen sei. Da
befremdet es denn sehr, dafs das Wort in der Bedeutung Zugang-
lieh' seine Anführung in den Lexicis einer einzigen, dazu kritisch
unsicheren Stelle des Plautus verdankt, nämlich Aul. 437 Etiam
rogitas, sceleste homo, qui<(ne)> angulos omnis mearum aedium et
conclavinm mihi perviam facitis. Perviam ist hier Lesart des J.,
während BD pervium überliefern. Verteidigt wird es von Spengel,
Reform vorschlage p. 297 A., der auch Pseud. 760 nach der Überlie-
ferung von D1 (perviamst) und BC (perviast) so hergestellt wissen will:
Nunc liquet, nunc defaecatumst cor mihi, nunc perviamst.
Allein abgesehen von der unsicheren Überlieferung wird der Sinn
der letzteren Stelle nicht klar, und an ersterer ist die aus den Sceni-
korn nicht nachgewiesene Verbindung von facere mit einem prädi-
kativen Adverb doch auch nicht ohne Bedenken. Deshalb ist auch
von keinem der neueren Herausgebor perviam in den Test aufge-
nommen worden. Vielleicht findet mehr Beifall die Einführung des
Miscellen. 323
substantivierten Neutrums pervinm (sc. iter) = freier Weg, Durch-
gang, das mehrfach in der Litteraiur begegnet. So schreibt Weissen -
born Liv. s XXX 10, 5 nach der wahrscheinlichen Lesart des Spi-
rensis: malis antennisque de nave in navem traieetis ac validis funibus
velnt uno inter se viueulo inligatis conprendit tabulasque superinstra-
vit, ut per vi um in totum ordinem esset. Als Belege zu dem subst.
pervinm fahrt er an Sen. prov. P>, 8 non certum ad hos ictus aesti-
mavi locum: quacumque per dum est. Fest, vici p. 371 tertio cum
id genus aedificiorum definitur, quae in oppido prive, id est in suo
qnisque loco proprio ita aedificat, ut in eo aedificio pervium sit, quo
itinere habitatores ad suam quisque habitationem habeat accessum.
Dazu kommt, von Georges angeführt, Tac. hist. III, 8 Juliasque Alpes,
ne pervinm illa Germanicis exercitibus foret, obsepserat. Mehrmals
gebraucht das Wort Gregor von Tours. Hist. Fr. III 9 p. 117, 1
cumque portae civitatis obseratae essent, et unde ingrederetur per-
rntm patulum non haberot, incisam Archadius serram unius portae
eum civitati intromisit. III 37 p. 139, 24 Gravem eo anno et solito
asperiorem hiemem fecit, ita ut torrentes concatiniti gelu pervinm
populis tamquam reliqua humus praeberet. IX 32 p. 386, 15 rex . . .
praeeepit, ne ullns de Childeberti regno per eius rogni territurium
ptrvium possit habere. Die im Index der neuen Ausgabe für die
beiden ersten Stellen gegebene Erklärung: pervinm = aditus pafst
wohl genau nur für die erste. Uns Deutschen stehen für die Über-
setzung die Ausdrücke f freier Weg', 'Durchgang', cI)urchpafs' zu Ge-
bote, wenn nicht etwa III 37 pervinm schon zur Bedeutung von via
abgeschwächt ist, wie an den übrigen von Du Cange aus Urkunden
der Merovinger- und Karolingerzeit angeführten Stellen. Jedenfalls
war also das Substantiv damals ganz gebräuchlich.
Zu Plaut us zurückkehrend, schlage ich vor, Aul. 437 zu lesen
qukjie^ angulos omnis . . . mihi porvia facitis = ihr macht mir alle
Winkel zu Durchgängen, in jedem Winkel macht ihr euch zu schaffen,
als wäre dort das per vi um (cf. die Festusstelle) eines Hauses, das
von vielen Mietern bewohnt wird. Pseud. 760 aber lese ich mit
Spengels Interpunktion Nunc liquet, nunc defaecatumst cor mihi, nunc
perviumst = jetzt ist ein Durchgang da, jetzt ist der Weg frei: mit
passendem Anschlufs an den folgenden Vers Omnis ordine sub signis
ducam legiones meas. Damit ist Ussings Gedanke getroffen, der zu
d. St. folgendes bemerkt: rperviast tum demum ferri posset, si in-
veniretur substantivum pervia, quod expeditam viam significaret.'
Darmstadt. H. Blase.
Gladiatoricins, incoepisse, luxuriator, praedicatrix.
Das in Augustins Sermo 20, 3 nach dem ältesten Codex (Papyrus-
handschr. des VT. Jahrhunderts, dessen Teile in Genf und Paris liegen)
überlieferte animo quodam gladiatoricio, quoniam uitam desperat, quic-
quid potest facere ad satiandam cupidUatem et libidinem suam faciat
324 E. Hiwilor - E. Dresael - Ed. Wölfflin.
giebt zu der bisher als aitct$ eipfipivov geltenden gladiatoricia herba
bei Marc. Emp. 16 einen weiteren Beleg. Terenz Phorm. 964 sagt,
^rie mir scheint, nicht in ganz gleichem Sinne hi gladiatorio anmo
ad ine adfcdant u'uim. Die beiden Adjektiva verhalten sich wie
praetorium (Mart. VIII 33, l) zu praetorius. — Das m. W. allein
aus Araob. de mund. 37 belegte hicoephis hätte nach der Vulgata
an sie incoepU (Aug. Sermo 20, 2) eine erwähnenswerte Parallele.
Augustin gebrauchte aber sicher nicht diese barbarische Form, son-
dern das im genannten Codex stehende Simplex (sie cotpit). Auch
htxta'iator sollte nach der jetzigen Fassung der Stelle in der Predigt
21, 10 aurum habet scortalor, fornicalor, hixuriatar in das lateinische
Lexikon aufgenommen werden ; aber die Papyrushandschrift giebt wohl
richtig aurum habet (erg. aliquis): scortatur, fornkatur, hixuriatur. —
Endlich erwähne ich, dafs praedicatrix (Verkündigerin, verkündend)
auf sei* bei Tertull. de anim. 26 auch durch Augast. Sermo 288, 4
belegt ist.
Born. E. Hauler.
Accipiter, Jagdfalke.
Ältere Belege als die Arch. IV 141 angeführten bietet Firmicus
Maternus V 7 « 3: Accipitres tarnen, falcones, astures, aquilas et aves
huiuscemodi cquosque ad venandum alere studebunt. Erunt quoque
ad huiusce oxercitationis negotia valdc ingeniosi, unde etiam sibi non
uiodica quaerant vitae subsidia. Y 8 ll£ 2 equorum nutritores, acci-
pitrum, falconum caeterarumquo avium, quae ad aueupia pertinent,
similiter et canum, molossorum, vertagorum et qui sunt ad veua-
tioncs aecommodati. Hier ist mit accipiter der Habicht, mit faloo
der Jagdfalke bezeichnet. [Vgl. Z. f. deutsches Alterthum, XXVII 50 ff.
und die Recension der Schrift cDombrowski, Beizjagd' von G. Baist
im laufenden Jahrgange derselben Zeitschrift. Hehn, Kulturpflanzen
und Hausthiere* 300. Lindenschmit; Handbuch der deutschen Alter-
thumskunde 1 453 und dagegen Willi. Brandes in Westermanns Monatsb.
LXI 281.|
Zwickau. H. Dressel.
Abhastare.
Ein bisher nicht bekanntes spätlateinisches Wort findet sich in
den Fabeln des Komulus, 3, 14 Gest.: Securi facta homo postulabat
ab arboribus, ut Uli manubrium darent de ligno, quod esaet firmum.
Omnes oleastrum iusscrunt. Suinpsit homo manubrium abbastatum
securi, et . . robora . . coepit ineidere. Die Bildung liefse sich mit
subhastare vergleichen; doch konnte der Mensch nicht wohl den Stiel
mit dem noch schaftlosen Beile abhauen, sondern er bekam denselben;
andererseits fehlt der nötige Begriff der Verbindung des Stieles mit
dem Beile. Da nun codex C bietet: apta secure, so dürfte unser
verehrter Mitarbeiter, Prof. Dr. Herzog in Stuttgart, das Richtige
Miscellen. 325
getroffen haben, wenn er vermutete: adaptatum securi. So lange
nicht bessere Belege bekannt sind, hielten wir uns daher verpflichtet,
das Wort von dem Thesaurus auszuschliel'sen.
Mttnchen. Ed. Wölfflin.
Dnmtaxat.
Die Partikel dumtaxat macht den Philologen wie den Jurisien
viel zu schaffen, da sie bald mit 'höchstens', bald mit 'mindestens',
bald auch mit 'genau' (nicht mehr und nicht weniger) übersetzt wird.
In ältester Zeit erscheinen die beiden Bestandteile noch getrennt
(vgL G. M. Richardson, de 'dum' particnlae usu. Lips. 1886. 92. 93)
in der etwa aus dem J. 600 n. cond. stammenden Lex Silia (Corp.
inscr. lat. I 48): eum qui volet magist rat us multare, dum minore
parti familias taxat, liceto. Vgl. auch Corp. I 197, 12 sei quis
magistratus mnltam inrogare volet, qui volet, dum minoris partus
familias taxat, liceto. Die Übersetzung von Richardson: während er
(die Sache) abschätzt, oder indem er es genau nimmt, trifft darin
das Richtige, dafs sie als Subjekt zu taxat den die Strafe verhängen-
den Magpstrat nimmt, während man gewöhnlich taxat mit inquit =
man sagt, vergleicht. Die im Kurialstile übliche Formel wurde auch
in die Sprache des täglichen Lebens herübergenommen, auch wo der
Magistrat nicht mehr Subjekt war.
Dum dagegen müssen wir als Accus, der Erstreckung (= dinm)
mit 'so lange' übersetzen, oder aus dem Zeitlichen ins Räumliche
übertragen: so weit, so fern = insoweit, insofern = vorausgesetzt
dafs (dummodo). Objekt von taxat ist nicht 'die Sache', sondern
mnltam, welches entweder vorausgeht oder doch in multare liegt.
Zur Bezeichnung der Taxation der Strafe ist an einer Stelle der Gft-
netivus, an der andern der Ablativus pretii gebraucht. Dumtaxat
bezeichnet also ursprünglich das Strafmaximum.
München. Ed. Wölfflin.
Opus est.
Da die Deutung und Bedeutung von opus est = opis (opsj
est alqa re: es ist Hülfe (geholfen) mit etwas, (vgl. Arch. IV 152)
weder bei Dräger oder Kühner, noch bei Georges Handwörterbuch7
zu finden ist, so glauben wir auf eine uns gefälligst von H. Medi-
zinalrat Dr. Rues in Amberg nachgewiesene Liviusstelle aufmerksam
machen zu sollen, welche dieser Auffassung zur Stütze dient. Livius
43, 19, 4 nihil Oaeno capto opus esse, nisi in potestate et Drauda-
cum sit = cmit der Einnahme von 0. sei nichts geholfen'. Eine
neuere deutsche Übersetzung giebt richtig: * nütze nichts'; auch
f mit... sei nichts gewonnen, sei niemand gedient' kann unter Um-
ständen übersetzt werden. Weissenborn hat keine Bemerkung zu der
Stelle gemacht.
München. Eduard Wölfflin.
Litteratur 1886. 1887.
C. Paucker: Supplementom lexioorum latinornm.
Das bei Calvary 1885 erschienene und im Aren. I 124 be-
sprochene Volumen prius, welches die Buchstaben A — L enthält, wild
wahrscheinlich ein Torso bleiben. Wie wir von der Witwe des ver-
storbenen Kollegen in München erfuhren, hatte P. wohl noch die Buch-
staben M und N ausgearbeitet und das Manuscript an die Verlags-
handlung gesandt; der Rest sollte leider ungeschrieben bleiben, woraus
sich die Äufserung von H. Rönsch am Ende der Vorrede zu den
„Vorarbeiten zur lateinischen Sprachgeschichte" 1884 erklört: der letxte
Teil des Manuskriptes hat sich unter den Papieren des Verewigten
noch nicht vorgefunden.
Da das Supplementum in der Hauptsache nur eine Zusammen-
stellung der Einzelschriften Pauckers ist, so könnte freilich auch ohne
Manuskript eine Fortsetzung geliefert werden; ob sich dieselbe vom
buchhändlerischen Standpunkte rentieron würde, wissen wir nicht,
und m (teilten es eher bezweifeln; unrichtig aber ist es das Aasbleiben
der Fortsetzung mit der Weigerung der Witwe die Papiere herauf-
zugehen zu motivieren.
K. E. Georges: Wörterbuch der lateinischen Wortformen.
Um die Leser für eine getäuschte Hoffnung zu entschädigen,
erlauben wir uns mitzuteilen, dafs der Nestor der Lexikographen
nicht nur an neuen Auflagen seiner Bücher weiter arbeitet (eine
achte Auflage des Handwörterbuches dürfte freilich noch einige Zeit
auf sich warten lassen, da die siebente in 15 000 Exemplaren ab-
gezogen worden ist), sondern auch ein neues Werk zu vollenden im
Begriffe ist, welches Ende Mai bis 'subdueo' gefördert war. Nach
dem unvollkommenen Versuche von Koifmane, und selbst nach Neues
Formenlehre, die in dritter verbesserter Auflage sehr erwünscht wSre,
blieb es ein Bedürfnis, vollständiger als es in einem Handwörterbuch«
möglich ist, nicht nur die selteneren Wortformen und Doppelformen
zusammenzustellen, sondern, was bisher vernachlässigt war, auf die
nie gebildeten oder doch offenbar vermiedenen hinzuweisen. Dafs ans
hierfür Georges eine solide (i rund läge bieten wird, dürfen wir nach
einem vorliegenden Probebogen den Lesern in sichere Aussicht stellen.
Beispielsweise galten bisher stannum und stanneus als gute Formen,
während sie ausschließlich dein Spätlatein angehören und in älterer
Litteratur. 327
Litteratur nur stagnum und stagnens gefunden wird. Bei Plautus
PoeiL 1312 *sarrapis sementium9 nahm man sementium als Genetiv,
obschon es Nominativ und Sarrapis (Schimpfwort wie Pseud. li>5
sinapis scelera, abscheulicher Senf) Genetiv ist. [Nach gef. brieflicher
Mitteilung.]
Hermann Ron seh: Semasiologischo Beiträge zum lateiniflohen
Wörterbuch. I. Heft. Substantiva. Leipzig. Faes's Verlag. 1887.
78 S. 8°.
Der nach nahezu 40jabrigem Dienste in den wohlverdienten
Ruhestand getretene Verfasser, früher bekanntlich Diakon in Loben-
stein, jetzt in Zwickau, ist* nach dieser Probe gesonnen, sein otium
cum dignitate mit wissenschaftlichen Arbeiten auszufüllen, wie sein
nächster Vorgänger, K. E. Georges. Er bietet uns keine semasio-
logischen Untersuchungen, wie wir sie wohl von Heerdegen in der
Neuauflage von Reisigs Vorlesungen erwarten dürfen, sondern nur
das schwer zu erreichende Material zu solchen, lateinische Wörter in
neuen oder bisher ungenügend belegten Bedeutungen. In der That
liegt zwischen dem Hand Wörter buche von Georges und Du Cange
noch manches in der Mitte, was an das Tagoslicht gefördert zu
werden verdient. Jedermann weifs, wie parentes die Eitern schon
im Vulgärlatein Verwandte, germanus im Spanischen der Bruder ge-
worden ist; aber damit man dies nicht als vereinzelte Wandlungen
betrachte, ist es gewifs von Interesse zu sohen, wie man mit compar
die Gattin bezeichnete, mit fraternus den Netten, mit iugalis (ov^vyog)
gleichfalls die Gattin. Da Vf. seinen Stoff teils aus der Patristik,
teils aus vulgär gefärbten Sprachquellen (Scholien und Glossen) ge-
zogen hat, so wird zwar für die Klassiker und das Gymnasium wenig
abfallen; umsomehr werden die Romanisten profitieren, welche es als
Ehrenpflicht erkennen, die neuen Bedeutungen der romanischen Wörter
so weit als möglich zurückzu verfolgen ; denn es ist doch klar,
dafs der unvergefsliche Diez nicht in einem Menschenleben alles
leisten konnte. So war er nicht imstande, das ital. finanza an das
Lateinische anzuknüpfen , und weder Georges noch Du Cange s. v.
fi nis bieten die Hand, während nun R. aus den Gloss. Paris. Hildebr.
finis = vectigal nachweist, welchem wiederum tu xiXog entspricht
(Hild. schrieb noch: quid finis sibi velit, non capio). Man schlage
nur aestivum (portug. estio), focus (feu), opus (Gang einer Mahlzeit,
hors d'oouvre), papilio (pavillon), parabnla (parole), planus pes
(piain pied) auf, und man wird reichen Stoff zu ähnlichen Betrach-
tungen finden.
H. Mensel: Lexicon Caesarianum. Fascic. V11I. Berol. 1887.
Lex.-8°.
Die vorliegende Lieferung schliefst auf Kol. 1544 den Buch-
staben U, und damit den ersten Band des Werkes ab; eine kurze
Vorrede und eine Erklärung der gebrauchten Abkürzung' * er-
328 Litteratur.
leichtern die Benutzung und das Verständnis allen denjenigen, welche
nicht schon durch fieifsigen Gebrauch mit der Anlage des Wörter-
buches vertraut geworden sind. Die praefatio erzählt, wie der Vf.
1880 seine Arbeit begonnen habe und wie er durch zwei Konkurrent-
werke gegen seinen Willen veranlafst worden sei die ersten Liefe-
rungen in Presse gehen zu lassen, bevor das Ganze vollendet war.
Es hat dies einige Ungleich™ äfcigkeiten nach sich gezogen; doch sind
sachliche Verbesserungen überall mehr wert als das Lob strenger
Konsequenz. Eine neue Auflage wird darum nicht nötig werden,
wenn auch die Arbeit mit der Vollendung des letzten Buchstabens
nicht abgeschlossen sein wird.
Der Vorzug der Prosa Cüsars bestand in dem delectus verborum,
den er im ersten Buche de analogia als* origo eloquentiae bezeich-
nete (Cic. Brut 253), und darum rühmt Quintil. 10, 1, 114 die min
sermonis, cuius proprio studiosus fuit, elegantia. Auswahl aber
deckt sich mit der Vermeidung und Verurteilung vieler Wörter und
Wortformen. So ist Arch. III f>63 bemerkt, dafs Cäsar nnr flumen
schreibe, nicht fluvius; ITI 560 dafs er igitur verworfen habe, IV
114 dafs abhinc fehle, so gut wie das auch von Sallust verworfene
incoho fehlt. Eine solche Zusammenstellung wird später zu machen
sein, und wenn wir dann weiter finden, dafs auch spätere Prosaiker
auf der Seite Cäsars stehen, selbst im Gegensatze zu Cicero, so wird
man vermuten dürfen, er habe diesen Einflufs durch sein Buch de
analogia erlangt. Sind die bei Cäsar und a. fehlenden Wörter der
Bildung nach Anomala oder in Cäsars Augen zwecklose Doppelformen,
so hat er sie gewifs nicht nur in praxi vermieden, sondern ihnen
auch in der Theorie, d. h. in seiner Formenlehre als Schriftsteller
den Krieg erklärt. Beispielsweise schreibt er nur huiusmodi, Sallust
nur huiuscemodi, Cicero beides.
Rud. Menge et Siegln. Preufs: Lexicon Caeaariannm. Fase, ül
Copiosus— Eruptio. Lips. Toubn. 1887. col. 257— -384. Lex.-tf.
Obschon H. Studienlohrer David Wollner in Landau als neuer
Mitarbeiter eingetreten ist, sind sich die je 4 Bogen starken Liefe-
rungen doch nur in jährigen Zwischenräumen gefolgt: ein Beweis,
dafs die Ausarbeitung eines Wörterbuches mehr Zeit in Ansprach
nimmt, als man gewöhnlich glaubt. Über die Anlage des Wertes
verweisen wir auf Arch. I .-532 f.; daraus ersieht man, dafs jedes
Cäsarlexikon gewisse Vorteile bietet und alle in einem zu vereinigen
unmöglich ist. Wer z. B. wissen will, wie oft in der Bedeutung
r Vorrat' copia im Singular, wie oft im Plural, wie oft es im Pluril
von cTruppen' gebraucht sei, findet dies am schnellsten bei Menge-
Preufs, weil die Beispiele jeder Rubrik zusammengezählt sind; man
erkennt auch negativ, dafs copia im Sing, nie im Sinne von Mann-
schaft stehe. Erst Merguet aber oder Preufs, Lexikon zu den
pseudoeäsarischen Schriftwerken (Erlangen 1884), könnte uns be-
lehren, dafs im bell. Afric. und Hispan. öfters copia = Mannschaft
Litteratur. 329
(manus) gebraucht sei, wie wir dies auch bei Sallust und in den
Briefen des Pompeins an fünf Stellen finden, obschon der Ausdruck
offenbar weniger anerkannt war.
iufl Festi Avieni oarmina. Rec. AI fr. Holder. Ad Aenipontum
1887. LXV. 296. 8°.
Die genannte kritische Ausgabe des Dichters ist der Universität
leidelberg bei Anlafs ihres 500jährigen Jubiläums gewidmet; eine
Inzeige gebührt ihr an dieser Stelle, weil sie p. 176 — 292 einen
[ndex verborum enthält. Wir glauben mit Recht denselben als
rinen Wollständigen' bezeichnen zu dürfen; dafür bürgt die bekannte
Akribie des Herausgebers und eine stellenweise Nachprüfung bestätigt
». Konjekturen, welche nicht in den Text gesetzt sind, werden
labei nicht berücksichtigt; gute und aufgenommene Konjekturen sind
lurch * bezeichnet; handschriftliche Lesarten, auch wenn sie nicht
m Texte erscheinen, sind im Index mit f kenntlich gemacht. Doppel-
leutige Formen, wie die Dative und Ablative Flur, sind nicht nur
lach dem Kasus, sondern selbst nach dem Genus (masc. fem. neutr.)
>ezeichnet; Ergänzungen mit < > angegeben. Um aber Raum zu
sparen, ist durchweg nur die von dem Dichter gebrauchte Wort form
verzeichnet, nie ein zweites Wort, auch nicht einmal das Epitheton
ies Substantivs beigefügt.
Du Cange-Favre: Glossarium mediae et infimae latinitatis.
Tomus VIII. T— Z. Niort. 1887. 470 pg. 4°.
In vier Jahren ist die Neuauflage des grofsen früher schwer
käuflichen Werkes mit den Zusätzen Henschels vollendet worden.
Schon der neue Abdruck an sich war ein verdienstliches Unter-
nehmen, und nicht jeder Buchhändler hätte den Mut gehabt, ein so
grofses Kapital in dasselbe zu stecken, da sich der buchhändlerische
Absatz nicht im voraus bestimmen liefs. Dafs bei der Aufnahme
neuer Artikel mehr Sorgfalt hätte können aufgewendet werden, ist
schon mehrfach bemerkt worden, und es gilt dies auch von dem
Bchlufsbande, zunächst von den Artikeln Diefenbachs. Artikel wie
talmus : oculus, talapsum : mare haben doch keinen Wert, da dies
keine neuen Wörter, sondern nur Korruptelen von ophthalmus und
bhalassa sind. Aber auch Artikel wie tentigo oder torridus : ustus
waren nicht aus Diefenbach aufzunehmen, weil dies ja gut lateinische
Wörter sind. Citate wie Tengomena, Petron. § 341 Bücholer sind
loch unmöglich; es mufs cap. 34 heifseu.
Von S. 437 an erhalten wir ein Supplement, welches u. a. viele
orthographische Varianten, wie abena = habena, auch viele deutsche
in lateinischen Texten gebrauchte Worte enthält. Zwei Archivare,
Bin Bollandist, ein Professor der Geschichte in Romans, ein Advokat
von Mailand und ein eure von Köln haben aufser dem schon früher
thfitigen Mitarbeiter, L. Fraty, Bibliothekar in Bologna, die neuen
Archiv für lat. Lexikogr. IV. Heft 2. 22
330 Litteratnr.
Artikel geliefert. Was der Leser bei manchen bedauern wird, ist,
dafs sie nicht erklärt sind, z. ß. Arvina, baves, bavosus, bivora,
stroppo, vestilmosa. Die Bedeutungen sind: Speck, geiferig, Viper,
Strupfe, und das letzte Wort ist ein Eigennamen (Westermoos), was
freilich Referent nur nach Befragung seines Kollegen Konrad Hof-
mann zu berichten imstande ist.
Krebs- Schmalz: Antibarbarus der lateinisohen Sprache. Lief.
5. Basel. 1887. S. 538—744. 8°.
Mit der fünften bedeutend verstärkten Lieferung schliefst der
Buchstabe I und damit der erste Band des Werkes, über welches in
diesen Blattern schon wiederholt die Rede gewesen ist. Wir be-
schränken uns deshalb auf einige Nachträge. Zur Erklärung von
Terrae, Fortunae iilius konnte bemerkt werden, dafs nach Bachelors
schöner Darlegung Iilius eigentlich den Säugling bedeutet und daher
das1 Wort ist, mit welchem die Mutter das Kind bezeichnet, während
bei Plautus der Vater den Sohn mit gnate mi anredet. — Fiscus]
seit Hadrian mit aerarium verschmolzen, da die doppelte Rechnungs-
führung für Gemeinwesen und Kaiser aufhörte. V. Brinz in den
Münchn. SitzuDgsber. 1886, 471. — Historiae fides] historische Treue,
öfter und gutlateinisch: rerum fides, z. B. Tac. Agr. 10 r. fide tra-
de ntur. — inccrtitudo] auch certitudo ist im guten Latein durch
fides ersetzt. Heerdegen, de fide Tulliana p. 25. — Innominatus]
ist bei Donat vit. Verg. 10 nur schlechte Konjektur, und jetzt nach
den Spuren der Handschrift durch Numitorius ersetzt. Vgl. Teuffel-
Schwabe 22G, 1. — Intutus] im klassischen Latein fehlend, wird
durch parum (male?) tutus vertreten. — Ita] vor dem neulateinischen
ita ut = wäre, so dafs, war doch zu warnen, da man besser ita vor
das Verbum stellt und von ut trennt.
Ed. Bourciez: Do praepositiono Ad oasuali in latinitate aevi
Merovingioi. (Pariser Dissert.) 1887. 11 G pg. 8°.
Vf. dieser für die Erkenntnis des gallischen Lateins wichtigen
Abhandlung fafste sein Thema von zwei Seiten an; er geht von
dem klassischen Latein aus und konstatiert durch reiche altfranzÖ-
sische Beispiele, was sich in der lebenden Sprache erhalten hat; die
Litteratur in der Mitte teilt er in die von klassischen Mustern be-
einflufste (Gregor von Tours, Venantius, Patristik), und in die der
Volkssprache näher stehenden christlichen Inschriften, Gesetze, Ur-
kunden, Rechtsformelu. Da freilich eine Vergleichung der Litteratnr
Italiens und Spaniens ausgeschlossen ist, so läfst sich auch nicht
bestimmen, was specieli gallisch und was gemeinromanisch ist;
auch die Zeugnisse der Grammatiker hätten manches besser erklärt,
was bei B. hall) in der Luft steht, z. B. die wichtige Stelle des
Nonius 522: error consuetudinis (der Umgangssprache) *apud* pro
'in' utitur.
Litteratur. 331
I. Ad der Bewegung. Auf die Frage wohin? findet sich ad
bei Ländernamen nur bei Gregor, Ven. und im Kirchenlatein; der
Volkssprache war der Gebrauch fremd, wie sich auch im Französi-
schen nur en in diesem Sinne erhalten hat, während umgekehrt der
Spanier Idacius 21 mal ad vor Ländernamen, in nur 3 mal gebraucht.
Mit Idacius geht nur der Südwesten Frankreichs (Prosper Aquit. mit
15 ad, 5 in), wie schon Diez Gramm.5 877 ff. richtig bemerkt hatte.
— Den Dativ vertritt ad nach den Verbis des Gebens, Sagens,
Bittens. Mifsverstanden ist hier Ch. M. 435 ann. 696 ad deo timen-
Übus conlatum, da hier ad = ab steht, wie an zahlreichen Parallel-
stellen 144 (ann. 546), 172, 336 a Deo (= deum) timentibus. Um
diese Verwechslung von ad und ab klarer zu machen, hätte erwähnt
werden sollen, dafs ad schon im VII., nicht erst im VIII. Jahrb.
sein d in der Schrift verlor, also nicht erst in der von Diez ange-
führten Urkunde vom J. 739 (N. 559), sondern schon 690 (N 413),
quod a saepe dictas basilecas dilegavi, und darum war auch Form.
Andecav. 32 quicumquae ad latruncolus damnum pertullerit nicht
aufzunehmen, weil ad = ab steht. In die Konstruktion der Imper-
sonalia wie decet, piget ad alqm war hineinzuziehen Pardessus 527
(ann. 723) licet ad alqm, und delechit ad alqm (= iuvat me), z. B.
Pard. 343 (ann. 662), 436 (696). — Nach dem finalen Gebrauche
von ad (drittes Kap.) wird ad bei Zahl begriffen und zur Bezeichnung
der Konformität zweier Handlungeu erläutert, wo sich wieder das
Verkennen von ad = ab fühlbar macht, z. B. Ch. M. 559 (ann. 739)
ad communionem omnium aecclesiarum excommunicatus appareat;
denn dafs man ad nicht interpretieren dürfe = quod adtinet ad,
beweisen Parallelen wie 376 (675): ab omnibus ecclesiis excommuni-
catus appareat, 412 (690). Man vergleiche auch ab omnibus limini-
bus excommunicatus appareat (350 ann. 664 und oft) mit 375 (675)
ad limina sanctorum excommunicatus appareat.
IL Ad der Buhe. Ad altare offerre wird schwerlich richtig
= ante a. erklärt, vgl. Du Cange s. v. altare. Besonderes Interesse
erregt ad, wo es die Übereinstimmung, und vielfach mit apud zu-
sammentreffend die Art und Weise und das Werkzeug bezeichnet;
trägt doch dieser Abschnitt dazu bei, in die von Diez Gramm.'' 879 ff.
aufgeworfene Frage, ob das romanische modale und instrumentale a
auf die Präposition ad oder auf apud zurückzuführen sei, mehr Licht
zu bringen. B. sagt wohl mit Hecht, dafs in Gallien wenigstens
beide Präpositionen zusammengewirkt haben, wenn nicht gar in
einigen aus Gregor angeführten Beispielen Keminiscenzen an das
klassische ab (Dräger I2 548 — 550) hineingespielt haben. Unter den
Beispielen von ab = apud ist Form. Marc. 1, 32 p. 63, 7 nee ab
heredes eorum exinde qualibot calomnia aut repetitione ulla habere
poenitus non debeant zu streichen, weil hier ab = von Seiten ge-
braucht ist, wie z. B. 384 (a. 677), 414 (691), 506 (717). Das
von Schriftstellern der merowingischen Zeit dem instrumentalen Ab-
lativ vorgesetzte cum, welches B. richtig auf das vulgäre apud zu-
rückführt, ist nur dürftig durch zwei Stellen aus Gregor belegt,
22*
332 Litteratur.
während die hist. Franc, sowie die lex llipuar. zahlreiche weitere
bietet. Vgl. Pott in Kuhns Zeitschr. X11I 332.
Wunsiedel. Paulus Geyer.
Paul Hinze: De An partioulae apud priscos scriptores latinoa
vi et usu. (Dissert. inaug.) Halis Sax. 1887. XX. 4°.
Mit Recht verwirft Vf. die Ansicht von Reinh. Klotz, dafs an
aus aisnc? entstanden sei, schon wegen des kurzen Vokales der Par-
tikel, und leitet dieselbe aus dem Sanskritpronomen anja = aliud
(nicht aus ana = illud) ab. Die gewöhnliche Erklärung, an stehe
im zweiten Gliede der disjunktiven Doppelfrage, eventuell, wo sich
die erste Frage aus dem Zusammenhange ergänzen lasse, steht auf
sehr schwachen Füfsen, und Vf. glaubt vielmehr, dafs die einfachen
Fragen mit an älter seien; ferner, dafs das erste Glied selbst nicht
fragend zu sein brauche, z. B. Hoc constat. An tu putas etc.? =
Glaubst du umgekehrt u. s. w., = oder glaubst du, etwa wie ähnlich
die Partikel ccXkd aus iiXka hervorgegangen ist. Die Bedeutung der
Frage läge somit nicht von Haus aus in dem Worte.
Darauf werden die selbständigen, dann die indirekten mit an
beginnenden Fragen (darunter auch forsitan und fors fuat an), end-
lich die disjunktiven Fragen einer genauem Untersuchung unter-
zogen, und dabei zahlreiche Ergebnisse für die Kritik der Komiker
gewonnen.
G. M. Ricbardson: De 'dum' partioulae apud prisoos soriptores
Latinoa usu. (Leipziger Doktordissertation) 1886. 96 pg. 8°.
Ein amerikanischer Philologe bietet hier eine aufserordentlich
fleifsige Arbeit über die Partikel, welche schon Eiste (Halle 1882)
mit Beschränkung auf den plautinisebeii Sprachgebrauch behandelt
hatte. In der Überzeugung, dafs nur die Ausbeutung eines um-
fassenden Sprach materi als zu sicheren Resultaten führen kann, hat
Vf. seine Untersuchung nicht nur auf die ganze filtere Latinitat
ausgedehnt, sondern auch Lucrez, Catull, Varro und Sallust beige-
zogen. Arn Schlufs jedes Abschnittes angehängte Tabellen erleichtern
die Übersicht über das sehr umfangreiche Stellenmaterial.
Im Eingange behandelt R. kurz die Etymologie von dum, in
welchem er mit Uibbeck u. a. die demonstrative Pronominalwurzel
erkennt, wie sie sich auch in quando, donec, quidam n. a. zeigt,
während ihm weniger sicher scheint, dafs in dum ein Accusativ zu
sehen ist. In fünf Kapiteln wird dann dum als temporales Adverb
besprochen, die Entstehung des konjunktionalen Gebrauchs erklärt,
die Konjunktion in Verbindung mit Verbalformen vom Prflsena-
stamin, dann mit solchen vom Perfektstamm behandelt, endlich eine
Übersicht über die mutmafsliche Entwickelung des gesamten Sprach-
gebrauchs gegeben. Mit Recht wird ausgegangen von den wenigen
UeispiolfMi der archaischen Latinitüt, wo dum — dum 'bald — bald'
Litteratur. 333
heilst (Arch. II 234): eigentlich *die Weile — die Weile'. Dann
verbindet sich dum mit andern Wörtern zu etiamdum, interdum,
non (neque-, haud-) dum, vixdum, primumdum, quidura und dem nur
bei Terenz und Lucrez je einmal vertretenen nedum; Vf. vergleicht
dazu das deutsche 'bisweilen' und das englische 'meanwhile'; es wäre
gut, wenn die Briete Ciceros mitunter beigezogen wären: so ist es
interessant, dafs vixdum bei Terenz nur einmal vorkommt, bei Cicero
mehrfach, nihildum in der älteren Sprache gar nicht, in Cicero»
Reden nur zweimal, in den Brieten öfter (wie steht es mit nullus
dum?); während R. sehr sorgfältig unterschieden hat, wann in diesen
Zusammensetzungen dum den Ton hat, wann es enklitisch ist, wann
es in Synalöphe steht, sind die Fälle, wo etiani bei nonduin, vix-
dum u. ä. steht, nicht besonders beobachtet, und doch hat Terenz
nihil etiam für nihildum und noch in den früheren Schriften Ciceros
ist der breitere Ausdruck mit dum etiam zu beobachten: s. Land-
graf zur Kose S. 176. Erschöpfend scheint die Stellensammlung
des Yf. zu sein: der Referent hat nur nachzutragen S. 13 primum-
dum bei Plaut. Capt. 160 und zu S. 18 adsidedum Plaut. Stich. 7b,
wo es deutlich der Ambrosianus bezeugt. Streitig ist es noch, ob
die vom Vetus zu Plaut. Trin. 369 überlieferte und von Ritschi in
der zweiten Auflage aufgenommene Form agidum (s. Opusc. 11, 563.
569) auch sonst wieder herzustellen ist. Von agedum hat neuer-
dings W. Abraham nachgewiesen, dafs Plautus es fast immer mit
einem unmittelbar folgenden imperativ verbindet. Am Schlufs des
ersten Kapitels wird dudum besprochen; lautlich kaum haltbar
scheint die Etymologie von Bopp, der sich R. au schliefst (dudum =
dum -dum): die schon aus dem Altertum stammende Ableitung
aus diu • dum (vgl. auch Schweizer - Sidler Lat. Gr. S. 106) hätte
nicht so ohne weiteres von der Hand gewiesen werden sollen. Da-
gegen wird gut entwickelt, wie aus der ursprünglichen Bedeutung
reben, vorhin' allmählich die spätere r lange' entsteht. Ciceros
Sprache bestätigt das vollauf: neben dudum ( vorhin1 in den Briefen
und philosophischen Schriften steht Att. 4, 5, 1 dudum enim circum-
rodo, quod devorandum est (/schon eine ganze Zeit'), während die
Beden konsequent nur iam dudum haben.
Yf. bespricht hierauf, wie sich aus dem parataktischen Gebrauch
von dum — dum allmählich der korrelative (noch bei Catull: virgo
dum intaeta manet, dum cara suis est) und endlich die Konjunktion
dum entwickelt, ein Vorgang, der recht passend durch Analogieen
der homerischen Sprache, des Angelsächsischen und des älteren Deutsch
erläutert wird. Auch eine später (S. 57) angeführte Stelle gehört
hierher: wenn Plautus Bacch. 279 noch sagen kann Dum circum-
specto me, atque ego lembum conspicor, so ist das doch der Nach-
klang einer Parataxe, wie ihn das Deutsche sehr oft hat; so bei
Hartmann: daz ich si gerne ervollen sol, alle wlle unde ich mac.
Den Gebrauch des temporalen und kondicionalen dum (erst * während,
so lange', dann rbis') hat Vf. in den beiden folgenden Kapiteln mit
einer erschöpfenden Sammlung der Stellen ~ ' "uiauer, manch-
334 Litterator.
mal etwas spitzfindiger Klassifikation dargelegt; die Statistik des Vf.
ergiebt das interessante Resultat, dafs unter 510 Stellen nur 36
vorkommen, wo dum mit Verbalformen des Perfekt Stamms verbunden
wird, woraus er mit Hecht schliefst, dafs der letztere Gebranch sich
verhältnismässig spät ausgebildet hat. Bemerkenswert ist auch, dafs
die kausale Nebenbedeutung von dum, wie sie Cicero in seinen
Briefen, später besonders Tacitus hat, sich vereinzelt auch schon bei
den Komikern findet: doch ist Ter. Andr. 188 und 443 dam gewifs
nicht kausal, wie Vf. S. 19 meint. Dafs dum mit Ind. Imperf. bei
den Komikern selten ist, hatte schon Spengel zu Andr. 54 bemerkt:
die Stellen aus Sallusts Historien S. G9 bestätigen die Beobachtung
von Schmalz Lat. Synt. § 2G7, 1. Sorgfaltig behandelt R. auch die den
Begriff von dum ergänzenden Adverbien, wieadeo, interea, int erim, nunc,
tantisper, usque — adhuc, ndmodum, parumper, plerumque u. a. B.
0. Brugmann: Über den Gebrauch des oondioionalen Ni in
der älteren Latinität. Leipzig 1887. Progr. 34 S. 4°.
Nach Wegener Grundfragen S. 183 besteht die eigentliche Auf«
gäbe aller wissenschaftlichen Grammatik darin, die grundlegenden
Verhältnisse aufzufinden, aus denen die sprachlichen Einzelerschei-
nungen hervorwachson. Legen wir diesen Mafsstab an die Abhand-
lung von Br., so werden wir dieselbe eine gediegene Leistung nennen
müssen, welche für die Gesamtdarstellung der historischen Syntax
der lat. Grammatik einen hohen Wert besitzt. Es ist wohl selbst-
verständlich, dafs Drägers und Holtzes seiner Zeit sehr verdienst-
liche Werke heute nicht mehr entsprechen können; ebenso selbst-
verständlich ist, dafs mein Abrifs in Iwan Müllers Handbuch II 240 ff.
das Bild der lat. Syntax nur in grolsen Zügen geben konnte, welche
je nach dem Staude der Vorarbeiten mehr oder minder treffend aus-
fielen. Derartige Detailuntersuchungen nun verbreiten Licht über
manche dunkle Stelle, so dafs in Zukunft sowohl die erschöpfende
Darstellung der Syntax, als auch ein Grundrifs der6olben scharf um-
rissene und zuverlässige Beobachtungen bieten wird.
Das Wörtchen ni hat eine merkwürdige Geschichte, welche uns
an einem drastischen Beispiele zeigt, wie die Bedeutung eines Wortes
sich immer mehr einengt, wie sein Gebrauch je nach der Individua-
lität des Schriftstellers, der Eigenart der Litteraturgattuug oder der
herrschenden Strömung sich regelt und wie schliefslich der Erfolg im
„Kampf ums Daseinu sich ihm gestaltet. So sehen wir, dafs das
ursprünglich nei lauteude ni mit no noch an der positiven Natur
teilnimmt, so dafs wir z B. in der lex Acilia rep. neiquem eorum
det sciens etc. finden, wie dagegen allmählich ne allein zur Herr-
schaft gelangt und ni aufs konditionale Gebiet beschränkt wird, ferner
wie nisi dem ni schon bei Plautus erfolgreiche Konkurrenz macht,
wie die ganze vorklassische Prosa ihm ausweicht, eine Scheu, die erst
bei Cicero und auch hier nur mit grofser Vorsicht zurücktritt etc.
Die Abhandlung zerfüllt in zwei liauptteile, ni mit nachfolgen-
dem Indikativ, und ni in potentialen und irrealen hypothetischen
Litteratur. 335
Perioden. Im ersten Kapitel wird ni in Gesetzen behandelt: hier
tritt uns die auffällige Thatsache entgegen, dafs ni nur in XII tabb.,
dann aber nicht mehr bis auf Cicero erscheint. Daran schliefst sich
ni in Gegensätzen, Beteuerungen und Verwünschungen, hieran ni in
Drohungen, wo Bacch. 1172 für ni abeas vielmehr ni abaetis vorge-
schlagen wird. Hier hätte ich, da Lilie im Progr. des Humb.-Gymn.
in Berlin 1884 p. 15 gerade auf diese Stelle abhebt, eine prinzipielle
Auseinandersetzung mit Lilie gewünscht. Ni in der Sponsio ist eine
alte crux philologorum; sagt ja noch C. F. W. Müller zu Cic. off.
3, 77, dafs hier „statt si oft ni gesetzt wird, über dessen Erklärung
nichts feststeht/1 Br. findet die Erklärung darin, dafs wir bei ni
an die Aufforderung zur Wette, nicht an den Abschlufs der Wette
selbst zu denken haben. Schliefslich werden die Verwünschungen
mit ni und nach ni nach Ausdrücken der Verwunderung besprochen.
— Im zweiten Kapitel wird nach Poesie und Prosa getrennt ni mit
Konjunktiv erörtert und schliefslich entgegen Ribbeck in den Wörtern
quidni und quippini der zweite Teil als einfache ursprüngliche Ne-
gation ohne jeglichen konditionalen Charakter hingestellt. Eine
Bchlufsbetrachtung giebt die Resultate der Untersuchung und zu-
gleich eine etymologische Herleitung von nei (aus ne + i, welches
i als Lokativzeichen oder als deik tisch verstärkendes i anzusehen ist);
bei letzterer stammen die Nachweise von des Vfs. Bruder: kein
Wunder, dafs die Abhandlung einen so befriedigenden Eindruck
macht, wenn zur Akribie des klassischen Philologen noch die bewährte
Umsicht des Linguisten tritt!
Warum Varro übergangen worden ist, wenn Cornificius eine
Stelle gefunden hat in der Untersuchung? Es scheint, dafs ßr. auch
selbst einmal fühlte, dafs Varro zu berücksichtigen sei, und so nahm
er S. 16 aus Dräger H. Synt. II 748 die Stelle Varr. r. r. 3, 3, 9
peream ni piscem putavi esse herüber. Da es für mich ein Bedürf-
nis war auch des Varro Stellung zur vorwürfigen Frage kennen zu
lernen, und Reiter in seinen Quaestiones Varronianae grammaticae
nichts bietet, so las ich wenigstens de re rustica durch. Das Re-
sultat war: 1, 37, 2 ego istaec non solum in ovibus tondendis, sed
in meo capillo a patre acceptum servo, ni decrescente luna tondens
calvos fiam; 2, 1, 1 cum poetain sesum viscre venissemus, ni medici
adventus nos inpedisset; 3, 1, 10 cum . . parum putasses esse, ni
tuis quoque litteris exornati parietes essent. Überall variiert die
Überlieferung und alle drei Stellen sind auch sonst nicht intakt:
immerhin aber scheint die Zahl der Beispiele und ihre Art für die
Geschichte des Wörtchens ni interessant. Für quidni habe ich nur
3, 1, 1 cum duae vitae traditae sint hominum, rustica et urbana,
quidni) Pinni, dubium non est, quin hae non solum loco discretae
sint, sed etiam . . . und 3, 2, 15 Certe nosti materterae meae fun-
dum. Quidni? inquit, ubi aestate diem meridie dividere soleam etc.
gefunden: aber auch diese beiden Beispiele sind wichtig genug um
nicht übergangen zu werden.
Tauberbischofsheim. F. H. Schmalz.
336 Litteratur.
G. Niemöller: De pronominibus ipse et idem apud Plautum
et Terentium. Halis Sax. Diss. inaug. 1887. 54 pg. 8°.
Je heikler die Kritik der Komiker ist wegen ihres freieren Vers-
baues, desto erwünschter mufs es sein, durch genaue sprachliche
Beobachtungen Anhaltspunkte für die Herstellung des Originales zu
gewinnen. Vf. untersucht die verschiedenen Formen von ipse, sowie
die Stellung von ipse und idem; zunächst also ipsus und ipse. Der
Streit, ob die Komiker ipsus oder ipse mit sibi, se verbunden haben,
wird dahin entschieden, dafs Plautus in diesem Falle ipsus sagt, mit
Ausnahme vielleicht von Bacch. 415, Terenz häufiger ipse. Die Form
oarumpse, welche Vf. dem Ter. liec. 163 aberkennt; hatte auch Engel-
brecht (vgl. Arch. I 163} verworfen. Die Regel Ritschis, dafs bei
den scenischen Dichtern idem einem Pron. demonstr. vorangehe, trifft
für Plautus, weicher mehrmals hie idem gebraucht, nicht zu. Idem
ipse (Ter. Ad. 424) wird überhaupt eine der älteren und klassischen
Latinität fremde Verbindung sein, welche durch Lactantius nur eine
schwache Stütze erhält. Idem unum, zweimal bei Plautus, möchten
wir mit dem Vf. halten, wenn auch, abgesehen von dem in jener
Zeit nicht auffälligen Asyndeton (Lucr. 2, 917 unus idemque), die
Stellung auffällt; doch sagt auch Aristoteles o erwog xal slg statt des
gewöhnlichen slg %al 6 avrog. Zuletzt wird über idem qui, ut, atque
gehandelt. — Ein eingehenderes Referat wird die Abhandlung in
den Zeitschriften verdienen, welche die Plautus- und Terenzkritik zu
verfolgen haben.
Adolf us Hoerle: De castuim usu Propertiano. Diss. inaug.
Halis. 1887. 81 pg. 8°.
Die Absicht des Vf. war es einen Beitrag zur historischen Syn-
tax zu liefern und durch eine genauere Untersuchung des Sprach-
gebrauches des Dichters auch einiges für die Kritik beizutragen; er
hat dieselbe erreicht und ist zu Resultaten gelangt, weil er grofse
Sorgfalt auf seine Arbeit verwendet hat und weil die Sprache gerade
des Properz kühn und eigenartig ist. Dann hat er auch seiner Ab-
handlung einen weiteren Hintergrund gegeben, indem er die Sprache
des Tibull mit der des Pr. verglichen hat. Dafs man Gräciflmen
wie den genet. exclainationis: foederis heu taciti nicht bei Tibull
suchen darf, ergiebt sich schon aus seiner streng nationalen Richtung;
aber auch ainor tuus setzt er noch nicht für die Liebe zu dir, und
vermeidet es von einem Nomen zwei Genetive abhängen zu lassen
(bez. einen Gen. von welchem ein zweiter abhängt), was bei Pr. ganz
gewöhnlich ist. Über dio bei Tib. noch fehlenden Ablat. gerundii
im Sinne des Partie. Präs. Act. (quaerendo = quaerens) war auf
J. N. Ott, die Lehre vom Abi. Ger. (Festschr. zur 4. Tübinger Säcular-
feier, 187H. S. 29 ff.) zu verweisen.
Vermilst haben wir die Erwägung, wie weit das Versbedürfnis
auf die Konstruktionen des Dichters eingewirkt habe; denn sera venis
oder si qua venit sero konnten eben im Hexameter nicht anders lauten.
Litteratur. 337
So würden wir auch 3, 27, 41 custode recludor (Luc. Müller custodi
excludor) darauf zurückführen, dafs die Dichter, um kurze Schlufssilbo
zu bekommen bei passiven Verben den Urheber der Handlung in den
bloteen Ablativ statt in den Dat. graecus gestellt haben. Vgl. Hör.
Epist. 1, 1, 94 curatus inaequali tonsore capillos.
Adam Marty: De Qtüntilianeo usu et eopia verbornm cum
Oiceronianis potissimum comparatis. Glaronae 1886. 65 pg. 8°.
Vf. behandelt zuerst den bei Q. abweichenden Gebrauch cicero-
nianiecher Wörter, in einem zweiten Abschnitte die bei Q. zuerst
auftretenden Wörter, und sucht zu beweisen, dafs die Übereinstim-
mung der Diktion Qu in tili ans mit Cicero vorwiegend in der Syntax
liege, der Wortschatz dagegen bedeutende Veränderungen zeige. Im
grofsen Ganzen, aber auch nur in dieser Beschränkung, dürfte die
These richtig sein, und richtiger jedenfalls, als wenn man sie um-
kehren wollte. Da dem Vf. keine Vorarbeiten vorlagen, so mufste
er sein Material auf Grund der Lektüre Quintilians zusammentragen,
und er hat das mit redlichem Fleiise gethan, wenn ihm auch wich-
tige Hülfsmittel, wie die siebente Auflage des Handwörterbuches von
Georges gefehlt zu haben scheinen : sonst hätte er doch sicherlich nicht
conexio (Cicero), enarratio (Sen. ep. 88, 3), gesticulatio (Val. Max.
2, 4, 4), indifferenter (Scrib. Largus), lucrativus (Cic. ad Att.), ob-
servabilis (Sen. ben. 4, 23, 1), participalis (nicht participialis, Varro),
pullatus (Persius) als zuerst bei Q. nachweisbar angeführt. Vf. ist
vorsichtig genug aus dem ersten Vorkommen bei Q. nicht zu schliefsen,
dafs die betreffenden Wörter zuerst von Q. gebildet seien; die dem
Q. selbst angehörigen, meist Übersetzungen griechischer Kunstaus-
drücke, hat er durch * kenntlich gemacht, und er hätte darin wohl
etwas weiter gehen dürfen, indem elocutrix wohl nur eigene Über-
setzung von £qro(>ix»/, persuasibilis = m&ccvog ist etc. Befremden
mufs, dafs der Tursellinus nach der Ausgabe von Schwartz 1724
citiert wird, da doch Hands Ausgabe in vier Bänden bereits vor
einem halben Jahrhundert erschienen ist; noch mehr aber befremdet
in den syntaktischen Erörterungen, dafs Vf. Drägers Buch nicht kennt.
Auch in der Literaturgeschichte ist Vf. nicht sehr bewandert,
indem er den Justin konsequent vor Q. setzt, ohne zu wissen, dafs
derselbe (im 3. Jahrh. nach Chr.) das Werk des Trogus Pompeius
in die Sprache seiner Zeit übertragen hat. Es folgt aus dem Obigen
von selbst, dafs Vf. dem Thema des dritten Kapitels (Verhältnis der
Latinität Quintilians zu der Ciceros) nicht ganz gewachsen ist; gleich
das erste Wort, welches bei Q. fehlen soll (weil Bonnell kein Beispiel
giebt), etsi, findet sich bei Q. 1, praef. 19. 1, 5, 28. 11, 3, 18; dafs
es darum relativ selten ist, weil es durch etiamsi (um es von et si
zu unterscheiden) ersetzt wird, ahnt er nicht. Beachtenswert ist die
Bemerkung S. 61, dafs 6, 3, 50 zu lesen sei nee clusum (occlusum
Halm) neque signatum, obwohl Cicero de orat. 2, 248 der Deutlich-
keit wegen die Composita vorzieht nee obsignatum nee occlusum.
S.
338 Litteratur.
S. Hilarii traotatus de mysteriis et hymni et 8. Silviae Aqui*
tanae peregrinatio ad looa sancta. Tnedita ex codice Arretino
deprompsit Joh. Franc. Gamurrini. Romae 1887. XL et 152
pgg. 4°. Ex typographia Pacis Philippi Cuggiani. Vico della
Pace 35. (= Biblioteca dell* accademia storico-giuridica, vol. IV.)
Schon vor drei Jahren gab der um die Epigraphik verdiente
Bibliothekar von Arrezzo, Gamurrini, in der oben genannten Bibliothek
für Geschichte und Jurisprudenz eine Notiz über seinen Doppelfund;
in der Berliner Akademie (Sitzungsberichte 1887. XXIII. 28. April)
machte Mommsen namentlich geographische Mitteilungen über den
Reisebericht, und soeben ist nun auch die durch Buchhändler Spit-
höver in Rom zu beziehende Ausgabe erschienen. Die Handschrift,
welcher wir beide Schriften verdanken, ist aller Wahrscheinlichkeit
nach in Monte Casino geschrieben, etwa im elften Jahrhundert
In sprachlicher wie sachlicher Hinsicht steht der Hilariusfond
hinter dem andern zurück. Die Latinität des Bischofs von Portiers
ist aus andern Schriften uns bekannt, und damit man nicht glaube,
es handle sich um Mysterien des heidnischen Kultus, so genügt es
die Subscriptio herzusetzen: iinit tractatus mysteriorum ab Adam
usque ad Noe, deinde Abraae, Isaac, Jacob, Moysis etc. Da der
Traktat wie die Hymnen in dem Wiener Corpus der Kirchenväter
erscheinen sollen, so wird an joner Stelle wohl auch Näheres über
die Sprache des Hilarius, sei es in der Vorrede, sei es in Form eines
Index mitgeteilt werden.
Über den sprachlichen Gewinn, den wir aus der Peregrinatio zu
ziehen haben, ist oben S. 259 ff. Bericht erstattet. Leider fehlt der
Anfang der mutmafslich in den Jahren 385 — 388 ausgeführten
Heise, indem wir mit dem erbten Bogen gleich an den Fufs des
Sinai versetzt werden, ebenso das Ende, und in der Mitte an zwei
Stellen je ein Blatt. Im J. 1037 hat der gelehrte Bibliothekar von
Monte Casino, Petrus Diaconus, den Reisebericht wohl noch voll-
ständig vor sich gehabt, indem sein eigenes Buch De locis sanctis,
welches er selbst ex omnibus, ut ita dicam, libris collectus nennt,
der Hauptsache nach aus Beda, De locis sanctis und unserer Reise-
beschreibung geschöpft ist. Der Hsgb. hat daher die Schrift des
P. Diac. als Anhang .seiner Ausgabe beigegeben.
Wenn wir nun die Arbeit des Hsgb. würdigen sollen, so hat
derselbe nicht beansprucht, die Resultate für die Geographie des
heiligen Landes sowie für die altchristliche Liturgie vollständig zu
ziehen und systematisch zusammenzustellen. Aber in der Vorrede
giebt er das zur Einführung in die Lektüre Nötige, und in zahl-
reichen, bald kürzeren bald grüfseren Anmerkungen unter dem Texte
ist in verdienstlicher Weise ein Kommentar gegeben, welcher reich-
haltige gelehrte Nach Weisungen enthält. Als Kritiker ist 6. sehr
konservativ, was bei einem editnr princeps im ganzen nur zu loben
ist. Bevor die Konjekturalkritik ihre Aufgabe aufnimmt, ist die Über-
lieferung möglichst genau festzustellen. Kleinere Versehen können
Litteratur. 339
vielleicht auf Druckfehler zurückgeführt werden, z. B. 98 quia ut
fortiores sunt, aut iuveniores statt qui aut f.; 88 satisfecerit schreibe
satis fecerit wegen des folgenden minus (fecerit). Der photolitho-
graphische Abdruck einer Seite des Codex gestattet uns übrigens,
hier den Text von Gamurrini zu kontrollieren. Wir ünden auf S. 49
der Ausgabe Folgendes zu verbessern: nullas fabricas] der Codex
deutlich nraltas fahr. — ruinae autem] Codex r. enini. — licet tarnen
fractus afferat] licet t. adhuc fr. äff. — nara etiam iam senior vir]
nam est iam 6. v. — in de fuisset piosecutus] i. f. profectus. Dar-
pach wären doch noch etwa zwei hundert Stellen nach dem Codex zu
bessern. Die Schrift wäre in Kapitel und Paragraphen, oder blofs in
Paragraphen zu teilen, da man jetzt nur nach Seiten der Ausgabe
(ohne Zeilenzählung) oder der Handschrift citieren kann. Mag aber
auch ein Neudruck noch so viele Verbesserungen aufweisen, das Haupt-
verdienst wird immer dem Entdecker und ersten Hsgb. bleiben, dem
daher auch unser voller Dank gebührt.
Aneodotum latinum von Dr. J. Piechotta. Gymn.-Progr.
Leobschütz 1887. 13 pg. 4°. #
Aus einer durch ihr hohes Alter — sie stammt aus dem 6. Jahrb.
— merkwürdigen Handschrift der Leydener Universitätsbibliothek,
dem cod. Voss. L. Q. 9, über welchen zuletzt L. Müller (lihein. Mu-
seum XXIII S. 187—190) und Bäbrens (Miscellanea S. 107) gehan-
delt haben, veröffentlicht der zukünftige Herausgeber des Pseudo-
Apuleius ein kleines Anecdoton medizinischen Inhalts. Leider ist uns
der Anfang desselben durch den Verlust mehrerer Quaternionen nicht
erhalten; es beginnt mit Kap. 1 ad nares ulcerosas; da auch eine
subscriptio fehlt, ist uns der Name des Autors, wenn ein solcher
überhaupt genannt war, nicht bekannt. In der Weise eines Mar-
cellus Empiricus oder des angeblichen Musa Antonius de herba Vet-
tonica werden hier einfache und zusammengesetzte Heilmittel gegen
verschiedene Krankheiton von Menschen und Vieh aus dem Pflanzen-
und Tierreiche, darunter auch mehrere abergläubische Heil- und Zauber-
formeln in bekannter Manier, ohne bestimmte Ordnung angeführt.
Einige Abschnitte weisen mehrfache Anklänge an Dioskorides auf,
sind also wohl einer altlateinischen Übersetzung desselben entlehnt,
sonstige Quellen sind nicht zu ermitteln.
Mehr als der unbedeutende Inhalt des anonymen Opus inter-
essiert uns seine Sprache, und der Hsg. hat deshalb in der Einleitung
alles in bezug auf Orthographie, Vokalismus , Flexion, Syntax und
Wortschatz Merkwürdige sorgfältig zusammengestellt. Vieles hiervon
ist dem Ref. auch in andern medizinischen Handschriften, so in dem
codex Laudunensis des Marcellus, begegnet; freilich haben die ersten
Hsg. medizinischer Autoren, die für die unklassischen Formen der
Volkssprache kein Verständnis hatten, diese in den Texten getilgt,
und es ist also eine Aufgabe unserer Zeit hier die ursprünglinh«n
Formen wiederherzustellen. So hat z. B. auch die genannte Ma
340 Litteratur.
handschrift durchweg sciaticus (= ischiadicus), cocliarium, oft visica,
einigranium, noscia (= ischias), dactulus, aspargere od. conspargere,
u. iL Besonders bemerkenswert erscheinen dem Hef. die Wörter
capunclus (= capus), einissa (= cinis), Stella (= Glatze auf dem
Kopfe), patziniini coaguluni, parescere, perminuere (intrans. usque
quo luna perminuat, vgl. luna miuueute), während andere der 8. VI
aufgeführten, wie barba Jovis (s. PI in. IG, 70), experiraeatatum (s.
Theod. Prise. IV, p. 81)), fisis (= loca genitalia), zema, zernosus,
virgo pix (s. PJin. Valer. 2, 37) auch sonst vorkommen; balbulia
(de faba fresa) ist wohl identisch mit valvulae (cf. Scribon. c. 158
l'aba roolita cum suis valvulis. Colum. VII, 4, 2 freaae cum suis
valvulis fabae); die Pferdekrankheit orfus erinnert an die von Veget.
V, 22 orabus genannte. Statt stentinurn quein longaone vocant hoc
est cui stalis oxiet ist wohl intestinum q. 1. v. zu lesen und extalis
hat auch Marcellus. Ebenso ist cydonia ulcera offenbar aus chironia
u. uud samsana vielleicht aus lafi^avt} verderbt. Da die Schriftlüge
des codex an vielen Stellen verblafst und unlösbar geworden sind,
erscheint der Text vielfach lückenhaft; einige Ergänzungen und Ver-
mutungen mögen diese Anzeige beschliefseu: LI lies herbam pteri-
de(m) coces, LVJ1 ncscia — morbum — argimonia — locum quem
dolebit, LXVII nomas st. mamas, LVI1I si habes, LXVIIII quam
plurimam, LXXI in murtario, LXXII1 herbam legito, LXXV1I circum-
scribito, LXXXVHH ad uiorsuin serpentis et simi hanc herbam tritam
et contusam, CXX1III caput dimidium si cui dolet — et inpone in
caput, CXLI1I mulierem Mittles sistet fluxu(m), CL1II in unum corpus
inmisces, l'LXIIIl anagallidis genera sunt duo tioribus discrepantia,
CLXXVIII1 columbi ne devolent, CLXXX1I1 de vestibus.
Augsburg. G. He Im reich.
Herrn. Win uef cid: Sortes Sangaliensee. Adiecta sunt alearnm
oraoula ex codice Monacensi primum editae. Bonuae. Dissezt
inaug. 1887. (50 pgg. 8°.
Bof. erinnert sich in seiner Jugend bei seinem sei. Grofsvater
ein geschriebenes Buch mit dem Titel 'Glücksrad* gesehen zu haben,
welches auf etwa hundert Fragen je zwölf Antworten enthielt. Je
nachdem der das Orakel Befragende mit einem oder zwei Würfeln
1, 2, ... 12 Augen warf, erhielt er nach einem etwas komplizierten
Mechanismus die betreffende Antwort. Ähnlich sind die griechischen
nach Dekaden gegliederten Orakel des Astrainpsychos, herausgeg. fon
K. Heivher, Berlin. 18(53, deren Einrichtung etwa auf die zehn Finger
der Hand bezogen werden könnte.
Auf die lateinischen, nach Podekaden gegliederten St. Galler
Sprüche, die Übersetzung eines griechischen Originales zu sein scheinen,
hatte zuerst Bücheier im Bonner Lektionskatalog 1877. 13 hingewiesen,
indessen nur Proben gegeben; W. hat nun den ganzen Codex, so weit
er lesbar ist (denselben, aus dem Niebuhr die Merobaudes-Fragmente
Litteratur. 341
herausgab), abgeschrieben, abgedruckt, und in verdienstlicher Weise
mit kritischen Anmerkungen und Einleitung begleitet. Das Verzeichnis
der Fragen, über die man Belehrung holen konnte, ist leider verloren;
sie müssen beispielsweise gelautet haben: Was wird das neue Jahr
bringen? Soll das consortium eingegangen werden? Wird der Prozefs
gewonnen oder verloren? Wird die Bewerbung um ein Amt mit Er-
folg gekrönt werden? Wird die Flucht gelingen? Wird man wieder
gesund werden?
Da die Sprüche vielfach christliche Färbung tragen, so mögen
sie im 3., 4., 5. Jahrhundert entstanden sein; da» mehrmals vorkom-
mende (ul in venire wird mau kaum noch in das 2. Jahrhundert rücken
können. Die Sprache zeigt manches Interessante: modo steht für
nunc (welches wohl fehlt); diu existiert noch neben -m longo tempore
(tongtemps), magno tempore (in der Frage, ob man no-h lange leben
werde); sonjum und soniari stehen = ntra. mrare (vgl. franz. soigner
u. a. roman. Formen); bieerte = 'sicher' war nicht mit in plenins zu
vergleichen, sondern mit in vantnn (envnin). oder mit Zusammen-
setzungen wie adpletie (appieno), adsatis (assrz), impalnm ((.'aspari, Pri-
minius 183), insrmel; neue Wörter sind luticarins, mediemnmtare.
Statt seipvlum 17, \) ist vielleicht sernjntlum zu schreiben. Das in
dieser Hinsicht Bemerkenswerte ist in den Anmerkungen angedeutet
und in einem Index zusammengestellt.
Jünger und wertloser und zerrütteter sind die Sortes Mona-
censes; sie zeigen, wie jede Überlieferung im Laufe der Jahrhunderte
schlechter wird.
I. M. Stowasser: Hisperica Famina. Programm des Franz- Josef-
Gymn. in Wien. 1887. ö°.
Das eigentümliche Machwerk, dessen Abdruck durch Ang. Mai
nicht nach allen Seiten befriedigte, wird hier von neuem und sorg-
fältig herausgegeben mit einer lateinischen Vorrede und einer deut-
schen Nachrede. Dem emendierten Texte folgt ein Kommentar, der
manche dunkle Stelle aufhellt; einige Deutungen sind freilich wenig
überzeugend und mehre res ist auch dem Hrsgbr. dunkel geblieben,
was niemand wundern wird, der das Denkmal kennt. Der Verfasser
ist ein ti-ottus, d. h. ein Ire, wie St. mit Hecht in Übereinstimmung
mit Mai annimmt. In einem noch nicht erschienenen Aufsatz (vgl.
P. 3) in den Wiener Studien führt St die Hisp. Farn, und das ver-
wandte Luxemburger Fragment auf ein gemeinsames Muster zurück.
Die Gründe dieser Ansicht sind mir, wie gesagt, unbekannt. Einst-
weilen scheint mir näher zu liegen, dafs der Grundstock der Hisp.
Fam., Kap. 1 — 5, sidb.it das Muster abgegeben hat. Hier hat ein
^rammaticus die schwülstige Sprache namentlich der späteren Dakty-
Hker nicht ohne Humor nachgeahmt und übertrieben, mit Beibehaltung
der typischen Wortstellung, mit Anwendung aller der Kedetiguren,
Welche die Grammatiker in dem Kapitel \b' tropis9 abzuhandeln
pflegten, mit Beiziehung der seltensten und fremdartigsten Ausdrücke,
342 Littoratnr.
die er in Glossaren auftreiben konnte. Er bat dann Nachfolger ge-
funden, die seinem Beispiel obne Humor, aber mit naivem Ernste
folgten. St. betrachtet das Werk als eine Fundgrube für Romanis-
men und einzelne werden sich hier wie bei allen 8pätlateinera
finden; aber Schreibungen wie saborcm gleva möchte ich eher einem
Kopisten als dem irischen Verfasser zuschreiben, und z. B. plandum
(für planitifs) würde ich nicht mit ital. piantiio zusammenstellen
(p. 28). Eher dürften die Hisp. Farn, als Quelle für seltenere Glossen-
Wörter zu benutzen sein; aber diese Quelle ist eine äufserst trübe
wegen der Ungeniertheit und Kühnheit, mit welcher der oder die
Vorn*, neue Wörter bilden. Auf Einzelheiten gehe ich nicht ein, nur
bemerke ich zu p. 2G, dafc llhys' Übersetzung von igudtiockm
airmaoii (Glosse zu: in fcnosa machide) mit 'auf grasigen Schlacht-
feldern' völlig sicher ist. Die Worte in Kap. 2 von Novelle trmporei
bis faueibus tollus spricht der ungebildete Bauer, der im folgenden
Kapitel von der Schule weg aufs Land zurückgeschickt wird; der
Satz, der ihn einführt, ist daher nicht zu streichen (p. 24), sondern
unentbehrlich. — Mit dem gutmütigen Unsinn des Textes kontra-
stiert oft etwas eigentümlich die scharfe Sprache des Herausgeben.
Freiburg i. B. R. Thurnejsen.
Anecdota Oxoniensia. Alphita, odited by J. L. G. Mowat Oxford,
Clarendon press. 1887. VII. 243 S. 4°.
Das hier zuerst veröffentlichte „medico-botanical glossary" stammt
aus einer Handschrift der Bodleiana etwa vom J. 1465, kann aber
auch nicht viele Jahrhunderte früher geschrieben sein, da die Quellen
auf die italienische Wissenschaft (Salerno) des Mittelalters zurück-
weisen. Während der Vf. oft die englischen und französischen Aus-
drücke den lateinischen Pflanzen- und Krankheitsnamen beifügt, finde»
sich doch auch eine Reihe ausschließlich italienischer Worte (Zirbui
Netz im Leibe, celea Maulbeerbaum, pira, id est stupha = ital. stuft,
Badestube), welche nur aus den benutzten Schriften italienischer Ärzte
in das Werk geflossen sein können.
Die bisher nicht belegten lateinischen Wörter und Wortformen
werden daher der Hauptsache nach dem Mittelalter angehören, womit
natürlich nicht ausgeschlossen ist, dafs manche schon der Zeit vor
Karl dem Grofsen und dem Spiltlatein angehören. Reich entwickelt»
sich das Suffix aster (vgl. Arch. 1 390 *f.) in Bildungen wie piper-
astrum (vgl. rnentastrum) , purpurnster, subrubeaster (vgl. rougätre) i
zu osus finden wir arborosus, carnositas, tuberositas; zu anus sol»-
nus = evqXiog, susanae und iusanae (nämlich partes), Weiterbild unge**
von susum und iusum; in der Komposition obrufus, obrotundus, xr^
man subrufus erwartet. GratFagia hat, wie mir Dr. Helmreich schreibt •
mit yqctyri etyiet nichts zu thun, sondern ist Ableitung von yQagnj BS9SSts
Rezept (frz. -ago), wie öfters bei Alex. Trall. Schon romanisch
sind Wörter wie forago, eibus equornm (frz. fourage; Du Gange fo> "
Litteratur. Sprechsaal. 343
ragium: pabulatio), maneries (maniere) = species, vgl. Da Cange-
Favre, wo Übrigens das in der neuen Ausgabe hinzugefügte Maneries:
congeries lapidum in maceries zu emendieren ist. — Eine ausführ-
lichere Anzeige des Buches im Litterar. Centralblatt. 1887. 14. Mai.
Sprechsaal.
Zum erstenmale seit dem Bestehen des Archives hat das vor-
liegende Heft die verarbeiteten Artikel lange nicht zu fassen ver-
mocht, so dafs die Fortsetzung der vulgärlateinischen Substrata, der
Schluis von trans, ultra, Kssen und Trinken im Sprichworte, Abeo
und andere lexikalische Artikel zurückgelegt werden mufsten. Es sind
eben jetzt so viele Philologen in unserem Fache eingearbeitet, man hat
einen solchen Überblick der Litteratur gewonnen und es liegen nach
allen Richtungen so zahlreiche Probeartikel vor, dafs lexikalische,
grammatische , kulturhistorische Aufsätze, so weit das Zettelmaterial
dazu vorliegt, auf Bestellung geliefert werden können. Insofern ent-
halten die Archivbände sowohl die versprochene Vorarbeit zu einem
Thesaurus, als die Herstellung derselben eine Vorschule für die Mit-
arbeiter geworden ist. Dafs unter den verschiedenen Artikeln die
lexikalischen noch die leichtesten sind, bedarf keines Beweisen, und
noch leichter wäre es die ausführliche Darstellung ins Kurze zu ziehen,
in die Form, die etwa ein Thesaurusartikel haben muTste. Gleich-
wohl sind gerade die lexikalischen Artikel (Ab) aus dem einfachen
Gmnde nicht energisch gefördert worden, weil ja der Thesaurus keine
Zukunft s basis hat. Die Hedaktion verfolgte daher eine Zeitlang den
Gedanken namentlich noch Beiträge zur Geschichte der lateinischen
Wortbildung zu liefern, um damit nicht nur eine grofse Lücke aus-
lufüllen, sondern auf dem enger begrenzten Gebiete eher etwas Ganzes,
oder doch gröfsere fertige Abschnitte bieten zu können. In jener
Zeit wurde der Artikel Verba frequentativa und intensiva ohne Zettel -
material in Angriff genommen, der jetzt, nachdem diese Idee auf-
gegeben werden mufäte, der Entschuldigung bedarf; ähnlich sollte
durch Behandlung der Präpositionen penes, tenus, trans, ultra, usque
eine Ergänzung zum Tursellinus geboten werden.
Die zahlreichen Briefe, deren Verf. nicht nur Notrufe ausstoßen,
sondern auch Vorschläge machen das Archiv und das T besau rusprojekt
'Q halten, kann die Ued. nicht alle einzeln beantworten, obschon es
*° vielleicht 60 Fällen geschehen ist. Was mehrere wünschen, i*t
*Dgst, und schon vor dem Drucke des Prospekte* geschehen; allein
jfie (selbstverständlich vorwiegend sachlichen) Schwierigkeiten, welche
^ Wege stehen, lassen sich weder beseitigen noch hier auseinander-
bogen. Die Hedaktion hat nirht. versäumt in den Osterferien eine
ff^fsere Reise zu machen, um die Aneichten befreundeter Kollegen
*u vernehmen; allein auch diese sehen ein, dal« der Thesaurus un-
m'*glich das Werk einer Privatperson sein k«"inne.
344 Sprechaaal.
Dafs sich immer noch zahlreiche Mitarbeiter aas allen deutschen
Gauen anbieten, scheint anzudeuten, dafs die Personalbasis für die
Arbeit vorhanden wäre; zu ihrem gröfsten Bedauern hat die Red.
diese Anerbietungen ablehnen müssen, weil es nicht zu verantworten
wäre, so lange eine definitive Organisation nicht möglich ist, Arbeiten
zu veranlassen, die doch zu keinem Abschlüsse zu bringen wären.
Ausstehend zu Fragebogen 3 und 4 (fallig 1. Oktober 1885)
sind die Zettel:
Alcimus Avitus (A. Knnz).
Servius (A. Siefs).
Ambrosius II (Jos. Böhm).
Hieronymus V (Fr. Schwenck).
Grammat. lat. VT K. (J. Haverfield). (Als Ersatzmann ist unser
** Mitarbeiter [Arch. II 614J eingesprungen.)
Horaz Sat. Epist. und Corp. inscr. lat XI (J. B. Keune).
So empfindlich dies der Redaktion ist, so wenig kann darin eine
Widerlegung des Organisationsplanes gefunden werden. Es mufsten
vielmehr alle ausbleibenden Zettel jeweilen einen Monat nach Verfall
gegen Bezahlung hergestellt werden, etwa zu 60 Mark per Frage-
bogen, was, zehn Saumselige per Jahr gerechnet, einen Kredit von
G00 Mark nötig machen würde. Die hiesige Akademie besitzt leider
nicht die Mittel, um auf die Länge und mit Sicherheit solche und
noch andere Ausgaben auf sich zu nehmen, was schon vor vier Jahren
niemand verborgen war; da aber der Anfang bei allem das Schwie-
rigste, und nach einem Spruche die Hälfte des Ganzen ist, so glaubte
der Unterzeichnete wenigstens die ersten Schritte wagen zn dürfen
Das den Band ab schlief sende Doppelheft soll im November ans- j
gegeben werden.
München, den 15. Juni 1887. Prof. Ed. Wölfflin.
I
Essen und Trinken im Sprichwort.
Wenn der Mensch auch nicht leben soll, um zu essen, son-
dern essen, um zu leben (nach einer alten Sentenz*) beim auct.
ad Herenn. IV 28, 39. Quintil. IX 3, 85. Isid. Orig. II 21, 13), so
liegt ihm doch naturgemäfs die Sorge um die tagliche Nahrung
am allernächsten. Kein Wunder also, wenn sich auch das Sprich-
wort mehrfach sowohl mit dem Essen und Trinken im allgemeinen,
als mit den mancherlei Speisen und Getränken beschäftigt.
Damit das Essen wohlschmecke, ist das erste Erfordernis
ein guter Appetit, und diesen wiederum schafft nur ein tüchtiger
Hunger, denn „Hunger ist der beste Koch": Cic. de fin. II 28, 90
idque Socratem, qui voluptatem nullo loco numerat, audio di-
centem, cibi condimentum esse famem, potionis sitim.**) Ja,
der Hunger thut noch mehr, indem er die Menschen zu ange-
strengter Thätigkeit notigt, schärft er zugleich die Erfindungs-
gabe und lehrt Künste und Kunstgriffe (Düringsf. a. a. 0. I
Nr. 777 f.). Schon die Griechen behaupteten nokk&v 6 Atfiog yC-
yvstcu diddöxalog (Macar. VII 24) und nsvCa öl öocpiav ika%s
(Zenob. V 72). Vgl. noch Theoer. Id. 21, 1 a nsvCa, 4i6<pavte,
fwW tag xi%vag iyeiQst,. Auch die Römer bringen den Gedanken
zum Ausdruck: Senec. ep. 15, 6 admitte istos, quos nova artificia
doeuit fames. Pers. prol. 10 Magister artis ingenique largitor
▼enter.***) Phaedr. append. 20, 7 Ergo etiam stultis aeuit in-
genium fames. Von der Armut überhaupt: Plaut. Stich. 78 pau-
Pe*tas omnes artes perdocet, „Not lehrt Künste" (Düringsf. a. a. 0.
" Nr. 194), Publil. Syr. 210 Hominem experiri multa paupertas
*) Des Socrates nach Plut. de and. poet. 4. Diog. Laert. 2, 5, 34.
At**en. 4, p. 168 F. Gellins 19, 2, 7. Die Eed.
**) Vgl. Seneca ep. 119, 4 nihil contemnit esuriens, „Dem hungrigen
^^**ch schmeckt alles wohl."
***) Anch Horaz erzählt von sich ep. II 2, 51 paupertas impulit andax,
Verena facerem.
^UehiT für Ut I«xikogr. IV. Heft 3. 4. 23
346 A. Otto:
iubet. Apul. de mag. 18 paupertas, inquam, omnium
artium repertrix. — Ov. a. a. II 42 Ingenium mala saepe mo-
vent. Manil. I 80 labor ingenium miseris dat.
Ein voller Bauch hingegen erzeugt keinen witzigen Ge-
danken: Persius I 56 Qui pote? Vis dicam? nugaris, com tibi,
calve, Pinguis aqualiculus propenso sesquipede extet Dazu der
Scholiast: tractus sensus ex Graecorum versu, quo significatur ex
ventre crasso tenuem sensum non nasci. Hieron. ep. 52, 11
pulchre dicitur apud Graecos et nescio an apud nos aeque re-
sonet: Pinguis venter non gignit sensum tenuem. Der griechische
Wortlaut ist: yaöxrjQ ita%sla kenxbv ov tUxei voov (Apost V
22 a). Zum Gedanken vgl. auch Hör. sat. II 2, 77.
Wer satt zu essen hat, weifs nicht, wie weh der Hunger
thut, „ein voller Bauch lobt das Fasten" (Düringsf.a.0. IINr.568):
Hieron. epistol. 58, 2 plenus venter facile de ieiuniis disputat,
und ähnlich Ter. Andr. 309 Facile omnes, quom valenius, recta
consilia aegrotis damus. Indessen mit Worten läfst sich ein
Hungriger nicht abspeisen, oder, wie das Sprichwort sagt, „ein
hungriger Bauch hat keine Ohren" (Düringsf. a. a. 0. I Nr. 784).
Unter den Aussprüchen des älteren Cato citiert diesen Satz
Plutarch aitoy&dyii. Katar, xov XQeößvx. 1 (= vit. Cat. mai. 8)
*&lg %aki%6v iöxt ktyeiv ngbg yaöxega cor« (tri ijovöav. Gleich-
bedeutend ist der von Apost. X 73 a angeführte Vers Ai\mo yaQ ovdhv
iöxiv avxsineiv enog und Senec. ep. 21, 11 venter praeeepta non
audit; poscit, adpellat. — Welch grofsen Wert aus diesem Grunde
die alten Römer im Kriege auf die gute Sättigung der Soldaten
legten, zeigt die sehr alte Verbindung pransus paratus (Cato
orig. p. 25, 9 Jord. exercitum suum pransum paratum cohor-
tatum eduxit), welche auch auf das gewöhnliche Leben übertragen
wurde: Varro bei Non. p. 458,- 23 Quare, o Marce, pransum ac
paratum esse hominem oportet, wohl ausgerüstet, schlagfertig.
Pransus paratus war auch der Titel einer Varronischen Satire
(p. 139 R).
Freilich ist es nicht immer leicht, das zum Leben Notwendige
zu beschaffen, und noch „zwischen Lipp' und Kelches Rand schwebt
der dunklen Mächte Hand". Aus einer Rede des alten Cato
(fr. 65 Jord.) führt Gell. XIII 18 (17), 1 den Satz an: Saepe
audivi inter os et off am multa intervenire posse und läfst
darauf den Apollinaris sagen: vetus esse proverbium „inter os et
offam", idem significans, quod graecus ille xaQOLiiKoörjg versus:
Essen and Trinken im Sprichwort. 347
Jtokka p€ta%v itiksi xvXixog xal %Eiksos axgov (Zenob. V71). Vgl.
Düringsf. a. 0. I Nr. 676. Eine andere, ebenfalls allitterierende
Übersetzung desselben Sprichwortes ist inter man um et men-
tum: Fest. p. 149 M. inter manum et mentum proverbium est
ex Graeco ductura , quod est izokkcc ff.*) Manchem wird sogar
der Bissen aus dem Munde (wir sagen: vor dem Munde) weg-
genommen, d. h. ein Vorteil entrissen, dessen er sicher zu sein
glaubte: Ter. Heaut. 673 Crucior bolum tantum mihi tarn subito
e faucibus ereptum. Lucil. bei Non. p. 36, 19 In me illis spem
esse omnem, quoyis posse me emungi bolo (fr. 29, 63 M). Das
Gegenteil davon bei Plaut. Pers. 658 dabit haec res tibi grandis
bolos. Truc. IV 2, 12 bolos quos dat! Varro r. r. III 2, 16 ut
ad hunc bolum pervenias.
Wer zum Essen zu spät kommt, hat das Nachsehen: Varro
r. r. I 2, 11 Et Stolo, num cena comesa, inquit, venimus?
Schlimmer noch ist es, wenn jemand sich selbst etwas Unan-
genehmes eingebrockt hat und es nun ausessen mufs: Ter. Phorm.
318 tute hoc intristi, tibi omne exedendum est. Auson. id. 6, 5
Tibi, quod intristi, exedendum est. Macar. IV 50 r\v xig £fta-
$£ iuc£av, Tccvrriv xal iöfrifoca. Düringsf. a. 0. I Nr. 438.
Wenn es auch nicht jedem vergönnt ist, zu speisen wie ein
König (Petr. 38 solebat sie cenare, quomodo rex), so wird er
doch auch nicht seine Nase in alles, selbst das Unappetitlichste
stecken. Um diese Kategorie von Leuten, die dummen Schwätzer,
welche über alles reden, zu kennzeichnen, hatten die Römer ein
sehr derbes Sprichwort, welches uns Catull 98, 1 überliefert: In
te, si in quemquam, dici pote, putide Victi, Id quod verbosis
dicitur et fatuis: Ista cum lingua, si usus veniat tibi, possis
Culas et crepidas lingere carpatinas, d. h. wohl nicht, wie Sca-
liger meinte, deine Zunge würde die schmutzigsten Dienste ver-
richten, sondern: du hast einen so ungewaschenen Mund (wie
wir sagen), dafs du ungescheut die schmutzigsten Dinge belecken
konntest, ohne befürchten zu dürfen, ihn zu verunreinigen.
Wer seinem Feinde unter die Zähne kommt, ist übel daran:
Petr. 58 venies sub d entern! Laber. bei Gell. VI 9, 4 simul
sub dentes mulieris veni, bis ter memordit (Ribb. fr. com. p. 241).
— Kindern, welche noch keine Zähne besitzen, kaut die Amme
die Speisen vor; so giebt es auch Menschen, die in ihrer geistigen
*) Eine hierauf bezügliche Anekdote bei Serv. zu Verg. ecl. 6, 72.
23*
348 A. Otto:
Ausbildung so wenig entwickelt sind, dafs man ihnen alles haar-
klein erklären mufs, um verstanden zu werden: Cic. de oral II
39, 162 qui omnes tenuissimas particulas atque omnia minima,
niansa, ut nutrices infantibus pueris, in os inserant. Gell. IV
1, 11 Sed si me praeinandere, ut aiunt, postulas ff.
Um nun zu den einzelnen Speisen selbst überzugehen, so
waren jederzeit Brot und Salz die notwendigsten und zugleich
einfachsten Nahrungsmittel. Wer sich blofs mit Salz und Brot
beköstigt, führt das denkbar einfachste Leben: Plin. n. h. XXXI
7, 89 Varro etiam pulmentari vice usos (seil sale) veteres auetor
est et salem cum pane esitasse eos proverbio adparet Hör.
sat. II 2, 17 cum sale panis Latrantem stomachum bene leniet.*)
— Vom Rechtsstudium bemerkt einer der Teilnehmer am Gast-
mahle des Trimalchio Petr. 46 habet haec res panem, das lafet
nicht verderben. Mit den Worten tace liugua, dabo panem legt
sich daselbst Trimalchio selbst Stillschweigen auf (Petr. 69). Die
Redensart erklärt sich jedenfalls daraus, dafs man einem Bettler
oder einem Hunde ein Stück Brot giebt, um ihm den Mund zu
stopfen. Den gleichen Ursprung hat Petr. 37 noluisses de manu
illius panem aeeipere, kein Hund mochte von ihm ein Stück
Brot annehmen. Ahnlich ist Petr. 62 nee postea cum illo panem
gustare potui, non si me oeeidisses.**) — Das gewöhnliche Brot
war aus triticum, nur im Falle der Not mochte man sich wohl
mit lolium behelfen, wovon man jedoch glaubte, dafs es den
Augen schädlich sei (Ov. fast I 691). Aus dieser Ansicht er-
klärt sich Plaut. Mil. glor. 321 Mirum est lolio victitare te,
tarn vili tritico, wo Sceledrus zum Verständnis hinzusetzt: quia
luscitiosu's. Immerhin bleibt es fraglich, ob hier nicht blofs ein
Witz des Plautus vorliegt. — Die Beschaffenheit des Mehles,
woraus Brot gebacken wird, ist natürlich verschieden; mit Bezug
darauf heifst es bei Pers. V 115 cum fueris nostrae paullo ante
farinae, während du doch soeben von gleichem Stoffe warst> wie
wir.***) — Der gärende Sauerteig bedeutet aufbrausenden Zorn:
*) Vgl. auch unser Sprichwort: „Salz und Brot macht Wangen rot".
— Plaut. Poenul. III 4, 19 Ag. Si pultem non recludet. Ad. Panem
frangito enthält nichts weiter, als ein Wortspiel zwischen dem accus, non
pul 8 und dem coni. von pultare. (Anders Pflügl, die Sprichw. bei Plant
u. Ter. p. 13.)
**) „Kein Bissen Brot" ist Petr. 42 non mica panis, Petr. 44 non bncca
panis. Ähnlich Plaut. Stich. 568 denegavit dare se granum tritici.
***) Der Ähnlichkeit halber sei hier erwähnt Petr. 46 non es nostrae
Essen and Trinken im Sprichwort. 349
Plaut. Cas. II 5, 17 nunc in fermento tota est, ita turget mihi.
Mercat. 959 mea uxor propter illam tota in fermento iacet.*)
Von Fleischspeisen stand bei der altitalischen Bevölkerung
das Schweinefleisch in höchsten Ehren. Im Schlaraffenlande
laufen nach ihrer Meinung die Schweine schon gebraten herum:
Petr. 45 Tu si aliubi fueris, dices, hie porcos coctos ambulare.
Bezeichnend ist vor allem für die grofse Bedeutung der Schweine-
sucht bei den alten Römern eine Stelle des Varro r. r. II 4, 3
quis enim fundum colit nostrum .... qui non audiverit, patres
nostros dicere, ignavum et sumptuosum esse, qui sueeidiam in
carnario suspenderit potius ab lanario, quam ex domestico fundo?
Aus dieser Anschauung heraus nannten auch die Landleute den
Garten eine zweite Speckseite: Cic. Cato niai. 16, 56 Iam
hortum ipsum agricolae sueeidiam alteram appellant. — Auf
die Jagd und den Genufs des Wildschweins geht ein Aus-
spruch Diokletians bei Flav. Vopisc. Numer. 15, 3 ego semper
apros oeeido, sed alter utitur pulpamento, ich habe die Arbeit,
der andere den Lohn. Vgl. die zahlreichen Parallelen bei Düringsf.
a. O. I Nr. 344. über die beiden Sprichwörter lepus es et pul-
pamentum quaeris und leporem edit verweise ich auf Genthe,
prov. ad anim. nat. spect. 6. 8.**) Von der Fleischnahrung allgemein
Charis. I p. 276, 22 K. paroemia est vulgaris (pro-)verbi usur-
patio cum aliqua diversitate, ut „coeta numerabimus exta",
cum significet: ex eventu sciemus. Diomed. p. 462, 31 K. et ut
„coeta numerabimus exta", cum significet: ex eventu sciemus. —
Auch die Fische sind nicht vergessen, ich finde piscis natare
oportet, die Fische wollen schwimmen d. h. ihr Genufs macht
Durst (Petr. 39), piscis nequam est, nisi recens, frische Fische,
gute Fische (PI. Asin. 1 3, 26), addidistis garo gerrem (Arnob. V 44).
Nicht jedermann ist so vermögend, dafs er täglich Fleisch
essen kann, der gewöhnliche Mann mufs mit Gemüse vorlieb
nehmen. Dafs letzteres aber für geringwertiger gilt, als das
Fleisch, erhellt u. a. aus dem bei Petr. 39 erhaltenen Sprich-
worte: strabones, qui holera speetant, lardum tollunt, die Schie-
fasciae, du biBt nicht unseres Standes. Auch nota wird in diesem Sinne
gern gebraucht (Sorte). Vgl. z. B. Petr. 83 et hac nota litteratorum.
Senec. de benef. III 9 nou sunt ex hac vulgari nota.
•) Vgl. auch Petr. 76 hoc fuifc peculiae meae fermentum, dies war
die Quelle meines Reichtums.
**) Anders Wortmann, compar. PL et Ter. 1888. p. 26. Die Red.
350 A. Otto:
lenden, d. h. die Neidischen*), Selbstsüchtigen sehen sich nach
dem Gemüse, dem Geringeren, um und nehmen indessen den
Speck, das Beste. — Dunkler ist ein anderes Sprichwort bei
Catull 94, 1 Mentula moechatur; moechatur mentula; certe Hoc
est, quod dicunt: ipsa ollera olla legit, der Topf wählt sich selbst
das Gemüse d. h. also wohl: Sie passen zu einander wie der
richtige Topf zum Gemüse, denn „gleich und gleich gesellt sich
gern". Man vergleicht das griechische svqsv rj konag xo xifta
(Titel einer Satire des Varro).
Von Gemüsesorten finden wir im Sprichwort Kohl und
Spargel genannt. Aufgewärmter Kohl ist uns noch heute ver-
dächtig, die Alten hielten ihn für sehr gefahrlich. So spielt
Juvenal 7, 154 mit den Worten Occidit miseros crambe repe-
tita magistros nach dem Seh o Hasten auf das griechische Sprich-
wort dlg xQccußrj ftavatog an. Bei Düringsf. a. a. 0. 1 S. 264 wird
aus dem Italienischen angeführt: Cavolo riscaldato non fu mai
buono, aufgewärmter Kohl war niemals gut. Eines der Lieblings-
worte des Kaisers Augustus war nach dem Zeugnisse des Sueton
(Octav. 87) celerius, quam asparagi coquuntur (ad exprimendam
festinatae rei velocitatem). **)
Der Form nach läfst sich damit vergleichen, was Pest p.
274 M. überliefert: ravim antifqui dicebant pro raucitatej ....
Caecilius in Hypobolimaeo: prius [ad rayim . . . .] ntam feceris,
wo Ursinus suppliert: quam placentam feceris (vgl. Ribb. fr.
com. p. 41). Doch ist die Ergänzung ungewifs, andere haben
anderes vorgeschlagen. Sonst begegnet uns Gebäck nur noch
in einer Redensart bei Cic. ad Att. V 20, 4 In eodem Amano
coepit laureolum in mustaceo quaererc. Wenn jemand seinen
Ruhm in einer solchen Kleinigkeit sucht, wie ein Honigkuchen
ist, so mufs er hoffen, ihn auf eine sehr billige und bequeme
Weise erlangen zu können. — Die Mahlzeiten pflegten bei den
Römern mit Eiern zu beginnen und mit Obst zu enden. Horaz
sagt deshalb sat. I 3, 6 si collibuisset, ab ovo Usque ad mala
citaret ff. und ähnlich Cic. faniil. IX 20, 1 integram famem ad
ovum affero, itaque usque ad assum vitulinum opera perducitur.
*) Vgl- Lucil. bei Non. p. 27, 6 Nulli me invidere, non strabonem
fieri saepius delictis me istorum.
**) Plaut. Bacch. IV 5, 7 tarn frictum illum reddam quam friotum e#t
cicer ist wohl nur ein Witz des Dichters.
Essen und Trinken im Sprichwort. 351
DaXs aber die Formel ab ovo allgemein sprichwörtlich gewesen wäre
(= von Anfang an), läfst sich aus den beiden Stellen noch nicht
erkennen, wohl aber beweist dies für spätere Zeit Atil. Fortunat.
p. 278 qiiare necessario altius et ab ovo mihi, quod aiunt, re-
petenda res est. Doch ist es noch wahrscheinlicher, dafs die
Redensart entstand aus Hör. a. p. 147 Nee gemino bellum
Troianum orditur ab ovo (seil. Ledae), nur dafs auch aus dieser
Stelle kein Sprichwort (ab ovo Ledae) eruiert werden darf.
An Früchten herrscht im Sprichwort kein Überflufs. Aufser
dem Apfel*) sind vorhanden der Granatapfel (Plaut. Rud.
580 cicenm non interduiui, ich gebe keinen Granatapfelgrops
dafür!)**), die Feige (Petr. 44 habemus aedilem trium cau-
nearum, der nicht mehr wert ist, als drei Feigen. Petr. 64 abistis
dulces caricae, als Ausdruck des lebhaften Bedauerns über den
Umschwung der Zeit), vorzugsweise aber Nüsse. Taube Nüsse
sind wertlos: Plaut. Mil. glor. 316 Non ego tuain empseriin vitara
vitiosa nuce. Vgl. Aristo ph. Pax 1223 ovx av itQiai\M\v oiä* ccv
fo%adog (ii&s, um eine trockene Feige. Plaut Pseud. 371 Ted
amatorem esse inventum inanem, quasi cassam nucem. Rud.
1324 cassam glandem. Petr. 137 nuces inanes. Hör. sat. II 5, 35
Eripiet oculos citius mihi, quam te Contemptum cassa nuce
pauperet. Denn die Schale ohne den Kern taugt nichts: Plaut.
Gapt. III 4, 122 Nucleum amisi, reliquit pignori putamina.***)
Indes ist auch der Kern nicht immer ohne Mühe zu erlangen:
„Wer kosten will die süfse Nufs, die harte Schal* erst knacken
mufs" (Düringsf. a. 0. 1 Nr. 890): Plaut. Curcul. 55 e nuce nucleum
Qui esse vult, frangit nucem (citiert von Macrob. sat. III 18, 13).
Hieron. ep. 58, 9 Qui edere vult nucleum, frangat nucem. f)
Die (sprichwörtliche) Härte einer Nufsschale schwebte dem Horaz
vor, als er ep. II 1, 31 als Beispiel einer augenscheinlich ver-
*) An einen faulen Apfel ist wohl zu denken Petr. 67 bellum poinum,
qni irridcat alios, ein schönes Früchtel! Vgl. Athen. III 23 p. 82 B q>av-
Xoteffoi cpctvloov pTjXcov.
**) Vgl. Varro 1. 1. VII 91.
***) Vgl. Plaut. Mercat. III 4, 5 Spem teueo, salntem amisi.
f) Wenn Pflügl p. 27 erklärt: „Niemand thut etwas umsonst" (= qui
frangit nucem, nucleum esse vult), so dreht er das Verhältnis der beiden
Satzteile gradesu um. Vgl. auch den folgenden Vers (Jui vult cubare,
pandit saltum saviis.
352 A. Otto:
kehrten Behauptung anführte Nil intra est oleam, nil extra est
in nuce duri.*)
Das unentbehrlichste Gewürz ist das Salz. Ein altes
Sprichwort versichert, um einen Freund recht zu erkenmen, müsse
man erst einen Scheffel Salz mit ihm gegessen haben (Düringsf.
a. 0. II Nr. 276. 277J. Cic. de amicit. 19, 67 verumque illud est,
quod dicitur, multos modios salis simul edendos esse, ut ami-
citiae munus expletum sit. Aristot. Ethic. Nicom. VII 2, 46 ov
yaQ iötiv avav netQccg ovde(uag yptyccg 6 qpßog, dio ctg xaQOt-
\klav iArjkv&ev 6 (lidipvog räv akäv. Apost. II 28.*) Von Geiz-
hälsen heifst es bei Plaut. Pers. 267 qui salinum servo obsignant
cum sale, was anscheinend mehr ist als ein blofser Witz des
Dichters. — Neben dem Salze ist das gebräuchlichste Gewürz
der Pfeffer. Eine Variante ähnlicher Wendungen ist Petr. 44
piper, non homo, von einem scharfen, bissigen Menschen. Nicht
eigentlich hierher gehört Plaut. Trin. 410 confit Cito, quam si
tu obicias formicis papaverem. — Unserer Redensart: Er hat in
den Essigtopf gesehen d. h. er ist mürrisch und niederge-
schlagen, entspricht Plaut. Trucul. 315 Si ecastor hie homo
sinapi victitet, non censeam Tarn esse tristem posse. VgL
Aristoph. Equ. 631 xaßkstye vänv xal tä pixari iveönaösv.
Hier sei auch des Gebrauches der Nieswurz gegen Wahnsinn
gedacht: Plaut. Pseud. 1185 elleborum hisce hominibus opus
est, sie sind reif für das Tollhaus. Men. 950. Vgl. Iren. adv.
haeres. II 30, 1 quibus universae terrae elleborum non sufficit
ad expurgationem (s. Archiv. III S. 380). Mit Catull 99, 14
tristius elleboro vergleicht man Anthol. Pal. V 29, 2 itixQorsQOv
ekkeßoQov. Einem trägen und schläfrigen Menschen rief man zu:
Ifs Kresse: Plin. n. h. XIX 8, 44 (155) Nasturtium nomen ac-
*) Nüsse als Kinderspielzeug bei Pers. I 10 nueibus faeimus quaecum-
que relictis, seitdem wir die Kinderschuhe ausgetreten.
**) Für nicht sprichwörtlich halte ich (mit Pflügl) Plaut Pers. 480
numquam delinget salem und Cnrcul. 662 hie hodie aput me numquam
delinges salem (anders Hom. XVII 455 ovdr alcc doirjg). Ebensowenig
auch Plaut. Rud. 937 rez cum aceto pransurus est et sale. Auch der Ge-
brauch von sal (sale8) für „Witz" ist zu gewöhnlich, um noch als sprich-
wörtlich empfunden zu werden. Höchstens hat sprichwörtlichen Ton Catull
86, 4 nulla in tarn magno est corpore mica salis und Mart. VII 35, 8 nulla-
que mica salis. Das griechische alfiri ofa ivsax' ovreo ■ hat eine abwei-
chende Bedeutung.
Essen und Trinken im Sprichwort. 353
cepit a narium tormento, et inde vigoris significatio proverbio
id vocabulum usurpavit veluti torporem excitantis.
Was den Essig anlangt, so wird als sprichwörtlich bezeichnet
Plant. Pseud. 739 Ecquid autem habet aceti in pectore? und
Bacch. 405 Nunc experiar, sitne aceto tibi cor acre in pectore.
Doch übersetzt man gewöhnlich falsch: „ob du Witz im Leibe
hast"; vielmehr hat acetum an beiden Stellen die übertragene
Bedeutung von Schärfe, Bitterkeit, Galle. Auch bei Hör. sat. I
7, 33 At Graecus postquam est Italo perfusus aceto ist es scharfer,
beifsender Spott.
Der Schärfe des Essigs kann man gegenüberstellen die
Süfsigkeit des Honigs, der bei den Alten die Stelle unseres
Zuckers vertritt: Plaut. Asin. III 3, 24 0 melle dulcior dulci (Curcul.
I 1, 11 melculo dulci roeo). Auct. ad Herenn. IV 33, 44 Cuius ore
.... sermo melle dulcior profluebat. Cic. Cato mai. 10, 31 melle
dulcior nach Hom. II. I 249 ft&trog ylvxtmv. Ov. trist. V 4, 29
dulcior ille Melle. Senec. ep. IV 11, 3 levis et melle dulcior.
Auson. ep. 21 praef. o melle dulcior. Sidon. Apoll, ep. 9, 11
conviciis tuis . . . mella vincentibus. Hieron. adv. Lucif. 7 p. 179
Vall. quae melle et favo dulciora sunt. ep. 30, 13. 128, 1. Ennod.
p. 69, 14 Vog. Vgl. Plaut. Cas. II 8, 21 mel mi videor lingere,
das ist mir Zuckerlecke.
Das grade Gegenteil vom süfsen Honig ist die bittere Galle:
Plaut. Trucul. I 2, 76 In melle sunt linguae sitae nostrae atque
orationes Lacteque: corda feile sunt lita atque acerbo aceto.
Hieron. ep. 128, 2 mel destillare labia, quod postea feile amarius
iuvenitur, Honig im Munde und Galle im Herzen (Düringsf. a. 0.
I No. 745). Im menschlichen Leben ist nur allzu häufig Honig
und Galle, Angenehmes und Betrübendes, Glück und Unglück
vereinigt: Apul. flor. IV 18 Sed verum verbum est profecto, qui
aiunt: Nihil quicquam homini tarn prosperum divinitus datum,
quin ei tarnen admixtum sit aliquid difficultatis, ut etiam in am-
plissima quaque laetitia subsit quaepiam vel parva querimonia,
cognatione quadam mellis et fellis. „Keine Freude ohne Leid"
Düringsf. a. a. 0. I No. 886. „Es giebt keinen Honig ohne Galle",
Düringsf. a. a. 0. I No. 888. Ebenso Pctr. 56 Ubicumque dulce
est, ibi et acidum invenies, jede Biene hat ihren Stachel. — Wer
allzuviel Süfsigkeiten zu sich genommen hat, dem schmeckt selbst
der Honig bitter: Apul. Metam. II 10 Cave ne niniia mellis dul-
cedine bilis amaritudinem contrahas. Vgl. Anthol. Pal. XVI 16
354 A. Otto:
II äv ro TteQLtrov aTteiQov, iitel koyoq iözl xakaibg, wg ocal to
[idfatog to itkiov iotl %oky. Von der Liebe sagte man, sie berge
ebensoviel Galle in sich, als Honig: Plaut. Cistell. II 1, 71 namque
amor et melle et feile est fecundissimus.*) Pseud. 63 Dulce
amarumque una nunc misces mihi. Mart. XII 34, 3 Quarum
dulcia mixta sunt amaris. Apul. Metam. II 10 dulce et,amarum
gustulum carpis. — Plato Phileb. 46 c ro dh foyopsvov xizq$
ykvnv iieniytdvov. Plaut. Trucul. II 3, 25 postquam scio, dulce
et amarum quid sit ex pecunia. Ähnlich Juven. VI 181 plus
aloes, quam mellis habet. Plaut. Pseud. 694 dulcia atque amara
apud te sum elocutus omnia. Dirae 98 Dulcia amara prius fiant
et mollia dura. — Mit süfsem Honig verdeckte man den Ge-
schmack bitterer Dosen oder gefahrlicher Gifte, ebenso wie man
bittere Wahrheiten oder versteckte Angriffe durch Artigkeiten
und Schmeicheleien vcrsüfst. Daraus erklärt sich die Redensart
litum melle gladium bei Hieron. ep. 105, 2 nee, ut vnlgi de
quibusdam proverbium est, litum melle gladium. ep. 116, 2 ne
litum melle gladium stringere videamur. Deshalb thut Vorsicht
not, denn Impia sub dulei melle venena latent Ov. am. I 8, 104
Vgl. Hieron. ep. 15, 4 sed mihi credite, venenum sub melle latet
u. Düringsf. a. 0. II No. 315.**)
Lange nicht so zahlreich dem Umfange nach wie im Deutschen
sind im Lateinischen die Redensarten und Sprichworter, in denen
vom Trinken die Rede ist. Eine griechische Trinkregel über-
liefert Cic. Tuscul. V 41, 118 Mihi quidem in vita servanda vi-
detur illa lex, quae in Graecorum ***) conviviis obtinet: aut bibat,
inquit, aut abeat, sauf oder lauf. Ein lateinisches Wortspiel lau-
tete: septem convivium, novem vero convicium: Iul. Capitol.
Verus 5 cum sit notissimum dictum de numero convivarum:
Septem convivium, novem vero convitium. Auson. IV 5, 6 Sex
enim convivium, si super convitium est. ,,Sieben Gäste ein Mahl,
neun eine Qual" (Körte, die Sprichw. der Deutschen No. 2195).
[Varro sat. Men. bei Gell. 13, 11, 2 convivarum numerum in-
*) Ober die Verbindung vgl. noch Archiv I 8. 885, wo noch ange-
führt wird Plaut. Poen. 182(387) u. fr. Murat. V 67.
**) AI« aus dem Tierleben entnommen wäre hier noch nachzutragen
Petr. 43 crescit, quidquid crevit, tarn quam favus, wie eine Honigwabe,
Petr. 76 quidquid tangebam, crescebat tamquam favus. — Petr. 39 Omnia
bona in se habet, tamquam favus.
Essen und Trinken im Sprichwort. 355
cipere oportere a Gratiarum numero et progredi ad Musarum,
id est proficisci a tribus et consistere in noveni. Die Red.] —
Wenn zwei dasselbe Ungemach erdulden, so trinken sie gewisser-
mausen aus demselben Becher: Plaut. Cas. V 2, 44 Ut senex hoc
eodem poculo, quo ego bibi, biberet — Ein warmer Trunk
(wir würden sagen: ein Schnaps) ist manchmal ebensoviel wert,
als ein dicker Rock: Petr. 41 calda potio vestiarius est. —
Schwer ist es zugleich zu blasen und zu schlucken d. h. zwei un-
gleiche Dinge auf einmal zu thun: Plaut. Most 791 Simul flare
eorbereque haud facile. Vgl. Düringsf. II No. 742. — Bisher un-
erklärt ist m. £. Petr. 67 nunc hoc est caldum meiere et frigidum
potare. Habinnas beklagt sich a. d. St. über die Frauen, die
durch ihre Putzsucht dem Manne überniäfsige Kosten machen.
Der Sinn, welchen man gewöhnlich aus den Worten herausliest:
Die Ausgaben übersteigen die Einnahmen, ist nur künstlich
hineingetragen. Man dachte an die Walker, welche viel trinken,
nm mit dem Urin die Kleider zu reinigen! Der Mitarbeiter über-
setzt: Es geht nicht anders, läfst sich nicht anders machen, d. h.
also wohl: Das ist nun einmal so der Gang der Welt. Ich inufs
die Entscheidung anderen überlassen.
Das Lieblingsgetrank aller Zecher ist und war im Altertum
in noch höherem Mafse als heutzutage der Wein. (Über das
Wasser s. Archiv IV 29 f.) Der Wein ist der eigentliche Sorgen-
brecher (Ov. a. a. II 238 Cura fugit retro diluiturque mero.
Prop. III 17, 4 Curarumque tuo fit medicina mero u. s.w.), er giebt
Mut und Kraft (Hör. carm. III 21, 17 Tu spem reducis mentibus
anxiis Viresque. ep. I 5, 17 Spes iubet esse ratas, ad proelia
trudit inertes. Ov. a. a. I 237 Vina parant animos. Metam. XII
242 Vina dabant animos. Vgl. Hom. II. VI 2G1 avdqX dl xsxfiriciri
fidvog \kiyu olvog ai£,si)} er macht beredt (Hör. ep. I 5, 19
Fecundi calices, quem non fecere disertum?) und lockt die
geheimsten Gedanken aus der Menschenbrust, denn „im Wein
ist Wahrheit" (Düringsf. a. 0. II No. 486), wie schon die
Griechen sagten: iv o/V« akffteia (Zenob. IV 5) und olvog
xal akföeut (Diogen. V II 28). Plin. n. h. XIV 22, 141
vulgoque veritas iam attributa vino est. Hör. carm. III 21, 15
et arcanum iocoso Consilium retegis Lyaeo. epod. 11, 13 deus
Fervidiore mero arcana proinovet loco. sat. I 4, 89 verax aperit
praecordia Liber. ep. I 15, 16 operta recludit (Vgl. a. p. 435 ff.).
Beim Übermafse des Weines geht aber nicht blofs die Vorsicht,
356 A. Otto:
sondern häufig auch Verstand und Witz verloren, „ist der Trank
im Manne, so ist der Verstand in der Kanne" (Dflringsf. II No.
484): Plin. n. h. XXII I 1, 41 sie quoque in proverbium cessit,
sapientiam vino obumbrari. Petr. 5 Nee perditis addictus obruat
vino Mentis calorem. Schon im Altertume scheinen deshalb drei
Dinge für besonders gefahrlich gegolten zu haben, der Wein, das
Weib und die Nacht: Plaut. Bacch. 88 Quia istoc illecebrosius
Fieri nil potest, nox mulier vinum homini adulescentulo. Ter.
Ad. 487 Persuasit nox amor vinum adulescentia. Vgl. Düringst
I No. 862. Erasmus führt ein griechisches Sprichwort an: xvq
xal bakaCCa xal yvvr\ xaxä tQta. — Vorzugsweise sind die alten
Frauen wegen ihrer Neigung zum Trünke übel beleumundet. Von
einer solchen Trinkerin, die immer wieder zum Weinkruge greift,
stammt die Redensart ad armillum redire, zu seiner alten Ge-
wohnheit zurückkehren: Lucil. bei Non. p. 74, 13 licet anus rur-
sum ad armillum (Lucil. lib. XXVIII 30 M.). Apul. Metam. IV 22
Interea Cupido armore nimio peresus ... ad armillum redii
IX 29 at illa ... ad armillum revertitur et ad familiäres femi-
narum artes accenditur.
Die Hefe, der trübe Niederschlag des Weins, kehrt vielfach
in metaphorischen Wendungen wieder; sprichwortlich gefärbt er-
scheint nur etwa Cic. Brut. 69, 244 Tu quidem de faece, inquit,
hauris und die Verbindung faece tenus und cum faece bei Hör.
carm. III 15, 16 nee poti .... faece tenus cadi, bis auf die
Neige, carm. I 35, 26 diffugiunt cadis Cum faece siccatis amici.*)
Die letztere Stelle erinnert zugleich an das griechische Sprich-
wort Ist xvtqcL) £«f cpikCa Zenob. IV 12. Aposi VIH 31. „Freund-
schaft, die der Wein gemacht, währt, wie der Wein, nur eine
Nacht" (Düring8f. I No. 511). — Auf die Behandlung des Wein»
geht ein Ausspruch bei Plin. n. h. XVIII 31, 319 ab eo die
oraculum oecurrit frigidum picari pro nihilo ducentium, kalten
Wein verpichen sei so gut, wie nichts thun. — Die Worte dea
jüngeren Plinius ep. VIII 21, 6 Non dubito cupere te . . . . qua;
maturissime legere hunc adhuc musteum librum wiederholt al
sprichwörtlich Apoll. Sidon. ep. 8, 3 et, ut aiunt, tamquam musteuc
librum. Zur Erklärung dient bes. Cic Brut. 83, 288 novai
quasi de musto ac lacu fervidam orationem.
*) Vgl. cvvsxnoriov aoi xal zy[v tQvya Apost. XV66. Append.prov.il-
Aristoph. Plut. 1086.
Essen und Trinken im Sprichwort 357
Es bleibt noch die Milch übrig, welche jedoch im Sprich-
wort nicht sowohl in ihrer Eigenschaft als Getränk, sondern mit
Rücksicht auf ihre weifse Farbe herangezogen wird. Des Ver-
gleiches „weifs wie Milch" bedienen sich die Dichter zur Be-
zeichnung der weiblichen Schönheit. Ov. epist. 15(16), 248 Pectora
vel puris nivibus vel lacte .... candidiora. a. a. I 292 una fuit
labes, cetera lactis erant. ex Ponto II 5, 38 tua pectora lacte Et
non calcata candidiora nive. — Eine Modifikation für non aqua
aquae similior ist Plaut Men. 1089 neque lacte lactis . . . . us-
quam similiust. Bacch. 19 Sicut lacte lacti similist. Mil. glor.
240 Tarn similem, quam lacte lacti est Amphitr. II 1, 54 Neque
lac lacti magis est simile. — Ein Irrtum, den wir schon mit
der Muttermilch eingesogen haben, läfst sich nur sehr schwer
beseitigen: Gic. Tusc. III 1, 2 ut paene cum lacte nutricis er-
rorem suxisse videaniur. Vgl. Quintil. I 1, 21 a lacte cunisque.
— Der festen Speise wird die Muttermilch entgegengestellt bei
Hieron. ep. 96, 1 lacte infantiae derelicto solidioris cibi ali-
menta suscipiant. ep. 96, 14 lac infantiae deserentes solidiora
capiamus alimenta.
Oppeln. A. Otto.
Instar.
Die im Arch. II 597 gegebene Deutung, dafs instar ein substan-
tivierter Infinitiv = instare und ursprünglich von dem Gleichstehen
der Wagschalen gebraucht sei, hat mittlerweile mehrfache Bestätigungen
erhalten. Zunächst schreibt Dr. phil. Becher in Ilfeld, man sage in
Hannover, wenn beim Kegelspiele beide Partieen gleich viele Kegel
geschoben haben, es sei „Einstand*1. Dann aber macht mich Prof.
Max Bonnet in Montpellier auf die übersehene Stelle bei Cic. offic.
3, 3, 11 aufmerksam: ut omnia ex altera parte collocata vix mi-
nimi momenti instar habeant. Da der Ausdruck momentum =
fflovimentum selbst von der Wage hergenommen ist, so pafst derselbe
sehr gut zu instar, und zugleich bestätigt die 8 teile, dafe die ältesten
Verbindungen instar esse, habere, obtinere waren, wodurch der Abfall
des End vokales der Infinitivform erklärt wird. Man vgl. biber bei
Charisius Gr. lat 124, 1; haber im Corp. inscr. VIII 8369 u. s. w.
München. Ed. Wölfflin.
Uls, trans und ultra.
(Schlufs.)
III. Eigentlicher Gebrauch von trans nebst Übergreifen
von ultra.
Trans 'überschreitend', ein Meer, einen Flufs (Bach n. s. w.),
Berg (auch tr. triam stimmt noch zur ursprünglichen Bedeutung),
läfst Variationen dieser Grundbegriffe (tr. paludem, stagnum, vollem
u. a.) nur ungern zu. Tr. ripatn 'auf das andere (dem andern)
IL' ist Zusammenziehung aus tr. flumen m altera(m) ripa(m) und
erklärt sich aus dem Nachdruck, der bei tr. auf das zu erreichende
Ziel gelegt wird. Indem sich so tr. regelmäfsig mit Gegenstanden
verband, die dem Beschauer recht augenfällig zwei Seiten dar-
bieten, konnten sich Redensarten entwickeln wie tr. parietem (schon
bei Plaut.) 'auf die andere (der andern Seite) der W., hinter der
W.', tr. maceriam, siparium u. a.
Der eben skizzierte normale Gebrauch von tr. ist demnach
ein sehr beschränkter und kommt über die lokale Bedeutung nicht
hinaus. Frühzeitig setzte sich tr. in bestimmten Formeln (tr. mare,
flumen, Tiberim, Alpes u. s. w.) fest, die nur ungern modifiziert
oder erweitert wurden. So häufig tr. flumen ist, so selten ist tr.
id flumen Caes. b. gall. 2, 16, 2 und flumen tr. quod finde ich
nirgends. Nur die Dichter wagen eine Erweiterung durch zu-
gesetzte Adjektive : tr. maria alta Lucr., tr. flumina lata Verg. u. *.
Ausdrücke wie tr. Alpes, fflwdanum, Rlienum u. a. sind in.
der römischen Zeit regelmäfsig vom Standpunkt in Rom zu ver-
stehen. Ausnahmen sind selten, wie z. B. Liv. 21, 26, 6 citeriow
und ulterior und daher auch tr. BJwdanum vom Standpunkt d^*
Hannibal aus gesagt ist. Da wo die Bedeutung von tr. an sid
nicht klar ist, treten nähere Bestimmungen hinzu: Vitr. 2, 6, *>
p. 43, 25 tr. Appenninum quae pars est ad Hadriaticum mare (i& *•
Liv. 5, 33, 9 eis App. ad inferum mare), Mel. 3, 6 Lusitania
Anam, qua tnare Atlanticum spectat.
Ph. Thielmann: Uls, trans und ultra. 369
Interessant ist die Beobachtung, wie sich ultra allmählich
in das Gebiet von tr. eingedrängt hat. Beide Präp. hatten von
vornherein manche Berührungspunkte (uls!), aber die Kraft zum
offensiven Vorgehen war doch bei beiden nicht gleich , sondern
tc. befand sieh entschieden im Vorteil. Es besafs gegenüber dem
scharf umgrenzten Gebrauche von tr. viel mehr Entwicklungs-
fähigkeit, konnte also eintreten, wenn eine der mit tr. gebildeten
Phrasen modificiert wurde: Cic. prov. cons. 34 nihil est u. illam
altitudinem montiutn (ältestes Beispiel des Übergreifens!), hier zu-
gleich im negativen Satz, den u. ebenso liebte wie ihn tr. mied.
Weiter konnte u. gar oft mit den Begriffen *Meer, Flufs, Berg*
verbunden werden, ohne die Grenzen seines Gebietes zu über-
schreiten: Sen. dial. 10, 4, 5 u. Rhenum et Euphraten et Danuvium
terminos movet, Tac. Germ. 29 protulit . . u. Rhenum ultraque ve-
teres terminos imperii reverentiam u. o. Wie leicht liefsen sich
Flüsse und Berge, insbesondere aber Meere als Grenze auffassen!
So steht also u. fretum schon bei Cic. Att. 16, 4, 4, noch vor
trans fr., u. Oceanum bei Sen. suas. 1, 1. 1, 3, gleichzeitig mit
trans O. Der Ocean ist auch gemeint mit u. magnum mare Sen.
n. q. 5, 18, 10, aber das einfache u. mare wagt doch erst Ter-
tullian. U. Tiberim hat zuerst Properz 5, 10, 25 im negativen
Satz, m. Hiberum Livius (gleichzeitig mit trans //.), u. Rlicnum,
wenn man von Sen. dial. 10, 4, 5 absieht, Lucan 7, 433. Curtius,
der trans absichtlich meidet, wagt zuerst u. flumen (denn b. Hisp.
16, 2 gehört kaum hierher; vgl. S. 257), u. amnem, Euphraten,
lanam u. a. Mit u. Taurum Liv. 38, 39, 17 treten (nach Cic.
prov. cons. 34) die Gebirge in den Reigen ein, u. montem Mel.,
n. Alpes Plin. Im ganzen läfst sich von Jahrh. zu Jahrh. ein
fortschreitendes Übergreifen von n. konstatieren. Allerdings sind
zu einzelnen besonders festen Verbindungen mit trans nie oder
nur selten entsprechende Wendungen mit u. gewagt worden, wie
sich denn u. Anienetn, u. Appenninum nirgends, u. Padum nur ein-
mal im 7. Jahrh. findet. Bei erst spät auftauchenden Verbin-
dungen, wie z. B. u. Ligerem, dominiert u. begreiflicher Weise.
Das Nähere zeigt die folgende Übersicht, von der übrigens das
Vereinzelte meist ausgeschlossen ist.
1. Meer. 1) Tr. mare ist wie die älteste so die am häufig-
st*n auftretende Verbindung: PL merc. 354. CIL I 198, 17. 23
(a. 631—32). Cic inv. 1, 45. Brut, et Cass. ep. 11, 3, 2. Varr. r. r.
1i 41, 5. 3, 5, 7 (bis; . . . Einh. ann. 817 (EndeJ. Erm. Nigell. poet.
360 Ph. Thielmann:
Car. n 41, 12. Vit. Liudg. 2, 3. Lex Rom. Utin. 291, 30 u. o. (im
ganzen über 80 Stellen). Der Italiker meinte damit von Anfang
an das Meer gegen Osten: Vitr. 2, 6, 5 p. 43, 27 Achaiä Asiä,
omnino tr. m.} Flor. 1, 18, 25 in Graeciam suam tr. *».; das be-
weisen auch die Specialisierungen des allgemeinen Begriffes: mit
Hör. ep. 1, 11, 27 tr. mare vgl. V. 16 tr. Aegaeum mare, mit Sen.
dial. 7, 17, 2 cur tr. m. possides? vgl. id. ep. 89, 20 nisi tr. Ha-
driam et Ionium Aegaeumque vester vilicus regnat; vgl. noch Hör.
carm. 4, 5, 10 (htrpathii (des ägäischen) tr. maris aequora. So
bildet tr. m. den Gegensatz zu in Italia: Ulp. dig. 26, 10, 3, 9;
vgl. Varr. r. r. 3, 5, 7 in Italiam tr. mare und weiter unten ex
Italia tr. mare.
Stehende Verbindungen sind ctibers M. verkaufen9 (PI. merc
354. Hör. ep. 1, 11, 16. Lex Rom. Visig. nov. Val. t 11 ep. Mo-
nachi [bis]. Lex Rom. Utin. 291, 30), 'übers M. schicken' (Brut.
et Ca8s. ep. 11, 3, 2. Varr. r. r. 1, 41, 5. Aug. ep. 242, 1) und be-
sonders tr. mare proficisci: Pompon. dig. 7, 4, 22. Fronto p. 135, 1 N.
CIL VHI 2557, 31 (a. 209—212 n. Chr.). Aug. ep. 21, 5. in Ioann. .
ev. 13, 3, 11. Dion. Exig. can. Garth. 23 Bd. 67 M. Bei den Juristen
spielt tr. m. esse (CIL I 198,17.23. ib. VI 10234; vgl. cod. Justin.
6, 25, 4, 1 tr. m. et longe te agentem = ovxa), tr. w. abesse (Ulp.
dig. 4, 4, 11, 2. 26, 10, 3, 9. 37, 10, 3, 12. 50, 16, 199 pr.), tr. m.
domicüium Iiabere (Iavol. dig. 5, 1, 34) u. ä. eine nicht unbedeu-
tende Rolle.*)
Transmarinus (a. S. 251): PI. most. 2, 2, 66 hospes, Cic. Verr.
5, 45 res u. o., auch bei Personennamen: CIL VHI 8638 Grisa-
cius trasmarinuSy ib. 8639. 8642. 8648.
Ultra mare: Sen. n. q. 5, 18, 10 (w. magnum mare <L i
Oceanum), deut. 30, 13 bei Tert. Marc. 4/35. Leo M. 5008 M.
Nenn. 43. Bonif. ep. 70. Lex Rom. Utin. 43, 15. 293, 7. Scr. Lang.
596, 35. Myth. Vat. 3, 15, 12, de u. mare Pard. 247 a. 629; vgL
u. quod (mare) schol. luv. 14, 280, u. maris undas Max. Taur.
Bd. 57, 630m; — u. Ionium mare (expulit) Heges. 1, 22, 15.
*) In den Keichenauer Glossen 15S (Förster-Ko schwitz altfr. Übungs-
buch col. 38) steht: mirice («= (ivqUti) arborem latine tramaritius dtfto*
(Förster tamaricius). Kann tramaricius nicht eine auf Volksetymologie be-
ruhende Vulgärform sein, gebildet von tramare (bo steht CIL VIII 2567, 81;
ygl. unten S. 886) — trans mare? Die Tamariske (hebr. *ho£ Palme) M
sicher 'übers Meer' nach Italien gekommen. Darf dann weiter Tramarido
Itin. Anton. 65, 2 Wess. (in Afrika) als f Tamariskenstadt ' gedeutet werden?
Auch "inft tritt als Ortsname auf: Ezech. 47, 19. 48, 28.
Si
J
Uls, trän 8 und ultra. 361
2) Tr. maria erscheint erst nach der singularischon Wen-
dung, da die Unterscheidung der verschiedenen Meere eine ge-
wisse Reflexion voraussetzt: Lucr. 5, 914. Sali. hist. 2, 23, 4. Ken.
dial. 11, 7, 7. ep. 82, 4 . . . Gild. 17 his (— Baed. h. eccl. 1, 12
p. 20, 1. 2. Free. 2, 5, 13). Paul. poet. Car. I 50, XII 10, 1. Eitih.
vit, Car. 27 u. ö. (etwa 25 St.j. Die Bedeutung beider Phrasen
ist die gleiche (vgl. Vitr. 2, 6, 5 p. 43, 25 ff. fossicia liarenaria
. . tr. mare ne nominantur quidem mit Plin. n. h. 36, 175 invenitur
fossicia [harena] nee tr. maria), wie sich auch hier der Gegen-
satz zu in Itcdia findet: Plin. n. h. 21, 64. 68. Abgesehen vom
jüngeren Seneca und Einhard, die beide Redensarten neben ein-
ander gebrauchen, verwenden die Schriftsteller nur eine von
beiden, so z. B. der ältere Plinius nur tr. maria (13, 123. 10, T>8.
163. 21, 64. 68. 35, 199. 36, 175). Fronto schreibt tr. tnare 135, 1,
aber M. Aurelius tr. maria 16, 8.
U. maria: Querol. 22, 20 (u. m. et terras), Isid. or. 12, 7, 12
« Rab. Maur. univ. 8, 6.
3) Tr. Oceanum bezieht sich seltener auf den mythischen
Strom, gewöhnlich auf den Indischen oder Atlantischen Ocean:
Sen. suas. 1, 10. Hygin. 151 p. 25, 13. Sen. ep. 91, 17. CIL VI
920(?) Hilar. ps. 138, 20 p. 803 M. Anth. lat. 483, 7. Gild. 12. 15.
Baed. h. eccl. 1, 8 p. 16, 9. 3, 13 p. 123, 22. Isid. or. 14, 5, 17
= Rab. Maur. univ. 12, 4; vgl. Commod. apol. 134 tr. Oceani
finem. Häufig ist die Beziehung auf Britannien, daher geradezu
Verbindungen wie Plin. n. h. 15, 102 tr. 0. in Jfritanniam, Ven.
Port app. 2, 32 tr. 0. terra Britanna.
Etwas häufiger ist u. Oceanum (H. 359): Sen. sua«. 1, 1.3.
Imp. Claud. or. de iur hon. Call, dand. I 40. Sen. ep. 94, 63. Sen.
poet. lat. min. IV 29, 3 fu. .>> d. i. (Mxannmj. Inc. trag. Octav. 27.
Sil. 13, 554. Quint. 3. 8? 16. 7. 2, 5. luven. 2, 1 f. Iren. 2, 2*. 2.
Pan. ine. 20 p. 147. 12. Xazar. pan. 17 p. 226, 21. Hilariu*, Ser-
vius, Hegesipp, Isidor, Aethicus; vgl. AIcuin. poet. Car. I 171, Hb
Oceani . . u. fluetus.
4) Tr. fritum Plin. n. h. 4, *7 tritt hu Bibellatein gera/i^zu
für tr. mare ein: W. Mann. *, \h 2*. \ 4, 22. 16. 5. Marc. 5. 21
6.45. S. 13 ul o.: vti;. tr. fretarn itfira \'u£. Marc. 5. 1: CaiJt.
loh. 6, 17: Mal Mon. Matth. h. '2* {tr. jr. rührt vt/iri* lli+r<ju.)
and tr. fretum fi\tm<t**>. hi-t. rx-i^;. 19. 34. Eb*rj*o \*\ fr. ]r"Ut =
tr. maria: Ov. fcUr. Iv. 14v "J*r.. apoj. '.*. \.\hu* Z. 2'.j\. XniL.
Arcfair ffcj i*t Lw *-'4'' -:i'i: * * Zi
362 Ph. Thielmann:
lat. 940, 4. Isid. or. 14, 4, 29 — Rab. Maur. univ. 12, 4. Erm.
Nig. poet Car. II 41, 4. — Transfretanus Tert. apol. 25.
U. fr et um: Cic. Att 16, 4, 4. Solin. 24, 1 (u. interiacens fre-
tutn), Chalcid. LXII p. 129.
Zu tr. mare haben nun die Dichter eine Reihe von Varia-
tionen geschaffen. Mehr Anklang als Ovids tr. undas trist 4,
9, 23 fand Vergils tr. aequora Aen. 3, 403 (der gleiche Vers-
schlufs tr. aequora classes bei Sil. 1, 30); die Beispiele 8. oben
S. 254. Von dichterischen Erweiterungen nenne ich tr. aequora
ponti Alcuin. poet. Gar. I 171, 62. 180, 456; pelagi tr. aequora
id. ib. I 220, IV 1, besonders Carpathii tr. tnaris aequora Hör.
carm. 4, 5, 10 und maris tr. aequora vasta profutuü Wal. Strab.
poet. Car. II 306, 71. Seltener ist der Sing. tr. aequor: Sil. 10,
419 (418). Alcuin. poet. Car. I 192, 1033 (tr. aequor eoum).
Auch tr. pontutn geht auf Vergil zurück: Aen. 6, 312.
Sen. Med. 231. Thyest. 43. Stai Th. 5, 11. Aldh. XII 2185 p. 195
(Giles), während tr. pelagus erst bei christlichen Dichtern sich
findet: Iuvenc. 1, 414. Claudian. 24, 286. Apoll. Sidon. carm. 1,
120 p. 482 B.
U. Pontum schol. luv. 2, 1; vgl. Sen. apoc. 12 u. noti lüora
ponti.
Auf einzelne Dichter beschränkt sind: tr. Nerea Stat. silv.
2, 2, 74 f; tr. alta id. Th. 5, 486. 6, 19; tr. renwtas Tethyos am-
bages Claudian. 1, 34 f.; tr. caerula Aldh. IX, VI 13 p. 123 (bei
Aldhelm auch in Prosa: IV p. 92 caerula ponti tr. glauci).
Von den im ganzen nicht häufigen speciellen Verbindungen
(tr. Aegacum mare) sind die wichtigsten bereits erwähnt; mit
Tac. Agr. 25 tr. Bodotriam (Bucht an der Ostküste Britanniens)
vgl. u. Caspium sinum Mel. 3, 44, u. hunc sinum id. 3, 94.
2. Flufs. a) Allgemeine Verbindungen: 1) Tr. flumen
war gegenüber tr. fluvium und tr. amnem die eigentlich volks-
tümliche Redensart: Cic. inv. 2, 97. Caes. b. gall. 2, 16, 2. 4,4,3.
Alfen. dig. 41, 1, 38. Liv. 22, 45, 2. 38, 4, 7. Procul. dig. 41, 1,56
pr. § 1 u. o. (etwa 40 St.). — Transluminales = %SQaxad
gloss. Labb.
ü. flumen: Curt. 9, 2, 2. Plin. n. h. 11, 95. Amm. Marc
28, 2, 1. Act. Patrocl. 8 (= lan. II 343 ff.). GLK suppl. CCXLIV;
vgl. u. quod (flumen Salsum) Plin. n. h. 5, 10.
Tr. flumina, zunächst dichterisch (Verg. geo. 3, 213. Auson.
ep. 25 [417], 72 u. ö.), bürgert sich in der Prosa erst seit Hier-
Uls, trans und ultra. 363
onymus ein: Vu3. Ies. 18, 1 tr. fl. Aethiopiae (dafür u. flumina
Aethiopiae Vu3. Sophon. 3, 10) ep. 98, 17. adv. Pelag. 2, 12, 754 u. ö.
Auch 2) tr. fluvium steht fast nur hei Dichtern (Verg.
Aen. 6, 415. Paul. Petr. 6, 88. Coripp. loh. 4, 141) und in der
hohem Prosa: Li v. 24, 41, 5. 35, 3, 2. 3. 39, 30, 9 (10). Vu3. los.
24, 2 u. o.; nur grom. 334, 14. 335, 4 machen eine Ausnahme
(18 St). Der Plur. tr. fluvios steht nur Mart. Cap. 1, 16 p. 8, 15.
— Transfluvialis Aug. quaest. in gen. 29 u. ö.
U. fluvium: Vu3. 2 reg. 19, 31. Elig. Bd. 87, 588d M. Vit.
Melan. 34 bis (Ian. I 328 ff.). Erchemp. 42 p. 250, 37: vgl. u. quem
(fluvium BiUim) Plin. n. h. 6, 5.
Ein zu tr. flumen hinzutretender Flufsname steht regelmäfsig
nach flumen, da der stereotype Präpositionalausdruck eine Ände-
rung nicht zuläfst: Caes. b. civ. 3, 13, 6 tr. flumen Apsum, b. Hisp.
7, 1. 14, 1. CIL ni 586. Amm. Marc. 29, 6, 2. Vu3. Iudith 1, 9.
geogr. min. 121, 16 R. Wülib. vit. Bonif. app. 2; nur Liv. 38, 25, 7
tr. Hcdyn flumen ist ausgenommen. Umgekehrt stellt sich bei
tr. fluvium der Flufsname fast immer vor fluvium: Eutr. 2, 5 tr.
Ammern fluvium, Ennod. p. 103, 9 V. Einh. ann. 796. 809. 813.
815. 822. hist. misc. 7, 15; ausgenommen ist grom. 178, 5 tr.
fluvium Lirem, Cass. h. tr. 1, 9 tr. fl. Istrum und anon. Rav.
p. 188, 1 tr. fl. Danuvium. Wir beobachten auch, dafs sich tr.
fluvium erst viel später als tr. flumen mit einem Flufsnamen ver-
bindet.
3) Tr. amnem ist noch weniger volkstümlich als tr. fluvium:
Liv. 42, 60, 5. Mel. 1, 98. Sil. 4, 500. Ein hinzutretender Flufs-
name steht vor amnem: Liv. 37, 56, 6 tr. Macandrum amnem,
43, 22, 8. 45, 30, 3.
U. amnem: Curt. 4, 9, 14. 9, 4, 20. Iul. Val. 3, 71. Greg. T.
S. Iulian. 7 p. 667, 33. Aethic. 59 p. 38, 26.
4) Tr. fluenta hat immer den Gen. eines Flufsnamens bei
sich: tr. fl. Iordanis Vu3. los. 13, 8. iudic. 7, 25. Hier. ep. 78
maus. 34 u. ö. bei Eccl. (einmal u. fluenta Iordanis Heges. 3,6, 7);
tr. Hreni fluenta Astron. vit. Hlud. 35.
Seltener sind: tr. flumicellum grom. 318, 14; tr. rivum
Caes. b. gall. 5, 49, 5. grom. 331, 16 u. ö. (tr. rivos Nili Hier.);
tr. torrentem Vu1. 1 Macc. 5, 39. Vu2. loh. 18, 1, denen sich noch
die folgenden Ausdrücke anschliefsen mögen: tr. alveum grom.
313, 7. 9 u. ö. (tr. fluvii alveum Gild. 11); tr. gurgites Ennod.
p. 19, 33 V; tr. stagnum Sali. hist. ine. 17. Vu2. Luc. 8, 22.
364 Ph. Thielmann:
Nenn. 42; tr. palndem Hirt. b. gall. 8, 14, 4. Cass. bist. trip.
8, 1. col. 110o°M. (tr. palndem Mareiae). Dazu vgl. u. fianc (pa-
lndem) Serv. Aen. 6, 154, u. quam (pal.) schol. Lucan. 328, 21,
u. paludes Afaeoticas Amm. Marc. 31, 2, 1 (Mart. C$p. 8, 876
p. 326, 9. Iordan. Get. 30 p. 61, 15).
Zur Erklärung von tr. ripam (als Paradigma 6LE I 237, 10.
IV 365, 20. 390, 11. Suppl. 58, 18) vgl. S. 358: Cic. Mil. 74 Ov.
met. 9, 114. Lucan. 2, 502. Suet. Tib. 19. groin. 17, 8. 399, 22.
b) Specielle Verbindungen. Italien: 1) Tr. Tiberim,
einer der ältesten Ausdrücke, aber erst bei Cicero vorkommend.
An diesem einen Beispiel soll gezeigt werden, dafs die Durch-
arbeitung des im folgenden angeführten Materials von mehr als
einem Gesichtspunkt aus, namentlich auch für Historiker, von
Interesse ist. Das Land jenseit der Tiber, ursprünglich außer-
halb des römischen Gebietes gelegen, ist anfänglich Verbannungs-
ort: Liv. 3, 13, 10. 8, 14, 5. 8, 20, 9. 26, 34, 7. 10; vgl. Gell. 20,
1, 47 tr. T peregre venum ibant. In Trastevere waren seit Ende
der Republik grofsartige Gärten (Cic. Att. 12, 19, 1), namentlich
die horti Caesaris (Hör. sat. 1, 9, 18), weshalb tr. T. in horte
stehende Verbindung ist: Cic. Att. 15, 15, 2. Plin. n. h. 37, 19.
Plin. ep. 4, 2, 5. Dort sind ferner die Mucia prata (Liv. 2, 13, 5.
Paul, ex Fest. 144, 16. Aur. Vict. vir. ill. 12, 6), die Quinctia prata
(Liv. 3, 26, 8. Fest. 257, 3 = Paul. 256, 9-, vgl. Aur. Vict v. ilL
17, 1), das sepulcrum Lutatiorum oder der tumulus Catuli (Oros.
5, 21, 7. Schol. Lucan. 62, 3 nach Sali, hist.?), die naumachia
Augusti (Tac. ann. 12, 56), das Bassin (lacus) des Philippus Arabe
(Aur. Vict. Caes. 28, 1), in christlicher Zeit die Kirche S. Maria
in Trastevere (Bd. 13, 453 M.). In Trastevere wurden die ludi
piscatorii gefeiert (Fest. 213 a 1. 238 b 24); endlich brach hier —
eine oft erwähnte Merkwürdigkeit — gegen Ende der Republik
eine Ölquelle aus dem Boden hervor: Oros. 6, 18, 34 («= hist
misc. 7, 6). Prosp. Aquit. Bd. 51, 548d M. Rab. Maur. Bd.4,46^M.
Mirab. Rom. 30 u. ö. Über Transtiberim als Subst, vgl. S. 252. —
Transtiberinus: Cic. Att. 12, 23, 3 (de • transtiberinis sc. hortis)t
Martial. 1, 41, 3 u. o.
U. Tiberim: Prop. 5, 10, 25. luven. 14, 202 (hier auch in
den Schol.), Gell. 12, 13, 8 (als Beispiel, was auf weitere Ver-
breitung in der Volkssprache schliefsen läfst).
2) Tr. Anienem steht oft in Bezug auf den mons sacer und
die Secession: Cic. frgm. or. VI 24 p. 14 B. Liv. 2, 32, 2. Fest
Uls, trans und ultra. 365
318b 21. Eutr. 2, 5, 1, aber auch sonst: Liv. 2, 16, 5. 4, 17, 11.
Suet Tib. 1 ; vgl. auch tr. pontern Anienis Liv. 7, 9, 6. — U. Anie-
nem fehlt.
3) Tr. Padum steht erst bei Caes. b. gall. 5, 24, 4, ist aber,
wie alle diese Redensarten, schon viel früher, vielleicht seit der
ersten Überschreitung des Po durch die Romer (223 v. Chr.), in
häufigeren Gebrauch gekommen. Die Stellen liefern zum Teil
Material zu den Kämpfen mit den Galliern: Liv. 5, 33, 10. 42,
22, 5. perioch. 20. Plin. n. h. 3, 130. 10, 135 (in Italiam tr. P.).
Tac hist. 2, 39. 44. 3, 34. Fest. brev. 3, 2. Oros. 4, 13, 11 (= hist.
misc. 3, 3). Marcellin. Bd. 51, 944d M. Paul. Diac. h. L. 5, 7. 6, 1.
Über Transpadum als Subst. vgl. S. 252. — Transpadanus: Cic.
ep. 2, 17, 7 alarii, ib. 12, 5, 2 dientes u. ö. Nebenformen sind:
transpadaneus Inschr. im Rhein. Mus. 30, 280 Z. 5 und traspadinus
anon. Rav. 247, 12.
U. Padum nur Troya cod. dipl. No. 333 (IV 2 p. 512; 7. Jahrh.).
4) Tr. Rubiconem fehlt, u. Rubiconent (Grenzflufe!) steht
schol. Lucan. 30, 13.
Spanien. Nur 5) tr. Hiberum (Liv. 21, 5, 17. 19, 7. 61, 3.
35, 1, 3) erscheint hier als durchgebildete Wendung, zu gleicher
Zeit aber auch schon u. Hiberum: Liv. 21, 5, 3. 7, 2. Flor. 2, 17,
7. 2, 17, 15.
Gallien. 6) Tr. Rhodanum: Caes. b. gall. 1, 10, 5. 1, 11, 5.
Liv. 21, 26, 6. Ennod. p. 103, 9 V. Greg. T. h. Fr. 2, 9 p. 77, 12.
U. Ararem Rhodanumque et Sequanam Greg. T. h. Fr. 8, 30
p. 343, 13.
7) Tr. Rhenum kam nicht nur in der Litteratur, sondern
auch in der lebendigen Sprache wohl erst seit Cäsar in aus-
gedehnteren Gebrauch: Caes. b. gall. 1, 5, 4. 1, 35, 3. 1, 54, 1. 2,
35, 1 u. ö. Liv. per. 139. 140. 142. Plin. n. h. 25, 20. Tac. Germ. 29.
hist. 4, 12. 5, 23. Suet. Tib. 18. Cal. 45. 51. Claud. 1. . . Dipl. ed.
Pertz 41, 34. Einh. ann. 779. 782. 785. 795. 822. 826 u. ü. (im
ganzen nahezu 60 St.). Eine stehende Verbindung ist Germani
qui tr. Rh. incohmt: Caes. b. gall. 1, 1, 4. 1, 28, 4. Suet. Caes. 25
ii. ö. Da auch sonst tr. Rh. häufig mit Bezugnahme auf Grofs-
germanien und seine Bewohner gebraucht wird (vgl. Caes. b. gall.
6, 35, 4 tr. Rh. ad Germanos, ib. 7, 65, 4 tr. M. in Germaniam,
Plin. n. h. 25, 20 in Germania tr. Rh. u. o.), so steht der einfache
Prapoaitionalausdruck oft geradezu im Sinne von in Germania,
-am: Caes. b. gall. 6, 24, 1 fuit tempus, cum Galli . . tr. RJh. (nach
366 Pb. Thielmann:
Germanien) colonias mitterent, Flor. 3, 10, 8. Aur. Vict epit. 1, 13
huius (des Augustus) tempore tr. Eh. vastatus est Bomanus ezer-
citus u. o. — Transrhenanus: Caes. b. gall. 4, 16, 5. 5, 2, 4. 6,
5, 5 u. ö.
Z7. Rhenum: (Sen. dial. 10, 4, 5). Lucan. 7,433 (Tac. Germ. 29).
Mamert. pan. 7 p. 95, 20. Eutr. 7, 9, 1. 10, 14, 2. Fest brev. 6, 3.
Cass. hist. trip. 12, 4. Greg. T. h. Fr. 4, 49 p. 184, 5. Fred. 4, 38.
40. 87. cont. Fred. 109. 111. gest. Franc. 4. 5. Paul. Diac. h. L
1, 1. id. Bd. 95, 710 M. Einh. ep. 35 (ter), Vit. Clari 2 (= Act
Sanct. Ian. I 55 ff.). Vit. S. Bonif. app. 3, 11. 12. hist misc. 7, 14.
Gregor von Tours und Fredegar vertreten hier mit u. die Volks-
sprache, Einhard mit überwiegendem tr. die Kunstsprache.
8) Tr. flumen Ligeris Jordan. Get 226 p. 115, 21, tr. Ligen
lex Sal., tr. fluvium Ligeris Erm. Nig. poet Car. II 27, 93. 28, 130.
Häufiger ist u. Ligerem: Plin. n. h. 4, 107 (u. eutn). Greg. Tur. B.
Fr. 2, 9 p. 77, 11. 5, 4 p. 195, 7. 15. Fred. 3, 75. gest Fr. 5. 28.
33. 53. Dipl. ed. Pertz p. 30, 33. 49, 48. 151, 7. 193, 21. 205, 42,
bei Migne Bd. 87 (gallische Autoren) col. 1297 b. 1332T 1336»,
bei Pardessus u. ö.
9) Tr. Garonnam nur Einh. ann. 816; u. Garonnam Greg.
T. h. Fr. 7, 35 p. 315, 4. 8, 18 p. 337, 17. Ven. Fort carm. 1, 8
tit. Cont. Fred. 130. 134.
Germanien. 10) Tr. Alb im in den Kämpfen des Drusus
und Germanicus: Tac. ann. 2, 19. Eutr. 7, 9, 1 = bist misc 7, 14;
zu den Zeiten der Karolinger lautet die Formel meist tr. AJbiam:
Form. ed. Zeumer 289, 1. Einh. ann. 804. 809 bis. 811. 819. 822
— Transalbianus Einh. ann. 798. 804. 817 n. ö.
U. Albim Suet. Aug. 21, ein cod. bei Einh. ann. 804.
Das übrige Europa. 11) Tr. Danuvium kam (zugleich
mit u. Danuvium) etwa seit Trajan, der Dacien zur Provim
machte, in häufigeren Gebrauch: Tac. Germ. 29. Vop. Aurel. 22, 2.
Aur. Vict. Caes. 29, 4. Eutr. 8, 2, 2. Fest brev. 8, 2. Oros. 7,12,2.
7, 22, 7 (= Free. 2, 3, 9). Iordan. Get. 74 p. 75, 8. Geogr. min.
121, 16. Isid. or. 17, 9, 40. An. Rav. 188, 1. — Transdamvim
Vop. Aur. 39, 7; -danuviani Orell. inscr. 750.
U. Danuvium: (Sen. dial. 10, 4, 5). Tac. ann. 2, 63. Eatr. 9,
8, 2. 9, 15, 1. Prosp. Aquit Bd. 51, 603° M. Iord. Rom. 217 p. 27,
26. 247 p. 32, 15. Get 223 p. 115, 7. 301 p. 135, 13. Isid. or.9,
2, 94. An. Rav. 189, 9. 205, 3. hist. misc. 21, 20.
12) Tr. Istrum: Aur. Vict. Caes. 13, 3. 33, 3. Amm. Marc.
Uls, trans und ultra. 367
29, 6, 2. Cass. hist trip. 1, 9. 8, 13. 9, 45. 47. — U. Istrum: (Sen.
n. q. praef. 8). Curt 7, 7, 4.
13) Tr. Tan aim -in: ltin. Alex. 38 p. 20, 7 V. Claudian. 3,
324; u. Tanaim: Curt 7, 4, 6. 32. 7, 7, 1. 7, 8, 30. Amm. Marc.
22, 8, 29.
Asien: 14) Tr. Euphratem -en ist stehend bei Erwähnung
der Partherkriege: Cic. div. 2, 22. Tac. hist. 5, 9. ann. 15, 17. Eutr.
6, 18, 2. Fest. brev. 17, 4. Oros. 7, 12, 2; aufserdem vgl. lustin.
12, 13, 4. Plin. n. h. 19, 48 u. ö.
ü. Euphratem: (Sen. dial. 10, 4, 5). Curt. 4, 11, 19. 10, 5, 12.
Tac. ann. 15, 17. Heges. 1, 40, 56. 2, 9, 189.
15) Tr. Tigridem -in: Fest. brev. 14, 6. Oros. 7, 12, 2. —
Transtigritanus Fest. brev. 25, 3. Amm. Marc. 18, 9, 2 u. ö.
U. Tigrim: Lucan. 7, 433. Plin. n. h. 12, 78 (u. Pasitigrim),
ine. pan. 3 p. 134, 11.
16) Tr. Iordanem -en ist häufig ixi der Bibel (Vu8. gen.
50, 10. num. 22, 1 u. o.), bei christlichen Dichtern (Iuvenc. 1, 415)
und Prosaikern (Heges. 1, 45, 70. 5, 40, 2 u. o.), fehlt aber sonst
U. Iordanem: Lugd. deut 1, 1; SGerm. 14 Iudith 1, 9; Vu2.
Marc. 10, 1. Vu3. los. 21, 36. Heges. 4, 16, 20. Hier., Rufin,
Augustin u. a.
3« Berg, a) Allgemeines. Tr. montes erscheint ver-
hältnismäfsig spät: Liv. 22, 41, 7. 42, 11. 43, 7. 40, 25, 4. Auson.
ep. 25 (417), 72, noch später tr. montem: grom. 180, 18. 323, 20.
330, 20. Einh. ann. 782; vergl. den Ortsnamen Tram monte It
Anton. 574, 6 Wess. und die Variation tr. ardua montis Sil. 15,
493 (496). - Transmontani Subst Liv. 39, 2, 9. Plin. n. h. 3, 28 u. ö.
U. montem (vgl. Cic. prov. cons. 34) Mel. 3, 95, u. m&ntana
Aeth. 106 p. 79, 25; vgl. u. eum (montem) Mel. 1, 117. Plin. n. h.
5, 36, ii. quod (montium iugtim) Tac. Germ. 43 u. a.
Dazu stellt sich als Gegensatz tr. vallem: Caes. b. gall. 5,
49, 5. Vu8. 1 reg. 31, 7; vgl. Gild. 19 — Nenn. 37. — U. eam
convallem b. Afr. 50, 1 (2).
b) Specielles. 1) Tr. Appenninum: Dec. Brut. ep. 11,
10, 3. Liv. 5, 33, 9. 39, 2, 3. 4. 41, 19, 1. Vitr. 2, 6, 5 p. 43, 25.
Plin. n. h. 2, 229. Frontin. 1, 8, 3. — U. Appenninum fehlt
2) Tr. Alpes dürfte etwa seit Hannibal und mehr noch seit
der ersten Überschreitung der Alpen durch die Römer 154 v. Chr.
(Krieg mit den Sallyern, Flor. 3, 2, 3) grofsere Verbreitung ge-
wonnen haben (nachweisbar seit Cic, im ganzen über 40 St).
368 Fh. Thielmann:
Die häufig vorkommende Form tr. Alpis hat sich aus der Zeit
ihres Entstehens konserviert : Cic. Quinct. 12. 80 (Kayser). D. Brut
ep. 1 1, 13 a, 3 (Baiter). Liv. 43, 5, 7. 10. Ascon. p. 4, 4. VelL 2, 12, 4.
Plin. n. h. 6, 218. 16, 66. 69. 18, 85. 36, 159 u. o. Wie tr. Bh*
num oft = in Germania -am ist, so nimmt tr. Alpes oft geradezu
die Bedeutung von in Gallia -am an: Plin. n. h. 16, 66 dfbum
(genas aceris) . . vocatur Galliaim, in transpadana Italia transque
Alpis nascensy ib. 7, 9. Sulp. Sev. ehr. 2, 32, 1 u. o.; so tritt tr.
Alpes in Gegensatz zu in Italia (Plin. n. h. 2, 224. 14, 39. 36, 165),
zu in Asia ib. 7, 56 u. s. w. Im weiteren Sinne liegt allerdings
Spanien ebenso gut jenseit der A. (Plin. n. h. 6, 218). — Die
spanischen Alpen d. i. die Pyrenäen sind gemeint bei Ausonius
ep. 25 (417), 87. Einzelne Teile der Alpen werden genannt It.
Anton. 387, 5 Wess. tr. A. Cottias und Prud. per. 2, 539 tr. Cotr
tianorum iuga. Über Transalpes Subst. vgl. S. 252. — Tram-
alpinus: Com. 4, 43. 45. Cic. Verr. II 2, 118 u. o.; transalpicus
nur not. Tiron. 144.
U. Alpes: Plin. n. h. 3, 47. 4, 79. Flor. 4, 1, 9. Paul. Diaa
h. L. 2, 23; vgl. u. Alpiae(?) scr. Lang. 501, 22.
3) Tr. iuga Pyrcnes Sil. 1, 643 (640); vgl. Auson. ep. 25
(417), 87. Prud. per. 2, 540. Einh. ann. 809. — U. Pyrenen Sil. 1,
669 (666).
4) Tr. Taurum dürfte etwa seit Lucullus (Fest brev. 14, 1)
aufgekommen sein: Cic. ep. 2, 15, 5. 3, 8, 4. 15, 1, 2. Frontin. 1,
1, 6. Tac. ann. 15, 8. Amm. Marc. 31, 16, 8.
II. Taurum: (m. Tauri iuga, u. iuga T. Liv, 37, 53, 25. 38,
8, 4. 38, 12, 4. 38, 47, 11. 38, 53, 3. 42, 42, 6. 42, 50, 6, überall
in Verbindung mit emoveo und exigo) Liv. 38, 39, 17. Val. Max.
4, 1 ext. 9. 8, 1 daran. 1. Iul. Val. 1, 48. Aur. Vict. v. ill. 54, 5.
Fest. brev. 12, 1 (u. iuga Tauri), Iordan. Rom. 227 p. 29, 27.
4. Varia. 1) Tr. viam ist eine speeifisch juristische Ver-
bindung: CIL I 199, 11. 12. I 577, I 6. 9. V 4182. VI 10346.
Alfeu. dig. 41, 1, 38 bis. Pard. 590 a. 747 (vgl. Bonif. ep. 66). Lex
Frision. tit. 22, 71. 74. — ü. viam Alfen. dig. 41, 1, 38. Plin. ep.
9, 39, 6.
2) Tr. parietem (S. 358): PI. mil. 468. Sen. contr. 7, 5 (20)
im Thema. Hier, contr. Ioann. Hier. 33, 445 (338) Lynceus vide-
bat tr. p. (= Anibr. II 2 de trinit. 29), Boeth. Bd. 64, 1154*M.
— U. parietem Ambr.
Seltener sind: tr. maceriam Liv. 23, 9, 13 (12); tr. septa
Uls, trans und ultra. ;>69
Iuvenc 3, 732; tr. vallum Liv. 25, 14, 4. 41, 4, 2. Val. Max. 3,
2, 20. CIL III 827; tr. siparium Tert. Val. 13; tr. iUud (vela-
men) Mam. Claud. stat. an. 3, 2 p. 156, 5. — U. eam maceriam
CIL V 3072; saepem «.(?) Lucr. 4, 611 ; u. vclutn Vu3. lev. 16, 12.
IV. Lokales ultra nebst Übergreifen von trans.
In den archaischen Beispielen, Enn. 555 V. u. fossam, Cato
p. 10, 20 u. agrum Ptccntium, ib. 34, 5 t*. angulum GaTlicum, Com.
4, 60 u. finem, tritt uns die lokale Bedeutung als die ursprüng-
liche zuerst entgegen. Wie die letzte Stelle zeigt, verbindet sich
«., seiner Grundbedeutung entsprechend, gern mit den Subst.
'Grenze, Grenzlinie' u. s. w.: 1) u. finem -es (lokal!) Sen. ep.
110, 14. Imp. Claud. de iur. hon. Gall. dand. II 27. Veget. a. vet.
3, 2 p. 345. Amm. Marc. 22, 9, 1 u. o.; vgl. u. destinata Sen. dial.
4, 35, 2. — 2) u. terminum -os (lokal!) Hör. carm. 1, 22, 10 f.
8uet. frgm. p. 307 (Roth). Apul. met. 5, 26. Ps.-Cypr. de bon.
pud. 14 Bd. 3 p. 25, 11 H. Solin. 7, 28 u. ö. — 3) u. limites -em
Hör. carm. 2, 18, 24 f. groni. 22, 15. 198, 17. Aug. de gen. ad litt.
2, 1, 2 a. o. Daran schliefst sich: 4) ff. Urnen Sen. dial. 5, 14, 2.
Quint. 11, 2, 13. Apul. met. 9, 25. Anderswo liegt die Bezeich-
nung der Grenze in der das Subst. begleitenden Bestimmung:
Plin. n. h. 2, 120 «. certum tractum, ib. 8, 68 u. adsuetum spar
tiutn u. 8. w.
Für einzelne Gegenstände ergeben sich besondere Benen-
nungen ihrer Grenzen: Sil. 17, 239 (244) u. litora, Solin. 5, 20
u. tnargines, Mart. Cap. 6, 640 p. 215, 9 u. gurgitis ripas u. a.
Aus der grofsen Masse der Belege führe ich nur diejenigen
an, in welchen die Grenzen der (damals bekannten) Welt bezw.
des Universums genannt werden: u. Imperium Romanum Gell.
10, 7 lemm.; u. columnas Hcrcnlis Plin. 5, 2. 27, 2. Heges. 2,
9, 120, tt. Äos (d. i. Herctdis) columnas Avien. or. mar. 375, vgl.
«. labores Älcidae fuge Sen. H. Oet. 744; u. m und um Sen. dial.
8, 5, 6. n. q. 7, 13, 3. ep. 110, 9. Mar. Vict. Bd. 8, 1000° M. Vic-
torin. rhet. p. 215, 37 H. Ambros. u. a. (uUramundanus Apul.
Mart Cap.); u. solem Sen. ep. 94, 63. Stat. silv. 4, 3, 156. Aug.
in ps. 38, 10. 11. Mart. Cap. 8, 884 p. 329, 14. Anth. lat. 483, 52,
w. solte vins Min. Fei. 6, 2; u. nubcs Sen. H. Oet. 494, u. nubila
Solin. 24, 8. Ven. Fort. Mart. 2, 434 u. o.; k. sidera Stat. silv.
4, 3, 156 u. ö.; u. caelum Apul. Ascl. 27. Ambr., «. caelos Aug.
u. a.; w. nocentum exilia (d. i. Orcum) Sen. Herc. für. 93, u. in-
370 Ph. Thielmaon:
feros ib. 892. Aug. ep. 119, 4, u. Tartarum Sen. Phoen. 145
u. s. w. Hierher gehört auch u. mit den Namen der Winde:
u. aquilonem Plin. n. h. 4, 89. Solin. 16, 1, u. aquüonis initia
Plin. n. h. 6, 34, u. flatus aquüonis Porphyr. Hör. carm. 2, 20, 16.
Da aber im Grunde jede Ortsbestimmung im Zusammen-
hang als Grenze aufgefafst werden kann, so ist der Gebrauch
des lokalen u. ein unbeschränkter, nur dafs das von tr. besetzte
Gebiet noch eine Zeit lang intakt bleibt: Varr. 1. 1. 5, 25 «f. Ex-
quilias, Cic. Att. 12, 27, 1 u. Silianam villam, b. Alex. 15, 5 u. vo-
dum, Prop. 5, 7, 29 portas m., Liv. 7, 24, 9 u. castra, Ov. trist 3,
13, 6 14. patriam, Phaedr. app. 1, 14, 7 quos (liortülos) u., Mel. 1, 26
u. specum, 1, 43 «. deserta, Stat. silv. 5, 3, 49 Cyclopum scopulos
u., luven. 16, 26 molem aggeris u., Gell. 12, 13, 9 u. oppidum,
CIL II 3426 u. turrim, Paul. Nol. ep. 22, 1 u. urbem u. s. w.;
daher auch u. eum locum Caes. b. gall. 1, 49, 1. b. civ. 3, 66,4.
b. Alex. 20, 3, locus u. quem Sen. n. q. 7, 12, 8 u.5, Dabei darf
der Begriff 'Ortsbestimmung' im denkbar weitesten Sinne gefafet
werden: Lucr. 4, 269 u. speculum, Sen. suas. 1, 2 u. Liberi patm
tropaea, Germ. Arat. 241 hunc (arietetn, Sternbild) u.f Cels. 7, 9
p. 285, 1 t4. Uneas, id. 7, 26, 2 p. 309, 4 u. calculum, id. 8, 10, 1
p. 345, 36 u. priorem fasciam, Sen. H. Oet. 1625 u. totos ramos,
Curt. 4, 15, 4 «. temonem, id. 8, 14, 30 u. acietn, Colum. 4, 29, 9
u. corticem, Lucan. 9, 327 n. proram, Stat. Th. 8, 388 t4. thoracas
u. s. w. So können denn auch Personennamen und Pronomina
in lokalem Sinne bei u. stehen: Caes. b. gall. 1, 48, 2 u. eum
(Caesarem) castra fccit, Lepid. ep. 10, 34, l u. me castra posuü,
Vu2. 2 Cor. 10, 16 in Uta quae u. vos sunt, Vus. 1 reg. 20, 22
sagittae u. te sunt, Cassian. coli. 19, 9, 2 p. 543, 21 u. omnes he-
remi accolas secedentes u. o.
In dies Gebiet von u. greift nun trans hie und da ein, aber
im Gegensatz zu u.} dessen Übergriffe von der Volkssprache be-
günstigt werden, fast nur im höhern Stil. Die augusteischen
Dichter sind es, die tr. zuerst im Sinne von u. verwenden, und
auch in der Folgezeit adoptieren meist nur Poeten diesen Gebrauch
oder doch solche Prosaiker, für die tr. bereits ein abgestorbenes
Wort ist So schreibt Horaz: carm. 1, 8, 12 saepe tr. finem iaado
. . expedito; vgl. ps. 18, 5 bei Ps.-Cypr. Bd. 3 p. 123, 19 tr. fines
terrae, Commod. apol. 134 tr. Oceani finem, Baed. h. eccL 1, 1
p. 7, 21 tr. illius (Britanniae) fines. — Vgl. translimitanus Ambr.
ep. 24, 8.
Uls, irans und ultra. 371
Weiter verbindet sich in der Dichtersprache tr. gern mit
den Begriffen 'Himmel' und 'Welt'. Des von Vergil Aen. 7, 65
geschaffenen tr. aethera bemächtigen sich die christlichen Dich-
ter, den Äther in ihrem Sinne als 'Himmel' umdeutend, so z. B.
Avitus carm. 4, 597. Andere aber versuchen Variationen: tr. si-
dera Iuvenc. 1, 495 2, 222. Paul. Nol. natal. 8, 182. Bonif. poet.
Car. I 6, 83. III carm. Centul. 2, 54; tr. astra Paul. Petr. vers.
de orant. 9; tr. nubila Paul. Nol. nat. 7, 211; tr. polum Boeth.
cons. ph. 3, 8 v. 17 p. 66; tr. culmina caeli poet. Car. III carm.
Cent. 2, 41; vgl. tr. solem Auson. ep. 25(417), 72. Von Pro-
saikern hat der poetisierende Mamertus Claudianus Ahnliches:
«tat. an. 2, 12 p. 150, 27 tr. tertium caelum, ib. 2, 4 p. 113, 1
tr. quam (mundi molem), ib. 2, 12 p. 145, 2 tr. omne mundanum;
vgl. an. Rav. 10, 18 tr. tottim orbem. — Transmundanus Mam.
Claud. p. 144, 20.
Dichter verbinden zuerst tr. mit den Namen der Winde:
Lucan. 10, 243 tr. Noton, Stat. Th. 3, 288 tr. Bore an; des Pli-
nius 14. aquilonem (s. oben) ersetzt Martianus Cap. 6, 664 durch
tr. aquilonem. — Transaustrinus Mart. Cap. 6, 608.
Auch in der Verbindung von tr. mit beliebigen Ortsbestim-
mungen nach Analogie von u. sind die Dichter die ersten: Ov.
trist. 4, 9, 23 tr. tellurcm (vgl. Flor. 1, 18, 25 tr. mare ac ter-
ras). Das übrige steht bei Autoren, die den lebendigen Gebrauch
von tr. nicht mehr kennen: Tert. lud. 7 tr. istas gentes; Auson.
ep. 25 (417), 72 tr. urhes (vgl. cod. Theod. 1, 6, 11 tr. urbem)]
Vus. 1 reg. 14, 1 tr. locum ittum, Hier. Bd. 3, 992b tr. locum,
Aug. quaest in hept. 1, 171 tr. Uta loca (vgl. bist. misc. 21, 30
tr. praeeipitii locum); Vu3. gen. 35, 21 tr. turrem -im, ebenso
Hier. Bd. 3, 900d. 992»; Matth. 8, 18 bei Aug. spec. 674, 6 (Weih-
rich) tr. regionem; Macr. somn. Sc. 2, 7, 14 tr. tropicum, ib. 2,
8, 1 tr. zodiacum; grom. 316, 15. 322, 5 tr. pratum; Gild. 15
tr. insulam, ebenso Baed. h. eccl. p. 18, 18. 26. 19, 16. Neun.
app. 19. Free. 2, 5, 13; Isid. or. 10, 85 tr. solum; GLK suppl.
p. CCXLIV tr. portus; an. Rav. 14, 18 tr. patriam, ib. 114, 7
tr. ipsum eremum. Lokal ist auch die Anschauung in tr. omnia:
Prud. apoth. 810 deus superfusus tr. otnnia, Aug. ep. 119, 4. Auch
mit Personennamen steht tr., wie w.: Vu3. 1 reg. 20. 36 tr. pu-
erum. — Translucanus Grut. inscr. 201, 7; transulnuinus Orell.
inscr. 111.
Aus der gro£sen Masse der Belege fUr lokales u. müssen noch
372 Ph. Thielmann:
einige Gruppen hervorgehoben werden: 1) Die Städtenamen.
Bereits Caes. b. civ. 3, 26, 4 schreibt u. Lissum, und der Ge-
brauch hält sich von da namentlich in geschichtlichen und geo-
graphischen Werken: b. Alex. 9, 3 u. Alexandriam, Liv. 26, 25, 17
u. Dium, ib. 40, 41, 10 u. novam Carthaginetn, Plin. n. h. 2, 226 «.
Surrentum, 3, 56 u. Cerceios, 3, 127 ««. quam (Aquileiam), 4, 13
u. Patras u. ö., Tac. h. 3, 79 u. Fidenets, Suet. Vesp. 2 u. Beate,
ohne indes anderwärts zu fehlen: Sen. Ag. 998 u. Myccnas, Ascon.
p. 27, 17 u. Bovillas, Vu*. 2 Cor. 1, 23 u. Corinihum. Weitere
Beispiele sind nicht nötig; u. bei Städtenamen findet sich, wenn
auch vereinzelt, zu allen Zeiten bis ins angehende Mittelalter:
gest. Franc. 32 u. Parisius, Aethic. 24 p. 14, 12 usque u. Gades,
Paul. Diac h. L. 2, 5 u. Constantinopolim u. ö.
Tr. bei Städtenamen ist selten: Mel. 1, 85 tr. Halicarnason,
Tert. lud. 7 tr. Cyrenen, Vu2. act. ap. 7, 43 tr. Babylonem, bei
Hieron. tr. urbem Petrcm, tr. Edessam, tr. Bostram, tr. Damascum.
— Transbeneventanus Paul. Nol. carm. 27, 377.
2) Die Ländernamen: Sali. hist. 1,63 w. Aethiopiam (= Aug
ars gramm. p. 29 ed. Weber), Plin. n. h. 3, 75 u. Sicüiam, 5, 66
u. Armeniern*, 5, 103 u. eam (Ioniam), 37, 40 w. Indiam, Ausod.
grat. act 81 u. Ciliciam, Heges. 1, 11, 3 u. Iudaeam, Mark Cap.
6, 668 u. provinciam Tingitanam u. o.; vgl. luv. 2, 159 u. litora
lubemae, Claudian. 3, 288 u. Libyae fines. Das öftere Vorkommen
von u. Britanniam -as (Eutr. 7, 13, 3 = Oros. 7, 6, 10. Sulp. Sev.
ehr. 2, 51, 3. Schol. luv. 2, 160. Isid. or. 14, 6, 4. 5. Baed. h. eccl.
1, 3 p. 10, 14. 1, 11 p. 18, 22) erklärt sich aus der Bedeutung
Britanniens als Grenze der bekannten Welt.
Wie die gröfseren Inseln Sicilia und Britannia, erscheinen
auch die kleineren, sowie die Inselgruppen mit u.: Plin. n. h. 2,
202 m. Melon, 6, 183 u. Heroen (Nilinsel), 6, 201 u. has (Gor-
gades insulas), 6, 202 u. eas (Hesperidum insulas) u. ö.
Tr. verbindet zuerst ein Dichter mit einem Ländernamen:
Lucan. 8, 184 tr. Pharm (=* Aegyptum), Comm. apol. 936 tr. Per-
sida, bei Hieron. tr. Arabmm, Mesopotamiam, Aethiopiam, Indiam,
Aug. ars gramm. p. 29 W tr. Galliam (Beispiel), Prise, perieg. 892
tr. istam (Arabiam), Schol. luv. 15, 6 tr. Aegyptum, an. Rav. 9, 12
tr. ipsam Britanniam, ib. 10, 15. 19, 10.
3) Am spätesten stellen sich bei u. die Völkernamen ein:
Sen. ep. 71, 37 u. Dahas, id. Thyest. 462 u. Getos et Parthos.
Dabei sind es in der Regel die Namen entfernt wohnender Völker-
UIb, trans und ultra. 373
schallen, die sich mit u. verbinden: Mel. 1, 12 u. eas (Amaßones),
Plin. n. h. 4, 82 u. quos (Tyragetas), 6, 35 u. cos (Hyperboreos),
6, 125 u. qtios (Attalos), 21, 11 und Apul. mund. 7 u. Indos, luv.
2, 1 und Solin. 15, 18 u. Saurcmatas, Solin. 19, 3. Claudian. 5,
149. Iord. Get. 37 u. ö.
Für tr. thut auch hier ein Dichter den ersten Schritt vor-
wärts: Stak Th. 3, 288 tr. Borean Thracasque; vgl. ferner Tac.
Germ. 44 tr. Lugios, 45 tr. Suionas, lerem. 41, 10 Wirceb. tr. filios
Amnion, Hier. Bd. 3, 882* tr. Iiaphaim (Riesen), Schol. Luc. 269,
21 tr. Parthos.
4) Unter den örtlichen Begriffen bilden namentlich die
Körperteile eine zusammenhängende Gruppe: Cels. 4, 1 p. 120,
11 und 8, 5 p. 338, 19 w. aures, 6, 18, 2 p. 254, 18 und 7, 25, 1
p. 305, 23 u. eam (glandem), 7, 15 p. 292, 19 u. inferiorem mem-
branatn, 8, 1 p. 325, 6 u. quos (caninos dentes), Plin. n. h. 9, 181
u. digitos, 14, 14 u. suos pollices, 28, 48 u. caput, Quint. 11, 3, 118
u. laevum umertim, Gell. 6, 12, 1 u. bracchia, Veg. a. vet. 4, 6 u.
genua u. ö.; aber doch nur ein Dichter wagt u. corpus Sen.
Thyest. 740.
Der Gebrauch von tr. mit Körperteilen trägt vorwiegend
dichterischen Charakter: Verg. ecl. 8, 102 tr. caput, Liv. 8, 7, 9
tr. cervicetn, Stat. Th. 8, 495 tr. pectus, Tert. pall. 1 tr. crura,
Apoll. Sid. carm. 23, 353 = 20, 358 p. 587 B tr. artnos; so auch
tr. corpus Stat Th. 7, 645.
U. cüber — hinaus' berührt sich oft mit post ^hinter': Plin.
tl h. 5, 34 post Nasamonas Hasbitae . . vivunt, u. eos Amantes;
vgl. Curi 3, 9, 5. 8, 13, 6 u. ö. So steht umgekehrt post wie
sonst ti. oder tr.: Curt. 4, 11, 19 post Euphraten, Mel. 2, 77 p.
Athenopolim u. ö. Ebenso kann das lokale u. an die Bedeutung
von extra streifen: statt u. portam Viminalem Fest. 161b 33 bietet
Paulus extra p. V.; vgl. Lucan. 6, 102 u. ö. Umgekehrt steht
extra für u.: Curt. 4, 8, 3 e. terminos solis, 9, 4, 18 e. sidera u. o.
Am wichtigsten aber ist die Berührung von u. mit supra.
Der Übergang war leicht. U. bezeichnete das cdarüber — hinaus*
in horizontaler, s. in vertikaler Richtung; es kommt also überall
nur auf die Vorstellung an (vgl. u. nubüa, sidera = supra «., s.).
So steht supra schon frühe im Sinne von 'über — hinaus,
jenseit9: Enn. sat. 71 p. 85 M. s. Maeoti paludes, Nep. Ale. 9, 1
8. Propontidem, Dat. 4, 1 s. Cilieiam, Liv. 23, 31, 3. 32, 2 s. Sues-
sulam, Ascon. 30, 19 s. liovillas, Plin. n. h. 2, 183 s. Alexandriam}
374 Fh. Thielmann:
2, 217 s. Britanniam, 6, 118 s. Silicat (Volk), 6, 173 s. Aethiopas,
7, 12 s. BorysOienen Sauromatas (= Gell. 9, 4, 6 Sauromatas . .
u. Borysfhenen) u. o., also mit den Namen von Meeren, Ländern,
Städten, Völkern und Flüssen. Ebenso wird nun aber auch super
verwandt: Sali. lug. 19, 5 s. Numidiam, Verg. Aen. 6, 795 s. ä
Garamantas et Indos (dazu bemerken die Grammatiker, z. B. GLK
VII 288, 17: super interdum ei u. significat), Liv. 43, 21, 6 s. Am-
bracium sinum, Curt. 6, 2, 13. 7, 6, 12. 8, 1, 7 s. Bosporum, MeL
1, 13 s. Scythas, s. Amazonas, id. 3, 31 s. Albim, Plin. n. h. 4, 79
s. Histropolim u. ö.; doch ist s. jlumen meist nichts weiter als
'(oben) am Fluss\ Übrigens kann super *oben über etwas hin*
auch die Funktion von tr. übernehmen: Verg. Aen. 11, 562 &
amnem, Lucan. 2, 726 s. aequora u. o. Auch in seiner übertragenen
Bedeutung wird u. fast überall von supra und super in paralleler
Entwicklung begleitet; doch können wir im folgenden nur ein-
zelne Punkte hervorheben.
V. Ultra mit Mafs- und Zahlbestimmungen.
Deutlich an das örtliche Verhältnis schliefst sich die Ver-
bindung von u. mit Mafs- und Zahlbestimmungen da, wo sie uns
zum ersten Mal entgegentritt: Cic. Att. 3, 4 ut müii u. quadrm-
genta milia (Meilen) liecret esse; vgl. auch Liv. 43, 11, 5 u. mük
passunm, Plin. n. h. 4, 63 u. XL Mpassuum u. o. Die Entfernungs-
grenze wird oft durch den Meilenstein bezeichnet: Liv. 25, 5, 6
u. quinquagensimum lapidem, 40, 37, 4 u. deeimum L, Colum. 5, 8, 5
u. milliarium sexagesimum, Tac. ann. 2, 50. 13, 26. Plin, ep. 10, 8
(24), 6. Marcian. dig. 27, 1, 21, 2. 3. Suet. Claud. 23 u. o.; vgL
w. ictum teli Veg. r. mil.4, 10. 28, u. iactum sagittae Heges. 3, 20, 13.
Ultra, das wieder mit Vorliebe im negativen Satz steht, geht
hier leicht in den Sinn von plus quam über: Liv. 43, 11, 5 ut
quis u. mille passmim ab Rmna abesset
Weiter verbindet sich nun u. mit jeder beliebigen Mafs-
bestimmung: Cels. 4, 5 p. 127, 20 non u. heminam aquae, Veg.
a. vet. 4, 8 u. cochlearium (Flüssigkeitsmafs!); Sen. n. q. 3, 7, 1
u. decem pedes, 3, 7, 3 u. ducentorum pedtm spatium, Plin. n. k
17, 111 u. latitudinem duum digitorum, 36, 62 non u. bina cMta
u. o. (Längenmafs!), auch Marc. Empir. p. 153 u. hoc pondus
ne dederis (Gewicht!).
Aber u. kann auch zu jeder Zahlbestimmung ohne alle
Beschränkung treten. Schon b. Alex. 21, 4 u. eum numerum g*
Uli, träne and ultra. 375
hört hierher, wo aber t*. auf Ergänzung beruht; vgl. weiter Val.
Max. 3, 7 ext 1 non u. (= plus quam) trcs versus, Suet Caes. 38
non m. quingenos sestertios u. o. Das Subst. fehlt: Plin. n. h. 33,
133 non u. centum milia, Afric dig. 30, 108, 7 nihil u. decem;
merkwürdig ist Gai. dig. 34, 5, 7 (8) pr. quod u. tres nascitur
'was über drei geboren wird'. In Sätzen wie Capit. Maxim. 31 (5), 2
canes . . u. duodecim ulularunt kann allerdings t*. sowohl Präp. als
Adverb sein; denn vgl. einerseits Cass. hist. trip. 5, 15 occiden-
talium (episcoporum) u. trecentos (convenerunt), andrerseits Coelest.
20, 1 Bd. 50, 513* M. u. ducenti existefites numero episcopi. Wegen
des adverbialen u. bei Zahlen sehe man noch : Cass. h. tr. 5, 2 cum
müitibus u. quinque milibus, Cod. Iust. 11, 4 (3), 2 pr. navem u.
duorum miUium modiorum capacem, Isid. or. 12, 1, 44, auch Macr.
8. Scip. 2, 10, 7 abhinc u. duo retro annorum millia.
Bei Juristen verbindet sich u. weiter gern mit Verhält-
nisbestimmungen: u. simplum Paul. dig. 33, 8,9, 1, n. duplum
Afric. dig. 19, 1, 44 u. ö.; u. quadranteni Afric. dig. 37, 5, 18, t#.
semissem id. dig. 19, 5, 24, u. dodranteni Julian, dig. 35, 2, 87, 8
u. o., ferner non u. partem dimidiam Paul. dig. 10, 2, 38, u. ter-
tiam partem, später u. medietatem, u. centesimam u. s. w. Juristisch
ist auch u. bei Wertbestimmungen: u.pectdii taxationem Julian.
dig. 19, 1, 24, 2, u. (rei) prctium Afric. dig. 33, 8, 16 pr. Ulp.
dig. 12, 3, 1 u. ö., und endlich auch u. bei Bezeichnungen des
Verwandtschaftsgrades: Suet. Cal. 38 u. hunc (filiorum)
gradum, Gai. 3, 14 u. consanguineorum gradum, ebenso w. tertium
fr. u. a.; daher auch mit starker Verkürzung Ulp. dig. 2, 4, 10, 9
h. trinepotem (= u. trincpotum gradum), Ulp. dig. 5, 2, 1 u. fra-
trem, inst. Just. 2, 18, 1 u. f'ratres et sorores u. o.
VI. Modales ultra (trans).
Im lokalen u. lagen von vornherein die Keime zu kräftiger
Fortentwickelung. Die Wendungen m. fines, u. terminos u. a.
konnten doch auch von andern als örtlichen Grenzen gebraucht
werden: Hör. sat. 1,1, 107 fines, quos u. citraque nequit coti-
sistere rectum, Min. Fei. 5, 6 u. humilitatis nostrae terminos, Sen.
^m. fort. 5, 4 p. 449 H u. poenarum omnium terminum, Ps.-
Cypr. bon. pud. 14 Bd. 3 p. 25, 9 u. concessas corpori metas
fl- o., und die Verba progredi procedere u. ä., die sich mit w. so
gern im raumlichen Sinne verbanden, liefisen sich ebenso leicht
üi übertragenem Sinn gebrauchen. Auf diesen Zusammenhang
376 Ph. Thielmann:
weisen die ersten Beispiele des modalen Gebrauches: Cic. Tusc
4, 38 modum quem u. progredi non oporteat, div. 1, 24 coniectura
u. quam progredi fwn potest, Phil. 11, 1 neque ullius . . acerbitas
progressa u. mortem est. Freier ist Phil. 1, 12 quid est u. pignus
aut multam?, wenn auch der negative Sinn gewahrt bleibt
Den positiven Satz bringt zuerst Sallust hist. 2, 23, 2 eum . . u.
Bomanorum morem curabant.
Da jeder abstrakte Begriff in irgend einem Sinn als Grenze
aufgefafst werden kann, so ist der modale Gebrauch von u. fast
noch unumschränkter als der lokale, zumal das modale u. auch
mit jedem beliebigen Verb verbunden werden kann. Zwar wahren
progredior procedo excedo u. s. w. für alle Zeiten ihre Rechte:
Liv. 3, 41, 4 non u. vocem excessisset, 3, 46, 1 nee u. minas pro-
cessum est, Sen. contr. 10, 3 (32), 9. Sen. dial. 3, 4, 3. Tac ann.
2, 79 u. ö., aber sehr bald trat eine Verkürzung des Ausdruckes
in der Weise ein, dafs man statt progredi in laudando u. placitum
sagte laudare u. pl. (Verg. ecl. 7, 27), statt iratus haud u. verba
processit etwa haud u. v. excanduit (Suet. Vesp. 14). Man be-
greift, wie hiedurch der Ausdruck an Mannigfaltigkeit und
prägnanter Kürze gewinnen mutete: Sen. clem. 1, 4, 3 amari *.
privatas necessitudines, Lucan. 2, 138 Romanaqtte Samnis | u. Com-
dinas speravit vulnera furcas u. o.
So berührt sich u. auch hier mit supra (Macr. s. Scip. 1, .|
2, 16. Cass. ps. 84 concl.), andrerseits aber auch, je nach der j
Betrachtungsweise, mit infra: Val. Max. 2, 7, 15 u. mortuorum •
condiciofiem (vgl. Cic. Quinct. 49 infra etiam mortuos) u. o. In
Verbindung mit einer Negation nimmt u. leicht die Bedeutung
von praeter 'aufser* an: Sali. hist. 3, 67 col. 5, 19 u. prae[dam
nifdl cogitare], Manil. 1, 140, in freierer Anwendung Liv. 28, 28, 10
nihil u. facile creditam mortem meam a vobis violatus sim. Nihil
«. bleibt stellende Verbindung: Val. Max. 9, 8 ext 1. Quini I,
1, 41. 12, 10, 8. 12, 10, 43 u. o., vgl. Capit. Car. 181, 14 wkdl
amplius u. (als) se perdere debet. Aber auch sonst ist dieses
in Verbindung mit einer Negation zu allen Zeiten* häufig: Plii
n. h. 12, 115 ne quid u. corticem violet7 Macr. s. Scip. 2, 8, ^
nobis aliud . . u. haec quae diximus non oecurrit, zum Teil wieder
in sehr freier Anwendung: Lucan. 8, 64 non u. gemitus taeüc^
incessere fatum, Plin. n. h. 23, 20 utuntur ea (labruscae radic^^
non u. gargarizationeSy Tac. ann. 6, 2 neque ut u. abolüionem
tentiae suaderet u. s. w.
Uls, träne und ultra. 377
U. steht aber auch, wie praeter, in additivem SinD, wenn
ein Gegenstand als noch hinzukommend gedacht werden soll:
Eumen. pan. 17 p. 128, 12 cum mihi u. communeni cum ceteris
studiorum religionem etiam proprius quidam sit . . dilectus, Cassian
inst. 7, 20 u. o. Wie praeter quod für pr. id quod, so steht statt u. id
quod (Javol. dig. 10, 3, 18) hie und da u. quod: Boeth. Bd. G4, 898» M.
cum u. quod debitum est facimus, vit. Bassian. 19 (act. Sanct. Jan. II)
u. quod debitus usus exigebat accumulaverat, Nith. 2, 8. 4, 3.
Die mit u. verbundenen Subst. genauer zu ordnen, hat keinen
Wert (vgl. nur u. suum velle Astron. vit. Hlud. 46, u. velle pro-
gredi Lup. Ferrar. 99), um aber doch einen annähernden Begriff
▼on der reichen Entwickelung des modalen u. zu geben, unter-
suchen wir, wie der Lateiner mit Hilfe unserer Präp. den Begriff
'übermenschlich9 wiedergegeben hat. Bereits Sallust schreibt hist.
2, 23, 2 u. mortalium etiam morem, und ihm scheint Trogus
Pompejus (Justin. 17, 1, 4) etiam humanum u. morem nach-
geahmt zu haben. Von Tacitus an lassen die Ausdrücke an
Häufigkeit und Mannigfaltigkeit nichts zu wünschen übrig: ann.
11, 21 u. modum humanum (vgl. Sulp. Sev. Mart. 2, 7 u. ö.),
Castric. bei Gell. 2, 27, 3 u. naturae humanae modum est mit
Inf., Gell. 10, 12, 3 u. humanam fidem, 10, 18, 1 u. affectionis
humanae fidem, Ps.-Apul. ed. Rose I 125, 11 u. condicionem hu-
manam (vgl. Ambr. off. min. 2, 20, 99), Tert. idol. 15 u. humqni
honoris modum, Solin. 53, 12 u. humanam fragilitatem, Greg. T. h.
Fr. 5, 3 p. 193, 16 u. modum humanae malitiae, id. vit. patr.
6, 4 p. 682, 34 u. hominum mores, Ven. Fort. carm. 8, 3, 331 u.
hominis Jiabitum u. s. w. Bei poetisierenden Autoren tritt mor-
Mis für humanus ein, wie schon bei Sallust: Tac. ann. 15, 23
u. mortale gaudium, Amm. Marc. 14, 11, 3 u, mortalem modum,
Heges. 5, 53, 29 u. m. fragilitatem u. o. Diese breiteren Aus-
drücke werden nun wieder zu kürzeren zusammengefafst: Tert.
Jud. 14 u. fiUos hominum, Ps.-Cjpr. de XII abus. 6 p. 161, 13
*- omnes mortales u. o. Stereotyp sind: u. homincs Vop. Aur.
^4, 8 (ille multa u. h. et fecit et dixit), Amm. Marc. 22, 9, 1. 26,
- &> 13 u. ö., und t<. hominem: Amm. Marc. 27, 12, 11. 31, 10, 19,
^*nbr. 0., Cass. h. tr. 7, 2 u. ö. Parallel damit gehen neutrale
^"cndungen: u. mortale Amm. Marc. 26, 6, 8 (tumens), u. humana
°***nia Ambr. interp. Job et üav. 1, 1, 2, u. omnia mortalia Sulp.
**^t. ehr. 2, 30, 6; vgl. noch u. mort/ilitatem Amin. Marc. 28, 4, 12
u**d u. humanum genus Greg. T. h. Fr. 9, 9 p. 365, 18.
Archir für Ut. Lexikon. IV. Heft » l. 26
378 Fb. Thielmann:
Wir nennen noch eine Reihe stereotyper Ausdrücke. U.
modum verbindet sich zunächst mit Verben und Participien: Cic.
Tusc. 4, 38 progrcdi, Cels. 3, 7 p. 89, 28 repleta, Sen. ben. 7, 22, l
praecipimus, ep. 58, 32 deditus vino (= Greg. T. h. Fr. 4, 12 p.
148, 14) u. ö., seit Quintilian (10, 3, 32 latas, 11, 1, 90 ienacem)
auch mit Adjektiven. Weitere Stellen s. bei Wölfflin, Rhein.
Mus. 37, 111; vgl. Firm. Mat. astr. II 22 VIII maximas decernit
facidtates et u. m. divitias (übermäfsigen R.). Verstärkt wird n.
modum durch Synonyma: Sen. ep. 95, 23 u. m. fasque, Apul.
met. 6, 31 u. m. delictique terminum, näher bestimmt durch Ad-
jektive: Cels. 7, 12, 3 p. 288, 26 w. iustum m., Sen. ep. 16, 8 h.
privatum pecuniae m., Tac. ann. 1, 8 u. civilem m. (d. i. t«. modum
civis), ib. 11, 21 u. m. humanuni, Plin. ep. 7, 24, 1 u. tnatronalem
m., Solin. 52, 35 u. cubitaiem m.f Üapit. Gord. 4,3 u. imperato-
rium m., Vop. Aur. 39, 5 u. militarem m., Dict. Cret. 4, 13 «.
viriletn m. u. ö., oder durch Genetive: Sen. ep. 16, 8 (s. oben!),
Just. 24, 3, 6 «. m. verae affectionis, Quint. 8, 2, 14 «. m. hyper-
bau, Plin. ep. 8, 6, 17 u. epistulae m. (= Fronto p. 192, 18),
Castric. bei Gell. 2, 27, 3 u. naturae humanae m. u. o. Mit
kühner Prägnanz wird nun statt u. fcmineum m. (Tjeb. Poll. XXX
tyr. 30, 16) gesagt u. feminam, schon seit Vellejus: 2, 68, 3 «.
fortem tetnerarius9 2, 88, 2 moUitiis u. feminam fluens (aber Sen.
dial. 9, 17, 4 m. mulicbrem mollitiam fluefitibus) 2, 118, 2 «. bar-
bamm promptus, Tac. h. 2, 63 u. feminam ferox, Capit. Gord.
7, 2 sibi u. proeuratorem omnia vindicans. So kamen kirchliche
Autoren dazu, statt u. m. suum (Gelas. ep. 14, 6) zu schreiben
u. se: coro u. se cxcurrere vidctur Ambr., quid tendis pedem u. te
Aug., surrexit u. se infirmitas nostra, w. se excrescere Greg. M.
Eine Variation zu tu modum ist u. mensuram: Tac. A. 12
u. nostri orbis mensuram, Hilar. in Matth. 13, 4. Ambr. de Gain
et Ab. 1, 9, 36 (353). lgnat. ep. ad Heron. rec. long. 1, 1 p. 175
(Funk). Pall. r. r. 1, 19, 3. Oros. 7, 35, 17 u. ö.
Neben u. modum gehen als konkurrierende Redensarten
praeter m. Cic. div. 1, 100 u. o., supra m. Liv. 4, 13, 3 und super
m.: Quint. 11, 3, 169. Gell. 1, 22, 10. Dict. Cret. 6, 10. Oros. 1
prol. 13. Dieselbe Konkurrenz treffen wir bei einer Anzahl wei-
terer mit u. gebildeter Wendungen, die im ganzen als Variationen
bzw. Spezialisierungen von ff. modum zu fassen sind. Hier taucht
praeter regelmäfsig zuerst auf, die andern folgen; dafür ist pr.
in den roinan. Sprachen verschwunden, während u., supra und
Uli, träne und ultra. 379
super das Feld behauptet haben. Wir ordnen die zahlreichen
Redensarten nach der Zeit ihres Auftretens:
1) U. morem (praeter nu Ter., supra m. Verg.): Sali. h. 2,
23, 2. Just. 17, 1, 4. Capit. Gord. 6, 3. Aug. civ. d. 3, 18 p. 127, 14.
Oros. 3, 23, 56. 7, 13, 3 u. ö.; beachte: u. solitum m. ep. ad Hor-
miscL 11. hist. misc. 15, 8. Dazu gehört u. consuetudinem (praeter
c. Cic): Hilar. ps. 147, 5 p. 877. Cassian. coli. 21, 21 p. 595, 9
u. o. — 2) U. vires (supra v. Hör.): Verg. Aen. 6, 114. Quint.
11, 3, 51. Ps.-Quint. decl. 19, 3. Juven. 3, 180. Papin. dig. 35, 2,
11, 5. 6 u. o. Dazu gehören: u. facultates Paul. dig. 42, 1, 21,
u. possibilitatem Mar. Vict. Bd. 8, 1308* M. Serv. Aen. 1, 8.
Heges. 2, 12, 4. Cassian. Ennod. u. a. Dem Kirchenlatein eigen
Bind die aufs Geistige übertragenen Ausdrücke u. capacitatem
Hilar. ps. 125, 5 p. 687 u. ö., u. sensum, intellegentiam u. a., z. B.
Cass. h. tr. 5, 8 hucc u. humanam scientiam et intellectum sunt. —
3) U. legem (praeter l. Ter., supra leges Cic.;: Hör. sat. 2, 1, 1 f.
Plin. ep. 2, 11, 3. ülp. dig. 3, 2, 13, 7. 43, 9, 1, 3 u. ö. Dazu ge-
hören: u. praescriptum Suet. Caes. 28, w. Monitum Ps.Cypr.
Bd. 3 carm. 6, 61, u. decretum Non., u. normam cod. Theod.,
auch u. regulam Mart. Cap. 8, 835 cuius u. r. (adjektivisch =
regellos) et plerumque defkiens latittido, cod. Theod. 2, 7, 2. Lib.
pontif. 140b 28. — 4) U. fas: Hör. carm. 3, 29, 31 f. Sen. ep.
95, 23. Dazu gehören: u. iusta Plin. n. h. 2, 46, u. iustum
(praeter i. Lucr.) Solin. 49, 9. Querol. 2, 4 p. 37, 15; u. ius9 u.
iura Flor. 2, 7, 4. Tert pud. 4. Cass. var. 3, 31. — 5) U. debi-
tum (super d. Sen. n. q. 4, 2, 9): Sen. suas. 3, 1. Cels. 2, 4 p.
33, 35. Aug. Bd. 8, 328, 7 ed. Maur. Cod. Iust. 10, 20, 1 pr. u. ö.;
vgl. Quint. 12, 5, 1 n. debitam reverentiaM. — 6j U. fidem (supra
f. Plin. Gell.): Val. Max. 3, 2, 24. Just. 2, 6, 1. Quint. 8, 6, 73.
' Suet. Caes. 57. Gell. 6, 8 lemm. 10, 12, 3. 10, 18, 1 u. ö. — 7) U.
satietatem Cels. 3, 7, 2 p. 89, 27. Sen. ben. 4, 6, 3. — 8) U.
necessaria Sen. ep. 17, 9; dazu i«. necessitatem Quint. decl. 333
p. 314, 23. Ps.-Quint. decl. 13, 9. — 9) U. spem (praeter sp.
Plaut.): Sen. ep. 95, 42. Iust. 2, 6, 1. Arani. Marc. 25, 1, 4 u. o.
— 10) U. solitum (praeter s. Hör.): Plin. n. h. 18, 361. Tac. h.
1, 18. ann. 4, 64. 6, 50. Veg. a. vet. 3, 4. Amm. Marc. 16, 11, 3.
30, 2, 7 u. o.; vgl. «. solitae caritatis aff'ectus Ps.-Quint. decl.
18, 17. — 11) U. fatum -a (super f. Dict. Cret. 4, 15): Stat. Th.
1, 706. Ps.-Quint. decl. 12, 14. Pan. ine. 8 p. 186, 23. Serv. Aen.
7, 776. 12, 938 u. ö.; u. vim fati Non. 527, 10. — 12) U. aetatem
26*
380 Ph. Tbielmann:
(praeter ad. Plaut., sttpra aet Justin. Fronto): Quint. decl. 258
p. 53, 23. Iren. 2, 22, 6. Lampr. Diad. 8, 3. Act. S. Enlal. 1 -»
ASFebr. II 577 ff. u. ö.; dazu u. annos Hier. ep. 66, 7. Macrob.
1, 6, 8, u. suae aetatis annos Greg. M. dial. 4, 47 u. a. — 13) U.
virtutem (praeter v. Plaut.): Quint. 8, 3, 56 u. 5. — 14) U. ex-
spectationem (praeter e. Cic): Ps.-Quint. decl. 16, 9. — 15) U.
rationem: Ps.-Quint. decl. 15, 9. Pan. ioc. 2 p. 133, 25. — 16) ü.
naturam (praeter n. Ter.): Frontin. 2, 2, 7. Pan. ine. 1 p. 149, 1.
Hilar. ps. 118 Ht. XIV, 11 p. 594. Cael. Aur. ac 3, 115 tentigo
frequens atque u. n. (unnatürlich); vgl. u. naturalem modum Ps.-
Quint. decl. 8, 18. Veg. a. vet. 2, 16 u. a. — 17) U. votum -a
(super v. Curt. Tac): Calp. Flacc. decl. 43. Apul. apol. 57. Pan.
ine. 21 p. 176, 26. Greg. M. raor. 8, 41; dazu u. voluntatem
(praeter v. Cic.) Scaev. dig. 34, 3, 28, 5, u. desideria Cass. var.
5, 40. — 18) U. meritum: Ps.-Apul. ed. Rose I 115, 15. Porfyr.
epist. 1. Mar. Vict. Bd. 8, 1247*. 1282b M. Ambr. exh. virg. 7,44.
Aug. ep. 231, 6 u. ö. — 19) U. opinionem -es (praeter o. Ter.,
supra o. Scribon.): Jul. Val. 2, 35. Oros. 4, 11, 6. 5, 11, 3. —
20) U. licitum: Bonos. Bd. 20, 774* M. Hier, in eccl. BcL 3, 102lb.
Cod. Th. 12, 1, 47. 15, 2, 2 u. ö.; dazu u. concessum Ambr.
Aber auch sonst hat u. oft genug den Sinn von 'gegen, im
Widerspruch mit' «= praeter: Verg. ecl. 7, 27 u. placitutn (über
Gefallen d. i. über Gebühr), Hör. sat. 1, 10, 69 f. u. perfectum,
Ulp. dig. 50, 1, 2, 6 u. forinam commeatui datam, Vop. Aur. 26,2
i*. pudorem imperialem, cod. Th. 8, 18, 3 u. misericordiam u. s. w.
Selten tritt trans für modales w. ein. An der vielbespro-
chenen Stelle Hör. ep. 1, 6, 51 cogat tr. pondera dextram porrigere
fasse ich tr. pondera als eine durch die Schwierigkeiten des
5. Fufses veraulafste Variation für tr, modum = u. modum; denn
pondera ist hier = 'Gleichmafs'. Weiter sind zu nennen: tr.
legem Stat. Th. 2, 386 (= u. legem S. 379), tr. meritum Iuvenc
3, 446 (= u. meritum S. 380) und tr. online grom. 411, 22 (it
trasordine Unordnung). Auf Grund der oben S. 377 angeführten
Stellen für u. hominem wird man nun auch bei Ps.-Quint. decl.
6, 10 ideoque non nisi ab ultimo parrieidio exigitur poena tr. ho-
minem erklären müssen t,r\\Lia ßccQvteQa f\ xar' itv&Q<oxov (voraus
w. hostium affectum, u. tyrannos, u. latrones).
Sehr häufig ist bei u. der Sinn des Übertreffens, des
Vorrangs = praeter, supra, sowohl im negativen Satz (Sen.
Uls, trans und ultra. 381
auas. 1,3 noti magis quidquam n. Alexandrum novimus, Seu.
Ag. 996 mortem aliquid u. est?; vgl. Cic. Att. 15, lh, 2 ut nihil
possit u.) als im positiven: Plin. n. h. 35, 74 ingenium u. artem
est, Solin. 20, 4 visontes . . u. tauros pernicitate (ßvxeg), Gelas. tract.
3, 20 auri excettentiam u. honorem inferior in argenti (ovöav) u. o.;
daher auch eminerc tu alqm Nazar. pau. 1 p. 213, G u. o. Die
Ausdrücke sind wiederum sehr mannigfaltig und kühn: Quint.
decl. 277 p. 131, 23 u. commune flagitium est pravgnans adultcra,
Ps.-Quint. decl. 6, 10 u. hostium affcctam . ., u. tyrannos, u. latrones
parum habet non sepelire, act. Babyl. 6 = ASJan. II 571 ff. u.
matrem Babylam . . habemus 'über der Mutter steht uns B.' u. s. w.
Ein scelus . . u. audaciam positum (= ov) bei Seil. clem. 1, 23, 1
ist ein Verbrechen, das alle Begriffe von Verwegenheit übersteigt;
▼gl. Heges. 5, 41, 11 hoc u. omnem aeerbitatem est, Cassian. coli.
1, 14, 8 ii. omnis ineptiae fatuitatem est, Nov. Theod. 22, 1, 1 quod
tt. omnem indignationem est, Gelas. frgm. 33 u. Introcinium esse
htdicamus, Cass. var. 8, 20 u. omnes impietates est, und so öfter
gerade bei Cassiodor: u. omnes crudelitates, dolores, detnentias est,
Qberall mit folgendem Inf. Kühner noch ist ut u. stultitiam
(mehr als Ulbricht) et vanitatem sint huiusmodi = oC xoiovxoi
Ambrosiast. ep. ad Rom. 1, 23 (61;, wofür auch u. stultos stehen
konnte: Cass. var. 11, 6 u. dementes est qui ulcisci non appetit.
Indem nuu für esse spezielle Verba eintreten, ergeben sich wieder
»ehr gewagte Verbindungen: Ps.-Ambr. de paenit. 15 (1077)
omnia . . t#. omnem insolentiam desperatac mentis exereuit, Claudian.
18, 262 verbis . . «. ncquitiam f'ractis (wo nichts zu ändern ist),
Sulp. Sev. dial. 2, 10, 4 u. omnem specieyn distineta floribus, Oros.
7, 28, 12 cum u. horrorem humanae miseriae etiam vermes eruetaret
u. o. Ein besonderer Fall ist es, wenn das mit u. verbundene
Subst. und das Verb synonyme oder ähnliche Begriffe enthalten:
Solin. 15, 7 «. rugitus insonantes, 15, 22 u. omnem rabivm saevientes
(ebenso Amm. Marc. 24, 5, 2), Amin. Marc. 22, 8, 25 u. omnem
ferociam saevierunt, Greg. T. S. Julian. 1, 9 p. 568, 34 u. lilii
nitor&n fulgere, act. Vincent. 14 flagrant u. solis f'nlgorem, Donus
Bd. 87, 1148 M. u. omnem dolorem dolcremus; vgl. Solin. 32, 44
fastigatae u. exctlsitatem omnem.
So ist u. bei Verben oft geradezu =■ magis (plus) quam : .Solin.
15, 24 virent u. aquatienm gramen, Lat. Drop. pari. 1 p. 271, \) u.
omnes retro itrinc'qyes laudari, Hilar. ps. litt lit. XVII. 5 p. 617
quod u. mel delectat, Ven. Fort. Mart. 3, 511 antat m. omnia cid-
382 Ph. Thielmann:
mina, besonders bei 'glänzen': Chalcid. 25 B virtus w. omnem gloriam
enituit, Ambr. ben. patr. 11, 52 u. solem . . emicuit u. 5.
Mehrmals trafen wir den Fall, dafs zur Bezeichnung des
höchsten Grades omnis bei dem mit u. verbundenen Subst. stand
(vgl. u. tot os ratnos Sen. H. Oet. 1625). Dies begegnet seit
Quintilian: decl. 309 p. 217, 25 u. regnutn omne, u. tyrannidem
ornnetn est, Ps.-Quint. decl. 5, 2u. omnem malorum tneorum fatcor
esse tristttiam, Eumen. pan. 13 p. 125, 11 u. omnium vocum poten-
tiam venerabxmdus , Amm. Marc. 22, 15, 28 u. omnem omnino
altitiidinem u. a.; vgl. Mart. Cap. 9, 905 u. cuncta rerum ob-
lectamina. U. omnia (supra o. Verg.) steht gleichfalls seit Quin-
tilian: decl. 310 p. 220, 6 in eadem reciderß . . «. omnia videbatur,
Hilar. trin. 6, 22. Aug. Bd. 39, 1689, 21 M. Sulp. Sev. dial. 2 (3),
4, 1 u. o. cruentus, vit. Elig. Bd. 87, 530 M. u. o. amate, Aeth. 79
p. 59, 12 tuaqiw u. o. Athenas (so!). Auch t*. omnes («= praeter
o., super o.) findet sich bald ein: Ps.-Quint. decl. 15, 8 tibi u.
omnes flagranti, Ambrosiast. ep. ad Rom. 9, 19 (144) potentissimus
w. o., Vir\ eccle. 2, 7. Sulp. Sev. ehr. 1, 43, 1. 2, 16, 8. Macrob.
3, 14, 1. Leo M. ep. 120, 4 u. o.
So wird auch praeter ceteros seit Solin durch u. ceteros ver-
drängt: 2, 40 cum vicinae (cicadae) w. ceteros sonent, Hilar. ps. 118
prol. 3 u. ceteros copiosüsimus, Ps.-Auson. pe*. IL 14. Ambr. hex.
5, 22, 73 (251). Ambrosiast. ep. ad Cor. 1, 4, 9 (216). Aug. lib.
de dilig. Deo 4. Macrob. 7, 13, 2. s. Scip. 1, 6, 19. 2, 16, 15. Cass.
var. 12, 5; vgl. u. alios Solin. 52, 14.
Von besonderer Wichtigkeit wird diese Verwendung von ti.
bei der Verbindung des Präpositionalausdruckes mit einem Ad-
jektiv, da es sich dann um eine wie immer geartete Um-
schreibung des Komparativs handelt: Vell. 2, 118, 2 u. barbarum
promptus, etwa = promptior quam pro barbaro u. o. Die Ver-
bindungen sind zum Teil wieder sehr kühn: Sen. ben. 6, 32, 1
u. impudicitiae maledidum impudica, n. q. 3, 27, 12 u. sensum nudi
miser u. o. Statt neecssarw, solito longior sagte man wohl auch
v. necessarium, solitum longus (Sen. ep. 17, 9 u. necessaria soUicitus,
Plin. i). h. 18, 361 ranae u. solitum vocales)\ an beiden Stellen
handelt es sich um die Vermeidung unbeliebter Komparativ-
formen. Letzterer Grund gilt auch für Apul. apol. 10 vir u.
Vergiiianos upüiones rusticanus (= upilionibus rusticior) und viele
andere Stellen: Hilar. ps. 68, 7 p. 474 u. capiUos capitis est multi-
plex, Sulp. Sev. ehr. 1, 49, 3 t«. omnes reges superiores impius (vgl.
Uli*, Irans und ultra. 383
1, 43, 1), Macr. 8. Scip. 2, 16, 15 u. ceteros serius u. ö. Aber es
steht auch frigidus u. omnes aquas Solin. 7, 2 u. ä.
Es fallt auf, dafs in solchen Verbindungen mit u. das Ad-
jektiv selbst hie und da im Komparativ steht. Aus Jiaec arbor
altior est quam illa und h. a. u. illam alta est ergab sich durch
Kontamination: h. a. altior est u. illam. Man sehe: Solin. 24, 6
u. frutices aureos . . iUud magis mirum (vgl. 56, 2), Vop. Aur. 9, 2
«. ordinis sui gradum plus, Chalcid. CLXXVI u. omnem substan-
tiam mdior, Pall. r. r. 2, 10 u. tres pedes altius, Veg. a. vet. 1, 4
bibendi appetentior u. morem, Ambr. III 1385, 1 u. solitum caligo
tenebrosior, Mart. Cap. 1, 27 sono u. solitum dulciore, 6, 697
grandiores «. omnium mensuram} Cael. Aur. ehr. 5, 129. Vit. S.
Marii 14. Act. S. Thyrsi III, 21. Aeth. 78 p. 59, 5. 107 p. 80, 29.
Wegen der eigentümlichen Logik führe ich noch an Aeth. 112
p. 84, 1: reliqua elimenta mundi . . philosoptius u. omnes sapientts
puldiritts adinveniens disseruit quam reliqui.
Wenn auch der Superlativ zu u. tritt, so liegt das an der
bekannten Entwertung desselben (Wölfflin, Komparation S. 57 ff.):
Hilar. ps. 118 prol. 3 u. ceteros copiosissimus. Die unregelmäßigen
Superlative, die zuerst zur Geltung von Positiven herabsanken,
spielen auch hier eine wichtige Rolle: Vu3. Dan. 3, 32 regi iniusto
et pessimo u. omnem terram, Aeth. 39 p. 27, 22. 40 p. 28, 11;
ib. 58 p. 37, 32 maxima u. humanuni modum, 68 p. 53, 13 w.
omnes seriptores plurima scripsit, 70 p. 54, 1 anrnm multum et
Optimum u. omnem terram. Aber auch regelmäfsige Superlative
sind nicht selten: Amm. Marc. 22, 15, 21 u. animalia euneta . .
sagacissimi, Exe. Vales. 9, 40. Ambrosiast ep. ad Rom. 9, 19 (144)
potentissimus u. omnes, Macr. 7, 13, 2 maxime u. cetera aptum ali-
menturn, Aeth. 32 p. 19, 23. 91 p. 70, 14. Myth. Vat, 3, 8, 9 (Re-
migius) viridissima u. omnes herbas. Das interessanteste Beispiel
ist aber Jord. Rom. 40 p. 6, 7 Samson u. fortis fortissimus, auch
wegen der ital. Parallele oltre le belle bella (Petrarca).
Wegen ähnlicher Verwendung von super sehe man: Ps.
18, 11 bei Tert. Marc. 4, 17 ehquia domini dulciora s. fnel, 4, 20
mari rubro, vastiori s. omnia stagyia u. o.-, 1 reg. 15, 28 bei Tert.
Marc. 2, 24 optimo s. te (Vu3. meliori te), CIL V 7780 s. omnes
felicissUno u. o.
384 Fh. Thielmann:
VII. Temporales ultra (trans).
Erst zuletzt hat sich bei u. die temporale Bedeutung ent-
wickelt, wenn auch die Keime von allem Anfang an vorhanden
waren. Die lokale Verwendung (Sali. h. 3, 61, 14 nan u. contionis
lovum memores libertatis) klingt öfter an die temporale an «-
'nicht länger als die V. dauert'; weiter konnten die stereotypen
Ausdrücke u. finetn, temiinum u. a. auch von der Zeitgrenze ver-
standen werden: Sen. dial. 6, 19, 5 mors . . est finis, u. quem et&,
Solin. 52, 28 u. aevi nostri terminos; vgl. u. biennii metas inst
Just Am leichtesten aber war der Anschlufs an das mit Zahl-
begriffen verbundene ti., wie auch das erste durchschlagende
Beispiel für temporales ti. zeigt: Liv. 41, 10, 13 nan u. triduum
moratus; vgl. ferner Val. Max. 1, 1, 15 ne u. tricesimum diem,
Cels. 2,8 p. 47, 26 si Sputum . . u. septimum diem mansit, Sen.
n. q. 2, 31, 1 u. triduum , ib. 2, 48, 1 u. decimum annum, diaL
0, 17, 7 ii. decumam (sc. Iwram), Colum. 9, 1, 7 u. quadrimatum,
beim altern Plinius u. bimatum, trimatum, quadriennium, decem
annos, unum diem, undecimum diem u. ö., bei Tacitus ann. 2, 36
u. quinquennium, 13, 46 u. unam alter amque noctem u. s. w.; vgl
noch Sulp. Sev. ehr. 1, 21, 6 w. f= plus quam) viginti annos flatus.
Also können bei Plinius n. h. 13, 106 quod u. denos dies negat
durare idem Nqws die Worte des N. nicht genau citiert sein.
Demnach verbindet sich u. sowohl mit Angaben der Zeitdauer
(= länger als) als auch eines Zeitpunktes (über — hinaus);
der negative Satz überwiegt entschieden.
Aber schon gleichzeitig mit Livius kann bei u. die Zahl-
bestimmung wegfallen und jede Zeitangabe ohne Ausnahme
hinzutreten: Ov. Her. 2, 2 ii. promissum tempus, Sen. dial. 10,
20, 5 «. vitam (vgl. Tac. ann. 13, 52), n. q. 4, 2, 1 u. aequi-
noctium, 5, 7, 2 w. atstatem, 5, 8, 3 u. matutinum, Plin. ep. 2, 17, 23
u. meridiem, Suet. Caes. 81 w. Martias Idus, Tib. 34 ii. KaL Jann
Dom. 13 u. Kai. Maias, Solin. 38, 3 u. aevum u. ö.; daher auch
u. tempus in/lammatiofiis Gels. 5, 26, 26 p. 193, 37. Die Zeit-
grenze wird oft durch eine zu tempus hinzutretende Bestimmung
bezeichnet: Plin. n. h. 15, 12 u. suum tempus, Suet Tib. 4 «.
iustum tempus, Ulp. dig. 29, 1, 15, 6 ti. tempora determinatus
id. ib. 4, 1, 6 u. tempus statu tum u. o.; vgl. Apul. met 11, 6
u. statuta spatia, Ulp. dig. 18, 6, 4 pr. u. diem praefinitum.
Statt w. Gracchi tempora sagte man alsdann kurz t*. Gracchum:
Uls, trän* und ultra. 385
Plin. n. h. 33, 35 idque duravit u. C. Gracchum, Quint. 3, 1, 9
ti. Socraten usque, Sil. It. 3, 96 u. nie (= mearn vitam) im-
properae ducant cui fila sorores, Naz. pafl. 38 p. 243, 16 te. posteros
nostros.
Der kühne Vellejus verbindet u. zuerst mit Begriffen, die
an sich keine Zeit bezeichnen, sondern diese Bedeutung erst
durch den Zusammenhang erhalten: 1, 12, 7 adeo odium u. (länger
als) metum dural; vgl. Sen. n. q. 5, 10, 3 (etesiae) u. ortum Ca-
niculae non valent, Plin. n. h. 11, 13 (apes) latent u. exortttm (ver-
güiarum)y Quint. 9, 2, 88 non durat u. poenam abdicationis, grom.
177, 5 milites u. stipendia emerita detinuit u. s. w.
Temporales w. 'über — hinaus* geht leicht in die Bedeutung
von post über: Plio. n. h. 8, 151 non . . u. XXI dietn nee ante
septimum, 15, 59. Tac. h. 4, 39 in neminem u. acienn saevierant;
vgl. besonders «. paulum (= paido post) Quint. 11, 3, 21. Aber
mit u. kann man auch, rückwärts rechnend, eine in der Ver-
gangenheit liegende Zeitgrenze bezeichnen, so in der Wendung
«. memoriam: Sen. ben. 3, 29, 8 ignotis et n. m. positis maioyibtis,
id. ep. 44, 4. Macrob. 1, 20, 7 ; vgl. noch Suet. Tit. 8 fin. vetuit . .
qaaeri de cuiusquam defunetomm statu u. certos annos. Hier uähert
sich also u. unter Umständen der Bedeutung von ante: Prud.
apoth. 266 quidnam u. prineipium deus egerlt.
Trans ist zu temporaler Verwendung nicht gekommen.
Kur ein bescheidener Anfang dazu liegt vor bei Stat. Th. 2, 386
tr. legem ac tempora regni, und auch das tr. vitam des Augustin
(quaest. in hept. 5, 54 tr. mare mors ipsa appellatur velut tr.
istam vitam) verdankt nur einer augenblicklichen Laune seine
Entstehung.
VIII. Endliche Schicksale von trans und ultra.
Die römische Volkssprache kannte nur die lokale Bedeutung
von trans = *über — hinüber, jenseit\ Aber nicht einmal in
diesem beschränkten Gebrauch hat sich tr. in allen roman.
Sprachen behaupten können, es fehlt vielmehr (als Präp.) im
Ital., da aber, wo es erhalten ist (span., port., prov. trasy altfr.
tres tries), bedeutet es ^hinter* (Diez II3 S. 486). Letztere Be-
deutung wurzelt in lat. Beispielen wie tr. siparium, tr. velum, tr.
parietem u. ä., auch wohl tr. montes.
Das teilweise Aussterben von tr. läfst sich bereits im Lat,
386 Ph. Thielmann:
nachweisen. Curtius ist der erste, der sich unserer Präp. mit
Absicht enthält, und Beispiele wie u. flumen, u. JEuphruten u. a.
zeigen, dafs bei ihm u. bereits in das eigenste Gebiet von fr.
eingedrungen ist. Zwei Jahrh. nach ihm hat Solin tr. mit der-
selben Konsequenz vermieden, und vielleicht dürfte die Vermutung
dafs beide Autoren Italien angehören, nicht zu gewagt sein.
Sicher ist, dafs diese Provinz in späterer Zeit tr. nicht mehr
kennt: sowohl in Troyas cod. dipl. als bei den Autoren der
Langobardengeschichte (von Paul. Diac. abgesehen) wird tr. kon-
sequent durch Synonyma ersetzt.
Trans mufste nämlich in einem Teile des lat. Sprachgebietes
einem Homonymum weichen. Die den roman. Sprachen zu
Grunde liegende Vulgärform tras ist mehrfach bezeugt: tras
Vitr. p. 43, 27 cod. G, de tras mare Orib. syn. 3, 65, trasmarinus
CIL VIII 8638. 8639. 8648, traspadinae an. Rav. 247, 12 u. o.
Tras aber wurde teilweise noch weiter zu tra reduciert: tramart
CIL VIII 2557, 31, trannili fossam schol. Lucan. 318, 7 cod.;
vgl. traduco traicio u. a., und diese Reduktion mufs besonders in
Italien üblich gewesen sein. Dadurch aber kam in dieser Provinz
trans in Konflikt mit intra, welches infolge starker Proklise
ebenfalls zu tra wurde (it. tra *z wischen') , sowie infra zu fra*
Im Kampfe der beiden wich trans als das weniger wichtige und
machte ultra und andern Synonymen Platz. Was bei Forster,
altfr. Übungsb. col. 35, II, 14 steht, fiber: venae quam intrans
visceribus sunt, kann ich mir nur als umgekehrte Schreibung für
intra erklären.
Am wichtigsten für den Romanisten sind die Schicksale von
trans in Gallien. Das Wort fehlt gänzlich im 87. Bande bei
Migne, bei Fredegar, in den gesta und bei dem sog. Aethicus
Ister, während hier ultra = trans häufig ist. In der That ver-
mifst man trans cjenseit' im Französischen, denn tres tries (de-
tres) beschränkt sich auf die Bedeutung c hinter': Alex. 58, 1
tres sei.
Das franz. tres ^sehr* (tres-grand; vgl. prov. tras-annai esehr
bejahrt', tras4uit *alle zusammen', it. trasgrande, trascaro u. &)
ist jüngeren Ursprungs und fällt nicht in unsere Untersuchung,
da es auf das komponierte trans zurückzuführen ist Im
Lat. findet sich noch keine Spur des Gebrauchs, da transluctdn$
'durchleuchtend* u. a. nicht hierher gehört. Aber wir dürfen
vielleicht an transbeare *noch weiter erhöhen' Isid. or. 19, 24, 8
Ula, trans und ultra. 387
anknöpfen-, das Part, transbeatus ist zugleich Adjektiv, und der
Gebrauch konnte sich von hier aus weiter ausbreiten. Die Rei-
chenauer Glossen haben zur Verstärkung der Adjektive und Ad-
verbien nur valde (55 optimnm: v. bomim, 394 pergrandem: v.
grandum; vgl. 112 oppido: valde), die ältesten roinan. Denkmäler
aber regelmäfsig multum, z. B. das Jonasfragm. 3 mult correcious
e mult ireist, 10 m. las u. o. In der Fassion (10. Jabrh.) findet
sich als ältestes Beispiel trestuit, trestot (57, 4. 71, 4. 78, 2. DO, 2
u. ö.), das lange Zeit hindurch das einzige geblieben zu sein
scheint. Im Alexius 110, 2 steht tres bien in L, aber in A mult
bien. Vielleicht hängt das Aufkommen des verstärkenden trans
zusammen mit dem allmählichen Rückgänge von par ^sehr', das
allerdings regelmäfsig beim Vcrbum steht: H. Lied 18 tant par
est belss, anderswo tant par est sagcs; vgl. Cic. ep. 3, 5, 3 per fore
accommodatum, Gell. 2, 18, 1 per fuit f amiliar is.*)
Ultra, das im archaischen Latein nur in lokaler Bedeutung
vorkommt, entwickelt bei den klassischen Autoren die Keime zu
den verschiedenen Seiten seines Gebrauchs, wenn auch temporales
14. nicht vor Liv. und Ov. auftritt. Es wird durch Erweiterung seiner
Sphäre nach allen Richtungen hin so recht zu einer Präposition
des silbernen Lateins, die späterhin ihren Rivalen praeter völlig
absorbiert, siipra und super wenigstens stark beeinträchtigt. Zu
allen Zeiten hält es sich auf der gewonnenen Höhe und geht darum
schliefslich auch in die roman. Sprachen über: it. oltra oltre, prov.
oltra otra, fr. outre. Den ital. Gebrauch, der sich vollkommen
an den lat. anlehnt, illustrieren folgende Beispiele (Vockeradt,
it. Gramm. § 467): 1) oltre monti, o. mare (d!o. mare), oltr' Arno;
2) oltra a duomilia; 3) o. misura, o. modo, o. natura; 4) o. a
cinquanta anni.
Für das Romanische sind nicht ohne Wichtigkeit die Um-
schreibungen für den Begriff *jenseit% in altera(m) parte(m)
oder ripa(m) fluminis u. ä.; vgl. in ulteriora flu min is pass. S. Ge-
nesii 3 p. 561, 28 (act. mart. ed. Manz), in alter um fluvii latus
ib. 561, 37 und besonders de Ula parte Scquanae Capit. Car.
*) Förster, altfr. Übgsb. col. 31, 9*2b subtilissima: per pitina. Pitinus
gehört zum Stamm pit, der nach Dioz etym. Wörterb." 1 325 etwas Spitzes,
Schmales bedeutet, und stimmt zu mail. jntin 'wenig', cremon. pcteen
'Kleinigkeit'. Vgl. fr. petit. Über jjisinnus, das jedenfalls auch hierher
gehört, vgl. Archiv IV 254. Ist vielleicht pitinnus zu lesen V
388 Ph. Thielmann: Uls, trans nnd ultra.
100, 12; dazu vgl. eis: in ista ripe*) gl. Reichen, col. 30, 83 F,
wo parte zu ergänzen, aber nicht zuzusetzen ist Damit ver-
gleiche man romanische Ausdrücke, z. B. it. (dl) di lä dal Po 'jen-
seit des Po', (al) di qua dal mare cdiesseit des Meeres'.
*) Gl. Reich. 863 eis: ultra; 864 citra: de ista parte. An der ersten
Glosse ißt nichts zu ändern, denn bereits Nonius 92, 8 behauptet: eis posi-
tum pro ultra. Cis ging wegen allzu geringen Volumens bald unter, und
seine Bedeutung entschwand bo sehr dem Bewußtsein, dafs man es spater
sogar in Gegensatz zu seinem ehemaligen Rivalen citra stellte. Vgl Benios
Loblied auf Heinrich IV.: Cis mare vel citra tu leo fortis, wo cis 'jenseit'
bedeuten mufs.
Spei er. Ph. Thielmann.
Ullageris.
Arch. III 176 ist das technische Adjektiv ullageris Gromai
306, 21 in etymologischen Zusammenhang gebracht mit orcula und
durch Annahme von Konsonanten Versetzung als aus urlageriB ent-
standen aufgefafst. Eine ältere Deutung des Wortes giebt Rudorff,
röm. Feldmesser II S. 273, der darin eine rustike Form .von ollaris
erblickt, Übrigens ohne den Hergang der Bildung zu erklären. Auch
Pott, Ztsehr. f. Altertumsw. 1854 Sp. 227 leitet ullageris von olla
ab und zieht congeries zur Vergleichung heran. Abgesehen von der
sachlichen Unrichtigkeit ist diese Deutung nach drei Seiten hin be-
denklich; einmal bleibt der Übergang von i in a kaum erklärlich,
zweitens läfst sich meines Wissens kein Beispiel der Weiterbildung
der Adjektivzusammensetzungen mit -fer und -ger in -feris und -geris
nachweisen, endlich führen die andern hieher gehörigen technischen
Adjektive lagenaris und orcula ris (t er minus) zur richtigen Deutung
wenigstens der Endung. Wir haben in ullageris ein Adjektivum auf
-aris zu suchen; fraglich bleibt nur, ob wir als Stamm Substantiv
orcula oder olla anzusetzen haben. Ich entscheide mich für das letz-
tere und erklare den Hergang also: u ist aus o entstanden, eine
Annahme, die für eine rustike Bildung keinen Anstand haben kann,
und, um g vorderhand bei Seite zu lassen, e vor r ist vokalischer
Vorschlag, wie in der Form scieretis für sciretis in ev. Joh. 8, 19
cod. S. Gall.; wir haben somit zunächst die Bildung ulläSris, g zwi-
schen a und e ist hiatustilgend, wie j in abigeiatam, der Lesart
mehrer Handschriften bei Cyprian. ep. 71, 2, wo in der Lessvxt
abigeiatam einer Handschrift sogar 1 in hiatustilgender Eigenschssv'ft
erscheint. Die Quantität des e wäre sonach kurz.
Rottweil. J. N. Ott
Pen es.
(Cfr. Archiv. IV pg. 88 sqq.)
1. Pestus p. 250, 18 penes nos, quod in potestate nostra3
est, Ulp. Dig. 50, 16, 63 p. te amplius est quam apud te; nam
apud te est, quod qualiterqualiter a te teneatur, p. te est, quod
quodammodo possidetur. Similis loco Terentiano (Ad. 338 istaec
iam p. vos psaltriast? Ellam intus.) est Tertull. praescr. haer. 8
Iudaei retro p. deum fuerant, dehinc eiecti ob delicta extra deum
esse coeperunt; nationes vero numquam p. deum ... et foris
sernper (i. e. quasi intra deum, in penetralibus dei eiusque potestati
subiectt). Cypr. testim. 2, 1 de Christo: eram p. illum (seil, deum,
cum mundum crearet) disponens = Lact, instit. 4, 6, 7. Ambros.
hex. 1, 4, 12 (Vulg. Proverb. 8, 30 cum eo eram euneta compo-
nenB et 8, 22 dominus possedit me). Cf. Lucret. 2, 1010 Neve
putes aeterna p. residere potesse Corpora prima (Lachm. Poeta
atomos negat p. aeterna et immortalia residere posse).
A. De dote, peeunia, similibus. Apul. apol. 102 ut4
dotem p. me sineret. Ulp. lib. sing. reg. 6, 5 adventicia dos p.
maritum remanet. Cod. lustin. 8, 53, 21 d. p. maritum suum
constituta. Ulp. Dig. 15, 1, 32, pr. peculii, quod p. se habet,
qui convenitur. 15, 2, 1, 7. 24, 3, 22, 12. 34, 4, 1, 10. Iulian.
Dig. 15, 1, 12 cum eo agi potest, p. quem p. non est. Iavol.
Dig. 15, 1, 33 p. eum videtur esse p., ad quem pretium peculii
pervenit; Id. 35 non videtur p. heredem esse p. Pompon. Dig.
15, 1, 34 p. quem res peculiaris est. Alfenus Dig. 19, 1, 30 pr.
si omne p. p. te sit. Cod. Iust. 7, 23, 1. 12, 36, 5. Paulus Dig.
44,4, 9 turpiter aeeepta peeunia iustius p. eum est, qui deeeptus
**% quam qui deeepit. Iulian. D. 12, 1, 20 ut omnimodo p. acci-
P'entem maneret. Modest. D. 31, 34, 3 sciant heredes mei nullam
P- esse p. uxorem meam.
De partibus rei familiaris. Ulp. lib. sing. 0, 4 quintis
reli^tjg p. virum. Iulian. Dig. 36, 1, 28, 16 quod supra qua-
390 P. Hirt:
i
drantem bonorum p. consobrinam ine am remanserat (ibid. bis
apud cons. legitur). Cod. Uermog. 7, 1 = consult. 6, 10 cum de
bonis tuis partcm tertiam p. te retinuisse commemores. Cod.
Theod. 9, 10, 3 omuium reruoi de quibus litigatum est, media
pars p. eum resideat. 12, 1. 49, 1 duas portiones curia debebit
accipere, relicta p. eum tertia. Cod. Iust. 3, 36, 22 (294) portiones
(hereditarias) adsignatas p. singulos successores remanere. 8, 53,
11 de bonis tuis partem p. te retiuuisse.
Paulus lib. sent. 2, 23, 5 id quod donatum est, p. donatorem
remanct; 3, 7, 1. Frgm. Vatic. 294 cum filius p. fratrem, quod
pater donaverat, reliquit. Cod. Theod. 9, 1, 2 = Cod. lustin. 9,
40, 2 facultates eius p. fiscum remaneant. Ulp. Dig. 36, 4, 1,2
quia habet p. se legatum. Papin. Dig. 34, 1, 9 pr. eandem
summam p. te esse volo. Greg. Tur. h. Franc. 2,40 thesaurus
cum regnum eius p. me habeo; 4, 26; 9, 34 res patris tui, quae
p. me habentur, accipe. Ulp. Dig. 43, 26, 20. Neratius Dig. 18, 3,5.
Cod. Theod. 1,11,1 omuia, quae p. conductores reseder unt; 5, 1, 1
nee enim ad eos transire quiequam iubemus, sed p. eos mauere,
apud quos ante istam legem residere potuisset.
Quint. decl. min. p. 118, 7 R. quiequid est istud, quod a te
ad debitorem tuum pervenit, p. te est. Iul. Valer. 3, 22 (6)
vivendi lex est velle unumquemque, quod p. alterum videat, ut
habeat. Tertull. an. 5 divinae scripturae, quae p. nos vel
Iudaeos sunt. IavoL Dig. 41, 3, 23, 2 (res mobiles) p. te singulae
fuerunt. Fragin. Vatic. 256 quiequid fundorum p. se reliquum
esset. Vulg. Tobias 5, 3 chirographum p. me habeo. Epist
pontif. ed. Thiel, Anastas. II ep. 5, 9 exemplar huius chartulae p.
nos detinuimus.
De hominibus, maneipiis, pecoribus. Cod. Iust. 7, 14, 6
patrem te p. se habuisse; 9, 9, 29 maritus eam (uxorem) p. se
detinere non prohibetur. Greg. Tur. h. Fr. 9, 8. Pomp. Dig.
43, 26, 15, 4 placet p. utrumque esse eum hominem, qui precario
datus esset, p. eum qui rogasset, quia possideat corpore, p. do-
minum, quia non discesserit animo possessione. Ulp. Dig. 40,
5, 26, 6 ab eo, p. quem remansisset (servus). Cod. Theod.
11, 1, 12 si militares viri aliquos ex his (servis) p. se retentant
Gregor. Magn. Epist. 4, 21 (Mig. Patr. 77, 690 C) nulli Iudaeo liceat
Christianum maneipium in suo retinere dominio, sed si qui p.
eos inveniuntur, libertas eis servetur. lavol. Dig. 24, 3, 66, 3
manebit, inquit Labeo, partus tuus, quia is pro periculo man-
Penes. 391
cipiorum p. te esse deberet (cf. Pompon. Dig. 23, 3, 18 manere
partum eorum apud te Labeo ait etc.) — Alfen. Dig. 15, 3, 16
cum boves p. dominum essent. Sulp. Sev. 1, 18, 6 si viva p.
abactorem pecora reperientur, dupla restituet.
B. Esse dicuntur p. homines virtutes, veluti: Frontin. strat. 5
1, 11, 3 = 4, 5, 11 ne p. alios gloria virtutis esset. Tertull.
praescr. 9 constabit p. nos esse id, quod a Christo institutum
est; Speci 21 ethnici, quos p. nulla est veritatis plenitudo.
Chalcid. comm. Tim. 3 largae beatitudinis fusionem inconimunica-
bilem p. se retinuerunt; 51 p. eam (animam) omnium rerum esse
plenam scientiam. Epist. pontif. Hormisd. ep. 25, 2 (Thiel) nee
quiequam illi deesse personae, p. quam est religionis summa et
substantia diseiplinae. Coluinban. Fatr. Mig. 87, 1037 A illis
nihil p. se habentibus praeter spei et üdei gratiani.
G. August. Patr. Mig. 40, 587 at illi, p. quos maior potestas 6
est; id. 46, 913 p. illum est tota p. Append. ad S. Leon. M. opp. 7
Patr. 56, 435 B p. ipsos (episcopos) de his (diaconis) erit p. Cod.
Theod. 8, 18, 3 parentes, p. quos utendi p. est.
Imperia, iura, similia. Cod. Theod. 11, 24, 6,5 arurae8
et possessiones p. eos perdurabunt. Front, de aq. 96 operum
probandorum cur am fuisse p. censores et aediles. Symm. epist
9, 83, 2 p. sospitatores tui deos manebit haec c. Flor. 1, 1, 15
consilium rei p. p. senes. Cod. Iust. 8, 53, 17 horum p. te
dominium remansit; 2, 20, 4 (294). App. August. Patr. Mig.
45, 1673. Ambros. de Cain et Ab. 2, 8 p. eos fruetum manere,
qui etc. Nov. Valent. 33, 1, 4 p. quos haec humanitas perma-
nebit. Lact. epit. 56, 3 omnes populi, p. quos sit imperium.
Livii per. 71 iudicia p. senatum et equestrem ordinem essent.
Rufin. hist. eccles. 1, 17 iudicandi libertas p. aecusatores erat.
Lact. mort. p. 22, 2 nulla poena p. eum (Maximianum) levis.
August. Patr. 32, 1048 ut p. eam (animam) sit regimen omnium
membrorum. Cod. Theod. 4, 12, 1 = Cod. Iust. 4, 61, 4 (321) p. illum
vectigalia manere oportet, qui superior in licitatione extiterit.
Ambros. de Cain et Ab. 1, 1 illa p. auetores non stetit culpa. 14
Boet. comm. in Cic. top. Patr. Mig. 64, 1079 A si p. parietis
formam constitit (= culpa stetit), ut vitium tiefet. Cod. Theodos.
12, 1, 153 ut sie p. eosdem emendicata dignitas perinaneret.
IL Penes alqtn esse dicitur, quod a\md eum depositum
eiusque fidei commissum est
392 P. Hirt:
21 A. Paulus Dig. 16, 3, 29 is p. quem depositum fuit (ar-
gentum) . . . p. quem deposita est (pecunia). Id. 48, 19, 38, 9
instrumenta p. se deposita. Ulp. Dig. 13, 6, 5, 2 nulla utilitas
eius versatur, apud quem deponitur . . . ut et culpam et peri-
culum praestet is, p. quem d. Id. 16, 3, 1, 33 (pecuniam) quasi
ad hoc p. me depositam. 29, 2, 28 p. quem depositae sunt (ra-
tiones). Hermog. Collat. leg. Mos. 10, 4 eos, p. quos vestem et
argenti materiam deposuisse (te) proponis; 10, 7, 8 si quis rem
p. se depositam apud alium deposuerit . . . is qui apud eum
deposuit. Papin. Dig. 45, 2, 9 eandem rem apud duos pariter
deposui; 1 si quis in deponendo p. duos paciscatur. — Tertull.
pat. 15 si iniuriam deposueris p. eum (deum), ultor est. Cypr.
de lud. incred. 9 (corona iustitiae) tibi p. Dominum deposita est
Sulp. Sev. 1, 18, 6 si depositum perierit, is p. quem depositum
fuit, iurabit nihil se dolo egisse. Hilar. Matth. 14, 10 modum
repositi p. apostolos cibi nesciebat.
22 B. Eadetn ratione dicitur p. cdqm esse, manere. Paulus
Dig. 17, 2, 65, 14 communis pecunia p. aliquem sociorum sit
(ibid. 16 apud eum esse debet dos, qui onera sustinet). Dig. 41,
2, 14 dabitur accessio eius, quod p. me fuit. 48, 13, 11, 6 qui,
cum provincia abiret, pecuniam quae p. se esset, retinuerii Ulp.
Dig. 26, 7, 7, 8 tutores, qui negant habere ad alendos pupillos p.
se aliquid, ut quicquid constiterit p. eos esse, eius gravissima
usura pendatur. ibid. 10. Id. 27, 2, 3, 4 ut profiteatur tutor, quae
sit p. se summa . . . eius quod apud eum fuerit comprehensum.
29, 3, 2, 8 si quis non negans apud se tabulas esse, non patiatur
inspici . . . si tarnen neget p. se tabulas esse. 42, 1, 15, 11 si
pecunia p. argentarios sit. 43, 5, 1 si (tabulae) p. te sunt; ib.
§ 1 si quis confiteatur p. sc esse testamentum. 43, 5, 3, 4 et 6.
Alfen. Dig. 10, 3, 26 servus cum apud alterum esset . . . cum
eo, p. quem fuisset. Scaev. Dig. 33, 1, 21, 4 pecuniam esse volo p.
P. Maevium. Pompon. Dig. 27, 7, 1, 1 quod p. tutorem fuit, heres
reddere debet, quod apud pupillum is reliquerit, extra tutelam
est. Cod. Theod. 8, 8, 9 p. quos resederit. Cod. Iust 3, 42, 4 (230)
instrumenta tui iuris, quae p. diversam partem fuisse probaveris;
4, 9, 2 (293) instrumentum inefficax p. creditorem remanere. —
Calpurn. ecl. 3, 33 nunc p. Alcippen manet (Phyllis); ac ne forte
negetur, A! vereor. Tertull. an. 2 p. deum bonitatis et benigni-
tatis omnis benedictio (der Im Gott für jegliche Güte und Liebe
hinterlegte Scgm. Kellner). Hilar. Matth. 23, 2 si nihil p. nos
Penes. 393
derit, condicione reddendi non tenebimur. Corp. i. lat. VI 9222
multum ponderis auri argenti p. euui seraper fuit; VI 9626 re-
liqu(a)m p. r(em) p(ublicam) remanere volo.
C. Cum per f. passivi et cum verbis transitivis. Paulus 23
lib. seilt. 2, 31, 5 oblati is agere potest, p. quem res concepta
est; 5, 23, 18 libros magicae artis apud se neminem habere licet,
et p. quoscunque reperti sunt etc. Ulp. Dig. 13, 6, 14 periculum
spectare ad eum, p. quem relictum est et custodiam eum prae-
stare debere, p. quem res relictae sunt. Dion. Exig. 67, 176 Mig.
reditus ecclesiae p. oeconomum integri reserventur. — Scaev. Dig.
13, 5, 26 decem, quae mutua acceperat, liabes p. me; 14, 3, 20
habes p. mensam patroni mei denarios mille. Modest. Dig. 34,
3, 28, 7 instrumenta p. se habet. Cod. Theod. 9, 42, 18 pro-
Bcriptus plurima rerum p. diversos reliquit. — Vulg. Proverb.
2, 1 mandata mea absconderis p. te.
III. Apud scriptores Afros loci significationi inservit
idem significans quod apud, in cum ablat, itugu cum dat.; qui
usus postea ad alias quoque nationes transiit.
A. Coniungitur cum nominibus populorum. Minucius24
Felix 31, 4 ius est apud Persas misceri cum matribus . . . in-
cestum p. vos saepe deprehenditur. Tertull. speck 10 quod sunt
Dionysia p. Graecos; item Apol. 39; Mon. 8; Marc. 4, 11; de
an. 25. Marc. 3, 13 si p. Ponticos barbariae gentis infantes in
proelium erumpunt. adv. nat. 2, 14 p. Romanos eam summam
congregavit. Virg. vel. 11 p. Israel illicitum. Apuleius flor. 18
Thaies geometriae p. Graios primus repertor. Ch aleid. comm.
Tim. 133 iuxta usurpatam p. Graecos loquendi consuetudinem.
Hilar. Matth. 15, 3 esse p. Israel proselytorum plebem. Mar.
Merc Patr. 48, 849 Mig. alia p. Dalmatas habentur terrae ger-
mina, alia p. Gothos rerum indigenarum ubertas.
B. Eadem rationc cum substant. vel pronom'mibus numero2b
plurali. Tertull. apol. 23 p. inferos . . . in caelis . . . apud
inferos. Res. carn. 17. De an. 58 p. inferos . . apud in f. Ad ux.
2, 8 p. nationes (= paganos) domiui servis nubere interdieunt.
De an. 1 daemonia deputantur p. poetas et philosophos (= in
libris poetarum). Cf. §2?*. Bapt. 5 p. veteres quisquis se homi-
eidio infecerat. Apuleius flor. 17 existimationem morum Romae p.
am i cos. Cassian. coen. inst. 2, 5 cum ecclesiae perfectio p. suc-
cessores suos inviolata duraret; 12, 19. Petrus Ohrysol. Patr.
Arohiv für l»t. Lexikogr. IV. Heft 2. 3.
394 P. Hirt:
52, 650 M. (hypocrisis) p. Pharisaeos per scientiam tnmescebat;
id. 288 p. vos (Pharisaeos) est de löge, non de voluntate ieiu-
nium. Cod. Theod. 11,28,3 liqueat, quae p. minuscularios, qaae
p. curiales debita, quae tarn in deffectis domibus habeantur.
12, 6, 7 nee diu p. ipsos suseeptores maneat facta collatio.
26 Tertull. idol. 18 p. nos poterit pueris praetexta concedi (se-
quitur apud Aegyptios . . apud barbaros); apol. 3 nee nominis
(Christianorum) certa est notitia p. vos; 39 (substantia fami-
liaris) p. vos dirimit fraternitatem; ad nat. 1, 14 sunt p. tos . .
cornuti dii; adv. lud. 9 si p. vos infantes in proelium erumpunt
(cf. § 24 p. Ponticos). Apul. de Socr. 14 quae si non apud omnes
certam üdem, at certe p. eunetos notitiam promiscuam habent;
flor. 6 apud eos . . . apud illos . . nee quiequam aeque p. illos
laudo, quam quod otium oderunt; 20 eruditissimi, p. quos omnem
diseiplinam pueri diseunt. Lact. inst. 3, 30, 9 stultitiam ut nullam
p. nos, sie totam p. ipsos esse doceamus. lulius Valer. 3, 70 (25)
omnia scribere, quae p. nos sint. Oros. 3, 10, 2 p. omnes de
corrupto aere simplex credulitas erat. Glaud. Mamert. stat. an.
2, 7 p. illos de veritatis vadibus dubitabitur. Cf. Engelbrecht,
Unters, über die Sprache des Gl. Jd. p. 111 (531). Poetae aevi Garol.
II 537, 17 Ü. de flore novo, qui vos p. ortus. Mythogr. Vatic
3, 11, 22 apud antiquos . . p. nos . . p. illos . . apud nos.
27 C. Cum substantivis et pronominibus numero singulare
Tertull. orat. 15 Paulum paenulam p. Carpum reliquisse (Vulg.
II Tim. 4, 13 apud Carpum); pall. 3 p. Arachnen diligentior of-
ficina; spect. 5 (etQavixoos de raptu Sabinarum) probum consilium,
inter ipsos Romanos iustum, ne dixerim p. deum (Consum). Apul.
flor. 15 fertur (Pythagoras) p. Anaximandrum naturabilia commen-
tatus. Itala Exod. 2, 21 habitavit Moyses p. hominem (Vulgata:
quod habitaret cum eo). Cypr. de laud. mart. 27 esse habitacula
p. patrem multa (Vulg. ev. lob. 14, 2 in domo patris mei man-
siones niultae sunt). Vulgata Eccles. 12, 12 non statuas illum
(inimicum) p. te; Arnos 6, 10 dicet ei qui in penetralibus domus
est, uumquid adhuc est p. te? — Schol. in Caes. Germ. Aratea
p. 413, 12 E. p. quem (Hyriea) Iovis et Mcrcurius in hospitio
devenerunt. Hist. misc. 25, 30 p. ipsum degere videbatur. 22, 26.
18, 11 quidam derogaverunt ei p. imperatorem, quod tyrannidem
meditaretur. 20, 44. Vita Columb. Patr. 87, 1038 M. morante p.
Chlotharium; 1045 retentum p. se; vita Eustasii 87, 1045 Chagno-
Penea. 395
aldum p. 8e habebant. Andoenus Patr. 87, 483 tradit sellam altera
p. se reservata.
D. Ab uno Tertulliano adhibetur in commemorandis2H
scriptoribus, quorum scntentiae aut laudantur aut vituperantur.
De an. 14 (anima) dividitur in partes Septem a Sorano, in octo
p. Chrysippuzn, in novem p. Apollophanem, sed et in duodecim
apud quosdam Stoicorum et in duas amplius apud Posidoniuni.
Marc 1, 1 p. quem (Marcionem) verus Prometheus deus omni
potens blasphemiis lancinatur; 3, 19 si legisti p. David (cf. 2, 27
apud David scriptum est; 4; 35); 4, 3 aliud est si p. Marcionem
a discipulatu Lucae coepit religionis Christianae saeramontuin;
4, 4 evangelium Lucae refertur p. nos (viderimus an et p. Mar-
cionem). Iei. adv. Psych. 11 hoc vocantur haeretici nomine p.
Ioannem. Carn. Chr. 4 apud illani (sapientiam hominum) facilius
creditur Iuppiter taurus factus quam vere hoino Christus p. Mar-
cionem; 15 p. quendam ex Yalentini factiuncula legi; 20 non in-
venitur p. scripturas sanctas. Adv. lud. 10 si legisti p. pro-
phetam. Apol. 19 p. quem (Moysen) temporum ordo digestus
ab initio.
E. Cum rebus abstractis in personam constitutis.29
Tertull. cult. femin. 1, 5 et terreni generis et metallici operis,
quo nihilo generosior iudicari possit auri et argenti substantia
p. naturam (= in natura)) spect. 20 omnia p. veritatem dei
fixa sunt; pat. 10 ultio p. errorem solatium videtur doloris, p-
veritatem contra redarguitur malignitatis. August. Patr. 42, 113
purgare me volo p. conscientiam vestrain, p. quam polluimur.
Greg. Magn. epist. 3, 7 ut breviter quaedam, quae apud te sunt
acta percurrain, primum capitulum p. fraternitatem tuam
motum est. Poet, aevi Carol. II 406. LXIV 9 turba quod simul
piorum actitet p. supernam poscimus clementiam.
F. Inde a Tertulliani tcmporihus coniungitur cum no-30
minibus locornm. a) terrarum. Tertull. apol. 9 infantes p.
Africam Saturno immolabantur; pall. 3 p. Latium. Claud. Mam.
ep. ad Sapaud. 205, 2 Eng. p. Galliam nostram professionis tuae
par unus et solus es. Hist. misc. 21, 13 exilio rdegavit p. Cher-
sonis climata; 22, 6 p. Chersonam degere; 24, 5 exsul p. felicem
Arabiam; 21, 7. 24, IG p. eremum. — ß) insularnm. Hist. misc.
23, 13 p.Proconesum et reliquas insulas demersit in aequora; 25,52
rdegavit eam p. insulam Principem. — y) fluminutn. Hist. misc
26, 11 dum roga p. Strymonem amnem populo distribueretur.
396 P. Hirt:
31 d) oppidorum. Corp. inscr. III 6441 (qui titulus post Vespa-
sianum scriptus est) penus (= penes; accommodatum particulae
tenus?) colonia (= coloniam) Firmi. Tertull. an. 20 p. Colyttum
pueri mense citius eloquuntur. Itiner. Alex. 34 (18, 6 Vo.) quod
se suosque Alexander confectos fame Aorni primum, tum p. Bactra
yiaticasset. Hist. misc. 18, 10 p. Gadira et solis occasum iacet;
18, 24 incendia p. Byzantium; 19, 27 p. Tzurulum; 19, 54 p.
Ardumum; 20, 42 fecit festivitatem luminum p. Damastagerd;
21, 14 hiemavere p. Smyrnam; 21, 35 p. Iulianesium poitum . .
situm; 23, 10 applicuit p. Saturon; 23, 26 p. Damascum; 26, 22
obvii facti Saraceni p. Euchaitam. Ionas, vit. Columb. Patr. 87,
1041 vagante Coluuibano p. Brigantiam urbem; 1043 p. Medio-
lanuin morari; 1044 p. Mettense morans oppidum.
32 • Cum rebus, quae inserviunt loci signiftcationi. Tertull. paen.
4 arbor fias illa, quae p. aquas (Vulgata psalm. 1, 3 secus de-
cursus aquarum) seritur; pall. 2 ut Silenus p. aures Midae blatit
(apud aures Tac. hisi 1, 26 etc.). Cypr. carin. 2, 16 p. Scythicas
vel apud Busiridis aras. Chalcid. conini. Tim. cp. 237 p. id quod
vidctur locata (bei dem ScJwbjekt angelangt); 86 stella cum erit
in H, videbitur esse p. z/; 112. Cassian. coen. inst II 4 qui
modus p. cuncta monasteria perdurat. Boetius mus. 196, 22 Fr.
instrumentis, p. quae multa varietas atque inconstantia nasce-
retur; de syllog. categ. Patr. 64, 809 B. Acta Sanct Febr. I 792,
vit. S. Vedasti 6 gratus p. aulam regiam. Isid. orig. 6, 19, 41
sacramenta fructuose p. ecclesiam fiunt.
33 IV. Ut dicitur apud (ad) populum loqui, apud iudices, ita p.
aliqucm apud Tertullianum saepe est coram alqo, ante cdqm,
Wide nascitur altera significatio: p. deum = in den Augen Gottes,
dei iudicio. Tert. idol. 13 qui confusus super me fuerit p. homines,
et ego confundar super illo p. patrem meum (= Tert. fug. 7 qui
mei coufusus fuerit, et ego confundar eius coram patre; Vulg.
Matth. 10, 33 qui negaverit me coram hominibus, negabo et ego
eum coram patre mco). Spect. 2 summa offensa p. illum (deum)
idolatria est (in seinen Augen, Kellner); apol. 39 p. deum maior
est contemplatio niediocriurn; paen. 4 tu nihil quondam p. d. nisi
stilla situlae; ux. 5 quae detestabilia sunt p. d.; adv. Marc 2, 2
sapientia mundi stultitia est p. d., sapientia dei stultitia est p.
munduru (vor der Welt, Kellner); 2, 6 apud deum nostrum . . .
p. d. Marcionis. Orat. 7 servus delatus (= accusatus) p. domi-
Pen es. 397
num; de idol. 12 =• bapt. 2 quae p. homines difficilia, p. deum
facilia (Vulg. Matth. 19, 26 apud). Pat. 3 documenta, quorum
magnitudo p. nationes detractio fidei est, p. nos ratio et structio;
apol. 37 si malum malo disiungi p. nos liceret; 46 desinunt
Christiani haberi p. nos; mon. 1 p. nos continentia tarn religiosa
est quam licentia verecunda; cor. 5 quod contra naturam est,
monstri meretur notam p. omues; apol. 39 dilectionis operatio
notam nobis inurit p. quosdam. Apol. 10 ante Saturnum deus
p. yos nemo est; 19 ille antiquissimus p. vos Danaus. etc.
Apuleius flor. 18 qui p. extrarios saepenumero promptissime 34
disceptavi, idem nunc p. nieos haesito; 18 p. iudices vincere
quaier. Cyprian. de aleat. 6 p. auctorem suum (inventorem aleae,
cui sacrificare solebant, cap. 7) nocturnas vigilias celebrant; 9
immolantibus p. auctorem; append. epist. p. 281, 4 H. quasi tutius
apud homines iudicetur magis quam p. deum condemnari. Cele-
rinus ap. Cypr. epist. 21, 1 Domini nostri nomen p. magistratus
huius mundi confessum. Augustin. serm. Patr. 38, 608 nolite
fieri sapientes p. vosmet ipsos. Vulgata Eccles. p. regem noli
▼eile videri sapiens. Petr. Chrysol. Patr. 52, 448 B qui cor am
deo magnus est, quantus sit p. homines, quis probabit? id. 508 B
si mors etiam p. homines est criminum poena. Sidonius epist.
3, 4 si vel p. vos recta sunt. — Vet. iurec. consult. 7*, 2
quod tutamen superfluum p. electas magnificasque personas fieri
iudicamu8.
V. Penes = secundum iis locis {vel nonnullis certe) inter-35
pretari licet, quos protulimus § 28. Claud. Mamert. stat. an. 2, 10
(p. 138, 8 Eng.) teste utitur ipsa divina sapientia testimonia p.
scripturarum; 2, 7 (127, 19) quia p. illos tantura, qui toto sui
admodum corpus sunt, de hisee veritatis vadibus dubitabimus.
3, 12 (pg. 177, 12) ut tarnen istos professionis suae uexibus teneam,
p. hominem ipsis etiam fatentibus incorporeus est humanus animus.
Cf. Engelbrecht, Unters, über die Sprache des Cl. Mam. 77 =
Sitz.-Ber. d. phil.-hist. Cl. der Wiener Akad. d. Wiss. vol.CX. p.497.
Albin. art. rhet. 2, p. 525, 26 Halm: pandam p. auctoritatem
veterum.
398 P. Hirt:
Erläuterungen.
Das Neueste des vorstehenden Artikels dürften die unter Num.
III. IV. V verzeichneten Bedeutungen von p. = apud, coram, secundum
sein, welche Hand, Drager, Georges7, De Vit völlig unbekannt ge-
blieben sind, ein Beweis, dafs wir von der Latinität des 3. 4. 5. Jahr-
hunderts doch noch zu wenig wissen. Bei der Ausarbeitung wurde
folgende Disposition zu Grunde gelegt: I. Materieller und geistiger
Besitz nach Anleitung der Stellen des Festus und Ulpian. IL Penes
bei den Juristen, vom Besitze und vom Depositum. III. Blofse Orts-
bezeichnung auf die Frage wo? = apud, in, a) mit persönlichen, b)
mit sächlichen Begriffen. IV. P. alqm = vor jemand, coram; in
jemandes Augen. V. P. = secundum. Da indessen die Arbeit rar
Zeit der Drucklegung von Archiv IV 1 noch nicht vollendet war, so
wurde der erste Abschnitt, welcher die klassische Gebrauchsweise
umfafst, allein abgeschlossen, und die genauere Abgrenzung von I
und II späteren Untersuchungen und der Konsultation eines Juristen
vorbehalten. Das besitzanzeigende penes wurde in I vorläufig nur
bis Fronto fortgeführt, weil, seitdem p. die Bedeutung von apud an-
nimmt, die Interpretation schwankend wurde. Indessen die juristischen
Fragen, ob an jeder Stelle possessio anzunehmen sei, konnte der
Lexikograph doch nicht wohl zu entscheiden wagen, und so wurde
schliefslich ein II. Kapitel vom Depositum zusammengestellt, gleich-
zeitig aber das I. durch einen Nachtrag verstärkt, und bei dieser
Gelegenheit manche Stelle wieder eingereiht, die im ersten Entwürfe
als unnötig gestrichen worden war. Die Entschuldigung für dieses
Schwanken liegt in dem schwankenden Sprachgebrauche der Juristen
selbst. Während die einen penes und apud nach Belieben wechseln
lassen in parallelen Satzgliedern und in einer Stelle des Labeo bald
apud, bald p. citiert wird (oben S. 391), wollte Ulpian einen Unter-
schied feststellen (oben S. 389 j, wie denn auch etymologisch in p.
(ivx6g) mehr liegt als in apud (nagd)-, es fragt sich nur, ob die
älteren ltechtsqu eilen diesen Unterschied beobachteten oder ob ihn
Ulpian in dieselben hineintrug. Bei dieser Unsicherheit des Sprach-
gebrauches zog es daher Gaius (wie Dr. W. Kalb beobachtete) vor
sich der Partikel p. standhaft zu enthalten. Über das Depositum vgl.
namentlich Dig. 16, 3; z. B. Africanus 16, 3, 16; Florentinus 16, 3, 17.
Mehr darüber wird das Berliner Lexikon des klassischen Juristenlateins
bringen.
Für den bei den Afrikanern auftauchenden lokalen Gebrauch
glaubten wir uns, zumal derselbe vorwiegend auf die patristische Lit-
teratur beschränkt geblieben und erst spät nach Europa gedrungen
ist, auf eine Auswahl beschränken zu dürfen, die immerhin noch
manchem Leser als embarras de richesse erscheinen wird. Der Trieb
der afrikanischen Latinität gieng offenbar dahin, das mit ad zu-
sammenfallende apud allmählich durch penes zu ersetzen, da unsere
Präposition so ziemlich alle Bedeutungen jener sich aneignet; der
Penes. 399
eifrigste Verfechter derselben ist ohne Zweifel Tertullian gewesen.
(Im gallischen Latein trat con in die Lücke von apud; Arch. II 26 ff.)
Das Ende des Kampfes war, dafs alle beide untergingen. Die Stellen,
an denen p. mit apud oder coram wechselt, sind fast alle in den
Artikel aufgenommen und die betr. Präposition kursiv gedruckt.
Aber wie kam man in Afrika dazu, penes für apud zu ge-
brauchen? Die historische Betrachtung führte dazu, § 24 von der
Stelle des Minucius Felix, also von der Verbindung mit Völkernamen
auszugehen. Vielleicht aber mufs von § 28 (p. in Citationen) aus-
gegangen werden, da 'ich lese in Cicero' und 'ich lese bei Cicero'
sich enge berühren. Die Scheidung zwischen p. bei, und p. vor (in
den Augen jemandes) mag im einzelnen Falle willkürlich sein, ohne
dafs sie darum unterdrückt werden durfte. Während das lokale p.
nur mit Verben der Ruhe verbunden werden sollte, analog dem besitz-
anzeigenden p., begegnen wir doch vereinzelten Versuchen, die Prä-
position auf die Frage wohin? zu verwenden. Zieht man auch abs-
condere (§ 23) nicht hieher, bo doch Epit. Caes. (oben zu § 8) devenire,
im cod. lustin. (§ 11) redire, in der letzten Hälfte der Hist. raisc.
(§ 30) relegare. Die Verba der Ruhe sind vorwiegend esse, manere,
remanere, residere u. ä.
Formell mag bemerkt werden, dafs penus (Arch. IV 88) viel-
leicht durch tenus beeinflufst ist.
Anastrophe. Unter Verweisung auf Neue II2 792 geben wir,
was dort fehlt. Der Accusativ ist von p. getrennt: Plaut. Aul. 654
neque tui me quicquam invenisti p.; Ter. Hec. 535 quae te est p.; Val.
Fl. 5, 14 quem cursus p. ; Silius 6, 309 quem nunc p. est. Das Pron.
relat geht voraus: PI. Truc. 858. Prop. 4, 7, 57. Statins silv. 1, 4, 16.
2, 7, 5. Theb. 5, 331. Claud. in Rufin. 1, 75. Die Prosa hat die
Anastrophe im Relativsätze nicht angenommen mit Ausnahme von
Pseudo-Front. strat. 4, 7, 22 und Cic. repbl. 2, 50 quos p., eine Be-
stätigung, dafs Cicero diesem Werke künstlich einen Anflug archaischer
Latinit&t geben wollte. Dem Pron. pers. me folgt p. Ovid. fast. 1, 119;
dem Pron. te Stat. Theb. 2, 430. 8, 308. 10, 631, wonach dieser
Dichter in der Anastrophe am meisten geleistet hat. Ein Nomen geht
voraus bei Tac. hist. 5, 8 Assyrios p., und Claud. Mamert. 138, 8
testimonia p. scripturarum.
Berlin. P. Hirt.
Substantiva mit in privativum.
Ein Beitrag zur Kenntnis der Africitas.
Das in privativum wird bekanntlich nicht mit Verben kom-
poniert, aus inneren wie äufseren Gründen; denn wenn man es
auch versucht hätte, wie wäre es möglich gewesen dasselbe von
der Präposition in zu unterscheiden? Die Zweideutigkeit, wie sie
das Wortspiel bei invocatus (ungeladen, eingeladen) sucht, wäre
ein chronisches Übel geworden. Demnach ist ignoscere unmög-
lich = non noscere, sondern vielmehr = ein Einsehen thun,
haben, övyyiyvciöxco. Vgl. Arch. I 385. Jahns Jahrb. f. Philol.
73, 41 ff. Infiteor infitiatus sum bei Dositheus Gr. lat. VII 433, 2
ist nur eine falsche Nebenform zu infitiari (Paul. Festi 112, 10
infiteri: non fateri), vermittelt vielleicht durch das im Gloss. Philo*.
erhaltene infitens. Impiare aber ist von impius abgeleitet, nicht
aus in und piare zusammengesetzt, so wenig als impiamentum
aus in und piamentum.
Regelmässig dagegen treffen wir das in privativum in zu-
sammengesetzten Adjektiven, wie sanus insanus, mortalis immor-
talis, woran sich die Participia reihen wie diligens indiligens,
sapiens insipiens, aptus ineptus, salsus insulsus. Auf Substantiva
gehen zurück infamis (faina), insomnis (somnus), imbellis (bellum),
inops (ops), inanis (*acnus = fundus, Umbr. Vgl. acnua, acna).
Erst von diesen Formen werden insania, immortalitas, infamia,
imbellia, ineptia, inopia; insanire, ineptire, infamare abgeleitet.
Während aber von immodestus und insanus die Substantiva im-
modestia und insania gebildet werden, erhalten wir von immundus,
impurus, inimicus, iniustus, und zwar schon bei Plautus immun-
ditia, impuritia, inimicitia, iniustitia, wohl unter Einwirkung von
niunditia (von *mundis, wie tristitia von tristis, oder Analogie-
bildung, als ob das Adjektiv mundis hiefse), amicitia u. s. w. und
so dann auch inscitia von inscius, obschon es ein scitia nicht
giebt. Incommodus und importunus bilden incommoditas (von
Ed. Wölfflin: Substantiva mit in privativum. 401
*conimodis, wie lenitas von lenis) und iraportunitas, nach com-
moditas und (op)portunitas, wenn auch importunitas (schon bei
Plaut. Bud. 669, was bei Georges nachzutragen) früher bezeugt
ist als opportunitas; solchen Bildungen folgte insulsitas, belegt
aus Cicero, nach Rassow, de Plaut, substant. 680 Konjektur bei
Plaut. Mil. 878. Unsicher ist auch invenustas bei PI. Poen. 1, 2, 37.
Im Folgenden soll dargestellt werden, wie weit in pnvativuni
mit Substantiven ohne sichtbare Mittelstufe von Adjektiven
zusammengesetzt worden ist. Vorarbeiten hiefür sind uns nicht
bekannt, da die Wissenschaft bisher meist an der äufseren Frage
hängen geblieben ist, ob in der Komposition in dem folgenden
Konsonanten assimiliert werde oder nicht.
1. Zusammensetzungen der archaischen Periode.
Intemperies. Die ältesten Beispiele zeigen das Wort schon
in übertragener Bedeutung: Plaut. Gapt. 911 clades calamitaBque,
i. modo in nostram advenit domum (Donnerwetter = Unglück).
Häufiger wird es auf die Schwankungen der Gera ütsstimmun gen
und des Charakters übertragen, und nähert sich der Bedeutung
von insania, insolentia, Plaut. Mil. 434 quae te intemperiae tenent
= Epid. 475. Aulul. 71. 642 larvae hunc atque intemperiae in-
Baniaeque agitant senem; Cic. rcp. 2, 63 cum Verginius virginem
filiam propter unius . . . intemperiem intere misset; ad Attic. 4,
6, 3 amici intemperiem non tulisse. Sen. dial. 0, 2, 7 hoc oritur
ab interaperie animi et cupiditatibus. Tac. hist. 1, 64 brevis
laetitia fuit cohortiuni intemperie. Gellius praef. 19 intemperiarum
negotiorumque pleni; 1, 17, 2 has eius (Xanthippes) intemperies
in maritum; 1, 23, 11 mulierum i.; 18, 7, 4 intemperiem istam,
quae pekay%oUa dicitur. — Iustin. 12, 13, 10 causas morbi in-
temperiem ebrietatis (== intemperantia vini, Livius 44, 30, 5).
Von der Witterung gebraucht es zuerst Cato r. rust. 141,2
calamitates inteniperiasque prohibessis; dann Livius, vielleicht
nachdem Vorgange römischer Annalisten, 3, 31, 1 annona propter
aquarum intemperiem laboratum est; 8, 18, 1 foedus annus in-
temperie caeli; 22, 2, 10 verna iutemperie Variante calores fri-
goraque. Colum. 1, praef. 1 eulpantes caeli noxiam intemperiem
(ibid. § 3 iutemperantia caeli); 3, 1,4 patitur intemperiem caeli;
11, 2, 67 propter intemperiem solis aut anni. (Jurt. 7, 4, 20 i.
caeli. Plin. nat. h. 12, 27 intemperie caeli carbuneulant. Sen.
dial. 4, 12, 1 adversus intemperiem anni tutus; 6, 18, 8 i. caeli
402 Ed. Wölfllin:
(dial. 9, 1 intemperantiaui caeli). Quintil. 7, 2, 3 i. caeli. Tac
hist. 2, 94 fessi morbis intemperiem caeli incusantes; ann. 16, 13
nulla caeli intemperie, quae incurreret oculis. Symmach. epist
9, 24, 2 si forte equorum reditum i. (cod. F temperies) hiberna
retardaverit. Das Wort ist demnach von Cicero (mit Ausnahme
zweier Stellen), von Cäsar und anderen vermieden.
Dafs der Plural gewöhnlich nach der ersten Deklination ge-
bildet wird, ist oben durch sechs Zeugnisse erhärtet, wornach es
denn wahrscheinlich wird, dafs auch Gell. 1, 17, 2 has intern-
perias geschrieben habe, zumal Nonius p. 493, 5 es versichert:
intemperia pro intemperantia apud veterem auctoritatis obscurae:
has eius intemperias (cod. Harl. von zweiter Hand; P bei Quich.;
intemperantias die übrigen Handschr.) in maritum.
Insatietas (Ammian31,4,ll insatiabilitas). Plaut. Aulul.487~~
Quorum aniinis avidis atque insatietatibus
Neque lex neque rumor caperest qui possit modum.
scheint ein vereinzelt stehender Versuch einer Neubildung zu seiofl
Ingratiis. Dafs die Bildung nicht mit Ellipse auf ingratus
zurückzuführen sei (etwa wie alternis, näml. vicibus), ergiebt sicH
mit Sicherheit aus der konstant viersilbigen Messung bei Plantar
Da freilich ingratia, der Undank, erst bei Tertullian auftauch^
und zwar, wie sich zeigen wird, als unmittelbare Zusammensetzung.
von in und gratia, nicht als Ableitung von ingratus, so müs*
wir annehmen, die Sprache habe sich lange Zeit auf den Abli
plur. beschränkt, der den Schein eines Adverbs annehmen konnte
und thatsächlich, wenn allein gebraucht, den Sinn eines Adverb*
hatte. Die substantivische Natur des Wortes verleugnete sicA
freilich darin nicht, dafs es ein Pronomen wie tuis oder einen
Genetiv wie amborum zu sich nehmen konnte, obschon dies
durchaus nicht nötig ist. Vgl. Brix zu PL Capt 405. Arch. II 89.
Dreisilbig wird es erst seit Lucrez.
Vergleichen liifst sich iniussu, welches gleichfalls auf den
Ablativ eingeengt ist, zuerst bei Cic. inv. 1, 56 i. populi, und 80
noch bei demselben i. praetoris, meo, suo, Tusc. 1, 74 und in den
Reden, u. s. w. bei Cäsar Gall. 1, 19. 5, 28. civ. 3, 89. b. Afric
61, 3. 82, 3. 4 Caesaris, imperatoris und ohne Beisatz. Sali. lug.
39, 3. Livius u. s. w. Immerhin konnte das Sprachgefühl diese
Bildung besser verdauen, weil sie sich, wenigstens dem Ohre
nach, an ein regelmässiges, später von Vergil und Horaz wirklieb
gebildetes Particip iniussus anlehnen konnte.
Substantiva mit in privativum. 403
Inreligio. Cornif. 2, 34 quid ambitio? quid iureligio? quid
metus mortis? Mit Klotz nach schlechteren Handschriften religio
zu schreiben, etwa wie fides je nach dem Zusammenhange soviel
als perfidia bedeuten kann, läfst sich durchaus nicht rechtfertigen.
(Vgl Apul. Asciep. 26 irreligio, inordinatio; im Kirchenlatein ge-
wöhnlich irreligiositas.) Gerade weil der Verf. noch der vor-
ciceroniani8chen Periode angehört, darf ihm ein Wort zugetraut
werden, welches im sermo urbanus zwar strenge gemieden und
Terpont war, in der Volkssprache dagegen, so gut wie das plau-
tinische insatietas, geduldet werden konnte. Aus diesem Grunde
darf daher selbst in den Briefen Ciceros ad Att. 7, 2, 2 eine Form
wie invaletudo verteidigt werden.
Das Latein des goldenen und silbernen Zeitalters hat
swar einige festgewurzelte Ausdrücke, wie intemperies und iniussu,
letzteres, weil es in der Kurialsprache anerkannt war, unbedenk-
lich beibehalten, aber, was bezeichnend genug ist, auch nicht
«ine neue Zusammensetzung von Substantiv und in privativum
gewagt, womit die Bildung als eine unklassische gebrandmarkt
ist Eine Ausnahme bildet nur Plin. nat. h. 14, 142, bekanntlich
kein mustergiltiger Stilist: furiales somni et inquies nocturna.
Auch wird das Befremdende dieses Versuches dadurch gemildert,
daljs ein Adjektiv inquies seit Sallust zu Recht bestand.
2. Zusammensetzungen seit Tertullian.
Eine neue fruchtbare Ära eröffnet Tertullian, und wenn
ihm Apuleius, Gellius und Cyprian zur Seite stehen (Fronto aller-
dings noch nicht, der noch zu sehr an Cicero hängt), so wird
man dieses Latein wohl als ein afrikanisches oder als ein zuerst
in Afrika anerkanntes bezeichnen dürfen und das um so mehr,
als auch andere Bildungen mit in privativum in der afrikanischen
Latinität über die gewohnten Grenzen hinausgehen, z. B. das bei
Apuleius wiederholt auftauchende incredendus. Gleich inquies
als Substantiv nehmen Gellius 19, 9, 2 labor vigiliarum et inquies,
und Tertullian de anima 25 si desierit i. eius (des Kindes im
Mutterleibe) an. Dazu kommt zunächst, dafs Gellius auch ein
besonderer Freund von intemperies und intemperiae war, und
dafs derselbe 20, 1,27 zuerst invalentia bietet: vitiuin aliquod
inbecillitatis atque invalentiae, wie Apul. dogm. Plat. 1, 18 aegri-
tudinem atque invalentiam. Eine Ableitung von in Valens, wie
insolentia von insolens, können wir hierin darum nicht erblicken,
404 Ed. Wölfflin:
•
weil invalens = invalidus nicht bezeugt ist. Vollends ist das b^1
Tertullian adv. Valent. 21 auftauchende invaletudo (oder irK"
valitudo, aber nicht von invalidus gebildet) ein vollgiltiges Zeugnis
für die unmittelbare Zusammensetzung: non erat compos de ani-
malibus scilicet censu invaletudinis spiritalia accedere. Ebenso
Plin. Valer. 1, 14. 18. Vielleicht zu voreilig haben die Hsgb. bei
Cic. Attic. 2, 7, 2 (valetudo tua valde me conturbat) die im cod.
Medic. überlieferte Form invalitudo als barbara getilgt, vgl Boot
zur St.; sie als Ableitung und Verkürzung = invaliditudo zu er-
klären wäre mehr als bedenklich, und die Wahrscheinlichkeit
einer Komposition um so gröfser, als die Orthographie valitudo
in Handschriften nicht selten begegnet, z. 6. in denen des Philo-
sophen Seneca.
Recht zahlreich sind die Substantiva auf -ntia, welchen Par-
ticipia auf -ns zu Grunde liegen, die in der Litteratur nicht nach-
weisbar sind. Cypr. epist. 34,2 perniciem sibi per inaudientiam
et intemperantiam provocent. Tertullian sagt dafür adv. Marc
4, 7 qui inobaudientiam Ulis exprobrare posset, andere Kirchen-
schriftsteller inoboedientia; dazu hat es ein negatives Verb inob-
audire, ungehorsam sein, niemals gegeben, weshalb es Georges
auch nicht aufführen durfte ; ein adjektivisches Particip inoboediens
allerdings, aber, so viel bekannt, kein inaudiens, weshalb wir be-
rechtigt waren, inaudientia zu den Zusammensetzungen zu zahlen.
Noch kühner Iren. 4, 27,4 propter indictaudientiam.
Während zu incongruentia, inconvenientia, inconsiderantia,
indifferentia, insufficientia die entsprechenden Formen auf -ns
vorhanden sind, scheint Tert. de an. 20 obtundunt inscitiae ignaviae
desidiae libidines inexperientiae das Substantiv nicht nur ein
aita% elgrjtievov, sondern auch nicht durch den Rückhalt eines
Particips gestützt; ebenso Tert. adv. Marc. 2, 7 impraescientia
futuri, und adv. Marc. 2, 23 qui non levitate aut improvidentia
sententias vertit; 24 quasi proinde mobilitate vel improvidentia
paeniteat; ib. neque ex i. neque ex levitate; Marc. 5, 1 quasi im-
providentiam existimo, si non ante scivit etc. Tert. bapt. 20 im-
moderautia ventris. Marius Merc.
Die Kirchenväter nach Tertullian sind diese Wege nur selten
gewandelt; doch gehört wahrscheinlich hieher impeccantia bei
Hieron. adv. Pelag. 1, 25. 2, 16; in lerem. 4 praef. als Übersetzung
von avaftaQrrjöca. (Gölzer, lutin. de S. Ier. 131.) Impaenitentia ist
zweifelhaft, da gleichzeitiges impaenitens existiert; inabstinentia
Substantiva mit in privativnm. 405
bei Ennodius durch Vogel, Arch. I 268 beseitigt Gewiis ist auch
her die Übertragung der griechischen Abstracta die Quelle der
Neubildung, wie bei PriscianI 371, 5H. (= 8,4) inconsonantia,
quam Graeci iöv^uptovCav vocant.
Wie Tertullian zu diesen Bildungen gekommen, läfst sich
•uch auf anderem Wege nachweisen. Wir haben von der Bibel
und den ältesten lateinischen Bibelübersetzungen auszugehen, z. B.
ron Epist Corinth. 1, 15, 42 öitslQtxai iv q&oQa, iyuQtxai iv
aq&aQtiia; 53 dst yaQ %6 cpftaQzbv xovto ivdvöaöfrat, cupfraQöiav
Mal %6 fhrqtbv rot/ro ivdvöaö&ai a&avaöCav. Hier mufste eine
den Sprachgesetzen nicht ins Gesicht schlagende und doch wört-
liche Übersetzung auf incorruptibilitas führen, da Tert. das
Adjektiv incorruptibilis gebildet hatte, und so drückt sich auch
Tert. aus ad uz. 1, 7 indumento incorruptibilitatis; cult. fem. 2, 6
haue incorruptibilitatem habemus superinduere; adv. Marc. 2, 16
bis. adv. Valent. 14. res. carn. 36 indumentum incorruptibilitatis;
38. 50 bis. Allein er xnufs an dem Worte keinen besonderen
Gefallen gefunden, oder das Bedürfnis nach Abwechslung em-
pfunden haben, da er adv. Marc. 3, 24 schreibt: per illud in-
corruptelae superindumentum; 5, 11 induere incorruptelam;
ebenso 5, 12. car. Chr. 15. res. carn. 51 (öfter). 52. 53. 56. 57.
68. 60. Damit nicht zufrieden verstieg sich Tert. res. carn. 51
sogar zu induere incorruptionem. Es folgten ihm der Über-
setzer des Irenaeus, Ambrosius, Augustin, Sulpicius Severus und
der grammatisch gut geschulte Hieronymus liefs im Korinther-
briefe incorruptio stehen, worüber man sich bei Bönsch, Itala
S. 217 belehren kann. Wäre das Substantiv von incorruptus ab-
geleitet, so müfste es incorruptia heifsen, wie angustia oder ar-
gutia von angustus, argutus-, es ist aber offenbar als Kompositum
empfunden. Für den Freund der historischen Sprachentwicklung
ist aber noch die andere Frage zu beantworten, ob Tert. selbst
der Schopfer jener Worte gewesen sei. Und da liegt es denn
klar genug vor, dafs er sie schon in der afrikanischen Bibelüber-
setzung fand. Wenn daher das Spätlatein, aber auch fast aus-
schließlich das Kirchenlatein, die klassischen Normen der Wort-
bildung gesprengt hat, so ist die Hauptschuld (von dem Stand-
punkte der ciceroniani sehen Grammatik) bei der Itala und ihrem
Einflüsse zu suchen: die sogen. Africitas besteht zum grofsen
Teile aus den vulgären Licenzen, welche sich der älteste lateinische
Bibeltext gestattete, zum Teil um dem griechischen Originale
406 Ed. Wölfflin:
möglichst treu zu bleiben. Ein Beispiel, richtig erklärt und be-
griffen, ist hier so viel wert wie ein ganzes Kapitel der Gram'
matik.
Tert. adv. Valent. 10 soll nach Rönsch und Georges7 das Wort
inconsummatio gebraucht haben, allein die betr. Stelle fehlt
bei Oehler, der sie als eine aus Irenaeus latin. 1, 2, 3 (propter
inconsummationem generationis ) geflossene Interpolation be-
zeichnet. Wie dem sei, das Substantiv findet sich auch in der
Itala Sap. 3, 16 in inconsummatione erunt, wo es einem axdtetixa
entspricht, und ist sogar in der Vulgata stehen geblieben; da aber
inconsummatus jungem Datums (Ambrosius) ist, so leitet die
Analogie auf die Annahme einer Zusammensetzung, nicht einer
Ableitung. Nicht anders wird man dann über imperturbatio
bei Hieron. epist. 133, 3 (Übersetzung von aitd&SLa) urteilen,
wenn auch imperturbatus älter ist.
Ist damit der Standpunkt des Tertullian genügend gekenn-
zeichnet, wobei es auf ein paar Bildungen oder Belege mehr oder
weniger nicht ankommt, so brauchen wir nur noch zu wissen!
was die Itala neben ihm liefert und wie viel nach diesen Vor-
bildern später neugebildet worden ist. Nach Rönsch, Itala S.
216 ff. bietet die vorhieronymianische Übersetzung Sap. 14, 26
dei immemoratio — aftpqtft'a, was auch die Vulgata behalten
hat, 4 Esdr. 3, 3 incompositio, 4, 15, 16 inconstabilitio; Sir. 4,30
ineruditio (anaidsvota), Sir. 1, 38 und Proverb. 3, 35 inhonoratio
(«rtfua); Esth. 13, 14 intemperatio (imsgrifpavsCa); Sap. 14, 26
inordinatio (chra£ta), welches sowohl in der Vulgata als bei Augustin
wiederkehrt.
Tertullian ist indessen bei Bildungen auf -ntia von Partie.
praes. und solchen auf -tio von Part. perf. pass. nicht stehen ge-
blieben, sondern selbst die Abstracta auf -tas lassen die Negation
durch in zu. Zwar Apolog. 45 ex involuntate konnte erst in
Betracht kommen, wenn die Lesart durch die kritische Ausgabe
von Reifferscheid gesichert würde; unzweifelhaft bleibt dem Ter-
tullian die Neubildung inhonestas (adv. Marc. 3, 7. 5, 5. adv.
lud. 14), wenn man auch über die Bildung streiten kann. Alle
Bedenken sind schliefslich gehoben ad mart. 3: ubi omnis duritia et
inbonitas et insuavitas consistit (Gloss. Sangerm. bei De- Vit,
Glossar, i inbonitas: malus animus), weil das Adjektiv imbonus
fehlt. Selbst das daneben gestellte insuavitas, welches uns als
regelmäfsige Ableitung von dem schon aus Cornificius und Cicero
Subitantiva mit in privativam. 407
^kannten Adjektiv insuavis erscheint, kann oder wird ebenso
gut Zusammensetzung von in und suavitas sein, namentlich weil
inraavitas zuerst bei Gellius 1, 21, 4 (insolentia et i.) und Ter-
tullian poen. 10 auftritt, und bei dem Afrikaner Caelius Aurel.
Hat 2, 115 wiederkehrt.
Noch kühnere Überschreitungen sind zum Glücke Ausnahmen
»blieben. Aber besondere Erwähnung verdient jedenfalls Tertull.
J cultu femin. 1, 3 cultum dicimus, quem in und um muliebrem
tcant, ornatum, quem immun dum muliebrem convenit dici,
Min auch hier das gesuchte Wortspiel die Kühnheit einiger-
afsen entschuldigt In andern Fällen ist die Bildung doppel-
utig. So hat zwar Tertullian, so viel wir wissen, zuerst (Spect. 20)
imisericordia gebildet, während die archaische und klassische
itinitat das Adjektiv immisericors wohl kannte, aber dem Sub-
uitiv auswich; ob nun immisericordia als neue Ableitung oder
i direkte Zusammensetzung gedacht sei, läfst sich wenigstens
cht mathematisch beweisen.
Die übrige Litteratur hat diese Licenzen so gut wie gar nicht
lerkaunt. Einiges konnte die Patristik verantworten, wie im-
»enitudo bei Greg, in I Reg. 5, 2, 40: ad reprobi cordis im-
tenitudinem lapsos; Greg, epist. 9, 104 ingravedo; incon-
imacia, weniger anstofsig, obschon incontumax fehlt, erscheint
i Salv. gub. dei 4, 12, von Halm bezweifelt, von Pauly nach
artel = obsequium erklärt, und wohl aita% tlqripivov, auch bei
Borges noch nicht verzeichnet Am passendsten wird man wohl
mit incautela = Unvorsichtigkeit bei dem nämlichen Salv.
55 u. A. vergleichen. Anderes begegnet uns bei afrikanischen
rzten, wie Caelius Aurel. morb. chron. 2,5,87 impalpebratio
> immobilitas palpebrarum, vermutlich nach griechischem Vor-
Ide (vgl. acut 2, 59 oculorum statio sine ulla palpebrationej ;
digeries, Mangel an Verdauung, steht bei Marcellus Empiricus
385 F ad cruditatem atque indigeriem depellendam; 324 E. bei
>tr. Chrysol. serm. 121 dives variis crapulatus ferculis indigeriem
am ructabat ad caelum, Benedicti regula 30 ut numquam sub-
liat monacho indigeries; Anthimus 60 facit inflationes graves
indigeries malas. Wir sind bessere Lateiner, wenn wir heute
n Indigestion sprechen, wie schon Vegetius, Hieronymus u. a.
ti indigestio; selbst ein Scholiast zu luven. 4, 07 schrieb
»nigötens indigestus (nach der 4. Deklin.) stomachi. In später
»it fägt die Historia roiscella dazu indisciplinatio: 3G, 37
408 Ed. Wölfflin:
sub obtentu falsa e pietatis, immo indisciplinationis et circa nf&
publicani perditionis; 23, 17 invcnisset indisciplinationis lioia^
consentaneuni quendam Beser nomine; 23, 19 indisciplinatione
referti.
Unwiderleglich dürfte sich herausgestellt haben, dafs die
Volkssprache und die Litteratur in Afrika die Gesetze, welche
das klassische Latein bei der Zusammensetzung von in privativnm
beobachtete, über den Haufen warf, und dafs wir daher auch in
Formen, die den Eindruck von regelmäfsigen Ableitungen machen,
Komposition zu vermuten das Recht haben, auch in verwandten
Gebieten, die über unser Thema hinausliegen. Analog wird sich
impiare sacra bei Min. Fei. Oct. 28, 5 (impiatis sacris) nicht mehr
an impius anlehnen, sondern an Prop. 1, 1, 20 sacra piare.
3. Ableitungen anf -ia, -ium, -ies.
Während die deutsche Sprache durch Zusammensetzung
( Unrecht' bildet, leitet die griechische ab dUr\ adixia, die
lateinische ius, iniuria, letzteres wahrscheinlich von dem Adjektiv
iniurus, und kaum, wie Georges angiebt, von iniurius. Demnach
möchte man glauben, incuria gehe zunächst nicht anf cur»
zurück, sondern auf ein Adjektiv *incurus (vgl. securus; aber
curiosus). Das Wort findet sich zuerst bei Lucilius 26, 45 ■=
561 L. Cicero gebraucht es in den Reden an einer einzigen Stelle,
prov. cons. 5 incuria, fanie, morbo consumpti; und in den übrigen
Schriften wohl nur de amicit. 86 rei maxime necessariae tanta
incuria; Cäsar, seine Fortsetzer, Sallust gar nicht, wonach das
Wort damals kaum allgemein anerkannt war; Nepos Attic 20, 3
cum aedis vetustate atque incuria detecta prolaberetur; Festus
202, 15 pecora incuria corrumpebantur, und Paul. exe. 107, 20
incuria: neglegentia, was die Seltenheit des Wortes bestätigt
Im silbernen Latein bringt es Plin. nat. bist. 14, 61 quod intereidit
incuria coloni; mit sichtlicher Vorliebe hat es Tacitus an neun
Stellen gebraucht, die man in dem Lexikon von Gerber -Greef
findet, und hist. 5, 17 wollte es Herbst durch Konjektur einsetzen.
Dann folgen etwa in der Zeit Frontos Pseudosall. epist ad Caes.
1, 1, 3 ne incuria deformen tu r; Gellius 4, 12, 2; Apuleius met
5, 19. 6, 1. 28. 8, 7. de deo Socr. 3, und Porphyrio erklärt zu
H or. art. poet. 352 incuria est neglegentia, quae curam non habet
Für die Patristik mögen Tertull. poen. 12. eult. fem. 2,2. pudic 13.
adv. Marc. 4, 15. adv. Valent, 10, Arnobius 5, 25. 6, 16. 7, 26. 42
Substantivs mit in privativum. 409
genügen; bei den klassischen Juristen ist der Gebrauch mäfsig,
Dlpian.Dig. 29,5,5 (ubi quis incuria necatus est vel medici insidiis),
Paul. sent. 5, 3, 6 quodsi incuria insulariorum ignis evaserit, 5,
20, 3 i. ignem supponentis. Damit geben wir dem Worte den
Laofpafe durch die folgenden Jahrhunderte; die Inschriften lehren
aus noch, dafs es terminus technicus war von der vernachlässigten
Unterhaltung von Bauten, Wasserleitungen u. s. w. Corp. inscr.
lat. X 486018 formam aquae [ductus pere]nni incuria [con]lapsam;
601710 thermas longa i. neglectas. Cod. Theodos. 15, 1, 20 vel
incuria vel vetustate (collapsae partes).
Auf *fatia wird wohl als Zusammensetzung zurückzuführen
sein der Accusativus plur. infitias (ire); denn die ältere Ortho-
graphie inüciae und die damit zu verbindende Etymologie von
inficere wird durch Cicero Parad. Stoic. 50 mori maluit falsum
fatendo quam infitiando dolere widerlegt; Sest. 40 infitiando con-
fiteri; Cluent. 80 cum id pösset infitiari, confessus est
Das alte schon aus Pacuvius (9 inluvie atque insomnia) be-
kannte insomnia haben wir hier nicht zu behandeln, da das Ad-
jektiv zwar nicht in der Fofm von insomnus, wohl aber in der
insomnis erhalten ist. Wohl aber gehört hieher das schon ar-
chaische infortunium, bei Plautus meist euphemistisch für 'Prügel'
gebraucht, Amphitr. 286. 451. 1034. Ba^ch. 364. 595. 886. Cure.
298. 537. Merc. prol. 21. 165. Mil. 865. Poen. prol. 25. 201. 517.
Pseud. 1143. Rud. 118. 654. 828. 833. Trin. 993. Ter. Heaut.
668. Ad. 178. Phorm. 1028. Um so spärlicher ist das Wort in
der klassischen Litteratur vertreten, bei Hör. art. poet. 103 tunc
tua me infortunia laedent; bei Livius 1, 50, 9 ni pareat patri,
habiturum infortunium esse, wo der angehende Historiker sich
noch in poetischen Phrasen bewegte. Cäsar und Cicero haben
es offenbar aus dem lateinischen Lexikon gestrichen als eine ir-
reguläre Bildung und eine Reihe von Generationen sind ihnen
gefolgt. Erst Apuleius zieht das Wort wieder hervor, met. 1, 6.
4, 27. 7, 6. 8, 1. 12. 15. 9, 23. 31. 10, 5, dem die Itala sekundiert
2 Maccab. 11, 13 reputans, quod aeeiderat ei i., während Gellius
7, 1, 5 in der That das durch die Allitteration geschützte felicitas
et infortunitas gewagt haben wird, welches sich Lactanz mit
importunitas zurecht legte. Aber da in der spätem Litteratur
das Wort mit wenigen Ausnahmen fast ganz zurücktritt, so kann
man nur glauben, dafs es Apuleius aus der Lektüre alter Dichter,
nicht aus der damaligen Volkssprache gezogen habe. Donat er-
Arohir fQr lat. l«xikogr IV iUft Ö. 4. 97
410 Ed. Wölfflin.
klärt den Vers des Terenz Phorm. 1, 3, 15 quid ego ex hac inopi»
nunc capiam mit: infortuniuin scilicet, und der Rhetor Julius
Severianus schreibt cap. 23 (p. 369, 21 H.) cum cetera eiua in-
fortunia memoramus; Ausonius in den Per. Odyss. 3 infortunia
diutinae iactationis explanat; Sidonius epist. 1, 10 infortunio meo.
Einen weiteren Spielraum bat das Wort bei Boethius und in den
Novellen des Valentinian; bei ersterem in der consol. philos.
pag. 32, 5 infelicissimum genus infortunii, 32, 12. 61, 38 feli-
citas amicum fecit, iufortunium faciet inimicum. 64, 17 infortunio
felicem. 100, 14. 16. 28. 102, 56 multo infelicior eo, cuius infor-
tunium boni participatione relevatur; überall in prosaischen Ab-
schnitten, und zum Teil motiviert durch die Allitteration mit
felix. Nov. Val. tit. 2, 3, 1 infortunio hostilis cladis expulsi, eiecti
fortunis omnibus; 12, 1, 3 personis, quarum supra expressa in-
fortunia sunt; 18, 1, 10 publico infortunio; 21, 1 per infortunia
multa saucium.
Ein Streit ist um die Übersetzung von avakyifiia geführt
worden. Cicero billigte indolentia Tusc. 2, 12. 5, 85. offic
3, 3, 12. fin. 2, 11. 19, wie indiligentia, Incontinentia u. a., wenn
auch indolens vor Hieronymus fehlt; das Bedürfnis des negativen
Substantivs wurde zuerst empfunden, und so übersprang man die
Mittelstufe ; der Philosoph Seneka als Stoiker und andere Schrift-
steller (Porphyr. Hör. epist. 1, 6, 65 indolentiam, quam Graeci
ditovtav nominant. Lact. inst. 3, 8, 17) schliefsen sich ihm an,
was der näheren Ausführung nicht bedarf; nur der Verirrung
des späteren Sprachgefühles mufs gedacht werden, welches eine
Form indoloria schaffen und verdauen konnte. Nach Sidonius
(epist. vor carm. 14) hätte Cicero selbst indoloria geschrieben,
woran niemand im Ernste glauben wird: lecturus es hie etiam
novum verbum . . . nam essentiam nee non et indoloriam nomi-
navit (Cicero) addens Licet enim novis rebus nova nomina iin-
ponere. Vgl. Madvig zu Cic. fin. Dafs die Form damals existierte,
leidet keinen Zweifel; Hieronymus hatte das Adjektiv indolorius
gebildet comm. in Ephes. 4 Exprimimus verbum de verbo, ut
dicamus dvrjkyrjxores indolentes sive indolorios, und so schreibt
auch Cael. Aurel. chron. 2, 79 medicamina, quae anodyna Graeci
voeaverunt, nos indoloria dicere poterimus; wie leicht aber ein
Neutr. plur. auf a in ein Femin. sing, umschlug, lehrt die Sprach-
geschichte mit unzähligen Beispielen.
Ein altes und gutlateinisches Wort ist inedia, Plaut Cure.
8ubstantiva mit in privativnm. 411
309. Cicero hat es p. Plane. 26. Tusc. 2, 40. fin. 5, 82. epist.
16, 10 unbedenklich gebraucht, ebenso Sallust Cat. 5, 3. hist.
3, 27 D. Valer. Max. 5, 4, 7. 8, 7, ext. 5. Sen. epist. 70, 9. Scribon.
Uig. 104. 110, sehr oft Celsus und der ältere Plinius, Petron.
111. Frontin strat 2, 1, 1. 2, 1, 4. 2, 1, 5. 2, 5, 23. Tacitus
Germ. 4. hist. 3, 22. annal. 6, 48. 11, 3. Plin. epist. 3, 7, 1.
Sneton Aug. 53. Vesp. 20. frgm. p. 290, 5 Roth, und so weiter
ron Gellius und Apuleius bis in das spateste Spätlatein, bei
Patristikern und Profanschriftstellern, Medizinern und Juristen,
so da& wir nichts beizufügen haben, da wir kein Konkurrenz-
wort bemerken. (Macr. sat. 1, 10, 13 fame et inedia.)
8ollte Cicero das Unendliche, das substantivierte infinitum
(axeiQOv) infinitia oder infinitas nennen? Quelle der Wort-
bildung war hier wieder die griechische Philosophie, und die Un-
möglichkeit bei dem Mangel eines bestimmten Artikels das neu-
trale infinitum in den Genetiv, Dativ oder Ablativ zu setzen, der
mit dem Masculinum zusammenfallend undeutlich gewesen wäre.
Er hat sich für infinitas entschieden, welches übrigens als von
finis abgeleitet mit kurzem i in der dritten Silbe zu denken ist.
Acad. 2, 118 Anaximander infinitatem naturae dixit esse, e qua
omnia gignerentur. nat. deor. 1, 28. 50. 73. Tusc. 5, 105. 114.
offic. 1, 53. Plin. nat. hist. 2, 1, 3 haec infinitas naturae omni um
artifici possit adsignari. Nur de fin. 1, 21 hat er sich anders
besonnen: infinitio ipsa, quam aneigiav vocant, tota ab illo
(Democrito) est.
In der altern Latinität (vgl. oben intemperies) wurde statt
ia die Endung ies vorgezogen. So ist illuvies ein bei Plautus,
Terenz, Lucilius, Pacuvius beliebtes, von Cäsar und Cicero da-
gegen verworfenes Wort, welches kaum mit Georges u. a. (Mützell
zu Curt. 8, 14, 4) auf illuo (= Anspülig), sondern auf in pri-
vativum und luere zurückzuführen ist, weil es gern mit andern
negativen Substantiven verbunden wird. Vgl. Plaut. Poen. 1, 2,
103 illutis manibus = illotis. Schimpfwort ist es hei Plaut. Most.
40 germana inluvies (vgl. caenum, lutum); Abatractura bei Ter.
Eon. 937 harum videre inluviem sordes inopiam; Haut 205 pannis
obsita, neglecta, inmunda inluvie. Lucil. 26, 45 = 501 L.
hie cruciatur fame,
Frigore, inluvie, inperfundie, inbalnitie, ineuria.
Lucil. 30, 58 = 879 L. inluvies Scabies. Pacuv. 9 perdita inluvie
atque insomnia; 20* inluvie corporis; incert. 192 inluvie scabrum,
S7*
412 Ed. Wölfflin: Substantiva mit in privativum.
p. 264 Ribb. Nach solchen Vorgängern konnte Vergil sagen Geor^?*
3, 561 morbo inluvieque peresa vellera, Aen. 3, 593 dira m\xm0*
inmissaque barba, während die übrigen Dichter und selbst di£
sonst von Vergil abhängigen, vor allem aber die mustergiltigeH
Prosaiker das Wort vermieden. Livius hat es vielleicht nur an
der Stelle 21, 40, 9 illuvie, squalore enecti, wornach dann Curtius
4, 1,22 sich erlauben konnte zu schreiben: ablue corpus inluvie
aeternisque sordibus squalidum, und 8, 14, 4: immobiles currus
inluvie ac voraginibus haerebant. (Diese Stelle spricht für die
gewöhnliche Erklärung des Wortes.) Colum. 7, 10, 6 wird über die
Lesart (ingluvies?) gestritten; ein Lieblingsausdruck aber ist das
Wort dem Tacitus geworden, bist. 4, 46. annal. 1, 24. 4, 28. 6, 43.
Die ähnlichen Formen inperfundies und inbalnities sind
bereits mit dem Luciliusverse belegt, allein, wie man leicht er-
raten wird, ana% etQrj^ava geblieben; wichtig sind sie f&r uns
noch aus dem Grunde, weil sie auf inluvies ein Licht werfen.
Obschon wir befürchten, dafs die Zettel nicht das gesamte Ma-
terial enthalten, weil einzelnen der HH. Mitarbeiter die gestellte
Frage nicht vollkommen klar sein mochte, dürften doch die Grund-
linien zu einem Abschnitte der Wortbildungslehre gegeben und
einige Aufschlüsse über das afrikanische Latein gewonnen sein.
München. Ed. Wölfflin.
Hulas, malaster.
Das französische mulätre, mulatte, führt uns auf ein lateinisches
mulaster zurück, dessen Alter wir freilich darum nicht bestimmen
können, weil es nirgends bezeugt ist. Vgl. Arch. I 390 ff. Ohne auf
die bei Diez, etymol. Wörterb. II3 157 gegebene Ableitung von dem
arabischen mo wallad einzugehen, machen wir blofs darauf aufmerksam,
dafs mulus, welches in der erhaltenen Latinität nur das durch Kreuzung
entstandene Tier bezeichnet, auf die aus Kreuzung von Menschen-
rassen (Weifsen und Negern) hervorgegangenen Mischlinge Übertragen
werden mufste. Ein Irrtum ist es, wenn Georges mulus mit Maul-
tier, Maulesel Übersetzt. Vgl. Varro r. rust. 2, 8, 1: ex equa et
asino fit mulus (Maultier), contra ex equo et asina hinnus (Maulesel).
Plin. n. h. 8, 171.
München. Ed. Wölfflin.
Yelum = Fahrzeug, Floss.
In meiner Schrift "Über das Alter der Flöfserei im Gebiete
38 oberen Rheins' (Colmar, 1881) suchte ich nebenbei den
achweis zu fähren , dafs die alten Römer das, was wir unter
olzfiöfserei verstehen; nicht gekannt haben. Die römischen
shriftsteller, sagte ich daselbst (S. 7), haben für diese Weise
nr Holzverschiffung uns kein Wort überliefert Bezeichnungen für
lofc, Flöfeen, Flofsholz, Flo&art, Flöfser' etc. fehlen in der Wün-
schen Latinität.*) Sämtliche Wörter der romanischen Sprache,
siehe Tlofs, Flöfsen, Flöfserei* u. s. w. bedeuten, seien zwar
m lateinischem Sprachmateriale gebildet, haben aber erst seit
wa dem zweiten Jahrh. n. Chr. durchweg diese neue Bedeutung
halten. So komme am Ende des zweiten Jahrh. in den Gegenden
g Oberrheins das Wort fnauta9 im Sinne von 'HolzfloiHcr' zur
erwendung; aber in der klassischen Latinität habe es nur die
inz allgemeine Bedeutung von 'Schiffer'; die Bedeutung von
lölser' habe sich indes im Französischen nicht erhalten, da
s nauta im Altfranzösischen noton (== marinier; geworden sei,
»lches Wort heute noch in fnautonier* fortlebe (a. 0. K. 1).
ib Mangel eines der neuen Sache angemessenen Ausdrucke*
afs man also das Wort * nauta' subsidiär im .Sinne von 'ffolz-
ISser^ zeitweilig verwandt haben: «später ver.-xhwand dieae Be-
utung wieder, weil es die i.rspruijj£li';he nicht war Dazu
mme dann noch, führte ich <iamal.« weiter au?,, <Jaf* »amtliche
rmanischen Sprachen die Bezeichnung fGr 'lloizflof», f!oT;*ereif
s. w. aus dem eigener: Spntthi&aVrriai«: ;?ei>jd«t, nAx'tiin weder
* Sache noch den Nanen dafür toa fau fomxrr* ersehnt haben
O. S. 8). Auch die Litauer Lair^n a*< ,;,rea* «rtg^ner, Tpr*/;h-
iteriale sich ein Wort Li izt fc*Äf?*\*:s/ toa 'H't.z^U* #e-
*) Doch TergL h*iAx*j&wjr*r *K i.'iz *&>.:..?.%•*, ".<-* >. w. \~.> \w.
321 ff., welcher «ori-*ei.-*t \zä r^^«, i** H.^.**'m*- *.£rt,.v>r*
414 Heino Pfannenechmid:
bildet (lit. sela, selis = radeau de bois flotte, vom pers. sal =
bateau, radeau, s. Pictet, Orig.2 II, 239).
Ein Wort, welches ich in der genannten Schrift anführte,
hielt ich damals für ein wallonisches (a. 0. S. 8, 25, 26 Anm. \\
Es ist dies das in Lothringen, speziell in Metz zum Jahre 1507
vorkommende Wort Falles* oder Falles* in der Bedeutung von
Holzflofs — Flotte. Ich glaube jetzt in der Lage zu sein, dies
Wort erklären und von dem lat. velum ableiten zu können. Und
das fuhrt nun näher zu dem eigentlichen Gegenstande dieser
Zeilen.
Das Wort ^alle* in der Bedeutung von 'assemblage de
barques ou de vaisseaux' kennt Roquefort (Gloss., Paris 1808,
II 737), ebenso auch das gleich noch näher zu betrachtende
Wort 'Voiles' in der Bedeutung Hrain de planches ou de bois
flottes qu'on met sur une riviere pour le faire descendre dun
lieu a un autre' (das. II 726). Leider giebt Roquefort weder
die Gegend an, in welcher diese Ausdrücke üblich sind, noch die
Zeit, wann sie zuerst vorkommen, noch das Genus und den Fundort
derselben. Ich kann nun über das Wort voile folgendes Nähere
beibringen.
In der von Calmet, Abt von Senones, im Jahre 1729 als
Manuskript verfafsten und im Jahre 1880 zu Saint- Die von
Dinago veröffentlichten Histoire de Vabbaye de Senones1) findet
sich auf Seite 169 folgende, offenbar nach lateinischer Vorlage
übersetzte Stelle:
*Le Comte de Salm et TAbbe de Senones firent uu accord
en 1302 auec Ferri Duc de Lorraine pour le transport ou voilage
des bois de marrien, qui descendent du val de Senones et de celui
de Gelles, ou qui remontent d'Ezrail vers Raon l'Etape; en teile
maniere que, de chaque voile de warten qui viendra d'Ezrail en
montant, soit par eau on par charrois, ils en payeront audit
Seigneur Duc neuf sols et <leux deuiers de Toulois, et de meme
pour le bois qui descend vers la Meurthe . . /
Zum Verständnis dieser Stelle sei bemerkt, dafe der Ort
Senones an der Rabodeau (rapida aqua) liegt, die von den
Vogesen kommend öberlialb des Ortes Raon-FEtape in die Meurthe
mündet. Der Ort Celles (Arrond. St. Die) liegt an einem Flüfs-
1) Senones war Hanptort des ehemaligen zum Römischen Reiche deut-
scher Nation gehörigen Fürstentums Salm.
Velum — Fahrzeug, Flofa. 415
eben, das bei Raon-1'Etape in die Meurthe geht; Ezrail (j. Aze-
raille) liegt ebenfalls an der Meurthe, aber weit unterhalb des
genannten ßaon-1'Etape.
Unter voüe de tnarien (oder marrien) ist offenbar zu ver-
stehen Voile des bois de marrien'. Der Ausdruck *bois de
marrien oder inarien' bedeutet Zimmerlwlz (= bois de charpente,
8. DuCange-Henschel, Gloss. IV, 3193, s. v. marenum; Godefroy,
dict de l'ancienne langue francaise, 1886, V 88, 89). 'Voile de
maxien' ist das Floß*, welches dieses Holz führt, und voilage die
Abgabe für diese Art des Flöfsens, welche der Landesherrschaft
hierfür zu entrichten war. Auffallen kann es, dafs dieses Holz
(von Azeraille nach dem höher gelegenen Raon-1'Etape) auch
stromaufwärts, sei es zu Wasser oder durch ein Landfuhrwerk
transportiert wurde. Allem diese Schwierigkeit läfst sich durch
die Annahme heben, dafs Raon-lEtape der Ort war, wo man
das rohe Holz zuerst flofsgerecht verarbeitete und zurüstete und
dann von hier aus weiter stromabwärts verflöfste.
Zu der aus Galmet angeführten Stelle füge ich noch eine
andere, welche sich in dem sehr zuverlässigen Werke von Lcpage,
Les Communes de la Meurthe (Nancy 1853) II 33 findet, und
welche lautet :
*En 1389 Jean, duc de Lorraine et Henri, seigneur de
Blämont (deutsch: Blankenberg) fireut un aecord, touchant le
passage des volles (des flottes) de planches a Deneuvre et ä
Menil.'
Diese Stelle ist entnommen aus dem im Departements-
Archiv zu Nancy beruhenden 'Gartular, Blamont, domaine'.
Deneuvre und Menil (Flin-Meuil) sind beide im Arrondissement
Luneville und an der Meurthe gelegen. Deneuvre war ein Lehen
der Grafschaft Blamont.
Lepage kommentiert Voiles' richtig mit dem in Lothringen
wohlbekannten 'flottes' (s. Alter der Fl. S. 4, 26, 28 *); es sind
mehrere unter einander verbundene Flöfse, die zu Deneuvre eine
Abgabe zu zahlen hatten. Diese Abgabe für Holzflößerei wurde
liier noch im Jahre 163f3 unter den herrschaftlichen Einnahmen
Aufgeführt ^Lepage, a. O. 11 27«, s. v. Deneuvrej.
Auch eine Stelle bei Du Gange -Henschel, Gloss. VI 7573,
i. v. velum facere [= VIII 205 ed. Favre], die dort nicht erklärt
l) Das Wort 'Hottagc' kommt nach Littn-, Dict II 1703, im 16. Jahrh.
merst vor.
416 Heino Pfannenschmid:
werden kann, ist hierherzuziehen. In einem königl. Begnadigung»-
erlafs heilst es zum Jahre 1459: *Le suppliant s'est transporte
ou Voille du chasteau de Saumur (an der unteren Loire) en
l'ostel d'Emery.' Der um Begnadigung Bittende hatte sich offenbar
mittels eines Flosses, eou voille', d. i. en voille, von Saumur nach
Emery begeben«
Im Gebiete der Maas (Meuse) findet sich 'la voile* in der
Bedeutung von Hrain de bois de construction' (Litträ, Dici IV
2523*, sub No. 5). Eine nähere Ortsbestimmung fehlt; vermut-
lich ist auch hier Lothringen gemeint
Endlich findet sich in der Bedeutung von tvoiles' die loth-
ringische Form f Volles9 oder * Walles9, welche Jean le Ch&tdonm
in seiner gereimten *Chronique de la noble citez de Metz' über-
liefert hat. Diese Chronik ist im 15. Jahrb., ihre Fortsetzungen
sind im IC. Jahrb. aufgezeichnet worden. Verschiedene Hand-
schriften dieser Chronik befinden sich in der Stadtbibliothek zu
Metz, deren genaue Beschreibung Clerx in seinem Buche 'Cata-
logue des Manuscripts relatifs ä l'histoire de Metz et de la
Lorraine' (Metz 1856) gegeben hat. Ich lasse hier aus den
ältesten Manuskripten dieser Chronik die betreffenden Stellen
folgen, deren Abschrift ich mir vor einigen Jahren an Ort und
Stelle genommen und deren jüngst erfolgte Kollationierung mit
dem Originaltext der Adjunkt an der Metzer Stadtbibliothek,
Herr H. Burtin, auf meine Bitte mit dankenswerter Genauigkeit
besorgt hat.
Das in dem von Clerx herausgegebenen Katalog mit Nummer
98 bezeichnete Manuskript1), dessen Schrift aus dem Anfang des
16. Jahrh. ist, hat auf Seite 99 als Überschrift zu den nach-
folgenden gereimten Versen:
eQuand les valles passarent
parmy Metz ou iamais
n'avaient passees. Lan 1507',
und sodann:
cLan apres comme rivierre avalle
Des Volgiens lez premiers walle
De planches passerent parmy mets
Ou passez on navoit jamais/
1) Gedruckt 1698 zu Metz, auch bei Calmet, Histoire de Lorraine1,
Bd. II, Preuves 122. Cf. auch Pottbast, Wegweiser, 8. 240. Die ursprüng-
liche Reiinchronik schliefst mit dem Jahre 1471.
Velum « Fahrzeug, Flofs. 417
Das Manuskript No. 100 aus dein 16. Jahrh. hat auf Seite 129
folgende Fassung:
'Quant les walles pasarerent
parmy Metz 1507.
L'an apres comine rivieres avalles
Des Voyins les premieres walles
De planches passerent parmy Metz
Ou passe on navait Jamals/
•Das Manuskript No. 101, 17. Jahrh., Seite 176, hat:
'Quand les voilles passerent par Metz'
und reimt dann auf avalle Voiles'.
Das Manuskript No. 102, 18. Jahrh., Seite 131, bringt
'premieres walles'.
Aus den mitgeteilten Stellen ist nun ersichtlich, dafs die
Bedeutung von 'Valles' oder 'Walles' ganz dieselbe ist wie die
Ton 'voiles', also ein Flöfszug, eine Flotte von Flofsen.
Die geographische Fundstelle der Ausdrücke voile, voilage,
voiles, Valles, Walles ist das Gebiet der Meurthe, Mosel und
Maas in Lothringen und wahrscheinlich das der unteren Loire.
Ohne Zweifel werden sich diese Ausdrücke in der angegebenen
Bedeutung auch anderwärts auf ehemals romanischem Gebiet
nachweisen lassen.
Wenden wir uns nun zu der Frage, wie 'voile' zu der Be-
deutung von *Flof£ gelangt.
Das franz. Wort 'voile' = Segel, auch, wie man meint, zu-
folge Synekdoche =» Schiff, wird gewöhnlich zum Unterschied
von 'le voile' = der Schleier, als Femininum aufgeführt. Littre
(Dict. IV 2524) erklärt diesen Unterschied für willkürlich, da
das Genus gewechselt habe. Es wäre nun in Betreff der Etymo-
logie dieses Wortes, das Littre in beiden Bedeutungen littera-
risch zuerst im 12. Jahrh. angetroffen hat, durchaus nicht gleich-
gültig, sichere Daten über das ursprüngliche Geschlecht und den
Genuswechsel zu erhalten. Denn die Maskulinform würde von
lat. velum abzuleiten sein, da das lat. lange e regelrecht franz.
oi und die unbetonte Endsilbe -um abgeworfen wird (Diez,
Gramm, d. R. Spr.3 I 150, 193). Allein solche Nachweise giebt
Littre nicht. Wir sind also in Ermangelung derselben auf fol-
gende Betrachtung angewiesen.
Le voü = Schleier ist die älteste Form (Littre IV 2522c),
prov. vel, span. und ital. velo, davon althochd. und mhd. wlle =
418 Heino Pfannenschmid:
Schleier, auch Maskulinum. Das Femininum la voüe dagegen
würde von dem lat. Plural is vela, der in der lingua rustica als
Femininum der ersten lat. Deklination genommen wurde, ab-
zuleiten sein.*) Dafür könnte auch das ital., span. und port Fe-
mininum vela zeugen (Diez, Gr. II 23).
Es würde nun sehr erwünscht sein, wenn durch die oben
angeführten Stellen, in denen voile = Flofs vorkommt, in diesem
Punkte Klarheit geschaffen werden konnte-, allein aus allen jenen
Stellen erhellt ein bestimmtes Genus nicht mit voller Sicherheit,
da einmal, und zwar in der ältesten Chronik, die Maskulinform
hervortritt. Da jedoch in allen anderen Fällen die Femininform
ersichtlich ist, so dürfte vielleicht das 'premiers walle' auf einem
Schreibfehler beruhen, wie dies das c walle' statt 'walles* schon
andeuten möchte.
Littre stellt volle im Sinne von *Bauholz-Flof8' unter das
Wort cla voile9 = Segel, sieht es also als Femininum an. Das
franz.- deutsche Wörterbuch von Leng u. Wolff (Weimar 1844)
hat f voiles' als Masculinum plur. unter dem Artikel *le voile' =
Schleier, mit der Erklärung: cin Lothringen Flöfse aus hölzernen
Planken zusammengesetzt9.
Bei dieser Sachlage bleibt nichts anderes übrig als auf das
lat. velum zurückzugehen.
Dieses Wort hat in der klassischen Latinität eine doppelte
Bedeutung. Einmal heifst es Segel, aber meist im Plural (vela);
sodann Hülle, Tiwh, Vorhang. Velum in der ersten Bedeutung
wird durch veh-Ö-luin, veh-ü-luin, veh-i-luin von vehäre abgeleitet
(Georges: Stamm: vc)**); velum in der zweiten Bedeutung wie
vestis vom Stamme ve (Georges). Ich halte diese Ableitung
sachlich und deshalb auch sprachlich nur zum Teil für richtig.
Wir haben es hier meines Erachten s mit verschiedenen Begriffen
und deshalb auch mit verschiedenen Sprachwurzeln zu thun.
Velum von vehere kann nämlich nichts anderes bedeuten als
'Fahrzeug'. Wie käme nun dieses Wort zu der Bedeutung eSegeP?
Gewifs doch nicht, wie Curtius und andere meinen, 'durch den
Begriff der Bewegung9, die durch die Segel veranlagt wird, da die
ältesten Fahrzeuge sicher noch keine Segel gehabt haben und
*) Siehe: Appel, de gencre iieutro interounte in lingua latina, Erlang.,
1883, S. 41 u. 66.
**) Andere Ableitungen 8. bei Vanivck, gr.-lat etymol. Wörterbuch,
1877, S. 871 u. 872, u. Mtch. Breal, Dict. etymol. latin, 1886, p. 424.
Velum = Fahrzeug, Flofs. 419
die Erfindung der Segel erst einer späteren Zeit angehört (vgl.
Pictet, Orig.2 II 245). Dafs velum, von vehere, ursprünglich
nur 'Fahrzeug' d. i. Fahrzeug zu Land und Wasser, bedeutet
haben kann, beweist das Wort vefi-i-ctdum, welches diese Be-
deutung in der klassischen Latinität besitzt Es liegt vielmehr
in der Natur der Sache anzunehmen, dafs der ursprüngliche
Name für Segel von dem Stoffe hergenommen sein wird, aus dem
sie verfertigt wurden. Die griechischen Ausdrücke für Segel
tonw, 6&6vrj, ölvöcSv und das aus dem Ägyptischen entlehnte
qmöö&v (grobe Leine wand oder Segeltuch), wie das griechische
Lehnwort carbasus bei Ennius (f 169 v. Chr., s. Weise, die gr.
Wörter im Latein. 1882, 212) und lintea bei den Dichtern, be-
weisen dies. Wenn man nun in Italien Segeltuch für den Ge-
brauch der Schiffer und zum Zwecke der vela, womit das Forum
nach Plinius gegen die Sonne geschützt wurde (Marquardt,
Privatl. d. R., 1882, II 466), machte, so ist sicher der Begriff
des Schützens, was auf velare führen könnte, nicht das Ur-
sprüngliche, sondern das Abgeleitete. Das Ursprüngliche war
offenbar der Stoff selbst. Ich meine daher, dafs wir es bezüg-
lich des velum = Segel und Tuch, Vorhang, mit der Wurzel
VES (wovon vestis, skr. W. VAS, Curtius Gr. E.8 22) zu thun
haben, und nicht mit der Wurzel, welche in veho steckt. Veho
ist = * vegh-o (Kühner, Ausf. Lat. Gr. I 102), das auf die Wurzel
e%, fex geht, von der auch o%og, veh-i-culum, vehes, Fuhre, vectura
u. a. herzuleiten sind (Curtius, a. 0. 181. 182), während velum =
'Segel', 'Tuch', ursprünglich *ves-lum> mit Abfall des inlautenden
8 vor 1 (vgl. Kühner, a. 0. I, S. 130, 6, a), gelautet haben mufs.
Dafs nun dem Worte velum die Bedeutung von FaJirzeug
ursprünglich hat zukommen müssen, wird nun, wie ich meine,
wesentlich durch das dialektische voile = Flofs unterstüzt, das die-
selbe Bedeutung bewahrt hat. Denn bei der Flöfserei sind Segel
van gar keiner Bedeutung, weder auf kleinen noch grofsen Flüssen.
Ich selbst habe auf den Flöfsen der Saar in Lothringen nur
kleine Wimpel bemerkt, die aber nicht ah Segel dienen, da die
Fortbewegung der Flöfse in ganz anderer Weise bewirkt wird
und seit alters hier und sicher auch auf anderen kleineren Flüssen
— denn auf diesen ist zuerst geflöfst worden — nicht anders
bewirkt worden ist (s. Alter der Flöfserei, S. 27 — 28). Wie
wäre es nun denkbar, dafs von einer nicht vorhandenen Sache,
den Segeln, das Flofs den Namen cvoile' = lat. velum führen
420 Hoino Pfannen8chniid:
konnte? Nein, es ist ganz allgemein 'Fahrzeug* genannt worden,
und es liegt die Annahme zwingend nahe, dafs in der lingua
rustica romana velum die ursprüngliche Bedeutung Fahrzeug9
konserviert hat, in welchem Falle die Ableitung des Voile* von
dem lat. pl. vela unmöglich ist. Im Schriftlatein ging dagegen
die Bedeutung von velum = Fahrzeug früh verloren, da die Ver-
wechslung mit velum = Tuch etc. zu vermeiden war. Als Er-
satz für jenes velum = Fahrzeug trat daher das aus demselben
Stamm gebildete veh-i-culum ein.
Bezüglich des Schriflframösisehen würde sich demnach er-
geben, dafs das Genus von volle sich folgendermafsen gestalten
müfste. Voile = Schleier* müfste von dem Singular velum (*ves-
lum) männlich, dagegen voile = Segel von dem Plural vela (* ves-
la), in kollektivischem Sinne genommen, weiblich sein. Nach
dem Sprachgebrauch ist nun in der That le voüe = Schleier,
und la voiU = Segel. Dieser Unterschied im Geschlecht ist
also keineswegs 'willkürlich', sondern vollkommen regelrecht.
Ist nun die Annahme richtig, dafs velum die Bedeutung von
Fahrzeug in der lingua rustica romana behalten hat, so folgt
daraus die weitere Annahme, dafs man für Flofs in dem heutigen
Sinne, also für Holzflofs, keinen adäquaten Ausdruck hatte, sondern
zu dem allgemeinen Ausdrucke 'Fahrzeug* seine Zuflucht nehmen
müfste, also, dafs die Römer Holzflöfserei ursprünglich nicht
kannten, wenn sie auch auf Kähnen oder kahnartigen Fahrzeugen
schon zu Strabos Zeit, mithin in der ersten Kaiserzeit, Holz auf
dem Tiber verschifften (vgl. Marquardt-Mau, Privatleben d. Kömer,
1886, II2 403).
Man könnte nun einwenden, dafs das von mir beigebrachte
Jahresdatum (1302) zu jung sei, um darauf die obigen Schlüsse
zu gründen. Allein dabei bleibt zu beachten, dafs in Lothringen
bereits im 6. Jahrh. die Mosel oberhalb der Stadt Metz schiffbar
war, und dafs oberhalb der Stadt Tüll (Toul) auf der Mosel
schon im 10. Jahrh. geflöfst wurde. Da aber die Mosel ober-
halb der Stadt Tüll im 17. Jahrh. noch nicht schiffbar war, so
mufs man daher bezüglich des 10. Jahrh. an Holzflöfserei denken,
ebenso hinsichtlich der Maas im 11. Jahrh. Das deutsche Wort
'Flöz' wird zuerst im 12. Jahrh. in Bayern (Eichstadt) erwähnt
(s. Alter d. Flöfserei, S. 11 u. 12). Bei dem gröfseren Wald-
und Wasserreichtum der frühereu Jahrhunderte hat aber für die
lothringischen Lande — so darf man unbedenklich annehmen — •
Velum — Fahrzeug, Flofs. 421
auch för die Zeiten, in denen hier noch romanische Bevölkerung
ansässig war, auf den meisten aus den Vogesen kommenden
Flüssen nicht nur Scheitholz — Flöfserei, sondern auch — und
das ist das Wichtigste — Flöfserei mit gebundenetn Holz statt-
gefunden, wenn auch bis jetzt bestimmte ältere Jahresdaten, als
die von mir gegebenen, sich nicht ermitteln lassen. Für das
Alter der ScheitlwUflöfserei dürfte gerade unser volles, volles oder
walles einen nicht uninteressanten Beleg liefern.
Damit wäre der Zweck der vorstehenden Zeilen erreicht:
ich wollte aufmerksam machen auf eine Bedeutung von velum
in der lingua rustica romana, die meines Wissens bisher nicht
beachtet worden war und die den Schlufs gestattet, dafs auch
in der älteren lat. Sprache das Wort velum einst die Bedeutung
von 'Fahrzeug* gehabt haben mufs.
Colmar i. Eis., im August 1887.
Dr. Heino Pfannenschmid,
Archivdirektor.
Inpensae, Mörtel.
Inpensa in der Bedeutung „Mörtel" ist zuerst von Nohl im Index
Yitruvianas S. 151 aus der Epitome des Vitra v nachgewiesen worden.
Dasselbe Wort findet sich als Plural an einer Stelle des Symmachus
(Rel. 26, 5). Der Stadtprftfekt berichtet hier von seiner Prüfung
eines Brückenbaues. Er habe an einer Stelle die Fugen zwischen
den Steinen klaffend gefunden und der Architekt habe ihm gesagt,
es sei absichtlich so gebaut worden, ut infuso postea inpensarum
liquore hiantia stringerentur. Endlich scheint sich derselbe technische
Ausdruck auch hinter einer Korraptel bei Salvian zu verstecken:
De gubern. dei III 1, 1. Bene habet: iacta sunt fundamenta operis
pia molitione coepti et divini officii amore suscepti. et ideo non
sunt solubili luto posita nee temporali lapide construeta, sed sacra-
rum expetisarum confectione valida et divini magisterii arte firmata
Was hier dem wenig haltbaren Lehm (solubile lutum) gegenüber
gestellt wird, mufs irgend ein festeres Bindemittel sein. Da das
ganze Gleichnis dem Maurerhandwerk entnommen ist, wird man nur
an Mörtel denken können, und folglich ist inpensarum statt expen-
sarum zu schreiben. Vgl. noch Dederich zu Frontin aq. d. 124.
Greifswald. Otto Seeck.
Vulgär-lateinische Substrate romanischer
Wörter.
(Fortsetzung.)
0.
Obedire nicht obaudire, nach: span. obedecer, port obedecer,
cat. obehir, prov. obezir, franz. obeir; rät. ubadir, ital. ubbidire.
S. Georges, obaudire oboedire.
Öc'lus für oculus, nach: sard. oju, span. ojo, port olho, cat. ull,
prov. olh, franz. oeil; rät. oegl, rum. ochiu, ital. occhio.
S. Georges, s. v.
Öcto (Marx) nach: sard. octo, span. ocho, port. oito, cat. vuyt,
prov. och, franz. huit, rät. oig, rum. optu, ital. otto, friaul. vott
S. Georges, s. v. Rom. o ui = lat. o.
öffa (Marx) nur in Italien: sard. offa Bissen, ital. offa Backwerk
(Pastete).
S. Georges, s. v. Ital. o, sard. o = lat. ö.
oletare nur ital. (lucches.): letare mit Kot beschmutzen.
S. Georges, s. v., Caix, Studi di etimologia S. 118. Den
Schwund des o veranlafste wohl letame = laetamen Mist.
olor und odor sind nur scheinbar beide in den rom. Sprachen
forterhalten (Diez, Et. Wt. I olore): sard. odore, span. otor,
port. odor, cat. olor odor, prov. oZor, altfranz. oZour odour,
franz. odeur, rät. odor, ital. olore odore. Die Sprachen näm-
lich, welche odor besitzen, haben dafür einen gebräuchlicheren
Ausdruck (sard. fiagu, port. cheiro, cat. flayre, rät. fried), und
die olor verwendenden verfügen über das Zeitwort olere (span.
oler, prov. oler, altfranz. oloir, ital. olere), das ihnen selbst
olor(e) zu bilden gestattete (vgl. it. sent-ore aus sentir). Weder
odor noch olor ist daher zu den Erbwörtern zu rechnen.
ölla (Marx) nach: span. olla Fleischtopf (daher port. olha, franz.
oille, ital. oglia), cat. olla, prov. ola (Donat. prov.), altfranz.
oule, rum. oalä Topf, ital. olla.
Valg&rlateiniBche Substrate romanischer Wörter. 423
S. Georges, s. v., Diez, Et. Wt IP olla. Rom. o ou =
lat 5.
omni 8 (Marx Ö) nach: ital. ogni, onne.
S. Georges, s. v., Diez, Et. Wt. IIa ogni. Überall ander-
wärts totus. Die Art des o ist aus dem Ital. nicht zu er-
kennen, da es nur o vor gn spricht (vgl. sogno = span. sueno
= lat. sömnium). S. Rönsch, Itala, S. 388 etc.
Öp'lus aaas opulus, nach: friaul. vöul, ital. oppio Ahorn, neapol.
aduobbio, berg. opel.
S. Georges, s. v., Diez, Et. Wt. 11*. Das von Diez er-
wähnte franz. obier (II0) verträgt sich damit nach Sinn und
Form nicht; sein Zusammenhang mit albus ist zweifellos.
orbita Wagengeleis, nach: (span. orbita Planetenbahn), franz.
orniere, altpicard. ord-iere, wallon. ourb-ire, ital. orbita.
S. Georges, s. v., Diez, Et Wt. II0 orniere, W. Porster in
Zeitschr. f. rom. Phil. III 261. Nach gourde = Cucurbita
(8. Diez, Et. Wt. I cucuzza) stellt das picard. ord-iere die
richtige Entwickeluug des Wortes in Frankreich dar; ord-iere
glich sich aber an das auch „Furche" bedeutende altfranz. orne
ourne == ordinem an, woher altfranz. oumihre. Das im Rom.
produktive Suffix -aria (= franz. iere) vermochte das Franz.
an ein, orbita genau entsprechendes (unbelegtes) *orde selbst
anzufügen; daher ist kein Grund vorhanden mit Diez orbitaria
dem Lat. zuzumuten. Wall, ourfeire harrt noch der Erklärung.
ftrbus (Marx) nach: cat. orb, prov. orb, altfranz. orb, wallon.
orb, rät. orv jerv, rum. orbu, ital. orbo blind, friaul. uärb.
S. Georges, s. v., Diez, Et. Wt I orbo; rom. o ua = lat ö.
Vom Prov. an. Ebenso ö bei:
örcns (Marx) nach: sard. orcu Gespenst, span. uerco huergo
Hölle, Teufel, trauriger Mensch, ital. orco Popanz, neapol.
uorco.
S. Georges, s. v., Diez, Et. Wt. I orco. Das dort erwähnte
span. ogro Menschenfresser, Oger, neuprov. ogre, franz. ogre
können nicht desselben Ursprungs sein.
ordinem ordo (Marx) nach: sard. ordine, span. orden, port. or-
dern; cat. orde, prov. orde, altfranz. orne, (rät. ordra), ital.
ordine.
S. Georges s. v., Diez, Et. Wt. 11° ordre; rom. o = lat. ö.
örum ör'la = ora, nach: sard. oru Rand (orulu <= ital.); span.
424 6. Gröber:
or-illa (aus unbelegtein ora) orla; (port. ourelo otirela aus dem
Franz.); cat. orla; prov. or; altfranz. or ur, orle ourle, rat ur,
ital. orlo; lomb. ceur, friaul. or.
S. Georges s. v. ora, Diez, Et. Wt I orlo u. Anhg. Vgl.
ger'la Arch. II 437, nier'lus das. III 530. Rom. o ou = lai ö
widerspricht nur das lomb. ceu, das man aber auch z. B. in
bergam. goeust => ital. gusto, franz. goüt = lat gustus, mceud
= ital. modo = lat. modus, oeude = ital. odio = lat. Ödium,
CBuie = it. olio = lat. Oleum, oeuteurno = ital. autunno =
lat. auctumnus, roeuza ital. rosa = lat. rosa verschiedenen ital.
latein. Labialvokalen gegenüber findet.
orüza orlza = oryza oqv£cc, nach: 1) span. arroz, port. arroz;
nun. orezu. 2) cat. riz, prov. ris, franz. riz, ital. riso, dtsch.
Reis.
S. Georges, s. v., Diez, Et Wt. I riso. Bei der regel-
mäfsigen Darstellung des v in Spanien als o (= lai u; vgl
Diez, Gramm. I 168), anderwärts i, ist eine Einwirkung des
Arabischen (s. Diez) ausgeschlossen; selbst zur Erklärung des
span. port. a- bedarf es der Annahme dieser Einwirkung nicht
(vgl. o. novacla). Nach Frankreich mag das Wort aus Italien
gebracht worden sein, da es im Franz. spät auftritt; vgl. übrigens
Hehn, Kulturpflanzen, s. v.
Osca nach span. Huesca.
S. Georges, s. v.; span. ue = lat. ö.
ossifraga nicht ossifragus, nach: franz. orfraie (ital. ossifrago
gelehrt).
S. Georges s. v., Diez, Ei Wt. IIC, vgl. Anhg. dazu.
össum (Marx) nach: sard. ossu, span. hueso, port. osso, cat os,
prov. os, franz. oh, rät. öss iess, rum. osu oase, ital. osso
friaul. uess.
S. Georges, s. v,, os; rom. o ue = lat. 8. Ebenso:
östrea Auster, nach: span. ostra, port. ostra, cat. osfcia, franz.
huitre; ital. ostria.
S. Georges, s. v.; rom. o ui = lat 8.
ovic'la aus ovis, nach: span. oveja, port. ovelha, cat ovella,
prov. ovelha, altfranz. oeille, franz. ouaille.
S. Georges, s. v. Nur in Spanien und Gallien. In Sar-
dinien arveghe ■= vervecem; rät nuorsa -= nutric-em; ital. pe-
cora = pecus; nur im Rum. das Grundwort oe oaXe.
Vnlg&rlateini8che Substrate romanischer Wörter. 425
8?um = övum nach: sard. ou, span. huevo, port. ovo, cat. ou,
prov. ov, franz. oeuf, rät. öu iev, rum. ou, ital. uovo, sicil. ovu.
S. Georges s. v., u. Arch. II 425 flovius.
ostium s. ustium.
P.
Pactus (von pangere) eingeschlagen, befestigt, das den rom.
Sprachen selbst fehlt, lebt fort 1) in *impactare einstofsen,
festmachen, nach: span. empachar (daher port. empachar) ver-
hindern, prov. empachar (auch „impfen"), cai empaitar, und
im span. (port.) despachar, prov. despachar losmachen; 2) in
*impactiare festmachen, hemmen, nach ital. impacciare, und
8-pacciare losmachen, ablassen.
Vgl. Georges impingere, Diez, Et. Wt. I pacciare; zu im-
pactiare vgl. Arch. I 235 acutiare u. a. Im Prov. findet sich
das Wort zu früh, um aus dem Ital. aufgenommen zu sein;
das ital. impacciare, dessen -cci- cti- verlangt, ist seinen Be-
deutungen nach andrerseits zu echt italienisch, um Lehnwort
zu sein. Davon zu trennen ist, wegen seines Tonvokals und
seiner Silbenzahl, das franz. empecher, de'pecher, altfranz.
empe-echier despe-echier, das vom lat. impedicare (s. Georges)
stammt, aber, gleich precher, altfranz. pre-echier pre-dechier
= lat. praedicare, zu den frühen latein. Lehnwörtern in der
französischen Sprache gehört, wie z. B. lange = laneus u. a.
(s. Arch. III 508). Da im Altfranz, auch des-pe-echier vor-
kommt, so ist despechier nicht erst nach dem 13. Jahrh. von
dem damals 3silbigen empechier abgezogen, wie de-pötrer von
em-petrer Fesseln anlegen. (S. Diez, Et. Wt. I pastoja.) Das
Altfranz, besafs im Sinne von empecher aus pifege = pedica
auch ein-piegier.
padul-em aus palud-em, nach: sard. paule fem., altspan. paiil
m8C, port. paül msc. Sumpf; rum. padiire msc. Wald; ital.
padule msc, mail. padü Sumpf.
S. Diez, Et. Wt. lla padule. Fehlt Gallien; rät palü. Die
Zeugnisse für die Wortform reichen bis ins 6. Jahrh. zurück,
s. Schuchardt, Vok. I 29, III 8. Ein ähnlicher Fall von Kon-
sonantenversetzung ist fiticum = ficatum, s. Arch. II 288. Der
Verbreitung der Form bis nach Spanien und Sardinien zufolge
ist padule frühvulgärlateinisch.
pagensis aus pagus, plattes Land, nach: (altspan. pages Bauer,
Arohiv für lat. Lexikogr IV. Höft ». 4. **
426 G. Gröber:
span. port. pais Land), cat. pais; prov. (pages Bauer) pae -«
franz. pais, ital. paese, sicil. paisi, berg. pais, friaul. pais Lan^a
S. Diez, Et. Wt. I paese, wo pagensis Bauer aus Gregor
y. Tours belegt wird. Das auf das Provenz. beschränkte pa#es=*
(daher altspan.), das wider die Regel -g vor -e bewahrt, ist not-
wendig eine jüngere Bildung als das prov. regelrichtige pae»;
es versteht sich aus der Form des ursprünglich gleichbedeu-
tenden pa^-anus = prov. pagr-an, — noch heute bezeichnet das
span. pagano den Bauer und den Heiden, — und aus der Gleich-
wertigkeit der Wortbildungsmittel -anus und -ensis (Zugehörig-
keit und Abstammung); pag-es ist ein von pag-an aus gebil-
detes Wort, entstanden zur Zeit als auch in Südfrankreich
pagan den Landbewohner und den Nichtchristen noch benannte,
war aber schon vorhanden, nach dem Zeugnis aus Gregor v. T,
im 6. Jahrh. [Das prov. pa^es belegt, dafs -g- vor e, i der
Umbildung zu j schon damals nicht mehr unterlag; pagense
(seil, solum) trat mithin in Frankreich und Italien — für
pagus schon vorher auf, — immerhin wohl erst im Gefolge
der germanischen Eroberungen, — da sein -g- die in Italien
und Frankreich übliche Veränderung erfuhr; vgl regina: ital.
prov. reina, franz. reine u. a. Die Ersetzung von pagus durch
pagense (pais u. s. w.) findet in der germanischen Boden-
parcellierung in Frankreich und Italien ihre Erklärung; in
andern rom. Ländern ist das Wort nicht einheimisch.]
palanga = phalanga, nach: span. palanca Hebebaum (davon
palanca-da Schlag), port alavanca Hebebaum (pa-ncada Schlag),
cat. palenca, prov. palenc, franz. palan-(gue), rät. palanca Pfahle,
gredn. palaqk Schleifholz, (rum. paZanc), ital. palanca Pfahl.
S. Georges s. v. phalanga palanga; Cornu in Romania
IX 135 f. Der eigentümliche port. Lautwandel bei alavanca
beruht auf der Einwirkung des begriffsverwandten leventar
aufheben (vgl. rät. lavont von levar, Hebel).
pal(i)to-nem Landstreicher, aus palit-ari, nach: prov. paltom
altfranz. palton-ier pautonnier, ital. paltone paltoniere Land-
streicher, Bettler.
S. Diez, Et. Wt. II* paltone. Die Analogie von milit-o-
nem neben milit-are ist zwar nicht vollständig, aber wohl hin-
länglich; auch genügen palpo-nem zu palpo u. ä. Das rät.
paltrun Faulenzer ist nach Form und Bedeutung das itaL pol-
trone; das prov. paltom (einmal belegt) Angleichung eines
Vulg&rlateinische Substrate romanischer Wörter. 427
offenbar nicht sicher mehr verstandenen Ausdrucks an (h)om
(homo).
palpätra und palpebra ■= palpSbra nach: (sard. pibirista, spaii.
parpado, cat. pestaya pestanya, s. Diez, Et. Wt. I pestare); prov.
palpela, franz. paupiere (Oxf. Psalt. 10, 5 ist palperes statt
palpres zu schreiben); rät. palpeders (palpebers), (rum. ple<5pä),
ital. palpebra (Valentini; palpebra Rigutini), friaul. palpiere,
venet. palpiära, mail. palpera, piemont. parpeila u. s. w.
S. Georges s. v. palpebra, Diez, Et. Wt. I palpebra, Ascoli,
Studi critici II 35 f. 96. Die sard. und cat Form sind unver-
einbar mit den lat. Lauten, daher andern Ursprungs. In Por-
tugal ist palpebra Gelehrtenwort, ein volkstümlicher Ausdruck
dafür (pestana) dem Span, entnommen (s. Diez, Et. Wt. I pestare).
Bei span. pärpado sieht man sich vergeblich nach einem Aus-
druck um, der die Betonung und die Umgestaltung der Endung
zu rechtfertigen vermochte, daher hat wahrscheinlich palpebra
weder auf Sardinien noch in Spanien Fortsetzer. Das hypo-
thetische palpetra bezeugen das Französ. und Rätoroman.; das
Provenz. geht daher vermutlich ebenfalls von palpetra aus,
und glich den Ausgang an p§l (pellis Haut; gewissermaßen
also „Augenhaut") an, wie das Picardische sein paupiele an
piel (pellis). Erst in Italien tritt das bezeugte palpebra her-
vor (das rät. palpebers ist wegen b statt v Lehnwort), das
aber selbst für Norditalien noch nicht gilt, wo zwar -tr-, aber
nicht -tbr- auf -r- zurückgeht, also ebenfalls palpetra fortlebt.
Die Entwickelung und Grundlage des rum. pleöpa ist dunkel.
palümbus, -a (Marx), nach: span. palomo a, port. pombo a, cat.
paloma, neuprov. paloumb a, rum. porumb ä, ital. palombo.
S. Georges, s. v. Fehlt dem nordlichen Frankreich und Rätien.
ex-pandicare aus pandere, ausschütten, nach: franz. epancher,
altfranz. espanchier.
S. Diez, Et. Wt. II0 Epancher; vgl. Arch. II 286 fig-icare,
und unten pendicare.
panlcium, panlcum zu panus nach: 1) span. panizo Fenchel-
hirse, port pain?o, cat panis, prov. panis (gascogn. pains),
franz. panis, rät. paniccia Dinkel, gredn. panitsa, venet. panizo.
— 2) ital. panico, friaul. pani, mail. panig, dtsch. Fench.
S. Georges s. v. panlcum panlcium; Ascoli, Arch. glott.
IV 353. Rom. i = lat. I.
pannus Lappen (vgl. Marx s. v.), nicht panus, nach: span. pano,
428 G. Gröber:
port. panno, cat. pan, prov. pan, franz. pan, rät. ponn, rum.
pänurä, ital. panno Tuch.
S. Georges s. v. Allgemeinroinanische Grundlage -nn-.
pantanum? Sumpf, nach: span. pantano (daher port. pantano),
cat. pantan. — Rät. (gredn.) pantai? Straf senkot, ital. pantano
Sumpf, sicil. pantanu.
S. Du Cange s. v., Diez, Et. Wt. I pantano.
pantasiare zu phantasia, träumen, Alpdrücken haben, in Angst,
beklommen sein, nach: cat. pantezar atemlos sein, prov. pan-
taisar träumen, atemlos, verwirrt sein, altfranz. pantaisier
panteisier pantoisier beklommen sein; daher cat. pantex, val.
pantaix Atemlosigkeit, Verwirrung, prov. pantais, franz. pan-
tois, auch adj.
S. G. Paris, Romania VI 629; Du Cange 8. v. phantasia.
Vgl. Diez, Et. Wt. II0 pantois und Arch. I 224, unten s. Phle-
botomus. Der Darstellung von ph als p nach gehört das
Wort zum alten Erbwortschatz der Sprachen Frankreichs und
der angrenzenden catal. Provinz; anderwärts fehlt das Wort
Das neufranz. pant-eler ist altfranz. pantaiser (nach grond-elar
zu grond-er u. ä.) mit Herübernahme der Endung solcher Ver-
ben, die eine Thätigkeit als intermittierend bezeichnen.
panüc'la statt panicula, nach: span. panoja Rispe der Hirse,
cat. panolla, neuprov. panonio, ital. pannocchia.
S. Georges s. v., panucula panicula, Diez, Et. Wt I pan-
nocchia, Arch. I 235 acuccula.
papaver erfuhr in Gallien, durch das als „gallisch" bei Mar-
cellus Empiricus bezeugte caloco#-onus («=■ papaver silvestre),
wahrscheinlich Beeinflussung; (pa)pavott-us mufs in Gallien
noch in römischer Zeit gesagt worden sein; franz. pavof,
mundartl. pavou, setzt jene Umbildung voraus, und war von
einem regelmäfsig aus papaver hervorgegangenen *pavevre
nicht wohl möglich. Vgl. Diez, Et. Wt. II c pavot, wo die Ab-
stammung des pavot von papaver in Zweifel gezogen wird. Allein
auch prov. päver, ital. papaver e, port. papoula (d. i. *papavere
*papaure? mit Ersatz des r durch 1 oder Suffixtausch), span.
a-babol, sard. pabaüla sind sicher auf das lat. Wort gegründet
papilus für papyrus, nach: sard. pavilu Docht, span. pabilo
(pabilo), port. pavio, prov. pabil, rät. pavaigl, pavier, pavel,
gredn. pavier, ital. Mundarten papejo papes papijo (Docht
und Papier).
Vulg&rlateiniachc Substrate romanischer Wörter. 429
S. Georges s. v. papyrus, Diez, Et. Wt. I pabilo, wo Ab-
leitung von päbulum; dagegen schon Monti, Vocab. Comasco
S. 173, Ascoli im Arch. glott. I 177 (Oaix Studi di Etimo-
logia S. 60, Canello Arch. glott. III 301) richtig. S. auch
Ducange s. v. papyrus zur Bedeutung.
paraveredus Pferd, nach: span. palafren, port. palafrem, cat.
palafre, prov. palafre(n); altfranz. palafreid, franz. palefroi, ital.
palefreno; dtsch. Pferd, ahd. parafrit.
S. Georges, 8. v., Diez, Et. Wt. I palafreno. Der Aus-
druck verbreitete sich von Gallien aus nach den übrigen Län-
dern (es fehlt rat, rum., sard.) und ist nur deshalb hier er-
wähnt Die dissimilierende Umbildung des ersten r in para-
veredus zu 1 (paZ.) vollzog sich erst nach Aufnahme des Wortes
ins Deutsche. Die Angleichung des Ausgangs -v(e)red-us an
frenfum Zügel) besteht nur in den südromanischen Sprachen
and geht aus vom Provenz., das das Wort an Italien und
Spanien abgab. Der provenz. Angleichung an fre-n-um ging
noch die allgemeine (prov. altfranz. und ahd.) Veränderung
von v zu f voran, die darin ihren Grund hat, dafs zwar fr-,
nicht aber vr- im Altprov. und Altfranz, als Wortanlaute be-
gegnen, und para-v'red- den Eindruck eines zusammengesetzten
Wortes machte. Zu parafredus s. Ducange.
paretem für parietem, zu paries, nach: span. parid, port. parede,
cat. pared, prov. paret, altfranz. pareit, franz. paroi, rät. prei,
rum. pärete, ital. parete.
S. Georges s. v. und Arch. I 221 Anmkg.
parfc'lus aus par, gleich, nach: span. parejo, port. parelho, cat.
parelh, prov. parelh, franz. pareil; rum. pärechiä Paar, ital.
parecchio.
S. Diez, Et. Wt. I parecchio; gebildet wie duriusculus,
altiusculus, zur Bezeichnung annähernder Gleichheit; par wurde
romanisch Hauptwort; -Iculus ist wenigstens in Frankreich als
lebendiges Ableitungsmittel unbekanut S. Ducange s. v.
pariölum, Kochkessel, nach: span. perol, port. parol Kufe, cat.
perol, prov. pairol, altfranz. peirol, rät. pariel, ital. pajuolo,
bergam. pereul u. a.
Vgl. Diez, Et. Wt. II b perol (von patina, was unmöglich).
Nach Schuchardt (Romania IV 256) vom gleichbedeutenden
kelt. pair. Das Fehlen des Grundworts und die weite Ver-
breitung der Ableitung auf -iolus in den rom. Sprachen deutet
430 G. Gröber:
aber auf ein dem Volkslatein schon geläufiges Wort hin, dess
keltischer Ursprung dabei bestehen kann (vgl. sard. labiöl
= ital. lav-eggio Kochkessel, Kohlentopf, aus rom. nicht erha
tenem lebes). Flechias Deutung aus *par-iolum (Pärchen
Gefäfspaar, ist nicht mit der rom. Bedeutung zu vereinigen
(Arch. glott. II 368).
paröc(h)ia = paroecia xctQOiiua, kirchlicher Sprengel, hat nur
in Frankreich, wo es früh belegt ist, erbwortmäfsige Gestalt:
paroisse paroiche parosse, und dürfte danach annähernd gleich-
alterig mit den andern der griechischen Kirche entstammen-
den Bezeichnungen des franz. Erbwortschatzes zu achten sein,
wie eglise, pretre, eveque u. s. £ In Spanien (parrogiua),
Italien (parrödwa) u. a. stammt der Ausdruck, wie die Form
verrät, aus der Sprache der Gelehrten. Der einheimische Aus-
druck dafür in Italien ist pieve = plebem, rät. pleif Pfarre.
S. Georges, s. v. parochia.
pastinax <= pastinaca, nur franz. panais Pastinake, Möhre u. s.w.
In den übrigen Sprachen nur als gelehrter Ausdruck, in
zu pastinaca gehöriger Form. Die Bildung ging, wie pasti-
naca, von pastinum, zweizinkige Hacke aus, die Benennung
von der Ähnlichkeit des Gerätes mit der Wurzel. In der franz.
Sprache fand das Suffix -ax keine Verwendung; die regel-
mäfsige Gestalt von panais deutet auf frühzeitigen Anbau des
Gewächses in Frankreich. S. Arch. III 513 limacius und Ascoli,
Arch. glott. IX 178. Vgl. ital. spin-äce Spinat, aus spina, und
lat. styrax (ital. storace), Storaxstrauch, mit der Nebenform
stynica.
paxillus (paxellus) nach: prov. paissel, altfranz. paissel, franz.
paisscau Weinpfahl.
S. Georges, s. v., Diez, Et. Wt. II0 paisseau. Nur in
Frankreich. Das Primitivum geht der Sprache Frankreichs ab.
p^cten (Marx) nach: sard. pecten, span. peine, port. pente, cat.
pinte, prov. penche, franz. peigne, rät. pechien, rum. pieptene,
ital. p^ttine, friaul. pietin.
Rom. § ie = lat. e.
ptfctorina Brust, aus pectus, nach: (span. pretina Gürtel; alt-
span. petrina Brust), prov. peitrina Brust (Harnisch), franz.
poitrine; rät. pichiurina Brustfleisch (s. Ascoli, Arch. glott. I 88);
ital. petturina Schnürleib.
S. Diez, Et. Wt. 11° poitrine. Bildung ähnlich nar-ina aus
Vulg&rlateinische Substrate romanischer Wörter. 431
naris, s. Arch. IV 128. Der Ausfall des c und o ist nicht
hispanisch, daher petrina aus Frankreich aufgenommen. Das
Wort vermochte keine der vier romanischen Sprachen, die es
besitzen, aus ihrer Form für pectus selbst zu bilden. Die
moderne ital. Bedeutung erwächst aus der mittelalterlichen
„Harnisch". Vom Provenz. bis zum ltal. mit Ausschlufs des Rum.
£ctu8 (Marx), nach: sard. pectus, span. pecho, port. peito, cat.
pit, prov. peitz, franz. pis, rät. pez, rum. pieptu, ital. petto.
Born. §, ie, i = lat. ö.
edüc'lus = pediculus, nach: sard. piogu, span. piojo, port.
piollo, cat. poll, prov. peolh, altfranz. peou, franz. pou, rät.
ploigl, podl, rum. päduchie, ital. pidocchio.
S. Georges, s. v. pediculus, Diez, Et Wt. I pidocchio. All-
gemeinrom, -uculus; vgl. Arch. I 235 acucula; s. panuc'la u. a.
edülia zu pedüle (nicht pedüle), nach: span. pihuela Fufsschelle,
Wurfriemen (in der Falkenjagd, Befestigung des Falken am
Fufse), port. pioz mit noch zu deutender Gestaltung der Endung.
S. Georges, s. v. pedüles (ü unverbürgt), Du Cange s. v.
pedulis. Nur in Spanien. Diez, Et. Wt. II b pihuela, legt
*ped + iolus zu Grunde, wobei sich die besondere Bedeutung
nicht ergiebt. Span, piola, feiner Strick, hat jedenfalls nichts
mit pes zu thun; auch nicht, wie es scheint, das ital. pedüle,
Socke, mit lat. pedüle; es konnte aus dem ital. p(i)ede (vgl
ital. pedata Fufsspur) hervorgehen, wie gamb-ule aus gamba
(Beinharnisch) u. a. Zu span. ue = lat. ü vgl. aguero =
augurium, 8. Arch. IV 120 moria.
Bjor p^jus statt pejor pejus, nach: sard. peus (pessimu), span.
peör (pesimo), port. peör, cat. pitjor, prov. peiör peitz pesnie,
franz. pire pis (altfranz. pesme), rät. pir pigiur pis, ital. p§g-
giore p^ggio (p^ssimo).
S. Georges, s. v., W. Meyer, Wochenschr. f. class. Phil.
1884, S. 1073. Rom. § i = lat § (8); vgl. Arch. II 285 feriae.
elegrinus für peregrinus nach: prov. pelegri, franz. pelerin
Wandrer, Pilger, ital. pell6grrino (daher sard. pellegrinu), fremd,
Pilger.
S. Corp. Inscr. Lat. V 1703 peleger (Aquileja), Arch. III 496.
Geläufige Entähnlichung silbeanlautender Konsonanten. Die
Erhaltung des vortonigen e im Provenz. und Franz., des g im
Ital. (vgl. intero = integrum) zeigt ein Lehnwort christlicher
Zeit an. Das gänzliche Fehlen des Wortes auf dem Boden
432 G. Gröber:
der übrigen rom. Sprachen, die es nur als Bachausdruck (Pilger)
kenneu (span. pere^rino, port. pere^rino, cat peregri; rät pe-
regrin Fremder, rum. peregrinu Pilger) unterstützt den Schluß
auf das geringe Alter der Entstellung von r zu 1.
p^llis (Marx), nach: sard. pedde, span. piel, port. pelle, cat
pell, prov. p§l, franz. peau, rät. pial, rum. pele, ital. p$lle,
friaul. piel.
S. Georges, s. v. Rom. § ie = lat. 8.
p^na = poena, nach: sard. pena, span. pena (port pena), cat.
pena, prov. pena, altfranz. peine poine, franz. peine, rat. peina,
ital. pena.
Rom. ^ ei oi = lat. $. S. Arch. I 208.
pendere (Marx), nach: sard. pendere, span. pender, port. pender,
cat. pendrer, prov. p$ndre, franz. pendre, rät. pender, ital. pgndere.
Rom. g = lat. Ö.
pendicare von pendere hängen, nach: (altspan. pinjar, aus:) pro?,
penjar, altfranz. pengier und penchier, franz. pencher.
S. Diez, Et. Wt. II0 pencher. Nur in Gallien. Vgl. lat
splend-icare zu splend-ere. Die rom. Verba auf -icare gehen
lediglich vom Nomen aus. S. Arch. II 286 figicare u. o. ex-
pandicare.
pSndita zu pendere, Abhang, nach: franz. pente.
8. Diez, Et. Wt. II0 pente ; vgl. II* pentola. Zur Bildung
s. Arch. II 282 fallita, IV 122 movita. Das ital. pentola Koch-
topf hat nichts mit pendita zu thun und ist entweder eine
Umbildung von pendulus (ital. pendolo), wie pen#olo schwebend,
nach venfola Wedel von vento (ital. Substantive auf -endola
fehlen); oder es ist von pendere zu trennen. Besonders in
Frankreich begegnet die Bildung von Subst auf -Ita aus star-
ken Verben häufig; nach dem Muster vente = vendita vendere,
rente = re(n)dita redderc, perte = perdite penferc; fuite *fugita
fugere, gite *jacita jacßre: fente von ündere, Spalt, tente von
tenefere, Zelt, tonte von tondere Schur, fönte von ioudere Gufs;
ponte von ponere Eierlegen, empreinte von imprimere Abdruck.
Die Bildung ist vorfranzösisch, weil das Französ. nur über be-
tonte Suffixe verfügte, also eine Eigenheit des gallischen Lateins.
perdere (Marx), nach: sard. perdere, span. perder (pierda), cat.
perdrer, port perder, prov. perdre, franz. perdre, rät perder,
rum. a pierd, ital. perdere, friaul. pierdi.
Rom. ig e = lat. e.
Vnlgarlateinische Substrate romanischer Wörter. 433
pergaminus für pergamenus, nach: sard. bargaminu, span. per-
gamin, port pergaminho, cat. pergami, prov. pergami, franz«
parchemin (altfranz. permint), ital. pergamino, Pergament.
S. Georges, s. v., Diez, Et, Wt. II parchemin. Die rom.
Wörter gehen alle von der jüngeren griechischen Aussprache
des r\ aus.
pSrna (Man), nach: span. pierna, port. perna Bein, Keule (neu-
prov. perno Schinken).
S. Georges, s. v., Diez, Et Wt. IP. Nur in Spanien.
p8r(n)'la Perle aus *pernula von perna Muschel, nach: span.
perla, port. perla perola, cat. perla, prov. perla, franz. perle,
ital. pgrla.
S. Diez, Et Wt I perla; vgl. Arch. II 437 gerta, III 530
mer'la und lat prella aus prem-ere. Bei der üblichen Her-
leitung von pirum (pirula) befremdet das rom. § statt e
(== lat. 1) und das weibliche Deminutivum neben neutralem
Grundwort Da perna wenigstens mlat. in der Bedeutung Perle
vorkommt (s. Ducange), so ist die Herkunft von *pernula
wahrscheinlicher, und ist es um so mehr, als die birnförmige
Perle die seltnere Art, und daher die Benennung der Gattung
von der Eigenschaft einer besonderen Art hergenommen sein
würde. Das span. Wort lautet nicht pierla (s. o. pörna), weil
span. perla aus dem Ital. aufgenommen wurde; auch port perfa
und perola sind neben tavoa «= tabula; melro = merula Lehn-
worter. Den Erbwortcharakter des franz. Ausdrucks zeigt das
wallon. lautregelgemäfse piel an. Auch das deutsche Perle
ahd. jrerala u. ä. sichert pirula als Etymon nicht, da das a der
vorletzten Silbe eingeschoben ist, wie im ahd. äraca = archa,
c&lah =» calx.
pertica (Marx), nach: (span. percha, port. perche Stange), cat
perca, prov. perga, franz. perche (und altfranz. piercha), ital.
pertica, friaul. piertie.
S. Georges, s. v. Fehlt anderwärts. Das rum. pirghie,
Hebel, kommt weder von pertica, noch von perticula (de Cihac).
Nach Hispanien kam das Wort aus Gallien. Rom. ie £ = lat 8.
pertusum; pertüs-are pertüsi-are Loch, durchbohren, nach:
sard. pertusu pertusare, prov. pertus pertusar (Boethius); —
altfranz. percier, pic. perchier, neufranz. percer; pertuis Loch,
(ital. pertugiare pertugio; sicil. pirciari, calab. perciare).
8. Georges pertundere; vgl. Diez, Et. Wt. I pertugiare;
434 G. Gröber:
G. Paris in Romania 1886, S. 453 (von pertusare), Bücheier
im Rhein. Mus. N. F. XXVII 519. Schon Reichenauer Glossen
(Foerster) Nr. 323 (in foramina: in pertusio): pertusium. Auch
das sard. pertusare pertusu läfst sich aus * pertust are ableiten
(vgl. sard. basare basu = basiare basium); nicht aber das
prov. pertusar (nach: baisar bat's = lat. basiare basium). *Per-
tugiare ist erforderlich zur Erklärung des franz. pertuis (bais-ier
basiare neben user = usare). Es ist gebildet wie *acutiare
aus acutus, s. Arch. I 235 u. a.; pertusium der Reich. Gloss.
und franz. pertuis scheinen postverbal, weil sonst ans lat
Part. Pass. auf -sus keine Neutra auf -mm gebildet auftreten
(nur pens-um u. dgl.). *Pertusiare scheint übrigens auf Frank-
reich beschrankt zu sein. Denn nicht nur ist das pirciari u. s. w.
der südl. Mundarten das franz. percer selbst, sondern auch itaL
pertugio scheint aus dem französ. pertuis genommen (vgl
Lui^ri aus Louis, Malpertu^io, bei Boccaccio, liederliches Viertel
in Neapel = frz. Maupertuis bei Poitiers, vgl. auch Arch. III
424. 426), da Rigutini und Fanfani das Zeitwort pertugiare
als toskanisch nicht gelten lassen. Eine Spur Ton der im
Franz. zu erwartenden Präsensconjug. aus pertusio -ias -iat =
afz. pertuis -es, e findet sich nicht mehr.
Perüsia? statt Perüsia, nach ital. Perugia (PSrüsina bei
Lucan I 41).
S. Georges, s. v. Wo ital. -ugio zurückfährbar ist, liegt
ü zu Grunde (minugio, minugia minuge zu minütiae, indugie
= indütiae); ebenso verändert g die Qualität weder des e,
vgl. ciriegio *ceresea, zu ceraseus, Arch. I 547, noch des Ö:
Ambrogio = Ainbrosius; freilich bleibt i: cervigia = cervlsia,
also konnte auch ii in der vorliegenden Stellung erhalten bleiben;
s. Arch. I 545.
päst'lum für pess'lum = pesstdum, und pestellum, nach: spau.
pesrillo Riegel, cat. pesteil, neuprov. pesteu; — altfranz. pesle,
pele (noch 17. Jahrh. s. Thurot, Prononciation franc. II 261;
neufranz. pene), Genf pescl-et, ital. p$stio, sienes. peschio,
vegliot. pescla-toria (Ascoli, Arch. IX 178).
S. Georges, s. v. pessulum, Bugge in Romania IV 367;
Diez II b pestillo und Anhg. (dazu Arch. III 520), Ascoli im
Arch. glott. III 456 ff.; Arch. I 244 ast(u)la, und für franz.
pele vgl. Arch. III 527 masc'lus. Aufser Flavius Caper (Keil,
Gram m. lat. VII 111 „pessulum non pestuluni") hat pest(u)lum
Yulgarlateinische Substrate romanischer Wörter. 435
der Traktat Cassiodors de orthogr. (Keil, Gram. lat. VII 205):
wie „asfula, in elisione astla [!Hss. ascla]", so auch „pestfulum
[pestlura]".
hlebötÖmus, Schnepper zum Aderanschlagen , nach: (span.
fleme), prov. flecme msc, altfranz. flieme, franz. flamme fern.,
piemont. fiama.
S. Georges, s. v. Das. Wort dringt erst ein als ph: f ge-
sprochen wurde, s. Arch. I 224, also nach Aufnahme einer
{leihe christlicher Wörter, wie JosepÄus (ital. Giuseppe), Stepha-
nus (span. Este&ano); s. u. raphanus. Das span. Wort stammt
nach Geschlecht, Anlaut (vgl. span. Ifawa, = lat. /!amma) und
sonstiger Lautform aus dem Provenzal.; das piemontes. aus dem
Französ. Aufser in Gallien begegnet das Wort nur noch in deut-
schen Gebieten, und zwar in romanischer Form: ahd. fli-6rfema,
nhd. fliete; danach scheint in Frankreich Ausfall des zu v ge-
wordenen b (vgl. ta-on = tabanus) und (unübliche) Anpassung
des 6 an das vorangehende e (*fle-etme aus *fle-otme) einge-
treten zu sein, so dafs die ahd. Form als altfranz. Durchgangs-
form gelten dürfte; vgl. Schuchardt, Vok. III 234; Ascoli im
Arch. glott. Vll 532.
Iccus picc'lus Specht «= plcus, nach: span. pico, port. pic-anfo,
cat pic, prov. pic, franz. pic, rät pichia-lenn („Holzpicker"),
ital. picchio.
, S. Georges, s. v., Diez, Et. Wt. I piccö. Spanien, Frank-
reich und Italien besitzen den Wortstamm plcc in so vielen,
vom Begriff des keilförmig Zugespitzten ( — Schnabel, Spitz-
hacke, Bergspitze — ) ausgehenden Benennungen (span. port.
cat. picar stechen, prov. picar, franz. piquer, rät. pichir, ital.
piccare u. a.), dafs Entlehnung der einen rom. Sprachen aus
der andern hier ebensowenig wie keltischer (s. Thurneysen,
Keltorom. S. 72) oder deutscher Ursprung in Frage kommen
kann. Für das „Picken" des Geflügels wird der lat. Sprache
schwerlich ein Ausdruck gefehlt haben. — Wenn pica, Elster,
zum selben Stamm gehört (was, da der keilförmige Schnabel
die langschwänzige Elster nicht charakterisiert, immerhin
zweifelhaft ist), so wäre nach: span. port pe^ra Elster (e statt i
nach pega Pech = picem, wegen Ähnlichkeit der Farbe des
Rückens), prov. pa/a, franz. pie, ital. pica, an plcus festzuhalten.
Das von allen rom. Sprachen bei picus Specht vorausgesetzte
-co- müfste dann mit der etwas künstlichen Erklärung beseitigt
436 G. Gröber:
werden, dafs die Verwendung eines *pic (rät Sclinabel) als
onomatopoetischer Ausdruck („pick"), das im Roman, der Ver-
änderung ausgesetzte einfache c in pic-us (und Ableitungen) hier
festzuhalten veranlafst hätte, wie, aus gleichem Grunde, du
sonst fallende lat. h in 7«nnire (franz. Äennir), und das sonst
zu v übergehende -p- in franz. pi|>er = pipare, piepen, pfeifen,
unverändert geblieben ist. Span, pic-azo Elster, aas pic- ge-
zogen, deutet übrigens an, dafs eine gewisse Ähnlichkeit zwi-
schen Specht und Elster von der Sprache anerkannt wurde.
Pictävum, nach: prov. Peitau, altfranz. Peitou, franz. Poitou,
Poitiers.
Rom. S = lat. 1
pignerare ptgnus (Marx I), nach: altspan. pendrar, span. pren-
dar Pfand nehmen, prenda Pfand; port. penhorar, prov. en-
penh-ar (aus pignus); rät. pindrar pens, gredn. paij, ital.
pegnorare pegno.
S. Georges, s. v., Cornu in Romania IX 135. In Frank-
reich dafür das deutsche wetti = gage u. s. w. Rom. e = lat 1
piliare = pilare plündern, rauben, nach: (span. pillar, port
pilhar, cat. pillar); prov. pilhar, franz. piller rauben; rät
pigliar fangen, ital. pigliare nehmen.
S. Georges, s. v., pilare, Diez, Et. Wt. I pigliare. Pilare
bei Ammianus Marc, genügt nur der Form nach nicht, da ein-
faches 1 rom. nicht 1 wird. Auch ein *piKare würde nicht
hinreichen. Span, pella Ball = pi?a (port. pella) verdankt
sein 1 dem gleichbedeutenden billa Ball (s. Diez, Et. Wt. I biglia);
span. muelle Msc. Hafendamm = ital. molo verträgt sich mit
uiö/es (Diez, Et. Wt. I molo) weder im Vokal und Konsonanten,
noch im Geschlecht; das sard. Cagliari (Nebenform Calleri) =
Cara/is kommt wegen Veränderung der Stellung des r und 1
nicht in Rechnung; ital. vaglio Sieb aus va/Zus steht regel-
richtigem mod. vallo, friaul. vall, berg. val Getreideschwinge
gegenüber. Die Verschiedenheit der Bedeutung der rom.
Wörter, die zum überlieferten latein. pilare stehen, und in der
Form teilweis, im Begriff ganz zu ihm stimmen, laust nicht
an Entlehnung der einen rom. Sprache aus der andern, die
Allgemeinheit des I nicht an Einwirkung eines Synonym ums
mit I, wie ital. spogliare, franz. depouiller, denken. Steht dem-
nach *piliare fest, so ist das (lediglich im Sinne von plündern
Vnlgarlateinische Substrate romanischer Wörter. 437
gebrauchte) span. pillar provenzalisches Lehnwort, da im Span,
llj lj zu j werden (majar = nialleare, Arch. III 524, de-spojar
= dis-spoliare). Auch Portugal wird pilhar entlehnt haben,
pingere (Marx), nach: (sard. pintare, span. pori cat. pintar),
pro?, p$nher, franz. peindre, rum. a depinge, ital. pingere.
8. Arch. II 287 fingere. Rom. e aus lat. i. Zu ital.
rum. i 8. 1. c *Pinctus statt pictus (nach: cinctus— eiligere, ex-
tinetus— extinguere, planctus junetus u. a.); ebenso *finctus
— fingere, *strinctus — stringere zeigen allgemeinromanisch Auf-
nahme des in den übrigen Zeitformen festgehaltenen n.
pinna für penna, Feder, Zinne (Gipfel), nach: sard. pinna Feder,
span. peüa (— port. penha, cat. penya) Klippe, Fels; port.
penna, cat. penna, prov. pena, franz. penne, rum. penä, ital.
p$nna Feder.
S. Georges, s. v., pinna, Diez, Ei Wt I penna. Sard. i,
ital. $, span. e (statt ie) = lat. 1
pinn-io-neni aus pinna, Zinne, nach: (span. peüon steiler Fels),
franz. pignon Zinne, ital. pignone.
Vgl. Arch. IV 136 must-io, I 245 *auc-io aus aüca, 1 242
*arc-io, pip-io zu pip-are u. a. Auch bei dem Fem. auca
(= franz. oie) besteht die msc. Ableitung in -ion (franz. oison).
Das fi zeigt eine vorromanische Bildung an. Vgl. noch aus
pinna (= penne franz.): penon Fähnlein, Msc, vermittelnder
Begriff Flofsfeder, Gefieder am Pfeil; letztere Bedeutung hat
franz. penne und pennon); ital. penw-one.
pinsiare aus pinsus pinsere, quetschen, pressen, nach: ital. pigiare.
S. Diez, Et. Wt. II* pigiare, Gramm. S. 695; oben pertu-
siare u. s. w.
plscis (Marx), nach: sard. pische, span. pez, port. peixe, cat.
peix, prov. p§is (Donat prov.) rät pesch, rum. peste, ital. pesce.
Rom. $ = lat 1
piseiön-em aus piscis, nach: prov. peissö, franz. poisson, alt-
franz. peisson pescion, (ital. pescione aus pesce).
S. Diez, Et. Wt. II c. Fehlt anderwärts. Bildung wie
pinn-io-nem, s. o. Das Französische entbehrte des Primitivums
piscis, daher keine französ. Ableitung.
Pisaurum statt Pisaurum, nach: ital. Pesaro.
S. Georges s. v., Arch. IV 131 Nemausum. Die Eudung
ist in beiden Fällen römisch.
plstare aus ptstum (Marx 1), uach: sard. pistare, span. pistar,
438 6. GrOber:
prov. pestar, ital. pestare (pesta Stapfe). Ebenso ital. pestgllo
Stöfsel = plstlllum (oder Ableitung aus pestare).
S. Diez, Et. Wt. I pestare. Rom. e = lat. 1
PistÖria für Pistörium, nach: ital. Pistoja.
Rom. o = lat. ö; s. Arch. IV 120 möria.
plsturire zu pistum, kneten, nach: prov. pestir, altfranz. pestrir,
neufranz. petrir.
S. Diez, Et. Wt. II0 petrir. So vielleicht auch ital. scaltriie
aus scalptum; lat. cant-urire, mict-urire, nupturire caca-turire.
pisum statt pisum Erbse, nach: cat. pesol, prov. pes, franz. pois,
ital. pisello.
S. Georges, s. v., prov. e, franz. oi ==» lat 1 Allgemeiner
verbreitet ist cicer (span. cicercha = cicercula, prov. cezer,
franz. chiche, ital. cece.
pitissare = pytissare, nach: cat. pixar, prov. pissa (gascogn.
pichä), franz. pisser, picard. pisscr (picher Lille), wall, pihi,
franchecont. pichie, Schweiz pessi; gredn. pifig, rum. a pi§, ital
pisciare, venet. pissar, mail. pissa, piemont. pisse, sicil. pisciari
u. s. w. harnen.
S. Georges, s. v., pytissare, Diez, Et. Wt. I pisciare, wo
die Ableitung des rom. Wortes aus pytissare „spützen" bean-
standet wird, weil die Begriffsübertragung bei dem lat Wort
unstatthaft erscheine. Das von Diez in Erwägung gezogene
*pip-isare aus pipa (nach mlat. bombizare = crepitus ven-
tris edere; bomb., Interjektion, s. Hildebrand Gloss. S. 34;
Georges und Ducange s. v.) ist eine für den Begriff, der sich
ergeben soll, unannehmbare Bildung, die überdies der rom.
Wortgestalt nicht entspricht. An deutschen Ursprung ist nicht
zu denken, da der gemeine Mann in Deutschland sich anders
ausdrückt. Einer schamhaften Umschreibung des terme propre
mejere, den allein Sardinien und Spanien erbten, wird der
Lateiner gewifs nicht haben entbehren können, und den Roma-
nen wird nie ein Name für die Sache gemangelt haben;
pytissare erscheint als ein geeigneter Vertreter des t pr., be-
sonders weil sowohl vergleichbare Körperteile als vergleich-
bare Thätigkeiten („spritzen'*) in Frage kommen. Der Über-
gang von v zu i tritt in den griechischen Wörtern ein, die
der Mund des gebildeten Römers der Volkssprache zuführte
(vgl. gyrus: *girus rom., giro ital. span.; girer franz. u. s. w.).
Die eigentliche Heimat des mejere ersetzenden Wortes ist
VulgärlateiniBche Substrate romanischer Wörter. 439
edoch Frankreich, wo allein der Ausfall des vortonigen Vokals
Hegel ist (*pit'sare); das ital. pisriare, sicil. pisciari, venet.
>issar, rum. a pis sind dagegen, wie das deutsche pissen, aus
Frankreich bezogen, da die Laute dieser Worter wohl dem
Tanz., nicht aber dem lat. Grundwort entsprechen. Das span.
)ija, port. pissa = mentula stammt vom Zeitwort ab; das rät.
rischar aus dem Ital. Die Darstellung des franz. -(i)ss als -sei
m Ital. vergleicht sich mit presria = presse Eile, caseione =
lassone (franz. caisse) Kasten, petrosciolo aus pettirosso Rot-
kehlchen (s. Caix, Studi di etimologia S. 136), Ascesi= Assisi u. a.
Das ch einzelner franz. Mundarten gegenüber picard. ss dürfte
momatopoetisch zu verstehen sein; franchecomt. pichie wird
lurch teuche = toux, tussis beleuchtet.
iuita für pitulta, nach: sard. pibfda, span. pepita, port. pevide
Ilse, cat. pebida, prov. pepida, franz. pepie, rät. pivida, ital.
>ipita, mail. puida, dtsch. Pipps.
S. Georges, s. v., Diez, Et. Wt. I pipita. Der dreisilbige
Gebrauch des Wortes ist früh bezeugt. Damit scheint die
illgemeinrom. Ersetzung des -tu- durch p zusammenzuhängen;
loch hat die Lautgruppe in Sardinien, Portugal, in Rätien
ind Italien einem (durch das anlaut. p veranlafsten?) p Platz
gemacht, während für Castilien und Frankreich noch *pitpita
erfordert wird, um das dortige -p- erstehen zu lassen, das auch
ler Grundform der andern rom. Sprachen mit einfachem -p-
rorausgegangen sein wird. Die Behandlung des Wortes ist
laher eine andere als die von futuere, Arch. II 430, das freilich
Proparoxytonon. I in der ersten Silbe wird nur vom Rät.
licht verlangt
icitum erscheint zwar als: sard. piaito (in Hss.) und pleto,
span. pleito, port. pleito preito, cat. plach, prov. plait plach,
ütfrz. plaid plait, rät. plaid, friaul. plait, ital. piato, neapol.
jhiajeto, genues. piao daito (s. Ascoli, Arch. VIII 378) u. s. w.,
im Sinne von Verfügung, Streitsache u. s. w. (rät. Rede, Wort),
st aber ein von Frankreich aus in die übrigen Sprachen ein-
gedrungener Begriff.
Diez, Et. Wt. I piato, liefs sich durch Ritschi bestätigen,
lafs man berechtigt wäre, *plactum als eine Nebenform zu
dlacitum anzunehmen, und gründete darauf die rom. Formen
le8 Wortes. Andere suchten von placitum selbst zu ihnen zu
gelangen. Allein das Sard., Span, und Port, behandeln, nach
440 6. Gröber:
sard. plus = plus, span. llano, port. chäo = planus, die Gruppe
pl durchaus abweichend vom vorliegenden Falle; im ItaL
würde *plac'tum *pia#o geworden sein, und erscheint der Über-
gang von placitum durch *plagito *plaito (Ascoli, im Arch. 180,
IX 104 f.) zu piato, da die Veränderung des — ci ohne Mit-
wirkung des t gedacht ist, neben ital. decimo = decimus u. sl,
nicht zweifelsfrei. Dazu kommt, dafs piato „voce della lingua
letterata" (Rigutini und Fanfari) und, wie das deutlich dem
Französ. entnommene mhd. plaid, niederländ. pleiten, wohl
auch früher lediglich Terminus der Gerichtssprache gewesen
ist. Der hispanische Anlaut ist ein deutliches Anzeichen der-
selben Herkunft des ebenfalls gelehrten span.-port. Ausdrucks,
und im altspan. affeytar aus altfranz. afaitier vertritt -eyt (eit)
ebenso franz. -ait. Dafs das franz. pl. zu ital. pi werden kann,
zeigt sich an CÄiermonte ■= Olermont, J^andra = Flandres;
ital. at aber für franz. ait begegnet auch in aguatare, das,
nach ital. schiafta = dtsch. slaAfo (Diez, Et. Wt. I 8. v.) nicht
aus dtsch. wacAlen (Diez, Et Wt I s. v.) selbst entstand,
sondern franz. aguartier (prov. aguaitar) wiedergiebt Das
neapol. chiajeto ist regelmäfsig umgestaltetes altital. piaito
(vgl. neapol. mmerruq/ete aus ital. emornädi; cÄiegare « ital.
piegare, lat. plicare, neben chiare). Erst aus der Zeit der karo-
lingischen Herrschaft über Italien, nachdem dort die, bereits
seit der Mitte des 6. Jalirh. in Frankreich bestehenden (öffent-
lichen) Gerichtstage (placita; s. Stellen wie in Childeberts Capitula
zur Lex Salica, ca. 550, ad placita venire, Lex Rib. c. 30 u. a.)*),
eingeführt worden, stammt das von Ascoli im Arch. glott
I 81 erwähnte Protokoll über einen unter dem „missus Ludo-
vici Pii imperatoris", 820, in Verona abgehaltenen comitialen
Gerichtstag (placitum), das placitum als plairfo geschrieben
(vgl. Eide von Strafeburg 842, plaid) enthält. Es stellt die
veronesische Form des franz. plait (t zu d) dar, ist aber nicht
geeignet das ital. piafo mit placitum, vielmehr nur das rät plaid,
auch in seiner vom Beden vor Gericht ausgehenden erweiterten
Bedeutung (Rede) zu vermitteln. — Allein nur in Frank-
*) placitum ist der lat. Ausdruck für das tränk, mallum (Gerichtutag;
schon Lex Sal. c. 75). In Karls d. Gr. Kapitularien sind beide Ausdrücke
als Synonyma (mallum vel placitum publicum, 8. DO. 8. v.) neben einander
gestallt, und in einem Leben des Wularich von Leuconne (f 629) heilst
mallum dir rustike Name (concioni . . quod mallum rusüci vocant).
Vulgarlateinische Substrate romanischer Wörter. 441
reich war daher placitum ursprünglich zu Hause; es ent-
wickelte sich dort nach erbwörtlicher Lautregel durch plac'tuin
zu plait (vgl. expliciftim zu exploil, fugifa zu fnite (s. o.
pendita: penle), und zwar hatte es das nachtonige i schon vor
der Sibilierung des -c(i), in Wörtern wie disme = decinius, giste
= jacita (s. pendita) eingebüfst
Nicht gegen diese Erklärung von franz. plait aus plac'tum
zeugt das d des zugehörigen Verbunds plaidier; denn plaidier
stammt nicht von dem erst mittel lat. und dem Begriff nach
aus mlat. placitum hervorgegangenen plac(i)tare, sondern ist
aus plait gezogen, unter Umbildung des -it vor der Tonsilbe zu
-id (wie 8 aus ts in croisier aus croiz = crucem u. a.; s. Horning,
Lat. C, S. 7) nach der Regel, dafs bei altfranz. Ableitungen
der vorliegenden Art der dem stimmlosen Kons, vorangehende
i-Diphthong und die Stellung der Muta vor dem Ton, deren
Umbildung zum stimmhaften Kons, bewirkt (vgl. auch altfranz.
sou-hairfier aus sou-hail; s. Diez, Et. Wt IIC hait). Dem wider-
streitet weder, dafs bei exploitier faissier u. a. t, ss u. s. w. er-
scheinen, denn hier liegt ein schon lat. explicitare, fasciare u.s. w.
zu Grunde; noch poisser von poix = picem, denn für diese neu-
französ. Bildung gebrauchte die altfranz. Zeit poier aus picare.
Einigermaßen bezeichnend für das Verhältnis von plaider zu
plait und placitare ist, dafs auch die übrigen rom. Sprachen
sich ein Zeitwort, auf verschiedene Weise, aus dem Hauptwort
formten; rät. noch plid-ar, aber ital. piat-ire, prov. plaid-e/ar,
span. plait-ear, port. preit-ejar (franz. plaidoyer).
Mit den Vertretern des lat. *vocitus leer aus *vocare =
vacare (s. Georges, s. v. vacitus, vaco, Schuchardt, Vokal. I 177;
s. Diez, Et. Wt. Anh. z. IIC voto; Schuchardt u. Storm in
Romania IV 256 ff.), die ausschliefslich auf keltoromanischem
Gebiete und im Ital. begegnen, wird es sich ähnlich verhalten,
obgleich es sich dabei nicht um einen kulturgeschichtlichen
Begriff handelt. Das Altfranz, besafs voit voide (vuit vuide,
neufrz. vide), das Prov. vohtz, vuech, voitz voja (Donat prov.
S. 55), das Piemont. hat void, Lomb. void, Berg, voeut, Friaul.
vueid, Rat. vueid vid, Ital. vuoto (Sard. boito, boidu). Darunter
ist sicher das sard. Wort einem älteren ital. voito entnommen
(vgl. sard. buscica aus ital. vescica = vessica); in Frankreich
und im keltischen Gebiet Italiens ist eine Durchgangsform
voc'tus in Einklang mit der zu allgemeinster Geltung gelangten
Archlr fOr lat. Lexikogr. IV. Heft 3. 4. 29
442 G. Gröber:
Regel von der Unterdrückung des nachtonigen Vokals in
Proparoxytonis (vgl. frz. exploit = explicitum); das itaL vofo
vuofo wird aus dem Norden (*voito) aufgenommen sein. Der
d-Laut der Infinitive: prov. voidar, altfranz. vuidier, franz. vider,
berg. voeudä entstand wie der im Inf. plaicfier. Das Fem. franz.
voide vitfe u. s. w. neben franz. voit kann der Analogie von
Adjektiven wie froit froide = frigidus gefolgt sein (vgl.
W. Meyer in Ztschr. f. Rom. Phil. VIII 235); ein altprov. Fem.
voida scheint nicht vorzukommen. — Nicht auf gleiche Linie
zu setzen sind die rom. Wörter mit -git- (cogitare, rogitos,
digitus), in denen -gi- wie vor dem Ton (regina, ital. reina,
franz. reine u. s w.), vor Ausfall des i zu j assimiliert wurde.
Dieses -git- bei placitum in Frankreich eintreten zu lassen,
verbietet altfranz. doi doie aus digitus *digita gegenüber alir
franz. plaid plai7, und altfranz. cui-er (neben cuidier aus cogi-
tare), das von cui (neben cuid = cogito) herstammt. Die An-
nahme aber, dafs in Frankreich -^gid- eine Durchgangsstufe
von -tcit zu -id- gebildet hätte, führt zu der weiteren nicht
begründbaren Voraussetzung, dafs placitum erst, nachdem ex-
plicitum zu explictum (franz. exploit) und bevor *jacita deci-
mus (altfranz. giste disme) der lat. Volkssprache in Gallien
geläufig geworden, in dieselbe eingedrungen wären, und schei-
tert an der Form von Wörtern wie roide = rigidus, die plaick
statt plait aus placitum erwarten lassen. Auch ein *vocidus
st. vacidus (zu *vacare, wie fumidus zu fumare, lividus zu
livere) würde das rom. -d- nicht besser erklären, da aus -cid-
ebenfalls ein Sibilant (vor d) sich ergeben niufste (vgl. ital.
lazzo = acidus).
plagia für plaga Gestade, Gegend, nach: prov. playa (daher
span. ^laya), cat. platja, altfranz. plaie, (nfrz. plage aus:) ital.
piaggia.
S. Diez, Et. Wt. I piaggia. Das frz.-prov. Wort ist auch
aus plaga ableitbar; plagia bei Greg. v. Tours.
planca nur: prov. planca, franz. planche Brett, Metallplatte,
picard. planke Holzbrücke, piemont. pianca Steg, dtsch.
Planke.
S. Georges, s. v., Diez, Et. Wt. 1 pianca (das dort erwähnt«
ital. palanca Pfahl ist lat. palanca s. o.). Aus Frankreich
stammt span. pfauche Metallplatte, cat. planxa, port. pr&nchz
Diele, wie der Anlaut, ch uud x verraten.
Vulgärlateinische Substrate romanischer Wörter. 443
antaginem plantago, span. Hauten , port tancha-gem, cat.
planta-tge, prov. planta-tge, franz. plantain.
S. Georges, s. v., Diez, Et. Wt. IIb llanten. Bis zum Fran-
zosischen; später andere Namen. Das ital. piantaggine hat
gelehrte Endung und den Namen an pianta = planta an-
geglichen (üblicher Ausdruck petacciuola); ebenso rät. planta-
giens. Im Port, ist an das aus *chanta erwachsene tancha —
die gelehrte Endung von Wörtern wie propä-#ew = propa-
ginem u. a. gefügt. Die rom. Formen von Wörtern auf -ginem
erklären sich auch ohne den, Arch. II 285 ferraginem an-
genommenen vorrom. Ausfall des i, durch Vermittelung von
-ji für -gi und Verschmelzung von j mit i. Vgl. o. placitum
am Ende.
at£a nicht platea Strafse, Platz, nach: sard. piatta, (span. plaza,
port. pra^a), cat. plassa, franz. place, rät. plaz, (rum. piatä =)
ital. piazza; dtsch. Platz.
S. Georges, s. v. Die roui. Behandlung des e stimmt zum
altlat. Dichtergebrauch. S. Rönsch, in Rom. Forschungen I 274,
zur Bedeutung. Fehlt in Spanien. Das sard. piatta ist nicht
dem Ital. entlehnt, da im Sard. te als tt verblieb; das Span, und
Port, (dort lugar) übernahmen das Wort aus Frankreich,
attus platt, flach, nach: (span. chato), port. chato, prov. plat,
franz. plat, rät. plat, ital. piatto.
S. Diez, Et. Wt. I piatto. Das Wort ist den rom. Sprachen
seit früher Zeit geläufig; die portug. Form war aus keiner
rom. Sprache zu gewinnen. Auch die Verbreitung deutet auf
einen vorromanischen (nicht deutschen oder kelt.) Ausdruck,
den hier anzusetzen noch das bei Ausonius vorkommende,
offenbar zum selben Stamme gehörige plat-essa, Plattfisch, be-
rechtigt.
auta zu plautus platt, nach: neuprov. plauto Sohle, delphinat.
piö Scholle, ital. piota Sohle, Scholle, mailand. pioda Stein-
platte, com. plota.
S. Georges, s. v. plautus, Diez, Et. Wt. I piota u. Anhg.,
Flechia in Arch. glott. II 359. Damit dürfen nicht die „Pfote"
bedeutenden Wörter vermischt werden, die Südfrankreich und
den angrenzenden nordital. Mundarten eigentümlich sind, da
sie t (statt d) dem einfachen lat. t in plauta gegenüberstellen,
wie: ligur. ciota, piemont. piota, rhon. piauto pauto, Schweiz
piota, delphin. ploto pouto, Lyon, piotta, auvergn. piota pota,
29*
444 G. Gröber:
limous. pauto, Quercy. plauto. Die Formen ohne i scheinen
auf einer Verschmelzung des in Frankreich nachweisbaren pauta
Pfote = prov. pauta, altfranz. poe, (daher dtsch.: Pfote) zu
beruhen, mit dem in und aufserhalb Frankreichs vorkommen-
den gleichsinnigen patte (Pfote), südfrz. pato, von dem sie den
t-(tt)«laut annahmen (vgl. dazu Diez, Et Wt. I patta u. Anhg.).
Dafs i in den Formen mit i sekundär ist und nicht auf 1 be-
ruht, zeigt auvergn. piota, lyon. piotta, sofern in diesen Mund-
arten anlaut. pl erhalten bleibt; Quercy. plauto Pfote = pauta
+ plauta?
plStra und plebra zieht Ascoli, Studi critici II 96, aus plere, =
Trichter (wie tere-bra zu terere; vgl. o. palpebra), nach:
1) venet. piria, mail. pidria, comask. pledria, romagn. pidarja,
piemont. piria, ital. petr-iolo; friaul. plere — 2) ital. pevera.
Nur in Nord- und Mittelitalien. Zur Erklärung der ital.
Formen s. Ascoli, a. a. 0. und Arch. glott. I 290.
plic'tus, Pt. zu plicare (wie in den Compositis explicitus ex-
plicare), nach: neuprov. plech pleich, -a gebogen, gekrümmt;
daher plecho Fafsreifen, Binde, plech ä mit Binde, Reifen ver-
sehen; friaul. plett, Part, zu pleä = plicare.
In den rom. Sprachen hat plicare auch die Bedeutung
beugen, biegen, "krümmen. Das friaul. plete =■ Falte, Auf-
schlag, kann hiervon seiner Bedeutung nach nicht getrennt,
und nicht, mit Ascoli, mit plecta (Arch. glott. I 307; Georges,
s. v., Rönsch Itala S. 84) verbunden werden. Das span.
pleita, Binsenmatte ist, wenn zu plecta gehörig, jedenfalls ge-
lehrt. Unrichtig ist Diez? Herleitung des franz. plisser fälteln
(Et. Wt. 11°) von *plic(i)t-iare, woraus, nach dresser = di-
rectiare, lefon = lectionem, vielmehr plessier zu erwarten war;
es ist (vor dem 16. Jahrh. unbezeugt), aus plis (= faire des
plis, -pli Verbalsubstantiv aus pli-er-), wie poisser aus poix =
picem, gezogen.
plÖvere = pluere, nach: sard. pioere, span. Rover, port. chover,
cat. plourer, prov. plover, altfranz. plovoir, neufranz. pleuvoir,
rät. plover, rum. a ploua, ital. piovere.
S. Georges, s. v. pluere plovebat; die Einschaltung des v
in allen rom. Sprachgebieten. Das Sard. gibt inlaut. v auf
(sard. ae = avis). Vgl. hierzu und zum folgenden Wort noch
Arch. II 424 flovius wegen Ö. Siehe ebenda zu:
Vulgärlateinische Substrate romanischer Wörter. 445
[8 via = pluvia, nach: sard. pioza, span. lluvia, port. chuva,
cat. pluya, prov. ploja, franz. pluic, rät. plievja, rum. pldie,
ital. pioggia.
ümbicare aus plumbus, mit Blei loten, nach: franz. plonger
untertauchen, picard. plonkie, gleichbedeutend mit aus plomb
= plumbum gebildetem prov. ploinbar, ital. piombare d. i.
loten, und (mit Geräusch im Wasser) untertauchen. Für das
Picard. wäre unzureichend *plumb-iare, nach picard. songier
= somniare u. a. Das Wort ist auf Frankreich beschränkt;
unbet -lcare hat immer lat. Grundlage zur Voraussetzung (vgl.
iabricare: forger, fodicare fouger. Ebenso sind vorromanisch
^ferr-lcare (ferrum) = altfrz. fergier, *tard-lcare (tardus) =
frz. targer (picard. atargier daher).
ümbus (Marx), nach: (sard. piumu, span. plomo), port. chumbo,
cat. plom, prov. ploni, altfranz. plon, franz. plomb, rät. pluinni,
rum. plumbu, ital. piombo.
S. Georges, s. v. Rom. o = lat. ü. Im Span, und Rum.
Fremd wortanlaut; das sardin. Wort, wegen m = mb, aus
Spanien.
ilStrus und poledrus Füllen, nach: 1) (span. potro, port. potro,
podro bei Sä de Mir and a, cat. potro), prov. poudre-1, franz.
poutre Tragbalken, altfranz. poltre Füllen, dtsch. Folter. 2) rät.
pulieder, gredn. puleder, ital. poledro puledro, venet. puliero,
sicil. pudditru, sard. puddredu.
S. Diez, Et Wt. 1 s. v. poledro u. Anhg., Ducange, s. v.
poledrus. Die bei 1) bestehende Betonung ist nicht volks-
mäfsig lateinisch, daher daran wohl ein aus der gallischen
Pferdezucht übrig gebliebenes Wort (vgl. zur Betonung Dreux:
Durdcasses u. a.) sich zu erkennen giebt. Das Heimatland
des Wortes würde danach Frankreich sein, die spanischen
Formen wären dem altfranz. poltre entnommen; zum span. Aus-
fall des 1 ist in span. azu-fre = sulfur keine Analogie ge-
geben, da azufre gegenüber ital. solfo = sülphur ebenfalls
Lehnwort ist. Erst Italien und Rätien haben die übliche Be-
tonung des mit Muta u. Liqu. die letzte Silbe anlautenden
Wortes; vgl. Archiv I 223-
llicem pollex (Marx), nach: sard. poddighe (span. pulg-ar =
pollicaris, port. pollegar), cat. polse, prov. polce, franz. pouce,
(rät. polsch), ital. pollice. Rom. o = lat. Ö.
ntem pons (Marx ö), nach: sard. ponte, (span. puente), port.
446 G. Gröber:
ponte, cat. pout, prov. pont, frauz. pont, rät. puut (gredn. puent),
runi. punte, ital. ponte.
S. Georges, s. v., Arcb. II 426 fontem.
pöp'lus und plopus = populus Pappel, nach: 1) neuprov. piblu,
piboul pipoulo, bieule, franz. peuplier, mundartl. noch peuple,
friaul. pöul. 2) span. pobo mundartl. chopo, port. choupo,
cat. clop, rum. plopu, ital. pioppo, abruzz. jöppiu, neap. chiuppo,
albaues. plepi — dtsch. Pappel.
S. Georges, s. v., Diez, Et. Wt. I pioppo. Nur scheinbar
wird hier die Arch. I 213 betonte chronologische Formen-
abstufung unter den rom. Sprachen durch die Sprachen Galliens
unterbrochen. Der Grund der Abweichung ist hier, dafs der
populus, der weder als Waldbaum, noch als Terraingewächs im
romanischen Europa (und Deutschland) vorkommt, zu ver-
schiedenen Zeiten daselbst angepflanzt worden ist. Nach dem
Grade der Verwandtschaft der rom. und lat. Wortform ge-
schah es zuerst in Frankreich, das von pop'lus (mit noch im-
versetztem 1 ausgeht); die Fremdheit des Bezeichneten fühlt
man noch an den provenz. Nebenformen, die durch bed-oullo
= betulla, Birke, beeinflufst sein werden. Später kam der •
Baum nach Spanien, dessen einheimische Pappel alamo (span.
port. = Schwarzpappel; s. zur Etymologie Diez; Et. Wt. IIbJ
heilst. Port, choupo bezeichnet auch noch die Erle, und weist
mit p (statt b) auf Einführung aus Italien hin (ital. pi- wird
zu port ch- auch in chaneza = ital. pianezza; vgl. dagegen
port. chäo = planus). Daher denn auch span. pobo (statt
piobo?) Weifspappel und (mundartl.) chopo Erle nicht zum
ältesten span. Wortbestand zählen.
pöpulus = populus trotz des schon lat. vorkommenden poplus,
nach: sard. pobulu, span. pueWo, port. p<5vo (durch povo-o),
cat. pöble, prov. pobles, altfranz. pueple, rät. pievcl, rum. po-
poru, ital. popolo, neap. puopolo.
S. Georges, s. v. Der Begriff ging verloren und machte
gent-em (s. Arch. II 234) in Italien und Frankreich Platz.
Trotzdem gehört populus mit saeculum, regula u. a. Wortern
wegen der regelmäfsigen Diphthongierung des 8, zu den früh-
rom. Lehnwörtern; s. laneus Arch. III 508 u. a. In Spanien
und Südfrankreich war p schon zu -b- geworden, ehe -u- fiel;
in Frankreich fiel u vor der auch nordfranz. Erweichung der
Tenuis zwischen Vokalen.
Vulgärlateinische Substrate romaniucher Wörter. 447
Örcus (Marx), nach: sard. porcu, span. puerco, port. porco,
cat porch, prov. porc, franz. porc, rät pierc, rum. porcu, ital.
porco, neap. paorco.
S. Georges, s. v. Rom. o uo ue, ie = lat. ö. Ebenso bei
örrum (Marx), nach: span. puerro, port. porro, prov. porr,
franz. porr-eau, rät. puorfs, rum. poru, ital. porru, neap. puorro.
Ebenso bei
örta (Marx) nach: sard. porta, span. puerta, port. porta, cat.
porta, prov. porta, franz. porte, rum. pörtä, ital. porta.
Ebenso bei
ortare nach: sard. portare (span. portar, port. portar), cat.
portar, prov. portar, franz. porter, rät. portar, rum. a porta,
ital. portare.
Im Span, dafür levare (span. llevar, port levar), span.-
port. portar nur in übertragenem Sinne, daher entlehnt.
örticus (Marx), nach: prov. porge, franz. porche, rät piert-en
Vorhof, ital. portico, neap. puorteco.
S. Georges, s. v., Diez, Et. Wt 11° porche. Fehlt sonst.
Ebenso 8 bei
Srtus (Marx), nach: sard. portu, span. puerto, port porto, cat.
port, porv. port, franz. port, rum. portu, ital. porto, neap.
puorto. Ebenso bei
5 88 um (Marx), das in sard. pozzu, port. posso; cat. pux, prov.
posc puesc, franz. puis; rät poss, ital. posso, friaul. pu§s,
das lat. ö, trotz den an der Wortform z. T. erfolgten Ver-
änderungen, noch allgemein hervortreten läfst
5ste pöst (Marx 5), nach: 1) sard. pustis, span. pues, port.
pos, cat puix, prov. pueis u. pos, franz. puis, rum. apoi, ital.
poi, friaul. pö.
S. Georges, s. v., Diez, Et. Wt. I poi. Die alte Form
blieb bis zum Franz. neben der kürzeren erhalten; puis (vgl.
huis = os^i-um) verlangt einen Vokal im Auslaut, der vor
vokalisch beginnenden Wörtern, wie das i im Hiat, in die
Stammsilbe trat und t beseitigen half. Im Prov. bestehen die
beiden lat. Formen nebeneinander; der span.- port. Form genügen
poste (vgl. aguen aus aguente aguende = eccum inde, Diez,
Et Wt IP) und post (vgl. span. es = est); doch liegt post
näher. — Ein *postcenium bildeten für rät. pusem pusen
pischegn, ital. pusigno, Nachtimbifs, Storm in Komania V 178,
Ascoli im Arch. glott VII 410.
1
448 G. Gröber:
pöstis, (Marx), nach: cat. post, prov. poet-el, altfranz. post>
norm, pot, franz. pot-eau, rät. piestg; dtsch. Pfosten.
S. Georges, s. v., Diez, Et. Wt. 1IC poteau. In Spanien
und Italien andere Ausdrücke,
pos'tus = positus, nach: span. puesto, port. posto, cat post,
prov. post re-bost, altfranz. rebost, ital. posto.
S. Georges, s. v. Das ital. o beruht auf dem o in porre
= ponere u. s. w.
potere für posse, nach: sard. podere, span. poder, port. poder,
cat. poder, prov. poder, altfrz. podir po-oir, neufrz. pouvoir,
rät. puder, ruui. putere, ital. potere.
S. Diez, Et. Wt. I potere, wo bis ins 8. Jahrh. zurück-
reichende Belege. Dieselbe Übereinstimmung in der nenen
Form bei velle, das *volere und bei esse, das *essere wich;
ersteres vom Frovenzalischen an. In Sardinien und Spanien
für velle: quaerere (sard. querrere, span. port querer),
praegnis? = praegnans nach: span. pren-ada -o, port prenh-
ada; prenhe, cat. preny-ada, -at, prov. prenhs (ungeschlechtig),
altfranz. prains em-prains (ebenso); ital. prggno.
S. Georges, s. v., Diez, Et. Wt. I pregno. Nach port
prenhe gehen auch die Participialbildungen Spaniens eher von
dem Substrat als von der Nebenform praegnas -tis (vgl. auch
Subst. praeguatus) aus, doch kann prov. prenh zu gründe liegen.
Das einzige Adjektiv auf -ans -as? das sich auch die Neben-
form praegnax gefallen lassen mufste, scheint nach dem roma-
nischen Konsens frühzeitig auch eine -is-Form erhalten zu
haben (gravis, schwanger konnte darauf führen), die .für die
unge8chlechtige Wortgestalt der rom. Sprachen erforderlich
ist. Das ital. pregno -a mit sinnloser (nur in übertragenem
Sinne brauchbarer) Maskulinform fallt hiergegen nicht ins
Gewicht (vgl. ital. acre und acro = acer u. a.). Das MA. ge — ■
brauchte das Wort von Mensch und Tier (sard. raidu); di«
gebildeten rom. Sprachen haben für den ersten Fall jetzt
andere Benennungen gefunden,
prandium, nur im rum. pränzu, ital. pranzo.
prendere = prehendere (vgl. Marx), nach: (sard. prendere, span—
prender, 3. Sgl. Präs. prende, port. prender), cat. prendrer
prov. prendre, franz. prendre, rät. prender, rum. a prinde, ital
prendere.
S. Georges, s. v. Nicht sowohl das Fehlen des Dipb —
Vulgarlateinische Substrate romanischer Wörter. 449
honges in der span. 3. Sgl. Präs. macht das vom Ital. ge-
orderte e, etwas zweifelhaft (prov. e zeugt hier nicht für e;
gl. Donat provenz. S. 47), denn das span. prender ist neben
lern einheimischen Ausdruck tomar (ebenso hat für prehen-
lere Sardinien lear, Neapol. acciappare u. s. w.) Lehnwort;
ds vielmehr die durch ital. fgndere (statt fendere = fiudere,
;. Arch. II 287) bezeugte Möglichkeit einer auch hier erfolgten
Ungleichung an t§ndere = tSndere u. s. w., der sich freilich
,uch das Verbum vendere = lat. vendere zu entziehen ver-
uochte.
)8 3us (Marx), nach: span. priesa Eile, port. pressa, cat. pressa,
»rov. pr§s, franz. pres, ital. pr$sso, neap. ap-priesso.
S Georges, s. v., Diez, Et. Wt. I presso; Rom. ie § = lat. e.
mavera aus prima vera und primo vere, Frühling, Früblings-
>lume; nach: (sard. beranu = ver -f- anus — span. verano
iomuier, port. veräo Sommer!), span. prima vera Frühling, port.
>riraavera, cat. primavera, prov. primavera priinver; altfranz.
irimevoire Frühlingsblume; rät. primavera Frühling, ruin. primä-
ferä (vera Sommer), ital. primavera.
S. Georges, s. v. ver.; Darmesteter in Romania V 147 zu
ranz, primevoire. Das Französ. besitzt voire (vera) nicht als
selbständiges Wort. Da printemps erst im MA. die Bedeutung
Frühling annimmt, wird auch in Nordfrankreich primevoire in
liesem Sinne einst bestanden haben. — Aestas bezeichnet den
Jommer vom Prov. an.
neeps (Marx), nach: prov. prince, franz. prince Fürst, ital.
principe.
S. Georges, s. v. In den übrigen Sprachen, die das Fem.
>rinces(8)a der französ. Sprache entnehmen, ist das Msc wahr-
icheinlich ebenfalls Lehnwort.
»da = prora Bug des Schiffes, nach: span. proa, port. proa,
Ät. proa, prov. proa, ital. proda, genues. prua (daher franz.
>roue).
S. Georges, s. v., Diez, Et. Wt. I proa, oben Wölfflin
>. 1 ff. Zur franz. Form s. Arch. glott. III 360; Romania
£ 42. Ein Seitenstück zu proda ist prüdere für prurire s. Diez,
St. Wt. I s. v. und unten. Das Ital. entähnlicht ebenso von
;wei r das eine durch d in rado = rarus u. a., s. Diez, Gramm.
[ 223, Schuchardt, Vok. I 142. Für den Ausfall des einen von
iwei r giebt es keinen weiteren allgemeinroman. Fall. Inlaut, -r-
450 G. Gröber:
fällt allgemein im Geuues., aber auch -d-, und letzteres geben
auch Spanien und Frankreich auf. Bei der Lautfolge r-r unter-
drückt Spanien das eine r z. B. in cribrum: criba, aratrum:
arado. Es könnte daher der Ausfall des -r- im span. proa der
spanischen Lautgeschichte angehören. Indessen bleibt prudire
(s. Ascoli Arch. glott. IX 85) und der Umstand zu berück-
sichtigen, dafs kein zweiter gemeinsamer Fall von Schwund des
zweiten r bei r-r im Rom. vorliegt.
pröde aus prod-est u. ä., nützlich; wacker, nach: altspan. prol,
span. pro, altport. prol, prov. pros, altfranz. prpz prod, franz.
in prud'homme, prüde, rät. prus fromm, ital. prode.
S. Georges, s. v., Diez, Et. Wt. I pro, II0 prode.
propaginem propago, nach: sard. probaina, span. provena, (port.
propagem), prov. . probaina, franz. provin, altfranz. provain,
(ital. provana? propagine), neap. propajena, sicil. purpaina.
S. Georges, s. v., Diez, Et. Wt. I propagine; s. o. S. 443
plantaginem.
propitanus aus prope, nach: prov. propdä nahe (= prov. pro-
benc = propinquus).
S. o. Arch. III 515, longitauus, der mit demselben Mittel
ausgedrückte Gegensatz. Das Ableitungselement steht dem
Provenz. selbst nicht zur Verfügung.
Provlncia (Marx), nach: prov. Provenza, franz. Provence.
Rom. e = lat. 1.
pröximus (Marx), nach: span. pröjimo, (port. proximo, cat
proxim), prov. prosme, altfranz. proisme, ital. prossimo.
S. Georges, s. v., Rom. o = lat. Ö.
p rudere = prurire, nach: port. pruir, cat. pruir, prov. pruzer
pruir, ital. prüdere jucken.
S. Georges, s. v., Diez, Et. Wt. I prüdere; s. o. S. 449
proda. Hier legt prov. z Zeugnis für d statt r ab, da z nur
-d-, nicht -r- vertritt,
püguus (Marx ü), nach: sard. punzu, span. puüo, port. punko,
cat. puny, prov. ponh, franz. poing, rät. puing, rum. pumnu,
ital. pugno.
Prov. franz. o sichern lat. ü; span. port ital. u ist durch
den mouillierten n-Laut bedingt,
püercellus -a aus puellus -a, nach: (altspan. puncella poncella,
altport. pucella, altcat. punceyla), prov. piucella pieucela, alt-
Vulgärlateinischc Substrate romanischer Wörter. 451
franz. puceau pulcelle, ueufranz. pucelle, rät. purscella purscel,
ital. pulzella pulcella (daher das rät. Wort).
S. Diez, Et. Wt. I pulcella. Nur in Gallien. Diez legt
pfillus zu Grunde, dem aber ou in frz. poul-ain u. a. im Wege
steht. Es wird dabei auch das prov. piu- übersehen, das auf
Herkunft von puellus führt. Wie die Volkssprache in grüem
grüs (s. Arch. II 441), füi füissem u. dgl. ü sprach, so auch
in püellus. Daraus bildete die Zeit, die domnicellus aus dominus
schuf, ein püellicellus, woher puelcellus. Diez belegt pulicellus
aus Urkunden von 500—511, Clodvigs Capitular und der Lex
Sal. Daher im Süden Frankreichs ptulcel, dann piueel, im
Norden puleel, pucel u. s. w. Hiervon ist das span. port.
Wort entlehnt, weil das Suffix -cellus span. -cillo lautet; es
hob ebenso wie das Catal. das erste 1 dissimilierend auf.
Ebenso schreibt sich daher das ital. (nichttoscanische) Wort,
wie insbesondere die üblichere Nebenform mit z: pulzella,
die in franz., nicht aber ital. Weise lat. c vor e wiedergiebt,
verrat.
ilejum für pülegium, nach: sard. puleju, span. poleo, port. poejo,
cat. poli-ol, neuprov. poulei-ot, franz. pouli-ot, mundartl. poli,
rat. poley, ital. poleggio, friaul. poleyutt, dtsch. Polei.
S. Georges, s. v., Diez, Et. Wt. I poleggio. Rom. o =
lat. ü.
ilicem pulex, nach: sard. puleghe, span. pulga, port. pulga,
cat. pussa, prov. puse piause, franz. puce, rät. pelisch, rum.
purece, ital. pulee, neap. polece, sicil. purci, venet. pulese,
friaul. puls.
S. Georges, s. v., Diez, Et. Wt. I pulee. Der Ausfall des i
ist erst romanisch. S. Arch. II 285 filicem.
illare pullus (Marx), nach: span. pollo -a, port. (daher polha
Mädchen), pollo, cat. polla, prov. pols, altfranz. polle, franz.
poule poulain u. s. w., rät. pul- am Geflügel, rum. puiu, ital.
pollo, pollare keimen.
S. Georges, s. v., Diez, Et. Wt. n* pollare, II0 poulain,
I pulcella. — Ebenso ü bei:
illicenus, nach: sard. puddighinu, prov. pouzi, altfranz. pulein,
franz. poussin, ital. puleino (neap. pollecino).
S. Georges, s. v., Diez, Et. Wt. II0 poussin. Fehlt in
Spanien. Prov. franz. o = lat. u; das ital. u ist durch -ci
der Endung bestimmt, wie in arbttscello zu arbor (s. Arch. 1 242),
452 ö. Gröber:
cticire = consuere u. a. Ein *pullicinus würde Italien noch
besser entsprechen,
pülmonem pulmo (Marx ü), nach: sard. pimone für plumoue
(span. pulinon, purt. puhnäo, cat. pulmo), prov. polmö, frauz.
pouuion, (rum. pluniänä), ital. polmone.
S. Georges, s. v. In Spanien (bofe), Rätien (lev lomm)
andere Benennungen neben dem Gelehrten wort. — Ebenso ü bei:
pülpa (Marx), nach: sard. pulpa, (span. pulpa), port. polpa (eai
pulpa), rum. pulpä, ital. polpa.
S. Georges, s. v. Fehlt Frankreich. Ebenso ü:
pülsare pülsus (Marx), nach: (sard. bulzu, span. pul so, port.
pulso), cat. pols, prov. pols polsar, franz. pouls pousser, rat
puls, rum. pulsu, ital. polso.
S. Georges, s. v., Diez, Et. Wt. I pulsar. Das Zeitwort
nur in Frankreich in erbwortmäfsiger Gestalt. Das Substautir
vom Provenz. an. Ebenso ü bei:
pültem puls (Marx), nach: span. puch-es Brei, puch-ada Mehl-
pflaster, puch-ero Kochtopf, cat. pultres, altfranz. pqlture pou-
ture u. s. w., rät. pult, ital. polta Brei u. s. w.
S. Georges, s. v., Bomania IX 579, Förster in Rom. Ztschr.
IV 378, Diez, Et. Wt. IIb puches. Das span. u wegen ch
(mucho = multuin). Das sonst nur bei Adj. auftretende fraui.
-ure = -ura (bei Verben -e-ure = at-ura) hat das sinnver-
wandte pät-ure = pastura (neben päte = pasta) berechtigt er-
scheinen lassen.
pülver- und pülvus für pulvis, nach: piuore (*pluvere), span.
polvora polvo, port. pö, cat. pols, prov. podra pols, franz.
poudre und in pouss-iere, von hier an pulverem, rät pulvra,
rum. pulbere, ital. polvere.
S. Georges, s. v., Diez, Et. Wt. Ilc poudre, W. Meyer,
Neutrum S. 57. Die nach genus generis gestaltete Form in
Spanien und Frankreich; rom. o = lat. ü.
pümmicem pumex (Marx etc. U), nach: span. pöniez, port.
pomes, franz. ponce, (rum. pumice), ital. pqmice.
S. Georges, s. v., Diez, Et. Wt. IIC ponce. Rom. o = lat u.
pünetiare aus punctum (Marx ü), nach: span. punzar stechen,
port. punzar, cat. punxar, franz. in poinc-on Piriem (= span.
punzon), ital. ponzare u. s. w. (daher dtsch. punzen).
Ö. Diez, Et. Wt. I punzare, Ascoli im Arch. glott. III 344.
Vulg&rlateiniache Substrate romanischer Wörter. 453
Bildung wie acut-iare, s. Arch. I 235. Rom. o = lat. ü; im
Span. Port, ist u durch -neti- bedingt.
inctuni püngere (Marx punctum püngere), nach: sard. punetu
punghere, span. punto pungir, port. ponto pungir, cai (punto)
punyir, prov. ponch ponher, franz. point poindre, ital. punto
pnngere, rum. im-puntu a im-pung.
S. Georges, s. v., Diez, Et. Wt. I punto. Rom o = lat. ü;
das sonstige u (s. d. voranstehende Wort) ist regelrecht bei
-nc- -ng- in den betreffenden rom. Sprachen. Ebenso ü bei:
ppa = pupa (Puppe, Mädchen), nach: prov. popa, altfranz.
ponpe Brustwarze, daher poup-ard „Säugling" (vermittelnder
Begriff zu Puppe) und poupee (Puppe, = etwas im verklei-
nerten Mafsstabe, Modell), rät. popa Puppe, ital. poppa Brust-
warze, poppare säugen, piemont pupa u. s. w.
S. Georges, s. v., Diez, Et. Wt. I poppa. Nur in Frank-
reich und Italien. Dafs die Bedeutung pup(p)a = Brustwarze
schon im Lat. bestand und die ursprüngliche war, ersieht man
aus pup-illa, die Pupille; sie stellt dich, wie die Brustwarze
inmitten der Brust, so auf dem gewölbten Augapfel (wenn
auch nicht als etwas Hervorstehendes) dar, und konnte daher
eine kleine pup(p)a heifsen. — Ebenso ü bei:
ppis (Marx), nach: span. popa, port. popa, cat. popa, prov.
poppa, franz. poupe, ital. poppa.
S. Georges, s. v.
tidus im sard. pudidu, altspan. ptfdio widerlich, altprov. put,
altfranz. put stinkend, schlecht, (put-ain verhurt, put-aine
Dirne), ital. putto feil, verbuhlt.
S. Georges, s. v., Diez, Et. Wt I putto, Förster in Rom.
Ztschr. HI 565, G. Paris in Romania IX 333 f. Die unmittelbare
Abkunft des ital. putto aus dem lat. Wort ist nach netto =
nitidus (s. Arch. IV 133) und ein paar andern ähnlichen Fällen,
durchaus möglich; aber bei dem Fehlen des Wortes in den
ital. Mundarten, bei der Verwendung von putto nur im abge-
eiteten Sinn, und bei der Herübernahme der Ableitung putt-
ina, Dirne, aus der franz. Sprache (put-aine) nicht durchaus
sicher. Den Sinn des lat. putidus giebt eine Ableitung: puzzo
«= puzzato) und puzzare = *putidiare (vgl. olezzare, = daher
)lezzo wohlriechend, von *olid-iarc aus olidus) im Ital. wieder.
Oer in Frankreich heimische Begriff und Name putaine putain
lat Ratien (putanna) wie Spanien (putana) erreicht, und auch
454 G. Gröber: Vulgärlateinische Substrate roman. Wörter.
das einfache franz. put, -e führt Spanien als puto -a, Lustknabe,
-mädchen weiter (ebenso portug.). Es wäre mithin das lat.
putidus selbst nur in Spanien und Frankreich verblieben. -
Verschieden davon ist das ital. putto Knabe, putta Mädchen,
das erst in der Zeit der Renaissance erscheint, und speziell
von den Genien auf Bildern gesagt wird. Es ist offenbar das
virgilische pütus (Plautus: pütillus) und gelehrtes Lehnwort.
(Wird fortgesetzt.)
Strafsburg i. E. G. Gröber.
Viscera = membra.
Georges7 verzeichnet unter viscus I, B als weiteste körperliche
Bedeutung von viscera „das Fleisch, insofern es mit Haut bedeckt
ist11. Der dichterische Gebrauch* der späteren Zeit geht darüber ge-
legentlich weit hinaus uud verwendet viscera nicht nur schlechthin
für membra, sondern sogar mit besonderer Beziehung auf die Extre-
mitäten. So lesen wir bei Sedulius C. P. V, 284 ff. iam Spiritus
artus | liquerat ad tempus, patulo iam frigida ligno \ viscera pendebad
et adhuc furor arma ministrans \ cuspide perfossum violat latus. Die
Prosaumschreibung bietet einfach membra pendebantj im Verse weißt
die Bezeichnung des Holzes als paiulas zwingend auf die ausgebrei-
teten Arme. Dieselbe Bedeutung tritt noch klarer hervor bei Venan-
tius Fortunatus. Die zweite Strophe seines Hymnus: Vexiüa regis
prodeunt lautet: confixa clavis viscera, \ tendens manus vestigia | rtd-
emptionis gratia \ hie immolaia est hostia. (Nebenher bemerkt kann
die Konstruktion Kaysers (ßeitr. zur Gesch. u. Erkl. d. ältesten
Kirchenhymnen2, 401 J, der confixa viscera neben manus vestigia von
tendes abhängen läfst, und Leos Interpunktion — Gedankenstrich
hinter tendens — aus inneren und äufseren Gründen nicht richtig
sein: vielmehr ist auch confixa parallel zum folgenden tendens als
Attribut von hostia, viscera aber als sogen. Beziehungsaccusativ an-
zusehen, wie schon das Vorbild unserer Stelle, Iuvenc. I, 733 (iuvenis)
confixus viscera tobe, erkennen läfst.) Kayser versucht hier viscera
als Opferfleisch zu erklären, eine Auffassung, welche der Zusatz
frigida bei Sedulius hinreichend widerlegt. Die Erweiterung des Be-
griffes scheint mir vielmehr von Brust und Armen ausgegangen zu
sein. Auf der Grenze stehen bereits Stellen, wie Statins Silv. III 5, 30,
wo die Gattin den Kranz dos gekrönten Dichters küfst, tnc — indu-
tum Cacsaris auro visceribus complexa tuis, — denn nur an eine
begrüfsende Umarmung dos heimkehrenden Gatten kann gedacht
werden — und Silv. V 5, 8, wo der jugendliche Liebling des
Dichters verscheidet, morientibusi eecc lacertis viscera nostra tenens
animamque.
Braunschweig. Wilhelm Brandes.
Die lateinischen Adverhia auf -iter.
Über die Herkunft der eigentümlichen lateinischen Adverbial-
bildung mit -iter, -ter hat die ältere vergleichende Sprachwissen-
schaft nur solche Hypothesen vorgebracht, die heute ohne weiteres
als unbrauchbar erscheinen. Die jüngeren Forscher mit ihrem
geringeren Wagemut sind an der crux meist wie an einem Kräut-
lern Rührmichnichtan stillschweigend vorübergegangen. Ich bin
im Begriff, eine Lösung des Problems vorzuschlagen, die hoffent-
lich den Nagel auf den Kopf trifft, jedenfalls dem Leser über-
raschend vorkommen wird.
Brev-iter describere Cic. ist ckurz-weg beschreiben', long-
iter errat Lucr. 3, 674 'irrt einen laugen Weg dahin', cclcr-
iter mittere Cic. Schnellen Weges schicken', simplic-itcr ex-
pönere Cic. cschlecht-weg auseinandersetzen'. Wie kann man
das bei Cicero beliebte hreviter simpliciterque dlcerc (Arch. 12.
oflf. 2, 9) besser verdeutschen als durch 'kurzweg und schlecht-
weg sagen'? Denn iter simplex wird gesagt, wie breve iterf
jenes z. B. bei Cic. nat. deor. 2, 57. — Des Gellius' agitärc vin-
demiatn amoen-iter (noct. Att. 20, 8, 1), gleichsam *wonnigen
Weges herbsten', und andererseits moll-itcr 'auf sanftem
Wege', welches man an Beispielen wie molliter sustinc niv,
cave ne cadam Plaut. Pseud. 1296, quod ferendum est molliter
sapienti Cic. senect. 2 sich veranschaulichen mag, stellen sich in
das Licht der bei Quint. inst. 4, 2, 46 vorkommenden Verbindung
amoenum ac molle iter; vgl. auch mollior et magis trlta via
Quint., volo id quam mollissimd viä cönsequi 'auf die schonendste
Weise' Liv. — Das dür-iter kann als 'harten Weges, auf müh-
samem Pfade' gefafst werden in vltam düriter ag'ebat Ter. Andr.
1, 1, 47, parce ac düriter se Jiabere id. Ad. 1, 1, 20, düriter me
habere Nov. b. Non. p. 512, düriter vös cducüvit atqtic aspere
Caecil. b. Non. ibid., quam düriter nunc cönsub) tergö meo Afran.
b. Non. ibid., membra moventes düriter Lucr. 5, 1400, verbts du-
456 H. Osthoff:
riter aliunde tränslätls Cornif. rhet. 4, 10, 15; es ist dann düriter
anzuschliefsen an weit iter durum pietäs Verg. Aen. 6, 688, iter
naque impervium neque saltem durum Quint. inst. 12, 11, 11. -
Dem sollemn-iter mögen wir die Bedeutung 'auf feierlichem
Wege' geben auf Grund von iter sollemne Cic. Mil. 10. -
Pröcllv-iter ist zwanglos = procllve iter, geinäfs via pro-
cllvis Liv. (Georges lat.-deutsch. Handwörterbuch II7 1735). —
Audi selbst bei effieäc-iter wird an die Möglichkeit der Deu-
tung 'auf wirksamem Wege* gemahnt und die Anreihung an
die Musterbeispiele breviter, longiter nahe gelegt durch das bekannte
wohl schon den Alten als 'geflügeltes Wort9 dienende longum
iter est per praeeepta, breve et effieäx per exempla Sen. epist
1, 6, 5. — Eins der am frühesten bezeugten von unseren Adverbia
ist das schon aus Liv. Andron. angeführte aequ-iter; ein aequum
iter 'ebener Weg, gleich müfsig dahingehender Weg* würde, wie
auch aequälc iter als die Grundlage von äequäl-itcr, sicher
nicht unlateinisch sein.
Dafs die Wörter für 'Weg, Gang', wie gerade Weg im
gesamten germanischen Sprachgebiet, metaphorisch zur Bezeich-
nung der Begriffe 'Verfahrungsweise, Methode, Art und Weise',
auch 'Mittel, Mittel und Wege', 'Verlauf einer Sache" u. dergl.
gelangen, ist eine aus sehr vielen Sprachen bekannte bedeutungs-
geschichtliche Thatsache, für die es hier genügt, auf den dieser-
artigen Gebrauch von lat. (und romanisch) via, cursus, griech.
ddög und pifr-odog (unser Methode), itÖQog, franz. cJwmin zu ver-
weisen. Auch iter, das wir eben in den Adverbien suchen, ist
in solcher Verwendung ja dem Latein geläufig; man erinnere
sich nur an patiämur illum Ire nostris itineribus Cic, natura*
sub quodam itinere ad ultimum pervenire Cic, duo itinera
audendl Tac, nows et exquisites eloquentiae itineribus opus est
Tac, iter amoris nostrl et officil tnci Plin. und anderes leichten
Weges in den Wörterbüchern zu Findendes. Beiläufig erwähne
ich auch, dafs das mit lat. i-ter wurzelverwandte aind. e-va-s m.
'Lauf, Gang' nach vedischem Sprachgebrauche im Instrum. plur.
evaish ausdrückt: 'nach der Handlungsweise, nach Gewohnheit,
in gewohnter Weise' ( Böhtlingk-Roth Sanskritwörterb. I 1101,
Grafsniann Wörterb. z. Rigv. 303).
Die Gruppe der lat. brev-iter und Genossen ist schöpferisch
geworden, sodafs hier der Prozefs der Suffixbildung abgeschlossen
vorliegt. Unsere kurzweg, schlccid-weg , ferner durch-weg, frisch-
Die lateinischen Adverbia auf -iter. 457
weg, JicUb-weg, leicht-weg, rund-tceg, schlank-toeg bergen auch den
Accusativ in adverbialer Erstarrung; den des Plurals alle-wcrße
(wie engl, cdways, im romanischen ital. tuttavia, span. todas
vias, franz. toutes wies) und halb-tcege, wofür noch bei Goethe
halbe-tvege (vgl. Mor. Heyne in Grimms deutsch. Wörterb. II 2,
218 f.). Aber diese deutschen Zusammenrückungen nebst den
hinzukommenden genitivischen gerades-wegs, haJb-wegs, Tceines-wegs
sind noch loserer Art, der Prozefs der Suffixbildung ist hier erst
im Werden, und es kann fraglich erscheinen, ob in unserer
Sprache jemals ein solches Heer von nachgeschaffenen Analogie-
bildungen mit -weg, -wegs zu stände kommen wird, wie bei der
in Parallele stehenden lateinischen Formenkategorie. In dem
deutschen Falle nähert sich das zweite Glied der „Juxtaposi-
tionen" erst dem Charakter eines Suffixes, lai -iter hat denselben
erreicht.
Indem Paul Princip. d. Sprachgesch.2 294 ff. scharfsinnig und
umsichtig die Bedingungen uud Umstände erläutert-, unter denen
Ableitungssuffixe ins Leben treten, bemerkt er unter anderm:
'Dieselben entstehen anfänglich stets so, dass ein Kompositions-
glied die Fühlung mit dem ursprünglich identischen einfachen
Worte verliert. Es mufs aber noch mehreres andere hinzu-
kommen, damit ein wortbildendes Element entsteht. Erstlich
muXs das andere Glied etymologisch klar sein, mit einem ver-
wandten Worte oder einer verwandten Wortgruppe associiert
sein, was z. B. bei Adler ; Wimper nicht der Fall ist. Zweitens
mufs das Element nicht blofs in vereinzelten Wortern auftreten
(wie in Nachbar, Bräutigam), sondern in einer Gruppe von
Wortern und in allen mit gleicher Bedeutung. Sind diese beiden
Bedingungen erfüllt, so kann die Gruppe schöpferisch werden
und sich durch Neuschöpfungen nach den auf dem Wege der
Komposition entstandenen Mustern vermehren. Es mufs dann
aber drittens noch die Bedeutung des betreffenden Kompositions-
gliedes entweder schon im Simplex eine gewisse abstrakte All-
gemeinheit haben (wie Wesen, Eigenschaft, Thun) oder sich
innerhalb der Komposition aus der individuelleren, sinnlicheren
des Simplex entwickeln. Dieser letztere Umstand kann sogar
unter Umständen entscheidend sein, wenn auch" das Gefühl des
Zusammenhangs mit dem Simplex noch nicht ganz verloren ist.'
Alle diese Momente treffen bis ins Einzelnste zu bei dem
Ursprünge des lat. durchgehenden Adverbialsuffixes -iter aus dem
Archiv für Ul Lexikogr. IV. Heft 3. 4.
458 H. Osthoff:
Subst. iter 'Weg', sodafs dieser lat. Wortschöpfungsfall fortan wohl
mit zu den Illustrationen der Paulschen Sätze wird gehören können.
Nahe liegt auch die Vergleichung mit dem romanischen -wettie
aus dem Abi. sing. lat. mente. Hier ist das nur noch rein forma-
tive Wesen des Ableitungselementes fertig entwickelt, seitdem
'durch die Analogie Bildungsweisen geschaffen werden, die als
Composita undenkbar sind'. Kann man zwar noch franz. fim-
ment, siticire-ment als ferä mente, sincerä mente auffassen, nicht
so jedoch mehr ein receni-ment (recente mente), nullc-meni (nuttä
mente) u. dgl. (Paul a. a. 0. 295), so ist auch die Widersinnigkeit
eines amabüc iter, fidele iter, avärum iter, vollends eines amteum
iter oder memar iter, neben amabil-iter, fidel-iter, avär-iter, amic-iter,
metnor-iter das Kennzeichen der zum Abschlufs gelangten Suffix-
bildung.
Noch bleiben einige das Formale betreffende Fragen zu er-
ledigen übrig.
Am leichtesten fügen sich der Auffassung als Juxtaposita
mit iter *Weg' die von adjektivischen t-Stämmen mit Neutr. sing,
auf -e ausgehenden Advcrbia. Also: äcriter, alacriter, bremkr,
celeriter7 cofnmüniter, dulciter, fortiter, granditer, graviter, immänikr,
inäniter, insigniter, iügiter, leniter, leniter, molliter, muliehriter, pin-
guiter, pröcliviter, salübriter, segniter, sollemniter, suäviter, tenuiter,
turpiter; familiäriter, mllitäriter, populäriter, singuläriter, vulgäriier;
aeqaäliter, capitäliter, fdtäliter, immortäliter , nätürälitcr, quäliter,
regäliter, tälitcr: crudeliter, fideliier; aniliter, clwliter, exiliter, hosti-
liier, sübtlliter, viliter; diffieiliter, facUiter, fertiliter, humiliter, simi-
liier, ütäitcr; admlräbiliter, aequabiliter, amabilitcr, innumcralrililtr<
laudähiliter, notäbilitcr, placäbiliter; debiliter, flebüiter; arldtbiliter;
möbilitcr, nobiliter u. s. w. Wie man sieht, eine sehr stattliche
Reihe. Es ist, wie niemand bezweifeln wird, brev' iter die Aus-
sprache gewesen, die breve iUyr im sermo des gewöhnlichen Lebens
bei raschem und engem Aneinanderschliefsen des Adjectivs und
des hinterdrein folgenden Substantivs hatte.
Zu adjektivischen o-Stämmen, Neutr. sing, -um, gehören u. a.
(ich treffe eine Auswahl nach Neue Formenl. II2 653 ff.): aeqmfaj
amUiter, amoenittr, ampliter, avärüer, blanditcr, crebriter, düriter,
ßrmitcr, hütnäniter, igmvüer, irtfiümänüer, largiter, Umgiter, mot'
stiter, miseriter, munditer, nävitcr (gnäviter), primiter, probiter, prägna-
nter, protervitcr, püriter, saeviter, severiter, sinceriter, torviter, ünitcr.
Auch bei diesen kann der Typus noch wohl von einfacher
Die lateinischen Adverbia auf -iter. 459
Zusammenrückung der neutralen Adjektivform mit iter und daraus
sich ergebender Einverleibung des letzteren ausgegangen sein:
lomuf iter aus *hngo(m) iter nach bekannter frühzeitiger Auf-
lösung des intervokalischen labialen Nasals. Zwar für die Sprache
der Poesie und wohl auch des in feierlicherem Tempo einher-
schreitenden rednerischen Vortrags ist aus Zeugnissen der Alten
selbst zu entnehmen, dafs bei der scheinbaren Elision auch der
erste Vokal schwach gehört wurde (vgl. W. Christ Metrik d.
Griech. u. Rom.2 33); es mag da etwa longo iter wie auch brevr
üer9 mit unsilbisch oder konsonantisch gewordenem o (beziehungs-
weise spater u) und j?, geklungen haben. Indes die alltägliche
Umgangssprache blieb bei solchem Grade der Verschmelzung
eng zusammengehöriger Satzelemente höchst wahrscheinlich nicht
stehen; das beweisen anim' adwrtcre und vcn' irr = venum Ire
klärlich. Wie diese aus der Umgangssprache ins Hoch lat ein
Aufnahme fanden , so wäre das Gleiche unbedenklich auch von
den zu adverbialen Einheiten festgewachsenen Redetypen wie
long' iter zu behaupten.*)
Übrigens waren die an Zahl nicht sehr wenigen Adverbia
auf -iter zu Adjektiven auf -ms, -a, -um (-er, -ra, -rutn und -cra,
~era, -erum) dem Gebrauche der klassischen Prosa bekanntlich —
bis auf verschwindend wenige Reste, wie etwa firmiter, hütnaniter,
mhümäniter, perhümäniter, largiter, (g)näviter} ignäviter — fremd
geblieben oder, richtiger gesagt, abhanden gekommen; sie finden
sich Vorzüglich bei den älteren Dichtern [Plautus, Terenz, Ennius
u. a.l und bei ihren späteren Nachahmern', wofür die Belege bei
Neue a. a. 0. gegeben werden. Es hatte eben diese Gruppe einen
glücklicheren Konkurrenten an den altererbten ablativischen Formen
auf -e, altlat. -cd (facilnmed, wie osk. amprufid). Freilich wird
man sagen: aber auch die Bildungen auf -iter von adjektivischen
*) Die oben erwähnten Erscheinungen legen auch den Gedanken nahe,
dafs nihil und nön eigentlich auf die vor folgendem Vokal entstandenen
Gestaltungen der alten Vollformen *ni-liilum, n-oenum zurückgehen. Indem
dann antevokalisches *nihiV spater auch vor Konsonanten und in pausa
gesetzt wurde, erlitt es in solcher Stellung die Verkürzung zu niliil, was
dann auf das noch daneben bestehende *nihilum den Einflnfs hatte, dafs
dieses analogisch nach nihil sein i verkürzte, daher nütilutn. Bei noenum
entsprang zunächst antevokalisch ein *nocn. Letzteres auf die antekonso-
nantischen Stellungen übertragen ergab hier die Komprimierung zu nön,
denn anderweitig dürfte der eigentümliche Lautwandel von o« zu ö, der
beispiellos ist, kaum zu motivieren sein.
460 H. Osthoff:
«'-Stammen der sogenannten dritten Deklination hatten einen
Rivalen an der adverbial gesetzten Neutralform auf -e, und von
diesen sind ja auch einige, wenngleich sehr wenige, Exemplare
dem Prosagebrauch der klassischen Latinität verblieben; facüe
und impüne nämlich, da das sublime bei Cicero, Livius, Plinius u. a.
abweichend von dem sublime der Dichter (Lucr., Verg.) ein sub-
lime sein kann als zu der Nebenform des Adjektivs sublimus
gehörig, ebenso hilare bei Prosaikern (Cic, Tac, Suet, Gell)
von hüarus kommen mag. Vgl. Neue a. a. 0. 658 ff. Indes es
herrscht doch ein Unterschied zwischen den beiden Konkurrenz-
fallen. Eine alte Casusform eines Nominalparadigmas hat dann
mehr Aussicht, im adverbialen Gebrauche fortzuleben, wenn sie
als Casusform erstarrt den Anschlufs an den paradigmatischen
Verband verloren hat. Eine solche 'isolierte Form* war aber
die ablativische auf *c(d); während cdere, dulce, grave, iüge, suäve
u. dgl., weil sie zugleich Neutr. sing, waren, darum dem dichte-
rischen Freiheits- und Versbedürfnisse als Adverbia zwar vor-
behalten blieben, der Prosarede aber weniger genehm waren, die
Formen heischte, welche im Gegensatz zu andern deutlich als
einer bestimmten Begriffskategorie dienend charakterisiert waren.
Es kommen an die Reihe die Bildungen auf -iter von
Konsonantstämmen der Adjektiva dritter Deklination, die für den
Nom. sing, aller drei Genera nur eine einzige Form haben und
diese auch für das Neutr. sing, im Acc. verwenden. Derartige
also wie: cmdäciter, efficäciter, falläciter, feräcüer, loquäciter, mendä-
cüer, minäciter, mordäcitcr, pertinäciter, pervicäciter, pugnäciter,
rapäciter, tcnäciter, viväciter, voräciter; atröciter, feröcüer, velöciter;
fcllciter, pemlciter; dupliciter, multipliciter, simplicitcr, supplicüer,
tripliciter; concorditer, misericorditer, vecordüer; praecipiter; memor-
iter, pariter.
An sich steht nichts im Wege, diese samt und sonders als
Analogiebildungen nach Mustern von der Gruppe, für die uns
brev-itcr der Hauptrepräsentant ist, zu betrachten. Und das
stünde ja nur im Einklang mit dem ganzen bekannten historischen
Verhältnis der konsonantischen lat. Deklination zu der der
i-Stäinme. Gerade beim Adjektiv ist ja die Abhängigkeit der
Flexion der Konsonantstämme von derjenigen der auf -i- aas-
lautenden Themen eine besonders grofse, insofern als hier t-Casus-
bildungen wie der Abi. sing, auf -», das Neutr. plur. auf -iay der
Gen. plur. auf -tum an der Tagesordnung sind, wo im entr
Die lateinischen Adverbia auf -iter. 461
sprechenden Falle der substantivische konsonantisch ausgehende
3tamm die Angleichung an die i-Deklination noch verschmäht.
Vgl. Verf. Forschungen im Geb. d. indog. nomin. Stammbild. II 38 ff.
Nichtsdestoweniger verdient hier eine andere Ansicht der
Sache ebenfalls Erwägung. In solchen Wörtern dieser Gruppe,
>ei denen das Suffix -iter gemäfs der Verbindungsfahigkeit des
Idjektivbegriffes mit iter ^Weg wohl noch nicht von vorneherein
Ha •Suffix' angetreten sein mag, also vor allem in efficäc-iter
ind simplic-iter, dürften vielleicht auch wohl die alten des -s noch
ermangelnden Neutralformen der adjektivischen Eonsonantstämme
stecken. Denn diese müssen ja eben *efficäc, *simplec (= *simplic
for Vokal) gewesen sein, bevor, um mit Pott in seinem Artikel
Geschlecht' Ersch u. Grubers Encyklop. S. 402 b. zu reden, cder
•ömische Sprachgeist' mit der 'Einschwärzung' des geschlechtigen
STominativ-5 in das Neutr. sing, und 'sogar (mirabile dictu!) in
len Acc' jene 'derbe Ohrfeige sich selber verabreichte', die
3rugmann Kuhns Zeitschr. XXIV 42 zu motivieren versucht hat.
Zwar auf die vermeintlichen Spuren solcher ursprünglich 5- losen
STeutralformen in Plautinischen Messungen wie duplex Bacch. 641,
las = *duplcc wäre (Böcheler-Windekilde Grundr. d. lat Dekl.
$21 S. 11, Fr. Stolz Handb. d. klass. Altertumswiss. II 205), ist
lerzlich wenig zu geben. Jedoch es zeigt sich der Prozefs der
Suffixbildung von -iter schon beim Beginn der lateinischen Littera-
ur vollkommen abgeschlossen; er raufs mithin, da solche Ent-
vickelungen naturgemäfs lange Zeiträume brauchen, in einer
rerhältnismäfsig sehr frühen Periode seinen Anfang genommen
laben. Und für eine so alte Zeit noch Neutralformen wie
*efficäc, *simplec vorauszusetzen, hätte kaum etwas Anstöfsiges.
iVenn pär-iter, was die Denkbarkeit eines iter pär wohl zuliefse
vgl. oben S. 456 über aeqttiter), mit zu dem Grundbestande der
faxtaposita und späteren Adverbia gehört haben sollte, konnte
is ein altes Neutr. sing. *pär (beziehungsweise auch *pä$) ent-
talten, das zu pär (*piis) Masc. Fem. sich verhielte, wie im
griechischen 6aq>eg, eldog^ unaroQ, evdaifiov zu den geschlechtigen
tfom.-sing.-Formen auf -?}g, -<6$, -op, -cov.
Nur eine Appendix der vorhergehenden Gruppe bilden die
adverbia von Konsonantstämmen, denen das ~i- von -iter fehlt:
ludäcter; inerter, sollerter; arroganter, cvnstantcr, eleganter, petu-
anter, praestanter, vacanter, vigilanter; andenter, clementer, cmenter,
tUigenter, flörenter, framhdenter, freqnenter, insolenter, lubenter, lü-
462 H. Oethoff:
ctdenter, magnifxoenter, negligenter, nocenter, opulenter, patienter, poten-
ter, prüdenter, pudenter (impudenter), recenter, sapienter (insipienter),
temulenter, turbulenter, valenter, vehementer, violcntcr u. a. mehr.
Dafs das -i- hier nie vorhanden gewesen sei, werden
wohl nur wenige angenommen haben. Obwohl die Ansetzung
einer i/leichung brevi-ter: brevi-s = audäc-ter: audäcs auf den
ersten Blick etwas Scheinbares für sich hätte, scheitert sie doch
an der Konsequenz, dafs alle übrigen Bildungen dieses Typus,
inerter, soüerter und die sämtlichen auf -anter, enter, für Analogie-
schöpfungen nach dem einzigen audäcter — etwa mit Hilfe einer
Parallele audäc-: audäc-ter = frequent-: *frequen(hter d. i. frequenter
— erklärt werden müfsten. Denn altes -ter könnten die soüerter,
arroganter, insolenter und Genossen nicht gehabt haben, da dann
bekanntlich, nach versus, seänsum, sensus u. dgl., für -tt- ein -s-
^ erscheinen uiüfste. Und nach brevi-ter, wenn man diese Analogie
geltend machen wollte, wären eben höchstwahrscheinlich nur
Formen wie * arrogant- iter, *insolent-itcr entsprungen, demgemäCs
wie die Casus auf -ia Neutr. plur., -ium Gen. plur. und zumal
-ibits Dat.-Abl. plur. bei den Adjektiven arrogäns, insolens an-
erkanntermafsen Formübertragungen von den entsprechenden
Casus der Nomina brevi-s, communis u. s. w. sind.
Gehen wir auch hier davon aus, dafs ursprünglich -iter *-weg;
-wegs' sich angefügt habe, so löst sich alles trotz scheinbarer
Schwierigkeiten in befriedigender Weise.
Zunächst hat es mit den beiden inerter, sollerter seine eigene
Bewandtnis. Das Nomen ars Fem. aus *ar-ti-s gehörte vermöge
seiner Stammbildung von Hause aus der t-Deklination an (Gen.
plur. arti-um); also hatten die adjektivischen Komposita einmal
die neutralen Singularformen *in-erte, *soll-erte. Die für die Ad-
verbia zu rekonstruierenden Grundformen auf -iter waren folglich
hinsichtlich ihres Ursprunges wie brev-iter zu bemessen: *soUerP
iter aus *sollerte iter.
Unter den zahlreicheren auf -anter, -enter könnten etwa de-
menter, frequenter und recenter zu den ältesten Gebilden und Be-
gründern dieses Typus gehört haben. In *clement-iter, *frequcnt'
iter, *recent-iter wären die Anfangsglieder auf -ent wiederum für
die genuinen alten Formen des Neutr. sing, der Adjektive zn
halten. Soweit die Bedeutung in Betracht kommt, wäre *recent-
iter eigentlich 'frisch-wegs, recenti via9; unser frisch-tveg hat sich
nur in etwas anderem Sinne festgesetzt Frequens als Beiwort
Die lateinischen Adverbia auf -iter. 463
ron iter erscheint bei Quintilian decl. (nach Georges Haiid-
Brörterb. I7 2635): frequentissimum rotis iter; frequens via
bat Ovid ars am. 1, 585. 586. Was Clemens anbetrifft, so hat
man bereits mit vollem Recht als dessen ursprüngliche Bedeu-
tung den sinnlichen Begriff von 'gemach aufsteigend, sanft ge-
leigt', von Lokalitäten, festgestellt und durch Anschlufs des
Wortes an die Sippe clinärc, re-cllnis, divus, ac-divis etymologisch
in begründen gesucht; vgl. Breal mem. de la soc. de linguist.
H 248 ff., Breal-Bailly dict. etymol. lat. 45 a. Dieser Sinn kommt
lamentlich dem Adv. dementer, und mit Vorliebe in der Sprache
les Tacitus, zu: colles clementer assurgentes Tac. ann. 13, 38,
ff qua clementer accedi poterant id. ann. 12, 33, moUl et demen-
ter editö montis Äbnöbae iugö id Germ. 1, exploräri $1 qua Apen-
rtm iuga clementius adwentur id. hist. 3, 52; dazu vgl. noch
xMem clementer et molliter assurgentem Col. 2, 2, clementer
idö colle Sen. Oed. 285 rec. Leo, dementer crescentc iugö Sil. 1,
}74.*) Also mochte auch ein cUmens iter, obzwar ich es nicht
lach weisen kann, lateinisch wohl gesagt werden; die Reihen
iemens iter — *dement4ter und moUe iter — moU-üer (s. oben
3. 455) stellen sich als Parallelen synonymer Ausdrucksweisen
lar; überdies wäre das demens iter nur die Kehrseite von iter
lecllve senectae Ov. met. 15, 227; vgl. auch prödiv-itcr S. 456.
*) Die lautliche Seite seiner Etymologie hat freilich Bre*al durch das
nem. III 250 über das 'changement d'un e en V Gesagte nur ungenügend
«gründet. Man darf aber mit Anknüpfung an die Präsensstammbildung
on aind. cräy-a-te med. f lehnt sich', avest. sray-a-ta Imperf. das de- von
le-mens aus *clei-e- gewinnen; vgl. tres% monete und andere Beispiele für
»ynizese nach intervokalischem Jodschwund im Lat. bei Brugmann Grundr.
1. vergleich. Gramm. I § 134 S. 122. Da nun eine Suffixform -ment- als pri-
läre Ableitung aus Verbalstämmen ohne Stützen ist, würde man weiter
nnehmen können, daß Clemens aus *cleie-mens und vehe-mens, die beiden
inzigen Typen dieser Art, frühzeitig entstandene Verkürzungen aus *cleje~
ieno-8, *vtlie-mcnO'S seien, mit der wohl sehr alten Endvokalsynkope wie
i datnnüs, Campäns, in vir, liber, puer, socer, altlat. famvil. Nach Vollzug der
ynkope veranlafste der Nom. sing, auf -mens die Heteroklisie nach Art
er Participia praes. act. Die Auffassung als mediale Präsensparticipien
ad Ebenbilder von aind. cräya-mäna-s , vdha-mdna-s entspricht trefflich
en Bedeutungen von Clemens, vehemens (letzteres eig. * bewegt9 , d. i. f stark
ewegt', wie ja auch deutsches Woge derselben Wurzel angehört); vehemens
äre mithin auch der Nom. Bing, zu dem Nom. plur. vehimini; die lat.
puren der indog. Medialparticipbildung in alu-mnu-s, Vertu-mnu-s erhielten
illkommene Vermehrung.
4(34 H. Osthoff:
Die Synkope nun von audäc-itcr zu audäc 'ter, *$oUert-iter zu
solkr(ty ter, *frcquent-iter zu frequen(t)' ter ist wohl zu begründen.
Alle diese Adverbia mit -ter für -Her haben formal das mit
einander gemein , dafs sie in der letzten Silbe des Adjektn-
stamnies Natur- oder Positionslänge (-ac-, -ert-^ -ant-, -mir) auf-
weisen. Darnach scheint es eben Lautgesetz für das Latein ge-
wesen zu sein, dafs für den Eintritt der Synkope eines kurzen
Mittelvokals in einer anderen als der zweiten Wortsilbe
vorausgehende Silbenlänge die nötige Vorbedingung war. In der
zweiten Wortsilbe nämlich erfolgt allerdings ja die Vokalunter-
drückung ohne Rücksicht auf die Quantität der Wortanlautssilbe,
die auch nach meiner Ansicht von der lateinischen Betonung
ursprünglich alle nachfolgenden an Kraft des expiratorischen
Accentes überwog; also dafs wir sowohl lardum neben läridtm,
ardere neben äridus, aetas aus *aev'täs neben aevitäs, örnäre ans
*örd?näre neben ordinäre (Breal-Bailly dict. etymol. lat 237a)
mit Synkope nach langer, als auch Fälle wie valde neben vaü-
dus, andere neben avidus mit solcher nach kurzer erster Silbe
haben. Mit Notwendigkeit oder, richtiger ausgedrückt, unter
allen durch die Satzfügung und das Redetempo herbeigeführten
Umständen tritt freilich auch die an vorhergehende Vokallänge
gebundene Synkope in dritter Wortsilbe, sowie in vierter (ar-
roganter, diligetitcr) oder fünfter (insipicnter), nicht ein. Daher wir
denn in audacter neben audäcitcr denselben Dualismus von *Schnell-
sprechform' und 'Form der geringeren Geschwindigkeit9 (vgl.
0. Behaghel Litteraturbl. f. german. u. roman. Philol. VII. Jahrg.
1886 S. 443) haben, wie in jenen Double fcten lardum läridm,
valde valide u. s. w. Dem Umstände, dafs so entschieden bei
allen Adverbien auf -erter, -anter, -enter die synkopierte unter
den beiden Satzzwillingsformen vom Sprachgebrauch zur allein-
herrschenden gestempelt wurde, liegt ein unverkennbares eupho-
nisches Bestreben zu Grunde, da ja die schwesterlichen Gebilde
auf *-ert-itcr, *~ant~iter, *-cnt-iUr mifsklingender waren. Wenn
nicht das einzige widerstrebende audacter wäre, könnte man so-
gar daran denken, für -erter, -anter, -enter sich auf die bekannten
lateinischen Erscheinungen des 'Silben Verlustes durch Dissimilation
zu berufen (vgl. Fick Kuhns Zeitschr. XXII 98 ff. 371 f., Brugmann
Grundr. d. vergleich. Gramm. I § 643 S. 484); manches aber unter
diese Rubrik Gestellte, wie cönstietüdo, inquictüdo, honestäs (falls
aus *honestitäs), würde auch nach unserer für audacter und Ge-
Die lateinischen Adverbia anf -iter. 465
m angenommenen Synkoperegel sich erklären, lüculetitäs
u lüctdenti-täs wäre wie lüculmter neben der zu erschliefsen-
Vollform *lüculent'iter*)
Mehreren der Adverbia auf -enter stehen Adjektiva auf -entus
Jeite. Solche sind: cruentcr, fraudulenter, lüculenter, opulenter,
lenter, turbulenter, violenter. Da zum Teil Nebenformen auf
ftir die Adjektiva bezeugt sind, opulens, viotens, Abi. sing.
hdentiy Dat.-Abh plur. turbulentibus (Neue Formenl. II2 657),
it wahrscheinlich anzunehmen, dafs nach dem Adverbium
r auf -enter die Umgestaltung des Adverbialausganges -cnte
lenen, deren Adjektiv nur in der Form -entus auftritt, vor
gegangen sei: nach der Doppelforniigkcit opulenter (zu opu-
und opulente (zu opulmtus) könnte sich ein cruenter neben
te eingestellt haben. Darauf zurückzugehen, dafs das für
ter vorauszusetzende vollformige *cruent-iter auch so wie die
Uer7 dür-üer ins Leben getreten sein könnte (s. oben S. 458 f.),
iehlt sich kaum bei diesen nicht den Eindruck sehr früher
pfung machenden cruenter, lüctilenter, teniulenter. Magnificenter
iv. 'entspricht den Komparationsformen magnifkentior tnagni-
issimus9 (Neue a. a. 0.)
Isoliert stehen da drei Formen auf -ulter: altlat. faculter,
[für difßciliter herrschende) klassische dif'ficuUer , altlat. sir
r; vgl. die Belege bei Neue Formenl. II* 658. 661. Diese
Den nur Erweiterungen der alten Adverbialformen f'acul,
\üj simul durch das allmählich um sich greifende -ür, welches
evi-ter, audäc-ter nachgerade als Endung empfunden wurde,
sin. Auch gilt ja die Gleichung brevi-täs: brevi-ter = facuJr
imul-täs: facul-ter, simul-ter.
*) Lat. mätertera 'MutterschweBter, Tante' ist, richtig aufgefaßt,
nalogon der gleichen Synkope des Anlauts i- eines angewachsenen
in Wortes, wie in unseren Adverbien audäcter u. s. w. ; ein zu schlagen-
de dafs ich hier daran vorbeigehen könnte. Dafs darin mäter *itera,
quasi mäter altera9 schon nach Paul. Fest. p. 136, 6 Müll., steckt —
Fem. zu itcrum Neutr. adv., aind. i tara-s rder andere' — nach der
so Deutung Potts Etyin. Forsch. I2 291. 724 Anm. Kuhns Zeitschr.
155 (vgl. Corssen Ausspr. II* 584), wage ich uicht zu bezweifeln. Man
aber von einem alten *mäter-iterä, mit noch unverkürztem e in * mäter
ech. tiäzriQ, ausgehen. Daraus entsprang *mäter'terät mäter - ter a, wie
-ter aus audac-iter; Synkope in einem *mäter-ittra hätte nur zu *mätr-
reführt. — Breals Experiment mit dem in der Luft schwebenden griech.
iöxiiQct (vgl. mem. de la soc. de linguist. V 348 not, Bidtil -Bailly
etymol. lat. 184 a), lasse ich auf sich beruhen.
466 H. Osthoff: Die lateinischen Adverbia auf -iter.
Zu den Analogiebildungen gehören auch aliier und nequiier.
Ersteres, weil natürlich nicht von einem *aliud-iter oder *alid-üer
ausgegangen werden kann. Vielmehr, wie düritcr, longüer von
dürtis, longuSy so kam ein *ali-iter von alius und wurde dann
ähnlich zu aiiter, wie capis capit capite, subicio, Gen. öbicis Ver-
wandlungen vorausliegender Formen mit -tt- sind; oder auch bil-
dete man aliier direkt dem altlat. alis hinzu, nach breviter zu
brevis. Nequiier stellt sich zunächst neben die Gradationsbildungen
nequ-ior, -issimus; vermutlich ist bei diesen Schöpfungen zu w-
quam vorzugsweise die Bedeutungsassociation mit improbiter im-
probior, turpiter turpior, frügäliter frügalior oder ähnlichen Syno-
nymen und Gegensätzen beteiligt gewesen; vgl. die beliebten
Verbindungen wie rieqaam atque impröbus bei Plaut., Cic u. &,
turpiter et nequiter Cic.
Als nicht hierher gehörig aber betrachte ich praeter and
propter. Sie drücken, wie auch inter, osk. anter, uinbr. anter
ander, in Abweichung von den Adverbien auf -iter (-ter) nicht
ein Modal-, sondern ein Raum Verhältnis aus und erscheinen mir
darum als rein komparativisch, und zwar, indem ich *prai-ter(o}-$,
*prop(i)-ter(o)-s, *en~ter(o)-s zu Grunde lege mit gleicher End-
vokalsynkope wie in den S. 463 Anm. genannten Fällen vir, liber
u. s. w., als erstarrte Nom. sing. masc. Demnach propter urbem
eigentl. 'als ein] der Stadt näherer', wie propior urbem; praetor
'mehr voraus, mehr daran vorbei' (prae)] inter zu inter-ior. Zur
Form hätte man auch ex-ter Comp. Nom. sing. (= exteru-s) und
al-tcr, u-ter, hinsichtlich der Erstarrung des maskulinen Singular
noniinativs zum Adverb oder zur Präposition versus, advems,
rursus zu vergleichen. Ob aber endlich circiter 'ringsum, in der
Nähe' (zu circum) wie propter, praeter beschaffen, ist fraglich, da
eine Deutung aus circ' iter 'den Ringsweg, in der Umkrei8linie,
kaum begrifflich anstöfsig sein dürfte.
Heidelberg, 15. Oktober 1887. H. Osthoff.
Abeo.
Ab-eo, äb-Tl (äb-lvi), ab-Ytum, ab-lre verbuin intrausitivuui
le accusativo interioris obiceti cf. § 1(5) compositum ex prae-
ositione ab et verbo eundi (cf. Cliaris. Gr. lat. I 173, 4. 2G1, 12.
iom. I 361, 3. Exe. I 535, 35), cuiua radix est in unguis Aricis i
■espoudet sanscritum apa-i (1. pers. apsiimi), graecum &r-ei-fu,
t-t-ivat,. Intercidit una cum eundi verbo in Unguis Romanicis.
Conspeotus.
§ 1. De formis verbi abeundi cum formis habendi obeundi ad-
mdi abitendi commutatis. 2. De formis perfecti solutis et con-
«0118. 3. De ceteris formis memoratu dignis; de prosodia. 4. De
lossarum et grammaticonim interpretamentis.
A. Proprie.
a) absolute positnm. § 5. Prima persona a) neqne synonymo
3que opposito addito, ß) synonymo vel opposito addito. 6. Altera
srsona. 7. Tertia persona. 8. Imperativi «) de motu, ß) incre-
uatium, y) laudantium. 9. Participia. 10. Gerundium, gerundivum.
1. Infinit i vi.
b) defmitc positnm, additis § 12. adverbiis loci, 13. temporis,
1. modi. 15. dativis, 16. aecusativis, 17. ablativis et) loci, ß) temporis
I causae, ö) instrumenti, e) modi, f) disiunetionis. 18. norainibus
im praepositionibus iunetis: ab, abhinc, ad, ante, clam, cum, de, ex,
•go, gratia, in, inter, per, post, pro, sub, sine, trans. 19. supinis.
). infinitivis. 21. partieipiis (praes., perf. depon. perf. pass. fut.).
2. nominibus (subst. adiect. pronom.) quibus significatur, qui, qualis
lis abeat.
B. Translate.
a) De hominibus. § 23. a. = abdicare. 24. discedere a marito.
5. e vita abire. 26. digredi a proposita oratione. 27. penetrare in
mi alqm. 28. omittere rem.
b) De rebus. § 29. De notionibus collectivis. 30. De rerum
leleßtium motu. 31. De aquarnm motu. 32. De situ t er rar um et
lontium. 33. De partibus, viribus, morbis corporis humani; de parti-
us plantar um. 34. De tempore. 35. De variis rebus concrotis.
6. De rerum trans formatione. 37. De nominibus abstractis. 38. De
entris adiectivorum ac pronominiun; de locutione ?sic abire*.
468 Jos. Menrad:
1 In codicibus saepe confunditur cum verbis: a) habere, b) obire,
c) adire, d) abitere, [e) avere].
a) Aspiratiouem quod traxit abeundi vocabulura, ortum est ex
perverso illo (Catull. 84) aspirandi studio, quod quam late patuerit
tarn grammaticorum admonitiones docent quam librariorum menda.
Prise. I 5 (p. 7 , 11 H.) V littera habet aspirationein et aeuitur vel
gravatur, et rursus . . sine aspiratione aeuitur vel gravatur, ut €h&beo
bäbemus', 'abeo äbimus'. Probi append. Gr. lat. IV 200, 11 K. inter
habeo et abeo hoc interesse, quod habeo retineo significat, abeo autem
ceo' demonstrat. Anecd. Helvet. p. 300, 26 'abiit abundat abun-
dantia' sine h. In codicibus Plautinis plerumque priore manu litten
h scripta, seeunda vel tertia aut erasa aut puncto supposito deleta
est. Ex. gr.
habeo codd. BDEI PL Amph. 668; Cure. 553 codi (abeo Pins);
Ter. Andr. 334 abeo libri, habeo restitutum ex Donato. habeat codd.
Lucil. ine. 3; abeat editt. habeamus BCD PL Poen. 607, abeamus
Camerariu8. habet PKB Publil. 181, abit Fris. habit Leid. Nonii,
abit cett. abiit Ribbeck ine. ine. pall. 22. habuit Val. Max. 9, 7,2:
abiit Halm, habeunte Lo Blant, Inscr. ehr. de lä Gaule, n. 641, 16.
b) Quod per errorem 'obire* scribebatur pro 'abire', ex eo po-
tissimum explicatur, quod abeundi verbum haud raro excessum e vita
significat. Cf. infra § 25. Vestigia codicum haec sunt: obeas (falso
scr. IFZ) PL Epid. 513. obire ealibi legi' ait Pius, Mü. gl. 970. |
OBIIT A ex collatione Schwarzmanui Most. 971. | obiit S, i. e. scrip-
tura interpolata ap. Herc. Oet. 751.
c) Adire falso scriptum est: adiit I PL Amph. 606. | adire Z
b
Men. 553. | adibitur B Merc. 776. | abdibo (ortum ex adibo) Truc
546. | rus adibo P Most. 83. | ADI A (Schyarzm.) Most 585. | cf.
Festus p. 26, 9 M. 'abisse pro adisse dicebant', ubi abisse corruptum
videtur ex adbitisse vel arbitisse.
d) Passim latet in abeundi verbo obsoletum verbum 'abitere'.
Sic coni Fr. Schoellius intro abitit PL Truc. 210; Bothius abitat Truc
564 probantibus Ritschelio, Muellero (prosod. 604), Luc Muellero ad
Lucil. p. 225 (quibus recte oblocutum esse Bergkium adnotat Schoel-
lius); abite Schoellius Truc. 838; abitentes pro abeuntes Luc. Mu eller
Naev. bell. Pun. 8.
[e) 'Abeam ex aveam B' PL Cure. 589.]
2 Praeterea variant libri et editores in formis perfecti, cum illi
fere conti* aetas ex recentiore sermonis usu exhibeant, hi solutas
atque integras, metricis saepo perdueti rationibus, tantum non ubique,
scilicet apud Plautum (et Tereutium) textui reddant. Posterioribus
vero temporibus contractiones praevaluisse iuprimis docet Diom. gr. lai
I 265, 14 ad Vergilü illud 'nos abiisse rati' adnotans cpro abisse'.
a) Formae plcniores in -ivi — quas damnat Augustin. prineip.
dial. Patr. 32, 1413: abiit, non abivit — fere nullae traditae, conieetando
illatao sunt hao: abivi: Amph. 523 Camerarins: abi BDE | Bacch.
171 Keizius: abii codd. | cod. pr. in. Fronto p. 68, 6 Nab. abivit:
Abeo. 469
Amph. 125 Pleckeieen (exerc. crit. p. 38): abiit codd. | Bacch. 900: abiit |
Men. 549 Camerarius , ubi alii alia tentarunt. | Most. 971 Camerar.;
aliter Lorenz.; neque cabivit' necessarium, si hiatum post 'mercatum*
statuas. | Cist. 4, 2, 37. | Commod. c. apol. 319, v. § 25 a). abivero:
Bacch. 211 Mueller: abiero codd.
b) formae contractae: abl: B*DE Aulul. 705: abii ex B*
vulgatnr. | abl pro abii (codd.) restituit Kohlmann Stat. Acb. 2, 152
(438?). ablt: [Mgl. 178. 251 praesens esse putat Lorenz; | Trin.
717 ablt hercle ille quidem R2, abit Reizius, abii codd.; at recte Brix
*abit als praes. verstöfst gegen den konstanten Sprachgebrauch des
PL, eine Verkürzung der kontrah. Ferfektform aber scheint ohne Bei-
spiel, daher habe ich mit R1 quidem gestrichen.' | Ter. Ad. 782 per-
fectum putat Neue II 522; at Spengel ad h. v. 'Praesens: da geht er
hin'.] |abit ACD, abiit totum e corr. post ras. B, item FZ Mgl. 481.
abiit P, Pylades, abit rell. Pseud. 53. | abit CD Most. 971, abiit
BbPZ. | Mgl. 1331 (abüt F) sed v. corruptus | Men. 450 (abit BD
abiit Ct abiit FZ; haud scio an non necessarium) | ? Pseud. 241 abit
R.,' abiit IL, | ? 910: abiit BbFZ, abit R. | Rud. 325 || codd. ÜFLD
Caes. b. c. 2, 22, 4 | Lucil. XXX 38 = 864 L.: abit 11. Nonii, abiit
Iunius, Luc. Mueller. | abit Seneca Herc. Oet. 1760(?), 1616, 1977 |
Herc. f. 1151 | Tro. 460 | Sil. Ital. 13, 751 (?) | Stat. Tb. 9, 624; 11,
29. Süv. 1, 6, 92 | Mart. epigr. XVI, 1; 1, 62, 6; 11, 7, 4 | Lucan.
1, 509. 2, 714. 3, 509. 5, 276. 7, 842(?). 8, 321. | Corp. IL. In.
1450, teste 'indice', | ablsti: Amph. 691. 737 (-ii- F, Pylad.) | Asin.
251 (-ii- Camerar.) | Trin. 1010 (-ii- Guyetus, Fleck.) | Truc. 634 |
»iamne abisti Stich. 633 B, ABIERÜNT A: i. abis tu R., i. abiit? Bekker
Studem. stud. I p. 208; abisti defendit Fleckeis. | ablmus: Amph. 807
(•ii-) Camerar. | 'abimus Most. 486: Fleckeis. tuebatur ut perfectum
Exerc. p. 28, ut praesens nuper in Jahnii Ann. phiL t. LXI p. 25, 65.
Quamquam non minore audacia 'abiimus' hie quam proximo versu
'rediit' restituas' R1 | [abimus Capt. 282 praesens est, v. Brix.] ab-
Isses FZ Pseud. 912 (-ii- Mueller Lorenz). | ablssetis BFT Cornif.
4, 50, 63: -ii- PARE. | ablsse [cf. Gr. lat. ed. K. I p. 265, 14 (Co-
minianus): adiectione syllabae, ut 'nos abiisse rati* (Verg.) pro ab-
isse]: Amph. 758 (-ii- Pyl.) | BCD Merc. 804: abiisse aibant Guyetus |
abisse Nonius, abiisse codd. Men. 556 (anapaestum pes quartus non re-
spuit, ut v. 545) | abisse Most. 989 (licet scribas abiisse) j Rud. prol.
65, | 395. | B, abiisse rell. cum A Fers. 300 | apud Terentium Omni-
bus locis in codd.: Hec. 578. Eun. 724. Pborm. 466. Ad. 517; at
Phorm. 315 abiisse ex metro restituendum. | abisse C, -iisse 0 Cic.
dorn. 8 | abisse Plin. ep. 5, 5, 5: -iisse Med. et ed. Rom. 1474. [Ac-
curatius de forniis perfecta in -ivi, -ii solutis contractisque disputant:
A. Engelbrecht Beobachtungen über den Sprachgebrauch der latein.
Komiker', in 'Wiener Studien' 1884, part. II p. 229sq. 232 sq.; Fleck-
eisen in 'Exercitationes Plautinae' (Göttingen 1842); idem in Philol.
II p. 60; Ladewig in 'Zeitschrift für Altertumswissenschaft' 1844
p. 617 sq.; Fleckeisen in recensione editionis Ritschelianae in 'Jahns
Jahrb.* LXI (1851) p. %ß- 60 sq.]
470 Jos. Menrad:
3 Aliae formae memoratu dignae: abei imperat.: ABEI Corp.
IL I n. 1007 | abi et D Aulul. 273: fi. e. abei' Leo. | abiet D Bacch.
592: abei Kiefsling Nov. Ann. vol. XCVII (1868) p. 629. | abei Epid.
660 Acidalius | abei Merc. 749 bis: Bitschi, a) abii B1, abi B ex
ras., abi rell. | b) abei C abiendi: PL fr. Ampb. 12. ( abiid: C Men.
336. |capiit arentum' pro cabii Tarentum C Men. 1112: „an ^aput'?11
recte ll1. | abiss?t barbarismus apud Gregor. Tur. h. F. 3, 23 p. 131,
15; 7, 36 p. 316, 19. Formae passivi: Merc. 776 abibitur. | Cornif.
2, 2, 3: ut . . nusquam ventum aut abitum . . . putetur. Liv. 9, 32,6:
ne infecta re abiretur. | 24, 19, 7 tenuit, ne inrito incepto abiretnr.
August, t. VI, col. 703 quo itur? per quem abitur? PauL dig. XVIII
2, 14 abitum est a prior e emptione; ibid.: abibitur a. pr. e. v. § 28.
Denique prosodiae liberior est usus in hia formis: ab in Most 850
cf. Lorenz, (cf. v. 262), Ter. Andr. 317. Eun. 861. ?Heaut 818 etc.,
contra abin Amph. 518, ubi cabm [hinc]' Pylades, Mu eller pros 543. |
abis quando Mgl. 1085. | abi w fere semper: Asin. 704. Trin. 830.
972. Stich. 204. 424. Mgl. 291. Men. 351. Most. 9. 66. 294.569.
578. 583 bis. 585. 928. 1080. Pers. 147. Cas. 1, 15 (ibid. äbi) etc.,
Ter. Andr. 255, 978. Hec. 314. 557. 610. ?726. Heaut. 249. 587 iq.
618. Eun. 221. 499. 538. 753. Pborm. 59. 309. 445. 563. 712. 819.
994. Ad. 167. 699. 703. | abiit uujl ante vocales: Men. 450: abiit
Brix ad b. 1. et *Einl.' ad Trin. p. 20; exhibet productae ultima«
exempla *redilt Merc. 4; 3, 6' et ex titulis cposedeit, redieit, obieit';
Valer. Fl. 6, 612; Stat. Th. 10, 614. 11, 631. | abeam Mgl. 1084.
4 Glossarum grammaticorumque interprctameuta omnia praeter doo
ad sensum proprium pertinent. Primum inter haec Synonyma locom
tenent 'discedere': Gram. lat. VII p. 195, 2 K.: abeo, id est discedo;
lib. gloss.: abis: discedis. abit: discedit. abeiint: discedunt. abito:
disccdito. abite: discedite. abire: discedere. abiit: discessit. abisse:
discessisse. — Vatic. 3321 abeas: discedas. Ab hoc non multum di-
stat decedere': Acro ad serm. 1, 6, 61: abeo i. e. recedo; Vatic. 3321,
lib. gloss.: abis: recedis; lib. gloss.: abeuntibus: recedentibus; abisse:
recessisse. — lib. gloss.: 'abis: longius recedis* notionem proficiscendi
indicat, quam prodit lib. gloss.: cabeuntibus: proficiscentibus'; cetenun
haec spectat ad Vergili illud cdederatquc abeuntibus heros' (Aen.
I 196). Synonyma Vadere, ambularc' apparent in lib. gloss.: abis:
vadis, ambulas; abeiint: redeunt [hoc e. g. ad legatos domum rede*
untes referri licet], vadunt; gl. Abav.: abiit: ambulavit, discessit Haec
verba in unguis Romanicis oundi, itaque etiam abeundi verbi locom
obtinuisse constat; quamquam apud scriptores Latinos tan tum *ambn-
lare', non Vadere* synonymi vicem tenere video: sie ^mbula* *= abi
PI. Trin. 1108; Capt. prol. v. 12 cum nota Brixii ibid. 452. 900;
Mgl. 936; Asin. 488; Pers. 250, 750; Pseud. 263. — Sensum pro-
prium Graecae quoque glossae habent Philox. 1, 46: abi: &r*{h; Char.
gr. lat. I p. 173, 11 K. abeo: a%iQ%o(ia^ Philox. 1, 40 abit: Mf
%sxai\ at translatam significationom produnt lib. gloss.: abeunt: ab-
sentes fiunt vel transeunt; abiit: absens fuit, transiit; quae de rebus
in nova corpora transformatis ideoque evani^je factis (v. § 36) intel-
Abeo. 471
legenda snnt. Restant dubia vel corrupta: gl. Abav.: abitote: ite,
abite [an a-bititeV]. — üb. gloss. cabiit: antecessit et prior est, locuin
tenuit' haud scio an ad versum Vergilii (Aen. 5, 318) 'primus abit
Nisus* (sc. in cursu) referenda et sie snpplenda sit: f[primus] abiit:
antecessit et prior est, [priorem] locum tenuit.' — De gl. Fest.-P.
26, 19 'abisse pro adisse' v. § 1, 3. — [Verbo 'abire* explicatur
'facessere' Fest. p. 86, 18: facessere: interdum pro abeat ponitur.
Pacuvius: 'facessite omnes hunc' i. e. abite.]
A. proprio: de dis, hominibus, animantibus loco quodam se
moventibns.
Synonyma: ire, cedere, dis-, abscedere, anibularc, proficisci,
fuffere, se corripere etc. Opposita: manere, adstare, adesse; redire;
adire, decedere, venire, advenire etc.
a) Absolute positum (i. e.nidlo alio vocabnlo definitum); usus
apud comicos poetas frequentissimus de personis qui seena sc abire
out ipsi dieunt (I. pers.) aut ab aliis wbentur (II. pers., imperat.)
out narrantur (III. pers.); accedit plerumque synonytnon vel op-
positum.
L persona: a) neque synonymo neque opposito addito: PI. 5
Amph. 668 illanc reliqui quom [hinc add. Pylad., Labbert] abeo.
857 abeo, si iubes. 1035 ego abeo [adeo Braune]. = Asin. 378
Ourc. 553 [Plus, habeo codd.]. 588. Trin. 996. *Truc. 848 fadeo
codd., eniend. Fleckeis.] *Stich. 429 [supplet Goetz]. — Aul. 103.
Poen. 916 taceo atque abeo. Aul. 660 abeo. = Poen. 608 (bis)
1149. Mgl. 444. 1087. 1092. 1196 ('abeo'. <et vos abite\). Pseud.
665. Men. 956. Most. 654 (cabeo. sat habeo, si cras fero') Capt.
prol. 67. *Cas. 2, 2, 38 (suppletur). Ter. Eun. 342. 1023. Phorm.
209 (quin a.?) — Mgl. 1280 <abite\ 'abimus'. Most. 579 cabi
juaeso . .' 'abeam ?' [coniunet. dubit., v. Lorenz, ad h. I.]. Merc.
749 tabei'. 'quid abeam? ' 'st. abeiJ. 'abeani?' eabei modo/ Pseud.
239 sine modo ego abeam [JB., 'sine', 'm. e. a/ BCD]. Ter. Ad.
247 numquid vis quin abeam? *Curc. 351 quid si abeamus,
iecumbamus? [si abeamus Brantius, siadeamus B, si adeamus
EIFZ, si actutum Ussing], 'Poen. 607 facite quod iubet*. cabe-
imus' = Ter. Ad. 678. *Truc. 546 verum abibo [Bothius, abdibo
B, adibo cett.] Most. 590 molestus si sura, reddite argentum:
ibiero (de notione futttri exaeti v. Lorenz, ad h. I. *tverde sogleich
rorigeJtcn9) = Epid. 515. *Poen. 442 [si nequeo facere, ut abeas,
sgomet abiero Camerar. cum A, abire (volo) cett.] Ter. Ad. 127.
Pers. 730 Hunc, quando abiero — ' 'quin taces?'. Ter. Hec.
472 Jos. Menrad:
806 abii. Cornif. 4, 52, 65 non abibo. Hör. sat 1, 6, 61 re-
spondes . . . pauca. abeo (i. e. recedo Acro), et revocas (me). Apul.
met. 1, 25 mihi ut abirem suadens. ß) synonymo vd opposito
addito: PI. Epid. 63 cabeo'. 'adsta: abire hinc non sinam. Merc.
773 Qur heic astamus? quein abimus? [expectari potius 'cur
hie astatis? quin abis?' adnot. Ritschi. — Quein abimus? Gott:
quin abimus codd. 'quin abis?' cum Bothio Ritschi."] Epid. 377
'abeo*. ebene ambulato'. Pers. 250 *abi: et ego abiero\ 'am-
bula': Gic. Mil. 93 ego cedam atque abibo (sc. ex civitate in ex-
üium voluntarium) = Phil. XII 15 . . . ut cedamus, abeamus, vitam
inopem et vagam persequamur. Ov. fast. 5, 201 Zephyrus con-
spexit, abibam. Insequitur, fugio. PI. Mgl. 259 'abeo'. 'et qui-
dem ego ibo domum\ Pers. 672 equin tu intro is?' 'abeo../
Aul. 730 abeam an maneam? an adeam an fugiam? [abeam
Harius Bothius: quid agam abeam codd.] = Cure. 589. — Ter.
Andr. 344 *abeo\ 'Dave, ades, resiste* [Donatus: 'habeo* inveni.
Legitur et cabeo', ut merito illi dicatur 'resiste*. — abeo codd.
Call,, Klotz, Hartel; habeo Bentl., recc.]
6 //. persona: a) neque synonymo neque opposito addito. PL
Asin. 232. Stich. 538 prius quam abis. Asin. 940 pr. qu. abitiß
\ Bothius Seyffert: abi(i)s codd.] Merc. 757 quin abis? [sie A]^
Poen. 608, Apul. met. 2, 25 (bis). — PI. Pers. 671 abin atque argen-
tum petis? Ter. Eun. 803 diminuam tibi caput . ., nisi abis. PI.
Pers. 827 mal um . . vobis dabo, nisi abitis = Bacch. 1127 ni abeas,
m. tibi d. Pseud. 393 potin ut abeas? = Pers. 297. — Rud. 1031
ut abeas, rudentem amittas. Ter. Heaut 378. abeas, si sapias.
Bacch. 604 abeas. celeriter factost opus . . Poen. 442 (§ 5). 432
abiturun es? [A, Bentl. Lachm.] Pseud. 912. metuebam, ne abi-
isses. Men. 429 auferto tecum, quando abibis. Phorm. 471 nos...
te absentem ineusamus, qui abieris. Cic. fam. 14, 18, 1 . . quum
abieritis (= profecti sitis), commode . . esse possitis. Ov. am. 2,
5, 1 abeas, Cupido! fast. 1, 559 Iove natus abibas. ß) synonymo
vel opposito addito: Amph. 1037 quaeso ut advocatus mi adsis
neve abeas. 358 auferere, non abibis, si ego fustem sumpsero.
Aul. 660 fugin hinc ab oculis? abin an non? Mgl. 1085 'quin ergo
abis? . / cibo/ 1087 <quid nunc stas? quin abis?' 'abeo'. [For-
tasse abin hinc? R.]. [*Truc. 513 abisti codd.: corruptum: ubist
Fr. Sclwelly alii aiia],
7 HI. persona: a) neque synonymo neque opposito addito: PI.
Mgl. 178 ubi abit [Both., Fleck.; abiit ABbDbFZ; praesens
Abeo. 473
est, v. Lorenz), conclanio. Trin. 717 abit [Reizius, R?; abiit codd.]
hercle ille quidem [del. Brix, R1]. Ter. Hec. 184, Ad. 782 abit
[praesens esse putat Spengel]. PL Aul. 245 abiit neque me certiorem
fecit. Mgl. 481 satin abiit [abit ACD] ille, nee negotium curat.
Pseud. 241 heus abiit: quin revocas. Merc. 791 ecce auteni haec
abiit. Men. 333 iamne [abiit]? abiit. 549 abiit, operuit foris. 957
abiit socerus, abiit medicus, solus sum. Item Pers. 716. Cist. 3,
18. Truc. 654. Ter. Andr. 744. Hec. 444, 510. Eun. 818, 821:
abiit. Aul. 708 ubi ille abiit . . Stich. 594 ubi convivae abierint
[Z=cutnA] Merc 662 si ille abierit= Pseud.910. Pseud. 622 quom
abiit *= *As. 395 [Loewe-Goctz; cum venisset codd.; conveni, sed
Ussing). Stich. 268 postquam vir abiit . . = Pers. 711. Most. 633.
Rad. 779 ut abeat. Mgl. 770 ut hie eam abducat abeatque, 1208 ut
abiret [Camerar., haberet codd.] nee te abduceret. Rud. 378 Ca-
vistine . . ne abiret. Trin. 591 impetravi abiret. Pseud. 242
priusquam abeat Gaecil. 227 p. 72 Ribb.2 hie dum abit, huc con-
cessero. Cic. Verr. 4, 147 de sella surrexit atque abiit. Tusc. 5,
41, 118 . . illa lex, quae in Graecorum conviviis obtinetur caut
bibat' inquit caut abeat' (Graece fj icföt, r\ &nifti). Curt. Ruf. 8,
1, 19 abierant ceteri. 10, 2, 16 illos . . ., qui abituri sunt. Vergil.
Aen. 9, 386 Euryalum . . . impediunt, Nisus abit (evadif). Ov. am.
3, 1, 55 dum custos saevus abiret. Ov. rem. am. 265 . . ne calli-
dus hospes (Ulixes) abiret (sc. navi). Ov. fast. 3, 473 ille abiit
(sc. a nie). Liv. 2, 37, 7 haec locutus abiit. 9, 11, 13 moratus sit
nemo, quominus abeant. 25, 33, 7 signis . . sublatis Celtiberi
abeunt. 32, 17, 2 ut armis traditis abirent. Val. Max. 1, 6, 8 Par.
duae angues prolapsae adeso iocinere abier unt [/?:.. in easdem
ee latebras rettulerunt]. Tac. ann. 1, 40 uxorem ut abiret, per-
pulit. Seneca Phaedr. 600 si quis est, abeat comes. Val. Fl. 2,
135 illa abit et defertur in urbem. Plin. ep. 7, 24, 5 se nepoti
praeeepisse, abiret studeretque. ep. 9, 30, 2 abit (notarius) rur-
susque revocatur. Apul. apol. 75 p. 85, 23 Kr. qui (moechi) . . .
pro adulteris deprehenduntur, . . . non prius abeunt (= dimittun-
Uir)7 quam aliquid scripserint. Querol. p. 26, 21 P (2, 2) quaeso,
... abeat. — Inprimis de avibus hienie calidiora loca pete>itibus: Plin.
n. h. 10 § 72 abeunt et palumbes, 10, 73 quae (aves) abeunt, ut
galguli, upupae. 10, 21 ceteri hieme abeunt. 10, 62 (ciconiae) . .
eam quae novissima advenit lacerant atque ita abeunt; v. 1,
X 34, 35; 10, 66. 70. 72. 75; § 9 part. fut. — ß) synonymo vel op-
posito addito: Ov. art. am. 2, 529 cum volet, accedes. cum te
Archiv für Ut Lexikogr. IV. Heft S. 4- 31
474 Jos. Menrad:
vitabit, abibis. Ter. Ad. 703 periit, abiit [ab., per. Call, Fledc^
Wagner], navem ascendit. Seneca Herc. Oetaeus 1977 ..
cessit ex oculis, abit, | in astra fertur. [an 'cessit, ex oculis
abit . .'?] PI. Merc. 661 ut corripuit se repente atque abiit
Cic. Caec. 45 qui abierit, facilius sibi vim factam probabit quam
qui effugerit. Paneg. lat. 34, 5 abirent, fugerent vastatas..
terras. Cic. Cat. 2, 1 abiit excessit, evasit erupit; v. Quuä.
inst, orat. 9, 3, 46. Seneca Agam. 944 excessit, abiit, curmi
. . . effugit. Lactant. de ira 8, 4 quid contemptius dici potest in
Deum? 'Valeat', i. e. abeat et recedat. Valer. Fl. 8, 366 iam
tarnen extat, | iamque abiit (sc. in undis). Curt. Ruf. 4, 3, 11
aegro . . . Alexandro nee, perseveraret an abiret, satis certo.
Querol. p. 6, 15 P. (1, 1) abiit neque redit senex.
8 Imperativorum significatio triplex est: a) de motu a) synr
onynio vel opposito non adiecto: PI. Aul. 273. Cas. 2, 1, 5 tace
atque abi. Bacch. 592 abi et renuntia. Cure 255 abi, deprome,
Poen. 1406 abi, diiunge inimicitias. Mgl. 463 abi, machaeratn
huc eefer. *Mgl. 374 satin' exoratu's? abi! [„abi sehr barsch"
Ijorenst; abi Acidalius Guyetus, abi(i)t codcL] 808 na% {genügt
abi. Men. 220 abi atque obsonium adfer. Pers. 165 abi et iatuc
cura = Capt. 125. Cas. 3, 4, 23; 3, 5, 97 (65). Rud. 776. — abi:
Merc. 749 (abei, ter). Poen. 607. Truc. 285 (A). *754 [Gruter.,
ubi (nisi) codd., ubi est? Camer., ni BoÜk] Men. 351 [äW, cf.
Hermann El. doctr. metr. p. 394 sq.] *Most. 850 [cf. Lorm].
Pers. 247. Cas. 2, 8, 64. Rud. 1327. Frg. ine. 48. Mgl. 1280
. . abite. Ter. Hec. 557, Ad. 699, 776 abi. Hec. 726 immo vero
abi. Andr. 28 abite. Eun. 763 tu abi atque obsera ostiuin in-
tus. Ad. 351 abi atque . . rem enarrato. Ad. 917 tu illas abi
et traduce (de verborum traiectione cf. Spengd. et Dziatzko). He-
aut. 804 abi, effer argentum. Eun. 538 abi, . . . bunc deduce.
753 abi tu, cistellam . . effer. Phorm. 309 abi . . eum requir«.
445 abi, vise; 712 abi die; 994 abi, tange. Ad. 703 abi, ...
deos comprecare. CIL I n. 1007 (inscr. sepulcr.) HOSPES —
DIXLABEL Afran. 137 p. 182 R. abi tu. *Novius 88 p. 268 R.
abite [abi cod. Festi, abite R.f abi abi Scaliger] *a» agite t»
trochaico septenario?9 R.]f deturbate [deturbato de Lindem., de-
turba te de 0. Mueller] saxo homonuni quisquiliae quid est. Hör.
carm. 3, 14, 24 si . . mora fiet, abito. formala cabi, nuntia' ..•
Curt. R. 4, 15, 5. Liv. 1, 16, 7. 22, 3, 13; 49, 10. 37, 38,8
\* stellendes Asyndeton9 Weifsenborn ad Liv. 1, 26, 10]; abi, re-
Abeo. 475
nuntia 44, 26, 11. — Val. Max. 2, 6, 6 abi igitur et esto ser-
vus. Petron. 74 abite, ut alii veniant ad officium. Stat.- Th. 6,
816 vincis, abi: pulchrumst vitara donare minori. Apul. met.
2, 10 abi ergo et te compara. Amin. Marc. 29, 3, 6 abi, cotnes,
et muta ei caput ... ß) synonymo vcl opposito adiedo: Pers. 250
'abi: et ego abiero'. 'anibula'. Pers. 316 aha, abi [R, AHA
HABI A] atque cave sis a cornu. Quint. 1, 5, 36 . . possit fieri
soloecismus, ut si . . plures a se dimittens ita loquatur 'abi* aut
'discede'. Cure. 281 fugite omnes, abite et de via decedite
[dec. iJ., sec. codd.\. Men. 1017 agite abite: fugite hinc in malam
crucem. Cas. 4, 2, 12 'quid hie speculare? .. abi' 'eo\ Hör. ep.
1, 7, 53 'abi, quaere et refer . . / . . it, redit . . PI. Truc. 366
mane, . ., ne abi. Poen. 426, Stich. 265 propera atque abi.
Cas. 2, 8, 55 abi atque obsona! propera! Quint. decl. 4, 5 re-
cedite gratulantes, abite laudantes; 15,8 abi, recede. Caes. b. g.
7, 50, 6 proinde [hinc add. dik\ abite, dum est facultas, vos-
que . . reeipite. PI. Mgl. 864 abi. actutnm redi. [loci corrupti:
Bacch. 1175 ei intro atque abi codd. BCD%; ibi Pylad.) Stich.
427 — 9 'sie hoc placet'. 'ego abeo' 'abi te nil moror': solus A
servavit . . PLACETROGA MNIHIL . . 'supplem ut potui9
Goetz\ Mgl. 438 a dice testu B, adice t. C, etc.] abi scelesta K,
sed multo probabilius Spengcl quem Lorenz sequitur *adixog es tu9
v. KKrü. Anh.']
b) vox est increpantium , (üyi\uentium, incredulorum, execran-
tium, indignantium , et evanescentc sensu proprio interiectionis fere
vim Jiabet; cf. Francogall. *va9, Germ, '^cä, gdt docJi, geh' fort,
pack dicJr, v. inprimis Lorenzii not. ad Most. 1080, Mgl. 291*):
Brix ad. Trin. 830. PI. Aul. 826 abi, ere, scio quam rem geras.
Trin. 972 abi sis, nugator, nugari nugatori postulas. *Truc. 756
'mittin me nitro?' 'mendax es, abi\ 866 .. abi, ama €animum
tuom' [abi ama ScJioeU: alibi iam (iä), codd. novi Spengcl].
Mgl. 291 abi, non verisimile dicis. 324 abi, ludis me . . = Most.
1080. Mgl. 1111 'quid is (nauclerus), ecquis fortist? ' 'abi sis
hinc . . / Most. 569 'quid de argentost?' 'abi sis, belua'. Capt.
870 abi, stultus. frgm. Scytha Lit. 1 mulier es, uxorcula! abi:
te ego novi: scio axitiosam. Terent. Eun. 221 abi [Umpff.ex A],
nil dicis. Phorm. 59 abi sis, insciens. Ad. 220 abi, inescare
nescis homines. Ad. 620 abi abi, iam Aeschine! | satis diu de-
disti verba. Apul. met. 2, 24 illa capite quassato 'abi' inquit,
'fatue, qui in domo funesta cenas . .' Querol. p. 10, 20 P (1, 2)
31*
476 Jos. Menrad:
quis verum dicit? istud (sc. fälsum) commune est, abi! — cf. §18
'abi in malam rem' et 'abi cum . . /.
c) formula laudantium, tibi: nos *gut, nun wohl, sdwn reckt9
dieimus; ortus hie usus videtur sive in foro apud iudiecs qui reos
tnittebant liberos, sive apud eros (vd ludimagistros) qui probos serw
(vel diseipulos) officio liberabant; cf. Lorenz ad Most 1080, Dziatefo
ad Ad. 564 , Brix ad Trin. 830. Krueger ad Hör. ep. 2, 2, 205.
Asin. 704 abi, laudo. Trin. 830 abi (Neptune), laudo: scis ordine
traetare homines. Mgl. 761 remove (pernam), abi, aufer. Persa
490 abi, ne iura: satis credo. Ter. Ad. 564 laudo, Ctesipho, pa-
trissas: abi, virum te iudico. [Donatus: 'quasi dicat non est,
quod iam demorer: perfectus.'j Ad. 765 . . laute munus admini-
strasti tuom: abi. Hör. ep. 2, 2, 205 non es avarus: abi [Wade
securus de hoc ipso* Porphyr.].
9 Varticipium: a) formae sing. part. praesentis. abiens: PL
Asin. 593 salvere me iubes, quoi tu a. offers morbum. Epid. 90
iidicinam, quam a. niandavit mihi. Stich. 406 olim quos a. ad-
feci aegrimonia. Item Mgl. 179. Ter. Hec. 574. Eun. 735. Cato
orig. 3, 1 (p. 15, 10 Jord. = p. 72, 3 Peter) . . in arbore eusem
viderunt, quem Orestes a. reliquisse dicitur. Liv. 3, 25, 8 ex le-
gatis unus a. 31, 38, 9 cum abire inde et fallere a. hostem vellei
Gell. 13, 31, 13 = 19, 10, 14 exsurgit statim et a. . . inquit.
abeuntis: PI. Asin. 591 quia tui amans a. [amantis Seyffert] egeo.
Ov. tr. 1, 3, 79 coniunx umeris a. inhaerens. Liv. 1, 27, 9 a. Al-
bani [collect.]. Tac. ann. 6, 50 honori a. amici. Stat. Silv. 5, 2, 5
a. amici | vela sequar. abeunti: Cic. fin. 4, 80 scrupulum, in-
quam, a.; sed videbimus. Curt. R. 8, 6, 16 oecurrit a. 10, 6, 24
qui a. viam dederant. Liv. 10, 19, 2 a. Volumnio. Sen. dial. 9,
14, 4 a. Phalaris dixit. Tac. Germ. 21 a. (hospiti). hist 2, 22
tradidere sese a. ann. 1, 35 opposuerant a. arma. Quint. decl. exe 9
a. filio facultatem totam commisit. ab e untern: Curt. ß. 4, 16, 9
a. . . . dixisse constat. Ov. ep. 12, 55 oculis a. prosequor udis.
Val. Max. 2, 10, 8 quem a. . . . populus prosecutus. 5, 1 ext. 2 a.
quoque coepit retinere. Petron. 95 sequiturque a. 98 persequar a.
praeconero. Sen. tr. Med. 551 suprema . . liceat a. loqui mandata.
Tac. ann. 2, 34 impulit, ut . . . a. tenerent. ann. 14, 4 prosequitur
a. Quint. decl. 4, 5 quid moraris a.? decl. cxc. 9 a. amicum non
retinuit. abeunte: Curt R. 10, 7, 13 et a. illo conticuerat. Val.
*) „Trin. 606*' error typographicus videtur esse pro „Trin. 972".
Abeo. 477
Max. 5, 7 ext. 1 intrante Stratonice et rursus a. Tac. aiin. 14, 8
a. dehinc ancilla. ann. 15, 6 a. Vologese . . Tigranes quoque Ar-
menia abscederet.
b) formae plur., plerumque de cedentibus müüibus (hostibus).
abeuntes (n.): Ter. Phorm. 71 a. ambo bic [hinc al.] senes me
filiis relinquont quasi magistrum. Aerius tr. 127 p. 152 R. [deaej
Minervae donum armipotenti [hoc] abeuntes Danai [Bergk, Dan.
ab. codd.] dicant. abeuntium: Curt R. 5, 13, 13. Liv. 42, 57, 11.
Frontin. 2, 13, 7 a. agmen. Curt. R. 10, 2, 27 ego cum Persis a.
terga tutabor. Liv. 3, 43, 6 nee vestigia a. (hostium). 25, 33, 9
vestigiis a. insistebant. Tac. bist. 2, 49 vaeavit a. adloquiis. Tac.
ann. 1, 56 terga a. lacessere. abeuntibus: Verg. Aen. 1, 196
vina . . . dederat a. heros. Liv. 31, 40, 8 instare ab tergo a.
Tac hisl 2, 48 dari naves . . a. iubet. 2, 49 a. exitiuin nrinita-
bantur. abeuntes (-Is), acc.: Ter. Andr. 84 observabam servolos
venientis aut a. Cic Flacc. 87 venientis praetores expeetant, prae-
sentibus inserviunt, a. deserunt. Liv. 2, 38, 3 et 4 speetaculo a.
foisse . . . videre a. 23, 19, 17 ab equite in a. immisso. Suet.
Caes. 4 non distulit quin persequeretur a. (anojiXiovxaq, sc. prae-
dones). Tac. hißt. 4, 19 ne terreret a. 4, 60 leves a. prosequeren-
tnr. Frontin. 2, 6, 6 in a. contraxit acieui. Apul. met. 3, 12 co-
miter a. magistratus appello.
c) partieipium futuri: Phaedr. append. 3, 6 abiturus et iam
Urnen excedens ait. Ov. met. 15, 686 antiquas a. respicit oras.
tr. 1, 3, 15 adloquor extremum maestos a. (in exilium) amicos.
Plin. n. h. 10, 61 (ciconiae) abiturae congregantur in certa loca,
v. § 7, a).
Gerundium: Lucret. 4, 1181 causas abeundi quaerat honestas 10
(amator). Petron. 136 abeundi formavi consilium. Plin. ep. 6,
20, 20 nobis ne tunc quidem . . abeundi consilium. Paneg. lat.
9, 22 (p. 210, 2 B.) inopinato consilio usus abeundi. Sulpic. Sev.
D. 2, 3, 9 copiam praestaret abeundi. Cod. Theod. VI 4, 3 co-
piam sortiantur abeundi ex urbe. Frontin. 2, 1, 5 detinuit, ut
ei neque confligendi neque abeundi daret facultatem. Apul. d.
mund. 28 (p. 127, 8 Goldb.) una ab unico sinu abeundi facultas.
Aldelm. p. 52 facultas abeundi. Greg. Tur. Dorm. 6 aeeepta in-
iulgentia abeundi. Liv. 38, 38, 7 qui . . apud Romanos sunt, iis
tus abeundi manendique esto. Greg. Tur. gL mart. 100 pag. 555, 9.
Dassiodor. cons. 26, 49 quodöi manendi abeundique scribere le-
;em velis. Greg. Tur. Jul. 45 pag. 581, 26 abeundi habere liber-
478 Job. Menrad:
tatem. Willibald vita Bonif. 6, 17 licentiam dedit a. Vigil. Vit
Sturmii 6 a. lieeiitiain proponerent. Freculf. 2, 5, 15 data a. licentia.
Itcin Migne 51, col. 605 A. — PI. fr. Amph. 12 abietidi etiam
nunc tibi est oceasio. Sueton. Tib. 10 facta abeuudi potestate
. . . Ostiaiu descendit. Frontiu. 2, G, 4 (Hannibal) fecit eis ab-
euudi potestatem. Sulpie. Sev. M. 12, 5 dat . . a. potestatera. Enn.
Sat. Vll p. 87 M. = IV p. 160 V. iu paraphrasi Gellii (2, 29)
teinpus est cedeiidi et abeundi. ablat.: Hieron. t. XI col. 460
nihil auferre poterimus abeundo.
gerundivum: Cic. Parad.36 vocat(rowKer): veniendum;eiicit:
abeundum. Liv. 22, 32, 3; v. §18 fab domo9.
11 Infinitivus a) praesentis: a) synonymo v. opposito non cd-
iecto: PI. Mgl. 444 abire non siuam te. Cic. Tusc. 5, 21, 62 dem-
que exoravit (Damocles) tyrannum, ut abire liceret .. Sali. Jug.
64, 4 fertur dixisse, ne festinaret abire. Hör. sat. 1, 9, 14 misere
cupis . . abire. Sitnilia Curt. R. 7, 11, 23. 8, 1, 14. Sen. PhoeD.591.
Tac. hist. 1, 54. Sil. ltal. 12, 736. Liv. 1, 27, 7 (abire Albanos).
3, 28, 10. 3, 68, 6. 23, 23, 7. 24, 23, 9. 27, 41, 5 (a. hostem). 32,
25, 9 (cf. 35, 51, 8). 42, 66, 5. 44, 39, 7. Quer. p. 58, 3 P.; 58,5
P. (5, 3). Curt. Ruf. 7, 11, 23. ß) synonymo v. opposito adiedo:
Cic. Mur. 26 haec iain tum . . ridicula videbantur, homhies ..
iuberi abire, ut, uude abissent, eodem statim redirent. Phaedr.
1, 16, 5 rapere atque abire semper adsuevit lupus. Ov. met 2,697
simulat Jove natus abire; mox red it. 15, 28 numen abire iubet,
prohibent discedere leges. Liv. 2, 32, 5 incerti, manere an
abire mallent= 10,19,11. — Tac. hist. 4, 17. Liv. 7,35,9 erumpere
hinc atque abire. Just. 16, 4, 15 iubeant abire se, an .. malint
reniauere. Suet. Oth. 11 qui discedere et abire coeptabant
Sen. Med. 493 dum licet abire, pro fuge. Tac. ann. 2,34
abire se et cedere urbe. Val. Fl. 7, 424 iussisset abire .. at-
que . . cedere regnis. Sil. Ital. 7, 350 stimulat ruentes . . abire
timor. Stat. Th. 6, 481 luctantur abire iugales (equi). 8, 486
hunc turmis (saorum) obversum, et abire vetantem | aggreditur
[Kan obire, /. e. dberrare, circumvagari9 Lcmaire], 11, 386 et abire
nocentem, et venisse pudet. Quint. decl. 5, 12 ista pietas est
abire, discedere, irasci . .? decl. excerp. IX quum retinere non
potuit, abire dimisit. Gell. 18, 4, 7 ubi hoc dixit, media ipsa ser-
monum reliquit et abire cuepit Querol. p. 29, 21 P (2, 3) adire
non facile ffacile LVG, difficilo Klinkh, *non9 add. F.] est, abire
impossibile. Pallad. r. r. 7, 7 p. 149 Bip. quamvis (apes) sta-
Abeo. 479
tim et procedere et abire non dubitent. (iaius 2, 08 (uninialia)
quae ex consuetudine abire et redire solent. 8. (ireg. M. lioniil.
in 1. 1 Reg. VI 2, n. 42 'Samuel .. abire dicitur*. A reprobis quippe
divisi doctores non eunt, sed abeunt .... abire docturis, est
impoenitentes impios perpetua animadversione deserere.
b) perfecti: PL Pers. 300 hercle illam abisso gaudeo. Rud.
prol. 65 alii narrant . . . lenonem abisse. Ter. Eun. 724 id modo
die abisse Dorum. *Caes. b. c. 3, 36, 3 hoc adeo celeriter fecit,
ut simul adesse [abisse Haupt, Nipperd., üehHcr\ adesse tuetur
Terpstra] et venire fvenisse Dresd. 1\ nuntiaretur. Verg. Aen.
2, 25 uos abiisse (sc. cos navibm) rati et vento petiisse Mycenas
«• Hyg. fab. 108 Troiani arbitrato sunt UosteH abisse. Liv. 31,
39, 3 abisse bostem. Stat. Tb. 8, 173 sermo | unus: abisse deos
delapsaque numina' . . 8, 520 sentit abisse deum. PI in. ep. 5,
5, 5 imaginatus est venisse Neronem . . resedisse . . . tunc abisse.
Frontin. 3, 11, 1 abisse Phormionem renuntiantibus.
c) futuri: Cie. Caec. 20 et 46 denuntiat Caecinae se ar*
matos habere: abiturum eum non esse, si accessisset (i. c.
'salvum evasurutn n. e.9, cum itisequatur 'quoad videretur salvo
capite fieri posse'). Quint. decl. exe. XVI non abiturum (/ilium)
intellexi
b) Definite positutn:
I) additis adverbiis: a) loci (undc? quo? qua (v'ui)?)A2
alio: PI. Most 989 a. credo cornisnatuin abisse. Liv. 24, 29, 10
seu quo a. mallent (abire). aliquo: PI. Merc. 656 rus abire a.
[de Most. 596 r. f quo']. Ter. Ad. 786 interea in angulurn a. abeam.
Heaut. 586 iube huue abire hinc a. dextrorsurn: Hör. tat. 2,
3, 50 . . ille sinistroreum. hie d. abit. diversurn: Stat. Th. II,
113 talia partitae d. abiere »orores. exinde: Victor Vit. 3, 16
ut licet mendicantes «'episcopL e. non f.birent. forum PI. Poen
1283 ipse abiit 1. me r».'ii'juit. Vi*7.* pi'/nu-» cepi. abii f. --= Moni.
879. Most. 596 ne quo aoea'. f. Ter. Eun. 702 una aiubo abie
runt f. CatulJ. 32, 6 nevi t.oi lu^at f. abire, «*:d doini mariea».
Ambros. voL III col. 111*1, '.♦ Mitr. abierunt f., d'.inde volonte*
redire ... Vulg. Mattr. 21. 5 7 ao.it f. extra 'ivitatenj. hat:
PL Cure. 109 s**i L. a-.-iit. u. i^r^^^r. Men. 556 »it. *i Wj'iWtu
me, li. abiiäH? c*dmhlIj*. /?*r/< f»;. f. ist. 4. t. 37. Pha^Jr. aj/-
pend. 26. 8 abiit h. v. ;.."•:*:; ao .a^va:.-.. ukW:: u* foc< I'lnulm*
zt Termtvnni tHeign&rti. Pj Ampr,. */.J5 q-*J »urn: priui'iiu te a/J-
480 Jos. Menrad:
venisse dicas, modo qui b. abieris. Aul. 656 ille uunc intua tur-
bat, hunc amitto, liinc [Both.7 hie M.] abierit. Merc. 776 'nempe
me h. abire veis'. 'volo inquaui'. 'abibitur'. Trin. 714 neque
tu h. abituru's. Truc. 286 abire h. ni properas. 824 neque ut h.
abeam neque ut hunc adeaui scio. Truc. 884 ille quidem L abiit,
abscessit. Capt. 260 (Most. 393) neque te nobis (aequomst vitio
vortere), si abeaiuus h. (i. e. evadamus, effugiamus). 887 Stalag-
uius quoius erat nationis quoni b. abit (i. e. effugit: de praes. v.
Brix.). Pseud. 1032 . . . prius h. hie Harpax abierit Rud. 1328
si hercle abiero h., hie non ero. *Heaut. 544 an (expeetat), dam
h. [hie A Umpff.] denuo | abeat [abigat Bentl.]? Phorm. 143 ubi
ego h. abiero, vel oeeidito. Phorm. 542 sane hercle suades: etiam
tu h. abis? ('afct, apage cum isto consilio9 ForcelL; *auch da ver-
lassest mich und meine Sache9 Dziatzko). Heaut. 212 vide sis, ne
quo 1). abeas longius. 586 'iube hunc abire h. aliquo'. 'quo
ego h. abeam?'. v. § 18 *rus abire9. ß) loci Plautini et Teren-
tiani leviores: h. abeo *P1. Amph. 668 l'h.' suppl. PyL, Labbert].
Cure. 210. Rud. 586. 1013. Ter. Eun. 494. Ad. 435. ni h. abis:
Amph. 354. 357. 360. 440. non tu h. abis?: Stich. 603. Ter.
Eun. 799. abin h.? Amph. 518 ['h.' suppl PyL Mueller]. Amph.
857. Bacch. 1168. Trin. 457. 989. Most 850. Cas. 2, 4, 34. Andr.
317. Eun. 861. abi h.: Epid. 604. Merc. 183 [in' h. Both. BentL].
Most. 9. 578. Cas. 4, 2, 14. Rud. 1053. Eun. 651. formula *h.
abiit' vel 'abiit h/: Amph. 102. 125. 639. [Bacch. 900 'hinc'
supph Schneideivin, Hermann]. Epid. 46. Trin. 718. 998. Mgl. 89.
Pseud. 53. 1053. Men. 336. Most. 958. 971. Capt. 573. Cist. 1,
2, 8 = 1, 2, 13 = 1, 3, 44. — formula cillic [ille] h. abiit',
cui synmymon 'illic h. abscessit' (v. Lot. ad Mgl. 586): Aul.
265.460. Epid. 81. Mgl. 586. Poeu.445.917. Pers.200. Capt 901.
(Pseud. 394). — formula ch. abii': *Amph. 523 [h. suppl. Camer.].
743. Aul. 705. Bacch. 171. 388. Merc. 255. Capt. 478. Heaut.
112. — formula f abire h.' vel ch. abire': Bacch. 179. Epid. 63.
Truc. 301. Rud. 249. 817. 944. 1027. Ter. Hec. 613. — h. abiisse
Amph. 758. Ter. Hec. 758. Phorm. 315. 466. — PI. Amph.
807 h. abiimus. Rud. 1056 abiisti h. Ter. Eun. 830. Phorm. 288
h. abiens. 719 h. abit. Most. 706. Eun. 716 ut abeam h. Rud.
1243 ut abeat h. Ter. Phorm. 779 ne haec h. abeat. PI. Most
1117. (Capt. 887) quom h. abibam. Ter. Hec. 703 abibo h. —
Jancta adverbia 'intro' et Munc' his locis: Pl.Epid.379. Stich.774
abeamus i. h. Merc. 930. Most 294, 425 abi h. i. Truc. 210 h. intero
Abeo. 481
abiit odium meum. Men. 603 si sapiam, h. i. abeam. Truc. 758.
Peraa 200 abiit i. b. — Mgl. 1196 = 319 vos abite h. i. —
Bad. 1189 quid meliust, quam ut h. i. abeam? y) loci ceteri
praeter Plauthws et Terentianos: Caecil. 77 p. 81 R. abi h. tu, sto-
lide. Afran. 76, p. 175 paulo prius h. abiit. Titin. 132, p. 152
ut *hinc legatus * abiit peregre publice [hinc et abiit Both.
R&b.2] hie et abit Charis. Neap.]. Cic. Tusc. 1, 41, 99 csed tempus
est' inquit (Socrates) ciam h. abire me, ut moriar, yos ut vi tarn
agatis' (= Fiat. apol.A2 aXXa yag ijjtfi? Sga ditievat, . .). *Caes.
b. g. 7, 50, 6 proiude abite h. [h. add. dik]. Catull. 14, 21 vos h.
interea (valete) abite | illuc unde malum pedem attulistis . . [li.
per traiectionem ad * abite9 referendum, cf. Ter. Ad. 917; Graece
%alQB xal am&i]. Cat. 27, 5 quo lubet h. abite. Ov. ep. 6, 60.
Uv. 1, 26, 4. 2, 2, 7. 2, 37, 7. 6, 40, 12. 7, 35, 8. 44, 45, 11. Val.
Fl. 4, 387. 7, 429. Stat. Silv. 2, 7, 131. Mart. 11, 6, 6. 11, 16, 1.
Jul. Valer. 3, 5(2). Querol* p. 42, 16 P. (3, 1) [h. e conj.U 47,
21 P. (4, 2). huc: PL Aul. 334 h. intro abi ad nos. Trhi. prol. 7
h. quae abiit. 579 abi b. ad meam sororem. Pers. 200 illic hinc
abiit intro h. Ter. Heaut. 904. Euu. 120. huc — illuc: v. § 31
'fltddus'; § So <tecta\ illa[c]: PL Most. 1045 abii illac [lirix,
ill&Camer.] per angiportum. illic: Conini. Bern. Lucan. p. 131,24
milites i. abirent [£/&; militia habent cod.]. illinc: Y.§22ß *ira-
tus9. Cic. dorn. 8 cur ego non timuerim, quaeris? quia te i. abisse
constabat *Phil. 2, 100 queniadinodum i. abieris [Faernus; illi
cavieris V, illam audieris t, illam adieris dbg; *ni$i potitis illi in
sertbendum est9 Or.-B.\ vel potius paeue non abieris, sciinus. Catull.
50, 7 atque i. abii. illuc: PL Aul. 329 intro abi i. CatulL 14, 22
v. 'hinc9 y). Phaedr. 4, 20, 16 t\ § 2b y).
inde: PL Mgl. 1312 ubi pulcherrume egi aetatem, i. abeo.
Capt 282 vi vom, quom i. abimus, liquimus. Ter. Andr. 368. Eun.
725. — Cic. Att. 9, 7, 5 abeamus igitur i. . . Curt. Ruf. 7, 11, 4
rex . . statuerat i. abire. Moret. 19 i. abit (Simylua). Ov. met 2,
872, met. 15, 111. — Liv. 1, 53, 10 . . . porro i. abiturus. 3, 28, 9
se i. abire sinerent. Similia ibid. 10, 46, 10. 7, 5, 5. 9, 5, 7. 26,
12, 15. 27, 28, 13. (27, 44, 3). 28, 16, 3. 31, 38, 9. 40, 35, 7. Val.
Max. 2, 7, 1. 7, 5, 1. Ken. de rem. fort. 2, 9 v. § 35. Fronto p. 154,
7 N. — *Apul. met. 6, 15 aquas . .., ut abiret *inde ocius [sie
Oudendorp, iunoxius Fq>], minitantes excipit. intro: de iunetura
*hinc intro' v. s. hinc. Formula * intro abi': PL Amph. 545.
As. 543. Aul. 334. Bacch. 227. 714. Epid. 655. 714. Mgl. 255.
482 Jos. Menrad:
857 [abi abi Lor.\. Most. 397. Fers. 855. Cist 1, 1, 120. Ter.
Heaut. 618. 871. Phorm. 819. Caec. 157 p. 65. Accedü alter im-
peraiivus: PI. Aul. 89 (occlude ianuam). 103 (tace atque . .). 329
(sunie . .). Epid. 601 (ne fle . .: i. a.: habe bonum aninium) =
Cist 2, 3, 47 (atque aniuio bono es). Epid. 605 (ac iube). Stich.
533 (et lava). Mgl. 302 (vise . . .). 394 (et . . conprecare). 535
(vide). 1129 (noli stare). Pseud. 161 (propere Botkius probantc
Bitschelio; at v. Poen. 420 f Stich. 204). 890 (et . . coque). Capt 452
('bene ambulato'). Cas. 2, 3, 38 (adpropera), 2, 4, 16 (. . atque
evoca). 2, 6, 67 (atque adorna . .). 2, 6, 69 (et . . fac . adcures).
Cist. 4, 2, 105 (da . .). Rud. 1254 (. . ne molestu's). Ter. Hee.314
(. . ac nuntia). — plur. cintro abite': *Aul. 455 [Goeller, Laman],
Poen. 604. Mgl. 928. Pseud. 168. Cas. 4, 4, 12. abeo intro:
Epid. 665. Cas. I, 52. fr Astraba 16. Ter. Eun. 970 abeamusi.:
Poen. 194. Stich. 147 fhinc i. s. huc i. Mueller pros. 669, NadUr.107,
introd &]. .Mgl. 944. Cist. 4, 2, 107. Ter. Eun. 906. abiit i:
Aruph. 1045? Trin. prol. 7. Truc. 210 [intero FSchoell]. MgL 1145.
Men. 549. 698. Cist 2, 1, 62. — Amph. 970 vis quin abeam iam
i.? Mgl. 159 i. ut abeas. Cist. 4, 2, 15 postquam i. abii. Ter.
Heaut. 906 abiere i. PI. Mgl. 1176 ut i. haec abierit. *Cas. 3,6,
29 [7] suppletur. introrsus: Jul. Valer. 3, 67 (24): *abi introrow
[i. e. in caelum; codd. habitus; an *dbi tu i.9; [? cf. PL Stich. 700
abiitusane B, abitu saue D, abitusane C pro abi tu sane]. Sen.
Herc. Oet. 1674 introrsus (in pectus) dolor | femineus abeat
intus: Querol. p. 42, 14 P. (3, 1) abi ergo i.; 51, 1 P. (5,2).
istac: § 17 a). Ter. Heaut. 588 abi sane istac, istorsum, quo-
vis. istinc: PI. Most. 851 at etiam restas: abi i. [restas? abi
istinc Camer., restas? st, abi istinc Gruter., restat: st, abi istinc
Lor.]. * Heaut. 818 abin i. [Fleckeis., Wagn.; abi(i)sti codd. "fUmpf.,
adisti mihi (manuui) BentL, sapiisti Schubert], istuc: *Ter. Ad.
169 nimium istuc [istoc Call. pl.y Fleck., Wagn., SpengeL] abisti
[= Kparutn prope adisti, du stellst noch zu weit tvcg9 Sp.] laevor-
suin: Apul. met. 1, 21 ad villulam 1. [leuorsu jF) abierunt. longe:
Ter. Eun. 633 1. iam abieram. August, scal. parad. 9 non 1. abibit
(sponsus). Max. Taur. M. 57, col. 452 D si a matre quispiam 1.
abierit (pullus). — Cf. § 20; §32 *Italia9. longissime: transl
Sen. ep. 122, 5 hoc est luxuriae propositum .... (a recto) quam
1. abire. loiigius: PI. Men. 327 = Ter. Heaut 212 ne hinc abeas
1. quo . . . Ter. Ad. 882 orat frater, ne abeas 1. Eun. 662 quo
ille abirc iguavus possit 1. Sali. Jug. 98, 5 neque tarnen suos I.
Abeo. 483
ibire sinunt .. Ov. met. 2, 718 flcctitur in gyruni nee 1. audet
ibire (müvus). 15, 111 1. inde nefas abiit. Liv. 36, 3, 3 ne quis
. L ab urbe Koma abiret quam unde eo die redire posset. Plin.
a. h. 21, 71 nee 1. abire (apes) patiuiitur (arbores). Veget. r. m. 4, 26
frequenter . . obsidentes simulata desperatione 1. abeunt. Symm.
9p. 3, 55, 2 ego paulo post abire 1. paro. Vulg. Exod. 8, 28 1.
ae abeatis. nequoquam: PI. Most. 562 cquo te agis?' n. \FUck.;
»cum quo Uss. Lor.] abeo. nusquam: PI. Cist. 4, 2, 37 ... hinc
!L abivit. Ter. Ad. 246 n. abeo. Hegesipp. 1, 44, 187 utinam n.
i te abissem. ob vi am: Ter. Heaut. 249 abi dum tu illis o. pe-
ilt us: Liv. 26, 28, 2 . . ad intuma p. regni abisse; v. § 18 *'m
\ acc.9 a) ß). peregre: PI. Trin. arg. 1 abiens p. Charmides.
Host 958 postquam hinc p. eius pater | abiit. Titin. 132 p. 152 Ii
lt *hinc legatus * abiit p. publice. Plin. n. h. 35 151 abeunte
Ho p. Roman. GL. I p. 212, 18 K. p. cum abit quis ... prae:
PL Amph. 543 abi prae, Sosia. Ter. Ad. 167 abi prae strenue ac
bris aperi. Eun. 499 abi prae, cura. Phorm. 777 abi prae, nuntia.
proeul: Liv. 7, 5, 5 pr. inde omnibus abire iussis eultrum strin-
git. Priap. 8, 1 (70, 4) matronae pr. hinc abite castae. Pomp. M.
S, 7, 65 pr. a ceteris abeunt. Sen. ep. 94, 69 magna pars sani-
tatis est, hortatores insaniae reliquisse . . . [et] pr. abisse. Tac.
Min. 14, 26 Tiridatem abire pr. ac spem belli omittere subegit.
Btat. Th. 11, 669 proeul . .. abi, victoribus omen | invisum. Amm.
Klare. 20, 4, 13 ut honoratius pr. abituros (Reisende) traetaret.
Venant. Fortun. app. 1, 64 *rebar abisse pr. v. § 28 *ab . . tweti-
bus9f §30 'luna9, §37 'ciirac9, 'Moerae9. prorsum protinam:
PI. Mgl. 1193 ego adeo, ut tu scias pr. Athenae protinam abibo.
protinus: v. § 18 *e conspectu9, § 26 a) y). qua: v. § 18 crfo-
mum9, § 32 'Arabia9.
quo: a) in enuntiato interrogativo PI. Asin. 597 quo nunc
abis? quin tu hie man es? Aul. 203 'quo [quonam Acidal., quod
22.] abitis?' ciam ad te revortar*. Aul. 444 quo abis? redi rur-
sum. Bacch. 1149 quo illaec [Both. It., illae hinc Herrn.] abeunt?
Cas. 2, 3, 15. Ter. Phorm. 489 quo nunc abis? Heaut. 586 quo
ego hinc abeam? Hec. 495. Ad. 780. Phorm. 216. Val. Fl. 8, 145:
quo abis? v. §18 'sine9, § 21 ß) 'petitus9, § 22 a) 'dexter9, cdt-
versHS*, § 31 'Tigrim9, § 37 'ctdtus9 'fervor9. — ß) relat. PI. Men. 515
= Ter. Eun. 651 non tu abis quo dignus es? Eun. 662 uequeo
mirari satis, quo ille abire . . possit. PI. Men. 1044 abeat . . quo
volet. Aul. 657. Stich. 424 abi quo lubet. *Mgl. 982 abeat . .
484 Jos. Menrad:
quo lubeat sibi [v. Lor. Kr. Anh.], Catull. 27, 5 quo lubet [quod
iubet OG], hinc abite . . Mart. 11, 16, 1 potes . . abire quo übet.
*Phaedr. app. 18, 15 abire destinavi (eo), quo tulerint pedes. Hör.
carm. 4, 1, 7 abi, quo iuvenuui te revocant preces. Petron. 98 nee
quo abierit suspicari possum. Suet. Yesp. 14 quidnam ageret aut
quo abiret. Plin. n. h. 10, 75 nee unde veniant quove abeant (ayeaj
compertum. v. § 22 ß) *tacitos\ § 25 y) 'abstr. pro coner. \ — y) m-
def. PL Men. 327 ne . . abeas . . quo ab hisce aedibus. * Mos! 596
an ruetuis ne quo abeat foras [sie Ä\. Men. 852 . . ne quo hinc
abeat. Rud. 1013 ego offleetam navem, ne quo abeas: mane.
Ter. Heaut. 212 vide sis, ne quo hinc abeas . . 928 abeat potior
multo quovis gentium. Phaedr. 3, 7, 25 si quo abire est animu*.
Querol. p. 59, 5 P. (5, 4) vos abite quolibet. v. *alio9, ttftoc\
quonam: v. §35 ^tegimen9. quorsum: v. §21 y) *notat¥. Val.
Max. 3, 2, 19 dexteram ad hostem tendens: *qu. tu' inquit cabia?'.
reeta: Comif. 4, 50, 63 si ad nie domum reeta abissetis. retro:
Curt. R. 3, 8, 2 . . suadebant, ut r. abiret (Dareus). Liv. fr. 75 W.
legati . . r., unde venerant, domum abierunt [a Quinct. 8, 3, 53
ut exemplutn (iccxQoXoyiag notatur]. Itala Jer. 15, 6 Wirc. retro
abibis. v. § 31 *Inachus9, § 35 *pretium9f § 37 *veritas9. retror-
sum: Vulg. Isai. 50, 5 r. non abii. Jerem. 15, 6 reliquisti me, r.
abiisti. Vulg. Itala Job. 18, 6 abierunt r. Max. Taur. M. 57, 447B
r. abire cogetur. Patr. saec. VII, M. 87, 450 A si r — us abiero.
sinistrorsum: v. dextrorsum. sursum: v. § 33 ß) Irenaeus 5,
31, 1 Dominus . . confestim utique abiisset sursum. ulterius:
Ov. met. 2, 872 inde abit ulterius. ultra: Itala Marc. 8, 13 abiit
ultra (a's ro nsgav). Itin. Alex. 16, 11 quod exim ultra abiturus
Darius ferebatur. unde: a) interr. Verg. Aen. 10, 670 (= Poet
1. m. ed. B. IV 207, 313) quo feror? unde abii? ß) relaL PL
Epid. 80 numquam hominem quemquam conveni, unde abierim
lubentius. Cic. Mur. 26 . . ut unde abissent, eodem statim red-
irent. Liv. 22, 60, 16 eo, unde abistis. v. § 26 y), §31 < Tiberis'.
undique: Liv. 23, 28, 4 celeritate tutior, quod undique abierat,
antequam consentirent. uspiam: Arnob. 6, 18 semperne dii man-
sitant neque abeant u., . . an babent itus liberos, cum libuerit
abire quocumque . .?
13 b) adverbiis temporis: actutum: PL Amph. 354, 360 oisi
a. hinc abis. Mgl. 1 196 et vos abite hinc intro a. Truc. 267 nisi
abis a. aut dicis quod quaeras cito, aliquando: Cic. Verr. 3, 79
ut a. ex . . agris . . abirent. celeriter: Querol. p. 51, 1 P.
Abeo. 485
(5, 2) abi c. intus; *p. 42, 15 P. (3, 1) Peiper e coni. Acro ad carm.
1, 28, 35 quam c abire velis (= quam festinas Hör.), cito: PL
Bpid. 513 . . pereas atque abeas c. Mgl. 1195 abi c. atque orna
te. Cist. 5, 8 abi c. Andr. 255 abi c. atque suspende te (cf. Poen.
509). citius: *P1. Pers. 443 citius [solus jB] iam a foro argen-
tarii abeunt quam rotula circumvortitur. Censorin. 20, 7 quo quis
magistratu c. abirei Ambros. enarr. in psalm. 48, col. 1221, 5 M.
c abeunt quam venerunt. confestim: PI. Trin. 798 abi ad then-
sanruni iam c conti nuo: Mgl. 535 abi intro ad vos domum |
c denique: Ten Hec. 156 illain spero abituram d. dudum:
Aal. 705. Capt. 478 ut d. hinc abii. Cist. 1, 3, 44 quae d. . . hinc
abiit. extemplo: Liv. 10, 18, 12 e. conversis signis (se) abitu-
ram; 2, 37, 7. 21, 19, 11. hauddum: v. § 37 'doli9, here:
Mart. 4, 61, 10 b. . . . cum subito abires. bodie: PI. Amph. 743
egone abs te abii binc h. cum diluculo? 758 tun te abiisse h.
hinc negas? Capt. 573 h. hinc abiit. Stat. Tb. 1, 461 h. abibis.
interdiu: Liv. 28, 24, 8 i. ac propalam abibat. 44, 39, 8 fal-
lere i. aut nocte abeundo potest. iam: PI. Amph. 970 quin
abeam i. Stich. 137 . . abhinc iam abierunt triennium. Mgl. 857.
1372. Pers. 215. 223. Ter. Ad. 620. Eun. 633. 733 abi iam. Cic.
de or. 2, 64, 257 abeunte iam illo . . Similia: Propert. 3, 8 (16),
33. Liv. 28, 16, 3. 3, 10, 11. Justin. 2, 12, 20. *Sen. (Vib. Gallus)
contr. 1, 3, 6 [iam ab rea? codd.} iam abire Schottius]. Tac. ann.
14, 39. Sil. Ital. 7, 375. 13, 493. Mart. 11, 16, 1. Quint. decl.
7, 10. iamne: PI. Cas. 2, 8, 67 i. abeo? formula i. abis? *Truc.
919 [Guyetus]. *Stich. 633 [abisti B, abis tu Ritschi; cditer A7
Loeux-Goetz etc.]. Pseud. 380. Men. 441. Most 991. — Truc. 634
i. abisti? Merc. 971. Cas. 4, 2, 15 i. abiit . .? Men. 337 ci. abiit?'
['abiit' supplevit Grxiter. recte, v. 549]. — Men. 876, Porapon. 157
p. 248 R. i. abierunt? . . v. § 33 'nausea9. mane: PI. Merc. 255
ad portum hinc abii mane cum luci simul. modo: Amph. 695
qui nunc primum te advenisse dicas, modo qui hinc abieris?
Men. 336 ille insanus . . qui abiit hinc modo. Cist. 1, 2, 13. mox:
Valer. Fl. 4, 528 m. abit et victor petit . . Symm. ep. 9, 71 m.
abire decreveras. v. §35 'flamma9. nocte: Liv. 2, 7, 1. 2,64,8
Romanos nocte abituros. Item 22, 25, 16. 27, 5, 18 (clam n.
abiit). 29, 7, 9. 44, 36, 10. 44, 37, 12. numquam: v. § 18 'sine
vettere9, nunc: formtda cn. abi': PI. Amph. 353 (. . sane). 545
(intro). Asin. 228. 367. Bacch. 714 (intro). Merc. 770. *Most, 585.
[Fleck., ne codd., nae Pias]. 928 (rus). — Amph. 514 heri venisti
486 Jos. Menrad:
media nocte, n. abis. AsiD. 597. Cas. 2, 3, 15. Ter. Phorm. 489
quo n. abis? Heaut. 696 n. a nobis abis. PI. Pseud. 1252 (v.
§ 22, 2 d) *madulsa9). Cas. 1, 53. Caec. 113, p. 54 R.: n. abeo.
PL Stich. 147 n. abeamus. Most. 83 n. rus abibo. Rud. 249 u. abire
hinc decet nos; 395 v. y) 'pessum9. Pollio ad Cic. fam. 10,32,3
. . Uli misero quiritanti *civis Romanus sum5 responderet 'abi
nunc' (= ergo), cpopuli fidem implora'. v. § 18 *m cadum\
§ 26 y) *incepto9, § 36 y) *oppidum9} § 38 *omnia9. nunciam:
PI. Poen. 814 domos abeamus n. Stich. 774. Most. £89. Ter. He-
aut. 618. ocius: PI. Merc. 930 . . tu, puere, abi hinc intro ocius.
Pseud. 758 cabite ergo ocius. *Querol. p. 47, 21 P. (4, 2) [(Mi,
potius codd.]. *Apul. met 6, 15 ut abiret inde ocius [innoxius
F<p, corr. Oudendorp.]. Amm. Marc. 31, 6, 2 ni abirent o. pau-
latim: v. § 33 *spirüus*. paulisper: v. § 18 *e conspcctu\ porro:
Liv. 1, 53, 10 p. inde abitnrus videretur. in praesentia: Ter.
Phorm. 779 provisumst, ne i. p. haec hinc abeat. prius: (PL
Amph. 513) Afran. 70, p. 175 paulo prius hinc abiit. prope-
ranter: Poet, aevi Caroli II ed. D. 299, 86 p. abire parabat. pro-
pere: Pers. 147 p. abi domum, pracmonstra . . . Cas. 3, 6, 29 (7)
fintroj ergo abeant p. v. § 18 *e convivio9. properiter v. §53
*animula9. protinus: Priap. 70, 4 sacro p. hinc abit peracto.
v. a). quandoque: v, §33 *ingenia9. raptim: Sulpic. Sev. D.
2, 3, 5 r. abire properavimus. repente: Amph. 639 is r. abiit
a me . . . . Liv. 25, 16, 2. 43, 2, 11. saepe: v. § 22, 2 UncolumW
semper: v. § 22, 1 *victor99 § 38 *frigidum9, §18 *cum sotnno'.
sensim: v. § 35 'umbrac9. serum: Sulpic. Sev. 1, 54, 6 utrum
subsistere an s. abire vellet. simul: Apul. de mund. 28, p. 127,
13 6. si quis pariter patefacto greinio animalis simul abire patia-
tur. statim: Plin. n. h. 10, 90 halcyonem videre ... nave ali-
quando circunivolata st. . . . abeuntem. Plin. ep. 2, 3, 8 statimque,
ut viderat (Livium), abisse. Apul. met. 5, 21 se fuga proripiunt
statimque conscensis navibus abeunt. v. § 18 *cttm convicio\
§37 * dolor9, subito: Amph. 503 tarn s. abeas. v. § 18 *innubc$\
tan dem: PI. Capt. 505 abii ad praetorem. CurL R. 4, 16, 25 t
barbari . . . abiere. tunc dem um: Plin. n. h. 10, 14 (aquilae) ex-
pertae pondus (raptorum) t. d. abeunt.
14 c) adverbiis modi et ab adiectivis derivatis. altius: v. § 30
*sol9, §35 *hutnor9. certe: Cic. Att. 9,7,5 abeamus igitur inde..;
sed c. abeamus. clam: v. § 18 *de provincia9. Liv. 21, 63, 5 si-
mulato itinere clam abiit. 27, 5, 18. — Frontin. 2, 4, 5 iussit
Abeo. / 487
uliones clam abire. v. § 34 *tempus\ clanculum: PI. Amph.
J3 cL abii . . . Trin. 798. Most. 1045. contemptim: v. § 17 s)
radu9. dolenter: Hist. misc. ed. E. 21, 14 abierunt d. ad pro-
ria. etiamne: Poen. 431 e. abis? festinanter: Nil. fab. 50
■ Rom. 4, 3 f. abiit. foedius: v. § 17 y). gratis: August.
laest. in Hept 625, 46 abibit g. [v. Vulg. Exod. 21, 11] i. e. sufti-
et ei non teneri in Servitute, gratul auter: Hist. misc. ed. E.
1,11 adSaborem g. abiret. honeste: v.pacto. in grate: M. Patr.
5 H. d. T. eol. 1400h caeteris i. abeuntibus. impune: abire:
§ 22, 2a. insperato: Lucil. 30, 38 M = 864 L. insperato abiit
— obiüy v. § 25). ita: Liv. 4, 10, 2 neque ut venerint . . ., ita
bitaros Volscos esse. v. § 7 *ciconiae9, § 18 *sinc vestigio9.
ibentius: Epid. 80 (hominera), unde abierim ). modo (iuxta
nperativosy germ. *doch, doch nur, nur9): PI. Aul. 459 abi tu m.
fem Epid. 604. 714. Merc. 749. Poen. 429 (synon. i m. 428. 430).
30. Trin. 685 (i m. 582/3/4/6/8/9 tcr). Most. 381. 583. 585. Pers.
95. Rud. 779. occulte: Tac. hist. 3, 70 ut . . occulte abiret.
in partem: transl. Sen. controv. 10 praef. 13 hos minus nobiles
inite in p. abire [habire B., inde partem habere Schult], pacto:
1. Capt 332 alio p. abire {Über) non potes. Ter. Eun. 716 alio
i. honeste hinc quo modo abeam nescio. perniciter: Apul.
iet. 6, 10 p. abeunt. perseverantius: Frontin. 2, 8, 14 p. ab-
untes (fugientes) trucidarent. pessum: PI. Truc. 36 quando
biit rete p. (xidovde). Hyg. fab. 125 ne (Ulixes) p. abiret.
. § 18 *cum navi9. v. § 35 *navis9. plane: Caes. b. g. 6, 43, 4
. nee pl. etiam . . abisse contenderent. v. § 33 *nausea9. potius:
1. Amph. 455 abeo p. Bacch. 211. Rud. 880. propalam: v. § 13
mterdiu*. publice: Titin. 132 p. 152 legatus abiit peregre p.
tf. PI. Mgl. 103 rei publicai gratia). quemadraodum: v. § 12
ülme9. rursum: PI. Most. 377 tuos venit pater? iube eum abire
. Valer. Max. 5, 7 ext. 1 Stratonice rursus abeunte. sane: PI.
Lmph. 353 nunc abi s. Stich. 264. 700. Rud. 855 (cf. Pers. 198).
atine: Most. 76 s. abiit, neque quod dixi flocci existumat; v.
jorenz. simili modo: Plin. n. h. 10, 72 abeunt et merulae s. m.
sis: fabi sis5: PI. Mgl. 1111. Most. 569. Trin. 972. Rud. 1053.
Jas. 4, 2, 14. Ter. Phorm. 59.> strenue: v. § 12 *prae9. tan-
um: v. § 22, 2 *dexter9. *totiens: Cic. Att. 4, 16, 9 ut *abis
ut abires Ernest, ut a nobis Baiter] t. et tarn longe abesses.
urmatira: Liv. 28, 13, 9 primo t. (iv xa%hi Polyb.) abibant.
uto: Liv. 24, 19, 8 ut abire Capuam tuto liceret. una: v. § 12
488 Jos. Menrad:
*foras\ Plin. n. h. 10, 66 abeunt una . . glottis et otus et cy-
chramus. vehementer: Vulg. Jerem. 49, 30 fugite, abite t.
velociter: Vulg. Num. 23, 4 cum abrisset v. verumne: v.§21y)
*ezactae\
15 11) dativis; apud poetas. a) dat. ethico: Verg. Aen. 5, 162
quo . . mihi dexter abis? 5, 305 nemo . . . mihi non donatos
abibit. Jul. Yaler. 2, 10 puto matrem mihi in deos abiisse. f.
§ 18 *per Argos9. ß) = ab c. abtat. : *Catull. 63, 74 roseis ut huic
[hinc codd.] labellis sonitus <citus> abiit v. § 33 <color\ 'ce-
terno9, § 37 'spes9, 'fervor9. Ambros. M. 111 1 de fide 4, 2, 23, col.
621 C si non tibi abeat (Christus), y) $ibi(met) = sua sponte(?):
Vulg. Jerem. 3, 6 abiit (Israel) sibimet super omnem montem
excelsum . . Hieron. III. Zach. 14, 8. Patr. 25, col. 1528B plum
abibit sibi (= M. 23, col. 1141 C).
16 III) accusativis; ad indicandum interius quod vocatwr ebne-
tum; in sermone vulgari. PI. Rud. 1027 sine me hinc abire: td
abi tacitus tüam viam. Irenaeus 3, 12, 9 permisit omnes gentes
abire vias suas. Vulg. 1 Mach. 8, 19 abierunt Romam, viam mul-
tam . . . Itala Num. 33, 8 L. abierunt viam trium dierum per de-
sertum = 1 Mach. 5, 24 (Vulg.). — 1 Mach. 9, 2 abierunt viam
in Galgala. Prov. 1, 15 (Sess.) ne abieris vias cum Ulis. Am-
bros. de Ca. et Ab. I 4, col. 341, 22 M. abiit . . viam longissimam.
Patr. 95 H. d. T. 1418d (vir) abiit . . viam longinquam (= Pro-
verh. 7, 19: via lougissima Vtdg.). Venaut. Fortun. c. 7, 20, 6 hinc
.... nullus (viator) abibit iter = Poet, aevi Carol. II 69, 412
laetus (v. § 22 ß) abibat i. Greg. Tur. gl. mart. 47, col. 520,
17 M i. . . abierunt. August, quaest. in Hept. 776, 54 (= Jos. 3,4)
non abiistis viam ab hesterna . . die.
17 IV) ablativis: a) loci: PL Pers. 444 abi istac travorsis angi-
portis ad forum [istac tr. codd. Iximb., item codd. Scaliger i; straeta
vorsis B7 taeta v. CD istac avorsis Camer. , hac advorsis (FZ)
lioth.]. Hör. sat. 2, 3, 50 velut silvis . . . ille sinistrorsum, hie
dextrorsum abit. v. d) teqtio9f § 35 *rura9. ß) temporis (de cnocte*
v. § 13): PI. Amph. 532 qua nocte venisti, eadem abis. 737 pri-
mulo dilueulo abiisti (cf. 743 cum d.). Catull. 68, 85 non longo
tempore abisse. Liv. 3, 13, 8 nocte proxima ... in exilium abiit;
item 25, 19, 6; 44, 39, 6. — 9, 45, 13 ut prima vigilia abi-
rent; item 31, 38, 10. Frontin. 4, 3, 13 postero die abeunte exer-
citu. Plin. n. h. 10, 21 (aeeipitres) ceteri hieme abeunt; 10, 70
abeunt et hirundines hibernis mensibus. Plin. ep. 6, 31, 14 summo
Abeo. 480
die abeuntibus nobis . . xenia sunt missa. Act. mart. (ed. Manz),
martt. 8. Juliani 601, 7 die . . proximo abivit ad carceretu. Hist.
misc. ed. E. 20, 46 abiisset tribus diebus. v. § 33 *febris9. y) can-
sae: v. § 22 } 2 a) *praeceps\ Liv. 9, 5, 7 quorum ignavia . . foe-
dius inde quam venissent abituri essent. 2, 4, 2 vetustate me-
moria abiit. 22, 60, 16 pretio redituri estis eo, unde ignavia ac
neqoitia abistis? iniussu: Liv. 3, 20, 3 = 22, 38, 2 conventuros
iussu consulis nee i. abituros. Item 10, 38, 3. 40, 35, 7.
d) instrumenti: curriculo: PI. Rud. 855 abi sane ad litus c.
fr. ine. 8 licet vos abire c. equo: Verg. Aen. 10, 859 belli« hoc
(sc equo) victor abibat. Poet, aevi Car. II 12, 238 (equum), quo
faleratus abis. itinere: Vulg. Gen. 39, 1. Hieron. vol. III M.
23, 959 B abiit i. P. Diac. H. L. 1, 12 ut Longobardi i. quo ve-
nerunt abirent. navi: PL Merc. 110 servom conspicor | quem n.
abire vetui. navigatione: Cic. Att. 9, 7, 5 abeamus igitur inde
qnalibet n., . . . sed certe abeamus. pede: Ov. am. 2, 19, 12 quo-
tiens ... | eunetantem tardo iussit abire p. Greg. Tur. hist. patr.
4,3 pag. 675,37 propriis pedibus abire non poterat. via: (v.§ 16).
Lucif.Cal.M. 13, col. 772 A qua v. abiit? - fallaciis: PI. Capt679
fateor . . . f . | abiisse eum abs te mea opera atque astutia (c*. e.
/". mea opera inventvt9 Brix). auxilio: Caes. b. c. 2, 22, 4 a. tem-
pestatis . . abiit. Sali. Jug. 53, 3 plerique collis aut noctis, quae
iam aderat, a. .. abeunt. ope: Paulin. Nol. 560 B = 20, 251
qua nunc o. laetus abi bat. gernndia: v. § 22, 1 *victorem abire9.
i) modi (conereta): a gm ine: Liv. 2, 47, 9 consternatoque a.
abeuntes. 2, 63, 4 hoste s . . . citato a. abeunt; simil. 22, 12, 7. 8,
1,5a. trepido abierunt. 9,21,6 Samnites . . tacito a. abeunt.
9, 30, 5 tibicines . . Tibur uno a. abierunt. 22, 50, 4 uno a. Canu-
sium abituros esse; simil. 27, 49, 8. 31, 38, 10 (Philippus) silenti
a. abiit. 37, 21, 2 regii . . . abire a. ad iter magis quam ad pu-
gnam composito. 44, 39, 8 a. efruso abeuntes. Plin. ep. 6, 20, 7
ingentique a. abeuntis premit (volgus). agminibus: Curt. R. 4,
16, 25 barbari . . . dispersis a. abiere. Liv. 25, 19, 7 duobus agm.
diversos abiisse. capitibus: Val. Max. 4, 6 ext. 3 (coniuges) . .
commutata veste per simulationem doloris velatis c. eos (viros)
abire passae sunt, cursu: v. § 30. — Greg. Tur. hist. patr. 17, 1
col. 729, 6 c. rapido abiens. gradu: *PI. Truc. 286 abire hinc ni
properas grandi g. [Camerar., gras codd.] . ., exvellam. Liv. 25,
37, 15 contemptim rursus et sedato g. in castra abeunt. Pau-
lin. Nol. 541 C — 19, 549 et cum prosiliente g. coepisset abire.
Archiv f Ar Ut. Lexikogr. IV. Heft 3. 4. 32
490 Jos. Menrad:
gressu: Sil. Ital. 13, 751 inde citato | Celsus abit g. fuga:
Verg. Aen. 4, 281 ardet abire f. dulcisque relinquere terras (Sacerd.
art. gr. 3, 1 [Gr. lat. VI p.498,6K] ci. e. festinat'). Mart 8,32,4
permissaque sibi nollet abire f. (columba). 8, 56, 10 celeri iussit
abire f. hasta: Stat. Tb. 8, 188 timendum | hostibns infesta-
que abeuntera vidinms h. manibus: Sen. dial. 10, 15, 4 (cf. 10;
14, 5) nemo quemquam vacuis a se in. abire patietur. sinibus:
Cor. Just. II 397 hinc s. plenis abeunt. — (abstracto): animo: Sea,
ep. 30, 4 aequo animo abire (§ 25). celeritate: Liv. 41, 10, 13
Claudius in provinciain aeque ac prius praecipiti c. (praeceps ibid.
§ 5) abit. fama: v. § 22, 2 a) 'itnpune9. fide: Tac. ann. 2,63
abiturum se (eadem) fide, qua venisset. irapetu: transL Pomp.
M. 2, 4, 73 Alpes verso impetu in orientem abeunt; itetnS, 1, 6.
Vulg. Matth. 8, 32 = Luc. 8, 33 i. abiit totus grex. Itala Nom.
16,42L. i. abierunt ad tabernaculum testimonii. Hieron. Na. 3, 13.
1269 A bruchus (locustae genus) i. abiit. Hist Mise. ed. E. 29, 20
contra Ctesiphontem i. abeunt. ordine: S. Gregor. M. in libr.I
Reg. 1 n. 36 o. quo abierit. silentio: Liv. 3, 16, 5 maiore quam
venerint s. abituros.
t) disiunetionis: usus est imprimis poetarum proprius scriplo-
rufnqne poetas imitantium: PI. Merc. 654 si hac urbe abis.
Most. 596 an metuis ne quo abeat foras | urbe ex u lat um [sie
Studem. ex A; Lorenz ad h. L artificiosius *urbe9 ab supino c«rn-
latum9 petidcre censet]. Manil. 5, 162 J. ille victor stadio abibii
Curt. R. 8, 3, 5 ceterum abire conspectu (e conspectu LV) iubet
♦Catull. 63, 74 v. § 15 ß). *68, 85 coniugio . . ., quo (quod codd)
seibant Parcae ... abisse. Verg. buc. 7, 56 si . . Alexis montibus
his abeat. Propert. 1, 4, 2 quid . . . mutatum (sc me) domina
cogis abire mea. Ov. ep. 15 (16), 156 tene meo paterer vivus
abire sinu? met. 9, 787 .. mater abit templo. ex P. 1, 1, 37
limine cogat abire. 2, 8, 66 v. § 33 Humen9, fast. 3, 5, 19 v.
§ 37 *favar9. Liv. 10, 24, 18 Fabius . . precatus . . comitio abiit
\edd. vett.y comitia (-o) habuit codd.]. 21, 19, 11 abire finibus
Volcianoruni iussi. 27, 12, 13 si uno proelio abeat. 35,46, 12
si insula excedant atque abeant. Just. 7, 3, 4 rogat patrem,
abiret convivio. Tac. ann. 2, 19 (Germani) qui modo abire sedi-
bus . . . parabant (cf. Draegerum ad h. I. et in ^Einleitung9 § 34). 2, 69
Piso abire Suria statuit. transl. 6, 22, § 26 y). 2, 34 abire se
et cedere urbe. Cod. Theod. XIV 17, 7 si quis u. abeundum esse
crediderit. Sil. Ital. 13, 493 me iani comitante tuorum | tempus
Abeo. 491
abire globo. Juven. 1,132 vestibulis abeunt... dienten. Mari,
epigr. XVI 1 raptus abit media . . ad aethera taurus harona.
Nevelet 50, 12(601) qui pede ... pugnat abire iugo. Veiuuit.
Fortan. V. 8. Mari I 165 celta omnes iussit abire. Patr. Marc.
VII, M. 87, 35 ad astra meas | Finibus Occiduis abiens. Poet,
aevi Car. II 292, 26 ut flumcn abire putares | litoribun. lte
* abire honore, magistratu etc.* v. § 23 , ' abire vita' § 26, 'abire
mente' § 28.
V) nominibus cum praepositionibus iunciis. a, ab(alm): 18
a) de per sortis: a me: PL Amph. 606 postquam abiit a me|d| hinc
[v. Loetce-Goetz ad h. I] = 639. — ■ 857 abin hinc a nie, dignuH
domino servos? = Bacch. 1176. 1030 . . priusquani a nie abirei.
*Truc. 958 i intro amabo; et tu ergo abi a me [v. Scfwetl. ad h. l.\
Ken. 1044 . . dicam ut a med \Both.] abeat über quo volet. Ter.
Hec. 853 v. *snü? . . Heaut. 696 nunc a nobin abin. aCabftjt«:
Amph. 531 neqne abeo abs te. 743 egone abs te abii . .V Mgl.
478 (A, Camer.) 1343 [ted Guyet., te codd.\ (1331;. Capt. 679
Ter. Hec 382. 696. Heaut. 489. Eun. 791. Phorm. «17. Mart. 12,
17, 2 \v. § 33 *febrW]. Ter. Heaut. 756 optabit rurBum, ut abeat
ab se filins. Sen. dial. 10, 15, 4 fr. # 17t) 'manilmH9\. PI. Ahjii.
604 ab hac minatur gese abire. Capt. 215 abite ab lHti«. Cure.
336. 349 abeo ab illo . . . 487 abeo ab Uli* . . Andr. 299 wh\
quor tu abis ab illa? Cic. Verr. 2, 54 fr. # 22, 2a) 9uncti(tr9\ Pomp.
M.3,7,65 [v.§ 12 fprfjcur\ *PL Most 131: v.infr.$2h. Ter. Hec.
91 quam cupida eram abeundi a milite; item Eun. 733. Cic,
Flacc. 50 ab eo indice abiit et . . causam totam reliquit Surr.
3, 31 81 quas Cmulierculaa) a praetore abenntif» poftgent depre-
hendere. Lir. 9, 5, 13 a consnlibug abire lictore* iuMiu. 24, 45,
6 quodai abire a Komania liefrat, redire ad eos non lic*at. .Sil.
Ital. 16, 636 tu cniul abir* a victore para* hofeU; . . Quint.
decl. 6, 20 ne Tenigio \M. dwrxmmia) t^Äfem ablüde a r/meri*
licet. Migne 53 i'Praed*r»t j ';',!. 611 0.43 q^ic-jmq'je aut a Pricuiano
ad Maximianum abih aut a. M. ad Pr. r. etiam % 24. ß <fc r*inük
concretis: PL Men. 327 proir» to n* j,!nr; ao*a* io/igi^ quo ab
hisce aedib?~*. A--i. l'*5 ab '<fef. Guyei„ H*rrtiaun.\ Aum<* ab-
eandnmst mihi. H:*tol. III 0%. 11. 1 *j. -^14 AUS abruft a
facie eoram: ufe» t«>;- HI AI. #£. K*7# C Pi, fVr». 4 J^J . . ';**.a a
foro argentarii *>-*■•£*- . .Ca. \iov.. <?,is>. %\ *'* \\t\ + \'* r. j: ^Jß,
^vidnf. PL .KsL^TyM *~~. * .'--j :*,:.*:. .~us T>.. !.»># a **m.u+
r. £* 21ffy *«/>ra:*tr Fi- M*.v &% 'iic i*x/ .*.-.. </wej* . . . ai>-
492 Job. Menrad:
ire ab his locis lenoniis. Trin. 989. Cas. 2, 4, 34 abin — hinc ab
oculis Men. 837 non abire possum ab his regionibus. Nithari
hist. 4,1 a regno abisse; 4 a r. habiret. *Apul. de raund. 28,
p. 127, 18 G. ut quae una ab *unico sinu abeundo facultas con-
cessa omnibus (animalibus) fuerit. Tust. 23, 3, 9 quoniam a Si-
cilia abiret (at 4, 5, 2 Sicilia) Liv. *27, 45, 11 nihil morari, nee
[abire suppl Weisserib., discedere Madv.; deest in P] ab signis;
28, 24, 8 interdiu . . ab s. abibant. Cic. Verr. 2, 72 et simul ab
subselliis abire coepit. Mart. 12, 70,8 sobrius a thermis nescit
abire domum. — ab urbe, v. § 12 *longitis\ — Acta mart, pass.
Firmieti 637,4 cum . . abiisset non longe a villula sua. 'a coito'
v. Hn partem9. — y) translate et de abstr actis: v. § 28. ca6 iurtf, 'ab
ignavicf, *a nocturna, 'a spiritii9, *ab administratione9, ca mentf;
§37 *a recto9. Fraepositio *a(b)9 omittihir: 'domo abire': Ampk.
503 d. abeas. Epid. 46. Merc. 8. Trin. 1010. Mgl. arg. 2, 3. Eon.
661. Stat. silv. 2, 5, 4. — Ov. met. 11, 194 abit Tmolo. Iust.4,
5, 2 . . ut abirent Sicilia Valer. Max. 1, 3, 2 (Nep.) Italia abire
iussit; 2, 9, 8. Sed Hyg. fab. 39 ab Athenis Cretam abiit ab-
bitte: PL Stich. 137 a. iam abierunt triennium. absqne: Macrob.
Saturn. 3, 98 peto ut . . a. his abeatis. Symm. ep. 5, 31 propin-
qunm a. litteris meis abire par non fuit Vulg. Thren. 1, 6 abi-
erunt a. fortitudine. ad: a) ad personas: PI. Epid. 379 abeamns
intro hinc ad me; item Stich. 533 Cornif. 4, 50, 63. PL Aul. 334
huc intro abi ad nos; Rud. 880. Mgl. 535 abi intro ad vos
domum. ad illam v. § 35 *res9. ad alios v. § 35 *opes9. — PL
Bacch. 714 nunc tu abi . . ad Bacchidem. Trin. 579 . . abi huc
ad inSam sororem ad Calliclem (i. e. quae in aedibus C. est).
Men. 450 abit [abiit Brix] ad amicam. Item Capi 505 ad prae-
torem. 573 ad patrem. Cist. 1,3,44 ad matrem. Heaut 966
ad prox-umum. 117 ad regem. Sali. lug. 62, 7 . . pauci ad
regem Bocchum in Mauretaniam abierant. Liv. 33, 16, 6 Cor-
cyram ad Romanos abirent. ad propinquos v. § 37 *tutela\
Liv. 1, 26, 4 abi . . ad sponsum (Dion. 3, 31 &7ufrt, nqbg Sv &va-
xakfi). 2, 15, 7 Tarquinius exulatum ad gener um suum . . abiit.
Liv. 33, 16, 6 ut Corcyram ad Romanos abirent Vell. 2, 50, 1
aliisque, qui voluerant abire ad Pompeium. (M. Aur. ad) Front.
p. 69, 15 N. abii ad patrem meum. Vulg. Ioanii. 20, 10 (diseipuli)
abierunt . . . ad semet ipsos. August, quaest. in Hept 747, 11
(= Num. 24, 25) Balac abiit ad semet ipsum. *ad erum' v. ß)
De 'abiit ad deos' v. § 25. Isidor. opusc. Chron. 113 (M. 1054 A)
Abeo. 493
baptizandus ad catholicam ecclesiam abiit ß) ad res: Mari
epigr. XVI 1 abit ad aethera taurus. Greg. Tur. Andr. 29 col. 839,
25 abiit ad balneum. Ambros. de £1. et ieiun. 3 col. 733, 12
infir.: ad caelum abiens. Liv. 22, 25, 16 nocte ad exercitum
abiit. PL Asin. 251 discesti ab ero atque abiisti ad forum. 367
nunc tu abi ad forum ad eruin et narra; item Bacch. 902. Cure.
33a Mgl. 89. Men. 684. Most. 706. Pers. 444. - Most. 1045 abii
illa[c] per angiportum ad hortum nostrum clanculuni. Liv. 26,
28, 2 Philippum . . ad intuma penitus regni abisse. Phacdr.
app. 26, 8 venit, sed abiit hac ad laevam. Auim. Marc. 28, 2, 9
abiit ad lares (22, 14, 5). PL Amph. 691 an teinpestas continet,
qui non abiisti ad legiones, = 737; Epid. 46. Rud. 855 ad
litus v. § 17 8). Greg. Tur. Andr. 28 p. 840, 30 abii iterum ad
lupanar. PL Rud. 898 ad mare v. § 10 *piscatum\ Stat. Theb.
9, 295 diraeque ad moenia Thebes | solus abi. Men. 1112 . . ut
abii Tarentuin %d mereatum; item Most 971. Men. 878 ad navem
y. § 22, 2a) csalvo'. Greg. Tur. h. F. 6, 2 p. 245, 15 ad oecur-
sum regis abieram. Merc. 255 ad portum hinc abii . . . Stat.
Th. 9, 624 qui . . ad proelia abit. Greg. Tur. Andr. 1 p. 828,
10 abiit unus quisque ad propria sua. August. Confess. 5, 8
abiit ad solita. PL Trin. 798 abi ad tbensaurum iam confestim
clanculum. *Varr. sat. Men. 223 Buech. = 150, 7 K. ad turbam
ivi, | . . inunera belli | ut praestarem [civi* Oehler, 'ubi* BHL W7
'abii* Vahleri]. Apul. met. 1, 21 . . ad villulam proximam lae-
Torsum abierunt. y) ad res gerendas: Liv. 9, 45, 13 ut prima
vigilia diversi e castris ad deportanda omnia tuendasque
moenibus [in] urbes abirent. [in secl. Weifsenb.; fort, scribendum:
'tuendaque m. in u. ab.9?] Liv. 43, 5, 4 tamquam ad aliud bellum
gerendum abisse. Oomm. Bern, ad Lucan. p. 99, 3 Gato abiit
ad exequendam hereditatem. Vulg. Deut 19, 5 abiisse cum
eo simpliciter in silvam ad ligna caedenda . . Gregor. Tur. b.
F. 4, 30 p. 141, 17 ad capiendam . . urbem abierunt 8, 16
p. 336, 14 abiens ad sacramenta danda. hist. patr. 15, 2 p. 722, 9
ad requerendos parentes . . abiit d) ^acT cum abstr actis: Greg.
Tur. hist patr. 1, 3 p. 666, 4 ut ad dispersionem fratrum abires.
Vulg. Matth. 22, 5 abierunt . . . alius ad negotiationem suam.
Migne89, 427 A si quis ordinatus ad yenationem abeat. s) transl.
cad ineptias' v. § 26 ß). ante: de tempore PL Amph. 639 in repente
abiit a me hinc a. lueem. Liv. 38, 34, 2 a. diem certum. Val. Max.
7, 2, ext 10 (I. P.) a. noctem Plin. n. h. 10, 28 milvi hibernis
494 Jos. Menrad:
mensibus latent, nou tarnen a. hirundinem abeuntes; 24, 26 v. § S6y)
causa: Frontin. 4, 1, 4 se fugae atque forinidinis c. non abituros
. . neque recessuros. clam: PI. Merc. 43 v. § 35 *res\ contra:
Greg. Tur. h. F. 3, 28 p. 107, 2G quod Childebertus c. Chlothae-
harium abiit 4, 42 p. 175, 13 Ainatus c. eos abiit 8, 45 p. 356,
20 contra Gothos abire disponit. [abire = ad bellum proficisd, cf.
ibid. 7, 42 p. 321, 9 non habuerunt consuetudinem in talibus
causis abire.] coram: Vulg. Marc. 2, 12 abiit c. omnibus. cnn:
a) cum persanis (animalibus) : PI. Mgl. 1193 ego . . Athenas abibo
tecuni. (Ov. ep. 13, 23). Cist. 4, 2, 107 intro abi cum istac simul.
Valer. Max. 2, 9, 8 qui . . . cum eo . . abituros se iuraveraut
v. § 35 *vcstigia9 § 38 *omnia\ — PL Amph. 125 qui cum Amphi-
truone abivit hinc in exercitum. Men. 1112 cum patre ut abii
Tarentum . . Hec. 586 abiturara Line cum tuo me certo decrevi
patre. Pseud. 1032 Harpax abierit cum muliere. lustin. 16,4,
13 . . abiturum cum militibus suis. Quint. 7, tf 42 damnatus
(pater) abiit cum advocato (filio) in exilium. Vulg. Eccl. 22, 14
cum insensato ne abieris (= ieris). v. § 37 *regnum9, § 18 *w
montes9, § 20 *numerum9. ß) cum rebus: v. § 13 *hodie*, Kmant]
PI. Kud. 395 nunc eum cum na vi scilicet abisse pessum in altuni
(Vn die Tiefe9). 1243 maiore ut cum dote abeat hinc quam
advenerit. *Naev. bell. pun. 8 V. amborum uxores . . Troiad exibant
. . . flentes . ., abeuntes (' abitentes* '? Mueller) lacrimis cum
multis. [*Enn. tr. 373 V. 287 lt. 82 M.: ecedo et caveo cum ve-
stitus' traditur; ccedo et abeo hoc cum vestitu* Mueller; aliter
Geel., Rtbb.y VahL] Ov. ep. 18 (19), 66 tu cum somno semper
abire soles. Ps.-Ov. ep. 15, 173 ut monuit (naias), cum voce
abiit. Ov. met. 15, 664 cum voce deoque | somnus ab it. Liv. 22,
6, 11 abire cum singulis vestimentis = 22,52,3; 23, 15,3. Valer.
Max. 4, 3, 7 (legatos) cum suis sarcinis abire iussit v. §35
* flammet, § 33 ß) *flvrem\ § 35 *caelum\ y) cum abstr actis: Curi
R. 8, 13, 15 abire cum gloria poterant. Vulg., Itala 1 Mach.
10, 60 abiit c. gloria. Liv. 22, 32, 3 nisi cum fugae specie ab-
eundum *ei fuisset (Madv.} timuisset P.). Sen. (Pompeius Silo)
controv. 9, 5 (28), 10 statim cum convitio abisse. Sil. Ital. 9,
553 abit Gradivus . . cum fremitu. Itala 1 Mach. 6, 6 abiit
Lysias cum virtute forti. August. Serm. 38, 151 M. abiemnt
cum fide ad Dominum. Greg. Tur. gl. mart. 43 p. 517, 22 abiens
cum dei gratia. Cod. Theod. 3, 11, 1 cum honore abierit. d) im-
perativi sententias indignantium eoqprimunt v. § 8b: PI. EpicL 78
Abeo. 495
abi in malam rein maxumani cum istac condicione. Ter. Eun.
651 abi hinc quo dignu's cum donis tuis. Andr. 317 abin hinc
in malam rem cum suspicione istac, scelus? Liv. 1, 26, 4 abi
hinc cum immaturo amore ad sponsuin. 6, 40, 12 abi hinc cum
tribunatibus ac rogationibus tuis. Querol. p. 19, 3 et 4 P.
(1, 2) 'at abi Lar . . cum tua disputatione [disputione LG].9
cat abi Querole cum tua querimonia'. Sidon. ep. 1, 7 abite . .
cum hac superforanea trepidatione. de: a) de tempore: v. § 10
'piscatum9. ß) de locis: PI. Men. 599 . . ilico properavi abire de
foro. Cic Verr. 2, 55 commodiBsimum putavit esse de provin-
cia clam abire. . . Mart 4, 61, 10 here de theatro | cum subito
abi res, dum fugis . . . *Ascon. p. 63 8/9 K.-Sch. (= 70 B.) *[ut
abjeant de eo loco, ubi lex feratur put abeant' Motnmsen, feant?
C, 'erat* vulgo.\ Vulg. Gen. 44, 14 nee de loco abierat. Iul. Ob-
sequ. 69, 20 aquila de conspectu abiit. ltala 1 Mach. 10, 76
abierunt de civitate. Ambros. de Abrah. 2, 9 col. 509, 1 inf. M.
sie abibunt de terra Aegypti. leges barbar. lib. VIII tit. 4,
§ 14 p. 112a [pecora] . . de ipsius grege abierint. v. § 35 *pul-
vis?, § 33 Hivor9, § 30 *soV, § 25 'de vita abire. e, ex: Cic. Verr.
3, 79 haec decumanis merces dabatur, ut aliquando ex eorum
agris atque ex urbibus abirent. ex animo v. § 37 'tumor9.
Liv. 43, 16, 9 ... ex Capitolio abiit. Sali. lug. 107, 2 . . ex
castris abire iubet; itetn Liv. 9, 45, 13. — 1, 2, 2 neutra acies . .
ex eo certamine abiit; item 34, 19, 2. 1, 51, 1 haec increpans. .
ex concilio abiit. — Formula e (ex) conspectu: PI. Amph.
518 abin e c. meo? item Men. 876 [*Curt R. 8, 3, 5 v. § 17t],
Caes. b. g. 6, 43, 4 ut . . Ambiorigem . . circumspicerent captivi
nee plane etiam abisse ex c. contenderent. Item b. c. 2, 22, 4.
Sali. lug. 68, 1 v. § 22, 2ß) 'maestus9. VaL Max. 1, 6, 7 anguis
eximiae magnitudinis visus e c. abiit. 5, 8, 3 protinusque e c. meo
abire iubeo. Apul. met. 6, 10 e c. perniciter abeunt. Dictys Cret.
5, 3 (M. 89, 10). 16 (101, 2) abire e c. v. § 18 'in Graeciam9. -
Tac. hist. 1, 81 abire propere omnes e convivio iussit. e medio:
Amm. Marc. 25, 8, 11 ut dux abiret e m. ; 31, 15, 12 e in.
abire. ex oculis: Truc. 477 hie adponite atque abite ex o.
Liv. 25, 16, 2 angues duo . . repente ex o. abierunt. v. § 33
^horror*. Migne 13 col. 407 A aeeipe quid ex o. abivit — *ex
patria' v. § 22, 2a) 'profugus9. — transl. Ov. ex P. 3, 3, 12 pulsus
et e trepido pectore somnus abit; v. § 37 'irietas\ Ter. Eun. 290
miror qui ex Piraeo abierit. Liv. 42, 41, 8 istos . . . abire ex
496 Jos. Menrad:
regno iussi. Ov. tr. 3; 1, 67/8 quaerenteui frustra custos e sedi-
bus Ulis | . . iussit abire. Liv. 26, 41, 16 ut incolumi cedere
atque abire ex hostium terra liceat Val. Max. 4, 7, 13 non e
\om. B, ex D] theatro prius abiit [exiit I. F.] quam spectaculum
ederetur. Cic. Phil. 10, 8 ut me puderet . . in eaui urbem re-
dire, ex qua Uli abirent; simil. Sen. dial. 10, 10, 8. Val. Max. 1,
3, 2 . . Chaldaeos citra decimuui dieui \Par., intra decem dies
Nep.\ abire ex urbe atque ltalia [Par.f Italia abire Nep.] iussit
Propert. 3, 3(12) 12 v. § 22, 2a) 'sanus9. — De «abire ex matri-
lnonio, abire e vita9 v. infr. § 24. 25. Causalem vitn V habet Ov.
tr. 2, 45, 5: quibus e sucis abeat de corpore livor. ergo: Li?.
22, 38, 4 sese fugae atque formidinis e. non abituros; v. * causa9.
extra: trattsl. Irenaeus 3, 10, 2 euin hominein qui e. deum abierat
Greg. Tur. hist. patr. 10, 2 col. 707, 18 abii e. insolam. gratia:
Ascon. p. 30, 15/6 K.-Sch. (= 36 B) Clodium Aricinos decuriones
adloquendi g. abiisse. in C. accus.: a) «in* cum norn. propr. civi-
tatum (urbinm apud Plautum) Coinm. Bern, ad Luc p. 103, 5
üambises in Aegyptuin abiit expuguandam. Plin. n. h. 36, 9
artifices iniuriam questi abiere in Aetolos. schol. luv. 10, 276
(Marius) in Africam abiit. Liv. 27, 2, 10 in Apuliam. Ter.
Heaut. 111, 117 in Asiam. (M. Aurel. ad) Front, p. 67, 9N.
utruinne in Aurel iam an in Cainpaniam abisti? Liv. 26, 12, 12
in Bruttios. Iust. 42, 2, 9 in Colchos. Liv. 25, 19, 6 nocte
diversi Fulvius in agrum Cuinanuni, Claudius in Lucanos abiit
PL Bacch. 171 postquam binc in Ephesum abivi [v. Goets ad
h. i.J; 388 [spurius? Leo]. *Porcius ap. Suet. fr. 28, 2 Reifif. = 292,
22 Roth ex conspectu' omni um *abit in Graeciam terram [Sca-
liger, abit Gr. i. t. A, ab. Graeciae in t. BoÜuus] ultimam. Liv.
3, 60, 4 pars in Hernicos, pars in Latinos abeunt. Tac. ann.
11, 9 penitus in Hyrcaniam abiit; Liv. 27, 20, 8 p. in Lusi-
taniam abire. Sali. lug. 62, 7 pauci in Mauretaniam abierant
- in Pontum - v. § 26ß). Liv. 27, 5, 18 in Siciliam PL Epid.
46 priusquam hinc in Thebas ad legionem abiit domo [w. 46
— 49 suspecti], Liv. 3, 13, 8 in Tuscos; 2, 35, 6 in Volscos.
Amin. Marc. Exe. Val. 11, 50 abiit in Veronam. ß) in loca vaiia:
in altum v. § 18 'cum nav'C Ambros. Migne 1819 121 B abibunt
isti in ambustionem aeternam. Ter. Ad. 786 interea in angu-
lum aliquo abeam. in aram v. § 19 *se$$um9. PL Bacch. 900 illa
autem in arcem abivit. in auras v. § 33 *spiritus9. transl. Petron.
37 nunc, nee quod nee quare, in caelum abiit et Trimalchionis
Abeo. 497
topanta est (^jetzt ist sie mir nichts dir nichts ins Paradies ge-
kommen u. ist dem Tr. sein Einundalles9). Itala Thren. 2, 21 Wirc.
virgines meae et iuvenes. mei abierunt in captivitatem. = Ez.
25, 3 Weing. — Vulg. Threu. 1, 18. Liv. 25, 37, 15 . . in castra
abeunt; item Tac. ann. 6,44. *Caecil. 226 p. 72 R. 'abi in adiaceniem
compitum' conkere ^wssis Ribb.2 [ubi adicientem libri Nonii\. —
Bacch, 902 *abeo ad forum igitur' *vel [tu] hercle in malam
crucem [cf. Kampmann de IN praepos. p. 32]; itetn Most. 850.
Pers. 855; Aul. 459 ei cenam coque, | aut abi in nulluni crucia-
tum ab aedibus; cf. infr. *pestetn\ — Sen. tr. Thy. 70 abire
in atrum carceris liceat mei | cubile. Acta Mari, martt. s. Iuli-
ani 38 in custodiam abeat. Pliu. n. h. 8, 81 abire in deserta.
Petron. 15 in deversorium . . abimus. lust. 42, 4, 8 fusi Parthi
in diver sa abiere. Ov. ex P. 4, 13, 25 (docui) in aetherias nunieu
abisse domos (v. fast. 1, 107). PI. Ainpli. 102 priusquaui hinc
abiit in exercitum. = 125. Formula in exilium abire: CIL
L 1 198, 29 (bis) si quis mag(istratus) ... in exilium abierit.
Ps.-Ä8Con. Or. 153, 8 ut abiret in ex. Liv. 3, 29, 6 Lanuviuni in
ex. abiit. item 3, 13, 8; 3, 50, 11; 5, 32, 9; 25, 4, 11. Quint, 7,
1, 4t. Iust 6, 4, 7. Sen. controv. 4, 3. Val. Max. 2, 10, 5 [unus
Par.]. Quint. decl. 254 p. 41, 17 Ritt. ibid. 248 p. 18, 29 Ritt,
aecusari tum debebat, tum [cum A, corr. RoJidius\ in alterum
quinquennium (i. e. exilium quinque annorum) abire. De feminis:
Liv. 41, 25, 6 (Orthobula) damnata in ex. abiit. Iust. 24, 3, 9
(Arsinoe) Samothraciam in ex. abiit. — PI. Rud. 586 quin abeo hinc
in Veneris fanum. Liv. 41, 19, 8 ut ... in f in es suos abirent.
Plin. n. h. 10, 90 haleyonem videre . . statim in latebras ab-
euntem. Amm. Marc. 14, 7, 1 eum sacramento solutum abire
iussit in larem; 28, 4, 20; vide *ad\ Plin. n. h. 9, 27 (delphinus),
dum abeuntem (puerum) in litus avide sequitur, . . . expiravit.
Sali. lug. 87, 4 divorsi in locos diiticilis abeunt. in mare v. § 31
*abire\ Sil. Ital. 15, 480 in montes abit (Hannibal). Frontin.
2, 4, 5 consul iussit muliones clam in montes proximos cum
mulis abire. Itala Luc. 1, 39 abiit in montana (-am Cant.).
Ov. met. 4, 711 subito iuvenis .. in nubes abiit. Sil. Ital. 9, 553
abit Gradivus in altas | cum fremitu nubes. Migne 20 (Evagr.)
1186 D in nuptias alieni non abieris. in omnia, v. §22,2
fpraeceps9. Hieron. contra Ioann. Hierosolym. 15, 422, 367 C inagis
in daemonum ordinem abisse eos cognovimus. *Cor. Iust. 2,
282 sq. ipse inter primos . . . fratris in obsequium
498 J°8* Menrad:
Marcellus abibat. [Vartsdi in indic. *abeo = eo9; Mammaen ob-
ibai] Itala Nuiii. 24, 1 non abiit ex more [ore Cod.] in obviam
auguriis. Varro de r. r. 2, 5, 13 (Keil) mas an femina sit oon-
cepta, significat descensu taurus, cum init, quod, si mas est, in
dexteriorem parte m abit, si femina, in sinisteriorem = Plin.
n. h. 8, 176. — Gic. Phil. 13, 48 quin tu abis in malam pestem
malumque cruciatum. Poet, aevi Oaroli II ed. D. 323, 582 in
praeceps abire. transl. Irenaeus 2, 33, 5 qui poena sunt digni, ab-
ibunt in eam. Vulg. ludic. 21,33 abierunt in possessionem
suam. Ov. met. 11, 792 furit Aesacus inque profundum | pror-
sus abit. Sen. dial. 10, 10,5 transl. abit vita eorum in profundum.
August. Confess. 13, 34 transl. in pr. tenebrosum abieramus abste.
PI. Cas. 1, 15 abi rus, abi dierectus tuain in provinciam (Ge-
schäft). — Liv. 21, G3, 5 in provinciam abiit = 41, 10, 5 et 13;
42, 10, 15; 43, 2, 11; Suet. Caes. 23. — Liv. 32, 21, 14 penitas
in regnum abiit; = 44, 13, 10. Iusi 2, 13, 2. PL Epid. 78 abi
in malam rem maxumam . .; = Pers. 288, Capt 877, Ter. Andr.
317. Solin. 52, 23 (Indi) ..insecreta abeunt. Ambros. voLHI
p. II. M. col. 1099, 1 tu . . abiisti in secreta montium. Ps.-Cie.
invect. in Sali. 5, 14 abiit in sodalicium sacrilegi Nigidiani.
Greg. Tur. H. F. 10, 9 p. 416, 18 in solatium Waroci abire
praecepit. Cic.Att.l 1,9,1 liceret mihi abire in solitudines aliquas.
Vulg. Deut. 140 abite in solitudinem. Gic. Gat. 1, 20 dubitas . .
abire in aliquas t er ras et vitam istam . . fugae solitudinique
mandare. Lucif. Cal. M. 13 col. 985 A quod sis . . semper in tor-
menta abiturus. Sen. Herc. Oet. 962 in hanc [hac E] abire
coniugum turbam [turba E] übet. *Liv. 9, 45, 13 [in] urbes
abirent, v. *ad\ *Stat. silv. 1, 6, 92 somnus . . abit iu urbea
[sie Ven. et Parm.; adivit pr. m., ef. Lemaire]. Itala 1 Reg. 3,
21 (m. cod. Goth. leg.) transl. filii abierunt in viam iniquam
coram domino. Rufin. hist. eccl. 2, 2 abiit in viam patrum
suorum. Ambros. enarr. in psalm. I col. 977, 18 inf.: = XXXVI
col. 1038, 8 . . abeundo in vias tenebrarum. Plin. n. h. 10, 70
(hirundines) in vicina abeunt; = 10, 72. y) Hn9 otnütitur in
locutionibiis *domum, (domos), rus abire9 et in nomm. propr. urbitm,
insularttm. domura:abi d.: PI. *Epid. 660 [Acidalitts; adfer (affer)
codd.]. Amph. 1126. *Asin. 940 [Fleck., i d. codd.]. Poen. 309.
Stich. 264. Mgl. 535. *Men. 594 [imnio ibo d. codd.; cego abibo9
Schuxibe]. Most. 579. 583 [bis] *Most. 585 [Ä, abi modo Langen,
Brix, Lor.\. Pers. 147. Andr. 255. 978. Phorm. 563. Ad. 699.
Abeo. 499
cUiae formae praeter imperat.: PI. Poeu. 25 . . d. abeant. Mgl. 652
abeo dömuni; Cist 1, 2, 29. Capt. 507 ille abiit d. [in patriam]
Cist. 2, 5, 32 spero, ut abeas d. Rud. 802 . . qua d. abeat, nesciat.
Hör* epod. 11, 20 iussus abire d. Ov. am. 1, 4, 55 surges abi-
tura d. Liv. 2, 37, 7 exteniplo hiiic d. abire in auimo est. 22, 61, 4
unu8 ex iis d. abiit. v. § 12 *recta9, *retro% §18 *a tliermis9,
§ 21y) 'ezclusum9, 'latus9, § 22, 2ß) 'securus9, 21a) 'festinans9.
dofflos: PI. Poen. 814 d. abeamus nostras, sultis, nunciam. Gurt.
R. 8, 6, 20 illi tanta spe destituti d. abeunt. Liv. 2, 7, 1 anibo
exercitus . . suas Quisque abireut d.; item 34, 19, 5; 44, 20, 6;
45, 34, 11; 45, 38, 14; Frontin. 2, 11, 4. luven. 6, 312 inde d.
abeunt (feininae). v. § 18 in castra. rus: PI. Merc. 656 quanto
satiust r. aliquo abire, ibi esse, ibi vivere. 804 era non est domi:
rus abiisse aibant \ Guy et, abisse aiebant codd.]] item Truc. 285
imper. Most. 9 abscede ab aedibus: abi rus . . 66 tace atque abi
r. (cf. 74 r. te amove). Gas. 1, 15. Ter. Hec. 610. PL Most. 83
nunc r. abibo. Ad. 517 ain patrem binc abisse r.? Hec. 224 r.
abii, Ad. 436 r. abiit, perioch. Eun. 5 *r. ipse abit Catalect 3, 4
(puella) r. abibit. nomina propria: PI. Mgl. arg. 2, 3 Nau-
pactum is domo . . abiit. 1193 ego . . prorsum Athenas . . abibo;
Men. 1112 Tarentum (v. § 18 'ad?); Capt. 573 Validem (ibid.).
Cic. Att 3, 15, 6 in tuosne agros confugiam ... an abeam Cyzicum.
Liv. 43, 2, 10 Tibur . . Praeneste exulatum abierunt; item 44, 13,
10 Pergamum (v. HrC); 2, 15, 7. . . . Tusculum; 3, 58, 10 Tibur;
3, 29, 6 Lanuvium (v. cin ex9). 8, 1, 5 Antium. 9, 30, 5 . . Tibur . .
22, 5, 4 Canusium. 24, 3, 15 = 24, 29, 10 Locros. 24, 19, 8 Capuam.
26, 3, 12 Tarquinios. 32, 7, 7 Romam. 33, 16, 6 Corcyram [v. ca<f ].
Verg. Aen. 1, 415 Paphum . . abit (Venus). Iust. 24, 3, 9 Samo-
thraciam. Trog. Pomp. prol. 21 ed. Jeep, donec [abiit] Corinthum.
Snet. Nero 34 init. quasi Rhoduin abiturus. Vesp. 14 quid am
abire (eum) Morboviam iusserat [i. e. in urbetn morborum] nomen
fictutn ad analogiam Gergoviae similiumque censeo; quo iure Vanicek
[Etym. W.-B.% p.212] *morb-on~ia9 scripsit? vertas Germ. { nach Pest9].
Tac. hist. 4, 62 . . . Magontiacum abeunt. Valer. Fl. 6, 147 (de
flumine?) . . abeunt (Exomates) Hypanin fragilemque per undam.
Stat. Th. 8, 671 pudet Inachias abiisse Mycenas. Ascon. p. 30, 15
K.-Sch., 36 B. Clodium Aricinos abiisse. — barbarismi: Gregor.
Tur. h. F. 6, 26 p. 265, 8 abisti Constantinopolt; p. 265, 16 Aven-
niom abiit. — *P1. Poen. 799 ^abscessit5. cutinam hinc abierit ma-
lam cruceni' |cin malam' lJylad., 'inalam in Gocller]. in C. ablat.
500 Jos. Menrad:
(hebraismus): Itala 1 Mach. 12, 50 conversi abierunt in proelio
[parati in pr-um Vulg.]. Itala 4 Reg. 5, 12 Goth. regyravit 86
abiens in iracundia [indignans Vuly.]. Vulg. ps. 1, 1 beatas vir,
qui non abiit in consilio [hebr. äser 16 hälak ba-*äjsat\ impi-
orum et in via peccatorum non stetit . . [citatur passim apud scr.
eccUs.y ut Ambros. enarr. in psalm. I col. 790, 21. TertulL Pud. 18
(sed Marc. 2, 19 in concilium!) etc.; explicat Cassiodor. psalm.
M. 70, 28 C €abiit' significat, quod a via recta discedens in
calles labitur tortuosos]. Greg. Tur. h. P. 10, 9 p. 416, 16 quod
in hoc procinctu abiret. Tcrtull. Marc. 4, 31 abierunt in iis,
quae concupiverunt. Arnob. iun. M. 53 col. 443 B et abierunt in ad-
inventionibus suis. Vulg. 2 Heg. 3, 23 abiit in pace. transl.Vu\%.
Isai. 57, 17 abiit vagus in via cordis sui. Vulg. lerem. 7,24
(= 11, 8) abierunt in voluntatibus et in pravitate cordis
sui maligni. Ezech. 3, 14 abii amarus in indignatione Spiri-
tus inei. — barbarismus: Greg. Tur. hisi patr. 6, 5 p. 683, 21 in
servitio S. Galli abiit. intra: Dict. Cret. 2, 41 (44,25) barbari
i. muros abeunt. int er: *v. § 35 tignis9, § 38 ß) *istud9. Greg.
Tur. conf. 37 p. 771, 9 abiens i. condensas rubos. Cor. Inst 3,
32 sq. angelicas i. turmas | laetus abis. per: a) loc. PL Most
1045 abii illac per angiportum ad hortum . . Ennod p. 207,
38 per aequora abeuntibus. per inane (to xevov) v. § 35 ^ Cor-
pora9, per artus v. § 35 *vis9. per undam supra in linea 12.
per clipeum, per pectus v. § 35 *vuinus9} per Argos v.
§ 22, 3 *tcdi$9. Tac. hist. 3, 70 ut per secretam aedium partem
occulte abiret. Irenaeus 3, 16, 4 magi . . per alteram abierunt viam.
ß) instrum. v. § 34 'tempus9. y) nwd. (= cum) v. § 33 *men$9 *umbra9.
post: a) tempor. v. § 28 *a mente9] ß) apud scriptores aeneae aetatis
*cibire post alqm? idcm valet quod * sequi alqm.9; ortutn ex Graeco
Uvai oTtiöo tivog. Irenaeus 4, 27, 1 Salomon . . . non abiit p.
Dominum. Itala Gen. 37, 17 L. abiit loseph p. fratres suos.
Deut 4, 3L. omnis homo qui abiit p. Beelphegor. 8, 19 Lugd.
Sess. si . . abieris p. deos alienos. [August. M. 34, quaest. in
Hept 817, 26 quod abierunt p. deos gentium.] 3 Reg. 19, 21
(Sess.) abiit p. rleliam. 4 Reg. 17, 15 abierunt p. vana et
supervacaneu. loh. 12, 19 Colb. universus mundus abiit p.
illuin. [August, enarr. in psalm. 40, 1 = 453, 25 M. saeculum
p. illum abiit.] Vulg. Exod. 14, 19 angelus Domini abiit p. eos.
3 Reg. 13, 14 abiit p. vir um üei. 4 Reg. 7, 15 qui abierunt p.
eos usque ad lordanem. Gant. 1, 7 abi p. vestigia gregum.
Abeo. 501
li. 31, 8 p. aurum non abiit [= Ambros. M. 13, col. 784, 17].
lerem. 9, 14 abierunt p. pravitatem cordis sui et p. Baalim.
11, 10 (= 13, 10; 16, 11) hi abierunt p. deos alienos. Os. 5, 11
coepit abire p. sordes [= Agobrandi opp., de grand. 10, 1, 157J.
Am. 2, 4 (idola), p. quae abierant patres. 1 Mac. 2, 31 abissent
p. illos multi. loann. 12, 19 mundus totus p. eum abiit. lud. 7
abeuntes p. carnem alteram. Patr. saec. VIT M. 87, 1062 B abiit
p. vestigia Attalae. Acta mart., pass. Firmieti 640, 29 tuuc abi-
erunt p. eos . . Hieron. adv. Iovin. I 14. 262. 233a . . abierunt
retro p. Satanam [= Vulg. 1 Tim. 5, 15 conversae sunt retro
SJ = vol. 3, M.23, ep. II 147, 10 abierunt p. avaritiam. August
ad fratr. in erem. 34 p. agnitam (veritatis vi am) retro abire.
Lucif. Cal, Migne 13 col. 770 C *» 1006 A non abierunt post ido-
latriam tuam. Hist. Apoll. 22 (R 26, 5) abii post eum; 31 (36, 14)
abii post monumentum. pro: v. § 21y) * abire pro victis9. sine:
a) person. Ov. ep. 8, 80 s. me, me s., mater abis. Lucan. 8, 584
quo s. me, crudelis, abis? Liv. 28, 49, 8 . . abire s. certo duce,
8. signis, 8. ordine ullo aut imperio; ß) coticret. Ter. Hec. 853
egon . . sinam sine munere a me abire (te)? Liv. v. a.); 10, 35, 4
abire s. certamine cupiunt. 28, 24, 8 interdiu ac propalam s.
commeatu ab signis abibant. Val. Fl. 7,429 numquam s. vellere
abibo. Quint. decl. 1, 11 cum dexteram veste tergere utque ita
abire s. vestigio possei y) äbstract. Liv. 35, 51, 8 pacti, ut s.
fraude liceret abire. Hegesipp. 2, 11, 19 ut s. ulla fraude ab-
ireni. 2, 10, 62 cum s. metu abirent. Liv. 44, 20, 7 s. causa et
venisse et abire. — sine fructu v. § 38 Komnia9. Tac. ann. 2, 14
8. pudore flagitii, s. cura ducum abire, fugere. Quint. decl. 9, 5
8. respectu sui, v. § 22, 2 %,praecep£* Itala Ez. 28, 15 Weing.
«b Migne 53, (Arnob.) 511 A 11 [aliter Vulg.]. abisti s. macula
tu in diebus tuis. Lactant. Ep. 57, 13 mori malle quam libare
diis et abire s. noxa. Amm. Marc. 19, 9, 6 non s. eius volun-
tate vel venisse vel abisse hominem. Ambros. de Iac. et vit. beat.
2, 5 col. 562, 6 inf.: s. lite abire. Greg. Tur. H. F. 7, 14 p. 299,
29 non s. immensa iniuria abierunt. sab: v. §35 Voraus'; Liv.
3, 28, 10 s. iugum abituros. super: Migne 20, Gaud.895B abiit
8. omnem montem excelsum. trans \cf. verbum *transabeo9]: Liv.
39, 2, 3 ita t. Apenninum abierunt. v. § 35 *hasta9. Itala Ier. 41,
10 abiit t filio8 Ammon [Vulg.: abiit, ut transiret ad f. A.];
cf. 41, 15 abiit ad f. A. loh. 6, 1 abiit Iesus i mare Galilaeae.
10, 40 abiit t. Iordanem. Poet, aevi Caroli II ed. D. 28, 130 t.
502 Jos. Menrad:
fluvium certat abire prior. usque ad: Itala Gen. 38, 1 L. abiit
u. ad hominem quendam. Hist. misc. ed. E. 25, 35 abiit u. ad
lucum.
19 VI) supinis PI. Mgl. 251 nön domist: abiit ambulatum
[abit A, Ribb., Brix; abiit rell, iit Bentl.]. Rud. 1056 abiisti hinc
erum arcessitum? Most. 989 alio credo comissatum abisae.
Amph. 807 inensa ablata.st, cubitum hinc abiimus; item Most
486. Heaut. 587 abi deambulatum. Pseud. 665 'numquid vis?
'dorniitum ut abeas' fabeo.' — exulatum: Cure. 559 ne tar-
pezita ex. abierit. Trin. 535 alii exsolatum abierunt [A, exolati
Nonius] cf. Brix ad h. I], alii emortui (sc. sunt). Most. 596 ne
quo abeat foras | urbe ex. faenoris causa tui. Rud. 325 leno abit
scelestus ex. Liv. 2, 15, 7 Tusculum ex. abiit. item 2, 35, 6. 3, 58,
10. 26, 3, 12. 43, 2, 10 v. §. 35 'res9 §. 37 <solus\ — Ter. Hec 224
rus habitatum abii. Eun. 600 abeunt lavatum. Heaut 117
iu Asiam ad regem niilitatum abiit Mgl. 1145 . . miles con-
cubinam intro abiit oratum suam. Poet, aevi Caroli II ed. D.
436, 256 oratum Gallus abivit Rud. 898 (servus) . . , de nocte
qui abiit piscatum ad mare. Liv. 3, 60, 4 pars in Hernicos,
pars in Latinos praedatum abeunt. Capt 848 iuben .. alium
piscis praestinatum (/. e. mercatum) abire? (Aur. ad) Front
p. 68, 6 N. abii salutatum dominum meum. Rud. 707 vos in
aram abite sessum. [de *Men. 1112, tibi Camer. 'mercatum', v.
§. 18 'ad merc.9]
20 VII) infinitivis; in sermone vulgari; de huius infinüwi
usu cf. Lorenz ad Most v. 67; locum supini tenet, ut in sanserüa
Lingua rursas supinum locum infinitivi. PI. Bacch. 900 illa autem
abivit aedem visere | Minervae. Itala Gen. 31, 19 L. Laban
abierat ton^ere oves suas. 37, 12 L. abierunt fratres eius pas-
cere oves. Num. 14, 38 L. qui abierunt considerare terram.
23, 4 L. abiit Balaam interrogare deum et abiit reeta. Marc.
6, 46 abiit in montem orare (=Vulg.). 10, 49 (Colb.) abierunt
vocare illum. 14,39 iterum abiit orare. Job. 14,3 (Cant H) si
abiero p arare [et paravero Colb. Corb.] locum vobis. Itala 1 Reg.
24, 3 abiit quaerere David [perrexit ad investigandum D. Vulg.]
Yulg. Apoc. 12, 17 abiit facere proelium. August de salut
docum. 57 relictis nonaginta novem abiit unam ovem quae-
rere. Greg. Tur. hist patr. 14, 2 p. 719, 25 abiit implere iuß-
sionem. Patr. saec. VII M. 87, 596 D surgens mane, abiit in
agrum operari.
Abeo. 503
VIII) participiis. (quid faciens vd patiens (passus) quis 21
äbü?) a) partic. praesentis. PI. Cist. 1, 2, 8 illanc . . , quae hinc
flens abiit=l, 2, 13 = 1, 3, 44. Phaedr. 3, 19, 9 abiit festinans
domum. Romulus 4, 3, 28 f. abiit. August, t. 6 col. 59 . . abiit
in civitatem f. Liv. 42, 64, 10 postquam confertos abire signa
atque ordines servantis viderunt. 43, 18, 10 ut armatos suaque
secum fereiitis abire sineret. Sil. Ital. 12, 729 respectans abit
(ductor). Irenaeus 5, 31, 2 inagister noster non statim evolans
abiit. Vulg. 3 Reg. 19, 3 surgens abiit quocumque eum ferebat
Tohmta8. Jer. 37, 8 euntes abeunt et recedunt. Tertull. Pud. 14
statim ille timens plagam abiit. Rufin. apol. 1, 22 abierunt spe-
rantes. Amm. Marc. 25, 3, 18 gaudens abeo. Greg. Tur. conf. 18
coL 758, 15 discessit . . abiens valde inaerens (= Vulg. Marc.
10, 22). aa) gerundiv. Venant. Fortun. c. 7, 18 viator nemo mihi
tacite praetereundus abit. v. §. 33 *somnus9, §.22}2a) primus9.
ß) participia perfedi verborum deponentium. Liv. 25, 18, 7
Crispinus ..ait..conversusque abibat. Itala 1 Mach. 9, 72 c. abiit
in terram suam. dilapsus, v. §. 36a. Sil. Ital. 13, 776 haec effa-
tus abit. Stat. Th. 9, 624 audaci qui nunc ad proelia voto | heu
nimium tibi fisus abit. 1,461 spoliis gavisus abibis . . his.
Propert. 1,13,8 incipis . . primo lapsus abire gradu. PI. Pseud.
arg. 2, 4 miles, qui . . mulierem . . mercatus abiit. CIL VI 5767
miseratus abis (hospes). Stat. Th. 8,517 sie orsus abibat. Migne
68, Arator I 255 progressus abi. Plin. n. h. 36, 9 artifices
iniariam questi abiere . . . Ov. met. 11, 194 ultus abit Tmolo.
Stat. Th. 2, 690 fortuna satis usus abi. Ter. Phorm. 315 itane
patris ais adventum veritum hinc abiisse . . .
y) partic. per f. passivi; tantum non omnia apud poetas: Funk
pat.II Mari 5. Clem. 16, 1 tristitia affectus abiit. Paulin. Nol.
477 C = 16, 33 benedictus abit. Cassiodor. Complex. in act.
apost. 14 tunc caesos apostolos abire fecerunt. Liv. 27, 28, 13
Hannibal suamet fraude captus abiit. Greg. Tur. h. F. 8, 5
col. 327, 12 castigatum abire permittente. Cor. Joh. 6, 751
..tnrbis compressus abibat. confectus, v. 'integer*. Poet, ae vi
Caroli II ed. D. 514, 188 confusi abeunt. Calpurn. ecl. 3, 18
non equidem . . . quamvis contemptus abibo. | correptae v.
§35 *ruinae9. Liv. 22, 59, 19 ne a vobis damnati ac repulsi
abeamus. Stat. Th. 9, 840 abit solo post haec devieta [evieta
Petrens. Taurin. Buslid.] pudore (Latois). diffusus v. §. 35 *cruory}
*vis9. Luc. 7, 842 non oinnis populus ... in feras discerptus
504 Jos. Menrad:
abit (i. e. *nec omnia cadavera a feris devorata sunt9 Weise) Verg.
Aen. 5, 305 nemo ex hoc numero mihi non donatus abibii
(citat Plin. ep. 8, 2, 3; imitatur Hcges. 5, 27, 88). Arnob. 7, 8 . .
patior abire d-um. Sil. Ital. 5, 564 vita donatus abires. Stat.
Th. 10, 434 tumulo . . ducis d. abito (sc. vita). Liv. 28, 16, 3
iam inde effugientium modo effusi abibant Ov. met 8, 870 elusus-
que abeat. Heges. 1, 1, 63 ut obsidionem relinqueret et pretio
euiptus abiret. erasus v. §. 37 tumor. Valer. Fl. 4, 633 exactae
verumne abiere volucres (Harpyiae)? Arnob. 6, 5 ut ... exauditi
tantummodo uni abeant soli. Propert. 1, 5, 20 exclusum quid
sit abire [adire F m l.\ domum [domo Lachm.\ Hör. ep. 1, 9, 7
multa quidem dixi, cur excusatus abirem. excussus v.§.37
*dölor9. Stat. Th. 1, 666 tu . . a limine Phoebi | exoratus abis.
v. §.37 *fmdor*. Isidor. orig. 19, 9, 9 dehinc exulatus Cretam
abiit. Claudian. in Eutrop. 1, 64 cum fastiditus abiret Dracont.
5, 301 ne fraudatus abires fortunae bono. Poet aevi Caroli II
ed. D. 77, 700 duobus fultus abit famulis. Catull. 50, 7 illinc
abii tuo lepore | incensus, Licini, facetiisque. Patr. aaec. VII
M. 87, 436 C duo fratres impugnati a fornicationis spiritu abie-
runt et acceperunt uxores. Greg. Tur. H. F. 8, 1 p. 326, 6 in-
vitatus abibat. Stat. Ach. 2,438 (?) nee nisi iussus abi [abi pro
abii Kohlmann]. August, epist. 121, 3 iustificatum abiisse e
tcmplo publicanum. Vulg. Deut. 25, 3 ne foede laceratus ante
oculos tuos abeat frater tuus. Mart 14, 163, 2 virgine vis sola
lotus abire domum. PI. Mgl. 456 cecce omitto' cat ego abeo missa'
[an 'omisaa'? It., scr. IjOrene\. Hör. sat 2, 1, 86 .. tu missus
abibis (/. e. cabsolveris, nihil periculi patieris' Acro.). Liv. 3, 11,8
qui obvius fuerat, mulcatus nudatusque abibat Propert. 1,4,2
quid . . mutatum (me) . . cogis abire . . Hör. sat 2, 39 246 qaor-
sum abeant, sani ut creta an carbone notati? Valer. Max. 7, 5, 1
ut . . repulsa inde abiret notatus. Cor. Joh. 3, 139 spoliis one*
rat u 8 abit. Ov. met. 3,455 quove petitus abis (puer). Galpurn.
ed. 6, 30 malueram . . vel praedamnatus abire. Catalect. 3, 4
tuo | atupore pressa rus abibit (pueUa). Verg. Aen. 10, 800 dum
genitor nati parma protectus abiret. 11, 366 pone animos et
puls us abi = Prud. ap. 411 Dr.: p. a., ventose liquor (daetnon)!
Ov. ex P. 3, 3, 12 pulsus . . e pectore somnus abit. Stat Ach.
1, 535 hei mihi, raptus abit! Mart. epigr. 16, 1 raptus abit ..
taurus v. §. 17ß. Dracont. 7, 4 laude redemptus abirem. Venant
Fortun. c. 7,5, 38 repletus (sc. cpxdis) abit qui tua teeta petit
Abeo. 505,
Sali. lag. 110, 8 si quid . . dignum petiveris, haud repulsus
abibis; Petron. 111 magistratus ultimo repulsi abierunt. Pair.
saec. VII M. 87, 21 C iterum atque iterum retroacti abierunt.
Ov. ep. 1, 60 . . ille mihi (=a me) de te multa rogatus abit
(sc. navi). Migne56, col. 710 a: nisi forte (episcopus) per litteras r.
abierii. Cor. Just. 3, 276 nondum plene satiatus abire. Venant.
Fortan, c. 3, 11, 14 hinc s. abit. Novus Avian. 1, 3, 43 superatus
abivit. Mari. 8, 59, 10 tectus laenis (%Xa{vaig) saepe duabus
abit. Ov. met. 15, 247 transl. tenuatus in auras . . umor abit.
Verg. Aen. 2,382 .. Androgeos visu tremefactus abibat. Poet.
aevi Garoli II ed. D. 430, 54 spe lucri tractus abit inde. Verg.
6. 3, 225 (taurus) victus abit. Maximian, el. 1, 44 B v. abit
(Bacchus). Stat. Th. 6, 490 ni . . heros . . victus et collaudatus
abisset. Cic. Qu. Rose. 41 quin ab iudicio abeas turpissime v.
Sali. Jag. 79, 7 denique omnia malle quam victi abire. Liv. 8,
1, 5 nocte pro victis Antium agmine trepido abierunt. *Ov.
met. 13, 279 est Hector [dl. H. abit] violatus vulnere nullo.
d) part. futur. act. Verg. Aen. 2, 675 si periturus abis, et nos
rape. Eab. Maur. hom. opp. t. IV M. 362 B 15 in montem ora-
turus abit S. Gregor. M. homil. in libr. I lieg. VI 6 n. 5 imrao-
laturus abiit.
IX) nominibus substantivis, adiectivis, pronominibus.22
(qui? qucUis quis abit?). 1) vom. subsiant. (Germ, particulam 'als9
addas): Liv. 2, 2, 7 amicus abi (L. Tarquini). Mart. 1, 62, 6 Pene-
lope venit, abit Heleue (i. e. 'casta advenit Ijaevina, adultera pro-
feeia est9 Flach). 1 e g a t u s v. §. 12ß *peregr£; §. IS 'ab9 om., 'domo9. Sen.
dial. 9, 8, 7 (Diogenes de Manc servo fuglHvo:) fugit mihi servus?
immo über ('ein Freier9) abiit. Liv. 21, 63, 5 privatus clam in
provinciam abiit. — formula evictor abire' (synon. 'v. discedere9):
Manil. 5, 162 (Jacob) ille (qui sidere Geniinorum natus est) prius
v. stadio quam missus abibit. Verg. Aen. 10, 859 . . v. abibat.
Ov. art am. 2, 197 cedendo v. abibis. fast. 5, 649 v. abit secum-
que boves . . abstrahit. Liv. 34, 19, 2 seiuper victores ex . . cer-
tamine abire. Val. Max. 8, 7, ext. 1 proeliatus est cum rerum
natura et quidem v. abiit malignitatem eius . . superando. Neve-
letus 60, 86 v. abi. Amin. Marc. 23, 6, 9 hae nationes . . non
nunquam abiere victrices. v. §.20 'aciem9, 'exercitus9. — Ov. ep.
6, 60 vir tuus hinc abeo.
2) adiectivis: «) qitac ad habitum seti motum corporis spec-
tant; verbum pleritmque, inprimis triri cum adiectivis negativis
Arohiv für lat. Lexikogr. IV. Heft 3. 4. 33
506 Jos. Menrad:
iungitur (^integer, intadus, incolumis = sanus salvus vivus), notümem
'evadendi, effugiendi9 induit; quapropter in fine subieitur locutio
'impune abire9. ad versus: v. §. 30 Huna9. Ov. niet 4, 711
iuvenis . . | arduus (cf. 'sublimis9) in nubes abiit. Liv. 6, 13,4 donec
armati confertique abibant; v. §. 21a ferentis. *CatulL 63,42
somnus .. [citus] abiit. confertus: Liv. 42, 64, 10 .. confertos
abire .. viderunt; v. Karmatus9. defessus: Copaö quid iuvat aesÜTO
defe8sum pulvere *abisse [vulg. abesse]? dexter: Verg. Aen. 5, 162
quo tantum mihi d. (= dextrorsum) abis? dierectus (denotioneo.
Lor. ad Most. 850, Brix ad Trin. 457): PL Merc. 183 quin abi hinc
d. = Cas. 1, 15. Merc. 756 abin d.? [a. hinc Jftieüer]; Poen. 160.
Trin. 475 abin hinc dierecte? = Most 9.— 850 v. §.18 'in m-
lam crucem9 [de forma in -e desinente v. Lor. ad h. L; dierectaBaZ
Camer. , Gruter., Ussing]. Frontin. 2, 13, 3 abire (fugere) dispersos
milites iussit. — Irenaeus 4,3, 2 . . qui potuerunt divites abire.. n
inopes abierunt. Claudian. de bell. Gild. 292 cum dives abirem.
diversus (divorsus): Sali. lug. 87,4 d-i in locos difficiles abeuni
Verg. Aen. 5, 166 quo d. abis? 11, 855 cur d. abis? huc dirige
gressum. Liv. 10, 36, 3 d-ique integri atque intacti abissent
25, 19, 6 d-i Fulvius . . Claudius . . abiit 25, 19, 7 d-os abisse.
9, 45, 13 ut . . d-i . . in urbes abirent. 45, 38, 14 d-i abeatis. Val.
FL 4, 387 quo hinc d. abis? festinus: Poet. 1. m. ed. B. IV457,1
(Luxorius) *quo f. *abis. Vulg. 1 Esdr. 4, 23 abierunt festini.
immun is: Ambros. vol. III. p. 2 M. col. 1196, 22 non i. gratiae
abiit apostolus. hex. 5, 23 col. 254, 19 M.: ne immunes abeant
gratiarum. Arnob. 1, 3 nullum ab his (malis) unquam i-em abisse
mortalem. impunitus: Myth. Vat. 2, 10 ne aliquis i. abeai
Hieron. I Os. 5, 5. 858 C abeat i. August, t. VI col. 570 liberum
i-umque abire sinerent. incolumis: Cato or. rell. 40, 7 (p. 59,3
Jord.) *8aepe [Mommseny si em codd., ci. e. eum' Mueller, hostem
Scaliger] i . . abii. Liv. 9, 12, 7 incolumem abiturum qui arma
posuisset. Curt. R. 4, 5, 22 pactus, ut i-i abire liceret; item 7,
11, 26; Frontin. 3, 17, 3. Aetna 642 incolumes abeunt tandem.
Val. Max. 7, 2 ext 3 quos saevitia belli incolumes abire passa
fuerat. Romulus3, 1, 18 = IIa. Nil. 25 abiit i. (leo). incomitatus:
Poet 1. m. ed. B. I, V 298 quor sie i. abis? — Liv. 27, 12, 13 si
uno proelio haud incruentus abeat Paulinus Nol. 559 B (=20,
231) ineuratus abibit Ov. met 12,92 removebitur huius | teg-
lninis officium, tarnen indestrictus (=inlacsus) abibo. Liv. 23,
15, 13 ut inermes cum singulis abirent vestimentis; 3,28,9 ut
Abeo. 507
i. 8e inde abire sinerent; item 32, 24, 7. innocuus: Ammian.
Marc. 14, 2, 6 residuos i-os abire perpessus est; 17, 8, 5 ad sua
. . abire permisit i-os. innoxius: Ammian. Marc. 15, 5, 14 .. abiit
i. 19, 12, 12 i. abire permissus est. 21, 12, 20 residui omnes abie-
nmt i-i. Hieron. Na. 1, 2. 1234 A nulluni i-um abire patiatur;
▼ol. III (M. 23) 1440 C Deus i-um abire non patitur. Ps.-Tibull.
4, 3, 17 veniat licet ad casses, inlaesus abibit aper. Amm.
Marc 29, 2, 17 tribunum abire iussit inlaesum. Liv. 25, 16, 4
libatoque iocinere intactos angues abisse. \ef\ * integer9]. 42, 66, 3
dum liceret intacto abire. — integer: Sali. lug. 53, 3 fugam fa-
ciunt ac plerique abiectis annis . . auxilio (v. §. 17 ö) i-i abeunt.
60, 7 pauci i-i, magna pars volneribus confecti abeunt (v. *con-
fectf) [eunt P\. Liv. 10,36, 3 i-i intactique abissent. Sil. ItaL
10, 64 i., oro, intactusque abeas. — PI. Mgl. 1416 et si non
abeo intestatus (fivoQ%og), bene agitur pro noxia. Sali. lug. 58,
5 neve hostis inultos (cf. votatn ap. Jacobs- Wirt.) abire sinat.
Vulg. lob. 24, 12 deus inultum abire non patietur. Hieron. Na.
1, 2. 1233 C innocentes inultos abire patietur. Liv. 10, 12, 2
si qnod adissent in Samnio concilium, haud inviolatos abitu-
ros, Poet aevi Caroli II ed. I) 364, 18 terra suum servet pondus,
abibo levis, liber: PL Men. 1028 sie sine igitur, si esse tuuin
negas me, abire 1-um. 1044 dicam ut a med abeat 1. quo volet.
1058 1-um ego te iussi abire? Irenaeus 4, 33, 1 . . neque volentes
abire 1-os. — PI. Pseud. 1252 edepol ego nunc probe abeo madulsa
[sie Lipsius duce Festo PaulU p. 126 M. 'madulsa, ebrius'; habeo
madulsam (mulsam) codd.] Sen. nat. qu. 3, 25, 3 quae albae vene-
rant (oves), nigrae abeunt. Orosius 5, 18,26 nudos abire prae-
cepit. Ov. tr. 5, 14, 6 transl. nee potea . . omnis abire in rogos;
Quint 11,3, 78 v. $.33 ^sawpiis9. Quint. decl. excerpt. 13 vacua
(apis) venit, onusta abit. Vulg. 1 lieg. 17, 20 onustus abiit. —
praeeeps: Sali. Cat. 25, 4 transl. (Sempronia) luxuria atque inopia
p. abierat (^unaufhaltsam ins sittliclie Verderben9 Jac.-W.). Liv. 2,
46,4 transl. . . in volnus abiit. 41, 10, 5 p. in provinciam abiit.
Petron. 15 in deversorium p-es abimus. Sen. Phaedr. 728 en
p. abit | ensemque liquit. Quint decl. 9, 5 in omnia (i. e. fhictus,
scopulos . . .) p. sine respectu sui . . . abiit, exploravit (amicus).
Paneg. 9, 17 (p. 206, 3) ceteri omnes in fluvium abiere p-es.
— Verg. Acn. 5, 318 primus abit Nisus (in cursu). Stat. Th. 8,
746 moti omnes: sed p. abit . . Gapaneus. Sil. Ital. 16, 489 p.
abibat praecedens spatiis. Val. Max. 2, 1, 9 sublata mensa priores
508 Job. Menrad:
consurgere et abire patiebantur. Sali. lug. 35, 1 Massiva . . . pro-
fugus ex patria [P, africa CJ abierat. Amm. Marc 18, 6, 16
qui . . ad Persas abierat p. Ov. mei 1 1, 792 (Aesacus) in pro-
fundum pronus abit. PL Truc. 301 . . abire hinc si voluiit, salvis
licet [sie A, ut(i) vis cett.]. Men. 878 quid cesso abire ad navem,
dum salvo licet? Propert. 3, 2 (12) 12 (M.) nee quisquam ex illo
volnere sanus abit. Ov. art. am. 2, 224 maturius . . venias, nee
nisi serus abi. sinister v. §.31 ^Tiberis9. Mari 12, 70, 8 so-
brius . . nescit abire domum. Ov. art. am. 2, 361 tu solus abibas.
Stat. Th. 9, 295 solus abi. Neveletus 38, 15 leo sospes abit.
Greg. Tur. bist. patr. 19, 3 pag. 739, 15 sospitem abire permisit
sublimis: Verg. Aen. 1, 415 ipsa (Venus) Paphum s. abit; Liv.
1, 16, 7 haec locutus (Eomulus) s. abiit (ibid. §. 2 s-em raptum);
1, 34, 8 s. abit (aquila). PI. Stich. 700 c . . utrubi aecumbamus?'
(abi tu saue superior.' Veuant. Fortun. 4, 28, 16 haec letalis
obit, ille superstes abit. supplex v. infr. Hmpune9. Patr. 95
H. d. T. 1331a: ne totus abiret, per sacramentum corporis in
nostris cordibus se divisit. Sen. Med. 186 liberet fines metu |
abeatque tuta. Neveletus 18,20 leo t. abit. *Cic Verr. 2, 54 ita
palaestritas defendebat, ut ab illis ipse unetior (fetter =reicher)
abiret [sie Ijg 42 p. m. Vq>; discederet cett], vaeuus: Vulg. Deut
15, 13 v-um abire patieris. Sjmm. ep. 3, 62 apparitor . . testimonü
nostri v. abire non debuit. Vit. S. Gregor. M. n. 29 v-os sivit
abire. PI. Mgl. 1084 sinite abeam, si possum, viva a vobis. formvk
'inipune abire': PI. Most. 1180 age abi, abi i. Varro de r. r.
1, 16, 5, p. 152, 24 Keil: Sasernae liber praeeipit, ne quis (servus)
de tuiido exeat . . . ; si quis contra exierit, ne inpune [A, imp.
VB] abeat; si abierit (sc. inpune), ut in vilicum animadvertatur.
Phaedr. 1, 8, 3 i. abire . . iam non potest. Curt. K. 4, 16, 18
Alexander instantibus suis, ut i. abeuntem hosteni permitteret
sequi, . . causatus est. Fronto p. 209, 9 N. meliore Kouianorum
fama i. supplex abisset quam iure supplicium luisset.
ß) quae ad animi motum seu affectum speetant: Hör. carm. 3,
18, 3 Faune . . lenis incedas, abeasque parvis | aequus alumnis.
Val. Max. 8, 14, 5 alacer gaudio abiit. CIL VI 1759 factum est
ut . . nos . . voti conpotes abiremus. Verg. Aen. 5, 314 tertius
Argolica hac galea contentus abito. Sil. Ital. 12, 277 abeunt,
sub cuspide terga | contenti vidisse ducis. Stat. Th. 8, 67 1 quam
pudet (me i. e. Tydea) Inachias contentum [ccaede illorum quin-
quaginta insidiatorum' Lcniaire collato v. 11, 27 sq.y ^contemptuni*
Abeo. 509
\iae edd.]. Claud. rapt. Pros. 2, 221 nocte tua c. abi. Terelit. Maur.
r. 1. VI p. 362 v. 1263 K. duplici exemplo e. abito. Ter. Euu. 791
onquam accedo, quin abs te abeam doctior. Apul.de d. Socr.prol.
4, 126. memini polliceri, ut neutra pars vestrum . . . dictionis huius
ipertes abiretis. Paulin. Nol. p. 490 A=17, 317 nunc abi felix.
aL Max. 3, 2, 8 victoresne an victi discederent, incerti abierunt.
erg. Aen. 3, 452 inconsulti (i. e. oraculi cxpertes) abeunt se-
smque ödere Sibyllae. Orosius 6, 15, 13 i-i abeunt. Verg. Aen.
,733 nee tu carminibus nostris iudictus abibis | Oebale. iners
§ 34 ttetnpus\ Liv. 1, 53, 10 cum iufensus [incensus Mudv.\ ira
orro inde abiturus videretur. Curt. lt. 6, 5, 31 illa .. petere perse-
»rabat, ne se inritam spei abire pateretur. Val. Max. 9, 15 ext.
quaedam . . propter inexpugnabilem Caesaris constantiam inrita
efarii propositi abiit. v. §. 38 *cunda\ Symm. or. 2, 19 nullus
ide abiit inscius. Arnob. 2, 28 ne . . instrueti abeainus. PI.
ul. 106 nimi8 hercle in vi tu s abeo; 179 itaque abibam i. Gregor.
or. b. F. 4, 14 p. 152,7 i. abiit cum eis. PI. Aul. 377 abeo iratus
linc [v. ed. Leo.]; item Poen. 445. Oist. 2, 1, 62; Cic. Att. 6, 3, 6.
ulg. Num. 12, 9 i. contra eos abiit. Ov. met. 9, 787 non secura
iiidem, fausto tarnen ominc laeta | mater abit templo. 11; 106
abit. 12, 208 munere 1. abit. Stat. Th. 9, 559 1. abi, multumque
Ü8 iaetantior umbris. Caligula ap. Suet. Cal. 46 abite, inquit,
leti, abite locupletes. Lc Blant, Inscr. ehret, de la Gaule no.
25, 20 pauper letus abit. PL Cure. 336 . . abeo ab illo raaestus..
all. lug. 68, 1 Metellus . . . paulisper in. ex conspectu abit. Pau-
n. Nol. p. 444 B (6, 101) m. abit. Liv. 30, 20, 7 maestum abisse
mint. Mari 1, 99, 10 abisti miser in esuritionem. Patr. saec.
II M. 87, col. 1021 B mitem feram (ursum) abire iubet. August.
VI col. 520 ac sie reprehensibiles abierunt. Plin. ep. 8, 2, 8
aanto quis melior . . tanto mihi obligatior abiit. Lucan. 1,
09 extremo tunc forsitan urbis amatae | plenus abit visu. Poet,
evi Garoli II ed. D. 326, 692 displieuit tua vita mihi, nam p ra-
us abisti. Phaedr. 3, 2, 7 abeunt securi domum. Anim. Marc
1,5,12 hinc quo libet abi s. (cf.seqq.: ille innoxius . . recessit)
2, 14, 6 abi 8. ad lares. Orosius 5. 4, 6 cum victores s-i abirent.
uvenal. 14, 213 securus abi (= noli curare). Fronto p. 154, 7
f. securus inde abeas. (Cf. etiam *lactus'). Lucan. 7, 687 iam
ondere fati (i. e. *onere rerum et imj)crii9 Weise) I deposito s. abi.
L Rud. 1027 . . tu abi tacitus tuam viam. Liv. 8, 32,5 . . si ego
icitus abissem. Liv. 39, 54, 8 sese tacitos abire .. quo terra-
510 Job. Menrad:
rum possent . . in animo habuisse. Ov. ep. 12, 55 tristis abis;
met. 7, 487 t. abit; Iuvenal. 6, 128 t. abit (mcretrix Angusta).
Aniinian. Marc. 14, 4, 2 abiere barbari t-es . . niussitantes. 20, 5,
9 abiere nee offensi nee t-es. *Avian. 13, 7 tr. abit (AC, obit P7
Frochner) longinqua fugax (taurus). Vulg. Matth. 19, 22 abiit tr.
3) pronominibus: idem: Cic. fin. 4, 7 quibus .. qui adseo-
tiuntur, nihil comniutantur animo, et iidem abeunt qui venerunt
talis: Valer. Fl. 7, 20 sed sie quoque t. abito (lason). StatTh.
3, 230 t. mihi, . . . nate, per Argos, t. abi.
B. translate: de hominibus et rebus statum aut habitnm
ant foriiiam niutantibus vel amittentibus.
I) de hominibus.
23 1) abire honore, magistratu . . = (se) abdicare c oK., it
ponere alq.; oppositum Hnire9 c. acc.; raro graece 'a&e'pgofiai' dut
videtur ad analogiam sermonis latini: Polyb. i, 87, 3 tbv xqoxiqov
dnskd-ovra ötQattjyov "Avv&va; Germ. *aus e. Stellung (ah-)gelM,
abtreten, scheiden9, consulatu: Cic. de rep. 1, 4, 7 Att 1,16,5
c. abiens. Liv. 2, 52, 6 ut c. abiit. 3, 56, 9 suum . . Studium
(commemorabat), quo . . cum maxima offensi one patrum & abisset
37, 59, 6 anno postquam c. abiit. Suet. Ner. 2 C. Caesarem
abeuutem c Tac. ann. 4, 19 dum aecusator c. abiret. 14, 39 qui
iam c. abierat. Ascon. p. 6% K.-Sch. 7B. c. abeunteni. Fronto
p. 33, 6 et 7 N. me c. abire. Plin. paneg. 65, 2 (p. 61, 11) abi-
turus c. decemviratu: Liv. 3, 54, 5 nihil ne equidem moror,
quo minus d. abeam. dietatura: Liv. 7, 3, 9 d. abiit. fla-
monio: Liv. 26, 23, 8 C. Claudius fiamen Dialis . . f. abiit fr.
Trog. Pomp. ap. Priscian. 5, 12, p. 149, 5-6 H (II, 140 Keil)
*Papicio fiamen propter mortem fiaminicae f. abiit. Val. Max.
1, 1,4 P. Cloelius *Siculu8, M. Cornelius Cethegus, C. Claudias
. . flaimnio [flamonio Par.] abire iussi sunt, honore: Liv. 4,
7, 3 (tribuni militum) tertio mense, quam inierunt, . . perinde
ac vitio creati h. abiere. 5, 9, 3 negare se (trib. mil.) ante id.
Decembres, sollemnem ineundis magistratibus diem, h. abituros
esse. Suet. Aug. 26 extr. h. (consulatus) abiit suffecto alio in
locum. inperio v. magistratu. ioudicio t?. ibid. mag(iste-
rio): CIL VI, 10298 quo die m. fabibit]. magistratu: lex
repet. CIL 1, 198, 9 [postquam eorum quis ejx eo mag(istratu)
inperiove abierit ibid. 73 et 80 sei is praetor . . eo magistratu
Abeo. 511
oadiciove inperiove abierit abdicaverit mortuosve erit [ceo mag.'
vriore loco (78) dcest et ex altero (80) suppletur]. (Jic. Pis. 6
tgo cum in contione, abiens m., dicere a tribuno pl. prohiberer.
*hil. 5, 21 cum m. abisset. legg. 3, 20, 47 qui m. abierint. fain.
>, 2, 7 . . abeuntem m. contionis habendae potestate privavit.
Livius: de «wswfc&tts 2, 27, 13; 41, 10; 54, 2. 3, 31, 5; 34, 6;
*4, 11. 39, 23, 1. 41, 6, 2. de ikcetnviris 3, 38, 13; 40, 11; 41,
>; 51, 12; 67, 7. de dietatore 2, 31, 5 et IL 6, 1, 6; 27, 2. 7,
?1, 2. 8, 37, 2. 9, 34, 13. 25, 2, 5. de dickUore et mag. cquitum:
), 26, 12. 27, 35, 1. de censore 9, 34, 15: 20; 22. 29, 15, 10. de
waetore 42, 36, 8. de tribunis pl. 5, 9, 6. 9, 9, 2. — Tac. ann. 5, 1 1
lonec m. abirent (cousules). Censorin. d. d. n. 20, 7 quo quis
d. citius abiret. Orosius 5, 8, 4 cum primum m. abirent. Ulpian.
)ig. 47, 10. 32 quod m. abeat [Fl m-u habeat, F2 m-um habeat].
lotestate: Suet. Caes. 20 quoad p. abiret sacerdotio: Gell.
f, 7, 4 si quadraginta annos nata s. abire ac nubere voluisset
Taracia Vestalis), ius ei . . facta est tribunatu: Tac. ann.
3, 44 postquam t. abierat. tutela: Ulp. dig. ed. M. 26, 10, 3,
8 (26, 10, 4) ut . . t. vel cura abeat. quia non est abire t. iussus
absolut, ibid. 26, 2, 11, 2 hie (tutor) ideirco abit.] 'abire9 absolute
tositum: Liv. 30, 39, 5 cum prid. id. Mart. veteres magistratus
toiBsent. (cf. Lucan. 7, 687 v. §. 22, 2ß 'securus9).
2) abire ex matrimonio, discedere a marito; usus Plauti- 24
n**> cf. fff- äitoXeixsw; omnibus praeter unum locis de uxoribus.
'de viris dicitur 'exigere9 (ut Mgl. 1277) = aitonipitsiv] cf. synon.
hs. 2, 2, 36 iy mulier foras; v. Lorenz. 'Einleitg.9 ad Mü. glor.
k 25 stf. — PI. Mgl. arg. 1, 13 ultro abeat (coneubina), orat (mües)}
lonat multa. 970 ea demoritur te atque ab illo (sene) cupit
tbire: odit senem [ab illo cupit Both., ab illo hinc c. Acidalius;
ib illo ineipit, coepit, cepit codd.] cobire alibi legi* ait Pins].
J74 quin tu illam iube abs te abire quo lubet. 979 vin tu illam
ictutuin amovere, a te ut abeat per gratiam? = 1126 quin po~
ius per gratiam | bonani abeat abs te. *982 Lorenz, e coniect.,
k §12 'quo9. 1146 miles coneubinam intro abiit oratum suam,
ab se ut abeat cum sorore. *1148 ornamenta . . | omnia dat
lono a se ut abeat [sie De, Beroaldus9 Dousa, Lor.; abeat FZ;
. dono sibi ut habeat li (hab. GDa)]. 1165 quasi istius causa
imoris ex hoc matrimonio | abierim. 1331 . . quia, postquam
ibs te abit animo male | factumst huic repente miserae [quia
bbs te abit, animo . . Lor.]. Men. 723 quid id ad me, tu te nup-
512 Jos. Menrad:
tam possis perpeti | an sis abitura a tüo viro? Stich. 142 per-
sequimur (Imperium patris): nam quo dedisti nuptum, abire no-
lumus. — De viro: Mgl. 1167 hinc senem abs te abisse, post-
quam feceris divortium.
25 3) abire e vita, absol. abire = dbire, mori; cf. gr. anuvat,
aptid Luciamtm (Char. 17 (514y: 6 de . . aTteiöv rc5 xXrjQovofia
naxakiTiav anokaveiv (rijs otxias); Tim. 15); yerm, *ab-} ver-
scheiden; ins Jenseits reisen u. s. f.9 — Vide § i, 2; de formula
'aniuia abit, a. abiens . .' v. § 33 *anima\ a) absolute f abire':
*Lucil. 30, 38 = 864 (L.) iusperato abiit [abit codd. Nonii,
abiit Junius, L. Muelltr, obiit Lachm.], quem una angina sustulit
(abstulit Jim.] hora. Catull. 68, 85 quod [quo sc. *c<miugio'
Vahlm?] scirant [L. Muelkr, scibant codcL, seibat Lachm.] Par-
cae non longo tempore abisse |/. e. *moriturum esse* Riese, Kkss-
ling; *adessc* Sehrader, Santens], Hör. ep. 2,2,215 tempus abire
tibi est ['aus dem Leben und von den Genüssen desselben scheiden1
Kr. Porphyrio ad v. 214: hoc apud philosophos frequentatum est,
de vita sapientem abire oportere aequo animo . .; ad v. 215
mire in fine operis de fine disputat vitae.] Sen. HOet. 751
decus illud orbis atque praesidium unicum — , o inater, abiit
[habiit E, obiit <5, v. § 1, 2\. Sen. ep. 30, 4 magna res est . .,
cum adventat hora illa inevitabilis , aequo animo abire. Stak
Th. 8, 188 quum . . te fatalis hora vocaret . ., tunc etiam (te)
infesta ab e untern vidimus hasta. Stat. silv. 2, 2, 128 quem non
. . | deprendet suprema dies, sed abire paratum. Pliu. ep. 2, 1,
7 ille quidem plenus annis abiit. Commodian. c. apol. 319
Adam degustato pomo mori iussus abivit. Rufin. hist. monach.
0 . . abire et esse cum Christo an permanere in carne? Ambros.
de interpell. Job. et Dav. I 7 col. 845, 28 M. vir defunetus abiit
August, in Joann. ev. tract. III 2, p. 107, 4 dieimus Harn non hie
est' de aliquo quantocius abituro. Et maxime hoc de mortuo
solet dici. Oonfess. 11, 3 scripsit hoc Moyses, . . et abiit, trans-
ivit hinc a te ad te. Patr. 95 H. d. T. 1371a: cito hinc abi-
turus, cito moriturus es. Cassiodor. Hist tr. 5, 21 (1002 a) cum
ab hac luce discesserit et ad praemia debitae pacis abierit Ar-
nob. 1, 38 cum dissolutis abierimus a membris (cf. 2, 53). Venant
Fortun. 4, 1, 31 felix ille abiit; 7, 12, 20 celer sorte Quirinus
abit \Lco perperam 'obit']; 9, 2, 24 geniti sie abiere sui. Vulg.
Ps. 38, 14 priusquam abeam et amplius non ero. Joann. 14, 3
(16, 7) si abiero (jroocvtftä) et praeparavero. Patr. saec. VII M.
Abeo. 513
87, 2226 rex . . debitum naturae teruiinum implens ac paci-
fice abiens; 400 B sie vixisse placet, sie abiisse dolet; 1071 C
81 iam abire vellet . .; 1275 cum carne, qua hinc abiit. Poet.
aevi Car. II 575, 28 morte obita hunc abisse cemat. CIL X
1338 abis, ut deeuit felicis pacc perennem. CIL VI 7243 subito
tempore raptus abit (= abiit). 10131 soror abit. ß) addUo
*vita9, *e vita9 similibus: Cic. Tusc. disp. 1, 30, 74 Cato . . sie abiit e
Tita, ut causam moriendi nactum se esse gauderet. Sen. dial.
10, 7, 4 plures ex bis . . vita abierunt. [?] «tat. Th. 10, 434
euneta ocius effer | et vita, tumuloque dueis donatus, abito.
Oensorin. de d. nat. 15, 2 Dionysius Heracleotes, ut vita abiret,
eibo abstinuit. Porphyr, ad sat. 1, 1, 117 ut e vita abeat (=vita
cedat Hör.); ad ep. 2, 2, 214 v. a). Ter. Phorm. 1019 ea nior-
te[mj obiitj e medio abiit . . *Acro ad c. 2, 17, 15 fatal iter abeo
[babeo Fatdy]. Amni. Marc. 21, 15,3 diuque cum anima coiiluctatus
iam discessura abiit e vita. 22, 14, 7 Apis bos . . e vita abie-
rit; 25, 3, 15 adveuit abeundi tempus e vita. Marius Mercator
Opp. 2, col. 602 quomodo sanetos de bac vita abiisse credendum
est. Decret. Felic. 324 B = Epp. pontific, Felic. pap. ep. 13, 6
viaticum abeunti de saeculo non negetur. Tertull. An. 28 quod
hinc abeuntes eant illac et rursus huc veniaut et vivaut, et
dehinc e vita abeant. Patr. saec. VII, M. 87, 1028 C abeunti de
hac vita; 1068 A felieiter ex Lac vita abeuntem; 1073 B horani
abeundi de mundo praenuntiat. y) addito termino in quem locum?
PI. Poen. 71 ipse abit [iMchmann (praes.), abiit BDFZ, Bentl,
'ad' delcns] ad Accherunteni sine viatico. Cas. prol. 19 poe-
tarum . . | qui nunc abierunt hinc in communem locum. £nn.
Euhem. XIII 64, p. 82 M. = XII 70 p. 174 V. (in paraplirasi
Lactantii) Iuppiter . . aeta te pessum acta in Greta vitam coin-
mutavit et ad deos abiit; = Lactant Inst. 1, 11, 46 (3, 18, 5),
Ep. 13, 4. Cic. Tusc. disp. 1, 14, 32 abiit ad deos Hercules:
numquam abisset, nisi, cum inter honiines esset, eaui sibi viam
munivisset. Victor, ill. 2, 13 cum ad deos abiret (llomulus);
Lactant. Inst. 1, 15, 33 pupulo persuasit ßomulum ad deos abiisse.
Jul. Valer. 2, 10 (Mueller) puto matrem mihi in deos abiisse.
Petron. 42 p. 46, 12 Buech.2 tarnen abiit ad plures (ew. docli
mufste er abreisen zur Majorität9), medici illum perdiderunt. \cf.
syn. Fl. Trin. 21)1 me ad plures penetravi; ol Tcletovag = xe-
xeXevtrptoxaq Arist. Eccl. 1073 (1118).] CIL VIII 7427 haec abit
ad superos. Phaedr. 4, 20, 16 abiturus illuc quo priores abie-
514 Jos. Menrad:
runt [*P1. Epid. 513 'obeas' JFZ male pro 'abeas', cum ins*
qttatur 'propera igitur fugere Line . .' *Apul. florid. 16 p. 22,
9 Kr. dolor . . conipelleret ante letum adire quam lectum: adire
Stewedrius (coli. v. Verg. Aen. 6', 375)] abire Fg>9 abiret V] obire
Pyrrhtis.] At cf. Ainbros. vol. III, p. 2M. col. 956, 3 abiit ergo,
non obiit et emigravit a nobis veteranus Christi.
26 4) abire (a re aliqua) i. e. digredi a proposita oratione;
usus oratorum et historicorum proprius. a) Formula 'ne longe
(-ius) abeam' et similia: Cic. Sex. Kose. 47 quasi vero difficile
sit quamvis multos nominatim proferre, ne longius abeam,
vel tribules vel vicinos meos. Item Caec. 95, August VIII
M. 42, col. 672, 52. Cic. de rep. 3, 18, 28 nee vero longius
abibo. fin. 2, 96 audi, ne longe abeam, moriens quid dieat
Epicurus. fam. 7, 19 non longe abieris: num ius civile vestrum
ex libris cognosci potest? Plin. ep. 4, 22, 7 longius abii, libens
tarnen. Sen. de ben. 6, 1, 1 [inj his quoque, si abire iusseri«
protinus, nonnihil actum erit: nam etiam quod discere super-
vacaneum est, prodest cognoscere. Cf. ibid. 6, 7, 1 voltus tau«
trahit frontem, quasi longius exeam: videris mihi dicere 'quo
tan tum mihi dexter abis?' (= Verg. Aen. 5, 162). Terent Maur.
Gr. 1. VI p. 392 v. 2246 sed paulum abimus longius. ß) addito
termino quo? Cic. Sext. Rose. 47 'quid ad istas ineptias
[nugas schol. Gronov. 429, 14] abis?' inquies (*Wom solch unge-
hörige Dinge9 Georges). Plin. n. h. 17, 243 qualibus ostentis Ari-
standri . . volumen scatet, ne in infinitum abeamus; 16, 138
quid attinet in Pont um abire? Iuxta Romam ipsam castaneae
. . proveniunt. — Sen. dial. 5, 27, 1 diutius iraseimur oinnes
quam laedimur. quanto melius abire in diversum ('an/* die
entgegengesetzte Seite zu treten, mm Gegenteil sich eu bekentien9) nee
vitia vitiis opponere. Quint. decl. 6, 9 litigamus, consistimus, in
diversum abimus (sc. causidici) [de 'abit causa9 v. § 35]. Boet
M. 64, 994 C (top. Arist. interpret.): sed abeundum ad suprenia;
731 A [ter] an hie contingit in infinitum abire [sc. in syüo-
gismis]] 745 D erunt principia . ., et pr-orum pr., et hoc in i.
abibit. y) addito termino a quo? Ps.-Plaut. Men. prol. 56 verum
illuc redeo, unde abii, atque uno adsto in loco = Hör. sat
1, 1, 108 illuc, unde abii, redeo. Cic. de or. 2, 259 sed abeo a
mimis; tantum genus huius ridiculi . . notari volo. de div. 2,9,
22 . . abeamus a fabulis, propiora videamus. acad. 2, 90 sed
abeo a seusibus: quid est quod ratione pereipi possit? orat 31,
Abeo. Ö1Ö
112 sed ab hoc paruinper abeanius, quaiidoquidein de genere,
non de homine quaerimus. Val. Max. 4, 1, 2 vix iuvat abire a
Publicola, sed venire ad Furium Canrilluni übet 4, 5, 4 ac
ne protinus coinitiis abeamus, consulatum peteus L. (Jrassus . .
numquam adduci potuit Tac. ann.6,22 ne nunc incepto longius
abierim. Auibros. vol. III p. 2 col. 1295, 14 non übet . . a fratre
abire longius (cf. ibid. ut diutius sensu prosequar proficiscenteni.)
5) abire in alqd. i. e. penetrare in rem, se totum rei com- 21
mittere eaque corripi teneri consumi, cf. germ. * aufgehen in ctw.9
Lucr. 3, 1066 L. oscitat exteniplo . . . aut abit in somnum gravis
atque oblivia quaerit; = Amin. Marceil. 14, 8, 10 Dionysius . .
in s. abiens. Quint. dec. 15, 4 vultis nos abire potius in nostra
secreta. Liv. 1, 32, 2 facta spes, in avi mores atque insti-
tuta regem abiturum [explicat Weisseiib. artifteiosius *sich votn
Verfahren des Tulltis wegwenden zu ... = annelimcn9; immo est
*eosdem mores assumere9 ; cf. infr. § 37 * studio9 in mores abiere\.
Lucr. 4, 1111 nihil inde (i. e. a corporibus stiis) abradere possunt
{sc homines Venere occtipcUi), | nee penetrare, et abire in corpus
corpore toto. Priap. 77, 16 . . in semenque abeo (ait Priapus
cvitam abstinentem peragere9 coactus). Üv. met. 1, 495 sie deus
in flammas (amoretn) abiit . . uritur. tr. 5, 14, 6 nee potes in
maestos omnis abire rogos. Ilias Lat. 1062 inque leves abiit
tantus dux ille favillas. Liv. 2, 46, 4 telo extracto praeeeps in
volnus abiit (cf. 1, 58, 12 in volnus moribunda cecidit, Stat. Th.
4, 463 in volnus cecidere greges; sed inest ctiam *volnere con-
sumi9). Mart. 1, 99, 10 tu . . abisti | in tantam miser esuritio-
nem (t. e. avaritiae te dedisti; * Hungerleiderei* Flach). *Sen. con-
trov. 7, 3 (18 B.), 1 ut intervenit, in has [E, Kiessl; alias 0, Burs.]
cogitationes abii [abi codd.~\. — Liv. 2,36,3 ne in ora hoini-
num pro ludibrio abiret (*m aller Leute Mund kommen9). Apul.
de d. Socr. 23, p. 26, 5 G. pernix est: abibit ('abit' male FLA
aiii, cum futura praecedant et sequantur) in senectutem. Vulg.
Bar. 1, 22 abivimus unusquisque in sensum cordis nostri ma-
ligna Jerem. 48, 11 (urbs Moab) in transmigrationem non
abiit. Isai. 45, 16 abierunt in confusionem fabricatores erro-
rum. Irenaeus 1, 31, 2 hoc esse scientiam perfeetam sine timore
in tales abire operationes quas ne nominare quidem fas est.
Tertull. Carn. Chr. 17 per eiusmodi sexum abierat in perditio-
nem. Iren. 1, 7, 5 et choicum \sc. hominem, %oIkov = vhxov]
quidem in corruptelam abire [eig <pftogäv %coQeiv\.
516 Jos. Menrad:
28 6) abire a re = omittere, neglegere amiüere rem, recedere
a re. Naev. com. 92 p. 22 R. primum ad virtutem ut redeatis,
abeatis ab ignavia. Gell, praef. 19 qui in lectitando numquam
labores .. ceperunt, . . abeant a noctibus bis procul. Eutrop.
10, 1, 1 his abeuntibus ab administratione reipublicae. Varr.
ap. Censorin. d. n. 14, C post aonos LXXXII1I a mente sua ho
mines abire; Fest. 158, 25a (= 159, 5 P.) amens quod a mente
abierit; Petr. Chrysol. M. 52 col. 186 A abiit longe plus mente
quam loco (filim prodigus). Hilar. trin. I 6, c. 5 quo abibo [ibo
Vulg. B. 138, 7] a spiritu tuo? v. § 37 ea rech9. Inprimts
term. techn. apitd iuris cons.: Cic. Verr. 1, 114 de suis bonis ita
dat, ut ab iure nou abeat. Dig. 17,2,18 (Pomponius): si (servos)
iubeatur abire a societate . . 18, 1, 6, 2 (id.) abire a tota
emptione potest. Digest. (Paul.) 18, 2, 14 (bis). 18, 5, 1 (id.) ut
abeatur ab ea venditione. — quia abiri pacto ab emptione non
possit. 39, 6, 24 (Africanus) abitum (esse) ab iure.
7) *abire = abcUienari? PI. Most. 131 *eatenus fprotenusB;
a in 'eatenus' e corr. in B\ abeunt (sc. liberi) a fabris (t. e. pam-
tibus); Lorenz (Scyflcrt) ad h. I. * der Sinn scheint ßu sein: obgleich
sich die Kinder nur soweit, also nicht vollständig, von der elterlichen
Obhut entfernen . . . /
8) abire = perire, non iam esse. Ambros. vol. III p. 2 M.
col. 1141, 16 abierunt sacerdotes legis, legis tribunalia: accedamus
ad sacerdotem novum. Augustin. I soliloquior. an. ad Deum 13
perieram, abieram, in peccatis venundatus eram (= de spir. et
an. 17).
II) de rebus.
29 1) de notionibus collectivis. Liv. 1, 2, 2 neutra acies laeta
. . abiit, v. § 18 *cx\ Val. Max. 1, 7, 3 aciem victricem abituram
esse. Liv. 35, 36, 3 postquam abire Aetolorum aginen viderunt.
44,42,3 Macedonum alae integris abibant ordinibus. Patr. Saec.
VU, M. 87, 936 B agmiua Israelitica imperterrita abire iussistL
Poet, aevi Caroli IT ed. 1). 80, 24 puerile agmen abibat ovans.
Stat. Th. 3, 708 quum dabunt abeuntibus armis (= annatis) |
signa tubae. Greg. Tur. h. F. 1, 17 p. 43, 3 quando captivitas
in Babylonia abiit. Poet, aevi Caroli II ed. D. 71, 470 omnis
coetus abit. lustin. 2, 12, 20 civitates, quae iam abire (sc.
navibus) vellent. Liv. 44, 20, 7 Eumenem classemque eius ..
sine causa et venisse et abisse. Lucan. 2, 714 cetera classis
Abeo. 517
abit. Plin. n. h. 21, 71 . . (arbores) evolantium (apum) examina
invitent nee longius abire patiantur. Quint 2, 17, 19 speciem
abeantis exercitus. Val. Max. 1, 8, 5 exercitus victor abibit.
Frontin. 4, 3, 13 abeunte exercitu = M. Aem. Scaur. ap. Charis.
I p. 120 P. 147 K. — v. § 18 <domos\ Victor epit. 10, 7 ener-
vatorum greges abire praeeepit. Liv. 24, 3, 15 Locros omnis
multitudo abeunt. Val. Max. 2, 7, 1 constat tum maximum inde
institorum et lixarum numerum cum duobus milibus scortorum
abisse. — pars: Sali. lug. 00, 7 t;. § 22,2a *integer'; *Liv. 27, 44, 3
qui ducem inde atque exercitus parte m abisse [abesset Put., abesse
Weifsenb.] ignoraret. 3, 60, 4 pars . . pars abeunt (v. § 18 in
Hernicos). 44, 20, 6 partem . . domos suas abisse. Sen. Oedip. 67
pars quota (hominum) in cineres abit? Apul. d. deo Socr. prol.
p. 4, 126. ut neutra pars vestrum . . . abiretis (r. § 22, 2ß 'expertes')
Vulg. 1 Reg. 10, 26 abiit cum eo pars exercitus. populus:
v. § 21 y) 'discerptus9. Vulg. 2 Reg. 6, 19 (— 3 Reg. 12, 5) abiit
omnis populus. Liv. 34, 50, 8 praesidium . . duci ad portum
atque abire. Tac. ann. 12, 15 robur exercitus abisse cognoverat.
SiL Ital. 15, 725 turmis abeuntibus infert | cornipedem. Hör.
sat. 27 3, 246 Quinti progenies Arri . . . quorsum abeant . .?
(v. § 21 r).
2) de rerum caelestium motu. Manil. 1, 307 has (i. e. 30
Arctos) . . dividit et cingit . . | Anguis, ne coeant abeantve suis
a sedibus. Plin. n. h. 18, 277 cum (luna) in plenilunio aestivo
proeul abeat adversa soli. Ov. am. 1, 8, 30 Mars (Martis Stella)
abiit. Plin. n. h. 18, 277 si (nubes) ad occasum abibunt. Hyg.
astron. p.? cum (sidera) abierint infra terram. PL Merc. 874
male facis properantem qui me commorare: sol abit. Cic. de div.
1, 23, 46 . . cum se convolvens sol elaberetur et abiret. Ov. fast.
4, 715/6 de duce lanigeri peeudis (arietis) ... | sol abit. fast. 6,
727 sol abit a Geminis. Pomp. M. 1, 9, 53 sol hieme terris pro-
pior . . tunc (aestate) altius abit. Plin. n. h. 2, 41 (41), 109 her-
bam (heliotropium) abeuntem solem intueri. Hyg. astron. p. 566
cum abierit Sol sub terram. Plin. n. h. 2, 15 (13), 62 siquidem
. . eaedem (stell ae erroneae) ad septentrionem accedunt abeunt-
que ad austrum. German. Arat. 131 super montis abit alite cursu
(Virgo)] 163 transversus abit laeva Geminorum (Aurüja)', si-
milia 599, 606, 634, 667, 687. — Poet, aevi Carol. II 634, 10, 12
mundo abeunte (volventc).
3) de aquarum motu. PI. Truc. 564 nisi derivetur (fluvius), 31
518 Jos. Menrad:
tarnen omnis aeque aqua [sie Spengcl, ea qua BCD, ea aqua
Camer., ea acua Lachmann] abeat [abitat Botii. probantibus RUschetio
Muellero (pr.p. 604) L. ifuellcro: 'rede oblocuttis est Bergkius9 Sek.]
in mare. Cato incert. libr. rel. 9 p. 85, 13 Jord. speca prosita, quo
aqua de via [devia eodd. 5] abiret. Sen. ep. 74, 25 quid refert,
. an aqua decurrens intereipiatur atque abeat, si fons salvus est
Ca tu 11. 27, 5 at vos quo lubet hinc abite lymphae, «. et .. ini-
grate. Lucan. 3, 550 huc abeunt fluetus, iiluc mare [illo man
abiit: comm. Bern, ad Lucan. p. 116,31]. *pluvia' v. § 34. Stat
silv. 1, 5, 50 (unda) instat et abire recusat. tränst. ApuL met
6, 10 ruunt . . populorum undae ... digerunt . . e conspectu
perniciter abeunt. — de fluminibus: Pomp. M. 3, 5, 41 Cyrue
et Cambyses ex radieibus Coraxici montis . . . editi in dirersa
abeunt. Stat. Th. 7, 334 refluum meatu | Euripum, qua noster
abit (i. e. *qua nostram Bocotiam cUluü9 Letnaire). 7, 553 Ina-
chus ante retro, nosterque Achelous abibunt [abibit Put.\
Pomp. M. 3, 9, 97 Nuchul {fons NM?) solus in mediam regio-
nem et ad orientem abit. Ov. fast. 4, 330 Nunde sinister abit
(Tiberis). Sen. nat. qu. 6, 8,2 quo illum (Tigrim) putas abire
nisi in obscura terrarum? Ennod. op. 27, 18 epotia Tanais siecos
abibat aquis. Vulg. Itala Ps. 104, 41 fluxerunt aquae: abierunt
in sicco flumina.
32 4) de situ terrarum et montium; abire = extetidi, parrigL
a) Pomp. Mel. 1, 10, Ol (Arabia) qua in altum abit, adeo edita
(est). 2, 6, 86 Hispania . . . magisque et magis latior ad occi-
dentem abit ac fit ibi latissima. 2, 4, 58 ubi longe abit (Italia),
in duo cornua iinditur [= Solin. 2, 21 M. ubi longius abiit Italia].
3, 1, 6 Lusitania trans Anain . . primum ingenti impetu in al-
tum abit, dein resistit ac se . . . abducit. 2, 2, 33 Pallene ..
tota in altum abit. 3, 4, 33 Sarmatia qua retro abit usque ad
Histrum Humen inraittitur. ß) Pomp. M. 2, 4, 73 Alpes .. ubi
Germaniam adtigerunt, verso impetu in orientem abeunt. Valer.
Fl. 6, 612 Caucasus . . summas abiit hibernus in aretos. Lu-
can. Phars. 2, 626 in nubes abiere Ceraunia (i. e. 'nubibus tn-
volvuntur, in tetnpestate' Weise). Pomp. M. 2, 2, 17 Haemos in
tantum altitudinis abit. Sil. Ital. 3, 493 caligat in altis | ob-
tutus saxis abeuntque in nubila montes (r. * Ceraunia9). Lucan.
9, 417 maior in uuam | orbis abit Asiam (i. e. *Asia maiorem
orbis partetn comp'lectitur9 Weise). Pomp. M. 1, 17, 89 promun-
torium . . abit in paene insulae faciem. Valer. Fl. 4, 202 in-
Abeo. 519
star scopuli, qui montibus altis | summus abit longeque iugo
8tat Bolus ab omni.
5) a) de partibus, viribus, morbis corporis humani (exceptisSS
vktutibus et vitiis); ß) de partibus plantarum. a) dbire = absce-
dere, evaneseere (nonnumquam ' segregari9). Quint. decl. 7, 10 quid
mihi . . cum cruore consumptae et iam paene abeuntis animae?
sed plus est, ut singultibus abeuntis animae satieris. Amm.
Marc. 26, 6, 3 inter ab. anhelitus animae. Prud. Per. 3, 166 ab — e
animä. Poet, aevi Garol. II ed. D. 409, 68, 12 corporis e solio fecit
abire animam. Mam. Claud. M. 53 col. 724 D quo abiit (anima)?
Tert. An. 38 licebit animae dilapsa domo . . incolumi abire. Ire-
naeus 1, 25, 2 animas enim ipsorum [Petri et Pauli] eadem dignas
habitas esse virtute et rursus in idem abire. 5, 31, 2 animae
abibunt in invisibileni locum. Spart Hadr. 25, 9 animula . . .,
quae nunc abibis in loca | pallidula . . Serenus ap. Diomed.
513, 11 animula miserula properiter abiit. Mar. Victor. Gr. 1. VI
p. 99, 14 K = p. 147, 18 = Terent. Maur. p. 369 v. 1464: exetn-
pkifn tetrametri catalectici cperit abit avipedis animula leporis
[t;. adnot. Keilii; *exemplum a latino metrico fictum9 Westphal].
Iren. 5, 12, 2 afflatus (J] itvoiq) auctus ad modicum, et tempore
aliquo manens, deinde abit [= interit] . . Spiritus autem perse-
verans. Poet. 1. m. IV 83, 2 B cum rursus abire laborant (aurae
ventris) [Petron.]. Ov. art. am. 1, 551 et color et Theseus et
rox abiere {yergimgen) puellae (Ariadnae). ep. 3, 141 abiit corpus-
que colorque. Poet. 1. m. ed. B. IV 190, 4 vitae flatus abit
Mart. 12, 17, 2 quare tarn multis a te .. diebus | non abeat febris.
Stat. Th. 10, 641 abiit horrorque vigorque | ex oculis. Poet,
aevi Carol. II 481, 32 pallidus humor (= Hydrops) abit. Sil.
Ital. 15, 558 his dictis abit (imago). Sen. ep. 21, 5 pauca in-
genia caput exserent et in idem quandoque silentium abitura
eblivioni resistent. Ov. tr. 2, 455 quibus e sucis abeat de cor-
pore livor. Tibull. 1, 6, 13 sucos herbasque dedi, quis livor
abiret. Ov. ex P. 2, 8, 66 caput e nostra citius cervice recedet |
et patiar fossis lumen (octdos) abire genis. *Varro de 1. 1. p. 225
(L Sp.) p. 88 (A Sp.) VI, § 48 |mens] quom vehenientius in mo-
vendo ut ab se abeat foras fertur, Formido [^mens' del. A Speng.
ut ex p. 88, 1 illatum; *fort. refwßt Mens quom9 L Speng. olim\.
Ov. am. 3, 14, 37 mens abit et morior = fast. 2, 753. Sil. Ital.
10, 265 mens abiit, puduitque fugae. Quint decl. 17, 4 abiit per
tacitas conquestiones mens, in obitus contemplatione posita. No-
520 Jos. Menrad:
vus Avian. 2, 11, 19 mens et sanguis abit. Fest. p. 158,23a
(= 159, 4 P.) mente captus dicitur, quum mens ex hominis
potestate abit. Sen. HOet. 1760 o quanta, Titan, ad nihil [in
n. Ä] moles (corpus Herculis) abit Cic. Att. 14, 10, 2 nausea
iamne plane abiit? Ov. ex P. 4, 13, 25 Augusti docui .. in aetherias
numen abisse domos. Mart. 3, 24, 6 teter ut immundae carnis
abiret odor. Ov. met. 7, 290 fugit macies, abeunt pallorque
situsque. fast. 4, 541 pallor abit. Martian. Cap. 8, 298, 15 (805)
poet. cessimque formidantes abeunt pedes tremore. Cic. fam. 14,
1, 3 de loco, nunc quidem iam abiit pestilentia, sed quam-
diu fuit, me non attigit. August append. 19, 18 p. non abiret
Lucan. 6, 97 igneaque in vultus, et sacro fervida morbo | pestis
abit (i. e. *vultum occupat9 Weise). Ov. met. 10, 701 in pectora
totum | pondus abit (de mutatis in leofies, *die gange Körper-
schwere wird in die Brust verlegt9). Ov. art. am. 1, 240 tum dolor et
curae rugaque frontis abit Ov. ep. 14, 37 sanguis abit, meutern
calor . . relinquit Quint 11, 3, 78 (sanguis ille), cum metu re-
fugit, abit omnis et pallore frigescit. *Lucr. 2, 962 quare potius
leti iam limine ab ipso | ad vitam possint [sc. sensus; at 'possit'
(sc. anima?) Lac/im.] . . reverti, | quam, quo decursum prope iam
siet, ire et abire? 4, 949 ergo sensus abit mutatis motibus alte.
Cic. Tusc. disp. 1, 45, 109 quamquam sensus abierit, tarnen ..
bonis laudis et gloriae . . mortui non carent. Catull. 63, 42
somnus excitam [sonus excitum codd.] Attin fugiens citus abiit.
Ov. met. 7, 643 . . 9, 472 . . 15, 664. fast. 3, 23. 6, 389. ex P. 3,
3, 12 (v. § 18 c* jwctore9): somnus abit; item Stat. Silv. 1, 6, 92
Somnus abit. Nov. Avianus 3, 1, 12 illi s. abit. Ilias Lat 120B
s. abit. Paulin. Nol. 620 B = 24, 269 abeunte somno. Rufini
comm. in metr. Terent Gr. 1. VI, p. 562, 10 crape faces, cape puer*,
sopor abit, cane melos. [fictum a metrico?\] Patr. saec. VII, M. 87,
66 D sopor ocius omnis abit Ov. met. 8, 524 inque leves abiit
paulatim spiritus auras. Irenaeus 5, 12, 2 . . abit (sp. seinper
perseverans). Paulin. Nol. M. 61, col. 676 D (= 34, 40j sp. ange-
lico vectus abit gremio. Migne 89, 372 A (Bened. Crisp.): sp.
.. peregrinus abit. Sei). Tro. 460 fallax per ipsos umbra com-
plexus abit Paulin. Nol. 553 B = 20, 50 cunctis abeunte ve-
terno. Liv. 23, 45, 3 abisse illam vim vigoremque. Quint.
decl. 13, 2 (de pauperc): . . abiere vires (* Arbeitskraft9) , census
meus, defectaque labore senectus. Sen. dial. 10, 6, 4 abire (vi-
tam) ut rem supervacuam ac reparabilem sinitis. 10, 10, 5 abit
Abeo. 521
vita eorum in profundum. Le Blant, Inscr. ehret, de la Gaule
no. 641, 16 vita Aabeunte. — transl. Claud. de VI. cons. Hon. 259
sua membra suas | cernit abire manus (= mos milites fugere).
ß) de partibus plantarum: Plin. n. h. 13, 109 tradunt . .
caput ipsum et florein (herbae aquatilis) mergi . . totumque
abire in altum (Jluminis). 15, 10 cum sueus omnis (olivae) in
corpus (eins) abeat. 16, 60 quoniam (resina) in seruru abeat.
17, 127 (ex Catone de r. r. 61, 1) radices olearum susum ab-
ibunt, ibid. in radices vires oleae abibunt. 20, 262 alter (Car-
duus) florem purpureum mittit . . . abeuntem cum aura. 21, 67
abeunt et bi (flores) marceseuntque.
6) de tempore eiusque similibus notionibus; synon. ire, prae-SA
terire, labi; cf. Ov. ort. am. 3, 62/3/5; gr. amovrog prjvog; germ.
* vergehen9, aestas: Sen. ep. 36, 11 ae. abiit, sed alter illam annus
adducet. Paulin. Nol. 467 D = 16, 1 abit et venit ae. aetas:
Minuc. Fei. 11, 8 .. tanta ae. abiit, saecula innumera fluxerunt.
annus: Cic. Sext. 71 abiit ille a. Ov. ex P. 3, 2, 95 quamvis
abiere tot anni. 3, 4, 60 dum venit buc rumor . ., a. abisse potest.
4, 11, 16 . . dum littera nostra . . permeat, a. abit Stat. Th. 4, 39
rex . . propior abeuntibus annis. Mart. 10, 75, 3 a. abit. Acro
ad art. p. v. 175 inde (a quadragesimo sive quinquagesimo anno)
iam abire i. e. recedere (sc. dieuntar anni) [*an decedere i. e.
abire?' cum recedendi verbo utatur Hör.?]. August, serm. M. 38,
638 veniunt ut abeunt anni nostri. autumnus: Amm. Marc. 30,
3, 3 abeunte autumno. december: Mart. 5, 84, 8 sane sie abeat
meus december (i. e. sine muneribus). dies: Brut, ad Cic. fain.
11, 13a, 1 hie d. hoc modo abiit. Catull. 61, 94. 109. 119. 199
sed (moraris), abit d. Propert. 3, 8 (16), 33 tot iam abiere dies.
Stat. Th. 12, 231 . . nescit abisse diem. Mart. 12, 24, 11 totus
quam bene sie d. abiret. Acro ad c. 3, 28, 7 cessas quasi stet
(dies), cum celeriter abeat. [v. nox\ Romulus 3, 19 (c) cum d.
abierit. Sulpic. Sev. D. 3, 17, 1 d. abiit: surgendum est. Pau-
lin. Nol. 539 C = 19, 486 diesque totus abit. Funk. pat. I 1
Clem. ad Corinth. 24, 3 abit d. Paulin. Nol. M. 61, col. 648 B —
27, 4 aegra redire, | ales abire dies. Iur. term. techn. Ulp. Dig.
38, 5, 1,7 passus .. actionis diem abire (*den Termin verstreklien
lassen9), hebdomas: Ambros. III vol. p. 2 M. col. 1141, 15 abiit
h., venit oetava. abiit beri, venit hodie. abiit ergo ille dies
Testamenti veteris, venit dies novi. hiems: Paulin. Nol. 627 C
= 24, 645 h. abit. hora: Ter. Eun. 341 dum haec dicit, abiit
Arohir für Ut. Lexikogr. IV. Heft 3. 4. 34
522 Jos. Menrad:
hora. Hör. sat. 1, 5, 14 . . dum mula ligatur | tota abit hon.
imber (i. e. hiems): Neveletus 10, 5 i. abit Vulg. Cant 2, 11
biems praeteriit, imber abiit. [unde passim apud eccles., ut Ambro«,
apol. Dav. c. 8, col. 947, 6 M.; de Is. et an. 4, col. 540, 19 M. i. abüt,
procella abiit.] Aug. lib. meditat. 23 i. abiit et recessit. men-
sis: Ter. Ad. 691 haec dum dubitas, menses abiere decem. mora:
Poet. 1. m. ed. B. 1,5 (consol. ad Liv.) 117 in vires abiit flendi mora.
nox: Varr. de r. r. 1, 2, 5 p. 124, 10 K. hie, ubi n. et dies modice
redit et abit. Ov. am. 1, 5, 6 aut ubi n. abiit, nee tarnen orta
dies. fast. 4, 721 n. abiit oriturque Aurora. Quint. decl. 1, 8 tot
abiere noctes. Anth. Lat. I 2R 583, 1 n. abit velamine cineta.
Maximian, el. 4, 36 n. abit. = Poet. 1. m. ed. B. IV 139, 17. pai:
Anth. lat. I 2 R 686, 9 = Poet. 1. m. ed. B. IV 548, 9 p. abiit tri-
stis [mitis Riesius]. Hegesipp. 5, 2, 30 p. abiit. pluvia: Hieron
adv. Jovin. I 30, 254. 255 A = Migne 57, Max. Taur. 967 B: p.
abiit, cf. * imber*. saecula: Isidor. orig. 5, 38, 1 abeuntibus enim
aliis (saeetdis) alia succedunt. Cor. Just. III 78 ferrea nunc ab-
eunt atque aurea saecula surgunt. soles: Mart. 5,20, 12 bonos-
que | soles effugere atque abire sentit, spatia: August. Confess.
7, 15 . . omnia sp. temporum et quae praeter ierunt et quae prae-
teribunt, nee abirent nee venirent . . tempus: CIL I, n. 1450
NUNC • ME • ROGITAS . NUNC - CONSVLIS • TEMPUS . ABIT-
IAM [RitscJielius sie: cmSnc[ine] me rogitas? nunc consulis? tem-
pus abit iam?' de *abit9 v. § 2\ Cic. Muren. 7 abiit illud i,
mutata ratio est. Cael. 74 sed abiit huius t querellae. Ov. ep.
14, 312 si tarn securum t. abibit iners. = art. am. 3, 60 sie nul-
luni vobis t. abibit iners. ex P. 4, 2, 42 nee vinum . . nee alea
. . | per quae clam tacitum t. abire solet. Tac. tust. 2, 76 abiit
iam et transvectum est tempus. Neveletus 60, 78 t. abit. Paulin.
Nol. 481 C = 16, 215 t. ut hoc abiit. Anth. Lat I 2R 934, 15
poenitet t. abiisse fperiisse Baehr.] tantum | absque Camoena.
Poet, aevi Caroli II ed. D. 449, 786 cum iam t. abiret.
35 7) de variis rebus concretis, Variante notione. *aura: Mar.
Victor. Gr. 1. VI p. 87, 11 super agit [abit Camerarius] aura
mare ferens . . acatos. cael um: Minuc. Fei. 34, 2 totumque c
cum omnibus, quae caelo continentur, ... in vim ignis abiturum.
Vulg. Apocal. 21, 1 primum enim c. et terra abierunt (<JbrfjA(rov),
= Iren. 5, 35, 2 alii. carina: Ov. met. 13, 768 tutae veniunt
abeuntque carinae. causa: Quint. 9, 2, 55 abit (i. e. aberrat) c. in
laudes Cn. Pompei. eine tu s (sc Romani): Claud. in Eutrop. 2;
Abeo. 523
•140 huccine nostrorum c. abiere nepotum? cinerea: Lucan. 5,
135 quum lampade Python (i. e. templum Apollinis Delphici) | arsit,
in immen8as cineres abiere cavernas (i. e. 'in cavernam illam pro-
lapsi sunt c! Weise), cornus (hasta Cornea): Verg. Aen. 9, 700
Tolat Itala cornus | aera per tenerum stomachoque infixa sub
altnm I pectus abit. corpora: Lucr. 1, 680 nil referret enim
quaedam (corpora, atofioi) decedere, abire | atque alio attribui
(cf. 1, 677 quorum <corporum> abitu aut aditu . . mutant natu-
ram res). 2, 73 . . quae decedunt corpora cuique, | unde abeunt,
minuunt; quo venere, augmine donant. *1, 1108 .. et omnia
[LachtH., omnis codd,] | inter permixtas rerum caelique ruinas |
corpora solventes abeant per inane profundum. cruor: ut cruor
Herculeos abiit diffusus in artus, corpora pestiferum sie tua
virus edat. (v. vis), currus: Hör. carm.3,6,44 sol . . . amicum |
tempus agens abeunte curru (cf, ep. 1, 16, 7 discedens curru).
divitiae: Ambros. de interpell. lob. et Dav. I 3 col. 839, 5 M. ita
enim abeunt d. saeculi. dominium: v. res. ensis: Cor. loh. 4,
755 per cerebrum . . e. abiit. fames: Ennod. op. 264, 22 visceri-
bus plenis nescit abire f. fantasmata: Poet, aevi Caroli II ed.
D. 437, 327 abeunt f. dira. ferrum: Stat. Th. 11, 631 num totum
abiit in corpora f.? flamma: Liv. 1, 39, 3 mox cum somno
flammam abisse. fruetus: Cic. Att 11, 2, 2 in quos enim sump-
tu8 abeunt fr. praediorum? (? darauf gellen9 .) genera testamen-
torum: Gaius 2, 103 duo g. t. in desuetudinem abierunt. 3, 17
totum gentilicium ius i. des. ab(i)isse. Cod. Iust. praef. I 17
(530) si quae leges iam in des. abierunt. Dig. 11, 1, 1 (Calli-
stratus) interrogatoriae actiones in des. abierunt. Item Cod. Iust.
praef. 1, 2 (528); Iust. 1,5,3; 4, 1,4; 4,4,7; 4, 16, 1. hasta: Stat.
Th. 8, 496 lapsa per armos [cf. notam Bernarti] h. viri trans
pectus abit. humor: Aetna 482 . . fornace lapis torretur et
omnis | exustus penitus venis abit [Baehr., subit 0] altilis [BaeJw.,
altius 0] humor . . . Paulin. Nol. M. 61 col. 676 D = 35, 37 inde
repressus abit (suffusus faueibus humor); v. § 21 y) Henuatusf.
ignis: Sen. HOet. 1616 inter labores i. Herculeos abit. Ire-
naeus 1, 7, 1 ipsum (ignem) . . consumptum abire in id, ut iam
non sit (ro jcvq . . eig zb (irjxiz9 elveu %coQrJ6£iv). ius: v. 'genera
t9 leges v. ibidem, libri: Greg. Tur. H. F. 9, 30 p. 384, 21 1. illi
ad regis praesentiam abierunt. lux: Ov. ep. 13, 23 1. quoque
tecum abiit. massa (%ao$): Ov. fast. 1, 108 inque novas abiit
massa soluta domos. *membra: Valer. Aedituus ap. Gell. 19,
84*
524 Jos. Menrad:
9, 11 membra [verba cod. X, Gronovius] labris abeunt mundus:
frg. Censor. 1, 3 sive perpetuus sive longaevus est m. et in
flammas abit. Patr. saec. VII M. 87, 47 C tota cum mundi
species abibit. navigium: Caes. b. c. 2, 22, 4 unum . . navigium
fugere perseveravit auxilioque tempestatis ex conspectu (v. § 18)
abiit. — Sen. nat. qu. 6, 6, 2 si inclinata sunt navigia et abierunt
in latus, na vis: Lactant. Inst. 3, 20, 14: n. sine gubernaiore
pessum abit. Greg. Tur. h. F. 8, 1 pag. 351, 5 navis, quae . .in
Galliciam abierant. Cod. Theod. XIII 4, 5 eandem (navem) sine
interpellatione cuiusquam abire praecipimus. transl. TertulL An.
52 Nihilo refert integram abire corporis navem an dissipatam.
nomen: Lucan. 8, 321 quas magis in terras nostrum felicibns
actis | nomen abit aut unde redit maiore triumpho? novalia:
Iuvenal. 14, 149 nee prius inde domum (mittentur iumenta), quam
tota novalia saevos | in ventres abeant obsonium (seit argentw*
quo obs. emitur) = Truc. 565 nam hoc in mare abit misereque perit
bona omni gratia. opes: Sen. de rem. fort. 2, 9 (opes). inde (a
Fortunae manibus) ad alios abiturae. peeunia: Cic. Verr. 2,55
rogant eum, ut sibi id, quod ab ipsis abisset (= datutn esset)
peeuniae, curet (cf. de or. 2, 257 cum ille a se peeuniam pro-
feetam diceret). Ps.-Ascon. 194, 3 per quas (tabulas) probavit ab-
isse a se peeuniam certis nominibus inscriptis. pedes: Cato de
agr. eult. c. 135, 4 p. 84, 9 E. cum (funis) tortus erit, longus
[erit suppl. Iucundus] pedes XLVIIII., in commissura abibit [abi-
bunt lue.] pedes III, rel(iquum) erit pedes XLVI (bei der Ver-
knüpfung werden abfallen , dt aufgellen 3 F.). praemium: Symm.
relat. 12, 4 abierit cum homine pr. preces: Lactant myth. p. 888
cuius pr. non incassum abierunt pretium: Plin. ep. 3, 19, 7 ut
reditus agrorum, sie etiam pr. retro abiit (*fieV). pulvis: Ov.
am. 3, 2, 42 sordide de niveo corpore pulvis abi. res: (= ovtiia)
Merc. 43 ilico | res exulatum (i. e. pessum) ad illam (meretricem)
clam abibat patris (cf. Irin. 243 res foras labitur, liquitur). term.
techn. in venditionibus 'res abit ab aiiquo9 =* ei abiudicatur: Cic.
Verr. 1, 141 si res abiret ab eo maneipe. 3, 148 ne res abiret
ab Apronico. fam. 14, 4, 4 ceterorum servorum ea causa est, ut,
si res a nobis abisset, liberti nostri essent. (Cf. Hofmann Ausgew.
Briefe Cic. 1, 15, 4.) Ulpian. Dig. 42, 1. 15, 7 ceterum longe r.
abibit. Dig. (Paul.) 18, 2, 1 r. abeat a domino; ibid. 6, 1, 66 abire
a nobis dominium speratur. — Com. Nep. Thras. 1,4 in proelii
coneursu abit res ('es') a consilio ad vires virtutemque pugnan-
Abeo. 525
tium [sie Lambin.; vimque ABMPu, usque Leid., nostrum cuius-
que B} utrimque Heusinger, usumque Madv., vires pugnantium
yimque fortunae Zink] Sen. exe. controv. 4 praef. 10 res in iocos
abiit [res = defensio]. plur. res: Hieron. III Am. 6, 25 sq. 1061 B
res secnli per m Omenta flaunt et abeunt. rete: PI. Truc. 36
quando abiit rete pessum (v. § 14), adducit lineam [Studem.,
sinnm Weise], rninae: Sil. Ital. 14, 315 ceu fulminis ictu | cor-
reptae rapido in cineres abiere ruinae. rura: Stat. silv. 4, 4, 84
credetne propago . . . proavita toto rura abiisse mari? (*unter-
gegangen9). soni: Rab. Maur. hom. opp. t. IV M. 207 C 5 abierunt
8. peractis morulis temporum. species: Ambros. vol. III p. 2 M.
col. 885, 22 inanes et vacuae rerum sp. tamquam in somno
renerunt, abierunt; asisterunt, evanuerunt. Cf/mundus9. stropha
Hart. 11, 7, 4 iam stropha (= dolus?) talis abit. teeta: Plin.
ep. 6, 16, 15 tremoribus teeta nutabant et quasi emota sedibus
suis nunc huc nunc illuc abire aut referri videbantur. tegimen:
Sen. Herc. f. 2151 quonam abit tegimen meum | idemque somno
mollis Herculeo torus? terra: v. caelum. Iul. Obsequ. 27, 1
t in profundum abiit. umbrae: Sil. Ital. 9, 179 sensimque ab-
euntibuß umbris, urbes: Lactant. Inst. 7, 3, 8 quotiens demersae
fluetibus urbes et insulae abierint in profundum. vae (rj ovai)
Vulg. Apoc. 9, 12 (11, 14) v. unum abiit vela: Ov. ep. 5, 55 pro-
sequor . . . oculis abeuntia vela. venti: Macrob. Saturn. VI 810
tamquam mature i. e. temperate abeuntes v. verba: Itala Mich.
2, 7 Fuld. nonne v. eius bona sunt . . et reeta abierunt? vestigia
Plin. n. h. 8, 114 fugiunt (cervi) . ., ut v. cum ipsis abeant. vestis
(arachnes): Seren. Sammon. 958 nesciet haec illinc (a fractura) nisi
cum eanarit abire. vinus: Petron. 41 vinus mihi in cerebrum
abiit (cf. 47 anathymiasis in cerebrum it). vis: Ov. met 9, 163
vis illa mali . . . Herculeos abiit late diffusa per artus. voces:
Plin. paneg. 2, 2 (p. 2, 7 B) abeant ac recedant v. illae. vulnus:
Val. Fl. 6, 654 v. fatale, hastae ; per clipeum, per pectus abit [cf.
r 357 diä fihv dönldog rjtös . .]
8) de rerum (Iwminum) transformatione. abire = in 36
dliam formam mufari, transire, (leraiioQtpovöd'cci. a) apud scriptores
ante Ovidium. Lucil. 3, 36 = 1078 L. (ap. Varr. de 1. 1. 5, 24) terra
abit [corr. Augustinus, abiit Flor.] in nimbos imbremque [edd.
vett.9 Dousa: imbresque]. *Lucil. fr. ine. 3 virtus est homini [-is B]
scirei quo quaeque abeat res [sie LMueUerus; cscire id quod
quaeque habeat res' traditur; sie cd. Laclim. 1020? 3], Cic. Cato
526 Job. Menrad:
m. 80 cum hominis natura dissolvitur, ceterarum rerum per-
spicuum est quo quaeque discedant: abeunt enim illuc omnia,
unde orta sunt [= Xen. Oyrop. 8, 7, 20 diaXvopivov dl eb#p©-
%ov dfjkd iöriv sxaöta ixiövta XQÖg tb ipöipvkov xkip tij$
1>v%7is]. Verg. Georg. 4, 410 aut in aquas tenuis dilapsus abibit
(Proteus), de loco Varronis v. i. — ß) apud Ovidhitn. mei 1, 236
in villos abeunt vestes, in crura lacerti. 2, 674 in dextras abiere
iubas (crines). 3, 398 in aera sucus | corporis omnis abit. 4, 396
pars (telae) abit in vites. 4, 657 barba comaeque | in silras
abeunt. 5, 434/5 umeri tergusque latusque | pectoraque in tenuw
abeunt evanida rivos. 8,255 vigor ingenii quondam velocis in
alas | inque pedes abiit. 11, 653 (Somnus) in faciem Ceycis abii
13, 674 coniugis in volucres, niveas abiere columbas. 14, 499
comaeque — in plumas abeunt. 14, 551 in digitos abeunt et
crura natantia remi. 15, 247 tenuatus in auras | aeraque umor
abit. — nomin. pro 'in' c. acc. (v. § 22, 1) 8, 873: illa (Mestra) |
nunc equa, nunc ales, modo bos, modo cervus abibat. y) aptd
scriptores post Ovidium Sen. Thyest. 772 piceos ignis in famos
abit. Oed. 67 pars quota (hominum) in cineres abit? 320 ultima
(flamma) in tenebras abit (de colore). Plin. n. h. 31, 73 totumque
stagnum in salem [sale C] abit. 16, 60 quoniam (resina) in serum
abeat. 3, 5 (9), 70 L. Sulla id (Stabiae oppidum) delevit, quod
nunc in villam abit. 24, 56 Salicis fructus ante maturitatem in
araneam (t. e. morbum aqa%viov, cf. 17, 229) abit. Anth. lai
I 2, 534, 2 = P. 1. m. IV 135, 8 B. in glaciem solidam versus ut
amijis abit. Fulgent. p. 797 in volucrem cycnum abit. Lactant
mytli. p. 812 qui (pastor) in saxum abiit. 849 qiü in plures
figuras abierunt = 8(37 in varias f. abire. 863 in arbores varias
abier unt. 881 socii . . in varias species abiere. 888 (889) tel-
lurem in aquas abire.
6) gramm. term. techn. Varro de 1. 1. 5, 91 p. 93 LSp., p. 37
ASp. turma terima, E in U abiit. Ps.-Val. Max. de praen. 4
Volero in praenomen abiit, quod volentibns nasci liberi parenti-
bus videbantur. s) iur. term. techn. in creditum abire (S'n ein
Kreditgeschäft, Barlehen sicli verwandeln9) : Ulp. Dig. 14, 4, 5, 18
si quidem i. er. ei abit (merx), tributio locum babebit.
37 9) de nominibus abstractis. abstractum pro concreto: PI.
Truc. 210 requievi, quia hinc intero abiit [v. Schoell.; introabiit Ä, l
ivit cett. 'an intro abitit' id.] odium meum (u e. homo perosus,
v. Brix Mgl. 923). — Sen. HOet. 751 decus illud orbis atque
Abeo. 527
praesidium unicum, | quem fata . . dederant . ., | abiit
Querol. p. 47, 21 P (4, 2) cego sum tua fortuna'. cabi hinc ocius
mala fortuna quo te sacerdos detulit.]
*abirc9 plerumque = Hnterirc, tolli, evanescere9. aemulatio
Heges. 5; 2, 63 abiit omnis virtutis ae. auxilium: Hieron. 6
ML 25. coL 1441 A Dei a nobis et angelorum eius a. abire cre-
dendum est. caricae (sc. fiel, tranü. = ioci): Petron. 64 beu beu
abistis dulcis caricae [ubi estis Heinsius; carica H, abistis Jacob -
siu8]. beatitudo: Salvian. eccl. 1, 1,2 abiit quippe illa ..b. curae:
v. dolor; Mart. 11, 6, 6 pallentes proeul hinc abite Curae. Ambros.
vol. III p. 2 M. col. 885, 22 abiit cura patrimonii. eultus: 0?.
am. 3, 6, 55 quo c. abiere tui (Uta)? cupiditates: Lactant.
Inst. 3, 23, 5 abite . . in profundum, malae c. Hieron. adv. lovin.
II, 9,338,2980 abite pessum, malae c. damnum: Poet L
m. ed. B. IV 211, 3 ecce abiit d. decus: Boet. cons. p. 31 v. 8P.
iam spinis (rosarum) abeat d. delectatio: August, vol. 39 M.
1978,22: d. abiii dissensio: Petr. Chrysol. app. M. 52, col. 678 C
abeat d. saecularium morum. doli: Sil. Ital. 12, 505 bauddum
omnes abiere doli dolor: v. §33 *rugc?\ Plin. n. h. 30, 26 . .
statim dolorem abire tradunt. Sen. HOet. 1417 abeat excussus
dolor. 1674 introrsus dolor | femineus abeat. Migne 89, 370 B
d. abibii Seren. Samm. 413 B hinc modico potu pulsus d. omnis
abibii error: Vulg. Isai. 26, 3 vetus e. abiit. facultas: Paulin.
Nol. 604A = 21, 10 abeat solitis impensa f. | carminibus . .
fuerit . . ludus iste tuus quondam = Mam. Claud. M. 53, col. 785 C.
factum: Ov. fast. 4, 709 f. abiit, monimenta manent. favor:
Sil. Ital. 2, 206 divümque abeunte favore. Ov. tr. 3, 5, 20 signa
favoris | pectoribus teneo non abitura meis. felicitas: Cassio-
dor. cons. 25, 38 an vero tu pretiosam aestimas abituram f-em?
fervor: Lucan. 7, 75 quo tibi fervor abit? aut quo fiducia
fati? fides: Publil. Syr. 181 = p. 30, 16 M. = 162 Ribb.1: fides
ut anima [unanima fßy] unde abiit [v. § 1] eo numquam redit.
Liv. 3, 10, 11 quia . . Volscos . . movere arma posse iam fides
abierit. Symm. ep. 7,41 quo abiit promissorum f.? flammae:
Mart. 11, 43, 8 illas | Oebalius flammas (i. e. amorem Baphnes)
iusßit abire puer (HyacintJnis). fortuna: Hör. a. p. 201 (choms)
oret | ut redeat miseris, abeat f. superbis. Cassiodor. Cons. 34, 64
tarnen quominus cum velit abeat, retineri non possit (f.). furor:
Catull. 63, 38. abit in quiete molli rabidus f. animi. Ov. am. 1, 7,
2 .. dum f. omnis abit. gemitus: Quint. decl. 11, 11 abite ge-
528 Jos. Menrad:
mitas. gloria: Patr. saec. VIT, M. 87, col. 400 A omnis gl. yitae
. . et flatus abiit . . perit. gratia: Ov. ex P. 4, 5, 44 prius . .|
gr. quam meriti possit abire tui. gratulationes: Quint decL
4, 8 abite gr., silete blanditiae. immanitas: Arnob. II, 45 et 46
sed procul haec abeat sceleratae opinionis i. infantia: Am-
bros. vol. III p. 2M. col. 12G6, 9 cessavit infirmitas, abiit infantil,
in virum perfectum assurgimus. ira: Sen. dial. 5, 32, 2 cum üla
(ira) abierit. laetitia: Augustin. de symbolo 17 immoderata
atque effreuata 1. quo abiit, quo abscessit? livor (= invidia):
Ov. fast. 4, 85 quo non L. abit? Sidon. ep. 4, 18 carm. livor abi
mordax. luxuria: Sen. ep. 122, 5 hoc est luxuriae propositum
gaudere perversis nee tantum discedere a recto sed quam Ion-
gissime abire. malum: Ter. Phorm. 781 praesens quod fuerat
mal um in diem abiit (*ist für fairzc Zeit verschoben9). Sen. Herc
f. 1186 tacita sie abeant mala. Aug. de mor. Manich. M. I coL
1365 maius malum posse abire atque ita . . maius bonum re-
manere. memoria: Liv. 2,4,2 adulescentes, quorum vetustate
m. abiit (syn. excidit, exiit W.) Quint. decl. 347 (p.368, 14 R.) adeo
mariti prioris etiam m. abierat. metus: Paulin. Nol. 639 A =
26, 17 ergo m. abeant tristes, minae: Claudian. in Eutrop. II
praef. 4 . . in dominos vanas luget abisse minas; de bell. Polleni
61 sq. crebrisque notatae | prodigiis abiere minae? modus: 0?.
met. 11, 14 creseunt bella, modusque abiit. Moerae: Stat. Sil?.
2, 7, 131 procul hinc abite, Moerae. moeror: Paulin. Nol. 680 B
= 35, 187: m. abi. mora flendi: = flctus, v. ,§ 34 'nwra'.
mors: Luc an. 4, 491 in medium m. omnis abit (t. e. *non emi-
net, non animadvertitur , quia in commune quasi omnes moriuntur'
Weise). *mos: Sen. (Latro) controv. 2, 7 (15 Burs.), 8 adeone
iam ad omnem patientiam saeculi *mos abiit, ut . . uxor . . de-
fendatur [nos habet coihh; nos dabit Schulung- Kiessling ; abiit
Burs. omnis patientia . . saeculi nostri abiit codd. exe. saecu-
lum nostrum abiit Otto], necessitas: Tac. hist. 4, 47 nee multo
post necessitas abiit sive omissa simulatio. Paneg. lat. 12, 2
(p. 272, 20 B.) fuerit f fugerit B.] abieritque tristis illa faeundiae
ancillantis n. Migne Patrol. 13, col. 480 A abieritque tristis illa n.
nefas: Ov. met. 15, 111 longius inde nefas abiit. odia: Sen.
Herc. f. 27 non sie abibunt odia. opinio: Matth. 4, 24 abiit
o. eius (azrf/.frtv tj dxorj aivov) in totam Syriam. paupertas:
Mart. 8, 56, 10 paupertatemque malignam | reppulit et celeri
iussit abire fuga. pietas: Val. Max. 5, 6, 7 pietatem . . ex pec-
Abeo. 529
ribus aliorum abeuntem revocavit. praemia, honores: Culex
6 pr. sunt virtutis ubi, pietatis honores? in vanas abiere vices
. . recessit iustitia. procella: Sen. Thyest. 996 omnis in vile
c caput | abeat procella. propinquitas: Aug. de civ. D.
, p. 93, 15 D. ne pr. . . longius abiret et pr. esse desisteret.
dor: Sen. Med. 900 fas omne cedat, abeat expulsus p. que-
us: Sen. Tby. 882 abeant qu.; discede, timor. regnum: Li?.
2, 7 cum gente Tarquinia r. binc abiturum. saevitia: Val.
ix. 7, 2 ext. 3 omnibus, quos modo s. belli incolumes abire
ssa fuerai salus: PI. Merc. 593, 594 si opprimit pater, quod
rit exolatum abiit salus: sin sodalis quod promissit fecit, non
iit salus ['non ab. sah' iamquam glossema eiecit R., cprotinam
lieritf v. crediturum arbitror' suspicans]. *scelus: Val. Max.
7 mil. Rom. 2 Hantuni scelus curia, castris cedere se confessa,
iltum habuit' Kempf; *t. scelus, curia . . confessa, inultum
iit* Halm [abiit 2?]. sensu s pii (= pietas): Claudian. de-
ac ad Hadr. 4 quo s. abiere p.? signa favoris, v. favor.
es: Ov. met. 7, 565 utque salutis | spes abiit. Lucan. 3, 509
es victis telluris abit, placuitque . . fortunam tentare mari.
455 naufragii spes omnis abit. Claudian. de bell. Poll. 281
»reo sp. o. a. Quint. decl. 12, 8 postquam spes quoque . . omnis
ierat. studia Ps.-Ov. ep. 15, 83 sive abeant studia (sc. atna-
ia) in mores, terror: Liv. 3, 18, 4 ubi vanus t. abiit. = Sidon.
5 (7); 65. timor: Liv. 2, 52, 1 postquam t sibi cuique futurae
>piae abiit. Plin. ep. 8, 24, 6 nam timor abit . . manet amor.
weletus 38, 22 abit t. tumor: Sen. Thy. 519 ponatur omnis
> et ex animo tumor | erasus abeat. tutela: Hör. sat. 2, 3,
8 . . ad sanos abeat i. propinquos. Lex Salpensana 29, 40 (Bruns
it. p. 134) ne ab iusto tutore t. abeat (bis), usus: Lucan. 5,
6 usus abit vitae, bellis consumimus aevuin. German. Arat.
8 cuius abit u. veritas: Sen. fr. 99 H. ab initio bellorum
rilium unde primum v. retro abiit. victus: Tibull. 2, 1, 43
n victus abiere feri. virtutes: Quint. decl. 5, 19 abite vir-
ies7 ignosce probitas! vis iucunditas decor (de oratione):
lint. 9; 4, 14 abierit omnis v. i. d. voluptas: Cato or. rel. 5, 1
39, 1 Jord. labor a vobis cito recedet, benefactum . . non
scedet; sed si qua per voluptatem nequiter feceritis, voluptas
o abibit, nequiter factum illud apud vos semper inanebit (teste
ilio 16y 1 Musonii philosophi scntmtia %av xi TtQafyjg xakbv pera
VW, 6 [ihr 7t6vog or^crat, ro de xakbv pevei' av xv novqöjjg
530 Jos. Menrad:
atojßov psxa Tjdovijg, %b y&v ijdv otystai, xb d\ aldjßbf
pivH9.) Val. Max. 7, 2, ext. 11 (J. P.) ut voluptates abeuntes con-
sideramus.
38 10) de neutris adiectivorum (a) aepronominum (fi) ['abire'
fere abique = 'perire'] et de locutione *$ic abire9 (y). *) cuncta:
Ov. tr. 1, 8, 34 cunctane in aequoreos abierunt inrita ventos?
frigidum calidum: Sen. nat. qu. 6, 13, 2 fr. et c semper in
contraria abeunt, una esse non possunt; 6, 13, 4 quicquid illic
calidi est, frigori cedens abit in angustum. omnia: [Cic. Cato
m. 80 v. § 36 a] Sen. Med. 428 sola est quies, | mecum ruina
cuncta si video obruta: | mecum omnia abeant («= perecml). Plin.
ep. 5, 21 (9) 5 quae nunc omnia Call seine wissenschaßubt*
Kenntnisse9) cum ipso sine fructu posteritatis abierunt [*aruenurf
edd.princ. Rom. 1474 et membr. Modii.] ß) hoc: PI. Truc 565 ^oc*
v. obsonium §35. Tertull. Marc. 5, 9 hoc cadit quod in terram
abit, hoc resurgit quod cadit. illa: Cic. fam. 9, 20, 1 illa mea,
quae solebas antea laudare „o hominem facilem, o hospitem non
gravem \" abierunt. Sen. dial. 6, 9, 4 quis non, si admoneatur nt
cogitet (sc. de exilio, egestate . .), . . in capita inimicorum aut
ipsius intempestivi monitoris abire illa iubeat? 7, 21, 2 soa
abigit (philosophiae studiosus) illa (t. e. divitias, bona externa) a
se, sed abeuntia securus prosequitur. ep. 74, 18 utamur Ulis
{bonis)y . . tamquam depositis apud nos et abituris. August ad
fratr. in erem. 58 ubi . . abierunt illa omnia? illud: Cic. Ati
13, 28, 3 abiit illud (e(fer Gedanke9), quod tum me stimulabat
istud: Sen. dial. 6, 12, 6 istud inter res nondum iudicatas abeat,
qualis Sulla fuerit. quae: Sen. dial. 12, 10, 2 ea iudicat certiora
quae abierunt. Boet. cons. p. 30, 40 P. quae tunc laeta videban-
tur abierunt. Dig. Inst. 50, 17, 205 (Pomponius) ea quae nobis
[codd.; a. nobis edd.\ abire possint. August, ad fratr. in erem.
4 prudentia docet te, ut quae non potes perpetuo tenere fructuose
permittas abire. quod: Vulg. Eccle. 3, 15 Deus instaurat quod
abiit (= interiit). si quid: Stat. silv. 7, 180 in tumulos, si
quid male foeta reliquit | mater (i. e. Semeies ftdminatae reür
quias), abire iubes? illuc: Sen. Ag. 241 amor ingalis vicit et
flectit retro: referemur illuc, unde non decuit prius | abire. ut:
Mar. Victor. Gr. lat. VI p. 151, 26 quod genus versuum . . a
nonnullis satyricum prius vocabatur, verum postea abiit in con-
suetudinem, ut priapeum appellaretur. y) *sic abire9 *=
impune, ex vohmtate abire, cf. germ. *so (ohne wäteres) hingehen'*
Abeo. Abeona. 531
Ter. Andr. 175 mirabar, hoc si sie abiret. Cic. fin. 5, 7 etöi
hoc . . fortasse non poterit sie abire, cum hie adsit, . . Att.
14, 1, 1 . . ad summam, non posse istaec sie abire. Catull. 14,
16 non, non hoc [haec O.'J tibi, salse, sie abibit. Sen. Herc.
£ 27 v. §37 *odia* ib. 1186 Hacita sie abeant mala'. eut inul-
tus ego sim?' csaepe vindieta obfuit'. [at Mari 5, 84, 8 sie
— sine munusculis v. § 34 ^december9.]
Ab-$-öna et Ad-ß-öna, deae Romanae Iunonis Lucinae ad-
iutrices, quae a matribus vel nutrieibus indigitabantur i. e. invoca-
bantur, ut infantibus primutn a manibus unius feminae abire ad-
que tnanus alterius adire conantibus adessent, v. Preller-Iordan,
Bäm. Myihol. IP 212; nomina prqpria e radieibus verborum ab-
eundi et adeundi ac sufftxo (augmentativo) — otia cornposita, ut
Flu-onia, Intercid-ona.
August, civ. D. 4, 21 (p. 171, 10 D.) quid necesse erat . . .
commendare (infantes) . . . deo Statilino stantes, deae Adeonae
adeuntes, Abeonae abeuntes . .? ibid. 7, 3 (p. 276,39 D.) Iuno
. . . Iterduea est pueris et opus facit cum deabus ignobilissimis
Abeona et Adeona.
Mo nach ii. Dr. Jos. Menrad.
Natare.
Madvig Advers. II 82 hat durch Konjektur in den Ovid (metam.
4, 46) nätare und adnltare eingeführt. Diese Quantität hat kein
römisches Ohr gekannt, und die Belege für die Kürze des Vokales
sind jedem grösseren Wörterbuche zu entnehmen. No (näre), wie
sto (störe) steht so ziemlich in der Mitte zwischen flo (flSre, flatus)
und do (dSre, d&tus), weil die abgeleiteten Formen (nSto, n&tatus
nach der 4. Deklin.; ßtätus, stätuo) kurzes a zeigen. [Natrix, bei
Georges natrix, hat kurzen Vokal bei Lucilius 2, 21; langen bei Lucan
9, 720.]
Cambridge. John E. B. Major.
Abicio, abiectms, abiecte.
1 Abicio (abiicio) -ieci -iectum 3. 'JitoßaXlmz abicio Gyrill.
386, 38; aitogCnxio ib. 391, 29; itagagüccci* ib. 569, 12; abicit:
proicitj expellit gl. abav.; abiciunt: anoQfatovöiv Philox. 1,43.
Invenitur inde a Naevio per totam latinitatem, sed rarius apud
poetas; ad linguas Romanas non pervenit.
A. Proprio.
I. Abicio = procul (a me) iacio, proicio, deicio, opp. sumo,
capio, teneo. Abicere cum interdum sit neglegentis (cf. neglegenter
a. Cic. Verr. 2} 87. Phaedr. 4, 2, 13. Sen. ep. 114, 7, fernere a. Liv.
2, 46, 3), opponuntur etiam pono {Cic. Tüll. 15. orat. 199. epist.
6, 2, 2. Gurt. 8, 1} 44) et repono (Cic. Sest. 58).
2 1. quid? a. Naev. com. 94 p. 23 R immo quos scicidi minus
[codd.y in ius Ribb.] conscindam atque abiciam; Cic. Verr. 2, 87
haec et alia; Brut. 192 tibias, Ov. fast. 6, 702. Gell. 15, 17, 1.
Myth. Vat. 2, 115. 3, 10, 7; Curt. 8, 1, 44 ne positis quidera, sed
-is poculis; Tac. ann. 2, 57 coronam, Porph. sat. 2, 3, 254. Aug.
c. Iulian. 1, 7, 35. Hyg. poet. astr. p. 480; Apul. met. 9, 40 ea
(spatha) longissime -a; Ulp. dig. 47, 2, 7, 2 -o furto {i. e. rebus
furto comparatis)] Evang. Pal. 32b 10 amputa illud et abice äbs
te; Iuvenc. 1, 429 (Marold) retibus -is = Flor. Lugd. poet. Car.
II 509, 15; Rufin. hist. mon. 16 fistulas, quas manu gerebat;
Salv. eccl. 2, 14, 70 tabulam, Greg. Tur. glor. mart. 21 p. 501,
12; id. vit. Mart. 3, 56 p. 645, 38 palam quam tenebat; Inst
Iust. 2, 1, 47 quod dominus ea mente abiecerit, ut id rerura sua-
rum esse nollet; Greg. M. dial. 2, 8 -o pane, ib. 3, 29 -is Um-
gius seris.
3 quo? PL Men. 554 abiciam (hanc coronam) ad laevam ma-
num; — Varr. 1. 1. 5, 23 in sepulcrum eius -a gleba; Cic. Verr.
4, 26 ilJam crucem . . in profundum7 Val. Max. 6, 9 ext. 5. Ulp.
dig. 19, 5, 14, 2; Val. Max. 9, 3, 7 arcus sagittasque Cretensium
Ph. Thielmann: Abicio, abiectui, abiecte. 533
in amnem; Sen. nat. quaest. 3, 20, 4 res -ae in eundem lacum;
Colum. 13, 17, 2 in imum scrobem lapidem; Plin. n. h. 33, 27
analus in mare -us, Front, p. 219, ION.; Plin. n. h. 22, 135 omnia
in ignem; Marc. Emp. 10 p. 87, 21 chartam alligatam in publicum;
Oros. 5, 16, 6 aurum in flumen; Boeth. cons. phil. 2, 6 p. 41, 29
linguam in os tyranni; Ps.-Acro sat. 2, 3, 239 in cloacam illud;
— Petron. 34 hanc (laruam) super mensam; — Plin, n. h. 22,
149 ea grana post se; — Tac. ann. 14, 7 gladium inier pedes
eins; Hygin. fab. 22 p. 53 lapidem inter eos; — Tert. pud. 20
(lapides) extra ciyitatem; — Cassiod. var. 3, 51. 606° mappam
per fenestram.
unde? Cic. Sest. 58 insigne regium de suo capite; Aug. 38,4
423 M. lntum de manibus; Migne Patr. 53, 642 b -o fusie de manu
sua; — Liv. 9, 13, 9 -o esc equo frumento; Plin. n. h. 10, 60 la-
pillos e pedibus; Cl. Mam. pan. 10 p. 110, 4 pensa e manibus;
Aur. Vict. Caes. 33, 20 litteras e muro; — abl. Auson. 170, 10
abiecit tecto quam (testam) manus artificis.
tibi? terminum a. habet a) confusione duarum constructionutn: 5
Cic. fin. 5, 92 nisi quod anulum, quo delectabatur, in mari abie-
cerat (= ita in mare a.} ut in mari iaceref); abiectus = iacens:
lustin. 14, 1, 9 epistulae totis castris -ae; — ß) cum significatur
locus vel spatium, ubi fit actio abiciendi, aut cum a. positum est
pro a. ad terram (§ 7. 12. 15): Nep. Hann. 9, 3 eas (statuas aeneas)
in propatulo domi abicit; Gurt. 10, 9, 12 discissae canis viscera
ultimo in campo; Hyg. fab. 165 p. 19 tibias ibi; Lugd. lev. 1, 16
eas (pinnas) secus altare . . in loco cineris; Veg. r. mil. 3, 24 toto
campo tribulos; Marc. Emp. 34 p. 237, 7 lapillum celebri loco.
Huc pertinent loci huius modi: Cic. Piso 74 lauream ad portam
Esquilinam, Fortunatian. rhet. 90, 24 H cereum ardentem ante
fores meretricis, et locutio a. alqd ante pedes (pro pedibus) alcius:
Cic. off. 3, 58 ante pedes Pythii pisces abiciebantur, Liv. 38, 24,
9. Val. Max. 6, 1 ext. 2. Pass. S. Genes. 2 = Act. mart. 560, 52
(ed. Manz); Apul. apol. 101 tabulas . . hie ibidem pro pedibus
tuis abicio.
cui? b. Hisp. 18, 7 quorum litteras Caesar oppidanis abiecit; 6
Plin. n. h. 32, 50 iecur ranae formicis; Apul. met. 4, 12 ne ea . .
non 80ciis suis, sed in alienos lares abiceret; Porph. ep. 1, 7, 14
pira subus.
b. Interdum a. praegnanter dicitur pro a. ad terram: Plin. 7
n. h. 25, 108 haec (herba) abieeta (= humi iacens) blattas in
534 Ph. Thielmann:
se contrahit; Plin. ep. 6, 16, 18 super -um linteum recubans;
Auson. 325, 32 respicit -as desperans Pbaedra tabellas.
8 a. (ad, in terram) = deicere, demittere, deorsum premere: Pb.-
Cypr. carm. 1, 112 vertice ut -o serperet (draco); Lact op. d. 10,
26 Ulis (mutis animalibus) angustum pectus . . et ad terram ?er-
sus -um; Yu3. thren. 2, 10 abiecerunt m terram capita sua fir-
gines; Isid. syn. 2; 23 deposita facie, maesto ore, -o vultu.
a. statuas, urbes, altaria, sitn. = deicere, evertere: Cic Verr.
2, 160 qua (statua) -a; Val. Max. 1, 5, 1 -ae urbis (Veioram)
ruinis, 5, 6 ext. 5; id. 5, 10 ext 2 alius . . abiecisset altaria; Oroa.
2, 19, 15 ictu fulminum forum . . -um est
a. partum = eicere p. (Val. Max. Ulp.), abortum facere: lustin.
11, 12, 6 uxorem eius ex collisione -i partus decessisse; Amm.
Marc. 16, 10, 18 ut quotienscunque concepisset immaturum abi-
ceret partum.
9 2. quem? (homines, animaiia). a. Cic div. 1, 106 (aqnila)
abiScit ecflantem (serpentem); b. Afr. 84, 4 elephans milite -o..
ad reliquas bestias se recepit; Plin. n. h. 8, 66 unum ex catulis;
Stat. Ach. 1, 172; Hier. Hab. I 1, 6 sq. 1280d (equi) equites abie-
cerint; Prud. c. Symm. I praef. 38 -us coluber; Aug. ep. 185, 27
inde in quandam turrem levatum (episcopum Bagaiensem) . .
abiecerunt («= deiecerunt).
10 quo? Val. Max. 1, 1, 13 Tarquinius rex M. Atilium duum-
virum . . culleo insutum in mare abici iussit, luven. 15, 17. IuL
Par. 1, 4, 3. Hyg. fab. 53 p. 59; Val. Max. 9, 6 ext 2 Acerrano-
rum senatum . . in profundum puteorum (cf. 2, 10, 6 Marias in
pr. ultimarum miseriarum -us); Sen. clem. 1, 18, 2 eos qui se
aliquid offenderant in vivarium; lustin. 44, 4, 6 (Gargoris nepo-
tem) in Oceanum; Amm. Marc. 31, 13, 13 Decium . . -um in pah-
dem; — Vu3. gen. 21, 15 puerum subter unam arborum; ib. EzecL
32, 4 super faciem agri abiciam te.
11 unde? Val. Max. 1, 8 ext. 11 quem (remigem) . . cum e tum
fluctus abiecisset; ib. 3, 1, 2 Poppedius (Catonem) in excelsam
aedium partem levatum abiecturum inde se . . minatus est; Ambr.
serm. 37, 7 « 112. 701 b quin etiam huiusmodi (tovg xovovtovg)
abiciamus de nostra navicula.
cui? Plin. n. h. 15, 136 Liviae DrusiUae gallinam . . sedenti
aquila ex alto abiecit in gremium.
12 b. Notanda est locutio a. ad (in) terram: Cic. Verr. 5, 140
C Servilium . . ad tribunal ante pedes tuos ad terram yirgia et
Abicio, abieciüB, abiecte. 535
verberibus -um; Ps.-Cypr. de XII abus. saec 8 p. 164, 17 velut
in terram -us; cf. Plin. n. h. 7, 2 (natura) hominem . . in nuda
hämo natali die abicit
Interdum a. praegnanter dicitur pro a. ad terram (§ 7). Sol-
lemniter abici dieuntur: 1) ludatores, gladiatores: poet. ap. Cic.
Tusc. 2, 36 inpelluntur feriuntur, abiciuntur cadant; Val. Max.
1, 7, 8 murmillone -o [deiecto Iul. Par.]; id. 3, 2 ext 2 {de Dareo
cum mago htdante) unum ex iis öbscuro loco -um; Sen. ben. 5, 3, 1
lnctator ter -us perdidit palmam; Fest. 62, 16 gladiatoris -i occisi-
qne; cf. Isid. or. 18, 24, 1 (de ursis) inodo complexu abicere [falso
adhuc editur abigere] sese more luctantium; 2) hostes: Verg. Aen.
10, 736 tum super -um (Oroden) posito pede nixus; Val. Flacc.
4, 654; 3) beluae (a venatortbus): Cic. Tusc. 2, 22 Erymanthiam
haec (dextra) vastificam abiecit beluam.
a. (ad terram) = ad tetram versus vel deorsum premere, opp. 13
erigere: Cic. leg. 1, 26 cum (natura) ceteras animantes abiecisset
ad pastum, solum hominem erexii; Lact. inst. 2, 18, 6 hoino, quem
suus parens non . . ad terram more quadrupedum -um, sed stan-
tem potius ac rectum . . agnoverit; ib. 7, 9, 11 (ceteras animan-
tes) pronis corporibus -as in terramque prostratas summi Dei
Providentia effecit.
3. Se a. (abici). a. quo? Cic. prov. cons. 6 nobilissimas 14
virgines se in puteos abiecisse; Val. Max. 6, 1 ext. 1 in mare;
Plin. ep. 6, 24, 4 in lacum; Aur. Vict. epit 39, 4 in ignem; Oros.
5, 19, 13 super fraternum cadaver; Ps.-Acro sat. 2, 3, 37 in flu-
yium; id. a. poet. 463 in puteum; cf. Ps.-Ambr. de paenit. 22 =
II 2. 1084d in desperationis gurgitem; — Aur. Vict. epit. 24, 2
Taurinus . . ipse se Euphrate [-*?] fluvio abiecit.
unde? Cic. Tusc. 1, 84 e muro se in mare.
ubi? Cic, de or. 1,28 ut (Socrates) se abiceret in lierba;
Phaedr. 4, 2, 13 obscuro loco; Apul. met. 7, 20 ibi memet . . totum
abicio; abiedus = iacens: Ov. Her. 7, 1 udis -us in herbis (olor);
Petron. 26 -i in lectis; Apul. met. 9, 2 super lectum -us.
b. Notandae sunt locutiones 1) a. se in terram9 in humum, 15
humi: Ps.-Cypr. dupl. mart. 14 p. 229, 32 (Dominus) abiecit sese
m terram; Curt. 5, 12, 8 (Dareus) in humum pronum corpus (= se)
abiecit; id. 10, 5, 19 laceratis crinibus humi corpus (= se) abiecit;
Plin. n. h. 21, 75.
Inde a. se est = a. se ad terram: Cic. Sest. 79 se abiecit
536 Pb. Thielmann:
exanimatu8; Val. Max. 7, 3, 2 Brutus . . de industria se abiecit
cf. § 14 ubi?
16 2) a. se ad pedes a) suos: Cic. Sest. 74 socer ad pedes -us
Phil. 2, 86 supplex te ad pedes abiciebas; cf Sest. 58 supplicm
-um; Val, Max. 8, 1 abs. 6 a. se tarn supplicüer; — ß) alicuius
Com. 4, 52, 65 uxor illius . . ad istius pedes abiecit sese} Cic.
in sen. 12. epist. 4, 4, 3. Att. 4, 2, 4. Sen. clem. 1, 21, 2. Lact
epit. 7, 4; cf. Cic. CaeL 79 um non tarn ad p. quam ad mores
. . vestros; — y) alicui: Cic. Att. 8, 9, 1 cui . . me ad p. abiecia-
sem; cf. id. Mil. 100 ego me plurimis pro te supplicem abieci.
17 II. Latiore quadam significatione a. idetn fere est quod remo-
vere, prohibere, expellere, repellere. Facile inde confusiocm
abigendi verbo orta est Abicit: proicit, expeüit gl. abav.; cf Cm
ps. 73, 1. 526* ^reppulisti' abiecisti est
1. quid? Prop. 5, 7, 90 errat et -a Cerberus ipse sera; Sen.
Herc. Oet. 551 fulmine -o (= deposito); Apul. met. 7, 1 ut primum
tenebris -is dies inalbebat (cf Enn. fals. adscr. 5 p. 142 M); id.
met. 9, 27 repulso et -o alveo; Arnob. 2", 16 p. 61, 9 superfloas
foeditates inferioribus egerunt abiciuntque posticis; Marc. Emp. 1,
p. 36, 1 (magnetes lapis) qui ferrum trahit et abicit; — unde?
Nepot. 1, 3, 3 aras privatas e publicis locis abiecit.
18 2. quem? Hyg. fab. 120 p. 103, 24 (Iphigenia) -is ministeriis
(= remotis ministris) ipsa coepit signum Dianae avellere; Lampr.
AI. Sev. 59, 4 (cf Aur. Vict. Caes. 24, 3) cum ibi quoque sediti-
osas legiones comperisset, abici eas praecepit; Vus. Iudith 1, 11
remiserunt eos (nuntios) vacuos et sine honore abiecerunt; Cod.
Theod. 6, 27, 18 ut . . discingendo abicias punias^que co^ber-
cendos; ib. 16, 7, 4 quos praecepissemus procul abici ac longius
amandari; Cass. ps. 67, 35. 474a tauros a.; Greg. Tur. h. Fr. 10,
26 p. 438, 19 omnem scola (= famulos) decessoris sui abiciens;
Greg. M. 78, 219a. 232a ad abiciendos daemones; — abici = nka-
vccöftai : Cass. h. tr. 4, 36. 983a oves -ae et fatigatae ; cf. Vus. Ez.
34, 4 quod -um est (ro 7tkavci[iavov) non reduxistis, ib. 34, 16.
19 quo? Sen. ep. 91, 8 (casus) potest te in solitudines a.; Tert
pud. 9 indigne vestiti a tortoribus solent . . abici in tenebras;
Simplic. ep. 11, 2 (ed. Thiel) Petrum . . in exteriores terras abici
unde? Ps.-Quint. decl. mai. 14, 11 a lupanari deducebat (me)
pudor, abiciebat occursus; act. ap. 18, 16 Cant. abiecit (axrkaöev,
Vu2. minavit) eos a tribunali; Conc. Hisp. 84, 408 M. decernimus
(eos) ab bis abici cellulis; Greg. Tur. h. Fr. 7, 22 p. 304, 13 ad-
Abicio, abiectus, abiecte. 537
praehende pallium altaris, . . ne hinc abiciaris; id. vit. patr. 13, 3
p. 715, 15 ut non abiciainur ab huius funeris obsequiis; abl. Iren.
4, 20, 12 leprosi . . abicientur (i%a(poQt,ifd"q6ovtai) iustoruni castris;
Cod. Theod. 14, 9, 1 ut . . abiciatur urbe; Ennod. 141, 19 V. per-
lator praesentiuin aviio se cespite (== fundo) deflet -um.
III. Saepissime a. coniungitur cum obiectis his: 20
1) a. res supervacuas et viles vel usu tritas (apttd scriptores
rei rusticae frequetitissimutn): Cat. r. r. 108, 2 polentam abicito
[sie BerocUdus; adicito Acf, adiicito F]; Ps.-Verg. moret. 96 con-
temptaque passim (coria) Spargit humi atque abicit; Sen. ben.
4, 29, 2 stipem aeris i- (cf. id. clem. 2, 6, 2); Scrib. Larg. 156
post hoc (radix) abicitur (cf. Marc. Emp. 25 p. 170, 12); Coluni.
12, 8, 3 -o caule, 12, 58 (56), 1 corticem delibratum; Plin. n. h.
7, 65 gustatas [sie aa; editur gest.] fruges; 28, 86 resegmina
unguium; 29, 139 membrana quae abici solet, 30, 59; 31, 93 in-
testinis piscium ceterisque quae abicienda essent; 32, 92 -is in-
teraneis; 32, 113 ranae . . decoetae oleo -is carnibus (= Ser.
Sammon. 113 si ranam ex oleo decoxeris, abice carnem); 33, 103.
104 faecem; Iren. 5, 28, 4 paleis -is; Anton, carin. 47 vol. 5,
264 M. quo (yase fictili) proeul -o removenda superflua dixit (cf.
GLK VI 273, 25); Iuvenc. 1, 476 (512); Pall. r. r. 8, 8 -a squilla,
11, 20 -o corio; Veg. a. vet. 2, 58 -is ossibus et purgamentis,
3, 66 bis. 4, 8; Ambr. paenit. 2, 8, 79 stipulam in messe; Hier,
in Mal. 2, 17. 1564* micae quae abiciuntur de reliquiis; Rufin.
dial. 5, 17 p. 115 (Caspari) nisi (sanguis) fuerit -us tamquam
super fluas; Marc. Emp. 8 p. 71, 26 -is his (granis hordei), 14
p. 101, 38 expressa folia, 20 p. 149, 15 exerementa vel sordes;
Cass. ps. 30, 16. 212b vas perditum est quod fractum et ad
nullos usus necessarium semper abicitur; Isid. or. 15, 13, 15 quae
de materia praeeidens sutor quasi supervacua abicit.
2) a. corpora mortuorum, cadavera, ossa; syn. proieere, opp. 21
sepdire: Cic. Pis. 82 -um hoc cadaver; Mil. 86 ut sine imagini-
bus . . ambureretur -us; Sen. dial. 5, 16, 3 occisos (liberos) in
conspectu parentis abiecit; Quint. decl. 299 arg. p. 180, 10 ossa;
Ps.-Quint. decl. mai. 6, 11 ut pater . . filium suum c/f'erat, mater
. . abiciat; Luc. 10, 30 Colb. scmivivum; Sulp. Vict. 347, 22 H
cadaver a; ib. 347, 24 corpora, 348, 3. 11; Aug. 43, 521, 10 semi-
vivos; id. vol. 6, 605 M. utrum -a . . an sepulta.
a. alqm (corpus alieuius) insepultum, inhumatum: libr.
pontif. ap. Serv. Aen. 12, 003 ut qui laqueo vitam finisset, in-
ArohiY für Ut. Lexikogr. IV. Heft 3 4. ^
538 Ph. Thielmann:
sepultus abiceretur; Sen. contr. 8, 4 arg. bis homicida ins. abi-
ciatur (cf. Quint. decl. 299 arg. p. 180, 3); Ps.-Sen. rem. fort
V 5. 6 p. 449 H; Ps.-Quint. decl. niai. 4 arg. qui causas volun-
tariae mortis in senatu non reddiderit, ins. abiciatar (cf. ib. 4, 9
et decr. paras. Aulul. ed. Peiper p. 60, 20) ; ib. 6 arg. qui in cala-
mitate parentes deseruerit, ins. abiciatur, 6, 11. 12 bis; Vu1. 2
Macc. 5, 10; Lact inst. 6, 6, 17 de Pompeio; lustin. 41, 6, 5; Hier.
yoI. 3, 1058d; cf. Lact. inst. 6, 12, 27 iacere inkumatum atque
-um; Auson. ep. 24 (72), 1 -a inhumati testa hominis.
22 quo? Cic Mil. 33 tu (P. Clodii cruentum cadaver) in publi-
cum abiecisti, Quint. decl. 379 p. 423, 12; Cic. Mil. 90 in curim
(mortuum); Phil. 11, 5 reliquum corpus in tnarc, lustin. 3, 3, 12.
Ps.-Quint. decl. mai. 6 arg. Modest, dig. 28, 7, 27 pr. bis. Lact
mort. pers. 51, 2; Plin. n. h. 8, 145 cadavere in Tiberim -o, Lampr.
Heliog. 17, 2. Nepotian. 1,4, 3; Ps.-Quint. decl. mai. 6, 22 exanime
corpus in fluctus; Tac. ann. 5, 9 corpora in Gemonias, Suet. Tib.
75; Plin. ep. 3, 14, 2 (exanimem) in fervens pavimentum; Spart
Sever. 11, 9 cadaver in Bhodanum; Amm. Marc. 14, 7, 16 corpora
mortuorum in flumen; — Tac. ann. 1, 29 corpora extra valltun -a
ostentui; — Cass. var. 3, 19. 586d dilecta corpora vilissimia fo-
veis (dat.) a.
23 ubi? Tac. ann. 1, 22 responde, Blaese, ubi cadaver abieceris;
— dbiectas = iacens: Plin. n. h. 8, 145 -i in gradibus gemitoriis;
Ps.-Quint. decl. mai. 6, 9 parum celebri loco; Suet. Nero 48 -i in
via cadaveris; — Apul. met. 9, 36 -a per agros cadavera.
cui? (a. = obicere): Ital. 2 Macc. 9, 15 laceratos avibus («ab
av.) . . a. feris bestiis; Cass. ps. 78, 3. 574d ut . . trucidatos feris
etiam abicerent insepxdtos; id. ib. sepdire . . volatilibus caeli a.
24 3) a. tela, arma: a) a. tela = cniittere: Caes. b. civ. 2, 34,6
priusquam telum abici [adici Oud., adigi Madv.] posset; ib. 3,
56 (55), 2 telis ex vallo -is [adactis Madv.]] id. b. gall. 5, 48, 5
tragulam . . intra munitionem castrorum; Stat. Th. 8, 585 iactUum
[adiecit Bernart]] = fernere vd negley enter emittere: Liv. 2, 46, 3
pilis . . -is temere niagis quam emissis, 9, 13, 2; 9, 35, 3 proelium
ineunt adeo raptim et avide7 ut -is missüibus . . stringerent gladios.
25 b) arma dbiciunt ii7 qui a pugna vel a caedis consilio desistunt
aut qui militiae se subtrahunt: Gl. Quadr. p. 216, 6P arma plerique
abiciunt atque inermi inlatebrant sese; Gic. Deiot. 29 armorum
non dcponendorum, sed abiciendorum, Phil. 8, 12. Att 10, 8, 4.
Caes. b. gall. 5, 37, 1. Liv. 4, 29, 4. 34, 15, 7. Sen. ben. 5, 16, 5.
Abicio, abiectus, abiecte. 589
Tac. tust. 4, 2. Act S. Marceil. 1 p. 343, 6. Itin. Alex. 9. Migne
13, 478b. Diom. GLK I 467, 4. Aug. ep. 138, 15 ut abicerent
arma seque omnino militiae subtraherent, Isid.; — transl Boeth.
cona. phil. 1, 2 p. 7, 5.
Sollemnis est formula arrnis -is (fugere, se dedere, sim.):
Cic. ep. 6, 2, 2 armis aut condicione positis aut defetigatione -is;
Gae8. b. gall. 4, 15, 1. b. Afr. 85, 4 (5) armis -is in regia castra
f*gcre7 Nep. Chabr. 4, 3. Liv. 5, 38, 8. 33, 17, 14 pars armis -is
dediderunt sese victori, 35, 30, 5. 35, 36, 10; cf. Amm. Marc. 17,
18, 28 armorum -o munimine; — vel -is armis: Caes. b. gall. 4,
37, 4 hostes -is a. terga verterunt, 7, 28, 2. Sali. lug. 38, 7. 53, 3.
Ov. Pont. 2, 2, 79. Liv. 4, 34, 3. 6, 8, 10. 10, 43, 8. 33, 15, 12.
33, 18, 18. 36, 19, 3. 36, 24, 11. 44, 42, 1. Val. Max. 2, 10, 2.
9, 2, 1. Stak Th. 9, 46. Tac. ter. lustin. Ampel. Amm. Marc. bis.
Heges. Aug. Astron. vit. Hlud. 44.
Flor. 3, 6, 13 -is tdis (= armis), Paul. Petr. 1, 161; — Liv. 26
28, 3, 11 gladios, 23, 9, 13. Vell. 2, 19, 3. Val. Max. 5, 9, 4; —
Val. Max. 2, 10, 6 -o ferro, Suet. Cal. 12. Cass. var. 3, 4. 577°; —
Cic Tusc. 2, 54 ut ignavus miles . . -o scuto fugiat; transl id.
da or. 2, 294 ut non modo non -o, sed ne reiecto quidem scuto
fugere videar, Att. 15, 29, 1. Hier. adv. Rufin. III 43, 570. 489b;
— Stat. Th. 8, 164 clipeos, Vu3. 2 reg. 1, 21. Ambr. de off. min. 1,
40, 197 bis; transl Sulp. Sev. app. 1, 2 p. 220, 10 H. Boeth. cons
phil. 1, 4, 17 p. 10; — Cic. Mur. 45 iacet, diffidit, abiecit hastas.
(transl.; cf. nostrum 'die Flinte ins Korn werfen9)] Heges. 1, 30, 104
4) a. insignia (regia, militaria, magistrcUuum): Cic. Sest. 58 27
(Pompeius) insigne regium, quod ille (Tigranes) de suo capite
abiecerat, reposuit (cf. comm. Beru. Lucan. 87, 9); id. Plane. 98;
Curt. 3, 11, 11 (de Dareo) insignibus imperii indecore -is; Frontin.
2, 1, 14 (de Mithridate et Tigrane)) Tac. hist 1, 82 -is militiae
insignibus; Apul. apol. 75 ins. dignitatis; act. S. Sebast. 3, 9 =
Ambr. H 2. 1116b victoriarum vestrarum ins.; — Prud. psych.
149 (Ira) ebur infelix decorisque . . signa abicit; — Sen. Phoen. 274
seeptrum; — Cic. Phil. 2, 86 qui imposuerit diadema . . qui ab-
iecerit (cf. § 85); Val. Max. 5, 1, 9 (de Tigrane). Oros. 6, 3, 7.
Freculf 1, 6, 17; — Oros. 7, 29, 10 purpuras, hist. misc. 16, 11.
Freculf 2, 4, 6; — Hier. Hilar. 4, 23. 38b amictu capitis -o; Cic
Pis. 74 detraetam e faseibus m lauream, cf. § 97 folia laureae; Stat
Th. 2, 479 (de legato) ramum precantis olivae abicit; ib. 3, 567 -a
inhonorus fronde sacerdos; — Val. Max. 7, 3, 8 -o honoris prae-
36*
540 Ph. Thielmann:
texto; id. 9, 3, 3 (nobiles) anulos aureos sibimet ipsis et phaleras
equis suis detractas abiecerunt, Plin. n. h. 33, 18. Flor* 4, 8, 9;
— Act. S. Marceil. 1 p. 343, 6 abiecit vitem (i. e. insigne centmrio-
num)] Sulp. Sev. dial. 2, 11, 1 miles quidani cingtdum . . mona-
chum professus abiecerat.
28 5) a. vestimenta (cf. Ambr. enarr. ps. 38, 22. 1100* quod
exspoliamur abicimus, quod supervestimur induimus): Cic Att4,
2, 4 -a toga se ad generi pedes abiecit, Yal. Max. 4, 5, 3; Sud
Caes. 16 -a praetexta; Catull. 88, 2 -is tunicis, Ambr. de Is. et an.
6, 52. Aug. 43, 485, 55. Isid. de ort. et obit patr. 69; Curt 3,
12, 5 amiculum, Apul. mei 3, 20; ib. 3, 24 -is laciniis) ib. 7,9
-o centunculo] Gaudenk 20, 968b M. vestibus suis procul -is; Yn.1
Ez. 26, 16 vestimenta sua, ib. Ion. 3, 6; Hier. ep. 48, 4 paUium]
Cassian. coli. 6, 10, 7 indumentum; Fructuos. 87, 1106* M. eingab
simul opertorioque -o; Valer. 87, 461* -o saeculari habitu («= veste);
Chrodeg. 89, 1082d cakeamenta -a; Wandalb. poet. Gar. II 612,
252 -o cothurno.
29 6) a. onus, sarcinam: Cic. Tusc. 2, 37 ut (milites) . . -ü
oneribus expeditis armis . . pugnare possint; Suei Galb. 20. Oros.
4, 9, 8. Paul. Petr. 4, 484; transl Lact. inst. 6, 12, 36 sequere
(iustitiam) -is oneribus, quae te premunt, Ambr. ü 2, 787*. Mar.
Merc. var. opusc. 1001.
Sali. lug. 91, 2 omnibus sarcinis -is; Hör. ep. 1, 13, 7 si te
forte meae gravis uret sarcina chartae, | abicito potius, Amm.
Marc 29, 5, 36. Hier. ep. 79, 4; transl Ambr. de Noe et arc 29,
113 (anima) velut quandam sarcinam corporis abicit, Hier. ep. 14,
10; Hier. ep. 39, 1 sarcina cartiis -a, id. vit. S. Paul. 12° 26*. Ps.-
Aug. salut. doc. 40. Ennod. 108, 30 V. Greg. Tut. Mart 1, 22
p. 600, 2. Audoen. 87, 566°; Aug. ep. 73, 8 -is sarcinis saecuUm-
bus) Ennod. 232, 4 et saepius.
Gran. Licin. p. 22*, 16 videt asellum forte -is eibariis [sie
Bonn., clitellis Bernays] aquam petere; Apul. mei 7, 21 (de
asino) stramentis -is; ib. ligno -o; cf. Iulian. dig. 14, 2, 8 si quis
onere pressus in viam rem abiecerit.
30 7) a. iugum: Hier. Os. I 4, 15 sq. 854° vacca lascmens et
abiciens iugum; transl. ps. 2, 3 ap. Teri Marc 1, 21 abiciamus
eorum iugum a nobis, Lact, epii 66, 7; Hier. Os. III 10, 11. 910*
iug. legis, Max. Taur. 57, 595* Aegyptiae servitutis, Isid. prooem. 45
Christi, Paul. Diac. h. L. 4, 37 captivitatis.
31 8) abiciuntur litterae vel syllabae a) e fine verborum:
Abioio, abiectm, abiecte. 541
Charis. OLE I 172, 38 si secundae personae abicias novissimam
Htteram] Priscian. 1, 27. 4, 28 abiciunt (verba) extremam s gene-
tivi, 10, 49 -a finali s {cf. 7, 89. 90. 93. 94. 9; 32. 22, 40 et sae-
pius)y 13, 9 -a us genetivorum, 22, 69 -a re extrema syllaba;
6LK suppl. 66, 20 -a ire (syllaba); -— b) e mediis verbis: Prise.
9, 52 finxi fictum et pinxi pictum . . euphoniae causa n in supino
abiciunt, 10, 15. 23, 186. 207. Albin. GLK VII 307, 17. 29.
Guido 23 p. 465, 7 (civitas Traiana) nunc quoque -a ia syllaba
Tiranas vocatur.
9) a. infantes (catulos) recens natos = exponere: Varr. r. r. 32
2, 9, 12 seeundum partum, si plures (catuli) sunt, statim eligere
oportet quos habere velis, reliquos abicere; Sen. contr. 10, 4 (33),
16 aliqui vernulas aut omine infausto editos aut corpore invali-
dos abiciunt; Stat. Th. 6, 153 (146) solis in arvis (ubi?) . . ali-
enos partus; Quint. 3, 7, 5 -us (Romulus) in profluentem = Flor,
1, 1, 2 [ubi abiectus IN, iaetatus B Halm lahn; item de Bomtdo
et Bemo Arnob. 4, 3 p. 143, 13. Aur. Vict. or. 20, 2. 3. 4. vir. ilL
1, 2]; Tac. ann. 15, 47 bieipites hominum . . partus -i in publi-
cum] Suei Claud. 27 Claudiam . . exponi ad matris ianuam et
nudam iussit abici; Gell. 12, 1, 6; Paul. dig. 25, 3, 4 necare vide-
tur . . is qui abicit (partum) et qui alimonia denegat; Ambr. hex.
5, 18, 58 pauperiores abiciunt parvulos et exponunt; Cod. Theod.
5, 7, 1 qui servos aut liberos . . domo recens natos abiecerint;
Greg. Tur. h. Fr. 5, 22 p. 219, 12; Cod. lustin. 8, 51 (52), 3, 2
eos qui ab initio infantes abiecerunt [falso legitur abegerunt]
et mortis forte spem circa eos habuerunt; Myth. Vai 1, 22. 2,
147. 184.
B. Translative. 33
L Abicere = proieere (neglegetiter vel inutüiter). 1. de di-
cendo atque scribendo: Cic. de or. 3, 102 nunquam agit hunc
versum Roscius eo gestu, quo potest, sed abicit prorsus; id. or.
199 ponendus est ille anibitus} non abiciendus (cf. lohn ad h. /.);
Sen. ep. 114, 7 haec verba . . tarn neglegenter -a.
2« a. peeuniam, impensam (cf nostrum * verschleudern9 et
Lact. inst. 6, 12, 20 illa largitio hominum patrimonia sua in mare
abicientium inanis et levis): Cic. Tüll. 15 peeuniam . . dum vult
in praedio ponere, non posuit9 sed abiecit, Afric. dig. 38, 5, 10;
Vitruv. 10 praef. 2 p. 243, 4 inpensa -a; — a. rem = rem male
vendere: PI. most. 906 R = 893 nunquam edepol ego me scio |
vidi8se usquam -as aedis nisi modo hasce; Ter. ad. 744 (psaltria)
542 Ph. Thielmann:
aliquo abiciendast, si non pretio, gratiis; Phaedr. 4, 5, 41 sq.
deformis cultum vendet . . agros abiciet moecha; Iayol. dig. 17,
1, 36, 1 si exiguo pretio hi . . rem a. cogerentur; cf. Hör. sat. 1,
3, 131 omni -o instrumenta artis, qtiod Porphyrio itUerpretahr:
quamvis . . omne instrumentum sutrinae vendiderit.
34 3. a. = omittere dimittere deponere relinquere amittere remm-
tiare. Transitum a propria notione facit locutio a. (e manibus)
gubernaculum (imperii, rei publicae): Cic. Att 2, 7, 4. Val. Max.
7, 6, 1. Lact. mort. pers. 18, 4; cf a. clavum Arnob. 3, 11
p. 119, 17.
a. Cic. Att. 13, 31, 3 obsecro, abiciamus ista; ib. 13, 47 a ex-
templo institnta omisi, ea quae in manibus habebam, abieci; off.
I, 154 ut . . non illa omnia relinquat atque abiciat; — Cic Att
7, 3, 2 non dubitabo rem tantam a., Mur. 45; ib. 48 deposita at-
que -a Petitionen Plane. 100 -a quaestoria persona comitisque
sumpta-, ep. 9, 20, 1 commentabionem catisarum; ib. 13, 1, 3 illam
aedificationeni, Cael. ep. 8, 11, 3 ceteras suas actiones\ Liv. 3, 31,7
-a lege] Hör. ep. 2, 2, 141 -is nugis; Sen. Troad. 200 ventus ab-
iecit minas\ Petron. 21 lassitudiyie -a; Apul. mei 4, 5 dolis -ia;
Amm. Marc. 23, 6, 75 morem, Cass. var. 1, 31. 529b; — Rufin.
hist. eccl. 1, 6 militiam, Vict. Vit. 2, 23; act S. Marcell. 5 p. 344,
10 -o publice sacramento (sc. militis).
35 Cic. Cat. 2, 14 si L. Catilina . . consilium belli faciendi ab*
iecerit, Pbil. 13, 19 c. referendi ad senatum de Caesare, Att 5,
II, 6 aedificandi c, ib. 16, 7, 1 c. profectionis, Liv. 28, 34,3.
35, 43, 1. 36, 27, 2. ApuL mei 3, 16; cf, Cic. Att. 8, 12, 5 cd-
culos] — Cic. de or. 2, 142 voluntatem discendi, Rufin. Cassian.;
Cic. ep. 4, 7, 2 certandi cupiditatem, Amm. Marc. 19, 6, 2; Cic
ep. 9, 20, 1 cogitationem de dicenda in senatu seilten tia, Symm.
ep. 2, 17, 2 Baianas cogitationes, Cassiod.; Cic. Att. 9, 11, 4 nun-
tiant (Pompeium) Aegyptum . . cogitare, Hispaniam (i. e. cogita-
tionem Hispaniae) abiecisse, ep. 9, 15, 5 domum Sullanam de-
sperabam iam . . sed tarnen non abieci.
Cic. leg. agr. 3, 2 ut eam (bonam de me opinionem) . . hoc
ipso in loco depositam atque -am relinquatis; id. Phil. 1, 30 me-
moria»* veteris doloris, ib. 8, 32. Arnob. 7, 33 p. 266, 19. En-
nod. 229, 24 V.
36 Cic. Verr. III, 59 socii . . sptm oninium . • abiecenmt rerum
ac fortunarum suarum, D. Brut. ep. 11, 11, 1. Balb. ep. ad Att
9, 7 B, 2. Liv. 9, 21, 6. Tac. ann. 16, 11. Suet Claud. 5. Ambr.
Abicio, abiectus, abiecte. 543
Oros. efe; Cic Phil. 2, 77 amorem, Suet. Claud. 36; Val. Max. 2,
2, 1 -a privata caritate; Amm. Marc. 29, 6, 16 -a pugnandi fidth
da, 30, 8, 5. 31, 3, 3; Porpb. epist. 2, 1, 177 si non laudatur
(poeta), et animum et artem abicit, Ambr. hex. 4, 8, 31.
Oic. ep. 9, 20, 1 omnem nostram de re publica cwram.. 37
abiecimus, ib. 9, 24, 4 c. rei publicae (= Suet. Tib. 41. Aur.
Viel Caes. 39, 48), Sen. ben. 7, 14, 6 c. referendae gratiae, Plin.
n. h. 21, 80. Rufin. August. Petr. Chrys. Greg. Tur. IsicL; Cic.
Tu8C 3, 27 hanc {aegritudmem) nisi exuimus sie, ut abiciainus;
Cassian. coli. 19, 5, 2 -a sollicitudine; Cic. Tusc. 3, 66 dolorem,
ep. 5, 13, 3. Att 11, 21, 1. Cassiod.; Val. Max. 2, 6, 14 in lucti-
bus abiciendis, Apul. met 8, 13 abicite lacrimas, abicite luctum;
— Cic. ep. 10, 6, 3 in -o armorum . . metu, Iul. Val. 1, 60 (43).
3, 62 (22). Aug. Cassiod. Gild.; Cic. ep. 11, 21, 4 timorem, Val.
Max. 8, 11, 2. Maxim. Taur. Cassiod. Isid. Paul. Diac. Rab. Maur.;
Hier. 3, 1423° M. pavorem, Ennod. Script Lang. 581, 25; — Cic.
oft 1, 72 -a omni eunetatione; Sen. Thyest. 431 ira frater -a
redit, Arnob. 7, 36 p. 270, 6. Paul. Petr. 3, 240; Cass. var. 10, 31.
820b suspiciones, bist tr. 2, 17. 935d.
dbicere c. inf. = desistere: Ambr. II 2, 745d depositio, in qua
coneupiscere abieimus, cessamus delinquere, peccare desinimus.
b. Notandae sunt locutiones hae: 1) a. res pretiosas velSS
gratas = renuntiare amittere. Transitum a propria notione fa~
ckmt hei hi: Val. Max. 9, 1, 2 amplissimum patritnonium tam-
quam amaram aliquam sarcinam . . a. cupientem; Apul. flor. 14
Grates . . in forum exsilit, rem familiärem abicit (item de Cratete:
Apul. apol. 22 divitiis -is, liier, ep. 58, 2; de Aristippo Porpb. sat.
2, 3, 100 peeuniam).
Att. trag. 549 p. 207 -a gloria, Cic. de or. 2, 210 totam (glo-
riam) a. atque deponerc\ id. ep. 9, 16, 3 famam ingenii, Iordan.
Get 227 p. 116, 8; Cic. Mil. 94 qui omnem auetoritatem Clodianis
armis abiecerant; — Cic. Att. 9, 7, 5 triumphum (cf. ib. 6, 9, 2
et Cael. ep. 8, 6, 1 triumphi postulationem); — Cic. Plane. 79
multo citius meam salutein pro te abiecero; Att. 3, 19, 1 nus-
quam facilius hanc miserrimam vitam . . abiecero, Aug. ep. 155, 3.
Freculf 2, 1, 12; Petron. 74 aliquis in vicinia animam abiciei
Cic. Rab. Post. 56 erat aut pallium sumendum Alexandriae . . 39
aut omnes fortunae abiciendae; Cypr. dorn. or. 19 saeculo renun-
tiavimus et divitias eius et pompas . . abiecimus, Aug. ep. 130, 8.
Cass. ps. 118, 14. 841c; Lact, inst 1, 1, 4 abiccisse quosdam res
544 Ph. Thielmann:
familiäres suas et renuntiasse universis voluptatibus constat; Sulp.
Sev. Mart. 25, 4 summis opibus -is; Cassiao. substanüas, pecunias,
faeultates.
Plin. pan. 65 qui paucolis diebus gestum consulatum . . abi-
ciebant per edictum; Heges. 1, 44, 177 regnum; Sulp. Sev. chron.
2, 5, 5 potestate regia -a; Oros. 7, 28, 6 Imperium; cf. Salv. gab.
d. 2, 4, 19 David . . totum regem (i. e. regiam dignüatem) cum
ornatibus suis abicit.
Lact. inst. 6, 21, 7 qui veritati studet . . , abiciat inimicas
ac noxias voluptates, epii 72, 23. Ambr. II 2. 800* cuius (mundi)
pompas et voluntates [scrib. voluptates] iam tunc nos amisinm
et abiecimus, Rufin. bist. mon. 1; Hier. ep. 39, 4 -is calcatisque
deliciis.
40 2) a. virtutes = deponere exuere: Cic. Lig. 16 suam citiua
abiciet humanitatetn; off. 1, 102 relinquunt et abiciunt oboedientiam,
Einh. ep. 7; Sen. dial. 5, 6, 2 quidquid in se verecundi habuit,
Leo M. ep. 22a 3. 730b verecundiam; Lact. inst. 4, 11, 7 iusÜHam;
ib. 5, 6, 9 pietatetn; Iulian. ap. Aug. c. Iulian. 5, 3, 9 pudicitiam;
cf. Sen. clem. 1, 25, 1 -o homine (i. e. ~a humanitate) in silvestre
animal transire.
41 3) a. (a se) vitia: PI. merc. 851 superbiam, Ambr. II 2. 698b.
Cass. ps. 74 concl. 540°; Sen. contr. 2 praef. 2 luxuriam; Vu*.
Jacob. 1, 21 omnem immunditiam; Fast. Herrn, mand. 1, 2 p. 73,3
abicies a te omnein nequitiam; Cypr. zel. et liv. 17 omnem maii-
tiam; Ps.-Cypr. aleat. 11 abice abs te furaces mores; Arnob. 6,
24 p. 235, 7 asperitatem; Iul. Val. 1, 50 (39) arrogantiam; Hilar.
ps. 118, I 14a perversitatem; Aug. 39, 1978, 7 M. mollitiem; ib.
1978, 60 invidiam; Cass. coli. 5, 18, 2 gulae et carnis concupi-
scentiam; Petr. Chrys. 52, 627° avaritiam; Leo M. serm. 32, 4 men-
dacia; Cass. var. 1, 31. 530* furores; ib. 3, 17. 585b exuite bar-
bariem, abicite mentiuin crwdelitatem; Rab. Maur. 4, 114° a vobis
odium.
42 4. a. = reicere neglegere despicere contemnere spernere respuere
repudiare improbare deserere. Abiecit: eontemnit lib. gloss. Aug.
qu. in hept. 7, 49, 25 abicientes id est contemnentes. Isid. diff.
I 18 abicitur quod in despectione est et neglectum. Transäum
a propria notione facit hcutio a. librum: Cic. Tusc. 3, 44 totus
liber potius abiciundus (est) et saepius; cf. Quint. 10, 3, 28 Codices.
a. a. quid? Turpil. 164 p. 105 R nuptias abieci; Cic. Verr.
3, 95 dignitatem ordinis contemptam et -am, Mur. 25; Süll. 65
Abicio, abiectus, abiecte. 545
quae (lex) tota a me reprehensa et -a est; Plane. 9 labores tuos
fractos esse et -os et repudiatos pntas?; off. 3, 97 istam (trän-
quillitatem) contemnendam et abiciendam; Att.6, 1,8 iyxeXevö^ata
illa tua; Plin. pan. 76 omnia consularia officia a. neglegere con-
temnere solebat; Gell. 12, 5, 10 avakyrjöia imprdbaia -aque est,
19, 1, 18 rag xoiuvxag tpavraöfag non adpröbat, sed abicit re-
spuitque; Vu1. sap. 3, 11 diseiplinam, ib. eceli. 6, 24 ne abicias
consilium meum; Iren. 4, 37, 1 abicientes bonum et quasi re-
spuentes; Arnob. 1, 59 p. 40, 12 sermonis eultum; Lact. inst. 3,8,
40 virtutem (cf. ir. 19, 5); id. ir. 1, 7 doctrinam contempsü derisit
abiecit; Avien. or. mar. 446 (litus) vaeuum incolarum nunc et -i
8oli (=neglecti derelicti; cf. id. descr. orb. 1387 caespitis -i);
Ambr. II 2. 237* coniugia inutilia et abicienda; ib. 1114b quod
canitiem patimini patris a.; Hier. ep. 51, 5 p. 523 illas praestigias
qui8 non . . abiciat atque contemnat; id. in Arnos III 6, 2 sq. 1060°
alterum abicitur, alterum comprobatur; Aug. civ. d. 6, 8 p. 261,
32 D tbeologia fabulosa . . reprehenditur abicitur imprdbatur, c.
Iulian. 1, 7, 35 laudes Pelagianorum, ep. 120, 13 quidquid tibi
. . oecurrerit, obige abnue nega respue abice fuge (cf. ep. 130, 27),
qu. in hept. 7, 30 panis hordeaceus quamvis sit in comparatione
triticei panis abiciendus; Cass. coli. 17, 16, 1 testimonia scrip-
turarum; Dar. Phr. 24 p. 29, 2 muliebria verba; Cass. var. 4, 14.
621* iussa nostra; Paul. Diac. 95, 1222b laudes illas; aneed. Helv.
6LE suppl. 87, 1 ablativum; schol. luv. 3, 56 quae praemia de-
ponere debeas i. e. abicere et neglegere.
ß. quem? Cic. leg. agr. 2, 93 quem hominem . . Romae con~ 43
temptum atque -um videbamus, Pis. 99 -um contemptum despectum
a ceteris, fin. 2, 35 Pyrrho, Aristo, Erillus iam diu -i, Acad. 2,
130; Val. Max. 8, 5, 5M. Cicero . . nonne . . testis -us est?; Hilar.
ps. 122, 13 B non abiciamus humilem; Vu3. Ies. 66, 5 fratres
vestri odientes vos et abicientes; Aug. civ. d. 10, 28 p. 446, 32
spretis atque -is infimis, conf. 10, 2, 2 ut . . abiciam me atque
eligam te; Boeth. cons. phil. 3, 8 p. 65, 12 quis non spernat atque
abiciat vilissimae . . rei corporis servum?; Paul. Diac. 95, 1297d
more bominum, qui quos abiciunt nescire sc dieunt; — abiectus
cui? Ps.-Cypr. laud. mart. 28 Christus -us est saeculo, sicut et
saeculum Christo.
b. Notandae sunt locidiones cc. a. condicionem, querelam, 44
munus, preces vel alqm precantem: Ulp. dig. 18, 2, 9 meliorem
condicionem oblatam a.; Rufin. apol. ad Anast. 6 utrum reeipi
546 Pb. Thielmann:
debeat querimonia aut abici; Cass. ps. 14, 11. lllb si omne mwm
abici voluisset; Greg. M. dial. 3, 26 öblationes sprevit atque abie-
cit; — Vu1. eccli. 4, 4 rogationem contribulati; Cass. ps. 73, 22.
534d ne abiciat (Dominus) preces eorum qui ad ipsum . . clamare
noscuntur; id. ps. 25, 19. 182* pie supplicantes, ps. 129, 2. 940b.
ß. a. atnicos, sectatores (cf nostrum fallen lassen): Cicleg.
1, 49 qui (amicns), etiam deserendus et abiciendus est desperatis
emolumentis; ep. 1, 5b, 2 cum intellegat . . desertutn se atque -um
fore; Q. fr. 3, 8, 3 Scaurum iam pridem Pompeius abiecit; Ov.
Pont. 2, 3, 37 turpe putas abici [al. abigi], quia sit miserandus,
amicum.
45 II. Abicere =» a. ad terram, humi prosternere (cf. § 7. 12. 15).
1« a. = affligere, perdere, evertere, (opes cdcius) frangere.
quid? Cic. Att. 1, 18, 3 (ille annus) senatos auctoritatem
abiecit (=perdidit); Aug. c. Julian. 2, 10, 37 insidias tamquam
caput colubri calcavit, obtrivit, abiecit; Petr. Chrys. 52,371b abicit
vires, membra dissolvit.
quem? Att. 595 p. 213 R a fortuna opibusque omnibus |
desertum -um afflictum; Cic. Verr. 3, 103 Cetarinos, Acherinos . .
omnino -os esse ac perditos, Cat. 2, 2 iacet ille nunc prostratus
et se perculsum atque -um esse sentit, Mur. 58 noluerunt . . ita
quemquam cadere in iudicio, ut nimiis adversarii viribus -us
videretur, Mil. 56 (Mars) saepe spoliantera iam . . eyertit et per-
culit ab -o, ep. 4, 13, 1 ipse pari fortuna -us aliorum opibus
casus meos sustentabam, ib. 10, 12, 4 quanta contentione Titium
intercessorem abiecerim; ib. 11, 18, 3 velim equidem .. ut plane
-us et fractus sit Antonius; Nep. Att. 8, 6 -o Bruto; Val. Max.
3, 2 ext. 5 civitas Spartana iacet armis nostris a, 5, 1, 8 hostem
a., 8, 1 abs. 7 inimicum; Vu3. prov. 11, 17 qui crudelis est, etiam
propinquos abicit (i$oXXvsi).
46 2# a. alqm {animum, tncntetn aleius) = frangere, dcbilitare
animum alcius: poet. vet. ap. Sen. clem. 2, 5, 5 maeror contundit
mentes, abicit, contrahit; Cic. Cat. 3, 10 Cethegus . . recitatis
litteris debilitotus atque -us . . conticuit, ib. 4, 3 exanimata uxor
et -a rnetu filia, dorn. 25 civitatem . . -am metu, rep. 2, 68 -as
timiditate et ignavia, ep. 4, 7, 2 victi sumus aut . . fraeti certe et
-i; Quint. 1, 3, 16 pudor frangit animum et abicit; Sen. monii
16 ed. Woelffl. ne abiciat te calamitas.
Se a. = animo cadere: Cic. Tusc. 2, 54 sie qui doloris speciem
ferre non possunt, abiciunt se atque ita adflicti et exanimati
Abicio, abiectus, abiecte. 547
iacent; Aug. ep. 130, 26 ne forte . . se abiciat et de divina erga
se miseratione desperet, de anim. 3, 14, 21 te abiciendo ac de-
sperando.
3. o. ™ deorsum premere, ad inferiorem gradum reicere, htimi- 47
liare, extenuare.
a. a. — deorsum premere (cf. § 7. 13): Cic. Lael. 32 qui
suas omnes cogitationes abiecerunt in rem tarn humilem tamqne
contemptam.
b. a.—*humiliare. a. quem? Vus. thren. 3, 33 non humi-
liavit . . et abiecit filios hominum, ib. 3, 32; Cod. Theod. 9, 42, 5
si per egestatem -i sunt in faecem vilitatemque plebeiam; Boeth.
cons. phil. 3, 9 p. 69, 53 quem vilitas abicit.
ß. se a.: Cic. parad. 14 sie te ipse abicies atque prosternes
ut nihil inter te atque inter quadripedem aliquam putes interesse?;
Ang. enarr. ps. 21, II 7 = 174, 5 quare sie se abiecit, ut diceret
vermis?; id. 43, 347 M. me vero humiliabo et abiciaru, 46, 847
quantum (Ioannes) se abicit, videte, qu. in hept. 7, 37 David ut
se tamquam contemptibilem abiceret, canem se appellavit, Ioann.
ev. 4, 9 qnantum se abiecit! et ideo multura elevatus est, ad fratr.
in er. 61 qui . . semper se abicit et cont&nnit; Greg. Tur. vit.
patr. 2 pr. p. 668, 15 dominum caelorum . . non -um ad humili-
tatem, sed humiliatum ad mundi redemptionem.
c. a. alqd (alqm) = verbis vel oratione extenuare, elevarefA8
cofUemptum facere; opp. augere, tollere , exornare. quid? Cic. de
or. 3, 104 non solum ad augendum aliquid et töllendum altius
dicendo, sed etiam ad extemiandum atque abiciendum, orat. 127
augendis rebus et contra abiciendis, Tusc. 5, 51 exaggerantem
tanto opere virtutem, extenuantem cetera et abicientem; Catull.
24, 9 hoc tu quamlibet abice elevaque) Sen. ep. 75, 2 quos (sen-
sus meos) nee exornassem nee abiecissem; Fortun. rhet. p. 127, 5
H ut augeas, ut abicias; schol. Bob. 265, 13 quae omnia . . quam
eleganter elevet et abiciat M. Tullius, consideremus.
quem? Jul. Rufin. 61, 28 H cum adversarium . . extollimus
vel abieimus; schol. Bob. 363, 33 quem (Torquatum) despiciendo
plus abicit (Cicero) et humillimum facit.
III, Abicere = removere, prohibere, expellere, exeludere, obigere 49
(cf. § 17 sqq.).
a. Vul. eceli. 27, 25 annuens oculo fabricat iniqua et nemo
eum abiciet (aito<5zri<fE v) ; Hier. ep. 54, 9 quod foris est, facile
abicitur {opp. libido insita); Greg. M. 78, 232° infestatio immundi
548 Ph. Thielmann:
Spiritus abiciatur; Paul. D. 95, 1349b nee amorem proximi abiciat
amor Dei.
unde? Ps.-Quint. decl. mai. 17, 10 a earitate exclusus, -us
sum; Arnob. 1, 59 p. 39, 23 abiciamus ex usibus nostris quo-
rundam fructuuin genera; Leo M. app. 56, 531* ut (Marcianus)
totam falsitatis noxam a grege suo abiciat; decr. Leon. 5. 67,
280b a nostris ovibus morbus abicitur. Ecdesiastici plerumque
sernumis sunt locutiones a. ab auribus, ex (a, de) cor de -ibus,
ex animOy de mentibus: Aug. c. Iulian. 5, 6, 24 abicerent ab
auribiis suis libidinis vituperationein; Ambr. paen. 1, 11, 52 qui
penitus Deuin ex suo corde abicit, Aug. 38, 518 M. ep. 194, 8.
Mansi concil. I 628 B 14. Cassiod. Rab. Maur.; Heges. 1, 37, 79
ita omnes (mulieres) ex animo abiecerit, Aug. de anim. 3, 15, 23.
conf. 5, 14, 25. ep. 69, 2. Hilar. vit. 4 vol. 50, 1226\ Cassiod.
(Ps.-Acro epist. 1, 10,24); Hier. Ion. 3, 6 sq. 1142* hoc de mentibus
abiciamus, Petr. Chrys. 52, 521°. Cass. ps. 13, 12. 106d. ps.55, 10. 398d.
50 b. Notandae sunt locutiones: 1) a. aiqm ex coetu alqo vel
societate — exeludere: Ps.-Tert. carm. adv. Marc 1, 70 -os a
plebe Dei; Vu3. 1 Esdr. 10, 8 ipse abicietur de coetu transmigra-
tionis; ib. Dan. 4, 30 (Nabuchodonosor) ex hominibus -us est;
Aug. enarr. ps. 10, 11. 137, 23 ut a coetu beatorum abiciantur;
Gelas. frgm. 49 (Thiel) -us ab omni conventu . . fidelium; Vict.
Vit. 3, 53 quos abiecistis a facie omnium populorum; Paul D.
95, 734b infelici mihi -o a populo.
51 2) a. propinquos = eicere domo, abdicare, repudiare. Non.
450, 27 abdicare . . quod est familia abicere.
cc. filioSy filias, liberos: Sen. Phoen. 258 quem deus
damnavit, abiecit pater; Ps.-Quint. decl. mai. 17, 6 ego osculor
illas expellentis (patris) manus, ego abicientis genua teneo; Lact
inst. 6, 24, 3 liberos nostros . . abdicatos -osque; Hier. Tit. 698,
565° filios; id. Mal. 2, 10 sq. 1559b filias; Myth. Vai 1, 23; schol.
Gronov. 428, 4; — cf. Isid. or. 12, 7, 11 si quos (pullos aquila)
inflectere obtutum (viderit), quasi degeneres abicit.
ß. parentes, fratres: Ps.-Cypr. sing. cler. 33 si de abiciendis
parentibus dubitantes indigni sunt Christo; Aug. qu. in hept. 7,
49, 21 in Ioseph, quem fratres vendentes abiecerunt.
y. uxorem (cf. a toro a. Leo M. ep. 167, 6 etc.): Iul. Val. 1,4
quia (Philippus) . . -a me (Olympiade) velit in alteram trans-
migrare, 1, 6 Mai (= 1, 22 Mueller)] Aur. Vict. epit. 1, 23 -a
uxore Scribonia, 39, 2; Hilar. Matth. 1, 3 B Ioseph volenti eam
Abicio, abiectue, abiecte. 549
(Mariam) a.; Ambr. II 2. 241*. 1116' uxores abicitis, filios ab-
dicatis; Hieron. Os. I 2, 2 sq. 830b iam repudiata est (uxor), iain
-a est, Mal. 2, 10 sq. 1559». Vu3. Ies. 54, 6; Aug. 6, 457. 458.
42, 61, 11. qu. in hept. 4, 59, 2; Oros. 5, 10, 6 is (Ptolemaeus)
sororem suam . . in matriinonium receptam . . turpius quam
duxit abiecit; Can. apost. 6. 67, 141d; Cass. bist. tr. 8, 11. 1118*
Iustinam ducere tractabat uxorem, non tarnen Severam a. (cf.
hist misc. 12, 10); Greg. M. epist. 7, lc. Freoulf 1, 6, 6. 2, 4,
14; — cf Ion. vit. Columb. 87, 1029c -is concubinis.
3) a. alqm magistratu, dignitatc, honore {absetzen). 52
a. clericos, abbates, cpiscopos: Hilar. frgm. XI 4C a sede
sacerdotii abicientur; Amin. Marc. 15, 7,9 a, sede sacerdotali;
Ps,-Aug. ver. et fals. paenit. 20, 36 pontifex iustus . . non cogi-
tur sacerdotes suos semper a. nee mox restiiuere; Leo M. app.
56, (>23b. 710° si quis episcopus vacans ecclesiam vacantem ar-
ripiendam esse crediderit, hunc abici oportet, ib. 56, 409b. 410*.
438* hi (diaconi, qui ad nuptias convenerint) a minister io abici -
antur; Cod. Theod. 16, 2, 35 omnibus -is . . sacerdotio personis;
Can. apost. 20. 67, 143d clericus fideiussionibus inserviens abicia-
tnr, ib. 23 tit 67, 144* ut clericus qui se eunuchizavit abiciatur
a clero; Cass. hist. tr. 11, 8. 1191d Isdigerdes Persarum rex . .
Marutham (episcopum) a. cogitabat; Cap. Caroli M. 195, 6 si ab-
bates . . sine regula vivere . . inventi fuerint, . . abiciantur, Eigil.
▼it. Sturm. 17.
ß. reges, prineipes: Aug. civ. d. 17, 4 p. 203, 4 Säule -o
rex David fundatus; Greg. M. I reg. 6, 2, 35 cum -o rege, 6, 3, 2
reprobi et -i regis (Saulis); Gild. 71; Agnell. 101 p. 344, 23 W
qui (Smaragdus) postea ab honore patriciatus a Gallinico -us est.
y. milites: Amm. Marc. 25, 1, 9 -i sunt sacramento alii quattuor
. . vexillationum tribuni; Cod. Theod. 8, 8, 9 absolutus cingulo
müitia abicietur.
d. Cod. Theod. 6, 30, 15 his -is de officio palatino.
IV. Ecclesiastici sermonis propriae sunt significativncs JiaeöS
partim ad expellendi partim ad spernmdi notionetn referendac:
1) De Deo patre (Christo), qui impios homines vel populos
spernit, condemnat, a caeli regno excludit. Cf. § 51a et Hier. Os.
III 14, 2 sq. 943* placabit patretn (Deum), a quo fuerat -us.
Teri carn. Chr. 17 (Eva) ut -a (sc. a Deo) pareret, adv. Marc.
1, 27. 2, 4; lerem. 7, 29 ap. Iren. 4, 36, 2 reprobavit Dominus et
abiecit gentem facientem haec; Ps.-Cypr. adv. lud. 7 (Iudaei) cae-
550 Pb. Thielmann:
lesti (regno) -i sunt; Lact. inst. 2, 17, 10 Spiritus . . condemnati
et -i a Deo; Ambr. paenit. 1, 1, 3 reficit Dominus Iestis, non ex-
cludit neque abicit, id. II 2. 154b eos qui Israelitae dicebantnr,
propter quod inoboedientes erant, ut inimicos abiciendos, ib.
158d. 219a Dominus Iudaui, cum für esset . ., minime abiecit»
385b; Hier. ep. 120, X p. 998. Os. I 1, 8 sq. 827b ut Israel abicia-
tur [cd. abdicetur] in perpetuum, ib. I 2, 2 sq. 831* baeretici qui
-i sunt a Domino, Zach. I 1, 17. 1427b Sion et Ierusalem, quas
abiecerat, Vus. Ies. 41, 9 servus meus es tu, elegi te et non abieci
te, ib. lerem. 31, 37 ego abiciam Universum semen Israel; Eufin.
dial. 2, 7 (Gaspari) cum eam (animam creator) fecisset, videns
eam inoboedientem abiecit eam; Cass. ps. 5, 6. 56* peccatores
quos Dominus exsecratur et abicit, ib. 17, 16. 128° fideles rt~
cipiendo, impios abiciendo, ib. 29, 5. 204b. 80 concl. 592b; Greg.
M. I reg. 6, 3, 15; Isid. fid. cath. 2, 7, 3. 2, 8, 1. Hab. Maur.
54 2) De hominibus, qui Deurn (Christum) vd legem eins sper-
nunt: act. apost. 7, 39 ap. Iren. 4, 15, 1 cui (deo) noluerunt ob»
oedire patres vestri, sed abiecerunt; Yus. 1 reg. 8, 7 non te ab-
iecerunt, sed me (Dominum), ne regnem super eos; Ps.-Aug. scaL
parad. 12. Paul. D. 95, 1257° Dominum creatorem suum quaesivit
superbus a.; — Aug. qu. in bept. 7, 49, 19 qui abiecerunt Christum;
Cass. ps. 21, 6. 156* illi Barabbam eligentes Christum Dominum
potius abiecerunt; — Cypr. de laps. 21 legem Dei, Vu8. Ies. 5, 24.
Arnos 2, 4. Aug. Cassiod.; — Vu3. 4 reg. 17, 15 Jegüima eius
(Dei) et pactum; ps. 49, 17 ap. Cypr. hab. virg. 1 odisti discipli-
nam et abiecisti sermones ineos retro, Cypr. ep. 63, 18 p. 715, 19.
Vu3. 1 reg. 15, 23; — Hier, in Am. I 2, 4 sq. 1004d mandata (Dei);
— Iulian. ap. Aug. op. imp. c. Iulian. 4, 128 cultu creatoris -o.
55 3) a. alqm, alqd ut ab ccdesia catlwlica alienum «=» repudiare,
damnare, excommunicare, anatJiematizare.
a) a. homincs impios vel haereticos = a communicatione ecelesiae
excludere: Ps.-Tert. adv. onin. haer. 6 Marcion . . propter stuprum
cuiusdam virginis ab ecelesiae communicatione -us; Herrn. Pasi
sim. 9, 18, 3 p. 237, 20 sie erit ecclesia Dei . ., -is ex ea maus
atque fictis; Hilar. trin. VII 4B; Lucif. Cal. de non conv. 3 p. 9,
7 H cum . . domini ecclesia vos atque omnium seetarum haereti-
cos foras abiecerit, ib. 9 p. 18, 14 sie excisus est atque us Paullns
Samosatenus . . e corpore ecelesiae; Ambr. II 2. 219°; Hier. ep.
123, 9 abieimus de ecclesia digamos? Absit; Aug. 42, 33, 14. ib.
549, 25 tu es anathemandus et abiciendus (cf. Martin. 87, 192b
Abicio, abiectns, abiecte. 551
M. abicit et anathematizat), id. op. imp. c. Iulian. 3, 31 quomodo
abioiat Christi ecclesia dialecticuni, quem cernit haereticum; Leo
M. app. 56, 444* mulierem, si duobus fratribus uupserit, abici
debere usque ad diem mortis, ib. 708b communicantes ei (clerico
condemnato) omnes abici de ecclesia iubentur; Gelas. epist. 3, 10;
Cass. hist. tr. 4, 24. 973* abdicamus illos et extra terminos ec-
clesiae catholicae procul abicimus; Greg. M. hom. Ezech. 2, 9, 14;
Martin. 87, 125b; Marculf. form. 87, 952d alienamus eos et abici-
mus a liminibus sanctae Dei ecclesiae; Willib. vit. Bonif. 8, 25
scismaticum; hist. misc. 23, 27 Gregorius . . Anastasium una cum
libellis abiecit
b) a. dogmata, fowreses, libros hacreticos, instUuta ecclesiastica: 56
Iren. 3, 22, 1 errant qui dicunt eum (Iesum) nihil ex virgine
accepisse, ut abiciant carnis hereditatem; Ignat. ad Trall. 6, 3
nativitatem ex virgine; Ambr. II 2. 540* abicienda est et stulti
Sabellii commistio et impii Arii separatio; Hier. ep. 48, 9 Tatia-
nus abicit matrimonia, ib. 51, 6 p. 523 multae haereses -ae sunt
ab ecclesia; Rufin. dial. 5, 14 (Caspari) fidem Marini, 5, 28; Aug.
43, 485 baptismum, 754 sacramentum (cf Praedest. 53, 611dbaptis-
matis sacramentum), id. op. imp. c. Iulian. 6, 25 quod dogma;
Xysti ep. IV 11 vol. 50, 600a illa blasphema capitula; Ps.-Max.
Taur. 57, 910d Sabellii errore -o; Gelas. epist. 1, 20; Cass. hist.
tr. 5, 20. 1000d. ib. 5, 34. 1013b onoovötov et bfioiovöiov . . nomen
abicimus, ib. 7, 25. 1089c blasphemias Arii universas a. easque
anathematizare ; Maur. 87, 105a; Martin. 87, 197b; Agath. epist.
87, 1252c; — cf hist. misc. 22, 19 (Iustinianus) abiecit sanctam
et universalem sextam synodum.
c) a. deos alicnos, idola} religiones pravas, errores paganicos de 57
itSy qui relictis dis falsis et ^istinae vitae arroribus ad verum deum
veramque ecclesiam redcunt: Ignat. mart. lat. 5, 8 quos (deos) te
oportebat a., non etiam adorare; Vu3. gen. 35, 2 deos alienos;
Aug. civ. d. 2, 29 p. 96, 9 abice potius (deos falsos fallacesque)
atque contemne; — Vu3. Ies. 31, 7 in die illa abiciet vir idola
argenti sui; Sulp. Sev. ehr. 1, 26, 4. Greg. M. I reg. 3, 5, 7. Scr.
Lang. 552, 24; — Pard. 154 a. 554 quieunque simidacra con-
strueta vel idola . . non statim abiecerint; Scr. Lang. 563, 6.
Lact. inst. 1, 7, 12 homines . . -is religionibns pravis paren-
tem suum dominumque cognoscant; — Lact. ir. 2, 2 a. impios
eultus deorum humana manu fabricatorum, Aug. civ. d. 2, 29 tit.
8, 22 tit. Einh. vit, Car. 7 ; cf. Troya cod. dipl. IV 2 nr. 331 p. 507
552 Ph. Thielmann:
abiciam omnia, quae ritu gentis colueram; — Zeno Ver. 2, 14, 4
ßordidos ritus, Mansi concil. I 617 b 14; — Aug. ep. 144, 2 -is
superstitionibus gentium; Capit. Car. M. 45, 18 ut (populus) omnes
spurcitias gentilitatis abiciat et respuat.
Ignat. Antioch. 1; 2 legi atque prophetis credere, omnem
iudaicum atque paganicum errarem a.; Lact. epit. 60, 10 ut errore
vitae prioris -o simul cum ipso Deo nosraet ipsos . . nosceremus,
inst. 4, 28, 1. 7, 27, 1. epit. 52, 1. Ambr. II 2. 220 d. Cass. ps. 12
div. 101 a. Scr. Lang. 561, 18. 20.
58 Phras. 1) Abiectus iaceo (tibi -us partim est adiectivum):
Sen. Thyest. 197. Lact. inst. 6, 12, 27. Auson. 24 (72), 1. Ambr.
de Iac. et vit. beat. 2, 2, 9; iacens et (atque) -us: Cypr. ep. 59,
18 p. 689, 2. Lact. inst. 5, 2, 2. Firm. Mat. math. HI 6 II 7. Aug.
conf. 2, 5, 11. Greg. M. etc.
2) a. in publicum: Cic. Mil. 33. Liv. 23, 9, 13. Qaint. decl.
379 p. 423, 12 R. Tac. ann. 15,47. Suet. Cal. 5. Marc. Emp. 10
p. 87, 21. Comparari potest foras a.: Apul. apol. 58. 1 loh. 4, 18
ap. Tert. Scorp. 12 bis. Tert paen. 2. pud. 20. Lucif. de non conv. 3
p. 9, 7H. Migne 13, 676, 24; cf. forinsecus a. ApuL met 9, 28.
3) Augendae notionis causa ad abicio adduntur adverbia pror-
sus (Cic. de or. 3, 102 etc.), penitus (Iuvenc. 3, 156 etc.), longe
(Apul. met. 9, 40 hngissime, etc.), procul (Migne 5, 264 etc.)
Abiectito -are, saepc abicio. Ars Asperi gramm. GLK suppL
48, 24 frequentativa a frequentando, ut lectito, abiectito, rogito.
1 Abiectus a um, pari, pro adi usurpatum, notione sempcr trans-
lata — vilis, humilis, sordidus. Abiectus: humilis, adpositus
gl. abav.; ajrojSA^rog: reiectus, abiectus Cyrill. p. 386, 46.
Compar. -ior: Cic. Lael. 59. leg. 1, 51. ep. 1, 9, 16. Liv. 9, 6,
11. Val. Max. 3, 5, 4. Ps.-Cypr. dupl. mart 6. Veget. a. vet. praef.
p. 221. Ambr. ter. Rufin. Aug. 9ics. Salv. gub. d. 6, 18, 99. Boeth.
ter. Cassiod. Greg. M. 5ies. Scr. Lang. 568, 28 et saepius; superl.
-issimus: Val. Max. 3, 7 ext. 5. 9, 2, 2. Quint 11, 1, 13. Plin. ep.
1, 5, 8. Rufin. hist. mon. 11. Aug. lOics. Salv. gub. d. 3, 10, 50.
Cassiod. Agobard.
2 I. De rebus. Cum abiciantur plerumque res exiguae et super-
vacuae (cf. abicio § 20), res -ae sunt vilcs et pusillae vel parvi pretii;
cf. GLK VII 171, 3 (bilis) si -um aliquid ac parvi pretii (signi-
ficat), per v scribetur. lungitur auteni -us cum substantivis tarn
concretis quam abstr actis.
Abicio, abiectus, abiecte. 553
1. &• neuir. (subst non addito): Sen. dial. 5, 32, 3 videre
quam humilia et -a sint (haec propter quae litigamus); Ambr.
de parad. 3, 16. 298 b quid -ius nostro corpore? id. fid. 5, 16, 200
quasi mmitnum atque -um; Aug. de mor. Man. 1350 quid cinere
-ius? enarr. ps. col. 1294 multum illud excelsum, multuin hoc -um,
civ. d. 6, 1 p. 245, 13 hoc quiddam parvum et -um, ib. 7, 2 p. 275,
6 nescio quid -issimum limo ac pulveri comparandum; Boeth.
cons. phil. 3, 4 p. 59, 42 nunc ea praefectura quid -ius?; Cass.
var. 8, 11. 743 d nemo gentilium in vobis putavit -um, quod in
me respicit honoraturn, ps. 41 praef. 300 d totum -um est, quid-
quid in humanis rebus putatur eximium, ps. 59 concl. 424 b illud
apud te est pretiosum, quod in hoc mundo . . videtur -um; Greg.
M. hom. ev. 39, 10 quid in humana carne -ius carne leprosi?
Neutr. pL subst: Aug. de lib. arb. 1267 inter exigua et om-
nino -issima; Greg. M. mor. 23, 9 huius vitae infima et -a, I reg.
6, 3, 14 saepe -a foris et vilia intus excelsa sunt; scr. Lang. 587,
23 minima et -a illius; — interdum ad notionem substantivi abiectio
(«= humüiatio, humilitas) accedit: Greg. M. mor. 27, 44 ne alienae
infirmitatis -a contemnant, hom. ev. 6, 1 -a perpeti non dedignor;
Baed. hom. 117 -a et aspera terrestrium, 278 cum crucis -a de-
scripsisset; Agobard. adv. Fredeg. 3. I 167 Christus -a passionis
pertulii
b. c. subst. cancr.: Ambr. fid. 1, 4, 32 inter -a praesepia, id. 3
II 2. 706 d aurum et argentum vilis est et -a materies; Aug. gen.
ad litt. 5, 21, 42 vilissimas eius (mundi) -issimasque particulas,
id. 38, 229 M. lapidem vüem et -um; Ps.-Aug. de ass. B. virg.
Mar. 6 -issimus pulvis; Greg. M. mor. 30, 66 rebus tarn -is et
vütbus (quales sunt vermes et scarabaei); Isid. fid. cath. 2, 17, 2
velut -a stercora; — de veste: Hieron. 11,393° -a et nigra vestis;
Rufin. hisi ruon. 11 erat indutus vilissimo et -issimo indumento;
hisi Apoll. 14 p. 17,26 -o habitu, Isid. reg. mon. 12, 1; Paul. D
95, 1414* de nimis -o et inculto vestitu.
c. c. subst. abstr.: Val.Max.3,7 ext. 5 -issimum negotium (prae- 4
cedit ministerium sordidissimum) ; Apul. apol. 93 pecora neque
pauca neque -i pretii; Veget. a. vet praef. p. 221 forsan ipsa
opera mulomedicorum videtur -ior; Ambr. hex. 6,9,54 vüis et
-a pauxillitas; Victorin. rhet. 196, 19 H humile causae genus est,
si de re -a sit controversia; Max. Taur. 57, 804* ex -ae speciei
rebus; Apoll. Sidon. ep. 8, 11 — 8, 15 p. 431 B o necessitas -a
nascendi; Ennod. 314, 6 V divitias honores si non ornamus, -a
Archiv fdr lat Lexikogr. IV. Hoft 3. i. 36
554 Ph. Thielmann:
sunt; Cass. ps. 39, 22. 294 b ne istani paupertatem väem -amque
aestimares; Cod. Iust. 12, 1, 6 -is officiis; Greg. M. mor. 31, 94 in
-a et infima conversatione.
5 2, Accedit igitur -us ad notionem )wrum adiedivorum: a) tn-
firmus, invalidus, opp. potens: Ps.-Cypr. dupl. mart. 6 quid
morte -ius iuxta carnem? sed nihil morte potentius iuxta spiri-
tum; Ital. 1 Cor. 1, 27 -a (xa äö&svrj, Vu*. infirma) huius mondi
elegit Deus; — ab astrologis -a vel pigra ea signa dicuntur, quae
cum extra certurn inveniantnr numerum, inutüia sunt atque effectu
carent (wirkungslos): Firm. Mat. math. II 25, 2 docere debemus,
quid sit dianietrum, . . quid -uin ; II 26, 34 sq. ac per hoc quod-
cunque signum extra hunc numerum (in praecedentibus accurate
descriptutri) fuerit inventuni, pigrum et -um dicitur.
6 b) contemptus; cf. Cass. ps. 43, 14. 314° contemptus (subsL)
significat -issiniam vilitatem.
Cic. Cluent. 94 non quo illi . . causam pecuniae publicae
contemptam atque -am putarent, leg. 1, 51 quid contemptius timi-
ditate, quid -ius tarditate et stultitia dici potest? = Sen. ep.
37, 4 hutnilis res est stultitia, -a sordida servilis; Suet. Dom. 2
poeticae Studium tarn insuetum antea sibi quam postea spretum
et -um; Aug. enarr. ps. col. 1829 de rebus contemptibilibus et -is,
ep. 140, 21 -issimum quiddam et contcmptissimum ; Cass. ps. 89,
3. 645 b -a atque contemptibüis.
de moribus = sordidus, obscaenus (geniein): Val. Max. 3, 5, 4
omnibus scortis -iorem et obscaeniorem vitam exegit; Tac. ann.
13, 46 Neronem . . nihil e contubernio servili nisi -um et sor-
didum traxisse; Aug. 43, 370, 24 propter Sodomitarum crimen
-um; Greg. M. mor. 23, 49 -a desideria terrenae conversationis,
32, 12 -is et infimis desideriis.
7 c) hutnilis, ignobilis (de condicione, fortuna, fatnüia, per-
sona, sim.): Val. Max. 6, 9 in. ex condicione -a atque contempta
[ib. 5, 2, 10 -a collegii condicio ex emend. Blaumii; codd. adiecta
lege c.]; Suet. Cal. 35 tarn -ae condicionis tamque extremae sortis;
Aug. doctr. Chr. prol. 6. Cass. ps. 87, 6. 624 b. Cod. Iust. 1, 5, 8,
5. Lex Wisig. 5, 7, 17 p. 77* claritas generis sordescit commix-
tione -ae condicionis; — Schol. luv. 8, 175 sutores ac per hoc
-ae sortis homines; — Ven. Fort. carm. 8, 1, 36 -o loco (=ordine)\
Nov. Valent. 26, 1, 2 hutnilis -aque fortuna, ib. 30, 1, 5; — Cic.
Deiot. 30 vestram familiam -am et obscuram; Aug. conf. 7, 6, 9
-issimam familiam, condicionem servilem; — schem. dian. rhei
Abicio, abiectus, abiecte. 555
p. 72, 10H -18 natälibus et sordida familia progenitus; — Ulp.
dig. 47, 10, 17, 13 si patris persona vilis -aque sit, filii honesta;
Gelas. epist. 67 9. Nov. Marcian. 4, 1, 1 humücm -amque personam,
4, 1, 2. GrilL comm. rhet. p. 603, 3 H.
IT. De hominibus: honio -us = h. -ae condicionis vel per- 8
sonae {§ 7). Greg. M. I reg. 6, 3, 15 -us ergo humilis dicitur. Est
autem alqs -us aut genere (= ignöbilis) aut re familiari (= pauper)
aut ordine aut atidoritate simüibusque rebus. Facile accedit notio
sordidi et contempti, quae posterioribus temporibus praevdluisse vide-
tur: Apoll. Sid. ep. 7, 9 cont. (= 7, 5 p. 365 B) quis non ex-
acerbescat, cum videat sordidari virtutum sinceritatem criminatione
▼itiorum? Si eligimus humücm, vocatur -us; Nov. Marcian. 4, 1
ille honesti amantissimus . . censor eas humiles -asque iudicavit
esse personas . ., quas aut nascendi decolor inacula aut vita pro-
brosis quaestibus dedita sordentibus notis polluit . . Humilem vel
-am feminam minime eam iudicamus intellegi, quae licet pauper
ab ingenuis tarnen parentibus nata sit (explicantur verba codicis
Theodos. 4, 6, 3: ex tabernaria vel ex tabernarii filia vel humili
vel -a . . susceptos filios). Cf. Cass. ps. 83, 12. 605 a -us dicitur,
qui humana aestimatione habetur extremus; Ps.-Acro sat. 2, 3, 94
nequior: -ior.
1. a. subst. non addito: Ps.-Quint decl. mai. 11,2 quod hu- 9
milis, quod esset -us; Apul. met. 7, 5 nee me putetis egenum vel
-um; Lact. inst. 5, 15, 8 deo humilis et -us est, qui fuerit con-
spieuus et sublimis in terra; Firm. Mat. math. V 9 II 4 erunt hi
quoque viles -i, rusticorum more foedi sordidique vestitus, ib. V 9
humües erunt et -i, pauperes despecti; Ambr. Tob. 19, 66 ille
erit primus, tu ultimus et -us; Aug. enarr. ps. col. 1881 ex
honoratis fiunt -i, id. 38, 259 illum contemptum, inlu>noratum, -um,
46, 845 sumus mortales, proiecti, -i, terra et cinis; anth. lat. I
21, 177 perditus -us maledictus sordidus amens; Apoll. Sidon. ep.
3, 9 = 3, 6 p. 250 B solus inermis -us rusticus peregrinus pauper;
Cass. ps. 71, 4. 508 a pauperes Christi saeculi istius iudicio esse
probantur -i; Isid. fid. cath. 1, 15, 1 pauper et -us; schol. luv. 7,
16 nudi ambulant pedibus ac per hoc -i; vit. S. Eugend. 21 eunetis
-ior et infimus.
Mose, pl. subst: Lact. inst. 6, 12, 6 non . . domus illustrüms
debet patere, sed humüibus et -is; Aug. ep. 137, 16 ex imperitis-
simis, ex -issimis, ex paucissimis illuminantur . . praeclarissima
36*
556 Ph. Thielmann:
ingenia; Salv. gub. d. 7, 21, 93 humiles -ique; Gelas. traci 6,7
-os et infimos] Priscian. 18, 182 inter vües et -os connumeratus.
10 b. c. subst: Firm. Mat. math. III 6 n 7 iacentes homincs et
-os ad publicum faciet incrementum dignitatis adduci; Sulp. Vici
329, 4 H. Salv. gub. d. 3, 10, 50 ad servos . . aut -issimos quos-
que homines; Max. Taur. 57, 288* a quibuscunque vilibus obscuris
-isque hominibus; Cass. var. 6, 18. 699b, ps. 48, 17. 346c; cf. id.
ps. 106, 32. 774b hie plebem non quodeunque -um hominum ge-
nas debemus aeeipere (Isid. diff. 1, 445 plebs pars humilis et -a);
— Hier. 11, 414b homunculus sie -us.
Firm. Mat. math. Y 3 (mulieribtis) ignobilibus et abiectis (cf.
Amm. Marc. 23, 6, 5 -is et ignobilibus); Aug. ep. 137, 12 quis
extremus idiota vel quae -a mulier ada.
Cic. Phil. 2, 82 quis unquam apparitor tarn humilis, tarn
-us; — Aug. 39, 1900, 34 vile -umque maneipium; Cass. ps. 105,
44. 765c; — Ps.-Aug. de cogn. ver. vii 9 per -os servos] Ago-
bard. ds insol. lud. I 59 Agobardus -issimus omnium servorum
vestrorum; cf. Cass. var. 3, 43. 599b -o favere servitio] — Aug.
39, 2049, 43 minas -ae pueUae (= ancillae)] — schol. luv. 7, 114
Lacerne: nomen aurigae -i.
de indoU atque ingenio: Sen. suas. 1, 13 Menestrati cuiusdam
declamatoris non -i suis temporibus; Gell. 18, 7, 4 non parvis nee
-is ingeniis; Ps.-Acro sat. 1, 10, 22 Pitholeon -us poeta.
11 2. Aceedit igitur -us ad notionem horum adiectivorum : a) in-
firtnus, invalidus, opp. potens: Cic. Cat. 4, 20 eam (inimicorum
multitudinem) iudico esse turpem et infirmam et -am; Quini 4,
1, 14 et potentes sequitur invidia et humiles -osque contemptus;
Cypr. ep. 59, 18 p. 689, 2 nullus Dei sacerdos sie infirmus est,
sie iacens et -us, sie inbecillitate humanae medioeritatis invalidus]
Boeth. cons. phil. 4, 1 p. 89, 25 cognosces semper quidem po-
tentes esse bonos, malos vero -os semper atque inbecillos; Greg.
M. mor. 33, 32 praedicatores infirmos -osque, hom. ev. 8, 2.
12 b) perditus, corruptus: Cic. Pis. 31 -i hominis ac semi-
vivi furorem . . fregistis, Mil. 47 -i homines et perditi; Plane, ep.
10, 15, 1 perdüum -umque latronem; Val. Max. 9, 2, 2 apud se-
ditiosissimi et -issimi hominis bustum; Iul. Val. 1, 46 (38) -o
cuidam ac latroni; Firm. Mat. error. 14, 2 ab -is et prostratis
hominibus; Aug. civ. d. 4, 26 p. 179, 15 (Iuppiter) quovis Romano
. . homine -ior; Cod. Th. 6, 27, 18 remotis -is, pessimis, criminosis;
Abicio, abiectus, abiecte. 557
Cod. Iust. 2, 6, 6, 5 veluti -i atque degeneres\ Greg. M. mor. 27,
29; schoL Bob. 324, 32.
HI. De bestiis: Aug. lib. arb. 1286 a vüissimis et -issimis 13
bestiis; id. 42, 391, 49 issimum aninial; Ps.-Acro sat. 1, 7, 30
cuculus avis est -a.
IV. De animo et cogitatione. 14
1. De animo fracto (cf. äbicio § 46): Cic. Lael. 59 saepe in
quibu8dam anirnus -ior est, parad. 35 oboedientia fracti aniuii et
-i, arbitrio carentis suo; sollemnis est locutio -o animo (esse, alqd
facere): Cic. Att. 3, 2 ita sum animo perculso et -o, ib. 12, 40, 2.
Liv. 25, 37, 7. Tac. hist. 4, 85; cf. -iore animo Cic. ep. 1, 9, 16.
quis? C. Gracch. ap. Cic. de or. 3, 214 matremne ut mi-
seram lamentantem videam et -am?; Cic. Phil. 13, 17 quam -us,
quam confectus esset (Lepidus), Tusc. 3, 26 tamne -us tamque
fractus? (cf. Curt. 6, 2, 21 infractos et -os); Liv. 9, 6, 11 (eos)
multo sibi maestiorcs et -iores animi (locat.) visos; Sen. Thyest.
197 numquid -us iacet?; Petron. 80. Hier. Sophon, 3, 19 sq. 1386°.
Sollemnis est locutio excitare -um (-os): Cic. Cluent. 68. Att. 1,
16, 8. 5, 20, 6, vel erigere -um: Ven. Fort. carm. 6, 2, 109. Elig.
87, 622b. Erm. Nig. poet. Car. II 4, 26; cf Ps.-Cypr. laud. mart. 23
quo laetantur boni, relevantur -i, curantur electi.
quid? Cic. Tusc. 2, 57 sin erit ille gemitus elamentabilis,
si imbecillus, si -us, si flebilis, ib. 4, 64 ne quid humile suinmis-
sum, molle ecfeminatum, fractum -umque faciamus.
2. De animo submisso. quis? Cic. off. 1, 124 privatum 15
oportet aequo . . cum civibus iure vivere neque summissum et
-um neque sc ecferentem-, Quint. 11, 1, 16 -os aut summittentes se;
Plin. ep. 1, 5, 8 ut est cum timet -issimus; Ven. Port. Mart. 4,
542 in -um Martinum; Greg. M. I reg. 1, 1, 9 quia . . sc Deo
patri totum humüem et -um per oboedientiam praebuit; Scr. Lang.
568, 28 quamquam cunctis praeesset, omnibus tarnen se -iorem
ostentabat.
quid? Cic. de or. 3, 218 aliud (vocis genus) metus (sibi
sumat), demissum et baesitans et -um; Ambr. off. min. 3, 22, 130
non quasi -a vox ista est, sed quasi censoria; Donat. Eun. 5, 8, 24
-a nimis supplicatio.
3. De animo pusillo et cogitatione humili: Quint. 11, 16
1, 13 parva illa, quae -issimus quisque animus utilia credit;
Eumen. pan. 18 p. 129, 6 quis nunc sit animo tarn humüi, tarn
•o, tarn ab omni appetitione laudis alieno; — Ps.-Quint. dec)
\
558 Ph. Thielmann:
4, 9 humiles prorsus -aeque mentes] — Iul. Val. 2, 10 (2) o rem
ridiculam et puerilis . . -aeque sententiae; cf. Cass. hist. tr. 4, 24.
974* intellectum eorum fatuum et -um.
quid? neutr. sing.: Cic. fin. 5, £7 nihil -um, nihil humile
cogitant, Mamert. pan. 31 p. 269, 15. Cass. var. 6,* 3. 683°; —
neutr. pl. Hier. ep. 123, 10 -a ne cogites] Greg. M. mor. 10, 49 qui
de se tarn -a sentiret, ib. 30, 35. 35, 3. Agob. adv. Fred. 2. I
p. 166 qui vere humilis est, -a de se sentit; Greg. M. mor. 18, 59
humanam animam de se -a sapientem; Agob. adv. Fred. 3. 1 p. 170
-a de se sciens.
17 ¥• A rhetoribus abiecta verba (~a oratio, sim.) ea dicunturp
quae demissa sunt ad cotidianum dicendi genus. Syn. verba humum y
sordida, opp. v. ornata, lecta, illustria. Cf. abicio § 33.
Cic. de or. 3, 150 in propriis est verbis illa laus oratoris,
ut -a atque obsoleta fugiat, lectis atque illustribus utatur (= Al-
bin, rhet. p. 544, 33 H); Brut. 227 verbis non ille quidem ornatis
utebatur, sed tarnen non -is, ib. 233. orat. 235. opi gen. or. 7;
orat. 192 ita neque humilem et -am orationem nee nimis altam
et exaggeratam probat, Brut. 295; orat. 184 comicorum senarii
propter similitudinem sermonis sie saepe sunt -i, ut etc.] orat. 230
sunt etiam qui . . in quoddam genus -um ineidant versiculorum
simillimum; Quint. 2, 12, 7 cum omnia circa illas (sententias
orationis) sordida et -a sunt; Tac. dial. 36 nihil humile vel -um
eloqui poterat.
Inde actor verbis -us is est qui -is utitur verbis: Cic. Brut. 221
fortis actor et vehemens et verbis nee inops nee -us.
Perabiectus a um, abiectissimns: Ps.-Cypr. laud. mart 30
utinam perabiecto aliquando istud mihi videre contingat.
Abiecte adv. (abiectus). Gompar. abiectius Tac. dial. 8. Amm.
Marc. 15, 2, 3 (21, 5, 2?) 30, 8, 11; superl. abiectissime Aug. ep.
118, 32.
\, — negleg enter, ineuriose (dicere, scribere; de abicio = neg~
legenter proicio cf. abicio § 1. 33, abiectus § 17): Gell. 2, 6 tit
quibus verbis ignaviter et -e Vergilius usus esse dicatur, 2, 6, 1
quasi ineuriose et -e verbum positum in his versibus (=Macrob.
6, 7, 4); Aug. doctr. Chr. 4, 11, 26 qui ea quae discenda sunt,
quamvis -e inculteque dicantur, scire desiderant.
II. = humiliter 1) de genere: Tac. dial. 8 quo sordidius et
-ius nati sunt.
Abicio, abiectus, abiecte. 559
2) — contempta ratione, turpiter: Amm. Marc. 15, 2, 3
ne se proiceret -ius, cavens; Ambr. de Nab. Jezr. 2, 4 quam
misere egeat, mendicet -e; Aug. ep. 118, 32 quia iacere se -issime
sentiunt; Apoll. SidoD. ep. 2, 1 (=2, 12 p. 233 B) aperte invidet,
-e fingit, serviliter superbit.
3) de anirno fracto auf submisso=>timide ignave submisse:
Cic Phil. 3, 28 nee -e nee sine aliqua dignitate casum illum tem-
porum . . tuli, Tusc. 2, 55 ne quid -e, ne quid timide, ne quid
ignave, ne quid serviliter muliebriterve faciamus; Amm. Marc. 15,
13, 3 -e ignavus (= ignave ignavus; cf. Landgraf, de fig. etym.
lat. p. 59), ib. 31, 14, 8 -e timidus, 24, 5, 10 reliquos ex ea co-
horie, qui -e sustinuerant impetum grassatorum, 30, 8, 11 ad
pavores inritos aliquotiens -ius pallens; Apoll. Sidon. ep. 1, 11
p. 206 B ipse ille meus amicus crebro et -e miserantibus eunetis
humiliari; Vict. Vit. 2, 30 quare ita -e ambulas?
[Apud Ammianum 21, 5, 2 Valesius pro codicum ut quae
proposui -is absolvam scripsit abiectius, quod simplicius significare
tndt; sed rectius Eysseiihardt post -is stibstantivum aliquod {an am-
bagibus?) intereidisse statuit].
Abiectfo önis, cf. archiv. IV 288.
[Abiaceo 2. Reg. Langob. dipl. 87, 1404° M. una cum casas
vel abiacentia sua; ib. 1405b cum omnia abiacentia sua. Perversa
est scriptum pro adiacentia].
Erläuterungen.
Abicio gehört überwiegend der Prosa an; einzelne Autoren, wie
Cicero und Valerius Maximas, verwenden es auffallend häufig, wahr-
scheinlich auf Kosten der andern Composita proicio, deicio u. a., wo-
gegen Livius abgesehen von bestimmten Formeln (a. arma u. ä.) nur
sparsamen Gebrauch davon macht. Cäsar, Saliust, Curtius u. a. kennen
nur die eigentliche Bedeutung des Wortes, nicht auch die über-
tragene. Trotzdem das Kirchenlatein im Anschlufs an die vorhan-
denen Bedeutungen des Verbums eine Anzahl spezifisch theologischer
Gebrauchsweisen entwickelt (§ 53 — 57), so ist dbicio doch nicht auf
die romanischen Sprachen gelangt; es konnte sich nicht mehr halten,
nachdem sein Simplex iacere durch iaetare ieetare (fr. jeter) ersetzt
war. Glos8. Reichen. 425 iacio: iacto.
Die Dichter lieben das Wort nicht; Lukrez, Lukan und Silius
vermeiden es ganz, ebenso Ovid in den Metamorphosen; Vergil und
Valerius Flaccus haben nur je einen Beleg. Trotzdem erhält das
560 Ph. Thielmann:
Part, abicctus seine bestimmte Stelle im Vers. Für den Hexameter
2 3
war Verg. Aen. 10, 736 tum super iibiectum posito pede etc. mafs-
gebend; vgl. Val. Flacc. 4, 654. Stat. Th. 3, 567. 9, 46. Iuvenc. 1,
429. 476 u. o. (im ganzen über 20 Stellen). Für den Pentameter
gilt die gleiche Stellung schon seit Catull 88, 2. Im Senar ist
4 4
wenigstens bei Seneca die Stellung abiectus abiecit die gewöhnliche:
Troad. 200. Phoen. 258. 274. Thyest. 197. 431. Herc. Oet. 551.
Die jetzt übliche Schreibung abicio (vgl. Brambach, Neugestal-
tung der lateinischen Orthographie S. 201 f.) findet sich häufig in
guten Handschriften, während ein inschriftliches Zeugnis nicht vor-
handen zu sein scheint; über abiecit (= abiieit)^ wie AV bei Cic. div.
1, 106 haben, vgl. Lachmann zu Lucr. p. 128. Da die Herausgeber
aber die Varianten nur selten genau mitteilen, auch die Vergleichung
von öbicio subicio u. a. unbedingt erforderlich ist, so war es mir
nicht möglich, hier zu sicheren Resultaten zu gelangen. Wahrschein-
lich aber ist abicio die volkstümliche Form gewesen.
Die Dichter gebrauchen je nach Bedarf die erste Silbe bald lang
bald kurz. Die Länge finden wir l) im Hexameter, und zwar im
1. Fufs: abiieit Cic. div. 1, 106. Stat. Ach. 1, 172. Theb. 2, 479,
äbiieito Hör. ep. 1, 13, 7, abiieiet Iuvenc. 3, 156, im 5.: abiiee Seren.
Samm. 113, abiieit Paul. Petr. 3, 240; 2) sonst abiiee Catull. 24, 9.
Die Kürze ist gesichert 1) im Hexameter äbieit Ps.-Verg. moret
96. luven. 15, 17. Prud. psych. 149. Theodulf. carm. poet. Car. I
450, 237; zweifelhaft dagegen bleibt abici Ov. Pont. 2, 3, 37 (abigi?);
2) im Senar dbiciam (im Versschlufs) Naev. com. 94 p. 23 R, äbieit
poet. vet. bei Sen. clem. 2, 5, 5, ablciuntur poet. vet. bei Cic. Tnsc.
2, 36 (zu den beiden letzten Stellen vgl. die Miscelle in diesem Heft).
Das volkstümliche abicio wurde, die Aussprache abikio voraus-
gesetzt, leicht mit abigo konfundiert, das, vielleicht infolge dieser
Verwechselung, in den romanischen Sprachen gleichfalls ausgestorben
ist: gl. Reich, col. 5, 157 abier es: tolleres, abstraheres; col. 33, 157
abigebat: inde minabat; vgl. col. 32, 122. Die Konfusion ging aus
von Formen wie abicit abigit, abici abigi, denen erst später abiciuni
abigunt folgten. Eine Folge dieser Vermengung war, dafs abicio
auch seiner Bedeutung nach unter Umständen einem abigo sehr nahe
kam (§ 17 — 19). Die Varianten in Hdschr. sind sehr zahlreich:
Val. Max. 3, 8, 7 abigi (abici b), Plin. n. h. 33, 103 abieifur (abigitur
BRd) u. o. Den Übergang der Bedeutung illustrieren folgende Paare
von Beispielen: Tert. pud. 9 abici in tenebras, Eustath, 53, 885 M. in
tenebras ultimas äbiguntur; Plin. n. h. 20, 2 ferrum ad se trahente
magnetc lapidc et alio rursus abigente a sese, Marc. Emp. 1 p. 36, 1
qui ferrum trahit et äbieit; zu Phaedr. 4, 24, 15 nempe abigeris, quo
venis lautet die Umschreibung in einigen Hdschr. des Romulus quasi
iniuriosa abiceris. Noch auffälliger ist Folgendes: Act ap. 18, 16
Cantabr. abiecit (amjlctGsv , Laud. abegit) cos a iribunali, und umge-
kehrt lev. 14, 40 Monac. abigent (Ixßakovai, Vu8. proiei) eos (lapides)
Erläuterungen zn abicio. 561
foras.*) Eine genauere Vergleichung der Hdschr. zn spätlateinischen
Autoren wird hier gewifs noch eine Anzahl falscher Lesarten be-
seitigen, wie man z. B. Vu3. num. 22, 11 und iud. 16, 19 statt ob-
igere nach dem Amiat. die entsprechenden Formen von abiccre wird
herstellen müssen. So ist ferner cod. lust. 8, 51, 3, 2 zu lesen: eos
qui infanies abieccrunt (Archiv IV 315 und abicio § 32), ebenso
IsicL or. 18, 24, 1 modo complexii abiccre sesc rnorc luctantium (abicio
§ 12), da nur abiccre vom Aussetzen der Kinder bzw. vom Nieder-
werfen des Gegners im Ringen gebraucht wird. Im übrigen aber
ist da, wo sich der Gebrauch beider Verba berührt, vor voreiligem
Emendieren zu warnen.
Sehr häufig ist die Zusammenstellung von abiccre mit cligcre:
Varr. r. r. 2, 9, 12 statim cligere oportet, rcliqaos abicere, Vu8. Ier.
33, 24. Veg. r. mil. 3, 4. Aug. conf. 10, 2, 2. Cass. ps. 21, 6. 156».
In bestimmten Fällen ergiebt sich hier ein (unvollkommener) Reim:
Vu8. les. 41, 9 clegi tc et non abieci tc, Hier. ep. 120, X p. 999
eligere aliquem vel a., Petr. Chrys. 52, 332c dum malos abicitf eligit
bonos, der beim Part, zu einem vollkommenen wird: Ps.-Cypr. laud.
mart. 23 relevantur 4, curantur electi, Ps.-Aug. cant. magnif. illa -a
et hatc electa est, id. ad fratr. in er. 21 genus elcetum, non -um, 39;
vgl. Hilar. Matth. 13, 9a elcctiofie . . abicctionc. Auch mit andern
Verben wird a. des Reimes wegen zusammengestellt: Marculf. form.
87, 88 lc despicere et a.; Cic. Phil. 13, 17 quam -us, quam confcctus,
Ambr. de Iac. et vit. beat. 2, 2, 9 -a atquc neghcta, Aug. 43, 368,
33 detectus et -us, Ven. Fort. carm. 6, 2, 109 -os, erectos, Greg. M.
I reg. 5, 1, 15 ülc -us, iste despcctus, Isid. syn. 2, 22; vgl. Cic. Att.
2, 7, 4 non ~is, scd ercptis gubernaculis (=abiettis, erettis nach vul-
gärer Aussprache).
Ein halber Reim entsteht durch Zusammenstellung von a. mit
reciperc, die zu häufig ist, als dafs an Zufall gedacht werden dürfte:
Hier. ep. 79, 9 vel a. cogitata vd rcchpcrc, Rufin. apol. ad Anast. 6
recipi aut äbici, Cass. ps. 17, 16. 128c fideles recipicndo, impios ab-
icietuio; vgl. noch Ps.-Aug. scal. parad. 12. Migne Bd. 67, 42°. 148°.
243c. 924°. Cassian. coli. 16, 11, 1. Cass. ps. 5, 9. 56c. Vital. 87, 1007a.
Die Redensa rt a. partum (§ 8) wirft Licht auf dio Glosse des
Festus 22, 16 M.: abditivi: abortivi (Archiv III 494). Abdcre ist hier
in seiner Grundbedeutung cwegthun, entfernen, removerc abicere9 zu
nehmen, so dafs abditivi einem *abirctivi dem Sinne nach gleichsteht.
Spei er. Ph. Thielmann.
*) Theodulf. poet. Car. I 450, 237 f.: morbida seu ve abicit metus et
contagia pestis, \ sie sordes aedis aspera scopa abigit.
Ablatio — Abnuto.
Ablatio, Ollis« fem. actus auferendi. August, quaest in heptat
3, 34 ablationis sive demptionis, quod graece dicitur ä(pcUQspa,
Plerumque dicitur de bonorum ereptione. Patr. 13, 22 eos ab*
que rerum ablatione ire liceat. Symmach. rel. 3, 13 quod nomen
accipiet a. facultatum, quas nulla lex fecit caducas? Salv. gub.
d. 6, 9, 52 ut ad emendandos nos non facultatum ablatione [con-
vertainur], Append. ad S. Leon. Magn. Patr. 56, 396 praevari-
cati sine a. patrimonii; ib. 437 bonorum ablatione deterriti a fide
erraverunt. Canon, graec. 11. Patr. 67, 44 praevaricati sine ne-
cessitate aut facultatum ablatione {%(oqiiq acpcaQdöemg vitaQ%6vxa>v)\
Can. Nicaen. 11 Patr. 67, 149 praeter a. facultatum. Agobard.
de grandine 7 (I p. 153 Bai.) de iniuriis vindicare se possunt
ablatione frugum; ibid. 13 (I p. 160 Bai.) eum bumiliare voluit
ablatione rerum. Thegan Vita Hludov. imp. 13 oppressi ablatione
patrimonii.
Diomed. 441, 22 aphaeresis est a. de principio dictionis;
27 syncope est a. de media dictione; 31 apocope est a. de fine
dictionis = Donai art. 396, 8. 10. 12. — Iren. lat. 4, 33, 8 ecclesia
pervenit ad nos neque additammtum neque ablationem recipiens.
A. sanguinis = plebotomia, Hier. adv. Iovin. 2, 12 Hippocrates
docet crassa corpora, nisi cito ablatione sanguinis imminuantur,
in paralysim erumpere. (Eadem verba leguntur in Regula monacho
rum. 11 = Patr. 30, 348 A.) Id. in lerem. 2, 10 (de urbis Ierusalem
subversione) a. tabernaculi atque tentorii. Zach. Patr. 20, 1105
dilectorum (veluti liberorum) ablatione probantur boni, puniuntur
iniusti. Hier. Ioel. 1, 19. Soph. 1, 4. August, op. imperf. c. Iulian.
II 152 non tanti esse praeputium, ut aut iniustos eius relictio
aut iustos faciat eius a. (Theodor. Mops, ad Coloss. 2, 11 circuui-
cisionem nomin avit mortalitatis ablationem.) Id. contra Acad. 3,
13, 29. Astron. vit. Hludov. 30 oculorum ablationem tulerunt
Ed. Wölfflin: Ablatio - Ablao. 563
Apud scriptores ecclesiasticos a. peccatorum dicttur de re-
missione. Hilar. psalm. 65, 11. August, enarr. psalm. 118, 1574 M.
per legem cognitio peccati; non ergo a., sed cognitio. quaest. in
Hept 2, 129; contra duas epp. Pelag. 1, 8, 13 (de aegroto) abla-
tionem mortis amotio peccati debet operari. Aug. c. Iul. 6, 5, 12
a. reatus. — Hilar. psalm. 140, 14 a. animae non abolitio eius.
Quae in Itala passim dicitur de sacrificantibus ablatio quasi
portio segregata et praecepta, in Vulgata aut est oblatio mit Hie-
rcnymus correxit primitiarum nomen. Levit. 14, 21 (Lugd. Mon.)
accipiet agnum . . in ablationem (Vulg. ad oblationem); Nura.
15, 20 (Lugd.) ablationem (primitias Vulg.) areae offeretis; Num.
18, 19. 26 (auferetis ab illa ablationem domini decimam ex de-
cima Lugd.; offeretis primitias Vulg.). 27. 28. 31, 41. Ezech. 45, 15
(Wirceb.) ovem unam ablationem (oblationem Vulg.) segregabis.
(7/1 etiam Levit. 10, 14 (Lugd.) pectus secretionis et brachium
ablationis manducabitis = Vulg. pectusculum quod *oblatuni (ab-
latum?) est et armum qui separatus est edetis; Num. 6, 20 (Lugd.)
brachium ablationis = Vulg. quod separari iussum est. Retinuit
tarnen August. Patr. 34, 518. 688. 691 (bis) brachium ablationis.
In geometria. Boet. Patr. 64, 999 Mig. eandem ablationem
habest loca et lineae. In astronotnia. Cassiod. de art. ac dis-
cipl. liber. litt, astron. 14: a. computi est, in qua astronomi . . .
computum a computo iudicant auferendum.
Ablinda, ae. fem. (?) Inter nomina insectorum sive reptan-
tium} quae edidit Reifferscheid RcL Suetonii p. 250 ex laterculo Po-
lemi Silvi legitur: apis, vespa . . . ablinda. Ibidem in nominibus
natantium: balena . . abelindeas.
Ablöco, &tum, äre. Verbum transitivtwi: ita alicui alqd mer-
cede pacta locare, ut usus fructus a doniino abcat in conductorem.
Sueton. Vit. 7 tanta egestate rei familiaris, ut domum in reli-
quam partem anni ablocaret. Dicitur etiam de muneribns praestandis.
Suet. Div. Iul. 26 ea quae ad epulum pertinerent, quamvis macel-
lariis ablocata (oblocata Oudendorp. cf. lustin. 11, 10, 9 operam
oblocare), etiam domesticatim apparabat.
Abludo, fcre. Verbum intransitivum = abhorreo, discrepo.
ccnaÖco. Horai sat. 2, 3, 320 haec a te non multum abludit imago.
Ablumentum, i. neutr. Gloss. Servii ablumentuni: xad-ccgäig.
Abluo, iii5 titum, Sre = ab-lävo (infin. lavere), ut proluo 1
= prolavo, denuo = de novo. Philox. 2, 11 abluo: anokovm.
Cyrill. p. 389, 53 aitokov&i abluo. Id. 390, 34 anovCnxco: ablavo,
564 Ed. Wölfflin:
abluo. Id. 391, 10 aTtonkvvco: a. Id. 388, 48 axoxXv^m: deleo,
abluo. Philox. 2, 9 abluit: anovtmetai xal axoxkv&t xol at-
sxXvtiev. Lib. gloss. abluit: emundat. Id. abluero: purgavero.
Id. abluero: lavero, mundavero. Isid. orig. 11, 1, 133 vocatur
alvus, quod abluatur, id est purgetur. — Sedul. carm. pasch. 4,
269 terra . . fontibus ablüta sacris. Prudent. apotb. 684 mein-
brorum maculas puro abluitura natatu (abluturus Gaudeni 983C
Mig. August, confess. 6, 16). Verbtm tum legitur apud Plaukm
Terentium Caesarem Livium alios.
2 I. Proprie. a) Lavando tollere, auferre. Pacuv. 245 R.
Cedo tuum pedem mi, lumpis flavum ut pulverem Manibus
isdem, quibus Ulixi saepe permulsi, abluam. Fronto 64, 16 N.
Patrol. 13, 514 Mig. Flor. 2, 12, 15 (de Castore et Polluce) apud
Iuturnae lacum pulverem et cniorem abluebant. Paneg. 12, 39
(p. 307, 2 B.) credidere Castoras pulverem cruoremque aquis Ti-
beris abluentes nuntiavisse victoriam. Verg. Aen. 9, 818 laetum
sociis abluta caede (= sanguine) remisit. Ovid. mefc. 14, 601
hunc (fluvium) iubet Aeneae quaecunque obnoxia morti abluere.
Val. Max. 1, 8, 1 (Castor et Pollux) equorum sudorem abluentes
= Lact, instit. 2, 7, 9 Castor et Pollux apud lacum Iuturnae visi
sunt equorum sudorem abluentes. Colum. 7, 5, 5 sudorem mari
vel flumine non abluas. Plin. nat. h. 27, 72 ne sudor abluatur.
Fronto 65, 2 sudorem lavare potius quam a. dicere. Veget. r. mil.
1, 3 sudorem iuventus abluebat in Tiberi, nisi potius verba inter-
polatu sunt. Curt. 4, 1, 23 squalor ablutus est. Pomp. Mela 2,
2, 31 de sumrao monte Atho: non abluitur cinis (seil, pluvia).
Colum. 5, 10, 4 ut terra a (delenda praepositio in nonnullis codi.
omissd) pluviis non abluatur; 13, 19, 2 terra pluviis non abluitur;
13, 2, 1. Sen. n. q. 4, 2 cum ceteri amnes abluant terras, Nilus
nihil exedit nee abradit. Hyg. astr. 2, 32 Canopus flumine abluitur
(adluitur?) Nilo. Plin. n.h. 17,267 quoniam abluatur (obluator codd.]
oblinatur Detl.) ita virus medicaminis; 21, 125 ut diapasmata
frigida abluantur; 22, 4 eulpant fueum ablui usu; 28, 85 ma-
culas .. e veste urina ablui. Prud. apoth. 684 membrorum ma-
culas puro abluitura natatu. Marc. Empir. 19, 131, 6 sanguine
eaprino maculae abluuntur. Plin. nat. h. 28, 244 canum Scabies
sanatur bubulo sanguine inlito et postero die abluto cinere
lixivo; 32, 55 testudinum sanguinem oportet ablui. Hyg. fab. 88
dum ad flumen exit sanguinem abluere. Cypr. testim. 1, 24.
Plin. 30, 39 terram inlinunt et triduo non abluunt; 33, 120
Ablno. 565
a. (minium); 34, 113 aeruginem; 35, 150 nee postea ablui potest
(colos) coü. 22, 4; 33, 195 ut (creta) aqua salsa abluatur; 29, 109.
30, 38. 33, 84. 108. 109. Stat. silv. 4, 3, 89 nee me (Volturnum)
pulvereum gravemque caeno Tyrrheni sinus abluat profundi. Tacit.
liist. 3, 22 balineas abluendo cruori petii Paneg. 12, 28 (296,
18 B.) aurum, quod hominuru lacrimae, non amniuui aquae ab-
luisseni Arnob. 3, 34 Dianani puris in fontibus abluentem mem-
brorum sordes. Cypr. epist. 69, 12 in lavacro sordes cutis et
corporis ablunntar. Hilar. Mattb. 5, 2 sordes in facie abluendae.
Cassian. incarn. Chr. 7, 3 abluto eo (luto). Maerob. Sat. 7, 13, 18
causam requiro, cur aqua idonea sit sordibus abluendis. Macr.
Sab 3, 3, 12 si Scabies abluenda sit. Marc. Emp. 4, 41, 25 sueus
capiti imponitur et frequenter abluitur. Paul. Diac. hist Lang.
2, 4 a. signacula.
Macr. Sat. 7, 13, 23 salsitas debuit magis elicere abluenda.
In trän s. Tert. bapi 5 quod (aqua) propria materia sit abluendi.
Macr. Sat. 7, 13, 23 nee ideo aqua marina minus abluit.
b) Lavando purgare. 1. De corpore eiusqtie partibus. Cic.3
Tusc. 5, 46 Anticlea Ulixi pedes abluens. August, serm. 63, 2
(Patr. 39, 1865 Mig.); id. ad fratr. in er. 46 ablue pedes, lava
eorum capita. Sulp. Sev. Mart. 25, 3 aquam manibus nostris ipse
obtulit, ad vesperum p. ipse nobis abluit. Cf. Venant. Fort. Mart.
2, 359 non solum abluere alterius, sed lambere plantas. Cassian.
inst 4, 19 omnibus p. abluant. Cf. Cassiod. (Patr. 70, 1082 D)
comm. cant. 'lavi pedes9 hoc est actiones poenitentiae fletibus
ablui. Greg. Tur. 4, 33 hospitum pedes abluebat; glor. mart. 84.
Autperti vita Paldonis 3 (Script, r. Langobard. 549, 26 W.) seeun-
dum Domini praeeeptum (evang. Joh. 13, 14) eorum p. abluere
pergit. Vit. Arnolfi (Patr. 95, 737 M.). Poet. Carol. 2, 522, 166.
Aldhelm. p. 87 diseipulorum p. abluens.
Ovid. met. 4, 739 ipse manus hausta victrices abluit unda.
Sen. (Asprenas) controv. 9, 2 (25) 3 carnifices cenaturi manus
abluunt. *Val. Max. 7, 3, 1 priusquam proxima manus (emend.
Wfl.; amnis cod. Paris.) aqua abluisset; cf. Vir. illustr. 7, 12 (de
eadem re) prius eum vivo flumine manus abluere debere. Plin.
n. h. 28, 32 remedio est ablui prius m. TertulL de orat. 13 ad-
versari debemus nee m. a. {die Hände in Unschuld waschen, Pilati
exemplo; cf. Matth. 27, 24 lavit manus dicens Innocens ego sum
a sanguine huius. Hilar. psalm. 1, 5 contagium Pilatus manus
abluendo devitat.) Cypr. de op. et el. 2 cum denotarentur disci-
566 Ed. Wölfflin:
puli, quod ederent nee prius manus abluissent (c/. ev. Luc. 11,38).
Aus on. Ephem. 29 da rore fontano abluam manus et os et lumina.
Ambros. enarr. in psalm. 48 (col. 1215 Mig.) m. obtulit abluendas.
Anthol. lat. I 16, 30 R. sustulit ablutas lymphis ad sidera palmas.
Greg. Magn. epist. 1, 25. Greg. Tur. hist. Fr. 6, 5 manibus ablutis,
facta oratione; 8, 2; vit patr. 5 (p. 678, 24 Er.); psalm. frgm.
p. 877, 30 Kr.
4 Gurt. 3, 5, 2 ut calidum adbuc corpus ablueret; 3, 5, 5 ab-
luentem aqua c; 4, 1, 22 ablue c. inluvie. Apul. met. 8, 14 accu-
ratissime corpus (mortuae mulieris) ablutum. Hyg. p. astr. 2, 16
cum Venus in Acbeloo flumiue c. ablueret. Lact. inst. 6, 23, 16
corpus cito ablui potest Gaudent. Patr. 20, 904 B. Mig. lavant
polluta corpora (Iudaei), abluta statim polluunt; ib. Iudaei id
moris habebant, ut cutem corporis sui aqua abluerent. Rufin. hist
mon. 1 corpora nitro vel aliis lenimentis abluuntur a sordibus.
Hist misc. 17, 9 a. c. aquis balnealibus. Ovid. mel 6, 353 non
ego nostros Abluere hie artus lassataque membra parabam.
Pomp. Mel. 2, 1, 10 sie ut (ora artusque) ablui nequeant Tert
res. carn. 8 caro abluitur. Prud. cath. 9, 31 membra morbis ulce-
rosa a.
Plin. nat. h. 32, 85 inlita facies abluitur. Venant Fort vit
Radeg. aegrotis facies abluens. Lact mort persec. 21, 9 os hu-
more (aqua frigida) abluebatur. Veget mulomed. 1, 38 tepida
(aqua) os ablues; 1, 56 pusca os ablui convenit Ovid. met 2,
324 quem (Phaethonteni) excipit Eridanus fumantiaque abluit ora.
luven. 6, 524 ter matutino Tiberi mergetur et ipsis vertieibus
timidum caput abluet. Ser. Sam. 36 caput permixtis ablue eunetis.
Greg. Tur. virt. Iul. p. 562, 5. 566, 1; gl. conf. 751, 16. 18 Kr.
Plin. nat. h. 33, 110 abluendum capillum. Poet Carol. II 342,
192 D. quo ablueris graciles humore capillos. Plin. n. h. 29, 127
oculos abluere suadent Spart. Hadr. 25, 2 oculos reeepit, cum
aqua oculos abluisset Cypr. de lapsis 30 lacrimis o. tuos ablue.
Ven. Fort. vit. (Patr. 88, 463 A Mig.) aqua palpebras (mulieris)
abluens. Scribon. 8 aqua frigida nares a. Ennod. p. 62, 9 Vog.
immunda labia et nullis undis abluta. Sen. Agam. 977 dex-
tram ablue; Herc. für. 1326; Herc. Oet 908. Marc. Empir.33,230
[unguat sibi veretrum], sed sapone non abluat — Lucan. 6,669
taboque medullas abluit.
5 2) Se abluere, ablui, Xovsö&ai. Verg. Aen. 2, 720 donec
me flumine vivo abluero. Martial. epigr. 2, 70, 4 primus te licet
Abluo. 567
abiaas. Hyg. fab. 191 quem Liber iussit in flumine Pactolo se
abluere. Lact. inst. 4, 18, 23 nisi se abluerint a sanguine = epit.
48, 1 a sanguine abluti. August, serm. (Patr. 38, 625 M.) Pha-
risaei omni die abluebant se aqua. Paul. Diac. hist Lang. 2, 29
dum se in balneo ablueret. Myth. Vatic. 1, 3 fönte m in quo se
Scylla solebat abluere (= Lact. myth. 14, 15 quo loco Scylla
ablui consueverat.); 2, 173 Arethusa, dum se ablueret. — Co-
lum. 9, 14, 7 debere nos flumine aut perenni aqua ablui. Stat.
Theb. 10, 338 Phoebe, tibi exuvias . . nondum ablutus aquis . .
trado. Glaud. epithal. Pall. et Cel. 99 fontibus abluitur gelidis.
Mart. Cap. 1, 14 (p. 7, 20 Eyss.) eadem foveri abluique lympha
cupiebant. Macr. Sat 3, 1, 2 ut fluviali unda ablutus possit quam
puris8ime Iovem invocare; 7, 13, 18 aqua dulci ablutum vidi splen-
dori suo redditum. Greg. Tur. bist Fr. 5; 20 abluti balneis; 4, 46
abluetur (= abluitur) aquis calidis.
AU. aliquem (animalia); ablui passive. Apul. inet. 11, 23 6
sacerdos me deducit ad proximas balneas et sueto lavacro tra-
ditum praefatus deum yeniam purissime circumrorans abluit.
Anthol. lat. 891, 2 R. iufanteni Bacchum inventum sub cinere ab-
luerant Prudent. perist. 7, 15 illum (Quirinum martyrem) lymphis
fluvialibus gurges, dum rapit, abluit. Greg. Tur. hist. Fr. 4, 37
quem episcopus abluens sepulturae mandavit; 5, 11 prae gaudio
lacrimans, cunctos aqua abluens crismate liniens. — Colum. 2, 21,2
flumine abluere gregem. Paul. Diac. Patr. 95, 1229 sacerdotes
hostiarum cadavera abluebant. Tibull. 2, 5, 60 solis anhelantes
abluit amnis equos. Prop. 3, 19, 26 niveos abluit unda boves.
Cic. Rose. Am. 72 ita iaetantur fluetibus, ut nuuquam ab-
luantur. Vulg. Hebr. 10, 22 abluti corpus aqua munda. Ambros.
myst. 3, 17 nunquam a lepra esset ablutus. Greg. Tur. List. Fr.
2, 5 ablutus a fidelibus e&t sepultus; 4, 5 cum ablutes in ecclesia
(= ecclesiam) deportatus fuisset; 4, 50; vit. patr. 6, 7 ablutus
atque vestitus in ecclesiam defertur; ib. 13, 3. 14, 4. 20, 4; gl.
conf. 74 quo abluto et super feretro posito; ib. 80. 102. Mythogr.
Vat. 3, 6, 27 mortui calida aqua abluebantur.
3) Abluere intrans. Itala (Cantabr.) ev. loh. 9, 7 ablue (lava7
Vulg.; vtyaC) in natatoriam Siloam . . . abiit ergo et abluit (lavit
Vulg.; ivfyato)] ibid. v. 11. 15.
4) De rebus. Varro r. rust. 3, 9, 12 ova abluta. Verg. Aen.8
4, 684 volnera lymphis Abluam = Ovid. met. 13, 530 quid moror
interea crudelia vulnera lymphis Abluere? Paulin. Petricord. 2, 713
568 Ed. Wölfflin:
abluere infusis vulnera lymphis. Cypr. epist. 59, 13 ne vulnera
lacrimis abluantur. Paul. Nol. poem. 35, 410 vulnera profusis
fletibu8 a. Greg. Tur. mir. Andr. 15 abluens vulnera eorum. Colum.
12, 7, 5 rutam aqua vel vino abluant; 12, 7, 3. Plin. nat. b. 35,
198 primum abluitur vestis Sarda. Tac. Germ. 40 vehiculum et
vestes, et, si credere velis, numen ipsum secreto lacu abluitur.
Gaudeni (Patr. 20, 855) stolam sanguine a. August, de confl. vit
et virt 27 vestis abluta. Macrob. Sat. 7, 13, 25 facit Nausicaam
abluentem vestes; 7, 13, 18 in flu vi o a. pallium. Greg. Tur. gl.
mark 5 pallam a.; hist. Fr. 2, 1 vestimenta deferebant ad ab-
luendum.
Plin. n. h. 12, 45 Gallicum nardum abluitur vino. Val.
Flacc. 5, 75 bis in undis abluit thyrsos. Front de aq. 111 ad
utilitatem cloacarum abluendarum. Prud. psych. 99 gladium Ior-
danis in undis abluit infectum. Greg. bist. Franc 9, 6 abluto
pavimento; gl. conf. 83 a. monimentum, 90 cellulam ablutam aqua.
Varro r. rust. 1, 35, 1 pluviae pulvinos abluunt et agrum
faciunt macriorem. Sen. nat q. 3, 27, 7 abluit villas torrens. Plin.
n. h. 8, 112 dönec aliqui abluant imbres (rostra cervorum); 16,
172 harundines, quas Cephisus abluisset. Sidon. carm. 7, 324 quem
(Bructerum, i. e. agrum Bructerorum) vel Nicer abluit unda. —
Constructione passiva Ammian. 23, 3, 7 carpentum Almonis
undis ablui perhibetur. August. Patr. 39, 1885 vela fluctibus ab-
luantur.
9 n. Translate. a) Quasi lavando tollere, delere. Abluantur,
ut sordes corporis et maculae vestium, ita animi vitia, scelera, simüia.
1) ablutione liquore facta. Catull. 88, 6 suscipit (sceleris), quan-
tum non ultima Tethys Nee genitor Nympbarum abluit Oceanus.
Lucr. 4, 875 sie igitur tibi anhela sitis de corpore nostro ab-
luitur, t. e. liquore extinguitur. Ovid. fast. 5, 681 (de fönte Mer-
curii) Ablue praeteriti periuria temporis, inquit, Ablue praeteritae
perfida verba die (= diei). Plin. nat. h. 8, 43 culpa flumine ab-
luitur. Val. Flacc. 8, 439 planctus abluit Almo (rivus). Terk
mon. 17 (de Lucretia) maculam carnis (i. e. adulterii crimen) suo
sanguine abluit. Cypr. epist. 43, 5 lacrimis commissi delicti cri-
men abluitis. Hieron. epist. 77, 4 maculas lamenta abluant. Sidon.
epist. 7, 6 quem longis abluenda fletibus conscientia (scä. mala)
premat, Ps. Hilar. metr. in gen. Patr. 50, 1291 Diluvio abluitur
terrarum crimen et undis; ib. 1292. Petr. Chrysol. Patr. 52, 638
Abluo. 569
reatus ulcera lacrimis abluantur. Merob. 4, 19 quae non, ut Thetis,
pavorem secretis Stygos abluit sub undis.
2) Apud scriptores christianos maxirne de baptismate etlO
de cruore martyrii. Itala, Vulg. Act. apost.22,16 Baptizare et ablue
peccata tua. Ter! Scorp. 12 sordes baptismate abluuntur, maculae
martyrio candidautur; bapt. 1 felix sacramentuui aquae nostrae,
quia ablutis delictis pristinae caecitatis in vitam aeternaui libe-
ramur. Cypr. epist. 70, 1 ut possit baptismo peccata abluere.
Ambros. hexaeni. 5, 2, 6 in ecclesia aquae illud operantur, ut
praedonum abluta uequitia cum innocentibus comparetur. Hieron.
adv. Iovin. 1, 26 sordes nuptiarum a. cruore (cruorem?) martyrii.
August. Patr. 43, 213 aqua sacerdotis abluit delicta. Ven. Fort,
carm. 5, 5, 109 abluitur Iudaeus odor baptismate.
3) Abluuntur peccata etiam cordis contritione, paenitentia, quae 11
dicitur alterum baptisma, eleemosynis, similibus. Irenaeus latin. 4,
22, 1 verbum (seil, dei) sordes abluit. Zeno (Patr. 20, 1142 Mig.)
ablutas piis laboribus (fromme Werke) sordes. Cypr. de op. et
el. 1 ut sordes eleemosynis abluamus = August, contra duas
epist. Pelag. 4, 8, 21. Ambros. de virg. 3, 5, 21 si delicta corporis
poenitentia, lacrimis abluamus. Hieron. 3 Osea 14, 1 poenitudo,
quae sordes abluit peccatorum; epist. 3, 3 puritate morum ma-
culam servitutis a. August, ad fratr. in er. 64 ut per ieiunium
et abstinentiam peccata sua a. velint; contra Iulian. 2, 6, 15 ut
carnalem labem gratia ablueret; epist. 36, 10 si error ieiunio sol-
vitur vel abluitur. Petr. Chrys. Patr. 52, 466 dilectio delet et ab-
luit universa peccata. Leo Magn. serm. 49, 3 poenitentiae la-
crimis a.
4) Non addito, quanam re fiat ablatio. Vulg. Act. apost. 25, 16 12
qui accusatur locum defendendi accipiat ad abluenda crimina =
Damasus. Patrol. 13, 428 ad abluenda crimina et scelera. Gaud.
Patr. 20, 983 Iesus nostra in suo corpore crimina abluturus (seil.
baptismo Ioannis). Ambros. Patr. 17, 89 Christus, qui hominum
peccata ablueret (seil, sanguine suo); offic. min. 1, 48, 232 cupio
abluere ingenui pudoris notam; id. epist. 19, 2 (vol. 16, 983 M.)
culpani; enarr. psalm. 48 iniquitas mihi abluenda. August, epist.
36, 9 maculas erroris a.; id. Patr. 43, 247 conscientia dantis
attenditur, qui abluat accipientis (seil, malam). Cassian. coli. 18,
15, 5 maculam furti a.; 23, 13, 5 maculam tanti criminis. Greg.
Magn. mor. 21, 19 si luxuriae scelus non abluitur.
b) Quasi lavando purgare, emundare. 1) aliquem (se).
Archiv f&r lat. Lexikogr. IV. Heft 3. 4. 37
570 Ed. Wölfflin:
Tertull. Marc. 1, 14 nee aquam reprobavit creatoris, qua suos ab-
luit. Iren. lat. 4, 27, 1 Domini, qni abluit et emundat enm ho-
minem, qui peccato fuerat obstrictus. Cypr. epist. 69, 3 cum sola
ecclesia habeat aquam vitalem et baptizandi atque abluendi ho-
minis potestatem. Ambros. comm. in epist. ad Rom. 1, 3 et passim
hominem a peccatis a.; de fide 2, 11,95 flectus illi nos abluunt;
apol. proph. Dav. alt. 4 ut quos taurorum sanguis lavare non
poterat, Christi sanguis ablueret. August, epist. 185, 43 quare
me non baptizas, ut abluas a peccatis? quaest. in hept. 3, 55 a
cuius (hirci) contagione homo abluendus est. — Herrn, past. simil.
7, 2 ut abluat se ab omni cupiditate. Ambr. de No. et ar. 13
cum mens nostra se a corporalibus illecebris abluerit. Itala
lerem. 4, 14 ablue a malitia cor tuum (lava Vulg.).
13 2) ablui. Tert. bapt. 4 ut, quoniam vice sordium delictis
inquinainur, aquis abluamur; paenit. 6 non ideo abluimur, ut de-
linquere desinamus, sed quia desiimus, quoniam iam corde loti
sumus. Cypr. epist. 69, 2 quomodo, qui in ecclesia non est, ablui
et purgari lavacro Christi potest? Epist. ad Corinth. I 6, 11 ab-
luti estis (aitskov6a<5&s)j sanetificati estis. Iren. lat. 4, 22, 1
emundati et abluti; 5, 11, 2 abluti estis credentes in nomine Do-
mini. Bachiarius Patr. 20, 1041 M. vides, quod sicut peccati con-
tagione maculamur, ita expulsione eius abluimur. Anon. Patr. 18,86
caelesti abluatur nitro doctrinae et lomentis spiritualibus emun-
detur = Sulp. Sev. append. 2, 13. Cypr. de rebaptismate 13 licet
Christi nomine abluti sint. Ambros. enarr. psalm. 48 ablutus est
a peccato; de myst. 3, 18 ablutus est ab omni contagione vitio-
ruin. Ambros. in psalm. 48 ablutus a peccato. August, epist.
127, 7 lavacro sacri fontis abluti; id. Patr. 43, 359 baptizatur, ut
abluatur; contra Iulianum 3, 3, 9 lavantur, sed non abluuntur;
sermo de symbolo 7, 15 (Patr. 40, 636) semel abluimur baptis-
mate, quotidie oratione. — August, de natura boni 44 ablutae
animae. Mar. Merc. append. 2, 605 (Patr. 48) abluta ecclesia a
delicto.
14 c) Obscurata notione ablavandi. Lucr. 4, 378 spoliatur
lumine terra Et repletur item nigrasque sibi abluit umbras, i. e.
tenebras quasi pulverem vel maculam excutit ImitcUus est Arnob.
4, 24 Saturnum ablui (= liberari) diebus statis vineulorum pon-
deribus et levari. Cic. Tusc. 4, 60 omnis perturbatio animi pla-
catione abluatur. Plin. epist. 3, 7, 3 (de Silio Italico) tnaculam
veteris industriae laudabili otio abluerat. Cato monostich. 6 (An-
Ablatio. 671
thol. lai 716, 16 R.) splendor opuin sordes uon abluit unquam.
Aethicus 1, 5 per ignem abluenda (abolenda?) vitia. — Tac. 11, 2
lacrimiß abluendis (= abstergendis) cubiculo egrediens. Poet.Carol.
(Alcuin.) I 309, 89 D. abluat et lacrimas plebis.*)
Ablatio, Ollis, fem. actus ablnendi.
I. Proprie. [Plin. n. h. 13, 74, quem locum lexicographi cer-
iatim protulerunt, pro ablutione Augusti ex codicibus restitutum est
adulatione A.] Macrob. Sat. 3, 1, 6 constat dis superis sacra fac-
turum corporis ablutione purgari. ib. 3, 3, 12. 7, 13, 27 aquae
marinae pinguedo impedit ablutionem. 7, 13, 23. 7, 13, 18 (de
pallio) eaedem post ablutionem maculae sordium visebantur.
Mythogr. Yatic. 3, 6, 12 margarita in lutum missa ablutionem
requirii
Ambros. de offic. 1, 50, 250 si populus sine a. vestimentorum
suorum prohibebatur accedere ad hostiam suam. August, de vera
et falsa poenit. 28 cnm post ablutionem pedum dicatur buccel-
lam panis Iudae dominum porrexisse. Cassian. collat. 8, 23, 3.
18, 11, 3. Isid. orig. 20, 6, 8 labrum, idem et alveum, quod in
eo ablutionem fieri solitum est; id. epist. 7, 8 ex ablutione fre-
quenti candor augetur.
*) Bei der Anordnung des Artikels wurde von der Ansicht aasgegangen,
dafs lavare pedes manus corpus sowie abluere sudorem sanguinem die ur-
sprünglichen Ausdrücke seien, abluere pedes corpus einer zweiten Bildungs-
stufe angehören. Dies wird wird auch dadurch bestätigt, dass die älteste
Belegstelle des Verbums bei Pacuvius die Verbindung abluere pulverem zeigt,
und dafs Hieronymus das von dem Körper gebrauchte abluere der Itala
gegen lavare vertauschte. Vgl. evang. loh. 9, 7. 11. 16 (oben § 7), Hilar.
psalm. 140, 9. comm. Matth. 5, 2 in abluenda facie mit Vulg. Matth. 6, 17
faciem tuam lava, lerem. 4, 14 (oben § 12) ablue cor mit lava, wogegen
allerdings Hebr. 10, 22 abluti corpus aqua munda stehen blieb.
Die Redensart sanguine abluere bezieht sich nicht nur auf den Tod
Christi, sondern man mufs sich daran erinnern, dafs Ochsenblut und Ziegen-
blut als vorzügliche Reinigungsmittel galten. Plin. n. h. 28, 244. Ambros.
oben § 12. Marc. Empir. oben § 2.
In der Konstruktion a. aliqua re wird der Leser den Ablativ zunächst
als Instrumentalis fassen; hie und da steckt aber darunter ein Separativus,
der sich nach Analogie der Verba des Befreien 8 erklärt und dadurch ent-
schuldigt wird, dafs die verschiedenen Begriffe der Hauptwörter ein Mifs-
verständnis nicht leicht aufkommen lassen; doch könnte a. sanguine heifsen:
rmit Blut', und fvon Blut'. Zur Verdeutlichung dieses Separativus wurde
daher die Präposition ab zu Hülfe genommen. Ambrosius schreibt meist
a. a peccatis, aber an einer Stelle (wenn die Lesart richtig ist) blofs pec-
catis. Patr. 17, 489 ed. 1880.
37*
572 Ed. Wölfflin:
IL Translate. Vocabülum Christianorum de expiaiione
scelerum; cf abluo. Tert. bapt. 5 deleta morte per ablutio-
nem delictorum; ib. 6. Hilar. psalm. 119, 7 B peccatorum a. et re-
missio. Ambro8. de sacram. 1, 5, 16 non a. peccatorum suorum
Christo necessaria erat. Hexaem. 5, 25. Id. Patr. 17, 722 (ed. alt
1880) ablutionem criminis accepit Id. enarr. psalm. 45 verbum
tuum nostrae colluvionis a. est. Hieron. epist. 64, 21 nee nobis
sufficit priorum a. peccatorum. Cassian. coli. 20, 8, 2 per lacri-
marum profusionem conquiritur a. delictorum. Gregor. Magn. 78,
213 A Mig. ablutionem criminum dare.
Vulg. Zach. 13, 1 fons patens in ablutionem peccatoris, ad
quae Hieron. comment. III Zach. (1517 C Mig.): pro ablutione
LXX transtulerunt: transmutationem. August, c Iulian. 2, 8, 26
nisi per ablutionem caelestis misericordiae emundationem conse-
quamur. Auson. vers. Rhopal. 21 nova Iordanis a. Cassian. collai
20, 8, 1 martyrii donum sanguinis ablutione (= per ablutionem
sanguine faetam) conquiritur; id. 23, 7, 2 nee pollutionem tur-
pium somniorum larga fletuum ablutione purgamus. Leo Magn.
serm. 44, 1 quamvis noros homines faciat regenerationis a. Isid.
differ. 2, 124 a. cordis et corporis; expos. in Num. 15, 25 a.
aeterni fontis.
Saepissime dicitur de baptismo. August, de vera et falsa
poen. 17, 33 sanat et liberat in ablutione baptismi; id. contra
duas epist. Pelag. 1, 14, 28 hi partus baptismatis ablutione re-
missi sunt. Dionys. Exig. Decr. Leon. 48 (Patr. 67, 298 A Mig.)
baptisma, cuius a. nulla iteratione temeranda est. Greg. Tur. de
virt. Iul. 46a baptismi ablutione mundatus.
Absolute. Ambros. de poen. 2, 11, 98 omnes ad senectutem
different ablutionis gratiam; id. 2, 9, 88 vestis ablutionis. August
c. Iulian. 4, 7, 37 nunquam in bonum ablutione transiret; id.
quaest. in hept. 4, 33 quod post ablutionem de singulis quibusque
dicitur. Greg. Magn. Patr. 78, 71 C Mig. ablutione loti.
Ablutor, oris. rnasc. baptizator. Pseudo-TertulL poem. adv.
Marc. 3, 221 (de Ioanne): A. carnis, domini praecursor apertus,
A. Christi, prior ipse renatus ab illo. — Is, qpii abluit. Pseudo-
Orientius de trinit 82 (de Christo) errorum ablutor. Poet aevi
Carol. II 119, 6 adsis paratus et promptus a., o salutator.
Abluvio, onis. fem. deminutio abluendo facta (Rudorff, Grom.
II 451 ^Abtrieb9), opposita alluvioni (Anschutt). Gromat. p. 124, 1.
150, 27: Rivus si alieuius terras minutatim ex alia parte abs-
Ablutor — Abnegativus. 573
trahat et alii contrario relinquat, quod vocant abluvionem, repe-
titio finium non datur.
Abluvinm, ii. neutr. Gellius 16, 7, 2: Laberias in mimis
oppido quam verba finxit praelicenter. nam dixit . . . abluvium
pro diluvio. Cf Com. lai frgm. Ribb. Lab. 150. — Idem quod
abluvio. Gromat. p. 82, 19 limum abluvio invectum.
Abmatertera, ae. fem. Gloss. abav. Abmatertera: soror
aviae. Isid. orig. 9, 6, 27 aviae meae soror mihi abmatertera est.
Gaius Dig. 38, 10, 3 pr. sexto gradu sunt . . . abavunculus, ab-
matertera (id est abaviae frater et soror). Paulus Dig. 38, 10, 10
hos omnes, quos a patruo maximo posuimus, quidam his nomini-
bus designant: abpatruus abavunculus, abainita abmatertera. quos
ego autem appello abpatruos abayunculos, abamitas abmaterteras,
illi me demonstrant fratris sororisque abnepotem. Lex Wisigoth.
IV 1, 6.
Abnato, are. Pbilox. 2, 12 abnatare: ixxoXv{ißrJ6cu. Statins
Achill. 1, 383 Tbetis excepta freto abnatat.
Abnegatio, onis. femin. Cyrill. p. 384, 5 anaQvritiig: ab-
negacio, recusacio; id. p. 394, 14 ano6%{qifiiq\ frans, abnegacio,
denegacio. — Arnob. 1, 32 cum in eadem culpa sit et adsertio
talis rei et abnegatio refutatoris increduli. Hermae pastor 2, 8. 3,
sim. 9, 20 de confessione aut de abnegatione. Hieron. epist. 121, 3
quae est sui abnegatio? aut quomodo qui sequitur salvatorem,
so ipsum abnegat? Conf evang. Matth. 16, 24. Don. Ter. Phorm.
2, 1, 73 moralis a. frequenti repetitione firmata. Gassian. incarn.
Chr. 4, 11 unitatis a. Leo Magn. Append. (Patr. 56, 679 M.) dum
haeretici a sancta Virgine partum processisse divinum vocis ab-
negatione dissimulant Const. Patr. 89, 347 perfecta verbi a. Hist
misc. 25, 27 a. dei. Isid. orig. 5, 26, 21 abiuratio, id est rei cre-
ditae abnegatio.
Prise. 14, 20 est quando privationem, id est abnegationem
significat, ut impius, expes; 14, 26' abnegationem significat ut
perfidus (= infidus). 13, 35. 16, 5. 17, 87. 18, 69. 255 Attici ex
snpervacuo duplicantes abnegationem. 257. 258 nostri quoque
duplici abnegatione utuntur ut *nihilominusc pro ?non'. — Sen-
tentia negativa. Cassiod. Patr. 70, 188 tales interrogationes pro
abnegationibus esse accipiendas.
Abnegativus, a, um, idem quod negativus. Prise. 13, 21
nomina abnegativa; 14, 52 cse' est (praepositio) abnegativa, ut
,8ecuru8,5 15, 2 significatio a.; 15, 32 abnegativum est, ut cnon,
574 Bd. Wölfflin:
haud'. 16, 1. 11. 17, 19. 46. 18, 69. Cassiod. de art ac disc lib.
litter. de syll. Patrol. 1193 Mig.
Abnegator, oris. masc. Cyrill. p. 384, 6 axccQvrjr^g: ab-
negator, denegator; Gloss. Amplon. abnegator: negator. Terbul
fug. persec. 12: quis tamen abnegatorem spernat? (pteriqtte codi.]
obnegatorem tres Vaticani; a negatore Bhenanus.) Interpres anon.
comment. in lob 2, p. 147 (Orig. opp. XVI Lomm.) pro vindicta
abnegatoris. Hist. misc. 23, 19 haben 8 . . dei abnegatorem.
Abnegito: abnego saepius Gloss. aa. Si rede emettdavü
Goetzius pro: abnegatio.
Abn&go, övi, &tam, äre. Verbum, ut iridetur, a Vergüte no-
vatxmi (non probatum Ovidio). Cyrill. p. 384, 3 aitaQvovpai: abnuo
denego recuso abnego; id. p. 394, 12 anoaxsQwi privo defrando
abnego. Lib. gloss. abnegat: pernegat Gloss. Abavus abnegat;
infidiatnr (infitiatur), plusquam negat. — Penitus a. Arnob. 2,39.
Zacchaeus Patr. 20, 1127 M. Cassian. collat. 17, 16, 3. Mart Cap.
9, 333. Cod. Theodos. 9, 1, 19, 1; omnino a. Hilarius trin. 10, 3.
Gelas. tract. 1, 10 (Epist. pontif. ed. Thiel); prorsus a. Passio
Cyrilli; ex toto a. Concil. Hisp. Patr. 84, 430 M.
a) Seq. infinitivo = nolo, aspernor. Verg. Georg. 3, 456
dum medicas adhibere manus ad volnera pastor Abnegat, initio
hexametri, ut constanter apud Vergilium et Valerium Flaccum; Aen.
2, 637 Abnegat excisa vitam producere Troia. Poet. Carol. II 56,
546 D. quicumque fidem regi servare perennem Abnegat.
b) a. aliquid = recuso. Verg. Aen. 7, 424 rex tibi con-
iugium . . . Abnegat (Ovid. met. 10, 634 coniugium negarent mihi
fata). Columella 10, vers. 51 ingeniumque loci vel Iupiter ab-
negat imbrem (Ovid. Ib. 108 denegat adflatus ventus). Lucan. 3,
263 (de Tigride) tellus . . flumen pelagi non abnegat undis (Ovid.
Ib. 107 aninis tibi denegat undas). Val. Flacc. 5, 668 quod sin
ea Mavors Abnegat. — Ps.-Frontin. 4, 7, 31 abnegato adiutorio
socios alienare. Granius (Licin.) ap. Arnob. 6, 7 quid de suis
commeruerit civibus, ut ei sit abnegata telluris patriae sepultura.
Apul. 'dvexopsvog (= Anthol. lat. II 712, 5 R.) Nobis Cupido
velle dat, posse abnegat. Tertull. fug. 12 Caesari reddens, quae
sunt Caesaris, deo vero, quae sunt dei/ abnegans. Paul. Festi
108, 4 cum (censores) equiti aes abnegabant ob equum male cu-
ratum. Hegesipp. 1, 38, 4 cum fruetus terra abnegaret. Don. ad
Ter. Ad. 4, 7, 5 ne, quod ille cupit, abneget Micio. Sedul. pasch.
3, 23 ubi fruges sterilis necessitas abnegarit. Oros. 2, 13, 9 ut
Abnegator — Abnego. 575
spem gignendis terrae fructibus abnegaret (siccitas); 5, 14, 6
abnegatio cibo seso consumpserunt Greg. Tur. hist Fr. 3, 13
plüvia per XXX dies abnegata; gl. mart. 4, 11 liberis abnegatis.
= infitiari, abiurare, ableugnen. Quintil. 11,2, 11 abnega-
tam ei pecuniae partem. luven. 13, 94 quos abnego nummos
(Schol. dummodo magnum sit, quod negetur). Plin. epist. 10, 96
(97), 7 (de Christianis) se sacramento obstringere, ne fidem fal-
lerent, depositum appellati abuegarent. Paul. Dig. 47, 2, 1 ab-
liegst depositum. (Cf. Cels. Dig. 47, 2, 67 praef. infitiari deposi-
tum). Ulp. Dig. 12,3,3 deposita ei pecunia abnegata est; 16,3,11
nee enim convenit bonae fidei a. id quod quisque aeeepit. Tertull.
Scap. 4 depositum non abnegamus. Iren. lat. 2, 32, 1 non a. quae
sunt aliena. Hieron. comm. Ephes. 1, 1 si quis reddat depositum,
si quis commendata nou abneget. Firm. Mat. math. III 3 vin 8
et passkn res commendatas sibi vel fidei suae creditas, res de-
positas, res alienas a. Cod. Theodos. 11, 1, 32 ne cui sit facultas
apochas abnegari (cf. 9, 40, 21 deposita denegare).
«= tollere, auferre, vetare. Mart. Cap. 9, 333 litare penitus
abnegatum; 7, 255 si quid feret voluptas, nee abnegabo. Lex
Wisigoth. 12, 3, 13 omnes Iudaicos errores a.; 12, 3, 14 a. in
toto Iudaicam seetam; 12, 3, 15 omnes ritus Iudaicae observa-
tionis a. — Cod. Theodos. 10, 10, 20 quies possidentibus abnega-
tur; 11, 31, 3 si in sacrae cognitionis examine audientiam neces-
sitas publica vel aegritudo iudicis abnegaverit; 16, 10, 4 placuit
claudi templa et accessu vetitis omnibus licentiam delinquendi
abnegari -» cod. lustin. 1, 11, 1.
c) a. aliquetn. Hör. od. 1, 35, 24 te . . nee comitem ab-
negat (Fides). Val. Flacc. 3, 695 an sese comitem tarn tristibus
actis Abneget (cf. Ovid. art. a. 1, 127 si qua repugnarat nimium
comitemque negabat.) Corp. inscr. lat. VI 1711 (N. 14672) quia
me pos multas iniurias parentem sibi amnegaverit (sie). Anthol.
lat. 743, 3 R. (de Iside) Tu nostra dea es, nee te deus ipse ta-
cendi Abnegat.
d) Seq. accus, cum infin. =* negare, addita negatione. Macrob.
Sat. 7, 5, 4 nee abnego potuisse me palinodiam canere; 7, 5, 16
omnia eloquenter dieta esse non a.; 7, 9, 13 hoc verum esse quis
abnegat? (= nemo negat). Salv. gub. d. 4, 64 nee ipse a. esse
meliores; epist. 4, 8 peccare me potuisse non a. — Accus, c. inf
cogitatione suppl. Paulin. Nol. poem. 23, 96 Quis abnegat?
e) absolute: preeibas non dbtemperare. Verg. Aen. 2, 654
576 Ed. Wölfflin:
Abnegat (seil pater). Dares Phryg. 30 abnegat Achilles (scä. in
bellum prodire).
Multo latius patet usus huius verbi apud scriptores ecclesias-
ticos. A. se (semetipsum, se sibi) est contemptis rebus hutnanis
unum Christum sequi, vel ut explicat Hieron. comin. epist. Tit 1, 16:
exutus veterem hominem cum operibus eius, et indutus novum
sequetur Deum suum. Evang. Matth. 16/ 24 si quis vult venire
post rae, abneget se sibi (Itala; se ipsum Cantabr.; semetipsum
Vulg.); Marc. 8, 34 Itala Colb. abneget se sibi; Vulg. deneget
semetipsum; Luc. 9, 23 Itala: abneget se ipsum (djiaQvrjödö&o
savxov), semet ipsum Vulg. Quod dictum certatim laudatur, vekäi
apud Ambros. epist. 7, 15 ut totum te abneges et Domini crucem
tollas et sequaris eum. August. Patr. 39, 1709 M. te ipsum ab-
nega tibi.
Abnego aliquem est: non agnosco, respuo simulando eum mihi
ignotum esse. (Evang. Luc. 22, 34 non cantabit hodie gallus, donec
ter abneges nosse me.) Ev. Marc. 14, 31 Itala: non te abnegabo
(Vulg. negabo); Luc. 12, 9 abnegabitur (negabitur Vulg.) coram
angelis; Act. apost (Land.) abnegastis eum ante faciem Pilati
(Vulg. negastis). Tertull. Marc. 4, 9 non tarn abnegavit quam
abdieavifc (matrem et fratres); cf. ev. Luc. 8,21. Id. carn. Chr. 7.
Lact. inst. 5, 8, 11 qui communem omnium patrem abnegassent;
7, 26, 6 qui dominum mundi vel nescicrunt vel abnegaverunt
Cypr. de sing. cler. 32 parentes proprios a.; de dupl. mart. 15
quem diu professi fuerant, abnegaverunt; 16 Petrus ter abnegavit
Dominum; 27 non abnegavi Caesarem. Ambros. de los. patr. 14
Moysen, quem laudant, abnegant.
A. aliquid. Itala Exod. 21, 10 vestem non abnegabit ei
(Vulg. vestimenta non negabit); Vulg. 2 epist. Timoth. 3, 5 vir-
tutem eius abnegantes; ep. Tit. 2, 12 abnegantes impietatem et
saecularia desideria. Past. Herrn. 181, 16 non abnegaverunt legem
suam. Lact. inst. 6, 20, 19 rudibus adhuc animis abnegant lucem;
epit. 64 veritatis seetator non abnegabit, quod spoponderat; inst
1, 10, 3. Hilar. trin. 1, 16 nativitatem a. (i. e. Christum esse dei
filium); 4, 1 divinitatem; psalm. 131, 1 Iudaei adventum Domini
abnegantes; ps. 63,9 resurrectionem ; 131, 1 auetoritatem ; syn. 26
opportunitas abnegati temporis. Salv. eccles. 2, 7, 27 et delicias
sibi et divitias a.; 4, 7, 38 fidem (ib. 39 f. denegare).
Constructio. Itala Levit. 19, 11 non abnegabitis unusquis-
que proximo = Vulg. non mentiemini nee deeipiet unusquisque
Abnepo8 — Abnocto. 577
proximum suum. — Marius Victorin. in epist. ad Ephes. 1262 Mig.
non est abnegandus a Christi gratia; Greg. Magn. hom. in evang.
32, 3 iam se a vitiis abnegat — Accus, c. infin. negatione non
addüa. Arnob. 2, 51 regias suboles esse animas a.; 2, 56 deos
nonnulli esse abnegant; 7, 35. August, epist. 121, 13 veritatem
religioni inesse a. Sidon. Ap. carm. 22, 88 te abnegat esse deum.
— Hilar. psalm. 122, 7 quod deus est, abnegantes. — August, de
Visit, inf. 2, 4 nos autem abnegamus, quin sit ad Deum frequenter
referenda peccatorum confessio.
Abnepos, ötis. mase. avi nepos (tä äbavus = avi avus, Arch.
II 290). Gl. Serv. abnepos: äitixyovog. Cyrill. p. 384, 29. Gloss.
Abav. abnepos: filius nepotis. Id. abnepos: filius pronepotis, id
est nepos nepotis. Gl. Amplon. abnepus: qui natus de pronepote.
Cf. GL aa — Mai VI p. 501.
Gaius Digest. 38, 10, 1, 6 quarto gradu (cognationis) sunt
supra abavus abavia, infra abnepos abneptis = Ulp. tract. de
grad. 6. lustin. instit. 3, 6, 4. Lex. Wisigoth. 4, 1,4. Paulus Dig.
38, 10, 10 filius nepos pronepos abnepos; id. sentent. 4, 11,4.6.
Falso Isid. orig.9, 5,29 intellexit praepositionem ab: abnepos, quia
seiungitur a nepote; est enim inter illum et nepotem pronepos.
Sen. apocol. 10 abnepotem L. Silanuin. Statius silv. 4, 3, 148
longus te manet ordo saeculorum natis longior abnepotibusque.
Tacit. annal. 13, 1 quippe Silanus divi Augusü abnepos erat
Suet. Tib. 3 eius (Camilli) a. filium reliquit; Claud. 24 non lec-
turum se Senatoren), nisi civis Romani abnepotem. Fronto (Mar-
cus) p. 15, 1. Lact. inst. 1, 23, 3 Agamemnon Iovis a. fuit. Hier,
epist. 73, 5 Sem abnepoti suo decinii gradus supervixit; id. 73, 6.
Sulp. Sev. 1, 42, 2 huic Asab filius successit, a David quintus fere,
quippe a. eius. Prud. perist. 10, 179 natos nepotes abnepotes.
Greg. Tur. patr. 2, 4. lnscriptionum exempla proferre longum est,
veluti Divi Nervae, Traiani, Hadriani abnepoti. Corp. inscr. VI
992, 1009. 1053.
Abneptis, is. fem. avi neptis. Cf s. v. abnepos. Suet. Ner. 35
(uxorem duxit) Statiliam Messalinam, Tauri bis consulis ac trium-
phalis abneptem. Isid. orig. 9, 6, 23 patris mei proavus mihi ab-
avus est, ego illi abnepos aut abneptis.
Abnocto , äre. verb. intrans. noctem extra donium fransigere,
gall. decoucher. Sen. dial. 7, 26, 6 alius (poeta) adulterum illum
(Iovem) induxit et abnoctantem (M obnoctantem). Gellius 13, 12, 9
(de tribunis plebis) ius abuoctandi ademptum. Tertull. de an. 57
578 Ed. Wölfflin:
Celtas apud virorum fortium busta abnoctare. Marcian. Dig. 1,
18, 15 dum abnoctare ei nou liceat.
Abnödo, Ure. Colum. 4, 22, 4 pampinus non abnodatus neque
abrasus (al. adnodatus et adrasus). Id. 4,24, 10 hunc (palmitem)
tamquam aemulum diligenter amputant et abnodant (al. adnodant)
priusquam corroboretur; ib. 18 applicata falce abnodatar (al. adn.).
Abnormis, e. adiect. Cyrill. p. 397, 45 &Qv&(wg: abnormis,
enormis. Gloss. Ampi.8 abnormis: innumerabilis. Translat. Hör.
sat. 2, 2, 3 rusticus abnormis sapiens crassaque Minerva, ad quae
Acro: ultra normam philosophiae peritus. (AI. abnormi sapiens,
qtwd idem Acro interpretatur: aut abnormi, recta.)
Abnormitas, atis. femin. Cyrill. p. 397, 43 &qvfrftfa: ab-
normitas, enormitas. Schol. ad Pers. sat. 1, 63 diligenter versus
sine *anormitate (auormate codd. Monac. 14482 et 23577) faciunt
Abnitäo, ere. Verbum secundae coniugationis = abnuo, ere.
Diora. p. 382, 10 K. cui enim in dubium cadit, quin abnuo, ab-
nuis dicamus? verum apud veteres et abnueo dictum annotamos,
ut Ennius octavo annalium (v. 283 Vahl. 290 Müll.) Certare ab-
nueo, metuo legionibus labern. Idem in Telamone ex eo futurum
'abnuebunt' (Trag. 284 Rib.; p. 112 Müll.).
Abnuitio, onis. femin. i. q. negatio. Paulus Festi p. 108, 7 M.:
fIn' non semper abnuitionem significat, sed interdum etiam pro
adnuendo ponitur.
AbnUmero, uro. Gl. Cyrill. p. 383,58 a7taQL&p&: abnumero,
denumero. Gellius 15, 3, 4 ex Nigidio: dictum intercise autumo
quasi abaestumo, quod significaret Hotum aestumo', tamquam
*abnumero'.
Abnuo, öi, (üfturus), üörc. Verbum compositum ex ab ä
*nuo (vsvm) «= anovsvco, nutu recuso alqd, nego. Prise. 1, 57.
Probi app. Gr. lat, IV 202, 16. Isid. diff. 1, 32 abnuit: denegat.
Boet. comm. in Aristot. I 83, UM. a. negatione. Gloss. Cyr.
p. 390, 32 ajiovevo] abnuo; id. 384, 3 anaQvov(iai: abnuo de-
nego recuso abnego. Philox. p.4, 11 abnuit: ävavsvei, anaQvei-
t<u; lib. gloss. negat, non consentit; Id. denegat, recusat; gl.
Abav. amnuit: contradicit. (cf Loewe, Prodr. p. 92. 421). Lib.
gloss. abnuere: recusare, prohibere; gl. Abav. recusare, refutare;
Placidus p. 1, 8 Deuerl. recusare, abnegare, cui contrarium est
aduuere, id est dare vel concedere; cod. Ampi. 1 amuuere: refu-
gere. Philox. p. 4, 16 abnuat: aitH%r[\ gl. Abav. recuset, nolit.
Lib. gloss. abnuit: abominatus est; Id. denegavit; gl. Abav. ab-
I
Abnodo — Abnuo. 579
negavit, abominatus est, exclusit. Lib. gloss. abnueram: contra
dixeram; Id. proibueram; non receperam; Vatic. 3321, Cas. 439
amnueram: contra dixeratn. Lib. gloss. abnuerat: recusaverat,
abnegaverat. Non legitur apud Caesarctn et Senecam philosopkum
in dialogis (passim in tragoediis), rarissime apud iureconsultos, sae-
pissime apud Livium et Tacitum. Poetae epici exemplo Vergilii ple-
rumque initio hexametri posuerunt. Forma abnuiturus unus usus
est Sallust. hist. 1, 32 D.
I. De hominibus.
a) absolute. Nigidias ap. Gellium 10, 4, 4 cum adnuimus
et abn minus, motus vel capitis vel oculorum a natura rei, quam
significat, non abhorret. Cf. Livius 36, 34, 6 manu abnuit quic-
quam opis in se esse. August, epist. append. 17, 19 si oculos ab-
nuendo contineat. = Hieron. Patr. 30, 34 A.
Plaut. Capt. 481 *ubi cenamus'? inquam atque illi[sce] ab-
nuont; Truc. prol. 6 Daturin' estis annon? Adnuoni Quid si de
nostro quippiam exorem? Abnuont. Cic. Mil. 100 non recuso, non
abnuo (seil, fortunam Milonis sequi). Sali. hist. 4, Gl, 13 abnuente
Tigrane, qui mea dieta sero probat. Ovid. met. 10, 221 si roges
. . abnuet; 12, 519 Abnuit Ampycides. Livius 4, 13, 12 Quinctius
abnuere: 6, 24, 9 abnuente ac prohibente collega; 25, 23, 9 nee
abnuit Marcellus; 28, 18, 4 haud abnuit (seil, ad epulas venire);
29, 5, 7 Ligures haud a. 32, 40, 2; 35, 13, 9 abnuentem cogi; 38,
16, 13; 40, 13, 6. 42, 17, 8. Sen. Med. 507 abdico eiuro abnuo;
Phoen. 62 regam abnuentem; Phoen. 441 rogat abnuentes. Silius
6, 460 Abnuit (Regulus). Tac. Agr. 4 quia abnuerat (sc. aecu-
sare) interfectus est; hist. 1, 61 Valens adlicere vel, si abnuerent,
vastare Gallias iussus; ann. 15, 52 abnuit Piso. Undecim alia
exempla suppeditabit Lexicon Taciteum. Suet. de poetis p. 9, 6 R.
petente Archeiao ut tragoediam scriberet, abnuit Fronto p. 143, 12
si me interrogeSj coneupiscamne bonam valetudinem, abnuam equi-
dem. Apul. met. 1, 24 Si quid obsonare cupis, utique commoda-
bimus. Abnuebam; Id. apol. 86 non abnueres (codd. auderes).
Flor. 3, 16, 2 de rogationibus Gracchi: Apuleius Saturninus cum
abnuentibus (senatoribus, sc. leges) aqua et igni interdicturum
miuaretur; 3, 20, 8 nee abnuit ille; 4, 2, 25. lustin. 39, 3, 10
quanto Grypus abnuit, tanto muliebri pertinacia accenditur; 31,
1, 4 abnuenti bellum denuntiatum. Granius Licin. p. 26 Bon. se-
natur abnuit. Paneg. 9, 16 (p. 212, 19 B.) nee abnuendi est causa,
cum possis. Maciob. Sat. 1, 6, 2 in abnuentis locum Eusebium
580 Ed. Wölfflin:
subrogavi. — Apud grammatkos a. negationem significat, wM
Diomed. p. 455, 11 soloecismus fit per geminationem abnuendi,
ut 8i dicas cnumquam nihil peccavi'. Prise. 18, 69. Sacerdos Gr. VI
450, 21 K.
Itala Num. 30, 8. 12 (Lugd.) si maritus abnuerit; 30, 6
si abnuens abnuerit (t. e. prorsus a.) = August. Patr. 34, 744.
745 (Vulg. Hieron. si contradixerit). Cypr. de laps. 27 con-
testatio est christiani, quod fuerat abnuentis. Lact. inst. 1, 17, 13
tanta religione obstrictus abnuere non potuit. Hilar. psalm. 63, 11
trepidatio abnuentium. Sulp. Sev. 2, 7, 2 multum abnuente Dario
prineipes pervicere; 2, 33,2 abnuentes militia reiciebat; 2,45,2.
Firm. prof. rel. 3, 5 nee abnuimus aut recusamus. Ambros. de
Tob. 23 verum est, nee ego abnuo. Hieron. episi 18, 12 non
abnuo, non recuso; 130, 14 non reprehendo, non a. Vulg. 3. Reg.
20, 7 misit ad me . . pro auro et non abnui. August, serm. Patr.
38, 197 nee rex abnuit, non recusavit; id. Patr. 43, 578 non ab-
nuo, non refello. Auson. ep. 4 (75), 4 vivisne? hie abnuit. Prud.
apoth. 824 Sit res illa dei, non a. Greg. hist. Fr. 2, 9 cum con-
sultaretur . . abnuit. Lex. Saxon. 43 si tutor abnuerit. Pardessus
chart. 308 (anni 644) postea non abnuimus.
*Livius 27, 49, 3 ille fessos abnuentesque taedio et labore
(taedio laborem Madv. Luchs) . . accendit defendi potest coli. Apul.
de deo Socr. 18 cum desidibus ac taedio abnuentibus, quamquam
in re simili accusativtim addidit Sallust. lug. 68, 3 milites fessos
et iam abnuentis omnia.
b) Addito infinitivo praesentis activi verbi intransitivi.
Plaut. Merc. prol. 55 interdum mussans conloqui abnuere. Livius
8, 18, 9 haud abnuentibus illis bibere; 22, 13, 11 nee abnuebant
melioribus parere; 44, 43, 7. Sen. Phaedr. 833. Tr. 573 fari abnuit
Tac. hist. 4, 35 redire in castra. Rufin. hist. eccl. 1, 10 ire abnuit.
Sulp. Sev. 1, 14, 3 parere imperio. Ennod. p. 118, 17 V. mei me-
minisse non abnuat; 129, 18. 280, 16 oboedire. Passio Pion. 191, 17
sacrificare abnuis. — verbi transitivi. Liv. 22, 37, 4 quae ne ac-
cipere abnuant, se orare; 29, 15, 2 coloniae quae abnuissent mi-
lites dare; 37, 48, 4 Aetolos abnuisse imperata facere; 38, 16, 13
ut Syriae quoque reges Stipendium dare non abnuerent. Sen. Phoen.
489 quid strictum abnuis recondere ensem? Val. Fl. 1, 521 pro-
fugo quin agmina iungere Phrixo Abnuit. Stat. Theb. 2, 190
Anne aliquis soceros accedere tales Abnuat?; Ach. 1, 917 nee
tarnen abnueret genero se iungere tali. Silius 2, 103 venatu ex-
Abnuo. 581
tendere vitam Abnuit. luven. 15, 104 quisnam . . veniam dare . .
abnueret? Tac. hist. 2, 40 abnuentibus militem pugnae obicere;
an. 1, 13. Ruf us 17 pacem regi dare abnuerat Sulp. Sev. dial.
3, 17, 5 praesulem cum Feiice componere. August, episi 25, 2
conferre arma non abnuas; 44, 1 eum videre non abnuit. Eunod.
p. 446, 14 V. diem laudare quis abnuat? Schol. Gron. p.383, 14 Or.
multi oratores accusationem suscipere non abnuerant. Cod. Theod.
6, 22, 1 cetera munerum publicoruoi obire non abnuant.
Seq. infinitivo praes. passivi sive medii. Val. Flacc. 3, 678
nostris ferri comes abnuit actis. Cf. adnuto.
c) Seq. accusativo cum infinitivo. 1) Praes. act. Gramm,
lat. VIT 450, 13 K. abnuo fieri hoc, Verg. [Aen. 10, 8] abnueram
bello Italiam concurrere Teucris, ad quae Servius: prohibueram
1. contra Troianos bella suscipere. — Verbum dicendi = negare.
Liv. 9, 26, 9 haud abnuente dictatore . . ius esse; 24, 29, 12 ab-
nuentes Leontinos in sua potestate esse; 28, 18, 3 abnuente Sci-
pione sibi cum Poeno odium esse; 39, 34, 3. Colum. 2, 8, 2 non
abnuimus sementem sie fieri debere. Plin. nat. hist. 10, 137 qui
credat ista, et . . dedisse non abnuet Quini 5, 8, 3 nee abnuerim
esse aliquid in delectatione. 6, 2, 11. Tac. hist. 3, 54 abnuenti
yera esse quae adferret. Suet. Caes. 19 ne Gatone quidem ab-
nuente eam largitionem e republica fieri. Teri pud. 19 delin-
quere filios dei nunc adnuit, nunc abnuit. Lact, epit 36, 1 Epi-
curus deos esse non abnuit. Ammian. 19, 12, 17 nee abnuimus
salutem prineipis consociato studio muniri debere. Claud. in Ruf.
2, 72 carumque sibi non abnuit hostem (esse). — 2) Praes.
pass. Tac. dial. 33 facultate eloquentiam contineri nee tu abnues
et hi significare voltu videntur. Arnob. 4, 31 audetis abnuere
violari a vobis deos? Dictys 4, 15 se non abnuere . . a se per-
fici. Avien. 4, 36 dieta eius omnibus praeiudicatae auetoritatis
ducier Non abnuebam. Paneg. 12, 39 deberi sibi abnuunt illara
celeritatem. Mar. Vict. art. gr. VI 159, 16 K. neque abnuo sed
magis adpröbo . . ingenium in maius extolli. Claud. rapt. Pros.
2, 78 ut . . vinci suos non abnuat hortos.
3) Per f. act Livius 3, 72, 7 nee abnuitur ita fuisse; 6,6,5
a. publicum fuisse consilium; 9, 17, 5 haud a. egregium ducem
fuisse Alexandrum. Curt. 6, 7, 7 fidem dedisse constanter abnuit.
Sulp. Vict. 42 (Rhet. lat. p. 339, 21 H.) aecusator oeeidi illam
oportuisse non abnuit Ambros. Patr. 16, 1372 nee ego a. imma-
tura obisse aetate. — 4) Per f. pass. (depon.) Cic. leg. 1, 40 quin
582 Ed. Wölfflin:
abnueret a se commissum esse facinus. Livius 10, 3, 4 ortum
errorem (esse) haud abnuerim; 10, 18, 7 Appio abnuente missas,
Volumnio adfirmante Appii se litteris accitum. Curt. 6, 11,35
abnuens quicquam sibi in regem cogitatum esse. Tac. hist 1, 1
dignitatem nostram a Domitiano longius provectam non abnue-
rim; 2,66 qui se victos (esse) abnuebant; an. 15, 22 abnuentibas
ea de re relatum. Paneg. 11, 31 non abnuam consolatus multis
esse delatos. Ammian. 29, 1, 15 non abnuimus salutem Valentis
in extrema demersam. Symmach. ep. 5, 14 cui non abnuo red-
ditam vicem.
5) Infin. futuri act. Livius 10, 38, 11 abnuentes iuratoros
se; 21, 12, 6 has pacis leges abnuente Alcone accepturos Sagun-
tinos; 28, 24, 12 a. furoris eorum se futuros socios; 30, 20, 6 in
Africam secuturos; 42, 55, 3. — 6) seq. gerundivo: Tac. an. 2, 78
quamquam suscipiendum bellum abnuissei Ambros. Patr. 16, 894
si unquam se visitandam abnuerit; ib. 1008 causam fidei agendam
quis abnuat?
d) A. aliquid. 1. Accus, pronominum. Cic. fin. 2, 3 quid
quisque concedat, quid abnuat Ovid. trist. 5, 10, 42 si quid di-
ceotibus illis Abnuerim. Apul. apol. 100 quid abnuis, quid re-
cusas? — Cic. fat. 2, 3 nihil abnuit meo studio voluntas tua.
Sali. hist. 1, 32 D. nihil sibi abnuituros. Liv. 23, 3, 4 Cumani
nihil abnuere; 45, 5, 10. Tac. an. 2, 22 supplices nihil abnuendo
veniam omnium accepere; 6, 45. Auson. ep. 26 (22) pr. 4 nihil
poscente me abnuis. Sedul. pasch, op. 4, 3 pietati nil abnuens.
August, solil. 1. (col. 883 M.). — Verg. Aen. 4, 108 quis talia
demens Abnuat? Liv. 26, 19, 8 arte quadam nee abuuendi tale
quicquam nee palam adfirtnandi. Sali. lug. 83, 3 probare partim,
alia abnuere. Tac. an. 4, 3. Sali. hist. 1, 111 ea paucis ab-
nuentibus. Liv. 3, 54, 2 alii haud quicquam abnuere. Liv. 30,
3, 7 mollius eadem illa abnuere. Liv. 36. 9, 14 qui quod pertinaciter
abnuerant, malo domiti fecissent. Sen. Herc. für. 350 quod vi
pertinax abnuet. Tac. hist. 2, 57 quod palam abnuerat, inter
secreta convivii largitur; an. 3, 10. 14. 12, 31. Vict. Caes. 14, 14
censent quod abnuerant. — Mar. Victor, ad Iust. Manich. Patx.
8, 999 eadem non abnui. Iustiu. 9, 2, 8 parvo defungi quam
totum abnuere. Quint. 6, 2, 11 nee abnuo ista, sed non concedo
ut sola sint. Ambros. de Iac. et vit. b. 1, 8 quis istud abnuat?
Id. de fide 1, 11, 71 ut de dei filio ista non abnuas. Sidon.
ep. 9, 9 si hoc nimis abnuis.
Abnuo. 588
2. Accus, suhstantivorum. Verg. Aen. 5, 531 nee omen
Abnuit Aeneas. Sali. lug. 47, 4 pacem neque a. neque polliccri.
Liv. 30, 16, 9. 30, 23, 4. Tac. an. 12, 46 pacem et condiciones.
Heges. 3, 8, 8 quod pacem abnuerent. Sali. hist. 2, 41, 14 D.
quos (labores) nequiquam abnuitis. Liv. 33, 16, 11 ut abnuendam
Romanorum amicitiam censerent. Liv. 1, 56, 8 Bruti haud ab-
nuit cognomen. Tac. hist. 2, 90 abnuenti nomen Augusti ex-
pressere ut exprimeret. Vict. Caes. 2, 1 imperii nomen astu ab-
nuebat (Tiberius). Auson. prof. 7, 7 nomen indignum (Lascivi)
abnuit numquam. Liv. 3, 66, 4 abnuente plebe Imperium; 8, 2,
11; 31,40,2. 35,51, 10. Tac. h. 1,67. Sen. Thy. 471 nee abnuendum
L nee appetendum est. Paneg. 9, 6 quoniam abnueret (urbs) i.; 12,
12 nee abnuisse dubitabit i. sie imperaturum. Aug. civ. d. 8, 13. Liv«
3> 38, 10 si plebs abnuat dilectum. Tac. bist 4, 14. Liv. 4, 53,
10 cum militiam non abnuisset. Liv. 7, 10, 1 a. certamen;
27,4,1. Liv. 27, 34, 12 unus eam rem in civitate abnuebat. Liv.
29, 23, 9 a. alteram societatem; 30, 13, 9 s. Romanam. Max.
Taur. Patr. 57, 811 imperiorum societatem. Liv. 30, 29, 8 cum
conloquium haud abnuisset. Colum. 2, 21, 6 docendi curam;
6, praef. 1. Paneg. 9, 11 milites custodiae curam a. Salv. eccles.
3, 67 inrationabilem curam abnuo. Colum. 3, 3, 2 abnuente Sa-
serna genus id ruris, Tremellio probante. Silius 8, 297 nee qui
speetasset in armis, Abnueret genus. Curt. 3, 3, 13 abnuens de-
precationem. Sen. Herc. f. 501 coniugia nostra pervicax abnuis;
Fhaedr. 386 solitos amictus; Oed. 661 tori iugalis abnuit Merope
nefas; Thyest. 536 dona fortunae; Thyest. 328 bella. Comment.
Bern, in Lucan. p. 224, 28 Us. Quintil. 1, 6, 33 nee abnuerim
tegulae rationem. Silius 4, 807 Abnueret sortem an . . pareret.
luven. 6, 540 lacrimae praestant, ut veniam non abnuat (Osiris).
Tacitus a. ad versa, caedem, congressus, crimen, dominatio-
nem, duritiam caeli, exhortationes, iussa, largitionem, linguam
Romanam, munus, nuptias, obsequium, proelium, statum, trium-
phalia. Gf. Lex. Tac. Suet. Tib. 21 expugnatum (Augustum) preci-
bus uxoris adoptionem non abnuisse. Fronto p. 116 (Ver.)
neque eulpam abnuere ausus est. Apul. met. 2, 27 tantum scelus.
Vict Caes. 10, 3 («= Epit. Caes. 10, 10) cogitatum scelus. lustin.
16, 3, 9 Heracleenses collationem abnuerant; 38, 2, 8 Cappadoces
munus libertatis abnuentes negant. Iul. Valer. 3, 42 quod huiusce-
modi munera dii abnuissent. Yopise. Aurel. 20, 7 quaelibet ani-
regia non abnuo, sed libens offero. Vict. Caes. 33, 8
584 Ed. Wölfflin:
direptiones; epit. Caes. 2, 6 principatum. Solin. 50, 3 ut cetera-
rum gentium commercia abnuant (Seres). Symmach. epist. 3, 36
non abnui operam meam; relat 40, 4 septingentos inodios Terra-
cinensibus abnuerunt. Schol. luv. 3, 126 dives officium sordidum
non abnuit aut contemnit.
Tertull. Marc. 5, 15 salutem carnis; res. carn. 19 resurrectio-
nem; ad ux. 1,2. Ambrosius a. delicta, episcopatum, fidem, gratiam,
mortem, officium, operationem, petitionem, vultus offensi. Hilar.
aequalitatem. Cypr. epist. 65, 3 consilia. August, potestatem; id. de
amic. 8 an ideo abnuenda amicitia. Heges. 2, 16, 6 postulata.
Sulp. Sever. 1, 26, 5 proelium; 2, 12, 4 iussa, utrumque ex Tacito
depromptum; 2, 2, 2 tantam molem. Ennod. p. 398, 7 V. foedi-.
tates. Leo epist. 31, 2 hospitalitatis ofticia non abnuit; id. sacr.
27, 6 delicias corporales. Epist pontif. Gelas. 5, 2 regulam
abnuendam; ibid. tract. 5, 16 gratiam aestimat abuuendam. Claud.
Mar. Victor. 3, 512 (Patr. 61) uxor abnuit officium. Boetius
terminus, subiectum abnuitur. Cod. Theodos. 14, 4, 5 si puta-
verint abnuendum (ius). Paul. Diac. servitium. Einh. v. Kar. nee
dictis fides abnuebatur.
e) A. aliquem = rectisare. Silius 3, 110 mene Abnuis in-
ceptis comitem? Ambr. de Cain et Ab. 2, 9, 29 si me testem
abnuis et refugis arbitrum. — Apul. apol. 27 ut aiant philo-
sophos deos abnuere. (Cf. Cic. nat. d. 1, 2 nullum esse omnino
deum putat; id. qui deum esse uegat.) Tertull. adv. nationes
1, 4 (de Socrate) qui deos abnuebat. Cypr. de lapsis 35 quem
verbis perfidis abnuisti. Ambros. de los. patr. 5 scriptura hunc
abnuit; de fide 3, 5, 39 deum; id. non abnuitur unigenitus dei
filius. Zach. Patr. 20, 1113 a Iudaeis ordire prineipia, cur indo-
mabilis populus deum ac dei filiuin abnuat Christum. August
de christ. vita 13 qui illum ore, quem factis abnuunt, confitentur
= Fastidius. Vulg. Ruth 3, 12 nee abnuo me propinquum.
f) Constructiones rariores. A. de aliqua re. Gramm, lat
VII 450, 13. Sali. lug. 84, 3 neque de ullo negotio abnuere aude-
bat Liv. 10, 10, 8 de societate haud abnuunt barbari; 10, 15, 9
Fabius de se abnuere. Ambr. de fide 2, 9, 76 ipsi de patre, quod
de filio abnuunt, fatebuntur.
A. alicui rei. Apul. met. 4, 13 Thebanis conatibus ab-
nuentes; 6, 6 terrenis remediis iuquisitionis abnuens; apol. 76
uxor contumeliis abnuit. Paneg. 6, 9 (155, 17 B) tibi rei publicae
Abnurus — Abnuto. 585
caris non erat abnuendum. Cassiod. Patr. 70, 534 M. stultis
cogitationibus abnuebant.
A. ab aliquo. Itala (Lugd.) Num. 30, 8 quoniam vir ab-
nuit ab ea = August. Patr. 34, 745 M. (Vulgata: contradixerit)
Praecedente particula interrogativa. Tac. an. 14,0 adspexerit.
ne matrem exanimem, sunt qui tradiderint, sunt qui abnuant.
Per brachylogiam pro: incertum est; nam sunt etc.
Seq. particula quin. Tac. an. 13, 14 non abnuere se, quin
cuncta infelicis domus mala patefierent — Seq. pari. ut. Salv.
ecclea. 2, 8, 31 nee ego abnuo, ut . . credatur. ßoet. Patr. 64,
1134 haec nihilominus abnuatur, ut sit vera. — Negatione non
addita Sequilar quod: Leo M. epist. 35, 1 abnuitur, quod cruci-
fixus est.
77. Translate. De rebus. Lucret. 3, 641 (de anima) aeter-
nam sibi natu r am abnuit esse. Tibull. 4, 1, 25 quod spes abnuit.
Val. Max. 9, 12, ext. 10 quasi abnuente natura utriusque boni
largitionem. Plin. nai h. 7, 145 (Arabica antipathes) ebori siinil-
lima est et hoc videretur, nisi radi abnueret duritia = Solin. 33,
22. Silius 14, 600 descendere fauces Abnuerant siccae . . ali-
menta. Tac. hist. 5, 13 quando inpetus et subita belli locus ab-
nueret. Macrob. somn. Scip. 1, 6, 24 (ex Piatonis Timaeo) ab-
nuentia permisceri, terram et ignem. Claudian. sext. cons. Hon.
594 fucati sermonis opem meus conscia laudis Abnuit. Fulgent.
myth. 1 praef. quo (syrraate) tellus Triptolemicum . . abnueret
dentem. Acro ad Hör. serm. 1, 3, 9 sensus et mores abnuunt
paria esse peccata. Porfyr. 3, 3 votaque si ratio non abnuat
ordine Phoebi, Gesta canunt.
Abnurus, üs. fem. Gloss. Philox. p. 4, 17 abnurus: ixyövov
wog. (cod. exyovovog).
AbnlitlYUS, a, um. qui, quar, quod abnuendi sive nrgandi
vim habet. Gl. Philox. p. 4, 14 abnutivum: a7C(o^orLx6v (abnu-
tium cod.). Diomed. 455, 13 K. duodeeimus modus (soloecismi)
fit per geminationem abnuendi: ut si dicas numquam nihil pecoavi,
quoniam duae abnutivae unam confirmativam faciunt. Paulus Dig.
45, 1, 83 non simplex abnutivum spondet, sed curaturum se, ut etc.
Abuüto, äre. Forma frequmtativa sive intensiva verbi ab-
nuendi. Festus p. 27 M. abnutare, saepius abnuere. Cf. Arch.
IV 211. Plaut. Capt. 611. Quid mi abnutas? — Tibi ego ab-
nuto? Ennius trag. (407 V. 306 lt. 312 M.) quidnam est, obsecro,
Arohir für Ut. Lexikogr. IV. Heft 3. 4. 38
586 Ed. Wölfflin: Erläuterungen.
quid te abnutas adiri, quem versutn laudavit Cic. de orat. 3, 164
addens: melius esset vetas, prohibes, absterres. Arnob. 2, 78 ab-
nutemus, (col. adnitimur) verum coni. Salmasius.
Erläuterungen.
Eine Nachwirkung der Grundbedeutung von abnuere = abnicken
erkennen wir vor allem darin, dafs die passiven Formen sehr wenig
entwickelt sind. Zuerst hat vielleicht Livius 3, 72, 7 abnuitur ge-
sagt, was noch bei Augustin und Leo wiederkehrt; zuerst vielleicht
Livius 30, 23, 4 abnuendam pacem, und nach ihm von dem Dichter
Seneca abgesehen (Thyest. abnuendum imperium) nur wenige Kirchen-
schriftsteller, wie Augustin, Gelasius; aber doch noch Freculf 1, 6,
14 nihil abnuendum, und Einhard annal. 787 Pertz nee pontifex
preeibus censuit abnuendum. Abn. als verbum dicendi hat zuerst
Livius mit den Accus, c. inf. verbunden, nur er mit dem Inf. fut
act., erst Tacitus mit dem Gerundivum.
Mit transitivem abnuo verbindet Cicero nur den Accusativ eines
Pronomens; erst Vergil omen, und Ähnliches dann die Prosa von
Sallust an. A. deum = die Existenz Gottes leugnen taucht erst mit
Apuleius, Cyprian, Augustin auf (Cypr. epist 65, 3 qui domnium nega-
verunt.) Die seltene Konstruktion abnuere de alqa re haben schon
die alten Grammatiker, wahrscheinlich nach Sallust, notiert, während
sie die durch Apuleius in die Litteratur eingeführte, aber nur selten
gebliebene mit dem Dativ (nach Analogie von renuntiareV) ignorieren.
Haut abnuerim ist eine Neuerung des Livius, welcher sich Columella,
Quintilian, Silius, Tacitus anschliefsen, während später non (nee) ab-
nuo überwiegt; oder non abnuam. Der Plural des Potentialis perf.
(abnuerimus) findet sich nicht, sondern blofs nee abnuimus bei
Ammian. Daneben blüht im Kirchenlatein von Ambrosius an die Phrase:
quis abnuatV — Die Synonyma oder Gegensätze von abnuo sind durch
kursive Schrift hervorgehoben, wodurch dem Leser eine Zusammen-
stellung erleichtert wird.
München. Ed. WSlfflin.
Subitare.
Das Verbum subitare kannte man bisher aus Cypr. epist. 60, 2
(= pg. 693, 15 Hart.) und der vita Cypr. cp. 15. Vgl. Rönsch,
Itala 171. Dafs es auch in der afrikanischen Bibelübersetzung stand,
lehrt uns eine Reichenauer Priiuasiushandschrift, welche ApocaL 3, 3
statt der bisherigen Lesart: veniam et suscitabo adventum meum
ad te, quasi für veniam das einzig richtige subitabo bietet, laut
gef. Mitteilung des künftigen Editors, H. Dr. Haufsleiter. Das klas-
sische Latein sagte dafür celerare oder accelerare.
München. Ed. Wölfflin.
Mi sc eilen.
Die Etymologie des Namens Iulus in augusteischer Zeit.
Tacitus Hist. V 2 erziiblt in sehr abenteuerlicher Weise die An-
fange des jüdischen Volkes. Er benutzt hierbei Schriftsteller wie
Chaeremon den Ägypter, aus welchem Iosephus contra Apion. I 32
(conf. Vosaius de histor. Graec. ed. Westerm. p. 209) einen Auszug
giebt, und Lysimachus den Alexandriner, auf welchen insbesondere
die bei Tacitus Kap. 3 gemachten Angaben zurückgehen, wie aus
Iosephus a. a. 0. Kap. 34 zu schliefsen ist. Tacitus giebt an, dafs
die Juden ursprünglich in Kreta um das Idagebirgo angesiedelt ge-
wesen seien, eifrig ergeben dem Kultus des Saturn und zwar vor der
Herrschaft des Zeus. Den Anlafs zu dieser Meinung bot dem Ge-
währsmann des Tacitus der Umstand, dafs der Sabbat in der sieben-
tägigen Woche dies Saturni hiels. Mit diesem Namen bezeichnet schon
Tibull den Sabbat I 3, 17: Quaerebam tardas anxins usquc moras. |;
Aut ego sum causatus aves aut omina dira, || Saturnive sacram nie
tenuisse diem. Ideler, Chrouol. II 176. Nach Tacitus hätten die
Juden ihren Namen der Nachbarschaft ihrer ursprünglichen Sitze am
Idagebirge zu verdanken: der Name Idaei sei in barbarischer Aus-
sprache vermöge einer Lautverstärknng zu Iudaei umgebildet worden,
besonders aus Anlafs der Vertreibung der Juden und ihres Gottes
Satnrnu8 aus Kreta nach Libyen hinüber durch die Macht des Iiip-
piter. Tacitus sagt: Iudaeos Creta insula profugos novissima Libyae
insedisse memorant, qua tempestate Saturnus vi Iovis pulsus cesserit
regnis. argumentum e nomine petitur: inclutum in Greta Main inon-
tem, accolas Idaeos aucto in barbarnm cognomento Iudaeos vocitari.
Dieses Kunststückcheu antiker Lautlehre, wonach Idaei zu Iudaei ver-
ändert wird, würde nicht eben sehr auffallend und interessant er-
scheinen, wenn es nicht die Bedeutung einer Analogie für ein sehr
berühmtes Wort besäfse, dessen Etymologie nicht nur ein gramma-
tisches Problem für die Zeitgenossen des Augustus war, sondern eine
politische Frage von eminenter Bedeutung. Dieses Wort ist der Name
des Stammvaters der gens Iulia: Iulus. Der Irdischen Dynastie, welche
von Haus aus in bewufstem Gegensatz zur älteren römischen Königs-
herrschaft, als erbliches Fürstentum gegründet war, mufste vor allem
daran liegen, den Glauben zu befestigen, dafs göttliches Blut in ihren
Adern fliefse. Iulus, der Eponymus der Iulier, mufste also als Sohn
38*
588 Ed. Lübbert: „Iulus" — Th. Birt.
des Aeneas dargestellt werden. Der in der griechischen Sage herge-
brachte Name dieses Sohnes Ascanius bot keinen Anknüpfungspunkt
für eine solche Gleichsetzung. Es traf sich daher sehr glücklieb, dafs
für Ascanius auch noch ein zweiter Name Ilus in den Quellen sich
fand. Von Ilos, dem Sohne des Tros, dem Vater des Laomedon (Ilias
XX 232), dem Gründer der Stadt Ilios (Apollod. III 12,3,2), konnte
der Sohn des Aeneas sehr wohl benannt werden. Wir können aller-
dings ans den Spuren des alten griechischen Epos diesen Namen für
den Sohn des Aeneas und der Kreusa nicht mehr direkt nachweisen;
gleichwohl ist aus einem sehr bekannten Zeugnis bei Vergil der
Schlufs berechtigt, dafs hellenische Quellen den Namen nannten. Vergil
leitet unumwunden aus dem Wort Ilus die italische Form des Namens
Iulus ab und legt diese Etymologie keinem Geringeren als Iuppiter
selbst in den Mund, Aen. I 267: At puer Ascanius, cui nunc co-
gnomen Iulo |) additur, — Ilus erat, dum res stetit Ilia regno — j
tiiginta magnos volvendis mensibus orbis || imperio explebit. Von den
späteren Schriftstellern bezeugt nur Appian dieselbe Namensverwandt-
schaft, App. civ. II 68, wo Cäsar vor der Schlacht gegen Pompejus
opfert: xov hAqt\ xaxexdksi xal xi\v iavxov nooyovov AcpoodLxriv, ix yag
Alvelov xal "IXov xov Aivelov xb xdbv 'Iovkltov yivog, naQevej&ivxos xov
ovofiaxog, fjyeho elveu. Indessen genügt Vergils Zeugnis dafür, dafc
auch ältere Quellen dem Ascanios diesen Beinamen beilegten. Man
kann nun weiter die Frage aufwerfen, seit welchem Zeitpunkt etwa
zu Gunsten des Nachweises der Verwandtschaft der Gens Iulia mit
Aeneas man den Namen des Ilus herbeigezogen hat. Es wäre interes-
sant zu wissen, ob erst die augusteische Zeit diese in der That frap-
pierende Übereiustimmung der beiden Namen bemerkt und verwendet
hat, oder ob diese Beobachtung schon älter ist. Wir besitzen ein
Zeugnis, welches deutlich dafür spricht, dafs jene etymologische Argu-
mentation vor den augusteischen Zeiten unbekannt war. Cäsar hatte
die Vorstellung, dafs die Iulier Aeneaden seien, bekanntlich eingehend
in seiner laudatio funebris, die er seiner Tante Julia, der Witwe
des Marius hielt, erörtert. Sueton Divus Iul. 6 führt Cäsars Worte
an: Amitae meae . . . maternum genus ab regibus orturu, paternum
cum dis immortalibus coniunetum est. nam ab Anco Marcio sunt
Marcii Reges, quo nomine fuit mater; a Venere Iulii, cuius gentds
familia nostra est. Est ergo in genere et sanetitas regum . . ., et
caerimonia deorum. Aus dieser Bede ist vielleicht noch ein anderes
Fragment unter Cäsars Namen entlehnt, welches Servius aufbewahrt
hat, worin Cäsar über die Entstehung des Namens Iulus zwei ver-
schiedene Vermutungen aufstellt, welche beide als undenkbar erschei-
nen lassen, dafs er die Ableitung von Iulus aus Ilus kannte. Serv.
ad Aen. I 267: Et occiso Mezentio Ascanium [sicut I. Caesar scribit]
Iulum coeptum vocari [vel quasi ioßokov (Iuuolon Pari$inusy emen-
davit F. Sclwtii), id est sagittandi peritum, vel] a prima barbae
lanugine [quam i'ovXov Graeci dieuntj , quae ei tempore victoriae nasce-
batur. Dieses unter Cäsars Namen überlieferte Bruchstück hat in
Nipperdeys Fragment-Sammlung keine Aufnahme gefunden. Rührt
Miscellen. 589
dasselbe wirklich von Cäsar her, so liefert es den Beweis, dafs da-
mals die Identität von Uns und Iulus noch nicht entdeckt war. Es
scheint also, dafs dieser Fnnd, der den Anspruch der Iulier, von den
Göttern abzustammen, auf so einfache und, nach antiken Begriffen
von Etymologie, so glaubwürdige Weise unterstützte, erst in den
diesem Gegenstand so eifrig gewidmeten Studien des augusteischen
Kreises zu Tage gefördert wurde.
Bonn. Ed. Lübbert.
Verbalformen vom Perfekt stamme bei (laudian.
Die Lehrbücher der Grammatik geben im Paradigma der Verbal-
flexion für die Bildungen aus dem Perfektstamme auf -ut, deren u
konsonantisch ist (wie amaui, au diu i, iuiy noia, crcul u. a.), bekannt-
lieh sowohl die unkontrahierten wie die kontrahierten Formen: arna-
uerunt, amartmt, ammierant, amanmt, atmutesrnt, atnasscnt, bei den
i- Stämmen die letzteren nur mit verklungen em u: nudiity qmeairram
n. s. w. Man weifs dagegen, dafs im thakächlichen Sprachgebrauch
die unkontrahierten Formen vielfach zurücktreten. Eine genaue Sta-
tistik für jeden Autor ist hierfür noch zn machen, und der Gewinn
würde sowohl unserer historischen Grammatik zu gute kommen, für
die sich ein Kapitel der Geschichte des Verbum damit erledigt, als
auch der Kritik und Texteskonstituirung jedes einzelnen Autors. So
ist bei dem Dichter C laudian eine bewufste Auswahl in den For-
men augenfällig, und eine Zusammenstellung hierüber sei im Folgenden
mitgeteilt, in welcher einige Folgerungen für den Text des (.'laudian
sich zugleich mit ergeben werden. Eine Vergleicbung der früheren
Dichter kann hier dagegen nicht ausgeführt werden.
Wichtig und einschneidend ist vornehmlich die Unterscheidung
der Formen, deren Schlufs- und Ableitungssilbe — um mich äufser-
lich auszudrücken — mit s und mit r anlautet. So willkommen die
Synkope in vocassent war, so wenig war sie es doch in vocannit, vo-
carant, aus phonetischem Grunde; denn der doppelte, scharfe, dentale
Zischlaut im voedv-ssent ist stärker als der einfache Reibelaut in vo-
aw-runt und konnte das v leichter zerstören; und ferner sind sich
die Organe, die das s und die das v erzeugen, benachbart, das r ent-
steht dagegen weitab im Hintergründe des Mundes.
In wie weit die Älteren, z. B. Vergil, auf diesen Unterschied
achtgeben, wäre, wie gesagt, besonders zu behandeln; mit Vorliebe
kontrahiert findet man bei ihm in solchen Fällen wie clamassent, foc-
dasii, fundassr, gener assc, sacrasse, orassr, seruassetif, turbasti, niolassrt,
uoeasset, und selten steht, wie es scheint, bei ihm ein uitauissr statt
uitasse (Aen. II 433); umgekehrt bleiben gern unkontrahiert rapta-
ucrat, maetauerat, uariauerit, triolaucrit, sacrauerat, deerrauerat, uoca-
uerit, daneben steht allerdings je einmal ein pacarit, uiolarit, laudarity
ja sogar* einmal sehr hart uocaris statt uocawris ecl. 3, 49; von noui
kennt Vergil nur die kontrahierten Formen noras nosse, kein nouerat,
590 Tb. Birt.
nouisse. In der pluralischen 3. Person des Perfekt endlich stehen
häufiger solche Formen wie crrauerc, lustrauere, scruauerc, seltener
solche wie sacrarunt (Aen. X 419).
Der späte Claudian war zum Teil feinfühliger und hat, was bei
Vergil nur Vorliebe und Abneigung gewesen war, zum Teil zum Prinzip
erhoben. Während er die sigmatischen Formen demnach stets zu-
sammenzieht, konserviert er dagegen in den r- Formen principiell den
ursprünglichen Silbenbestand.
Wir lesen also durchgängig Ruf. I 224 und Gild. 56 ncgassd^
Ruf. II 122 umbrasse, 190 fumassel, II 386 spcra$ti> de III cons.Ho-
norii 39 firmasti, 88 pugnastis, de IV cons. 61 und 174 leuassrt,
164 tracfasfi, 470 flagrasse, nupt. Honorii 116 dcbcllassc, 256 (ransnas.%
Gild. 118 mutasti, 384 mandassc, pan. Theodori praef. 4 scruassc, paneg.
Theod. 30 rcuocasti, so wie die entsprechenden Formen an den Stellen
Eutr. 1 175, 201, 403, 457. II 127, 128, 328, 552; Stil. I 133,180,
296. II 326, bell. Pollent. 16, 19, 387, 508, 595, 597; de VI cons.
Hon. 157, 225, 226, 282, 465, 510, 585; laus Serenae 71; epist ad
Serenam 43, ep. ad Probinum 11, de piis fratribus 29, Rapt. Proserp.
I 47. Im bell. Pollent. 438 ist das renouasse des Sinnes wegen nicht
ohne Bedenken. Insbesondere seien dann noch angeführt: nupt Hon.
praef. 12 nosscnt, paneg. Theod. 178 und bell. Pollent. 333 nasse, Stil
I 381 nosscL Ja sogar ein <juicssct steht Gild. 297 zu lesen, und die
Glossatoren in den Handschriften halten für nötig dies als sincopa
zu notieren.
Allen diesen Beispielen stellt sich als einzige Ausnahme der Vers
Rapt. Proserp. III 79 gegenüber:
Tartarea Furias debellauisse bipenni.
Ob hier etwa ein sie dcbellassc einzusetzen ist (vgl. nupt. Honor. 116)?
Denn wenn wir Ruf. I 22, Stil. II 65, de VI cons. 103, de IV cons.
Honorii 376 und 557 ein creuissc, firnisse und spreuisset, Stil. II 18
igtiouissc lesen, so verwehrte hier der bessere Usus die Synkope; und
ebenso wenig war Ruf. I 316, II 185 anders als strauisset, strauisseni
zu schreiben möglich.
Die Belege für die r-Formen, in denen umgekehrt der perfekt-
bildende u-Laut rein konserviert wird, sind sodann kaum minder
zahlreich, man sehe: paneg. Ülybr. et Prob. 24 Ilagrauer i/, 74 laxa-
uerat, Ruf. I 11 libraacrit, II 406 libaiterit, de IV cons. 88 libra-
uerat, 222 pacauerit, nupt. Honor. 2: flagr auerat, 204 iwcauerit,
Gild. 229 sper auerat, 281 mutaucrit (oder nutauerii), 394 gestaaerat,
paneg. Theodori 68: mandaucrit, 101 animauerit, 113 fundaucrai,
sowie die entsprechenden Formen an den Stellen Eutr. 1 164, II 306,
389, Stil. II 117, 312, III 306 (curuauerat oder curttauerit), belL
Pollent. 55, 81, 514, de VI cons. 538, 540, epist. ad Serenam 25,
in Iacobum mag. 7, Nilus 30, Rapt. I 29, 130. III 84, 214. Insbeson-
dere sei dabei wiederum auf die vollen Formen nouerat paneg. Ol. et
Prob. 41, nupt. Honor. 4 und in Curetium I 4 sowie nouerU de
piis fratr. 44 hingewiesen, im Unterschiede zu Vergil, der, wie wir
sah« i''4«am Verbum nur die Kontraktion kennt und so gut
Miscellen. 591
noras, noris, norunt, normt, norant flektiert wie nosse. Dazu stellt
sich noch cognouerit bei Claudian Ruf. I 216, agnouerii de IV cons. 221.
Formen, deren Verkürzung durch den Usus nicht oder doch wenig
empfohlen war, sind dann endlich mouerat Stil. I 248, admouerat de
VI cons, 443, promoueris Stil. II 158, sueuerat paneg. Ol. et Prob. 44,
Eutr. I 194, II 414, neuerat pan. Ol. et Prob. 224, crcuerat Eutr. II
179, Stil. II 347, spreucrat Stil. II 150, pauerit descr. armenti 8.
Dem, was hiernach als Gesetz erscheint, widerstreiten nur wenige
Stellen. Abzusehen ist dabei von dem satiarit Huf. I 101, das ganz
schlecht bezengt ist, und nicht eben viel besser steht es mit dem
fraudarit Stil. I 165. Crcaras steht in der laus Christi u. 8, welches
Gedicht unecht ist. Nicht unbedenklich sind auch die Verse in Rufin um
I 321, 322, die König für interpolirt erklärte; in ihnen giebt sowohl
das laturua opitn Anstofs (der Siun würde expedans opem erfordern)
als auch die Form norat statt noucraL So führen de VI cons. 129
Spuren der Überlieferung darauf, dafs Claudian Et quamuis . . . fu-
gauit und nicht fugarit schrieb (<ptamuis hat den Indikativ z. B.
auch de VI cons. 538). Es bleiben zunächst, wenn ich nicht irre,
nur zwei Stellen übrig, de nuptiis Honor. 310:
Dicere possemus quae proelia gesta sab Haemo
Quaeque cruentarint fumantem Strymona pugnae,
Quam notus clipeo, quanta ui fulminet hostem,
ebenso bell. Pollent. 70 tcmptarmt, an welchen beiden Stellen der
Konjunktiv in gleicher Weise durch parallele benachbarte Verbal-
formen gegen Änderungsversuche geschützt ist; an beiden steht indes
die dritte Person des Plural; ein crumtauerint, temptaueritU wäre ja
nicht in den Vers gegangen und es lag hier somit ein metrischer
Zwang vor. Als wirkliche Ausnahme ist nach alledem wohl nur in
Rufin. II 327 zu notieren: nix toto corde quierat; es steht dies in einem
Erstlingswerke des Dichters, und das entsprechende quicssct bei ihm
ist vorhin nachgewiesen. Vielleicht wäre danach aber auch das vorhin
aus Ruf. I 322 angeführte norat diesem Erstlingswerke zuzugestehen.
Endlich findet sich in dem allerfrühesten Gedicht Paneg. Olybrii et
Probini v. 95 uariarat nicht ohne Varianten (worüber hernach); viel-
leicht ist aber auch hier diese Form aus demselben Grunde hinzu-
nehmen.
Nicolaus Heinsius, der bei weitem verdienteste Claudiankritiker,
hat doch für eine regelmäßige und methodische Observation der For-
men, des Modusgebrauches u. 8. w. noch nicht Zeit gehabt. Daher
hat er, nur auf den Sinn achtgebend und in Erinnerung an die sub-
tilere Syntax der eigentlich klassischen Dichter, vielfach Herstellung
von Verbalformen vorgeschlagen, die Claudian selbst verschmäht hat.
Uns werden derartige Fälle zum Theil vielmehr als Beispiele für die
freiere Tempus- und Modussyntaxe des Dichters dienen dürfen.
Über das dcsuerit und discrcrit läfst sich nicht reden, das Hein-
sius Stil. II 307 und Rapt. I 250 in Vorschlag brachte. Zwecklos
wäre auch sein satiarimus Gild. 36 und sudarit Gild. 94 (wo der
Vaticanus sudabit). Unanstöfsig ist Eutr. I 447 die indikativische
592 Th. Birt.
Frage: fustra . . tranauit Glodia Thybrim? und Heinsius' verzweifelter
Versuch einen Konjunktiv zu gewinnen war vergeblich; man vergleiche
z. B. den Indikativ de IV cons. Hon. 34: Quid calor obsislü forti?
und dazu Heinsius' Versuche. Epithal. Pallad. 10 ist quo quemque
uocauU urnbra gesicherte Überlieferung and an uocarat lädst sich nicht
denken; nicht anders steht es mit armauit laus Serenae 21. Lehr-
reicher ist in demselben Epithal. Pallad. v. 64 der Satz:
Quis locus Aethiopum, . . . quo non rumore secundo
Palladii penetrauit amor?
denn wir lernen eben, dafs Claudian auch in solchem Falle den Kon-
junktiv verschmähen durfte. Lehrreich sodann auch Stil. III 230,
wo es für den Dichter genügte, eine Vorvergangenheit im plusquam-
perfektischen Sinne mit dem Tempora paUuit und ditabat auszudrücken;
Heinsius wünschte auch hier ditarat. Und es giebt der Stellen noch
mehr, wo Claudian sich bescheidet das Imperfekt zu setzen, weil ihm
die plusquamperfektische Form unbequem war, so Stil. III 331: fera
captiua uehitur iuuencis, cxplcbat quibus ante famem und Bapt. Hl 76
laurus . . quondam quae . . umbrabat Üwlamos\ auch hier wieder wünschte
Heinsius explerat, umbraral\ das Verständnis wird indes durch den
Zusatz des ante und quondam erleichtert. De sene Veronensi 3 genügt
das herkömmliche rcptauit, aber auch das reptabat des cod. Veron.
wäre hier nach dem Gesagten ohne Bedenken; jedenfalls wird man
sich nicht zu einem reptarat verführen lassen. Endlich ist Paneg.
Olybr. et Probini 95 zwar variarat die beste Tradition, und das va-
riaret des Florentinus ist nur hieraus entstanden; doch könnte man
dem Laurentianus 33, 4 zu folgen und auch hier zu lesen geneigt sein:
Et formidato clipeus Titaua lacessit
L limine, quem tota variabat Mulciber arte.
In der 3. Person des pluralischen und indikativischen Perfekts
bevorzugte endlich, wie wir sahen, schon Vergil solche Formen wie
errauere, Imtrauere vor einem errarunt, lustrarunt. Sehr energisch ist
in der gleichen Vorliebe auch Claudian, bei dem Formen wie conspi-
raucrc Ruf. H 118, commcndaucre de IV cons. Honor. 117, conmra-
uerc Rapt. IH 199, nutrwere Rapt. n 296, mutauere Bapt I 143,
H 189, sudaucre Eutr. I 401, certaucre epist ad Seren. 3 u. s. w.
ständig sind. Allerdings leidet diese Regel, wenn ich recht gesehen,
zwei Ausnahmen: mutarunt flumina ripas steht Gigantom. 65 und
lustrarunt umeros PJiocbus et astra ttws Rapt. H praef. 48. Hingegen
Eutr. II 461 hat Claudian weder nerunl noch neuere, sondern mit
vollster Endung neuerunt ultima Parcac gesetzt; dieser Ausspruch
vom Schicksalspinnen der Parcen trägt in der Tragikomödie des
Eutropius und seines Leo besonderes Gewicht, und dies hat wohl
das altertümlich volle Wort ausdrücken sollen, so wie Claudian auch
sonst einmal da, wo er archaischen Ton brauchte, ein di faxint riskiert
hat (beil. Pollent. 528).
Noch ist ein Wort über die entsprechende Flexion der t-Stämme
hinzuzufügen. Sie hat das Perfektabzeichen v noch schlechter kon-
serviert als die der a- Stämme oder gar der e-Stämme, und dasselbe
Miscellen. 593
verklingt zwischen den Vokalen auch da, wo weder ein s noch ein r
nachfolgte. Claudian hat im Anschlufs an den allgemeinen Gehrauch
diese erleichterten Formen durchgängig bevorzugt, und nur quacsiuit
erscheint bei ihm wiederholt in seinem vollen Lautbestande de IV
cons. 480, 598, de nupt Honorii 221, Stil. III 149, bell. Pollent. 401;
auch Rapt. m 78 ist
Quaesiuitque nefas. Dryades dixere gementes
als Überlieferung garantiert; einmal so auch petluit am Versschlufs
bell. Pollent 607*) Aufserdem aber findet sich, so viel ich sehe, nur
noch dcsciuU Eutr. II 237, und ncqttiuit Gild. 392, welches wohl auch
sonst die gültigeren Formen geblieben waren.**)
Im übrigen lautet die Flexion durchgängig pctierc bell. Pollent.
107, sqrierat Stü. I 4, dcsicrit Stil. II 307, mbicrc Stil. EI 286, nu-
trierat de VI cons. 106, exclcrant de VI cons. 455, rescierit Rapt. III
208, rrdiere Rapt. IQ 244, audieram Hystrix 1. Da aber, wo durch
Ausdrängung des trennenden v zwei i- Vokale neben einander geraten,
werden dieselben je nach metrischem Bedürfnisse bald zusammen-
gezogen, bald gesondert erhalten. Notwendig heifst es daher zunächst
tr ausist is de IV cons. 487, vxissct Ruf. II 75, (juaesissc Eutr. I 88,
Stil. II 327, seruisse Stil. III 92. In den sonstigen Fällen scheint
Claudian die Sonderung des Doppel-i zwar bevorzugt zu haben, und
wir lesen iil epithal. Pallad. 66, audiit Ruf. I 340, Rapt. II 176, pe-
tiit de IV cons. 90, guaesiit Eutr. I 444, desiit de VI cons. 312, subi-
isse paneg. Theod. 280, subiit Eutr. I 186. Zu salii de III cons.
praef. 3 geben die Florentiner Excerpte die bemerkenswerte Variante
salui; dies ist die legitime Form; salii wird zuerst aus Statius bei-
gebracht; wie die Zeit Claudians zwischen beiden Formen schwankte,
zeigen die Vergilhandschriften und die alten Grammatiker (Neue II8
8. 482 f.).
Gleichwohl aber hat Claudian so wie andere Dichter das
doppelte i auch ad libitum kontrahiert, zunächst bei vollerer Endung
wie in petisses Fescenn. 1, 32, petisset Gild. 247, subisset de IV cons. 60,
pdisti ibid. 370, aber gelegentlich sogar auch da, wo die Gefahr
einer Verwechselung mit präsentischen Formen entsteht. Ruf. II 387
wird gefragt Utide redi, ncscis? So gewifs hier ein Perfekt vorliegt,
so glaublich scheint es mir, dafs auch in den folgenden Sätzen das
nämliche anzuerkennen ist: bell. Pollent. 437:
0 quantum mutata tuo fortuna regressu!
Ut 8ese pariter diffud'ti in omnia regni
Membra uigor uiuusque redit color urbibus aegris.
Das nebenstehende diffudit empfiehlt die angegebene Auffassung des
redit. De VI cons. 74 heifst es:
*) De IV cods. Hon. 46 dagegen ist petiuü von Jeep ohne hinreichen-
den Anlafs eingesetzt.
**) quierit und quierint verzeichnet Neue aus Lukrez, neqyiere und ne-
quierat je einmal ans Horaz und Ovid, sowie aus Livins VIII 12, 2, wo indes
die Handschriften uneins sind.
594 Th. Birt — Franz Cramer.
Tecum praelarga uocauü
Ditandas ad dona tribns, fulgentia tecnm
Collecti trabeatus adit delubra senatus
Ut nouue imperio iam tunc adsuesccret heres;
und es folgen dann noch weiterhin lauter Perfecta; also scheint auch
adit als solches gemeint. Und ebenso ist bell. Pollen t. 354, wo es
von Stilicho heilst:
Tenebris si caeca reprcssit
Nox iter, aut spelaea subit metuenda ferarum
Aut pastorali iacuit sub culmine, fultus
Ceruicem clipeo
ein gleicher Parallelismus in den Tempora zu fordern. Ob aber Clan-
dian dann sogar so weit ging, die Endung dieses Perfekts kurz zu
messen? Bell. Gildon. 209 lesen wir:
Dixit et afflau it Romam meliore iuuenta.
Continuo redit ille uigor seniique colorem
Mutauerc coraae.
Man wird Bedenken tragen dies anzunehmen. Oder ob Claudian —
denn auch das ille steht hier hier befremdlich — vielmehr redutque
uigor geschrieben hat? Auf Tilgung des ille führt auch die Ver-
gleichung obiger Stelle bell. Pollent. 438, wo gleichfalls uigor zurück-
kehrt und der color sich verjüngt.
Marburg. Th. Birt
Das lateinische futurum exactum.
Madvig hatte versucht (opusc. acad. II 60 ff. — Zweite Aufl. 1887.
p. 566 sqq.), den Gebrauch des futurum exactum im Hauptsatze
(ohne entsprechendes Glied im Vordersatze), wie er besonders bei den
Komikern erscheint*) (z. B. ego fecero, huc concessero; vgl. Dräger,
hist. Synt. I2 284 f., Schmalz, Handb. d. klass. Altertumsw. II 256,
Lorenz Most.2 590. 687. 1039, Brix Capt. 293), aus der relativen
Zeitbedeutung dieser Verbalform herzuleiten („in omni huiusmodi ora-
tione finis actionis sie respicitur, ut actio in futuro praeter ita menti
obversetur"). — Gegen diese Ansicht wendet sich eine neulich erschie-
nene Dissertation von Theophil Meifart: De futuri exaeti usu Plau-
tino (Jena 1885). Madvig hatte 6 Gebrauchskategorieen aufgestellt:
I. Mn eventu fruetuve rei (etiam cousequenti) praedicando ', z. B. Plaut.
Men. 270. II. rad significandam rem non in altera inclusam, sed quae
per sc simul fmri possit9. Bacch. 48. III. *celcrüati$ notatio vel rei
paene iam ad exitum perduetae', bes. mit zugefügtem iam. Asin. 446.
IV. cfut. ex. ponitur de eo, quod quis inferim, dum aliud quid fit,
*) In der spätem Zeit, bei Cic, Cäs.t Liv., hat sich dieser Gebrauch
nur in bestimmten Verben (bes. videro) oder in ganz vereinzelten Beispielen
erhalten; in Nebensätzen ist zu bemerken si potnero, voluero — si potero,
si volaui. Noch später verschwindet er fast ganz.
Miscellen. 595
aliquanti8per facit'. AuL 665. V. 'in rei dilatione significanda', oft
mit mox und post. Capt. 194. VI. cde actione alteram subsequente
fht. ex. dicitur, ut iam non modo praeteriti nihil in se habeat, sed
ulterioris futuri loco sit\ Most 920. Die 7. Stelle endlich nimmt
eine grofse Anzahl Beispiele ein, die vollständig die Bedeutung eines
futurum simplex zeigen. Hiergegen zeigt nun Meifart mit Recht, dafs
in allen Kategorleen das futurum simplex sich an zahlreichen ganz
gleichartigen Stellen findet, eine Thatsache, die Übrigens Madvig selbst
bereits betont hatte (,r . . . ut omissa levi illa significationis inflexione,
omnibus locis poni potuerit futurum simplex, quod mfinüis locis plane
similibus ponitur"). Die Erklärung Madvigs, meint Meifart, sei also
nicht tnecessaria', aber sie sei auch nicht einmal 'probabilis'; denn
die Begriffe der schnellen Vollendung, des Aufschubs u. s. w. ergäben
sich nicht aus dem Bedeutungscharakter des fut. ex«, sondern aus den
beigefügten Partikeln iam, mox, post, interim etc., oder fex totius
enuntiati colore\ Das trifft gewifs zu; aber die semasiologische
Gleichheit von videro und videbo etc. ergiebt sich daraus ebenso-
wenig, wie etwa dixeram, weil es gleich dixi. und dicebam gesetzt
wird (s. Brix zu Capt. 17), seinen plusquamperfektischen Charakter
verlieren sollte. Es gelten hier die (auch von Meifart S. 13 ange-
führten) Worte 6. Hermanns in seiner Abhandlung de Io. Nie. Mad-
vigii interpretatione quarundam verbi latini formarum. Lips. 1843. 4
= opusc. VIII p. 415 sqq.: „ubi nihil interest, quo modo aliquid di-
catur, liberum quidem est, quem modum quis praeferat, sed ipsi turnen
modi retment naturam suam manetitque diversi" (p. 428).
Eine weitere Stütze für seine Ansicht findet Meifart in dem Um-
stände, dafs die Bedeutung des fut. ex. die verwickeitere, dagegen
die des fut. simpl. die einfachere sei; und es sei jedenfalls wahrschein-
licher, dafs die einfachere Bedeutung auch die ältere sei, als das
Umgekehrte. Daraus folgt aber noch nicht , dafs dem fut. ex. not-
wendig eine von diesen beiden Bedeutungen eigen gewesen sei.
Ferner macht Meifart geltend, dafs häufig Formen wie fecero,
adegero lediglich wegen ihres bequemeren Versschlusses den Formen
des fut. simpl. vorgezogen seien. Allein diese Erscheinung wirft nur
ein Licht auf den usus des Schriftstellers, auf die ars des Dichters,
erklärt auch wohl teilweise den besonders häufigen Gebrauch unseres
Idioms bei den Komikern, aber die innere ratio der Sache wird da-
durch nicht aufgehellt. Auch das schon oben erwähnte dixeram findet
sich besonders am Versende, ohne deshalb mit dixi je identisch ge-
wesen zu sein.
Schliefslich fuhrt Meifart als gewichtigsten Grund für seine An-
nahme die Hypothese Brugmanns ins Feld, wonach videro (gr. fei-
di(ö)(o) Conjunctivus Aoristi ist, nach dessen Analogie fecero cepero
etc. geschaffen sind.
Dafs M. sich der Ansicht über die aoristische Herkunft von vi-
dero etc. anschliefst, billige ich vollständig: hätte er nur den Unter-
schied der aoristischen Aktionsart von der des futurum simplex be-
achtet! Das lateinische einfache Futurum stellt durchweg präsentische
596 Franz Cramer.
Aktionsart dar, d. h. es hat „durative14 Bedeutung: denn Futurformen
wie feram sind ursprünglich Konj. Präs., und ebenso wird das D-Futu-
rum vom Präsensstamm gebildet. Dagegen kommt offenbar den
Formen wie videro, wenn sie aoristischen Ursprungs sind, auch die
entsprechende Aktionsart, d. h. „faktische" Bedeutung (Bezeichnung
der in sich abgeschlossenen Handlung) zu. Man könnte vielleicht auf
das griechische einfache Futurum (wie dcßjo) hinweisen, das ans dem
Conj. Aor. sich entwickelt habe. Abgesehen davon, dafs diese Annahme
bis jetzt nicht über das Bereich der Möglichkeit sich erhoben hat,
ist wohl zu beachten, dafs dem griechischen Futurstamm ebensowohl
aoristische wie präsentische Aktionsart eigen ist (Brugmann, Handb.
d. klass. Altert. II S. 101, § 163). Auf der andern Seite sind nie-
mals Formen wie Sel^oo zu fuhtra exacta geworden, eben weil sie
die Funktionen des fut. simplex angenommen hatten — im geraden
Gegensatz zu dem lateinischen videro etc. Dieser Gedanke führt uns
von selbst zu der Frage: Wie konnte das angebliche futurum Sim-
plex videro zum fut. exactum werden? Wie konnte eine Form,
welche nach M. ursprünglich die in der Zukunft sich entwickelnde
Handlung bezeichnete, die Fähigkeit erlangen, nicht nur die Vollen-
dung an sich, sondern selbst die Vorvollendung darzustellen? Eine
solche Metamorphose nimmt M. für die rhotacierten Formen mit
ebenso wenig Recht in Anspruch, wie sie Madvig vor ihm den sig-
matischen vindiciert hatte: faxo capso stellte er ohne weiteres grie-
chischem s- Futurum (axo = a£o>) gleich. Aber die Undenkbarkeit
einer solchen Verschiebung hat bereits Hermann in der erwähnten
Abhandlung dargelegt.
Zu alledem wird m. E. die Eigenschaft des fut. ex. als eines
ursprunglichen tempus actionis absolutae hinreichend erwiesen durch
seine offenbare Verwandtschaft mit dem sog. Konjunktivus Perfekti
(Optatiyus Aoristi).
Die Meifartsche Theorie u>t also unhaltbar. So wenig dem Aori-
stus „durativer" Charakter innewohnt, ebenso wenig kann das latei-
nische Futurum auf -ero mit dem einfachen Futurum auf eine Stufe
gestellt werden. Aber welches ist denn nun der ursprüngliche Cha-
rakter von videro etc.? M. E. hat bereits Lübbert in seinem Buche
über den Konj. Perf. und das Fut. ex. im älteren Latein, das Meifart
zwar citiert, aber merkwürdigerweise nicht weiter berücksichtigt, die
richtige Lösung der Frage gegeben. Er sagt S. 98 f.: „Jedenfalls
ist die Vorhersage ohne Rücksicht auf die Zeit einer andern Hand-
lung die ursprünglichere. Der Bedeutungskern desv futurum exaetnm
ist der, dafs es das vollendete Sein in die Zukunft verlegt. Die Zeit-
lage der Handlung vor einer andern ist etwas später Hinzukommen-
des/1 Diese Seinsart der absoluten Vollendung ist also genau die-
selbe, die auch den Bedeutungscharakter des Aoristus ausmacht. In
dieser Sphäre verblieben stets die sigmatischen Formen (auf -so),
während die rhotacierten (auf -ro) gleichzeitig mit dem Optativus
auf -rim eine Bedeutungserweiterung erfuhren, als Perfekt und
Aorist der lateinischen Sprache zu einem Stamme verschmolzen. Seit
Miscellen. 597
dieser Zeit erhielten die Formen auf -ro (im Gegensatz zu denen auf
-so)*) auch die Fähigkeit, eigentliche perfektische Aktionsart dar-
zustellen, und daraus entwickelte sich ihre Eigenschaft als „ prae-
ter ita. in futurou. Wenn also im alten Latein Anklänge an jenen
frühern Zustand sich häufiger als in der Zeit der ausgebildeten Sprache
finden, so werden wir dies sehr natürlich finden.
Halten wir diesen Entwicklungsgang fest, so liegt auf der Hand,
wie ein solches futurum exactum absolutum nicht nur in ein rela-
tives Tempus übergehen konnte, sondern auch vorübergehend dem
fnt. simplex sich anzugleichen vermochte. Wenn der Form videro
nicht von vornherein das Moment des bereits Vergangenen anhaf-
tete, so kann es nicht auffallen, dals sie bisweilen eine Form (videbo)
vertreten konnte, welche die Entwickelung einer Handlung in die
Zukunft verlegt, zumal da Formen wie videbo erst spätere auf ita-
lischem Boden erwachsene Bildungen sind. Auch mochte vielleicht
das ingressive Bedeutungsmoment des Aorist us die Annäherung von
videro an videbo vermitteln und erleichtern. Die Thatsache, dafs das
fut. ex. absolutum sich vielfach in bestimmten (von Madvig festge-
stellten) Kategorieen findet, scheint den Schlufs zu rechtfertigen, dafs
gerade solche Sätze dem Futurbegriff von videro fecero etc. adäquat
waren. Wenn auch in Sätzen wie iam ego fecero, interim abscessero,
post videro die Momente /des schnellen Vollbringens, des zwischen-
zeitigen Thuns, des Aufschubs keineswegs, wie Meifart mit Recht
bemerkt, in der Yerbalform selbst gegeben sind, so läfst sich doch
nicht leugnen, dafs in solchen Sätzen recht gut die Vorhersage der
einfachen Thatsache genügt, ohne Rücksichtnahme auf Verlauf und
Entwickelung der Handlung. Was speciell die Form videro betrifft,
so möchte in der auch zu Ciceros und Livius' Zeit andauernden Vor-
liebe für diesen alten coni. aor. vielleicht eine Spur des Zusammen-
hanges mit der Wurzel J-iS sich aussprechen; denn der in £id lie-
gende Begriff (iöeiv = erblicken) schliefst aoristische Aktionsart
in sich (im Gegensatz zu oqccv = betrachten); daher aor. slöov zu
praes. bqdco (vgl. Brugmann a. a. 0. § 154 u. 159). Noch begreif-
lieber würde das zähe Festhalten auch der spätem Zeit an video,
wenn Brugmanns Hypothese sich bestätigte, dafs gerade durch die
von videro (gr. J-Eiöi(a)a>) ausgehende Kraft der Analogie die übrigen
Formen wie fecero cepero ins Leben gerufen seien.
Auf der andern Seite kann es nicht weiter auffallen, dafs das
ursprüngliche absolute fut. ex. sich nach der Verschmelzung von Per-
fekt und Aorist zu einem relativen Tempus, zu einem praeteritum
in futuro ausbildete. Auch das lateinische Imperfekt war von Hause
aus ein absolutes Tempus, das Moment der Gleichzeitigkeit ist etwas
später Hinzugetretenes. Es liegt die Annahme nahe, dafs der Über-
gang des fut. ex. abs. in das relative Zeitverhältnis, seinen Ausgangs-
*) Dafs gerade diese die alte Natur weitertrugen, erklärt sich leicht
aus dem Umstände, dals sie den dem Aorist eigenen Tempuscharakter 8
beibehielten.
598 Franz Cramer* — Henry Nettleship.
punkt von den Konditional- und Temporalsätzen genommen bat*)
In ganz entsprechender Weise setzt ja anch der Grieche im konditio-
nalen Satzgefüge iav cum coni. aor. Selbst der Indik. Aor. nimmt
bekanntlich in Temporal- und Relativsätzen infolge des Zusammen-
hanges relative Zeitbedeutung an. s— Als erstes Glied auf dem
Wege des lat. fut. absoL zur Funktion als relatives Tempus denke
ich mir Sätze wie: Plant. Amph. 198 Si dixero mendacium, solens
meo more fecero. Pseud. 512 Si abstuleris, mirum et magnum faci-
nus feceris. Wenngleich hier der Vordersatz, wie immer, das begriff-
liche Prius enthält, so fallt doch die zeitliche Vollendung von Vorder-
und Nachsatz in einem Moment zusammen, da letzterer nur die Qualität
des Effektes näher bezeichnet. Dem Sinne nach verwandt, aber schon
mit (emphatischem) Präsens oder Perfekt im Hauptsatz sind: Poen. 671
Rex sum, si ego illum hodie ad med hominem adlexero. Amph. 320
perii, si me adspexerit. Dagegen liegt die Bedeutung eines praeteri*
tum in futuro vor z. B.: Rud. 755 Postea aspicito meum (sc. ter-
gum), quando ego tuum inspectavero.
In Übereinstimmung mit B nigra an ns sprachwissenschaftlichen
Resultaten erkennen wir also in dem lateinischen futurum exactum
auf -ro ebenso gut ein ursprünglich absolutes Tempus, wie in den
Formen auf -so.
Duisburg. Franz Gramer.
Saeculum. Saecula.
Bei der Lektüre des Epicedion Drusi (Consolatio ad Liviam)
habe ich mich oft gefragt, ob der Vers 45
Quid, tenuisse animum contra sua saecula rectum,
ein Beispiel sei oder nicht von der bedenklichen Latinität, die mir
eine Eigentümlichkeit des Gedichtes zu sein scheint, obschon Bährens
durch seine Kritik so manche anstöfsige Stelle beseitigt hat. Es ist
klar, dafs der Vf. sua saecula im Sinne von 'Zeitgeist* verstand, mit
anderen Worten, dafs er den Plural für den gebräuchlicheren Singular
setzte. Bährens fühlt, dafs der Ausdruck einer Verteidigung bedürfe,
und verweist daher auf Prop. 1, 18, 12. 2, 25, 35 — 38, um ihn zu
rechtfertigen. Die erste Stelle freilich Turpius et saeeli vivere luxuria
trifft die Kontroverse nicht, da das Wort im Singular steht. Die
zweite lautet:
At si saecla forent antiquis grata puellis,
Essern ego, quod nunc tu; tempore vincor ego.
Non tarnen Uta meos mutabunt saecula mores;
Unusquisque sua noverit ire via.
*) Vgl. Meifart p. 26: „Non prorsus eadem ratio est enuntiatorum re-
lativorum, condicionalium et quae sunt Bimilia. Suspicor per baec tranri-
tum factum ad vim vere relativam." Dieser Obergang geschah freilieh
nicht von der Sphäre des fut. simpUx aus.
Miscellen. 599
Bihrens vermutet apta statt grata, mein Freund A. £. Housman in
der letzten Nummer des Journal of Pbilology: gratis antiqua puellis.
Der Sinn des Verses im allgemeinen ist klar: würden wir in Zeiten
leben, die den Sitten der Mädchen von altem Schrot und Korn ent-
sprächen, nicht: würde der Zeitgeist den Mädchen u. s. w. entsprechen.
Denn die folgenden Worte: tempore vincor ego bedeuten: ich bin zu
spät auf die Welt gekommen; und V. 37: aber jene alten Zeiten
werden mich nicht ändern; es ist für mich gleichgültig, was die
frühere Generation gethan hätte. Diese Stelle bietet daher keine
genaue Parallele zu dem Verse des Epicedion.
Ein anderes Beispiel, in welchem saecula = saeculum im Sinne
von 'Mode, Zeitgeist' genommen wird, giebt Lucan. 10, 109
Explicuitque suos magno Cleopatra tumultu
Nondum translatos Romana in saecula luxus.
Hier bemerkt der neueste Herausgeber, Mr. Haskins: saecula, Mode,
Zeitgeist (fasJiion, manners). Vgl. Tac. Germ. 19 nemo illic vitia
ridet, nee corrumpere et corrumpi saeculum vocatur. Martial. 9,
28, 9 et cum theatris saeculoque rixaris. Hier mufs wieder bemerkt
werden, dafs saeculum als Parallele zu saecula*) citiert wird. Die
von Weber herausgegebenen Scholien erklären Romana in saecula]
in Bomanum Imperium, was mir der Grundbedeutung näher zu
kommen scheint; denn die Worte müssen bedeuten: in die römischen
Generationen hinein.
Saeculum mufs nach meiner Ansicht von der Wurzel sii-, er-
zeugen, abgeleitet werden, und saeculum = sav-i-culum bedeutet
ursprünglich 'Generation9; nämlich 1) Genefation im konkreten Sinn,
d. h. Geschlecht, a racc; 2) im zeitlichen Sinne die Periode, während
welcher eine einzelne, in der nämlichen Zeit geborene Gruppe von
Individuen als lebend vorausgesetzt wird. In dem ersten Sinne ge-
braucht es bekanntlich Lucretius: saecula hominum. ferarum, Generationen
vou Menschen oder Tieren. Cic. divin. 1, 19, 36 nee saeculorum re-
liquorum iudicium pertimescere; Verg. Georg. 1, 468 impiaque aeter-
nam timuerunt saecula noctem, welches Georges wohl unrichtig mit
'Zeitgeist, Ton der Zeit' erklärt; Aen. 1, 291 aspera tum positis
mitescent saecula bellis; Ovid. met. 15, 260 sie ad ferrum venistis
ab auro Saecula u. s. w. In dem zweiten Sinne ist saeculum und
saecula so gewöhnlich, dafs Beispiele kaum nötig sind. Ovid met.
5, 395 haec ubi quinque suae complevit saecula vitae. Die Phrase
ire oder mitti in saecula scheint im 1. Jahrh. n. Chr. entstanden zu
sein; Georges citiert sie aus Silius und dem jüngeren Plinius; wir
können Lucan. 10, 533 (in famam et saecula mitti) beifügen. Der
besondere Gebrauch von saeculum allein für Zeitgeist (Mode) hat
sich vielleicht in der Konversationssprache entwickelt von der engeren
Phrase aus: hoc saeculum, die sich öfter bei den Autoren der Repu-
blik findet.
*) Über gaudia im fünften Fufse des Hexameters = gaudium u. ähnl.
vgl. Archiv I 134. Die Redaktion.
600 Henry Nettleship — Ph. Thielmann.
Keine Stelle jedoch, welche ich bisher citiert gefunden habe,
unterstützt den Vf. des Epicedion in dem Gebrauche von sua saecula.
Wie in vielen anderen Beispielen scheint mir der Dichter sich einer
Phrase bedient zu haben, die er bei den klassischen Autoren fand,
doch überschritt er mit der Bedeutung, die er ihr beilegte, die
Grenzen, welche jene beobachtet hatten.
Oxford. Henry Nettleship.
1. Zwei neue Fragmente archaischer Poesie.
Bei Gelegenheit der Erwähnung spartanischer Zucht (Tusc. 2,
34 — 36) citiert Cicero wiederholt Verse eines unbekannten Tragikers,
die wie Ribbeck trag. ine. ine. 205 — 209 p. 266 vermutet, vielleicht
dem Meleager des Attius entstammen. Nach Anführung des letzten
Fragments § 36 fährt Cicero fort: ergo his laboriosis cxcrcUatiombus
et dolor intercurrit non nunquam: inpe'lluniür /brmn/wr, abidutitur ca-
dünt. Die letzten vier Wörter bilden doch wohl einen (derselben
Quelle wie die vorausgehenden Citate entstammenden) Senar. Über
die Kürze der ersten Silbe von abidutitur vgl. Archiv IV 560; der
Proceleusmaticus im 4. Fufs veranschaulicht, wie auch das Asyndeton,
die Lebhaftigkeit der Handlung.
Sen. clem. 2, 5, 4 f. nihil aeque hominem quam magnus arrimus
decet; noti polest autem magnus esse itletn ac maestus. Maerör contun-
dit nienfes, dbicit, cöntraJnt. Der unreine Bau des durch die letzten
fünf Wörter gebildeten Senats schliefst die Autorschaft Senecas aus
und weist auf einen archaischen Dichter, vielleicht Attius,
dessen cor contundam et comprimam (V. 201 p. 162 R) zu dem obigen
contundit mentes . . contriüiit eine Analogie bietet.
Ich bemerke hier noch, dafs in dem Gedicht Poet. lat. min. ed.
Bährens IV 309 nicht blofs ein Akrostichon vorliegt (Filocali, von
Lucian Müller entdeckt), sondern auch ein Telestichon: MELANIAE.
Dasselbe ist allerdings verdunkelt durch eine Änderung, die Bährens
im 2. Vers vorgenommen hat (invitut fessos huc properare cito); aber
das vom Salmasianus gebotene trite hat Heinsius längst in das rich-
tige viae verwandelt (zu huc viae vgl. huc viciniae Ter. Andr. 70 und
Dräger Synt. I2 449 ff.).
2. Achariter.
Vu\ eceli. 20, 21 lwnw acharis (&%aQig) quasi fabula vana. Das
acris des Tolet. ist aus acharis durch die Zwischenstufe acaris ver-
derbt. Wenn nun zu eceli. 18, 18 stultus acriter improperabit das
griech. Original fitogog axccglaxag ovstöul lautet, so liegt die Ver-
besserung achariter nahe, und ich hatte dieselbe längst in mein
Handexemplar eingetragen, als sie mir in überraschender Weise be-
stätigt wurde. In Augustins Speculum p. 133, 16 (Weihrich), wo
Miacellen. 601
die angegebene Stelle des Ecclesiusticus citiert ist, bieten MP1 C in
der That acJtariter, was der neueste Herausgeber hätte in den Text
setzen sollen. Zu acharis gehört auch acharizo (=ax<*(>#a>), das Orib.
syn. 4, 28 in der Form acarkct steht (Archiv III 41Ü. IV 317).
3. Balan.
Procop. bell. Goth. 1, 18 p. 87, 17 ed. Bonn.: btv%s dl (BsXi-
Oaoiog) iTCTicp xr\vixctvxa 6%ov(tfvog . . og 6rj oXov fxiv xo 0c5fia cpaihg
qv, xc pitantov öi anav i% xeyaXrjg &%qi ig Qivag Xevxog (idXiöxa.
Tovtov "Ellrivsg (ikv OaXibv, ßdqßaooi (d. i. die Goten) 6h BdXav
[ßdXXctv L] xaXoiiG^ und weiter unten: ßdXXeiv iyneXevo^svoi ig irntov
xov BdXav. Das gotische Wort sei den Germanisten zur Behand-
lung überwiesen; sicher gehört es, wie das griech. cpuXiog, zu der
mit l weitergebildeten Wurzel blia Scheinen, leuchten'. Die Pro-
copiusstelle aber wirft ein helles Licht auf das im Archiv mehrmals
(I 270 und besonders II 477) besprochene de eqiio badeo [6ad/0 Vogel J
et balanc, die Überschrift des nur im cod. Bruxell. überlieferten
Epigramms des Ennodius carm. II 136H = CCCLV Vog. Ennodius,
Zeitgenosse und Unterthan Theodorichs des Gr., fand das gotische
Wort gewifs in der römischen Volkssprache vor; Tiernamen sind ja
in grofser Anzahl aus den germanischen in die romanischen Sprachen
übergegangen, was im vorliegenden Fall bei den nahen Beziehungen
des Pferdes zum Kriegswesen (Diez Gramm. I3 67. G9) sich noch
leichter erklärt. Die Zusammenstellung badius ei balan bietet aber
einen interessanten Beleg für die noch im 5./6. Jahrh. lebendige
Neigung zur Allitteration. Den genauen lautlichen Zusammenhang
zwischen balan und dem für die roman. Wörter balzano, bauten vor-
auszusetzenden balteanus zu ermitteln, mufs ich andern überlassen.
4. Salaputtiam.
Ca tu 11 53: Rist neseto quem modo e Corona, \ qui, cum mirificc
Vatiniatia \ mens crimina Calvos explicasset, \ admirans ait haec ma-
nusque töllcns: ) Di magni, salaputtium disertum. Die Hdschr.
haben salajmntium; das Richtige finden wir bei Sen. contr. 7, 4 (19 ),
7: erat enim (Calvas) parvolus Matura, propter quod ctiam Catullus
in hendccasyUabis voeat illum * salaputtium (so die codd.) disertum9. —
Das griech. (SuXnt%xr\g (Nebenform von <$aXmy%x)\g) erscheint im La-
teinischen entweder in urbanem Gewände als salpicta (Firm. Mat.
math. 8, 21) oder in der vulgären, durch Einschub eines irrationalen
a und volkstümliche Behandlung der Gruppe et gebildeten Form
salapitta: Arnob. 7, 33 p. 2G7, HR salapittarum sonitn atque plausu
(meton.=*die schallende Backpfeife'; vgl. gloss. salapitta Qdmoua).
Davon ist salapittium eine Weiterbildung mit deminutivem Sinn, und
lediglich auf dieso verkleinernde Bedeutung beziehen sich Senecas
Worte erat enim parvolus statura etc. Die Orthographie sala-
puttium aber ist als salaputtium zu deuten, d. h. u repräsentiert hier
Arohiv für lal Lexikogr. IV. Heft S. 4. 39
602 Pb. Thielmann — A. Zimmermann.
den bekannten trüben Mittellaut zwischen u und /, von dem Seel-
mann, Aussprache S. 199 sagt: „Die Trübung (des hochlat. geschrie-
benen t) wird veranlafst durch die Stellung des Lautes (in unbe-
tonter Silbe) inmitten eines dorsal und eines bilabial arti-
kulierten Konsonanten. In der Vulgärsprache werden auch be-
tonte Vokale getrübt14 (salapurtium !). Ich denke, eTrompetercW
ist eine treffende humoristische Benennung für den mit kräftigem
Organ begabten Calvus; vgl. was der Freigelassene Ganyroedes bei
Petron 44 von einem volkstümlichen Redner sagt: cum ageret porro
in foro, sie illius vox crescebat tamquam tuba. Das plebejische Kraft-
wort aber war offenbar dem Catull vorher noch nicht zu Ohren ge-
kommen; denn nur um seinetwillen erzählt er die Anekdote, und in
ihm liegt die Spitze des Ganzen. Mit andern Worten: salapuHhm
war ein in Italien selbst nicht gehörter Provincialismus. An
Afrika als Heimat des nescio <juis (V. 1) zu denken, erlaubt uns
aufser der Arnobiusstelle auch noch der Umstand, dafs Salaptdi (Abi.)
als Eigenname auf einer afrikanischen Inschrift erscheint: CIL VIII
10570, 4, 29.
Speier. Ph. Thiel mann.
Ober secus, setius u. s. w.
Nach Thielmann (Archiv IV 248 f.) war trans ursprünglich
part. praes. von trare (simplez zu intrare), dann erstarrte es zur
Präposition und später erst entwickelte sich bei ihm der adverbiale
Gebrauch. In ähnlicher Weise haben wir die Partikel „secüs" uns
entstanden zu denken. Auf diesen Entwicklungsgang führt uns eine
Stelle im corp. inscr. Latt. III n. 387 steht nämlich „secu(s) here(s)"
in der Bedeutung ,,der folgende (zweite) Erbe". Die Form fügt
sich dieser Bedeutung ohne Widerstreben. Das part. praes. von sequi
mufste in ältester Zeit mit der starken Endung lauten sequons oder
seeuns. Vgl. Curtius Studien VIII 345 f. Iw. Müller Hdb. d. Klass.
Altertums w. II 154. Dieses seeuus, das besser zu seeundus pafst
als sequens, verlor dann in bekannter Weise seinen Nasal vor „sa,
gerade wie trans in den Inschriften häufig nur tras lautet, so z. B.
IX 2438, Z. 16. Dafs aber die Form secüs die andere Form seeuns
völlig vordrängte, lag wohl daran, dafs man in „secus44 bei seiner
Bedeutung „der zweit«41 kein Particip mehr sah, sondern ein Adjek-
tiv, ein Zahlwort; denn zu tertius, primus u. s. w. pafste secüs besser
als seeuns. Derselbe Grund der Analogie wird dann allmählich auch
die Verkürzung des „u" bewirkt haben. Legt doch die Existenz von
Komparativformen wie maledicentior u. ä. uns die Vermutung nahe,
dafs auch maledicus u. ä. ursprünglich partieipia praes. waren und
erst später in die Analogie der Adjektiva auf us, a, um übergingen.
Ebenso scheint mir pedisequus entstanden, das ursprünglich wol pe-
disecüs, später pedisectis lautete; zuletzt erhielt pedisegt/us den Vor-
zug mit Anlehnung an „se^in". „Secüs14 dagegen blieb, weil man
sich der Beziehung zu „segni" nicht mehr bewufst war.
Miscellen. 603
Da nun aber ßecundus auch „der folgende, der zweite*' bedeutete,
so war es natürlich, dafs in dieser Bedeutung einer von den beiden
Ausdrücken, weil überflüssig, allmählich aufs er Gebrauch kam. Dies
Los wurde secüs zu teil. Nur die Rechtssprache, die ja bekanntlich
altertümliche Ausdrücke liebt, erhielt ihn, und so finden wir ihn
denn auch in der obengenannten Inschrift.
Ebenso wie trans wurde secus nun zweitens auch als Präposition
angewendet. Wie leicht sich hier der Übergang vom Particip zur
Präposition bewerkstelligte, sieht man so recht an Stellen, wie corp.
inscr. Latt. III n. 6418: „hie est occisus . . secus Titum flumenu, wo
man sowohl übersetzen kann: „er wurde getötet neben dem Flusse
Titus oder als er dem Flusse Titus folgte.41 Jedoch hielt sich
secus als Präposition nur in der Vulgärsprache, da in dem klassischen
Latein ihm „seeundum" den Rang ablief. Schmalz bei Iw. Müller
Hdb. d. Kl. Altertums w. II 292 sagt darum über secus als Präpo-
sition: „Das vtilgäre secus lesen wir schon bei Cato und noch bei
Hieronymus, auch auf Inschriften, z. B. Orelli 7170 secus merita
eins, Fabretti 211, 533 secus viam".
Volle Verwendung fand secus schliefslich als Adverb und zwar
seiner ursprünglichen Bedeutung nach zuerst als lokales, und dann
auch als modales. Zur Veranschaulichung dieses nicht seltenen Über-
gangs eines Particips bis zum Adverb — ich erinnere hier nur an
rursus, prorsus — führe ich auch hier ein paar Beispiele an. Wenn
T. Livius II 33, G von einem bellum extrinsecus imminens spricht,
so ist er sich der participialen Natur des extrinsecus wohl nicht mehr
bewufst, während ein Römer zur Zeit des Livius Andronicus unter
diesem Kriege einen verstanden haben würde, der von aufsen her
kommend ihn bedrohe.
Und wenn Cic. bei Lael. IX 29 und sonst sagt: „quod longe
secus est", so sollte diese Ausdrucksweise ursprünglich bedeuten:
(„es ist das etwas hinter der Wahrheit weit Zurückstehendes"),
was natürlich dem Sinne nach dasselbe ist als: „es verhält sich damit
ganz anders.'4
Und so lassen sich auch die andern Bedeutungen des modalen
Adverbs secus, nämlich „schlechter, weniger, mehr1' in derselben Weise
wie die von „anderes" ableiten. Das Folgende, Zweite, Andere wird
naturgemäfs meistens auch das Schlechtere, Geringere, Wenigere sein;
indes kann es wohl auch einmal das Bessere, das Mehr sein. Liegen
ja doch auch in alius diese beiden entgegengesetzten Bedeutungen.
Da nun somit in dem Adverb „secus" ein komparativer Sinn
lag, liefe man demselben doch gerade wie dem alius die Komparativ-
partikel quam folgen, so selbst bei Cic. Att. 6, 2, 2 ne quid fiat secus
quam volumus, — so war es nicht zu verwundern, wenn man mit
der Zeit auch in der Form diesen komparativen Sinn zum Ausdrucke
brachte und die Form sequius aus secus regelrecht schuf. Denn da
der Buchstabe qu nur vor u sein u verliert und zu c wird, vgl.
quis, aber cum, so mufste vor dem i des Komparativs das alte „qu"
604 A. Zimmermann.
von sequor hier wieder zum Vorschein kommen und die Komparativ-
form lauten sequius, nicht secius.
Gerade aber wie sich aus dem adverbialen Komparativ propius
(von prope) ein adjektivischer Komparativ propior entwickelte, so aus
sequius ein sequior. Dafs dies eine spätere Bildung, sieht man schon
daraus, dafs am häufigsten nur das dem Adverb der Form nach
gleiche neutrum sequius hiervon vorkommt. Andere Formen sind
nur selten und aus spätlateinischer Zeit. Neue II 118 fuhrt nur an
App. Met. 7, 8 und 10, 23 sequiorem sexura und sexus sequioris,
Ulp. Dig. 2, 15, 8 § 11, vitae sequioris. Amm. Marc. 18, 6, 6 fortnna
sequior.
Ich komme nun zu sectius. Die Form ist durch Gellius 18, 9,
4 — 6 aus Plautus belegt. Wenn sie nun auch von Gellius 1. c. nicht
richtig erklärt worden, so ist doch an dem Vorhandensein der Form
nicht zu zweifeln. Dies hat schon Corssen Krit. Beitr. S. 7 ausge-
sprochen und darum auch Georges in seinem Wörterbuch die Form
als gleichberechtigt neben sequius und setius hingestellt. Mir scheint
sie der neutrale oder adverbiale Komparativ des aus sect-a und
sect-ari zu erschliefsenden alten participii perf. von sequor „sectus"
zu sein, das verloren ging, wohl weil es mit dem Particip von seco
gleich lautete.*)
Nun lfifst schon sectus ohne Schwierigkeit dieselbe Bedeutung
zu, wie sie in „secuns, secus" war, zumal da bei einem Deponens
das part. perf. so häufig die Bedeutung des part. praes. hat. Aber
auch hier fühlte man wohl, wie bei secus, das Bedürfnis den kom-
parativen Sinn auch durch die Form mehr zum Ausdruck zu bringen
und schuf darum „sectius", was dann „sectus" vollständig verdrängte.
Wurde aber sectius nicht mehr als Partizip, sondern nur als Adverb
empfunden, so konnte es auch die Umformung in „secütius" nicht
mehr mitmachen.
Zum Schlüsse bleibt noch setius und secius zu besprechen.
Da secius nur in den schlechtem Handschriften vorkommt,
während die bessern und die Inschriften aller Zeiten nur setius zeigen
vergl. Corssen Nachtr. S. 47, so sind wir berechtigt secius für eine
falsche Schreibung anstatt setius anzusehen, eine Schreibung die sich
um so leichter einschleichen konnte in einer Zeit, wo die Assibilation
schon durchgedrungen war.
*) Gegen CorssenR Herleitung Kr. Nachträge S. 47 und Beitr. S. 11
von einem Stamme saug, von dem auch segnis herkomme, bin ich aus dem
Grunde, weil es mir unglaublich erscheint, dafs sectius einem andern
Stamme angehöre, wie secus. Ich leite auch segnis von dem in sequi
liegenden Stamme „sec" ab und übersetze es mit „der stets hinten Blei-
bende, der Säumige". Für den Übergang von c zu g berufe ich mich auf
Gustav Meyer, der denselben Gr. Gr. § 197 auf die Nachbarschaft des Nasals
zurückführt, und ziehe zum Beweise heran paciscor, pango, pignus; £axof
und ^ijyvvfii. Noch weniger befriedigt mich, was Vanicek Wörterb. der
lat. Spr. S. V über den Ursprung des Wortes bringt. Nach ihm ist die
Urform der Komparativ des part. praes. von sequi nämlich sequentius, da-
raus sei sequetius, secitius, endlich sectius geworden.
Miscellen. 605
Was nun se~tius selbst anlangt, so erkläre ich mich auch hier
»gen jede Ableitung von einem andern Stamme als dem in sequi
Agenden und trete Corssen bei, der es Nachtr. S. 47 u. Beitr. S. 11
is sectius entstanden sein läfst. Fleckeisens Herleitung aus secitius,
nem Komparativ eines aus secus nach Analogie von penitus ge-
ldeten Adverbs secitns, vergl. Rh. Museum VIII 227 ist mir zu
Instlich und Weihrichs Herleitung von der Adversativpartikel „sedu
ergl. Philol. XXX 634) ist mir zu weit hergeholt.
Natürlich mufs ich danu ebenso wie Corssen annehmen, dafs
>r Ausfall eines c vor t nach Vokalen im Latein stattgefunden hat,
otzdem die ungeheure Überzahl der Fülle, wo im Latein das c vor
nach Vokalen sich behauptet hat, so in „ductum, lactis" etc. da-
jgen zu sprechen scheint. „Vollständige und partielle Assimilation
t eine in allen Sprachen wiederkehrende Erscheinung11 vergl. Paul
rincipien der Sprachgeschichte Kap. III. Und so liefse sich von
esem Gesichtspunkte aus gegen einen Übergang von sectius in
ittius nichts einwenden, welche letztere Form infolge der sog. Er-
.tzdehnung dann zu setius geworden sein könnte.*) Denkt man sich
jn Vorgang hierbei umgekehrt, wie Stolz, vgl. Iw. Müller Hdb. d.
1. Altertumsw. Bd. II 169 „über Ersatzdehnung u und S. 1G8 über
;og. Konsonantendehnung41 in solchen Füllen thut, so müfste mit
nwendung auf unsern Fall aus sectius gleich setius geworden sein,
ine dafs dann die Konsonantendehnung settius eingetreten wäre,
it beiden Auffassungen läfst sich also unsere Etymologie vereinen,
ie Antwort auf die Frage, warum in so seltenen Fällen im Latein das
vor t nach Vokalen sich dem t assimilierte oder nach seinem Aus-
11 eine Verlängerung des vorhergehenden Vokals bewirkte, können
ir uns aus Paul Principien der Sprachgeschichte Kap. VI betitelt:
ieaction gegen die Zerstörung und Verwirrung der Gruppen durch
;n Lautwandel11 entnehmen. Ein duitum oder dCdnm zu schaffen
»genüber einem duc-o, duc-Bi, duc-ere verbot die Rücksicht auf deu
lsammenhang dieser Formen untereinander. ' Wo aber die Analogie
>m Wegfall von c vor t günstig war oder wo die Rücksicht auf
idere Formen die Beibehaltung des c nicht verlangte, da trat nattir-
;h dieser Ausfall bezw. diese Assimilation ein. Vita mufs ohne
rage ein aus g entstandenes c vor dem t gehabt haben. Die Ana-
gie mit vivo führte auch bei vita den Ausfall des Konsonanten
jrbei. Der Umstand, dafs die Bedeutung von sectius sich immer
ehr von der in sequi liegenden entfernte, sowie dafs sectius ein
r sich allein dastehendes Adverb war, war nicht geeignet hier eine
eaktion gegen den Lautwandel eintreten zu lassen. Und so kam
um sectius gegenüber setius allmählich so aufser Gebrauch, dafs
ir über sein ursprüngliches Vorhandensein erst durch Gellius unter-
en tet werden mufsten.
*) So scheint mir beispielsweise die Partikel „immou ihrem Ursprünge
ich nichts weiter zu sein als der Ablativ des Superlativs Imus Ursprüng-
en wohl immus.
606 A. Zimmermann — Adolf Sonny.
Mit Recht stützt sich Corssen 1. c. zum Beweise für seine An-
sicht namentlich auf Eigennamen, die er den Inschriften entnommen,
z. B. Vitorius, Vitoria, Auta u. s. w.; denn für diese lag am aller-
wenigsten die Notwendigkeit vor, das c vor t nach Vokalen zu halten.
Die Inschriften bieten uns bei den Eigennamen nun auch die Mög-
lichkeit diesen Übergang von et zu tt bezw. t zu beobachten. Folgende
Beispiele aus dem IX. Bande der Inschriften mögen zum Beweise
dienen. Derselbe Eigenname lautet in nr. 3038 Vectius, in nr. 42
Vettius, in nr. 597 Vetius (ich halte hier das „e" für ein langes e);
in nr. 2533 steht Aucta, nr. 3992 Autta, nr. 3252 Adauta; in nr.
4264 Vectiedia, nr. 3070 u. 3475 Vettiedia, nr. 5137 Vetiedia.*)
Eigentümlich ist es, dafs im IX. Bande der Inschriften Vitorius und
Vitoria als nomina stets ohne c vorkommen, vergl. den Index, wah-
rend nach Ausweis des Index als cognomina daneben Victor, Victoria,
Victorina, Victorinus erscheinen. Sollte der Umstand, dafs die co-
gnomina späte» entstanden sind als die nomina, hierbei auch mit von
Einflufs gewesen sein? Denn in späterer Zeit, wo das Verbleiben
des c vor t schon zum Gesetze geworden war, zog man wohl auch
bei Eigennamen schon et dem t bezw. tt vor.
Und somit dürfte denn Corssens Ansicht, wonach setius aas
sectius entstanden, die gröfste Wahrscheinlichkeit für sich haben.
Nachträglich will ich noch bemerken, dafs ebenso wie seeundus
auch die beiden mit ihm rivalisiereuden Participien secus und sectus
bezw. setus auch als cognomina in Anwendung gekommen zu sein
scheinen. Wenigstens steht corp. inscr. Latt. V nr. 4884 „. . sibi et
Staico Scci f. viro et Scco . ." und VIII nr. 5004: „. . Ingenus Sdi
filius p. . ."
Posen. A. Zimmermann.
Iulicae, Bartflaum.
In der *fescennina iocatio' des Hochzeitsgedichtes von Catull
auf Manlius Torquatus und Vinia Aurunculeia wird der puer deli-
catus, der nunmehr seine Bolle ausgespielt hat, u. a. mit folgenden
Worten verspottet (41, 136 sqq.):
„sordebant tibi vilicae,
coneubine, hodie atque heri:
nunc tuum cinerarius
tondet os.u
Dafs die c Frauen der Gutsverwalter' nicht in den Zusammenhang
passen, ist auch nach dem Erklärungsversuche des neuesten Kommen-
tators**) unzweifelhaft. Der Gegensatz, in welchem die Worte *sor-
*) Hier braucht das e der ersten Silbe nicht lang zu sein; denn nur
in betonten Silben findet nach dem Ausfall des Konsonanten Verlängerung
des Vokals statt; cf. Stolz bei Iw. Müller Hdb. d. £1. Altertumsw. 11 169.
**) Baehrens II p. 812: 'qnando cum domino tuo ruri versabaris, de-
aD]A]Ak*« -nl*n tuperbo . . . vilicaß h. e. vilicorum servis rusticis praeposi-
Miscellen. 607
•
debant tibi vilicae' zu den Worten 'tuum cinerarius tondet os* stehen,
erfordert statt evilicae' unbedingt den Begriff * sprossender Bart':
tgestern und heute noch*) warst du ein puer, 'cum tibi vernarent
dubia lanugine malae' (Mart. II 61, l); jetzt wird dir (auf Betreiben
der jungen Frau vgl. Mart. XI 78, 4 tondebit pueros iam nova nupta
tuos) dies Kennzeichen der pueritia (vgl. Marquardt Privataltertümer2
p. 581) genommen, und du wirst fortan als vir (vgl. Mart. I 31, 8;
IX 36, II) zu gelten haben.' Dies scheint mir die einzig mögliche
Auffassung der vielumstrittenen Stelle zu sein. Von richtigem Ge-
fühl geleitet wollte C. de Allio statt Vilicae' Villuli* schreiben. —
Doch spricht dagegen nicbt so sehr die Unmöglichkeit, die Deminu-
tivform anderweitig zu belegen, als vielmehr der Umstand, dafs villus
= Zottel, sonst nur von Tieren gebraucht, zur Bezeichnung des zarten
Bartflaumes (und auf diesen Begriff kommt hier alles an) sich mög-
lichst schlecht eignet. — Es bedarf gar keiner Konjektur, sondern
nur der Aufnahme der Lesart unserer besten Hs. Nach Schwabe' 6
Zeugnis bietet der Oxoniensis iulice: 'ex litterarum ductibus , dinosci
non potest utrum vilice an iulice legendum sit, sed apice primae
litterae superposito lectio iulice confinnatur/ — Iulicae entspricht
offenbar einem griechischen lovkixaC (sc. TQt%sg) von tovkog, Flaum uud
gehört zu den Reminiscenzen aus der griechischen Litteratur, welche
sich in diesem Gedicht mehrfach finden. Freilich kann ich ein
griechisches lovkixoi ebensowenig nachweisen, als ein latein. iulicae
an anderer Stelle. Doch thut das, denke ich, nicht viel zur Sache.
Ein griechisches avxUu (sc. t(>l%£g) hat sich ebensowenig erhalten,
und doch finden wir antiae bei Apui. flor. 1 n. 3; Tert. de pall. 4;
Paul, ex Festo p. 17, 5 Müll.; Cbaris. I p. 20**).
Mit dem Ausdruck 'sordebant' vergleiche man die in den Ca-
tullkommentaren angeführte Stelle des Mart. I 31, 5: cdum nulla
teneri sordent lanugine vultus'.
Kiew. Adolf Sonny.
Firmicus Maternus.
Mit Recht klagt man darüber, dafs seit 1551 keine Ausgabe
des kulturhistorisch so interessanten Astrologen erschienen sei; bei
weitem schlimmer ist es aber, dafs die gewöhnlich benutzten Aus-
torum . . . uxores, quarum certa erat in administratione villae pars . . . .
quarumque uni iam servibit fastidiosus ille concubinus ex familia urbana re-
1egatu8 in rusticam et huic vel tili Manlii praedio adscriptm* , und weiter:
nunc tu iam non glabrorum pulcrorum unus es, sed inter barbatos receptus
contra sordebis vilicabus, quae servienti tibi superbiae tuae vicem reddent.
Das heiföt iu die Worte des Dichters mehr hineinlegen, als in ihnen ent-
halten sein kann! — Aufserdem sieht sich B. durch seine Erklärung ge-
nötigt, das durchaus unverdächtige fhodie' durch Konjektur zu entfernen. —
*) Die Erklärung von Riese fseit kurzer Zeit' ist sprachlich unmög-
lich und pafst nicht in den Zusammenhang. —
**) Den Nachweis dieser Parallele verdanke ich meinem Freunde
J. M. Stowasser in Wien.
608 Karl Sittl.
gaben einen interpolierten und retouchierten Text enthalten, während
die editio princeps, welche ihre handschriftliche Vorlage, so viel mir
scheint, getreu wiedergiebt, zu den gröfsten Seltenheiten gehört. Es
ist der im J. 1497 in Venedig erschienene Druck des Simon Bivi-
lacqua. den indessen Aldus Manutius in der Vorrede zu seinen Astro-
nomici veteres (Ven. 1499) in das schlechteste Licht setzte, indem
er mit Bezug auf Firmicus die gehässigen Worte schrieb: qui vaga-
batur prius valdeque depravatus erat ac mutilus et fere dimidius.
Also fere dimidius war dessen Firmicus? Allerdings, weil
Aldus ein dickes Papier wählte und splendider druckte, weil sein
Herausgeber sich kein Gewissen daraus machte nicht blofs Worte und
Wortgruppen, sondern ganze Sätze zu interpolieren, wovon man einige
Proben findet bei Chr. Kelber, Zu F. M. dem Astrologen, Erlang.
Progr. 1881.
Mutilus V Ja, aber deshalb, weil es überhaupt keine vollständige
Handschrift giebt; der Hauptzuwachs der Aldina besteht indessen nur
aus Kap. 27 — 30 des 6. Buches, und auch diese rühren, wie später
nachzuweisen sein wird, so wenig von F. M. her als die Ergänzungen
Lessings.
Wie steht es endlich um die Berechtigung des Schmähwortes
depravatus? An einigen Stellen verdient der Text der Aldina aller-
dings den Vorzug. Allein die Handschriftenkollationen reichen bereits
jetzt hin, um zu zeigen, dafs, während die editio princeps augen-
scheinlich mit wenigen Änderungen aus einer Handschrift abgedruckt
ist, Aldus-Niger den Stil des Firmicus durchgängig „verbessert44, d. h.
dem Geschmacke der Humanisten mehr angepafst hat. Weder die
langjährige Richte rthätigkeit noch die Astrologie konnten Firmicus
in rhetorischer Hinsicht schulen. Besonders war sein Satzbau oft
von ermüdender Einförmigkeit; z. B. liebte der Astrolog sed et zur
blofsen nicht gegensätzlichen Anreihung. Dies ist in der Aldina ver-
wischt, in welcher oft vero, autem, auch sed dafür eintreten. Der Un-
bestimmtheit des Ausdrucks wird durch Einsetzung von scilicet, tan tum,
licet, igitur u. dgl. nachgeholfen. Somit kann man über Firmicus'
Partikeln keine Angaben, zumal keine statistischen machen, daraus
auch nicht auf die Identität oder Nichtidentität mit F. M. de errore
profanarum religionum schliefsen, bevor eine neue Ausgabe den wahren
Sprachgebrauch klar stellt. Schon jetzt kann man aber soviel sagen,
dafs in unseren Wörterbüchern oft Interpolationen der Aldina figurieren,
z. B. hat influxus, us I 1. 5 aus den Lexicis zu weichen, ebenso
artocopus V1H 20 xvm (bei Juvenal zweifelhaft); convinxit I 3,
woraus man convincio erschliefsen müfste, ist für coniunxit ver-
lesen; die von Dressel ausgehobene Phrase lucubratio virtutum
ist aldinisch; das merkwürdige pares vices reddere „mit Gleichem
vergelten'4 fällt mit VI 29; das seltene inexaminatus verliert das
Zeugnis I 2, ebenso nocumentum VI 27, pedico VI 30, versificator
VI 29. Cerriti VIII 20 xxiii ist nicht, wie Georges nach der
Aldina (cerritosque) angiebt, Substantiv; der Monacensis liest: traguedi
cinedi ceruces, ed. pr. tragoedi comoedi trüge s. Lacunarii VIII
Miscellen. 609
21 ix entspricht lacnrarii (latnr.V) im Mon., latuarii in der ed. pr.
d. h. lacu-arii. Das wunderliche: lanarium structorem sive
lanarum textorem VIII 19 xxvn erweist sich als Konjektur für
strictarius (ed. pr.) und dieses ist, wie Monac. zeigt, aus siricarius
entstellt; der Weber aber heilst einfach textor, denn lanarum ist
interpoliert oder aus einem dritten Titel geändert; Monac. fügt näm-
lich bei: laniatarius (lanifricariusV). Dresseis schöne Beobachtung
(S. 8) über qu ig quam läfst sich jetzt abrunden; das eine der, zwei
Beispiele (VI 12) steht in einer kleinen Interpolation. Das andere
folgt der Klassikerregel, denn I 1 lautet die erst in der Aldina durch
Interpolation von si entstellte Überlieferung: Cuiusquam sine prae-
sidio dei. Quispiam ist ebenfalls aldinisch; die ed. pr. hat III 4
vi und V praef. das unkorrekte cujus dam statt cuiuspiam.
Glücklicherweise besafsen Niger und Aldus nicht die deutsche
Stetigkeit, sonst wäre bei Firmicus nichts Unklassisches stehen ge-
blieben. Sie haben ohnehin genug geändert, z. B. bekämpft Aldus
das vulgäre iste (z. B. setzt er V praef. ejusdem), alius = alter
im Gegensatz zu unus (VI 31 § 16. VII praef.), de = ex (exeunt
de aqua III 15 ix a. E.), itaque als anreihende Partikel IV 19 (durch
deinde ersetzt!). Sphalangio (ed. pr.) oder spalangio (M) mufs
VIII 19 xvin dem klassischen phalangium (Georges belegt auch
phalangio) weichen.
Die Pleonasmen kann der Humanist nicht ausrotten, doch be-
schneidet er im Vorübergehen einige vordringliche Schöfslinge, z. B.
I 2 p. 9, 13 oportet et necesse est (A necesse est), etiam et III 4
vi. VII praef. u. ö. (A etiam), sempiternam substantiam divinae per-
petuitatis VII praef. (s. s.), sollertiae sagaci investigatione IV 19 (A
solerti investigatione), omnia super omnia V praef. (A omnia), im-
moto fundamentorum robore roborasti V praef. (A hält für schöner:
solio roborasti). Allerlei Seltenheiten wie avarities I 1 (A avari-
tia) seien dem Index einer neuen Ausgabe nicht vorweggenommen.
Ich will mit zwei Bemerkungen schliefsen: VIII 28 xvi fängt der
Setzer der Aldina — dem Herausgeber kann man den Unsinn kaum
zutrauen — einen neuen Satz an: In conjunctione Spinae et colli etc.
qui nati fuerint; die ersten fünf Worte haben sich aus dem vorher-
gehenden Paragraphen hieher verirrt, welcher nach M. und ed. pr.
schliefst: erit gibberosus in conjunctione Spinae et colli. Wir sehen
daraus 1. dafs gibberosus für sich allein nicht blofs auf den Bücken
ging, 2. wie umständlich der Römer damals den Begriff „Genick14
ausdrücken mufste. Aus der Vulgata VIII 21 xv homines faciet
balneatores, mediastrinos et ministros mufste man von mediastrinus
eine falsche Vorstellung erhalten, aber im M. (ed. pr. vertauscht die
zwei ersten Worte) steht einfach: balneatores sunt mediastrini, so
dafs das Wort als Adjektiv dient.
Lessing hatte, weil der Titel der ersten Ausgabe nur sieben
Bücher ankündigt, daraus die Un Vollständigkeit geschlossen. Der
Herausgeber bezeichnet nämlich das erste Buch als prooemium*); denn
*) Er hat demgemäfs die Zahlenangaben am Ende des III. V. und
610 Karl Sittl. — Paulus Geyer.
Firmicus hatte in der That nach den Schlufsworten das eigentliche
Werk in die Planetenzahl zerlegt Man hätte schon daraus ersehen
können, dafs er die acht Bücher nicht in zwei Hälften teilen konnte,
wie ihn die Aldina am Ende von IV. thun läfst. Grandlos war die
dortige Interpolation allerdings nicht. Während nämlich die ed. pr.
das Buch mit transferatur schliefst, bringt M. vor V. die Inhalts-
angaben, aber ohne die Interpolation „igitur'1 und den vorhergehenden
Satz Sed quia — enumerabimus; d. h. es gab eine zweibändige Aus-
gabe des Firmicus, von welcher die den zweiten Band eröffnenden
Inhaltsangaben geblieben sind. Firmicus selbst hat sein Werk noch
in acht einzelne Rollen abgeteilt, weshalb jede eine eigene Vorrede
mit Ansprache bekam; aufserdem sagt er am Ende von V. hoc ex
plicato libro, was in A. zu expedito geändert ist, wie in der eben
erwähnten Interpolation expedita parte steht.
Die Abfassungszeit eines so interessanten Buches möchte man
gerne genau wissen. Eine genauere Untersuchung mir vorbehaltend,
weise ich darauf bin, dafs man ganz mit Unrecht behauptet, das
Werk sei 354 herausgegeben, weil Lollianus als consul designatus
bezeichnet werde. Aber man übersieht, dafs letzteres in dem ersten
Buche steht, das Constantin als lebend voraussetzt, dafs ferner
zwischen dem Erscheinen des ersten und zweiten Buches Lollianus
vom Proconsul zum Praefectus urbis (II 32) aufstieg, während
von einem Konsulat keine Rede ist. Das Rätsel löst sich sehr ein-
fach. Firmicus gab sein Buch nicht in den Buchhandel, sondern
sandte es an Lollianus allein, damit dieser es, wie der Schlufs be-
sagt, seinen Kindern und vertrautesten Freunden mitteile. Das Gebet
für den Kaiser beugt nur den Folgen eines Vertrauensmifsbrauches
vor. Warum sollte nun der prophetische Astrolog seinem Gönner
nicht die Freude machen, vorherzusagen, dafs das Konsulat ihm ge-
wifs sei?*)
Diese Bemerkungen mit Kelbers und Bonnets Mitteilungen zu-
sammengehalten, scheint der Plan einer neuen Ausgabe bereits ent-
worfen werden zu können. Die Handschriften aus dem Ende des
15. und Anfang des 16. Jahrhunderts (in München Nr. 49, Nürnberg,
Wien Nr. 3195, Neapel V A 17, Lincoln College in Oxford Nr. 114,
ferner die Vorlage der editio princeps, sodann Excerpte im codex
Monac. 954 fol. 26 — 28, welche nach der Schrift von Schedels Freund
Hieronymus Vallensis, der den folgenden Brief aus Ancona 1461 an
ihn schrieb, herrühren) enthalten eiuen von den Humanisten lesbar
gemachten, oft auch ergänzten Text, welcher nur in Notfällen heran-
VI. Buches geändert; ebenso setzte er (aus VIII 6) in den Titel von IL
IV. VI. VII. eine Inhaltsandeutung ein.
*) VIII 15 p. 221 sagt allerdings A. von Lollianus: Ordinarii con-
sulatus insignia consecutus est, aber die ed. pr. nennt Tullianus, und, was
wichtiger ist, im M. fehlt fol. 123 r die ganze Stelle von Tales — con-
secutus est. Wie kann denn auch Firmicus seinen neuplatonischen Ge-
sinnungsgenossen (VII praef.) zu den Stoikern rechnen und von ihm, dem
Adressaten, in der dritten Person reden?
Miscellen. 611
gezogen werden darf. Für die Klassifikation werden die Lücken
dienlich sein.*) Die älteren Handschriften scheinen dem 11.(10.?)
— 13. Jahrhundert anzugehören, womit die älteste Erwähnung des
Firmicus übereinstimmt; sie steht hei dem um 1100 schreibenden
Honorius von Autun (de philosophia mundi 11 5). Eine vollständige
Handschrift scheint der Monacensis Nr. 560 mit einer Handschrift
von Montecassino, welche Poggio (epist. III 37. IV 2. 4 ed. Tonellis
p. 284. 295. 303) erwähnt, zu bilden. In Frankreich besafs man
nur den ersten Teil jener zweibändigen Ausgabe, welcher noch in
vier mehr oder weniger verstümmelten resp. ergänzten Abschriften
(Montepess. 180, Paris. 17867. 7311. 7312) erhalten ist. Einen
alten ausgezeichneten Codex, welcher sogar stich ometrische An-
gaben hatte (Secundus liber habet versus MDCCCXXV), benützte
Hartmann Schedel, welcher daraus auf einigen Blättern vor Cod.
Monac. 560 einige wenige Excerpte mitteilte.**) Dazu kommen noch
einige andere erst aufzusuchende Codices, vor allem der von Frau-
ciscus Niger aus der „extremaScytharum fexu mitgebrachte.***) Ferner
berichtet auf einem Notizenblatt, welches in cod. Monac. 49 zwischen
fol. 98 und 99 eingeheftet Ut, ein Italiener in einem Latein, das auf
einen Mediziner hinweist, über eine Pergamenthandschrift, welche ein
verbannter florentinischer Edelmann, Ser Zuan Barbador in Bologna
(Contrada S. Stephani) besafs und aus welcher er Auszüge ange-
fertigt hatte, welche Ludovico de Paucro in Bologna ihm nicht mehr
zurückgab, f) Derselbe stöberte in Brescia bei dem Arzte Baptist«
Ascola eine andere Handschrift auf. Über die Kollation, welche in
die Wolfenbüttier Aldina eingetragen ist, hoffe ich später Mitteilungen
machen zu können. Aufserdem fehlt es nicht an Excerpten, Citaten
u. dgl. (z. B. Codex Bernensis 189 Nr. 29); auch sind die griechischen
Quellen allem Anscheine nach nicht verloren, sondern nur ungedruckt
und verschollen.
München. Karl Sittl.
Zur Peregrinatio ad loca sancta.
Durch einen Aufsatz des Hsgb. ist bereits die Aufmerksamkeit
der Leser dieses Archivs auf die von Gamurrini zuerst herausgegebene
*) Z. B. fehlt in cod. Mon. 49 fol. 93 111 16 v — nc, was durch Leer-
laesung des Blattrestes kundgemacht ist.
**) Ich hebe aus der Schlufsepistel einige interessante Varianten her-
vor: convinctus statt conventus, istis libris (wie Mon. 49 und ed. pr.) statt
hi8, edictionibus statt editionibus, pervigila cura statt pervigili.
***) Der Streit, ob damit Konstantinopel oder Nürnberg gemeint sei,
erledigt sich sehr einfach durch Tiraboschis Mitteilung (storia della lette-
ratura Italiana, Bd. VIII der Ausgabe von Modena S. 93), dafs der Raven-
nate Francesco Negri Skandinavien und Finnland bereiste, wie dies vor
ihm Enoch im Auftrage von Papst Nikolaus V. gethan hatte (6. Voigt, die
Wiederbelebung des klassischen Alterthums Bd. 11* S. 201 f.).
f) Seine eigenen Notizen auf dem Blatte, sowie auf einem ähnlichen
zwischen fol. 102 und 108 sind kaum nennenswert.
612 Paulus Geyer.
Peregrinatio gelenkt worden. Die Annahme desselben, dafs die Ver-
fasserin aus dem südlichen Frankreich stamme, stützt sich bekannt-
lich auf die eine Stelle S. 63, 16, wo sie den Euphrat mit dem Rho-
danus vergleicht. Es fragt sich nun: bestätigt auch die Sprache der-
selben diese Voraussetzung V Das IV 263 ausgesprochene Bedenken
wegen sera = vesper, was auf Italien als Heimat der Verfasserin
hindeuten könnte, fällt weg, da nach gütiger Mitteilung Suchiers La
sera auch provencalisch ist. Auf iuxta S. 265, prov. iosta (auch
S. 39, 24 steht im Codex iuxta, nicht iusta), dürfte deshalb weniger
Gewicht zu legen sein, weil dieser Gebrauch von iuxta auf Kosten
von secundum überhaupt im Spätlatein sehr um sich greift. Ac sie
= prov. aissi und adtunc (= afr. adunc), der Gebrauch von cata,
entsprechend dem afr. che'un (prov. cad'un), ipse als Artikel (nach
Suchier nicht nur sardisch, sondern auch prov. und katal.) ist be-
reits vom Hsgb. hervorgehoben worden.
Vielleicht dürfte für Frankreich auch der Gebrauch des Adjektivs
consuetudinarius = fr. coutumier (costumier Roman d'Alixandre)
in die Wagschale fallen: S. 100, 33 de pullo primo usque ad mane
consuetudinana aguntur; 101, 16 quae consuetudinaria sunt, ebenso
101, 18 und 104, 9. Soweit meine Erfahrung reicht, wird dies nur
im Französischen erhaltene Adjektiv vorzugsweise von gallischen
Schriftstellern verwendet, z. B. Sulp. Severus Dial. I 14, 2; Bacbiar.
fid. 7; Caesarius (Pseud. Aug.) s. 294, 7; Salvian de gub. Dei III
9, 49; IV 9, 40; VI 10, 56 und 11, 62; Sidon. ep. 7, 11; Virgilius
Maro ed. Mai p. 54; p. 62 (bis); consuetudinarie p. 48; consuetudi-
nare p. 82. Pardessus 501 a. 706. Roziere 648, 691, 703; Form.
Marculfi bei Muratori Ant. It. II p. 54. Charta Ludovici seeundi
Mur. II p. 119 a. 870. Aufserdem ist mir nur bekannt Ps. Sen. de
moribus § 122; Cassiod. Variae IX 10; XII 2; Theod. Prise. IV 317b.
Dafs zweimal ad für in auf die Frage wohin? einem Länder-
namen vorgesetzt ist, 63, 3 ut inde ad Mesopotamiam irem und 63, 6
profeeta sum de Antiochia ad Mesopotamiam — eiu in kommt in
diesem Sinne in der Schrift nicht vor — würde nach Diez, Gramm/1
877 ff. vortrefflich für den Südwesten Frankreichs passen (vgl. meine
Zusammenstellung über diesen Sprachgebrauch im Arch. IV 331) und
mit der Redeweise Prospers von Aquitanien übereinstimmen.*)
Zu sprachlichen Untersuchungen bedarf man Übrigens einer ge-
sicherteren Textesgrundlage als die Ausgabe Gamurrinis bietet. Dafs
in der Wiedergabe von ininutiae (wie z. B. ob im Codex e oder ae,
nihil oder nichil, mihi oder michi steht, in der Auflösung von Ab-
kürzungen wie p in Compositis, das in der Ausgabe bald durch
pre, bald durch prao wiedergegeben ist, oder er in der 3. Plur.
*) Sollte nicht auch die dem Italienischen fremde Abschwachung der
Endung unt in der 3. Plur. 3 Konj., die unmöglich vom italienischen Kopi-
sten herrühren kann, und die sich auch im Cod. Paris. 4808 der Schrill de
situ terrae s. secundum Theodosium (Revue arche'ol. 1864, S. 108 ff.) häufig
findet, auf Frankreich hindeuten? Z. B. dicent 49, 7; vadent 49, 11; 82, 12;
104, 5; tollent 49, 11; descendent 76, 9 und 77, 7 u. s. w.
Miscellen. 613
Perf., das zwar meistens in erunt, einigemale aber in ere aufgelöst
ist) die Konsequenz fehlt, hätte weniger zu bedeuten; dagegen ist
sehr unangenehm, dafs sehr oft in der Handschrift etwas ganz an-
deres steht als im gedruckten Text. Ich will von den zahlreichen
Auslassungen einzelner Wörter absehen und nur auf drei Stellen hin-
weisen, wo halbe Sätze im Druck ausgefallen sind; so steht S. 52, 3
nach parent in der Handschrift: Campus enim ipse est infinitus subter
montes Arabiae super Iordanem; S, 87, 5 nach ad Anastasem: Inde
sie venitur, ut cum intratur in A(na)stase; S. 102, 23 nach Domini:
Legitur et denuo de actus apostolorum, ubi dicit de ascensu Domini.
In der Anzeige (IV 338) wird die konservative Haltung Ga-
rn urrinis in der Textkritik betont. Dieselbe scheint doch manchmal
gar zu weit getrieben; wenn z. B. S. 58, 6 steht: Haec est civitas
regia Melchis, et haec quae dieta est ante Salem und 10 appellatur
greco sermone opu Melchis. Et haec nam hie est locus, ubi optulit
Melchisedech hostias u. s. w., so gehört doch kein Argusauge dazu,
um aus dem rätselhaften Namen Melchis und dem darauffolgenden
sinnstörenden et haec den biblischen Namen Melchisedech herauszu-
finden, zumal da derselbe auf S. 58 noch Z. 24 und 28 und 8. 59, 6
ganz richtig ausgeschrieben ist. Ein anderer, jedem Bibelkenner auf-
fallender Irrtum S. 84, 20 Anna prophetissa filia Samuhel fällt nicht
dem abschreibenden Mönch, sondern dem Herausgeber zur Last, da
in der Handschrift richtig Fan übel steht. S. 52, 11 ff. ubi benedixit
s. Moyses homo de filio Israel ist nach S. 68, 19 episcopum vere
sanetum et hominem Dei leicht zu emendieren: homo Dei filios.
S. 67, 15 cuius archiotipa vides iuxta parte posita, ist zu schreiben
pariete. S. 80, 12 wird sich jedermann fragen, warum denn auf ein-
mal vom Bischof, und warum nur an dieser Steile so respektsvoll
gesprochen werde: Et leget resurrectionem domnus episcopus ipse.
Natürlich ist die Abkürzung für dominus aufzulösen in Domini, wie
z. B. S. 85, 9 steht locum resurrectionis Domini, ebenso 103, 29.
S. 103, 12 steckt in similiter fiet ad crucem: Similiter fit et ad crucem.
Die eigenen Emendationsversuche G.'s sind, weil sie Sprach-
gebrauch und handschriftliche Überlieferung zu wenig berücksichtigen,
öfters unglücklich, z. B. S. 78, 1 u. 2. Et ad (finem) ubi perdueti
fuerint (sc. ymni). Es ist nichts zu ergänzen, sondern wir haben die
vom Hsgb. dieses Archivs S. 269 besprochene Konjunktion at ubi
vor uns (perdueti = zu Ende geführt), deren Erklärung aus at und
ubi ich übrigens nicht beipflichten kann. Das dort für 8. 78 anstatt
ut ubi geforderte at ubi steht wirklich in der Handschrift, aufserdem
steht noch 81, 7 at ubi autem missa facta fuerit; 89, 7 at ubi autem
ceperit se raane facere; 97, 4 at ubi autem sexta hora se fecerit.
Daraufhin wage ich S. 92, 24 at autem ubi illa perlegerit zu ändern
in: at ubi autem. Wie soll man S. 93, 2 qui locus at ubi lectus
fuerit sich die Konjunktion at erklären können? Da S. 92, 17 dafür
steht q. 1. ad quod lectus f., so glaube ich, dafs in dem at überall,
wenn auch schon vom Abschreiber verkannt, die Präpos. ad steckt:
Ad ubi würde sich an ad plenum, ad tunc, ad subito würdig an-
614 PauluR Geyer — J. N. Ott.
reihen, ist jedenfalls nicht auffallender als inibi (auch in unserer
Peregrinatio gebraucht), abunde de situ terrae s. secundum Theo-
dosium und at?inde ebendaselbst. Beispiele für den temporalen
Gebrauch von ad auf die Frage wo? finden sich in genügender An-
zahl, z. B. S. 86, 7; 88, 6; 97, 7 (ad tertia et ad sexta, während
Zeile 4 steht in ea hora) u. s. w.
78, 16 ymnus dicitur, episcopus — vadet hat die Handschrift
v
yms dicit2 eps, was natürlich heifst ducitur episcopus, vor ymnis ist
cum einzusetzen, so dafs wir dieselbe Phrase haben wie 80, 16;
81, 9; 87, 4 n. 11; 91, 18; 92, 11. u. 30; 100, 3 (wo episcopum im
Druck ausgefallen ist); 102, 1; 103, 13; 106, 16.
Seite 62, 22 ist die Ergänzung von servatur ganz überflüssig,
da auf der nächsten Zeile nicht ubi et, sondern ubi est überliefert
ist, sodafs nur statt quoque epistola *quae epistola' zu schreiben ist
Ebenso müfsig ist das von G. 8. 74, 2 eingesetzte pervenissem, da
die Handschrift ganz korrekt überliefert: Ibi autem ad s. Ecclesiam
nichil aliud est nisi monasteria.
So wird sich denn auch in dem Aufsatz des Hsgb. dieser Zeit-
schrift manches anders gestalten: Auf fietur (cod. fieri) und perventus
(cod. perventum) fuerit, auf ivens (cod. hiens) S. 261, auf iter (cod.
intus) — plures sunt 8. 264, auf das doppelte quam, ponitur in
mensa quam (cod. tarn) lignum crucis quam titulus verzichten wir
gerne, da die Hdschr. uns diese schönen Formen und Ausdrücke er-
spart. Erfreulicher ist, dafs dafür einige andere Erscheinungen zn
ausnahmslosen Regeln werden. Das 8. 264 für qnod plura geforderte
quid plura steht im Codex, die scheinbare Ausnahme von der Regel
S. 260 ymnus statt hymnus S. 92, 7, ostia für hostia S. 81, 10
kommen in Wegfall; ebenso steht 86,2 und 88,7 hora, 58,11 hostias
in der Hdschrift. Das Adverbium totum (8. 270) findet sich auch
94, 20 totum (G. totam) per mediam vallem, im It. Burdig. Z. 407
und 409 ed. Detlefsen steht dafür in totum.
Ibi habet = il y a (S. 271) findet sich auch im cod. Paris. 4808
der Schrift de situ terrae s. secundum Theodosium, S. 111, Z. 6
(Revue arch. 1864) ibi habet dactalum Nicolauni maiorem. In der
närnl. Schrift, S. 82 der Itinera Hierosolymitana ed. Tobler et Moli-
nier, De Hiericho usque ad fontem Helisei habet milia IL 8. 88 steht
XXX miliaria habet (Susa) de Babilonia, während Paris. 4808 hat:
XXX de Babyllonia ibi sunt.
Mox = simulatque 79, 16 (S. 274) ist gesichert durch 87, 28
mox communicaverint u. 105, 14 mox missa facta fuerit de Anastase
matutina. In den Kxcerpta ex Physiologo (der Ende des 4. oder
Anfang des 5. Jahrb. geschrieben wurde, also aus der nämlichen Zeit
stammt wie unsere Peregr.), Mai Class. Auct. 7 8. 595, 2: Puellam
virginem dicunt in illo loco, ubi moratur (rhinoceron), et dimittunt
eam in silvam solam: ille vero mox viderit eam, silit in sinum Vir-
ginia et complectitur eam. Herr Prof. Wölfflin teilt mir noch folgende
Belege mit: Gesta purgationis Pelicis (Routh, reliq. sacr. IV8. Oxon. 1846)
Miscellen. 615
286, 7: mox ad me epistolam pertulistis, statim ad scribam misi.
Ps. Tert. de rebaptism. 16 (III 90 Hart.) ut quam mox in aquam
descenderunt, s tat im super aquam ignis appareat.
Ich möchte zu statim ut (93, 22) noch erwähnen, dafs sich die
nämliche Konstruktion schon 58, 13 findet: Statim ergo, ut haec
audivi, descendimus de animalibus. Zu post = postquam vgl. Wiener
Studien I 210, 247; III 306.
Zu der Bemerkung endlich, dafs das Particip seine Pluralform
verliert (S. 276), möchte ich noch hinzufügen, dafs sich 51, 1 um-
gekehrt die Pluralform für den Singular verwendet findet. Profi-
ciscentes (sie) ergo de Tathnis, ambulans per iter iam notum per-
veni Pelusio. [Auf die Bedeutung der Peregrinatio für die Geschichte
der Liturgik hat aufmerksam gemacht Dr. Karl Weyman in der Tübing.
Theolog. Quartalschrift 1888. S. 34—50. Vgl. auch L. Duchesne,
Bulletin critique. 1887. p. 241. Die Red.]
P. S. Einer Einladung der Wiener Akademie Folge leistend,
werde ich eine Textesrecognition in dem Corpus scriptorum ecclesiasti-
corum geben und bei dieser Gelegenheit weitere sprachliche Unter-
suchungen veröffentlichen.
Rom. Paulus Geyer.
Scopere. Scrobere.
Ps. 77, 7 ist der hebräische Urtext Wl tofitm in den LXX über-
setzt mit iaxakXov ro 7tvsv(ia fiov und dieses wiederum in der Vulgata mit
scopebam spiritum meum. Es fragt sich, ob dieses bisher mit keiner
weitem Stelle belegte Verbum griechischen Ursprungs ist oder gut
lateinisch. Das erstere nimmt Georges in seinem HWB. an, der in dem
Wort eine rohe Hertibernahme des griechischen 6Y.0Ttt.lv erblickt und
es nach der III. Konjugation flektiert wissen will, also scopere mifst.
Beide Annahmen des hochverdienten Lexikographen sind nach meinem
Dafürhalten unrichtig. Sowohl das griechische öxdXXeiv als das
hebräische te?H (Piel t£?n) bedeuten ursprünglich graben, bohren,
in Verbindung mit dem Objekt itveviLct, bezw. lTH bezeichnen sie in
stark sinnlicher Weise das anstrengende Nachdenken, Sinnen und
Forschen, vgl. unser deutsches „Grübeln". Es ist nun anzunehmen,
dass in scopebam ein Verbum ähnlicher Bedeutung zu suchen ist.
Offenbar ist scopere eine Nebenform zu dem in Is. 14, 23 vorkom-
menden scopare, einer Form, die Georges mit noch weitem Stellen
aus späterer Zeit belegt. Es bedeutet also eigentlich „durchfegen,
durchkehren, durchstöbern'1 und was die Form betrifft, wird es ein
Verbum der III. Konjugation sein und in analogem Verhältnis wie
densere zu densare stehen.
In der Übersetzung des Psalteriums nach dem hebräischen Urtext
giebt Hieronymus teBH mit scrobere wieder: scrobebam spiritum
meum, so lautet wenigstens der Text im Psalterium juxta Hebraeos
Hieronymi e recogn. P. de Lagarde. Das neue Verbum stammt natür-
lich von scrobes die Grube, kommt dem hebräischen Verbum noch
G16 J. N. Ott — J. M. Stowasser — Ed. Wölfflin.
näher, als das cvAXluv der LXX und wird, was die Form betrifft,
der III. Konjugation zuzuweisen sein, vgl. vannere von vannus. Als
beachtenswerte Varianten notiert de Lagarde noch scobebam und sco-
pebam. Letzteres ist ohne Zweifel aus der Itala herübergekommen,
scobebam scheint blofse Kontamination von scrobebam scopebam und
auf Grund dieser Stelle, wie dies Arch. III 503 geschehen ist, ein
neues Verbum scobere nicht anzunehmen zu sein.
Gelegentlich möchte ich ans diesem Psalterium noch ein, wenn
ich nicht irre, unbelegtes Wort den Addendis beigesellen, nämlich
levificarc Ps. 5, 10 linguam suam levificant (pp^JT?). Nach Heyse-
Tischendorf hat auch der Amiatinus z. d. St. levificant.
Rottweil. J. N. Ott
Zu Lucilius 710 B.
Hinc in stercore humi fabulisqae fimo atque sucerdis — [nunc
iaceo scilicet]. Fabulis hat Anstofs erregt. Der ältere Dousa ver-
mutete stabuli ohne Grund, was Müller aufnahm; Lachm. Vahlen be-
hielten fabulis mit vollem Rechte bei. Da nun aber Bährens von
neuem die Stelle mit sabulis angreift, mag es verstattet sein folgendes
zu erinnern. Die Exkremente von Ziegen, welche wir im scherzen-
den Umgangston ^Lorbeern* nennen, vergleicht unsere Volkssprache
mit der Bohne. In Oberösterreich z B. ist der Ausdruck fSauböhnl',
^Ziegenböhnerl9, *Böhnl', gäng und gäbe. Dafs diese Metapher auch
lateinisch ist, zeigt Plinius XIX 185 mit dem Ausdrucke faba caprini
fimi. Hinc ist m. 1 des H., die übrigen haben hie; das hinc ist wohl
gleich propterea zu fassen. Ist überhaupt etwas zu ändern, so höch-
stens fimi statt fimo.
Wien. J. M. Stowasser.
Zn Ausonins ephem. 8, 16.
Der Dichter spricht von unkeuschen Träumen und fährt fort:
perfugium tarnen est, quotiens portenta soporum
soluit rupta pudore quies et imagine foeda.
libera mens uigilat: totum bene conscia lectum
pertraetat secura manus: probrosa recedit
culpa tori et profugi fman*sqna crimina somni.
So der Vossianus; allein mafsgebend für die Stelle. Scaliger schrieb
*minuiscunt, das vielfach nachgedruckt, wenngleich sonst nirgends
nachgewiesen auf dem nicht mehr ungewöhnlichen Wege noch in G7
gekommen ist; obwohl Goetz schon Anstofs genommen und uaneseunt
vermutet hatte. Neuerlich konstruiert sich Peiper (Teubner 1886)
ein ebenso unbelegbares *manascunt.
Die Annahme, ein Verbum liege in den Zügen der Hss., fallt
und steht mit der Verbindung profugi . . . somni. Gehören diese
Miscellen. 617
Wörter zu einander, dann ist sie nötig. Ich glaube das aber nicht
und suche den Fehler in der Rasur:
probrosa recedit
culpa fori et profugi manes, qua crimina somni.
Ich berufe mich auf die Stelle desselben Ausonius ephem. III 57 P.
tormentaque sera gehen nae
anticipat patiturque suos mens saucia manes,
welche zwar nur Nachahmung von Vergil Aen. VI 743 ist (was man
meines Wissens noch nicht angemerkt hat), aber gerade dadurch klar
wird: quisque suos patimur manes. Dann ist manes bei Ausonius
„Pein, Höllenangst'' und die Stelle erklärt sich so: dann schwindet
die (aus der Übelthat sich ergebende) Seelenpein flüchtig (dahin),
wohin die vom Traume vorgespiegelten Schandthaten (recedunt seil.).
So ibt zu lesen, wenn die virgula von der Hand des Korrektors stammt;
ist 'sie von dem ersten Schreiber, dann hat man zu profugi tum zu
ergänzen wie Aen. VI 305, IV 193 u. a.
Wien. J. M. Stowasser.
Prosodiaeus.
Prosodiacus = TTQoa&öiaxog ist von Georges7 mit zwei Stellen
belegt, nicht aber in der Bedeutung von TtQoaoöuxxog. Nach gefälliger
Mitteilung von Job. Huemer steckt dieses Wort in dem Titel von
Ausonius Edyll. 2, wo im Vossianus überliefert ist VERSVS PAS-
CALES PROCODICYI, d. i. PROCODIaKI. (Die Konjekturen der
Gelehrten findet man in der Ausgabe von Schenkl, pg. 30.) Das Wort
hat hier in ursprünglicher Bedeutung zu gelten, wie in nqoaoötov fiikog
(vgl. Aristoph. oqv. 853), nicht in dem spezieil musikalischen Sinne,
den es bei Plut. mus. 28 hat.
Wieu. J. M. Stowasser.
Ut qnid?
Ein Gelehrter, der mit der Kritik der Monumenta Germaniae
sich beschäftigte, fragte einmal, ob Ut quid im Sinne eines fragenden
Quid = cur schon vor dem XL Jahrhundert vorkomme. Die Philo-
logen schenken der Phrase wenig Zutrauen; denn Schol. Pers. 2, 69
ut quid aurum superis? vermutet Jahn: at quid; Schol. luven. 13,
117 ut quid sacrificamns? Schopen: aut quid, ein anderer Philologe:
ad quid? In der Giris aber V. 294 ut quid ego amens . . . diem potui
producere vitaeV ändert Bährens herzhaft a! quid ego etc. gegen die
handschriftliche Überlieferung.
Und doch konnte man dieses ut quid schon bei Cicero an zwei
Stellen finden, ad Attic. 7, 7, 7 Depugna potius quam servias. Ut
quid? si victus eris, proscribare, si viceris, tarnen servias, wo Boot
früher vermutete: quid? ut . . . proscribare. Cic. p. Quinctio 44: ut
quid praeterea? (numquid pr. Orelli nach Lambin) im Sinne des ge-
Archiv für Ut. Lexikogr. IV. Heft 3. 4. 40
618 Ed. Wölfflin.
wohnlichen: quid praeterea? Ebenso bei Martial 3, 77, 10 ut quid
eniiu, Baetice, saprophagis? Die Erklärung ist bereits von Klotz,
Madvig (zu Cic. de fin. 2, 19), W. Oetting (Oldenburger Progr. 1882.
S. 18) gegeben; aHein es ist doch nicht überflüssig, an dieselbe wieder
zu erinnern und den Ursprung der Redensart näher zu beleuchten.
Die Formel entspricht dem griechischen Tva xl (Kühner, griech. Gr.
§ 842), wie es schon bei Plato Apol. 26 D erscheint: Tva xl zavxa
kiyeig; Mit dem Fragesatze mischt sich ein Absichtssatz, was die
Grammatiker durch Ergänzung von ykvi\xai verständlich zu machen
suchen.
Die Frage kann jetzt für unsere Zwecke nur noch so lauten:
Seit wann ist dieses Ut quid in die römische Litteratur eingedrungen,
da die vier genannten Beispiele der besseren Zeit doch nur als Aus-
nahmen zu betrachten sind, und der Gebrauch in der Erstlingsrede
Ciceros sowie in einem vertraulichen Briefe gegen die allgemeine
Gültigkeit Zeugnis ablegt. Wir können kurzweg antworten, dafs zu-
erst die Itala etwa 65 Beispiele bietet, und dafs Hieronymus die-
selben zum Teile hat stehen lassen, zum Teile geändert hat. Sie
blieb beispielsweise evang. Matth. 27, 46 ut quid me dereliquisti?
(Tva xl fi£ iyKctxiXmeg;) auch Matth. 9, 4 ut quid (Tva xl) cogitatis
mala in cordibus vestris? und Matth. 26, 8 ut quid perditio haec?
obschon das griechische Original Elg xl giebt. Dagegen Matth. 26, 10
Tl xortovg itagiiExe xrj yvvatxl bietet zwar der die Itala vertretende
Colbertinus Utquid, die Vulgata wörtlich Quid. Act. apost. 4, 25 Tva
xl i<pQva£av Ith/tf; der Laud. der Itala Utquid, die Vulgata quare;
Act. 5, 3 dia xl i7th)Q(0(5Bv o Caxavag xv\v hccqöIccv öov steht im Can-
tabrigiensis (=Itala) Utquid, in de,r Vulgata Cur. Durch die Bibel-
übersetzung ist utquid massenhaft in das Kirchenlatein übergegangen,
zu Tertullian, zu dem Übersetzer des Irenaeus, Cyprian, Ambrosius,
Hieronymus, Augustin u. a. Tert. de pudic. 2 Utquid (Ad quid: ego.
(Dehler) mihi eos qui foris sunt iudicareV Cypr. epist. 75, 25 ut quid
(aut quid Ilouth, den schon Hartel eines besseren belehrt) illos
haereticos vocaniusV Herrn, past 75, 3 quare et ut quid acceperint
= diaxl Hkaßov %a\ dg xl. Orosius 7, 1, 8 ut quid (Zangemeister
gegen die codd. in quid) discutio eorum moram? Hist. Apoll. 35 ut
quid effunditis lacrimasV Öfters in spätem Fabelsammlungen, z. B.
im Romnlus 3, 19 ut quid voluisti huc ad necem currere? Man sieht:
das Spätlatein ist durch das Bibellatein beeinflufst, und dieses selbst
durch das griechische Neue Testament. Aber die Redensart lebte
schon iu der Volkssprache des ciceroniscben Zeitalters, wenn auch
die Belege nur spärlich sind; die Bedeutung vereinigt in sich ein
' warum* und ein cwozu'.
München. Ed. Wölfflin.
Profus ut.
Cum praesertim und praesertim cum, ut vix und vix ut kennt
jedermann; weniger beobachtet ist ut prorsus, wenn auch Hand im
Miscellen. 619
Tursellinus IV Gl 9 sagt, die recentiores (aber nicht die antiqui) liebten
die Stellung prorsus ut Wie diese traiectio zu stände gekommen,
ist damit freilich nicht erklärt, und ebenso auch der Thatbestand
falsch angegeben, da Cicero pro Rose. Amer. 59 prorsus ut vestro cou-
sessu pro summa solitudine abuteretur, und pro Tullio 18 prorsus ut
quivis intelleger et eos ad pugnam comparari zu der alten Prosa ge-
hört. In der Naturgeschichte des Plinius finden sich weitere Beispiele
14, 58 p. ut iure dici possit; 17, 96 p. ut possint videri homines
terrae causa geniti; 37, 49 p. ut castigatio una non sit satis. Freilich
über den Geschmack des Plinius läfst sich nicht disputieren; Cicero
selbst hat jene in den ersten Reden gebrauchte Wortstellung auf-
gegeben, schon in den Verrinen 1, 91. 3, 9. Cluent. 18. Pis. 68,
selbst ad Attic. 3, 10, 3; ad Brut. 1, 15, 1. 2, 3, 5; und gute Stilisten,
wie Quintilian 6, praef. 10, ut pr. posset hinc esse tanti fulminis
metus stellen sich auf seine Seite.
Die Umstellung erklärt sich daraus, dafs prorsus ursprünglich
nicht in den Konsekutivsatz, sondern in den vorangehenden Satz ge-
hörte, wie namentlich Plautus deutlich macht Trin. 729
Ut mihi rem narras, Callicles, nulio modo
Potest fieri prorsus, quin dos detur virgini.
Die volle Form der Umgangssprache erkennt man aus Ciceros Briefen:
ad Quint. fr. 2, 4, 3 desidero sie prorsus, ut advenientem excipiam
libenter; epist. 13, 13 meus autem est familiarissimus, sie prorsus,
ut observet neminem diligentius; 13, 33 utor famliarissime, ita
prorsus ut nullo familiarius. Prorsus nimmt den im Superlativ
liegenden Adjektivbegriff nochmals auf, wie es ja überhaupt gerne
zu Eigenschaftswörtern sich gesellt, z. B. Sali. Cat. 16, 5 p. oppor-
tunus; lug. 23, 1. 30, 3 p. intentus. Der einzige Schriftsteller vor
den Au toninen, der diese Verbindung wieder aufnahm, Tacitus, liefs
sie auch auf einen Superlativ folgen bist. 3, 83 quidquid in acerbis-
sima captivitate scelerum, prorsus ut eandem civitatem et furere
crederes et laseivire; ebenso der Vordermann der nächsten Stilisten-
generation, Fronto p. 178 N. strenuissimi vigoris et consultissimae
opportunitatis, prorsus ut nullus miles Plautinus gloriose praedicaret.
Derselbe Fronto zieht auch prorsus noch nicht in den Konsekutiv-
satz und verstärkt es durch ita: p. 38 ita prorsus eveniet, ut; p. 75
(Marcus) nuinquam prorsus ita dormiet Aristo, ut . . permittat. Apu-
leius wählt diese Wortfügung nur in den Metamorphosen 8, 25 pror-
sus ut in asini corio modestum hominem inhabitare credas; in den
Flor. 9 trennt er beide Partikeln und hebt sie durch ita: prorsus tuas
virtutes ita effingit, ut etc. Vgl. d. Plat. 2, 3 Bei Gellius ist die
Entstehung schon verwischt: 2, 23, 2 venuste scriptae, prorsus ut
melius posse fieri nihil censeas.
Wenn nun Florus und lustin sich der Neuerung zuwenden, so
ist dies jedenfalls leichter zu verstehen, als wenn das Gegenteil statt-
fände. Flor. 1, 3, 9 p. ut consanguinea civitas non perisse videretur;
1, 11, 15 p. ut dietator festinasse videretur; 2, 17, 2 p. ut favillae
diffudisse . . viderentur. Es setzte sich in der Satzfligung ein be-
40*
620 Ed. Wölfflin: Miscellen.
stimmter Gedankeninhalt fest, welcher durch den Potentialis (crederes
credas, censeas) und den Begriff videri bedingt ist. Von den sieben
Beispielen des lustin schliefsen vier mit videatur, videretur (2, 2,
14. 8, 3, 5. 23, 4, 15. 36, 4, 2), zwei mit incertum sit (2, 1, 4. 24,
6, 7). Es folgt Iulius Valerius 3, 54 (21) uvae densitatis immensae,
p. ut singulis acinis vel implearis und Victor Epit. Caes. 14, 7 p. ut
meditatum crederes adversus omnia, und 16, 3 p. ut prope nihil . .
dici seu cogitari queat Auch Iulius Capitolinus, Maximini duo, 19, 3
p. ut ex animo Maximini videretur haec facere hält sich noch inner-
halb der üblichen Schranken, während er sich Gordian. 31, 4 (p ut
nihil praeter aetatem deesset imperio) freier bewegt. Pacatus (Paneg.
12, 11 p. ut . . potueris velle securus) und Rutilius Lupus 1, 18
(Rhet. min. p. 11, 5 Halm) p. ut . . ex vitiis ortus videatur werden
in der Grammatik keine bestimmte Regel gelernt haben, aber ihre
Ohren hatten ihnen doch eine richtige Erinnerung bewahrt
Spätere, und die Kirchenschriftsteller, bedienen sich der Wendung
nur äufserst selten, und ihr Sprachgefühl ist bereits so abgeschwächt,
dafs aus ihnen nichts mehr zu lernen ist. Prorsns quasi mit folgen-
dem Konjunktiv hat nie eine solche Verbreitung gefanden; einzig bei
lustin treffen wir es an sieben Stellen: 1, 7, 16. 2, 12, 9. 8, 1, 6.
12, 15, 10. 25, 1, 10. 38, 8, 10. 38, 10, 4.
München. Eduard Wölfflin.
Cornuflcius.
So bekannt es ist, dafs erst Cäsar an die Stelle des älteren u
das jüngere i gesetzt habe, und so wahrscheinlich wenigstens, dafs
Sallust ein bellum Catulinae schrieb (Arch. I 278. 592. 593. PauL-
Festus 45, 3), so sehr stehen wir immer noch unter dem Einflüsse
der in der Orthographie modernisierten Handschriften. Der bekannte
Cornificiu8 der Literaturgeschichte nannte sich gewifs noch Cornuficius;
denn der jüngere Namensvetter, Quästor Cäsars, heifst auf den Mün-
zen, einem Aureus und drei Denaren: Q. CORNUFICI AUGUR. Und
nicht nur Dio Cassius 48, 21. 49, 18 schreibt KoQvovcplxiog, sondern
auch bei Zonaras 10, 24 extr. wird KovgvoyiiuoQ mit Dindorf in Koq-
vov<pi%ioq zu ändern sein, da Zonaras aus Dio schöpfte; p. 411, 19.
412, 2 Teubn. Nimmt man die Cornuficia aus Corp. inscr. latin. I
N. 1087 hinzu, so hat gewifs Lucilius (Sat. 9, 18 M.) nicht Corni-
ficique geschrieben, sondern Cornuficique. Bei Cicero, welcher den
Namen öfters erwähnt, scheint keine Spur des u in den Handschriften
übrig zu sein, noch weit weniger natürlich bei Quintilian; bei Sallust
Catil. 47, 4 wenigstens in den Handschriften bei Dietsch nicht.
München. Eduard Wölfflin.
Litteratur 1886. 1887.
Hermann Paul: Prinoipien der Sprachgeschichte. Zweite Auf-
lage. Halle, Niemeyer. 1886. XI 368 S. 8.
Ein Buch wie das vorliegende braucht den Lesern einer Zeit-
schrift, welche der Geschichte der lateinischen Sprache gewidmet ist
und deren Herausgeber sich nicht nur um diese, sondern auch um
die Bestimmung der allgemeinen Aufgaben des Sprachhistorikers ver-
dient gemacht hat, kaum empfohlen zu werden. Und doch kann
nicht geleugnet werden, dafs bei der Ausbildung unserer Philologen
das Studium der Sprachwissenschaft viel zu sehr vernachlässigt wird,
dafs nur die wenigsten beim Abgang von der Universität einen Ein-
blick in das Wesen der Sprachbildung und Sprachentwickelung ge-
wonnen haben. Wie man auch cten Begriff der Philologie definieren
mag*), unstreitig sind Philologen solche, welche die Beschäftigung
mit Sprachen zu ihrem Lebensberuf erwählt haben. Wenn trotzdem
so manche Philologen der sogenannten vergleichenden Grammatik
fremd gegenüberstehen und sich gegen die Anerkennung ihrer Port-
schritte sträuben, so unterliegt es keinem Zweifel, dafs ein Teil der
Schuld hierbei den Sprachvergleichern beizumessen ist, welche zu-
weilen in ihrer Sprachkentnis hinter den Anforderungen, welche ein
Philologe an sich zu stellen pflegt, zurückgeblieben sind. Inzwischen
aber hat sich an der vergleichenden Grammatik der Umschwung voll-
zogen, dafs sie mehr und mehr in die historische Grammatik über-
gegangen und in dieser aufgegangen ist. Damit aber wird ein Gebiet
betreten, auf welchem Philologe und Linguist — um einmal die
landesüblichen, wenn auch unschönen Ausdrücke zu gebrauchen —
notwendig zusammengehen und einander zu gemeinsamer Arbeit die
Hände reichen müssen.
Zur Einführung in die Sprachgeschichte erweist sich Pauls Buch,
welches sich die Aufgabe stellt, die sprachlichen Veränderungen nach
ihrem Wesen zu beschreiben und auf ihre allgemeinen Ursachen
zurückzuführen, als der treust« und zuverlässigste Führer. Die lingui-
stische Methode, wie sie von den Meistern der Sprachforschung gegen-
wärtig geübt wird, macht Paul einem jeden zugänglich, der dem
klaren Stil und der logisch strengen Gedankenentwicklung des Ver-
fassers zu folgen vermag. Es ist bekannt, dafs auch Paul zu den-
*) Man sehe über den Ausdruck Philologie die trefflichen Bemerkungen
Hugo Schuchardts (Über die Lautgesetze S. 36).
622 Litteratur.
jenigen gehört, welche zur Vervollkommnung der Methode der Sprach-
forschung das Ihrige beigetragen haben.
Der Text der ersten Auflage ist in der zweiten derartig um-
gestaltet und so erweitert, dafs man, von einigen Kapiteln abgesehen,
ein neues Buch vor sich hat. Nur fünf Kapitel sind ohne erhebliche
Änderung aus der ersten Auflage herübergenommen. Im ganzen
zählt, während die erste Auflage ohne die Einleitung nur dreizehn
Kapitel umfafste, die zweite dreiundzwanzig. Die neuhinzugekommenen
Kapitel sind überschrieben: Wandel der Wortbedeutung (Kap. 4),
Die syntaktischen Grundverhältnisse (6), Bedeutungswandel auf syn-
taktischem Gebiet (7), Contamination (8), Einflufs der Functions-
veränderung auf die Analogiebildung (12), Psychologische und gram-
matische Kategorie (15), Verschiebung der syntaktischen Gliederung
(16), Congrueuz (17), Sparsamkeit im Ausdruck (18), Sprachmischung
(22). Die wichtigsten Veränderungen bestehen darin, dafs die Syntax
weiter ausgebildet und dafs auf Hugo Schuchardts Arbeiten gröfsere
Bücksicht genommen ist. Darmesteters Buch über das Leben der
Worte*) konnte noch nicht berücksichtigt werden, da es mit Pauls
zweiter Auflage gleichzeitig erschien.
Von den Beispielen, welche Paul anführt, sind die meisten der
Geschichte der deutschen Sprache * entnommen. Nur gelegentlich,
noch am häufigsten für syntaktische Vorgänge, wird auf die lateinische
Sprache zurückgegriffen. Die letztere hätte auch auf dem Gebiete
der Formen- und Wortbildung eine Anzahl recht klarer Beispiele zur
Verfügung gestellt, auf die man zuweilen ungern verzichtet. Ich
denke an Formen wie laudcmini, aus laudamini und der Reihe laudem
gebildet, und an einige der von Breal mit so grofsem Scharfsinn
gefundenen Etymologieen (pmnis Singular zu omncs = hotnincs, pro-
portio aus pro portione u. dgl.).**)
Dafs Pauls Buch auch in der zweiten Auflage noch der Ver-
besserung und Vervollständigung fähig ist, wird der Verfasser ohne
weiteres zugeben. In der Charakteristik der französischen Sprache
in Gröbers Grundrifs I S. 572 — 668 habe ich mich fast durchaus
in. meiner Auffassung sprachlicher Vorgänge au Paul angeschlossen,
und glaube in den wenigen nicht wesentlichen Punkten, in denen
ich mich von ihm entfernt habe, auf seine Zustimmung rechnen zu
dürfen. Mir will scheinen als hätte Paul die Wirkung der sprach-
lichen Veränderungen auf das Flexionssystem etwas mehr betonen
sollen, insbesondere bei der Besprechung der Stamm verkennung, der
Adaptation und der Verschmelzung zweier Systeme. Auch die syn-
taktische Kreuzung und die Aposiopese scheinen mir im sprachlichen
Leben eine gröfsere Rolle zu spielen, als Paul ihnen zuweist.
Ich mache noch ein paar Bemerkungen zu Einzelheiten. Zu
S. 109: hier werden die beiden Hauptarten der Frage erwähnt, die-
*) La vie des mots dtudiee dans leurs significations, Paris 1887. Die
erste Auflage war unmittelbar vorher in englischer Spruche erschienen.
**) Memoircs de la Soci^te de linguistique. V.
Litteratar. 623
jenige, in welcher nur ein Satzglied, und diejenige, in welcher der
ganze Satz in Frage gestellt wird. Paul fügt hinzu: Es ist bis-
her noch nicht gelungen eine ganz passende Terminologie für diese
beiden Arten zu finden. Ich will daher nicht unerwähnt lassen, dafs
mein früherer Lehrer Feufsner die erste Art Wortfrage, die zweite
Satzfrage nannte, Termini, deren Einfachheit und Klarheit schwerlich
Ton anderen tibertroffen werden kann. — Zu S. 137: ein Beispiel
für den Pleonasmus beim Superlativ findet sich im ersten Satze des
von Stengel verfafsten Marburger Universitätsprogramms von 1873,
wo von einer der bestvcrtvaltctsten Bibliotheken des Königreichs Italien
die Rede ist. — Zu S. 164: es ist nicht richtig dafs in a-t-il eine
ursprünglichere Form steckt als in ü a. Das t taucht erst im 16. Jahr-
hundert auf, wo Lehrbücher die Regel bringen, a il sei wie a til aus-
zusprechen. Das t ist aus otü-ils, avait-il, avaient-ils u. s. w. hertiber-
genommen und nicht etwa auf den Einflufs entlegener Mundarten
zurückzuführen, denen das t von habet nicht abhanden gekommen ist.
Ich nehme von Pauls trefflichem Buche Abschied. Hoffentlich
wird bald die Überzeugung allgemein, dafs jeder Sprachforscher, jeder
Sprachlehrer, also auch jeder * Philologe', sich mit dem Inhalte des-
selben vertraut machen sollte.
Halle. Hermann Suchier.
Darmesteter, J.: La vie des mots, ätudiöe dans leurs signifioa-
tiona. Paris 1887.
Das Buch beschäftigt sich fast ausschliefslich mit dem Fran-
zösischen, welches Fach der Vf. an der Sorbonne zu vertreten hat;
es könnte um so eher hier übergangen werden, als die Beziehungen
zum Lateinischen nur flüchtig gestreift sind, ohne Rücksichtnahme
auf die Arbeiten der deutschen Philologie. So wird noch böte auf
bestiam zurückgeführt, obschon doch laugst die Nebenform besia
nachgewiesen ist, und böte wird als Wort mit Janusgesicht, = Wirt
und Gast, angeführt, ohne dafs an lat. hospes erinnert wäre, welches
eben darum die beiden Bedeutungen in sich vereinigte, weil in der
alten Gastfreundschaft beide Seiten, Recht und Pflicht, zusammenflössen.
Dafür behandelt aber Vf. zum erstenmale in einiger Vollständig-
keit die Semasiologie, in welcher die klassischen Philologen noch
manches von den modernen zu lernen haben. Drei Hauptteile behan-
deln die Fragen: Wie die Worte entstehen. Wie sie nebeneinander
leben. Wie sie untergehen. Im ersten ist namentlich die Unter-
suchung über den Bedeutungs Wechsel weiter geführt als in Pauls
Principien, wo die Verengerung und Erweiterung der Begriffe, der
sogen. Bedeutungswandel (entspr. dem Lautwandel) die Hauptrolle
spielt, obschon manches, was Paul in seine Definition einschliefsen
würde, hier nur unter einem andern Namen behandelt ist. Wir be-
schränken uns darauf an die „Degradation" so vieler Wörter zu er-
innern, wenn z. B. fille heutzutage ein sehr zweideutiges Wort ge-
worden ist. Ref. hat in seiner Jugend „Jungfer" noch als Ehren-
624 Litteratur.
namen gehört, dann den „Ersatz" durch „Frauenzimmer" erlebt, wofür
man jetzt schon wieder „Dame" sagen mufs. Aber ist nicht die
Degradation die Aufeinanderfolge von Erweiterung und Verengerung,
wenn fille zuerst einen gemeinen Nebensinn annimmt, dann die reine
Bedeutung vergiftet abstirbt und nur die schlimme übrig bleibt?
Der Euphemismus ist ein sehr gefährlicher Gegner der Sprache, der,
wie unser „Dirne" (= Dienerin), so auch amant und maltresse zu
Grunde gerichtet hat. Doch ist unser „Tochter", und „Maid" (um
welches uns und die Engländer D. beneidet) dank dem Einflüsse der
Dichter noch intakt geblieben, sowie auch unser „küssen" (ein Rufs
in Ehren: Hebel) noch nicht zu „baiser" gesunken ist. Kann man
dies unter den Begriff der Synekdoche bringen, so behandelt D.
aufserdem noch namentlich die Metapher, die Metonymie und die
Katachrese. Vergleicht man die romanischen Wörter der Bedeutung
nach mit den lateinischen, so wird man finden, dafs weitaus die Mehr-
zahl von dem Originale abgewichen and auf Seitenwege geraten ist
Der Anhang, welcher ein Verzeichnis der sich gleich gebliebenen
Worte giebt, übersieht vielfache nicht unwesentliche Schattiernngeu,
welche wenigstens eintreten können, z. B. homo Mensch, homme
Mann; sorex Spitzmaus, souris Maos; tabula Brett, table Tisch (=
mensa) u. 8. w.
Unter den Ursachen des Todes sind namentlich die Kürze der
Wörter (audire, ouYr; entendre) und ihr lautlicher Zusammenfall mit
andern (Homonyme) zu erwähnen; auch siegen die Verba der 1. Kon-
jugation über die der dritten, tirer über traire (doch soustraire, weil
das Wort durch die Komposition verlängert wird), piquer über poindre
(pungere; doch epointer) u. 8. w. Das sind aber lauter Probleme,
welche die klassischen Philologen auf das Griechische und Lateinische
zu übertragen allen Grund hätten. Vgl. E. Wolf Hin, über Bedeutungs-
wandel, in den Verhandlungen der Züricher PhiloL- Versammlung. 1887.
W. De ecke: Die griechischen und lateinischen Nebensätze, auf
wissenschaftlicher Grundlage neu geordnet. Programm des
Gymn. Buchsweiler 1887. Kolmar, Decker 1887. 54 S.
Das vorliegende Programm zerfallt in 8 Kapitel, von denen in-
dessen nur zwei, nämlich Kap. 6 Das lateinische Relativ um und Kap. 8
Die lateinischen Nebensätze hier zu besprechen sind. Die einleiten-
den Kapitel enthalten allgemeinere wissenschaftliche Betrachtungen
über die Arten der Hauptsätze, mit besonderer Berücksichtigung der
deutscheu Wortstellung, ferner über die Stellung der Sätze, über
Parataxis und Hypotaxis, endlich über den Ursprung der Relativ-
pronomina. Die ganze Abhandlung ist aus der Praxis der Schule
hervorgewachsen: Vf.. hat versucht, iu Obersekunda der Lehre von
der 8 atz syntax eine wissenschaftlichere, in sich geschlossenere Form
zu gebeu und dies mit gutem Erfolg; Art und Begründung seines
Versuches enthält die vorliegende Abhandlung. Zunächst mag fest-
gestellt werden, dafs der Unterzeichnete an der von ihm geleiteten
Litteratur. 625
Anstalt fürs Latein denselben Versuch in Obersekunda machen lieft*,
und dafs die Schlufsresultate gleichfalls überraschend gut ausfielen.
Nicht nur dafs die Schüler nunmehr eine gauz andere Anschauung
von dem bekamen, was man lateinische Syntax nennt: auch die Lek-
türe in der Prima gewann überaus. Ich verweise nur darauf, dafs
Stellen wie Hom. lliad. 1, 125 xcc piu noXioav 1&%q&&oiuv, xa öiöa-
öxcti und 3, 132 ff. o? itglv in aXXrjXoiöi cpigou noXvöaxQvv "Ag-qa, d£
dii vvv Hcrzcti aiyrj sofort richtig erfafst werden von dem Schüler, der
gelernt hat, dafs alle Pronomina ursprünglich Demonstrativa waren,
und dafs anaphorisch gesetztes Demonstrativ den Übergang zur rela-
tiven Konstruktion vermittelt.
Vf. hat die lateinischen Nebensätze fast ganz in dem Sinne be-
handelt, wie ich sie erstmals in meiner Syntax (Iwan Müllers Hand-
buch II 332 — 364) zur Darstellung gebracht habe. Jedoch glaubt
er in quom einen Acc. Sing. masc. gen. erblicken zu sollen, während
ich darin einen Lokativ erkenne (vgl. auch Ribbeck Lat. Part. S. ö).
Auch sonst gehen wir in einigen Details auseinander. Vf. hält noch
an quoad eius est fest, während ich mit Jordan Krit. Beitr. S. 336
quod eius allein nur billige. Die Verbindung von quam — tarn mit
Komparativen und Superlativen wird von ihm als dichterisch be-
zeichnet. Dies ist ungenau, wie aus Wölfflin Komp. S. 75 und meiner
Syntax § 256 hervorgeht; denn tarn — quam mit Superlativen findet
sich in Prosa bei Cato Varro Sallust, vgl. noch Dräger Hist. Synt.
II 644. Für Varro wird quoad jetzt kaum mehr bestritten werden
können. Wenn auch Speugel zu ling. lat. 7, 7 Lachmanns Vorschlag
qua ad tuimur nicht aufgenommen hat, so finden wir jetzt doch in
Keils Varroausgabe auf Grund der Überlieferung fast durchgängig
qua ad; näheres sehe man bei Reiter quaest. Varron. grammaticae,
Königsberg 1882 p. 49 — 59. Quantumvis ist als Konjunktion nicht mehr
nachzuweisen; es findet sich nur mit Adj. im nachklassischen Latein,
z. B. Suet. Cal. 53 quantumvis facundus nach dem Vorgang des Horaz
ep. 2, 2, 39 quantumvis rusticus; aber mit einem Verbum im voll-
ständigen Satze lesen wir es nirgends. Schliefslich mufs ich bemerken,
dafs Richardson in seiner sehr reichhaltigen Abhandlung De dum
particulae apud priscos scr. latinos usu, Leipzig 1886 gegen Breal
und mich dum nicht als Acc. anerkennen will; doch hält er sich auch
an die Auffassung, dafs dum = die Weile ist und läfst es unent-
schieden, welcher erstarrte Kasus in dum zu suchen sei. Dafs quando-
que = da ja „altertümlich" sei, ist richtig; es hätte aber doch noch
Scherer de particula quaudo Strafsburg 1883 p. 21 bemerkt werden
können, dafs sich kausales quandoque in Formeln und formelähnlichen
Verbindungen auch bei Cicero und Livius erhalten hat.
Doch das sind lauter Kleinigkeiten, welche dem Vf. zeigen sollen,
wie genau ich seine interessante Arbeit durchstudiert habe. Deeckes
Abhandlung verdient von allen Gymnasiallehrern, welche lateinische
und griechische Syntax zu lehren haben, aufs sorgfältigste beachtet
zu werden: denn nur dann können wir dem Vorwurf eines mechani-
schen wenig anregenden Betriebes der Grammatik entgehen, wenn
626 Litteraiur.
wir wie Deecke auf Grund der neuesten Forschung den Stoff einfach,
durchsichtig, logisch bildend und zu eigenem Nachdenken anregend
gestalten.
Tauberbischofsheim. J. H. Schmalz.
H. Merguet: Lexikon zu den Schriften Cäsars und seiner Fort
setzer mit Angabe sämtlicher Stellen. 7 Lieferungen. Jena. Gustav
Fischer. 1886. 1142 S. Lex. 8°.
Dem Werke gebührt vor allem die Anzeige, dafs es in der ver-
hältnismäfsig kurzen Zeit von etwas mehr als zwei Jahren zu Ende
geführt worden ist, bevor es den Mitbewerbern möglich war, an das
Ziel zu gelangen. Dafs aus den 5 im Prospekte genannten Lieferungen
7 geworden sind, dafs dadurch der Preis von 40 Mark auf 55 ge-
stiegen, ist menschlich, und am Ende auch zu verschmerzen, dafs die
versprochenen Eigennamen fehlen, obschon nun durch Aufnahme der-
selben Meusel einen Vorzug sich gesichert hat. Die Hauptfrage wird
indessen die sein, wie sich der Qualität nach die Arbeit von M. zu
den andern Cäsarwörterbüchern verhalte, was ja auf Grund der 3
ersten Lieferungen, die eine Vergleichung ermöglichen, leicht festzu-
stellen ist.
Dem Versprechen, dem Texte von Nipperdey (kleinere Ausgabe)
die „wesentlichen Varianten" hinzuzufügen, ist nur in mangelhafter
und in sehr ungleicher Weise nachgekommen worden. Denn wenn
Nipperdey b. Gall. 1 , 37, 3 ripam schreibt, 4, 24, 4 nitebantur, 7,
88, 1 nostri, b. civ. 3, 57, 3 compellere, in sämtlichen beachtenswerten
Handschriften aber ripas, utebantur, hostes, compellare tiberliefert ist,
so hätte dies doch bemerkt werden sollen. Auf diese Weise ist die
Handschriftenklasse 0, welche von Nipperdey unbillig zurückgesetzt,
von den neuem Hsgb. aber für die Textgestaltung herangezogen wird,
auch in dem Wörterbuche zu kurz gekommen. Ganz anders sind da-
gegen die paar bei Cicero erhaltenen Briefe Cäsars behandelt, in-
dem hier ganz bedeutungslose Varianten wie consilio utar lubenter
(libenter) und amicus iis (his) qui etc. nicht nur unter dem betr.
Worte gebracht, sondern an einem halben Dutzend anderer Stellen,
nämlich unter den andern im Satze vorkommenden Wörtern wieder-
holt werden. So wird auch eine sinnlose Variante ut debcres zu vi-
debere an zehn Steilen verewigt.
Unter den Druckfehlern giebt es manche sehr störende, z. B. 7,
75, 5 murum complere (statt numerum), civ. 1, 15, 3 cohortes secura
adducere (statt abducere) conatus, und so auch s. v. cohortes, secum,
conatus, obschon Nipperdey richtig abducere giebt. Von falschen
Zahlen in Citaten könnten wir Hunderte anführen, nicht selten drei
auf einer Kolumne. Aber am schlimmsten ist wohl, dafs viele Stellen
fehlen, z. B. unter dem Artikel constituo b. civ. 3, 13, 5. 3, 60, 3;
unter frumentum Gall. 1, 16, 4. 6; unter deportare civ. 1, 60, 3; ja
Gall. 3, 8, 1 ist der Satz in magno impetu maris atque aperto ganz
in die Brüche gegangen; G. 3, 24, 3 impeditos in agmine ... in-
Litteratur 627
firraiori animo adoriri cogitabaut fehlt unter agmen, animus, adoriri,
cogitare.
Von Mifs Verständnissen nennen wir probeweise: b. civ. 1, 66, 4
ab hoc hostera prohiberi die Präposition = inb erklärt statt = %m6\
civ. 3, 22 ad Caesarem pervenit (während ad C. zu profectus gehört);
Gall. 2, 17, 4 consilium als Subjekt (statt als Objekt); Gall. 2, 29, 1
cum als Präposition gefafst (statt als Konjunktion); civ. 3, 87 audire
ex alqo (während ex nicht zu audire gehört); civ. 3, 10 proinde ...
ac = pariter ac (während sibi ac rei p. zu verbinden ist). Dafs
aber die Fehler oft sehr nahe aufeinander sitzen, möge der Anfang
von S. 91 bezeugen, wo wir folgendes finden: excitati (statt exerci-
tati), constituerunt (statt constiterunt), multitudo (statt multitudine);
VII 60 (statt 65); VII 31 (statt 21).
Wir wollen keinen Urteilsspruch fallen. Wenn das Cäsarlexikon
von M. das einzige wäre, so müfste man es auch so, wie es ist, ge-
brauchen; da aber ein besseres existiert, so hat die Kritik auch keine
Ursache, Merguet zu empfehlen, und das war der einzige Grund, warum
in diesen Blättern bisher nur über Meusel und Menge-Preufs belichtet
worden ist.
Menge-Preufs: Lexicon Oaeaariannm. Fase. IV. Lips. 1887. col.
386—512. Lex. 8°.
Die unter Mitwirkung von Studienlehrer David Wollner voll-
endete Lieferung reicht von essedarius bis hie haec hoc, wornach
man denn den Umfang des ganzen Werkes auf 9 — 10 Lieferungen
wird berechnen dürfen. Die früher besprochenen Grundsätze der Hsgb.
sind dieselben geblieben, ebenso die knappe Form und die Sorgfalt
in der Ausarbeitung wie im Drucke. Es wird fast ohne Beispiel sein,
dafs C — is für Caesaris steht, p — i für populi, P — o für Pompeio,
R — os für Romanos, ohne dafs die Abkürzungen in dem Abkürzungs-
verzeichnisse erwähnt wären. Der Raum hätte sich durch Weglassen
handschriftlicher Varianten gewinnen lassen, welche entweder absolut
sinnlos sind (z. B. examinantur statt exanimantur), oder doch mit den
in dem betr. Artikel behandelten Worte nichts zu thun haben. Es
ist ja genug, dafs der kritische Herausgeber alle Menschlichkeiten in
Spiritus konservieren mufs; der Lexikograph dürfte sich auf eine
Auswahl beschränken.
Hildebrand-Fügner: Lexicon Livianum. Lips. Teubn.
Die älteren Leser des Archives werden Bich erinnern, dafs 1857
das Dortmunder Programm ein Specimen lexici Liviani von G. Hilde-
brand brachte. Das Werk wurde im Manuskripte bis zu dem Buch-
staben T vollendet, zu T waren die Stellen auf Zetteln gesammelt,
als der Tod den rüstigen Arbeiter abrief. Seither sind die 5 Quart-
bände, die auch Referent einzusehen Gelegenheit hatte, in verschiedene
Hände gelangt, doch hat kein Gelehrter Lust und Mufse gefunden
628 Litteratur.
das Lexikon zu vollenden und herauszugeben. Dieser Arbeit unier-
zieht sich nunmehr Konrektor Dr. F. Fügner, z. Z. in Nienburg an
der Weser, und der Zweck dieser Zeilen kann kein anderer sein als
zu verhüten dafs wir, wie es bei Cäsar der Fall war, 3 Special-
wörterbücher miteinander erhalten; auch Kollegen zu ermuntern den
Hßgb. durch Zusendung von Liviusprogrammen zu unterstützen. Herr
F. erklärt sich bereit auf Anfragen von Philologen über die Sprache
des Livius brieflich Antwort zu erteilen.
Krebs-Schmalz: Antibarbarus der lateinisohen Sprache. Lief. -6.
(= Band II, Lief. 1.) Basel 1887. 128 S. 8°.
Die Lieferung umfafst die Buchstaben L, M und einen Teil von
N; das Mskr. des Hsgb. ist bis R vorgerückt, so dafs die Abnehmer
noch im Laufe des nächsten Jahres im Besitze des ganzen Werkes
sein werden. Um bei dieser Gelegenheit eine Bemerkung von all-
gemeiner Bedeutung zu machen, so scheint uns noch nicht genügend
erwogen, welche Formen die Dichter metri causa begünstigen. Magna-
nhnus hat die klassische Prosa sichtlich gemieden und sich mit magni
animi begnügt, aber den hexametrischen Dichtern pafste die Form,
ja sie haben dieselbe wohl geschaffen, und zwar, so viel wir sehen,
Catull 66, 26 in der Coma Berenices, wo es einem iuyal6tlw%og oder
twyd&vfiog des Callimachus entsprechen dürfte. Vgl. auch 58, 5. 64, 85.
Da die Catullstellen bei Georges fehlen, so kann der Artikel auch
keine Geschichte des Wortes geben. Montuosus war die von Cicero
und Cäsar gebilligte Form, während Vergil zu montosus greifen mufste,
welches allein sich dem Verse fügte. — Letum ist und bleibt ein
poetisches Wort bis auf Livius, der die poetische Diktion mit der
prosaischen zu vermischen begann; die aus Cicero angeführten Stellen
sind wahrscheinlich Dichterreminiscenzen. Vgl. die Anzeige von Paul
Meyer: De Ciceronis . . . sermone, unten S. 634.
Ducange-Favre: Glossarium mediae et infimae latinitatia. Tom.
IX. X. Niort. 1887. 400. XXXVI und CCXLIV. 174 S. 4°.
Der Latinist wird nur selten iu den Fall kommen, die beiden
Schlufsbände des grofsen Werkes, die eigentlich mehr nur einen An-
hang bilden, nachzuschlagen. Sie enthalten zunächst Mitteilungen über
Leben und Schriften von Ducange, eine im J. 1764 in Amiens ge-
haltene Lobrede auf denselben, die bei Einweihung der Bronzestatue
iu Amiens am 19. August 1849 gehaltenen Reden, und einen dem
Journal des Savants (1847) entnommenen Bericht von Pardessus über
die von Henschel besorgte Ausgabe des Glossars. Den Hauptteil des
9. Bandes aber füllt ein cGlossaire francais', welches gleichfalls
Henschel bedeutend bereichert hatte.
Der zehnte Band giebt sehr reichhaltige Indioes, welche schon
Ducange angelegt, die Benediktiner aber in ihrer Ausgabe von 1733
weggelassen hatten; aufserdem eine Reihe von Abhandlungen über
die Geschichte Ludwigs des Heiligen. Hier ist alles beim alten ge-
blieben, und so dürfen wir uns nicht wundern, wenn beispielsweise
Litteratur. 629
für Commodian auf die Ausgabe von Rigaltius, für Dracontius gleich-
falls auf eine längst veraltete verwiesen, und der Vf. der Persecutio
Africanae provinciae Victor Uticensis, vel Vitensis genannt wird.
Jo. Nicolai Madvigii Opusonla academioa, ab ipso iterum col-
lecta, emendata, aucta. Hauniae. 1887. XII. 780 pag. gr. 8°.
Es sind immer nur vorzügliche Universitätsschriften, denen eine
Sammlung in Buchform zu teil wird; aber noch viel seltener dürfte
es sein, dafs eine solche Sammlung, zu Lebzeiten des Vf. vergriffen,
neu aufgelegt werden niufs. Was M. vor einem halben Jahrhundert
geschrieben, ist so bekannt und anerkannt, dafs es in alle Bücher,
auch die Schulgrammatiken übergegangen ist, teilweise durch Ver-
mittlung der von M. selbst herausgegebenen lateinischen Sprachlehre;
es genügt daher für diejenigen, welche die nähere Begründung kennen
zu lernen wünschen, der Hinweis, dafs die Untersuchungen über die
Formen faxo, faxiin, über die Form der Fragesätze in der Oratio
obliqua, über quod nach den Verbis dicendi und sentiendi und Ver-
wandtes hier in einer Überarbeitung vorliegen, indem M. einzelnes
zurückgenommen, viel mehr aber durch weitere Beispiele bekräftigt,
auch die neuere Litteratur in den Anmerkungen vielfach nachge-
tragen hat. Dafs gerade die Lösung dieser letzteren Aufgabe nicht
erschöpfend ist, daran trägt das Augenleiden des Vf. die Hauptschuld.
So hat gerade über den Gebrauch von quod statt des Accus, c. infin.
Val. Rose in den Anecdota graeco-latina I 84 ff. Vollständigeres ge-
boten, und M. verkennt den Ursprung der Konstruktion, wenn er die
Stelle des Bell. Hisp. 36 nach Ulpian setzt, die zweite ebendas. 10
bezweifelt, statt sie durch eine dritte (18 nuntiarunt, quod Pompeius
contionem habuisset) zu schützen; dem Ciceronianer und überhaupt
der Generation vor uns war eben die Bedeutung der Volkssprache
noch vollkommen unklar. Die Frage über den Sinn der Formen
faxo, faxim ist in dieser Zeitschrift wiederholt behandelt worden.
Aber auch die Abhandlungen über die Textkritik lateinischer
Autoren sind für den Grammatiker eine unerschöpfliche Quelle der
Belehrung, da M. nicht nur die Schäden der Überlieferung mit glück-
licher Hand (wie wenige) beseitigte, sondern auch die Gründe seiner
Bedenken gegen die Form darzulegen pflegte und dadurch den Sprach-
sinn weckte und das Sprachgefühl verfeinerte. Die verschiedenen
Indices tragen wesentlich dazu bei die Benutzung zu erleichtern.
K. Cocchia: Bassegna oritioa di filologia e linguistioa. Torino,
E. Löscher 1887. p. 113. [Estratto dalla 'ttivista di filologia ed
istruzione classica'. Anno XV, fasc. 9 — 10J.
Den Inhalt dieser Schrift bildet eine Reihe kritischer Erörterungen
im Anschlüsse an mehrere in den letzten drei Jahren erschienene
Arbeiten, welche die lateinische Sprachwissenschaft und Litteratur
zum Gegenstande haben. Kritische Erörterungen müssen notwendiger
Weise Gegenerörterungen hervorrufen, für die der beschränkte Raum
6«% Litteratnr.
dieser Anzeige durchaus nicht ausreichen würde. Ich begnüge mich
daher, in Kürze den Inhalt der in mancher Beziehung interessanten
'ßassegna' anzugeben. Die beiden ersten Abschnitte befassen sich
mit der Betonung des Lateinischen, und zwar wird zunächst die be-
kannte Gellius-Stelle über die Betonung des Vokativs Valeri dahin
gedeutet, dafs es bei der Vorschrift des Nigidius Figulus sich nicht
um den Wortaccent als solchen, sondern am die Betonung im Zu-
sammenhange des Satzes handle, ein Erklärungsversuch, der jedenfalls
beachtenswert erscheint. Dagegen mufs ich den zweiten Abschnitt
für verfehlt halten. Cocchia sucht alle jene lautlichen Erscheinungen,
welche Zeugnis für ein älteres Betonungsgesetz im Lateinischen ab-
legen, zu beseitigen und mit spezieller Rücksichtnahme auf das Grie-
chische das Dreisilbengesetz als ursprünglich zu erweisen. Hiebei
wendet er sich besonders gegen Corssens und meine im Anschlüsse
an diesen Gelehrten in den Wiener Studien VIII 149 ff. gegebenen
Ausführungen, ohne dafs es ihm nach meiner Ansicht gelungen ist,
dieselben als unhaltbar hinzustellen. Dazu bleiben manche Erschei-
nungen (z. B. die Gestalt der griechischen Lehenwörter Agrigentnm
u. s. w.) unerklärt, andere können nur höchst gezwungen erklärt
werden, und für die Fälle, wie conscendo neben scändo u. s. w.
mufs doch eine andere, ältere Betonung angenommen werden. Es ist
aber auch gar nicht einzusehen, warum man sich gegen ein älteres
Betonungsgesetz des Lateinischen, das nachgerade von sehr vielen
Seiten anerkannt wird (vgl. besonders Brugmann in seinem Grund-
rifs 1 , 548 f.) so sträuben soll. Wegen der ohnehin sehr faden-
scheinigen Hypothese des Gräkoitalischen darf man dies einmal ge-
wifs nicht thun, und andere Gründe vermag ich nicht einzusehen.
Im dritten Abschnitt stellt C. gegen Seelmann Ausspr. 85>f. die Be-
hauptung auf, dafs der Quantitätsunterschied von ä und ä länger
festgehalten worden sei, als dieser Gelehrte meine; der vierte Ab- '
schnitt beschäftigt sich mit der Frage der positionsbildenden Kraft
des j, die Cocchia bei einem Teil der in Betracht kommenden Wörter
als wirklich vorhanden angesehen wissen will. Im fünften umfang-
reichen Abschnitt wird der lautliche Wert der Konsonantenverbindung
gn und die Frage untersucht, ob gn Längung des vorausgebenden
Vokales bewirke. C. stellt sich auf Seite derjenigen, welche dem g
in dieser Lautverbind inig den Charakter der gutturalen Media zu-
sprechen (allerdings sprechen manche gewichtige Momente dagegen),
und die Lunge des Vokals vor gn gilt ihm namentlich wegen der
romanischen Reflexe nicht als allgemein erwiesen. Sollte hier nicht
strenger geschieden werden müssen zwischen Schrift- und Vulgär-
sprache? Der sechste Abschnitt liefert einen Beitrag zu ddr neuer-
dings viel erörterten Saturnier- Frage, deren neueste Behandlung durch
H. Uaener in dem Buche „Altgriechischer Versbau" S. 76 f. Cocchia
freilich noch nicht gekannt hat. Er stellt sich auf Seite der Ver-
fechter der metrischen (prosodischen) Natur des Saturniers und glaubt,
dafs die Thesis am Schlüsse des ersten und zweiten Hemistichiums
unterdrückt werden konnte. Von den . drei letzten Abschnitten be-
Litteratur. 631
handeln zwei in die Literaturgeschichte einschlägige Fragen (die
Bedeutung von canticum und diverbium und die Lage der Vater-
stadt des Dichters Ennius), der dritte ist der Erklärung der Phrasen
crepuerunt fores bez. ipayei xig il-iav xi\v &vqccv gewidmet.
Innsbruck. Fr. Stolz.
J. H. Schmalz und G. Landgraf: K. Reisigs Vorlesungen über
lateinische Sprachwissenschaft. 12. Lief. Berlin 1887. Calvary.
S. 769—893. 8°.
Das vorliegende rieft hat mit der Behandlung des Participiums,
des Gerundium 8 und des Infinitivs sowie der sogen. Syntaxis ornata
(Ellipse, Pleonasmus, Periodenbau, Anakoluth) die Syntax zu Ende
geführt; den Schlufs bilden Nachträge und Berichtigungen, vorwiegend
Nachweisungen neuerer, während des Druckes erschienener Litteratur,
und in einem kurzen Vorworte bezeichnen die Hsgbb. ihre Stellung
näher, die sie zu dem Original werke eingenommen haben. Indem
wir dies alles als bekannt voraussetzen, erübrigt nur noch dem Leser
mitzuteilen, dafs der einzige noch fehlende Teil, die Semasiologie,
von Dr. Ferd. Heerdegen bearbeitet, bis zum Schlüsse des Jahres
in 2 Lieferungen erscheinen soll. Die Verzögerung hat insofern auch
ihr Gutes, als der Hsgb. durch das Buch von Darmesteter (vgl. S. 623)
in den Stand gesetzt sein wird, der bisher ungebührlich vernachläs-
sigten Disciplin eine etwas reichere Gestaltung zu geben. — Den
ersten Hauptteil, die Etymologie, hat bekanntlich bereits vor mehreren
Jahren Prof. Herrn. Hagen vollendet.
E. Wölfflin: Das Wortspiel im Lateinischen. Sitzungs-Ber. der
bayr. Akad. d. Wiss. Philol.-philos. Ul. 11. Juni 1887. S. 187—209.
Die lateinischen Namen für naQovofucöia sind: adnominatio
(so wahrscheinlich auch in den Schemata dianoeas 35 statt denomi-
natio zu ändern), adfictio, supparile; Cicero orat. 84 definiert die
Wortspiele als: immutatione litterae (aut plurium litterarum fügt
Comificius hinzu) quaesitae venustates. Es wird zuerst eine Abgren-
zung gegen Reim und Allitteration versucht, und dann nach Anleitung
des Coro, eine Klassifizierung der Wortspiele gegeben: a. Gleichheit
zweier Worte bis auf die Quantität eines Vokales, b. Änderung des
Anfangsbuchstabens (Konsonanten oder Vokales), c. Änderung eines
Mittelbuchstabens (Kons. Vok.), d. Zusatz eines Buchstabens am An-
fang, e. in der Mitte, f. Veränderung, bzw. Zusatz zweier Buchstaben.
Das moderne Qui s'excuse, s'accuse hat sein Vorbild in Hieron. XI
58 D. Mig. Dum excusare credis, accusas.
Wenn dasselbe Wort in zweifachem Sinne genommen wird, so
gehört dies nach unserer Auffassung auch zum Wortspiele, nach
antiker Terminologie zum A in big u um, da die adnominatio zwei
möglichst ähnliche Wörter zur Voraussetzung hat. Das Beispiel des
Pleusikles bei Plautus Mil. 1308 si apstinuissem a mare (amäre) ist
allerdings trotz Ribbecks Billigung unsicher (und vielleicht mehr als
dies), einen Ersatz dafür kann man etwa in Rudens 887 finden. —
632 Litteratur.
Das Meiste im Wortspiele hat Apuleius geleistet, aber sicher nicht
das Beste; auch ist fast alles Gute, was er bringt, blofse Kopie.
Die Definitionen der antiken rhetorischen Lehrbücher lassen manches
zu wünschen übrig.
Fr id. Leo, Vindioiae Plautinae (Ind. lect. in acad. Rostock.
MDCCCLXXXVII/VIII). 12 pg. 4°.
Der Vf. dieses, dem Andenken Fr. V. Fritzsches gewidmeten
Programms hat schon öfter aus und für Plautus neue Worte und
Wortformen zu gewinnen gesucht; mit seinem exilico, exillim u. ä.
hat er aber kein Glück gemacht. Diesmal ist er erfolgreich. Leo
geht aus von Epidicus v. 349 f. Wenn es ihm auch nicht gelungen
ist den schwierigen, korrupten Vers 359 befriedigend herzustellen
(wobei auch die Spur des Dialogs innerhalb dieses Verses nicht zu
übersehen sein dürfte), so stellt er doch für drei Voces singulares'
die handschriftliche Lesart sicher, wo Camerarius' Änderungen zur
Vulgate geworden waren: zunächst parenticida (Cam.: perenti-
cida) — indem die glossographischen Bemerkungen über den Ge-
brauch dieses Wortes 'bei den Alten' eben auf diese Stelle zurück-
geführt werden — , sodann peratum und follitum (Camerarius:
— tim) — indem Lambinus' und der ihm folgenden Juristen Be-
ziehung des 'Beranzten', resp. 'Bebeutelten' auf die altübliche Be-
strafung eines parenticida als richtig erhärtet wird. Wenn dabei
bemerkt wird 'follem quidem novit Plautus, pro pera posuit mar-
suppium', so hat Leo die kaum zweifelhaften Lesungen Truculentus
v. 664 und 535 ignoriert. Schlagend und schön hat er weiter
Poenulus v. 377 f. die Palinipsestlesart *iam hercle ego faciam plora-
tillum' gegen das bisherige plorantem illum zu Ehren gebracht und
nun — was schon Fleckeisen ahnte — in dem entsprechendem fat-
que hie ne me uerberet illum faciat' eine komische Neuschöpfung
zu jenem Deminutiv von ploratus erkannt. Nur hätte er nicht die,
gerade bei solcher Nachbildung unerläfsliche Koncinnität des Aus-
drucks durch seine Konjektur cne <(in)> me uerberetillum faciat5 ver-
derben, sondern die Freiheit komischer Komposition, resp. Juxta-
position bedenken sollen, wie sie besonders aus den Patron jmika
Persa v. 702 ff. erhellt. Danach werden wir ein 'Michprügeleicben'
neben dem 'Heulereichen' gelten lassen. Von den sonstigen Bemer-
kungen Leos berühre ich die über den Genetiv beim Verbum Poenu-
lus v. 641 und Mostellaria v. 1017 f., der übrigens beidemale durch
Wiederaufnahme des betreffenden Wortes veranlafst ist. Der bei-
läufige Versuch Synaloiphe über das abgeworfene Schlufs-s hinweg
dem Plautus zu vindizieren ist noch sehr unreif ausgefallen und das
triumphierende 'sie dies diem docet' hier noch keineswegs am Platz,
Mit einer grammatischen Möglichkeit auf der einen Seite, einem
Haufen durch deren Annahme 'bereinigter' Stellen auf der anderen
wird bei Plautus das Widersprechendste, und in der Regel zu viel,
also nichts * bewiesen'.
Heidelberg. Fr. Scholl.
Littecatur. 633
Dr. Josef Dorsch: Assimilation in den Kompositis bei Plautus
und Terentius. Prag. 1887. 50 S. 8°.
Das vorliegende Heft eröffnet eine Serie von *Prager Philolog.
Studien', welche von Prof. 0. Keller mit Unterstützung des k. k.
Unterrichtsministeriums herausgegeben werden. Das Thema, welches
Ritschi einen locus impeditissimus et infructuosissimus nannte, Keller
in seinen Erläuterungen zu Horaz mehrfach behandelte, wird hier
allseitig und mit Beiziehung der älteren Inschriften, doch mit Be-
schränkung auf die 12 von Götz, Löwe, Scholl herausgegebenen Plau-
tusstlicke in Angriff genommen, und zwar tritt Vf. mit seinem
Lehrer der weitverbreiteten Ansicht entgegen, als ob die nichtassi-
railierten Formen durchweg die älteren, die assimilierten die jüngeren
seien. Im Grunde genommen scheint ja diese ebenso natürlich als
richtig, allein die Entwickelung der Sprache wird durch eine Reaktion
der klassischen Periode gestört, welche aus grammatischer Gewissen-
haftigkeit oder um die Etymologie nicht zu verdunkeln die ursprüng-
lichen Formen der Präpositionen wieder herzustellen bemüht war.
Wir sehen hier etwas Ähnliches, wie wenn die archaische Poesie
das s in der Endung us aufgab, die klassische es herstellte, und
das Italienische doch mit Pio nono schlofs. Gleichwohl mufs man
sich hüten alles über einen Kamm zu scheren. Composita, deren
Simplex abstarb, wie impleo, impetro, immolo assimilierten sich
leichter, d. h. schmolzen zu einem Worte zusammen, als das in pri-
vativum in inpurus, inprudens, welches durch seinen negativen Sinn
sich als selbständigen Bestandteil fühlbar machte; alligo war schon
so versteinert, dafs Plinius, um den Begriff der Annäherung zu be-
tonen, adalligo bildete. Andrerseits scheint auch die Kürze der
Stammsilbe des zweiten Wortes die Assimilation begünstigt zu haben,
/. B. impius. S. 44 werden die über sämtliche Präpositionen (ein-
schliefslich dis und re) gewonnenen Resultate zusammengestellt, und
ein alphabetisches Register macht S. 48 den Schlufs der .sorgfältigen
Untersuchung.
Jac. W rubel: De vocabnlis nimls et nimium apnd Plantnm et
Terentium. Cracoviae. 14 pg. 8° (= Dies, class. philol. acad.
Cracov. vol. XIII).
Dafs in der ersten Silbe von nimis die Negation ne stecke,
welche dem i der folgenden Silbe assimiliert ist, wie in nihil (=ne
hilum), nimirum (=ne mirum), unterliegt keinem Zweifel; in der
zweiten erkennt Vf. mit Vanicek die Wurzel ma = Mafs, sodafs das
Wort genau mit funmäfsig' (nicht cübermäfsig') zu übersetzen wäre.
Auf die Ansichten anderer, die Van. II 658 anführt, wird nicht ein-
gegangen.
Die Sammlung der Belegstellen ergiebt, dafs nimis wie nimium
sowohl zu Adverbien als zu Adjektiven und Verben hinzutritt, und
dafs beide zu der abgeschwächten Bedeutung von valde herabsinken.
Lehrreich ist hierfür Augustin enarr. psalm. 118: aliquando latina
Archiv für Ut Lexikogr. IV. Heft 3. 4. 41
634 Litteratar.
lingaa hoc verbo (nimis) sie abutitur, ut nimis pro eo, quod est
valde et positum inveniamus in litteris sacris et ponamus in sermo-
nibus nostris. Ja schon Cicero schrieb Brut. 26, 101 neque nimis
infans neque perfecte diserta. Die gleiche Entwertung von nimius
wird in der Vulgata nachgewiesen, indem Ephes. 2, 4 nimiam cari-
tatem dem griechischen 7toXXi)v ayan-qv entspricht. In der Vulgata
findet sich das adverbielle nimium nur an 4 Stellen des Alten Testa-
mentes, nimis weit über 100 mal, wie jede gute Konkordanz nach-
weist. Nimis läfst Vf. bei Plautus auch mit dem Positiv verbunden
sein (Pers. 94 n. crudae), doch beruht diese Lesart nur auf Konjek-
tur (codd. nihil crudae), wesshalb schon Langen, Beitr. z. Kritik des
Plautus (Leipzig 1880) S. 333 die ganze Konstruktion mit Recht
bezweifelte. Vf. scheint aber überhaupt den Fortschritten der Plau-
tuskritik nicht gefolgt zu sein.
Paul Meyer: De Cioeronis in epistolis ad Attionm eermone.
Bayreuther Progr. 1887. 60 S. 8°.
Die von längerem und eingehendem Studium der ciceronianischen
Briefe zeugende Arbeit untersucht zunächst einige uicht dem Wort-
schatze des Cicero angehörige, sondern der poetischen, oder der Um-
gangssprache entnommene Substantiva. So werden die Worte ad
Attic. 10, 10, ö quam turpi leto pereamus als Dichtercitat aufge-
fafst, was uns darum bedenklich erscheint, weil der Hexameter eine
Cäsur nach dem zweiten Fufse gehabt haben mttfste. Mit mehr
Wahrscheinlichkeit wird die Konstruktion egeo consilii als eine
Redensart der Komiker bezeichnet (Plaut. Bacch. 651), während sonst
Cic. das Verbum mit dem Ablat. verbindet; ad Attic. 9, 3, 2 quod
gravitas morbi facit, ut medicinae egeamus als Hexameter zu fassen
möchten wir darum weniger empfehlen, weil Cicero mehr aus Ko-
mikern als aus Hexametrikern anführt und weil es nahe liegt medi-
cina zu ändern. In diesem Sinne werden, meist nach Suffixen ge-
ordnet, die Substantiva, Adjektiva, Adverbia, Verba durchgegangen,
welche dem Konversationston anzugehören scheinen. Bei den Denii-
nutiva wagt es Vf. sogar die mit voller und die mit verlorener
Deminutivbedeutung, die eine Zuneigung oder eine Geringschätzung
ausdrückenden Subst. in vier Kategorieen zu sondern, was kaum mög-
lich ist; dabei kommt merabranula, Bücherschild, unter die Dem. mit
verlorener Deminutivbedeutung, obschon doch zu dem den Titel ent-
haltenden angehängten Zettel nur ein kleines Stück Pergament nötig
war. Auf den Abschnitt 7 (sententiae proverbiales) seien die Freunde
der Sprich wörterstudien hingewiesen; Abschn. 8 endlich giebt eine
Zusammenstellung der aus dem Griechischen aufgenommenen Wörter,
nebst einem kleinen Beitrage zu dem bisher vernachlässigten Kapitel
der voces hybridae (z. s. decemscalmus). Dafs Cic. griechisch ge-
schrieben hätte, damit die Briefboten die Briefe nicht lesen könnten,
halten wir nicht für eine zutreffende Erklärung, waren ja doch ge-
rade die meisten servi a tabellis geborene Griechen, wie ihre Namen
verraten.
Litteratur. 635
Dr. Franz Fröhlich: Realistisches und Stilistisches zu Cäsar
und deasen Fortsetzern. In der Festschrift zur 39. PhiloL-Ver-
samml. Zürich 1887. 8°. S. 1—55.
Die beiden stilistischen Untersuchungen beziehen sich auf die
* varietas ' Cäsars und auf die Frage der Identität der Vf. des 8. Buches
b. Gall. und des bell. Alex. Dafs die Sprache Cäsars an Reichtum
und Fülle nicht mit der des Livius konkurriert, ist im Grunde ge-
nommen kein. Lob und kein Tadel; beanspruchte ja doch Cäsar mit
seinen Kommentarien nur das Material vorzulegen, gleichsam eine Blei-
stiftzeichnung, die erst durch die Farben eines anderen zu grüfserer
Wirkung gelangen sollte. Demnach fehlen Redensarten wie fundere
et fugare, occidione occidi, weil sie für die Skizze nicht zu passen
schienen. Indem Vf. an der militärischen Phraseologie nachweist,
dafs Cäsar doch nicht immer die gleichen Wendungen abnützt, son-
dern öfters wechselt, wünscht er ein Vorurteil zu beseitigen, welches
that sächlich wohl kaum in dem Grade besteht, wie er es sich vor-
stellt. Aber auch nicht allen Belegen könnte man die Unterschrift
geben: quod erat demonstrandum. L>t es denn variatio, wenn Cäsar
bald castra facere bald c. ponere schreibt? Nach unserm Ermessen
ist castra facere der allgemeine Ausdruck für * Lager schlagen', c.
ponere der besondere mit Rücksicht auf die örtlichkeit oder die
Entfernung vom Feinde. Ebenso wenig erkennen wir in proelium
facere und pr. committere eine Varietas, da b. Gall. 1, 13 proelio
facto auf die Beendigung des Treffens geht, 1, 15 pr. committere auf
ein leichtes Engagement der Verfolgenden mit der Nachhut.
Auch die zweite Frage wird von der militärischen Phraseologie
aus beleuchtet. Als Vf. des 8. Buches gilt auch hier Hirtius, wäh-
rend für das b. Alex, ein Anonymus angenommen wird. Nach be-
endigter Lektüre wird man geneigt sein, sich gegen Nipperdey auf
die Seite von Fr. und E. Fischer (Progr. Passau 1880) zu stellen,
und wir glauben auch, dafs die beiden schliefslich Recht behalten
werden (eine gute Bemerkung ist, dafs Hirtius obsessio, der Vf. des
bell. Alex, obsidio gebraucht); allein im einzelnen liefsen sich doch
Bedenken erheben, z. B. cuniculus zweimal in b. Gall. 8, nicht im
b. Alex. — weil hier ein socher Minengang nicht vorkommt.
C. Sallusti Crispi Catttina, Jugnrtha, historiaram reliqniae co-
dioibus servatae. Tertium recognovit Henr. Jordan. Berol.
apud Weidmannos 1887. XX. 172 pg. 8°.
Die in dem Palimpseste der Bibliothek von Orleans von Edm.
Hau ler entdeckten, edierten und kommentierten Bruchstücke der Hi-
storien des Sallust sind hier um billigen Preis* dem weiteren Publi-
kum zugänglich geworden. Leider hat Jordan, von Hauler in liberal-
ster Weise durch Mitteilung der gelesenen Kolumnen unterstützt,
dessen abschliefsende und zusammenfassende kritische Ausgabe nicht
mehr erlebt und so hat es auf den Wunsch des Verstorbenen der
bekannte Jurist Paul Krüger unternommen, das von Jordan Begon-
41*
636 Litteratur.
nene zu einem Abschlüsse zu bringen, indem er aus dem reichen bei
Hanler vorgelegten Vorrate von Konjekturen mit besonnenem Urteile
das Probehaiti gste ausschied. Mit Recht macht er darauf aufmerk-
sam, dafs die schon früher bekannten Historienfragmente des codex
Vaticanus zu dem gleichen Codex gehört haben müssen, dem wir auch
den Fund von Orleans verdanken, wornach denn auch für die vati-
kanischen Kolumnen je 21 Zeilen (nicht 20, wie Jordan und die
andern Hsgb. glaubten) zu rechnen und die Ergänzungen darnach zu
bestimmen sind.
Dietr. Roh de: Adieotivum quo ordine apud Sallnstinm con-
iunotom sit cum aubstantivo. (Gratul.-Schr. zum Jubiläum
der Universität Göttingen.) Hamb. 1887. 35 pg. 4°.
Die heute gültige Schulregel, dafs das Adjektiv dem Substantiv
vorangehe, ist wesentlich durch Pastor C. G. Bröder in Umlauf ge-
kommen, welcher wahrscheinlich seine Beobachtungen über die Pro-
nom. possess. etwas voreilig auf die Adjektiva ausgedehnt hat. Die
alten Grammatiker kennen dieselbe nicht nur nicht, sondern in ihren
Musterbeispielen nehmen bonus, magnus u. s. w. die erste Stelle ein;
auch die andern indogermanischen Sprachen geben keine Parallele.
Vf., welcher schon früher die Voranstellung des Adjektivs für Cäsar
und Ciceros Beden zu erweisen unternommen hatte, setzt hier aus-
einander, dafs Sallust durchaus in Übereinstimmung mit seinen Zeit-
genossen stehe. Da aber gerade die Regel von der Stellung des Ad-
jektivs, man mag sie formulieren wie man will, nicht ohne zahlreiche
Ausnahmen bleibt, so sei es gestattet, hier einige allgemeine Gesichts-
punkte anzudeuten.
Zu den Beweisen, dafs das A. voranstehe, kann die Verbindung
magna pars gezählt werden, die mit 12 Beispielen als feste Formel
gelten darf, wie man auch adverbiell nur sagt magnam partein.
Oder wäre aequanimitas gebildet worden, wenn man nicht gewöhn-
lich gesagt hätte aequo animoV Dafs man schreiben solle rualae
(pessimae) artes und lieber bonae artes, sagt uns das durch die Lek-
türe gebildete Ohr. Wir wollen aber die Abweichungen gerade an
diese Muster anknüpfen. Sallust sagt Cat. 10, 4 ceterasque artis
bonas, und lug. 1, 3 aliasque a. b., offenbar weil er lieber die beiden
Adjektiva (Pronomen und Adjektiv) trennt. Oder er schreibt Cat. 5, 1
ingenio malo pravoque, trotz mali mores, weil das Substantiv zwei
Epitheta erhält und nach einem allgemeinen Gesetze des Wohlklanges
die kürzeren Glieder vorausgehen sollen. Ebenso erklärt sich lug. 27, 2
vir acer et infestus potentiae nobilitatis gegenüber lug. 43, 1 acri
viro. Einsilbige Wörter wie res und spes, vir u. ä. haben daher den
Vortritt, namentlich wenn sie nicht durch Deklination zweisilbig werden,
und so mag das stehende res publica und rem publicam andere For-
meln der Kurialsprache nach sich gezogen haben, z. B. die verhältnis-
mäfsig häufige Nachstellung von civilis. Dies nur beiläufig zum Be-
weise, dafs eine blofse Sammlung der Beispiele nicht genügt, sondern
zur Erklärung notwendig die ratio gehört.
Litteratur. 637
Joannes ßozwadowski: Qua ratione hifltorici Bomani numeros
qui accurate definiri non poterant expresserint. Cracoviae.
1887. 18 pagg. 8°. [Dissert. philol. acad. litter. Cracov. vol.
XIIL]
Man darf sich immer freuen, wenn die philologische Beobach-
tung von dem engeren Gebiete des Sprachgebrauches eines einzelnen
Schriftstellers auf ein weiteres Feld vordringt, weil der Reichtum
und das Leben einer Sprache nur aus der Vergleichung vieler Autoren
erkannt wird. Vf. hat für seine Untersuchung die Historiker zur
(■rund läge genommen, aber freilich nur bis und mit Livius. In drei
Kapiteln bespricht er die Ausdrücke, welche eine Annäherung an
eine Zahl, eine Überschreitung derselben bezeichnen, oder auch als
unbestimmte an beides denken lassen. In die letzte Klasse setzt er
circa, circiter und maxime; wahrscheinlich wäre auch das sallustia-
nische quasi hieher zu ziehen gewesen, da es, wie maxime dem
paXiöxct, so doch wohl dem griechischen d>g entspricht. Dafs die
Klassiker lieber circiter als circa gebrauchen, war mit Charisius u. a.
Autoritäten zu bekräftigen, so wie auch der mehr vulgäre Gebrauch
des letzteren durch Petron. 97 anuorum circa XVI bestätigt wird.
Ein Irrtum ist es, wenn Vf. glaubt, Sallust habe lug. 68 circiter
horam tertiana geschrieben, da cod. Paris, und die neueren Ausgaben
den Ablativ bieten und das klassische Latein an dieser Struktur fest-
hält, z. B. Sulpicius bei Cic. epist. 4, 12 circiter hora deeima. Da
Vf. auch plus minus als bei den Historikern fehlend erwähnt, so
war beizufügen, dafs das älteste Beispiel sich bei Petron. 52 findet,
zahlreiche namentlich in christlichen Grabschriften bei Angabe des
Alters.
Zu der zweiten Kategorie gehört aufser supra, amplius u. ä.
admodum = reichlich; zu der ersten wird aufser ad, paene, prope,
vix namentlich fere und ferme gezogen (ferme = ferime wahrschein-
lich Superlativ), obschon beide vielfach die Bedeutung von circiter
angenommen haben. Bei ad ist sich Vf. über die adverbiale und
präpositionale Kraft und die damit zusammenhängende Konstruktion
nicht klar gewesen; es war ihm unbekannt, dafs man sagt: ad sexcen-
tos caesi, aber bei vorausgehendem Tausender ad mille et septingenti
caesi. Wenn daher bei Livius 41, 18, 2 überliefert ist: ad M et D
perierunt, so ist quingentos eine willkürliche (falsche) Auflösung, und
bei Weifsenborn richtig quingenti zu finden. — Es scheint, dafs Vf.
die Beispiele selbst gesammelt hat, obschon er sie, wenigstens für
Cäsar und Sallust, in den Specialwörterbüchern hätte finden können.
Auch wäre eine genauere Kenntnis und Ausbeutung der neueren
Litteratur der Abhandlung zu statten gekommen, da beispielsweise
Franz Violet in den Leipziger Studien V 225 — 234 über die „runden"
Zahlen (bei Tacitus) geschrieben hat Doch wird man mit der An-
nahme nicht fehl gehen, dafs dem Vf. solche Bücher, wie auch der
Tursellinus, nicht zugänglich gewesen seien. Aber auch so läfst sich
einiges aus der Schrift lernen.
638 Litteratur.
Ioannes Groesst: Quatenus Silius Italious a Vergilio pendere
videatur. Aquis Mattiacis 1887. 62 pagg. 8°.
Vf. untersucht in dieser fleifsig gearbeiteten Dissertation nach
vorsichtiger Begrenzung des Standpunkts die Abhängigkeit des Silius
von seinem epischen Vorbild. Das erst« Kapitel weist diese Ab-
hängigkeit nach e compositionis arte und zeigt, wie viel Silius von
dem epischen Rüstzeug, das er wie kein anderer in seiner ganzen
Fülle verarbeitet hat, dem Vergil verdankt. Im zweiten Kapitel be-
spricht er die imitatio singulorum versuuin. Bei aller Abhängigkeit
des Silius von Vergil, wie sie sich hier in der direkten Entlebnuug
einzelner Verse oder in der Nachbildung anderer, sowie in der Hertiber-
nahme gleicher Versanfänge und Versschlüsse kundgiebt, ist doch das
charakteristische Streben desselben nach Variation bemerkenswert
Wie Silius im Gegensatz zu anderen Epikern (Homer, Vergil, Statius)
die stereotype Wiederholung gleicher Verse oder Versteile in gleichem
Zusammenhange vermeidet, so sucht er auch, wo es möglich ist,
völlige Gleichheit in der Nachahmung zu umgehen; er ändert —
lediglich der Variation halber — die Numeri, gebraucht für ein
vergilisches Wort ein Synonymum, setzt ein verbuin simplex, wo sein
Vorbild ein compositum hat, und umgekehrt, verändert die Stellung
u. s. w. Dieses fast ängstliche Bestreben des Dichters erinnert uns
an den Ausspruch des jüngeren Plinius, dafs Silius maiore cura quam
iugenio gedichtet habe. — Das dritte Kapitel, das hier hauptsächlich
in Betracht kommt, handelt de elocutione. Hier tritt der Arbeit
Groessts die Schinkels, welche dem Vf. unbekannt geblieben zu sein
scheint, ergänzend zur Seite, und es ist das Urteil des ersteren nach
der Untersuchung des letzteren zu ergänzen und zu modifizieren.
Denn wenn auch vollkommen zuzugeben ist, dafs Silius ach hin-
sichtlich der Sprache in die Fufsstapfen Vergils getreten ist, so darf
andrerseits nicht aufser acht gelassen werden, dafs er insofern über
sein Vorbild hinausgegangen ist, als er die gräzisierende Sprache
des Horaz und Ovid nachahmte und die Grenzen derselben sehr er-
weiterte, besonders hinsichtlich des Infinitivgebrauches (vgl. Archiv
I 145). Im übrigen giebt auch dieser Teil der Dissertation Groessts
ein klares Bild von der Abhängigkeit des Silius von Vergil. Dieselbe
zeigt sich in der Verbindung gleicher (oder ähnlicher) Substantiva
mit gleichen Adjektiven oder Substantiven, gleicher Verba mit gleichen
Substantiven, Adjektiven und Participien, in einzelnen Tropen und
Figuren, sowie einzelnen Redewendungen. Aber auch hier findet man
wieder in ähnlicher Weise das Streben nach Variation, das sich viel-
leicht auch darin kundgiebt, dafs Silius die dem Vergil entlehnten
-Verbindungen sehr häufig an andrer Versstelle bringt, als sie bei
diesem stehen. — Einzelne Wörter, die nur bei Vergil und Silius
vorkommen, sind sternax und trifaux; erst bei Späteren kommen
folgende von jenen zuerst gebrauchten Wörter wieder vor: armisonus,
bacatus, effultus, undosus, immugire. — Unrichtig citiert ist S. 61
die Geminatio von pariter; bei Vergil: Euandrus pariter, pariter
Troiana iuventus (nicht pariterque), bei Silius: Neptuno pariter
Litteratur. 639
pariterque Tonanti. — Zu den Neubildungen des Silius, welche
»Schinkel citiert, dürfte von Adjektiven auf ficus aufser mitificus noch
carnificus kommen. I 173 bietet nämlich die handschriftliche Über-
lieferung einstimmig carnificaeve manus, ebenso die älteren Ausgaben,
erst die ed. Basil. von 1522 carnificesve; es wird wohl kein Grund
vorhanden sein, von der Überlieferung abzuweichen. — Ferner dürfte
sich IV 59, wo tiberliefert ist: debellata procul qnaecunque vocantur
Iberis, empfehlen zu lesen vocatur Iberis, und dieses Iberis, ob-
wohl sonst nicht vorkommend, dürfte bei der Vorliebe des Silius für
griechische Kasusendungen (vgl. Schinkel p. 35) als Nebenform für
Iberia zu nehmen sein.
Regensburg. Ludw. Bauer.
Fried r. Walter: Studien zu Taoitus und Curtius. Progr. des
Wiihelms-C.ymn. in München. 1887. 54 S. 8°.
Der Haupt teil dieses Programmes behandelt S. 7 ff. unter der
Überschrift Die stilistischen Berührungspunkte des Curtius und Ta-
citus' ein jedenfalls interessantes, aber noch nicht vollständig gelöstes
und wohl auch nicht ganz, lösbares Problem. Vf. hat die zahlreichen
dem Curtius und dem Tacitus gemeinsamen und in den Kommentaren
zu diesen Historikern vielfach citierten Phrasen und Ausdrücke auf
Grund eigener Lektüre um ein Bedeutendes vermehrt, so dafs, da
von zufalligem Zusammentreffen kaum mehr gesprochen werden darf,
nach einer Erklärung gesucht werden mufs.
Ausgeschlossen hat Vf. mit Recht die betenfite Nachahmung des
Curtius durch Tacitus, d. h. Curtius ist für Tacitus nicht gewesen
was Sallust oder Livius. Manches wird auf gemeinsame Vorbilder
(Sallust und Livius) zurückgeführt; nur läTst sich leider nicht be-
stimmen, wie weit mau in dieser Richtung gehen dürfe, da die gröfsere
Hälfte der Werke beider untergegangen sind. Aber das hat Vf. doch
bewiesen, dafs nicht alle stilistischen Vorbilder in den Historien des
Sallust gesucht werden dürfen, da viele curtianisch-taciteische Wen-
dungen entschieden den Charakter der silbernen Latinität tragen und
von der Diktion der Republikaner entschieden abweichen. Die Reden
dos Alexander und Darius (Curi 4, 14) ähneln sehr denen des Cal-
gacus und Agricola bei Tac. Agr. 30 ff.; aber Sallust hat beiden
darum nicht wohl als Modell gesessen, weil eine solche Rede und
Gegenrede aus Sallust nicht nachweisbar ist. | Ob Lucullus und
Mithridates in den Historien des Sallust redend auftraten, wird
Schnorr näher auseinandersetzen!. Ja man wird auch zugeben dürfen,
dafs es zum mindesten bedenklich ist alle Kongruenzen aus den ver-
lornen Büchern des Livius zu erklären; denn was Curtius schreibt 4,
IG, 17 intravit animos pavor. Tac. Agr. 5 intravit animum cupido
scheint mir nachlivianische Neuerung; vgl. Liv. 1, 56, 10 cupido in-
cessit animos iuvenum; 29, 3, 9 maestitia animos incessit u. s. w.,
wie auch Curtius 3, 22, 25 sich ausdrückt animos formido incesserat.
Man müfste denn annehmen, Livius habe seinen Stil in den späteren
g40 Litteratur.
verlorenen Büchern verändert. Wie soll man bei solcher Sachlage
urteilen?
Vf. ist nicht abgeneigt zu glauben, Tacitus habe den Curtius
gelesen und seine Untersuchung hat diesem an sich unwahrschein-
lichen Gedanken jedenfalls das Befremdliche genommen, sodafs die
Möglichkeit zugestanden werden mag. Freilich bleibt ein Paktor, an
den Vf. nicht gedacht, ganz aufser Rechnung, der stilistische Charakter
der Historiographie unter den ersten Kaisern. Können nicht Zeitge-
nossen des Velleius gedacht werden, welche den alten historischen
Stil umbildeten und mit neuen Phrasen bereicherten, die wir nun bei
C. und T. finden? Vf. scheint ja auch zuzugeben, dafs der modicus
flexus des Rheines bei Tac. Germ. 1 aus Poinpon. Mela 3, 1 stamme,
und nicht aus Curtius 6, 3, 16.
Die Konjektur Tac. Annal. 4, 65 cum in auxilium ad venia -
vieset (S. 5) empfiehlt sich von sachlichen wie vom paläo graphischen
Standpunkte, allein die sprachlichen Bedenken gegen ein Perfekt ad-
venfavi bei Tacitus (Arch. III 558) hat Vf. doch nicht widerlegt, da
Belege aus dem Spätlatein nichts beweisen und nicht die Perfecta
der Verba frequentativa Überhaupt bezweifelt werden, sondern nur
das von adventare wegen seiner Bedeutung.
Hans Schmaus: Tacitus ein Naohahmer Vergils. Erlang. Doetor-
Diss. Bamberg. (Buchner) 1887. 55 S. 8°.
Sowohl die Verbreitung durch den Buchhandel als auch die Be-
deutung der beiden verglichenen Schriftsteller dürften dieser Schrift
einen größeren Leserkreis sichern. Nach einer allgemeinen Ein-
leitung über die litterarische Nachahmung und die Ansichten der
Altetx darüber untersucht Vf. zuerst die (mehr als 300) von Vergil
zuerst gebildeten Wörter und bekennt vorurteilsfrei, dafs das Wieder-
kehren des fünften Teiles derselben bei T. darum nicht viel für eine
Abhängigkeit beweise, weil viele schon vor T. in die silberne Prosa
übergegangen waren. So ist zwar abolere memoriam eine dem V.
und dem T. gemeinsame Phrase, aber sie findet sich sowohl bei
Livius und Valerius Maximus, als auch noch in den Script, rer. Langob.
p. 576, 31, erfreute sich demnach allgemeiner Anerkennuug. Mehr
tritt die Verwandtschaft in der Verwertung der von V. gebildeten
Militärausdrticke hervor, wie in belli eommercia, und nach dem Vor-
gange des epischen belli vices wird * Annal. 2, 5 sehr ansprechend das
schwer erklärbare proelioruin vias in pr. vices (Agric. 18 belli
vices) geändert. Besonders sind die Redensarten des Schlusses des
Hexameters in dem Ohre des T. hängen geblieben, indessen meist
durch veränderte Wortstellung oder andere Mittel de* Metrums ent-
kleidet, da Quintilian gerade die Klausein in der Prosa tadelt. So
finden wir complectitur armis, obstruit auris, arma ministrat, ingerit
hastas, expendere poenas, tendere contra, abrumpere vitam, mortis
imago, rumore secundo, bei T. wieder, aber nicht mehr als Vers-
schlüsse, und dafs die Änderung absichtlich erfolgt sei, leidet keinen
Litte ratur. 641
Zweifel. Dafs man dem T. immer noch den Hexameter Germ. 39
silvam auguriis pätrum et prisca formidine säcram aufbürJet, ist eigent-
lich unbillig, da T. das vollste Recht hatte das a vor Muta cum
liquida kurz zu messen. Annal. 2, 78 vitare litorum oram entspricht
dem vergilischen litoris oram; daher war die Konjektur Madvigs
moram zu verwerfen, aber vielleicht auch oras zu schreiben. Die
poetische Diktion schimmert namentlich in zahlreichen Tropen und
Figuren durch, z. B. derigere volnera = tela, laborum nova facies.
Manche dieser Parallelen waren zwar schon bekannt, allein doch nicht
konsequent verwertet. Denn es wird doch sehr bedenklich Annal.
12, 68 mit Nipperdey dolore victa zu lesen, wenn der Konjektur von
Heiusius evicta Verg. Aen. 4, 474 evicta dolore zu Hülfe kommt.
Namentlich lehnt sich die freie Stellung der Präposition genau an
Vorbilder des V. an, die man bisher, mit allgemeinen Bemerkungen
zufrieden, nicht herausgefunden hatte: so Aen. 2, 65 crimine ab uno
== Annal. 3, 10 iudice ab uno; 11, 409 pectore in ipso = 15, 18
portu in ipso; Georg. 1, 33 Erigonen inter chelasque = last. 2, 78
Judaeam inter Suriamque. Nur hat T. die Nachstellung von circum
auch auf coram übertragen, und zu nachgesetztem penes ist kein Vor-
gänger bekannt. Vgl. Arch. IV 399, und über parte ex alia Arch. III 565.
Mit derselben Umsicht werden dann die Adjektiva, Verba u. s. w. und
zuletzt aus der Syutaxis casuum der Dativ und Genetiv behandelt,
Tac. ann. 1, 51 (incessit itineri et proelio) wird man aber schwerlich
mehr einen Zweckdativ annehmen, sondern da Pars folgt, lieber pa-
ratus einsetzen, nach Liv. 3, 27, 6. Curt. 3, 8, 23. Zu male fidus
vgl. Arch. I 96; Maximin. eleg. 4, 32 non bene fidus, und male fortis
in den Reichenauer Glossen 194 Förster, durch welches der Über-
gang zu franz. mefier gebahnt ist.
Bernh. Dombart: Commodiani oarmina. (= Corpus Script, eccles.
latiu. vol. XV) Vindob. 1887. XXIV. 250 pgg. 8°.
Bei der hervorragenden Bedeutung, welche Commodian für die
Kenntnis des Vulgärlateins (scripsit mediocri sermone, sagt Gennadius)
hat, dürfen wir in einer neuen kritischen Ausgabe eine neue und er-
giebige Quelle für die Bereicherung unserer sprachgeschichtlichen
Studien erblicken, und das um so mehr, als durch neue handschrift-
liche Hilfsmittel, namentlich den Codex Cheltenhamensis, der Text
nicht nur eine sichere Basis (Recensio) erhalten hat, sondern auch
das Verständnis des Dichters auf jeder Seite durch glückliche Emen-
dationen des Hsgb. gefördert worden ist. Wir beeilen uns daher
unsere Leser auf diese längst mit Sehnsucht erwartete und uns eben
durch die Freundlichkeit des Hsgb. zugehende Ausgabe aufmerksam
zu machen. Mit Recht durfte derselbe mit den (fast nur zu beschei-
denen) Worten schliefsen: Iam denuo prodeat Commodianus non ille
quidem tersus atque limatus, at sui ipsius, spero, paulo similior.
In der Vorrede wird gezeigt, dafs C. namentlich den Horaz und
den Vergil gelesen und stellenweise nachgebildet hat (die Worte
642 Litteratur.
vertitur interea caelnm wird er doch eher dem Vergil als dem Emmis
entnommen haben); aber auch die frustula anderer heidnischer Autoren,
des Lucrez, Cicero, Ovid, Tibull liefsen sich nach der Ansicht des
Hsgb herausschälen, wie es M. Hertz bei Ammian gethan hat. Von
Kirchenschriftßtellern sind namentlich Tertullian und Cyprian (nicht
aber Lactanz, wie Gonnadius irrtümlich schreibt) benutzt worden. —
Dafs der Hsgb. die neuesten Arbeiten von Hanssen, Hartel, W. Meyer,
der die distichische Komposition des Dichters entdeckt hat, u. a.
sorgfältig verwertet hat, war von vornherein zu erwarten; ein Blick
in den kritischen Kommentar zeigt uns zur gröfsten Uberraschuug,
wie viel die Kritik seit Ludwig gewonnen hat. Die Lesarten der
Haupthandschriften sind nicht nur mit Buchstaben, sondern oft mit
Hülfe neu geschnittener Abkürzungszeichen wiedergegeben. Reiche
Indices Scriptorum, Nominum, und namentlich Verborum et locutio-
num (p. 195 ff.) machen den Schlafs.
A. Reiter: De Ammiani Marcellini turn orationis obliquae. Progr.
des Gymn. zu Amberg. 1887. 78. p. 8°.
R. hat in eingehender und gründlicher Weise das im 4. Jahrh.
schon ziemlich irreguläre und bei A. noch mehr verzwickte Kapitel
der oratio obliqua in 3 Teilen behandelt. Im 1. Abschnitt (S. 11 — 12)
erfahren wir, dafs A. eine ganz stattliche Anzahl von Verben zur Ein-
leitung der or. ob. verwendet, teils schon früher gebrauchte, teils erst
ganz neu in diesen Dienst gestellte, wie librare, mussitare, arces-
sere etc. Der 2. Teil ist der Besprechung der Pronomina gewidmet
(S. 13 — 33). Beachtenswert ist, dafs A., geleitet von seinem griechischen
Sprachgefühle, viel häufiger als es früher geschah das Subjekt&pron.
se ausläfst (nebenbei sei bemerkt, dafs sese sich blofs einmal als
Subjektspron. findet XVIII 7, 10; der Verf. möchte selbst dieses
einzige ausmerzen), dafs er mehrmals das Pron. is statt des reflexiven
gebraucht, dafs zur Bezeichnung der 2. Person der o. recta in der
o. o. nur einmal ille erscheint, is dagegen 20mal, dafs für nunc
immer tunc, für adhuc dagegen nie ad id (illud) tempus steht. Das
3. Kapitel behandelt die Modi und Tempora des Verbs (S. 34 — 78).
Was die Hauptsätze betrifft, die eine Aussage enthalten, so steht die
tiberwiegende Mehrzahl derselben (378) im Acc. c. Inf., eine kleinere,
aber immerhin beträchtliche Anzahl wird mit quod eingeleitet, nach
dem auffallender Weise öfter der Indikativ als der Konjunktiv folgt.
Vf. giebt auf S. 41 an, dafs quod in 40 Fällen den Ind., in 19 den
Konj. nach sich habe; auf S. 60 redet er aber von 21 Stellen des
Konj., und zählen wir selbst die angeführten Beispiele zusammen, so
finden wir sogar 26. In den Nebensätzen gebraucht A. ebenfalls sehr
häufig den Indikativ. Dabei spricht R. den A. von einer schweren
Versündigunng an den Gesetzen der lat. consecutio temporum frei,
indem er, gegen Hassenstein und Ehrismann polemisierend, in vielen
Fällen ein Futurum exactum statuiert, wo jene einen Konjunktiv Per-
fekti als Stellvertreter des K. Plusquamperf. annehmen. Störend wirkt
Litteratur. 643
es, dafs Verf. diesen Punkt an 2 Stellen bespricht; hierdurch ist es
auch vielleicht gekommen, dafs er in dem Beispiele XVI 12, 60:
flagitium arbitrati post regem vivere vel pro rege non mori, si ita
tulerit casus tradidere se yinciendos die Form tulerit einmal als
Futur, ex. erklärt (S. 65), S. 72 aber als Konj. Perfekti. Man ge-
winnt aus der Arbeit die Überzeugung, dafs A. gerade nichts Un-
lateinisches in seiner o. o. aufweist, aber dafs er das Seltene in der
lat. Sprache, sobald es sich an die griechische Grammatik anlehnt,
mit Vorliebe kultiviert.
Dillingen a./D. H. Schmaus.
Fr id. Trump: Observationes ad genus dioendi Claudiani eius-
que imitationem Vergilianam spectantes. (Diss. inaug.) Vra-
tisl. 1887. 64 pag. 8°.
Nachdem Paucker im Rhein. Mus. 35, 596 vom lexikographischen
Standpunkte über die Sprache des Claudian geschrieben hatte, ver-
mifste man zunächst eine Syntax des Dichters. Indem Vf. in der
ersten Hälfte seiner Schrift eine Syntaxis casuuni nebst einem Ab-
schnitte über den Gebrauch des Infinitivs giebt, untersucht er in der
zweiten das Verhältnis des Claudian zu Vergil mit Glück und Erfolg,
da Jeep nach dieser Seite hin vieles zu thun übrig gelassen hatte;
endlich folgt er in einem dritten Kapitel den Fufsstapfen von Ant.
Zingerle, indem er die gleichen Versanfänge und Versschlüsse aus
beiden Dichtern zusammenstellt.
Wenn hiernach der weitaus gröfste Teil der Abhandlung auf
eine Sammlung von Parallelstellen hinauslaufen mufs, so wird doch
sorgfältig unterschieden, was Cl. mit Vergil teilt, was er der sil-
bernen Latinität verdankt, was ihm selbst eigentümlich ist. Obschon
Vf. seine Thesen sehr oft mit videtur einführt, so hat er doch die
ganze epische Poesie der Römer durchgelesen und unter gewissen-
hafter Benutzung der zahlreichen Programme und Dissertationen so-
wie der Indices zu den Dichtern seine Thesen möglichst genau zu
formulieren versucht (p. 41 war rigesco nicht als Neubildung des
Vergil anzuführen, da es schon Caelius epist. 8, 6, 4 gebraucht hat).
Während es für den Grammatiker von geringerem Interesse ist zu
wissen, worin Cl. mit der Sprache der älteren Epiker übereinstimmt,
sind die zahlreichen neuen Ausdrücke und Konstruktionen des Dich-
ters von besonderen Werte wie: remigare alqd; reluctatis rebus; hie
publica felix, privata minus; consenuit luctibus nostris; infremere
cedentibus; dissimulare und reluctari mit Infinitiv. Gelegentlich ge-
lingt es auch durch Vergleichung des Vergil den Text Jeeps zu ver-
bessern, so Claud. 3, 122 nigra (J. pigra) Tartara; 21, 316 emieuit
(J. enituit) iuventus; durch Vergleichung von Statius 35, 196 pu-
gnant (J. certant).
644 Litteratur.
Otto Gradenwitz, Dr. iur. u. Priv.-Doc. in Berlin: Interpolationen
in den Pandekten. Kritische Studien. Berl. 1887. X. 246 S. 8°.
Data die Digesten nicht frei sind von Interpolationen, welche
die Redaktionskommission mit kaiserlicher Erlaubnis vornahm, ist
unbestreitbar; man vergleiche nur die Originalfassung der Institu-
tionen des Gaius mit den daraus im Corpus iuris aufgenommenen
Stücken, oder man prüfe mit Gr. S. 222 ff. die paulinischen Digesten-
fragmente, die wir auch aus andern Quellen kennen. Vf., ein Schüler
von Prof. Pernice, behandelt diese Fragen mit Benutzung des Berliner
Index zu den Digesten (Zeitschr. d. Savigny-Stiftung VII 45. IV 125)
sowohl vom sprachlichen Standpunkte (S. 1 — 102; 230 — 240) als auch
vom sachlichen, und es ist ihm ohne Zweifel gelungen, mit viel-
fach neuen sprachlichen Gründen den Beweis für zahlreiche Inter-
polationen zu erbringen. Da man solche schon in früheren Jahrb.
ausgeschieden hat, so konnte es leicht vorkommen, dafs dem Vf.
seine Vorgänger unbekannt blieben, z. B. Wissenbachs catalogus em-
blatum für Dig. 30, 33, Cuiacius für 22, 3, 25, A. Faber für 18,
1, 58. Interpolationen verraten die Decomposita adimplere und
coadunare; celebrare = perficere; cumulus debiti, expensa, licentiam
habere; nee non (auch Paul. Dig. 37, 1, 6, 1 wird nee non ab inte-
stato Einschiebsel sein): um ein neues Beispiel beizufügen verrät auch
remeare bei Ulp. Dig. 50,16,141 die Hand Tribonians. Man ver-
mifst zuweilen nur die Probe zu der Rechnung; denn es hätte eigentlich
nachgewiesen werden sollen, dafs die genannten spätlateinischen Aus-
drücke in der Tbat alle in den Konstitutionen von den Räten Justinians
gebraucht worden seien; und für cumulus debiti oder celebrare hätten
sich die bestätigenden Parallelen finden lassen, für andere hier über-
gangene Wendungen wohl auch nicht. Zu voreilig scheint uns Gr. über
certiorare geurteilt zu haben, aus dessen Vorkommen er überall auf
Interpolationen schliefst; denn vermehrt man zunächst die angeführten
Belege mit Ulp. 29, 4, 1, 4. 40, 5, 4, 20. 43, 29, 3, 6. Marceil. 38,
15, 5 pr. (bis) und § 1, so ergiebt sich, dafs nur drei Juristen das
Verbum gebrauchen, Ulpiau, dessen Schüler Modestin, und Ulpius
Marcellus, zu dessen Digesten Ulpian Noten schrieb. Wäre certiorare
wirklich interpoliert, so hätten auch die andern Juristen, wie Paulus,
ihren Teil bekommen müssen. Ganz falsche Schlüsse sind aus der
Regel, man müsse schreiben Licentia datur adimplendi (nicht ad-
implere) gezogen. Vgl. S. 51, Note. Sie findet sich zwar in der alten
Auflage von Ellendt-Seyffert, Schulgr. § 334, ist aber durch Kühner
lat. Gr. II 554 modifiziert. Wenn Gaius 1, 29 schreiben konnte datur
eis potestas adire, so hört der Infin. auf ein Iuterpolatiouskriterium zu
sein, und ebenso wenig darf das korrekte Gerundium Dig. 40, 13, 3
als Grund gegen die Wahrscheinlichkeit einer Interpolation angeführt
werden, da Justinian auch die klassische Verbindung kennt: 2, 47, 3
iudicandi facultas; 3, 1, 14; 3, 2, 17 licentia devastandi 1, 27, 2, 4.
testandi lic. 6, 22, 8, 2.
Dafs die Benutzung des Berliner Index nicht ausreicht, um ein
richtiges sprachliches oder kritisches Urteil zu fällen, zeigt die S. 239,
Litteratnr. Sprechsaal. 645
Note vorgebrachte Konjektur bei Gaius 3, 160 ut, si . . ., posse me
agere mandati actione zu lesen: ut possem a. So schreibt allerdings
Polenaar, wie ja die Holländer gern mit dem Emendieren bei der
Hand sind; allein auch Ulpian 35, 2, 62 pr. verfallt in die gleiche
Anakoluthie: ut, ßi . . ., dividi inter eos debere Obligationen!, und sonst.
Mit mehr Sicherheit würde man in das kontroverse Gebiet ein-
dringen, wenn man sich (wozu Eisele in der Zeitschr. d. Sav.- Stift.
VII 15 ff. einen Anfang machte) die Mühe nähme, die Justinianis-
men genauer zusammenzustellen, woraus sich sowohl neue Interpola-
tionen ergeben (beispielsweise anterior, aequa lance, memoratus, prae-
dictus), als auch ein Kriterium der von Gr. angenommenen. Bei dieser
Untersuchungsmethode erweist sich als unmöglich die von Graden witz
angenommene Interpolation Ulp. 17, 1, 29, pr. (13 Zeilen); § 3 (8 Zeilen);
ülp. 6, 1, 68 (10 Zeilen); meines Erachtens auch Paul. 9, 2, 30, 1.
Dafs die grofsen Interpolationen nur bis Buch 40 reichen (der Berliner
Index war ftir Gr. nur bis zum 40. Buche benutzbar), bezweifeln wir
vor der Haud. Auf den juristischen Teil des Buches kann hier selbst-
verständlich nicht eingegangen werden.
Nürnberg. W. Kalb.
Sprechsaal.
Prof. John E. B. Mayor (Si John's College, Cambridge) schreibt
uns : „Wenn man in Forcellini einen recht befriedigenden Artikel genau
untersucht, findet man fast immer seine Quelle in irgend einer alten
Anmerkung eines Casaubonus, J. F. Gronov, Bentley, Düker, Draken-
borch , Ruhnken u. s. w. Ist es nicht sowohl Pflicht der Pietät als
auch Rat der Klugheit, die grofsen Sammlungen (edd. c. nott. varr.
libb. obs8. etc.) durchblättern zu lassen und unter jedem Artikel die
betreffende Litteratur anzuführen? In den Gesnerschen Ausgaben
des Faber und des Stephanus findet man manche Fingerzeige derart,
die den wifsbegierigen Leser mit den Koryphäen unserer Wissenschaft
bekannt machen.'1 Die Anregung eines Kenners möge hier abgedruckt
sein, damit sie für Spätere nicht verloren gehe.
Das Schlufsheft des vierten Jahrganges führt weder die vulgär-
lateinischen Subatrata zu Ende, noch ist es möglich gewesen das vor-
handene Zettelmaterial auch nur annähernd aufzuarbeiten. Denn ein-
mal wurden nach dem bisher festgehaltenen Grundsatze, um in den
Inhalt möglichst grofse Abwechslung zu bringen, auch Aufsätze auf-
genommen, die mit den ausgeschriebenen Fragen nichts zu thun haben,
und wenn auch für den Artikel Abeo, den weitaus schwierigsten der
bisher bearbeiteten, der nur durch bedeutende Streichungen auf den
646 Sprechsaal.
jetzigen Umfang gebracht worden ist, eine weitere Kürzung wünschens-
wert gewesen wäre (es war ursprünglich nur der halbe Baum zur
Verfügung gestellt), so verzichtete doch die Red. dem keinen Fleifs
und keine Mühe scheuenden Bearbeiter gegenüber auf eine solche in
Anbetracht, dafs die zur Lieferung von 36 Bogen verpflichtete Ver-
lagshandlung fünf weitere zugelegt hat und die Abonnenten den Mehr-
umfang des betr. Artikels als ein Geschenk sich gerne werden gefallen
lassen.
Wenn die Redaktion sich nicht verpflichtet fühlen kann sich auf
die Länge in den Dienst einer so wenig dankbaren Aufgabe zu stellen,
so glaubte sie doch den dringenden Wünschen so vieler Freunde gerade
jetzt nicht widerstehen zu dürfen, wo die Lage sich ein klein wenig
gebessert hat. Zunächst ist die Zahl der Abonnenten auf 284 ge-
stiegen, eine Zahl, die freilich noch immer nicht genügt, um die Her-
stellungskosten zu decken. Aber es ist uns auch, abgesehen von einer
hochherzigen Offerte eines verehrten Mitarbeiters in Czernowitz, von
England aus angeboten worden, die nötigen Geldmittel durch eine
Subskription in England und Amerika aufzubringen, und ein ähnlicher
Vorschlag von Württemberg ausgegangen; endlich stehen der Redaktion
1000 Franken (mit dem Motto: „zur Wahrung deutscher Ehre") zur
Verfügung, vollkommen genug, um einen fünften Band in Angriff zu
nehmen. Da zur Bewältigung der vermehrten Geschäfte die freie Zeit
eines Universitätsprofessors nicht mehr ausreicht, so hat unser Mit-
arbeiter, Hr. Adam Miodonski, die Stellung eines Privatsekretärs an-
getreten.
Es eröffnen sich von da zwei Wege. Entweder kommt der fünfte
Band zu 12 Mark in den Buchhandel unter Aufhebung der Frei-
exemplare, da ja die Mitarbeiter über das dritte Jahre hinaus auch
keine Arbeit geleistet haben; oder er kommt nur für die Abonnenten
in den Buchhandel, wird aber den Mitarbeitern, die sich zur Ein-
lieferung weiterer Zettel verpflichten, wie bisher franko zugesandt. Das
Pensum für das neue Arbeitsjahr würde alle Wörter (Eigen-
namen abgerechnet) von accentus bis und mit acquisitor umfassen;
Ablieferungstermin 1. März 1889. Je nach der Anzahl der noch
verbleibenden (oder neu eintretenden) Mitarbeiter würde dann die
Litteratur teilweise neu zu verteilen sein, wobei alle Autoren, zu
denen wir vollständige Indices besitzen, wegfallen, und auch die von
Justinian bis auf Karl den Grofsen im Notfalle wegbleiben könnten.
Immerhin wird vorausgesetzt, dafs die Zahl von etwa 200 Mitarbeitern
erreicht würde. Die Beitrittserklärungen der älteren und neuen
Mitarbeiter werden bis zum 15. Januar 1888 erbeten, unter der
Adresse: Prof. Eduard Wölfflin, München, Hefsstrafse 16, IL
Zugleich nimmt die Redaktion Anmeldungen entgegen für die
Einlieferung ausstehender Zettel zu Fragebogen 3 und 4, wofür 50 Mark
vergütet werden.
München, den 26. November 1887. Die Redaktion.
Anerbieten.
Den Tit. Rektoraten von Gymnasien (wo möglich in Uni-
versitätsstädten) werden die Zettel su absoido und absoindo
als Material für ein Programm zur Verfügung gestellt. Die bei
der häufigen Verwechslung beider Wörter wünschenswerte
Dötailuntersuohung würde in dem Programme zu geben sein,
wogegen die Redaktion eine kürzere Bearbeitung von höohstens
einem Druokbogen für das Arohiv beansprucht.
Stellen register.
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Seite
Acro ad Hör. a. p. 175 521
Aethicua 1,6 671
Ammian 17, 4, 15 66
„ 29, 5, 48 65
Anecd. lat. Piechottae 340
Apuleius met. 4, 17 etc 9
apol. 34 188
„ 86 579
ArnobiuR 4, 22 etc 9
Attius 600
Augustin. «pec. p. 183, 16 W. . 600
Ausonius ephuni. 8, 16 617
„ vera. pasch 617
Bellum Hispan. 10. 18. 36 629
CacciliuH bei Fest. p. 339 225
Capitol. Carin. 134, 25 266
Causian 66
Cato orig. 1,1 139
bei Fe*t. 8 139
r. rust. 135, 4 624
Catull 41, 136 607
53 601
67, 7 172Not.
Cenaorin. 14, 7 243
Charisiua p. 261, 32 104
Cicero p. IJuinctio 44 617
Vcrr. 2, 130 110. 116
Verr. 3, 162 167
Clneut. 41 287
Caecin. 20. 46 479
p. Flacco 41 144
Catil. 2, 1 474
orat. 62 202
offic. 3, 3, 11 367
fat. 8 277
ad Att. 7, 2, 2 403
„ 9, 7, 1 72
9, 8, 1 109Not.
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II
M
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11
11
11
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Seite
Ciris 294 617
Claudian R. Pros. 3, 79 etc. ... 690
Colu m. 5, 10, 4 564
7, 10. 6 412
Comic, ine. R 31
Consolatio ad Li vi am 45 598
Cornif. 2, 34 403
Differ. serm. p. 43 B 213
Diomed. p. 362, 21 104
Donat. zu Ter. Ad. 401 314
Dracontius 44ff.
Ennius, annal. 305 V 201
„ „ 656 V 264
„ sat. 28 813
Knnodius carm. 2, 136 H 601
Fefitns p. 26, 9 468
p. 194, 9 244
p. 392, 10 109 Not,
Firmicus Maternus 609 ff.
Florus 1, 1, 2 641
,. *, 2, 1 66
,, 2, 18, 7 9
ii 3, 5, 3 9
Gellius 3, 16, 11 137
German. Arat. 4, 2 5
Glos*. Philox. 1, 35 293
„ AbavtiB 212
„ lib.gloHs.(Verg.Aen.5,318) 471
„ Reichen. 153 F. K. . . 360 Not.
„ „ 863 388 Not.
Hieron. adv. Iovin. 1, 26 669
„ 3 Zach. 14, 9 488
Horat. epist. 1, 6, 61 380
Inscript. Corp. VI 218 293
lordanes Rom. 40 883
Isidor orig. 17, 3, 10 196
18, 24, 1 636
»i
n
ii
ii
ii
n
u
Cicero tiliua 100
Itiner. Alex. 41 806
„ Anton. 65, 2 360 Not.
G48
Stellenregister.
Seite
IuHub Valer. 1, 9 311
lustin 55
Codex Instin. 8, 61, 3, 2 . . 541. 561
Iuvenal. 3, 122 72
Lactant: inst. 3, 22, 9 298
Livius 1, 32, 2 516
,t 2, 46, 4 516
„ 9, 46, 13 498
27, 49, 3 680
„ 32, 16, 11 820
„ 44, 6, 6 60
„ frgm. 76 W *484
Luc i an. Char. 17 512
Luciliu« 9, 18 M 620
„ 710 B 616
„ 22, 3 318
Lucret. 1, 680 523
3, 958 113
Nonius p. 46 10
Oribasius Synops. 1,6 62
OrosiuB 7, 1, 8 618
Ovid. uict. 4, 46 631
Paulinus v. Pella Kucliar 141
Paulus Diac. bist. Long. 2, 1 4 . 67
Peregrinatio ad loca sancta . 269 ff.
„ „ „839. 612 ff.
Petron. 42 23
42 618
„ 67 366
Plaut us Amphitr. 183 223
„ Aulul. 76 161
„ 437 322f.
„ Bacchid. 1172 335
Cas. prol. 26 27
„ Kpid. 349 632
„ Ö13 614
„ 623 179
„ Men. 556 469
„ Mil. 1180 (expapilluto
brachio. exfafillatoV
MiodoAnki. Vgl. Bü-
chul«T, Umbr. 132).. 85
„ Mos teil. 394 6
„ 596 490
„ Porn. 377f. 632
,, 397 226
„ 4. 2, 86 180
„ pHuud. 161 482
„ 631 81
„ „ 760 8*8 f.
/ „ Trin. 26 219
„ „ 869 333
„ Truc. 730 258
Plinius, mit. h. 13, 74 571
,, „ 13, 106 384
Seite
Plinius, nat. h. 19, 131 309
„ epist. 1, 6, 14 139
Poet. lat. min. IV 309 B 600
Polyb. 1, 87, 3 510
Pompon. Mela 2, 88 143
Primasius Apocal. 3, 3 586
Propert. 3, 27, 41 337
Quintilian 6. 3, 60 337
„ 11, 3, 131 60
„ decl. 6, 10 380
Romulus fab. 3, 14 324
„ ., append. 38 181
Sallust. Cat 31, 6 37
„ bist, fr. ine. 29 D 32»
Salvian. gub. d. 8, 1, 1 421
„ 4, 12 407
Schol. luven. 13,117 617
„ P«rs. 2, 69 617
„ 1,68 57S
Sempronius Asellio fr. 14 P. . . . 3
Seneca, controv. 10, 33, 19 ... . 6
„ suasor 163
„ benef. 6, 16, 6 74
„ Herc. Oet. 1977 474
Sergius explan, in Donat. 99
Servius zn Verg. Aen. 8, 168 . . 100
„ comm. Donat 222
Silius Italicus 1, 173. 4, 69 639
Suet, Vesp. 14 499
Tacitus annal. 2, 5 640
TerentiuB Ad. 691 224
Phorm. 780 25f.
Tertullian apol. 17 77
„ 45 406
„ adv. Valent. 10 406
„ de pudic. 2 617
Codex Theodos 66
Titinius 41 277. 287
Ulpian Dig. 42, 4, 7 214
Valerius Flaccua 6, 654 625
Max. 7, 3, 1 565
Varro r. rust. 1, 2, 24 229
„ ]. lat. 65 243
lf bei Non. 492 229
Velleius 2, 65, 2. 2, 108, 2 165
VenantiuR Carm. 3, 4, 3 235
„ 7, 12, 20 512
Vergil. Aon 6, 318 471
Vitruvius 9, 4, 4 248
Vulgata Levit. 10, 14 563
„ psalm. 1,1 500
„ 77,7 616
b*rem. 3, 6 488
„ Kcclen. 18, 18 600
3 falOS 005 132 732
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