Skip to main content

Full text of "Archiv für lateinische lexicographie und grammatik mit einschluss des älteren mittellateins"

See other formats


Google 


This  is  a  digital  copy  of  a  bix>k  lhat  was  preservcd  for  gcncralions  on  library  sIil-Ivl-s  before  il  was  carcfully  scanncd  by  Google  as  pari  ol'a  projeel 

to  makc  the  world's  books  discovcrable  online. 

Il  has  survived  long  enough  Tor  the  Copyright  lo  expire  and  the  book  to  enter  the  public  domain.  A  public  domain  book  is  one  that  was  never  subjeel 

to  Copyright  or  whose  legal  Copyright  terni  has  expired.  Whether  a  book  is  in  the  public  domain  niay  vary  country  tocountry.  Public  domain  books 

are  our  gateways  to  the  past.  representing  a  wealth  ol'history.  eulture  and  knowledge  that 's  ol'ten  dillicult  to  discover. 

Marks,  notations  and  other  marginalia  present  in  the  original  volume  will  appear  in  this  lile  -  a  reminder  of  this  book's  long  journey  from  the 

publisher  lo  a  library  and  linally  to  you. 

Usage  guidelines 

Google  is  proud  to  partner  with  libraries  lo  digili/e  public  domain  malerials  and  make  ihem  widely  accessible.  Public  domain  books  belong  to  the 
public  and  we  are  merely  their  cuslodians.  Neverlheless.  this  work  is  expensive.  so  in  order  lo  keep  providing  this  resource.  we  have  laken  Steps  lo 
prevent  abuse  by  commercial  parlics.  iiicIiiJiiig  placmg  lechnical  reslriclions  on  aulomatecl  querying. 
We  alsoasklhat  you: 

+  Make  non  -commercial  u.se  of  the  fites  We  designed  Google  Book  Search  for  use  by  individuals.  and  we  reüuesl  lhat  you  usc  these  files  for 
personal,  non -commercial  purposes. 

+  Refrain  from  imtomuted  qu  erring  Do  not  send  aulomated  üueries  of  any  sorl  to  Google's  System:  If  you  are  conducling  research  on  machine 
translation.  optical  characler  recognilion  or  olher  areas  where  access  to  a  large  amounl  of  lex!  is  helpful.  please  contacl  us.  We  encourage  the 
use  of  public  domain  malerials  for  these  purposes  and  may  bc  able  to  help. 

+  Maintain  attribution  The  Google  "walermark"  you  see  on  each  lile  is  essential  for  informing  people  about  this  projeel  and  hclping  them  lind 
additional  malerials  ihrough  Google  Book  Search.  Please  do  not  remove  it. 

+  Keep  it  legal  Whatever  your  use.  remember  that  you  are  responsable  for  ensuring  lhat  what  you  are  doing  is  legal.  Do  not  assume  that  just 
because  we  believe  a  book  is  in  the  public  domain  for  users  in  ihc  United  Siatcs.  lhat  ihc  work  is  also  in  the  public  domain  for  users  in  other 

counlries.  Whelher  a  book  is  slill  in  Copyright  varies  from  counlry  lo  counlry.  and  we  can'l  offer  guidance  on  whelher  any  specific  use  of 
any  specific  book  is  allowed.  Please  do  not  assume  that  a  book's  appearance  in  Google  Book  Search  means  it  can  be  usec!  in  any  manncr 
anywhere  in  the  world.  Copyright  infringemenl  liability  can  bc  quite  severe. 

About  Google  Book  Search 

Google 's  mission  is  lo  organize  the  world's  information  and  to  make  it  universally  accessible  and  useful.  Google  Book  Search  helps  readers 
discover  ihc  world's  books  wlulc  liclpmg  aulliors  and  publishers  rcacli  new  audiences.  You  can  searcli  ihrough  llic  lull  lexl  of  this  book  on  llic  web 
al|_-.:. :.-.-::  /  /  bööki  .  qooqle  .  com/| 


Google 


Über  dieses  Buch 

Dies  ist  ein  digitales  Exemplar  eines  Buches.  Jas  seil  Generalionen  in  Jen  Renalen  der  Bibliotheken  aufbewahrt  wurde,  bevor  es  von  Google  im 
Rahmen  eines  Projekts,  mit  dem  die  Bücher  dieser  Well  online  verfügbar  gemacht  werden  sollen,  sorgfältig  gescannt  wurde. 

Das  Buch  hat  Jas  Urlieberreclil  ühcrdaucrl  imJ  kann  nun  öffentlich  zugänglich  gemacht  werden.  Ein  öffentlich  zugängliches  Buch  ist  ein  Buch, 
das  niemals  Urheberrechten  unterlag  oder  bei  dem  die  Schutzfrist  des  Urheberrechts  abgelaufen  ist.  Ob  ein  Buch  öffentlich  zugänglich  isi.  kann 
von  Land  zu  Land  unterschiedlich  sein.  Öffentlich  zugängliche  Bücher  sind  unser  Tor  zur  Vergangenheil  und  stellen  ein  geschichtliches,  kulturelles 
und  wissenschaftliches  Vermögen  dar.  das  häufig  nur  schwierig  zu  entdecken  ist. 

Gebrauchsspuren.  Anmerkungen  und  andere  Randbemerkungen,  die  im  Original  band  enthalten  sind,  linden  sich  auch  in  dieser  Datei  -  eine  Erin- 
nerung an  die  lange  Reise,  die  das  Buch  vom  Verleger  zu  einer  Bibliothek  und  weiter  zu  Ihnen  hinter  sich  gebracht  hat. 

Niitmngsrichtlinien 

Google  ist  stolz,  mit  Bibliotheken  in  Partnerschaft  lieber  Zusammenarbeit  öffentlich  zugängliches  Material  zu  digitalisieren  und  einer  breiten  Masse 
zugänglich  zu  machen.      Öffentlich  zugängliche  Bücher  gehören  der  Öffentlichkeit,  und  wir  sind  nur  ihre  Hüter.      Nichlsdcstoiroiz  ist  diese 
Arbeit  kostspielig.  Um  diese  Ressource  weiterhin  zur  Verfügung  stellen  zu  können,  haben  wir  Schritte  unternommen,  um  den  Missbrauch  durch 
kommerzielle  Parteien  zu  verhindern.  Dazu  gehören  technische  Einschränkungen  für  automatisierte  Abfragen. 
Wir  bitten  Sie  um  Einhaltung  folgender  Richtlinien: 

+  Nutzung  der  Dateien  zu  nichtkommerziellen  Zwecken  Wir  haben  Google  Buchsuche  für  Endanwender  konzipiert  und  möchten,  dass  Sic  diese 
Dateien  nur  für  persönliche,  nichtkommerzielle  Zwecke  verwenden. 

+  Keine  automatisierten  Abfragen  Senden  Sic  keine  automatisierten  Abfragen  irgendwelcher  Art  an  das  Google-System.  Wenn  Sie  Recherchen 
über  maschinelle  Übersetzung,  optische  Zcichcncrkcnnung  oder  andere  Bereiche  durchführen,  in  denen  der  Zugang  zu  Text  in  großen  Mengen 
nützlich  ist.  wenden  Sie  sich  bitte  an  uns.  Wir  fördern  die  Nutzung  des  öffentlich  zugänglichen  Materials  für  diese  Zwecke  und  können  Ihnen 
unter  Umständen  helfen. 

+  Beibehaltung  von  Google- Markende  meinen  Das  "Wasserzeichen"  von  Google,  das  Sic  in  jeder  Datei  linden,  ist  wichtig  zur  Information  über 
dieses  Projekt  und  hilft  den  Anwendern  weiteres  Material  über  Google  Buchsuchczu  linden.  Bitte  entfernen  Sic  das  Wasserzeichen  nicht. 

+  Bewegen  Sie  sich  innerhalb  der  Legalität  Unabhängig  von  Ihrem  Verwendungszweck  müssen  Sie  sich  Ihrer  Verantwortung  bewusst  sein, 
sicherzustellen,  dass  Ihre  Nutzung  legal  ist.  Gehen  Sic  nicht  davon  aus.  dass  ein  Buch,  das  nach  unserem  Dafürhalten  für  Nutzer  in  den  USA 
öffentlich  zugänglich  isi.  auch  für  Nutzer  in  anderen  Ländern  öffentlich  zugänglich  ist.  Ob  ein  Buch  noch  dem  Urheberrecht  unterliegt,  ist 
von  Land  zu  Land  verschieden.  Wir  können  keine  Beratung  leisten,  ob  eine  bestimmte  Nutzung  eines  bestimmten  Buches  gesetzlich  zulässig 
ist.  Gehen  Sic  nicht  davon  aus.  dass  das  Erscheinen  eines  Buchs  in  Google  Buchsuche  bedeutet,  dass  es  in  jeder  Form  und  überall  auf  der 
Welt  verwendet  werden  kann.   Eine  Urheberrechlsverlelzung  kann  schwerwiegende  Folgen  haben. 

Über  Google  Buchsuche 

Das  Ziel  von  Google  besteht  darin,  die  weltweiten  Informationen  zu  organisieren  und  allgemein  nutzbar  und  zugänglich  zu  machen.    Google 

Buchsuche  hilft  Lesern  dabei,  die  Bücher  dieser  Welt  zu  entdecken,  und  unlcrslül/1  Aulmvii  und  Verleger  dabei,  neue  Zielgruppen  zu  erreichen. 
Den  gesamten  Buchlexl  können  Sic  im  Internet  unter|htt:'- :  /  /-■:,■:,<.-:  .  .j -;.-;.  .j _  ^  . .::-;. -y]  durchsuchen. 


A  &T3 


.1  '.  .•.   *M 
ff       *    ■ 


»     I 


ARCHIV 


FÜR 


LATEINISCHE  LEXIKOGRAPHIE 


UND 


GRAMMATIK 


MIT    KIN8CHLU88    1)K8 


ÄLTEREN  MITTELLATEINS. 


ALS    VOR  ARBKIT    ZU    EINKM 

THESAURUS   LINGUAE  LATINAE 

MIT    UNTERSTÜTZUNG 

DER  K.  BAYERISCHEN  AKADEMIE  DER  WISSENSCHAFTEN 

HKRAl  80FOEBKN    VON 

•  •  ■ 

EDUARD  WÖLPPLDf, 

ORDXNTI..  PROKHSHOR    DKR    KI.A.SM.  l*HIl,OI,0(>IK    AN    DKK    l'NI VKRSITÄT    MÜNCHEN. 


m  •• 


•  ■*« 


VIERTER  JAHRGANG. 


THIS  ITEM  HAS  BEEN  MICROFILMED  BY 

STANFORD  UNIVERSITY  LIBRARIES 
REFORMATTING  SECTION  1994.  CONSULT 
SUL  C ATALOG  FOR  LOCATION. 


•  ■ 


DRUCK   UND   VKRLAG    VOM    it.  w.   ........KR. 

1887. 


I  . 


Inhalt. 

Seite 

Die  Dissimilation  der  littera  canina.     Vom  Herausgeber 1 

Genuswechsel  der  Deminutiva.     Von  A.  Weitüiold 169 

Subbtautiva  mit  in  privativnm.     Vom  Herausgeber 400 

Die  Verba  auf  -illare.    L    II.     Von  A.  Funck 68.  223 

Die  Verba  frequentativa  und  intensiva.     Vom  Herausgeber 197 

Die  lateinischen  Adverbia  auf  -iter.     Von  H.  Osthoff 455 

Die  Natur  im  Sprichwort.    Von  A.  Otto 14 

Das  Pflanzenreich  im  Sprichwort.     Von  A.  Otto 189 

Essen  und  Trinken  im  Sprichwort.     Von  A.  Otto 345 

Ober  die  Latiuität  der  Pert'grinatio  ad  loca  sancta.    Vom  Herausgeber    259 

Zu  Dracontius.     Von  Konr.  Rofsberg 44 

Velum  =  Fahrzeug ,  Flofs.     Von  Heino  Pfannenschmid 413 

Usque  mit  Accusativ.     Vom  Herausgeber 52 

Penes.    I.    II.     Von  P.  Hirt 88.  389 

Uls,  trans  und  ultra.    I.    II.     Von  Phil.  Thielmann 247.  358 

Abdico  bis  abhibeo.     Vom  Herausgeber 101 

Abeo.     Abeona.    Von  Jos.  Menrad 467 

Abhinc.     Von  Heinr.  Ploen 109 

Abborreo,  abhorreaco,  abhorride.     Von  Heinr.  Ploen 277 

Abicio,  abiectus,  abiecte.    Von  Phil.  TJiielmann 632 

Abiectio  bis  ablingo.     Vom  Herausgeber 288 

Ablatio.     Abloco  bis  abnuto.    Vom  Herausgeber 562 

Vulgärlateinische    Substrate    romanischer  Wörter.     (M  bis    P.)     Von 

G.  Gröber 116.  422 


Miscellen. 

Alteste  lateinische  Inschrift.     Vom  Herausgeber 143 

Zwei  neue  Fragmente  archaischer  Poesie.     Von  Phil.  Thielmann    .    .  600 

Zu  Lucilius  710  B.    Von  J.  M.  Stowasser 616 

Zu  Plinius  epist.  1,  6,  14.    Von  O.  Keller 139 

Firmicus  Maternus.    Von  Karl  Sitti 608 

Zu  Au80nius.    Von  J.  M.  Stowasser 616 

Zur  Peregrinatio  ad  loca  sancta.     Von  Paulus  Geyer 611 

Verbalformen  vom  Perfektstamme  bei  Claudian.     Von  Th.  Birt  .    .    .  589 

Zu  Isidor.  orig.  17,  3,  10.     Von  Dr.  Schwarz 196 

Das  lateinische  Futurum  ezactum.    Von  Franz  Gramer 594 


70\*r\ 


a* 


IV  Verzeichnis  der  angezeigten  Schriften. 

Seit« 

Verba  auf  -issare  und  -izare.    Von  A.  Funck 317 

Composita  auf    fer  und  -ger.    Von  Fr.  Stolz 316 

In  privativum.    Von  Fr.  Vogel 320 

Zur  Entwicklung  der  Hendiadyoin.     Vom  Herausgeber 143 

Randglossen  zu  Archiv  III  355  ff.     Von  Martin  Hertz 137 

Abhastare  {Hsgb.)  324.    Accipiter  {W.  Brandes.  H.  Dressel)  141.  324.    Acha- 

riter  {Phil.  TJiielmann)  600.     Adductorium  {Jul.  Hauer)  141. 
Balan  {Phil  Thielmann)  601. 
Coluber  (L.  Havct)  142.     Cornuficius  {Hsgb.)  620. 
Dirigero  litteras  {Hsgb.)  100.     Dumtaxat  {Hsgb.)  325. 
Expedire  (L.  Havel)  246. 
OladiatoriciUH  {Edm.  Hauler)  323. 
Hispali  (L.  Havct)  142. 
Incoepisse  (Edm.  Hauler)  323.      Inpensae,  Mörtel   {().  Secck)   421.      Instar 

{Hsgb.)  357.    lnteremo  {K.  E.  Georges)  315.    Iulicae,  Bartflaum  {A.  Sonny) 

606.     lulus  {Ed.  Labbert)  587. 
Lausa  {Fr.  Scholl)  258.     Luxuriator  {Edm.  Hauler)  324. 
Magie    {().  Keller)   316.     Medianus  {Konr.  Hofmann)  43.      Mtlo  =  Nilus 

{0.  Keller)  140.    Moscillus.    muscillus  {0.  Keller)  139.    Mulus,  mulastcr 

{Hsgb.)  412. 
Natare  {John  Mayor)  531. 
Opus  est  {Hsgb.)  325. 
Peremo  {K.  E.  Georges)  315.     Perviam.    pervium.  {H.  Blase)  322.     Praedi- 

catrix  {Edm.  Hauler)  324.    Promus  ut  {Hsgb.)  618.    Prosodiacus  (/.  31. 

Stotc asser)  617. 
(Jues  {O.  Keller)  139. 
Saeculum.    eaecula  (H.  Nettlesliip)  598.    Salaputtium  {Phil.  Thiclmann)  601. 

Scopero.   scrobere  (J.  N.  Ott)  616.    Secus.  setius  {A.  Zimmermann)  602. 

Subitare  {Hsgb.)  586. 
Temere  {Hsgb.)  51.     Ex  toto.    in  totum  {Hsgb.)  144. 
Ullageris  (/.  N.  Ott)  388.     Ut  quid  (Hsgb.)  617. 
Vice  versa  {Hsgb.)  67.     Viscera  =  membra  {W.  Brandes)  464. 

Sprechsaal 168.  343.  645 


Verzeichnis  der  angezeigten  Schriften. 

Seite 

Ahlbeim,  Aug.     De  Senecae  rbetoris  ubu  dicendi 162 

Bourciez,  Ed.     De  praepOBitione  Ad  casuali 330 

Brugmann,  O.     Über  d.  condicionale  Ni 334 

Cocchia,  E.     Rassegna  critica 629 

Cramer,  Fr.     De  perfecta  coniunetivi  usu  potent iali 165 

Darmesteter,  J.     La  vie  des  mots 623 


Verzeichnis  der  angezeigten  Schriften.  V 

Seite 

De  ecke,  W.     Die  griechischen  und  lateinischen  Nebensätze    ....  624 

Dombart,  Bernh.     Commodiani  carmina 641 

Dorsch,  Josef.     Assimilation  in  den  Compositis 633 

Ellis,  Rob.     Philipps  Glossary 149 

Felix,  Hans.     Quaest.  grammat.  in  Velleium  Paterc 164 

Fröhlich,  Franz.     Stilistisches  zu  Caesar 635 

Gamurrini,  J.  Franc.    Hilarii  tract.     Peregrinatio  ad  loca  sancta    .  338 

Georges,  K.  E.     Lexicon  der  latein.  Wortformen 326 

Gradenwitz,  Otto.    Interpolationen  in  den  Pandekten 644 

Grösst,  loa.     Quatenus  Silius  Ital.  a  Vergilio  pendeat 638 

Hauler,  Edm.     Sallustfragmente 166 

Hildebrand- Fügner.    Lexicon  Livianum 627 

Hinze,  Paul.     De  An  particulae  usu 332 

Hoerle,  Ad.     De  caeuum  usu  Propertiano 336 

Holder,  Alfr.    Rufi  Festi  Avieni  carmina 329 

Huemer,  loh.     Virgilii  Maronis  grammatici  opera 167 

Jordan,  H.     Sallustii  Catilina,  lug.,  Histor 636 

Krebs- Schmalz.   Antibarbarus 165.  330.  628 

Lange,  0.     Zum  Sprachgebrauche  des  Velleius 166 

Langen,  P.     Plautinische  Studien 160 

Leo,  Frid.    Vindiciae  Plautinae 632 

Madvig,  J.  Nie.     Opuscula  academica 629 

Martialis,  Wörterverzeichnis 148 

Marty,  Adam.    De  Quintiliani  copia  verborum 337 

Menge-Preufs.    Lexicon  Caesarianum 328.  627 

Merguet,  H.    Lexicon  zu  Cäsar 626 

Meusel,  H.    Lexicon  Caesarianum 327 

Meyer,  Wilh.    Die  latein.  Sprache  in  den  roman.  Ländern     ....  154 

Meyer,  Paul.    De  Ciceronis  in  epist.  ad  Atticum  sermone 634 

Mowat,  J.  L.  G.     Anecdota  Oxoniensia 342 

Niemöller,  G.    De  pronominibus  ipse  et  idem      336 

Paucker,  C.     Supplem.  lexicorum  latinorum 326 

Paul,  Hermann.     Principien  der  Sprachgeschichte 621 

Piechotta,  J.     Anecdoton  latinum 339 

Planer,  H.    De  haud  et  haudquaquam  negationibus 158 

Reiter,  A.     De  Ammiani  Marc,  usu  orationis  obliquae 642 

Richard  so  n,  G.  M.    De  Dum  particulae  usu 332 

Riemann,  0.     Syntaxe  latine 151 

Imperatif  en  -to 153 

Ron  ach,  Herrn.    Semasiologische  Beiträge 327 

Roh  de,  Dietr.     Adiectivum  quo  ordine  apud  Sallustium  coniunetum 

sit  cum  substantivo 636 

Rozwadowski,  Joa.  Qua  ratione  historici  Romani  numeros  qui  accu- 

rate  definiri  non  poterant  expresserint 637 

Schmalz- Landgraf.    Reisigs  Vorlesungen 163.  631 

Seh  man  8,  Hans.    Tacitus  ein  Nachahmer  Vergils 640 

Scböndörffer,  Otto.    De  Syntaxi  Catonis 161 


VI  Verzeichnis  der  Gelehrten  u.  8.  w. 

Seit«* 

Stowasscr,  .T.  M.     Hisperica  Famina 341 

Trump,  Frid.     Obs.  ad  genus  dicendi  Claudiani 643 

Walter,  Friedr.     Studien  zu  Tacitus  und  Curtius 639 

Winnefeld,  Herrn.     Sortis  Sangallenses 340 

Wolf fliu,  Ed.     Das  Wortspiel  im  Lateinischen (531 

Wrobel,  Jac.    De  vocabulis  nimis  et  nimium 633 

Zander,  C.  M.     Quod  et  ld  quod 157 


Verzeichnis  der  Gelehrten, 

welche  Beitrage  zu  Band  I.  II.  JH.  IV  geliefert  haben. 

Appel,  Erust,  Dr.  phil.  Gymn.-Lehrer  in  Elberfeld. 

Bährens,  Emil,  Prof  in  Groningen. 

Bälgt,  G.,  Dr.  ]»liil.  Bibliothek«- Sekretär  in  Erlangen. 

Bauer,  Ludw«,  Dr.  phil.  Studionlelirer  in  llegensburg. 

Beck,  J.  W.,  Dr.  phil.  Gymn.-Lehrer  in  Groningen. 

Birt,  Theodor,  Prof.  iu  Marburg. 

Blase,  II.,  Dr.  phil.  Gymn.  Lehrer  in  Darmstadt. 

Bftckel,  Ernst,  Prof.  in  Karlsruhe. 

Bonnet,  Max,  Prof.  in  Montpellier. 

Brandes,  Willi.,  Dr.  phil.  Oberlehrer  in  Braunsehweig. 

Brandt,  Sani.,  Prof.  in  Heidelberg. 

Brnns,  lvo,  Prof.  in  Kiel. 

BOcheler,  Franz,  Prof.  in  Bonn. 

Christ,  Wilh.  v.,  Prof.  in  München. 

Cramer,  Franz,  Dr.  phil.  Gymn.-Lehrer  in  Duisburg. 

Dehner,  Sein,  Dr.  phil.  Gymn.-Lehrer  in  Bonn. 

Heuerling,  A.,  Rektor  in  Burghausen. 

Dombart,  B.,  Rektor  in  Ausbach. 

Drager,  A.,  Gymn.- Dir.  iu  Aurich. 

Draheim,  H.,  Dr.  phil.  uud  Gymn.-Prof.  in  Berlin. 

Dressel,  H.,  Oberlehrer  in  Zwickau. 

Dziatzko,  Karl,  Dr.  ])hil.  Oberbibliothekar  in  Göttingen. 

Ellis,  Robinson,  Prof.  in  Oxford. 

Fleischer,  Curt,  Dr.  phil.  Gymn.-Prof.  iu  Meifsen. 

Förster,  Wend.,  Prof.  in  Bonn. 

Frankfurter,  S.,  Dr.  phil.  an  der  Universitäts-Bibliothek  in  Wien. 

Friedrich,  0.,  Dr.  phil.  Gymn.-Prof.  in  Potsdam. 

Ffirtner,  Jos.,  Stndienlehrer  in  München. 

Funck,  A.,  Dr.  phil.  Gymn.-Lehrer  in  Kiel. 


Verzeichnis  der  Gelehrten  n.  s.  w.  VII 

Georges,  K.  E.,  Dr.  phil.  Prof.  in  Gotha. 

Geyer,  Paulas,  Studienlehrer,  z.  Z.  in  Rom. 

Gitlbauer,  Mich.,  Prof.  in  Wien. 

Götz,  G.,  Prof.  in  Jena. 

Grober,  €L,   Prof.  in  Strasburg. 

Gutjahr-Probst,  E.  A.,  Oberlehrer  in  Leipzig- Reudnitz. 

Härder,  Franz,  Dr.  phil.  Gymn.- Lehrer  in  Berlin. 

Hartel,  Wilh.  ?.,  Prof.  in  Wien. 

Hart  mann,  Felix,  Dr.  phil.  in  Grofs- Lichterfelde. 

Hauer,  Jul.,  Gymn.- Lehrer  in  Kremsmünster. 

Hauler,  Edmund,  Dr.  phil.  in  Wien. 

Haufsleiter,  Jon.,  Dr.  phil.  Studienlehrer  in  Erlangen. 

Haret,  Louis,  Prof.  in  Paris. 

Helmreich,  G.,  Dr.  phil.  Studienlehrer  in  Augsburg. 

Hertz,  Martin,  Prof.  in  Breslau. 

Hirt,  Paul,  Dr.  phil.  Gymn. -Lehrer  in  Berlin. 

Hoffmann,  Eman.,  Prof.  in  Wien. 

Hofmann,  Konr.,  Prof.  in  München. 

Huemer,  Job«,  Dr.  phil.  im  Unterrichtsministerium  in  Wien. 

f  Jordan,  Heinr.,  Prof.  in  Königsberg. 

Kalb,  Wilh«,  Dr.  phil.  Studienlehrer  in  Nürnberg. 

Keil,  Heinr.,  Prof.  in  Halle. 

Keller,  Otto,  Prof.  in  Prag. 

Köhler,  Albr.,  Dr.  phil.  Studienlehrer  in  Nürnberg. 

Korsch,  Theodor,  in  Moskau. 

Krumbacher,  K.,  Dr.  phil.  Priv.-Doc.  in  München. 

Kr  lisch,  Bruno,  Dr.  phil.  am  Kgl.  Staats- Archiv  in  Berlin. 

KObler,  Bernh.,  Dr.  phil.  Gymn.-Lehrer  in  Berlin. 

Landgraf,  Gust.,  Dr.  phil.  Stadienlehrer  in  München. 
Langen,  Peter,  Prof.  in  Münster  i.  Westfalen. 
fLöwe,  Gust.,  Dr.  phil.  in  Göttingen. 
Ltibbert,  Eduard,  Prof.  in  Bonn. 

Mayboff,  K.,  Gymn.-Direktor  in  Leipzig. 

Mayor,  John  E.  B.,  Prof.  in  Cambridge. 

Meiser,  Karl,  Dr.  phil.  Gymn.- Prof.  in  München. 

Meltzer,  Job.,  in  Tübingen. 

Menrad,  Jos.,  Dr.  phil.  Assistent  am  Luitpold-Gymn.  in  München. 

Miodonski,  Adam,  in  München. 

Müller,  Adolf,  Dr.  phil.  Gymn.-Lehrer  in  Flensburg. 

Nauck,  Carl,  Gymn. -Dir.  a.  D.  in  Königsberg  i./N. 

Nettleship,  Henry,  Prof.  in  Oxford. 

Nohl,  H.,  Dr.  phil.  Gymn.-Lebrer  m  Berlin. 

Opitz,  Theodor,  Dr.  phil.  Gymn.-Lehrer  in  Dresden-Neustadt 
Osthoff,  H.,  Prof.  in  Heidelberg. 


VW  Verzeichnis  der  Gelehrten  u.  s.  w. 

Ott,  J.  N.,  Eektor  in  Rottweil. 

Otto,  A«,  Dr.  phil.  Gymn.-Lehrer  in  Oppeln. 

Pauli,  C,  Dr.  phil.  Priv.-Doc.  in  Leipzig. 

Peiper,  IL,  Dr.  phil.  Gymn. -Prof.  in  Breslau. 

Petsehenig,  M.,  Dr.  phil.  Gymn.  Prof.  in  Graz. 

Piechotta,  J.,  Dr.  phil.  Gymn.  Lehrer  in  Leobschütz. 

Ploen,  Heinr.,  Dr.  phil.  Lehrer  am  Lyceum  in  Strasburg  i.  Eis. 

Bibbeck,  Otto,  Prof.  in  Leipzig. 
Rohde,  Erwin,  Prof.  in  Heidelberg. 
Rossberg,  Konr.,  Dr.  phil.  in  Hildesheim. 

Schenkl,  H«,  Dr.  phil.  Gymn.-Prof.  und  Priv.-Doc.  in  Wien. 

Schenkl,  K«,  Prof.  in  Wieu. 

Schepss,  Georg,  Dr.  phil.  Studienlehrer  in  Würzburg. 

Schlee,  Fr.,  Dr.  phil.  Gymn. -Lehrer  in  Berlin. 

Schmalz,  J.  H«,  Gymn. -Dir.  in  Tauberbischofsheim. 

Schmaus,  H.,  Dr.  phil.  Assistent  am  Gymn.  in  Dillingen  a.  D. 

Schmidt,  Jon.,  Prof.  in  Giefsen. 

Schmitz,  Wilh.,  Gymn. -Dir.  in  Köln. 

Schnorr  y.  Carolsfeld,  H.,  Dr.  phil.  Sekretär  an  der  Staatsbibl.  in  Mönchen. 

Scholl,  Friedr.,  Prof.  in  Heidelberg. 

Scholl,  Rad.,  Prof.  in  München. 

Schulthefs,  Otto,  Dr.  phil.  Gymn.- Lehrer  in  Frauenfeld. 

Schwarz,  Dr.  phil.  Gymn.-Lehrer  in  Hirschberg  i.  SchL 

Seck,  Franz,  in  Moskau. 

Seeck,  0.,  Prof.  in  Greifs  wähl. 

Sittl,  Karl,  Dr.  phil.  Priv.-Doc.  in  München. 

Sonny,  Adolf,  Dr.  phil.  Docent  an  der  Universität  Kiew. 

Spengel,  Andr.,  Dr.  phil.  Rektor  in  Passau. 

Stolz,  Friedr.,  Dr.  phil.  Priv.-Doc.  und  Gymn.-Prof.  in  Innsbruck. 

Stowasser,  J.  M.,  Gymn.-Prof.  in  Wien. 

Stademnnd,  Wilh.,  Prof.  in  Breslau. 

Such i er,  Hermann,  Prof.  in  Halle. 

Thielmann,  Phil«,  Dr.  phil.  Studienlehrer  in  Speier. 
Thorneysen,  Rad.,  Prof.  in  Freiburg. 

Usener,  Herrn.,  Prof.  in  Bonn. 

Yogel,  Friedr.,  Dr.  phil.  Studienlehrer  in  Nürnberg. 

Wagener,  C,  Dr.  phil.  Gymn.-Lehrer  in  Bremen. 

Weber,  Phil«,  Dr.  phil.  Studienlehrer  in  Speier. 

Weinhold,  A.,  Dr.  phil.  Gymn.-Prof.  in  Grimma. 

Weyman,  Karl,  Dr.  phil.  Assistent  an  der  Staats- Bibl.  in  München. 

Wölfflin,  Eduard,  Prof.  in  München. 

Zimmermann,  A.,  Dr.  phil.  am  Marien- Gymn.  in  Posen. 
Zingerle,  Anton,  Prof.  in  Innsbruck. 


Die  Dissimilation  der  littera  canina. 

Wenn  das  Archiv  für  lateinische  Lexikographie  und  Gram- 
matik sicher  nicht  gegründet  worden  ist  um  anderen  philo- 
logischen Zeitschriften  Konkurrenz  zu  machen,  sondern  um  einem 
wissenschaftlichen  Bedürfnisse  entgegenzukommen,  so  mufsten 
demselben  von  Anfang  an  strenge  Grenzen  gezogen  werden.  So 
gut  aber  die  Sprachvergleichung  oder  die  Eonjekturalkritik ,  so 
weit  sie  nur  längst  bekannte  Worte  in  die  Texte  einführt,  aus- 
geschlossen werden  mufste,  so  notwendig  war  es  zum  Bewußt- 
sein zu  bringen,  dafs  das  gewählte  Spezialgebiet  weit  und  reich 
genug  sei  auf  lange  Jahre  Stoffe  zu  lohnenden  Untersuchungen 
zu  liefern.  Indem  das  Spätlatein  und  das  Mittellatein  bis  auf 
Karl  den  Grofsen  in  die  sprachgeschichtliche  Forschung  eingefügt 
worden  ist,  sind  wir  gleichsam  auf  einen  weiten  Ocean  geraten, 
auf  dem  man  erst  lernen  mufs  sich  zurechtzufinden.  Seien  wir 
daher  zufrieden,  dafs  unser  Fahrzeug  nicht  nur  keinen  Schaden 
genommen  hat,  sondern  dafs  die  ersten  Probefahrten  zur  Kenntnis 
gewisser  Strömungen  und  zur  Unterscheidung  weiterer  und  kür- 
zerer Wege  geführt  haben.  Obschon  indessen  die  Redaktion 
bemüht  gewesen  ist  eine  möglichst  grofse  Mannigfaltigkeit  in  die 
Aufsätze  zu  bringen,  so  sind  doch  nicht  alle  Disziplinen  gleich- 
miifsig  zur  Vertretung  gelangt,  und  es  ist  deshalb  eine  unab- 
weisbare Aufgabe  die  bisher  vernachlässigten  in  unsern  Kreis 
hereinzuziehen;  wo  aber  die  Zettel  kein  Material  bieten,  werden 
wir  uns  auf  Anregungen  beschränken  müssen,  und  darin  mögen 
die  folgenden  Zeilen,  welche  einem  Kapitel  der  Lautlehre  ge- 
widmet sind,  ihre  Entschuldigung  finden. 

Es  soll  hier  nicht  über  die  Natur  und  Aussprache  des  R 
(littera  canina  bei  Persius  1,  109)  gesprochen  werden,  worüber 
es  genüge  auf  Seelmanns  Aussprache  des  Latein,  S.  307  ff.  zu 
verweisen,  sondern  nur  im  Nachgange  zu  Thielmanns  schöner 
Bemerkung  über  meneris  (Arch.  III  539)  über  den  bei  Seelmann 

Archiv  für  lat.  Lexikogr.  IV.    Heft  1.  1 


2  Ed.  Wölfflin: 

S.  329  also  formulierten  Satz:  „Zwei  in  direkt  aufeinander  fol- 
genden (dieses  Moment  vernachlässigt  Bechtel   in  der   unten  an- 
zuführenden Dissertation)  Silben  stehende  R  vertragen  sich  schlecht, 
und  die  Sprache  ist  verschieden  vorgegangen,  diesen  verwickelten 
Artikulationsmechanismus  zu  vereinfachen."    Dafs  es  am  nächsten 
lag  der  holprigen  Form  meretrix  durch  meletrix  auszuweichen, 
hat  Bücheier  in  Fleckeisens  Jahrb.  105  (1872)  113  gezeigt,  und 
Turpiliüs  wie  Afranius  (136  Ribb.)  haben  beispielsweise   so   ge- 
schrieben, wie  meltrice  ital.  dial.  und  meltriz  altfrz.  ist;  menetrix 
aber  konnte  durch  die  Analogie   von  Genetrix    und   durch    den 
Gebrauch  von  manere  =  concumbere  begünstigt  werden;   ix  er- 
weichte sich  zu  is  wie  in  cacatris  =  cacatrix  Inscr.  Pomp.* 2125, 
und   schliefslich   trat  an  die    Stelle  von  menetris  das  noch   be- 
quemere meneris.     Die  These  von  Seelmann  ist  im  ganzen  gewifs 
richtig,  wenn  auch  nicht  mehr  neu,  und  bei  Bücheier  (auf  den 
Seelmann  nicht  verweist,  so  wenig  als  auf  Corssen)  bereits  aus 
führlich   begründet;   die    Tragweite    erkennt   man   noch   in   den 
romanischen  Sprachen,  wenn  beispielsweise  die  Franzosen  *un  lit 
de  Procuste'  sagen  oder  das  Sieb  (cribrum)  frz.  crible,  die  Hor- 
nisse (crabro)   ital.  calabrone  heilst;    auch  die  Hauptmittel   zur 
Vermeidung  der  unangenehmen  Nachbarschaft  (1.  Verwandlung 
des  einen  r  in   eine   andere  Liquida,  2.  Trennung  der  beiden  r- 
silben    durch    vokalische   Epenthese,    3.    Tilgung   des   einen   der 
beiden  r)  hat   Bücheier  richtig  angegeben.     Einiges  giebt  auch 
Fritz    Bechtel,   Assimilation   und   Dissimilation    der    Zitterlaute, 
Göttingen  1876.  S.  17 — 27;   romanische  Beispiele  Diez,  Gramm. 
I3  222 — 224.    Indessen  dürften  die  Beispiele  in  gröfserer  Reich 
haltigkeit    beizubringen    sein,    und    abgesehen    davon,    dafs    die 
Schriftsprache  die  zwei  r  mehr,  die  Volkssprache  weniger  duldete, 
wird  auch  darauf  zu  achten  sein,  ob  die  r  für  sich  allein  oder 
in  Verbindung  mit  einer  Muta,  ob  sie  in  den  zwei  Anfangssilben 
oder  in  Mittel-  und  Schlufssilben  stehen,  ob  das  r  echt  oder  aus 
8  entstanden  sei. 

1.    Gen.  plur.  auf  -raram,  -rorum. 

Da  es  leicht  ist  deüm  auf  fcäv  zurückzuführen,  so  lag  kein 
Bedürfnis  vor  zur  Erklärung  der  Endung  um  für  arum,  oruni 
den  Rhotacisuius  beizuziehen;  indessen  bemerkte  ich  schon  Philol. 
25,  133,  es  sei  bei  barbarüm  zu  erwägen,  dafs  die  volle  Form 
die  littera  canina  dreimal  enthalten  hätte;  eine  Erklärung,  die 
auch  Bücheier  (Grundrifs  der  lat.  Declin.  1879.  S.  86)  für  dieses 


Die  Dissimilation  der  littera  canina.  3 

Wort  angenommen  hat.  Überliefert  ist  barbarüm  bei  Nepos  Milt 
2,  1.  Alcib.  7,  4;  schwerlich  bei  Livius,  da  Kühnast  S.  25  kein 
Beispiel  anführt  und  barbarorum  6,  42,  7.  22,  22,  6.  31,  34,  8 
sicher  steht;  bei  Phädrus  4,  7,  11;  bei  Tacitus  Annal.  14,  39. 
15,  25,  so  dafs  die  dritte  Auflage  von  Neues  Formenlehre  das 
bisher  übergangene  Beispiel  wird  erwähnen  müssen.  Da  übrigens 
die  Reden  Ciceros  nicht  weniger  als  11  Belege  für  barbarorum 
aufweisen  (Merguet,  Lex.  I  394.  395)  und  einen  für  barbararum 
(imp.  Pomp.  23),  so  ist  augenscheinlich,  dafs  dem  Redner  die 
grammatische  Regel  mehr  galt  als  die  in  der  Umgangssprache 
geduldete  und  beliebte  Erleichterung.  Im  Philolog.  33,  66  habe 
ich  auch  vorgeschlagen,  das  bei  Semproniuä  Asellio  frg.  14  Pet. 
überlieferte  triarum  (quartum  signum  accedebat)  in  triariüm 
(statt  triariorum)  zu  verändern,  was  nun  Peter  in  der  neuen 
Ausgabe  in  den  Text  gesetzt  hat.  Wird  nun  die  Vermeidung 
der  vollen  drei  r  enthaltenden  Genetivformen  aus  phonetischen 
Gründen  begreiflich  erscheinen,  so  wird  man  auch  adversariüm 
bei  Ter.  Hec.  prol.  2  und  14  sowie  bei  Pompeius  Cic.  Attic.  8, 
12,  D,  2,  obwohl  die  ein  r  enthaltenden  Silben  nicht  unmittelbar 
aufeinander  folgen,  am  einfachsten  so  erklären,  ohne  zu  betonen, 
dafs  die  Römer  nicht  gerade  Freunde  sechssilbiger  Wortformen 
waren. 

Schwieriger  ist  es  allerdings  zu  bestimmen,  wie  weit  aus 
der  Vermeidung  der  littera  canina  diejenigen  Genetivformen  zu 
erklären  seien,  welche  in  der  Kürzung  nur  noch  ein  r  behalten, 
wie  virüm  (konstant  duumvirum,  triumvirum),  fabrüm,  inferum, 
posterum,  procum,  patricium  (aus  Servius'  Klassenordnung,  Festus 
p.  249  M.);  aber  auch  wenn  man  praefectus  fabrum  als  eine 
archaische  hergebrachte  Formel  entschuldigt,  müfste  man  doch 
zuerst  erklären,  warum  man  in  der  vorklassischen  Prosa  fabrum 
und  nicht  fabrorum  sagte.  Bei  den  Komposita  auf  fer  und  ger 
mag  der  Gen.  plur.  mit  Rücksicht  auf  die  Länge  der  Wortformen 
beschnitten  worden  sein,  obschon  auch  diese  Annahme  nicht 
gerade  notwendig  ist  Liberum  hat  Cicero  in  den  älteren  Reden 
bis  zur  Prätur,  in  den  folgenden  nur  liberorum,  nach  Merguet 
IH  46  f.,  worin  wir  nur  eine  Bestätigung  des  Satzes  finden,  dafs 
der  strenge  Prosastil  und  die  Schulmeisterregel  mehr  den  For- 
derungen einer  vermeintlichen  Korrektheit  nachgab,  während  die 
Konversation  sich  Erleichterungen  gestattete.    Im  Gegensatze  zu 

dem   dem   sermo  familiaris   angehörigen  Worte   liberi   hat  über 

l* 


4  Ed.  Wölfflin: 

das  Buch,  ein  Begriff  der  Gelehrtensprache,  den  Gen.  plur.  nicht 
auf  um  gebildet  Dafs  das  bei  Neulateinern  häufige  plero- 
rumque  vermieden  werden  mufs,  ist  aus  dem  Antibarbarus  be- 
kannt; man  sage  plurimorum  oder  drehe  die  Konstruktion  anders. 
Der  Ausdruck  Vitruvs  I  1,  11  scientia  plerarumque  litterarum 
ist  nur  ein  Beweis  seiner  mangelhaften  grammatischen  Bildung. 
Sacrum,  welches  bei  Neue  fehlt,  gebraucht  Martial  1,  praef.  und 
10,  41,  7  neben  sacrorum  3,  24,  11. 

Somit  glauben  wir  wenigstens  an  eine  Neigung  den  beiden 
r  aus  dem  Wege  zu  gehen,  wenn  auch  dieselbe  nie  in  dem  Grade 
erstarkt  und  durchgedrungen  ist,  dafs  die  Formen  mit  doppeltem 
r  verpönt  gewesen  wären.  Allerdings  scheint  Pompeius  die  Sache 
so  aufgefafst  zu  haben,  wenn  er  Gr.  lat.  V  111,  11  Keil  schreibt: 
legistis  in  Cicerone  ut  usque  alteram  r  litteram  non  declinis, 
und  je  weniger  Wert  wir  auf  eine  eigene  Beobachtung  des 
Grammatikers  legen  würden,  desto  bedeutsamer  wird  eine  Notiz, 
die  er  offenbar  aus  älterer  Quelle  geschöpft  hat.  Wenn  aber  der 
Schriftsteller  die  Wahl  hatte,  liberum  oder  liberorum  zu  schreiben, 
so  wurde  die  Doppelform  für  den  Dichter  ein  Mittel  seinen  Vers 
leichter  zu  bauen.  Während  Plautus  Capt.  889  in  trochäischen 
Septenaren  vier  r  in  den  Kauf  nahm  (liberorum  quaerundoruni 
causa),  finden  wir  bei  Ennius  sowohl  liberum  quaesundum  causa 
als  auch  liberorum  quaesendum  (quaesundum)  gratia,  wie  bei 
Gellius  4,  3,  2  liberum  quaerundum  gratia. 

Bei  den  a-stäinmen  spielt  das  r  eine  weniger  wichtige  Rolle, 
aufser  bei  amphorum,  welches  =  afitpogav  sein  wird;  die  Vor- 
schrift bei  Pompeius  bezieht  sich  übrigens  eben  sowohl  auf  die 
erste  Deklination  als  auf  die  zweite. 

2.    Komparative  auf  -rior. 

Auf  die  Steigerung  der  Adjektiva  auf  arus,  erus,  irus,  orus, 
urus  ist  bisher  nicht  geachtet  worden,  und  möglich,  dafs  sie  es 
nicht  verdienen;  eine  feste  Übung  wie  bei  praefectus  fabrüm 
oder  triumvirum  hat  sich  hier  nicht  gebildet,  aber  vielleicht  auch 
nicht  bilden  können,  weil  die  Komparative  in  den  Formeln  des 
Kurialstiles  nur  eine  untergeordnete  Bedeutung  haben.  Es  kommt 
dazu,  dafs  bei  Formen  wie  purior  die  beiden  r  zwar  zwei  un- 
mittelbar aufeinander  folgenden  Silben  angehören,  aber  doch,  auf 
Anlaut  und  Auslaut  verteilt,  zwei  Vokale  zwischen  sich  haben, 
wodurch  das  den  Körnern  Anstöfsige  wesentlich  gemildert  wurde. 
Formen    mit   dreifachem   r   sind   allerdings    sichtlich    vermieden 


Die  Di88imilatioD  der  littera  caniua.  5 

worden;  denn  Plaut.  Most.  394  Lor.  ist  pro  prior  als  korrupt 
anerkannt;  Sen.  contr.  10,  33,  19  haben  Madvig  und  Kiesling 
verbo  magis  proprio  usus  verbessert,  wie  schon  Neue  vermutete; 
German.  Arat.  4,  2  schreibt  Bährens  mit  dem  alten  codex  Pa- 
risinus: vitavit  fiammas  proprio  bene  lucidus  ore;  und  so  mag 
proprioribus  einem  Merobaudes  (Carm.  5,  27)  überlassen  bleiben. 
Rarior  vermag  ich  im  Augenblicke  nicht  aus  Cicero  zu  belegen, 
wenn  auch  Seneca  rariores  geschrieben  hat. 

Barbariora  hat  Ovid.  Pont  3,  2,  78  als  anai,  etg.  ge- 
schrieben, man  braucht  nicht  zu  sagen,  inkorrekt,  aber  doch  in 
einer  Zeit,  als  dem  Verbannten  der  sermo  urbanus  nicht  mehr 
an  das  Ohr  schlug.    Vgl.  Trist.  3,  14,  49. 

Über  Komparative  mit  zwei  r  läfst  sich  etwa  Folgendes 
sagen.  Gnarior  kennt  die  Latinität  vor  Augustin  nicht,  sondern 
als  Ersatz  tritt  peritior  ein,  dessen  beide  r  doch  durch  eine 
Silbe  getrennt  sind.  Perus  weicht  dem  Komparativ  aus  (Neue 
II2  131)  zu  Gunsten  von  ferocior;  serior  hat  Martial  5,  6,  3 
und  verior  ist  allbekannt,  wenn  auch  die  Umschreibung  mit  magis 
nicht  minder  selten.  Dirior  lesen  wir  bei  Tertullian,  während  es 
bei  Cicero  divin.  2,  36  durch  die  besseren  codd.  nicht  unterstützt 
wird;  statt  miriora  sagt  Plaut.  Amph.  1107  magis  mira,  Mil. 
539  magis  miris  modis  statt  mirioribus  modis.  Auch  der  Kom- 
parativ von  decorus  versagt  bei  Quintilian  und  Tacitus,  die  (8, 
3,  10.  11,  3,  156.  Agr.  44)  auf  decentior  greifen,  etwa  wie 
sanctior  für  sacrior  in  die  Lücke  treten  mufs.  Endlich  stellt 
Quintilian  10,  1,  94  nebeneinander  tersior  ac  purus  magis 
Horatius.     Vgl.  d.  Vf.  Comparation  S.  32. 

Dabei  soll  nicht  bestritten  werden,  dafs  sich  diesen  Beispielen 
leicht  andere  gegenüberstellen  lassen,  welche  das  Gegenteil  be- 
weisen können.  An  avarior  haben  weder  Plautus  noch  Cicero 
Anstofs  genommen,  und  des  letzteren  Wortspiel  'omnia  prae- 
clara  rara'  (Lael.  79)  beweist  zur  Genüge,  dafs  er  gegen  den 
knurrigen  Laut  abgehärtet  war.  Allein  selbst  Dutzende  solcher 
Stellen  vermochten  nicht  die  Gewifsheit  zu  geben,  dafs  keine 
Strömung  gegen  die  Wiederholung  des  r  bestanden  habe.  Wurde 
es  aber  einmal  üblich  magis  mirus  zu  sagen,  so  blieb  man  bei 
der  Umschreibung  auch  da,  wo  sie  nicht  nötig  war,  im  Neutrum, 
magis  mirumst,  u.  ä.  Unter  allen  Umständen  kann  diese  'Frage' 
nicht  für  sich  allein,  sondern  nur  im  Zusammenhange  mit  den  Be- 
obachtungen auf  andern  Gebieten  der  Sprache  entschieden  werden. 


6  Ed.  Wölfflin: 

Die  Form  pluriores,  welche  in  dem  französischen  plusieurs 
erhalten  ist,  hat  das  Spätlatein  ertragen;  wenigstens  finden  sich 
keine  Varianten  bei  Hilarius  epist.  ad  Philem.  4  pluriori  pro- 
secutioni  explicata;  Vict.  Vit,  3,  32  pluriores  tortores;  Fulgent. 
uiyth.  praef.  1  pluriora  laniola;  Facundus  Hermauensis  in  ReifFer- 
scheids  Bibl.  patr.  I  54  quanto  plurioribus  offuerunt. 

3.    Konjugation. 

Wenn  wir  die  auf  r  auslautenden  Verbalstamme  und  die 
Endungen  re,  ri,  rem,  ris  ins  Auge  fassen,  so  fällt  unser  Blick 
zuerst  auf  fero,  welches  die  Formen  mit  doppeltem  r  wie  ferere, 
fererem  durch  Synkope  beseitigt  Denn  vor  rr  genierten  sich 
die  Römer  so  wenig  als  die  Griechen,  während  im  Sanskrit 
geradezu  umgekehrt  r  im  Anlaute  unmittelbar  aufeinanderfol- 
gender Silben  geduldet,  rr  dagegen  vermieden  wird.  Gero  wird 
im  Lateinischen  anders  behandelt;  weil  hier  das  r  erst  aus  s 
hervorgegangen  ist  uud  zwar  in  einer  Zeit,  als  fero  seine  Bildung 
beendigt  hatte,  und  weil  zwischen  den  beiden  s  (gesese)  der 
Bindevokal  bleiben  mufste,  um  den  Übergang  in  r  zu  ermöglichen. 
Tero,  terere  mit  ursprünglichem  r  ist  somit  der  Analogie  von 
gero  gefolgt,  ebenso  sero,  knüpfe. 

Für  Formen  wie  laborare,  merere,  currere  und  die  Desi- 
derativa  auf  -urire  gab  es  freilich  kein  Entrinnen,  und  so  mufs 
sich  das  Ohr  an  dieselben  gewöhnt  haben.  Cicero  schrieb  sogar 
in  einem  sorgfaltig  stilisierten  Briefe  an  Pompeius  (Epist.  5,  7,  3) 
cquod  vererere*. 

Dagegen  wäre  es  wenigstens  möglich,  dafs  die  Abneigung 
der  Römer  gegen  r  in  aufeinander  folgenden  Silben  den  Abfall 
der  vollen  Infinitivendung  in  ainarier,  moverier,  audirier  be- 
günstigt hätte.  Auch  wüfsten  wir  die  Beobachtung,  dafs  der 
Genetiv  plural.  der  Partie,  fut.  act.  in  der  klassischen  Prosa  (mit 
Ausnahme  von  futurus)  und  auch  in  der  augusteischen  Poesie 
(mit  Ausnahme  von  Ovid  met.  15,  835  venturorumque  nepotum) 
nicht  vorkomme,  kaum  einfacher  zu  erklären.  Raph.  Kühner, 
ausführl.  Gramm.  §  188,  Anm.  8  giebt  keinen  Grund  an,  und 
Alfr.  Sommer,  de  usu  partic.  fut.  act.  1881.  p.  30  nennt  die 
Form  vermieden,  quippe  cum  aliquid  absoni  habeat.  Die  silberne 
Prosa,  namentlich  Seneka,  hat  sie  von  den  Dichtern  angenommen. 

Vollends  ist  eine  Perfektreduplikation  wie  rerupi  oder  ru- 
rupi  (nach  Analogie  von  tutudi)  geradezu  undenkbar;  haben  ja 
nicht   einmal    die  Griechen    die   mit   q   anlautenden    Verba   der 


Die  Dissimilation  der  littera  canioa.  7 

regelmäßigen  Reduplikation  unterzogen,  sondern  lieber  mit  Sq- 
Qwya,  £qq<oii(u  (statt  ^BQoya)  zu  einer  Metathesis  gegriffen. 

4.  Wortbildung.    Ableitung. 

Die  Perfektreduplikation  führt  uns  von  selbst  hinüber  zu 
der  Wortbildung.  Griechische  Lehnwörter  wie  tartarus,  purpura, 
carcer  (siculisch  xapxapov),  barbarus  kommen  natürlich  hier  nicht 
in  Betracht;  in  lateinischem  Gewände  wurde  das  letztere  Fremd- 
wort zu  balbus  (vgl.  dial.  Balbierer  =  Barbier),  wie  dem  grie- 
chischen yagyaQBcov  das  lateinische  gurgulio  (Kehle,  Gurgel)  ent- 
spricht. Vergleichungsweise  mag  hier  an  balatro  erinnert  werden, 
welches  Acro  ad  Hör.  Sat.  1,  2,  2  schwerlich  richtig  a  balatu 
ableitet,  während  die  Erklärung  mit  aöarcog  in  Glossaren  offenbar 
auf  barathrum  deutet.  Näheres  findet  der  Leser  in  dem  Pro- 
gramm von  Dr.  Carl  Jacoby  'Die  Reduplikation  im  Lateinischen', 
Danzig  1878.  Ebensowenig  verfolgen  wir  die  Wörter,  in  denen 
das  doppelte  r  stehen  geblieben  ist,  wie  murmur  (fioQfivQco!), 
furfur,  turtur,  sondern  beschränken  uns  zunächst  auf  die  Schwä- 
chung der  Reduplikation,  wie  sie  uns  in  susurrus  entgegentritt, 
indem,  wie  das  ähnliche  murmur  wahrscheinlich  macht,  das  r  der 
Anfangssilbe  in  die  zweite  übergetreten  ist.  Vergleichen  läfst 
sich  der  von  Jacoby  übergangene  Name  Cicirrus  (=  Circirus)  bei 
Uor.  Sat.  1,  5,  52,  den  man  mit  Kikeriki  oder  Kampfhahn  über- 
setzt; vgl.  xiTUQQog  =  äkexTQveiv  bei  Hesychius.  Marmar  = 
Mars  ist  noch  in  dem  Arvalliede  erhalten,  in  jüngeren  Ableitungen 
dagegen  ist  das  erste  r  aufgegeben,  z  B.  in  Mamertini,  Mamu- 
rius.  Der  sabinische  Flufsname  Farfarus  (Ovid  met.  14,  330) 
verlor  in  der  römischen  Form  Fabaris  (Verg.  Aen.  7,  715)  das 
erste  r;  und  im  Vulgärlatein  sagte  mau  mamor  statt  marmor, 
was  freilich  Pompeius  Gramm,  lat.  V  283,  15  als  Barbarismus  ver- 
wirft. 

Eine  andere  Abhilfe  gewährt  die  Verwandlung  des  einen  r 
in  eine  Liquida,  1  oder  n  (vgl.  gurgulio);  und  ein  solches  Bei- 
spiel böte  uns  Cancer  (Gitter),  wenn  man  das  Wort  als  Neben- 
form von  carcer  zu  betrachten  sich  entschliefsen  kann,  wozu  frei- 
lich Gurtius,  Vaniöek,  Fick  und  Breal  keine  Lust  zeigen,  während 
Zehetmayr  (vergl.  Wörterbuch  1879)  es  nahe  legt.  Festus  (Paulus) 
p.  46,  2  sagt  nämlich:  cancri  dicebantur  ab  antiquis,  qui  nunc 
per  diminutionem  cancelli. 

Ob  Seelmann  S.  329  mit  Recht  auf  Perperna,  Perpenna  hin- 
gewiesen, kann  bestritten  werden.     Der  Ausgang  des  Wortes  an 


8  Ed.  Wölfflin: 

sich  (taberna,  lucerna)  hätte  kaum  zu  einer  Assimilation  geführt; 
aber  dafs  die  Römer  zuerst  Perpenna  gesagt  hätten,  bleibt  eine 
blofse  Annahme;  vermutlich  hat  schon  der  etruskische  Name  per- 
cenna  (aus  percedna)  gelautet,  wozu  perperna,  perpenna  eine  etwa 
umbrische  Nebenform  sein  dürfte.  Perperna  ein  Ziegel  von  Chiusi. 
Ganiurr.  Append.  zu  Fabr.  N.  415. 

Neben  f lagrare  brennen  (<pXdyc>)  giebt  es  ein  (nach  R.  Ellis, 
Exeurs  zu  Catull  p.  344  =  p.  346  edit.  II  lautlich  identisches) 
Verbum  fragrare  stark  riechen,  welches  dem  Kehlkopfe  des  ge- 
meinen Mannes  weniger  bequem  lag.  Hätte  man  sich  nun  auf 
die  Dissimilation  fraglare  riechen  geeinigt,  so  wäre  es  ohne 
Unglück  abgelaufen;  allein  da  in  der  Volkssprache  1  und  r  oft 
ihre  Plätze  wechselten,  wie  in  lerigio  für  religio,  leriquiae,  co- 
lurnus  corulnus,  clustrum  (Arch.  I  111),  ullageris  (Arch.  III  176), 
grolia  (neapolitanisch  für  gloria),  so  konnte  es  kaum  ausbleiben, 
dafs  man  auch  flagrare  für  riechen  sagte,  wie  telebra  für  terebra 
nach  Probi  append.  Gr.  lat.  IV  201,  19  K.,  oder  wie  die  Stadt 
Cararis  auch  Caralis  und  üalaris  hiefs.  Nun  ging  es,  wie  wenn 
zwei  Spaziergänger  einander  ausweichen  wollen  und  nach  derselben 
Seite  ausbiegen;  flagro  brennen,  in  seiner  Existenz  bedroht,  zeigte 
sich  bereit  den  verlassenen  Platz  von  fraglo  einzunehmen,  und 
diese  babylonische  Verwirrung  nahm  so  sehr  zu,  dafs  Grammatiker 
wie  Nonius  p.  438  einzuschreiten  für  nötig  hielten.  Vorsichtige 
Leute  wufsten  nichts  Besseres  zu  thun  als  sich  des  Wortes  ganz 
oder  so  viel  als  möglich  zu  enthalten;  wie  denn  beispielsweise 
in  der  Vulgata  flagro  nur  an  einer  Stelle,  Nuin.  1,  4  vorkommt, 
ardere  weit  über  50mal.  Vgl.  Bücheier  in  den  Jahrb.  f.  Philol. 
105,  111. 

Hier  soll  nur  ein  Punkt  der  verwickelten  Kontroverse  fest- 
gestellt werden,  nämlich,  dafs  flagrare  brennen  in  der  Litteratur 
bis  auf  die  Afrikaner  das  Feld  behauptete.  Für  die  klassische 
Periode  sieht  man  dies  aus  den  Allitterationen  Cic.  Verrin.  4,  71 
flagitiis  flagrabunt,  4,  74  flagrantem  usus  flectet.  Auch  Tacitus 
kann  nur  konsequent  flagrare  geschrieben  haben,  obwohl  an  2 
(von  32)  Stellen,  hist.  2,  31.  46  der  cod.  Medic.  II  fraglare  bietet. 
Von  Fronto  an  dagegen  zeigen  die  mafsgebenden  Handschriften 
eine  solche  Bevorzugung  der  Metathesis,  dafs  wir  notwendig  auch 
an  eine  veränderte  Taktik  der  Schriftsteller  glauben  müssen.  Bei 
Fronto  selbst  war  man  so  billig,  fraglare  im  Texte  stehen  zu 
lassen,  p.  27  (Marcus)   desiderio  fraglantissimo  (=  ardentissimo) 


Die  Dissimilation  der  littera  canina.  9 

50  (Fr.)  epistulas  fragl  anter  compositas,  p.  5  und  34;  allein  bei 
andern  Autoren  war  man  so  unvorsichtig  zu  ändern.  Florus  3, 
5,  3  überliefert  cod.  Nazarianus  Europae  cupiditate  fraglabat, 
und  2,  18,  7  firaclans  (wie  ich  nach  eigener  Kollation  verbessere) 
ignominia,  d.  h.  es  war  im  archetypus  fraclans  geschrieben;  und 
ein  über  r  korrigiertes  1  (welches  der  Abschreiber  als  i  las)  sollte 
einer  Korrektur  flagrans  dienen.  Bei  Gellius  sind  die  hand- 
schriftlichen Zeugnisse  für  fraglo  zu  schwach  und  wenig  zahlreich, 
und  über  Tertullian  dürfen  wir  uns  zur  Zeit  kein  Urteil  erlauben, 
obschon  beispielsweise  apol.  46  der  cod.  Erlang,  so  liest.  Bei 
Apuleius  met.  4,  17  steht  im  Florent.  fraglantia  solis  (editt.  fla- 
grantia; doch  4,  14  cod.  richtig  aestiva  flagrantia),  4,  31  amore 
fraglantissimo  (editt.  flagrantissinio),  5,  9  invidiae  feile  fraglantis 
(ed.  flagrantes),  6,  12  solis  fraglantia  (ed.  flagrantia),  und  in  der 
Bedeutung  'duften'  in  demselben  Florent.  Metam.  2,  8  cinnama 
fraglans  (edit.  fragrans),  4,  2  caliculos  fraglantis  (ed.  fragrantes). 
Vgl.  noch  3,  9.  8,  22.  Arnobius  erscheint  uns  anfänglich  als 
Klassiker,  da  2,  1  ardoribus  avaritiae  flagrans,  2,  17  aestatis  fla- 
granti as;  3,  30  aethera  flagrantem  vi  flammea  die  Editoren  im 
Codex  Parisinus  finden,  was  sie  wünschen;  allein  der  Schein  trügt, 
und  4,  22  bewahrt  die  handschriftliche  Überlieferung  einen  sol 
fragrantissimus  (ed.  flagrantissimus),  5,  1  liquoribus  odoratis  fla- 
-grantia (edit.  fragrantia)  pocula,  5,  6  sitiendi  fraglantiam  (edit. 
flagrantiam).  Das  bedeutet  wohl,  dafs  der  Text  in  den  ersten 
Büchern  korrigiert  ist,  in  den  letzten  dagegen  den  Abfall  des 
Autors  von  der  klassischen  Norm  zeigt.  Dies  wird  durch  Cyprian 
bestätigt,  dessen  gute  Überlieferung  (cod.  Seguierianus,  Wirce- 
burg.  etc.)  oft  die  vulgäre  Metathesis  verbürgt,  pg.  12,  2  H.  fra- 
glant  delicta  (Hart,  flagrant),  353,  2  aestate  fraglantia  (Hart,  fla- 
grantia) und  öfter;  append.  Cypr.  p.  20,  18  in  fraglantia  (var. 
flagrantia),  135,  21  amore  fraglant  (edit.  flagrant).  Wir  dürfen 
somit  aus  dieser  flüchtigen  Rekognoscierung  die  Lehre  ziehen, 
dafs  wir  die  Texte  von  Fronto  an  nicht  mehr  nach  Zumpt  ab- 
korrigieren dürfen,  und  zugleich  fallt  ein  Licht  auf  die  Stellung 
des  (Afrikaners)  Florus.  Für  Augustin,  den  man  in  der  Reihe 
der  Afrikaner  genannt  zu  sehen  wünschen  wird,  ist  es  unmöglich, 
etwas  Bestimmtes  zu  sagen:  civ.  dei  11,  23  hat  der  Veronensis 
(nach  gefalliger  Mitteilung  von  Prof.  Eman.  Hofmann  in  Wien) 
amore  fraglantem,  dagegen  12,  21  amore  flagramus.  Für  den 
klassischen  Gebrauch  kann    auch  civ.  d.  14,  8  die  Allitteration 


10  Ed.  Wölfflin: 

flagitiosus  . . .  flagrans  geltend  gemacht  werden.  Für  Claudianus 
Mamertinus  vgl.  Engelbrecht,  Sprache  des  C.  M.  1885.  92  ff. 
(=  Sitz.-Ber.  d.  Wiener  Akad.  110,  512  ff.).  In  einem  Gedichte 
des  Paschasius  Radbertus  (Poetae  aevi  Carolini,  vol.  III.  1886. 
p.  48,  vers.  82)  steht  flagrem  (dufte)  neben  flavescam,  womit  die 
Änderung  von  Mabillon  fragrem  widerlegt  ist.  (Von  flagellum 
bildet  das  Italiänische  fragellare,  peitschen.) 

Das  von  ferveo  nicht  wohl  zu  trennende  febris  hat  das  r 
der  ersten  Silbe  eingebüfst,  nach  Pott,  etyin.  Forsch.  II  550. 
Corssen,  Krit.  Beitr.  z.  lat.  Formenlehre  S.  204.  394.  Krit  Nach- 
träge 191.  Nur  kann  die  Etymologie  keinen  Anspruch  auf  Neu- 
heit machen,  da  schon  Nonius  p.  46  das  Wort  natürlich  nicht 
*a  feritate',  sondern  nach  codex  Harleianus  ca  fervitate'  abgeleitet 
hatte,  worin  jedenfalls  eine  Ableitung  von  ferveo  steckt,  nach 
L.  Havet  Arch.  I  318  ferviditas. 

Um  aber  auf  die  Ableitungssuffixa  überzulenken,  so  beginnen 
wir  am  besten  mit  aris,  alis,  welche,  wie  längst  bekannt  und 
schon  von  Plinius  (bei  Charisius  I  135,  13  K.  vgl.  Priscian  4,  27) 
erkannt,  verwendet  werden,  je  nachdem  in  dem  Stamm worte  ein 
1  oder  r  vorkommt,  z.  B.  vulgaris,  militaris,  consularis,  singularis; 
ruralis,  floralis,  muralis,  pluralis.  Nach  dieser  Kegel  ist  gebildet 
intralia,  die  Eingeweide,  franz.  les  entrailles.  Vgl.  L.  Havet,  Mem. 
de  la  Society  de  linguistique,  VI  27  f.  (1885).  Selbst  die  grie- 
chische Sprache  zeigt  gelegentlich  die  Neigung  p,  q  durch  p,  A 
zu  beseitigen,  wie  in  yaQyakdmv  neben  yccgyccgemv,  orgdXeog  neben 
6tq7]qos.  Dafs  der  Siebmacher  (xoöxlvotcoios)  nach  Glossen  cri- 
brarius  hiefs,  ist  daraus  zu  erklären,  dafs  arius  festes  Suffix 
zur  Bezeichnung  der  verschiedeusten  Gewerbe  geworden  war. 
Von  Ceres,  Cereris  bekam  man  entweder  Cereralia  oder  mit  Dis- 
similation Cerelalia;  da  übrigens  auch  an  zwei  1  im  Anfange 
zweier  aufeinander  folgender  Silben  Anstofs  genommen  wurde 
(caeruleus  =  caeluleus;  Parilia  =  Palilia^  keine  Perfektredupli- 
kation  wie  Xikouta),  so  warf  man  r  lieber  aus  und  sagte  Cerealia. 
Auffallend  ist  die  archaische  Bildung  gnaruris  =  gnarus,  wo- 
von bekanntlich  gnarurare,  narrare. 

Das  gleiche  Verhältnis  besteht  zwischen  er  um  und  dum: 
simulacrum,  lavacrum,  fulcrum;  periclum,  oraclum.  Es  ist  mir 
daher  nicht  klar,  warum  Corssen,  Krit.  Beitr.  345 ff.  eulum  als 
Normalform  des  Suffixes  ansetzt  und  S.  348  von  einer  Verkür- 
zung zu   clum,  namentlich   in  der  archaischen  Latinitäl  spricht. 


Die  Dissimilation  der  littera  canina.  11 

Sollte  nicht  vielmehr  clum  die  ursprüngliche  Form  sein  und  culum 
unter  Einflufs  der  Deniinutiva  auf  ulus,  uluin  entstanden?  Im 
Umbrischen  ist  ja  das  Suffix  auch  einsilbig.  Es  läfst  sich  damit 
-brum  (Ausnahme  cerebrum,  doch  cerebellum  für  cerebrellum,  ital. 
cervello,  frz.  cerveau)  und  -bulum  vergleichen. 

Die  mit  -or  und  -ura  gebildeten  Ableitungen  hat  die  Schrift- 
sprache mit  Erfolg  geschützt,  z.  B.  orator,  oratorius;  Cursor,  cur- 
sorius;  fractura  (Cato).  Dafs  der  römische  Familienname  Plae- 
torius  =  Praetorius  sein  solle,  wie  Corssen  glaubt,  ist  nicht 
wahrscheinlich.  Sollte  nQiötig  den  lateinischen  Feminina  auf  rix 
ähnlich  gemacht  werden,  so  wäre  man  auf  pristrix  gekommen, 
begnügte  sich  aber  mit  der  Metathesis  pistrix. 

Bei  crebresco  (von  creber)  sind  die  beiden  r  berechtigt, 
aber  das  zweite  in  gewissen  Formen  (percrebui)  gefallen,  worüber 
Bücheier  genaue  Nachweisungen  giebt;  bei  rubesco  dagegen  ist 
kein  r  ausgefallen,  da  das  Inchoativum  sich  nicht  an  ruber  an- 
lehnt, sondern  an  den  in  rubigo  erhaltenen  Stamm. 

5.  Zusammensetzung. 

Impraesentiarum  hat  Corssen,  Ausspr.  II  869  =  in  prae- 
sentia  harum  (nämlich  rerum)  erklärt  und  die  Zustimmung  von 
Eberhard  in  der  Berliner  Zeitschr.  f.  Gymn.  1873.  846  gefunden 5 
allein  es  erscheint  viel  ratsamer  zu  der  alten  Erklärung  in  prae- 
sentia  rerum  zurückzukehren.  Hand  Turs.  3,  234 ff.  Denn  so- 
bald die  Worte  in  eines  zusammenflössen,  unterlag  das  ohnehin 
schon  langgestreckte  Kompositum  den  Gesetzen,  die  wir  in  Sti- 
pendium =  stipipendium,  gratulari  =  gratitulari,  venificium  = 
venenificium,  calamitosus  =  calamitatosus,  cordolium  =  cordidolium 
wirksam  finden,  Nun  wurde  aber  rerum  auch  sonst  in  der  Kon- 
versationssprache ohne  zwingende  Notwendigkeit  in  Formeln  wie 
dulcissime  rerum,  quid  rerum  geritis  angehängt,  auch  in  ita 
rerum  (Tertull.  adv.  Valent.  14),  welchem  tunc  locorum  (Tert.  de 
pallio  4),  postea  loci  u.  a.  verglichen  werden  mag.  Tert.  Scorp. 
1  lesen  wir  sogar  nunc  praesentia  rerum,  und  Schol.  Bob.  Cic. 
284,  32  Or.  das  volle  in  praesentia  rerum  (cod.  in  praesentiarum 
rerum).  Die  Verkürzung  ist  somit  nicht  nur  wegen  der  littera 
canina  erfolgt,  sondern  mit  dem  gleichen  Rechte  wie  in  den  oben 
genannten  Zusammensetzungen,  und  so  gut  wie  in  horrifer  = 
horrorifer. 

Am  nächsten  aber  liegt  es,  auf  die  Partikelzusammensetzung 
zu  achten  und  zwar  auf  Präpositionen  wie  per,  prae,  pro.     Daijs 


12  Ed.  Wölfflin: 

peiero  aus  per  und  iuro  zusammengesetzt  sei,  sollte  beute  nicht 
mehr  bestritten  werden,  da  man  weifs,  dafs  Ableitungen  von 
Komparativen  wie  minorare,  peiorare,  certiorare  erst  in  der  afri- 
kanischen Latinität  auftauchen;  auch  waren  die  am  Buchstaben 
streng  festhaltenden  Römer  am  allerwenigsten  das  Volk,  um  einen 
Meineid  als  eine  Verschlimmerung  zu  bezeichnen.  Peregrinus 
wurde  im  Volksmunde  zu  pelegrinus  (die  inschriftlichen  Belege 
bei  Seelmann),  pellegrino,  pelerin,  Pilgrim.  Praestigiae  (franz. 
prestige)  ist  in  der  klassischen  Litteratur  anerkannt  gewesen,  ob- 
wohl es  eigentlich  praestrigiae  heifsen  sollte,  nach  dem  bekannten 
Verse  des  Caecilius  Statius,  com.  209  Rib.  Praestrigias  praestrin- 
xit  commoditas  patris.  Sollte  damit  nicht  zusammenhängen, 
dafs  man  in  der  Verbalkomposition  so  oft  prae  =  praeter  gesetzt 
hat,  z.  B.  praegredi  castra,  Livius  35,  30,  11  am  Lager  vorüber 
marschieren,  während  doch  niemand  iu  für  inter  zu  setzen  ge- 
wagt hat? 

Prorigere  hat  die  Sprache  nicht  geduldet,  sondern  zu  por- 
rigere  (Intensivuin  porrixare  bei  Apuleius)  umgewandelt,  wie 
auch  prurigo,  inis  (prorigo)  eine  Nebenform  porrigo,  iuis  erhielt. 
Bücheler  a.  a.  0.  117  f.  Es  war  schon  aus  diesem  lautlichen 
Grunde  bedenklich,  den  Namen  des  Gestütknechtes  proriga 
(auch  peroriga)  bei  Varro  und  Plinius  verteidigen  zu  wollen; 
doch  ist  die  Form  nun  durch  Keil  i  Arch.  I  290)  beseitigt.  Man 
konnte  sich  auf  diese  Weise  auch  expergiscor  =  exporgiscor 
(erwachen  =  anlangen  die  Glieder  zu  strecken)  erklären,  wenn 
die  Form  exporgiscor  sich  nachweisen  liefse;  doch  kommt  man 
auch  mit  pergo  (per,  rego)  aus. 

Ar  hält  sich  unbeanstandet  in  arvorsuni;  darum  sagt  man 
aber  nicht  etwa  arcredo,  arcresco,  arprobo,  artribuo. 

Beharrlichen  Widerstand  hat  aber  die  Sprache  der  Kompo- 
sition von  re  und  mit  r  beginnenden  Verben  entgegengesetzt: 
von  *rerigo  oder  *reripio  oder  *rerumpo  findet  sich  nirgends 
eine  Spur,  obwohl  (prorigo^  porrigo,  proripio,  prorumpo,  welche 
das  Gegenteil  bedeuten,  ganz  gewöhnlich  sind;  es  bestätigt  dies 
unsere  zu  *rerupi  gemachte  Bemerkung,  dafs  r  im  Anlaute  zweier 
Anfangssilbeu  den  Römern  am  wenigsten  sympathisch  war;  da- 
gegen wurden  die  beiden  r  hingenommen,  wo  sie  der  Stammsilbe 
angehörten,  wie  in  rar-o,  rar-a,  ror-em,  rur-o  (Landwirtschaft 
treiben),  ebenso  einem  refringo,  regredior,  resurgo,  refornio  keine 
Schwierigkeiten  in  den  Weg  gelegt. 


Ed.  Wölfflin:  Die  Dissimilation  der  littera  canina.         13 

Schon  Bücheier  hat  richtig  bemerkt,  dafs  der  Trieb  zur  Dis- 
similation zweier  r  (beziehungsweise  Auswerfung  des  einen)  in 
der  Volkssprache  wurzelte,  dafs  aber  die  Schriftsprache  dieser 
Bewegung  einen  Damm  entgegensetzte,  indem  sie  die  bereits  voll- 
zogenen Umwandlungen  zwar  annahm,  aber  den  status  quo  ge- 
wahrt wissen  wollte;  schon  in  der  allerersten  Kaiserzeit  versuchte 
die  Volkssprache  proprius  auf  propius  zu  vereinfachen  (Corp. 
inscr.  lat.  9,  2827)  ohne  durchzudringen;  manches  haben  erst  die 
romanischen  Sprachen  nachgeholt.  So  finden  wir  im  Italienischen*) 
albero,  Baum  =  arbero,  wie  alfrergo  =  althochd.  heriberga  (Diez 
etym.  W.  I  13),  schon  im  cod.  Bamberg.  E.  III  14  der  um- 
gearbeiteten Epit.  Caes.  (Galba):  intrante  in  aliperga;  reclutare 
rekrutieren  (von  recrescere),  conquidere  neben  franz.  conquerir, 
Liperata  statt  Riparata  (vita  Benven.  Gellini,  ed.  Sonzogno,  p.  7), 
prete  neben  franz.  pretre  (presbyter);  altfranz.  aubre,  maubre 
(Baum,  Marmor),  penre  =  prenre  nehmen,  fortelesce,  serouge  neben 
serorge  (sororius,  Schwager;  vergleiche  damit  die  lateinische  Form 
consobrinus  =  consororinus) ,  belfroi  neben  berfroi  (=  bergfrit, 
Wachtturm),  trai'te  neben  neufranz.  traitre;  franz.  proue  =  prora, 
rancune  (altfrz.  rancure,  latein.  rancor),  Treves  Trier  u.  s.  w.  An 
die  Stelle  von  soror  ist  im  Ital.  das  Deminutiv  sorella  getreten, 
und  das  Französische  ist  ausnahmsweise  nicht  von  dem  Accus, 
sorörem  ausgegangen  (woraus  etwa  sereur  geworden  wäre),  son- 
dern von  dem  Nomin.  söror.  Bücheier  gedenkt  seinen  so  lehr- 
reichen Aufsatz  gelegentlich  in  neuer,  vermehrter  und  verbesserter 
Gestalt  vorzulegen.  Wenn  auch  vorstehende  Zeilen  nur  als  ein 
Beitrag  zur  Lösung  der  Aufgabe  zu  betrachten  sind,  so  enthalten 
sie  doch  wohl  das  eine  und  andere,  um  dazu  anzuregen  das 
gleiche  oder  abweichende  Verhalten  und  Verfahren  anderer  Sprachen 
schärfer  zu  beobachten;  vor  allem  aber  werden  wir  darauf  zu  achten 
haben,  in  vulgären  oder  spätlateinischen  Texten  die  handschrift- 
lich überlieferten  dissimilierten  Formen  herzustellen,  auch  wenn 
sie  mit  der  Latinität  Ciceros  im  Widerspruch  stehen. 

München.  Eduard  Wölfflin. 


*)  Anormal:  cristero  Klistier,  scramare  =  exclamare. 


Die  Natur  im  Sprichwort. 

Iu  einer  grofsen,  man  kann  wohl  sagen,  der  gröfsten  Zahl 
von    Sprichwörtern    lebt    trotz    ihrer   rein    praktischen    Tendenz 
ein   echt  poetischer  Geist.     Indem  nämlich   das  Sprichwort  sich 
nicht  begnügt,    einen  allgemeinen  Gedanken  in  der  abstrakten, 
anverbrämten   Form  auszudrücken,  sondern  ihn  unter  dem   Ge- 
wände der  Analogie  verhüllt  und  ihn  anschliefst  an  einzelne  kon- 
krete Vorgänge  im  Natur-   und  Menschenleben,   schlägt   es    im 
Grunde  dieselbe  Bahn  ein,  wie  die  Poesie.    Von  dieser  Seite  be- 
trachtet erscheint  uns  das  Sprichwort  nicht  blofs  als  „die  Weis- 
heit der  Gasse",  sondern  zugleich  als  das  poetische  Element  der 
Volkssprache.     Wohl  nirgends  zeigt  sich  dies  deutlicher,   als   in 
denjenigen   sprichwörtlichen  Sentenzen  und  Wendungen,   welche 
sich   auf  die  allgemeinen  Formen  und  Erscheinungen  im  Leben 
der    uns    umgebenden   Natur   beziehen.     Haben    doch    auch    von 
jeher  sich  die  Dichter  bemüht,  die  subjektiven  Stimmungen  der 
Seele   mit  der  Aufsenwelt   durch  Vergleiche    und  Metaphern    in 
Zusammenhang    zu   setzen    und   dadurch   zu    objektivieren.      Und 
gerade  die  Dichter  sind  es  auch,  welche  von  den  hierher  gehörigen 
Sprichwörtern  gerne   und   oft  Gebrauch   machen.     Für   uns   ent- 
steht aber  dadurch  eine  Schwierigkeit   insofern,    als   sich   nicht 
überall  mit  Sicherheit  bestimmen  läfst,  wo  der  blofs  dichterische 
Sprachgebrauch  oder  das  Eigentum   des   einzelnen  Dichters   auf- 
hört und  das  allgemein  übliche  Sprichwort  beginnt. 

Sowohl  die  Poesie,  als  die  Redeweise  des  Volkes  zerlegt 
sich  abstrakte  Begriffe,  wie  Welt,  Erde,  Zeit,  in  die  konkreten 
Bestandteile  Himmel  und  Erde,  Land  und  Meer,  Tag  und  Nacht  u.  a. 
Als  sprichwörtlich  \verden  solche  Verbindungen  erst  empfunden 
in  gewissen  Redensarten,  wie  wenn  terra  marique  quaeritare 
gesagt  wird  anstatt  omnibus  locis:  Plaut.  Poenul.  prol.  105  Filias 
pater  mari  terraque  usquequaque  quaeritat.  Cic.  ad  famil.  V  9  2 
Ego   tarnen   terra  marique   ut  conquireretur  praemandavi.     Sali. 


A.  Otto:  Die  Natur  im  Sprichwort.  15 

Catil.  13  vescendi  causa  terra  marique  omnia  exquirere.  Vgl.  Plaut 
Pseud.  317  Aut  terra  aut  mari  alicunde  aliqua  evolvam  id  argentum 
tibi.  Von  dem,  der  in  der  Aufregung  und  im  Zorn  lauten  Lärm 
schlägt  und  sich  wie  wütend  gebärdet,  hiefs  es  caelum  et  terras 
miscet  (confundit),  wobei  offenbar  der  Gedanke  an  das  wild  em- 
pörte Meer  vorschwebte  (Verg.  Aen.  1 133.  V  790.  Beide  Stellen 
sind  nicht  sprichwörtlich!):  Liv.  IV  3,  6  Quid  tandem  est,  cur 
caelum  et  terras  misceant?  Juven.  2;  25  Quis  caelum  terris  non 
misceat  et  mare  caelo?  6,  283  clames  licet  et  mare  caelo  Con- 
fundas.*)  So  schon  die  Griechen:  yrj  ovQavbv  öwdmeiv  xal  yij 
&dAaööav  avayuyvvvai.  Diogen.  II 19.  Append.  prov.  1 69.  Lucian. 
Prometh.  9.  —  Dieselbe  Verbindung  begegnet  uns  bei  Plaut  Pers. 
604  A  terra  ad  caelum  quidlibet  (licet  percontari)  und  bei 
Petron  44  narratis  quod  nee  ad  caelum  nee  ad  terram  pertinet, 
was  gar  nicht  zur  Sache  gehört  Der  griechische  Ursprung  der 
letzteren  Phrase  erhellt  aus  Lucian  Pseudomart.  54  oxtei  pot  xqtj- 
öfiovg  STte^itpsv  ovte  yrjg,  (paöiv,  ovxs  ovQavov  ayttofiiuovg.  — 
Eine  ganz  abweichende  Anschauung  liegt  zu  Grunde  bei  Tertull. 
de  speetac.  25  Quäle  est  enim  de  ecclesia  dei  in  diaboli  ecclesiam 
tendere,  de  caelo,  quod  aiunt,  in  caenum,  vom  Himmel  zur  Hölle* 
adv.  Marc.  IV  7  de  caelo  statim  ad  synagogam,  ut  dici  solet**). 
An  die  weite  Ausdehnung  des  Himmels  erinnert  Petron  45 
ubique  medius  caelus  est,  die  Welt  ist  immer  die  gleiche***),  und 
der  Ausdruck  toto  caelo  errare,  um  das  ganze  Firmament  irre 
gehen  d.  h.  gänzlich  auf  dem  Holzwege  sein  (vgl.  unser  „himmel- 
weit verschieden"):  Macrob.  sat  III  12,  10  venit  in  mentem  toto, 
ut  aiunt,  caelo  errasse  Vergilium.  Augustin  de  gen.  ad  litt.  I  19, 39 
(Migne  XXXIV  261)  ita  delirare,  ut,  quem  ad  modum  dicitur, 
toto  caelo  errare  conspiciens  risum  tenere  vix  possit.  c.  Faust  20, 6 
(42,  371  M.)  toto  caelo,  ut  dicitur,  erratis.  Vgl.  Aristoph.  Ran.  1136 
svfrvg  yaQ  ^fta'^rcqrei/  ovqccvlov  oöov.  —  Das  Schlimmste,  was 
den  Menschen  begegnen  könnte,  wäre  der  Einsturz  des  Himmels: 

*)  Vgl.  Vellei.  2,  2,  3  (von  Tib.   Gracchus)  summa  imis  miseuit,  und 
Sali.  Gat  2,  3  omnia  miscere.  Die  Red. 

**)  Auf  ein  älteres  Vorbild  der  allitterierenden  Verbindung  von  caelum 
und  caenum  weist  E.  Wölfflin  hin  (die  allitt.  Verb,  der  lat.  Sprache  S.  31): 
Livius  Drusus  hatte  gesagt,  er  hinterlasse  nichts,  nisi  quis  aut  caenum  di- 
videre  vellet  aut  caelum  (Flor.  III  17,  6.    de  vir.  illustr.  66.) 

***)  Vgl.  „Der  Himmel  ist  uns  überall  gleich  nahe"  (Düringsfeld ,  die 
Sprichw.  d.  germ.  u.  roman.  Spr.  I  732),  und  Anazagoras  bei  Cic.  Tusc.  1, 
104  undique  ad  inferos  tautundem  viae  est 


16  A.  Otto: 

Varro  bei  Non.  p.  434,  24  Tanta  porro  invasit  cupiditas  honorum 
plerisque,  ut  vel  caelum  ruere,  modo  magistratum  adipiscantur, 
exoptent.  Hör.  carm.  III  3,  7  Si  fractus  illabatur  orbis  Impavidum 
ferient  ruiuae.  Senec  Quaest  nat.  VI  32,  4  securus  adspiciet 
fulminantis  caeli  trucem  atque  horridam  facieni,  frangatur  licet 
caelum  ff.  Vgl.  Probus  zu  Verg.  Ecl.  VI  31  Afranius  etiam  in 
Augure:  Mare,  caelum,  terram  ruere  ac  tremere  diceres  (Ribb. 
fr.  com8,  p.  166).  Aber  nur  der  übermäfsig  Zaghafte  sagt  quid, 
si  nunc  caelum  ruat?  (Ter.  Heaut.  719  redeo  ad  illos  qui  aiunt 
q.  s.  n.  c.  r.  und  dazu  Donat.)  Vgl.  Theogn.  869  "Ev  poi  ixsiza 
Ttiooi  (idyag  ovQctvog  svQvg  vnsQftev  ga'Axiog,  äv&Qcixa>v  detfuc 
Xaiuuyevi&v.  Auch  einige  deutsche  Sprichworter  sehen  den 
Einsturz  des  Himmels  vor,  z.  B.  Wenn  der  Himmel  einfiele, 
wären  alle  Spatzen  gefangen.*) 

Zahllos  sind  die  Sterne  am  Himmel.  Ov.  trist.  I  5,46  quot 
in  aethere  sidera  lucent.  Rutil.  Naniat.  Itin.  I  94  Ut  si  quis 
Stellas  .pernumerare  velit.  Catull.  7,  7  aut  quam  sidera  multa, 
cum  tacet  nox.  Vgl.  Callim.  hymn.  IV  175.  Müssigganger  ver- 
treiben sich  die  Zeit  damit,  dafs  sie  die  Sterne  zahlen:  Petron  62 
Sedeo  cantabundus  et  Stellas  numero.  Auch  die  Griechen  sagten 
aötigag  apröfiffg  Diogen.  I  15  (Paroemiogr.  gr.  II  p.  4).  Unser 
Vergleich  „schon  wie  ein  Stern"  findet  sich  schon  bei  Hom.  II. 
VI  401  ivaUyxiov  aötsQt  xaXä  und  danach  bei  Hör.  carm.  III 
9,  21  quamquam  sidere  pulchrior  Ille  est  —  Zu  den  Sternen 
versetzt,  d.  h.  unsterblich  zu  werden,  ist  das  Streben  aller  der- 
jenigen, die  Ruhm  suchen  (vgl.  ad  caelum,  ad  astra  efferre).  In 
diesem  Sinne  sagt  Verg.  Aen.  IX  641  sie  itur  ad  astra,  was  später 
zu  einem  geflügelten  Worte  geworden  zu  sein  scheint:  Senec.  ep. 
48,  7  Sic  itur  ad  astra?  73,  13  Credamus  itaque  Sextio  mon- 
stranti  pulcherrimum  iter  et  clamanti:  Hac  itur  ad  astra.**)  Vgl. 
Hör.  Carm.  I,  1,  36. 

Der  Mond  scheint  ins  Sprichwort  der  Römer  überhaupt 
nicht  Eingang  gefunden  zu  haben;  eine  um  so  gröfsere  Rolle 
spielt  die  Sonne,  das  hellstrahlende  und  wärmende  Gestirn  des 


*)  Zu  der  Redensart  pugnare  cum  diis  (Archiv  III  207)  Bei  nachtrag- 
lich noch  hinzugefügt  Salvian  gnb.  dei  VI  4,  24  quasi  caelum  oppugnamus. 
**)  Zum  Gedanken  vgl.  Ov.  trist.  IV  3,  74  ardua  per  praeeeps  gloria 
vadit  iter.  Pseudo-Sall.  de  re  publ.  II  7,  9  ad  virtutem  via  ardua  est. 
Cyprian  de  hab.  virg.  21  Non  est  ad  magna  facilis  ascensus.  „Der  Weg 
zum  Himmel  führt  durch  Kreuzdorn. " 


Die  Natur  im  Sprichwort.  17 

Tages.  Dafs  die  Sonne  vom  Himmel  fallen  könnte,  erscheint 
ebenso  undenkbar,  wie  der  Einsturz  des  Himmels  selbst:  Gic.  ad 
Att  IX  10,  3  8ol  excidisse  mihi  e  mundo  videtur,  ich  hätte  eher 
alles  für  möglich  gehalten.  —  Unser  „es  ist  noch  nicht  aller 
Tage  Abend"  steht  bei  Livius  XXXIX  27,  9  nondum  omnium  di- 
erum  sol  occidit.  —  Die  Sonne  sieht  alles  (darum  heifst  es  bei 
Plautus  Stich.  110  von  einem  trefflichen  Menschen  meliorem  neque 
tu  reperies,  neque  sol  videt,  einen  Besseren  bescheint  die  Sonne 
nicht)  und  leuchtet  allen  ohne  Unterschied:  Petron  100  sol  Om- 
nibus lucet*),  die  Natur  verteilt  allen  ihre  Gaben.  Gleich- 
wohl giebt  es  nach  einem  dem  alten  Cato  in  den  Mund  gelegten 
Worte  Leute,  die,  weil  sie  die  Nacht  zum  Tage  machen  (Liv. 
XXXI  41,  10  per  somnum  vinumque  dies  noctibus  aequarent. 
Verg.  Aen.  IX  337),  noch  nie  den  Aufgang  oder  Untergang  der 
Sonne  erblickt  haben:  Cic.  de  fin.  II  8,  23  qui  solem,  ut  aiunt,  nee 
oeeidentem  umquam  viderint,  nee  orientein.  Colum.  praef.  I  16 
dies  ludo  vel  somno  consumimus  ac  nosmet  ipsos  dueimus  for- 
tunatos, quod  nee  orientem  solem  vidimus,  nee  oeeidentem.  Senec. 
ep.  122,2  Sunt  quidam  in  eadem  urbe  antipodes,  qui  ut  M.  Cato 
ait,  nee  orientem  umquam  solem  viderunt,  nee  oeeidentem.  Die 
griechische  Quelle  findet  sich  bei  Athen.  XII  p.  520  A  od'Bv  xal 
Qrjd'ijvai  ort  tbv  ßovkofievov  iv  UvßccQSt  pi}  tcqo  fioLQCcg  aito&a- 
velv  ovte  dvofievov  ovte  avi6%ovta  tbv  fjXiov  bgäv  öet.  Vgl. 
VI  p.  273  C.  Wieder  andere  tappen  bei  hellem  Tage  im  Dunklen, 
sind  mit  sehenden  Augen  blind:  Quintil.  I  2,  19  cum  proferenda 
sunt  studia,  caligat  in  sole.  Prudent.  in  Symmach.  I  577  spien  - 
dentemque  die  medio  non  cernere  solem.  Es  giebt  sogar  solche, 
die  so  leichtgläubig  und  dumm  sind,  dafs  sie  sich  bei  Tage  ein- 
reden lassen,  es  sei  Nacht:  Titin.  bei  Non.  p.  277, 16  qui  illuni 
sat  sciat  Delicere  et  noctem  facere  possit  de  die.  Plaut.  Bacch. 
699  Si  tu  illum  solem  esse  dixeris  Se  illam  lunam  credere  esse, 
et  noctem  qui  nunc  est  dies.  Petron.  37  mero  meridie  si  dixerit 
illi  tenebras  esse,  credet.  Vgl.  Boeth.  consol.  phil.  III  10  v.  17 
Hanc  quisquis  poterit  notare  lucem  Gandidos  Phoebi  radios  ne- 
gabit  und  Cic.  Att.  I  1,  1  Catilina,  si  iudicatum  erit  meridie  non 
lucere,  certus  erit  competitor  d.  h.  niemals.  —  Vergebliche  und 
thörichte  Mühe   ist  es,  bei  lichtem  Tage  der  Sonne,   die    doch 


*)  Zum  Gedanken  vgl.  Ovid.  Metam.  I  136.  VI  360.     Symmachos  ep. 
XI  1.     Wir  behaupten  das  Gleiche  von  der  Luft. 

Archiv  für  lat.  Lexikogr.  IV.    Heft  1.  2 


18  A.  Otto: 

selbst  hell  genug  ißt,  in  die  Augen  zu  leuchten,  rjM<p  <päg  6a- 
vsl£siv  (Apost.  VIII  51):  Cic.  de  fin.  IV  12,  29  ut  in  sole,  quod  a 
te  dicebatur,  lucernam  adhibere  nihil  interest.  Quintil.  V  12,  8  in 
rebus  vero  apertis  argumentari  tarn  sit  stultum,  quam  in  clarissi- 
mum  solem  mortale  lumen  inferre.  Arnob.  I  27  et  snb  sole  cla- 
rissimo  cum  lucernis  et  facibus  permigrare  vastitatem.  Symmach. 
ep.  III  48  ut  si  in  sole  positis  facem  praeferas  et  accensu  lu- 
minum  claritudinem  diei  gestias  adiuvare.  Ennod.  p.  39,  7  Vog. 
quasi  lychnis  contra  solis  radios  pugnaturi.  p.  40,  15  sol  facibus 
non  iuvatur.  p.  52,  22.  73,  14  Supervacuis  ad  beneficia  laborat 
impendiis,  qui  solem  certat  facibus  adiuvare.  Vgl.  noch  kv%vov 
iv  fisörj^ßQLcc  anxBiv  Diogen.  III  12  und  Senec.  de  vit.  beat.  27,  1.  — 
Doch  heifst  es  mit  scherzhafter  Übertreibung  bei  Plaut.  Menaechm. 
180  solem  vides  Satin  ut  occaecatust  prae  huius  hominis  can- 
doribus?,  und  mit  ähnlicher  Übertreibung  nennen  die  Römer  das, 
was  sonnenklar  ist,  luce  clarius:  Cic.  Catil.  I  3,  6  Luce  sunt  cla- 
riora  nobis  tua  consilia  omnia.  pro  Mil.  2,  6  clariores  hac  luce. 
pro  Cael.  9,  22  signis  omni  luce  clarioribus.  de  fin.  I  21,  71  ea, 
quae  dixi,  sole  ipso  inlustriora  et  clariora  sunt.  Tuscul.  I  37,  90 
quod  est  luce  clarius.  de  divin.  I  3,  6  solis  luce  —  clarius.  Arnob. 
I  147  sole  ipso  est  clarius.  I  54  quod  nisi  aperta  res  esset  et  luce 
ipsa,  quem  ad  modum  dicitur,  clarior.  Tertull.  adv.  Marc.  IV  1 
et  luce  ipsa  clarius.  de  resurr.  carn.  20  quaeque  luce  clarius 
praedicarentur.  Hieron.  adv.  Ioann.  Hieros.  10  p.  417  sole  clarius. 
Augustin.  Patrol.  XLTI  col.  105.  735.  750.  782. 

Wie  man  das  Deutliche  und  Bestimmte  mit  der  Helle  der 
Sonne  vergleicht,  so  im  Gegensatze  dazu  das  Dunkle  und  Un- 
gewisse mit  dem  Nebel.  (Vgl.  Hör.  carm.  111  15,  6  Et  stellis 
nebulam  spargere  candidis.)  So  braucht  man  per  nebulam  videre 
von  ungenauer  Wahrnehmung  (im  eigentlichen,  wie  im  über- 
tragenen Sinne):  Plaut.  Pseud.  403  quae  quasi  Per  nebulam  nos- 
met  scimus  atque  audivimus.  Capt.  1023  quom  mecum  cogito,  — 
Quasi  per  nebulam  Hegionem  meum  fratrem  vocarier.  Für  nebula 
setzte  man  später  geradezu  caligo:  Cic.  de  fin.  V  15,  43  vis  naturue 
quasi  per  caliginem  cernitur.  Philipp.  XII  2,  3  Quod  videbam 
equidem,  sed  quasi  per  caliginem.  Petron9  Quasi  per  caliginem  vidi 
Gitonem.  Plin.  ep.  V  8,  8  adhuc  tarnen  per  caligineui  video,  wie 
im  Traum.  In  diesem  Sinne  ist  auch  zu  verstehen  Macrob.  Comm. 
in  soiun.  Scip.  I  3,  7  inter  vigiliam  et  adultam  quietem  in  quadani, 
ut  aiunt,  prima  sonini  nebula  adhuc  se  vigilare  aestimans.    Daher 


Die  Natur  im  Sprichwort.  19 

sind  Nebel  und  Wolken  zugleich  ein  Bild  des  Wesenlosen,  Eitlen, 
Trugerischen:  Plaut.  Poen.  I  2,  62  Cuius  ego  nebulae  cyatho  septem 
noctes  non  emam.  Hör.  a.  p.  230  dum  vi  tat  humum,  nubes 
et  inania  captat.  Vgl.  Pers.  5,  7.  (Gell.  n.  a.  VIII  10  lemm. 
nebulae  quaestionum  verfängliche  Fragen.)  Plaut.  Epid.  III,  4,  40 
Quas  tu  mihi  tenebras  cudis?  welche  heimliche  Listen  ersinnst 
du?  Einen  Menschen,  der  anderen  „blauen  Dunst  vormacht", 
nennen  die  Römer  einen  nebulo.  —  Als  Gegensatz  zu  etwas  Hartem 
und  Rauhem  findet  sich  nebula  bei  Plaut.  Cas.  IV  4,  21  Nebula 
haud  est  mollis  atque  cutis  huius  est.  — 

Auch  Luft  und  Wind  bilden  einen  Kontrast  zu  Festem  und 
Sicherem.  Wer  auf  Hoffnung  jagt,  fangt  Nebel  oder  baut  Luft- 
schlösser: Augustin.  serm.  8,  prooem.  (MigneXXXVlII  67)  ne  sub- 
tracto  fundamento  in  aere  aedificare  videamur.  ibid.  col.  30  ne  sub- 
tracto  fundamento  rei  gestae  quasi  in  aere  quaeratis  aedificare. 
Arnob.  II  62  spe  —  aeria  blandiatur.  Gleichbedeutend  ist  ventos 
pascere  bei  Augustin.  c.  Faust  15,  6  (42,  309  M.).  Wer  vom  Winde 
leben  will,  mufs  sehr  geringe  Bedürfnisse  haben:  Cod.  Just.  V 
50,  2  Nee  ferendus  est  iuvenis,  qui  .  .  .  sumtus  recuset,  quasi 
vento  vixerit.  Thöricht  ist  es,  wider  die  Winde  zu  streiten  d.  h. 
mit  wesenlosen  Gegnern  zu  kämpfen,  gegen  die  man  nichts  aus- 
richten kann:  Petron.  83  dum  cum  ventis  litigo.  Augustin.  de  ag. 
Christ.  V  5  (Migne  XL  294)  ne  putent  stulti  adversus  aerem  nos 
debere  certare.  Hieron.  adv.  Rufin.  I  15  p.  47 1  stultum  est  pugnis 
aerem  verberare.  Claud.  Mamert.  III  16  p.  187,  19  Eng.  in  auras 
tela  iacere  et  sine  hoste  pugnare.*)  Und  ebenso  verkehrt,  weil 
unmöglich,  ist  es,  in  der  Luft  zu  pflügen,  oder  zu  fischen:  Ov. 
trist.  I  8,  3  Caelum  findetur  aratro.  Plaut.  Asin.  99  Jubeas  me 
—  piscari  in  aere.  Ov.  ex  Pont.  II  6,  37  remo  tarnen  utor  in 
aura.  Griechische  Analogieen  sind  avfyovg  yeagyetg  Zenob.  I  99. 
öiKtvGi  avspov  ftriQ&g  Zenob.  III  13.  aiftiga  vr\vh\kov  igsööetg 
Diogen.  Vindob.  I  15.  -Vgl.  Düringsfeld  Sprichw.  der  german. 
und  roman.  Sprachen  II  379  f.  —  Luft  und  Wind  sind  leicht  ver- 
änderlich, man  darf  ihnen   nicht  trauen.     „Menschen  und  Wind 


*)  Bei  Verg.  Aen.  V  446  Entellus  vires  in  ventum  effudit  ist  zwar  die 
wörtliche  Auffassung  möglich,  doch  hat  wohl  zugleich  die  sprichwörtliche 
Phrase  dem  Dichter  vorgeschwebt.  Das  Gleiche  gilt  von  Catull  64,  111 
Nequiquam  van  iß  iaetantem  cornua  ventis,  wozu  das  griechische  Vorbild  bei 
Cic.  ad  Att.  VIII  5,  1  erhalten  ist:  noXXa  pdvriv  %eqdtaaiv  ig  rjSQCt  ih>p>j- 
vavta.    Vgl.  Ov.  Metam.  VII  775  vanos  exercet  in  aera  morsus. 


20  A.  Otto: 

ändern  geschwind":  Prop.  II  9,  33  Non  sie  incerto  mutantur  fla- 
mine  Syrtes.  (II  5,  1 1  f.)  Ov.  ex  Pont.  IV  3;  33  aurä  incertior. 
Calpurn.  ecl.  3,  10  mobilior  ventis  femina.*)  Zugleich  sind  die 
Winde  auch  das  schnellste  Element  (vgl.  unser  „schnell  wie  der 
Wind"):  Plaut.  Bacch.  290  neque  aves,  neque  venti  citius.  Verg. 
Aen.  V  242  Noto  citius.  VIII  223  Fugit  ilicet  ocior  Euro.  XII  84 
Qui  candore  nives  anteirent,  cursibus  auras.  XII  733  Fugit  ocior 
Euro.  Hör.  carm.  II  16,  23  Ocior  cervis  et  agente  nimbos  Ocior 
Euro.  Stat.  Theb.  VI  521  volat  ocior  Euro.  Sil.  Ital.  II  173  ocior 
Euro.  Nemes.  ecl.  4,  14  rapidis  fugacior  Euris.  Claudian.  I  100 
rapido  velocior  Euro.  —  Worte,  die  in  den  Wind  gesprochen 
werden,  sind  vergebens  gesprochen:  Lucr.  IV  931  tu  fac;  ne  ventis 
verba  profundain.  Ainm.  Marc.  XV  5,  8  ventis  tarnen  loquebatur 
incassum.  Suidas:  av€(iG>  öiaXiyetg.  Paul,  ad  Cor.  I  14,  9.  Darum 
ist  es  die  stehende  Klage  der  Dichter,  dafs  die  Winde  ihre 
Bitten  und  Schwüre  verwehen  könnten  oder  verweht  haben: 
Catull  64,  142  quae  euneta  aerii  discerpunt  irrita  venti.  74,  52 
inrita  ventosae  linquens  promissa  procellae.  65,  17  tua  dieta 
vagis  nequiquam  credita  ventis.  Verg.  Aen.  X  652  nee  ferre  videt 
sua  gaudia  ventos,  und  dazu  Servius,  XI  795  (voti)  partem  vo- 
lucris  discerpit  in  auras.  798  in  notos  vocem  vertere  procellae. 
Tibull.  I  5,  35  quae  nunc  Eurusque  Notusque  Jactat  odoratos 
vota  per  Armenios.  III  4,  9  et  iubeat  tepidas  inrita  ferre  notos. 
Prop.  I  16,  34  At  mea  nocturno  verba  cadunt  zephyro.  Ov.  am. 
I  6,  42  Verba  dat  in  ventos  aure  repulsa  tua.  I  4,  11  nee  euris 
Da  mea,  nee  tepidis  verba  ferenda  notis.  8,  106  tulerint  voces 
ventus  et  aura  meas.  II  8,  19  periuria  ferre  per  auras.  ep.  2,  25 
ventis  et  verba  et  vela  dedistf  (=  me  fefelliati).  Culex  383  Et 
mea  diffusas  rapientur  dieta  per  auras.  Claudian.  XXXVI  133 
procul  irrita  venti  dieta  ferunt.  Voran  gehen  auch  hier  wieder 
die  Griechen:  Eurip.  Troad.  419  avifiotg  <peQe6&cu  didtofti.  Theoer. 
Id.  XXIX  35  AI  dl  tavra  cpEQSiv  avipoiöiv  imtQsnsig.  Doch 
fügen  die  Römer  zu  den  Winden  noch  die  Wolken:  Catull.  30,  9 
tua  dieta  faetaque  Ventos  irrita  ferre  ac  uebulas  aerias  sinis. 
Verg.  Aen.  IX  312  sed  aurae  Omnia  discerpant  et  nubibus 
irrita  donant.  Tibull.  (Lygdamus)  III  6,  27  venti  temeraria  vota 
Aeriae  et  nubes  diripienda  ferant.    Wind  und  Wellen  erscheinen 


*)  Ov.  ep.   17  (18)  185   Cumque  niinaa  iirmum  nil  sit,  quam   ventus 
et  unda   In  ventis  et  aqua  spes  mea  semper  erit? 


Die  Natur  im  Sprichwort.  21 

Yerbunden  bei  Tibull.  I  4,  21  Veneris  periuria  venti  Inrita  per 
terras  et  freta  longa  ferunt.  Prop.  II  28,  8  Quidquid  iurarunt, 
ventus  et  unda  rapit.  Ov.  am.  II  16,  46  ventus  et  unda  ferant. 
trist.  I  8,  3J5  Cunctane  in  aequoreos  abierunt.irrita  ventos,  Cunc- 
tane  Lethaeis  mersa  feruntur  aquis?  Ahnlich  wie  Tibull  läfst 
auch  Ovid  die  Winde  das  Gesprochene  ins  Meer  tragen:  a.  a.  I 
388  dicta  per  mare  ventus  agit.  am.  I  8,  19  Tu  dea,  tu  iubeas 
animi  periuria  puri  Carpathium  tepidas  per  mare  ferre  notos,  und 
ebenso  schon  Theoer.  Id.  XXII  167  rä  {feig  vyQOv  ä%sxo  xv(ia 
nvoLTi  ijjovd  avsfioio.  Von  Traurigkeit  und  Furcht  spricht  den- 
selben Gedanken  aus  Horaz  carm.  1 26, 1  tristitiam  et  metus  Tradam 
protervis  in  mare  Creticum  Portare  ventis.  Und  gleichbedeutend 
ist  der  Wunsch,  es  möge  etwas  sich  in  Luft,  Staub  oder  Wasser 
verwandeln:  Prop.  II  16,  45  Haec  videam  rapidas  in  vanum  ferre 
procellas,  Quae  tibi  terra  velim,  quae  tibi  fiat  aqua.  Ov.  ep.  1,  79 
hoc  crimen  tenues  vanescat  in  auras.  (Tibull.  IV  4,  8  In  pelagus 
rapidis  evehat  amnis  aquis.  Catull.  66,  85  Ulius  a  mala  dona 
levis  bibat  irrita  pulvis.) 

Sturm  und  Regen  ist  für  die  Phantasie  ein  Bild  des  Unglücks, 
der  Heimsuchungen.  Aber  auf  Regen  folgt  Sonnenschein,  post 
uubila  Phoebus.  Dieser  Gedanke  kehrt  schon  bei  den  Römern 
öfter  wieder:  Tibull.  III  6,  32  Venit  post  multos  una  sereua  dies. 
Prop.  II  28,  32  Et  deus  et  durus  vertitur  ipse  dies.  Ov.  trist.  II 
142  Nube  solet  pulsa  candidus  ire  dies.  fast.  I  495.  Senec.  ep. 
107,  8  Nubilo  serena  succedunt.  Hör.  carm.  II  9,  1  Non  semper 
imbres  nubibus  hispidos  Manant  in  agros  ff.  (vgl.  II  10, 19  neque 
semper  arcum  tendit  Apollo).  —  Vom  strömenden  Regen  sagte 
man  im  Volke  urceatim  pluit  (Petron.  44),  es  regnet  wie  mit 
Kannen,  und  eine  leicht  erreichbare  Sache  vergleicht  Plautus 
mit  dem  fallenden  Regen:  Capt.  336  Tarn  hoc  quidem  tibi  in 
proelivi  est,  quam  imber  est,  quando  pluit.  —  Ein  blofser  Tropus 
ist  wohl  der  Vergleich  einer  zahlreichen  Menge  mit  den  Hagel- 
körnern (vgl.  unser  „hageldicht"):  Auct.  bell.  Afr.  47,  1  cum  saxea 
grandine.  Sil.  Ital.  II  38  resonant  saxorum  grandine  turres.  IX 
578.  Amm.  Marcell.  XIX  1 ,  8  ritu  grandinis  —  convolantibus 
telis.  Prudeni  cathein.  V  98  gelida  grandine  densius.  —  Wie  der 
Blitz  am  liebsten  die  höchsten  Gegenstände  trifft,  so  sind  grade 
die  Höchstgestellten  dem  Falle  am  nächsten:  Hör.  carm.  II  10,  11 
Feriuntque  summos  Fulgura  montes.  Senec.  Agam.  96  feriunt 
celsos  fulmina  colles.    Hippol.  1132.   Claudian  in  Ruf.  I  22.     Am 


22  A.  Otto: 

meisten  sind  sie  dem  Neide  und  der  Mifsgunst  ausgesetzt: 
LucrezVll31  invidia  quoniauj,  ceu  fuloiine,  summa  vaporani. 
Liv.  VIII  32,  7  etiam  invidiam,  tamquam  ignein,  summa  petere. 
Ov.  rem.  am.  369  Summa  petit  Livor  —  Summa  petunt  dextra 
fulmina  missa  Iovis.  Der  Gedanke  findet  sich  schon  bei  Hero- 
dot  VIII  10  OQag  rä  vitBQi%ovxa  £cia  Gig  xsQawol  6  &£og. 

Was  ohne  Bestand  ist,  zergeht  wie  Eis  und  Schnee  au  der 
Sonne:  Ov.  a.  a.  I  374  Ut  fragilis  glacies  interit  ira  morä.  Plaut. 
Stich.  648  quasi  nix  tabescit  dies*).  Ähnlich  ist  Ov.  ep.  13,  52 
more  nivis  lacrimae  sole  madentis  eunt.  —  Das  glänzende  Weifs 
des  Schnees  beziehen  die  Dichter  mit  Vorliebe  auf  die  weibliche 
Schönheit:  Catull.  80,  2  candidiora  nive.  Ov.  Metam.  VIII  373. 
ex  Pont.  II  5,  38.  ep.  15  (16)  249.  Mart.  1 115,  3.  II 29,  4.  IV  42, 5. 
V  37, 6.  VII 32,  2.  XII 82. 7.  Senec.  de  beu.  VII 24, 1.  El.  ad  Maecen. 
1,62.  schol.  luven.  VI  155.  Claudian  XXXI  126.  Auson.  parent. 
5,  6.  Schon  Homer  nennt  die  weifsen  Rosse  des  Rhesus  Xevxo- 
tcQa  %iovog  (II.  X  437.  nachgeahmt  von  Verg.  Aen.  XII  84). 

Das  Wasser  selbst  in  seinen  mannigfachen  Erscheinungs- 
formen und  Verwendungen  liefert  dem  Sprichwort  einen  überaus 
reichhaltigen  Stoff.  Ein  Wasser  ist  dem  anderen  gleich:  Plaut. 
Menaechm.  1089  Neque  aqua  aquae,  neque  lacte  lactis  —  us- 
quam  similist.  mil.  glor.  551  Nam  ex  uno  puteo  similior  num- 
quam  potis  Aqua  aquae  sumi,  quam  haec  est  atque  ista  ho- 
spita.  —  Was  man  ins  Wasser  schreibt  (wir  sagen:  in  den 
Rauch,  in  den  Schornstein),  giebt  man  als  verloren  preis: 
Catull.  70,  4  sed  mulier  cupido  quod  dicit  amauti,  In  vento  et 
rapida  scribere  oportet  aqua.  Soph.  fr.  741  N  oqxov  dVy©  ywai- 
xog  elg  vö&q  yQccqxo.  Allgemein  elg  vöcoq  ygayetv  Diogeu.  V  83. 
Macar.  V  50.  Apost,  VI  56.  Vgl.  Augustin  de  civ.  dei  XIX  23,  1 
Forte  magis  poteris  in  aqua  impressis  litteris  scribere,  aut  — 
per  aera  ut  avis  volare,  quam  etc.  (aus  griechischer  Quelle).  Ver- 
gebliche Mühe  wäre  es  auch,  Wasser  mit  einem  Siebe  schöpfen 
zu  wollen  (Ambros.  de  Noe  et  arca  c.  22,  80  [Migne  col.  419J 
tamquam  in  proverbio,  si  quis  reti  subtili  haurire  cupiat  aquam, 
sie  qui  malitiam  ex  pectoribus  hominum  conatur  auferre.  Vgl. 
Archiv  III  224),  oder  im  Wasser  einen  Bau  aufzuführen:  Cic.  de 
fin.  II  22,  72   quarum  omnium   (virtutum)   fundamenta  vos  tain- 


?)  Ebenso  vom  Wachs  Ov.  ex  Pont.  I  2,  68  Ignibus  admotis  ut  nova 
cera  aolet. 


Die  Natur  im  Sprichwort.  23 

quam  in  aqua  ponitis.  —  Die  leicht  platzende  Wasserblase  gilt 
als  Sinnbild  der  Vergänglichkeit  und  Kürze  des  menschlichen 
Lebens:  Varro  r.  r.  I  11  Cogitans  esse  properanduni,  quod,  ut 
dicitur,  si  est  homo  bulla,  eo  uiagis  senex.  Petron.  42  nos  nou 
pluris  sumus,  quam  bullae.  schol.  Pers.  IT  10  ex  quo  etiam  pro- 
verbialiter  dicitur,  homo  bulla  est.  Der  Vergleich  wird  durch- 
geführt von  Lucian  Charon  19.  —  Und  doch  ist  selbst  ein  Tropfen 
imstande  durch  wiederholten  Fall  den  härtesten  Stein  zu  durch- 
löchern, steter  Tropfen  höhlt  den  Stein:  Lucr.  IV  1286  Nonne 
vides  etiam  guttas  in  saxa  cadentis  Umoris  longo  in  spatio  per- 
tundere  saxa?  I  314  stilicidi  casus  lapidem  cavat.  Tibull.  I 
4,  18  Longa  dies  molli  saxa  peredit  aqua.  Prop.  II  25,  15  teritur 
rubigine  mucro  Ferreus  et  parvo  saepe  liquore  silex.  IV  5,  19 
ceu  blanda  pererret  Saxosamrjue  terat  sedula  gutta  viam,  doch 
ist  hier  die  Lesart  zweifelhaft.  Ov.  a.  a.  I  I  476  Dura  taineu 
molli  saxa  cavantur  aqua,  ex  Pont.  I  1 ,  70  Aequorei  scopulos  et 
cavat  unda  salis.  II  7,  40  Percussa  crebro  saxa  cavantur  aquis. 
IV  10,  5  Gutta  cavat  lapidem,  consumitur  anulus  usu.  'Pavlg  iv- 
deXs%ov6a  xoikaCvei  itizQav  Apost.  XV  19.  —  Zur  Bezeichnung 
eiuer  ganz  geringen  Menge  dient  der  Tropfen  sowohl  im  eigent- 
lichen, wie  im  tropischen  Sinne:  Plaut.  Cas.  II  3,  31  Si  ego  in  os 
hodie  vini  guttam  indidi.  Most.  508  gut  tarn  haut  habeo  sanguinis 
(vor  Schreck).  Pseud.  3970  Quoi  neque  parata  est  gutta  certi 
consilii.  Lucr.  IV  1053  gutta  dulcedinis  stillavit  in  cor.  —  Wasser 
und  Feuer  vertragen  sich  nicht  mit  einander,  es  ist  undenkbar, 
dafs  beide  Elemente  sich  vermischen  könnten:  Cic.  Phil.  XIII 
21,  49  prius  undis  flamma  (seil,  miscebitur)  ut  ait  poeta  nescio 
quis  (Ribb.  Frgm.  trag.2  258).  Augustus  bei  Dio  Cass.  55,  13 
&a6öov  nvQ  vSan  (iix&riöEG&ai.  Ov.  trist  I  8,  4  Unda  dabit 
flammas  et  dabit  ignis  aquas.  Gleichwohl  sind  Wasser  und 
Feuer  im  Leben  die  unentbehrlichsten  Dinge  (vgl.  die  Formel 
aqua  et  igni  interdicere):  Cic.  de  amic.  6,  22  itaque  non  aqua, 
non  igni,  ut  aiunt,  pluribus  locis  utiuiur,  quam  amicitia,  die 
Freundschaft  brauchen  wir  wie  das  tägliche  Brot*).  Doch  giebt 
es  auch  Wasserfeinde,  die  sich  davor  fürchten  und  in  acht 
nehmen,  wie  vor  einem  bösen  Hunde:  Petron.  42  aqua  dentes 
habet**),   während    wiederum   es   den  Geizhals  reut,   selbst  das 

*)  Auch  der  ganze  Gedanke  ist  sprichwörtlich.     Vgl.  das  griechische 
Ttdvvoov  ifiiGta  cpiUa  (Paroemiogr.  gr.  II  p.  766). 

**)  So    verstehe   ich   dem   Zusammenhange   entsprechend   diesen   sehr 


24  A.  Otto: 

Badewasser  wegzugiefsen:  Plaut.  Aulul.  II  4,  29  aquam  hercle 
plorat,  cum  lavat,  profundere.  —  Durch  Benetzen  mit  Wasser 
werden  Ohnmächtige  wieder  zum  Bewufstsein  zurückgebracht, 
davon  heilst  aquam  aspergere  alicui  jemand  nach  einem  ge- 
habten Schreck  wieder  aufrichten  und  trösten:  Plaut.  Bacch.  247 
Euax,  aspersisti  aquam.  Epid.  IV  1,  27  guttula  Pectus  ardens 
mihi  aspersisti.  CistelL  II  3,  37  obsipat  Aquulam.  Ennius  v. 
173  p.  28  Vahl. :  aquast  aspersa  Latinis.  Jedoch  kann  man  wohl 
auch  jemandem  einen  Schabernack  anthun,  indem  man  ihn  heim- 
tückisch von  hinten  mit  einem  Strahl  kalten  Wassers  übergiefsi. 
So  bedeutet  Plaut.  CistelL  I  1,  37  clam  —  Aquam  frigidam  sub- 
dole  suffundunt  das  Gegenteil  von  blandiri  (ähnlich  unser m: 
vorne  streicheln,  hinten  kratzen)*).  Eine  Parallele  und  zugleich 
Erklärung  bietet  Hör.  sat.  I  4,  87  E  quibus  unus  amet  quavis 
adspergere  cunctos  Praeter  eum,  qui  praebet  aquam,  wo  zu 
quavis  ebenfalls  aqua  zu  ergänzen  ist.  Die  Bezeichnung  des 
Gastgebers  durch  qui  praebet  aquam,  ist  aber  wohl  nur  eine 
scherzhafte  und  zugleich  durch  aspergere  veranlafste,  nicht  wie 
u.  a.  noch  Georges  will,  eine  sprichwörtliche.  —  Noch  weniger 
sprichwörtlich,  wenn  auch  vielfach  darunter  gerechnet,  ist 
Plaut.  Bacch.  105  dabitur  opera,  calet  aqua,  da  die  Aufforderung 
zum  Baden  an  jener  Stelle  buchstäblich  gemeint  ist.  —  Sklaven- 
brot essen  heifst  servam  aquam  bibere:  Ov.  am.  I  6,  26  Nee  tibi 
perpetuo  serva  bibetur  aqua!  Das  Gegenteil  bei  Petron.  71  cito 
aquam  liberam  gustabunt.  —  An  die  Wasseruhr  hat  man  wohl 
zu  denken  bei  der  Redensart  aqua  haeret,  ich  kann  nicht  weiter, 
weifs  mir  keinen  Rat:  Cic.  de  off.  III  33,  117  Dicit  ille  quidein 
multa  multis  locis,  sed  aqua  haeret,  ut  aiunt.  ad  Qu.  fr.  II  6,  2 
In  hac  causa  mihi  aqua  haeret.  Ebenso  haeret  haec  res  Plaut. 
Pseud.  423.  985.  Trin.  904. 

Das    reinste    und    beste    Wasser   ist    das    der   Quellen**). 
Leider  dürsten  zuweilen  auch  diese:   Cic.  ad  Qu.  fr.  III  1,  11  Tibi 


verschieden   gedeuteten  Satz,   dessen  Färbung  allerdings  eine  sprichwört- 
liche scheint. 

*)  Zur  Erklärung  s.  auch   Pflügl  das  latein.  Sprichwort   bei  Plautus 
und  Terenz.  S.  33. 

**)  Ov.  ex  Pont.  III  5,  18  Gratior  ex  ipso  fönte  bibentur  aquae.  An 
die  übertragene  Bedeutung  von  fons  streift  Hieron.  adv.  Rufin.  I  15  p.  470 
neque  enim  fieri  potest,  ut  do  eodem  fönte  dulce  amarunique  processerit. 
III  1,  p.  631  de  uno  fönte  dulce  amarumque  procedit. 


Die  Natur  im  Sprichwort.  25 

quod  rogas,  quoniam  fontes  iain  sitiunt,  siquid  habebo  spatii, 
scribam.  ad  Att.  XII  5,  1  11011  ad  dtr^coaav  XQrjvrjv,  sed  ad  IJec- 
Qtjvriv  eum  venisse.  Dann  mufs  man  zu  dem  sonst  verachteten 
Wasser  der  Teiche  und  Tümpel  seine  Zuflucht  nehmen:  Hör.  ep. 
13,11  Fastidire  lacus  et  rivos  ausus  apertos.  Prop.  II 23,  2 
Tpsa  petita  lacu  nunc  mihi  dulcis  aqua  est.  Ahnlich  Hieron.  adv. 
Lucif.  23  p.  196  conatus  est  beatus  Cyprianus  contritos  lacus 
fugere  nee  bibere  de  aqua  aliena.  Ganz  verächtlich  und  wertlos 
ist  ein  vertrockneter  Teich:  Prop.  II  14,  12  Dicebar  sicco  vilior 
esse  lacu.  Darum  erheischt  es  die  Klugheit,  rechtzeitig  für  seine 
Bedürfnisse  zu  sorgen,  und  nicht  erst  den  Brunnen  zu  graben, 
wenn  der  Durst  auf  der  Zunge  brennt:  Plaut.  Most.  380  miserum 
est  opus  Igitur  demum  fodere  puteum,  ubi  sitis  fauces  tenet. 
Ob  Plaut,  mil.  glor.  1150  haec  res  apud  summum  puteum  agitur, 
die  Sache  steht  an  des  Brunnens  Rand,  ist  sehr  gefährdet, 
wirklich,  wie  man  allgemein  annimmt,  ein  Sprichwort  enthält, 
erscheint  mir  deshalb  sehr  fraglich,  weil  die  Stelle  einem  des 
weiteren  ausgeführten  Vergleiche  entnommen  ist.  Wozu  aber 
diese  Ausführlichkeit,  wenn  das  Wort  für  sich  verständlich  ge- 
wesen wäre?  —  An  den  Philosophen,  der  die  Welt  um  sich 
vergessend  und  den  Blick  auf  das  Überirdische  gerichtet  in 
einen  Brunnen  fiel  (Archiv  III  S.  358),  erinnert  Hör.  ep.  II  2,  135 
posset  qui  rupem  et  puteum  vitare  patentem.  —  Dinge,  die  man 
in  einen  Brunnen,  oder  in  einen  Flufs  wirft,  sind  verloren: 
Petron.  42  aeque  est  enim  ac  si  in  puteum  conicias.  Hör.  sat.  II 
3,  242  qui  sanior  ac  si  Illud  in  rapidum  fluvium  iaciatve  cloa- 
cam?  —  Leute,  die  im  Überflusse  leben,  ihn  aber  nicht  zu  ge- 
brauchen wissen,  sind  dem  Tantalus  vergleichbar,  der  mitten  im 
Wasser  stehend  dürstete  (Ov.  am.  n  2,  42):  Prop.  I  9,  16  in  medio 
flumine  quaeris  aquas.  Ov.  trist.  V  4,  10  nee  pleno  flumine 
cernit  aquas.  Metam.  IX  761  mediis  sitiemus  in  undis.  Petron. 
fr.  p.  879  Burm.  45  Buch,  flumine  vicino  stultus  sitit.  (Vgl.  unser 
Sprichwort:  Am  Flusse  Brunnen  graben.)  —  Der  dumme  Bauer, 
der  über  den  Strom  will,  wartet,  bis  er  abgelaufen  sein  werde: 
Hör.  ep.  I  2;,  42  Rusticus  exspeetat,  dum  defluat  amnis,  was 
wohl  aus  einer  Fabel  stammt.  Ebensowenig  kommt  zum  Ziele, 
wer  gegen  den  Strom  schwimmt:  Ovid.  rem.  am.  121  Stultus 
ab  obliquo  qui  cum  descendere  possit,  Pugnat  in  adversas  ire 
natator  aquas.  luven.  4,  89  Ille  igitur  numquam  direxit  bracchia 
contra    Torrentern.     Senec.  ep.  122,  19    contra    illam    (naturam) 


26  A.  Otto: 

nitentibus  non  alia  vita  est,  quam  contra  aquam  reniigantibus. 
Fronto  p.  113,  10  Nab.  adverso,  quod  aiunt,  flumine.  Symmach. 
ep.  III  43,  2  non  tibi  adverso  nunc  amne  nitendum  est.  Augustin 
bei  Hieron.  ep.  110,3  Cur  itaque  conor  contra  fluininis  tractum? 
Greg.  Naz.  epist.  63  (57)  p.  819  D  zb  da  ^  ßid&ö&cu  $ovv  xora- 
fiov  xal  r)  naQoiftta  naiSeveu  —  Dein  Wasser  zu  trauen  ist  ge- 
fährlich, oft  sind  gerade  die  stillsten  Wasser  die  tiefsten:  Curt. 
VII  4,  13  altissima  quaeque  flumina  ininimo  sono  labuntur.  Cato 
dist.  IV  32  Quod  flunien  placiduni  est,  forsan  latet  altius  unda. 
Erst  wenn  man  wieder  festen  Boden  unter  den  Füfsen  hat,  ist 
man  in  Sicherheit:  Plaut.  Aulul.  803  Haec  propemodum  iam  esse 
in  vado  salutis  res  videtur  Rud.  I  2,  81  At  in  vado  est,  iam 
facile  enabit.    Ter.  Andr.  845  Res  est  in  vado. 

„Alle  Flüsse  laufen  ins  Meer":  Plaut.  Cure.  I  1,  86  Quisnam 
istic  fluvius  est,  quem  non  reeipiat  mare?  Darum  wird  bei 
Plaut.  Poen.  III 3,  14  der  Rat  gegeben:  Viam  qui  nescit,  qua 
deveniat  ad   mare,  Eum   oportet  amnem  quaerere  comitem  sibi. 

—  Die  Wellen  des  Meeres  sind  zahllos,  wie  der  Sand  am 
Gestade:  Verg.  Georg.  II  108  Nosse,  quot  Ionii  veniant  ad  littera 
fluetus.  Mark  VI  34,  2  Oceani  fluetus  me  numerare  iubes. 
Kviiara  (istQstg  Macar.  V  43.  Theoer.  Id.  XVI  60.  —  Überflüssig 
und  zwecklos  wäre  es,  Wasser  ins  Meer,  wie  wir  sagen,  in  die 
Spree  oder  in  den  Rhein  zu  tragen:  Ov.  trist.  V  6,  43  in  mare 
fundat  aquas.  am.  II  10,  13  In  freta  collectas  alta  quid  addis 
aquas?  III  2,  34  in  mare  fundis  aquas.  Und  nur  der  Thor  jagt 
im  Meere:   Plaut.  Asin.  100  venari  autem  reticulo  in  medio  mari. 

—  Ein  sanftes  Wesen  gleicht  dem  ruhigen  Spiegel  des  Meeres: 
Plaut,  mil.  glor.  664  leniorem  dicis,  quam  mutum  est  mare. 
Most.  852  Tarn  placida  est,  quam  placida  est  aqua.  Vgl.  Stich. 
529.  Poen.  1 2,  143.  —  Wie  das  Meer  nur  vom  Winde  auf- 
gewühlt wird,  so  geschieht  im  Leben  nichts  ohne  eine  bestimmte 
Veranlassung:  Anthol.  lat.  726,  7  (Baehr.  Poet.  lat.  min.  III  p.  62) 
Atqui  turbari  sine  ventis  non  solet  aequor.  Glücklicherweise 
verraucht  der  Zorn  und  die  Leidenschaft  oft  so  schnell,  wie  sie 
gekommen:  Hieron.  ep.  66,  9  cito  turgens  spuma  dilabitur.  Und 
zuweilen  ist  es  nur  ein  Sturm  im  Glase  Wasser,  d.  h.  Kleinig- 
keiten halber:  Cic.  de  leg.  III  16,  36  excitavit  enim  fluetus  in 
simpulo,  ut  dicitur.  Denn  die  Welle  ist  leicht  beweglich,  ein 
Bild  der  schwankenden  Volksmenge:  Senec.  Herc.  für.  170  fluetu 
iuagis  mobile  vulgus.  —  Wenig  glaubhaft  erscheint  mir  die  ge- 


Die  Natur  im  Sprichwort.  27 

wohnliche  Annahme,  dafs  Plaut.  Cas.  prol.  26  Alcedonia  sunt 
circa  forum,  es  herrscht  Windstille  auf  dem  Markte,  wirklich 
einen  sprichwörtlichen  Ausdruck  enthalte.  Ich  glaube,  es  ist  ein 
einfacher  Vergleich. 

Der  Sand  am  Ufer  des  Meeres  ist  zahllos  wie  die  Sterne  und 
die  Wellen  des  Meeres  selbst  (Genesis  22,  7):  Verg.  Georg.  II  105 
Discere  quam  multae  zephyro  turbentur  arenae.  Hör.  carm.  I 
28,  1.  Te  maris  et  terrae  numeroque  carentis  arenae  Mensorem. 
Ov.  a.  a  I  254  numero  cedat  arena  meo.  trist.  IV  1,  55  Meque  tot 
adversis  cumulant,  quot  littus  arenas  —  habet.  Metam.  XI  615 
qnot  —  eiectas  littus  arenas  (gerit).  trist.  V  1,  31  quot  flavus 
Thybris  arenas.  Calpurn.  2,  73  tenues  citius  numerabis  arenas. 
Amm.  Marcell.  XIV  11,  34  arenarum  uumerum  idem  iam  desi- 
piens  et  montium  pondera  scrutari  putabit.  Boeth.  consol.  phil. 
II  2,  v.  1  Si  quant&s  —  Pontus  arenas  Aut  quot  stelliferis  edita 
noctibus  Caelo  sidera  fulgent.  Häufig  wird  in  gleicher  An- 
wendung der  Sand  der  libyschen  Wüste  genannt  (Archiv  III 
S.  378  f.).  Auch  die  Griechen  hatten  die  Redensart  apiiov  fie- 
TQetv  (Zenob.  I  80).  Sand  ans  Meer  zu  tragen  bezeichnet  also 
eine  ganz  überflüssige  Thätigkeit:  Ov.  trist.  V  6,  43  His  qui  con- 
tentus  non  est,  in  littus  arenas,  In  segetes  spicas,  in  mare  fundat 
aquas.  Den  Sand  am  Gestade  zu  stehlen  ist  leicht  und  gefahrlos: 
Ov.  am.  I  19,  45  Ille  potest  vacuo  furari  littore  arenas.  Wer  das 
sandige  und  darum  unfruchtbare  Gestade  des  Meeres  bepflügt 
und  besät,  arbeitet  ohne  Nutzen  und  Erfolg:  Prop.  II  11,  2 
Laudet  qui  sterili  semina  ponit  humo.  Ov.  ep.  5,  115  quid 
arenae  semina  mandas?  ep.  16  (17)  139  Quid  bibulum  curvo 
proscindere  littus  aratro  Coner?  trist.  I  4,  48  Nee  sinet  ille  tuos 
littus  arare  boves.  ex  Pont.  IV  2,  16  Sed  siecum  sterili  vomere 
littus  aras.  luven.  7,  48  tenuique  in  pulvere  sulcos  Duciraus  et 
littus  sterili  versamus  aratro.  Auson.  ep.  4,  4  Cultor  arenarum, 
vates,  cui  littus  arandum.  Act.  S.  Sabiniani  II  8  sed  prorsus 
super  arenam  seminasti.  Vgl.  itstgag  cnüqziv  Apost.  XIV  20.  — 
Aus  Sand  ltifst  sich  kein  Strick  drehen,  „Seil  aus  Sand,  wie  hält 
das  Band?"  Das  Sprichwort  ist  griechisch:  i\  &(iftov  G%Qiviov 
xlexeig  Greg.  Cypr.  III  46.  Es  wird  angeführt  von  Columella  X 
praef.  4:  eadem  tarn  exigua  sunt,  ut,  quod  aiunt  Graeci,  ex 
incomprehensibili  parvitate  arenae  funis  effici  non  possit.  Vgl. 
auch  Irenaeus  adv.  haeres.  I  8,  1  et  quod  solet  dici,  de  arena 
resticulas    nectere   afleetantes.    II  10,  1   de  arena  resticulas  nee- 


28  A.  Otto: 

tentes.  —  Nach  Sueton  (Calig.  53)  nannte  Caligula  den  Philo- 
sophen Seneca  arenam  sine  calce,  indem  er  auf  dessen  zerhackten 
und  zusammenhangslosen  Stil  anspielte.  Doch  war  dies  vielleicht 
nur  eine  witzige  Bemerkung  des  Kaisers.  —  Unsere  Redensart 
„jemandem  Sand  in  die  Augen  streuen"  findet  sich  zuerst  bei 
Gellius  V  21,  1  easque  (inauditiunculas)  quasi  pulverum  ob 
oculos,  cum  adortus  quemque  fuerat,  adspergebat.  Vgl.  Plin. 
nat.  h.  X  4,  17.  Plut.  Sert.  17.  Einen  Vorläufer  hat  sie  jedoch 
schon  bei  Plautus  mil.  glor.  148  Glaucumam  ob  oculos  obicienius, 
wir  wollen  ihm  blauen  Dunst  vormachen.  —  Mit  Bezug  auf  den 
Sand  und  Staub  der  Kennbahn  sagt  Horaz  ep.  I  1,  51  Cui  spes, 
cui  sit  condicio  dulcis  sine  pulvere  palmae.  Ebenso  Amm.  Marcell. 
XIX  11,7  sine  ullo  pulvere,  ohne  jede  Mühe.  (Vgl.  Hieron.  ep. 
14,  10  nemo  athleta  sine  sudore  coronatur.)  Sine  pulvere  ist 
eine  Übersetzung  des  griechischen  ccxovltl:  Plin.  n.  h.  XXXV  11, 
139  citra  pulveris  iactum,  quod  vocant  aconiti,  vicit. 

Mit  dem  trockenen  Sande  kontrastiert  der  feuchte,  schmutzige 
Schlamm.  Wer  in  grofser  Verlegenheit  ist,  sitzt  in  der  Patsche, 
in  der  Tinte:  Plaut.  Aulul.  230  iaceam  ego  asinus  in  luto.  Pers. 
535  Neque  mihi  haut  imperito  eveniet,  tali  ut  in  luto  haeream. 
Hieron.  ad  Joann.  Hieros.  22  p.  427  V.  Dubios  non  in  luto 
haerere  pateris?  Ennod.  p.  20G,  28  Vog.  nullius  inscii  niersa 
caeno  haerere  vestigia.  'Ev  ßogßoQG)  xdftqTai  bei  Mein.  fr. 
comic.  IV  p.  653.*)  Ähnlich  Cic.  de  fin.  V  28,  84  Veuit  ad  ex- 
tremum,  haeret  in  salebra,  sitzt  fest.  Nur  mit  gröfster  An- 
strengung gelingt  es,  den  Fufs  aus  dem  Schlamm  zu  ziehen: 
Hör.  sat.  II  7,  27  et  haeres  Nequfquam  cupiens  evellere  plautam. 
Plaut  Bacch.  384  Ut  gnatum  ex  lutulento  caeno  propere  hinc 
eliciat  foras.  Hieron.  adv.  Lucif.  11  p.  189  V.  aut  pariter  in 
luto  haesitabimus  aut  pariter  expediemur.  Auch  dies  geht 
zurück  auf  griechische  Vorbilder:  alQsiv  £%&  Ttoda  nrjkov  Greg. 
Cypr.  II  32.  ix  zov  nrjkov  Ttoda  i%eig  Zenobius  III  62.  Von 
dem,  der  bei  dem  Versuche,  sich  aus  dem  Sumpfe  heraus- 
zuarbeiten, nur  noch  tiefer  hineingerät,  heifst  es  bei  Terenz 
Phorm.  780  In  eodem  luto  haesitas:  vorsuram  solves  (du  wirst 
die  Schuld  durch  eine  neue  Anleihe  bezahlen).  Hieron.  adv. 
Pelag.  I  11  p.  703  V.  in  eodem  luto  haesitas.  I  24  p.  721  V 
in   eodem  caeno  volutaris.     ep.  143,  2    in    eodem  luto   haesitas. 


*)  Vgl.  Senec.  ep.  57,  2  eodem  die  et  luto  et  pulvere  laboraviuius. 


Die  Natur  im  Sprichwort.  29 

Mar.  Mercat.  col.  158  in  eodeui  luto  haerendo  versuram  solvit. 
col.  917  In  eodem  luto  versuram  solvit.  Die  Terenzstelle,  welche 
auch  Lactant.  Inst.  VII  2,  3  citiert,  lag  offenbar  allen  vor.  — 
Scheinbar  ähnlich,  aber  der  Bedeutung  nach  völlig  verschieden 
ist  Hieron.  adv.  Pelag.  II  4  p.  745  V.  e  quibus  et  nos  de  eodem 
luto  sumus.  ep.  77,  6  de  eodem  nobiscum  formatus  est  luto,  er 
ist  aus  keinem  besseren  Stoffe  geschaffen  als  wir,  hat  nichts  vor 
uns  voraus.  Zu  Grunde  liegt  hier  das  griechische  i%  ivbg  %v\1.qv 
(Macar.  III  44.  Append.  prov.  II  68.  Vgl.  ix  trjg  avrrjg  iIhcc&ov 
yayovc&g  Append.  prov.  II  47),  welches  ausdrücklich  mit  der  Pro- 
metheussage in  Verbindung  gebracht  wird  von  Callimachus  fr. 
133  Sehn,  st  6*  6  flQo^rjd-evg  "EnXaöe  xal  %r\Xov  (ty  'j;  irigov  yiyo- 
vccg  und  luven.  14,  34  quibus  arte  benigna  Et  meliore  luto  finxit 
praecordia  Titan.  S.  noch  Claudian  XX  496  Deteriore  luto  pravus 
quos  edidit  auetor.  Vergleichen  läfst  sich  auch  Cic.  in  Pis.  25, 
59  quid  cessat  hie  homullus  ex  argilla  et  luto  fictus  Epicureo, 
wozu  jedoch  der  häufige  Gebrauch  von  lutum  als  Schimpfwort 
noch  näher  liegt  (luteus  homo,  ein  Nichtsnutz  bei  Cic.  in  Verr. 
III  14,  35).  So  heilst  es  bei  Plautus  Poenul.  I  1,  29  lenone  isto 
Lyco  Illius  domi  non  lutum  est  lutulentius,  und  Lucil.  28,  25 
p.  79  M.  (674  L)  haut  litteras  doceas  lutum.  Nichts  ist  verächt- 
licher und  billiger  als  ein  Dr. . .  Daher  stammt  auch  die  Redensart 
pro  luto  esse:  Petron  44  Itaque  illo  tempore  annona  pro  luto 
erat  51  aurum  pro  luto  haberemus.  67  omnia  pro  luto  haberemus. 
Plaut.  Trucul.  II  7,  5  Qui  bona  sua  pro  stercore  habet.  Auf 
dieselbe  Anschauung  gründet  sich  ein  Ausspruch  des  Vergil  bei 
Cassiod.  Institut.  I  540  Vergilius  dum  Ennium  legeret,  a  quodam 
quid  faceret  inquisitus,  respondit:  aurum  in  stercore  quaero,  eine 
Antwort,  die  sich  ohne  Zweifel  an  eui  bekanntes  Sprichwort  an- 
lehnte. Vgl.  Hieron.  ep.  107,  12  et  grandis  esse  prudentiae 
aurum  in  luto  quaerere.  98,  22  nee  unguenta  aurum  et  mar- 
garitas  quaerunt  in  luto.  Auch  niedrige,  verachtete  Stellung 
wird  durch  caenum  bezeichnet:  Lucr.  III  Ipsi  se  in  tenebris  volvi 
caenoque  queruntur.  Liv.  X  15,  9  orare,  ut  ex  caeno  plebeio 
consulatum  extraheret.  Salvian  gub.  dei  VI  8,  43  quasi  in  caenum 
proieiantur. 

Die  "festen  Bestandteile  des  Erdkörpers  sind  Steine  und 
Metalle.  Ihre  Härte  und  Unempfindlichkeit  wird  auch  auf  den 
Menschen  übertragen;  ein  fühlloser  Mensch  ist  hart  wie  Stein, 
oder  trägt  wenigstens   ein  Kieselherz  im  Busen:  Prop.  I  16,  29 


30  A.  Otto: 

Sit  licet  et  saxo  patientior  illa  Sicauo.  Ov.  Metain.  XIV  712 
Durior  et  —  saxo.  Senec.  de  benef.  VIII  24,  1  His  iniinobilior 
scopulis.  Mart.  IX,  45,  6  Durior  ipse  fuit  (saxis).  Sidon.  Apoll, 
ep.  4,  23  nisi  scopulis  durior  duras.  VeDant.  Fortun.  carm.  III 
1,  2  marmore  durior.  —  Tibull.  I  1,  64  neque  in  tenero  stat 
tibi  corda  silex.  Ov.  am.  I  11,  9  Nee  silicum  venae  —  in  pectore. 
III,  6,  59  Ille  habet  et  silices  et  vivuin  in  pectore  ferrum.  Metam. 
IX  614  Nee  rigidas  silices  —  in  pectore  —  gerit.  ep.  10,  109 
Illic  tu  silices  —  habes.  trist.  I  8,  4  Et  tua  sunt  silicis  circum 
praecordia  venae.  III  11,  4  Et  dicam  silices  pectus  habere  tuum. 
Quintil.  declam.  6,  19  Non  erat  illi  ferreum  pectus  nee  cor  silice 
concretum.  Hieron.  Didym.  de  spir.  sanet.  24  p.  130  Licet  quis 
possit  existere  saxei,  ut  ita  dicam,  cordis.  Solche  Menschen 
können  nicht  von  Menschen,  sondern  müssen  von  wilden  Tieren 
oder  Felsen  abstammen:  Cic.  Tusc.  III  6,  12  Non  enim  silice 
nati  sunius.  Ov.  ep.  7,  37  Te  lapis  et  montes  progenuere.  trist. 
III  11,  3  natus  es  e  scopulis,  nutritus  lacte  ferino.  In  der  That 
giebt  es  Leute,  die  gegen  alle  Bitten  und  Beschworungen  taub 
bleiben  wie  ein  Fels  im  Meer:  Verg.  Aen.  VI  470  Nee  magis 
ineepto  vultum  sermone  movetur,  Quam  si  dura  silex  aut  stet 
Marpesia  cautes.  Hör.  epod.  17,  54  Non  saxa  undis  surdiora 
navitis.  carm.  III  7,  21  nam  scopulis  surdior  Icari.  Sidon.  Apoll, 
ep.  4,  23  nisi  scopulis  durior  duras.  Senec.  Hippol.  580  f.  Vgl. 
Eurip.  Med.  28  wg  dl  itixqog  r}  ftakdöö  iog  xXvöov  dxovsi.  (aipaka 
kaXelg  Apost.  I  84.  Mft<p  kaketg  Macar.  V  61),  obgleich  das 
Flehen  ihrer  Mitmenschen  so  jammervoll  ist,  dafs  es  einen  Stein 
erweichen  konnte:  Cic.  de  orat.  1  57,  260  lapides  mehercule 
omnes  flere  ac  lamentari  coegisses.  Ov.  Metam.  IX  303  moturaque 
duros  Verba  queror  silices.  Mehr  erreichen  gewöhnlich  Lieb- 
kosungen und  Schmeicheleien,  denn  illis  (blanditiis)  et  silices  et 
possunt  cedere  quercus  Prop.  I  9,  31.  Ov.  am.  III  7,  57  Illa  — 
potuit  quercus  Surdaque  blanditiis  saxa  movere  suis.  Plaut.  Poen. 
284  illa  mulier  lapidem  silicem  subigere,  ut  se  amet,  potest.  — 
Die  Unbeholfenheit  eines  ungeschickten  Steinblocks,  der  liegen 
bleibt,  wohin  man  ihn  mit  vieler  Mühe  gewälzt  hat,  eignet  sich 
vortrefflich  zur  Bezeichnung  eines  Dummkopfes,  mit  welchem 
nichts  anzufangen  ist:  Plaut,  mil.  glor.  1024  Nullum  est  hoc 
stolidius  saxum.  236  Neque  habet  plus  sapientiae  quam  lapis. 
Poen.  I  2,  78  tu  es  lapide  silice  stultior.  Mercat.  632  credidi 
homini  docto  rem  mandare:  lapidi  mando  maxumo.    Most.  1073 


Die  Natur  im  Sprichwort.  31 

Verba  Uli  non  magis  dare  hodie  quisquam;  quam  lapidi  potest. 
(Bacch.  1088.)  Ter.  Heautont.  831  I,  quid  stas,  lapis?  917  Ni 
essem  lapis.  Hec.  214  quae  nie  omnino  lapidem,  non  hoininem 
putas.  Aristoph.  Nub.  1202  ovxsg  ACftoi.  —  Beneidenswert  ist, 
wer  so  gute  Zähne  hat,  dafs  er  damit  Steine  mahlen  könnte: 
Catull.  23,  4  dentes  vel  silicem  comesse  possunt.*)  Gewöhnliche 
Menschen  beifsen  sich  daran  die  Zähne  aus,  ebenso  wie  man  nur 
sich  selbst  schadet,  wenn  man  mit  der  blofsen  Hand  auf  einen 
Stein  schlägt:  Plaut.  Curcul.  197  Noli,  amabo,  verberare  lapidem, 
ne  perdas  manum.  Tadelnswerte  Un vorsieht  verrät  es,  wenn  man 
zweimal  an  denselben  Stein  stöfst,  d.  h.  zweimal  denselben  Fehler 
macht:  Cic.  ad  fami).  X  20,  2  culpa  enim  illa,  bis  ad  eundem, 
vulgari  reprehensa  proverbio  est.  Auson.  ep.  11  praef.  tu  ut  tua 
culpa  ad  eundem  lapidem  bis  offenderes.  Ov.  trist.  II  16  Saxa 
malnm  refero  rursus  ad  ieta  pedem.  Das  Sprichwort  ist  griechisch : 
dlg  nQog  tbv  avxbv  al6%Qov  itQOöxQOveiv  Xlftov  Zenob.  III  29. 
In  ähnlicher  Weise  sagt  der,  welcher  zum  zweiten  Male  in  die 
gleiche  gefährliche  Lage  gerät,  ad  unum  scopulum  iterum  me 
fluetus  ferunt:  Plaut.  Most.  677  nunc  quid  dicam,  nescio:  Iterum 
iam  ad  unum  saxum  me  fluetus  ferunt.  fr.  com.  ine.  bei  Cic.  de 
orat.  III  41,  16  neque  me  patiar  Iterum  ad  unum  scopulum  f  et 
teluni  classem  Achivum  offendere.*)  Plaut.  Mercat.  198  Verum 
video  me  (iterum)  ad  saxa  ferri  saevis  fluetibus.  Ov.  ex  Pont. 
IV  14,  21  ad  veteres  scopulos  iterum  devertor.  —  Von  dem,  der 
einem  andern  schöne  Versprechungen  macht,  um  ihn  ins  Garn 
zu  locken,  heifst  es  bei  Plaut.  Aulul.  II  2,  18  Altera  manu  fert 
lapidem,  panem  ostentat  altera.  Ebenso  Hieron.  ep.  48,  13  panein, 
ut  dicitur,  ostendere,  lapidem  tenere.  ep.  81,  1  altera  manu  la- 
pidem tenere,  panem  offerre  altera.  Seinen  Ursprung  hat  das 
Sprichwort  in  der  gegen  Hunde  angewandten  List.  Eine  ver- 
wandte Redensart  begegnet  bei  Plaut.Aulul.il  1,29  mihi  misero 
cerebrum  excutiunt  Tua  dieta,  soror:  lapides  loqueris,  deine 
Worte  treffen  mich  wie  harte  Steine.**)  —  Zu  den  uralten  Ge- 
brauchen, beim  Abschlufs  von  Verträgen  gehörte  u.  a.,   dafs  der 


*)  Sprichwörtlich  ist  vielleicht  auch  Afran.  bei  Non.  p.  208,  1  silices 
cum  findat  gelus. 

**)  Ribb.  fr.  com.  p.  218  liest  ad  uneum  statt  ad  unum,  allein  die 
Vnlgata  wird  geschützt  durch  die  oben  angeführte  Flautusstelle.  Für  et 
telum  liest  Ribb.  ut  olim. 


32  A.  Otto: 

pater  patratus  dem  zu  opfernden  Schweine  den  Kopf  mit  einem 
Kieselsteine  zerschmetterte  (Liv.  I  24).  Aus  diesem  Brauche  er- 
klärt sich  das  Sprichwort  inter  sacrum  et  saxum  sto,  ich  bin 
in  der  äufsersten  Gefahr,  das  Messer  sitzt  mir  an  der  Kehle. 
Plaut.  Capt.  616  Nunc  ego  omnino  accidi:  Nunc  ego  inter  sa- 
crum saxumque  sto,  nee  quid  faciam,  scio.  Apul.  Metam.  IX  28 
plurimum  ego  duritia  paupertatis  intercedente,  quod  ait  vetus 
proverbium,  inter  sacrum  et  saxum  positus  truciabar.  —  Ahnlich 
ist  die  Verbindung  von  saxum  und  crux:  Cic.  ad  Att.  XIV  16,  2 
quis  enim  audeat  laedere  proposita  cruce  aut  saxo.  XIV  15,  1 
Magnani  avaftscoQYiöiv  res  habet:  de  saxo  in  crucem.  Gemeint 
ist  der  Tod  am  Kreuze  oder  durch  Herabstürzen  vom  (tarpeji- 
schen)  Felsen. 

Noch  sei  hier  der  Bim  stein  genannt,  dem  infolge  seiner 
Porosität  ganz  besonders  die  Fähigkeit,  Wasser  aufzusaugen, 
eigentümlich  ist.  Ein  Geizhals  wird  mit  einem  Bimsteine  ver- 
glichen: Plaut.  Aulul.  II  4,  18  Pumex  non  aeque  est  aridus, 
atque  hie  est  senex.  Wer  nicht  weinen  kann,  sagt  pumieeos 
oculos  habeo  Plaut.  Pseud.  75.  Von  einem  dürren,  hageren 
Mädchen  heifst  es  Priap.  32,  7  Quae  sueo  caret  est  putusque 
pumex.  Wenn  jemand  um  etwas  augegangen  wird,  was  er  selbst 
nicht  hat,  so  erwidert  er  wohl  tu  aquam  a  pumice  hercle  postulas 
Qui  ipsus  sitiat  (Plaut.  Pers.  41). 

Dieselben  Eigenschaften  wie  der  Stein  zeigt  in  Bezug  '»uf 
seine  Härte  unter  den  Metallen  das  Eisen.  Stein  und  Eisen 
sind  häufig  verbunden:  Prop.  I  16,  29  Sit  licet  et  saxo  patientior 
illa  Sicano,  Sit  licet  et  ferro  durior  et  chalybe.  Ov.  Metam.  XIV 
712  Durior  et  ferro  —  Et  saxo.  ex  Pont.  IV  10,  3  Ecquos  tu 
silices,  ecquod  —  ferrum  Duritiae  confers  —  meae?  Plin.  ep.  II 
3,  20  saxeus  ferreusque  es.  —  Cic.  Lael.  13,  48  qui  virtutem  du- 
ram  et  quasi  ferream  esse  quandam  volunt.  Senec.  ep.  VI  4,  (56)  3 
te  ferreum  et  surdum.  —  An  Stelle  des  Kieselherzens  tritt  häufig 
ein  Herz  von  Stahl  und  Eisen:  Ov.  Metam.  IX  614  solidumve 
in  pectore  ferrum  Aut  adamante  gerit.  ex  Pont.  IV  12,  31  duro 
tibi  pectora  ferro  esse  vel  invicto  clausa  adamante  putem.  Ov. 
ep.  10,  109  illic  (in  pectore)  adamanta  tulisti.  trist.  I  8,  42  Et 
rigidum  ferri  semina  pectus  habet.    Pindar  bei  Athen.  XIII  8  xsl- 


*)  Der  Zusammenhang  zeigt,  data  die  Vermutung  Pflügls  (das  lat. 
Sprichw.  bei  Plant.  11.  Ter.  p.  35  Anm.  1),  es  sei  lapidi  (=  surdo)  loqueris 
zu  schreiben,  unbegründet  ist. 


Die  Natur  im  Sprichwort.  33 

vog  i£  äSäfiavtog  rft  6lSclqov  Kt%ahisvxix.i  \tiXuwav  xaQÖiav.  Das 
Bild  selbst,  aber  nicht  im  tadelnden  Sinne,  schon  bei  Homer  IL 
II  490  %dbttov  de  pot,  %xoq  iveirj.  Harte,  gefühllose  Menschen 
tragen  einen  Eisenpanzer  um  die  Brust:  Tibull  1 1, 63  non  tua  sunt 
duro  praecordia  ferro  Vincta.  Hör.  carm.  I  3,  9  Uli  robur  et  aes 
triplex  Circa  pectus  erat.  Nemes.  Bucol.  4, 56  Quisquis  amat  pueros, 
ferro  praecordia  duret.  Vgl.  Ov.  ep.  10, 107  Non  poterant  figi  prae- 
cordia ferrea  cornu.  —  Die  gröfste  Harte  besitzt  der  Stahl.  Auch 
wir  kennen  die  Verbindung  von  Stahl  und  Eisen:  Ov.  ep.  2,  137 
Duritia  ferrum  ut  superes  adamantaque.  —  Petr.  Chrysol.  bei  Migne 
LH  532  sed  dives  adamante  durior.  —  Stai  Silv.  I  2,  69  nee  enim 
ex  adamante  nati  sumus.  —  Thränen  und  Bitten  erweichen  nicht 
blofs  Steine,  sondern  auch  Stahl:  Ov.  am.  HI  7,  57  lila  graves 
potuit  quercus  adamantaque  durum  —  movere,  art.  am.  I  659 
lacrimis  adamanta  movebis.  —  Stählerne  Bande  sind  unzerreifsbar: 
Ov.  trist.  IV  8,  45  adamas  licet  alliget.  Augustin  de  duab.  anim. 
14,  23  adamantinis,  ut  dicitur,  catenis  conectere.*)  Vgl.  Prop.  IV 
11,  4  Non  exorato  stant  adamante  viae.  Apul.  Metam.  IX  18 
auro  solent  adamantinae  etiam  perfringi  fores,  „Gold  geht  durch 
alle  Thflren."**)  —  Dem  Roste  widersteht  das  Eisen  auf  die  Dauer 
ebensowenig,  als  mau  es  verhüten  kann,  dafs  ein  Ring  sich  durch 
bestandigen  Gebrauch  abnutze:  Prop.  II  25,  15  Teritur  rubigine 
mucro.  Ov.  ex  Pont.  I  1,  71  Roditur  ut  scabra  positum  rubigine 
^Tum.  Curt.  VII  8,  15  ferrum  rubigo  consumit.  Hieron.  ep. 
98,  19  aes  quoque  ac  ferrum  rubigo  consumit.  —  Lucr.  I  312 
anulus  in  digito  subtertenuatur  habendo.  Ov.  a.  a.  I  473  Ferreus 
assiduo  consumitur  anulus  usu.  III  91  Conteritur  ferrum  silices 
tenuantur  ab  usu.  ex  Pont.  IV  10,  5  consumitur  anulus  usu. 
cf.  II  7,  43  assiduo  vomer  tenuatur  ab  usu. 

Wie  für  Eisen  und  Stahl  die  Härte,  so  ist  für  das  Blei  ge- 
rade seine  Weichheit  und  Biegsamkeit  charakteristisch.  Waffen 
aus  Blei  sind  in  der  Regel  nicht  gefährlich:  Cic.  ad  Att.  1  16, 
2  Cum  illum  plumbeo  gladio  iugulatum  iri  tarnen  diceret.  de 
fin.  IV  18,  48  0  plumbeum  pugionem!  eine  stumpfe  Waffe! 
Augustin  c.  Julian.  I  4,  12  (Migne  XLIV,  647)  acies  vitrea  vel 
plumbei  pugiones,  unzutreffende  Beweise.    III  7,  16  iaetas  plum- 

*)  ähnlich  ist  das  „eherne  Joch"  bei  Hör.  carm.  I  33,  10  cui  placet 
imparis  Formas  atque  animos  sub  iuga  aenea  laevo  mittere  cum  ioco.  III 
9,  18  diduetosque  iugo  cogit  aeneo. 

**)  Vgl.  Düringsfeld  a.  a.  O.  I  S.  318. 

AtoUt  für  Ut.  Lexikogr.  IV.    Heft  1.  $ 


34  A.  Otto: 

beos  pugiones.     Claud.  Mamert.  III   16  p.  187,   18  Eng.  manu 
captum  plumbeis  pugionibus  exarmare.*) 

Hinsichtlich  des  Wertes  gilt  das  Blei  als  das  wertloseste, 
das  Gold  als  dai  wertvollste  Metall.  Von  einem  Glückspilse 
heifst  es  bei  Petron.  43  in  mann  illius  plumbuin  aurnm  fiebat, 
wobei  man  wohl  zunächst  an  die  bekannte  Midasfabel  zu  denken 
hat.  Ein  ausgezeichneter  Mensch  ist  nicht  mit  Golde  zu  bezahlen: 
Plaut.  Epid.  III  3,  30  Non  carust  auro  contra.  Pseud.  688  ori- 
chalco  contra  non  carum  fuit.  Man  müTste  ihn  in  Gold  fassen, 
oder  mit  Gold  aufwiegen:  Plaut.  Bacch.  640  Hunc  hominem  decet 
auro  expendi;  huic  statua  decet  ex  auro. 

Will  jemand  glänzende  Versprechungen  machen,  so  verheilst 
er  ganze  Berge  von  Gold:  Ter.  Phorm.  68  modo  non  montis 
auri  pollicens.  Pers.  III  65  Et  quid  opus  Cratero  magnos  pro- 
mptere montes.  schol.:  in  proverbio  est  montes  (promittere). 
Hieron.  adv.  Rufin.  III  39  p.  565  V.  cum  montes  aureos  pol- 
licitus  fueris.  Ahnlich  Sali.  Catil.  23  maria  montesque  polli- 
ceri  coepit.  Wölfflin,  Allitter.  Verb.  S.  34.  Von  Bergen  Goldes  ist 
auch  sonst  die  Rede:  Plaut,  miJ.  glor.  1065  praeter  thensauros 
Tum  argenti  montis,  non  massas  habet;  Aetna  est  non  aeque  alta. 
Juven.  XII  129  montibus  aurum  Exaequet.  Plaut.  Aulul.  701 
Pici  divitiis,  qui  aureos  montes  colunt.  Apul.  apol.  20  nee  mon- 
tibus auri  satiabitur.  Vgl.  Archiv  III  S.  375  und  Aristoph. 
Acharn.  82  x&%£&v  —  inl  %Qv6(bv  oqcqv.  Überhaupt  bezeichnen 
Berge  das  Massenhafte,  so  Plaut.  Pseud.  188  montes  maxumi 
fruraenti  sunt  strueti  domi.  Auch  im  schlimmen  Sinne  montes 
mali:  Plaut.  Epid.  I  1,  78  In  te  irruunt  montes  mali.  Mosl.  352 
Ita  mali  maeroris  montem  maxumum  —  modo  conspicatus  sum. 
Merc.  618  Montes  tu  quidem  mali  in  me  ardentis  iam  dudum 
iacis.  —  Einen  steilen  Berg  zu  erklimmen  ist  eine  anstrengende 
Aufgabe:  Senec.  ep.  31,  4  Tanto  melior  surge  et  clivum  istum 
uno,  8i  potes,  spiritu  exsupera.  Sil.  Ital.  IV  603  perque  aspera 
duro  Nititur  ad  laudem  virtus  interrita  clivo.  Ov.  ep.  19,  41 
mille  doli  restant,  clivo  sudamus  in  imo,  wir  sind  noch  lange 
nicht  über  den  Berg.  Petron.  47  nee  adhuc  sciebamus  nos  in 
medio  lautitiaium,  quod  ahmt,  clivo  laboraie.  Vgl.  die  Redensart 
lassus  taniquum  caballus  in  clivo  Petr.  134.     Ov.  rem.  am.  394. 

Von  dem,  was  auf  den  Erdboden  fällt,  versteht  man  ge- 


*)  Von  der  Schwere  Plaut.  Poexral.  III  6,  18  plumbeaa  iras  geront. 


Die  Natur  im  Sprichwort.  35 

wohnlich  die  Redensart  quod  in  solum  venit  =  quod  in  buccam 
venit,  was  mir  einfällt:  Cic.  de  nat.  deor.  I  23,  65  quodcumque 
in  solum  venit,  ut  dicitur.  ad  fam.  IX  26,  2  loquor,  quod  in 
solum,  ut  dicitur.  Afran.  (Ribb.  fr.  com.  p.  146)  bei  Non.  p.  124, 
18  quod  in  solum  non  venit  caeco.  Varro  bei  Non.  p.  500,  11 
quod  in  solum  mihi  venerit,  ponam.  Mir  däucht  diese  Deutung 
zu  vage,  ich  mochte  lieber  solum  in  der  auch  sonst  wieder- 
kehrenden Bedeutung  von  „Fufssohle"  nehmen  (z.  B.  Cic.  Tusc.  V 
32,  90.  Varro  r.  r.  II  9,  4  u.  a.),  also:  was  mir  unter  die  Füfse 
kommt,  worauf  ich  zufällig  stofse. 

Wer  in  eine  tiefe  Grube,  oder  einen  Abgrund  fallt,  ist  ver- 
loren, aber  nur  der  Unvorsichtige  springt  blindlings  hinein:  Hör. 
sat.  II  3,  59  Hie  fossa  est  ingens,  hie  rupes  maxima:  serva!  a. 
p.  458  Si  veluti  merulis  intentus  deeidit  aueeps  In  puteum  fo- 
veamve.  Apul.  Metam.  II  6  tantum  a  cautela  Pamphiles  abfui, 
ut  etiam  ultro  gestirem  in  ipsum  barathrum  saltu  concito  prae- 
cipitare.  II  25  somnus  me  in  imum  barathrum  demergit.*)  Und 
nur  der  Verzweifelte  wünscht,  die  Erde  möge  sich  aufthun  und 
ihn  verschlingen:  Plaut.  Bacch.  148  0  barathrum,  ubi  nunc  es? 
ut  ego  te  uöurpem  lubens!  Verg.  Aen.  IV  24  tellus  optem  prius 
ima  dehiscat  X  675  aut  quae  iam  satis  ima  dehiscat  Terra 
mihi?  Ov.  Metam.  I  545  Tellus,  ait,  hisce.  fast  III  609  quos 
terrae  quaerat  hiatus?  ep.  6,  144  Hiscere  nempe  tibi  terra  ro- 
gauda  fuit.  Petron.  81  ergo  me  non  ruina  terra  potuit  haurire? 
Senec.  Phaedr.  1238  Dehisce  tellus.  Die  Quelle  ist  Hom.  II.  IV 
182  %6xb  pol  %dvoi  avQsla  jftmv.  XVII  416  dkk9  avrov  yala 
pikaiva  naöi  %dvoi.  —  Dem  gewissenlosen  Egoisten  und  Genufs- 
menschen,  der  nur  für  den  Augenblick  lebt,  ist  es  gleichgiltig, 
ob  die  Welt  nach  seinem  Tode  aus  den  Fugen  geht,  er  sagt  ipov 
&avovrog  yala  fuj&qra»  tcvqC  (Append.  prov.  II  56.  Suet.  Nero 
38),  apres  nous  le  deluge.  Das  Sprichwort  wird  als  ein  grie- 
chisches angeführt  von  Cic.  de  fin.  II  19,  64  Quoniamque  illa 
vox  inhumana  et  scelerata  ducitur  eorum,  qui  negant  recusare, 
quominus  ipsis  mortuis  terrarum  omnium  deflagratio  consequatur, 
quod  vulgari  quodam  versu  graeco  pronuntiari  solet,  und  Senec. 


*)  Man  wirft  auch  nichts  mutwillig  hinein:  flor.  sat.  II  3,  166  Quid  enim 
differt,  barathrone  Dones,  quidquid  habes.  Plant.  Curcal.  I  2,  28  effande 
hoc  cito  in  barathrum  (in  den  Schlund).  Scherzhaft  Hör.  ep.  I  15,  31  ba- 
rathrum macelli. 


36  A.  Otto: 

de  clem.  II  2  cui  Graecus  versus  similis  est,  qui  se  mortuo  niis- 
ceri  terram  ignibus  iubei 

Das  angeführte  Sprichwort  führt  uns  zu  dem  vierten  Ele- 
mente, dem  Feuer.    Zu  den  feststehenden  Verbindungen  gehören 
ferrum  flammaque  (vgl.  E.  Wölfflin,  die  allitt.  Verb.  d.  lat.  Spr. 
S.  55  f.)  und  ferrum  ignisque  von  den  äufsersten,  schmerzhaftesten 
Mitteln:  Prop.  I  1,  27    Fortiter  et   ferrum  saevos  patiemur   et 
ignes.     111  24,  1  non  ferro,  non  igne  coactus.    Ov.  am.  I  14,  25 
Quam  se  praebuerunt  ferro  patienter  et  igni!    ep.- 19  (20)  183 
ferrum  patiuntur  et  ignes.    rem.  am.  229  ferrum  patieris  et  ignes 
(Senec.  ep.  7,  4  ferro  et  igni  res  geritur.    Agam.  152  Et  ferrum 
et  ignis   saepe  medicinae  loco  est).     Claudian.  XX  14  ferro  sa- 
nantur  et  igni.    Hieron.  ad  Rufin.  III  39  jivqI  xal  tftdifpG).    Vgl. 
dat  griechische  xipviiv  xal  xdeiv.  —  Untrennbar  zusammen  ge- 
hören Feuer  und  Bauch,  denn  wo  Rauch  ist,  da  ist  auch  Feuer, 
und  umgekehrt.     Damit  erklärt  sich  die   allitterierende  Verbin- 
dung fumus  et  flamma  (vgl.  E.  Wölfflin  a.  a.  0.  p.  60)  und  das 
Sprichwort  flamma  fumo  est  proxuma  (Plaut.  Gurcul.  I  1,  53). 
Die   gemeinhin    in    letzteres    gelegte  Bedeutung  „Schon  die  Be- 
rührung steckt  an"  entspricht  nur  ungefähr  dem  Zusammenhange 
der   Stelle,    das   Wort   hatte    sicherlich    die    weitere   Bedeutung 
„das  eine  hängt  mit  dem  andern  zusammen,  folgt  aus  dem  andern", 
ein  Gedanke,    den    noch   ein    anderes  Sprichwort  ausdrückt   bei 
Fest.  p.  309  M:  Calidius  in  oratione  in  Qu.  Gallium:  Nonne  vobis 
i(udices,    scintillam)   et  fumus  prosequi  (et  fumum  flamma)   vi- 
detur?   nach   0.  Müllers  wahrscheinlicher  Ergänzung.  —  Zu  be- 
ilauern ist,  wer  die  Asche  meidet  und  in  die  Kohlen  fällt,  oder, 
wie  die  Griechen    ebenfalls  sagten,  den  Rauch  flieht  und  dabei 
ins  Feuer  fällt:  onodov  <pevycov  aig  kvq  iyminx^xa  Macar.  VII  77. 
xbv  xaitvov  tpsvyovxeg  slg  xo  nvq  ivineöov  Macar.  VIII  42.    Von 
den  Römern  braucht  das  Sprichwort  Amm.  Marceil.  XIV  11,  12 
prorsus  ire  tendebat  de  fumo,   ut  proverbium  loquitur  vetus,  ad 
flammam.     XVIII   1,  26  et  iussus   ad  eius  comitatum  duci,  de 
fumo,  ut  aiunt,  in  flammam   occidit.  —  Indem   aber  der  Rauch 
das  Feuer  verdüstert,  bildet  er  zugleich  einen  Gegensatz  zu  dem- 
selben.    Daher  sagt  Hör.  a.  p.  143  Non  fumum  ex  fulgore,  sed 
ex   fumo   dare  luceui  Cogitet.     Der  Rauch  ist  auch  ein  Bild  des 
Haltlosen,  Wesenlosen:  Pers.  V  20  dare  pondus  idonea  (pagina) 
fumo  d.  h.  inani.    Jemanden  mit  leeren  Versprechungen  abspeisen, 
hinters  Licht  führen,  heilst  (per)  fumum  vendere:  Mart.  IV  5,  7 


Die  Natur  im  Sprichwort  37 

Vendere  nee  vanos  circum  palatia  famos.  —  Lamprid.  Alex.  Sever. 
23  qui  de  eo  fumum  vendiderat,  in  crucem  tolli  iussit.  36  famo 
punitur,  qui  vendidit  fumum.  Heliog.  10  omnia  Heliogabali  dieta 
et  facta  venderet  fumis.  Capitol.  Ant.  Pius  11  qui  et  ipsi  nun- 
quam  de  eo  —  per  fumum  aliquid  vendiderant  Apul.  Apol.  60 
homini  rustico  fumum  vendidit.  Was  man  in  Rauch  aufgehen 
lä&t,  ist  vernichtet:  Hör.  ep.  I  15,  37  omne  Verterat  in  fumum 
et  cinerem,  er  hatte  alles  durchgebracht.  Augustin.  ep.  48,  24 
(Migne  XXXIII  33)  in  favillam  fumumque  vaneseunt. 

Feuer  wird  mit  Wasser  gelöscht,  indes  genügt  eine  Hand 
voll  Wasser  noch  nicht,  um  einen  grofsen  Brand  auszulöschen: 
Amm.  Marceil.  XIX  5,  2  tantum  proficientes,  quantum  in  publico, 
ut  aiunt,  incendio  aqua  unius  hominis  manu  adgesta.  Auch  ist 
es  zu  spät  Wasser  ins  Feuer  zu  giefsen,  wenn  das  Haus  herunter- 
gebrannt ist:  Quintil.  declam.  12,  23  aquas  infundere  in  cinerem.*) 
Gleichbedeutend  ist  Prop.  II  14,  16  cineri  nunc  medicina  datur 
von  dem  schon  verbrannten  Toten.**)  Noch  unbesonnener  han- 
delt, wer  anstatt  die  Flammen  zu  dämpfen,  Öl  ins  Feuer  giefst 
und  sie  noch  mehr  anfacht:  Non.  p.  22,  21  M.  Tullius  in  Hor- 
tensio:  Ad  iuvenilem  libidinem  copia  voluptatum  gliscit  ita,  ut 
ignis  oleo.  Hör.  sat.  II  3,  321  Adde  poemata  nunc,  hoc  est, 
oleum  adde  Camino.  Porphyr.:  et  usus  est  vulgari  proverbio. 
Apul.  Metam.  IX  36  quod  est  oleum  flammae,  sulfur  incendio, 
flagellum  Furiae.  Hieron.  ep.  22,  8  Quid  oleum  flammae  adici- 
mus?  77,  7  et  quasi  oleum  flammae  adieimus.  125,  11  ne  — 
oleum  igni  adicias.     Ttcrtt]  xal  iXaim  xataößsvvvvcu  (tcvq)  Luc. 

*)  Ein  Brand  wird  auch  durch  das  Einreifsen  der  benachbarten  Hänser 
unterdrückt^  weshalb  incendium  ruinaextinguere  als  sprichwörtliche  Redens- 
art angenommen  wird,  z.  B.  von  Dietsch  zu  Sali.  Catil.  31,  6.  Wenn  Ca- 
tilina  beim  Verlassen  des  Senates  gesagt  hätte :  incendium  meum  ruina  rei 
publicae  eztinguam  (die  besten  codd.  resting.  ohne  rei  p.,  Basil.  exting.), 
wie  J.  Mähly  vermutet,  zur  Kritik  lat.  Texte.  1886.  S.  13,  so  hätte  er  sich 
gewifs  nnr  logisch  auegedrückt;  allein  er  hatte  doch  den  Takt  nicht  aus- 
zusprechen, was  zum  Opfer  fallen  müsse.  Zudem  lautete  der  Ausspruch 
nach  Cic.  Mur.  51  incendium  se  non  aqua,  sed  ruina  restineturnm,  nach  Val. 
Max.  9,  11,  3  incendium,  si  aqua  non  potuero,  ruina  extinguam  (Paris,  Epit. 
reetinguam),  nach  Flor.  2,  12  (4,  1)  7  incendium  Buum  restineturum  ruina. 
Da&  re  in  zahlreichen  Verbalzusammensetzungen  nach  unserer  Auffassung 
entbehrt  werden  könnte,  ist  bekannt  genug.  Die  Bed. 

*•)  Bei  Plant,  mil.  glor.  1000  sermo  huius  haud  cinerem  quaeritat  — 
politus  est  hat  man  an  den  Gebranch  der  Asche  als  Putzpulver  zu  denken. 
Doch  halte  ich  den  Ausdruck  nicht  für  sprichwörtlich. 


38  A.  Otto: 

Timon.  44.  —  iXaCcp  iivq  ößevvveig  Plut.  Boiss.  22.  Eine  Leiden- 
schaft nährt  und  steigert  die  andere,  wie  ein  Feuer  ein  zweites: 
Ov.  a.  a.  I  244  Et  Venus  in  vinis  ignis  in  igne  fuit  ep.  15 
(16)  230  et  ebrietas  ignis  in  igne  fuit  (Anders  Ov.  am.  III  2, 
34  In  flammam  flammas,  in  mare  fundis  aquas.)  Nach  dem 
Griechischen  prj  icvq  ixl  icvq  Diogen.  VI  71.  Eine  ähnliche 
Vorschrift  ist  die  des  Pythagoras  hvq  pa%aiQa  nrj  öxakevew 
reize  nicht  einen  jähzornigen  Menschen  durch  Schmähworte 
noch  mehr  (Porphyr,  zu  Hör.  sat.  II  3,  276.  Athen.  X  452. 
Diogen.  Laert.  VIII  18):  Hör.  sat  II  3,  275  Adde  cruorem  Stul- 
titiae  atque  ignem  gladio  scrutare.  Hieron.  adv.  Rufin.  III  99 
p.  485  Ignem  gladio  ne  fodias.  —  Am  besten  ist  es,  einen  Brand 
überhaupt  zu  verhüten  und  selbst  auf  das  kleinste  Fünkchen  zu 
achten,  denn  „aus  einem  kleinen  Funken  wird  oft  ein  grofser 
Brand":  Lucret  V  609  et  accidere  ex  una  scintilla  incendia  passim. 
Hör.  ep.  I  18,  85  Et  neglecta  solent  incendia  sumere  vires.*) 
Lucr.  VI  3  (8)  11  Parva  saepe  scintilla  contempta  magnam  exci- 
tavit  incendium.  Juven.  XIV  244  ignem,  cuius  scintillas  ipse  de- 
disti,  Flagrantem  late  et  rapi entern  cuncta  videbis.  Hieron.  ep. 
127,  10  Cernentes  haeretici  de  parva  scintilla  maxima  saepe  in- 
cendia concitari.  ep.  129,  3  de  scintillis  incendia  concitari.  148, 
23  ne  ex  nobis  scintilla  procedat,  per  quam  adversus  nos  si- 
nistrae  flammae  flamma  confletur.  —  Manches  Feuer  ist  jedoch 
nur  ein  Strohfeuer,  ein  Symbol  der  schnell  verrauchenden  Leiden- 
schaft: Verg.  Georg.  III  99  ut  quondam  in  stipulis  magnus  sine 
viribus  ignis  Incassum  furit  Ov.  trist  V  8,  20  Flammaque  de 
stipula  nostra  brevisque  fuit  Hieron.  ep.  54,  13  Sed  tarnen  cito 
ignis  stipulae  conquiescit.  Gefahrlich  bleibt  auch  das  unter  der 
Asche  glimmende  Feuer:  Hör.  carm.  II  1,  8  et  incedis  per  ignes 
Suppositos  cineri  doloso.  Prop.  I  5,  5  Et  miser  ignotos  vestigia 
ferre  per  ignes.  Ebenso  schon  die  Griechen:  Callim.  ep.  46,  2 
tcvq  vnb  ty  öitodijj.  Eurip.  Elect.  1182  dia  itvQog  ßaivsiv.  — 
In  die  Gefahr  mitten  hinein  begiebt  man  sich  aber  nur  im 
äufsersten  Notfalle:  Cic.  ad  Att  XVI  7,  2  ut  in  flammam  ipsam 
venirem.  XVI  15,  6  veniendum  est  igitur  vel  in  ipsam  flammam. 
—  Niedrige,  bettelhafte  Gesinnung  und  Habsucht  zeigt  es,  wenn 

*)  Sprichwörtlich  ist  vielleicht  auch  der  vorhergehende  Vers  Nam  tua 
res  agitur,  paries  cum  proximus  ardet  Ein  deutsches  Sprichwort  lautet: 
Es  geht  dich  auch  an,  wenn  des  Nachbars  Haus  brennt  Düriugsfeld  a.  a.  0. 
II  S.  73. 


Die  Natur  im  Sprichwort.  39 

jemand  selbst  aus  dem  Feuer  das  Essen  herauszuholen  bereit  ist: 
Ter.  Eun.  490  nam  quid  adsentari  huic  animum  induxeris  E 
flamma  petere  te  eibum  posse  arbitror.  Donat:  Nam  antiquum 
verbum  est:  Petere  eibum  e  flamma.  Welches  Feuer  dabei  ge- 
meint sei,  zeigt  Catull  59,  2  vidistis  ipso  rapere  de  rogo  cenam. 
(Plaut.  Pseud.  361  Busti  rape.)  Vgl.  Lucil.  bei  Non.  p.  138,  21 
mordicus  petere  aurum  e  flamma  expediat,  e  caeno  eibum  (26, 
61  M.).  Gleichbedeutend  ist  Hör.  ep.  I  16,  63  qui  liberior  sit 
avarus  In  triviis  fiium  cum  se  demittit  ob  assem.  Pers.  V  111 
Inque  tuto  fixum  possis  transcendere  nummum?  Petron.  43  pa- 
ratus  foit  quadrantem  de  stercore  mordicus  tollere.  —  Feuer  in 
den  Mund  zu  nehmen  ist  freilich  noch  schwieriger,  und  doch  ist 
es  nach  einem  alten  Worte  des  Ennius  eher  denkbar,  als  dafs 
jemand  einen  verständigen  Einfall  und  guten  Gedanken  für  sich 
behalte:  Cic.  de  orai  II  54,  222  flammam  sapiens  facilius  ore 
in  ardente  opprimit,  Quam  bona  dieta  teneat  (Vahl.  p.  148.  Ribb. 
fr.  trg.  p.  60).  Symmach.  ep.  I  31  (25)  2  nam  facilius  est  ar- 
dentes  favillas  ore  comprimere,  quam  luculenti  operis  servare  se- 
cretum.  Hieron.  adv.  Rufin.  III  31  et  flammas  ore  coneeptas 
tenere  non  potes.  Ennod.  p.  240,  13  Vog.  facilius  est  ignem  in 
pyras  animatum  lingua  comprimere,  quam  silentium  inter  op- 
tata  servare. 

Was  nach  dem  Feuer  übrig  bleibt,  ist  Asche  oder  Kohle: 
Ter.  Ad.  849  tarn  exeoctum  reddam  atque  atram,  quam  carbo 
est.  Die  glücklichen  Tage  bezeichnet  man  symbolisch  weifs,  die 
unglücklichen  schwarz  (dies  albus  —  ater):  Hör.  carm.  I  36,  10 
Cressa  ne  careat  pulchra  dies  nota.  sat.  II  246  Sanin  creta  an 
carbone  notati?  Pers.  V  108  lila  prius  creta,  mox  haec  carbone 
notasti?  Plin.  ep.  IV  11,  30  diem  —  laetum  notandumque  mihi 
candidiore  calculo.  Symmach.  ep.  I  96  (90)  albo  calculo  veter  um 
more  signabo.  Wir:  den  Tag  will  ich  mir  im  Kalender  rot  an- 
streichen. —  Auf  einen  uralten  Aberglauben  bezieht  sich  Phaedr. 
V  6,  6  Garbonem,  ut  aiunt,  pro  thesauro  invenimus  von  einem 
vereitelten  Unternehmen  und  getauschter  Hoffnung.  Die  Griechen 
sagten  av&gaxeg  6  &rj6avQog  Zenob.  II  1. 

Zum  Schlufs  seien  anhangsweise  noch  diejenigen  Sprichwörter 
besprochen,  die  es  mit  den  räumlichen  und  zeitlichen  Verhältnissen 
im  allgemeinen  zu  thun  haben.  Der  Begriff  des  Graden  und 
Krummen  wird  übertragen  auf  das  moralisch  Gute  und  Schlechte, 
das  Richtige  und  Verkehrte:  Hör.  ep.  II  2,  44  Scilicet  ut  vellem 


40  A.  Otto: 

curvo  dinoscere  rectum.  Pers.  IV  12  rectum  discernis,  ubi  inter 
curva  subit.  Anthol.  lat.  II  789,  6  curvo  diducere  rectum  — 
Permitte.  —  Plin.  ep.  V  21,  6  invenimus,  qui  curva  corrigeret 
(ironisch).  Senec.  apol.  8  Hie  nobis  curva  corriget?  Corp.  Inscr. 
lat.  I  1438  p.  264  Gorrigi  vix  tandem  quod  curvom  est  factum 
crede.  Vgl.  Sedul.  p aschal,  carm.  IV  7  cui  prona  facultas  ardua 
plauare  et  curva  in  direeta  referre.  (S.  auch  Archiv  III  p.  238  f.) 
—  Auf  dem  Gegensatze  zwischen  Eckigem  und  Rundem  beruht 
Petron.  43  facile  est  autem,  ubi  omnia  quadrata  currunt,  wo  alles 
Eckige  läuft  wie  eine  runde  Kugel  d.  h.  wo  alles  Schwierige  und 
scheinbar  Unmögliche  sich  von  selbst  macht  (andere  Erklärungen 
s.  bei  Burmann). 

Eine  Variation  des  im  Anfange  erwähnten  toto  caelo  errare 
findet  sich  bei  Ter.  Eun.  245  tota  erras  via,  du  bist  ganz  auf 
dem  Holzwege.  Das  Gegenteil  davon  bietet  Plaut.  Asin.  54  reetam 
instas  viam,  du  bist  auf  der  rechten  Fährte.  Ahnlich  lauten 
Plaut.  Gas.  II  8,  35  Nunc  pol  ego  demum  in  reetam  redii  semi- 
tam,  nnd  Ter.  Andr.  190  redeat  iam  in  viam,  wozu  Donat  be- 
merkt: proverbiale.  Sonst  ist  semita  verschieden  von  via:  Plaut. 
Gas.  5,  39  seien s  de  via  in  semitam  degrederis,  du  bringst  dich 
selbst  in  Verlegenheit.  Ebenso  in  dem  bekannten  Worte  des 
Eunius  bei  Cic.  de  divin.  I  58,  132  Qui  sibi  semitam  non  sapiunt, 
alteri  monstrant  viam.  Auch  die  Verbindung  der  beiden  Worte 
ist  sprichwörtlich  (wie  in  unserem:  Weg  und  Steg):  Fronto  p.  213, 
16  Nab.  fumum  et  pulverem,  sine  quis  neque  arae  neque  foci, 
nee  viae,  quod  vulgo  aiunt,  nee  semitae  usurpantur. 

Die  kleinste  Zeiteinheit  ist  bei  den  Alten  die  Stunde: 
Hör.  ep.  I  1,  82  Idem  eadem  possunt  horam  durare  probantes? 
Prop.  I  6,  1 1  His  ego  non  horam  possum  durare  querellis.  Arnob. 
II  74  ante  horas,  quemadmodum  dicitur,  paueulas.  Vgl.  in  hora, 
ad  horam  (zur  Minute).  Ein  Mann,  der  gleich  in  äfsig  zu  Ernst 
und  Scherz  aufgelegt  ist,  mit  dem  man  ernste  und  heitere 
Stunden  gern  durchlebt,  Keifst  omnium  horarum  homo:  Quintil. 
VI  3,  110  ut  de  Pollione  Asinio  seriis  iocisque  pariter  aecommo- 
dato  dictum  est,  esse  eum  omnium  horarum.  Suet.  Tib.  42 
Codicillis  quoque  iueundissimis  et  omnium  horarum  professus. 
Vgl.  Cic.  de  orat.  II  67,  271  C.  Publicium  solitum  dicere  P.  Mum- 
mium  cuivis  tempori  hominem  esse.  —  Von  dem,  der  nur  für 
den  Augenblick  bedacht  ist,  gilt  die  Redensart  in  horam  vivit 
(Cic.  Phil.  V  9,  25).     Noch   gewöhnlicher  ist  in  diem  vivere,  un- 


Die  Natur  im  Sprichwort.  41 

bedachtsam  in  den  Tag  hineinleben:  Cic.  Phil.  II 34,  87  non 
solum  de  die,  sed  etiam  in  diem  vivere.  Plin.  ep.V  5,  qui  volupta- 
tibus  dediti  quasi  in  diem  vivunt.  Liv.  XXII  39,  13.  XL  8. 
XXVII  12,  4.  Colum.  III  3,  6.  Hieron.  ep.  7,  5.  —  Dies  ist  um 
so  tadelnswerter,  als  niemand  weif 8,  was  die  Zukunft,  nicht 
einmal  was  der  Abend  bringen  wird:  Liv.  XLV  8,6  nee  praesenti 
cedere  fortunae,  cum  quid  vesper  ferat,  incertuoi  sit.  Amm. 
Marc.  XXVIII  1,  53  nescis,  quid  serus  vesper  vehat.  Den  gleichen 
Titel  fährte  eine  der  Satiren  Varros  (Gell.  XIII 11,  1.  Macrob. 
I  7,  12)*).  Ein  anderer,  allem  Anschein  nach  ebenfalls  sprich- 
wörtlicher Titel  war  cras  credo,  hodie  nihil,  das  glaube  ich 
morgen,  d.  h.  überhaupt  nicht  (Riese  p.  113).  Ebenso  erscheint 
sprichwörtlich  Petron.  45  quod  hodie  non  est,  cras  erit.  — 
Während  wir  die  Sitte  des  Verschiebens  tadeln,  warnen  die  Alten 
umgekehrt  vor  Übereilung.  Plaut  Poen.  II  1,  51  Res  serias 
omnes  eztollo  ex  hoc  die  in  alium  diem.  Cornel.  Nep.  Pelop.  3,  2 
in  crastinum,  inquit,  Archias  differo  res  serias.  Dafs  aber  eben 
ein  solcher  Grundsatz  auch  gefährlich  werden  kann,  zeigt  die 
historische  Erzählung,  mit  welcher  das  Wort  gewöhnlich  in 
Zusammenhang  gebracht  wird  (Cornel.  Nep.  a.  a.  0.  Plutarch 
Pelop.  10.  Append.  prov.  II  58  iv  aot  xa  öitovdata.  [stg  avgiov 
rä  öitovdata  Plutarch]).  Doch  sogar  auch  wir:  Das  will  ich  mir 
beschlafen.  —  In  der  That  ist  das  Heute  des  Gestern  Schüler 
(dies  diem  docet):  Publil.  Syr.  123  Discipulus  est  prioris  poste- 
rior dies.  —  Nur  zu  oft  will  uns  aber  das  Heute  weniger  gut 
erscheinen  als  das  Gestern:  Publil.  Syr.  103  Cotidie  est  deterior 
posterior  dies.  Senec.  Hippol.  773  horaque  semper  praeterita 
deterior  subit.  asl  xa  iisqvöi  ßekxim  Macar.  I  31.  Darum  klagen 
wir  über  die  schnelle  Vergänglichkeit  der  Zeit,  die  nicht  mehr 
wiederkehrt  (Hör.  epod.  17,  25  Urget  diem  nox  et  dies  noctem. 
carm.  II  18,  15  truditur  dies  die.  Senec.  ep.  24,  25  Diem  nox 
premit,  dies  noctem.  —  Verg.  Georg.  III  284  sed  fugit  interea, 
fugit  irreparabile  tempus.  Aen.  X  467.  Catal.  12,  10  hora  mit. 
Pers.  V  153  fugit  hora.  Colum.  XI  1,  29  Praeterlabentis  vero 
temporis  fuga,  quam  sit  irreparabilis,  quis  dubitet?  Auson.  epigr. 
13,  4  nee  revocare  potes,  quae  periere  dies),  die  uns  alles  raubt: 
Verg.  ecl.  9,  51   Omnia   fert  aetas.     Ov.  Metam.  XV  234  Tempus 

*)  Vgl.  Cic.  de  fin.  II  28,  92  non  dico  in  aonum,  sed  ad  vesperum. 
Der  Wortlant  ist  ähnlich  bei  Verg.  Georg.  I  461  Denique  quid  vesper  serus 
vehat  —  Sol  tibi  signa  dabit. 


42  A.  Otto: 

edax  reram.  Die  Vergangenheit  laust  sich  nicht  zurück  rufen, 
Geschehenes  ist  nicht  ungeschehen  zu  machen:  Cic.  in  Pis.  25,  59 
quoniam  praeterita  mutare  non  possumus.  Hanmbal  bei  Liv. 
XXX  30,  7  sed  praeterita  magis  reprehensi  possunt,  quam  cor- 
rigi.  —  Für  den  Verständigen  ergiebt  sich  daraus  die  Auf- 
forderung: Gehe  sparsam  um  mit  der  Zeit  und  nütze  die  Zeit: 
Senec.  ep.  88,  34  Adeo  mihi  praeceptum  illud  salutare  excidit: 
Tempori  parce?  ep.  94,  28  Qualia  sunt  illa  aut  reddita  oraculo 
aut  similia:  Tempori  parce.  —  Hör.  carm.  I  11,  8  Carpe  diem. 
Tibull.  I  8,  47  dum  primi  floret  tibi  temporis  aetas,  Utere;  non 
tardo  labitur  illa  pede.  Prop.  IV  5,  60  Utere,  ne  quid  cras  libet 
ab  ore  dies.  Ov.  trist.  IV  3,  83  Utere  temporibus.  fact.  III  59 
Utendum  est  aetate.  —  Dem  Thätigen  wird  die  Zeit  nicht  lang: 
Senec.  ep.  122,  3  nullus  agenti  dies  longus  est  (sprichwortlich?). 
Bekanut  war  im  Altertum  der  Ausspruch  des  Kaisers  Titus: 
amici,  diem  perdidi  (Suet.  Tit.  8).  Auson.  ad  Gratian.  16  Celebre 
fuit  Titi  Caesaris  dictum,  perdidisse  se  diem,  quo  nihil  boni 
fecerat.  Vgl.  Claudian  de  rapt.  Pros.  11  282  Amissum  ne  crede 
diem.  Plin.  ep.  III  5, 16  Poteras,  inquit,  has  horas  non  perdere. 
—  Die  Klugheit  verlangt,  dafs  man  sich  in  die  Zeit  schicke, 
ein  Gedanke,  den  Cicero  immer  wieder  betont:  ad  Att.  XII  51,  2 
ut  sunt  tempora,  quibus  parere  omnes  itoliuxol  praecipiunt.  ad 
famil.  X  3,  3  fuisse  quoddam  tempus,  cum  homines  aestimarent 
te  nimis  servire  temporibus  (den  Mantel  nach  dem  Winde  hängen!), 
ad  Att.  X  7,  1  et  tempori  servienduni  est.  ad  famil.  IV  9,  2 
Tempori  cedere,  i.  e.  necessitati  parere  semper  sapientis  est 
habitum.  defin.  III  22,  73  Quaeque  sunt  vetera  praecepta  sapien- 
tium,  qui  iubent  tempori  parere.  ad  famil.  X  7,  2  Quid  faciam? 
tempori  servienduni  est.  Laur.  Pison.  155  temporibus  servire 
decet.  Senec.  Med.  175  tempori  aptari  decet.  Vgl.  Liv.  XXXIII 
47 ,  10  itaque  cedere  tempori  et  fortunae  statuit.  Caes.  b.  g. 
VII  89,  2  quoniam  sit  fortunae  cedendum.  KaiQm  öovkevsiv 
Apost.  IX  24  c.  Vergleichen  lafst  sich  der  Ausspruch  des  Pittakus 
xcuqov  yvci&i  (Mant.  prov.  II  59).  —  Grofs  ist  die  Macht  der 
Zeit,  sie  lindert  und  heilt  jeden  Schmerz.  Darum  sagten  die 
Griechen  6  xoivbg  latQog  de  ftsgaitevöei,  %Qovog  Apost.  XII  55  a 
und  Xvicrig  8%  Ttdörjg  yCvst  latQcg  %Qovog  Mant.  prov.  I  100. 
Und  ebenso  die  Romer:  Ter.  Heaut.  421  aut  illud  falsum  est, 
quod  vulga  audio  Dici,  diem  adimere  aegritudinem  hominibus. 
Cic.  ad  fam.  V  16,  5  diuturnitas  mazimos  luctus  vetustate  tollit. 


Die  Natur  im  Sprichwort.  43 

VII  28,  3  sed  etiam   dies,  qui  stultis  quoque  mederi  solet.     IV 

5,  6  Nullus  dolor  est,  quem  non  longinquitas  temporis  minuat 
ac  molliat.  ad  Att.  III  15,  2  dies  autem  non  modo  non  levat 
luctem  hone,  sed  etiam  äuget,  ad  Att.  XII  10.  Ov.  ex  Pont.  I  3,  15 
Tempore  ducetur  longo  fortasse  cicatrix.  Seuec.  ad  Mai.  8,  1 
Dolorem  longa  consumit  dies.  Senec.  ep.  63,  10.  —  Die  Zeit 
bringt  aber  auch  das  verborgene  Unrecht  ans  Licht  (die  Sonne 
bringt  es  an  den  Tag):  Tertull.  Apol.  7  Bene  autem,  quod  omnia 
tempus  revelat,  testibus  etiam  vestris  proverbiis  et  sententiis. 
Hör.  ep.  I  6,  24  Quidquid  sub  teria  est,  in  apricum  proferat  aetas. 
Phaed.  fab.  VI  4,  24  Sed  tempore  ipso  tarnen  apparet  veritas. 
"Aysi  8%  xqoq  q>äg  xi\v  a\r\%ziav  %Qovog  Apost.  I  27  b.  itdvt'  ava- 
xccXvnxai  %$6vog  XQog  <päg  Apost.  XIII  86  c. 

Beinahe  sprichwörtlich  kehrt  bei  Cicero  der  Ausruf  o  tem- 
pora,  o  mores  wieder:  Catil.  I  1,  1.  11,31.  de  domo  s.  ad  poutif. 
53,  137.   in  Verr.  IV  25,  55.  pro  Deiot.  11.  Vgl.  Senec.  rhet.  suas. 

6,  3.    Hieron.  adv.  Helvid.  16  p.  224  V*). 

Glogau.  A.  Otto. 


Medianus. 

Das  Wort  medianus  (ital.  mezzano,  franz.  moyen)  findet  sich 
auch  im  Germanischen  und  zwar  in  der  Form  meiden  =  Pferd, 
welches  man  gewöhnlich  mit  dem  gotischen  maithms  =  öcoqov 
identifiziert,  in  der  Meinung,  das  Pferd  habe  seinen  Namen  davon, 
dafs  es  im  Mittelalter  Gegenstand  von  Geschenken  war,  z.  B.  an  Spiel- 
leute. Allein  meiden  ist  =  medianus,  womit  (vgl.  Ref.  Zur  Text- 
kritik der  Nibelungen,  Abhdl.  der  bayr.  Akad.  d.  Wiss.  1872.  S.  63.) 
dasjenige  Pferd  bezeichnet  wird,  welches  den  Mittelpreis  hat  zwischen 
dem  Ritterrofs  und  dem  Trofspferd.  Das  gotische  maithms  aber  (und 
die  ihm  entsprechenden  Wörter  im  Altnordischen,  Angelsächsischen, 
Altsächsischen)  entspricht  dem  lateinischen  mutuum  oder  mutuus, 
und  dieses  ist  entstanden  aus  moetns  =  sikul.  (xotvog  =  %<xQig  (So- 
phron.  bei  Hesychius),  wie  schon  Varro  1.  lat.  5,  179  erkannte. 

München.  Conrad  Hofmann. 


*)  Die  dem  Pflanzenleben  entnommenen  Sprichwörter  sind  einem  be- 
sonderen Artikel  vorbehalten. 


Zu  Dracoutius. 

I.  Im  Archiv  III  150  und  284  [vgl.  auch  Arch.  III  442] 
verbreitet  sich  M.  Petschenig  über  den  reflexiven  Gebrauch 
von  transitiven  Verben  bei  Corippus.  Sieben  Transitiva  sind 
es,  welche  jener  afrikanische  Dichter  reflexiv  (wofür  ich  die  Be- 
zeichnung intransitiv  vorziehe)  anwendet:  frangere,iungere,  mergere, 
minuere,  trahere,  vertere,  volvere.  Dazu  kommen  noch  zwei,  mi- 
scere  und  spargere,  deren  reflexiver  Gebrauch  wenigstens  wahr- 
scheinlich ist. 

Es  ist  interessant  wahrzunehmen,  wie  ein  etwa  50  Jahr  älterer 
Landsmann  des  Corippus  schon  völlig  in  denselben  Bahnen  fahrt, 
wie  dieser.  Auch  Dracontius,  dessen  Gedichte,  wie  R.  Amann  gezeigt 
hat  und  ich  noch  eingehender  zeigen  könnte,  Corippus  gekannt 
und  nachgeahmt  hat,  verwendet  eine  Anzahl  Transitiva  in  intransi- 
tiver (reflexiver,  passiver)  Weise,  zum  Teil  dieselben  wie  Corippus. 
So  steht,  um  mit  letzteren  zu  beginnen,  minuere  («=  minui)  de 
deo  I  736  et  minuantur  aquae  luna  minuente  liquentes  satisf.  238 
qua  (luna)  minuente  polis  est  minor  unda  maris  ibid.  239  f. 
Cynthia  dum  crescit,  fontes  et  flumina  crescunt,  haec  eadem 
minuunt,  Cynthia  dum  minui t.  Ferner  mergere  (=  mergi) 
10,499  ne  mundi  machin a  mergat  Orest.  373  vidi  ego  mergentem 
fluctu  sorbente  carinam  und  so  auch  sicher  de  deo  I  158,  wo  es 
jedoch  nötig  ist  auf  den  Zusammenhang  etwas  näher  einzugehen. 
Es  ist  dort  die  Rede  von  der  am  dritten  Schöpfungstage  erfolgten 
Scheidung  zwischen  Wasser  und  Trockenem.  Dies  wird  von 
Vers  154  an  folgendermaßen  geschildert: 

Quam  molles  portant  ceu  fundamenta  liquores, 

arida  materies  rapitur  de  corde  fluenti 

nondum  mater  humus;  cuius  pars  solvit  arenas, 

in  glaebas  pars  membra  ligat,  pars  saxa  tumescunt 

et  cautes  stat  montis  apex,  pars  flumina  mergit, 

planities  (codd.  u.  Ausg.  planitie)  pars  tensa  iacet  e.  q.  s. 


Konrad  Bofsberg:  Zu  Dracontius.  45 

Hier  können  V.  158  die  Worte  pars  flumina  mergit  nur  heifsen 
'ein  Teil  des  Erdbodens  versinkt  in  die  Flüsse  (als  Sand, 
Schlamm  u.  s.  w.)'  Die  intransitive  Anwendung  ist  völlig  klar, 
nur  fraglich  bleibt,  ob  man  Drac  zutrauen  soll,  dafs  er  den 
blofisen  Accus.  =  in  flumina  setzte,  oder  nicht  vielmehr  mit  ge- 
ringer Änderung,  die  durch  die  umgebenden  Singulare  noch 
erleichtert  wird,  entsprechend  dem  guten  Sprachgebrauch  flu- 
mine  mergit  schreiben  soll. 

Ich  komme  zu  iungere,  welches  sich  dreimal  intransitiv  in 
dem  Epithalamium  (carm.  7)  findet,  aber  dort  von  dem  neusten 
Herausgeber  in  seiner  Bedeutung  verkannt  ist.  Die  erste  Stelle, 
in  welcher  iungere  zweimal  begegnet,  ist  Vers  33—36.  Diese 
lese  ich  unter  Aufnahme  von  Schenkls  Konjektur  Oreades  und 
Naides  für  Oreadas,  Naidas  in  engem  Anschlufs  an  den 
cod.  also: 

Bybliades  Satyris  iungant  Nymphisque  Hymenaeös 
et  Dryade«,  passim  coeant  per  prata  Napaeis, 
Oreades  Faunis  iungant  et  Naides  omnes, 
et  Bacchis  copuletur*)  Amor  per  castra  Dionae 

und  übersetze:  'die  Mädchen  von  Byblos  mögen  sich  den  Satyrn 
und  Hymenaeus  den  Nymphen  gesellen,  die  Dryaden  überall  auf 
den  Wiesen  sich  mit .  den  Napaeen  vereinigen,  die  Oreadeu  und 
Najaden  insgesamt  sich  den  Faunen  gesellen,  und  Amor  sich 
mit  den  Bacchantinnen  verbinden  im  Heerlager  der  Venus'. 
Hymenaeus  im  Gefolge  der  Venus  auch  10,  162.  263. 

Die  andere  Stelle,  an  welcher  Baehrens  wieder  geändert  und 
einen  mir  wenigstens  unmöglich  erscheinenden  Sinn  hinein- 
gebracht hat,  findet  sich  V.  57.  58.     Hier  ist  überliefert 

Tot  bona  proveniant  sponsis,  quot  dextra  parentum 
iungit  amoriferis  per  festa  iugalia  palmis 

d.  h.  'soviele  Glücksgaben  mögen  dem  Brautpaar  aufspriefsen, 
als   sich   die   Rechte   der   Eltern   am   Hochzeitsfeste   mit  glück- 

*)  Beiläufig  bemerke  ich,  dafs  ich  copuletur  beibehalte  und  nicht 
mit  v.  Dubn  und  Baehrens  copletur  schreibe,  da  auch  de  deo  I  407  über- 
liefert ist  iterum  copulate  iugales  und  Orest.  785  für  das  überlieferte  capu- 
labat  wahrscheinlich  herzustellen  copulabat.  Dafs  eine  Prosodie  copulari 
im  Spätlatein  vorhanden  war ,  beweist  aufserdem  eine  Stelle  des  Licmtius 
bei  Augustin.  epist.  26  al.  39  arcet  amor  copulamque  tenet  communis  honesti, 
sowie  indirekt  die  konstante  Kurzmessung  der  ersten  Silbe  bei  Thiofrid. 
Tita  Willibrordi  metr.  2,  210.  468.  8,  874. 


46  Konrad  Rofaberg. 

wünschenden  Händen  verbindet  (d.  h.  in  solche  einschlägt).* 
Wie  Baehrens  sein  amoriferas  palmas  verstanden  wissen  will, 
weifs  ich  nicht  und  verzichte  deshalb  auf  vielleicht  unberechtigte 
Vermutungen. 

Zwei  transitive  Verba  in  intransitivem  Gebrauch  dicht  hinter 
einander,  temperare  und  frangere,  zeigt  der  Vers  8,330 

temperet  invidia,  frangat  dolor,  ira  quiescat 

Unter  den  bisher  genannten  befinden  sich  vier,  die  in  gleicher 
Verwendung  auch  bei  Corippus  vorkommen,  nämlich  minuere, 
iungere,  mergere,  frangere.  Aufserdem  ist  intransitiv  gebraucht 
serenare  10, 174 

et  magis  accessu  pueri  plaga  maesta  serenat; 

sodann  begegnet  crispare,  welches  2,  86  satisf.  139  de  deo  III 
625  transitiv  steht,  in  intransitivem  Sinne  8,  352  lata  procul 
venabula  cernens  venantis  crispare  manu.  Hier  änderten  die  ersten 
Herausgeber  manu  in  manura,  was  nicht  nötig  erscheint,  wenn 
man  den  intransitiven  Gebrauch  des  part.  crispans  in  8,  412  dum 
(agni)  cauda  crispante  tremuut  und  de  deo  I  238  (pisces)  crispante 
freto  proflabant  naribus  undas,  der  sich  schon  bei  früheren  Schrift- 
stellern findet,  in  Betracht  zieht.  Das  Partie.  Praes.  scheint 
überhaupt  diejenige  Verbalform  zu  sein,  welche  für  intransitive 
Auffassung  am  zugänglichsten  war.  Die  oben  angeführten  Stellen 
enthalten  mehrere  Beispiele  dieser  Art.  So  tritt  denn  auch  so- 
lid are,  welches  10,  560  de  deo  I  233.  246.  II  86  transitiv  steht, 
ibid.  I  152  in  der  Wendung  (tellus)  solidante  globo  per  inane 
pependit  intransitiv  auf,  wie  auch  ibid.  I  26  quibus  omnia  con« 
stant  nubibus  et  radiis  solis  pascentia  anheli  das  Particip  pascens, 
welches  hier  natürlich  zu  pasci,  nicht  zu  pascere  gehört.  Hier 
dürfte  zugleich  eine  Spur  sichtbar  werden,  waium  das  Part.  Praes. 
sich  am  meisten  für  die  Annahme  intransitiver  Bedeutung  eignete. 
Der  Mangel  eines  Part.  Praes.  pass.  gab  Anlafs,  einen  Ersatz 
zu  suchen;  da  nun  aber  die  Deponent'a  ihr  Part.  Praes.  in  aktiver 
Form  bildeten,  so  war  dieses  eine  Atfc  neutrales  Gebiet,  auf 
welchem  aktive  und  passive  (=  intransitive)  Bedeutung  zusammen- 
trafen. Daraus  erklärt  es  sich,  wenn  schon  Cicero  anno  veitente, 
Vergil  u.  a.  solventibus  annis  gebrauchen.  War  erst  einmal 
diese  Brücke  zwischen  Aktiv  und  Passiv  resp.  Deponens  bei 
einem  Verbum  geschlagen,  so  wird  es  erklärlich,  wenn  nun  auch 
andere  Formen  nachdrangen. 


Zu  Dracontiu8.  47 

Etwas  anders  kann  die  Sache  zu  liegen  scheinen  bei  dem 
sechsmal  in  des  Dracontins  Gedichten  intransitiv  auftretenden 
rumpere.  Ich  gebe  zunächst  die  Stellen:  5,  17  dum  classica 
rumpunt  10,  223  corda  calent  oculique  labant,  suspiria  rumpunt 
10,  579  rumperet  ensiferis  cum  ferrea  messis  aristis  11,  4  cortice 
turgidulo  rumpunt  in  palmite  gemmae  de  deo  I  631  ambrosio 
reduces  rumpunt  de  cortice  fructus  (so  die  Lesart  des  besten 
cod.,  des  VaL,  wogegen  die  Ausgaben  mit  den  schlechteren  Hdschr. 
rumpuntur  cortice  bieten)  ibid.  1  688  quod  sermo  creavit  unus  ubi- 
que  deus,  dum  iussio  rumperet  una  (so  Arevalo  nach  cod.  Vat).  Dafs 
rumpere  an  allen  diesen  Stellen  intransitive  Bedeutung  hat,  ist 
nicht  zweifelhaft  Nun  könnte  man  aber  sagen,  das  Simplex  rum- 
pere stehe  hier  in  Vertretung  seiner  iutransitivenCompositaprorum- 
pere,  erumpere.  Der  Grund,  welcher  mich  abhält,  dieser  Auffassung 
zu  huldigen,  ist  folgender.  Rumpere  mit  einem  Objekt,  welches 
einen  Ton  bezeichnet,  heilst  'hervorbrechen  lassen',  so  z.  B.  Verg. 
Aen.  3,  246  rumpitque  hanc  pectore  vocem  ibid.  4,  553  rumpe- 
pat  pectore  questus  Stat.  Theb.  6,  136  und  11,  676  vocem  de 
pectore  rumpit  Dracont.  Orest.  522  gemitu  suspiria  rumpens; 
mit  andersartigem  Objekt  Ovid.  niet.  5,  257  fontis,  quem  prae- 
petis  ungula  rupifc.  Zu  diesem  faktitiven  'hervorbrechen  lassen' 
tritt  dann  reflexiv  se  rumpere  oder  passiv  rumpi  in  der  Be- 
deutung 'hervorbrechen'.  So  wiederum  Verg.  ge.  1,  445  f.  densa 
inter  nubila  sese  divorsi  rumpunt  radii  ibid.  3,  428  amnes  rum- 
puntur fontibus.  Diesen  Beispielen  stellen  sich  nun  die  oben 
angeführten  aus  Dracontins  so  zur  Seite,  dafs  statt  des  Pass. 
oder  lief),  das  Activum  gebraucht  ist.  Ich  halte  deshalb  dafür, 
dafs  wir  auch  bei  diesem  Verbum  einen  Übergang  aus  der  transi- 
tiven in  die  reflexive  Bedeutung  anzusetzen  haben. 

Ob  man  auch  concludere  in  7,  137  sed  ne  maesta  canens 
concludat  Carmen  amoris  intransitiv  zu  fassen  hat,  darf  fraglich 
erscheinen,  da  sich  allenfalls  aus  v.  139  os  tacitum  als  Subjekt 
hinzudenken  liefse. 

Als  sichere  Beispiele  transitiver  Verba  in  intransitiver  Be- 
deutung ergeben  sich  demnach  für  Dracontius:  crispare,  frangere, 
iungere,  mergere,  m-nuere,  rumpere,  serenare,  solidaie,  temperare. 

II.  Es  ist  bekannt,  dafs  sich  das  Hilfszeitwort  esse  in  den 
romanischen  Sprachen  durch  Formen  von  stare  ergänzt,  so  im 
Part.  Perf.  ital.  stato  prov.  estat  franz.  ete,  entsprechend  einem 
lateinischen  status  a  um,  ferner  im  Imperfekt  des  Französischen 


48  Konrad  Rofaberg: 

(sonst  jedoch  keiner  der  romanischen  Tochtersprachen)  etait  = 
stabat.  Ist  es  aber  wirklich  lateinisches  stare,  welches  diesen 
romanischen  Formen  zu  Grunde  liegt?  Bedenklich  bin  ieh  be- 
treffs dieser  Annahme  durch  die  Beobachtung  geworden,  dafs  Dra- 
contius  und  Gorippus  (vermutlich  auch  andere)  nicht  sowohl  stare 
als  vielmehr  extare  im  Sinne  von  esse  gebrauchen.  Die  Stellen 
siehe  später.  Nun  können  alle  oben  angeführten  Bildungen  eben- 
sowohl von  extare,  welches  ja  in  spätlatein.  Volkssprache  zu 
e stare  werden  mufste  (vgl.  Gorssen  Ausspr.2  I  297),  herkommen, 
wie  vom  Simplex  stare.  Denn  ital.  stato  entspricht  einem  extatus 
ebenso,  wie  stendere  dem  lat.  extendere  (franz.  etendre),  stenuare 
dem  lat.  extenuare  u.  s.  w.  Bei  den  prov.  und  franz.  Formen  ist  es 
von  selbst  klar,  dafs  das  e  im  Anlaut  ebensogut  ein  ursprüng- 
liches, wie  das  vor  s  impur.  auftretende  prosthetische  sein  kann. 
Es  wäre  deshalb  eine  Aufgabe  der  Romanisten  von  Fach  diese 
Frage  noch  einmal  in  genauere  Erwägung  zu  ziehen.  Die  Stellen, 
an  denen  extare  bei  den  genannten  spätlateinischen  Dichtern 
in  der  abgeblafsten  Bedeutung  von  esse  vorkommt,  sind  folgende: 
Dracont.  de  deo  II  696  placidissimus  extas  ibid.  v.  731  solus 
enim  dominus,  dominum  qui  non  habet,  extat.  satisf.  155  £  nonne 
dei  praecepta  iubent,  ne  sol  cadat  intrans  irascente  alio,  sed  pius 
extet  homo?  Orest.  67  vivis,  an  effigies  et  imago  volatilis  extas? 
Orest.  323  f.  nam  principis  uxor  cuiuscunque  libet,  licet  extet 
pulcra  pudica,  in  den  kleineren  Gedichten  des  Drac.  5,  90  audacia 
forsan  pauperis  horretur,  ne  clam  temerarius  extet  8,  182  vel 
amysticus  extet  uterque  10,  65  licet  immemor  extet  relligionis 
amor.  (In  einigen  dieser  Beispiele,  wie  5,  90  satisf.  156,  nähert 
sich  die  Bedeutung  der  von  fieri,  während  in  den  meisten  deut- 
lich esse  vertreten  wird.)  Ferner  Coripp.  Justin.  1,  136  par 
extans  curis,  solo  diademate  dispar  ibid.  3,  378  monstraque,  quae 
variis  extant  conflata  metallis  ibid.  4,  303  (Christus)  una  in  na- 
turis  extans  persona  duabus. 

Für  Dracontius  ist  noch  zu  bemerken,  dafs  er  auch  con- 
stare  in  der  Bedeutung  von  esse  gebraucht,  so  8,  10  quota 
portio  patris  omnis  constat  homo?  ibid.  v.  137  f.  uni  pia  mater 
haberis,  ....  set  multis  impia  constas  9,  180  sed  quid  dorsa  viri 
palpant?  iniuria  constat  magnanimi  iuvenis.  Dafs  auch  haberi, 
manere,  adesse,  inesse  im  Sinne  von  esse  durch  Drac.  verwendet 
werden,  sei  hier  beiläufig  angemerkt. 

III.  Bei  dieser  Gelegenheit  will  ich  nicht  unterlassen,  einige 


Zu  Dracontius.  49 

Worte  über  expectare  bei  Dracontius  anzuschliefsen.  Dies  be- 
gegnet an  mehreren  Stellen  unseres  Dichters  in  der  Bedeutung 
yon  spectare,  so  9,  21  desuper  orbein  expectant  stellasque  vagas 
[fraglich  ist  9,  159],  de  deo  I,  356  ac  procul  expectat  (Adam) 
virides  iumenta  per  agros  [fraglich  de  deo  II  742],  de  deo  III  53 
divitis  extincti  tormenta  expectat  egestas  (sc.  Lazarus),  Orest.  777 
werden  die  Götter  aufgefordert  expectate  vices  nato  redhibente 
parenti.  Der  neuste  Herausgeber  der  carmina  profana,  Baehrens, 
hat  sich  veranlafst  gesehen,  offenbar  in  der  Annahme,  dafs  ex- 
pectare nicht  'schauen,  anschauen9  bedeuten  könne,  9,  21  expec- 
tant in  aspectant  und  Orest.  777  expectate  vices  in  en  spectate 
vic38  zu  ändern.  Mit  Unrecht,  wie  ich  behaupte.  Einmal  näm- 
lich stützt  sich  die  Überlieferung  an  obigen  Stellen  gegenseitig, 
so  dafs  schon  deshalb  Änderung  bedenklich  erscheinen  müfste; 
andrerseits  aber  ist  es  so  leicht  erklärlich,  dafs  expectare  (ge- 
sprochen espectare)  und  spectare  (in  der  Volkssprache  mit  Pros- 
these =  espectare,  ispectare)  sich  mischten,  dafs  der  Gebrauch 
des  Kompositums  für  das  Simplex  alles  Auffällige  verliert,  ganz 
abgesehen  davon,  dafs  schon  in  früher  Zeit  Beispiele  von  expec- 
tare fast  =  spectare  sich  nachweisen  lassen  (vgl.  Arevalo  zu 
Drac.  de  deo  I  356,  wo  nur  Ovid  met.  14,  418  als  irrtümlich  zu 
streichen).    . 

IV.  Eine  eigentümliche  Spracherscheinung  des  Spätlateins, 
die  u.  a.  bei  Sedulius  und  Corippus  hervortritt,  hat  auch  an 
Dracontius  einen  Vertreter.  Es  ist  dies  der  Gebrauch  des  Partie. 
Praes.  in  der  Bedeutung  eines  Part.  Perf.  Nicht  alles,  was  Huemer 
im  Index  zu  Sedulius  und  Parts ch  in  dem  zu  Corippus  zusammen- 
stellen, dürfte  ganz  zutreffend  sein,  da  gewisse  Stellen  andere 
Auffassung  gestatten.  Ganz  zweifellos  liegt  aber  diese  Zeit- 
verschiebung vor,  wenn  Sedul.  carm.  pasch.  2, 95.  Coripp.  Joh.3,73 
und  156  nascens  im  Sinne  von  natus  steht,  oder  Sedul.  c.  p. 
3,  130  moriens  virgo  =mortua,  Coripp.  Joh.  8,  635  extemplo 
turbatae  acies  pereunte  tyranno  =  occiso,  mortuo.  Auf  der- 
artige unzweifelhafte  Stellen  bei  der  Auswahl  der  Beispiele  aus 
Dracontius  mich  beschränkend  sehe  ich  von  Stellen  wie  Drac.  6,  21 
in  praedam  venere  dei  vincente  Dione  oder  10, 178  f.  torvo  man- 
dante  tyranno  ecce  trahebatur  ceu  taurus  pulcher  Iason  ab,  da 
sich  in  diesen  das  Part.  Praes.  kausal  fassen  oder  immer  noch 
mit  einer  gewissen  Leichtigkeit  auf  die  Stufe  der  Vergangenheit 
rücken  läfst.     Wenn  aber  8,  537  f.    Helena  vor  der  Entführung 

Archiv  für  Uk.  Lexikoffr.  IV.    Heft  1.  4 


50  Eonrad  Rofsberg: 

zu  Paris  sagt:  conferet  Atridi,  quisquis  me  duxit  amator,  ut 
vivuin  linquam  non  iam  moriente  marito,  so  steht  hier  deut- 
lieh  moriente  für  mortuo.  Ahnlich  verhält  es  sich  mit  de  deo 
I  661  f.,  wenn  es  dort  von  der  Wiederverjüngung  des  Phönix 
heilst:  et  cinis  extinetus  gelida  moriente  favilla  tollitur  alta 
petens  erecto  crine  vagatus.  Nicht  minder  zwingend  ist  Orest. 
702  f.,  wo  Cly taemestra,  als  sie  die  schmetternden  Trompeten  des 
nahenden  Orestes  hört,  sagt:  nullus,  ad  Argolicos  moveat  qui 
bella,  remansit  Hectore  consumto,  Troia  pereunte  sub  armis. 
An  dem  Zeitpunkt,  von  dem  hier  die  Rede  ist,  sind  seit  Aga- 
memnons  Ermordung  7  Jahre  und  8  Monat  (vgl.  v.  455),  eine 
viel  längere  Zeit  also  seit  Trojas  Fall  verflossen.  Troia  per- 
eunte ist  demnach  völlig  gleichwertig  mit  Troia  deleta.  Ein 
viertes  Beispiel  findet  sich  Orest.  352  f.  Dorylas  libertus  Atridis 
et  pueri  nutritor  erat  fugientis  Orestis.  Längst  vorher  v.  283  ff. 
ist  von  der  Flucht  des  Orestes  nach  Athen  erzählt  worden,  und 
Dorylas  hat  ihn  nicht  etwa  auf  der  Flucht  begleitet,  sondern  ist 
in  Mycenae  zurückgeblieben.  Somit  kann  fugientis  nur  den 
Sinn  des  griech.  <pevyovzog  =  ixjteitraxozog  haben,  wenngleich  ich 
sehr  bezweifle,  dafs  dieses  griechische  Analogon  dem  Dracontius 
vorgeschwebt  habe.  Endlich  scheint  mir  auch  Orest  764  hier 
Erwähnung  zu  verdienen.  Clytaeinestra  hat  den  Orestes  gebeten, 
dafs  auch  sie  von  der  Hand  des  Pylades  durch  dasselbe  Schwert 
wie  Aegisthus  fallen  dürfe,  worauf  sie  v.  761  ff.  von  dem  Sohne 
zur  Antwort  erhält: 

'Quod  super  ossa  rogas  moechi  moribunda  iacere', 
natus  ait,  'melius  reeides  super  ossa  mariti; 
nee  cruor  amborum  miscebitur  ense  minaci, 
criminibus  ne  (cod.  B  nee)  fruetus  eat  morientis  amoris 
765.      aut  operae  pretium  capiatis  sorte  malorum: 
supplicio  sociante  nefas  discreta  iacebis'. 

Ich  kann  hier  nur  verstehen:  'damit  nicht  die  Verbrechen  des 
toten  Liebhabers  noch  belohnt  werden  oder  ihr  durch  das  (ge- 
meinsame) Todesgeschick  gar  einen  Preis  für  eure  That  erlanget9. 
Ist  diese  Auffassung  richtig,  so  steht  auch  an  dieser  Stelle 
morientis  für  mortui. 

Betrachten  wir  nun  die  angeführten  Fälle  etwas  näher,  so 
finden  wir,  dafs  es  sich  überall  um  Verba  mit  intransitiver  Be- 
deutung handelt,  deren  zwei  wenigstens  der  Fähigkeit  ein  Part. 


Zu  Dracontiue,  51 

Perf.  zu  bilden  entbehren,  fugere  und  perire.  Bei  diesen  wird 
der  Mangel  einer  verwendbaren  Form  Grund  für  die  Zuhilfenahme 
des  Part.  Praes.  gewesen  zu  sein.  Von  mortuus  aber  eignen  sich 
nur  wenige*)  Formen  für  die  Verwendung  im  Hexameter.  So  mag 
also  bei  diesem  Worte  das  metrische  Bedürfnis  die  stellvertretende 
Funktion  des  Part.  Praes.  erklären.  Vielleicht  kam  diesem  Um- 
stände aber  noch  eine  Neigung  der  Volkssprache  entgegen,  die, 
an  und  für  sich  minder  genau  in  allem,  was  Tempora  und  Modi 
anlangt,  auch  moriens  für  mortuus  sagte.  In  derselben  Weise 
würde  dann  auch  nascens  für  natus  in  den  aus  Sedulius  und  Co- 
rippus  angeführten  Stellen  aufzufassen  sein. 

Hildesheim.  Konrad  Rofsberg. 


Temere 

wird  von  Forcellini-De  Vit  und  Georges  Handwörterb.7  als  Anapäst 
notiert,  vielleicht  nach  Analogie  von  propere,  wänrend  Klotz  sich  mit 
der  Bezeichnung  temere  begnügt.  Allein  abgesehen  davon,  dafs  wir 
neben  recte  nur  male*  haben,  ist  properus  bezeugt,  temerus  unbekannt, 
ferner  propere  als  Anapäst  sicher  gestellt  durch  Lucr.  6,  148.  842**), 
temere  nicht  Umgekehrt  haben  sämtliche  hexametrische  Dichter, 
Ennius,  Lucilius,  Lucretius,  Catull,  Vergil,  Lucan,  Valerius  Flaccus, 
Statins,  Silius  das  Wort  vor  einen  Vokal  gestellt,  wozu  anders,  als 
nm  durch  Elision  eine  lange  Silbe  zu  bekommen?  Schon  daraus 
folgt,  dafs  man  das  Wort  als  Tribrachjs  bezeichnen  mufs,  was  durch 
die  Vergleichung  von  Ennius  fab.  406  M.  =  trag.  189  V.  Dimitto, 
ut  ne  res  temere  tractent  türbidas.  und  Turpil.  117  R.  Heu  me  in- 
felicem.  |  Sänusne  es,  qui  temere  lamentare?  nur  bestätigt  wird. 

Durch  die  Bestimmung  der  Quantität  wird  nun  auch  die  Bil- 
dung des  Adverbes  klarer;  denn  es  kann  nur  Neutrum  von  temeris 
sein,  analog  facile;  faciliter  und  temeriter  wurden  als  Proceleusmatici 
vermieden,  obwohl  celeriter  in  die  Prosa  Eingang  fand.  Plautus  und 
Ennius  sagten  aber  noch  celere,  wie  Pomponius  memore. 

München.  Ed.  WüJfflin. 


*)  Eigentlich  nur  der  Nomin.  sing.,  da  die  Elision  der  Endung  (z.  B. 
mortuum  amicum)  gemieden  wird.  Ober  veniens,  decedens  u.  ä.  bei  Livius 
—  ll&etv  (rediens  24,  17,  7)  vgl.  E.  Güthling  De  T.  Livü  oratione.  II.  De 
participiis.    Liegnitz,  1872.  S.  4.    Die  Red. 

**)  (propere  demersimua  imbrem,  propere  dimittit  in  auras.) 

4* 


Usque  mit  Accusativ. 

Über  die  Präposition  usque  weifs  man  etwas  weniger  als 
über  die  meisten  andern  Präpositionen,  weil  Hands  Tursellinus 
leider  mit  P  abbricht;  man  ist  also  beispielsweise  im  Unklaren 
darüber,  wie  weit  sich  usque  ad  und  usque  in  auf  den  lokalen  . 
und  temporalen  Gebrauch  verteilen  lasse;  nur  ganz  ungenügend 
aber  3ind  wir  über  die  Verbindung  von  usque  mit  dem  Accusativ 
unterrichtet,  so  dafs  die  Herausgeber  an  zahlreichen  Stellen 
schwanken,  ob  sie  ad  oder  in  einschieben  sollen.  Dieser  dunkle 
Punkt  möge  in  dem  folgenden  Aufsatze,  welcher  als  Ausführung 
von  Dräger,  Uist.  Syntax  §  265  zu  betrachten  ist,  zunächst  auf- 
gehellt werden. 

1.  Während  bei  Plautus  usque  mit  Accusativ  noch  fehlt, 
finden  wir  zuerst  bei  Terenz  Ad.  655  Virginem  ut  secum  avehat?  | 
Sic  est.  |  Miletum  u.  obsecro?  Natürlich  ist  es  eine  verkehrte 
Auffassung  den  Accusativ  von  usque  regiert  zu  denken,  da  der 
Städtename  auch  ohne  usque  im  Accusativ  stehen  würde.  Ab 
Alpibus  usque  Romain  contendit  bedeutet  mithin:  er  reiste  von 
den  Alpen  nach  Rom  ohne  die  Reise  zu  unterbrechen,  oder:  er 
reiste  in  einem  fort  von  den  Alpen  nach  Rom,  und  dafs  das  Ziel 
erreicht  wird,  ergiebt  sich  eben  aus  der  Versicherung,  die  Reise 
habe  keinen  Unterbruch  erlitten.  Usque  kann  in  dem  vorliegenden 
Beispiele  ebenso  gut  auf  ab  Alpibus  bezogen  werden,  nach  Cic. 
Cluent.  li)2  usque  a  mari  supero  Romam  proficisci.  In  dieser 
Einschränkung  auf  Städtenamen  hat  Cicero  den  Gebrauch  an- 
genommen, Verrin.  4,  108  u.  Hennam  profecti  sunt  (sie  setzten 
die  Reise  bis  Henna  fort);  Pison.  51  ut  a  Brundisio  usque  Romam 
agmen  perpetuum  totius  Italiae  viderit.  Gerade  hier  zeigt  sich 
deutlich,  dafs  mit  usque  ursprünglich  nicht  das  erreichte  Ziel, 
sondern  eine  ganze  Bewegung  vom  Ausgangspunkte  bis  zum  End-  . 
punkte  bezeichnet  wird.  Wenn  sich  aber  in  den  Reden  nur  zwei 
Stellen  finden  und  vier  weitere  in  den  Briefen  (Epist.  12,  15,  5 


Ed.  Wölfflin:  Ueque  mit  Accueativ.  '53 

in  einem  Briefe  des  Lentulus  classem  fugientem  persecuti  sunius 
usque  Sidam;  ad  Quint.  fr.  1,  1,  42  ut  u.  Romara  significationes 
vocesque  referantur;  ad  Attic.  5,  7,  16  profectus  Tarsum  u.;  ad 
Att.  15,  29,  2  u.  Puteolos   venit,  wo  cod.  Medic.  hisque  bietet), 
so  kann  man  diesen  Thatbestand   nur  dahin   auslegen,  dafs   die 
Konstruktion  in  der  kunstmäfsigen  Prosa  noch  nicht  als  gültige 
Regel  anerkannt  gewesen  sei;  denn  in  der  Rede  pro  Deiot.  19 
heifst  es  u.  ad  Nuniantiam  misit.    In  der  Stellung  wollte  Cicero 
nichts  entscheiden,    wenn    er  auch  abweichend    von  Terenz   die 
Partikel  dem  Accusativ  lieber  vorangestellt  hat.    Andere  geogra- 
phische Bezeichnungen  folgen  den  Städtenamen  noch  nicht,  z.  B. 
Verrin.  5,  50  u.  ad  Oceanuin  mittere;   ebenso  Tusc.  1,  28.     Die 
Beispiele   von    u.    mit  Städtenamen    vollständig  vorzuführen   er- 
scheint zwecklos,  nachdem   die  Verbindung  durch  Cicero  in  der 
Prosa  Bürgerrecht  erlangt  hatte;   aber  sie  blieb  doch  noch  eine 
geraume  Zeit  ziemlich  selten,  und  wir  finden  sie  nur  mit  Verben 
der  Bewegung,  nicht  mit  Verben  der  Ortsruhe.   Im  ganzen  ersten 
Jahrhundert  nach  Chr.  begegnen  uns,  wenn  wir  einstweilen  von 
dem  Naturforscher  Plinius  absehen,  nur  folgende  Beispiele:  Hör. 
sat.  1,  6,  105  ire  u.  Taren  tum;    Nepos   bei   Plin.  nat.  h.  2,  169 
Gades  u.  pervectum;   Val.  Max.  (Nepotian)  1,  1,  ext.  9  Delphos 
u.  pervenerat;  8,  2,  4  hat  nur  der  Epitomator  Julius  Paris  equo, 
cuius  usus  illi  usque  Ariciam  commodatus  fuerat,  während  Valerius 
usqne  wegläfst.     Sen.  epist.  53,  1   etwas  freier:   solvi  mari  lan- 
guido;  sed  putavi  tarn  pauca  milia  a  Parthenope  tua  u.  Puteolos 
(auf  der  Fahrt  von  .  .  .  nach)    subripi    posse.     In   der   geogra- 
phischen  Litteratur  macht  man  sich  freilich  weniger  Bedenken; 
denn  Plinius  giebt  zahlreiche  Belege  und  durchaus  nicht  immer 
mit  Verben  der  Bewegung.     3,  16  Carthaginem   u.  procederent; 
3,  88  favilla  Tauromenium  u.  pervenit;   4,  78  accolae  sinus  in 
mentione  Thraciae  dicti  sunt  Histropolin  u.;  5,  25  fossa  Thenam 
u.  perducta;    5,  77   Zimyram   u.   porrigitur;    5,  87   ita  fertur   u. 
Suram  locum;  6,  163  bei  Angabe  von  Entfernungen  Ptolomaida 
u.;    6,  175   Gadis  u.  navigandum;   10,  53   a  Morinis  u.  Romam 
venire;    14,  61   a  Baiano  lacu  Ostiara   u.  navigabilem   (fossam); 
35,  167   ab  Oropo  Aulida  u.  quicquid  attingitur  mari.     Voran- 
gegangen war  schon  Pomponius  Mela  2,  3,  55  mare  u.  Ter- 
gestum  .  .  Italicis   gentibus  cingitur,   und  Plin.  2,   169   Arabico 
sinu  egressum  Gades  u.  pervectum  deckt  sich  sogar  wörtlich  mit 
Pomp.  M.  3,  9,  90.   Tacitus  hat  den  Gebrauch  erst  in  den  Annalen 


54  Ed.  Wölfflin: 

angenommen  2,  30  an  habiturus  fbret  opes  quis  viam  Appiam 
Brundisium  u.  pecunia  operiret;  3,  5  Ticinum  u.  progressum; 
16,  19  Gumas  u.  progressns.  Es  folgte  Plinius  epist.  6,  25,  1 
Ocriculum  u.  commune  iter  peregisse;  ad  Traian.  17  A  (28),  1 
navigationem  u.  Ephesum  perpessns.  Suet.  Aug.  97  Beneventum 
u.  prosequi;  Tib.  7  Romam  u.  pervexit;  Tib.  72  Misenum  u.  de- 
vectus;  Vesp.  6  Aquileiaui  u.  perseveraveruiit.  Fronto  101,  4N. 
feci  compendium  itineris  Lorium  u.  etc.  etc.  Scaevola  Dig.  45,  1, 
122,  1  pecuniam  accepit  u.  Brentesium.  Am  häufigsten  ist  die 
Konstruktion  bei  den  Script,  tust.  Aug.,  nämlich  vita  Marc.  8,  10 
Capuam  u.  prosecutus;  9,  4  Brundisium  u.  deduxit;  Ver.  8,  1  redit 
Romam  u.;  Sever.  24,  1  Romam  u.  cum  magna  provincialium 
reverentia  susceptum  est  (corpus);  Car.  8,  1  Otesiphontem  u.  per- 
venit;  trig.  tyr.  15,  4  Otesifonta  u.  persecutus;  30,  6  Ctesifonta 
u.  pervenit.  Gord.  27,  6  Nisibin  u.  pervenimus  et,  si  di  faverint, 
Ctesifonta  u.  perveniemus.  Man  bemerke  die  Nachstellung  der 
Präposition,  die  auch  bei  spätem  Autoren,  wie  Cassiodor,  ganz 
gewöhnlich  ist.     Dies  dürfte  genügen. 


2.  Den  Städtenamen  folgten  bald  andere  Ortsbezeichnungen. 
Zwar  Livius  36,  21,  5  a  Patris  Corcyram  usque  Aetoliae  atque 
Acarnaniae  littora  legit  wird  man  eher  an  die  Stadt  als  an  die 
Insel  denken;  aber  die  Dichter  gingen  freier  vor,  Lucan  3,  295 
Quicquid  ab  occiduis  Libye  patet  arida  Mauris,  Usque  Paraetonias 
Eoa  ad  littora  Syrtes,  wo  das  Verbum  auf  der  Grenze  zwischen 
Bewegung  und  Ortsruhe  steht;  Valerius  Flaccus  2,  29  undas 
Sicanium  dedit  u.  fretum;  Juvenal  10,  1  Omnibus  in  terris,  quae 
sunt  a  Gadibus  usque  Auroram  et  Gangen.  Aber  auch  hier  folgt 
Plinius  dem  Lukan  auf  dem  Fufse,  während  Pomponius  Mela 
mit  seinen  zwei  Beispielen  bei  den  Städtenamen  stehen  geblieben 
war.  Er  schreibt  nämlich  3,  5  primus  sinus  a  Galpe  Bruttium 
usque  promunturium  fiectitur;  3,  43  multoque  amplior  mensura 
fieret  Lacinium  u.;  3,  75  ab  hac  Cretam  u.  Siculum  (mare  ap- 
pellat  Eratosthenes);  4,  91  ad  conterminos  deferre  (sacra)  atque 
ita  Delum  u.;  6,  177  a  Syene  .  .  .  esse  dicit  u.  Meroen;  6,  181 
haec  sunt  prodita  u.  Meroen;  6,  212  potet  u.  Arabiam  et  Rubri 
maris  accolas;  6,  219  a  Tanai  u.  Borysthenen;  12,  19  raram 
arborem  Meroen  u.  esse;  18,  215  Chersonesum  et  continentia  u. 
Atho  montem.  Es  verdient  Beachtung,  dafs  Tacitus  und  Sueton 
in  diesem  Gebrauche  nicht  mehr  folgen;  um  so  gröfser  erscheint 


Usque  mit  Accusativ.  55 

daher  die  Kühnheit  des  Velleius,  welcher,  sogar  den  Dichtern 
voraneilend,  2,  6,  3  geschrieben  hatte:  civitatem  extendere  u. 
Alpis,  ohne  dafs  man  darum  die  Überlieferung  beanstanden 
dürfte. 

Wenn  nun  Florus2,  2,1  nach  codex  Bamberg,  ediert  wird, 
cum  ad  fretum  u.  venisset,  so  hatte  Opitz  spicileg.  14  allen  Grund 
dem  poetisierenden  Autor  die  im  cod.  Nazarianus  erhaltene  Lesart 
fretum  usque  zurückzugeben ,  obwohl  sich  kein  zweites  Beispiel 
bei  Florus  findet.  Wichtiger  wird  hier  die  stufenweise  Beob- 
achtung des  Sprachgebrauches  für  Justin.  1,  1,  6  Rüdes  adhuc 
ad  resistendum  populos  terminos  u.  Libyae  perdomuit;  1,  1,  6 
u.  Aegyptum  excessit;  5,  11,  11  virtute  se  u.  terminos  patriae 
defenderunt;  7,  1,  4  Imperium  u.  extremos  Orientis  terminos  pro- 
latam;  11,  12,  10  offert  maiorem  partem  regni  u.  Euphratem 
flumen;  41,  6,  8  Imperium  u.  flumen  Euphraten  protulit;  42,  2,  9 
Armenia  a  Cappadocia  u.  mare  Caspium  undecies  centena  milia 
passnnm  patet  Denn  natürlich  konnte  Trogus  Pompeius  in  der 
Zeit  des  August us  dies  nicht  geschrieben  haben,  so  dafs  wir  hier 
offenbar  mit  der  Latinität  des  Epitomators  rechnen  müssen; 
dieser  aber  mufs  allermindestens  nach  Tacitus  und  Sueton  gesetzt 
werden,  da  die  Historiographie  der  ersten  Hälfte  des  2.  Jahrh. 
Dach  Chr.  nichts  von  ferne  Ahnliches  aufzuweisen  hat.  Selbst 
die  scriptores  hist.  Aug.  sind  in  dem  lokalen  Gebrauche  nach 
dem  Vorgänge  von  Tacitus  und  Sueton  nicht  über  die  Städte- 
namen hinausgegangen,  und  die  Fanegyrici  lat.  geben  nur  ein 
solches  Beispiel  (10,  25  =  231,  27  Bahr,  pulsus  Veronam  u. 
contendit  ad  praesidia  maiora)  und  ein  einziges  eines  Flufsnamens, 
8,  6  =»  p.  185,  2  B.  et  usque  (cod.  A  erasque)  Ararim  porrecta 
planities.  Namentlich  die  heidnischen  Schriftsteller  sind  in  Er- 
innerung an  ihre  klassischen  Muster  nur  ungern  über  die  Städte- 
namen hinausgegangen;  Ammian  liefert  sogar  nur  ein  einziges, 
und  zwar  ein  korrektes  Beispiel  21,  16,  20  prosequi  Constan- 
tinopolim  u.  Den  Geographen  Solinus  wird  man  allerdings  aus- 
nehmen müssen,  da  er  zu  sehr  von  Plinius  beeinflufst  ist:  1,  98  M. 
Elin  u.  transierunt;  19,  4  u.  Dalierum  flumen  pervenire,  deinde 
mare  Caspium;  19,  5  u.  Indos  advehi;  23,  14  Cretain  u.  (est); 
56,  5  u.  Aethiopum  litora  promovetur.  Da  nun  die  christliche 
Litteratur,  wie  wir  gleich  zeigen  werden,  die  Zurückhaltung  des 
Tacitns  und  Sueton  nicht  teilt,  so  wird  man  geneigt  sein  den 
Justin  in  der  Christengemeinde  zu  suchen. 


56  Ed.  Wölfflin: 

Gleich  Tertullian  hat  die  Fesseln  gesprengt:  de  an.  46  a 
Molossis  u.  Macedoniam;  lud.  7  ab  India  u.  Aethiopiam  habuit 
regni  sui  teruiinos.  Es  ist  dies  wohl  daraus  zu  erklären,  dafs 
die  Itala  griechisches  sag  und  pi%Qi  einfach  mit  usque  übersetzt 
(daher  auch  usque  mit  Genetiv  im  cod.  Lugdun.  Numeri  4,  39 
u.  L  annofum;  Ezech.  41,  17  cod.  Wirceburg.  u.  exterioris),  woraus 
man  schliefsen  mufs,  die  Volkssprache  habe  usque  dem  klassischen 
usque  ad  gleichgestellt.  Man  vergleiche  Esther  1,  1  regnans  ab 
India  u.  Aethiopiam;  Esth.  13,  1  und  16,  1  eis  qui  in  India  u. 
Aethiopiam  ...  saliitem;  Tob.  5,  8  est  iter  bidui  ex  Bathanis  u. 
Rages;  Acta  apost.  11, 19  pertransierunt  u.  Phoenicen;  Act.  20, 4 
(Laud.)  comitabatur  eum  u.  Asiam;  Matth.  24,  27  (Veron.)  fulgor 
paret  u.  occidentem  (Vulgata  u.  in  occidentem).  Dadurch  machte 
der  Gebrauch  solche  Fortschritte,  dafs  zwar  Arnobius,  Cyprian 
und  Lactanz  noch  sich  desselben  enthielten,  Ambrosius  und  Hie- 
ronymus  ihn  wenigstens  nicht  geradezu  verwarfen.  Schon  Hi- 
larius  zu  psalm.  119,  13  schrieb  unbedenklich:  cuius  fines  u. 
Medos  proferuntur  (Vulg.  usque  ad  Medos;  vgl.  A.  Zingerle, 
Studien  zu  Hilarius,  Sitz.-Ber.  d.  Wiener  Akad.  d.  Wiss.  CVIII 
Bd.  III  S.  972);  Ambrosius  (II  2075  Mig.)  ab  ortu  solis  u. 
Arabiam  protexitur  (latitudo);  epist.  ad  Rom.  15,  20  in  cireuitu 
u.  Illyricum;  Hieron.  de  situ  909,  B  Mig.  de  Magdalo  u.  Syenen; 
comment.  Jerem.  proph.  3,  12  (col.  926  M.)  Chaldaeam  u.;  in 
Ezech.  lib.  14,  478  M.  tendunt  termini  u.  Jordanem;  lib.  in  Abd. 
20.  21  (1114  D  Mig.)  u.  Euphratem,  und  daher  ist  das  so  ge- 
brauchte usque  ausnahmsweise  auch  in  der  (nicht  revidierten) 
Vulgata  stehen  geblieben,  wenn  auch  in  der  Regel  u.  nur  vor 
Städtenamen,  usque  ad  vor  andern  geographischen  Bezeichnungen 
gebraucht  ist.  Augustin  ist  hierin  Klassiker,  da  er  nur  Namen 
von  Städten  und  Dörfern  in  den  Accusativ  setzt,  z.  B.  Patrol. 
43,  409  M.  produxit  illos  u.  Bethaniam. 

Überblicken  wir,  wie  weit  etwa  der  Gebrauch  im  Spätlateiu 
sich  entwickelt  hat,  so  stehen  den  Städtenamen  am  nächsten  die 
Völkernamen,  weil  sie  oft  zu  Städtenamen  geworden  sind. 
Könnte  usque  Remos  bei  Cäsar  nur  auf  das  Volk  bezogen 
werden,  so  wird  man  die  Worte  seit  Ammian  auf  die  Stadt 
Rheims  deuten  müssen,  und  so  will  Greg.  Tur.  hist.  Franc.  4,  50 
dieselben  verstanden  wissen.  Das  Gleiche  gilt  von  Namnetae 
(Nantes),  Santones  (Saintes).  Sonst  haben  nur  Dichter  u.  mit 
wirklichen  Völkernamen  verbunden;    Avienus  orb.  descr.  970  Et 


Usque  mit  Accupativ.  57 

freta  qua  spumanft  .  .  .  Usque  Arabas  et  longa  Syriae  confinia 
terrae;  Paulin.  Nolan.  carm.  17,  17  ibis  procul  u.  Arctoos  Dacos, 
citiert  bei  Isidor  orig.  9,  2,  90  und  nochmals  17,  143  u.  Dacos. 

Etwas  häufiger  finden  wir  die  Ländernamen ,  bei  Martianus 
Capella  unter  dem  entschiedenen  Einflüsse  des  Naturforschers 
Plinius,  p.  213,  1  Eys.  u.  Thessaliam  nach  Plinius  4,  63;  227,  4 
ab  Attica  u.  Italiam;  207,  10  u.  Peloponnesum.  Cassian  conlat. 
6,  1  solitudo  u.  Arabiain  (codd.;  u.  ad  edit.)  porrectae;  Marcellin. 
(Patrol.  51,  939  A  Mig.)  u.  Lycaoniam  perrexerunt;  Cassiod. 
complex.  act.  apost.  26  u.  Phoenicen;  Arnob.  iun.  (Patrol.  53, 
407  M.)  deducet  u.  Idumaeam;  Patric.  (Patrol.  54,  810  M.)  u. 
Gallias  visitare  fratres;  Desiderius  (Patrol.  87,  233  M.)  u.  Bri- 
tanniam  fuisse.  Am  häufigsten  natürlich  begegnen  uns  Beispiele 
in  der  geographisch-historischen  Litteratur,  so  im  ltiner.  Alex. 
26,  16  Volkm.  Aegyptum  u.;  bei  Aethicus  103  u.  Italiae  fines, 
109  u.  Aethiopiam;  in  dem  liber  generationis  bei  Riese,  Geogr. 
min.  p.  166.  167  u.  Indiam,  Aethiopiam,  Syriani;  bei  Greg.  Tur. 
hist.  Franc.  5,  33  timor  u.  Spaniam  attigit. 

Gebirgsnamen  stehen  nur  ausnahmsweise  im  Accus,  nach 
usque:  Orosius  7,  40,  3  Pyrenaeum  u.  und  ebenso  in  der  hist. 
misc.  13,29;  ebendaselbst  23,28  u.  Gaspias  portas;  bei  Marcellin 
(Patrol.  51,  939Mig.)  u.  Thermopylas;  bei  Aethicus  67  u.  Caucasi 
iagum,  101  u.  Rifeos  montes. 

Bei  Flufsnamen  (vgl.  oben  Plinius  und  Justin)  dagegen  ist 
der  Gebrauch  so  häufig  und  sicher,  dafs  es  unmethodisch  ist, 
gegen  die  Handschriften  ad  einzusetzen,  wenn  der  Flufsname  mit 
ähnlichen  Buchstaben  beginnt.  Von  richtigem  Gefühle  geleitet 
hat  daher  Waitz  bei  Paulus  Diac.  hist.  Langob.  2,  14  u.  Adduam 
fluvium  protelatur  stehen  gelassen,  während  Eyssenhardt  in  der 
Hist.  misc.  21,  21  persecuti  eos  u.  ad  Danubium  die  Präposition 
einschaltete,  willkürlich,  da  ja  selbst  Eutrop  6,  10  schreibt  u. 
Danuvium  penetravit.  Auch  Hieron.  lib.  in  Abd.  20.  21  (Comment. 
zu  den  kleinen  Propheten  1114  D  Mig.)  besann  sich  nicht  u. 
Euphratem  zu  schreiben  und  Mart.  Cap.  p.  213,  1  sagt  u.  Rhenum 
nach  Plinius.  Prudent.  peristeph.  10,  160  Almonis  u.  pervenitis 
rivulum.  Eine  vollständige  Aufzählung  der  Beispiele  aus  der 
späteren  Litteratur  wäre  hier  nutzlos;  nur  möge  hervorgehoben 
sein,  dafs  die  Nachstellung  (bzws.  Zwischenstellung)  der  Präpo- 
sition schon  verhältnismäfsig  frühe  durchdrang;  vgl.  Jul.  Valer. 
3,  84,  218  Tanaim  u.  fluvium  supervenimus;   Feetus  (Gtafos^  ?> 


58  Ed.  Wölfflin: 

Danuviara  u.  perventum;  Jordan  27, 19  Momm^!  Danabium  amnem 
il  profectus. 

Oceanus,  mare,  fretum,  lacus  sind  fast  nur  den  Geo- 
graphen geläufig  und  abgesehen  von  Julius  Valer.  3,  90,  225 
(mare  u.)  fallen  die  Belege  in  das  fünfte  Jahrhundert  und  noch 
später:  Orosius  1,  2,  93  harenas  iacentes  u.  oceanuin;  5,  15,  23 
Tigurinos  u.  Oceanum  persecutus;  Greg.  Tur.  hist  Franc.  1,  10  u. 
ipsum  mare  venerunt;  öfters  bei  Aethieus,  z.  B.  67  u.  lacum.  32 
u.  Euxinum  maris  sinum;  bei  dem  Geogr.  Ravennas  3,  12  u. 
fretum,  4,  46  u.  supra  scriptum  (colfum).  Geogr.  min.  134,  25. 
138,  25  It. 

Man  wird  hier  am  besten  anschließen,  was,  wenn  auch  etwas 
anders  geformt,  doch  dem  Gedanken  nach  in  die  obigen  Rubriken 
einzureihen  wäre:  u.  civitatem  Greg.  Tur.  hist.  Franc.  6,  31;  u. 
Macho  villam  4,  44;  ut  moenia  Carthaginis  u.  venirem  Paulinus 
Pellaeus  31  (Patrol.  vol.  61  Mig.);  u.  Burgundionum  terminum 
Greg.  h.  Franc.  2,  37:  u.  Burdegalensem  terminum  9,  5;  vadit  u. 
fines  Sinemurenses  Pardessus  diplom.  111*  (anni  528);  u.  Animonis 
templum  comment.  Bern.  Lucan.  p.  146,  4  IL;  u.  Trinarchias  aras 
Aethic.  67;  u.  Herculis  stelas  Geogr.  min.  164,  19  R.;  u.  ipsum 
Lapideum  campum  Greg.  hist.  Franc.  4,  44;  ut  veharis  u.  felices 
oras  Paulin.  Nol.  carm.  17,  192  und  u.  littora  id.  23,  345;  u. 
minorem  Syrtem  Geogr.  min.  164,  18  R.;  u.  odoriferam  terram 
Mart.  Cap.  p.  234,  14  E.;  u.  superius  dictam  patriam  Geogr.  Ray. 
2,  1 1 ;  u.  Cempsorum  sata  Avien  ora  marit.  301 ;  u.  terrae  limitem 
Ambros.  liymn.  1;  eum  u.  torrentem  Leo  Magn.  426  A;  u.  viam 
Saxorum  Diplom.  170*7  Zeumer;  scalam  u.  Geogr.  min.  135,  29  R. 
Auch  Itala  Matth.  24,  27  sicut  fulgur  exit  ab, Oriente  et  paret  u. 
occidentem  (Vulg.  u.  in  occid.);  u.  vesperum  (Westen)  Geogr. 
min.  161,  22  R.;  u.  extremam  partein  caeli  Itala  Deuteron.  4,  32 
(Vulg.  u.  ad  summum  caeli);  u.  mundi  terminum  crescit,  Paul. 
Patrol.  20,  727  0  Mig.;  u.  Hyrii  summam  Prise,  perieg.  372  B. 
und  Ahnliches  kann  hier  noch  erwähnt  werden,  um  den  Übergang 
zu  einer  folgenden  Reihe  (N.  3)  zu  vermitteln. 

Das  Wichtigste,  was  hier  schon  gesagt  werden  mufs,  ist 
aber,  dafs  Ortsbezeichnungen  nach  usque  auf  die  Frage  wohin? 
auch  im  Ablativ,  oder  im  neuen  romanischen  Normalcasus  auf- 
treten. Das  Gefühl  des  Accusativ  war  durch  die  vielen  Indecli- 
nabilia  wie  Bethlehem,  Jerusalem,  Dan,  Bethel  abgestumpft,  die 
man  sich  mit  u.  zu  verbinden  gewöhnt  hatte,  und  die  dann  auch 


Usque  mit  Accusativ.  59 

zu  der  Konstruktion  u.  mane,  u.  hodie,  u.  nunc  führten.  Dazu 
kam,  dafs  der  griechische  Genetiv  nach  iii%Qi  mehr  dem  latei- 
nischen Ablativ  als  dem  Accusativ  entsprach.  In  der  ersten  De- 
klination freilich  labt  sich  der  Übergang  weniger  sicher  beob- 
achten, weil  die  Endung  am  durch  Abfallen  des  Nasallautes  leicht 
in  a  übergehen  konnte;  indessen  lassen  sich  schon  in  Bibelüber- 
setzungen vor  Hieronymus  deutliche  Ablativformen  nachweisen: 
1  Maccab.  11,  62  (cod.  Sangall.)  perambulavit  regionem  u.  Da- 
masco  (Vulg.  Damascum);  Act.  apost  17,  15  (cod.  Cantabrig.) 
perduxerunt  eum  u.  Athenis  (Vulg.  Athenas).  Diese  Konstruktion 
konnte  so  gut  überhand  nehmen,  als  umgekehrt  tenus  mit  usque 
verwechselt  den  Accusativ*)  zu  sich  nahm,  nach  Arch.  I  422  f.; 
Avien  Aratea  247  mento  |  usque  ist  mithin  nichts  anderes  als 
eine  Konfusion  mit  mento  tenus,  Ammian  28,  2,  4,  wie  Jordan. 
46,  HM.  solo  u.  prostratae  eine  Vermischung  mit  solo  tenus, 
Arch.  I  418.  Es  ist  daher  beispielsweise  bei  Gregor.  Tur.  virt. 
Jul.  2  richtig  hergestellt,  cum  u.  Lugduno  processissem,  während 
Rainart  schrieb  Lugdunum  und  cod.  Paris.  2205  u.  ad  Lugduno 
korrigierte.  Gesta  Franc.  41  u.  fluvio  penetravit,  wie  Jordan. 
3,  HM.  u.  orbis  terrae  diluvio.  Pardessus,  diplom.  253a  (anni 
631)  vadit  u.  memorato  loco.  Clotarius  III  (Patrol.  87,  1281  M.) 
u.  Fraudehario.  Childericus  II  (ibid.  1294.  1295)  u.  Sico-Campo 
mensurare,  u.  Rarobacco.  Vorangegangen  waren  hierin  die  Iti- 
nerarien  und  die  Geographen,  und  zwar  bereits  in  der  ersten  Hälfte 
des  vierten  Jahrhunderts  das  Itinerarium  Antonini.  Bei  Angabe 
der  Entfernung  zwischen  zwei  Orten  heifst  es  Itin.  Wessel.  p.  90 
per  maritima  loca  Tyndaride  u.;  97  Drepanis  u.;  302.  304  ab 
urbe  Benevento  u.;  385  Tullo  u.;  464  Praetorio  u.  Daneben 
aber  findet  sich  nicht  nur  der  Accusativ,  p.  559  a  Mediolano 
Aquileiam  u.;  567  Serdicam  u.;  572  Nicomediam  u.*,  575  Anchiram 
u.;  579  Tharson  u.,  584  Tyrum  u.;  sondern  auch  der  Lokativ 
306.  308  ab  urbe  Adriae  u. 

Was  sollten  inmitten  dieser  Strömung  die  späteren  Gram- 
matiker thun?  Charisius  p.  230,  23  (=  Cominian)  giebt  wohl- 
weislich als  Musterbeispiel  usque  Romam,  aber  Diomedes  410,  6 
usque  Galliam,  Donat  (Gr.  lat.  IV  365,21.  390,  12)  u.  Oceanum 
und  ebenso  Anecd.  gramin.  Helvet.  p.  215,  25   Hagen,   Probus 


*)  Claudian.  Mamert.  de  statu  an.  1 ,  26  (p.  95,  4  Eng.)  obsequinm  vocis 
aarem  tenus  meat.    Acta  Sanct.  vita  S.  Attalae  1  LuxQvium  teuxxa  nwäV». 


60  Ed.  Wölfflin: 

in*tit.  artium  (Gr.  lat.  IV  147,  14  K.;  usque  arcum,  Asper  (Anced. 
Hei? et.  p.  58,  20  Hagen)  u.  mare  and  u.  maria.  Sie  fugten  sieb 
also,  wenn  auch  [Sergius]  Explan,  in  Donat,  (Gr.  lat.  IV  562,  5) 
und  Augustiu.  gramm.  p.  29  Web.  lieber  bei  usque  Romam  stehen 
blieben.  Noch  andere  wollten  Oberhaupt  u.  nicht  als  Präposition 
gelten  lassen  nach  Donat  1.  c.  390,  15:  u.  praepositio  plurimis 
non  videtur,  quia  sine  aliqua  praepositione  proferri  recte  non 
potest  Vgl.  auch  Marius  Plotius,  Gr.  lat.  VI  429,  9.  Den  Ablativ 
oder  Lokativ  nach  usque  hat  natürlich  keiner  anerkannt. 


3.  Das  Beispiel  des  Probus  leitet  uns  zu  einem  weiteren 
Gebrauche,  wornach  mit  usque  nicht  nur  geographische  Eigen- 
namen, sondern  überhaupt  örtliche  Begriffe  verbunden  werden 
können.  Wenn  man  denselben  nicht  als  weitere  Entwicklung  der 
unter  N.  2  geschilderten  Konstruktion  betrachten  und  daher  erst 
im  Spätlatein  suchen  wollte,  so  würde  man  bedeutend  fehl  gehen; 
denn  in  Wirklichkeit  ist  er  viel  älter.  Es  wird  nichts  helfen  ihn 
bei  Cato  r.  rust  49,  2  zu  leugnen:  ex  radieibus  bene  exfodito, 
u.  radices  persequito,  wenn  auch  Dräger  die  Stelle  nicht  aner- 
kennt; Curtius  8,  9,  21  corpora  u.  pedes  carbaso  velant  wird 
allgemein  zugestanden,  und  die  Konjekturulkritiker  haben  es  in 
Buhe  gelassen;  aufserdem  schreibt  Hedicke  4,  3,  26  mit  Acidalius 
ubi  loricam  corpus  usque  (corpusque  codd.)  fervens  harena 
penetraverai  Bei  Livius  44,  5,  6  conlapsus  pons  usque  ad  alterius 
initium  pontis  haben  Weissenborn,  Hertz  und  Madvig  ad  einge- 
schoben. Ist  dies  auch  an  dieser  Stelle  berechtigt,  so  mufs  man 
sich  doch  in  der  späteren  Litteratur  vor  Einschiebimg  eines  ad 
hüten,  wo  der  Ausfall  paläographisch  weniger  wahrscheinlich  ist. 
Nach  Celsus  zu  seh  lief sen,  den  man  bisher  nicht  beachtet  hat, 
scheint  in  der  Sprache  der  Arzte  bei  Bezeichnung  von  Körper- 
teilen usque  im  Sinne  von  u.  ad  gebraucht  worden  zu  sein; 
5.  28,  3  (p.  207  Dar.)  penetrando  u.  ossa  corpus  vorat;  7,  25 
(p.  305  D.)  a  pube  u.  circulum;  zweifelhaft  5,  26  (p.  198)  usque 
sanum  (so  die  meisten  codd.;  u.  eo  sanum  cod.  Medic.  I;  u.  ad 
s.  Caesarius)  corpus  coneidere.  Damit  wird  aber  das  Urteil  über 
Quintilian  11,  3,  131  entschieden  sein:  illud  non  ferendum, 
quod  quidam  reieeta  in  unierum  toga,  cum  dextra  sinum  usque 
ad  lumbos  reduxerunt,  sinistra  gestum  facientes  spatiantur  et 
fabulantur;  denn  wenn  auch  sonst  Quintilian  usque  nicht  mit 
dem  Accusativ  verbunden  hat,  so  ist  die  Phrase  u.  lumbos  mit 


Usque  mit  Accusativ.  61 

der  Gewohnheit  der  Arzte  entschuldigt.  Unter  den  Dichtern  ist 
Statius  am  herzhaftesten  vorgegangen  und  das  Metrum  schützt 
ihn  besser  als  den  Prosaiker;  Theb.  2,  155  has  meus  u.  domus 
Ye8Ügia  fecit  Apollo;  Theb.  11,  89  horrendus  ab  astris  Descendit 
Tos  u.  fragor. 

Von  Bezeichnungen  von  Körperteilen  sind  aus  dem  Spät- 
latein anzureihen:  Deuteron.  28,  28  (cod.  Monac.)  a  vestigio 
pedum  tuomm  u.  caput  percutiet  te  (Vulg.  blofs  percutiat  te 
amentia);  Avien  Arat.  1088  premit  ophiuchum  celsos  u.  umeros; 
Ammian  25,  4,  22  ab  ipso  capite  u.  unguium  summitates;  Mart 
Cap.  p.  311,  3  ophiuchus  a  pedibus  u.  umeros;  Greg.  Tur.  hist. 
Franc.  8,  14  u.  labium  impleta.  Paulus  [Diax.]  dichtete  intima 
iocineris  penetrantes  u.  sagittas,  Poet,  aevi  Carol.  I  p.  54  (17,  9), 
wofür  bei  Migne  Patrol.  95,  1599  schon  gegen  das  Metrum  in- 
tima et  ventris  gedruckt  ist. 

Die  weitere  Fortsetzung  schliefst  so  eng  an  N.  2  an,  dafs 
eine  strenge  Abgrenzung  schwierig,  wenn  nicht  gar  unmöglich 
wäre:  wir  knüpfen  daher  die  Beispiele  an  den  Faden  der  Chrono- 
logie. Firm.  Mat.  math.  4,  20  u.  solis  partem.  Mart.  Cap. 
p.  43,  3  iL  lunarem  globum;  42,  29  u.  solarem  circulum  de- 
meantes;  257,  10  u.  abacum  consecutus.  Sedulius  carm.  paschal. 
5,  137  tartareum  descenderit  u.  (descendit  adusque  Edit.)  pro- 
fundum.  Prud.  perist.  13,  33  u.  episcopale  provehitur  solium 
doctor.  Oros.  1,  2,  100  a  borea  u.  subsolanum.  Greg.  Tur.  hist. 
Franc.  2,  16  in  alto  u.  cameram  pedes  50;  10,  15  u.  basilicam 
deferunt;  virt.  Mart.  1,  2  columnae  u.  beatum  templum  delatae 
sunt.  Leo  Magn.  serm.  17,  4.  Patrol.  54,  514  C  Mig.  tertium  u. 
raptus  caelum.  Hist.  misc.  26,  41  exivit  u.  aquae  ductum  iuxta 
Heracleam.  Vita  S.  Gaudentii  10  (Acta  Sanct.  Januar,  vol. 
II  418)  u.  eius  hospitium  de  venerat;  Acta  S.  Thyrsi  3  (Januar 
II  824)  culmen  u.  Patrol.  87,  1295  M  usque  viam  mensurare; 
87,  1412  u.  fines  aedificare.  Dies  wird  ausreichen,  um  einen 
Begriff  von  der  Ausdehnung  des  Gebrauches  zu  geben.  Selbst 
Grammatiker  schlössen  sich  gegen  denselben  nicht  ab,  wie  Dio- 
medes  Gr.  lat.  I  505,  16  longiatur  a  dimetro  u.  pentametrum, 
eine  Variation  des  üblicheren  in  tetrametrum  longiare,  ampliare 
I  505,  8.  22.  31.  Pomp,  comment.  Gr.  lat.  V  111,  11  ut  u. 
alteram  R  litteram  non  declinis. 

Eine  neue  Licenz  hätte  Ulpian  in  das  Juristenlatein  ein- 
geführt, wenn  er  nach  Digest  37,  5,  5,  1   wirklich  schiifcV.  &*- 


62  Ed.  Wölffiin: 

missem  u.  legata  praestare.  Dafe  er  aas  der  Sprache  seiner 
Zeit  zu  schöpfen  sich  gestattete  und  der  Tradition  seiner  Vor- 
gänger oft  untreu  wurde,  ist  ja  bekannt  genug  und  auch  in  der 
Miscelle  dieses  Heftes  In  tot  um,  ex  toto  nachgewiesen;  da  aber 
die  genannte  Stelle  die  einzige  ist.  so  kann  der  Ausdruck  auch 
den  Kompilatoren  zugeschoben  werden.  Gaius  und  die  übrigen 
Juristen  haben  u.  mit  Accusativ  nicht  anerkannt,  aufser  mit 
Accusativ  eines  Stadtenamens.  Scaevola  Dig.  45.  1.  122,  1  peeu- 
niam  accepit  u.  Brentesium.  Die  klassische  Wendung  findet  sich 
bei  Marcianus  Dig.  20,  6.  8,  10  u.  ad  summam  debiti  solvatur; 
Ulp.  Dig.  48,  10.  4  u.  ad  dodrantem:  Ulp.  Dig.  38,  6,  1,  9  tueri  u. 
ad  partem  dimidiam.  Vergleichen  läfst  sich  Pseudo-Cypr.  de 
laude  martyrii  13  legis  scriptum  esse  u.  quadrantem  nos  ultimum 
reddere ,  und  aus  späterer  Zeit  Cod.  lustin.  8,  53  (54)  de  donatio- 
nibus,  36,2  u.  (Var.  u.  ad)  trecentos  solidos  factae  donatione*, 
und  ebendaselbst  3  quingentos  u.  t  Var.  u.  ad  q.)  solidos  valere. 
Eine  andere  Freiheit  zeigt  die  lateinische  Lbersetzung  des 
Oribasius,  Synops.  1,6  evacuare  u.  una  bemina,  so  cod.  La 
gegen  cod.  Aa:  u.  ad  unam  eminam.  Den  korrekteren  Parallel- 
ausdruck  giebt  hier  Marcellus  Emp.  pg.  143.  148.  180  u.  ad  he- 
minam,  147  u.  ad  mensuram  sextarii  u.  s.  w. 


4.  Schließlich  bleibt  der  temporale  Gebrauch  zu  erläutern 
übrig.  Dafs  man  schon  zu  Ciceros  Zeit  bei  Angabe  des  Datums 
kurzweg  usque  für  u.  ad  gesetzt  habe,  zumal  in  dem  freieren 
Briefstile,  mochten  wir  nicht  in  Abrede  stellen,  da  die  beiden 
Stellen  Cic.  epist  16,  9,  1  Corcyrae  fuimus  usque  a.  d.  XVI.  K. 
Dec.  und  ad  Att  3,  10, 1  acta  quae  essent  usque  a.  d.  VIII.  KaL 
lun.  sich  gegenseitig  schützen;  die  Herausgeber  freilich  glauben 
ad  einschieben  zu  müssen.  Auch  Livius  25,  12,  1  haben  die 
Udschr.  nur  usque  ante  diem  V.  Kai.  Mai.  und  vor  Wesenberg 
hatte  niemand  daran  gedacht  ad  einzusetzen.  Sueton  hat  die 
Präposition  nicht  nur  im  zweiten  Gliede  weggelassen  Calig.  17 
consulatus  quattuor  gessit  . . .  tertium  usque  in  Id.  Ian.,  quartum 
u.  septimum  Idus  easdem,  sondern  Claud.  34  sogar  geschrieben: 
vesperani  u.  opperiri.  Bei  Palladius  r.  rust.  13,  1  giebt  die 
Überlieferung  noch  kürzer:  usque  VII.  Idus  üecembris,  wo  man 
doch  jedenfalls  nicht  ad  und  a.  d.  ausgefallen  denken  wird. 
Erchempertus  hisi  Langobard.  Benevent.  40:  a  IV:  Ydus  Martii 


Usque  mit  Accusativ.  63 

usque  VII.  Ydus  Madii.  Dionysius  Exig.  Patr.  67,  518  A  Mig. 
(epist  de  rat.  pasch,  ad  Bonif.)  a  decimo  quinto  Kalendas  Maii  u. 
Nonas  Aprilis;  ibid.  col.  25  D.  Und  damit  ja  kein  Zweifel  zurück- 
bleibe, können  wir  die  Bedeweise  auch  inschriftlich  bestätigen. 
Corp.  inscr.  latin.  VI  2548  mil[itavit]  usque  die  (=  diem)  qua  ex- 
emptus  est.  Corp.  XI  N.  f295  in  hoc  loco  stetit  arca  beati 
Apolenaris . . .  a  tempore  transitus  sui  usque  diae  (=  diem)  qua 
translata  est     (Überführung  a.  549  p.  Chr.;  Inschrift  später.) 

Diese  Ausdrucksweise  mufs  auch  in  der  ärztlichen  Sprache 
gang  und  gäbe  gewesen  sein,  da  Celsus  nicht  nur  4,  26  (p.  151) 
schreibt:  vinum  bibere  aqua  pluviatili  mixtum,  idque  usque  quin- 
tum  diem  facere,  sondern  auch  3,  5  (84,  36  D.)  post  cibuin  u. 
somni  tempus  und  3,  22  (111,  10)  utilius  balneum  est,  etiam 
usque  sudorem  (doch  4,  5  und  4,  8  u.  ad  sud.);  7,  7,  15  (281,  25) 
id  vitium  mansurum  est  u.  mortis  diem.  Ist  dies  einmal  für  die 
Zeit  der  julischen  Kaiser  festgestellt,  so  läfst  sich  auch  Seneca 
clem.  1,7,1  verteidigen:  expedit  usque  ultimam  (ad  ult.  cod. 
Nasar.  von  2.  Hand;  in  ult.  Madvig)  perniciem  verteidigen, 
während  bei  Sen.  controv.  10,  3,  5  illa  crudelis  belli  fortuna  usque 
rö  infimae  plebis  supplicia  descendit  die  in  dem  codd.  fehlende 
Präposition  leicht  ausfallen  konnte.  Bemerkenswert  ist,  dafg  der 
in  dem  lokalen  Gebrauche  von  usque  fast  mafslose  Plinius  kein 
Beispiel  temporaler  Anwendung  aufweist 

In  der  zweiten  Hälfte  des  2.  Jahrhunderts  und  im  dritten 
drang  dieser  Konversationstil  mächtiger  in  die  Litteratur  ein. 
Nicht  nur  Apuleius  schrieb  metam.  4,  21  ut  u.  diluculum  nemo 
fuerit  ausus  bestiam  contingere,  sondern  Censorin  scheut  sich 
nicht  die  Redensart  öfters  anzuwenden,  14,  2  u.  annum  XV 
pueros  dictos;  ibid.  qui  erant  u.  XLV  annos,  iuvenis  appellatos; 
ibid.  inde  u.  finem  vitae  senes  appellatos;  22,  9  Quintilem  u. 
Decembrem.  Dafs  der  Strom  aus  der  Volkssprache  kam,  verbürgt 
die  Itala:  Exod.  9,  18  (Monac.)  u.  hodiernum  diem;  Levit.  25,  52 
(Lugd.)  u.  annum  remissionis;  Lev.  27,  6  (Lugd.)  a  mense  uno 
n.  annum  quintum;  Num.  11,20  (Lugd.)  u.  mensis  dies  mandu- 
cabitis;  2  Maccab.  14,  15  (Bobb.)  u.  saeculum  statuit  populum 
suum  protegere:  Matth.  27,  45  (Cantabrig.)  tenebrae  factae  sunt 
u.  nonam  horam  und  ebenso  Luc.  23,  44.  Joh.  2,  10  (Rehdig.); 
Matth.  28,  15  (Rehdig.)  u.  hodiernum  diem;  Acta  apost.  23,  1 
conversatus  sum  deo  u.  haue  diem.  Wie  schon  oben  gezeigt 
wurde,  übersetzt  man  sog  und  pi%Qi>  einfach  mit  usque.    H\eto- 


64  Ed.  Wölfflim 

nynius  korrigiert  in  der  Vulgata:  Exod.  9,  18  usque  in  praesens 
tempus;  Lev.  25,  52  quod  reliquum  est  annorum;  27,  6  u.  ad 
aimum  quintum;  Nuin.  11,  20  u.  ad  menseni  dierum;  2  Macc.  14, 
15  in  aeternum;  Matth.  27,  45  u.  ad  horani  nonam;  Act  ap.  23,  1 
u.  in  bodiernum  diem.  Damit  ist  die  Frage  so  entschieden,  dafs, 
wer  sich  eines  gewissen  familiären  Kolorites  nicht  schämte,  mit 
usque  ausreichte,  während  der  Freund  mustergültiger  Diktion 
(z.  B.  Sidonius  Apollinaris)  der  Präposition  nicht  entraten  konute. 
Auch  hier  treffen  wir  den  Justin  im  Widerspruch  mit  der 
klassischen  Prosa  des  Trogus  Pompeius,  dagegen  in  Überein- 
stimmung mit  dem  kirchlichen  Latein :  2,  5,  8  pax  fuit  u.  tempora 
Ianthyri  regis;  2,  7,  7  prope  u.  interitum  armis  dimicatum 
fuerat,  womit  die  oben  erwähnte  Stelle  aus  Seneca  de  clem.  zu- 
sammenzuhalten ist;  17,  3,21  qui  regnum  adultam  (doch  Itühl: 
in  ad.)  eius  aetatem  tuerentur;  33,  2,  6  Macedonia  a  Carano  u. 
Persen  (mit  Jeep  und  Rühl)  XXX  reges  habuit;  2,  4,  32  liest 
jetzt  Kühl  u.  tempora  Alexandri  duraverunt  (Jeep  u.  ad  t.). 

Soll  des  Fortlebens  dieser  Ausdrucksweise  im  Spätlatein 
noch  mit  einigen  Worten  gedacht  werden,  so  sind  zunächst  die 
Hauptvertreter  medizinischer  Litteratur  zu  dem  klassischen 
Sprachgebrauche  zurückgekehrt.  Marcellus  Empiricus,  Sextus 
Placitus,  Theodorus  Priscianus,  Cassius  Felix;  bei  Gaelius  Aure- 
lianus  scheint  sich  nur  ein  Beispiel  zu  finden,  acut.  2,  103  cibi 
abstinentia  u.  tertium  diem;  auch  in  dem  Briefe  des  Hippocrates 
an  Antiochus  bei  Marcellus  pg.  18  heifst  es  u.  veris  aequinoctiuni, 
doch  einige  Zeilen  weiter  unten  u.  in  autumni  aequinoctium. 
Blofs  die  lateinische  Übersetzung  des  Oribasius  läfst  die  alte 
Freiheit  wieder  aufleben,  und  wenn  auch  an  mehreren  Stellen 
die  Überlieferung  unsicher  ist,  so  wird  aller  Wahrscheinlichkeit 
nach  ad  von  dem  Abschreiber  eher  zugesetzt  als  getilgt  worden 
sein.  Sichere  Stellen  sind  Synops.  3,  17  admisce  u.  dies  decein 
malacas;  5,  17  ieiunium  observans  tota  die  u.  saera  (=  seraui, 
soir);  Eupor.  3,  72  da  bibere  per  singulos  dies  u.  dies  XL;  4,34 
esse  in  auribus  u.  dies  quinque;  4,46  sit  sie  u.  dies  novein. 
Auch  der  Ablativ  kommt  vor  Synops.  9,  56  sanies  passionem  u. 
XL  deducit  diebus. 

Eine  häufige  Phrase  der  Arzte  mufs  usque  (ad)  peri- 
culum,  bis  zur  Krisis,  bis  zum  Tode,  gewesen  sein.  Marcell. 
p.  99  (cap.  14)  u.  ad  periculum  laboranti;  p.  17  commotio  adus- 
que  vesani  eum  furoris  periculum  trahet,  und  sie  hat  daher  auch 


Ueque  mit  Accasativ.  65 

in  der  übrigen  Prosa  Eingang  gefunden.  Arnob.  1,3  terrarum 
yalidissimis  motibus  tremefactae  u.  ad  periculum  civitatis;  5,  2 
ut  u.  ad  ebrietatis  periculum  veniretur.  Hilar.  in  psalm.  118  (col. 
511  Mig.)  ne  u.  animae  periculum  derelinquat.  Mar.  Vict.  col. 
1217  B  Mig.  u.  periculum  laboravit.  So  läfst  sich  auch  *Amnrian 
17,  4,  15  von  der  vielen  unmöglich  scheinenden  Aufrichtung  des 
Obeliskes  in  Rom  verstehen:  erectis  u.  periculum  altis  trabibu?, 
wo  Eyssenhardt  und  Gardthausen  nach  Haupt  ad  perpendiculum 
schreiben;  das  Experiment  wird  mithin  als  ein  lebensgefährliches 
bezeichnet. 

Hat  kein  Grammatiker  ein  Beispiel  von  u.  in  temporalem 
Sinne  gegeben,  so  ist  der  Gebrauch  auch  bei  den  Historikern 
ungleich  seltener  als  der  örtliche.  Aus  den  Script,  hist.  Aug. 
ist  eine  einzige  Stelle  anzuführen,  Vopisc.  Car.  3,  4  Severi  dili- 
gentiam  u.  Alexandrum;  Ampelius  giebt  zwei,  18,  15  u.  septimum 
consulatum,  47,  Überschr.  u.  Imperium  Traiani;  der  Vf.  de  vir. 
illustr.  eine,  67,  2  u.  sextum  consulatum.  Bei  Ammian  19,2,5 
liest  Gardthausen  unbeanstandet:  a  sole  orto  u.  diei  ultimum, 
allein  er  scheint  seine  Ansicht  geändert  zu  haben,  als  er  *29, 
5,  48  a  sole  orto  u.  ad  diei  extimum  pugna  protenta  die  Präpo- 
sition gegen  die  guten  Handschriften  einsetzte.  Gleichzeitig 
übersetzte  auch  der  sogen.  Hegesippus  2,  13,  14  a  reditu  populi 
u.  Antiochum  Eupatorem  (Vulg.  u.  ad).  Iordan.  3,  11  lesen  wir 
u.  orbis  terrae  diluvio  (=  diluvium),  4,  6  u.  nativitatem  Abrahae, 
10,8  u.  Tarquinium  regem;  bei  Marcellin.  (Patrol.  51,  920  A 
Mign.)  u.  hunc  XIX  imperii  annum,  so  dafs  auch  die  Origo 
gent.  R.  1,  1  u.  id  tenipus,  8,  4  permansit  u.  Appium  Claudium 
ganz  gut  in  diese  Zeit  gesetzt  werden  könnte.  Orosius  erhebt 
sich  als  guter  Stilist  über  andere  Autoren  des  fünften  Jahr- 
hunderts, indem  er  keine  ähnliche  Wendung  in  die  Feder  fliefsen 
liefs  und  auch  die  Historia  miscella  als  Fortsetzung  besserer 
Historiographie* ist  frei  von  solchen;  dagegen  hat  Gregor  von 
Tours,  vielleicht  unter  dem  Einflüsse  des  Kirchenlateins,  die 
Ausdrucksweise  gebilligt  und  nicht  selten  verwendet:  hist.  Franc. 
1,  16  u.  nativitatem  Christi,  1,  48  a  passione  u.  transitum  Mar- 
tini, 2  praef.  u.  nostra  tempora,  4,  34  u.  vitae  consummationem, 
5,  18  u.  sacerdotalem  audientiam  („bis  er  ihn  vor  das  Gericht 
der  Bischöfe  stellen  konnte"  Giesebrecht),  7,  6  u.  praesens  tempus, 
10,  13  u.  passionem  eius,  10,  31  u.  Kalendas  Octobris,  u.  deposi- 
tionein  Martini;   Glor.  confess.  15  u.  lucis  adventum.     1n<ta**fe\t 

Archiv  für  Ut.  hcxikogr.  IV.    Heft  I.  ft 


66  Ed.  Wölfflin: 

begegnen  wir  auch  hier  dem  Ablativ,  den  wir  oben  S.  58  er- 
läutert haben,  so  dafs  die  Stellen  sich  gegenseitig  stützen:  hist* 
Franc.  1,23  a  captivitate  Hierosolimae  u.  ad  passionem  Christi, 
id  est  u.  Tiberi  septimo  decimo  anno;  3,  13  castrum  u.  illa  die 
defensatum,  7,  36  benignissime  u.  hoc  tempore  vixi,  8,  14  dum 
u.  obscura  nocte  reteneremur,  8,  42  u.  natales  dominici  tempore, 
10,  31  u.  medio  Februario  und  ebendaselbst  beweiskraftig  quae 
u.  nostris  temporibus  perseverat  Wir  glaubten  dies  etwas  aus- 
führlicher darlegen  zu  sollen,  weil  der  Index  der  neuesten  Aus- 
gabe kaum  ausreichen  würde  um  die  sprachliche  Erscheinuug 
allseitig  zu  beurteilen.  Auch  die  Script,  rer.  Langobard.  kennen 
die  beiden  Strukturen:  Agnellus  122  u.  horam  nonam  exspecta- 
biinus,  Catal.  reg.  Langobard.  p.  496,  7  Waitz  (1878)  ardere 
visa  u.  horam  diei  tertiam;  dagegen  ebendas.  510,  A  (zum 
Jahr  882)  u.  prope  aurora,  Agnellus  31  u.  nostris  temporibus 
perduravit. 

„  Die  späteren  Rechtsquellen  zeigen  uns  das  temporal  ge- 
brauchte u.  nicht  selten,  und  wenn  auch  an  einzelnen  Stellen 
die  Lesart  nicht  sicher  steht,  so  läfst  sich  noch  viel  weniger  der 
Sprachgebrauch  durch  Emendation  beseitigen.  Cod.  Theodos.  11, 
20,  5  ex  triennio  u.  quinquenium  nach  Haenel  (Var.  u.  ad).  1 1, 
28,  3  u.  indictioncm  quintam,  vielleicht  u.  in  ind.  15,  1,  35  a 
primo  cousulatu  u.  praesens  tempus  (cod.  Aur.  Lugd.  u.  ad).  Lex 
Rom.  Visig.  2,  15  u.  continuum  bienuii;  2,16  u.  XXVIII  annis; 
1,  9  u.  vicesimum  annum.  Lex  Rom.  Utinensis  105,  9  u.  XV 
aetates  (=  aetatis)  annum  cum  venerit.  Pardessus  dipl.  376* 
(675  p.  Chr.)  u.  tempore  ipso  perducere  dignatus  est.  Forraulae 
688  Zeumer  u.  ipso  placito;  19529  u.  annos  tantos  opera  facere; 
229 13  37  u    auno  et  die  sanus. 

Die  bessere  Patristik,  wie  Ambrosius,  Hieronymus,  Augustin 
liefert  keine  Belege  (Ausnahme:  usque  hoc  tempus  bei  Hilarius 
de  synod.  2.);  die  jüngere  nur  spärliche.  Cassian  collat.  5,  12 
u.  nonam  differre  ieiunia;  hist.  coenob.  5,  5  u.  occasum  solis  tole- 
ratur  (nach  den  besten  codd.,  u.  ad  Edit),  8,  9  ebenso.  Arnob. 
iun.  (Patrol.  53,  477  Mig.)  operatur  u.  vesperum;  Benedict  von 
Nursia  in  der  Regula  15  u.  pentecosten,  18  u.  dominicain,  48  u. 
horam  quartam  laborent  und  ähnl.  Aurelianus  (Patrol.  68,  404  A) 
u.  inediam  nocte  in  neben  u.  media  nocte  (ib.  396  B);  Marculfus 
(Patrol.  87,  770.  777)  u.  annos  tantos;  Valerius  (Patr.  87,  466)  u. 
quartum  diem  non  pluit;   Donatus  (Patr.  87,  296)  u.  octavo  Ka- 


Usque  mit  Accusativ.  67 

lendas  decidant.  Isidor  orig.  7,  11,  1  u.  mortem  pro  veritate 
certaverunt;  Paulus  Diac.  (Patr.  95,  1377  B)  dies  nuncupantur  u. 
8abbatum. 

Die  Poesie  endlich  kennt  ein  paar  Phrasen,  wie  Paulin. 
Nol.  17,  338  bonus  u.  finem  duc  bonum  cursuni;  Paulin.  Pell.  177 
u.  duo  daran s  . . .  decennia;  Orientius  2,  364  a  primi  . .  tempore 
mundi  u.  diem  mundo  qui  modo  finis  erit.  Aldhelm  1,  27  u.  nona- 
genariam  .  .  .  vetustatis  senectam.  Noch  ^lcuin  Poet,  aevi  Carol. 
I  p.  184  y.  683  beginnt  den  Hexameter  mit  u.  diem  mortis,  ebenso 
I  192,  v.  1020  und  I  213,  N.  XVIII  14;  I  290,  v.  102  u.  dies  Sauli; 
I  291,  v.  149  tempora  baptistae  decurrens  u.  Johannis.  Die  erstere 
Verbindung  ist  aus  Inschriften  bekannt  und  bereits  oben  S.  63 
nachgewiesen.  Ahnlich  schon  Porphyr,  zu  Hör.  Cann.  4,  7,  17 
vitae,  quam  hodiernum  u.  egisti. 

München.  Ed.  Wölfflin. 


Vice  versa. 

Es  ist  im  Rhein.  Mus.  37,  119  f.  nachgewiesen  worden,  dafs  die 
gesamte  lateinische  Litteratur  nur  die  Stellung  versa  vice  kenne. 
Die  moderne  Wortstellung  findet  sich  allerdings  in  dem  Romane  de 
Co n 8 tan t.  et  Hei.  44,  womit  aber  gerade  die  späte  Abfassungszeit 
dieses  Buches  erhärtet  wird.  Zum  Beweise,  wie  konstant  der  Sprach- 
gebrauch war,  mögen  noch  einige  Belege  für  versa  vice  folgen:  Sen. 
Herc.  Oet.  470,  vielleicht  die  älteste  Stelle,  da  man  bisher  die  Redens- 
art nicht  über  Justin  hinauf  verfolgt  hat;  Apul.  flor.  20.  Gellius  16, 
13,  7.  Diomed.  433,  17  K.  Sulpic.  Sever.  Mart.  2,  5.  Ennod.  p.  185, 
16  Vog.  Justin,  instit.  3,  19,  21.  Wenn  aber  auch  noch  Schol.  Beru. 
Verg.  Edog.  6,  79.  Schol.  Bob.  366,  6  Or.  Hist.  misc.  14,  18.  26,  20 
dieser  Wortstellung  treu  bleiben,  so  erkennt  man  erst  recht,  wie  jung  der 
Gonstantinroman  sein  mufs.  Zudem  bestätigen  auch  Parallelausdrucke 
wie  mutua  vice  bei  Columella,  mutata  vice,  verso  ordine  in  dem  fälsch- 
lich dem  Apuleius  beigelegten  dritten  Buche  de  dogm.  Plat  die  obige 
RegeL 

München.  Eduard  Wölfflin. 


Die  Verba  auf  -illare. 

Die  Verba,  als  deren  gemeinsamer  Auslaut  -illare  scho 
durch  seinen  Klang  dem  Ohre  auffiel,  einer  zusammenfassendem. 
Erörterung  zu  unterziehen,  schien  besonders  dadurch  anziehend^ 
dafs  man  hoffen  durfte  die  kleine  Zahl  wirklich  deminutiver* 
Verben  im  Lateinischen  vermehrt  oder  doch  durch  neue  Belege 
bereichert  zu  sehen.  Auch  der  allgemeinen  Sprachwissenschaft 
konnte  auf  diese  Weise  ein  erwünschter  Zuwachs  an  Erkenntnis 
geboten  werden;  denn,  wie  schon  Grimm  D.  Gr.  III  S.  664  be- 
merkte, wird  in  der  Sprache  überhaupt  die  Verminderung  am 
seltensten  an  Verben  zum  Ausdruck  gebracht.  Natürlich,  der 
Wunsch  die  sinnlich  wahrnehmbare  Verkleinerung  äufserlich  zum 
Ausdruck  zu  bringen  machte  sich  zunächst  bei  greifbaren  ein- 
zelnen Gegenständen  geltend,  welche  bei  einem  Vergleich  mit 
ihresgleichen  dem  Auge  an  Gestalt  verkürzt  erschienen.  Auch 
das  begreift  sich  leicht,  dafs  dergleichen  sinnlich  malende  Be- 
zeichnungen sich  dort  am  reichsten  finden,  wo  die  Sprache  mehr 
der  Wiedergabe  von  Sinneswahrnehmungen  als  dem  Ausdruck 
abstrakter  Gedanken  dient.  Daher  zeigt  sich,  wie  Grimm  III 
688  f.  erwähnt,  in  Volksmundarten  besonders  die  Neigung  auch 
deminutive  Zeitwörter  zu  bilden.  Auch  für  das  Lateinische  hat 
man  längst  beobachtet,  dafs  die  Deminutiva  bezeichnend  für  die 
Volkssprache  waren  und  eben  von  dort  aus  —  oft  mit  Einbufse 
an  ihrer  eigentlichen  Bedeutung  —  ihren  Weg  in  die  romanischen 
Sprachen  fanden  (vgl.  Wölfflin,  Philologus  34,  153).  Es  läfst 
sich  also  auch  für  unsre  Kenntnis  des  Vulgärlateins  aus  einer 
Besprechung  deminutiver  Verben  Gewinn  erwarten.  Fafst  man 
nun  diesen  Begriff  in  jener  engsten  Bedeutung,  dafs  ein  Verbum 
deminutivum  eine  „Zerstückelung  und  Verkleinerung*'  (Grimm) 
des  Begriffes  enthalte  und  beschränkt  man  sich  dann  noch  auf 
die    von   Verbalstämmen    unmittelbar    abgeleiteten    Wörter    wie 


A.  Funck:  Die  Vcrba  auf  -illare.  69 

»nscribillo  u.  dgl.,  so  würde  freilich  der  Stoff  baldigst  erschöpft 
in.     Indes  wäre  man  damit  doch  der  sprachlichen  Erscheinung 

keiner  Weise  gerecht  geworden.  Wieder  ist  es  Grimm,  der 
erst  darauf  aufmerksam  gemacht  hat,  dafs  jene  „Zerstückelung" 
les  Verbalbegriffes  oft  die  Wiederholung  der  Handlung  be- 
ute; andre  Nebenbedeutungen,  welche  die  ursprüngliche  ver- 
nkelten,  sind  von  Wölfflin  a.  a.  0.  berührt.  So  kommt  man 
zu,  zunächst  jedenfalls  auch  Wörter  mit  scheinbar  abliegender 
deutung  mit  in  den  Kreis  der  Untersuchung  hineinzuziehen, 
imm  stellt  dann  auch  diejenigen  Verba  neben  die  Deminutiva 
rbalen  Stammes,  welche  das  Suffix  -il  bereits  aus  dem  Sub- 
intiv  entlehnen.  Gewifs  mit  Recht.  Wenn  neben  chizil  — 
izilön  =  titillus  —  titillare  steht,  wer  will  entscheiden,  ob  die 
«n  Römer  und  Deutschen  zuerst  nur  die  Empfindung  als 
>men  oder  die  Thätigkeit  der  Nerven  in  einem  Verbum  zum 
jsdruck  brachten?  Jedenfalls  war  das  Deminutivum  auch  ohne 
fserlich  sichtbaren  Vorgang  für  diese  dem  Lustgefühle  ver- 
indte  Empfindung  wohl  bezeichnend.     Giebt  man  aber  dies  zu, 

wird  es  immer  schwieriger,  eine  Grenze  zu  ziehen,  und  es 
eilt  sich  als  das  Richtigste  heraus,  den  gleichen  Auslaut  zur 
ichtschnur  für  das  in  Betracht  zu  ziehende  zu  nehmen.  Erst 
lf  diese  Weise  ist  es  ja  auch  möglich,  ein  Urteil  zu  gewinnen, 
b  wirklich  das  -illare  so  häufig  erklang,  dafs  es  zu  Analogie- 
ildungen  Anlafs  geben  konnte.  Corssen  Ausspr.  u.  Vokal.  II2 
28  f.  hatte  bereits  Schwierigkeiten  genug  die  Substantiva  mit 
uffix  -illo  auf  kürzere  Suffixe  zurückzuführen;  es  blieb  ein  Rest 
esonders  von  Vor-  und  Zunamen,  für  welchen  er  -illo  als  ein- 
eitliches  Suffix  ansetzte.  Aber  es  möchte  doch  schwer  sein, 
elbst  für  die  von  ihm  als  denominativa  bezeichneten  Verba  wie 
orbillo,  gracillo  u.  s.  w.  jedesmal  ein  wirklich  vorhandenes 
fomen  aufzutreiben;  und  so  böte  sich  denn  der  Erklärung  ein 
lochst  willkommener  Ausweg,  wenn  es  gelänge,  Verba  auf  -illare 
inerlei  welchen  Ursprungs  in  solcher  Zahl  nachzuweisen,  dafs 
ie  Häufigkeit  der  Belege  die  Annahme  von  Analogiebildungen 
ghtfertigte. 

Solche  Zusammenstellungen  sind  aufser  von  Corssen  bereits 
>n  Schwabe   (de  deminutivis   Graecis  et  Latinis.     Gissae   1859 

26  sq.) ,  von  Kessler  (die  lateinischen  Deminutiva.  Progr.  v. 
ildburghausen    1869  S.  27  f.)  und   von  Kühner  (Ausführt.   Gr. 

lat   Spr.    1877.    I    644  f.)    in   Angriff  genommen,   ohne  Ab- 


70  A.  Funck: 

schliefsendes  zu  bieten;  doch  wird  sich  im  Laufe  der  folgenden 
Untersuchung  öfter  Gelegenheit  finden  auf  diese  Vorarbeiten 
zurückzugreifen. 

Ich  beginne  mit  der  Besprechung  derjenigen  Wörter,  deren 
Schreibung  uud  Deutung  durch  ein  daneben  gebrauchliches 
Nomen  auf  -illa  oder  -illus,  -illum  gesichert  ist,  und  den  Vor- 
rang  verdienen  in  jeder  Gruppe  die  Verba,  in  welchen  die 
deminutive  Bedeutung  des  Suffixes  erkennbar  geblieben  ist. 

A.  Verba  zu  Nominalstämmen  auf  -illa. 

1.  scintilla  —  scintillo  „funkeln."  Über  den  Ursprung  vgl. 
Vaniöek,  Etymolog.  Wörterbuch  II  1113  (Leipzig.  1877).  Wie 
lebhaft  sich  dem  Römer  die  Erscheinung  des  in  kleinsten  Teil- 
chen aufsprühenden  Feuers  darstellte,  zugleich  aber  auch,  wie 
die  Kraft  eines  solchen  Suffixes  schwand,  zeigt  die  Weiterbildung 
scintillula,  die  sogar  bei  Cicero  de  fin.  V  43:  virtutum  quasi 
scintillulas  in  übertragenem  Sinne  vorkommt.  Die  eigentliche 
Bedeutung  des  Verbum  scintillo  mit  ignis,  flamma,  lampas, 
facula,  dies  u.  a.  können  wir  verfolgen  bis  auf  Aldhelm  hinunter; 
dem  oleum  wird  es  schon  bei  Verg.  Geo.  I  392  beigelegt;  calor 
scintillat  (ex  lapide  molari)  Aetna  405  ist  das  Vorbild  zu  calidi 
fervor  amoris  Galpurn.  ecl.  V  22;  cupiditatis  ardor  Ambros.  in 
ps.  118.  serni.  18  §  22.  Dafs  die  funkelnden  Augen  unsrer 
Romanhelden  antik  sind,  kann  man  schon  aus  Plaut us  Men.  830: 
ut  oculi  scintillant  nide  lernen;  zornfunkelnd  sind  sie  bei 
Persius  III  117:  ira  scintillant  oculi  (daher  bei  Silius  IX  562: 
scintillavit  ira)\  bei  Augustinus  ist  dieselbe  Erscheinung  ad 
fratr.  in  erem.  18  unter  den  Kennzeichen  der  invidi  genannt: 
oculis  scintillant  ut  sidera.  Augustin  gebrauchte  das  Wort 
aber  öfter  in  bildlichem  Sinne  verschiedener  Art:  de  subsi  di).  1: 
ne  forte  scintillet  in  cordibus  . . .  ignis;  contra  Julian.  V  11: 
sterilis  scintillat  accensio  (sagt  Julian  von  den  impuberes);  der 
Ausdruck  ist  gut  gewählt,  um  das  unstate  Aufflackern  der  Leiden- 
schaft zu  schildern,  während  bei  Paulus  Diac.  Hom.  de  Sanctis 
1493  c  (M.  95):  pulcfire  . .  scintillavit  hie  ignis  grade  die  lautere 
Flamme  der  Begeisterung  gepriesen  wird;  ähnlich  bei  Aldhelm 
p.  14:  scintillante  superni  ardoris  facula  inflammantur.  Aber  auch 
Augustinus  gebraucht  das  Wort  in  edlerem  Sinne  conf.  IV,  2: 
(Deus)  vidisti  .  .  in  multo  fumo  scintillantem  fidetn  „die  vom 
Rauch  verdunkelte  Flamme  des  Glaubens".  Dieselbe  Wendung 
kehrt   in    anderem   Zusammenhang   wieder   bei   Aldhelm    p.  146 


Die  Verba  auf  -illare.  71 

v.  386:  scintillante  fide  dum  fervent  corda  virorum,  nämlich  der 
Märtyrer  auf  dem  Scheiterhaufen.  —  Fallen  dann  bei  August. 
enarr.  ps.  96  v.  3  =  col.  1241  (M.  37)  die  verba  scintillantia  so 
gut  wie  die  oculi  flammantes  unter  die  Kennzeichen  des  leiden- 
schaftlichen homo  iniquus,  so  rühmt  anderseits  Sedulius  in 
Eutych.  p.  26,  30  H.:  conditor  . .  linguarum  nihil  inrationabiliter  .  *  . , 
sed  omnia  copiosa  ratione  scintillantia  formavit  —  Die  Stelle 
Augustin  tract.  in  ev.  Joh.  1,  8  (M.  35,  1383):  quomodo  ergo 
potuisti  scintillare  in  illud  kann  wohl  nur  heifsen:  „wie  konntest 
du  auf  den  erleuchteten  Gedanken  kommen ?" 

2)  still a  —  stillo  „träufeln"  Vaniöek  II  1138,  vgl.  Festus 
345,  3.     Die   Flüssigkeit   stürzt   nicht   in   raschem   Strome    und 
grofser  Masse  auf  einmal  herunter,  sondern  tröpfelt  in  kleinen 
Teilchen  allmählich  ab;   hier   sieht  man  vor  Augen,    wie   nahe 
sich  Zerstückelung  der  Thätigkeit  und  Wiederholung  der  Hand- 
lung  berühren.      Dafs    das   Zeitwort    gleich    unserm    „träufeln" 
transitiv  und  intransitiv  gebraucht  wurde,  dafs  ferner  nicht  nur 
die  guttae  selbst,   sondern    auch    die  feuchten  Gegenstände  wie 
saxum,  paenula  u.  a.  stillant,  ist  nicht  minder  bekannt,  wie  dafs 
frühzeitig  bildliche  Verwendungen  ausgeprägt  wurden.     Die  Bei- 
spiele gehen  von  der  ältesten  Zeit  (z.  B.  Lucr.  VI  943)  bis  zur 
Historia  miscella  und  Paulus   Diaconus   hinunter.     Nur   einiges 
Bemerkenswerte   mag   hier    hervorgehoben    werden,    ohne    dafs 
irgend  auf  Vollständigkeit  Anspruch  erhoben  würde.    Hieronymus 
IHM.  XXIII  1430  C  sagt  einmal:  ad  deum  stillat  oculus  nieiis; 
das  wiederholt    sich   bei  Gregorius  Magn.    libr.  Moral.  XIII  29: 
od  Deum  necesse  est  ut  oculus  stillet,  und   bei  Paulus  Diaconus 
H.  d.  S.  1515  b:  ad  te  . .  stillant  oculi  nostri.    Die  eigentümliche 
Wendung  scheint  aber  auch  dem  modernen  sermo  ecclesiasticus 
nicht  fremd  zu  sein;    sie  begegnet  noch  wieder  in   dem  für  die 
Anschauungen  und  cjie  Redeweise  des  Buüsen-Rotheschen  Kreises 
so  bezeichnenden  Liede  des  Malers  Maydell   (Rom,  etwa  1825), 
welches  Ludwig  Richter  in  seiner  Lebensbeschreibung  S.  248 4 
mitteilt:    „Nach  Dir  schau  ich   so  früh  als  spat,   Nach  Dir  die 
Augen  thränen".  —  Schon  Seneca  ep.  40,  3  bezeichnet  dann  im 
Gegensatz  zum  Redeflusse  eine  stockende,  gleichsam  tropfenweise 
dem  Ohr  zukommende  Sprache  mit  den  Worten:  aeque  stillare 
älum  nolo  quam  currere;  und  in  gleichem  Sinne  spricht  Calpur- 
flius  ecl.  6,  23  von  voces  vix  stillantes  und  dann  noch  Ennodius 
518,    7    (carm.  I  5):    torrida    ieiuno    vix    stillant   verba    relatv, 


T2  A.  Funck: 

(=  CDXXI1I  7  Vogel);  424,  1:  si  in  alveum  magni  fluminis 
stillantis-guttam  fundis  eloquii  (=  1,  15  Vogel).  Jene  Neben- 
bedeutung des  Langsamen  scheint  dann  völlig  erloschen  Vulg. 
Hiob.  29,  22:  super  Mos  stillabat  eloquium  meutn.  Ezpeetabant 
mc  sicut  pluviam  e.  q.  s.  Hieronymus  erklärt:  sensum  . .  penetrabat 
doetrina  eins;  und  ähnlich  Arnos  7,  16:  non  prophetabis  super 
Israel,  et  non  stillabis  super  domum  idoli.  —  Neues  bringen 
auch  sonst  die  geistlichen  Schriftsteller.  Wie  schon  der  Tropfen 
Wassers  die  Lippen  des  Dürstenden  erquickt  (vgl.  Greg.  Magn. 
üb.  Moral.  XII  n.  56;  Ennodius  416,  20  (=  19,  9  V.);  452,  2 
(=  117,  7  V.),  so  labt  die  Gnade  Gottes  die  lechzenden  Seelen 
der  Menschen:  Patr.  apost.  Mart.  Ign.  IV  1:  c  quibus  gratia 
spiritualis  stillabat;  Augustin  ad  fr.  in  eremo  19:  stillabant 
spiracula  gratiarum;  so  transitiv  Vulg.  II  Macch.  8,  27:  deus 
misericordiae  initium  still  ans  in  eos.  W7ir  sprechen  vom  Strome 
der  Zeit,  der  über  uns  dahinfliefst ;  dem  rastlos  thätigen 
Augustin  zerrannen  die  Minuten  wie  die  Wassertropfen,  daher 
klagt  er  epist.  CX,  5:  vix  mihi  gtdtae  tetnporis  stillantur.  Ob 
man  solche  bildliche  Verwendung  des  transitiven  Simplex  schon 
für  die  unsicher  überlieferte  Stelle  Cic.  ad  Att.  IX  7,  1:  litterae 
quat  mihi  quiddam  quasi  animulae  stillarunt}  zugestehen  soll, 
ist  bezweifelt  worden;  Wesenberg  schreibt  instillarunt  und 
kann  sich  auf  Cic.  Cato  mai.  XI  36  berufen :  nisi  tamquam  lumini 
oleum  instilles,  exstinguuntur  (nämlich  die  Seelenkräfte);  auch 
das  seltene  restillo  hat  man  schreiben  wollen.  Was  Georges  noch 
in  diesem  Sinne  anführt,  luven.  III  122:  cum  facilem  stillavit 
in  aurem  exiguum  de  naturae  patriaeque  veneno,  limine  summoveort 
lilfst  sich  auch  intransitiv  mit  exiguum  als  Subjekt  fassen.  Dafe 
der  transitive  Gebrauch  des  Wortes  überhaupt  alt  ist,  zeigen 
Stellen  wie  Horatius  Ars  p.  429:  stillabit  amicis  ex  oculis  rorem; 
das  Alter  der  bildlichen  Verwendung  des  Intransitivs  ist  nicht 
vor  der  oben  angeführten  Seneea-Stelle  (ep.  40,  3)  bezeugt;  der 
frühste  Beleg  für  bildlichen  Gebrauch  des  Transitivs  ist  wohl 
Hermae  pastor  51,  9:  desuper  stillavit  iustitiam  suam:  dennoch 
wäre  es  wohl  nicht  zu  kühn,  dem  Ciceronianischen  Briefstil 
eine  sonst  noch  nicht  nachgewiesene,  aber  doch  sehr  wohl 
mögliche  Anwendung  des  Worts  zuzutrauen,  wenn  nicht  die 
Überlieferung  auf  ein  längeres  Wort  wie  instillarunt  hinwiese 
(vgl.  Orelli-Baiter  u.  Boot  zu  d.  S.).  —  Die  Stellen  der  Vulgata 
Arnos  9,  13  =  Joel  3;  18:   stillabunt  montes  dukedinem  hatte 


Die  Verba  auf  -illare.  73 

sich  scIiod  Tertullian  etwas  anders  übertragen:  adv.  Marc.  III 
5:  montes  legimus  destillaturos  dulcorem.  —  Auch  das  mag 
schliefslich  nicht  anerwähnt  bleiben,  dafs  nach  dem  Vorbild  von 
adv.  Jovin.  I  25  (M.  23,  244  A):  ira  Domini  stillante  super 
Jerusalem  Hieronymus  zu  Naum  I  6  col.  1236  D  auch  das 
indignatio  eft'usa  est  ut  ignis  der  Vulgata  umschrieb  mit  furor 
eius  in  simüitudinem  stillavit  incendii  (iörafcv).  Hier  ist  jede 
Spur  einstiger  deminutiver  Bedeutung  geschwunden. 

Das  Gesagte  wird  bereits  genügen,  um  den  ausgedehnten 
und  mannigfaltigen  Gebrauch  von  stillare  zu  erweisen.  Ein 
Blick  auf  die  zahlreichen  Composita  bestätigt  die  reich  ent- 
wickelte Lebenskraft  des  Wortes. 

Für  destillo  schwankt  die  Schreibung  zwischen  de  und  di; 
Georges  entscheidet  sich  für*de,  mit  Recht,  da  hier  unzweifelhaft 
„herabträufeln"  die  eigentliche  Bedeutung  war.     So    bei  Varro 
LL.  V  22:   sudando  assum  destillat  calore  (Müller:  humorem); 
Yergil.  Geo.  III  281:  lentum  destillat  ab  inguine  virus;  bei  Seneca 
n.  q.  II  12,  3:  Anaxagoras  ait  illum  ex  aethere  destillare;  ähn- 
lich II  31,  1;  III  21,  1;  Lucan.  8,  777;  in  medizinischem  Sinne 
Sen.  ep.  78:   ut  ipse  destillarem  ad  summatn  maciem  deductus9 
nämlich    vom  Durchfall   =   destillatio;   dann    bei    den  Kirchen  - 
Schriftstellern,  besonders  in  der  öfter  wiederkehrenden  Wendung: 
md  destillat  a  Idbiis  Hieron.  ep.  I  78.  maus.  XL,  ähnlich  Ambros. 
De  Ca.  et  Abel.  I  c  5  p.  342  Z  15,  Lucifer  M.  13,  776  C  nach  dem 
Vorbilde  des  merkwürdigen  transitiven  Gebrauchs  Vulg.  Prov.  5, 3 
=  Cant  4, 11:  favus  distülans  labia.    Wiederum  auch  von  dem 
triefenden  Gegenstand,  schon  bei  Tibull.  II  2,7:  puro  des  t  dient 
tempora  nardo,  dann  bei  Plinius  n.  h.  XV  §  82:  ficus  .  . .  anus  . . 
destillant  cumtnium  lacrima  —  und  gewifs  noch  öfter;  z.  B.  Ambro- 
siuB  de  18.  et  anima  c.  G  p.  547  Z  23:  manus  meae  destillaverunt 
Htyrrha]  Augustinus  de    genesi   ad    lit.  3,  10,  15:    aurae  . .  rore 
destillant,   annot.    in   Job  24:    saxa    destillant;    Hieronymus 
contra  Joann.  Hier.  M.  23  col.  382  B:    carne  . .  quae  nunc  prae 
dolore  destillat    (etwa    sudore?    wie    bei    Soran.  II,  4:    sudor 
destillat?)    Unklar  ist  mir  Hier,  de  nom.  hebr.  M.  23  col.  780, 
12:  Jdkab:  mago  patre,  sive  distillans.     Die  Übertragung  auf 
den  stockenden  Redeflufs  hat  auch  hier  wieder  Ennodius  530, 
31  (carm.  I  8):    sum  fateor,  cttius  destillent  verba  relatu,  quae 
*aciem  monstrent  pauperis  ingenü  (XXVII  31,  p.  31  V.).  —  Die 
transitive   Bedeutung    belegt   Georges    aus    Caelius   Aurel.    und 


71  A.  Funck: 

Apicius;  es  kommen  dazu  Fronto  p.  88,  5:  minimum  cum  vino 
destillatum  gluttivi;  Augustinus  enarr.  ps.  II  1731:  gutiam  sibi 
destillari;  in  Joann.  evang.  tract.  21,  3:  aliquid  irrorare  dignetur 
et  destillare  in  sitim  nostram;  Gregorius  Magnus  homil.  in  Et. 
40  n.  5:  distillari  aquam  in  ore  suo  concupiscit;  Hieron.  ep.  I 
78  mans.  XXV:  mel  distillant  läbia  tua  (siehe  oben  Gant.  4, 11). 
—  Ist  auch  an  letzteren  Stellen  nicht  eben  das  einzelne  Wort 
für  sich  bildlich  gebraucht,  so  sieht  man  doch  in  diesem  Zu- 
sammenhang den  Ansatz  zu  übertragener  Verwendung  auch  des 
transitiven  Verbs.  —  Das  aus  destillo  weitergebildete  super- 
destillo  scheint  aus  dem  gelegentlichen  Gebrauch  bei  den  Me- 
dizinern nicht  herausgetreten  zu  sein;  zu  dem  Beleg  aus  CaeL 
Aurel.  bei  Georges  kommt  noch  Orib.  Syn.  III  17  bis,  Addit.  12. 
Nur  transitiv  ist  das  in  eigentlicher  wie  übertragener  Be- 
deutung oft  gebrauchte  instill  o.  Aufser  bei  den  Medizinern 
(z  B.  Celsus  166,  17;  171,  25  und  sehr  oft;  Seren.  Sammon.  11, 
163,  1074)  findet  sich  die  erstere  schon  bei  Cicero  Cato  m. 
c.  11,  36:  nisi  tamquam  lumini  oleum  instilles  (hier  freilich  mit 
Beziehung  auf  die  Seele  gesagt),  Ovid.  19  Heroid.  153:  merum 
instillat  in  igncs;  Hör.  II  Sat.  II  62;  bei  Ps.-Vergilius  Mor.  113; 
Quintil.  I  2,  28  vasetda  augusti  oris  .  .  .  instillatis  conplentur; 
Cassianus  Gonl.  VIII  1,  1;  Augustinus  de  genesi  lib.  impf.  14, 
47.  239,  7.  Auf  eine  sprichwörtliche  Wendung  weist  die  Stelle 
bei  Augustinus  de  cogn.  ver.  vit.  1  hin:  quid  tu  tentas  ligna  silvis 
importare  aut  redundanti  nuxri  uridam  instillare  conaris?  Überall 
steht  als  Objekt  die  eingetropfte  Flüssigkeit;  der  beträufelte 
Gegenstand  findet  sich  im  Accusativ  nur  bei  Cicero  Tusc.  II  25 
in  der  poetischen  Übersetzung  von  Aeschylus  Prom.  sol.:  guttat 
quae  saxa  adsidue  instillant  —  Mindestens  ebenso  alt  ist  nun 
die  bildliche  Verwendung,  zu  welcher  Stellen  wie  Val.  Max.  I 
6  ext.  3  das  Vorbild  abgeben  mochten:  apcs  .  .  eloquentiae  in- 
stillasse  videntur  alintenta.  Modernen  Erziehern  mag  es  tröst- 
lich sein,  zu  erfahren,  dafs  auch  die  Fassungskraft  der  Alten 
nur  erlaubte  die  Lehren  der  Weisheit  und  Tugend  tropfenweise 
dem  Geiste  zukommen  zu  lassen.  Von  Horaz,  welcher  in  der 
Ars  poetica  335  f.  auch  über  die  Form  der  Lehren  knappe  und 
gute  Vorschriften  giebt  (pmne  supervacuum  pleno  de  peetore  manat), 
kennen  wir  auch  zuerst  das  praeeepta  instillare  auriculis 
(I  Epist.  VIII  16).  Wenn  aber  Seneca  ben.  VI  16,  6:  praeeeptor 
aliqua  instillavit  ac  tradidit  schrieb,  so  ist  Haases  Vermutung 


Die  Verba  auf  -illare.  75 

eu  diaL  IX  3,  3:  gut  virtutetn  instillat  animis  (so  auch  Koch 
fttr  instituat),  auch  sprachlich  wohl  begründet.  Auch  die  Kirchen- 
schriftsteller behielten  die  bezeichnende  Wendung:  Hieron.  ep.  I 
73,  5:  universa  fidis  auribus  instillanda  sunt;  Anonymus 
(M.  18/19)  71  B:  innocentiae  singularis  instillata  doctrina. 

Um  das  langsame  Eintropfein  des  Öls  noch  anschaulicher 
zu  machen,  bildet  sich  Apicius  3,  95  das  Kompositum  subinstillo. 
Die  übrigen  Zusammensetzungen  sind  spärlicher  belegt. 
Man  liest  perstillo  außer  den  bei  Georges  erwähnten  Stellen 
der  Yulgata  prov.  19,  13  tecta  perstillantia;  eccl.  10,  18 
per still abit  domus  noch  bei  Hieron.  epist.  et  verb.  s.  Pachom. 
HI  86,  88  C:  per  still  at  domus,  im  Sinne  von  „durchtropfen 
lassen", "  während  Augustinus  de  civ.  Dei  XXII  11  p.  586,  15 
nuUa  eins  per  still  ante  parte  von  dem  durch  das  cribrum  durch- 
sickernden Wasser  spricht. 

Das  intransitive  restill o  „zurückträufeln"  kennen  wir  nur 
aas  Prudentius  c.  Symm.  II  287:  decoquat  in  massam  fervens 
strictura  securem  rursus  et  ad  proprium  restillet  vena  tnetallum. 
Es  hat  demnach  geringe  Wahrscheinlichkeit  fQr  sich,  das  Wort 
schon  an  der  oben  besprochenen  Stelle  bei  Cic.  ad  Att.  IX  7,  1 
in  den  Text  zu  setzen. 

Transitiv  ist  das  bisher  den  Wörterbüchern  unbekannte 
«ubterstillo  „unten  anträufeln"  Vegetius  III  7:  testes  subter- 
ttillatis  cauteriis  urito.  Es  bildet  den  Gegensatz  zu  super- 
itillo,  welches  Georges  aus  Apicius  IV  67  belegt;  dasselbe 
steht  Oribasius  Syn.  V  20:  mel  super stillatur;  VII  46:  detcrge 
«ton  ragadas  et  superstillas  (versio  altera:  detergis  ante  ragadas 
4  sie  superponis). 

War  in  diesen  Substantiven  und  Verben  immerhin  noch  die 
deminutive  Bedeutung  ursprünglich  bestimmt  fühlbar,  so  ist  sie  in 
3)  ancilla  —  ancillor  mindestens  sehr  zurückgetreten.  Mit 
Berufung  auf  ancus  —  anculus  u.  dgl.  hat  man  das  Substantiv  um 
freilich  als  eine  deminutive  Weiterbildung  erkannt,  vgl.  die  Zu- 
sammenstellungen bei  Vanicek  I  3*,  aber  diese  eigentliche  Be- 
deutung wird  kaum  irgendwo  greifbar  nachzuweisen  sein.  Es 
war  daher  gewifs  nicht  überflüssig,  noch  ein  Deminutivum  des 
Deminutivum  zu  bilden,  ancillula  zu  ancilla  (vgl.  Wölfflin  Philol. 
34,  8.  154).  In  beide  aber  ging  etwas  von  dem  Affekt  des 
Redenden  über,  der  nur  hier  nicht,  wie  bei  vielen  ähnlichen 
weiblichen  Geschlechts,  freundlicher  Art  war,  sondern  das  Kleine 


76  A.  Funck: 

oft    mit    Geringschätzung    behandelte.      Daher  nennt  Sallustius 
z.  B.  den  knechtischen  Fufidius  hisi  fr.  I  41,  21  eine  ancilla 
turpis;  und  ehrerbietig  ist  es  auch  nicht  eben,  wenn  Cic  de  or. 
I  55,  236  sagt:  istam  iuris  scientiam  tamquam  ancillulam  pedise- 
quamque  adiunxisti;  vgl.  auch  de  fin.  II  21,  69:  iubebat  eos  . .  secum 
ipsos  cogitare  pictam  in  tabula  Voluptatem ,  . .  praesto  esse  virtutes 
nt  ancillulas  e.  q.  s.     Dieselbe  Wahrnehmung  wiederholt    sich 
nun  bei  dem   Verbum  ancillor   (vgl.  famulus  —  famulor).     Die 
Glossen    beschäftigen    sich    öfter    mit    demselben:   cod.    EpinaL. 
ancillatur:  adulatur;  gloss.  Abavus  ancillari:  humiliter  servire; 
Philox.  16,  16:    ancillor:  xokaxsvo]  Gloss.  Vet.  (angeführt  bei 
Oehler  ad  Tertull.  apol.  17  p.  183)  tyyoiKoxevco  ancillor,  adsecto, 
adulor;  ebenso  Beda  Gr.  Lat.  VII  263,  13:  ancillor,  blandior  et 
adulor  unum   significant,   quod  est   graecc   xoXaxevct)    et  dativum 
trahunt,   und   wegen    dieser  Verbindung   mit   dem  Dativ  hat   es 
auch  bei  Charisius  294,  6:  ancillor  magistro  neben  adsentio,  und 
bei  Diomedes  313,  22:  ancillor  amico  neben  adulor  und  blandior 
seine  Stelle  gefunden.     Das  Wort   schien  also   schon  den  alten 
Gelehrten    besonderer  Erwähnung    wert,    und    diesem    Umstände 
verdanken  wir  auch  die  Erhaltung  seiner  ältesten  Belege  durch 
Nonius,   welcher  dem   ancillantur  pro  serviunt  p.  72,  1  f.  eine 
Stelle  aus  Attius  (Ribb.  442)   beifügt:   quam   inuita   ancillans, 
dich  oboediens  uiri,  und  eine  zweite  aus  Titinius  (ß.  72):  verum 
enim  dotibus  delcniti  nitro  etiam  uxoribus  ancillantur.   So  werden 
also  die  Pantoffelhelden  zum  Range  der  ancillae  herabgedrückt. 
An  die  oben  erwähnte  Cicerostelle,  wo   ancillula  mit  pedisequa 
verbunden  war,  erinnert  Ps.-Cic.  invect.   in  Sali.  4,  11:  non  enim 
itni  privatim  ancilla  tu  s  sum  neque  me  addixi.     Plinius  n.  h.  II 
99  (213)  bezeichnet    dann    die   Abhängigkeit   der   aestus   maris 
von  den  Gestirnen,  indem  er  sie  ancillantes  sideri  avido  nennt 
Einen  Beleg   zu    dem   humiliter  servire  der   gl.  Abav.  giebt  die 
Zusammenstellung  mit  subservio  bei  Apul.  d.  Plat.  I  13  (G.  75, 11): 
cetera  membra  ancillari  et  subservire  capiti  (vgl.  auch  bei  Arnob. 
adv.  nat.  VII  13:    ancillatum  seruuli  pauibundis   trepidationibus 
imitatus);    der    anderen    Erklärung    mit    adulor    aber   steht   am 
nächsten  die  Stelle  aus  dem  Panegyricus  Pacati  Theodosii  dictus 
paneg.  lat.  XII  2  (272,  21):    tristis    illa    facundiae    ancillantis 
necessitas.     Auch   den    geistlichen  Schriftstellern   war    das  Wort 
nicht  ganz  fremd.     Zu  lob  IV  9:  vidi  eos  qui  operantur  iniqnir 
tatetn  —  flaute  Deo  perisse  et  spiritu   irae  eius   esse  consuntptos 


Die  Verba  auf  -illare.  77 

heifst  die  Expositio  interlin.  Hieron.  III  M.  XXIII  1413  D: 
operanies  iniquitatem  scimus  ancillante  iracundia  deperisse;  das 
bedeutet  doch  wohl  „mit  dienender  Hilfe  des  göttlichen  Zornes". 
Ob  man  zu  dem  ganz  vereinzelten  exancillata  bei  Tertull. 
apol.  17  p.  183  ein  Deponens  exancillor  ansetzen  soll,  scheint 
mir  nicht  so  ausgemacht;  wie  bisher  angenommen  ist.  Die  Stelle 
heilst:  quae  (sc.  anima)  licet  carcere  corporis  pressa,  licet  institutioni- 
bus  pravis  circumscripta,  licet  libidinibus  et  concupiseentiis  evigorata, 
licet  falsis  deis  exancillata,  cum  tarnen  resipiscit  .  . .  et  Sanitätern 
SHam  patitur,  deum  nominal.  Alle  vorhergehenden  Participia  sind 
passivisch;  Deponentia  oder  auch  nur  Intransitiva,  in  welchen, 
um  einen  Ausdruck  von  Georg  Curtius  zu  gebrauchen,  ex  als 
Exponent  der  Zeitart,  hier  also  der  ganz  vollendeten  Handlung, 
gebraucht  wäre,  wufste  ich  mit  Bestimmtheit  nicht  zu  nennen 
(höchstens  emorior?).  Liegt  es  da  nicht  näher,  an  ein  im  An- 
schlufs  an  edomare  gebildetes  Transitivum  exancillo  „dienstbar 
machen"  zu  denken? 

4)    Darf    man    cavilla  —  cavillor   unter   die    deminutiven 
Worter   rechnen?     Die   Etymologie,  bietet  hier  keinen  sicheren 
Anhalt.     Georges  bringt  cavillus  mit   cavus   zusammen  und  er- 
klärt „das  leere,  nichtige  Gerede";  allein  zu  solcher  Verwendung 
des  Adjektivs  fehlt  bei  ihm  selbst  ein  sicher  zutreffender  Beleg; 
auch  ist  für  die  gewöhnliche  Verwendung  der  Wörter  das  Hohle 
nicht  besonders  bezeichnend.    Die  noch  von  Schwabe  a.  a.  0.  an- 
genommene Zurückführung  auf  calvSre,  über  welches  Löwe  Prodr. 366 
handelt,   findet  sich  zwar  schon  bei  Prise.  VIII  76;   allein  selbst 
^"onn  man  gr.  Ixxaykog  für  ixitkaykog  und  ähnliches  für  sicher 
halten  wollte,  wäre  solcher  Ausfall  des  1  wegen  des  folgenden  11 
**x&  Lateinischen,  das  doch  ruhig  calculus  u.  dgl.  sagte,  ganz  un- 
e*""^riesen  und  hier  um  so  weniger  glaublich,  als  gerade  das  1  in 
^Älumnia  erhalten  ist     Es  scheint,  dafs  dem  Wortstamm  nahe 
Verwandte   auf   lateinischem   Boden    überhaupt   fehlen,    und    so 
^ixd  man  desto  lieber  auf  Ficks  Zusammenstellungen  aus  andern 
•tischen  Sprachen  eingehen  (wiederholt  bei  Van.  1118),  von  denen 
Z^nd  ^kutara  neckisch,   gr.  %ava%  xdßcc%'   itavovQyog  Suid.  wohl 
*i^  nächstliegenden   sind.     Allen  diesen  Erklärungen  ist  das  ge- 
meinsam, dafis  cav-  als  Stamm  -ill,  als  deminutives  Suffix  gefafst 
wird,  und  in  der  That  pafst  das  Deminutive  zu  der  gewöhnlichen 
Bedeutung  des  cavillari,   da  der  cavillator  ja  nicht  durch  grofse 
Schläge,  sondern  durch  kleine  Stiche  den  Gegner  angreift.  Aber 


7*  A.  Fcack: 

»elbst  jene  kürzeste  Form  des  Substantivs  ist  weder  häufig  noch 
gUrichmalsig    bezeugt.     Cavilla   liest   man  Plant.  Aulul.  638  G.: 
anfer  ca  Hill  am.    bestätigt   tob  Osbernas  p.  121,  A.  Hai  Class. 
aact.  VIII  121:    da  an   bei    Mart.  Cap.  IV  §  423:    quid  cauilla 
taewusf:    bei   Placidus  27.  3:   cauilla.  cauillatio:   mit  dem  ans 
Paulas  ex  Fest.  46,  10  bekannten  cavülom  patzte  Apuleias  met 
I  7  seine  gesuchte  Bede  auf,  doch  ohne  zur  Sicherheit  über  das 
Wort  zu  gelangen:  denn  II  19  steht  cavillus:  ein  paar  Belege 
des  Ablativ  auf  -o  führt  Georges  ans  Aar.  Vict.  epit  an  (9,  44; 
23.  6)i  zu  der  Stelle  aus  Iolian  ap.  Aug.  op.  impf.  c.  IoL  III  50: 
cacillo  .  .  Müdere  kommen   noch  ebda.  Augustinus:  quod  verum 
audis,  non  rocabii  catillum  in  einem  Wortspiel  mit  cave  illum~ 
III  149   Iulianus:  cacillo  tecum  agL     Weitere  Stellen  sind  mir- 
nicht  bekannt:  dagegen  kennt  schon  die  alte  Komödie  das  spateir- 
oft  gebrauchte  cavillatio,  z.  B.  Plaut  Stich.  226.  —  Das  Verbann 
cavillor   gab   schon    den    alten  Giossensammlern   Anlab  au  Be — 
merkungen,  von  denen  Oehler  zu  TertulL  de  res.  carn.  21  die  aa.d 
die  aktivische  Nebenform  bezüglichen  anführt:  Maii  Auctt.  Clasa* 
tom.  VIII  p.  121:  ,jst  inde  catillo.  as  #.  contendere,  unde  caviUm.— 
tor*m  cett.  et  iterum  ibid.  p.  145:  rcavillare,  contendere.  disputan^ 
litigare.  iurgare."     Cf.  Gloss.  Isidori  ap.  Du  Cangium  s.  v.  cavil- 
lare.     Ouoniasticon    Graeco-Latin.   ed.   Vulcan.    p.  22:    .,caville>, 
Goyilofiai''.    Soweit  Oehler.    Sichere  Beispiele  der  aktiven  Form 
oder  auch   des  Passivs   sind  spärlich.     Auch  für  jene  Tertulliao- 
stelle:  per   quae  promulgatio  maiorum  cavillatur,  findet  Oehler 
unter  Berufung  auf  c.  35  (so,  nicht  36):  de  mterpretatione  corporis 
quaestio  cavillatur,  das  Deponens  glaublicher,  wohl  in  der  Be- 
deutung  von    aoyi&öd'ai.     Das   passive  Participium   steht  aber 
unzweifelhaft  bei   Apuleius  met.  III  19:    invicem  cavillatus  ißr 
quam;  IX  28:   hlanditie  cavillatum  ducebat     Hier  aber  beruht 
die   Voraussetzung    eines  aktiven  cavillo  nicht  wie  so   oft  (*$• 
Dräger,  Hist.  Syut.  I  156  f.;  nur  auf  dem  Ptcp.  Perf.  Pass.;  m«n 
liest  ein  wirkliches  Aktivum  bei  Ven.  Fortun.  Vita  Mart.  II  241: 
cuius  modo   verba  cavillant  und   bei   Prise.  VIII  76:   rycalvo  cd- 
villo1'  pro  ,}calvillou. 

Die  weitaus  gebräuchlichste  Bedeutung  „sticheln,  bespottein'1 
laust  sich  nun  teils  an  dem  Verbum,  teils  an  seinen  Ableitungen 
wie  cavillator,  cavillatio,  von  frühester  bis  spätester  Zeit  durch 
die  Litteratur  verfolgen;  noch  Aldhelm  sagt  p.  76:  infami  elogü 
cavillantes;  p.  95:  ironia  .  .  cavillabatur;  und  damit  auch  de* 


Die  Verba  auf  -illare.  79 

klassische  Zeuge  nicht  fehle,  seien  aus  Cicero  nur  angeführt:  ad 
Att.  II  1,  5:  cum  ipso  cavillor  ac  iocor;  de  or.  III  31,  122:  aut 
trriclentes  oratorem  cavillantur.   Die  Zusammenstellung  mit  iocor 
und    irrideo   ist   zugleich    bezeichnend   für   die    Bedeutung.     Der 
transitive  Gebrauch   herrscht   bei   weitem   vor;    die  Verbindung 
mit   cum  reiht  sich  den  anderen  bei  Dräger  H.  Synt.  I  639  auf- 
geführten an,  in  denen  „das  reciproke  Verhältnis  ein  trennendes 
oder    feindliches   ist".     Ein    weiteres    Beispiel    dafür   ist   Sueton 
Titos  8:  cum  populo  . .  cavillatus  est;  Georges  führt  noch  Livius 
als   Gewährsmann   für   diese  Verbindung   an  und  Cicero  für  in 
c  AbL 

Schon    die    oben  erwähnte  Übersetzung  v.   0og>t'£o/iai  durch 
cavillor  kann  dann  auf  eine  aodre  Wendung  der  Bedeutung  hin- 
weisen, welche  längst  an  mehreren  Stellen  beobachtet  ist.     Sie 
vermittelt    sich    leicht   mit  jener    bekannteren,    wenn   man   als 
Grundbedeutung  der  cavillae  „Reden,  welche  nicht  ernst  gemeint 
sind"  ansetzt;  sollen  sie  nur  die  Wahrheit  verhüllen,  so  sind  es 
eben  Sophismen;  richten  sie  aber  ihre  Spitze  verletzend  gegen 
einen  anderen,  so  hat  man  die  Stichelei.     Wie  nahe  beides  bei 
eixiander  liegt,  zeigt  z.  B.  die  Stelle  Sen.  de  ben.  VII  4,  8:  in- 
***merdbüia  sunt,  per  quae  cavillantur,  cum  pulcherrime,  quid  a 
«oftis  dicatur,  inteUegant;   hier  pafst  sowohl  „necken",  als  auch 
»in  Sophismen  sich  ergehen".    Ahnlich  Iulian  ap.  August,  contra 
h*l.  I  85:  tu  utrum  vis  hie  simpliciter  confitere  et  cavillari  desine 
(eemBo  Hindere  steht  III  50).     Vgl.  cavillator  Seneca  epist.  102, 
20-  und  besonders   ep.  111,  wo  als  passendste  Übersetzung  für 
sophismata   aus    Cicero    eben    cavillationes    genannt   wird.     Wo 
Cicero   das  Wort  so    gebrauchte,    wissen   wir  nicht;    Or.  II  54 
Technet  er  die  cavillationes  unter  die  facetiae;   aber  Quintilians 
iuris  cavillationes  VII  4,  37  sogut  wie  seine  verborum  cavillatio 
X  7, 14  (vgl.   auch  VIII  6;  2)  und  die  cavilla  des  Martianus  Ca- 
pella  IV  423  sind   auf  die  Sophisten  unter  den  Rechtsgelehrten 
und  Dialektikern  gemünzt    Den  Juristen  schiebt  sie  auch  Ulpian 
dig.50, 16, 177  zu:  natura  cavillationis  . . .  haec  est,  ut  ab  evidenter 
teis  per  brevissimas  mutationes  disputaHo  ad  ea}  quae  evidenter  falsa 
*art>  perducakir. 

Das  Verbum  gebrauchte  wohl  zuerst  Livius  III  20  in  diesem 
°ume:  cavillari  tum  tribunos;  die  Tribunen  trieben  hier  wahr- 
fch  keine  facetiae;  durch  Ausflüchte,  zu  denen  die  Religion  her- 
zten  mufste,   suchten   sie  die  Heeresfolge  zu  verhindern:   sed 


80  A.  Fonck: 

nondum  haec,  quae  nunc  tenet  saeculum,  neglegentia  deum  venerat: 
nee  interpretando  sibi  quisque  iusiurandum  et  leges  aplas  faciebat  — 
fährt  der  Geschiehtschreiber  fort.  —  Ob  der  historische  Schuster 
des  Apelles  bei  Plin.  nat.  bist.  35,  10,  85  sich  die  Aufforderung, 
ne  supra  crepidam  iudicaret,  durch  harmlosen  Spott,  oder  durch 
peinliche  Klügelei  —  cavillante  circa  crus  —  ,  zugezogen  hatte, 
ist  schwer  zu  sagen;  da  der  Maler  sonst  vom  Publikum  viel  hin- 
nahm, so  weist  des  Plinius  indignatum  prospexissc  vielleicht  darauf 
hin,  dafs  der  Schuster  wirklich  in  anstößiger  Weise  genörgelt 
hatte.  Völlig  gesichert  ist  die  Bedeutung  „in  sophistischer  Weise 
behaupten"  Plin.  n.  h.  11,  267:  stridorem  cum  dentibits  fieri  ca- 
villantur;  ferner  Ulpian  dig.  38,  17.  2  §44:  si  verba  cavillatus 
imputaverit  matri,  cur  e.  q.  s*) 

Ganz  besondere  Berücksichtigung  verdient  die  Sprache  Ter- 
tullians.  Zwei  Stellen  de  res.  carn.  21  und  35  sind  bereits  oben 
erwähnt.  Zu  ihnen  stellt  sich  de  an  im.  34:  non  fallens,  non 
caviHabundus;  aus  dieser  Berührung  mit  fall  er  e  erklärte  schon 
Salmasius  die  Stelle  de  pall.  2:  fmtium  venae  cavillando 
sc.  mutant  durch  fallunt  in  officio  suo  fluendi  cbuUicndiquc  eavür 
Tanten.  Nun  sagt  aber  Tertullian  auch  de  coron.  11:  omnibus 
modis  caviUandum,  ne  quid  adeersus  deum  committatur,  und  der 
offenbare  Anklang  an  caveo,  auf  welchen  Sinn  und  Konstruktion 
hier  hindeuten,  hat  zu  der  gewifs  falschen  Ableitung  des  Wortes 
von  caveo  verleitet,  welcher  schon  Müller  zu  Festus  45,  14  ent- 
gegentritt. Trotzdem  mag  Tertullian  selbst  hier  an  cavere  gedacht 
haben,  und  der  Sinn  sein  „zu  verhüten  suchen".  Vielleicht  pafst 
diese  Bedeutung  auch  am  ehsten  de  pudic.  10,  wo  vom  Propheten 
Ionas  in  Bezug  auf  Ion.  III  4:  clamarit  et  dixit:  Adhuc  quadra- 
ginta  dies  et  Ninive  subvertetur  gesagt  wird:  cavillaretur  in  prae- 
dicatiotiis  officio)  etwa  „er  warnte"? 

Das  Kompositum  in ca vi  Hör  wird  in  einer  Glosse  bei  Mai 
Class.  auet.  VII  564  erklärt:  incavillatur  inderidetur  (inridetur, 
deridetur  Müller  zu  Festus  107,  16  s.  v.  incavillatio  per  despeo 
tum  irrisio))  die  Übersetzung  führt  zu  einem  aktiven  incavillo. 
Das  Deponens  schreibt  Hertz  im  Lemma  Gellius  V  5:  cuius  modi 
ioco  incauillatus  sit  Antiochum  regem  Pocnus  Hannibal. 

5)    Zu    dem    aus   Varro  und   auch  sonst   bekannten   furcilla 

*)  Wohl  auch  Hieron.  ep.  98,  6:  seetatores  cavillantur  et  garriunt, 
Rowie  ep.  38,  6:  cavillentur  vafriora  licet,  vgl.  Sen.  ep.  111,  2:  cauilla- 
tiones  .  .  quibm  quisquis  se  tradidü,  quaestiuneulas  vafras  nee t it. 


Die  Verba  auf  -illare.  81 

(v.  furca  „Gäbelchen'')  findet  sich  bei  Plautus  ein  Verbum  fur- 
cillo.  Aus  Varro  R.  R.  I  8:  süb  eam  (sc.  viteni)  .  .  subiciuntur 
e  surculis  furcillae  wissen  wir,  dafs  die  Pfahle,  deren  man  sich 
besonders  in  waldreichen  Gegenden  zur  Stütze  der  Weinst'öcke 
bediente  (vgL  Hehn,  Kulturpfl.  u.  Hausth.*  S.  70),  auch  furcillae 
genannt  wurden.  Offenbar  beruht  auf  dieser  Beziehung  Georges' 
Erklärung  „stützen".  Die  Worte  des  Pseudolus  v.  631.  Vac  tibi: 
tu  inuentu's  uero,  meatn  qui  für  etiles  fidem.  Quasi  non  mihi 
seseenta  tanta  soli  soleant  creäier,  würden  dann  den  bedenklichen 
Harpax  in  dieser  Form  trösten:  „du  bist  freilich  der  erste,  der 
meine  Zuverlässigkeit  erst  noch  stützen  will/'  Das  ist  nun  aller- 
dings recht  künstlich;  Harpax  stützt  ja  doch  zunächst  eigentlich 
nicht  die  Glaubwürdigkeit  des  Erzschelms,  sondern  erschüttert 
sie  vielmehr  durch  seine  Zweifel.  Diese  Bedeutung  gewinnt 
Lorenz  aus  der  Placidusglosse:  adfurcillavi:  subrui,  labcfactavi, 
coneussi;  den  Ursprung  des  Wortes  läfst  er  dahingestellt,  während 
Georges  affurcillo  aus  ad  und  furcilla  zusammensetzt  und  daraus 
nicht,  wie  man  bei  seiner  Deutung  des  furcillo  erwarten  mufs, 
den  Sinn  „anlehnen",  sondern  das  Gegenteil,  eben  jene  Erklärung 
des  Placidus  entwickelt.  Das  scheint  mir  unmöglich.  Sollte  aber 
nicht  folgendes  denkbar  sein?  Die  furcillae  dienten  gar  nicht 
blofe  zur  Stütze,  sondern  waren  gelegentlich  höchst  unbequeme 
Angriffswaffen.  Von  den  furcae  weifs  das  jeder,  seit  Horaz  den 
Vers:  naturam  expellas  furca,  tarnen  usque  recurret  (ep.  I  10,  24) 
niederschrieb.  Die  kleinen  furcillae  waren  aber  nicht  harmloser 
(Müller  z.  Pestus  88,  17  s.  v.  furcilles:  in  .  .  terribilibus  rebus 
sermo  hominum  ludere  assolet);  nicht  nur  schreibt  von  sich 
Cicero  ad  Att.  16,  2,  4:  furcilla  extrudimur;  sondern  bei  Gatull 
105,  2  jagen  die  Musen  den  Eindringling  —  mentula  —  mit  den 
furcillae  von  ihrem  Berge:  musae  farcillis  praeeipitem  eiciunt  Ist 
danach  nun  einem  Plautus  nicht  wohl  ein  furcillo  zuzutrauen  im 
Sinne  von  „mit  der  Heugabel  zu  Leibe  gehen,  plump  angreifen"? 
Die  Weiterbildung  mit  ad  würde  dann  entweder  das  Aggressive 
noch  mehr  hervorheben  oder  wie  in  addubito,  in  unserm  an- 
stochern,  angekränkelt  und  ähnlichen  dadurch,  dafs  erst  der  Ansatz 
zu  einer  Wirkung  bezeichnet  wird,  den  Begriff  des  Simplex  et- 
was abschwächen.  Zu  den  Worten  des  Placidus  pafst  das  viel- 
leicht noch  besser.  (Nachträglich  sehe  ich,  dafs  diese  Deutung 
von  furcillo  bereits  bei  Forcellini  mit  angeführt  ist:  er  sagt:  alii: 
quasi  furcillis  abigere  et  reicere). 

Arohiv  für  tat.  Lexikogr.  IV.    lieft  1.  & 


82  A.  Funck: 

B.    Verba  zu  Nominalstämmen  auf  -illo. 

Es  lassen  sich  hier  zu  einer  kleinen  Gruppe  diejenigen 
Verba  zusammenfassen,  welche  eine  dem  Auge  oder  Ohre  auf- 
fallende lebhafte  Bewegung  schildern;  das  Deminutive  erscheint 
darin  insofern  gewahrt,  als  nicht  grofses  Getöse,  heftige  Er- 
schütterungen, sondern  kleinere  Schwingungen  zum  Ausdruck  ge- 
bracht werden.  Wer  dächte  dabei  nicht  gleich  an  jenes  oscillare, 
das  durch  franzosische  Vermittelung  auch  uns  zugekommen  ist? 

l)oscillum  —  oscillo  „schaukeln".  Die  Sammlungen  haben 
für  diese  Wörter  gar  nichts  Neues  ergeben;  ich  begnüge   mich 
daher  mit  kurzem  Hinweis  auf  das  Bekannte.   Von  den  in  neuerer 
Zeit  angenommenen  Etymologieen  ist  keine  ganz  gesichert.  Georges 
geht  bei  dem  Nomen  von  dem  Verbum  aus  und  setzt  das  selten 
und  zum  Teil  unsicher  belegte  cillo  (eilleo?)  mit  ob  oder  obs  zu- 
sammen; so  käme  man  etwa  zu  oscillo  „sich  entgegen  bewegen" 
oscillum  „das   sich  entgegen  bewegende'';  die   Zusammensetzung 
mit  ob  ist  freilich  für  die  Schaukel  und  das  Schaukeln  nicht  grade 
besonders  zutreffend.*)    Georges  trennt  von  diesem  oscillum  das 
gleichlautende  Deminutivum   von  os,   und   eben  dieses  bildet  die 
Grundlage    zu    Corssens  Deutung  Kuhns   Ztschr.  XV,  156.     Da 
nämlich  beim  Bacchusdienste  kleine  baumelnde  Püppchen  erwähnt 
werden,  welche  bei  Vergil  Georg.  II,  389:  oscilla  ex  alta  suspen- 
dunt  mollia  pinu  oscilla  heifsen,  so  würde  dann  oscillum  weiterhin 
jedes   Baumelnde,    Schaukelnde   bezeichnen.      Die    Schwierigkeit 
dieser  Erklärung  liegt  darin ,  dafs  nicht  zu  erweisen   sein  wird^ 
ob    das,    was    bei    dem   oscillum  „Püppchen"  ursprünglich  dochw 
etwas    Accidentielles    war,    nämlich    die    baumelnde    Bewegung^-? 
bleibend  und  augenfällig  genug  war,  um  zur  Hauptbedeutung  zi 
werden.    Die  Belege  für  das  Verbum  sind  folgende:  Santra  apu< 
Festum  194,  9  u.  10:  oscillum  Santra  dici  ait}  quod  oscillent 
id  est  inclinent,  praeeipitisque  afferantur.     oscillantes,  ait  Conti* 
ficius,  ab  eo  quod  os  caclare  sint  soliti  personis  propter  vereeundiat 
qui  eo  generc  lusus  utebantur.  —  Schol.  Bob.  in  Cic.  pro  Plane  9^ 
p.  256,  4:   ipsis   diebus   ideo  oscillare  instituenmt,   ut  penduli^^ 
niachinis   apitarentur.    —    Endlich    im    Passiv   (oder  Deponens?^ 
Mythogr.  Lat.  I,  19:  oscilla  dieta  sunt  ab  co}  quod  in  his  oscil- 
larentur}  id  est  moverentur  ora. 

*)  Schwabe:  nonne  „oscillo14  ab  „obscieo"  derivandum?  cf.  „os-tendo 
=  obs-tendo",  citus,  cito  wird  sich  die  Bedeutung  ähnlich  zurechtgelegt 
haben;  ein  obscieo  scheint  aber  nirgends  belegt. 


I 

l 


Die  Verba  auf  -illare.  83 

2)  Ob  murmurillo  hierher  zu  stellen  ist,  mag  man  be- 
iweifeln.  Es  YsSat  sich  ebensowohl  unmittelbar  von  dem  Yerbum 
nmrmuro  herleiten,  wie  an  das  Deminutivum  murmurillum  an- 
knüpfen. Offenbar  sind  beide  Deminutivbildungen  Augenblicks- 
gebilde des  komischen  Dichters;  das  Substantivum  liest  man  Plautus 
Rudens  1404:  palam  agc,  nolo  ego  murmurillum  neque  susurrum 
fieri;  das  Yerbum  führt  Nonius  143,  2  aus  demselben  Schrift- 
steller an:  quid  murmurillas  teeum  et  te  discrucias?  Bei  For- 
cellini  finde  ich  noch:  „Onom.  Gr.  murmurillo  vnoxov&oQifa." 

3)  Aus  der  Anthologie  gehören  dann  wenigstens  dem  äufseren 
Klange  nach  ein  paar  Wörter  von  Vogelstimmen  hierher.  Wie 
der  grillus  grillat  762,  62,  so  gracillat  762,  25  oder  cacülat,  wie 
andere  lesen,  die  gallina;  gallinae  cacillant  auch  bei  Aldhelm 
p.  303.  Zu  letzteren  fehlen  die  Substantiva.  Übrigens  sind 
Worter  mit  einfachem  1  viel  gebräuchlicher,  um  die  Stimmen  der 
Vogel  zu  bezeichnen,  z.  B.  762,  17;  turdus  trucilat;  762,  13:  me- 
lius einssilcU;  733,  11:  müvus  iugilat.  Wackernagel,  Yariae  voces 
anim.  p.  23  ff. 

4)  Mit  dem  bekannten  Deminutivum  catillus  „Tellerchen" 
hingt  höchst  wahrscheinlich  das  seltene  Verbum  catillare  zu- 
sammen. Papias  erklärt  es  mit  deglutire  vel  sonare  ut  cattdus; 
die  erste  Bedeutung  pafst  an  der  ältesten  Stelle,  wo  es  erhalten 
ist  Plaut  Casin.  III  2,  22  ist,  wie  mir  Prof.  Goetz  freundlichst 
Butteilt,  statt  des  catülae.  tum  alter  Ausgaben  im  Codex  Vetus 
und  Ambrosianus  überliefert:  cperam  uxoris  polliceor  foras  quem 
totillatum  „zum  schleckern,  tellerlecken".  Zur  Bestätigung 
dient  Fulgentius  expos.  serm.  ant.  XVII  ed.  Lersch:  Quid  sit 
totillare.  Catillare  dicitur  per  alienas  domos  infrontote  girare. 
o  cakdis  tractum  quod  per  omnes  domos  circumeant.  Unde  et  pro- 
poiius.  Ca  tili  ata  geris  uadimonia.  publicum  prosttbulum.  et 
fkutus  similiter  ait.  Quin  tneam  uxorem  mittom  catillatum. 
Die  Deutung  hängt  augenscheinlich  mit  der  gewifs  unrichtigen 
Etymologie  von  catulus  zusammen.  Die  unter  dem  Namen  des 
Properz  beigebrachte  Stelle  weist  Lersch  nach  Form  und  Inhalt 
mit  grofserer  Wahrscheinlichkeit  einem  Komiker  zu;  an  Plautus 
*u  denken,  will  mir  nach  der  Art,  wie  derselbe  gleich  nachher 
&eu  eingeführt  wird,  nicht  recht  annehmbar  scheinen.  Verfasser 
*ie  Erklärung  der  Stelle  bleiben  ungewifs.  Soll  man  etwa 
cttillata   im  Sinne  der  unten   genannten  Festusstelle   mit  „ver- 

prafst"  übersetzen  und  an  einen  oder  eine  denken,  die  Biirgschafts- 

6* 


84  A.  Funck: 

geldcr  verjubelt?  patrimonia  für  vadiinonia  würde  dann  freilich 
besser  passen;  devorare  patrimomum  kennt  man  aas  Cicero. 
—  Von  dem  deminutiven  Ursprung  des  Worts  ist  noch  ein 
Niederschlag  in  der  despektierlichen  Bedeutung  des  „leckern"  zu 
spüren.  Ist  auch  das  Verbum  selbst  nur  schwach  bezeugt,  so 
fehlt  es  ihm  doch  nicht  an  Ableitungen,  welche  die  Verwandt- 
schaft auch  mit  den  catillones  (Löwe  Prodr.  321)  nicht  verleugnen. 
Ich  führe  nur  aus  Georges  wieder  an:  catillatio  „Leckerei"  Gloss. 
Labb.;  dann  bei  Festus  p.  44  übertragene  catillatio  grave  oppro- 
brium  Iwminibus  generosis  obiieiebatur,  si  qui  provincias  amicas  po~ 
pult  Romani  exspoliassent,  also  „das  Aussaugen".  Zu  der  ebenda 
genannten  Stelle  aus  Arnobius  (M.  50,  1249)  für  catillamen: 
catillaminum  inseeta  de  morcy  kommt  noch  p.  880:  catilla- 
menta,  beides  in  Bezug  auf  Leckerbissen  gesagt. 

Ist  es  bis  hierhin  doch  noch  gelungen,  meistens  eine  deut- 
lichere oder  schwache  Spur  der  deminutiven  Bedeutung  auch  iu 
den  Verben  zu  entdecken,  so  ist  darauf  bei  den  folgenden  wohl 
zu  verzichten. 

5)  Zu  dem  wohlbekannten  bacillum  führt  Georges  aus 
Notao  Tiron.  115  ein  bacillatur  an  von  bacillo  „prügeln".  Es 
beruht  hier  auf  einer  einleuchtenden  Verbesserung  für  vacillatur; 
vacillo  ist  in  der  That  oft  seinerseits  mit  b  überliefert. 

6)  sigillum   —   sigillo,  frz.  sceau   —   sceller.     Von  dem 
verschiedenen  Bedeutungen  des   Substantivs  ist  in  das  Verbum. 
besonders  die  des  Siegels  übergegangen.    Das  Substantiv  kennen, 
wir  in  diesem  Sinne  bereits  aus  Cicero  Acad.  II  20,  86:   si  in- 
cera  centum  sigilla  Jioc  anulo  impressero;  das  Verbum  ist  erst  aus* 
späterer  Zeit   bezeugt     Die   frühste  Stelle  in  diesem  Sinne  ist* 
wohl  Fulgentius  myth.  I  praef.  8  M:  intuemur  arva,  quibtis  adkwr 
impressae  bcllantium  plantae  muricatos  (fptod  aiunt)  sigillaverunE 
gressus,  hier  die  weitere  Bedeutung  „eindrücken".   Sigillo  „siegeln**" 
für   das  obsigno  (seltener  signo)  der   klassischen   Zeit  kann  ich 
erst  aus  dem  6.  Jahrhundert  nachweisen;  es  steht  überaus  häufig 
in  den  Diplomata  imperii  bei  Pertz,  schon  517a.  528;  dann  72a. 
546;   12844ca.  5(52;  viel  häufiger  im  folgenden  Jahrhundert  so- 
wohl hier  z.  B.   141  ^  a.  029,  als  auch  bei  Clodoveus  (M.  87) 
602  A;  Marculf  form.  809  D  u.  öfter;  Reg.  Franc,  dipl.  ibid.  1307  B. 
1337  B;   Reg.   Langob.   1401  D,   1417  B.  C;    ferner  bei  Aldhelm 
p.  219,   in  den  Formulae  z.  B.  3183*  bei  Zenmer  ca.  826—30, 
und    so    konnte   es   denn  iu  die  romanischen  Sprachen  hinüber- 


Die  Verba  auf  -illare.  85 

wandern.     Besonders   häufig   waren   Wendungen   wie   sigillare 
praecepimus,  iussimus,  decrevimus.    Einmal  findet  sich  bei  Marculf 
form.  M.  87,  878  D  dafür  subsigillo  (fehlt  bei  Georges).   — 
Neben  diesem  Gebrauch  stehen  völlig  vereinzelt  aus  älterer  Zeit 
zwei  andere    Anwendungen:    Apuleius   met.  II   19   erwähnt   ein 
vttrun  fahre  sigillatum  =  sigillis  (mit  Bildern)  ornatum;  Ve- 
uantius  Fortunatus  aber  wagt  es,  zu  dem  von  ihm  Y.  Mart.  IV  56 
in    der  Bedeutung  „Kreuzeszeichen''  gebrauchten   sigillum:  fecit 
crucis  ipse  sigillum  ein  sigillare  c.  Acc.  „das  Kreuz  vor  jemand 
schlagen''  zu  bilden:  vita  8.  MarcelL  10:  draconcm  sigillavit  ille. 
Für  dissigillo  giebt  es  nur  einen  einzigen  Beleg  auf  der 
Inschrift  bei  Brambach,  Inscr.  Rhen.  141:  ni  dissigilletis  nive 
wtfetis  opus;  Bücheier,  welcher  die  Stelle  im  Greifswalder  Ind. 
lect.  1868/9  behandelt  hat,  erweist  sowohl  die  Bedeutung  „ent- 
riegeln" wie  „des  Bildes  berauben"  als  möglich;  in  der  ersteren 
Bedeutung   ist   bei  Du  Cange  wenigstens  dissigno  aus  Glossen 
belegt. 

Wenn  es  nun  auch  irrig  wäre,  zu  den  mehrfach  überlieferten 
Adjektiven  auf  -atus  wegen  ihres  Anklangs  an  Participia  immer 
Verba  auf  -are  zu  erschliefsen,  so   mögen  doch  hier  der  Voll- 
ständigkeit wegen  auch  diese  Formen  erwähnt  werden.    Zu  dem 
bekanntesten  cap Hiatus  (capillus)  findet  sich  in  späterer  Zeit 
bei  Audoenus  (ca.  660)  M.  87,  490  B  ein  circillatus  wohl  im 
Sixme  von  „gelockt":  gerebat  caesariem  formosam  et  crinem  quoque 
cvrcillaturn.  Aus  specillum  „Spiegelchen"  bildet  Vopiscus  Prob.  4, 
**    «in  specil latus  „mit  Spiegeln  versehen"  (Peter:  specellatus), 
a^fi  papilla  „Brustwarze"  entsteht  nicht  nur  papil  latus  „zitzen- 
föxniig"  z.  B.  Anth.  lat.  84,  3,  sondern  auch  bei  Plautus  Mil.  1 180 
e3tpapillato  brachio,  erklärt  von  Festus  79,  10:  expapillato 
^"ac/kio,  exerio;  quod  quum  fit,  papilla  nudatur,  Nonius  103,  2:  ex- 
9<*pillato  brachio:   quasi  usque   ad  papillam  renudato.     Plautus 
^filtte.     Indes  darf  nicht  verschwiegen   werden,    dafs   die  Über- 
lieferung an  jener  Plautusstelle  wie  in  mehreren  Glossen  auf  eine 
*ödere  Form  hinweist,  zu   der  Placidus  41,  16:  exf'abillauero 
xzeruero  das  Verbum  bieten  würde.     Was  hier  das  Richtige  sei, 
hat  auch  Loewe  prodr.  270  nicht  zu  entscheiden  gewagt. 

Von  fernerstehenden  Bildungen  verwandter  Art  seien  hier 
*&r  aus  Georges  pociUator  (pociUum)  „Mundschenk"  und  ptigillator 
(pHgülus)  „Briefbote"  angeführt,  sowie  von  Verben  lapiUisco  (7a- 
päks)  „steinhart  werden"    und  pastillico  (pastillus)  „die   Gestalt 


86  A.  Funck: 

eines  Kügelchens  haben".  Andres  der  Art  findet  man  in  den 
obengenannten  Schriften,  besonders  bei  Kessler  Ste.  27  f.  —  Ferner 
will  ich  auch  nicht  unterlassen  auf  die  Denominativa  auf  -ello 
zu  Substantivis  auf  -ellum,  -ellus,  -ella  hinzuweisen.  So  gehört 
zu  cribellum  „kleines  Sieb"  cribello  nebst  excribello  „durchsieben", 
zu  cxdtellus  „Messerchen"  cultelfo  „messerförniig  machen",  zu  fla- 
bellum  „kleiner  Fächer"  flabello  „fächeln"  nebst  conflabello  „an- 
fachen" und  inflabeUo  „einhauchen",  zu  flageUum  „Geifsel"  das  be- 
rüchtigte flagello  „geifseln",  zu  novdlne  „Weinschöfslinge"  novelfo 
„neue  Weinstöcke  setzen",  zu  tesselüw  „Mosaiksteinchen"  tessdlo 
„mit  Mosaik  belegen". 

Von  geringer  Bedeutung  sind  die  wenigen  Verba  zu  Adjek- 
tiven auf  -illus;  deminutiver  Ursprung  ist  nirgends  deutlich  er- 
wiesen. 

1)  Von  imbecillus  gab  es  ein  seltenes  Verbum  imbecillor 
„schwach  sein".  Georges  belegt  es  aus  Dosith.  p.  60,  2  inbeciüor 
äöfravdi;  Gloss.  Labb.  p.  29  a  (unter  äöfrevä);  es  kommt  hinzu 
Gloss.  Cyrill.  p.  398:  aa&evcb:  Egroto,  Lcmgueo,  Morueo,  Languesco, 
Inuccillor,  Infirmor. 

2)  Desto  bekannter  ist  tranquillo  zu  tranquillus.  Man 
liest  es  in  eigentlichem  Sinne  bei  Plinius  n.  h.  II  234:  omne  sc. 
mare  oleo  tranquillari,  ebenso  vom  Meere  bei  Augustin.  de 
antichr.:  faciet  quoque  multa  signa  . .  mare  turbari  et  subito  tran- 
quillari; verwandt  sind  Soranus  I  45:  tranquillare  nimietatem 
gcstatiommi;  II  22:  tranquillatae  sunt  febres;  II  23:  tranquil- 
lantur  omnia.  Wieder  einmal  ist  die  übertragene  Bedeutung* 
älter  bezeugt  als  die  eigentliche;  schon  der  Parasit  Plaut.  Capt.  106 
sagt:  adulescens,  quoius  numquam  uoltum  tranquillaui  gratiis^ 
wo  die  erregte  Miene  doch  nur  die  Bewegung  der  Seele  wieder- 
spiegelt, Cicero  Topica  26,  98  verbindet  es  mit  animos:  ut  auß=~ 
perturbentur  animi  aut  franquillentur  (vgl.  Horaz  epist.  I  18, 
102:  quid  pure  tranquillet)  und  diese  Verbindung  war  noch  im 
neunten  Jahrhundert  lebendig,  Agobardus  Am.  epist.  2,  II  p.  151: 
gratia  animum  tuum  tranquillat.  Nepos  Att.  IV  5  läfst  den 
Atticus  tranquillatis  rebus  von  Athen  in  das  vorher  von  bürger- 
lichen Unruhen  heimgesuchte  Rom  zurückwandern.  Augustinus 
endlich  ad  fratr.  in  erem.  2  gebraucht  es  von  dem  der  Welt  ge- 
schenkten Frieden:  quando  sc.  mali  discordant,  tum  tnundus  alir 
qualiter  tranquillatur.  Forcellini  führt  noch  Augustin  enarr.  ps.  93, 
25  an  und  eine  merkwürdige  Stelle  bei  Hil^rius  op.  hist  frgm. 


Die  Verba  auf  -illare.  87 

III 25,  wo  das  cessäbit  mare  a  vobis  der  Vulgata  Jou.  I  12  ersetzt 
ist  durch  tranquillabit  mare  a  vobis.  Dieser  intransitive  Ge- 
brauch erinnert  an  dieselbe  Verwendung  von  minuo  z.  B.  Caes. 
B.  Gr.  III  12:  minuente  aestu. 

Mehr  ist  nicht  gesammelt,  doch  ist  vermutlich  das  Yerbum 
yoii   manchen  als  nicht  hergehörig  unberücksichtigt  gelassen. 

Zu  dem  aus  ältester  Zeit  schon  bekannten  singillatim  (vgl. 
Fleckeisen,  50  Art.  aus  e.  Hilfsb.  f.  lat.  Rechtschreibg.:  singillatim 
besser  bezeugt  als  singulatim),  z.  B.  Plaut.  Trin.  881:  singillatim 
et  pkeide  percontabere,  Cic.  inv.  I  30,  49:  de  unoquoque  singil- 
latim dürfen  wohl  gleich  an  dieser  Stelle  die  spärlichen  Belege 
«nes  singillo  „vereinzeln,  trennen"  gestellt  werden.  Das  Par- 
tizipium singillatus  mit  der  Erklärung  separatus  kannte  man 
schon  aus  Atto  Polypticum  bei  Mai  Gloss.  nov.  Lat.  p.  64;  aktive 
Formen  sind  erst  aus  der  Earolingerzeit  bezeugt:  Poetae  aevi 
Car.  II  465,  1445;  a  te  quid  nunc  me  singillat  sancta  voluntas? 
467,  1557:  hostem  qui  singillabit  nocuos  a  sorte  piorum. 

Um  auch  hier  noch  auf  etwas  wenigstens  Naheliegendes  zum 
Schlüsse  hinzuweisen,  sei  daran  erinnert,  dafs  zu  dem  Varronischen 
totullus  bei  demselben  Sat.  Men.  401  ein  satullo  (satullo  goprago 
Onom.  Lat  Gr.  bei  Forcell.)  kommt:  carnes  quibus  satullem  Cor- 
pora; während  uns  Festus  193  (a)  14  aus  einem  Komiker  ob- 
satullo  erhalten  hat:  obstrudent,  obsatulent.  Dies  letztere,  dem 
kein  Adjektiv  mit  ob  zur  Seite  steht,  kann  man  auch  gleich  mit 
dem  Terentianischen  obsaturo  zusammenbringen:  Heaut  869: 
istius  obsaturabere. 

Kiel.  A.  Funck. 


Penes.*) 

1  Penes  (Probi  de  ult.  syll.  Gr.  lat.  IV  254,  13  K.  p.  dua- 
bus  brevibus  constat)  proepositio  cum  acctisativo.  Gloss.  abavus 
penes:  apud;  ibid.  p.  arbitros:  apud  arbitros.  Cyrill.  p.  570,  43 
TtccQ9  ifwl:  penes  me;  ibid.  572,  11  itaQ*  <p:  p.  quem;  ibid.  594,  22 
itQog  ipavxov:  p.  nie.  Dosith.  art.  gramm.  VII  413, 19  K.  penes: 
ivtog.  Festus  (Paul.)  22,  9  M.  Apud  et  penes  in  hoc  differunt, 
quod  alterum  personam  cum  loco  significat,  alterum  personam 
et  dominium  ac  potestatem,  quod  trahitur  a  penitus.  Isidor.  differ. 
1,  57  (ed.  Arevalo  vol.  V)  p.  possessionem  significat  Nequc  sine 
casupotita  advcrlii  muntre  fungitur  (Probi  instit.  Gr.  lat.  IV 149, 25. 
Serg.  explan,  in  Donat.  IV  561,  20)  nequc  cum  nominibus  aut  verbis 
componitur,  id  est,  ut  grammatici  dicunty  casibus  tantum  servit,  lo- 
qudis  non  item.  Charis.  23G,  23.  237,  21.  Diomed.  409,  1.  Casui 
suo  non  ita  adhaeret,  ut  duo  verba  unam  orationis  partem  efficiant 
(Serv.  in  Donat.  IV  442,  7.  VII  413,  11),  immo  culco  sui  iuris  est, 
ut  non  solum  saepe  nominibus,  maximc  pronomini  relativo,  post- 
ponatur}  scd  etiam  longiore  intewallo  ab  iis  dirimatur.  (Charis.  234^ 
16.  Plaut.  Aulul.  654  neque  tui  me  quicquam  invenisti  penea.) 
Quas  ob  res  Scaurus  (Gr.  lat.  IV  562,  1)  in  enumerandis  praepo- 
sitionibus  cum  accusaüvo  coniunetis  penes,  utpote  alienam  ab  anti- 
quiore  vocabuhrum  indogermanicorum  gencre,  ultimo  loco  collocavit 

2  Ab  eadem  radice  haud  dubie  dueta  sunt  penus,  penumf  penu 
(Corp.  inscr.  lat.  VI  10298  quidquid  penus  se  venit.  Collegium 
aquae  1;  Corp.  inscr.  III  6441  defuneta  penus  colonia  Sirmi  = 
apud  col.)  penates,  penitus,  peneträre.  Festus  250,  18  M.  Penetrale 
sacrificium  dicitur,  quod  interiore  parte  sacrari  conficitur;  unde 
et  penetralia  cuiusque  dieuntur,  et  penes  nos,  quod  in  potestate 
nostra  est.  Cf.  Mich,  ßreal,  Etymologies  latincs.  Memoires  de  la 
societe  de  linguistique.  V.  1884.  p.  431  sq.    Itaque  penes  alqm  esse 

*)  Der  ursprünglich  deutsch  geschriebene  und  anders  disponierte  Artikel 
wurde  vor  der  Drucklegung  im  Einverständnisse  mit  dem  geehrten  Herrn 
Verfasser  einer  partiellen  Umarbeitung  unterzogen.  Die  Red. 


P.  Hirt:  Penes.  89 

dicUur,  quod  in  inferiore  parte  aedium  clausuni  vel  in  sinn  togae 
conditum  est,  item  quod  manu  tenetur.  Etsi  igitur  non  necessario 
possidet,  p.  quem  aliquid  est,  tarnen  praepositio  non  solum  loci  signi- 
ficationi  inservü,  sed  indicatur  illud  aul  eius  arbitrio  permissum 
aut  certe  tutelae  commissum  esse.  Plerumqtte  coniungitur  cum  verbis 
esse  aut  habere  aut  synonymis,  raro  et  maxime  a  scriptoribus  aetatis 
aeneae  cum  verbis  movendi. 

I.  A.  De  pecunia  aliisque  rebus  corporalibus.  Plaut.  3 
Trin.  733  Honeste  fieri  ferme  non  potest,  Ut  eam  perpetiar  ire 
in  matrimonium  Sine  (lote,  quom  eius  rem  p.  me  habeam  donii 
(a  patre  ei  commendatam  Trin.  113);  1146  tbesaurum  tuom  Me 
esse  penes;  Aulu).  654  perscrutatus  es  Tuo  arbitratu  (pallium, 
tunicam,  utramque  manum),  neque  tui  me  quicquain  invenisti 
penes;  Capi  234  Quod  sibi  volunt,  dum  id  inipetrant,  Boni  sunt, 
sed  ubi  iam  p.  sese  habent,  Ex  bonis  pessumi.  Trucul.  858  vidi 
audivi  quam  p.  est  mea  omnis  res;  891  Manus  vetat,  priusquam 
p.  sese  habeat,  quicquain  credere.  Ter.  Adelph.  388  istaec  iam 
p.  tos  psaltriast?  Ellam  intus,  (i.  c.  non  solum  domi  vestrac, 
sed  in  vestra  quasi  potestate,  quia  eius,  qui  conduxerat,  voluntati 
parere  debebat.)  Claudius  Quadrig.  ap.  Gell.  17,  2,  21  cum  tantus 
arrabo  (sexcenti  obsides)  p.  Samnites  esset.  Cic.  Verrin.  4,  67 
de  ceteris  operibus  ex  auro  et  genimis,  quae  sua  p.  illum  essent; 
ibid.  3,  171  quod  omnis  frumenti  copia  p.  istam  esset  redacta. 
Caes.  civ.  1,  87  ut  quod  quisque  eorum  in  bello  amiserit;  quae 
aint  p.  milites  suos,  restituatur;  2,  20  quod  p.  eum  est  pecuniae; 
belL  Alex.  70,  7  restitueret  (Pharnaces)  Romanis,  quae  p.  eum 
essent.  Sali.  lug.  31,  9  p.  eosdem  et  summam  gloriam  et  maxi- 
mas  divitias  esse;  41,  7  p.  eosdem  aerarium  promnciae  magi- 
stratus;  31,  16  beneficia  vestra  p.  optumos,  non  audacissumos 
forent.  Propert.  4,  7,  57  di  maris  Aegaei  Quos  sunt  p.  aequora, 
venu. 

Livius  2,  24,  2  ut  p.  eosdem  pericula  belli,  p.  quos  praemia  4 
essent.  Curtius  8,  4.  22  eum,  qui  p.  ipsum  relinquebatur,  tradit; 
3,  13,  3  quaecunque  rex  p.  ipsum  reliquisset.  Petron.  frgin.  12 
tot  regum  manubies  p.  fugitivum  repertae.  Quintil.  9,  3,  80 
neminem  alteri  posse  dare  in  matrimonium,  nisi  p.  quem  sit 
Patrimonium.  Statins  Tbeb.  2,  430  te  p.  Inachiae  dotalis 
regia  dono  Coniugis;  8,  308  (de  Tellure)  te  p.  et  pecudum  gens 
mitis  et  ira  ferarum  Et  volucrum  requies.  Ps.  Frontin.  4,  7,  22 
Pinarius  praesidio  Ennae  praepositus  claves  portarum,  quas  p. 


90  P.  Hirt: 

se  habebat  reposcentibus  magistratibus  Enneusium  etc.  Tac.  hist. 

1,  76  provinciae  . . .  p.  Othouem  manebat  (i.  e.  a  partibus  Othonis 
stabant);  2,  6  ne  p.  ceteros  iniperii  praemia,  p.  ipsos  tantum  ser- 
vitii  necessitas  esset;  4,  74  p.  quos  aurum  et  opes  (Gallia  et 
Germaniac,  provinciae  ditissimac)\  5,  9  dum  Assyrios  p.  et  Persaß 
Oriens  fuit;  annal.  15,  54  praemia  p.  unum  fere.     De  hoc  usn 

'  itide  a  tetnporibus  Antoninorum  cf.  IL 

1  De  rebus,  quae  moveri  non  posstint:   Cod.  Theodos.  10,  3,  5 

aedificia  .  .  .  p.  municipes  .  .  .  collocata  pcrmancant.  Africanus 
Dig.  23,  3,  50  praef.  ut  fuiidus  quasi  sine  causa  p.  inaritum  esse 
coeperit,  condicatur.  Pompon.  Dig.  36,  1,  74  (72)  p.  heredem  fun- 
dum  esse  voluit  testator.  Paulus  Dig.  39,  3,  9  sive  remanserit 
(praedium)  p.  emptorem  sive  recesserit.  Cod.  lustin.  11,  59,  14 
rura  p.  eos,  qui  .  .  .  excoluerunt,  firmiter  perdurabunt.  Cf.  ius 
fundi  §  9. 

>  B.   Pencs  deos  hominesqtie  dicuntur  esse  virtutes,  quae  iis  in- 

sitae  sunt  et  in  animis  eoruni  insidcnt,  quem  usum  tarn  praeivit 
Plaut.  Ainph.  653  Orania  ad  sunt  bona,  quem  peuest  virtus  Sen. 
benef.  1,  3,  8  Chrysippus,  p.  quem  subtile  illud  acumen  est.  Tac. 
Agr.  15  maiorem  constantiam  p.  miseros  esse;  annal.  15,63  sit 
consi  p.  utrosque  par.  Cic.  orat.  142  (eloquentia)  eos  ornat, 
p.  quos  est;  nat.  deor.  2,  79  quae  (fides,  mens)  qui  convenit  p. 
deos  esse  negare?  Heges.  5,  15,  88  p.  paucos  eminentia,  p.  plu- 
rimos  mansuetudo.  Zacchaeus  Patrol.  20,  1141  B  p.  quem  mi- 
sericordiae  summa  est.  Coruif.  4,  5,  7  si  putabit  posse  omnia 
(omnes  virtutes  oratoris)  p.  unum  consistere  .  .  .  nee  mirum  quom 
ipse  praeeeptor  artis  omnia  p.  unnm  reperire  non  potuerit.  Petr. 
Ckrysol.  Patr.  52,  588  p.  Deum  pietas  est  Quintil.  12,  10,  36 
proprietas  p.  illos  (Atticos)  est  certior,  copia  vincamus.  Iul. 
Valer.  2,  30  (7)  unum  esse  p.  Graecos  constabat,  quod  plus  pru- 
dentia  menti*  quam   valentia  corporum  posset.     Laciant.  instit. 

2,  13,  8  Hebraei,  p.  quos  religio  Dei  resedit  =  epit.  43,  3.  Petr. 
Chrysol.  Patr.  52,  485  C  ut  audirent  esse  p.  centurionem  divini- 
tatis  reverentiam,  p.  gentilem  legis  adtum,  p.  militem  Stipen- 
dium gratiae,  p.  Komanum  fidei  doctrinam.  Nazarii  Paneg.  X  15 
(p.  224,  23  B.)  p.  se  sanetitatis  famam  stetisse.  Chalcid.  Tim. 
24  B  p.  quos  venandi  colendique  ruris  scientia;  id.  22  C.  August. 
epist.  102,  11  sc.  p.  ipsum  (deum)  est.  Cassiod.  Var.  164  (799  C 
Mig.)  p.  quem  est  scientiae  magnitudo.  Silius  ltal.  6,  309  quem 
nunc  p.  est  sollertia  belli  .  .  .  cederet  Hannibali. 


Penes.  91 

C.  a)  Penes  deos  est  potestas  earum  rerum,  quae  eorum  re-  6 
yimini  subiectae  sunt,  p.  homines  aut  p.  perpetua  aut  in  tcmpus  tri- 
buta.  Plaut.  Trin.  820  Neptuno  (gratias  habeo)  et  fluctibus  salsis, 
quos  (cod.  quoniam)  p.  fuit  niei  potestas.  Cic.  epist.  4,  7,  3  ei, 
p.  quem  est  p.  (Caesari);  9,  16,  3  de  illo,  quem  p.  est  omnis  p. 
Livius  8,  33,  17  populi,  p.  quem  p.  omnium  rerum  esset;  36,  11,  8 
Clytum  praetorem,  p.  quem  tum  summa  potestas  erat;  37,  11),  5 
iis,  p.  quos  p.  fuerit.  Val.  Max.  7,  3,  2  p.  eum  summam  urbis 
nostrae  potestatem  futuram  respondit,  qui  ante  omues  matri  os- 
culum  dedisset.  Sen.  benef.  2,  29,  3  aliquis  ea  auimalia  couparat 
nobis,  quorum  p.  p.  nos  est?  Tac.  hist.  2,  39  vis  ac  p.  p.  Pro- 
eulum. 

Apul.  d.  Plat.  2,  27  alterum  (genus)  paucorum  (civium),  p.  7 
quos  rerum  est  potestas;  de  mund.  27  (deum)  maiestatem  retinere, 
si  ipse  in  alto  residat  altissimo,  eas  autem  potestates  p.  omnes 
partes  mundi  orbisque  dispendat,  quae  sint  p.  solem  ac  lunam 
cunctumque  caelum.  Paneg.  habitus  §  17.  Lactant.  instit.  2, 
7,  10  rerum  p.  p.  unum  est.  Iulius  Valer.  1,  46  (38)  iiielinationis 
vis  ac  p.  est  p.  superos.  Vopisc.  v.  Taciti  1,  1  pontifices,  p.  quos 
scribendae  historiae  p.  fuit.  Hegesippus  2,  13  apud  plerosque 
dignitas  sola,  p.  paucos  etiam  ins  potestatis  fuit.  August,  de  trin. 
12,  12  (Patr.  42,  1008  M.)  illa  mentis  intentio,  p.  quam  summa 
p.  est  membra  in  opus  movendi.  Oros.  6,  20,  2  summa  rerum 
ac  potestatum  p.  unum  esse  coepit.  Petr.  Clirysol.  Patr.  52,  379  A 
p.  quem  (Christum)  facti  et  efteetns  permanet  p.;  52,  414  A  p. 
illum  potestatem  fuisse;  52,  402  D.  674  D  hoino,  p.  te  est  p.  ve- 
niae,  in  te  est  indulgentiae.  Maxim.  Taurin.  Patr.  57,  698  C  p. 
quem  .  .  esse  potestatem.  Dionys.  Exig.  Patr.  67,  151  D  p.  ipsos  erit 
p.;  67,  153  A  p.  episcopos  erit  p.  Cassiod.  psalt.  Patr.  70,  90  B 
p.  p.  Deum.  Codex  Theodos.  8,  18  A  p.  p.  patres  maneat.  Cod. 
lustin.  11,  63,  1  ius  potestasque  p.  emphyteuticarios  permaneant. 

ß)  Simüiter  imperia  et  iura.  Cornif.  4,  34  imperium  8 
Graeciae  fuit  p.  Athenienses.  Cic.  Verr.  5,  40  cum  p.  te  praeto- 
rium imperium  ac  nomen  esset;  post.  red.  ad  Quir.  21  diguitatem 
eins  imperii,  quod  erat  p.  ipsos,  vendiderunt;  repbl.  1,  63  omne 
i.  nostri  p.  singulos  esse  voluerunt.  Nepos  Them.  7,  2  p.  quos 
(Lacedaemonios)  summum  erat  i.;  Eum.  11,3  Onoinarcho,  p.  quem 
summa  imperii  erat  custodiae.  Verg.  §  15  decus.  Livius  2,  2,  3 
L  esse  p.  Collatinum;  3,  70,  1  summa  imperii  p.  collegam  erat; 
6,  37,  4  ubi  i.  p.  illos  (patres),  p.  se  (plebem)  auxilium  tan  tum 


92  P.  Hirt: 

sit;  22,  45,  4  quod  summa  imperii  p.  Paulum  fuerit;  27,  31,  10 
Cycliadas,  p.  euin  summa  imperii  erat  Cf.  §  10.  Seneca  dial. 
4,  15,  5  imperia  p.  eos  fuere  populos,  qui  mitiore  caelo  utuntur. 
Val.  Flac.  5, 14  quem  (Tiphyn)  cursus  p.  imperiumque  carinoe.  Tac 
an.  G,  43  neque  p.  Arsaciden  i.,  sed  inane  notnen  apud  imbellem 
externa  mollitia,  vim  in  Abdagesis  domo.  Tertull.  apoL  24  i.  sum- 
mae  dominationis  esse  p.  unura  (deura),  officia  p.  multos.  lustin. 
1,  1  i.  p.  reges  erat  (=  August  civ.  dei  4,  6);  41,  1,  l  Parthi, 
p.  quos  Orientis  i-  est.  Aur.  Vict.  epit.  Caes.  41,  1  imperii  iura 
p.  Constaiitinum  deveticrc.  Orosius  2, 13, 3  insigno  imperii  p.  unum 
erat.  Freculf.  I  4,  10  p.  unum  esse  i. 
9  y)  Horat  §  10.  Livius  2,  29,  12  de  tergo  vitaque  sua  ius  p. 

unum  illum  esse,  cuius  maiestatem  violaverit.  Sen.  Phoen.  104 
i.  vitae  ac  necis  meae  p.  me  est;  id.  Oedip.  249  tu  (Phoebe),  p. 
quem  iura  praecipitis  poli.  lustin.  39,  1,  9  nomen  regis  p.  filium, 
ius  p.  matrem  esset  Pompon.  Dig.  23, 3, 60  i.  (fundi)  remaneat  p. 
maritum.  Id.  Dig.  1,  2,  2,  10  p.  quos  (consules)  summum  ius  uti 
esset,  lege  rogatum  est.  Ulpian.  Dig.  11,7,33  p.  eum  (heredem) 
iura  sepulehrorum  remaneant.  Ambros.  vol.  III  949  Mig.  ut  p.  su- 
perstitem  ecclesiae  iura  permanercnt.  Aur.  Vict.  epit.  Caes.  §  8. 
Cod.  Theodos.  11,36,25  iure  fuudi  p.  eum,  qui  appellaverit,  con- 
stituto  =  cod.  lustin.  7,  65,  5,  2.  Cf.  §  7. 
10  D.  Ad  idem  genus  pertinent:  Tac.  an.  6,  44  plurima  aucto- 
ritas  p.  Abdagaesen  erat.  Chalcid.  Tim.  42  D  ne  qua  p.  se  re- 
siderct  auctoritas:  id.  42  E.  Hör.  art.  poei  72  si  volet  usus,  quem 
p.  arbitrium  est  et  ins  et  norma  loquendi.  Sen.  benef.  1,  12,  1 
a.  dandi  p.  nos  est.  Tac.  Germ.  11  quorum  p.  plebem  a.  est; 
annal.  13,  56  ut  a.  p.  Romanos  maneret.  Livius  6,  41,5  p.  quos 
igitur  sunt  auspicia?  nempe  p.  patres;  10,  8,  9  p.  vos  a.  esse, 
auxilium  §  8.  Bened.  Nurs.  Reg.  55  haec  consideratio  p.  ab- 
batem  est.  Cic.  repbl.  2,  50  yeQovtag,  quos  p.  summam  consilii 
voluit  esse  (Lycurgus).  Liv.  22, 25, 13  si  p.  se  summa  imperii  con- 
siliique  sit.  Itiner.  Alex.  4  aetas  alterius  p.  te  est,  alterius  vero 
consilium.  August,  civ.  dei  10,  12  c.  p.  ipsum  (deum)  est;  id. 
serm.  Patr.  38,  534  M.  de  peccat.  mer.  2,  18,  32  (Patr.  44, 170  M.)-, 
id.  Patr.  42,  448  c.  p.  principem  sit;  id.  Patr.  42,  445  ut  p.  Do- 
minum esset  c.  iubcndi,  p.  famulum  obsequium.  Freculf.  1,  3,  12 
c.  p.  senes  esset.  Symmach.  relat.  25,  2  manenk  p.  Auxentiuin 
cura;  Ennodius  p.  213,  2  Vog.  scis  in  te  curam,  p.  deum  per- 
fectionis  esse  substantiam.   Lex  Baiuwar.  add.  VI  3,  7  (Mon.  Germ. 


Penea.  93 

Leg.  III 475)  viduarum  inopum  c.  sit  p.  episcopum.  Ovid.  fast.  1, 119 
(de  Iano)  Me  p.  est  unum  vasti  custodia  mundi.  Statius  silv. 
1,  4,  16  quem  p.  intrepidae  niitis  c.  Romae  (cf  §  8).  Cod.  lustin. 

9,  4,  1  cum  p.  quem  officium  custodiae  est. 

August,  civ.  dei  7,  13  (Saturnus),  p.  quem  sationum  om-11 
nium  dominatus  est,  qxtod  idetn  eodem  capite  Iovi  quoquc 
vindicatur.  Cf.  Tertull.  dominatio  §  8.  Ulpiau.  Dig.  24,  1,  7,  8 
dominio  p.  se  retnanente.  Novell.  Martiani  3,  1,  1  manentc  p.  suc- 
cessores  eorum  illibato  dominio.  Cod.  Theodos.  11,  1,  14  =  Cod. 
lustin.  11,  48,  4  p.  quos  fundorum  dominia  sunt.     Cod.  Theod. 

10,  17  —  Cod.  lustin.  10,  3,  5  =  Frgm.  Vatic.  37  (ubi  Huschke 
perperam  scripsit  perpetui)  ut  perpetuo  p.  eos  sint  iure  dominii, 
quibus  res  .  .  .  fiscus  addixerit.  Isid.  orig.  5,  25,  22  dominium 
(pignoris)  p.  debitorem  est.  Livius  3,  33,  8  fasces  erant  p.  prae- 
fectum  iuris;  9,  8,  2  Publius,p.  quem  f.  erant.  Festus  161*  31 
maiojrem  consulem,  p.  quem  f.  sint.  Cod.  Theodos.  13,  10,  8  = 
C  Iust.  11,47,  9  immunitates  .  .  .  p.  fruentes  .  .  redcant.  Tac. 
Germ.  31  omnium  p.  hos  initia  puguarum.  Hormisdae  epist.  22,  2 
(Ep.  pontif.  ed.  Thiel)  p.  quos  causae  plena  esse  posset  instructio. 
Cic.  leg.  agr.  2,  52  p.  Cn.  Pompeium  omne  iudicium  esse;  id. 
de  dorn.  130  p.  quem  (censorem)  maiores  i.  esse  voluerunt;  id. 
Scaur.  1,  2  cum  iudicia  p.  equestrem  ordinem  essent.  Livius 
3,  53,  10  iudicia  p.  vos  erunt;  23,  23,4  ne  p.  unum  honiinem 
i.  faerit;  Liv.'  perioch.  70,  2  equestri  ordini,  p.  quem  iudicia  erant. 
Petar.  Chrysol.  Patr.  52, 627  B  est  p.  Christum  i.  Rufin.  bist,  eccles. 
1,  17  iudicandi  libertas  p.  accusatores  erat.  Livius  24,  4,  3  no- 
men  regium  p.  puerum  futurum;  Tac.  §  8.  Iust.  §9.  obsequium 
§  10.  Censorin.  de  d.  nat.  15, 5  officia  p.  te  unum  esse.  Orientius 
1,  25  te  p.  o.  nostri  est  et  cordis  et  oris.  Cf  Tertull.  §  8.  Einhard. 
vit.  Kar.  2  opes  et  potentia  regni  p.  palatii  praefectos  tenebantur. 

Livius 34, 62, 13  p.  eum  possessionem  fuisse,  qui  plus  armis  12 
potuisset.  Paulus  toent.  1,  11,  2  p.  possessorem  p.  rctnanct.  Iulian. 
Dig.  41, 1,  37  pr.  quam  vis  p.  p.  eum  sit;  41,  5,  2,  2  naturalem  p. 
p.  eum  fuisse.  Cod.  Theod.  10,  3,  3  p.  eos  imjem  permanere  pos- 
sessionem, quos  etc.;  ib.  11,  24,  6  pr.  possessiones  p.  priores  pos- 
sessores  residebunt.  Tac.  an.  11,  28  quos  p.  potentia  et  formido. 
VaL  Place.  §  19.  Tac.  hist.  4,  2  praefectura  praetorii  p.  Arrium 
Varum,  summa  potentiae  in  Primo  Antonio.  August,  quaest.  in 
heptat.  1,127  Nabuchodonosor,  p.  quem  inveuitur  primatus  fuisse 
militiae.    Cic    Attic.   13,  19,  4   ut   p.   ipsum   sit   princiyatw^. 


94  P.  Hirt: 

Solin.  11,  4  M.  quorum  (oppidorum)  p.  est  p.  Gortynani.  August 
de  trin.  3,  4,  9  (Patr.  42,  873  M.)  si  p.  sapientes  sit  p.  et  regime* 
rerum  humanarum.  Cod.  Iust.  11,  58(59)  11  p.  eos  proprietas 
possessionis  intemcrata  permaneat.  Sen.  ben.  4,  8,  2  ratio  p.  illum 
(Iovem)  est.  August  de  peccat  mer.  2,  5,  6  p.  ipsum  (deum)  est  r. 
Liv.  3,33, 7  regimen  totius  magistratus  p.  Appium  fuit;  4,8,2  p. 
eam  (censuram)  r.  morum;  24,  4,  3  r.  p.  se  virosque  suos.  Val. 
Max.  1,  praef.  te  (Tiberium),  p.  quem  hominum  deorumque  con- 
sensus  maris  ac  terrae  r.  esse  voluit.  Tac.  hist.  3,  5  principes,  p. 
quos  civitatis  r.;  anual.  1,  31  r.  summae  rei  p.  Germanicum;  15, 1 
Monobazus,  p.  quem  Adiabenum  r.  August,  supra  s.  principatus. 
Livius  29,31,  1  utrum  p.  Masinissam  regnum  esset  Sen.  epist 
90,  5  saeculo,  quod  aureum  perhibent,  p.  sapientes  fuisse  regnum; 
üedip.  402  p.  quem  summa  regnorum.  nat.  quaest.  6,  23,  3  Da- 
reum,  p.  quem  tum  maximum  r.  erat.  lustin.  21,  1,  2  r.  si  p. 
unum  reinansisset;  44,  4, 14  r.  p.  Geryoneni  fuit  Lact  inst  2, 10,8 
regni  sublimitas  p.  Saturnum  fuit  Oros.  2,  2,  6  partem  regni  p. 
se  retinuerunt  ühaldaei.  Mythogr.  Yatic.  1,  22  r.  p.  eum  fataliter 
mansurum,  qui  arietem  aurei  velleris  haberet  =  2,  147. 
13  Uegcs.  2,  13,34  p.  Alexandrum  et  regnum  et  sacerdotium 
mansit  Tac.  hist  2,  6  p.  ipsos  tantum  servitii  necessitas  esset 
Plaut.  Truc.  1, 1,4  Venus,  quam  p.  amantum  summa  summarum 
rcdit.  Cic.  repbl.  1,42  eum  p.  unum  est  s.  rerum,  regem  illum 
unum  vocamus.  Livius  35,  38,  1  p.  quos  tum  s.  rerum  erat  Vellei. 
2,  63  Lepido,  cum  s.  virium  p.  eum  foret  Apul.  mund.  30  unius 
ducis  imperio  tantus  exercitus  paret,  quem  praefecerit,  p.  quem 
est  s.  rerum.  Sen.  üed.  402  p.  quos  (pastores)  constitü  s.  gregum. 
Petron.  55  s.  carminis  (i.  e.  summa  inter  poetas  laus)  p.  Mopsum 
Thracem.  Tac.  an.  2,45  satis  probatum,  p.  utros  s.  belli  fiierit 
Jul.  Val  er.  3,  53,  (20)  Gandaules  cum  eius  facinoris  summam  p. 
Antigonum  collocaret.  August  civ.  dei  7,  9  (ex  Varrone)  p.  Ianum 
sunt  prima,  p.  Iovem  summa.  Freculf.  I  7,  15  s.  rerum  p.  unum 
esse.  Cf.  §  5.  7.  8.  10.  12.  Paulus  Festi  5G,  5  clavis,  cuius  rei 
tutelam  p.  Portuuum  esse  putabant.  Ulp.  Dig.  24,4,3,5  t  p. 
ceteros  patronos  est  Livius  1,  43,  10  vis  omnis  p.  primores  civi- 
tatis esset  Tac.  hist  2,  39  vis  ac  potestas  p.  Proculum;  3,50  v. 
comiliorum  p.  Annium  Bassum;  4,  39  v.  p.  Mucianum  erat;  4,  55 
plurima  v.  p.  Treveros  ac  Lingones.  Cf.  §  8.  18.  Iul.  Valer.  1, 
46  (38)  inclinationis  v.  ac  patestas  est  p.  superos.  Ulpian.  Dig. 
33,  2,  9  beres,  }>.  quem  usus  fructus  remanet 


Penes.  95 

E.  Pariter  laus,  culpa,  victoria,  similia  p.  alqm  esse  14 
dieuntur,  quia  quasi  inhaerere  putantur  hominibus  (cf.  Ter.  Hec. 
229  in  te  omnis  haeret  culpa;  Cic.  Verr.  3,  106),  cum  victoria 
etiam  diccUur  apud  alqm  esse,  quippe  quae  eripi  possit  victori. 
a)  Ter.  Hec.  535  ego  etiam  illorum  esse  hanc  eulpam  credidi, 
quae  te  est  p.  Livius  4,  53,  5  eulpam  p.  Maeniuin  fore;  5,  36,  10 
ne  p.  ipsos  c.  esset;  22,  44,  6  nullam  p.  se  eulpam  esse;  35,  33,  3 
p.  Aetolos  eulpam  belli  esse;  45, 10, 10  eulpam  non  p.  populum, 
sed  p.  paueos  concitores  volgi  esse.  Sen.  benef.  7,  18,  2  p.  illum 
erit  culpa,  non  p.  me.  Statius  Theb.  11,  189  omnis  c.  malo- 
rum  me  p.  Plin.  ep.  Trai.  30  (39),  2  p.  eos  c.  est,  qui  etc.  Quin- 
til.  decl.  mai.  9,  2  ne  odii  c.  videatur  p.  patrem.  Alfenus  Dig. 
9,  2,  52,  1  eulpam  p.  eum,  qui  prior  flagello  percussit,  residere. 
August,  epist  154,  1  (Macedonius  ad  Augustinum)  eulpam  p.  me 
remanere.  Cod.  Theodos.  6,  35,  10  eius  officium,  p.  quod  eulpam 
neglectae  iussionis  Jiaerere  manifestum  est.  Codex  Gregorian. 
14,  2,  1  (ed.  Haenel)  si  p.  te  culpa  fuit.  —  Tac.  hist  1,  30 
prineipatus  praemia,  quorum  libido  ac  voluptas  p.  ipsum  sit, 
rvbor  ac  dedecus  p.  alios.  Tac.  an.  1,  44  p.  eosdem  saevitia 
facti  et  invidia  erat.  Salv.  gub.  dei  5,  8,  44  ut  i.  p.  emptorem, 
inopia  p.  venditorem  esse  videatur.  Tac.  hist.  4,  81  patrati  re- 
medii  gloriam  p.  Caesarem,  inriti  ludibrium  p.  miseros  fore.  Li- 
vius 3, 42,  2  noxia  p.  milites.  Quint.  decl.  min.  300  (p.  184, 15  R.) 
non  semper  erroris  odium  p.  cognoscentes  est.  Val.  Max.  9,  2 
praef.  cum  p.  illam  (crudelitatem)  sit  timeri,  p.  nos  sit  odisse. 
Plaut  Poen.  1241  numquam  .  .  .  reperies  tu  istuc  probrum  p. 
nos.  rubor,  cf.  stipra  s.  dedecus. 

ß)  Verg.  Aen.  12,  59  decus  imperiumque  Latiui  Te  (Tur- 15 
num)  p.  Livius  6,  25,  4  adversae  pugnae  in  L.  Furio  eulpam,  se- 
eundae  d.  omne  p.  M.  Furium  esse;  8,  38,  16  p.  te  equestre  sit  d.; 
9,  42,  4  belli  d.  p.  alios  est  Val.  Max.  2,  7,  7  XII  fasces,  p.  quos 
summum  d.  erat  Tac.  hist.  3,  75  d.  domus  p.  Sabinum  erat 
Chalcid.  comm.  Tim.  c.  225  p.  quam  est  dignitas  exemplaris. 
Cod.  Theodos.  6,  26,  11  manente  p.  eos  dignitatc;  7,  21,  3.  Heges. 
§  7.  eminentia  Heges.  §  5.  Sali,  gloria  §  3.  Livius  3,68,3 
belli  g.  p.  hostes  est;  30,  24,  1  quia  pacatae  Italiae  p.  se  g. 
esset;  44,  23,  6  civitatem,  p.  quam  unam  tum  rei  navalis  g.  esset. 
Stat.  Theb.  5,  331  quem  (tauruni)  p.  .  .  adultae  g.  gentis  (i.  c. 
aueti  gregis).  Constantinus  epist.  ad  Porfyr.  (p.  5  ed.  Luc.  Müller) 
cum  p.  primos  faeundiae  conditores  g.  tota  resideret.   Cf.  §.  14,  16. 


96  P.  Hirt: 

Tac.   hist.  2,  39  honor  imperii  p.  Titianum.    Stat.  silv.  2,  7,  5 
ipsi,  quos  p.  est  h.  canendi. 

16  Cic.  Brut  258  locutionem  latinam,  cuius  p.  quos  laus  ad- 
huc  fuit,  non  fuit  rationis.  Livius  1;  57,  10  1.  p.  Lucretiam  fuit; 
21,  46,  8  p.  quem  perfecti  belli  1.  est.  Tac.  an.  2,  52  p.  alias 
familias  imperatoria  1.  fuerat.  nomen  cf.  infra  s.  victoria.  Sen. 
contr.  10,  praef.  13  [p.  Latronem  gloria  fuisset],  p.  Gallionem 
palma.  Sen.  benef.  5,  3,  3  p.  neutrum  erit  p.;  Epist.  83,  24  cum 
p.  te  p.  fuerit.  Itin.  Alex.  9  laudis  palmam  p.  regem  fuisse.  Liv. 
28,  41,  3  sicut  p.  C.  Lutatium  prioris  Punici  perpetrati  belli  ti- 
tulus  fuit,  ita  p.  te  huius  fuerit.  Caes.  b.  Gall.  7,  21  p.  eos 
(? Heller  Piniol.  19,  496.  Vielhaber  Zeitschr.  f.  östr.  Gymn.  1864. 
p.  39)  summam  victoriae  constare.  Livius  3,  24,  9  victoria  p. 
tribunos  fuit;  4,  50,  8  v.  p.  patres  fuit;  8,  11,  7  victoriae  nomen 
esse  p.  Romanos;  21,  52,  11  maior  tarnen  hostium  [caedes,  penes] 
Romanos  farna  victoriae  fuit;  31,  49,  3  omnia  praeter  victoriam 
p.  consulem  esse;  42,  29,  9  si  p.  Romanos  v.  esset.  lustin.  5,  4,  2 
v.  p.  Athenienses  fuit;  41,  6,  6  v.  p.  Parthos  fuit. 

17  F.  Varia.  Diomed.  336,  32  passiva  est  significatio,  cum  alio 
patiente  p.  alium  sit  administratio;  337,  7.  aetas  cf.  §  10. 
Livius  28,  27,  11  causa  atque  origo  omnis  furoris  p.  auetores  est 
luven.  14,  226  mentis  c.  malae  tarnen  est  et  origo  p.  te.  Tac.  an. 
4,  1  initium  et  c.  p.  Seianum;  4,  16  potissimam  (causam)  p.  in- 
curiam  virorum.  Ghalcidius  Tim.  prooem.  omnium  bonorum  con- 
mterc  causam  penes  eam  (virtutem).  August,  civ.  dei  7,  9  hunc 
deum,  p.  quem  sunt  omnes  causae.  eultus  legis  §  5.  August.de 
trin.  1,  3,  5  desideriuni  nieum  p.  ipsum  (deum)  habeo.  Cic.  p. 
Mil.  60  hi  centum  dies  p.  aecusatorem  cum  fuissent.  Append.  ad 
Ambros.  Patr.  17,  519  B  quasi  ecclesia  p.  ipsum  sit.  Paul.  Dig.  31, 
1,4  p.  eos  hereditatis  quaesitae  emolumentum  remanet.  ctrror, 
cf.  infra  s.  fremitas.  Tac.  hist.  2,47  p.  me  exemplum  erit.  August 
enchirid.  3  e.  si  est  p.  te.  Stat.  Theb.  3,  80  (de  satellitibus  duo- 
bus)  hos  regni  ferrum  p.  Sali.  lug.  17,  7  Fides  eins  rei  p. 
auetores  erit.  Sen.  quaest.  nat  4,  3,  1  p.  auetores  f.  erit;  apo- 
col.  5  f.  p.  auetorem  erit.  Plin.  nat.  h.  17,93  f.  p.  auetores  erit 
Vulg.  epist.  ad  Roman.  14,  22  (Itala.  Ambros.  append.  Patr.  17, 
180  A.  Vincent,  commonit.  22,  667  Patr.  vol.  50)  tu  fidem  habes? 
p.  temet  ipsum  habe  coram  deo.  Claudian.  in  Rufin.  1,  75  Me- 
gaera,  quam  p.  insani  fremitus  animique  profani  error. 

18  Paneg.  VI  15  (171,  27  B.)  ut  p.  te  habitus,  p.  illum  pokstns 


Penea.  97 

esset  imperii.  Tac.  an.  15, 14  iniagineui  retinendi  p.  nos,  r/m  p. 
Parthos  memorat.  Paul.  Digest.  46,  1,  67  iniuriam  p.  te  manere 
quam  ad  alium  transferri  aequius  est.  Vulg.  Proverb.  2, 1  man- 
data  mea  absconderis  p.  te.  .Sidon.  Apoll,  epist.  4,21  materia 
sit  p.  pbysicos.  Ambros.  append.  Patr.  17,  1001  B  non  remane- 
bit  p.  me  memoria  facti.  Chalcid.  Tim.  22  A  sacerdotum,  p. 
quos  praecipua  sit  m.  vetustatis.  Gic.  mens.  §  5.  Augustin.  de 
trin.  12,  12,  27  ille  quem  p.  primitus  sunt  omnium  quae  sunt 
inensurae,  numeri  et  pondera.  Caes.  b.  civ.  1,  76  p.  quem  quis- 
que  sit  Caesaris  miles.  Tac.  hist.  2,  31  nulla  ultra  p.  Yitellianos 
mora,  quin  certarent.  Claudianus  Mam.  de  statu  an.  2,7  (p.  124,4 
Eng.)  quod  movetur  p.  scientem  ..  causas  motus  habet.  Pane- 
gyr.  Maxim,  et  Constant.  7  (p.  103,30  6.)  ut  p.  te  sint  omnia, 
quasi  ea  sola  optineas.  origo  §  17.  Servius  in  Donat.  Gr.  lat 
IV  440,  25  quae  res  (participia  ab  inpersonalibus  verbis)  p.  La- 
tinitatem  non  erit. 

Val.  Flacc.  4, 16  arcano  redolentem  nectare  rorem,  Quem  p.  19 
alta  quies  liquidique  potentia  somni.  Nepos  Attic.  8,  1  cum  res 
publica  p.  Brutos  videretur  esse.  Tac.  Germ.  6  plus  p.  peditem 
roboris.  Origo  geni  Rom.  8,  6  sacra  p.  Pinarios  rcsedisse. 
Statius  Theb.  10,631  (de  Clio)  saecula  te  p.  Max.  Taur.  Patr. 
57,  266  C  p.  nos  votorum  sanctificatio.  August  civ.  dei  7,  19 
p.  Saturnum,  non  p.  Caelum  semen  esse  divinum;  cf  §  11,  do- 
minatus.  Plaut.  Poen.  5,  4,  26  Iupiter,  p.  quem  spes  vitae  sunt 
hominum  omnium.  Stipendium  §  5.  sublimitas  §  12.  Mar. 
Victor.  Patr.  61,  1,  377  p.  hos  mundi  substantia.  Petr.  chrys. 
Patr.  52,  569  B  erat  p.  Ioannem  venia.  Max.  Taur.  Patr.  57, 
505  A  peccatis  dare  veniam  quia  p.  hominem  non  est  Cf  §  7. 
Claudianus  Mameri  stat.  an.  1,  26  (p.  95,  4  Eng.)  si  loquentem 
te  unus  audierit,  totuin  verbum  tuum  p.  te  est,  totum  p.  illum. 
Lact,  instit.  4,  2,4  Iudaeos,  p.  quos  (veritas)  erat;  5,  21,  1  v.  p# 
nos  est.  Solin.  praef.  6  constantia  veritatis  p.  eos  est,  quos  se- 
cuti  sumus.  Cf  fides  §  17.  (yoluntas)  August,  de  geu.  ad  litt. 
11,  10  cur  noluerit,  p.  ipsum  (deum)  est.    Tac.  voluptas,  §  14. 

G.  Penes  se  esse  «=  sua  in  potestate,  sanae  mentis  vel  coro- 20 
potetn  esse  mentis  unus  Horatius  licentia  poetica  scripsit.    Satir.  2, 
3,  273;    Quid,    si    Picenis    excerpens    semina  pomis   Gaudes,    si 
cameram  percusti  forte,  p.  te  es?  (Ter.  Andr.  408.  Petron.  129  apud 
se  esse).  (Continuabitur). 

Berolini.  P.  Hirt. 

Archir  für  Ut.  Lexikogr.  IV.    Heft  1.  7 


98  Penes.. 


Erläuterungen. 

Über  die  Bildung  von  penes  ist  eine  befriedigende  Ansicht 
bisher  nicht  aufgestellt  worden;  Sanskrit  und  Griechisch  helfen  nichts, 
da  die  Partikel  nicht  zu  den  alten  indogermanischen  Präpositionen 
gehört,  sondern  auf  italischem  Boden  gebildet  und  entwickelt  zu  sein 
scheint.  Die  Grundbedeutung  ergiebt  sich  aus  dem  Zusammenhange 
mit  penates,  penetralia  u.  ä.,  und  darum  hat  Dositheus  das  Wesen 
des  Wortes  besser  mit  ivzog  gegeben  als  Cyrill  mit  itaqa.  Wenn  die 
Partikel  ursprünglich  mit  Verbis  der  Bewegung  verbunden  worden 
wäre,  so  könnte  man  penus  als  älteste  Form  fassen  und  wie  domum 
erklären  (und  Breal  vergleicht  auch  mit  p.  mc  das  franz.  chez  inoi  = 
„casam  meu  p.  432);  allein  dieser  Erklärung  widerstreitet  der  Sprach- 
gebrauch. Somit  wird  man  richtiger  penes  als  Locativ  von  penus, 
peneris  mit  abgefallenem  Suffixe,  als  ursprüngliche  Konstruktion  alqd 
p.  est  oder  habeo  auffassen;  denn  nach  Analogie  von  rare,  ruri  (auf 
dem  Lande)  kommen  wir  auf  penere,  peneri  im  Inneren,  altlat 
penese,  penesi,  und  die  Endung  fiel  ab  wie  bei  instar  (Arcb.II  597), 
weil  sie  gewöhnlich  vor  einen  Vokal  zu  stehen  kam;  der  Accusativ 
trat  erst  später  dazu  nach  Analogie  von  apud. 

Den  nächsten  Anlafs  zu  der  Deutung =naga  gab  wohl  der  Umstand, 
dafs  namentlich  seit  dem  Ende  des  2.  Jahrhunderts  nach  Chr.  penes 
in  seiner  Anwendung  geradezu  mit  apud  zusammenfiel;  allein  es  darf 
daneben  nicht  übersehen  werden,  dafs  es  ebenso  oft  mit  in  wechselt, 
schon  bei  Livius  6,  25,  4  adversae  pugnae  in  L.  Furio  culpam,  se- 
cundae  decus  omne  p.  M.  Furium  esse;  bei  Tac.  bist.  4,  2  praefectura 
praetorii  p.  Arrium  Varum,  summa  potentiae  in  Primo  Antonio; 
annal.  6,  43  p.  Arsaciden  imperium  .  .  .  vim  in  Abdagesis  domo; 
ebenso  bei  Petrus  Chrysologus  und  Ennodius.  Und  was  heilst  denn 
Plaut.  Truc.  891  p.  manum  habere  anders  als  in  manu  habere? 

Darum  ist,  quod  p.  me  est,  zwar  nicht  mein  Eigentum  (darin 
irrte  Festus),  aber  doch  bei  mir  in  Verwahrung,  so  dafs  ich  dafür 
verantwortlich  bin,  wie  z.  B.  Schlüssel,  oder  eine  Geldsumme,  und 
daher  auch  darüber  zu  verfügen  habe  im  Sinne  des  Deponierenden, 
während  apud  einfach  bezeichnen  würde,  dafs  es  im  Hause  liege, 
möglicher  Weise  olme  unser  Wissen.  Bildlich  kann  man  daher  von 
Tugenden  sagen,  p.  alqm  sunt,  weil  sie  nicht  veränderlich  und  vorüber- 
gehend, sondern  bleibend  und  unveräufserlich  sind,  ein  Gebrauch,  der 
schon  bei  Plautus  bezeugt  ist. 

Aus  dem  Gebrauche  p.  alqm  =  in  manu  alicuius  entwickelte 
sich  leicht  der  weitere,  dafs  Subjekt  von  p.  alqm  esse  die  Machtsphäre 
eines  Einzelnen  sein  konnte.  Zunächst  bei  den  Göttern:  denn  ihre 
Macht  ist  keinem  Wechsel  unterworfen  und  ewig,  und  es  ist  be- 
zeichnend, dafs  Plautus  nur  diese  Anwendung  kennt  und  die  Partikel 
so    von  Juppiter,    Neptun  und   Venus  gebraucht.     In  diesem   Sinne 


Penes.  *  99 

konnte  potestas  auch  p.  regem  sein  unter  der  Voraussetzung,  dafs 
er  zeitlebens  seinen  Thron  behaupten  werde.  Potestas  p.  consulem 
est  war  schon  eine  weitere  Lockerung,  da  der  Konsul  nach  Ablauf 
seines  Amtsjahres  seine  Macht  verliert;  allein  man  hat  an  die  Grund- 
bedeutung von  p.  nicht  mehr  gedacht,  da  es  oft  heifst,  p.  quem 
tum  summa  potestas  (od.  ähnl.)  erat.  Die  nächsten  Synonyma  von 
potestas,  imperium  und  ius,  sind  §  8.  9  aufgeführt,  die  zahllosen 
weitern  §  10 — 14. 

Den  oben  genannten  Tugenden  reihen  sich  die  Begriffe  Ehre 
und  Buhm  samt  den  Gegensätzen  ungezwungen  an;  aber  es  ist  doch 
kein  Zufall,  dafs  culpa,  probrum  (Plautus,  Terenz)  um  ein  Jahrhundert 
im  Vorsprunge  sind.  Schuld  und  Schande  haften  dem  Menschen  für 
immer  an,  während  die  Auszeichnung  leicht  durch  den  umschlagenden 
Wind  weggeblasen  werden  kann.  Darum  finden  wir  auch  bei  culpa 
statt  des  matten  esse  öfters  haerere,  residere,  remanere,  und  der  volle 
8inn  von  culpa  est  p.  alqm  wird  glänzend  durch  die  Parallele  aus 
Terenz  illustriert:  in  te  omnis  haeret  culpa.  Hatte  Cicero  zuerst 
gesagt  laus  est  p.  alqm,  so  bildete  Vergil  die  Phrase  decus  est  p. 
alqm,  welche  Livius,  Valerius  Maximus  und  Tacitus  ihm  abnahmen. 
Gefiel  dem  Livius  victoria  est  p.  alqm  (Sali.  Cat.  20  victoria  in 
manu  nobis  est),  so  konnte  er  natürlich  ebenso  gut  schreiben  8,  31,  2 
malle  apud  Samnites  victoriam  esse,  gerade  wie  Nepos  Phoc.  2,  4 
cum  apud  eum  esset  summum  imperium  für  das  nach  §  8  übliche 
penes.  Dafs  schon  Cäsar  b.  Gall.  7,  21  sollte  geschrieben  haben  v. 
p.  alqm  constat,  ist  um  so  weniger  wahrscheinlich,  als  das  Verbum 
constare  in  dieser  Verbindung  Bedenken  erregt. 

Unter  den  Varia  mag  bemerkt  werden,  dafs  die  echt  lateinische 
Formel  lautet:  fides  p.  auctores  erit,  nicht  sit,  wie  Neulateiner 
schreiben. 

Die  Accusative  sind  in  der  Regel  Personennamen  oder  personi- 
fizierte Begriffe.  Civitas  und  Gortyna  stehen  für  cives  und  Gortynii, 
fasces  und  fiscus  für  Konsul  und  Kaiser,  censura  für  den  Inhaber  der 
Censur,  crudelitas  und  incuria  für  grausame  und  sorglose  Menschen; 
Staat  (Tac.  hist.  1,  57  non  p.  rem  publicam  fuisse  =  non  servisse), 
Natur  und  Himmel  (aeterna,  caelum)  werden  persönlich  gedacht,  im 
Nektar  wirkt  eine  göttliche  Kraft  (Val.  Place.  4,  16);  selbst  die 
Sprache  hat  einen  eigenen  Willen  nach  Hör.  poet.  72  und  p.  latini- 
tatem  (non)  est  heifst,  der  Geist  (ingenium)  der  Sprache  erlaube  et- 
was oder  nicht.  Sint  haec  p.  Martini  ditione  (=  ditionem,  bei  Greg. 
Tut.)  ist  nur  eine  Vermischung  von  p.  Martinum  und  in  ditione 
Martini.  Dafs  daher  *[Serg.]  explan,  in  Donat.  Gr.  lat.  IV  561,  16 
als  Musterbeispiel  penes  fidem  gegeben  haben  sollte,  klingt  geradezu 
ungeheuerlich.  Die  Überlieferung  per  amicos,  penes  fidem,  prope 
vicinos,  bedarf  der  einfachen  Umstellung:  penes  amicos,  per  fidem, 
prope  vicinos.  Zur  Bestätigung  vergleiche  man  die  Beispiele  der 
andern  Grammatiker:  Charis.  230,  7  p.  te;  230,  20  p.  hospilem;  234, 
16  p.  illum;  236,  23  p.  te.  Diomed.  409,  30  p.  plurimos.  Serv.  in 
Donat.  Gr.  lat.  IV  442,  7    und   Cledonius   Gr.   lat.  V  76,  28  p.  arbi- 

7* 


100  Penea. 

tros.  Ja  unser  sogenannter  Sergius  citiert  fünf  Zeilen  weiter  unten 
(Gr.  lat.  IV  561,  21)  apud  deos,  p.  homines.  Somit  bleibt  für  p. 
fidem  um  so  weniger  ein  Minimum  von  Wahrscheinlichkeit,  als  auch 
die  mittelalterliche  Grammatik  (Anecd.  Helvetica,  ed.  Hagen  58,  7. 
21.  215,  28)  bei  p.  arbitros  stehen  geblieben  ist  Amicus  tritt  für 
aliquis  ein  Gramm,  lat.  VII  352,  7  ad  amicum  .  .  .  p.  illum;  Serv. 
in  Donat.  IV  442,  7  apud  amicum  .  .  p.  arbitros;  die  Verbindung  p. 
amicos  findet  sich  aber  auch  bei  Apuleius  flor.  17. 

Über  die  Verba  u.  a.  Näheres  zum  zweiten  Artikel. 

München.  Eduard  Wölfflin. 


übrigere  litteras. 

In  dem  ersten  Briefe  des  Seneca  an  den  Apostel  Paulus  finden 
sich  die  Worte:  litter  is,  quas  ad  aliquam  civitatem  seu  caput  pro- 
vinciae  direxisti,  mira  exhortatione  vitam  moralem  continentes,  usque 
refecti  sumus.  Dafs  der  Brietschreiber  nicht  wufste,  an  wen  der 
Brief  gerichtet  war,  welcher  ihn  so  sehr  erbaute,  ist  an  sich  bedenk- 
lich genug-,  dafs  aber  der  Philosoph  diese  Worte  nicht  geschrieben 
haben  konnte,  verbürgt  allein  schon  der  Ausdruck  dirigere  litteras  ad 
alqm.,  statt  mittere.  Freilich  als  mittere  die  Bedeutung  des  fran- 
zösischen mettre  allmählich  annahm,  mufste  die  Sprache  für  einen 
Ersatz  sorgen,  und  im  4.  Jahrh.  nach  Chr.  sagte  man  ganz  gewöhn- 
lich dirigere  epistulam,  z.  B.  Hieronymus;  vgl.  H.  Gölzer,  Latinite  de 
S.  J6rome,  p.  268.  Die  älteste  Belegstelle  wird  wohl  die  des  frgm. 
Muratorianum  40  sein  (epistulae  Pauli  directe  volentibus  intellegere), 
welches  an  das  Ende  des  2.  Jahrh.  gesetzt  zu  werden  pflegt  und  dessen, 
vulgäre  Färbung  allgemein  anerkannt  ist. 

Nach  Servius  zur  Aen.  8,  168  soll  aber  schon  der  Sohn  Ciceros 
so  geschrieben  haben:  Cicero  per  epistolam  culpat  filium,  dicens 
male  eum  dixisse  'direxi  litteras  duas',  cum  'litterae',  quotiens  epi- 
stolam sigificant,  numeri  tantum  pluralis  siut.  contra  'epistolas  binas' 
non  dicimus,  sed  (duas9.  Dieses  Bruchstück  eines  Briefes  ist  indessen 
um  nichts  echter  als  der  Brief  Senecas,  obschon  es  heute  allgemein 
für  echt  genommen  wird)  z.  B.  von  Neue,  Formenlehre  11*  165.  Der 
Inhalt  ist  nichtssagend  genug  für  einen  Fälscher,  da  es  ja  eine  be- 
kannte Vorschrift  der  Grammatiker  ist,  binae  quadrigae,  tabulae  su 
schreiben,  nicht  duae.  Varro  ling.  lat.  10,  3,  67.  Caper  de  verb. 
dub.  p.  2247.  Der  Redner  Cicero  hätte  gewifs  nicht  unterlassen 
können  beizufügen,  man  sage  nicht  dirigere  litteras,  sondern  mittere. 
So  lange  nicht  bessere  Beweise  vorgebracht  werden,  müssen  wir  daher 
die  Redensart  dem  Zeitalter  Ciceros  und  Senecas  absprechen.  Über 
gefälschte  Briefsammlungen  aber  wäre  noch  manches  zu  sagen. 

München.  Ed.  Wölfflin. 


Abdico  —  Abhibeo. 

Abdico,  xi,  ctum,  c&re,  aicayoQsvsw ,  aicsucetv,  absagen. 
Secundum  disciplinam  aaguralem  aves  aliquid  dbdicere  dicebantur, 
cum  id  aut  fieri  non  posse  aut  improspcrum  fore  ostendebant. 
Contrarium  est  addicere,  qua  de  re  cf.  J.  Marquardt,  Römische 
Staatsverwaltung  III  (1878)  388.  Charisius  p.  256,  20  de  im- 
perativi  formatione  abdico:  ab  die.  Liber  gloss.  abdicit:  repudiat,  a 
se  alienum  facii  Id.  abdicit:  avertit  Gloss.  abavus  Abdixi:  distiti. 
Gloss.  Monac.  19439  Abdixi:  distiti,  negavi,  abnui.  Philox.  1, 
18  abdixit:  anelnev^  ait't\^vr\6cLxo.  Gloss.  affatim,  Gl.  abavus  el 
GL  aa  Abdixit:  abnuit. 

Cic.  divin.  1,  33  cum/  in  quattuor  partes  vineam  divisisset 

trisque  partes  aves   abdixissent   etc.     Pomponius  Dig.  1,  2,  2, 

24:  Verginius    cum    animadvertisset    Appium    Claudium    contra 

ins  . . .  vindicias  filiae  suae   a  se   abdixisse   et   secundum   eum, 

qui  in  servitutem  ab  eo  suppositus  petierat,  dixisse  .  .  .  filiaui 

interfecit,  i.  e.  abiudicasse  vel  denegasse,  cui  oppositum  est  vindicias 

dare  Liv.  3,  56,  4.    Tertull.  adv.  Marc.  4,  15   Totum    quod   ab 

homine  captatur,  abdixit  creator.     Ambros.  de  Jac.  et  vit.  beat 

2,    10    de    sene    Martyrium    patiente,    cui    confitenti    impunitas 

fromittüur:  Totius  vitae  laboris  abdicam  brevis  viatico  senectutis? 

Augustin.  de  visit.  infirm.  2,  8   (Patrol.  40,  1158  Mig.)  nemini 

unponendum  est,  quod  aut  impossibilitas  ei  abdicat  aut  tempus 

evauescens    adimplere    prohibeai     Dracont.    8,   96    Hecuba    mi 

genetrix,  abdicor  crimine  nullo  Parvus  Alexander  pastor  nutritus 

^  Ida.   Id.  9,  128,  si  sana  est  codicum  scriptum:  Prostratis  dum 

Wa  negas  manesque  (Bücheier ;  mortesque  Bährens;  mor.  esque 

wi)  Abdlcas.     [Falso  editur  ap.  Cic.  de  orat.  2;   102  ubi  plus 

toali  quam  boni  reperio,  id  totum  abdico  atque  eicio,  quia  cum 

tobe  Abrincensi  scribendum  est  abiudico.] 

Abdomen  (abdümen  Charisius  p.  38,  9  a.  XanccQa  abduminis; 
ioon.  de  idiomatibus  generum  =  Gr.  lat.  IV  582,  30  a.  XanaQa; 


102  Abdomen. 

Gloss.  Cyrill.  526,  19  kandga  hoc  abdunien;  Gloss.  Paris,  in 
luven,  ed.  H.  Keil.  187G.  p.  IV  abdumine  id  est  pinguedine), 
inis,  neutr.  dicitur  pars  ventris  infra  unibilicum.  Gloss.  Placidi 
4,  20  abdomen:  pinguedo  carnium.  Philox.  abdomen:  AaicaQa, 
vitoyaGzQioV)  vitoxoikiov.  Lib.  gloss.  abdomen :  graece  [Xanaqa], 
pinguedo  carnium.  Alii  nomen  ab  ab d endo  formatum  esse 
putant,  quod  a.  bestiarum  sit  quasi  abditum  et  kumo  adversum, 
alii  corruptum  dicunt  ex  adipomen,  H.  Röusch  annal.  gymn. 
Austr.  1886.  p.  589  sq.  ex  obdumen,  ab  obdueudo  id  est 
obdendo,  Wanst,  Vorstopfung  von  Fett.  Cf.  creduo  interduo  = 
credo  interdo,  et  gloss.  Philox.  p.  145,  52:  obde,  ßvöov.  0.  Weise 
in  Bezzenberger,  Beitr.  z.  Kuude  der  indogerm.  Sprachen,  V 
(1880)  78.     Fick  II3  121.    Mich.  Breal,  Dict.  etym.  lat.  (1885)  2. 

I.  De  bestiis,  praesertim  de  suibus  et  piscibus.  Plant. 
Cure.  323  Pernam,  [call um],  abdomen,  sumen,  glandium.  Plin. 
nat.  hist.  8,  209  Hinc  censoriarum  legum  paginae  interdietaque 
cenis  abdomina,  glandia,  testiculi,  vulvae,  sineipita  verrina,  ut 
tarnen  Publi  mimorum  poetae  cena,  postquam  servitutem  exuerat» 
nulla  memoretur  sine  abdomine,  etiam  vocabulo  suminis  ab  eo 
imposito.  Id.  11,  211  (Porcae)  sumen  optimum,  si  modo  fetus 
non  hauserit.  antiqui  abdomen  vocabaut  priusquam  calleret, 
incientes  oeeidere  non  adsueti.  luven.  2,  86  Atque  bonam 
tenerae  placant  abdomine  porcae  Et  magno  cratere  deam.  (Schol. 
vet.  a.  p.  pinguedine  aut  intestinis.)  Prudent.  peristephan.  10, 
918  Reponit  aras  ...  et  tus  Et  ignem  vividum  in  carbonibus 
Tauriua  et  exta  vel  suilla  abdomina.  Pompon.  v.  180  Ribb. 
Tamquam  frater  mihi  sis,  medium  abdomen  tecum  dividam 
(abdomericum  cod.  Bamberg.,  abdomen  cum  alii  codd.)  Valer. 
Max.  3,  5,  3  Mortis  erubescendo  genere  consumptus  est:  avide 
enim  abdomine  devorato  foedae  intemperantiae  spiritum  reddidit 

Lucilius  1,  34  M.  Ad  cenam  adducam  et  primum  hisce 
abdomina  thunni  Advenientibu'  priva  dabo.  Plin.  nat.  h.  9,  48 
(thynni)  membratim  caesi  cervice  et  abdomine  commeudantur. 
Auson.  Mos.  105  de  salmone:  facturus  fercula  cenae  ...  cui 
prodiga  nutat  Alvus  opimatoque  fluens  abdomine  venter.  Sidon. 
Apoll,  epist  2,  2  (1)  piscibus,  qui  carnes  rubras  albis  abdomini- 
bus  extendunt. 

IL  De  homiuibus.  Celsus  humani  corporis  partes  interiores 
describens  4,  1  (p.  122,  37  D.):  a  quibus  (iliis)  ac  pube  abdomen 
sursum  versus  ad  praecordia  pervenit,  ab  exteriore  parte  evidenti 


Abecedaria.  103 

cute,  ab  interiore  laevi  membrana  inclusum,  quae  omeuto  iungi- 
tur;  xsQizovtuov  autem  a  Graecis  nominatur;  7,  19  (p.  298,  10  ü.): 
ingaen  incidendum  sub  imo  ventre,  qua  cum  abdomine  tunicae 
inferioris  committuntur.  7,  4  (267,  37).  7,  15  (292,  10).  7,  17 
(294,  16).  7,  18  (296,  18).  7,  19  (298,  33).  7,  26  (308,  23). 
8,  1  (326,  18).  Posterioris  aetatis  medici  Jwc  vocabtdo  abstinuisse 
et  in  eius  locum  aut  peritonaeum  aut  ventreni  exteriorem  aut  nescio 
quid  aubstituisse  videniur.  luven.  4,  107  Montani  quoque  venter 
adest  abdomine.  Apul.  d.  Plat.  1,  13  cupidinem  et  appetitus 
postremam  mentis  portionem  infernas  abdominis  partis  tenere. 
Symmach.  epist.  1,  2,  1  gratulor  ostreis  .  .  abdomen  tibi  esse 
satiatum.  Mar.  Victor,  ad  Justin.  Man.  16  ipsorum  abdominum 
mole  praegravari.  Sid.  Apoll,  epist.  3, 13  (3,  4  Bar.)  in  describendo 
homine  gnathone:  Tota  haec  ossium  ramosa  compago  sub  uno 
relut  exundantis  abdominis  pelago  latet 

a)  De  gula.  *Ter.  Eun.  460  abdomini  (Bentl.;  ex  homine 
codd.  cett  editt.)  hunc  natum  dicas?  Cic  Pis.  41  imitatus  Teren- 
tiutn  Ille  gurges  atque  helluo,  natus  abdomini  suo;  ibid.  66  solet 
oculorum  et  aurium  delectationi  abdominis  voluptates  anteferre. 
Cic.  Sest.  110  manebat  insaturabile  abdomen.  Sen.  benef.  7,  26,  4 
Alias  libidine  insanit,  alius  abdomini  servit. 

b)  Intelliguntur  testiculi.  Plaut  Mil.  1398  quin  iam  dudum 
gestit  moecho  . .  hoc  abdomen  adimere  (cf.  1420  salvis  testibus, 
1426  carebis  testibus,  1416  intestatus).  *Plautus  Trucul.  629 
Abdomen  seco  (F.  Scholl;  abo  domum  Ego  tecum  B.,  ibo  domum 
ego  tecum  ceteri  codd.;  abi  domum  Spengel;  cf.  Mil.  glor.  1406. 
1408),  ni,  bellator,  arbitrum  aequom  ceperis. 

c)  De  feminis.  Donatus  in  Terent.  Eunuch.  460  Abdomen 
in  corpore  feminarum  patiens  iniuriae  coitus  scortum  dicitur. 
*Lucilius  30,  82  (971  Lachm.)  Quae  non  spectandi  studiosa,  ab- 
domini' (Bährens;  studio  se  ab  hominis  cod.;  studio  sed  ab  omiin' 
Lachm.  Müller)  taetri  Impulsu  ingressasi  [NB.  Protulimus  omnes 
locos,  qui  in  schedis  amicorum  perscripti  erant.] 

Abecedaria^  ae.  fem.  (seil,  ars),  primorum  elementorum 
institntio.  Fnlgentius  myth.  3,  10  In  omnibus  artibus  sunt 
primae  artis  et  sunt  seeundae,  ut  in  puerilibus  litteris  prima 
abecedaria,  seeunda  nota  (notaria).  —  Abecedarium,  ii,  neutr. 
alphabetum.  *Aethicus  5,  66  Eius  abecedarii  (ex  coni.  Avezacii; 
ab  auetorio,  abeturio  codd.)  insequentes  caracteres  notavimus. 
Aldhelm.  p.  257   aenigma  heptastichum  primum  inscribitur:  de 


104  Abecedariiis  —  Aberro. 

elementis  sive  abecedario.  —  Abecedariiis,  a,  um,  ad  alpha- 
betum  pertinens.  August,  retract.  1,  20  Volens  causam  Dona- 
tistarum  ad  vulgi  notitiam  pervenire  et  eorum  quantum  fieri  per 
uos  posset  inhaerere  memoriam,  psalmuni  qui  eis  cantaretur  per 
latinas  litteras  feci,  sed  usque  ad  V  litteram:  talis  autem 
abecedarios  appellant.  Id.  enarr.  p salin.  Patrol.  37,  1596  M.  quos 
abecedarios  vocant  psalmos.     Gf.  Archiv.  I  375. 

[Ab$do,  £re  legitur  apud  Charisium  p.  261,  32  K.  Similiter 
quae  ex  eo  veniunt,  velut  comedo  abedo;  item  apud  Diomedem 
p.  362,  21  quae  ab  eo  derivantur,  comedo  ambedo  abedo.  Sed 
cum  ambedo  sit  verbnm  Plautinum,  abedo  nullis  testimoniis  firmatum, 
illuii  Cluirisio  rcstituendum;  abedo  Diomedis  aut  pro  dittograpliia 
(var.  lect.)  aeeipiendum,  aut,  quod  proposuit  Keilius,  in  adedo 
corr'ujendum  est.] 

Alrömo,  ßre.  Paulus  Festi  pg.  4,  18  M.:  Abemito  siguificat 
demito  vel  aufer  to;  emere  enim  antiqui  dicebant  pro  aeeipere. 
Propter  ordinem  litterarttm  (praecedit  enim  ambidens,  sequiiur  am- 
barvalis)  Odofredus  Müller  olim  scriptum  fuisse  ambemito  conicciL 
Philox.  1,  30  (pg.  3,  29  ed.  Götz)  Abemit,  aeeepit:  ükaßsv. 

Abequito,  are,  cc<pui7tevco.  Livius  24,  31,  10  Cum  tanto 
clamore  ad  arma  discursum  est,  ut  praetoris  inter  tumultum 
pavidi  abequitaverint  Syracusas.  Verbum  novatum  a  Livio,  fortasse 
ad  exemplum  verbi  graeci  stipra  scripti;  simile  aita.%  sIqtjiisvov  legi- 
tur apud  eundetn  Livium  1,  34,  7  amigrant  Romain. 

Aberratio,  önis.  fem.  actus  aberrandi  (de  quo  cf.  Aberro 
II  I)  a),  mdlorum  in  tetnjnis  oblivio.  Cic.  ad  Attic.  12,  38,  3 
(709  ab  u.  c.)  existiment  me,  sive  ita  levatus  sim,  ut  auimum 
vaeuum  ad  res  difficilis  scribendas  adferam,  reprehendendum  non 
esse,  sive  haue  aberrationem  a  dolore  delegerim  maxxme  .  .  . 
laudari  me  etiam  oportere.  Cic.  epist.  15,  18,  1  (709  ab  u.  c.) 
verum  aliam  aberrationem  a  molestiis  nullam  habemus.  — 
Uelasius  epist.  43,  6  ob  schismatum  aberrationem  (=  ffta  zijg 
7tccQaTQ07trjg  täv  0%i6pMt<ov)  cumulata  est  ultra  ceteras  ipsorum 
impietatis  ruina. 

Aberro,  -avi,  -are.  I.  Proprie:  a  recto  itiuere}  a  suo  loco 
invitum  declinare  sive  abirc.  Philox.  p.  1,  32  Aberro:  äitonkavä. 
Cyrill.  p.  390,  59  anonkavw^ai:  aberro. 

A.  De  hominibus.  Plaut.  Men.  prol.  31  puer  inter  homines 
[ibi]  aberravit  a  patre.  Livius  31,  37,  2  dispersi  equites  per 
agros    aberrarunt.      Petron.  97   puer  in   balneo   aberravit  . . .  si 


Aberro.  105 

quis  eum  reddere  aut  common 8 trare  voluerit,  accipiet  nummos 
mille.  Julius  Yaler.  2,  39  nee  vagum  quemquam  a  regione  vel 
sedibus  suis  aberrasse  quopiam  probaturus  sum.  Veget.  r.  milit. 
2,  13.  2  [18]  a  contubernalibus  suis.  Mart.  Gap.  pg.  5,  9  Eyss. 
ab  Apollini 8  congressibus.  Mythogr.  Vatic.  3,  11  ne  a  suo  littore 
aberraret  (Leander). 

6.  Plin.  nat.  h.  11,  54  (de  apibus)  si  qua  aberravit.  Ulpian. 
Digest.  47,  14,  1,  1  si  quis  bovem  aberrantem  vel  equos  in 
solitudine  relictos  abduxerit,  non  est  abigeus,  sed  für  potius  = 
Mos.  et  Rom.  leg.  collat.  11,  8,  1.  Augustin.  de  lib.  arbitr. 
(1278  Mig.)  a.  equus.  Porphyr,  ad  Hör.  carm.  1,  23,  1  hinuu- 
lus,  qui  cervae  matri  aberravit.  Maximus  Taurin.  Patrol.  lat.  57, 
478  A  lupos  non  longe  ab  eorum  (leonum)  venatibus  aberrare. 
Pseudo-Cyprian.  de  dupl.  mart.  21  relictis  IC  ovibus  unani, 
quae  a  grege  aberraverat,  (Evang.  Luc.  15,  4.  6  quae  perierat). 
Hieron.  epist.  2  a  grege  morbida  aberrans  ovis.  August,  sermon. 
Patr.  38,  288  M.  ecclesiam  quaerit  ovis  a  grege  aberrans. 
Ambrosius  Patr.  17,  669  D  =  Max.  Taur.  Patr.  57,  560  M.  cum 
una  ovicula  de  centum  ovibus  aberrasset.  Marius  Merc.  lib. 
Subnot.  155  ovem  quaerit,  quae  aberravit.  Romulus  Nil.  18 
huc  illuc  aberrantes  ranuneulas  colligere.  Livius  41,  13,  2  ab 
agresti  tauro,  qui  pecore  (a  pecore?)  aberrasset. 

C.  De  rebus.  Mart.  Cap.  8,  p.  328,  26  E.  (de  stellis) 
licet  Venus  a  Solis  orbe  plus  quadraginta  sex  partibus  aberrare 
non  valeat.  August,  serm.  Patr.  38,  223  M.  aberraverunt 
(lapides  pretiosi)  ab  ornamento  mulieris;  August,  de  lib.  arb. 
Patr.  32,  1278  lapis  non  aberrans.  Livius  37,  13,  1  aberrantis 
ex  agmine  na  vis.  Seneca  nat.  q.  3,  27  in  maiora  violentus 
aberrat  (torrens);  cf.  Lactant.  instit.  4,  4,  4  a  deo  si  hi  duo 
rivi  (sapientia  et  religio)  aberraverint.  Petron.  67  aberrante 
tunica  super  genua;  id.  126  vestigia  pedum  extra  mensuram 
aberrantia. 

IL  Translative.  A.  Imagine  aliis  quoque  vocabulis  expressa. 
Cic.  offic.  1,  100  via,  quae  deducit  ad  convenientiam,  quam  si 
tquemur  ducem,  numquam  aberrabimus.  Seneca  epist.  37,  4 
u&a  ad  hanc  (sapientiam)  fert  via;  non  aberrabis.  Lactant.  inst. 
%  17,  13  viam  si  tenebit,  non  offendet;  si  aberraverit  etc. 
Ambro8.  Patr.  17,  1081  A  revertere  in  viam,  a  cuius  semitis 
»berraveras.  Ammian.  22,  10,  3  ab  aequitatis  redo  tramite 
fariare  . . .  a  quo  ille  ne  aberraret,  tamquam  scopulos  cavebat 


106  Abcrro. 

abruptos.  August  doctr.  christ  2,  23  a  sensu  auctoris  devius 
aberrat  interpres;  Patr.  46,  905  M.  Est  via;  modo  ambulemus, 
ne  aberreinus;  enarr.  psalm.  17,  46.  Patr.  36,  153  ab  Uineribus 
praeceptorum  dei  a.;  37,  1151.  38,  377.  a-wa;  Id.  Patr.  42, 
207  M.  a  via  veritatis,  item  alii  Eccles. 

B.  a)  Addita  re,  a  qua  dberratur.  Cornif.  4,  15  qui  ab  eo, 
quo  profecti  sunt,  aberraverunt.  Cic.  Tusc.  1,  81;  fin.  5,  83.  85 
a  proposito;  pet.  cons.  49  a  distributione.  Sen.  controv.  2,  1 
(9)  36  ad  Othonem  redeo,  a  quo  longius  aberravi.  —  Cic.  Lig. 
19  a  communi  utilitate;  de  orat.  2,  160  a  cuius  inventis  tibi 
ego  videor  non  longe  aberrare;  Acad.  2,  140  a  regula  naturae; 
fin.  4,  40  non  multum  ab  Herilli  levitate  aberrabimus.  Infra  D, 
a  miseria.  Sen.  clem.  1,  8,  2  a.  a  fortuna  tua  non  potes;  benet 
6,  23,  2  (de  diis)  non  libet  ab  optimis  aberrare;  epist.  104,  8 
quam  bene  cum  quibusdam  ageretur,  si  a  se  aberrarent.  Plin. 
epist.  4,  28,  3  a  similitudine  artificem  ne  in  melius  quidem  sinas 
aberrare.  Apul.  apol.  68  longe  a  vero  aberrare.  Firmicus  math. 
3,  8  a  recto  vivendi  ordine.  Mart.  Cap.  8,  p.  327,  22  E.  Stilbon 
ab  eo  (sole)  nimquam  ultra  XXII  partes  poterit  aberrare. 

b)  Arnob.  1,  1  mundus  aberravit  a  legibus.  Lactantius 
(qui  huic  verbo  multum  favit)  inst.  1,  6,  17  aberrantes  a  veritate 
falsis  religionibus  serviunt;  6,  11,  12  a  vera  iustitia;  inst.  2, 
13,  12  a  notitia  dei;  3,  28,  1  dei  agnitio  et  pius  cultus,  unde 
philosophi  aberraverunt;  5,  22,  14  a  disciplina;  7,  6,  9  a  rerum 
summa;  Epit.  33,  10  a  ratione.  Hilarius  psalm.  118  a  praeceptis. 
Zeno  tract.  1,  3,  1  a  veritate.  Hieron.  epist.  98,  9  ab  aposto- 
lorum  regulis;  Vulg.  I  Tinioth.  1,  6  a  caritate,  conscientia  bona, 
tide.  Ambros.  Patr.  17,  666  A  a  castris  si  quis  aberraverit,  ab 
spiritali  Pharaone  invaditur,  quod  imitatus  est  Max.  Taurin. 
Patr.  57,  313  C.  Ambros.  Serm.  Patr.  18,  114  A  a  meditatione 
praecepti.  Augustinus  passim:  a  veritate  et  a  grege;  Patr.  40, 
622  M.  a  creatore;  civ.  dei  9,  2  a  vero  deo;  de  spir.  et  an.  35 
a  similitudine  conditoris;  enarr.  psalm.  Patr.  37,  1140  ab  alis 
dei;  civ.  dei  8,  24  a  cultu  et  religione;  Patr.  34,  174  a  fontibus; 
42,  209  ab  evangelio;  42,  387  a  fide.  Dionys.  Exig.  Patr.  67, 
394  B  ab  eo  quod  decet.  Gregor.  Moral.  5,  83  a  rectitudine; 
Id.  Patr.  78,  117  A  ab  aequalitate.  Mansi  Goncil.  I  604  B  ab 
hac  similitudine  degener  aberrat.  Passio  Bogatiani  (Acta  mart. 
322  ed.  Manz.)  a  Judaeis. 

G.   Addito   ablativo    quo    significatur ,    quanam   in   re    quis 


Aberro.  107 

faUaiur.  Cic.  ad  Attic.  14,  22,  1  vereor  ne  nihil  coniecturä 
aberrem;  de  orat.  3,  160  alio  ducitur  cogitatioiie  neque  tarnen 
aberrat;  *nat.  d.  1,  100  qui  si  aberrant  coniecturä  (Walker;  a 
coni.  codd.),  video  tarnen  quid  sequantur.  Cf.  etiam  E}  s.  v. 
suspicio.  Cic.  har.  resp.  23  si  aedilis  verbo  aut  simpuvio  aber- 
ravit.  Infra  E,  s.  v.  carmina  praesagiis  a.  Paulus  Diac.  Patr. 
95,  1523  A  Neapolitani  paganis  adhuc  ritibus  aberrautes. 

D.  Absolute,  a)  De  oratoribus  et  scriptoribus,  qui  a  propo- 
sito  abeunt  Cf.  sub  B.  Cicero  fin.  5,  90  venio  ad  inconstantiae 
crimen,  ut  ne  saepius  dicas  me  aberrare.  Sen.  dial,  5,  19,  1  ad 
rem  pertinet,  quamquam  aberrare  alicui  possimus  videri  et  in 
devium  exire.  —  Cic.  ad  Attic.  12,  38,  1  (ann.  709  ab  u.  c.) 
nihil  equidem  levor,  sed  tarnen  aberro  =  malorum  in  tempus 
obliviscor.  12,  45  (709  ab  u.  c.)  nullo  alio  modo  a  miseria  quasi 
aberrare  possum.  Cf.  s.  v.  aberratio.  —  Sen.  ben.  5,  22,  4  uxor 
maritum  aberrantem  ad  se  reduxit.  Id.  epist.  81,  2  aberrent, 
ut  aliquando  haereant.     Auson.  epitaph.  1. 

b)  Scriptoribus  ecclesiasticis  dicuntur  maxime  aberrare,  qui  a 
deo  desciscunt.  Cf.  B.  b).  Lactant.  inst.  3,  24,  10  cum  semel 
aberraverint,  constanter  in  stultitia  perseverant;  6,  24,  9  quicunque 
aberraverit,  referat  pedem;  Epit.  69,  5  hie  Plato  aberravit,  hie 
perdidit  veritatem.  Hilar.  Matth.  18,  6  C  omne  hominum  genus 
aberravit.  Hieron.  in  Jesai.  13,  49  qui  aberraverat,  qui  deserto 
Creatore  idolis  serviebat;  3  lib.  in  Oseam  11,  3  percutit  deus 
filios  aberrantes  comminatione;  ibid.  11,  12  aberrante  penitus 
Ephraim.  Vulg.  Eccles.  4,  22  si  aberraverit  homo,  derelinquet 
«um  sapientia.  Augustin.  Patr.  40,  578  ubi  forte  titubamus  aut 
aberramus;  40,  681  tria  sunt  genera  hominum,  quae  odit: 
remanentem,  retro  redeuntem,  aberrantem;  46,  882  odit  deus 
aberrantem.     Polycarp.  ad  Philipp.  6,  1  aberrantia  reducere. 

E.  Ovid.  remed.  662  admonitu  Liber  aberrat  amor.  Cic. 
Phü,  7,  1  animus  aberrat  a  sententia.  Augustus  ap.  Suet. 
Claud.  4  de  Claudio  mentis  impote:  ubi  non  aberravit  eius  animus. 
Augustinus  Patr.  40,  322  M.  tantum  a  veritate  rerum  non  aberret 
uumns.  Arnob.  7,  48  fatalia  carmina  multum  veris  aberravisse 
praesagiis.     August,  confess.  4,  13  (libri)  aberraverunt  a  nobis 

t  (**  exciderunt  nobis)  nescio  quomodo.  Claud.  epithal.  de  nupt. 
Hon.  et  Mariae  6  mens  omnis  aberrat  in  vultus,  quos  pinxit 
amor.  Cic.  de  orat.  2,  152  a  quo  non  aberrat  oratio  tua; 
Tiwc.  3,  80  ab  eo,  quod  erat  a  te  propositum,  aberraverit  oratio  :> 


108  Aberro  —  Abhibco. 

5,  66  redeat,  unde  aberravit  oratio;  offic.  1,  135  ut  etiamsi 
aberrare  ad  alia  coeperit,  ad  haec  revocetur  oratio;  p.  Gaec.  55 
iie  ab  eo,  quod  propositum  est,  longius  aberret  oratio.  Sen.  de 
ben.  4,  25,  3  ratio  si  ab  exemplari  suo  non  aberrat.  Cic.  PhiL 
12,  23  uum  aberret  a  coniectura  suspicio  periculi  mei.  Petron. 
54  nee  longe  aberravit  suspicio  mea.  Cic.  fragni.  ap.  Non.  8.  v, 
exsultare:  timor  si  quando  paululum  aberravit,  statim  spe 
impunitatis  insultat.  Petron.  126  vestigia  pedum  extra  men- 
suram  aberrantia.  —  Cic.  fin.  4,  53  a  falsis  principiia  profeeta 
congruunt  ipsa  sibi  et  a  proposito  non  aberrant. 

F.  De  tempore.  Seneca  nat.  quaest  3,  16,  3  hiems  num- 
quam  aberravit;  aestas  suo  tempore  incaluit.  Censorin.  de  die 
nat.  20,  8  adeo  aberratum  est,  ut  6.  Caesar  pontifex  maximus 
duos  inenses  intercalarios  interponeret. 

6.  Constructio.  Lactant.  inst.  4,  11,  1  aberrantes  ad 
impios  eultus  deorum;  4,  14,  17  ad  colenda  figmenta;  Epik  43, 
4  ad  profanos  ritus.  Gallus  confess.  serm.  Patr.  87,  17  A  ad 
infidelitatis  malum.  —  Augustin.  Patr.  43,  152  M.  circa 
veritatem;  item  Enarr.  psalni.  92,  5  (Patr.  37,  1185).  Marina 
Vict.  Afer  in  epist.  ad  Galat.  lib.  II  83  (col.  1189  Mig.)  circa 
evangelium.  —  Poetae  aevi  Carol.  II  106,  30  D.  ne  ex  hia 
aberres.  —  Irenaeus  5,  3,  1  in  natura  sua.  Lact.  inst.  6,  12, 
26  in  ceteris  propius  aberraverunt  Hieron.  epist.  82,  7  scio 
istos  in  quibusdam  ut  homines  aberrare.  Augustin.  c.  acad. 
2,  6,  14  si  in  quoquam  aberravero;  Patr.  43,  115  M.  in  quo 
aberraverat,  einendaret.  Concilia  I  746  D  Mansi:  nisi  in  reeta 
fide  aberraverint.  —  August  confess.  5,  13  per  Manichaeas 
fallacias.  Damianus  epist.  Patr.  87,  1261  D  per  devia  et  abrupt*. 
Paulus  Diac.  Patrol.  95,  1437  C.  Mig.  per  diversa  vitiorum 
flagitia.     Aldhelm.  p.  109  per  devia. 

Abgrego,  are.  Paulus  Fest.  p.  23,  7  M.  Abgregare  est  ab 
grege  ducere.     Gloss.  Labb.  abgrego:  ccTtayeXd^o ,  dut%a>QC£(D. 

Abhibeo,  öre,  proeul  habere.  *Plautus  Trin.  264  Br.:  Mille 
modis  amor  ignorandust,  proeul  abhibendust  (ex  coni.  Brixii; 
adkibendust  Codices;  abigendus  Bergk;  abdendust  Ritschi)  atque 
apstandust. 

E.  W. 


Abhinc*) 

Abhinc    adverbium   compositum   ex    ab  et  hiuc  significat 
.  ex  hoc  tempore;  II  ex  hoc  loco. 

I.  Abhinc  temporale. 

A.  refertur  ad  tempus  praeteritum; 
1.  iungitur  cum  casibus; 

a.  significat  temporis  acti  intervallum  quo  aliquid  a  praescnti 
tempore  distat,  et  ita  quidem,  ut  dies,  menses,  anni: 

in  accus ativo  casu  cum  numeris  cardinalibus  addantur, 
abhinc  ante  accusativum  ponatur.    Plaut.  Bacch.  388  . . .  hoc  fac- 
tumst  ferme   abhinc  biennium;  Cas.  prol.  39  .  .  .  sed  abhinc  an- 
no« factumst  sedecim;  Stich.  137  qui  abhinc  iam  abierunt  trien- 
nium;  Truc.  341    Quasi   <ab>hinc    (coni.   Fleckeisen;   'quam    si 
kinc*  libn)  ducentos  annos  fuerim  mortuos.  —    Ter.   Andr.  69 
mulier   quaedam    abhinc   triennium  commigravit  huc;   Hec.  822 
niemini  abhinc  mensis  decem  fere  ad  me  confugere;  Phorm.  1017 
▼inolentus  fere  abhinc  annos  quindecim  mulierculam  eam  com- 
prassit  —  Turpil.  133  abhinc  triennium.  —  Laberius  13  quem 
ego  me   abhinc   menses   duos   ex  Africa  advenientem  excepisse 
tibi  narravi.  —  Cicero    Rose.   com.  37   repromittis   tu    abhinc 
triennium    Roscio;   Yerr.  I  34  quaestor  .  .  .  fuisti  abhinc  annos 
quattnordeeim ;   II  25  horum  pater  abhinc  duo  et  uiginti  annos 
wt  mortuus;  Balb.  16  si  Pompeius  abhinc  annos  quingentos  fuis- 
wt;  Phil.  II  119  abhinc  annos  prope  viginti  hoc  ipso  in  teinplo 
Wgayi.  —  Cic.  Div.  II  118  Demosthenes  qui  abhinc  annos  prope 
tecentos  fuit,  iam  tum  yiXt,it%C%uv  Pythiam  dicebat.  —  ep.  Att 
Hl  17   me   abhinc  amplius  (accus.)  annis  XXV  spopondisse.  — 
"*  Hör.  ep.  II  1,  35  Scriptor  abhinc  annos  centum  qui  deeidit 

*)  Prol&ti  sunt  omnes  loci,  quibus  abhinc  oeenrrit;  praeterea  ex  con- 
**tora  Bcripnt  Müllems  apud  Feetum  392,  10,  Centeeimo  et  seeundo]  et 
**ageBi[ino  anno  abhinc'  et  Cic.  ep.  Att.  IX  8,  1  Wesenberg  coniecit: 
*^Mqc  mnltoB  dies.    Priore  loco  collocatio  usui  non  conuenit. 


110  H.  Ploen: 

ad  Octavianum  Augustuni  data  apud  Suet.  Aug.  69  Nunc  coepi, 
an  abhinc  annos  novcm?  —  Sulpicius  Severus  I  2,  1  Mundus  a 
Deo  constitutus  est  abhinc  annos  iam  paene  sex  milia;  II  9,  7 
abhinc  annos  .  .  DCCCLXXX  et  VIII:  oinne  tempus  in  Stilicho- 
neni  consulem  direxi;  cf.  II  30,  8.  II  33, 1.  II  39,  8.  Apud  cäeros 
scriptorcs  desunt  huius  usus  exempla,  quare  Gharisius  p.  116,24K. 
ut  rcterum  locutionem  „abhinc  annos  decem  natus  est"  profert. 

b.   in  casu  ablativo. 

«.  jki/7*Vm/«  abhinc  ante  ablatirum  posita,  cui  adiunguntvr  nu- 
meri  eardinales  rel  adiectiva. 

aa.  Plaut.  Most.  494  Qui  abhinc  sexaginta  annis  occisus 
forot.  —  Cic.  Verr.  II  130*)  offendit  eum  mensem,  qui  conseqoi- 
tur  mensem  comitialem,  comitiis  iam  abhinc  triginta  diebus  habi- 
tis  (eonputatis  diebus  non  ab  eo  tanpnrc}  quo  Cic.  orationem  habmtf 
.W  ci  tempore  practerito,  i.  «\  a  mense  cemiitia  subsequente). 

bb.    K'dttn   quo  abhinc  cum   aecusativo  sensu:   Cicero  pro 
Itoseio  coinoedo  37:  Quo  tempore?   Abhinc  annis  (annos  Mai- 
vitfi  quindeeim**^:  . ..  repromittis  tu  abhinc  triennium?  —  8mt 
liter  Alfenus  Dig. VI,  76:  populum  eundem  hoc  tempore  putari, 
qui  abhinc  centum  annis  fuissent,  ^  qui  abhinc  anno  fuissemus. 
Cod.  Tluodos.  VII  11,  2   quos   abhinc   triennio  .  .  .  Tindictre 
eonstitorit:  V1I1  7,  15  qui  abhinc  quinquennio  ~  evolaverunt  — 
Gellius  1  10.  2  serin  one  abhinc  multis  annis  iam  desito  uteri«, 
iuter  IVrfectos  veteresque  reterri  debet?  —  Velleius  Patercnlns 
riciens  jwfiVii/cifii  alJiinc  usioyxuü  aecusativo  constanter  postposüo, 
atque  stptinif  quidem  addito  adverbio  ferme,  neque  solum  in  mi- 
Mtrit  rotiukiis,  ceiut  1  14.  7  at  Cosam  et  Paestum  abhinc  anno« 
fenuo  trocontos  coloni  missi  sunt.  ef.  I  6,  2:  I  8,  2;  sed  etiam,  M 
uunkryS  tuvuratissiine  ejrät\jui:i*r  &ripy*r.    ut  I  15,  2  Bononia  de- 
ducia  colonia  abhinc  annos  feriue  ducentos  septendeeim  tW  II  12,1 
luirurthi»  rv$ro  abhinc  annos  forme  centum  triginta  quattnor  poti- 
tus   est  tC.   Marius" ;   1  15,  3  et   4.     (;".  praetorta  112,5.  14,3. 
112.  2.  4.5.   10.  I.  27,1    2>M.  36.1.  3S  2.  3S.  4.  90,2.  93,1. 
12>.  1.     /i\:«v  m«3:;si:   l^-run;  ü-pu  <<;  re  esuicatttr.  quod   VeUetUS 
tnd<    *;   c -." ■» j?si .V    l~iu:W.    'y;«y   fis*»^*.«:  iSp:»*.*.   —  Epist»  Antonii 

*     Hi'.r.::-.:*  vr*  ?«"*"•"   -;*j:;  Vr^  -s ?'«"•-"■    y->i  £■  !*•  W-  Müller  probt- 

■  • 

**%   K ■.;:■.::& tu*    r.  crar.-.r/    ".*:.  *".  *;;>  r.r.j  „-.. r*trivtiocem  apud  Cicero- 
v.«r:v.  y%:  *:tr*.  ücrf  :v.  cjtfu:".:v  os*;-  :•: .:.*•:.   ::;-. :«r  üb'ASioam  quo  tempore? 

."  ■  •  i,B"       <  •     %    \        *       fc."'       *^■C^%^••*.    -■■■       .'<£.» 

««■■■•■  «1«     «-4*      *    %  %«4?»«        ■    t    •    k>    ••?  >««••»        «  *^7  «t 


A>hinc  111 

SM»  locutn  imitatus  est  Amm.  Marc.  30,  4,  12  locuntur  ~  iam 
l  legea  ignotas,  cum  Euandri  matre  abhinc  saeculis  obrutas 
litis.  —  Sidonius  epist.  IX  9  et  quidem  talis  (sc.  venisti), 
alem  abhinc  longo  iain  diu  tempore  desideria  nostra  praesto- 
>antur. 

ß.  particula  abhinc  inter  nomen  numerale  (i.  e.  ordinale)  vd 
iectivum  et  ablativum  posita:  Epist.  M.  Aureli  imperatoris  ad 
ontonem  (ed.  Naber  pag.  35,  12)  anno  abhinc  tertio  me  com- 
jmini  .  .  .  devertere.  —  Gellius  14,  1,  20  centesimo  usque  ab- 
ic  saeculo  vel  magis  primo  caeli  atque  mundi  exordio  —  stel- 
>  istae  praemonstrare  debuerint.  —  Oros.  VII  43,  11  cum 
periore  abhinc  anno  Gothorum  nianus  transire  moliretur.  His 
is  ablativus  non  particula  abhinc  regitur,  sed  abhinc  absolute  ad- 
tom  est  ad  tempus  accuratius  definiendum. 

2.  abhinc  absolute  ponitur  et  sine  casu  cum  uerbo  iungitur. 
puleius  apol.  1  dies  abhinc  quintus*  an  sextus  est;  apol.  55 
)hinc  ferme  biennium  est,  quuni  —  ista  prae  me  tuli  =  abhinc 
rme  biennium  ista  prae  me  tuli.  Nov.  The  od.  XXIII 1  §  1  intra 
iginta  annos  abhinc  retro  numerandos;  Nov.  Maj.  VII  1  §  1 
ltra  triginta  abhinc  retro  annos.  Sidon.  ep.  IV  4  cumque  ab- 
ine  retro   iuvenes   eramus,    in   pila  — -  saneta  ....  contentio. 

B.  Abhinc  particula  refertur  ad  tempus  futurum. 

a.  iungitur  cum  ablativo  casu  et  significat 

a.  ex  hoc  tempore  in  futurum:  Apul.  flor.  16:  uti  —  toto 
bhinc  tempore  laudes  .  .  repraesentet.  —  Symm.  ep.  IV  59,  2 
los  pretium  proxima  abhinc  aestate  mittemus. 

ß.  ex  illo  tempore  praeterito  in  futurum:  Oros.  III  22,6 
ttero  abhinc  anno  Fabius  Gurges  consul  male  aduersum  Sanini- 
es  pugnavit  (quem  locum  ex  Orosio  deprompsit  Freculf  I  4,  24); 
V4}5  sequenti  abhinc  anno.  —  Hilar.  contra  Constantinum  2 
Patrol.  X  579,  1  Mig.)  quinto  ahhinc  anno.  •—  Victor  Caes. 
1, 15  abhinc  consumpto  fere  biennio. 

b.  abhinc  absolute  positum  significat 

a.  inde  a  puncto  aliquo  temporis  praeteriti:  Ter- 
oll.  An.  38  nee  quia  iura  ciuilia  abhinc  (=  a  XIV.  anno)  agen- 
is  rebus  attemperant;  Val.  14  Euthymesis  siue  iam  Achamoth, 
uod  abhinc  scriptum;  17  Abhinc  Achamoth  expedita  tandem 
un  proficit  (quibus  duobus  locis  Oehlerus  abhinc  de  loco  usur- 
<üm  esse  sine  iusta  causa  putat).  —  Auson.  Caes.  tetr.  65  An- 
)nins  abhine  regimen  capit.  —  Victor  Caes.  13,  12  abhinc  di- 


112  H.  Ploen: 

uisa  nomina  Caesaruin  atque  Augusti;  24,  9  abhinc  dum  domi- 
nandi  ....  cupientiores  sunt;  37,  5  abhinc  ruilitaris  potentia  con- 
valuit  —  Pallad.  r.  r.  IV  13  latent  abhinc  aetatis  notae.  — 
Ambro  s.  enarr.  in  ps.  XXXVI  col.  1047,  17  Mig.  denique  ab- 
hinc uidi  in  praeceptis  sanctuni  Prophetain  assurgere;  Ambros. 
(Patr.  17,  24  B  Mig.):  Iam  abhinc  proinoventur  filii  Israel  de 
monte  Sina  et  transeunt  in  sepulcra  concupiscentiae;  ef.  Isidor. 
exp.  in  Num.  12,  15;  Ambros.  ibid.  652  6  In  toto  anno  non 
dicitur  ulla  dies  Septuagesima  nisi  ista:  nee  Sexagesima,  nisi 
sequens:  neque  Quinquagesima  nisi  abhinc  tertia,  nee  Quadra- 
gesima,  nisi  abhinc  quarta  Dominica.  —  Oros.  III 16,  2  Cetera« 
urbes  .  .  .  uectigales  fecit.  Ulyrios  et  Thracas,  translato  mox 
abhinc  bello,  domuit.  Inde  profecturus  ad  Persicum  bellum 
(=  Freculf  I  4,  22);  23,  68  cum  iam  abhinc  Pyrrhi  bella  inci- 
piant;  V  19,  2  equidem  de  Mithridatici  belli  spatio  uarie  tradi- 
tum  est,  utrum  abhinc  primum  coeperit  an  tunc  praeeipue 
exarserit;  VII  27,  12  intra  sex  abhinc  menses  interfecti  sunt  tres 
sueeidui  imperatores.  —  Script,  rer.  Langob.  473,  20  abhinc 
nulluni  ei  amplius  euenit  triumphum ;  475,  20  abhinc  tandem  red- 
iit  Franciam.  —  Hilar.  ep.  3,  7  (ep.  pontif.  ed.  Thiel)  A  cuins 
(=  Nini)  etiam  tempore  gestarum  rerum  publici  scriptores  apud 
barbaros  esse  coeperunt.  quapropter  vir  venerabilis  praedictus 
Eusebius  chronicorum  abhinc  (=  a  Nini  tempore)  exorsus  est 
historiam.  —  Poetae  aeui  Carolini  II  108  XV  1  nie  homo 
coepit  abhinc  ~  ecclesiae  mundare  loca. 

ß.  inde  a  praesenti  tempore  in  futurum:  Pacuuius  ap. 
Charis.  195,  1  (trag.  21  K.)  seque  ad  ludos  iam  inde  a.  exerceant 
—  Tertull.  Marc.  III  5  causas  .  .  adlego  cognoscendas  abhinc 
aduersariis  nostris;  IV  9  abhinc  (aitb  rot;  vvv)  enim  eris  homines 
capiens;  IV  41  abhinc,  iuquit,  erit  filius  hominis  sedens  ad  dex- 
terum  uirtutis  dei  (cf.  Ambros.  enarr.  ps.  XL  col.  1132,  25);  Res. 
Carn.  42  abhinc  enim  definimus  carnem  resurrecturam ;  Prax.  24 
sed  abhinc  nostis  illum  (an  &qu).  —  Ambros.  de  parad.  5, 
302,  3  facilis  abhinc  praeeeptorum  —  series  uideretur;  de  bono 
mortis  11  col.  590,  15  iufra,  qui  locus  repetibar  ab  Angustino 
contra  II  ep.  Pelag.  IV  11,  31  ergo,  iuquit,  quia  iusti  hanc  re- 
munerationem  habent,  ut  uideant  faciem  dei  ~;  ab  hinc  induamus 
huiusmodi  studium,  ut  .  .  .  .  —  Paulin.  Nolan.  (Patr.  61,  641  B 
Mig.)  Recolamus  abhinc  signata  sacratis  gesta  patrum  libris,  ubi 
abhinc  candem  quam  alias  *iam9  uim  liabct.  —  Sidon.  ep.  IV  16 


Abhinc.  113 

iure  abhinc  uberi  praeconio  non  carebis;  IV  0  Benedictua  Sira- 
plicius,  hactenus  uestri,  iamque  abhinc  nostri  ....  ordinis  comes. 

—  App.  ad  S.  Leonem  M.  opp.  Patr.  56,  418  B  Mig.  Ut  abhinc 
quisquis  decretonim  temerator  exstiterit,  sciat  se  status  sui  opera- 
tum  fuisse  iacturam.  —  Aldhelm.  translat.  S.  Petri.  26  ut  ab- 
hinc in  futurum  .  .  permaneat.  —  Einhard.  uita  Caroli  c.  18 
cuias  animi  dotes  et  summam  ~  constantiam  ~  iam  abhinc  di- 
cere  exordiar.  —  Poet.  aev.  Garol.  1198,8  iniles  —  coepit  abhinc 
qui  sit  exitus  —  (enarrabo). 

II.  Abhinc  locale. 

Localis  particulae  abhinc  usus  primum  exemplum  afferunt  ex 
Lucretio  III  953:  aufer  abhinc  lacrimas,  f  barathre,  et  compesce 
querelas.  Qui  uersus  nisi  abhinc  pro  hinc  accipias,  aptum  sensum 
non  habet  Nam  ea  quam  Lachmannus  proposuit  collato  loco  Pacu- 
uiano  notio  *inde  ab  hoc  tempore9  abhorret  a  ceteris  uerbis.  Quam 
ob  rem  si  uerba  huius  uersus  recte  tradita  sunt,  ut  futuri  temporis 
notionis  apud  Pacuuium,  ita  hie  localis  significationis  exemplum 
deprehendimus  ducentis  annis  ante  eos,  qui  htinc  usum  latius  propa- 
gauerunt.    Cetera  exempla  in  duo  genera  dividere  liceat: 

a.  exempla  quae  tradueunt  ad  localem  notionem.  In  enumera- 
Hone  a.  legimus  ap.  Mam.  Cland.  698  C  primus  über  in  sui 
primordio  ~,  post  ~.  Abhinc  itidem  ad  erudienduin  lectorem  ~ 
praelibavit,  ubi  abhinc  est  =  in  posteriore  libri  parte,  inferius.  Contra 
res  se  habet  703  A  15  ubi  addito  aduerbio  superius  prior  pars  libri 
significatur:  Abhinc  superius  etiam  per  philosophos  aeeidentias 
Deo  non  obiieit,  et  hie  per  prophetas  etiain  uitiorum  necessitates 
imponit;  756CExin~,  abhinc  ignium  aetheriorum  spatia;  759  B 
postque  ~  transcende;  ab  hinc  in  tertium  caelum.  —  Cassian. 
incarn.  Chr.  V  5  Quia  anterioribus  libris  ueritatem  hanc  ~  pro- 
bauimus,  nunc,  ut  libello  abhinc  proximo  instituimus,  eum  ~ 
Deum  praenuntiatum  esse  doceamus.  —  Dositheus  Gramm,  lat. 
VII  402,  21  K.  trigena  abhinc.  -  Myth.  Vat.  III  11,  17  B  ad 
Venerem  .  .  abhinc  revertamur.  —  Causcdetn  uero  fere  sensum 
particula  abhinc  habet  apud  Emporium  in  rhet.  min.  ed.  Halm 
566,  11  quae  autem  abhinc  bona  etiam  in  posteros  propagata 
conspicio  (abhinc  =  ex  hoc  facinore  bono,  ex  hac  bona  re). 

b.  exempla  usus  proprie  localis.  Apuleius  flor.  16  uti  ^ 
toto   abhinc  orbe  totoque  abhinc  tempore  laudes  .  .  repraesentei 

—  Augustinus  de  civ.  dei  XXII  584,  28  Domb.    Ac  per  hoc,  in- 

Archir  für  Ut.  Lexikogr.  IV.    Heft  1.  % 


114  n.  Ploen: 

quiunt,  quoniani  terra  abbin c  sursum  uersus  est  priina,  secunda 
aqua  super  terrain  ~,  non  potest  esse  terrenum  corpus  in  caelo. 
—   Claud.  Main.  Migne  53,  755  A  Estne  aliquid  quo  ab  hinc 
locorum   uapiam  progrediaris?  —   Patric.  Migne  53,  824  D  Mo- 
nachus  et  virgo,  unus  ab  hinc  et  alia  ab  aliunde,  in  uno  hospi- 
tio  non  commaneant.  —  Iordanes  82,8  Abhinc  ergo  Geta  re- 
cessit  ad   propria.  —  Actliicus  II  24  pag.  14, 12  Abhinc  usque 
ultra  Gades  et  Hercoleas  coluninas;  VI  101  pag.  76,  4  Ab  hinc 
recessus  maris  post  spatium  urbis  inclitac  usque  Rifeos  montes. 
Script,   rer.   Langob.  478,  12    in    Kon t anain  Lucii,    abhinc  Pe- 
oleni.  —  Poet,  aevi  Carol.  vol.  II,  pg.  206  V  3  Qui  translatua 
ab  hinc  preeibus  tarnen  adstat  houestis. 

Erläuterungen. 

Bei  den  klassischen  und  vorklassischen  Schriftstellern  waren  die 
Partikeln  hinc,  dehinc  und  abhinc  strenge  von  einander  geschie- 
den; hinc  wurde  besonders  in  lokaler  Bedeutung  angewendet,  dehinc 
und  abbin«  in  temporaler.  Und  zwar  bezog  man  dehinc  auf  Zu- 
künftiges, abhinc  mit  Ausnahme  von  Pac.  trag.  21  und  Lncr.  III  953 
nur  auf  Vergangenes. 

Doch  fand  abhinc  lange  nicht  bei  allen  Schriftstellern  Billigung. 
Schon  Cäsar  und  seino  Anhänger  verwarfon  das  Wort  abhinc  gänz- 
lich; wir  finden  üb  überhaupt  nur  bei  Plautus,  Terenz,  Pacu- 
vius,  Lucrez,  Cicero  durch  alle  Worke  zerstreut,  dann  je  einmal 
in  einem  Brief  des  Antonius  an  Augustus  und  in  den  Episteln 
des  Iloraz  und  zwanzigmal  bei  Volle  ins  Paterculus.  Cusars 
Einflufs  [der  sich  wohl  über  das  Wort,  wie  übor  igitur,  vgl.  Areh. 
III  5G0,  in  den  Büchern  do  analogia  ausgesprochen  hatte,  die  ltc<L] 
siebte;  die  ganze  grolVe  Zahl  der  andern  Schriftsteller  des  ersten 
«Jahrhunderts  v.  Chr.  und  der  ersten  150  Jahre  n.  Chr.  mieden  es 
gänzlich,  bis  es  die  Schriftsteller  seit  der  zweiten  Hälfte  des  2.  Jahr- 
hunderts teils  aus  der  archaischen  (und  klassischen)  Litteratur,  teils 
aus  der  Sprache  des  Volkes,  in  der  es  geblieben  war,  wieder  her- 
vorholton. Aber  Konstruktion  und  Bedeutung  von  abhinc  war  schon 
halb  in  Vergessenheit  geraten.  Dem  Charisius  ist  die  Konstruktion 
mit  dem  Accusativ  schon  eine  veraltete;  Sulpicius  Severus  aber 
kennt  sie  noch  aus  Velleius  Paterculus,  dem  er  in  der  Art  der 
Jahresangaben,  vom  Konsulat  des  Stilicho  an  rückwärts  rechnend,  folgt» 

Besser  als  der  Accusativ  hatte  sich  der  Ablativ  bei  abhinc 
gehalten.  War  schon  in  der  klassischen  Zeit  ein  Schwanken  zu 
merken  gewesen  —  Cic.  Rose.  com.  37  wird  durch  die  Alfenusstellen 
geschützt  —  so  scheint  der  Kampf  zwischen  Accusativ  und  Ablativ 
später  noch  zugenommen  zu  haben.  Denn  am  Anfang  des  2.  Jahrb. 
n.  Chr.    bemerkt    Caper    zu    Plaut.  Most.  494    Sitroque  casu  recte 


Abhinc.  115 

licimus,  quamui8  nt  sordidum  et  vulgare  quidam  improbent'  (Charis. 
96,  1  E).  Für  die  Schriftsprache  hat  dann  der  Ablativ  den  Sieg 
lavon  getragen;  so  wird  abhinc  auch  einige  Male  zum  abl.  temporis 
linzugefügt,  um  die  Zeit  genauer  als  der  Vergangenheit  angehörig 
eu  bezeichnen;  vgl.  IAbß.  Nur  wenige  Male  steht  abhinc  absolut 
in  dieser  Bedeutung. 

Doch  neben  dieser  gewöhnlichen,   von    den  guten  Schriftstellern 
illein  gebilligten  Bedeutung    scheint    schon  früh  im  Volksmunde  die 
Futurale  einhergegangen  zu  sein.      Darauf  läfst  uns  wenigstens  die 
Pacuvius8telle  schliefsen.     Das  zweite  Beispiel  findet  sich  jedoch  erst 
300  Jahre  später;    von  da  an  wird   aber  abhinc  weit  mehr  im  Hin- 
weis auf  die  Zukunft  als  auf  die  Vergangenheit  angewandt  und  zwar 
auch  mehrere  Male    neben    einem  Ablative.     Dadurch  sahen  sich  die 
Juristen,  denen  es  vor  allen  andern  auf  Deutlichkeit  des  Ausdrucks 
ankam,  veranlafst  zu  abhinc  noch  ein  retro  hinzuzufügen,    wenn  sie 
Nif  die  Vergangenheit  verweisen  wollten. 

Ob  sich  neben  der  temporalen  Bedeutung  auch  schon  in  früher 
Zeit  die  lokale  im  Volksmunde  ausgebildet  hat,  ist  schwer  zu  sagen, 
da  die  Lucrezstelle  vielleicht  verderbt  ist.  An  und  für  sich  wider- 
strebt die  Bildung  dieser  Partikel  ja  durchaus  nicht  dieser  Bedeutung. 
Das  erste  sichere  Beispiel  finden  wir  aber  erst  bei  Apuleius  parallel 
neben  einem  temporalen  Begriffe  und  weitere  dann  erst  wieder  am 
Ende  des  4.  Jahrhunderts.  Vgl.  Aug.  Engelbrecht,  Untersuch,  über 
die  Sprache  des  Claudianus  Mamertus,  S.  22  f.  =  Sitz.-Ber.  d.  Wien. 
Akad.  1886.    CX.    442  f. 

Bei  den  Schriftstellern  der  untergehenden  Latinität  findet  sich 
öfter  die  Partikel  abhinc  in  zwei  Worten  geschrieben.  Man  darf 
vielleicht  annehmen,  dafs  diese  Schriftsteller  keine  klare  Vorstellung 
mehr  von  der  alten  zusammengesetzten  Partikel  abhinc  hatten.  Viel- 
mehr setzten  sie  jetzt  auf  eigene  Hand  vor  das  Adverbium  hinc, 
dessen  Bedeutung  ihnen  auch  entschwunden  war,  noch  die  Präposition 
ab,  um  die  Richtung  'woher*  auszudrücken.  Daher  kommt  es  auch, 
dafs  abhinc  besonders  an  den  Stellen,  wo  es  eine  lokale  Bedeutung 
hat,  in  zwei  Worten  geschrieben  wird. 

Wenig  im  Einklang  mit  der  Herleitung  des  Wortes  abhinc  steht 
«  aber,  wenn  diese  Partikel  angewandt  wird,  um  von  einem  Punkte 
der  Vergangenheit  an  rückwärts  oder  vorwärts  zu  rechnen."  Dies 
beruht  auf  einer  Ungenauigkeit  im  Ausdruck,  die  man  bei  den 
sp&tern  Schriftstellern  ja  auch  sonst  findet,  die  aber  bei  Plautus  und 
Cicero  höchst  befremdend  ist.  Mit  Recht  dürfte  man  daher  mit 
Halm  Cic.  Verr.  II  130  für  verderbt  halten. 

Strafsburg  i.  Eis.  Heinr.  Ploen. 


ft* 


\r\ilgriirlateiiiische  Substrate  romanischer 

Wörter. 

(Fortsetzung.) 

Minaciae  nach:  span.  amenaza,  port  amea^a,  cai  menassa,  pror. 
menassa,  franz.  inenace,  (rat.  sch-nianatscha),  ital.  minaccia, 

S.  Georges,  s.  v.,  Diez,  Et  Wt  I  minaccia.    War  roma- 
nisch nicht  bildbar. 

inin'sterium  für  minist erium  nach:  prov.  mestier,  franz.  mutier, 
altfranz.  mestier  (daher  port.  inister),  ital.  meatiere. 

&  Georges,  s.  v.,  Diez,  Et.  Wt.  I  mestiero.     Bei  George» 
s.  ministro  wird  der  Ausfall  des   i   in  frühröniischer  Zeit  be-" 
legt.     Er   ist    vorromanisch,   weil   die  Ausstofsung   des  n  i 
der  sekundären  ^romanischen^  Verbindung  -n*s  nicht,  und  na 
bei  lat.  -ns  stattfindet.     Das  bei  Diez  erwähnte  altport  me-*"" 
noster  ist  franzosisch,  weil  n  geblieben,  und  ei  nicht  fttr  e  lin- 
der Tousilbe  eingetreten  ist.    Auch  das  Altprov.  und  Altfrani*-» 
ttihrten  menestier  neben  der  Erbwortform,  und  das  Franz.  das 
gleichfalls  erst  mittelalterliche  ministerialis  als  menestrel  (daher 
port.  menestrel\  das  Prov.   als  menestral  =  span.  menestraL 
Das  span.  menester  Amt.  luniürfnis,  wird  dem  franz.  menestier 
gleichzusetzen  sein.    Das  ital.  minestra  Suppe  kommt  Ton  mi- 
nestrare  anrichten  ^s.  Die*,  Ex.  Wt.  II*  s.  v.).  —  Wenn  lat 
mir.us.  amscr  in  der  Gestalt  mens  im  Prov.,  moins  im  Franzfo, 
als  Vorsilbe  verwendet  wie  in  franz.  mefV^prendre},  prov.  mes- 
vprerar\  als  nies-  erscheint,  so  ha:  die  Tonlosigkeit  der  Silbe  an 
der  Ausstofsung  des  n  Anteil.    Dier.  Gramm.  II  434  belegt  das 
Prür.x  rues-  sei:  der.:  i\  J.ihrh.    Er  im.  wenn  er  es  dort  und 
Et,  Wt.   1     ;v.is     auch   /.e:u   l:a*.   .zuschreibt,    das  es  vielmehr 
::.::    frar.irsiscV.esi  WTneru    aus    Frankreich    bezog   und    nach 
solche«  Wörtern   neue  bildete,     Itsl  wird   minus  durch  meno 
^ertivter.  woraus  suis  «ich:  üseV.r  gewonnen  werden  konnte. 

ruinuare  su  uv.uus.  «v.uo.eru.  ::Ä:h:  >:.;:*..  «sengu-ar,  port»  mengo-ar, 


G.  Gröber:  Vulgärlatein.  Substrate  romanischer  Wörter.    117 

cat.  minv-ar,   prov.  (in  Urkunden)  minu-ar,    altfranz.  niinu-er 
(Godefroy),  ital.  menov-are. 

8.  Diez,  Et  Wt.  I  menovare.  Mit  minutare  verträgt  sich 
weder  Begriff  noch  Laut;  -t-  fallt  nicht  in  Spanien,  Südfrank- 
reich  und  Italien,  im  Franz.  weit  später  aus,  als  minuare  zu 
belegen  ist  (6.  Jahrh.,  s.  Du  Cange,  Diez,  Et.  Wi  s.  v.).  Auch 
*minim-are  *minum-are  würden  mit  dem  Hinweis  auf  ital.  no- 
verare  ans  numerare,  für  das  ital.  menovare  darum  noch  keine 
annehmbare  Grundlage,  weil  numerare  unter  dem  Einflüsse  von 
nove  =  novem  sein  m  mit  v  vertauscht  hat;  für  die  andern 
rom.  Sprachen  aber  leisteten  jene  Substrate  nichts.  Übrigens 
hat  sich  das  Ital.  aus  minimus  =  menomo:  menomare,  wie 
das  franz.  aus  der  gleichstehenden  Steigerungsform:  merme 
(wenigste):  mermer  (mindern)  gebildet  Wenn  aber  neben  lat 
mejere:  mejare,  neben  molere:  molare  (s.  Georges)  besteht,  weil 
es  ein  Subst.  mola  gab  und  *meja  (vgl.  port.  mija,  span.  mea) 
gegeben  haben  wird,  so  war  zwischen  minuSre  und  minuare 
nicht  auch  eine  so  günstige  Vermittlung  vorhanden.  Es  sei 
denn,  dafs  man  den  Umstand  in  Rechnung  bringt,  dafs  minu-ere 
allein  unter  den  Verben  auf  -uo  in  minu-s  scheinbar  sein  Grund- 
wort zur  Seite  hatte,  von  dem  aus  zu  minu-are  überzugehen 
so  lange  nicht  ausgeschlossen  war,  als  minus  sein  u  nicht  (wie 
franz.  prov.)  aufgegeben.  Das  franz.  dtminuer  ist  französiertes 
diminuere;  zu  hispan.  -ngu  -ngo  in  menguar  mengoar  vergleicht 
sich  span.  mangual  =  manuale. 
minutiare  aus  minutus,  zerstückeln,  nach:  altspan.  menuzar; 
prov.  menuzar,  altfranz.  menuisier,  rät  manizar,  ruin.  märunt-esc, 
ital.  minuzzare. 

S.  Diez,  Et.  Wi  I  minuto.  Zur  Bildung  vgl.  Archiv  I  235 
acutiare  u.  a.  Lat.  minutia  ergab  port.  miu£a,  ital.  minugia 
(Darm,  Diez  II*),  also  eine  Darstellung  des  -ti-,  die  der  im 
Zeitwort  widerstreitet;  auch  im  Franz.  hätte  sich  der  Ausgang 
-cer  statt  -isier  bei  franz.  Entstehung  des  Zeitworts  aus  einem 
Hauptwort  *menuce  =  minutia  eingestellt  (vgl.  placer  aus 
place  =»  platea). 

mlscere  (Marx  1)  nach:  span.  mecer,  port.  mexer,  ital.  m^scere. 
S.  Georges,  s.  v.    Für  1  zeugt  auch: 

mlsclare  aus  miscere,  nach:  cat.  mesclar,  prov.  mesclar,  franz. 
meler,  altfranz.  mesler,  (rät.  mischclar  Karten  mischen),  ital.  mi- 


_  _"!_• 


118  G.  Gröber: 

S.  Diez,  Et.  Wi  I  mischiare,  Du  Gange,  8.  v.  Span,  mezclar, 
port.  mesclar  (vgl.  Archiv  III  528  niasc'lus)  kamen  aus  Söd- 
frankreich;  das  Rät.  sagt  in  allgemeinerem  Sinne  maschadar 
(von  mascha  Masche,  Schlinge),  das  ital.  i  hat  seinen  Grund 
im  Schwanken  des  Ital.  zwischen  e  i  in  ähnlichen  Wörtern, 
wie  eschio  ischio  =  aesculus  (s.  Arch.  II  278),  vischio  veschio 
aus  viscuin.  —  Von  mescere  führt  kein  Weg  zu  dem  neben 
mischiare  im  Ital.  üblichen  mescolare;  es  ist  aus  der  mittel- 
lateinischen Schriftsprache  geflossen. 

misSllus  nach:  prov.  niesej,  altfranz.  mes^l  aussätzig  (daher  alt- 
span.  misyllo). 

S.  Georges,  s.  v.,  Diez,  Et.  Wt.  II0  mesel.    Nur  runi.  mi- 
selu  in  der  latein.  Bedeutung. 

niitiare  aus  mitis,  daher  ital.  mezzare  teigig  werden,  von  Früch- 
ten, woher  mezzo  teigig,  weich. 

Vgl.  Diez,  Et.  Wi  II*.    Bildung  wie  grevi-are  aus  gravis 
u.  a.  s.  Arch.  II  441.    Diez  setzt  für  mezzo  ein  unbelegtes  mi- 
tius   aus   mitis  voraus,  dessen  betont.  1  sich  nicht  mit  ital.  § 
in  mezzo  verträgt.    Als  verkürztes  Particip  aus  mezzare  (ebenso 
svezzo  =  svezzato  aus  svezzare,  entwohnen  u.  a.)  für  *nräzare 
versteht  man  e  für  i,  wie  etwa  in  mcraviglia  (maraviglia)  xssx 
nnrabilia,  premizia  und  pr/mizia  =  primitia  u.  a.    Das  gleich- 
bedeutende ital.  vizzo,  das  Diez  II*  s.  v.  mit  vietus  zusammen- 
hält (Beleg  für  eiusilb.  -ie-  bei  Georges),    ist  durch  *vizx»t'C) 
*vezzato  *vezzare  =  lat.    *v(i)et-iare    mit  dem  lat.   Adjektiv 
ebenfalls  zu  vermitteln. 

mit'lus  =  mitulus  (turuAog)  nach:  span.  a-meja  Muschel  (dafaeT 
port.  a-meija),  ital.  nicchio. 

S.  Georges,  s.  v.,  Diez,  Et.  Wt.  I  nicchio;  vgl.  Arch.  I 
Das  Ital.  hält  nur  I  vor  -cchi-  fest,  nicht  i  (secchia  =  situl^' 
orecchio  =  auricula);  das  Span.,  das  Ija  (-Icula)  und  eja  (-8cal^' 
vermischt  (s.  o.  III  511  lentic'la)  ist  daher  hier  unmafsgebli***-1" 
Vgl.  auch  u.  musc'lus. 

mittere  (Marx  l)   nach:  span.  meter,  port.  metter,  cat.  metr'^^ 
prov.  metre,  franz.  mettre,  rät.  metter,  ital.  mettere. 
Rom.  e  =  lat.  i. 

möbilis   statt  mobilis?    nach:    span.  mueble,  port.  movel,  g>&* 
moble,  prov.  moble,  altfranz.  mueble,  franz.  meuble. 

S.  Foerster  in  Zeitschr.  f.  rom.  Phil.  III  561;  vgl.  die  Pal10 
der  Einwirkung  eines  labialen  Konsonanten  auf  o  Arch.  III  45?^* 


Vulgarlateinische  Substrate  romanischer  Wörter.        11$) 

flövius.  Nur  Frankreich  deutet  mit  ue  auf  5.  Das  ital.  mo- 
bile  ist,  nach  rovere  =  robur,  -evole  =  Ibilis,  Tevere  =  Ti- 
berim  beurteilt,  Lehnwort,  wie  /torido  =  flöridus,  npto  =  nötus 
u.  a.,  und  noch  jünger  in  der  Sprache  als  diavolo  =  diabolus, 
fatn>la  —  fabula,  tavola  —  tabula  (vgl.  fola  =  fabtrla,  tola  = 
tabula,  nebbia  =  nebula  u.  a.).  Das  span.  inueble  ist,  da  nur 
in  der  erst  im  MA.  auftretenden  Bedeutung  „bewegliche  Habe" 
(s.  Du  Cange)  gebraucht,  franz.  Lehnwort.  Das  die  lat.  und 
mittellat  Bedeutung  vereinigende  port.  movel  ist  nach  lau- 
davel  *=  laudabilis  neben  \ouvar  =  laudare,  terrivel  =  terri- 
bilis  u.  a.  auch  dann  noch  zu  den  Bücherwörtern  zu  rechnen, 
wenn  es  mit  o  gesprochen  wird  (vgl.  goZa  =  güla  neben  mo 
=  mola,  so  =  sola).  Weil  aber  im  Franz.  neben  möbilis 
movere  besteht,  das  in  mues  muei  =  moves  movet  ue  ent- 
wickelte, und  die  franz.  Sprache  den  Diphthongen  des  Verbums 
auf  das  stammverwandte  Eigenschaftswort  übertragen  konnte, 
wie  sie  ihn  bei  metmier  für  altfranz.  mounier  «=  molinarius 
von  il  muei  meut  =  mölit,  bei  roue  aus  roee  =  rota  von  rotier 
=  rotare  u.  s.  w.  hergenommen  hat,  so  ist  ein  vulgäres  möbilis 
nicht  zuzugeben  und  höchstens  für  das  mittelalterliche  Latein 
Galliens  einzuräumen. 

a  odiölum  nicht  mediolum  Dotter,  nach:  prov.  moiol,  neuprov. 
mouiöu,  franz.  moyeu. 

S.  Georges,  s.  v.,  vgL  Diez,  Et»  Wt.  1IC  moyeu.  Nur  in 
Gallien.  Im  Prov.  entsteht  o  nicht  aus  e.  Das  Verhältnis  von 
modiolus  Nabe  zu  modiolum  „Nabenfüllung"  kehrt  wieder  bei 
vielen  Wörtern  mit  dem  Begriffe  des  Umschliefsens;  vgl.  myxa 
Dille  und  Docht,  modius  Hohlmafs  und  Füllung  des  modius, 
dtsch.  Scheffel  vom  Mafs  und  Feldertrag. 

t  clio-nem  aus  nioles  molis?  nach:  sard.  mullone  Haufe,  Grenz- 
stein, span.  mojon,  altport.  moiom. 

Vgl.  Diez,  Et.  Wt.  Ilb  mojon.  Von  mole  (span.)  aus,  konnten 
die  drei  Sprachen  nicht  zu  ihren  Formen  gelangen.  Eine  ähn- 
liche Bildung  ist  aus  piscis:  piscio-nem  =  franz.  poisson,  s.  u. 

*  ciliare  statt  mollire  von  inollis,  weichen,  befeuchten,  nach  span. 
mojar  (3.  Sgl.  Praes.  moja,  wie  hoja  =  fölia),  port.  molhar, 
cat.  mullar,  prov.  molhar,  franz.  mouiller. 

S.  Diez,  Et.  Wt.  I  molle  und  o.  mitiare.  Das  Ital.  bildete 
selbst  aus  dem  Eigenschaftswort  molle:  mollare.  In  den  übrigen 
Sprachen,  die  11  uner weicht  im  Adjektiv  lassen  (franz.  mol  mou, 


120  G.  Gröber: 

prov.  mol,  cat  moll,  [»ort.  molle,  span.  muelle),  würde  11  auch 
in  einem  selbstgebildeten  denominativen  Zeitwort  unverändert 
geblieben  sein, 
in  Ollis  (Marx)  nach:  span.  muelle,  port  molle,  cat  moll!  prov. 
inol,  fraflz.  raol,  rät.  moll,  rum.  mtflle,  ital.  molle,  friaul.  muell. 

Rom.  o  ue  =  lat  ö. 

* 

möntem  mons  (Marx  inont-ein)  nach:  sard.  monte,  spau.  monte, 
port.  monte,  cat.  inunt,  prov.  mcnt  (Donatus  proenz.),  franz. 
mont,  rät.  munt,  rum.  munte,  ital.  monte,  sicil.  niunti,  friaul. 
mont  u.  s.  w. 

S.  Ar  eh.  II  426  font-em.    Im  Span,  und  Friaul.  wäre  aus 
Ö  ue  entstanden. 

m ordere  (Marx),   mörsus  (Marx  ö),   nach   sard.  morsu   Bissen, 
span.  morder  (3.  Sgl.  Praes.  muerde)  mueso,  port.  morder,  cat 
mos  Gebifs,  prov.  mordre  mors  (Donatus  proenz.),  franz.  mordre 
mors,  rät.  morder  morssa,  ital.  mordere  morso,  friaul.  muardV 
s-muars. 

Allgemeinroman,  o  oder  ue  =  lat.  Ö. 

mürga  mürca  =  amurga  amurca,  a^oQyrj,  nach:  span.  morg^ 
cat.  morca;  ital.  morchia,  sicil.  niurga,  venet.  morga. 

S.  Georges  s.  v.  amurca,  Diez,  Et  Wt  I  morchia;  rom.    * 
=  lat  ü.     Das  Ital.  hat  nur  Wörter  auf  -qrchia,  -o. 

moria  «=  niüria,  aX-pvQis,  nach:  (span.  moje  Kraftbrühe),  neti 
prov.  mouiro  muro,  franz.  muire,  rät  muora  müra  Salzbrüll* 
rum.  mura  moare  Krautsuppe,  ital.  moja.  Verbunden  mit  s»' 
sal-inuera,  port.  sal-moura,  cat.  sal-morra,  neuprov.  sau-mie*"c 
franz.  sau-mure,  altfranz.  uau-muyre,  rum.  sara-murä,  ital.  g&l 
moja,  neugriech.  öaX-^ovQa. 

S.  Georges  s.  v.  muria,  Diez,  Et.  Wt.  I  moja.   Für  Ö  zeu 
franz.   ui  und  ital.  o,    nicht   gegen  ö  port.  ou  (vgl.  couro    * 
cÖrium)   und  span.  ue,   (vgl.  cuero  =  corium),  wiewohl  p<* 
Douro  aus  Dürius,  lavadouro  aus  lavatörius  und  span.  agu^ 
aus  augurium,  asmaduero   aus   aestimatörius  hervorging  (r 
auch   Arch.  I  545    ciconia);    das    span.    sabueso  Kläffer,   po> 
sabujo  Spürhund  =  ital.  segugio,  piemont  sus,  d.  i.  lat 
güsius  (auch  Swsa  =  Següsia,  s.  Georges,  s.  v.J,  kommen, 
aus  Italien  übernommen,  hier  nicht  in  Betracht;  das  span. 
ist,  wegen  -ri-  zu  j,  ebenfalls  ital.  Lehnwort   Im  Ital.  behalt 
o  und  o  ihre  Qualität  vor  j  (scrittojo  =  scriptörium;  stoja  « 
stÖrea).    Nur  bei   unmittelbar  auf  o  folgendem  j  ergiebt  si- 


Viilgftrlateini8che  Substrate  romanischer  Wörter.        121 

o  im  Ital.  wie  im  Französ.  (boja  =  ital.  boja,  altfranz.  buie, 

walloD.  boie;  *troja  =  ital.  troja  Sau,  franz.  truie).     Wegen 

ital.   pioggia,    franz.   pluie   =   plövia   für  pluvies,    ital.   loja 

Schmutz   =  *allövia   für   illuvies    (Caix,  Studi  di   etimologia 

8.  32)  b.  Ar  eh.  II  425  flovius.    Bei  Pistoja  =  Pistorium  ist  die 

Art  des  o  im  Grundwort  metrisch  sicher  gestellt.   Der  bei  muria 

dem  u  vorangehende  Labial  genügt  nach  ital.  moglie  =  mülier 

nicht  um  o  für  ü  zu  erklären.     Bei  foja  Brunst,  Geilheit,  ist 

die  herkömmliche  Ableitung  aus  fiiria  (s.  Diez,  El.  Wt.  Ila  foja) 

durchaus  zweifelhaft.    Es  ist  zu  fragen,  ob  das  nichtoskanische 

Wort  nicht  etwa  fÖvea  in  dem  bei  Tertullian  vorkommenden 

Sinne  (genitales  feminae  foveae;  s.  Georges,  8.  v.)  wiedergiebt, 

das    zur    abstrakten    Bedeutung    „Geilheit"    ebenso    gelangen 

konnte,  wie  franz.  rut,  ruit,  Gebrüll  brünstiger  Tiere,  Geilheit, 

*=  lat.  rugitus. 

örtem  mors  (Marx)  nach:  sard.  morte,  span.  muerte,  port.  morte, 
cat.  mort,  prov.  mort,  franz.  mort,  rät.  mort,  rum.  mörte,  ital. 
morte.  friaul.  muert. 

Rom.  o  ue  ö  =  lat.  Ö.    Ebenso  bei 
örtus  =  mortuus  nach:  sard.  mortu,  span.  muerto,  port.  morto, 
cat.  mort,  prov.  mort,  franz.  mort,  rät.  mort,  rum.  mortu,  ital. 
morto. 

Hiat-u  ging  nach  Doppelkonsouanz  stets  verloren;  vergl. 
Arch.  I  249  battere,  I  542  cardus. 
mörum  pogov  nach:  span.  mora,  port  amora,  cat.  mora,  prov. 
mora,   altfranz.    meure,   franz.    mure,   rät.   mura,   rum.  murä, 
ital.  moro. 

S.  Georges  s.  v.  Rom.  o  ueu=»  lat.  ö.  Das  ital.  moro 
ist  der  gelehrte  Name,  der  volksübliche  gelso  (Diez,  Et.  Wt.  IIa). 
**Örvus  für  morbus  nach:  span.  muermo  Rotz,  port.  mormo, 
cat.  vorm,  prov.  vorma;  franz.  morve  und  morfondu  (morv  + 
fbndre,  ursprünglich  vom  Pferd),  rät.  mörf,  bergam.  morv  ä 
stinken,  sicil.  morvu  Rotz. 

S.  zur  Bedeutung  Diez,  Et.  Wt  I  mormo;  vgl.  11°  gourme, 
Jtiorfondre.  Über  m  aus  v  im  Span.  vgl.  Michaelis,  Rom.  Wort- 
schöpfung S.  234.  Auch  ital.  bedeutet  morbo  =  morbus  pest- 
artiger Geruch;  der  Begriff  des  weichen  und  weichlichen  ver- 
bindet sich  mit  ital.  morvido  (morbio  bei  Bonvesin,  morbio  bei 
Ugu9on  da  Laodho);  vgl.  Diez,  Et.  Wt.  lla  morbido,  Ascoli 
icn  Arch.  glottologico  YII  536  u.  u.  mueeidus.   Morbus  scheint 


122  G.  Gröber: 

der  einzige  allgemeine  Fall  der  Veränderung  von  lat.  -rb-  zu  -rv- 
(bedingt  durch  anlautendes  m).  Sie  ist  Kegel  im  SiciL  (z.  B. 
varva  =  barba),  hat  statt  bei  rät.  orva  Stallsperre,  bei  orv  orb 
=  orbus  (vgl.  dazu  franz.  orv- et  Blindschleiche,  Dies,  Et.  Wt 
Anhg.  I.,  orbo);  im  Franz.  bei  verve  =  rerfca  (s.  Foerster  in 
Ztschr.  f.  rom.  Phil.  IV  381,  Komania  X  302)  und  verveine 
=  verben*)  im  Portug.  bei  herva  =  herba,  carväo  ™  carbo- 
nem  u.  a. 

Mösa  nach  altfranz.  Muese  (Benoit  de  St.  More),  franz.  Meuse. 
S.  Georges  s.  v.    Franz.  ue  =  lat.  Ö. 

mövita  Bewegung,  Aufbruch  aus  movere,  nach:  sard.  movida, 
altspan.  muebda,  franz.  meute,  altfranz.  muete,  rät.  mott  Trieb, 
bergani.  müida. 

S.  Du  Cange:  movita  und  Arch.  II  260  movi-cio  =  niotio; 
Diez,  Et.  Wt.  IIC  meute.  Derselben  Art  ist  bibituin  -a  »  span. 
beodo,  franz.  boite,  ital.  bibita;  fallita  s.  Arch.  II  282.  Weitere 
Participialsubstantiva  auf  -itus,  a  s.  bei  Canello  in  Rivista  di 
filologia  romanza  I  Hfl*. 

m ücce us  aus  muecus  nach:  cat.  moix  traurig,  prov.  traurig, 
feucht,  neuprov.  mouis  feucht,  rom.  Schweiz  mouess,  altfranz. 
mois  (Benoit,  Reinichronik)  albern,  mois-ir  schimmeln,  rat. 
niutch-egna  Kotz,  ital.  moccio  Kotz,  Schleim,  venet.  niozzo, 
friaul.  muess  welk. 

S.  Diez,  Et.  Wt.  II*  moccio,  IIC  moisir.  Zur  Bildung  vgl. 
luteus  aus  lutum.  An  Herlcitung  der  rom.  Ausdrücke  aus  musteus 
zu  denken  verbietet  die  Bedeutung.  Das  gleichsinnige  lat.  muc- 
eidus  genügt  für  das  ital.  moeeio  (vgl.  marcio  =  mareidus),  aber 
nicht  für  das  franz.  mois  (vgl.  rance  =  raneidus)  und  die  übrigen 
Sprachen.  Ähnlichen  Bedeutungswandel  zeigt  luridus,  Arch. 
III  517.  Das  ital.  mogio  schläfrig,  schwermütig,  kommt  vom 
franz.  mois  (vgl.  cervogia  —  franz.  cervoise;  s.  Arch.  III  523 
unter  niale-vatius  und  III  525  mansio-nem).  Dem  franz.  (prov.) 
Zeitwort  mois-ir  würde  zwar  niüc-ere  (vgl.  nois-ir  =  nÖc-ere] 
nicht  aber  niüc-ere  oder  mücc-ere  (vgl.  luis-ir  =  luc-ere,  dress-ei 
=  *direeti-are,  Arch.  II  102)  Genüge  thun;  es  ist  daher  am 
mois  gezogen.  Daför  spricht  noch  besonders,  dafs  es  de-^, 
starken  Abwandlung  entbehrt,  die  bei  ähnlichen  Zeitwörterc^, 
wie  placere  tacere  =  plaisir  taisir  u.  a.  nicht  verloren  g< 
gangen  ist. 

müccidus  =  mücidus  nach:  frauz.  moiste  feucht,  schlaff  (dahe 


Vulg&rlateiDische  Substrate  romanischer  Wörter.        123 

limous.  mousti  feucht,  engl,  moist,  span.  mustio  traurig,  cat. 
inusti-ch  schlaff,  ital.  moscio  welk,  lomb.  moisc  feucht,  sicil. 
musciu),  lothring.  meuche,  rät.  musch  feucht;  (friaul.  moscid 
teigig). 

S.  Georges,  s.  v.  mucidus;  Diez,  Et.  Wt.  I  217  moscio. 
Die  Form  des  franz.  Wortes  ist  nach  ranci  =  rancidus  und 
boiste  =  pyxida  pyxis  (s.  Zeitschr.  f.  rom.  Phil.  III  269)  zu  be- 
urteilen; der  rätischen  steht  marsch  =  marcidus,  asch  =  aci- 
dus  zur  Seite;  das  friaul.  moscid  steht  offenbar  mit  moscio  in 
Zusammenhang.  Die  sinnliche  Bedeutung  blieb  nur  im  Franz. 
und  Rät  Das  span.  mostio,  das  nach  span.  ranci-o  =  ranci- 
dua  nicht  Umwandlung  von  muccidus  sein  kann,  wird  mit 
franz.  moisfe  durch  das  limous.  mousti  vermittelt,  woraus  das 
Span,  sich  ein  Eigenschaftswort  zweier  Endungen  schuf.  Ebenso 
entstand  moscio  im  Ital.  (kein  andrer  lat.  Konsonant  als  s  er- 
giebt  ital.  s),  das  *moistio  den  Wörtern  auf  -oscio  zugesellte, 
wie  das,  dem  franz.  mo&te  nach  Form  und  Bedeutung  noch 
näher  gebliebene  lomb.  moisc  sich  an  die  auf  -schio  (vgl.  ne- 
visc&io  und  nevislio  Glatteis)  anschlofs.  Das  Friaul.  hat  lisp 
im  Sinne  von  mucidus,  das  Sicil.  lippu  für  mucus. 
müccu8  statt  mücus  (Marx  müccus),  nach:  sard.  inuccu,  span. 
moco,  port.  inonco  monc-ar,  cat.  moch  moc-ar,  neuprov.  mouc 
Lichtschnuppe,  mouc-os  rotzig,  rom.  Schweiz  mokka  Rotz,  franz. 
mouch-er  schnauzen,  mouch-ure  Lichtschnuppe,  rät.  moc  mocca 
Rotz,  Lichtschnuppe,  rum.  mucn,  ital.  moccolo  Lichtschnuppe, 
piemont.  moch,  calabr.  muoccu  Rotz. 

S.  Georges,  s.  v.,  Diez,  Et.  Wt.  IIa  moccio,  II0  moucher. 
Ausnahmslos  liegt  -ücc-  zu  Grunde, 
mügilare  müglare  nach:  sard.  muilare;  ital.  mugghiare  (friaul. 
mugulä  mugnulä). 

S.    Georges,   s.  v.,   vgl.  Diez,   Et.  Wt.  I   mugghiare;  Du 
Gange  mugulare.   Das  franz.  meugler  mugler  brüllen  hat  nichts 
damit   zo   thun,   ist   vielmehr   lautmalende  Umgestaltung  des 
gleichbedeutenden  beugler  bugler  (Diez,  Et.  Wt  II0). 
aÖ  leere  (Marx)  nach:  ital.  möleere. 

S.  Georges,  s.  v.    Ebenso  wegen  rom.  o: 
*Ülctrarium,  nur  rät.  (tirol.)  moltra. 

S.  Georges,  s.  v. 
^tilgere   (Marx)  nach:  sard.  mulliri,   span.  (arag.)  muir,   port. 
tuungir,    cat.  munyir,   prov.  molser,    franz.   (picard.)    moudre; 


124  G.  Gröber: 

rät  niulger,  ruui.  uiulge,  ital.  niungere;  lomb.  molg,  piemont. 

1UOD86. 

S.  Georges,  s.  v.,  Diez,  Ei  Wt.  I  mungere.  Die  Gruppe  ng 
bewirkt,  dafs  im  Ital.  etc.  u  beibehalten  ist;  vgl.  Arch«  III  515 
lougus.  Wo  n  an  Stelle  von  1  trat  (Spanien;  Ital. ),  fand  Anschluß* 
an  die  Zeitworter  auf  ngere  statt,  (span.  ungir  pungir,  pori 
jungir  ungir,  ital.  ungere  pungere  u.  8.  w.  —  lat.  ungere  pungere 
jüngere.) 

müllus  (Marx  u)  Meerbarbe,  nach:  franz.  mul-et,  ital.  mullo. 

S.  Georges,  s.  v.,  Diez,  Et.  Wt.  I  muggine.  Rom.  u,  ü  — 
lat.  ü. 

muH us  (Marx)  nach:  span.  mucho,  port  muito,  cat  molt,  pro?, 
niult,  altfranz.  molt,  rum.  multu,  itaL  molto. 

S.  Georges,  s.  v.,  Diez,  Et  Wt  IP  mucho.  Rom.  o  —  lat. 
ü;  im  Span.  Port,  ist  u  für  ü  vor,  zu  *jt,  (daher  port.  it 
span.  ch)  verwandeltem  lt  Regel  (vgl.  span.  eseuchar,  port 
eseuiar).     Ebenso  ü  bei: 

mündare  ^Marx)  nach:  sard.  mundare,  span.  mondar,  pori.  mon- 
dar, prov.  mondar,  franz.  monder,  itaL  mondare. 

müudus  (Marx)  nach:  sard.  mundu,  span.  mondo,  port  mundo, 
cat.  mon,  prov.  mon,  franz.  monde,  rat  mund,  itaL  mondo. 

musca  iMurx  ü)  nach:  sard.  musca,  span.  mosca,  port  mosca, 
cat.  mosca,  prov.  mosca,  franz.  inouche,  rat  musca,  rum.  mu- 
sca. ital.  mo^ca. 

inüscea  aus  musca  nach:  rat.  (tirol.)  moscia  Bremse,  ital.  moscia 
kleine  Fliege. 

Bildung  wie  bestia  zu  besta  (Arch.  I  1:50,  588,  III  107), 
taurea  und  taura.  Romanisch  findet  ein  morphologischer  Aus- 
tausch zwischen  sc  und  sc  nicht  statt. 

mu seil! us  bemoost,  nach:  rat.  misch  uiitsch,  mQsch  mQtsch 
schimmelig. 

8.  Georges,  s.  v.  Zur  Wortgestalt  vergl.  rat.  marsch  = 
mareidus  u.  a.  Die  Bedeutung  Moos  und  Schimmel  vereinigen 
sich  auch  bei  dem  span.  nioho  is.  u.  inuscus).  Zusammenhang 
mit  müccidus  ^s.  o  uud  miliare  ^s.  o'  ist,  durch  das  rat  fl 
neben  i  ausgeschlossen. 

musclus  ^Marx  u^  Muschel,  nach:  ^cau  musclo.  neuprov.  muscle^^ 

aittYan*\  mousle  m;;i>\\  trau.'.  :uo:;lo.  nu.  uiuschla.  dtaeh.  MuscheV, 

5>.  lieor^es.  s.  v..  v£i.  l>;cr.  Kt.  Wt.  1  nicchio.    Das  fraix^ 

o  uud  sl   ^vergl.  Arch.  111  -7   masc  ius     verwehren  eine 


Vulgärlateinische  Substrate  romanischer  Wörter.       125 

leitung  aus  mltylus  (s.  o.  mlt'lus).     Der  cat.  und  prov.  Aus- 
druck gehört  der  Gelehrtensprache  an. 
m08cus  müsc'lus  Moos  (Marx  ü)  nach:  sard.  nuscu,  span.  musgo, 
port   musgo.  —  Sonst:   rät.   mustl   (tirol.),    müschiel    miskel 
meschel,  mm.  muschiu,  ital.  muschio. 

8.  Georges,  s.  v.,  Diez,  Et.  Wt.  I  musco.  Nicht  sowohl 
die  spanischen  Formen  mit  u  sichern  lai  ü,  denn  der  volks- 
tümliche Ausdruck  für  die  Sache  ist  in  Spanien  deutscher  Her- 
kunft: moho  (s.  Diez,  Et.  Wt.  I  muffo),  wie  in  Frankreich: 
franz.  mousse,  prov.  moesa,  cat  molsa  d.  i.  dtsch.  moos  (siehe 
Diez,  Ei  Wt  IIC  mousse),  das  in  der  Suisse  romande  auch  noch 
die  Bedeutung  Moor,  mooriges  Thal,  festgehalten  hat;  als  viel- 
mehr die  ostromanischen,  bes.  die  rät  Worter,  deren  ü  i  nur 
lat.  ü  entsprechen  kann,  und  denen  keine  anderen  Ausdrücke  zur 
Seite  stehen.  Altital.  moscolo  bildet  hiergegen  keine  Instanz. 
Das  Arch.  II  262  belegte  muss-ula  Moos  bezeugt  das  frühe  Ein- 
dringen des  deutschen  Namens  in  Frankreich,  zugleich  aber 
auch  die  Möglichkeit  eines  Deminutivums  wie  musc-ulus,  das 
übrigens  auf  die  ostromanischen  Sprachen  beschränkt  ist.  In 
Sicilien  lippu  (von  Xücog  Fett)  =  Moos,  Schleim,  Kleber  (vgl. 

aififltac-(eus)  «-»  pvöxafc  Schnurrbart,  nach:  ital.  mostaccio,  njo- 
stachio,  auch  Maul,  Gesicht  Daher  span.  mostacho,  franz.  mou- 
stache,  rät  mustazz,  rum.  mustate. 

S.  Diez,  Et  Wt.  I  mostaccio.  Die  Darstellung  des  v  als  o 
deutet  auf  ein  vom  römischen  Volksmund  fortgepflanztes  Wort 
(8.  Diez,  Gram.  I  168).  Ein  unvermittelter  Zusammenhang 
zwischen  dem  rum.  und  dem  Grundwort  wird  durch  den  Aus- 
gang -ate  ausgeschlossen,  der  weder  -acem  noch  -aceum  ent- 
spricht; das  rät.  zeigt  die  nordital.  Wiedergabe  von  -aceum; 
im  franz.  moustach  ist  s  wie  che  gegen  die  Lautregeln;  der 
Erbwortcharakter  des  span.  Wortes  kommt  nicht  in  seiner  Ge- 
stalt zum  Ausdruck,  und  wird  besonders  zweifelhaft,  weil  Süd- 
frankreich, Catalonien  und  Portugal  des  Ausdrucks  entbehren. 
mtUteia  =  mustella  (Marx  ü)  nach:  prov.  mostela,  altfranz. 
musteile  moustoile  moutele  Wiesel,  Schmerle,  lothring.  moteile, 
Schweiz  motaila  Schmerle;  rät.  musteila  (ü  nicht  ü)  neben 
misteila  Wiesel;  s.  auch  Arch.  glott  II  51. 

Rom.  o  =  lat  u;  rora.  ei  oi  =  e;  zum  franz.  Wort  vgl. 
Thurot}  Prononciation  franc.  I  405. 


12G  ö.  Gröber: 

müstio-nem  mustio  nach:  ital.  moscionc  Mostfliege,  Säufer. 

S.  Georges,  s.  v.,  Diez,  Et.  Wt.  II*  moscione.  Die  erste 
Bedeutung  steht  sicher  durch  das  Zeugnis  Isidors  12,  8,  16. 
Für  dieselbe  würde  Bildung  aus  ital.  moscia  -f-  one  (8-  °- 
muscea)  anzunehmen  unzulässig  sein,  weil  der  Nachdruck  bei 
der  Benennung  auf  dem  Artbegriff  liegt.   Rom«  o-»8.   Ebenso: 

müstum  (Marx)  nach:  span.  mosto,  port.  mosto,  cai  most»  pro?. 
most,  franz.  nioüt,  rät.  most,  runi.  mostu,  ital.  mosto. 

Mütica  =  Mytice  Movtovxa  nach:  ital.  Mqdica,   sicil.  Mudrica 
(nach  gef.  Mitteilung  von  Guastella). 

S.  Georges,  8.  v.  Abgesehen  von  dem  Vokal  der  vorletzten 
Silbe  steht  die  griech.  Schreibung  der  italien.  Wortfonn  naher 
als  die  lateinische  und  vermutlich  ist  das  tonlose  ou  erst  sici 
lianisch  zu  i  durch  Angleichung  geworden. 

müt'lus?  =  mütilus  nach:  span.  mocho  (daher  cat.  motxo),  port. 
mocho  hörnerlos,  abgestumpft,  (rum.  muchie  mute  Rücken  [am 
Messer],  Falz,  Kerbe  u.  s.  w.). 

S.  Georges,  s.  v.,  Diez,  Et.  Wt.  I  mozzo.  Da  der  Zusammen- 
hang des  span.  cach-orro   mit  lat.  catulus,   den  Diez,  Et.  W^- 
Tlb  s.  v.   andeutet,  nicht  sicher  ist,  und   span.  ch   nur  hinfc*5* 
, Konsonant  aus  t'l  zu  erwachsen  scheint  (s.  Arch.  II  144  astul*}> 
so  ist   trotz  der  genauen  Übereinstimmung  des  span.  und  l»*-' 
Wortes  in  der  Bedeutung  und  den  sonstigen  Lauten  die  Ideiffc*-" 
tat   beider  nicht  gewifs.     Das  bergam.  niotfd,  mail.  m\\66  v 
trägt  sich  (nach  vec'tf  =  vetulus)  allerdings  mit  mut'lus; 
es   deckt  sich   in   der  Verwendung  mit  ital.   mozzo  (mozz 
verstümmelt,  abgestumpft,  in  welchen  Bedeutungen  auch  n» 
rät.  muotsch  muott  mott  gebraucht  werden,  deren  Anlaut  mit 
(vgl.  vegl  =  vetulus),  so  wenig  verträglich  ist,  wie  das  zz  d 


ital.  mozzo.  Das  erst  neufranz.  mousse,  neuprov.  mos  stumpf,  — ~ "" 


abgestumpften  Hörnern,  könnte  auf  das  ital.  Wort  zurückgeh^^ 
(vgl.  franz.  banqueroutte  aus  bancherotto  und  caresse  aus  i 
carezza),  wäre  hier  nicht,   wie  im  limous.   mout  und   andre- 
scits    im   gredner.    mul    die    spezielle  Bedeutung    von   mutil 
(mit    abgestumpften  Hörnern)    wieder    vorhanden.     Auch 
deutschem   mutzen  (Diez  a.  a.  0.)    ist   nur   ein  Teil    der 
Wörter  vereinbar  (nicht  z.  B.  mul,  mout).    Mit  einem  *muti 
(vgl.  mut-icus)  vertrüge  sich  nur  mozzo  mos  und  etwa  mousst 
noch  weniger  Formen  wären  von  murc-us  (s.  Georges  s.  v.) 


Vulgarlateiniscke  Substrate  romanischer  Wörter.       127 

zu  erklären.  —  Das  mm.  Wort  ist  seinen  Bedeutungen  nach 
aus  mutilus  schwer  zu  entwickeln. 

Die  beliebte  Ableitung  *mut(i)l-o-nem  im  Sinne  von 
Hammel  (s.  Diez,  Et.  Wt.  I  montone;  Flechia  im  Arch.  gloti 
II  340),  die  für  span.  moton,  cat.  moltö,  prov.  moltö,  altfranz. 
molton,  franz.  mouton,  picard.  monton;  ital.  montone  Widder 
venet.  molton  (Bonvesin  molton),  sicil.  muntuni  zu  Grunde  ge- 
legt wird,  der  aber  bei  Ducange  seit  dem  8.  Jahrh.  multo-nem 
gegenüber,  und  nur  sehr  spat  belegtes  mutilo-nem  zur  Seite  steht, 
hat  das  Bedenken  gegen  sich,  dafs  die  Endung  -on-em  in  dem 
vorliegenden  Sinne,  weder  lateinisch  noch  romanisch  sich  mit 
Eigenschaftswörtern,  vielmehr  nur  mit  Hauptwörtern  vereinigt. 
Wo  das  erstere  der  Fall  zu  sein  scheint  (z.  B.  ital.  bos-one 
Art  Trompete  aus  buso  leer,  Loch),  hat  das  Adjektiv  zugleich 
substantivische  Bedeutung,  und  diese  ist  bei  mutilus  so  wenig 
nachzuweisen,  wie  die  bei  *niutilonem  für  mutilus  voraus- 
gesetzte: kastriert.  Es  ist  daher  fraglich,  ob  nicht  für 
mittellat.  mult-o  ein  Grundwort  fremder  Herkunft  mult-  = 
Hammel  (vgl.  tirol.  mot  =  Hammel)  den  Ausgangspunkt 
bildete.  Seine  Heimat  würde  das  keltische  Gebiet  gewesen 
sein.  Denn  im  Span.,  das  den  Hammel  carnero  nennt,  ist 
moton,  weil  lautregelwidrig,  franz.  Lehnwort;  auf  denselben 
Ursprung  weist  im  ital.  montone  Widder,  Bock  das  n  bin, 
wodurch  volksetymologisch  molton  als  der  „Be Springer"  (nach 
mont-are  bespringen)  gedeutet  wurde  (ebenso  picardisch). 
tittum  zu  mutt-ire,  nach:  cat.  mot  Ausspruch,  Wort,  prov. 
mot  (Donat.  proenz.),  altfranz.  mot  mot. 

S.  Diez,  Et.  Wt.  I  motto;  s.  noch  Georges,  mutmut.  Das 
span.  und  port.  mote,  Spruch,  geben  durch  abgeleitete  Bedeutung 
und  ausl.  -e  für  -o  (vgl.  span.  brulote  bigote  aus  franz.  brülot 
bigot)  ihre  Herkunft  aus  dem  Franz.,  das  ital.  motto,  Spruch, 
lenselben  Ursprung  durch  Bedeutung  und  o  statt  o  zu  erkennen. 
?tkr  eine  Wiederholung  auf  italienischem  Boden  der  Verände- 
"u.Dg  des  p  zu  o,  die  sich  in  französischen  Texten  noch  ver- 
folgen läfst  und  im  Franz.  vereinzelt  dasteht,  ist  ein  Grund 
licht  zu  ersehen.  Das  südital.  muttu  mutto  zeigt  u  für  ital.  o, 
wie  sicil.  murra  =  ital.  mora,  murga  =  ital.  mqrchia  u.  a. 
rxa  Docht,  im  span.  mecha  Docht,  Lunte  (daher  port.  mecha; 
fcat.  metxa  Lunte),  prov.  mecha  mecca,  neuprov.  auch  netse, 
franz.  meche  mesche,  (daher  ital.  miccia  Lunte;  calabr.  micciu). 


128  G.  Gröber: 

S.  Georges,  s.  v.,  Ducange;  Diez,  Ei  Wt.  I.  miccia.  Die 
nur  Lunte  bedeutenden  Wörter  sind  entlehnt.  Docht  heilst 
port.  pavio,  cat.  bled  ble,  ital.  stopp-ino;  auch  rät.  (lum-elg), 
ruin.  (mucu),  sard.  (zaffo)  bestehen  eigne  Wörter.  Die  Volks- 
üblichkeit  des  griech.-lat.  Namens  scheint  sich  auf  das  Span, 
und  Franz.  zu  beschränken;  er  genügt  aber  mit  seinen  Lauten 
weder  span.  mecha  noch  franz.  meche,  da  z  weder  hier  noch 
dort  zu  ch  wird.  Da  aber  das  span.  und  franz.  ch  verschiedene 
Grundlagen  haben,  mufs  span.  mecha,  für  das  auch  arab.  Ur- 
sprung ausgeschlossen  ist,  auf  franz.  meche  oder  dieses  auf 
jenem  beruhen.  Unvereinbar  sind  ferner  auch  das  prov.  mecca 
(14.  Jahrh.)  mit  dem  franz.  mesche,  das  allerdings  erat  eine 
spätere  Zeit  überliefert.  Nicht  ohne  Gewalt  wären  die  vor- 
handenen Formen  aus  *mesca  *misca  unter  französ.  Ver- 
mittelung  herzuleiten,  worin  aber  berechtigte  Vertreter  des, 
seiner  Bedeutung  und  mittelalterlichen  Verwendung  wegen  von 
den  rom.  Wörtern  kaum  zu  trennenden  myxa  nicht  wohl  ge- 
sehen werden  können. 

N. 

NamnStes  statt  Naninetes,  nach:  franz.  Nantes. 
S.  Georges,  s.  v.,  vgl.  Arch.  II  270  Isara. 

näpus  nach:  sard.  napa  napu,  span.  naho  naba,  port.  nabo,  cat 
nap,  prov.  nab-et,  franz.  nav-et  nav-el,  rum.  napu,   ital.  napo. 
S.  Georges,  s.  v.,  Diez,  Et  Wt.  II0  nabot 

Narböna  =  Narbo,  nach  prov.  Narbona,  Narbouno,  franz.  Nar- 
bonne. 

S.  Georges  s.  v.   Narbo  Narbona. 

nar-ina  aus  naris,  nach:  franz.  narine,  auch  Mundarten. 

Vgl.  Georges:  narin-osus.  Bildung  wie  *pector-ina  Brust 
=  franz.  poitrine  (s.  u.),  radic-ina  (s.  Georges).  Die  altfranz. 
Nebenform  nar-ille,  der  ein  *naricula  entsprechen  würde,  hat 
in  der  latein.  Überlieferung  keinen  Anhalt;  sie  versteht  sich 
durch  Einwirkung  der  franz.  Ableitungen  aus  nasus:  nasille 
nasiller  u.  dgl.  Da  eine  franz.  Bildung  aus  unbezeugtem  franz. 
*ner  für  nar-em  e  in  der  Stammsilbe  haben  müfste,  ausschliefs- 
lich  aber  narine  sich  iindet,  so  ist  narina  als  eine  Form  des 
gallischen  Lateins  aufzufassen.  —  Das  Grundwort  bewahrte 
das  Sard.  (nare  Nase),  das  Altprov.  (nar),  das  Rum.  (nare 
Nasenloch)   und  Ital.  (nare).  —  In  Spanien   wird  nasus  durch 


Vulgarlateinische  Substrate  romanischer  Wörter.       120 

nar-iz  Nase,  Geruch  (span.),  port  nariz,  cat.  nar-iz,  (auch  ital. 
nar-ice  Nasenloch,  ruail.  nar-is)  vertreten,  das,  da  dem  Span. 
Port.  Cat  nar-is  selbst  abgeht,  eine  lateinische  Ableitung  nar- 
ice  in  nar-ix  aus  naris  voraussetzt,  für  die  (das  in  Spanien  fort- 
erhaltene cervix  das  Vorbild  abgeben  konnte,  da  es  nächst 
Nacken  auch  Schlund,  Flaschenöffnung  bezeichnet  und  sich  so 
in  gewissem  Sinne  in  der  Bedeutung  mit  naris  berührt  S.  auch 
natica. 

narrare  nur  im  sard.  narrere  =  sagen;  das  allgemein  rom.  dicere 
wird  im  Sard.  dadurch  ersetzt. 

Vgl.  Georges,  8.  v.  narrare  am  Ende. 

nassa  nicht  naxa,  nach:  sard.  nassa,  span.  nasa,  port.  nassa 
neuprov.  nasso,  franz.  nasse,  nanse,  rät  nassa,  ital.  nassa 
Fischreufse. 

S.  Georges,  s.  v.;  naxa  hätte  im  Port,  neiso,  frauz.  naisse 
ergeben. 

natica  aus  natis,  nach:  sard.  natica,  span.  nalga,  port  nadeca, 
prov.  natja  (nagga),  altfranz.  nache,  franz.  nage,  ital.  natica, 
friaul.  nadie. 

S.  Diez,  Et.  Wt  I  8.  v.  Das  Grundwort  geht  den  rom. 
Sprachen  ab.  S.  Ducange  s.  v.,  Hildebrand,  Gloss.  lat  S.  216 
nates,  Lowe,  Prodrom.  409;  Gloss.  nom.  S.  38.  58. 

nasturcium  nur  sard.  martuzzu,  span.  mastuerzo,  port  mastruco; 
neuprov.  nastoun,  wallon.  mastouche;  sicil.  mastrozzu,  venet 
nastruzzo,  piemont  bistordd 

S.  Georges,  s.  v.,  Diez,  Et  Wt.  I  nasturzio  und  Anhg.  ma- 
stouche. In  den  andern  Sprachen  in  gelehrter  Form  oder  volks- 
etymologisch entstellt  Rom.  o  =  lat.  u.  Nur  die  mit  dem  Span, 
in  Beziehung  stehenden  Sprachen  zeigen  m  für  n. 

natta  für  matta  (Flechte,  Decke;  rom.  auch  Rahm  u.  s.  w.)  nach: 
span.  nata,  port  nata,  cat.  nata  Rahm;  neuprov.  natta  Decke, 
franz.  natte  Flechte,  Decke;  ital.  natta  Flechte,  lomb.  natta 
schlechter  Käse. 

S.  Ducange  natta;  Diez,  Et  Wt.llb  nata,  11°  natte;  Zeitschr. 
f.  rom.  Phil.  IV  563,  V  564;  VI  121  zur  Bedeutung.  Altfranz. 
noch  matte  Käse,  daher  mat-on  geronnene  Milch,  daher  cat.  inatö. 
Das  auf  den  drei  Hauptgebieten  der  rom.  Sprachen  begegnende 
n  in  Verbindung  mit  der  weitverbreiteten  abgeleiteten  Be- 
deutung des  Wortes  deutet  auf  frühzeitige  Veränderung  des 
Anlauts    von    matta   hin.   —    Matta,    Decke,    besteht   daneben 

Archiv  für  lat.  Loxikogr.  IV.  Hüft  1.  0 


130  G.  Gröber: 

französ.,  italien.  und  deutsch.  —  Erst  romanisch  dürfte  nappa 
statt  mappa,  Vortuch,  gesagt  worden  sein  (s.  Diez,  Et  Wt  11° 
nnppe).  In  Spanien  wird  es  durch  andere  Ausdrücke  ersetzt; 
ital.  lautet  es  noch  mappa  Tischtuch,  piemont.  mapa;  nur 
franz.  nappe  (neuprov.  nappa)  Tischtuch,  jedoch  wallon. 
inapp,  —  und  freilich  auch  albanes.  nappe-a  Käsetuch.  Das 
rat.  nappa  wird  durch  das  deutsch-schweizerische  Nappe  mit 
dorn  franz.  nappe  vermittelt.  Ital.  nappa  Quaste,  =  lomb.  mappa 
ist  mit  der  latein.  Bedeutung  wohl  zu  vermitteln;  ob  aber  nicht 
auch  an  napus  (s.  o.)  gedacht  werden  darf,  mit  dem  sich  der 
Begriff  eines  kugeligen  in  Faden  auslaufenden  Korpers  verbindet, 
bleibt  zu  erwägen. 

nanclerus  und  nauticarius  Schiffführer,  nach:  1)  ital.  nocchiere 
idaher  sieil.  muWtieri):  2)  prov.  nauchier  (danach  cat.  nauxer, 
altspan.  naucher  nauchel>:  franz.  nocher. 

S.  Georges  s.  vv.f  Diez.  Et.  Wt.  I  nocchiere,  Förster  in 
Zeitsehr.  f.  rom.  Phil.  111  566.  Der  eigentliche  Ausdruck  für 
den  Begriff  in  den  rom.  Sprachen  ist  marinarius.  Den  rom. 
Mundarten  fehlt  das  Wort.  Auch  ital.  nocchiere  (übrigens 
schon  bei  PanteN  und  franz.  nocher  'erst  seit  16.  Jahrh.  be- 
kannt  \  sind  nur  poetische  Benennungen,  wahrend  prov.  nauchier 
iCarbonel  de  Marseille,  li*.  JahrlO  volksüblich  gewesen  zu 
sein  scheint  ^prov.  naucler  nur  in  Übersetzung« werken).  Da 
prov.  franz.  eh.  ital.  chi  sich  nie  in  demselben  Gruudlaute  be- 
iiegneu.  erstres  nur  eh  letzteres  nur  «Cons.-  +  ca  entspricht, 
so  liegen  verschiedene  Etyma  zu  Grande.  Nauclerus  schlug 
sich  in  Italien  :\\  den  Wortern  auf  -Srium  twie  monast^ro 
—  inonasterir.irA  Per  I.ehnwortchararakter  des  span.  cat 
Nomons  Heer  auf  der  Haiui:  av.eh  franz.  nocher  kann  aus  dem 
Süden  stammen    v*;!.  prov.   Aurenga.  franz.  Orange). 

uaviceüa  nicht  v.a.ueiia.  r.a*h:  :'ran.\  nacelle  (daher  neuprov. 
iisce'.'o.  spar.,  r.acisa  .  i:a"..  r..iv:oeI".a,  ^ergani.  naizella. 

>-  Georges,  s.  v..  P-.s*.\  K:.  W:.  W  nacelle.  Da«  einfache 
W^r:  r.t*:  trar.r..  lere  v..i:  — ■  :.iv:s  -r^^-chte  eine  solche  Ab- 
"e::*.:r.e  r.u/.:    l:v.  V:-av:.  w;:>:  „■.  *.:v.  l-rr^-i:^.  a-i  naueella  zurück. 

r.eV  .*  -■  v.c :  ■.:"*,  :•*.::;  >srl  ..■;:;'.&  .  >:\sil  sie&a.  ^port.  nevoa); 
ca:.  y.ev.'.a  M*r..:a:..  K.:;">  ;:  **:  ..  yrov.  sebl*  neula.  altfranz. 
v.sv:*-.*.    :•;•;::>:    v:*K:\   ri.:    :.?.•  ä.     ?:::..   n«^ra  .  ital.  nebbia. 

>   v:;vrci*s.  *    * .   *v-     **-'    ^  ■    "  r.^v^A.     Das  sardische 


Yulg&rlateinische  Substrate  romanischer  Wörter.        131 

Wort  stammt  von  dem  gleichbedeutenden  catalan.  Portug. 
nevoa  ist  zu  beurteilen  wie  niagoa  (s.  Arch.  III  520;  vgl.  S.  508), 
wie  artigo  (artigo-o)  neben  artelho  =  articulus;  insua  und  ilha 
=  insula,  cfr'abo  (diabo-o)  =  diabolus,  tavoa  =  tabula;  zum  Teil 
gleichbedeutend  ist  cerrafäo.  Das  rum.  Wort  ist,  nach  staulu 
«=  stabulum,  fauru  =  faber  beurteilt,  entlehnt  und  zeigt  wie 
ital.  nugolo  =  novolo  lat.  nubilus  (rum.  nouru)  ein  noch  zu  er- 
klärendes g  für  -b-. 

neb'lus  Hühnergeier,  nach:  (altspan.  nebli  Edelfalke,  s.  Baist, 
Don  Manuel  S.  114;  pori  nebri),  altfranz.  nieble;  ital.  nibbio, 
sicil.  nigghiu,  mail.  nibbi,  bologn.  nebbi. 

Vgl.  Diez,  Et  Wt.  I»  nibbio,  Förster,  Lyon.  Yzopet  S.  139. 
Zusammenhang  mit  miluus  (*mivlus)  ist  wegen  \  das  nur  für 
liibbio  sich  fügt,  zweifelhaft. 

necare  ertranken,  nach:  span.  a-negar,  cai  a-negar,  altprov.  negar, 
franz.  noyer,  altfranz.  neier,  rät.  nagar;  rum.  a  in-neca  ersticken, 
ital.  an-negare;  ven.  negare. 

S.  Georges,  s.  y.,  Diez,  Et.  Wt.  I.  In  derselben  Bedeutung 
bei  Gregor  von  Tours.  Wohl  verkürztes  e-neeare,  das  in  den 
Formen  mit  a-,  in-  noch  erhalten  zu  sein  scheint.  Das  Präfix 
fehlt  nur  in  Frankreich  und  im  Rät 

nee  und  neque,  nach:  1)  sard.  nen,  span.  ni,  port.  ne-m  (wegen 
näo  =  non?),  cat.  ni,  prov.  ne  ni,  franz.  ni,  rat.  ne,  ital.  ne; 
2)  rum.  nid. 

Neque  nur  rtfm.  (vgl.  rum.  ci  =  quid). 

nec'unus  keiner,  nach:  span.  ninguno  (port.  nenhum),  cat.  ningun,  , 
prov.  negus,  altfranz.  negun,  rät.  naginn. 

Vgl.  Diez,  Et.  Wt.  I  niuno.  Die  Verschmelzung  ist  vor- 
romanisch, nach  der  Darstellung  des  c  als  g.  Die  romanischen 
Bildungen  mit  nee,  das  schon  in  den  ältesten  rom.  Texten  ohne 
c  auftritt  (9.  Jahrb.),  zeigen  keine  Spur  von  c  mehr:  prov. 
ni-ent  (ni  -(-  ent-em),  altfranz.  ne-ull  (ne  +  ullus),  ital.  ni-uno 
(ni  +  uno). 

Nemausu8  =  Nipavöog,  nach:  prov.  Nemze,  franz.  Nim  es. 

S.  Georges,  s.  v.   Die  griechische  Betonung  liegt  zu  Grunde. 

nemo  nur:  sard.  nemus,  rum.  nime  und  in  ital.  Mundarten  nimo, 
nimmu  (cors.). 

S.  Georges  s.  v.,  Diez,  Et  Wt.  II*  nimo. 

n€pta  und  nSptia  =  neptis,  nach:  1)  sard.  nepta,  span.  nieta 
(dazu  nieto  Enkel),  port.  neta  (dazu  neto  Enkel),  cat.  net  (msk.!); 


132  G.  Gröber: 

prov.  nepta  und  netsa,  franz.  niece,  rät.  niazza  nezza,  itaL  nezza; 
calabr.  niepita! 

S.  Diez,  Et.  Wt.  IIC  niece.  Nepta  z.  B.  CIL.  X  No.  7645 
(Sardinien);  nepta  CIL  V  2208  (s.  Index);  vgl.  Arch.  glott 
ital.  III  281  zu  neptia.  Nepta  in  den  älteren  Sprachen  bis 
Proveuz.,  von  da  ausschließlich  nepta.  Das  picard.  en- nette 
stellt  für  uen-ette  nin-ette  Base,  Kindchen  (Corblet,  Gloss.  dn 
patois  picard),  gehört  also  nicht  hierher,  sondern  zu  ninna  (s.  u.). 

nSrvus  nerviuru  nach:  sard.  nerviu,  span.  neryio,  niervo,  port 
nervo,  cat.  nirvi,  prov.  nervi;  franz.  nerf,  Genf  nierfe,  picard. 
uier,  rät.  nierv,  rum.  nevru,  ital.  nerbo,  nervo. 

S.  Georges,  s.  v.,  Di^z,  Et.  Wt.  IIb  nervio;  nervio  bis  zum 
Prov.;  rom.  ie  =  lat  6. 

nSscius  (Marx)  nach:  span.  nez-ucla,  port  nec-ear  albern;  cat. 
neci,  prov.  nesci;  franz.  nice  niche,  ital.  ngscio  n§sci. 

S.  Georges  s.  v.  In  Spanien  ist  das  Wort  einheimisch, 
aber  die  Qualität  des  e  ist  fraglich;  das  cat.  prov.  nesci  ist 
Lehnwort;  dem  Auslaut  zufolge  auch  das  franz.  Wort,  das  ital. 
verrät  sein  Alter  nicht. 

nespilum  mespilum  (Marx)  nach:  span.  nespera,  port.  nespera, 
cat.  nespla,  prov.  nesple,  altfranz.  nesple,  franz.  nefle,  Mons 
neppe,  picard.  neple,  rum.  nespilä,  ital.  nespola,  sicil.  nespula, 
friaul.  gnespul. 

S.  Georges,  s.  v.  mespilum,  Diez,  Et.  Wt.  I  nespola.  Die 
Nebenformen  des  französischen  Nordens  (wallon.  mese  mespe, 
picard.  meille  mesle,  norm,  meille)  stehen  unter  dem  Einflüsse 
des  botanischen  Namens  um  so  eher,  als  die  M.  zu  den  Kultur- 
pflanzen zählt. 

ntmbus  (Marx)  nur  ital.  nembo,  Kegengufs  u.  s.  w. 

S.  Georges,  s.  v.;  port.  nembo  hat  andere  Bedeutuug  nnd 
daher  andre  Grundlage. 

ninna  nach  sard.  ninna  Wiege,  span.  niiia  Augapfel,  nino  Kind; 
port.  fazer  nina  schlafen,  niuha  Wiege;  cat.  nina  Pupille,  Puppe; 
rät.  ninar  einwiegen,  ital.  ninna  Kind,  Wiegenlied  u.  8.  w., 
ninnar  einwiegen. 

S.  Diez,  Et.  Wt.  I  ninna.     S.  auch  oben  nepta. 

nitidus  nach:  (sard.  nettu),  (span.  neto);  port.  nedeo  feist,  cat 
net,  prov.  nepte  net,  franz.  net,  rät.  nett  rein,  neidi  unbehaart, 
glatt,  rum.  netedu,  ital.  netto. 

S.  Georges,  s.  v.,  Diez,  Et.  Wt.  I  netto.    Die  kurze  Form 


Vulgftrlateinische  Substrate  romanischer  Wörter.        133 

erscheint  der  Verbreitung  nach  als  vorromanisch.  Sard.  uettu 
ist  jedoch  aus  dem  Ital.  genommen;  das  span.  Wort  Gallien 
(vgl  altspan.:  pudio  =  putidus);  das  rät.  neidi  zeigt  mit  port 
nedeo  (vgl.  tivio  =  tepidus)  und  der  rum.  Form  den  Fortbestand 
des  unverkürzten  nitidus  auf  allen  rom.  Sprachgebieten  an.  Rät. 
net  ist  Lehnwort  Nach  ital.  putto  (putidus)  gehört  net  aber 
nicht  ausschliesslich  Nordfrankreich  an.  Hiernach  ist  das  Arch.  I 
540  über  nitidus  Bemerkte  zu  berichtigen,  wiewohl  sich  für 
die  dortige  Auffassung  z.  B.  auch  span.  nov-io  zu  novus  an- 
führen liefse. 

nivare  schneien,  nach:  sard.  nivare,  span.  nevar,  port.  nevar, 
prov.  nevar;  bologn.  nVar. 

Läfst  sich  wohl  aus  nivatus  folgern  (s.  Georges  8.  v.);  das 
rom.  Partizip  besagt  ebenfalls  „durch  Schnee  gekühlt".  Aus 
ihren  Formen  für  nix  konnten  die  obigen  rom.  Sprachen  aller- 
dings das  Verbuiu  selbst  ziehen;  aber  sie  bilden  hier  wiederum, 
abgesehen  vom  bologn.  n'var,  eine  chronologische  Reihe.  Nach 
dem  rat.  Gebiet  gelangte  nivere  (=  neiver),  in  Rumänien 
blieb  ningere  (=  a  ninge);  Frankreich  und  Italien  haben  uu- 
bezeugtes  nivicare  =  ital.  nevicare,  franz.  neiger  übernommen; 
daher  franz.  neige  Schnee  (anders  Diez,  Et.  Wt  11°),  wie  prov. 
liiva  Schnee  von  nevare.  Von  neif  noif  =  nivem  konnte  das 
Franz.  nicht  zu  neiger  selbst  gelangen. 

nivem  nix,  im  Sard.  nie,  span.  nieve,  port.  neve,  cat.  neu,  prov. 
n$u  ni§u,  altfranz.  neif  noif,  rät.  neiv,  rum.  ueä,  ital.  neve. 

S.  Georges,  s.  v.  Hier  nur  erwähnt  wegen  des  span.  ie 
för  1;  8.  dazu  Arch.  III  512.  Ebenso  ist  das  prov.  ni§u  (rei- 
mend mit  bri$u  =  brevem)  zu  verstehen.  Das  Ztschr.  f.  rom. 
Phil.  IX  482  erwähnte  nif  dürfte  sich  ebenfalls  an  levare  an- 
geschlossen haben.  Das  bergamask.  nif  versteht  sich  wie  berga- 
mask.  bif  =  bibere. 

nöbilis  lautet  sard.  nobile,  span.  noble,  port  nobre,  prov.  noble, 
franz.  noble,  rät  niebel  nobel  edelgeboren,  edel,  ital.  nobile, 
sicil.  nobbili  u.  s.  f. 

S.  Georges,  s.  v.;  vgl.  Förster  in  Zeitschr.  f.  rom.  Phil. 
III  562.  Die  Behandlung  des  o  im  Franz.,  Rät,  Ital.  deutet 
nur  scheinbar  auf  Umwandlung  des  lat.  o  vor  Labial  zu  Q  (vgl. 
Arch.  II  425  flovius;  o.  S.  118  mobilis).  Aber  da  bei  Buch- 
wörtern derselbe  Wandel  sich  beobachten  läfst,  und  z.  B.  glö- 
ria    vietöria,   rät.   gliergia,    franz.    victqire    werden,    bei  sicil. 


134  G.  Gröber: 

nobbili  die  Konsonantendoppelung  das  ital.  Lehnwort  kenntlich 
macht,  und  bei  span.  noble  (vgl.  inueble,  o.  S.  118)  nicht  von 
8  die  Rede  sein  kann,  so  entfallt  das  Wort  aus  der  Reihe  der 
rom.  Erbwörter. 

nöctem  nöx  (Marx)  nach:  sard.  nocte,  span.  noche,  port.  noite, 
cat.  nit,  prov.  nuech,  franz.  nuit;  rät.  uoig,  rum.  uopte,  ital.  notte. 
S.  Georges,  s.  v.    Rom.  o  ue  ui.  =  lat.  Ö. 

nöctanter  nur  im  Franz.  nuitantre. 

8.  Georges,  s.  v.  Bei  Diez,  Et.  Wt.  II0  mit  anderer  Er- 
klärung. 

Nöla  (Georges)  Ncoka  steht  gegenüber  ital.  Nola,  während  ö  in 
gleicher  Stellung  sonst  als  ital.  o  erscheint  (sölus  a  =  solo  a). 

nön  1)  im  Sard.  non,  span.  no,  port.  näo,  cat.  no,  rum.  nu. 
2)  prov.  non  nein,  no  nicht;  altfranz.  non  nein,  neu  ne  nicht; 
ital.  no  nein,  non  nicht. 

S.  Georges,  s.  v.,  Diez,  Et.  Wt.  II0  ne.  Die  Fornienspal- 
tung  ist  nur  gallisch  und  italisch,  und  die  kurze  und  lange 
Form  dienen  gerade  entgegengesetzten  Zwecken;  die  Spaltung, 
für  die,  wie  bei  der  Behandlung  des  Vokals,  die  proklitische 
Verwendung  entscheidend  war,  ist  daher  erst  romanisch. 

nönnus  a,  nach:  sard.  nonnu  nonna  Pate,  -in,  span.  fiofio  stein- 
alt, neuprov.  nono  Nonne,  Großmutter,  altfranz.  nonne,  -ain 
Nonne;  ital.  nonno  Alter,  nonna  Grofsmutter,  sicil.  minnu  a. 
Vater. 

S.  Georges,  s.  v.,  Diez.  Et.  Wt.  I  nonno;  und  belegt  von 
Schuchardt  11  117;  abgesehen  vom  Sicil.  besteht  o  =  lat  ö; 
vgl.  oben  muttum. 

noptia  =  nuptiae,  nach:  (cat.  noces),  prov.  nossas,  franz.  noce, 
rät.  noazza  nozza,  ital.  nozze. 

S.  Georges  s.  v.,  G.  Paris  in  Romania  X  397  f.  Nur  in 
Gallien  und  Italien.  Novus,  das  man  in  einen  etymologischen 
Zusammenhang  mit  nuptiae  (vgl.  neuvermählt  =  vermählt) 
brachte  (vgl.  nova  nupta,  Georges  s.  v.  mibo),  bewirkte  die  Um- 
bildung von  ü  zu  8  nicht  nur  (G.  Paris,  1.  c),  sondern  trat  in 
Spanien  und  Südfrankreich  auch  an  Stelle  von  nupta,  -us  in 
der  Form  nov-io  (vgl.  lat.  Nov-ius)  Neuvermählter,  -e,  port 
noivo  a,  cat.  novi,  prov.  novi,  dazu  prov.  novia  Hochzeit.  Nup- 
tiae verblieb  nur  Sardinien  (nunsas),  das,  wie  das  Rum.,  aus 
nupta  daneben  die  Form  nuntas  (rum.  nuutä)  gewann. 

nöra  =  nurus,  nach:  span.  nuera,  port.  nora,  cat  nora,   prov. 


Vnlgarlateiniscbe  Substrato  romauischer  Wörter.        135 

nora  (Donai  proenz.),  altfranz.  nore,  rum.  norä  noru,  ital.  nuora, 

mail.  pceura,  sicil.  nora. 

S.  Georges,  s.  v.  nurus;  Arch.  III 262  nur-u-a  (sie),  Schuchardt, 

Vok.  II  160,  Diez,  Et.  Wi  I  nuora;  Rom.  ue  uo  o  =  lat.  Ö. 
nöscere  (Marx)  nach:   sard.  conuo schere,   span.  conocer,   poct. 

conhecer,  cat  coneixer,  prov.  cono  isser,  altfranz.  conoistre,  rät. 

au-canuscher,  rum.  a  eunosee,  ital.  conoscere. 
S.  Georges,  s.  v.;  Rom.  o  =  lat.  ö. 
nötare   und   natare  schwimmen,   nach:    1)  sard.  nadare,   span. 

nadar,  port.  nadar,  prov.  nadar;  2)  altfranz.  no-er,  rät.  nudar, 

rum.  in-nota,  ital.  nuotare,  bergairu  nodä,  mail.  nodä  (neapol. 

natare),  albanes.  nottieni. 

S.  Georges  natare,  Diez,  Et.  Wt.  I  nuotare;   Schuchardt, 

Vokal.  I  175,  III  89.     Natare  bis  zum  Provenzalischen  (ein- 

sehliefslich  neapol.);  notare  vom  Französ.  an. 
nÖster  (Marx)  nach:   sard.  nostru,   span.  nuestro,    port.  nosso, 

cat.  nostre,  prov.  nostre,  altfranz.  nostre,  rät.  noss,  rum.  nostru 

noastra,  ital.  nostro,  friaul.  nestri. 

S.  Georges,  8.  v.    Rom.  o  ue  =  lat.  8.    Die  portug.  Form 

ist    hervorgerufen    durch   Anlehnung   an  das   Demonstrativuni 

esse  a  os  as  (ipse  a,  u.  s.  w.),  wie  ese  a  (ipse  a)  im  Span,  das 

volksübliche  nues-o  zu  nuestro  treten  liefs. 
novac'la  =  novaculum,  nach:  span.  navalha,  port.  navalha,  cat. 

navaja  Schermesser. 

S.  Georges,  s.  v.,  Diez,  Et.  Wt.  IP  nur  in  Spanien.    Ob  damit 

altprov.  nau,  Beil  zum  Behauen,  in  Verbindung  steht? 
liücem  nux,  nach:    sard.  nughe,  span.  nuez  (nog-al),   port  noz 

(nog-ueira),  cat.  nou,  prov.  notz,  franz.  noix,  rät.  nusch,  rum. 

nueu,  ital.  noce. 

Allgemeinrom.  o,   also  lat   ü.     Vom  Span,  nog-al  weicht 

nuez  ab;  vgl.  Arch.  II 426  font-em.   Ursache  dieser  Ausweichung 

wird  sein,  dafs  o  und  ue  im  Wortstamme  wechseln,  und,  wie 

ruego  bitte,  rogar  bitten,  huego  hogar  Feuer,  Herd,  lwego  logar 

Ort  bestand,  so  auch  nuez  (statt  noz)  zu  nö^-al  (Nufsbaum)  die 

berechtigte  Form  zu  sein  schien. 
Nüceria  nicht  Nüceria,  nach  ital.  Nocera. 

S.  Georges,  s.  v.    Die  rom.  Form  entspricht  der  Messuug 

bei  Paulinus  von  Nola. 
nüc'la  =  nueula,  nach  ital.  nocchia  grüne  Haselnufs,  friaul.  uole. 
S.  Georges,  s.  v.     Das   einem  ü   sonst  nicht  entsprechende 


136    G.  Gröber:  Vulgftrl  ateinischc  Substrate  roman.  Wörter. 

o  kehrt  wieder  im  Ital.  bei  nodo  Knoten,  Knöchel,  Knorren  = 
nödus  (gegenüber  sard.  nudu,  span.  nudo,  port.  no  d.  i.  no-o, 
prov.  notz,  altfranz.  neu,  neufranz.  noeud,  rät.  nuv)  nnd  bei  dem 
gleichbedeutenden   nocchio,    das  jedoch   nicht  =  nodulus  (s. 
Georges  s.  v.)   ist,   da  d'l  nicht  zu  cchi  wird,  noch  auch  von 
nucleus  Kern  (trotz  Diez,  Et.  Wt.  II*)  hergeleitet  werden  kann, 
da    die  Bedeutungen    sich    nicht   decken,   (auch  gnoeco  Mehl- 
klofs   wird   unrichtig   daher   von  Caix   abgeleitet;   8.  Diez,  Et. 
Wt.  IIR  Anhg.;  vgl.  damit  das.  IIa  gnoeco).    Der  nur  ital.  o-Laut 
bei  nodo  schreibt  sich  her  vom  gleichbedeutenden  ital.  nocca 
Knöchel  (s.  die  Herleituug  des  Wortes  bei  Diez,  Et.  Wt  II*) j 
als  Deminutiv  davon  ist  nocchio  (vgl.  dtsch.  Knöch-el)  aufzu- 
fassen; nocchia  scheint  in  diesen  Wortkreis  infolge  seiner  Be- 
deutung hineingezogen  worden  zu  sein. 

nügalis  nicht  nöga-,  nach:  prov.  nualla  Possen,  altfranz.  uuak 

S.  Georges,  s.  v.    Diez,  Et  Wt.  II0  nualh;  u  ü  entspricht 

lat.  ü.     Port,  nuga  und  ital.  nuga  mögen  Buchwörter  sein.     . 

null us  (Marx)  nach:  (sard.  nudda  Null;  span.  nulo  nichtig:  ge- 
lehrt; ebenso  port.  nullo  nichtig);  cat.  null,  prov.  nul,  franx. 
nul,  rat.  nul  (nicht  nil),  ital.  nullo,  sicil.  nnddu. 

S.  George 8,  s.  v.    Wenn  auch  das  franz.  nul  aus  altfrant 
ne-ul   kommen   und  rät.  nul  in  Abzug  zu  bringen  sein  mag) 
auch  span.  nulo  nach  Form  und  Bedeutung  zum  Zeugnis  nicht 
zuzulassen   ist   und  sard.  nudda  in  seiner  Vereinzelung  (nudd** 
fehlt)  nicht  Erbwort  sein  mag,  so  wird  ü  doch  von  der  pro^- 
ital.  Form  hinreichend  gestützt. 

Nürsia  nach:  ital.  Norcia. 

» 

S.  Georges,  s.  v.  Ital.  o  nicht  =  lat.  ü. 
nütrire  nütrix,  nicht  nütrire  nütrix  nach:  sard.  nudrire;  (span. 
nutrir  nutriz)  nodriz-a;  (port,  nutrir  nutriz);  cat.  nudrir  notrir, 
nudriss-a;  prov.  noirir  noiriss-a  (auch  noirim  ■=»  nütrimen); 
franz.  nourrir  nourric-e  (nourrain  =  prov.);  rät.  nudrir,  nuors-a 
nurs-a  Schaf  (vgl.  Arch.  glott.  VII  541;  Schuchardt  im  Lite- 
raturbl.  f.  gerni.  u.  rom.  Phil.  1887  S.  20);  runi.  nütrire;  ital. 
nodrire  (nütrire),  nodrice  (nutrice). 

S.   Georges,  s.  v.  v.;    Schuchardt  Vokal.  II  186.   III  225. 
Die  Erbwörterformen  deuten  auf  ü. 

(Wird  fortgesetzt.) 

tftral'sburg  i.  E.  G.  Gröber. 


Miscellen. 
Randglossen  zn  Archiv  III  355 ff. 

Hochverehrter  Herr  Kollege! 

Ihre  Aufforderung  zu  einer  Miscelle  für  den  vierten  Jahrgang 
des  Archivs  traf  bei  mir  fast  gleichzeitig  mit  dem  Doppelschlufs- 
hefte  des  dritten  ein.  In  demselben  zog  mich  namentlich  der  Auf- 
satz über  die  historischen  und  geographischen  Sprichwörter  von  A.  Otto 
tn  und  da  sich  mir  bei  der  Durchlesung  desselben  ungesucht  einige 
meinem  nächsten  Stadienkreise  entspringende  Bemerkungen  ergaben, 
so  will  ich,  um  Ihrem  freundlichen  Wunsche  einigermafsen  zu  genügen, 
Ihnen  dieselben,  wie  ich  sie  nach  der  Reihenfolge  der  Seiten  stans 
pede  in  uno  aufgezeichnet  habe,  zu  dem  gedachten  Behufe  mitteilen. 
Ich  hoffe,  dafs  sie  Ihnen  dazu  geeignet  erscheinen  werden;  nicht 
minder  hoffe  ich  freundliche  Aufnahme  derselben  auch  von  dem  Ver- 
fasser jenes  Aufsatzes,  dessen  treffliche  Arbeiten  ich  mit  dem  warmen 
hteresse  begleite,  das  ich  ihm  seit  dem  Beginn  seiner  Studienjahre 
unausgesetzt  zugewandt  habe. 

8.  366.    Den  Titel  der  varronischen  Satire  bei  Non.  S.  40,  1  M. 
wird  man  nach  der  Überlieferung  *Idem  Atti  quod  Tetti',  nicht  *Idem 
Atti  quod  Titi'  schreiben,  wie  schon  Gerlach  sah;  dasselbe   ist  auch 
hei  Öellius  III 16, 14  und  entsprechend  im  vorhergehenden  Paragraphen 
Attio  idem  quod  Tettio  ius  esto'  herzustellen;  s.  meine  Anm.  zu  §  14, 
Wo  sich  auch  sonst  einiges  zur  Ergänzung  der  ähnlichen  vom  Vf.  beige- 
brachten formelhaften  Verbindungen  römischer  Geschlechtsnamen  findet. 
8.367.  .Zur  pugna  Osculana   bei  Pest.    S.  197  M.   konnte   auf 
Mercklins    Abhandlung    darüber    in    einem   Dorpater   Programm   von 
1854   und    meine   Anzeige    desselben   in    den  Jahrbüchern   f.    Philol. 
LXXI334ff.  verwiesen  werden,  S.  373  zu  Hör.  epp.  I  17  v.  36  und 
dem  entsprechenden    griechischen   Sprichwort   Ov    navxog   ccvöqbg    ig 
J&fyvfrov  fofr'   o  nXovg  auf  Osann  Philolog.  VI  671  if. 

8.  377.  Der  Vers  aus.  dem  Quintus  des  Titinius  bei  Pest.  8.  v. 
Obscum  S.  189  M.  ist  überliefert:  *Qui  Obsce  et  Volsce  fabulantur, 
*am  Latine  nesciunt'  und  steht  so  auch  bei  Ribbeck  (fr.  VII  CRF* 
8.148;  'Opsce'  L.  Müller  Q.  Ennius  S.  21 6  f.). 

8.  378.  Dafs  nicht  nur  Capua  wegen  seines  Luxus,  sondern 
flafe  daselbst  auch  die  salbenduftende  Strafse  Seplasia,  in  der  die 
lniguentarii  ihren  Sitz  hatten,  sprichwörtlich  war,  konnte  bei  den 
Ktaten  aus  Varro  und  Cicero,  die  unter  Capua  erscheinen  und  aus 
däten  es  sich  ergiebt,  wohl  noch  ausdrücklich  bemerkt  werden:  vgl. 


138  M.  Hertz  -  0.  Keller. 

noch  aufser  den  sehr  unvollständig  bei  Festus  S.  317  M.  erhaltenen 
Versen  eines  Komikers  (ine.  poet.  Adelph.  .  .  Ribbeck  CRP*  S.  112),  in 
denen  jedenfalls  eine  entsprechende,  wenn  auch  dem  Wortlaute  nach 
nicht  sicher  wiederherzustellende  Äufserong  steckt,  Cic.  pro  Sestio 
§  19  alter  (sc.  L.  Piso)  capillo  ita  horrido,  ut  Capua  .  .  Seplasiam 
sublaturus  videretur,  sowie  die  in  dem  citierten  Paragraphen  (§  24) 
der  Pisoniana  vorhergehenden  Worte:  Seplasia  mehercule,  ut  dici 
audiebam,  te  ut  primum  adspexit,  Camp  an  um  consulem  repudiavit 
und  das  varronische  vielumstrittene*)  'Postumi  cui(?)  Seplasia  fetet'. 

El>endas.  Wie  das  Oskische  und  Volskische,  so  durfte  auch  neben 
der  Ruhmredigkeit  der  Pränestiner  ihre  Sprache  hier  berücksichtigt 
werden  nach  Plaut.  Truc.  v.  690  f.  (III  2,  22  f.),  wo  Stratulax  das  von 
ihm  statt  'arraboneni'  gebrauchte  'rabonem'  rechtfertigt  mit  "A'  facio 
lucri,  Vt  Praenestinis  *conea'  (s.  G.  Loewe  ASPhL  II  474)  pro  'ciconia' 
und  Trin.  v.  609  (III  1,8)  'Tarn  modo9  inquit  Praenestinus'  nebst  der 
entsprechenden  Stelle  des  sogen.  Probus  de  ultimis  syllabis  OL  IV 
263,9  und  des  Festus  s.  v.  Tammodo  S.  359  M.  und  den  von  Loewe 
a.  a.  0.  und  von  F.  Schoell  in  den  Anmerkungen  zu  den  plautinischen 
Stellen  angeführten  Erörterungen. 

S.  380.  Das  auf  den  Tempel  des  Jupiter  Ammon  bezogene 
oraculum  'arietinum'  bei  G.  111  3,  7  und  8  inufs  wohl  der  Überlieferung 
geinäfs  aus  Afrika  als  oraculum  'Arretinum'  nach  Italien  und  somit 
nach  S.  381  versetzt  werden;  s.  ramentor.  Gellian.  mant.  S.  IS  fg. 
(opusc.  Gell.  S.  63  ff.);  meine  Vermutung  in  dem  Verse  des  plau- 
tinischen  oder  pseudo  -  plautinischen  Fretum  §  7  zu  schreiben  'Nunc 
illud  est  quom  Arreti  ludis  niagnis  responsum  datur'  ist  von  C.  F.  W. 
Müller  plant.  Prosodie  S.  339, 1  und  von  E.  Lübbert  gramm.  Studien 
II  214  gebilligt  worden  (Winter  Plaut,  fab.  dep.  fr.  S.  36  giebt,  so 
wie  ich  jetzt  im  Texte,  nur  die  verderbte  Überlieferung  'Nunc  illud 
est  quod  responsum  arretini  ludis  magis  dicitur* ) ;  sicher  steht  jeden* 
falls  durch  die  Übereinstimmung  mit  'oraculi  Arretini'  §  7  das,  was 
hier  dabei  allein  in  Frage  kommt. 

S.  383  bei  der  Erwähnung  des  honigspendenden  sie i lisch en  Hybla 
ist  das  Chat  eGell.  X  170'  in  'Colum.  X  170'  zu  verwandeln**); 
eine  Hinweisung  auf  Gellius  hätte  sich  dagegen  wohl  als  weiterer 
Zusatz  zu  der  Besprechung  des  Alcinous  S.  228  (in  dem  Aufsätze 
desselben  Verfassers  'die  Götter  und  Halbgötter  im  Sprichworte') 
S.  387  beifügen  lassen:  'cedere,  inquit  (Antonius  Iulianus),  vobis  debui, 
ut  in  tali  asotia  atquo  nequitia  AI  ein  um  vinceretis',  nach  der  1848 
im  Rhein.  Mus.  VI  634  f.  (opusc.  Gell.  S.  202  f.)  gegebenen  Textes- 
besserung für  das  überlieferte  'arcinum'  oder  'arcinnuin',  die  ich  schon 
1853  in  den  Text  aufgenommen  habe  und  auch  heute  noch  für 
richtig  halte. 

Breslau.  M.  Hertz. 


*)  S.  Ricöe  Varr.  sat  S.  199;  Bflcheler  Rh.  Mub.  XIX  476  f.  und  Petron 
S.  20(3  der  Ausg.  v.  1882;  L.  Müller  Jahrb.  f.  Phil.  XCV  509;  L.  Havet  rev. 
de  phil.  n.  s.  VII  180. 

'*)  Statt  trist.  V7,38  ebenda«.  1.  V6,38;  st.  Mart.Vll26,4  1.  1X26,4. 


**> 


Misccilen.  139 

Zu  Catos  Fragmenten. 

I.    Die  Form  ques. 

Sogleich  das  erste  Fragment  des  I.  Buchs  der  Origines  ist  durch 
eine  sonderbare  Konjektur  verunstaltet.  Si  ques  homines  sunt  quos 
delectat  etc.  giebt  die  Überlieferung,  in  schönster  Übereinstimmung 
mit  dem  Senatus  consultum  de  Bacchanalibus ,  wo  ques  als  Nom. 
Plur.  des  Indefinitums  auftritt  und  scharf  unterschieden  wird  vom 
Relativum,  wofür  die  Form  qui  existiert;  Jordan  setzt  aus  eigener 
Erfindung  queis.  Ich  würde  es  als  selbstverständlich  angeuommen 
haben,  dafs  Jordan  seine  Ansicht  seit  dem  Drucke  jener  Ausgabe 
(1860)  zurückgenommen  hat,  wenn  nicht  in  seinen  „kritischen  Bei- 
tragen zur  Geschichte  der  lateinischen  Sprache,  Berl.  1879",  wo  doch 
manche  Catostelle  behandelt  wird,  über  diese  Stelle  geschwiegen 
wäre.  Nach  Charisius  p.  91  hat  Cato  auch  quescumque  als  Nom. 
Plur.  gebraucht;  um  so  weniger  ist  es  angezeigt,  jenen  wahrschein- 
lich richtigen  Gebrauch  der  Form  ques  beim  Indefinituni  dem  Cato 
durch  eine  Konjektur  zu  verkümmern. 

IL    Moscillns  oder  muscillusV 

S.  88   führt  Jordan  aus  Festus  an:    [Moscillis  Cato]  pro  pravis 
moribus    dixit.     Ohne    Zweifel    ist   zu    schreiben    muscillis    Cato    pro 
parvis   muribus   dixit.      Das   o,    welches   K.  0.  Müller ,    Ursinus   und 
Jordan  festhalten,   ist  schwerlich  zu  rechtfertigen;   Übrigens  ist  mos- 
cillis  blofs  bei  Paulus,  nicht  bei  Festus  erhalten.    Museulis  und  muri- 
bus hat  schon  Salmasius  emendiert.    Da  die  handschriftliche  Tradition 
parvis,  nicht  pravis,  bietet,  so  entfernt  sich  obige  Herstellung  kaum 
weiter  von  der  Tradition  als  die  Jordans.    Ein  Deminutivuni  von  mos 
aber  kommt  mir  etwas  monströs  vor:  wer  spricht  z.  B.  im  Deutschen 
von  Sittchen,   Bräuchlein  u.  dgl.V     Musculus  verhält  sich  zu  muscu- 
ks  wie  oscilium  zu  osculum,  auricilla  zu  auricula,  ancilli  zu  ancula, 
farcilla  zu  furcula,  penicillus  zu  peniculus,  anicilla  zu  anicula.     Das 
angebliche  muscellarium  =  Mausfalle   in  den  gloss.  Philoxen.  („Mus- 
cellarium]  viverrarium,  yaXeayqau  gehört  nicht  hierher,  weil  natürlich 
nmstellarium  gelesen  werden  mufs. 

Zu  Plin.  epist.  I  5,  14. 

Subiunxit  egregiam  causam:  'scripsit'  inquit  *in  epistula  qua- 
dwn',  quae  apud  Domitianum  recitata  est,  'Regulus  omnium  bipe- 
dum  nequissimus';  quod  quidem  Modestus  verissime  scripserat. 

Es  ist  mir  nicht  bekannt,  ob  das  Wortspiel  in  den  Worton  Re- 
gulas —  neqaissimus  schon  genügend  in  das  Licht  gestellt  worden 
»t  Offenbar  ist  der  Sinn:  wie  der  kleine  Zaunkönig  (regulus)  der 
geringst  zu  achtende  unter  allen  Vögeln  sei,  so  sei  der  Denunciant 
Regulas  der  verächtlichste,  schlechteste,  geringste  unter  allen  Menschen. 

Der  Zaunkönig,  regulus,  bekanntlich  der  kleinste  unserer  ein- 
heimischen Vögel,  kommt  in  der  römischen  Litteratur,  wie  es  scheint, 


140  0.  Koller  -  W.  Jiraudes. 

blofs  ein  einzigesmal  vor,  im  cannen  Je  philomela  V.  42;  danach  ist 
er  aber  gewifs  ein  Singvogel: 

Regulus  atque  merops  et  rubro  pectore  progne 
Consimili  modulo  zinzinulare  sciunt. 

Die  Handschriften  haben  zinzizulare  und  zinzilulare,  und  zwar  ist  die 
bessere  Handschrift  für  das  erstere,  was  ich  deswegen  in  den  Text 
setzen  würde.  Kiese  liest  zinzinulare.  Dieser  Singvogel  regulus  ist 
identisch  mit  dem  congelin  der  heiligen  Hildegard  (ed.  Migne  p.  1307), 
und  ebenso  mit  dem  ßaoiXioxog  oqvig  oder  ogvvyiov  der  Griechen, 
Artemidor  ]>.  234  IL:  7a  Öh  (wvaixa  xal  rjSv<pa)va  cpiXoXoyovg  wrl 
(tovoixovg  xal  svgxovovg^  ä>g  zeliSav  xal  ayÖwv  xal  ßaötlfaxog  xal  w 
ofioia.  Nach  dieser  Stelle  ist  der  ßaadiaxog  ein  kleiner  Singvogel. 
Die  Identität  von  regulus  und  ßaadiaxog  scheint  mir  ans  Hesych. 
p.  1323  Seh.  hervorzugehen:  'PoßiXXogl  ßaadiaxog  oovig.  Da  mit  dem 
durchaus  singulären  (toßdXog  nichts  anzufangen  ist,  wird  man  (xydXog 
lesen  müssen.  Dafs  man  ihn  für  listig  und  abgefeimt  hielt,  geht  aus 
der  äsopischen  Fabel  vom  Adler  und  ßaadiaxog  hervor,  Plutarcb, 
mor.  p.  SOG  E.  Der  Adler,  der  höher  als  alle  andern  Vogel  ge- 
flogen war,  sollte  eben  als  König  ausgerufen  werden;  da  flog  der 
Zaunkönig  unter  einer  seiner  »Schwingen  hervor,  setzte  sich  auf  seinen 
Kopf  uud  erklärte  sich  für  siegreich.  Dieses  hinterlistige  Gebaren 
des  Vogels  in  der  Fabel  stimmt  vort reiflich  mit  der  Anwendung  auf 
den  obigen  Denunzianten. 


Melo  =  Nilus. 

Eine  der  rätselhaftesten  Veränderungen,  welche  sich  die  archa- 
ischen Lateiner  nn  einem  Lehnworte  erlaubt  habeu,  ist  die  Form  Melo 
ttir  Nilus:   Fest.  p.  124  M.    Servius   zu  Verg.  georg.  IV  291.    Auso- 
nius  epist.  4,  75.     Der  Übergang   von   anlautendem  n   in   m   ist  für 
die  gesainte  Latinität  etwas  so  einzig  dastehendes,   dafs  man,    wenn 
nicht  zufallig  drei  Zeugen  der  Form  vorhanden  wären,  versucht  sein 
könnte,   die   Sache  für  einen  Irrtum   der  Tradition   zu   erklären,   ob- 
gleich wir  durch  Wörter  wie  coluber  =  axoXoTtsvSoa^  Melerpanta  ■» 
Bcllerophontes ,   alea  =  aargayedda  u.  v.  a.  in  diesem  Stücke  abge- 
härtet genug    sein  düriten.     Ich  vermute,  dafs   die  Form  von  einem 
nicht   in   Rom   geborenen    bedeutenden   archaischen   Schriftsteller  ge- 
wagt worden  ist    im   Anschlüsse    an  die  Sprache  seiner  Heimat,   unA. 
dafs  dieses  jetzt  nicht  mehr  festzustellende  Idiom  zufällig  die  gleiche 
Liebhaberei   hatte   wie  das  Ungarische,   wo   der  Übergang   eines  aa — 
lautenden  n  in  m  nichts  weniger  als  unerhört  ist.     ,,Er  lacht"  heifs* 
sowohl  nie v et  als  nevet,   und  jedermann   kennt   aus  der  ungarisch 
Geographie  die  Verwandlung  des  heil.  Nikolaus  in  Szent  Miklos.    [Vgl 
oben  S.  120  natta,   132  nespilum.J 

Trag.  0.  Keller. 


Miscellen.  141 


Accipiter  „Jagdfalke44. 

Im  Eucharisticos  des  Paulinus  von  Gella  findet  sich  v.  145  unter 
anderen  Dingen,  welche  das  Ziel  der  jugendlichen  Wünsche  des  Ver- 
fassers bildeten,  neben  einem  vclox  canis  auch  ein  spcciosus  accipiter. 
Es  bedarf  kaum  noch  des  Hinweises  auf  Sidon.  Ep.  III,  3  und  IV,  9 
(m  equis,  canilms,  accipitribus  institucndis),  um  zu  erhärten,  dafs  hier 
nur  der  zahme  Jagdfalke  (acccptor  in  der  lex  Salica)  gemeint  sein 
kann.  Soweit  mir  bekannt  ist  (vgl.  namentlich  Lindenschmit,  Handb. 
der  deutschen  Altertumsk.  I,  453  ff.),  haben  wir  in  dieser  bislang  von 
niemand  berücksichtigten  Stelle  das  älteste  sichere  Zeugnis  für  die 
Übung  der  Falkenjagd  im  Abendlande;  denn  wenn  auch  das  Gedicht 
selbst  nicht  lange  vor  der  vermutlichen  Entstehungszeit  der  lex  Salica 
verfafst  ist,  nämlich  456,  so  bezieht  sich  diese  Äufserung  doch  auf 
eine  weit  frühere  Zeit,  auf  die  letzten  Dezennien  des  4.  Jahrhunderts. 
Auf  die  Wichtigkeit  derselben  für  die  alte  Streitfrage  nach  Heimat 
und  —  so  zu  sagen  —  Nationalität  jener  Jagdart  habe  ich  an  anderer 
Stelle  hingewiesen.  Hier  möchte  ich  nur  unter  Hervorhebung  des  Um- 
Standes,  dafs  die  Bedeutung  „Jagdfalke"  für  accipiter  in  unsern  Wörter- 
büchern überhaupt  fehlt,  die  Frage  aufwerfen,  ob  sich  nicht  vielleicht 
sonst  noch,  etwa  bei  Kirchenschriftstellern,  wo  man  solche  Notizen 
nicht  zu  suchen  pflegt,  gleichzeitige  oder  frühere  Zeugnisse  für  Sache 
und  Wort  gefunden  haben. 

Braunschweig.  Wilhelm  Brandes. 


Adductorium. 

Im   Archiv  II  468   übersetzt  J.  N.  Ott   das  Wort   adductorium 

mit  „Zelt".    Augustin  Quaest.  in  Hept.  II  177,  8  (Migne  XXXIV  661) 

überliefert  das  Wort   im  Znsammenhang:   „Et  facies  adductorium  de 

hyacintho  et  purpura  et  cocco  torto  et  bysso  torta,   opus  variatoris. 

fit  facies  velamini  quinque  columnas  .  .  ."     Ebd.  §  18  (p.  671)  erklärt 

Augustin,    der    in    der   ganzen    Stelle   vom    hl.    Zelt  (tabernaculum) 

handelt:   Quod   ostium   ingresso    occurrebat   velum,    quod   ad    ostium 

berat  oppositum,  in  quinque  columnis  extentum,  variatum  illis  quat- 

taor  coloribus ;  quod  velum  cum  faciendum  praeciperet,  „adductorium" 

▼ocavit,  eredo  quod  curreret  ducendo  et  reducendo,  cum  operiret  at- 

qite  aperiret  ingressum.     Dieser   Erklärung  gemafs   ist  adductorium 

*l  übersetzen  „beweglicher  Vorhang". 

Dafs  adductorium  einen  Vorhang  bezeichne,  fordern  die  voll- 
ständigeren  hebräischen ,  chaldäischen  und  griechischen  Texte,  mit 
«önen  die  Vulgata  stimmt,  welche  an  der  betreffenden  Stelle  (Exod. 
*6»  36)  liest:  „Facies  et  tentorium  in  introitu  tabernaculi  de  hya- 
clöiho  ..."  Die  Übersetzung  aus  dem  Chaldäischen  lautet  in  der 
"*l>lia  Complutensis:  „Faciesque  velum  in  ostio  tabernaculi  ex  hya- 
c,**tho . .  /'     Auch    die    vollständigen    Texte   der   Septuaginta   haben: 


142  P.  J-  Hauer  —  Louis  Havet 

Kcel  Ttottiöeig  iniGitctCrgov  rjj  ytvqct  xr\g  Gxijvfjg  i£  vcrx/v&ov...,  während 
die  Übersetzung  bei  Augustin  aus  einer  lückenhaften  Handschrift  ge- 
flossen ist,  welche  die  Worte  rjj  &vqcc  rrjg  ax^vyjg  nicht  enthielt,  wie 
sie  ja  auch  beispielsweise  in  der  Biblia  Complutensiß  fehlen. 

Es  ist  aber  die  Rede  vom  Vorhang,  welcher  den  Eingang  ans 
dem  Vorhof  dor  Stiftshütte  ins  Heilige  verhüllte  und  gleichsam  als 
Thüre  diente.  Wir  müssen  ihn  darum  beweglich  nennen  gegen- 
über den  Vorhängen,  welche  als  Wände  dienten.  So  heilst  es  z.  B. 
bei  Loch  und  Iteischl  (Die  hl.  Schriften  des  a.  und  n.  Testamentes, 
Rogens  bürg  1851.  Bd.  1.  S.  112.  Anmkg.  d):  „Die  östliche  Seite  hatte 
links  und  rechts  je  15  Ellen  feststehende  Vorhänge  und  in  der  Mitte 
20  Ellen  bewegliche,  die  als  Eingang  dienten".  Ähnlich  standen 
die  Dinge  bei  unserem  Vorhang,  nur  dafs  die  feststehenden  Vorhänge 
zu  beiden  Seiten  fehlten. 

Diese  Beweglichkeit  dürfte  im  griechischen  hticxaQx^ov  und  im 
lateinischen  adduetorium  ausgedrückt  sein;  das  hebräische  Wort  ^CQ 
bedeutet  aber  blofs  „Decke,  Vorhang"  (Fürst).  Dieses  Wort  ist 
übrigens  von  der  Septuaginta  nur  hier  imoxaoiQov  übersetzt  worden; 
Exod.  27,  IG  und  40,  5  ist  es  xcr'Avppa  Übersetzt,  obwohl  an  der 
letzteren  Stelle  von  dem  nämlichen  Vorhang  die  Rede  ist. 

Kremsmünster.  P.  Julian  Haner. 

Coluber. 

Ni  Jans  Curtius,  Grundzüger>,  ni  dans  Georges,  Handwb.7,  ni  dans 
F.  <>.  Weise,    Die  griech.  Wörter  im  Latein,   ni  dans  Saalfeld,  Ten- 
suurus  Italograeous,  je  ne  vois  catalogu«'1  parmi  les  mots  emprnntes 
coluher  =  xilvögog   et   son   frminin  colubra.     Pourtant  cette  vieille 
ötymologie  nie  parait  evidente.    Colubra  se  trouve  deja  dans  Plante, 
Stich.  321;  l'emprunt  est  donc  dune  date  oü  %  devait  ötre  transcrit 
par  c  et  v  par  u.     Le   changement  de  dr  en  br  s'explique   peut-ötre 
par   uu   dfveloppement   phonrtique  regulier,   analogne   a  celni   qui  fr 
changi'  XiTQa  en  libra;    on   remarque   que  le  groupe  dr  est  tr&s  rare 
en  hitin   (ipiadrus   est   röcent   pour  quatr-i   xigdog  a  ete   estropie  en 
citrus);    en    tout   cas   un    chaugement   moins   regulier  aurait  ses  ana- 
logues  dans  les  mots  grecs  estropüs  Catamitus  =  Ja irufirjörig^   Cor- 
thago  =   KaQiaöwv,   Coctib'f  =  KvKlajxeg   (Mt-moires   de   la  Soc.  de 
ling.  V  283).     Le   ohangement   de/  en  öl   serait  moins  regulier  que 
dans  oliru  =  fW«,  oar  apros  r  ou  //  le  persiste  (cr/fr,  scelus,  gek* 
etc.,    ibid.  4(>  n.  1);   inais   le  vocalisme   est  ir regulier  dans  bien  des 
mots    emprunus,    citrus,    <l»t?iiwt  =  iktynov,    aptustre  =  SuplaGzor- 
l'olubor   i'st  au    plus   lvcent    üuhidrus   comme    le  ntmpia  d'Ennius  e^ 
rhohijJmm.     |  Vgl.  nben  Seite  140.     D.  Ked.J 

Hispali. 

Pollion  iVrivant   a  l  kvron»  Farn.  X  32,  3,  emploie  Hispali  comme 
adverbe  de  la  question  ubi*:  lYsar,  B.  civ.  II  20,  4  emploie  Hispali** 


Mißcellen.  143 

pour  la  question  quo,  mais  ponr  la  question    ubi   il   met  in  üispali 
II  18,  1.     Cette   irregularito    tient    au    desir    de    ne    pas    confondre 
l'expression  locative  avec  le  nominatif,   qui   etait  Ilispali.     Ce  nomi- 
natif est  intact  dans  les  mss.  de  Pline,  h.  n.  III  11,  ä  cöte  de  Cclti, 
Axati  (cf.  8  Sexij  Murgi,   10  Hiberri,  Artigi,    Vesci,    Singili,    Tucei 
vetuSj  Ossiffi,  IUiturgi,  Isturgi,  Sacili  etc.).    II  219  Pline  dit  Gadibus, 
mais  Hispali  oppido,  c'est  a  dire  qu'il  ajoute  le  nom  commun  coinme 
Cesar  ajoute  la  preposition.    —   Le  nominatif  HispeU  semble  assur6 
en  poesie  (Silius  3,  392).     Dans  Mola  II  88  je  ne  suis  pas  sür  qu'il 
ne  faille  pas  Iire  Hastigi,  Hispalfi],  Coräuha;    on    fera  bien    de    ne 
pas  admettre  legerement  le  nominatif  Hispalis. 

Paris.  Louis  Havet. 

Älteste  lateinische  Inschrift. 

In  der  Sitzung  des  deutschen  archäologischen  Institutes  zu  Rom 
wm  7.  Jan.  1887  legte  Dr.  Hei  big  eine  in  einem  Grabe  bei  Prae- 
neste  gefundene  goldene  Fibula  vor,  welche  folgende  linksläufige  In- 
schrift trägt: 

MANIOS  :  MED  :  FHE  :  FHAKED  :  NÜMA8I0I 

i  h.  Manius  me  fecit  Numerio.  In  dem  Nominativ  ist  der  Name 
des  Goldschmiedes,  in  dem  Dativ  der  des  Bestellers  und  Besitzers 
n  erkennen.  Das  M  ist  fünfstrichig ,  das  F  durch  zwei  Zeichen 
F  (Vau)  und  H  ausgedrückt.  Die  Accusativform  med  erweist  die 
Inschrift  als  lateinisch;  das  bisher  aus  dem  Oskischen  bekannte  re- 
duplizierte Perfekt  zerfällt  in  zwei  graphisch  getrennte  Teile  und 
geht  auf  D  aus  (statt  T),  wie  im  Oskischen.  Die  Dativendung  Ol 
kennen  wir  aus  Marios  Yictorinus;  S  für  R  wie  in  Fusii  und  Valesii. 
Die  Lesung  und  Erklärung  wird  Dr.  phil.  Ferdin.  Dümmler  verdankt. 
Dr.  Heibig  weist  die  Fibula  dem  sechsten  Jahrhundert  vor  Chr.  zu. 
(Nach  der  vorläufigen  Mitteilung  in  der  Wochenschrift  f.  klass.  Philo- 
logie; Genaueres  wird  im  Bulletino  des  römischen  Institutes  folgen. 
Vgl  auch  Bücheier  im  Rh.  Mus.  1887.    Heft  2.) 

Zur  Entwicklung  des  Hendiadyoin. 

Die  Figur,  welche  wir  in  Ciceros  Prosa  in  vollster  Blüte  finden 
(Arch.  m  584),  hat  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  in  der  archaischen 
Ißtinität  sich  in  sehr  bescheidenen  Grenzen  bewegt;  denn  manches 
*öist  darauf  hin,  dafs  die  deutsche  Ausdrucksweise  wie  'bange  Furcht, 
trtger  Müfsiggang,  geordnete  Reihenfolge'  u.  ä.  auch  im  Lateinischen 
gegolten  habe,  und  erst  als  diese  Variation  der  Figura  etymologiea 
(ursprünglich  bange  Bangigkeit,  müfsiger  Müfsiggang,  geordnete  Ord- 
nung) mifsbeliebig  geworden  war,  durch  Bangigkeit  und  Furcht,  Träg- 

*)  Bell.  Hisp.  36,  1  Lnsitani  Hispali  pugnare  nullo  tempore  desiste- 
tait.    Eed. 


144  Eil.  Wölfflin. 

heit  und  Müssiggang  u.  Ä..  ersetzt  worden  sei.  Denn  gerade  in  Cicero« 
Jugendschriften  findet  sich  noch  die  deutsche  Wendung,  de  inyent 
2,  30  perfecta  absolutio  (ideale  Vollkommenheit),  wofür  später  per- 
fectio  atque  absolutio  eintritt  Brut.  137.  de  orat.  1,  130.  Genau  ent- 
sprechend pro  Quinctio  07  usitata  consuetudo,  später  usus  et  con- 
suetudo.  Darnach  gehurt  frequentissima  celebritate  laetari  in  der  Bede 
pro  Caolio  47  zum  älteren  Stil,  während  der  moderne  Geschmack  u 
frequontia  et  celebritas  oder  einer  ähnlichen  Auflösung  drängte.  Wir 
finden  eine  solche  in  der  Rode  pro  Flacco  41:  hie  Dorylensis  nuper 
cum  eftorretur  magna  frequeutia  consensuque  vestro,  da  das  über- 
liefe rte  consensuque  etwa  in  coneursuque  zu  ändern  sein  wird.  Vgl 
Vorrin.  V  10  quem  de  trihunuli  citsiri  iussit  coneursu  magno  frequenti»- 
que  conventus.    p.  Arch.  3  tanto  conventu  hominum  ac  frequeutia. 

Ex  toto,  in  totum. 

Den  griechischen  Adverbialbildungen  nuvrcog   (ffovrfAftg,   itavti- 
xaci),  oXcog  entspricht  im  Lateiui sehen  nur  das  von  omninus  gebildete 
omnino,    da  von    totus    kein   Adverbium   abgeleitet   wird,    aufser  im    . 
Spätlatein  totaliter  von  totalis.     Von  der  Glosse  oktag:   toto,  omnino 
darf  hier  fuglich  abgesehen  werden. 

Die  erste  Hü  Ho  bot  die  Präposition  wie  in:  ex  improviso,  ex 
facili,  in  rot)  (pavtoov*  ex  Tiavxog,  und  Ocid  griff  in  drei  Pentametern 
um  so  lieber  zu  diesem  Mittel,  als  er  omnino  überhaupt  nicht  ge- 
brauchen mochte  und  lieber  ex  omni  parte,  z.  B.  fast.  5,  157.  Bern. 
42,  358  sagte.     Diese  sind: 

Her.  15,  158  nee  Venus  ex  toto  |  nostra  fuisaet  inera. 
Pont.  1,  G,  28  non  est  ex  toto  |  nulla  relicta  meae. 
Pont.  4,  8,  72  nee  tarnen  ex  toto  |  deserere  illa  potes. 
Dafs  die  drei  Sätze  negativ  >ind,  fallt  in  die  Augen,  und  da  bekannt- 
lich omnino  sich  gern  mit  der  Negation  verbindet,   so   mufa    man  in 
der  Umschreibung  einen  neuen  Ersatz   für  omnino  vermuten;   ja  die 
Vergleichung  zweier  Verse  Vcrgils  läfst  darüber  keinen  Zweifel  auf- 
kommen , 

Aen.  9,  248  non  tarnen  omnino  Teucros  delere  parat is. 
4,  330  non  equidem  omnino  capta  ac  deserta  viderer. 
Denn  nicht  nur  finden  wir  die  Negation  wieder  an  der  Spitze  des 
Verses  und  tarnen  an  zweiter  Stelle,  sondern  an  dritter  omnino,  um 
den  zweiten  und  halben  dritten  Versfufs  auszufüllen,  genau  wie  bei 
Ovid  ex  toto.  Auch  bei  Martini  begegnen  wir  dem  nämlichen  Vers- 
anfange : 

10,   G8,   12  non  tarnen  omnino,  Laelia,  Lais  eris. 
12,  40,  5  nil  tarnen  omnino  praestas  mihi,  etc. 
4,  06,  2  qua  nihil  omnino  dulcius  esse  potest. 
Ähnlich  auch  bei  Horaz  sat.  2,  8,  04    Ut  nihil  omnino   gustaremus, 
au  gleicher  Verstelle. 

Auch  der  Vergleich  der  Prosa  mufs  uns  überzeugen,  dafs  Ovid 8 
ex    VAo    mit    Negation    und    posse    nur   Variation    des    hergebrachten 


Misoellen,  145 

nnino  ist:  Cic.  Verrin.  5,  103  nam  omnino  tolli  posse  non  arbitra- 
ütor.  Maren.  14  nihil  o.  dici  potest.  prov.  cons.  45  o.  non  potuit. 
»  dorn.  8  o.  non  posse.  Philipp.  2,  53  cum  o.  nulla  causa  esse 
38sil  Caesar  bell  civ.  1,  49  quo  o.  adire  non  poterat.  Gall.  1,  32 
sque  ullam  o.  vocem  exprimere  posset  b.  Alex.  6,  3  aqua  bibi  o. 
cm  poterat;  19,  5  ut  nulla  o.  scapha  egredi  posset.  Sali.  Jug.  99,  2 
sque  o.  facere  quidquam  poterant. 

Den  Übergang  ans  der  lokalen  Auffassung  in  die  modale  er- 
annt  man  bei  Proper z  4,  21,  6: 

Omnia  sunt  temptata  mihi,  quacumque  fogari 
Possit:  at  ex  omni  me  premit  iste  deus. 
ie  Umschreibung  behauptet  im  Verse  genau  den  Platz  von  omnino; 
och  übersetzt  man  Won  überall  fier\ 

Die  neue  Wendung  Ovids  ex  toto  hat  Seneca  rhetor  in  die 
rosa  eingeführt,  und  zwar  im  ganzen  mit  den  Modifikationen  des 
chöpfers,  mit  der  Negation  und  mit  posse.  contr.  1,  7,  5  quod  ex 
>to  emi  non  debet,  duplo  emit.  9,  5,  11  ex  toto  non  potes.  9,  6,  13 
t  t  puellam  ambulare  non  posse.  10,  1,  10  quidam  ex  t.  nihil 
ixerunt.  1,  8,  8.  2,  2,  6  et  [ex]  toto  dixit.  Ungleich  herzhafter 
ber  ist  Celsus  ins  Zeug  gegangen,  und  zwar  mit  der  neuen  Unter- 
sheidung, dafs  er  omnino  mit  Negation  beibehielt  (7,  19.  10,  23. 
6,  14.  84,  18.  142,  6.  220,  11.  237,  36.  285,  7.  348,  11  Dar.), 
k  toto  aber  in  der  Regel  im  positiven  Satze  gebrauchte,  im  Sinne 
08  bei  ihm  dafür  fehlenden  prorsus  (welches  p.  213,  36  Dar.  nur 
jhiechte  Konjektur  Lindens  für  protinus  ist).  Demnach  sind  als 
.usnahmen  zu  betrachten  p.  18,  35  non  ex  t.  res  condemnanda  est; 
06,  13  ex  t.  ßibi  temperare  non  possunt.  Der  positiven  Beispiele 
ber  sind  so  viele,  dafs  wir  nur  wenige  hersetzen  können:  22,  30 
x  t.  utilia  sunt;  45,  36  ex  t  tutus  est;  47,  4  ex  t.  tolli t;  76,  36 
xU  cibo  abstinere;  93,  21  ex  t.  reinittuntur  febres;  95,  5  ter- 
iana  ex  t  intermittit;  96,  16  aliud  ex  t.  sequendum  curationis  genas; 
109,  28  donec  ex  t.  convalescat.  Vgl.  35,  4.  48,  19.  63,  3.  77,  25. 
J2,  2.  83,  1.  89,  2.  115,  16.  124,  3.  130,  31.  151,  20.  159,  7. 
219,  13.  221,  17.  239,  30.  267,  29.  330,  6. 

Von  jetzt  an  hat  die  Phrase  einen  Freibrief  durch  die  ganze 
Litfceratur.  Immerhin  griffen  die  Prosaiker  nur  schüchtern  zu;  Colu- 
mella  2,  21,  2  nach  Celsus  in  der  Bejahung  ex  t.  indurescere;  5,  8,  6 
ereia  ex  t.  repudianda  est,  ebenso  Plin.  nat.  hist.  11,  54;  Sen.  de 
ira  2,  6  non  ex  t.  liberare,  epist.  75,  10  ex  t.  non  petendis,  nach 
dem  Vorgange  der  Dichter  in  der  Negation,  ebenso  Curtius  8,  23,  23 
fion  ex  t.  dorn  um  suam  aversari  deos,  wo  Mützell  die  Redensart  zu 
foa  Gräcismen  rechnet  Vgl.  Hand  Tursell.  2,  653  ff.  Dräger,  histor. 
Syntax  I2  57 — 59.  Bei  einem  solchen  Punkte  angelangt,  darf  der 
Grammatiker  jeweilen  abbrechen. 

Nur  darf  man  darum  nicht  glauben,  dafs  ex  toto  die  einzige 
"tägliche  oder  versuchte  Umschreibung  gewesen  wäre.  Celsus  selbst, 
fa  einflufereichste  Patron  derselben,  schwankte  anfänglich  zwischen 
**toto  und  in  totum.    Im  dritten  Kapitel  des  ersten  Buches  schrieb 

Atchir  fttr  l»t.  Lexikogr.  IV.    Heft  1.  \t) 


146  Ed.  Wölfflin: 

er  p.  21,  34  aestate  in  totum  abstinendum  est,  gerade  wie  76,  36 
ex  toto  a  cibo  abstinere,  nachher,  so  viel  ich  weife,  nicht  mehr.  Er 
schwankte  anfänglich,  entschied  sich  dann  aber.  Die  Auflösung  wir 
an  eich  nicht  viel  schlechter  als  die  andere;  Columella,  der  Philo- 
soph Seneca,  der  Naturforscher  Plinius  und  Quintilian  haben 
ihr  sogar  den  Vorzug  gegeben;  aber  sie  erinnerte  an  in  Universum 
und  es  haben  ihr  daher  nicht  alle  die  gleiche  Bedeutung  beigelegt 
wie  Celsus.  Wenn  Columella  3,  2,  31  sich  nicht  in  Details  einlassen 
will,  sed  illud  in  totum  praecipere,  quod  et  Celtras  ait  etc,  so  Mut 
er  die  Redensart  =  in  Universum,  wie  auch  11,  2,  80  in  t  praeci- 
pimus;  wenn  er  aber  schreibt  12,  1,  4  munia,  quae  domi  capes- 
suntur,  non  in  totum  muliebri  officio  relinquenda  sunt,  und  12,  1,  5 
nut  in  t.  aut  certe  plurimum  domi  morari,  so  meint  er,  was  wir  mit 
*  ausschliefslich '  bezeichnen.  Dem  ersten  Gebrauche  folgt  Seneoa  epist 
94,  31  utraque  res  praecipit,  sed  altera  in  totum,  particulatim  alten, 
und  epist.  31,  5  in  t.  iam  per  maxima  acta  viro  turpe  est  etiam- 
nunc  deos  f atigare,  während  epist  72,  6  animus  semel  in  t.  sanator 
die  Umschreibung  an  die  Stelle  von  omnino  getreten  ist.  Vgl  Cic 
Sest.  116  semel  se  ludis  omnino  commisit;   Curidus  4,  10,  24  semel 

0.  eam  viderat,  und  so  oft  in  Verbindung  mit  Zahlen  «*  alles  zu- 
sammengerechnet. Plinius  setzt  es  im  Sinne  von  prorsus  25,  36 
temeraria  in  t.  medicina,  31,  90  in  t.  di versa,  35,  4  in  t  exolevit; 
vgl.  2,  205.  10,  16.  16,  48  (?);  ebenso  Quintil.  3,  8,  68  diversum  atqno 
in  t.  contrarium,  4,  1,  63  (a7to(STQo<p^v)  quidam  in  t.  a  prooemio  snb- 
movent,  4,  1,  72  in  t.  id  necessarium  negat;  7,  1,  31.  8,  6,  8.  9, 
2,  88;  dagegen  9,  2,  98  nam  in  t.  (=  in  Universum)  iurare  grati 
viro  parum  convenit  et  est  a  Seneca  dictum  eleganter  etc. 

Unter  den  Juristen   hat  Ulpian  die    Redensart   am    häufigsten 
gebraucht,  nämlich  nach  gefälliger  Mitteilung  von  Dr.  jur.  GradenwiU 
in  Berlin   Über  30 mal,   sowohl   im  Sinne  von   omnino    als    auch  int 
Sinne  von  in  Universum    Es  ist  dies  gewifs  kein  Lob  für  den  Juristen, 
da  *  etwas  unter  allen  Umständen  verbieten'  (grundsätzlich,  absolut» 
omnino)  und  c  etwas   im   allgemeinen  verbieten'    (mit  Zulassung  vor* 
Ausnahmen,  in  Universum)  gewifs  nicht  einerlei  ist.    Vgl.  Dig.  3,  1, 1 
und  3  in  t.  prohibere  (=  omnino),    3,  17  denegare.     Leider  finden« 
sich  darunter  Stellen,  an  denen  selbst  ein  Jurist  über  die  Auslegung 
schwanken  kann.     Papinian  und  Paulus,  jener   an   6,    dieser  am 
10  Stellen,   scheinen   es  nur  =  in  Universum   verstanden    zu  haben* 
Die  kleineren  Juristen  haben   es  selten   und  der  Gebrauch  schwankt, 
wenn  auch  die  Bedeutung  =  omnino  nur  an  einer  Stelle  bei  Modestin, 
dem   Schüler  Ulpians,   sichersteht.      Gaius  aber,    der  in   der   Form 
korrekteste,  hat  sich  der  Formel  überhaupt  enthalten.    Ex  toto  fehlt 
bei  den  klassischen  Juristen. 

Von  den  Kirchenvätern  gebrauchen  in  totum  schon  Minucius 
Felix  und  Tertullian,  der  erste  nur  in  Verbindung  mit  einer  Ne- 
gation (24,  3  quaedam  in  t.  nefas  visere;  28,  3  nee  audiendos  in  t. 
putabamus),   im  Sinne   des    klassischen   omnino   (wie   bei   Justin.  32, 

1,  9   non   in   t.   dicens   male  consultum  Achaeis);    bei   Sulpic.  Sever. 


Miacellen.  147 

pend.  epist.  2,  11  (si  in  t.  non  iures)  findet  sich  sogar  die  band- 
lriftliche  Variante  (Glossem?)  omnino.  Viel  freier  bewegt  sich 
rtullian,  dessen  Stellen  man  in  Öhlers  Index  und  bei  Hesse,  Das 
iratori'sche  Fragment,  8.  276,  Note  1  findet;  auch  Lactanz  gebraucht 
ohne  Bedenken  im  positiven  wie  im  negativen  Satze;  de  ira  21,  5 
b  in  i  prohibet  irasci  erinnert  die  Verbindung  an  Ulpian.  Die 
lege  aus  Cyprian  hat  Hartel  im  Index  zusammengestellt  und  mit 
inino  erklärt;  darunter  scheint  in  t.  perire  (596,  10.  637,  23)  eine 
sonders  beliebte  Phrase  gewesen  zu  sein.  Die  Vulgata  zeigt  omnino, 
d  nichts  von  in  totum  oder  ex  toto.  Sonst  ist  aus  der  profanen 
oea  nicht  sehr  viel  zu  notieren;  Liv.  perioch.  28  praeclusis  in  t. 
itäbus,  29  victus  in  t.  privatus  est  kann  jedenfalls  nicht  von  Livius 
ichrieben  sein. 

Als  charakteristisch  darf  aber  noch  erwähnt  werden,  dafs  die 
ttlateinische  Poesie  in  totum  nach  altem  Muster  in  den  zweiten 
Tsfufs  stellt,  Venantins  Fortun.  Carm.  6,  2,  110  Omnibus  in  to- 
n  |  factus  es  omne  boaum;  und  noch  klassischer  mit  Negation  und 
m  tarnen  Vergils  und  Ovids  Avitus  poemata  2,  95: 

Non  tarnen  in  totum  periit,  etc. 

Man  könnte  nun  noch  per  omnia  und  in  omnia  als  Auflö- 
tigen von  omnino  verfolgen,  und  würde  dieselben  wohl  auch  schon 
n  Tiberiu8  an  in  der  Prosa  6uchen  dürfen;  namentlich  hat  Velleius 
»e  Formen  begünstigt  2,  13.  35.  40.  69.  79.  97.  ülpian  giebt 
gar  die  stilistische  Gleichung  per  omnia  =  in  totum  Dig.  1,  1,  6 
B  civile  est,  quod  neque  in  t.  a  naturali  vel  gentium  recedit  nee 
tr  omnia  ei  servit,  wie  Virgil.  grammat.  p.  59,  29  H.  nee  in  totum 
•odueta  nee  omnino  correpta.  Doch  würde  dies  zu  weit  führen. 
tt  allgemeinere  Interesse  liegt  darin,  dafs  einzelne  Adverbia  schon 
Uke  der  Auflösung  verfallen  sind;  begreift  man  aber  in  totum  und 
•r  omnia,  so  versteht  man  auch  das  französische  partout  — »  ubi- 
ue;  hier  beabsichtigten  wir  die  Anfänge,  nicht  die  Ausläufer  klar  zu 
Bgen. 

München.  Eduard  Wölfflin. 


10< 


Litteratur  1886.  1887. 


Das  „Wörterverzeichnis"  zu  Martial 


99 


[Bd.  II  S.  382—631  der  Ausg.  von  L.  Friedländer*)  1886]  hat  dem  Bef. 
(Arch.  III  564)  einige  Schwierigkeiten  bereitet     Daus  der  Bearbeiter 
im   Gegensätze    zu    dem    des  ' Namenverzeichnisses'  (S.  347 — 381), 
Carl  Frobeen,  sich  nicht  nennen  wollte,  thut  nichts  zur  Sache;  allein 
für   den    Lexikographen    ist   es    nicht   gleichgültig,   was    man   unter 
„Wörterverzeichnis41  zu  verstehen  habe.     Da  der  Hsgb.  darüber  keine 
Auskunft  giebt,  so  mufste  Ref.  dies  herauszubringen  suchen,  und  er 
konstatierte  daher  zunächst,  dafs  es  kein  Verzeichnis  aller  Wörter  sei, 
indem  beispielsweise  cur,  dum,  inter,  aber  auch  ecquis  u.  &•  fehlen, 
während  die  Vf.  der  an  gleicher  Stelle  besprochenen  Indices  zu  Catoll 
und  Tibull   auch   den  Partikeln  und   Pronomina  eine  Stelle  gönnen. 
Wäre    nun    durch    eine    Bemerkung    abgegrenzt,    was    aufgenommen, 
was  übergangen  sei  (Fr.  nennt  jetzt  als  übergangen:  Wörter  wie  at- 
que,  aut,  et,  etiam  und  dergl.),  so  würde  sich  der  Lexikograph  auf 
ein  stilles  Bedauern  beschränken;  da  aber  nichts  gesagt  ist,  so  weift 
man  nie,  ob  der  Schlafe  ex  silentio  berechtigt  sei  oder  nicht.    Wenn 
numquid  aufgenommen  ist  und   ccquid  fehlt,   so  wird   man   glauben, 
Martial  habe  es  nicht  gebraucht,  und  doch  findet  es   sich  VII  6,1 
und  sonst.     Oder  wenn  autem  und  vel  aufgenommen  sind,  aut  aber 
fehlt,  so  mufs  man  annehmen,  der  Dichter  habe  es  vermieden.,  und 
doch  hat  er   einfaches  wie  doppeltes   aut  sehr  oft  gebraucht.     Man 
wird   es   dem  Lexikographen  nicht  verübeln,   wenn  er  durch   solche 
Willkür   verstimmt   wird     Sollte    denn    die   deutsche    Lexikographie 
von  1886  auf  dem  Standpunkte  stehen,  den  namentlich  die  Franzosen 
im  18.  Jahrh.  eingenommen   haben?     Damit   kann   ich   mich    unmög- 
lich  einverstanden   erklären.     Allermindestens    hätte    gesetzt    werden 
sollen:  aut  epigr.  26,8.    I  praef.  17  etc.     Die  einzige  Entschuldigung 
bot  die  Annahme,   es   sei  dem  *  Wörterverzeichnisse '   der  Index   der 
Ausgabe  in  usum  Delphini  (1739)  zu  Grunde  gelegt,  in  welchem  z.B. 
aut  fehlt,   und  Ref.  glaubte   diese   dem  Bearbeiter  leihen   zu   dürfen, 
indem  er  eine  *  Revision'  desselben  annahm.     Wenn  H.  Prof.  Fr.  uns 
nun  belehrt,   es   seien  zu   don   ersten    250  Citaten   fünf  neue    hinzu- 
gekommen,  so   haben  auch  wir  dies   beobachtet,  würden   darin  aber 
keinen  Widerspruch  mit  dem  Ausdrucke  Revision*  finden. 

Nach   der  Versicherung   von  H.  Prof.  Fr.   haben   Königsberger 

*)  Herr  Prof.  L.  Fr.  fragte  am  13.  Dezb.  au,  ob  eine  Berichtigung  im 
Archive  Aufnahme  fände,  was  'bereitwilligst'  für  das  nächste  Heft  IV  1  zu- 
gesichert wurde.  Da  er  aber  nicht  so  lange  warten  wollte,  veröffentlichte 
er  dieselbe  in  der  Berliner  pbilol.  Wochenschrift  vom  6.  Febr.  1887,  worauf 
bieinit  umgehend  Antwort  erfolgt. 


Litteratur.  149 

Studenten  das  *  Wörterverzeichnis  neu  zusammengestellt',  und  der 
ndex  der  Ansg.  in  nsnm  Delpbini  ist  nnr  zur  Eontrole  benutzt.  Um  so 
ehlimmer,  dafs  nun  die  Fehler  mit  Wissen  begangen  sind.  Da  wir 
ber  doch  veranlafst  sind,  das  Wort  zn  ergreifen,  so  haben  wir  noch 
lehr  zu  sagen.  Zum  Behufe  der  Anzeige  wurden  an  den  ersten 
fodichten  von  lib.  VII,  nam.  an  15 — 20  Stichproben  vorgenommen. 
fobei  ergaben  sich: 

1)  Citatfehler:  summe  ITI  7,5,  lies  VII  7,5;  hilares  III  8,1,  lies 
m  8,1;  poscit  VII  10,  4  lies  VII  10,14. 

2)  Falsch  eingereiht:  unter  sölum  die  Stelle  VII  16, 1 

Aera  domi  non  sunt,  snperest  hoc,  Regule,  sölum. 
/ulva  VII  20, 1 1  unter  volva.     (Besser  stände  im  Texte  volva.) 

3)  Es  fehlen:  colitur  VII  15,  3.     sölum  VH  16,  1.     muta  VII 
18, 14.     quater  VII  20,  4. 

Wenn  Ref.  dies  mit  Stillschweigen  überging,  so  glaubt  er  damit 
das  nötige  Mafs  von  Wohlwollen  bewiesen  zu  haben.  Endlich  liegt 
uns  noch  etwas  auf  dem  Herzen.  Der  Leser  mufs  die  Stellen  von 
onus  unter  una,  von  qnidam  unter  quaedam,  von  lux  unter  luce,  von 
lego  unter  lecta,  von  loquor  unter  locuto,  von  volo  unter  velit 
rochen,  ohne  dafs  er  darüber  aufgeklärt  würde.  Dies  sieht  schon 
dem  Versteckenspielen  ähnlich.  Es  ist  nämlich  der  Grundsatz  durch- 
geführt, die  in  der  alphabetischen  Reihenfolge  ersten  Formen  als  die 
lexikalischen  Grundformen  zu  betrachten,  didici  für  disco  u.  s.  w. 
Wozu  soll  sich  nun  der  Benutzer  abquälen,  diese  Form  herauszufinden? 
Und  wenn  nun  didici  oder  lectus  zufallig  nicht  vorkommt,  so  mufs 
man  den  Artikel  unter  disco  und  lego  bringen,  wodurch  Ungleichheit 
und  Verwirrung  entsteht.  Wir  können  vor  der  Neuerung  nur 
dringend  warnen.  Der  Herausgeber. 

Pbillipps  Glosaary  by  R.  Ellis.    Beprinted  from  American  Journal 
of  Philology.     vol.  VI  No.  4.    vol.  VII  No.  3. 

Unter  den  Glossenhandschriften  der  Bibliothek  von  Thomas 
Phillipps  in  Cheltenham  sind  die  älteren  insofern  die  weniger  inter- 
eoanten,  als  der  Inhalt  anderwärts  und  besser  überliefert  ist.  Nicht 
ohne  Interesse  sind  dagegen  zwei  jüngere  Handschriften  No.  2274 
and  4626,  beide  aus  dem  Ende  des  12.  oder  Anfang  des  13.  Jahr- 
hunderts, beide  mit  genau  demselben  glossographischen  Inhalt,  nur 
dafs  die  zweite  von  einer  gleich  alten  Nachtragshand  an  mehreren 
Stellen  vervollständigt  worden  ist.  Eine  im  1 7.  Jahrhundert  gemachte 
Abschrift  des  nämlichen  Glossars  liegt  in  Brüssel  (No.  8421);  sie 
ragt  die  Überschrift:  Glossarius  S.  Mariae  de  Camberone.  Da  nun 
ieses  Apographon  mit  No.  2274  auffallend  übereinstimmt,  da  ferner 
erschiedene  Handschriften  der  Cheltenhamer  Bibliothek  aus  dem  ge- 
innten  Kloster  herrühren,  so  ist  zu  vermuten,  dafs  die  Brüsseler 
bschrift  aus  No.  2274  gemacht  wurde,  bevor  der  Codex  seinen  Weg 
ieh  England  fand. 

Über  den  Inhalt  des  cod.   Cheltenham.   No.  4626   hat  R.  Ellis 


150  Litteratur. 

nach  sorgfältigen  Excerpten  an  verschiedenen  Orten  dankenswerte 
Mitteilungen  gemacht.  Die  erste  Erwähnung  findet  sich  im  Journal 
of  Philol.  B.  VIII  p.  71;  eine  ausführlichere  Besprechung  steht  ebenda 
B.  XIV  p.  81  ff.  Einige  Glossen  aus  0  sind  im  2.  Bande  dieses 
Archivs  p.  321  abgedruckt;  Excerpte  aus  M  N  0  P  R  bieten  die  in 
der  Überschrift  genannten  Hefte  des  amerikanischen  Journal  of  Philo* 
logy.     Dazu  kommen  noch  zerstreute  Einzelbemerkungen. 

Es  wird  natürlich  Ellis  nicht  entgangen  sein,  dafs  die  Chelten- 
hamer  Glossen  sich  in  zahlreichen  Fällen  mit  Osberns  Panormia  und 
Isidors  Origines  berühren:  auf  beides  wurde  von  Minton  Warren  zu 
den  Buchstaben  M  und  N  sowie  von  der  Redaktion  dieser  Zeitschrift 
in  einer  Anmerkung  ausdrücklich  hingewiesen.  Wichtiger  wäre  die 
von  Ellis  in  den  Vordergrund  gerückte  Beziehung  zu  Paulus-Festus, 
wenn  Ellis  recht  hätte  mit  seiner  Ansicht,  dafs  die  Cheltenhamer 
Glossen  dem  Festus  vielfach  näher  ständen  als  dem  Paulus.  Allein 
so  gern  ich  mich  auch  mit  Ellis  im  Einvernehmen  wüfste,  so  ver- 
mag ich  doch  nach  den  seitherigen  Mitteilungen,  die  ohne  Zweifel 
das  Wichtigste  bieten,  an  eine  solche  engere  Beziehung  nicht  iu 
glauben.  Was  Ellis  für  seine  Ansicht  vorgebracht  hat,  erscheint 
mir  teils  als  unerheblich,  teils  ist  mancherlei  unberücksichtigt  ge- 
blieben, wodurch  die  Sache  in  eine  andere  Beleuchtung  gerückt  wird. 
Wenn  z.  B.  aus  der  leichten  Diskrepanz  bei  Plancus  auf  Verwandt- 
schaft mit  Festus  geschlossen  wird,  so  steht  dem  entgegen,  dafs 
plancus  sehr  oft  mit  latus  glossiert  wird,  dafs  also  der  Zusatz  sehr 
nahe  lag.  Wenn  ferner  bei  Patagium  die  Worte  ex  purpura  et  auro 
variatum,  die  bei  Paulus  fehlen,  auf  Festus  bezogen  werden,  so 
dürfte  doch  nicht  zu  vergessen  sein,  dafs  grade  dieser  Zusatz  sieh 
in  den  Scholien  zu  des  Atto  Polypticum  findet,  wie  bereits  De -Vit 
erwähnt.  Durchschlagend  wäre  das  Citat  bei  Sororiare,  wenn  es 
wirklich  bei  Paulus  fehlte.  Indessen  hat  Thewrewk  von  Ponor,  dessen 
Paulus -Festus -Ausgabe  zu  meiner  Freude  rüstig  fortschreitet  und 
hoffentlich  nicht  lange  mehr  auf  sich  warten  lassen  wird,  gezeigt, 
dafs  dasselbe  in  andern  Paulushandschriften,  die  Otfr.  Müller  nicht 
benutzt  hat,  ebenfalls  vorhanden  ist.  Kurz  wohin  man  den  Blick 
richtet,  bietet  sich  kein  Argument,  das  wirklich  Stand  hielte.  Wenn 
ich  aber  auch  in  dieser  Hinsicht  von  Ellis  abweiche,  so  will  ich  da- 
mit die  Bedeutung  des  Glossars  nicht  bestreiten;  dieselbe  erstreckt 
sich  jedoch,  soweit  ich  urteilen  kann,  in  erster  Linie  auf  die  Ge- 
schichte der  glossographischen  Tradition,  worüber  an  andrer 
Stelle  zu  handeln  sein  wird.  Hier  sei  nur  so  viel  erwähnt,  dafs  wir 
es  mit  einer  im  ganzen  jungen  Überlieferung  zu  thun  haben,  deren 
Spuren  sich  namentlich  bei  Hugutio  und  Osbera  verfolgen  lassen. 

Jena.  Georg  Goetz. 

Du    Cange-Favre:    Glossarium   mediae   et  inflmae   latinitatia. 

Tomus  septimus.    R.  S.    Niort.  1886.    694  pg.    4°. 

Der    den    Normal  um  taug    beträchtlich    überschreitende    siebente 
Band  zeigt  keine  wesentlichen  Unterschiede  von  seinen  nächsten  Vor- 


Litteratur.  151 

gftngern.  Dafs  Diefenbach,  dem  der  erste  Band  beispielsweise  die 
(von  homo  abgeleiteten!)  nenen  Artikel  abhominabilis,  abhominare, 
abhominatio,  abhominatus,  abhominosus  verdankt,  mit  mebr  Vorsicht 
benutzt  ist,  verdient  nur  Lob;  die  wirklich  neuen  aus  Drucken  und 
Handschriften  gesogenen  Artikel  sind  auf  den  ersten  50  Seiten:  ra- 
canus,  rachamator,  racinus,  rapabulum,  ratum,  ravauus,  rausarius, 
reaptatura,  rearripere,  rebrunatura,  recamatura,  recaperator,  recha- 
mator,  recluseria,  recogitatio  (von  Georges  schon  ans  Augustin,  Cas- 
sian,  Donat  nachgewiesen),  recomparsatio.  Diese  neuen  Wörter  sind, 
im  Gegensatze  zu  den  alten  Artikeln  von  Du  Gange,  entweder  in  fran- 
zösischer Sprache,  oder  auch  gar  nicht  erklärt,  z.  B.  „Ravanus:  Da 
ei  tres  Bavanos  medianos  cum  ipsorum  foliis.  BibL  nat.  Ms.  lat. 
10272.  p.  277."  Dafs  damit  mittelgrofse  Rüben  gemeint  sind  (franz. 
rave),  mufs  der  Leser  selbst  finden;  aber  „Recomparsatio:  In  recom- 
parsationem  castri  Balonis  . . .  reddidit  et  tradidit  castrum  castillionis" 
kann  vielleicht  weder  der  Leser  noch  der  Herausgeber  die  Bedeutung 
mit  Sicherheit  bestimmen.  Oder  sollte  recompensatio  zu  lesen  sein? 
Ebenso  wenig  ist  redlerius  erklärt.  Unter  den  neu  hinzugekommenen 
Artikeln  finden  sich  manche,  die  nur  orthographische  Varianten  sind, 
z.  B.  relicare  libros  — =  religare,  relier.  Alle  diese  Wörter,  welche 
sieh  für  das  gesamte  Werk  auf  2000 — 3000  belaufen  dürften,  sind 
(abgesehen  von  dem  oben  genannten  Diefenbach)  teils  aus  L.  Qnicherat 
(Addenda  lexicis  latinis.  Parisiis  1862)  gezogen,  teils  von  M.  Frati, 
Bibliothekar  in  Bologna  und  AI.  Pajot,  ehemaligem  Zögling  der  Ecole 
des  Chartes  geliefert.  Refirmare,  welches  C.  Wagener  aus  Festus 
breviar.  cap.  14  entfernt  (Arch.  ICE  397),  wird  S.  79  mehrfach  ans 
dem  Mittellatein  belegt,  z.  B.  Altampetram  refirmare  vel  castrum 
alibi  • . .  firmare.  Dafs  reformare  an  der  genannten  Stelle  als  in 
den  lateinischen  Wörterbüchern  fehlend  bezeichnet  wird,  beruht  auf 
einem  Irrtum;  denn  wenn  das  Wort  auch  der  klassischen  Prosa  fremd 
ist,  so  hat  es  doch  nach  dem  Vorgange  von  Ovid  die  silberne  und 
spätere  Latinität  angenommen.    Vgl.  Georges  s.  v. 

0«  Riemann:  Syntaxe  latine  d'apres  lea  prinoipes  de  la  gram- 
maire  hiatorique.     Paris.  1886.     496  p.     8°. 

Wäre  das  genannte  Buch  blofs  Schulgrammatik,  so  wiire  eine 
Anzeige  durch  das  von  uns  bisher  festgehaltene  Programm  ausge- 
schlossen; es  ist  aber  nicht  nur  für  die  Oberklassen,  sondern  auch 
fftr  die  Studierenden  auf  der  Universität  bestimmt,  und  bietet  daher 
nicht  nur  zahlreiche  Vergleichnngen  mit  der  griechischen  Syntax, 
sondern  es  ist  auch  der  Sprachgebrauch  der  klassischen  Prosa  mög- 
lichst von  dem  der  Dichter  getrennt;  aufserdem  wird,  nach  dem 
Vorgange  von  Schmalz,  in  der  Prosa  die  streng  korrekte  Ausdrucks - 
weise  von  der  familiären  und  vulgären  unterschieden.  Die  Grund- 
lage, auf  der  die  Darstellung  des  Vf.  fufst,  sind  die  bekannten 
Grammatiken  von  Dräger,  Kühner,  Gofsrau,  Schultz,  Zumpt,  Madvig, 
Schmalz;    die    lateinischen    Autoren    sind    in    der    Regel    nach    den 


152  Litteratur. 

neuesten  Rezensionen  citiert,  nur  mutete  der  Vf.,  der  seine  Vorrede 
am  23.  Oktober  1886  in  Interlaken  schrieb,  für  Varro  de  lingua 
latina  die  1885  erschienene  Ausgabe  von  A.  Spengel  benutzen,  und 
für  Plautus  Epidicus  nicht  die  von  Weise  (1837),  sondern  die  von 
G.  Götz  (1878).  Dafs  der  Vf.  p.  VII  zngesteht,  es  fehle  noch  eine 
wissenschaftliche  lateinische  Grammatik,  wie  das  neuerdings  auch  ein 
deutscher  Romanist  unverblümt  ausgesprochen  hat,  freut  und  schmerzt 
uns  zugleich;  denn  eine  so  alte  Wissenschaft  wie  die  klassische  Philo- 
logie hätte  längst  das  Lehrgebäude  aufrichten  können,  wenn  mit 
dem  Fleifse  der  Grammatiker  die  richtige  Einsicht  verbunden  gewesen 
wäre;  andrerseits  ist  es  doch  als  ein  Gewinn  zu  erachten,  dafs  die 
Mängel  heute  wenigstens  erkannt  sind.  Diesem  Notstande  abzu- 
helfen, hatte  die  Redaktion  dieser  Zeitschrift  wenigstens  den  guten 
Willen,  und  Riemann  hat  auch  von  dieser  Seite  Belehrung  angenom- 
men, z.  B.  S.  323  über  ut  qui  =  Arch.  II  144.  In  einem  Punkte 
aber  unterscheidet  sich  R.  wie  auch  sein  Vorgänger  Antoine  (Syntaxe 
de  la  langue  latine.  Paris  1886)  von  den  deutschen  Grammatikern, 
darin  dafs  sie  die  lateinischen  Musterbeispiele,  wenn  auch  nicht 
immer,  glauben  übersetzen  zu  müssen. 

Man  wird  in  dem  Buche  verschiedene  Beobachtungen  finden, 
welche  neu  und  dem  Vf.  eigentümlich  sind;  in  der  knappen  Form 
der  Mitteilung  aber  und  durch  ihre  Zerstreutheit  vermögen  sie  kaum 
auf  den  Fortgang  der  wissenschaftlichen  Untersuchung  einzuwirken; 
um  so  lieber  verweisen  wir  hier  im  voraus  auf  die  Revue  de  philo- 
logie,  in  welcher  Vf.  einige  Punkte  näher  auszuführen  gedenkt. 
(Über  die  Imperativformen  auf  -to  Rev.  de  phil.  X.  1886  für  Plautus, 
Terenz  und  Cicero.) 

Auf  Wunsch  des  Vf.  ihm  Beiträge  zu  einer  verbesserten  zweiten 
Auflage  zu  liefern,  lassen  wir  noch  ein  paar  Bemerkungen  folgen. 
8.  81.  Schon  vor  Ovid  (hominum  cunctos)  hat  Catull  66,  9  geschrieben 
cunctis  deorum.  —  S.  98.  Ob  man  dignus  mit  Genetiv  der  poetischen 
Sprache  zuweisen  dürfe,  erscheint  doch  noch  fraglich,  da  die  Stelle 
Verg.  Aen.  12,  649  wdignus  avorum  dazu  kaum  berechtigt.  Vgl. 
Rhein.  Mus.  37,  114.  —  S.  122  wird  opus  est  aliqua  re  fälschlich 
erklärt  j'ai  a  agir  etc.;  vielmehr  opus  (=  opis)  mihi  est  libris,  mir 
ist  mit  Büchern  geholfen,  gedient.  Vgl.  auch  Fr.  Scholl,  Arch.  II 
207  f.  und  das  analoge  usus  est.  —  S.  156.  sui  (statt  sua)  causa 
kann  bei  Cicero  Verrin.  nicht  richtig  sein,  vgl.  Arch.  I  172.  — 
Ebendas.  tenus,  jusque  entspricht  doch  nur  der  Auffassung  des  Spät- 
lateins; denn  Tauro  t.  regnare  heifst  nicht  bis  zum  Taurus  herrschen, 
sondern  vom  T.  an.  Vgl.  Arch.  1415  ff.  —  S.  199.  ne  quis  fecisse 
velit  ist  doch  nicht  identisch  mit  ne  quis  faciat,  sondern  =  es  möge 
sich  niemand  beikommen  (einfallen)  lassen  —  zu  thun.  —  S.  212. 
Tnfin.  histor.]  Es  war  wohl  zu  sagen,  dafs  die  Konstruktion  in  der 
Regel  2  oder  mehr  Infinitive  voraussetzt,  und  dafs  ein  einziger  In- 
finitiv nur  dann  steht,  wenn  die  Handlung  wiederholt  gedacht  wird, 
z.  B.  negitare  =  iterum  iterumque  negare.  —  S.  252.  videre  est, 
constructioii  incorrecte;  nach  Serv.  zu  Verg.  Aen.  8, 676  figura  Graeca, 


Litteratur.  153 


wenn  auch  die  beigefügten  Worte:  sicut  graeco  dicitur  oqccv  iveaxi 
Interpolation  von  Codex  D  sind.  —  8.  75  ist  das  Beispiel  ans  Livius 
id  remedium  timori  fuit  nicht  mit  den  partizipialen  Dativen  venien- 
tibus  ab  Epiro  u.  a.  zusammenzustellen. 

O.  Riemann:  La  question  de  l'imperatif  latin  en  -to.  (Revue 
de  philol.  X  (1886.)  161—188.     8°. 

Nach  dem  Vorgange  der  alten  lateinischen  Grammatiker  be- 
zeichnet man  bekanntlich  die  Imperativformen  auf  -to  als  Jussivus  oder 
Imper.  futuri,  während  Schmalz  (Synt.  258.  §  36)  glaubt,  die  Volks- 
sprache habe  dieselben  als  die  zudringlicheren  verwendet.  Riemann 
erkennt  die  Frage  nicht  als  spruchreif,  da  ein  vollständiges  Ver- 
zeichnis der  einschlägigen  Stellen  nicht  vorliege,  kommt  aber  auf 
Grund  seines  ans  Plautus,  Terenz,  Ciceros  Briefen  und  Reden  ge- 
sammelten Materiales  zu  dem  vorläufigen  Ergebnis,  dafs  die  gewöhn- 
liche Annahme  sich  bestätige,  wenn  auch  mit  einigen  Modifikationen. 
Er  wünscht  andere  zur  Fortsetzung  seiner  Studie  anzuregen,  wobei 
u.  a.  auf  die  Sentenzenlitteratur  (alteri  semper  ignoscito)  und  die 
Rezepte  der  Ärzte  zu  achten  wäre.  Offenbar  haben  verschiedene 
Einflüsse  bei  der  Feststellung  des  Sprachgebrauches  mitgewirkt:  die 
einsilbigen  Formen  es  und  sei  weichen  den  zweisilbigen  esto  und 
scito;  Plautus  mag  metri  causa  oder  nach  dem  (schon  bei  Terenz 
modifizierten)  Usus  seiner  Zeit  die  Bildungen  auf  to  bevorzugt  haben, 
und  die  klassische  Latinität  hat  im  ganzen  mehr  die  kurzen  Formen, 
die  auf  tor  gar  nicht  mehr,  wie  ja  auch  die  Infinitive  auf  arier  auf 
ari  sanken;  überdies  mochte  die  Sprache  (abgesehen  von  den  Formeln 
der  Gesetzessprache)  amato  nicht  als  zweite  und  als  dritte  Person' 
gelten  lassen,  sondern  griff  für  die  letztere,  um  Zweideutigkeit  zu 
vermeiden,  lieber  auf  den  Konjunktiv.  Vorschriften  wie  ne  colito 
bei  Plin.  nat.  hist.  scheinen  aus  altern  Schriftstellern  de  re  rust. 
übernommen  zu  sein,  da  hier  Cicero  für  ne  colueris  eintrat..  Un- 
erwiesen ist,  dafs  der  Imper.  auf  -to  besonders  in  koncessivem  Sinne 
gebraucht  wurde,  da  dies  mindestens  mit  gleichem  Rechte  auch  von 
den  kürzeren  Formen  gilt. 

J.  G.  Schmalz  und  G.  Landgraf:  K.  Reisigs  Vorlesungen  über 
lateinische  Sprachwissenschaft.  10.  und  11.  Lief.  Berlin  1887. 
Calvary.    8.577—768.     8°. 

Die  vorliegende  Doppellieferung,  die  Syntaris  Casuum,  die  Prä- 
positionen und  die  Lehre  vom  Participium  umfassend,  ist  von  Studien- 
Lehrer  Dr.  G.  Landgraf  redigiert.  Man  mag  über  den  Wert  des 
früher  Epoche  machenden  Buches  Air  unsere  Zeit  denken,  wie  man 
will:  die  Überarbeitung  giebt  uns  die  neuere  Litteratur  über  lateinische 
Grammatik  in  einer  Vollständigkeit,  wie  sie  weder  bei  DrUgor  noch 
sonst  wo  zu  finden  ist;  den  nützlichen  Grundrifs  von  E.  Hübner  aber 
übertrifft  sie  nicht  nur,  weil  seit  der  letzten  Auflage  desselben  ein 
halbes  Dutzend  Jahre  verstrichen  sind,  sondern  auch,  weil  man  durch 


154  Litteratur. 

Landgraf  auch  den  Inhalt  der  genannten  Schriften  kennen  lernt;  die 
Cilate.aus  alten  Autoren  aber  sind  so  sorgfältig  revidiert,  dafSs  man 
mir  zur  gröfsten  Seltenheit  einen  Fehler  finden  wird.  —  Ob  cxcettere 
in  der  That  mit  dem  Dativ  verbunden  werde  (S.  623),  scheint  doch 
noch  fraglich,  da  die  vermeintlichen  Dative  wie  bei  eminere  eher 
Ablative  sein  dürften.  Ein  excellere  gregi  könnte  man  zwar  etwa 
bei  Dichtern  voraussetzen;  doch  haben  diese  gerade  das  Verb  in  auf- 
fallender Weise  zurückgesetzt  oder  ganz  gemieden,  und  bei  Georges7 
oder  Forcellini  -  De  Vit  findet  man  kein  beweiskräftiges  Beispiel. 

Wilhelm  Meyer:  Die  lateinische  Sprache  in  den  romanischen 
Ländern.  (Grundriß  der  roman.  Philologie,  hsgg.  von  6.  Gröber. 
2.  Lief.     Strafsburg  1886.    8.  351—382.) 

Nach  ■  einer  Einleitung  über  die  Art  und  die  Zeit  der  Verbrei- 
tung der  römischen  Sprache  behandelt  Verf.  im  Hauptteil  die  'Ge- 
schichte der  lateinischen  Volkssprache',  ein  Abschnitt,  den  Romanisten 
und  Latinisten  mit  gleicher  Freude  begrüfsen  werden.  Denn  er  fafst 
nicht  nur  zusammen,  was  bis  jetzt  über  das  Vulgärlatein  von  andern 
ermittelt  worden,  sondern  er  bringt  zugleich  eine  grofse  Anzahl  Re- 
sultate, die  M.  eigenster  Forschung  verdankt;  und  überall  tritt  der 
weite  Umfang  seiner  Kenntnisse  zu  Tage.  Am  ausführlichsten  ist 
natürlich  die  Lautlehre  und  die  Formenlehre  dargestellt,  da  in  dieser 
Richtung  die  Erforschung  der  romanischen  Sprachen  am  weitesten 
fortgeschritten  ist.  Kürzer  wird  die  Wortbildungslehre  und  die 
Syntax  behandelt,  wo  zwar  die  Latinisten  vielfach  vorgearbeitet  haben, 
die  Kontrolluntersuchungen  nach  romanischer  Seite  hin  aber  noch 
grofsenteils  fehlen.  Unter  der  Fülle  des  Neuen  findet  sich  natürlich 
manches,  das  zum  Widerspruch  auffordert,  zumal  der  knappe  Raum 
dem  Verf.  die  Begründung  seiner  Aufstellungen  versagte.  Doch  ist 
hier  nicht  der  Ort  auf  Einzelheiten  einzugehen;  M.  hat  wohl  hie 
und  da  allzu  genau  darstellen  wollen,  genauer,  als  das  überlieferte 
Material  sichere  Schlüsse  gestattet;  vgl.  z.  B.  die  Vermischung  und 
den  Untergang  der  Casus  §  42  ff. 

Während  man  früher  den  Beginn  des  Vulgärlateins  zu  spät 
datierte  in  die  Zeit,  da  die  Schriftsprache  in  Verfall  gerfit,  scheint 
man  mir  gegenwärtig  in  der  anderen  Richtung  zu  weit  zu  gehen, 
namentlich  seit  den  bestechenden,  aber  nicht  durchweg  überzeugenden 
Ausführungen  Gröbers  Archiv  I  213  ff.  Der  in  manchen  Beziehungen 
altertümlichste  Dialekt,  das  Sardinisohe,  geht,  soviel  ioh  sehe,  nicht 
sowohl  direkt  auf  die  präsumtive  Volkssprache  zur  Zeit  der  Einver- 
leibung Sardiniens  zurück,  als  ungefähr  auf  das  Gemeinrömische  zu 
Beginn  unserer  Zeitrechnung.  Dafs  die  Schriftsprache  etwa  bis  auf 
Cicero  sich  aufser  in  Syntax  und  Wortschatz  auch  in  den  Lauten 
und  Formen  von  der  römischen  Volkssprache  wesentlich  unterschieden 
habe,  ist  unerwiesen  und  unwahrscheinlich.  Ich  halte  daher  z.  B. 
die  Deutung  der  romanischen  Imperfekte  auf  -e#m,  tarn  als  alter 
Formen   der    Vulgärsprache,    die   nur   nirgends   in   die    schriftlichen 


Litteratur.  155 

enkm&ler  eingedrungen  wären  (Meyer  §  36  nach  Gröber),  nicht  so- 
ohl  fnr  eine  Erklärung,  als  für  einen  bequemen  Ausweg,  schwer 
i  erklärende  Formen  bei  Seite  zu  schaffen  oder  doch  in  das  Dunkel 
nr  Urzeit  zurückzuschieben.  Ebensowenig  kann  ich  mit  Gröber  an 
n  Tulgftrlat  Suffix  -erius  glauben,  das  seit  alter  Zeit  neben  dem 
ftriftlat  -arius  gestanden  hätte  (vgl.  Meyer  §  50).  Wenn  hier  eine 
ermutung  gestattet  ist,  so  möchte  ich  roman.  >$rius  für  lautgesetz- 
ch  aus  -(i)arius  entstanden  halten  im  Norden,  im  nordfranzösischen 
od  francoprovenzalischen  Gebiete,  wo  in  sehr  früher  Zeit  d  nach  y 
i  0  (resp.  ie)  geworden  ist.  Es  verdrängte  daselbst  -arius  und  er- 
tarte  ganz  Südfrankreich,  drang  auch  in  Italien  vor,  ohne  aber  hier 
ber  den  einheimischen  Abkömmling  von  -arius  völlig  Meister  zu 
erden.  Ähnlich  läfst  sich  die  nördliche  Form  cer§sca  neben  dem 
ldlichen  cerdsea  'Kirsche'  erklären  (§  15),  iudem  das  kymrische 
ehnwort  ce'trios  eine  nördliche  Grundform  mit  vertauschtem  Suffix 
ceriäsia  erschliefsen  läfst.  —  Druckfehler  —  die  nicht  ganz  fehlen  — 
drrigieren  sich  von  selbst.  Auf  Versehen  beruht  die  angebliche 
[earang  pfyus  bei  Ter.  Maur.  168  in  §  15,  die  I  Plur.  afrz.  faismcs 
it.  faimes)  in  §  33,  der  überhaupt  wenig  Überzeugendes  bietet. 

Stehen  wir  nicht  an  den  Inhalt  dieses  Abschnittes,  von  Einzel  - 
eiten  abgesehen,  als  vortrefflich  und  auch  in  seinen  zweifelhaften 
'eilen  als  anregend  zu  bezeichnen,  so  möchten  wir  andrerseits  gegen 
ie  Form  desselben  energischen  Einspruch  erheben.  Ref.  ist  wahrlich 
em  Freund  der  Weitschweifigkeit  Es  giebt  aber  einen  Grad  von 
Kondensation,  der  dem  Verständnis  und  der  Übersicht  gleichermafseu 
und  ist;  und  diesen  Grad  scheint  uns  der  Verf.  an  manchen  Stellen 
rreicht  zu  haben.  Das  ist  gerade  in  einem  encyklopädischen  Werke 
oppelt  bedauerlich.  Wird  es  schon  demjenigen,  der  sich  selber  ge- 
auer  mit  den  Problemen  beschäftigt  hat,  nicht  leicht  sich  in  den 
lehr  als  knappen  Notizen  zurechtzufinden,  so  steht  zu  vermuten,  dafs 
er  Studierende  oder  auch  der  Latinist  oder  Romanist,  der  bis  jetzt 
lesen  Spezialfragen  ferner  gestanden,  sich  mit  leisem  Grauen  von 
&m  Gewirre  von  Formeln  und  Zeichen  abwendet,  was  doch  gewifs 
icht  die  Absicht  des  Verf.  sein  kann.  M.  hat  als  Entschuldigungs- 
rund  den  engbemessenen  Raum;  doch  hätten  ihm  Verlag  und  Re- 
aktion doch  wohl  einen  halben  Bogen  mehr  bewilligt  So  ist  zu  be- 
drohten, dafs  manche  anregende  Bemerkung,  die  zum  fruchtbaren 
lameukorn  für  weitere  Untersuchungen  werden  könnte,  unbeachtet 
der  unverstanden  bei  Seite  liegen  bleibt. 

Den  Schlufs  des  inhaltreichen  Abschnittes  bildet  ein  guter  Über- 
•lick  über  die  Geschichte  der  lateinischen  Schriftsprache  in  den 
omanischen  Ländern. 

Jena.  R.  Thnrneysen. 

'r.  Cramer:  De  perfeoti  ooniunotivi  ura  potentdali  apud  prisoos 
soriptores  latinos.     Marburg.  1886.    Diss.  inaug.    87  pg.    8°. 

Der  Konjuuktiv  des  Perfekts  hat  längst  die  Aufmerksamkeit  der 
listorischen  Grammatik  auf  sich  gezogen.     Schon  das  Vorhandensein 


156  Litteratur. 

von  Doppclformen  im  Altlatein  erregte  das  Interesse,  man  forschte 
nacb  Entstehung  und  Bedeutung  derselben,  suchte  eine  Differenzierung 
von  fecerlm  und  faxim  und  ähnlichen  nebeneinander  bestehenden 
Formen;  ferner  bemerkte  man  den  aoristischen  Gebrauch  des  Konj. 
Perf.  in  ne  dixcris  und  dixerit  quispiam,  dann  die  allmähliche  Er- 
weiterung der  Gebrauchssphäre  des  Konj.  Perf.  im  silb.  Latein,  &.  B. 
ut  sie  dixerim,  das  Fehlen  der  ersten  Person  Pluralis  im  Altlatein, 
so  daf8  z.  B.  dixerimus  sich  vor  Cornificius  nicht  nachweisen  lftfst 
u.  a.  mehr.  Kontroversen  konnten  nicht  ausbleiben,  die  wichtigste 
ist  die  über  die  Bedeutung  des  sigmatisch  gebildeten  Konj.  Perf.  s.  B. 
faxim,  negassim;  leichter  einigte  man  sich  über  Herleitung  der  For- 
men; denn  dafs  capso  ein  Konj.  Aor.,  capsim  ein  Optr  Aor.  ist,  dafg 
auch  viderim  =  eidelrjv  entspricht,  dürfte  wohl  allgemein  anerkannt 
sein.  Bei  dieser  Sachlage  ist  es  naheliegend,  dafs  der  Konj.  Perf. 
ein  ergiebiges  Feld  für  sprachliche  Untersuchungen  abgiebt  und  so 
hat  denn  auch  Vf.  sich  vorgenommen,  die  eine  Richtung  im  Ge- 
brauche des  Konj.  Perf.,  den  Potentialis,  hinsichtlich  seines  Gebrauchs 
im  Altlatein  näher  zu  beobachten;  die  Optative  und  prohibitive  Ver- 
wendung der  gleichen  Verbalform  wird  nur  gestreift,  dagegen  wirft 
die  Untersuchung  des  vorklassischen  Brauches  auch  Licht  auf  die 
kl.  und  nachkl.  Diktion. 

Vf.  stellt  fest,  dafs  der  Gebrauch  des  Potentialis  sich  ans  der 
hypothetischen  Satzfttgung  entwickelt  habe;  dabei  kommt  er  auf  ähn- 
liche Gedanken,  wie  Wegener  Grundfragen  S.  188  f.,  wo  Wunsch  und 
Bedingung  Zwillinge  genannt  werden;  denu  aus  dem  Nachsatze  der 
hypothetischen  Periode  ist  wohl  in  gleicher  Weise  der  Potentialis 
hervorgegangen,  wie  aus  dem  Vordersatze  der  Optativus.  Die  That- 
sache,  dafs  der  Potentialis  im  Altlatein  selten  vorkommt,  verlangt 
eine  Erklärung;  diese  giebt  Vf.  durch  den  Hinweis  auf  den  nativns 
antiquissimi  sermonis  vigor,  der  noch  nicht  ea  quae  exploratissima 
erant  modestiore  qnadam  iudicandi  specie  quasi  obvolvere  studebat; 
somit  blieb  der  Cic.  Zeit  die  besondere  Ausbildung  des  Potentialis 
vorbehalten;  eine  Einwirkung  der  eleganten  attischen  Diktion  sei 
dabei  nicht  zu  verkennen.  Bezüglich  der  Doppelformen  faxim  neben 
fecerim  stellt  sich  Vf.  vollständig  auf  den  Standpunkt  von  Madvig 
und  Lübbert  (vgl.  Archiv  II  227);  auch  ihm  gilt  der  Madvigsohe 
Satz,  „dafs  die  sigmatischen  Formen  die  Bedeutung  der  Vergangen- 
heit überhaupt  nicht  besessen  haben".  Im  Gebrauche  von  dizerim, 
fecerim  und  den  andern  längeren  Formen  scheidet  er  zwischen  per- 
fectum  logicum  und  praeteritum  historicura;  der  Potentialis  des 
ersteren  findet  sich  im  Altlatein  wohl  nur  im  hypothetischen  Satze 
und  auch  da  selten;  der  Potentialis  des  letztern  wird  gleichfalls  nicht 
häufig  angetroffen  und  unterscheidet  sich  wesentlich  in  Anwendung 
und  Bedeutung  von  der  Übung  der  klassischen  Zeit.  Dieser  Ab- 
schnitt wird  von  dem  Vf.  besonders  ausführlich  behandelt  und  mit 
zahlreichen  Beispielen  belegt. 

Die  Abhandlung  stützt  sich  in  der  Darlegung  der  einseinen 
Beobachtungen   auf   ein    reiches,    kritisch    wohl    gesichtetes    Stellen« 


Litte  ratur.  157 

naierial,  ebenso  sind  dem  Vf.  die  neusten  Forschungen  auf  seinem 
Gebiete  wohlbekannt.  Das  Latein  ist,  wie  natürlich  bei  einer  so 
spröden  Materie,  vielfach  schwerfällig. 

Tauberbischofsheim.  J.  EL  Schmalz. 

3.  M.  Zander:  De  relatione  pronominal!  ea,  quae  est  per  QVOD 
et  ID  QVOD.    Lundae.    typis  Berlingianis.  1885.    54  pagg.   4°. 

Die  Arbeit  kommt  mehr  der  Stilistik  als  der  historischen  Gram- 
natik  zu  gute.  Gleichsam  nur  pflichtschuldigst,  um  einem  herge- 
>rachten  Brauche  zu  genügen,  giebt  Verf.  eine  geschichtliche  Ein- 
eitung,  wobei  die  prisci  hinter  der  Klage  über  die  exiguae  reliquiae 
ler  vorciceronianischen  Litteratur  zurücktreten,  von  der  Kaiserzeit 
iber  wird  gelegentlich  bemerkt:  quod  non  scrutatus  sum,  nee  enim 
keile  talem  rem  animum  advertas,  nisi  intenderis.  Ober  Varro  ge- 
lenkt Verf.  ealio  tempore'  zu  handeln,  für  das  bell.  Hispan.  und  für 
2nrtius  beruft  er  sich  auf  Äufserungen  von  Degenhardt  und  Vogel; 
lie  Autoren  der  silbernen  Latinität  sind  mehr  nur  gelegentlich  heran- 
gezogen. Darnach  besteht  das  Hauptmaterial  der  Untersuchung  aus 
jueretius,  Cicero,  Cäsar,  Sallust  und  Nepos,  wenn  auch  für  Cicero 
ast  nur  die  Reden  und  das  Leiicon  von  Merguet  benutzt  sind.  Mit 
iülfe  desselben  und  durch  sorgfältige  Prüfung  der  einzelnen  Stellen 
tat  aber  Z.  in  verdienstlicher  Weise  festgestellt,  dafs  in  einer  grofsen 
Sahl  von  Fällen  ausschliefslich  quod  gebraucht  werden  darf.  Nach- 
Lem  Verf.  in  Cap.  2  und  3  einige  Fragen  aus  der  Lehre  von  den 
Relativsätzen  behandelt,  kommt  er  in  Cap.  4  (p.  20)  zu  seinem  eigent- 
ichen  Thema,  und  unterscheidet  genau  Stellung,  Form  uud  Bedeu- 
ung  des  Belativums. 

Der  Umstand,  ob  das  Pronomen,  resp.  der  Relativsatz  am  An- 
ang  oder  am  Ende  des  Hauptsatzes  stehe  oder  in  denselben  paren- 
hetisch  eingeschoben  sei,  ist  von  grofser  Bedeutung  für  die  Form 
les  Pronomens.  Aus  den  Bemerkungen  über  die  Formen  ist  hervor- 
nheben,  dafs,  wenn  quod  mit  einer  Konjunktion  oder  einem  andern 
*ronomen  verbunden  ist,  nie  id  steht,  aufser  Cic.  in  Verr.  III  162: 
i  quod  tametsi.  Bücksichtlich  der  Bedeutung  wird  sodann  quod  be- 
landelt  in  der  transitio,  in  Wunsch-,  Final-  und  Konsekutivsätzen, 
derauf  restriktiv,  adversativ,  koncessiv  (so  auch  in  der  praeteritio) 
ind  schliefslich  kausal,  zwar  hier  als  Begründung,  warum  man  etwas 
rwähne,  ferner  als  Bekräftigung  einer  Behauptung,  als  parenthetische 
:nrze  Erläuterung  einer  unklaren  oder  unbekannten  Sache,  ferner, 
im  etwas  zu  erwähnen,  was  eigentlich  bekannt  sein  sollte,  zur  ge- 
tauern Angabe  der  Bedeutung  des  Beziehungswortes  (explikativ  oder 
pexegetisch),  emphatisch  bei  Dingen  von  Bedeutung,  als  wiederholte 
Versicherung.  Mit  Recht  bemerkt  Vf.,  dafs  man  vielfach  schwanken 
önne  in  der  Zuweisung  der  Beispiele  zur  einen  oder  andern  Klasse; 
och  komme  es  ihm  hauptsächlich  darauf  an  zu  zeigen,  wo  ü ber- 
aupt quod,  yo  id  quod  vorkommen  könne.  In  geschickter  Weise 
lacht  er  das  dadurch  klar,  dafs  er  zuweilen  zu  Beginn  jeder  Unter- 


158  Litteratnr. 

abteilung  an  einer  gröfsern  Zahl  von  Beispielen  zeigt,  in  welcher 
Weise  sonst  noch  das  betreffende  modale  Verhältnis  mit  dem  Vor- 
hergehenden oder  Folgenden  verknüpft  werde.  Nicht  zn  oft  aber 
kann  betont  werden,  was  auch  Vf.  nicht  zu  erwähnen  versäumt,  dafs 
diese  Scheidungen  nicht  aus  der  variierenden  Bedeutung  des  an  sich 
indifferenten  quod  hervorgehen,  sondern  allein  aus  dem  Inhalt  des 
mit  quod  eingeleiteten  Satzes  in  seiner  Beziehung  zum  Hauptsätze. 

An  Einzelheiten  ans  diesem  Abschnitt  wäre  noch  hervorzuheben 
das  quod,  welches,  obgleich  relativisch  ans  Vorhergehende  anknüpfend, 
doch  zn  einer  ganz  neuen  Sache  überleitet  (p.  46).  Hier  mufs  häufig 
das  Belativum  als  solches  zurücktreten  oder  verdunkelt  werden;  das 
ist  der  Fall  bei  quod  si}  worin  übrigens  mit  Recht  Zander  nicht 
mit  Bergk,  Ritschi  und  Munro  den  alten  Abi.  quöd,  sondern  einfach 
den  Nom.  oder  Acc.  quod  sieht.  —  In  Kürze  wird  p.  51  daran  er- 
innert, dafs  bei  Cicero  und  seit  ihm  nicht  selten  quae  res  oder  quam 
rem  für  quod  erscheint  (11  Beisp.  in  Ciceros  Beden),  namentlich 
aber  dann,   wenn  quod  mit  Konjunktionen  verbunden  werden  sollte. 

Zum  Schlufs  bietet  Vf.  (p.  51 — 54)  einen  nicht  ungeschickt 
angelegten  Überblick  über  die  Resultate  seiner  Untersuchung,  indem 
er  summarisch  die  Fälle  angiebt,  wo  nur  quod  vorkommt,  und  die* 
jenigen,  wo  quod  und  id  quod  promiscue  gebraucht  werden,  immerhin 
so,  dafs  id  quod  bei  Cicero  nicht  blofs  absolut,  sondern  auch  relativ 
viel  häufiger  ist  als  bei  den  andern  gleichzeitigen  Schriftstellern. 

So  bleibt  nur  zu  wünschen,  dafs  Vf.  seine  Untersuchungen  auch 
über  die  andern  Schriften  Ciceros  und  über  andere  Zeiten  als  blofs 
die  ciceronianische  ausdehnen  möge. 

Frauenfeld.  Otto  Schultheis. 

H.  Planer:  De  haud  et  haudquaquam  negationum  apud  serip* 
torea  latinos  natu  Jenae  1886.  8°.  91  pp.  (Inauguraldisser- 
tation.) 

Wenn  je  ein  Philologe  in  der  Lage  war,  tüchtige  Vorarbeiten 
benützen  zu  können,  so  war  es  der  Vf.  der  vorliegenden  Schrift.  Für 
Livius,  den  erklärten  Liebhaber  des  Mädchens  aus  der  Fremde  — 
oder  gelten  nicht  von  der  Partikel  haud  des  Dichters  Worte  „Man 
wufste  nicht,  woher  sie  kam;  doch  schnell  war  ihre  Spur  verloren?" 
—  lag  die  bekannte  gründliche  Arbeit  von  M.  Müller  (Progr.  v. 
Stendal  1877),  für  die  schwierigste  Litteraturperiode,  die  archaische, 
die  gediegene  Abhandlung  von  F.  Sigismund  ede  haud  negationis 
apud  priscos  scriptores  usu9  (comment.  philol.  Jen.  III  p.  217  sqq. 
vgl.  Archiv  I,  306)  vor,  in  welcher  sowohl  mit  den  antiken  und 
modernen  Etymologieen,  als  mit  den  vielfachen  Bestrebungen  einen 
Bedeutungsunterschied  zwischen  haud  und  non  herauszuklügeln,  hoffent- 
lich für  immer  aufgeräumt  wurde.  Doch  bleibt  dem  Vf.  das  grofoe 
Verdienst,  die  Untersuchung  auf  die  ganze  Latinität  ausgedehnt  und 
das  allmähliche  Verschwinden  des  rätselhaften  Wortes  uns  gewisser- 
mafsen,  ad  oculos  demonstriert  zu  haben.    Planer  hat  die  sämtlichen 


Litteratur.  159 

Belege  zusammengestellt,  deren  Verzeichnis  den  Hauptteil  der  Schrift 
(p.  29  bis  Schlafs)  bildet,  während  im  ersten  Teile  nach  einer  kurzen, 
nichts  Neues  bietenden  Einleitung  (p.  1 — 5)  nur  die  aus  der  Samm- 
lung eich  ergebenden  sprachgeschichtlichen  Thatsachen  verzeichnet 
werden.  Von  Livius  und  Vergilius,  welch  letzterer  natürlich  auch 
in  der  häufigen  Anwendung  von  haud  für  die  späteren  Hexametriker 
maßgebend  war,  abgesehen,  macht  sich  schon  im  goldenen  Zeitalter 
der  lateinischen  Litteratur  eine  Beschränkung  des  Gebrauches  von  haud 
bemerkbar;  die  Elegiker  verhalten  sich  ziemlich  ablehnend,  bei  meh- 
reren Schriftstellern  fehlt  es  schon  in  dieser  Periode  gänzlich.  Von 
den  Vertretern  der  silbernen  Latinität  halten  fast  ausßchliefslicb  die 
mehr  oder  minder  von  Sallustius  und  Livius  beeinflufsten  Historiker 
am  Gebrauche  der  Partikel  fest;  Tacitus,  der  sie  nach  Livius  am 
häufigsten  anwendet,  enthält  sich  ihrer  in  seiner  rhetorischen  Jugend- 
schrift, womit  ihr  Fehlen  bei  seinem  Freunde  Plinius,  sowie  ihre 
ftufserst  spärliche  Anwendung  in  dem  Werke  des  gemeinsamen  Lehrers 
Quintilianus  zusammengehalten  werden  mag.  Der  Naturforscher  Pli- 
nius läfst  sie  nach  auffallig  häufigem  Gebrauche  in  der  ersten  Hälfte 
der  naturalis  historia,  in  welcher  er  nach  des  Vfs.  Ansicht  (propius 
ad  rerum  scriptores  in  genere  dicendi  accedit'  (p.  15),  fast  gänzlich 
fallen.  Der  Philosoph  Seneca  hat  sie,  vielleicht  nach  dem  Vorgange 
seines  Vaters,  in  den  Prosaschriften  durchaus  gemieden,  ohne  sich 
in  seinen  Tragödien  der  nämlichen  Abstinenz  zu  befleifsigen.  Von 
Fronto  und  Genossen  an  nimmt  besonders  die  Verbindung  von  haud 
mit  Verbiß  immer  mehr  ab,  —  eine  Ausnahme  macht  noch  Julius 
Valerius  —  die  abgesagten  Feinde  der  Partikel  werden  immer  zahl- 
reicher ,  sie  verschwindet  aus  ganzen  Litteraturgebieten,  z. 'B.  den 
Rechtsquellen,  und  fristet  schließlich  in  festgewurzelten  Wendungen, 
wie  haud  longe,  haud  procul,  haud  dubie  und  dgl.  ein  kümmerliches 
Dasein.  Unselbständige  Stilisten  können  ebensowenig,  als  die  Dichter 
(s.  o.)  für  die  fortdauernde  Lebensfähigkeit  des  Wortes  Zeugnis  ab- 
legen. —  Auffallend  ist,  dafs  der  Vf.  es  nicht  der  Mühe  wert  ge- 
funden hat,  derjenigen  Gelehrten  Erwähnung  zu  thun,  welche  in  Unter- 
suchungen Aber  den  Sprachgebrauch  einzelner  Autoren  auf  das  Vor- 
kommen, resp.  Nichtvorkommen  von  haud  geachtet  haben,  wie  z.  B. 
8ander,  Brolen,  Törneblath;  vgl.  Reisig:  Vorl.  üb.  lat.  Spr.  neu  bearb. 
von  8chmalz-Landgraf  III,  Anm.  405;  für  die  Panegyriker:  C.  Burk- 
hard, obs.  crit  ad  paneg.  lat  act.  sem.  Erl.  III  p.  167  adn.  5.  Dafs 
Columella  sich  an  Vergilius  angeschlossen  (p.  13  adn.  1),  ist  doch 
sehr  unwahrscheinlich,  wenn  er  in  dem  in  gebundener  Sprache  ab- 
mieten 10.  Buche  eomnino  ,haud'  aspernatus  est'  (p.  17).  Warum 
wird  p.  14,  wo  das  Fehlen  der  Partikel  in  Senecas  Prosaschriften 
(konstatiert  von  Haase,  Sen.  op.  III  praef.  p.  XIII)  erwähnt  wird, 
nicht  darauf  hingewiesen,  dafs  der  Vf.  des  Briefwechsels  zwischen 
8eneca  und  Paulus  schon  durch  die  wiederholte  Anwendung  dieses 
Wortes  sich  als  plumpen  Fälscher  verrät?  (epist.  7;  11;  12);  p.  23 
mufste  gelegentlich  des  hl.  Hieronymus  auf  den  viermaligen  Gebrauch 
von  haud  in  der  Vulgata  aufmerksam   gemacht  werden:    haud  dubie 


160  Litteratur. 


t 


Levit.  13,  43;  haud  dubiura  Esth.  15,  1;  1.  Tim.  6,  7;  h.  procuL 
lud.  18,  17.  —  Die  Disposition  des]  Index  ist  folgende:  Adiectiva 
29  —  45),  Pronomina  (45-48),  Adverbia  (48—70),  Substantiv» 
70 — 71;  hier  werden  auch  haud  sine,  haud  cum  und  dgL  unterge- 
bracht); Verba  (71 — 82)  und  'exempla,  quae  videntur  a  communi 
lege  discrepare'  (82 — 86;  scheinbare  Beziehung  auf  den  ganzen  Safe, 
Anwendung  bei  Gegensätzen  und  dgL);  p.  86  sqq.  werden  in  gleicher 
Ordnung  die  Belege  für  haudquaquam  angeführt;  vgl.  p.  25  sqq. 
Vermifst  habe  ich  (haud  immitis'  Ov.  met  XIII,  740;  'haud  invidus' 
steht  bei  Stat.  Theb.  VIII,  281,  nicht  III,  281;  —  Val.  PL  VIII  266 
wird  richtiger  caut  falsi  .  . .  tauri'  gelesen.  —  In  die  Hochzeit  der 
Venus  (sie!)  mit  der  Philologie  hätte  der  Vf.  nicht  einwilligen  sollen 
(p.  54;  63)! 

München.  Carl  Weyman. 

P.  Langen:  Plautinische  Studien.     Berlin,   Calvary  u.  Co.    1886. 
(Berliner  Studien  für  class.  Phü.  u.  Arch.  V,  1).     VI  +  400  8. 

Die  von  Ritschi  angeregte  und  in  neuerer  Zeit  vielfach  behandelte 
Frage  nach  den  Veränderungen  und  Erweiterungen,  welche  die  plau- 
tinischen  Stücke  im  Laufe  der  Zeit  durch  die  Praxis  der  Bühne  er- 
litten haben,  sucht  Verf.  in  vorliegender  Schrift  ihrer  Lösung  einen 
Schritt  näher  zu  führen.  Mit  Recht  wird  verlangt,  dafs  eine  solche 
Untersuchung  sich  auf  sämtliche  Komödien  zu  erstrecken  habe; 
ferner  wird  ausgeführt,  dafs  gewisse  Mängel  in  Sprache  und  Kompo- 
sition, Breite  des  Ausdrucks,  Widersprüche,  Inkonsequenzen  und 
psychologische  Un Wahrscheinlichkeiten,  eben  weil  sie  feieb  in  allen 
Stücken  finden,  nicht  den  Diaskeuasten  und  Interpolatoren,  sondern 
dem  Dichter  selbst  zuzuschreiben  sind:  die  allgemeinen  Ausführungen 
darüber,  welche  Langen  mit  der  ihm  eigenen  Besonnenheit  besonders 
S.  89  f.  giebt  —  man  vergleiche  auch  das  S.  336  über  den  Pönulus 
Gesagte  —  scheinen  dem  Ref.  durchaus  einleuchtend,  wenn  man 
auch  über  Einzelheiten  immer  verschiedener  Meinung  sein  kann.  Die 
einzelnen  Komödien  werden  zunächst  S.  1 — 88  auf  Wiederholung  des 
nämlichen  Gedankens  hin  untersucht,  dann  S.  89 — 232  die  sachlichen 
Mängel  besprochen;  der  dritte  Abschnitt  S.  233 — 387  giebt  eine 
eingehende  Erörterung  unechter  oder  als  unecht  verdächtigter  Stellen: 
beachtenswert  scheint  namentlich  der  Versuch  des  Verf.  (S.  344  f.), 
den  echten  und  unechten  Schlufs  des  Pönulus  zu  rekonstruieren. 
Hiebei  kommt  natürlich  eine  Reihe  von  Worten  und  Wendungen  zur 
Sprache,  bei  welchen  zu  untersuchen  ist,  ob  sie  für  plautinisch  gelten 
können  oder  nicht:  für  die  Leser  des  Archivs  ist  von  besonderem 
Interesse  die  Auseinandersetzung  S.  324 — 329  (im  Inhaltsverzeichnis 
sind  Z.  6  u.  7  die  Zahlen  250  und  324  zu  vertauschen),  wo  Langen 
die  Unechtheit  der  ganzen  Sceue  Mil.  III  1  (596 — 812)  besonders 
mit  sprachlichen  Gründen  zu  erweisen  sucht;  hier  wird  u.  a.  der 
plautinische  Gebrauch  von  obicere,  optio,  ludus,  compendium, 
poscere,  das  bei  Plautus  nur  mit  persönlichem  Subjekt  vorkommt, 


Litteratur.  161 

erörtert;  defendere  kennt  der  Dichter  nur  in  der  Bedeutung  'ab- 
halten, verteidigen',  partes  gar  nicht  in  der  Bedeutung  *  Rolle',  das 
Wort  Studiosus  und  wahrscheinlich  servilis  (8.  341)  überhaupt 
nicht.  Freilich,  ob  odiorum  Ilias  (Mil.  743)  wirklich  für  das  Publi- 
kum des  Plantus  als  unverständlich  gelten  mufs  (S.  328),  scheint 
mir  zweifelhaft.  Ebenso  ist  post  am  Schlufs  einer  Aufzählung  (Mil. 
653  8.  326)  kaum  anstöfsig  und  braucht  gar  nicht  mit  Brix  'kurz9 
erklärt  zu  werden.  Dagegen  nimmt  sich  Langen  mit  Recht  in  der 
Stelle  AuL  76  ex  tne  ut  unam  faciam  litteram  Longam  des  unam 
an:  dafs  Piautas  öfter  onus  wie  unseren  anbestimmten  Artikel  ge- 
braucht, hat  schon  Pareus  mehrfach  belegt  und  später  Lorenz  zu 
Most.  676.  Ebenso  wird  Pseud.  92  sciens  mit  Recht  verteidigt:  es 
ist  'mit  voller  Absicht,  mit  klarem  Bewufstsein',  und  Langen  konnte 
noch  die  Formel  si  sciens  fallo  Ribb.  trag.  R.2  p.  234  (Cic.  fam. 
7,  1,  2)  und  die  Stelle  des  Ctlcilius  69  —  obwohl  eines  malus  auc- 
tor  Latinitatis  —  vergleichen:  Machaera  quin  licitari  adversum  ahe- 
num  coepisti  sciens?  wo  wenigstens  das  letzte  Wort  ganz  sicher  ist. 
Die  Untersuchung  über  quid  est?  das  8.  362  behandelt  wird  (vgl. 
Brix  zu  Capt.  576),  führt  Langen  vielleicht  einmal  später  in  dem 
Sinne  weiter,  wie  sie  für  Terenz  Schlee  im  Archiv  III  553—557 
gegeben  hat:  wenigstens  bieten  Amph.  735  die  Handschriften  Quid 
id  est?  Der  Verf.  hat  selbst  den  Exkurs  S.  388  f.  über  die  Kon- 
struktion von  utor,  das  bei  Plantus  über  dreifsig  mal  das  Nominal - 
objekt  im  Acc.  hat  und  lange  nicht  so  oft  transitiv  ist,  als  man  bis 
dahin  glaubte,  seitdem  auch  auf  die  Komposita  und  fruor,  fungor, 
potior  ausgedehnt  im  Arch.  III  329 — 336. 

Dafs  eine  genaue  Statistik  über  das  Auftreten  und  Verschwinden 
einzelner  Worte  und  Wortkonstruktionen  für  eine  methodische  Kritik 
des  so  stark  überarbeiteten  Plautustextes  von  der  grüfsten  Wichtig- 
keit ist,  liegt  auf  der  Hand:  möchte  die  Anregung,  welche  dazu  auch 
das  vorliegende  Buch  giebt,  eine  recht  fruchtbare  sein!  B. 

Otto  Schoendoerffer:    De  syntaxi  Catonis.     Diss.  inaug.  Regim. 
1885.    89  pg.    8°. 

Die  Frage,  wie  weit  Catos  Schrift  De  re  rustica  als  Original 
oder  als  durch  spätere  Überarbeitung  entstellt  zu  betrachten  sei,  ist 
heute  noch  eine  offene,  da  die  Ansichten  von  Keil  und  Jordan  sich 
widersprechen  and  eine  ins  einzelne  eingehende  Untersuchung  nicht 
vorliegt  Nachdem  Reinh.  Klotz  aus  den  Citaten  bei  Varro,  Plinius 
u.  a.  nachgewiesen  hatte,  dafs  die  Alten  das  Buch  in  der  Gestalt 
lasen,  in  der  wir  es  heute  noch  besitzen,  müfste  sich  eine  genauere 
Untersuchung  sowohl  auf  den  Wortschatz,  als  auch  auf  die  Formen 
und  die  Syntax  erstrecken.  Der  Vf.  hat,  von  Jordan  angeregt,  nur 
den  syntaktischen  Teil  behandelt,  und  zwar  in  dem  Sinne,  dafs  er 
wohl  einzelne  Interpolationen  anerkennt,  eine  durchgreifende  Über- 
arbeitung und  umfängliche  Zusätze  in  Abrede  stellt. 

Kann  daher  seine  Antwort  nur  der  dritte  Teil  der  vollen  Ant- 

Axohir  für  Ut.  Lodkogr.  IV.    Heft  1.  IV 


162  Litteratnr. 

wort  sein,  so  mufs  man  noch  hinzufügen,  dafs  auch  diese  Partial- 
lösung  manches  zu  wünschen  übrig  läfct,  da  Vf.  in  der  neueren 
Litteratur  nicht  genügend  bewandert  ist.  So  wird  nicht  nur  von 
E.  Hauler  keine  Notiz  genommen,  der  Arch.  I  582  die  Echtheit  der 
Schrift  verteidigt,  sondern  in  den  syntaktischen  Fragen  geht  Vi 
nicht  tief  genug.  Eine  Struktur  wie:  Quo  modo  oletum  agri  iugera 
CCXL  instruere  oporteat  vilicum,  vilicam  .  . .  opilionem  I  summa 
homines  XIII,  kann  man  nur  richtig  beurteilen,  wenn  man  sich  er- 
innert, dafs  auch  in  Koch-  und  andern  Rezepten  der  Acousativ  ge- 
wöhnlich ist,  z.  B.  bei  Apicius,  bei  dem  man  Reoipe  ergänzen  mag; 
dafs  dann  das  Resultat  der  Addition  mit  dem  Ablativ  summa  ange- 
geben werde,  hätte  Vf.  nicht  nur  behaupten,  sondern  beweisen,  und 
zugleich  erwägen  sollen,  ob  vielleicht  vor  summa  ein  Punkt  zu  setzen 
und  summa  mit  ausgelassener  Kopula  als  Subjekt  zu  fassen  sei  — 
Ein  Analogon  zu:  ob  struem  obmovendam  hat  Vf.  nur  bei  Sali, 
lug.  89  gefunden,  kennt  also  weder  Pacuv.  ine.  86  lt.,  noch  Sali 
lug.  102,  2  ob  regnum  tutandum,  noch  Cic.  Rab.  Post.  IG  die  alte 
Formel:  si  quis  ob  rem  iudicandam  peeuniam  aeeepisset.  —  Dafs  ans 
inpraesentiarum  nicht  auf  Interpolation  geschlossen  werden  dürfe, 
wird  S.  45  mit  Recht  bemerkt,  aber  weder  etwas  Neues  zur  Er- 
klärung der  Form  (vgl.  oben  S.  11),  noch  etwas  zum  Verständnis 
der  Stelle  beigebracht. 

Druck  und  Ausdruck   sind   nicht  musterhaft,   z.  B.  p.  23:    num 
ablativum  instrumentalem  esse  viri  docti  dubitant. 


Aug.  Ahlheim:  De   Senecae  rhetoris  neu  dicendi  quaestiones 
seleotae.     Diss.  inaug.   Giss.     Darmstadini  188G.     54  pgg.     8°. 

Den  Sprachgebrauch  des  Rhetors  Seneca  haben  bisher  mehrere 
Abhandinngen  M.  Sanders  (Quaestiones  in  Sen.  rhet.  syntacticae. 
part.  I.  de  particulis  loci,  temporis,  comparationis,  finis,  oausae,  con- 
cessionis.  Greifs wald  1872.  Der  Sprachgebrauch  des  Rh.  Sen.  I 
Berlin  1877.  II  1880)  zum  Gegenstande  gehabt.  Ahlheim  verhält 
sich  ergänzend  zu  Sander,  ohne  auch  übrigens  seinerseits  die  Unter- 
suchung zu  Ende  zu  führen.  Er  behandelt  nach  Drägers  Schema 
die  Kapitel:  Genetiv,  Ablativ,  Präpositionen,  Participia,  Gerundium 
und  Gerundivum;  Koordination  statt  Subordination.  Da  er  anf  histori- 
schem Standpunkt  steht,  versäumt  er  nicht,  die  grammatischen  That- 
sachen  in  diesem  Sinne  zu  beurteilen  und  sieht  sich  so  mehrfach  in 
der  Lage,  gegen  die  bisherige  Konstatierung  (namentlich  bei  Dräger) 
einen  Gebrauch  als  zuerst  bei  Sen.  rh.  auftretend  zu  bezeichnen. 
Er  hätte  hiebei  noch  einen  Schritt  weiter  gehen  und  Senecas  und 
der  von  ihm,  nach  begründeter  Annahme,  wohl  in  ihrer  Sprach- 
eigentümlichkeit wiedergegebenen  Rhetoren  Eigentum  noch  bestimmter 
scheiden  sollen.  Posttdare  c.  gen.  z.  B.  (A.  p.  10)  wird  man,  da  es 
sich  nicht  in  den  Worten  Senecas,  sondern  nur  des  Latro,  Vib. 
G alias  u.  s.  w.  zu  finden  scheint,  als  zuerst  in  der  Praxis  der  Rhe- 
torenschule  aufgetaucht  bezeichnen  dürfen.    IncmUus  c.  gen.  (A.  p.  9) 


Litteratur.  163 

gehört  dem  YotienuB  an,  insatiäbilis  c.  gen.  (A.  p.  10)  dagegen  dem 
Seneca  selbst,  und  es  ist  immerbin  bemerkenswert,  dafs  gerade  das 
letztere  auch  bei  Seneca  Sohn  auftritt.  Circa  im  übertragenen  Sinn 
(p.  45)  findet  sich  vornehmlich  in  Senecas  eigenen  Worten,  ahnlich 
steht  es  mit  citra  (p.  45).  —  Von  intra  weifs  A.  nichts  zu  notieren: 
Erwähnung  verdiente  jedoch  die  Verbindung  dieser  Präposition  mit 
persönlichen  Begriffen  Sen.  contr.  II.  praef.  5.  ante  illuin  (Blan- 
dum)  intra  Ubertinos  praeeeptores  pulcherrimae  diseiplinae  continebantur, 
f&r  welche  weder  Hand,  Tursell.  noch  Drager  Parallelen  bieten.  Bei 
der  Besprechung  von  a,  ab  durfte  die  Stelle  Sen.  contr.  X.  praef.  16. 
horum  nomina  non  me  a  nimio  favorc  sed  a  certo  posuisse  iudicio 
eeietis,  wo  a  kausal  gebraucht  ist,  nicht  übergangen  werden,  wenn 
schon  dieser  Gebrauch  auch  bei  Livius  nicht  fehlt.  Für  propttr 
nimmt  Vf.  (p.  42)  mit  Grund  auch  finale  Bedeutung  in  Anspruch-, 
daß  Beispiel:  Cestius.  contr.  II,  5  (13),  3:  nupsit  isti  prqptcr  libcros  = 
bberorom  quaerundorum  causa  ist  beweisend.  Der  Versuch,  suas. 
6, 1 7  die  handschriftliche  Lesart  vlx  attollentes  lacrimis  oculos  homines 
intueri  . . .  membra  potuerunt  gegen  die  Gronovsche,  von  Kiessling 
und  H.  J.  Müller  aeeeptierte  Konjektur  (prae)  lacrimis  zu  verteidigen, 
durch  Hinweis  einmal  auf  eine  Reihe  kausaler  Ablative,  namentlich 
aber  auf  die  Thatsache,  dafs  im  ganzen  Seneca  prae  nicht  vorkomme, 
ist  zwar  auf  den  ersten  Blick  ansprechend,  der  Beweis  ist  aber  nicht 
stringent,  da  erstens  von  den  erwähnten  blofsen  Abi.  causae  keiner 
eich  als  eine  ausreichende  Parallele  betrachten  läfst,  zweitens  die 
betr.  Worte  livianisch  sind  und  am  Mafstab  livianischer  Gewohn- 
heit gemessen  prae  wohl  erwarten  lassen  (cf.  Liv.  10,13,9  rix  prae 
strepitu  audita  lex  est.  9,  13,  1  prae  clamore  .  .  .  nulla  adhortatio 
andita  est).  —  In  dem  Urteil,  suas.  6, 9  (solus  dcclamatoribus)  sei  nicht 
mit  Kiessling  zu  ergänzen  solus  de  decl.,  sondern  mit  H.  J.  Müller  sol. 
t  d.,  da  sich  bei  Sen.  sonst  de  =  gen.  pari,  nicht  finde,  wird  A. 
recht  haben.  —  Die  Stelle  suas.  6, 1 1  sed  maxime  eum  m  Asiam  et 
Macedoniam  hortaius  est  in  Cassi  et  in  Bruti  castra  gehörte  mehr 
unter  die  bei  A.  fehlende  Rubrik  „Ellipse",  als  unter  „Präpositions- 
gebrauch14. Sander  allerdings,  der  die  Ellipse  I  1 5  f.  behandelt,  hat 
das  Beispiel  nicht  beigezogen.  Dafs  andrerseits  das  für  die  Tempus- 
praxis wichtige:  Lacones  nisi  suecurritis,  mundus  captus  est,  (Senian. 
suas.  2,  18),  bereits  von  Sander  II  S.  20  notiert  war,  noch  dazu  mit 
Hinweis  auf  das  fast  identische:  nisi  suecurritis,  noverca  vicit,  ego 
victus  suni  (Argentarius  contr.  IX  6  [29],  4)  scheint  A.  entgangen  zu  sein. 
Indem  A.  p.  51  über  die  Erscheinung:  Koordination  statt  Kon- 
dicionalsatz'  handelt,  bespricht  er  die  Stelle:  suas.  6,7  repete  age- 
dmn  tot  patrocinia,  tot  clientelas  et  maximum  beneficiorum  tuorum, 
ipeum:  iam  intelleges  Ciceronem  in  mortem  cogi  posse,  in  preces 
non  posse.  Sander  II  21  sucht  ipsum  zu  baiton;  A.  schreibt  nach 
Schulung  und  den  Editoren  rem  publicam  ipsam.  Vielleicht  ist  mit 
Berücksichtigung  von  suas.  7,  2  quid  consulatum  salutarem  urbi  etc. 
suas.  6,  21  hoc  certe  publicum  bencficium  palam  erat,  illam  miserrimi 
temporis  servitutem  a  Catilina  dilatam  in  Antotrium.     6,  26  redeunt 

U* 


164  Litteratur. 

animis  ingentia  con&ulis  acta,  eher  zu  lesen  consulatum  ipeum.  Das 
Vorhergehende:  patrocinia,  clientelas  läfst  entschieden  die  Erwähnung 
einer  Thätigkeit  erwarten  und  die  Apodosis  speziell  die  einer  ge- 
fahrvollen: Cic.  or.  in  Catil.  IV,  §  2.  3  kann  als  Illustration  dieser 
Stelle  dienen. 

Nürnberg.  Albrecht  Köhler. 

Hans  Felix:  Quaestiones  grammatioae  in  Veüeiom  Pftteronlum* 

liallen8er  Inauguraldissertation.    1886.    60  pg.    8°. 

Nach  einer  in  gutem  Latein  geschriebenen  Einleitung  über  die 
silberne  Latinität  gliedert  der  Vf.  p.  12  seinen  Stoff  folgendermafsen: 
1.  Das  genus  orationis  des  V.  im  allgemeinen;  2.  Neubildungen; 
3.  neue  Bedeutungen  der  Wörter;  4.  Syntax;  5.  Gräcismen;  6.  Ein- 
flufs  der  Vulgärsprache. 

Dafs  er  den  schönen  Aufsatz  von  Sauppe  im  schweizer.  Museum 
von  1837  (nicht  1827)  zur  Grundlage  genommen  und  die  Prolego- 
mena  von  Kritz  mit  Vorsicht  benützt  hat,  war  ohne  Zweifel  wobi- 
ge than;  dafs  er  die  Arbeiten  von  Georges  (Sohn),  Lange  und  Fritsch 
nicht  benützt  hat,  ist  ein  entschiedener  Nachteil.  Man  sieht  wohl, 
dafs  Vf.  seinen  Stoff  auf  Grund  eigener  Lektüre  selbst  zusammengetragen 
hat,  aber  indem  er  nur  die  augusteischen  Dichter  und  Livius  mit 
seinem  V.  vergleicht,  hat  er  dessen  Stellung  in  der  Geschichte  der 
Sprache  und  Litteratur  nicht  vollkommen  zu  würdigen  vermocht.  So 
ahnt  er  nicht  einmal  den  Zusammenhang  des  Vell.  mit  Sallust,  der 
doch  längst  erkannt  ist,  und  vindiciert  daher  claritudo  und  ähnliche 
Bildungen,  inquies,  multi  mortales,  cetera  mit  Adjektiv,  longe  mit 
Komparativ  dem  V.,  offenbar  ohne  eine  Ahnung,  dafs  alles  dieB 
schon  dem  Sallust  geläufig  ist.  Es  ist  dies  eine  Gefahr,  der  junge 
Vf.  oft  erliegen,  die  nur  einen  einzelnen  Autor  bearbeiten,  während 
sie  doch  gerade  darauf  achten  sollten,  das  Individuum  richtig  in  den 
grofsen  historischen  Zusammenhang  einzureihen.  So  wird  also  auch 
elanguesco  als  Neubildung  dem  V.  zugeteilt,  obwohl  nach  Georges 
bereits  Varro  das  Wort  gebraucht  hat;  bei  consummatio  wird  ver- 
gessen zu  bemerken,  dafs  gleichzeitig  (wenn  nicht  früher)  auch  Valerins 
Maximus  das  Verbalsubstantiv  anwendet,  und  dafs  consummare  (Aren. 
II  355  f.)  überhaupt  eine  Neubildung  des  Livius  ist;  zwei  Decom* 
posita  soll  V.  den  Griechen  nachgeahmt  haben,  nämlich  repraesen- 
tare  (welches  kein  Decompositum  ist),  und  subrefectus,  wo  sub  = 
paulum  nicht  als  Präposition  zählen  darf.  In  dem  Abschnitte  De 
sermone  plebeio  werden  einige  Frequentativa  =  Simplicia  aufgezählt, 
adventare,  consultare,  dictitare,  pollicitari,  vocitare,  wobei  weder  des 
Vorganges  von  Sallust  gedacht,  noch  untersucht  wird,  ob  das  Fre- 
quentativum  wirklich  bedeutungslos  sei;  indicare  konnte  aber  in  diese 
Rubrik  nur  setzen,  wer  mit  List  oder  Gewalt  möglichst  viele  Bei- 
spiele sammeln  wollte;  und  eben  so  vag  ist  die  Bemerkung  über 
Verba  activa  und  Deponentia,  oder  die  über  den  Ablativ  der  Zeitdauer. 

Das  Beste  scheint  uns  der  Nachweis  des  Einflusses  der  Dichter- 


Litteratur.  165 

Sprache  und  die  Zusammenstellung  der  Neubildungen  zu  sein;  der 
Vf.  wttre  aber  gewifs  leicht  im  stände  gewesen,  bei  etwas  gröfserer 
Anadauer  eine  zuverlässigere  Arbeit  zu  liefern. 

» 
0.    Lange:     Zum    Spraohgebrauche    des    Velleiua    Paterculus. 
Gymnu-Progr.    Stettin  1886.    26  S.    4°. 

Das  vorliegende  Programm  bildet  eine  erwünschte  Ergänzung 
zu  dem  früheren  desselben  Vfs.  (Putbus  1878),  in  welchem  die  Syn- 
taris casuum  behandelt  ist;  es  umfafst  die  Syntaxis  convenientiae, 
die  Präpositionen,  die  Tempora  und  Modi  inclus.  Modi  in  Nebensätzen, 
Infinitiv,  Participium,  Gerundium  und  Gerundivum,  und  zum  Schlüsse 
noch  die  koordinierenden  Partikeln.  Nach  dem  Vorgange  ähnlicher 
Arbeiten  ordnet  es  mehr  nur  das  Material,  welches  bei  einer  neuen 
Auflage  Dragers  benützt  werden  könnte,  während  66  den  Einflufs 
Sallusts  und  der  augusteischen  Dichter  wie  Vergil  (sine  fine;  ante 
omnes  mit  Nomen  proprium  vom  Range)  oder  Ovid  (saepe  . . .  saepe) 
nicht  heraushebt;  dagegen  ist  öfters  auf  die  Redensarten  hingewiesen , 
welche  in  der  silbernen  Prosa  zuerst  auftauchen,  z.  B.  auf  in  con- 
fesso  esse.  In  dem  Abschnitte  über  die  Participien  wäre  Franc.  Helm 
De  paiücipiorum  usu  Tacitino,  Velleiano,  Sallustiano  (Lips.  1879)  zu 
vergleichen  gewesen. 

Ob  Velleius  neben  dem  kausalen  ob  auch  propter  in  gleichem 
Sinne  an  der  einen  Stelle  2,  108,  2  gebraucht  habe,  ist  nach  Arch. 
I  163  doch  zweifelhaft;  2,  11,  1  quantum  hello  optimus,  tantum 
pace  pessimus  allerdings  c  eigentümlich ',  aber  nicht  nur  wegen  der 
Superlative,  welche,  weil  unregelmäfsig  gebildet,  zuerst  auf  die  Stufe 
der  Positive  herabsinken,  sondern  auch  wegen  quantum  und  tan  tu  in, 
welche  an  die  Stelle  von  quam  und  tarn  traten.  Da  igitur  konstant 
an  der  Spitze  des  Satzes  steht,  so  mufs  2,  65,  2  tum  igitur  als 
eine  schlechte  Konjektur  betrachtet  werden.  Wie  kühn  es  vom  Vf. 
war,  2,  6,  3  zu  sagen:  civitatem  extendere  usque  Alpis,  ist  oben 
S.  55  gezeigt. 

Krebs-Schmalz:  Antibarbarus  der  lateinischen  Sprache.  6.  Aufl. 
Vierte  Lieferung.   Basel  1887.    S.  401-528.    Lex.-8Ü. 

Das  rasch  fortschreitende  Werk  ist  mit  dieser  Lieferung  bis 
Famosu8  gelangt..  Wenn  auch  das  buchhändlerische  Bedürfnis  dem 
Hsgb.  kaum  genügende  Mufse  liefs,  alles  bis  auf  den  Grund  durch- 
zuackern, so  ist  doch  von  Lief.  5  an  Sorge  getragen,  dafs  sämtliche 
Citate  revidiert  werden;  denn  es  stellt  sich  immer  mehr  heraus,  dafs 
man  sich  auf  die  Angaben  von  Krebs  und  Allgayer  nicht  unbedingt 
verlassen  kann.  Da  die  Anlage  des  Buches  längst  bekannt  und  an- 
erkannt ist,  so  beschränken  wir  uns  auf  ein  paar  flüchtige  Bemer- 
kungen. Epistolae  ad  diversos]  Dieser  Gebrauch  wohl  zuerst  in  der 
Überschrift  der  Scriptores  historiae  Augustae:  Vitae  diversorum  prin- 
cipum  et  tyrannorum  etc.,  dann  epist.  ad  diversos  Hieron.  vir.  ill  135, 
wie  auch  Alcimus  Avitus  drei  Bücher  epistularum  ad  diversos  schrieb. 


166  Litteratur. 

Ausg.  von  Peiper,  1883.  8.  35  ff.  —  sine  dubio]  Es  war  hier  vor 
dem  unsterblichen  'sine  nllo  dubio'  zu  warnen,  da  das  substanti- 
vierte Neutrum  dubium  kein  Attribut  ertragt.  Vgl.  sine  ulla  dubi- 
tatione.  - —  dumtaxat]  Die  Bedeutung  scheint  uns  auch  jetzt  noch 
nicht  genügend  festgestellt,  und  eine  Specialuntersuchung  notwendig. 

—  exadversuß]  Bei  Cicero;  aber  in  einem  freien  Citate  aus  einem 
älteren  Historiker.  —  Excellere  mit  dem  Dativ]?    Vgl.  oben  S,  154. 

—  Externatur]    Vgl.  jetzt  Archiv  III  542  ff. 


E.    Hau ler:     Die    Orlöaner    Palimpsestfragmente    xu    Salluats 
Historien.     Wioo.  1887. 

Die  Wiener  Studien  IX  25 — 51  bringen  uns  die  erste  Gesamt- 
ausgabe der  für  uns  unschätzbaren  Überreste  römischer  Historio- 
graphie mit  knappem  Apparate,  Prolegomena  und  angehängten  Er- 
klärungen. Da  über  den  Inhalt  zu  referieren  nicht  Aufgabe  dieser 
Zeitschrift  sein  kann,  über  den  sprachlichen  Gewinn  aber  der  Ent- 
decker selbst  Bericht  erstattet  hat  (Arch.  III  535 — 539),  so  bleibt 
für  diese  Anzeige  nicht  mehr  viel  zu  sagen.  Manches,  wie  der  ver- 
suchte nächtliche  Überfall  des  römischen  Lagers  durch  die  Piraten, 
liest  sich  so  glatt,  dafs  man  von  Zeit  zu  Zeit  von  dem  Gedanken 
verfolgt  wird,  die  Geschichte  schon  irgendwo  gelesen  zu  haben; 
anderes  dagegen  hinterläfst  den  Eindruck,  dafs  Sallnsts  Sprache  von 
gewissen  Härten  nicht  freizusprechen,  oder  der  Text  durch  nochmalige 
Revision  des  Palimpsestes  und  durch  Konjekturalkritik  zu  bessern  sei. 
Dürfen  wir  auch  auf  diese  zweite  Möglichkeit  noch  einige  Hoffnungen 
setzen,  so  müssen  wir  doch  zu  allererst  Herrn  Dr.  Hau  ler  unsere 
vollste  Anerkennung  zollen  für  alles  das,  was  er  unter  schwierigen 
Umständen  geleistet  hat.  Er  hat  auch  mittlerweile  in  Rom  gefunden, 
dafs  cod.  Urbinas  411  und  Vatican.  3415,  welche  die  Reden  und 
Briefe  aus  Sallnsts  Historien  enthalten,  nicht  directe  Abschriften  deB 
älteren  Vaticanus  3864  saec.  X  sind,  wie  H.  Jordan  annahm.  Ebenso 
hat  das  im  Arch.  III  306  mitgeteilte  Fragment  durch  die  zweite 
Lesung  gewonnen,  indem  jetzt  ediert  ist:  conscientia  noxarum  tnetuert, 
nc  datis  arrnis  mox  tarnen  extretna  victis  (statt  extremas  vices)  patc- 
retitur;  dann  ni  tnetus  urgwet  (statt  nc  nictus  surgerei),  endlich  et  in 
co  (wonte  Micro  Magnae  Matri)  credebafur  cjmlari  diebus  certis  dea. 
Die  Schwierigkeit  in  dem  Passus:  montem,  ex  quo  in  fuqam  oppidi 
teil  cofiiectus  erat,  oecupavit,  scheint  noch  nicht  gehoben:  Hartel  inter- 
pretiert si  ex  oppido  fugere  conarentur;  Mommsen  vermutet  in  iuga, 
Bücheler  in  infuma  oder  in  rttgam,  Hirschfeld  in  tcrgat  Domaszewski 
in  fanum. 

Bei  dieser  Gelegenheit  möge  nachgetragen  werden,  dafs  das 
Wort  noxa  (Plautus  und  Cicero  sagen  noxia,  Caes.  b.  Gall.  6,  16 
schwanken  die  Codices)  von  Sallust  vielleicht  in  die  Prosa  eingeführt 
und  sehr  selten  im  Plural  (vgl.  Sali.  hist.  I  48,  11  noxarum  metu) 
gebraucht  worden  ist. 


Litteratur.  167 

Virgilii  Maronis  grammatioi  opera  edidit  loh.  Huemer.  Lips.  1886. 
Bibliotiu  Teubner.  XV.  196  pg.  8°. 

Die  Opuscula  deß  gallischen  Grammatikers  Virgilius  Maro  (saec. VII) 
wurden  zuerst  von  A.  Mai  nach  einer  Neapolitaner  Handschrift  heraus- 
gegeben und  zwar  die  epistolae  vollständig,  von  den  epitomae  nur  ein 
Auszug  (vgl.  class.  auet.  V  p.  1  — 149).  Auf  Grund  einer  zweiten 
genaueren  Abschrift  beganu  Mai  eine  zweite  Ausgabe,  die  aber  nicht 
zum  Abschlufs  gelangte.  Nach  Mais  Tod  wurde  ein  Teil  des  revi- 
dierten Textes  in  die  Appendix  ad  opera  edita  ab  A.  Mai  (Rom  1871) 
aufgenommen.  Die  Literarhistoriker  pflegten  bisher  die  Theorieen 
dieses  Grammatikers  nicht  ernst  zn  nehmen.  Dafs  diesem  Gramma- 
tiker so  lange  die  gebührende  Würdigung  versagt  blieb,  ist  zum  Teile 
Mais  Verschulden,  der  den  Text  in  eigenmächtiger  Weise  nach  „be- 
rühmten Mustern14  emendierte  und  seiner  spezifischen  Eigentümlich- 
keiten zu  entkleiden  suchte.  Im  J.  1882  machte  Prof.  W.  Meyer 
in  seiner  berühmten  Schrift  'Der  Ludus  de  Antichristo'  auf  die  Be- 
deutung dieses  Mannes  als  Metrikers  aufmerksam.  Zur  selben  Zeit 
unterzog  Ref.  die  Sprache  des  Autors  sowie  einige  seiner  grammati- 
schen Theorieen  einer  genaueren  Würdigung  (Wiener  Sitz.-Ber.  1882 
S.  510  ff.).  —  Das  Archiv  hat  auch  diesem  Autor  seine  Aufmerk- 
samkeit gewidmet  (vgl.  I  58,  II  26  ff.). 

Da  Mais  Text  für  wissenschaftliche  Forschungen  nicht  hinreichte, 
so  entschlofs  sich  Ref.  auf  Grundlage  der  ihm  bekannt  gewordenen 
Handschriften  und  der  zahlreichen  Zeugnisse  aus  Grammatikern  zu 
einer  Neubearbeitung  mehr  in  der  Absicht,  durch  dieselbe  die  Er- 
forschung dieses  Grammatikers  anzuregen  als  eine  solche  abzuschlie- 
ßen. Das  handschriftliche  Material  ist  zwar  dürftig,  doch  war  es, 
wie  es  schien,  hinreichend,  um  einen  relativ  sichern  und  gegenüber 
Mai  vielfach  korrigierten  Text  herzustellen.  Die  Eigenart  der  Über- 
lieferung selbst  in  orthographischen  Dingen  wurde  möglichst  geschont, 
and  so  nahe  oft  der  Versuch  einer  Emendation  lag,  so  wurde  den- 
noch, wenn  irgendwie  eine  Interpretation  einer  zweifelhaften  Steile 
sich  finden  liefs,  die  Überlieferung  beibehalten.  Das  Latein  der 
spätem  Jahrhunderte,  das  sich  in  den  Provinzen  durch  nationalen 
Einflufs  in  besonderer  Weise  entwickelte,  ist  noch  zu  wenig  erforscht, 
als  dafs  mit  Sicherheit  die  Schwierigkeiten  eines  Autors  wie  Virgils 
wegkonjiciert  werden  könnten  und  dürften.  Die  Sprache  Virgils  ist 
offenbar  dialektisch;  sie  läfst  die  fremden  Einflüsse  deutlich  erkennen, 
denen  das  Latein  seines  Heimatlandes  ausgesetzt  war. 

Virgil  stammte  nach  dem  Zeugnisse  des  Abbo  Floriacensis  aus 
Toulouse,  und  habe  ich  richtig  interpretiert,  so  hat  er  selbst  seine 
ßprache  als  Dialekt  bezeichnet  mit  den  Worten  S.  8,  13:  De  pote- 
state  autem,  quia  magna  ex  parte  legestum  est,  bigerro  (=  biger- 
rico)  sermone  clefabo.  In  dieser  Gegend  Galliens  machte  sich  der 
Einflufs  Massilias,  Spaniens  und  Germaniens  geltend;  kein  Wunder, 
dafs  Virgil  nebst  seiner  einheimischen  (im  Gegensatz  zum  klass. 
Latein),   der  griechischen  und  hebräischen  Sprache  gedenkt,   dafs   er 


168  Litteratur.    Sprechaaal. 

Wörter  gebraucht,  die  wir  nur  durch  Vergleichung  mit  dem  Deut- 
schen zu  erklären  vermögen,  z.  B.  clefare  (sprechen),  clefium  (Wort^ 
vgl.  ahd.  klaphön,  mhd.  klaffen  (kl abastern  bei  Kluge  etym.  Wörter — 
buch),  gande  (vgl.  Wende),  Galbungus  (vgl.  Nibelung). 

Virgil    erregt    auch    die    besondere    Aufmerksamkeit   durch   die 
mannigfachen   Citate    aus   Autoren,    die    teilweise    unter    klassischen«. 
Pseudonym   verschiedene   Schriften  publi eiert  hatten.     Da  man  dies» 
Citate  in  alten  Schriftstellern  vergebens  gesucht  hatte,   nannte  rnanr 
den  Grammatiker  vorschnell  einen  Fälscher,   die   fragliche  Litteratur 
bezeichnete  man   als   fingiert.     Nichts  ist  unrichtiger   als   dies.     Wir 
haben  es  offenbar  mit  einer  Art  nationaler  Litteratur  zu  thun,  deren 
Enthüllung  langsam,  aber  doch  stetig  fortschreitet.    An  einer  solchen 
Stelle  tritt  Virgil  mit  Aldhelm  in  Berührung.     Die  bisher  unerklärten 
Worte  heifsen  (Giles  p.  95):    Si  vero  quippiam  inscitia  suppeditante 
garrula  frontose  convincitur  pagina  prompsisse,  ut  versidicus  ait 

Digna  fante  glingio  gurgo  fugax  fambulo. 

Die  Glossatoren  schmückten  die  Stelle  romanhaft  aus  (vgl.  Du 
Cange-Henschel  unter  gurgo).  Die  Erklärung  und  Emendation  der 
Stelle  vermittelt  Virgil  S.  121,  10  verum  tarnen  ne  in  illud  Glengi 
incedam,  quod  cuidam  conflictum  fugienti  dicere  fidenter  ausus  est 
gurgo  inquit  fugax  fambulo  (fabulo  N)  dignus  est,  pauca  . . .  profabulor. 

Es  ist  im  Rahmen  dieser  kurzen  Selbstanzeige  nicht  möglich, 
alle  Punkte  zu  erörtern,  die  diesen  Autor  zum  Studium  empfehlen, 
Nur  dies  eine  soll  noch  hervorgehoben  werden,  dafs  die  epitomae 
des  Virgil  in  der  ältesten  Handschrift,  dem  Cod.  Parisinus  13026  s.  IX 
vulgärlateinisch  überliefert  sind.  Der  Index  verborom  et  locutionum 
enthält  nur  das  Wichtigste;  Ref.  beabsichtigt  über  die  Sprache  Virgils 
eine  Specialabhandlung  zu  veröffentlichen. 

Ein  störender  Druckfehler  ist  S.  132,  17  sicat;  lies  sciat 

Wien.  Dr.  Joh.  Huemer. 


Sprechsaal.     Berichtigung.     Druckfehler. 

Das  Verzeichnis  der  ausstehenden  Zettel,  durch  welches  die 
Redaktion  den  Anspruch  auf  Vollständigkeit  der  lexikalischen  Probe- 
artikel zu  ihrem  grtffsten  Bedauern  ablehnen  mufs,  folgt  wegen  Raum- 
mangel im  nächsten  Hefte. 

Arch.  IV  12.  Porrigere  wird  man  besser  als  mit  der  Prä- 
position por  komponiert  betrachten;  vgl.  Arch.  II  498. 

Arch.  III  387  ist  statt  Göttinger  Handschr.  zu  lesen:  Gött- 
weiger  Handschr. 


Genuswechsel  der  Deminutiva. 

Die  lateinischen  Deminutiva  sind  zum  Gegenstand  von  Einzel- 
anter8uchungen  gemacht  von  Gryczowski,  de  substantivis  La- 
ä'norom  deminutivis  Konigsb.  1830,  L.  Schwabe,  de  deminutivis 
Graeciß  et  Latinis  Giessen  1859,  G.  Müller,  de  linguae  Latinae 
deminutivis  Leipzig  1865,  Kessler,  die  lateinischen  Deminutive 
Hildburghausen  1869.  „Über  die  lateinischen  Deminutive  mit 
doppeltem  1"  handelt  Paucker  in  der  Zeitschr.  f.  vgl.  Spr.  XXIII, 
169,  „über  die  Deminutive  mit  dem  Suffix  -c-ulus,  a,  um"  Zeitschr. 
f.  österr.  Gymnasien  1876  S.  595,  über  „die  lateinischen  Deminu- 
tive auf  einfaches  -ulus,  -ula,  -ulum"  derselbe  Mitau  1876.  Eine 
Znsammenfassung  dieser  Untersuchungen  —  leider  mit  manchen 
Versehen  —  findet  sich  bei  R.  Kühner,  Ausf.  Gramm,  der  lat. 
Sprache  I  661—667. 

Ehe  wir  zu  der  Sache  selbst  übergehen,  seien  uns  einige 
allgemeine  Bemerkungen  gestattet.  Eine  Untersuchung  über  die 
lateinischen  Deminutiva  hat  zu  berücksichtigen,  dafs  in  der  Litte- 
ratur  das  Material  bei  weitem  nicht  vollständig  vorliegt  Die 
Bildung  und  Verwendung  der  Deminutiva  gehört  vorzugsweise 
dem  gewöhnlichen  Leben  an;  daher  einerseits  der  Reichtum  an 
derartigen  Bildungen  sowohl,  wie  das  häufige  Auftreten  der  ein- 
zelnen Worter  bei  Plautus,  in  den  Briefen  des  Cicero,  bei  Apu- 
leius,  andrerseits  die  Unregelmäfsigkeit  in  den  Bildungen.  Eine 
weitere  Beachtung  verdient  der  Umstand,  dafs  wir  die  lateinischen 
Deminutive  in  einem  verhältnismäfsig  fertigen  Zustande  über- 
kommen haben.  Damit  soll  nicht  gesagt  sein,  dafs  auf  diesem 
Gebiete  während  der  ganzen  Zeit,  die  wir  übersehen  können, 
vollständiger  Stillstand  geherrscht  habe,  allein  die  Entwickelung 
von  der  einfachsten  Art  der  Bildung  bis  zur  zusammengesetzten 
Form  der  Suffixe  liegt  vor  den  ältesten  Denkmälern  der  Sprache. 
Es  läge  der  Gedanke  nahe,  dafs  die  früheste  Zeit  die  denkbar 
einfachsten  Formen  verwandt  hätte.     Gerade  aber  Plautus  zeigt 

Arohir  fttr  lat.  Lexikogr.  IV.    Heft  J5.  Yfc 


170  A.  Weinhold: 

—  wie  schon  Diomedes  I  326  K  gut  bemerkt:  descendebant  (anti- 
qui)  ad  tertiam  usque  forinam,  tarn  quam  arca  arcula  arcella 
arcellula  —  in  ganz  besonders  reicher  Weise  die  Formen  auf 
unculus  etc.,  und  eine  jede  in  vielen  Beispielen. 

Obwohl  es  nur  unsere  Aufgabe  ist  die  Deminutive  mit  ver- 
ändertem Geschlecht  zusammenzustellen,  wird  es  doch  notwendig 
sein  die  verschiedenen  Stufen  der  Deminutivbildung  vorzuführen, 
um  später  die  Form  blofs  bei  Unregelmässigkeiten  besprechen 
zu  müssen.  Die  lateinischen  Grammatiker  behandeln  die  Demi- 
nutive unter  der  Lehre  von  der  Komparation.  Charisins  II 155  K 
erklärt:  sunt  deminutiva  quae  in  absolutis  nominibus  adieeta  in 
novissima  parte  aut  littera  aut  syllaba  capiunt  deminutionem 
sine  ulla  comparatione,  ut  montanus  niontaniculus,  scholasticus 
scholasticulus,  parvus  parvulus,  adulescens  adulescentulus.  illud 
vero  meminerimus  quod  semper  deminutiones  generibus  suis  unde 
oriuntur  consonant,  pauca  dissonant,  ut  rana  ranunculus,  unguis 
ungula,  glandium  glandula,  beta  betaceus  etc.  Diomedes  I  325  K 
sagt:  Diminutiva  sunt  quae  in  diminutione  absolutorum  nominum 
fiunt  sine  ulla  conparatione,  ut  parvus  parvulus  . . .  horum  autem 
sunt  tres  gradus.  quorum  forma  quamvis  magis  minuitur,  crescit 
saepe  numerus  syllabarum  .  .  .  apud  nos  diminutionis  hoc  genüs 
servatur  quod  est  primae  positionis,  id  est  prima  diminutio.  Ich 
füge  noch  als  charakteristisch  für  seine  weiteren  Anschauungen 
hinzu:  sunt  etiam  quasi  deminutiva,  quorum  origo  non  cernitur, 
ut  fabula  macula  tabula,  sunt  item  quae  non  servant  genera 
quae  ex  nominibus  primae  positionis  aeeeperunt,  ut  scutum,  scu- 
tula,  scutella.  Priscian  endlich  hat  im  III.  Buche  ein  besonderes 
Kapitel  den  Deminutivis  gewidmet,  welches  sich  durch  Reichtum 
an  Beispielen,  auf  die  wir  zum  Teil  zurückkommen  werden,  aus- 
zeichnet. 

In  Bezug  auf  das  Geschlecht  stellt  sich  das  Latein  also  in 
entschiedenen  Gegensatz  zum  Griechischen  und  Deutschen,  steht 
im  Einklang  mit  Sanskrit  und  Gotisch.  Während  im  Griechi- 
schen gewissermafsen  neue  Wesen  entstehen  und  auch  die  durch 
Deminutive  bezeichneten  Personen  nicht  als  solche,  sondern  als 
Sachen  aufgefafst  werden,  behalten  im  Lateinischen  die  Deminu- 
tiva das  Geschlecht  des  Stammworts,  ein  Gegenstand  ändert  sein 
Geschlecht  nicht,  mag  er  grofs  oder  klein  erscheinen;  itatg  xai- 
tfov,  puer  puerulus. 

Als  Deminutivum  werden  wir  ein  Wort  betrachten,  welches 


GenuBwechsel  der  Deminutiva.  171 

den  Gegenstand  des  Stammwortes  in  kleinerem  Mafsstabe  be- 
zeichnet und  dies  thut  vermittelst  der  Suffixe  la  und  ca  und 
ihrer  Zusammensetzungen.  Drei  Bedingungen  sind  also  zu  er- 
füllen, wollen  wir  ein  Wort  als  Deminutivum  ansehen:  erstens 
mufs  ein  primitiver  Nominalstamm  als  Grundform  aufstellbar 
oder  wenigstens  zu  erschliefsen  sein,  zweitens  mufs  die  Bedeutung 
des  Wortes  eine  wirklich  erkennbare  Verringerung,  Schwächung  etc. 
des  Grundwortes  ergeben,  drittens  müssen  die  genannten  Suffixe 
bei  der  Bildung  beteiligt  sein. 

Das  Suffix  la  —  erscheinend  in  lus,  la,  Iura  —  tritt  nun 
zunächst  an  die  Stämme  der  1.  und  2.  Deklination,  wobei  — 
Corssen,  über  Aussprache  etc.  II2  69  u.  a.  —  das  a  zu  o  ver- 
dumpft,  welches  letztere  später  zu  w  wird:  nur  wenn  ein  i  oder 
e  oder  t?  voraufgeht,  erhält  sich  o.  Stolz,  Lat.  Gramm.  23,  2. 
So  haben  wir:  ara  arula,  hortus  hortulus,  filius  filiolus,  valva 
valvola.  Bei  den  Stämmen,  welche  mit  ursprünglichem  o  aus- 
lautend —  agro  —  Nominative  auf  er  gebildet  hatten  —  ager  — , 
tritt  das  lus  an  den  Nominativ,  ager-lus,  agel-lus:  bei  denen  auf 
ra,  lo,  no,  na  erfolgt  Ausstofsung  des  Vokals  und  Assimilation 
des  Stammkonsonanten  an  den  des  Suffixes:  z.  B.  Corona,  coro- 
nula,  corolla.  Dafs  wir  mit  Corssen  diesen  Gang  annehmen  und 
nicht  ein  corolla  unmittelbar  aus  coron-la  entstehen  lassen,  hat 
seinen  Grund  darin,  dafs  unsers  Erachtens  keine  Veranlassung 
vorlag,  bei  diesen  Wortern  eine  andere  Bildungsweise  zu  befolgen, 
als  sonst:  dem  widerstreitet  auch  nicht,  dafs  später  die  ursprüng- 
liche Form  cöronula  —  allerdings  im  übertragenen  Sinne  —  ge- 
braucht worden  ist.  Wenn  dagegen  Substantiva  auf  Inus,  Ina 
ihre  Deminutiva  auf  ellus  und  ella  bilden,  so  werden  wir 
schwerlich  mit  Kühner  darin  eine  Verstärkung  „des  dünnen  i  in 
das  vollere  e"  erkennen,  sondern  richtiger  annehmen,  dafs  das 
ursprüngliche  e  in  Stämmen  wie  *aseno  sich  erhalten  hat,  so 
dafs  das  Deminutivum  zu  asinus  asellus  lautet. 

Bei  den  von  Stämmen  auf  -pro,  -bro,  -bra,  -cro,  -gro,  -tro, 
-tra  gebildeten  Wörtern  entwickelte  sich  infolge  des  r  bei  der 
Deminutivbildung  dfein  vokalisierter  Stimmlaut  e,  so  dafs  wir 
erhalten  capra  capel-la,  labrum  labellum  etc.,  und  in  gleicher 
Weise  werden  wir  transtillum  von  transtrum  etc.  auf  Rechnung 
der  Entfaltung  des  Stimmtons  des  11  zu  dem  ihm  jedesmal  ge- 
nehmen Vokal  zu  setzen  haben.  Siehe  hierüber  Osthoffs  treff- 
liche Auseinandersetzung  in  Forschungen  im  Gebiete  der  indo- 

12* 


172  A.  Weinhold: 

gcrm.  nominalen  Stammbildung  1.  Teil  p.  16  u.  £,  der  wir  auch 
weiter  unten  reiche  Belehrung  danken  werden. 

Hatte  man  auf  dem  oben  bezeichneten  Wege  eine  grofse 
Menge  von  Deminutivis  auf  ulus,  a,  um  erhalten,  so  fafste  man 
dies  als  Deminutivendung  und  setzte  dieselbe  auch  an  konsonan- 
tische Stamme  der  3.  Deklination,  insbesondere  an  gutturale,  rex 
regulus,  allein  auch  an  dentale  civitas,  civitatula. 

Erst  eine  späte  Zeit  aber  zeigt  derartige  Bildungen  von 
Substantiven  nach  der  4.  Deklination. 

Einige  Substantive  auf  o  setzen  das  Suffix  lus  an  den 
ursprünglichen  Nominalstamm  auf  on,  dessen  o  zu  u  verdumpft 
und  dessen  n  sich  dem  1  assimiliert  z.  B.  homo  homullus,  leno 
lenullus. 

Die  meisten  Stämme  nach  der  3.,  ebenso  die  nach  der  4 
u.  5.  Deklination  bildeten  ihre  Deminutiva  mit  dem  verdoppelten 
Suffix  eulus*),  welches  an  die  i-  und  e-Stamme  unmittelbar,  bei 
den  konsonantischen  Stämmen  an  die  Nominativformen  auf  or 
und  er,  os,  us  und  as  trat:  so  erhielt  man  apicula,  vulpecula, 
uxorcula,  passerculus,  flosculus,  corpusculum,  vasculum;  bei  den 
Wortern  der  4.  Deklination  wurde  das  u  zu  i  geschwächt,  arti- 
culus,  versiculus**);  die  e-Stämme  der  5.  erlitten  keine  Ver- 
änderung vor  dem  Suffix.  Was  dieses  Suffix  selbst  anlangt,  so 
dürfen  wir  kaum  uns  über  die  Erklärung  mit  Paucker  durch  die 
Bemerkung  hinweghelfen,  es  sei  hier  ein  prothetisches  c  zu  finden; 
auch  die  Ansicht  möchte  schwerlich  das  Richtige  treffen,  dafs 
eulus  einem  Mifsverständnis  seine  Existenz  verdanke:  man  hätte 
gebildet  arca,  arcula  und  alsdann  falsch  abgeteilt  ar-cula  und  so 
geglaubt  ein  Suffix  eulus,  a,  um  zu  haben.  Einerseits  ist  die 
Zahl  der  Deminutive  mit  stammhaftem  c  doch  zu  gering,  um 
einen  so  gewaltigen  Einflufs  auszuüben,  zum  anderen  ist  der 
Beweis  nicht  zu  erbringen,  dafs  die  Formen  auf  eulus  später 
seien,  als  die  auf  ulus  mit  stammauslautendem  c.     Es  ist  nun 


*)  Corbula  bei  Plautus  und  Cato  (corbicula  Patladins)  ist  entweder 
ältere  Bildungsart  oder  von  *corba  abgeleitet.  Vgjff'den  Eigennamen  Cor- 
bulo,  Körber.  Die  Red. 

**)  Nicht  üblich  ist  diese  BilduDg  in  der  archaischen ,  klassischen  und 
silbernen  Latinitat  in  der  2.  Deklination,  weshalb  lecticulus  bei  Catull 
57,  7  (nach  cod.  Oxon.)  und  panniculus  auf  lectus,  us  und  pannus,  us 
(pannibus  Pompon.  com.  70)  zurückzuführen  sind.  Eine  Einwirkung  von 
lectlca  ißt  nicht  wahrscheinlich.  Die  Red. 


GenuswochBcl  der  Deminutiva.  173 

aber  nirgends  die  Neigung  zur  Verdoppelung  und  Verdreifachung 
der  Suffixe  so  grofs  wie  bei  den  Deminutivis;  nur  zum  Überflufs 
erinnere  ich  an  unser  Männelchen  u.  ä.,  weise  auch  im  voraus 
auf  agnellus  u.  8.  w.  hin.  Wir  haben  also  auch  in  culus 
nichts  anderes  als  die  Verbindung  des  alten  Deminutivsuffixes 
ca,  dessen  Vokal  vor  1  zu  u  verdumpft  ist,  mit  la  zu  sehen: 
jenes  ca,  welches  im  Lateinischen  auch  in  wenig  Wörtern 
noch  als  selbständiges,  wenn  auch  nicht  als  solches  empfundenes 
Deminutivsaffix  erscheint,  wie  z.  6.  in  noverca.  Durch  die  Ver- 
bindung dieses  Suffixes  mit  i-  und  u-Stämmen  war  aber  eine 
stattliche  Reihe  von  Deminutivis  auf  iculus  entstanden,  und  so 
kam  es,  dafs  man  hier  allerdings  falschlich  an  ein  Deminutiv- 
saffix iculus  glaubte,  welches  dann  an  konsonantische  Stämme 
der  3.  —  denticulus  — ,  ja  auch  im  Spätlatein  an  solche  der 
2.  Deklination  —  agniculus  —  trat.  Die  Quantität  dieses  %  ist 
schwankend;  vgl.  Prise.  III  5,  31,  Paucker,  ZOG  604,  L.  Müller, 
de  re  nietr.  p.  353,  wie  Corssen,  Ausspr.  1P  513  lehrt,  infolge  der 
„Vermengung  der  ursprünglich  auf  -es  auslautenden  Nominal- 
stamme mit  I-  Stämmen/'  „Jene  bildeten  eigentlich  Deminutiva 
auf  e-cula  wie  nube-cula,  sede-cula,  vulpe-cula . . .,  die  I-Stämme 
solche  auf  Y-culo,  -l-cula  wie  fascl-culus,  aedi-cula  u.  a.  Daher 
entstanden  mit  jener  Vermengung  Mittelformen  wie  clavi-cula, 
crati-cula,  cutl-cula,  und  diese  wurden  natürlich  von  den  dakty- 
lischen Dichtern  gewählt,  weil  sie  die  drei  kurzen  Silben  -1- eil  hl 
in  ihrem  Versmals  nicht  brauchen  konnten/' 

Für  die  Substantiva  von  Stämmen  auf  ursprüngliches  on, 
mochten  dieselben  im  Genetiv  das  onis  bewahren,  oder  mochten 
sie  es  zu  inis  schwächen,  trat  in  der  Regel  behufs  der  Demijiutiv- 
bildung  culus  an  den  alten  Stamm,  dessen  o  sich  wieder  zu  u 
verdumpfte;  so  erhalten  wir  die  zahlreiche]}  Formen  auf  unculus, 
a,  um:  carbo  carbunculus,  homo  homunculus,  ratiuneula  u.  s.  w. 
Diese  Bildung  für  die  sich  von  frühester  bis  in  die  späteste  Zeit 
eine  ausserordentliche  Vorliebe  zeigt,  —  Paucker  ZOG  599  führt 
140  Beispiele  auf  —  war  es  nun,  welche  die  Sprache  zu  einer 
Deminutivform  auf  unadus  gelangen  liefs,  so  dafs  man  bereits 
frühzeitig  auch  von  solchen  Worten,  welche  keine  Form  auf  o 
haben,  derartige  Deminutiva  bildete,  an  denen  besonders  das 
Spatlatein  überreich  ist. 

Über  die  Deminutiva  von  ala,  aula  etc.,  sixilla,  auxiila  etc., 
welche    den    Grammatikern    älterer    wie    neuerer   Zeit    so    viel 


174  A.  Weinhold: 

Schwierigkeiten  bereitet  haben,  verdanken  wir  wiederum  Osthoff" 
1.  1.  190  u.  f.     Aufklärung,  welcher  m.  E.  unwiderlegbar  zeigt» 
wie  als  Grundformen  für  diese  Worte  *axla,  *maxla  u.  s.  w.  an- 
zusetzen sind,  von  welchen  wir  auf  dem  gezeigten  Wege  zu  den 
Deminutivformen  gelangen.     Vgl.  auch  Stolz,  p.  187. 

Hiermit  ist,  so  viel  ich  sehe,  die  Reihe  der  Deminutivbil- 
dungen ersten  Grades  in  ihren  Grundzügen  erschöpft,  nicht  so 
die  Triebkraft  der  lateinischen  Sprache.  Wölfflin  hat  in  seiner 
Abhandlung  über  Vulgärlatein  Philol.  XXXIV  153  ff.  u.  a.  aus- 
geführt, wie  die  Deminutive  nicht  immer  verkleinern,  wie  sie  öfters 
den  Affekt  ausdrücken  und  wie  es  besondere  Gruppen  von  Worten 
sind,  welche  vorzugsweise  Deminutive  bilden,  wie  ferner  besonders 
das  weibliche  Geschlecht  es  ist,  welches  sich  der  Kosedeminutiva 
erfreut,  so  dafs  sich  entsprechen  puer  und  puella.  Den  dort  auf- 
geführten Beispielen  könnte  man  als  älteres  für  Gleichstellung 
beider  Worte  noch  hinzufügen  Varro  de  1.  1.  IX  29  non  sie  ex 
viro  et  muliere  omnis  similis  partus,  quod  pueri  et  puellae?  Aber 
auch  hierbei  können  wir  wieder  die  Bemerkung  machen,  dafs  die 
erste  Stufe  nicht  stets  die  am  frühesten  bezeugte  ist;  so  haben 
wir  haedilli  bereits  Plaut,  asm.  667,  während  die  erste  Stufe 
erst  luven.  XI  65  in  haedulus  uns  entgegentritt 

Die  Form  der  Bildung  von  Deminutiven  2.  Grades  ist  nun 
die,  dafs  —  und  dies  ist  die  weit  überwiegende  Mehrzahl  der 
Fälle  —  an  die  Deminutivformen  auf  ulus  nochmals  das  Demi- 
nutivsuffix lus  antritt,  das  erste  u  sich  zu  e  oder  i  abschwächt, 
während  das  2.  ausfällt:  agnus,  *agnu-lu-lus,  *agne-lu-lus,  agnel- 
lus.  Wir  müssen  uns  hierbei  vergegenwärtigen,  dafs  ein  agnellus 
rücksjehtlich  seiner  Bildung  ganz  anders  dasteht  als  ein  fabelUiy 
welches,  wie  Osthoff  im  Anschlufs  an  Ascoli  le  figure  italiche 
p.  25  zeigt,  aus  fa-bula  (grdf.  *fa-bla)  entstanden  ist  *fa-blula, 
*fa-bel(u)la,  fa-bel'la.  Diesen  Unterschied  scheinen  mir  weder 
Corssen  II8  530  noch  Schwabe  p.  40  hinlänglich  gewürdigt  zu 
haben,  und  ebenso  stehen  bei  Kühner  I  666  haedillum,  pocillum 
und  axilla  friedlich  nebeneinander. 

Selbst  jedoch  mit  dem  2.  Grade  der  Deminutive  hatte  die 
Sprache  nicht  genug.  Hatte  man  cista,  cistula,  cistella  gebildet» 
so  ging  schon  Plaut,  rud.  391  einen  Schritt  weiter  mit  cistel- 
lula,  und  die  spätere  Zeit  hat  in  diesen  Bildungen  kein  Mals 
gekannt.  Nur  das  eine  Wort  agnus  möge  mir  gestattet  sein 
anzuführen  mit  seinen  Deminutiven  agnulus,  agnellus,  agniculus, 


Genugwechsel  der  Damin utiva.  175 

agnicellus,  agnicellulus.  Wie  wenig  man  sich  aber  der  deminu- 
tiven Kraft  dieser  Worter  bewufst  war,  das  erhellt  aus  den 
romanischen  Sprachen,  wo  die  Deminutiva  vielfach  an  Stelle  der 
Stammworter  getreten  sind. 

Die  lateinischen  Grammatiker  rechneten  unter  unsere  Wörter 
noch  eine  ganze  Anzahl,  welche  wir  auszuscheiden  haben,  da  sie 
den  oben  angegebenen  Bedingungen  nicht  entsprechen.  An  erster 
Stelle  seien  erwähnt  die  Wörter  auf  uleus.  Schon  Schwabe  hat 
darauf  hingewiesen,  und  Paucker,  Mitau  1876  p.  20  an  ein  paar 
Beispielen  es  wahrscheinlich  gemacht,  dafs  die  Wörter  auf  uleas 
ursprünglich  adjektivisch  seien  und  die  Gleichartigkeit  u.  s.  w. 
bezeichneten.  Es  läfst  sich  diese  Bedeutung  für  alle  nachweisen. 
Ich  füge  dem  dort  Gesagten  noch  hinzu:  Eculeus  wird  —  soweit 
ich  sehe  —  von  Livius  nur  von  Portentis  gebraucht:  z.  B.  XXXI  7 
in  Lucanis  .  .  .  eculeus  cum  quinque  pedibus;  bei  Cicero  da- 
gegen Verr.  IV  20,  42  sind  eculei  (argentei  nobiles)  Trinkhörner, 
deren  Spitze  in  einen  Pferdekopf  endet,  während  das  Wort  sonst 
bei  ihm  und  bei  anderen  zur  Bezeichnung  des  Folterwerkzeugs 
dient  Ebenso  zeigt  manuleus  (bei  Paucker  fälschlich  manulea) 
schon  durch  seine  Bedeutung  „der  bis  an  die  Hand  reichende 
Ärmel  der  Tunica",  dafs  an  ein  wirkliches  Deminutivum  nicht 
zu  denken  sei;  ziehen  wir  ferner  in  Betracht,  dafs  nuculeus  (wo 
die  Ergänzung  von  lapis  =  Kern  so  nahe  liegt)  der  „Kern  der 
Nufs"  ist,  nicht  „die  kleine  Nufs",  dafs  oculeus  als  Substantiv 
nur  auf  einer  Grammatikerstelle  ohne  Beleg  beruht,  während  es 
als  Adjektiv  bei  Plautus  erscheint,  so  wird  die  einzige  Stelle, 
wo  ein  Substantiv  auf  uletis  als  wirkliches  Deminutiv  gebraucht 
zu  sein  scheint,  uns  schwerlich  irre  machen  dürfen:  Varro  1.  1. 
IX  28  quod  ex  quocunque  asino  et  equa  nascitur  id  est  mulus 
aut  mula,  ut  ex  equo  et  asina  hinnulei,  wo  Laetus  hinnuli 
bietet,  hinnulei  aber  lediglich  orthographische  Abweichung  ist, 
ei  =  i.  Terent.  Scaur.  p.  19  K:  Neue  I-  97,  Corssen,  Ausspr. 
I*  330.  An  allen  übrigen  Stellen  finden  wir  hinnuleus  gebraucht 
von  dem  männlichen  Jungen  des  Hirsches  und  Rehes;  Scrib.  13 
setzt  sogar  cervus  hinzu.  Sind  diese  Erwägungen  richtig,  so 
verschwindet  aus  dem  Verzeichnis  der  Deminutive  auch  acideus, 
bei  dem  —  nebenbeigesagt  —  von  verändertem  Geschlecht  nicht 
wohl  die  Rede  sein  kann,  da  acus  nach  Prise.  V  6,  33  und  VI 
14,  17  tarn  masculinum  quam  femininum  invenitur.  Vgl.  Prob, 
cath.  I  41  p.  1463;  Plin.  n.  h.  XXVI  5. 


176  A.  Weinhold: 

In  gleicher  Weise  finden  wir  an  den  oben  aufgeführten 
Stellen  als  Deminutive  Worter  auf  -aster  und  -aceus  verzeichnet. 
Über  erstere  lehrt  uns  Arch.  1  407,  dals  sie  instrumentale  Be- 
deutung haben,  während  die  Worte  auf  aceus  sämtlich  ursprüng- 
lich Adjektiva  waren,  die  dann  mit  Ausfall  des  Substantivs  sub- 
stantivisch gebraucht  wurden. 

Endlich  hat  noch  einer  Klasse  von  Wortern  Osthoff,  For- 
schungen I  §  5  die  Berechtigung  als  Deminutive  zu  gelten  genom- 
men: es  sind  die  Wörter  auf  edula,  acredula,  ficedula  u.  s.  w.,  deren 
dula  derselbe  Forscher  vermittelst  der  Mittelstufe  dl  d  auf  ursprüng- 
liches cul  zurückführt;  aufserdem  würde  schon  der  Umstand,  dals 
keine  Primitiva  zu  ihnen  vorhanden  oder  erschliefsbar  sind,  hindern 
sie  mit  Kühner  u.  a.  als  Deminutive  aufzuführen.  Mit  diesem 
als  cul  erscheinenden  Suffixe  ist  aber  eine  stattliche  Zahl  von 
anderen  Wörtern  gebildet,  welche  den  Deminutivis  auf  culus,  a, 
um  täuschend  ähnlich  sehen  und  auch  für  solche  gehalten  worden 
sind.  Es  sind  dies  die  Instrumentalia  auf  culum  und  —  wenn  auch 
weniger  Verwechselung  bei  ihnen  vorgekommen  ist  —  auf  bulum. 
Eine  Zeitlang  hat  man  diese  Wörter  mit  Bopp,  vgl.  Gramm.  IIP 
815  a  von  W.  kara  und  bhara  abgeleitet,  eine  Meinung,  die  Corssen 
lebelang,  s.  bes.  Krit.  Nachtr.  p.  186 — 193,  Ausspr.  P  166,  wohl 
mit  mehr  Schärfe  als  Glück  verteidigt  hat.  Nach  einer  Bemer- 
kung Benfeys,  die  Ebel  weitergeführt,  Ascoli  (die  Citate  s.  bei  Ost- 
hoff), des  näheren  erläutert,  hat  endlich  Osthoff  in  seiner  um- 
sichtigen und  scharfsinnigen  Untersuchung  den  Beweis  geführt, 
dafs  die  älteste  Form  des  in  Rede  stehenden  Suffixes  die  auf  do 
ist,  dafs  dieselbe  aus  einem  ursprünglichen  tlo  ableitbar  ist,  dals 
ferner  die  Umwandlung  von  tl  in  kl  mit  den  Lautgesetzen  des 
Lateinischen  nicht  im  Widerspruche  steht,  während  eine  Ablei- 
tung von  kara  sowohl  wegen  der  spärlichen  Verwendung  des 
Wurzelverbs  im  Lateinischen,  als  wegen  der  Kegelmäfsigkeit 
seines  Erscheinens  in  Formen  mit  r,  als  endlich  wegen  der  Art  der 
lateinischen  'Nominalbildung,  welche  direkt  aus  dem  Verbalstamm 
hervorgeht,  unmöglich  ist.  Dafs  die  Sprache  natürlich  nicht  in 
jedem  einzelnen  Falle  den  Lautwandel  von  tl  zu  cl  durchgemacht 
hat,  sondern  sich  gewöhnte  das  Suffix  als  selbständig  anzusehen,  ist 
kaum  nötig  zu  bemerken.  Ursprünglich  bildete  man  dergleichen 
Wörter  von  Verben  insbesondere  der  a-Konjugation;  also  cena, 
cenare,  cenaculum,  gubernare,  gubernaculum,  doch  bald  war  das 
Suffix  so  gebräuchlich  geworden,   dafs  man  ohne  Vermittlung 


Gennswcchsel  der  DeminutiTa.  177 

eines  solchen  Verbums  z.  B.  tabernaculum  zu  taberna  bildete,  ja 
sogar  ein  retinaculum  wagte,  obwohl  es  kein  Verbuin  retinare 
gab.  Die  Bildungen  von  Verben  der  übrigen  Konjugationen  sind 
es  nun  insbesondere  gewesen,  welche  Veranlassung  gaben,  diese 
Wörter  mit  den  Deminutivis  zu  verwechseln,  wie  ja  schon  Ilagen, 
anecdota  Helvei  p.  191,  8  „pera  (=  JtetQa?)  ex  qua  periculum" 
aufweist.  Wie  nun  die  Bedeutung  des  Mittels  oder  Werkzeugs 
sich  erweiterte  und  man  diese  Worte  auch  gebrauchte  zur  Be- 
zeichnung des  Ortes  (cubiculum),  oder  des  durch  das  Werkzeug 
oder  Mittel  Hervorgebrachten  (saeculum),  ferner  der  Handlung 
selbst  (meaculum),  wie  das  Instrumentale  schliefslich  der  Bedeu- 
tung des  Stammwortes  sich  zuwendete,  teils  in  Übereinstimmung, 
teils  mit  einigen  Abweichungen  von  Corssen  und  Osthoff  zu  ver- 
folgen, wäre  wohl  interessant,  würde  aber  Ober  den  Rahmen 
unserer  Darstellung  hinausgehen.  Ich  lasse  daher  nur  die  Worte 
folgen,  welche  oft  als  Deminutive  mit  abweichendem  Geschlecht 
betrachtet  werden,  aber  Instrumentalia  sind. 
Cenaculum  Varro  1.  1.  V  33,  162  ubi  cenabant  cenaculum   vo- 

citabant  etc. 
clunaculum  Gell.  X  25,  2.  Paul.  Fest.  50,  0:  cultrum  sanguina- 
rium    dictum    vel    quia    clunes  hostiarum    dividit  vel  quia  ad 
clunes  dependet.    (Corssen,  krit.  Beitr.  p.  347.)    Isid.  18,  6,  G. 
Placid.  gloss.  2G,  3. 
conventiculum   Cic.  de  domo  28,  74:    quoniam    plebi    quoque 
urbanae  inaiores  nostri  conventicula  et  quasi  concilia  quaedam 
esse   voluerunt.    p.  Sest.  40,  91    conventicula  hoininum,    quae 
postea  civitates  nominatae  sunt  „die  ersten  Anlange  von  Ver- 
einen" etc. 
curriculum  Plaut,  mil.  522  etc.  „Wagen  zum  Rennen,  Ort  zum 

Rennen,  Lauf/' 
furfuraculum  Gloss.  Isid.  no.  759.  Arnob.  t>,  14. 
öffendiculum  Plin.  ep.  IX  11,  1  und  an  vielen  Stellen  der  Eccl. 
offensaculum  von  Apul.  niet  IX  9  an  bei  den  Eccl. 
pinnaculum  Vulg.  Matth.  4,  5  templi  die  Zinne  des  Tempels  etc. 
Poetae    aevi    Car.  II  148,  24;    ein  (kleiner?)   Flügel  Vulg.  4. 
Esdr.  1 1,  38,  22. 
sediculum  Paul.  Fest.  p.  336  „Sitz":  cf.  Corssen,  Krit.  Beitr.  347, 

Ausspr.  II2  311. 
serraculum  ülp.  dig.  IX  2,  29,  2   vgl.  Not.  Bern.  90(1)   Steuer- 
ruder; dagegen  Deminutiv  zu  serra  ist  serrula. 


178  A.  Weinhold: 

tabernacaluin  Plaut.  Amph.  426.  428.  Gic.  div.  I  17,  33.  frgm. 
1055,  10  etc.  eigentlich  die  Einrichtung  zu  einer  taberna,  dann 
gleichbedeutend  mit  taberna  selbst, 
terricula  Afran.  com.  270,  Lucil.  sat.  15,  5M  etc.  und 
terriculum  Acc.  tr.  324.  623,  von  denen  das  erstere  wohl  Ad- 
jektiv mit  hinzuzudenkendem  Substantiv  und  als  frühes  Bei- 
spiel für  eine  derartige  Ergänzung  interessant  ist. 
umbraculum  Varro  r.  r.  I  51.  Cic.  frgm.  ap.  Macrob.  Sat.  6,  4  etc. 
Hierher  ziehe  ich  auch  foculum;  denn  es  ist  wohl  ein  Ver- 
sehen, wenn  W.  Meyer,  die  Schicksale  des  latein.  Neutr.  im  Roman. 
p.  129  meint,  die  Quantität  spreche  für  Stammesgleichheit  mit 
focus.     Vgl.  aufser  Plaut.  Pers.  104  bes.  Brix  zu  Capi  843. 

Die  Sprache  hat  nun  in  gewissen  Fällen  doppelte  Bildung 
beliebt,  einmal  die  wirkliche  Deminutivform,  dann  die  eines  In- 
strumentalsubstantivs: so  in  indiculus  Symm.  ep.  6,  49.  7,81  und 
indiculum  z.  B.  Augustin  serm.  app.  66,  3,  wie  an  vielen  Stellen 
der  Form,  et  Diplomata,  die  jedoch  wegen  der  dort  hervortreten- 
den Vermengung  der  Geschlechter,  welche  uns  weiter  unten  ent- 
gegentreten wird,  wenig  bedeuten.  Auf  diese  Weise  findet  aber 
auch  appendiculum  (Arch.  II  1 14)  Hieron.  in  Ezech.  14,  45  seine 
Erklärung. 

An  die  ursprünglichen  Instrumentalia  auf  culum  reihen  sich 
die  nur  lautlich  verschiedenen  Bildungen  auf  bulum.  Nur  zwei 
kommen  für  uns  in  Betracht. 

cunabula  —  incunabula,  welches,  wie  wir  oben  sehen,  ohne 
Vermittelung  eines  Verbums  gebildet  ist  und  gleiche  Bedeutung 
wie  das  Grundwort  erhalten  hat.  [Vgl.  Arch.  II  321.  Die  Red.] 
naustibulum  Fest.  169  (a),  23  naustibulum  vocabant  antiqui  vas 
alvei  simile  videlicet  a  navis  similitudine.  Paul,  ex  Fest.  168,  3, 
wo  wir  eine  andere  von  den  bei  den  Wörtern  auf  culum  ge- 
machten Wahrnehmungen  sich  wiederholen  sehen. 

Aus  der  Zahl  der  Deminutive  werden  wir  schliefslich  noch 
einige  einzeln  stehende  Wörter  auszuschliefsen  haben.  An  erster 
Stelle  anguilla  der  Aal.  Dafs  das  Wort  mit  anguis  zusammen- 
hänge, ist  ebenso  aus  seinem  Klange,  wie  aus  der  Ähnlichkeit 
der  bezeichneten  Tiere  ersichtlich.  Dagegen  verbietet  Bildung 
wie  Bedeutung  es  mit  den  alten  Grammatikern  als  Deminutivum 
von  anguis  zu  fassen,  welches  Gic.  tin.  V  15,  42  anguiculus  heilst» 
während  anguilla  durch  Vermittelung  der  Adjektivbildung  an- 
guina  entstanden  ist.     Eine  andere  Erklärung  ergiebt  sich,  wie 


Genuswechsel  der  Deminutiva.  179 

mir  scheint,  fQr  unguis,  unguis.  Weder  dürfen  wir  mit  den 
alten  Grammatikern  ungula  als  Deniinutivum  mit  verändertem 
Geschlecht  auffassen,  noch  mit  Georges  ungulus  zwar  als  Demi- 
nutiv zu  unguis  nehmen,  ungula  dagegen  nur  in  entferntere  Be- 
ziehung dazu  setzen:  wie  Paucker,  ZOG  595/6  ungula  als  „reguläre 
Bildung  aus  ungere"  fafst,  ist  mir  nicht  verständlich.  Ungulus 
und  ungula  gehören  beide  nicht  sowohl  zu  unguis,  als  zu  uncus, 
über  dessen  Bedeutung  und  Gebrauch  Arch.  III  242;  denn  ab- 
gesehen davon,  dafs  ungula  eine  ganz  einzig  dastehende  Bildung 
von  unguis  sein  würde,  bezeichnet  es  ja  nie  den  kleinen  Nagel, 
sondern  die  Kralle,  die  Klaue,  den  Huf-,  zu  ungues  dagegen  tritt 
sehr  häufig  unci  hinzu.  Andrerseits  ist  die  Bildung  aus  uncus 
sowohl  für  ungula  als  ungulus  eine  durchaus  regelmäfsige.  Dafs 
aber  letzteres  auch  die  Bedeutung  von  unguis  haben  könne,  scheint 
mir  bis  jetzt  nicht  erwiesen  und  so  mochte  denn  auch  die  Lesart 
von  Götz  Plaut  Epid.  623   vielleicht  nicht  das  Richtige  treffen. 

Hierher  gehört  auch  pastillum,  welches  man  sich  seit 
Charisius  p.  37,  15  K  —  hie  panis  hie  pastillus  et  hoc  pastillum, 
ut  Varro  dixit  —  gewöhnt  hat  als  Deminutivum  mit  verändertem 
Geschlecht  aufzuführen.  Sind  aber  die  oben  gegebenen  Grund- 
züge der  Deminutivbildung  richtig,  so  ist  es  unmöglich  pastillum 
als  Deminutiv  zu  panis  zu  stellen;  denn  wie  man  von  panis  zu 
einem  pasf  gelangen  sollte,  möchte  schwerlich  jemand  zu  zeigen 
vermögen.  Es  ist,  wie  Schwabe  p.  100  und  Corssen,  Ausspr.  P  424 
richtig  andeuten  pastillus  und  pastillum  von  gleicher  Wurzel 
wie  panis  gebildet,  ihr  Primitivum  aber  ist  verloren:  während 
man  nun  in  der  Bedeutung  von  Küge leben,  insbes.  von  Arznei- 
pillen pastillus  bildete,  brauchte  man  —  wohl  nicht  ohne  Ein- 
flufs  von  libum  —  für  eine  Specialität  des  Opferkuchens  pastil- 
lum Fest.  250  (b),  30. 

Als  Deminutiv  mit  verändertem  Geschlecht  —  freilich  ganz 
singulärer  Form  —  Schwabe  p.  G3  —  wird  matellio  genannt; 
allein  Varro  1.  1.  V  25,  119  accessit  Matellio  (Aldus,  matiolio 
libri,  matiolus  B)  a  matula  dictus  et  fictus,  qui  posteaquam  lon- 
gius  a  figura  matulae  discessit,  et  ab  aqua  Aqualis  dictus,  (Paul. 
ex  Fest.  126,  3),  auf  den  man  sich  beruft,  beweist  nicht,  dafs 
matellio  wirkliches  Deminutiv  sei;  den  Zusammenhang  mit  ma- 
tula aber  leugnen  auch  wir  nicht;  die  Stellen  bei  Cato  r.  r.  X  2, 
XI  3  u.  s.  w.  ergeben  ebensowenig  sicheren  Anhalt  für  Deminutiv- 
bedeutung. 


180  A.  Weinhold: 

Ganz  vereinzelt  steht  das  nach  griechischer  Weise  gebildete 
scutriscus  Cato  r.  r.  X  11  —  Schwabe  p.  51  —  dessen  Deminutiv- 
bedeutung  nicht  minder  fraglich  ist,  wie  das  blofs  von  Pompej. 
coniment.  164,  24  K  als  Deminutiv  zu  scutra  angefahrte  scutrillus. 

Wir  wenden  uns  jetzt  zu  den  Deminutiven,  welche  wirklich 
verschiedenes  Genus  von  dem  des  Stammwortes  haben.  Am 
wenigsten  auffällig  werden  wir  dies  finden,  wenn  das  Deminu- 
tivum  das  ursprüngliche  Geschlecht  bewahrt  hat.  So  calculus 
—  calculuiu,  calcula  fem.  Glossae  Appel,  de  genere  neutro  in- 
tereunte  in  lingua  latina  p.  106  gehört  unter  die  am  Ende 
aufgezählten  Abweichungen  —  dessen  Stammwort  call  bei  Plaut. 
Poen.  IV  2,  86  nach  den  neuesten  Herausgebern  entgegen  dem 
ausdrücklichen  Citat  des  Nonius  p.  198  ed.  Lips.  —  als  Femi- 
ninum erscheint,  aber  von  Cato  r.  r.  18,  7  (Vitruv.  VII  6,  1) 
als  Maskulinum  gebraucht  worden  ist,  wie  es  auch  als  „Ende 
der  Rennbahn"  bei  Varro  an  der  angeführten  Stelle  des  Nonius 
als  Mask.  erscheint.  In  Cato  or.  II  10  findet  auch  eine  Begrün- 
dung culliola,  orum  (Archiv  II  121),  Paul.  Fest.  p.  50,  wenn 
wir  an  genannter  Stelle  den  Plural  cullea  von  cu Ileus  lesen.  So 
möchte  auch  das  von  Probus  p.  197,  24  K  angeführte,  sonst  aber 
nirgends  bezeugte  cultellum  auf  ein  altes  eultrum  s.  Gesner, 
thes.  s.  v.  zurückzuführen  sein.  Hierher  stelle  ich  auch  frenus- 
culi  Isid.  or.  IV  8,  18  „ulcera  circa  rictum  oris".  Die  Späteren 
haben  nämlich  auch  bei  Wörtern  auf  us  nach  der  2.  Dekl.  die 
Endung  eulus  dem  Nominativ  angefügt,  ein  ramus  also  gerade 
so  behandelt  wie  corpus  —  Schwabe  p.  60  — ;  frenus  aber  tritt 
als  Maskulinum  —  Neue  P  546  —  in  allen  Perioden  der  Latinität 
auf.    Kaum  dürfte  es  Zufall  zu  nennen  sein,  dafs  für  das  Frontin 

IV  1,  29  u.  a.  vorkommende  galericulum  gerade  der  Alter- 
tümler Fronto  (bei  Serv.  Verg.  Aen.  Vll  688)  die  alte  Form  ga- 
lerum,  für  die  dann  galerus  das  gebräuchliche  war,  erhalten  hat, 
welche  denn  auch  bei  Späteren  Apul.  apol.  22.  Hier.  ep.  64,  13 
wiederkehrt.  Ein  besonderes  Interesse  gewährt  gladius  mit  seinen 
Deminutivis  gladiolus,  gladiola  und  gladiolum,  das  Neutrum 
Messala  bei  Quintil.  instit.  or.  1  6,  42.  Wenn  letzterer  dies  tadelt 
und  I  5,  16  sagt  gladia  qui  dixerunt,  genere  exciderunt,  so  geht 
derselbe  nicht  vom  historischen  Standpunkte  aus,  insofern  gladium 
das  ältere  war  —  Lucil.  fr.  ine.  85,  vgl.  auch  Varro  1. 1.  IX  49,  81, 

V  24, 116,  VII 1  23,  45,  r.  r.  I  48,  3  -  und  diese  Form  von  Alter- 
tümlern  bewahrt  wurde,  die  demgemäfa  auch  gladiolum  brauchten, 


Gennswechsel  der  Deminutiv*.  181 

wahrend  neben  dem  gewöhnlichen  gladiolus  al>  Bezeichnung  der 
Pflanze,  wozu  man,  wie  spater  noch  näher  treten  wird,  gern 
Feminina  verwendete,  gladiola  Plin.  Val.  II  IS  auftritt.  Kein 
andrer  Grand,  als  dafs  man  wohl  in  der  Sprache  des  gewöhn- 
lichen Lebens  Unter  noch  als  Maskulinum  brauchte,  bestimmte 
Cicero  ad  Att.  X  10,  5  zur  Bildung  lintriculus,  wie  denn  auch 
Prise.  V  8,  42  unter  in  das  Verzeichnis  der  doppeltgesehlechtigen 
Worter  aufgenommen  hat.  (Als  Fem.  jedoch  V  3,  16/*  Nicht 
anders  mag  es  sich  mit  reticulus  verhalten,  welches  mit  reti- 
culum  gleichbedeutend,  auf  ein  von  Charis.  61,  15  K.  Prise.  V  5,  45 
angefahrtes,  aber  nicht  belegtes  —  vgl.  Victorius  zu  Varro  r.  r. 
III  5,  11  p.  280  K  —  maskulinisches  retis  zurückgeht.  Ob  das 
Romulus  Append.  38  vorkommende  reticularum  wirklich  auf  ein 
bewußt  vorschwebendes  retis,  das  Charisius  a.  a.  0.  verwirft,  das 
aber  Varro  r.  r.  III  5,  11  rete  cannabina  bezeugt  ist  und  das 
Charisius  33,  20  in  retes  meas  ineidisti  selbst  braucht,  mag  dahin 
gestellt  bleiben;  nur  sei  des  Zusammentreffens  halber  bemerkt, 
dafs  derselbe  Rom.  18  allein  in  der  ganzen  Litteratur  die  Form 
ranuneulas  aufweist.  Asserculum  Cato  r.  r.  12  endlich  werden 
wir  ohne  Bedenken  mit  Meyer  p.  59,  dessen  Ausführungen  über 
diesen  Genuswechsel  (p.  58  u.  f.)  sehr  beachtenswert  sind,  auf 
ein  altes  neutrales  asser  zurückzuführen  haben. 

Hieran  reihen  sich  die  Deminutiva  derjenigen  Wörter,  welche 
«ich  in  klassischer  und  nachklassischer  Zeit  im  Genus  schwankten: 
canalicula  Lucil.  b.  Non.  198,7,  Varro  r.  r.  III  5, 14,  Gell.XVII  11,2; 
wenn  auch  Serv.  zu  Verg.  Georg.  III 330  viel  zu  weit  geht,  wenn  er 
das  Femininum  als  das  richtigere  Geschlecht  bei  canalis  erklärt, 
wahrend  die  erhaltenen  Schriftwerke  das  Gegenteil  bezeugen; 
deliciolum  Seneca  ep.  12,  3  von  delicium  Phaedr.  IV  1,8  mehr 
ßtellen  bei  Georges  s.  v.;  diecula  von  Plaut.  Pseud.  710  u.  Ter. 
Andr.  710  an  durch  die  ganze  Latinität  vom  fem.  dies;  auch 
fonicula  würde  sich  durch  Lucr.  II  1154  und  Gell.  X1I1  20,  21 
ebenso  erklären,  ist  freilich  bei  Charis.  125,  22  ohne  Beleg,  und 
faniculum  Greg.  Tur.  V  25  p.  220,  24  kann  auch  als  Accusativ 
▼on  ihm  geschrieben  sein.  Gesichert  ist  lauriculus  Marc.  Euip.30; 
foL  131  (b),  45  und  begründet  durch  Pall.  12,  22,  4  substrato  lauro, 
*ie  auch  Priscian  laurus  V  8,  42  in  jene,  allerdings  von  ihm 
selbst,  wie  wir  sahen,  nicht  stets  festgehaltene  Reihe  der  doppelt- 
geschlechtigen  Wörter  aufgenommen  hat.  Dagegen  ist  locella 
Plural   blofs  belegbar  aus  Warnefr.  de  episc.  Mett.  1  H,  22 


182  A.  Weinhold: 

und  aus  mehreren  Stellen  der  Forin.  (997,  1007  10,  1527)  und 
Diplom.  (9233),  was  wohl  mehr  in  der  Nachlässigkeit  der  Ver- 
fasser seinen  Grund  hat.  Hergehörig  wiederum  ist  olivastel- 
lum  (s.  Archiv  I  393)  bei  den  Gromat.  395,  4;  308,  8.  20  etc, 
von  dem  bei  Gramm,  incert.  de  gener.  90  und  Calp.  Buc.  II  44 
vorkommenden  oleastrum;  panicula  Non.  149,  22.  Paul.  Fest 
220,  16  von  der  Nebenform  pana  Plin.  Val.  III  27,  1  (Philologus 
XXXII  387)  nach  Weise  späterer  Zeit  unregelmäfsig  auf  icula 
gebildet;  porticulus  =  porticuculus,  mit  im  Lateinischen  be- 
liebter Ausstofsung  der  wiederholten  Silbe  im  Innern  eines  Wortes 
—  Murat.  inscr.  1716,  14  zu  dem  Inscr.  Neap.  244;  4209,  12 
CIL  II  3420  bereitwilligst  ein  maskulinisches  porticus  liefern; 
rapula  Titin.  164,  zu  dem  rapa  allerdings  erst  von  Columella 
XI 3, 1 6  u.  Petron.  44  an  nachweisbare  Grundform  zu  sein  scheint; 
cf.  Appel  55;  endlich  ve-precula  —  ein  nach  Harre,  ZGW 
1885  p.  94  nicht  zu  belegender  Nominativ  —  dessen  von  Non.  p.  231 
und  Priscian  V  8,  42  für  Commune  erklärtes  Stammwort  vepres 
in  Lucr.  IV  62  eine  Stütze  für  fem.  Geschlecht  erhält.  Kaum 
zu  erwähnen  ist  trotz  der  bekannten  Reimregel  canicula,  denn 
an  Stellen  für  als  Femininum  gebrauchtes  canis  ist  kein  Mangel, 
das  Sternbild  aber  forderte  nahezu  dies  Geschlecht,  wie  denn 
auch  planeta  und  cometa  in  vielen  romanischen  Sprachen  Femi- 
nina werden.     Meyer  p.  9. 

Einen  weiteren  Grund  für  die  Abweichung  des  Geschlechtes 
eines  Deminutivums  von  dem  seines  Stammwortes  werden  wir 
zu  finden  haben  in  dem  Wechsel  der  Bedeutung.  Es  ist  dies 
ein  insofern  schwieriger  Punkt,  als  sich  hierbei  die  Frage  auf- 
drängt, wie  weit  die  Römer  noch  das  Gefühl  gehabt  haben,  dato 
die  betreffenden  Worte  Deminutiva  seien.  So  hat  digitulus  als 
Deminutiv  ersten  Grades  „das  Fingerchen*'  mit  der  Bedeutung 
das  Genus  des  Stammwortes  bewahrt,  dagegen  ist  digitellum 
Col.  XII  7,  1  und  digitillum  Plin.  n.  h.  XVIII  159;  XXV  160  in 
der  Bedeutung  Hauswurz  Neutrum  geworden.  In  gleicher  Weise  ist 
f  asciolum  bei  Veget.  inulomed.  III 57, 1  —  falls  die  Lesart  richtig 
ist  —  als  t.  t.  Neutrum  geworden,  wird  von  fei  feil  icula  ■-» 
cholera  gebildet  Isid.  IV  5,  4;  wiederum  als  t.  t.  der  Baukunst 
ist  geniculus  Vitruv  VIII  6,  6  ein  Kniechen  der  Rohren;  end- 
lich hordeolus  das  Gerstenkorn  des  Auges  Marc.  Emp.  8  etc., 
Isidor.  IV  8,  16.  Dasselbe  Streben  nach  Deutlichkeit  —  Differen- 
zierungstrieb, wie  er  sich  auch  in  anderen  sprachlichen  Erschei- 


Genuswechsel  der  Deminutiva.  183 

nungen  zeigt,  findet  sich  bei  der  Doppelbildung  von  arcus. 
Wahrend  der  „ringförmige  Wulst"  als  Unterlage  beim  Tragen 
der  Gegenstande  auf  dem  Kopfe  das  Genus  wahrte ,  Paul.  Fest. 
X  6  zeigt  arculum  „der  Kranz  der  Flaminina"  ein  anderes  Ge- 
schlecht. Serv.  Verg.  Aen.  IV  137.  Wenn  wir  daher  Cod.  lustin. 
[und  Tertull.  Natt  I  13;  Pal.  29]  cf.  Isid.  VI  17,  4  laterculum 
finden,  so  dürfen  wir  kaum  an  eine  Nachlässigkeit  der  Schrei- 
benden denken,  sondern  wir  sehen,  dafs  das  Streben  nach  Unter- 
scheidung des  „Amter Verzeichnisses"  von  dem  kleinen  Ziegel  etc., 
wenn  das  Wort  auch  sich  davon  ableitete,  die  besondere  Endung 
hervorgerufen  hat  Hierher  möchte  ich  ziehen  pirula  Isid.  XI 
1,  48  extremitas  eius  (columbae  narium)  pirula,  a  formula  pomi 
pyri,  radiola  Isid.  XVII  7,  64  radiolas,  pro  eo  quod  oblongae 
sunt  in  modnm  radiorum,  endlich  bei  demselben  XIX  14,  1  tes- 
selli  a  tesseris  nominati.  Brauchte  man  in  eigentlicher  Bedeutung 
von  Saccus  das  Deminutiv  2.  Grades  saccellus  Säckchen,  so  hiefs 
Plin.  Val.  II  18  saccellum  das  Säckchen  als  Umschlag  auf  ein 
krankes  Glied«  Hiefs  scamellum,  scamillum  und  scamnellum  das 
Bänkchen  —  so  war  es  wohl  nicht  ein  Fehler,  sondern,  wenn  von 
ihm  erfunden,  wohlbedachte  Abweichung,  wenn  Vitruv  III  4,  5  und 
V  9,  4  die  Erhöhungen  auf  dem  Säulenstuhle  scamilli  nannte: 
nicht  minder  werden  wir  das  Deminutivum  2.  Grades  campi- 
cellum  Gromat.  312,  9  u.  17  als  t.  t.  aufzufassen  und  zu  erklären 
haben.  Zu  scrupus  war  in  eigentlicher  Bedeutung  das  Deminutiv 
8crnpulus,  als  Gewichts-  und  Mafsbezeichnung  dagegen  tritt  von 
Varro  r.  r.  I  10,  2  an  scripulum  und  scrupulum  auf,  wofür  nur 
einmal  Fabretti  inscr.  97,  219  die  Form  scripulus  und  scriptulus 
Metrol.  Script,  lai  p.  128,  8  H  erscheint.  Urceus  bildet  in  eigent- 
licher Bedeutung  urceolus  das  Krüglein,  dagegen  ist  Pelag.  vet.  12 
p.  156  urciola  das  Krüglein  als  Benennung  der  Ohrhöhlung:  auf 
diese  Weise  erhält  endlich  auch  Schuchs  Lesart  ventricula  für 
Schwartenmagen  Apic.  VII  289  eine  Stütze. 

Ziemlich  vereinzelt  steht  penicillum  neben  peniculus  und 
penicillus.  Nach  dem  mir  zur  Verfügung  stehenden  Materiale 
kann  ich  die  Form  penicillum  nur  bei  Quintil.  II  21,  24  und  Marc. 
Erap.  28,  198,  19  nachweisen,  an  erster  Stelle  entschieden  als 
Pinsel,  an  zweiter  als  Schwämmchen  zu  fassen.  Sollte  hier  die 
Sprache  auf  halbem  Wege  stehen  geblieben  sein,  oder  haben 
später  Ungenauigkeiten  im  Gebrauche  der  Formen  stattgefunden? 

Sind  aber  unsere  Erwägungen  richtig  gewesen,  so  werden  wir 


184  A.  Weinhold: 

uns  nicht  zu  bedenken  brauchen,  auch  armilla  Plaut.  Men.  536. 
Truc.  272  u.  s.  f.,  sowie  armillum  Varro  b.  Non.  547,  15  etc.  als 
solche  Deminutiva  2.  Grades  von  armus  anzusehen,  welche  zugleich 
mit  Änderung  der  Bedeutung  ein  anderes  Geschlecht  erhielten, 
ohne  dafs  es  nötig  ist  erst  adjektivische  Bildung  und  Fortlassung  des 
Substantivs,  bei  armillum  vas,  bei  armilla  etwa  fibula  anzunehmen. 
Hiermit  steht  im  engsten  Zusammenhange,  wenn  ein  Demi- 
nutivum,  sei  es  eines  Tiernamens,  sei  es  eines  anderen  Begriffes 
gebildet  worden  ist,  um  eine  Person  damit  zu  bezeichnen.  Dafs 
man  einen  Corculus  von  cor,  aber  auch  einen  —  Cic.  ad  fam. 
11  15,  5  bezeugten  —  Ocella  von  oculus  bildete,  wird  schwerlich 
befremden;  es  würden  diese  Eigennamen  auch  hier  nicht  Er- 
wähnung finden,  wenn  sie  nicht  die  Brücke  bildeten  zu  Erschei- 
nungen wie  passercula  M.  Aurel.  b.  Front,  ad  M.  Caes.  IV  6  als 
Kosename  für  ein  Madchen,  trotz  passer,  m.,  turturilla  Sen.  ep. 
9(>,  5  zur  Bezeichnung  eines  weibischen  Menschen,  ohne  dafs 
man  sich  wohl  darauf  berufen  wird,  dafs  turtur  bei  Plin.  n.  h. 
XXX  08  als  Femininum  gebraucht  ist.  So  erklärt  sich  auch 
simiolus  Cic.  ad  fam.  VII  2,  3  trotz  dem  gewöhnlichen  simia. 
Letzteres  Wort  ist  überhaupt  für  den  Genuswechsel  charakte- 
ristisch. Cicero  bildete  —  wiederum  als  Spottname  für  einen 
Menschen  —  simiolus,  trotzdem  dafs  sich  die  Sprache  aus  einem 
für  uns  unerfindlichen  Grunde  für  das  Femininum  entschieden 
hatte;  denn  wenn  Charis.  p.  108  K  und  Serg.  expl.  in  Donat  4, 
4,  27  K  behaupten,  man  hätte  hie  und  Jiaec  simia  gesagt,  so  über- 
sehen sie,  dafs  die  Schriftsteller  —  so  weit  ich  sehen  kann  —  simia 
blofs  bei  Personen  als  Maskulinum  gebraucht  haben:  simius  hin- 
gegen ist  sehr  selten.  Es  mochte  aber  bei  einer  ganzen  Reihe 
von  Tiernamen  ursprünglich  sowohl  die  männliche,  wie  die  weib- 
liche Form  vorkommen,  beziehentlich  das  Wort  im  männlichen, 
wie  im  weiblichen  Geschlecht  gebraucht  werden,  so  dafs  bei  dem 
relativ  geringen  Umfange  der  Überlieferung  oft  schwer  zu  ent- 
scheiden ist,  ob  ein  wirklicher  Genuswechsel  bei  Bildung  des 
Deminutivs  stattgefunden  hat,  oder  ob  die  Bildung  desselben  in 
eine  Zeit  fällt,  wo  das  Stammwort  noch  in  beiden  Geschlechtern, 
resp.  in  beiden  Formen  üblich  war.  Um  nur  ein  Beispiel  an- 
zuführen, erinnere  ich  an  aranea,  wozu  sich  araneus  erhalten  hat 
und  dem  entsprechend  beide  Deminutive  araneolus  und  araneola 
sich  finden.  Die  eben  gemachte  Bemerkung  mochte  ich  nun  aber 
auch  in  Anspruch  nehmen  für  das  sonst  so  auffallende  ranun- 


GenuBwechsel  der  Deminutiva.  185 

culus  von  Cic.  de  div.  I  9;  15  an  [von  Personen  ad  fam.  VII 
18,  3],  wofür  erst  Apul.  met.  IX  34  das  Deminutiv  ranula  setzt. 
Die  Bildung  ist  aber  keine  andere  wie  die  von  avunculus  und 
der  ganzen  Sippe,  welche  Corssen  II2  188  aufführt  und  welche 
die  spätere  Sprache  noch  reich  vermehrt  hat:  so  wenig  wir  aber 
bei  diesen  eine  Form  auf  ö,  der  sie  ihre  Existenz  verdankten, 
nachweisen  können,  ebenso  wenig  werden  wir  für  ranunculus  eine 
solche  —  *rano  —  anzusetzen  haben  (cf.  Schwabe  p.  60). 

Aufs  engste  verwandt  hiermit  ist  der  Fall,  dafs  in  einer 
spateren  Zeit  das  Deminutivum  in  doppeltem  Geschlechte  er- 
scheint, während  das  Stammwort  nur  ein  Geschlecht  aufweist.  So 
gut  nämlich  wie  man  in  früherer  Zeit  bei  Epicoenis  zu  genauerer 
Bezeichnung  des  Geschlechts  mas  und  femina  hinzusetzte,  stand 
bei  der  Deminutivbildung  zu  diesem  Zwecke  die  doppelte  Endung 
zur  Verfügung.  Es  war  also  möglich  aucellus  und  aucella  — 
und  so  hat  man  gebildet  (vgl.  Archiv  I  245),  Belege  bei  Georges, 
während  die  bessere  Zeit  blofs  avicula  —  aviculus  verpönt  nach 
Varro  1.  1.  VIII  79.  —  kennt.  Und  in  dieser  Leichtigkeit  der  Va- 
riierung haben  denn  Bildungen  wie  suculus  lustin.  instit.  II  1,37 
und  vielleicht  auch  suellus  Adelh.  de  re  gramm.  in  class.  auct. 
V  558,  anstatt  des  allgemein  gebräuchlichen  sucula,  vervella 
Exe  ex  Charis.  553,  28  K  von  vervex  ihren  Grund. 

Hatte  bei  Tiernamen  das  natürliche  Geschlecht,  wohl  auch 
die  Eigenschaften,  mit  welchen  die  Tiere  sich  begabt  zeigten,  be- 
deutenden Einflufs,  so  war  man  bei  den  Pflanzen  nicht  in  dieser 
glücklichen  Lage  und  daher  wohl  mag  es  kommen,  dafs  bei  ihnen 
bereits  in  den  Primitivis  vielfaches  Schwanken  sich  findet.  (Vgl. 
Pott,  Geschlecht  p.  454  in  Ersch  und  Grubers  Encyclop.  Appel, 
de  genere  etc.  p.  37.)  So  wird  uns  zunächst  fabulus  als  Demi- 
nutiv zu  faba  angegeben.  Dafs  Pelag.  vet.  VII  57  fabus  bietet, 
wird  bei  der  überwältigenden  Masse  von  Beispielen  für  faba  nicht 
ins  Gewicht  fallen  und  ebensowenig  hätten  wohl,  insbesondere 
bei  der  Verschiedenheit  der  Quantität  die  Körner  einer  Verwechse- 
lung mit  fabula  vorbeugen  wollen.  Fabulus  war,  sollte  ich 
meinen,  ursprünglich  Adjektiv,  und  bezeichnete  mit  Auslassung 
des  betreffenden  Substantivs  den  Kern  der  Bohne.  In  Catos 
Rezept  de  agri  culi  70,  1  fabulos  albos  III  ist  es  entschieden  so 
aufzufassen,  wie  das  hinzugefügte  albos  zeigt;  die  Stelle  bei  Varro 
r.  r.  I  31,  4,  wo  übrigens  Keil  fabali  schreibt,  widerspricht  nicht, 
Gellius  VII  11,1  beweist  nach  keiner  Seite  etwas.    Den  gleichen 

ArohW  für  Ut.  Lexikogr.  IV.    Heft  2.  18 


186  A.  Weinhold: 

Fall  haben  wir  bei  betaculus.  Von  beta  hatte  man  gebildet 
betaceus  und  Varro  r.  r.  1  2,  27  hat  pedes  betacei  „rote  Rüben"; 
die  Späteren  lassen  pes  weg  und  sagen  (Apic.  III  63.  64,  Arnob. 
4,  10,  Glos8.  Lab.)  betaceus  vgl.  insbes.  Charis.  37,  16.  155,  16. 
Prise.  III  44  oder  betaculus  Serv.  comment.  in  ari  Donat  432,  17: 
schließlich  dürfte  auch  callicula  (Archiv  I  282.  II  121)  auf 
diese  Weise  Erklärung  finden. 

Es  war  nun  nur  ein  kleiner  Schritt,  welchen  man  zu  thun 
brauchte,  wenn  man  auch  in  dem  Falle,  wo  das  Deminutivum 
nicht  ein  substantiviertes  Adjektiv  war,  den  Einflufs  eines  be- 
deutungsverwandten Substantivs  walten  liefs.  Diesen  anzunehmen 
wäre  ich  geneigt  bei  aditicula  Iul.  Val.  III  45,  wo  wohl  der 
Begriff  von  foris  oder  porta  wirkte,  ebenso  wie  bei  dem  erst 
Oonc.  Hisp.  Mign.  84,  336  auftretenden  agell  um  das  Synonynium 
rus  nicht  ohne  Einflufs  sein  mochte.  Ein  Gleiches  nehmen  wir 
in  Anspruch  für  staticulum  Plin.  n.  h.  XXXIV  163  etc.  und 
statunculum  Petron.  56,  6  (cf.  Donat  379,  6K.)  etc.,  wofür  Spa- 
tere (Appel  p.  56)  statu  neu  la  bieten,  bei  welchen  beiden  Wörtern 
der  allgemeinste  Begriff  signum  das  Geschlecht  der  Species  nach 
sich  zog;  wie  denn  auch  tergilla  Apic.  IV  174  wohl  einer  Be- 
einflussung durch  cutis  sein  Geschlecht  verdankt.  Deutlicher  noch 
als  bei  dem  letzten  scheint  mir  die  Sache  bei  vitellum  zu  sein.  Das 
Deminutivum  zu  vitulus  —  wofür  nirgends  ein  vitulum  —  hiefs 
vitellus  sowohl  in  der  Bedeutung  Eälbchen  Plaut,  asin.  667,  als 
Dotter  des  Eies;  Varro  dagegen  Prob,  ad  Verg.  ecl.  6,  31  (p.  19, 
3  u.  5E.)  bildete  in  letzterer  Bedeutung,  entschieden  mit  Rück- 
sicht auf  ovum,  vitellum. 

Hierher  stelle  ich  auch  zwei  Bildungen  nach  Analogie,  indem 
ich  es  dahingestellt  lasse,  ob  man  bei  ihnen  noch  von  verändertem 
Geschlecht  sprechen  kann:  accentiuneula  Gell.  XIII  6,  l  nnd 
morsiuneula  Plaut.  Pseud.  67.  War  man  gewohnt  von  Verbis 
ein  Verbalsubstantiv  auf  io  zu  bilden,  und  von  diesem  wiederum 
ein  Deminutiv  orare,  oratio,  oratiuneula  —  so  war  von  mordere 
nicht  blofs  ein  morsus,  sondern  auch  ein  *morsio  möglich  nnd 
hiervon  ein  morsiuneula;  und  so  war  auch  Gellius  zu  seinem 
accentiuneula  als  t.  t.  berechtigt,  wenn  auch  das  Verbum  accino 
nur  noch  bei  den  Grammatikern  (Diom.  431,  1,  Prise.  11,  35,  Mar. 
Victorin.  58,  3)  in  Gebrauch  war. 

Einer  späteren  Zeit  gehören  an  eine  Anzahl  vereinzelt  vor- 
kommender Deminutiva,  welche,  ohne  dafs  ein  erfiudbarer  Grund 


Genaswechsel  der  Deminutiva.  187 

obgewaltet  hat,  im  Geschlecht  von  ihren  Stammwörtern  ab- 
weichen. Bei  manchen  von  ihnen  läfst  sich  allerdings  bereits 
bei  den  Stammwortern  die  betreffende  Veränderung  in  der  Ge- 
schlechtsbezeichnung nachweisen,  und  ist  diese  dann  dank  der 
Beihilfe  von  Appels  schon  oft  citierter  Schrift  und  Georges'  Lex. 
notiert,  da  die  Herren  Mitarbeiter  keine  Veranlassung  gehabt 
hatten,  diesen  Punkt  zu  berücksichtigen.  Es  ist  daher  auch  die 
Möglichkeit  nicht  ausgeschlossen,  dafs  von  dem  einen  oder  anderen 
Worte,  was  jetzt  bei  einem  späten  Autor  als  Deminutiv  mit  ver- 
ändertem Geschlecht  erscheint,  das  Primitivum  in  demselben  Ge- 
schlecht gebraucht  worden  ist,  eventuell  gebraucht  worden  sein 
würde.  So  haben  wir:  arbusculus  Oribas.  Eupor.  II  1;  arbus- 
culum  Gloss.  Lab.  —  Poetae  aevi  Carol.  II  p.  198, 20;  centunclum 
(equestre  coactile  und  ornatum  ab  aca)  Edict.  Diocl.  7,52.53;  cere- 
b eil ns  Oribas.  20,  17.  Gloss.  Sang.  931;  doch  zeigt  Caper  de  orth. 
7,  103,  6  &  cereber  qui  dicunt,  sine  cerebro  vivunt,  dafs  gewisse 
Leute  doch  das  Maskulinum  brauchten;  corpusculus  Pardessus 
437  a.  696,  doch  hat  derselbe  auch  pretiosws  smis  corpus  457  a.  702, 
was  allerdings  auch  bereits  beiOribasius  vorkommt,  cf.  Meyer  p.  39; 
circulum  Iordanes  55,  3,  cf.  Appel  p.  103;  flagellus  Lex  Sal. 
Guelf.  12.  Cap.  in  deuteron.  131  Appel  p.  90;  floscellum  und 
flosculum  Iren.  I,  praef.  2,  Venant.  Fortun.  X  2,  9,  Iord.  I  9,  3,  6; 
furfuriculae  Marc.  Emp.  5,  45,  8.  9;  herediolus  Apul.  flor.  11; 
iu8cellus  Orib.  Eupor.  1,9;  libellus  als  Femin.  Form.  16s,  167etc.; 
nummullum  Alcuin.  Poet.  aev.  Carol.  I  p.  283  (duo  nummula); 
oratoriolus  Pardess.  230  a.  615;  pernunculus  Not.  Tir.  167; 
pulvisculum  Vigilant.  b.  Hieronym.  c.  Vigil.  4,390  pulvisculum 
nescio  quod  5,  39,  [dagegen  8,394  vilem  pulvisculum];  sigillus 
Mon.  Hist.  Patr.  Chart.  1,  260  a.  981;  surculum  Venant.  Fortun. 
V  16,  4;  append.  22,  11;  Aethicus  VI  72  p.  55,20;  taurulum  Reg. 
Longob.  diplom.  Migne  87  p.  1410  A;  vannulus  Gloss.  Lab. 

Wir  haben  nun  noch  einige  Wörter  anzuführen,  welche  als 
Deminutive  mit  verändertem  Geschlecht  aufgezählt  werden,  deren 
Überlieferung  jedoch  fraglich  ist.  Aediculum  Aulular.  ed.  Peiper 
II  1;  columellus  Paul.  Diac.  Waitz,  H.  L.  IV  51  p.  176;  cuni- 
culum  Caper  p.  109,  6  (K  curriculum),  farticula  Titin.  90  p.  146 
Ribbeck,  nutriculum  Petr.  Chrysol.  Migne  52  p.  351  B;  sarci- 
nolus,  Migne  87  p.  452  D;  ebensowenig  werden  wir  nach  dem 
oben  Gesagten  den  Grammatiker  Virgilius  (p.  28.  29  ed.  Huemer 
1886)   als   Zeugen  anerkennen,   welcher  uns  pera  —  periculum, 


188  A.  Weinhold:  Genuswechfiel  der  Deminutiva. 

lapis  —  lapicula,  bax  —  baculus  auftischt.  Sollte  nicht  auch  en- 
sicula  hierher  gehören  und,  obwohl  bei  mehreren  Grammatikern 
vorkommend,  ein  sich  von  einem  zum  anderen  fortschleppender 
Irrtum  sein?  Wenigstens  wenn  wir  es  bei  Charisius  p.  155  K  in 
Gesellschaft  mit  pistrinum,  pistrilla  —  als  gäbe  es  kein  pistrina 

—  und  Priscian  III  44  p.  166  nach  hie  qualus  hoc  quasillum  — 
als  gäbe  es  kein  quäl  um  —  finden,  so  scheint  mir,  trotzdem 
Probus  citiert  wird,  ein  Zweifel  an  dem  durch  kein  Sckriftsteüer- 
zeugnis  bestätigtem  ensicula  annoch  erlaubt.  Auch  veretilla 
möge  hier  seine  Erwähnung  finden,  da  Apul.  apol.  34  Erüger 
nicht  veretillam,  sondern  veretillum  bietet.  (Übrigens  würde  ve- 
retilla nicht  unmöglich  sein,  da  es  gleichbedeutend  ist  mit  partes 
verendae,  virilis,  muliebris  pars,  also  nach  dem  oben  Gesagten 
seine  Erklärung  fände.)  Assula  endlich,  was  so  häufig  als  Demi- 
nutiv von  assis  =  axis  angeführt  wird,  gehört  zu  hasta  (Archiv  1242). 

Nirgends   kann  ich  die  Worte  domunculum  und  lagunculus 

—  domuscula  bei  Apuleius,  laguneula  bei  Columella  — ,  die  an  so 
vielen  Stellen  z.  B.  noch  bei  Kühner  als  Beispiele  figurieren,  belegt 
finden.  Unsicher  scheint  auch  das  von  Georges  als  Deminutivum 
von  rota  angeführte  rotulus  bei  Calpurn.  Bucol.  VII  51,  wo  nicht 
nur  alle  Godd.  mit  Ausnahme  von  ©  (ed.  H.  Schenkl)  rutilum  bieten, 
Salmasius  rutulum  liest,  endlich  Lipsius  rotulam  teretem  schreibt. 

Andrerseits  möge  es  erlaubt  sein,  hier  zwei  Wörter  an- 
zufügen, deren  Stammwörter  in  dem  Geschlecht,  welches  die 
Lexika  angeben,  nicht  belegbar  sind:  gerricula  Plin.  n.  h.  XXXII 
148  und  lucunculus  [Afran.  com.  162]  Stak  silv.  I  6,  17,  Apul. 
met.  10,  13.  Nun  ist  aber  weder  aus  Plinius  a.  a.  0.  oder  Mari 
III  77,  7,  XII  32,  15  ein  maskulinisches  gerres,  noch  aus  Varro 
sat.  Men.  417  u.  508  u.  Paul.  Fest.  119,  18  ein  als  Femininum 
gebrauchtes  lucuns  zu  erweisen. 

Wir  sehen  also,  die  Regel  der  alten  vielgeschmähten  Gram- 
matiker besteht  zu  Recht:  das  Deminutiv  folgt  dem  Geschlecht 
des  Stammwortes.  Nur  ganz  bestimmte  Gründe  konnten  die  im 
Verhältnis  zu  der  grofsen  Anzahl  von  Deminutivis  äufserst  seltenen 
Abweichungen  veranlassen.  Die  Regel  ist  gültig  aber  in  noch 
weit  gröfserer  Ausdehnung,  als  die,  welche  sie  aufstellten,  es  ahn- 
ten; denn  von  den  meisten  der  auch  ihnen  als  abweichend  er- 
scheinenden Wörter  hat  sich  Laufe  unserer  Untersuchung  heraus- 
gestellt, (lafs  es  keine  Deminutive  sind. 

Grimma.  A.  Weinhold. 


Das  Pflanzenreich  im  Sprichwort. 

Es  ist  Thatsache,  dafs  die  Pflanzenwelt  in  ihren  mannig- 
faltigen Arten  und  Einzelheiten  die  Aufmerksamkeit  des  gemeinen 
Mannes,  dem  sentimentale  Naturschwärmerei  ebenso  fern  liegt, 
als  wissenschaftliches  Interesse,  in  weit  geringerem  Mafse  erregt, 
als  die  Erscheinungen  des  Menschen-  und  Tierlebens.  Damit 
erklärt  es  sich  denn  auch,  wenn  das  Pflanzenreich  im  Sprichwort 
eine  verhältnismäfsig  untergeordnete  Rolle  spielt  uud  wenn  in 
demselben  fast  nur  diejenigen  pflanzlichen  Gebilde  vertreten  sind, 
welche  für  den  Menschen  von  irgend  welchem  praktischen  Nutzen 
sind  und  mit  denen  er  die  Notdurft  des  Lebens  befriedigt. 

Diese  rein  praktische  Tendenz  bewährt  sich  sogleich  bei  den 
auf  einer  niedrigen  Stufe  der  Entwicklung  stehenden  Pflanzen, 
z.  B.  dem  Seetang  oder  Seegras,  welches  als  nutzlos  und  un- 
tauglich gilt:  Verg.  ecl.  7,  42  Horridior  visco,  proiecta  vilior 
alga.  Hör.  sat.  II  5,  8  Et  genus  et  virtus,  nisi  cum  re,  vilior  alga 
est.  (Hör.  carm.  III  17,  10  et  alga  littus  inutili).  In  gleichem 
Mifskredit  stehen  Pilze  und  Schwämme:  Plaut.  Bacch.  821 
tantist,  quantist  fungus  putidus,  er  ist  nicht  mehr  wert,  als  ein 
Pilz.  Einen  Dummkopf  nannten  die  Romer  ebenso  wie  wir  einen 
Pils:  Plaut.  Bacch.  283  Adeone  me  fuisse  fungum,  ut  qui  illi 
crederem!  Bacch.  1085.  Auf  die  Porisität  des  Schwämme«  geht 
Plaut.  Stich.  773  Satis  esse  non  magis  hoc  potis  est,  quam  fungo 
imber,  sind  unersättlich  wie  ein  Schwamm.  Wir  sagen  von  einem 
guten  Trinker:  Er  hat  einen  Schwamm  im  Magen. 

Bei  den  Komikern  begegnet  öfter  der  der  Volkssprache  ent- 
nommene Ausruf  gerrae!  Lappalien,  Possen,  Thorheit!:  Plaut 
Poen.  134  Scitum  est  per  tempus  si  obviam  fit  verbum  vetos. 
Nam  tuae  blanditiae  mihi  sunt,  quod  dici  solet,  gerrae  germana^. 
Epid.  II  2,  49.  Ann.  600.  Trin.  760  und  schon  Caecil.  U>i  Non. 
p.  118,  33  (Ribb.  fr.  com.  p.  hl).  Auaon.  XX Vi  1  .ScL  muri  ita- 
que   ad  te  fri^pla,  gerris  Hiculh  vaniora.     Zur  Erklärung  dient, 


190  A.  Otto: 

was  Fest.  p.  94  M.  berichtet:  gerrae  crates  vimineae.  Athenieuses 
cum  Syracusas  obsidereiit  et  crebro  gerras  poscerent,  irridentes 
Siculi  gerras  clainitabant.  Unde  factum  est,  ut  gerrae  pro  nugis 
et  contemptu  dicantur.  Varro  ling.  lat.  7,  55  gerra  graecum  est 
et  in  latina  cratis.  Suidas:  yeQQa  nccQa  UixeXotg  xä  ywauula 
xal  avÖQtla  aldota. 

Verwandt  damit  ist  der  Bedeutung  nach  der  Ausdruck  scopae 
solutae,  auseinander  genommene  Reiser,  die  zu  nichts  mehr  zu 
gebrauchen  sind  (sicherlich  im  Gegensatz  zum  wohlgebundenen 
Besen):  Cic.  ad  Att.  VII  13b,  6  L.  Caesarem  vidi  Minturnis,  .... 
cum  absurdissimis  mandatis,  non  hominem,  sed  scopas  So- 
lu tas.  Orat.  70,235  Isti  autem,  cum  dissolvunt  orationem,  in  qua 
nee  res  nee  verbum  ullum  est  nisi  abiectum,  non  clipeum,  sed, 
ut  in  proverbio  est  (etsi  humilius  dictum  est,  tarnen  simile  est) 
scopas,  ut  ita  dicain,  mihi  videntur  dissolvere.  Der  Zusammen- 
hang an  beiden  Stellen  beweist  klar,  dafs  die  Lexika  die  Bedeu- 
tung des  Wortes  ganz  falsch  augeben,  wenn  sie  übersetzen:  etwas 
in  Unordnung  bringen*). 

Auf  den  Umstand,  dafs  die  Binsen  keine  Knoten  haben 
(Auson.  XXVI  1,  36  Seh.  numerorum  naturam  non  esse  scirpum, 
ut  sine  nodo  sint.  Tsid.  Orig.  XVII  9,  97  scirpus^quo  tegetes  texun- 
tur,  sine  nodo),  gründet  sich  die  Redensart  nodum  in  scirpo 
quaerere  d.  h.  Schwierigkeiten  oder  Fehler  finden,  wo  keine  sind: 
Fest.  p.  330  M.  inde  proverbium  est  in  eas  natum  res,  quae  nul- 
lius impedimenti  sunt,  in  scirpo  nodum  quaerere.  Ennius:  quae- 
runt  in  scirpo,  soliti  quod  dicere,  nodum  (Vahl.  p.  162).  LuciL 
bei  Donat  zu  Ter.  Andr.  941  Lucilius  in  primo:  nodum  in  scirpo 
insanu'  facessere  vulgus  (fr.  36  M.)**).  Plaut.  Men.  247.  In  scirpo 
nodum  quaeris.  Ter.  Andr.  941  nodum  in  scirpo  quaeris.  Hieron 
adv.  Joann.  Hieros.  3  p.  409  Vall.  etiain  in  scirpo  nodum  quaerit 
ady.  Pelag.  II  30  p.  780  Vall.  non  est  necesse,  nodum  in  scirpo 
quaerere.  August,  c.  Jul.  II  c.  215  in  scirpo  nodus  quaeritur. 
Isid.  Orig.  XVII  9,  97  Et  in  proverbio:  Qui  inimicus  est,  etiam 
in  scirpo  nodum  quaerit.  Paul.  Nol.  ep.  37,  1  Sed  nodus  in  scirpo 
et  naevus  in  lumine  potuit  inveniri.  Ennod.  p.  64,  20  Vog.  num- 


*)   Das  deutsche  Sprichwort:    „Nene  Besen  kehren  gut",   hat  zwar 
einen  ganz  anderen  Sinn,  beruht  aber  auf  der  gleichen  Vorstellung. 

**)  So  nach  L.  Müller.    Lachmann  schreibt:   insane,  fac  aere  volnos, 
Dziatzko:  insano  facere  nlcus.    Überliefert  ist:  insane  facere. 


Das  Pflanzenreich  im  Sprichwort.  191 

quam  bene  nodus  in  scirpo  quaeritur.  Sprichwörtlichen  Bei- 
geschmack hat  auch  das  Fragment  des  Novius  bei  Fest.  p.  330  M. 
Sume  arma,  iam  te  occidam  clava  scirpea,  etwa:  mit  einem  Stroh- 
halm (Ribb.  fr.  com.  p.  225). 

Von  Blumen  haben  im  Sprichwort  der  Römer  nur  die  Rose 
und   etwa   die  Lilie   eine  Stelle.     Das  Sprichwort:   Auch  unter 
Dornen  wachsen  Rosen  (Düringsfeld,  Sprich  w.  der  german.  und 
roman.  Spr.  I  No.  300)  läTst  sich,  wie  es  scheint,  erst  aus  dem 
späteren  Altertume  belegen:  Amin.  Marceil.  XVI  7,  4  sed  inter 
vepres  rosae  nascuntur  et  inter  feras  nonnullae  mitescunt.  Hieron. 
vit.  Hilar.  c.  1  Hilarion  ....  cum  haberet  parentes  idolis  deditos, 
rosa,  ut  dicitur,  de  spinis  floruit.     Hegesipp.  prol.  12  tamquam 
in   spinis   rosam   quaerentes.     Doch   sagt  schon  Publil.  Syr.  610 
Spina  etiam  grata  est,  ex  qua  spectatur  rosa.  —  Der  Vergleich 
mit  der  schneeweifsen  Lilie  gehört  der  Dichtersprache  an:  Prop. 
II  3,  11  Lilia  non  domina  sint  magis  alba  mea.    Mart.  I  115,  3 
candidior  puella  cygno,  Argento,  nive,   lilio,  ligustro.    V  37,  6 
nivesque  primas  liliumque  non  tactum.     Vgl.  Calpurn.  ecl.  3,  51 
Te  sine,  vae  misero,  mihi  lilia  nigra  videntur.  —  An  den  wohl- 
riechenden Thymian  hat  man  zu  denken   bei   dem  Sprichwort, 
welches  Ambros.  Hexaem.  V  2,  6  erwähnt:  Neque  te  inhonoratum 
nostra  persecutione,  thymale,  dimittam,  cui  a  flore  nomen  ino- 
levit,  seu  Ticini  unda  te  fluminis,  seu  amoeni  Atesis   unda  nu- 
trierit,  flos  es.    Denique  sermo  testatior,  quod  de  eo,  qui  gratam 
redolet  suavitatem,  dictum  facete  sit:  aut  piscem  ölet,  aut  flore  in; 
iia  idem  pronunciatus  est  piscis  odor  esse,  qui  floris*j.  —  Eine 
Bezugnahme  auf  ein  Sprichwort  liegt  vor  in  den  Worten  Catulls 
11,  22  qui  illius  culpa  cecidit,  velut  prati  Ultimi  flos  praetereunte 
postquam  tactus  aratro  est**)  nach  Fest  p.  3G3  M.     Tarn  perit 


*)  Der  richtige  Name  des  Fisches  ist  thymalus,  wie  sowohl  die  beste 
Hs.  (cod.  Par.  12135)  bietet,  ah  auch  Aelian.  b  a.  XIV  22  bestätigt,  der 
zugleich  das  obige  Sprichwort  erklärt:  övualov  dt  l%&vv  ovxa  xodovpLtvow 

rgitpti  TixiwoQ xal  ov*  xai  tvoöuog  lort,  xaC  ttg  ovx  ld<op  xb  J«So* 

oljptxai  xoav  ivdov  tlvcu  tit9  fuxliöza  ptlittav  zqo^ot^  ivfttv  %al  xixXr\xai. 
Ebenso  tagt  Isid.  or.  XII  6,  29  Thvinaluä  ex  flore  nomen  accepit.  thymus 
qoippe  flos  appellatur;  nam  dam  feit  specie  gratas  et  saj>ore  iucuuduf,  tarnen 
sicnt  flos  flagrai  et  corpore  aspirat  odorem.  Ich  verdanke  die  vorliegen- 
den Nach  Weisungen  der  gütigen  Mitteilung  d<;s  Herrn  Prof.  K.  Schenk  1 
in  Wien. 

**)   Ähnlich  Catull  62,  3'J   flos  ....  nullo   convulsiu   aratro,   nach- 
geahmt Ton  Verg.  Aen.  IX  435  Purpur  eu*  veluU  cum  flo»  succi#u*  aratro 


192  A.  Otto: 

quam    estrema   faba   in  proverbio  est,   quod  ea  plerumque  aut 
proteritur  aut  decerpitur  a  praetereuntibus*). 

Die  Bohne  kebrt  noch  iu  zwei  weiteren  Redensarten  wieder, 
deren  Erklärung  mit  Schwierigkeiten  verbunden  ist.  Bei  Plaut. 
Aulul.  V  11  wird  auf  die  Frage  Quid  repperisti?  geantwortet: 
Non  quod  pueri  clamitant  in  faba  se  repperisse  d.  h.  dem  Zu- 
sammenhange nach:  nichts  Kleines,  Geringfügiges.  Ob  die  Er- 
klärer recht  haben,  wenn  sie  den  Wurm  in  der  Bohne  (die  Made 
im  Apfel)  darunter  verstehen,  mag  dahingestellt  bleiben;  man 
konnte  auch  an  ein  Kinderspiel  denken.  Aber  es  ist  nicht  einmal 
gewifs,  ob  wir  es  hier  wirklich  mit  einer  sprichwörtlichen  d.  h. 
viel  gebrauchten  Wendung  zu  thun  haben.  Sicher  ist  dies  jedoch 
der  Fall  bei  Ter.  Eun.  381  At  enim  istaec  in  me  cudetur  faba. 
Wie  vielfach  und  vergeblich  sich  schon  die  Alten  mit  der  Deu- 
tung des  Wortes  abmühten,  zeigt  die  Anmerkung  des  Donat  z. 
d.  St.  Trotz  aller  Anfechtungen  in  neuerer  Zeit  halte  ich  doch 
an  der  alten  Auffassung  fest,  wonach  das  Bild  vom  Ausdreschen 
der  Bohnen  hergenommen  ist**).  Der  Wortlaut  an  sich  läfst 
schwerlich  einen  anderen  Sinn  zu.  Der  Sklave  Parmeno  ver- 
gleicht das  Vorhaben  seines  jungen  Herrn  mit  einer  Bohnen&at, 
die  für  ihn,  den  Sklaven,  bittere  Früchte  tragen  werde;  er  meint» 
du  wirst  die  Erbsen  säen  (istaec  faba),  auf  mir  (in  me)  wird 
man  die  geernteten  ausdreschen  d.  h.  ich  werde  die  Folgen  tragen 
müssen,  oder  mit  einem  anderen  Bilde:  du  wirst  die  Suppe  ein- 
brocken, ich  werde  sie  ausessen  müssen.  Dafs  Parmeno  seinen 
Kücken  geradezu  mit  einer  Tenne  vergleiche,  ist  damit  noch  nicht 
gesagt,  wenn  auch  der  Gedanke  an  die  zu  erwartende  Prügel- 
strafe ihm  das  Bild  offenbar  eingegeben  hat.  Übrigens  sagen 
auch  wir  von  einem  Pockennarbigen:  der  Teufel  hat  Erbsen  auf 
ihm  gedroschen  (Körte,  Die  Sprichw.  d.  Deutschen  No.  1450). 
Die  Wolfs bohne  wurde,  wie  es  scheint,  sprichwörtlich  gebraucht 
von  etwas  Wertlosem,  nach  Juven.  XIV  153  tunicam  mihi  malo 


Languescit  moriens.   Auf  die  Vergilstelle  bezieht  sich  Ennod.  p.  166, 9  Vog. 
ceu  flos  succisus  aratro  est. 

*)  Bei  Körte,  Die  Sprichwörter  der  Deutschen,  6nde  ich  unter  No.  831 
das  Sprichwort:  Schöne  Blumen  stehen  nicht  lang1  am  Wege. 

**)  Schneider,  de  proverb.  Plaut,  et  Terent.  p.  3  f.  will  das  griechische 
qpaxov  %6nteig  (Zeuob.  VI  48.  Appeod.  prov.  IV  68)  „de  iis,  qui  operam 
luduntu  herbeiziehen,  wobei  aber  weder  dem  Zusammenhange  Rechnung  ge- 
tragen, noch  das  überlieferte  in  me  berücksichtigt  ist 


Das  Pflanzenreich  im  Sprichwort.  193 

lupini  (die  Schale  einer  Bohne)  and  Hör.  ep.  I  7,  23  Nee  tarnen 
ignorat,  quid  distent  aera  lupinis,  er  weifs  wohl  das  Wertvolle 
Tom  Unnützen  zu  unterscheiden.  Die  Schauspieler  brauchten 
nämlich  im  Theater  diese  Bohnen  statt  des  Geldes  (Plaut.  Poen. 
III  2,  20). 

Auf  den  Getreidebau  führen  uus  mehrere  sprichwörtliche 
Wendungen,  zunächst  der  Ausdruck  in  herba  esse,  noch  in  den 
Anfängen  stehen*):  Cato  bei  Gell.  XIII  18  (17),  1  Nunc  ita 
aiunt,  in  segetibus  et  in  herbis  bona  frumenta  esse;  nolite  ibi 
nimiam  spem  habere.  Ov.  ep.  17,  263  Sed  nimium  properas  et 
adhuc  tua  messis  in  herba  est.  Fronto  p.  102  Nab.  Egone,  qui 
indolem  ingenii  tui  in  germine  etiamtum  et  in  herba  et  in  flore 
dilexerim,  nunc  frugem  ipsam  maturae  virtutis  nonne  diligam? 
Sjmmach.  ep.  4,  20  tuae  enim  res  non  in  germine,  sed  in  fruge 
sunt.  Ferner  gehört  hierher  die  Phrase  ad  (bonam)  frugem 
redire,  sich  bessern:  Cic.  p.  Gael.  12,  28  emersisse  aliquando  et 
se  ad  bonam  frugem,  ut  dicitur,  reeepisse,  gravesque  homines  et 
illustres  fuisse.  Plaut.  Trin.  116  Quin  tu  adulescentem,  quem 
esse  corruptum  vides,  . . .  restituis?  quin  ad  frugem  corrigis?  270 
Certa  res  est  ad  frugem  applicare  animum.  (Vgl.  Bacch.  1085). 
Lamprid.  Heliogab.  15  milites  . . .  dixerunt,  se  parsuros  esse  He- 
liogabalo,  si  ....  ad  bonam  frugem  rediret.  (Vgl.  Gell.  XIII 
27,  2  ad  bonam  frugem  ducentia).  —  Die  Ähren  eines  Saat- 
feldes zu  zählen,  ist  ebenso  schwer,  als  den  Sand  und  die  Wellen 
des  Meeres,  die  Sterne  am  Himmel,  das  Laub  am  Baum:  Catull 
48,  5  non  si  densius  aridis  aristis  sit  nostrae  seges  osculationis. 
Ov.  trist  IV  1,  57  aestu  numerabis  aristas.  ex  Ponto  II  6,  25 
citius  numerabis  aristas.  Vgl.  Stat.  silv.  III  3,  97  hibernos  citius 
numeraveris  imbres,  Silvarumque  comas.  Dem  Anscheine  nach 
ist  auch  sprichwörtlich  Ov.  ep.  ft,  111  et  minus  est  in  te,  quam 
summa  pondus  arista.  Von  jemand,  der  vorsichtig  und  unsicher 
vorwärts  geht  (wir  sagen:  wie  auf  Eiern),  heifst  es  bei  Hieron. 
adv.  Ruf.  II  10  p.  501  Vall.  et  quasi  super  aristas  pendenti  in- 
cedens  gratu  loqueris.  ep.  82,  5  totuin  relinquit  ambiguum  et 
quasi  super  aristas  graditur.  —  Ein  altes  Wort  im  Munde  der 
Landleute  war:  hordeum  saeculo  seri,  Gerste  werde  für  den 
Geldbeutel  gesät,  wie  Plin.  n.  h.  XVIII  7,  80  hinzusetzt,  propterea 
quöd   celerrime  redit.  —  Wer   seinen  Acker  nicht  pflegt,  erntet 


*)  Vgl.  Plin.  n.  h.  XVIII  7,  62  frumenta  hieme  in  herba  sunt. 


194  A.  Otto: 

nicht  Korn,  sondern  Disteln:  Hör.  sat.  I  3,  37  Neglectis  urenda 
filix  innascitur  agris.  Parallelen  hierzu  bei  Düringsfeld  a.  0. 
I  No.  8*). 

Von  Küchengewächsen  ist  zu  nennen  der  Kürbis:  ApuL 
Metam.  I  15  nempe  etsi  tu  alicuius  facinoris  conscius  scilicet 
mori  cupis,  nos  Cucurbitae  Caput  non  habemus,  ut  pro  te  mo- 
riamur,  wir  sind  keine  solchen  Strohköpfe  (der  Kürbis  hat  Ähn- 
lichkeit mit  einem  Kopfe,  ist  aber  im  Innern  hohl).  Ein  Kahl- 
kopf wird  mit  einem  Kürbis  verglichen  Apul.  Metam.  V  9  atque 
ego  misera  primum  patre  meo  seniorem  maritum  sortita  sum, 
deinde  Cucurbita  calviorem.  —  Weiterhin  der  Lauch:  Fronto 
p.  31  Nab.  quod  ait  Laberius  de  amore  ....  Tarn  cito  crescit, 
quam  porrus,  tarn  quam  palma  firiuiter  (Bibb.  Laber.  v.  133). 
Und  schließlich  die  Raute:  Petr.  37  queinvis  ex  istis  babaecalis 
in  rutae  folium  coniciet.  58  Nee  sursum  nee  deorsum  non  cresco, 
nisi  dominum  tuum  in  rutae  folium  coniecero.  Die  Drohung  soll 
die  höchste  Überlegenheit  ausdrücken  und  bedeutet  wohl:  jemanden 
so  klein  machen,  dafs  er  auf  einem  Rautenblatt  Platz  hat.  (Andere 
Erklärungen  bei  Burmann  zu  c.  37). 

Von  der  Weintraube  besafsen  die  Griechen  das  Sprich- 
wort ßotQvs  TtQog  ßoTQw  iteitalvetai'  iitl  tgqv  i&tiovö&ai  yikovH- 
xovvrcov  Append.  prov.  1  60.  Apost.  V  5.  Im  schlimmen  Sinne 
(ein  Schlechter  steckt  andere  an)  braucht  dasselbe  luven.  II  81 
Uvaque  conspeeta  livorem  ducit  ab  uva,  wozu  der  Scholiast  be- 
merkt: hoc  ex  proverbio  sumitur:  uva  uvani  videndo  varia  fit. 
Auch  aus  germanischeu  Dialekten  wird  das  Sprichwort  angeführt 
von  Düringsf.  a.  0.  1  No.  378. 

Um  etwas  Unmögliches,  Widernatürliches  zu  bezeichnen,  sagt 
Verg.  ecl.  8,  54  Pinguia  cortieibus  sudent  electra  myricae,  und 
dafs  hierin  in  der  That  ein  sprichwörtlicher  Kern  enthalten  sei, 
scheint  hervorzugehen  aus  Ov.  a.  a.  I  747  Siquis  idem  sperat, 
iacturas  poma  inyricas  Speret  et  e  medio  flumine  mella  petat. 
Einzelne  Bäume  finden  sich  sonst  im  Sprichwort  der  Römer 
nicht  genannt**),  nur  ein  paar  Anspielungen  auf  griechische  Ori- 
ginale begegnen.  So  steckt  in  dem  Verse  Et  fortasse  cupres- 
sum  scis  simulare  bei  Hör.  a.  p.  19  ein  griechisches  Sprichwort. 
Porphyr,  z.  d.  St.  behauptet:  Proverbium  est  in  malum  pictorem, 

*)  Vgl.  Petr.  46  Hermogcnis  filicem. 

**)  Doch   darf  vielleicht  für  sprichwörtlich  gelten  Petr.  43  corneolua 
fuit,  aetateiu  bene  forebat,  er  war  ein  hagebuchener  Mensch. 


Das  Pflanzenreich  im  Sprichwort.  195 

qui  nesciebat  aliud  bene  pingere  quam  cupressuin.  Quod  pro- 
verbium  Graecis  in  usu  est:  pr\  xi  ix  xwcaQiööov  fttktig\  —  Das 
bekannte  griechische  Wort  itokkaZtii  nXv\yalg  ÖQvg  datid&tcu  hatte 
ohne  Zweifel  im  Sinne  Lucr.  IV  1283  Nam  leviter  quamvis  quod 
crebro  tunditur  ictu,  Vincitur  in  longo  spatio  tarnen  atque  la- 
bascit.  —  Die  Erfahrung  lehrt,  dafs  ein  Baum,  der  oft  verpflanzt 
wird,  nicht  gedeiht  (Düringsf.  a.  0.  II  No.  226):  Senec.  ep.  2,  2 
non  convalescit  planta,  quae  saepe  transfertur.  Man  vergleicht 
das  griechische  XCftog  xvXio^ievog  tpvxog  ov  nocet  Apost.  X  72. 
Am  schwersten  aber  verpflanzt  sich  ein  alter  Baum  (Düringsf. 
a.  0.  I  No.  64),  und  auf  diesen  Gedanken  bezieht  sich  wohl  Senec. 
ep.  86,  14  didici  ab  Aegialo,  diligentissimo  patre  familiae  .  .  . 
quamvis  vetus  arbustum  posse  transferri.  Wenn  schon  der  Ertrag 
der  Baumzucht  für  sich  lange  auf  sich  warten  läfst,  so  ist  es  um 
so  betrübender,  wenn  ein  anderer  durch  Gewalt  oder  List  sich 
su  Unrecht  denselben  aneignet:  Liv.  X  24,  5  Fabius,  quam  arbo- 
rem  consevisset,  sub  ea  legere  alium  fructum  indignum  esse  di- 
cere.  Der  Bedeutung  nach  identisch  ist  das  griechische  äkko- 
xqiov  afiag  frigog  (Diogeu.  II  75)  und  akkov  6ksCqov(5lv^  akkoi 
d9  a\ir\(5ovxai  Greg.  Cypr.  Mosqu.  I  38.  Vergl.  auch  Düringsf. 
a.  0.  I  No.  344. 

Mit  den  Blättern  des  Baumes  werden  unselbständige  und 
unzuverlässige  Menschen  verglichen:  Ov.  ex  Ponto  IV  3,  33  Quo- 
libet  est  folio  et  quavis  incertior  aura.  Am.  II  16,  45  Vcrba 
puellarum  foliis  leviora  caducis,  ep.  5,  109  Tu  levior  foliis.  Cic. 
ad  Att  VIII  15,  2  qui  ipsi  aut  pluma  aut  folio  facilius  moventur. 
Vgl.  Plaut  Mil.  glor.  17  difflavisti  spiritu,  Quasi  ventus  folia, 
sowie  Apul.  Met.  I  8  folia  sunt  artis  et  nugae  merae.  Wenn  die 
Blätter  von  den  Bäumen  fallen,  ist  noch  keine  Gefahr,  wohl  aber, 
wenn  diese  selbst  stürzen:  Plaut.  Men.  375  folia  nunc  cadunt . .  . 
si  triduum  hoc  hie  erimus,  tum  arbores  in  te  cadent,  das  ist  erst 
der  Anfang,  bald  wird  es  schlimmer  kommen. 

Wie  die  Blätter,  so  ist  auch  die  Rinde,  der  Kork,  Symbol 
der  Leichtigkeit  und  Leichtfertigkeit:  Hör.  carm.  III  9,  22  tu  le- 
vior cortice.  Infolge  seiner  speeifischen  Leichtigkeit  hatte  sich 
der  Gebrauch  des  Korkes  beim  Schwimmen  längst  eingebürgert, 
und  Horaz  konnte  sagen  sat.  I  4,  120  simul  ac  duraverit  aetas 
.  .  .  nabis  sine  cortice,  wozu  Acron  anmerkt:  Proverbialiter  po- 
suit^  nabis  sine  cortice  i.  e.  sine  alieno  adminiculo. 

Dagegen    ist   ein   abgehauener   Baumstamm,    ein   schwerer 


196  A.  Otto:  Das  Pflanzenreich  im  Sprichwort. 

Klotz  das  Bild  eines  unbeweglichen  oder  stumpfsinnigen  Men- 
schen: Cic.  in  Pis.  9,  19  sed  qui,  tamquam  truneus  atque  sti- 
pes,  si  stetisset  modo,  posset  sustinere  tarnen  titulum  consulatus. 
de  nat.  deor.  I  30,  84  Quae  potest  esse  in  eiusmodi  trunco  sa- 
pientia?  de  harusp.  resp.  3,  5  stipitem  illum.  post  red.  in  sen.  6 
Cum  hoc  homine,  an  cum  stipite  (Aethiope).  Petr.  74  codex,  non 
mulier.  Ter.  Heaut.  877  Quae  dieta  sunt  in  stulto:  caudex,  sti- 
pes,  asinus,  plumbeus.  Claud.  XVIII  (in  Eutr.  I)  126  Et  nihil 
exhausto  caperent  in  stipite  lucri.  Arnob.  II  24  et  non  stipes  ut 
aliquis  aut  Marpesia,  ut  dictum  est,  rupes  stabit,  elinguis  aut 
mutus.*)  Gegen  einen  groben,  astreichen  Klotz  richtet  auch  nur 
ein  grober  Keil  etwas  aus:  Hieron.  ep.  69,  5  iuxta  vulgare  pro- 
verbium,  malo  arboris  nodo  malus  euneus  requirendus  est,  auf 
eine  schlimme  Krankheit  gehört  eine  bittere  Medizin.  (Vgl. 
Düringsf.  a.  0.  I  No.  926.) 

Wer  Holz  in  den  Wald  trägt,  handelt  ebenso  thöricht,  wie 
derjenige,  welcher  Eulen  nach  Athen  oder  Wasser  ins  Meer  bringt: 
Hör.  sat.  I  10,  34  in  silvam  non  ligna  feras,  citiert  von  Hieron. 
adv.  Ruf.  I  17  p.  474  V.  adv.  Pelag.  III  19  p.  805.  —  Ov.  am. 
II  10,  13  quid  folia  arboribus  . . .  addis?  ex  Ponto  IV  2, 13  Mit- 
lere carmen  ad  hunc,  frondes  erat  addere  silvis.  Sidon.  Apoll, 
ep.  7,  3  hoc  enim  fronte  possemus  fluminibus  aquas,  silvis  ligna 
transmittere.  Düringsf.  a.  0.  II  No.  470.  —  Mancher  ist  auch 
so  blind,  dafs  er  den  Wald  vor  Bäumen  nicht  sieht:  Ov.  trist 
V  4,  1  Nee  frondem  in  silvis  . . .  uec  pleno  flumine  cernit  aquas. 

Oppeln.  A.  Otto. 


Zu  Isidor  orig.  XVII  3, 10. 

'Hordeum  dictum,  quod  prae  ceteris  generibus  frumenti  aridum 
ante  Hat,  vel  quod  spica  eius  ordines  habeat.  horum  tria  genera. 
primuin  hexaticum  vocatur,  eo  quod  spica  eius  sex  ordines  habeat, 
quod  quidam  cantherinum  appellant.'  Statt  hexaticum  ist  sicher  he- 
xastichum  zu  lesen;  vgl.  Colum.  II  9,  14:  proximus  est  frumentis 
usus  hordei,  quod  rustici  hexastichum,  quidam  etiam  cantherinum  ap- 
pellant. 

Hirschberg  i.  Schi.  Dr.  Schwarz. 


*)  Nach  Verg.  Aen.  VI  470  Nee  magis  ineepto  vultum  sermone  mo- 
vetur,  Quam  si  dura  silex  aut  stet  Marpesia  rupes. 


Die  Verba  frequentativa  und  intensiva*). 

Trotz  der  beiden  Monographieen  von  Rieh.  Jonas  (De  verbis 
frequentativis  et  intensivis.  Poznaniae  1871  =  Jenenser  Doct. 
Diss.  —  Progr.  von  Meseritz  1872.  —  Progr.  von  Posen  1879, 
1884)  und  C.  Paucker  (Die  Verba  freq.,  Zeitschr.  f.  vergl.  Sprach- 
forsch. N.  F.  VI.  1883.  241—261)  sind  wir  weder  über  die  Bil- 
dung noch  über  die  Bedeutung  der  genannten  Verba  ausreichend 
aufgeklärt.  Eine  kraftige  Förderung  der  Frage  war  schon  da- 
durch ausgeschlossen,  dafs  keiner  der  beiden  genannten  Verfasser 
die  Arbeit  des  anderen  kannte;  es  ist  aber  auch  ebenso  un- 
genügend die  Frequentativa  und  Intensiva  der  Komödie,  bei  Cato 
Varro  und  Sallust,  bei  Livius  monographisch  zu  behandeln  und 
sie  in  drei  Kategorien  (-ito,  -to,  -so)  zu  teilen,  als  die  Scheidung 
der  Bildungen  in  archaische,  klassische  und  nachklassische  ohne 
Würdigung  der  Hauptvertreter  der  Litteratur  zu  befriedigen  ver- 
mag. Zudem  sind  einerseits  wichtige  Stellen  der  alten  Gramma- 
tiker wie  interessante  Frequentativbildungen  unbeachtet  geblieben, 
andrerseits  ist  die  Aufsuchung  der  Verba  auf  ito  so  iiufserlich 
und  mit  so  peinlicher  Gewissenhaftigkeit  betrieben  worden,  dafs 
nicht  nur  territo  und  aecusito  gleich  gestellt,  sondern  adequito 
und  praeeipito,  ja  selbst  der  Imperativ  animadvertito  bei  Cato 
(als  total,  etgritiivov  natürlich)  zu  den  Frequentativa  gezählt 
worden  sind.  Je  mehr  aber  die  Untersuchung  auf  der  Oberfläche 
geblieben  ist,  um  so  mehr  vermifst  man  die  tieferen  Ideen,  welche 


*)  Da  die  alten  Grammatiker  drei  Arten  von  Verbalableitungen  unter- 
scheiden, die  Verba  meditativa  (=  desiderativa) ,  die  inchoativa,  die  fre- 
quentativa (zu  denen  sie  auch  capesso  u.  a.  rechnen)  und  das  Archiv  I 
408  ff.  465  ff.  II  355  ff.  III  398  ff.  IV  68  ff.  die  zwei  ersten  und  verwandte 
Abschnitte  der  Wortbildungslehre  auf  Grund  des  Zettelmaterials  behandelt 
hat,  so  schien  es  passend  zur  Ergänzung  auch  über  das  bisher  nicht  berührte 
Kapitel  einiges  beizufügen. 


198  Ed.  Wölfflin: 

der  fortgeschrittenen  Wissenschaft  mehr  gelten  als  das  leblose 
Material.  Denn  sowohl  die  Annahme  einer  doppelten  Kategorie 
von  Verba  frequentativa  und  intensiva  ist  eine  verfehlte,  als  auch 
mufs  der  Bedeutungswert  jedes  Wortes  nicht  nur  an  einzelnen 
Stellen  vermutungsweise  bestimmt,  sondern  nicht  minder  die  Wir- 
kungskraft des  Suffixes  im  ganzen  nach  Perioden  zu  messen  ver- 
sucht werden,  bevor  wir  das  letzte  Resultat  der  Entwicklung,  wie 
es  in  den  romanischen  Sprachen  klar  vor  Augen  liegt,  zum  all- 
gemeinen Gesetze  erheben,  nach  welchem  die  Frequentativa  dem 
Sinne  nach  meist  auf  der  Stufe  der  Stammverba  stehen,  jeter 
(iactare)  =  iacere,  meriter  (meritare)  «=  merere,  chanter  (cantare) 
=  canere,  aider  (adiutare)  =  adiuvare.  Diez,  Gramm,  der  roman. 
Sprachen  11»  401. 

1.  Die  Bildung  der  Frequentativa  geht  von  dem  Partie 

per  f.  pass.  aus:  Gellius  9,6  frequentativa  eodem  modo  in  prima 
syllaba  dieuntur,  quo  partieipia  praeteriti  temporis  ex  his  verbis, 
unde  ea  profeeta  sunt,  in  eadem  syllaba  pronuntiantur,  sicuti  clego 
lectuV  facit  *lectito\  Prise,  park  1,  2.8.  p.  466,  15  H.:  a  parti- 
cipiis  praeteriti  temporis  solent  fieri  frequentativa  plerumque,  ut 
habitus,  habito  habitas  habitat.  Consentius  p.  376,  20  venit 
(forma  frequentativa)  interdum  a  perfecta  forma,  ut  a  canto  can- 
tito.  Allerdings  schreibt  der  nämliche  Priscian  10,57  (p.  546, 8  H.): 
solent  frequentativa  plerumque  a  supinis  vel  partieipiis  prae- 
teritis  nasci,  und  8,  74  (p.  429,  22  H.)  noch  bestimmter  frequen- 
tativa plerumque  a  supinis  derivantur  mutatione  eztremae  u  in  o, 
ut  cscriptu,  scripto9.  Dies  kommt  daher,  dafs  es  ihm  unmittelbar 
vorher  (p.  429,  10)  besser  pafste,  die  Meditativa  (=»  desiderativa) 
auf  urio  mit  dem  zweiten  Spinum  in  Verbindung  zu  bringen, 
obschon  er  auch  hier  sein  Gewissen  wahrt  mit  den  Worten: 
species  (meditativorum)  a  partieipio  praeteriti  temporis  solet  fieri 
sive  a  supino  in  u.  Die  neueren  Grammatiker  aber  hätten  besser 
gethan  das  Supinum  bei  dieser  Bildung  aus  dem  Spiele  zu  lassen. 

In  der  ersten  Konjugation  bilden  die  einsilbigen  Stamme 
regelmafsig  dätare,  flätare  (Arnob.),  nätare;  in  der  Komposition 
gewifs  *  additare,  was  aus  additamentum  zu  erschließen  und  durch 
subditare  bestätigt  wird,  wie  bei  langem  a  adnatare;  ebenso  regel- 
recht ist  die  Bildung  von  crepitare  und  strepitare,  cubitare  und 
domitare,  sowie  von  adiutare,  restitare. 

Die  zweite  liefert  uns  habitare  und  pavitare,  meritare  und 


Die  Verba  frequentativa  und  intcnsiva.  100 

territare,  monitare  bei  Venantius  Fortunatus,  in  der  Zusammen- 
setzung mit  der  Präposition  de  desponsare,  detentare,  detonsare, 
devotare,  daneben  das  selbständige  responsare,  auctare,  tortare 
und  motare.  Gellius  hat  von  dem  Halbdeponens  soleo  ein  soli- 
tare  wohl  nicht  gebildet,  aber  doch  nach  altem  Vorgange  gebraucht, 
wie  andere  zu  ausare  (franz.  oser)  geworden  ist.  Placitare  ist 
wohl  bei  Plautus  (=  sehr  gefallen)  ein  Frequentativuin,  im  Spät- 
latein dagegen,  wo  es  litigare  bedeutet  (franz.  plaider,  plaidoier) 
von  placitum,  Gerichtstermin  (lex  Salica  42,  10)  abgeleitet.  Vgl. 
Lowe,  Prodrom.  261.  Verba  auf  etare,  wie  deletare,  giebt  es  nicht; 
dafs  aber  statt  ftare  in  archaisch-vulgärer  Orthographie  auch 
Stare  geschrieben  wurde,  beweist  uns  die  Lex  Iulia  municipalis 
vom  J.  709  u.  cond.,  in  welcher  sich  habetaretur  (von  Bruns, 
fontes  iuris  Bomani  korrigiert)  neben  habitabitur  findet,  wie 
ähnlich  Festus  p.  23,  10  M.  bezeugt:  Acetare  dicebajit,  quod  nunc 
dicimus  agitare. 

Die  dritte  wird  die  reichste  sein  mit  fugito  (intrans.  Ter. 
Eun.  847),  lambito,  vendito,  vomito;  iacto  tracto,  capto  rapto, 
verao  merso,  nexo  vexo,  penso  defenso,  specto  (von  *  specio)  und 
delecto  (von  *  lacio),  quasso  presso,  nuto  voluto,  curso  pulso, 
canto  und  attento  (tempto),  gesto  truso  und  vielen  anderen. 

Und  schliefslich  stellt  sich  die  vierte  ein  mit  dormlto  (die 
selbstverständliche  Länge  möge  bezeichnet  sein,  da  Jonas  das  i 
als  kurz  mifst)  munito,  hinnito  (Gloss.),  (tinnito  falsche  Lesart  bei 
Commod.  instr.  2,  23,  17),  aperto  und  operto,  vento  und  compos. 
Besondere  Erwähnung  aber  verdient  noch,  um  das  spätlateinische 
sepulto  zu  übergehen,  salto  mit  seinen  zahlreichen  Zusammen- 
setzungen. 

Die  Deponentia  nehmen  teil  an  der  Bildung  mit  licitari 
und  pollicitari,  tutari  (weil  tütus  sum  neben  tititus  aum)  und 
eommentari,  argutari  (von  Paucker  übergangen,  älter  als  argu- 
tare),  amplexari  und  versari;  gradior  bildet  nicht  gressari,  sondern 
grassari,  degrassari. 

Bevor  wir  indessen  zu  den  Besonderheiten  und  den  in  der 
Grammatik  unvermeidlichen  Ausnahmen  übergehen,  müssen  wir 
doch  noch  als  Regel  aufstellen,  dafs  eine  grofse  Zahl  von  Verben 
der  ersten  Konjugation  auf  itare  ausgeht,  statt  auf  atare,  auch 
wo  das  sogenannte  Supinum  nicht  auf  -itum  lautet;  beispiels- 
weise clamitare  statt  clamatare,  imperito,  vocito,  appellito,  volito, 
fugito  (transitiv),  negito,  rogito,  culpito,  welches  bei  Paucker  fehlt; 


200  Ed.  Wölfflin: 

im  Franz.  vanter  (=  vanitare)  vou  *auo[r],  zugleich  anklingend 
an  venditare  anpreisen.  Man  könnte  hier  etwa  sagen,  clamatare 
sei  wegen  des  dreifachen  a  eine  mifsbeliebige  Form  gewesen,  wie 
etwa  in  der  Deminution  nicht  agnus,  agnulus  agnululus  (mit 
dreifachem  u),  agnullus,  sondern  durch  Verschiebung  zu  agnelulus 
vielmehr  agnellus  gebildet  wird;  allein  da  die  übrigen  genannten 
Verben  kein  a  in  der  Stammsilbe  haben,  so  liegt  es  doch  viel 
näher,  entweder  eine  Nebenform  des  Partie.  Perf.  auf  itus  (vgl. 
explicatus,  explicitus)  anzunehmen,  oder,  wenn  man  lieber  will, 
eine  Einwirkung  von  domito  und  strepito,  vielleicht  auch  von 
habito  und  merito,  mithin  eine  spätere  Analogiebildung.  Schon 
Priscian  8,  74  (p.  429,  25H.)  hat  die  Sache  so  aufgefafst,  und  die 
Erklärung  wird  um  so  überzeugender,  wenn  wir  beispielsweise 
neben  dem  ennianischen  halito  (Supinum  angeblich  halätum)  das 
Verbalsubstantiv  halitus  finden.  Darum  brauchen  wir  aber  lavi- 
tare  nicht  von  lavare,  lavatum  entstehen  zu  lassen,  sondern  wir 
werden,  da  das  Verbum  auch  in  der  dritten  Konjugation  zu  finden 
ist  (lavere),  einfacher  an  dieses  Supinum  (lautum  =  lavitum)  an- 
knüpfen. In  der  Ableitung  von  hiare  (Verbalsubstantiv  hiatus) 
schwächte  die  Volkssprache  das  a  zwar  nicht  zu  i,  welches  sich 
nach  vorausgehendem  i  wenig  empfohlen  hätte,  wohl  aber  zu  £, 
weshalb  die  Komiker  die  Form  hietare  gebrauchen. 

Dies  zwingt  uns  aber  die  ganze  Participialbildung  nochmals 
ins  Auge  zu  fassen  und  besonders  darauf  zu  achten,  ob  wir  uns 
auf  die  Angaben  der  Normalgrammatik  verlassen  dürfen,  oder  ob 
sich  seltenere  Nebenformen  und  überhaupt  Abweichungen  von 
der  Regel  finden,  welche  auch  den  Übergang  von  ato  in  Ito  durch 
Verschiebung  des  Accentes  (claniäto,  clamato,  claineto,  clamito) 
glaublicher  erscheinen  lassen.  In  der  ersten  Konjugation  treffen 
wir  bereits  bei  Plautus  Men.  1019  die  Form  commetare,  welche 
doch  aus  commeitare  =  commeatare  kontrahiert  sein  mufs.  Von 
luo  (luiturus)  würde  man  lülto  erwarten,  welches  auch  Festus 
ansetzt,  um  damit  lito  zu  erklären,  während  Varro  die  Form  lüto 
(kontrahiert  aus  luito,  wie  tuitus,  tütus)  gebrauchte.  Darnach 
dürfte  man  wohl  auch  ein  fluitum  neben  fluo,  fluxum  ansetzen 
und  fluitare  um  so  mehr  als  regelmäfsige  Bildung  erklären,  als 
flutare,  welches  nicht  schlechter  ist  als  nutare,  bei  Lucretius 
(Lachmann  zu  4,  77)  durch  das  Metrum  gesichert  und  fluxare 
nicht  gebildet  worden  ist.  Und  so  gewifs  mantare  aus  manitare 
entstanden  ist,  so  leicht  läfst  sich  neben  mansum  ein  manitum 


Die  Verba  frequentativa  und  intensiva.  201 

annehmen,  weil  die  Bildung  gerade  dieser  Form  (Livius  Andro- 
nicus  hat  bereits  das  Kompositum  ominento)  iu  die  älteste  Zeit 
zurückreicht.  Manso  ist  nicht  bezeugt  und  mansito  erst  im  sil- 
bernen Latein  (Plin.  Tac.)  belegt. 

Dies  führt  uns  weiter  auf  den  Wechsel  von  t  und  s. 
Nach  Quintilian  1,  4,  14  sind  die  älteren  Formen  mertare  und 
pultare  durch  die  jüngeren  verdrängt  worden,  und  darin  befindet 
er  sich  in  Übereinstimmung  mit  Festus  124,  9  mertat  pro  mersat 
dicebant  Pulto  freilich  scheint  Macrobius  de  differ.  verbi  (Exe. 
Bobiensia  bei  Keil,  Gramm,  lat.  V  651,  32)  sich  aus  pulsito,  pulsto 
hervorgegangen  gedacht  zu  haben,  unter  Verwerfung  der  Ansicht 
anderer  Grammatiker,  welche  pulso  pulto  wie  frdkaööa  Jakarta 
beurteilten.  Von  veho  kommt  vecto,  aber  gewifs  auch,  wie  schon 
Gellius  2,  6,  5  erkannte,  vexo  und  vexillum,  nicht  vom  Perfekt 
vexi,  womit  man  das  analog  gebildete  taxare  nicht  erklären  könnte, 
sondern  von  dem  nicht  mehr  nachweisbaren  Particip  vexus,  wie 
taxo  von  taxus.  Wir  dürfen  daher  auch  rapsare  nicht  in  raptare 
korrigieren,  sondern  wir  werden  es  im  bell.  Afric.  73,  4  als  eine 
archaisch- vulgäre  Nebenform  betrachten,  die  u.  a.  auch  noch  Gellius 
2,  6,  5  erhalten  hat     Vgl.  refutare,  franz.  refuser. 

Von  salio  (Perfekt  salui)  bildet  Varro  ling.  lat.  5,  85  ein 
saKto,  um  daraus  den  Namen  Salii  abzuleiten,  wie  Vegetius  mil. 
1,  18  salitio.  Pisare  und  pinsare  (welche  bei  Paucker  fehlen) 
sind  nebeneinander  im  Gebrauche,  weil  es  auch  zu  pinsere  ver- 
schiedene Supina  giebt;  visito  kommt  wohl  von  *  visitum  =  visum. 
Auch  coquito  wird  nur  eine  Nebenform  von  *  cocto  sein,  wie 
das  von  Ennius  und  Lucrez  gebrauchte  tudito  auf  tuditum  = 
tunsum,  tusum  zurückgeht.  Der  Konsul  des  Jahres  514  freilich 
M.  Sempronius  Tuditanus  hat  langes  i  bei  Ennius  Annal.  349  M. 
«■305  V.,  wornach  man  wohl  an  eiuen  Städtenamen  (vgl.  Tuder; 
Gaditanus)  und  nicht  mit  Ateius  Philologus  (Festus  352,  31)  an 
tudes,  itis  zu  denken  hat. 

Man  könnte  auf  diesem  Wege  noch  weiter  gehen;  aber  da 
es  schwer  ist  die  richtige  Grenze  zu  finden,  so  wollen  wir  lieber 
gleich  zugestehen,  dafs  einige  wenige  Frequentativa  teils  sicher, 
teils  möglicherweise  vom  Präsensstamm  gebildet  sind.  In  der 
Gesamtzahl,  die  Paucker  einschliefslich  der  Komposita  auf  etwa 
500  berechnet  hat,  verschwinden  sie  nahezu.  Gar  nicht  ins  Gewicht 
fallen  die  Neubildungen  der  Autoren  des  Spätlateins,  welchen  ein 
lebendiges    Sprachgefühl    fehlte,    z.    B.    mergito    bei    Tertullian, 

Archiv  für  lat  Lexikogr.  IV.     Heft  2  \A 


202  Ed.  Wölfflin: 

fhiscito  bei  den  Gromai,  discito  bei  Pseudo-Juvencus,  legito  statt 
des  mehrfach  bezeugten  lecto  bei  Priscian  8,  74,  doch  ohne  Beleg, 
so  dafs  er  die  Form  selbst  gebildet  haben  mag,  wenn  sie  auch 
bei  Virgil.  gramm.  p.  139,  6  Huemer  wiederkehrt.  Unguitabant  soll 
Cato  nach  Charisius  p.  101,  15  geschrieben  haben;  allein  da 
Servius  zu  Verg.  Aen.  4,  698  in  dem  nämlichen  Fragmente 
unctitabant  citiert,  so  hat  Jordan  mit  Recht  diese  der  archaischen 
Latinität  entsprechende  Form  in  den  Text  gesetzt. 

Andere  Ausnahmen  freilich  reichen  in  die  alte  Zeit  hinauf. 
Was  sollen  wir  von  dem  plautinischen  funditare  sagen,  dem 
Kameraden  von  tudito?  Und  doch  läfst  sich  für  die  Ableitung 
vom  sogen.  Supinum  anfahren,  dafs  fusare  nicht  gebildet  worden 
ist,  so  wenig  als  tunsare.  Fusus  selbst  war  aus  fuditus,  fudtus 
hervorgegangen,  welches  nach  Vaniöek  noch  in  futare  («=  verba 
effundere)  vorliegt,  oder  doch  in  confutare,  refutare.  Fest.  PauL 
89,  3  Futare  arguere  e^fc  et  confutare;  sed  Cato  hoc  pro  'saepius 
fuisse'  (Van.  fudisse)  posuit.  Placid.  gloss.  44,  14  futavit:  fuit 
(Van.  fudit);  45,  14  futavere:  fuere  (Van.  fudere).  Der  näm- 
liche Plautus  hat  auch  quaerito  gebraucht,  welches  sich  in  der 
ganzen  Latinität,  auch  in  der  Zusammensetzung  perquirito,  re- 
quirito  findet,  so  dafs  Priscian  8,  74  sein  quaesito  selbst  kon- 
struiert hat. 

Von  Inchoativbildungen  hat  schon  Plautus  noscito  und  sei- 
scito  (klassisch  sciscitor),  und  die  ganze  Litteratur  weifs  nichts 
anderes;  denn  nÖtare  kommt  nicht  von  nötus,  wie  Priscian  meint 
8,  75,  unter  Annahme  einer  Vokalkürzung,  sondern  von  dem  Sub- 
stantiv nöta,  und  unterscheidet  sich  in  der  Bedeutung  wesentlich 
von  noscito.  Einzig  Vergil  protestierte  gegen  sciscitari,  weil  er 
die  Form  nicht  in  den  Hexameter  brachte.  Er  bildete  korrekt 
scitari  Aen.  2,  105,  glaubte  aber  die  Neubildung  noch  durch 
quaerere  erklären  zu  müssen:  tum  vero  ardemus  scitari  et  quae- 
rere  causas,  während  er  an  der  zweiten,  unmittelbar  folgenden 
Stelle  (2,  1 14  scitantem  oracula  Phoebi)  dies  nicht  mehr  für  not- 
wendig hielt.  Auch  Servius  glaubte  zum  Verständnis  des  ersten 
Verses  mit  der  Erklärung  festinamus  inquirere  nachhelfen  zu 
müssen.  Dafs  Horaz  und  Ovid  dem  Vergil  gefolgt  sind,  begreift 
sich  leicht;  dagegen  verstiefs  die  Vulgata  bei  Cicero  orat  52  id 
scitari  (jetzt  sciscitari)  gegen  alle  historische  Entwicklung.  Dieses 
Deponens  erinnert  auch  an  seetari,  welches  natürlich  nicht  auf 
secütus  zurückgeht,  weil  der  lange  Vokal  nicht  ausfallen  konnte, 


Die  Verba  frequentativa  und  intensiva.  203 

sondern  ■=  sequKtari  zu  fassen  sein  wird,  (vgl.  oben  coquito  neben 
•cocto,  coctito)  oder  auf  eine  Nebenform  sectus  weist. 

Coctare  mag  uns  weiter  auf  das  regelmäßige  coactare  und 
von  da  auf  das  zu  ago  fehlende  actare  und  das  an  dessen  Stelle 
Qbliche  agitare  führen.  Ist  es  vom  Präsensstamme  gebildet,  oder 
eine  Nebenform  zu  dem  aus  Festus  und  Glossen  bekannten  axare 
=  nominare?  Je  häufiger  das  Wort  ist,  um  so  reichere  Formen 
hat  es  entwickelt;  denn  wir  finden  auch  noch  ein  agare  in  dem 
Kompositum  indagare,  und  die  axamenta  sind  identisch  mit  den 
indigitamenta.  Wenn  Solin  56,  18  schrieb  palmeta  caryotas  feri- 
tantia,  so  mag  er  dies  selbst  verantworten;  von  Rechtes  wegen 
mufste  das  Frequentativa  *  latare  lauten,  wie  wir  es  in  prolatare 
kennen,  oder,  wie  Cato  schrieb,  latitare.  Dies  leitet  aber  gleich 
auf  einen  weiteren  und  letzten  Punkt  der  Bildungsgeschichte. 

Fanden  wir  bisher  nach  Anleitung  der  sogen.  Supinalstämme 
Frequentativa  auf  tare,  sare,  itare,  so  ist  klar,  dafs  die  Endung 
itare  mehr  in  die  Ohren  fiel,  weil  sie  um  eine  Silbe  überlegen 
war,  möglicher  Weise  auch  an  iterum  erinnerte.  Daher  mufste 
die  Grundbedeutung  sich  bei  tare  und  sare  früher  verwischen, 
and  wenn  man  diese  auffrischen  und  kräftigen  wollte,  so  lag 
nichts  näher  als  durch  Verdoppelung  des  Suffixes  tare  und  sare 

auf  titare  und  sitare  zu  erweitern.    Schon  Macrobius  Exe.  Bobiens. 

• 

Gr.  lat  V  651,  14  hat  eine  Parallele  aus  der  Bildung  der  Demi- 
nutiva  beigezogen,  wenn  auch  das  Beispiel  nicht  gerade  glücklich 
gewählt  ist.    Forma  frequentativa  nonnumquam  uno  gradu,  non- 
numquam  duobus  derivatur,   ut  cano,  canto,  cantito;  nee  tarnen 
ost  in  po8terioribus  maior  quam  in  prioribus  frequentationis  ex- 
pressio,  sicut  nee   in  diminutivis  seeundus  gradus  minus  priore 
significat,  anus  anula  anicula.     Besser  wäre  etwa  ager,  agellus, 
fegellulus.    Auch  die  Wortzusammensetzung  ist  nicht  anders  ver- 
fahren als   die  Ableitung,   wenn   sie  Verba  wie  adalligare,  con- 
comitare  gebildet  hat,  in  einer  sekundären  Periode  natürlich,  als 
man  nach  vollzogener  Assimilation  (alligare)   die  Präposition  ad 
nicht  mehr  erkannte.     So   erhalten  wir  Doppelfrequentativa 
wie:  aeeeptito,  auetito,   cantito,  captito,  circumvectitari,  cursito, 
defensito,  deversito,  dictito,  duetito,  factito,  gestito,  iactito,  itito, 
iectito,  mersito,  motito,  mussito  (wenn  musso  selbst  ein  Frequcn- 
tativum  ist  von  mutio,  wie  quasso  von  quatio),  natito,  oecursito, 
pensito,  potito  (obschon  das  Stammwort  zu  poto  verloren  ist),  pren- 
sito,  raptito,  responsito,  scriptito,  vectito,  ventito,  versito,  victito. 


204  Ed.  Wölfflin: 

Romanische  (d.  h.  im  Lateinischen  nicht  bezeugte)  Fortbildung 
ist  taxitare  =  ital.  tastare,  franz.  täter.  Nicht  selten  ist  die  erste 
Frequentativbildung  untergegangen  und  nur  die  zweite  erhalten, 
resp.  die  erste  übersprungen,  wie  in:  accessito  (doch  cessare), 
actito,  alsito,  coctito,  emptito,  esito,  haesito,  mansito,  missito, 
morsito  (?  Paul.  Fest.  68,  15.  morsico?),  natito,  plausito,  pransito, 
rasito  (franz.  raser  =  rasare),  risito,  sessito,  subrectito,  sumptito, 
tonsito,  victito,  visito  (ital.  span.  frz.  advisare;  lat  visSre),  unctito, 
usitor  (usitatus;  franz.  user  =  usare).  Puellitari  ist  entweder  eine 
scherzhafte  Analogiebildung  des  Laberius  oder  es  lehnt  sich  an 
ein  *puellare,  *puellari.  Verba  wie  nobilitare,  debilitare  ziehen 
wir  nicht  hieher.  Das  wäre  etwa  eine  Zusammenstellung  nach 
Zumpt,  und  doch  haben  wir  das  Gefühl,  dafs  sich  manche  dieser 
Bildungen  durch  Annahme  von  Nebenformen  des  Supinums  als 
regelmäfsige  rechtfertigen  läfst.  Gerade  weil  die  Frequentativa 
so  frühe  gebildet  worden  sind  (crepito,  nexo,  ommento  bei  Livius 
Andronicus,  rumito  von  rumo  =  rumino,  welches  bei  Paucker 
fehlt,  adnicto,  adnuto,  conficto,  welches  gleichfalls  übergangen  ist, 
agito,  canto  schon  bei  Naevius)  und  wir  von  dem  ältesten  Latein 
so  wenig  wissen,  müssen  wir  uns  versagen,  die  Sprachentwick- 
lung nach  unsern  Kenntuissen  von  der  ciceronianischen  Latinitat 
beurteilen  und  regeln  zu  wollen. 

Über  die  apokryphischen  Enthüllungen  des  Grammatikers 
Yirgilius  Maro  p.  136,  33,  das  Frequentativum  von  vinco 
(victito)  sei  eigentlich  =  vinco  vinco,  wofür  einige  auch  vincinco, 
Perf.  vicici  zu  sagen  pflegten,  wie  auch  clamamo,  vocaco  (Perf. 
clamamavi,  vocaeavi)  statt  clamito  vocito,  wollen  wir  hier  kein 
Wort  verlieren,  weil  der  Verfasser  selbst  so  klug  war  beizufügen: 
quod  quia  nulla  veritate  subnixum  atque  suffultum  est,  non  ad 
auetoritatem  sed  ad  ambiguitatem  scribendum  est.  Diese  Theorie 
ging  aus  der  Benennung  Verba  iterativa  hervor,  wornach  man 
clamito  =  clamo  clamo  fafstc,  welches  man  dann  weiter  zu  cla- 
mamo gemildert  dachte. 

2.  Statistik  den  Gebrauches.  Die  blofse  Durchsicht  der 
Frequentativbildungen  inufs  den  Leser  überzeugt  haben,  dafs.  der 
vorgeführte  Wortschatz  kaum  zur  Hälfte  der  klassischen  Lati- 
nitat angehört;  wie  Paucker  ausgerechnet  hat,  fallt  nahezu  ein 
Drittel  ausschließlich  der  archaischen  Sprache  zu,  wobei  man  mit 
in  den  Kauf  nehmen  mag,  wenn  einzelne  archaisierende  Autoren 
der  späteren  Zeit,  wie  Gellius,  Apuleius  oder  Arnobius  solche 


Die  Verba  frequentativa  und  intensiva. 


205 


Worte  wieder  aufgreifen;  nur  ein  starkes  Drittel  ist  Eigentum 
Giceros  und  Cäsars,  während  der  Rest  dem  silbernen  oder  Spät- 
latein gehört.  So  starke  Unterschiede  im  Gebrauche  werden  nicht 
viele  Suffixe  aufweisen.  Der  Natur  der  Sache  nach  sind  die 
Stammverba  älter  als  die  Ableitungen;  in  dem  Salierliede  stand 
zwar  bereits  praeceptare,  aber  auch  cante  =  canite  nach  Varro 
de  ling.  lat  7,  27,  und  eine  Haupthandlung  des  Priesterkollegiums 
inufs  damals  als  ein  salire  bezeichnet  worden  sein,  was  man  später 
eher  saltare  genannt  hätte.  Allein  schon  mit  Beginn  der  Litteratur 
finden  wir  die  Frequentativa  in  der  üppigsten  Blüte,  wie  oben 
bemerkt  worden  ist.  Für  unseren  Zweck  wird  es  genügen,  nach 
dem  Handwörterbuche  von  Georges  die  Belege  für  die  mit  A  bis 
£  beginnenden;  später  aufgegebenen  Verba  der  archaischen 
Periode  zusammenzustellen.  Für  Plautus  vgl.  G.  Schmilinsky,  de 
proprietate  sermonis  Plautini  usu  linguarum  Romanicarum  illu- 
atrato.     Halis  Sax.  1866,  p.  44  sqq. 

abnuto  Plaut.  Enn.  (Arnob.)  conficto  Naevius. 

acceptito  Plaut  frgm.  (?)  coquito  Plaut,  nach  Fest, 

accessito  Cato.  ;  culpito  Plaut.  Gist.  224. 
accusito  PI.  Most  712.  dato  PI.  Cato.  (Fronto,  Apul.). 


adaucto  Accius. 
adito  Eniiius. 
aunicto  Naevius. 
annuto  Naev.  Plautus. 
aperto  Plaut.  (Arnob.) 
aucto  PL  Lucr.  Catull. 
[auctito  Tac.  Arnob.,  etwa  nach 

Cato  od.  Sallust.] 
casso  Plaut  Mil.  852.  856. 
circumvectitor  PI.  Kud.  933. 
commeto  PI.  Ter.  Comici. 
comprehenso  Claud.  Quadr. 
conclamito  PI.  Merc.  57. 


depulso  PI.  Stich   286. 
detonso  Fabius  Pictor. 
discrepito  Lucr. 
disserto  Cato  (Sali.?)  Tac. 
ductito  PI.  Eccles. 
edicto  Plautus. 
edisserto  Plaut  (Livius). 
eiulito  Lucilius. 
electo  (lacto)  Plaut, 
electo  (eligo)  Plaut 
erogito  PI.  Accius.  (Silius). 
esito  (essito)  Plautus.  Cato.  ( Apu- 
leius.  Gellius). 


Hier  mufs  zunächst  auffallen,  dafs  Terenz  so  schwach  ver- 
treten ist;  offenbar,  weil  schon  der  Scipionenkreis  dem  über- 
mässigen und  uumäfsigen  Gebrauche  der  Frequentativa  entgegen- 
trat, und  weil  die  Volkssprache  sie  mehr  verwendete  als  der 
feinere  sermo  urbanus.  Die  Verba,  die  uns  bei  Terenz  zuerst 
begegnen,   wie  cursito,  haesito,  pavito,  hat  die  spätere  Sprache 


206  Ed.  Wölfflin: 

bewahrt,  die  plautinischen  grofsenteils  verworfen.  Aus  der  That- 
sache,  dafs  manche  Frequentativa  nur  an  je  einer  Stelle  bei 
Plautus  vorkommen,  darf  man  auch  wohl  schliefsen,  dafs  dieser 
Dichter  manches  Verbum  im  Geiste  der  Volkssprache  geschaffen 
und  improvisiert  habe. 

Unter  den  klassischen  Prosaikern  hat  nur  Sallust  als  Nach- 
ahmer Catos  die  Vorliebe  für  die  Fr.  beibehalten,  während  Cäsar 
und  Cicero  eine  noch  strengere  Kritik  vornahmen  als  der  Sci- 
pionenkreis.  Schon  Quintilian  8,  3,  44  bezeichnet  exercituui  duc- 
tare  (=  ducem  exercitus  esse)  bei  Sallust  als  sanete  et  antique 
dictum,  und  die  Verwendung  dieses  von  Cäsar  und  Cicero  ganz 
vermiedenen  Wortes  an  sechs  Stellen  ist  jedenfalls  eine  starke 
Leistung;  auch  imperitare  hat  er  sechsmal,  grassari  und  defen- 
sare  je  dreimal,  dagegen  Cäsar  nirgends  gebraucht;  pollicitari 
zweimal,  Cäsar  und  Cicero  nur  das  gleichfalls  sallustianische 
pollicitatio  =  promissio,  weil  pollicitio  nicht  gebildet  wurde; 
endlich  Sallust  obieetare  viermal  (obicio  einmal),  Cäsar  einmal  in 
dem  nicht  überarbeiteten  bellum  civile,  Cicero  in  den  Reden  zwei- 
mal (gegen  mehr  als  100  obicio).  Doch  scheint  Sallust  im  wei- 
teren Verlaufe  seiner  Schriftstellerei,  d.  h.  in  den  Historien  von 
seiner  Vorliebe  zurückgekommen  zu  sein,  die  schliefslich  zu  einer 
unerträglichen  Manier  geworden  wäre.  Vgl.  hist.  1,  48,  22  exer- 
cituui ducere;  hist.  4,  61,  1  pacem  agere  (Jug.  109  p.  agitare). 
Auch  darf  uns  die  Vergleichung  mit  den  Verfassern  des  bellum 
Afric.  und  Hispan.,  bei  denen  die  dem  Sallust  eigentümlichen 
Frequentativa  fehlen,  in  der  Überzeugung  bestärken,  dafs  der 
Historiker  dieselben  weniger  der  Volkssprache,  als  dem  Stile  der 
älteren  Historiographie  (Cato,  Sisenna)  entnommen  hatte.  Vgl. 
noch  missitare  und  negitare.  Auch  Varro  ist  als  Schriftsteller 
noch  vielfach  Archaist:  vgl.  Stünkel,  de  Varroniana  verborum 
formatione.     Argent.  1875,  p.  62  sq. 

Die  beiden  Reformer  und  Puritaner,  Cicero  und  Cäsar,  wollten 
mit  den  Mitteln  des  sprachlichen  Ausdrucks  besser  haushalten 
und  die  Frequentativform  nur  da  anwenden,  wo  der  Sinn  dies 
entschieden  verlangte.  Cicero  ist  am  zurückhaltendsten  gegen 
die  Frequentativa  in  den  Reden,  mit  Ausnahme  der  Rosciana, 
die  ja  noch  vor  die  zweijährige  Studienreise  und  Sprachläuterung 
fällt.  nA%a\  sIq.  sind  daher  bei  Cicero  p.  Rose.  Amer.  63  recla- 
mito  (wo  Richter  ohne  Grund  reclamo  schreibt),  78  fugito  (zwei- 
deutig, weil  es  von  fugo  und  fugio  kommen,  also  transitiv  und 


Die  Verba  frequentativa  and  intensiva.  207 

intransitiv  sein  kann),  140  munito,  dieses  sicher  Citat  aus  einem 
verlorenen  Komiker,  wie  der  Vers  verrat.  Vgl.  Landgraf  z.  St. 
Dem  Verbum  consulto,  welches  doch  selbst  Cäsar  annahm,  kann 
Cicero  in  den  Reden  wohl  nur  absichtlich  aus  dem  Wege  ge- 
gangen sein,  während  umgekehrt  Cäsar  das  von  Cicero  anerkannte 
tutari  auszuschliefsen  beabsichtigte  (b.  civ.  1,  52  an.  sIq.).  Vocito 
findet  sich  nur  p.  Rab.  Post.  23  (qui  Phalereus  vocitatus  est), 
bei  Vitruv  an  22  Stellen.  Für  declamito  entschuldigt  er  sich  im 
Brut.  310:  Commentabar  declamitans  (ita  enim  nunc  loquuntur) 
aaepe  cum  M.  Pisone,  und  er  hat  es  auch  orat.  Phil.  5,  19  und 
Tusc.  1,  4,  7  passieren  lassen,  obschon  er  offenbar  meinte,  decla- 
uiare  würde  auch  genügen.  Recht  lehrreich  ist  es  zu  beobachten, 
wie  er  sich  in  der  Anführung  einer  Stelle  des  Cato  über  die 
Tischlieder  der  alten  Römer  verhalten  hat.  Cato  hatte  der  „Car- 
olina in  epulis  cantitata"  gedacht,  und  diese  Worte  führt  auch 
Cicero  Brut.  75  mit  dem  ausdrückliche  Beisatze  an:  in  originibus 
scriptum  reliquit  Cato,  damit  man  ihn  nicht  für  das  nach  seinem 
Geschmacke  unpassende  cantitare  verantwortlich  mache.  An  zwei 
andern  Stellen  dagegen,  wo  er  nach  eigenem  Geschmacke  referiert, 
Tusc.  1,  2,  3.  4,  2,  3  hat  er  das  Frequentativum  umschrieben  durch 
morem  hunc  epularum  fuisse  und  solitos  esse  in  epulis  und  ca- 
nere  folgen  lassen.  Altere  Herausgeber  haben  bei  Cic.  Brut,  can- 
tata  geschrieben,  wie  auch  Herrn.  Peter  Cat  frgm.  118,  der  in 
der  gröfseren  Ausgabe  dieses  wörtlich  genaueste  Citat  in  die  An- 
merkung verwies  und  Tusc.  4,  2,  3  hunc  fuisse  epularum  morem 
in  den  Text  setzte,  während  doch  auch  die  Parallelen  bei  Varro 
und  Valerius  Maximus  in  conviviis  (=  in  epulis)  geben. 

Livius  steht  als  Historiker  dem  Sallust  näher  als  dem 
Cicero,  namentlich  in  der  ersten  Dekade,  wo  er  seinen  Stil  als 
Rhetor  unter  dem  Einflüsse  der  gelesenen  Annalisten  in  einen 
historischen  umzuwandeln  suchte.  Die  stufenweise  Abnahme  der 
Frequentativa  hat  Jonas  in  dem  Programme  von  1884,  einer 
Andeutung  des  Vfs.  (Livianische  Kritik  S.  29)  folgend,  im  einzelnen 
nachgewiesen,  den  Blick  aber  dadurch  getrübt,  dafs  er  allgemein 
anerkannte  und  keiner  Konkurrenz  unterworfene  Wörter  wie  specto 
mit  in  die  Rechnung  hereingezogen  hat;  denn  wenn  er  dasselbe 
in  der  L,  III.,  IV.  und  der  verstümmelten  halben  V.  Dekade  an 
28,  29,  26  und  10  Stellen  findet,  so  bedeutet  dies  genau  so  viel, 
als  dafs  Livius  im  Gebrauche  dieses  Wortes  sich  gleich  geblieben 
sei.    Viel  deutlicher  dagegen  sprechen  folgende  Reihen: 


208 


Ed.  Wölfflin 

• 
t 

I.  Dek. 

IU.  Dek. 

IV.  Dek. 

V.  D< 

agito 

47 

25 

17 

4 

clamito 

14 

1 

1 

2 

dictito 

15 

3 





imperito 

6 

4 





noscito 

5 

2 





rogito 

18 

2 





sciscitor 

12 

o 

1 

1 

territo 

6 

1 

1 



obiecto 

3 

1 





ostento 

26 

13 

4 

2 

grassor 

5 





1 

iucurso 

8 

6 

4 



prenso 

10 

1 

1 

1 

Schade,  dafs  mau  nicht  die  Ziffern  von  agere,  clamare,  dicere 
u.  s.  w.  daneben  hat. 

Bei  Tacitus  lilfst  sich  umgekehrt  eine  Zunahme  in  den 
Annalen  konstatieren,  z.  B.  hist.  3,  1  ferocius  agere,  Annal.  4, 46 
ferocius  agitare;  hist.  1,  30  animo  volvo,  Annal.  2,  49  animo  vo- 
luto,  4,  40  intra  aniinum  voluto;  Agric.  32  male  parentes  et  in- 
iuste  iniperantes,  Annal.  1,  64  parendi  aut  imperitandi;  hist.  1,  52 
aviditate  iinperandi,  hist.  4,  25  cupidine  imperitandi;  hist  3;  42. 
4;  74  procul  agere,  Annal.  1,  50  procul  agitare.  (Annal.  1,  72 
consultante  praetore  =  Suet.  Tib.  58  consulente  praetore.) 

Es  kam  übrigens  hier,  wie  es  überall  in  der  Sprache  kam. 
In  der  Litteratur  konnte  wohl  zwei  Jahrhunderte  lang  die  freie 
Volkssprache  durch  die  Bildung  unterdrückt  oder  zurückgedrängt 
werden;  später  drang  sie  doch  in  dieselbe  ein.  Es  war  ein  zwei- 
schneidiges Schwert,  welches  Fronto  zu  Gunsten  der  archaischen 
Latinität  zog.  Denn  die  Nachahmung  führte  die  Menschen  doch 
nicht  zu  der  alten  Einfachheit  im  Denken,  in  Sprache  und  Sitte 
zurück,  sondern  mit  dem  Archaismus  drang  auch  die  vulgäre 
Unsauberkeit,  Planlosigkeit  und  Abundanz  ein.  Von  Quintilian 
abzugehen  konnte  sich  nur  rächen,  aber  es  lag  die  Rückkehr  zu 
dem  Alten  in  dem  Geiste  und  Geschmack e  des  übersättigten  und 
verwöhnten,  aber  nicht  mehr  leistungsfähigen  Jahrhunderts. 

Das  Spätlatein  nahm  also  die  von  den  Klassikern  ver- 
pönten Frequentativa  des  alten  Lateins  nicht  nur  wieder  in  Ehren 
auf,  sondern  bildete  zahlreiche  neue  dazu,  freilich  meist  nur  Prä- 
positionalcomposita    längst    bekannter.     Der  Hauptteil  fällt  auf 


Die  Verba  frequentativa  and  intensiva.  209 

i  und  Tertullian,  ein  kleinerer  auf  spätere  Afrikaner  wie 
3,  Fulgentius  und  Coripp,  Einzelnes  auf  Sedulius,  Iuvencus, 
18  Fortunatus  u.  a.;  endlich  stehen  manche  Bildungen, 
:ker  anführt,  kritisch  auf  schwachen  Füfsen.  Hier  zur 
n  kleines  Register. 

>  Sedulius. 
ipuleius. 
lito  Apuleius. 

>  Corippus. 
30  Tert.  Porph. 
3  Apul.  Tert. 

>  Arnobius. 
fco  Prudentius. 
to  Venantius. 


congesto  Gonimodian. 

conterrito  Corippus. 

convento  Solinus. 

correpto  Iuvencus. 

credito  Fulgentius. 

demorsito  Apuleius. 

desulto  Tert. 

devecto  Sedulius. 

deversito  Gellius. 
ser  doppelte  Zuwachs  durch  Aufnahme  alter  und  Bildung 
requentativa  mufste  übrigens  notwendig  dazu  führen  den 
»rselben  herabzudrücken,  wie  wir  es  in  den  romanischen 
a  deutlich  genug  sehen. 

Verba  frequentativa  und  intensiva.  Wenn  nun  die 
luf  -sare,  -tare,  -itare  formell  auf  gleicher  Stufe  stehen 
l  die  auf  sito  und  tito  als  Doppelfrequentativa  besonders 
»n  sind,  was  Jonas  zu  thun  versäumt  hat),  so  fragt  sich, 
He  heutzutrage  übliche  (vgl.  R.  Kühner,  Gossrau,  Schweizer- 
Trennung  in  Intensiva  (tare,  -sare)  und  in  Frequentativa 
beruhe.  Eine  Lehre  der  alten  Grammatiker  kann  dies 
r  Form  schon  darum  nicht  sein,  weil  der  Ausdruck  Verba 
i  überhaupt  kein  alter,  ja  intensivus  (intentiva  nennt 
a,  36  valde,  nimium,  prorsus  etc.)  nicht  einmal  ein  latei- 
Wort  ist.  Am  nächsten  steht  vielleicht  noch  der  neueren 
Virgil.  grammat  p.  140,  7  sq.  Huemer,  weil  er  in  lecto 
;eigertes,  in  lectito  ein  fortgesetztes  Lesen  findet:  sed  nos 
nus,  quod  hie  legat,  quod  est  minimum  saltim  litteras 
leckt  autem,  qui  quod  legit  intellegere  ineipit,  legitet  vero, 
d  legit  intellegit  et  alios  legere  fecit  .  .  .  porro  lectitet, 
nino  legere  non  desinet.  Doch  haben  wir  gewifs  allen 
den  Autor  um  diese  selbstgefundene  Weisheit  nicht  zu 
i;  aber  auch  er  selbst  spricht  nur  von  drei  Stufen  der 
forma  frequentativa,  nicht  von  zwei  verschiedenen  Bil- 
mit  verschiedenem  Namen:  freq.  forma  tria  habet  incre- 
lecto  freilich  sei  von  vielen  verworfen,  weil  es  zu  wenig 


210  Ed.  Wölfflin: 

von  lego  abweiche,  man  verlange  den  Zuwachs  einer  Silbe,  damit 
dem  Plus  an  Buchstaben  auch  ein  Plus  des  Sinnes  entspreche. 

Und  doch  geht  der  Ursprung  dieses  grofsen  Irrtums,  wenn 
ich  richtig  sehe,  auf  Gellius  zurück.  An  der  einen  Stelle,  wo 
er  die  Yerba  frequentativa  (und  er  zuerst  unter  diesem  Namen, 
obschon  er  beifügt:  verba,  quae  appellant  grammatici  frequenta- 
tiva) bespricht,  9,  6,  nennt  er  als  Beispiele  nur  Doppelbildungen, 
wie  lectito,  unctito,  pensito,  gestito;  an  der  andern  dagegen, 
2,  6,  5  ff.,  wo  er  seine  Ansicht  über  vexare,  taxare,  quassare, 
iactare  entwickelt,  gebraucht  er  diesen  Namen  nicht.  Darnach 
könnte  es  den  Anschein  gewinnen,  er  betrachte  diese  beiden 
Klassen  von  Verben  als  verschiedene.  Sieht  man  indessen  ge- 
nauer zu,  so  konnte  und  durfte  er  an  der  ersten,  wo  es  sich  um 
actitare  handelte,  nur  ähnlich  gebildete  Yerba,  also  Doppel- 
frequentativa,  als  Parallelen  anführen,  an  der  zweiten,  die  ihren 
Ausgangspunkt  von  vexare  nimmt,  nur  entsprechende  einfache 
Bildungen.  Dafs  er  den  Namen  Frequentativa  dort  gebraucht 
hat,  hier  nicht,  ist  zufallig  und  für  die  Sache  vollkommen  be- 
deutungslos, wenn  auch  bei  den  um  eine  Silbe  längeren  Formen 
die  Frequentativbedeutung  stärker  hervortritt.  Denn  es  ist  leicht 
nachzuweisen,  dafs  die  Grammatiker  vor  und  nach  ihm  einen 
solchen  Unterschied  nicht  gemacht  und  beide  Bildungen  in  gleicher 
Weise  erläutert  haben. 

Schon  Yarro  schreibt  de  lingua  lat.  6,  75:  ab  eo  quod  semel 
canit,  si  saepius,  cantat;  hinc  cantitat.  Er  betrachtete  somit 
canto  als  ein  Frequentativum,  nicht  als  ein  Intensivum,  cantito 
als  eine  Ableitung  davon;  genau  gleich  aber,  d.h.  durch  saepius, 
erläutert  er  die  Bedeutung  der  Doppelfrequentativa  10,  30,  indem 
er  die  verschiedenen  Species  der  Yerba  u.  a.  herleitet:  ab  semel 
et  saepius  ut  scribo  lego,  scriptitavi  lectitavi. 

Doch  auch  Gellius  selbst  lehrt  nichts  anderes;  denn  wenn 
in  der  einen  Stelle  die  Erklärung  schon  in  dem  Ausdruck  verba 
frequentativa  liegt,  wird  an  der  anderen  die  Kraft  der  Verba 
vexare  taxare  quassare  iactare  durch  fusius  largiusque,  gravius 
violentiusque,  aber  auch  durch  pressius  crebriusque  erläutert,  und 
von  vexare  im  Vergleiche  zu  vehere  gesagt:  vi  atque  motu  procul 
dubio  vastiorest.  In  dem  Vergilverse  Eclog.  6,  76,  um  den  sich 
dort  der  Streit  dreht,  ist  allerdings  an  vexare  die  wiederholte 
Handlung  nicht  die  Hauptsache,  und  darum  konnten  auch  zur 
Rechtfertigung  des  Dichters  nicht  Yerba  von  streng  bewahrter 


Die  Verba  frequentativa  und  intensiva.  211 

Frequentativbedeutung  angeführt  werden;  aber  dafs  Gellius  auch 
ein  crebrius,  d.  h.  saepius  oder  frequeutius  in  diesen  Formen  an- 
erkennt, beweist  zur  Genüge,  dafs  er,  so  verschieden  auch  die 
Anwendung  einzelner  Worte  sich  gestalten  mochte,  doch  die 
ganze  Gattung  nicht  von  den  Frequentativa  getrennt  wissen  wollte. 

Da  ferner  Festus  die  Freq.  aller  Bildungen  regelmässig  mit 
saepe  erklärt,  so  mufs  dies  bei  den  altern  Grammatikern  (Yerrius 
Flaccus)  ganz  gewöhnlich  gewesen  sein.  Vgl.  p.  27,  18  M.  ab- 
nutare:  saepe  abnuere.  27,  8  arvocitat:  saepe  advocat.  28,  15 
auditavi:  saepe  audivi.  61,  18  coquitare  pro  coctitare,  id  est  fre- 
quenter  coquere,  Plautus  posuit.  89,  3  futare  Oato  pro  saepius 
fuisse  posuit  121, 12  latitaverunt  Gato  posuit  pro  saepe  tulerunt. 
133,  15  mantare:  saepe  manere.  167,  9  natare  est  saepius  uare, 
ut  dictitare,  factitare.  177,  7  nictare  et  (est?)  oculorum  et  alio- 
rum  membrorum  nisu  saepe  aliquid  conari.  191,  1  opertat:  saepe 
operit.  201,  31  obsonitavere:  saepe  obsonavere.  205,  10  prae- 
ceptat  in  saliari  carmine  est:  saepe  praecipit.  226,  14  prolicitare: 
saepe  prolicere.  261,  16  quassare  est  saepe  quatere.  379,  9  ver- 
beritare  Cato  frequentative  ab  eo  quod  est  verbero  dixit. 

Aber  auch  die  ganze  jüngere  Litteratur  der  Grammatik  ver- 
harrt ohne  Ausnahme  auf  diesem  Standpunkte.  Uaper,  orthogr. 
105,  3  K.  Frequentativa  sunt  caenito,  pransito,  lectito  ...  ex 
hac  nota  sunt  ito  habitoque.  Porphyr.  Hör.  Sat.  1,  6,  122  lecto 
frequentativum  est  ab  eo  quod  est  lego.  Charisius  p.  255,  25  K. 
erklärt  sowohl  dictitare  als  datare  durch  saepius;  Diomedes 
p.  344,  20  mersare  durch  saepius  mergere;  Placid.  gloss.  65,  9 
Deuerl.  Mulsito:  frequenter  mulceo.  79,  2  raptari:  frequenter  rapi. 
Macrob.  Exe.  Bob.  21  traetare  est  saepe  trahere.  Cledon.  p.  18, 8  K. 
Frequentativa  canto  [cantas,  cantito]  cantitas.  Pompeii  Gomment. 
p.  220,  25  K.  Frequentativa  aliquando  conscendunt  in  duos  gradus 
.  .  .  nt  curro,  curso,  cursito,  und  ähnlich  Consent.  376,  20  K. 
Priscian  8,  74  (p.  429,  20  H.)  est  alia  species  derivativorum  in 
to  vel  so  vel  xo  desinens  (also  ohne  Unterscheidung  einer  Klasse 
auf  -ito),  quae  frequentiam  actus  significant  etc. 

Endlich  werden  in  den  Glossaren  Verba  auf  itare  und  tare, 
sare  gleichmäfsig  durch  frequenter,  d.  h.  als  Frequentativa  erklärt, 
nämlich  Gloss.  abav.  territant:  terrent  frequenter;  uolitat:  fre- 
quenter uolat;  bei  Papias  iactitat:  frequenter  iaetat;  imperitat: 
frequenter  imperat;  agitare:  frequenter  agere ;  Vati o.  3321  dictitat: 
frequenter  dicit;   Gloss.   abav.  facti  tat:   frequenter  facit,   officit; 


212  Ed.  WölffHn: 

Gl.  asbest.  rogitat:  saepius  rogat;  Gloss.  aa  fugitat:  frequenter 
fugit;  bei  Papias  fluitare:  frequenter  solvi;  crepitare:  frequenter 
sonare.  Aber  auch  bei  Papias  raptare:  frequenter  rapere,  trahcre; 
iactare:  frequenter  iacere;  Gloss.  abav.  reptaverat  (raptaverat): 
saepius  traxerat;  Gloss.  aa  lapsari:  saepius  lauit  (labitur);  men- 
sare:  saepius  mingere;  Sangall.  912  pressant  (ich  vermute  prae- 
cessant):  saepe  praecedunt.  Placidi  gloss.  65,  9  Deuerl.  Mulsito: 
frequenter  mulceo;  79,  2  raptari:  frequenter  rapi. 

Die  Ansichten  der  neueren  Grammatiker,  welche  in  der  Mehr- 
zahl der  Scheidung  in  intensiva  und  frequentativa  beitreten,  zu 
registrieren  ersparen  wir  uns  und  dem  Leser  aus  dem  einfachen 
Grunde,  weil  wohl  für  Wahrheiten  zahlreiche  Belege  erwünscht 
sind,  nicht  aber  für  Irrtümer.  Es  genüge  daher  auf  R.  Kühnen 
ausführt.  Gramm,  der  lat.  Sprache  I  (1877),  643  f.  zu  verweisen 

4.  Die  Bedeutung  des  Suffixes  nach  den  Alten.  In  dem 
ältesten  Namen,  Yerba  frequentativa,  sowie  in  der  ältesten  Er- 
klärung mit  saepe  (saepius)  liegt  ausgesprochen,  welchen  Sinn 
die  alten  Grammatiker  in  den  genannten  Verbalbildungen  ge- 
funden haben;  auf  das  nämliche  läuft  der  Name  Iterativa  bei 
Diomedes  p.  344  K.  hinaus,  und  in  der  Erklärung  konnte  man 
frequenter  statt  saepe  gebrauchen,  sei  es  um  an  den  älteren 
Namen  der  Verba  anzuknüpfen,  sei  es,  weil  das  absterbende 
saepe  überhaupt  durch  frequenter  und  ähnliche  Adverbia  ersetzt 
worden  und  schon  bei  Petronius  saepe  selten,  frequenter  häufig 
ist.  Vgl.  des  Vf.  Latinität  des  Cassius  Felix  410  f  Donat  zu 
Ter.  Heaut.  260  cantabat]  hoc  est  frequenter  dicebat.  Pompeii 
Comment.  p.  221,  17  E.  frequentativum  verbum  est,  quod  saepe 
nos  aliquid  agere  ostendit,  ut  est  lectito,  id  est  frequenter  lego. 
Gloss.  abavus  Lapsantem :  subinde  (souvent)  latentem  (lies  laben- 
tem).  Man  kann  diese  Interpretation  der  Grammatiker  auch  durch 
Stellen  von  Klassikern  stützen  wie:  Plaut.  Pseud.  726  saepe  usi- 
tatus;  Bacch.  prol.  66  itat  ad  eum  frequens;  Novius  73  saepe 
grassari;  Livius  9,  18,  6  dictitare  solent.  Plin.  nat.  h.  25,  51 
saepius  sumptitare.  Tac.  12,  3.  15,  52  crebro  ventitare.  Gellius 
11,  13,5  saepius  lectitare,  obwohl  ein  Beweis  damit  darum  nicht 
zu  führen  ist,  weil,  wie  sich  bald  zeigen  wird,  auch  andere  Ad- 
verbia zur  Verstärkung  der  Frequentativa  gebraucht  worden  sind« 
Damit  ist  freilich  nicht  gesagt,  dafs  mit  dieser  Formel  der  ganze 
Gedankeninhalt  des  Suffixes  erschöpft  sei. 

Sah  man  in  den  Frequentativa  den  Ausdruck  der  mehrmals 


Die  Verba  frequentativa  und  intensiva.  213 

«riederholten  Handlung,  so  konnte  man  in  den  sogen.  Doppel- 
frequentativa  auf  tito  und  sito  den  der  sehr  oft  oder  gar  ständig 
wiederholten  Handlung  finden,  da  sie  an  Kraft  unstreitig  den 
enteren  fiberlegen  sind.  In  diesem  Sinne  schrieb  der  Vf.  der 
Excerpta  Charisii  p.  563,  4  K.:  quaedam  verba  semel  quid  factum 
significant,  ut  lego,  quaedam  saepius,  ut  lecto,  quaedam  semper, 
ut  lectito,  curro  curso  cursito-,  und  gerade  das  nämliche  Verbum 
lectito  interpretiert  ja  Virgilius  grammat.  p.  140,  12:  qui  omnino 
legere  non  desinet.  Auch  die  Deutung  von  Diomedes  p.  344,  30 
exercito  =  assidue  exerceo  (vgl.  Glos 8.  abav.  Minitantur:  assidue 
minantur)  neigt  sich  eher  nach  dieser  Seite,  und  in  der  verwor- 
renen oder  verdorbenen  Fassung  der  Differentiae  sermonum  p.  43 
ed.  J.  W.  Beck:  Canere  est  semper  cantare  (man  erwartet:  can- 
titare  est  semper  canere)  vel  suavi  modulatione,  cantare  autem 
Bolummodo  voce  (franz.  chanter)  vernimmt  man  noch  einen  Nach- 
klang dieser  Definition.  Auch  hier  würde  es  nicht  schwer  fallen 
eine  Reihe  ähnlicher  Stellen  aus  Klassikern  beizubringen  wie: 
Plaut.  Gapt.  298  sedulo  occultare.  Ter.  Phorm.  743  semper  dic- 
titasti.  Cic.  p.  Quinct.  68  semper  id  clamitat;  Verrin.  5,  60.  Phil. 
2,  41  semper  facti tare.  Suet.  Caes.  45.  Calig.  52.  Vit.  2  perpetuo 
und  assidue  gestare.  —  Eine  wesentlich  verschiedene  Auffassung 
liegt  hierin  gewifs  nicht,  sondern  nur  ein  Gradunterschied,  und 
darüber  kann  die  Grammatik  nicht  im  ganzen,  sondern  die  Inter- 
pretation nur  im  einzelnen  entscheiden.  Und  schliefslich,  ob 
saepe,  saepius,  saepissime,  semper,  alles  dies  findet  Raum  unter 
den  Frequentativa. 

Unter  den  Grammatikern  war  aber,  abgesehen  von  Gellius, 
wenigstens  einer,  welcher  auch  mit  dem  Namen  Fr.  nicht  mehr 
auszureichen  glaubte.  Die  Explanatio  in  Donat.  Gr.  lat.  IV  548, 19 
sagt:  frequentativa  et  plus  nescio  quid  significantia,  ut 
dicto  (wenn  nicht  dictito  zu  schreiben  ist,  da  der  hier  allein 
maßgebende  cod.  L  dicito  hat),  cursito.  Nach  Virgil.  gramm. 
136,  25  sprach  man  in  der  Schule  des  Galbungus  nicht  von  der 
forma  frequentativa,  sondern  von  der  adiectiva,  dicentes  eam 
non  litteris  modo,  verum  etiam  sensibus  adiciendam  esse.  Quidam 
accumulativam  vocitarunt;  cum  enim  dicis  victito,  hoc  intellegi 
das,  quasi  id  dixeris  magis  ac  magis  vinco.  Was  also  die  neueren 
Grammatiker  mit  dem  Ausdruck  Intensiva  meinen,  das  haben 
die  älteren  nicht  gefühlt,  nicht  ausgesprochen,  oder  doch  der 
Benennung  von  der  Wiederholung  untergeordnet. 


214  Ed.  Wölfflin: 

Indem  wir  die  Anerkennung  einer  zweiten  Bedeutung  weiter 
verfolgen,  müssen  wir  auf  Verrius  Flaccus  (Festus)  zurück- 
kommen, der  so  viele  Frequentativa  namentlich  der  archaischen 
Litteratur  zu  erklären  Anlafs  hatte,  und  in  der  Kegel  (vgl.  oben 
S.  211)  mit  saepe  durchzukommen  glaubte.  Nur  ein  anderer  Aus- 
druck ist  es  ja,  wenn  er  p.  88  M.  schreibt:  fatantur,  multa  fan- 
tur,  und  auch  wo  er  eine  Nüancierung  des  Gedankens  annimmt, 
hält  er  doch  an  der  Grundbedeutung  fest,  wie  29,  2  adnietat: 
saepe  et  leviter  oculo  annuit,  und  201,  1  ostentas:  saepe  ostendis 
(floriandi  causa.  Die  neue  Bedeutung  schliefst  somit  die  alte  nicht 
aus;  sie  entwickelt  sich  vielmehr  aus  derselben  und  verbindet 
sich  mit  ihr.  Wir  müssen  seinem  Zeugnisse  um  so  gröfseres 
Gewicht  beilegen,  als  er  manche  Frequentativa  aus  Cato  anführt, 
und  nach  Gellius  17,  6,  2  de  obscuris  Catonis  geschrieben  hatte. 
Caeculto  (=  caeculito)  erklärt  er  45,  4  caecos  imitari  und  62,  3 
caecis  proximi  sunt  unter  Anführung  eines  Plautusverses;,  allein 
abgesehen  davon,  ob  das  Verbum  hieher  zu  ziehen  sei,  scheint 
auch  die  Deutung  unrichtig  und  die  Fassung  des  Paulus  nicht 
vollkommen  zuverlässig.  Paulus  Festi  erklärt  grassari  ab  impdu 
gradiendi. 

Es  liegt  hier  noch  eine  weite  und  lohnende  Aufgabe  vor, 
»Stellen  zu  sammeln,  an  denen  Frequentativa  anders  als  mit  saepe 
erklärt  werden.  Zur  Probe  ein  Beispiel.  Bemerkenswert  ist, 
wie  sich  Ulpian  Digest.  42,  4,  7  über  latitare  ausgesprochen 
hat  als  Interpret  des  prätorischen  Ediktes:  Qui  fraudationis  causa 
latitabit  (das  Futurum  I  nach  dem  Stile  des  späteren  Juristen- 
lateins; QUI  FRAUDATIONIS  CAUSA  LATITARIT  Cic.  p. 
Quinct.  GO),  eins  bona  possideri  vendique  iubebo.  Wie  ein  Philolog 
beginnt  er  mit  den  Worten:  quid  sit  latitare  videamus,  und  ant- 
wortet dann  §  8:  latitare  est  cum  tractu  aliquo  latere  (vgl. 
Placid.  73,  19  a  mantando,  id  est  diu  manendo),  quem  admodum 
factitare  frequenter  facere.  Adeo  autem  latitatio  an  im  um  et 
affectum  oecultantis  se  desiderat,  ut  etc.  Derjenige,  welcher 
als  Schuldner  sich  versteckt  hält,  um  sich  den  Ansprüchen  des 
Gläubigers  zu  entziehen,  thut  dies  mit  Vorbedacht  und  längere 
Zeit.  Und  in  dem  ganzen  langen  Kapitel  hält  Ulpian  gewissen- 
haft an  dem  Frequentativum  fest.  Ebenso  42,  5,  5  fraudationis 
causa  latitare;  42,  5,  36  cum,  qui  circa  columnas  se  oecultet,  ut 
creditorem  evitet,  latitare  placet.  Doch  darf  man  darum  nicht 
sagen,  dais  nicht   auch  das   einfache  latere   von   der   nämlichen 


Die  Verba  frequontativa  und  intensiva.  215 

Sache  gebraucht  werden  konnte;   schreibt  doch  derselbe  Ulpian 

Dig.  21,  1.  17,  4:  qui  domi  latuisset,  ut  fugae  nactus  occasionem 

ae  subtraheret.     Auch  Cicero,  welcher  in  der  Rede  pro  Quinctio 

§  54.  60.  75.  84.  85.  86  der  Sprache  des  prätorischen  Ediktes 

treu  bleibt,  schreibt  doch  nach  eigenem  Geschmacke  §  74:  quis 

est,  qui  fraudationis  causa  latuisse  (Quinctium)  dicat?    Vielleicht 

ist  es  nicht  zufallig,  dafs  Cicero  und  Ulpian  gerade  das  Perfekt 

von    latitare   vermieden   haben,   da   auch  in  anderen  Fällen  das 

Frequentativum  vorwiegend  im  Präsens  Imperfekt  und  Futurum 

gebraucht,  im  Perfekt,  Plusquamperfekt  und  Futurum  II  dagegen 

vermieden  wird.    Vgl.  Plaut.  Trin.  925  latuit,  927  latitabat,  und 

Archiv  III  559. 

Bei  dieser  Gelegenheit  spricht  sich  Ulpian  auch  gegen  eine 

Definition  von  Cicero   aus,  mit  den  Worten  §  4:   latitare  est 

non,  ut  Cicero  definit,  turpis  occultatio   sui;   potest   eniin   quis 

latitare  non  turpi  de  causa,  veluti  qui  tyranni  crudelitatem  timet 

aut  vim  hostium  aut  domesticas  seditiones.    Ob  man  mit  Recht 

annehme,  diese  Definition   decke   sich  mit  dem  Wortlaute  einer 

▼erlorenen   Stelle   Ciceros  (p.  Qu  int.  §  85.  frgm.  orat.  A,  1  ed. 

Baiter-Halm),   darf  doch  bezweifelt   werden:   denn  wenn  Cicero 

das  turpe  als  wesentliches  Moment  in  eine  allgemeine  Definition 

gesetzt  hätte,   so  könnten  wir  ihm  kaum  beistimmen,    so   sehr 

auch  die  turpitudo  im  einzelnen  Falle  zutreffen  mag.    Begreiflich 

bleibt   allerdings,   dafe   der    'Advokat'    die  Definition   zu  seinen 

Guasten   formuliert   hätte;    aber   es  ist  vielleicht  auch   denkbar, 

dais  dem  Ulpian  Stelleu  vorschwebten  wie  Cic.  Rabir.  24  latere 

mortis   erat  instar  turpissimae,  oder  Sest  89  et  vinci  turpe  pu- 

tavit  et  latere,  oder  auch  eine  ähnliche  mit  latitare,  so  dafs  er 

sich  berechtigt  glaubte  die  Definition  als  der  Auffassung  Ciceros 

entsprechend  aufzustellen. 

5.  Die  Ansichten  der  Neueren.  Haben  die  alten  Gram- 
matiker nach  dem  Vorgange  des  Varro  an  dem  Begriffe  der 
wiederholten  Handlung  festgehalten  und  nur  ausnahmsweise  eine 
intensive  Bedeutung  anerkannt,  so  haben  die  neueren,  wie  schon 
Gerh.  Joh.  Voss  im  Aristarchus  V,  cap.  44,  und  nicht  mit  Un- 
recht, beide  als  gleichberechtigt  genommen.  Aber  die  Frage 
▼erwickelt  sich  weiter,  indem  manche  die  Verba  frequ.  auch  als 
desiderativa  erklären,  captare  =  capere  velle,  dormitare  =  dor- 
mire  velle,  so  schon  der  Franzose  Hadrian  Turnebus  im  XVI.  Jahrh. 
Advers.  25,  15.  €verba  fr.  saepe  actionis  desiderium  et  voluntatem 


216  Ed.  Wölfflin: 

significant'.  Vgl.  Jonas,  1871,  p.  17  sq.  welcher  seinem  Vorganger 
beistimmt.  H.  Düntzer  (lat  Wortbildung  138)  wollte  einmal 
-itare  als  Frequentativum  von  ire  fassen,  unter  Vergleichung  von 
infitias  ire  u.  ä.,  und  nahm  als  Grundbedeutung  an  'im  Begriffe 
stehen',  gab  aber  diese  Etymologie  wieder  auf.  Genauer  sagt 
Consentius  Gr.  lat.  V  376,  20:  Fr.  usu  loquendi  pro  meditativ» 
aut  inchoativis  usurpantur,  ut  est  dormio  dormito.  Nam  hoc 
dormito  magis  pro  meditativo  auf  inchoativo  dici  potest;  A  h. 
er  betont,  dafs  diese  Bedeutung  nicht  von  Haus  aus  in  dem 
Suffixe  lag,  sondern  erst  im  Laufe  der  Zeit  mifsbräuchlich  hinein- 
gekommen sei.  Der  gute  Homer  wünscht  ja  nicht  zu  schlafen 
(Hör.  art  poet.  359  quandoque  bonus  dormitat  Homerus),  sondern 
er  nickt  von  Zeit  zu  Zeit  ein,  kommt  aber  gleich  wieder  zu  sich, 
gerade  wie  Demosthenes  bei  Quintil.  10,  1,  24  cum  Ciceroni  dor- 
mitare  interim  (=  interdum)  D.  videatur.  Oder  bei  Plaut  Trin.  981 
(dormitas,  senex)  wünscht  der  Alte  nicht  zu  schlafen,  sondern 
er  träumt  und  ist  nicht  bei  Sinnen.  Und  wenn  man  auch  Plaut 
Mil.  845.  849  Lor.  cassabant  cadi  nicht  als  intransitives  quassare 
fafst,  sondern  als  Frequentativum  von  cadere  (vgl.  Placid.  24,  10 
cassabundum,  titubantem),  so  ist  doch  die  Bewegung  des  Wackelnß 
eine  wiederholte.  Wir  glauben  daher  den  Begriff  des  Verlangens 
von  der  Grundbedeutung  fern  halten  zu  dürfen. 

R.  Kühner  findet  in  den  Intensiva  auf  tare  und  sare  eine 
Verstärkung,  eine  Dauer  oder  ein  Verharren  in  der  Thätigkeits- 
äufserung  der  Stammverben  ausgedrückt,  in  den  Frequentativa 
auf  itare  eine  Wiederholung  des  einfachen  Verbalbegriffes.  Wenn 
wir  nun  diese  Trennung  ablehnen  und  frequentativum  und  in* 
ten siv um  unter  einen  Hut  zu  bringen  versuchen,  so  haben  wii 
uns  die  Sache  ähnlich  vorzustellen,  wie  wenn  die  Deminutiv! 
ursprünglich  die  Kleinheit,  aber  auch  den  Affekt  der  Liebe  au» 
drücken,  was  ja  bei  Licht  besehen  fast  auf  dasselbe  hinausläuft 
da  'meine  Kleine,  mein  Kind'  oft  =  cmeine  Liebe'  ist  Leide: 
können  wir  den  Entwickelungsgang  nur  vermutungsweise  be 
stimmen,  da  die  Anfänge  unsern  Augen  verborgen  sind  und  be 
Plautus  die  Bildungen  bereits  in  üppigster  Blüte  stehen. 

Nehmen  wir  an,  captare  habe  ursprünglich  bedeutet  'eiiiei 
Griff  machen,  einen  Fang  machen'  =  captum  facere,  wie  aucl 
Pott,  etymol.  Forschungen  IP  477  actitare  =  actum  agere  ei 
klärt,  so  kann  man  das  frequentativum  im  Gegensatze  zu  caper 
greifen,  fangen  wohl  ein  intensiv  um  oder  ein  potenziertes  Verbur 


Die  Verba  frequentativa  und  intensiva.  217 

nennen.  Denn  einen  Fang  machen  ist  auch  in  unserer  Sprache 
■=  einen  guten  Fang  machen,  einen  Fang,  der  der  Rede  wert  ist. 
Analog  wäre  cantare  einen  Sang  machen  (resp.  inusicieren),  d.  h. 
nicht  nur  naturalistisch  singen,  sondern  mit  einer  gewissen  Vir- 
tuosität; dagegen  nur  signa,  receptui  canere  von  dem  blofsen 
Signale.  Dem  Sinne  nach  wäre  dies  nicht  viel  viel  verschieden 
Ton  captorem  esse,  ein  (geschickter)  Fänger  (vgl.  Vogelfänger, 
Bauernfanger)  sein,  cantorem  esse,  ein  Sänger  sein,. doch  mit 
dem  Unterschiede,  dafs  das  Verbum  seine  transitive  Kraft  be- 
wahrt Durch  das  Suffix  wird  die  Thätigkeit  eine  tQchtige,  be- 
rufsmäfsige,  woraus  sich  leicht  der  Begriff  der  Wiederholung 
entwickelt,  da  ja  nur  Übung  den  Meister  macht.  Wer  als  Kan- 
didat manus  civium  prensat,  thut  dies  sowohl  oft  als  auch  in 
bestimmter  Absicht  und  mit  einem  gewissen  Geschicke,  wie  sal- 
tare  von  dem  gilt,  der  aus  dem  Springen  eine  Kunst  oder  ein 
Gewerbe  macht.  Wir  interpretieren  somit  captare  rgeschickt  und 
öfter  greifen',  nicht  'greifen  wollen'.  Jedenfalls  liegt  die  Erfolg- 
losigkeit der  Handlung  nicht  im  Verbum,  so  wenig  als  in  chasser 
(captiare),  sondern  viel  eher  die  Übung  des  Jägers.  Aber  auch 
wer  das  desiderativum  zugiebt,  darf  nicht  vergessen,  dafs  dies 
nur  Resultat  längerer  Sprachentwicklung  sein  kann,  wie  etwa 
amaturu8  von  amator  abgeleitet  den  Begriff  des  Zukünftigen  erst 
später  angenommen  hat. 

Einen    Beweis,    dafs    sich    in    der   Frequentativbildung    der 
Grundbegriff  des  Verbums  viel  fester,  gleichsam  xar   #;oxtjv  fest- 
gesetzt hat,  finden  wir  darin,  dafs  sie  den  abgeleiteten  und  bild- 
lichen Gebrauchsweisen   des  Simplex    in  der  Regel  unzugänglich 
ist    Terenz  sagte  Heaut.  434  tuom  conspectum  fugitat,  weil  der 
Schuldbewufste   sich  Mühe   giebt  dem  Geschädigten  überall  aus- 
zuweichen; doch  dürfte  man  von  einem  Unwissenden  nicht  sagen 
hoc  me  fugitat,  weil  hier  von  einer  wirklichen  Flucht  nicht  die 
Rede  ist    Quaerito  wird  von  dem  eifrig  Suchenden  gesagt,  aber 
nicht   von   einer  gelehrten  Untersuchung:   quaeritatur,   quis  sit 
libri  auctor.    Imperitare  ein  straffes  Regiment  führen,  aber  nicht 
imperitare    frumentum;    prospectare    in    die   Ferne   sehen,    neben 
prospicere  pabulum,  filiae  maritum;  ductare  exercitum  Heerführer 
sein,    doch    nirgends    Optimum    ductare,    aufser   etwa   bei   einem 
Autor,   der  kein  lebendiges   Sprachgefühl   mehr  besitzt;    saltare 
vom  Tänzer,  doch  nicht  cor,  mica  saltat.     Weitere  Beispiele  im 
Philol.  26,  115. 

Archir  für  Ut  Lezikogr.  IV.    Hoft  ±  16 


218  E<L  Wölfflin: 

Dir  Frequentativform  berührt  sich  in  gewissem  Sinne  mit 
der  figura  etyniologica;  pugnam  pugnare  und  vitam  vivere  ge- 
braucht man  fast  ausschliefslich,  wenn  zum  Objekte  ein  Attribut 
hinzutritt  (vitam  miseram  vivere  stärker  als  misere  vivere);  das 
potenzierte  (konkretisierte)  Verbum  an  sich  ist  das  Frequenta- 
tivum  gewesen.  Der  Name,  den  die  alten  Grammatiker  wählten, 
war  kein  besonders  glücklicher. 

Den  stärksten  Unterschied  von  den  Stammverben  zeigen 
natürlich  die  Doppelfrequentativa,  z.  B.  Ter.  Eun.  prol.  43  igno- 
scere,  quae  veteres  factitarunt  (schon  oft)  si  faciunt  novi;  Cic 
Attic.  7,  12,  6  ad  me  scribas  velim  vel  potius  scriptites,  und  so 
durchweg  bei  guten  Autoren.  Aber  selbst  bei  dem  Wechsel  von 
Stammverb  und  einfachem  Frequentativum  mufs  der  Interpret  wenig- 
stens vorsichtig  sein,  bevor  er  eine  Identität  wie  von  latere  und 
latitare  (vgl.  S.  214)  zugiebt.  Plaut.  Amph.  821  tu  si  me  inpa- 
dicitiai  captas  (mit  Bezug  auf  die  verschiedenen  Versuche  und 
Mittel),  capere  non  potes.  Ter.  Hec.  73  qua  via  te  captent,  eadem 
ipsos  capi.  Claud.  Quadrig.  fr.  46  dum  collega  id  caperet,  quod 
captabat  (conatus).  Plaut.  Rud.  3,  4,  50  postea  [tu]  aspicito  nieum 
tergum,  quando  ego  tuum  inspeetavero.  PI.  Poen.  136  apud  aedem 
Veneria  man  tat.  Maneat  licet,  Menaech.  926  ubi  satur  suin,  nulla 
(intestina)   crepitant;   quando  esurio,  tum  crepani  (metri  causa). 

6.  Die  Entwertung  des  Suffixes.  Es  erübrigt  zu  der  Frage 
Stellung  zu  nehmen,  wann  und  warum  die  Frequentativa  auf  die 
Linie  der  einfachen  Stammverba  zurückgesunken  seien.  Man  ist 
darin  einig,  dafs  sich  diese  nicht  durch  eine  allgemeine  Formel 
lösen  lasse,  vielmehr  will  jedes  Wort  für  sich  allein  untersucht 
sein.  Bei  manchen  Verben  ist  die  Degradation  früher,  bei  andern 
später,  bei  manchen  gar  nie  eingetreten,  wie  denn  in  speetare 
immer  der  Begriff  des  wiederholten,  längeren  Betrachtens,  des. 
Sehens  um  zu  sehen  (spectaculum)  geblieben  ist,  im  Gegensatze 
zu  *specio,  conspicio,  welches  das  einmalige  Erblicken  ausdrückt 
Selbst  im  Französischen  fallen  saillir  (ital.  salire  steigen,  span. 
salir  ausgehen)  und  sauter  durchaus  nicht  zusammen,  und  chanter 
ist  nicht  schlechtweg  =  canere,  sondern  in  verengerter  Bedeutung 
=  voce  canere,  Gellius  10,  9,  1,  mit  Beschränkung  auf  die  Vokal- 
musik. Man  hüte  sich  also,  ein  Suffix  vor  der  Zeit  tot  zu  sagen, 
weil  an  einzelnen  Stellen  vielleicht  das  primitivum  für  den  Sinn 
auch  auszureichen  scheint;  eine  gewisse  Lebenskraft  müssen  wir 
immer   noch   anerkennen,    wenn    das   Suffix   dem   Verbum    zwar 


Die  Verba  frequentativa  und  intensiva.  219 

keinen    höheren  Ton,   aber   doch    einen  stärkeren   Accent  giebt. 

Sicher   bedeutungslos   ist   es    erst   dann,    wenn    das   Stammwort 

untergegangen  ist  oder  doch   bei  dem  betreffenden  Autor  fehlt; 

also   ist  franz.  jeter  =  iacere,   weil  dieses  abstarb,  gerade  wie 

conduire  =  ducere,   weil   dieses   im  Französischen   fehlt.     Aber 

darum  ist  etwa  Plaut.  Trin.  26  nam   ego   amicum  hodie  nieum 

concastigabo  pro  conmerita  noxia  die   Präposition  noch  lange 

nicht  tot,   weil  wir  sie  im  Deutschen  vielleicht  nicht  übersetzen 

und  nicht  übersetzen  können  ohne  plump  zu  werden,  sondern  sie 

beweist,  dafs  der  Sprechende  sich   möglichst  kräftig  ausdrücken 

will,   nachdem   er  Vers  23  gesagt  hatte:    Amicum   castigare   ob 

meritam  noxiani   etc.     Über  dieses   schmähende  con  vgl.  Archiv 

IH  16. 

Wenn  daher  Jonas  sagt,  bei  dem  gröfsten  Teile  der  archa- 
ischen Frequentativa  unterliege  es  keinem  Zweifel,  dafs  sie  nur  im 
Sinne  der  Stammverba  gebraucht  seien,  so  ist  zunächst  dagegen 
zu  halten,  dafs  Festus  dieselben  fast  ohne  Ausnahme  mit  saepe 
erklärt  hat.     Allerdings  erklärt  er  p.  27,  1  appellitasse:   appel- 
laase; 76,  6   electabo:   eliciam,  und  152,  10  Meritavere  Cato  ait 
pro  merere;  allein  diese  Stellen  bilden  doch  eine  verschwindende 
Minderzahl  gegenüber  den  S.  211   angeführten,  und  da  sie  alle 
nur  dem   Excerpte  des  Paulus  angehören,  Festus  aber  schreibt 
p.  154, 17  Meritavere:  saepe  meruere,  so  ist  es  noch  nicht  einmal 
«eher,  dafs  dieser  auch  nur  an  einer  einzigen  Stelle  die  Frequen- 
'    tativbedeutung  nicht  anerkannt  hätte.    Daraus  ergiebt  sich,  dafs 
die  Ohren  des  Verrius  Flaccus  für  den  Klang  dieser  Verba  noch 
nicht  abgestumpft  waren,  und  dafs  er  etwas  in  ihnen  fand  oder 
suchte.    Und  doch  liegt  wahrscheinlich  die  Wahrheit  in  der  Mitte 
zwischen   Verrius  Flaccus   und  Jonas.     Die   archaische  Latinität 
•und   nach   ihr  die  Volkssprache  aller  Zeiten  zog  die  Verba  fre- 
quentativa namentlich  gegenüber  denen  der  dritten  Konjugation 
vor,  weil  die  Endungen  der  ersten  voller  klangen,  und  der  den 
Mund  gern  voll  nehmende  Mann  des  Volkes  benutzte  dieses  Mittel, 
am  den  Worten  gröfseren  Nachdruck  zu  verleihen.    Verrius  aber 
mag  nach   dem   gereinigten  Geschmacke  des  augusteischen  Zeit- 
alters interpretiert  und  darum  hie  und  da  ein  saepe  herausgehört 
haben,  wo  der  Autor  selbst  es  nicht  gefühlt  hatte,  weil  die  Gram- 
matiker gewohnt  waren,   die  Frequentativa  so  zu  interpretieren. 
Nachdem  also  bereits  Terenz,  wie  wir  oben  gesehen  haben, 
mehr  Ökonomie  in   die  Verwendung  der  Frequentativa  gebracht 

15* 


220  Ed.  Wölffliiv. 

hatte,  stellten  Cäsar  und  Cicero  als  Regel  auf,  alle  Frequentativs 
zu  vermeiden,  die  nicht  ausgeprägten  frequentativen  oder  inten« 
siven  Sinn  hatten.  Aber  die  klassische  Sprache  lockerte  selbst  ihi 
strenges  Gesetz  durch  zwei  Ausnahmen.  Einmal  zog  sie  die  Fre- 
quentativa  als  Lückenbüfser  heran,  so  oft  das  Stammwort  irgend 
eine  Form  nicht  bildete,  wie  auch  das  Verbalsubstantiv  zu  polli« 
ceri  pollicitatio  heifst.  Ebenso  steht  exercitatio  (wenn  exercitiuno 
nicht  ausreichte)  zu  exercere,  und'exercitatus  im  Sinne  von  geübt 
während  exercitus  (vgl.  Krebs  Schmalz,  Antibarbarus)  die  Bedeu- 
tung von  geplagt  angenommen  hatte.  Dadurch  wurde  die  Fusion 
der  Stammverba  und  der  Frequentativa  vorbereitet,  gerade  wie 
die  der  Inchoativa  (calesco,  caleo)  durch  das  gemeinschaftliche 
Perfekt  calui.  Vgl.  ital.  fiorisco,  fiorisci,  fiorisce,  fioriamo,  fioritq 
fioriscono  =  floreo  etc.  So  fehlt  also  zu  cano  das  Particip  Perf 
pass.  und  es  tritt  dafür  cantatus  ein,  wie  schon  Ellendt-Seyfferl 
lehrt:  cano,  cecini,  cantatum,  canere.  Dafs  Prise  part.  1,  31  ein 
Particip  cantus  bildet,  will  nicht  viel  sagen,  trotz  Festus  46,  £ 
canta  pro  cantata,  sondern  die  Ausnahme  bestätigt  nur  die  Regel. 
In  diesem  Sinne  bildete  man  auch  zu  oeculo  das  Partie,  perf 
oecultatus,  weil  oecultus  Adjektiv  geworden  war.  Sallust  mufstc 
Jug.  90  schreiben  ineepto  suo  oecultato,  wenn  er  den  Ablatii 
absol.  dem  Leser  zum  Verständnis  bringen  wollte,  und  die  Wort- 
bildung bietet  uns  nur  oecultatio  und  oecultator,  nicht  oecultio 
und  oecultor.  Ja  Cäsar,  Cicero  in  seinen  Reden  und  Sallust 
kennen  nur  das  Präsens  oeculto,  kein  oeculo.  Wahrscheinlich 
wird  man  auch  die  Stammzeiten  salio,  salui,  saltatum,  salire  zu- 
sammensetzen müssen. 

Invisus  konnte  wohl  ^ungesehen'  bedeuten,  wenn  es  neben 
visus  oder  neben  incognitus,  inauditus  stand;  wollte  man  einei 
Verwechslung  mit  invisus  Verhafst'  vorbeugen,  so  sagte  man, 
namentlich  seit  Livius,  invisitatus.  Vgl.  Cic.  har.  resp.  57  invisa 
.  .  inaudita  sacra;  Liv.  5,  37,  2  invisitato  atque  inaudito  hoste; 
5,  45,  4  und  öfters. 

Dazu  kam  ein  zweites,  dessen  Tragweite  vielleicht  noch  höh« 
anzuschlagen  ist.  Die  Epiker,  sicher  von  Lucrez  an,  bedienten 
sich  der  Frequentativa,  wo  die  Stammverba  nicht  in  den  Hexa- 
meter pafsten.  Aus  diesem  Grunde  wohl  hat  Lucretius,  dem  es 
noch  so  schwer  fiel,  seinen  Vers  mit  lateinischen  Worten  xn 
bauen,  discrepito  und  nominito  geschaffen,  um  mit  Hülfe  diese! 
Formen  die  dritte  Person  Praes.  plur.  bilden  zu  können:  2,  1011 


Die  Verba  frequentativa  und  intenaiva.  221 

discrepitant  (weil  discrepant  uubrauchbar)  gegen  1,  634  discrepät; 

uomiuitaot,  nominitamus,  noniinitarent,  nominitanda  oft,  gegen 

1, 696  nominat.   Wir  dürfen  dies  darum  um  so  herzhafter  glauben, 

weil  andere  Autoren,  mit  Ausnahme  etwa  des  Lucretianers  Arno- 

bias,  diese  Verba  kaum  gebraucht  haben.  Und  nicht  anders  müssen 

wir  bei  Vergil  increpito  und  imperito  beurteilen.  Verg.  12,  719  im- 

peritet  wie  Lucr.  3, 1041  imperitarunt  gegen  imperat;  bei  Vergil  in- 

crepitas,  increpitans,  nach  dem  Vorgange  eines  altern  Dichters  bei 

Varro  6,  67  quid  increpitas  mortemque  minaris?    Die  Bedeutung 

dieses  Momentes  hat  schon  Köne,  Sprache  der  röin.  Epiker  1840. 

8.  158.  168.  181    erkannt,    wenn    er   auch   irrtümlich   behauptet, 

Livius  habe  zuerst  imperito  in  die  Prosa  eingeführt.     Sagt  man 

inserere  manum  alicui  rei  (Ovid  am.  2,  15,  11.  met.  12,  320)  und 

huweris  exsertis  (Caes.  7,  50)  oder  auch   exsertus  humeros,   so 

schrieb  Verg.  Aen.  2,  672    clipeoque    sinistram  insertabam   und 

Statius  Theb.  1,  413  exsertare  humeros,  warum  anders  als  metri 

causa?     [Ahnlich    schon   Plaut  Gapt.  79    cocleae    suo    sibi  suco 

munt,  und   81   von  den    mit   denselben    verglichenen   Parasiten 

miseri  victitant  suco  suo,  vielleicht  um  das  Gewerbsmässige  her- 

Torzuheben.]     Verg.   konnte  Aen.  1,  483    nur   raptaverat   sagen, 

weil  rapuerat  sich  nicht  in  den  Vers  fügte,  gebrauchte  es  übrigens 

mit  Fug  und  Recht  als  wirksames  Frequentativum,  weil  er  es 

mit  ter  circum  muros  verbindet.  —  So  gesellten  sich  zu  der  Un- 

fögsanikeit  der  Volkssprache  zwei  Gegner  im  eigenen  Lager,  und 

wie  sehr  die  silberne  Prosa  im  Banne  der  augusteischen  Dichter 

stand,  ist  männiglich  bekannt 

Das  Ende    des   Kampfes   ist   unschwer    vorauszusehen.     Im 
Aufange  des  vierten  Jahrhunderts   nach  Chr.   erklärte  Nonius, 
der  in  seiner  .Zeit  meist  entwertete  Frequentativa  hörte,  die  alten 
Bildungen  ohne  das  saepe  des  Verrius  Flaccus,  p.  75  M.  adauctavit: 
awit;  89  conmetare:  conmeare;  131  lutavi  pro  lui;  275  captare: 
capere.    Auch  bei  Vergil  fand  er  keinen  Unterschied,  p.  65  ex  ul- 
nare dictum  est  exilire;  329  iucrepat  et  increpitat  paria  sunt;  330 
Hwultare  dicitur  insilire,  und  umgekehrt  p.  353  nare  est  natare; 
183  veget:  vegetat;  505  mau  tat  pro  manet.    Ahnliches  findet  sich 
w  den  Glossen  des  Placidus,  p.  4,  18  D.  adsultantes:  adsilientes; 
'J,  3  attrectant:  adtrahunt;  25,  12  captabat:  capiebat;  39,  10  ex- 
tovit:   excitavit;    52,  6  habeo:    habito.     quod   nunc  frequeutative 
^tum  dicitur.     cqui  hie  habet'  pro  *habitat\     71,  3  nandi:  na- 
^^di;  79;  6  resultant:  resiliunt.    Beide  interpretierten  nach  dem 


222    Ed.  Wölfflin:  Die  Verba  frequentativa  und  intensiva. 

Sprachgebrauche  ihrer  Zeit  und  können  keine  Quellen  aus  au| 
steischer  Zeit  abgeschrieben  haben.  Wir  gewinnen  damit  zugle 
einen  Mafsstab  rar  die  Beurteilung  der  Glossenlitterat 
Denn  offenbar  gehören  die  oben  S.  211.  212  vorgefahrten  BeL 
mit  frequenter  der  altern  Periode  an,  die  folgenden  dagegen 
jüngeren:  Gloss.  abav.  minitarentur:  minarentur;  gestare:  gerc 
ductabat:  ducebat;  yalitant  (bisher  nicht  bekannt):  valent.  i 
cod.  Vat.  3321  agitare:  agere;  sectatur:  sequitur;  lapsantes: 
bentes;  imperitat:  imperat.  Die  Quellen  des  Papias  sind  mit 
im  grofsen  Ganzen  älter  als  die  des  cod.  Vatic.  3321.  Dafe  a 
die  Gloss.  abavus  verschiedene  Interpretationen  neboneinan 
bieten,  darf  nicht  befremden,  da  dieselben,  wie  andere  auch,  \ 
verschiedenartigem  Materiale  geflossen  sind. 

Welcher  Grammatiker  hat  nun  zuerst  diesen  Verfall  i 
Form  anerkannt?  Die  grofse  Mehrzahl  folgte  natürlich  bis 
späte  Zeit  der  alten  Tradition;  aber  Servius  verrät  uns  in  d 
Kommentare  zu  Donat  Gr.  lat.  IV  413,  1:  «Juas  Irinas  (inch 
tiva,  raeditativa,  frequentativa)  plerique  veluti  inutiles  refufc 
volunt,  sed  convincuntur  secundum  rationem  naturalem;  mu 
cniui  sunt,  quae  proprie  explicari  nou  possunt  nisi  istis.  Di< 
Gegner  meinten  also  nicht  ohne  Grund,  au  diesen  Formen  hl 
man  nicht  viel  und  es  ginge  ohne  dieselben  auch,  da  man  s: 
mit  velle,  coepisse,  saepe  etc.  helfen  könnte.  Sie  konnten  d 
nur  in  der  Meinung  sagen,  dafs  die  Formen  an  sich  doch  c 
Anfang,  die  Wiederholung  der  Handlung  u.  s.  w.  nicht  deutl 
genug  ausdrückten,  und  die  Inchoativform  hat  ja  in  der  Tl 
ihren  ursprünglichen  Wert  eingebüfst,  wie  die  Desiderativa 
urio  ganz  untergegangen  sind.  Diese  plerique  (=  permulti,  ni 
=  plurimi)  fallen  somit  etwa  in  die  Zeit  des  Noniys,  der  ebei 
die  Frequentativforin  als  eine  wirkungslose  anerkannt  hatte,  i 
was  man  gewöhnlich  'romanisch'  nennt,  trifft  etwa  das  Lat 
des  vierten  Jahrhunderts  nach  Christus. 

München.  Eduard  Wölfflin. 


Die  Yerba  auf  -illare. 

II. 
C.    Yerba,    welche    sicher   von   Verbalstämmen    abzu- 
leiten sind. 

Das  wenige,  was  hier  zu  erwähnen  ist,  führt  in  die  älteste 
Zeit  der  lateinischen  Litteratur  zurück.  Es  sind  Verba,  deren 
Bedeutung  auf  die  Sprache  des  täglichen  Lebens  hinweist,  aus 
dwsen  Bereich  sie  nur  selten  hervorgetreten  sind. 

1)  Conscribo  —  conscribillo.     Von  Varro   bezeugt  uns 
Nonius  p.  82,    dafs    er  für  conscripsi  conscribillavi  gesagt  habe; 
man  schreibt  es  daher  jetzt  Sat.  Men.  76  (Bü.):  Columna  Her- 
culis  nsgl  do^g:    itaque  eas  inceravi  et  conscribillavi  Herculis 
aäiis  vgl.  Roeper  Philol.  IX  232;  ebenso  280  schon  bei  Nonius: 
astrologi  non  sunt?  qui  conscribillarunt  pingentes  caelum.    Die 
Bezeichnung  des  Geschriebenen  als   „Geschreibsel"  wäre  um   so 
harmloser,   als  ja  im  ersten  Satze  der  Schreiber  die  Spitze  des 
Ausdrucks  gegen  sich  selbst  wendet.    Aber  vielleicht  liegt  nicht 
einmal  bestimmt  etwas  Despektierliches  in  dem  Wort;    es  mag 
aneh  nur 'teils  die  kleinen  Schriftzüge,   teils  die  öftere  Wieder- 
holung der  Handlung  bezeichnen  sollen;  der  mangelnde  Zusammen- 
hang  läfst   keine   sichere  Entscheidung   zu.     Nur  einmal   finden 
wir  das  Wort  noch  wieder  aus  dem  sermo  vulgaris  hervorgeholt, 
bei  Catull  25,  1 1 :  ne  laneum  lafusculum  manusqae  mollicellas  inusta 
topiter  tibi  flagella  conscribillent;   das  Gedicht  an  den  cinaede 
ThaUey  mottior  cuniculi  capillo  enthält  auch  sonst  viele  Deminu- 
tiva,  die  auf  den  Weichling  sticheln;   ihm  grade  mufste  schon 
die  Drohung  mit  Geifselhieben  die  zarte  Haut  nur  so  bekritzelt 
zu  sehen  besonders  empfindlich  sein.    Die  Stelle  hat  den  galligen 
Humor,  mit  dem  sonst  die  Komödie  das  oft  berührte  Thema  des 
Prügeins  anzufassen  pflegt.    Davon  gleich  ein  zweites  Beispiel. 

2)  occo  —  occillo.  Plautus  Amph.  183:  qui  tni/ii  aduenienti 
06  occillet  probe.  Die  Richtigkeit  der  Deutung  bei  Goetz-Loewe 
^reggen"    scheint   mir   durch   die   dort  gegebenen  Zusammen- 


224  A.  Fuuck: 

Stellungen  völlig  gesichert,  und  zwar  ist  gewifs  auch  die 
Schreibung  occillo  der  anderen  occilio  vorzuziehen,  da  jene  als 
Deniinutivbildung  wohl  begreiflich,  diese  durch  die  Überlieferung 
bei  „Cyrillus"  auch  handschriftlich  nicht  aufser  allen  Zweifel  ge- 
setzt ist  (vgl.  für  ähnliches  Schwanken  z.  B.  couspicillum  —  con- 
spicilium  bei  Locwe  Prodr.  280  f.).  Freilich  weifs  ich  weder  für 
occo  noch  für  ßakoxoTtcS  oder  ßcoloörQOtpä  diese  bildliche  Ver- 
wendung nachzuweisen;  aber  die  Annahme  eines  solchen  axa% 
eiQtiiisvov  in  der  Komödie  ist  darum  doch  nicht  zu  kühn.  Jeden- 
falls ist  weder  das  oscillet  von  Osbern,  noch  Dousas  ossillet, 
noch  suggillet  (Scriverius-Gertz)  wahrscheinlicher;  wollte  man 
ändern,  so  liefse  sich  auch  an  ein  occellet  oder  auch  occellat 
von  dem  bei  Loewe  prodr.  100  erschlossenen  occello  denken« 

3)   sorbeo  —  sorbillo.     Das    Wort   ist   schon   von   alten 
Grammatikern  öfter  besprochen  und  zwar  durchweg  in  dem  glei- 
chen Sinne,    dafs    es   ein  Beleg   deminutiver   Verbalbildung  sei. 
Hier  die  Zeugnisse:   Diom.  345,  23:  sunt  item  deminutiva  a  per- 
fecta forma,  id  sorbillo;  Cledonius  54,  31:  sunt  quasi  diminutiva, 
qttae  a  perfecta  forma  veniunt,  sorbillo  sugillo  (Donat  IV  382, 3) 
isla  sorbillo  et  sugillo  velnt  diminutiva  sunt,    sed  diminutiva  tum 
sunt,  sed  magis  dcrivativa.     nam  a  primis  significationibus  his  <fe-" 
sccndunt,  ab   eo  quod  est  sorbeo  et  stigo;  Pompeius  Comuientum 
221,  1:  hoc  etiam  in  verbis  possumus  invenire,  ut  sit  verbttm  prin- 
cipale  et  faciat  diminutivum,  ut  est  sorbeo  et  sugo  [sugeo  AB),    ista 
principalia  sunt;   fiunt  inde  diminutiva  sorbillo  sugillo;    Cassio- 
dorius  de  orat.  II  de  verbo:  sorbeo  sugo:  fit  inde  quasi  diminutio 
sorbillo  sugillo.  Sunt  sine  originc  perfectae  fortnae,  ut  vacillo,  pitisso, 
non  enim  facit  pito  vaco.  Überall  ist  die  Schreibung  mit  11  durch  hand- 
schriftliche Überlieferung  wie  durch  die  Beziehung  auf  deminutive 
Wörter  gesichert.    Nicht  so  ganz  an  den  wenigen  Stellen,  wo  das 
Wort  in  der  Litteratur  wirklich  gebraucht  wird.     Terentius  Ad. 
501  schreibt  Umpfenbach  mit  dem  ßembinus:  cyathos  sorbilans 
panlatim  hunc  producam  dient,  ebenso  Fleckeisen  und  Dziatzko; 
die    anderen   Handschriften    haben   den    doppelten    Konsonanten, 
welcher  metrisch  wenigstens  nicht  unerträglich  wäre,  vgl.  Dziatzko, 
Einleitung  zum  Phormio  S.  25.     Aus  ähnlichen  Stellen  mag  sich 
dann   Apuleius    auch    diese    Rarität   wieder  hervorgeholt  haben; 
dafs  er  das  Wort  als  Deminutivum  auffafste,  zeigt  er  Met.  2,  16: 
idque   modico  prius  quam   totum   cxsorbercm   clementer  invadit  ac 


Die  Verba  auf  -illare.  225 

relictum  ptillulatim  labeUis  minucns  meque  respicictis  sorbillat  dxil- 
cäer;  hier  ist  dies  die  einzig  beglaubigte  Schreibung,  während  Met. 
3,  14:  oculos  Fotidis  meae  udos  ac  tremnlos  et  prona  libidine  mar- 
cidos  iam  iafnque  sctniadoperttdos  adnixis  et  sorbillantibus  sa- 
viis  sitienter  hauriebam  —  der  cod.  Laur.  einfaches  1  bietet.  Die 
übertragene  Bedeutung  bedarf  keiner  Erklärung.  Aus  den  Glossae 
„Tsidori"  führt  Vaniöek  1229  noch  ein  sorbillator:  degulator  an. 
Auch  die  bei  Plautus  Poenulus  397:  uictitandum  sorbilo  sowie 
bei  Caecilius  com.  fr.  73:  sine  suam  scnectutcm  ducat  usqiw  ad 
Senium  sorbilo  bezeugte  adverbiale  Wendung  sorbilo  soll  nicht 
unerwähnt  bleiben.  Bei  Caecilius  (aus  Festus  p.  339)  beruht 
sorbilo  auf  Bentleys  Verbesserung  des  überlieferten  sorbitio  (Spengel 
sorbito,  Grauert  sonticum),  welchem  die  Schreibung  mit  11  noch 
näher  bliebe;  an  der  Plautusstelle  hat  wenigstens  cod.  F.  sor- 
billo,  was  man  an  dieser  Versstelle  schon  mit  Hinweisung  auf 
solche  Verkürzungen  wie  Stichus  226:  cauillationes  rechtfertigen 
mutete.  Es  läfst  sich  nämlich  nicht  leugnen,  dafs  eine  echt  demi- 
nutive Form  hier,  wo  von  den  kleineu  Bissen  des  armen  Schluckers 
die  Rede  ist,  sehr  wohl  passen  würde.  Doch  mag  man  hierüber 
denken,  wie  mau  will,  für  das  Verbum  steht  fest,  dafs  die  Gram- 
matikerzeugnisse doppeltes  1  fordern,  die  Handschriften  es  wenig- 
stens nicht  verbieten.  Ist  es  danach  nicht  wohl  berechtigt,  das 
Wort  mit  anerkannt  deminutiver  Bedeutung  auch  zu  schreiben, 
wie  sonst  ähnlich  klingende  Deminutiva  meistens  geschrieben 
werden?  Dennoch  thut  man  gut  die  Entscheidung,  welche  auch 
für  andere  Fälle  mafsgebend  sein  wird,  vorsichtiger  zu  formu- 
lieren. Zwar  darüber  liefse  sich  hinwegkommen,  dafs  eigentlich 
nur  -lo  das  deminutive  Suffix  ist-,  wo  sonst  eiii  i  vor  demselben 
steht,  ist  die  Weiterbildung  zu  illo  in  eben  dieser  Schreibung 
fast  aus3chliefslich  herrschend;  vgl.  Corssen  II  527  ff.;  nur  equila, 
nubilus  und  vielleicht  mutilus  —  mutilare  (Corssen  II  153)  könnte 
man  ausnehmen.  Viel  wichtiger  ist  dieses.  Wir  wissen,  dafs 
überhaupt  das  Lateinische  im  Inlaut  oft  zwischen  einfachem  und 
doppeltem  1  schwankte,  wozu  Corssen  I  226  f.  zahlreiche  Belege 
giebt,  Ott,  JJhb.  1874, 1,860  die  in  der  Volkssprache  übliche  Zurück- 
nahme des  Tones  auf  die  Stammsilbe  dieser  Verba  zur  Erklärung 
heranzieht.*)    Die  Handschriften  mögen  also  auch  in  diesem  Falle 

*)  Selbst  für  pugilor,  pugilatus  u.  ähnl.  liest  man  an  mehreren  Stellen 
gut  beglaubigt  11;  und  doch  zweifelt  niemand,  dafs  diese  Wörter  von  pugil 
and  nicht  etwa  von  pugillus  „die  Handvoll"  herzuleiten  sind. 


226  A.  Funck: 

die  Unsicherheit  der  Aussprache  wiedergeben,  «und  man  gewinnt 
einen  neuen  Beleg  zu  dem  Corssenschen  Satz:  „Aus  diesen  Schwan- 
kungen der  Schreibweise  erhellt,  dafs  11  im  Inlaut  lateinischer 
Wörter,  da  das  zweite  1  nach  Plinius  sehr  dünn  lautete,  dem 
einfachen  1  sehr  ähnlich  klang."*) 

D.  Yerba,  bei  denen  wenigstens  Anlehnung  an  Verbal- 
stämme angenommen  wird. 

1)  focillo.  Wieder  ist  die  Überlieferung  sehr  schwankend,  und 
die  Herausgeber  haben  daher  bald  focilo,  bald  focillo  vorgezogen. 
Will  man  der  Etymologie  folgen,  so  ist  doppeltes  1  mehr  be- 
rechtigt, sobald  es  gelingt,  deminutiven  Charakter  an  dem  Worte 
nachzuweisen.  Kessler  sowohl  wie  Schwabe  behaupten  ihn  be- 
stimmt, ohne  der  Bedeutung  weiter  nachzugehen.  Die  Schwierig- 
keit das  Wort  unmittelbar  von  fovere  abzuleiten,  verkennt  aber 
Schwabe  keineswegs,  und  sie  ist  auch  durch  Corssens  Annahme 
(Krit.  Beitr.  S.  57)  eines  Stammes  fogu  —  *foguere  —  fovere, 
welches  eben  doch  nur  eine  Annahme  ist,  nicht  gelöst;  nach 
sorb-illare,  conscrib-illare  erwartet  mau  doch  fov-illare.  Mindere 
Schwierigkeit  bietet  Vaniöeks  Deutung,  welche  sich  ähnlich  schon 
bei  Gros  ad  Suet.  Aug.  17  findet.  Wenn  man  zu  focnlus  bei 
Nonius  p.  10, 11  ein  foculo  =  foveo  findet,  aus  üloss.  Labb .**)  ein 
focillus  „kleiner  Herd"  überliefert  wird,  so  würde  freilich  zunächst 
ein  von  diesem  Concretum  abgeleitetes  Verbum  nur  etwa  be- 
deuten „mit  einem  kleinen  Herd  in  Verbindung  bringen"  oder 
„einen  kleinen  Herd  machen".  Das  ist  aber  gar  nicht  der  Sinn 
des  oft  gebrauchten  Wortes.  Vielmehr  heifst  es  „(durch  Erwär- 
mung) wiederbeleben,  hegen  und  pflegen";    die  Bedeutung  weist 


*)  cantilo,  welche»  man  doch  wohl  am  leichtesten  aus  canto  mit  einer 
Anlehnung  an  cantilena  herleitet,  steht  nur  viermal  bei  Apuleius  und  jedes- 
mal in  den  besten  Handschriften  mit  einem  1.  Die  deminutive  Bedeutung, 
welche  Georges  durch  die  Übersetzung  „trillern"  anzudeuten  scheint,  ist  an 
keiner  Stelle  geboten;  es  fällt  also  auch  diese  Stütze  für  11  fori  Das  Wort 
verdankt  seinen  Ursprung  wohl  nur  der  affektierten  Laune  des  Apuleius. 
Met.  IV  8:  strepitu  cantilant  sc.  iuvencs;  Flor.  3  (K.  4,  14):  gratissime 
cantilat  sc.  Apollo;  15  (K.  17,  17):  quos  Anacrcon  cantilat;  17  (27,  8): 
in  solitudine  cantilavit  »Orpheus  in  silvis,  inter  delphinas  Arion"  (=- Verg. 
Ecl.  VIII  56).  Du  Cange  führt  das  Wort  in  gleicher  Bedeutung  aus  einem 
späten  Autor  an;  mit  welchem  Recht  er  11  schreibt,  weifs  ich  nicht  zu  sagen. 
**)  Die  Redaktion  inufs  diese  (Jitatione weise  stehen  lassen,  bis  wir  das 
Corpus  glossarum  besitzen. 


Die  Verba  auf  -illare.  227 

also  allerdings  gradeswegs  auf  fovere  hin,  mit  welchem  es  z.  B. 
bei  Fronto  p.  88,  5,  bei  Cyprianus  ep.  18,  2  p.  524,  11  eng  ver- 
bunden wird.  Vielleicht  ist  es  erlaubt,  die  Form  so  zu  erklären, 
dafe  unter  dem  Einflufs  der  oft  gehörten  Nomina  focus  und  fo- 
culos  das  c  in  das  Verbum  eindrang*);  die  Bedeutung  legte  eine 
Anlehnung  an  Koseformen  nahe.  Von  einer  eigentlichen  Er- 
wärmung des  Korpers  ist  an  keiner  Stelle  die  Rede;  die  sinn- 
liche Bedeutung  ist  sogar  überhaupt  seltener  belegt  als  die  über- 
tragene. Fronto  erzählt  p.  88,  5  von  sich,  die  Cholera  habe  zwar 
den  Ärzten  nicht  einmal  die  occasio  ac  tempus  fovendi  gelassen; 
schließlich  doch:  focilatus  totus  sum\  bei  Plinius  ist  es  zweimal 
in  den  Briefen  von  jemand  gesagt,  welcher  sich  von  heftigen 
Schlägen  erholen  niufs:  ep.  3,  14,  4:  aegre  focilatus;  3,  16,  12: 
focilata  .  .  .  inquit;  ganz  ähnlich  bei  Cyprianus  ep.  40  p.  586,  5: 
der  Leidende  ist  zwar  semiustidatus  et  lapidibus  obrutus  et  pro 
mortuo  derelictus,  allem  der  Sorge  der  Tochter  gelingt  es,  ihn 
zu  finden:  seniianimis  inventus  et  extracttis  et  focillatus  a  comir 
tibns  .  .  .  retnansit  invitus;  Pelagonius  30  p.  105:  cibariis  foci- 
Utur.**)  Wieder  einmal  ist  die  bildliche  Verwendung  viel  älter 
bezeugt;  aus  Varro  hat  es  uns  Nonius  als  Deponens  erhalten 
481,  12:  de  vita  P.  R.  2  fr.  7:  prqpter  secundas  sublato  metu7  non 
in  commtmi  spcctant,  sed  sutim  quisque  diversi  commodum  focila- 
tur  (alii  focillantur),  dann  im  Aktiv  bei  Seueca  epist.  13,  14: 
pudet  me  ibi  sie  tecum  loqui  et  tarn  lenibas  te  remediis  fo ciliare; 
Sueton.  Aug.  17:  M.  Antonii  societatem  setnper  dubiam  et  incertam, 
reconciliationibusqiw  variis  male  focillatam,  abrupit  tandetn;  Cy- 
prianus ep.  18,  2  p.  524,  11:  ceteram  quoqtte  partem  plebis  qttae 
lopsa  est  praesentia  vestra  fovete  et  ut  a  fkle  et  misericordia  Do- 
*m  non  deficiant  vestro  solacio  focillatc;  Hieron.  epist.  I  32,  2: 
faplici  pietatis  officio  focillavi.  Man  sieht,  wie  die  lindernde 
Heilkraft  der  Wärme  von  körperlichen  auf  seelische  Leiden  über- 
tragen wurde,  ein  Bild,  welches  ja  auch  unseren  Anschauungen 
wohl  vertraut  ist  Dafs  bei  einem  Worte  von  solcher  Bedeutung 
Zusammensetzung  mit  re-  nahe  lag,  ist  offenbar,  und  so  findet 


*)  Auf  foculo  wage  ich  nicht  mich  bestimmt  zu  berufen,  da  die  Worte 
"e*  Nonius:  focula  dieta  sunt  nutrimenta;  unde  et  focularc  dicitur  ut  fo- 
t>€r^  über  den  Gebrauch  und  Sinn  des  Wortes  doch  gar  zu  wenig  Deutliches 
^saagen. 

**)  Vgl.  Festus  85,  6:  focus,  f Omenta,  focillationcs,  foculi  a  fovendo, 
G«t  calefaciendo  dieta  sunt. 


228  A.  Funck: 

sich  denn  in  der  That  rcfocillo  in  späterer  Zeit  besonders  häufig. 
Zwar  Sencc.  ben.  III  9,  2:  efficacibus  remcdiis  refocillasse  lugen— 
tan  gilt  jetzt  für  unecht,  und  an  den  beiden  oben  genanntem. 
Stellen  aus  Plinius'  Briefen  steht  jetzt  das  Simplex;  desto  öfter- 
begegnet  man  dem  Kompositum  bei  Kirchenschriftstellern  von. 
Hieronymus  an  bis  auf  Paulus  Diaconus  hinunter,  ja  noch  später. 
Der  sinnlichen  Bedeutung  von  refoveo  z.  B.  Apul.  Met.  IV  8:  lavacro 
refoti  blieben  am  nächsten  Stellen  wie  Hieron.  ep.  II  108,  7= 
rcfocillato  paululum  corpusculo}  vita  Malchi  §  10,  ep.  II  108, 14; 
I  1,  14;  Vulg.  Judic.  15,  19;  Judith.  7,  7;  Thren.  1,  11;  1.  Regg. 
IG,  23  (überall  ltt;  Aethicus  V,  65  p.  44,  28:  refocillatas  . . . 
vires;  Cassian  coen.  inst.  3,  9;  Hist.  misc.  XX  33  und  noch  Poetae 
aevi  Carol.  II  268  I:  ad  rcfocillandum  corpus  (aus  Heitonis  visio 
Wettini  etwa  v.  J.  824).  Danebenher  geht  zu  allen  Zeiten  die 
übertragene  Verwendung;  schon  iu  dem  herrlichen  Gebet  des 
Augustinus  am  Schlüsse  der  Meditationen  heifst  es:  pota  tue  In- 
terim fletibus  meis,  refociUa  me  doloribus  meis  (41);  ebenso  roa- 
nuale  9:  quibus  tamlem  refocillatus  delictis  .  .  .  in  te  requicsco; 
und  so  öfter  z.  B.  Hier.  Orig.  Hom.  Luc.  227  B  Migne:  trepidantem 
refociUat;  auch  noch  bei  Paulus  Diac.  (M.  95)  S.  Arnolfi  vita 
733  c:  ut  .  .  .  innumerdbilis  virorum  ac  imdicrum  caterva  ad  eum 
refocillanda  festinaret  Man  hat  hier  also  offenbar  ein  Wort, 
welches  iu  der  ganzen  späteren  Latinitiit  gut  eingebürgert  war, 
uud  für  jene  Zeiten  bedurfte  es  mindestens  nicht  erst  einer 
Erklärung,  wie  sie  Georges  aus  Gloss.  Labb.  und  Thomae 
Thes.  beibringt:  t)  refocilat  (so!)  ävccxtärai  xbv  leixofrviiyoccvtif 
(=  Philox.  p.  185),  vgl.  Thoni.  thes.  213:  „refocilo,  nutrirc  et  inde 
refocilatus,  a,  um";  refocilat io  Thoin.  thes.  213.  Ich  habe  die 
Belegstellen  überall  in  der  Schreibung  der  besten  Ausgaben  ge- 
geben: 1  wechselt  mit  11;  das  letztere  dünkt  mir  auch  hier  durch 
die  wahrscheinliche  Etymologie  und  die  der  deminutiven  nahe 
stehende  Bedeutung  als  da*  ursprünglichere  begründet  Es 
scheint,  dafs  hier  wie  öfter  die  deminutiven  Formen  die  Stamm- 
wörter foveo  —  refoveo  in  späterer  Zeit  allmählich  zurücktreten 
liefsen. 

2)  obstri(n)gillo.  Wieder  ist  zu  einer  Entscheidung  über 
die  Schreibung  nur  zu  gelangen,  wenn  man  auf  Grund  der  fest- 
stehenden Bedeutung  den  Ursprung  des  Wortes  zu  erklären  ver- 
sucht. Aus  offenbar  lebhaftere  in  Gebrauch  im  ältesten  Latein 
ist  e>  nur  spärlich  in  die  spätere  Zeit  hinübergerettet     Bei  No- 


Die  Verba  auf  -illare.  229 

nius  147  lesen  wir:  obstringillare,  obstarc.     Ennius  Satyrarum 

]ih.U: restitant,  occurrunt,  obstring illant,  ovagitant.  Varro  Manio: 

lex  neque  innocenti  propter  simultatcm  obstringillat,  neque  nocenti 

fropter  amicitiam  ignoscit.     Idem   de  re  publica  Hb.  V:  qui  quod 

wvidis  tanto  scriptori  obstringillandi  causa,  ut  cum  praeclara 

quaedam,  quae  laudes.    Idem  de  vita  P.  R.  üb.  IV:  quod  Curio,  cum 

AJ  fecisset,  dicebat  amicis,   ut  Uli  renuntiaretur,  se  obstringilla- 

turum,  ne  triumphus  decerneretur  aut  ne  iterum  fieret  consul.   Dazu 

finden  wir  in  unserm  Varrotext  de   re  rust.  I  2,  24:    tu}  inqutt, 

mvides  tanto  scriptori,  et  obstrigillandi  causa  siglinas  repreliendis; 

ferner  Varro  Sat.  Men.  202,  5  R  (=  436  Bü.) :  aemulum  illius  artis 

atque  obstrigilatorcm,  quapropter  aliquot  annos  quaesti  nihil  fe- 

cerit;  hier    ist  jedoch  bei  Nonius  492  überliefert  öbtrigilatarem} 

jenes  Verbesserung  der  Aldina,  Bücheier  schreibt  obstrigülatorcm. 

Auch  Isidorus  orig.  X  200:  obtrcctator  .  .  .  qui  obstringillando 

offiriendoque  non   sinat   quetnpiam  progredi  et  augescere  mag  auf 

dem  Sprachgebrauch .  einer  älteren  Zeit  beruhen,   und   es  bleibt 

somit  nur  eine  einzige  Stelle  eines  nachchristlichen  Schriftstellers 

übrig,  welche  auf  einer  freilich  wohl  sicheren  Konjektur  beruht, 

Seneca  ep.  115,  6:  nemo,  inquam,  non  amore  eins  arderet,  si  nobis 

Harn  videre   contingeret  (sc.  faciem  boni  viri):   nunc  enim  multa 

obstrigillant  et  aciem   nostram   aut  splendore  nimio  percutiunt, 

aut  obscuro  retvnent;  der  Gegensatz  folgt  gleich:  aciem  animi  libe- 

rare   inpedimentis.     Offenbar   ist  nach   diesen  Beispielen   Nonius' 

-  Wiedergabe  durch  obstare  richtig.     Auch  seine  Schreibung  ob- 

stringillo?   Darüber  wird  gestritten.   Kettner,  Krit.  Bern,  zu  Varro 

und  lat  Gloss.  Rossleben  1868  S.  21  macht  darauf  aufmerksam, 

dafs  de  re  rust.  I  2,  24  die  älteren  Ausgaben  vor  Victorius  obstrigi- 

gilandi  haben  und  diese   Form   auch   der  Leidensis   des   Nonius 

p.  147,  13   bietet;    auch    das    erwähnte    obtrigilatorem    bestätige 

diese  Schreibung,  nur  eine  falsche  Etymologie  habe  in  Anlehnung 

an  conscribillo  u.  a.  verführt  obstringillo  zu  schreiben;  das  Wort 

sei  abzuleiten  von  strigilis.    Vermutlich  denkt  er  sich  die  Sache 

so,  dafs  eine  ähnliche  Anschauung  wie  bei  unserem  „gegen  den 

Strich  reiben"  zu  Grunde  liege,  obwohl  er  das  nicht  sagt.     Ein 

strigilare,  welches  Kettners  Annahme   stützen  könnte,  fehlt;    er 

selbst  giebt  zu,   dafs  die  Lesarten  des  Lemma  wie  der  übrigen 

Nöniusstellen  für  obstringillo  sprechen.     Man  wird  danach  doch 

versuchen,  ob  nicht  eine   Erklärung  dieser  Schreibung  möglich 

ist.    Die  obstrigilli,  von  denen  Isidorus  19,  34,  8  erzählt:  obstrigiUi 


230  A.  Funck: 

sunt,  qui  per  plantar  cmsuti  sunt,  et  ex  superiore  parte  corrigii 
trahitur,  ut  constringantur :  unde  et  nominantur  bringen  uns  nicl 
weiter;  die  bei  Du  Cange  genannte  Stelle  aus  Hincmar  Reni.I65( 
wo  die  obstrigilli  Leute  sind,  welche  obstrittgant  Jmmanorum  aän 
oculmum  wage  ich  nicht  zur  Deutung  eines  so  alten  Worte 
heranzuziehen.  So  bleibt  nur  das  Verbuni  obstringo,  an  welche 
doch  offenbar  diejenigen,  welche  obstringillo  schrieben,  dachte] 
Von  dessen  verschiedenen  Bedeutungen  liegt  hier  am  nächste 
die  bildliche  „(in  Schwierigkeiten)  verwickeln";  Beispiele  sin 
häufig,  ich  nenne  nur  die  Verbindung  mit  scelere,  sceleribti 
Cic.  II  Verr.  I  8;  IV  71;  parricidio  pro  Sulla  6;  conscientia  sa 
leris  Liv.  IV  17,  5;  aere  alieno  Cic.  XI  Farn.  10  ad  fin.;  debit 
Seneca  VT.  Benef.  11;  legibus  Cic.  2.  Inveni  45.  Dafs  das  Bh 
dende  als  eine  Widerwärtigkeit,  ein  Hemmnis  empfunden  win 
ist  leicht  begreiflich.  Schwierig  dagegen  ist  die  deminutiv 
Form  zu  erklären.  Das  einzige  scheint  mir  anzunehmen,  d&J 
in  jener  Zeit  Wörter  wie  das  gleichfalls  Varronische  conscribill 
häufig  genug  waren,  um  Analogiebildungen  zu  ermöglichen,  od 
dafs  das  Deminutive  hier  jene  böse  Nebenbedeutung  hatte,  toi 
welcher  Wölffiin  a.  a.  0.  schlagende  Beweise  giebt.  Es  wflnl 
also  übersetzt  werden  mit  „kleinlich  im  Wege  stehen,  ver 
wickelnde  Schwierigkeiten  bereiten".  Wollte  man  für  die  For 
inen  ohne  n  andere  Gründe  als  blofse  Schreib  versehen  suchen 
so  wäre  an  das  häufige  Verklingen  des  lateinischen  Nasals  n 
erinnern. 

3)  Kein  einziges  der  hierher  gehörigen  Verba  hat  soviel  fl 
reden  gegeben  wie  Hii(g)gillo.  Eingehend  hat  zuletzt  Ott  in  de 
Anzeige  von  Rönsch,  Das  neue  Testament  Tertullians,  JJhb.  1874 
1,  858  ff.  über  die  höchst  schwankenden  Schreibungen  und  wech 
selnden  Bedeutungen  des  Wortes  gehandelt,  sugilo  und  suggil 
werden  durch  die  Tonversetzung  auf  die  Stammsilbe  erklär 
welche  die  Verdoppelung  des  g  nach  sich  zog;  ob  sugillo  od< 
suggillo  richtiger  sei,  mufs  die  Etymologie  entscheiden.  Hild 
brands  Ableitung  (zu  gloss.  Paris.  S.  279)  von  gula  wird  m 
Recht  verworfen,  ebenso  die  des  Festus  302,  27  von  gr.  xvlo 
Auch  Rönsch's  Versuch  a.  a.  0.  S.  604  suggilo  mit  sub  cilio  co 
hindere  zu  erklären  hält  nicht  Stich;  von  allem  Lautlichen  a 
gesehen  sind  doch  die  paar  Stellen,  wo  das  Verbum  gr.  xwomdl 
wiedergiebt  —  cod.  Vindob.  Luc.  18,  5;  gloss.  Philox.  p.  206  su 
gillat:   jrAijtftfff,  vitcima  noui,  suggillatio:    vittoitiaGpog,  su 


•  Die  Verba  auf  -illare.  231 

gilatns:  vx&xiaöfatg;  vgl.  Georges,  Philol.  Anz.  1872  S.  139*), 
—  zu  vereinzelt,  um  dem   weitverzweigten  Gebrauch   auch  viel 
früherer  Zeiten  zu  Grunde  gelegt  zu  werden.    Wahrscheinlich  hat 
weh  Ott  sie  aus  diesem  Grunde  nicht  weiter  berücksichtigt.    Ott 
selbst  geht  auf  Donatus,  Cledonius,  Pompeius  und  Gassiodorius 
larflck,  deren  Worte  oben  unter  sorbeo  angeführt  sind;    sugillo 
ist  ihm  ein  richtiges  Deminutiv  um,   insofern   dieses  „nicht  nur 
etwas  Kleinliches,  sondern  auch  etwas  Fehlerhaftes,  Karikiertes 
(fgl.  conscribillo)  bezeichnet."    Nun  aber  das  Bedenkliche.   Schon 
6.  J.  Vossius   sagte  im  Etym.  u.  d.  W.:  proprio  dicitur  de  ma- 
cnlis  quae  nimio  suetu  fiunt;  aus  der  Bedeutung  „saugen"  leitet 
Ott  ebenso  erstlich  die  ab  „durch  drücken,  reiben,  stofsen,  schlagen 
male  verursachen"   dann  zweitens  die  übertragene  „höhnen,  spot- 
ten" so,    dafs   „das    tertium  comparationis   in  der  beim  saugen 
entstehenden  ausstofsung  und  einziehung   des  athems  durch  die 
nue  zu  suchen  ist,  worin  bekanntlich  die  alten  ein  zeichen  des 
hohnes    und    spottes    erblickten."     Gleich   die  erste   Bedeutungs- 
entwickelung leuchtet  mir  nicht  recht  ein.     Sollte  man  wirklich 
im  Altertum   so  oft  und  so  gewaltig  haben  saugen  sehen,  dafs 
ttn  Verbum,   welches  ursprünglich   doch  nur  ein   wenig,    wenn 
such  ein  malitiöses  wenig  saugen  bedeutete,  bald  nur  noch  „blut- 
rünstige Male  ziehen,  blaue  Flecke  schlagen"  bezeichnen  konnte? 
Bier  komme  ich   über  ein  „non  liquet"  nicht  hinaus.     Annehm- 
barer ist  die  freilich  auch  künstliche  Ableitung  der  anderen  Be- 
deutung des  Höhnens  und  Spottens,  weil  sie  in  der  That  durch 
die    umgekehrte    Entwickelung    bei    ftv£o    ^vx^ttp    ^vxrtjQ^m 
einigen  Anhalt  bekommt.     Mir  scheint,  über  die  Etymologie  ist 
auch   nach  diesem  Versuche  Sicheres  nicht  ermittelt.     Es  wird 
daher  wieder  unsere  Aufgabe  sein,  vor  allen  Dingen  festzustellen, 
ms  welcher  Grundbedeutung  die  verschiedenen  Gebrauchsweisen 
nch  am  ungezwungensten  erklären  lassen.  —  Aus  dem  Altertum 
«fod  neben  den  bereits  erwähnten  Etymologieen  mehrere  Über- 
setzungen   erhalten,    welche   die   sinnliche   Bedeutung  festhalten. 
FUcidus  80,  22  sagt:  sug  illare  est  yidatn  cotistringere,  quomodo 
Äetmtis  strangtdare.    sugillo  actiuum,  sugillor  passiuutn;   dazu 
fohrt  Deuerling  aus  dem  lib.  gloss.  an:  sugillavit,  gulae  manum 


*)  Man  könnte  noch  Varro  Sat.  Men.  238  Bö.  hinzuziehen:  nc  filii  pa- 
trikus  .  .  .  8uggillent  (suggilent  L.)  oculos  hinzufügen;  freilich  erklärt  es 
Nonius  hier  mit  obeludo. 


232  A.  Funck:  m 

iniecit;  das  wäre  also  soviel  wie  „erdrosseln,  zuschnüren";  Tgl. 
noch  suggillat:  suffocat  glos.  asbest.,  sugillare:  strangüllare 
cod.  Sangall.  912,  sugillat:  suffocat,  stramjulat  cod.  Vat.  3321, 
sugillat:  suffocat,  strangulat,  inridet  gl.  Abav.,  sugillare:  gulam 
stringere,  suadendo  concitare,  inridere  Papias.  Hiermit  läfst  sich 
auch  Nonius*  Erklärung  mit  obeludere  wohl  vereinigen;  nur  ist 
in  seinem  Beleg  aus  der  lex  Maenia  (s.  oben)  nicht  von  der 
Kehle  die  Rede,  sondern  die  Augen  sind  der  Teil,  welcher  ge- 
waltsam zugedrückt  wird.  Eben  diese  Verbindung  aber  begegnet 
noch  wieder  bei  Plinius  31,  100:  ex  ictu  vero  subfusis  cruore  ocuüs 
suggillntisve;  die  Quetschung,  welche  hier  allerdings  durch 
einen  Schlag  bewirkt  ist,  hiuterläfst  sugillationes,  vgl.  ebenda 
31,  100:  sal  .  .  .  contra  subfusioncs  oculorum  .  .  .  teritur,  privatim 
suggillationibus  in  linteolo  involutus  crebroque  ex  aqua  ferventi 
inposiius;  32, 74:  reliquae  carnes  inpositae  suggillationem  rapiunl; 
andere  Rezepte  stehen  20,  55:  alium  .  .  .  suggillata  aut  liventia 
ad  colorem  reducit;  28,  132:  caseus  recens  cum  ntelle  suggillata 
etnendat.  Die  beiden  letzten  Stellen  beziehen  sich  nicht  mehr 
auf  Verletzung  der  Augen;  ebensowenig  Seneca  ep.  13,  2:  non 
potest  athleta  magnos  Spiritus  ad  certatnen  adferre,  qui  numquam 
suggillatus  est:  ille,  qui  sanguinem  suum  videt  e.  q.  s.  (vielleicht 
auch  Tertull.  Marc.  IV  34),  und  endlich  eine  ganze  Reihe  von 
Stellen  aus  des  Gregorius  Turonensis  Schriften:  h.  F.  3,  5  p.  112, 
15:  suggilatus  est  =  4,  20  p.  158,  7  sugillatus  est;  4,  28 
p.  164,  10:  suggillari  iussit  a  jmero;  7,  7  p.  294,  15:  sng- 
gillavit;  9,  34  p.  389,  23:  domina  mea  suggillatur ;  10,  8 
p.  414,  15:  suggillata  reperitur;  gl.  mart.  87  p.  547,  4:  $u- 
gillavi;  überall  pafst  sowohl  die  Übersetzung  „erdrosseln" 
wie  „erschlagen";  Forcellini  erklärt:  suffocare.  Dies  die  Stellen 
mit  unzweifelhaft  sinnlicher  Bedeutung.  Mir  scheint,  folgendes 
ist  danach  klar.  Wie  Placidus'  Erklärung  die  Ableitung  von 
gula  nicht  wahrscheinlicher  macht,  so  wenig  braucht  man  sich 
durch  die  Stellen,  wo  das  sugillare  in  Verbindung  mit  dem 
Auge  gebracht  wird,  nötigen  zu  lassen  die  schon  lautlich  kaum 
denkbare  Herleitung  von  sub  und  cilium  begründet  zu  finden. 
Aus  der  Bedeutung  „quetschen,  drücken,  stofseu"  ergiebt  sich 
leicht,  dafs  auch  die  sichtbar  zurückbleibende  Spur  dieser  Korper- 
verletzung mit  eben  diesem  Worte  bezeichnet  werden  konnte; 
daher  die  loca  sugillata,  die  sugillationes  bei  Plinius.  Nur  glaube 
ich    nicht    wie   Ott,    dafs   diese  letztere   die   Grundbedeutung   ist, 


Dio  Verba  auf  -illare.  233 

und  ich  mufs  gestehen,  dafs  ich  nicht  sehe,  wie  von  sugere  aus 
zn  jener  oder  dieser  Bedeutung  zu  gelangen  ist*) 

Ohne  Schwierigkeit   aber    schliefst   sich   an  diese   sinnliche 

Bedeutung  des  körperlichen  Quetschens  und  Stofsens  die  häufigere 

des  geistigen  Verletzens.     Dafs  die  Wunde  mehr  die  momentan 

heftig  wirkenden  Hohns  als  die  tiefschneidenden  Schmerzes  ist, 

wird  wie  bei  cavillor  grade  durch  die  deminutive  Form  angedeutet 

sein.    Liegt  nicht  unserni  „geifseln"  ein  mindestens   verwandtes 

Bild  zu  Grunde?    Eben  diese  Übersetzung  aber  würde  an  vielen 

Stellen  treffend  den  Sinn  des  sugillo  wiedergeben.    So  besonders 

bei  Valerius  Maximus,  der  wie  kaum  ein  anderer  das  Wort  und 

seine  Ableitungen  bevorzugt  hat:    III  2  ext.  1:    testari  volitit  se 

Fulvi  crudelitatem  sugg illare  quam  senatus  miserkordia  uti  ma- 

hisse,  vgl.  IX  2:  quem  modum  sibi  ipsa  statuet  sc.  crudelitas,  si  ne 

suggillationis  frenis  fuerit  revocata?  V  3  §  4:  invalidae  ad  hoc 

mmistrum  suggillandum  lüterae;  Senec.  de  ben.  V  22,  3:  quodsi 

admonitionis  quoque  suggillationem  ingratis  remittimus,  segniores 

ad  reddenda  beneficia  faciemus.    Diese  strengere  Bedeutung,  welche 

vielleicht  auch  in  dem  sugillet:  condemnet  des  gloss.  cod.  Vai 

3321  Ausdruck  gefunden  hat,  ist  ganz  vorzüglich  dem  Tertullian 

eigen;  es  werden  notam  innrere,  öbiurgare,  incusare  als  Synonyma 

angeführt;  Belege:  Apol.  4:  ad  sugillandam  odii  .  .  iniquitatem} 

39:  coenulas  nostras  practerquam  sceleris  infames  ut  prodigas  quoque 

suggillatis,  Marc.  IV  17,  18,  27;  V  14;  sugillatio  Resurr.  10, 15; 

Apol.  1 1 ;  wohl  auch  Res.  Carn.  49 :  et  hoc  enim  infttlciens  apostolus 

carnem  et  sangitinem  de  fructibus  ipsorum  manducandi  et  bibendi 

snggillavit  („tadelnd   nennen"?).     Ahnlich  Hieronymus   Comm. 

Matth.  9,  13:  sugillat  Scribas  et  Pharisaeos  =  „er  trifft,   rügt". 

Auch  sonst  aber  wird  das  sugillare  kaum  je  harmlosen  Spott 

bezeichnen;  der  verletzende  Hohn,  oft  sogar  ein  Schimpf  ist  die 

Bedeutung  der  sugillatio.  Vgl.  Placidus  82,  26  sugillavit:  irrisit. 

So  schon  bei  Livius  IV  35, 10:  primis  annis  sugillatos7  repulsosy 

risui  patribus  fuisse:  desisse  postremo  praebere  ad  contumcliam  os 

sc.  viros  speetatos,  vgl.  sugillatio  Livius  XLIII  14,  5:   id  non  .  .  . 


*)  Die  Hauptstütze  für  die  Erklärung  von  Rönsch,  Luc.  8,  15:  vindi- 
cabo  Warn,  ne  in  novissimo  venipns  sugg  Met  me  (vnoanuitrj)  läfct  sich  auch 
aas  unarer  Bedeutung  erklären;  Luther  übersetzt  mit  „übertäuben";  konnte 
nicht  der  lateinische  Übersetzer  ebenso  gut  das  drastische  griech.  Bild 
durch  ein  anderes  ersetzen  und  sagen:  „dafs  sie  mich  nicht  mit  Bitten  be- 
dränge, gleichsam  erdrücke"? 

Archiv  fflr  Ut.  Lexikogr.  IV.    Heft  2.  IG 


234  A.  Fnnck: 

sine  sugillatione  constdum  mandatum  est;  Valerius  Max.  VII  5,  5; 
Sylla  repulsa  praeturae  suggillatus  est,  VII  8,  9:  sanctissima  iura 
scurrili  lusu  suggillanda  sibi  desumpsit,  V  2  ext.  4:  cuUum  .  . . 
neglectum  suggillandi  gratia  referenius;  sugillatio  ähnlich  II  3, 1; 
VI  9,  12;  Petronius  128:  noli  suggillare  miserias;  Tertullian 
Val.  6:  sicubi  tarnen  indignitas  meruerit  suggillari  (syn.  ridere)\ 
Hieronymus  comm.  in  Matth.  c.  10,  3  =  61  C  Migne:  ne  .  .  su- 
gillare  evangelistam  viderentur,  epist.  96,  8:  Christum  \ibiq\te  su- 
gillat  iniuriis  et  diabolum  honore  sustollit,  ep.  108,  18;  121,  I  col. 
1009;  ep.  82,  6;  Cassiodorius  II  M.  70,  350  D:  vilem  rem  laudando 
suggillat;  Porphyrio  Hör.  Serin.  II  5,  1:  Iwc  fuit  apud  veteres 
moris,  ne  praesentes  suggillarent  aut  saeculi  praesentis  lacerarent 
mores;  Ulpianus  dig.  2,  4,  10:  si  famosa  actio  non  sit  vd  pudorem 
non  suggilat  („Hohn  spricht,  verletzt"),  44,  4,  4:  adversus  pa- 
rcntes  patronosque  neque  doli  exceptio  neque  alia  quidem,  quae  pa- 
troni  parentisve  opinionem  apud  bonos  mores  suggillat  („verletzt"); 
Aldkelin  45:  ferinis  rictibus  suggillaretur,  95:  sciolos  . .  sugil- 
lare  a  quoquam  autumer,  ebenda  sugillatio.  Wie  wir  dann  oben 
die  Bedeutung  „tadelnd  nennen"  zu  erkennen  glaubten,  so  stellt 
sich  hier  die  verwandte  „höhnisch,  verächtlich  nennen"  für  mehrere 
Hieronymusstellen  als  die  zutreffendste  heraus:  in  Jes.  II  3,  51 C: 
Domintis  .  .  .  in  evangclio  (Math.  13,  55;  Marc.  6,  3)  filius  fabri 
suggillatur,  Mal.  1,  6  col.  1547  C:  Iudaei  filii  diaboli  sugil- 
lantur  (ev.  Johan.  8,  44). 

Es  ist  nun  das  Verdienst  Otts,  darauf  aufmerksam  gemacht 
zu  haben,  dafs  mit  diesen  Bedeutungen  eine  andere  «=  suggerere 
„eingeben'*  kaum  in  Einklang  zu  bringen  ist  Dafs  die  alten 
Orthographen  einen  etymologischen  Zusammenhang  von  suggero 
und  suggillo  annahmen,  scheint  aus  mehreren  Stellen  hervor- 
zugehen: Marius  Victoriuus  I  p.  19,  21:  per  duo  g  (sc.  scribtic), 
quotiens  duorum  g  sotmm  attres  exigent,  ut  aggerem,  suggillat, 
sugg(rmdum7  suggestmn  et  similia,  namentlich  aber  Orthogr.  Ein- 
sidl.  bei  Hagen  Anecd.  Helv.  p.  297,  11:  aggcstus,  suggerendum, 
suggillat,  suggillat io  per  duas  g,  wo  suggellatio  überliefert  ist 
Ott  weist  mit  Heranziehung  von  satullo  und  obsatullo  nach,  dafs 
es  möglich  sei,  zu  suggero  ein  aus  suggcrulo  entstandenes  sug- 
gello  sich  zu  denken;  infolge  des  im  Spät-  und  Volkslatein  häu- 
figen Wechsels  zwischen  i  und  e  besonders  auch  im  Deminutivuni 
sei  suggello  in  dem  älteren  sugillo  —  suggillo  untergegangen, 
da   beide,    wie   auch  ital.  suggellare  lehre,   in  der  Volkssprache 


Die  Verba  auf  -illare.  235 

nicht  zu  unterscheiden  gewesen  seien.  Das  scheint  mir  noch 
glaublicher,  als  seine  andere  Annahme,  dafs  die  Belegstellen  für 
jene  Bedeutung  auf  Einflufs  der  orthographischen  Doktrin  sug- 
gero  —  suggello  zurückzuführen  seien.  Was  sind  nun  jene  Beleg- 
stellen? Ott  beruft  sich  aufser  auf  alte  Glossographen,  die  mir 
nicht  bekannt  geworden  sind,  auf  die  Worte  des  Prudentius 
perist.  X  999:  sciat  hie  quis  Uli  verba  suggillct  deus:  ego9  unde 
mutus  sit  disertus,  nescio;  das  suggerat  des  Ambr.  zeigt,  wie  richtig 
seine  Deutung  ist;  Georges*  Übersetzung  „einbläuen,  einkäuen, 
eingeben,  an  die  Hand  geben"  setzt  doch  zumal  bei  einem  geist- 
lichen Dichter  gar  zu  wenig  Geschmack  in  der  Wahl  seiner 
Bilder  voraus.  Sollte  aber  dies  die  einzige  Stelle  sein,  wo  die 
Bedeutung  „eingeben''  jeder  anderen  vorzuziehen  ist?  Ich  glaube 
nicht.  Man  vergleiche  Augustinus  X  2  contra  Iulianum  IV  3 
(1339 — 38):  Iulianus:  profitetur  scriptis  öbviare  nostris,  quae  ad 
se  ait  in  brevi  cJiartula  destinata,  et  ponit  aliquas  sententiarum 
mearum  particulas  atque  suggillat,  quae  in  meo  opere  non  tenen- 
tur;  was  heifst  das  anderes  als  „er  deutet  an,  schiebt  unter", 
zumal  da  eben  vorhergeht:  ut  intelligcntia  .  .  .  suggeratur?  An 
einer  anderen  Stelle  derselben  Schrift  IV  123  (1419 — 28):  quon- 
iam  vix  singulos  sparsosque  versiculos  de  Ubro  meo  proponens  sibi 
cosque  laudans  frequenter,  nonnumquam  etiam  titillat  suggillatione 
brevissima;  cum  tarnen  hoc  quäl  mordendum  putat,  a  me  non  sit 
tto,  ut  suspicatur,  prolatum  —  scheint  mir  wenigstens  der  Sinn 
„Andeutung"  nicht  unmöglich.  Auch  die  schwierigen  Worte  des 
Venantius  III  4,  3  finden,  wie  mir  Dr.  Mohr  mitteilt,  am  ehsten 
ans  dieser  Bedeutung  ihre  Erklärung:  credebam  . .  quasi  sofo  Pin- 
darico  conpaetus  tetrastroplws  pedestri  glutine  suggillatus  et  ac 
si  enthymematum  parturiens  catctiatum  vinculum  fectmda  fluxisset 
oratio  „ich  glaubte,  wie  eine  in  pindarischem  Schwünge  verfafste 
Ode,  die  in  prosaischer  Fassung  (mir,  dem  Lesenden)  eingegeben 
würde,  und  gleichsam  eine  Kette  von  E.  hervorbringend  sei  die 
Rede  dahingeflossen." 

Alle  wichtigeren  Belege  des  sugillo  werden  in  dieser  Unter- 
suchung berührt  sein.  Wenn  auch  die  Etymologie  nach  wie  vor 
unsicher  bleibt,  so  scheint  mir  doch  die  Bedeutung  aus  dieser 
Obersicht  klarer  hervorzutreten,  als  man  bisher  aus  einem  in  ge- 
ringerem Umfange  bekannten  Gebrauchsgebiete  zu  erkennen  ver- 
mochte.   Dafs  schon  den  Alten  der  Ursprung  des  Wortes  dunkel 

war,  zeigen  ihre  abweichenden  Deutungsversuchc;  eben  diese  Un- 

16* 


236  A.  Funck: 

klarheit  aber  machte  es  möglich;  das  Wort  als  eine  synonyme 
Ableitung  von  suggero  aufzufassen  und  zu  gebrauchen. 

4)  v  a  c  i  1 1  o  bereitet  der  Erklärung  insofern  geringere  Schwierig- 
keiten, als  wenigstens  die  Bedeutung  „wanken"  vor  jedem  Zweifel 
geschützt  ist.  Dagegen  hat  der  Ursprung  sich  sehr  verschiedene 
Erklärungsversuche  gefallen  lassen  müssen.  Cledonius  V  55,  2 
berichtet:  ut  pytisso  vacillo  (Donat.  IV  382,  4):  vacillo  quasi 
vago,  alii  repre/ietidunt  Donatum,mut  ab  co  quod  est  poto  muktfa 
littera  pytisso  pro  potisso  dixerit,  et  ab  co  quod  est  vagor  vacillo 
pro  vagillo;  dem  gegenüber  verzichten  Diomedes,  Donatus  und 
Sergius  auf  eine  Etymologie;  jene  sagen  345,  23:  sunt  sc.  demi- 
nutiva  sine  originc  perfectae  fortnae,  ut  pitisso  vacillo  =  Donat 
IV  382,  4;  dieser  expl.  in  Donat.  TV  550,  19:  pitisso  vacillo  prin- 
cipalc  noti  häbent  vcl  originem;  vgl.  auch  Cassiodorius  oben  unter 
sorbillo.  Freilich  ist  das  c  mit  dem  Ausspruch  vacillo  pro  va- 
gillo nicht  erklärt,  und  so  ist  eine  unmittelbare  Herleitung  aus 
dem  übrigens  sinnverwandten  vagor  nicht  erwiesen.  Aber  es 
kommt  etwas  anderes  hinzu.  Vagor  hat  stets  kurzes  ä,  vacillo 
zwar  in  der  Kegel  auch;  allein  bei  Lucretius  III  504:  tum  quasi 
vacillans  primum  consurgit  et  ornnis  et.  q.  s.  ist  die  erste  Silbe 
ohne  jeden  Zweifel  lang  gemessen,  obgleich  eben  derselbe  z.  B. 
III  479,  V  1236  das  nämliche  Wort  in  gewöhnlicher  Quantität 
hat.  Nun  ist  aber  hier  vaccillare  überliefert  und  diese  Schrei- 
bung hat  auch  Nonius  34,  23  f.:  vaccillare  est  trcpidare,  vd  cum 

lassitudine  niti M.  Tullius  Phil  lib.  III:   in  Galliam  muti- 

latum  ducit  exercitum;  cum  una  lcgione7  et  ea  vaccillante.  Dies 
behielt  daher  Lachmann  und  berief  sich  mit  gutem  Recht  auf 
ähnliche  Schwankungen  bei  offa  —  ofella,  mamma  —  mamilla 
u.  dgl.  (p.  36  u.  37).  Aufserdem  schien  ihm  das  doppelte  c  durch 
die  Ableitung  von  vacca  als  ursprünglich  berechtigt.  Diese  Ety- 
mologie hat  Johannes  Schmidt,  Zur  Gesch.  des  indog.  Vocal.  I  104, 
zurückgewiesen,  und  sie  läfst  sich  in  der  That  nicht  halten;  an 
dem  Gang  der  Kühe  ist  Schwerfälligkeit  doch  eher  auffallend  als 
das  unsichere  Wanken  und  Wackeln  des  vacillare.  Da  nun  in 
anderen  indog.  Sprachen  Wörter  von  ähnlicher  Bedeutung  den  na- 
salierten Stamm  vank  haben,  so  verlangt  Schmidt  und  mit  ihm 
Delbrück,  Kuhns  Ztschr.  XXI  83,  gebieterisch  die  gleiche  Stamm- 
form för  das  Lateinische,  der  Nasal  sei  verklungen  mit  Hinter- 
lassung eines  langen  Vokals,  auf  den  die  Schreibung  mit  cc  wie 
bei  gelegentlichem  suecus,  bracca  u.  dgl.  hinweise;  die  zur  klas- 


Die  Verba  auf  -illare.  237 

sifichen  Zeit  geltende  Betonung  habe  dann  wie  in  acerbus,   rao- 
lestus  neben  äcer,  möles  der  Wurzelsilbe  mit  dem  Ton  auch  die 
Lange  genommen.    Aber  sind  das  doch  nicht  sehr  gewagte  Kom- 
binationen?   Für  ein  Wort  mit  sonst  stets  kurzem  Vokal  braucht 
man  an  einer  einzigen  Stelle  die  Länge;  um  diese  zu  gewinnen, 
wird  die  dort  und  ganz  vereinzelt  sonst  noch  einmal  überlieferte 
Schreibung  als  irrtümlicher  graphischer  Ausdruck  für  etwas  ganz 
anderes  ausgegeben,  zu  welchem  das  Lateinische  sonst  keinerlei 
Anhalt  bietet;  aus   diesem   so  Konstruierten  mufs  dann  das  Ge- 
wöhnliche auf  einem  neuen  Umwege  erklärt  werden.    Ist  es  denn 
so  ganz  unerhört,  aus  der  von  Lachmann  schon  erwiesenen  That- 
sache  einer  Unsicherheit  in  der  Schreibung  doppelter  Konsonanten 
zu   folgern,  dafs  wohl   auch   einmal  nach   einer  wirklich  kurzen 
Silbe   irrtümlich    ein   doppelter  Konsonant   sich   einstellte?     Ich 
denke,   grade  diese  Untersuchung  der  Verba  auf  -illo  hat  neues 
Material   zur  Bestätigung  jener  Unsicherheit  geliefert;   selbst  wo 
alles    für   einfaches  1  spricht,    wie  bei  pugilor  und  cantilo,   ist 
unsere    Überlieferung    bedeutenden    Schwankungen    unterworfen. 
Wenn  Goethe  und  Schiller  sich  noch  wegen  metrischer  Irrtümer 
Fuldas  nicht  unberechtigten  Spott  zuziehen   konnten,  so  ist  zur 
Zeit  des  Lucretius,  wo  man  doch  auch  noch  nicht  so  gar  lange 
lateinische  Hexameter  gemacht  hatte,  ein  Schwanken   an  einem 
Schwankungen    bekanntermafsen    ausgesetzten    Punkte    nicht   so 
ganz  unerklärlich.    Geht  man  aber  von  väcillo  aus,  so  fällt  damit 
zugleich  jene  Zurückführung  auf  den  nasalierten  Stamm  anderer 
Sprachen,  ohne  dafs  man  im  Lateinischen  selbst  eine  bestimmte 
Anknüpfung  dafür  gewänne.     Indes  wird  es  erlaubt  sein,  daran 
zu   erinnern,  dafs  jenem  Stamme  doch  wohl   ein  kürzerer  ohne 
Nasal  zu  Grunde  liegt,  welchem  wir  unser  „wackeln"  verdanken. 
Auch  macht  Schwabe  mit  Recht  darauf  aufmerksam,  dafs  in  ne- 
gotium für  nee- oti um,  neglego  für  nec-lego  ein  paar  sichere  Be- 
lege  von  Übergang  des  c  in  g  vorliegen,  so  dafs  jene  alte  Her- 
leitung  vagor   —   vacillo    doch    nicht    völlig    von    der  Hand  zu 
weisen  ist. 

Der  zu  allen  Zeiten  weit  ausgedehnte  Gebrauch  des  vacillare 
zerlallt  nach  eigentlich-sinnlicher  und  übertragener  Bedeutung  in 
mehrere  Gruppen,  deren  jede  wenigstens  durch  einige  Belege  hier 
vertreten  werden  soll.  Nach  den  vorliegenden  Sammlungen  ist 
Aldhelin  der  letzte  Zeuge,  über  fr/,  vaciller  zeigt,  dafs  das  Wort 
auch  später  noch  im  Gebrauche  blieb. 


238  A.  Funck: 

a)  vacillo   in    sinnlicher   Verwendung.     Lucretius  III  479: 
praepediuntur   crura  vacillanti  vom  Trunkenen,   ebenso  Cicero 

frgm.  ap.  Quintil.  VIII  3,  66:  vidcbar  videre quosdam  ex  vino 

vacillantes;  Lucr.  III  504:  quasi  vaccillans  primum  consurgit, 
nämlich  der  Genesende;  Cicero  Brutus  60,  216:  toto  corpore  va~ 
cillante;  Apuleius  Met.  V  25:  ab  . .  titubante  et  . .  vacillante 
vestigio;  VI  30:  titubas  et  vacillas;  Ausonius  ep.  XXVII  (XXIV) 
30  p.  191:  tota  per  immmeros  artus  cmxpago  vacillat;  Hieronymua 
VI  M.  II  Mich.  6,  3  c.  1209  B.:  non  habet  stabilem  gradum,  sed 
sefnper  flucluans  et  vacillans  pervenit;  ep.  I  38,  4:  poplües  va- 
cillantes, 39,  1:  vacillabant  gressus,  79,  10:  melius  est  gressu 
v a ciliare  quam  pudkitia;  Festus  359,  31*  (=  358,  4):  talipedare 
antiqui  dicebant  pro  vacillare  pedibas.  lassitudine;  Paneg.  Lat.  X 
24  (231,  9):  semineces  vacillare  Inf.  histor.  von  Verwundeten; 
Venantius  Fori  V.  M.  4,  540:  sensu  spatiante  vacillans.  An  allen 
diesen  Stellen  ist  vom  menschlichen  Körper  die  Rede,  besonders 
von  unsicherem  Gange;  andere  konkrete  Subjekte  sind  seltener: 
Lucr.  I  806:  arbusta  vacillent}  V  1095:  vacillans  .  .  .  arbor} 
VI  574:  vacillant  . .  teeta,  553:  terra  vacillans,  V  1236:  sab 
pedibus  tellus  cum  tota  vacillat;  Apuleius  Met.  V  22:  lumen  Iti- 
cernae  vacillabat;  Panegyr.  Lat.  V  8  (137,  26)  vom  sumpfigen 
Rheindelta:  ita  sc.  regio  ....  subiacentibus  innatat  et  suspensa  lote 
vacillat;  cod.  Theodos.  X  19,  14  interpr.:  fmidamentorum  firmitas 
ineipiat  vacillare;  Aldhelm  p.  107:  tigna  tota  ...  vacillabant 

b)  Bildlicher  Gebrauch  von  vacillo. 

Ich  beginne  damit,  einige  häufiger  wiederkehrende  Verbin- 
dungen des  Wortes  mit  verwandten  oder  auch  grade  entgegen- 
gesetzten Begriffen  aufzuführen.  1)  vacillo  mit  nuto  verbunden: 
Cypriauus  ep.  74,  10  p.  808,  15:  si  ..  nutaverit  et  vacillavcrit 
veritas;  Aldhelm  p.  81:  fidei  fragilitatc  tremebundus  ac  nutabtmdm 
vacillare  videor;  p.  89:  firmamentum  fidei  nutabundum  vacillabit 
2)  vacillo  neben  fluetuo:  Vulg.  Isai.  29,9:  fluctuate,  et  vacillate, 
inebriamini,  et  non  a  vino;  Hieronymus  (VI  Mich.  6,  3  p.  1209  B 
s.  oben)  Comiu.  Eph.  575.  468  D:  hominum  spes  f luctuet  et  va- 
rillet,  vgl.  Gregorius  Turon.  patr.  3  p.  672,  11:  saneti  nullis  hae- 
sitationum  fluetibus  vacillantur  (so!  deponential).  3)  neben  con- 
cutio  cod.  Theodos.  IX  34,  5:  dignitas  coneussa  ....  vacillabit. 
4)  neben  claudico  Cic.  de  nat.  deor.  1  38,  107:  tolaque  res  ra- 
cillat  et  Claudicat.  5)  neben  titubo  siehe  oben  Apul.  Met  V  25, 
VI  30.     6)   vacillo   neben   den   entgegengesetzten    Begriffen    der 


Die  Verba  auf  -illare.  239 

Festigkeit  (cod.  Theod.  X  19, 14  s.  oben);  Cicero  de  fin.  I  20,  66: 
videtur  quibusdam  stabilitas  amicitiac  vacillare;  Paneg.  Lat.  VI  10 
(156,  10):  ülic  plurimum  Jiabuerat  stabilitatis  asserta  (sc.  firmitas 
des  Staates),  tibi  deserta  maxime  vacillavit;  Hieronymus  III 
1413  C:  vacillantes  cmfirmaverunt;  Gregorius  Magii.  lib.  Mor. 
V  n.  31:  vacillantes  confirmare.  So  von  sinnverwandten  Nach- 
barn gestützt,  wurde  nun  vacillare  überaus  häufig  in  bildlichem 
Sinne  verwendet.  Schon  die  Römer  sprachen  von  einem  wack- 
ligen Stande  der  Geldangelegenheiten,  Cicero  Catil.  II  10:  in  vetere 
aere  alieno  vacillant  sc.  Itomines,  Att.  14,  18,  3:  ciiius  non  sine 
magna  culpa  vacillarunt  sc.  ista;  später  bei  Petronius  38:  se- 
stertium  säum  vidit  decies,  sed  male  vacillavit.  non  ptito  illum 
capiüos  liberos  Jiabere;  dann  bei  den  Juristen  wie  Gaius  lex  Rom. 
Vis.  Gai.:  hoc  ordine  integrum  debitum  vacillare  cognoscitur;  Vis. 
G.  ep.  II  9,  10:  integrum  debitum  vacillat;  cod.  Theodos.  XII  6,  5: 
ne  .  .  .  fisci  nostri  publica  emolumenta  vacillcnt;  ferner  Paneg. 
VIII  6  (184,  24):  quibus  . . .  in  aere  alieno  vacillantibus,  VIII 
12  (189,  30):  quamquam  .  .  sttb  pristina  sarcina  vacillemus;  S. 
Valerianus  M.  52  p.  753  A:  Patrimonium  vacillet  alienum,  D: 
vacillat  praedium.  Das  uns  so  geläufige  Bild  vom  Schwanken 
in  grammatischen  und  metrischen  Dingen  ist  gleichfalls  antik: 
Sacerdos  K.  VI  482,  22:  luxus,  vacillans,  huius  luxi  facit:  Sal- 
lustius  ablativo:  luxo  pede;  Diomedes  500,  18:  fluxi  sunt  qui  so- 
luto  modo  et  uberi  metro  vacillanter  quatiuntur;  Sergius  expl. 
in  Don.  IV  498,  15:  istae  ergo  regulae  duos  vacillantes  casus 
kahent;  Terentianus  Maur.  K.  VI  367,  v.  1404:  verstis  hie  nusquam 
vacillat;  Fragm.  Sangall.  K.  VI  640 — 8:  metrum  ...  non  vacillat. 
—  Zu  diesen  kleineren  Übereinstimmungen  im  bildlichen  Gebrauche 
der  Sprachen  steht  in  vollem  Einklänge  die  weitaus  häufigste 
übertragene  Verwendung  des  vacillo  für  „Schwanken  in  Urteil 
und  Gesinnung".  Persönliche  Subjekte  sind  gar  seltener  als  säch- 
liche. Von  Wendungen  wie  Cic.  Phil.  III  31:  cum  una  legione  et 
ea  vacillante,  Att.  12,  1,  2:  ysQovtixcitEQov  est  memöriola  va- 
cillare; Julius  Valerius  I  9  (23):  civitas  de  obsequio  vacillavit; 
cod.  Theod.  XII  1,  158:  vacillare  plurimos  ordines  civitatis  com- 
perimus;  Modestinus  dig.  22,  5,  2:  tesks  qui  adversus  fidetn  suae 
testationis  vacillant,  vgl.  48,  10,  27:  cuitts  ita  aneeps  fides  va- 
cillat; —  von  hier  aus  gelangte  mau  leicht  zu  sächlichen  Sub- 
jekten, welche  mehr  oder  minder  persönlich  gedacht  wurden.  So 
schon  fama  bei  Lucretius  IV  1124:   aegrotat  fama  vacillans 


240  A.  Funck: 

vergl.  die  fabulae  vagantes  bei  Plinius  nat  hist»  V  5;  for- 
tuna  bei  Julius  Valerius  II  2G  (6):  siquid  eorum  fortuna  .  .  va- 
cillaret;  fuuctio  Hegesippus  I  19,  27:  quo  et  singulorum  poten- 
tiae  nihil  relinqueretur  et  functio  regionum  non  va  ciliar  et;  civi- 
litas  (=  condicio  legibus  consentanea,  pax)  Ennodius  466,  9 
(=  310,  11  V):  inter  vos  civilitas  non  vacillat;  disciplina  Yigilius 
Diac.  M.  50  reg.  mon.  init.  373:  ut  .  .  neque  disciplina  iuniorum 
vacillet;  iustitia  bei  Cicero  III  off.  33:  iustitia  vacillat  vd 
iacet  potius;  iura  Aldhelin  p.  336:  iustitiae  iura  vacillant;  uti- 
litas  cod.  Theod.  XII  6,  31:  ne  publica  vacillet  utilitas.  Ferner 
pietas  Hieronymus  ep.  II  107,  12:  pietas  fidei  non  vacillet;  iudi- 
cium  Hilarius  ep.  pontif.  14,  2:  defuncti  iudicium  in  eius  merüum 
non  vacillat  (=  Dionysius  Exig.  Decr.  Hilari  317  D);  intellectus 
Augustinus  enarr.  ps.  II  p.  1843:  intellectus  vacillat  aliquantum; 
opinio  Dionysius  Exig.  Decr.  Innoc.  31  p.  249  C:  ut  opinio  eorum 
in  nullo  vacillet;  studium  S.  Valerianus  c.  726  D:  vacillat  hu- 
manuni Studium;  res  =  Gegenstand  der  Untersuchung  Cic.  de  nat 
deor.  I  38,  107:  totaque  res  vacillat  et  Claudicat;  definitio  Augu- 
stinus de  cogn.  ver.  vit.  5:  ne  vacillet  haec  definitio,  ratio  eam 
probatiofiibus  roboret;  Julian  ap.  Augustin.  X  2,  III  161  (1314—29): 
tria  definitionum  capita  . . .  vacillant:  vacillant,  inquio,  imo,  ut 
funes  e  sabulof  dildbuntur  antequam  coeant9  ähnlich  vorher  III  160 
(1313 — 12);  oratio  Cassiodorius  II  M.  70,  146  D:  ne  . . .  vacillet 
oratio. 

Ohne  alles  zu  erschöpfen,  werden  diese  Belege,  aus  den 
Sammlungen  und  Lexicis  zusammengetragen,  hinreichen,  um  den 
ursprünglichen  wie  den  übertragenen  Gebrauch  des  vacillare  nach 
seinen  verschiedenen  Richtungen  hin  zu  veranschaulichen.  Die 
Häufigkeit  der  Metapher  zeigt,  wie  lebhaft  der  Gedanke  an  die 
Unsicherheit  menschlicher  Dinge  immer  wieder  dem  Auge  ent- 
gegentrat. 

E.   Yerba  ganz  unsicheren  Ursprungs. 

1)  titillo. 

Von  den  noch  bei  Schwabe  erwähnten  älteren  Etymologieen 
des  Wortes  —  aus  tero  oder  auch  aus  tango  —  kann  keine  als 
auch  nur  einigermafsen  gesichert  gelten.  Festeren  Anhalt  scheint 
die  von  Bücheier,  Archiv  II  118  f.  erwiesene  obscöne  Bedeutung 
des  titus  als  penis  zu  bieten.  Zwar  fehlen  die  vorauszusetzenden 
nominalen  Zwischenformen  titulus  —  titillus  in  dieser  Bedeutung 


Die  Verba  auf  -illare.  241 

so  gut  wie  ganz;  denn  das  übertragene  titillus  =  titillatio  cod. 
Theod.  VIII  5,  2:  innocuo  titillo  admonerc  ist  wohl  erst  aus  dem 
Verbum  gebildet,  so  dafs  die  Akten  der  Sprachgeschichte,  soweit 
sie  vorliegen,  die  oben  berührte  Frage  nach  der  Priorität  von 
Nomen  oder  Verbum   hier  doch  zu  Gunsten  des  letzteren  ent- 
scheiden.   Das  Verbum  titillo  hat  wie  unser  „kitzeln"  etwas  Ono- 
matopoetisches an  sich,  die  Laute  scheinen  die  lebhafte,  wenn  auch 
nickt  mächtige  Empfindung  anzudeuten.     Man  könnte   sich  nun 
denken,  dafs  entweder  jene  Ableitungen  titulus  —  titillus  in  der 
Volkssprache  doch  vorhanden  gewesen  wären,  oder  dafs  unmittel- 
bar aus  titus  jene   onomatopoetische   Verbalform   gebildet  wäre; 
eben  der  Umstand,    dafs    die  Form  des  Verbum  sich   von  dem 
Etymon   etwas   weiter   entfernte,   konnte   dem   titillare  das  Ein- 
dringen in  die  Literatursprache   erleichtern.     Wo   das  Wort  in 
seiner  sinnlichen  Bedeutung  steht,  ist  grade  die  Beziehung  auf 
roluptas,   concupiscentia  u.  dgl.   besonders  häufig;    von  den  res 
Veneriae   ist   ausdrücklich   die  Rede:    Hieronymus  ep.  I  54,  10: 
nihil  sie  titillat  membra  genitdlia  sicut  indigestus  eibus;  Isidorus 
differ.  I  431  =  Hieron.  in  Matth.  26,  37:  qui  viderit  midierem  et 
anima  eins  fuerit  titillat  a;  Ausonius  epigr.  107,  16:  titillata... 
vduptas  fervet.    Weniger  ausschließlich  tritt  eben  diese  Beziehung 
in  den  übrigen  Stellen  der  sinnlichen   Verwendung  des  Wortes 
hervor;  am  deutlichsten  noch  in  der  bei  den  Kirchenschriftstellern 
öfter   wiederkehrenden   Verbindung   mit    caro    und  Verwandtem: 
Tertull.  de  pud.  22:    titillatam  prosternens   carnem;   üassianus 
Conl.  XXII,  2:  carnis  aculeis  titillemur;   Hieronymus  Comin.  in 
Gal.  500,  410  D;  Augustinus  enarr.  ps.  II  p.  1319;  Kabanus  Maur. 
IV  M.  329  D  4;  vgl  auch  Tertul.  de  ieiun.  12:  ungulis  tit Hiatus; 
de  virg.  vel.  14:  digitis  titillatur.    Als  Sitz  der  Empfindung  be- 
gegnet am  häufigsten  sensus,  schon  bei  Lucr.  II  429:  quae  titil- 
lare magis  sensus,  quam  laedere  possunt;  Cicero  de  fin.  1   11,  39; 
Tusc.  III  20,  47 ;  Hieron.  ep.  122,6;  dann  animus  bei  Augustinus 
M.  38,  816;  animi  bei  Hieron.  ep.  79,  9;  anima  bei  demselben  an 
der  angeführten  Isidor-Stelle  und  bei  Kaban.  Maur.  IV  M.  329  l)  12; 
mens  bei  Hieron.  M.  23,  1092  A.    Vergeblich  sucht  man  auch  bei 
den   Subjekten    noch    bestimmtere    Anhaltspunkte    für  jene    an- 
genommene sinnlichste  Bedeutung;  die  Belege  sind  zu  allgemein 
gehalten,  als  dafs  sich  Sicheres  erkennen  liefse,  ob  etwa  ursprüng- 
lich das  Wort  nur  vom  geuus   inasculinum  gebraucht  sei.     Be- 
merkenswert ist  immerhin  die  häufige  Verbindung  mit  voluptas 


242  A.  Fanck: 

und  ähnlichen  Begriffen.    Voluptas  selbst  ist  noch  die  causa  mo — 
vens  bei  Hieronymus  VI  M.  II  Am.  praef.  1023  A:  aliud  est  ti — 
tillari,  aliud  obrui  völuptatihus;  Seneca  dial.  VII  5,  4,  dann  über- 
tragen bei  Cic.  Off.  II  18,  03:  quasi  adsetitatornm  populi  multitudini&' 
levitatem   voluptate  quasi  titillantium;    Seneca  ep.  99,  27;    con — 
cupiscentia  öfter  bei   Augustinus  M.  38,  718:   habemus  illas  (sc— 
concupiscentias);  velimus  nolimus  titillant,  blandiuntur,  stimulant^ 
infestanty  834,  816,  ähnlich  819;  bei  Cassianus  Conl.  II  13,  4,  vgl» 
titillari  molestia  cupiditatum  bei  Augustinus  enarr.  ps.  II  1746^ 
ferner  incentiva  vitiorum  bei  Hieronymus  ep.  79, 9:  incenHvavUiorum- 
omniurn  titillent  anirnos;  ähnlich  peccatum  Augustinus  M.  38,839; 
endlich  diabolus  Hieron.  M.  23, 1092  A:  si  titillaverit  menten*  tuan- 
diaboltis  et  te  ad  libidinem  concitaverit.  In  allgemeinerer  Anwendung 
tritt  dann  das  Wort  zu  Ausdrücken,  welche  ein  prickelndes  Be- 
gehren auch  nach  nicht  sinnlichen  Dingen  bezeichnen:  daher  bei 
Hieronymus  ep.  II  125,  8:  clericatus  te  titillat  desiderium;  Petrus 
Ghrysologus  p.  654  C:  titillante  luxuria;  vgl.  Hier.  ep.  II  100,8: 
titillantem  gtdae  vicere  luxuriam;  Marius  Mercator  Nest.  c.  Pelag. 
208C:  hotninem  titillabo  vom  Kitzel  der  Eitelkeit  und  des  Ehrgeizes, 
vor  dem  schon  Horaz  Sat.  II  3,  179:  ne  vos  ti  tili  et  gloria  gewarnt 
hatte.     An  >die   assentatores   bei  Cicero  erinnert  die  Stelle  des 
Paneg.  Pacati  Theodosio  dictus  (XII  2  p.  272,  23):  trucem  domi- 
num   mendax  assentatio  titi Ilabat    Wie  schon  an  mehreren 

der  angeführten  Stellen,  ist  überhaupt  bei  dem  titillo  nicht  immer 
an  ein  bestimmtes  Begehren,  sondern  vielmehr  an  jede  Art  von 
Reiz  gedacht,  daher  im  Paneg.  Nazarii  Constantino  dictus  (X  37 
p.  242,  15):  puerilem  animum  spes  laeta  et  blanda  gaudia  titil- 
larunt  Ohne  erschöpfend  zu  sein,  wird  das  Gebotene  schon  hin- 
reichen, um  zu  zeigen,  in  welcher  Richtung  sich  der  bildliche 
Gebrauch  des  Wortes  entwickelte;  je  öfter  die  Stilisten  Gelegen- 
heit haben  vor  der  Übertragung  von  Bildern  aus  einer  in  die 
andere  Sprache  zu  warnen,  desto  wichtiger  ist  es,  vorhandene 
Übereinstimmungen  aufzuweisen.  Es  kommt  aber  noch  einiges 
Weitere  hinzu.  Wenn  Augustinus  X  2  contra  Julian.  IV  123 
sagen  konnte:  nonnumquam  ctiam  titillat  suggillatione  brevissima 
d.  h.  „er  reizt  mich",  so  begreift  man  auch  die  vereinzelte  Wen- 
dung bei  Marius  Mercator  App.  II  410  A:  nee  cuiusquam  audeat 
titillarc  praesumptio  „anzutasten"  nämlich  die  feststehenden  pri- 
vilegia;  auch  Act.  mart.  pass.  Sisinn.  627,  5:  dum  nulla  fidei  uti- 
litas  titillaret  „solange  keine  Förderung  des  Glaubens  aufreizte 


Die  Verba  auf -illare.  243 

sc  die  Heiden"  gehört  wohl  hierher.  Wieder  eine  andre  Beziehung 
leigen  Stellen,  zu  denen  Augustinus  M.  38,  578  das  Muster  ab- 
geben konnte:  habet  bonam  conscientiam;  non  illum  titillant 
erimina  in  corde  concepta;  ähnlich  enarr.  ps.  II  1637;  M.  38,  733; 
Hieronymu8  contra  Lucif.  c.  21  extr.  (=  M.  23,  175  D):  iste  scru- 
pulus  multos  titillat;  vielleicht  auch  epist.  133,  3:  nee  cogitatione 
vitiorum  aliqua  titillari,  —  Gassiod.  expos.  in  ps.  134  v.  4  (M. 
70,  962  B):  nonnullos  tit illare  cognoscitur,  quare  non  sit  hie 
Abraham  posüus,  bedeutet  titillare  „reizen  =  Ärgernis,  Anstofs 
erregen". 

Das  attillo  nur  in  dem  Brief  Alexanders  an  Aristoteles  bei 
Julias  Valerius  III  26  Mai:   qttae  dieta   cum   ex  natura  hominis 
mm  quoque  animutn  attillarcnt,  hat  man  auch  wegen  der  ver- 
wandten Bedeutung  „reizen"  nämlich  zur  Neugier,  mit  Recht  mit 
titillo   zusammengebracht.     Georges   erklärt:    „von   ad   u.  *  tillo, 
woraus  titillo."    Ein  *  tillo  zu  titillo  wäre  wohl  ebenso  gewagt, 
wie  wenn    man    aus   gigno    ein   *geno  erschliefsen   wollte;    mir 
scheint  es  richtiger,  den  Ausfall  des  ti  zu  erklären  wie  in  den 
bekannten  Gompositis    von  curro:   aecurri  für  aecueurri  u.  dgl., 
wenn  nicht  das  Ganze  auf  einem  Schreibfehler  für  attitillarent 
beruht 

2)  facillo. 

Philox.  93,  32  facillare:  otQayyaXiöai  hat  Könsch,  Roman. 
Forschgen  III  336  mit  focillare  =  faucillare  erklärt. 

3)  fucillo. 

Das  Wort  findet  sich  nur  bei  Festus  371,  46:  augures  .  . 
eandem  (sc.  aveni)  fucillantem  appellant  sc.  voisgram  avem,  qitae 
se  veUit.     Bedeutung  und  Ursprung  sind  dunkel. 

4)  Ob  das  unsicher  überlieferte  strittilo  bei  Varro  1. 1.  348 
§  65  etwa  hierher  zu  ziehen  ist,  bleibt  bei  der  auch  noch  un- 
bekannten Deutung  ungewifs.  Die  Stelle  heifst  bei  Spengel:  strir 
tabülae  a  stritilando;  stritare  ab  eo  qui  sistit  aegre;  Müller  schrieb 
mit  cod.  B  strittilando;  strettillando  bietet  Flor.;  andere  haben 
anderes  versucht,  ohne  dafs  es  gelungen  wäre,  etwas  Sicheres 
herzustellen.  • 

5)  Mindestens  ebenso  unsicher  ist  irquitillo  bei  Ceiisorinus 
c.  XIV  7:  vocem  crassiorem  et  inacquabilcni  ficri,  quod  Aristoteles 
appeUat  tragizin,  antiqui  nostri  irquitillare  et  inde  ipsos  putant 
trquitattos  appellari,  quod  tum  corpus  ircum  olere  ineipiat.  Da  ir- 
quitallus  auch  sonst  bezeugt  wird,  vgl.  Georges  s.  v.  hirquitallio, 


244  A.  Punck: 

so  ist  die  Lesung  anderer  Handschriften  irquiUMire  bei  CensorinuB 
wohl  berechtigter. 

Zu  dem  iin  ersten  Teile  dieser  Untersuchung  besprochenen 
singillo  IV  87  kommen  noch  ein  paar  Nachträge.  Besonders 
wichtig  ist  das^Zeugnis  des  Grammatikers  Virgilius  Maro  p.  160,7 
(Huemer):  quaedam  (sc.  nascuntur)  ex  partieipiis  uerbi  passiui  ut 
strictim,  singillatim:  nam  singillo  trite  legitur  iuxta  illud  Damini 
cloquentissimi  et  modestissimi  uiri  dicentis:  non  est  medioeris  ud 
facilis  negotii  bonum  singulare  a  malo  (Mai:  Donati).  Diese  be- 
kannte Bedeutung  bestätigt  auch  Atto  Polypticum  bei  Mai  Gloss. 
nov.  Lat.  p.  64,  indem  er  singillatus  mit  separates  erklärt 

üb  das  arillator  bei  Festus  20,  12,  Gellius  16,  7,  12,  Glossen 
bei  Loewe  prodr.  142  u.  285  auf  ein  Verbum  arillare  zu  schliefsen 
erlaubt,  läfst  sich  nicht  entscheiden. 

cillo  (eilleo?)  ist  schon  Seite  82  erwähnt.  Das  Wort  steht 
bei  Servius  Verg.  ge.  II  389:  oscilla  dieta  sunt  ab  eo,  quod  in  his 
(oribus)  cillerentur,  i.  c.  moverentur  ora.  Nam  eitlere  est  mo- 
vere: unde  et  furcillae  dietae  sunt  quibus  frumenta  cillentur.  Alii 
diaint  oscilla  esse  membra  virilia  de  floribus  facta,  quae  suspen- 
deibantur,  per  intercolumnia:  ita  ut  in  ea  homines  aeeeptis  clausis 
personis  impingerent,  et  ea  ore  cillerent  i.  e.  moverent  ad  risum 
populo  commovendum;  fast  wörtlich  dasselbe  wiederholt  Mythogr. 
Lat.  II  61;  etwas  freier  Isid.  20,  14,  11:  furcillae  dietae,  eo  quod 
iis  frumenta  cilluntur  (sie!),  id  est  mouentur.  Unde  et  oscilla 
dieta  ab  eo,  quod  cillantur,  hoc  est  moueantur  ora.  Nam  cillere 
est  mouere.  Zwei  weitere  Belege  gewinnt  Georges,  indem  er  My- 
thogr. I  19  ora  cillerentur,  Festus  194,  9  os  cillant  schreibt, 
offenbar  um  seine  Etymologie  von  oscillare  zu  stützen.  Allein 
abgesehen  davon,  dafs  man  so  doch  nur  ein  wiederum  etymolo- 
gisch unklares  cillo  (eilleo?)  gewinnt,  gehen  jene  drei  Belegstellen 
augenscheinlich  auf  eine  einzige  zurück,  die  wenn  nicht  in  ältester, 
so  doch  in  vollständigster  Fassung  bei  Servius  gelesen  wird.  Und 
hier  kann  man  sich  des  Eindrucks  doch  nicht  erwehren,  dafs  das 
Verbum  schon  damals  nur  einem  etymologischen  Wahn  zu  Liebe 
angesetzt  sei,  welchem  die  Deufung  von  furcillae  sicherlich  nicht 
zur  Empfehlung  dient.  Ich  glaube,  das  Wort  ist  in  den  Lexicis 
nur  als  Grammatikererfindung  zu  verzeichnen. 

Wie  an  diesem  letzten  Punkte,  so  hat  überhaupt  der  Gang 
unserer  Untersuchung,  vornehmlich  in  ihrem  zweiten  Teil,  oft 
schwankenden  Boden   berührt,   auf  welchem  besonders  die  Er- 


Die  Verba  auf  -illare.  245 

forschung  des  Ursprunges  der  behandelten  Wörter  nur  ein  un- 
sicheres und  behutsames  Auftreten  gestattete.  Hoffentlich  wird 
sich  dabei  weder  das  Bewufstsein  der  Unsicherheit  verleugnet 
haben,  noch  aus  dem  Streben  das  deutlich  Erkennbare  von  ge- 
wagter Vermutung  scharf  zu  scheiden  eine  übergrofse  Bedenk- 
lichkeit des  eignen  Urteils  hervorgegangen  sein.  An  manchen 
Punkten  liegt  schon  in  der  sicheren  Aufnahme  eines  Wortes  oder 
einer  Schreibung  eine  Entscheidung  ausgesprochen  in  dem  Sinne, 
dafs  auch,  wo  sinnlich  verkleinernde  Bedeutung  uns  nicht  mehr 
wahrnehmbar  ist,  andere  mit  der  deminutiven  sonst  öfter  ver- 
knüpfte Nebenbedeutungen  auf  jene  als  die  ursprüngliche  zurück- 
zuschliefsen  erlauben.  Wir,  die  wir  das  Wort  nur  noch  lesen, 
nicht  das  Gesprochene  in  uns  wiederklingen  lassen,  vermögen 
nicht  zu  erkennen,  ob  die  Römer  auch  nur  in  ältester  Zeit  bei 
vacillo,  cavillor  u.  dgl.  noch  die  Vorstellung  von  etwas  Kleinem 
oder  Kleinlichem  empfanden.  Breal  hat  in  einem  bewunderungs- 
würdig feinen  Vortrag  (Melanges  de  Mythologie  et  de  Linguisti- 
que*.  Paris  1882  S.  295  ff.)  von  den  idees  latentes  du  langage 
gehandelt,  welche  kaum  bei  einem  einzigen  gesprochenen  Worte 
nicht  mit  in  Betracht  zu  ziehen  sind.  Wenn  wir  jetzt  bei  Wörtern, 
welche  äufserlich  zu  einer  Gruppe  vereint  erscheinen,  bald  diese 
bald  jene  Beziehung  von  unter  sich  nicht  grade  abliegender  Art 
hervortreten  sehen,  so  mag  doch  dem,  welcher  die  Wörter  als 
lebendige  gebrauchte,  das  Gemeinsame  aller  mehr  oder  minder 
„latent"  im  Bewufstsein  gelegen  haben.  Auf  diese  Weise  vermag 
sich  die  deminutive  Schreibung  -illare  auch  da  zu  rechtfertigen, 
wo  uns  die  deminutive  Bedeutung  erloschen  oder  doch  sehr  ver- 
dunkelt erscheint.  Denn  darüber  kann  kein  Zweifel  sein:  selbst 
wenn  man  die  Grenzen  so  weit  als  möglich  hinausrückt,  eigent- 
lich deminutive  lateinische  Verba  sind  auch  nach  unserer  Über- 
sicht nur  ganz  wenige  erwiesen.  Ob  aufser  dem  conscribillo, 
occillo,  sorbillo  die  Volkssprache  noch  andere  verbalen  Ursprungs 
enthielt,  ist  nicht  zu  wissen. 

Index. 

affurcillo  81.  cantilo  226.  conscribillo  223. 

ancillor  76.  capillatus  85.  cribello  86. 

arillator  244.  catillo  83.  deiitillo  73. 

attillo  243.  cavillor  77.  dissigillo  85. 

bacillo  84.  cillo  244.  exancillor  77. 

cacillo  83.  circillatus  85.  "  excribello  86. 


246 


A.  Funck:  Die  Verba  auf  -illare. 


exfabillo  85. 
expapillatns  85. 
facillo  248. 
focillo  226. 
facillo  243. 
furcillo  80. 
gracillo  83. 
grillo  83. 
imbecillor  86. 
incavillor  80. 
instillo  74. 
irquittallio  243. 
lapillisco  85. 
marmorillo  83. 

Kiel. 


obstrigillo  228. 
occillo  223. 
08cillo  82. 
papillatue  85. 
pastillico  85. 
per8tillo  75. 
pocillator  85. 
pugillator  85. 
refocillo  228. 
restillo  75. 
Bcintillo  70. 
aigillo  84. 
aingillo  87.  244. 
aorbillo  224. 


gpecillatns  85. 
stillo  71. 
strittilo  243. 
8ubin8tillo  75. 
subsigillo  85. 
sabterotillo  76. 
sugillo  230. 
superdeatillo  74. 
Buperstillo  75. 
titülo  240. 
tranqaillo  86. 
vacillo  236. 


A.  Funck. 


Expedire. 

Ce  verbe  prend  l'ablatif.  Cic.  Cornel.  I  fragm.  48  Orelli:  duoö 
laqueos  . .  .,  ut,  si  mo  dltcro  expedissem,  tenerer  altero.  II  peut  prendre 
ab,  s'il  s'agit  non  d'un  embarras  dont  on  sort,  mais  d'un  embarras 
oü  on  se  prcserve  d'entrer.  Cic.  Att.  III  20,  2:  quod  te  in  tanta 
hereditate  ab  omni  occapatione  expedistL  II  peut  aussi  prendre  er, 
s'ii  s'agit  non  d'un  embarras  propre ment  dit,  mais  d'une  Situation 
facheuse.  Plaut.  Capt.  454:  expediui  ex  seruitutc  filiura.  Ici  ex 
marque  un  simple  mouvement.  Entre  la  premiere  phrase  de  Ciccron 
et  celle  de  Piaute,  il  y  a  cette  difference  que  Cicöron  parle  d'un 
filet  dont  on  se  degage  en  se  debattant  contre  lui,  Plante  d'une  con- 
dition  dont  le  heros  se  trouvera  sortir  sans  s'etre  debattu. 

Cela  dit,  on  comprend  que  Terence  dise  expedire  cura  Ph.  823; 
aerumnis,  Hec.  288;  er  inline,  Hec.  755.  Mais  on  s'etonnera  de  lire 
dans  les  mss.  nie  ex  hae  expediam  titrba,  Ad.  614.  Et*  en  effet,  il 
est  tres  probable  qu'il  faut  oter  ex.  Car,  apres  les  v.  choriambiques 
611 — 613  (Vt  neque  quid  nie  faciam  nec  quid  agam  certum  sit; 
Membra  metu  debilia  sunt,  animus  timore  Obstipuit,  pectore  con- 
sistere  nil  consili  quit.  Vah!),  on  a  ainsi  un  v.  eboriambique  Quo- 
modo  nie  hac  expediam  turba?  Et  ensuite,  apres  de  courts  vers 
trocbaYques  et  iambiques  (Tanta  nunc  suspicio  De  me  ineidit),  les 
choriambes  reviennent:  Neque  oa  immerito  (616);  Sostrata  credit 
mibi  me  psaltriam  banc  emisse,  id  anus  mi  indicium  fecit  (617). 
Le  dernier  vers  contient  une  seule  dipodie  trochaYque. 


Paris. 


Louis  Havet. 


Uls,  trans  und  ultra. 

A.    Uls. 

Uls  *an  jener  Stelle,  auf  jener  Seite'  (nur  auf  die  Frage  wo?) 
ist  nach  Corssen,  krit.  Beitr.  S.  302,  Steigerungsform  zu  ollus 
(=  *ülus  ille),  wie  eis  €an  dieser  Stelle'  zum  Pronominalstamm 
cL  Uls,  dessen  Blüte  in  die  vorlitterarische  Zeit  fallt,  hielt  sich 
in  versprengten  Ausläufern  vielleicht  noch  bis  auf  Cato  (Fest 
p.  379  *uls9  Cato  pro  'ultra9  posuit),  während  zwei  Belege  aus 
Yarro  (1.  1.  5,  50.  83)  bereits  Archaismen  der  Sakralsprache  sind. 
In  die  Erbschaft  von  uls  haben  sich  trans  und  ultra  geteilt.  Die 
wenigen  Beispiele  (vgl.  GLK  I  236,  30.  IV  562,  2)  weisen  zunächst 
auf  eine  stehende  Formel  uls  Tiberim,  die  uns  zu  trans  hinüber- 
führen wird:  Varr.  1.  1.  5,  83  et  uls  et  eis  Tiberim,  Gell.  12,  13,  8; 
auch  Tac  ann.  12,  56  liest  W.  A.  Becker,  Topogr.  v.  Rom,  657: 
uls  [Med.  cis9  Urlichs  trans]  Tiberim.  Dagegen  beruhen  bei  Pom- 
pon.  dig.  1,  2,  2,  31  eis  Tiberim  et  ultis  T.  die  drei  letzten  Worter 
auf  einem  Einscbub  der  Kompilatoren  (vgl.  ib.  §  33  und  Liv.  39, 
14,  10);  jedenfalls  ist  ultis  eine  grammatische  Fiktion.  Zwei 
weitere  Belege  vermitteln  den  Anschlufs  an  ultra:  Varr.  1. 1.  5,  50 
Oppius  mons  prineeps  Esquilis  ouls  lucum  Facutalem  (so  0.  Müller, 
A.  Spengel;  quüis  ouis  die  Hdschr.,  esquilios  eis  Corssen),  GLE  IV 
562,  4  uls  provinciam  als  Beispiel  (einem  Schriftsteller  entlehnt?). 
Uls  ging  unter  wegen  der  Unbeliebtheit  der  Konsonantenverbin- 
dung Is  im  Auslaut,  und  weil  das  Wort  überhaupt  zu  wenig 
Volumen  hatte.  Letzteres  ist  auch  die  Ansicht  des  Gellius  12, 
13,  7  f.:  tres  istae  voces  Untra  citra  ultra9  .  .  singularibus  apud 
veteres  sylläbis  appellabantur  *in  eis  uls9.  Haee  deinde  partieulae 
quoniam  parvo  exiguoque  sonitu  obscurius  promebantur, 
addita  est  tribus  omnibus  eadem  syllaba,  et  quod  dicebatur  *cis  Ti- 
berim9 et  c«&  T.9>  dici  coeptum  est  'citra  T.9  et  'ultra  T9 


248  Pb.  Thielmann: 

B.    Trans  und  nltra. 

I.    Allgemeines  über  trans. 

Trans  ist  das  Part.  Präs.  des  Verbums  *trare  'überschreiten8 
(vgl.  Vanicek,  etym.  Wörterb.   unter  W.  tar  tra),   das  noch  er- 
halten  ist   in   extrare  (Afran.  com.  5  p.  165  R),  pcne-trare  un< 
intrare.     Darnach    verband   sich   trans   '  überschreitend'    zunachsM 
nur  mit  den  Begriffen  'Meer,  Flufs,  Berg'  und  wurde  gebraucht 
in  Beziehung  auf  ein  singularisches  Subjekt:  frans  wäre  (das  M_ 
überschreitend)  proficiscor  in  Graeciam.    Bald  aber  wurden  nichfcz: 
nur  Sätze  gebildet  wie  trans  m.  proficiscimur  in  Gr.,  sondern  auch^ 
scis  nie  (nos)  tr.  m.  proficisci  in  Gr.    Allmählich  sich  loslosendB 
von   seiner  ursprünglichen  Bedeutung  gewann  tr.  den  Sinn  von — 
'über  —  hinüber';   das  Auge  folgt,   von  einem  Punkte  auf  dei~ 
einen  Seite  des  zu  überschreitenden  Meeres,  Flusses  u.  8.  w.  aus- 
gehend,   der  Bewegung  über  den  ganzen  Raum  hinüber  bis  zu. 
einem    zweiten   Punkte    auf   der    andern   Seite  desselben.     Denn 
Ausgangspunkt  und  Endpunkt  der  Bewegung  sind  wichtig  bei 
trans:  PI.  merc.  354  tr.  mare  hinc,  Varr.  r.  r.  3,  5,  7  ex  Italia 
tr.  mare  u.  o.,  Caes.  b.  gall.  1,  35,  3  tr.  Ithenum  in  Galliam  u.  o., 
Cic.  Quinct.  80  Roma  tr.  Alpis  in  Segusiavos. 

Darnach  ist  der  Satz,  dafs  alle  Präp.  ursprünglich  Adverbien 
gewesen  seien,  einzuschränken.  Wenn  auch  tr.  hie  und  da  als 
Adverb  auftritt,  so  hat  sich  dieser  Gebrauch  erst  später  und  nur 
in  der  Volkssprache  entwickelt  nach  Analogie  derjenigen  Präp., 
die  zugleich  Adverbien  sind.  Vitruv  kennt  die  Zusammenstellung 
trans  cotitra  'auf  der  andern  Seite  gegenüber'  9,  4  (1),  2  p.  219,  7 
und  9,  4  (2),  2  p.  225,  13,  und  so  fasse  ich  auch  das  einfache 
trans  als  Adverb  9,  4  (1),  4  p.  220,  1:  tantundem  eius  (signi)  con- 
trarii  versationis  necessitate  supergressum  rotatione  circumacta  trans 
(auf  der  andern  Seite)  locis  patentibus  ex  öbscuris  egreditur  ad 
lucctn.  Da  die  Hdschr.  locis  patentibus  et  öbscuris  bieten,  so  ver- 
mute ich  locis  latentibus  et  o.,  und  verweise  auf  5,  4,  2  p.  111,13, 
wo  in  den  Hdschr.  gleichfalls  patentia  für  latentia  steht  Die 
übrigen  Beispiele  gehören  dem  Kirchenlatein  an:  num.  21,  13  bei 
Aug.  castra  collocaverunt  in  Achalgai  tr.  in  eremo  (hoc  est  in  ul- 
teriore  eremo  fügt  Aug.  hinzu);  Matth.  8,  28  Cant.  venientc  eo  tr. 
[eis  tö  nigav]  in  terram  Gerasmiorum;  Matth.  14,  22  Cant.  coegit 
discipulos  .  .  praccederc  trans;  Matth.  IG,  5  Corb.  1  in  regionem 
quae  tr.  erat,  ib.  Cant.  venientes  trans;  Ambr.  II,  2  de  42  mans. 


UU,  trän 8  und  ultra.  249 

(39)  erat  citra  ad  Hebraeorum  viam,  tr.  vero  ad  terrae  sanctae 
situm. 

Nach  dem  zu  Anfang  Gesagten  ist  bei  tr.  nur  der  Acc. 
denkbar.  Die  Ausnahmen  sind  nur  scheinbar  und  beruhen  auf 
der  bekannten  vulgären  Unterdrückung  des  auslautenden  m:  CIL 
I  200,  21  tr.  Curime,  ib.  VI  10346  tr.  via,  grom.  17,  8  tr.  ripa, 
ib.  411,  22  tr.  ardine,  lex  Sal.  tr.  Ligere;  auch  Gommod.  apol.  936 
tr.  Persida  ist  wohl  als  Persidam  vom  vulgären  Nom.  Persida 
zu  fassen.  Über  Vitr.  p.  220,  1  tr.  locis  s.  oben,  über  Transalpibus 
Plin.  Gell.  s.  unten  S.  252. 

So  verbindet  sich  tr.,  weil  auf  die  Frage  wohin?  stehend, 
ursprünglich  nur  mit  Verben  der  Bewegung,  was  auch  die  beiden 
ältesten  Stellen  (PL  merc.  354.  mil.  gl.  468)  bezeugen.  Ein  grofser 
Teil  aber  ihres  Gebietes  wird  unserer  Präp.  durch  die  zahlreichen 
Composita  wie  transeo  -gredior  u.  a.  entzogen;  man  sagt  lieber 
flutnen  transeo  als  eo  tr.  flumen.  Allerdings  findet  sich  letzteres: 
Caes.  b.  gall.  4,  12,  1  ierant  tr.  Mosam  (aber  4,  16,  2  Mosam 
transisse),  Liv.  39,  54,  11.  40,  25,  4,  wie  auch  z.  B.  duco  tr.,  veho 
tr.,  aber  scando  tr.  treffe  ich  nirgends,  gradior  tr.  nur  Catull  11,9. 
So  steht  die  Präp.  tr.  in  der  Regel  nur  bei  solchen  Verben  der 
Bewegung,  die  nicht  (oder  nur  selten)  mit  tr.  komponiert  werden, 
wie  ccdo  fugo  sequor  u.  ä.,  besonders  oft  bei  den  Begriffen  c  ver- 
kaufen' (PL  merc.  354.  Hör.  ep.  1,11,  16.  Gell.  20,  1,  47  u.  ö.) 
und  'melden',  speziell  also  bei  solchen,  die  schon  anderweitig 
komponiert  sind,  wie  concedo,  evado,  proficiscor,  me  recipio,  sub- 
moveo  u.  ä. 

Weiter  aber  steht  tr.  bei  solchen  eine  Bewegung  bezeich- 
nenden verba  simplicia,  die  nach  ihrer  Zusammensetzung  mit  tr. 
eine  von  der  ursprünglichen  abweichende  Bedeutung  annehmen. 
Da  z.  B.  transmitto  nur  selten  =  'hiuüberschicken'  ist,  so  wird 
dieser  Begriff  fast  regelmäfsig  durch  mitto  tr.  ausgedrückt:  Brut, 
et  Cass.  ep.  11,  3,  2  u.  o.  Aus  demselben  Grund  wird  'über  etwas 
hinüberwerfen '  meist  durch  iacere  tr.  alqd  gegeben:  Verg.  ecl.  8, 
102.  Iuvenc.  3,  732.  Vu3.  1  reg.  20,  36.  Boeth.  Bd.  64,  1154»  M; 
vgl.  abicio  tr.  Liv.  23,  9, 13  (12)  und  proicio  tr.  Val.  Max.  3,  2,  20. 

Aber  auch  bei  traicere  'hinüberwerfen'  wird  die  Präposition 
wiederholt:  Liv.  25,  14,  4  vexillum  tr.  vallum  hostium  traiecit,  id. 
41,  4,  2.  Bei  traicere  'übersetzen*  bleibt  die  Präp.  allerdings  meist 
weg,  aber  Livius  schreibt  doch  der  Deutlichkeit  wegen  21,  26,  6 
omnibus  ferme  suis  tr.  lUwdanum  traiectis  und  38,  25,  7  donec  res 

Archiv  für  tot.  Lezikogr.  IV.    Heft  2.  17 


250  Ph.  Thielmann: 


\ 


) 


suas  .  .  tr.  Halyn  flnmcn  traicerent.  Doppeltes  trans  findet  sich 
vereinzelt  in  allen  Perioden  der  latein.  Sprache,  und  zwar  bei 
1)  transtinco:  PI.  mil.  468  R  tr.  parietem;  2)  transfero:  Cic  Quinct 
12  tr.  Alpes  usque*),  Liv.  42;  60,  3  tr.  Peneum,  Vu*.  act.  ap.  7, 43. 
grom.  17,  8;  3)  traduco:  Caes.  b.  gall.  1,  35,  3  tr.  Ehenum  in 
Galliam;  4)  trcmsmitto:  Fest.  brev.  14,  1  tr.  Taurum  (aber  Verg. 
Aen.  3,  403  gehört  tr.  acquora  zu  steter  int)]  5)  trans freto:  Luc 
8,  22  Colb.  Vua.  tr.  staynum,  deui  30,  13  bei  Aug.  tr.  tnare, 
Nenn.  37;  6)  transcendo:  Vu.*  Marc.  5,  21  tr.  fretum;  7)  transeo: 
.loh.  18,  1  bei  Ambr.  tr.  torrentcm  Cedron,  grom.  319,  22.  Isid. 
myst.  exp.  sacr.  Jos.  3,  1.  Somit  steht  doppeltes  tr.  bei  seltenen 
Verben,  bei  denen  die  Struktur  mit  dem  Acc  nicht  durchgebildet 
ist  (z.  B.  transtinco),  aber  bei  den  meisten  der  angeführten  Bei-  — 
spiele  ist,  abgesehen  etwa  von  dem  Streben  nach  Deutlichkeit,  «^ 
ein  bestimmter  Grund  nicht  anzugeben.  Verkehrt  aber  ist  es, 
aus  der  vereinzelten  Cäsarstelle  (b.  gall.  1,  35,  3;  s.  oben)  die 
Regel  ableiten  zu  wollen,  tr.  werde  wiederholt,  wenn  noch  dabei 
stehe,  wohin  etwas  hinübergeführt  etc.  wird. 

Gelegenheit  zur  Erweiterung  des  ursprünglichen  Gebrauches 
von  tr.  bot  sich   dar  mit  dem  allmählichen  Untergang  von  uls. 
Trans  Tiberim  cüber  die  T.  hinüber'  konnte  um  so  eher  die  Funk- 
tion von  uls  T.  'jenseit  der  17  übernehmen,   als  ja,  wie  oben 
bemerkt,  bei  tr.  immer  zugleich  der  Endpunkt  der  Bewegung  ins 
Auge   gefafst   wird.     Durch   diese  Erweiterung   (erstes  Beispiele 
CIL  I  198,  17  queive  tr.  mare  erit,  a.  u.  631—632)  gewann  <r_ 
Tiberim  die  Bedeutung  cauf  der  andern  Seite  der  T.,  über  der  T-~ 
drüben,  jenseit  der  T/  (wo?).    Aber  auch  jetzt  noch  verband 
sich,  seinem  ursprünglichen  Gebrauche  entsprechend,  nur  mit  d< 
Namen  von  Meeren,  Flüssen,  Bergen,  die  übrige  Erbschaft  vo 
uls  fiel  an  ultra.     Hier  steht  also  tr.  bei  Verben  der  Ruhe,  su 
incolo  häbito  u.  a.,  und  mufs  namentlich  in  der  Soldatensprach 
verbreitet   gewesen   sein;    denn   nichts    ist  häufiger  als   Verbin 
düngen  wie  castra  ponere  (constituerc,  liaberc)  tr.  flumen  etc.  Caes— 
b.  civ.  3,  13,  6.  b.  Hisp.  7,  1.  Liv.  7,  9,  6.  22,  44,  3.  35,  3,  3.  38^ 
4,  7.  42,  60,  5.  43,  22,  8  u.  o. 

Von  jetzt  bildet  also  eis  den  Gegensatz  zu  tr.  wie  seiner 
Zeit  zu  uls:  Caes.  b.  gall.  4,  4,  3  tr.  flumen  (Bhenum)  .  .  .  eis 
Eltenum,  Liv.  5,  33,  9  eis  Appenninum  . .  tr.  App.  (ebenso  41, 19, 1), 


*)  So  bteht  noch  usque  bei  tr.  Fest.  brev.  3,  2  usque  tr.  Fadmn. 


Uls,  trans  und  ultra.  251 

id.  8,  14,  5  f.  tr.  Tiberim  .  .  eis  T.,  Liv.  per.  139  eis  Bhenum  et 
tr.  Rh.  u.  o.  Erst  seitdem  man  anfangt,  tr.  und  ultra  zu  ver- 
mengen, wird  tr.  einem  eitra  gegenübergestellt,  dessen  eigentlicher 
Gegensatz  doch  ultra  ist:  Vell.  2,  12,  4  f.  tr.  Älpis  .  .  eitra  A., 
grom.  178,  5  f.  tr.  fluvium  Lirem  .  .  eitra  L.,  Ambr.  II,  2  de  42 
mans.  (39)  u.  5.  Noch  später  erscheint  intra  (=  eitra)  als  Gegen- 
satz zu  tr.:  Hier.  ep.  64,  2  tr.  lordanem  et  itttra  L,  ebenso  ep. 
78,  XLII;  vgl.  auch  Tert.  pall.  1  tr«  crura  .  .  intra  genua. 

Den  Relativsatz  mit  der  Kopula  esse,  CIL  I  577,  I,  6  in  area 
quae  est  .  .  tr.  viam,  verkürzte  man  schon  frühe:  ib.  I  577,  I,  9 
in  area  tr.  viam,  wodurch  die  unmittelbare  Verbindung  des  Prii- 
positionalzusatzes  mit  einem  Subst.  hergestellt  wurde;  vgl.  noch 
Cic.  frgm.  or.  VI,  24  p.  14  (Baiter)  montem  illum  tr.  Aniencm  u.  o. 
Der  Relativsatz  liefs  sich  aber  auch  beseitigen  durch  ein  mit  tr. 
zusammengesetztes  Adjektiv:  regiones  transmarinae  =  r.  quae  tr. 
mare  sunt.  Es  finden  sich  folgende  Bildungen:  1)  transmarinus 
(schon  bei  Plautus),  -fretanus;  2)  -fluminalis,  -fluvialis;  -tiberinus, 
-padanus,  -rJienanus,  -albianus,  -danuvianus,  -tigritanus;  3)  -mon- 
tanuSy  -iugitanus,  -alpinus  (-alpicus);  4)  -limitanus,  -lucanus,  -ulma- 
nuSy  -mundanus,  -beneventanus^  -austrinus.  In  häutigerem  Gebrauche 
sind  davon  aber  nur  transmarinus,  -tiberinus,  -padanus,  -rhemnus 
und  -alpinus. 

Aber  tr.  steht  auch  auf  die  Frage  woher?   In  dem  Satze  alqs 
tr.    flumen  venu  ad  me  ist  der   Sprechende  auf  dem  jenseitigen 
Ufer  gedacht,  an  dem   erst  noch  zu  erreichenden  Ziele  der  Be- 
wegung, und  tr.  gewinnt  so  die  Bedeutung  *über  —  herüber'. 
Nun    wird   weiter  gerade   bei   diesem   tr.  oft  zugleich  der  Aus- 
gangspunkt der  Bewegung  (s.  S.  248)  berücksichtigt:   Varr.  r.  r. 
3,  5,  7  (turdi)  quotannis  in  Italiam  tr.  mare  (übers  M.  herüber) 
advolant  .  .  et  eodem  (d.  i.  tr.  mare  =  in  regiones  transtnarinas) 
revolant.     Hier  giebt  eodem  nur  dann  einen  befriedigenden  Sinn, 
wenn  man  bei  tr.  mare  advolant  zugleich  den  Ausgangspunkt  der 
Bewegung,  das  andere  Meeresufer  ins  Auge  fafst;    vgl.  ebenda 
cum  ex  Italia  tr.  mare  (übers  M.  hinüber)  retneant.    Tr.  cüber  — 
herüber'   steht  gerne  bei   Compositis   mit  ad:  Sen.  ben.  5,  16,  1 
tr.  Alpes  accitus  hostis  (von  Catilina  nach  Italien),  Plin.  n.  h.  35, 
199  venalium  tr.  maria  advectorum  (nach  Italien),  Quint.  7,  3,  33 
amicum  arcessierit  tr.  mare,  Gild.  15,  aber  auch  sonst:   Caes.  b. 
gall.  1,  35,  3   tr.  Ilhenum  in  (ialliam  traduceret  (der  Standpunkt 
ist  in  Gallien),  Ascon.  p.  4,  4  venisse  eum  in  Italiam  dicit  tr.  Alpis, 

17* 


252  Pb-  Thielmann: 

Plin.  d.  h.  10, 135  venerunt  in  ItäUam  . .  tr.  Padum  et  novae  aves, 
Stat.  silv.  3,  2,  21  u.  ö.  Wird  nun  der  Ausgangspunkt  der  Be- 
wegung stark  betont,  so  geht  *über  —  herüber*  leicht  in  den 
Sinn  Von  jenseit*  über,  besonders  bei  solchen  Verben,  die  nur 
den  Terminus  a  quo,  nicht  auch  in  quem  zu  sich  nehmen,  wie 
z.  B.  peto:  Plin.  n.  h.  19,  58  Indicum  pipcr  .  .  quaeque  tr.  marin 
petimus  =  Waren,  die  wir  von  jenseit  der  M.  beziehen,  Ps.-Quint 
decl.  12,  5  salutem  publicam  tr.  wäre  petmdam,  Heges.  1,  45  §  9 
u.  ö.  Daher  hat  transtnarinus  nicht  selten  die  Bedeutung  qui  tr. 
mare  advenit  oder  qui  tr.  m.  petitur:  PI.  most.  2,  2,  66  -ms  hospes, 
Cic.  rep.  2,  29  non  -is  nee  inportatis  artibus  u.  o. 

Den  Sinn  Von  jenseit'  deutet  Varro  durch  inde  an  (r.  r.  1, 
41,  5  si  quando  quis  tr.  mare  semina  mütere  aut  inde  peterc  vuti), 
deutlicher  aber  drückt  sich  Hieronymus  aus:  Sophon.  3,  10  in 
lib.  3  in  Arnos  9,  7.  8  p.  109 ld  tr,  flumina  Aethiopiae,  inde  de- 
tülerint  (==  nigaftev)  u.  ö.  Es  ist  dies  ein  Versuch  der  Schrift- 
sprache, den  Begriff  Von  jenseit'  deutlich  auszudrücken,  ohne  die 
Regeln  der  gebildeten  Latinität,  die  Doppelpräpos.  nur  ungern 
zuliefs,  zu  verletzen;  vgl.  auch  Hier.  Bd.  3,  912*  vneeber  (d.  i. 
liya  von  jenseit)  id  est  trans  vel  de  contra.  Die  Volkssprache 
aber  sagte  kurz  und  deutlich  de  trans:  Vu.9  Mattb.  4,  25  und 
S.  Germ.  2  Marc.  3,  8  de  tr.  Iordanen  -etn,  Jos.  24,  3  bei  Aug. 
quaest.  25  in  Jos.  de  tr.  [ix  xov  ntgav]  flumen,  Orib.  syn.  3,  65 
panis  de  tras  mare,  lex  Sal.;  vgl.  Diez  II3  S.  459,  altfr.  detres, 
span.  detras.  Seltener  steht  a  für  de:  a  tr.  Iordanen  num.  32, 19 
Lugd.  Mon.  und  Marc.  3,  8  Colb.,  einmal  auch  e  trans:  Marc  3,  8 
Veron.  e  tr.  Iordanen.  Von  andern  Präp.  tritt  nur  noch  ad  in 
Verbindung  mit  tr.:  Judic.  11,  29  bei  Aug.  quaest.  49  in  iud.  ad 
tr.  [elg  xo  ntyav]  filios  Ammon. 

Infolge  der  Formeln  aftigkeit  von  Ausdrücken  wie  tr.  Tiberim, 
tr.  Padum,  tr.  Alpes  wuchsen  dieselben  im  Laufe  der  Zeit  zu 
einem  einzigen  Worte  mit  substantivischer  Geltung  zusammen: 
Transtiberim  =  to  itigav  zov  Tißigeog  'das  Land  jenseit  des  T/, 
Transpadum,  Transalpes.  Einen  so  kühnen  Schritt  wagte  zunächst 
nur  die  Volkssprache,  die  dann  konsequenterweise  vor  das  neue 
Subst.  wiederum  Präpositionen  setzte:  CIL  VIII  822,  13  per  Trans- 
padum.  Die  Schriftsprache  deklinierte  die  neuen  Worter,  liefs 
aber  Präpositionen  davor  weg:  Plin.  n.  h.  3,  124  Boi  TransalpSms 
profecti  (d.  i.  ex  regionibus  transalpinis),  Gell.  15,  30,  6  petorrihtm 
est  (stammt)  non  ex  Graecia  dimidiatum,  sed  totutn  Transalpibns 


Ul8,  trans  und  ultra.  253 

(so   ist  zu  schreiben  und  das   von  Hertz  nach  totum  zugesetzte 
ortum  zu  streichen);  vgl.  scr.  Lang.  201,  20  plura  TransaJpium. 
So  mufs  namentlich  auch  Transtiberim  schon  frühe  in  der  Volks- 
sprache   als  Subst.    behandelt   worden  sein,    wenn   auch   durch- 
schlagende Belege   erst  das  Mittelalter  liefert:  Mirabilia  Romae 
(älteste  Fassttng  um  1150)  2  sine  Transtiberim,  3  excepto  Trans- 
tiberim,  10  in  Transtiberim;  vgl.  ital.  Trastevcre.    Ein  sorgfältiger 
Autor  durfte   derartiges  freilich  nicht  wagen,   zumal  sich  solche 
Ausdrücke  leicht  vermeiden  liefsen.     Statt  in  Transtiberim  sagte 
man   beispielsweise   in  transtiberina  regione  Spart.  Sever.  19,  5. 
Vop.  Aurel.  45,  2  oder  in  tramtiberino  tractu  Amm.  Marc.  27,  3,  4, 
statt  in  Transpado  lieber  in  transpaclanis  partibas  scr.  Lang.  206, 21, 
statt  e  Transpado  lieber  e  regione  transpadana  Suei  Vesp.  1.   Das 
Ge wohnliche  ist,  dafs  für  in  Transtiberim  sowohl  auf  die  Frage 
wo?  als  wohin?  einfach  tr.  Tiberim  eintritt,  so  dafs  es  dem  Leser 
überlassen  bleibt,  die  betreffende  Nuance  im  Sinn  selber  zu  finden. 
So  wird  z.  B.  in  der  kirchlichen  Übersetzungslitteratur  das  griech. 
iv  rc5  nigav  xov  'Ioqöccvov  einfach  durch  tr.  Iordanen  gegeben: 
num.  32,  19.  32.  35,  14.  deut.  3,  20.  4,  46  im  Lugd.    Wir  haben 
also  die  Freiheit,  an  Stellen  wie  Liv.  2,  13,  5  patres  C.  Mucio  . . 
tr.  Tiberim  agrum  dono  dedere  den  Präpositionalausdruck  im  Sinne 
von  iv  tg)  hsqccv  xov  T.  cin  Trastevere*  zu  fassen ;  vgl.  z.  B.  Vop. 
Aurel.  45, 2  thermas  in  transtiberina  regione  Aurelmnus  facere  paravit 
mit  Bd.  13,  453  M.  fecit  .  .  basilicam  tr.  Tiberim  (in  Trastevere). 
Noch  deutlicher  ist  Aur.  Vict.  Caes.  28,  1  exstructo  tr.  Tiberim 
lactt,  quod  eam  partem  (den  Stadtteil  Transtiberim)  aquae  penuria 
fatigabat.     Die  Frage  wohin?  liegt  vor  Suet.  Dom.  1  cum  se  tr. 
Tiberim  (nach  Trastevere)  ad  condiscipidi  sui  matrem  contulisseU 
Eine  Anastrophe  von  tr.  wagen  nicht  einmal  die  Dichter; 
dagegen  erlauben  sich  diese  hie  und  da,   tr.  you  seinem  Kasus 
zu   trennen:   Ov.  trist.  4,  9,  23  tr.  ego  tellurem,   Stat.  Th.  4, 394 
tr.  . .  Caucason,  Iuvenc.  1,  415  (Marold)  tr.  et  Iordanem,  Boeth. 
cons.  ph.  3,  8  v.  17  tr.  dbiit  polum,  Alcuin.  poet.  Car.  I  180,  456 
tr.  insuper  aequora.     Das  Stärkste  leistet  Bonifatius  poet.  Car.  I 
6,  83  trans,  ubi  semper  eram,  fugiens  nunc  sidera  scandam. 

Die  Dichter  weisen  auch  unserer  Präposition  in  der  Regel 
eine  feste  Stelle  im  Verse  an.  Im  Hexameter  steht  tr.  regel- 
lnäfsig  1)  in  der  Arsis  des  1.  Fufses:  Lucr.  5,  914  tr.  maria  alta, 
Verg.  ecl.  8, 102.  Aen.  6,  312  u.  o.;  mehrmals  steht  so  tr.  fluvium 
Paul.  Petr.  6,  88.   Coripp.  loh.  4,  141.    Erm.  Nigell.  poet.  Car.  II 


254  Pb.  Thielmann: 

27,  93;  —  2)  am  häufigsten  in  der  Thesis  des  4.  Fufses  (se 
Vergil).  Stehende  Verbindungen  sind:  tr.  flumina  Verg.  g» 
3,  213.  Auson.  417,  72.  Erm.  Nig.  poet.  Car.  II  48,  261;  tr.  aequor 
Verg.  Aen.  3,  403.  Sil.  It.  1,  30.  Stat.  silv.  3,  2,  21.  3,  4,  67.  Chi 
dian.  10,  47.  20, 149.  509.  26,  108.  Paul.  Petr.  6,456(459).  Alcui 
poet.  Car.  I  171,  62.  188,  837.  191,  1010.  220,  1;  trtaeihera  Verj 
Aen.  7,  65.  Avit.  cann.  4,  597;  tr.  ardua  Sil.  15,  493  (496).  Neme 
cyn.  251;  tr.  sidera  Iuvenc.  1,  495.  2,  222.  Paul.  Nol.  natal.  8, 18! 
poet.  Car.  III  carm.  Centul.  2,  54;  —  3)  weniger  häufig  in  de 
Thesis  des  3.  Fufses:  Verg.  geo.  3,  269  tr.  Gargara,  Ov.  met  ! 
114.  Hör.  ep.  1, 11,  16  u.  o.  Hier  bürgert  sich  tr.  aequora  en 
nach  Vergil  ein:  Sil.  8,  505.  Claudian.  1,  34.  Wal.  Strab.  poe 
Car.  II  306,  71.  Alles  übrige,  z.  B.  tr.  in  der  Arsis  des  2.  Fulsc 
(Verg.  Aen.  6,  415.  Stat  Th.  5, 11)  oder  in  der  Arsis  des  5.  Fulsc 
(Verg.  geo.  3,269.  Hör.  ep.  1,  11,27)  ist  nur  vereinzelt.  Sor§ 
faltige  Dichter  stellen  tr.  da,  wo  sie  es  zweimal  im  Vers  voi 
bringen,  einmal  in  die  Arsis,  das  andere  Mal  in  die  Thesis:  Verj 
geo.  3,  269  Mas  dtteit  amor  tr.  Gargara  transque  sonantem  Asa 
nium,  Ov.  trist.  4,  9,  23.  Claudian.  1,  34. 

IL    Allgemeines  über  ultra. 

Ultra  (parte)  gehört  wie  uls  als  Steigerungsform  zu  olfo 
(S.  247);  vgl.  die  Zusammenstellungen  u.  Ultimos  collcs  b.  Afi 
18,  4,  u.  ulterioretn  ripam  Flor.  4,  12,  19.  Vermöge  seiner  kom 
parativen  Bedeutung  bezeichnet  u.  die  Vorwärtsbewegung  (in  hör 
zontaler  Richtung)  über  einen  bestimmten  Punkt  (Linie,  Raum 
hinaus,  der  regelmäfsig  als  Grengpunkt  gedacht  ist.  War  Im 
trans  *über  —  hinüber5  der  Blick  auf  den  zu  durchmessende: 
Raum  gerichtet,  so  fallt  bei  u.  'über  —  hinaus*  das  Schwergewich 
auf  den  hinter  dem  Grenzpunkt  liegenden  Raum.  So  steht  t 
zunächst  wieder  bei  Verben  der  Bewegung,  und  aus  seiner  Grund 
bedeutung  erklärt  sich  seine  häufige  Verbindung  mit  Compositi 
von  pro  (Vorwärts  über  eine  Grenze  hinaus').  Gleich  das  ältest 
Beispiel  rex  atribas  u.  fossam  protendere  coepit  Enn.  ann.  555  ^ 
=  339  B  (Müller  ann.  536  hat  intra)  gehört  hierher,  wenn  ander 
Lachmanns  Lesung  (zu  Lucr.  4,  619)  richtig  ist.  Ferner  verbinde 
sich  t(.  mit  proeresco,  -curro,  -dueo,  -fero  u.  a.,  insbesondere  abe 
mit  progredior  (Cic.  Tusc.  4,38.  Phil.  11,  1.  div.  1,24.  b.  Alei 
15,  5.  Liv.  26,  25, 17  u.  ö.)  und  procedo:  Prop.  5,  7,  29.  Liv.  3, 46 
1.  Sen.  suas.  1,  3.   contr.  10,  3  (32),  9  u.  ö.     An   zweiter  Stell 


Ula,  trans  und  ultra.  255 

folgen  die  Komposita  mit  ex,  die  das  Heraustreten  aus  einem  ab- 
gegrenzten Raum  und  somit  gleichfalls  das  Überschreiten  einer 
Grenze  bezeichnen:  effero  Com.  4,  60,  egredior  b.  Alex.  20,  3.  Quini 
1 1,  2, 13,  excedo  Liv.  3,  41,  4.  Val.  Max.  3,  2,  24  u.  a. 

Aus  der  Grundbedeutung  erklärt  sich  auch  das  häufige  Vor- 
kommen von  u.  im  negativen  Satze:  eine  angegebene  Grenze 
wird  nicht  überschritten.  In  verschiedenen  Entwickelungsstadien 
tritt  w.  zuerst  eine  Zeit  lang  nur  in  negativen  Sätzen  auf,  denen 
erst  nach  einer  Weile  die  positiven  folgen.  So  heifst  es  anfangs 
nur  non  progredi  ti.  (Cic.  s.  oben;  positiv  seit  b.  Alex.  15,  5),  non 
pracedere  u.  (die  angeführten  Stellen  sind  sämtlich  negativ;  pos. 
seit  Cels.  7, 15  p.  292,  19)  u.  s.  w. 

Die  komparativische  Natur  von  u.  erklärt  den  häufig  hin- 
zutretenden abl.  discriminis:  Caes.  b.  gall.  1,  48,  2  miUibus  pas- 
$**-um  duobus  u.  cum,  Plin.  n.  h.  4,  79  multis  u.  Alpes  millibus,  be- 
sonders oft  paulo  m.:  Caes.  b.  civ.  3,  66,  4.  b.  Alex.  9,  3.  21,  4. 
Phaedr.  app.  1, 14,  7.  Colum.  4,  29,  9  u.  ö.  Der  Acc.  des  Maises, 
der  sich  daneben  findet,  steht  ebenso  bei  andern  Komparativen 
CWölfflin,  Komparation  S.  35):  Caes.  b.  civ.  3,26,4  u.  Lissum 
millia  passuum  tria,  Sen.  dial.  2,  3,  3  multum  u.  se,  Plin.  n.  b.  9, 
181  paulum  u.  digitos  u.  ö. 

Den  Gegensatz  zu  u.  bildet  citra:  Hör.  sat.  1,  1,  107  flnes, 

tuos  u.  citraque,  Liv.  25,  5,  6.  38,  39, 17.   Plin.  n.  h.  3,  47.  5,  66 

u.  o.     Auch  eis  tritt  hie  und  da  als  Gegensatz  zu  u.  auf,  da  ja 

letzteres  teilweise  die  Funktionen  von  uls  übernommen  hat:  Cato 

p.  10,  20  J.  eis  Ariminum  .  .  u.  agrum  Picentium.    Im  Spätlatein 

tritt  intra  an  die  Stelle  von  citra:   Paul.  dig.  17,  1,  5,  5  non  u. 

präium  aut  intra  pretium,  Vu8.  1  reg.  20,  22  sagittae  intra  te  sunt 

• .  sagittae  u.  te  sunt  u.  ö.;  vgl.  Isid.  diif.  verb.  579  u.  illuc  vel 

dmplius,  citra  huc  ad  nos,  intra  ms.    Da  u.  nicht  selten  =  supra 

ist,  so  steht  auch  sab  als  Gegensatz:  Theod.  Mops.  Eph.  4,  9  sub 

terra  . .  «.  terratn,  Aug.  in  ps.  38,  10  u.  solem  . .  sub  sole. 

Dem  Adverbium  w.  (zuerst  bei  Com.  4,  60  bis)  können  wir 
im  folgenden  nur  ausnahmsweise  Berücksichtigung  schenken.  Wenn 
bei  Cicero  Verr.  5,  119  estne  aliquid ,  «.  quo  crudelitas  progredi 
possit?  Müllers  Interpunktion  richtig  ist  (die  übrigen  Herausgeber 
setzen  das  Komma  nach  u.  oder  gar  nicht),  so  dient  hier  u.  zur 
nähern  Bestimmung  des  allgemeinen  quo,  in  ähnlicher  Weise, 
wie  etwa  in  u.  fossam  der  ursprüngliche  lokale  acc.  fossam  durch 
die  zugesetzte  Präposition  präzisiert  worden  ist  (vgl.  Cic.  Tusc.  1,17). 


256  Pb.  Tbielmann: 

Wie  u.f  so  hat  vielleicht  auch  ulterias  einmal  den  Accusatu 
bei  sich:  Prop.  1,  6,  4  tilteriusque  domos  vadere  Memnonias  (w 
Haupt-Vahlen;  domo  -a  Müller).  Der  scheinbare  Ablativ  (S.  249^ 
findet  sich  bei  u.  im  Texte:  u.  finitima  linea  grom.  22,  15,  u 
prima  flexura  schol.  Germ.  Ar.  420,  16  u.  Legere  (Ligerc,  Ligire 
Fred.  3,  75.  gest.  Franc.  5.  28.  33.  53,  u.  Geronna  cont.  Frei  13C 
134;  vgl.  noch  die  Varianten  zu  Ps.-Cypr.  Bd.  3  de  laucL  mart.  i 
u.  ardore  QT,  grom.  187,  14  B,  188,  9  AB,  Greg.  T.  h.  Fr.  7,8! 
p.  315,  4.  8,  30  p.  343,  13.  Ven.  Fort.  carm.  1,  8  tit.  Dafe  hie: 
überall  nur  der  Accusativ  vorliegt,  zeigen  Stellen  wie  grom.  22 
15  u.  limites  et  u.  finitima  linea,  coni  Fred.  112  u.  Igne  fluvium 
117  u.  fluvium  Igni.  So  bleibt  als  wirklicher  Ablativ  nur  « 
viribus  bei  Aethicus  82  p.  63,  30,  einem  Autor,  der  von  der  rieh 
tigen  Verwendung  der  Kasus  überhaupt  keine  Vorstellung  meh 
hat.  Der  Gen.  bei  u.  wäre  denn  doch  gar  zu  abenteuerlich:  ii 
de  u.  Scquane  Capit.  Car.  134,  25  ist  Sequane  als  -a  (=  -am)  zi 
fassen,  und  in  u.  portus  act.  Timoth.  ed.  Usener  12,  59  liegt  ein 
sklavische  Obersetzung  des   griechischen  xsqccv  xov  kipivog  voi 

Zu  einem  mit  trans  zusammengesetzten  Verb  kann  eine  naher 
Bestimmung  mit  tt.  treten:  Sen.  ep.  102,  4  u.  extretnum  diem  cura 
transmittere,  jedoch  lange  Zeit  nur  bei  temporalem  oder  modalen 
Sinn  von  u.  Erst  die  spätere  Entwicklung,  in  der  das  lokal 
u.  sich  allmählich  in  die  Rechte  von  trans  eindrängt,  bringt  Bei 
spiele  wie  transduxit  u.  Iordanem  Hier.  Bd.  3,  1347,  ti.  amnet 
transeunt  Greg.  T.  S.  Iulian.  7  p.  567,  33,  u.  mare  transmitteba* 
Nenn.  43. 

Mit  dem  Untergänge  von  uls  trat  u.  dessen  Erbschaft  ai 
soweit  diese  nicht  an  trans  gefallen  war  (erstes  Beispiel:  Cat 
p.  10, 20  u.  agrum  Picentium,  wenn  Varro  genau  citiert),  un 
stand  somit  auch  auf  die  Frage  wo?  in  der  Bedeutung  cüber  eine 
Grenze  drüben,  jenseit'.  Bezeichnet  trans  vermöge  seiner  Zu 
sammenstellung  mit  den  Begriffen  cMeer,  Flufs,  Berg*  die  Lag 
jenseit  einer  Querlinie,  so  wird  durch  u.  oft  die  Lage  jensei 
einer  als  Punkt  gedachten  Grenze  ausgedrückt  (vgl.  Liv.  22,  43, ' 
u.  castra  transque  montis  und  dazu  Wölfflin).  Wie  trans  wir 
auch  dieses  u.  unmittelbar  mit  einem  Substantiv  verbunden  (z.  E 
Curt.  4,  9,  14  regio  te.  amnem),  im  ganzen  aber  nicht  oft,  und  s 
hat  sich  im  Anschlufs  an  diesen  Gebrauch  nur  ein  einziges  mi 
u.  komponiertes  Adjektiv  entwickelt:  ultramundanus  Apul.  dogff 
PI.  1, 11.  Mart.  Cap.  2,  185. 


UU,  trans  und  ultra.  257 

Aach  u.  steht  manchmal  auf  die  Frage  woher?:  Sen.  ep. 
110, 14  vestes  u.  non  tantum  noslrum,  scd  u.  fincm  Jwstium  ad- 
ttdas,  Plin.  n.  h.  19,  52  avis  u.  Phasim  arnnem  peti  und  besonders 
ib.  21, 11  petitis  ab  India  aid  u.  Indos.  Anch  hier  hilft  Hiero- 
nymus  durch  inde  nach:  Vu3.  Sophon.  3, 10  u.  flumina  Aethiopiae, 
inde . .  deferent;  auch  hier  entschlofs  sich  die  Volkssprache  kurz 
und  gut  eu  de  ultra:  Sophon.  3, 10  de  u.  flumina  bei  Rufin.  interpr. 
Orig.  comm.  in  Cantic.  lib.  II  (opp.  Orig.  ed.  Lomm.  XIV  p.  364  sq.), 
das  später  besonders  in  Gallien  üblich  war:  Pard.  247  a.  629  de 
u.mare,  Fred.  4,38  de  u.  Renutn,  Capit.  Car.  134,25  de  u.  Se- 
<pme  (it.  cFoltra,  (Tollre,  fr.  d'outrc).  In  ab  u.  vicum  Triari  CIL 
VI  9493  ist  u.  vicum  Triari  als  erstarrte  Bezeichnung  einer  be- 
stimmten Lokalität  zu  betrachten,  vor  die  wiederum  eine  Präpo- 
sition treten  konnte.  In  ultra  steht  nur  adverbial:  Lev.  13,  57 
Tolet  quodsi  in  u.  [ßxi\  apparuerit. 

Wenn  bei  trans  die  Anastrophe  fehlt,  ist  sie  bei  u.  um  so 
häufiger.    Der  erste  und  leichteste  Fall  ist  die  Umstellung  beim 
Relativ   (quem  u.  Cic.  Tusc.  4,  38,    quos  u.  Hör.  sat.   1,  1,  107. 
Phaedr.  app.  1, 14,  7),  aber  noch  vor  der  Anastrophe  beim  De- 
monstrativ Qiunc  u.  Germ.  Arat.  241,  haec  u.  luven.  8,  199,  lianc 
u.  Avien.  descr.  582)  findet  sich  die  beim  Substantiv:  saepetn  u. 
[Munro,  Bernays;   cod.  saepe  supra]  Lucr.  4,  611,  viris  u.  Verg. 
Aen.  6,  114,  portas  u.  Prop.  5,  7,  29,  scopxdos  u.  Stat.  silv.  5,3,49, 
Tiberim  w.  luven.  14,  202,  molem  aggeris  u.  id.  16,  26,  umetitia  u. 
Tac.  ann.  1,  65,  Danuvium  u.  ib.  2,  63,  Euphratem  tu  15, 17;  bei 
Sen.  Ag.  996  mortem  . .  w.,  Stat.  Th.  1,  706  fatum  . .  u.  und  in  der 
nt  Vedasti  6  (AS  Febr.  I  792  ff.)  Crientium  fluviölum  . .  u.  kommt 
noch  Trennung  der  beiden  Bestandteile  hinzu.    Demnach  erlauben 
Weh  Anastrophe    (aufser   Cicero)  nur  Dichter  und  poetisierende 
Prosaiker. 

Auch  aufserhalb  der  Anastrophe  ist  die  Trennung  der  beiden 
Teile  nur  selten:  Stat.  silv.  1,  2,  114  u.  emincat  matres,  Ambr.  I 
937*  =  apol.  Dav.  alt.  4,  24  u.  David  regis  proecssisse  virtutem, 
wie  auch  die  Stellung  von  u.  zwischen  Adjektiv  und  Substantiv: 
Tac.  ann,  13,  26  centesimum  n.  lapidem,  Claudian.  5,  149.  Sedul. 
carm.  pasch.  2,  12.  Sehr  auffallig  bleibt  daher  b.  Hisp.  16,  2  u. 
ibat  [stabat  Koch]  flumen  Salstim.  Sollte  hier  ein  mifsglückter 
Versuch  vorliegen,  u.  zur  Verbalkomposition  zu  verwenden,  u.  Hat 
=  tr ansibat? 

Für  die  Verwendung  von  u.  (als  Präposition)  im  Hexameter 


1 

258  Pb-  Thielmann:  Ula,  träne  und  ultra.  j 

i 
i 

ist   zu   beachten;   dafs   die  Betonung   auf  der  letzten  Silbe  die    ! 
frühere  ist:  ultra9  Enn.  ann.  555  V.  Lucr.  4,  269  u.  o.,  ultra*  Lucr. 
4,  611.  Verg.  ecl.  7,  27  u.  o.,  ultra41  Verg.  Aen.  6,  114  u.  o.   Die 
Betonung  ultra  findet  sich   erst  seit  Horaz  (beim  Adverb  schon 
seit  Vergil),   und   zwar   zunächst   am  Schlüsse   des  Hexameters   j 
(sat.  1, 10,69.  2,  1,  1);  seit  Manilius  auch  am  Anfang  desselben:    , 
1, 140.  Lucan.  2,  138  u.  o.;  vgl.  ultra  Ovid.  Her.  2,  2  am  Anfang    \ 
des  Pentameters.   Elision  der  Präposition  ultra  ist  im  Hexameter 
bzw.  Pentameter  (Sil.  13,  554.  Stat.  sil?.  5,  3,  49.  Ven.  Fort  carm.    ; 
8,  3,  331.  Mart.  3,  511.  spur.  1,  232)   bei  sorgfaltigen  Dichtern 
ebenso  selten  als  in  andern  Versen :  Sen.  Ag.  996.  Oct  27.  Arien, 
or.  mar.  375.  (Schlafs  folgt) 

Spei  er.  Ph.  Thielmani. 


Lausa. 

Von  dem  im  Archiv  durch  Bücheier  (II  605  f.)  und  Gröber  (DI 
510)  neu  beleuchteten  und  erhärteten  Worte  lausa  =  Steinplatte, 
Grabplatte  —  das  sich  zu  dem  inschriftlich  erhaltenen  lausia  ter- 
hält,  wie  noxa  zu  noxia  —  wird  Anwendung  zu  machen  sein  ttf 
eine  Stelle  des  Plautus,  durch  die  zugleich  der  älteste  Beleg  md 
eine  noch  weitere  Instanz  gegen  die  keltische  Herleitung  des  Wort* 
gewonnen  wird. 

Im  Truculentus  v.  730  f.  ist  überliefert: 

Stultus  es,  qui  facta  infecta  facere  uerbis  postules: 
Thetis  quoque  etiam  lamentando  laumm  fecit  filio. 

Über  und  für  das  unbekannte  lausum  sind  mancherlei  Ver- 
mutungen aufgestellt  worden:  zur  Vulgate  wurde  das  schon  von  Valla 
aufgebrachte  pausam.  Dies  habe  ich  mit  gutem  Grunde  aufgegeben, 
hauptsächlich  weil  es  dem  Sinne  nicht  entspricht,  sondern,  wider- 
spricht: dafs  Thetis  zu  jammern  aufgehört,  kann  doch  nicht  mit 
tjuoque  etiam  dem  Gedanken  angeschlossen  werden,  dafs  Thoren  Ge- 
schehnes  mit  Worten  ungeschehen  machen  wollen.  Aufserdem  mochte 
ich  ungern  die  in  der  Überlieferung  erscheinende  starke  Allitteration 
beseitigen.  Allein  mein  Vorschlag  lamentando  lassa  hau  fecit  filiu* 
giebt  dem  Gedanken  einen  ungeschickten,  ja  unzulässigen  Ausdruck: 
wir  können  mit  kleiner,  ja  eigentlich  keiner  Änderung  schreiben 
lamentando  laus  am  fecit  filio,  selbst  eine  Thetis  mufste  mit  Jammern 
den  Sohn  begraben,  konnte  ihn  nicht  damit  zum  Leben  erwecken. 

Heidelberg.  Friedrich  SchölL 


1 


Über  die  Latin  ität  der  Peregrinatio 

ad  loca  sancta. 

Es  wird  hoffentlich  bei  den  Lesern  Entschuldigung  finden, 
wenn  der  letzte  freie  Bogen  des  Heftes  und  der  letzte  freie  Tag 
?or  der  Vollendung  des  Antiquasatzes  dem  Berichte  über  einen 
Fund  gewidmet  wird,  welcher  für  die  Geschichte  der  lateinischen 
ßprache  von  hervorragender  Bedeutung  ist.  Indem  wir  auf  die 
Litteraturanzeigen  verweisen,  nehmen  wir  es  als  wahrscheinlich  an, 
dafe  die  jetzt  zuerst  veröffentlichte  und  zugleich  älteste  Beschrei- 
bung einer  Reise  nach  dem  gelobten  Lande  etwa  zwischen  380  und 
390*)  anzusetzen  ist,  und  dafs  die  ebenso  bibelfeste  als  rüstige 
Verfasserin,  die  von  Konstantinopel  aus  an  ihre  Klosterschwestern 
»treibt,  Gallien  zur  Heimat  hatte.  Die  Identifizierung  derselben 
nit  einer  aus  Palladius  bekannten  Pilgerin  Silvia  aus  Aqui ta- 
uen kann  hier  weder  bestritten,  noch  als  sicher  angenommen 
Verden;  doch  scheint  die  Abhärtung  der  Silvia,  die  ihrem  Korper 
lie  Wohlthat  eines  Bades  nicht  gönnte  und  nie  sich  in  einer 
Sanfte  tragen  liefs,  noch  gröfser  gewesen  zu  sein,  als  die  unserer 
Verfasserin,  die  nicht  nur  reitet  (p.  58  descendimus  de  aninia- 
ibus;  53  ut  sedendo  in  asellis  possit  subiri),  sondern  auch  die 
Sanfte  nicht  grundsätzlich  verschmäht,  nach  p.  38:  pedibus  me 
ucendere  necesse  erat,  quia  prorsus  nee  in  sella  ascendi  poterat. 
Jbrigens  thut  der  Name  nichts  zur  Sache.  Unsere  Verfasserin 
r*r  des  Griechischen  kundig,  aber  sie  schrieb  ein  Latein,  welches 
fe  nicht  der  Lektüre  Ciceros  verdankt,  vielmehr  schreibt  sie  so 
lern  lieh,  wie  sie  sprach.  Aus  ihrer  Bescheidenheit  (p.  44  par- 
itas  mea)  läfst  sich  nichts  über  ihre  Stellung  folgern;  sonst 
ekennt  sie  von  sich  nur  p.  60:  ut  sum  satis  curiosa,  was  man 
dt   Vifsbegierig'    wird   übersetzen    dürfen,    wie    denn  auch  ihr 

*)  Die  Sprache  der  Verf.  stimmt  durchaus  zu  dem  Ausgange  des 
f.  Jahrb.  nach  Chr.,  was  hier  freilich  nicht  näher  ausgeführt  werden  kann. 


260  Ed.  Wölfflin: 

Interesse  sie  in  der  Darstellung  öfters  vom  geraden  Wege  ab- 
führt; so  dafs  sie  sich  mit  ut  redeam  ad  rem  wieder  zurückruft. 
Nachdem  sie  den  Sinai  bestiegen,  Ägypten,  Palästina,  Mesopo- 
tamien drei  Jahre  lang  bereist  hatte,  wollte  sie  noch  von  Kon- 
stantinopel  einen  Abstecher  nach  Ephesus  machen,  propter  mar- 
tyriuin  S.  Iohannis,  p.  75.  Dafs  sie  mehr  Sinn  für  den  Kultus 
als  für  die  Naturschönheiten  besitzt,  ist  ganz  natürlich;  die  Haupt- 
ausbeute wird  daher  den  Theologen  zufallen.  Wir  versuchen  hier 
nur  darzustellen,  wie  etwa  zu  Ende  des  vierten  Jahrhunderts  im 
südlichen  Gallien  (die  Verfasserin  vergleicht  den  Euphrat  mit  dem 
Rhodanus)  das  Latein  'gesprochen'  worden  ist,  was  man  aus  den 
Schriften  des  Sulpicius  Severus  oder  Cassian  kaum  erkennt,  and 
wir  hoffen  mit  dieser  Skizze  namentlich  den  Romanisten  zu 
dienen. 

Mit  der  Lautlehre  wollen  wir  den  Leser  nicht  lange  auf- 
halten.   Da  in  Gallien  wie  anderwärts  die  Aspiration  im  Anlaute 
der  Worte  frühzeitig   abgeschwächt  wurde  und  die  Grammatiker 
nicht  müde  wurden  zu  predigen,  man  solle  abire  und  habere  und 
ähnliche  Worte  auseinanderhalten,  so  findet  sich  in   der  Reise- 
beschreibung  h   sowohl  falsch   zugesetzt,    als  auch,    wenn  auch 
seltener,   gegen    die  Regel   weggelassen;    regelmäßig  Ierusolima  \ 
und  ymnus,  hitur  neben  itur,  abitatio  42,  hac  =  ac  (vgl.  unten),    . 
Hisauria,  heremus,  hostium  =  ostium,  dagegen  58  Ostias  für  hostias,   < 
88  ora  für  hora.   Es  kann  daher  die  Vermutung  nicht  unterdrückt   * 
werden,  83  sei   statt:  quam  (Kirche)  Constantinus,   in  quantum 
vires  regni  sui  habuit,  honoravit  auro,   musivo  et  auro  pretioso 
zu  schreiben  hornavit  =  ornavit,   obwohl  anderwärts  richtig  or- 
natus   (aber   freilich    auch    84   falsch   hornatus)   geschrieben  ist 
Ilispatium  bietet  der  Codex  53,   aber  97   spiritum.     Die  Ortho- 
graphie baptizare  überwiegt  in  der  ersten  Hälfte  der  Schrift  59. 
60  bis;  in  der  zweiten  baptidiare  98.  104.  105.  107.    Vgl.  die  An- 
merk,  zu  Arch.  III  590.    63  Gerapolin  =  Hierapolin. 

Die  Deklination  ist  bereits  halb  zerfallen;  die  Accusative 
Sing,  verlieren  ihr  m  (35  per  valle  illa,  per  giro  und  per  girumi 
69  nobis  satis  gmtum  evenit  und  grate  satis  evenit,  68  illud  mihi 
satis  grata  fuit)  und  fallen  dadurch  mit  den  Ablativen  zusammen; 
statt  der  Antwort  auf  die  Frage  wohin?  erhalten  wir  die  auf  die 
Frage  wo?  (33  in  eo  loco  cum  venitur),  und  damit  man  nicht 
in  monte  als  Schreibfehler  für  in  monteni  ansehe,  so  heifst  es 
konstant:  ubi  cum  ventum  fuerit,  nicht  quo.    Infolge  dieser  Kon- 


Ober  die  Latinität  der  Percgrinatio  ad  loca  sancta.      261 

farion  heilst  es  also  auch  95  sedete  vobis,  und  griechische  Worter 
ghilten  ihren  Nominativ  (Accusativ),  wie  76  simul  cum  mona- 
lontes,  84  a  monazontes.  Wir  übergehen  indessen  dieses  Kapitel, 
feil  man  ja  sagen  könnte,  die  zerrütteten  Kasusformen  (75  si  in 
orpo  faero?)  gehörten  nicht  der  Verfasserin,  sondern  dem  Ab- 
direiber  etwa  des  eilften  Jahrhunderts,  eine  Einwendung,  die 
reilich  nur  geringe  Berechtigung  hat,  wenn  man  erwägt,  wie 
orgfaltig  die  in  Monte  Casino  geschriebenen  Handschriften  kopiert 
o  sein  pflegen. 

Aus  dem  gleichen  Grunde  können  und  wollen  wir  die  Kon- 
lgation  nur  streifen.  Die  Yerba  der  zweiten  und  der  dritten 
onjagation  fliefsen  ineinander  über  ohne  bestimmtes  Prinzip;  ja  oft 
ieint  in  der  Koordination  die  vorangehende  Form  die  folgende 
i  beeinflussen;  z.  B.  76  dieuntur  et  responduntur.  Dormito  p.  80 
t  erstes  Supinum;  93  fietur  so  wenig  zu  beanstanden  als  zwei 
iilen  weiter  unten  facitur.  In  den  passiven  (bezw.  deponentialen) 
)rmen  statt  esse,  sum,  sim,  eram,  essem  regelmäfsig  fuisse, 
erim,  fueram,  fuissem  u.  s.  w.  Einmal  lesen  wir  sogar  78  ubi 
m  perventus  fuerit  (episcopus  et  populus),  was  an  das  roma- 
iche  je  suis  venu,  io  sono  venuto  erinnert,  wenn  nicht  viel- 
&hr  perventum  zu  lesen  ist,  wie  an  zahlreichen  Parallelstellen. 

Einige  Aufmerksamkeit  werden  wir  dem  Verbum  ire  schenken 
irfen,  welches  bereits  in  gewissen  Formen  durch  v ädere  und 
übulare  verdrängt  ist.  Vadere  liefert  an  14  Stellen  (das 
belcitat  vade  in  Charram  kommt  hier  nicht  in  Betracht)  die 
itte  Person  Sing,  und  Plur.  des  Präsens  Ind.  Act.  mit  vadet 
td  vadent  (Ausnahme  101  vadunt);  ambulare  stellt  namentlich 
n  Infin.  Präs.  Act  (41.  45  bis.  91),  auch  das  Partie.  Präs.  (35. 
1),  die  unterliegende  Konkurrenzform  ambulant,  45,  bis,  und 
ideres.  Ire  hat  nicht  nur  seine  einsilbigen  Formen  eingebüfst, 
ädern  auch  die  zweisilbigen  werden  gern  verstärkt  durch  kon- 
nantischen  Zusatz,  ivens  90,  bitur  83.  93.  95;  hiens  57,  hivit 
l;  lebenskräftig  und  wenig  bedroht  sind  die  dreisilbigen  wie 
ntes,  eundo,  eamus,  eatur,  ibamus,  ierunt,  ieramus.  Möge  man 
»er  den  Ursprung  des  französischen  aller  denken,  wie  man 
)lle:  die  Entscheidung  der  Kontroverse  wird  aus  dem  Spätlatein 
d  Vulgärlatein  zu  ziehen  sein. 

Das  Futurum  kommt  in  dem  Reiseberichte  offenbar  zu  kurz, 
d  läfst  sich  durch  das  lebhafte  Präsens  vertreten,  z.  B.  65:  si 
•enter  habes,  loca  ostendiuius  tibi  =  so  zeige  icli  dir  die  Ort- 


262  Ed.  Wölfflin: 

lichkeiten  =  werde ,  will  ich  zeigen.  Es  nützte  nichts,  Ofltao- 
demus  zu  schreiben,  da  dieses  selbst  doch  nur  als  Präsensfonn 
gefafst  wordeu  wäre. 

Da  die  Franzosen  sagen  le  livre  se  vend,  la  guerre  se  &ü 
(=  wird  verkauft,  wird  geführt,  wozu  lateinisch  venditur  und 
facitur  fehlt),  so  verlohnt  es  sich,  den  Anfange?  dieses  auch 
aus  dem  Italienischen  bekannten  Sprachgebrauchs  nachzugehen 
Während  die  Verfasserin  93  schreibt  collecto  omni  populo,  halt 
sie  sich  doch  im  Aktiv  regelmäßig  an  se  colligere  (77.  79  btt. 
82.84.92.93),  zieht  dieses  mithin  dem  medialen  colligi  vor.  So  be- 
gegnen uns  denn  eine  Reihe  von  Redensarten,  welche  einem  grie- 
chischen Medium  entsprechen,  wie  se  tendere,  sich  bestrebo, 
sich  nach  etwas  richten:  45,  2  ad  signa  se  tendunt,  59  tendmri 
se,  ut  laventur  in  eo  loco,  62  ad  quos  (locos)  me  [te]tenderam,  * 
tendat  illuc,  109  qui  non  se  in  Ierosolima  tendat.  Nach  Analogi 
von  se  movere  (Gl)  und  se  lungere  (45)  heilst  es  auch  36  v 
plicaremus  nos  ad  montem,  45  plicavimus  nos  ad  mare  (abeolo 
66  cum  Persae  iam  prope  plicarent  civitati);  und  sogar  inkorrek 
45  inde  nos  .  .  .  reversi  sumus,  82  vadent  se  unusquisque  • 
ospitium  suum.  Einen  noch  handgreiflicheren  romanischen  V« 
lauf  er  haben  wir  in:  se  facere:  86  facit  se  hora  quinta,  89  ut 
coeperit  se  niane  facere,  91  cum  cocperit  se  facere  hora  noni 
97  cum  sexta  hora  se  fecerit  und  ebenda  cum  ceperit  se  imi 
hora  nona  facere.     Vgl.  91  cum  ceperit  esse  hora  undecinia. 

Die  Hauptsache  über  die  Komparation  läfst  sich  etw 
dahin  zusammenfassen,  dafs  der  Komparativ  noch  nicht  dura 
magis  oder  plus  umschrieben,  auch  der  Superlativ  noch  gebildk 
(35  planissimus  neben  Positiv,  49  vetustissimus,  50  frequentis« 
mus,  74  amicissimus,  80  quam  vis  durissimus),  doch,  wo  er  du 
einen  sehr  hohen  Grad  einer  Eigenschaft  bezeichnet,  häufige 
mittelst  valde  und  satis  ausgedrückt  wird,  welche  bald  vor,  bab 
hinter  das  Adjektiv  treten.  Optimae  satis  57  und  59  beweist 
dafs  optimus  =  bonus  zu  interpretieren  ist;  46  melior  satis  m 
=  melior  multo,  wohl  auch  68  vere  amplius  dem  Sinne  nach  * 
multo,  wie  ähnlich  53.  73  vere  sanctus  =  valde,  49  pleonastiscl 
vere  satis  religiosus.  Auch  72  lapidem  infinitum  nimis  und  31 
vallem  infinitam  ingens  sind  hieher  zu  ziehen.  Immer  heifst  « 
superius  dicerc,  doch  81.  82  infra  annotare. 

Der  Wortschatz  der  Schriftstellerin  ist  ein  beschranktet 
viele  Ausdrücke  fehlen  ihr,  weil   sie   in  der  Volkssprache  nich 


Über  die  Latinität  der  Peregrinatio  ad  loca  sancta.     263 

mehr  lebten,  andere,  weil  sie  sich  nicht  bemühte,  die  ganze  ihr 
n  Gebote  stehende  copia  verborum  auszunutzen.    Bedürfte  es  für 
genauere  Angaben  einer  wiederholten  Lektüre,  so  sieht  man  doch 
schon  auf  den  ersten  Blick,  dafs  urbs  wie  oppidum  bereits  ganz 
abgestorben  und  durch  civitas   ersetzt  sind,  und  wie  libcri  vor 
infantes  hat  weichen  müssen,  so  vesper  und  vespera  dem  roma- 
nischen sera,   was  eigentlich   auf  Italien   als   Heimat  der  Verf. 
deuten  könnte.    Die  gute  Latinität  kannte  wohl  und  gebrauchte 
in  gewissen  Verbindungen  das  substantivierte  serum,  und  Virgil 
Georg.  4,  122  erlaubte  sich,  da  es  ihm  besser  pafste,  den  Plural 
sera,  orum;  die  weibliche,  in  die  erste  Deklination  übergetretene 
Form  ist  Georges  nicht  bekannt  und  bei  DuCange  erst  mit  der 
fiegula  Benedicti  belegt,   während  sie   in  dem  Reiseberichte  die 
fast  allein  übliche  Form  ist,  z.  B.  41  zweimal  quia  iam  sera  erat, 
87  sera  manducant,  88  de  sera  ad  seram,  100  revertuntur  sera, 
ebenso   101,  wogegen  98  usque  ad   sero   eine  Ausnahme  bildet. 
Vergl.    das    aus    dieser    Zeit   aus    Eutrop    bekannte    strata,    89. 
Dafs   liberi    (die  Kinder)    in    der  Volkssprache  neben   libri  (die 
Bücher)  sich  nicht  behaupten  konnte,  ist  schon  von  vornherein 
klar;  wenn  nun  auch  die  Peregrinatio,  welche  diesen  Begriff  selten 
streift,  nicht  gerade  geeignet  ist,  um  einen  strikten  Beweis  zu 
fahren,  so  fehlt  doch  liberi  und  an  dessen  Stelle  erscheint  mehr- 
fach in  erweiterter  Bedeutung  infantes,  91  infantes  cum  ramis  vel 
palmis  occnrrerunt  Domino,  99  cum  omni  clero  et  omnibus  in- 
fantibus, 94  von  einer  Prozession  usque  ad  minimum  infans. 

Unter  den  Adjektiven  behauptet  pulcher  seinen  Platz  sieg- 
reich gegen  das  nirgends  auftauchende  bellus;  magnus  liegt  in 
den  letzten  Zügen,  da  nur  an  vier  Stellen  (63)  fluinen  magnuin 
et  ingens  gesagt  ist  (man  beachte  die  nähere  Bestimmung  durch 
ingens),  94  tarn  magna  turba  und  tarn  m.  montem,  und  (65)  ein 
Bischof  von  einem  magnus  labor  spricht.  Dagegen  tritt  grandis 
bereits  zwanzigmal  auf,  und  zwar  nicht  nur  lapis,  ecclesia,  vallis, 
ficus,  campus  grandis  (36.  38.  42.  48.  43.  75),  sondern  auch  gr. 
labor,  reverentia,  grande  testimonium,  38.  58.  62.  70.  Nicht  ge- 
ringerer Beliebtheit  erfreut  sich  ingens,  welches  offenbar  noch 
mit  grandis  wetteiferte,  weil  es  so  ziemlich  die  nämlichen  Ver- 
bindungen aufweist,  wie  i.  vallis,  lapis,  ecclesia,  civitas,  36.  36. 
(9.  60.  64;  auch  infinitas  wird  herangezogen  60  vallis  ingens, 
«orrentem  infinitum,  72  lapidem  infinitum;  49  ruinae  infinitae,  77 
amen  infinitum,  84  i.  turbae,  39  infiniti  montes  (=  alti).    Vgl. 


264  Ed.  Wölfflin: 

noch  58  turbae  aliquantae,  66  transacto  aliquanto  tempore,  56 
post  aliquantum  tenipus.  Parvus  ist  fast  ganz  verschwunden 
(109  quando  parvi  fuerint  =  wenn  es  ihrer  wenige  sind,  pauci); 
pauci  und  paulum  (paulo)  fehlt  ganz.  Hier  ist  lange  und  mit 
verschiedenem  Erfolge  nach  einem  passenden  Ersätze  gesucht 
worden;  die  sogenannte  Silvia  begnügte  sich  in  der  Regel  mit 
modicus:  37  colliculi  permodici,  39  modica  nerrola,  48  clivus 
m.,  49  arbor  perni»,  59  m.  frustella,  88  sorbitione  m.  In  Ver- 
bindung mit  einem  Komparativ  ist  modice  =  paulo  stehend,  51 
altior,  53  m.  altior  und  m.  acrius,  56  m.  planior;  auch  das  Neu- 
trum paulum  (paululum)  vertritt  das  nämliche  Adverb,  95  sedent 
modice,  und  ebendaselbst  bedeutet  modico  parati  estote:  in  kurzem, 
bald.  Ein  anderer  Stellvertreter,  pisinnus,  wird  den  Klassikein 
kaum  bekannt  sein;  Silvia  schreibt  50  a  pisinno,  von  Jugend  an; 
53  ecclesia  p.;  78  pisinni  plurimi  stant  =  pueri. 

Dies  erinnert  uns  daran  zu  sagen,  dafs  auch  multi,  so  gut 
wie  magnus,  auf  dem  Rückzuge  begriffen  ist,  mit  53  multi  ex 
monachis,  57  aquae  multae,  64  multa  erant,  69  virtutes  multas,  71. 
109.  Das  klassische  quid  multa?  hat  bereits  regelmäfsig  dem  Kom- 
parative quid  plura?  Platz  gemacht,  wie  ihn  in  dieser  Formel 
auch  Sidonius  Apollinaris  in  seinen  Briefen  regelmäfsig,  und 
Gregor  von  Tours  hist.  Franc.  2,  2.  4,  12.  44.  5,  5.  19  ms.  w. 
wenigstens  häufiger  als  den  Positiv  anwendet.  Aus  den  Stellen 
der  Silvia  45.  50.  109  Et  quid  plura?  ergiebt  sich  auch  die  Emen- 
dation  von  38:  senex  integer  et,  quod  plura,  qualis  dignus  est 
esse  in  eo  loco,  da  es  nicht  nur  plus  heifsen  müfste,  sondern 
auch  die  rhetorische  Frage  durch  die  der  Silvia  gewöhnliche  Ko- 
pula et  verbürgt  ist.  Vgl.  36  iter  .  .  .  plures  sunt,  der  Wege 
giebt  es  mehrere  (viele?)  Auch  cetera  plura  (71)  ist  wohl  nichts 
anderes  als  cetera  multa.  Aufserdem  stehen  dem  multi  minde- 
stens zwölf  Stellen  von  plurimi  gegenüber,  41  bis.  48.  53.  58. 62. 
74.  75.  78.  79.  109,  auch  infinitus  greift  teilweise  ein,  78  vocesl» 
80  luminaria  i.;  64  martyria  aliquanta,  51  fratribus  aliquant», 
63  mansiones  aliquot,  64  aliquanta  legimus.  Die  Superlative 
sanken  ja  auf  die  Stufe  der  Positive  herab  (vgl.  oben),  vor  allem 
die  unregelmäfsig  gebildeten,  und  darum  konnten  sie  leicht  dem 
untergehenden  Positiv  Hilfe  leisten.  Unter  diesem  Gesichtspunkte 
darf  auch  93  maximus  labor  als  Ausweichung  von  magnus  labor  er- 
wähnt werden  und  84  valde  cum  summo  honore  =  magno,  46 
melior  satis  =  m.  multo,  gerade  wie  bonus  selten  (106  b.  vitae), 


über  die  Latinität  der  Peregrinatio  ad  loca  «ancta.      2(>5 

optimus  häufiger  (41.57)  ist,  und  59  neben  einem  Positiv  steht: 
aquae  optimae  et  purae. 

Unter  den  Adverbien  verniifst  man  zuerst  saepe,  während 
semper  noch  nicht  erschüttert  ist;  freilich  kommt  der  Begriff  nur 
selten  vor,  und  zum  Ersätze  ist  subinde  nirgends,  frequentcr  74, 
aliquotiens  59,  assidue,  wenn  es  überhaupt  als  Synonymum  gelten 
darf,  87  benutzt.  Stärkere  Lücken  zeigen  die  Präpositionen,  und 
man  entdeckt  sie  um  so  leichter,  als  dieselben  in  jeder  Stil- 
gattung und  bei  jedem  Stoffe  gleich  unentbehrlich  sind.  Das 
lokale  ex  ist  (aufser  54  ex  parte)  durch  de  ersetzt;  erhalten  hat 
sich  das  temporale  ex  (ex  ea  die  GG.  G7,  ex  ea  hora  7G,  doch  50 
de  eo  tempore),  wie  es  auch  noch  in  dem  französischen  des  (=  de 
ex)  fortlebt.  Vgl.  102  legunt  de  actibus  apostolorum  =  aus  der 
Apostelgeschichte.  Verschwunden  ist  auch  ob,  und  bis  auf  eine 
Stelle  sub,  während  auf  das  Fehlen  von  ad  versus,  erga,  penes 
weniger  Gewicht  gelegt  werden  darf.  Ungewöhnlich  stark  ist  iuxta 
entwickelt,  nicht  nur  im  lokalen  Sinne,  sondern  auch  in  dem  über- 
tragenen, iuxta  consuetudinem,  scripturam,  so  dafs  das  Fehlen 
von  secundum  nicht  zufällig  ist.  Zweimal  nimmt  es  als  Adverb 
den  Dativ  einer  Person  zu  sich:  39  monachi  instituunt  i.  sibi 
monasteria,  59  si  quis  i.  sibi  vult  facere  domum.  (39  iusta,  im 
Vergleich  zu.) 

Einen  Teil  der  sich  so  ergebenden  Verluste  deckte  man  mit 
Hilfe  des  Griechischen.  Rupes  ist  zwar  noch  nicht  unter- 
gegangen (67),  aber  petra  (la  pierre)  gewinnt  doch  sichtbar  an 
Terrain,  40.  42  bis.  53,  wozu  39,  5  mons  petrinus.  Für  Wüste 
hatten  die  Kömer  kein  passendes  Wort,  weil  Italien  keine  Wüsten 
enthielt;  Sallust  umschreibt  daher  das  griechische  Fremdwort 
lug.  19  loca  exusta  solis  ardoribus;  Silvia  hat  sich  natürlich  an 
(h)eremus  gewöhnt,  da  sie  das  Wort  im  Oriente  so  oft  hörte, 
und  man  wird  fast  überrascht,  69  solitudo  (monachi,  qui  in  so- 
litudine  sedebant,  quos  ascites  vocant)  zu  finden,  welches  übrigens 
mit  heremus  nicht  zusammenzufallen  braucht.  Die  Geschenke, 
welche  die  Pilger  in  den  Klöstern  auf  ihrer  Reise  erhielten 
(meistens  Obst),  heifsen  im  vierten  Jahrhundert  gewöhnlich  eu- 
logiae,  wie  auch  Silvia  schreibt  (nicht  dona). 

Ein  solches,  zwar  nicht  neu  auftauchendes,  aber  doch  bald 
zu  ungeahnter  Ausdehnung  gelangendes  Wort  ist  ?vqo$,  der  Kreis. 
Es  verdrängt  sowohl  das  Substantiv  circulus,  als  auch  bildet  es 
Präpositional Verbindungen,   welche    dem    adverbiellcn    circa   (die 

Arohiv  für  lat.  Lexikogr.  IV.     Heft    >.  18 


266  Ed.  Wölfflin: 

Präposition  circa  ist  noch  unberührt,  z.  B.  39.  44.  54.  72.  74)  und 
circiter  (environ  =  in  gyrum)  Konkurrenz  machen,  und  das  früher 
seltene  Yerbum  girare  kommt  in  Aufnahme  (42  fundamenta  la- 
pide  girata,  66  girant  civitatem  =  cingunt),  auch  in  der  neuen 
Zusammensetzung  pergirare  (66  civitatem).    Die  beiden  Formeln 
lauten  in  giro,  per  giro,  per  giruni,  36.  37  montes  qui  per  ginxvxi 
sunt.    38  subis  per  girum.    39  montium,  qui  per  giro  sunt.    40 
petra  per  g.  habens  planitiem.    49  civitas  ingens  per  girum.   58 
fundamenta  in  giro.   66  civitatem  per  giro  clusam.    89  campi  in 
g.   95.  96  stare  in  giro.    105  sedent  io  giro.    Ein  in  letzter  In- 
stanz griechisches  Verbum    (xdii7creiv)  treffen  wir  53:   ut  de  vi« 
camsenius;  es  ist  schon  aus  Ennius' Annalen  bekannt  (Leucatam 
campsant),  aber  in  der  guten  Litteratur  verworfen  und  daher  in  " 
Glossaren  erklärt,  z.  B.  Gloss.  Hildebr.  43  campsat:   flectit  (vgL 
die  Note  des  Hsgb.),  von  Apuleius  und  den  Gromatici  dagegen  auf- 
genommen (cambiare,  cambire)  und  das  Stammwort  von  frz.  changer. 

Für  die  Komanisten  ist  besonders  wichtig  die  Aufnahme  der 
griechischen  Präposition  cata  in  die  lateinische  Sprache.     Viel- 
leicht hat  sie  die  morgen  Kindische  Kirche  nach  dem  Abendlande 
gebracht;   denn  Silvia  spricht  nicht  von   einem  Evangelium  des 
Matthäus  oder  Johannes,  sondern  sie  schreibt  92  in  evangelio  in 
cata  Matheo,  67  de  evangelio  cata  Iohannem,  wie  schon  Cyprian 
regelmäßig;  vgl.  60  cata  pascha.    Dafs  man  die  Präposition  auch 
in  distributivem  Sinne  gebraucht  hätte,   war  uns  nicht  bekannt, 
aufser   mit  Wiederholung  des   Substantivs,    wie   in  der   Vulgata 
Ezech.  46,  14  cata  mane  mane,  jeden  Morgen.   Der  Gebrauch  mit 
einfachem  Substantiv,   wie   er  durch  altfrz.  cheun  =  cata  unum 
(seltener  als  cheseun,  chaseun  =  quisque  unus,  Diez,  et.  WÖrterb. 
P  125)  vorausgesetzt  wird,  ist  nun  durch  das  Ineditum  für  eine 
verhältnismäßig  frühe  Zeit  belegt.    Zwar  verbindet  sich  mit  der 
Präposition  gerne  noch  das  Pronomen  singuli,   76  cata  singulos 
ymnos  orationes  dieunt  (bis),  ebenso   79,  und   80  cata  singulos 
psalmos  fit  oratio;  allein  einmal  tritt  die  Präposition  auch  selb- 
ständig auf,  46   sie  .  .  .  ut  cata  mansiones  (Station  zum  Über- 
nachten, Tagereise)  monasteria  sint  cum  militibus  et  praepositis, 
=  auf  jeder  Station.     Auch   para  mufs  in  die  römische  Volks- 
sprache eingedrungen  sein,  doch  lernen  wir  hieför  aus  der  Reise- 
beschreibung nichts. 

Ein  Blick   auf  die  Wortbildung  bestätigt  mit  neuen  Bei- 
spielen, was  wir  längst  wissen,  weshalb  wir  uns  mit  einigen  An- 


Über  die  Latinität  der  Peregrinatio  ad  loca  Bancta.      267 

ieutungen  begnügen  können.  Die  Deminutiva  machen  sich  in 
äer  Umgangssprache  viel  breiter  als  in  der  Schriftsprache;  und 
lerum  gebraucht  Silvia  unbedenklich  57  das  unklassische  nion- 
rfculns,  37  colliculus,  obschon  das  Wort  in  der  Prosa,  mit  Aus- 
lahme  von  Apuleius,  flor.  1,  mindestens  äufserst  selten  sein  wird; 
Mit  domuncella,  pomariolum  30,  frustellum  59  (frustilluni  aus 
&rnobius  bekannt)  bietet  sie  uns  bisher  gar  nicht  bekannte 
Pormen.  Wenn  es  aber  39  heifst,  die  Mönche  auf  dem  Sinai 
benutzten  jedes  Fleckchen  Pflanzland:  statim  pro  diligentia  sua 
arbusculas  ponunt  et  pomariola  instituunt  vel  orationes,  quasi 
(«=  ut)  ex  ipsius  montis  terra  aliquos  fructus  capiant,  so  kann 
die  Erklärung  von  oratio  =  kleine  Kapellen  (aediculae)  schon 
darum  nicht  befriedigen,  weil  man  nicht  einsieht,  welche  Lebens- 
mittel dieselben  hätten  liefern  können;  vielmehr  wird  arationes 
zu  emendieren  sein,  nach  dem  alten  Witze  des  Cicero,  Philipp. 
3,  22  ex  oratore  arator.  Von  latrunculus  weiter  gebildet  ist  das 
neue  Verbum  latrunculari  74.  Einem  Fremdworte  ist  das  Demi- 
nutivsuffix  angehängt  in  nerrola  (39  modica  n.  est)  =  rivulus, 
wozu  man  DuCange  s.  v.  Nero  vergleiche. 

Von  Adjektivableitungen  sei  nur  medianus,  ital.  mezzano, 
frz.  moyen,  erwähnt  (vgl.  Arch.  I  188)  als  der  Haupt  Vertreter 
einer  Reihe  romanischer  Bildungen  wie  aitanus  hautain,  subitanus 
Boudain,  nostranus  (ital.  vino  nostrano).  Die  Form  medianus  flofs 
der  Schriftstellerin  zuerst  in  die  Feder,  wie  sie  ihr  gewifs  auch 
zuvorderst  auf  der  Zunge  lag,  denn  sie  bediente  sich  derselben 
siebenmal  (p.  37 — 39,  z.  B.  mons  medianus);  doch  von  p.  41  an 
bekehrte  sie  sich  zu  dem  klassischen  medius,  und  schrieb  nicht 
nur  substantivisch  in  raedio  (41.  53.  59.  74),  sondern  auch  42  per 
▼alle  media,  57  in  media  planitie,  58  medio  vico,  63  plus  media 
die,  98  de  media  nocte,  104  cathedra  media  u.  ä.  Dafs  der  Casi- 
nenser  Abschreiber  umgesprungen  sei,  erscheint  viel  weniger 
glaublich. 

Die  Zusammensetzung  lebt  im  Spätlatein  bekanntlich  fast 
nur  noch  in  den  Partikeln  (Präpositionen)  fort.  Die  sogenannten 
Verba  decomposita,  in  der  Klassizität  vermieden,  vermehren 
sich  von  Jahrhundert  zu  Jahrhundert,  und  bei  Silvia  finde  ich 
das  bisher  Unerhörte,  dafs  ein  Verbum  vierfachen  Vorspann  er- 
hält, 61  perdiscooperuissent.  Es  sind  überhaupt  fast  ausschliefst 
lieh  mit  per  beginnende  Verba,  mit  denen  sich  Silvia  auszeichnet: 
persubire  38,  perexire  41  und  oft,  perdesceudere  41,  peraccedere 

18* 


268  Ed.  Wölfflirt: 

52,  perintrare  65,  pertransire  96  (dreimal).  Andrerseits  wollen 
wir  aber  doch  noch  die  Aufmerksamkeit  auf  43  reingressi  lenken, 
da  diese  Komposition  nicht  nur  nicht  antik  ist  (es  mfifste,  vor 
Hieronymus  wenigstens,  redingredi  heifsen;  redintegro  und  redin— 
venio  bei  Tertulliau,  reinvito  in  der  Vulgata  Luc.  14,  12),  sondern. 
weil  die  Abwerfung  des  d  durch  remplir  (reimplere)  und  zahl- 
reiche analoge  Bilduugen  für  die  Volkssprache  vorausgesetzt  wird. 
Die  bekannte  Verstärkung  des  Simplex  durch  con  (conduire  ™* 
ducere)  zeigt  sich  auch  hier  schon  darin,  dafs  commaneo  (38- 
53  bis.  64.  72),  commoneo  (35.  52.  77  bis.  78),  commoror  (3S_ 
37.  38.  43.  44.  52.  58.  70)  das  einfache  maneo  moneo  etc.  bereit» 
verdrängt  haben. 

Das  andere  Gebiet,  auf  dem  die  Komposition  noch  fortlebte, 
fallt  den  sogen.  Doppelpräpositionen  zu,  nur  dafs  dieselbe 
auch  im  Sinne   von  Adverbien  gebraucht  werden.     Zu  dem 
kannten  inante  (47  ire,  68  accedere)  stellt  sich  das  neue,  späte x- 
von    abante   überwundene  deante,   97   missa  facta  deante   cruc« 
(später  deabante  =  devant);  vgl.  arriere  derriere,  adretro  deretro. 
Ähnlich  erhalten  wir  zu  dem  älteren  econtra  (61  apparuit  mons*) 
sowohl  acontra  (55  ostensae  duae  civitates,  ebenso  56)  als  auch 
decontra  (mit  videre,  ostendere  u.  ä.  37.  42. 47.  54.  65.  72).    Über 
deinter  und  deintro  (vgl.  ital.  dentro)  wollen  wir  nichts  Sicheres 
behaupten,  da  wir  uns  auf  die  Ausgabe  nicht  zu  sehr  verlassen 
möchten.    Wir  geben  daher  blofs  die  Belege:  einfaches  inter  35 
montes,  inter  quos  ibanius;  44  de  inter  montes  exire,  ebenso  45 
zweimal,  dagegen  77  exeunte  de  intro  cancellos  und  ebendaselbst 
de  intro  cancellos  dicet  orationem  und  de  intro  cancellos  lueerna 
lucet  (80.  81  stat  intro  cancellos,  98  intrat  intro  cancellos,  103). 
Ob  die  beiden  Bestandteile  damals  schon  in  ein  Wort  zusammen- 
gewachsen gewesen  seien,  ist  schwer  zu  bestimmen.    Dem  deforis 
(77  lumen  deforis  non  aflertur,  franz.  dehors)  entspricht  55  afo- 
ras  accessimus.     Einfaches  foras  =  frz.  hors  erscheint  bald  ad- 
verbial (54.  69  egredi),  bald  als  Präposition  mit  dem  Accusativ: 
39  egredi  f.  hostium  =  ostium,  34  accedite  (excedite?)  f.  ho- 
stium,  66  tenebrae  f.  civitatera;  doch  bestehen  daneben  sowohl 
ante  als  extra,  letzteres  freilich  in  temporalem  Sinne,  z.  B.  69.  85 
extra  diem  (vgl.  Hieron.  in  Matth.  27,  33   extra  urbem  et  foras 
portam)  oder  statt  (des  fehlenden)  praeter  =  ausgenommen,  70 
extra  paueos  clericos,  85  extra  ipsum  diem  toto  anno. 

Mit  dem   bekannten   adsatis  =  assai,  assez  läfct  sich   ver- 


Über  die  Latinit&t  der  Peregrinatio  ad  loca  sancta.      269 

> 

gleichen  62  adtunc  (facta  est  ecclesia),  50  ad  plenum  (ital.  ap- 
pieno)  discere,  und  namentlich  das  neue  ad  subito  (adsubito?): 
60  &.  vidimus,  61  a.  videbainus,  66  a.  tenebrae  faetae.  Die  Ana- 
logie des  älteren  derepente  (demagis)  lüfst  es  auch  hier  offen, 
ob  man  eine  Zusammensetzung  mit  dem  Adverb  subito  annehmen 
oder  subito  als  romanischen  Accusativ  =  subitum  fassen  solle. 
Vgl.  das  alte  apprime. 

Diese  Zusammensetzungen  begünstigten  es,  dafs  man  pleo- 
nastisch   synonyme  Partikeln  häufte,  ohne   dafs   man   damit  ein 
Compositum  herstellen  wollte.    Schon  Preufs  hat  (De  bimembris 
dissoluti  apud  scriptores  Romanos  usu  sollenini,  Edenkoben  1881) 
die  Verbindungen  tum  deinde,  deinde  postea,  denique  tandem,  ita 
sie,  quoque  etiam,  sed  autem,  ergo  igitur,  quasi  velut  und  zahl- 
reiche ähnliche,  die  grofsen teils  in  die  archaische  Latinitat  zurück- 
reichen   und    seit    Apuleius    wieder    häufiger    auftreten,    genauer 
untersucht.     Wir  haben  hier  den  Anknüpfungspunkt,  um  etiam 
et  (44. 49.  51.  69  vor  is,  hie,  ille)  und  nee  non  etiam  et  (78  pres- 
biteri,  99  de  plebe,  73  omnis  actus,  47  vor  Eigennamen)  anzu- 
reihen.   Noch  beliebter  ist  itaque  ergo  (vgl.  Hand,  Tursell.  11 465) 
42.  51.  53.  54.  56  u.  s.  w.;  vereinzelt  ita  ergo  77,  sie  ergo  87, 
&t  autem  92.     Hat  man   dies   begriffen,  so   wird   man  auch  aus 
der  Zusammenstellung  von 

78  Et  ut  ubi  diaconus  perdixerit  omnia 

81  Et  at  ubi  intraverit  populus 

82  At  ubi  autem  se  resumpserit  populus 

94  Ante  crucem  autem  at  ubi  ventum  fuerit 

96  At  ubi  autem  osculati  fuerint  crucem 

97  At  ubi  autem  missa  facta  fuerit 

den    Schlufs    ziehen,    dafs    an   der   ersten    Steile   at    für    ut   zu 
schreiben  sei.    (105  ut  si  probaverit]  lies  at  si  p.) 

Die  Erzählung,  welche  bei  Historikern  oft  mit  igitur  fort- 
schreitet, wird  (da  diese  Partikel  wohl  fehlt)  meist  mit  ac  sie 
(63.  67.  75.  77.  83.  98.  106),  et  sie  (72.  78.  95.  105.  106),  am 
häufigsten,  d.  h.  etwa  an  vierzig  Stellen  mit  ac  sie  ergo  fort- 
geführt, welches,  seltener  im  Nachsatze  (=  xal  c5g,  dialektisch 
und  so)  meist  Hauptsätze  anknüpft.  Der  Kopist  schrieb  anfäng- 
lich 38.  39  (zweimal)  Hac  sie  ergo,  erkannte  aber  von  41.  42. 
43.  44.  45  an  seinen  Irrtum  und  verbesserte  Ac.  Man  vergleiche 
damit  das  neufranzösische  ainsi  und  das  provenzalische  aissi, 
und  man  wird  es   weder  auffallend  finden,   dafs  in  der  proven- 


270  Ed.  Wölfflin: 

zalischen  Boethiusübersetzung  acsi  für  aissi  geschrieben  ist,  noch 
dieses  mit  Diez  (etymol.  Wörterb.  F  141)  auf  aeque  sie  zurück- 
führen. Dieses  ac  sie  vermischte  sich  wohl  mit  ac  si,  welches 
ursprünglich  in  Vergleichuugssätzen  gebraucht  wurde,  39  ac  si 
essent  colliculi,  65  ac  si  de  margarita  esset;  elliptisch  38  montes 
non  lente  per  girum,  sed  totum  ad  directum  subis  ac  si  parie- 
tem  (nämlich  ascenderes;  gerade  wie  eine  Wand  hinauf);  66  aqua 
quae  est  ac  si  fluvius  ingens,  wie  ein  mächtiger  Strom;  79.  84 
ac  si  per  pascha.  Wenigstens  ist  damit  ein  Mittel  gegeben,  den 
Abfall  des  Schlufskonsouanten  (ital.  si  =  ja  =  sie)  noch  leichter 
zu  erklären. 

Der  Gebrauch  der  Partikeln  im  Spätlatein  verdient  über- 
haupt eine  viel  aufmerksamere  Beobachtung,  als  ihm  bisher  zu 
teil  geworden  ist.  Vel,  aut  und  sive  sind  gleichbedeutend  mit  et, 
z.  B.  47  clerici  vel  monachi,  53  clericis  et  monachis;  74  apo- 
tactitum  seu  virginum,  viri  aut  mulieres.  Quasi  dient  nicht  mehr 
der  Vergleichung,  sondern  hat  die  Bedeutung  von  fere  angenom- 
men, nach  dem  Vorgange  älterer  Autoren,  und  dieses  verdrängt 
Vgl.  41  in  medio  quasi,  63  q.  terribilis  est,  39.  53.  67.  94.  97.  Statt 
44  subito  .  .  subito  .  .  ducentos,  aliquotiens  etiam  .  .  quingentos 
passus  würde  Cicero  etwa  modo,  modo  geschrieben  habeu;  eine 
Parallele  wird  weniger  in  dem  catonianischen  repente  • .  repente 
zu  suchen  sein,  sondern  wahrscheinlich  ist  subito  mit  subinde 
(Arch.  II  250)  zusammengeworfen.  Als  Adverb  zu  totus  fungiert 
das  Neutrum  totum  (vgl.  Arch.  IV  144  ff.)  36  t.  per  mediana  val- 
lem,  38  t.  ad  directum  (tout  droit),  44  t.  iuxta  mare,  t.  heremi 
sunt  arenosae,  50,  59,  91,  70  t.  gentes  sunt  (lauter  Heiden),  99  t. 
ad  momentum  (vgl.  tout  de  suite),  91  mit  verbesserter  Inter- 
punktion: levat  se  (erhebt  sich  und  macht  sich  auf  den  Weg) 
episcopus  et  omnis  populus,  porro  iude  de  summo  monte  oliveti 
totum  pedibus  itur.  Das  Maskulinum  ist  gebraucht  90:  rever- 
tuntur  rectus  ad  Anastase. 

ßegelmäfsig  ist  an  die  Stelle  des  gallus  in  Redensarten  wie 
sub  galli  cantuni  das  Wort  pullus  getreten,  92  de  pullo  prinio 
und  so  oft,  ebenda  a  pullo  primo,  94  cum  coeperit  esse  pullorum 
cantus,  76  ante  pullorum  cantum,  79  ad  pullorum  cantum. 

Lucemare  (officium)  und  lucernaris  (hora)  statt  des  von 
Augustin  gebrauchten  lucernarium  sind  Ausdrücke,  deren  Entwick- 
lung der  Theologe  zu  untersuchen  haben  wird;  die  Verfasserin 
erläutert  selbst  77:  hora  autem  deeima  (quod  appellant  hie  lioi- 


Über  die  Latinität  der  Peregrinatio  ad  loca  sancta.      271 

nicon,  nam  nos  dicimus  lucernare)  sc  omnis  multitudo  colliget  ad 
Anastasim;  gemeint  ist  natürlich  xb  Xv%vixov.  Die  Ortskundigen 
(iocorum  periti)  heüüsen  gewöhnlich  loci  notores. 

Daus  ipse  nicht  mehr  überall  das  klassische  Pronomen  ist, 
(69  lectus  ipse  locus,  die  betreffende  Stelle),  leidet  schon  darum 
keinen  Zweifel,  weil  es  viel  zu  häufig  gebraucht  ist,   und  nicht 
leiten  in  wenigen  Zeilen  hintereinander,  z.  B.  3G  Ende:  singula 
loca  per  ipsam  vallera  .  .  .  caput  ipsius  vallis  .  .  .    Mons  autem 
ipse  etc.   53  multi  ex  ipsis  monachis,  qui  ibi  commanebant  iuxta 
aqua  ipsa.    68  Ende.     Am  auffallendsten  sechsmal  ipse  in  sechs 
Zeilen  pag.  67.     Offenbar  haben  wir  hier  einen  Ansatz  zum  be- 
stimmten  Artikel,    den    schliefslich    allerdings  ille  geliefert  hat. 
Allein  dafs  ipse  lange  Zeit  mit  Glück  (in  Sardinien)  konkurrierte, 
ist  kein  Geheimnis  mehr  (Archiv  III  86).     Die  enge  Berührung 
der  beiden  Pronomina  findet  auch  darin  ihren  äufseren  Ausdruck, 
dafs  in  der  Reisebeschreibung  mehrmals  die  Neutralform  ipsud 
gebraucht  ist,  z.  B.  48.  62.   88,  nach  Analogie  eben  von  illud. 
Unnötige  Häufung  von  ille  beispielsweise  54:    interrogavi  illos 
sanctos  .  .  sepulturam  illius  .  .  memoria  illius;  70,  11.  12. 

Vexare  se  oder  aliquem  heilst  'sich,  jemanden  bemühen' 
49.  50;  communicare  wird  von  der  Teilnahme  an  der  „Kommu- 
nion" gebraucht,  36.  87;  manducare  ist  über  edere  vollständig 
Herr  geworden  (87.  88),  wird  aber  gelegentlich  auch  von  pran- 
dere  und  cenare  unterschieden;  sublinteatus  95  ist  eine  neue 
Bildung.  Unbezahlbar  aber  ist  36  v allem  traversare  habeba- 
mus,  und  ebenda  ut  per  medium  transversaremus  caput  ipsius 
vallis.  Denn  die  einzige  Parallelstelle  aus  Verg.  Moretum  46 
farinas  transversat  (knetet)  zeigt  uns  das  Verbum  als  Frequen- 
tativ  von  yertere,  während  es  hier  von  trans versus,  tra versus 
abgeleitet  ist,  und  daher  einen  ganz  andern  Sinn  annimmt.  Auch 
habere  in  dem  oben  angeführten  Gitate  (wir  hatten  zu  passieren, 
gedachten  zu  passieren)  mag  bemerkt  werden,  wenn  auch  die 
Erklärung  und  Entwicklung  durch  Thielmann  längst  gegeben  ist. 
Vgl.  41  non  ipsa  parte  exire  habebamus.  Dieses  Verbum  zeigt 
uns  noch  andere  weniger  bekannte  Bedeutungen  und  Gebrauchs- 
weisen, z.  B.  65  si  libenter  habes  (wenn  du  es  gern  hast,  wenn 
du  Lust  hast),  76  quia  libenter  haberetis.  Eine  echt  romanische 
glaube  ich  35  entdeckt  zu  haben:  habe  bat  de  eo  loco  ad  nion- 
tem  Dei  forsitan  quattuor  milia  =  il  y  a;  ebenso  73  habebat 
de  civitate  forsitan  mille  quingentos  passus. 


272  Ed.  WOlfflin: 

Die  Syntax  der  Casus  ist  noch  in  leidlichem  Zustande  er- 
halten; wenn  auch  die  Präposition  de  und  andere  die  einfachen 
Casus  zu  umschreiben  beginnen;  39  dederunt  nobis  eulogias,  id 
est  de  pomis  =  des  pommes,  Teilungsartikel.;  88  ad  aliam 
dieiu  prandent  nicht  mehr  als  ram  andern  Tage';  pleonastisch 
steht  in  38:  ibi  ergo  mansimus  in  ea  nocte.  Namentlich  be- 
stehen die  Regeln  von  den  Städten  amen  nicht  mehr,  zum  Teil 
aus  dem  äufseren  Grunde,  weil  die  orientalischen,  oft  auf  Li- 
quida schliefsenden  Namen  eine  deutliche  Casusbezeichnung  aus- 
schliefsen.  Wo  die  klassische  Norm  des  Ausdruckes  gewahrt  ist, 
z.  13.  04.  75  perveni  Edessam,  Constantinopolim,  Chalcedona,  re- 
versa  Tharso,  war  die  erwähnte  Schwierigkeit  nicht  vorhanden, 
und  auch  in  solchen  Fällen  lesen  wir  62.  73.  73  apud  Edessam, 
de  Antiochia,  de  Tharso  proficisceus,  50  regressi  in  Ierusolimam. 
Der  Lokativ  wird  nämlich  durch  apud  aufgelöst,  welches  schon 
im  altern  Latein,  wie  bei  Taeitus  die  Bedeutung  von  in  annimmt, 
z.  B.  74  apud  Ierusolimam;  auf  die  Frage  woher?  antwortet  seit 
dem  Untergange  von  ex  durchweg  de:  46  exeuntes  de  Ramesse, 
56  profecta  de  Ierusalem,  63  de  lerapoli;  auf  die  Frage  wohin? 
in:  45  in  Clesma  (Suez)  cum  venissem,  sogar  mit  dem  Ablativ 
50  revertens  in  Sodomis. 

Das  Satzgefüge  aber  ist  im  ganzen  sehr  einfach,  da  die 
Verf.  keine  rhetorische  Darstellung,  sondern  eine  schlichte  Er- 
zählung giebt,  deren  Wendungen  und  Gedanken  sich  oft  bis  zur 
Ermüdung  wiederholen.  So  beginnen  auf  Seite  47  nicht  weniger 
als  sechs  Sätze  unmittelbar  hintereinander,  S.  48  wieder  sechs  und 
S.  49  nochmals  sechs  mit  na  in;  S.  42  neun  mit  ostenderunt, 
welchem  inonstraverunt  voranging.  Zum  Erschrecken  häufig  sind 
auch  die  Erklärungen  mit:  id  est.  Die  Abwesenheit  rhetorischen 
Schmuckes  zeigt  sich  schon  in  dem  Fehlen  alliterierender  Ver- 
bindungen, wogegen  an  zwei  Stellen  der  von  der  Kirche  wohl  mehr 
kultivierte  Heim  deutlich  hervortritt,  93.  94  rugitus  et  mugitus 
totius  populi.  Die  populäre  Sprachtorm  der  Vf.  hat  uns  eine  sprich- 
wörtliche Redensart  erhalten,  die  aus  dem  vierten  Jahrhundert 
belegt  zu  sehen  nicht  unerwünscht  sein  wird:  38  subis  lente  per 
giriiin.  ut  dicimus  in  cocleas.  also  langsam  wie  die  Sehnecken,  vgl 
Plaut.  Poen.3, 1.-9  podagrosi  esti>.  ae  vicistis  cochleam  tarditudine. 
Wird  der  iiesprächston  nach  der  Xatur  wiedergegeben,  so  be- 
ginnt die  Antwort,  oder  sonst  eine  Mitteilung  gerne  mit  ecce, 
/.  P>.  .'*'.»   lvquisivi    quam    longe   esset   ipse  locus.     Tunc  ait  ille 


Über  die  Latinität  der  Peregrinatio  ad  loca  sancta.      273 

sanctus  presbiter:  ecce  hie  est  in  ducentis  passibus;  nam  si  vis, 
ecce  modo  pedibus  dueo  vos  ibi.  Die  Stelle  ist  zugleich  darum 
bemerkenswert,  weil  (wie  aus  Hausleiters  und  andern  Unter- 
suchungen bekannt  ist)  ipse  und  ille  bei  mangelndem  Gegensatze 
den  romanischen  bestimmten  Artikel  vertreten.  Auch  ecce  et 
(etiam)  ist  nicht  selten  38.  41.  76.  77.  80,  und  die  Anwendung 
Tor  einem  Pronomen  demonstrativum  (vgl.  celui,  parceque)  treffen 
wir  58  ecce  ista  fundamenta. 

Die  Relativsätze  wiederholen  mit  Vorliebe  das  voraus- 
gehende Substantiv:  38  montes  ascendere,  qui  montes;  41  rubus, 
qui  rubus;  ibid.  hortus,  in  quo  horto;  42  petram,  ad  quam  pe- 
tram; ibid.  abitationes,  de  quibus  abitationibus;  45  signa,  ad 
quae  signa;  45.  46.  53.  55.  61.  80.  97.  101;  71  sogar  puteus, 
qui  puteus  .  .  in  cuius  putei  .  .  ad^quem  puteum.  Aufserdem 
finden  wir  vielleicht  an  30  Stellen  tarnen  im  Relativsätze  im 
Sinne  von  quidem,  z.  B.  38  monachi,  qui  tarnen  iinbecillitate 
aon  fuere  impediti;  53  qui  t.  volueritis  laborem  vobis  imponere; 
54  in  quantum  t.  poterat  oculis  conspici.  Eine  Dittographie  hat 
sich  99  eingeschlichen:  ubi  [ita]  tarnen,  ut  seinper,  missa  facta 
de  martyrio.  Vgl.  35  ubi  sex  tarnen  montes  aperiebant  valiem. 
Doch  fehlt  darum  etwa  quidem  dem  Wortschatze  der  S.  nicht, 
j.  da  es  beispielsweise  36.  89  und  101  begegnet,  aber  nur  aus- 
>  nahmsweise  in  Relativsätzen,  43  quae  quidem  omnia  singulatim 
wribere  satis  fuit. 

Der  Accusativ  c.  infin.  ist  noch  vorhanden,  z.  B.  37.  38; 
doch  folgt  auf  Verba  dicendi  und  sentiendi  öfters  quia,  wie  56 
dictum  est  nobis  quia  filii  Israel  castra  ibi  fixa  habuissent,  65 
eredidit,  quia  esset  filius  Dei,  76  sciens  quia  libenter  haberetis; 
seltener  in  gleichem  Sinne  quoniam  49  paret,  quoniam  ingens 
fuit,  55  dixit  nobis,  quoniam  iam  aliquot  anni  essent.  Beide  Par- 
tikeln werden  sonst  in  kausalem  Sinne  gebraucht,  90  propterea 
quia,  41  propterea  quoniam. 

Während  die  Konzessivsätze  in  der  Regel  mit  licet  (wahr- 
scheinlich Dittographie  ist  40:  licet  et  tectum  non  sit)  eingeleitet 
werden,  z.  B.  40. 43. 46. 49. 50. 68  (etsi,  quamquam,  quam  vis  erinnere 
ich  mich  nicht  so  gefunden  zu  haben),  steht  den  Temporal- 
sätzen noch  die  Hülfe  des  Ablativus  absolutus  zur  Verfügung, 
wenigstens  in  den  beiden  bekanntesten  Formen  iubente  deo,  lecto 
loco,  perdescenso  monte.  Postquam  ist  durch  posteaquam  (39  bis. 
66.  67.  92.  99)  verdrängt,  welches  sowohl  mit  dem  Plusquampf.  als 


274  Kd.  Wölfflin: 

mit   dem   Futurum    exactum    verbunden    wird.     An    eiuer   Stelle 
steht  post  scheinbar  für  posteaquam,   107   post  autem  venerint 
dies  paschae;  noch  ungewöhnlicher  aber  schreibt  Silvia  79:  moz 
autem  primus  pullus  cantaverit,  statim  descendet  episcopus,  wo 
'bald'  für  'sobald'  gesetzt  ist,  wie  simul  für  simulac.    Doch  könnte 
man  auch   an  Korruptel*)  aus  mox  ut  primus  pullus  cantaverit 
denken,  nach  03  statim  ut  mandueaverint  omnes  vadent  in  Eleoni. 
Es  siud  dies  offenbar  Ausdrücke  für  das  fehlende  simulac;  aufser- 
dem   findet  sich   quemadmodum  in  ähnlichem  Sinne   gebraucht: 
63  quemadmodum  revertebar;    87   q.   prandideriut;    88   quemid- 
modum  mandueaverint;  08  quemadmodum  exient;  101.  102  quem- 
admodum   subito    (anal   xa%idxa)    fuerit   in   monte  Oliveti.    Die 
Sache  ist  an  sich  nicht  so  auffallend,  da  ja  auch  ut  und  unser  'wie* 
temporal  gebraucht  werden;  nach  diesem  Vorgange  kann  man  sich 
auch  quomodo  als  Temporalpartikel  denken,  und  kommt  dadurch 
leicht  zu  der  Erklärung  des  franz.  temporalen  comme.    Daneben 
findet  sich  aber  quemadmodum  auch  comparativ  42.  81.  09.  101 

Recht  gut  hat  sich  auch  donec  mit  dem  Konjunktiv  in  der 
Bedeutung  von  'bis'  erhalten,  z.  B.  43  coinmorati  donec  Moyses 
ascenderet  in  montem;  tamdiu  immorati,  donec  primuin  fielet 
tabernaculum.  (In  dem  folgenden  in  quo  confixum  mos  esset 
tabernaculum  wird  wohl  zu  lesen  sein:  Mosis  est  tabern.)  Hit 
dem  Indikativ  07  dieuntur  psalini,  donec  commouetur  episcopus. 
Verhältnismäfsig  häufig  ist  der  Gebrauch  von  quando,  und  der 
Herausgeber  hat  es  noch  an  zahlreichen  Stellen  hergestellt,  wo 
nur  qua  überliefert  ist,  36.  40.  42.  80  (bis).  100.  105;  auch  88  Sab- 
bato  quod  mandueaverint  mane,  iam  nee  sera  manducant  scheint 
quando  in  'quod'  zu  stecken;  indessen  bedürfte  die  ganze  Frage 
der  Nachprüfung  auf  Grund  des  Codex,  bei  welcher  auch  noch 
quo  =  quomodo  =  cum  in  Rechnung  zu  ziehen  wäre.  VgL 
Diez,  etyniol.  Wörterb.  P  135. 

Vergleichuugssätze  treten  sowohl  in  der  bekannten  Form 
tarn  .  .  .  quam  auf,  als  auch  in  der  Einkleidung  durch  tarn  .  • . 
tarn,  oder  quam  .  .  .  quam.  Vgl.  81  tarn  qui  uocte  dieuntur 
(psalmi)  tarn  qui  mature;  00  dieuntur  )  mni  tarn  in  ecclesia  . . . 
tarn  etiam  in  Imbomuin  (102  =  locus,  unde  asceudit  Dominus 
in  caclis;  vgl.  i^ßm^tog)^  0(5  ponitur  in  inensa  quam  lignuni  cracis 

*)  Für  die  handschriftl.  Überlieferung  spricht  105:  consuetudo  est,  ut 
.  .  .  exoreizentar,  mox  miaea  facta  fuerit  matutina.  Setzt  man  iam  für  mos, 
80  erhält  man  auch  eine  romanische  Konstruktion. 


Ober  die  Latinität  der  Peregrinatio  ad  loca  sancta.      275 

quam    titulus.    In    dein    Proportionalsatze   103:   omnes   ieiunant 

iuxta  consuetudinem,  q\i\s<pte  prout  potest,  war  das  überlieferte 

pronomen  indefinitum  qui  (=  mancher)   nicht  anzutasten ,  nach 

104:  de  plebe  qui,  quomodo  possunt,  vadent,  clerici  autem  coti- 

die  vicibus. 

Um  nun   mit  einer  echt  romanischen  Spracherscheinung  zu 
schliefsen,  welche  in  der  lateinischen  Grammatik  noch  kein  Platz - 
j-    eben  gefunden  hat,  weisen  wir  auf  die  Gemination  des  Nomens 
[    und  des  Adverbs    hin.    Wie  Augustin   sagte   confess.  7,  5  ipsa 
loci«  et  locis  ordinavit,  er  wies  dem  einen  diesen,  dem  andern 
jenen  Platz  an,  so  schrieb  auch  S.  45  von  den  Farauiten,  weiche 
die  Wüste  durchziehen:  signa  sibi  locis  et  locis  ponent,  bald  hier, 
bald  dort,  links  und  rechts.    Es  ergiebt  sich  hieraus,  dafs  auch 
das  Excerpt   des  Petrus  Diaconus:    inter   rotam    et   rotani  (der 
Wagen  des  Pharao)  viginti  et  quatuor  pedes  fueruut,  den  Wort- 
laut der  Verfasserin  bewahrt  hat.    An  diesen  Gebrauch  lehnt  sich 
mos  et  unus  an,  einer  nach  dem  andern,  77  uno  et  uno  benedicet, 
96  o.  et  u.  acclinant  se  ad  mensam,  und  ebendaselbst  nochmals, 
104  adducuntur  u.  et  u.,  107  u.  et  u.  vadet  cum  patre  suo.     In 
gleichem  Sinne  sagte  man  auch  cata  unum  distributiv  (x«#'  tvu), 
Tgl.  oben  S.  266. 

Über  die  intensive  Wiederholung  des  Adverbs   hat  der  Vf. 
in  seiner  Gemination  (Münchener  Sitz.-Ber.  1882.  477—485)  ge- 
bändelt   Eine  diesen  Ausdruck  motivierende  wiederholte  Handlung 
liegt  vor  46:  in  Clesma  cum  venissenius,  necesse  nos  fuit  denuo, 
et  ibi  denuo  resumere  (=  reficere  vires),  quoniam  iter  hereuii 
arenosum  valde  feceramus.    Interessanter  aber  scheinen  mir  noch 
folgende  Stellen  zu  sein:    38  eos  (montes)  subis   lente  et  lente 
per  girum,  ut   dicimus  in  cocleas;    SU   sie  dedueunt  episcopum 
respondentes,  et  sie  lente  et  lente,  ne  lassetur  populus;  94  lente 
et  lente  cum  yninis  venitur  in  Gessemani.     Von  jeher  hat  das 
Lateinische  den  Begriff  der  allmählich  sich  vollziehenden  Hand- 
lang durch  zwei  Worte  ausgedrückt,   wenn  sie  auch  lieber  zwei 
8ynonyina  wählte  wie  sensim  pedetentimque  (Cicero)  oder  sensim 
paulatimque  (Gellius  17,  11,6.  12,1,22),  worauf  die  Neulateiner 
ihr  sensim  sensimque   wagten.     Dafs  dieser  Ausdruck  durchaus 
der  romischen  Umgangssprache  entspricht,  leuchtet  nunmehr  ein; 
die  Romanen,  und  namentlich  die  Italiener,  haben  auch  noch  die 
Copula  aufgegeben  und  sich  auf  piano  piano  und  andere  Redens- 
arten beschränkt 


276    Ed.  Wölfflin:   Über  die  Latinitat  der  Peregrinatio  etc. 

P.  S.    Zu  Seite  260.    Zu  dem  Verfalle  der  Deklination 
möge   noch    bemerkt  sein,   dafs  in  geographischen  Eigennamen 
der  Accusativ  die  Normalform  geworden  ist,  wie  der  romanische 
Nominativ  aus   dem   lateinischen  Accusativ  hervorgegangen  ist 
Vgl.  48  Pithona  civitas  ostensa  est  nobis;  Phitona  castrum  est; 
49  quae  Ramessen  civitas  nunc  campus  est;  57  Carneas  civitas; 
55  ostensae  sunt  civitates  Esebon  etc.;  63  provinciae  Siriae  Gelen 
(=  Goelen);   transito   flumine  Euphratem;    71  locus  ille  decima 
mansione  est  hinc,  intus  in  Persida;  73  civitatein,  quae  appellatnr 
Pompeiopolim;  75  mansionem  quae  appellatnr  Mansocrenas;  83  in 
Eleona,  id  est  in  ecclesia  quae  est  in  monte  oliveti  omnia  or- 
nantur;   92  ecclesia  quae   est  in   monte  Eleona;    99   in   ecclesa 
maiore  in  Eleona;  109  de  diversis  provinciis,  vel  de  Egypto  ant 
Thebaida.    Seite  58  ist  der  jüngere  Städtename  Sediina  der  Accu- 
sativ des  alten  Namens  Salem. 

Wie  im  alten  Latein  das  ursprüngliche  Particip  trans  wir 
Präposition  erstarrte  (vgl.  oben  S.  248)  und  auch  zu  einem  Ver- 
buni im  Plural  treten  konnte,  so  verliert  auch  im  Spatlatein  (ei 
ist  alles  doch  nur  ein  Kreislauf)  das  Particip  seine  Pluralform, 
wie  64:  unde  denuo  proficiscens  pervenimus  Edessam;  denn  dili 
mit  der  Änderung  perveni  nicht  geholfen  wäre,  zeigt  die  Fort- 
setzung der  Periode:  ubi  cum  pervenissemus  (die  Pilgerin  mit 
ihrer  Begleitung),  statim  perreximus  ad  ecclesiam  etc.;  ebenso  51: 
proficiscens  Ierusolima  fecimus  iter  etc.;  doch  kommt  daneben  die 
regelmäßige  Bildung  auch  vor,  z.  B.  53  divertentes  secuti  summ 
Diese  Ersetzung  des  Nom.  durch  den  Acc.  zeigt  sich  zunächst  in 
andern  griechischen  Wörtern,  wie  10G  per  tres  horas  fit  catechisin; 
seltener  bei  lateinischen,  und  hier  doch  nur  als  Ausnahme  neben 
dem  regelrechten  Casus,  wie  102  locus  de  actus  apostolorum, 
ebendaselbst  legunt  de  actibus  apostolorum.  Einen  Nominativus 
absolutus  mit  neuem  Subjekte  des  Hauptsatzes  finden  wir  103: 
ingressi  in  ecclesia  dicuntur  ymni. 

Zu  S.  270.  Unter  den  Partikeln  bemerke  man  enim  «=  de, 
z.  B.  40  ibi  enim  est  ecclesia  und  oft;  sie  =  item,  z.  B.  108 
benedieuntur  cathecumini,  sie  fideles. 

München.  Ed.  Wölfflin. 


Abhorreo. 

Abhorreo,  ui,  öre  verbum  dttctum  ab  horrendo  (*Jwrsendo; 
F.  torreo  =  torseo;  r/ptfoftat,  tsqücclvo);  tostus  =  *torstus;  hirsu- 
ff).  Inglossariis  explieatur:  (Cyrill.  p.  432,  21)  dt,a<pc)vd>:  discrepo 
bhorreo  dissentio  dissono;  (Philox.  p.  1,  33)  ixoq>Qitrsi9  arnpSov 
mr;  (Cyrill.  p.  383, 10.  cf.  382,  10  et  Lib.  gloss.)  dnadsi',  dis- 
tepat;  (cod.  Amplon.)  longe  est;  (Gloss.  abav.)  discrepat  disso- 
it  displicet;  (Papias)  discrepare,  discors  esse  vel  valde  horrere; 
»d.  Amplon.)  abhorrens:  discrepans;  (gloss.  abav.)  abhorruit: 
ttorpuit. 

Invenitur  inde  a  Plauto  per  omnem  latinitatem,  sed  multo  ra- 
u  apud  poetas;  itai.  aborrire,  hispan.  aburrir,  provinc.  abor- 
r,  aorrir,  francogcUL  inde  a  saeculo  XVI  abhorrer  forma  ad 
y*oncm  latinum  accommodata.    Cf.  Littre,  s.  v. 

A.  Proprie.  =  ita  alienum  esse  ab  aliqua  re,  ut  eam  re- 
rmides;  abominari,  aversari,  detestari  alqd.  (oppos.  amare,  an- 
ere,  gaudere). 

I.  Sequente  praepositione  ab.  Diomed.  315,  31  K.  cum  prae- 
sitione  (a)  ablativum  casum  trahunt  . . .  abhorreo  ab  illo;  Ser- 
Qß  expl.  in  Don.  IV  553,  51  K.  556,  30. 

a.  De  hominibus  dictum.  1)  äbh.  a  rebus.  Plaut.  Merc.  839 
Atticis  (seil,  moribus  institutisque)  abhorreo.  Ter.  Andr.  829 
alescentulo  In  alio  oecupato  amore,  abhorrenti  ab  re  uxoria. 
tin.  41  ab  hac  (C.  JF.  Müller,  Ribbeck;  hanc  libri  Nonii)  domo 
horres.  Lucr.  1,  945.  4,  20  retroque  volgus  abhorret  ab  hac 
itione).  Cic.  de  orat  2, 14  a  studiis  audiendi  nimis  abhorrentem ; 
59  inventi  sunt  qui .  . .  a  re  civili  et  a  negotiis  animi  quodam 
licio  abhorreant;  fat  8  alii  a  (add.  Lambinus  praepos.)  talibus 
iiis  abhorreant;  offic.  2,  64  convenit  esse  a  litibus  abhorrentem; 
-  1,  8  a.  a  Latinis  (litteris);  ib.  3,  37  quis  contra  studia  na- 
rae  tarn  vehementer  obduruit,  ut  a  rebus  cognitione  dignis  ab- 
rreat;  3,  62  perspieuum  est  natura  nos  a  dolore  a.;  acad.  1,  14 


278  H.  Ploen: 

a  Graecorum  artibus  et  disciplinis.    Cic.  Cluent.  27  ab  eis  nuptiia; 
Arch.  1    a   qua    (disciplina)    ego    nulluni   confiteor   aetatis  meae 
tempus  abhorruisse;  ib.  27  non  debent  togati  iudices  a  Musarum 
honore  et  a  poetarum  salute   a.;  Flacc.  9  si  quis  a  genere  isto 
studio  ac  voluntate  non  abhorrens  fuit;  Sest.  112  cum  ipse  lator 
nihil   ab  horum   turpitudine,    audacia,    sordibus  abhorreret;   132 
C.  Caesarem    mitem    [homineiu    et  a  caede  abjhorrentem  (verba 
uncis  inclusa  orn.  P1;  h.  et  ab  omni  vi  abh.  Halm.  cdit.  sec  Ebcr- 
liard;  h.  temperantem  Paul  Z.  f.  d.  G.  1874.  316).    Cael.  10  long* 
ob  ista  suspicione  a.  debet;  48  ab  huius  saeculi  licentia  . . .  ■ 
maiorum  consuetudine  atque  concessis;  Pis.  62  a  qua  (cupidüate 
triumphandi)  te  lotige  dixisti  a.;  Plane.  58  non  abhorrens  a  studio 
antiquitatis;  Phil.  7,  4  animo  a.  ab  optimo  civitatis  statu.   EpisL 
2,  16,  3  >vidisti  quam  abhorream  ab  urbe  relinquenda;  7,  3,  2  tb 
ea  sententia  valde  a.;  13,  12,  2  est  a  nostris  studiis  non  abhorrens; 
13,  22,  1    a  studiis  nostris  non  abhorret;   ad  Attic.  7,  13,  2  a 
pugnando  abhorrentium;    12,  38,  4   a  Drusi  kortis;   14,  13,  5  » 
ducenda   uxore.     Caes.  b.  G.  1,  85,  3  duces  a  pace  abhorruine. 
Nep.  Milt.  3,  5  adeo  a  ceterorum  consilio,  ut. 

Livius  22,  18, 1  Fabius  ab  nocturno  utique  abhorrens  certo- 
mine;  25,  23,  4  quia  ab  novis  consiliis  abhorrebant;  44,  25,  4 
senatum  non  a.  a  finiendo  tarn  incommodo  ac  difficili  hello. 
Curt.  6,  9,  36  aeque  illum  a  nostro  more  quam  a  sermone  a.  Sen. 
epist.  97, 15  natura  nos  a  scelere  a.  Tac.  hist.  3,  65  mitem  viram 
a.  a  sanguine  et  caedibus.  Plin.  cp.  1,  2,  5  ipsum  me  et  coft- 
tubernales  ab  editione  non  a.  Suet.  Domit.  9  usque  adeo  ab  omni 
caede  abhorrebat. 

Gellius  1,3,  7  ne  a  perfidia  et  culpa  non  abhorreat;  9,14*8 
ab  insolentia  vocis  istius  abhorrentes;  12,  5,  7  ut  omnibus  co^ 
poris  sui  commodis  gauderet,  ab  incommodis  omnibus  abhorreret; 
12,  5,  14  intolerabilia,  a  quibus  fortes  viri  aut  öbeundis  abhorre- 
ant  aut  sttstinendut)  13,  20,  3  adulescens  non  abhorrens  a  litteris; 
15,  20,  6  quod  natura  abhorruit  a  mulierum  coetu.  ApuL  apoi 
88  miror,  quod  tu  a  villa  tantopere  abhorreas.  Cypr.  dupl.  mart 
29  Christiani  abhorrent  ab  idolothytis  et  ab  ingressu  fanoram 
atque  ab  ipsis  etiam  simulacris.  Lactant.  Ambros.  Heges.  Hieron. 
Augustin.  saepissime.  Salv.  gub.  d.  7,  72  penitus  a.  Acro  Scliol 
Hör.  serm.  1,  10,  25  ita  hi  a  Graecis  (vocabulis)  abhorraeront, 
ut  Messala  primus  Funambuli  noinen  intnlerit. 

2)   abh.  ab  hominibus.    Livius  9,26.4  longinquitas  a.  (scü. 


Abhorreo.  279 

Romanos)  a  rdegandis  .  .  civibus  .  .  cogebat.  Tac  ami.  13,  12 
uxore  ab  Octavia  .  .  fato  quodam  abhorrebat.  Mar.  Merc.  Patr. 
48,  955  Mig.  ab  ita  credentibus  a. 

b)   De  animo,   mcnte,  similibtts.     Ter.  Hec.  714  omnino 

a.  animum  huic  video  a  nuptiis.     Cic.  inv.  2,  32  animus  eius  .  . 

uti  a  tali  culpa  non  videatur  abhorruisse;   Lad.  50  si  (virtus)  a 

c&ritate  vulgi  abhorreret;  Cluent.  78  huius  persona  ab  nulla  turpi 

1    anspicione  abhorrebat;  Verr.  2,  10  ut  ego  istum  accus  arein,  a  quo 

;    mea   longissime  ratio   voluntasque  abhorrebat;    Sest.  71   animum 

►    Caesaris  a  causa  non   a.;  prov.  cons.  43   voluntatem  Caesaris  a 

t    salute  mea  non  a.;  Lig.  28  animi  a  causa  abhorrebaut.    Cic.  epist. 

2,  17,  6  quam  valde  Bibuli  voluntas  a  me  abhorreret;  16,  21,  2 

(Cic  fil.)  aures  a  commemoratione  abhorrent;   ad  Att.  2,  6,  1  a 

scribendo  prorsus  abhorret  animus;  14,  10,  1  nostram  aetatem  a 

caatris  a. 

Livius  1,  57,  2  abhorrebant  a  certatione  auimi;  4,  6,  7  sen- 
tentiae  abhorrebant  a  caede;  30,  30,  9  animo  tan  tum  nobis  opus 
ttt  non  abhorrente  a  quietis  consiliis;  38,  24,  3  (animum  uxoris) 
abhorrentem  a  voluntario  stupro;  42,  62,  7  numquam  ab  talibus 
consiliis  abhorrebat  regis  animus.  Sen.  contr.  2  praef.  3  animum 
a  civilibus  officiis  abhorrentem.  Curt.  4,  6,  3  (Bactriani)  horridis 
ageniis  niultumque  a  Persarum  luxu  abhorrentibus;  5,  8,  10  con- 
nlium  fugae,  a  qua  multum  abhorret  animus.  Tac.  ann.  13,  47 
natura  eius  a  crimine  abhorrebat.  Florus  Verg.  or.  p.  107,  8  H. 
tota  mens,  totus  animus  resiliit  atque  abhorruit  ab  illa  civitate. 
Sulp.  Sev.  1, 10,  7  cui  a  tanto  facinore  abhorrebat  animus.  August, 
ftp.  138,  1  a  quibus  seusus  abhorret. 

IL  Seqttente  ablativo.  Curt.  6,  7,  11  animum  tanto  faci- 
nore procul  abhorrentem;  7,  8,  11  abhorrent  moribus  |hominibus| 
qae  nostris  et  tempora  et  ingenia  cultiora  sortitis.  Plin.  nat.  h. 
37,  195  mellis  Corsici  acrimonia  abhorrentis.  Tac.  hist.  4,  55 
publice  civitas  talibus  inceptis  abhorrebat;  ann.  1,  54  neque  ipse 
abhorrebat  talibus  stndiis;  14,  21  spectaculorum  oblectamentis. 
Heges.  1,  30,  21  abhorrentes  studio. 

III.  Sequente  aceusativo  a)  pcrsonae.  (Cic.  Cluent.  41 
ßcugmatis  licentia:  omnes  illura  aspernabantur,  omnes  abhorre- 
bant, omnes  . . .  fugiebant.)  Suet.  Aug.  83  pumilos  atque  distor- 
tos  .  .  abhorrebat.  Pass.  Cypriani  (acta  mart.)  257,  19  nos  et 
parentes  ipsos  abhorremus.  Sedul.  op.  pasch.  2,  17  (p.  229,  8H.) 
deus  abhorrens  divinis  monitis  non  parentes.    Meginhard.  de  fide 


280  H.  Ploen: 

cap.  4  (Caspari  anecd.  vol.  I  269)  abhorreo  Priscillianum.   Greg"- 
Tur.  Mart.  2,  25  yos  abhorrens  Romae  mirabilia  facit. 

b)  rei.    Suet.  Galb.  4  ceteris  ut  obscenum  ostentum  abhor— 
rentibus;  Vit.  10  abhorrentis  quosdam  cadaverum  tabem.    Min. 
Fei.  12,  5  cibos  et  potus.    Porphyr.  Hör.  carni.  1,  3,  17  mortem^ 
2,  16,  13  victum  angustum;  epod.  16,  35  tantum  abhorrent  eos 
(reditus);   sat.  1,  6,  98  abhorrens  senatoriam  dignitatem.    Ach» 
schol.  Hör.  carm.  2,  4,  19   lucro  aversam]  abhorrentem  fraudem, 
et  pecuniam.     Dictys  2,  23  exemplum  huius  modi  abhorrent«; 
2,  25  exemplum  admissi  abhorrentem.     Lactant  epii.  51,  2  ab- 
horrent  nonien   crucis.     Donat.  ad  Ter.  Ad.  349:  exsecrative,  nt 
alii  facinora  abhorreani    Ambros.  enarr.  psalm.  37  ne  mysticua 
quidem  abhorreat  pietatis  affectus;  id.  epist.  19,  13  quod  abhor- 
reret  lididinis  consuetudinem.     Heges.  1,  16  abhorreat  tantornna 
contagia  flagitiorum;  cf.  Isid.  reg.  monach.  3,  3  (monachus)  phil- 
argyriae  contagium  abhorreat.    August,  epist.  append.  19,  8  qnae 
illud  vitium  abhor  rebat;   19,  20  mulierum  visus  abhorrebat;  de 
vera  et  falsa  poen.  7,  18  temerarius  est  qui  peccatum  non  ab- 
horret; 8,  21  fragilitatem.     ad  fratr.  in  er.  35  decet  indicea  a. 
falsitatem;  36  divitias;  46  omne  dominicum.    sim.  passitn.    Past 
Herrn.  91,  5   consuetudinem.     Cassian  conl.  20,  12,  4  criminum 
sordibus  quae  abhorret  dominicus.  Sedul.  hymn.  2,  22  faeno  iacere 
pertulit,  praesepe  non  abhorruit.    Lucan.  comm.  Bern.  p.  188,22 
coniugis  fortunam.     Anthol.  lat.  II  730,  12  R.  num  deus  hoc  re- 
cipit,  quod  homuncio  sanus  abhorret?     Zeno  traci  2,  27,  1  in- 
felicitatem;  ib.  2,  66  tauros,  arietes.    Maxim.  T aurin.  Patrol.  57, 
258  vos  abhorrete   vana.    Paulin.  Nol.  Patr.  61,  456  strepitusque 
fori  rerumque  tumultus   cunctaque   divinis  inimica  negotia  donis 
et  Christi   imperiis  abhorrent.     Eugenius  Patr.  87,  400  felix  qui 
terrae  fragiles  semper  abhorret  opes.   Fructuos.  reg.  monasi  Patr. 
87,  1116  habent  consuetudinem  mores  pristinos  nunquam  abhor 
rere.    Ambros.  Autpert.  Patrol.  89,  1311  quisquis  totum  abhorret, 
quod  animam  inducit;  ib.  1330  qui  haec  abhorremus.    Dion.  Exig. 
nuptias,  conventus  martyrum,  communionem  fratrum,  falsitatem. 

Lex  Visig.  XII  3,  3  munus.  Cassiod.  Var.  1,  41  qui  se  pro- 
mittat abhorrere  moribus,  quam  refugit  sanguine  vilitatem;  bist 
trip.  11,  10  cuius  mores  cum  populus  abhorruisset.  Draconi  8, 
101 B.  nee  mater  pignus  abhorret  Aethic.  6,  108  eorum  auda- 
ciam  et  temeritatem  abhorruit.  Script,  rer.  Lang.  p.  554,  23  W. 
(Autpertus)  haec.  Greg.  Tur.  bist.  Fr.  5,  5  eibum  potumque;  5, 11 


! 


Abhorreo.  281 

quod;  vit.  patr.  1,4  non  abhorrens  luridae  maculam  leprae.  Paul. 
Diac  Patrol.  95,  737  coquinac  servitium  non  abhorrens. 

c)  Epist.  concilii  Rom.  a.  circ.  380  p.  Chr.  =  Patr.  13,  584 
fcormenta  abhorreat  religio  sacerdotis.  Ambros.  in  apocal.  Patr. 
17,835  deprecor,  ut  hanc  (humilitatem)  cordi  meo  inseras,  quae 
novitatum  praesumptionem  abhorret. 

Passive:  abhorrendus.  August,  append.  epist.  19,  5  ab- 
horrenda verba  facis;  19,  19  vitia  abhorrenda  exerceret  Nov.  Val. 
13, 1  ne  abhorrenda  usurpatio  ab  omni  honesta  conversatione  vires 
diutius  obtineret.    Lex  Visig.  7,  5,  7  abhorrenda  fraudis  molimina. 

IV.  Sequente  infinitivo  vel  acctisativo  cum  infinit ivo.  Por- 
phyr. Hör.  carm.  1,  1,  IG  inercator  abhorret  navigare.  August, 
cir.  dei  2,  5  cum  talia  quaerat  in  suis  sacris,  qualia  viri  optimi 
abhorrent  suis  adhibere  conviviis.  Petr.  Chrysol.  Patr.  52,  351 
eam  inter  ipsa  stercora  perquirere  non  abhorret.  Aeihic.  6,  82 
aspidiscus  priscus  effodiens  a  podixe  cilia  ab[h]orrit  sequi  pedes 
non  ferre  secum.  Aldhelm.  Patr.  89,  337  quod  abhorreo  fari. 
Gelasii  traci  (epist.  pontif.  ed.  Thiel)  3,  4  quod  abhorret  ani- 
mus  dicere. 

V.  De  gernndivo  (ab  urbe  relinquenda,  a  ducenda  uxore, 
a  finiendo  bello)  cf.  A  I  a. 

VI.  Absolute.  Gatull.  22,  11  tantum  abhorret  ac  mutat  (seil. 
a  vero  vel  bono.)  Cic.  de  orat.  2,  85  (de  eo,  qui  ad  oratoris 
laudem  adspirat)  sin  plane  abhorrebit  et  erit  absurdus]  ib.  185 
aut  cupiant  aut  abhorreant  Bell.  Afric.  73,  4  postquam  abhorrere 
eos  videt  (seil,  a  pugna).  Livius  29,  12,  10  neque  enim  regis 
animus  abhorrebat  (seil,  a  pace).  Ambros.  apol.  Dav.  alt.  4,  25 
lex  prohibet,  repugnat  religio,  abhorret  fides.  August,  d.  mus.  ß 
(col.  1164  Mig.)  aut  annuimus  aut  abhorremus;  ib.  col.  1105  vel 
annuendo  vel  abhorrendo;  Patr.  4(5,  917  abhorret  anima  (a  co- 
gitatione  aliqua);  ib.  961  laudari  a  male  viventibus  nolo,  ab- 
horreo; Patr.  40,  499  omnium  fere  seusus  abhorret.  Salv.  gub. 
d.  6,  3,  18  abhorres  animo.  Mythogr.  Vatic.  3,  9;  7  neu  abhor- 
reas,  quod  iuxta  stellarum  status  prospera  nobis  vel  adversa  dican- 
tur  destinari.  Poet.  aev.  Carol.  II  439,  390  D.  insana  puella  maeret, 
tristatur,  abhorret. 

B.  Translative.  =  discrepare,  differre,  non  convenire; 
alienum,  diiunctum,  distinctuin  esse  (oppos.  convenire,  consentire, 
concordem  esse). 

ArcfiiT  für  Ut.  Lexikogr.  IV.    Iloft  ±  10 


282  II.  Ploen: 

I.  Personaliter  vel  cum  certo  subiecto. 

a.  Sequente  praepositione  ab: 

1)  De  rebus,  quae  abhorrent  a)  a  rebus.  Cic.  inv.  1,77  illa 
nobis  abhorrere  ab  usu  oratoris  visa  suut;  part.  or.  20  verba  ab 
ipsa  actione  atque  imitatione  reruin  abhorrentia;  33  verba  ab  usu 
abhorrentia;  opt.  gen.  20  causa  abhorret  a  formula  consuetudinis 
noBtrae;  23  (verba)  non  abhorrent  a  more  nostro;  de  orat  3,66 
orationis  genus  abhorrens  ab  auribus  vulgi;  3,  202  illusio  a  prae- 
ceptis  Caesaris  non  abhorrens  (=  Quintil.  9,  1,  28);  224  illnd 
videtur  ab  linius  nostri  sermonis  officio  non  a.  —  Cic.  fin.  3,4 
agricultura  abhorret  ab  omni  politiore  elegantia;  5,  31  ab  inter- 
itu  naturain  a.;  5,  06  id  a  . . .  societate  humana  non  abhorrebit; 
Parad.  Stoic.  1  locos  graves  ex  philosophia  abhorrentes  ab  hoc 
usu  forensi  et  publioo;  Divin.  2,  125  quod  abhorret  ab  hominis 
constantia;  Tusc.  4,  35  quorum  mens  abhorret  a  ratione;  offic. 
1,  128  ab  omni,  quod  abhorret  ab  oculorum  auriumque  appro- 
batione  fugiamus;  rep.  1,24  oratio  abhorrens  a  persona  hominis 
gravissimi;  2,  21  civitatem  a  vita  hominum  abhorr entern  et  mo- 
ribus;  leg.  2,  1(5  mentes  liaud  satte  abhorrebunt  ab  utili  aut  i 
vera  sententia. 

Cic.  Kose.  Am.  68   tanta  temeritas,  ut  non  procttl  abhorreat 
ab  insania;   Verr.  3,  52   cum  huius  iudicii  discrimen   ab  opinione 
tua  non  abhorreret;  Catil.  1,  18  consilinm  quod  a  tuo  scelere  ab- 
horreat;   1,  20  id   quod   abhorret  a  meis  moribus;   Miir.  69  illud 
quod  a  consuetudine  non   abhorret;   Arch.  3  nie  hoc  uti  genere 
dicendi,  quod  non  modo  a  consuetudine  iudiciorum,  verum  etiam 
a  forensi  sernionc  abhoreat;  Flacc.  69  istorum  (ludaeorum)  religio 
sacrorum  a  splendore  huius  imperii,  gravitate  nouiinis  nostri,  ma- 
iorum  institutis  abhorrebat;  Sest.  96  nee  ab  utili  täte  eorum,  qui 
audient,  nee  ab  officio  vestro  nee  ab  ipsa  causa  P.  Sestii  abhor- 
rebit oratio  mea;    98  otium  quod  abhorreat  a  dignitate;   Pis.  71 
ne    hoc    ipsiun    genus   orationis   ab   huius  loci   more   abhorreret; 
Plane.  78  hoc  abhorret  a  virtute  verbuin;    Deiot.  17  etsi  a  veri- 
tate  lotiffc,  tarnen  a  consuetudine  criminandi  non  multum  res  ab- 
horrebat. —   Cic.  epist.  1,9,23  abhorrent  (libri)   a  communibas 
praeeeptis;   Att.  1,20,2  a  meis  consiliis  ratio  tua  non  abhorret; 
Quint.  fr.  1,  1,  39   quae  cum   abhorrent  a  litteris  [atque]  ab  hu- 
manitate,  tum  vero  contraria  sunt  imperio  ac  dignitati. 

Nepos  Att  14,2  eos  vocabat,  quorum  mores  a  suis  non  ab- 
horrerent.    Livius  1,48,5  (faciuus)  non  abhorret  a  cetero  scelere; 


Abhorreo.  283 

7  consilio  haud  abhorrente  ab  ingeniis  hoininum;  22,  13,6 
im   abhorrens  ab  Latinoruin  nominum  [pronuntiatione  os]; 

8  spem  ab  effectu  haud  abhorrentem.  Curtius  3,  1,  14  vehi- 
cultu  haud  sane  a  vilioribus  abhorrens;  3;  6,  19  cultus  ha- 
ue patdum  a  privato  abhorrens;  4,  6,  3  (Bactriani)  horridis 
18  multumque  a  Persaruin  luxu  abhorrentibus;  8,  9,  4  aquas 
re  niaris  haud  multura  abhorrentes;  8,  9,  14  raare  (rubrum) 
ore  quidem  abhorret  a  ceteris;  sim.passim.  Celsus  p.  8, 16  (D.) 
ue  addicta  alterutri  opinioni  sunt  neque  ab  utraque  nimium 
entia;  314,  9  quaedam  a  concreto  sanguine  non  abhorrentia. 
&n.  2,  35,  2  a  consuetudine  quaedam  abhorrent;  epist.  103,5 
sophia)  non  abhorreat  a  publicis  moribus.     Colum.  8,  8,  1 

possessio  non  abhorret  a  cura  boni  rustici.  Quintil.  5, 12, 1 
idiecta  fuerint,  non  tmdlum  ab  his  abhorrebunt;  9,  27  78 
ententiarum  non  proctd  a  ratione  iocandi  abhorreat;  12,  10, 
iletarum  Corpora  ab  illa  specie  quae  sit  concessa  hominibus 
.  dial.  45  materiae  abhorrenti  a  veritate.     Plinius  epist.  2, 

qui  titulus  a  vita  hominis  compti  semper  et  pumicati  non 

•ebat. 

ellius  4,  15,  6  significatio  a  sententia  Sallustii  non  abhorret; 

l  (ex  Nigidio  Figulo)  cum  adnuimus  et  abnuimus,  motus 

$1  capitis  vel   oculorum   a  natura  rei   quam  significat  non 

et;    18,  1 1,  2  quae   (voces)   mihi  neque   a.  a  poetica  facul- 

sae  sunt  etc.;   19,  8,  2  sermocinatio  a  Latinae  linguae  studio 

Dhorrens.    Apul.  apol.  90  vitam  suam  proctd  ab  huiusmodi 

bus   abhorrere;    dogm.  Plat.  2,  13   ille   alius   abhorrens   ab 

itatis    dementia,    qui    vulgo    amor    dicitur,    est   appetitus 

:  ib.  22  paria  similibus  non  abhorrent.  —  Aquila  Romanus 

orum   ordo   ab   liumili,   fortuna  a   sordida,   natura  a  turpi 

le  abhorret.    Hoc  enim  'abhorret'  ad  tria  refertur.    Cf.  Mart. 

>,  p.  180,  20  E.  —  Ulpian.  Dig.  19,  5,  13,  1  a.  liaec  ab  area 

,4,  7,  11  hominis  eius  siatus  et  habitus  a  pupilli  condicione 

ultum  abhorret.   Julian.  Dig.  50,  17,  66  nanctus  exceptioneni 

i  nee  ab  aequitate  naturali  abhorrentem. 

aetant.  Amm.  Marc.  28,  4,  33  quae  (voces)  longe  abhorrent 

liis    et  voluntate  veteris  plebis.     Chalcid.  Ambros.  Heges. 

i.  adv.  Lucif.  2,  18  quae  ab   auribus  et  a  corde  nostro  a. 

i.     Augustin.  saepissimc,  maxime  a  vero,  a  veritate,  ab  re. 

b.  Marius  Merc.  Marius  Victor.  Salvian.  Sidonius  epist.  4,  22 

o  historica  videtur  ordine  a  nostro  mxdtum  a.    Cassian.  Cas- 

19* 


284  H.  TJoen: 

siod.  Boeth.  Schol.  Bob.  Cicer.  et  Victorin.  Isid.  Einhard.  Lopus 
Perrar. 

ß)  De  rebus  abhorrentibus  ab  hominibus.  Cic  de  orat  3,65 
quod  ab  hoc  oratore  valdc  abhorreat;  Cluent.  167  quid  unquam 
in  se  admisit,  ut  hoc  tan  tum  ab  eo  faeinus  non  a.  videatur? 
Livius  10,  3,  7  qui  terror  a  Fabio  abhorret.  Curt.  5,  6,  17  gentem 
bellicosam  et  mtütum  a  ceteris  Persis  eultu  vitae  abhorrentem. 
Tac.  bist.  2,  2  neque  abhorrebat  a  Berenice  juvenilis  aniraus. 

2.  De  hominibus  ab  aliqua  re  alienis.  Livius  4,  44, 11  virgo 
Vestalis  ab  suspicione  parum  abhorrens.  Quintil.  9,  2,  30  qui 
(adversarii)  ita  dem  um  a  fiele  non  abhorrent,  si  ea  locutos  finie- 
rimus,  quae  cogitasse  eos  non  est  absurdum.  PHn.  epist.  5,7,3 
scio  te  a  iudicio  meo  non  abhorrere.  August,  de  gratia  Christi 
6  non  a.  a  doctrina  apostolica. 

3.  Infinitiv o  subiecti  loco  posito.  Celsus  6,6,1  (p.  227,21 
Dar.)  neque  ab  ratione  abhorret  etiam  penicillo  uti.  Suet.  Cat 
12  nee  abhorret.  a  veritate  ipsuin  de  parrieidio  professum  (esse). 
August,  quaut.  an.  14,  24  non  abhorret  a  vero  aninium  carere 
omni  corporea  maguitudine.  Schol.  Bob.  Cic.  339,  22  Or.  non  ab- 
horret a  fide  hoc  dixisse  Clodiuni. 

b.  Seqmntc  ablativo.  Curtius  G,  2,  5  iubebantur  suo  ritn 
canere  ineonditum  et  abhorrens  peregrinis  auribus  Carmen;  8,6,2 
ad  niunia  hnud  multum  servilibus  ministeriis  abhorrentia.  Flor. 
1,  7  nee  abhorrebat  moribus  uxor  Tullia.  Apul.  met  10,  16  quod 
potissimuin  abhorret  asino.  Bonif.  I  epist.  1  (Patr.  20,  752  M.) 
quod  divinis  legibus  abhorreat  (cod.  Vatic.  horreat).  Cyprian. 
epist.  07,  9,  ()  (=  epist.  Pauli  ad  Rom.  1,  30)  abhorrentes  deof 
iniuriosi  (&tö6Tvyti£;  Vulg.  deo  odibiles).  Boeth.  comui.  in  Ari- 
stot.  II  lf>9,  27  (Meiser)  sententiam  a.  ratione. 

c.  Scqnentc  dativo.  Livius  2,  14,  1  huic  tarn  pacatae  pro- 
fectioni  ab  urbe  regis  Etrusei  abhorrens  mos  manet  bona  Por- 
sinae  regis  vendeudi.  Zacchaeus  consultat.  1,  1  (Patr.  20,  1073 
Mig.)  si  quidquain  ex  divinis  vestrae  sapientiae  congruum  taliqae 
(codd.  Yindoc.  et  Lemov.;  talisque  ceteri)  iustitiae  abhorrens  possit 
expromi.  Marculf.  form.  Patr.  S7,  90<>  Mig.  multum  ei  vestra  fati- 
gatio  abhorret. 

d.  S&juctüe  praopositionc  int  er.  Livius  38,  56,  6  orationes 
P.  Seipionis  et  Ti.  Gracchi  abhorrent  inter  se.  Celsus  6,  18,  7 
an us  nuilta  taediique  plena  mala  reeipit  neque  inter  se  mn/Afff! 
abhorrentes  ourationes  habet.    Mar.  Vietorin.  art.  gram.  3,  102, 31 


Abhorreo.  285 

est  coniunctionis  genus  nimis  scabrum  atque  asperum,  ut  sunt 
ioiiica  faco  iu{£ovog  cum  iatnbicis  vel  dactylica  cum  trochaicis 
aemper  dissentientia  inter  se  atque  abhorrentia. 

e.  Sequente  praepositione  in.  Boeth.  Geometr.  p.  393,  3 
FriedL  si  (lector)  in  aliquibus  superius  propositis  vacillando  ab- 
horreat     Cf.  aberrare  in  aliqua  re7  Arch.  IV  108. 

f.  Absolute.  1.  Verba  finita.  Plaut.  Cist.  1,  1,  56  Quid,  cedo, 
te  obsecro,  tarn  abhorret  hilaritudo?  Livius  40,  57,  7  nee  enim 
aut  lingua  aut  moribus  (aequales)  abhorrere,  cf.  Weissenb.  ad  h.  1. 
Plinius  nat.  h.  37,  113  alterum  genus  (prasii)  sanguineis  punetis 
abhorret,  tertium  virgulis  tribus  distinetum  candidis.  Salvian.  gub. 
i  6, 3,  18  quia  abhorres  animo.  Eugenius  Patr.  87,  408  ad  ce- 
teras  interrogationes,  si  hoc  non  abhorret,  transeamus.  Paulus 
Diac.  Patr.  95,  737  iuxta  litteram,  quantum  abhorreat  hoc,  facile 
patei  —  Seq.  infinitivo  Claudian.  Mamert.  de  statu  animae  2,  12 
(i  149, 21 E.)  non  abhorret  aliquid  illic  esse  terrenum. 

2.  Participium  abhorrens  in  modum  adiectivi  (dissimilis,  di- 
verw,  ineptus)  usurpatttm.  Livius  21,  32,  10  Gallos  haud  sane 
multum  lingua  moribusque  abhorrentis  (seil  ab  incolis  Alpium); 
27,37, 13  Carmen  nunc  abhorrens  et  inconditnm;  30,  44,  6  vestrae 
iatae  dbsurdae  et  abhorrentes  lacrimae.  Gellius  6,  8,  4  delphini 
amantis  et  pueri  non  abhorrentis  (ab  amore  delphini)  consuetu- 
dines  refert;  7,  12,  4  non  abhorrens  neque  inconcinna  significatio. 
Cypr.  epist.  34,  2  dum  salubres  eibos  et  utiles  potus  quasi  ama- 
ro8  et  abhorrentes  respuunt.  August.  (Innocentii)  epist.  183,  2 
hoc  ad  catholicam  pertinere  doctrinam,  quod  abhorrens  longins  et 
penitus  adversutn  =  Append.  ad  S.  Leonem  Magn.  Patr.  5G,  482  M. 
Marius  Victorin.  3, 103,4  intellegis  atque  ipso  sensu  abhorrentium 
aurium  pereipis. 

IL   Impersonaliter  vd  sine  certo  subiecto. 

a.   Sequente  praepositione  ab:  Cic.  Brut.  31   ab  hoc  quod 

proposuimus  abhorret;   opt.  gen.  16   abhorrebit  .  .  a  suspicione; 

de  orat.  1,  12  in  dicendo  vitium  vel  maximum  sit  a  vulgari  ge- 

nere    orationis    atque    a    consuetudine    communis    sensus    a.   cf. 

Quintil.  8,  praef.  25.  Cic.  Acad.  pr.  29  haec  habere  dubia  nee  iis 

ita   confidere   ut   moveri   non  possint,    a.  a  sapientia  plurimum. 

Livius  9,  36,  6  abhorrebat  a  fide.    Quintil.  8,  3,  43  licet  adsumere 

duplicata  et  idem  significantia  atque  [ab  ipsa  actione  atque]  iini- 

tatione  rerum  non  abhorrentia.  Suet.  Ner.  43  uiulta  et  immania 

rerum  non  abhorrentia  a  natura  sua  creditur  destinasse;  Tib.  62 


286  H.  Ploen: 

nee  abhorret  a  vero.  —  Ambros.  August,  passim  (Patr.  38,  664 
nou  a.  a  vero,  quod  dicitur  a  nobis;  43,  747  a  factis  eorum  ab— 
horrendo).  Cassiau.  coul.  23,  12,  4  abhorret  a  iustitiae  auetore, 
quiequid  bonitati  euntrariuni  est.    Greg.  Magn.  Concil.  Hispan. 

b.  Scquente  ablativo:  Tac.  bist.  5,  24  neque  abhorret  vero. 
Dositheus  Gr.  lat.  VII 420, 17  usu  forensi  abhorret.  Cod.  Theodos. 
11,  27,  2  abhorret  uostris  moribus,  ut  quemquam  fame  confici 
concedamus.     Cod.  lustin.  2,  17,  3  abhorret  saeculo  nostro. 

Abhorresco,  ere  propric  est  tncipio  abhorrcre;  cum  autem 
vcrbiim  a  recentissimis  demum  acriptoribus  sit  novatum,  plerumqve 
nun  (li/fh't  ab  abhorrendo.  Cf.  Arch.  I  478.  Gloss.  abav.  abhorre- 
scens:  discrepans;  Cyrill.  p.  432,  21  äiaqxovä:  discrepo,  abhorreo, 
abliorrcsco,  dissentio,  dissono.  Not.  Tirou.  Bern.  43,  103.  Hispan. 
Lusit.  aborrecer  aliaque  indc  dtwta. 

Vulg.  2  Maccab.  6,  12  obsecro  eos,  qui  hunc  librum  lecturi 
sunt,  ne  abhorrescant  propter  adversos  casus.  Rufin.  Orig.  comm. 
in  epist.  ad  Roman.  10,  6  ut  non  spernant  eos,  abiciant,  abhor- 
rescant;  id.  1,  19.  Greg.  Mor.  10,  30  hoc  abhorrescit,  quod  etc. 
Marculf.  formul.  (Patr.  87,  882  Mig.)  ne  populus  abhorrescat  a 
nobis.  Lex  Visigoth.  12,  3,  7  ut  quieuinque  ex  illis  carnibus  vesci 
penitus  abhorreseunt. 

Afohorride.  adverbunn  duetum  ab  adiedivo  *abhorridus,  cum 
mdlum  exstat  vxcmplum.  (Jharisius  p.  57,  5  K.  eanitia  nee  inratio- 
uabiliter  nee  abliorride  dicitur. 

Argentorati.  Henr.  Ploen. 

Erläuterungen. 

In  Abwesenheit  des  auf  einer  Reise  begriffenen  Verfasser*  vor- 
stehender Artikel  möge  es  der  Red.  verstattet  sein  einige  Bemerkungen 
an  dieselben  anzuknüpfen. 

Vor  allem  füllt  das  Zurücktreten  von  abhorreo  in  der  Poesie 
in  die  Augen.  Sind  schon  bei  Plautus  und  Terenz  je  zwei  Stellen 
weniger  als  wir  erwarten,  so  fehlt  es  bei  Vergil,  Iloraz,  Tibull,  Pro- 
pertius,  Ovid,  Manilius,  Lucan,  Valerius  Flaccus,  Silius,  Statins,  Martial 
ganz,  und  je  eine  Stelle  bei  Lucrez  und  Catull  zeigt  nur  den  nahenden 
Tod  an.  Aber  auch  Ciisar  hat  es  nur  an  einer  Stelle  des  nicht  mehr 
überarbeiteten  bell,  civile,  Corniticius,  Varro  und  Sallust  gar  nicht, 
der  Philosoph  Seneca  sehr  selten  und  der  llhetor  nur  einmal  das  Par- 
tieip;  dagegen  hat  es  Cicero  mit  aller  Energie  in  Umlauf  gesetat, 
und  Livius  wurde  sein  Bundesgenosse. 

Das  Verbum   ist   von    Haus   aus   durchaus   ein   intransitives,   in 


Abhorresco.    Abhorride.  287 

höherem  Grade  als  horreo,  welches  Bchon  Cäsar  und  Cicero  mit  cri- 
men und  crudelitateni  verbinden,  und  zwar  ist  die  Norrnalkonstruktion 
nur:  abhorrere  ab  aliqua  re,  wie  die  alten  Grammatiker  ausdrücklich 
bezeugen.  Ein  Beispiel  nach  dem  Muster  *res  abhorret  ab  nomine' 
ist  nnr  ans  Cic.  epist.  ad  Octav.  2  quorum  au  res  atque  animus  a 
nobis  abhorrent  bekannt,  d.  h.  der  Brief  ist,  wie  längst  erwiesen, 
unecht.  In  der  Bedeutung  'einen  Abscheu  (Widerwillen)  haben  vor 
(gegen)  etwas9  ist  es  erst  von  Curtius  (dem  Plinius  und  Tacitus  folg- 
ten) mit  dem  blofsen  Ablativ  verbunden  worden,  erst  von  Sueton  mit 
dem  Accusativ  der  Person  und  der  Sache,  indem  sich  mittlerweile  die 
Grandbedeutung  zu  aspernari,  detestari,  abominari  verschoben  hatte, 
und  das  Spätlatein  hat  sich  die  neue  Konstruktion  unbedenklich  an- 
geeignet. Die  Lesart  bei  Titinius  41  haue  dorn  um  a.  ist  aus  diesem 
Grunde  wenig  wahrscheinlich.  Die  Konstruktion  Cic.  Cluent.  41  ist 
eben  durch  das  Zeugma  mit  aspernari  zu  erklären,  was  Arus.  Mess. 
p.  452,  14  übersah. 

In  der  übertragenen  Bedeutung  'verschieden  sein  von,  nicht 
stimmen  zu'  (die  beiden  Nuancen  liefsen  sich  nicht  wohl  streng  aus- 
einanderhalten) ist  das  Verbuni  in  der  Klassizität  gleichfalls  mit  ab 
verbunden;  den  blofsen  Ablativ  bringen  die  poetisierenden  Prosaiker, 
Curtius,  Florus,  Apuleius,  die  hier  freilich  nicht  die  dichterische  Kon- 
struktion gerade  von  abhorrere  in  die  Prosa  übertragen,  sondern  das 
in  der  Poesie  gemiedene  Verbum  nach  Analogie  anderer  den  Dichtern 
geläufigerer  behandeln.  Livius  wagte  sogar  einmal,  aber  auch  nur 
in  dem  zweiten  Buche,  wo  er  noch  wie  im  ersten  am  meisten  der 
Dichtersprache  sich  anschliefst,  den  Dativ,  indem  er  a.  =  non  con- 
venire  fafste.  Im  Übrigen  ist  bei  doppeldeutiger  Form,  zumal  bei  Pro- 
saikern, eher  an  den  Ablativ  als  an  den  Dativ  zu  glauben,  obwohl 
Madvig  den  Dativ  vorzieht.     Vgl.  Heraeus  zu  Tac.  bist.  4,  o5. 

Die  Konstruktion  mit  inter  lehnt  sich  an  difterre  und  ähnliche 
Verba  an;  abhorrere  in  aliqua  re  hat  sein  Seitenstück  an  aberrare 
in  aliqua  re,  Arch.  IV  108. 

Multum  abhorrere  ist  bei  Cicero  und  Livius  und  Spätem  nicht 
selten,  also  auch  tantum,  quantum,  nimium,  paulum  u.  s.  w.  korrekt; 
multo  ist  nicht  belegt,  doch  tantopere  bei  Apuleius  apol.  88.  Aufsor- 
dem  sagt  Cicero:  proeul,  longe,  longissime,  valde,  prnrsus,  plaue  ab- 
horrere. Negativ  schreibt  der  nämliche  Cicero  rnon  abhorrere',  *haud 
a/  bei  hinzutretendem  sano  (leg.  2,  IG),  wie  auch  Curtius  3,  1,  14, 
während  Livius  auch  einfaches  fhaud  abhorrere'  liebt. 

Synonyma  von  abhorrere  und  abhorrens  sind  durch  Kursivschrift 
ausgezeichnet;  das  Particip  haben  sowohl  Livius  als  Curtius  mit  in- 
conditus  verbunden;  absurdum  ist  stärker  als  abhorrens  nach  Cic.  de 
orat.  2,  85. 


Abiectio  —  Ablingo. 

AbiectiO;  Ollis*),  fem.  Proprie  actus  abwiendi.  Greg.  Magn. 
homil.  in  evang.  40,  3  si  a.  vilis  indumenti  virtus  uon  esset  CaeL 
Aurel.  acut.  m.  2,  59  manuum  neglecta  atque  distensa  a.  Prise 
de  metr.  Ter.  8  abiectionibus  S  litterae  sunt  usi. 

Translativc.  De  animo  demisso  Cic.  Pia.  88  quid  debüitatio 
atque  a.  aninii  tui?  —  In  arte  rhetorica  extenuatio,  utiaöig;  opp. 
amplifkatio.  Cornif.  1,  6,  10  exordieniur  ab  abiectione  (cf.  Cic.  orat 
127  augendis  rebus  et  contra  abiciendis).  Dicitur  ctiam  de  magi- 
stratu  vcl  imperio  deposito  sive  deponendo:  Cassian.  collat.  1, 6, 3 
perfectiouem  non  privatione  omnium  facultatum  seu  dignitatum 
abiectione  contingi.  Lex  Visigoth.  2,  5,  19  in  necem  Tel  ab- 
iectionem  regiam  nituntur;  ib.  2,  1,  G  in  necem  vel  abiecüonem 
nostrani  iutendere  proditus  videtur  esse.  Nithard.  vit.  Hludov.  44 
praetendentes  abiectioneni  sui.  Isid.  ulleg.  85  a.  sacerdotii  (86  suc-, 
cessit  in  ininisterio  sacerdotali). 

Apud  svriptores  christianos  dicitur  de  contemptu  et  coth 
dickmc  hutnili.  Itala  et  Vulg.  Psalm.  21,  7  ego  sum  opprobrium 
liominum  et  a.  plebis  =  Tert.  adv.  lud.  14;  Cypr.  test.  2,  13; 
Gaudent.  Patr.  20,089.  1175.  Ambros.  August,  passim.  Salvian. 
gub.  d.  7,  10,  40  =  Psalm.  106,  40  effusa  est  a.  super  prineipem 
(Vulgata:  contemtio).  August,  enarr.  psalm.  1447  Mig.  ex  kac  mor- 
talitate,  corruptionc,  abiectione.  Salv.  gub.  1,  2,  6  bonos  in  m*- 
scria  et  abiectione.  Greg.  Magn.  Mor.  31,  95  non  vult  per  ab- 
iectionem  in  infimis  hubitarc.  31,9(3  damua,  contumeliae,  cgestas, 
a.  Paul.  Diac.  bist.  Lang.  4,  6  episcopos,  qui  in  depressione  et  ab- 
iectione erant,  a.   De  contemptu  sensu  activo.    Tertull.  de  patient 

*)  Das  Substantiv  ist  in  der  Neuauflage  von  Du  Gange- Favre  auf- 
genommen, doch  in  der  kurzen  Fassung:  fA.  remotio.  DIEF.'  In  vor- 
liegender Bearbeitung  ist  das  Material  der  Profanlitteratur  annähernd  voll- 
stündig  gegeben,  der  reiche  Gebrauch  in  der  Patristik  dagegen  nnr  durch 
einzelne  ausgewählte  Beispiele  angedeutet  worden. 


Ed.  Wölfflin:   Abiectio  —  Abiegnuu.  289 

7  &  divitiarum.    August.  Patr.  46,  863  voluptatis  a.;  quam  idem 

Aug.  aliis  locis  dixit  contetnptum  völuptatis.   Ennod.  p.  54,  33  Vog. 

quos  dei  servitium  post  istarum  rerum  abiectionem  fecit  ingenuos. 

—  Summa  modestia  et  animi  submissio.  Ennod.  248,  12  Vog.  sub 

pio  principe  nulla  militem  decolorat  a.;  ib.  188,  29  flagitium  celat 

a.  Agobard.  adv.  Fredeg.  2   abiectionis  humilitas.     Greg.  Magn. 

Vor.  18,  54,  89  per  abiectionem,  qua  se  humiliando  deiecerat,  talis 

factus  est.  —  Ennod.  p.  62,  38  nolo  Hat  in  abiectione  possessio, 

u  e.  nolo  alicui  emolumentnm  parari  ex  detritnento  alterius. 

Abiegneus,  a,  um,  i.  q.  abiegnus.  Hac  fonna  vuhjari  scrip- 
tmm  unus  usus  esse  videtur  Vitmvius  p.  166,  f)  R.  (asseres)  maxime 
copressei,  quod  abiegnei  (sie  codd.  GH)  ab  carie  et  ab  vetustate 
eeleriter  vitiantur.  Cf*  Faventinus  p.  303,  17  R.  asseres  abiegnei 
(abiegni  Hose]  abstinei  codd.).  Praeterea  accedunt  haec  inscriptio- 
*m  testimonia:  Corp.  inscr.  lat.  I  577,  2,  3  opercula  abiegnea 
inponito;  577,  2,  4  antepagmenta  abiegnea  lata  inponito.  Ab- 
iegnius.  Corp.  inscr.  I  577,2,  1  Inasserato  asseribus  abiegnieis 
sectilibus.  Vol.  II,  edict.  Diocl.  12, 1  materia  abiegnia.  Abiegineus 
Corp.  inscr.  lat.  I  577,  1,  19  Insuper  mutulos  trabiculas  abiegi- 
neas  inponito. 

Abiegnus,  a,  um,  proprie  ah  (ex)  abiete  genitus,  ex  äbiete 
factus.  Priscian.  I  70,  19  H.:  ligneus,  marmoreus  .  .  .  inveniuntur 
pauca  sine  e  ut  quernus  abiegnus. 

Plaut.  Cas.  2,  6,  32  num  ista  aut  populna  sors  aut  abiegna 

est  tua?   Ennius,  Medea  252  M.  281  V.  205  R.  utinam  ne  in  ne- 

more  Pelio    securibus  Caesa   aeeidisset   (accedisset)    abiegna  ad 

terram  trabes,  quos  versus  certatim  laudavertmt  scriptores.    Accius 

trag.  261  R.  stipitem  abiegnum  (cod.  abiegum)  aut  alneum;    cf. 

Fest  p.  314,  18*.  21*  M.  Catull.  64,  7  verrentes  abiegnis  aequora 

palmis.    Prop.  4,  1,  25  de  equo  Troiano  quis  equo  pulsas  abiegno 

nosceret  arces,  sicut  5,  1,  42  abiegni  venter  apertus  equi.  4,  19,  12 

de  Pasiphae   abiegnae   cornua  falsa  bovis.     Ovid.  art.  3,  469  a. 

tabellae.    Livius  21,  8,  10  phalarica  erat  Saguntinis  missile  telum 

hastili  abiegno;  42,  65,  10  a.  breves  pinnae.    Vitra v.  p.  59,  16  R. 

a.  rates.    Colum.  12,  44  et  47,  6  a.  scobe.    Boeth.  comm.  in  top. 

Cic  lib.  5.  Patr.  64,  1148  D  de  versu  Enniano  supra  laudato  Nisi 

cecidissent  abiegnae  trabes  ad  terram,  Argo  illa  facta  non  esset. 

Vulgata  III  Reg.  5,  8  ego  faciam  omneni  voluntatem  tuam 

in  lignis  cedrinis  et  a.;  5,  10.  6,  15  texit  pavinientuui  domus  ta- 

bulis  a.  6,  32  ostia  de  lignis  a.  9,  11  ligna  cedrina  et  a.  II  Paralip. 


290  Ed.  Wölfflin: 

3,  5  ilomum  texit  tabulis  ligneis  a.  Sidoii.  Apoll,  epist.  8,  12 
pandi  carinarum  ventres  abiegnarum  trabium  textu  pulpitabuntur. 
Aguellus  168  (Script,  rer.  Langob.  p.  387  ed.  Waitz)  onmia  ligna  a. 

Abies  (correpta  a,  Cassiod.  Gr.  lat.  VII  200,  18;  producta  e 
8erv.  Gr.  lat.  IV  452,  14.  Verg.  Buc.  7,  6G.  luven.  3,  255)  abiätfe 
(Charis.  p.  40,  13  K.;  correpta  c  Prise.  Gr.  lat.  III  524,  22  H.), 
gen.  feinin.  (Varro  ling.  lat.  9,  41.  Prise.  5,  26.  Ajiecd.  gramm. 
Helvet.  p.  105,  20).  Apud  poetas  abiete  (quattuor  syllabas  habet 
breves  Beda,  Gr.  lat.  VII  241),  9)  =  abjete  et  tribrachi  et  daetyli 
loco  ponitur  (Ennius  trag.  Verg.  Aen.  2,  16.  5,  663.  Probus  Gr. 
lat.  IV  257,  24.  Servius  in  Donat.  ibid.  IV  425,  14),  falso  in  venu 
Vergilii  proceleusmutieuni  intellegit  Isid.  orig.  1,  17,  28;  abieti- 
bus  =  abjetibus  Clcdon.  Gr.  lat.  V  30,  12. 

I.  Plinius  li.  nat.  12,  134  arbur,  quam  alii  elaten  vocant.. 
uos  abietem.  Hieron.  epist.  106,  65  pro  abietibus  ...  et  cupressis 
in  Hebraeo  ponitur  barusiui.  Cassiod. (?)  Patr.  70,  1085  Mig. 
in  comnientario  ad  Canticum:  Nonnulli  dieunt  elatas  paliuarum 
speciem  arboris  esse  aromaticae,  quam  latine  abietem  sive  spa- 
tas  vocant;  nam  graece  a.  ikdrrj  dicitur.  Abietem  vero  bic  non 
magnain  illam  arborem,  quae  est  navigiis  et  domibus  apta,  sed 
speciem  aromaticae  arboris  debemus  aeeipere.  Isid.  orig.  17,7,32 
a.  dieta,  quod  prae  ceteris  arboribus  longe  eat  et  in  excelsum  pro- 
mineat.  Philox.  gloss.  abies:  *A«ti/;  Cyr.  451,  56  Harri,  divÖQOv: 
abies.  Gloss.  nom.  14  abies:  genus  palmae  fruetiferae.  Vanicek, 
etymol.  Wörterb.  1  80.  Liuneo  dicitur  et  pinus  abies  et  pinus 
picea. 

De  arbore.  Ennius  ann.  190  M.  195  V.  a.  consternitur  aUa. 
Accius  trag.  407  11.  ego  me  extollo  in  abietem,  alte  ex  tuto  pro- 
spectum  aueupo.  Varro  r.  rust.  1,  6,  4  in  montanis  naseuntur 
abietes;  sat.  Menip.  189,  7  K.  alius  tmeram  abietem  solus  percellit. 
Verg.  Buc.  7,  66  a.  in  montibus  altis;  Georg.  2,  68  nascitur  et 
casus  a.  visura  marinos  (utpote  aedificandis  navibus);  Aen.  9,  674 
abietibus  iuvenes  patriis  aequos.  Ovid.  met.  10,  94  enodisque  a. 
curvataque  glandibus  ilex.  Livius  24,  3,  4  lucus  irroceris  abietis 
arboribus  saeptus.  Vitr.  p.  55,  23.  60,  25  a.  supernas,  infernas 
(maris  superi  et  inferi);  105,  18  in  arboribus  tcretibus  a.  cupresso 
pinu.    Colum.  11,  2,  13  sexagenum  pedum  a. 

Plinius  nat.  bist.  16,  30  seqq.  38  pinus  atque  a.  omnesque 
quae  picem  gignuut;  48  a.  amplissima  est  et  femina  etiam  pro- 
lixior,  materic  mollior  utiliorque,  arbore  rotundior,  folio  pinnato 


Abies.  291 

ilensa  ut  irabres  non  tramittat  atque  hilarior  in  totum;  74  montes 
et  valles  diligit;  80  tblia  non  decidunt;  90.  91;  100  robur  et  a. 
intermittunt  germinationem;  106  floret  croei  colore;  122.  125  in 
longitudinem  excrescit;  127  radices  singulares  abieti;  128  hirsttta; 
129;  138;  187  (lignuni  proximum  medullae)  in  abiete  leuson 
Graeci  vocant;  196  abiciis  quac  pars  a  terra  fuit  cnodis  est;  201 ; 
225  firinissiina  in  rectum;  245.  17,  21  quid  abiete  procerim? 
91  umbra  abietis  .  .  .  veuenuui;  235.  13,  137  in  alto  |mari]  a. 
Valer.  Flacc.  7,  405  abietibus  tacitis  siiniles.  Silius  4,  084  amb- 
usta  comas  a.;  Statius  Theb.  6,  104  auclax  a.  scinditur;  luven. 
3,  255  longa  coruscat  Serraco  venientc  a. 

Fronto  7,  18  N.  a.  et  alnus  .  .  .  ventis  atque  iuibribus  edu- 
cantur;  148,  5  qui  te  ut  abietem  aut  alnuni  proccratn  incurvant; 
216,  4  intonsas  a.  [Tertull.]  de  iudicio  domini  225  Hie  abietes 
celso  florent  in  vertice  nigrae.  Palladius  12,  15  a.  quam  Galli- 
cam  vocant.  Ambro«,  hex.  3,  11  a.  non  contenta  terrenis  radici- 
bus;  3,  12  proccra.  Vulgata  les.  14,  8  abietes  laetatae  sunt;  41,  19 
ponam  in  deserto  abietem;  60,  13  gloria  Libani,  a.  et  buxus. 
Ezecb.  27,  5  abietibus  de  »Sanir;  31,  8  abietes  non  adaequaverunt 
summitatem  eius  (=  Isidor.  seilt.  1,  10,  5).  Zacliar.  11,  2  ulula, 
abies,  quia  cecidit  cedrus,  ad  quac  Iiieron.  comment.  Zach,  per 
cedros  et  abietes  principes  significat.  Osea  14,  9  dirigam  euni 
ut  abietem  virentem,  et  Iiieron.  comment.  ad  h.  1.  lieg.  4,  19,  23 
succidi  sublimes  cedros  eius  (Libani)  et  electas  abietes  illius. 
Hieron.  comment.  ad  Os.  3,  14,9  a.  domus  eius;  adv.  lovin.  2,  6; 
Patrol.  23,  968  B  Mig.  proiecit  puerum  subter  ( sub  unam  Augustin. 
Patr.  34,  561  Mig.)  abietem.  Claudian.  rapt.  Pros.  4,  18  altior  . . . 
cuuctis  a.;  Avianus  19,  1  a.  pidchcrrima  risit  dumos  horrentes. 
Cassiod.  var.  5, 17  a.  quac  fluentis  amnicis  nutrita  surrexit,  nm- 
rinarum  superare  cumulos  discat  undarum.  Lex  Burgund.  28,  2 
quod  etiam  de  abietibus  praecipimus  custodiri.  Ycnant.  Fort.  carm. 
3,  9,  23  myrta  salix  a.  corylus.  Coripp.  lustin.  4,  45  in  tenues 
tabulas  a.  numtana  secatur.  Aethicus  1,21  codrorum  et  a.  magni- 
tudincm;  6,  72  comantia  innectunt  aves  pulcherrimae  surcula  ab- 
ietibus et  platanis.  Greg.  Magn.  mor.  18,  20,  32  pro  saliunca 
ascendit  a.  =  Vulg.  Ies.  55,  13. 

Numero  singulari  collective.  Verg.  Aen.  8,  579  nigra 
nemus  abiete  cingunt.  Yitr.  14,  16  nee  abietis  nee  sappinorum. 
Plin.  nat.  hist.  15,  67  uvas  in  ramentis  abietis,  populi.  Val.  Flacc.  3, 
165  iamque  abies  piceaeque  ruimt.  Silius  3,442  densos  abiete  lucos. 


292  Ed.  Wölfflin: 

II.  De  materia  sive  ligno.  Gloss.  Yatic.  3321  abietem: 
genus  ligni.  Eimius  trag.  80  K.  Tosti  alti  stant  parietes  defor 
mati  atque  abiete  crispa,  Caesar  5,  12  materia  cuiusque  generii 
praeter  abietem.  Yarro  r.  rust.  3,  5,  13  columnas  ex  abiete  tenues 
Yerg.  Aen.  2,  16  sectaque  intexunt  abiete  costas;  5,  663  picta 
abiete  puppis.  Li vius  28,  45,  18  a.  in  fabricandas  naves  . . .  abiet 
ex  publicis  silvis  est  usus.  Yitr.  55;  25  non  potest  id  robur  quo 
a.  56,  23  (=  Favent.  p.  297,  3)  a.  non  ponderosa  .  .  enodis  . . 
laricis  vero  materia  etc.  Pliu.  nat.  hist.  16,  41  a.  expetita  na 
vigiis;  46  lignum  abieti  similius;  195  larici  et  magis  abieti  bu< 
cisis  umor  diu  defluit;  221  abietem  aquis  non  corrumpi.  Siliu 
6,  352  aut  abiete  secta  transtra  novant.  Itala  (Weing.)  Ezecl 
27, 5  ut  facerent  tibi  vela  de  abiete  (ut  facerent  tibi  malun 
Vulgata).  Itala  psalm.  97,  6  psallite  in  tubis  abietum  (Vulg.  i 
cithara).  Veget.  r.  mil.  4,  34  ex  a.  liburna  contexitur.  Ambra 
vol.  III  746  Mig.  bonae  ex  a.  naves  Tharsis.  Aminian.  23,  4, 
de  artete:  eligitur  a.  vel  ornus.  Prudent.  apoth.  520  quod  null 
a.  pinusve  dolata  texuit.    Merobaud.  paneg.  168  texitur  in  turres  t 

III.  Materia  pro  re  inde  confecta  a)  de  tabellis.  Plam 
Pers.  248  ad  .  .  .  erani  hanc  obsignatam  abietem  (seil,  feto] 
Quintil.  8,  6,  20  prosa  ut  mucronem  pro  gladio  reeipiet,  ita  noi 
abietem  pro  tabellis.  b)  de  navibus.  Accius  331  R.  lucifer 
lampade  abietem  (arietem  codd.)  exurat  lovis.  Verg.  Aen.  8,  9; 
labitur  uneta  vadis  a.  c)  de  hasta.  Verg.  Aen.  11,  667  trana 
verberat  abiete  pectus.  Lucan.  6,  197  levis  ast  a.  elusit  utrum 
que;  6,  236  fert  a.  (ingentem  umbram).  Silius  4,  256  fata  ex 
trema  ferens  a.  Statius  Theb.  9,  552  it  tremebunda  a.  clipeun 
per  et  aerea  terga  loricae.  d)  de  remis.  Poeta  ap.  Petron.  89, & 
pulsumque  abiete  imposita  geinit  e)  de  manuali  lectorif 
Martial.  14,  84,  2  haec  a.  ehartis  tempora  longa  dabit. 

Abietarius,  ii,  masc.  faber  lignarius.  Vulgata  Exod.  35, 3! 
ambos  erudivit  sapientia,  ut  faciant  opera  abietarii.  Corp.  insci 
lat.  VI  9104  vivit  C.  Itoius  C.  L.  Eros  abietarius.  —  Festus  (Pau 
lus)  p.  27,11  Abietaria  negotia  dicebantur,  quam  materiariai 
{codd.  materiam)  nunc  dieimus,  videlicet  ab  abietibus  coemendü 

AbYga,  ao.  fem.  Pliu.  nat.  k.  24,  29  Chaniaepitys  latine  abig 
vocatur  propter  abortus,  ab  aliis  tus  terrae,  cubitalibus  ramii 
flore  pinus  et  odore.    Apul.  de  medicam.  herb.  27. 

Äbi'gator,  örR    masc.    Cf.  Arch.  I  558.  III  13. 


Abietarius  —  Abigo.  293 

Äbtg&tS:  involata.    Arch.  I  563. 

Äblgftfttor,  örig.  masc.  Arch.  I  558.  Coli.  leg.  Mos.  et  Rom. 
All. 

AbYg£ätu8,  118.  masc.  Ulpian  Dig.  47,  14,  1,  4  si  non  color 
abigeatus  quaesitus  est.  Macer  Dig.  47,  14,  2  abigeatus  crimen 
public!  iudicii  non  est.  Callistratus  Dig.  47,  14,  3  §  2.  Arrius 
Menander  Dig.  49,  16,  5,  2.  Paulus  lib.  sent.  5,  18,  1. 

Abigeatus,  a,  um.  abactus.  Cypr.  epist.  71,  2  ut  quia  ovis 
iam  fuerat,  hanc  ovem  abigeatara  (cf.  adnot.  crit.  üartelii)  et 
errabundam  in  ovile  suum  pastor  recipiat. 

Äbl'ggus,  i.  masc.  abactor.  Arch.  I  501.  Ennius  trag.  299  R. 
impetrera  fac  ille  ab  animo  ut  cernat  vitalem  *abigeum  (Rib.; 
babium  codd.  Non.)  Cf.  Itibbeck,  röm.  Trag.  200.  Ulp.  Dig.  47, 
14, 1,  1  Abigei  proprie  hi  habentur,  qui  pecora  ex  pascuis  vel 
ex  armentis  subtrahunt  et  quodammodo  depraedantur  et  abigendi 
stadiuin  quasi  artem  exercent,  equos  de  gregibus  vel  boves  de 
armentis  abducentes.  Macer  Dig.  47,  14,  2  abigei  plerumque  ferro 
utantur,  si  deprehendentur.  Callist.  Dig.  47,  14,  3  aut  furem  aut 
abigeum.  Saturninus  Dig.  48,  19,  16,  7  discernit  iurem  ab  abigeo. 
Collat.  leg.  Mos.  et  Rom.  11,  6.  7.  Isid.  orig.  10,  14  für  iumen- 
torum  et  pecorum,  quem  vulgo  abigeum  vocant,  ab  abigendo 
scilicei  Corp.  inscr.  lat.  VI  218  in  fine  inscr.  ABIGEI  Fee.  ad  quae 
ditor  adnotat:  quid  sit  a.  mihi  non  liquet. 

Abigo,  äre.   obigere.    Arch.  III  12. 

Abigo  (Prise.  14,  42,  partit.  41),  egi  (Cic.  oral.  158),  actum  1 
(Prise.  10,  34),  fgöre.  Abigo:  aitslavvfo  Philox.  p.  I  35  (cod. 
*bigio;  an  abigeo?);  uitsXavvco  Cjrill.  p.  385,  12;  djtoöoßci  Cyr. 
p. 391,  54;  öoßä  Cyr.  p.  610,  55.  abigit:  anskavvei,  ixtirgdöxai 
Philox.  p.  I  47;  minat  Gl.  asbest  (cf.  Arch.  I  560),  Abav.;  minat, 
expellit  Lib.  gloss.  Vatic.  3321;  abigunt:  a  se  expellunt  Gl. 
Abav.  abige:  expelle  Lib.  gloss.;  amove  vel  a  te  expelle,  ab- 
ioga  Gloss.  Abav.;  abigito:  anilawa,  aito<s6ß*i<Sov  Philox.  p.  I  44. 

abigebat:   fugabat  Lib.  gloss.  —   Acro  schol.  Horat.  carm.  1, 

21,  16  aget,  avertet,  abiget;  3,  24,  40  abigunt:  cohibent,  repel- 

lunt;  epist.  1,  15,  19  abigat:  auferat. 

I.   A.   aliquem   vel  abigi.    a)  addita  re  vel  loco  undc  ab-  2 

igitur.    1)  Plaut.  Amph.  150.  978  advenientem  ab  aedibus;  Men. 

127   iurgio  uxorem  ab  ianua;   Cure.  186  a  eibo;   Truc.  620  a  te. 

Livius  2,  37,  9   ab   ludis;   2,  38,  4  a  sede  piorum.    Quint.  decl. 


294  Ed.  Wölfflin: 

mai.  8,  19  abucta  a  peritura  prima  mater.  Itala  (Land.)  Act. 
apost.  8,  16  abegit  (Vulg.  minavit)  eos  a  tribunali.  Paßt.  Herrn. 
89,  9  ab  iustitia.  Hieron.  ep.  et  verb.  Pach.  7,  96  a  cboro  sanc- 
torum;  Hier.  Hilar.  28,  28  uuum  de  fratribus  ab  oculis.  August 
cnarr.  psalin.  118.  serni.  24,  3  nialignos  conipellendo  a  se  abigii 
Coelest.  epist.  24,  1  (Patrol.  50,  547  RL)  a  navi  vectores.  Greg. 
Tur.  bist.  Fr.  5,  5  a  praesentia  sua.  Ionas,  vit.  Columb.  Patr. 
87,  1036  M  eanis  me  Theodericus  nieis  a  fratribus  abegit  — 
Poet.  Carol.  II  p.  433,  138  D  de  sedibus  . . .  qui  sanctos  abigant 

3  2)  ablativo  uiuntur  maxime  poctae.  Ovid.  fast  3,  344  (de 
Numa)  vir  colloquio  non  abigende  deum.  Prop.  4,  15,  30  sta- 
biilis  mater  abacta  suis.  Lucan.  6,  735  urnis.  Pliu.  nat.  h.  27, 52 
hac  (herba)  feminis  abigunt  quos  .  .  .  Fatuos  vocant  Val.  Flacc 
5,  628  (de  Iove)  qui  Pallada  caelo  Non  abigis.  Silius  2,  230  muro 
tectisque  Sagunti  Hac  abigam  Poenos  tlrxtra;  17,  466  socioque 
abigat  me  fratcr  Averno.  Statius  Theb.  2,  54  (Cerberus)  agri- 
oolas  cainpis  auditus  abegit;  11,  725  tectis.  Paulin.  Nol.  poem. 
8,  27  via  iusta.  Cassiod.  var.  1,  18  ut  huiusmodi  portenta  (per- 
cussores)  provinciae  fiuibus  abigautur. 

4  b)  quouam?  Plaut.  Oapt.  815  quorum  odos  subbasiticanot 
oniues  abegit  in  forum.  Ter.  Ad.  401  rus.  Verg.  Aen.  11,261 
diversum  ad  litus.  Sen.  dial.  7,  25,  1  int  er  egeutes  me  abige 
(abiee  (Jrouov.X  Hilar.  psalni.  14n,  13  se  dissipari,  se  secus  io- 
fernuni  abigi  existimat.  Eustath.  Patrol.  53,  885  M  damnati  in 
tenebras  ultimas  abiguntur.  Ilist.  mise.  20,  64  usque  Dainascum. 
[Poetae  Carol.  II  153,  13  1>  legionem  daemonum  salvator  in  iuare 
abegerat.]  —  Paneg.  XI  25  p.  265,  1  B.  ab  bis  [vilissimis]  opti- 
mus  quisque  abigebatur  procul.  Sidon.  epist.  9,  3  procul  hitfi 
et  Hippoereneu  abigamus.  Orosius  4,  5,  5  extorres  dominos  pro- 
cul abigunt.  Paneg.  XII  21  tum  longe  (a  principe)  populus 
abigebatur. 

5  c)  quanam  rc?  Plaut.  True.  252  item,  ut  de  frumento  an- 
seres,  elamore  absterreat,  abigit:  Asin.  445  iam  hie  me  abegerit 
suo  odio.  Cic.  Tusc.  I.  104  baeillum  propter  me,  quo  abigam 
ivolucres  et  feras\  ponitoto.  Martial.  I,  34,  5  meretrix  abigit 
testein  veloque  seraque.  Statius  Theb.  4.  603  frondibus  instantes 
abigit.  Suet.  l'alig.  26  spoi-tatores  in  cireo^  fustibus  abegit 
Apul.  inet.  8.  13  gladio.  1'lpian.  Pig.  47,  14,  1,  3  qui  cum  gladio 
abigunt.  Vulg.  «Jenes.  31.  36  tilias  quasi  eaptivas  gladio.  Hieron. 
adv.   Hbr.  Hutin.  3%  33    baculum.    quo    tu   canes   abigere  consue- 


Abigo.  295 

Ywti.  Rufin.  apol.  ad  Anastas.  1  baculum,  quo  abigerentur.   Sidon. 
|    earm.  12,  9   barbaricis  abacta  plectris  Thalia.    Paulus  Diac.  vita 
Amolfi  (Patr.  95,  733  M.)  cum   phalanges  adversariorum  suo  ab- 
egisset  mucrone. 

d)  se  obigere  (cf.  se  agere,   Spengel   ad   Ter.  Andr.  708):  6 
i    Aulul.  Peip.  3,  1  celeriter  hinc  te  (ex  conieci  Canneg.;  hunc  codd.) 

abige.  Ven.  Portun.  vit.  Mart.  3,  421  die,  qua  se  conventus  abegit 
\   (i.  e.  discessit,  sich  auflösen);  ibid.  4,  362  hinc  se  proripiens  pro- 
pere Martinus  abegit  (seil.  se).  —  Isid.  orig.  18,  24,  1  (de  ursis) 
I   modo  manibus  tentare  invicera,  modo  complexu  abigere  sese  more 
lactantium. 

e)  nulla  addita  nee  loci  nee  instrumenta  siynificatione.    1)  ab-  7 

dneere  invitum.     Livius  4,  21,  1   praedae  abaetae  hominum  jr#- 

«rwmque,   quare  huc   referri  potest  praedam   a.   Liv.  3,  68,  2.  6, 

31,8.  8,  19,  10.  9,  36,  12.     Num.  plur.  Liv.  38,  47,  12  agri   va- 

atati,  praedae  abaetae.    Amm.  Marc.  24,  4,  9  ut  turmae  abigendis 

insiaterent  praedis.    Paul.  hist.  Lang.  6,  24.    Cf.  abducere,-  Arch. 

11460  seq.  Ven.  Fort.  carm.  10,  12b,  7.  —   2)  avocare.    Verg. 

CqL  124    lotos  Impia,    quae  socios   Ithaci   maerentis   abegit.  — 

3)  vi  armisque  repellere.    Iulius  Val.  2  (11),  2  in  oratione  De- 

*adis:  Persen  abegimus.    Hieron.  epist.  78,  inans.  25  insidiatores. 

Bnnodius  p.  189,  36  Vog.  variis  pertbssum  ictibus  abigit  infestan- 

tem.    Passim  a.  hostem,  lordan.  p.  67,  9  M.  Hist.  misc.  14,  18  bis. 

20,66.     4)  vi  repellere.    Plaut  Pers.  297    abigis  facile  (sciL.me). 

Min.  pan.  41  te  delatores  abegissc.    Hyg.  fab.  169  Neptunus  Sa- 

tyrnm  (Ainymonae    vim    inferre   conantem)   abegit.    Vulg.  Num. 

22,  11    si  possim  pugnans  a.  eum  (populum).    Vulg.  lud.  16,  19 

coepit  (Dalila)  a.  eum  (Samsonem)  et  a  se  repellere.  =  expellere 

VitaHilarii  22  (Petr.  50, 1242)  populos  a.  irruentes  nocte.  Gregor.  II 

pap.  Epist.  12  (Patr.  89,  521)  deus  inhabitet  in  tuo  corde  citoque 

abigat   eos,   qui    te   inhabitant.  —  5)   repudiarc.    Hier,   transl. 

homil.  Orig.  Luc.  24  (Patr.  26,  275)  Ioannes  iuxta  lordanem  ve- 

öientes  ad  baptisraum   praestolabatur   et  alios  abigebat;   in  Ies. 

7,  22  (Patr.  24,  269)   erumpit  in  lacrimas   et  abigit  consolantes. 

—  6)  amovere  a  munere.    Paul.  Fest.  23,  3  abacti  magistratus 

dicebantur,  qui  coacti  deposuerant  imperium.    Stat.  silv.  3,  3,  70 

Hec    proximus  heres  abegit  (sc.  te).     Coelest.  epist.  23,  2  (Patr. 

50,  545)  a.  sacerdotes  de  Christo  impia  praedicantes.    Greg.  Tur. 

hist.  Franc.  4,  13  Firminum  a  comitatura  urbis  abegit.    Cassiod. 

Var.  94  filios  de  albo  curiae  t'aeiat  abradi,   ut  posteritas  nesciat 


296  Ed.  Wölfflin: 

fuisse,  quod  yetatur  abigere  (codd.  obigere).  Sen.  epist  19,  2  nun 
quam  usque  eo  te  abigam  generis  humani  forore  damnato  (« 
a  negotiis).  —  7)  Quintil.  decl.  mai.  15,  2  cum  abigi  cotnpesäq\ 
non  posset. 

8  II.   De  hominibus  pecora,  bestias  etc.  abigentibus  a) 
pascua.  Varro  r.  rust.  2, 1,  16  (greges)  longe  abiguntur  ex  Apnl 
in  Samnium  aestivatum;  2,5,10  (armeuta)  abigantur  in  monb 
2,  10,  11  in  his  regionibus  stabulari  solent  equas  abigere,  ut 
Apulia. 

9  b)  vi  aut  furto  abducere:  Cic  Verr.  3,  57  fainiliam  < 
duxit,  pecus  abigit;  Pisou.  84  familias  abripuerunt,  p.  abegeni 
Sen.  ben.  6,  4,  5.  Digest.  (Pomponius)  9,  2,  39,  1.  47,  14,  3. 
(Callistratus)  qui  a  stabulo  abegit  dorn i tum  pecus,  non  a  flu 
nee  grege.  Ennod.  58,  18  Vog.  Einhard.  annal.  820.  pecora  ] 
vius  2,  23,  5.  28,  8,  10.  39,  47,  2  De  hominibus  raptis  pecoribi 
que  abactis.  Cf.  §  7.  42,  41,  11.  Hygin.  poet.  astr.  2,  4.  Lact  mc 
pers.  27,  6  abaetae  praedae  pecorum  ac  iutnentorum.  Quint  de 
13,  11  pecorum  greges.  Ulpian.  47,  14,  1,  4.  Paul.  sent.  5, 18, 
Collatio  leg.  Mosaic.  tit  11,  cap.  2.  Leg.  barb.  Mon.  Genn.  V 
p.  158,  §  56  sive  ea  (pecora)  de  stabulis  abegerint  sive  de  pasco 
boves  Livius  1,  7,  4.  Ovid.  met.  2,  686  (sequitur  furtum).  Feri 
237  M.  Apul.  met.  9,  35.  Hyg.  poet.  astr.  2,  7.  Firm.  Mat.  de  e 
12,  5  videat  ut  Hercules  occiso  Geryone  abegerit  b.  Coli.  1« 
Mos.  til  11,  cap.  3.  Schol.  Acr.  Hör.  carm.  1,  10,  9  abegisti 
Apollini  pascenti  pecus  Admeti.  Mythogr.  Vatic.  2,  43.  Paul.  N 
poem.  18,  235  amisit  taciti  furto  praedonis  abactos  (iuvenco 
iumenta  Livius  7,  14,4.  Curtius  5,  13,25  confossa  potius  qni 
abaeta  esse.  Calpurn.  Eclog.  1,  41  laxis  abiget  i.  canistris.  Vulg 
Reg.  23,  5.     Lex  Rom.  Visig.  Gai.  2,  10,  5  si  iumentum  dec* 

lOmilibus  abegerit,  furti  reus  erit  (Gall.  minaverit).  —  equoru 
greges  Cic.  Verrin.  1,  28  coli.  2,  20.  Liv.  24,  20,  16.  Phaedr.  « 
pend.  19,  2  equum  ec  quadriga  multis  palmis  nobilem  Abej 
quidam  et  in  pistrinum  vendidit.  Curt.  7,  9,  16  equos  M  et  DO 
abegere.  Paul.  sent.  5,  19  (cf.  Callistr.  Dig.  47,  14,  3)  abigeato: 
sunt,  qui  unum  equum,  duas  equas  totidemque  boves  [oves] 
capras  decem,  porcos  quinque  abegerint  =  Coli.  leg.  Mos.  11, 
ibid.  §  2  atroces  (abigeatores)  sunt,  qui  equos  et  greges  ovi 
de  stabulo  vel  de  paseuis  abigunt,  vel  si  id  saepius,  aut  fe 
aut  condueta  manu  faciunt.  Cassiod.  var.  9,  32  insidiis  rusti 
rum  abaetas  sibi  asserit  caballos.    Callistr.  Dig.  47,  14,3  o\ 


Abigo.     ■  297 

pro  numero  abactarum;  ibid.  porcos  quinque  abactos.  —  asi- 
Bum:  Apul.  met.  8,  29  iuvenes  abactum  sibi  noctu  perquirent.es 
asellum.  Hier.  Patr.  23,  1439  asinum  pupillorum  abegerunt  = 
Vulg.  Hiob  24;  3.  Fab.  Romuli  Nil.  15  quem  (asinum)  ad  presepia 
lassum  abegere.  —  gregem  Ulp.  Dig.  19,  2,  9,  4.  Tertull.  pat.  14. 
Hier,  epist  118.  Myth.  Vat  1,  38.  2,  161.  3,  13,  5.  animalia 
maiora  Ulp.  Dig.  47,  14,  1,  2.  Stat.  silv.  2,  1,  8  citius  me  tigris 
ibactes  fetibus  .  .  .  velint  audire. 

c)  a  sc  depellere,  fuyare.    Cic.  de  orat.  2,  247  puer,  abigell 

muscas.    Phaedr.  4,  25,  13   (formica  ad  muscam)  abigeris,  cum 

Tenia,  seil,  ad  aras.    Tertull.  de  an.  15.  August,  civ.  d.  2,  22  ma- 

ioresmultos  deos  tamquam  muscas  abegerunt;  enarr.  psalm.  1570 M 

▼elot  ab   oculis   cordis   sui  m.   irruentes  abegit;   id.  Patr.  38,  69 

mascae  sunt   minutissimae  non  permittentes  hominem  quiescere, 

dam  abiguntur  et  irruunt,  dum   abaetae  rursus  redeunt;  id.  39, 

1784.  46,  950;  id.  (Patr.  32,  1039)  de  quant.  animae  =  Isid.  de 

nat  rer.  36  (Suet.  pratum,  frgm.  Reiff.  p.  228,  3)  muscas  abigentes 

terem  commovemus.    Mart.  epigr.  10,  5,  12  abigatque  moto  noxias 

aves  panno.    Quint  decl.  mai.  6,  24  plauctibus  a.  abigam.    liier. 

adv.  Lucif.  22  cotidie  industria  rusticana  a.  sonitu  abigit;  epist.  78, 

maos.  25  Samson  qui  abegerat  a  fructibus  suis  a.;  id.  in  lerem. 

2,7  nullus  si t,  qui  abigat  (aves  et  bestias).  Gregor.  Moral.  16,  53 

1  abegit,  ne  oblatum  sacrificium  raperent.  —  Statius  Theb.  8,  265 

(Phineus)  nil  stridere  .  .  .  volucres  sensit  abaetas.    Hier.  Patr. 

23, 962  descenderunt  v.  super  cadavera  et  abigebat  eas  Abraham 

-Vulg.  Genes.  15,  11  =  August.  Patr.  39,  1745.  Vulg.  Deuter. 

38,  26  sie  cadaver  tuum  in  escain  volatilibus  caeli  et  bestiis 

terrae,  et  non  sit  qui  abigat.  —  Plin.  nai  li.  18,  160  passerum 

agmina  herbä  a.   Hier,  epist.  78,  mans.  24  Abraham  abactis  cor- 

vis  abactoris   vel  depulsoris    sortitus  est  nomen.     Hilarii  vita  6 

(Patr.  50,  1128)  quae  (columba)  nee  .  .  .  abigi  potuit. 

Ovid.  met.  14,  62  refugitque  abigitque  timetque  Ora  proterva  12 
cannm.  Plin.  nat.  h.  8,  142  canem  volucres  ac  feras;  8,  145  (ca- 
nem)  nee  in  carcere  abigi  potuisse  =  Solin.  15,  10.  Apul.  met. 
9,  37  abigere  canes  adgrediuntur;  9,  2.  Hieron.  adv.  lib.  Ruf.  2,  2 
saevientes  a.  c;  3,  33  baculum,  quo  tu  c.  a.  consuevisti.  Petr. 
Chrysol.  Patr.  52,  532  uti  nee  abigeret  c.  divitis;  533  quare  vel 
c  abigere  noluisti?  Valerius  vit.  Fructuosi  Patr.  87,  464  c.  procid 
abigi  iussit. 

Val.  Max.  9,  12,  ext.  6   ut  illum  (asinum)  abigeret  (a  ficu).  13 

Archiv  fOr  \tJL  Lcxikogr.  IV.    Heft  2.  20 


298  Ed.  Wölfflin: 

Apul.  met  3,  26  abigor  quam  proctil  ab  ordeo.  —  Plin. 
18,  160  mures  abiguntur  cinere  mustelae.  Min.  Pel.  24^  1 
hirundines,  müvi  rodunt  . . .  nisi  abigatis.  —  Hilarii  vita  ( 
50,  1227)  abegit  exinde  lupum.  Max.  Taurin.  Patr.  57,1 
pum  procul  abegit.  Veuant  Fort.  vit  Mart  4,  157  ac  sin 
lupum  salvo  grege  pastor  abegit.  Gelasii  epist.  43,  3  (Thi 
clava  boni  pastoris  abiguntur.  —  Hyg.  poet.  astron.  2,  33 
vix  lepores  ex  insula  abegisse  dicuntur.  Schol.  Gern 
p.  416,  18  Eyss.  totius  consilium  civitatis  fuit,  ut  eos  (1 
ex  insula  abigerent.  —  Plin.  nat  b.  8,  24  elephantum  a 
a  grege;  8,  118  abigendis  serpentibus;  29,62  suffitu  si 
sugas;  17,  266  formicas  abigunt  (ab  arboribus)  rubi 
Yulg.  Deuteron.  8,  19  ut  abigantur  ranae  a  te  (Pharaon 
per  deum.  —  Hieron.  in  Isai.  1,  1  (Patr.  24,  31)  homii 
bestiolas,  quae  insidiari  solent  frugibus,  abigunt  Ep: 
licis  II  (epist.  pontif.  ed.  Thiel)  1,  10  bestiam  a  gregibus 
abigendam. 

d)  abdticere.  Macrob.  Saturn.  3,  7,  6  veteres  null  um 
sacrum  in  finibus  suis  esse  patiebantur,  sed  abigebant  f 
deorum,  quibus  sacrum  esset. 

14  HI.  De  bestiis  abigentibus.  a)  Plin.  nat.  h.  8,  104  i 
pendris  abactos  esse  Rhoetienses.  Apul.  met  4,  3  (de 
nisi  .  .  fimo  excusso  quosdam  extremi  liquoris  aspergine 
putore  .  .  a  meis  iam  quassis  scapulis  abegisseni.  —  b) 
6,  37,  9  equa  abacto  viliore  (asello)  pretioso  mari  iungitcu 
n.  b.  8,  142  caneni  volucres  ac  feras  abigentem;  8,  91  € 
eos  (crocodilos)  abigentes  praedae  (praeda?);  10,  101  ut 
ces)  rixando  abigant  eam  (feniinam);  10,  9  aquila  (aven 
ticam)  ictu  abigen  te  alae;  11,  28  abigunt  eos  (apes  fucos); 
Suet.  Vesp.  5  supervenisse  tertiam  (aquilam)  ab  solis  ex 
victricem  abegisse.  Lactant  inst.  3,  8,  7  (de  venere  canu 
alios  mares  abigant;  3,  22,  9  volucres  fetus  suos  amanl 
alienos   obieceris  (subieceris?)  abigunt 

15  IV.  Absohite.  a)  =  pecus  abigere.  Arnob.  2,  4 
citarent,  abigerent,  praevaricarentur.     Ulp.  Dig.  47,  14,  1 

■  abigendi  studium  quasi  artem  exerceant.  Callistr.  Dig.  47, 
qui  saepius  abigerunt  (cf.  §  9)  lsid.  orig.  10,  14  vulgo  a 
vocant,  ab  abigendo  (seil,  homines  et  pecora).  Stat  6,  6( 
tores)  dueunt  sternunt  abiguntque  feruntque.  —  b)  de  di 
(quod  idem  dicitur  exigere  Suet.  Cal.  50.  Claud.  26).  Suet 


Abigo.  299 

Agrippinam  abegisse  post  divortium  doluit.  —  c)  =  partum  a. 
Marcianus  Dig.  47;  11,4  quae  data  opera  abegii 

V.  De  hotninibus  (diis,  animalibus)  aliquid  (res)  auf  a  selG 
aui  ab  aliis  removentibus,  depellentibus.  PI  au  tu  s  Mcrc.  119 
ibigc  abs  te  lassitudinem.  Ennius  trag.  27  R.  pestem  abige  a  me. 
Partum  a.  («=  partum  elidere  Cels.  5,  28,  1).  Cic.  Clueut.  32 
partum  sibi  medicamentis  a.  =  Tryphonius  Digest  48,  19,  39. 
Tac.  ann.  14,  63  abactos  partus  conscientia  libidinum.  Suet.  Do- 
mit  22  ut  causa  mortis  extiterit  coactae  conceptum  a  se  abigcre. 
Ulpian.  Dig.  48,  8,  8  si  mulier  visceribus  suis  vira  intulisse?  quo 
partum  abigeret,  constiterit.  Sulp.  Sev.  2;  48,  3  stupro  gravidam 
p.  sibi  graminibus  abegisse. 

Ovid.  met.  7,  202  de  Medea:  nubilaque  induco,  ventos  abigo- 
que  vocoque.    Livius  8,  14,  8  naves  inde  (Antio)  longae  abactae. 

Exempla  aetatis  argenteae.  Val.  Max.  3,  8,  7  an  abigi  17 
debet  ...  ab  horum  exemplorum  contextu?  Seil.  dial.  1,  5,  2  ab 
optinris  abigit  (deus  cupita);  dial.  7,  21,  2  non  abigit  (sapiens) 
illa  (bona)  a  se,  sed  abeuntia  securus  prosequitur;  12,  2,  2  illam 
(pecuniam)  a  se  abigit  (Madv.;  abiecit  B;  abiicit  E).  Epist.  88,  29 
alias  (voluptates)  odit  atque  abigit.  Sen.  Phoen.  490  mater  in- 
wdias  et  binc  et  rursus  illinc  abiget;  Thyest.  79  immissas  faces 
(furiarum)  abigis.  Petron.  4G  si  non  didicisset,  hodie  famem  a 
labris  non  abigeret.  Plin.  nat.  h.  7,  113  eandem  linguam  (Grae- 
corum)  in  illo  (Catone  censorio)  abegisse,  in  hoc  (Uticensi)  im- 
portasse  memorabile  est;  8,30  taedium  muscarum;  12,81  fasti- 
dium;  25,  106  (de  magis)  verbenacä  febres  abigere;  32, 115  (magi) 
tertianas  abigi  promittunt;  31,  22  (pisces  cibum)  caudis  abigunt; 
32,  17.  Silius  8,  124  quae  (somnia)  dum  abigo  menti.  Statius 
8,  245  Oedipoden  ferunt  tum  abacta  prius  solatia  passum  (esse) ; 
6,919  abigant  hoc  numina.  Martial.  10,  33,  7  a  nobis  abigas 
(versus),  i  e.  versns  nteos  esse  ncga. 

Gellius  7,  16,  9  (ad  versum  Catulli  Quibus  servitutem  mea  18 
ttiiseria  deprecor)  significat  abigo  et  amolior  vel  prece  adhibita 
tel  quo  alio  modo.  Apul.  flor.  19  prociä  faces  abigerent,  procul 
ignes  amolirentur.  Tertull.  cult.  fem.  2,  2  quod  deus  a  suis  abigat 
(temptationes).  Arnobius  7,  13  ut  (dii)  abigant  averrtmcentque 
res  contrarias.  Aulul.  Peip.  2,  3  turbas.  Itala  (Monac)  Levit. 
14,  40  abigent  eos  (lapides)  foras  =  Vulg.  iubebit  lapides  proici; 
(Wirceburg.)  lerem.  23,  17  verbum  domini.  IuYencus  3,  449  pre- 
cibusque  locum  truculentus  abegit.    Hilar.  trin.  7,  10  cynomyiam. 

cm* 


300  Ed.  Wölfflin: 

Quintil.  dccl.  mai.  14,  9  alioqui  non  est,  quod  abigas,  quod  ex 
pcllas.  Martyr.  Vatic.  7,  2.  Latin.  9,  2  (Funk,  patr.  vol.  II)  tj 
rannicos  nequitiae  spiritus  ab  horainibus  abegit.  Ambro»,  d 
No.  et  arca  24  temperantia  abigat  a  se  vir  sapiens  huiusmod 
passiones.  Hieron.  II  Hab.  3,  3  aquilonem  sponsus  abigit  e 
austrum  vocat  (cf.  Cani  Cantic.  4,  16).  Paulin.  Not.  poem.  2! 
142  verbo  morbos.  Prudent.  bam.  899  abductum  abigit  de  pectoi 
vitam. 

19  Augustinus  epist.  92,  5  vanitatem  a  fide;  120,  13  abig 
quicquid  tibi  corporeae  similitudinis  occurrerit;  147,  42.  43.  Ii 
op.  imperf.  contra  Iulian.  5,  42  mali  infamiam;  4,  121  Manichai 
orum  nonien  ab  Ambrosio  abigis;  de  gen.  ad  litt.  4,8,  15  snsp 
ciones  a  mentibus;  Serm.  Patr.  38,  356  abigatur  (cogitatio) 
sensu  devotorum;  Confess.  7,  1.  10,  8;  Patr.  42,  586  abigite  i 
cxpellite  a  cordibus  vestris  .  .  .  pugnam.  Coelest.  epist.  23,  3  n< 
sufficeret  abegisse  morbos  et  pestilentiam  reppulisse.  Cassiai 
inst.  8,  7  (iram)  e  suis  abegerat  sensibus.  Leo  Magn.  Serm.  61, 
Ic8us  febres  abegit,  dolores  resolvit,  daemonia  eiecit;  epist  7, 
per  nostram  curam  abigitur  morbus  a  nostris  ovibus.  Greg.  Tn 
patr.  2,  1  a  corpore  nequam  spiritum.  Gregor.  Magn.  Moral.  5, 6 
imaginum  phantasmata;  6,59  umbras  rerum  corporalium;  30,5 
(cogitationes)  ab  oculis  mentis;  in  libr.  I  Reg.  6, 1  opus  nefarim 
a  cogitatione.  Ven.  Fort.  vit.  Mart.  4,  198  quam  (daemonis  un 
bram)  procul  iutendens  sanctus  flatu  oris  abegit.  Mansi,  Conci 
I  772  omni  studio  a.  coutumelias. 

20  VI.  Do  rebus  homines  (animdlia)  abigentibus.  Hör.  Carn 
3,  24,  40  nives  raercatorem  abigunt.  Epod.  5,  29  abacta  null 
Veia  conscientia.  Sen.  epist.  124,  1  non  refugis  nee  ulla  te  sat 
tilitas  abigit.  Lucan.  6, 150  quo  vos  pavor  abegit?  (adegit  Webei 
Plin.  nat.  h.  9,  18*1  ne  sonus  ceteros  abigat;  20,  50  alium  sei 
pentes  abigit;  27,  52  absinthium  culices  abigit.  Quintil.  decl.  ma 
19,  11  quis  te,  mulier,  adfectus  abegit,  tenuit,  exclnsit?  Lactan 
inst.  3,  18,  9  exsecrabilis  doctrina,  si  abigit  homines  a  vita.  V« 
getius  mul.  4,  12  suffimentum  daemones  abigit  et  larvas.  Hieroi 
adv.  Lucif.  22,  195  cotidie  industria  rusticana  aves  sonitn  abigi 
Claud.  rapt.  Pros.  3,  190  volucres  quae  vis  Sirenas  abegit?  Pauli 
Nol.  poem.  15,  79  Hermiara  mundus  abegit.  Isiod.  orig.  13, 13, 
Gelonium  stagnum  Siciliae  taetro  odore  abigit  proximantes. 

21  VII.  lies  rebus  abiguntur.  Hör.  epist.  1,  15,  19  (vinun 
quod  cu ras  abigat.    Sen.  nat.  q.  5,  9,  8  calor  omnis  abigit  nebula 


Abigo.  301 

Colnm.  6,  22,  2  fluvialis  aqua  partum  abigit;  6,  27,  11  haec  in- 
eommoda  foetum  abigunt.  Petron.  89,  vers.  18  lacrimas,  quas 
metns  abegit;  109  (vers.)  vernantesque  comas  tristis  abegit  biems. 
Pomp.  Mela  1,  1,  6  mare  abigit  vaste  cedentia  littora.  Pliu.  nat.  h. 
2, 126  venti  nubes  abigunt;  20,  2  ferrum  ad  se  trahente  magnete 
lipide  et  alio  rursus  abigente  a  sese;  20,38  inula  venenatorum 
morsus  abigit;  23, 161  vinuui  fastidium;  28,  77  fasciä  niulierum 
abigi  grandines;  28,  111  crocodili  cor  quartanas;  36,  130  mons 
ferrum;  37,  61  adamas  ljmphationes.  Statius  Tbeb.  3,  257  ab- 
aeto  flamine  nubes  mulcet  iners  aestas;  10,  92  otia  abigunt  ventos 
a  culmine;  12,  44  lacrimas  nee  serus  abegit  yesper. 

Apuleiu8  d.  Plat.  2, 22  deformitas  corporis  taleni  abigere  pot-22 
erit  adpetitum.  Paneg.  XI  28  poetae  ferunt  deum  cum  despiciat 
in  terras  . .  .  illius  hilaritate  turbines  abigi.  Patrol.  lat.  XX  1183 
Mig.  spiritus  taedii  abigit  lacrimas.  Solin.  52,  53  (adamantes) 
ljmphationes  abigunt.  Seren.  Sammon.  946  letalesque  abiget  mi- 
randa  potentia  morbos.  Prudent.  psych.  632  pax  fugatis  hostibus 
abigit  bellum.  Anth.  lat.  465,  1  K.  iam  nunc  ardentes  autumnus 
abegerat  umbras.  Marc.  Emp.  8  hygra  caligines  abigit;  26  violae 
...dolores  vesicae  cito  abigunt;  30  (de  medicamento)  abigit  cou- 
ceptuui  feminis  praegnantibu»  da  tum.  Cassian.  conl.  21,  33,  3  ele- 
mo8ynae  hilaritatem  abiget  maesta  eunetatio.  Leo  Magn.  serm. 
75,2  ad  veteres  tenebras  abigendas  novae  lucis  fulgura  corusca- 
bant  Ven.  Fort.  carm.  8,  11,  14  fervidus  .  .  gelidas  iguis  abegit 
aquas  Isid.  orig.  16,  4,  2  in  Aethiopia  magues  ferrum  omne  abigit 

VIII.  Constr.  passiva,  non  adäito  auetore  abiyendi,  abactus.23 

Verg.  Aen.  8,  407  prima  quies  medio  iam  noctis  abaetae  Curri- 

cnlo  expulerat  somnum,  i.  e.  ahaetae  ab  ascensu  et  conversae  ad 

descensam.    Stat.  Tbeb.  1,  231  spatio  vix  noctis  abaetae  enumerare 

queam.    Cf.  Corp.  inscr.  lat.  VI  10082  aetate  abaeta  virgiui  Speu- 

dosa  Lethen  incolis.    Hör.  Sat.  2,  2,  44  necduin  omnis  abaeta  Pau- 

peries    epulis    regum.     Plin.  nat.  h.  30,  104   reeidivas   frequenter 

abigi.    Stat  Theb.  1,  104  (de  Tisiphone)  sedet  intus  abactis  ferrea 

lux    oculis,   i.  e.   tiefliegend  (Seu.   trag,  retracti    iutrorsus  oculi). 

Tac  hist.  5,  19  velut  abacto  amne. 

Cyprian.  carm.  3,  105  (Ionas)  mortis   testis   abaetae.     Itala24 
(Wirceburg.)  Exod.  22,  10  aut  tribulatum  aut  abactum  erit  (sub- 
iugium).  Augustin.  serm.  Patr.  38,  356  M  abigatur  (baec  cogitatio) 
a  sensu  devotorum;  de  praedestin.  14,  29  haec  ab  auribus  et  co- 


302  Ed.  Wölfflin: 

gitationibus  abigenda;  id.  Patr.  43, 498  M  o  scelus  extra  omne 
caelum  abigenduin.  Leo  Magn.  serm.  27,  1  abigatur  procul  terre- 
narum  caligo  rationuni;  65,4  ad  abigendam  cementiuui  diffiden- 
tiain  =  epist.  124,  6;  epist  1C2,  1  abigantur  dissensiones  a  soll- 
ditate  illius  petrae,  supra  quam  civitas  dei  aedificatur.  Coelestinuß 
epist.  21,  12.  13  Spiritus  ab  eis  imuiundus  abigatur.  Salv.  gub.  d. 
8, 4,  22  ut  uovuui  iuauditumque  inonstrum  abigi  atque  externti- 
nari  arbitraretur.  Cassiodor.  Var.  9,  10  senatus  consulta  de  abi- 
genda simonia.  Ven.  Fort.  carm.  10,  6,  122  pinus  abacta  redit 
Gregor.  Magu.  homil.  in  Ezech.  2,  5,  9  abigenda  sunt  omnia  manu 
discretionis  ab  oculis  mentis;  hom.  in  evang.  1  2,  4  vix  eogitatio 
ab  oculis  cordis  abigitur.  Concil.  Hisp.  Patr.  84,  497  M  abigenda 
sunt  ab  omni  sacerdote,  quae  maculant. 

Älrfgus,  a,  um,    quod  abigit.    Cf.  abiga. 

Abitio,  Ollis,  fem.  actus  abeundi,  discessio.  Abitioue:  disces« 
sione  Loewe  Prodr.  gl.  p.  149  ex  cod.  Leid.  67  E.  Vatic  332L 
lib.  gloss.  1)  De  hominibus.  Plaut.  Rud.  503  Quid  mihi  sce- 
lesto  tibi  erat  auscultatio?  quidve  hinc  abitio?  Ter.  Heaut.  190 
propter  eam  haec  turba  atque  a.  e  ven  it.  Iulius  Valer.  3,  30  das- 
sico  signum  abitione  praeeipio.  Symmach.  epist.  1,  90,  1  a.  fratris 
nostri  Marii  quodam  viatieo  carere  non  debuit.  Ennodius  p.  211, 
27  Vog.  quid  strages  militum  revolvam  et  ducis  abitionem  (= 
iugam)  turpissimam.  —  Gloss.  Festo  adscripta  ap.  Üdofr.  Müller 
p.  380, 9  Abitionem  antiqui  dicebant  mortem.  =  Fest.  ed.  Thewrewk 
p.  17,23.  2)  De  rebus.  Iulius  Valer.  3,41  solis  occasus  et  a. 
Ennodius  p.  301,  1  Vog.  timere  deum  de  abitione  sospitatis  et  in 
ipso  gaudere  de  reditu. 

Abitö,  are,  (?)  saepius  abire.  ('aper  orthogr.  (Gramm,  lat 
VII  105,  3  K.)  Frequentativii  verba  sunt  caenito,  pransito,  lectito, 
dictito,  cursito,  vectito:  ex  hac  nota  sunt  ito  abitoque  (codd.  Bern.; 
habitoque  cod.  Montc2>essul.  et  Kell  coli.  Diorn.  p.  344, 33.  Adi 
Prise,  jyart.  1,  28,  ]>.  166, 15  IL).  In  Momim.  Leg.  vol.  V,  append. 
II  §  1  pg.  171  qui  per  oeeidentales  partes  abitare  noseuntur  a. 
pro  habitarc  scriptum  est. 

Abito,  ere,  compos.  cj:  praepositione  a  et  baeto,  abeo.  Plaut 
Itud.  777  hunc  quoque  adserva  ipsum,  ne  quo  abitat;  815  sin  ipse 
abitere  hinc  volet,  quaiitum  potis,  Extemplo  ampleetitote  crura 
fustibus.  ('f.  Trucul.  96  ne  qui  adventor  gravior  abaetat  (cod.  B 
et  Fr.  Scholl;  abeat  DCLZ  cum  Prisciano). 


AbiguB  —  Abitu8.  303 

Abitus,  US.  masc.  I.  actus  abeundi,  discessio  (abitus:  discessus 
Papias).  Agroecius  de  orthogr.  p.  114,  17  Abitum  sine  aspira- 
tione  de  abcessu  scribis,  habitum  de  vestitu.  Vsurpantur  in  nu- 
mero  singtdari  nominativus  (getietivum  unus  probavit  Silius),  accti- 
sativus,  äblativxis;  in  num.  plur.  unus  accusativus  (Statuts,  Tac.  Apul. 
Grat.  Fcdisc.). 

1)  De  hominibus.  Plaut.  Amph.  529  lacruuianteui  ex  abitu 
nxorem;  641  plus  aegri  ex  [hoc]  abitu  viri  quam  ex  adventu  vo- 
hptatis  cepi;  645  perferain  usque  abitu  in  eius  aniino  forti;  662 
atque  id  se  volt  experiri,  suom  abitum  ut  desidereni.  Cistell.  1; 
1,39  eas  si  adeas,  abitum  quam  aditum  malis.  Mosteil.  711  si  a. 
tuos  tibi  fecerit  male.  Ter.  Heaut.  414  quom  videam  miserum 
hone  tarn  exeruciarier  eius  abitu;  746  sperabit  sumptum  sibi 
senex  levatum  esse  haruue  abitu.  Verg.  Aen.  8,  214  (usus  voca- 
kdoPlautino)  abitumque  pararet  (Amphitryouiades).  Silius  7,  136 
retroque  abitum  fictosque  timores  dissimulat  (Haunibal);  13,  14 
qnaö  abitus ,  niiles,  cauaas,  illaese,  dedisses;  13,  83  optato  laetis 
tbitu  (maniplis);  15,  633  deponuut  abitus  curam.  Statius  silv. 
2,1,63  quis  .  ..  abitusque  morabitur  artis  uexibusV  Apul.  met. 
7,8  liberos  abitus  concedebant.  Pacat.  paneg.  Theodos.  37  hie 
Perpetuum  vietis  abitum,  ille  victoribus  crebrum  optabat  adventum. 
hrenc  2,  452  abitum  pax  vestra  sequetur.  Auson.  peri.  Odyss.  4 
de  abitu  Telemachi.  Ammian.  21),  5,  35  cuius  abitu  clandestino 
ttultitudo  dispersa.  Poet,  aevi  Carol.  II  96,  4  D.  commeniorans 
patris  abitum  hinc  venustum;  433,  153  cum  dies  abitum  pararet. 
*-  In  formulam  abilt  post  abitum:  Cic.Verr.  3, 125.  Catull.  64, 27. 
Marius  Victorinus  Afer  adv.  Arium  lib.  3  (Patr.  Mig.  col.  1108  C). 
Ammian.  Marcell.  18,  2, 18.  20,  8,  22.  31,  8,  6.  31,  16,  2. 

2)  De  animalibus.  Plin.  nat.  bist.  18,  311  signum  orientis 
eiu»  sideris  (delphini)  servetur  hirundinum  abitus.  Gratius  Cyneg. 
242  accessus  abitusque  notare  ferarum. 

3)  De  rebus.  Lucretius  1,  457  Servitium  contra,  Libertas 
Divitiaeque,  Paupertas,  Bellum,  Concordia,  cetera,  quorum  Adventu 
manet  incolumis  natura  abituque;  1,  677  de  atomis  Certissima  Cor- 
pora quaedam,  quorum  abitu  aut  aditu  mutatoque  ordine  mutant 
Naturam  res  et  convertunt  corpora  sese. 

II.  Locus,  quo  liceat  ubire.  Verg.  Aen.  9,  380  omnemque 
abitum  custode  coronant,  ad  quae  Servius:  melior  est  lectio  abi- 
tum quam  aditum;  cingunt  enim  silvam,  ne  abeaut,  non  ne  adire 


304  Ed.  Wölfflin: 

possint     Tacitus  annal.   14;  37    circumiecta  vehicula  saepserant 
abitus. 

Abitldico,  avi,  atuiu,  Are.  Abiudicas:  negas  Gloss.  Amplon.* 
cc7toöixd£(ö:  abiudico  Cyrill.  p.  387, 41.  I.  Proprio.  Senteniia  iudi- 
ciali  abdicere,  oppos,  add  teere,  a)  aliquid  ab  aliquo.  Plaut.  Rud.  1283 
abiudicata  a  nie  (leuone)  modost  Palaestra.  Gic.  Verein,  act  I  13 
nulla  res  tam  patria  cuiusquaui  atquo  avita  fuit,  quae  non  ab  eo 
imperio  istius  abiudicaretur;  leg.  agr.  2,  43  iudicabit  Alexandriain 
regis  esse;  a  populo  Romano  abiudicabit.  Lactant.  Plac.  arg.  niet 
13,  1  ab  Aiaec  arma  abiudicata  sunt,  b)  aliquid  alieui.  Ulpian. 
Dig.  30,  50,  2  ut  ei  hereditas  abiudicetur  (Flor.8  adiudicetur)  et 
oneribus  careret.  —  e)  nulla  personae  siynificatione.  Schol.  Gronof. 
Cic.  402,  18  Or.  iudieio  abalienari,  quod  est  abiudicari.  Livius  4, 
1,  4  ob  iniuriam  abiudicati  agri.  Sen.  benef.  3,  6,  3  quod  tam- 
quam  alienum  abiudicatur.    Tac  14,  18  abiudicatis  agris. 

II.  Translativc.  Plaut  Asiu.  607  me  a  vita  abiudicabo; 
Kud.  1039  numquam  hercle  bodie  abiudicabit  ab  suo  triobulum. 
Cic.  Verr.  1,  4  opinione  populi  11.  rationem  veritatis  ab  hoc  or- 
dine  abiudicari;  Gaec.  00  cum  über  esset,  ipsum  sibi  libertatem 
abiudieuvisse.  Arnob.  2,  24  non  enim  nos  convenit  fidem  rebus 
a.  August,  de  quaiitit.  animae,  Patr.  32,  1055  numquam  ab  aninut. 
eas  (vires  corporis)  abiudieaverim;  ib.  1076  ab  ea  (anima)  nomera. 
veritatis  abiudicent. 

Abiügo,  are,  verbum  ut  videtur  non  nisi  priscis  scriptoräms 
usurpatum.     Gloss.  Vatic.  1468   abiugat:    a  iugo   solvit     Philos. 
p.  1,  50  abiugat:  cc7ioXvei.  Vatic.  3321  ubiurat  (leg.  abiugat):  dis- 
solvit.    Gloss.  Placidi,  p.  0,  13  Deuerl.  abiugassere:  abiungere,  ab- 
ducere.  Gloss.  Vat.  1468  abiugassere:  disiungere,  dissolvere.  Gloss. 
Philox.  abiugassere:  aito&v&i» 

Pacuvius  trag.  222  Rib.  Quae  res  te  ab  stabulis  abiugat?  — 
Gertum  est  loqui. 

Ahiunctuni,  i.  neutr.  Garm.  de  figuris,  v.  55  ^uckelvfuvov. 
Abiunctum  contra  est,  si  nullis  (singlis  Biihrens)  singula  necto. 
Opponilur  itoXvtivvdetov,  midtiiuyum. 

Abiiuictus,  a,  uiik  I.  Proprio  de  loco,  remotus,  separates. 
Tert.  carn.  Chr.  7  in  matre  a.  (a  Christo).  SSidon.  Apoll,  epist 
0,  9  iundis  abiunetisque  regionibus.  Paulin.  Petricord.  de  visit 
nepot.  65  (Patrol.  vol.  61  M.)  longe  abiuneta  sepulcro  cellula. 

II.  Translative,  seq.  praepos.  ab,  =  alienus,  diversus.  Gel- 
lius   12,5,8  hoiuo  a  dolore  ubiunetus  abalienatusque  est    Arnob. 


\ 


Abiudico  —  Abiuratio.  305 

2, 40  ab  hominum  formis  .  .  abiunctae  animae;  3,  10  ab  omni 
tarpitudinis  labe  disparata  atque  abiuncta  divinitas.  —  Seq.  dativo. 
Pradeoi.  c.  Sjmm.  2,  817  quantum  quadrupes  abiuncta  est  bipedi. 
-Absolute.  Panegyr.  XII  (Pacatus)  22  quas  (gentes)  inaccessas 
aut  . . .  separatas  aut  interfusis  aequoribus  abiuncta s  natura  dis- 
terminat.  Hieron.  Patr.  23;  848  et  1 160  Nazarenum  sanctuin  vel 
abiunctuni.  Paulin.  Nolan.  poem.  20,  380  nam  genere  abiunetarn 
pecus  armentale  iuveneam. 

0 

Abiungo,  xi,  ctuni,  gäre.  Gloss.  Yatic.  1408  abiungere:  dis- 
sociare.  I.  Proprie.  De  iumentis:  exuerc  iugo,  disiungere,  quod 
est  vocabtdum  proprium  scriptoribus  de  re  rustica.  Verg.  Georg. 
3, 518  arator  Maerentem  abiungens  fraterna  morte  iuveneum. 
Prop.  2;  18,  10  (de  Aurora)  illuin  (Tithonuw)  saepe  suis  decedens 
forit  in  ulnis,  quam  prius  abiunetos  (Scaliger;  adiunetos  plcr.  edit. 
quod  praestat;  aduinetos  cod.  Neapol.)  sedula  lavit  equos. 

IL  Loco  separate,  seimigere.  Caes.  b.  Gall.  7,  56,  2  abiuneto 
Labieno  timebat.  Catull.  66,  51  abiunctae  paullo  ante  comae  mea 
fata  sorores  Lugebant  (de  Berenice).  Panegyr.  V  17  (p.  144,  10  B.) 
Uli  milite8,  qui  per  errorem  nebulosi  niaris  abiuneti  .  .  pervenu- 
fant.  Statius  Theb.  5,  389  abiunetis  regemunt  tabulata  cavernis, 
od  quae  Lactant.  schol.:  Abiunetis  quidam  hyphen  leguut,  divisis: 
wc  in  Olympio  (i.  e.  Neinesiano)  'abiungere  luna  iunices'.  cui 
contrarium  est  coniungere.  Sidonius  Ap.  epist.  2,  2  (=  2,  1  Bar.) 
tüiae  duae  conexis  frondibus,  fomitibus  (=  stipitibus)  abiunetis 
unam  umbram  non  una  radice  conficiunt.  Boeth.  cons.  phil.  123, 
3P.  Tigris  et  Euphrates  una  se  fönte  resolvunt  Et  mox  ab- 
iunetis dissociantur  aquis.  Leo  Magu.  epist.  93,  1  abiuncta  a  vobis 
praesentia  mea. 

III.    Translative.     Cic.   epist.  Att.  2,  1;  3   quod   se  ab  hoc 
refractoriolo  iudiciali  dicendi  genere  abiunxerat.     August,  civ.  d. 
7,5  quid  opus  erat  ab  ea  (theologia  naturali)  civilem  tanta  cura 
distinetionis  abiungere?    Boet.  comm.  in  Arist.  1  132,  17  M.  ali- 
quid ab  eo,  cui  privatiouem  copidat,   abiungit;  II  131,  22  ut  id 
quod  iunxitj  idem  negatio  dividat  et  abiungat.  —  abalienare, 
(wertere.    Stak  silv.  1,  376  haec  domus  Egeria  nemoralem  abiun- 
gere Phoeben  . .  possit.    Quint.  decl.  mai.  14,  6  iuvenum  inentes 
abiungas  a  meretrieibus.    August,  op.  imperf.  contra  Iuliau.  4,  109 
cur   non    ambos   a  Manichaeis   dignaris   abiungere  (paulo  supra 
Manichaeis  adiungere). 

AbifirfttlO;  Ollis,  femin.  Isid.  orig.  5,  26,21  lnfitiatio  est  ne- 


306  Ed.  Wölfflin: 

gatio  debitae  rei,  cum  a  creditore  deposcitur;  idem  et  abiuratio* 
—  Translat.  Ennod.  p.  155,  1  Vog.  a.  fastidii  de  eo,  qui  mperbiam 
arrogantiamque  ponit.  Locus  Itiner.  Alex.  41  a  diis  potuisse  poniri 
abiurationis  corruptus  esse  videtur. 

Abiiirator,  Oris,  masc.  perUiis  abiurandi.  Cassiod.  Var.3,25 
Non  sit  convieiuni  negotium  perdere,  cum  proprie  a.  alieni  für 
tum,  non  animam  reddat;  11,3  non  sum  callidus  a.  Translak 
contcmptor.  Ennod.  p.  1924  17  Vog.  a.  dulcedinis  (u  e.  comitaHSj 

Abitiro,  avl,  atum,  are.  Serv.  ad  Verg.  Aen.  8,  263  Abiurar 
est  rem  creditam  negare  periurio.  —  Lib.  gloss.  Abiu.ro :  negc 
Cyrill.  p.  469,  40  smoQxä:  abiuro,  periuro.  Lib.  gloss.  abiuras 
abnegas.  Vatic.  3321  abiurat:  reprobat  vel  negat.  Lib.  gloss 
abiurat:  periurat.  Id.  abiurare:  rem  creditam  negare  periurH 
Amplon.2  abiurant:  abnuunt  negant.  Lib.  gloss.  abiurate:  furat 
(=  abiuratae:  furatae).    Casin.  90  abiuratae:  fraude  subreptae. 

I.  Proprie.  a)  Peeuniam,  similia.  Plaut  Cure.  496  qt 
abiurant,  si  quid  creditumst;  Pers.  478  Nee  metuo  quibus  credid 
hodie  ne  quis  mi  in  iure  abiurassit;  Rud.  prol.  14  in  iure  ab 
iurant  peeuniam.  Sali.  Oat.  25,  4  creditum.  Verg.  Aen.  8,  265 
(de  Caco)  abstraetaeque  boves  abiurataeque  rapinae  (Servius  econ 
tra  ius  retentas'  intellegit).  Corp.  inseript.  1  206,  113  queive  ü 
iure  bonam  copiam  abiuravit  abiuraverit.  Sedul.  pasch,  pros.2,1* 
(p.  227,  16  H.)  quisquis,  deo  quae  sunt,  infUiatus  abiurat.  Sym 
mach,  epist.  2,  87  partem  pretii  emptor  abiurat.  Schal.  Bern,  ai 
Lucan.  2, 254  permiscenda  h'des]  debitum  abiuratum.  Cod.  Theodos 
10,  8,  2  ne  fraudibus  ininuantur  vel  petentibus  aliquid  abiuretur 
10,  21,  3  ut  quisquam  de  abiurato  pretio  conqueratur.  Cassiod 
Var.  2,  34  abiuratam  (peeuniam).  Claudian.  de  VI  cons.  Honoi 
110  abiurata  palam  Libyae  possederat  arva,  /.  e.  contra  fiden 
sacramento  datam  sibi  vindieata. 

b)  De  rebus  abstractis,  iure  iurando  infitiari  alqd.  Stai 
Theb.  6,  151  Eu  quam  ferale  putemus  abiurasse  sacrum,  L  e.  cat 
dem  sacramento  adhibito  factum.  Quintil.  declam.  mai.  3*,  7  tuue 
sanguinem.  Petrus  Chrysol.  Patr.  52,  654  iurat  miser,  dum  quic 
quid  honestatis  esi,  abiurat.  Gelasii  tract.  6,  2  (Epist.  pontif.  ec 
Thiel)  abiurata  unius  dei  Providentia  et  potestate,  quam  confessn 
est,  ad  superstitiones  seducitur.  Append.  ad  Leonis  M.  opp.  Pati 
56,  4(51   dei  potentiam.    Hufin.  bist,  eccles.  1,  28.  30. 

c)  A.  aliqncm.  Quintil.  deel.  mai.  3a,  7  abiurandus  est  noJ 
esse  sanguis  tuus.    Zacchaeus  consult.  2,  6.  Patr.  20,  1118  Iudae 


I 


Abiurator.    Abi  uro.  307 

11011  tarnen  credunt  Christum,  quem  a  patribus  abiuratum  non 
nesciunt  Hilar.  psalm.  145,  G  quia  patrem  sibi  diabolum  ab- 
iuraverat.  Ambros.  de  Iac.  et  vit.  beat.  2,  10  non  abiurabo  vos. 
Hieron.  Patr.  30,  207  matrem  Mariam  sibi  Dominus  abiurat. 
Ambros.  de  interpell.  lob  1,  5,  13  centurio  agnoscit  alienum  ... 
Bebraeus  abiurat  (=  non  agnoscit.  Of.  Ev.  Matth.  27, 54).  Maxim. 
Tauriii.  Fatr.  57,  287  hunc  regem  Iudaea  intidelis  abiurat.  Epist. 
Felicis  II  13,  7  (ed.  Thiel)  qui  Christuni  quem  semel  confessus 
est,  abiurarit. 

d)  Absolute,  Cic.  epist.  ad  Attic.  1,  8,  3  mihi  a.  (te  pro- 
muisse  munusculum  Tulliolae)  certius  est  quam  dependere.  Lact, 
instit.  6,  1,  8  rapiunt,  spoliant,  insidiantur,  abiurant. 

e)  Seq.  accus,  c.  infin.    Einhard.  annal.  ad  a.  763:   (Tas- 

silo)  ad  regis   conspectum   ulterius   se  venturum  abiuravit,    i.  e. 

mavit  se  non  venturum. 

II.   Translate.    Obscurata  iurandi  significatione:  negare,  re- 

fatare,  spernere.    Isid.   differ.  1,  5(5   abiuro:   nego.    Apul.   de   deo 
Socr.  15  (de  Lemuribus)  poetheo  colore  usus:  animus  humanus  cor- 
pore suo   abiurans,   /.  e.  carpore  excedens  et  quasi  ei  vale  dicens. 
Panegyr.  XII  41    sed    nee    tu    debitam    (seil.  Fortunae)    gratiam 
beneficii  infitiator  abiuras.   Symmachus  epist.  1,  35  abiuratus  ami- 
citias  adfeetat.    Nov.  Theodos.  II  3,  1,  8  unde  ver  solitam  gratiam 
abiuravit?  unde  aestas  agricolam  in  spe  destituit  aristarum?  Nov. 
Äfciorian.  5,  1  bona  oecultata  fraudibus   aerarii   coramodis  abiu- 
fantur,  i.  e.  subtrahuntur. 

Latissime  patet  hie  usus  apud  scriptarcs  ccclcsiasticos, 
$*oximc  apud  Ennodium,  euius  locos  ef.  in  ind.  Vag.  p.  363.  Am- 
bros.  enarr.  in  psalm.  40  (de  Zacchaeo  publicano)  temporis  su- 
perioris  abiuravit  lucra;  de  viduis  4,  2(5  virgo  calumniam  inle- 
gritate  corporis  abiurat  =  repcllit;  de  fide  3,  5,  38  qui  causam 
•alutis  abiurant,  i.  e.  respuunt.  Augustin.  de  vita  ereniit.  1457 
Mig.  omnes  confabulationes  abiuret,  i.  e.  otnittaf,  devikt;  de  ami- 
citia  13  abiuremus  convicia,  quorum  ultor  est  Deus,  i.  e.  respna- 
**M.  Prud.  apoth.  223  abiurare  (derogare)  deo  titulum  nomen- 
<Jue  paternum.  Dracont.  10,  51)6  te  Venerem  freta  vestra  negent, 
abiuret  (cod.  adiures)  A mores  Cyprus  et  Idaliam  pigeat  coluisse 
Dionen.  Ennod.  p.  47,  30  simplex  conloquii  eultus  diademata  ab- 
iurat, sermo  familiär  is  pompam  spernit;  41),  5  diligentiam  decoris 
abiurat,  non  affeetat;  229,  2  abiurata  est  caritatis  religio,  /.  e. 
sublata,  extineta. 


308  Ed.  Wölffiin: 

AblactötYo,  önis.  fem.  vocabulum  latinitatis  christianae,  acta 
ablactandi,  ubi  cf  Vulg.  Genes.  21,  8  fecit  Abraham  grande  con 
vivium  in  die  ablactationis  eius  (Isaac).  Hieron.  Patr.  23, 961 
ib.  968  quinto  anno  ablactationis  tempus  statutum.  Gregor.  Magr 
in  Hb.  I  Heg.  1,41  ab  ablactationis  loco  ductus  asseritur. 

Ablacto,  avi,  atuni,  Are*  aitoyalccxrifa,  a  matris  uberüm 
removcre,  verbum  latinitatis  cliristianac,  maxime  usitatum  in  par 
pers.  pass.  ablactatus,  a,  um.  Cassiod.  Patr.  70,  944  Ablactal 
dicuntur,  qui  sunt  a  lacte  prohibiti.  Isid.  orig.  10,  11  ablactatu 
quasi  a  lacte  ablatus. 

Itala  Psalm.  130,  2  sicut  ablactatum  (Vulgata  ablactatui 
super  matrem  suam,  sie  retribues  in  animam  meaui  (Vulg.  retr 
butio  in  aniuia  rnea)  =  Hilar.  in  psalm.  130,  §  5.  Id.  ibid.  al 
lactatus  iam  pueril i  aetati  proximus.  Vulg.  Os.  1,  8.  I  Reg.  I  2! 
24.  Ies.  11,  8.  28,  9.  Ainbros.  hex.  5,  18,  58  feininae  nostri  gern 
ris  cito  ablactant  etiani  illos,  quos  diligunt,  aut  si  ditiores  sud 
lactare  fastidiunt;  de  ben.  patr.  4  saneti  tanquam  ablactati  esc 
solidiore  firinantur;  Gain  et  Ab.  1,  5,  19.  Hieron.  I  in  Os.  1, 
qui  ablactatus,  recedit  a  uiatre,  parentis  lacte  non  vescitur,  ali 
mentis  sustentatur  externis;  Epist.  107,  13.  108,  18.  29.  Quaesl 
hebr.  in  lib.  I  lieg.  2,  24;  in  Ies.  9,  28  ablactati  ab  lacte,  aTew 
ab  ubere;  Quaest.  in  heptat.  1,  50.  August,  enarr.  psalm.  98,  1< 
cum  (Samuelem)  ablactavit;  psalm.  130,  §  12  cum  coeperis  panet 
,iuanducarc,  ablactaberis  et  ablaetatur  non  iufans,  sed  iam  grar 
diusculus.  Petr.  Chrysol.  Patr.  52,  407  quando  virginis  in  geruiiii 
ablactatur  universa  feeunditas.  Veuant.  Fortun.  carm.  spur.  1,  10 
ablactatus  agens  (==  c3i>).  Greg.  Magn.  in  lib.  1  Reg.  1,  41.  4 
ablactatus  infans  ante  conspectum  domini  ducitur.  Willibald,  tl 
Bonif.  1,  1  maternae  sollicitudinis  cura  ablactatus. 

Translatc.  August,  in  enarr.  psalm.  130,  §  13  timendum,  n 
quis  ante  tempus  ablactetur.  Petr.  Chrysol.  Patr.  52,  407  (solen 
nitas  paschalis)  novae  regenerationis  ablactat  infantiam. 

Ablaiqueatio,  onis.  fem.  1)  actus  ablaqueandi,  übt  cf.Cohm 
4,  8,  2  hiemalis,  quae  ex  pluviis  consistit  in  lacusculis  ablaquet 
tionis  aqua;  4,  9,  1  ablaqueationem  sequitur  putatio;  4,  12,2  prai 
cessit  autumnalis  a.  quae  uudavit  summas  et  ad  inferiores  rad 
culas  hiberuos  transmisit  imbres.  4,  17,  2.  5,  9,  16  arbor  abli 
quuatione  iuvauda  est.  13,  5,  4  peraeta  ablaqueatione  ante  br« 
mam.    De  murra  Plin.  nat.  h.  1 2,  6G  =  Solin.33,  9. 

2)  lacusculus  ablaqucando  effeclus.    Coluni.  de  arb.  24,  1  (< 


Ablactatio  —  Ablativus.  309 

piris)  obruta  ablaqueatione  cinerem  supra  terram  spargito;  cf. 
57 10, 17.  13,5,5  ante  aequinoctium  vernuin  ablaqueationem  ad- 
aequato  (solo)]  13,  5,  4  post  bruraam  ablaqueationem  circumfodito; 
5, 10, 17  adobrtita  ablaqueatione. 

AM&qutio,  äyI,  ätuni,  äre  (ablacuo  Varro  r.  rust.  1,  29,  1) 
vocafodum  rei  rusticae,  terram  circa  vitcs  vel  imas  arbores  e ff  ödere 
et  lacusctilos  (Colum.  13,  10,  4)  circa  radices  excavare,  quo  laetius 
immsso  stercore  proveniant,  quod  idetn  dicitur  oblaqucare  secundum 
Isidor.  orig.  17,5,31:  Obl.  est  circa  codicem  terram  aperire  et 
▼eint  lacum  efficere;  hoc  aliqui  excodicare  appellant;  oppos.  agge- 
rare,  adobraere,  accumulare.  Gloss.  Philox.  1,  53  ablaqueata:  dio- 
(tvftivTa.  Colum.  11,  2,  40.  54.  Plin.  nat.  h.  I,  summarium  lib. 
17,  31. 

De  vitibus  sive  vineis  Cato  r.  rust.  33  capita  Vitium  per 
lementim  ablaqueato;  114.  115.  Varro  r.  rust.  1,  29,  7  circum  vites 
sblacuari.  Colum.  2,  14,  3.  4,  4,  2.  4,  8,  1  priusquam  frigora  in- 
radant,  vitis  ablaqueanda  est;  quod  opus  adapertas  ostendit  aesti- 
Tt8  radiculas  easque  prüden 8  agricola  ferro  decidit  etc.  4,  22,  0 
priu8  a.  deinde  amputare  (vineam);  4,  29,  10  ablaqueari  vitem 
antiquissimum  est;  5,  5,  G  vites  tota  hieme  ablaqueatas  habere; 
11,2,87  vineis  ablaqueatis;  13,  5,  3  ab  idibus  Octobris  a.  incipito, 
wte  brumam  ablaqueatam  habeto  (vitem);  13,  10,4  vineam  no- 
vellam  ante  brumam  ablaqueatam  habeto;  13,  10,  5  vinea  vetus 
neque  ablaqueanda  est  neque  aranda.  Pallad.  2,  1.  6,  4.  12,  3 
rinea  vetus  ablaqueata  fimo  satietur. 

De  arboribus  Cato   r.  rust.  27.     Colum.  11,2,40  arbores 

aWaqueatas    circumfodere;    11,2,82.    11,10,4    vites    nrboresqne, 

quaecunque  in  clivis  sunt  positae,   ita   ablaqueandae  sunt,   ut  a 

8&periore    parte   secundum   codicem   lacusculi   fiant,    ab   inferiore 

Pulvinuli  altiores  excitentur.    Pallad.  11,  8.    De  oleis  Cato  r.  rust. 

5  circum  oleas  autumnitate  ablaqueato  et  stercus  addito;  29.  93. 

Colum.  11,  2,  87.  Plin.  nat.  h.  17,  127.    De  piro  Colum.  5,  10,  17. 

*3,  24,  1.  Pallad.  3,25.  Deplantn ;  Pallad.  12,7.   De  moro  Pallad. 

'»25.    Radices  a.    Colum.  13,6,4  r.  ut  ablaqueatae  non  conspi- 

c»antur.    Plin.  17,259.  203.  Pallad.  2,  15.  4,  10;  quare  *Plin.  nat. 

"•  19,  131  seri  etiam  radices  inlitas  fimo  interest  et  repleri  abla- 

^Ueata  humo  cum  Mayhoffio  scribendmn  est  ablaqueatas. 

Ablativas,  i.  masc.  seil,  casus.  Varro  10,  62  casus  sextus, 
^i  est  proprius  Latinus.  Diomed.  p.  302,  4  K.  Varro  sextum, 
^terdum  Latinum   appellat,   quia  latinae   linguae   proprius  est. 


310  Ed.  Wölfflin: 

Dooatus  Gr.  lat.  IV  377,  17  ablativum  nonnulli  sextum  < 
appellant.  Pomp,  comment.  Gr.  lat.  V  183,  11  idem  est  8 
mus,  qui  et  ablativus.  August.  Loa  in  Heptat.  1,  ad  Genes, 
ablativum,  vel  quem  appellant  septimum.  Versus  Scoti  de  ; 
beto  (littera  D)  ablati  casus  vox  sum.  Anecd.  gramm.  I 
88,  10  ablativus,  non  ablator  vel  ablatus.  Prise.  5,  73  a. 
comparativus  (vocatur). 

Primus  vocabttlo  usus  esse  dicitur  Caesar  =  Charis.  122, 
Ar  litteris  nomina  neutralia  terminata  item  non  minus  ait  C 
quia  dativo  et  ablativo  pari  iure  funguntur,  ut  idem  Pliniu; 
bit.  Cf.  Lerscli,  Sprachphilosoptiie  II 231.  Max  Müller,  Vorles. 
Festus  p.  282  M.  Refert  cum  dieimus,  errare  nos  ait  V< 
esse  enim  rectum  rei  fert,  dativo  scilicet,  non  ablativo  casu 
p.  140  a.  casus.  Quintil.  1,  4,  20  quaerat,  sitne  apud  Graec 
quaedam  sexti  casus  et  apud  nos  quoque  septimi.  nam  cui 
'hasta  percussi9,  non  utor  ablativi  natura;  1,  5,  59  casus  a. 
illi  (Graeci)  non  habent.  1,  7,  3.  7,  9,  10  ablativo  inest  na 
amphibolia.  7,  9,  13.  Diomed.  316,  3G  K.  immensa  est  huius 
licentia  et  utimur  eo  saepissime  pro  duobus  casibus,  ge 
et  dativo.  Prise,  5,  75  seq.  a.  proprius  Romanorum.  Donat.  a: 
lat.  IV  377.  407  K.  Servius  in  art.  Don.  ibid.  433,  15.  Serg 
in  Don.  gramm.  Gr.  lat.  IV  535,  1  a.  quod  per  cum  aufen 
ab  aliquo  aliquid  significamus,  ut  ab  hoc  magistro  =  Isid. 
1,  7,  32  Pomp.  comm.  Gr.  lat.  V  171,  12  a.  apud  Graecoi 
invenitur,  sed  latini  hunc  adsumpserunt  sibi.  Cf  indices  i\ 
Keilii.  Ablativus  casus  plerumque  dicitur  scriptoribus  saec.  1 
post  Chr.  n.j  etiam  Charisio,  1,  ltif  Auson.  teclmop.  11,  11, 
tivus  omisso  substantivo,  Exc&ptori  Charisii,  Nonio  cap.  9  (p 
— 503),  aüis. 

Porphyr.  Hör.  Epod.  14,  9  per  a.  dictum.  Diomed.  p.  3 
multa  sunt,  quae  Romani  per  ablativum  casum  solent  e 
Macr.  Sat.  3,  2,  16  sie  legend  um  per  a.  —  Prise,  passim  a 
gere,  adiungi  ablativo;  Mart.  Gap.  4  p.  122,  17  Eyss.  abla 
adiungere.  Prise.  18,  57  assumere  ablativum.  Gellius  1,  ] 
casum  capere  a.  Prise.  17,91.  18,153  ablativo  coniungi.  A 
Patr.  32,  1431  pleraque  ablativo  copulari.  Donat.  Gr.  li 
276,  27  ablativum  habere.  Donat.  Prise.  Mart.  Cap.  3  p.  95 
iungi  ablativo.  Passim  ablativum  pon er e.  Max.  Victor.  G 
VI  203,  20  regunt  ablativum  Gr.  lat.  VII  352,  21  ablativo 
respondere.    2xls^m-  ^r«  'a^-  VII  413,  21    ablativo  casui  se 


Ablativus  —  Abiego.  311 

Gr.  lat.  VII  401,  5    ablativum    casum    trahere.     Prise.  18,  280 
ßomani  ablativo  utuntur. 

Ablativus,  a,  um.  ad  auferendum  vcl  ad  casum  ablativum 
pertinens.  Praepositiones  ablativae  Mart.  Cap.  3  p.  74,  20  Eyss. 
Pomp.  Coniineni  in  Donat.  Or.  lat.  V  p.  273  sq.  K.  Isid.  orig.  1, 
13,  1.  —  Boeth.  co mm.  in  Aristot.  I  63,  5  M.  a.  modo.  Prise. 
16,  1  a.  (species  coniuneiionum). 

Ablator,  oris.  masc.  qui  aufert.  August,  eiv.  d.  19,  13  sen- 
tientes  eoruin  (bonorum)  ablatorem  iustissimum  deum.  Sedul. 
pasch,  carm.  5,  344  beati  corporis  a.  Anecd.  gramm.  Ilelvet. 
p.  88, 10  genetivus  . . .  ablativus,  non  genitor  vel  genitus  . . .  non 
ablator  vel  ablatus  dicendi  sunt. 

Ablavo,  1.  3  coniuy.  lavando  tollere,  ablwre.  Gloss.  Cyr.  p.  390, 
34  anoviTiTco :  ablavo,  abluo.  Exe.  Cliaris.  .004,  14  K.  lavo  lavi, 
ablavo  ablavi.  [*Iulius  Valer.  1,  9  ed.  Müller:  souinio  defen- 
sante  (te)  ab  omni  culpa,  quo  ablavi  (coni.  Müller;  quam  adlavi 
cod.;  qua  maculari  Bern.  Kubier)  posses.] 

Ablägfttio,  önis,  fem.  dimissio.  (1f\  ableyo.  In  re  militari 
Livius  6,  39,  7  primo  intercessione  collegarum  in  leges  suas 
pugnatuni  esse,  deinde  ablegatioue  iuventutis  ad  Veliternum  bel- 
lum. De  exilio.  Plin.  nat.  h.  7,  149  pudenda  Agrippae  a.  Con- 
stitut.  Sirmond.  2  impp.  Arcadio  Honorio  et  Theodosio  (de  epi- 
scopis  damnandis)  sibi  debent  esse  et  aliis  constituta  ablegatioue 
terrori.  —  Patr.  20,  1087  (de  Israelitis)  postea  in  desertis  tarn 
longi  temporis  ablegatione  cruciati  sunt.  Symniach.  epist.  8, 19, 2 
vide  ne  aliud  genus  suspicionis  ineurras,  si  obsessam  a  morbo 
coniugem  vacuo  secessu  et  intuta  ablegatioue  maceraveris. 

Ablögo,  avi,  atnm,  ärc.    I.  Vroprie.  Lrgando,  per  causam 

kgationis  dimitiere,  removere,  summovere  aliquemy  plerumquc  nvgotio 

oliquo    imposito.    Cf.  delegarc.     a)  In  re  militari  ac  de  mayi- 

stratibus.    Cic.  Att.  2,  18,  3  legatio  libera  (a  Caesare  oblata)  a 

fratris  adventu  me  ablegat.    Verrin.  2,  73  dimisso  atque  ablegato 

consilio;  74  illis  adhibitis  in  consilium,  quos  ablegaverat;  79  ho- 

nestos  homines,  qui  causam  norint,  ableget  a  consilioque  dbnit- 

tat;  5,  82  remoto  atque   ablegato   viro.    Livius  4,  f)8,  12  plebcm 

proeul  urbe  ablegavi;  5,  2,  4  ablegatam  ab  urbe  et  a  re  publica 

iuventutem;    7,  13,  8   ab   urbe,    a   penatibus  ablegatos;    7,  39,  3 

ablegati  per   speciem  militarium  usuum;  21,  10,  12  ablegandum 

(Hannibalem)  eo,  unde  nee  ad  nos  nomen  iamaque  eius  aeeidere 

possit  etc.;  22,  25,  5   (consulem)   alterum  specie  classis  Punicae 


312  Ed.  Wölfflin: 

persequendae  procul  ab  Italia  ablegatum;  23,  31,  7  ablegatum 
velut  de  industria  M.  Marcellum;  24,  26,  9  ablegarent  procul  ab 
Syracusis  (stirpem  regiam);  24,29,1  duces  ablegandos;  24,29,5 
nisi  Hippocrates  atquc  Epicydes  procul  Sicilia  ablegarentur;  25, 
41,  3  praefectum  sub  ipsani  certaminis  diem  ablegatum;  35,  15,5 
ut  procul  ab  se  honore  eura  quoque  able garet;  39,  14,  1  preces 
ut  se  ablegaret;  40,  21,  7  non  fallebat  Demetrium  ablegari  se, 
ne  adesset  consilio;  44,  44,  8  per  haue  causam  (falsi  nuntii)  Thra- 
eibus  ablegatis. 

Ascon.  p.  83,  4  E.  Piso  in  Hispaniam  missus  a  senatu  per 
honorem  legationis,  ut  ab  urbe  (Robortellus;  anus  suus  C;  ad 
tempus  Eiessl.  Scholl.;  anuuus  Car.  Rück  coli.  Cic.  Attic.  5,  13,3) 
ablegaretur.  Suet.  Cal.  9  ablegari  eum  ob  seditionis  periculum 
et  in  proximam  civitatem  ilcmandari.  lustin.  1,  5,  8  (de  Cyro) 
ablegatus  ab  avo  in  Persas.  Vir.  illust.  64,  9  Nasica  per  speciem 
legationis  in  Asiam  ablegatus  est.  Gomm.  Bern.  Lucan.  p.  151, 15 
ablegatam  [a]  Pompeio  Corneliam  Lesbon. 

b)  De  exilio.  Livius  27,  9,  3  extra  ltaliam  in  exilium  verius 
quam  in  militiam  ablegari.  Gran.  Licin.  p.  36,  14  Bon.  mulierem 
(coneubinam)  Cyzicum  cum  Socrate  et  quingentis  talentis  ablegat 
Ammian.  Marc.  28,  1,  21  ablegatus  est  in  exilium;  29,  2,  11  cum 
ablegatos  conscientia  ipsa  viros  ostenderet  claros,  illi  .  .  exilio 
adflicti  .  .  sunt  revocati.  Cod.  Theodos.  16,  5,  57  in  exsilium  se 
vehementer  coercitos  non  ambigant  ablegandos. 

c)  In  re  privata.  Plaut.  Cas.  prol.  62  hinc  adulescentem 
peregre  ablegavit  pater;  Mil.  869  hunc  sub  custodem  suom  Foras 
ablegavit.  Ter.  Hec.  414  aliquo  mihist  hinc  ablegandus.  Livius 
1,  35,  2  Tarquinius  pueros  venatum  ablegavit.  Sen.  exe.  controv. 
4,  6  rus  ablegatus;  contr.  7,  1  (16)  13  a.  privignum.  Schol.  luven. 
7, 265  (de  Cloelia)  ablegatis  custodibus  transnatavit.  Liv.  per.  52 
a  patre  quondam  ablegatus  Gnidon.  Gellius  16,  19,  19  ablegato 
Arione.  Apul.  apol.  44  rus  ablegatus  est.  Heges.  2,  12,  43  si 
ablegaret  coniugem.  Donat.  ad  Ter.  Hec  359.  360.  —  Boeth. 
Patr.  64,  1055  quodammodo  a  propositionum  terminis  relegati. 

d)  De  animalibus.  Varro  r.  rust.  1,47  pecus  ab  prato  ab- 
legandum.  Colum.  6,  5,  2  cum  ablegabantur  (boves);  6,  22,  1 
sunt  taurae  ablegandae;  6,  27,  8  in  longinqua  pascua  marem  ab- 
legari. Statius  Theb.  5,  63  lila  (Venus)  procul  ablegasse  volucres 
(columba8,  cygnos,  passeres)  fertur.    Flor.  4,  2,  82  ablegato  equo 


Ablevo  —  Abligurrio.  313 

.  .  in  aciem  procurrit.  Comm.  Bern.  p.  253,  19  colonis  ableganti- 
bus  se  (greges)  procul. 

e)  a.  aliquid.  luven.  14,  202  nee  te  fastidia  mercis  Ullius 
ßubeant  ablegandae  Tiber  im  ultra. 

IL  Translate,  maximc  apud  soriptores  ccclesiasticos  A. 
aliquid,  abicoro,  removerc.  Fronto  p.  78,  4  unuin  verbuin  de  ora- 
tioue  ablega.  Tertull.  adv.  Marc.  5,  2  ratio  ablegandae  Jegis. 
Ambros.  de  los.  patr.  13  ubi  pax  est,  ablegatur  discordia;  de  Cain 
et  Ab.  2,6  fides,  quae  defeetuin  senescentis  devotionis  ableget;  de 
No.  et  ar.  25  eibos  ablegat  et  rcicit  corporales.  Salv.  gub.  1,  4,  20 
reniovit  a  se  eunetam  terrestrium  rerum  curani  et  ablegavit.  Oros. 
2,  13,  3  ablegata  religione  eonsulum. 

Abl£vo,  ävi,  atmn,  are.  Vorabulum  ab  nno  Ambrosio  nsur- 
pakim,  si  fides  liabenda  est  editionibus  nondum  ad  fidem  optimomm 
codictim  correctis,  idetn  fere  significat  quod  levarc  sive  allcvarc,  quo- 
cum  saepe  confunditur.  1)  a.  aliquid.  Ambros.  de  Iac.  et  vit. 
beal  2,  11  aerumnam  (Ennius:  adlevare  aerumnas);  de  virgin.  3, 
7,  33  deus  remedio  non  offenditur  et  faciuus  fides  ablevat;  de 
vid.  6,  36  (fletus  oculonun)  dolorem  ablevat;  exliort.  virg.  4,  20 
potestis  excusare  patrem,  a.  matrem;  ibid.  6,  34  si  ablevet  virgi- 
nitas  onera  condicionis;  de  bon.  mort.  5  ablevemus  an  im  am  ex 
istius  carnis  cubili.  Hegesippus  (AnibrosiusV)  bell.  lud.  5,  2, 
80  quae  (misericordia)  sola  solet  a.  miserias. 

2)  se  a.  vel  ablevari.  Ambros.  Patr.  060  ut  (anima)  soluta 
nexu  corporis  se  ablevet  et  Christo  adhaereat.  a)  ab  alqa  re. 
Ambr.  exh.  virg.  4,  19  ut  a  mundanae  cogitationis  ableventur 
contagio;  de  fug.  saec.  7  a.  se  a  saeculo  —  a  corpore,  b)  aliqua 
re.  Ambr.  de  Is.  et  an.  3  ahlucebat  se,  ablevabat  vitiis  saeculi 
huius;  de  bon.  mort.  3  qui   se  voluptatibus  oxnit  atque  ablevat. 

Abligurrio,  ii,  ire.  (Porfecti  abligurrivi  nullum  cxcmplum 
extare  videtur.)  I.  Proprio.  Lignrriendo  absumore,  vcl  siqxrficiom 
aliaäus  rei  lamberc.  Apul.  in.  10,  4  (de  asino)  raneidiora  seligens 
abligurribam  dulcia.   Arnob.  7,  3  ab  canibus  abligurritur  sanguis. 

IL  Translate.  Per  luxnriam  conswnore,  dissiparc.  Ennius 
sat.  28  mox  cum  alterius  abligurrieris  (L.  Müller,  abligurias  Lugd.) 
bona.  Ter.  Eun.  235  patria  qui  abligurrierat  bona.  (Donat. 
suavibus  escis  consumpserat;  nam  airh  rov  kiyvQOv  est  lig.) 
Apul.  apol.  59  Patrimonium  abligurriit.  Heges.  4,  7,  18  nullus 
rapiendi  finis,  quia  nullus  abligurriendi  modus;  4,  32,  9  luxuriae 
sumptibus  Komani   imperii  opes  abligurrisset.     Sidon.  epist.  9,  6 

Axohir  für  Ut.  Lezikogr.  IV.    Heft  2.  21 


314  Ed.  Wölfflin: 

q  u  an  tum  de  bonusculis  sumptuositas  abligurrisset.  Schol.  Pera. 
6,  09  ut  tuus  nepos  haec  omnia  abligurriat.  —  Sensu  cbscoeno  » 
feUare,  ki%veva>.  Auct  ine.  ap.  Suet.  gramin.  23  vis  tu  quotiens 
festinantem  aliquem  vides,  abligurrire.    Cf.  Suet.  Tiber.  45. 

Abligurritio,  onis.  fem.  Non  legitur  nisi  sensu  tropica  de 
yula  et  luxuria.  Iul.  Capitol.  v.  Macrini  15,  2  Heliogabalus  im- 
perium  dedecoravit  vitiis  ingentibus,  luxuria,  turpitudine,  abli- 
gurritione. 

Afolignrritor,  öris.  masc.  gulo,  liorno  dclkatus.  Ambros.  epist 
4f>,  10  unusquisque  se  eviscerat  luxuriosius,  heluo  internecat,  abli- 
gurritor  perimit.  Cassiod.  Patr.  70,  90  sunt  blasphemi  abligurri- 
tores  et  luxuriosi. 

Abiingo,  #re.    Propric.    Lambendo  detergere.    Past.  Herrn. 

361*  7  (canes)  ablin gebaut  vulnera  eius.  Marc.  Empir.  8,  67  co- 
tidie  ieiunus  oculos  ablingito.  —  Translat.  Lingendo  dbsumerc 
August,  quaest.  in  heptai  4,  46  nunc  ablinget  synagoga  haec 
omnes  qui  in  cireuitu  nostro  sunt  =  Vulg.  Num.  22,  4  delebit 
hie  populus  omnes  qui  in  nostris  finibus  conimorantur,  quomodo 
solet  bos  herbas  usque  ad  radices  carpere. 

Erläuterungen  zu  abigo. 

Das  Interesse,  welches  die  Geschichte  des  Wortes  uns  bietet,  liegt 
weniger  in  den  verschiedenen  Schattierungen,  welche  die  Bedeutung  um. 
Laufe  der  Jahrhunderte  angenommen  hat,  als  darin,  dafs  in  der  klas- 
sischen Latin i tat  Subjekt  und  Objekt  lebende  Wesen  zu  sein  pflegen» 
Die  einzige  Phrase  dos  Cicero,  a.  partum,  ist  /.war  unter  die  sächlichem. 
Objekte  eingereiht,  betrifft  aber  dem  Sinne  nach  lebende  Wesen.    Vom. 
abducere  (Archiv  11  460)   unterscheidet  es  sich  meist  so,  dafs  diese* 
mehr  auf  Mensehen  (Objekt),  abigere  mehr  auf  Tiere  bezogen  wird; 
Donat.  zu  Ter.  Ad.  101    abigam  hunc  rus|  ut  peeudem  dixit  abigam, 
non  ut  hominem  mittani.    Hoc  lentius  (v  i o  lentius  V) ;  bei  Zusammen- 
stellung   beider   Begriffe    (z.  B.   praeda   hominum   pecorumque)   mute 
daher   der  Schriftsteller   sich   für   das  eine  oder  andere  Verbum  ent- 
scheiden und  die  Freiheit  des  Zeugma  sich  aneignen.     Ungewöhnlich 
sagte  daher  Ovid  (nie tri  causa?)  Her.  15,357  abdueta  armenta,  Metam. 
1,  G77  capellas  abdueta s.   In  der  Anwendung  auf  die  Tiere  kann  abigere 
sowohl  bedeuten:  aus  dem  Stalle,  oder  von  dem  Orte,  wo  sie  sich  be- 
finden, forttreiben,  als  auch:  lästige  Thiere  verscheuchen,  von  sich  ab- 
treihen.  Nur  Varro  de  re  rust.  gebraucht  es  vom  Treiben  auf  die  Weide. 
Der  absolute  Gebrauch  (mit  fehlendem  Objekte)  ist  mäfsig. 

Der  Dichtersprache  siud  entsprossen  Kedensarten  wie  a.  lassita- 
tudinem,  pestem;  nives  nie  reu  torein  abigunt;  vinum  curas  abigit    Erst 


Erläuterungen  zu  abigo.  315 

die  silberne  Latinität  hat  sich  derselben  bemächtigt  und  ihnen  eine  un- 
geahnt weite  Ausdehnung  gegeben;  neben  Valerius  Maximus  und  dem 
Philosophen  Seneca  hat  namentlich  der  Naturforscher  Plinius  das  Wort 
ausgenutzt. 

Der  Syntaktiker  findet  bestätigt,  was  er  schon  ahnt,  dafs  die  Prosa 
und  bereits  Plautus  verbinden  a.  ab  aedibus,  erst  die  augusteischen 
Dichter  a.  stabulis.  Bemerkenswert  für  den  Verfall  des  instrumentalis 
und  für  die  unklassische  Diktion  Ulpians  ist,  dafs  dieser  schreibt  a.  cum 
gladio,  offenbar  im  Interesse  der  Deutlichkeit.  Se  abigere  =  sich  packen, 
sich  entfernen,  kann  nur  vulgär  gewesen  sein;  vgl.  se  ducere,  sich 
schieben,  drücken.  Die  passiven  Wendungen  sind,  wo  sich  der  Urheber 
der  Handlung  leicht  aus  dem  Zusammenhange  entnehmen  liefs,  den  ent- 
sprechenden aktiven  beigemischt  worden;  einige  Beispiele  aber,  wo  dies 
nicht  der  Fall  ist,  am  Schlüsse  besonders  gestellt. 

Cod.  lustin.  8,  51,  3,  2  darf  nicht  gelesen  werden:  eos  qui  infantes 
abegerant  et  mortis  forte  spem  circa  eos  habuerunt,  da  nach  dem  Zu- 
sammenhange von  Aussetzung,  nicht  von  Abtreibung  die  Rede  ist;  die 
richtige  Lesart  abiecerunt  bestätigt  u.  a.  Arnob.  4,  3  abiectis  infan- 
tibus pepercit  lupa.  Freilich  ist  abigere  frühzeitig  mit  abicere  ver- 
wechselt worden. 

München.  Eduard  WSlfflin. 


Interemo.   Perento. 

Ein  bayerischer  Schulmann  fragte  bei  mir  an,  ob  es  gerecht- 
fertigt sei,  dafs  in  der  in  seiner  Anstalt  eingeführten  lateinischen 
Grammatik  interemo  als  mustergültige  Orthographie  empfohlen 
werde.  Brambach  verwirft  dieselbe  für  die  Schulpraxis  wohl  mit 
Recht.  Sie  findet  sich  aber  nach  sehr  guten  Handschriften  bei  Tragic. 
vet.  fr.  bei  Fronto  ad  M.  Caes.  3,  13  p.  51,  121  N.  (interemut). 
Lucr.  1,  216  Bern,  (interemat);  2,  1002  Bern,  (interemit);  3,  287  Bern, 
(interemant).  Verg  Aen.  10,  428  Ribb.  ed.  mai.  (interemit).  Hör.  sat. 
2,  3,  131  Holder  (interemis).  Schol.  Bob.  ad  Cic.  pro  Milon.  3.  no.  6 
in  Claß8.  auctores  ed.  Mai.  2.  p.  95  (interemendi ;  Baiter  p.  278,  21 
interimendi  mit  der  nota  crit:  interemendi,  sie  cod.). 
Ebenso  finden  sich  von  peremo  folgende  Formen: 
peremo,  Apul.  met.  3,  6  Eyss.  —  peremit,  Ulp.  dig.  2,  15,  4 
Momms.  —  peremunt,  Plin.  33,  3  Detl.  Fest.  245  (a),  31.  —  peremat, 
Cato  de  re  mil.  fr.  4  (bei  Fest.  217,  2).  —  peremere,  Cinc.  bei  Fest. 
214,  31.  —  peremitur,  Ulp.  dig.  2,  15,  4  Momms.  —  perematnr,  Gai. 
dig.  19,  2,35,  und  Ulp.  dig.  27,  8,  9.  §  2  Momms.  Apul.  met.  3,8  Eyss. 

Gotha.  K.  E.  Georges. 


21 


Miscellen. 


Magis. 

Magis  dürfte  wohl  mit  satis,  potis,  nimis  zusammenzustellen  Bein 
und   eigentlich   keine  Komparativbildung    darstellen.      Es  würde  also 
einfach  „9 ehr"  bedeuten  und  erst  allmählich  die  Bedeutung  des  Kom- 
parativs „mehr4'   erlangt  haben      In   dem  Sinne  von   „sehr"  erkenne 
ich   es   in  einigen  Überresten   der  archaischen  Latinität.    Varro  ling. 
Lat.  IX  §  73  ed.  A.  Sp.:  „Magis  mane  signiticat  primum  mane,  magis 
vespere  novissimum  vesperu.    Wilh.  Fräsdorif,  de  coinparativi  gradus 
11  su   Plautino   S.  25  f.   führt  mehrere   Beispiele   aus  Plautus   an,  wo 
wir  magis  finden,  wahrend  wir  nicht  den  Komparativ  erwarten.    Sein 
erstes  Beispiel  lautet:    Amphitr.  110  f.:   „Nunc  de  Alcumena  ut  rem. 
teneatis   magis    („Damit  ihrs  genau  wifstu),    Utrimque   est  gravida1 
Da  mir  keine  wirklich  überzeugende  lautgeschichtliche 
von   magis   als   Komparativform   bekannt  ist,    so    möchte   ich   obigen 
Gedanken    der    Krwägung    der    Fachgenossen    empfehlen.      Dafs    ai 
mag- ins  nichts  anderes  als  miijus,  mäjis  entstehen  konnte,  scheint  roi 
festzustehen.    Nur  bei  der  Annahme  einer  völligen  Irregularität  kam 
die  Behauptung  bestehen,  dafs  magis  der  Form  nach  ein  Komparati- 
sei.     Audi  minus  ist  schwerlich   ein  Komparativ,   sondern  mit  seci 
und  necessus  zusammenzustellen. 


3 

_r 
v 


Prag. 


0.  Keller. 


Zur  Bildung  der  latein.  Komposita  auf  -fer  und  -ger. 

In  der  Besprechung  der  Schrift  von  B.  Delpser  „Über  die  Bil- 
dung und  Bedeutung  der  lateinischen  Adjektiva  auf  -fer  und  -ger  ** 
ist    Arch.    HI   567    angeführt,    dafs   Vf.    in   Bildungen    wie    u vifer, 
aurifer,  ignifer,  rorniger  den  Vokal  i  nicht  für  einen  Binde vokaJ 
erklärt,    sondern    in   den    ersten   Bestandteilen  derartiger   Komposita 
deklinierte  Formen  erkennt.     Ausgehend  von  Kompositis  wie  ignifer 
iür   igni(m)-fer  sei   das   -i   auch   auf  andere  Nominalstämme  über- 
tragen  worden   und    so   durch   Analogie   die   übrigen  Komposita  ent- 
standen.    Hierzu   erlaube   icli   mir   die  Bemerkung,   dafs   die  Sprach- 
wissenschaft,   den  Begriff  Bindevokal  in   der  Komposition   längst  auf- 
gegeben  hat.     Für   das   (Griechische   verweise   ich   auf  G.  Meyer  in 
(Jurtius  Studien  Vif.,    für   das   Lateinische   auf  meine  Schrift,  die 
lat.  Nominalkmnposition  in  formaler  Hinsicht,  Innsbruck  1877,  S.  32  f., 


Miscellen.  317 

die  wenn  auch  in  mancher  Beziehung  durch  die  spätere  Forschung 
überholt,  doch  in  dieser  Beziehung  den  richtigen  Thatbestand  lehrt. 
Es  widerspricht  ferner  dem  Wesen  der  indogermanischen  Nominal- 
komposition, ein  Kompositum  aus  einer  deklinierten  Substantiv  form 
und  einem  als  Simplex  ungebräuchlichen  Verbalnomen  entstanden  sein 
zu  lassen.  Selbständige  Worte,  wie  öovqI  nlvxog,  %aQi\  xo/liowv- 
vtg  domum  itio  aquae  ductus  können  durch  Zusammenrückung  zu 
scheinbaren  Kompositis  dovQixkvtog  KccQrjKoixocovTeg,  domuitio, 
aquae  ductus  vereinigt  werden.*)  Aber  die  in  Frage  stehenden 
Komposita  auf  -fer  und  -ger  müssen  ihre  Vorbilder  in  einer  früheren 
Spracbperiode  haben;  imbrifer,  malifer  sind  ebenso  wie  griech. 
oußQoyoQog,  ptikotpoQog  nach  Muster  einer  Sprachperiode  gebildet, 
in  welcher  das  alte  indogermanische  Gesetz,  dafs  zur  Bildimg  der 
Komposita  der  reifte  Stamm  im  ersten  Gliede  zur  Verwendung  kommt, 
noch  in  voller  Kraft  war.  Und  eigentlich  ist  dasselbe  auch  nie  aufser 
Kraft  gekommen,  nur  haben  analogische  Einflüsse  die  ursprünglichen 
Verhältnisse  zum  Teil  undeutlich  gestaltet,  zum  Teil  verändert,  und 
sind  in  den  späteren  Sprachperioden  die  einfachen  Zusammenrück  ungen 
mehr  in  Gebrauch  gekommen.  Dies  ist  nach  meinem  Wissen  der 
von  allen  Sprachforschern  anerkannte  Sachverhalt.  Es  darf  demnach 
nicht  daran  gezweifelt  werden,  dafs  uvi-,  auri-,  igni-,  corni-  den 
reinen  Stamm  repräsentieren.  Dafs  der  Stammvokal  in  uva-,  auro-, 
cornu-  sich  zu  i  gewandelt  hat,  ist  nach  dem  bekannten  lateinischen 
Lautgesetze  geschehen,  dafs  der  Vokal  der  nachtonigen  Silbe  in  be- 
stimmten Fällen  i  ist,  worüber  ich  der  Kürze  halber  auf  W.  Meyer, 
Zeitschr.  f.  rom.  Phil.  8,  205  f.,  meine  Lautlehre  §  22  und  Brugmann, 
Grundrifs  der  vergl.  Gramm.  S.  91  f.  verweise. 

Innsbruck.  Fr.  Stolz. 


Verba  auf  -issare,  -izare. 

Zu  dem  im  vorigen  Jahrgange  gegebenen  Überblick  über  die 
Verba  auf  -isso,  -izo  bietet  sich  noch  eine  kleine  Nachlese.  Einige 
Nachzügler  aus  den  Sammlungen  haben  sich  eingestellt,  anderes  und 
zwar  besonders  Wichtiges  wird  den  Mitteilungen  des  Herrn  Prof. 
Georges,  D.  Rönsch,  Dr.  Sittl  und  anderer  Gelehrten  verdankt. 
Indem  ich  Unwesentliches,  wie  einige  weitere  Belege  zu  anathematizo 
und  baptizo,  übergehe,  gebe  ich  die  Nachträge  in  alphabetischer  Folge; 
wo  ich  nicht  selbst  habe  nachprüfen  können,  weist  der  Anfangsbuch- 
stabe des  Namens  auf  den  Urheber  der  Mitteilung  hin. 

acarizo  wird  auf  ein  griechisches  cc%ccqI£co  =  Ivtcw  zurückgehen, 
welches  ich  freilich  nicht  nachweisen  kann. 

alapizo  steht  nach  R.(önsch)  auch  3.  Esdr.  4,  30.  DuCunge  hat 
einen  späten  Beleg  für  alaphisare. 


*)  Es  thnt  für  die  gebrauchten  Beispiele  nichts  zur  Sache,  dafs  La 
Roche  (mit  Recht)  SovqI  %Xvz6g  aufgenommen  hat  und  seit  Bekker  xa?7/ 
xopomvxtg  geschrieben  wird. 


318  A.  Fimck. 

angarizo  bieten  nach  S.(itil)  schon  der  Gull,  und  Anrel  als 
Wiedergabe  von  ayyctQEva)  sowohl  Matth.  Ö,  41  wie  27,  32,  ferner 
Fs.-Hicron.  indic.  de  haercs.  2.  An  jener  ersten  Bibelstelle  führt  es 
auch  Sabatier  an  aus  Sangerm.  2;  Mss.  S.  Gat.  et  Maj.  Mon.  DuCange 
bringt  wieder  eine  späte  Belegstelle  bei. 

appetisso  ist  die  Überlieferung  für  Accius  fr.  160:  cur  uetera 
tarn  <x  alio  appeiissis  dteeidia,  Agamemno;  die  Herausgeber  lesen 
zum   Teil  apprtis. 

arm  i/o  H.  DuCange  belegt  das  Participium  an/nizatus  =  paratvs. 

baptizo  ist  von  Hausloiler  im  afrikanischen  Latein  der  Bibel- 
übersetzungen in  der  Schreibung  baptkio  nachgewiesen;  weitere  Be- 
iego dafür  sind  mir  nicht  zur  Hand. 

catechizo.  Die  Stelle  Gal.  6,  6  ist  auch  bei  Augustinus  in 
lob.  31,  de  ope  monach.  16  angeführt.    S. 

chorizo,  corizo,  coriso  kommt  nach  Wilken,  Geschichte  der 
gcistl.  Spiele  in  Deutschland  S.  220,  A.  5  in  mittelalterlichen  latei- 
nischen Weisungen  im  Sinne  von  Reigentänzen  vor.  Beispiele  bei 
DuCange,  G riech.  %oq££<o  für  xoQivta  scheint  zu  fehlen. 

chrysizon  Lucilius  XXII  3  erhält  eine  merkwürdige  Bestätigung 
dadurch,  dal's  nach  einer  Mitteilung  von  Prof.  Ellis  dasselbe  bereits  voo 
Munro,  Cambridge  Journal  of  philology  VIII  210,  und,  wie  Bahreas 
^No.  111)  angiebt,  auch  Marx  bereits  vermutet  haben.  Bährens  setzt 
es  in  griechischer  Schreibung  xqvö%ov  in  seinen  Text. 

citharizo.  Die  für  die  Neubildung  tibko  wichtige  Verbindung 
beim  Mythogr.  Vat.  111  10,  7  steht  auch  schon  bei  Fulgentius  p.  728: 
ftOo^/rror  j]  ^aklontvrov  ij  avlovfAiiioi:  hw  rst  aut  cantantium  aut 
cithttrizantiiun  auf  tihi:<in(him. 

cnlaphizn.  Die  oft  wiederholte  Stelle  2.  Cor.  12,  7  liest  man 
auch  bei  Augustinus  in  psalm.  OS,  i:i,  serm.  col.  35-4,  7;  1.  Cor.  4,  3  hat 
nur  Boerner.  tnltiphiztiMiir  für  das  rol<tpßtiit  vaedimur  der  Vulgata, 
colophizo  hat  Gall.  Matth.  26,67.  ^S.)  1.  Cor.  4,  12  steht  bei  Saba- 
tier colaphisaiinir. 

daemonizo  steht  Matth.  l.">,  22  auch  im  Gall.  u.  Taurinensiß, 
Matth.  S,  X\  im  Taur.  i  S.^  Sabatier  hat  an  der  letzten  Stelle  da* 
im*nnt  htrfnbaHl  ihahuerant?'-.  Fnroollini  verweist  für  dag  Substanti- 
vum  diiMHtHiznti"  auf  Quicherat,  Add.  Lex.  Lat.  p.  64;  DuCange  hat 
wieder  einen   Beleg  aus  späterer  Zeit. 

eremi/.o  nur  bei  Cassius  Felix  51  p.  135  Rose:  per  jwftfl» 
titttuztito  f'vtlv  oMnpftvnhr  Vitium  infhibL<.  Das  Griechische  scheint 
nur  lüfjuaco  zu   keimen. 

Für  evaugeli.o  ist  die  Berichtigung  zu  geben,  dafs  auch  dem 
griechischen  Bibeltext  schon  die  aktive  Form  wohlbekannt  ist,  z.  B. 
Apoc  10,  7  tvtiyyiitfstm  II.  6:  tvayyfjJaat  und  öfter  auch  im  Alten 
Testament  ilO 

eun uch i/o  ist  schon  bei  Uönsch  lt.  u.  V.  S.  248  weiter  belegt 
K>  stein  Matth.  \\K  12  im  cod.  Ga!l..  Rehdig.,  Gigas,  Aurel.,  Vercell 
für  das  t'fiN.'r-if-    der  Vulgata.     S/-     Vgl.  auch  Sabatier  z.  d.  St 

iireiTori/o   IJ. 


Miscellen.  319 

harmonizo  R.  Ein  Graecum  scheint  zu  fehlen.  Forcellini  führt 
tarmonizatus  als  beste  Lesart  für  Ambros.  in  Ps.  118.  Serm.  7. 
i.  27  an. 

idiomatizo  R.     iduoiuttfärn  fehlt. 

incipisso  Plaut  Capt.  532,  802,  Mil.  237,  Trin.  884  war  von 
en  Sammlern  wohl  als  echt  lateinisches  Wort  unter  diesen  Fremd- 
rörtern  nicht  mit  berücksichtigt. 

iudaizo  hat  auch  schon  Augustinus  de  baptismo  2,  2  in  dem 
ft  wiederholten  Bibelwort  Gal.  2,  14.  Daselbe  Verb  um  hat  cod. 
lall.  Ioann.  4,  9,  wo  Sabatier  nur  Iudaeus  sis  bietet  (S.). 

nablizo  steht  nicht  Gloss.  Philox.  (wie  Saalfeld  aus  Forcellini 
bgeschrieben  hat),  sondern  Gloss.  Cyrilli  p.  663  Vulcan.  und  daraus 
lloss.  Sabb.  p.  205  a.  Aufserdem  steht  es  noch  Kxcerpta  ex  vet.  lex. 
Iiaeco-lai  p.  333  Vulc. —  Gloss.  Labb.  p.  118c  hat  nabliso  (so!)  auch 
ns  Gloss.  Cyrilli,  was  vielleicht  Saalfeld  mit  nablito  meint.    Georges. 

opizo.  Dr.  Liebl  macht  darauf  aufmerksam,  dals  auch  die  von 
[an,  Progr.  v.  Burgdorf  1875  veröffentlichten  Berner  Persius-Scholien 
a  I  35  auf  dieses  unerklärte  Wort  hinführen,  p.  V:  Minuit  vel  intvr- 
vqmtur  opezissat.  opizizare  est  verba  minucre,  auch  cod.  m8  (Monac. 
5965  fol.  4  retr.)  enthalt  offenbar  dasselbe:  stiplantat  i.  opi£i£at. 
)pi£are  est  ubaminuere.  un  et  diminutores  littcrarum  opi£i£i  dicuntur, 
'gl.  auch  de  Vit.  Gloss.  unter  dem  Worte. 

Für  organizo  findet  sich  schon  bei  de  Vit  Glossarium  (am 
forcell.)  ein  weiterer  Beleg  (G.)  aus  Sedul.  Scot.  de  R.  C.  c.  18  ap. 
Ifai  Gloss.  nov.  Lat.  p.  45. 

patrisso  hat  auch  Apuleius  flor.  3:  eo  gen'Uus  Marsyas  cum  in 
uiificio  patrissaret  tibicinii 

poetizo  ist  von  Dr.  Liebl  jetzt  aus  mehreren  Persiusscholien 
lachgewiesen.  Zu  Prol.  v.  12  hatte  schon  Kvicala  (Prag  1873  p.  8) 
las  Prager  Scholion  veröffentlicht:  si  sprm  häbuerint  ut  nummum  ad- 
pUrant  pro  poemaie,  onmes  poctizabunt  (cod.  poetizabanf) ;  die  Berner 
kholien  bei  Kurz  bestätigen  das:  Bl  poetizabunt;  b2  pocmatizarent 
lucht  Kurz  dadurch  zu  stützen,  dafs  er  eine  andere  Überlieferung 
wenam  dabant  in  poematizdbunt  verwandelt.  Auf  poetizo  führt  nach 
jiebls  Mitteilung  nicht  nur  Monac.  15965  m2  (Progr.  v.  Straubing 
1883  S.  18  Anm.):  omnes  poetizarentur  (sie!),  sondern  auch  die- 
elbe  Handschrift  fol.  2  vorne  m3:  omnes  poetizabunt  und  endlich 
donac.  14748  (saec.  XII?  oder  XIII?)  fol.  39:  omnes  poetizarent. 
—  Bei  DuCange  findet  sich  eine  einzige  späte  Belegstelle. 

Zu  den  halbgriechischen  Pliniana  kommt  noch  poppyzon  35, 
.04:  cum  ptngeret  et  poppyzonta  retmentem  eum. 

prosializo  B. 

sancenissat:  laetatur,  triumphat  Gl.  „Isidori"  p.  693,  41  an- 
geführt bei  Loewe  prodr.  p.  31  mit  Barths  Vermutung  saracenissat. 

semisso  führt  Georges  aus  Vegetius  I  26,  4  an:  qui  semis- 
antur  non  eliduntur. 

Für  solemnizo  beruft  sich  Georges  bereits  auf  Augustinus, 
erm.  93,  5  Mai;  nach  Forc.  steht  dort:  sollempnizandum. 


320  A.  Funck  —  Fr.  Vogel. 

spondiaznntas  schreibt  jetzt  Bücheier  auch  Schol.  Pers.  195; 
ebenso  Keil  Mar.  Vict.  VI  112,  7  statt  der  Varianten,  welche  auf 
spondaizo  hinführten  ((?.). 

tablizo   gloss.  Amplon.   p.  269,  230  (R.),   vgl.  auch  Forcellinl 

thymiamatizo  hat  Luc.  1,  9  cod.  Gall.  Du  Gange  fuhrt  ein  ihy- 
miatizo  an. 

üb  i/o  siehe  oben  unter  citharizo. 

Zu  trisso  kommen  nach  Georges  aus  Aldhelm  ein  neuer  Beleg 
nicht  nur,  sondern  auch  die  Weiterbildung  trissito  und  bei  Sueton  fr. 
161   p.  251,  4   RfFsch.  anatem  tetrissitarc. 

Zum  Schlufs  seien  noch  die  wunderlichen  Worte  des  Gramma- 
tikers Virgilius  hierher  gesetzt  p.  140,  12  ed.  lluemer:  inckogalimt 
.  .  formae  verha  utrinsquc  coniugationis  esse  possunt,  ita  tarnen  ut  idra- 
tjiic  coniagatio  altermtm  sibi  uindivet  uerbum.  nam  cum  dicis  florisso, 
primae  coniugationis  cssv  noscitur  ut  florisso  florissas;  sie  calisso, 
2>atisso,  parisso.  mirantur  sane  doctorcs  horutn  in  quibus  adsumus 
temporum,  quarc  et  quotnodo  uerbum  primae  coniugationis  non  per  omnia 
tempora  declinabitur.  si  ctiim  decUnafur,  inchogat'tuum  esse  non  poiest: 
nam  primae  coniugationis  uerba  per  omnia  tetnpora  exire  posse,  faciens 
lectio  demonstrat.  Niemand  kennt  sonst  jene  Verba;  mirantur  sane 
doctores. 

Kiel.  A.  Funck. 


IN  privativuni  (haud  impigre). 

In  den  Neuen  Jahrbüchern  (1886  713  f.)  hat  W.  Heraeus  die 
beiden  Stellen: 

Sallust.  fragm.  ine.  29  1).  haut  inpigre  neque  inultus  oeeiditur 
Liv.  32,  16,  11  oppidani  primo  haud  impigre  tuebantur  moenia; 
dein-fessi  ...  ad  deditionem  inclinarunt, 
wo  haud  impigre  dem  Zusammenhang  nach  notwendig  mit  *  nicht 
unmännlich ',  also  gleich  haud  pigre  oder  einfach  impigre,  übersetzt 
werden  inufs,  einer  näheren  Untersuchung  unterstellt  und  durch  über- 
raschonde  Parallelen  aus  der  deutschen  Litteratur  glaubhaft  gemacht, 
dals  an  beiden  Stellen  nicht  etwa  eine  Textverderbnis  vorliegt,  son- 
dern eine  Gedankenlosigkeit  der  betreffenden  Schriftsteller  selbst 
Auch  Sulpicius  Severus  hat  sich  wahrscheinlich  des  gleichen  Ver 
stofses  gegen  die  Logik  schuldig  gemacht,  wie  in  der  gleichen  Zeit- 
schrift (1886.  867^  von  mir  ausgeführt  wurde. 

Da  aber  noch  nicht  jeder  Widerspruch  überwunden  zu  sein 
scheint,  verlohnt  es  sich  wohl  der  Mühe  mit  ein  paar  Worten  noch 
einmal  auf  die  angeregte  Frage  zurückzukommen.  Die  Wortbildung 
mittels  des  *in'  privativ  um  ist,  augenfällig  nur  ein  Notbehelf,  zu 
welchem  die  Sprache  erst  dann  griff,  als  ihre  Lebenskraft  zu  ver- 
siegen begann.  So  lange  die  Quelle  der  Wortschöpfung  in  ursprüng- 
licher Fülle  sprudelte,  bedurfte  die  Sprache  dieses  künstlichen  Druck  - 
und  Flickwerkes    nicht.     Wie    die  Substantivbildung   jedenfalls  filier 


Miscellen.  321 

ist  als  die  Bildung  von  Adjektiven,  so  spielt  das  *in'  privativum  in 
dieser  eine  viel  bedeutendere  Rolle  als  in  jener.  Ebenso  entbehren 
die  Adjektiva,  welche  die  Sprache  am  frühesten  bedurfte  und  schuf, 
dieses  Notbehelfes;  die  Gegensätze  werden  durch  besondere  Wörter 
bezeichnet:  magnus  —  parvus,  longus  —  brevis,  gravis  —  levis, 
bonus  —  malus,  dum*  —  mollis,  albus  —  niger  etc. 

Erat  spftter,  als  die  Sprache  zu  verblühen  begann,  wurde  das 
Hülfsmittel  des  cin'  privativum  notwendig,  das  darum  auch  oft  ohne 
weitern  Einflufs  auf  das  bereits  starre  Wortbild  blieb,  mit  dem  es 
verbunden  wurde  (vgl.  inhibitus,  aber  inhabilis,  illisus  aber  illaesus, 
inquisitus  aber  inquaesitus;  inimicus  incestus  insulsus  irritus  sind 
natürlich  viel  älter  als  inanimus  impastus  incalcatus  irratio).  Das 
rin'  privativum  konnte  zunächst  nur  die  Wirkung  haben,  das  mit 
ihm  verbundene  Wort  zu  entwerten  oder  zu  entleeren,  es  konnte 
also  zunächst  nur  verbunden  werden  mit  positiven  Stamm w orten,  die 
einen  Inhalt  oder  Wert  hatten.     Also 

sanus  —  insanus,  aber  nicht  aeger  —   inaeger 
validus  —  invalidus,  aber  nicht  debilis  —  indebilis 
felix  —  infelix,  aber  nicht  miser  —   immiser 
probus  —  improbus,  aber  nicht  pravus  —  impravus. 
Verbot    es    die    Logik,    ein  Wort,    das   den   negativen   Begriff   eines 
Mangels  in  sich  schliefst,  durch    das  rin'  privativum  zu  einem  posi- 
tiven Begriff  u mz usch aften,    so   widerstritt    es   dem  Geschmack,    eine 
lobende    Eigenschaft    so    auszudrücken,    dafs    man   vor  ein   tadelndes 
Adjektivum  des  rin'  privativum  setzte.     Euphemistisch  war  es  z.  B. 
statt  fatalis  oder  funestus  zu  sagen  infortunatus   oder  infaustus,  und 
nrban  imperitus,  imprudens,  ineptus,  inelegans,  illepidus,  inurbanus, 
infacetus    zu    sagen    statt    rudis,    stultus,    stolidus,    stupidus,    fatuus, 
agrestis,  rusticus:  aber  wem  hätte  es  einfallen  können  instultus  statt 
sapiens,  inrusticus  statt  urbanus  zu  sagen? 

Das  lateinische  Sprachgefühl  mufste  demnach  von  vorn  herein 
geneigt  sein,  in  den  mit  cin'  priv.  zusammengesetzten  Adjektiven 
"den  Begriff  eines  Mangels  oder  Tadels  zu  suchen.  Jedoch  galt  das 
nur  a  parte  potiori,  dadurch  und  besonders  durch  die  Gleichheit  des 
'in*  priv.  und  der  Präposition  *in'  mufste  das  Sprachgefühl  unsicher 
und  geradezu  verwirrt  werden.  imminutus  heilst  zugleich  unver- 
mindert und  vermindert,  immutabilis  unveränderlich  und  veränderlich, 
inclinis  ungebeugt  und  geneigt,  iuauratus  unvergoldet  und  vergoldet 
etc.;  somit  konnte  inhabitabilis,  das  sonst  unbewohnbar  bedeutet, 
von  Arnobius  recht  wohl  einmal  in  der  Bedeutung  bewohnbar  ge- 
braucht werden.  Die  Verwirrung  ging  also  soweit,  dafs  die  Bedeu- 
tung einzelner  Wörter  nur  aus  dem  Zusammenhang,  nicht  aus  der 
Wortbildung  gewonnen  werden  konnte.  Man  frage  nur  sein  Sprach- 
gefühl: was  heifst  inhabilis,  immersabilis,  incurvabilis?  Das  läfst 
sich  endgültig  nur  aus  dem  Sinn  entscheiden,  den  der  Zusammen- 
hang an  der  betreffenden  Stelle  fordert.  impinguare  heifst  fett 
machen,  impinguatio  die  Mästung:  daher  Reges.  3,  20,  58  iinpinguis 
=  fett  oder  fett  machend! 


322  Fr.  Vogel  —  H.  Blase  -  E.  Hauler. 

Wenden  wir  das  Gesagte  auf  band  impigre  an,  so  ergiebt  sieb, 
dafs  die  Sprache  wohl  navus  —  ignavus  duldete,  aber  nicht  deses  — 
indeses,  obschon  letzteres  (lellius  einmal  gewagt  hat;  dafs  es  urban 
war  statt  piger  zu  sagen  ignavus,  aber  nicht  impiger  statt  navus. 
In  der  That  hat  Cäsar  das  Wort  impiger  verschmäht,  Cicero  samt 
der  ganzen  archaischen  LatiniÜit  äufserst  selten  gebraucht;  bei  Sallust 
dagegen  findet  es  sich  an  7  Stollen.  Förderlich  für  die  Aufnahme 
des  Wortes  war,  dafs  das  Advorbiuin  nave  fast  gänzlich  gemieden 
wurde  und  naviter  ebenfalls  unbeliebt  war;  daher  griff  schon  Piautas 
nach  dem  Adverbium  impigre. 

Impiger  ist  also  weder  ein  rationell  gebildetes  noch  ein  in  der 
altern  Latinität  geläufiges  Wort;  das  lateinische  Sprachgefühl  ist 
geneigt,  den  mit  in  zusammengesetzten  Adjektiven  einen  negativen 
Sinn  zu  geben,  wozu  bei  haud  impigre  noch  die  Form  der  Litotes 
verleiten  mulstc;  endlich  ist  der  Stamm  von  impiger  nicht  so  augen- 
fällig, weshalb  die  Bedeutung,  wie  bei  so  manchen  mit  in  beginnen- 
den Adjektiven  als  negative  oder  positive  je  nach  dem  Zusammen- 
hang sich  bestimmte:  Gründe  genug,  um  einen  solchen  Verstofs 
selbst  einem  Sallust  und  Livius  zumuten  zu  dürfen  und  sich  gefallen 
zu  lassen,  wie  denn  in  der  That  fast  alle  Leser  und  Herausgeber 
unbefangen  über  die  Stellen  hinweglasen,  bis  erst  in  neuester  Zeit 
Lärm  geschlagen  wurde. 

Nürnberg.  Fr.  VogeL 

Perviam.     Pervium. 

Übor  das  Adverb  perviam  sagt  Stolz  Archiv  II  503:  „Endlich  sei 
von  den  Zusammensetzungen  mit  per  noch  perviam  erwähnt,  das 
ursprünglich  'um  den  Weg  herum',  dann  *am  Wege',  endlich  Zu- 
gänglich' bedeutete  und  in  der  letzteren  Bedeutung  offenbar  das  Adi. 
porvius  in  Leben  gerufen  hat.u  Wer  dieser  an  und  für  sich  mög- 
lichen Entwicklung  zustimmt,  muls  wohl  annehmen,  dafs  das  Adv., 
wenigstens  in  älterer  Zeit,  in  täglichem  Gebrauch  gewesen  sei.  Da 
befremdet  es  denn  sehr,  dafs  das  Wort  in  der  Bedeutung  Zugang- 
lieh'  seine  Anführung  in  den  Lexicis  einer  einzigen,  dazu  kritisch 
unsicheren  Stelle  des  Plautus  verdankt,  nämlich  Aul.  437  Etiam 
rogitas,  sceleste  homo,  qui<(ne)>  angulos  omnis  mearum  aedium  et 
conclavinm  mihi  perviam  facitis.  Perviam  ist  hier  Lesart  des  J., 
während  BD  pervium  überliefern.  Verteidigt  wird  es  von  Spengel, 
Reform  vorschlage  p.  297  A.,  der  auch  Pseud.  760  nach  der  Überlie- 
ferung von  D1  (perviamst)  und  BC  (perviast)  so  hergestellt  wissen  will: 

Nunc  liquet,  nunc  defaecatumst  cor  mihi,  nunc  perviamst. 

Allein  abgesehen  von  der  unsicheren  Überlieferung  wird  der  Sinn 
der  letzteren  Stelle  nicht  klar,  und  an  ersterer  ist  die  aus  den  Sceni- 
korn  nicht  nachgewiesene  Verbindung  von  facere  mit  einem  prädi- 
kativen Adverb  doch  auch  nicht  ohne  Bedenken.  Deshalb  ist  auch 
von  keinem  der  neueren  Herausgebor  perviam  in  den  Test  aufge- 
nommen worden.     Vielleicht  findet  mehr  Beifall  die  Einführung  des 


Miscellen.  323 

substantivierten  Neutrums  pervinm  (sc.  iter)  =  freier  Weg,  Durch- 
gang, das  mehrfach  in  der  Litteraiur  begegnet.  So  schreibt  Weissen  - 
born  Liv.  s  XXX  10,  5  nach  der  wahrscheinlichen  Lesart  des  Spi- 
rensis:  malis  antennisque  de  nave  in  navem  traieetis  ac  validis  funibus 
velnt  uno  inter  se  viueulo  inligatis  conprendit  tabulasque  superinstra- 
vit,  ut  per  vi  um  in  totum  ordinem  esset.  Als  Belege  zu  dem  subst. 
pervinm  fahrt  er  an  Sen.  prov.  P>,  8  non  certum  ad  hos  ictus  aesti- 
mavi  locum:  quacumque  per  dum  est.  Fest,  vici  p.  371  tertio  cum 
id  genus  aedificiorum  definitur,  quae  in  oppido  prive,  id  est  in  suo 
qnisque  loco  proprio  ita  aedificat,  ut  in  eo  aedificio  pervium  sit,  quo 
itinere  habitatores  ad  suam  quisque  habitationem  habeat  accessum. 
Dazu  kommt,  von  Georges  angeführt,  Tac.  hist.  III,  8  Juliasque  Alpes, 
ne  pervinm  illa  Germanicis  exercitibus  foret,  obsepserat.  Mehrmals 
gebraucht  das  Wort  Gregor  von  Tours.  Hist.  Fr.  III  9  p.  117,  1 
cumque  portae  civitatis  obseratae  essent,  et  unde  ingrederetur  per- 
rntm  patulum  non  haberot,  incisam  Archadius  serram  unius  portae 
eum  civitati  intromisit.  III  37  p.  139,  24  Gravem  eo  anno  et  solito 
asperiorem  hiemem  fecit,  ita  ut  torrentes  concatiniti  gelu  pervinm 
populis  tamquam  reliqua  humus  praeberet.  IX  32  p.  386,  15  rex  .  .  . 
praeeepit,  ne  ullns  de  Childeberti  regno  per  eius  rogni  territurium 
ptrvium  possit  habere.  Die  im  Index  der  neuen  Ausgabe  für  die 
beiden  ersten  Stellen  gegebene  Erklärung:  pervinm  =  aditus  pafst 
wohl  genau  nur  für  die  erste.  Uns  Deutschen  stehen  für  die  Über- 
setzung die  Ausdrücke  f freier  Weg',  'Durchgang',  cI)urchpafs'  zu  Ge- 
bote, wenn  nicht  etwa  III  37  pervinm  schon  zur  Bedeutung  von  via 
abgeschwächt  ist,  wie  an  den  übrigen  von  Du  Cange  aus  Urkunden 
der  Merovinger-  und  Karolingerzeit  angeführten  Stellen.  Jedenfalls 
war  also  das  Substantiv  damals  ganz  gebräuchlich. 

Zu  Plaut us  zurückkehrend,  schlage  ich  vor,  Aul.  437  zu  lesen 
qukjie^  angulos  omnis  . . .  mihi  porvia  facitis  =  ihr  macht  mir  alle 
Winkel  zu  Durchgängen,  in  jedem  Winkel  macht  ihr  euch  zu  schaffen, 
als  wäre  dort  das  per  vi  um  (cf.  die  Festusstelle)  eines  Hauses,  das 
von  vielen  Mietern  bewohnt  wird.  Pseud.  760  aber  lese  ich  mit 
Spengels  Interpunktion  Nunc  liquet,  nunc  defaecatumst  cor  mihi,  nunc 
perviumst  =  jetzt  ist  ein  Durchgang  da,  jetzt  ist  der  Weg  frei:  mit 
passendem  Anschlufs  an  den  folgenden  Vers  Omnis  ordine  sub  signis 
ducam  legiones  meas.  Damit  ist  Ussings  Gedanke  getroffen,  der  zu 
d.  St.  folgendes  bemerkt:  rperviast  tum  demum  ferri  posset,  si  in- 
veniretur  substantivum  pervia,  quod  expeditam  viam  significaret.' 

Darmstadt.  H.  Blase. 


Gladiatoricins,  incoepisse,  luxuriator,  praedicatrix. 

Das  in  Augustins  Sermo  20,  3  nach  dem  ältesten  Codex  (Papyrus- 
handschr.  des  VT.  Jahrhunderts,  dessen  Teile  in  Genf  und  Paris  liegen) 
überlieferte  animo  quodam  gladiatoricio,  quoniam  uitam  desperat,  quic- 
quid  potest  facere  ad  satiandam  cupidUatem  et  libidinem  suam  faciat 


324  E.  Hiwilor  -  E.  Dresael  -  Ed.  Wölfflin. 

giebt  zu  der  bisher  als  aitct$  eipfipivov  geltenden  gladiatoricia  herba 
bei  Marc.  Emp.  16  einen  weiteren  Beleg.  Terenz  Phorm.  964  sagt, 
^rie  mir  scheint,  nicht  in  ganz  gleichem  Sinne  hi  gladiatorio  anmo 
ad  ine  adfcdant  u'uim.  Die  beiden  Adjektiva  verhalten  sich  wie 
praetorium  (Mart.  VIII  33,  l)  zu  praetorius.  —  Das  m.  W.  allein 
aus  Araob.  de  mund.  37  belegte  hicoephis  hätte  nach  der  Vulgata 
an  sie  incoepU  (Aug.  Sermo  20,  2)  eine  erwähnenswerte  Parallele. 
Augustin  gebrauchte  aber  sicher  nicht  diese  barbarische  Form,  son- 
dern das  im  genannten  Codex  stehende  Simplex  (sie  cotpit).  Auch 
htxta'iator  sollte  nach  der  jetzigen  Fassung  der  Stelle  in  der  Predigt 
21,  10  aurum  habet  scortalor,  fornicalor,  hixuriatar  in  das  lateinische 
Lexikon  aufgenommen  werden ;  aber  die  Papyrushandschrift  giebt  wohl 
richtig  aurum  habet  (erg.  aliquis):  scortatur,  fornkatur,  hixuriatur.  — 
Endlich  erwähne  ich,  dafs  praedicatrix  (Verkündigerin,  verkündend) 
auf  sei*  bei  Tertull.  de  anim.  26  auch  durch  Augast.  Sermo  288,  4 
belegt  ist. 

Born.  E.  Hauler. 

Accipiter,  Jagdfalke. 

Ältere  Belege  als  die  Arch.  IV  141  angeführten  bietet  Firmicus 
Maternus  V  7  «  3:  Accipitres  tarnen,  falcones,  astures,  aquilas  et  aves 
huiuscemodi  cquosque  ad  venandum  alere  studebunt.  Erunt  quoque 
ad  huiusce  oxercitationis  negotia  valdc  ingeniosi,  unde  etiam  sibi  non 
uiodica  quaerant  vitae  subsidia.  Y  8  ll£  2  equorum  nutritores,  acci- 
pitrum,  falconum  caeterarumquo  avium,  quae  ad  aueupia  pertinent, 
similiter  et  canum,  molossorum,  vertagorum  et  qui  sunt  ad  veua- 
tioncs  aecommodati.  Hier  ist  mit  accipiter  der  Habicht,  mit  faloo 
der  Jagdfalke  bezeichnet.  [Vgl.  Z.  f.  deutsches  Alterthum,  XXVII  50  ff. 
und  die  Recension  der  Schrift  cDombrowski,  Beizjagd'  von  G.  Baist 
im  laufenden  Jahrgange  derselben  Zeitschrift.  Hehn,  Kulturpflanzen 
und  Hausthiere*  300.  Lindenschmit;  Handbuch  der  deutschen  Alter- 
thumskunde  1 453  und  dagegen  Willi.  Brandes  in  Westermanns  Monatsb. 
LXI  281.| 

Zwickau.  H.  Dressel. 

Abhastare. 

Ein  bisher  nicht  bekanntes  spätlateinisches  Wort  findet  sich  in 
den  Fabeln  des  Komulus,  3,  14  Gest.:  Securi  facta  homo  postulabat 
ab  arboribus,  ut  Uli  manubrium  darent  de  ligno,  quod  esaet  firmum. 
Omnes  oleastrum  iusscrunt.  Suinpsit  homo  manubrium  abbastatum 
securi,  et  .  .  robora  .  .  coepit  ineidere.  Die  Bildung  liefse  sich  mit 
subhastare  vergleichen;  doch  konnte  der  Mensch  nicht  wohl  den  Stiel 
mit  dem  noch  schaftlosen  Beile  abhauen,  sondern  er  bekam  denselben; 
andererseits  fehlt  der  nötige  Begriff  der  Verbindung  des  Stieles  mit 
dem  Beile.  Da  nun  codex  C  bietet:  apta  secure,  so  dürfte  unser 
verehrter  Mitarbeiter,   Prof.  Dr.  Herzog  in   Stuttgart,   das  Richtige 


Miscellen.  325 

getroffen  haben,  wenn  er  vermutete:  adaptatum  securi.  So  lange 
nicht  bessere  Belege  bekannt  sind,  hielten  wir  uns  daher  verpflichtet, 
das  Wort  von  dem  Thesaurus  auszuschliel'sen. 

Mttnchen.  Ed.  Wölfflin. 

Dnmtaxat. 

Die  Partikel  dumtaxat  macht  den  Philologen  wie  den  Jurisien 
viel  zu  schaffen,  da  sie  bald  mit  'höchstens',  bald  mit  'mindestens', 
bald  auch  mit  'genau'  (nicht  mehr  und  nicht  weniger)  übersetzt  wird. 
In  ältester  Zeit  erscheinen  die  beiden  Bestandteile  noch  getrennt 
(vgL  G.  M.  Richardson,  de  'dum'  particnlae  usu.  Lips.  1886.  92.  93) 
in  der  etwa  aus  dem  J.  600  n.  cond.  stammenden  Lex  Silia  (Corp. 
inscr.  lat.  I  48):  eum  qui  volet  magist  rat  us  multare,  dum  minore 
parti  familias  taxat,  liceto.  Vgl.  auch  Corp.  I  197,  12  sei  quis 
magistratus  mnltam  inrogare  volet,  qui  volet,  dum  minoris  partus 
familias  taxat,  liceto.  Die  Übersetzung  von  Richardson:  während  er 
(die  Sache)  abschätzt,  oder  indem  er  es  genau  nimmt,  trifft  darin 
das  Richtige,  dafs  sie  als  Subjekt  zu  taxat  den  die  Strafe  verhängen- 
den Magpstrat  nimmt,  während  man  gewöhnlich  taxat  mit  inquit  = 
man  sagt,  vergleicht.  Die  im  Kurialstile  übliche  Formel  wurde  auch 
in  die  Sprache  des  täglichen  Lebens  herübergenommen,  auch  wo  der 
Magistrat  nicht  mehr  Subjekt  war. 

Dum  dagegen  müssen  wir  als  Accus,  der  Erstreckung  (=  dinm) 
mit  'so  lange'  übersetzen,  oder  aus  dem  Zeitlichen  ins  Räumliche 
übertragen:  so  weit,  so  fern  =  insoweit,  insofern  =  vorausgesetzt 
dafs  (dummodo).  Objekt  von  taxat  ist  nicht  'die  Sache',  sondern 
mnltam,  welches  entweder  vorausgeht  oder  doch  in  multare  liegt. 
Zur  Bezeichnung  der  Taxation  der  Strafe  ist  an  einer  Stelle  der  Gft- 
netivus,  an  der  andern  der  Ablativus  pretii  gebraucht.  Dumtaxat 
bezeichnet  also  ursprünglich  das  Strafmaximum. 

München.  Ed.  Wölfflin. 

Opus  est. 

Da  die  Deutung  und  Bedeutung  von  opus  est  =  opis  (opsj 
est  alqa  re:  es  ist  Hülfe  (geholfen)  mit  etwas,  (vgl.  Arch.  IV  152) 
weder  bei  Dräger  oder  Kühner,  noch  bei  Georges  Handwörterbuch7 
zu  finden  ist,  so  glauben  wir  auf  eine  uns  gefälligst  von  H.  Medi- 
zinalrat Dr.  Rues  in  Amberg  nachgewiesene  Liviusstelle  aufmerksam 
machen  zu  sollen,  welche  dieser  Auffassung  zur  Stütze  dient.  Livius 
43,  19,  4  nihil  Oaeno  capto  opus  esse,  nisi  in  potestate  et  Drauda- 
cum  sit  =  cmit  der  Einnahme  von  0.  sei  nichts  geholfen'.  Eine 
neuere  deutsche  Übersetzung  giebt  richtig:  * nütze  nichts';  auch 
f mit...  sei  nichts  gewonnen,  sei  niemand  gedient'  kann  unter  Um- 
ständen übersetzt  werden.  Weissenborn  hat  keine  Bemerkung  zu  der 
Stelle  gemacht. 

München.  Eduard  Wölfflin. 


Litteratur  1886.  1887. 

C.  Paucker:  Supplementom  lexioorum  latinornm. 

Das  bei  Calvary  1885  erschienene  und  im  Aren.  I  124  be- 
sprochene Volumen  prius,  welches  die  Buchstaben  A — L  enthält,  wild 
wahrscheinlich  ein  Torso  bleiben.  Wie  wir  von  der  Witwe  des  ver- 
storbenen Kollegen  in  München  erfuhren,  hatte  P.  wohl  noch  die  Buch- 
staben M  und  N  ausgearbeitet  und  das  Manuscript  an  die  Verlags- 
handlung gesandt;  der  Rest  sollte  leider  ungeschrieben  bleiben,  woraus 
sich  die  Äufserung  von  H.  Rönsch  am  Ende  der  Vorrede  zu  den 
„Vorarbeiten  zur  lateinischen  Sprachgeschichte"  1884  erklört:  der  letxte 
Teil  des  Manuskriptes  hat  sich  unter  den  Papieren  des  Verewigten 
noch  nicht  vorgefunden. 

Da  das  Supplementum  in  der  Hauptsache  nur  eine  Zusammen- 
stellung der  Einzelschriften  Pauckers  ist,  so  könnte  freilich  auch  ohne 
Manuskript  eine  Fortsetzung  geliefert  werden;  ob  sich  dieselbe  vom 
buchhändlerischen  Standpunkte  rentieron  würde,  wissen  wir  nicht, 
und  m (teilten  es  eher  bezweifeln;  unrichtig  aber  ist  es  das  Aasbleiben 
der  Fortsetzung  mit  der  Weigerung  der  Witwe  die  Papiere  herauf- 
zugehen zu  motivieren. 

K.  E.  Georges:  Wörterbuch  der  lateinischen  Wortformen. 

Um  die  Leser  für  eine  getäuschte  Hoffnung  zu  entschädigen, 
erlauben  wir  uns  mitzuteilen,  dafs  der  Nestor  der  Lexikographen 
nicht  nur  an  neuen  Auflagen  seiner  Bücher  weiter  arbeitet  (eine 
achte  Auflage  des  Handwörterbuches  dürfte  freilich  noch  einige  Zeit 
auf  sich  warten  lassen,  da  die  siebente  in  15  000  Exemplaren  ab- 
gezogen worden  ist),  sondern  auch  ein  neues  Werk  zu  vollenden  im 
Begriffe  ist,  welches  Ende  Mai  bis  'subdueo'  gefördert  war.  Nach 
dem  unvollkommenen  Versuche  von  Koifmane,  und  selbst  nach  Neues 
Formenlehre,  die  in  dritter  verbesserter  Auflage  sehr  erwünscht  wSre, 
blieb  es  ein  Bedürfnis,  vollständiger  als  es  in  einem  Handwörterbuch« 
möglich  ist,  nicht  nur  die  selteneren  Wortformen  und  Doppelformen 
zusammenzustellen,  sondern,  was  bisher  vernachlässigt  war,  auf  die 
nie  gebildeten  oder  doch  offenbar  vermiedenen  hinzuweisen.  Dafs  ans 
hierfür  Georges  eine  solide  (i  rund  läge  bieten  wird,  dürfen  wir  nach 
einem  vorliegenden  Probebogen  den  Lesern  in  sichere  Aussicht  stellen. 
Beispielsweise  galten  bisher  stannum  und  stanneus  als  gute  Formen, 
während    sie  ausschließlich  dein  Spätlatein  angehören  und  in  älterer 


Litteratur.  327 

Litteratur  nur  stagnum  und  stagnens  gefunden  wird.  Bei  Plautus 
PoeiL  1312  *sarrapis  sementium9  nahm  man  sementium  als  Genetiv, 
obschon  es  Nominativ  und  Sarrapis  (Schimpfwort  wie  Pseud.  li>5 
sinapis  scelera,  abscheulicher  Senf)  Genetiv  ist.  [Nach  gef.  brieflicher 
Mitteilung.] 

Hermann  Ron  seh:  Semasiologischo  Beiträge  zum  lateiniflohen 
Wörterbuch.  I.  Heft.  Substantiva.  Leipzig.  Faes's  Verlag.  1887. 
78  S.    8°. 

Der  nach  nahezu  40jabrigem  Dienste  in  den  wohlverdienten 
Ruhestand  getretene  Verfasser,  früher  bekanntlich  Diakon  in  Loben- 
stein,  jetzt  in  Zwickau,  ist*  nach  dieser  Probe  gesonnen,  sein  otium 
cum  dignitate  mit  wissenschaftlichen  Arbeiten  auszufüllen,  wie  sein 
nächster  Vorgänger,  K.  E.  Georges.  Er  bietet  uns  keine  semasio- 
logischen  Untersuchungen,  wie  wir  sie  wohl  von  Heerdegen  in  der 
Neuauflage  von  Reisigs  Vorlesungen  erwarten  dürfen,  sondern  nur 
das  schwer  zu  erreichende  Material  zu  solchen,  lateinische  Wörter  in 
neuen  oder  bisher  ungenügend  belegten  Bedeutungen.  In  der  That 
liegt  zwischen  dem  Hand  Wörter  buche  von  Georges  und  Du  Cange 
noch  manches  in  der  Mitte,  was  an  das  Tagoslicht  gefördert  zu 
werden  verdient.  Jedermann  weifs,  wie  parentes  die  Eitern  schon 
im  Vulgärlatein  Verwandte,  germanus  im  Spanischen  der  Bruder  ge- 
worden ist;  aber  damit  man  dies  nicht  als  vereinzelte  Wandlungen 
betrachte,  ist  es  gewifs  von  Interesse  zu  sohen,  wie  man  mit  compar 
die  Gattin  bezeichnete,  mit  fraternus  den  Netten,  mit  iugalis  (ov^vyog) 
gleichfalls  die  Gattin.  Da  Vf.  seinen  Stoff  teils  aus  der  Patristik, 
teils  aus  vulgär  gefärbten  Sprachquellen  (Scholien  und  Glossen)  ge- 
zogen hat,  so  wird  zwar  für  die  Klassiker  und  das  Gymnasium  wenig 
abfallen;  umsomehr  werden  die  Romanisten  profitieren,  welche  es  als 
Ehrenpflicht  erkennen,  die  neuen  Bedeutungen  der  romanischen  Wörter 
so  weit  als  möglich  zurückzu verfolgen ;  denn  es  ist  doch  klar, 
dafs  der  unvergefsliche  Diez  nicht  in  einem  Menschenleben  alles 
leisten  konnte.  So  war  er  nicht  imstande,  das  ital.  finanza  an  das 
Lateinische  anzuknüpfen ,  und  weder  Georges  noch  Du  Cange  s.  v. 
fi nis  bieten  die  Hand,  während  nun  R.  aus  den  Gloss.  Paris.  Hildebr. 
finis  =  vectigal  nachweist,  welchem  wiederum  tu  xiXog  entspricht 
(Hild.  schrieb  noch:  quid  finis  sibi  velit,  non  capio).  Man  schlage 
nur  aestivum  (portug.  estio),  focus  (feu),  opus  (Gang  einer  Mahlzeit, 
hors  d'oouvre),  papilio  (pavillon),  parabnla  (parole),  planus  pes 
(piain  pied)  auf,  und  man  wird  reichen  Stoff  zu  ähnlichen  Betrach- 
tungen finden. 

H.    Mensel:    Lexicon    Caesarianum.     Fascic.  V11I.     Berol.    1887. 
Lex.-8°. 
Die   vorliegende   Lieferung    schliefst  auf  Kol.    1544   den   Buch- 
staben U,   und   damit   den   ersten  Band   des  Werkes  ab;   eine  kurze 
Vorrede  und  eine  Erklärung  der  gebrauchten  Abkürzung'       *        er- 


328  Litteratur. 

leichtern  die  Benutzung  und  das  Verständnis  allen  denjenigen,  welche 
nicht  schon  durch  fieifsigen  Gebrauch  mit  der  Anlage  des  Wörter- 
buches vertraut  geworden  sind.  Die  praefatio  erzählt,  wie  der  Vf. 
1880  seine  Arbeit  begonnen  habe  und  wie  er  durch  zwei  Konkurrent- 
werke  gegen  seinen  Willen  veranlafst  worden  sei  die  ersten  Liefe- 
rungen in  Presse  gehen  zu  lassen,  bevor  das  Ganze  vollendet  war. 
Es  hat  dies  einige  Ungleich™ äfcigkeiten  nach  sich  gezogen;  doch  sind 
sachliche  Verbesserungen  überall  mehr  wert  als  das  Lob  strenger 
Konsequenz.  Eine  neue  Auflage  wird  darum  nicht  nötig  werden, 
wenn  auch  die  Arbeit  mit  der  Vollendung  des  letzten  Buchstabens 
nicht  abgeschlossen  sein  wird. 

Der  Vorzug  der  Prosa  Cüsars  bestand  in  dem  delectus  verborum, 
den  er  im  ersten  Buche  de  analogia  als*  origo  eloquentiae  bezeich- 
nete (Cic.  Brut  253),  und  darum  rühmt  Quintil.  10,  1,  114  die  min 
sermonis,  cuius  proprio  studiosus  fuit,  elegantia.  Auswahl  aber 
deckt  sich  mit  der  Vermeidung  und  Verurteilung  vieler  Wörter  und 
Wortformen.  So  ist  Arch.  III  f>63  bemerkt,  dafs  Cäsar  nnr  flumen 
schreibe,  nicht  fluvius;  ITI  560  dafs  er  igitur  verworfen  habe,  IV 
114  dafs  abhinc  fehle,  so  gut  wie  das  auch  von  Sallust  verworfene 
incoho  fehlt.  Eine  solche  Zusammenstellung  wird  später  zu  machen 
sein,  und  wenn  wir  dann  weiter  finden,  dafs  auch  spätere  Prosaiker 
auf  der  Seite  Cäsars  stehen,  selbst  im  Gegensatze  zu  Cicero,  so  wird 
man  vermuten  dürfen,  er  habe  diesen  Einflufs  durch  sein  Buch  de 
analogia  erlangt.  Sind  die  bei  Cäsar  und  a.  fehlenden  Wörter  der 
Bildung  nach  Anomala  oder  in  Cäsars  Augen  zwecklose  Doppelformen, 
so  hat  er  sie  gewifs  nicht  nur  in  praxi  vermieden,  sondern  ihnen 
auch  in  der  Theorie,  d.  h.  in  seiner  Formenlehre  als  Schriftsteller 
den  Krieg  erklärt.  Beispielsweise  schreibt  er  nur  huiusmodi,  Sallust 
nur  huiuscemodi,  Cicero  beides. 

Rud.  Menge  et  Siegln.  Preufs:  Lexicon  Caeaariannm.  Fase,  ül 
Copiosus— Eruptio.    Lips.  Toubn.     1887.  col.  257— -384.    Lex.-tf. 

Obschon  H.  Studienlohrer  David  Wollner  in  Landau  als  neuer 
Mitarbeiter  eingetreten  ist,  sind  sich  die  je  4  Bogen  starken  Liefe- 
rungen doch  nur  in  jährigen  Zwischenräumen  gefolgt:  ein  Beweis, 
dafs  die  Ausarbeitung  eines  Wörterbuches  mehr  Zeit  in  Ansprach 
nimmt,  als  man  gewöhnlich  glaubt.  Über  die  Anlage  des  Wertes 
verweisen  wir  auf  Arch.  I  .-532  f.;  daraus  ersieht  man,  dafs  jedes 
Cäsarlexikon  gewisse  Vorteile  bietet  und  alle  in  einem  zu  vereinigen 
unmöglich  ist.  Wer  z.  B.  wissen  will,  wie  oft  in  der  Bedeutung 
r Vorrat'  copia  im  Singular,  wie  oft  im  Plural,  wie  oft  es  im  Pluril 
von  cTruppen'  gebraucht  sei,  findet  dies  am  schnellsten  bei  Menge- 
Preufs,  weil  die  Beispiele  jeder  Rubrik  zusammengezählt  sind;  man 
erkennt  auch  negativ,  dafs  copia  im  Sing,  nie  im  Sinne  von  Mann- 
schaft stehe.  Erst  Merguet  aber  oder  Preufs,  Lexikon  zu  den 
pseudoeäsarischen  Schriftwerken  (Erlangen  1884),  könnte  uns  be- 
lehren,  dafs  im  bell.  Afric.   und  Hispan.  öfters  copia  =   Mannschaft 


Litteratur.  329 

(manus)  gebraucht  sei,  wie  wir  dies  auch  bei  Sallust  und  in  den 
Briefen  des  Pompeins  an  fünf  Stellen  finden,  obschon  der  Ausdruck 
offenbar  weniger  anerkannt  war. 

iufl  Festi  Avieni  oarmina.    Rec.  AI  fr.  Holder.    Ad  Aenipontum 
1887.    LXV.    296.    8°. 

Die  genannte  kritische  Ausgabe  des  Dichters  ist  der  Universität 
leidelberg  bei  Anlafs  ihres  500jährigen  Jubiläums  gewidmet;  eine 
Inzeige  gebührt  ihr  an  dieser  Stelle,  weil  sie  p.  176 — 292  einen 
[ndex  verborum  enthält.  Wir  glauben  mit  Recht  denselben  als 
rinen  Wollständigen'  bezeichnen  zu  dürfen;  dafür  bürgt  die  bekannte 
Akribie  des  Herausgebers  und  eine  stellenweise  Nachprüfung  bestätigt 
».  Konjekturen,  welche  nicht  in  den  Text  gesetzt  sind,  werden 
labei  nicht  berücksichtigt;  gute  und  aufgenommene  Konjekturen  sind 
lurch  *  bezeichnet;  handschriftliche  Lesarten,  auch  wenn  sie  nicht 
m  Texte  erscheinen,  sind  im  Index  mit  f  kenntlich  gemacht.  Doppel- 
leutige  Formen,  wie  die  Dative  und  Ablative  Flur,  sind  nicht  nur 
lach  dem  Kasus,  sondern  selbst  nach  dem  Genus  (masc.  fem.  neutr.) 
>ezeichnet;  Ergänzungen  mit  <  >  angegeben.  Um  aber  Raum  zu 
sparen,  ist  durchweg  nur  die  von  dem  Dichter  gebrauchte  Wort  form 
verzeichnet,  nie  ein  zweites  Wort,  auch  nicht  einmal  das  Epitheton 
ies  Substantivs  beigefügt. 

Du    Cange-Favre:    Glossarium    mediae   et   infimae    latinitatis. 
Tomus  VIII.    T— Z.    Niort.  1887.    470  pg.    4°. 

In  vier  Jahren  ist  die  Neuauflage  des  grofsen  früher  schwer 
käuflichen  Werkes  mit  den  Zusätzen  Henschels  vollendet  worden. 
Schon  der  neue  Abdruck  an  sich  war  ein  verdienstliches  Unter- 
nehmen, und  nicht  jeder  Buchhändler  hätte  den  Mut  gehabt,  ein  so 
grofses  Kapital  in  dasselbe  zu  stecken,  da  sich  der  buchhändlerische 
Absatz  nicht  im  voraus  bestimmen  liefs.  Dafs  bei  der  Aufnahme 
neuer  Artikel  mehr  Sorgfalt  hätte  können  aufgewendet  werden,  ist 
schon  mehrfach  bemerkt  worden,  und  es  gilt  dies  auch  von  dem 
Bchlufsbande,  zunächst  von  den  Artikeln  Diefenbachs.  Artikel  wie 
talmus  :  oculus,  talapsum  :  mare  haben  doch  keinen  Wert,  da  dies 
keine  neuen  Wörter,  sondern  nur  Korruptelen  von  ophthalmus  und 
bhalassa  sind.  Aber  auch  Artikel  wie  tentigo  oder  torridus  :  ustus 
waren  nicht  aus  Diefenbach  aufzunehmen,  weil  dies  ja  gut  lateinische 
Wörter  sind.  Citate  wie  Tengomena,  Petron.  §  341  Bücholer  sind 
loch  unmöglich;    es  mufs  cap.  34  heifseu. 

Von  S.  437  an  erhalten  wir  ein  Supplement,  welches  u.  a.  viele 
orthographische  Varianten,  wie  abena  =  habena,  auch  viele  deutsche 
in  lateinischen  Texten  gebrauchte  Worte  enthält.  Zwei  Archivare, 
Bin  Bollandist,  ein  Professor  der  Geschichte  in  Romans,  ein  Advokat 
von  Mailand  und  ein  eure  von  Köln  haben  aufser  dem  schon  früher 
thfitigen    Mitarbeiter,    L.   Fraty,    Bibliothekar  in  Bologna,  die  neuen 

Archiv  für  lat.  Lexikogr.  IV.    Heft  2.  22 


330  Litteratnr. 

Artikel  geliefert.  Was  der  Leser  bei  manchen  bedauern  wird,  ist, 
dafs  sie  nicht  erklärt  sind,  z.  ß.  Arvina,  baves,  bavosus,  bivora, 
stroppo,  vestilmosa.  Die  Bedeutungen  sind:  Speck,  geiferig,  Viper, 
Strupfe,  und  das  letzte  Wort  ist  ein  Eigennamen  (Westermoos),  was 
freilich  Referent  nur  nach  Befragung  seines  Kollegen  Konrad  Hof- 
mann zu  berichten  imstande  ist. 


Krebs- Schmalz:  Antibarbarus  der  lateinisohen  Sprache.    Lief. 
5.    Basel.    1887.    S.  538—744.    8°. 

Mit  der  fünften  bedeutend  verstärkten  Lieferung  schliefst  der 
Buchstabe  I  und  damit  der  erste  Band  des  Werkes,  über  welches  in 
diesen  Blattern  schon  wiederholt  die  Rede  gewesen  ist.  Wir  be- 
schränken uns  deshalb  auf  einige  Nachträge.  Zur  Erklärung  von 
Terrae,  Fortunae  iilius  konnte  bemerkt  werden,  dafs  nach  Bachelors 
schöner  Darlegung  Iilius  eigentlich  den  Säugling  bedeutet  und  daher 
das1  Wort  ist,  mit  welchem  die  Mutter  das  Kind  bezeichnet,  während 
bei  Plautus  der  Vater  den  Sohn  mit  gnate  mi  anredet.  —  Fiscus] 
seit  Hadrian  mit  aerarium  verschmolzen,  da  die  doppelte  Rechnungs- 
führung für  Gemeinwesen  und  Kaiser  aufhörte.  V.  Brinz  in  den 
Münchn.  SitzuDgsber.  1886,  471.  —  Historiae  fides]  historische  Treue, 
öfter  und  gutlateinisch:  rerum  fides,  z.  B.  Tac.  Agr.  10  r.  fide  tra- 
de ntur.  —  inccrtitudo]  auch  certitudo  ist  im  guten  Latein  durch 
fides  ersetzt.  Heerdegen,  de  fide  Tulliana  p.  25.  —  Innominatus] 
ist  bei  Donat  vit.  Verg.  10  nur  schlechte  Konjektur,  und  jetzt  nach 
den  Spuren  der  Handschrift  durch  Numitorius  ersetzt.  Vgl.  Teuffel- 
Schwabe  22G,  1.  —  Intutus]  im  klassischen  Latein  fehlend,  wird 
durch  parum  (male?)  tutus  vertreten.  —  Ita]  vor  dem  neulateinischen 
ita  ut  =  wäre,  so  dafs,  war  doch  zu  warnen,  da  man  besser  ita  vor 
das  Verbum  stellt  und  von  ut  trennt. 


Ed.  Bourciez:    Do  praepositiono  Ad  oasuali  in  latinitate  aevi 
Merovingioi.     (Pariser  Dissert.)     1887.    11 G  pg.    8°. 

Vf.  dieser  für  die  Erkenntnis  des  gallischen  Lateins  wichtigen 
Abhandlung  fafste  sein  Thema  von  zwei  Seiten  an;  er  geht  von 
dem  klassischen  Latein  aus  und  konstatiert  durch  reiche  altfranzÖ- 
sische  Beispiele,  was  sich  in  der  lebenden  Sprache  erhalten  hat;  die 
Litteratur  in  der  Mitte  teilt  er  in  die  von  klassischen  Mustern  be- 
einflufste  (Gregor  von  Tours,  Venantius,  Patristik),  und  in  die  der 
Volkssprache  näher  stehenden  christlichen  Inschriften,  Gesetze,  Ur- 
kunden, Rechtsformelu.  Da  freilich  eine  Vergleichung  der  Litteratnr 
Italiens  und  Spaniens  ausgeschlossen  ist,  so  läfst  sich  auch  nicht 
bestimmen,  was  specieli  gallisch  und  was  gemeinromanisch  ist; 
auch  die  Zeugnisse  der  Grammatiker  hätten  manches  besser  erklärt, 
was  bei  B.  hall)  in  der  Luft  steht,  z.  B.  die  wichtige  Stelle  des 
Nonius  522:  error  consuetudinis  (der  Umgangssprache)  *apud*  pro 
'in'  utitur. 


Litteratur.  331 

I.  Ad  der  Bewegung.  Auf  die  Frage  wohin?  findet  sich  ad 
bei  Ländernamen  nur  bei  Gregor,  Ven.  und  im  Kirchenlatein;  der 
Volkssprache  war  der  Gebrauch  fremd,  wie  sich  auch  im  Französi- 
schen nur  en  in  diesem  Sinne  erhalten  hat,  während  umgekehrt  der 
Spanier  Idacius  21  mal  ad  vor  Ländernamen,  in  nur  3  mal  gebraucht. 
Mit  Idacius  geht  nur  der  Südwesten  Frankreichs  (Prosper  Aquit.  mit 
15  ad,  5  in),  wie  schon  Diez  Gramm.5  877  ff.  richtig  bemerkt  hatte. 
—  Den  Dativ  vertritt  ad  nach  den  Verbis  des  Gebens,  Sagens, 
Bittens.  Mifsverstanden  ist  hier  Ch.  M.  435  ann.  696  ad  deo  timen- 
Übus  conlatum,  da  hier  ad  =  ab  steht,  wie  an  zahlreichen  Parallel- 
stellen 144  (ann.  546),  172,  336  a  Deo  (=  deum)  timentibus.  Um 
diese  Verwechslung  von  ad  und  ab  klarer  zu  machen,  hätte  erwähnt 
werden  sollen,  dafs  ad  schon  im  VII.,  nicht  erst  im  VIII.  Jahrb. 
sein  d  in  der  Schrift  verlor,  also  nicht  erst  in  der  von  Diez  ange- 
führten Urkunde  vom  J.  739  (N.  559),  sondern  schon  690  (N  413), 
quod  a  saepe  dictas  basilecas  dilegavi,  und  darum  war  auch  Form. 
Andecav.  32  quicumquae  ad  latruncolus  damnum  pertullerit  nicht 
aufzunehmen,  weil  ad  =  ab  steht.  In  die  Konstruktion  der  Imper- 
sonalia wie  decet,  piget  ad  alqm  war  hineinzuziehen  Pardessus  527 
(ann.  723)  licet  ad  alqm,  und  delechit  ad  alqm  (=  iuvat  me),  z.  B. 
Pard.  343  (ann.  662),  436  (696).  —  Nach  dem  finalen  Gebrauche 
von  ad  (drittes  Kap.)  wird  ad  bei  Zahl  begriffen  und  zur  Bezeichnung 
der  Konformität  zweier  Handlungeu  erläutert,  wo  sich  wieder  das 
Verkennen  von  ad  =  ab  fühlbar  macht,  z.  B.  Ch.  M.  559  (ann.  739) 
ad  communionem  omnium  aecclesiarum  excommunicatus  appareat; 
denn  dafs  man  ad  nicht  interpretieren  dürfe  =  quod  adtinet  ad, 
beweisen  Parallelen  wie  376  (675):  ab  omnibus  ecclesiis  excommuni- 
catus appareat,  412  (690).  Man  vergleiche  auch  ab  omnibus  limini- 
bus  excommunicatus  appareat  (350  ann.  664  und  oft)  mit  375  (675) 
ad  limina  sanctorum  excommunicatus  appareat. 

IL  Ad  der  Buhe.  Ad  altare  offerre  wird  schwerlich  richtig 
=  ante  a.  erklärt,  vgl.  Du  Cange  s.  v.  altare.  Besonderes  Interesse 
erregt  ad,  wo  es  die  Übereinstimmung,  und  vielfach  mit  apud  zu- 
sammentreffend die  Art  und  Weise  und  das  Werkzeug  bezeichnet; 
trägt  doch  dieser  Abschnitt  dazu  bei,  in  die  von  Diez  Gramm.''  879  ff. 
aufgeworfene  Frage,  ob  das  romanische  modale  und  instrumentale  a 
auf  die  Präposition  ad  oder  auf  apud  zurückzuführen  sei,  mehr  Licht 
zu  bringen.  B.  sagt  wohl  mit  Hecht,  dafs  in  Gallien  wenigstens 
beide  Präpositionen  zusammengewirkt  haben,  wenn  nicht  gar  in 
einigen  aus  Gregor  angeführten  Beispielen  Keminiscenzen  an  das 
klassische  ab  (Dräger  I2  548 — 550)  hineingespielt  haben.  Unter  den 
Beispielen  von  ab  =  apud  ist  Form.  Marc.  1,  32  p.  63,  7  nee  ab 
heredes  eorum  exinde  qualibot  calomnia  aut  repetitione  ulla  habere 
poenitus  non  debeant  zu  streichen,  weil  hier  ab  =  von  Seiten  ge- 
braucht ist,  wie  z.  B.  384  (a.  677),  414  (691),  506  (717).  Das 
von  Schriftstellern  der  merowingischen  Zeit  dem  instrumentalen  Ab- 
lativ vorgesetzte  cum,  welches  B.  richtig  auf  das  vulgäre  apud  zu- 
rückführt,   ist    nur    dürftig    durch    zwei    Stellen   aus    Gregor   belegt, 

22* 


332  Litteratur. 

während    die    hist.    Franc,    sowie    die   lex  llipuar.   zahlreiche    weitere 
bietet.     Vgl.  Pott  in  Kuhns  Zeitschr.  X11I  332. 

Wunsiedel.  Paulus  Geyer. 

Paul  Hinze:    De  An  partioulae  apud  priscos  scriptores  latinoa 
vi  et  usu.     (Dissert.  inaug.)    Halis  Sax.    1887.    XX.    4°. 

Mit  Recht  verwirft  Vf.  die  Ansicht  von  Reinh.  Klotz,  dafs  an 
aus  aisnc?  entstanden  sei,  schon  wegen  des  kurzen  Vokales  der  Par- 
tikel, und  leitet  dieselbe  aus  dem  Sanskritpronomen  anja  =  aliud 
(nicht  aus  ana  =  illud)  ab.  Die  gewöhnliche  Erklärung,  an  stehe 
im  zweiten  Gliede  der  disjunktiven  Doppelfrage,  eventuell,  wo  sich 
die  erste  Frage  aus  dem  Zusammenhange  ergänzen  lasse,  steht  auf 
sehr  schwachen  Füfsen,  und  Vf.  glaubt  vielmehr,  dafs  die  einfachen 
Fragen  mit  an  älter  seien;  ferner,  dafs  das  erste  Glied  selbst  nicht 
fragend  zu  sein  brauche,  z.  B.  Hoc  constat.  An  tu  putas  etc.?  = 
Glaubst  du  umgekehrt  u.  s.  w.,  =  oder  glaubst  du,  etwa  wie  ähnlich 
die  Partikel  ccXkd  aus  iiXka  hervorgegangen  ist.  Die  Bedeutung  der 
Frage  läge  somit  nicht  von  Haus  aus  in  dem  Worte. 

Darauf  werden  die  selbständigen,  dann  die  indirekten  mit  an 
beginnenden  Fragen  (darunter  auch  forsitan  und  fors  fuat  an),  end- 
lich die  disjunktiven  Fragen  einer  genauem  Untersuchung  unter- 
zogen, und  dabei  zahlreiche  Ergebnisse  für  die  Kritik  der  Komiker 
gewonnen. 

G.  M.  Ricbardson:  De  'dum'  partioulae  apud  prisoos  soriptores 
Latinoa  usu.     (Leipziger  Doktordissertation)  1886.    96  pg.    8°. 

Ein  amerikanischer  Philologe  bietet  hier  eine  aufserordentlich 
fleifsige  Arbeit  über  die  Partikel,  welche  schon  Eiste  (Halle  1882) 
mit  Beschränkung  auf  den  plautinisebeii  Sprachgebrauch  behandelt 
hatte.  In  der  Überzeugung,  dafs  nur  die  Ausbeutung  eines  um- 
fassenden Sprach materi als  zu  sicheren  Resultaten  führen  kann,  hat 
Vf.  seine  Untersuchung  nicht  nur  auf  die  ganze  filtere  Latinitat 
ausgedehnt,  sondern  auch  Lucrez,  Catull,  Varro  und  Sallust  beige- 
zogen. Arn  Schlufs  jedes  Abschnittes  angehängte  Tabellen  erleichtern 
die  Übersicht  über  das  sehr  umfangreiche  Stellenmaterial. 

Im  Eingange  behandelt  R.  kurz  die  Etymologie  von  dum,  in 
welchem  er  mit  Uibbeck  u.  a.  die  demonstrative  Pronominalwurzel 
erkennt,  wie  sie  sich  auch  in  quando,  donec,  quidam  n.  a.  zeigt, 
während  ihm  weniger  sicher  scheint,  dafs  in  dum  ein  Accusativ  zu 
sehen  ist.  In  fünf  Kapiteln  wird  dann  dum  als  temporales  Adverb 
besprochen,  die  Entstehung  des  konjunktionalen  Gebrauchs  erklärt, 
die  Konjunktion  in  Verbindung  mit  Verbalformen  vom  Prflsena- 
stamin,  dann  mit  solchen  vom  Perfektstamm  behandelt,  endlich  eine 
Übersicht  über  die  mutmafsliche  Entwickelung  des  gesamten  Sprach- 
gebrauchs gegeben.  Mit  Recht  wird  ausgegangen  von  den  wenigen 
UeispiolfMi  der  archaischen  Latinitüt,  wo  dum  —  dum  'bald  —  bald' 


Litteratur.  333 

heilst  (Arch.  II  234):  eigentlich  *die  Weile  —  die  Weile'.  Dann 
verbindet  sich  dum  mit  andern  Wörtern  zu  etiamdum,  interdum, 
non  (neque-,  haud-)  dum,  vixdum,  primumdum,  quidura  und  dem  nur 
bei  Terenz  und  Lucrez  je  einmal  vertretenen  nedum;  Vf.  vergleicht 
dazu  das  deutsche  'bisweilen'  und  das  englische  'meanwhile';  es  wäre 
gut,  wenn  die  Briete  Ciceros  mitunter  beigezogen  wären:  so  ist  es 
interessant,  dafs  vixdum  bei  Terenz  nur  einmal  vorkommt,  bei  Cicero 
mehrfach,  nihildum  in  der  älteren  Sprache  gar  nicht,  in  Cicero» 
Reden  nur  zweimal,  in  den  Brieten  öfter  (wie  steht  es  mit  nullus 
dum?);  während  R.  sehr  sorgfältig  unterschieden  hat,  wann  in  diesen 
Zusammensetzungen  dum  den  Ton  hat,  wann  es  enklitisch  ist,  wann 
es  in  Synalöphe  steht,  sind  die  Fälle,  wo  etiani  bei  nonduin,  vix- 
dum u.  ä.  steht,  nicht  besonders  beobachtet,  und  doch  hat  Terenz 
nihil  etiam  für  nihildum  und  noch  in  den  früheren  Schriften  Ciceros 
ist  der  breitere  Ausdruck  mit  dum  etiam  zu  beobachten:  s.  Land- 
graf zur  Kose  S.  176.  Erschöpfend  scheint  die  Stellensammlung 
des  Yf.  zu  sein:  der  Referent  hat  nur  nachzutragen  S.  13  primum- 
dum bei  Plaut.  Capt.  160  und  zu  S.  18  adsidedum  Plaut.  Stich.  7b, 
wo  es  deutlich  der  Ambrosianus  bezeugt.  Streitig  ist  es  noch,  ob 
die  vom  Vetus  zu  Plaut.  Trin.  369  überlieferte  und  von  Ritschi  in 
der  zweiten  Auflage  aufgenommene  Form  agidum  (s.  Opusc.  11,  563. 
569)  auch  sonst  wieder  herzustellen  ist.  Von  agedum  hat  neuer- 
dings W.  Abraham  nachgewiesen,  dafs  Plautus  es  fast  immer  mit 
einem  unmittelbar  folgenden  imperativ  verbindet.  Am  Schlufs  des 
ersten  Kapitels  wird  dudum  besprochen;  lautlich  kaum  haltbar 
scheint  die  Etymologie  von  Bopp,  der  sich  R.  au  schliefst  (dudum  = 
dum -dum):  die  schon  aus  dem  Altertum  stammende  Ableitung 
aus  diu  •  dum  (vgl.  auch  Schweizer  -  Sidler  Lat.  Gr.  S.  106)  hätte 
nicht  so  ohne  weiteres  von  der  Hand  gewiesen  werden  sollen.  Da- 
gegen wird  gut  entwickelt,  wie  aus  der  ursprünglichen  Bedeutung 
reben,  vorhin'  allmählich  die  spätere  r  lange'  entsteht.  Ciceros 
Sprache  bestätigt  das  vollauf:  neben  dudum  ( vorhin1  in  den  Briefen 
und  philosophischen  Schriften  steht  Att.  4,  5,  1  dudum  enim  circum- 
rodo,  quod  devorandum  est  (/schon  eine  ganze  Zeit'),  während  die 
Beden  konsequent  nur  iam  dudum  haben. 

Yf.  bespricht  hierauf,  wie  sich  aus  dem  parataktischen  Gebrauch 
von  dum  —  dum  allmählich  der  korrelative  (noch  bei  Catull:  virgo 
dum  intaeta  manet,  dum  cara  suis  est)  und  endlich  die  Konjunktion 
dum  entwickelt,  ein  Vorgang,  der  recht  passend  durch  Analogieen 
der  homerischen  Sprache,  des  Angelsächsischen  und  des  älteren  Deutsch 
erläutert  wird.  Auch  eine  später  (S.  57)  angeführte  Stelle  gehört 
hierher:  wenn  Plautus  Bacch.  279  noch  sagen  kann  Dum  circum- 
specto  me,  atque  ego  lembum  conspicor,  so  ist  das  doch  der  Nach- 
klang einer  Parataxe,  wie  ihn  das  Deutsche  sehr  oft  hat;  so  bei 
Hartmann:  daz  ich  si  gerne  ervollen  sol,  alle  wlle  unde  ich  mac. 
Den  Gebrauch  des  temporalen  und  kondicionalen  dum  (erst  *  während, 
so  lange',  dann  rbis')  hat  Vf.  in  den  beiden  folgenden  Kapiteln  mit 
einer  erschöpfenden  Sammlung  der  Stellen        ~    '      "uiauer,  manch- 


334  Litterator. 

mal  etwas  spitzfindiger  Klassifikation  dargelegt;  die  Statistik  des  Vf. 
ergiebt  das  interessante  Resultat,  dafs  unter  510  Stellen  nur  36 
vorkommen,  wo  dum  mit  Verbalformen  des  Perfekt  Stamms  verbunden 
wird,  woraus  er  mit  Hecht  schliefst,  dafs  der  letztere  Gebranch  sich 
verhältnismässig  spät  ausgebildet  hat.  Bemerkenswert  ist  auch,  dafs 
die  kausale  Nebenbedeutung  von  dum,  wie  sie  Cicero  in  seinen 
Briefen,  später  besonders  Tacitus  hat,  sich  vereinzelt  auch  schon  bei 
den  Komikern  findet:  doch  ist  Ter.  Andr.  188  und  443  dam  gewifs 
nicht  kausal,  wie  Vf.  S.  19  meint.  Dafs  dum  mit  Ind.  Imperf.  bei 
den  Komikern  selten  ist,  hatte  schon  Spengel  zu  Andr.  54  bemerkt: 
die  Stellen  aus  Sallusts  Historien  S.  G9  bestätigen  die  Beobachtung 
von  Schmalz  Lat.  Synt.  §  2G7,  1.  Sorgfaltig  behandelt  R.  auch  die  den 
Begriff  von  dum  ergänzenden  Adverbien,  wieadeo,  interea,  int erim,  nunc, 
tantisper,  usque  —  adhuc,  ndmodum,  parumper,  plerumque  u.  a.      B. 

0.  Brugmann:    Über    den   Gebrauch  des  oondioionalen  Ni  in 
der  älteren  Latinität.     Leipzig  1887.  Progr.  34  S.  4°. 

Nach  Wegener  Grundfragen  S.  183  besteht  die  eigentliche  Auf« 
gäbe  aller  wissenschaftlichen  Grammatik  darin,  die  grundlegenden 
Verhältnisse  aufzufinden,  aus  denen  die  sprachlichen  Einzelerschei- 
nungen hervorwachson.  Legen  wir  diesen  Mafsstab  an  die  Abhand- 
lung von  Br.,  so  werden  wir  dieselbe  eine  gediegene  Leistung  nennen 
müssen,  welche  für  die  Gesamtdarstellung  der  historischen  Syntax 
der  lat.  Grammatik  einen  hohen  Wert  besitzt.  Es  ist  wohl  selbst- 
verständlich, dafs  Drägers  und  Holtzes  seiner  Zeit  sehr  verdienst- 
liche Werke  heute  nicht  mehr  entsprechen  können;  ebenso  selbst- 
verständlich ist,  dafs  mein  Abrifs  in  Iwan  Müllers  Handbuch  II  240  ff. 
das  Bild  der  lat.  Syntax  nur  in  grolsen  Zügen  geben  konnte,  welche 
je  nach  dem  Staude  der  Vorarbeiten  mehr  oder  minder  treffend  aus- 
fielen. Derartige  Detailuntersuchungen  nun  verbreiten  Licht  über 
manche  dunkle  Stelle,  so  dafs  in  Zukunft  sowohl  die  erschöpfende 
Darstellung  der  Syntax,  als  auch  ein  Grundrifs  der6olben  scharf  um- 
rissene  und  zuverlässige  Beobachtungen  bieten  wird. 

Das  Wörtchen  ni  hat  eine  merkwürdige  Geschichte,  welche  uns 
an  einem  drastischen  Beispiele  zeigt,  wie  die  Bedeutung  eines  Wortes 
sich  immer  mehr  einengt,  wie  sein  Gebrauch  je  nach  der  Individua- 
lität des  Schriftstellers,  der  Eigenart  der  Litteraturgattuug  oder  der 
herrschenden  Strömung  sich  regelt  und  wie  schliefslich  der  Erfolg  im 
„Kampf  ums  Daseinu  sich  ihm  gestaltet.  So  sehen  wir,  dafs  das 
ursprünglich  nei  lauteude  ni  mit  no  noch  an  der  positiven  Natur 
teilnimmt,  so  dafs  wir  z  B.  in  der  lex  Acilia  rep.  neiquem  eorum 
det  sciens  etc.  finden,  wie  dagegen  allmählich  ne  allein  zur  Herr- 
schaft gelangt  und  ni  aufs  konditionale  Gebiet  beschränkt  wird,  ferner 
wie  nisi  dem  ni  schon  bei  Plautus  erfolgreiche  Konkurrenz  macht, 
wie  die  ganze  vorklassische  Prosa  ihm  ausweicht,  eine  Scheu,  die  erst 
bei  Cicero  und  auch  hier  nur  mit  grofser  Vorsicht  zurücktritt  etc. 

Die  Abhandlung  zerfüllt  in  zwei  liauptteile,  ni  mit  nachfolgen- 
dem    Indikativ,    und  ni    in   potentialen    und    irrealen    hypothetischen 


Litteratur.  335 

Perioden.  Im  ersten  Kapitel  wird  ni  in  Gesetzen  behandelt:  hier 
tritt  uns  die  auffällige  Thatsache  entgegen,  dafs  ni  nur  in  XII  tabb., 
dann  aber  nicht  mehr  bis  auf  Cicero  erscheint.  Daran  schliefst  sich 
ni  in  Gegensätzen,  Beteuerungen  und  Verwünschungen,  hieran  ni  in 
Drohungen,  wo  Bacch.  1172  für  ni  abeas  vielmehr  ni  abaetis  vorge- 
schlagen wird.  Hier  hätte  ich,  da  Lilie  im  Progr.  des  Humb.-Gymn. 
in  Berlin  1884  p.  15  gerade  auf  diese  Stelle  abhebt,  eine  prinzipielle 
Auseinandersetzung  mit  Lilie  gewünscht.  Ni  in  der  Sponsio  ist  eine 
alte  crux  philologorum;  sagt  ja  noch  C.  F.  W.  Müller  zu  Cic.  off. 
3,  77,  dafs  hier  „statt  si  oft  ni  gesetzt  wird,  über  dessen  Erklärung 
nichts  feststeht/1  Br.  findet  die  Erklärung  darin,  dafs  wir  bei  ni 
an  die  Aufforderung  zur  Wette,  nicht  an  den  Abschlufs  der  Wette 
selbst  zu  denken  haben.  Schliefslich  werden  die  Verwünschungen 
mit  ni  und  nach  ni  nach  Ausdrücken  der  Verwunderung  besprochen. 
—  Im  zweiten  Kapitel  wird  nach  Poesie  und  Prosa  getrennt  ni  mit 
Konjunktiv  erörtert  und  schliefslich  entgegen  Ribbeck  in  den  Wörtern 
quidni  und  quippini  der  zweite  Teil  als  einfache  ursprüngliche  Ne- 
gation ohne  jeglichen  konditionalen  Charakter  hingestellt.  Eine 
Bchlufsbetrachtung  giebt  die  Resultate  der  Untersuchung  und  zu- 
gleich eine  etymologische  Herleitung  von  nei  (aus  ne  +  i,  welches 
i  als  Lokativzeichen  oder  als  deik tisch  verstärkendes  i  anzusehen  ist); 
bei  letzterer  stammen  die  Nachweise  von  des  Vfs.  Bruder:  kein 
Wunder,  dafs  die  Abhandlung  einen  so  befriedigenden  Eindruck 
macht,  wenn  zur  Akribie  des  klassischen  Philologen  noch  die  bewährte 
Umsicht  des  Linguisten  tritt! 

Warum  Varro  übergangen  worden  ist,  wenn  Cornificius  eine 
Stelle  gefunden  hat  in  der  Untersuchung?  Es  scheint,  dafs  ßr.  auch 
selbst  einmal  fühlte,  dafs  Varro  zu  berücksichtigen  sei,  und  so  nahm 
er  S.  16  aus  Dräger  H.  Synt.  II  748  die  Stelle  Varr.  r.  r.  3,  3,  9 
peream  ni  piscem  putavi  esse  herüber.  Da  es  für  mich  ein  Bedürf- 
nis war  auch  des  Varro  Stellung  zur  vorwürfigen  Frage  kennen  zu 
lernen,  und  Reiter  in  seinen  Quaestiones  Varronianae  grammaticae 
nichts  bietet,  so  las  ich  wenigstens  de  re  rustica  durch.  Das  Re- 
sultat war:  1,  37,  2  ego  istaec  non  solum  in  ovibus  tondendis,  sed 
in  meo  capillo  a  patre  acceptum  servo,  ni  decrescente  luna  tondens 
calvos  fiam;  2,  1,  1  cum  poetain  sesum  viscre  venissemus,  ni  medici 
adventus  nos  inpedisset;  3,  1,  10  cum  .  .  parum  putasses  esse,  ni 
tuis  quoque  litteris  exornati  parietes  essent.  Überall  variiert  die 
Überlieferung  und  alle  drei  Stellen  sind  auch  sonst  nicht  intakt: 
immerhin  aber  scheint  die  Zahl  der  Beispiele  und  ihre  Art  für  die 
Geschichte  des  Wörtchens  ni  interessant.  Für  quidni  habe  ich  nur 
3,  1,  1  cum  duae  vitae  traditae  sint  hominum,  rustica  et  urbana, 
quidni)  Pinni,  dubium  non  est,  quin  hae  non  solum  loco  discretae 
sint,  sed  etiam  .  .  .  und  3,  2,  15  Certe  nosti  materterae  meae  fun- 
dum.  Quidni?  inquit,  ubi  aestate  diem  meridie  dividere  soleam  etc. 
gefunden:  aber  auch  diese  beiden  Beispiele  sind  wichtig  genug  um 
nicht  übergangen  zu  werden. 

Tauberbischofsheim.  F.  H.  Schmalz. 


336  Litteratur. 

G.  Niemöller:  De  pronominibus  ipse  et  idem  apud  Plautum 
et  Terentium.     Halis  Sax.  Diss.  inaug.  1887.  54  pg.  8°. 

Je  heikler  die  Kritik  der  Komiker  ist  wegen  ihres  freieren  Vers- 
baues, desto  erwünschter  mufs  es  sein,  durch  genaue  sprachliche 
Beobachtungen  Anhaltspunkte  für  die  Herstellung  des  Originales  zu 
gewinnen.  Vf.  untersucht  die  verschiedenen  Formen  von  ipse,  sowie 
die  Stellung  von  ipse  und  idem;  zunächst  also  ipsus  und  ipse.  Der 
Streit,  ob  die  Komiker  ipsus  oder  ipse  mit  sibi,  se  verbunden  haben, 
wird  dahin  entschieden,  dafs  Plautus  in  diesem  Falle  ipsus  sagt,  mit 
Ausnahme  vielleicht  von  Bacch.  415,  Terenz  häufiger  ipse.  Die  Form 
oarumpse,  welche  Vf.  dem  Ter.  liec.  163  aberkennt;  hatte  auch  Engel- 
brecht (vgl.  Arch.  I  163}  verworfen.  Die  Regel  Ritschis,  dafs  bei 
den  scenischen  Dichtern  idem  einem  Pron.  demonstr.  vorangehe,  trifft 
für  Plautus,  weicher  mehrmals  hie  idem  gebraucht,  nicht  zu.  Idem 
ipse  (Ter.  Ad.  424)  wird  überhaupt  eine  der  älteren  und  klassischen 
Latinität  fremde  Verbindung  sein,  welche  durch  Lactantius  nur  eine 
schwache  Stütze  erhält.  Idem  unum,  zweimal  bei  Plautus,  möchten 
wir  mit  dem  Vf.  halten,  wenn  auch,  abgesehen  von  dem  in  jener 
Zeit  nicht  auffälligen  Asyndeton  (Lucr.  2,  917  unus  idemque),  die 
Stellung  auffällt;  doch  sagt  auch  Aristoteles  o  erwog  xal  slg  statt  des 
gewöhnlichen  slg  %al  6  avrog.  Zuletzt  wird  über  idem  qui,  ut,  atque 
gehandelt.  —  Ein  eingehenderes  Referat  wird  die  Abhandlung  in 
den  Zeitschriften  verdienen,  welche  die  Plautus-  und  Terenzkritik  zu 
verfolgen  haben. 

Adolf us    Hoerle:    De    castuim    usu    Propertiano.     Diss.    inaug. 
Halis.  1887.    81  pg.    8°. 

Die  Absicht  des  Vf.  war  es  einen  Beitrag  zur  historischen  Syn- 
tax zu  liefern  und  durch  eine  genauere  Untersuchung  des  Sprach- 
gebrauches des  Dichters  auch  einiges  für  die  Kritik  beizutragen;  er 
hat  dieselbe  erreicht  und  ist  zu  Resultaten  gelangt,  weil  er  grofse 
Sorgfalt  auf  seine  Arbeit  verwendet  hat  und  weil  die  Sprache  gerade 
des  Properz  kühn  und  eigenartig  ist.  Dann  hat  er  auch  seiner  Ab- 
handlung einen  weiteren  Hintergrund  gegeben,  indem  er  die  Sprache 
des  Tibull  mit  der  des  Pr.  verglichen  hat.  Dafs  man  Gräciflmen 
wie  den  genet.  exclainationis:  foederis  heu  taciti  nicht  bei  Tibull 
suchen  darf,  ergiebt  sich  schon  aus  seiner  streng  nationalen  Richtung; 
aber  auch  ainor  tuus  setzt  er  noch  nicht  für  die  Liebe  zu  dir,  und 
vermeidet  es  von  einem  Nomen  zwei  Genetive  abhängen  zu  lassen 
(bez.  einen  Gen.  von  welchem  ein  zweiter  abhängt),  was  bei  Pr.  ganz 
gewöhnlich  ist.  Über  dio  bei  Tib.  noch  fehlenden  Ablat.  gerundii 
im  Sinne  des  Partie.  Präs.  Act.  (quaerendo  =  quaerens)  war  auf 
J.  N.  Ott,  die  Lehre  vom  Abi.  Ger.  (Festschr.  zur  4.  Tübinger  Säcular- 
feier,    187H.    S.  29  ff.)  zu  verweisen. 

Vermilst  haben  wir  die  Erwägung,  wie  weit  das  Versbedürfnis 
auf  die  Konstruktionen  des  Dichters  eingewirkt  habe;  denn  sera  venis 
oder  si  qua  venit  sero  konnten  eben  im  Hexameter  nicht  anders  lauten. 


Litteratur.  337 

So  würden  wir  auch  3,  27,  41  custode  recludor  (Luc.  Müller  custodi 
excludor)  darauf  zurückführen,  dafs  die  Dichter,  um  kurze  Schlufssilbo 
zu  bekommen  bei  passiven  Verben  den  Urheber  der  Handlung  in  den 
bloteen  Ablativ  statt  in  den  Dat.  graecus  gestellt  haben.  Vgl.  Hör. 
Epist.  1,  1,  94  curatus  inaequali  tonsore  capillos. 

Adam    Marty:    De  Qtüntilianeo    usu   et  eopia   verbornm  cum 
Oiceronianis  potissimum  comparatis.  Glaronae  1886.  65  pg.  8°. 

Vf.  behandelt  zuerst  den  bei  Q.  abweichenden  Gebrauch  cicero- 
nianiecher  Wörter,  in  einem  zweiten  Abschnitte  die  bei  Q.  zuerst 
auftretenden  Wörter,  und  sucht  zu  beweisen,  dafs  die  Übereinstim- 
mung der  Diktion  Qu  in  tili  ans  mit  Cicero  vorwiegend  in  der  Syntax 
liege,  der  Wortschatz  dagegen  bedeutende  Veränderungen  zeige.  Im 
grofsen  Ganzen,  aber  auch  nur  in  dieser  Beschränkung,  dürfte  die 
These  richtig  sein,  und  richtiger  jedenfalls,  als  wenn  man  sie  um- 
kehren wollte.  Da  dem  Vf.  keine  Vorarbeiten  vorlagen,  so  mufste 
er  sein  Material  auf  Grund  der  Lektüre  Quintilians  zusammentragen, 
und  er  hat  das  mit  redlichem  Fleiise  gethan,  wenn  ihm  auch  wich- 
tige Hülfsmittel,  wie  die  siebente  Auflage  des  Handwörterbuches  von 
Georges  gefehlt  zu  haben  scheinen :  sonst  hätte  er  doch  sicherlich  nicht 
conexio  (Cicero),  enarratio  (Sen.  ep.  88,  3),  gesticulatio  (Val.  Max. 
2,  4,  4),  indifferenter  (Scrib.  Largus),  lucrativus  (Cic.  ad  Att.),  ob- 
servabilis  (Sen.  ben.  4,  23,  1),  participalis  (nicht  participialis,  Varro), 
pullatus  (Persius)  als  zuerst  bei  Q.  nachweisbar  angeführt.  Vf.  ist 
vorsichtig  genug  aus  dem  ersten  Vorkommen  bei  Q.  nicht  zu  schliefsen, 
dafs  die  betreffenden  Wörter  zuerst  von  Q.  gebildet  seien;  die  dem 
Q.  selbst  angehörigen,  meist  Übersetzungen  griechischer  Kunstaus- 
drücke, hat  er  durch  *  kenntlich  gemacht,  und  er  hätte  darin  wohl 
etwas  weiter  gehen  dürfen,  indem  elocutrix  wohl  nur  eigene  Über- 
setzung von  £qro(>ix»/,  persuasibilis  =  m&ccvog  ist  etc.  Befremden 
mufs,  dafs  der  Tursellinus  nach  der  Ausgabe  von  Schwartz  1724 
citiert  wird,  da  doch  Hands  Ausgabe  in  vier  Bänden  bereits  vor 
einem  halben  Jahrhundert  erschienen  ist;  noch  mehr  aber  befremdet 
in  den  syntaktischen  Erörterungen,  dafs  Vf.  Drägers  Buch  nicht  kennt. 

Auch  in  der  Literaturgeschichte  ist  Vf.  nicht  sehr  bewandert, 
indem  er  den  Justin  konsequent  vor  Q.  setzt,  ohne  zu  wissen,  dafs 
derselbe  (im  3.  Jahrh.  nach  Chr.)  das  Werk  des  Trogus  Pompeius 
in  die  Sprache  seiner  Zeit  übertragen  hat.  Es  folgt  aus  dem  Obigen 
von  selbst,  dafs  Vf.  dem  Thema  des  dritten  Kapitels  (Verhältnis  der 
Latinität  Quintilians  zu  der  Ciceros)  nicht  ganz  gewachsen  ist;  gleich 
das  erste  Wort,  welches  bei  Q.  fehlen  soll  (weil  Bonnell  kein  Beispiel 
giebt),  etsi,  findet  sich  bei  Q.  1,  praef.  19.  1,  5,  28.  11,  3,  18;  dafs 
es  darum  relativ  selten  ist,  weil  es  durch  etiamsi  (um  es  von  et  si 
zu  unterscheiden)  ersetzt  wird,  ahnt  er  nicht.  Beachtenswert  ist  die 
Bemerkung  S.  61,  dafs  6,  3,  50  zu  lesen  sei  nee  clusum  (occlusum 
Halm)  neque  signatum,  obwohl  Cicero  de  orat.  2,  248  der  Deutlich- 
keit wegen  die  Composita  vorzieht  nee  obsignatum  nee  occlusum. 

S. 


338  Litteratur. 

S.  Hilarii  traotatus  de  mysteriis  et  hymni  et  8.  Silviae  Aqui* 
tanae  peregrinatio  ad  looa  sancta.  Tnedita  ex  codice  Arretino 
deprompsit  Joh.  Franc.  Gamurrini.  Romae  1887.  XL  et  152 
pgg.  4°.  Ex  typographia  Pacis  Philippi  Cuggiani.  Vico  della 
Pace  35.  (=  Biblioteca  dell*  accademia  storico-giuridica,  vol.  IV.) 

Schon  vor  drei  Jahren  gab  der  um  die  Epigraphik  verdiente 
Bibliothekar  von  Arrezzo,  Gamurrini,  in  der  oben  genannten  Bibliothek 
für  Geschichte  und  Jurisprudenz  eine  Notiz  über  seinen  Doppelfund; 
in  der  Berliner  Akademie  (Sitzungsberichte  1887.  XXIII.  28.  April) 
machte  Mommsen  namentlich  geographische  Mitteilungen  über  den 
Reisebericht,  und  soeben  ist  nun  auch  die  durch  Buchhändler  Spit- 
höver  in  Rom  zu  beziehende  Ausgabe  erschienen.  Die  Handschrift, 
welcher  wir  beide  Schriften  verdanken,  ist  aller  Wahrscheinlichkeit 
nach  in  Monte  Casino  geschrieben,  etwa  im  elften  Jahrhundert 

In  sprachlicher  wie  sachlicher  Hinsicht  steht  der  Hilariusfond 
hinter  dem  andern  zurück.  Die  Latinität  des  Bischofs  von  Portiers 
ist  aus  andern  Schriften  uns  bekannt,  und  damit  man  nicht  glaube, 
es  handle  sich  um  Mysterien  des  heidnischen  Kultus,  so  genügt  es 
die  Subscriptio  herzusetzen:  iinit  tractatus  mysteriorum  ab  Adam 
usque  ad  Noe,  deinde  Abraae,  Isaac,  Jacob,  Moysis  etc.  Da  der 
Traktat  wie  die  Hymnen  in  dem  Wiener  Corpus  der  Kirchenväter 
erscheinen  sollen,  so  wird  an  joner  Stelle  wohl  auch  Näheres  über 
die  Sprache  des  Hilarius,  sei  es  in  der  Vorrede,  sei  es  in  Form  eines 
Index  mitgeteilt  werden. 

Über  den  sprachlichen  Gewinn,  den  wir  aus  der  Peregrinatio  zu 
ziehen  haben,  ist  oben  S.  259  ff.  Bericht  erstattet.  Leider  fehlt  der 
Anfang  der  mutmafslich  in  den  Jahren  385  —  388  ausgeführten 
Heise,  indem  wir  mit  dem  erbten  Bogen  gleich  an  den  Fufs  des 
Sinai  versetzt  werden,  ebenso  das  Ende,  und  in  der  Mitte  an  zwei 
Stellen  je  ein  Blatt.  Im  J.  1037  hat  der  gelehrte  Bibliothekar  von 
Monte  Casino,  Petrus  Diaconus,  den  Reisebericht  wohl  noch  voll- 
ständig vor  sich  gehabt,  indem  sein  eigenes  Buch  De  locis  sanctis, 
welches  er  selbst  ex  omnibus,  ut  ita  dicam,  libris  collectus  nennt, 
der  Hauptsache  nach  aus  Beda,  De  locis  sanctis  und  unserer  Reise- 
beschreibung geschöpft  ist.  Der  Hsgb.  hat  daher  die  Schrift  des 
P.  Diac.  als  Anhang  .seiner  Ausgabe  beigegeben. 

Wenn  wir  nun  die  Arbeit  des  Hsgb.  würdigen  sollen,  so  hat 
derselbe  nicht  beansprucht,  die  Resultate  für  die  Geographie  des 
heiligen  Landes  sowie  für  die  altchristliche  Liturgie  vollständig  zu 
ziehen  und  systematisch  zusammenzustellen.  Aber  in  der  Vorrede 
giebt  er  das  zur  Einführung  in  die  Lektüre  Nötige,  und  in  zahl- 
reichen, bald  kürzeren  bald  grüfseren  Anmerkungen  unter  dem  Texte 
ist  in  verdienstlicher  Weise  ein  Kommentar  gegeben,  welcher  reich- 
haltige gelehrte  Nach  Weisungen  enthält.  Als  Kritiker  ist  6.  sehr 
konservativ,  was  bei  einem  editnr  princeps  im  ganzen  nur  zu  loben 
ist.  Bevor  die  Konjekturalkritik  ihre  Aufgabe  aufnimmt,  ist  die  Über- 
lieferung  möglichst   genau   festzustellen.     Kleinere   Versehen  können 


Litteratur.  339 

vielleicht  auf  Druckfehler  zurückgeführt  werden,  z.  B.  98  quia  ut 
fortiores  sunt,  aut  iuveniores  statt  qui  aut  f.;  88  satisfecerit  schreibe 
satis  fecerit  wegen  des  folgenden  minus  (fecerit).  Der  photolitho- 
graphische  Abdruck  einer  Seite  des  Codex  gestattet  uns  übrigens, 
hier  den  Text  von  Gamurrini  zu  kontrollieren.  Wir  ünden  auf  S.  49 
der  Ausgabe  Folgendes  zu  verbessern:  nullas  fabricas]  der  Codex 
deutlich  nraltas  fahr.  —  ruinae  autem]  Codex  r.  enini.  —  licet  tarnen 
fractus  afferat]  licet  t.  adhuc  fr.  äff.  —  nara  etiam  iam  senior  vir] 
nam  est  iam  6.  v.  —  in  de  fuisset  piosecutus]  i.  f.  profectus.  Dar- 
pach  wären  doch  noch  etwa  zwei  hundert  Stellen  nach  dem  Codex  zu 
bessern.  Die  Schrift  wäre  in  Kapitel  und  Paragraphen,  oder  blofs  in 
Paragraphen  zu  teilen,  da  man  jetzt  nur  nach  Seiten  der  Ausgabe 
(ohne  Zeilenzählung)  oder  der  Handschrift  citieren  kann.  Mag  aber 
auch  ein  Neudruck  noch  so  viele  Verbesserungen  aufweisen,  das  Haupt- 
verdienst wird  immer  dem  Entdecker  und  ersten  Hsgb.  bleiben,  dem 
daher  auch  unser  voller  Dank  gebührt. 


Aneodotum    latinum    von    Dr.    J.  Piechotta.     Gymn.-Progr. 
Leobschütz  1887.     13  pg.    4°.  # 

Aus  einer  durch  ihr  hohes  Alter  —  sie  stammt  aus  dem  6.  Jahrb. 
—  merkwürdigen  Handschrift  der  Leydener  Universitätsbibliothek, 
dem  cod.  Voss.  L.  Q.  9,  über  welchen  zuletzt  L.  Müller  (lihein.  Mu- 
seum XXIII  S.  187—190)  und  Bäbrens  (Miscellanea  S.  107)  gehan- 
delt haben,  veröffentlicht  der  zukünftige  Herausgeber  des  Pseudo- 
Apuleius  ein  kleines  Anecdoton  medizinischen  Inhalts.  Leider  ist  uns 
der  Anfang  desselben  durch  den  Verlust  mehrerer  Quaternionen  nicht 
erhalten;  es  beginnt  mit  Kap.  1  ad  nares  ulcerosas;  da  auch  eine 
subscriptio  fehlt,  ist  uns  der  Name  des  Autors,  wenn  ein  solcher 
überhaupt  genannt  war,  nicht  bekannt.  In  der  Weise  eines  Mar- 
cellus  Empiricus  oder  des  angeblichen  Musa  Antonius  de  herba  Vet- 
tonica  werden  hier  einfache  und  zusammengesetzte  Heilmittel  gegen 
verschiedene  Krankheiton  von  Menschen  und  Vieh  aus  dem  Pflanzen- 
und  Tierreiche,  darunter  auch  mehrere  abergläubische  Heil-  und  Zauber- 
formeln in  bekannter  Manier,  ohne  bestimmte  Ordnung  angeführt. 
Einige  Abschnitte  weisen  mehrfache  Anklänge  an  Dioskorides  auf, 
sind  also  wohl  einer  altlateinischen  Übersetzung  desselben  entlehnt, 
sonstige  Quellen  sind  nicht  zu  ermitteln. 

Mehr  als  der  unbedeutende  Inhalt  des  anonymen  Opus  inter- 
essiert uns  seine  Sprache,  und  der  Hsg.  hat  deshalb  in  der  Einleitung 
alles  in  bezug  auf  Orthographie,  Vokalismus ,  Flexion,  Syntax  und 
Wortschatz  Merkwürdige  sorgfältig  zusammengestellt.  Vieles  hiervon 
ist  dem  Ref.  auch  in  andern  medizinischen  Handschriften,  so  in  dem 
codex  Laudunensis  des  Marcellus,  begegnet;  freilich  haben  die  ersten 
Hsg.  medizinischer  Autoren,  die  für  die  unklassischen  Formen  der 
Volkssprache  kein  Verständnis  hatten,  diese  in  den  Texten  getilgt, 
und  es  ist  also  eine  Aufgabe  unserer  Zeit  hier  die  ursprünglinh«n 
Formen  wiederherzustellen.    So  hat  z.  B.  auch  die  genannte  Ma 


340  Litteratur. 

handschrift  durchweg  sciaticus  (=  ischiadicus),  cocliarium,  oft  visica, 
einigranium,  noscia  (=  ischias),  dactulus,  aspargere  od.  conspargere, 
u.  iL  Besonders  bemerkenswert  erscheinen  dem  Hef.  die  Wörter 
capunclus  (=  capus),  einissa  (=  cinis),  Stella  (=  Glatze  auf  dem 
Kopfe),  patziniini  coaguluni,  parescere,  perminuere  (intrans.  usque 
quo  luna  perminuat,  vgl.  luna  miuueute),  während  andere  der  8.  VI 
aufgeführten,  wie  barba  Jovis  (s.  PI  in.  IG,  70),  experiraeatatum  (s. 
Theod.  Prise.  IV,  p.  81)),  fisis  (=  loca  genitalia),  zema,  zernosus, 
virgo  pix  (s.  PJin.  Valer.  2,  37)  auch  sonst  vorkommen;  balbulia 
(de  faba  fresa)  ist  wohl  identisch  mit  valvulae  (cf.  Scribon.  c.  158 
l'aba  roolita  cum  suis  valvulis.  Colum.  VII,  4,  2  freaae  cum  suis 
valvulis  fabae);  die  Pferdekrankheit  orfus  erinnert  an  die  von  Veget. 
V,  22  orabus  genannte.  Statt  stentinurn  quein  longaone  vocant  hoc 
est  cui  stalis  oxiet  ist  wohl  intestinum  q.  1.  v.  zu  lesen  und  extalis 
hat  auch  Marcellus.  Ebenso  ist  cydonia  ulcera  offenbar  aus  chironia 
u.  uud  samsana  vielleicht  aus  lafi^avt}  verderbt.  Da  die  Schriftlüge 
des  codex  an  vielen  Stellen  verblafst  und  unlösbar  geworden  sind, 
erscheint  der  Text  vielfach  lückenhaft;  einige  Ergänzungen  und  Ver- 
mutungen mögen  diese  Anzeige  beschliefseu:  LI  lies  herbam  pteri- 
de(m)  coces,  LVJ1  ncscia  —  morbum  —  argimonia  —  locum  quem 
dolebit,  LXVII  nomas  st.  mamas,  LVI1I  si  habes,  LXVIIII  quam 
plurimam,  LXXI  in  murtario,  LXXII1  herbam  legito,  LXXV1I  circum- 
scribito,  LXXXVHH  ad  uiorsuin  serpentis  et  simi  hanc  herbam  tritam 
et  contusam,  CXX1III  caput  dimidium  si  cui  dolet  —  et  inpone  in 
caput,  CXLI1I  mulierem  Mittles  sistet  fluxu(m),  CL1II  in  unum  corpus 
inmisces,  l'LXIIIl  anagallidis  genera  sunt  duo  tioribus  discrepantia, 
CLXXVIII1  columbi  ne  devolent,  CLXXX1I1  de  vestibus. 

Augsburg.  G.  He  Im  reich. 


Herrn.  Win uef cid:  Sortes  Sangaliensee.  Adiecta  sunt  alearnm 
oraoula  ex  codice  Monacensi  primum  editae.  Bonuae.  Dissezt 
inaug.    1887.    (50  pgg.   8°. 

Bof.  erinnert  sich  in  seiner  Jugend  bei  seinem  sei.  Grofsvater 
ein  geschriebenes  Buch  mit  dem  Titel  'Glücksrad*  gesehen  zu  haben, 
welches  auf  etwa  hundert  Fragen  je  zwölf  Antworten  enthielt.  Je 
nachdem  der  das  Orakel  Befragende  mit  einem  oder  zwei  Würfeln 
1,  2,  ...  12  Augen  warf,  erhielt  er  nach  einem  etwas  komplizierten 
Mechanismus  die  betreffende  Antwort.  Ähnlich  sind  die  griechischen 
nach  Dekaden  gegliederten  Orakel  des  Astrainpsychos,  herausgeg.  fon 
K.  Heivher,  Berlin.  18(53,  deren  Einrichtung  etwa  auf  die  zehn  Finger 
der  Hand  bezogen  werden  könnte. 

Auf  die  lateinischen,  nach  Podekaden  gegliederten  St.  Galler 
Sprüche,  die  Übersetzung  eines  griechischen  Originales  zu  sein  scheinen, 
hatte  zuerst  Bücheier  im  Bonner  Lektionskatalog  1877.  13  hingewiesen, 
indessen  nur  Proben  gegeben;  W.  hat  nun  den  ganzen  Codex,  so  weit 
er  lesbar  ist  (denselben,  aus  dem  Niebuhr  die  Merobaudes-Fragmente 


Litteratur.  341 

herausgab),  abgeschrieben,  abgedruckt,  und  in  verdienstlicher  Weise 
mit  kritischen  Anmerkungen  und  Einleitung  begleitet.  Das  Verzeichnis 
der  Fragen,  über  die  man  Belehrung  holen  konnte,  ist  leider  verloren; 
sie  müssen  beispielsweise  gelautet  haben:  Was  wird  das  neue  Jahr 
bringen?  Soll  das  consortium  eingegangen  werden?  Wird  der  Prozefs 
gewonnen  oder  verloren?  Wird  die  Bewerbung  um  ein  Amt  mit  Er- 
folg gekrönt  werden?  Wird  die  Flucht  gelingen?  Wird  man  wieder 
gesund  werden? 

Da  die  Sprüche  vielfach  christliche  Färbung  tragen,  so  mögen 
sie  im  3.,  4.,  5.  Jahrhundert  entstanden  sein;  da»  mehrmals  vorkom- 
mende (ul  in  venire  wird  mau  kaum  noch  in  das  2.  Jahrhundert  rücken 
können.  Die  Sprache  zeigt  manches  Interessante:  modo  steht  für 
nunc  (welches  wohl  fehlt);  diu  existiert  noch  neben -m  longo  tempore 
(tongtemps),  magno  tempore  (in  der  Frage,  ob  man  no-h  lange  leben 
werde);  sonjum  und  soniari  stehen  =  ntra.  mrare  (vgl.  franz.  soigner 
u.  a.  roman.  Formen);  bieerte  =  'sicher'  war  nicht  mit  in  plenins  zu 
vergleichen,  sondern  mit  in  vantnn  (envnin).  oder  mit  Zusammen- 
setzungen wie  adpletie  (appieno),  adsatis  (assrz),  impalnm  ((.'aspari,  Pri- 
minius  183),  insrmel;  neue  Wörter  sind  luticarins,  mediemnmtare. 
Statt  seipvlum  17,  \)  ist  vielleicht  sernjntlum  zu  schreiben.  Das  in 
dieser  Hinsicht  Bemerkenswerte  ist  in  den  Anmerkungen  angedeutet 
und  in  einem  Index  zusammengestellt. 

Jünger  und  wertloser  und  zerrütteter  sind  die  Sortes  Mona- 
censes;  sie  zeigen,  wie  jede  Überlieferung  im  Laufe  der  Jahrhunderte 
schlechter  wird. 


I.  M.  Stowasser:  Hisperica  Famina.     Programm  des  Franz- Josef- 
Gymn.  in  Wien.   1887.  ö°. 

Das   eigentümliche  Machwerk,   dessen  Abdruck   durch  Ang.  Mai 
nicht  nach  allen  Seiten  befriedigte,    wird  hier  von  neuem  und  sorg- 
fältig herausgegeben  mit  einer  lateinischen  Vorrede  und  einer  deut- 
schen Nachrede.     Dem  emendierten  Texte  folgt  ein  Kommentar,  der 
manche  dunkle  Stelle  aufhellt;   einige  Deutungen  sind  freilich  wenig 
überzeugend   und   mehre  res   ist   auch   dem   Hrsgbr.  dunkel   geblieben, 
was  niemand    wundern  wird,  der  das  Denkmal  kennt.     Der  Verfasser 
ist  ein  ti-ottus,  d.  h.  ein  Ire,  wie  St.  mit  Hecht  in   Übereinstimmung 
mit    Mai  annimmt.      In  einem  noch  nicht  erschienenen  Aufsatz  (vgl. 
P.  3)  in  den  Wiener  Studien  führt  St  die  Hisp.  Farn,  und  das  ver- 
wandte Luxemburger  Fragment  auf  ein  gemeinsames  Muster  zurück. 
Die  Gründe  dieser  Ansicht  sind  mir,  wie  gesagt,  unbekannt.     Einst- 
weilen   scheint   mir   näher   zu    liegen,   dafs  der  Grundstock  der  Hisp. 
Fam.,    Kap.   1 — 5,    sidb.it  das   Muster   abgegeben   hat.     Hier  hat  ein 
^rammaticus  die  schwülstige  Sprache  namentlich  der  späteren  Dakty- 
Hker  nicht  ohne  Humor  nachgeahmt  und  übertrieben,  mit  Beibehaltung 
der   typischen  Wortstellung,    mit  Anwendung   aller   der   Kedetiguren, 
Welche    die    Grammatiker    in    dem    Kapitel    \b'    tropis9    abzuhandeln 
pflegten,  mit  Beiziehung  der  seltensten  und  fremdartigsten  Ausdrücke, 


342  Littoratnr. 

die  er  in  Glossaren  auftreiben  konnte.  Er  bat  dann  Nachfolger  ge- 
funden, die  seinem  Beispiel  obne  Humor,  aber  mit  naivem  Ernste 
folgten.  St.  betrachtet  das  Werk  als  eine  Fundgrube  für  Romanis- 
men  und  einzelne  werden  sich  hier  wie  bei  allen  8pätlateinera 
finden;  aber  Schreibungen  wie  saborcm  gleva  möchte  ich  eher  einem 
Kopisten  als  dem  irischen  Verfasser  zuschreiben,  und  z.  B.  plandum 
(für  planitifs)  würde  ich  nicht  mit  ital.  piantiio  zusammenstellen 
(p.  28).  Eher  dürften  die  Hisp.  Farn,  als  Quelle  für  seltenere  Glossen- 
Wörter  zu  benutzen  sein;  aber  diese  Quelle  ist  eine  äufserst  trübe 
wegen  der  Ungeniertheit  und  Kühnheit,  mit  welcher  der  oder  die 
Vorn*,  neue  Wörter  bilden.  Auf  Einzelheiten  gehe  ich  nicht  ein,  nur 
bemerke  ich  zu  p.  2G,  dafc  llhys'  Übersetzung  von  igudtiockm 
airmaoii  (Glosse  zu:  in  fcnosa  machide)  mit  'auf  grasigen  Schlacht- 
feldern' völlig  sicher  ist.  Die  Worte  in  Kap.  2  von  Novelle  trmporei 
bis  faueibus  tollus  spricht  der  ungebildete  Bauer,  der  im  folgenden 
Kapitel  von  der  Schule  weg  aufs  Land  zurückgeschickt  wird;  der 
Satz,  der  ihn  einführt,  ist  daher  nicht  zu  streichen  (p.  24),  sondern 
unentbehrlich.  —  Mit  dem  gutmütigen  Unsinn  des  Textes  kontra- 
stiert oft  etwas  eigentümlich   die   scharfe  Sprache  des  Herausgeben. 

Freiburg  i.  B.  R.  Thurnejsen. 


Anecdota  Oxoniensia.    Alphita,  odited  by  J.  L.  G.  Mowat    Oxford, 
Clarendon  press.  1887.    VII.    243  S.    4°. 

Das  hier  zuerst  veröffentlichte  „medico-botanical  glossary"  stammt 
aus  einer  Handschrift  der  Bodleiana  etwa  vom  J.  1465,  kann  aber 
auch  nicht  viele  Jahrhunderte  früher  geschrieben  sein,  da  die  Quellen 
auf  die  italienische  Wissenschaft  (Salerno)  des  Mittelalters  zurück- 
weisen. Während  der  Vf.  oft  die  englischen  und  französischen  Aus- 
drücke den  lateinischen  Pflanzen-  und  Krankheitsnamen  beifügt,  finde» 
sich  doch  auch  eine  Reihe  ausschließlich  italienischer  Worte  (Zirbui 
Netz  im  Leibe,  celea  Maulbeerbaum,  pira,  id  est  stupha  =  ital.  stuft, 
Badestube),  welche  nur  aus  den  benutzten  Schriften  italienischer  Ärzte 
in  das  Werk  geflossen  sein  können. 

Die  bisher  nicht  belegten  lateinischen  Wörter   und  Wortformen 
werden  daher  der  Hauptsache  nach  dem  Mittelalter  angehören,  womit 
natürlich  nicht  ausgeschlossen   ist,   dafs   manche   schon   der  Zeit  vor 
Karl  dem  Grofsen  und  dem  Spiltlatein  angehören.     Reich    entwickelt» 
sich   das  Suffix   aster   (vgl.    Arch.  1  390  *f.)   in  Bildungen   wie  piper- 
astrum  (vgl.  rnentastrum) ,  purpurnster,  subrubeaster  (vgl.  rougätre)  i 
zu  osus  finden  wir  arborosus,    carnositas,  tuberositas;   zu  anus  sol»- 
nus  =  evqXiog,  susanae  und  iusanae  (nämlich  partes),  Weiterbild unge** 
von  susum  und  iusum;   in  der  Komposition  obrufus,  obrotundus,  xr^ 
man  subrufus  erwartet.    GratFagia  hat,  wie  mir  Dr.  Helmreich  schreibt  • 
mit  yqctyri  etyiet  nichts  zu  thun,  sondern  ist  Ableitung  von  yQagnj  BS9SSts 
Rezept    (frz.   -ago),    wie    öfters    bei   Alex.    Trall.      Schon    romanisch 
sind  Wörter  wie  forago,   eibus  equornm  (frz.  fourage;    Du  Gange  fo> " 


Litteratur.     Sprechsaal.  343 

ragium:  pabulatio),  maneries  (maniere)  =  species,  vgl.  Da  Cange- 
Favre,  wo  Übrigens  das  in  der  neuen  Ausgabe  hinzugefügte  Maneries: 
congeries  lapidum  in  maceries  zu  emendieren  ist.  —  Eine  ausführ- 
lichere Anzeige  des  Buches  im  Litterar.  Centralblatt.  1887.  14.  Mai. 


Sprechsaal. 

Zum   erstenmale   seit   dem  Bestehen   des  Archives   hat  das  vor- 
liegende Heft   die   verarbeiteten   Artikel  lange  nicht  zu  fassen   ver- 
mocht, so  dafs  die  Fortsetzung  der  vulgärlateinischen  Substrata,  der 
Schluis  von  trans,   ultra,    Kssen  und  Trinken  im  Sprichworte,   Abeo 
und  andere  lexikalische  Artikel  zurückgelegt  werden  mufsten.    Es  sind 
eben  jetzt  so  viele  Philologen  in  unserem  Fache  eingearbeitet,  man  hat 
einen  solchen  Überblick  der  Litteratur  gewonnen  und  es  liegen  nach 
allen   Richtungen    so    zahlreiche  Probeartikel   vor,    dafs   lexikalische, 
grammatische ,  kulturhistorische  Aufsätze,  so  weit  das  Zettelmaterial 
dazu  vorliegt,  auf  Bestellung  geliefert  werden  können.    Insofern  ent- 
halten die  Archivbände  sowohl  die  versprochene  Vorarbeit  zu  einem 
Thesaurus,  als  die  Herstellung  derselben  eine  Vorschule  für  die  Mit- 
arbeiter  geworden    ist.     Dafs   unter   den   verschiedenen    Artikeln   die 
lexikalischen  noch  die  leichtesten  sind,   bedarf  keines  Beweisen,    und 
noch  leichter  wäre  es  die  ausführliche  Darstellung  ins  Kurze  zu  ziehen, 
in   die  Form,   die   etwa  ein  Thesaurusartikel  haben  muTste.     Gleich- 
wohl  sind   gerade   die   lexikalischen  Artikel  (Ab)  aus  dem  einfachen 
Gmnde  nicht  energisch  gefördert  worden,  weil  ja  der  Thesaurus  keine 
Zukunft s basis  hat.     Die   Hedaktion  verfolgte  daher  eine  Zeitlang  den 
Gedanken   namentlich    noch  Beiträge   zur  Geschichte   der  lateinischen 
Wortbildung  zu  liefern,  um  damit  nicht  nur  eine  grofse  Lücke  aus- 
lufüllen,  sondern  auf  dem  enger  begrenzten  Gebiete  eher  etwas  Ganzes, 
oder  doch    gröfsere    fertige    Abschnitte   bieten   zu    können.     In  jener 
Zeit  wurde  der  Artikel  Verba  frequentativa  und  intensiva  ohne  Zettel  - 
material   in  Angriff  genommen,   der    jetzt,   nachdem    diese  Idee   auf- 
gegeben   werden    mufäte,    der   Entschuldigung    bedarf;    ähnlich    sollte 
durch  Behandlung  der  Präpositionen  penes,  tenus,  trans,  ultra,  usque 
eine  Ergänzung  zum  Tursellinus  geboten  werden. 

Die  zahlreichen  Briefe,  deren  Verf.  nicht  nur  Notrufe  ausstoßen, 
sondern  auch  Vorschläge  machen  das  Archiv  und  das  T  besau  rusprojekt 
'Q  halten,  kann  die  Ued.  nicht  alle  einzeln  beantworten,  obschon  es 
*°  vielleicht   60  Fällen   geschehen   ist.     Was  mehrere  wünschen,    i*t 
*Dgst,  und   schon  vor  dem   Drucke  des   Prospekte*  geschehen;  allein 
jfie    (selbstverständlich  vorwiegend  sachlichen)  Schwierigkeiten,  welche 
^  Wege  stehen,  lassen  sich  weder  beseitigen  noch  hier  auseinander- 
bogen.    Die    Hedaktion    hat   nirht.   versäumt   in    den  Osterferien   eine 
ff^fsere  Reise   zu   machen,    um   die  Aneichten    befreundeter  Kollegen 
*u     vernehmen;   allein  auch   diese  sehen  ein,    dal«  der  Thesaurus  un- 
m'*glich  das  Werk  einer  Privatperson  sein   k«"inne. 


344  Sprechaaal. 

Dafs  sich  immer  noch  zahlreiche  Mitarbeiter  aas  allen  deutschen 
Gauen  anbieten,  scheint  anzudeuten,  dafs  die  Personalbasis  für  die 
Arbeit  vorhanden  wäre;  zu  ihrem  gröfsten  Bedauern  hat  die  Red. 
diese  Anerbietungen  ablehnen  müssen,  weil  es  nicht  zu  verantworten 
wäre,  so  lange  eine  definitive  Organisation  nicht  möglich  ist,  Arbeiten 
zu  veranlassen,  die  doch  zu  keinem  Abschlüsse  zu  bringen  wären. 

Ausstehend  zu  Fragebogen  3  und  4  (fallig  1.  Oktober  1885) 
sind  die  Zettel: 

Alcimus  Avitus  (A.  Knnz). 

Servius  (A.  Siefs). 

Ambrosius  II  (Jos.  Böhm). 

Hieronymus  V  (Fr.  Schwenck). 

Grammat.  lat.  VT  K.  (J.  Haverfield).    (Als  Ersatzmann  ist  unser 
**  Mitarbeiter  [Arch.  II  614J  eingesprungen.) 

Horaz  Sat.  Epist.  und  Corp.  inscr.  lat  XI  (J.  B.  Keune). 

So  empfindlich  dies  der  Redaktion  ist,  so  wenig  kann  darin  eine 
Widerlegung  des  Organisationsplanes  gefunden  werden.  Es  mufsten 
vielmehr  alle  ausbleibenden  Zettel  jeweilen  einen  Monat  nach  Verfall 
gegen  Bezahlung  hergestellt  werden,  etwa  zu  60  Mark  per  Frage- 
bogen, was,  zehn  Saumselige  per  Jahr  gerechnet,  einen  Kredit  von 
G00  Mark  nötig  machen  würde.  Die  hiesige  Akademie  besitzt  leider 
nicht  die  Mittel,  um  auf  die  Länge  und  mit  Sicherheit  solche  und 
noch  andere  Ausgaben  auf  sich  zu  nehmen,  was  schon  vor  vier  Jahren 
niemand  verborgen  war;  da  aber  der  Anfang  bei  allem  das  Schwie- 
rigste, und  nach  einem  Spruche  die  Hälfte  des  Ganzen  ist,  so  glaubte 
der  Unterzeichnete   wenigstens   die   ersten  Schritte   wagen  zn  dürfen 

Das  den  Band  ab  schlief  sende  Doppelheft  soll  im  November  ans-     j 
gegeben  werden. 

München,  den  15.  Juni  1887.  Prof.  Ed.  Wölfflin. 


I 


Essen  und  Trinken  im  Sprichwort. 

Wenn  der  Mensch  auch  nicht  leben  soll,  um  zu  essen,  son- 
dern essen,  um  zu  leben  (nach  einer  alten  Sentenz*)  beim  auct. 
ad  Herenn.  IV  28,  39.  Quintil.  IX  3,  85.  Isid.  Orig.  II  21,  13),  so 
liegt  ihm  doch  naturgemäfs  die  Sorge  um  die  tagliche  Nahrung 
am  allernächsten.  Kein  Wunder  also,  wenn  sich  auch  das  Sprich- 
wort mehrfach  sowohl  mit  dem  Essen  und  Trinken  im  allgemeinen, 
als  mit  den  mancherlei  Speisen  und  Getränken  beschäftigt. 

Damit  das  Essen  wohlschmecke,  ist  das  erste  Erfordernis 
ein  guter  Appetit,  und  diesen  wiederum  schafft  nur  ein  tüchtiger 
Hunger,  denn  „Hunger  ist  der  beste  Koch":  Cic.  de  fin.  II  28,  90 
idque  Socratem,  qui  voluptatem  nullo  loco  numerat,  audio  di- 
centem,  cibi  condimentum  esse  famem,  potionis  sitim.**)  Ja, 
der  Hunger  thut  noch  mehr,  indem  er  die  Menschen  zu  ange- 
strengter Thätigkeit  notigt,  schärft  er  zugleich  die  Erfindungs- 
gabe und  lehrt  Künste  und  Kunstgriffe  (Düringsf.  a.  a.  0.  I 
Nr.  777  f.).  Schon  die  Griechen  behaupteten  nokk&v  6  Atfiog  yC- 
yvstcu  diddöxalog  (Macar.  VII  24)  und  nsvCa  öl  öocpiav  ika%s 
(Zenob.  V  72).  Vgl.  noch  Theoer.  Id.  21,  1  a  nsvCa,  4i6<pavte, 
fwW  tag  xi%vag  iyeiQst,.  Auch  die  Römer  bringen  den  Gedanken 
zum  Ausdruck:  Senec.  ep.  15,  6  admitte  istos,  quos  nova  artificia 
doeuit  fames.  Pers.  prol.  10  Magister  artis  ingenique  largitor 
▼enter.***)  Phaedr.  append.  20,  7  Ergo  etiam  stultis  aeuit  in- 
genium  fames.  Von  der  Armut  überhaupt:  Plaut.  Stich.  78  pau- 
Pe*tas  omnes  artes  perdocet,  „Not  lehrt  Künste"  (Düringsf.  a.  a.  0. 
"  Nr.  194),  Publil.  Syr.  210  Hominem  experiri  multa  paupertas 

*)    Des  Socrates  nach  Plut.  de  and.  poet.  4.     Diog.  Laert.  2,  5,  34. 
At**en.  4,  p.  168  F.    Gellins  19,  2,  7.    Die  Eed. 

**)  Vgl.  Seneca  ep.  119,  4  nihil  contemnit  esuriens,    „Dem  hungrigen 
^^**ch  schmeckt  alles  wohl." 

***)  Anch  Horaz  erzählt  von  sich   ep.  II  2, 51  paupertas  impulit  andax, 
Verena  facerem. 

^UehiT  für  Ut  I«xikogr.  IV.     Heft  3.  4.  23 


346  A.  Otto: 

iubet.     Apul.  de  mag.   18   paupertas,    inquam, omnium 

artium   repertrix.  —  Ov.  a.  a.  II  42   Ingenium   mala   saepe   mo- 
vent.  Manil.  I  80  labor  ingenium  miseris  dat. 

Ein  voller  Bauch  hingegen  erzeugt  keinen  witzigen  Ge- 
danken: Persius  I  56  Qui  pote?  Vis  dicam?  nugaris,  com  tibi, 
calve,  Pinguis  aqualiculus  propenso  sesquipede  extet  Dazu  der 
Scholiast:  tractus  sensus  ex  Graecorum  versu,  quo  significatur  ex 
ventre  crasso  tenuem  sensum  non  nasci.  Hieron.  ep.  52,  11 
pulchre  dicitur  apud  Graecos  et  nescio  an  apud  nos  aeque  re- 
sonet:  Pinguis  venter  non  gignit  sensum  tenuem.  Der  griechische 
Wortlaut  ist:  yaöxrjQ  ita%sla  kenxbv  ov  tUxei  voov  (Apost  V 
22  a).     Zum  Gedanken  vgl.  auch  Hör.  sat.  II  2,  77. 

Wer  satt  zu  essen  hat,  weifs  nicht,  wie  weh  der  Hunger 
thut,  „ein  voller  Bauch  lobt  das  Fasten"  (Düringsf.a.0.  IINr.568): 
Hieron.  epistol.  58,  2  plenus  venter  facile  de  ieiuniis  disputat, 
und  ähnlich  Ter.  Andr.  309  Facile  omnes,  quom  valenius,  recta 
consilia  aegrotis  damus.  Indessen  mit  Worten  läfst  sich  ein 
Hungriger  nicht  abspeisen,  oder,  wie  das  Sprichwort  sagt,  „ein 
hungriger  Bauch  hat  keine  Ohren"  (Düringsf.  a.  a.  0.  I  Nr.  784). 
Unter  den  Aussprüchen  des  älteren  Cato  citiert  diesen  Satz 
Plutarch  aitoy&dyii.  Katar,  xov  XQeößvx.  1  (=  vit.  Cat.  mai.  8) 
*&lg  %aki%6v  iöxt  ktyeiv  ngbg  yaöxega  cor«  (tri  ijovöav.  Gleich- 
bedeutend ist  der  von  Apost.  X  73  a  angeführte  Vers  Ai\mo  yaQ  ovdhv 
iöxiv  avxsineiv  enog  und  Senec.  ep.  21,  11  venter  praeeepta  non 
audit;  poscit,  adpellat.  —  Welch  grofsen  Wert  aus  diesem  Grunde 
die  alten  Römer  im  Kriege  auf  die  gute  Sättigung  der  Soldaten 
legten,  zeigt  die  sehr  alte  Verbindung  pransus  paratus  (Cato 
orig.  p.  25,  9  Jord.  exercitum  suum  pransum  paratum  cohor- 
tatum  eduxit),  welche  auch  auf  das  gewöhnliche  Leben  übertragen 
wurde:  Varro  bei  Non.  p.  458,-  23  Quare,  o  Marce,  pransum  ac 
paratum  esse  hominem  oportet,  wohl  ausgerüstet,  schlagfertig. 
Pransus  paratus  war  auch  der  Titel  einer  Varronischen  Satire 
(p.  139  R). 

Freilich  ist  es  nicht  immer  leicht,  das  zum  Leben  Notwendige 
zu  beschaffen,  und  noch  „zwischen  Lipp'  und  Kelches  Rand  schwebt 
der  dunklen  Mächte  Hand".  Aus  einer  Rede  des  alten  Cato 
(fr.  65  Jord.)  führt  Gell.  XIII  18  (17),  1  den  Satz  an:  Saepe 
audivi  inter  os  et  off  am  multa  intervenire  posse  und  läfst 
darauf  den  Apollinaris  sagen:  vetus  esse  proverbium  „inter  os  et 
offam",  idem  significans,    quod  graecus  ille    xaQOLiiKoörjg  versus: 


Essen  and  Trinken  im  Sprichwort.  347 

Jtokka  p€ta%v  itiksi  xvXixog  xal  %Eiksos  axgov  (Zenob.  V71).  Vgl. 
Düringsf.  a.  0.  I  Nr.  676.  Eine  andere,  ebenfalls  allitterierende 
Übersetzung  desselben  Sprichwortes  ist  inter  man  um  et  men- 
tum:  Fest.  p.  149  M.  inter  manum  et  mentum  proverbium  est 
ex  Graeco  ductura ,  quod  est  izokkcc  ff.*)  Manchem  wird  sogar 
der  Bissen  aus  dem  Munde  (wir  sagen:  vor  dem  Munde)  weg- 
genommen, d.  h.  ein  Vorteil  entrissen,  dessen  er  sicher  zu  sein 
glaubte:  Ter.  Heaut.  673  Crucior  bolum  tantum  mihi  tarn  subito 
e  faucibus  ereptum.  Lucil.  bei  Non.  p.  36,  19  In  me  illis  spem 
esse  omnem,  quoyis  posse  me  emungi  bolo  (fr.  29,  63  M).  Das 
Gegenteil  davon  bei  Plaut.  Pers.  658  dabit  haec  res  tibi  grandis 
bolos.  Truc.  IV  2,  12  bolos  quos  dat!  Varro  r.  r.  III  2,  16  ut 
ad  hunc  bolum  pervenias. 

Wer  zum  Essen  zu  spät  kommt,  hat  das  Nachsehen:  Varro 
r.  r.  I  2,  11  Et  Stolo,  num  cena  comesa,  inquit,  venimus? 
Schlimmer  noch  ist  es,  wenn  jemand  sich  selbst  etwas  Unan- 
genehmes eingebrockt  hat  und  es  nun  ausessen  mufs:  Ter.  Phorm. 
318  tute  hoc  intristi,  tibi  omne  exedendum  est.  Auson.  id.  6,  5 
Tibi,  quod  intristi,  exedendum  est.  Macar.  IV  50  r\v  xig  £fta- 
$£  iuc£av,  Tccvrriv  xal  iöfrifoca.     Düringsf.  a.  0.  I  Nr.  438. 

Wenn  es  auch  nicht  jedem  vergönnt  ist,  zu  speisen  wie  ein 
König  (Petr.  38  solebat  sie  cenare,  quomodo  rex),  so  wird  er 
doch  auch  nicht  seine  Nase  in  alles,  selbst  das  Unappetitlichste 
stecken.  Um  diese  Kategorie  von  Leuten,  die  dummen  Schwätzer, 
welche  über  alles  reden,  zu  kennzeichnen,  hatten  die  Römer  ein 
sehr  derbes  Sprichwort,  welches  uns  Catull  98,  1  überliefert:  In 
te,  si  in  quemquam,  dici  pote,  putide  Victi,  Id  quod  verbosis 
dicitur  et  fatuis:  Ista  cum  lingua,  si  usus  veniat  tibi,  possis 
Culas  et  crepidas  lingere  carpatinas,  d.  h.  wohl  nicht,  wie  Sca- 
liger meinte,  deine  Zunge  würde  die  schmutzigsten  Dienste  ver- 
richten, sondern:  du  hast  einen  so  ungewaschenen  Mund  (wie 
wir  sagen),  dafs  du  ungescheut  die  schmutzigsten  Dinge  belecken 
konntest,  ohne  befürchten  zu  dürfen,  ihn  zu  verunreinigen. 

Wer  seinem  Feinde  unter  die  Zähne  kommt,  ist  übel  daran: 
Petr.  58  venies  sub  d entern!  Laber.  bei  Gell.  VI  9,  4  simul 
sub  dentes  mulieris  veni,  bis  ter  memordit  (Ribb.  fr.  com.  p.  241). 
—  Kindern,  welche  noch  keine  Zähne  besitzen,  kaut  die  Amme 
die  Speisen  vor;  so  giebt  es  auch  Menschen,  die  in  ihrer  geistigen 


*)  Eine  hierauf  bezügliche  Anekdote  bei  Serv.  zu  Verg.  ecl.  6,  72. 

23* 


348  A.  Otto: 

Ausbildung  so  wenig  entwickelt  sind,  dafs  man  ihnen  alles  haar- 
klein erklären  mufs,  um  verstanden  zu  werden:  Cic.  de  oral  II 
39,  162  qui  omnes  tenuissimas  particulas  atque  omnia  minima, 
niansa,  ut  nutrices  infantibus  pueris,  in  os  inserant.  Gell.  IV 
1,  11  Sed  si  me  praeinandere,  ut  aiunt,  postulas  ff. 

Um  nun  zu  den  einzelnen  Speisen  selbst  überzugehen,  so 
waren  jederzeit  Brot  und  Salz  die  notwendigsten  und  zugleich 
einfachsten  Nahrungsmittel.  Wer  sich  blofs  mit  Salz  und  Brot 
beköstigt,  führt  das  denkbar  einfachste  Leben:  Plin.  n.  h.  XXXI 
7,  89  Varro  etiam  pulmentari  vice  usos  (seil  sale)  veteres  auetor 
est  et  salem  cum  pane  esitasse  eos  proverbio  adparet  Hör. 
sat.  II  2,  17  cum  sale  panis  Latrantem  stomachum  bene  leniet.*) 

—  Vom  Rechtsstudium  bemerkt  einer  der  Teilnehmer  am  Gast- 
mahle des  Trimalchio  Petr.  46  habet  haec  res  panem,  das  lafet 
nicht  verderben.  Mit  den  Worten  tace  liugua,  dabo  panem  legt 
sich  daselbst  Trimalchio  selbst  Stillschweigen  auf  (Petr.  69).  Die 
Redensart  erklärt  sich  jedenfalls  daraus,  dafs  man  einem  Bettler 
oder  einem  Hunde  ein  Stück  Brot  giebt,  um  ihm  den  Mund  zu 
stopfen.  Den  gleichen  Ursprung  hat  Petr.  37  noluisses  de  manu 
illius  panem  aeeipere,  kein  Hund  mochte  von  ihm  ein  Stück 
Brot  annehmen.  Ahnlich  ist  Petr.  62  nee  postea  cum  illo  panem 
gustare  potui,  non  si  me  oeeidisses.**)  —  Das  gewöhnliche  Brot 
war  aus  triticum,  nur  im  Falle  der  Not  mochte  man  sich  wohl 
mit  lolium  behelfen,  wovon  man  jedoch  glaubte,  dafs  es  den 
Augen  schädlich  sei  (Ov.  fast  I  691).  Aus  dieser  Ansicht  er- 
klärt sich  Plaut.  Mil.  glor.  321  Mirum  est  lolio  victitare  te, 
tarn  vili  tritico,  wo  Sceledrus  zum  Verständnis  hinzusetzt:  quia 
luscitiosu's.  Immerhin  bleibt  es  fraglich,  ob  hier  nicht  blofs  ein 
Witz  des  Plautus  vorliegt.  —  Die  Beschaffenheit  des  Mehles, 
woraus  Brot  gebacken  wird,  ist  natürlich  verschieden;  mit  Bezug 
darauf  heifst  es  bei  Pers.  V  115  cum  fueris  nostrae  paullo  ante 
farinae,  während  du  doch  soeben  von  gleichem  Stoffe  warst>  wie 
wir.***) —  Der  gärende  Sauerteig  bedeutet  aufbrausenden  Zorn: 

*)  Vgl.  auch  unser  Sprichwort:  „Salz  und  Brot  macht  Wangen  rot". 

—  Plaut.  Poenul.  III  4,  19  Ag.  Si  pultem  non  recludet.  Ad.  Panem 
frangito  enthält  nichts  weiter,  als  ein  Wortspiel  zwischen  dem  accus,  non 
pul 8  und  dem  coni.  von  pultare.  (Anders  Pflügl,  die  Sprichw.  bei  Plant 
u.  Ter.  p.  13.) 

**)  „Kein  Bissen  Brot"  ist  Petr.  42  non  mica  panis,  Petr.  44  non  bncca 
panis.    Ähnlich  Plaut.  Stich.  568  denegavit  dare  se  granum  tritici. 

***)  Der  Ähnlichkeit  halber  sei  hier  erwähnt  Petr.  46  non  es  nostrae 


Essen  and  Trinken  im  Sprichwort.  349 

Plaut.  Cas.  II  5,  17  nunc  in  fermento  tota  est,  ita  turget  mihi. 
Mercat.  959  mea  uxor  propter  illam  tota  in  fermento  iacet.*) 

Von  Fleischspeisen  stand  bei  der  altitalischen  Bevölkerung 
das  Schweinefleisch  in  höchsten  Ehren.  Im  Schlaraffenlande 
laufen  nach  ihrer  Meinung  die  Schweine  schon  gebraten  herum: 
Petr.  45  Tu  si  aliubi  fueris,  dices,  hie  porcos  coctos  ambulare. 
Bezeichnend  ist  vor  allem  für  die  grofse  Bedeutung  der  Schweine- 
sucht bei  den  alten  Römern  eine  Stelle  des  Varro  r.  r.  II  4,  3 
quis  enim  fundum  colit  nostrum  ....  qui  non  audiverit,  patres 
nostros  dicere,  ignavum  et  sumptuosum  esse,  qui  sueeidiam  in 
carnario  suspenderit  potius  ab  lanario,  quam  ex  domestico  fundo? 
Aus  dieser  Anschauung  heraus  nannten  auch  die  Landleute  den 
Garten  eine  zweite  Speckseite:  Cic.  Cato  niai.  16,  56  Iam 
hortum  ipsum  agricolae  sueeidiam  alteram  appellant.  —  Auf 
die  Jagd  und  den  Genufs  des  Wildschweins  geht  ein  Aus- 
spruch Diokletians  bei  Flav.  Vopisc.  Numer.  15,  3  ego  semper 
apros  oeeido,  sed  alter  utitur  pulpamento,  ich  habe  die  Arbeit, 
der  andere  den  Lohn.  Vgl.  die  zahlreichen  Parallelen  bei  Düringsf. 
a.  O.  I  Nr.  344.  über  die  beiden  Sprichwörter  lepus  es  et  pul- 
pamentum  quaeris  und  leporem  edit  verweise  ich  auf  Genthe, 
prov.  ad  anim.  nat.  spect.  6. 8.**)  Von  der  Fleischnahrung  allgemein 
Charis.  I  p.  276,  22  K.  paroemia  est  vulgaris  (pro-)verbi  usur- 
patio  cum  aliqua  diversitate,  ut  „coeta  numerabimus  exta", 
cum  significet:  ex  eventu  sciemus.  Diomed.  p.  462,  31  K.  et  ut 
„coeta  numerabimus  exta",  cum  significet:  ex  eventu  sciemus.  — 
Auch  die  Fische  sind  nicht  vergessen,  ich  finde  piscis  natare 
oportet,  die  Fische  wollen  schwimmen  d.  h.  ihr  Genufs  macht 
Durst  (Petr.  39),  piscis  nequam  est,  nisi  recens,  frische  Fische, 
gute  Fische  (PI.  Asin.  1 3, 26),  addidistis  garo  gerrem  (Arnob.  V  44). 

Nicht  jedermann  ist  so  vermögend,  dafs  er  täglich  Fleisch 
essen  kann,  der  gewöhnliche  Mann  mufs  mit  Gemüse  vorlieb 
nehmen.  Dafs  letzteres  aber  für  geringwertiger  gilt,  als  das 
Fleisch,  erhellt  u.  a.  aus  dem  bei  Petr.  39  erhaltenen  Sprich- 
worte: strabones,  qui  holera  speetant,  lardum  tollunt,  die  Schie- 


fasciae,  du  biBt  nicht  unseres  Standes.  Auch  nota  wird  in  diesem  Sinne 
gern  gebraucht  (Sorte).  Vgl.  z.  B.  Petr.  83  et  hac  nota  litteratorum. 
Senec.  de  benef.  III  9  nou  sunt  ex  hac  vulgari  nota. 

•)   Vgl.  auch  Petr.  76  hoc  fuifc  peculiae  meae  fermentum,  dies  war 
die  Quelle  meines  Reichtums. 

**)  Anders  Wortmann,  compar.  PL  et  Ter.  1888.  p.  26.    Die  Red. 


350  A.  Otto: 

lenden,  d.  h.  die  Neidischen*),  Selbstsüchtigen  sehen  sich  nach 
dem  Gemüse,  dem  Geringeren,  um  und  nehmen  indessen  den 
Speck,  das  Beste.  —  Dunkler  ist  ein  anderes  Sprichwort  bei 
Catull  94,  1  Mentula  moechatur;  moechatur  mentula;  certe  Hoc 
est,  quod  dicunt:  ipsa  ollera  olla  legit,  der  Topf  wählt  sich  selbst 
das  Gemüse  d.  h.  also  wohl:  Sie  passen  zu  einander  wie  der 
richtige  Topf  zum  Gemüse,  denn  „gleich  und  gleich  gesellt  sich 
gern".  Man  vergleicht  das  griechische  svqsv  rj  konag  xo  xifta 
(Titel  einer  Satire  des  Varro). 

Von  Gemüsesorten  finden  wir  im  Sprichwort  Kohl  und 
Spargel  genannt.  Aufgewärmter  Kohl  ist  uns  noch  heute  ver- 
dächtig, die  Alten  hielten  ihn  für  sehr  gefahrlich.  So  spielt 
Juvenal  7,  154  mit  den  Worten  Occidit  miseros  crambe  repe- 
tita  magistros  nach  dem  Seh o Hasten  auf  das  griechische  Sprich- 
wort dlg  xQccußrj  ftavatog  an.  Bei  Düringsf.  a.  a.  0. 1  S.  264  wird 
aus  dem  Italienischen  angeführt:  Cavolo  riscaldato  non  fu  mai 
buono,  aufgewärmter  Kohl  war  niemals  gut.  Eines  der  Lieblings- 
worte des  Kaisers  Augustus  war  nach  dem  Zeugnisse  des  Sueton 
(Octav.  87)  celerius,  quam  asparagi  coquuntur  (ad  exprimendam 
festinatae  rei  velocitatem).  **) 

Der  Form  nach  läfst  sich  damit  vergleichen,  was  Pest  p. 
274  M.  überliefert:  ravim  antifqui  dicebant  pro  raucitatej  .... 
Caecilius  in  Hypobolimaeo:  prius  [ad  rayim  .  .  .  .]  ntam  feceris, 
wo  Ursinus  suppliert:  quam  placentam  feceris  (vgl.  Ribb.  fr. 
com.  p.  41).  Doch  ist  die  Ergänzung  ungewifs,  andere  haben 
anderes  vorgeschlagen.  Sonst  begegnet  uns  Gebäck  nur  noch 
in  einer  Redensart  bei  Cic.  ad  Att.  V  20,  4  In  eodem  Amano 
coepit  laureolum  in  mustaceo  quaererc.  Wenn  jemand  seinen 
Ruhm  in  einer  solchen  Kleinigkeit  sucht,  wie  ein  Honigkuchen 
ist,  so  mufs  er  hoffen,  ihn  auf  eine  sehr  billige  und  bequeme 
Weise  erlangen  zu  können.  —  Die  Mahlzeiten  pflegten  bei  den 
Römern  mit  Eiern  zu  beginnen  und  mit  Obst  zu  enden.  Horaz 
sagt  deshalb  sat.  I  3,  6  si  collibuisset,  ab  ovo  Usque  ad  mala 
citaret  ff.  und  ähnlich  Cic.  faniil.  IX  20,  1  integram  famem  ad 
ovum  affero,  itaque  usque  ad  assum  vitulinum  opera  perducitur. 


*)  Vgl-  Lucil.  bei  Non.  p.  27,  6  Nulli   me   invidere,   non    strabonem 
fieri  saepius  delictis  me  istorum. 

**)  Plaut.  Bacch.  IV  5,  7  tarn  frictum  illum  reddam  quam  friotum  e#t 
cicer  ist  wohl  nur  ein  Witz  des  Dichters. 


Essen  und  Trinken  im  Sprichwort.  351 

DaXs  aber  die  Formel  ab  ovo  allgemein  sprichwörtlich  gewesen  wäre 
(=  von  Anfang  an),  läfst  sich  aus  den  beiden  Stellen  noch  nicht 
erkennen,  wohl  aber  beweist  dies  für  spätere  Zeit  Atil.  Fortunat. 
p.  278  qiiare  necessario  altius  et  ab  ovo  mihi,  quod  aiunt,  re- 
petenda  res  est.  Doch  ist  es  noch  wahrscheinlicher,  dafs  die 
Redensart  entstand  aus  Hör.  a.  p.  147  Nee  gemino  bellum 
Troianum  orditur  ab  ovo  (seil.  Ledae),  nur  dafs  auch  aus  dieser 
Stelle  kein  Sprichwort  (ab  ovo  Ledae)  eruiert  werden  darf. 

An  Früchten  herrscht  im  Sprichwort  kein  Überflufs.  Aufser 
dem  Apfel*)  sind  vorhanden  der  Granatapfel  (Plaut.  Rud. 
580  cicenm  non  interduiui,  ich  gebe  keinen  Granatapfelgrops 
dafür!)**),  die  Feige  (Petr.  44  habemus  aedilem  trium  cau- 
nearum,  der  nicht  mehr  wert  ist,  als  drei  Feigen.  Petr.  64  abistis 
dulces  caricae,  als  Ausdruck  des  lebhaften  Bedauerns  über  den 
Umschwung  der  Zeit),  vorzugsweise  aber  Nüsse.  Taube  Nüsse 
sind  wertlos:  Plaut.  Mil.  glor.  316  Non  ego  tuain  empseriin  vitara 
vitiosa  nuce.  Vgl.  Aristo ph.  Pax  1223  ovx  av  itQiai\M\v  oiä*  ccv 
fo%adog  (ii&s,  um  eine  trockene  Feige.  Plaut  Pseud.  371  Ted 
amatorem  esse  inventum  inanem,  quasi  cassam  nucem.  Rud. 
1324  cassam  glandem.  Petr.  137  nuces  inanes.  Hör.  sat.  II  5,  35 
Eripiet  oculos  citius  mihi,  quam  te  Contemptum  cassa  nuce 
pauperet.  Denn  die  Schale  ohne  den  Kern  taugt  nichts:  Plaut. 
Gapt.  III  4,  122  Nucleum  amisi,  reliquit  pignori  putamina.***) 
Indes  ist  auch  der  Kern  nicht  immer  ohne  Mühe  zu  erlangen: 
„Wer  kosten  will  die  süfse  Nufs,  die  harte  Schal*  erst  knacken 
mufs"  (Düringsf.  a.  0. 1  Nr.  890):  Plaut.  Curcul.  55  e  nuce  nucleum 
Qui  esse  vult,  frangit  nucem  (citiert  von  Macrob.  sat.  III  18,  13). 
Hieron.  ep.  58,  9  Qui  edere  vult  nucleum,  frangat  nucem. f) 
Die  (sprichwörtliche)  Härte  einer  Nufsschale  schwebte  dem  Horaz 
vor,   als   er  ep.  II  1,  31    als  Beispiel   einer  augenscheinlich   ver- 


*)  An  einen  faulen  Apfel  ist  wohl  zu  denken  Petr.  67  bellum  poinum, 
qni  irridcat  alios,  ein  schönes  Früchtel!  Vgl.  Athen.  III  23  p.  82  B  q>av- 
Xoteffoi  cpctvloov  pTjXcov. 

**)  Vgl.  Varro  1.  1.  VII  91. 

***)  Vgl.  Plaut.  Mercat.  III  4,  5  Spem  teueo,  salntem  amisi. 
f)  Wenn  Pflügl  p.  27  erklärt:  „Niemand  thut  etwas  umsonst"  (=  qui 
frangit  nucem,  nucleum  esse  vult),  so  dreht  er  das  Verhältnis  der  beiden 
Satzteile    gradesu    um.     Vgl.  auch   den   folgenden  Vers    (Jui    vult   cubare, 
pandit  saltum  saviis. 


352  A.  Otto: 

kehrten  Behauptung  anführte  Nil  intra  est  oleam,  nil  extra  est 
in  nuce  duri.*) 

Das  unentbehrlichste  Gewürz  ist  das  Salz.  Ein  altes 
Sprichwort  versichert,  um  einen  Freund  recht  zu  erkenmen,  müsse 
man  erst  einen  Scheffel  Salz  mit  ihm  gegessen  haben  (Düringsf. 
a.  0.  II  Nr.  276.  277J.  Cic.  de  amicit.  19,  67  verumque  illud  est, 
quod  dicitur,  multos  modios  salis  simul  edendos  esse,  ut  ami- 
citiae  munus  expletum  sit.  Aristot.  Ethic.  Nicom.  VII  2,  46  ov 
yaQ  iötiv  avav  netQccg  ovde(uag  yptyccg  6  qpßog,  dio  ctg  xaQOt- 
\klav  iArjkv&ev  6  (lidipvog  räv  akäv.  Apost.  II  28.*)  Von  Geiz- 
hälsen heifst  es  bei  Plaut.  Pers.  267  qui  salinum  servo  obsignant 
cum  sale,  was  anscheinend  mehr  ist  als  ein  blofser  Witz  des 
Dichters.  —  Neben  dem  Salze  ist  das  gebräuchlichste  Gewürz 
der  Pfeffer.  Eine  Variante  ähnlicher  Wendungen  ist  Petr.  44 
piper,  non  homo,  von  einem  scharfen,  bissigen  Menschen.  Nicht 
eigentlich  hierher  gehört  Plaut.  Trin.  410  confit  Cito,  quam  si 
tu  obicias  formicis  papaverem.  —  Unserer  Redensart:  Er  hat  in 
den  Essigtopf  gesehen  d.  h.  er  ist  mürrisch  und  niederge- 
schlagen, entspricht  Plaut.  Trucul.  315  Si  ecastor  hie  homo 
sinapi  victitet,  non  censeam  Tarn  esse  tristem  posse.  VgL 
Aristoph.  Equ.  631   xaßkstye  vänv  xal  tä  pixari  iveönaösv. 

Hier  sei  auch  des  Gebrauches  der  Nieswurz  gegen  Wahnsinn 
gedacht:  Plaut.  Pseud.  1185  elleborum  hisce  hominibus  opus 
est,  sie  sind  reif  für  das  Tollhaus.  Men.  950.  Vgl.  Iren.  adv. 
haeres.  II  30,  1  quibus  universae  terrae  elleborum  non  sufficit 
ad  expurgationem  (s.  Archiv.  III  S.  380).  Mit  Catull  99,  14 
tristius  elleboro  vergleicht  man  Anthol.  Pal.  V  29,  2  itixQorsQOv 
ekkeßoQov.  Einem  trägen  und  schläfrigen  Menschen  rief  man  zu: 
Ifs  Kresse:  Plin.  n.  h.  XIX  8,  44  (155)  Nasturtium  nomen  ac- 


*)  Nüsse  als  Kinderspielzeug  bei  Pers.  I  10  nueibus  faeimus  quaecum- 
que  relictis,  seitdem  wir  die  Kinderschuhe  ausgetreten. 

**)  Für  nicht  sprichwörtlich  halte  ich  (mit  Pflügl)  Plaut  Pers.  480 
numquam  delinget  salem  und  Cnrcul.  662  hie  hodie  aput  me  numquam 
delinges  salem  (anders  Hom.  XVII  455  ovdr  alcc  doirjg).  Ebensowenig 
auch  Plaut.  Rud.  937  rez  cum  aceto  pransurus  est  et  sale.  Auch  der  Ge- 
brauch von  sal  (sale8)  für  „Witz"  ist  zu  gewöhnlich,  um  noch  als  sprich- 
wörtlich empfunden  zu  werden.  Höchstens  hat  sprichwörtlichen  Ton  Catull 
86,  4  nulla  in  tarn  magno  est  corpore  mica  salis  und  Mart.  VII  35,  8  nulla- 
que  mica  salis.  Das  griechische  alfiri  ofa  ivsax'  ovreo  ■  hat  eine  abwei- 
chende Bedeutung. 


Essen  und  Trinken  im  Sprichwort.  353 

cepit  a  narium  tormento,  et  inde  vigoris  significatio  proverbio 
id  vocabulum  usurpavit  veluti  torporem  excitantis. 

Was  den  Essig  anlangt,  so  wird  als  sprichwörtlich  bezeichnet 
Plant.  Pseud.  739  Ecquid  autem  habet  aceti  in  pectore?  und 
Bacch.  405  Nunc  experiar,  sitne  aceto  tibi  cor  acre  in  pectore. 
Doch  übersetzt  man  gewöhnlich  falsch:  „ob  du  Witz  im  Leibe 
hast";  vielmehr  hat  acetum  an  beiden  Stellen  die  übertragene 
Bedeutung  von  Schärfe,  Bitterkeit,  Galle.  Auch  bei  Hör.  sat.  I 
7,  33  At  Graecus  postquam  est  Italo  perfusus  aceto  ist  es  scharfer, 
beifsender  Spott. 

Der  Schärfe  des  Essigs  kann  man  gegenüberstellen  die 
Süfsigkeit  des  Honigs,  der  bei  den  Alten  die  Stelle  unseres 
Zuckers  vertritt:  Plaut.  Asin.  III 3,  24  0  melle  dulcior  dulci  (Curcul. 
I  1, 11  melculo  dulci  roeo).  Auct.  ad  Herenn.  IV  33,  44  Cuius  ore 
....  sermo  melle  dulcior  profluebat.  Cic.  Cato  mai.  10,  31  melle 
dulcior  nach  Hom.  II.  I  249  ft&trog  ylvxtmv.  Ov.  trist.  V  4,  29 
dulcior  ille  Melle.  Senec.  ep.  IV  11,  3  levis  et  melle  dulcior. 
Auson.  ep.  21  praef.  o  melle  dulcior.  Sidon.  Apoll,  ep.  9,  11 
conviciis  tuis  . . .  mella  vincentibus.  Hieron.  adv.  Lucif.  7  p.  179 
Vall.  quae  melle  et  favo  dulciora  sunt.  ep.  30,  13.  128,  1.  Ennod. 
p.  69,  14  Vog.  Vgl.  Plaut.  Cas.  II  8,  21  mel  mi  videor  lingere, 
das  ist  mir  Zuckerlecke. 

Das  grade  Gegenteil  vom  süfsen  Honig  ist  die  bittere  Galle: 
Plaut.  Trucul.  I  2,  76  In  melle  sunt  linguae  sitae  nostrae  atque 
orationes  Lacteque:  corda  feile  sunt  lita  atque  acerbo  aceto. 
Hieron.  ep.  128,  2  mel  destillare  labia,  quod  postea  feile  amarius 
iuvenitur,  Honig  im  Munde  und  Galle  im  Herzen  (Düringsf.  a.  0. 
I  No.  745).  Im  menschlichen  Leben  ist  nur  allzu  häufig  Honig 
und  Galle,  Angenehmes  und  Betrübendes,  Glück  und  Unglück 
vereinigt:  Apul.  flor.  IV  18  Sed  verum  verbum  est  profecto,  qui 
aiunt:  Nihil  quicquam  homini  tarn  prosperum  divinitus  datum, 
quin  ei  tarnen  admixtum  sit  aliquid  difficultatis,  ut  etiam  in  am- 
plissima  quaque  laetitia  subsit  quaepiam  vel  parva  querimonia, 
cognatione  quadam  mellis  et  fellis.  „Keine  Freude  ohne  Leid" 
Düringsf.  a.  a.  0.  I  No.  886.  „Es  giebt  keinen  Honig  ohne  Galle", 
Düringsf.  a.  a.  0.  I  No.  888.  Ebenso  Pctr.  56  Ubicumque  dulce 
est,  ibi  et  acidum  invenies,  jede  Biene  hat  ihren  Stachel.  —  Wer 
allzuviel  Süfsigkeiten  zu  sich  genommen  hat,  dem  schmeckt  selbst 
der  Honig  bitter:  Apul.  Metam.  II  10  Cave  ne  niniia  mellis  dul- 
cedine  bilis  amaritudinem  contrahas.     Vgl.  Anthol.  Pal.  XVI  16 


354  A.  Otto: 

II äv  ro  TteQLtrov  aTteiQov,  iitel  koyoq  iözl  xakaibg,  wg  ocal  to 
[idfatog  to  itkiov  iotl  %oky.  Von  der  Liebe  sagte  man,  sie  berge 
ebensoviel  Galle  in  sich,  als  Honig:  Plaut.  Cistell.  II  1,  71  namque 
amor  et  melle  et  feile  est  fecundissimus.*)  Pseud.  63  Dulce 
amarumque  una  nunc  misces  mihi.  Mart.  XII  34,  3  Quarum 
dulcia  mixta  sunt  amaris.  Apul.  Metam.  II  10  dulce  et,amarum 
gustulum  carpis.  —  Plato  Phileb.  46  c  ro  dh  foyopsvov  xizq$ 
ykvnv  iieniytdvov.  Plaut.  Trucul.  II  3,  25  postquam  scio,  dulce 
et  amarum  quid  sit  ex  pecunia.  Ähnlich  Juven.  VI  181  plus 
aloes,  quam  mellis  habet.  Plaut.  Pseud.  694  dulcia  atque  amara 
apud  te  sum  elocutus  omnia.  Dirae  98  Dulcia  amara  prius  fiant 
et  mollia  dura.  —  Mit  süfsem  Honig  verdeckte  man  den  Ge- 
schmack bitterer  Dosen  oder  gefahrlicher  Gifte,  ebenso  wie  man 
bittere  Wahrheiten  oder  versteckte  Angriffe  durch  Artigkeiten 
und  Schmeicheleien  vcrsüfst.  Daraus  erklärt  sich  die  Redensart 
litum  melle  gladium  bei  Hieron.  ep.  105,  2  nee,  ut  vnlgi  de 
quibusdam  proverbium  est,  litum  melle  gladium.  ep.  116,  2  ne 
litum  melle  gladium  stringere  videamur.  Deshalb  thut  Vorsicht 
not,  denn  Impia  sub  dulei  melle  venena  latent  Ov.  am.  I  8, 104 
Vgl.  Hieron.  ep.  15,  4  sed  mihi  credite,  venenum  sub  melle  latet 
u.  Düringsf.  a.  0.  II  No.  315.**) 

Lange  nicht  so  zahlreich  dem  Umfange  nach  wie  im  Deutschen 
sind  im  Lateinischen  die  Redensarten  und  Sprichworter,  in  denen 
vom  Trinken  die  Rede  ist.  Eine  griechische  Trinkregel  über- 
liefert Cic.  Tuscul.  V  41,  118  Mihi  quidem  in  vita  servanda  vi- 
detur  illa  lex,  quae  in  Graecorum  ***)  conviviis  obtinet:  aut  bibat, 
inquit,  aut  abeat,  sauf  oder  lauf.  Ein  lateinisches  Wortspiel  lau- 
tete: septem  convivium,  novem  vero  convicium:  Iul.  Capitol. 
Verus  5  cum  sit  notissimum  dictum  de  numero  convivarum: 
Septem  convivium,  novem  vero  convitium.  Auson.  IV  5,  6  Sex 
enim  convivium,  si  super  convitium  est.  ,,Sieben  Gäste  ein  Mahl, 
neun  eine  Qual"  (Körte,  die  Sprichw.  der  Deutschen  No.  2195). 
[Varro   sat.   Men.   bei  Gell.  13,  11,  2   convivarum   numerum   in- 


*)  Ober  die  Verbindung  vgl.  noch  Archiv  I  8.  885,    wo  noch   ange- 
führt wird  Plaut.  Poen.  182(387)  u.  fr.  Murat.  V  67. 

**)  AI«  aus  dem  Tierleben  entnommen  wäre  hier  noch  nachzutragen 
Petr.  43  crescit,  quidquid  crevit,  tarn  quam  favus,  wie  eine  Honigwabe, 
Petr.  76  quidquid  tangebam,  crescebat  tamquam  favus.  —  Petr.  39  Omnia 
bona  in  se  habet,  tamquam  favus. 


Essen  und  Trinken  im  Sprichwort.  355 

cipere  oportere  a  Gratiarum  numero  et  progredi  ad  Musarum, 
id  est  proficisci  a  tribus  et  consistere  in  noveni.  Die  Red.]  — 
Wenn  zwei  dasselbe  Ungemach  erdulden,  so  trinken  sie  gewisser- 
mausen  aus  demselben  Becher:  Plaut.  Cas.  V  2,  44  Ut  senex  hoc 
eodem  poculo,  quo  ego  bibi,  biberet  —  Ein  warmer  Trunk 
(wir  würden  sagen:  ein  Schnaps)  ist  manchmal  ebensoviel  wert, 
als  ein  dicker  Rock:  Petr.  41  calda  potio  vestiarius  est.  — 
Schwer  ist  es  zugleich  zu  blasen  und  zu  schlucken  d.  h.  zwei  un- 
gleiche Dinge  auf  einmal  zu  thun:  Plaut.  Most  791  Simul  flare 
eorbereque  haud  facile.  Vgl.  Düringsf.  II  No.  742.  —  Bisher  un- 
erklärt ist  m.  £.  Petr.  67  nunc  hoc  est  caldum  meiere  et  frigidum 
potare.  Habinnas  beklagt  sich  a.  d.  St.  über  die  Frauen,  die 
durch  ihre  Putzsucht  dem  Manne  überniäfsige  Kosten  machen. 
Der  Sinn,  welchen  man  gewöhnlich  aus  den  Worten  herausliest: 
Die  Ausgaben  übersteigen  die  Einnahmen,  ist  nur  künstlich 
hineingetragen.  Man  dachte  an  die  Walker,  welche  viel  trinken, 
nm  mit  dem  Urin  die  Kleider  zu  reinigen!  Der  Mitarbeiter  über- 
setzt: Es  geht  nicht  anders,  läfst  sich  nicht  anders  machen,  d.  h. 
also  wohl:  Das  ist  nun  einmal  so  der  Gang  der  Welt.  Ich  inufs 
die  Entscheidung  anderen  überlassen. 

Das  Lieblingsgetrank  aller  Zecher  ist  und  war  im  Altertum 
in  noch  höherem  Mafse  als  heutzutage  der  Wein.  (Über  das 
Wasser  s.  Archiv  IV  29  f.)  Der  Wein  ist  der  eigentliche  Sorgen- 
brecher (Ov.  a.  a.  II  238  Cura  fugit  retro  diluiturque  mero. 
Prop.  III  17,  4  Curarumque  tuo  fit  medicina  mero  u. s.w.),  er  giebt 
Mut  und  Kraft  (Hör.  carm.  III  21,  17  Tu  spem  reducis  mentibus 
anxiis  Viresque.  ep.  I  5,  17  Spes  iubet  esse  ratas,  ad  proelia 
trudit  inertes.  Ov.  a.  a.  I  237  Vina  parant  animos.  Metam.  XII 
242  Vina  dabant  animos.  Vgl.  Hom.  II.  VI  2G1  avdqX  dl  xsxfiriciri 
fidvog  \kiyu  olvog  ai£,si)}  er  macht  beredt  (Hör.  ep.  I  5,  19 
Fecundi  calices,  quem  non  fecere  disertum?)  und  lockt  die 
geheimsten  Gedanken  aus  der  Menschenbrust,  denn  „im  Wein 
ist  Wahrheit"  (Düringsf.  a.  0.  II  No.  486),  wie  schon  die 
Griechen  sagten:  iv  o/V«  akffteia  (Zenob.  IV  5)  und  olvog 
xal  akföeut  (Diogen.  V  II  28).  Plin.  n.  h.  XIV  22,  141 
vulgoque  veritas  iam  attributa  vino  est.  Hör.  carm.  III  21,  15 
et  arcanum  iocoso  Consilium  retegis  Lyaeo.  epod.  11,  13  deus 
Fervidiore  mero  arcana  proinovet  loco.  sat.  I  4,  89  verax  aperit 
praecordia  Liber.  ep.  I  15,  16  operta  recludit  (Vgl.  a.  p.  435  ff.). 
Beim  Übermafse  des  Weines  geht  aber  nicht  blofs  die  Vorsicht, 


356  A.  Otto: 

sondern  häufig  auch  Verstand  und  Witz  verloren,  „ist  der  Trank 
im  Manne,  so  ist  der  Verstand  in  der  Kanne"  (Dflringsf.  II  No. 
484):  Plin.  n.  h.  XXII  I  1,  41  sie  quoque  in  proverbium  cessit, 
sapientiam  vino  obumbrari.  Petr.  5  Nee  perditis  addictus  obruat 
vino  Mentis  calorem.  Schon  im  Altertume  scheinen  deshalb  drei 
Dinge  für  besonders  gefahrlich  gegolten  zu  haben,  der  Wein,  das 
Weib  und  die  Nacht:  Plaut.  Bacch.  88  Quia  istoc  illecebrosius 
Fieri  nil  potest,  nox  mulier  vinum  homini  adulescentulo.  Ter. 
Ad.  487  Persuasit  nox  amor  vinum  adulescentia.  Vgl.  Düringst 
I  No.  862.  Erasmus  führt  ein  griechisches  Sprichwort  an:  xvq 
xal  bakaCCa  xal  yvvr\  xaxä  tQta.  —  Vorzugsweise  sind  die  alten 
Frauen  wegen  ihrer  Neigung  zum  Trünke  übel  beleumundet.  Von 
einer  solchen  Trinkerin,  die  immer  wieder  zum  Weinkruge  greift, 
stammt  die  Redensart  ad  armillum  redire,  zu  seiner  alten  Ge- 
wohnheit zurückkehren:  Lucil.  bei  Non.  p.  74,  13  licet  anus  rur- 
sum  ad  armillum  (Lucil.  lib.  XXVIII  30  M.).  Apul.  Metam.  IV  22 
Interea  Cupido  armore  nimio  peresus  ...  ad  armillum  redii 
IX  29  at  illa  ...  ad  armillum  revertitur  et  ad  familiäres  femi- 
narum  artes  accenditur. 

Die  Hefe,  der  trübe  Niederschlag  des  Weins,  kehrt  vielfach 
in  metaphorischen  Wendungen  wieder;  sprichwortlich  gefärbt  er- 
scheint nur  etwa  Cic.  Brut.  69,  244  Tu  quidem  de  faece,  inquit, 
hauris  und  die  Verbindung  faece  tenus  und  cum  faece  bei  Hör. 
carm.  III  15,  16  nee  poti  ....  faece  tenus  cadi,  bis  auf  die 
Neige,  carm.  I  35,  26  diffugiunt  cadis  Cum  faece  siccatis  amici.*) 
Die  letztere  Stelle  erinnert  zugleich  an  das  griechische  Sprich- 
wort Ist  xvtqcL)  £«f  cpikCa  Zenob.  IV  12.  Aposi  VIH  31.  „Freund- 
schaft, die  der  Wein  gemacht,  währt,  wie  der  Wein,  nur  eine 
Nacht"  (Düring8f.  I  No.  511).  —  Auf  die  Behandlung  des  Wein» 
geht  ein  Ausspruch  bei  Plin.  n.  h.  XVIII  31,  319  ab  eo  die 
oraculum  oecurrit  frigidum  picari  pro  nihilo  ducentium,  kalten 
Wein  verpichen  sei  so  gut,  wie  nichts  thun.  —  Die  Worte  dea 
jüngeren  Plinius  ep.  VIII  21,  6  Non  dubito  cupere  te  .  .  .  .  qua; 
maturissime  legere  hunc  adhuc  musteum  librum  wiederholt  al 
sprichwörtlich  Apoll.  Sidon.  ep.  8, 3  et,  ut  aiunt,  tamquam  musteuc 
librum.  Zur  Erklärung  dient  bes.  Cic  Brut.  83,  288  novai 
quasi  de  musto  ac  lacu  fervidam  orationem. 


*)  Vgl.  cvvsxnoriov  aoi  xal  zy[v  tQvya  Apost.  XV66.  Append.prov.il- 
Aristoph.  Plut.  1086. 


Essen  und  Trinken  im  Sprichwort  357 

Es  bleibt  noch  die  Milch  übrig,  welche  jedoch  im  Sprich- 
wort nicht  sowohl  in  ihrer  Eigenschaft  als  Getränk,  sondern  mit 
Rücksicht  auf  ihre  weifse  Farbe  herangezogen  wird.  Des  Ver- 
gleiches „weifs  wie  Milch"  bedienen  sich  die  Dichter  zur  Be- 
zeichnung der  weiblichen  Schönheit.  Ov.  epist.  15(16),  248  Pectora 
vel  puris  nivibus  vel  lacte  ....  candidiora.  a.  a.  I  292  una  fuit 
labes,  cetera  lactis  erant.  ex  Ponto  II  5,  38  tua  pectora  lacte  Et 
non  calcata  candidiora  nive.  —  Eine  Modifikation  für  non  aqua 
aquae  similior  ist  Plaut  Men.  1089  neque  lacte  lactis  .  .  .  .  us- 
quam  similiust.  Bacch.  19  Sicut  lacte  lacti  similist.  Mil.  glor. 
240  Tarn  similem,  quam  lacte  lacti  est  Amphitr.  II  1,  54  Neque 
lac  lacti  magis  est  simile.  —  Ein  Irrtum,  den  wir  schon  mit 
der  Muttermilch  eingesogen  haben,  läfst  sich  nur  sehr  schwer 
beseitigen:  Gic.  Tusc.  III  1,  2  ut  paene  cum  lacte  nutricis  er- 
rorem  suxisse  videaniur.  Vgl.  Quintil.  I  1,  21  a  lacte  cunisque. 
—  Der  festen  Speise  wird  die  Muttermilch  entgegengestellt  bei 
Hieron.  ep.  96,  1  lacte  infantiae  derelicto  solidioris  cibi  ali- 
menta  suscipiant.  ep.  96,  14  lac  infantiae  deserentes  solidiora 
capiamus  alimenta. 

Oppeln.  A.  Otto. 


Instar. 

Die  im  Arch.  II  597  gegebene  Deutung,  dafs  instar  ein  substan- 
tivierter Infinitiv  =  instare   und   ursprünglich  von  dem  Gleichstehen 
der  Wagschalen  gebraucht  sei,  hat  mittlerweile  mehrfache  Bestätigungen 
erhalten.    Zunächst  schreibt  Dr.  phil.  Becher  in  Ilfeld,  man  sage  in 
Hannover,   wenn  beim  Kegelspiele  beide  Partieen  gleich  viele  Kegel 
geschoben    haben,   es   sei   „Einstand*1.    Dann   aber   macht   mich  Prof. 
Max  Bonnet  in  Montpellier  auf  die  übersehene  Stelle  bei  Cic.  offic. 
3,  3,  11   aufmerksam:   ut  omnia  ex  altera  parte  collocata  vix  mi- 
nimi  momenti  instar   habeant.     Da  der   Ausdruck   momentum  = 
fflovimentum  selbst  von  der  Wage  hergenommen  ist,  so  pafst  derselbe 
sehr  gut  zu  instar,  und  zugleich  bestätigt  die  8 teile,  dafe  die  ältesten 
Verbindungen  instar  esse,  habere,  obtinere  waren,  wodurch  der  Abfall 
des  End vokales   der  Infinitivform   erklärt   wird.     Man   vgl.   biber  bei 
Charisius  Gr.  lat  124,  1;  haber  im  Corp.  inscr.  VIII  8369  u.  s.  w. 

München.  Ed.  Wölfflin. 


Uls,  trans  und  ultra. 

(Schlufs.) 

III.  Eigentlicher  Gebrauch  von  trans  nebst  Übergreifen 

von  ultra. 

Trans  'überschreitend',  ein  Meer,  einen  Flufs  (Bach  n.  s.  w.), 
Berg  (auch  tr.  triam  stimmt  noch  zur  ursprünglichen  Bedeutung), 
läfst  Variationen  dieser  Grundbegriffe  (tr.  paludem,  stagnum,  vollem 
u.  a.)  nur  ungern  zu.  Tr.  ripatn  'auf  das  andere  (dem  andern) 
IL'  ist  Zusammenziehung  aus  tr.  flumen  m  altera(m)  ripa(m)  und 
erklärt  sich  aus  dem  Nachdruck,  der  bei  tr.  auf  das  zu  erreichende 
Ziel  gelegt  wird.  Indem  sich  so  tr.  regelmäfsig  mit  Gegenstanden 
verband,  die  dem  Beschauer  recht  augenfällig  zwei  Seiten  dar- 
bieten, konnten  sich  Redensarten  entwickeln  wie  tr.  parietem  (schon 
bei  Plaut.)  'auf  die  andere  (der  andern  Seite)  der  W.,  hinter  der 
W.',  tr.  maceriam,  siparium  u.  a. 

Der  eben  skizzierte  normale  Gebrauch  von  tr.  ist  demnach 
ein  sehr  beschränkter  und  kommt  über  die  lokale  Bedeutung  nicht 
hinaus.  Frühzeitig  setzte  sich  tr.  in  bestimmten  Formeln  (tr.  mare, 
flumen,  Tiberim,  Alpes  u.  s.  w.)  fest,  die  nur  ungern  modifiziert 
oder  erweitert  wurden.  So  häufig  tr.  flumen  ist,  so  selten  ist  tr. 
id  flumen  Caes.  b.  gall.  2,  16,  2  und  flumen  tr.  quod  finde  ich 
nirgends.  Nur  die  Dichter  wagen  eine  Erweiterung  durch  zu- 
gesetzte Adjektive :  tr.  maria  alta  Lucr.,  tr.  flumina  lata  Verg.  u.  *. 

Ausdrücke   wie  tr.  Alpes,  fflwdanum,  Rlienum  u.  a.  sind  in. 
der  römischen  Zeit  regelmäfsig  vom  Standpunkt  in  Rom  zu  ver- 
stehen.    Ausnahmen  sind  selten,  wie  z.  B.  Liv.  21,  26,  6  citeriow 
und  ulterior   und   daher  auch  tr.  BJwdanum  vom  Standpunkt  d^* 
Hannibal  aus  gesagt  ist.     Da  wo  die  Bedeutung  von  tr.  an  sid 
nicht  klar  ist,  treten  nähere  Bestimmungen  hinzu:  Vitr.  2,  6,     *> 
p.  43,  25  tr.  Appenninum  quae  pars  est  ad  Hadriaticum  mare  (i&  *• 
Liv.  5,  33,  9  eis  App.  ad  inferum  mare),  Mel.  3,  6  Lusitania 
Anam,  qua  tnare  Atlanticum  spectat. 


Ph.  Thielmann:  Uls,  trans  und  ultra.  369 

Interessant  ist  die  Beobachtung,  wie  sich  ultra  allmählich 
in  das  Gebiet  von  tr.  eingedrängt  hat.     Beide  Präp.  hatten  von 
vornherein  manche  Berührungspunkte  (uls!),  aber  die  Kraft  zum 
offensiven  Vorgehen  war  doch   bei  beiden  nicht  gleich ,  sondern 
tc.  befand  sieh  entschieden  im  Vorteil.    Es  besafs  gegenüber  dem 
scharf  umgrenzten  Gebrauche  von  tr.  viel  mehr  Entwicklungs- 
fähigkeit, konnte  also  eintreten,  wenn  eine  der  mit  tr.  gebildeten 
Phrasen  modificiert  wurde:  Cic.  prov.  cons.  34  nihil  est  u.  illam 
altitudinem  montiutn  (ältestes  Beispiel  des  Übergreifens!),  hier  zu- 
gleich im  negativen  Satz,  den  u.  ebenso  liebte  wie  ihn  tr.  mied. 
Weiter  konnte  u.  gar  oft  mit  den  Begriffen  *Meer,  Flufs,  Berg* 
verbunden  werden,  ohne  die  Grenzen  seines  Gebietes  zu  über- 
schreiten: Sen.  dial.  10,  4,  5  u.  Rhenum  et  Euphraten  et  Danuvium 
terminos  movet,  Tac.  Germ.  29  protulit . .  u.  Rhenum  ultraque  ve- 
teres  terminos  imperii  reverentiam  u.  o.     Wie  leicht  liefsen  sich 
Flüsse  und  Berge,  insbesondere  aber  Meere  als  Grenze  auffassen! 
So  steht  also  u.  fretum  schon  bei  Cic.  Att.  16,  4,  4,  noch  vor 
trans  fr.,  u.  Oceanum  bei  Sen.  suas.  1,  1.  1,  3,  gleichzeitig  mit 
trans  O.    Der  Ocean  ist  auch  gemeint  mit  u.  magnum  mare  Sen. 
n.  q.  5,  18,  10,  aber  das  einfache  u.  mare  wagt  doch  erst  Ter- 
tullian.     U.  Tiberim  hat  zuerst  Properz  5,  10,  25  im  negativen 
Satz,  m.  Hiberum  Livius  (gleichzeitig  mit  trans  //.),  u.  Rlicnum, 
wenn  man  von  Sen.  dial.  10,  4,  5  absieht,  Lucan  7,  433.   Curtius, 
der  trans  absichtlich  meidet,  wagt  zuerst  u.  flumen  (denn  b.  Hisp. 
16,  2   gehört  kaum  hierher;  vgl.  S.  257),  u.  amnem,  Euphraten, 
lanam  u.  a.    Mit  u.  Taurum  Liv.  38,  39,  17   treten  (nach  Cic. 
prov.  cons.  34)  die  Gebirge  in  den  Reigen  ein,  u.  montem  Mel., 
n.  Alpes  Plin.    Im   ganzen  läfst  sich  von  Jahrh.   zu  Jahrh.  ein 
fortschreitendes  Übergreifen  von  n.  konstatieren.   Allerdings  sind 
zu  einzelnen  besonders  festen  Verbindungen  mit  trans  nie  oder 
nur  selten  entsprechende  Wendungen  mit  u.  gewagt  worden,  wie 
sich  denn  u.  Anienetn,  u.  Appenninum  nirgends,  u.  Padum  nur  ein- 
mal im   7.  Jahrh.  findet.     Bei  erst  spät  auftauchenden  Verbin- 
dungen,  wie  z.  B.  u.  Ligerem,  dominiert  u.   begreiflicher  Weise. 
Das  Nähere  zeigt  die  folgende  Übersicht,  von  der  übrigens  das 
Vereinzelte  meist  ausgeschlossen  ist. 

1.  Meer.  1)  Tr.  mare  ist  wie  die  älteste  so  die  am  häufig- 
st*n  auftretende  Verbindung:  PL  merc.  354.  CIL  I  198,  17.  23 
(a.  631—32).  Cic  inv.  1,  45.  Brut,  et  Cass.  ep.  11,  3,  2.  Varr.  r.  r. 
1i  41,  5.  3,  5,  7  (bis;  .  .  .  Einh.  ann.  817  (EndeJ.  Erm.  Nigell.  poet. 


360  Ph.  Thielmann: 

Car.  n  41,  12.  Vit.  Liudg.  2,  3.  Lex  Rom.  Utin.  291,  30  u.  o.  (im 
ganzen  über  80  Stellen).  Der  Italiker  meinte  damit  von  Anfang 
an  das  Meer  gegen  Osten:  Vitr.  2,  6,  5  p.  43,  27  Achaiä  Asiä, 
omnino  tr.  m.}  Flor.  1,  18,  25  in  Graeciam  suam  tr.  *».;  das  be- 
weisen auch  die  Specialisierungen  des  allgemeinen  Begriffes:  mit 
Hör.  ep.  1,  11,  27  tr.  mare  vgl.  V.  16  tr.  Aegaeum  mare,  mit  Sen. 
dial.  7,  17,  2  cur  tr.  m.  possides?  vgl.  id.  ep.  89,  20  nisi  tr.  Ha- 
driam  et  Ionium  Aegaeumque  vester  vilicus  regnat;  vgl.  noch  Hör. 
carm.  4,  5,  10  (htrpathii  (des  ägäischen)  tr.  maris  aequora.  So 
bildet  tr.  m.  den  Gegensatz  zu  in  Italia:  Ulp.  dig.  26,  10,  3,  9; 
vgl.  Varr.  r.  r.  3,  5,  7  in  Italiam  tr.  mare  und  weiter  unten  ex 
Italia  tr.  mare. 

Stehende  Verbindungen  sind  ctibers  M.  verkaufen9  (PI.  merc 
354.  Hör.  ep.  1,  11,  16.  Lex  Rom.  Visig.  nov.  Val.  t  11  ep.  Mo- 
nachi  [bis].    Lex  Rom.  Utin.  291,  30),  'übers  M.  schicken'  (Brut. 
et  Ca8s.  ep.  11,  3,  2.  Varr.  r.  r.  1,  41,  5.  Aug.  ep.  242,  1)  und  be- 
sonders tr.  mare  proficisci:  Pompon.  dig.  7, 4, 22.  Fronto  p.  135, 1  N. 
CIL  VHI  2557,  31  (a.  209—212  n.  Chr.).  Aug.  ep.  21,  5.  in  Ioann.  . 
ev.  13, 3, 11.  Dion.  Exig.  can.  Garth.  23  Bd.  67  M.  Bei  den  Juristen 
spielt  tr.  m.  esse  (CIL  I  198,17.23.  ib.  VI  10234;  vgl.  cod.  Justin. 
6,  25,  4,  1  tr.  m.  et  longe  te  agentem  =  ovxa),  tr.  w.  abesse  (Ulp. 
dig.  4,  4,  11,  2.  26,  10,  3,  9.  37,  10,  3,  12.  50,  16, 199  pr.),  tr.  m. 
domicüium  Iiabere  (Iavol.  dig.  5,  1,  34)  u.  ä.  eine  nicht  unbedeu- 
tende Rolle.*) 

Transmarinus  (a.  S.  251):  PI.  most.  2,  2,  66  hospes,  Cic.  Verr. 
5,  45  res  u.  o.,  auch  bei  Personennamen:  CIL  VHI  8638  Grisa- 
cius  trasmarinuSy  ib.  8639.  8642.  8648. 

Ultra  mare:  Sen.  n.  q.  5,  18,  10  (w.  magnum  mare  <L  i 
Oceanum),  deut.  30,  13  bei  Tert.  Marc.  4/35.  Leo  M.  5008  M. 
Nenn.  43.  Bonif.  ep.  70.  Lex  Rom.  Utin.  43,  15.  293,  7.  Scr.  Lang. 
596,  35.  Myth.  Vat.  3,  15,  12,  de  u.  mare  Pard.  247  a.  629;  vgL 
u.  quod  (mare)  schol.  luv.  14,  280,  u.  maris  undas  Max.  Taur. 
Bd.  57,  630m;  —  u.  Ionium  mare  (expulit)  Heges.  1,  22,  15. 

*)  In  den  Keichenauer  Glossen  15S  (Förster-Ko schwitz  altfr.  Übungs- 
buch col.  38)  steht:  mirice  («=  (ivqUti)  arborem  latine  tramaritius  dtfto* 
(Förster  tamaricius).  Kann  tramaricius  nicht  eine  auf  Volksetymologie  be- 
ruhende Vulgärform  sein,  gebildet  von  tramare  (bo  steht  CIL  VIII  2567, 81; 
ygl.  unten  S.  886)  —  trans  mare?  Die  Tamariske  (hebr.  *ho£  Palme)  M 
sicher  'übers  Meer'  nach  Italien  gekommen.  Darf  dann  weiter  Tramarido 
Itin.  Anton.  65,  2  Wess.  (in  Afrika)  als  f Tamariskenstadt '  gedeutet  werden? 
Auch  "inft  tritt  als  Ortsname  auf:  Ezech.  47,  19.  48,  28. 


Si 

J 


Uls,  trän 8  und  ultra.  361 

2)  Tr.  maria  erscheint  erst  nach  der  singularischon  Wen- 
dung, da  die  Unterscheidung  der  verschiedenen  Meere  eine  ge- 
wisse Reflexion  voraussetzt:  Lucr.  5,  914.  Sali.  hist.  2,  23,  4.  Ken. 
dial.  11,  7,  7.  ep.  82,  4  .  .  .  Gild.  17  his  (—  Baed.  h.  eccl.  1,  12 
p.  20,  1.  2.  Free.  2,  5,  13).  Paul.  poet.  Car.  I  50,  XII  10,  1.  Eitih. 
vit,  Car.  27  u.  ö.  (etwa  25  St.j.  Die  Bedeutung  beider  Phrasen 
ist  die  gleiche  (vgl.  Vitr.  2,  6,  5  p.  43,  25  ff.  fossicia  liarenaria 
.  .  tr.  mare  ne  nominantur  quidem  mit  Plin.  n.  h.  36,  175  invenitur 
fossicia  [harena]  nee  tr.  maria),  wie  sich  auch  hier  der  Gegen- 
satz zu  in  Itcdia  findet:  Plin.  n.  h.  21,  64.  68.  Abgesehen  vom 
jüngeren  Seneca  und  Einhard,  die  beide  Redensarten  neben  ein- 
ander gebrauchen,  verwenden  die  Schriftsteller  nur  eine  von 
beiden,  so  z.  B.  der  ältere  Plinius  nur  tr.  maria  (13,  123.  10,  T>8. 
163.  21,  64.  68.  35,  199.  36,  175).  Fronto  schreibt  tr.  tnare  135,  1, 
aber  M.  Aurelius  tr.  maria  16,  8. 

U.  maria:  Querol.  22,  20  (u.  m.  et  terras),  Isid.  or.  12,  7,  12 
«  Rab.  Maur.  univ.  8,  6. 

3)  Tr.  Oceanum  bezieht  sich  seltener  auf  den  mythischen 
Strom,  gewöhnlich  auf  den  Indischen  oder  Atlantischen  Ocean: 
Sen.  suas.  1,  10.  Hygin.  151  p.  25,  13.  Sen.  ep.  91,  17.  CIL  VI 
920(?)  Hilar.  ps.  138,  20  p.  803  M.  Anth.  lat.  483,  7.  Gild.  12.  15. 
Baed.  h.  eccl.  1,  8  p.  16,  9.  3,  13  p.  123,  22.  Isid.  or.  14,  5,  17 
=  Rab.  Maur.  univ.  12,  4;  vgl.  Commod.  apol.  134  tr.  Oceani 
finem.  Häufig  ist  die  Beziehung  auf  Britannien,  daher  geradezu 
Verbindungen  wie  Plin.  n.  h.  15,  102  tr.  0.  in  Jfritanniam,  Ven. 
Port  app.  2,  32  tr.  0.  terra  Britanna. 

Etwas  häufiger  ist  u.  Oceanum  (H.  359):  Sen.  sua«.  1,  1.3. 
Imp.  Claud.  or.  de  iur  hon.  Call,  dand.  I  40.  Sen.  ep.  94,  63.  Sen. 
poet.  lat.  min.  IV  29,  3  fu.  .>>  d.  i.  (Mxannmj.  Inc.  trag.  Octav.  27. 
Sil.  13,  554.  Quint.  3.  8?  16.  7.  2,  5.  luven.  2,  1  f.  Iren.  2,  2*.  2. 
Pan.  ine.  20  p.  147.  12.  Xazar.  pan.  17  p.  226,  21.  Hilariu*,  Ser- 
vius,  Hegesipp,  Isidor,  Aethicus;  vgl.  AIcuin.  poet.  Car.  I  171,  Hb 
Oceani  .  .  u.  fluetus. 

4)  Tr.  fritum  Plin.  n.  h.  4,  *7  tritt  hu  Bibellatein  gera/i^zu 
für  tr.  mare  ein:  W.  Mann.  *,  \h  2*.  \  4,  22.  16.  5.  Marc.  5.  21 
6.45.  S.  13  ul  o.:  vti;.  tr.  fretarn  itfira  \'u£.  Marc.  5.  1:  CaiJt. 
loh.  6,  17:  Mal  Mon.  Matth.  h.  '2*  {tr.  jr.  rührt  vt/iri*  lli+r<ju.) 
and  tr.  fretum  fi\tm<t**>.  hi-t.  rx-i^;.  19.  34.  Eb*rj*o  \*\  fr.  ]r"Ut  = 
tr.  maria:  Ov.  fcUr.  Iv.  14v  "J*r..  apoj.  '.*.   \.\hu*    Z.  2'.j\.  XniL. 

Arcfair  ffcj  i*t   Lw  *-'4''  -:i'i:  *   *  Zi 


362  Ph.  Thielmann: 

lat.  940,  4.  Isid.  or.  14,  4,  29  —  Rab.  Maur.  univ.  12,  4.  Erm. 
Nig.  poet  Car.  II  41,  4.  —  Transfretanus  Tert.  apol.  25. 

U.  fr  et  um:  Cic.  Att  16,  4,  4.  Solin.  24,  1  (u.  interiacens  fre- 
tutn),  Chalcid.  LXII  p.  129. 

Zu  tr.  mare  haben  nun  die  Dichter  eine  Reihe  von  Varia- 
tionen geschaffen.  Mehr  Anklang  als  Ovids  tr.  undas  trist  4, 
9,  23  fand  Vergils  tr.  aequora  Aen.  3,  403  (der  gleiche  Vers- 
schlufs  tr.  aequora  classes  bei  Sil.  1,  30);  die  Beispiele  8.  oben 
S.  254.  Von  dichterischen  Erweiterungen  nenne  ich  tr.  aequora 
ponti  Alcuin.  poet.  Gar.  I  171,  62.  180,  456;  pelagi  tr.  aequora 
id.  ib.  I  220,  IV  1,  besonders  Carpathii  tr.  tnaris  aequora  Hör. 
carm.  4,  5,  10  und  maris  tr.  aequora  vasta  profutuü  Wal.  Strab. 
poet.  Car.  II  306,  71.  Seltener  ist  der  Sing.  tr.  aequor:  Sil.  10, 
419  (418).  Alcuin.  poet.  Car.  I  192,  1033  (tr.  aequor  eoum). 

Auch  tr.  pontutn  geht  auf  Vergil  zurück:  Aen.  6,  312. 
Sen.  Med.  231.  Thyest.  43.  Stai  Th.  5, 11.  Aldh.  XII  2185  p.  195 
(Giles),  während  tr.  pelagus  erst  bei  christlichen  Dichtern  sich 
findet:  Iuvenc.  1,  414.  Claudian.  24,  286.  Apoll.  Sidon.  carm.  1, 
120  p.  482  B. 

U.  Pontum  schol.  luv.  2,  1;  vgl.  Sen.  apoc.  12  u.  noti  lüora 
ponti. 

Auf  einzelne  Dichter  beschränkt  sind:  tr.  Nerea  Stat.  silv. 
2,  2,  74  f;  tr.  alta  id.  Th.  5,  486.  6,  19;  tr.  renwtas  Tethyos  am- 
bages  Claudian.  1,  34  f.;  tr.  caerula  Aldh.  IX,  VI  13  p.  123  (bei 
Aldhelm  auch  in  Prosa:  IV  p.  92  caerula  ponti  tr.  glauci). 

Von  den  im  ganzen  nicht  häufigen  speciellen  Verbindungen 
(tr.  Aegacum  mare)  sind  die  wichtigsten  bereits  erwähnt;  mit 
Tac.  Agr.  25  tr.  Bodotriam  (Bucht  an  der  Ostküste  Britanniens) 
vgl.  u.  Caspium  sinum  Mel.  3,  44,  u.  hunc  sinum  id.  3,  94. 

2.  Flufs.  a)  Allgemeine  Verbindungen:  1)  Tr.  flumen 
war  gegenüber  tr.  fluvium  und  tr.  amnem  die  eigentlich  volks- 
tümliche Redensart:  Cic.  inv.  2,  97.  Caes.  b.  gall.  2,  16,  2.  4,4,3. 
Alfen.  dig.  41,  1,  38.  Liv.  22,  45,  2.  38,  4,  7.  Procul.  dig.  41, 1,56 
pr.  §  1  u.  o.  (etwa  40  St.).  —  Transluminales  =  %SQaxad 
gloss.  Labb. 

ü.  flumen:  Curt.  9,  2,  2.  Plin.  n.  h.  11,  95.  Amm.  Marc 
28,  2,  1.  Act.  Patrocl.  8  (=  lan.  II  343  ff.).  GLK  suppl.  CCXLIV; 
vgl.  u.  quod  (flumen  Salsum)  Plin.  n.  h.  5,  10. 

Tr.  flumina,  zunächst  dichterisch  (Verg.  geo.  3,  213.  Auson. 
ep.  25  [417],  72  u.  ö.),  bürgert  sich  in  der  Prosa  erst  seit  Hier- 


Uls,  trans  und  ultra.  363 

onymus  ein:  Vu3.  Ies.  18,  1  tr.  fl.  Aethiopiae  (dafür  u.  flumina 
Aethiopiae  Vu3.  Sophon.  3, 10)  ep.  98,  17.  adv.  Pelag.  2, 12, 754  u.  ö. 

Auch  2)  tr.  fluvium  steht  fast  nur  hei  Dichtern  (Verg. 
Aen.  6,  415.  Paul.  Petr.  6,  88.  Coripp.  loh.  4,  141)  und  in  der 
hohem  Prosa:  Li v.  24,  41,  5.  35,  3,  2.  3.  39,  30,  9  (10).  Vu3.  los. 
24,  2  u.  o.;  nur  grom.  334,  14.  335,  4  machen  eine  Ausnahme 
(18  St).  Der  Plur.  tr.  fluvios  steht  nur  Mart.  Cap.  1,  16  p.  8, 15. 
—  Transfluvialis  Aug.  quaest.  in  gen.  29  u.  ö. 

U.  fluvium:  Vu3.  2  reg.  19,  31.  Elig.  Bd.  87,  588d  M.  Vit. 
Melan.  34  bis  (Ian.  I  328  ff.).  Erchemp.  42  p.  250,  37:  vgl.  u.  quem 
(fluvium  BiUim)  Plin.  n.  h.  6,  5. 

Ein  zu  tr.  flumen  hinzutretender  Flufsname  steht  regelmäfsig 
nach  flumen,  da  der  stereotype  Präpositionalausdruck  eine  Ände- 
rung nicht  zuläfst:  Caes.  b.  civ.  3,  13,  6  tr.  flumen  Apsum,  b.  Hisp. 
7,  1.  14,  1.  CIL  ni  586.  Amm.  Marc.  29,  6,  2.  Vu3.  Iudith  1,  9. 
geogr.  min.  121, 16  R.  Wülib.  vit.  Bonif.  app.  2;  nur  Liv.  38,  25,  7 
tr.  Hcdyn  flumen  ist  ausgenommen.  Umgekehrt  stellt  sich  bei 
tr.  fluvium  der  Flufsname  fast  immer  vor  fluvium:  Eutr.  2,  5  tr. 
Ammern  fluvium,  Ennod.  p.  103,  9  V.  Einh.  ann.  796.  809.  813. 
815.  822.  hist.  misc.  7,  15;  ausgenommen  ist  grom.  178,  5  tr. 
fluvium  Lirem,  Cass.  h.  tr.  1,  9  tr.  fl.  Istrum  und  anon.  Rav. 
p.  188,  1  tr.  fl.  Danuvium.  Wir  beobachten  auch,  dafs  sich  tr. 
fluvium  erst  viel  später  als  tr.  flumen  mit  einem  Flufsnamen  ver- 
bindet. 

3)  Tr.  amnem  ist  noch  weniger  volkstümlich  als  tr.  fluvium: 
Liv.  42,  60,  5.  Mel.  1,  98.  Sil.  4,  500.  Ein  hinzutretender  Flufs- 
name steht  vor  amnem:  Liv.  37,  56,  6  tr.  Macandrum  amnem, 
43,  22,  8.  45,  30,  3. 

U.  amnem:  Curt.  4,  9,  14.  9,  4,  20.  Iul.  Val.  3,  71.  Greg.  T. 
S.  Iulian.  7  p.  667,  33.  Aethic.  59  p.  38,  26. 

4)  Tr.  fluenta  hat  immer  den  Gen.  eines  Flufsnamens  bei 
sich:  tr.  fl.  Iordanis  Vu3.  los.  13,  8.  iudic.  7,  25.  Hier.  ep.  78 
maus.  34  u.  ö.  bei  Eccl.  (einmal  u.  fluenta  Iordanis  Heges.  3,6, 7); 
tr.  Hreni  fluenta  Astron.  vit.  Hlud.  35. 

Seltener  sind:  tr.  flumicellum  grom.  318,  14;  tr.  rivum 
Caes.  b.  gall.  5,  49,  5.  grom.  331,  16  u.  ö.  (tr.  rivos  Nili  Hier.); 
tr.  torrentem  Vu1.  1  Macc.  5,  39.  Vu2.  loh.  18,  1,  denen  sich  noch 
die  folgenden  Ausdrücke  anschliefsen  mögen:  tr.  alveum  grom. 
313,  7.  9  u.  ö.  (tr.  fluvii  alveum  Gild.  11);  tr.  gurgites  Ennod. 
p.  19,  33  V;    tr.   stagnum   Sali.  hist.  ine.  17.    Vu2.  Luc.  8,  22. 


364  Ph.  Thielmann: 

Nenn.  42;  tr.  palndem  Hirt.  b.  gall.  8,  14,  4.  Cass.  bist.  trip. 
8,  1.  col.  110o°M.  (tr.  palndem  Mareiae).  Dazu  vgl.  u.  fianc  (pa- 
lndem) Serv.  Aen.  6,  154,  u.  quam  (pal.)  schol.  Lucan.  328,  21, 
u.  paludes  Afaeoticas  Amm.  Marc.  31,  2,  1  (Mart.  C$p.  8,  876 
p.  326,  9.  Iordan.  Get.  30  p.  61,  15). 

Zur  Erklärung  von  tr.  ripam  (als  Paradigma  6LE  I  237, 10. 
IV  365,  20.  390,  11.  Suppl.  58,  18)  vgl.  S.  358:  Cic.  Mil.  74  Ov. 
met.  9,  114.  Lucan.  2,  502.  Suet.  Tib.  19.  groin.  17,  8.  399,  22. 

b)    Specielle    Verbindungen.     Italien:    1)    Tr.    Tiberim, 
einer  der  ältesten  Ausdrücke,  aber  erst  bei  Cicero  vorkommend. 
An  diesem   einen  Beispiel  soll   gezeigt  werden,  dafs  die  Durch- 
arbeitung des  im  folgenden  angeführten  Materials  von  mehr  als 
einem  Gesichtspunkt  aus,  namentlich   auch   für  Historiker,  von 
Interesse  ist.     Das  Land  jenseit  der  Tiber,   ursprünglich  außer- 
halb des  römischen  Gebietes  gelegen,  ist  anfänglich  Verbannungs- 
ort: Liv.  3,  13,  10.  8,  14,  5.  8,  20,  9.  26,  34,  7.  10;  vgl.  Gell.  20, 
1,  47  tr.  T  peregre  venum  ibant.    In  Trastevere  waren  seit  Ende 
der  Republik  grofsartige  Gärten  (Cic.  Att.  12,  19,  1),  namentlich 
die    horti  Caesaris  (Hör.  sat.  1,  9,  18),   weshalb  tr.  T.  in  horte 
stehende  Verbindung  ist:    Cic.  Att.  15,  15,  2.  Plin.  n.  h.  37,  19. 
Plin.  ep.  4,  2,  5.    Dort  sind  ferner  die  Mucia  prata  (Liv.  2, 13, 5. 
Paul,  ex  Fest.  144,  16.  Aur.  Vict.  vir.  ill.  12,  6),  die  Quinctia  prata 
(Liv.  3,  26,  8.  Fest.  257,  3  =  Paul.  256,  9-,  vgl.  Aur.  Vict  v.  ilL 
17,  1),  das  sepulcrum  Lutatiorum  oder  der  tumulus  Catuli  (Oros. 
5,  21,  7.   Schol.  Lucan.  62,  3  nach  Sali,  hist.?),   die   naumachia 
Augusti  (Tac.  ann.  12,  56),  das  Bassin  (lacus)  des  Philippus  Arabe 
(Aur.  Vict.  Caes.  28,  1),  in  christlicher  Zeit  die  Kirche  S.  Maria 
in  Trastevere  (Bd.  13,  453  M.).     In   Trastevere   wurden   die  ludi 
piscatorii  gefeiert  (Fest.  213  a  1.  238  b  24);  endlich  brach  hier — 
eine  oft  erwähnte  Merkwürdigkeit  —  gegen  Ende  der  Republik 
eine  Ölquelle   aus   dem  Boden  hervor:    Oros.  6,  18,  34  («=  hist 
misc.  7,  6).  Prosp.  Aquit.  Bd.  51,  548d  M.  Rab.  Maur.  Bd.4,46^M. 
Mirab.  Rom.  30  u.  ö.    Über  Transtiberim  als  Subst,  vgl.  S.  252.  — 
Transtiberinus:   Cic.  Att.  12,  23,  3   (de  •  transtiberinis   sc.  hortis)t 
Martial.  1,  41,  3  u.  o. 

U.  Tiberim:  Prop.  5,  10,  25.  luven.  14,  202  (hier  auch  in 
den  Schol.),  Gell.  12,  13,  8  (als  Beispiel,  was  auf  weitere  Ver- 
breitung in  der  Volkssprache  schliefsen  läfst). 

2)  Tr.  Anienem  steht  oft  in  Bezug  auf  den  mons  sacer  und 
die   Secession:   Cic.  frgm.  or.  VI  24  p.  14  B.  Liv.  2,  32,  2.  Fest 


Uls,  trans  und  ultra.  365 

318b  21.  Eutr.  2,  5,  1,  aber  auch  sonst:  Liv.  2,  16,  5.  4,  17,  11. 
Suet  Tib.  1 ;  vgl.  auch  tr.  pontern  Anienis  Liv.  7,  9,  6.  —  U.  Anie- 
nem  fehlt. 

3)  Tr.  Padum  steht  erst  bei  Caes.  b.  gall.  5,  24,  4,  ist  aber, 
wie  alle  diese  Redensarten,  schon  viel  früher,  vielleicht  seit  der 
ersten  Überschreitung  des  Po  durch  die  Romer  (223  v.  Chr.),  in 
häufigeren  Gebrauch  gekommen.  Die  Stellen  liefern  zum  Teil 
Material  zu  den  Kämpfen  mit  den  Galliern:  Liv.  5,  33,  10.  42, 
22,  5.  perioch.  20.  Plin.  n.  h.  3,  130.  10,  135  (in  Italiam  tr.  P.). 
Tac  hist.  2,  39.  44.  3,  34.  Fest.  brev.  3,  2.  Oros.  4,  13,  11  (=  hist. 
misc.  3,  3).  Marcellin.  Bd.  51,  944d  M.  Paul.  Diac.  h.  L.  5,  7.  6,  1. 
Über  Transpadum  als  Subst.  vgl.  S.  252.  —  Transpadanus:  Cic. 
ep.  2,  17,  7  alarii,  ib.  12,  5,  2  dientes  u.  ö.  Nebenformen  sind: 
transpadaneus  Inschr.  im  Rhein.  Mus.  30,  280  Z.  5  und  traspadinus 
anon.  Rav.  247,  12. 

U.  Padum  nur  Troya  cod.  dipl.  No.  333  (IV  2  p.  512;  7.  Jahrh.). 

4)  Tr.  Rubiconem  fehlt,  u.  Rubiconent  (Grenzflufe!)  steht 
schol.  Lucan.  30,  13. 

Spanien.  Nur  5)  tr.  Hiberum  (Liv.  21,  5,  17.  19,  7.  61,  3. 
35,  1,  3)  erscheint  hier  als  durchgebildete  Wendung,  zu  gleicher 
Zeit  aber  auch  schon  u.  Hiberum:  Liv.  21,  5,  3.  7,  2.  Flor.  2,  17, 
7.  2,  17,  15. 

Gallien.  6)  Tr.  Rhodanum:  Caes.  b.  gall.  1,  10,  5.  1,  11,  5. 
Liv.  21,  26,  6.  Ennod.  p.  103,  9  V.  Greg.  T.  h.  Fr.  2,  9  p.  77,  12. 

U.  Ararem  Rhodanumque  et  Sequanam  Greg.  T.  h.  Fr.  8,  30 
p.  343,  13. 

7)  Tr.  Rhenum  kam  nicht  nur  in  der  Litteratur,  sondern 
auch  in  der  lebendigen  Sprache  wohl  erst  seit  Cäsar  in  aus- 
gedehnteren Gebrauch:  Caes.  b.  gall.  1,  5,  4.  1,  35,  3.  1,  54,  1.  2, 
35,  1  u.  ö.  Liv.  per.  139.  140.  142.  Plin.  n.  h.  25, 20.  Tac.  Germ.  29. 
hist.  4,  12.  5,  23.  Suet.  Tib.  18.  Cal.  45.  51.  Claud.  1.  .  .  Dipl.  ed. 
Pertz  41,  34.  Einh.  ann.  779.  782.  785.  795.  822.  826  u.  ü.  (im 
ganzen  nahezu  60  St.).  Eine  stehende  Verbindung  ist  Germani 
qui  tr.  Rh.  incohmt:  Caes.  b.  gall.  1,  1,  4.  1,  28,  4.  Suet.  Caes.  25 
ii.  ö.  Da  auch  sonst  tr.  Rh.  häufig  mit  Bezugnahme  auf  Grofs- 
germanien  und  seine  Bewohner  gebraucht  wird  (vgl.  Caes.  b.  gall. 
6,  35,  4  tr.  Rh.  ad  Germanos,  ib.  7,  65,  4  tr.  M.  in  Germaniam, 
Plin.  n.  h.  25,  20  in  Germania  tr.  Rh.  u.  o.),  so  steht  der  einfache 
Prapoaitionalausdruck  oft  geradezu  im  Sinne  von  in  Germania, 
-am:  Caes.  b.  gall.  6,  24,  1  fuit  tempus,  cum  Galli . .  tr.  RJh.  (nach 


366  Pb.  Thielmann: 

Germanien)  colonias  mitterent,  Flor.  3,  10,  8.  Aur.  Vict  epit.  1,  13 
huius  (des  Augustus)  tempore  tr.  Eh.  vastatus  est  Bomanus  ezer- 
citus  u.  o.  —  Transrhenanus:  Caes.  b.  gall.  4,  16,  5.  5,  2,  4.  6, 
5,  5  u.  ö. 

Z7.  Rhenum:  (Sen.  dial.  10,  4, 5).  Lucan.  7,433  (Tac.  Germ.  29). 
Mamert.  pan.  7  p.  95,  20.  Eutr.  7,  9,  1.  10,  14,  2.  Fest  brev.  6, 3. 
Cass.  hist.  trip.  12,  4.  Greg.  T.  h.  Fr.  4, 49  p.  184,  5.  Fred.  4, 38. 
40.  87.  cont.  Fred.  109.  111.  gest.  Franc.  4.  5.  Paul.  Diac.  h.  L 

1,  1.  id.  Bd.  95,  710  M.  Einh.  ep.  35  (ter),  Vit.  Clari  2  (=  Act 
Sanct.  Ian.  I  55  ff.).  Vit.  S.  Bonif.  app.  3,  11.  12.  hist  misc.  7, 14. 
Gregor  von  Tours  und  Fredegar  vertreten  hier  mit  u.  die  Volks- 
sprache, Einhard  mit  überwiegendem  tr.  die  Kunstsprache. 

8)  Tr.  flumen  Ligeris  Jordan.  Get  226  p.  115,  21,  tr.  Ligen 
lex  Sal.,  tr.  fluvium  Ligeris  Erm.  Nig.  poet  Car.  II  27,  93.  28, 130. 
Häufiger  ist  u.  Ligerem:  Plin.  n.  h.  4,  107  (u.  eutn).  Greg.  Tur.  B. 
Fr.  2,  9  p.  77,  11.  5,  4  p.  195,  7.  15.  Fred.  3,  75.  gest  Fr.  5.  28. 
33.  53.  Dipl.  ed.  Pertz  p.  30,  33.  49,  48.  151,  7.  193,  21.  205, 42, 
bei  Migne  Bd.  87  (gallische  Autoren)  col.  1297 b.  1332T  1336», 
bei  Pardessus  u.  ö. 

9)  Tr.  Garonnam  nur  Einh.  ann.  816;  u.  Garonnam  Greg. 
T.  h.  Fr.  7,  35  p.  315,  4.  8,  18  p.  337,  17.  Ven.  Fort  carm.  1,  8 
tit.  Cont.  Fred.  130.  134. 

Germanien.  10)  Tr.  Alb  im  in  den  Kämpfen  des  Drusus 
und  Germanicus:  Tac.  ann.  2,  19.  Eutr.  7,  9,  1  =  bist  misc  7, 14; 
zu  den  Zeiten  der  Karolinger  lautet  die  Formel  meist  tr.  AJbiam: 
Form.  ed.  Zeumer  289,  1.  Einh.  ann.  804.  809  bis.  811.  819.  822 
—  Transalbianus  Einh.  ann.  798.  804.  817  n.  ö. 

U.  Albim  Suet.  Aug.  21,  ein  cod.  bei  Einh.  ann.  804. 

Das  übrige  Europa.  11)  Tr.  Danuvium  kam  (zugleich 
mit  u.  Danuvium)  etwa  seit  Trajan,  der  Dacien  zur  Provim 
machte,  in  häufigeren  Gebrauch:  Tac.  Germ.  29.  Vop.  Aurel.  22, 2. 
Aur.  Vict.  Caes.  29,  4.  Eutr.  8,  2,  2.  Fest  brev.  8,  2.  Oros.  7,12,2. 

7,  22,  7  (=  Free.  2,  3,  9).  Iordan.  Get.  74  p.  75,  8.  Geogr.  min. 
121,  16.  Isid.  or.  17,  9,  40.  An.  Rav.  188,  1.  —  Transdamvim 
Vop.  Aur.  39,  7;  -danuviani  Orell.  inscr.  750. 

U.  Danuvium:  (Sen.  dial.  10,  4,  5).  Tac.  ann.  2,  63.  Eatr.  9, 

8,  2.  9,  15,  1.  Prosp.  Aquit  Bd.  51,  603°  M.  Iord.  Rom.  217  p.  27, 
26.  247  p.  32,  15.  Get  223  p.  115,  7.  301  p.  135,  13.  Isid.  or.9, 

2,  94.  An.  Rav.  189,  9.  205,  3.  hist.  misc.  21,  20. 

12)  Tr.  Istrum:  Aur.  Vict.  Caes.  13,  3.  33,  3.  Amm.  Marc. 


Uls,  trans  und  ultra.  367 

29,  6,  2.  Cass.  hist  trip.  1,  9.  8,  13.  9,  45.  47.  —  U.  Istrum:  (Sen. 
n.  q.  praef.  8).  Curt  7,  7,  4. 

13)  Tr.  Tan aim  -in:  ltin.  Alex.  38  p.  20,  7  V.  Claudian.  3, 
324;  u.  Tanaim:  Curt  7,  4,  6.  32.  7,  7,  1.  7,  8,  30.  Amm.  Marc. 
22,  8,  29. 

Asien:  14)  Tr.  Euphratem  -en  ist  stehend  bei  Erwähnung 
der  Partherkriege:  Cic.  div.  2,  22.  Tac.  hist.  5,  9.  ann.  15,  17.  Eutr. 
6,  18,  2.  Fest.  brev.  17,  4.  Oros.  7,  12,  2;  aufserdem  vgl.  lustin. 
12,  13,  4.  Plin.  n.  h.  19,  48  u.  ö. 

ü.  Euphratem:  (Sen.  dial.  10,  4,  5).  Curt.  4, 11, 19.  10,  5,  12. 
Tac.  ann.  15,  17.  Heges.  1,  40,  56.  2,  9,  189. 

15)  Tr.  Tigridem  -in:  Fest.  brev.  14,  6.  Oros.  7,  12,  2.  — 
Transtigritanus  Fest.  brev.  25,  3.  Amm.  Marc.  18,  9,  2  u.  ö. 

U.  Tigrim:  Lucan.  7,  433.  Plin.  n.  h.  12,  78  (u.  Pasitigrim), 
ine.  pan.  3  p.  134,  11. 

16)  Tr.  Iordanem  -en  ist  häufig  ixi  der  Bibel  (Vu8.  gen. 
50,  10.  num.  22, 1  u.  o.),  bei  christlichen  Dichtern  (Iuvenc.  1,  415) 
und  Prosaikern  (Heges.  1,  45,  70.  5,  40,  2  u.  o.),  fehlt  aber  sonst 

U.  Iordanem:  Lugd.  deut  1,  1;  SGerm.  14  Iudith  1,  9;  Vu2. 
Marc.  10,  1.  Vu3.  los.  21,  36.  Heges.  4,  16,  20.  Hier.,  Rufin, 
Augustin  u.  a. 

3«  Berg,  a)  Allgemeines.  Tr.  montes  erscheint  ver- 
hältnismäfsig  spät:  Liv.  22,  41,  7.  42,  11.  43,  7.  40,  25,  4.  Auson. 
ep.  25  (417),  72,  noch  später  tr.  montem:  grom.  180,  18.  323,  20. 
330,  20.  Einh.  ann.  782;  vergl.  den  Ortsnamen  Tram  monte  It 
Anton.  574,  6  Wess.  und  die  Variation  tr.  ardua  montis  Sil.  15, 
493  (496).  -  Transmontani  Subst  Liv.  39, 2, 9.  Plin.  n.  h.  3, 28  u.  ö. 

U.  montem  (vgl.  Cic.  prov.  cons.  34)  Mel.  3,  95,  u.  m&ntana 
Aeth.  106  p.  79,  25;  vgl.  u.  eum  (montem)  Mel.  1,  117.  Plin.  n.  h. 
5,  36,  ii.  quod  (montium  iugtim)  Tac.  Germ.  43  u.  a. 

Dazu  stellt  sich  als  Gegensatz  tr.  vallem:  Caes.  b.  gall.  5, 
49,  5.  Vu8.  1  reg.  31,  7;  vgl.  Gild.  19  —  Nenn.  37.  —  U.  eam 
convallem  b.  Afr.  50,  1  (2). 

b)  Specielles.  1)  Tr.  Appenninum:  Dec.  Brut.  ep.  11, 
10,  3.  Liv.  5,  33,  9.  39,  2,  3.  4.  41,  19,  1.  Vitr.  2,  6,  5  p.  43,  25. 
Plin.  n.  h.  2,  229.  Frontin.  1,  8,  3.  —   U.  Appenninum  fehlt 

2)  Tr.  Alpes  dürfte  etwa  seit  Hannibal  und  mehr  noch  seit 
der  ersten  Überschreitung  der  Alpen  durch  die  Römer  154  v.  Chr. 
(Krieg  mit  den  Sallyern,  Flor.  3,  2,  3)  grofsere  Verbreitung  ge- 
wonnen haben  (nachweisbar  seit  Cic,  im  ganzen  über  40  St). 


368  Fh.  Thielmann: 

Die  häufig  vorkommende  Form  tr.  Alpis  hat  sich  aus  der  Zeit 
ihres  Entstehens  konserviert :  Cic.  Quinct.  12. 80  (Kayser).  D.  Brut 
ep.  1 1, 13  a,  3  (Baiter).  Liv.  43, 5, 7.  10.  Ascon.  p.  4,  4.  VelL  2, 12, 4. 
Plin.  n.  h.  6,  218.  16,  66.  69.  18,  85.  36,  159  u.  o.  Wie  tr.  Bh* 
num  oft  =  in  Germania  -am  ist,  so  nimmt  tr.  Alpes  oft  geradezu 
die  Bedeutung  von  in  Gallia  -am  an:  Plin.  n.  h.  16,  66  dfbum 
(genas  aceris)  .  .  vocatur  Galliaim,  in  transpadana  Italia  transque 
Alpis  nascensy  ib.  7,  9.  Sulp.  Sev.  ehr.  2,  32,  1  u.  o.;  so  tritt  tr. 
Alpes  in  Gegensatz  zu  in  Italia  (Plin.  n.  h.  2,  224.  14,  39.  36,  165), 
zu  in  Asia  ib.  7,  56  u.  s.  w.  Im  weiteren  Sinne  liegt  allerdings 
Spanien  ebenso  gut  jenseit  der  A.  (Plin.  n.  h.  6,  218).  —  Die 
spanischen  Alpen  d.  i.  die  Pyrenäen  sind  gemeint  bei  Ausonius 
ep.  25  (417),  87.  Einzelne  Teile  der  Alpen  werden  genannt  It. 
Anton.  387,  5  Wess.  tr.  A.  Cottias  und  Prud.  per.  2,  539  tr.  Cotr 
tianorum  iuga.  Über  Transalpes  Subst.  vgl.  S.  252.  —  Tram- 
alpinus:  Com.  4,  43.  45.  Cic.  Verr.  II  2,  118  u.  o.;  transalpicus 
nur  not.  Tiron.  144. 

U.  Alpes:  Plin.  n.  h.  3,  47.  4,  79.  Flor.  4,  1,  9.  Paul.  Diaa 
h.  L.  2,  23;  vgl.  u.  Alpiae(?)  scr.  Lang.  501,  22. 

3)  Tr.  iuga  Pyrcnes  Sil.  1,  643  (640);  vgl.  Auson.  ep.  25 
(417),  87.  Prud.  per.  2,  540.  Einh.  ann.  809.  —  U.  Pyrenen  Sil.  1, 
669  (666). 

4)  Tr.  Taurum  dürfte  etwa  seit  Lucullus  (Fest  brev.  14, 1) 
aufgekommen  sein:  Cic.  ep.  2,  15,  5.  3,  8,  4.  15,  1,  2.  Frontin.  1, 
1,  6.  Tac.  ann.  15,  8.  Amm.  Marc.  31,  16,  8. 

II.  Taurum:  (m.  Tauri  iuga,  u.  iuga  T.  Liv,  37,  53,  25.  38, 

8,  4.  38,  12,  4.  38,  47,  11.  38,  53,  3.  42,  42,  6.  42,  50,  6,  überall 
in  Verbindung  mit  emoveo  und  exigo)  Liv.  38,  39,  17.  Val.  Max. 
4,  1  ext.  9.  8,  1  daran.  1.  Iul.  Val.  1,  48.  Aur.  Vict.  v.  ill.  54,  5. 
Fest.  brev.  12,  1  (u.  iuga  Tauri),  Iordan.  Rom.  227  p.  29,  27. 

4.  Varia.  1)  Tr.  viam  ist  eine  speeifisch  juristische  Ver- 
bindung: CIL  I  199,  11.  12.  I  577,  I  6.  9.  V  4182.  VI  10346. 
Alfeu.  dig.  41,  1,  38  bis.  Pard.  590  a.  747  (vgl.  Bonif.  ep.  66).  Lex 
Frision.  tit.  22,  71.  74.  —  ü.  viam  Alfen.  dig.  41,  1,  38.  Plin.  ep. 

9,  39,  6. 

2)  Tr.  parietem  (S.  358):  PI.  mil.  468.  Sen.  contr.  7,  5  (20) 
im  Thema.  Hier,  contr.  Ioann.  Hier.  33,  445  (338)  Lynceus  vide- 
bat  tr.  p.  (=  Anibr.  II  2  de  trinit.  29),  Boeth.  Bd.  64,  1154*M. 
—   U.  parietem  Ambr. 

Seltener  sind:   tr.  maceriam  Liv.  23,  9,  13  (12);  tr.  septa 


Uls,  trans  und  ultra.  ;>69 

Iuvenc  3,  732;  tr.  vallum  Liv.  25,  14,  4.  41,  4,  2.  Val.  Max.  3, 

2,  20.  CIL  III  827;  tr.  siparium  Tert.  Val.  13;  tr.  iUud  (vela- 
men)  Mam.  Claud.  stat.  an.  3,  2  p.  156,  5.  —  U.  eam  maceriam 
CIL  V  3072;  saepem  «.(?)  Lucr.  4,  611 ;  u.  vclutn  Vu3.  lev.  16, 12. 

IV.    Lokales  ultra  nebst  Übergreifen  von  trans. 

In  den  archaischen  Beispielen,  Enn.  555  V.  u.  fossam,  Cato 
p.  10, 20  u.  agrum  Ptccntium,  ib.  34, 5  t*.  angulum  GaTlicum,  Com. 
4,  60  u.  finem,  tritt  uns  die  lokale  Bedeutung  als  die  ursprüng- 
liche zuerst  entgegen.  Wie  die  letzte  Stelle  zeigt,  verbindet  sich 
«.,  seiner  Grundbedeutung  entsprechend,  gern  mit  den  Subst. 
'Grenze,  Grenzlinie'  u.  s.  w.:  1)  u.  finem  -es  (lokal!)  Sen.  ep. 
110,  14.  Imp.  Claud.  de  iur.  hon.  Gall.  dand.  II  27.  Veget.  a.  vet. 

3,  2  p.  345.  Amm.  Marc.  22,  9,  1  u.  o.;  vgl.  u.  destinata  Sen.  dial. 

4,  35,  2.  —  2)  u.  terminum  -os  (lokal!)  Hör.  carm.  1,  22,  10  f. 
8uet.  frgm.  p.  307  (Roth).  Apul.  met.  5,  26.  Ps.-Cypr.  de  bon. 
pud.  14  Bd.  3  p.  25,  11  H.  Solin.  7,  28  u.  ö.  —  3)  u.  limites  -em 
Hör.  carm.  2,  18,  24  f.  groni.  22,  15.  198, 17.  Aug.  de  gen.  ad  litt. 
2, 1,  2  a.  o.  Daran  schliefst  sich:  4)  ff.  Urnen  Sen.  dial.  5,  14,  2. 
Quint.  11,  2,  13.  Apul.  met.  9,  25.  Anderswo  liegt  die  Bezeich- 
nung der  Grenze  in  der  das  Subst.  begleitenden  Bestimmung: 
Plin.  n.  h.  2,  120  «.  certum  tractum,  ib.  8,  68  u.  adsuetum  spar 
tiutn  u.  8.  w. 

Für  einzelne  Gegenstände  ergeben  sich  besondere  Benen- 
nungen ihrer  Grenzen:  Sil.  17,  239  (244)  u.  litora,  Solin.  5,  20 
u.  tnargines,  Mart.  Cap.  6,  640  p.  215,  9  u.  gurgitis  ripas  u.  a. 
Aus  der  grofsen  Masse  der  Belege  führe  ich  nur  diejenigen 
an,  in  welchen  die  Grenzen  der  (damals  bekannten)  Welt  bezw. 
des  Universums  genannt  werden:  u.  Imperium  Romanum  Gell. 
10,  7  lemm.;  u.  columnas  Hcrcnlis  Plin.  5,  2.  27,  2.  Heges.  2, 
9,  120,  tt.  Äos  (d.  i.  Herctdis)  columnas  Avien.  or.  mar.  375,  vgl. 
«.  labores  Älcidae  fuge  Sen.  H.  Oet.  744;  u.  m  und  um  Sen.  dial. 
8,  5,  6.  n.  q.  7,  13,  3.  ep.  110,  9.  Mar.  Vict.  Bd.  8,  1000°  M.  Vic- 
torin. rhet.  p.  215,  37  H.  Ambros.  u.  a.  (uUramundanus  Apul. 
Mart  Cap.);  u.  solem  Sen.  ep.  94,  63.  Stat.  silv.  4,  3,  156.  Aug. 
in  ps.  38,  10.  11.  Mart.  Cap.  8,  884  p.  329, 14.  Anth.  lat.  483,  52, 
w.  solte  vins  Min.  Fei.  6,  2;  u.  nubcs  Sen.  H.  Oet.  494,  u.  nubila 
Solin.  24,  8.  Ven.  Fort.  Mart.  2,  434  u.  o.;  k.  sidera  Stat.  silv. 
4,  3,  156  u.  ö.;  u.  caelum  Apul.  Ascl.  27.  Ambr.,  «.  caelos  Aug. 
u.  a.;  w.  nocentum  exilia  (d.  i.  Orcum)  Sen.  Herc.  für.  93,  u.  in- 


370  Ph.  Thielmaon: 

feros  ib.  892.  Aug.  ep.  119,  4,  u.  Tartarum  Sen.  Phoen.  145 
u.  s.  w.  Hierher  gehört  auch  u.  mit  den  Namen  der  Winde: 
u.  aquilonem  Plin.  n.  h.  4,  89.  Solin.  16,  1,  u.  aquüonis  initia 
Plin.  n.  h.  6,  34,  u.  flatus  aquüonis  Porphyr.  Hör.  carm.  2,  20,  16. 

Da  aber  im  Grunde  jede  Ortsbestimmung  im  Zusammen- 
hang als  Grenze  aufgefafst  werden  kann,  so  ist  der  Gebrauch 
des  lokalen  u.  ein  unbeschränkter,  nur  dafs  das  von  tr.  besetzte 
Gebiet  noch  eine  Zeit  lang  intakt  bleibt:  Varr.  1.  1.  5,  25  «f.  Ex- 
quilias,  Cic.  Att.  12,  27,  1  u.  Silianam  villam,  b.  Alex.  15,  5  u.  vo- 
dum,  Prop.  5,  7,  29  portas  m.,  Liv.  7,  24,  9  u.  castra,  Ov.  trist  3, 
13,  6  14.  patriam,  Phaedr.  app.  1,  14,  7  quos  (liortülos)  u.,  Mel.  1, 26 
u.  specum,  1,  43  «.  deserta,  Stat.  silv.  5,  3,  49  Cyclopum  scopulos 
u.,  luven.  16,  26  molem  aggeris  u.,  Gell.  12,  13,  9  u.  oppidum, 
CIL  II  3426  u.  turrim,  Paul.  Nol.  ep.  22,  1  u.  urbem  u.  s.  w.; 
daher  auch  u.  eum  locum  Caes.  b.  gall.  1,  49,  1.  b.  civ.  3,  66,4. 
b.  Alex.  20,  3,  locus  u.  quem  Sen.  n.  q.  7,  12,  8  u.5,  Dabei  darf 
der  Begriff  'Ortsbestimmung'  im  denkbar  weitesten  Sinne  gefafet 
werden:  Lucr.  4,  269  u.  speculum,  Sen.  suas.  1,  2  u.  Liberi  patm 
tropaea,  Germ.  Arat.  241  hunc  (arietetn,  Sternbild)  u.f  Cels.  7,  9 
p.  285,  1  t4.  Uneas,  id.  7,  26,  2  p.  309,  4  u.  calculum,  id.  8,  10, 1 
p.  345,  36  u.  priorem  fasciam,  Sen.  H.  Oet.  1625  u.  totos  ramos, 
Curt.  4,  15,  4  «.  temonem,  id.  8,  14,  30  u.  acietn,  Colum.  4,  29,  9 
u.  corticem,  Lucan.  9,  327  n.  proram,  Stat.  Th.  8,  388  t4.  thoracas 
u.  s.  w.  So  können  denn  auch  Personennamen  und  Pronomina 
in  lokalem  Sinne  bei  u.  stehen:  Caes.  b.  gall.  1,  48,  2  u.  eum 
(Caesarem)  castra  fccit,  Lepid.  ep.  10,  34,  l  u.  me  castra  posuü, 
Vu2.  2  Cor.  10,  16  in  Uta  quae  u.  vos  sunt,  Vus.  1  reg.  20,  22 
sagittae  u.  te  sunt,  Cassian.  coli.  19,  9,  2  p.  543,  21  u.  omnes  he- 
remi  accolas  secedentes  u.  o. 

In  dies  Gebiet  von  u.  greift  nun  trans  hie  und  da  ein,  aber 
im  Gegensatz  zu  u.}  dessen  Übergriffe  von  der  Volkssprache  be- 
günstigt werden,  fast  nur  im  höhern  Stil.  Die  augusteischen 
Dichter  sind  es,  die  tr.  zuerst  im  Sinne  von  u.  verwenden,  und 
auch  in  der  Folgezeit  adoptieren  meist  nur  Poeten  diesen  Gebrauch 
oder  doch  solche  Prosaiker,  für  die  tr.  bereits  ein  abgestorbenes 
Wort  ist  So  schreibt  Horaz:  carm.  1,  8,  12  saepe  tr.  finem  iaado 
.  .  expedito;  vgl.  ps.  18,  5  bei  Ps.-Cypr.  Bd.  3  p.  123,  19  tr.  fines 
terrae,  Commod.  apol.  134  tr.  Oceani  finem,  Baed.  h.  eccL  1, 1 
p.  7,  21  tr.  illius  (Britanniae)  fines.  —  Vgl.  translimitanus  Ambr. 
ep.  24,  8. 


Uls,  irans  und  ultra.  371 

Weiter  verbindet  sich  in  der  Dichtersprache  tr.  gern  mit 
den  Begriffen  'Himmel'  und  'Welt'.  Des  von  Vergil  Aen.  7,  65 
geschaffenen  tr.  aethera  bemächtigen  sich  die  christlichen  Dich- 
ter, den  Äther  in  ihrem  Sinne  als  'Himmel'  umdeutend,  so  z.  B. 
Avitus  carm.  4,  597.  Andere  aber  versuchen  Variationen:  tr.  si- 
dera  Iuvenc.  1,  495  2,  222.  Paul.  Nol.  natal.  8,  182.  Bonif.  poet. 
Car.  I  6,  83.  III  carm.  Centul.  2,  54;  tr.  astra  Paul.  Petr.  vers. 
de  orant.  9;  tr.  nubila  Paul.  Nol.  nat.  7,  211;  tr.  polum  Boeth. 
cons.  ph.  3,  8  v.  17  p.  66;  tr.  culmina  caeli  poet.  Car.  III  carm. 
Cent.  2,  41;  vgl.  tr.  solem  Auson.  ep.  25(417),  72.  Von  Pro- 
saikern hat  der  poetisierende  Mamertus  Claudianus  Ahnliches: 
«tat.  an.  2,  12  p.  150,  27  tr.  tertium  caelum,  ib.  2,  4  p.  113,  1 
tr.  quam  (mundi  molem),  ib.  2,  12  p.  145,  2  tr.  omne  mundanum; 
vgl.  an.  Rav.  10,  18  tr.  tottim  orbem.  —  Transmundanus  Mam. 
Claud.  p.  144,  20. 

Dichter  verbinden  zuerst  tr.  mit  den  Namen  der  Winde: 
Lucan.  10,  243  tr.  Noton,  Stat.  Th.  3,  288  tr.  Bore  an;  des  Pli- 
nius  14.  aquilonem  (s.  oben)  ersetzt  Martianus  Cap.  6,  664  durch 
tr.  aquilonem.  —  Transaustrinus  Mart.  Cap.  6,  608. 

Auch  in  der  Verbindung  von  tr.  mit  beliebigen  Ortsbestim- 
mungen nach  Analogie  von  u.  sind  die  Dichter  die  ersten:  Ov. 
trist.  4,  9,  23  tr.  tellurcm  (vgl.  Flor.  1,  18,  25  tr.  mare  ac  ter- 
ras).  Das  übrige  steht  bei  Autoren,  die  den  lebendigen  Gebrauch 
von  tr.  nicht  mehr  kennen:  Tert.  lud.  7  tr.  istas  gentes;  Auson. 
ep.  25  (417),  72  tr.  urhes  (vgl.  cod.  Theod.  1,  6,  11  tr.  urbem)] 
Vus.  1  reg.  14,  1  tr.  locum  ittum,  Hier.  Bd.  3,  992b  tr.  locum, 
Aug.  quaest  in  hept.  1,  171  tr.  Uta  loca  (vgl.  bist.  misc.  21,  30 
tr.  praeeipitii  locum);  Vu3.  gen.  35,  21  tr.  turrem  -im,  ebenso 
Hier.  Bd.  3,  900d.  992»;  Matth.  8,  18  bei  Aug.  spec.  674,  6  (Weih- 
rich)  tr.  regionem;  Macr.  somn.  Sc.  2,  7,  14  tr.  tropicum,  ib.  2, 
8,  1  tr.  zodiacum;  grom.  316,  15.  322,  5  tr.  pratum;  Gild.  15 
tr.  insulam,  ebenso  Baed.  h.  eccl.  p.  18,  18.  26.  19,  16.  Neun. 
app.  19.  Free.  2,  5,  13;  Isid.  or.  10,  85  tr.  solum;  GLK  suppl. 
p.  CCXLIV  tr.  portus;  an.  Rav.  14,  18  tr.  patriam,  ib.  114,  7 
tr.  ipsum  eremum.  Lokal  ist  auch  die  Anschauung  in  tr.  omnia: 
Prud.  apoth.  810  deus  superfusus  tr.  otnnia,  Aug.  ep.  119,  4.  Auch 
mit  Personennamen  steht  tr.,  wie  w.:  Vu3.  1  reg.  20.  36  tr.  pu- 
erum.  —  Translucanus  Grut.  inscr.  201,  7;  transulnuinus  Orell. 
inscr.  111. 

Aus  der  gro£sen  Masse  der  Belege  fUr  lokales  u.  müssen  noch 


372  Ph.  Thielmann: 

einige  Gruppen  hervorgehoben  werden:  1)  Die  Städtenamen. 
Bereits  Caes.  b.  civ.  3,  26,  4  schreibt  u.  Lissum,  und  der  Ge- 
brauch hält  sich  von  da  namentlich  in  geschichtlichen  und  geo- 
graphischen Werken:  b.  Alex.  9,  3  u.  Alexandriam,  Liv.  26,  25,  17 
u.  Dium,  ib.  40,  41,  10  u.  novam  Carthaginetn,  Plin.  n.  h.  2,  226  «. 
Surrentum,  3,  56  u.  Cerceios,  3,  127  ««.  quam  (Aquileiam),  4,  13 
u.  Patras  u.  ö.,  Tac.  h.  3,  79  u.  Fidenets,  Suet.  Vesp.  2  u.  Beate, 
ohne  indes  anderwärts  zu  fehlen:  Sen.  Ag.  998  u.  Myccnas,  Ascon. 
p.  27,  17  u.  Bovillas,  Vu*.  2  Cor.  1,  23  u.  Corinihum.  Weitere 
Beispiele  sind  nicht  nötig;  u.  bei  Städtenamen  findet  sich,  wenn 
auch  vereinzelt,  zu  allen  Zeiten  bis  ins  angehende  Mittelalter: 
gest.  Franc.  32  u.  Parisius,  Aethic.  24  p.  14,  12  usque  u.  Gades, 
Paul.  Diac  h.  L.  2,  5  u.  Constantinopolim  u.  ö. 

Tr.  bei  Städtenamen  ist  selten:  Mel.  1,  85  tr.  Halicarnason, 
Tert.  lud.  7  tr.  Cyrenen,  Vu2.  act.  ap.  7,  43  tr.  Babylonem,  bei 
Hieron.  tr.  urbem  Petrcm,  tr.  Edessam,  tr.  Bostram,  tr.  Damascum. 
—  Transbeneventanus  Paul.  Nol.  carm.  27,  377. 

2)  Die  Ländernamen:  Sali.  hist.  1,63  w.  Aethiopiam  (=  Aug 
ars  gramm.  p.  29  ed.  Weber),  Plin.  n.  h.  3,  75  u.  Sicüiam,  5,  66 
u.  Armeniern*,  5,  103  u.  eam  (Ioniam),  37,  40  w.  Indiam,  Ausod. 
grat.  act  81  u.  Ciliciam,  Heges.  1,  11,  3  u.  Iudaeam,  Mark  Cap. 
6,  668  u.  provinciam  Tingitanam  u.  o.;  vgl.  luv.  2,  159  u.  litora 
lubemae,  Claudian.  3,  288  u.  Libyae  fines.  Das  öftere  Vorkommen 
von  u.  Britanniam  -as  (Eutr.  7,  13,  3  =  Oros.  7,  6,  10.  Sulp.  Sev. 
ehr.  2,  51,  3.  Schol.  luv.  2,  160.  Isid.  or.  14,  6,  4.  5.  Baed.  h.  eccl. 
1,  3  p.  10,  14.  1,  11  p.  18,  22)  erklärt  sich  aus  der  Bedeutung 
Britanniens  als  Grenze  der  bekannten  Welt. 

Wie  die  gröfseren  Inseln  Sicilia  und  Britannia,  erscheinen 
auch  die  kleineren,  sowie  die  Inselgruppen  mit  u.:  Plin.  n.  h.  2, 
202  m.  Melon,  6,  183  u.  Heroen  (Nilinsel),  6,  201  u.  has  (Gor- 
gades  insulas),  6,  202  u.  eas  (Hesperidum  insulas)  u.  ö. 

Tr.  verbindet  zuerst  ein  Dichter  mit  einem  Ländernamen: 
Lucan.  8,  184  tr.  Pharm  (=*  Aegyptum),  Comm.  apol.  936  tr.  Per- 
sida,  bei  Hieron.  tr.  Arabmm,  Mesopotamiam,  Aethiopiam,  Indiam, 
Aug.  ars  gramm.  p.  29  W  tr.  Galliam  (Beispiel),  Prise,  perieg.  892 
tr.  istam  (Arabiam),  Schol.  luv.  15,  6  tr.  Aegyptum,  an.  Rav.  9, 12 
tr.  ipsam  Britanniam,  ib.  10,  15.  19,  10. 

3)  Am  spätesten  stellen  sich  bei  u.  die  Völkernamen  ein: 
Sen.  ep.  71,  37  u.  Dahas,  id.  Thyest.  462  u.  Getos  et  Parthos. 
Dabei  sind  es  in  der  Regel  die  Namen  entfernt  wohnender  Völker- 


UIb,  trans  und  ultra.  373 

schallen,  die  sich  mit  u.  verbinden:  Mel.  1,  12  u.  eas  (Amaßones), 
Plin.  n.  h.  4,  82  u.  quos  (Tyragetas),  6,  35  u.  cos  (Hyperboreos), 
6,  125  u.  qtios  (Attalos),  21,  11  und  Apul.  mund.  7  u.  Indos,  luv. 
2,  1  und  Solin.  15,  18  u.  Saurcmatas,  Solin.  19,  3.  Claudian.  5, 
149.  Iord.  Get.  37  u.  ö. 

Für  tr.  thut  auch  hier  ein  Dichter  den  ersten  Schritt  vor- 
wärts: Stak  Th.  3,  288  tr.  Borean  Thracasque;  vgl.  ferner  Tac. 
Germ.  44  tr.  Lugios,  45  tr.  Suionas,  lerem.  41,  10  Wirceb.  tr.  filios 
Amnion,  Hier.  Bd.  3,  882*  tr.  Iiaphaim  (Riesen),  Schol.  Luc.  269, 
21  tr.  Parthos. 

4)  Unter  den  örtlichen  Begriffen  bilden  namentlich  die 
Körperteile  eine  zusammenhängende  Gruppe:  Cels.  4,  1  p.  120, 
11  und  8,  5  p.  338,  19  w.  aures,  6,  18,  2  p.  254,  18  und  7,  25,  1 
p.  305,  23  u.  eam  (glandem),  7,  15  p.  292,  19  u.  inferiorem  mem- 
branatn,  8,  1  p.  325,  6  u.  quos  (caninos  dentes),  Plin.  n.  h.  9,  181 
u.  digitos,  14,  14  u.  suos  pollices,  28,  48  u.  caput,  Quint.  11,  3,  118 
u.  laevum  umertim,  Gell.  6,  12,  1  u.  bracchia,  Veg.  a.  vet.  4,  6  u. 
genua  u.  ö.;  aber  doch  nur  ein  Dichter  wagt  u.  corpus  Sen. 
Thyest.  740. 

Der  Gebrauch  von  tr.  mit  Körperteilen  trägt  vorwiegend 
dichterischen  Charakter:  Verg.  ecl.  8,  102  tr.  caput,  Liv.  8,  7,  9 
tr.  cervicetn,  Stat.  Th.  8,  495  tr.  pectus,  Tert.  pall.  1  tr.  crura, 
Apoll.  Sid.  carm.  23,  353  =  20,  358  p.  587  B  tr.  artnos;  so  auch 
tr.  corpus  Stat  Th.  7,  645. 

U.  cüber  —  hinaus'  berührt  sich  oft  mit  post  ^hinter':  Plin. 
tl  h.  5,  34  post  Nasamonas  Hasbitae  .  .  vivunt,  u.  eos  Amantes; 
vgl.  Curi  3,  9,  5.  8,  13,  6  u.  ö.  So  steht  umgekehrt  post  wie 
sonst  ti.  oder  tr.:  Curt.  4,  11,  19  post  Euphraten,  Mel.  2,  77  p. 
Athenopolim  u.  ö.  Ebenso  kann  das  lokale  u.  an  die  Bedeutung 
von  extra  streifen:  statt  u.  portam  Viminalem  Fest.  161b  33  bietet 
Paulus  extra  p.  V.;  vgl.  Lucan.  6,  102  u.  ö.  Umgekehrt  steht 
extra  für  u.:  Curt.  4,  8,  3  e.  terminos  solis,  9,  4,  18  e.  sidera  u.  o. 

Am  wichtigsten  aber  ist  die  Berührung  von  u.  mit  supra. 
Der  Übergang  war  leicht.  U.  bezeichnete  das  cdarüber  —  hinaus* 
in  horizontaler,  s.  in  vertikaler  Richtung;  es  kommt  also  überall 
nur  auf  die  Vorstellung  an  (vgl.  u.  nubüa,  sidera  =  supra  «.,  s.). 
So  steht  supra  schon  frühe  im  Sinne  von  'über  —  hinaus, 
jenseit9:  Enn.  sat.  71  p.  85  M.  s.  Maeoti  paludes,  Nep.  Ale.  9,  1 
8.  Propontidem,  Dat.  4,  1  s.  Cilieiam,  Liv.  23,  31,  3.  32,  2  s.  Sues- 
sulam,  Ascon.  30,  19  s.  liovillas,  Plin.  n.  h.  2, 183  s.  Alexandriam} 


374  Fh.  Thielmann: 

2,  217  s.  Britanniam,  6,  118  s.  Silicat  (Volk),  6, 173  s.  Aethiopas, 
7,  12  s.  BorysOienen  Sauromatas  (=  Gell.  9,  4,  6  Sauromatas  . . 
u.  Borysfhenen)  u.  o.,  also  mit  den  Namen  von  Meeren,  Ländern, 
Städten,  Völkern  und  Flüssen.  Ebenso  wird  nun  aber  auch  super 
verwandt:  Sali.  lug.  19,  5  s.  Numidiam,  Verg.  Aen.  6,  795  s.  ä 
Garamantas  et  Indos  (dazu  bemerken  die  Grammatiker,  z.  B.  GLK 
VII  288,  17:  super  interdum  ei  u.  significat),  Liv.  43,  21,  6  s.  Am- 
bracium  sinum,  Curt.  6,  2,  13.  7,  6,  12.  8,  1,  7  s.  Bosporum,  MeL 
1,  13  s.  Scythas,  s.  Amazonas,  id.  3,  31  s.  Albim,  Plin.  n.  h.  4, 79 
s.  Histropolim  u.  ö.;  doch  ist  s.  jlumen  meist  nichts  weiter  als 
'(oben)  am  Fluss\  Übrigens  kann  super  *oben  über  etwas  hin* 
auch  die  Funktion  von  tr.  übernehmen:  Verg.  Aen.  11,  562  & 
amnem,  Lucan.  2,  726  s.  aequora  u.  o.  Auch  in  seiner  übertragenen 
Bedeutung  wird  u.  fast  überall  von  supra  und  super  in  paralleler 
Entwicklung  begleitet;  doch  können  wir  im  folgenden  nur  ein- 
zelne Punkte  hervorheben. 

V.    Ultra  mit  Mafs-  und  Zahlbestimmungen. 

Deutlich   an   das  örtliche  Verhältnis   schliefst  sich  die  Ver- 
bindung von  u.  mit  Mafs-  und  Zahlbestimmungen  da,  wo  sie  uns 
zum  ersten  Mal  entgegentritt:  Cic.  Att.  3,  4  ut  müii  u.  quadrm- 
genta  milia  (Meilen)  liecret  esse;  vgl.  auch  Liv.  43,  11,  5  u.  mük 
passunm,  Plin.  n.  h.  4,  63  u.  XL  Mpassuum  u.  o.  Die  Entfernungs- 
grenze  wird  oft  durch  den  Meilenstein  bezeichnet:   Liv.  25,  5,  6 
u.  quinquagensimum  lapidem,  40,  37,  4  u.  deeimum  L,  Colum.  5, 8, 5 
u.  milliarium  sexagesimum,  Tac.  ann.  2,  50.  13,  26.  Plin,  ep.  10, 8 
(24),  6.  Marcian.  dig.  27,  1,  21,  2.  3.  Suet.  Claud.  23  u.  o.;  vgL 
w.  ictum  teli  Veg.  r.  mil.4, 10.  28,  u.  iactum  sagittae  Heges.  3, 20, 13. 
Ultra,  das  wieder  mit  Vorliebe  im  negativen  Satz  steht,  geht 
hier  leicht  in   den  Sinn   von  plus  quam  über:   Liv.  43,  11,  5  ut 
quis  u.  mille  passmim  ab  Rmna  abesset 

Weiter  verbindet  sich  nun  u.  mit  jeder  beliebigen  Mafs- 
bestimmung:  Cels.  4,  5  p.  127,  20  non  u.  heminam  aquae,  Veg. 
a.  vet.  4,  8  u.  cochlearium  (Flüssigkeitsmafs!);  Sen.  n.  q.  3,  7, 1 
u.  decem  pedes,  3,  7,  3  u.  ducentorum  pedtm  spatium,  Plin.  n.  k 
17,  111  u.  latitudinem  duum  digitorum,  36,  62  non  u.  bina  cMta 
u.  o.  (Längenmafs!),  auch  Marc.  Empir.  p.  153  u.  hoc  pondus 
ne  dederis  (Gewicht!). 

Aber  u.  kann  auch  zu  jeder  Zahlbestimmung  ohne  alle 
Beschränkung  treten.     Schon  b.  Alex.  21,  4  u.  eum  numerum  g* 


Uli,  träne  and  ultra.  375 

hört  hierher,  wo  aber  t*.  auf  Ergänzung  beruht;  vgl.  weiter  Val. 
Max.  3,  7  ext  1  non  u.  (=  plus  quam)  trcs  versus,  Suet  Caes.  38 
non  m.  quingenos  sestertios  u.  o.  Das  Subst.  fehlt:  Plin.  n.  h.  33, 
133  non  u.  centum  milia,  Afric  dig.  30,  108,  7  nihil  u.  decem; 
merkwürdig  ist  Gai.  dig.  34,  5,  7  (8)  pr.  quod  u.  tres  nascitur 
'was  über  drei  geboren  wird'.  In  Sätzen  wie  Capit.  Maxim.  31  (5),  2 
canes  . .  u.  duodecim  ulularunt  kann  allerdings  t*.  sowohl  Präp.  als 
Adverb  sein;  denn  vgl.  einerseits  Cass.  hist.  trip.  5,  15  occiden- 
talium  (episcoporum)  u.  trecentos  (convenerunt),  andrerseits  Coelest. 
20,  1  Bd.  50,  513*  M.  u.  ducenti  existefites  numero  episcopi.  Wegen 
des  adverbialen  u.  bei  Zahlen  sehe  man  noch :  Cass.  h.  tr.  5,  2  cum 
müitibus  u.  quinque  milibus,  Cod.  Iust.  11,  4  (3),  2  pr.  navem  u. 
duorum  miUium  modiorum  capacem,  Isid.  or.  12,  1,  44,  auch  Macr. 
8.  Scip.  2,  10,  7  abhinc  u.  duo  retro  annorum  millia. 

Bei  Juristen  verbindet  sich  u.  weiter  gern  mit  Verhält- 

nisbestimmungen:  u.  simplum  Paul.  dig.  33,  8,9,  1,  n.  duplum 

Afric.  dig.  19,  1,  44  u.  ö.;  u.  quadranteni  Afric.  dig.  37,  5,  18,  t#. 

semissem  id.  dig.  19,  5,  24,  u.  dodranteni  Julian,  dig.  35,  2,  87,  8 

u.  o.,  ferner  non  u.  partem  dimidiam  Paul.  dig.  10,  2,  38,  u.  ter- 

tiam  partem,  später  u.  medietatem,  u.  centesimam  u.  s.  w.   Juristisch 

ist  auch  u.  bei  Wertbestimmungen:  u.pectdii  taxationem  Julian. 

dig.  19,  1,  24,  2,  u.   (rei)  prctium  Afric.  dig.  33,  8,  16  pr.  Ulp. 

dig.  12,  3,  1   u.  ö.,  und  endlich  auch    u.   bei  Bezeichnungen  des 

Verwandtschaftsgrades:    Suet.    Cal.    38    u.    hunc    (filiorum) 

gradum,  Gai.  3,  14  u.  consanguineorum  gradum,  ebenso  w.  tertium 

fr.  u.  a.;  daher  auch  mit  starker  Verkürzung  Ulp.  dig.  2,  4, 10,  9 

h.  trinepotem  (=  u.  trincpotum  gradum),  Ulp.  dig.  5,  2,  1  u.  fra- 

trem,  inst.  Just.  2,  18,  1  u.  f'ratres  et  sorores  u.  o. 

VI.    Modales  ultra  (trans). 

Im  lokalen  u.  lagen  von  vornherein  die  Keime  zu  kräftiger 
Fortentwickelung.  Die  Wendungen  m.  fines,  u.  terminos  u.  a. 
konnten  doch  auch  von  andern  als  örtlichen  Grenzen  gebraucht 
werden:  Hör.  sat.  1,1,  107  fines,  quos  u.  citraque  nequit  coti- 
sistere  rectum,  Min.  Fei.  5,  6  u.  humilitatis  nostrae  terminos,  Sen. 
^m.  fort.  5,  4  p.  449  H  u.  poenarum  omnium  terminum,  Ps.- 
Cypr.  bon.  pud.  14  Bd.  3  p.  25,  9  u.  concessas  corpori  metas 
fl-  o.,  und  die  Verba  progredi  procedere  u.  ä.,  die  sich  mit  w.  so 
gern  im  raumlichen  Sinne  verbanden,  liefisen  sich  ebenso  leicht 
üi   übertragenem  Sinn  gebrauchen.     Auf  diesen  Zusammenhang 


376  Ph.  Thielmann: 

weisen  die  ersten  Beispiele  des  modalen  Gebrauches:  Cic.  Tusc 
4,  38  modum  quem  u.  progredi  non  oporteat,  div.  1,  24  coniectura 
u.  quam  progredi  fwn  potest,  Phil.  11,  1  neque  ullius  . .  acerbitas 
progressa  u.  mortem  est.  Freier  ist  Phil.  1,  12  quid  est  u.  pignus 
aut  multam?,  wenn  auch  der  negative  Sinn  gewahrt  bleibt 
Den  positiven  Satz  bringt  zuerst  Sallust  hist.  2,  23,  2  eum . .  u. 
Bomanorum  morem  curabant. 

Da  jeder  abstrakte  Begriff  in  irgend  einem  Sinn  als  Grenze 
aufgefafst  werden  kann,  so  ist  der  modale  Gebrauch  von  u.  fast 
noch  unumschränkter  als  der  lokale,  zumal  das  modale  u.  auch 
mit  jedem  beliebigen  Verb  verbunden  werden  kann.  Zwar  wahren 
progredior  procedo  excedo  u.  s.  w.  für  alle  Zeiten  ihre  Rechte: 
Liv.  3,  41,  4  non  u.  vocem  excessisset,  3,  46,  1  nee  u.  minas  pro- 
cessum  est,  Sen.  contr.  10,  3  (32),  9.  Sen.  dial.  3,  4,  3.  Tac  ann. 
2,  79  u.  ö.,  aber  sehr  bald  trat  eine  Verkürzung  des  Ausdruckes 
in  der  Weise  ein,  dafs  man  statt  progredi  in  laudando  u.  placitum 
sagte  laudare  u.  pl.  (Verg.  ecl.  7,  27),  statt  iratus  haud  u.  verba 
processit  etwa  haud  u.  v.  excanduit  (Suet.  Vesp.  14).  Man  be- 
greift, wie  hiedurch  der  Ausdruck  an  Mannigfaltigkeit  und 
prägnanter  Kürze  gewinnen  mutete:  Sen.  clem.  1,  4,  3  amari  *. 
privatas  necessitudines,  Lucan.  2,  138  Romanaqtte  Samnis  |  u.  Com- 
dinas  speravit  vulnera  furcas  u.  o. 

So  berührt  sich  u.  auch  hier  mit  supra  (Macr.  s.  Scip.  1,    .| 
2,  16.   Cass.  ps.  84  concl.),  andrerseits  aber  auch,  je  nach  der    j 
Betrachtungsweise,  mit  infra:  Val.  Max.  2,  7,  15  u.  mortuorum    • 
condiciofiem  (vgl.  Cic.  Quinct.  49  infra  etiam  mortuos)  u.  o.    In 
Verbindung  mit  einer  Negation  nimmt  u.  leicht  die  Bedeutung 
von  praeter  'aufser*  an:   Sali.  hist.  3,  67  col.  5,  19  u.  prae[dam 
nifdl  cogitare],  Manil.  1,  140,  in  freierer  Anwendung  Liv.  28,  28, 10 
nihil  u.  facile  creditam  mortem  meam  a  vobis  violatus  sim.    Nihil 
«.  bleibt  stellende  Verbindung:  Val.  Max.  9,  8  ext  1.  Quini  I, 
1,  41.  12,  10,  8.  12,  10,  43  u.  o.,   vgl.  Capit.  Car.  181,  14  wkdl 
amplius  u.  (als)  se  perdere  debet.     Aber  auch  sonst  ist  dieses 
in  Verbindung  mit  einer  Negation  zu  allen  Zeiten*  häufig:  Plii 
n.  h.   12,  115  ne  quid  u.  corticem  violet7  Macr.  s.  Scip.  2,  8,    ^ 
nobis  aliud  . .  u.  haec  quae  diximus  non  oecurrit,  zum  Teil  wieder 
in  sehr   freier  Anwendung:  Lucan.  8,  64  non  u.  gemitus  taeüc^ 
incessere  fatum,  Plin.  n.  h.  23,  20  utuntur  ea  (labruscae  radic^^ 
non  u.  gargarizationeSy  Tac.  ann.  6,  2  neque  ut  u.  abolüionem 
tentiae  suaderet  u.  s.  w. 


Uls,  träne  und  ultra.  377 

U.  steht  aber  auch,  wie  praeter,  in  additivem  SinD,  wenn 
ein  Gegenstand  als  noch  hinzukommend  gedacht  werden  soll: 
Eumen.  pan.  17  p.  128,  12  cum  mihi  u.  communeni  cum  ceteris 
studiorum  religionem  etiam  proprius  quidam  sit  . .  dilectus,  Cassian 
inst.  7,  20  u.  o.  Wie  praeter  quod  für  pr.  id  quod,  so  steht  statt  u.  id 
quod  (Javol.  dig.  10, 3, 18)  hie  und  da  u.  quod:  Boeth.  Bd.  G4, 898»  M. 
cum  u.  quod  debitum  est  facimus,  vit.  Bassian.  19  (act.  Sanct.  Jan.  II) 
u.  quod  debitus  usus  exigebat  accumulaverat,  Nith.  2,  8.  4,  3. 

Die  mit  u.  verbundenen  Subst.  genauer  zu  ordnen,  hat  keinen 
Wert  (vgl.  nur  u.  suum  velle  Astron.  vit.  Hlud.  46,  u.  velle  pro- 
gredi  Lup.  Ferrar.  99),  um  aber  doch  einen  annähernden  Begriff 
▼on   der  reichen  Entwickelung  des  modalen  u.  zu  geben,  unter- 
suchen wir,  wie  der  Lateiner  mit  Hilfe  unserer  Präp.  den  Begriff 
'übermenschlich9  wiedergegeben  hat.    Bereits  Sallust  schreibt  hist. 
2,  23,  2  u.  mortalium  etiam  morem,  und  ihm  scheint  Trogus 
Pompejus   (Justin.   17,  1,  4)   etiam  humanum   u.   morem   nach- 
geahmt  zu   haben.     Von  Tacitus    an    lassen   die  Ausdrücke    an 
Häufigkeit  und  Mannigfaltigkeit  nichts  zu  wünschen  übrig:  ann. 
11,  21    u.   modum   humanum   (vgl.   Sulp.    Sev.   Mart.  2,  7  u.  ö.), 
Castric.   bei  Gell.  2,  27,  3  u.   naturae   humanae   modum  est  mit 
Inf.,  Gell.  10,  12,  3  u.   humanam  fidem,  10,  18,  1   u.  affectionis 
humanae  fidem,  Ps.-Apul.  ed.  Rose  I  125,  11  u.  condicionem  hu- 
manam (vgl.  Ambr.  off.  min.  2,  20,  99),  Tert.  idol.  15  u.  humqni 
honoris  modum,  Solin.  53,  12  u.  humanam  fragilitatem,  Greg.  T.  h. 
Fr.  5,  3  p.  193,  16   u.   modum   humanae   malitiae,   id.    vit.    patr. 
6,  4  p.  682,  34  u.  hominum  mores,  Ven.  Fort.  carm.  8,  3,  331  u. 
hominis  Jiabitum  u.  s.  w.     Bei   poetisierenden  Autoren  tritt  mor- 
Mis  für  humanus  ein,  wie   schon   bei  Sallust:  Tac.  ann.  15,  23 
u.  mortale  gaudium,  Amm.  Marc.  14,  11,  3  u,  mortalem  modum, 
Heges.  5,  53,  29  u.  m.  fragilitatem  u.   o.     Diese  breiteren  Aus- 
drücke  werden  nun  wieder  zu  kürzeren  zusammengefafst:    Tert. 
Jud.  14  u.  fiUos  hominum,  Ps.-Cjpr.   de  XII   abus.  6  p.  161,  13 
*-    omnes  mortales  u.  o.     Stereotyp   sind:    u.  homincs  Vop.   Aur. 
^4,  8  (ille  multa  u.  h.  et  fecit  et  dixit),  Amm.  Marc.  22,  9,  1.  26, 
-  &>    13  u.  ö.,  und  t<.  hominem:  Amm.  Marc.  27,  12,  11.  31,   10,  19, 
^*nbr.  0.,   Cass.  h.  tr.  7,  2  u.  ö.     Parallel  damit  gehen  neutrale 
^"cndungen:  u.  mortale  Amm.  Marc.  26,  6,  8  (tumens),  u.  humana 
°***nia  Ambr.  interp.  Job  et  üav.  1,  1,  2,  u.  omnia  mortalia  Sulp. 
**^t.  ehr.  2,  30,  6;  vgl.  noch  u.  mort/ilitatem  Amin.  Marc.  28,  4,  12 
u**d  u.  humanum  genus  Greg.  T.  h.  Fr.  9,  9  p.  365,  18. 

Archir  für  Ut.  Lexikon.  IV.    Heft  »    l.  26 


378  Fb.  Thielmann: 

Wir  nennen  noch  eine  Reihe  stereotyper  Ausdrücke.  U. 
modum  verbindet  sich  zunächst  mit  Verben  und  Participien:  Cic. 
Tusc.  4,  38  progrcdi,  Cels.  3,  7  p.  89,  28  repleta,  Sen.  ben.  7,  22,  l 
praecipimus,  ep.  58,  32  deditus  vino  (=  Greg.  T.  h.  Fr.  4,  12  p. 
148,  14)  u.  ö.,  seit  Quintilian  (10,  3,  32  latas,  11,  1,  90  ienacem) 
auch  mit  Adjektiven.  Weitere  Stellen  s.  bei  Wölfflin,  Rhein. 
Mus.  37,  111;  vgl.  Firm.  Mat.  astr.  II  22  VIII  maximas  decernit 
facidtates  et  u.  m.  divitias  (übermäfsigen  R.).  Verstärkt  wird  n. 
modum  durch  Synonyma:  Sen.  ep.  95,  23  u.  m.  fasque,  Apul. 
met.  6,  31  u.  m.  delictique  terminum,  näher  bestimmt  durch  Ad- 
jektive: Cels.  7,  12,  3  p.  288,  26  w.  iustum  m.,  Sen.  ep.  16,  8  h. 
privatum  pecuniae  m.,  Tac.  ann.  1,  8  u.  civilem  m.  (d.  i.  t«.  modum 
civis),  ib.  11,  21  u.  m.  humanuni,  Plin.  ep.  7,  24,  1  u.  tnatronalem 
m.,  Solin.  52,  35  u.  cubitaiem  m.f  Üapit.  Gord.  4,3  u.  imperato- 
rium  m.,  Vop.  Aur.  39,  5  u.  militarem  m.,  Dict.  Cret.  4,  13  «. 
viriletn  m.  u.  ö.,  oder  durch  Genetive:  Sen.  ep.  16,  8  (s.  oben!), 
Just.  24,  3,  6  «.  m.  verae  affectionis,  Quint.  8,  2,  14  «.  m.  hyper- 
bau,  Plin.  ep.  8,  6,  17  u.  epistulae  m.  (=  Fronto  p.  192,  18), 
Castric.  bei  Gell.  2,  27,  3  u.  naturae  humanae  m.  u.  o.  Mit 
kühner  Prägnanz  wird  nun  statt  u.  fcmineum  m.  (Tjeb.  Poll.  XXX 
tyr.  30,  16)  gesagt  u.  feminam,  schon  seit  Vellejus:  2,  68,  3  «. 
fortem  tetnerarius9  2,  88,  2  moUitiis  u.  feminam  fluens  (aber  Sen. 
dial.  9,  17,  4  m.  mulicbrem  mollitiam  fluefitibus)  2,  118,  2  «.  bar- 
bamm  promptus,  Tac.  h.  2,  63  u.  feminam  ferox,  Capit.  Gord. 
7,  2  sibi  u.  proeuratorem  omnia  vindicans.  So  kamen  kirchliche 
Autoren  dazu,  statt  u.  m.  suum  (Gelas.  ep.  14,  6)  zu  schreiben 
u.  se:  coro  u.  se  cxcurrere  vidctur  Ambr.,  quid  tendis  pedem  u.  te 
Aug.,  surrexit  u.  se  infirmitas  nostra,  w.  se  excrescere  Greg.  M. 

Eine  Variation  zu  tu  modum  ist  u.  mensuram:  Tac.  A.  12 
u.  nostri  orbis  mensuram,  Hilar.  in  Matth.  13,  4.  Ambr.  de  Gain 
et  Ab.  1,  9,  36  (353).  lgnat.  ep.  ad  Heron.  rec.  long.  1,  1  p.  175 
(Funk).  Pall.  r.  r.  1,  19,  3.  Oros.  7,  35,  17  u.  ö. 

Neben  u.  modum  gehen  als  konkurrierende  Redensarten 
praeter  m.  Cic.  div.  1,  100  u.  o.,  supra  m.  Liv.  4,  13,  3  und  super 
m.:  Quint.  11,  3,  169.  Gell.  1,  22,  10.  Dict.  Cret.  6,  10.  Oros.  1 
prol.  13.  Dieselbe  Konkurrenz  treffen  wir  bei  einer  Anzahl  wei- 
terer mit  u.  gebildeter  Wendungen,  die  im  ganzen  als  Variationen 
bzw.  Spezialisierungen  von  ff.  modum  zu  fassen  sind.  Hier  taucht 
praeter  regelmäfsig  zuerst  auf,  die  andern  folgen;  dafür  ist  pr. 
in   den   roinan.  Sprachen  verschwunden,  während  u.,  supra  und 


Uli,  träne  und  ultra.  379 

super   das  Feld   behauptet   haben.     Wir  ordnen  die  zahlreichen 
Redensarten  nach  der  Zeit  ihres  Auftretens: 

1)  U.  morem  (praeter  nu  Ter.,  supra  m.  Verg.):  Sali.  h.  2, 
23,  2.  Just.  17,  1,  4.  Capit.  Gord.  6,  3.  Aug.  civ.  d.  3,  18  p.  127,  14. 
Oros.  3,  23,  56.  7,  13,  3  u.  ö.;  beachte:  u.  solitum  m.  ep.  ad  Hor- 
miscL  11.  hist.  misc.  15,  8.  Dazu  gehört  u.  consuetudinem  (praeter 
c.  Cic):  Hilar.  ps.  147,  5  p.  877.  Cassian.  coli.  21,  21  p.  595,  9 
u.  o.  —  2)  U.  vires  (supra  v.  Hör.):  Verg.  Aen.  6,  114.  Quint. 
11,  3,  51.  Ps.-Quint.  decl.  19,  3.  Juven.  3,  180.  Papin.  dig.  35,  2, 
11,  5.  6  u.  o.  Dazu  gehören:  u.  facultates  Paul.  dig.  42,  1,  21, 
u.  possibilitatem  Mar.  Vict.  Bd.  8,  1308*  M.  Serv.  Aen.  1,  8. 
Heges.  2,  12,  4.  Cassian.  Ennod.  u.  a.  Dem  Kirchenlatein  eigen 
Bind  die  aufs  Geistige  übertragenen  Ausdrücke  u.  capacitatem 
Hilar.  ps.  125,  5  p.  687  u.  ö.,  u.  sensum,  intellegentiam  u.  a.,  z.  B. 
Cass.  h.  tr.  5,  8  hucc  u.  humanam  scientiam  et  intellectum  sunt.  — 
3)  U.  legem  (praeter  l.  Ter.,  supra  leges  Cic.;:  Hör.  sat.  2,  1,  1  f. 
Plin.  ep.  2,  11,  3.  ülp.  dig.  3,  2,  13,  7.  43,  9,  1,  3  u.  ö.  Dazu  ge- 
hören: u.  praescriptum  Suet.  Caes.  28,  w.  Monitum  Ps.Cypr. 
Bd.  3  carm.  6,  61,  u.  decretum  Non.,  u.  normam  cod.  Theod., 
auch  u.  regulam  Mart.  Cap.  8,  835  cuius  u.  r.  (adjektivisch  = 
regellos)  et  plerumque  defkiens  latittido,  cod.  Theod.  2,  7,  2.  Lib. 
pontif.  140b  28.  —  4)  U.  fas:  Hör.  carm.  3,  29,  31  f.  Sen.  ep. 
95,  23.  Dazu  gehören:  u.  iusta  Plin.  n.  h.  2,  46,  u.  iustum 
(praeter  i.  Lucr.)  Solin.  49,  9.  Querol.  2,  4  p.  37,  15;  u.  ius9  u. 
iura  Flor.  2,  7,  4.  Tert  pud.  4.  Cass.  var.  3,  31.  —  5)  U.  debi- 
tum  (super  d.  Sen.  n.  q.  4,  2,  9):  Sen.  suas.  3,  1.  Cels.  2,  4  p. 
33,  35.  Aug.  Bd.  8,  328,  7  ed.  Maur.  Cod.  Iust.  10,  20,  1  pr.  u.  ö.; 
vgl.  Quint.  12,  5,  1  n.  debitam  reverentiaM.  —  6j  U.  fidem  (supra 
f.  Plin.  Gell.):  Val.  Max.  3,  2,  24.  Just.  2,  6,  1.  Quint.  8,  6,  73. 

'  Suet.  Caes.  57.  Gell.  6,  8  lemm.  10,  12,  3.  10,  18,  1  u.  ö.  —  7)  U. 
satietatem  Cels.  3,  7,  2  p.  89,  27.  Sen.  ben.  4,  6,  3.  —  8)  U. 
necessaria  Sen.  ep.  17,  9;  dazu  i«.  necessitatem  Quint.  decl.  333 
p.  314,  23.  Ps.-Quint.  decl.  13,  9.  —  9)  U.  spem  (praeter  sp. 
Plaut.):  Sen.  ep.  95,  42.  Iust.  2,  6,  1.  Arani.  Marc.  25,  1,  4  u.  o. 
—  10)  U.  solitum  (praeter  s.  Hör.):  Plin.  n.  h.  18,  361.  Tac.  h. 
1,  18.  ann.  4,  64.  6,  50.  Veg.  a.  vet.  3,  4.  Amm.  Marc.  16,  11,  3. 
30,  2,  7  u.  o.;  vgl.  «.  solitae  caritatis  aff'ectus  Ps.-Quint.  decl. 
18,  17.  —  11)  U.  fatum  -a  (super  f.  Dict.  Cret.  4,  15):  Stat.  Th. 
1,  706.  Ps.-Quint.  decl.  12,  14.  Pan.  ine.  8  p.  186,  23.  Serv.  Aen. 
7,  776.  12,  938  u.  ö.;  u.  vim  fati  Non.  527,  10.  —  12)  U.  aetatem 

26* 


380  Ph.  Tbielmann: 

(praeter  ad.  Plaut.,  sttpra  aet  Justin.  Fronto):  Quint.  decl.  258 
p.  53,  23.  Iren.  2,  22,  6.  Lampr.  Diad.  8,  3.  Act.  S.  Enlal.  1  -» 
ASFebr.  II  577  ff.  u.  ö.;  dazu  u.  annos  Hier.  ep.  66,  7.  Macrob. 
1,  6,  8,  u.  suae  aetatis  annos  Greg.  M.  dial.  4,  47  u.  a.  —  13)  U. 
virtutem  (praeter  v.  Plaut.):  Quint.  8,  3,  56  u.  5.  —  14)  U.  ex- 
spectationem  (praeter  e.  Cic):  Ps.-Quint.  decl.  16,  9.  —  15)  U. 
rationem:  Ps.-Quint.  decl.  15,  9.  Pan.  ioc.  2  p.  133,  25.  —  16)  ü. 
naturam  (praeter  n.  Ter.):  Frontin.  2,  2,  7.  Pan.  ine.  1  p.  149, 1. 
Hilar.  ps.  118  Ht.  XIV,  11  p.  594.  Cael.  Aur.  ac  3,  115  tentigo 
frequens  atque  u.  n.  (unnatürlich);  vgl.  u.  naturalem  modum  Ps.- 
Quint.  decl.  8,  18.  Veg.  a.  vet.  2,  16  u.  a.  —  17)  U.  votum  -a 
(super  v.  Curt.  Tac):  Calp.  Flacc.  decl.  43.  Apul.  apol.  57.  Pan. 
ine.  21  p.  176,  26.  Greg.  M.  raor.  8,  41;  dazu  u.  voluntatem 
(praeter  v.  Cic.)  Scaev.  dig.  34,  3,  28,  5,  u.  desideria  Cass.  var. 
5,  40.  —  18)  U.  meritum:  Ps.-Apul.  ed.  Rose  I  115,  15.  Porfyr. 
epist.  1.  Mar.  Vict.  Bd.  8,  1247*.  1282b  M.  Ambr.  exh.  virg.  7,44. 
Aug.  ep.  231,  6  u.  ö.  —  19)  U.  opinionem  -es  (praeter  o.  Ter., 
supra  o.  Scribon.):  Jul.  Val.  2,  35.  Oros.  4,  11,  6.  5,  11,  3.  — 
20)  U.  licitum:  Bonos.  Bd.  20,  774*  M.  Hier,  in  eccl.  BcL  3,  102lb. 
Cod.  Th.  12,  1,  47.  15,  2,  2  u.  ö.;  dazu  u.  concessum  Ambr. 

Aber  auch  sonst  hat  u.  oft  genug  den  Sinn  von  'gegen,  im 
Widerspruch  mit'  «=  praeter:  Verg.  ecl.  7,  27  u.  placitutn  (über 
Gefallen  d.  i.  über  Gebühr),  Hör.  sat.  1,  10,  69  f.  u.  perfectum, 
Ulp.  dig.  50,  1,  2,  6  u.  forinam  commeatui  datam,  Vop.  Aur.  26,2 
i*.  pudorem  imperialem,  cod.  Th.  8,  18,  3  u.  misericordiam  u.  s.  w. 

Selten  tritt  trans  für  modales  w.  ein.  An  der  vielbespro- 
chenen Stelle  Hör.  ep.  1,  6,  51  cogat  tr.  pondera  dextram  porrigere 
fasse    ich    tr.  pondera   als    eine    durch    die   Schwierigkeiten   des 

5.  Fufses  veraulafste  Variation  für  tr,  modum  =  u.  modum;  denn 
pondera  ist  hier  =  'Gleichmafs'.  Weiter  sind  zu  nennen:  tr. 
legem  Stat.  Th.  2,  386  (=  u.  legem  S.  379),  tr.  meritum  Iuvenc 
3,  446  (=  u.  meritum  S.  380)  und  tr.  online  grom.  411,  22  (it 
trasordine  Unordnung).  Auf  Grund  der  oben  S.  377  angeführten 
Stellen   für  u.  hominem  wird  man  nun  auch  bei  Ps.-Quint.  decl. 

6,  10  ideoque  non  nisi  ab  ultimo  parrieidio  exigitur  poena  tr.  ho- 
minem erklären  müssen  t,r\\Lia  ßccQvteQa  f\  xar'  itv&Q<oxov  (voraus 
w.  hostium  affectum,  u.  tyrannos,  u.  latrones). 


Sehr    häufig   ist   bei   u.   der  Sinn    des   Übertreffens,  des 
Vorrangs  =  praeter,   supra,   sowohl    im    negativen    Satz  (Sen. 


Uls,  trans  und  ultra.  381 

auas.  1,3  noti  magis  quidquam  n.  Alexandrum  novimus,  Seu. 
Ag.  996  mortem  aliquid  u.  est?;  vgl.  Cic.  Att.  15,  lh,  2  ut  nihil 
possit  u.)  als  im  positiven:  Plin.  n.  h.  35,  74  ingenium  u.  artem 
est,  Solin.  20,  4  visontes . .  u.  tauros  pernicitate  (ßvxeg),  Gelas.  tract. 
3,  20  auri  excettentiam  u.  honorem  inferior  in  argenti  (ovöav)  u.  o.; 
daher  auch  eminerc  tu  alqm  Nazar.  pau.  1  p.  213,  G  u.  o.  Die 
Ausdrücke  sind  wiederum  sehr  mannigfaltig  und  kühn:  Quint. 
decl.  277  p.  131,  23  u.  commune  flagitium  est  pravgnans  adultcra, 
Ps.-Quint.  decl.  6,  10  u.  hostium  affcctam  . .,  u.  tyrannos,  u.  latrones 
parum  habet  non  sepelire,  act.  Babyl.  6  =  ASJan.  II  571  ff.  u. 
matrem  Babylam  . .  habemus  'über  der  Mutter  steht  uns  B.'  u.  s.  w. 

Ein  scelus  . .  u.  audaciam  positum  (=  ov)  bei  Seil.  clem.  1,  23,  1 
ist  ein  Verbrechen,  das  alle  Begriffe  von  Verwegenheit  übersteigt; 
▼gl.  Heges.  5,  41,  11  hoc  u.  omnem  aeerbitatem  est,  Cassian.  coli. 
1,  14,  8  ii.  omnis  ineptiae  fatuitatem  est,  Nov.  Theod.  22,  1,  1  quod 
tt.  omnem  indignationem  est,  Gelas.  frgm.  33  u.  Introcinium  esse 
htdicamus,  Cass.  var.  8,  20  u.  omnes  impietates  est,  und  so  öfter 
gerade  bei  Cassiodor:  u.  omnes  crudelitates,  dolores,  detnentias  est, 
Qberall  mit  folgendem  Inf.  Kühner  noch  ist  ut  u.  stultitiam 
(mehr  als  Ulbricht)  et  vanitatem  sint  huiusmodi  =  oC  xoiovxoi 
Ambrosiast.  ep.  ad  Rom.  1,  23  (61;,  wofür  auch  u.  stultos  stehen 
konnte:  Cass.  var.  11,  6  u.  dementes  est  qui  ulcisci  non  appetit. 
Indem  nuu  für  esse  spezielle  Verba  eintreten,  ergeben  sich  wieder 
»ehr  gewagte  Verbindungen:  Ps.-Ambr.  de  paenit.  15  (1077) 
omnia  . .  t#.  omnem  insolentiam  desperatac  mentis  exereuit,  Claudian. 
18,  262  verbis  .  .  «.  ncquitiam  f'ractis  (wo  nichts  zu  ändern  ist), 
Sulp.  Sev.  dial.  2,  10,  4  u.  omnem  specieyn  distineta  floribus,  Oros. 
7,  28,  12  cum  u.  horrorem  humanae  miseriae  etiam  vermes  eruetaret 
u.  o.  Ein  besonderer  Fall  ist  es,  wenn  das  mit  u.  verbundene 
Subst.  und  das  Verb  synonyme  oder  ähnliche  Begriffe  enthalten: 
Solin.  15,  7  «.  rugitus  insonantes,  15,  22  u.  omnem  rabivm  saevientes 
(ebenso  Amm.  Marc.  24,  5,  2),  Amin.  Marc.  22,  8,  25  u.  omnem 
ferociam  saevierunt,  Greg.  T.  S.  Julian.  1,  9  p.  568,  34  u.  lilii 
nitor&n  fulgere,  act.  Vincent.  14  flagrant  u.  solis  f'nlgorem,  Donus 
Bd.  87,  1148  M.  u.  omnem  dolorem  dolcremus;  vgl.  Solin.  32,  44 
fastigatae  u.  exctlsitatem  omnem. 

So  ist  u.  bei  Verben  oft  geradezu  =■  magis  (plus)  quam :  .Solin. 
15,  24  virent  u.  aquatienm  gramen,  Lat.  Drop.  pari.  1  p.  271,  \)  u. 
omnes  retro  itrinc'qyes  laudari,  Hilar.  ps.  litt  lit.  XVII.  5  p.  617 
quod  u.  mel  delectat,  Ven.  Fort.  Mart.  3,  511  antat  m.  omnia  cid- 


382  Ph.  Thielmann: 

mina,  besonders  bei  'glänzen':  Chalcid.  25 B  virtus  w.  omnem  gloriam 
enituit,  Ambr.  ben.  patr.  11,  52  u.  solem  .  .  emicuit  u.  5. 

Mehrmals  trafen  wir  den  Fall,  dafs  zur  Bezeichnung  des 
höchsten  Grades  omnis  bei  dem  mit  u.  verbundenen  Subst.  stand 
(vgl.  u.  tot os  ratnos  Sen.  H.  Oet.  1625).  Dies  begegnet  seit 
Quintilian:  decl.  309  p.  217,  25  u.  regnutn  omne,  u.  tyrannidem 
ornnetn  est,  Ps.-Quint.  decl.  5,  2u.  omnem  malorum  tneorum  fatcor 
esse  tristttiam,  Eumen.  pan.  13  p.  125,  11  u.  omnium  vocum  poten- 
tiam  venerabxmdus ,  Amm.  Marc.  22,  15,  28  u.  omnem  omnino 
altitiidinem  u.  a.;  vgl.  Mart.  Cap.  9,  905  u.  cuncta  rerum  ob- 
lectamina.  U.  omnia  (supra  o.  Verg.)  steht  gleichfalls  seit  Quin- 
tilian: decl.  310  p.  220,  6  in  eadem  reciderß  . .  «.  omnia  videbatur, 
Hilar.  trin.  6,  22.  Aug.  Bd.  39,  1689,  21  M.  Sulp.  Sev.  dial.  2  (3), 

4,  1  u.  o.  cruentus,  vit.  Elig.  Bd.  87,  530  M.  u.  o.  amate,  Aeth.  79 
p.  59,  12  tuaqiw  u.  o.  Athenas  (so!).  Auch  t*.  omnes  («=  praeter 
o.,  super  o.)  findet  sich  bald  ein:  Ps.-Quint.  decl.  15,  8  tibi  u. 
omnes  flagranti,  Ambrosiast.  ep.  ad  Rom.  9,  19  (144)  potentissimus 
w.  o.,  Vir\  eccle.  2,  7.  Sulp.  Sev.  ehr.  1,  43,  1.  2,  16,  8.  Macrob. 
3,  14,  1.  Leo  M.  ep.  120,  4  u.  o. 

So  wird  auch  praeter  ceteros  seit  Solin  durch  u.  ceteros  ver- 
drängt: 2,  40  cum  vicinae  (cicadae)  w.  ceteros  sonent,  Hilar.  ps.  118 
prol.  3  u.  ceteros  copiosüsimus,  Ps.-Auson.  pe*.  IL  14.  Ambr.  hex. 

5,  22,  73  (251).  Ambrosiast.  ep.  ad  Cor.  1,  4,  9  (216).  Aug.  lib. 
de  dilig.  Deo  4.  Macrob.  7,  13,  2.  s.  Scip.  1,  6,  19.  2,  16,  15.  Cass. 
var.  12,  5;  vgl.  u.  alios  Solin.  52,  14. 

Von  besonderer  Wichtigkeit  wird  diese  Verwendung  von  ti. 
bei  der  Verbindung  des  Präpositionalausdruckes  mit  einem  Ad- 
jektiv, da  es  sich  dann  um  eine  wie  immer  geartete  Um- 
schreibung des  Komparativs  handelt:  Vell.  2,  118,  2  u.  barbarum 
promptus,  etwa  =  promptior  quam  pro  barbaro  u.  o.  Die  Ver- 
bindungen sind  zum  Teil  wieder  sehr  kühn:  Sen.  ben.  6,  32,  1 
u.  impudicitiae  maledidum  impudica,  n.  q.  3,  27,  12  u.  sensum  nudi 
miser  u.  o.  Statt  neecssarw,  solito  longior  sagte  man  wohl  auch 
v.  necessarium,  solitum  longus  (Sen.  ep.  17,  9  u.  necessaria  soUicitus, 
Plin.  i).  h.  18,  361  ranae  u.  solitum  vocales)\  an  beiden  Stellen 
handelt  es  sich  um  die  Vermeidung  unbeliebter  Komparativ- 
formen.  Letzterer  Grund  gilt  auch  für  Apul.  apol.  10  vir  u. 
Vergiiianos  upüiones  rusticanus  (=  upilionibus  rusticior)  und  viele 
andere  Stellen:  Hilar.  ps.  68,  7  p.  474  u.  capiUos  capitis  est  multi- 
plex, Sulp.  Sev.  ehr.  1,  49,  3  t«.  omnes  reges  superiores  impius  (vgl. 


Uli*,  Irans  und  ultra.  383 

1,  43,  1),  Macr.  8.  Scip.  2,  16,  15  u.  ceteros  serius  u.  ö.     Aber  es 
steht  auch  frigidus  u.  omnes  aquas  Solin.  7,  2  u.  ä. 

Es  fallt  auf,  dafs  in  solchen  Verbindungen  mit  u.  das  Ad- 
jektiv selbst  hie  und  da  im  Komparativ  steht.  Aus  Jiaec  arbor 
altior  est  quam  illa  und  h.  a.  u.  illam  alta  est  ergab  sich  durch 
Kontamination:  h.  a.  altior  est  u.  illam.  Man  sehe:  Solin.  24,  6 
u.  frutices  aureos . .  iUud  magis  mirum  (vgl.  56,  2),  Vop.  Aur.  9,  2 
«.  ordinis  sui  gradum  plus,  Chalcid.  CLXXVI  u.  omnem  substan- 
tiam  mdior,  Pall.  r.  r.  2,  10  u.  tres  pedes  altius,  Veg.  a.  vet.  1,  4 
bibendi  appetentior  u.  morem,  Ambr.  III  1385,  1  u.  solitum  caligo 
tenebrosior,  Mart.  Cap.  1,  27  sono  u.  solitum  dulciore,  6,  697 
grandiores  «.  omnium  mensuram}  Cael.  Aur.  ehr.  5,  129.  Vit.  S. 
Marii  14.  Act.  S.  Thyrsi  III,  21.  Aeth.  78  p.  59,  5.  107  p.  80,  29. 
Wegen  der  eigentümlichen  Logik  führe  ich  noch  an  Aeth.  112 
p.  84,  1:  reliqua  elimenta  mundi  .  .  philosoptius  u.  omnes  sapientts 
puldiritts  adinveniens  disseruit  quam  reliqui. 

Wenn  auch  der  Superlativ  zu  u.  tritt,  so  liegt  das  an  der 
bekannten  Entwertung  desselben  (Wölfflin,  Komparation  S.  57  ff.): 
Hilar.  ps.  118  prol.  3  u.  ceteros  copiosissimus.  Die  unregelmäßigen 
Superlative,  die  zuerst  zur  Geltung  von  Positiven  herabsanken, 
spielen  auch  hier  eine  wichtige  Rolle:  Vu3.  Dan.  3,  32  regi  iniusto 
et  pessimo  u.  omnem  terram,  Aeth.  39  p.  27,  22.  40  p.  28,  11; 
ib.  58  p.  37,  32  maxima  u.  humanuni  modum,  68  p.  53,  13  w. 
omnes  seriptores  plurima  scripsit,  70  p.  54,  1  anrnm  multum  et 
Optimum  u.  omnem  terram.  Aber  auch  regelmäfsige  Superlative 
sind  nicht  selten:  Amm.  Marc.  22,  15,  21  u.  animalia  euneta . . 
sagacissimi,  Exe.  Vales.  9,  40.  Ambrosiast  ep.  ad  Rom.  9,  19  (144) 
potentissimus  u.  omnes,  Macr.  7,  13,  2  maxime  u.  cetera  aptum  ali- 
menturn,  Aeth.  32  p.  19,  23.  91  p.  70,  14.  Myth.  Vat,  3,  8,  9  (Re- 
migius)  viridissima  u.  omnes  herbas.  Das  interessanteste  Beispiel 
ist  aber  Jord.  Rom.  40  p.  6,  7  Samson  u.  fortis  fortissimus,  auch 
wegen  der  ital.  Parallele  oltre  le  belle  bella  (Petrarca). 

Wegen  ähnlicher  Verwendung  von  super  sehe  man:  Ps. 
18,  11  bei  Tert.  Marc.  4,  17  ehquia  domini  dulciora  s.  fnel,  4,  20 
mari  rubro,  vastiori  s.  omnia  stagyia  u.  o.-,  1  reg.  15,  28  bei  Tert. 
Marc.  2,  24  optimo  s.  te  (Vu3.  meliori  te),  CIL  V  7780  s.  omnes 
felicissUno  u.  o. 


384  Fh.  Thielmann: 

VII.    Temporales  ultra  (trans). 

Erst  zuletzt  hat  sich  bei  u.  die  temporale  Bedeutung  ent- 
wickelt, wenn  auch  die  Keime  von  allem  Anfang  an  vorhanden 
waren.  Die  lokale  Verwendung  (Sali.  h.  3,  61,  14  nan  u.  contionis 
lovum  memores  libertatis)  klingt  öfter  an  die  temporale  an  «- 
'nicht  länger  als  die  V.  dauert';  weiter  konnten  die  stereotypen 
Ausdrücke  u.  finetn,  temiinum  u.  a.  auch  von  der  Zeitgrenze  ver- 
standen werden:  Sen.  dial.  6,  19,  5  mors  . .  est  finis,  u.  quem  et&, 
Solin.  52,  28  u.  aevi  nostri  terminos;  vgl.  u.  biennii  metas  inst 
Just  Am  leichtesten  aber  war  der  Anschlufs  an  das  mit  Zahl- 
begriffen verbundene  ti.,  wie  auch  das  erste  durchschlagende 
Beispiel  für  temporales  ti.  zeigt:  Liv.  41,  10,  13  nan  u.  triduum 
moratus;  vgl.  ferner  Val.  Max.  1,  1,  15  ne  u.  tricesimum  diem, 
Cels.  2,8  p.  47,  26  si  Sputum  .  .  u.  septimum  diem  mansit,  Sen. 
n.  q.  2,  31,  1  u.  triduum ,  ib.  2,  48,  1  u.  decimum  annum,  diaL 
0,  17,  7  ii.  decumam  (sc.  Iwram),  Colum.  9,  1,  7  u.  quadrimatum, 
beim  altern  Plinius  u.  bimatum,  trimatum,  quadriennium,  decem 
annos,  unum  diem,  undecimum  diem  u.  ö.,  bei  Tacitus  ann.  2,  36 
u.  quinquennium,  13,  46  u.  unam  alter amque  noctem  u.  s.  w.;  vgl 
noch  Sulp.  Sev.  ehr.  1,  21,  6  w.  f=  plus  quam)  viginti  annos  flatus. 
Also  können  bei  Plinius  n.  h.  13,  106  quod  u.  denos  dies  negat 
durare  idem  Nqws  die  Worte  des  N.  nicht  genau  citiert  sein. 
Demnach  verbindet  sich  u.  sowohl  mit  Angaben  der  Zeitdauer 
(=  länger  als)  als  auch  eines  Zeitpunktes  (über  —  hinaus); 
der  negative  Satz  überwiegt  entschieden. 

Aber  schon  gleichzeitig  mit  Livius  kann  bei  u.  die  Zahl- 
bestimmung wegfallen  und  jede  Zeitangabe  ohne  Ausnahme 
hinzutreten:  Ov.  Her.  2,  2  ii.  promissum  tempus,  Sen.  dial.  10, 
20,  5  «.  vitam  (vgl.  Tac.  ann.  13,  52),  n.  q.  4,  2,  1  u.  aequi- 
noctium,  5,  7,  2  w.  atstatem,  5,  8,  3  u.  matutinum,  Plin.  ep.  2, 17,  23 
u.  meridiem,  Suet.  Caes.  81  w.  Martias  Idus,  Tib.  34  ii.  KaL  Jann 
Dom.  13  u.  Kai.  Maias,  Solin.  38,  3  u.  aevum  u.  ö.;  daher  auch 
u.  tempus  in/lammatiofiis  Gels.  5,  26,  26  p.  193,  37.  Die  Zeit- 
grenze wird  oft  durch  eine  zu  tempus  hinzutretende  Bestimmung 
bezeichnet:  Plin.  n.  h.  15,  12  u.  suum  tempus,  Suet  Tib.  4  «. 
iustum  tempus,  Ulp.  dig.  29,  1,  15,  6  ti.  tempora  determinatus 
id.  ib.  4,  1,  6  u.  tempus  statu  tum  u.  o.;  vgl.  Apul.  met  11,  6 
u.  statuta  spatia,  Ulp.  dig.  18,  6,  4  pr.  u.  diem  praefinitum. 
Statt  w.  Gracchi  tempora  sagte  man  alsdann  kurz  t*.  Gracchum: 


Uls,  trän*  und  ultra.  385 

Plin.  n.  h.  33,  35  idque  duravit  u.  C.  Gracchum,  Quint.  3,  1,  9 
ti.  Socraten  usque,  Sil.  It.  3,  96  u.  nie  (=  mearn  vitam)  im- 
properae  ducant  cui  fila  sorores,  Naz.  pafl.  38  p.  243,  16  te.  posteros 
nostros. 

Der  kühne  Vellejus  verbindet  u.  zuerst  mit  Begriffen,  die 
an  sich  keine  Zeit  bezeichnen,  sondern  diese  Bedeutung  erst 
durch  den  Zusammenhang  erhalten:  1,  12,  7  adeo  odium  u.  (länger 
als)  metum  dural;  vgl.  Sen.  n.  q.  5,  10,  3  (etesiae)  u.  ortum  Ca- 
niculae  non  valent,  Plin.  n.  h.  11,  13  (apes)  latent  u.  exortttm  (ver- 
güiarum)y  Quint.  9,  2,  88  non  durat  u.  poenam  abdicationis,  grom. 
177,  5  milites  u.  stipendia  emerita  detinuit  u.  s.  w. 

Temporales  w.  'über  —  hinaus*  geht  leicht  in  die  Bedeutung 
von  post  über:  Plio.  n.  h.  8,  151  non  . .  u.  XXI  dietn  nee  ante 
septimum,  15,  59.  Tac.  h.  4,  39  in  neminem  u.  acienn  saevierant; 
vgl.  besonders  «.  paulum  (=  paido  post)  Quint.  11,  3,  21.  Aber 
mit  u.  kann  man  auch,  rückwärts  rechnend,  eine  in  der  Ver- 
gangenheit liegende  Zeitgrenze  bezeichnen,  so  in  der  Wendung 
«.  memoriam:  Sen.  ben.  3,  29,  8  ignotis  et  n.  m.  positis  maioyibtis, 
id.  ep.  44,  4.  Macrob.  1,  20,  7 ;  vgl.  noch  Suet.  Tit.  8  fin.  vetuit . . 
qaaeri  de  cuiusquam  defunetomm  statu  u.  certos  annos.  Hier  uähert 
sich  also  u.  unter  Umständen  der  Bedeutung  von  ante:  Prud. 
apoth.  266  quidnam  u.  prineipium  deus  egerlt. 

Trans  ist  zu  temporaler  Verwendung  nicht  gekommen. 
Kur  ein  bescheidener  Anfang  dazu  liegt  vor  bei  Stat.  Th.  2,  386 
tr.  legem  ac  tempora  regni,  und  auch  das  tr.  vitam  des  Augustin 
(quaest.  in  hept.  5,  54  tr.  mare  mors  ipsa  appellatur  velut  tr. 
istam  vitam)  verdankt  nur  einer  augenblicklichen  Laune  seine 
Entstehung. 

VIII.    Endliche  Schicksale  von  trans  und  ultra. 

Die  römische  Volkssprache  kannte  nur  die  lokale  Bedeutung 
von  trans  =  *über  —  hinüber,  jenseit\  Aber  nicht  einmal  in 
diesem  beschränkten  Gebrauch  hat  sich  tr.  in  allen  roman. 
Sprachen  behaupten  können,  es  fehlt  vielmehr  (als  Präp.)  im 
Ital.,  da  aber,  wo  es  erhalten  ist  (span.,  port.,  prov.  trasy  altfr. 
tres  tries),  bedeutet  es  ^hinter*  (Diez  II3  S.  486).  Letztere  Be- 
deutung wurzelt  in  lat.  Beispielen  wie  tr.  siparium,  tr.  velum,  tr. 
parietem  u.  ä.,  auch  wohl  tr.  montes. 

Das  teilweise  Aussterben   von  tr.  läfst  sich  bereits  im  Lat, 


386  Ph.  Thielmann: 

nachweisen.  Curtius  ist  der  erste,  der  sich  unserer  Präp.  mit 
Absicht  enthält,  und  Beispiele  wie  u.  flumen,  u.  JEuphruten  u.  a. 
zeigen,  dafs  bei  ihm  u.  bereits  in  das  eigenste  Gebiet  von  fr. 
eingedrungen  ist.  Zwei  Jahrh.  nach  ihm  hat  Solin  tr.  mit  der- 
selben Konsequenz  vermieden,  und  vielleicht  dürfte  die  Vermutung 
dafs  beide  Autoren  Italien  angehören,  nicht  zu  gewagt  sein. 
Sicher  ist,  dafs  diese  Provinz  in  späterer  Zeit  tr.  nicht  mehr 
kennt:  sowohl  in  Troyas  cod.  dipl.  als  bei  den  Autoren  der 
Langobardengeschichte  (von  Paul.  Diac.  abgesehen)  wird  tr.  kon- 
sequent durch  Synonyma  ersetzt. 

Trans  mufste  nämlich  in  einem  Teile  des  lat.  Sprachgebietes 
einem  Homonymum  weichen.  Die  den  roman.  Sprachen  zu 
Grunde  liegende  Vulgärform  tras  ist  mehrfach  bezeugt:  tras 
Vitr.  p.  43,  27  cod.  G,  de  tras  mare  Orib.  syn.  3,  65,  trasmarinus 
CIL  VIII  8638.  8639.  8648,  traspadinae  an.  Rav.  247,  12  u.  o. 
Tras  aber  wurde  teilweise  noch  weiter  zu  tra  reduciert:  tramart 
CIL  VIII  2557,  31,  trannili  fossam  schol.  Lucan.  318,  7  cod.; 
vgl.  traduco  traicio  u.  a.,  und  diese  Reduktion  mufs  besonders  in 
Italien  üblich  gewesen  sein.  Dadurch  aber  kam  in  dieser  Provinz 
trans  in  Konflikt  mit  intra,  welches  infolge  starker  Proklise 
ebenfalls  zu  tra  wurde  (it.  tra  *z wischen') ,  sowie  infra  zu  fra* 
Im  Kampfe  der  beiden  wich  trans  als  das  weniger  wichtige  und 
machte  ultra  und  andern  Synonymen  Platz.  Was  bei  Forster, 
altfr.  Übungsb.  col.  35,  II,  14  steht,  fiber:  venae  quam  intrans 
visceribus  sunt,  kann  ich  mir  nur  als  umgekehrte  Schreibung  für 
intra  erklären. 

Am  wichtigsten  für  den  Romanisten  sind  die  Schicksale  von 
trans  in  Gallien.  Das  Wort  fehlt  gänzlich  im  87.  Bande  bei 
Migne,  bei  Fredegar,  in  den  gesta  und  bei  dem  sog.  Aethicus 
Ister,  während  hier  ultra  =  trans  häufig  ist.  In  der  That  ver- 
mifst  man  trans  cjenseit'  im  Französischen,  denn  tres  tries  (de- 
tres)  beschränkt  sich  auf  die  Bedeutung  c hinter':  Alex.  58,  1 
tres  sei. 

Das  franz.  tres  ^sehr*  (tres-grand;  vgl.  prov.  tras-annai  esehr 
bejahrt',  tras4uit  *alle  zusammen',  it.  trasgrande,  trascaro  u.  &) 
ist  jüngeren  Ursprungs  und  fällt  nicht  in  unsere  Untersuchung, 
da  es  auf  das  komponierte  trans  zurückzuführen  ist  Im 
Lat.  findet  sich  noch  keine  Spur  des  Gebrauchs,  da  transluctdn$ 
'durchleuchtend*  u.  a.  nicht  hierher  gehört.  Aber  wir  dürfen 
vielleicht  an   transbeare  *noch  weiter  erhöhen'  Isid.  or.  19,  24,  8 


Ula,  trans  und  ultra.  387 

anknöpfen-,  das  Part,  transbeatus  ist  zugleich  Adjektiv,  und  der 
Gebrauch  konnte  sich  von  hier  aus  weiter  ausbreiten.  Die  Rei- 
chenauer  Glossen  haben  zur  Verstärkung  der  Adjektive  und  Ad- 
verbien nur  valde  (55  optimnm:  v.  bomim,  394  pergrandem:  v. 
grandum;  vgl.  112  oppido:  valde),  die  ältesten  roinan.  Denkmäler 
aber  regelmäfsig  multum,  z.  B.  das  Jonasfragm.  3  mult  correcious 
e  mult  ireist,  10  m.  las  u.  o.  In  der  Fassion  (10.  Jabrh.)  findet 
sich  als  ältestes  Beispiel  trestuit,  trestot  (57,  4.  71,  4.  78,  2.  DO,  2 
u.  ö.),  das  lange  Zeit  hindurch  das  einzige  geblieben  zu  sein 
scheint.  Im  Alexius  110,  2  steht  tres  bien  in  L,  aber  in  A  mult 
bien.  Vielleicht  hängt  das  Aufkommen  des  verstärkenden  trans 
zusammen  mit  dem  allmählichen  Rückgänge  von  par  ^sehr',  das 
allerdings  regelmäfsig  beim  Vcrbum  steht:  H.  Lied  18  tant  par 
est  belss,  anderswo  tant  par  est  sagcs;  vgl.  Cic.  ep.  3,  5,  3  per  fore 
accommodatum,  Gell.  2,  18,  1  per  fuit  f amiliar  is.*) 

Ultra,  das  im  archaischen  Latein  nur  in  lokaler  Bedeutung 
vorkommt,  entwickelt  bei  den  klassischen  Autoren  die  Keime  zu 
den  verschiedenen  Seiten  seines  Gebrauchs,  wenn  auch  temporales 
14.  nicht  vor  Liv.  und  Ov.  auftritt.  Es  wird  durch  Erweiterung  seiner 
Sphäre  nach  allen  Richtungen  hin  so  recht  zu  einer  Präposition 
des  silbernen  Lateins,  die  späterhin  ihren  Rivalen  praeter  völlig 
absorbiert,  siipra  und  super  wenigstens  stark  beeinträchtigt.  Zu 
allen  Zeiten  hält  es  sich  auf  der  gewonnenen  Höhe  und  geht  darum 
schliefslich  auch  in  die  roman.  Sprachen  über:  it.  oltra  oltre,  prov. 
oltra  otra,  fr.  outre.  Den  ital.  Gebrauch,  der  sich  vollkommen 
an  den  lat.  anlehnt,  illustrieren  folgende  Beispiele  (Vockeradt, 
it.  Gramm.  §  467):  1)  oltre  monti,  o.  mare  (d!o.  mare),  oltr'  Arno; 
2)  oltra  a  duomilia;  3)  o.  misura,  o.  modo,  o.  natura;  4)  o.  a 
cinquanta  anni. 

Für  das  Romanische  sind  nicht  ohne  Wichtigkeit  die  Um- 
schreibungen für  den  Begriff  *jenseit%  in  altera(m)  parte(m) 
oder  ripa(m)  fluminis  u.  ä.;  vgl.  in  ulteriora  flu  min  is  pass.  S.  Ge- 
nesii  3  p.  561,  28  (act.  mart.  ed.  Manz),  in  alter  um  fluvii  latus 
ib.  561,  37    und    besonders   de    Ula  parte   Scquanae   Capit.    Car. 


*)  Förster,  altfr.  Übgsb.  col.  31,  9*2b  subtilissima:  per  pitina.  Pitinus 
gehört  zum  Stamm  pit,  der  nach  Dioz  etym.  Wörterb."  1  325  etwas  Spitzes, 
Schmales  bedeutet,  und  stimmt  zu  mail.  jntin  'wenig',  cremon.  pcteen 
'Kleinigkeit'.  Vgl.  fr.  petit.  Über  jjisinnus,  das  jedenfalls  auch  hierher 
gehört,  vgl.  Archiv  IV  254.     Ist  vielleicht  pitinnus  zu  lesen  V 


388  Ph.  Thielmann:  Uls,  trans  nnd  ultra. 

100,  12;  dazu  vgl.  eis:  in  ista  ripe*)  gl.  Reichen,  col.  30,  83  F, 
wo  parte  zu  ergänzen,  aber  nicht  zuzusetzen  ist  Damit  ver- 
gleiche man  romanische  Ausdrücke,  z.  B.  it.  (dl)  di  lä  dal  Po  'jen- 
seit  des  Po',  (al)  di  qua  dal  mare  cdiesseit  des  Meeres'. 


*)  Gl.  Reich.  863  eis:  ultra;  864  citra:  de  ista  parte.  An  der  ersten 
Glosse  ißt  nichts  zu  ändern,  denn  bereits  Nonius  92,  8  behauptet:  eis  posi- 
tum  pro  ultra.  Cis  ging  wegen  allzu  geringen  Volumens  bald  unter,  und 
seine  Bedeutung  entschwand  bo  sehr  dem  Bewußtsein,  dafs  man  es  spater 
sogar  in  Gegensatz  zu  seinem  ehemaligen  Rivalen  citra  stellte.  Vgl  Benios 
Loblied  auf  Heinrich  IV.:  Cis  mare  vel  citra  tu  leo  fortis,  wo  cis  'jenseit' 
bedeuten  mufs. 

Spei  er.  Ph.  Thielmann. 


Ullageris. 

Arch.   III  176    ist    das   technische    Adjektiv    ullageris    Gromai 
306,  21    in  etymologischen  Zusammenhang  gebracht  mit   orcula  und 
durch   Annahme   von   Konsonanten  Versetzung    als    aus   urlageriB   ent- 
standen aufgefafst.     Eine  ältere  Deutung  des  Wortes  giebt  Rudorff, 
röm.  Feldmesser  II  S.  273,  der  darin  eine  rustike  Form  .von  ollaris 
erblickt,  Übrigens  ohne  den  Hergang  der  Bildung  zu  erklären.     Auch 
Pott,  Ztsehr.  f.  Altertumsw.  1854  Sp.  227  leitet  ullageris  von  olla 
ab  und  zieht  congeries  zur  Vergleichung  heran.     Abgesehen  von  der 
sachlichen  Unrichtigkeit   ist  diese  Deutung  nach   drei  Seiten  hin  be- 
denklich;   einmal  bleibt  der  Übergang  von  i   in  a   kaum    erklärlich, 
zweitens  läfst  sich  meines  Wissens  kein  Beispiel   der  Weiterbildung 
der  Adjektivzusammensetzungen  mit  -fer  und  -ger  in  -feris  und  -geris 
nachweisen,   endlich  führen   die  andern   hieher  gehörigen  technischen 
Adjektive   lagenaris    und   orcula  ris   (t  er  minus)  zur  richtigen  Deutung 
wenigstens  der  Endung.     Wir  haben  in  ullageris  ein  Adjektivum  auf 
-aris   zu   suchen;    fraglich    bleibt  nur,    ob    wir   als    Stamm  Substantiv 
orcula  oder  olla  anzusetzen  haben.     Ich  entscheide  mich  für  das  letz- 
tere und   erklare   den  Hergang  also:    u  ist  aus   o  entstanden,  eine 
Annahme,  die  für  eine  rustike  Bildung  keinen  Anstand  haben  kann, 
und,  um  g  vorderhand   bei    Seite   zu  lassen,   e  vor  r  ist  vokalischer 
Vorschlag,   wie  in  der  Form  scieretis   für   sciretis  in  ev.  Joh.  8,  19 
cod.  S.  Gall.;  wir  haben  somit  zunächst  die  Bildung  ulläSris,  g  zwi- 
schen a  und  e  ist  hiatustilgend,    wie  j   in  abigeiatam,    der  Lesart 
mehrer    Handschriften    bei    Cyprian.    ep.   71,  2,    wo    in    der    Lessvxt 
abigeiatam   einer  Handschrift  sogar  1   in  hiatustilgender  Eigenschssv'ft 
erscheint.     Die  Quantität  des  e  wäre  sonach  kurz. 

Rottweil.  J.  N.  Ott 


Pen  es. 

(Cfr.  Archiv.  IV  pg.  88  sqq.) 

1.  Pestus  p.  250,  18  penes  nos,  quod  in  potestate  nostra3 
est,  Ulp.  Dig.  50,  16,  63  p.  te  amplius  est  quam  apud  te;  nam 
apud  te  est,  quod  qualiterqualiter  a  te  teneatur,  p.  te  est,  quod 
quodammodo  possidetur.  Similis  loco  Terentiano  (Ad.  338  istaec 
iam  p.  vos  psaltriast?  Ellam  intus.)  est  Tertull.  praescr.  haer.  8 
Iudaei  retro  p.  deum  fuerant,  dehinc  eiecti  ob  delicta  extra  deum 
esse  coeperunt;  nationes  vero  numquam  p.  deum  ...  et  foris 
sernper  (i.  e.  quasi  intra  deum,  in  penetralibus  dei  eiusque  potestati 
subiectt).  Cypr.  testim.  2,  1  de  Christo:  eram  p.  illum  (seil,  deum, 
cum  mundum  crearet)  disponens  =  Lact,  instit.  4,  6,  7.  Ambros. 
hex.  1,  4,  12  (Vulg.  Proverb.  8,  30  cum  eo  eram  euneta  compo- 
nenB  et  8,  22  dominus  possedit  me).  Cf.  Lucret.  2,  1010  Neve 
putes  aeterna  p.  residere  potesse  Corpora  prima  (Lachm.  Poeta 
atomos  negat  p.  aeterna  et  immortalia  residere  posse). 

A.     De  dote,   peeunia,   similibus.     Apul.  apol.  102   ut4 

dotem  p.  me  sineret.    Ulp.  lib.  sing.  reg.  6,  5  adventicia  dos  p. 

maritum  remanet.     Cod.  lustin.  8,  53,  21    d.  p.   maritum   suum 

constituta.     Ulp.  Dig.  15,  1,  32,  pr.  peculii,  quod  p.  se  habet, 

qui  convenitur.     15,  2,  1,  7.    24,  3,  22,  12.    34,  4,  1,  10.    Iulian. 

Dig.  15,  1,  12  cum   eo   agi  potest,  p.   quem  p.  non  est.     Iavol. 

Dig.  15,  1,  33   p.  eum  videtur  esse  p.,    ad  quem  pretium  peculii 

pervenit;    Id.  35  non  videtur  p.  heredem   esse  p.  Pompon.  Dig. 

15,  1,  34  p.  quem  res  peculiaris  est.     Alfenus  Dig.  19,  1,  30  pr. 

si  omne  p.  p.  te  sit.    Cod.  Iust.  7,  23,  1.    12,  36,  5.   Paulus  Dig. 

44,4,  9  turpiter  aeeepta  peeunia  iustius  p.  eum  est,  qui  deeeptus 

**%  quam  qui  deeepit.     Iulian.  D.  12,  1,  20  ut  omnimodo  p.  acci- 

P'entem  maneret.    Modest.  D.  31,  34,  3  sciant  heredes  mei  nullam 

P-  esse  p.  uxorem  meam. 

De  partibus  rei  familiaris.    Ulp.  lib.  sing.  0,  4  quintis 
reli^tjg  p.  virum.     Iulian.  Dig.  36,  1,  28,  16  quod   supra   qua- 


390  P.  Hirt: 

i 

drantem  bonorum  p.  consobrinam  ine  am  remanserat  (ibid.  bis 
apud  cons.  legitur).  Cod.  Uermog.  7,  1  =  consult.  6,  10  cum  de 
bonis  tuis  partcm  tertiam  p.  te  retinuisse  commemores.  Cod. 
Theod.  9,  10,  3  omuium  reruoi  de  quibus  litigatum  est,  media 
pars  p.  eum  resideat.  12,  1.  49,  1  duas  portiones  curia  debebit 
accipere,  relicta  p.  eum  tertia.  Cod.  Iust.  3,  36,  22  (294)  portiones 
(hereditarias)  adsignatas  p.  singulos  successores  remanere.  8,  53, 
11  de  bonis  tuis  partem  p.  te  retiuuisse. 

Paulus  lib.  sent.  2,  23,  5  id  quod  donatum  est,  p.  donatorem 
remanct;  3,  7,  1.  Frgm.  Vatic.  294  cum  filius  p.  fratrem,  quod 
pater  donaverat,  reliquit.  Cod.  Theod.  9,  1,  2  =  Cod.  lustin.  9, 
40,  2  facultates  eius  p.  fiscum  remaneant.  Ulp.  Dig.  36,  4, 1,2 
quia  habet  p.  se  legatum.  Papin.  Dig.  34,  1,  9  pr.  eandem 
summam  p.  te  esse  volo.  Greg.  Tur.  h.  Franc.  2,40  thesaurus 
cum  regnum  eius  p.  me  habeo;  4,  26;  9,  34  res  patris  tui,  quae 
p.  me  habentur,  accipe.  Ulp.  Dig.  43,  26,  20.  Neratius  Dig.  18,  3,5. 
Cod.  Theod.  1,11,1  omuia,  quae  p.  conductores  reseder unt;  5,  1, 1 
nee  enim  ad  eos  transire  quiequam  iubemus,  sed  p.  eos  mauere, 
apud  quos  ante  istam  legem  residere  potuisset. 

Quint.  decl.  min.  p.  118,  7  R.  quiequid  est  istud,  quod  a  te 
ad  debitorem  tuum  pervenit,  p.  te  est.  Iul.  Valer.  3,  22  (6) 
vivendi  lex  est  velle  unumquemque,  quod  p.  alterum  videat,  ut 
habeat.  Tertull.  an.  5  divinae  scripturae,  quae  p.  nos  vel 
Iudaeos  sunt.  IavoL  Dig.  41,  3,  23,  2  (res  mobiles)  p.  te  singulae 
fuerunt.  Fragin.  Vatic.  256  quiequid  fundorum  p.  se  reliquum 
esset.  Vulg.  Tobias  5,  3  chirographum  p.  me  habeo.  Epist 
pontif.  ed.  Thiel,  Anastas.  II  ep.  5,  9  exemplar  huius  chartulae  p. 
nos  detinuimus. 

De  hominibus,  maneipiis,  pecoribus.  Cod.  Iust.  7,  14,  6 
patrem  te  p.  se  habuisse;  9,  9,  29  maritus  eam  (uxorem)  p.  se 
detinere  non  prohibetur.  Greg.  Tur.  h.  Fr.  9,  8.  Pomp.  Dig. 
43,  26,  15,  4  placet  p.  utrumque  esse  eum  hominem,  qui  precario 
datus  esset,  p.  eum  qui  rogasset,  quia  possideat  corpore,  p.  do- 
minum, quia  non  discesserit  animo  possessione.  Ulp.  Dig.  40, 
5,  26,  6  ab  eo,  p.  quem  remansisset  (servus).  Cod.  Theod. 
11,  1,  12  si  militares  viri  aliquos  ex  his  (servis)  p.  se  retentant 
Gregor.  Magn.  Epist.  4, 21  (Mig.  Patr.  77, 690  C)  nulli  Iudaeo  liceat 
Christianum  maneipium  in  suo  retinere  dominio,  sed  si  qui  p. 
eos  inveniuntur,  libertas  eis  servetur.  lavol.  Dig.  24,  3,  66,  3 
manebit,  inquit  Labeo,  partus   tuus,  quia  is  pro  periculo  man- 


Penes.  391 

cipiorum  p.  te  esse  deberet  (cf.  Pompon.  Dig.  23,  3,  18  manere 
partum  eorum  apud  te  Labeo  ait  etc.)  —  Alfen.  Dig.  15,  3,  16 
cum  boves  p.  dominum  essent.  Sulp.  Sev.  1,  18,  6  si  viva  p. 
abactorem  pecora  reperientur,  dupla  restituet. 

B.  Esse  dicuntur  p.  homines  virtutes,  veluti:  Frontin.  strat.  5 
1,  11,  3  =  4,  5,  11  ne  p.  alios  gloria  virtutis  esset.  Tertull. 
praescr.  9  constabit  p.  nos  esse  id,  quod  a  Christo  institutum 
est;  Speci  21  ethnici,  quos  p.  nulla  est  veritatis  plenitudo. 
Chalcid.  comm.  Tim.  3  largae  beatitudinis  fusionem  inconimunica- 
bilem  p.  se  retinuerunt;  51  p.  eam  (animam)  omnium  rerum  esse 
plenam  scientiam.  Epist.  pontif.  Hormisd.  ep.  25,  2  (Thiel)  nee 
quiequam  illi  deesse  personae,  p.  quam  est  religionis  summa  et 
substantia  diseiplinae.  Coluinban.  Fatr.  Mig.  87,  1037  A  illis 
nihil  p.  se  habentibus  praeter  spei  et  üdei  gratiani. 

G.  August.  Patr.  Mig.  40,  587  at  illi,  p.  quos  maior  potestas  6 
est;  id.  46,  913  p.  illum  est  tota  p.  Append.  ad  S.  Leon.  M.  opp.  7 
Patr.  56,  435  B  p.  ipsos  (episcopos)  de  his  (diaconis)  erit  p.  Cod. 
Theod.  8,  18,  3  parentes,  p.  quos  utendi  p.  est. 

Imperia,  iura,  similia.  Cod.  Theod.  11,  24,  6,5  arurae8 
et  possessiones  p.  eos  perdurabunt.  Front,  de  aq.  96  operum 
probandorum  cur  am  fuisse  p.  censores  et  aediles.  Symm.  epist 
9,  83,  2  p.  sospitatores  tui  deos  manebit  haec  c.  Flor.  1,  1,  15 
consilium  rei  p.  p.  senes.  Cod.  Iust.  8,  53,  17  horum  p.  te 
dominium  remansit;  2,  20,  4  (294).  App.  August.  Patr.  Mig. 
45,  1673.  Ambros.  de  Cain  et  Ab.  2,  8  p.  eos  fruetum  manere, 
qui  etc.  Nov.  Valent.  33,  1,  4  p.  quos  haec  humanitas  perma- 
nebit.  Lact.  epit.  56,  3  omnes  populi,  p.  quos  sit  imperium. 
Livii  per.  71  iudicia  p.  senatum  et  equestrem  ordinem  essent. 
Rufin.  hist.  eccles.  1,  17  iudicandi  libertas  p.  aecusatores  erat. 
Lact.  mort.  p.  22,  2  nulla  poena  p.  eum  (Maximianum)  levis. 
August.  Patr.  32,  1048  ut  p.  eam  (animam)  sit  regimen  omnium 
membrorum.  Cod.  Theod.  4, 12, 1  =  Cod.  Iust.  4, 61, 4  (321)  p.  illum 
vectigalia  manere  oportet,  qui  superior  in  licitatione  extiterit. 

Ambros.  de  Cain  et  Ab.  1,  1  illa  p.  auetores  non  stetit  culpa.  14 
Boet.  comm.  in  Cic.  top.  Patr.  Mig.  64,  1079  A    si    p.   parietis 
formam  constitit  (=  culpa  stetit),  ut  vitium  tiefet.   Cod.  Theodos. 
12,  1,  153  ut  sie  p.  eosdem  emendicata  dignitas  perinaneret. 

IL     Penes  alqtn    esse  dicitur,    quod  a\md   eum    depositum 
eiusque  fidei  commissum  est 


392  P.  Hirt: 

21  A.  Paulus  Dig.  16,  3,  29  is  p.  quem  depositum  fuit  (ar- 
gentum)  .  .  .  p.  quem  deposita  est  (pecunia).  Id.  48,  19,  38,  9 
instrumenta  p.  se  deposita.  Ulp.  Dig.  13,  6,  5,  2  nulla  utilitas 
eius  versatur,  apud  quem  deponitur  .  .  .  ut  et  culpam  et  peri- 
culum  praestet  is,  p.  quem  d.  Id.  16,  3,  1,  33  (pecuniam)  quasi 
ad  hoc  p.  me  depositam.  29,  2,  28  p.  quem  depositae  sunt  (ra- 
tiones).  Hermog.  Collat.  leg.  Mos.  10,  4  eos,  p.  quos  vestem  et 
argenti  materiam  deposuisse  (te)  proponis;  10,  7,  8  si  quis  rem 
p.  se  depositam  apud  alium  deposuerit  .  .  .  is  qui  apud  eum 
deposuit.  Papin.  Dig.  45,  2,  9  eandem  rem  apud  duos  pariter 
deposui;  1  si  quis  in  deponendo  p.  duos  paciscatur.  —  Tertull. 
pat.  15  si  iniuriam  deposueris  p.  eum  (deum),  ultor  est.  Cypr. 
de  lud.  incred.  9  (corona  iustitiae)  tibi  p.  Dominum  deposita  est 
Sulp.  Sev.  1,  18,  6  si  depositum  perierit,  is  p.  quem  depositum 
fuit,  iurabit  nihil  se  dolo  egisse.  Hilar.  Matth.  14,  10  modum 
repositi  p.  apostolos  cibi  nesciebat. 

22  B.  Eadetn  ratione  dicitur  p.  cdqm  esse,  manere.  Paulus 
Dig.  17,  2,  65,  14  communis  pecunia  p.  aliquem  sociorum  sit 
(ibid.  16  apud  eum  esse  debet  dos,  qui  onera  sustinet).  Dig.  41, 
2,  14  dabitur  accessio  eius,  quod  p.  me  fuit.  48,  13,  11,  6  qui, 
cum  provincia  abiret,  pecuniam  quae  p.  se  esset,  retinuerii  Ulp. 
Dig.  26,  7,  7,  8  tutores,  qui  negant  habere  ad  alendos  pupillos  p. 
se  aliquid,  ut  quicquid  constiterit  p.  eos  esse,  eius  gravissima 
usura  pendatur.  ibid.  10.  Id.  27,  2,  3,  4  ut  profiteatur  tutor,  quae 
sit  p.  se  summa  .  .  .  eius  quod  apud  eum  fuerit  comprehensum. 
29,  3,  2,  8  si  quis  non  negans  apud  se  tabulas  esse,  non  patiatur 
inspici  .  .  .  si  tarnen  neget  p.  se  tabulas  esse.  42,  1,  15,  11  si 
pecunia  p.  argentarios  sit.  43,  5,  1  si  (tabulae)  p.  te  sunt;  ib. 
§  1  si  quis  confiteatur  p.  sc  esse  testamentum.  43,  5,  3,  4  et  6. 
Alfen.  Dig.  10,  3,  26  servus  cum  apud  alterum  esset  .  .  .  cum 
eo,  p.  quem  fuisset.  Scaev.  Dig.  33,  1,  21,  4  pecuniam  esse  volo  p. 
P.  Maevium.  Pompon.  Dig.  27,  7,  1,  1  quod  p.  tutorem  fuit,  heres 
reddere  debet,  quod  apud  pupillum  is  reliquerit,  extra  tutelam 
est.  Cod.  Theod.  8,  8,  9  p.  quos  resederit.  Cod.  Iust  3,  42,  4  (230) 
instrumenta  tui  iuris,  quae  p.  diversam  partem  fuisse  probaveris; 
4,  9,  2  (293)  instrumentum  inefficax  p.  creditorem  remanere.  — 
Calpurn.  ecl.  3,  33  nunc  p.  Alcippen  manet  (Phyllis);  ac  ne  forte 
negetur,  A!  vereor.  Tertull.  an.  2  p.  deum  bonitatis  et  benigni- 
tatis  omnis  benedictio  (der  Im  Gott  für  jegliche  Güte  und  Liebe 
hinterlegte  Scgm.  Kellner).    Hilar.  Matth.  23,  2  si  nihil  p.  nos 


Penes.  393 

derit,  condicione  reddendi  non  tenebimur.  Corp.  i.  lat.  VI  9222 
multum  ponderis  auri  argenti  p.  euui  seraper  fuit;  VI  9626  re- 
liqu(a)m  p.  r(em)  p(ublicam)  remanere  volo. 

C.  Cum  per  f.  passivi  et  cum  verbis  transitivis.  Paulus  23 
lib.  seilt.  2,  31,  5  oblati  is  agere  potest,  p.  quem  res  concepta 
est;  5,  23,  18  libros  magicae  artis  apud  se  neminem  habere  licet, 
et  p.  quoscunque  reperti  sunt  etc.  Ulp.  Dig.  13,  6,  14  periculum 
spectare  ad  eum,  p.  quem  relictum  est  et  custodiam  eum  prae- 
stare  debere,  p.  quem  res  relictae  sunt.  Dion.  Exig.  67,  176  Mig. 
reditus  ecclesiae  p.  oeconomum  integri  reserventur.  —  Scaev.  Dig. 
13,  5,  26  decem,  quae  mutua  acceperat,  liabes  p.  me;  14,  3,  20 
habes  p.  mensam  patroni  mei  denarios  mille.  Modest.  Dig.  34, 
3,  28,  7  instrumenta  p.  se  habet.  Cod.  Theod.  9,  42,  18  pro- 
Bcriptus  plurima  rerum  p.  diversos  reliquit.  —  Vulg.  Proverb. 
2,  1  mandata  mea  absconderis  p.  te. 

III.  Apud  scriptores  Afros  loci  significationi  inservit 
idem  significans  quod  apud,  in  cum  ablat,  itugu  cum  dat.;  qui 
usus  postea  ad  alias  quoque  nationes  transiit. 

A.  Coniungitur  cum  nominibus  populorum.  Minucius24 
Felix  31,  4  ius  est  apud  Persas  misceri  cum  matribus  .  .  .  in- 
cestum  p.  vos  saepe  deprehenditur.  Tertull.  speck  10  quod  sunt 
Dionysia  p.  Graecos;  item  Apol.  39;  Mon.  8;  Marc.  4,  11;  de 
an.  25.  Marc.  3,  13  si  p.  Ponticos  barbariae  gentis  infantes  in 
proelium  erumpunt.  adv.  nat.  2,  14  p.  Romanos  eam  summam 
congregavit.  Virg.  vel.  11  p.  Israel  illicitum.  Apuleius  flor.  18 
Thaies  geometriae  p.  Graios  primus  repertor.  Ch aleid.  comm. 
Tim.  133  iuxta  usurpatam  p.  Graecos  loquendi  consuetudinem. 
Hilar.  Matth.  15,  3  esse  p.  Israel  proselytorum  plebem.  Mar. 
Merc  Patr.  48,  849  Mig.  alia  p.  Dalmatas  habentur  terrae  ger- 
mina,  alia  p.  Gothos  rerum  indigenarum  ubertas. 

B.  Eadem  rationc  cum   substant.  vel  pronom'mibus  numero2b 
plurali.     Tertull.  apol.  23  p.   inferos  .  .  .  in  caelis  .  .  .  apud 
inferos.    Res.  carn.  17.    De  an.  58  p.  inferos  .  .  apud  in  f.    Ad  ux. 

2,  8  p.  nationes  (=  paganos)  domiui  servis  nubere  interdieunt. 
De  an.  1  daemonia  deputantur  p.  poetas  et  philosophos  (=  in 
libris  poetarum).  Cf.  §2?*.  Bapt.  5  p.  veteres  quisquis  se  homi- 
eidio  infecerat.  Apuleius  flor.  17  existimationem  morum  Romae  p. 
am i cos.  Cassian.  coen.  inst.  2,  5  cum  ecclesiae  perfectio  p.  suc- 
cessores  suos  inviolata  duraret;  12,  19.     Petrus  Ohrysol.  Patr. 

Arohiv  für  l»t.  Lexikogr.  IV.   Heft  2.  3. 


394  P.  Hirt: 

52,  650  M.  (hypocrisis)  p.  Pharisaeos  per  scientiam  tnmescebat; 
id.  288  p.  vos  (Pharisaeos)  est  de  löge,  non  de  voluntate  ieiu- 
nium.  Cod.  Theod.  11,28,3  liqueat,  quae  p.  minuscularios,  qaae 
p.  curiales  debita,  quae  tarn  in  deffectis  domibus  habeantur. 
12,  6,  7  nee  diu  p.  ipsos  suseeptores  maneat  facta  collatio. 

26  Tertull.  idol.  18  p.  nos  poterit  pueris  praetexta  concedi  (se- 
quitur  apud  Aegyptios  .  .  apud  barbaros);  apol.  3  nee  nominis 
(Christianorum)  certa  est  notitia  p.  vos;  39  (substantia  fami- 
liaris)  p.  vos  dirimit  fraternitatem;  ad  nat.  1,  14  sunt  p.  tos  .  . 
cornuti  dii;  adv.  lud.  9  si  p.  vos  infantes  in  proelium  erumpunt 
(cf.  §  24  p.  Ponticos).  Apul.  de  Socr.  14  quae  si  non  apud  omnes 
certam  üdem,  at  certe  p.  eunetos  notitiam  promiscuam  habent; 
flor.  6  apud  eos  .  .  .  apud  illos  .  .  nee  quiequam  aeque  p.  illos 
laudo,  quam  quod  otium  oderunt;  20  eruditissimi,  p.  quos  omnem 
diseiplinam  pueri  diseunt.  Lact.  inst.  3,  30,  9  stultitiam  ut  nullam 
p.  nos,  sie  totam  p.  ipsos  esse  doceamus.  lulius  Valer.  3,  70  (25) 
omnia  scribere,  quae  p.  nos  sint.  Oros.  3,  10,  2  p.  omnes  de 
corrupto  aere  simplex  credulitas   erat.     Glaud.  Mamert.  stat.  an. 

2,  7  p.  illos  de  veritatis  vadibus  dubitabitur.  Cf.  Engelbrecht, 
Unters,  über  die  Sprache  des  Gl.  Jd.  p.  111  (531).  Poetae  aevi  Garol. 
II  537,  17  Ü.  de  flore  novo,  qui  vos   p.  ortus.     Mythogr.  Vatic 

3,  11,  22  apud  antiquos  .  .  p.  nos  .  .  p.  illos  .  .  apud  nos. 

27  C.  Cum  substantivis  et  pronominibus  numero  singulare 
Tertull.  orat.  15  Paulum  paenulam  p.  Carpum  reliquisse  (Vulg. 
II  Tim.  4,  13  apud  Carpum);  pall.  3  p.  Arachnen  diligentior  of- 
ficina;  spect.  5  (etQavixoos  de  raptu  Sabinarum)  probum  consilium, 
inter  ipsos  Romanos  iustum,  ne  dixerim  p.  deum  (Consum).  Apul. 
flor.  15  fertur  (Pythagoras)  p.  Anaximandrum  naturabilia  commen- 
tatus.  Itala  Exod.  2,  21  habitavit  Moyses  p.  hominem  (Vulgata: 
quod  habitaret  cum  eo).  Cypr.  de  laud.  mart.  27  esse  habitacula 
p.  patrem  multa  (Vulg.  ev.  lob.  14,  2  in  domo  patris  mei  man- 
siones  niultae  sunt).  Vulgata  Eccles.  12,  12  non  statuas  illum 
(inimicum)  p.  te;  Arnos  6,  10  dicet  ei  qui  in  penetralibus  domus 
est,  uumquid  adhuc  est  p.  te?  —  Schol.  in  Caes.  Germ.  Aratea 
p.  413,  12  E.  p.  quem  (Hyriea)  Iovis  et  Mcrcurius  in  hospitio 
devenerunt.  Hist.  misc.  25,  30  p.  ipsum  degere  videbatur.  22,  26. 
18,  11  quidam  derogaverunt  ei  p.  imperatorem,  quod  tyrannidem 
meditaretur.  20,  44.  Vita  Columb.  Patr.  87,  1038  M.  morante  p. 
Chlotharium;  1045  retentum  p.  se;  vita  Eustasii  87,  1045  Chagno- 


Penea.  395 

aldum  p.  8e  habebant.  Andoenus  Patr.  87,  483  tradit  sellam  altera 
p.  se  reservata. 

D.  Ab  uno  Tertulliano  adhibetur  in  commemorandis2H 
scriptoribus,  quorum  scntentiae  aut  laudantur  aut  vituperantur. 
De  an.  14  (anima)  dividitur  in  partes  Septem  a  Sorano,  in  octo 
p.  Chrysippuzn,  in  novem  p.  Apollophanem,  sed  et  in  duodecim 
apud  quosdam  Stoicorum  et  in  duas  amplius  apud  Posidoniuni. 
Marc  1,  1  p.  quem  (Marcionem)  verus  Prometheus  deus  omni 
potens  blasphemiis  lancinatur;  3,  19  si  legisti  p.  David  (cf.  2,  27 
apud  David  scriptum  est;  4;  35);  4,  3  aliud  est  si  p.  Marcionem 

a  discipulatu  Lucae  coepit  religionis  Christianae  saeramontuin; 
4,  4  evangelium  Lucae  refertur  p.  nos  (viderimus  an  et  p.  Mar- 
cionem). Iei.  adv.  Psych.  11  hoc  vocantur  haeretici  nomine  p. 
Ioannem.  Carn.  Chr.  4  apud  illani  (sapientiam  hominum)  facilius 
creditur  Iuppiter  taurus  factus  quam  vere  hoino  Christus  p.  Mar- 
cionem; 15  p.  quendam  ex  Yalentini  factiuncula  legi;  20  non  in- 
venitur  p.  scripturas  sanctas.  Adv.  lud.  10  si  legisti  p.  pro- 
phetam.  Apol.  19  p.  quem  (Moysen)  temporum  ordo  digestus 
ab  initio. 

E.  Cum    rebus    abstractis    in    personam    constitutis.29 
Tertull.  cult.  femin.  1,  5  et  terreni  generis   et  metallici  operis, 
quo  nihilo  generosior  iudicari  possit  auri   et  argenti  substantia 

p.  naturam  (=  in  natura))  spect.  20  omnia  p.  veritatem  dei 
fixa  sunt;  pat.  10  ultio  p.  errorem  solatium  videtur  doloris,  p- 
veritatem  contra  redarguitur  malignitatis.  August.  Patr.  42,  113 
purgare  me  volo  p.  conscientiam  vestrain,  p.  quam  polluimur. 
Greg.  Magn.  epist.  3,  7  ut  breviter  quaedam,  quae  apud  te  sunt 
acta  percurrain,  primum  capitulum  p.  fraternitatem  tuam 
motum  est.  Poet,  aevi  Carol.  II  406.  LXIV  9  turba  quod  simul 
piorum  actitet  p.  supernam  poscimus  clementiam. 

F.  Inde  a  Tertulliani  tcmporihus  coniungitur  cum  no-30 
minibus  locornm.  a)  terrarum.  Tertull.  apol.  9  infantes  p. 
Africam  Saturno  immolabantur;  pall.  3  p.  Latium.  Claud.  Mam. 
ep.  ad  Sapaud.  205,  2  Eng.  p.  Galliam  nostram  professionis  tuae 
par  unus  et  solus  es.  Hist.  misc.  21,  13  exilio  rdegavit  p.  Cher- 
sonis  climata;  22,  6  p.  Chersonam  degere;  24,  5  exsul  p.  felicem 
Arabiam;  21,  7.  24,  IG  p.  eremum.  —  ß)  insularnm.  Hist.  misc. 
23, 13  p.Proconesum  et  reliquas  insulas  demersit  in  aequora;  25,52 
rdegavit  eam  p.  insulam  Principem.  —  y)  fluminutn.  Hist.  misc 
26,  11  dum  roga  p.  Strymonem  amnem  populo  distribueretur. 


396  P.  Hirt: 

31  d)  oppidorum.  Corp.  inscr.  III  6441  (qui  titulus  post  Vespa- 
sianum  scriptus  est)  penus  (=  penes;  accommodatum  particulae 
tenus?)  colonia  (=  coloniam)  Firmi.  Tertull.  an.  20  p.  Colyttum 
pueri  mense  citius  eloquuntur.  Itiner.  Alex.  34  (18,  6  Vo.)  quod 
se  suosque  Alexander  confectos  fame  Aorni  primum,  tum  p.  Bactra 
yiaticasset.  Hist.  misc.  18,  10  p.  Gadira  et  solis  occasum  iacet; 
18,  24  incendia  p.  Byzantium;  19,  27  p.  Tzurulum;  19,  54  p. 
Ardumum;  20,  42  fecit  festivitatem  luminum  p.  Damastagerd; 
21,  14  hiemavere  p.  Smyrnam;  21,  35  p.  Iulianesium  poitum  .  . 
situm;  23,  10  applicuit  p.  Saturon;  23,  26  p.  Damascum;  26,  22 
obvii  facti  Saraceni  p.  Euchaitam.  Ionas,  vit.  Columb.  Patr.  87, 
1041  vagante  Coluuibano  p.  Brigantiam  urbem;  1043  p.  Medio- 
lanuin  morari;  1044  p.  Mettense  morans  oppidum. 

32  •  Cum  rebus,  quae  inserviunt  loci  signiftcationi.  Tertull.  paen. 
4  arbor  fias  illa,  quae  p.  aquas  (Vulgata  psalm.  1,  3  secus  de- 
cursus  aquarum)  seritur;  pall.  2  ut  Silenus  p.  aures  Midae  blatit 
(apud  aures  Tac.  hisi  1,  26  etc.).  Cypr.  carin.  2, 16  p.  Scythicas 
vel  apud  Busiridis  aras.  Chalcid.  conini.  Tim.  cp.  237  p.  id  quod 
vidctur  locata  (bei  dem  ScJwbjekt  angelangt);  86  stella  cum  erit 
in  H,  videbitur  esse  p.  z/;  112.  Cassian.  coen.  inst  II  4  qui 
modus  p.  cuncta  monasteria  perdurat.  Boetius  mus.  196,  22  Fr. 
instrumentis,  p.  quae  multa  varietas  atque  inconstantia  nasce- 
retur;  de  syllog.  categ.  Patr.  64,  809  B.  Acta  Sanct  Febr.  I  792, 
vit.  S.  Vedasti  6  gratus  p.  aulam  regiam.  Isid.  orig.  6,  19,  41 
sacramenta  fructuose  p.  ecclesiam  fiunt. 

33  IV.  Ut  dicitur  apud  (ad)  populum  loqui,  apud  iudices,  ita  p. 
aliqucm  apud  Tertullianum  saepe  est  coram  alqo,  ante  cdqm, 
Wide  nascitur  altera  significatio:  p.  deum  =  in  den  Augen  Gottes, 
dei  iudicio.  Tert.  idol.  13  qui  confusus  super  me  fuerit  p.  homines, 
et  ego  confundar  super  illo  p.  patrem  meum  (=  Tert.  fug.  7  qui 
mei  coufusus  fuerit,  et  ego  confundar  eius  coram  patre;  Vulg. 
Matth.  10,  33  qui  negaverit  me  coram  hominibus,  negabo  et  ego 
eum  coram  patre  mco).  Spect.  2  summa  offensa  p.  illum  (deum) 
idolatria  est  (in  seinen  Augen,  Kellner);  apol.  39  p.  deum  maior 
est  contemplatio  niediocriurn;  paen.  4  tu  nihil  quondam  p.  d.  nisi 
stilla  situlae;  ux.  5  quae  detestabilia  sunt  p.  d.;  adv.  Marc  2,  2 
sapientia  mundi  stultitia  est  p.  d.,  sapientia  dei  stultitia  est  p. 
munduru  (vor  der  Welt,  Kellner);  2,  6  apud  deum  nostrum  .  .  . 
p.  d.  Marcionis.    Orat.  7  servus  delatus  (=  accusatus)  p.  domi- 


Pen  es.  397 

num;  de  idol.  12  =•  bapt.  2  quae  p.  homines  difficilia,  p.  deum 
facilia  (Vulg.  Matth.  19,  26  apud).  Pat.  3  documenta,  quorum 
magnitudo  p.  nationes  detractio  fidei  est,  p.  nos  ratio  et  structio; 
apol.  37  si  malum  malo  disiungi  p.  nos  liceret;  46  desinunt 
Christiani  haberi  p.  nos;  mon.  1  p.  nos  continentia  tarn  religiosa 
est  quam  licentia  verecunda;  cor.  5  quod  contra  naturam  est, 
monstri  meretur  notam  p.  omues;  apol.  39  dilectionis  operatio 
notam  nobis  inurit  p.  quosdam.  Apol.  10  ante  Saturnum  deus 
p.  yos  nemo  est;   19  ille  antiquissimus  p.  vos  Danaus.  etc. 

Apuleius  flor.  18  qui  p.  extrarios  saepenumero  promptissime  34 
disceptavi,  idem  nunc  p.  nieos  haesito;  18  p.  iudices  vincere 
quaier.  Cyprian.  de  aleat.  6  p.  auctorem  suum  (inventorem  aleae, 
cui  sacrificare  solebant,  cap.  7)  nocturnas  vigilias  celebrant;  9 
immolantibus  p.  auctorem;  append.  epist.  p.  281,  4  H.  quasi  tutius 
apud  homines  iudicetur  magis  quam  p.  deum  condemnari.  Cele- 
rinus  ap.  Cypr.  epist.  21,  1  Domini  nostri  nomen  p.  magistratus 
huius  mundi  confessum.  Augustin.  serm.  Patr.  38,  608  nolite 
fieri  sapientes  p.  vosmet  ipsos.  Vulgata  Eccles.  p.  regem  noli 
▼eile  videri  sapiens.  Petr.  Chrysol.  Patr.  52,  448  B  qui  cor  am 
deo  magnus  est,  quantus  sit  p.  homines,  quis  probabit?  id.  508  B 
si  mors  etiam  p.  homines  est  criminum  poena.  Sidonius  epist. 
3,  4  si  vel  p.  vos  recta  sunt.  —  Vet.  iurec.  consult.  7*,  2 
quod  tutamen  superfluum  p.  electas  magnificasque  personas  fieri 
iudicamu8. 

V.  Penes  =  secundum  iis  locis  {vel  nonnullis  certe)  inter-35 
pretari  licet,  quos  protulimus  §  28.  Claud.  Mamert.  stat.  an.  2, 10 
(p.  138,  8  Eng.)  teste  utitur  ipsa  divina  sapientia  testimonia  p. 
scripturarum;  2,  7  (127,  19)  quia  p.  illos  tantura,  qui  toto  sui 
admodum  corpus  sunt,  de  hisee  veritatis  vadibus  dubitabimus. 
3,  12  (pg.  177, 12)  ut  tarnen  istos  professionis  suae  uexibus  teneam, 
p.  hominem  ipsis  etiam  fatentibus  incorporeus  est  humanus  animus. 
Cf.  Engelbrecht,  Unters,  über  die  Sprache  des  Cl.  Mam.  77  = 
Sitz.-Ber.  d.  phil.-hist.  Cl.  der  Wiener  Akad.  d.  Wiss.  vol.CX.  p.497. 
Albin.  art.  rhet.  2,  p.  525,  26  Halm:  pandam  p.  auctoritatem 
veterum. 


398  P.  Hirt: 


Erläuterungen. 

Das  Neueste  des  vorstehenden  Artikels  dürften  die  unter  Num. 
III.  IV.  V  verzeichneten  Bedeutungen  von  p.  =  apud,  coram,  secundum 
sein,   welche  Hand,   Drager,   Georges7,    De  Vit  völlig  unbekannt  ge- 
blieben sind,  ein  Beweis,  dafs  wir  von  der  Latinität  des  3.  4.  5.  Jahr- 
hunderts doch   noch   zu  wenig  wissen.     Bei  der  Ausarbeitung  wurde 
folgende   Disposition  zu  Grunde  gelegt:   I.  Materieller  und   geistiger 
Besitz  nach  Anleitung  der  Stellen  des  Festus  und  Ulpian.    IL   Penes 
bei  den  Juristen,  vom  Besitze  und  vom  Depositum.    III.   Blofse  Orts- 
bezeichnung auf  die  Frage  wo?  =  apud,  in,  a)  mit  persönlichen,  b) 
mit   sächlichen  Begriffen.     IV.    P.  alqm  =  vor  jemand,   coram;   in 
jemandes  Augen.    V.    P.  =  secundum.     Da  indessen  die  Arbeit  rar 
Zeit  der  Drucklegung  von  Archiv  IV  1  noch  nicht  vollendet  war,  so 
wurde    der    erste   Abschnitt,    welcher  die  klassische  Gebrauchsweise 
umfafst,  allein   abgeschlossen,   und  die  genauere  Abgrenzung   von  I 
und  II  späteren  Untersuchungen  und  der  Konsultation  eines  Juristen 
vorbehalten.     Das   besitzanzeigende   penes   wurde   in  I  vorläufig  nur 
bis  Fronto  fortgeführt,  weil,  seitdem  p.  die  Bedeutung  von  apud  an- 
nimmt, die  Interpretation  schwankend  wurde.   Indessen  die  juristischen 
Fragen,  ob   an   jeder   Stelle  possessio  anzunehmen    sei,    konnte  der 
Lexikograph  doch  nicht  wohl  zu   entscheiden  wagen,  und   so  wurde 
schliefslich  ein  II.  Kapitel  vom  Depositum  zusammengestellt,  gleich- 
zeitig aber  das  I.  durch   einen   Nachtrag  verstärkt,   und  bei  dieser 
Gelegenheit  manche  Stelle  wieder  eingereiht,  die  im  ersten  Entwürfe 
als    unnötig   gestrichen   worden  war.     Die  Entschuldigung  für  dieses 
Schwanken  liegt  in  dem  schwankenden  Sprachgebrauche  der  Juristen 
selbst.     Während  die  einen  penes  und  apud  nach  Belieben  wechseln 
lassen  in  parallelen  Satzgliedern  und  in  einer  Stelle   des  Labeo  bald 
apud,  bald  p.  citiert  wird  (oben  S.  391),  wollte  Ulpian  einen  Unter- 
schied feststellen   (oben  S.  389 j,  wie   denn   auch  etymologisch  in  p. 
(ivx6g)   mehr   liegt  als  in   apud   (nagd)-,    es  fragt  sich   nur,    ob  die 
älteren   ltechtsqu eilen   diesen  Unterschied   beobachteten   oder   ob    ihn 
Ulpian  in  dieselben  hineintrug.     Bei  dieser  Unsicherheit  des  Sprach- 
gebrauches zog  es  daher  Gaius   (wie  Dr.  W.  Kalb  beobachtete)  vor 
sich  der  Partikel  p.  standhaft  zu  enthalten.    Über  das  Depositum  vgl. 
namentlich  Dig.  16,  3;  z.  B.  Africanus  16,  3,  16;  Florentinus  16,  3,  17. 
Mehr  darüber  wird  das  Berliner  Lexikon  des  klassischen  Juristenlateins 
bringen. 

Für  den  bei  den  Afrikanern  auftauchenden  lokalen  Gebrauch 
glaubten  wir  uns,  zumal  derselbe  vorwiegend  auf  die  patristische  Lit- 
teratur  beschränkt  geblieben  und  erst  spät  nach  Europa  gedrungen 
ist,  auf  eine  Auswahl  beschränken  zu  dürfen,  die  immerhin  noch 
manchem  Leser  als  embarras  de  richesse  erscheinen  wird.  Der  Trieb 
der  afrikanischen  Latinität  gieng  offenbar  dahin,  das  mit  ad  zu- 
sammenfallende apud  allmählich  durch  penes  zu  ersetzen,  da  unsere 
Präposition    so    ziemlich    alle  Bedeutungen  jener   sich  aneignet;    der 


Penes.  399 

eifrigste  Verfechter  derselben  ist  ohne  Zweifel  Tertullian  gewesen. 
(Im  gallischen  Latein  trat  con  in  die  Lücke  von  apud;  Arch.  II  26  ff.) 
Das  Ende  des  Kampfes  war,  dafs  alle  beide  untergingen.  Die  Stellen, 
an  denen  p.  mit  apud  oder  coram  wechselt,  sind  fast  alle  in  den 
Artikel  aufgenommen  und  die  betr.  Präposition  kursiv  gedruckt. 

Aber  wie  kam  man  in  Afrika  dazu,  penes  für  apud  zu  ge- 
brauchen? Die  historische  Betrachtung  führte  dazu,  §  24  von  der 
Stelle  des  Minucius  Felix,  also  von  der  Verbindung  mit  Völkernamen 
auszugehen.  Vielleicht  aber  mufs  von  §  28  (p.  in  Citationen)  aus- 
gegangen werden,  da  'ich  lese  in  Cicero'  und  'ich  lese  bei  Cicero' 
sich  enge  berühren.  Die  Scheidung  zwischen  p.  bei,  und  p.  vor  (in 
den  Augen  jemandes)  mag  im  einzelnen  Falle  willkürlich  sein,  ohne 
dafs  sie  darum  unterdrückt  werden  durfte.  Während  das  lokale  p. 
nur  mit  Verben  der  Ruhe  verbunden  werden  sollte,  analog  dem  besitz- 
anzeigenden p.,  begegnen  wir  doch  vereinzelten  Versuchen,  die  Prä- 
position auf  die  Frage  wohin?  zu  verwenden.  Zieht  man  auch  abs- 
condere  (§  23)  nicht  hieher,  bo  doch  Epit.  Caes.  (oben  zu  §  8)  devenire, 
im  cod.  lustin.  (§  11)  redire,  in  der  letzten  Hälfte  der  Hist.  raisc. 
(§  30)  relegare.  Die  Verba  der  Ruhe  sind  vorwiegend  esse,  manere, 
remanere,  residere  u.  ä. 

Formell  mag  bemerkt  werden,  dafs  penus  (Arch.  IV  88)  viel- 
leicht durch  tenus  beeinflufst  ist. 

Anastrophe.  Unter  Verweisung  auf  Neue  II2  792  geben  wir, 
was  dort  fehlt.  Der  Accusativ  ist  von  p.  getrennt:  Plaut.  Aul.  654 
neque  tui  me  quicquam  invenisti  p.;  Ter.  Hec.  535  quae  te  est  p.;  Val. 
Fl.  5,  14  quem  cursus  p. ;  Silius  6,  309  quem  nunc  p.  est.  Das  Pron. 
relat  geht  voraus:  PI.  Truc.  858.  Prop.  4,  7,  57.  Statins  silv.  1,  4,  16. 
2,  7,  5.  Theb.  5,  331.  Claud.  in  Rufin.  1,  75.  Die  Prosa  hat  die 
Anastrophe  im  Relativsätze  nicht  angenommen  mit  Ausnahme  von 
Pseudo-Front.  strat.  4,  7,  22  und  Cic.  repbl.  2,  50  quos  p.,  eine  Be- 
stätigung, dafs  Cicero  diesem  Werke  künstlich  einen  Anflug  archaischer 
Latinit&t  geben  wollte.  Dem  Pron.  pers.  me  folgt  p.  Ovid.  fast.  1,  119; 
dem  Pron.  te  Stat.  Theb.  2,  430.  8,  308.  10,  631,  wonach  dieser 
Dichter  in  der  Anastrophe  am  meisten  geleistet  hat.  Ein  Nomen  geht 
voraus  bei  Tac.  hist.  5,  8  Assyrios  p.,  und  Claud.  Mamert.  138,  8 
testimonia  p.  scripturarum. 

Berlin.  P.  Hirt. 


Substantiva  mit  in  privativum. 

Ein  Beitrag  zur  Kenntnis  der  Africitas. 

Das  in  privativum  wird  bekanntlich  nicht  mit  Verben  kom- 
poniert, aus  inneren  wie  äufseren  Gründen;  denn  wenn  man  es 
auch  versucht  hätte,  wie  wäre  es  möglich  gewesen  dasselbe  von 
der  Präposition  in  zu  unterscheiden?  Die  Zweideutigkeit,  wie  sie 
das  Wortspiel  bei  invocatus  (ungeladen,  eingeladen)  sucht,  wäre 
ein  chronisches  Übel  geworden.  Demnach  ist  ignoscere  unmög- 
lich =  non  noscere,  sondern  vielmehr  =  ein  Einsehen  thun, 
haben,  övyyiyvciöxco.  Vgl.  Arch.  I  385.  Jahns  Jahrb.  f.  Philol. 
73,  41  ff.  Infiteor  infitiatus  sum  bei  Dositheus  Gr.  lat.  VII  433,  2 
ist  nur  eine  falsche  Nebenform  zu  infitiari  (Paul.  Festi  112,  10 
infiteri:  non  fateri),  vermittelt  vielleicht  durch  das  im  Gloss.  Philo*. 
erhaltene  infitens.  Impiare  aber  ist  von  impius  abgeleitet,  nicht 
aus  in  und  piare  zusammengesetzt,  so  wenig  als  impiamentum 
aus  in  und  piamentum. 

Regelmässig  dagegen  treffen  wir  das  in  privativum  in  zu- 
sammengesetzten Adjektiven,  wie  sanus  insanus,  mortalis  immor- 
talis,  woran  sich  die  Participia  reihen  wie  diligens  indiligens, 
sapiens  insipiens,  aptus  ineptus,  salsus  insulsus.  Auf  Substantiva 
gehen  zurück  infamis  (faina),  insomnis  (somnus),  imbellis  (bellum), 
inops  (ops),  inanis  (*acnus  =  fundus,  Umbr.  Vgl.  acnua,  acna). 
Erst  von  diesen  Formen  werden  insania,  immortalitas,  infamia, 
imbellia,  ineptia,  inopia;  insanire,  ineptire,  infamare  abgeleitet. 
Während  aber  von  immodestus  und  insanus  die  Substantiva  im- 
modestia  und  insania  gebildet  werden,  erhalten  wir  von  immundus, 
impurus,  inimicus,  iniustus,  und  zwar  schon  bei  Plautus  immun- 
ditia,  impuritia,  inimicitia,  iniustitia,  wohl  unter  Einwirkung  von 
niunditia  (von  *mundis,  wie  tristitia  von  tristis,  oder  Analogie- 
bildung, als  ob  das  Adjektiv  mundis  hiefse),  amicitia  u.  s.  w.  und 
so  dann  auch  inscitia  von  inscius,  obschon  es  ein  scitia  nicht 
giebt.     Incommodus   und  importunus  bilden  incommoditas   (von 


Ed.  Wölfflin:  Substantiva  mit  in  privativum.  401 

*conimodis,  wie  lenitas  von  lenis)  und  iraportunitas,  nach  com- 
moditas  und  (op)portunitas,  wenn  auch  importunitas  (schon  bei 
Plaut.  Bud.  669,  was  bei  Georges  nachzutragen)  früher  bezeugt 
ist  als  opportunitas;  solchen  Bildungen  folgte  insulsitas,  belegt 
aus  Cicero,  nach  Rassow,  de  Plaut,  substant.  680  Konjektur  bei 
Plaut.  Mil.  878.  Unsicher  ist  auch  invenustas  bei  PI.  Poen.  1, 2, 37. 
Im  Folgenden  soll  dargestellt  werden,  wie  weit  in  pnvativuni 
mit  Substantiven  ohne  sichtbare  Mittelstufe  von  Adjektiven 
zusammengesetzt  worden  ist.  Vorarbeiten  hiefür  sind  uns  nicht 
bekannt,  da  die  Wissenschaft  bisher  meist  an  der  äufseren  Frage 
hängen  geblieben  ist,  ob  in  der  Komposition  in  dem  folgenden 
Konsonanten  assimiliert  werde  oder  nicht. 

1.   Zusammensetzungen  der  archaischen  Periode. 

Intemperies.  Die  ältesten  Beispiele  zeigen  das  Wort  schon 
in  übertragener  Bedeutung:  Plaut.  Gapt.  911  clades  calamitaBque, 
i.  modo  in  nostram  advenit  domum  (Donnerwetter  =  Unglück). 
Häufiger  wird  es  auf  die  Schwankungen  der  Gera ütsstimmun gen 
und  des  Charakters  übertragen,  und  nähert  sich  der  Bedeutung 
von  insania,  insolentia,  Plaut.  Mil.  434  quae  te  intemperiae  tenent 
=  Epid.  475.  Aulul.  71.  642  larvae  hunc  atque  intemperiae  in- 
Baniaeque  agitant  senem;  Cic.  rcp.  2,  63  cum  Verginius  virginem 
filiam  propter  unius  .  .  .  intemperiem  intere misset;  ad  Attic.  4, 
6,  3  amici  intemperiem  non  tulisse.  Sen.  dial.  0,  2,  7  hoc  oritur 
ab  interaperie  animi  et  cupiditatibus.  Tac.  hist.  1,  64  brevis 
laetitia  fuit  cohortiuni  intemperie.  Gellius  praef.  19  intemperiarum 
negotiorumque  pleni;  1,  17,  2  has  eius  (Xanthippes)  intemperies 
in  maritum;  1,  23,  11  mulierum  i.;  18,  7,  4  intemperiem  istam, 
quae  pekay%oUa  dicitur.  —  Iustin.  12,  13,  10  causas  morbi  in- 
temperiem ebrietatis  (==  intemperantia  vini,  Livius  44,  30,  5). 

Von  der  Witterung  gebraucht  es  zuerst  Cato  r.  rust.  141,2 
calamitates  inteniperiasque  prohibessis;  dann  Livius,  vielleicht 
nachdem  Vorgange  römischer  Annalisten,  3,  31,  1  annona  propter 
aquarum  intemperiem  laboratum  est;  8,  18,  1  foedus  annus  in- 
temperie caeli;  22,  2,  10  verna  iutemperie  Variante  calores  fri- 
goraque.  Colum.  1,  praef.  1  eulpantes  caeli  noxiam  intemperiem 
(ibid.  §  3  iutemperantia  caeli);  3,  1,4  patitur  intemperiem  caeli; 
11,  2,  67  propter  intemperiem  solis  aut  anni.  (Jurt.  7,  4,  20  i. 
caeli.  Plin.  nat.  h.  12,  27  intemperie  caeli  carbuneulant.  Sen. 
dial.  4,  12,  1  adversus  intemperiem  anni  tutus;  6,  18,  8  i.  caeli 


402  Ed.  Wölfllin: 

(dial.  9,  1  intemperantiaui  caeli).  Quintil.  7,  2,  3  i.  caeli.  Tac 
hist.  2,  94  fessi  morbis  intemperiem  caeli  incusantes;  ann.  16, 13 
nulla  caeli  intemperie,  quae  incurreret  oculis.  Symmach.  epist 
9,  24,  2  si  forte  equorum  reditum  i.  (cod.  F  temperies)  hiberna 
retardaverit.  Das  Wort  ist  demnach  von  Cicero  (mit  Ausnahme 
zweier  Stellen),  von  Cäsar  und  anderen  vermieden. 

Dafs  der  Plural  gewöhnlich  nach  der  ersten  Deklination  ge- 
bildet wird,  ist  oben  durch  sechs  Zeugnisse  erhärtet,  wornach  es 
denn  wahrscheinlich  wird,  dafs  auch  Gell.  1,  17,  2  has  intern- 
perias  geschrieben  habe,  zumal  Nonius  p.  493,  5  es  versichert: 
intemperia  pro  intemperantia  apud  veterem  auctoritatis  obscurae: 
has  eius  intemperias  (cod.  Harl.  von  zweiter  Hand;  P  bei  Quich.; 
intemperantias  die  übrigen  Handschr.)  in  maritum. 

Insatietas  (Ammian31,4,ll  insatiabilitas).  Plaut.  Aulul.487~~ 
Quorum  aniinis  avidis  atque  insatietatibus 
Neque  lex  neque  rumor  caperest  qui  possit  modum. 
scheint  ein  vereinzelt  stehender  Versuch  einer  Neubildung  zu  seiofl 

Ingratiis.    Dafs  die  Bildung  nicht  mit  Ellipse  auf  ingratus 
zurückzuführen  sei  (etwa  wie  alternis,  näml.  vicibus),  ergiebt  sicH 
mit  Sicherheit  aus  der  konstant  viersilbigen  Messung  bei  Plantar 
Da  freilich  ingratia,  der  Undank,  erst  bei  Tertullian  auftauch^ 
und  zwar,  wie  sich  zeigen  wird,  als  unmittelbare  Zusammensetzung. 


von  in  und  gratia,  nicht  als  Ableitung  von  ingratus,  so  müs* 
wir  annehmen,  die  Sprache  habe  sich  lange  Zeit  auf  den  Abli 
plur.  beschränkt,  der  den  Schein  eines  Adverbs  annehmen  konnte 
und  thatsächlich,  wenn  allein  gebraucht,  den  Sinn  eines  Adverb* 
hatte.     Die   substantivische  Natur   des  Wortes   verleugnete  sicA 
freilich   darin  nicht,  dafs  es  ein  Pronomen   wie  tuis  oder  einen 
Genetiv    wie    amborum    zu    sich    nehmen    konnte,    obschon   dies 
durchaus  nicht  nötig  ist.    Vgl.  Brix  zu  PL  Capt  405.  Arch.  II 89. 
Dreisilbig  wird  es  erst  seit  Lucrez. 

Vergleichen  liifst  sich  iniussu,  welches  gleichfalls  auf  den 
Ablativ  eingeengt  ist,  zuerst  bei  Cic.  inv.  1,  56  i.  populi,  und  80 
noch  bei  demselben  i.  praetoris,  meo,  suo,  Tusc.  1,  74  und  in  den 
Reden,  u.  s.  w.  bei  Cäsar  Gall.  1,  19.  5,  28.  civ.  3,  89.  b.  Afric 
61,  3.  82,  3.  4  Caesaris,  imperatoris  und  ohne  Beisatz.  Sali.  lug. 
39,  3.  Livius  u.  s.  w.  Immerhin  konnte  das  Sprachgefühl  diese 
Bildung  besser  verdauen,  weil  sie  sich,  wenigstens  dem  Ohre 
nach,  an  ein  regelmässiges,  später  von  Vergil  und  Horaz  wirklieb 
gebildetes  Particip  iniussus  anlehnen  konnte. 


Substantiva  mit  in  privativum.  403 

Inreligio.   Cornif.  2,  34  quid  ambitio?  quid  iureligio?  quid 
metus  mortis?  Mit  Klotz  nach  schlechteren  Handschriften  religio 
zu  schreiben,  etwa  wie  fides  je  nach  dem  Zusammenhange  soviel 
als  perfidia  bedeuten  kann,  läfst  sich  durchaus  nicht  rechtfertigen. 
(Vgl  Apul.  Asciep.  26  irreligio,  inordinatio;  im  Kirchenlatein  ge- 
wöhnlich  irreligiositas.)     Gerade    weil    der   Verf.  noch   der   vor- 
ciceroniani8chen  Periode   angehört,  darf  ihm  ein  Wort  zugetraut 
werden,  welches  im  sermo  urbanus  zwar  strenge  gemieden  und 
Terpont  war,  in  der  Volkssprache  dagegen,  so  gut  wie  das  plau- 
tinische  insatietas,  geduldet  werden  konnte.    Aus  diesem  Grunde 
darf  daher  selbst  in  den  Briefen  Ciceros  ad  Att.  7,  2,  2  eine  Form 
wie  invaletudo  verteidigt  werden. 

Das  Latein  des  goldenen  und  silbernen  Zeitalters  hat 
swar  einige  festgewurzelte  Ausdrücke,  wie  intemperies  und  iniussu, 
letzteres,  weil  es  in  der  Kurialsprache  anerkannt  war,  unbedenk- 
lich beibehalten,  aber,  was  bezeichnend  genug  ist,  auch  nicht 
«ine  neue  Zusammensetzung  von  Substantiv  und  in  privativum 
gewagt,  womit  die  Bildung  als  eine  unklassische  gebrandmarkt 
ist  Eine  Ausnahme  bildet  nur  Plin.  nat.  h.  14,  142,  bekanntlich 
kein  mustergiltiger  Stilist:  furiales  somni  et  inquies  nocturna. 
Auch  wird  das  Befremdende  dieses  Versuches  dadurch  gemildert, 
daljs  ein  Adjektiv  inquies  seit  Sallust  zu  Recht  bestand. 

2.    Zusammensetzungen  seit  Tertullian. 

Eine  neue  fruchtbare  Ära  eröffnet  Tertullian,  und  wenn 
ihm  Apuleius,  Gellius  und  Cyprian  zur  Seite  stehen  (Fronto  aller- 
dings noch  nicht,  der  noch  zu  sehr  an  Cicero  hängt),  so  wird 
man  dieses  Latein  wohl  als  ein  afrikanisches  oder  als  ein  zuerst 
in  Afrika  anerkanntes  bezeichnen  dürfen  und  das  um  so  mehr, 
als  auch  andere  Bildungen  mit  in  privativum  in  der  afrikanischen 
Latinität  über  die  gewohnten  Grenzen  hinausgehen,  z.  B.  das  bei 
Apuleius  wiederholt  auftauchende  incredendus.  Gleich  inquies 
als  Substantiv  nehmen  Gellius  19,  9,  2  labor  vigiliarum  et  inquies, 
und  Tertullian  de  anima  25  si  desierit  i.  eius  (des  Kindes  im 
Mutterleibe)  an.  Dazu  kommt  zunächst,  dafs  Gellius  auch  ein 
besonderer  Freund  von  intemperies  und  intemperiae  war,  und 
dafs  derselbe  20,  1,27  zuerst  invalentia  bietet:  vitiuin  aliquod 
inbecillitatis  atque  invalentiae,  wie  Apul.  dogm.  Plat.  1,  18  aegri- 
tudinem  atque  invalentiam.  Eine  Ableitung  von  in  Valens,  wie 
insolentia  von  insolens,  können  wir  hierin  darum  nicht  erblicken, 


404  Ed.  Wölfflin: 

• 

weil  invalens  =  invalidus  nicht  bezeugt  ist.  Vollends  ist  das  b^1 
Tertullian  adv.  Valent.  21  auftauchende  invaletudo  (oder  irK" 
valitudo,  aber  nicht  von  invalidus  gebildet)  ein  vollgiltiges  Zeugnis 
für  die  unmittelbare  Zusammensetzung:  non  erat  compos  de  ani- 
malibus  scilicet  censu  invaletudinis  spiritalia  accedere.  Ebenso 
Plin.  Valer.  1,  14.  18.  Vielleicht  zu  voreilig  haben  die  Hsgb.  bei 
Cic.  Attic.  2,  7,  2  (valetudo  tua  valde  me  conturbat)  die  im  cod. 
Medic.  überlieferte  Form  invalitudo  als  barbara  getilgt,  vgl  Boot 
zur  St.;  sie  als  Ableitung  und  Verkürzung  =  invaliditudo  zu  er- 
klären wäre  mehr  als  bedenklich,  und  die  Wahrscheinlichkeit 
einer  Komposition  um  so  gröfser,  als  die  Orthographie  valitudo 
in  Handschriften  nicht  selten  begegnet,  z.  6.  in  denen  des  Philo- 
sophen Seneca. 

Recht  zahlreich  sind  die  Substantiva  auf  -ntia,  welchen  Par- 
ticipia  auf  -ns  zu  Grunde  liegen,  die  in  der  Litteratur  nicht  nach- 
weisbar sind.  Cypr.  epist.  34,2  perniciem  sibi  per  inaudientiam 
et  intemperantiam  provocent.  Tertullian  sagt  dafür  adv.  Marc 
4,  7  qui  inobaudientiam  Ulis  exprobrare  posset,  andere  Kirchen- 
schriftsteller inoboedientia;  dazu  hat  es  ein  negatives  Verb  inob- 
audire,  ungehorsam  sein,  niemals  gegeben,  weshalb  es  Georges 
auch  nicht  aufführen  durfte ;  ein  adjektivisches  Particip  inoboediens 
allerdings,  aber,  so  viel  bekannt,  kein  inaudiens,  weshalb  wir  be- 
rechtigt waren,  inaudientia  zu  den  Zusammensetzungen  zu  zahlen. 
Noch  kühner  Iren.  4,  27,4  propter  indictaudientiam. 

Während  zu  incongruentia,  inconvenientia,  inconsiderantia, 
indifferentia,  insufficientia  die  entsprechenden  Formen  auf  -ns 
vorhanden  sind,  scheint  Tert.  de  an.  20  obtundunt  inscitiae  ignaviae 
desidiae  libidines  inexperientiae  das  Substantiv  nicht  nur  ein 
aita%  elgrjtievov,  sondern  auch  nicht  durch  den  Rückhalt  eines 
Particips  gestützt;  ebenso  Tert.  adv.  Marc.  2,  7  impraescientia 
futuri,  und  adv.  Marc.  2,  23  qui  non  levitate  aut  improvidentia 
sententias  vertit;  24  quasi  proinde  mobilitate  vel  improvidentia 
paeniteat;  ib.  neque  ex  i.  neque  ex  levitate;  Marc.  5,  1  quasi  im- 
providentiam  existimo,  si  non  ante  scivit  etc.  Tert.  bapt.  20  im- 
moderautia  ventris.    Marius  Merc. 

Die  Kirchenväter  nach  Tertullian  sind  diese  Wege  nur  selten 
gewandelt;  doch  gehört  wahrscheinlich  hieher  impeccantia  bei 
Hieron.  adv.  Pelag.  1,  25.  2,  16;  in  lerem.  4  praef.  als  Übersetzung 
von  avaftaQrrjöca.  (Gölzer,  lutin.  de  S.  Ier.  131.)  Impaenitentia  ist 
zweifelhaft,  da  gleichzeitiges  impaenitens  existiert;  inabstinentia 


Substantiva  mit  in  privativnm.  405 

bei  Ennodius  durch  Vogel,  Arch.  I  268  beseitigt  Gewiis  ist  auch 
her  die  Übertragung  der  griechischen  Abstracta  die  Quelle  der 
Neubildung,  wie  bei  PriscianI  371,  5H.  (=  8,4)  inconsonantia, 
quam  Graeci  iöv^uptovCav  vocant. 

Wie  Tertullian  zu  diesen  Bildungen   gekommen,   läfst  sich 
•uch  auf  anderem  Wege  nachweisen.    Wir  haben  von  der  Bibel 
und  den  ältesten  lateinischen  Bibelübersetzungen  auszugehen,  z.  B. 
ron  Epist  Corinth.  1,  15,  42  öitslQtxai  iv  q&oQa,  iyuQtxai  iv 
aq&aQtiia;  53  dst  yaQ  %6  cpftaQzbv  xovto  ivdvöaöfrat,  cupfraQöiav 
Mal   %6  fhrqtbv  rot/ro  ivdvöaö&ai  a&avaöCav.     Hier  mufste  eine 
den  Sprachgesetzen  nicht  ins  Gesicht  schlagende  und  doch  wört- 
liche Übersetzung  auf  incorruptibilitas   führen,  da  Tert.  das 
Adjektiv  incorruptibilis  gebildet  hatte,  und  so  drückt  sich  auch 
Tert.  aus  ad  uz.  1,  7  indumento  incorruptibilitatis;  cult.  fem.  2,  6 
haue  incorruptibilitatem  habemus  superinduere;  adv.  Marc.  2,  16 
bis.  adv.  Valent.  14.   res.  carn.  36  indumentum  incorruptibilitatis; 
38.  50  bis.     Allein  er  xnufs  an   dem   Worte  keinen    besonderen 
Gefallen  gefunden,  oder  das   Bedürfnis  nach   Abwechslung   em- 
pfunden haben,   da  er  adv.  Marc.  3,  24  schreibt:  per  illud  in- 
corruptelae    superindumentum;    5,    11    induere    incorruptelam; 
ebenso  5,  12.   car.  Chr.  15.   res.  carn.  51  (öfter).    52.  53.  56.  57. 
68.  60.     Damit  nicht  zufrieden  verstieg  sich  Tert.  res.  carn.  51 
sogar  zu  induere  incorruptionem.     Es  folgten  ihm  der  Über- 
setzer des  Irenaeus,  Ambrosius,  Augustin,  Sulpicius  Severus  und 
der  grammatisch  gut  geschulte  Hieronymus  liefs  im  Korinther- 
briefe  incorruptio  stehen,  worüber   man   sich  bei  Bönsch,  Itala 
S.  217  belehren  kann.    Wäre  das  Substantiv  von  incorruptus  ab- 
geleitet, so  müfste  es  incorruptia  heifsen,  wie  angustia  oder  ar- 
gutia  von  angustus,  argutus-,  es  ist  aber  offenbar  als  Kompositum 
empfunden.  Für  den  Freund  der  historischen  Sprachentwicklung 
ist  aber  noch  die  andere  Frage  zu  beantworten,  ob  Tert.  selbst 
der   Schopfer  jener  Worte  gewesen  sei.     Und  da  liegt  es  denn 
klar  genug  vor,  dafs  er  sie  schon  in  der  afrikanischen  Bibelüber- 
setzung fand.     Wenn  daher  das  Spätlatein,  aber  auch  fast  aus- 
schließlich das  Kirchenlatein,  die  klassischen  Normen  der  Wort- 
bildung gesprengt  hat,  so  ist  die  Hauptschuld  (von  dem  Stand- 
punkte der  ciceroniani sehen  Grammatik)  bei  der  Itala  und  ihrem 
Einflüsse   zu    suchen:    die  sogen.   Africitas    besteht   zum  grofsen 
Teile  aus  den  vulgären  Licenzen,  welche  sich  der  älteste  lateinische 
Bibeltext    gestattete,    zum   Teil    um  dem    griechischen  Originale 


406  Ed.  Wölfflin: 

möglichst  treu  zu  bleiben.  Ein  Beispiel,  richtig  erklärt  und  be- 
griffen, ist  hier  so  viel  wert  wie  ein  ganzes  Kapitel  der  Gram' 
matik. 

Tert.  adv.  Valent.  10  soll  nach  Rönsch  und  Georges7  das  Wort 
inconsummatio   gebraucht  haben,  allein  die  betr.  Stelle  fehlt 
bei  Oehler,   der  sie  als   eine  aus  Irenaeus  latin.  1,  2,  3  (propter 
inconsummationem     generationis )    geflossene    Interpolation    be- 
zeichnet.    Wie  dem  sei,  das  Substantiv   findet  sich  auch  in  der 
Itala  Sap.  3,  16  in  inconsummatione  erunt,  wo  es  einem  axdtetixa 
entspricht,  und  ist  sogar  in  der  Vulgata  stehen  geblieben;  da  aber 
inconsummatus  jungem   Datums  (Ambrosius)  ist,    so    leitet   die 
Analogie  auf  die  Annahme  einer  Zusammensetzung,  nicht  einer 
Ableitung.     Nicht  anders  wird  man  dann  über  imperturbatio 
bei    Hieron.  epist.  133,   3  (Übersetzung   von   aitd&SLa)    urteilen, 
wenn  auch  imperturbatus  älter  ist. 

Ist  damit  der  Standpunkt  des  Tertullian  genügend  gekenn- 
zeichnet, wobei  es  auf  ein  paar  Bildungen  oder  Belege  mehr  oder 
weniger  nicht  ankommt,  so  brauchen  wir  nur  noch  zu  wissen! 
was  die  Itala  neben  ihm  liefert  und  wie  viel  nach  diesen  Vor- 
bildern später  neugebildet  worden  ist.  Nach  Rönsch,  Itala  S. 
216  ff.  bietet  die  vorhieronymianische  Übersetzung  Sap.  14,  26 
dei  immemoratio  —  aftpqtft'a,  was  auch  die  Vulgata  behalten 
hat,  4  Esdr.  3,  3  incompositio,  4,  15,  16  inconstabilitio;  Sir.  4,30 
ineruditio  (anaidsvota),  Sir.  1,  38  und  Proverb.  3,  35  inhonoratio 
(«rtfua);  Esth.  13,  14  intemperatio  (imsgrifpavsCa);  Sap.  14,  26 
inordinatio  (chra£ta),  welches  sowohl  in  der  Vulgata  als  bei  Augustin 
wiederkehrt. 

Tertullian  ist  indessen  bei  Bildungen  auf  -ntia  von  Partie. 
praes.  und  solchen  auf  -tio  von  Part.  perf.  pass.  nicht  stehen  ge- 
blieben, sondern  selbst  die  Abstracta  auf  -tas  lassen  die  Negation 
durch  in  zu.  Zwar  Apolog.  45  ex  involuntate  konnte  erst  in 
Betracht  kommen,  wenn  die  Lesart  durch  die  kritische  Ausgabe 
von  Reifferscheid  gesichert  würde;  unzweifelhaft  bleibt  dem  Ter- 
tullian die  Neubildung  inhonestas  (adv.  Marc.  3,  7.  5,  5.  adv. 
lud.  14),  wenn  man  auch  über  die  Bildung  streiten  kann.  Alle 
Bedenken  sind  schliefslich  gehoben  ad  mart.  3:  ubi  omnis  duritia  et 
inbonitas  et  insuavitas  consistit  (Gloss.  Sangerm.  bei  De- Vit, 
Glossar,  i inbonitas:  malus  animus),  weil  das  Adjektiv  imbonus 
fehlt.  Selbst  das  daneben  gestellte  insuavitas,  welches  uns  als 
regelmäfsige  Ableitung  von  dem  schon  aus  Cornificius  und  Cicero 


Subitantiva  mit  in  privativam.  407 

^kannten  Adjektiv  insuavis  erscheint,  kann  oder  wird  ebenso 
gut  Zusammensetzung  von  in  und  suavitas  sein,  namentlich  weil 
inraavitas  zuerst  bei  Gellius  1,  21,  4  (insolentia  et  i.)  und  Ter- 
tullian  poen.  10  auftritt,  und  bei  dem  Afrikaner  Caelius  Aurel. 
Hat  2,  115  wiederkehrt. 

Noch  kühnere  Überschreitungen  sind  zum  Glücke  Ausnahmen 
»blieben.  Aber  besondere  Erwähnung  verdient  jedenfalls  Tertull. 
J  cultu  femin.  1,  3  cultum  dicimus,  quem  in  und  um  muliebrem 
tcant,  ornatum,  quem  immun  dum  muliebrem  convenit  dici, 
Min  auch  hier  das  gesuchte  Wortspiel  die  Kühnheit  einiger- 
afsen  entschuldigt  In  andern  Fällen  ist  die  Bildung  doppel- 
utig.  So  hat  zwar  Tertullian,  so  viel  wir  wissen,  zuerst  (Spect.  20) 
imisericordia  gebildet,  während  die  archaische  und  klassische 
itinitat  das  Adjektiv  immisericors  wohl  kannte,  aber  dem  Sub- 
uitiv  auswich;  ob  nun  immisericordia  als  neue  Ableitung  oder 
i  direkte  Zusammensetzung  gedacht  sei,  läfst  sich  wenigstens 
cht  mathematisch  beweisen. 

Die  übrige  Litteratur  hat  diese  Licenzen  so  gut  wie  gar  nicht 
lerkaunt.  Einiges  konnte  die  Patristik  verantworten,  wie  im- 
»enitudo  bei  Greg,  in  I  Reg.  5,  2,  40:  ad  reprobi  cordis  im- 
tenitudinem  lapsos;  Greg,  epist.  9,  104  ingravedo;  incon- 
imacia,  weniger  anstofsig,  obschon  incontumax  fehlt,  erscheint 
i  Salv.  gub.  dei  4,  12,  von  Halm  bezweifelt,  von  Pauly  nach 
artel  =  obsequium  erklärt,  und  wohl  aita%  tlqripivov,  auch  bei 
Borges  noch  nicht  verzeichnet  Am  passendsten  wird  man  wohl 
mit  incautela  =  Unvorsichtigkeit  bei  dem  nämlichen  Salv. 
55  u.  A.  vergleichen.  Anderes  begegnet  uns  bei  afrikanischen 
rzten,  wie  Caelius  Aurel.  morb.  chron.  2,5,87  impalpebratio 
>  immobilitas  palpebrarum,  vermutlich  nach  griechischem  Vor- 
Ide  (vgl.  acut  2,  59  oculorum  statio  sine  ulla  palpebrationej ; 
digeries,  Mangel  an  Verdauung,  steht  bei  Marcellus  Empiricus 
385  F  ad  cruditatem  atque  indigeriem  depellendam;  324  E.  bei 
>tr.  Chrysol.  serm.  121  dives  variis  crapulatus  ferculis  indigeriem 
am  ructabat  ad  caelum,  Benedicti  regula  30  ut  numquam  sub- 
liat  monacho  indigeries;  Anthimus  60  facit  inflationes  graves 
indigeries  malas.  Wir  sind  bessere  Lateiner,  wenn  wir  heute 
n  Indigestion  sprechen,  wie  schon  Vegetius,  Hieronymus  u.  a. 
ti  indigestio;  selbst  ein  Scholiast  zu  luven.  4,  07  schrieb 
»nigötens  indigestus  (nach  der  4.  Deklin.)  stomachi.  In  später 
»it   fägt  die  Historia   roiscella  dazu  indisciplinatio:   3G,  37 


408  Ed.  Wölfflin: 

sub  obtentu  falsa e  pietatis,  immo  indisciplinationis  et  circa  nf& 
publicani    perditionis;    23,  17   invcnisset   indisciplinationis  lioia^ 
consentaneuni   quendam   Beser  nomine;    23,   19   indisciplinatione 
referti. 

Unwiderleglich  dürfte  sich  herausgestellt  haben,  dafs  die 
Volkssprache  und  die  Litteratur  in  Afrika  die  Gesetze,  welche 
das  klassische  Latein  bei  der  Zusammensetzung  von  in  privativnm 
beobachtete,  über  den  Haufen  warf,  und  dafs  wir  daher  auch  in 
Formen,  die  den  Eindruck  von  regelmäfsigen  Ableitungen  machen, 
Komposition  zu  vermuten  das  Recht  haben,  auch  in  verwandten 
Gebieten,  die  über  unser  Thema  hinausliegen.  Analog  wird  sich 
impiare  sacra  bei  Min.  Fei.  Oct.  28,  5  (impiatis  sacris)  nicht  mehr 
an  impius  anlehnen,  sondern  an  Prop.  1,  1,  20  sacra  piare. 

3.   Ableitungen  anf  -ia,  -ium,  -ies. 

Während  die  deutsche  Sprache  durch  Zusammensetzung 
( Unrecht'  bildet,  leitet  die  griechische  ab  dUr\  adixia,  die 
lateinische  ius,  iniuria,  letzteres  wahrscheinlich  von  dem  Adjektiv 
iniurus,  und  kaum,  wie  Georges  angiebt,  von  iniurius.  Demnach 
möchte  man  glauben,  incuria  gehe  zunächst  nicht  anf  cur» 
zurück,  sondern  auf  ein  Adjektiv  *incurus  (vgl.  securus;  aber 
curiosus).  Das  Wort  findet  sich  zuerst  bei  Lucilius  26,  45  ■= 
561  L.  Cicero  gebraucht  es  in  den  Reden  an  einer  einzigen  Stelle, 
prov.  cons.  5  incuria,  fanie,  morbo  consumpti;  und  in  den  übrigen 
Schriften  wohl  nur  de  amicit.  86  rei  maxime  necessariae  tanta 
incuria;  Cäsar,  seine  Fortsetzer,  Sallust  gar  nicht,  wonach  das 
Wort  damals  kaum  allgemein  anerkannt  war;  Nepos  Attic  20, 3 
cum  aedis  vetustate  atque  incuria  detecta  prolaberetur;  Festus 
202,  15  pecora  incuria  corrumpebantur,  und  Paul.  exe.  107,  20 
incuria:  neglegentia,  was  die  Seltenheit  des  Wortes  bestätigt 
Im  silbernen  Latein  bringt  es  Plin.  nat.  bist.  14,  61  quod  intereidit 
incuria  coloni;  mit  sichtlicher  Vorliebe  hat  es  Tacitus  an  neun 
Stellen  gebraucht,  die  man  in  dem  Lexikon  von  Gerber -Greef 
findet,  und  hist.  5,  17  wollte  es  Herbst  durch  Konjektur  einsetzen. 
Dann  folgen  etwa  in  der  Zeit  Frontos  Pseudosall.  epist  ad  Caes. 
1,  1,  3  ne  incuria  deformen  tu  r;  Gellius  4,  12,  2;  Apuleius  met 
5,  19.  6,  1.  28.  8,  7.  de  deo  Socr.  3,  und  Porphyrio  erklärt  zu 
H  or.  art.  poet.  352  incuria  est  neglegentia,  quae  curam  non  habet 
Für  die  Patristik  mögen  Tertull.  poen.  12.  eult.  fem.  2,2.  pudic  13. 
adv.  Marc.  4,  15.  adv.  Valent,  10,  Arnobius  5,  25.  6,  16.  7,  26.  42 


Substantivs  mit  in  privativum.  409 

genügen;  bei  den  klassischen  Juristen  ist  der  Gebrauch   mäfsig, 

Dlpian.Dig.  29,5,5  (ubi  quis  incuria  necatus  est  vel  medici  insidiis), 

Paul.  sent.  5,  3,  6  quodsi  incuria  insulariorum  ignis  evaserit,  5, 

20,  3  i.  ignem  supponentis.     Damit   geben  wir  dem  Worte  den 

Laofpafe  durch  die  folgenden  Jahrhunderte;  die  Inschriften  lehren 

aus  noch,  dafs  es  terminus  technicus  war  von  der  vernachlässigten 

Unterhaltung  von  Bauten,  Wasserleitungen  u.  s.  w.    Corp.  inscr. 

lat.  X  486018  formam  aquae  [ductus  pere]nni  incuria  [con]lapsam; 

601710  thermas  longa  i.  neglectas.     Cod.  Theodos.  15,  1,  20  vel 

incuria  vel  vetustate  (collapsae  partes). 

Auf  *fatia  wird  wohl  als  Zusammensetzung  zurückzuführen 
sein  der  Accusativus  plur.  infitias  (ire);  denn  die  ältere  Ortho- 
graphie inüciae  und  die  damit  zu  verbindende  Etymologie  von 
inficere  wird  durch  Cicero  Parad.  Stoic.  50  mori  maluit  falsum 
fatendo  quam  infitiando  dolere  widerlegt;  Sest.  40  infitiando  con- 
fiteri;  Cluent.  80  cum  id  pösset  infitiari,  confessus  est 

Das  alte  schon  aus  Pacuvius  (9  inluvie  atque  insomnia)  be- 
kannte insomnia  haben  wir  hier  nicht  zu  behandeln,  da  das  Ad- 
jektiv zwar  nicht  in  der  Fofm  von  insomnus,  wohl  aber  in  der 
insomnis  erhalten  ist.  Wohl  aber  gehört  hieher  das  schon  ar- 
chaische infortunium,  bei  Plautus  meist  euphemistisch  für 'Prügel' 
gebraucht,  Amphitr.  286.  451.  1034.  Ba^ch.  364.  595.  886.  Cure. 
298.  537.  Merc.  prol.  21.  165.  Mil.  865.  Poen.  prol.  25.  201.  517. 
Pseud.  1143.  Rud.  118.  654.  828.  833.  Trin.  993.  Ter.  Heaut. 
668.  Ad.  178.  Phorm.  1028.  Um  so  spärlicher  ist  das  Wort  in 
der  klassischen  Litteratur  vertreten,  bei  Hör.  art.  poet.  103  tunc 
tua  me  infortunia  laedent;  bei  Livius  1,  50,  9  ni  pareat  patri, 
habiturum  infortunium  esse,  wo  der  angehende  Historiker  sich 
noch  in  poetischen  Phrasen  bewegte.  Cäsar  und  Cicero  haben 
es  offenbar  aus  dem  lateinischen  Lexikon  gestrichen  als  eine  ir- 
reguläre Bildung  und  eine  Reihe  von  Generationen  sind  ihnen 
gefolgt.  Erst  Apuleius  zieht  das  Wort  wieder  hervor,  met.  1,  6. 
4,  27.  7,  6.  8,  1.  12.  15.  9,  23.  31.  10,  5,  dem  die  Itala  sekundiert 
2  Maccab.  11,  13  reputans,  quod  aeeiderat  ei  i.,  während  Gellius 
7,  1,  5  in  der  That  das  durch  die  Allitteration  geschützte  felicitas 
et  infortunitas  gewagt  haben  wird,  welches  sich  Lactanz  mit 
importunitas  zurecht  legte.  Aber  da  in  der  spätem  Litteratur 
das  Wort  mit  wenigen  Ausnahmen  fast  ganz  zurücktritt,  so  kann 
man  nur  glauben,  dafs  es  Apuleius  aus  der  Lektüre  alter  Dichter, 
nicht  aus  der  damaligen  Volkssprache  gezogen  habe.    Donat  er- 

Arohir  fQr  lat.  l«xikogr   IV     iUft  Ö.  4.  97 


410  Ed.  Wölfflin. 

klärt  den  Vers  des  Terenz  Phorm.  1,  3, 15  quid  ego  ex  hac  inopi» 
nunc  capiam  mit:   infortuniuin  scilicet,    und  der  Rhetor  Julius 
Severianus  schreibt  cap.  23  (p.  369,  21  H.)  cum  cetera  eiua  in- 
fortunia  memoramus;   Ausonius  in   den  Per.  Odyss.  3  infortunia 
diutinae  iactationis  explanat;  Sidonius  epist.  1, 10  infortunio  meo. 
Einen  weiteren  Spielraum  bat  das  Wort  bei  Boethius  und  in  den 
Novellen   des    Valentinian;   bei  ersterem   in   der  consol.   philos. 
pag.  32,  5  infelicissimum  genus  infortunii,  32,  12.     61,  38  feli- 
citas  amicum  fecit,  iufortunium  faciet  inimicum.  64,  17  infortunio 
felicem.  100,  14.  16.  28.  102,  56  multo  infelicior  eo,  cuius  infor- 
tunium  boni  participatione  relevatur;  überall  in  prosaischen  Ab- 
schnitten,   und   zum  Teil  motiviert  durch  die  Allitteration  mit 
felix.   Nov.  Val.  tit.  2,  3,  1  infortunio  hostilis  cladis  expulsi,  eiecti 
fortunis  omnibus;   12,  1,  3  personis,  quarum  supra  expressa  in- 
fortunia sunt;  18,  1,  10  publico  infortunio;  21,  1  per  infortunia 
multa  saucium. 

Ein  Streit  ist  um  die  Übersetzung  von  avakyifiia  geführt 
worden.  Cicero  billigte  indolentia  Tusc.  2,  12.  5,  85.  offic 
3,  3, 12.  fin.  2, 11.  19,  wie  indiligentia,  Incontinentia  u.  a.,  wenn 
auch  indolens  vor  Hieronymus  fehlt;  das  Bedürfnis  des  negativen 
Substantivs  wurde  zuerst  empfunden,  und  so  übersprang  man  die 
Mittelstufe ;  der  Philosoph  Seneka  als  Stoiker  und  andere  Schrift- 
steller (Porphyr.  Hör.  epist.  1,  6,  65  indolentiam,  quam  Graeci 
ditovtav  nominant.  Lact.  inst.  3,  8,  17)  schliefsen  sich  ihm  an, 
was  der  näheren  Ausführung  nicht  bedarf;  nur  der  Verirrung 
des  späteren  Sprachgefühles  mufs  gedacht  werden,  welches  eine 
Form  indoloria  schaffen  und  verdauen  konnte.  Nach  Sidonius 
(epist.  vor  carm.  14)  hätte  Cicero  selbst  indoloria  geschrieben, 
woran  niemand  im  Ernste  glauben  wird:  lecturus  es  hie  etiam 
novum  verbum  .  .  .  nam  essentiam  nee  non  et  indoloriam  nomi- 
navit  (Cicero)  addens  Licet  enim  novis  rebus  nova  nomina  iin- 
ponere.  Vgl.  Madvig  zu  Cic.  fin.  Dafs  die  Form  damals  existierte, 
leidet  keinen  Zweifel;  Hieronymus  hatte  das  Adjektiv  indolorius 
gebildet  comm.  in  Ephes.  4  Exprimimus  verbum  de  verbo,  ut 
dicamus  dvrjkyrjxores  indolentes  sive  indolorios,  und  so  schreibt 
auch  Cael.  Aurel.  chron.  2,  79  medicamina,  quae  anodyna  Graeci 
voeaverunt,  nos  indoloria  dicere  poterimus;  wie  leicht  aber  ein 
Neutr.  plur.  auf  a  in  ein  Femin.  sing,  umschlug,  lehrt  die  Sprach- 
geschichte mit  unzähligen  Beispielen. 

Ein  altes  und  gutlateinisches  Wort  ist  inedia,  Plaut  Cure. 


8ubstantiva  mit  in  privativnm.  411 

309.  Cicero  hat  es  p.  Plane.  26.    Tusc.  2,  40.   fin.  5,  82.   epist. 

16,  10  unbedenklich  gebraucht,  ebenso  Sallust  Cat.  5,  3.     hist. 

3, 27  D.  Valer.  Max.  5,  4,  7.  8,  7,  ext.  5.  Sen.  epist.  70,  9.  Scribon. 

Uig.  104.  110,  sehr  oft  Celsus  und  der  ältere  Plinius,  Petron. 

111.    Frontin  strat  2,  1,  1.   2,  1,  4.   2,  1,  5.    2,  5,  23.   Tacitus 

Germ.  4.  hist.  3,  22.  annal.  6,  48.  11,  3.  Plin.  epist.  3,  7,  1. 
Sneton  Aug.  53.  Vesp.  20.  frgm.  p.  290,  5  Roth,  und  so  weiter 
ron  Gellius  und  Apuleius  bis  in  das  spateste  Spätlatein,  bei 
Patristikern  und  Profanschriftstellern,  Medizinern  und  Juristen, 
so  da&  wir  nichts  beizufügen  haben,  da  wir  kein  Konkurrenz- 
wort bemerken.    (Macr.  sat.  1,  10,  13  fame  et  inedia.) 

8ollte  Cicero  das  Unendliche,  das  substantivierte  infinitum 
(axeiQOv)  infinitia  oder  infinitas  nennen?  Quelle  der  Wort- 
bildung war  hier  wieder  die  griechische  Philosophie,  und  die  Un- 
möglichkeit bei  dem  Mangel  eines  bestimmten  Artikels  das  neu- 
trale infinitum  in  den  Genetiv,  Dativ  oder  Ablativ  zu  setzen,  der 
mit  dem  Masculinum  zusammenfallend  undeutlich  gewesen  wäre. 
Er  hat  sich  für  infinitas  entschieden,  welches  übrigens  als  von 
finis  abgeleitet  mit  kurzem  i  in  der  dritten  Silbe  zu  denken  ist. 
Acad.  2,  118  Anaximander  infinitatem  naturae  dixit  esse,  e  qua 
omnia  gignerentur.  nat.  deor.  1,  28.  50.  73.  Tusc.  5,  105.  114. 
offic.  1,  53.  Plin.  nat.  hist.  2,  1,  3  haec  infinitas  naturae  omni  um 
artifici  possit  adsignari.  Nur  de  fin.  1,  21  hat  er  sich  anders 
besonnen:  infinitio  ipsa,  quam  aneigiav  vocant,  tota  ab  illo 
(Democrito)  est. 

In  der  altern  Latinität  (vgl.  oben  intemperies)  wurde  statt 
ia  die  Endung  ies  vorgezogen.  So  ist  illuvies  ein  bei  Plautus, 
Terenz,  Lucilius,  Pacuvius  beliebtes,  von  Cäsar  und  Cicero  da- 
gegen verworfenes  Wort,  welches  kaum  mit  Georges  u.  a.  (Mützell 
zu  Curt.  8,  14,  4)  auf  illuo  (=  Anspülig),  sondern  auf  in  pri- 
vativum  und  luere  zurückzuführen  ist,  weil  es  gern  mit  andern 
negativen  Substantiven  verbunden  wird.  Vgl.  Plaut.  Poen.  1,  2, 
103  illutis  manibus  =  illotis.  Schimpfwort  ist  es  hei  Plaut.  Most. 
40  germana  inluvies  (vgl.  caenum,  lutum);  Abatractura  bei  Ter. 
Eon.  937  harum  videre  inluviem  sordes  inopiam;  Haut  205  pannis 
obsita,  neglecta,  inmunda  inluvie.     Lucil.  26,  45  =  501   L. 

hie  cruciatur  fame, 
Frigore,  inluvie,  inperfundie,  inbalnitie,  ineuria. 
Lucil.  30,  58  =  879  L.  inluvies  Scabies.  Pacuv.  9  perdita  inluvie 
atque  insomnia;  20*  inluvie  corporis;  incert.  192  inluvie  scabrum, 

S7* 


412  Ed.  Wölfflin:  Substantiva  mit  in  privativum. 

p.  264  Ribb.  Nach  solchen  Vorgängern  konnte  Vergil  sagen  Geor^?* 

3,  561  morbo  inluvieque  peresa  vellera,  Aen.  3,  593  dira  m\xm0* 
inmissaque  barba,  während  die  übrigen  Dichter  und  selbst  di£ 
sonst  von  Vergil  abhängigen,  vor  allem  aber  die  mustergiltigeH 
Prosaiker  das  Wort  vermieden.     Livius  hat  es  vielleicht  nur  an 
der  Stelle  21,  40,  9  illuvie,  squalore  enecti,  wornach  dann  Curtius 

4,  1,22  sich  erlauben  konnte  zu  schreiben:  ablue  corpus  inluvie 
aeternisque  sordibus  squalidum,  und  8,  14,  4:  immobiles  currus 
inluvie  ac  voraginibus  haerebant.  (Diese  Stelle  spricht  für  die 
gewöhnliche  Erklärung  des  Wortes.)  Colum.  7,  10,  6  wird  über  die 
Lesart  (ingluvies?)  gestritten;  ein  Lieblingsausdruck  aber  ist  das 
Wort  dem  Tacitus  geworden,  bist.  4, 46.  annal.  1,  24.  4,  28.  6, 43. 

Die  ähnlichen  Formen  inperfundies  und  inbalnities  sind 
bereits  mit  dem  Luciliusverse  belegt,  allein,  wie  man  leicht  er- 
raten wird,  ana%  etQrj^ava  geblieben;  wichtig  sind  sie  f&r  uns 
noch  aus  dem  Grunde,  weil  sie  auf  inluvies  ein  Licht  werfen. 
Obschon  wir  befürchten,  dafs  die  Zettel  nicht  das  gesamte  Ma- 
terial enthalten,  weil  einzelnen  der  HH.  Mitarbeiter  die  gestellte 
Frage  nicht  vollkommen  klar  sein  mochte,  dürften  doch  die  Grund- 
linien zu  einem  Abschnitte  der  Wortbildungslehre  gegeben  und 
einige  Aufschlüsse  über  das  afrikanische  Latein  gewonnen  sein. 

München.  Ed.  Wölfflin. 


Hulas,  malaster. 

Das  französische  mulätre,  mulatte,  führt  uns  auf  ein  lateinisches 
mulaster  zurück,  dessen  Alter  wir  freilich  darum  nicht  bestimmen 
können,  weil  es  nirgends  bezeugt  ist.  Vgl.  Arch.  I  390  ff.  Ohne  auf 
die  bei  Diez,  etymol.  Wörterb.  II3  157  gegebene  Ableitung  von  dem 
arabischen  mo wallad  einzugehen,  machen  wir  blofs  darauf  aufmerksam, 
dafs  mulus,  welches  in  der  erhaltenen  Latinität  nur  das  durch  Kreuzung 
entstandene  Tier  bezeichnet,  auf  die  aus  Kreuzung  von  Menschen- 
rassen (Weifsen  und  Negern)  hervorgegangenen  Mischlinge  Übertragen 
werden  mufste.  Ein  Irrtum  ist  es,  wenn  Georges  mulus  mit  Maul- 
tier, Maulesel  Übersetzt.  Vgl.  Varro  r.  rust.  2,  8,  1:  ex  equa  et 
asino  fit  mulus  (Maultier),  contra  ex  equo  et  asina  hinnus  (Maulesel). 
Plin.  n.  h.  8,  171. 

München.  Ed.  Wölfflin. 


Yelum  =  Fahrzeug,  Floss. 

In  meiner  Schrift  "Über  das  Alter  der  Flöfserei  im  Gebiete 
38  oberen  Rheins'  (Colmar,  1881)  suchte  ich  nebenbei  den 
achweis  zu  fähren ,  dafs  die  alten  Römer  das,  was  wir  unter 
olzfiöfserei  verstehen;  nicht  gekannt  haben.  Die  römischen 
shriftsteller,  sagte  ich  daselbst  (S.  7),  haben  für  diese  Weise 
nr  Holzverschiffung  uns  kein  Wort  überliefert  Bezeichnungen  für 
lofc,  Flöfeen,  Flofsholz,  Flo&art,  Flöfser'  etc.  fehlen  in  der  Wün- 
schen Latinität.*)  Sämtliche  Wörter  der  romanischen  Sprache, 
siehe  Tlofs,  Flöfsen,  Flöfserei*  u.  s.  w.  bedeuten,  seien  zwar 
m  lateinischem  Sprachmateriale  gebildet,  haben  aber  erst  seit 
wa  dem  zweiten  Jahrh.  n.  Chr.  durchweg  diese  neue  Bedeutung 
halten.  So  komme  am  Ende  des  zweiten  Jahrh.  in  den  Gegenden 
g  Oberrheins  das  Wort  fnauta9  im  Sinne  von  'HolzfloiHcr'  zur 
erwendung;  aber  in  der  klassischen  Latinität  habe  es  nur  die 
inz  allgemeine  Bedeutung  von  'Schiffer';  die  Bedeutung  von 
lölser'  habe  sich  indes  im  Französischen  nicht  erhalten,  da 
s  nauta  im  Altfranzösischen  noton  (==  marinier;  geworden  sei, 
»lches  Wort  heute  noch  in  fnautonier*  fortlebe  (a.  0.  K.  1). 
ib  Mangel  eines  der  neuen  Sache  angemessenen  Ausdrucke* 
afs  man  also  das  Wort  *  nauta'  subsidiär  im  .Sinne  von  'ffolz- 
ISser^  zeitweilig  verwandt  haben:  «später  ver.-xhwand  dieae  Be- 
utung  wieder,  weil  es  die  i.rspruijj£li';he  nicht  war  Dazu 
mme  dann  noch,  führte  ich  <iamal.«  weiter  au?,,  <Jaf*  »amtliche 
rmanischen  Sprachen  die  Bezeichnung  fGr  'lloizflof»,  f!oT;*ereif 
s.  w.  aus  dem  eigener:  Spntthi&aVrriai«:  ;?ei>jd«t,  nAx'tiin  weder 
*  Sache  noch  den  Nanen  dafür  toa  fau  fomxrr*  ersehnt  haben 
O.  S.  8).  Auch  die  Litauer  Lair^n  a*<  ,;,rea*  «rtg^ner,  Tpr*/;h- 
iteriale  sich  ein  Wort  Li   izt  fc*Äf?*\*:s/    toa   'H't.z^U*  #e- 


*)  Doch  TergL  h*iAx*j&wjr*r    *K i.'iz *&>.:..?.%•*,   ".<-*  >.  w.  \~.>     \w. 
321  ff.,  welcher  «ori-*ei.-*t  \zä  r^^«,  i**  H.^.**'m*-   *.£rt,.v>r* 


414  Heino  Pfannenechmid: 

bildet  (lit.  sela,  selis  =  radeau  de  bois  flotte,  vom  pers.  sal  = 
bateau,  radeau,  s.  Pictet,  Orig.2  II,  239). 

Ein  Wort,  welches  ich  in  der  genannten  Schrift  anführte, 
hielt  ich  damals  für  ein  wallonisches  (a.  0.  S.  8,  25,  26  Anm.  \\ 
Es  ist  dies  das  in  Lothringen,  speziell  in  Metz  zum  Jahre  1507 
vorkommende  Wort  Falles*  oder  Falles*  in  der  Bedeutung  von 
Holzflofs  —  Flotte.     Ich  glaube  jetzt  in  der  Lage  zu  sein,  dies 
Wort  erklären  und  von  dem  lat.  velum  ableiten  zu  können.    Und 
das    fuhrt  nun    näher  zu   dem   eigentlichen    Gegenstande   dieser 
Zeilen. 

Das  Wort  ^alle*  in  der  Bedeutung  von  'assemblage  de 
barques  ou  de  vaisseaux'  kennt  Roquefort  (Gloss.,  Paris  1808, 
II  737),  ebenso  auch  das  gleich  noch  näher  zu  betrachtende 
Wort  'Voiles'  in  der  Bedeutung  Hrain  de  planches  ou  de  bois 
flottes  qu'on  met  sur  une  riviere  pour  le  faire  descendre  dun 
lieu  a  un  autre'  (das.  II  726).  Leider  giebt  Roquefort  weder 
die  Gegend  an,  in  welcher  diese  Ausdrücke  üblich  sind,  noch  die 
Zeit,  wann  sie  zuerst  vorkommen,  noch  das  Genus  und  den  Fundort 
derselben.  Ich  kann  nun  über  das  Wort  voile  folgendes  Nähere 
beibringen. 

In  der  von  Calmet,  Abt  von  Senones,  im  Jahre  1729  als 
Manuskript  verfafsten  und  im  Jahre  1880  zu  Saint- Die  von 
Dinago  veröffentlichten  Histoire  de  Vabbaye  de  Senones1)  findet 
sich  auf  Seite  169  folgende,  offenbar  nach  lateinischer  Vorlage 
übersetzte  Stelle: 

*Le  Comte  de  Salm  et  TAbbe  de  Senones  firent  uu  accord 
en  1302  auec  Ferri  Duc  de  Lorraine  pour  le  transport  ou  voilage 
des  bois  de  marrien,  qui  descendent  du  val  de  Senones  et  de  celui 
de  Gelles,  ou  qui  remontent  d'Ezrail  vers  Raon  l'Etape;  en  teile 
maniere  que,  de  chaque  voile  de  warten  qui  viendra  d'Ezrail  en 
montant,  soit  par  eau  on  par  charrois,  ils  en  payeront  audit 
Seigneur  Duc  neuf  sols  et  <leux  deuiers  de  Toulois,  et  de  meme 
pour  le  bois  qui  descend  vers  la  Meurthe  . .  / 

Zum  Verständnis  dieser  Stelle  sei  bemerkt,  dafe  der  Ort 
Senones  an  der  Rabodeau  (rapida  aqua)  liegt,  die  von  den 
Vogesen  kommend  öberlialb  des  Ortes  Raon-FEtape  in  die  Meurthe 
mündet.    Der  Ort  Celles  (Arrond.  St.  Die)  liegt  an  einem  Flüfs- 

1)  Senones  war  Hanptort  des  ehemaligen  zum  Römischen  Reiche  deut- 
scher Nation  gehörigen  Fürstentums  Salm. 


Velum  —  Fahrzeug,  Flofa.  415 

eben,  das  bei  Raon-1'Etape  in  die  Meurthe  geht;  Ezrail  (j.  Aze- 
raille)  liegt  ebenfalls  an  der  Meurthe,  aber  weit  unterhalb  des 
genannten  ßaon-1'Etape. 

Unter  voüe  de  tnarien  (oder  marrien)  ist  offenbar  zu  ver- 
stehen Voile  des  bois  de  marrien'.  Der  Ausdruck  *bois  de 
marrien  oder  inarien'  bedeutet  Zimmerlwlz  (=  bois  de  charpente, 
8.  DuCange-Henschel,  Gloss.  IV,  3193,  s.  v.  marenum;  Godefroy, 
dict  de  l'ancienne  langue  francaise,  1886,  V  88,  89).  'Voile  de 
maxien'  ist  das  Floß*,  welches  dieses  Holz  führt,  und  voilage  die 
Abgabe  für  diese  Art  des  Flöfsens,  welche  der  Landesherrschaft 
hierfür  zu  entrichten  war.  Auffallen  kann  es,  dafs  dieses  Holz 
(von  Azeraille  nach  dem  höher  gelegenen  Raon-1'Etape)  auch 
stromaufwärts,  sei  es  zu  Wasser  oder  durch  ein  Landfuhrwerk 
transportiert  wurde.  Allem  diese  Schwierigkeit  läfst  sich  durch 
die  Annahme  heben,  dafs  Raon-lEtape  der  Ort  war,  wo  man 
das  rohe  Holz  zuerst  flofsgerecht  verarbeitete  und  zurüstete  und 
dann  von  hier  aus  weiter  stromabwärts  verflöfste. 

Zu  der  aus  Galmet  angeführten  Stelle  füge  ich  noch  eine 
andere,  welche  sich  in  dem  sehr  zuverlässigen  Werke  von  Lcpage, 
Les  Communes  de  la  Meurthe  (Nancy  1853)  II  33  findet,  und 
welche  lautet  : 

*En  1389  Jean,  duc  de  Lorraine  et  Henri,  seigneur  de 
Blämont  (deutsch:  Blankenberg)  fireut  un  aecord,  touchant  le 
passage  des  volles  (des  flottes)  de  planches  a  Deneuvre  et  ä 
Menil.' 

Diese  Stelle  ist  entnommen  aus  dem  im  Departements- 
Archiv  zu  Nancy  beruhenden  'Gartular,  Blamont,  domaine'. 
Deneuvre  und  Menil  (Flin-Meuil)  sind  beide  im  Arrondissement 
Luneville  und  an  der  Meurthe  gelegen.  Deneuvre  war  ein  Lehen 
der  Grafschaft  Blamont. 

Lepage  kommentiert  Voiles'  richtig  mit  dem  in  Lothringen 
wohlbekannten  'flottes'  (s.  Alter  der  Fl.  S.  4,  26,  28  *);  es  sind 
mehrere  unter  einander  verbundene  Flöfse,  die  zu  Deneuvre  eine 
Abgabe  zu  zahlen  hatten.  Diese  Abgabe  für  Holzflößerei  wurde 
liier  noch  im  Jahre  163f3  unter  den  herrschaftlichen  Einnahmen 
Aufgeführt  ^Lepage,  a.  O.  11  27«,  s.  v.  Deneuvrej. 

Auch  eine  Stelle  bei  Du  Gange -Henschel,  Gloss.  VI  7573, 
i.  v.  velum  facere  [=  VIII  205  ed.  Favre],  die  dort  nicht  erklärt 

l)  Das  Wort  'Hottagc'  kommt  nach  Littn-,  Dict  II  1703,  im  16.  Jahrh. 
merst  vor. 


416  Heino  Pfannenschmid: 

werden  kann,  ist  hierherzuziehen.  In  einem  königl.  Begnadigung»- 
erlafs  heilst  es  zum  Jahre  1459:  *Le  suppliant  s'est  transporte 
ou  Voille  du  chasteau  de  Saumur  (an  der  unteren  Loire)  en 
l'ostel  d'Emery.'  Der  um  Begnadigung  Bittende  hatte  sich  offenbar 
mittels  eines  Flosses,  eou  voille',  d.  i.  en  voille,  von  Saumur  nach 
Emery  begeben« 

Im  Gebiete  der  Maas  (Meuse)  findet  sich  'la  voile*  in  der 
Bedeutung  von  Hrain  de  bois  de  construction'  (Litträ,  Dici  IV 
2523*,  sub  No.  5).  Eine  nähere  Ortsbestimmung  fehlt;  vermut- 
lich ist  auch  hier  Lothringen  gemeint 

Endlich  findet  sich  in  der  Bedeutung  von  tvoiles'  die  loth- 
ringische Form  f  Volles9  oder  *  Walles9,  welche  Jean  le  Ch&tdonm 
in  seiner  gereimten  *Chronique  de  la  noble  citez  de  Metz'  über- 
liefert hat.  Diese  Chronik  ist  im  15.  Jahrb.,  ihre  Fortsetzungen 
sind  im  IC.  Jahrb.  aufgezeichnet  worden.  Verschiedene  Hand- 
schriften dieser  Chronik  befinden  sich  in  der  Stadtbibliothek  zu 
Metz,  deren  genaue  Beschreibung  Clerx  in  seinem  Buche  'Cata- 
logue  des  Manuscripts  relatifs  ä  l'histoire  de  Metz  et  de  la 
Lorraine'  (Metz  1856)  gegeben  hat.  Ich  lasse  hier  aus  den 
ältesten  Manuskripten  dieser  Chronik  die  betreffenden  Stellen 
folgen,  deren  Abschrift  ich  mir  vor  einigen  Jahren  an  Ort  und 
Stelle  genommen  und  deren  jüngst  erfolgte  Kollationierung  mit 
dem  Originaltext  der  Adjunkt  an  der  Metzer  Stadtbibliothek, 
Herr  H.  Burtin,  auf  meine  Bitte  mit  dankenswerter  Genauigkeit 
besorgt  hat. 

Das  in  dem  von  Clerx  herausgegebenen  Katalog  mit  Nummer 
98  bezeichnete  Manuskript1),  dessen  Schrift  aus  dem  Anfang  des 
16.  Jahrh.  ist,  hat  auf  Seite  99  als  Überschrift  zu  den  nach- 
folgenden gereimten  Versen: 

eQuand  les  valles  passarent 

parmy  Metz  ou  iamais 

n'avaient  passees.     Lan  1507', 
und  sodann: 

cLan  apres  comme  rivierre  avalle 

Des  Volgiens  lez  premiers  walle 

De  planches  passerent  parmy  mets 

Ou  passez  on  navoit  jamais/ 

1)  Gedruckt  1698  zu  Metz,  auch  bei  Calmet,  Histoire  de  Lorraine1, 
Bd.  II,  Preuves  122.  Cf.  auch  Pottbast,  Wegweiser,  8.  240.  Die  ursprüng- 
liche Reiinchronik  schliefst  mit  dem  Jahre  1471. 


Velum  «  Fahrzeug,  Flofs.  417 

Das  Manuskript  No.  100  aus  dein  16.  Jahrh.  hat  auf  Seite  129 
folgende  Fassung: 

'Quant  les  walles  pasarerent 
parmy  Metz  1507. 
L'an  apres  comine  rivieres  avalles 
Des  Voyins  les  premieres  walles 
De  planches  passerent  parmy  Metz 
Ou  passe  on  navait  Jamals/ 
•Das  Manuskript  No.  101,  17.  Jahrh.,  Seite  176,  hat: 

'Quand  les  voilles  passerent  par  Metz' 
und  reimt  dann  auf  avalle  Voiles'. 

Das  Manuskript  No.  102,  18.  Jahrh.,  Seite  131,  bringt 
'premieres  walles'. 

Aus  den  mitgeteilten  Stellen  ist  nun  ersichtlich,  dafs  die 
Bedeutung  von  'Valles'  oder  'Walles'  ganz  dieselbe  ist  wie  die 
Ton  'voiles',  also  ein  Flöfszug,  eine  Flotte  von  Flofsen. 

Die  geographische  Fundstelle  der  Ausdrücke  voile,  voilage, 
voiles,  Valles,  Walles  ist  das  Gebiet  der  Meurthe,  Mosel  und 
Maas  in  Lothringen  und  wahrscheinlich  das  der  unteren  Loire. 
Ohne  Zweifel  werden  sich  diese  Ausdrücke  in  der  angegebenen 
Bedeutung  auch  anderwärts  auf  ehemals  romanischem  Gebiet 
nachweisen  lassen. 

Wenden  wir  uns  nun  zu  der  Frage,  wie  'voile'  zu  der  Be- 
deutung von  *Flof£  gelangt. 

Das  franz.  Wort  'voile'  =  Segel,  auch,  wie  man  meint,  zu- 
folge Synekdoche  =»  Schiff,  wird  gewöhnlich  zum  Unterschied 
von  'le  voile'  =  der  Schleier,  als  Femininum  aufgeführt.  Littre 
(Dict.  IV  2524)  erklärt  diesen  Unterschied  für  willkürlich,  da 
das  Genus  gewechselt  habe.  Es  wäre  nun  in  Betreff  der  Etymo- 
logie dieses  Wortes,  das  Littre  in  beiden  Bedeutungen  littera- 
risch  zuerst  im  12.  Jahrh.  angetroffen  hat,  durchaus  nicht  gleich- 
gültig, sichere  Daten  über  das  ursprüngliche  Geschlecht  und  den 
Genuswechsel  zu  erhalten.  Denn  die  Maskulinform  würde  von 
lat.  velum  abzuleiten  sein,  da  das  lat.  lange  e  regelrecht  franz. 
oi  und  die  unbetonte  Endsilbe  -um  abgeworfen  wird  (Diez, 
Gramm,  d.  R.  Spr.3  I  150,  193).  Allein  solche  Nachweise  giebt 
Littre  nicht.  Wir  sind  also  in  Ermangelung  derselben  auf  fol- 
gende Betrachtung  angewiesen. 

Le  voü  =  Schleier  ist  die  älteste  Form  (Littre  IV  2522c), 
prov.  vel,  span.  und  ital.  velo,  davon  althochd.  und  mhd.  wlle  = 


418  Heino  Pfannenschmid: 

Schleier,  auch  Maskulinum.  Das  Femininum  la  voüe  dagegen 
würde  von  dem  lat.  Plural is  vela,  der  in  der  lingua  rustica  als 
Femininum  der  ersten  lat.  Deklination  genommen  wurde,  ab- 
zuleiten sein.*)  Dafür  könnte  auch  das  ital.,  span.  und  port  Fe- 
mininum vela  zeugen  (Diez,  Gr.  II  23). 

Es  würde  nun  sehr  erwünscht  sein,  wenn  durch  die  oben 
angeführten  Stellen,  in  denen  voile  =  Flofs  vorkommt,  in  diesem 
Punkte  Klarheit  geschaffen  werden  konnte-,  allein  aus  allen  jenen 
Stellen  erhellt  ein  bestimmtes  Genus  nicht  mit  voller  Sicherheit, 
da  einmal,  und  zwar  in  der  ältesten  Chronik,  die  Maskulinform 
hervortritt.  Da  jedoch  in  allen  anderen  Fällen  die  Femininform 
ersichtlich  ist,  so  dürfte  vielleicht  das  'premiers  walle'  auf  einem 
Schreibfehler  beruhen,  wie  dies  das  c walle'  statt  'walles*  schon 
andeuten  möchte. 

Littre  stellt  volle  im  Sinne  von  *Bauholz-Flof8'  unter  das 
Wort  cla  voile9  =  Segel,  sieht  es  also  als  Femininum  an.  Das 
franz.- deutsche  Wörterbuch  von  Leng  u.  Wolff  (Weimar  1844) 
hat  f voiles'  als  Masculinum  plur.  unter  dem  Artikel  *le  voile'  = 
Schleier,  mit  der  Erklärung:  cin  Lothringen  Flöfse  aus  hölzernen 
Planken  zusammengesetzt9. 

Bei  dieser  Sachlage  bleibt  nichts  anderes  übrig  als  auf  das 
lat.  velum  zurückzugehen. 

Dieses  Wort  hat  in  der  klassischen  Latinität  eine  doppelte 
Bedeutung.  Einmal  heifst  es  Segel,  aber  meist  im  Plural  (vela); 
sodann  Hülle,  Tiwh,  Vorhang.  Velum  in  der  ersten  Bedeutung 
wird  durch  veh-Ö-luin,  veh-ü-luin,  veh-i-luin  von  vehäre  abgeleitet 
(Georges:  Stamm:  vc)**);  velum  in  der  zweiten  Bedeutung  wie 
vestis  vom  Stamme  ve  (Georges).  Ich  halte  diese  Ableitung 
sachlich  und  deshalb  auch  sprachlich  nur  zum  Teil  für  richtig. 
Wir  haben  es  hier  meines  Erachten s  mit  verschiedenen  Begriffen 
und  deshalb  auch  mit  verschiedenen  Sprachwurzeln  zu  thun. 
Velum  von  vehere  kann  nämlich  nichts  anderes  bedeuten  als 
'Fahrzeug'.  Wie  käme  nun  dieses  Wort  zu  der  Bedeutung  eSegeP? 
Gewifs  doch  nicht,  wie  Curtius  und  andere  meinen,  'durch  den 
Begriff  der  Bewegung9,  die  durch  die  Segel  veranlagt  wird,  da  die 
ältesten  Fahrzeuge   sicher  noch  keine   Segel  gehabt  haben  und 

*)  Siehe:  Appel,  de  gencre  iieutro  interounte  in  lingua  latina,  Erlang., 
1883,  S.  41  u.  66. 

**)  Andere  Ableitungen    8.  bei  Vanivck,  gr.-lat  etymol.  Wörterbuch, 
1877,  S.  871  u.  872,  u.  Mtch.  Breal,  Dict.  etymol.  latin,  1886,  p.  424. 


Velum  =  Fahrzeug,  Flofs.  419 

die  Erfindung  der  Segel  erst  einer  späteren  Zeit  angehört  (vgl. 
Pictet,  Orig.2  II  245).  Dafs  velum,  von  vehere,  ursprünglich 
nur  'Fahrzeug'  d.  i.  Fahrzeug  zu  Land  und  Wasser,  bedeutet 
haben  kann,  beweist  das  Wort  vefi-i-ctdum,  welches  diese  Be- 
deutung in  der  klassischen  Latinität  besitzt  Es  liegt  vielmehr 
in  der  Natur  der  Sache  anzunehmen,  dafs  der  ursprüngliche 
Name  für  Segel  von  dem  Stoffe  hergenommen  sein  wird,  aus  dem 
sie  verfertigt  wurden.  Die  griechischen  Ausdrücke  für  Segel 
tonw,  6&6vrj,  ölvöcSv  und  das  aus  dem  Ägyptischen  entlehnte 
qmöö&v  (grobe  Leine  wand  oder  Segeltuch),  wie  das  griechische 
Lehnwort  carbasus  bei  Ennius  (f  169  v.  Chr.,  s.  Weise,  die  gr. 
Wörter  im  Latein.  1882,  212)  und  lintea  bei  den  Dichtern,  be- 
weisen dies.  Wenn  man  nun  in  Italien  Segeltuch  für  den  Ge- 
brauch der  Schiffer  und  zum  Zwecke  der  vela,  womit  das  Forum 
nach  Plinius  gegen  die  Sonne  geschützt  wurde  (Marquardt, 
Privatl.  d.  R.,  1882,  II  466),  machte,  so  ist  sicher  der  Begriff 
des  Schützens,  was  auf  velare  führen  könnte,  nicht  das  Ur- 
sprüngliche, sondern  das  Abgeleitete.  Das  Ursprüngliche  war 
offenbar  der  Stoff  selbst.  Ich  meine  daher,  dafs  wir  es  bezüg- 
lich des  velum  =  Segel  und  Tuch,  Vorhang,  mit  der  Wurzel 
VES  (wovon  vestis,  skr.  W.  VAS,  Curtius  Gr.  E.8  22)  zu  thun 
haben,  und  nicht  mit  der  Wurzel,  welche  in  veho  steckt.  Veho 
ist  =  *  vegh-o  (Kühner,  Ausf.  Lat.  Gr.  I  102),  das  auf  die  Wurzel 
e%,  fex  geht,  von  der  auch  o%og,  veh-i-culum,  vehes,  Fuhre,  vectura 
u.  a.  herzuleiten  sind  (Curtius,  a.  0.  181.  182),  während  velum  = 
'Segel',  'Tuch',  ursprünglich  *ves-lum>  mit  Abfall  des  inlautenden 
8  vor  1  (vgl.  Kühner,  a.  0.  I,  S.  130,  6,  a),  gelautet  haben  mufs. 
Dafs  nun  dem  Worte  velum  die  Bedeutung  von  FaJirzeug 
ursprünglich  hat  zukommen  müssen,  wird  nun,  wie  ich  meine, 
wesentlich  durch  das  dialektische  voile  =  Flofs  unterstüzt,  das  die- 
selbe Bedeutung  bewahrt  hat.  Denn  bei  der  Flöfserei  sind  Segel 
van  gar  keiner  Bedeutung,  weder  auf  kleinen  noch  grofsen  Flüssen. 
Ich  selbst  habe  auf  den  Flöfsen  der  Saar  in  Lothringen  nur 
kleine  Wimpel  bemerkt,  die  aber  nicht  ah  Segel  dienen,  da  die 
Fortbewegung  der  Flöfse  in  ganz  anderer  Weise  bewirkt  wird 
und  seit  alters  hier  und  sicher  auch  auf  anderen  kleineren  Flüssen 
—  denn  auf  diesen  ist  zuerst  geflöfst  worden  —  nicht  anders 
bewirkt  worden  ist  (s.  Alter  der  Flöfserei,  S.  27 — 28).  Wie 
wäre  es  nun  denkbar,  dafs  von  einer  nicht  vorhandenen  Sache, 
den  Segeln,  das  Flofs   den  Namen  cvoile'  =  lat.  velum  führen 


420  Hoino  Pfannen8chniid: 

konnte?  Nein,  es  ist  ganz  allgemein  'Fahrzeug*  genannt  worden, 
und  es  liegt  die  Annahme  zwingend  nahe,  dafs  in  der  lingua 
rustica  romana  velum  die  ursprüngliche  Bedeutung  Fahrzeug9 
konserviert  hat,  in  welchem  Falle  die  Ableitung  des  Voile*  von 
dem  lat.  pl.  vela  unmöglich  ist.  Im  Schriftlatein  ging  dagegen 
die  Bedeutung  von  velum  =  Fahrzeug  früh  verloren,  da  die  Ver- 
wechslung mit  velum  =  Tuch  etc.  zu  vermeiden  war.  Als  Er- 
satz für  jenes  velum  =  Fahrzeug  trat  daher  das  aus  demselben 
Stamm  gebildete  veh-i-culum  ein. 

Bezüglich  des  Schriflframösisehen  würde  sich  demnach  er- 
geben, dafs  das  Genus  von  volle  sich  folgendermafsen  gestalten 
müfste.  Voile  =  Schleier*  müfste  von  dem  Singular  velum  (*ves- 
lum)  männlich,  dagegen  voile  =  Segel  von  dem  Plural  vela  (*  ves- 
la),  in  kollektivischem  Sinne  genommen,  weiblich  sein.  Nach 
dem  Sprachgebrauch  ist  nun  in  der  That  le  voüe  =  Schleier, 
und  la  voiU  =  Segel.  Dieser  Unterschied  im  Geschlecht  ist 
also  keineswegs  'willkürlich',  sondern  vollkommen  regelrecht. 

Ist  nun  die  Annahme  richtig,  dafs  velum  die  Bedeutung  von 
Fahrzeug  in  der  lingua  rustica  romana  behalten  hat,  so  folgt 
daraus  die  weitere  Annahme,  dafs  man  für  Flofs  in  dem  heutigen 
Sinne,  also  für  Holzflofs,  keinen  adäquaten  Ausdruck  hatte,  sondern 
zu  dem  allgemeinen  Ausdrucke  'Fahrzeug*  seine  Zuflucht  nehmen 
müfste,  also,  dafs  die  Römer  Holzflöfserei  ursprünglich  nicht 
kannten,  wenn  sie  auch  auf  Kähnen  oder  kahnartigen  Fahrzeugen 
schon  zu  Strabos  Zeit,  mithin  in  der  ersten  Kaiserzeit,  Holz  auf 
dem  Tiber  verschifften  (vgl.  Marquardt-Mau,  Privatleben  d.  Kömer, 
1886,  II2  403). 

Man  könnte  nun  einwenden,  dafs  das  von  mir  beigebrachte 
Jahresdatum  (1302)  zu  jung  sei,  um  darauf  die  obigen  Schlüsse 
zu  gründen.  Allein  dabei  bleibt  zu  beachten,  dafs  in  Lothringen 
bereits  im  6.  Jahrh.  die  Mosel  oberhalb  der  Stadt  Metz  schiffbar 
war,  und  dafs  oberhalb  der  Stadt  Tüll  (Toul)  auf  der  Mosel 
schon  im  10.  Jahrh.  geflöfst  wurde.  Da  aber  die  Mosel  ober- 
halb der  Stadt  Tüll  im  17.  Jahrh.  noch  nicht  schiffbar  war,  so 
mufs  man  daher  bezüglich  des  10.  Jahrh.  an  Holzflöfserei  denken, 
ebenso  hinsichtlich  der  Maas  im  11.  Jahrh.  Das  deutsche  Wort 
'Flöz'  wird  zuerst  im  12.  Jahrh.  in  Bayern  (Eichstadt)  erwähnt 
(s.  Alter  d.  Flöfserei,  S.  11  u.  12).  Bei  dem  gröfseren  Wald- 
und  Wasserreichtum  der  frühereu  Jahrhunderte  hat  aber  für  die 
lothringischen  Lande  —  so  darf  man  unbedenklich  annehmen  — • 


Velum  —  Fahrzeug,  Flofs.  421 

auch  för  die  Zeiten,  in  denen  hier  noch  romanische  Bevölkerung 
ansässig  war,  auf  den  meisten  aus  den  Vogesen  kommenden 
Flüssen  nicht  nur  Scheitholz  —  Flöfserei,  sondern  auch  —  und 
das  ist  das  Wichtigste  —  Flöfserei  mit  gebundenetn  Holz  statt- 
gefunden, wenn  auch  bis  jetzt  bestimmte  ältere  Jahresdaten,  als 
die  von  mir  gegebenen,  sich  nicht  ermitteln  lassen.  Für  das 
Alter  der  ScheitlwUflöfserei  dürfte  gerade  unser  volles,  volles  oder 
walles  einen  nicht  uninteressanten  Beleg  liefern. 

Damit  wäre  der  Zweck  der  vorstehenden  Zeilen  erreicht: 
ich  wollte  aufmerksam  machen  auf  eine  Bedeutung  von  velum 
in  der  lingua  rustica  romana,  die  meines  Wissens  bisher  nicht 
beachtet  worden  war  und  die  den  Schlufs  gestattet,  dafs  auch 
in  der  älteren  lat.  Sprache  das  Wort  velum  einst  die  Bedeutung 
von  'Fahrzeug*  gehabt  haben  mufs. 

Colmar  i.  Eis.,  im  August  1887. 

Dr.  Heino  Pfannenschmid, 

Archivdirektor. 


Inpensae,  Mörtel. 

Inpensa  in  der  Bedeutung  „Mörtel"  ist  zuerst  von  Nohl  im  Index 
Yitruvianas  S.  151  aus  der  Epitome  des  Vitra v  nachgewiesen  worden. 
Dasselbe  Wort  findet  sich  als  Plural  an  einer  Stelle  des  Symmachus 
(Rel.  26,  5).  Der  Stadtprftfekt  berichtet  hier  von  seiner  Prüfung 
eines  Brückenbaues.  Er  habe  an  einer  Stelle  die  Fugen  zwischen 
den  Steinen  klaffend  gefunden  und  der  Architekt  habe  ihm  gesagt, 
es  sei  absichtlich  so  gebaut  worden,  ut  infuso  postea  inpensarum 
liquore  hiantia  stringerentur.  Endlich  scheint  sich  derselbe  technische 
Ausdruck  auch  hinter  einer  Korraptel  bei  Salvian  zu  verstecken: 
De  gubern.  dei  III  1,  1.  Bene  habet:  iacta  sunt  fundamenta  operis 
pia  molitione  coepti  et  divini  officii  amore  suscepti.  et  ideo  non 
sunt  solubili  luto  posita  nee  temporali  lapide  construeta,  sed  sacra- 
rum  expetisarum  confectione  valida  et  divini  magisterii  arte  firmata 
Was  hier  dem  wenig  haltbaren  Lehm  (solubile  lutum)  gegenüber 
gestellt  wird,  mufs  irgend  ein  festeres  Bindemittel  sein.  Da  das 
ganze  Gleichnis  dem  Maurerhandwerk  entnommen  ist,  wird  man  nur 
an  Mörtel  denken  können,  und  folglich  ist  inpensarum  statt  expen- 
sarum  zu  schreiben.     Vgl.  noch  Dederich  zu  Frontin  aq.  d.  124. 

Greifswald.  Otto  Seeck. 


Vulgär-lateinische  Substrate  romanischer 

Wörter. 

(Fortsetzung.) 

0. 

Obedire  nicht  obaudire,   nach:   span.  obedecer,  port  obedecer, 
cat.  obehir,  prov.  obezir,  franz.  obeir;  rät.  ubadir,  ital.  ubbidire. 
S.  Georges,  obaudire  oboedire. 

Öc'lus  für  oculus,  nach:  sard.  oju,  span.  ojo,  port  olho,  cat.  ull, 
prov.  olh,  franz.  oeil;  rät.  oegl,  rum.  ochiu,  ital.  occhio. 
S.  Georges,  s.  v. 

Öcto  (Marx)  nach:   sard.  octo,   span.  ocho,  port.  oito,  cat.  vuyt, 
prov.  och,  franz.  huit,  rät.  oig,  rum.  optu,  ital.  otto,  friaul.  vott 
S.  Georges,  s.  v.   Rom.  o  ui  =  lat.  o. 

öffa  (Marx)  nur  in  Italien:  sard.  offa  Bissen,  ital.  offa  Backwerk 
(Pastete). 

S.  Georges,  s.  v.    Ital.  o,  sard.  o  =  lat.  ö. 

oletare  nur  ital.  (lucches.):  letare  mit  Kot  beschmutzen. 

S.  Georges,  s.  v.,  Caix,  Studi  di  etimologia  S.  118.   Den 
Schwund  des  o  veranlafste  wohl  letame  =  laetamen  Mist. 

olor  und  odor  sind  nur  scheinbar  beide  in  den  rom.  Sprachen 
forterhalten  (Diez,  Et.  Wt.  I  olore):  sard.  odore,  span.  otor, 
port.  odor,  cat.  olor  odor,  prov.  oZor,  altfranz.  oZour  odour, 
franz.  odeur,  rät.  odor,  ital.  olore  odore.  Die  Sprachen  näm- 
lich, welche  odor  besitzen,  haben  dafür  einen  gebräuchlicheren 
Ausdruck  (sard.  fiagu,  port.  cheiro,  cat.  flayre,  rät.  fried),  und 
die  olor  verwendenden  verfügen  über  das  Zeitwort  olere  (span. 
oler,  prov.  oler,  altfranz.  oloir,  ital.  olere),  das  ihnen  selbst 
olor(e)  zu  bilden  gestattete  (vgl.  it.  sent-ore  aus  sentir).  Weder 
odor  noch  olor  ist  daher  zu  den  Erbwörtern  zu  rechnen. 

ölla  (Marx)  nach:  span.  olla  Fleischtopf  (daher  port.  olha,  franz. 
oille,  ital.  oglia),  cat.  olla,  prov.  ola  (Donat.  prov.),  altfranz. 
oule,  rum.  oalä  Topf,  ital.  olla. 


Valg&rlateiniBche  Substrate  romanischer  Wörter.       423 

S.  Georges,  s.  v.,  Diez,  Et.  Wt  IP  olla.    Rom.  o  ou  = 
lat  5. 

omni 8  (Marx  Ö)  nach:  ital.  ogni,  onne. 

S.  Georges,  s.  v.,  Diez,  Et.  Wt.  IIa  ogni.  Überall  ander- 
wärts totus.  Die  Art  des  o  ist  aus  dem  Ital.  nicht  zu  er- 
kennen, da  es  nur  o  vor  gn  spricht  (vgl.  sogno  =  span.  sueno 
=  lat.  sömnium).    S.  Rönsch,  Itala,  S.  388  etc. 

Öp'lus  aaas  opulus,  nach:  friaul.  vöul,  ital.  oppio  Ahorn,   neapol. 
aduobbio,  berg.  opel. 

S.  Georges,  s.  v.,  Diez,  Et.  Wt.  11*.  Das  von  Diez  er- 
wähnte franz.  obier  (II0)  verträgt  sich  damit  nach  Sinn  und 
Form  nicht;  sein  Zusammenhang  mit  albus  ist  zweifellos. 

orbita  Wagengeleis,   nach:   (span.  orbita  Planetenbahn),  franz. 
orniere,  altpicard.  ord-iere,  wallon.  ourb-ire,  ital.  orbita. 

S.  Georges,  s.  v.,  Diez,  Et  Wt.  II0  orniere,  W.  Porster  in 
Zeitschr.  f.  rom.  Phil.  III  261.  Nach  gourde  =  Cucurbita 
(8.  Diez,  Et.  Wt.  I  cucuzza)  stellt  das  picard.  ord-iere  die 
richtige  Entwickeluug  des  Wortes  in  Frankreich  dar;  ord-iere 
glich  sich  aber  an  das  auch  „Furche"  bedeutende  altfranz.  orne 
ourne  ==  ordinem  an,  woher  altfranz.  oumihre.  Das  im  Rom. 
produktive  Suffix  -aria  (=  franz.  iere)  vermochte  das  Franz. 
an  ein,  orbita  genau  entsprechendes  (unbelegtes)  *orde  selbst 
anzufügen;  daher  ist  kein  Grund  vorhanden  mit  Diez  orbitaria 
dem  Lat.  zuzumuten.    Wall,  ourfeire  harrt  noch  der  Erklärung. 

ftrbus  (Marx)  nach:  cat.  orb,  prov.  orb,  altfranz.  orb,  wallon. 
orb,  rät.  orv  jerv,  rum.  orbu,  ital.  orbo  blind,  friaul.  uärb. 

S.  Georges,  s.  v.,  Diez,  Et.  Wt  I  orbo;  rom.  o  ua  =  lat  ö. 
Vom  Prov.  an.    Ebenso  ö  bei: 

örcns  (Marx)  nach:  sard.  orcu  Gespenst,  span.  uerco  huergo 
Hölle,  Teufel,  trauriger  Mensch,  ital.  orco  Popanz,  neapol. 
uorco. 

S.  Georges,  s.  v.,  Diez,  Et.  Wt.  I  orco.  Das  dort  erwähnte 
span.  ogro  Menschenfresser,  Oger,  neuprov.  ogre,  franz.  ogre 
können  nicht  desselben  Ursprungs  sein. 

ordinem  ordo  (Marx)  nach:  sard.  ordine,  span.  orden,  port.  or- 
dern; cat.  orde,  prov.  orde,  altfranz.  orne,  (rät.  ordra),  ital. 
ordine. 

S.  Georges  s.  v.,  Diez,  Et.  Wt.  11°  ordre;  rom.  o  =  lat.  ö. 

örum  ör'la  =  ora,  nach:  sard.  oru  Rand  (orulu  <=  ital.);  span. 


424  6.  Gröber: 

or-illa  (aus  unbelegtein  ora)  orla;  (port.  ourelo  otirela  aus  dem 
Franz.);  cat.  orla;  prov.  or;  altfranz.  or  ur,  orle  ourle,  rat  ur, 
ital.  orlo;  lomb.  ceur,  friaul.  or. 

S.  Georges  s.  v.  ora,  Diez,  Et.  Wt  I  orlo  u.  Anhg.  Vgl. 
ger'la  Arch.  II  437,  nier'lus  das.  III  530.  Rom.  o  ou  =  lai  ö 
widerspricht  nur  das  lomb.  ceu,  das  man  aber  auch  z.  B.  in 
bergam.  goeust  =>  ital.  gusto,  franz.  goüt  =  lat  gustus,  mceud 
=  ital.  modo  =  lat.  modus,  oeude  =  ital.  odio  =  lat.  Ödium, 
CBuie  =  it.  olio  =  lat.  Oleum,  oeuteurno  =  ital.  autunno  = 
lat.  auctumnus,  roeuza  ital.  rosa  =  lat.  rosa  verschiedenen  ital. 
latein.  Labialvokalen  gegenüber  findet. 

orüza  orlza  =  oryza  oqv£cc,  nach:  1)  span.  arroz,  port.  arroz; 
nun.  orezu.  2)  cat.  riz,  prov.  ris,  franz.  riz,  ital.  riso,  dtsch. 
Reis. 

S.  Georges,  s.  v.,  Diez,  Et  Wt.  I  riso.  Bei  der  regel- 
mäfsigen  Darstellung  des  v  in  Spanien  als  o  (=  lai  u;  vgl 
Diez,  Gramm.  I  168),  anderwärts  i,  ist  eine  Einwirkung  des 
Arabischen  (s.  Diez)  ausgeschlossen;  selbst  zur  Erklärung  des 
span.  port.  a-  bedarf  es  der  Annahme  dieser  Einwirkung  nicht 
(vgl.  o.  novacla).  Nach  Frankreich  mag  das  Wort  aus  Italien 
gebracht  worden  sein,  da  es  im  Franz.  spät  auftritt;  vgl.  übrigens 
Hehn,  Kulturpflanzen,  s.  v. 

Osca  nach  span.  Huesca. 

S.  Georges,  s.  v.;  span.  ue  =  lat.  ö. 

ossifraga  nicht  ossifragus,  nach:  franz.  orfraie  (ital.  ossifrago 
gelehrt). 

S.  Georges  s.  v.,  Diez,  Ei  Wt.  IIC,  vgl.  Anhg.  dazu. 

össum  (Marx)  nach:  sard.  ossu,  span.  hueso,  port.  osso,  cat  os, 
prov.  os,  franz.  oh,  rät.  öss  iess,  rum.  osu  oase,  ital.  osso 
friaul.  uess. 

S.  Georges,  s.  v,,  os;  rom.  o  ue  =  lat.  8.    Ebenso: 

östrea  Auster,  nach:  span.  ostra,  port.  ostra,  cat.  osfcia,  franz. 
huitre;  ital.  ostria. 

S.  Georges,  s.  v.;  rom.  o  ui  =  lat  8. 

ovic'la  aus  ovis,  nach:  span.  oveja,  port.  ovelha,  cat  ovella, 
prov.  ovelha,  altfranz.  oeille,  franz.  ouaille. 

S.  Georges,  s.  v.  Nur  in  Spanien  und  Gallien.  In  Sar- 
dinien arveghe  ■=  vervecem;  rät  nuorsa  -=  nutric-em;  ital.  pe- 
cora  =  pecus;  nur  im  Rum.  das  Grundwort  oe  oaXe. 


Vnlg&rlateini8che  Substrate  romanischer  Wörter.       425 

8?um  =  övum  nach:  sard.  ou,  span.  huevo,  port.  ovo,  cat.  ou, 
prov.  ov,  franz.  oeuf,  rät.  öu  iev,  rum.  ou,  ital.  uovo,  sicil.  ovu. 
S.  Georges  s.  v.,  u.  Arch.  II  425  flovius. 
ostium  s.  ustium. 

P. 

Pactus  (von  pangere)  eingeschlagen,  befestigt,  das  den  rom. 
Sprachen  selbst  fehlt,  lebt  fort  1)  in  *impactare  einstofsen, 
festmachen,  nach:  span.  empachar  (daher  port.  empachar)  ver- 
hindern, prov.  empachar  (auch  „impfen"),  cai  empaitar,  und 
im  span.  (port.)  despachar,  prov.  despachar  losmachen;  2)  in 
*impactiare  festmachen,  hemmen,  nach  ital.  impacciare,  und 
8-pacciare  losmachen,  ablassen. 

Vgl.  Georges  impingere,  Diez,  Et.  Wt.  I  pacciare;  zu  im- 
pactiare  vgl.  Arch.  I  235  acutiare  u.  a.  Im  Prov.  findet  sich 
das  Wort  zu  früh,  um  aus  dem  Ital.  aufgenommen  zu  sein; 
das  ital.  impacciare,  dessen  -cci-  cti-  verlangt,  ist  seinen  Be- 
deutungen nach  andrerseits  zu  echt  italienisch,  um  Lehnwort 
zu  sein.  Davon  zu  trennen  ist,  wegen  seines  Tonvokals  und 
seiner  Silbenzahl,  das  franz.  empecher,  de'pecher,  altfranz. 
empe-echier  despe-echier,  das  vom  lat.  impedicare  (s.  Georges) 
stammt,  aber,  gleich  precher,  altfranz.  pre-echier  pre-dechier 
=  lat.  praedicare,  zu  den  frühen  latein.  Lehnwörtern  in  der 
französischen  Sprache  gehört,  wie  z.  B.  lange  =  laneus  u.  a. 
(s.  Arch.  III  508).  Da  im  Altfranz,  auch  des-pe-echier  vor- 
kommt, so  ist  despechier  nicht  erst  nach  dem  13.  Jahrh.  von 
dem  damals  3silbigen  empechier  abgezogen,  wie  de-pötrer  von 
em-petrer  Fesseln  anlegen.  (S.  Diez,  Et.  Wt.  I  pastoja.)  Das 
Altfranz,  besafs  im  Sinne  von  empecher  aus  pifege  =  pedica 
auch  ein-piegier. 

padul-em  aus  palud-em,  nach:  sard.  paule  fem.,  altspan.  paiil 
m8C,  port.  paül  msc.  Sumpf;  rum.  padiire  msc.  Wald;  ital. 
padule  msc,  mail.  padü  Sumpf. 

S.  Diez,  Et.  Wt.  lla  padule.  Fehlt  Gallien;  rät  palü.  Die 
Zeugnisse  für  die  Wortform  reichen  bis  ins  6.  Jahrh.  zurück, 
s.  Schuchardt,  Vok.  I  29,  III  8.  Ein  ähnlicher  Fall  von  Kon- 
sonantenversetzung ist  fiticum  =  ficatum,  s.  Arch.  II  288.  Der 
Verbreitung  der  Form  bis  nach  Spanien  und  Sardinien  zufolge 
ist  padule  frühvulgärlateinisch. 

pagensis  aus  pagus,  plattes  Land,  nach:  (altspan.  pages  Bauer, 

Arohiv  für  lat.  Lexikogr   IV.    Höft  ».  4.  ** 


426  G.  Gröber: 

span.  port.  pais  Land),    cat.  pais;  prov.   (pages  Bauer)  pae  -« 
franz.  pais,  ital.  paese,  sicil.  paisi,  berg.  pais,  friaul.  pais  Lan^a 
S.  Diez,  Et.  Wt.  I  paese,  wo  pagensis  Bauer  aus  Gregor 
y.  Tours  belegt  wird.    Das  auf  das  Provenz.  beschränkte  pa#es=* 
(daher  altspan.),  das  wider  die  Regel  -g  vor  -e  bewahrt,  ist  not- 
wendig eine  jüngere  Bildung  als  das  prov.  regelrichtige  pae»; 
es  versteht  sich   aus  der  Form  des  ursprünglich  gleichbedeu- 
tenden pa^-anus  =  prov.  pagr-an,  —  noch  heute  bezeichnet  das 
span.  pagano  den  Bauer  und  den  Heiden,  —  und  aus  der  Gleich- 
wertigkeit der  Wortbildungsmittel  -anus  und  -ensis  (Zugehörig- 
keit und  Abstammung);  pag-es  ist  ein  von  pag-an  aus  gebil- 
detes Wort,   entstanden   zur  Zeit   als   auch   in  Südfrankreich 
pagan  den  Landbewohner  und  den  Nichtchristen  noch  benannte, 
war  aber  schon  vorhanden,  nach  dem  Zeugnis  aus  Gregor  v.  T, 
im  6.  Jahrh.    [Das  prov.  pa^es  belegt,   dafs  -g-  vor  e,  i  der 
Umbildung  zu  j  schon  damals  nicht  mehr  unterlag;  pagense 
(seil,   solum)    trat   mithin   in   Frankreich    und   Italien   —   für 
pagus  schon  vorher  auf,  —  immerhin  wohl   erst  im  Gefolge 
der  germanischen  Eroberungen,  —  da  sein  -g-  die  in  Italien 
und  Frankreich  übliche  Veränderung  erfuhr;  vgl  regina:  ital. 
prov.  reina,  franz.  reine  u.  a.    Die  Ersetzung  von  pagus  durch 
pagense    (pais  u.  s.  w.)    findet    in    der   germanischen    Boden- 
parcellierung    in    Frankreich    und   Italien   ihre    Erklärung;   in 
andern  rom.  Ländern  ist  das  Wort  nicht  einheimisch.] 

palanga  =  phalanga,  nach:  span.  palanca  Hebebaum  (davon 
palanca-da  Schlag),  port  alavanca  Hebebaum  (pa-ncada  Schlag), 
cat.  palenca,  prov.  palenc,  franz.  palan-(gue),  rät.  palanca  Pfahle, 
gredn.  palaqk  Schleifholz,  (rum.  paZanc),  ital.  palanca  Pfahl. 
S.  Georges  s.  v.  phalanga  palanga;  Cornu  in  Romania 
IX  135  f.  Der  eigentümliche  port.  Lautwandel  bei  alavanca 
beruht  auf  der  Einwirkung  des  begriffsverwandten  leventar 
aufheben  (vgl.  rät.  lavont  von  levar,  Hebel). 

pal(i)to-nem  Landstreicher,  aus  palit-ari,  nach:  prov.  paltom 
altfranz.  palton-ier  pautonnier,  ital.  paltone  paltoniere  Land- 
streicher, Bettler. 

S.  Diez,  Et.  Wt.  II*  paltone.  Die  Analogie  von  milit-o- 
nem  neben  milit-are  ist  zwar  nicht  vollständig,  aber  wohl  hin- 
länglich; auch  genügen  palpo-nem  zu  palpo  u.  ä.  Das  rät. 
paltrun  Faulenzer  ist  nach  Form  und  Bedeutung  das  itaL  pol- 
trone;    das   prov.    paltom   (einmal   belegt)   Angleichung    eines 


Vulg&rlateinische  Substrate  romanischer  Wörter.       427 

offenbar  nicht  sicher  mehr  verstandenen  Ausdrucks  an  (h)om 
(homo). 

palpätra  und  palpebra  ■=  palpSbra  nach:  (sard.  pibirista,  spaii. 
parpado,  cat.  pestaya  pestanya,  s.  Diez,  Et.  Wt.  I  pestare);  prov. 
palpela,  franz.  paupiere  (Oxf.  Psalt.  10,  5  ist  palperes  statt 
palpres  zu  schreiben);  rät.  palpeders  (palpebers),  (rum.  ple<5pä), 
ital.  palpebra  (Valentini;  palpebra  Rigutini),  friaul.  palpiere, 
venet.  palpiära,  mail.  palpera,  piemont.  parpeila  u.  s.  w. 

S.  Georges  s.  v.  palpebra,  Diez,  Et.  Wt.  I  palpebra,  Ascoli, 
Studi  critici  II  35  f.  96.  Die  sard.  und  cat  Form  sind  unver- 
einbar mit  den  lat.  Lauten,  daher  andern  Ursprungs.  In  Por- 
tugal ist  palpebra  Gelehrtenwort,  ein  volkstümlicher  Ausdruck 
dafür  (pestana)  dem  Span,  entnommen  (s.  Diez,  Et.  Wt.  I  pestare). 
Bei  span.  pärpado  sieht  man  sich  vergeblich  nach  einem  Aus- 
druck um,  der  die  Betonung  und  die  Umgestaltung  der  Endung 
zu  rechtfertigen  vermochte,  daher  hat  wahrscheinlich  palpebra 
weder  auf  Sardinien  noch  in  Spanien  Fortsetzer.  Das  hypo- 
thetische palpetra  bezeugen  das  Französ.  und  Rätoroman.;  das 
Provenz.  geht  daher  vermutlich  ebenfalls  von  palpetra  aus, 
und  glich  den  Ausgang  an  p§l  (pellis  Haut;  gewissermaßen 
also  „Augenhaut")  an,  wie  das  Picardische  sein  paupiele  an 
piel  (pellis).  Erst  in  Italien  tritt  das  bezeugte  palpebra  her- 
vor (das  rät.  palpebers  ist  wegen  b  statt  v  Lehnwort),  das 
aber  selbst  für  Norditalien  noch  nicht  gilt,  wo  zwar  -tr-,  aber 
nicht  -tbr-  auf  -r-  zurückgeht,  also  ebenfalls  palpetra  fortlebt. 
Die  Entwickelung  und  Grundlage  des  rum.  pleöpa  ist  dunkel. 

palümbus,  -a  (Marx),  nach:  span.  palomo  a,  port.  pombo  a,  cat. 
paloma,  neuprov.  paloumb  a,  rum.  porumb  ä,  ital.  palombo. 
S.  Georges,  s.  v.  Fehlt  dem  nordlichen  Frankreich  und  Rätien. 

ex-pandicare  aus  pandere,  ausschütten,  nach:  franz.  epancher, 
altfranz.  espanchier. 

S.  Diez,  Et.  Wt.  II0  Epancher;  vgl.  Arch.  II  286  fig-icare, 
und  unten  pendicare. 

panlcium,  panlcum  zu  panus  nach:  1)  span.  panizo  Fenchel- 
hirse, port  pain?o,  cat  panis,  prov.  panis  (gascogn.  pains), 
franz.  panis,  rät.  paniccia  Dinkel,  gredn.  panitsa,  venet.  panizo. 
—  2)  ital.  panico,  friaul.  pani,  mail.  panig,  dtsch.  Fench. 

S.  Georges  s.  v.  panlcum  panlcium;  Ascoli,  Arch.  glott. 
IV  353.    Rom.  i  =  lat.  I. 

pannus  Lappen  (vgl.  Marx  s.  v.),  nicht  panus,  nach:  span.  pano, 


428  G.  Gröber: 

port.  panno,  cat.  pan,  prov.  pan,  franz.  pan,  rät.  ponn,  rum. 
pänurä,  ital.  panno  Tuch. 

S.  Georges  s.  v.  Allgemeinroinanische  Grundlage  -nn-. 

pantanum?  Sumpf,  nach:  span.  pantano  (daher  port.  pantano), 
cat.  pantan.  —  Rät.  (gredn.)  pantai?  Straf senkot,  ital.  pantano 
Sumpf,  sicil.  pantanu. 

S.  Du  Cange  s.  v.,  Diez,  Et.  Wt.  I  pantano. 

pantasiare  zu  phantasia,  träumen,  Alpdrücken  haben,  in  Angst, 
beklommen  sein,  nach:  cat.  pantezar  atemlos  sein,  prov.  pan- 
taisar  träumen,  atemlos,  verwirrt  sein,  altfranz.  pantaisier 
panteisier  pantoisier  beklommen  sein;  daher  cat.  pantex,  val. 
pantaix  Atemlosigkeit,  Verwirrung,  prov.  pantais,  franz.  pan- 
tois,  auch  adj. 

S.  G.  Paris,  Romania  VI  629;  Du  Cange  8.  v.  phantasia. 
Vgl.  Diez,  Et.  Wt.  II0  pantois  und  Arch.  I  224,  unten  s.  Phle- 
botomus. Der  Darstellung  von  ph  als  p  nach  gehört  das 
Wort  zum  alten  Erbwortschatz  der  Sprachen  Frankreichs  und 
der  angrenzenden  catal.  Provinz;  anderwärts  fehlt  das  Wort 
Das  neufranz.  pant-eler  ist  altfranz.  pantaiser  (nach  grond-elar 
zu  grond-er  u.  ä.)  mit  Herübernahme  der  Endung  solcher  Ver- 
ben, die  eine  Thätigkeit  als  intermittierend  bezeichnen. 

panüc'la  statt  panicula,  nach:  span.  panoja  Rispe  der  Hirse, 
cat.  panolla,  neuprov.  panonio,  ital.  pannocchia. 

S.  Georges  s.  v.,  panucula  panicula,  Diez,  Et.  Wt  I  pan- 
nocchia, Arch.  I  235  acuccula. 

papaver  erfuhr  in  Gallien,  durch  das  als  „gallisch"  bei  Mar- 
cellus  Empiricus  bezeugte  caloco#-onus  («=■  papaver  silvestre), 
wahrscheinlich  Beeinflussung;  (pa)pavott-us  mufs  in  Gallien 
noch  in  römischer  Zeit  gesagt  worden  sein;  franz.  pavof, 
mundartl.  pavou,  setzt  jene  Umbildung  voraus,  und  war  von 
einem  regelmäfsig  aus  papaver  hervorgegangenen  *pavevre 
nicht  wohl  möglich.  Vgl.  Diez,  Et.  Wt.  II c  pavot,  wo  die  Ab- 
stammung des  pavot  von  papaver  in  Zweifel  gezogen  wird.  Allein 
auch  prov.  päver,  ital.  papaver e,  port.  papoula  (d.  i.  *papavere 
*papaure?  mit  Ersatz  des  r  durch  1  oder  Suffixtausch),  span. 
a-babol,  sard.  pabaüla  sind  sicher  auf  das  lat.  Wort  gegründet 

papilus  für  papyrus,  nach:  sard.  pavilu  Docht,  span.  pabilo 
(pabilo),  port.  pavio,  prov.  pabil,  rät.  pavaigl,  pavier,  pavel, 
gredn.  pavier,  ital.  Mundarten  papejo  papes  papijo  (Docht 
und  Papier). 


Vulg&rlateiniachc  Substrate  romanischer  Wörter.       429 

S.  Georges  s.  v.  papyrus,  Diez,  Et.  Wt.  I  pabilo,  wo  Ab- 
leitung von  päbulum;  dagegen  schon  Monti,  Vocab.  Comasco 
S.  173,  Ascoli  im  Arch.  glott.  I  177  (Oaix  Studi  di  Etimo- 
logia  S.  60,  Canello  Arch.  glott.  III  301)  richtig.  S.  auch 
Ducange  s.  v.  papyrus  zur  Bedeutung. 

paraveredus  Pferd,  nach:  span.  palafren,  port.  palafrem,  cat. 
palafre,  prov.  palafre(n);  altfranz.  palafreid,  franz.  palefroi,  ital. 
palefreno;  dtsch.  Pferd,  ahd.  parafrit. 

S.  Georges,  8.  v.,  Diez,  Et.  Wt.  I  palafreno.  Der  Aus- 
druck  verbreitete  sich  von  Gallien  aus  nach  den  übrigen  Län- 
dern (es  fehlt  rat,  rum.,  sard.)  und  ist  nur  deshalb  hier  er- 
wähnt Die  dissimilierende  Umbildung  des  ersten  r  in  para- 
veredus zu  1  (paZ.)  vollzog  sich  erst  nach  Aufnahme  des  Wortes 
ins  Deutsche.  Die  Angleichung  des  Ausgangs  -v(e)red-us  an 
frenfum  Zügel)  besteht  nur  in  den  südromanischen  Sprachen 
and  geht  aus  vom  Provenz.,  das  das  Wort  an  Italien  und 
Spanien  abgab.  Der  provenz.  Angleichung  an  fre-n-um  ging 
noch  die  allgemeine  (prov.  altfranz.  und  ahd.)  Veränderung 
von  v  zu  f  voran,  die  darin  ihren  Grund  hat,  dafs  zwar  fr-, 
nicht  aber  vr-  im  Altprov.  und  Altfranz,  als  Wortanlaute  be- 
gegnen, und  para-v'red-  den  Eindruck  eines  zusammengesetzten 
Wortes  machte.     Zu  parafredus  s.  Ducange. 

paretem  für  parietem,  zu  paries,  nach:  span.  parid,  port.  parede, 
cat.  pared,  prov.  paret,  altfranz.  pareit,  franz.  paroi,  rät.  prei, 
rum.  pärete,  ital.  parete. 

S.  Georges    s.  v.  und  Arch.  I  221  Anmkg. 

parfc'lus  aus  par,  gleich,  nach:  span.  parejo,  port.  parelho,  cat. 
parelh,  prov.  parelh,  franz.  pareil;  rum.  pärechiä  Paar,  ital. 
parecchio. 

S.  Diez,  Et.  Wt.  I  parecchio;  gebildet  wie  duriusculus, 
altiusculus,  zur  Bezeichnung  annähernder  Gleichheit;  par  wurde 
romanisch  Hauptwort;  -Iculus  ist  wenigstens  in  Frankreich  als 
lebendiges  Ableitungsmittel  unbekanut     S.  Ducange  s.  v. 

pariölum,  Kochkessel,  nach:  span.  perol,  port.  parol  Kufe,  cat. 
perol,  prov.  pairol,  altfranz.  peirol,  rät.  pariel,  ital.  pajuolo, 
bergam.  pereul  u.  a. 

Vgl.  Diez,  Et.  Wt.  II b  perol  (von  patina,  was  unmöglich). 
Nach  Schuchardt  (Romania  IV  256)  vom  gleichbedeutenden 
kelt.  pair.  Das  Fehlen  des  Grundworts  und  die  weite  Ver- 
breitung der  Ableitung  auf  -iolus  in  den  rom.  Sprachen  deutet 


430  G.  Gröber: 

aber  auf  ein  dem  Volkslatein  schon  geläufiges  Wort  hin,  dess 
keltischer  Ursprung   dabei   bestehen  kann    (vgl.   sard.   labiöl 
=  ital.  lav-eggio  Kochkessel,  Kohlentopf,  aus  rom.  nicht  erha 
tenem   lebes).     Flechias   Deutung    aus    *par-iolum    (Pärchen 
Gefäfspaar,  ist  nicht   mit   der  rom.  Bedeutung   zu   vereinigen 
(Arch.  glott.  II  368). 

paröc(h)ia  =  paroecia  xctQOiiua,  kirchlicher  Sprengel,  hat  nur 
in  Frankreich,  wo  es  früh  belegt  ist,  erbwortmäfsige  Gestalt: 
paroisse  paroiche  parosse,  und  dürfte  danach  annähernd  gleich- 
alterig  mit  den  andern  der  griechischen  Kirche  entstammen- 
den Bezeichnungen  des  franz.  Erbwortschatzes  zu  achten  sein, 
wie  eglise,  pretre,  eveque  u.  s.  £  In  Spanien  (parrogiua), 
Italien  (parrödwa)  u.  a.  stammt  der  Ausdruck,  wie  die  Form 
verrät,  aus  der  Sprache  der  Gelehrten.  Der  einheimische  Aus- 
druck dafür  in  Italien  ist  pieve  =  plebem,  rät.  pleif  Pfarre. 
S.  Georges,  s.  v.  parochia. 

pastinax  <=  pastinaca,  nur  franz.  panais  Pastinake,  Möhre  u.  s.w. 
In  den  übrigen  Sprachen  nur  als  gelehrter  Ausdruck,  in 
zu  pastinaca  gehöriger  Form.  Die  Bildung  ging,  wie  pasti- 
naca, von  pastinum,  zweizinkige  Hacke  aus,  die  Benennung 
von  der  Ähnlichkeit  des  Gerätes  mit  der  Wurzel.  In  der  franz. 
Sprache  fand  das  Suffix  -ax  keine  Verwendung;  die  regel- 
mäfsige  Gestalt  von  panais  deutet  auf  frühzeitigen  Anbau  des 
Gewächses  in  Frankreich.  S.  Arch.  III  513  limacius  und  Ascoli, 
Arch.  glott.  IX  178.  Vgl.  ital.  spin-äce  Spinat,  aus  spina,  und 
lat.  styrax  (ital.  storace),  Storaxstrauch,  mit  der  Nebenform 
stynica. 

paxillus  (paxellus)  nach:  prov.  paissel,  altfranz.  paissel,  franz. 
paisscau  Weinpfahl. 

S.  Georges,    s.  v.,    Diez,  Et.  Wt.  II0  paisseau.      Nur  in 
Frankreich.    Das  Primitivum  geht  der  Sprache  Frankreichs  ab. 

p^cten  (Marx)  nach:  sard.  pecten,  span.  peine,  port.  pente,  cat. 
pinte,  prov.  penche,  franz.  peigne,  rät.  pechien,  rum.  pieptene, 
ital.  p^ttine,  friaul.  pietin. 
Rom.  §  ie  =  lat.  e. 

ptfctorina  Brust,  aus  pectus,  nach:  (span.  pretina  Gürtel;  alt- 
span.  petrina  Brust),  prov.  peitrina  Brust  (Harnisch),  franz. 
poitrine;  rät.  pichiurina  Brustfleisch  (s.  Ascoli,  Arch.  glott.  I  88); 
ital.  petturina  Schnürleib. 

S.  Diez,  Et.  Wt.  11°  poitrine.    Bildung  ähnlich  nar-ina  aus 


Vulg&rlateinische  Substrate  romanischer  Wörter.       431 

naris,  s.  Arch.  IV  128.  Der  Ausfall  des  c  und  o  ist  nicht 
hispanisch,  daher  petrina  aus  Frankreich  aufgenommen.  Das 
Wort  vermochte  keine  der  vier  romanischen  Sprachen,  die  es 
besitzen,  aus  ihrer  Form  für  pectus  selbst  zu  bilden.  Die 
moderne  ital.  Bedeutung  erwächst  aus  der  mittelalterlichen 
„Harnisch".  Vom  Provenz.  bis  zum  ltal.  mit  Ausschlufs  des  Rum. 

£ctu8  (Marx),  nach:  sard.  pectus,  span.  pecho,  port.  peito,  cat. 
pit,  prov.  peitz,  franz.  pis,  rät.  pez,  rum.  pieptu,  ital.  petto. 
Born.  §,  ie,  i  =  lat.  ö. 

edüc'lus  =  pediculus,  nach:  sard.  piogu,  span.  piojo,  port. 
piollo,  cat.  poll,  prov.  peolh,  altfranz.  peou,  franz.  pou,  rät. 
ploigl,  podl,  rum.  päduchie,  ital.  pidocchio. 

S.  Georges,  s.  v.  pediculus,  Diez,  Et  Wt.  I  pidocchio.  All- 
gemeinrom, -uculus;  vgl.  Arch.  I  235  acucula;  s.  panuc'la  u.  a. 

edülia  zu  pedüle  (nicht  pedüle),  nach:  span.  pihuela  Fufsschelle, 
Wurfriemen  (in  der  Falkenjagd,  Befestigung  des  Falken  am 
Fufse),  port.  pioz  mit  noch  zu  deutender  Gestaltung  der  Endung. 
S.  Georges,  s.  v.  pedüles  (ü  unverbürgt),  Du  Cange  s.  v. 
pedulis.  Nur  in  Spanien.  Diez,  Et.  Wt.  II b  pihuela,  legt 
*ped  +  iolus  zu  Grunde,  wobei  sich  die  besondere  Bedeutung 
nicht  ergiebt.  Span,  piola,  feiner  Strick,  hat  jedenfalls  nichts 
mit  pes  zu  thun;  auch  nicht,  wie  es  scheint,  das  ital.  pedüle, 
Socke,  mit  lat.  pedüle;  es  konnte  aus  dem  ital.  p(i)ede  (vgl 
ital.  pedata  Fufsspur)  hervorgehen,  wie  gamb-ule  aus  gamba 
(Beinharnisch)  u.  a.  Zu  span.  ue  =  lat.  ü  vgl.  aguero  = 
augurium,  8.  Arch.  IV  120  moria. 

Bjor  p^jus  statt  pejor  pejus,  nach:  sard.  peus  (pessimu),  span. 
peör  (pesimo),  port.  peör,  cat.  pitjor,  prov.  peiör  peitz  pesnie, 
franz.  pire  pis  (altfranz.  pesme),  rät.  pir  pigiur  pis,  ital.  p§g- 
giore  p^ggio  (p^ssimo). 

S.  Georges,  s.  v.,  W.  Meyer,  Wochenschr.  f.  class.  Phil. 
1884,  S.  1073.    Rom.  §  i  =  lat  §  (8);  vgl.  Arch.  II  285  feriae. 

elegrinus  für  peregrinus  nach:  prov.  pelegri,  franz.  pelerin 
Wandrer,  Pilger,  ital.  pell6grrino  (daher  sard.  pellegrinu),  fremd, 
Pilger. 

S.  Corp.  Inscr.  Lat.  V  1703  peleger  (Aquileja),  Arch.  III 496. 
Geläufige  Entähnlichung  silbeanlautender  Konsonanten.  Die 
Erhaltung  des  vortonigen  e  im  Provenz.  und  Franz.,  des  g  im 
Ital.  (vgl.  intero  =  integrum)  zeigt  ein  Lehnwort  christlicher 
Zeit  an.     Das   gänzliche   Fehlen  des  Wortes  auf   dem  Boden 


432  G.  Gröber: 

der  übrigen  rom.  Sprachen,  die  es  nur  als  Bachausdruck  (Pilger) 
kenneu  (span.  pere^rino,  port.  pere^rino,  cat  peregri;  rät  pe- 
regrin  Fremder,  rum.  peregrinu  Pilger)  unterstützt  den  Schluß 
auf  das  geringe  Alter  der  Entstellung  von  r  zu  1. 

p^llis  (Marx),  nach:  sard.  pedde,  span.  piel,  port.  pelle,  cat 
pell,  prov.  p§l,  franz.  peau,  rät.  pial,  rum.  pele,  ital.  p$lle, 
friaul.  piel. 

S.  Georges,  s.  v.  Rom.  §  ie  =  lat.  8. 

p^na  =  poena,  nach:  sard.  pena,  span.  pena  (port  pena),  cat. 
pena,  prov.  pena,  altfranz.  peine  poine,  franz.  peine,  rat.  peina, 
ital.  pena. 

Rom.  ^  ei  oi  =  lat.  $.    S.  Arch.  I  208. 

pendere  (Marx),  nach:  sard.  pendere,  span.  pender,  port.  pender, 
cat.  pendrer,  prov.  p$ndre,  franz.  pendre,  rät.  pender,  ital.  pgndere. 
Rom.  g  =  lat.  Ö. 

pendicare  von  pendere  hängen,  nach:  (altspan.  pinjar,  aus:)  pro?, 
penjar,  altfranz.  pengier  und  penchier,  franz.  pencher. 

S.  Diez,  Et.  Wt.  II0  pencher.  Nur  in  Gallien.  Vgl.  lat 
splend-icare  zu  splend-ere.  Die  rom.  Verba  auf  -icare  gehen 
lediglich  vom  Nomen  aus.  S.  Arch.  II  286  figicare  u.  o.  ex- 
pandicare. 

pSndita  zu  pendere,  Abhang,  nach:  franz.  pente. 

8.  Diez,  Et.  Wt.  II0  pente ;  vgl.  II*  pentola.  Zur  Bildung 
s.  Arch.  II  282  fallita,  IV  122  movita.  Das  ital.  pentola  Koch- 
topf hat  nichts  mit  pendita  zu  thun  und  ist  entweder  eine 
Umbildung  von  pendulus  (ital.  pendolo),  wie  pen#olo  schwebend, 
nach  venfola  Wedel  von  vento  (ital.  Substantive  auf  -endola 
fehlen);  oder  es  ist  von  pendere  zu  trennen.  Besonders  in 
Frankreich  begegnet  die  Bildung  von  Subst  auf  -Ita  aus  star- 
ken Verben  häufig;  nach  dem  Muster  vente  =  vendita  vendere, 
rente  =  re(n)dita  redderc,  perte  =  perdite  penferc;  fuite  *fugita 
fugere,  gite  *jacita  jacßre:  fente  von  ündere,  Spalt,  tente  von 
tenefere,  Zelt,  tonte  von  tondere  Schur,  fönte  von  ioudere  Gufs; 
ponte  von  ponere  Eierlegen,  empreinte  von  imprimere  Abdruck. 
Die  Bildung  ist  vorfranzösisch,  weil  das  Französ.  nur  über  be- 
tonte Suffixe  verfügte,  also  eine  Eigenheit  des  gallischen  Lateins. 

perdere  (Marx),  nach:  sard.  perdere,  span.  perder  (pierda),  cat. 
perdrer,  port  perder,   prov.  perdre,  franz.  perdre,  rät  perder, 
rum.  a  pierd,  ital.  perdere,  friaul.  pierdi. 
Rom.  ig  e  =  lat.  e. 


Vnlgarlateinische  Substrate  romanischer  Wörter.       433 

pergaminus  für  pergamenus,  nach:  sard.  bargaminu,  span.  per- 
gamin,  port  pergaminho,  cat.  pergami,  prov.  pergami,  franz« 
parchemin  (altfranz.  permint),  ital.  pergamino,  Pergament. 

S.  Georges,  s.  v.,  Diez,  Et,  Wt.  II  parchemin.  Die  rom. 
Wörter  gehen  alle  von  der  jüngeren  griechischen  Aussprache 
des  r\  aus. 

pSrna  (Man),  nach:  span.  pierna,  port.  perna  Bein,  Keule  (neu- 
prov.  perno  Schinken). 

S.  Georges,  s.  v.,  Diez,  Et  Wt.  IP.     Nur  in  Spanien. 

p8r(n)'la  Perle  aus  *pernula  von  perna  Muschel,  nach:  span. 
perla,  port.  perla  perola,  cat.  perla,  prov.  perla,  franz.  perle, 
ital.  pgrla. 

S.  Diez,  Et  Wt  I  perla;  vgl.  Arch.  II  437  gerta,  III  530 
mer'la  und  lat  prella  aus  prem-ere.  Bei  der  üblichen  Her- 
leitung  von  pirum  (pirula)  befremdet  das  rom.  §  statt  e 
(==  lat.  1)  und  das  weibliche  Deminutivum  neben  neutralem 
Grundwort  Da  perna  wenigstens  mlat.  in  der  Bedeutung  Perle 
vorkommt  (s.  Ducange),  so  ist  die  Herkunft  von  *pernula 
wahrscheinlicher,  und  ist  es  um  so  mehr,  als  die  birnförmige 
Perle  die  seltnere  Art,  und  daher  die  Benennung  der  Gattung 
von  der  Eigenschaft  einer  besonderen  Art  hergenommen  sein 
würde.  Das  span.  Wort  lautet  nicht  pierla  (s.  o.  pörna),  weil 
span.  perla  aus  dem  Ital.  aufgenommen  wurde;  auch  port  perfa 
und  perola  sind  neben  tavoa  «=  tabula;  melro  =  merula  Lehn- 
worter. Den  Erbwortcharakter  des  franz.  Ausdrucks  zeigt  das 
wallon.  lautregelgemäfse  piel  an.  Auch  das  deutsche  Perle 
ahd.  jrerala  u.  ä.  sichert  pirula  als  Etymon  nicht,  da  das  a  der 
vorletzten  Silbe  eingeschoben  ist,  wie  im  ahd.  äraca  =  archa, 
c&lah  =»  calx. 

pertica  (Marx),  nach:  (span.  percha,  port.  perche  Stange),  cat 
perca,  prov.  perga,  franz.  perche  (und  altfranz.  piercha),  ital. 
pertica,  friaul.  piertie. 

S.  Georges,  s.  v.  Fehlt  anderwärts.  Das  rum.  pirghie, 
Hebel,  kommt  weder  von  pertica,  noch  von  perticula  (de  Cihac). 
Nach  Hispanien  kam  das  Wort  aus  Gallien.  Rom.  ie  £  =  lat  8. 

pertusum;  pertüs-are  pertüsi-are  Loch,  durchbohren,  nach: 
sard.  pertusu  pertusare,  prov.  pertus  pertusar  (Boethius);  — 
altfranz.  percier,  pic.  perchier,  neufranz.  percer;  pertuis  Loch, 
(ital.  pertugiare  pertugio;  sicil.  pirciari,  calab.  perciare). 

8.  Georges  pertundere;    vgl.   Diez,  Et.  Wt.  I  pertugiare; 


434  G.  Gröber: 

G.  Paris  in  Romania  1886,  S.  453  (von  pertusare),  Bücheier 
im  Rhein.  Mus.  N.  F.  XXVII  519.  Schon  Reichenauer  Glossen 
(Foerster)  Nr.  323  (in  foramina:  in  pertusio):  pertusium.  Auch 
das  sard.  pertusare  pertusu  läfst  sich  aus  *  pertust are  ableiten 
(vgl.  sard.  basare  basu  =  basiare  basium);  nicht  aber  das 
prov.  pertusar  (nach:  baisar  bat's  =  lat.  basiare  basium).  *Per- 
tugiare  ist  erforderlich  zur  Erklärung  des  franz.  pertuis  (bais-ier 
basiare  neben  user  =  usare).  Es  ist  gebildet  wie  *acutiare 
aus  acutus,  s.  Arch.  I  235  u.  a.;  pertusium  der  Reich.  Gloss. 
und  franz.  pertuis  scheinen  postverbal,  weil  sonst  ans  lat 
Part.  Pass.  auf  -sus  keine  Neutra  auf  -mm  gebildet  auftreten 
(nur  pens-um  u.  dgl.).  *Pertusiare  scheint  übrigens  auf  Frank- 
reich beschrankt  zu  sein.  Denn  nicht  nur  ist  das  pirciari  u.  s.  w. 
der  südl.  Mundarten  das  franz.  percer  selbst,  sondern  auch  itaL 
pertugio  scheint  aus  dem  französ.  pertuis  genommen  (vgl 
Lui^ri  aus  Louis,  Malpertu^io,  bei  Boccaccio,  liederliches  Viertel 
in  Neapel  =  frz.  Maupertuis  bei  Poitiers,  vgl.  auch  Arch.  III 
424.  426),  da  Rigutini  und  Fanfani  das  Zeitwort  pertugiare 
als  toskanisch  nicht  gelten  lassen.  Eine  Spur  Ton  der  im 
Franz.  zu  erwartenden  Präsensconjug.  aus  pertusio  -ias  -iat  = 
afz.  pertuis  -es,  e  findet  sich  nicht  mehr. 

Perüsia?  statt  Perüsia,  nach  ital.  Perugia  (PSrüsina  bei 
Lucan  I  41). 

S.  Georges,  s.  v.  Wo  ital.  -ugio  zurückfährbar  ist,  liegt 
ü  zu  Grunde  (minugio,  minugia  minuge  zu  minütiae,  indugie 
=  indütiae);  ebenso  verändert  g  die  Qualität  weder  des  e, 
vgl.  ciriegio  *ceresea,  zu  ceraseus,  Arch.  I  547,  noch  des  Ö: 
Ambrogio  =  Ainbrosius;  freilich  bleibt  i:  cervigia  =  cervlsia, 
also  konnte  auch  ii  in  der  vorliegenden  Stellung  erhalten  bleiben; 
s.  Arch.  I  545. 

päst'lum  für  pess'lum  =  pesstdum,  und  pestellum,  nach:  spau. 
pesrillo  Riegel,  cat.  pesteil,  neuprov.  pesteu;  —  altfranz.  pesle, 
pele  (noch  17.  Jahrh.  s.  Thurot,  Prononciation  franc.  II  261; 
neufranz.  pene),  Genf  pescl-et,  ital.  p$stio,  sienes.  peschio, 
vegliot.  pescla-toria  (Ascoli,  Arch.  IX  178). 

S.  Georges,  s.  v.  pessulum,  Bugge  in  Romania  IV  367; 
Diez  II b  pestillo  und  Anhg.  (dazu  Arch.  III  520),  Ascoli  im 
Arch.  glott.  III  456  ff.;  Arch.  I  244  ast(u)la,  und  für  franz. 
pele  vgl.  Arch.  III  527  masc'lus.  Aufser  Flavius  Caper  (Keil, 
Gram m.  lat.  VII  111  „pessulum  non  pestuluni")  hat  pest(u)lum 


Yulgarlateinische  Substrate  romanischer  Wörter.        435 

der  Traktat  Cassiodors  de  orthogr.  (Keil,  Gram.  lat.  VII  205): 
wie  „asfula,  in  elisione  astla  [!Hss.  ascla]",  so  auch  „pestfulum 
[pestlura]". 

hlebötÖmus,  Schnepper  zum  Aderanschlagen ,  nach:  (span. 
fleme),  prov.  flecme  msc,  altfranz.  flieme,  franz.  flamme  fern., 
piemont.  fiama. 

S.  Georges,  s.  v.  Das.  Wort  dringt  erst  ein  als  ph:  f  ge- 
sprochen wurde,  s.  Arch.  I  224,  also  nach  Aufnahme  einer 
{leihe  christlicher  Wörter,  wie  JosepÄus  (ital.  Giuseppe),  Stepha- 
nus  (span.  Este&ano);  s.  u.  raphanus.  Das  span.  Wort  stammt 
nach  Geschlecht,  Anlaut  (vgl.  span.  Ifawa,  =  lat.  /!amma)  und 
sonstiger  Lautform  aus  dem  Provenzal.;  das  piemontes.  aus  dem 
Französ.  Aufser  in  Gallien  begegnet  das  Wort  nur  noch  in  deut- 
schen Gebieten,  und  zwar  in  romanischer  Form:  ahd.  fli-6rfema, 
nhd.  fliete;  danach  scheint  in  Frankreich  Ausfall  des  zu  v  ge- 
wordenen b  (vgl.  ta-on  =  tabanus)  und  (unübliche)  Anpassung 
des  6  an  das  vorangehende  e  (*fle-etme  aus  *fle-otme)  einge- 
treten zu  sein,  so  dafs  die  ahd.  Form  als  altfranz.  Durchgangs- 
form gelten  dürfte;  vgl.  Schuchardt,  Vok.  III  234;  Ascoli  im 
Arch.  glott.  Vll  532. 

Iccus  picc'lus  Specht  «=  plcus,  nach:  span.  pico,  port.  pic-anfo, 
cat  pic,  prov.  pic,  franz.  pic,  rät  pichia-lenn  („Holzpicker"), 
ital.  picchio. 

,  S.  Georges,  s.  v.,  Diez,  Et.  Wt.  I  piccö.  Spanien,  Frank- 
reich und  Italien  besitzen  den  Wortstamm  plcc  in  so  vielen, 
vom  Begriff  des  keilförmig  Zugespitzten  ( —  Schnabel,  Spitz- 
hacke, Bergspitze  — )  ausgehenden  Benennungen  (span.  port. 
cat.  picar  stechen,  prov.  picar,  franz.  piquer,  rät.  pichir,  ital. 
piccare  u.  a.),  dafs  Entlehnung  der  einen  rom.  Sprachen  aus 
der  andern  hier  ebensowenig  wie  keltischer  (s.  Thurneysen, 
Keltorom.  S.  72)  oder  deutscher  Ursprung  in  Frage  kommen 
kann.  Für  das  „Picken"  des  Geflügels  wird  der  lat.  Sprache 
schwerlich  ein  Ausdruck  gefehlt  haben.  —  Wenn  pica,  Elster, 
zum  selben  Stamm  gehört  (was,  da  der  keilförmige  Schnabel 
die  langschwänzige  Elster  nicht  charakterisiert,  immerhin 
zweifelhaft  ist),  so  wäre  nach:  span.  port  pe^ra  Elster  (e  statt  i 
nach  pega  Pech  =  picem,  wegen  Ähnlichkeit  der  Farbe  des 
Rückens),  prov.  pa/a,  franz.  pie,  ital.  pica,  an  plcus  festzuhalten. 
Das  von  allen  rom.  Sprachen  bei  picus  Specht  vorausgesetzte 
-co-  müfste  dann  mit  der  etwas  künstlichen  Erklärung  beseitigt 


436  G.  Gröber: 

werden,  dafs  die  Verwendung  eines  *pic  (rät  Sclinabel)  als 
onomatopoetischer  Ausdruck  („pick"),  das  im  Roman,  der  Ver- 
änderung ausgesetzte  einfache  c  in  pic-us  (und  Ableitungen)  hier 
festzuhalten  veranlafst  hätte,  wie,  aus  gleichem  Grunde,  du 
sonst  fallende  lat.  h  in  7«nnire  (franz.  Äennir),  und  das  sonst 
zu  v  übergehende  -p-  in  franz.  pi|>er  =  pipare,  piepen,  pfeifen, 
unverändert  geblieben  ist.  Span,  pic-azo  Elster,  aas  pic-  ge- 
zogen, deutet  übrigens  an,  dafs  eine  gewisse  Ähnlichkeit  zwi- 
schen Specht  und  Elster  von  der  Sprache  anerkannt  wurde. 

Pictävum,  nach:  prov.  Peitau,  altfranz.  Peitou,  franz.  Poitou, 
Poitiers. 

Rom.  S  =  lat.  1 
pignerare  ptgnus  (Marx  I),  nach:  altspan.  pendrar,  span.  pren- 
dar  Pfand  nehmen,  prenda  Pfand;    port.  penhorar,  prov.  en- 
penh-ar    (aus    pignus);    rät.    pindrar    pens,    gredn.    paij,    ital. 
pegnorare  pegno. 

S.  Georges,  s.  v.,  Cornu  in  Romania  IX  135.  In  Frank- 
reich dafür  das  deutsche  wetti  =  gage  u.  s.  w.   Rom.  e  =  lat  1 

piliare  =  pilare  plündern,  rauben,  nach:  (span.  pillar,  port 
pilhar,  cat.  pillar);  prov.  pilhar,  franz.  piller  rauben;  rät 
pigliar  fangen,  ital.  pigliare  nehmen. 

S.  Georges,  s.  v.,  pilare,  Diez,  Et.  Wt.  I  pigliare.  Pilare 
bei  Ammianus  Marc,  genügt  nur  der  Form  nach  nicht,  da  ein- 
faches 1  rom.  nicht  1  wird.  Auch  ein  *piKare  würde  nicht 
hinreichen.     Span,    pella    Ball  =  pi?a   (port.    pella)    verdankt 

sein  1  dem  gleichbedeutenden  billa  Ball  (s.  Diez,  Et.  Wt.  I  biglia); 
span.  muelle  Msc.  Hafendamm  =  ital.  molo  verträgt  sich  mit 
uiö/es  (Diez,  Et.  Wt.  I  molo)  weder  im  Vokal  und  Konsonanten, 
noch  im  Geschlecht;  das  sard.  Cagliari  (Nebenform  Calleri)  = 
Cara/is  kommt  wegen  Veränderung  der  Stellung  des  r  und  1 
nicht  in  Rechnung;  ital.  vaglio  Sieb  aus  va/Zus  steht  regel- 
richtigem mod.  vallo,  friaul.  vall,  berg.  val  Getreideschwinge 
gegenüber.  Die  Verschiedenheit  der  Bedeutung  der  rom. 
Wörter,  die  zum  überlieferten  latein.  pilare  stehen,  und  in  der 
Form  teilweis,  im  Begriff  ganz  zu  ihm  stimmen,  laust  nicht 
an  Entlehnung  der  einen    rom.  Sprache    aus  der  andern,  die 

Allgemeinheit  des   I  nicht  an  Einwirkung  eines  Synonym  ums 

mit  I,  wie  ital.  spogliare,  franz.  depouiller,  denken.  Steht  dem- 
nach *piliare  fest,  so  ist  das  (lediglich  im  Sinne  von  plündern 


Vnlgarlateinische  Substrate  romanischer  Wörter.        437 

gebrauchte)  span.  pillar  provenzalisches  Lehnwort,  da  im  Span, 
llj  lj  zu  j  werden  (majar  =  nialleare,  Arch.  III  524,  de-spojar 
=  dis-spoliare).  Auch  Portugal  wird  pilhar  entlehnt  haben, 
pingere  (Marx),  nach:  (sard.  pintare,  span.  pori  cat.  pintar), 
pro?,  p$nher,  franz.  peindre,  rum.  a  depinge,  ital.  pingere. 

8.  Arch.  II  287  fingere.  Rom.  e  aus  lat.  i.  Zu  ital. 
rum.  i  8.  1.  c  *Pinctus  statt  pictus  (nach:  cinctus— eiligere,  ex- 
tinetus— extinguere,  planctus  junetus  u.  a.);  ebenso  *finctus 
— fingere,  *strinctus — stringere  zeigen  allgemeinromanisch  Auf- 
nahme des  in  den  übrigen  Zeitformen  festgehaltenen  n. 
pinna  für  penna,  Feder,  Zinne  (Gipfel),  nach:  sard.  pinna  Feder, 
span.  peüa  (—  port.  penha,  cat.  penya)  Klippe,  Fels;  port. 
penna,  cat.  penna,  prov.  pena,  franz.  penne,  rum.  penä,  ital. 
p$nna  Feder. 

S.  Georges,  s.  v.,  pinna,  Diez,  Ei  Wt  I  penna.     Sard.  i, 
ital.  $,  span.  e  (statt  ie)  =  lat.  1 
pinn-io-neni  aus  pinna,  Zinne,  nach:  (span.  peüon  steiler  Fels), 
franz.  pignon  Zinne,  ital.  pignone. 

Vgl.  Arch.  IV  136  must-io,  I  245  *auc-io  aus  aüca,  1  242 
*arc-io,  pip-io  zu  pip-are  u.  a.  Auch  bei  dem  Fem.  auca 
(=  franz.  oie)  besteht  die  msc.  Ableitung  in  -ion  (franz.  oison). 
Das  fi  zeigt  eine  vorromanische  Bildung  an.  Vgl.  noch  aus 
pinna  (=  penne  franz.):  penon  Fähnlein,  Msc,  vermittelnder 
Begriff  Flofsfeder,  Gefieder  am  Pfeil;  letztere  Bedeutung  hat 
franz.  penne  und  pennon);  ital.  penw-one. 
pinsiare  aus  pinsus  pinsere, quetschen,  pressen,  nach:  ital.  pigiare. 

S.  Diez,  Et.  Wt.  II*  pigiare,  Gramm.  S.  695;  oben  pertu- 
siare  u.  s.  w. 
plscis  (Marx),  nach:    sard.  pische,  span.  pez,  port.  peixe,   cat. 
peix,  prov.  p§is  (Donat  prov.)  rät  pesch,  rum.  peste,  ital.  pesce. 

Rom.  $  =  lat  1 
piseiön-em   aus  piscis,  nach:  prov.  peissö,  franz.  poisson,  alt- 
franz.  peisson  pescion,  (ital.  pescione  aus  pesce). 

S.   Diez,   Et.  Wt.  II c.    Fehlt    anderwärts.      Bildung    wie 
pinn-io-nem,  s.  o.    Das  Französische  entbehrte  des  Primitivums 
piscis,  daher  keine  französ.  Ableitung. 
Pisaurum  statt  Pisaurum,  nach:  ital.  Pesaro. 

S.  Georges  s.  v.,  Arch.  IV  131    Nemausum.     Die  Eudung 
ist  in  beiden  Fällen  römisch. 
plstare  aus  ptstum  (Marx  1),  uach:   sard.  pistare,  span.  pistar, 


438  6.  GrOber: 

prov.  pestar,  ital.  pestare  (pesta  Stapfe).    Ebenso  ital.  pestgllo 
Stöfsel  =  plstlllum  (oder  Ableitung  aus  pestare). 
S.  Diez,  Et.  Wt.  I  pestare.     Rom.  e  =  lat.  1 

PistÖria  für  Pistörium,  nach:  ital.  Pistoja. 

Rom.  o  =  lat.  ö;  s.  Arch.  IV  120  möria. 

plsturire  zu  pistum,  kneten,  nach:  prov.  pestir,  altfranz.  pestrir, 
neufranz.  petrir. 

S.  Diez,  Et.  Wt.  II0  petrir.  So  vielleicht  auch  ital.  scaltriie 
aus  scalptum;  lat.  cant-urire,  mict-urire,  nupturire  caca-turire. 

pisum  statt  pisum  Erbse,  nach:  cat.  pesol,  prov.  pes,  franz.  pois, 
ital.  pisello. 

S.  Georges,  s.  v.,  prov.  e,  franz.  oi  ==»  lat  1  Allgemeiner 
verbreitet  ist  cicer  (span.  cicercha  =  cicercula,  prov.  cezer, 
franz.  chiche,  ital.  cece. 

pitissare  =  pytissare,  nach:  cat.  pixar,  prov.  pissa  (gascogn. 
pichä),  franz.  pisser,  picard.  pisscr  (picher  Lille),  wall,  pihi, 
franchecont.  pichie,  Schweiz  pessi;  gredn.  pifig,  rum.  a  pi§,  ital 
pisciare,  venet.  pissar,  mail.  pissa,  piemont.  pisse,  sicil.  pisciari 
u.  s.  w.  harnen. 

S.  Georges,  s.  v.,  pytissare,  Diez,  Et.  Wt.  I  pisciare,  wo 
die  Ableitung  des  rom.  Wortes  aus  pytissare  „spützen"  bean- 
standet wird,  weil  die  Begriffsübertragung  bei  dem  lat  Wort 
unstatthaft  erscheine.  Das  von  Diez  in  Erwägung  gezogene 
*pip-isare  aus  pipa  (nach  mlat.  bombizare  =  crepitus  ven- 
tris  edere;  bomb.,  Interjektion,  s.  Hildebrand  Gloss.  S.  34; 
Georges  und  Ducange  s.  v.)  ist  eine  für  den  Begriff,  der  sich 
ergeben  soll,  unannehmbare  Bildung,  die  überdies  der  rom. 
Wortgestalt  nicht  entspricht.  An  deutschen  Ursprung  ist  nicht 
zu  denken,  da  der  gemeine  Mann  in  Deutschland  sich  anders 
ausdrückt.  Einer  schamhaften  Umschreibung  des  terme  propre 
mejere,  den  allein  Sardinien  und  Spanien  erbten,  wird  der 
Lateiner  gewifs  nicht  haben  entbehren  können,  und  den  Roma- 
nen wird  nie  ein  Name  für  die  Sache  gemangelt  haben; 
pytissare  erscheint  als  ein  geeigneter  Vertreter  des  t  pr.,  be- 
sonders weil  sowohl  vergleichbare  Körperteile  als  vergleich- 
bare Thätigkeiten  („spritzen'*)  in  Frage  kommen.  Der  Über- 
gang von  v  zu  i  tritt  in  den  griechischen  Wörtern  ein,  die 
der  Mund  des  gebildeten  Römers  der  Volkssprache  zuführte 
(vgl.  gyrus:  *girus  rom.,  giro  ital.  span.;  girer  franz.  u.  s.  w.). 
Die    eigentliche    Heimat   des   mejere   ersetzenden   Wortes   ist 


VulgärlateiniBche  Substrate  romanischer  Wörter.       439 

edoch  Frankreich,  wo  allein  der  Ausfall  des  vortonigen  Vokals 
Hegel  ist  (*pit'sare);  das  ital.  pisriare,  sicil.  pisciari,  venet. 
>issar,  rum.  a  pis  sind  dagegen,  wie  das  deutsche  pissen,  aus 
Frankreich  bezogen,  da  die  Laute  dieser  Worter  wohl  dem 
Tanz.,  nicht  aber  dem  lat.  Grundwort  entsprechen.  Das  span. 
)ija,  port.  pissa  =  mentula  stammt  vom  Zeitwort  ab;  das  rät. 
rischar  aus  dem  Ital.  Die  Darstellung  des  franz.  -(i)ss  als  -sei 
m  Ital.  vergleicht  sich  mit  presria  =  presse  Eile,  caseione  = 
lassone  (franz.  caisse)  Kasten,  petrosciolo  aus  pettirosso  Rot- 
kehlchen (s.  Caix,  Studi  di  etimologia  S.  136),  Ascesi=  Assisi  u.  a. 
Das  ch  einzelner  franz.  Mundarten  gegenüber  picard.  ss  dürfte 
momatopoetisch  zu  verstehen  sein;  franchecomt.  pichie  wird 
lurch  teuche  =  toux,  tussis  beleuchtet. 

iuita  für  pitulta,  nach:  sard.  pibfda,  span.  pepita,  port.  pevide 
Ilse,  cat.  pebida,  prov.  pepida,  franz.  pepie,  rät.  pivida,  ital. 
>ipita,  mail.  puida,  dtsch.  Pipps. 

S.  Georges,  s.  v.,  Diez,  Et.  Wt.  I  pipita.  Der  dreisilbige 
Gebrauch  des  Wortes  ist  früh  bezeugt.  Damit  scheint  die 
illgemeinrom.  Ersetzung  des  -tu-  durch  p  zusammenzuhängen; 
loch  hat  die  Lautgruppe  in  Sardinien,  Portugal,  in  Rätien 
ind  Italien  einem  (durch  das  anlaut.  p  veranlafsten?)  p  Platz 
gemacht,  während  für  Castilien  und  Frankreich  noch  *pitpita 
erfordert  wird,  um  das  dortige  -p-  erstehen  zu  lassen,  das  auch 
ler  Grundform  der  andern  rom.  Sprachen  mit  einfachem  -p- 
rorausgegangen  sein  wird.  Die  Behandlung  des  Wortes  ist 
laher  eine  andere  als  die  von  futuere,  Arch.  II  430,  das  freilich 
Proparoxytonon.  I  in  der  ersten  Silbe  wird  nur  vom  Rät. 
licht  verlangt 

icitum  erscheint  zwar  als:  sard.  piaito  (in  Hss.)  und  pleto, 
span.  pleito,  port.  pleito  preito,  cat.  plach,  prov.  plait  plach, 
ütfrz.  plaid  plait,  rät.  plaid,  friaul.  plait,  ital.  piato,  neapol. 
jhiajeto,  genues.  piao  daito  (s.  Ascoli,  Arch.  VIII  378)  u.  s.  w., 
im  Sinne  von  Verfügung,  Streitsache  u.  s.  w.  (rät.  Rede,  Wort), 
st  aber  ein  von  Frankreich  aus  in  die  übrigen  Sprachen  ein- 
gedrungener Begriff. 

Diez,  Et.  Wt.  I  piato,  liefs  sich  durch  Ritschi  bestätigen, 
lafs  man  berechtigt  wäre,  *plactum  als  eine  Nebenform  zu 
dlacitum  anzunehmen,  und  gründete  darauf  die  rom.  Formen 
le8  Wortes.  Andere  suchten  von  placitum  selbst  zu  ihnen  zu 
gelangen.     Allein  das  Sard.,  Span,  und  Port,  behandeln,  nach 


440  6.  Gröber: 

sard.  plus  =  plus,  span.  llano,  port.  chäo  =  planus,  die  Gruppe 
pl    durchaus    abweichend    vom    vorliegenden    Falle;    im   ItaL 
würde  *plac'tum  *pia#o  geworden  sein,  und  erscheint  der  Über- 
gang von  placitum  durch  *plagito  *plaito  (Ascoli,  im  Arch.  180, 
IX  104  f.)  zu  piato,   da   die  Veränderung  des  — ci   ohne  Mit- 
wirkung des  t  gedacht  ist,  neben  ital.  decimo  =  decimus  u.  sl, 
nicht  zweifelsfrei.     Dazu  kommt,  dafs  piato  „voce  della  lingua 
letterata"   (Rigutini  und  Fanfari)  und,   wie  das   deutlich  dem 
Französ.    entnommene    mhd.    plaid,    niederländ.   pleiten,  wohl 
auch  früher   lediglich  Terminus   der  Gerichtssprache  gewesen 
ist.    Der  hispanische  Anlaut  ist  ein  deutliches  Anzeichen  der- 
selben Herkunft  des  ebenfalls  gelehrten  span.-port.  Ausdrucks, 
und  im  altspan.  affeytar  aus  altfranz.  afaitier  vertritt  -eyt  (eit) 
ebenso  franz.  -ait.    Dafs  das  franz.  pl.  zu  ital.  pi  werden  kann, 
zeigt   sich   an  CÄiermonte  ■=  Olermont,   J^andra  =  Flandres; 
ital.  at  aber  für  franz.   ait  begegnet  auch   in   aguatare,  das, 
nach  ital.  schiafta  =  dtsch.  slaAfo  (Diez,  Et.  Wt.  I  8.  v.)  nicht 
aus    dtsch.   wacAlen  (Diez,   Et  Wt  I  s.  v.)   selbst   entstand, 
sondern   franz.    aguartier   (prov.    aguaitar)    wiedergiebt     Das 
neapol.  chiajeto    ist   regelmäfsig    umgestaltetes    altital.   piaito 
(vgl.  neapol.  mmerruq/ete  aus  ital.  emornädi;  cÄiegare  « ital. 
piegare,  lat.  plicare,  neben  chiare).    Erst  aus  der  Zeit  der  karo- 
lingischen  Herrschaft  über  Italien,  nachdem  dort  die,  bereits 
seit  der  Mitte  des  6.  Jalirh.  in  Frankreich  bestehenden  (öffent- 
lichen) Gerichtstage  (placita;  s.  Stellen  wie  in  Childeberts  Capitula 
zur  Lex  Salica,  ca.  550,  ad  placita  venire,  Lex  Rib.  c.  30  u.  a.)*), 
eingeführt   worden,    stammt   das    von   Ascoli   im  Arch.  glott 
I  81  erwähnte  Protokoll  über  einen  unter  dem  „missus  Ludo- 
vici  Pii  imperatoris",  820,  in  Verona  abgehaltenen  comitialen 
Gerichtstag  (placitum),    das    placitum    als    plairfo  geschrieben 
(vgl.  Eide  von  Strafeburg  842,  plaid)  enthält.     Es  stellt  die 
veronesische  Form  des  franz.  plait  (t  zu  d)  dar,  ist  aber  nicht 
geeignet  das  ital.  piafo  mit  placitum,  vielmehr  nur  das  rät  plaid, 
auch  in  seiner  vom  Beden  vor  Gericht  ausgehenden  erweiterten 
Bedeutung   (Rede)    zu    vermitteln.   —    Allein   nur   in  Frank- 

*)  placitum  ist  der  lat.  Ausdruck  für  das  tränk,  mallum  (Gerichtutag; 
schon  Lex  Sal.  c.  75).  In  Karls  d.  Gr.  Kapitularien  sind  beide  Ausdrücke 
als  Synonyma  (mallum  vel  placitum  publicum,  8.  DO.  8.  v.)  neben  einander 
gestallt,  und  in  einem  Leben  des  Wularich  von  Leuconne  (f  629)  heilst 
mallum  dir  rustike  Name  (concioni  .  .  quod  mallum  rusüci  vocant). 


Vulgarlateinische  Substrate  romanischer  Wörter.       441 

reich  war  daher  placitum  ursprünglich  zu  Hause;  es  ent- 
wickelte sich  dort  nach  erbwörtlicher  Lautregel  durch  plac'tuin 
zu  plait  (vgl.  expliciftim  zu  exploil,  fugifa  zu  fnite  (s.  o. 
pendita:  penle),  und  zwar  hatte  es  das  nachtonige  i  schon  vor 
der  Sibilierung  des  -c(i),  in  Wörtern  wie  disme  =  decinius,  giste 
=  jacita  (s.  pendita)  eingebüfst 

Nicht  gegen  diese  Erklärung  von  franz.  plait  aus  plac'tum 
zeugt  das  d  des  zugehörigen  Verbunds  plaidier;  denn  plaidier 
stammt  nicht  von  dem  erst  mittel lat.  und  dem  Begriff  nach 
aus  mlat.  placitum  hervorgegangenen  plac(i)tare,  sondern  ist 
aus  plait  gezogen,  unter  Umbildung  des  -it  vor  der  Tonsilbe  zu 
-id  (wie  8  aus  ts  in  croisier  aus  croiz  =  crucem  u.  a.;  s.  Horning, 
Lat.  C,  S.  7)  nach  der  Regel,  dafs  bei  altfranz.  Ableitungen 
der  vorliegenden  Art  der  dem  stimmlosen  Kons,  vorangehende 
i-Diphthong  und  die  Stellung  der  Muta  vor  dem  Ton,  deren 
Umbildung  zum  stimmhaften  Kons,  bewirkt  (vgl.  auch  altfranz. 
sou-hairfier  aus  sou-hail;  s.  Diez,  Et.  Wt  IIC  hait).  Dem  wider- 
streitet weder,  dafs  bei  exploitier  faissier  u.  a.  t,  ss  u.  s.  w.  er- 
scheinen, denn  hier  liegt  ein  schon  lat.  explicitare,  fasciare  u.s.  w. 
zu  Grunde;  noch  poisser  von  poix  =  picem,  denn  für  diese  neu- 
französ.  Bildung  gebrauchte  die  altfranz.  Zeit  poier  aus  picare. 
Einigermaßen  bezeichnend  für  das  Verhältnis  von  plaider  zu 
plait  und  placitare  ist,  dafs  auch  die  übrigen  rom.  Sprachen 
sich  ein  Zeitwort,  auf  verschiedene  Weise,  aus  dem  Hauptwort 
formten;  rät.  noch  plid-ar,  aber  ital.  piat-ire,  prov.  plaid-e/ar, 
span.  plait-ear,  port.  preit-ejar  (franz.  plaidoyer). 

Mit  den  Vertretern  des  lat.  *vocitus  leer  aus  *vocare  = 
vacare  (s.  Georges,  s.  v.  vacitus,  vaco,  Schuchardt,  Vokal.  I  177; 
s.  Diez,  Et.  Wt.  Anh.  z.  IIC  voto;  Schuchardt  u.  Storm  in 
Romania  IV  256  ff.),  die  ausschliefslich  auf  keltoromanischem 
Gebiete  und  im  Ital.  begegnen,  wird  es  sich  ähnlich  verhalten, 
obgleich  es  sich  dabei  nicht  um  einen  kulturgeschichtlichen 
Begriff  handelt.  Das  Altfranz,  besafs  voit  voide  (vuit  vuide, 
neufrz.  vide),  das  Prov.  vohtz,  vuech,  voitz  voja  (Donat  prov. 
S.  55),  das  Piemont.  hat  void,  Lomb.  void,  Berg,  voeut,  Friaul. 
vueid,  Rat.  vueid  vid,  Ital.  vuoto  (Sard.  boito,  boidu).  Darunter 
ist  sicher  das  sard.  Wort  einem  älteren  ital.  voito  entnommen 
(vgl.  sard.  buscica  aus  ital.  vescica  =  vessica);  in  Frankreich 
und  im  keltischen  Gebiet  Italiens  ist  eine  Durchgangsform 
voc'tus  in  Einklang  mit  der  zu  allgemeinster  Geltung  gelangten 

Archlr  fOr  lat.  Lexikogr.  IV.    Heft  3.  4.  29 


442  G.  Gröber: 

Regel  von  der  Unterdrückung  des  nachtonigen  Vokals  in 
Proparoxytonis  (vgl.  frz.  exploit  =  explicitum);  das  itaL  vofo 
vuofo  wird  aus  dem  Norden  (*voito)  aufgenommen  sein.  Der 
d-Laut  der  Infinitive:  prov.  voidar,  altfranz.  vuidier,  franz.  vider, 
berg.  voeudä  entstand  wie  der  im  Inf.  plaicfier.  Das  Fem.  franz. 
voide  vitfe  u.  s.  w.  neben  franz.  voit  kann  der  Analogie  von 
Adjektiven  wie  froit  froide  =  frigidus  gefolgt  sein  (vgl. 
W.  Meyer  in  Ztschr.  f.  Rom.  Phil.  VIII  235);  ein  altprov.  Fem. 
voida  scheint  nicht  vorzukommen.  —  Nicht  auf  gleiche  Linie 
zu  setzen  sind  die  rom.  Wörter  mit  -git-  (cogitare,  rogitos, 
digitus),  in  denen  -gi-  wie  vor  dem  Ton  (regina,  ital.  reina, 
franz.  reine  u.  s  w.),  vor  Ausfall  des  i  zu  j  assimiliert  wurde. 
Dieses  -git-  bei  placitum  in  Frankreich  eintreten  zu  lassen, 
verbietet  altfranz.  doi  doie  aus  digitus  *digita  gegenüber  alir 
franz.  plaid  plai7,  und  altfranz.  cui-er  (neben  cuidier  aus  cogi- 
tare), das  von  cui  (neben  cuid  =  cogito)  herstammt.  Die  An- 
nahme aber,  dafs  in  Frankreich  -^gid-  eine  Durchgangsstufe 
von  -tcit  zu  -id-  gebildet  hätte,  führt  zu  der  weiteren  nicht 
begründbaren  Voraussetzung,  dafs  placitum  erst,  nachdem  ex- 
plicitum zu  explictum  (franz.  exploit)  und  bevor  *jacita  deci- 
mus  (altfranz.  giste  disme)  der  lat.  Volkssprache  in  Gallien 
geläufig  geworden,  in  dieselbe  eingedrungen  wären,  und  schei- 
tert an  der  Form  von  Wörtern  wie  roide  =  rigidus,  die  plaick 
statt  plait  aus  placitum  erwarten  lassen.  Auch  ein  *vocidus 
st.  vacidus  (zu  *vacare,  wie  fumidus  zu  fumare,  lividus  zu 
livere)  würde  das  rom.  -d-  nicht  besser  erklären,  da  aus  -cid- 
ebenfalls  ein  Sibilant  (vor  d)  sich  ergeben  niufste  (vgl.  ital. 
lazzo  =  acidus). 

plagia  für  plaga  Gestade,  Gegend,  nach:  prov.  playa  (daher 
span.  ^laya),  cat.  platja,  altfranz.  plaie,  (nfrz.  plage  aus:)  ital. 
piaggia. 

S.  Diez,  Et.  Wt.  I  piaggia.  Das  frz.-prov.  Wort  ist  auch 
aus  plaga  ableitbar;  plagia  bei  Greg.  v.  Tours. 

planca  nur:  prov.  planca,  franz.  planche  Brett,  Metallplatte, 
picard.  planke  Holzbrücke,  piemont.  pianca  Steg,  dtsch. 
Planke. 

S.  Georges,  s.  v.,  Diez,  Et.  Wt.  1  pianca  (das  dort  erwähnt« 
ital.  palanca  Pfahl  ist  lat.  palanca  s.  o.).  Aus  Frankreich 
stammt  span.  pfauche  Metallplatte,  cat.  planxa,  port.  pr&nchz 
Diele,  wie  der  Anlaut,  ch  uud  x  verraten. 


Vulgärlateinische  Substrate  romanischer  Wörter.       443 

antaginem  plantago,  span.  Hauten ,  port  tancha-gem,  cat. 
planta-tge,  prov.  planta-tge,  franz.  plantain. 

S.  Georges,  s.  v.,  Diez,  Et.  Wt.  IIb  llanten.  Bis  zum  Fran- 
zosischen; später  andere  Namen.  Das  ital.  piantaggine  hat 
gelehrte  Endung  und  den  Namen  an  pianta  =  planta  an- 
geglichen (üblicher  Ausdruck  petacciuola);  ebenso  rät.  planta- 
giens.  Im  Port,  ist  an  das  aus  *chanta  erwachsene  tancha  — 
die  gelehrte  Endung  von  Wörtern  wie  propä-#ew  =  propa- 
ginem  u.  a.  gefügt.  Die  rom.  Formen  von  Wörtern  auf  -ginem 
erklären  sich  auch  ohne  den,  Arch.  II  285  ferraginem  an- 
genommenen vorrom.  Ausfall  des  i,  durch  Vermittelung  von 
-ji  für  -gi  und  Verschmelzung  von  j  mit  i.  Vgl.  o.  placitum 
am  Ende. 

at£a  nicht  platea  Strafse,  Platz,  nach:  sard.  piatta,  (span.  plaza, 
port.  pra^a),  cat.  plassa,  franz.  place,  rät.  plaz,  (rum.  piatä  =) 
ital.  piazza;  dtsch.  Platz. 

S.  Georges,  s.  v.  Die  roui.  Behandlung  des  e  stimmt  zum 
altlat.  Dichtergebrauch.  S.  Rönsch,  in  Rom.  Forschungen  I  274, 
zur  Bedeutung.  Fehlt  in  Spanien.  Das  sard.  piatta  ist  nicht 
dem  Ital.  entlehnt,  da  im  Sard.  te  als  tt  verblieb;  das  Span,  und 
Port,  (dort  lugar)  übernahmen  das  Wort  aus  Frankreich, 
attus  platt,  flach,  nach:  (span.  chato),  port.  chato,  prov.  plat, 
franz.  plat,  rät.  plat,  ital.  piatto. 

S.  Diez,  Et.  Wt.  I  piatto.  Das  Wort  ist  den  rom.  Sprachen 
seit  früher  Zeit  geläufig;  die  portug.  Form  war  aus  keiner 
rom.  Sprache  zu  gewinnen.  Auch  die  Verbreitung  deutet  auf 
einen  vorromanischen  (nicht  deutschen  oder  kelt.)  Ausdruck, 
den  hier  anzusetzen  noch  das  bei  Ausonius  vorkommende, 
offenbar  zum  selben  Stamme  gehörige  plat-essa,  Plattfisch,  be- 
rechtigt. 

auta  zu  plautus  platt,  nach:  neuprov.  plauto  Sohle,  delphinat. 
piö  Scholle,  ital.  piota  Sohle,  Scholle,  mailand.  pioda  Stein- 
platte, com.  plota. 

S.  Georges,  s.  v.  plautus,  Diez,  Et.  Wt.  I  piota  u.  Anhg., 

Flechia  in  Arch.  glott.  II  359.     Damit  dürfen  nicht  die  „Pfote" 

bedeutenden  Wörter  vermischt  werden,  die  Südfrankreich  und 

den   angrenzenden  nordital.  Mundarten   eigentümlich   sind,    da 

sie  t  (statt  d)  dem  einfachen  lat.  t  in  plauta  gegenüberstellen, 

wie:   ligur.  ciota,  piemont.  piota,  rhon.  piauto  pauto,  Schweiz 

piota,  delphin.  ploto  pouto,  Lyon,  piotta,  auvergn.  piota  pota, 

29* 


444  G.  Gröber: 

limous.  pauto,  Quercy.  plauto.  Die  Formen  ohne  i  scheinen 
auf  einer  Verschmelzung  des  in  Frankreich  nachweisbaren  pauta 
Pfote  =  prov.  pauta,  altfranz.  poe,  (daher  dtsch.:  Pfote)  zu 
beruhen,  mit  dem  in  und  aufserhalb  Frankreichs  vorkommen- 
den gleichsinnigen  patte  (Pfote),  südfrz.  pato,  von  dem  sie  den 
t-(tt)«laut  annahmen  (vgl.  dazu  Diez,  Et  Wt.  I  patta  u.  Anhg.). 
Dafs  i  in  den  Formen  mit  i  sekundär  ist  und  nicht  auf  1  be- 
ruht, zeigt  auvergn.  piota,  lyon.  piotta,  sofern  in  diesen  Mund- 
arten anlaut.  pl  erhalten  bleibt;  Quercy.  plauto  Pfote  =  pauta 
+  plauta? 

plStra  und  plebra  zieht  Ascoli,  Studi  critici  II  96,  aus  plere, = 
Trichter  (wie  tere-bra  zu  terere;  vgl.  o.  palpebra),  nach: 
1)  venet.  piria,  mail.  pidria,  comask.  pledria,  romagn.  pidarja, 
piemont.  piria,  ital.  petr-iolo;  friaul.  plere  —  2)  ital.  pevera. 
Nur  in  Nord-  und  Mittelitalien.  Zur  Erklärung  der  ital. 
Formen  s.  Ascoli,  a.  a.  0.  und  Arch.  glott.  I  290. 

plic'tus,  Pt.  zu  plicare  (wie  in  den  Compositis  explicitus  ex- 
plicare),  nach:  neuprov.  plech  pleich,  -a  gebogen,  gekrümmt; 
daher  plecho  Fafsreifen,  Binde,  plech ä  mit  Binde,  Reifen  ver- 
sehen; friaul.  plett,  Part,  zu  pleä  =  plicare. 

In  den  rom.  Sprachen  hat  plicare  auch  die  Bedeutung 
beugen,  biegen,  "krümmen.  Das  friaul.  plete  =■  Falte,  Auf- 
schlag, kann  hiervon  seiner  Bedeutung  nach  nicht  getrennt, 
und  nicht,  mit  Ascoli,  mit  plecta  (Arch.  glott.  I  307;  Georges, 
s.  v.,  Rönsch  Itala  S.  84)  verbunden  werden.  Das  span. 
pleita,  Binsenmatte  ist,  wenn  zu  plecta  gehörig,  jedenfalls  ge- 
lehrt. Unrichtig  ist  Diez?  Herleitung  des  franz.  plisser  fälteln 
(Et.  Wt.  11°)  von  *plic(i)t-iare,  woraus,  nach  dresser  =  di- 
rectiare,  lefon  =  lectionem,  vielmehr  plessier  zu  erwarten  war; 
es  ist  (vor  dem  16.  Jahrh.  unbezeugt),  aus  plis  (=  faire  des 
plis,  -pli  Verbalsubstantiv  aus  pli-er-),  wie  poisser  aus  poix  = 
picem,  gezogen. 

plÖvere  =  pluere,  nach:  sard.  pioere,  span.  Rover,  port.  chover, 
cat.  plourer,  prov.  plover,  altfranz.  plovoir,  neufranz.  pleuvoir, 
rät.  plover,  rum.  a  ploua,  ital.  piovere. 

S.  Georges,  s.  v.  pluere  plovebat;  die  Einschaltung  des  v 
in  allen  rom.  Sprachgebieten.  Das  Sard.  gibt  inlaut.  v  auf 
(sard.  ae  =  avis).  Vgl.  hierzu  und  zum  folgenden  Wort  noch 
Arch.  II  424  flovius  wegen  Ö.     Siehe  ebenda  zu: 


Vulgärlateinische  Substrate  romanischer  Wörter.       445 

[8 via  =  pluvia,  nach:  sard.  pioza,  span.  lluvia,  port.  chuva, 
cat.  pluya,  prov.  ploja,  franz.  pluic,  rät.  plievja,  rum.  pldie, 
ital.  pioggia. 

ümbicare  aus  plumbus,  mit  Blei  loten,  nach:  franz.  plonger 
untertauchen,  picard.  plonkie,  gleichbedeutend  mit  aus  plomb 
=  plumbum  gebildetem  prov.  ploinbar,  ital.  piombare  d.  i. 
loten,  und  (mit  Geräusch  im  Wasser)  untertauchen.  Für  das 
Picard.  wäre  unzureichend  *plumb-iare,  nach  picard.  songier 
=  somniare  u.  a.  Das  Wort  ist  auf  Frankreich  beschränkt; 
unbet  -lcare  hat  immer  lat.  Grundlage  zur  Voraussetzung  (vgl. 
iabricare:  forger,  fodicare  fouger.  Ebenso  sind  vorromanisch 
^ferr-lcare  (ferrum)  =  altfrz.  fergier,  *tard-lcare  (tardus)  = 
frz.  targer  (picard.  atargier  daher). 

ümbus  (Marx),  nach:  (sard.  piumu,  span.  plomo),  port.  chumbo, 
cat.  plom,  prov.  ploni,  altfranz.  plon,  franz.  plomb,  rät.  pluinni, 
rum.  plumbu,  ital.  piombo. 

S.  Georges,  s.  v.  Rom.  o  =  lat.  ü.  Im  Span,  und  Rum. 
Fremd  wortanlaut;  das  sardin.  Wort,  wegen  m  =  mb,  aus 
Spanien. 

ilStrus  und  poledrus  Füllen,  nach:  1)  (span.  potro,  port.  potro, 
podro  bei  Sä  de  Mir  and  a,  cat.  potro),  prov.  poudre-1,  franz. 
poutre  Tragbalken,  altfranz.  poltre  Füllen,  dtsch.  Folter.  2)  rät. 
pulieder,  gredn.  puleder,  ital.  poledro  puledro,  venet.  puliero, 
sicil.  pudditru,  sard.  puddredu. 

S.  Diez,  Et  Wt.  1  s.  v.  poledro  u.  Anhg.,  Ducange,  s.  v. 
poledrus.  Die  bei  1)  bestehende  Betonung  ist  nicht  volks- 
mäfsig  lateinisch,  daher  daran  wohl  ein  aus  der  gallischen 
Pferdezucht  übrig  gebliebenes  Wort  (vgl.  zur  Betonung  Dreux: 
Durdcasses  u.  a.)  sich  zu  erkennen  giebt.  Das  Heimatland 
des  Wortes  würde  danach  Frankreich  sein,  die  spanischen 
Formen  wären  dem  altfranz.  poltre  entnommen;  zum  span.  Aus- 
fall des  1  ist  in  span.  azu-fre  =  sulfur  keine  Analogie  ge- 
geben, da  azufre  gegenüber  ital.  solfo  =  sülphur  ebenfalls 
Lehnwort  ist.  Erst  Italien  und  Rätien  haben  die  übliche  Be- 
tonung des  mit  Muta  u.  Liqu.  die  letzte  Silbe  anlautenden 
Wortes;  vgl.  Archiv  I  223- 

llicem  pollex  (Marx),  nach:   sard.  poddighe  (span.  pulg-ar  = 
pollicaris,  port.  pollegar),  cat.  polse,  prov.  polce,  franz.  pouce, 
(rät.  polsch),  ital.  pollice.     Rom.  o  =  lat.  Ö. 
ntem  pons  (Marx  ö),  nach:  sard.  ponte,  (span.  puente),  port. 


446  G.  Gröber: 

ponte,  cat.  pout,  prov.  pont,  frauz.  pont,  rät.  puut  (gredn.  puent), 
runi.  punte,  ital.  ponte. 

S.  Georges,  s.  v.,  Arcb.  II  426  fontem. 

pöp'lus  und  plopus  =  populus  Pappel,  nach:  1)  neuprov.  piblu, 
piboul  pipoulo,  bieule,  franz.  peuplier,  mundartl.  noch  peuple, 
friaul.  pöul.  2)  span.  pobo  mundartl.  chopo,  port.  choupo, 
cat.  clop,  rum.  plopu,  ital.  pioppo,  abruzz.  jöppiu,  neap.  chiuppo, 
albaues.  plepi  —  dtsch.  Pappel. 

S.  Georges,  s.  v.,  Diez,  Et.  Wt.  I  pioppo.  Nur  scheinbar 
wird  hier  die  Arch.  I  213  betonte  chronologische  Formen- 
abstufung unter  den  rom.  Sprachen  durch  die  Sprachen  Galliens 
unterbrochen.  Der  Grund  der  Abweichung  ist  hier,  dafs  der 
populus,  der  weder  als  Waldbaum,  noch  als  Terraingewächs  im 
romanischen  Europa  (und  Deutschland)  vorkommt,  zu  ver- 
schiedenen Zeiten  daselbst  angepflanzt  worden  ist.  Nach  dem 
Grade  der  Verwandtschaft  der  rom.  und  lat.  Wortform  ge- 
schah es  zuerst  in  Frankreich,  das  von  pop'lus  (mit  noch  im- 
versetztem  1  ausgeht);  die  Fremdheit  des  Bezeichneten  fühlt 
man  noch  an  den  provenz.  Nebenformen,  die  durch  bed-oullo 
=  betulla,  Birke,  beeinflufst  sein  werden.  Später  kam  der  • 
Baum  nach  Spanien,  dessen  einheimische  Pappel  alamo  (span. 
port.  =  Schwarzpappel;  s.  zur  Etymologie  Diez;  Et.  Wt.  IIbJ 
heilst.  Port,  choupo  bezeichnet  auch  noch  die  Erle,  und  weist 
mit  p  (statt  b)  auf  Einführung  aus  Italien  hin  (ital.  pi-  wird 
zu  port  ch-  auch  in  chaneza  =  ital.  pianezza;  vgl.  dagegen 
port.  chäo  =  planus).  Daher  denn  auch  span.  pobo  (statt 
piobo?)  Weifspappel  und  (mundartl.)  chopo  Erle  nicht  zum 
ältesten  span.  Wortbestand  zählen. 

pöpulus  =  populus  trotz  des  schon  lat.  vorkommenden  poplus, 
nach:  sard.  pobulu,  span.  pueWo,  port.  p<5vo  (durch  povo-o), 
cat.  pöble,  prov.  pobles,  altfranz.  pueple,  rät.  pievcl,  rum.  po- 
poru,  ital.  popolo,  neap.  puopolo. 

S.  Georges,  s.  v.  Der  Begriff  ging  verloren  und  machte 
gent-em  (s.  Arch.  II  234)  in  Italien  und  Frankreich  Platz. 
Trotzdem  gehört  populus  mit  saeculum,  regula  u.  a.  Wortern 
wegen  der  regelmäfsigen  Diphthongierung  des  8,  zu  den  früh- 
rom.  Lehnwörtern;  s.  laneus  Arch.  III  508  u.  a.  In  Spanien 
und  Südfrankreich  war  p  schon  zu  -b-  geworden,  ehe  -u-  fiel; 
in  Frankreich  fiel  u  vor  der  auch  nordfranz.  Erweichung  der 
Tenuis  zwischen  Vokalen. 


Vulgärlateinische  Substrate  romaniucher  Wörter.       447 

Örcus  (Marx),  nach:  sard.  porcu,  span.  puerco,  port.  porco, 
cat  porch,  prov.  porc,  franz.  porc,  rät  pierc,  rum.  porcu,  ital. 
porco,  neap.  paorco. 

S.  Georges,  s.  v.  Rom.  o  uo  ue,  ie  =  lat.  ö.     Ebenso  bei 

örrum  (Marx),  nach:    span.  puerro,    port.  porro,   prov.  porr, 
franz.  porr-eau,  rät.  puorfs,  rum.  poru,  ital.  porru,  neap.  puorro. 
Ebenso  bei 

örta  (Marx)  nach:  sard.  porta,  span.  puerta,  port.  porta,  cat. 
porta,  prov.  porta,  franz.  porte,  rum.  pörtä,  ital.  porta. 
Ebenso  bei 

ortare  nach:  sard.  portare  (span.  portar,  port.  portar),  cat. 
portar,  prov.  portar,  franz.  porter,  rät.  portar,  rum.  a  porta, 
ital.  portare. 

Im  Span,  dafür  levare  (span.  llevar,  port  levar),  span.- 
port.  portar  nur  in  übertragenem  Sinne,  daher  entlehnt. 

örticus  (Marx),  nach:  prov.  porge,  franz.  porche,  rät  piert-en 
Vorhof,  ital.  portico,  neap.  puorteco. 

S.  Georges,  s.  v.,  Diez,  Et.  Wt  11°  porche.  Fehlt  sonst. 
Ebenso  8  bei 

Srtus  (Marx),  nach:  sard.  portu,  span.  puerto,  port  porto,  cat. 
port,  porv.  port,  franz.  port,  rum.  portu,  ital.  porto,  neap. 
puorto.     Ebenso  bei 

5 88 um  (Marx),  das  in  sard.  pozzu,  port.  posso;  cat.  pux,  prov. 
posc  puesc,  franz.  puis;  rät  poss,  ital.  posso,  friaul.  pu§s, 

das  lat.  ö,  trotz  den  an  der  Wortform  z.  T.  erfolgten  Ver- 
änderungen, noch  allgemein  hervortreten  läfst 

5ste  pöst  (Marx  5),  nach:  1)  sard.  pustis,  span.  pues,  port. 
pos,  cat  puix,  prov.  pueis  u.  pos,  franz.  puis,  rum.  apoi,  ital. 
poi,  friaul.  pö. 

S.  Georges,  s.  v.,  Diez,  Et.  Wt.  I  poi.  Die  alte  Form 
blieb  bis  zum  Franz.  neben  der  kürzeren  erhalten;  puis  (vgl. 
huis  =  os^i-um)  verlangt  einen  Vokal  im  Auslaut,  der  vor 
vokalisch  beginnenden  Wörtern,  wie  das  i  im  Hiat,  in  die 
Stammsilbe  trat  und  t  beseitigen  half.  Im  Prov.  bestehen  die 
beiden  lat.  Formen  nebeneinander;  der  span.- port.  Form  genügen 
poste  (vgl.  aguen  aus  aguente  aguende  =  eccum  inde,  Diez, 
Et  Wt  IP)  und  post  (vgl.  span.  es  =  est);  doch  liegt  post 
näher.  —  Ein  *postcenium  bildeten  für  rät.  pusem  pusen 
pischegn,  ital.  pusigno,  Nachtimbifs,  Storm  in  Komania  V  178, 
Ascoli  im  Arch.  glott  VII  410. 


1 


448  G.  Gröber: 

pöstis,  (Marx),   nach:    cat.   post,   prov.   poet-el,    altfranz.   post> 
norm,  pot,  franz.  pot-eau,  rät.  piestg;  dtsch.  Pfosten. 

S.  Georges,   s.  v.,  Diez,  Et.  Wt.  1IC  poteau.     In  Spanien 
und  Italien  andere  Ausdrücke, 
pos'tus  =  positus,  nach:    span.  puesto,    port.  posto,    cat  post, 
prov.  post  re-bost,  altfranz.  rebost,  ital.  posto. 

S.  Georges,  s.  v.     Das  ital.  o  beruht  auf  dem  o  in  porre 
=  ponere  u.  s.  w. 
potere  für  posse,  nach:   sard.  podere,  span.  poder,  port.  poder, 
cat.  poder,   prov.  poder,    altfrz.  podir  po-oir,    neufrz.  pouvoir, 
rät.  puder,  ruui.  putere,   ital.  potere. 

S.  Diez,  Et.  Wt.  I  potere,  wo  bis  ins  8.  Jahrh.  zurück- 
reichende Belege.  Dieselbe  Übereinstimmung  in  der  nenen 
Form  bei  velle,  das  *volere  und  bei  esse,  das  *essere  wich; 
ersteres  vom  Frovenzalischen  an.  In  Sardinien  und  Spanien 
für  velle:  quaerere  (sard.  querrere,  span.  port  querer), 
praegnis?  =  praegnans  nach:  span.  pren-ada  -o,  port  prenh- 
ada;  prenhe,  cat.  preny-ada,  -at,  prov.  prenhs  (ungeschlechtig), 
altfranz.  prains  em-prains  (ebenso);  ital.  prggno. 

S.  Georges,   s.  v.,    Diez,   Et.  Wt.  I  pregno.     Nach  port 
prenhe  gehen  auch  die  Participialbildungen  Spaniens  eher  von 
dem  Substrat  als  von  der  Nebenform  praegnas  -tis  (vgl.  auch 
Subst.  praeguatus)  aus,  doch  kann  prov.  prenh  zu  gründe  liegen. 
Das  einzige  Adjektiv  auf  -ans  -as?   das  sich  auch  die  Neben- 
form praegnax  gefallen  lassen  mufste,  scheint  nach  dem  roma- 
nischen Konsens   frühzeitig   auch    eine  -is-Form   erhalten  zu 
haben  (gravis,   schwanger  konnte  darauf  führen),  die  .für  die 
unge8chlechtige    Wortgestalt   der    rom.    Sprachen    erforderlich 
ist.     Das  ital.  pregno  -a  mit  sinnloser  (nur  in  übertragenem 
Sinne    brauchbarer)    Maskulinform    fallt    hiergegen   nicht   ins 
Gewicht  (vgl.  ital.  acre  und  acro  =  acer  u.  a.).    Das  MA.  ge — ■ 
brauchte   das   Wort  von   Mensch    und  Tier   (sard.  raidu);   di« 
gebildeten   rom.    Sprachen    haben    für    den   ersten   Fall   jetzt 
andere  Benennungen  gefunden, 
prandium,  nur  im  rum.  pränzu,  ital.  pranzo. 
prendere  =  prehendere  (vgl.  Marx),  nach:  (sard.  prendere,  span— 
prender,   3.   Sgl.  Präs.  prende,   port.   prender),   cat.  prendrer 
prov.  prendre,  franz.  prendre,  rät.  prender,  rum.  a  prinde,  ital 
prendere. 

S.  Georges,    s.  v.     Nicht   sowohl    das  Fehlen    des   Dipb — 


Vulgarlateinische  Substrate  romanischer  Wörter.       449 

honges  in  der  span.  3.  Sgl.  Präs.  macht  das  vom  Ital.  ge- 
orderte e,  etwas  zweifelhaft  (prov.  e  zeugt  hier  nicht  für  e; 
gl.  Donat  provenz.  S.  47),  denn  das  span.  prender  ist  neben 
lern  einheimischen  Ausdruck  tomar  (ebenso  hat  für  prehen- 
lere  Sardinien  lear,  Neapol.  acciappare  u.  s.  w.)  Lehnwort; 
ds  vielmehr  die  durch  ital.  fgndere  (statt  fendere  =  fiudere, 
;.  Arch.  II  287)  bezeugte  Möglichkeit  einer  auch  hier  erfolgten 
Ungleichung  an  t§ndere  =  tSndere  u.  s.  w.,  der  sich  freilich 
,uch  das  Verbum  vendere  =  lat.  vendere  zu  entziehen  ver- 
uochte. 

)8  3us  (Marx),  nach:  span.  priesa  Eile,  port.  pressa,  cat.  pressa, 
»rov.  pr§s,  franz.  pres,  ital.  pr$sso,  neap.  ap-priesso. 

S  Georges,  s.  v.,  Diez,  Et.  Wt.  I  presso;  Rom.  ie  §  =  lat.  e. 
mavera  aus  prima  vera  und  primo  vere,  Frühling,  Früblings- 
>lume;  nach:  (sard.  beranu  =  ver  -f-  anus  —  span.  verano 
iomuier,  port.  veräo  Sommer!),  span.  prima  vera  Frühling,  port. 
>riraavera,  cat.  primavera,  prov.  primavera  priinver;  altfranz. 
irimevoire  Frühlingsblume;  rät.  primavera  Frühling,  ruin.  primä- 
ferä  (vera  Sommer),  ital.  primavera. 

S.  Georges,  s.  v.  ver.;  Darmesteter  in  Romania  V  147  zu 
ranz,  primevoire.  Das  Französ.  besitzt  voire  (vera)  nicht  als 
selbständiges  Wort.  Da  printemps  erst  im  MA.  die  Bedeutung 
Frühling  annimmt,  wird  auch  in  Nordfrankreich  primevoire  in 
liesem  Sinne  einst  bestanden  haben.  —  Aestas  bezeichnet  den 
Jommer  vom  Prov.  an. 

neeps  (Marx),  nach:  prov.  prince,  franz.  prince  Fürst,  ital. 
principe. 

S.  Georges,  s.  v.  In  den  übrigen  Sprachen,  die  das  Fem. 
>rinces(8)a  der  französ.  Sprache  entnehmen,  ist  das  Msc  wahr- 
icheinlich  ebenfalls  Lehnwort. 

»da  =  prora  Bug  des  Schiffes,  nach:  span.  proa,  port.  proa, 
Ät.  proa,  prov.  proa,  ital.  proda,  genues.  prua  (daher  franz. 
>roue). 

S.  Georges,  s.  v.,  Diez,  Et.  Wt.  I  proa,  oben  Wölfflin 
>.  1  ff.  Zur  franz.  Form  s.  Arch.  glott.  III  360;  Romania 
£  42.  Ein  Seitenstück  zu  proda  ist  prüdere  für  prurire  s.  Diez, 
St.  Wt.  I  s.  v.  und  unten.  Das  Ital.  entähnlicht  ebenso  von 
;wei  r  das  eine  durch  d  in  rado  =  rarus  u.  a.,  s.  Diez,  Gramm. 
[  223,  Schuchardt,  Vok.  I  142.  Für  den  Ausfall  des  einen  von 
iwei  r  giebt  es  keinen  weiteren  allgemeinroman.  Fall.    Inlaut,  -r- 


450  G.  Gröber: 

fällt  allgemein  im  Geuues.,  aber  auch  -d-,  und  letzteres  geben 
auch  Spanien  und  Frankreich  auf.  Bei  der  Lautfolge  r-r  unter- 
drückt Spanien  das  eine  r  z.  B.  in  cribrum:  criba,  aratrum: 
arado.  Es  könnte  daher  der  Ausfall  des  -r-  im  span.  proa  der 
spanischen  Lautgeschichte  angehören.  Indessen  bleibt  prudire 
(s.  Ascoli  Arch.  glott.  IX  85)  und  der  Umstand  zu  berück- 
sichtigen, dafs  kein  zweiter  gemeinsamer  Fall  von  Schwund  des 
zweiten  r  bei  r-r  im  Rom.  vorliegt. 

pröde  aus  prod-est  u.  ä.,  nützlich;  wacker,  nach:   altspan.  prol, 
span.  pro,  altport.  prol,  prov.  pros,  altfranz.  prpz  prod,  franz. 
in  prud'homme,  prüde,  rät.  prus  fromm,  ital.  prode. 
S.  Georges,  s.  v.,  Diez,  Et.  Wt.  I  pro,  II0  prode. 

propaginem  propago,  nach:  sard.  probaina,  span.  provena,  (port. 
propagem),  prov. .  probaina,  franz.  provin,  altfranz.  provain, 
(ital.  provana?  propagine),  neap.  propajena,  sicil.  purpaina. 

S.  Georges,  s.  v.,  Diez,  Et.  Wt.  I  propagine;  s.  o.  S.  443 
plantaginem. 

propitanus  aus  prope,  nach:  prov.  propdä  nahe  (=  prov.  pro- 
benc  =  propinquus). 

S.  o.  Arch.  III  515,  longitauus,  der  mit  demselben  Mittel 
ausgedrückte  Gegensatz.  Das  Ableitungselement  steht  dem 
Provenz.  selbst  nicht  zur  Verfügung. 

Provlncia  (Marx),  nach:  prov.  Provenza,  franz.  Provence. 
Rom.  e  =  lat.  1. 

pröximus    (Marx),    nach:    span.   pröjimo,    (port.    proximo,  cat 
proxim),  prov.  prosme,  altfranz.  proisme,  ital.  prossimo. 
S.  Georges,  s.  v.,  Rom.  o  =  lat.  Ö. 

p rudere  =  prurire,  nach:    port.  pruir,  cat.  pruir,   prov.  pruzer 

pruir,  ital.  prüdere  jucken. 

S.  Georges,  s.  v.,   Diez,  Et.  Wt.  I  prüdere;   s.  o.  S.  449 

proda.     Hier  legt  prov.  z  Zeugnis  für  d  statt  r  ab,  da  z  nur 

-d-,  nicht  -r-  vertritt, 
püguus  (Marx  ü),  nach:    sard.  punzu,  span.  puüo,  port.  punko, 

cat.  puny,  prov.  ponh,  franz.  poing,  rät.  puing,  rum.  pumnu, 

ital.  pugno. 

Prov.  franz.  o  sichern  lat.  ü;  span.  port  ital.  u  ist  durch 

den  mouillierten  n-Laut  bedingt, 
püercellus  -a  aus  puellus  -a,  nach:  (altspan.  puncella  poncella, 

altport.  pucella,  altcat.  punceyla),  prov.  piucella  pieucela,  alt- 


Vulgärlateinischc  Substrate  romanischer  Wörter.       451 

franz.  puceau  pulcelle,  ueufranz.  pucelle,  rät.  purscella  purscel, 
ital.  pulzella  pulcella  (daher  das  rät.  Wort). 

S.  Diez,  Et.  Wt.  I  pulcella.  Nur  in  Gallien.  Diez  legt 
pfillus  zu  Grunde,  dem  aber  ou  in  frz.  poul-ain  u.  a.  im  Wege 
steht.  Es  wird  dabei  auch  das  prov.  piu-  übersehen,  das  auf 
Herkunft  von  puellus  führt.  Wie  die  Volkssprache  in  grüem 
grüs  (s.  Arch.  II  441),  füi  füissem  u.  dgl.  ü  sprach,  so  auch 
in  püellus.  Daraus  bildete  die  Zeit,  die  domnicellus  aus  dominus 
schuf,  ein  püellicellus,  woher  puelcellus.  Diez  belegt  pulicellus 
aus  Urkunden  von  500—511,  Clodvigs  Capitular  und  der  Lex 
Sal.  Daher  im  Süden  Frankreichs  ptulcel,  dann  piueel,  im 
Norden  puleel,  pucel  u.  s.  w.  Hiervon  ist  das  span.  port. 
Wort  entlehnt,  weil  das  Suffix  -cellus  span.  -cillo  lautet;  es 
hob  ebenso  wie  das  Catal.  das  erste  1  dissimilierend  auf. 
Ebenso  schreibt  sich  daher  das  ital.  (nichttoscanische)  Wort, 
wie  insbesondere  die  üblichere  Nebenform  mit  z:  pulzella, 
die  in  franz.,  nicht  aber  ital.  Weise  lat.  c  vor  e  wiedergiebt, 
verrat. 

ilejum  für  pülegium,  nach:  sard.  puleju,  span.  poleo,  port.  poejo, 
cat.  poli-ol,  neuprov.  poulei-ot,  franz.  pouli-ot,  mundartl.  poli, 
rat.  poley,  ital.  poleggio,  friaul.  poleyutt,  dtsch.  Polei. 

S.  Georges,  s.  v.,  Diez,  Et.  Wt.  I  poleggio.  Rom.  o  = 
lat.  ü. 

ilicem  pulex,  nach:  sard.  puleghe,  span.  pulga,  port.  pulga, 
cat.  pussa,  prov.  puse  piause,  franz.  puce,  rät.  pelisch,  rum. 
purece,  ital.  pulee,  neap.  polece,  sicil.  purci,  venet.  pulese, 
friaul.  puls. 

S.  Georges,  s.  v.,  Diez,  Et.  Wt.  I  pulee.  Der  Ausfall  des  i 
ist  erst  romanisch.  S.  Arch.  II  285  filicem. 
illare  pullus  (Marx),  nach:  span.  pollo  -a,  port.  (daher  polha 
Mädchen),  pollo,  cat.  polla,  prov.  pols,  altfranz.  polle,  franz. 
poule  poulain  u.  s.  w.,  rät.  pul- am  Geflügel,  rum.  puiu,  ital. 
pollo,  pollare  keimen. 

S.  Georges,  s.  v.,  Diez,  Et.  Wt.  n*  pollare,  II0  poulain, 
I  pulcella.  —  Ebenso  ü  bei: 

illicenus,  nach:  sard.  puddighinu,  prov.  pouzi,  altfranz.  pulein, 
franz.  poussin,  ital.  puleino  (neap.  pollecino). 

S.  Georges,  s.  v.,  Diez,  Et.  Wt.  II0  poussin.  Fehlt  in 
Spanien.  Prov.  franz.  o  =  lat.  u;  das  ital.  u  ist  durch  -ci 
der  Endung  bestimmt,  wie  in  arbttscello  zu  arbor  (s.  Arch.  1 242), 


452  ö.  Gröber: 

cticire  =  consuere  u.  a.     Ein  *pullicinus  würde  Italien  noch 
besser  entsprechen, 
pülmonem  pulmo  (Marx  ü),  nach:  sard.  pimone  für  plumoue 
(span.  pulinon,  purt.  puhnäo,  cat.  pulmo),  prov.  polmö,  frauz. 
pouuion,  (rum.  pluniänä),  ital.  polmone. 

S.  Georges,  s.  v.     In  Spanien  (bofe),  Rätien  (lev  lomm) 
andere  Benennungen  neben  dem  Gelehrten  wort.  —  Ebenso  ü  bei: 

pülpa  (Marx),  nach:  sard.  pulpa,  (span.  pulpa),  port.  polpa  (eai 
pulpa),  rum.  pulpä,  ital.  polpa. 

S.  Georges,  s.  v.     Fehlt  Frankreich.     Ebenso  ü: 

pülsare  pülsus  (Marx),  nach:  (sard.  bulzu,  span.  pul  so,  port. 
pulso),  cat.  pols,  prov.  pols  polsar,  franz.  pouls  pousser,  rat 
puls,  rum.  pulsu,  ital.  polso. 

S.  Georges,  s.  v.,  Diez,  Et.  Wt.  I  pulsar.  Das  Zeitwort 
nur  in  Frankreich  in  erbwortmäfsiger  Gestalt.  Das  Substautir 
vom  Provenz.  an.     Ebenso  ü  bei: 

pültem  puls  (Marx),  nach:  span.  puch-es  Brei,  puch-ada  Mehl- 
pflaster, puch-ero  Kochtopf,  cat.  pultres,  altfranz.  pqlture  pou- 
ture  u.  s.  w.,  rät.  pult,  ital.  polta  Brei  u.  s.  w. 

S.  Georges,  s.  v.,  Bomania  IX  579,  Förster  in  Rom.  Ztschr. 
IV  378,  Diez,  Et.  Wt.  IIb  puches.  Das  span.  u  wegen  ch 
(mucho  =  multuin).  Das  sonst  nur  bei  Adj.  auftretende  fraui. 
-ure  =  -ura  (bei  Verben  -e-ure  =  at-ura)  hat  das  sinnver- 
wandte pät-ure  =  pastura  (neben  päte  =  pasta)  berechtigt  er- 
scheinen lassen. 

pülver-  und  pülvus  für  pulvis,  nach:  piuore  (*pluvere),  span. 
polvora  polvo,  port.  pö,  cat.  pols,  prov.  podra  pols,  franz. 
poudre  und  in  pouss-iere,  von  hier  an  pulverem,  rät  pulvra, 
rum.  pulbere,  ital.  polvere. 

S.  Georges,  s.  v.,  Diez,  Et.  Wt.  Ilc  poudre,  W.  Meyer, 
Neutrum  S.  57.  Die  nach  genus  generis  gestaltete  Form  in 
Spanien  und  Frankreich;  rom.  o  =  lat.  ü. 

pümmicem  pumex  (Marx  etc.  U),  nach:  span.  pöniez,  port. 
pomes,  franz.  ponce,  (rum.  pumice),  ital.  pqmice. 

S.  Georges,  s.  v.,  Diez,  Et.  Wt.  IIC  ponce.   Rom.  o  =  lat  u. 

pünetiare  aus  punctum  (Marx  ü),  nach:  span.  punzar  stechen, 
port.  punzar,  cat.  punxar,  franz.  in  poinc-on  Piriem  (=  span. 
punzon),  ital.  ponzare  u.  s.  w.  (daher  dtsch.  punzen). 

Ö.  Diez,  Et.  Wt.  I  punzare,  Ascoli  im  Arch.  glott.  III  344. 


Vulg&rlateiniache  Substrate  romanischer  Wörter.       453 

Bildung  wie  acut-iare,  s.  Arch.  I  235.  Rom.  o  =  lat.  ü;  im 
Span.  Port,  ist  u  durch  -neti-  bedingt. 

inctuni  püngere  (Marx  punctum  püngere),  nach:  sard.  punetu 
punghere,  span.  punto  pungir,  port.  ponto  pungir,  cai  (punto) 
punyir,  prov.  ponch  ponher,  franz.  point  poindre,  ital.  punto 
pnngere,  rum.  im-puntu  a  im-pung. 

S.  Georges,  s.  v.,  Diez,  Et.  Wt.  I  punto.  Rom  o  =  lat.  ü; 
das  sonstige  u  (s.  d.  voranstehende  Wort)  ist  regelrecht  bei 
-nc-  -ng-  in  den  betreffenden  rom.  Sprachen.  Ebenso  ü  bei: 
ppa  =  pupa  (Puppe,  Mädchen),  nach:  prov.  popa,  altfranz. 
ponpe  Brustwarze,  daher  poup-ard  „Säugling"  (vermittelnder 
Begriff  zu  Puppe)  und  poupee  (Puppe,  =  etwas  im  verklei- 
nerten Mafsstabe,  Modell),  rät.  popa  Puppe,  ital.  poppa  Brust- 
warze, poppare  säugen,  piemont  pupa  u.  s.  w. 

S.  Georges,  s.  v.,  Diez,  Et.  Wt.  I  poppa.  Nur  in  Frank- 
reich und  Italien.  Dafs  die  Bedeutung  pup(p)a  =  Brustwarze 
schon  im  Lat.  bestand  und  die  ursprüngliche  war,  ersieht  man 
aus  pup-illa,  die  Pupille;  sie  stellt  dich,  wie  die  Brustwarze 
inmitten  der  Brust,  so  auf  dem  gewölbten  Augapfel  (wenn 
auch  nicht  als  etwas  Hervorstehendes)  dar,  und  konnte  daher 
eine  kleine  pup(p)a  heifsen.  —  Ebenso  ü  bei: 
ppis  (Marx),  nach:  span.  popa,  port.  popa,  cat.  popa,  prov. 
poppa,  franz.  poupe,  ital.  poppa. 

S.  Georges,  s.  v. 
tidus  im  sard.  pudidu,  altspan.  ptfdio  widerlich,  altprov.  put, 
altfranz.    put    stinkend,    schlecht,    (put-ain    verhurt,    put-aine 
Dirne),  ital.  putto  feil,  verbuhlt. 

S.  Georges,  s.  v.,  Diez,  Et.  Wt  I  putto,  Förster  in  Rom. 
Ztschr.  HI  565,  G.  Paris  in  Romania  IX  333  f.  Die  unmittelbare 
Abkunft  des  ital.  putto  aus  dem  lat.  Wort  ist  nach  netto  = 
nitidus  (s.  Arch.  IV  133)  und  ein  paar  andern  ähnlichen  Fällen, 
durchaus  möglich;  aber  bei  dem  Fehlen  des  Wortes  in  den 
ital.  Mundarten,  bei  der  Verwendung  von  putto  nur  im  abge- 
eiteten  Sinn,  und  bei  der  Herübernahme  der  Ableitung  putt- 
ina,  Dirne,  aus  der  franz.  Sprache  (put-aine)  nicht  durchaus 
sicher.  Den  Sinn  des  lat.  putidus  giebt  eine  Ableitung:  puzzo 
«=  puzzato)  und  puzzare  =  *putidiare  (vgl.  olezzare,  =  daher 
)lezzo  wohlriechend,  von  *olid-iarc  aus  olidus)  im  Ital.  wieder. 
Oer  in  Frankreich  heimische  Begriff  und  Name  putaine  putain 
lat  Ratien  (putanna)  wie  Spanien  (putana)  erreicht,  und  auch 


454    G.  Gröber:  Vulgärlateinische  Substrate  roman.  Wörter. 

das  einfache  franz.  put,  -e  führt  Spanien  als  puto  -a,  Lustknabe, 
-mädchen  weiter  (ebenso  portug.).  Es  wäre  mithin  das  lat. 
putidus  selbst  nur  in  Spanien  und  Frankreich  verblieben.  - 
Verschieden  davon  ist  das  ital.  putto  Knabe,  putta  Mädchen, 
das  erst  in  der  Zeit  der  Renaissance  erscheint,  und  speziell 
von  den  Genien  auf  Bildern  gesagt  wird.  Es  ist  offenbar  das 
virgilische   pütus  (Plautus:   pütillus)   und    gelehrtes  Lehnwort. 

(Wird  fortgesetzt.) 

Strafsburg  i.  E.  G.  Gröber. 

Viscera  =  membra. 

Georges7  verzeichnet  unter  viscus  I,  B  als  weiteste  körperliche 
Bedeutung  von  viscera  „das  Fleisch,  insofern  es  mit  Haut  bedeckt 
ist11.  Der  dichterische  Gebrauch*  der  späteren  Zeit  geht  darüber  ge- 
legentlich weit  hinaus  uud  verwendet  viscera  nicht  nur  schlechthin 
für  membra,  sondern  sogar  mit  besonderer  Beziehung  auf  die  Extre- 
mitäten. So  lesen  wir  bei  Sedulius  C.  P.  V,  284  ff.  iam  Spiritus 
artus  |  liquerat  ad  tempus,  patulo  iam  frigida  ligno  \  viscera  pendebad 
et  adhuc  furor  arma  ministrans  \  cuspide  perfossum  violat  latus.  Die 
Prosaumschreibung  bietet  einfach  membra  pendebantj  im  Verse  weißt 
die  Bezeichnung  des  Holzes  als  paiulas  zwingend  auf  die  ausgebrei- 
teten Arme.  Dieselbe  Bedeutung  tritt  noch  klarer  hervor  bei  Venan- 
tius  Fortunatus.  Die  zweite  Strophe  seines  Hymnus:  Vexiüa  regis 
prodeunt  lautet:  confixa  clavis  viscera,  \  tendens  manus  vestigia  |  rtd- 
emptionis  gratia  \  hie  immolaia  est  hostia.  (Nebenher  bemerkt  kann 
die  Konstruktion  Kaysers  (ßeitr.  zur  Gesch.  u.  Erkl.  d.  ältesten 
Kirchenhymnen2,  401 J,  der  confixa  viscera  neben  manus  vestigia  von 
tendes  abhängen  läfst,  und  Leos  Interpunktion  —  Gedankenstrich 
hinter  tendens  —  aus  inneren  und  äufseren  Gründen  nicht  richtig 
sein:  vielmehr  ist  auch  confixa  parallel  zum  folgenden  tendens  als 
Attribut  von  hostia,  viscera  aber  als  sogen.  Beziehungsaccusativ  an- 
zusehen, wie  schon  das  Vorbild  unserer  Stelle,  Iuvenc.  I,  733  (iuvenis) 
confixus  viscera  tobe,  erkennen  läfst.)  Kayser  versucht  hier  viscera 
als  Opferfleisch  zu  erklären,  eine  Auffassung,  welche  der  Zusatz 
frigida  bei  Sedulius  hinreichend  widerlegt.  Die  Erweiterung  des  Be- 
griffes scheint  mir  vielmehr  von  Brust  und  Armen  ausgegangen  zu 
sein.  Auf  der  Grenze  stehen  bereits  Stellen,  wie  Statins  Silv.  III  5,  30, 
wo  die  Gattin  den  Kranz  dos  gekrönten  Dichters  küfst,  tnc  —  indu- 
tum  Cacsaris  auro  visceribus  complexa  tuis,  —  denn  nur  an  eine 
begrüfsende  Umarmung  dos  heimkehrenden  Gatten  kann  gedacht 
werden  —  und  Silv.  V  5,  8,  wo  der  jugendliche  Liebling  des 
Dichters  verscheidet,  morientibusi  eecc  lacertis  viscera  nostra  tenens 
animamque. 

Braunschweig.  Wilhelm  Brandes. 


Die  lateinischen  Adverhia  auf  -iter. 

Über  die  Herkunft  der  eigentümlichen  lateinischen  Adverbial- 
bildung mit  -iter,  -ter  hat  die  ältere  vergleichende  Sprachwissen- 
schaft nur  solche  Hypothesen  vorgebracht,  die  heute  ohne  weiteres 
als  unbrauchbar  erscheinen.  Die  jüngeren  Forscher  mit  ihrem 
geringeren  Wagemut  sind  an  der  crux  meist  wie  an  einem  Kräut- 
lern Rührmichnichtan  stillschweigend  vorübergegangen.  Ich  bin 
im  Begriff,  eine  Lösung  des  Problems  vorzuschlagen,  die  hoffent- 
lich den  Nagel  auf  den  Kopf  trifft,  jedenfalls  dem  Leser  über- 
raschend vorkommen  wird. 

Brev-iter  describere  Cic.  ist  ckurz-weg  beschreiben',  long- 
iter  errat  Lucr.  3,  674  'irrt  einen  laugen  Weg  dahin',  cclcr- 
iter  mittere  Cic.  Schnellen  Weges  schicken',  simplic-itcr  ex- 
pönere  Cic.  cschlecht-weg  auseinandersetzen'.  Wie  kann  man 
das  bei  Cicero  beliebte  hreviter  simpliciterque  dlcerc  (Arch.  12. 
oflf.  2,  9)  besser  verdeutschen  als  durch  'kurzweg  und  schlecht- 
weg sagen'?  Denn  iter  simplex  wird  gesagt,  wie  breve  iterf 
jenes  z.  B.  bei  Cic.  nat.  deor.  2,  57.  —  Des  Gellius'  agitärc  vin- 
demiatn  amoen-iter  (noct.  Att.  20,  8,  1),  gleichsam  *wonnigen 
Weges  herbsten',  und  andererseits  moll-itcr  'auf  sanftem 
Wege',  welches  man  an  Beispielen  wie  molliter  sustinc  niv, 
cave  ne  cadam  Plaut.  Pseud.  1296,  quod  ferendum  est  molliter 
sapienti  Cic.  senect.  2  sich  veranschaulichen  mag,  stellen  sich  in 
das  Licht  der  bei  Quint.  inst.  4,  2,  46  vorkommenden  Verbindung 
amoenum  ac  molle  iter;  vgl.  auch  mollior  et  magis  trlta  via 
Quint.,  volo  id  quam  mollissimd  viä  cönsequi  'auf  die  schonendste 
Weise'  Liv.  —  Das  dür-iter  kann  als  'harten  Weges,  auf  müh- 
samem Pfade'  gefafst  werden  in  vltam  düriter  ag'ebat  Ter.  Andr. 
1,  1,  47,  parce  ac  düriter  se  Jiabere  id.  Ad.  1,  1,  20,  düriter  me 
habere  Nov.  b.  Non.  p.  512,  düriter  vös  cducüvit  atqtic  aspere 
Caecil.  b.  Non.  ibid.,  quam  düriter  nunc  cönsub)  tergö  meo  Afran. 
b.  Non.  ibid.,  membra  moventes  düriter  Lucr.  5,  1400,  verbts  du- 


456  H.  Osthoff: 

riter  aliunde  tränslätls  Cornif.  rhet.  4,  10, 15;  es  ist  dann  düriter 
anzuschliefsen  an  weit  iter  durum  pietäs  Verg.  Aen.  6,  688,  iter 
naque  impervium  neque  saltem  durum  Quint.  inst.  12,  11,  11.  - 
Dem  sollemn-iter  mögen  wir  die  Bedeutung  'auf  feierlichem 
Wege'  geben  auf  Grund  von  iter  sollemne  Cic.  Mil.  10.  - 
Pröcllv-iter  ist  zwanglos  =  procllve  iter,  geinäfs  via  pro- 
cllvis  Liv.  (Georges  lat.-deutsch.  Handwörterbuch  II7  1735).  — 
Audi  selbst  bei  effieäc-iter  wird  an  die  Möglichkeit  der  Deu- 
tung 'auf  wirksamem  Wege*  gemahnt  und  die  Anreihung  an 
die  Musterbeispiele  breviter,  longiter  nahe  gelegt  durch  das  bekannte 
wohl  schon  den  Alten  als  'geflügeltes  Wort9  dienende  longum 
iter  est  per  praeeepta,  breve  et  effieäx  per  exempla  Sen.  epist 
1,  6,  5.  —  Eins  der  am  frühesten  bezeugten  von  unseren  Adverbia 
ist  das  schon  aus  Liv.  Andron.  angeführte  aequ-iter;  ein  aequum 
iter  'ebener  Weg,  gleich müfsig  dahingehender  Weg*  würde,  wie 
auch  aequälc  iter  als  die  Grundlage  von  äequäl-itcr,  sicher 
nicht  unlateinisch  sein. 

Dafs  die  Wörter  für  'Weg,  Gang',  wie  gerade  Weg  im 
gesamten  germanischen  Sprachgebiet,  metaphorisch  zur  Bezeich- 
nung der  Begriffe  'Verfahrungsweise,  Methode,  Art  und  Weise', 
auch  'Mittel,  Mittel  und  Wege',  'Verlauf  einer  Sache"  u.  dergl. 
gelangen,  ist  eine  aus  sehr  vielen  Sprachen  bekannte  bedeutungs- 
geschichtliche  Thatsache,  für  die  es  hier  genügt,  auf  den  dieser- 
artigen  Gebrauch  von  lat.  (und  romanisch)  via,  cursus,  griech. 
ddög  und  pifr-odog  (unser  Methode),  itÖQog,  franz.  cJwmin  zu  ver- 
weisen. Auch  iter,  das  wir  eben  in  den  Adverbien  suchen,  ist 
in  solcher  Verwendung  ja  dem  Latein  geläufig;  man  erinnere 
sich  nur  an  patiämur  illum  Ire  nostris  itineribus  Cic,  natura* 
sub  quodam  itinere  ad  ultimum  pervenire  Cic,  duo  itinera 
audendl  Tac,  nows  et  exquisites  eloquentiae  itineribus  opus  est 
Tac,  iter  amoris  nostrl  et  officil  tnci  Plin.  und  anderes  leichten 
Weges  in  den  Wörterbüchern  zu  Findendes.  Beiläufig  erwähne 
ich  auch,  dafs  das  mit  lat.  i-ter  wurzelverwandte  aind.  e-va-s  m. 
'Lauf,  Gang'  nach  vedischem  Sprachgebrauche  im  Instrum.  plur. 
evaish  ausdrückt:  'nach  der  Handlungsweise,  nach  Gewohnheit, 
in  gewohnter  Weise'  ( Böhtlingk-Roth  Sanskritwörterb.  I  1101, 
Grafsniann  Wörterb.  z.  Rigv.  303). 

Die  Gruppe  der  lat.  brev-iter  und  Genossen  ist  schöpferisch 
geworden,  sodafs  hier  der  Prozefs  der  Suffixbildung  abgeschlossen 
vorliegt.     Unsere  kurzweg,  schlccid-weg ,  ferner  durch-weg,  frisch- 


Die  lateinischen  Adverbia  auf  -iter.  457 

weg,  JicUb-weg,  leicht-weg,  rund-tceg,  schlank-toeg  bergen  auch  den 
Accusativ  in  adverbialer  Erstarrung;  den  des  Plurals  alle-wcrße 
(wie  engl,  cdways,  im  romanischen  ital.  tuttavia,  span.  todas 
vias,  franz.  toutes  wies)  und  halb-tcege,  wofür  noch  bei  Goethe 
halbe-tvege  (vgl.  Mor.  Heyne  in  Grimms  deutsch.  Wörterb.  II  2, 
218  f.).  Aber  diese  deutschen  Zusammenrückungen  nebst  den 
hinzukommenden  genitivischen  gerades-wegs,  haJb-wegs,  Tceines-wegs 
sind  noch  loserer  Art,  der  Prozefs  der  Suffixbildung  ist  hier  erst 
im  Werden,  und  es  kann  fraglich  erscheinen,  ob  in  unserer 
Sprache  jemals  ein  solches  Heer  von  nachgeschaffenen  Analogie- 
bildungen mit  -weg,  -wegs  zu  stände  kommen  wird,  wie  bei  der 
in  Parallele  stehenden  lateinischen  Formenkategorie.  In  dem 
deutschen  Falle  nähert  sich  das  zweite  Glied  der  „Juxtaposi- 
tionen"  erst  dem  Charakter  eines  Suffixes,  lai  -iter  hat  denselben 
erreicht. 

Indem  Paul  Princip.  d.  Sprachgesch.2  294  ff.  scharfsinnig  und 
umsichtig  die  Bedingungen  uud  Umstände  erläutert-,  unter  denen 
Ableitungssuffixe  ins  Leben  treten,  bemerkt  er  unter  anderm: 
'Dieselben  entstehen  anfänglich  stets  so,  dass  ein  Kompositions- 
glied die  Fühlung  mit  dem  ursprünglich  identischen  einfachen 
Worte  verliert.  Es  mufs  aber  noch  mehreres  andere  hinzu- 
kommen, damit  ein  wortbildendes  Element  entsteht.  Erstlich 
muXs  das  andere  Glied  etymologisch  klar  sein,  mit  einem  ver- 
wandten Worte  oder  einer  verwandten  Wortgruppe  associiert 
sein,  was  z.  B.  bei  Adler ;  Wimper  nicht  der  Fall  ist.  Zweitens 
mufs  das  Element  nicht  blofs  in  vereinzelten  Wortern  auftreten 
(wie  in  Nachbar,  Bräutigam),  sondern  in  einer  Gruppe  von 
Wortern  und  in  allen  mit  gleicher  Bedeutung.  Sind  diese  beiden 
Bedingungen  erfüllt,  so  kann  die  Gruppe  schöpferisch  werden 
und  sich  durch  Neuschöpfungen  nach  den  auf  dem  Wege  der 
Komposition  entstandenen  Mustern  vermehren.  Es  mufs  dann 
aber  drittens  noch  die  Bedeutung  des  betreffenden  Kompositions- 
gliedes entweder  schon  im  Simplex  eine  gewisse  abstrakte  All- 
gemeinheit haben  (wie  Wesen,  Eigenschaft,  Thun)  oder  sich 
innerhalb  der  Komposition  aus  der  individuelleren,  sinnlicheren 
des  Simplex  entwickeln.  Dieser  letztere  Umstand  kann  sogar 
unter  Umständen  entscheidend  sein,  wenn  auch"  das  Gefühl  des 
Zusammenhangs  mit  dem  Simplex  noch  nicht  ganz  verloren  ist.' 

Alle  diese  Momente  treffen  bis  ins  Einzelnste  zu  bei  dem 
Ursprünge  des  lat.  durchgehenden  Adverbialsuffixes  -iter  aus  dem 

Archiv  für  Ul  Lexikogr.  IV.    Heft  3.  4. 


458  H.  Osthoff: 

Subst.  iter  'Weg',  sodafs  dieser  lat.  Wortschöpfungsfall  fortan  wohl 
mit  zu  den  Illustrationen  der  Paulschen  Sätze  wird  gehören  können. 
Nahe  liegt  auch  die  Vergleichung  mit  dem  romanischen  -wettie 
aus  dem  Abi.  sing.  lat.  mente.  Hier  ist  das  nur  noch  rein  forma- 
tive  Wesen  des  Ableitungselementes  fertig  entwickelt,  seitdem 
'durch  die  Analogie  Bildungsweisen  geschaffen  werden,  die  als 
Composita  undenkbar  sind'.  Kann  man  zwar  noch  franz.  fim- 
ment,  siticire-ment  als  ferä  mente,  sincerä  mente  auffassen,  nicht 
so  jedoch  mehr  ein  receni-ment  (recente  mente),  nullc-meni  (nuttä 
mente)  u.  dgl.  (Paul  a.  a.  0.  295),  so  ist  auch  die  Widersinnigkeit 
eines  amabüc  iter,  fidele  iter,  avärum  iter,  vollends  eines  amteum 
iter  oder  memar  iter,  neben  amabil-iter,  fidel-iter,  avär-iter,  amic-iter, 
metnor-iter  das  Kennzeichen  der  zum  Abschlufs  gelangten  Suffix- 
bildung. 

Noch  bleiben  einige  das  Formale  betreffende  Fragen  zu  er- 
ledigen übrig. 

Am  leichtesten  fügen  sich  der  Auffassung  als  Juxtaposita 
mit  iter  *Weg'  die  von  adjektivischen  t-Stämmen  mit  Neutr.  sing, 
auf  -e  ausgehenden  Advcrbia.  Also:  äcriter,  alacriter,  bremkr, 
celeriter7  cofnmüniter,  dulciter,  fortiter,  granditer,  graviter,  immänikr, 
inäniter,  insigniter,  iügiter,  leniter,  leniter,  molliter,  muliehriter,  pin- 
guiter,  pröcliviter,  salübriter,  segniter,  sollemniter,  suäviter,  tenuiter, 
turpiter;  familiäriter,  mllitäriter,  populäriter,  singuläriter,  vulgäriier; 
aeqaäliter,  capitäliter,  fdtäliter,  immortäliter ,  nätürälitcr,  quäliter, 
regäliter,  tälitcr:  crudeliter,  fideliier;  aniliter,  clwliter,  exiliter,  hosti- 
liier,  sübtlliter,  viliter;  diffieiliter,  facUiter,  fertiliter,  humiliter,  simi- 
liier,  ütäitcr;  admlräbiliter,  aequabiliter,  amabilitcr,  innumcralrililtr< 
laudähiliter,  notäbilitcr,  placäbiliter;  debiliter,  flebüiter;  arldtbiliter; 
möbilitcr,  nobiliter  u.  s.  w.  Wie  man  sieht,  eine  sehr  stattliche 
Reihe.  Es  ist,  wie  niemand  bezweifeln  wird,  brev'  iter  die  Aus- 
sprache gewesen,  die  breve  iUyr  im  sermo  des  gewöhnlichen  Lebens 
bei  raschem  und  engem  Aneinanderschliefsen  des  Adjectivs  und 
des  hinterdrein  folgenden  Substantivs  hatte. 

Zu  adjektivischen  o-Stämmen,  Neutr.  sing,  -um,  gehören  u.  a. 
(ich  treffe  eine  Auswahl  nach  Neue  Formenl.  II2  653  ff.):  aeqmfaj 
amUiter,  amoenittr,  ampliter,  avärüer,  blanditcr,  crebriter,  düriter, 
ßrmitcr,  hütnäniter,  igmvüer,  irtfiümänüer,  largiter,  Umgiter,  mot' 
stiter,  miseriter,  munditer,  nävitcr  (gnäviter),  primiter,  probiter,  prägna- 
nter, protervitcr,  püriter,  saeviter,  severiter,  sinceriter,  torviter,  ünitcr. 

Auch  bei  diesen  kann  der  Typus  noch  wohl  von  einfacher 


Die  lateinischen  Adverbia  auf  -iter.  459 

Zusammenrückung  der  neutralen  Adjektivform  mit  iter  und  daraus 
sich  ergebender  Einverleibung  des  letzteren  ausgegangen  sein: 
lomuf  iter  aus  *hngo(m)  iter  nach  bekannter  frühzeitiger  Auf- 
lösung des  intervokalischen  labialen  Nasals.  Zwar  für  die  Sprache 
der  Poesie  und  wohl  auch  des  in  feierlicherem  Tempo  einher- 
schreitenden  rednerischen  Vortrags  ist  aus  Zeugnissen  der  Alten 
selbst  zu  entnehmen,  dafs  bei  der  scheinbaren  Elision  auch  der 
erste  Vokal  schwach  gehört  wurde  (vgl.  W.  Christ  Metrik  d. 
Griech.  u.  Rom.2  33);  es  mag  da  etwa  longo  iter  wie  auch  brevr 
üer9  mit  unsilbisch  oder  konsonantisch  gewordenem  o  (beziehungs- 
weise spater  u)  und  j?,  geklungen  haben.  Indes  die  alltägliche 
Umgangssprache  blieb  bei  solchem  Grade  der  Verschmelzung 
eng  zusammengehöriger  Satzelemente  höchst  wahrscheinlich  nicht 
stehen;  das  beweisen  anim'  adwrtcre  und  vcn'  irr  =  venum  Ire 
klärlich.  Wie  diese  aus  der  Umgangssprache  ins  Hoch lat ein 
Aufnahme  fanden ,  so  wäre  das  Gleiche  unbedenklich  auch  von 
den  zu  adverbialen  Einheiten  festgewachsenen  Redetypen  wie 
long'  iter  zu  behaupten.*) 

Übrigens  waren  die  an  Zahl  nicht  sehr  wenigen  Adverbia 
auf  -iter  zu  Adjektiven  auf  -ms,  -a,  -um  (-er,  -ra,  -rutn  und  -cra, 
~era,  -erum)  dem  Gebrauche  der  klassischen  Prosa  bekanntlich  — 
bis  auf  verschwindend  wenige  Reste,  wie  etwa  firmiter,  hütnaniter, 
mhümäniter,  perhümäniter,  largiter,  (g)näviter}  ignäviter  —  fremd 
geblieben  oder,  richtiger  gesagt,  abhanden  gekommen;  sie  finden 
sich  Vorzüglich  bei  den  älteren  Dichtern  [Plautus,  Terenz,  Ennius 
u.  a.l  und  bei  ihren  späteren  Nachahmern',  wofür  die  Belege  bei 
Neue  a.  a.  0.  gegeben  werden.  Es  hatte  eben  diese  Gruppe  einen 
glücklicheren  Konkurrenten  an  den  altererbten  ablativischen  Formen 
auf  -e,  altlat.  -cd  (facilnmed,  wie  osk.  amprufid).  Freilich  wird 
man  sagen:  aber  auch  die  Bildungen  auf  -iter  von  adjektivischen 

*)  Die  oben  erwähnten  Erscheinungen  legen  auch  den  Gedanken  nahe, 
dafs  nihil  und  nön  eigentlich  auf  die  vor  folgendem  Vokal  entstandenen 
Gestaltungen  der  alten  Vollformen  *ni-liilum,  n-oenum  zurückgehen.  Indem 
dann  antevokalisches  *nihiV  spater  auch  vor  Konsonanten  und  in  pausa 
gesetzt  wurde,  erlitt  es  in  solcher  Stellung  die  Verkürzung  zu  niliil,  was 
dann  auf  das  noch  daneben  bestehende  *nihilum  den  Einflnfs  hatte,  dafs 
dieses  analogisch  nach  nihil  sein  i  verkürzte,  daher  nütilutn.  Bei  noenum 
entsprang  zunächst  antevokalisch  ein  *nocn.  Letzteres  auf  die  antekonso- 
nantischen  Stellungen  übertragen  ergab  hier  die  Komprimierung  zu  nön, 
denn  anderweitig  dürfte  der  eigentümliche  Lautwandel  von  o«  zu  ö,  der 
beispiellos  ist,  kaum  zu  motivieren  sein. 


460  H.  Osthoff: 

«'-Stammen  der  sogenannten  dritten  Deklination  hatten  einen 
Rivalen  an  der  adverbial  gesetzten  Neutralform  auf  -e,  und  von 
diesen  sind  ja  auch  einige,  wenngleich  sehr  wenige,  Exemplare 
dem  Prosagebrauch  der  klassischen  Latinität  verblieben;  facüe 
und  impüne  nämlich,  da  das  sublime  bei  Cicero,  Livius,  Plinius  u.  a. 
abweichend  von  dem  sublime  der  Dichter  (Lucr.,  Verg.)  ein  sub- 
lime sein  kann  als  zu  der  Nebenform  des  Adjektivs  sublimus 
gehörig,  ebenso  hilare  bei  Prosaikern  (Cic,  Tac,  Suet,  Gell) 
von  hüarus  kommen  mag.  Vgl.  Neue  a.  a.  0.  658  ff.  Indes  es 
herrscht  doch  ein  Unterschied  zwischen  den  beiden  Konkurrenz- 
fallen. Eine  alte  Casusform  eines  Nominalparadigmas  hat  dann 
mehr  Aussicht,  im  adverbialen  Gebrauche  fortzuleben,  wenn  sie 
als  Casusform  erstarrt  den  Anschlufs  an  den  paradigmatischen 
Verband  verloren  hat.  Eine  solche  'isolierte  Form*  war  aber 
die  ablativische  auf  *c(d);  während  cdere,  dulce,  grave,  iüge,  suäve 
u.  dgl.,  weil  sie  zugleich  Neutr.  sing,  waren,  darum  dem  dichte- 
rischen Freiheits-  und  Versbedürfnisse  als  Adverbia  zwar  vor- 
behalten blieben,  der  Prosarede  aber  weniger  genehm  waren,  die 
Formen  heischte,  welche  im  Gegensatz  zu  andern  deutlich  als 
einer  bestimmten  Begriffskategorie  dienend  charakterisiert  waren. 

Es  kommen  an  die  Reihe  die  Bildungen  auf  -iter  von 
Konsonantstämmen  der  Adjektiva  dritter  Deklination,  die  für  den 
Nom.  sing,  aller  drei  Genera  nur  eine  einzige  Form  haben  und 
diese  auch  für  das  Neutr.  sing,  im  Acc.  verwenden.  Derartige 
also  wie:  cmdäciter,  efficäciter,  falläciter,  feräcüer,  loquäciter,  mendä- 
cüer,  minäciter,  mordäcitcr,  pertinäciter,  pervicäciter,  pugnäciter, 
rapäciter,  tcnäciter,  viväciter,  voräciter;  atröciter,  feröcüer,  velöciter; 
fcllciter,  pemlciter;  dupliciter,  multipliciter,  simplicitcr,  supplicüer, 
tripliciter;  concorditer,  misericorditer,  vecordüer;  praecipiter;  memor- 
iter,  pariter. 

An  sich  steht  nichts  im  Wege,  diese  samt  und  sonders  als 
Analogiebildungen  nach  Mustern  von  der  Gruppe,  für  die  uns 
brev-itcr  der  Hauptrepräsentant  ist,  zu  betrachten.  Und  das 
stünde  ja  nur  im  Einklang  mit  dem  ganzen  bekannten  historischen 
Verhältnis  der  konsonantischen  lat.  Deklination  zu  der  der 
i-Stäinme.  Gerade  beim  Adjektiv  ist  ja  die  Abhängigkeit  der 
Flexion  der  Konsonantstämme  von  derjenigen  der  auf  -i-  aas- 
lautenden Themen  eine  besonders  grofse,  insofern  als  hier  t-Casus- 
bildungen  wie  der  Abi.  sing,  auf  -»,  das  Neutr.  plur.  auf  -iay  der 
Gen.   plur.   auf   -tum   an   der   Tagesordnung   sind,   wo   im   entr 


Die  lateinischen  Adverbia  auf  -iter.  461 

sprechenden  Falle  der  substantivische  konsonantisch  ausgehende 
3tamm  die  Angleichung  an  die  i-Deklination  noch  verschmäht. 
Vgl.  Verf.  Forschungen  im  Geb.  d.  indog.  nomin.  Stammbild.  II 38 ff. 

Nichtsdestoweniger  verdient  hier  eine  andere  Ansicht  der 
Sache  ebenfalls  Erwägung.  In  solchen  Wörtern  dieser  Gruppe, 
>ei  denen  das  Suffix  -iter  gemäfs  der  Verbindungsfahigkeit  des 
Idjektivbegriffes  mit  iter  ^Weg  wohl  noch  nicht  von  vorneherein 
Ha  •Suffix'  angetreten  sein  mag,  also  vor  allem  in  efficäc-iter 
ind  simplic-iter,  dürften  vielleicht  auch  wohl  die  alten  des  -s  noch 
ermangelnden  Neutralformen  der  adjektivischen  Eonsonantstämme 
stecken.  Denn  diese  müssen  ja  eben  *efficäc,  *simplec  (=  *simplic 
for  Vokal)  gewesen  sein,  bevor,  um  mit  Pott  in  seinem  Artikel 
Geschlecht'  Ersch  u.  Grubers  Encyklop.  S.  402  b.  zu  reden,  cder 
•ömische  Sprachgeist'  mit  der  'Einschwärzung'  des  geschlechtigen 
STominativ-5  in  das  Neutr.  sing,  und  'sogar  (mirabile  dictu!)  in 
len  Acc'  jene  'derbe  Ohrfeige  sich  selber  verabreichte',  die 
3rugmann  Kuhns  Zeitschr.  XXIV  42  zu  motivieren  versucht  hat. 
Zwar  auf  die  vermeintlichen  Spuren  solcher  ursprünglich  5- losen 
STeutralformen  in  Plautinischen  Messungen  wie  duplex  Bacch.  641, 
las  =  *duplcc  wäre  (Böcheler-Windekilde  Grundr.  d.  lat  Dekl. 
$21  S.  11,  Fr.  Stolz  Handb.  d.  klass.  Altertumswiss.  II  205),  ist 
lerzlich  wenig  zu  geben.  Jedoch  es  zeigt  sich  der  Prozefs  der 
Suffixbildung  von  -iter  schon  beim  Beginn  der  lateinischen  Littera- 
ur  vollkommen  abgeschlossen;  er  raufs  mithin,  da  solche  Ent- 
vickelungen  naturgemäfs  lange  Zeiträume  brauchen,  in  einer 
rerhältnismäfsig  sehr  frühen  Periode  seinen  Anfang  genommen 
laben.  Und  für  eine  so  alte  Zeit  noch  Neutralformen  wie 
*efficäc,  *simplec  vorauszusetzen,  hätte  kaum  etwas  Anstöfsiges. 
iVenn  pär-iter,  was  die  Denkbarkeit  eines  iter  pär  wohl  zuliefse 
vgl.  oben  S.  456  über  aeqttiter),  mit  zu  dem  Grundbestande  der 
faxtaposita  und  späteren  Adverbia  gehört  haben  sollte,  konnte 
is  ein  altes  Neutr.  sing.  *pär  (beziehungsweise  auch  *pä$)  ent- 
talten,  das  zu  pär  (*piis)  Masc.  Fem.  sich  verhielte,  wie  im 
griechischen  6aq>eg,  eldog^  unaroQ,  evdaifiov  zu  den  geschlechtigen 
tfom.-sing.-Formen  auf  -?}g,  -<6$,  -op,  -cov. 

Nur  eine  Appendix  der  vorhergehenden  Gruppe  bilden  die 
adverbia  von  Konsonantstämmen,  denen  das  ~i-  von  -iter  fehlt: 
ludäcter;  inerter,  sollerter;  arroganter,  cvnstantcr,  eleganter,  petu- 
anter,  praestanter,  vacanter,  vigilanter;  andenter,  clementer,  cmenter, 
tUigenter,  flörenter,  framhdenter,  freqnenter,  insolenter,  lubenter,  lü- 


462  H.  Oethoff: 

ctdenter,  magnifxoenter,  negligenter,  nocenter,  opulenter,  patienter,  poten- 
ter, prüdenter,  pudenter  (impudenter),  recenter,  sapienter  (insipienter), 
temulenter,  turbulenter,  valenter,  vehementer,  violcntcr  u.  a.  mehr. 

Dafs  das  -i-  hier  nie  vorhanden  gewesen  sei,  werden 
wohl  nur  wenige  angenommen  haben.  Obwohl  die  Ansetzung 
einer  i/leichung  brevi-ter:  brevi-s  =  audäc-ter:  audäcs  auf  den 
ersten  Blick  etwas  Scheinbares  für  sich  hätte,  scheitert  sie  doch 
an  der  Konsequenz,  dafs  alle  übrigen  Bildungen  dieses  Typus, 
inerter,  soüerter  und  die  sämtlichen  auf  -anter,  enter,  für  Analogie- 
schöpfungen nach  dem  einzigen  audäcter  —  etwa  mit  Hilfe  einer 
Parallele  audäc-:  audäc-ter  =  frequent-:  *frequen(hter  d.  i.  frequenter 
—  erklärt  werden  müfsten.  Denn  altes  -ter  könnten  die  soüerter, 
arroganter,  insolenter  und  Genossen  nicht  gehabt  haben,  da  dann 
bekanntlich,  nach  versus,  seänsum,  sensus  u.  dgl.,  für  -tt-  ein  -s- 
^  erscheinen  uiüfste.  Und  nach  brevi-ter,  wenn  man  diese  Analogie 
geltend  machen  wollte,  wären  eben  höchstwahrscheinlich  nur 
Formen  wie  *  arrogant- iter,  *insolent-itcr  entsprungen,  demgemäCs 
wie  die  Casus  auf  -ia  Neutr.  plur.,  -ium  Gen.  plur.  und  zumal 
-ibits  Dat.-Abl.  plur.  bei  den  Adjektiven  arrogäns,  insolens  an- 
erkanntermafsen  Formübertragungen  von  den  entsprechenden 
Casus  der  Nomina  brevi-s,  communis  u.  s.  w.  sind. 

Gehen  wir  auch  hier  davon  aus,  dafs  ursprünglich  -iter  *-weg; 
-wegs'  sich  angefügt  habe,  so  löst  sich  alles  trotz  scheinbarer 
Schwierigkeiten  in  befriedigender  Weise. 

Zunächst  hat  es  mit  den  beiden  inerter,  sollerter  seine  eigene 
Bewandtnis.  Das  Nomen  ars  Fem.  aus  *ar-ti-s  gehörte  vermöge 
seiner  Stammbildung  von  Hause  aus  der  t-Deklination  an  (Gen. 
plur.  arti-um);  also  hatten  die  adjektivischen  Komposita  einmal 
die  neutralen  Singularformen  *in-erte,  *soll-erte.  Die  für  die  Ad- 
verbia  zu  rekonstruierenden  Grundformen  auf  -iter  waren  folglich 
hinsichtlich  ihres  Ursprunges  wie  brev-iter  zu  bemessen:  *soUerP 
iter  aus  *sollerte  iter. 

Unter  den  zahlreicheren  auf  -anter,  -enter  könnten  etwa  de- 
menter, frequenter  und  recenter  zu  den  ältesten  Gebilden  und  Be- 
gründern dieses  Typus  gehört  haben.  In  *clement-iter,  *frequcnt' 
iter,  *recent-iter  wären  die  Anfangsglieder  auf  -ent  wiederum  für 
die  genuinen  alten  Formen  des  Neutr.  sing,  der  Adjektive  zn 
halten.  Soweit  die  Bedeutung  in  Betracht  kommt,  wäre  *recent- 
iter  eigentlich  'frisch-wegs,  recenti  via9;  unser  frisch-tveg  hat  sich 
nur  in  etwas   anderem  Sinne  festgesetzt     Frequens  als  Beiwort 


Die  lateinischen  Adverbia  auf  -iter.  463 

ron  iter  erscheint  bei  Quintilian  decl.  (nach  Georges  Haiid- 
Brörterb.  I7  2635):  frequentissimum  rotis  iter;  frequens  via 
bat  Ovid  ars  am.  1,  585.  586.  Was  Clemens  anbetrifft,  so  hat 
man  bereits  mit  vollem  Recht  als  dessen  ursprüngliche  Bedeu- 
tung den  sinnlichen  Begriff  von  'gemach  aufsteigend,  sanft  ge- 
leigt',  von  Lokalitäten,  festgestellt  und  durch  Anschlufs  des 
Wortes  an  die  Sippe  clinärc,  re-cllnis,  divus,  ac-divis  etymologisch 
in  begründen  gesucht;  vgl.  Breal  mem.  de  la  soc.  de  linguist. 
H  248  ff.,  Breal-Bailly  dict.  etymol.  lat.  45  a.  Dieser  Sinn  kommt 
lamentlich  dem  Adv.  dementer,  und  mit  Vorliebe  in  der  Sprache 
les  Tacitus,  zu:  colles  clementer  assurgentes  Tac.  ann.  13,  38, 
ff  qua  clementer  accedi  poterant  id.  ann.  12,  33,  moUl  et  demen- 
ter editö  montis  Äbnöbae  iugö  id  Germ.  1,  exploräri  $1  qua  Apen- 
rtm  iuga  clementius  adwentur  id.  hist.  3,  52;  dazu  vgl.  noch 
xMem  clementer  et  molliter  assurgentem  Col.  2,  2,  clementer 
idö  colle  Sen.  Oed.  285  rec.  Leo,  dementer  crescentc  iugö  Sil.  1, 
}74.*)  Also  mochte  auch  ein  cUmens  iter,  obzwar  ich  es  nicht 
lach  weisen  kann,  lateinisch  wohl  gesagt  werden;  die  Reihen 
iemens  iter  —  *dement4ter  und  moUe  iter  —  moU-üer  (s.  oben 
3.  455)  stellen  sich  als  Parallelen  synonymer  Ausdrucksweisen 
lar;  überdies  wäre  das  demens  iter  nur  die  Kehrseite  von  iter 
lecllve  senectae  Ov.  met.  15,  227;  vgl.  auch  prödiv-itcr  S.  456. 


*)  Die  lautliche  Seite  seiner  Etymologie  hat  freilich  Bre*al  durch  das 
nem.  III  250  über  das  'changement  d'un  e  en  V  Gesagte  nur  ungenügend 
«gründet.  Man  darf  aber  mit  Anknüpfung  an  die  Präsensstammbildung 
on  aind.  cräy-a-te  med.  f lehnt  sich',  avest.  sray-a-ta  Imperf.  das  de-  von 
le-mens  aus  *clei-e-  gewinnen;  vgl.  tres%  monete  und  andere  Beispiele  für 
»ynizese  nach  intervokalischem  Jodschwund  im  Lat.  bei  Brugmann  Grundr. 
1.  vergleich.  Gramm.  I  §  134  S.  122.  Da  nun  eine  Suffixform  -ment-  als  pri- 
läre  Ableitung  aus  Verbalstämmen  ohne  Stützen  ist,  würde  man  weiter 
nnehmen  können,  daß  Clemens  aus  *cleie-mens  und  vehe-mens,  die  beiden 
inzigen  Typen  dieser  Art,  frühzeitig  entstandene  Verkürzungen  aus  *cleje~ 
ieno-8,  *vtlie-mcnO'S  seien,  mit  der  wohl  sehr  alten  Endvokalsynkope  wie 
i  datnnüs,  Campäns,  in  vir,  liber,  puer,  socer,  altlat.  famvil.  Nach  Vollzug  der 
ynkope  veranlafste  der  Nom.  sing,  auf  -mens  die  Heteroklisie  nach  Art 
er  Participia  praes.  act.  Die  Auffassung  als  mediale  Präsensparticipien 
ad  Ebenbilder  von  aind.  cräya-mäna-s ,  vdha-mdna-s  entspricht  trefflich 
en  Bedeutungen  von  Clemens,  vehemens  (letzteres  eig.  * bewegt9 ,  d.  i.  f stark 
ewegt',  wie  ja  auch  deutsches  Woge  derselben  Wurzel  angehört);  vehemens 
äre  mithin  auch  der  Nom.  Bing,  zu  dem  Nom.  plur.  vehimini;  die  lat. 
puren  der  indog.  Medialparticipbildung  in  alu-mnu-s,  Vertu-mnu-s  erhielten 
illkommene  Vermehrung. 


4(34  H.  Osthoff: 

Die  Synkope  nun  von  audäc-itcr  zu  audäc  'ter,  *$oUert-iter  zu 
solkr(ty  ter,  *frcquent-iter  zu  frequen(t)'  ter  ist  wohl  zu  begründen. 
Alle    diese   Adverbia   mit   -ter   für  -Her   haben   formal    das   mit 
einander   gemein ,   dafs   sie    in   der   letzten    Silbe    des    Adjektn- 
stamnies  Natur-  oder  Positionslänge  (-ac-,  -ert-^  -ant-,  -mir)  auf- 
weisen.    Darnach  scheint  es  eben  Lautgesetz  für  das  Latein  ge- 
wesen zu   sein,  dafs  für  den  Eintritt  der  Synkope  eines  kurzen 
Mittelvokals  in  einer  anderen  als  der  zweiten  Wortsilbe 
vorausgehende  Silbenlänge  die  nötige  Vorbedingung  war.    In  der 
zweiten  Wortsilbe  nämlich  erfolgt  allerdings  ja  die  Vokalunter- 
drückung ohne  Rücksicht  auf  die  Quantität  der  Wortanlautssilbe, 
die   auch   nach   meiner   Ansicht   von   der   lateinischen   Betonung 
ursprünglich   alle   nachfolgenden    an  Kraft   des  expiratorischen 
Accentes  überwog;  also  dafs  wir  sowohl  lardum  neben  läridtm, 
ardere  neben  äridus,  aetas  aus  *aev'täs  neben  aevitäs,  örnäre  ans 
*örd?näre    neben   ordinäre  (Breal-Bailly    dict.   etymol.    lat  237a) 
mit  Synkope  nach  langer,  als  auch  Fälle  wie  valde  neben  vaü- 
dus,  andere  neben  avidus  mit  solcher  nach  kurzer  erster  Silbe 
haben.     Mit  Notwendigkeit  oder,  richtiger  ausgedrückt,  unter 
allen  durch  die  Satzfügung  und  das  Redetempo  herbeigeführten 
Umständen   tritt  freilich  auch  die  an  vorhergehende  Vokallänge 
gebundene    Synkope   in  dritter  Wortsilbe,  sowie  in   vierter  (ar- 
roganter, diligetitcr)  oder  fünfter  (insipicnter),  nicht  ein.    Daher  wir 
denn  in  audacter  neben  audäcitcr  denselben  Dualismus  von  *Schnell- 
sprechform'    und    'Form    der   geringeren    Geschwindigkeit9   (vgl. 
0.  Behaghel  Litteraturbl.  f.  german.  u.  roman.  Philol.  VII.  Jahrg. 
1886  S.  443)  haben,   wie  in  jenen   Double fcten    lardum  läridm, 
valde   valide  u.  s.  w.     Dem  Umstände,   dafs    so   entschieden  bei 
allen  Adverbien    auf  -erter,   -anter,  -enter  die  synkopierte  unter 
den  beiden  Satzzwillingsformen  vom  Sprachgebrauch  zur  allein- 
herrschenden  gestempelt  wurde,  liegt  ein  unverkennbares  eupho- 
nisches Bestreben  zu  Grunde,  da  ja  die  schwesterlichen  Gebilde 
auf  *-ert-itcr,   *~ant~iter,   *-cnt-iUr  mifsklingender  waren.     Wenn 
nicht  das  einzige  widerstrebende  audacter  wäre,  könnte  man  so- 
gar daran  denken,  für  -erter,  -anter,  -enter  sich  auf  die  bekannten 
lateinischen  Erscheinungen  des  'Silben  Verlustes  durch  Dissimilation 
zu  berufen  (vgl.  Fick  Kuhns  Zeitschr.  XXII  98  ff.  371  f.,  Brugmann 
Grundr.  d.  vergleich.  Gramm.  I  §  643  S.  484);  manches  aber  unter 
diese  Rubrik  Gestellte,  wie  cönstietüdo,  inquictüdo,  honestäs  (falls 
aus  *honestitäs),  würde  auch  nach  unserer  für  audacter  und  Ge- 


Die  lateinischen  Adverbia  anf  -iter.  465 

m  angenommenen  Synkoperegel  sich  erklären,  lüculetitäs 
u  lüctdenti-täs  wäre  wie  lüculmter  neben  der  zu  erschliefsen- 
Vollform  *lüculent'iter*) 

Mehreren  der  Adverbia  auf  -enter  stehen  Adjektiva  auf  -entus 
Jeite.  Solche  sind:  cruentcr,  fraudulenter,  lüculenter,  opulenter, 
lenter,  turbulenter,  violenter.  Da  zum  Teil  Nebenformen  auf 
ftir  die  Adjektiva  bezeugt  sind,  opulens,  viotens,  Abi.  sing. 
hdentiy  Dat.-Abh  plur.  turbulentibus  (Neue  Formenl.  II2  657), 
it  wahrscheinlich  anzunehmen,  dafs  nach  dem  Adverbium 
r  auf  -enter  die  Umgestaltung  des  Adverbialausganges  -cnte 
lenen,  deren  Adjektiv  nur  in  der  Form  -entus  auftritt,  vor 
gegangen  sei:  nach  der  Doppelforniigkcit  opulenter  (zu  opu- 
und  opulente  (zu  opulmtus)  könnte  sich  ein  cruenter  neben 
te  eingestellt  haben.  Darauf  zurückzugehen,  dafs  das  für 
ter  vorauszusetzende  vollformige  *cruent-iter  auch  so  wie  die 
Uer7  dür-üer  ins  Leben  getreten  sein  könnte  (s.  oben  S.  458  f.), 
iehlt  sich  kaum  bei  diesen  nicht  den  Eindruck  sehr  früher 
pfung  machenden  cruenter,  lüctilenter,  teniulenter.  Magnificenter 
iv.  'entspricht  den  Komparationsformen  magnifkentior  tnagni- 
issimus9  (Neue  a.  a.  0.) 

Isoliert  stehen  da  drei  Formen  auf  -ulter:  altlat.  faculter, 
[für  difßciliter  herrschende)  klassische  dif'ficuUer ,  altlat.  sir 
r;  vgl.  die  Belege  bei  Neue  Formenl.  II*  658.  661.  Diese 
Den  nur  Erweiterungen  der  alten  Adverbialformen  f'acul, 
\üj  simul  durch  das  allmählich  um  sich  greifende  -ür,  welches 
evi-ter,  audäc-ter  nachgerade  als  Endung  empfunden  wurde, 
sin.  Auch  gilt  ja  die  Gleichung  brevi-täs:  brevi-ter  =  facuJr 
imul-täs:  facul-ter,  simul-ter. 

*)  Lat.  mätertera  'MutterschweBter,  Tante'  ist,  richtig  aufgefaßt, 
nalogon  der  gleichen  Synkope  des  Anlauts  i-  eines  angewachsenen 
in  Wortes,  wie  in  unseren  Adverbien  audäcter  u.  s.  w. ;  ein  zu  schlagen- 
de dafs  ich  hier  daran  vorbeigehen  könnte.  Dafs  darin  mäter  *itera, 
quasi  mäter  altera9  schon  nach  Paul.  Fest.  p.  136,  6  Müll.,  steckt  — 
Fem.  zu  itcrum  Neutr.  adv.,  aind.  i  tara-s  rder  andere'  —  nach  der 
so  Deutung  Potts  Etyin.  Forsch.  I2  291.  724  Anm.  Kuhns  Zeitschr. 
155  (vgl.  Corssen  Ausspr.  II*  584),  wage  ich  uicht  zu  bezweifeln.  Man 
aber  von  einem  alten  *mäter-iterä,  mit  noch  unverkürztem  e  in  *  mäter 
ech.  tiäzriQ,  ausgehen.  Daraus  entsprang  *mäter'terät  mäter  -  ter  a,  wie 
-ter  aus  audac-iter;  Synkope  in  einem  *mäter-ittra  hätte  nur  zu  *mätr- 
reführt.  —  Breals  Experiment  mit  dem  in  der  Luft  schwebenden  griech. 
iöxiiQct  (vgl.  mem.  de  la  soc.  de  linguist.  V  348  not,  Bidtil  -Bailly 
etymol.   lat.  184  a),  lasse  ich  auf  sich  beruhen. 


466         H.  Osthoff:  Die  lateinischen  Adverbia  auf  -iter. 

Zu  den  Analogiebildungen  gehören  auch  aliier  und  nequiier. 
Ersteres,  weil  natürlich  nicht  von  einem  *aliud-iter  oder  *alid-üer 
ausgegangen  werden  kann.  Vielmehr,  wie  düritcr,  longüer  von 
dürtis,  longuSy  so  kam  ein  *ali-iter  von  alius  und  wurde  dann 
ähnlich  zu  aiiter,  wie  capis  capit  capite,  subicio,  Gen.  öbicis  Ver- 
wandlungen vorausliegender  Formen  mit  -tt-  sind;  oder  auch  bil- 
dete man  aliier  direkt  dem  altlat.  alis  hinzu,  nach  breviter  zu 
brevis.  Nequiier  stellt  sich  zunächst  neben  die  Gradationsbildungen 
nequ-ior,  -issimus;  vermutlich  ist  bei  diesen  Schöpfungen  zu  w- 
quam  vorzugsweise  die  Bedeutungsassociation  mit  improbiter  im- 
probior,  turpiter  turpior,  frügäliter  frügalior  oder  ähnlichen  Syno- 
nymen und  Gegensätzen  beteiligt  gewesen;  vgl.  die  beliebten 
Verbindungen  wie  rieqaam  atque  impröbus  bei  Plaut.,  Cic  u.  &, 
turpiter  et  nequiter  Cic. 

Als  nicht  hierher  gehörig  aber  betrachte  ich  praeter  and 
propter.  Sie  drücken,  wie  auch  inter,  osk.  anter,  uinbr.  anter 
ander,  in  Abweichung  von  den  Adverbien  auf  -iter  (-ter)  nicht 
ein  Modal-,  sondern  ein  Raum  Verhältnis  aus  und  erscheinen  mir 
darum  als  rein  komparativisch,  und  zwar,  indem  ich  *prai-ter(o}-$, 
*prop(i)-ter(o)-s,  *en~ter(o)-s  zu  Grunde  lege  mit  gleicher  End- 
vokalsynkope wie  in  den  S.  463  Anm.  genannten  Fällen  vir,  liber 
u.  s.  w.,  als  erstarrte  Nom.  sing.  masc.  Demnach  propter  urbem 
eigentl.  'als  ein]  der  Stadt  näherer',  wie  propior  urbem;  praetor 
'mehr  voraus,  mehr  daran  vorbei'  (prae)]  inter  zu  inter-ior.  Zur 
Form  hätte  man  auch  ex-ter  Comp.  Nom.  sing.  (=  exteru-s)  und 
al-tcr,  u-ter,  hinsichtlich  der  Erstarrung  des  maskulinen  Singular 
noniinativs  zum  Adverb  oder  zur  Präposition  versus,  advems, 
rursus  zu  vergleichen.  Ob  aber  endlich  circiter  'ringsum,  in  der 
Nähe'  (zu  circum)  wie  propter,  praeter  beschaffen,  ist  fraglich,  da 
eine  Deutung  aus  circ'  iter  'den  Ringsweg,  in  der  Umkrei8linie, 
kaum  begrifflich  anstöfsig  sein  dürfte. 

Heidelberg,  15.  Oktober  1887.  H.  Osthoff. 


Abeo. 

Ab-eo,  äb-Tl  (äb-lvi),  ab-Ytum,  ab-lre  verbuin  intrausitivuui 
le  accusativo  interioris  obiceti  cf.  §  1(5)  compositum  ex  prae- 
ositione  ab  et  verbo  eundi  (cf.  Cliaris.  Gr.  lat.  I  173,  4.  2G1,  12. 
iom.  I  361,  3.  Exe.  I  535,  35),  cuiua  radix  est  in  unguis  Aricis  i 
■espoudet  sanscritum  apa-i  (1.  pers.  apsiimi),  graecum  &r-ei-fu, 
t-t-ivat,.    Intercidit  una  cum  eundi  verbo  in   Unguis  Romanicis. 

Conspeotus. 

§  1.  De  formis  verbi  abeundi  cum  formis  habendi  obeundi  ad- 
mdi  abitendi  commutatis.  2.  De  formis  perfecti  solutis  et  con- 
«0118.  3.  De  ceteris  formis  memoratu  dignis;  de  prosodia.  4.  De 
lossarum  et  grammaticonim  interpretamentis. 

A.  Proprie. 

a)  absolute  positnm.  §  5.  Prima  persona  a)  neqne  synonymo 
3que  opposito  addito,  ß)  synonymo  vel  opposito  addito.  6.  Altera 
srsona.  7.  Tertia  persona.  8.  Imperativi  «)  de  motu,  ß)  incre- 
uatium,  y)  laudantium.  9.  Participia.  10.  Gerundium,  gerundivum. 
1.  Infinit i vi. 

b)  defmitc  positnm,   additis  §   12.  adverbiis   loci,    13.   temporis, 

1.  modi.  15.  dativis,  16.  aecusativis,  17.  ablativis  et)  loci,  ß)  temporis 
I  causae,  ö)  instrumenti,  e)  modi,  f)  disiunetionis.  18.  norainibus 
im  praepositionibus  iunetis:  ab,  abhinc,  ad,  ante,  clam,  cum,  de,  ex, 
•go,  gratia,  in,  inter,  per,  post,  pro,  sub,  sine,  trans.  19.  supinis. 
).  infinitivis.     21.  partieipiis   (praes.,   perf.   depon.  perf.  pass.  fut.). 

2.  nominibus  (subst.  adiect.  pronom.)  quibus  significatur,  qui,  qualis 
lis  abeat. 

B.  Translate. 

a)  De  hominibus.    §  23.  a.  =  abdicare.     24.  discedere  a  marito. 

5.  e  vita  abire.  26.  digredi  a  proposita  oratione.  27.  penetrare  in 
mi  alqm.     28.  omittere  rem. 

b)  De  rebus.  §  29.  De  notionibus  collectivis.  30.  De  rerum 
leleßtium  motu.  31.  De  aquarnm  motu.  32.  De  situ  t  er  rar  um  et 
lontium.  33.  De  partibus,  viribus,  morbis  corporis  humani;  de  parti- 
us    plantar  um.      34.   De    tempore.      35.   De    variis    rebus    concrotis. 

6.  De  rerum  trans formatione.  37.  De  nominibus  abstractis.  38.  De 
entris  adiectivorum  ac  pronominiun;  de  locutione  ?sic  abire*. 


468  Jos.  Menrad: 

1  In  codicibus  saepe  confunditur  cum  verbis:  a)  habere,  b)  obire, 
c)  adire,  d)  abitere,  [e)  avere]. 

a)  Aspiratiouem  quod  traxit  abeundi  vocabulura,  ortum  est  ex 
perverso  illo  (Catull.  84)  aspirandi  studio,  quod  quam  late  patuerit 
tarn  grammaticorum  admonitiones  docent  quam  librariorum  menda. 
Prise.  I  5  (p.  7 ,  11  H.)  V  littera  habet  aspirationein  et  aeuitur  vel 
gravatur,  et  rursus  .  .  sine  aspiratione  aeuitur  vel  gravatur,  ut  €h&beo 
bäbemus',  'abeo  äbimus'.  Probi  append.  Gr.  lat.  IV  200,  11  K.  inter 
habeo  et  abeo  hoc  interesse,  quod  habeo  retineo  significat,  abeo  autem 
ceo'  demonstrat.  Anecd.  Helvet.  p.  300,  26  'abiit  abundat  abun- 
dantia'  sine  h.  In  codicibus  Plautinis  plerumque  priore  manu  litten 
h  scripta,  seeunda  vel  tertia  aut  erasa  aut  puncto  supposito  deleta 
est.  Ex.  gr. 

habeo  codd.  BDEI  PL  Amph.  668;  Cure.  553  codi  (abeo  Pins); 
Ter.  Andr.  334  abeo  libri,  habeo  restitutum  ex  Donato.  habeat  codd. 
Lucil.  ine.  3;  abeat  editt.  habeamus  BCD  PL  Poen.  607,  abeamus 
Camerariu8.  habet  PKB  Publil.  181,  abit  Fris.  habit  Leid.  Nonii, 
abit  cett.  abiit  Ribbeck  ine.  ine.  pall.  22.  habuit  Val.  Max.  9,  7,2: 
abiit  Halm,    habeunte  Lo  Blant,  Inscr.  ehr.  de  lä  Gaule,  n.  641,  16. 

b)  Quod  per  errorem  'obire*  scribebatur  pro  'abire',  ex  eo  po- 
tissimum  explicatur,  quod  abeundi  verbum  haud  raro  excessum  e  vita 
significat.  Cf.  infra  §  25.  Vestigia  codicum  haec  sunt:  obeas  (falso 
scr.  IFZ)  PL  Epid.  513.  obire  ealibi  legi'  ait  Pius,  Mü.  gl.  970.  | 
OBIIT  A  ex  collatione  Schwarzmanui  Most.  971.  |  obiit  S,  i.  e.  scrip- 
tura  interpolata  ap.  Herc.  Oet.  751. 

c)  Adire   falso   scriptum  est:  adiit  I  PL  Amph.  606.   |   adire  Z 

b 

Men.  553.  |  adibitur  B  Merc.  776.  |  abdibo  (ortum  ex  adibo)  Truc 
546.  |  rus  adibo  P  Most.  83.  |  ADI  A  (Schyarzm.)  Most  585.  |  cf. 
Festus  p.  26,  9  M.  'abisse  pro  adisse  dicebant',  ubi  abisse  corruptum 
videtur  ex  adbitisse  vel  arbitisse. 

d)  Passim  latet  in  abeundi  verbo  obsoletum  verbum  'abitere'. 
Sic  coni  Fr.  Schoellius  intro  abitit  PL  Truc.  210;  Bothius  abitat  Truc 
564  probantibus  Ritschelio,  Muellero  (prosod.  604),  Luc  Muellero  ad 
Lucil.  p.  225  (quibus  recte  oblocutum  esse  Bergkium  adnotat  Schoel- 
lius); abite  Schoellius  Truc.  838;  abitentes  pro  abeuntes  Luc.  Mu eller 
Naev.  bell.  Pun.  8. 

[e)  'Abeam  ex   aveam  B'  PL  Cure.  589.] 

2  Praeterea  variant  libri  et  editores  in  formis  perfecti,  cum  illi 
fere  conti* aetas  ex  recentiore  sermonis  usu  exhibeant,  hi  solutas 
atque  integras,  metricis  saepo  perdueti  rationibus,  tantum  non  ubique, 
scilicet  apud  Plautum  (et  Tereutium)  textui  reddant.  Posterioribus 
vero  temporibus  contractiones  praevaluisse  iuprimis  docet  Diom.  gr.  lai 
I  265,  14  ad  Vergilü  illud  'nos  abiisse  rati'  adnotans  cpro  abisse'. 

a)  Formae  plcniores  in  -ivi  —  quas  damnat  Augustin.  prineip. 
dial.  Patr.  32, 1413:  abiit,  non  abivit —  fere  nullae  traditae,  conieetando 
illatao  sunt  hao:  abivi:  Amph.  523  Camerarins:  abi  BDE  |  Bacch. 
171    Keizius:    abii  codd.  |  cod.  pr.  in.   Fronto  p.  68,  6  Nab.    abivit: 


Abeo.  469 

Amph.  125  Pleckeieen  (exerc.  crit.  p.  38):  abiit  codd.  |  Bacch.  900:  abiit  | 
Men.  549  Camerarius ,  ubi  alii  alia  tentarunt.  |  Most.  971  Camerar.; 
aliter  Lorenz.;  neque  cabivit'  necessarium,  si  hiatum  post  'mercatum* 
statuas.  |  Cist.  4,  2,  37.  |  Commod.  c.  apol.  319,  v.  §  25  a).  abivero: 
Bacch.  211  Mueller:  abiero  codd. 

b)  formae  contractae:  abl:  B*DE  Aulul.  705:  abii  ex  B* 
vulgatnr.  |  abl  pro  abii  (codd.)  restituit  Kohlmann  Stat.  Acb.  2,  152 
(438?).  ablt:  [Mgl.  178.  251  praesens  esse  putat  Lorenz;  |  Trin. 
717  ablt  hercle  ille  quidem  R2,  abit  Reizius,  abii  codd.;  at  recte  Brix 
*abit  als  praes.  verstöfst  gegen  den  konstanten  Sprachgebrauch  des 
PL,  eine  Verkürzung  der  kontrah.  Ferfektform  aber  scheint  ohne  Bei- 
spiel, daher  habe  ich  mit  R1  quidem  gestrichen.'  |  Ter.  Ad.  782  per- 
fectum  putat  Neue  II  522;  at  Spengel  ad  h.  v.  'Praesens:  da  geht  er 
hin'.]  |abit  ACD,  abiit  totum  e  corr.  post  ras.  B,  item  FZ  Mgl.  481. 
abiit  P,  Pylades,  abit  rell.  Pseud.  53.  |  abit  CD  Most.  971,  abiit 
BbPZ.  |  Mgl.  1331  (abüt  F)  sed  v.  corruptus  |  Men.  450  (abit  BD 
abiit  Ct  abiit  FZ;  haud  scio  an  non  necessarium)  |  ?  Pseud.  241  abit 
R.,' abiit  IL,  |  ?  910:  abiit  BbFZ,  abit  R.  |  Rud.  325  ||  codd.  ÜFLD 
Caes.  b.  c.  2,  22,  4  |  Lucil.  XXX  38  =  864  L.:  abit  11.  Nonii,  abiit 
Iunius,  Luc.  Mueller.  |  abit  Seneca  Herc.  Oet.  1760(?),  1616,  1977  | 
Herc.  f.  1151  |  Tro.  460  |  Sil.  Ital.  13,  751  (?)  |  Stat.  Tb.  9,  624;  11, 
29.  Süv.  1,  6,  92  |  Mart.  epigr.  XVI,  1;  1,  62,  6;  11,  7,  4  |  Lucan. 
1,  509.  2,  714.  3,  509.  5,  276.  7,  842(?).  8,  321.  |  Corp.  IL.  In. 
1450,  teste  'indice',  |  ablsti:  Amph.  691.  737  (-ii-  F,  Pylad.)  |  Asin. 
251  (-ii-  Camerar.)  |  Trin.  1010  (-ii-  Guyetus,  Fleck.)  |  Truc.  634  | 
»iamne  abisti  Stich.  633  B,  ABIERÜNT  A:  i.  abis  tu  R.,  i.  abiit?  Bekker 
Studem.  stud.  I  p.  208;  abisti  defendit  Fleckeis.  |  ablmus:  Amph.  807 
(•ii-)  Camerar.  |  'abimus  Most.  486:  Fleckeis.  tuebatur  ut  perfectum 
Exerc.  p.  28,  ut  praesens  nuper  in  Jahnii  Ann.  phiL  t.  LXI  p.  25,  65. 
Quamquam  non  minore  audacia  'abiimus'  hie  quam  proximo  versu 
'rediit'  restituas'  R1  |  [abimus  Capt.  282  praesens  est,  v.  Brix.]  ab- 
Isses  FZ  Pseud.  912  (-ii-  Mueller  Lorenz).  |  ablssetis  BFT  Cornif. 
4,  50,  63:  -ii-  PARE.  |  ablsse  [cf.  Gr.  lat.  ed.  K.  I  p.  265,  14  (Co- 
minianus):  adiectione  syllabae,  ut  'nos  abiisse  rati*  (Verg.)  pro  ab- 
isse]:  Amph.  758  (-ii- Pyl.)  |  BCD  Merc.  804:  abiisse  aibant  Guyetus  | 
abisse  Nonius,  abiisse  codd.  Men.  556  (anapaestum  pes  quartus  non  re- 
spuit,  ut  v.  545)  |  abisse  Most.  989  (licet  scribas  abiisse)  j  Rud.  prol. 
65,  |  395.  |  B,  abiisse  rell.  cum  A  Fers.  300  |  apud  Terentium  Omni- 
bus locis  in  codd.:  Hec.  578.  Eun.  724.  Pborm.  466.  Ad.  517;  at 
Phorm.  315  abiisse  ex  metro  restituendum.  |  abisse  C,  -iisse  0  Cic. 
dorn.  8  |  abisse  Plin.  ep.  5,  5,  5:  -iisse  Med.  et  ed.  Rom.  1474.  [Ac- 
curatius  de  forniis  perfecta  in  -ivi,  -ii  solutis  contractisque  disputant: 
A.  Engelbrecht  Beobachtungen  über  den  Sprachgebrauch  der  latein. 
Komiker',  in  'Wiener  Studien'  1884,  part.  II  p.  229sq.  232 sq.;  Fleck- 
eisen in  'Exercitationes  Plautinae'  (Göttingen  1842);  idem  in  Philol. 
II  p.  60;  Ladewig  in  'Zeitschrift  für  Altertumswissenschaft'  1844 
p.  617  sq.;  Fleckeisen  in  recensione  editionis  Ritschelianae  in  'Jahns 
Jahrb.*  LXI  (1851)  p.  %ß-  60  sq.] 


470  Jos.  Menrad: 

3  Aliae  formae  memoratu  dignae:  abei  imperat.:  ABEI  Corp. 
IL  I  n.  1007  |  abi  et  D  Aulul.  273:  fi.  e.  abei'  Leo.  |  abiet  D  Bacch. 
592:  abei  Kiefsling  Nov.  Ann.  vol.  XCVII  (1868)  p.  629.  |  abei  Epid. 
660  Acidalius  |  abei  Merc.  749  bis:  Bitschi,  a)  abii  B1,  abi  B  ex 
ras.,  abi  rell.  |  b)  abei  C  abiendi:  PL  fr.  Ampb.  12.  (  abiid:  C  Men. 
336.  |capiit  arentum'  pro  cabii  Tarentum  C  Men.  1112:  „an  ^aput'?11 
recte  ll1.  |  abiss?t  barbarismus  apud  Gregor.  Tur.  h.  F.  3,  23  p.  131, 
15;  7,  36  p.  316,  19.  Formae  passivi:  Merc.  776  abibitur.  |  Cornif. 
2,  2,  3:  ut  .  .  nusquam  ventum  aut  abitum  . .  .  putetur.  Liv.  9,  32,6: 
ne  infecta  re  abiretur.  |  24,  19,  7  tenuit,  ne  inrito  incepto  abiretnr. 
August,  t.  VI,  col.  703  quo  itur?  per  quem  abitur?  PauL  dig.  XVIII 
2,  14  abitum  est  a  prior e  emptione;  ibid.:  abibitur  a.  pr.  e.  v.  §  28. 
Denique  prosodiae  liberior  est  usus  in  hia  formis:  ab  in  Most  850 
cf.  Lorenz,  (cf.  v.  262),  Ter.  Andr.  317.  Eun.  861.  ?Heaut  818  etc., 
contra  abin  Amph.  518,  ubi  cabm  [hinc]'  Pylades,  Mu eller  pros  543.  | 
abis  quando  Mgl.  1085.  |  abi  w  fere  semper:  Asin.  704.  Trin.  830. 
972.  Stich.  204.  424.  Mgl.  291.  Men.  351.  Most.  9.  66.  294.569. 
578.  583  bis.  585.  928.  1080.  Pers.  147.  Cas.  1,  15  (ibid.  äbi)  etc., 
Ter.  Andr.  255,  978.  Hec.  314.  557.  610.  ?726.  Heaut.  249.  587 iq. 
618.  Eun.  221.  499.  538.  753.  Pborm.  59.  309.  445.  563.  712.  819. 
994.  Ad.  167.  699.  703.  |  abiit  uujl  ante  vocales:  Men.  450:  abiit 
Brix  ad  b.  1.  et  *Einl.'  ad  Trin.  p.  20;  exhibet  productae  ultima« 
exempla  *redilt  Merc.  4;  3,  6'  et  ex  titulis  cposedeit,  redieit,  obieit'; 
Valer.  Fl.  6,  612;  Stat.  Th.  10,  614.  11,  631.  |  abeam  Mgl.  1084. 

4  Glossarum  grammaticorumque  interprctameuta  omnia  praeter  doo 
ad  sensum  proprium  pertinent.  Primum  inter  haec  Synonyma  locom 
tenent  'discedere':  Gram.  lat.  VII  p.  195,  2  K.:  abeo,  id  est  discedo; 
lib.  gloss.:  abis:  discedis.  abit:  discedit.  abeiint:  discedunt.  abito: 
disccdito.  abite:  discedite.  abire:  discedere.  abiit:  discessit.  abisse: 
discessisse.  —  Vatic.  3321  abeas:  discedas.  Ab  hoc  non  multum  di- 
stat  decedere':  Acro  ad  serm.  1,  6,  61:  abeo  i.  e.  recedo;  Vatic.  3321, 
lib.  gloss.:  abis:  recedis;  lib.  gloss.:  abeuntibus:  recedentibus;  abisse: 
recessisse.  —  lib.  gloss.:  'abis:  longius  recedis*  notionem  proficiscendi 
indicat,  quam  prodit  lib.  gloss.:  cabeuntibus:  proficiscentibus';  cetenun 
haec  spectat  ad  Vergili  illud  cdederatquc  abeuntibus  heros'  (Aen. 
I  196).  Synonyma  Vadere,  ambularc'  apparent  in  lib.  gloss.:  abis: 
vadis,  ambulas;  abeiint:  redeunt  [hoc  e.  g.  ad  legatos  domum  rede* 
untes  referri  licet],  vadunt;  gl.  Abav.:  abiit:  ambulavit,  discessit  Haec 
verba  in  unguis  Romanicis  oundi,  itaque  etiam  abeundi  verbi  locom 
obtinuisse  constat;  quamquam  apud  scriptores  Latinos  tan  tum  *ambn- 
lare',  non  Vadere*  synonymi  vicem  tenere  video:  sie  ^mbula*  *=  abi 
PI.  Trin.  1108;  Capt.  prol.  v.  12  cum  nota  Brixii  ibid.  452.  900; 
Mgl.  936;  Asin.  488;  Pers.  250,  750;  Pseud.  263.  —  Sensum  pro- 
prium Graecae  quoque  glossae  habent  Philox.  1,  46:  abi:  &r*{h;  Char. 
gr.  lat.  I  p.  173,  11  K.  abeo:  a%iQ%o(ia^  Philox.  1,  40  abit:  Mf 
%sxai\  at  translatam  significationom  produnt  lib.  gloss.:  abeunt:  ab- 
sentes  fiunt  vel  transeunt;  abiit:  absens  fuit,  transiit;  quae  de  rebus 
in  nova  corpora  transformatis  ideoque  evani^je  factis  (v.  §  36)  intel- 


Abeo.  471 

legenda  snnt.  Restant  dubia  vel  corrupta:  gl.  Abav.:  abitote:  ite, 
abite  [an  a-bititeV].  —  üb.  gloss.  cabiit:  antecessit  et  prior  est,  locuin 
tenuit'  haud  scio  an  ad  versum  Vergilii  (Aen.  5,  318)  'primus  abit 
Nisus*  (sc.  in  cursu)  referenda  et  sie  snpplenda  sit:  f[primus]  abiit: 
antecessit  et  prior  est,  [priorem]  locum  tenuit.'  —  De  gl.  Fest.-P. 
26,  19  'abisse  pro  adisse'  v.  §  1,  3.  —  [Verbo  'abire*  explicatur 
'facessere'  Fest.  p.  86,  18:  facessere:  interdum  pro  abeat  ponitur. 
Pacuvius:  'facessite  omnes  hunc'  i.  e.  abite.] 

A.  proprio:  de  dis,  hominibus,  animantibus  loco  quodam  se 

moventibns. 

Synonyma:  ire,  cedere,  dis-,  abscedere,  anibularc,  proficisci, 
fuffere,  se  corripere  etc.  Opposita:  manere,  adstare,  adesse;  redire; 
adire,  decedere,  venire,  advenire  etc. 

a)  Absolute  positum  (i.  e.nidlo  alio  vocabnlo  definitum);  usus 
apud  comicos  poetas  frequentissimus  de  personis  qui  seena  sc  abire 
out  ipsi  dieunt  (I.  pers.)  aut  ab  aliis  wbentur  (II.  pers.,  imperat.) 
out  narrantur  (III.  pers.);  accedit  plerumque  synonytnon  vel  op- 
positum. 

L  persona:  a)  neque  synonymo  neque  opposito  addito:  PI.  5 
Amph.  668  illanc  reliqui  quom  [hinc  add.  Pylad.,  Labbert]  abeo. 
857  abeo,  si  iubes.  1035  ego  abeo  [adeo  Braune].  =  Asin.  378 
Ourc.  553  [Plus,  habeo  codd.].  588.  Trin.  996.  *Truc.  848  fadeo 
codd.,  eniend.  Fleckeis.]  *Stich.  429  [supplet  Goetz].  —  Aul.  103. 
Poen.  916  taceo  atque  abeo.  Aul.  660  abeo.  =  Poen.  608  (bis) 
1149.  Mgl.  444.  1087.  1092.  1196  ('abeo'.  <et  vos  abite\).  Pseud. 
665.  Men.  956.  Most.  654  (cabeo.  sat  habeo,  si  cras  fero')  Capt. 
prol.  67.  *Cas.  2,  2,  38  (suppletur).  Ter.  Eun.  342.  1023.  Phorm. 
209  (quin  a.?)  —  Mgl.  1280  <abite\  'abimus'.  Most.  579  cabi 
juaeso  .  .'  'abeam  ?'  [coniunet.  dubit.,  v.  Lorenz,  ad  h.  I.].  Merc. 
749  tabei'.  'quid  abeam? '  'st.  abeiJ.  'abeani?'  eabei  modo/  Pseud. 
239  sine  modo  ego  abeam  [JB.,  'sine',  'm.  e.  a/  BCD].  Ter.  Ad. 
247  numquid  vis  quin  abeam?  *Curc.  351  quid  si  abeamus, 
iecumbamus?  [si  abeamus  Brantius,  siadeamus  B,  si  adeamus 
EIFZ,  si  actutum  Ussing],  'Poen.  607  facite  quod  iubet*.  cabe- 
imus'  =  Ter.  Ad.  678.  *Truc.  546  verum  abibo  [Bothius,  abdibo 

B,  adibo  cett.]  Most.  590  molestus  si  sura,  reddite  argentum: 
ibiero  (de  notione  futttri  exaeti  v.  Lorenz,  ad  h.  I.  *tverde  sogleich 
rorigeJtcn9)  =  Epid.  515.  *Poen.  442  [si  nequeo  facere,  ut  abeas, 
sgomet  abiero  Camerar.  cum  A,  abire  (volo)  cett.]  Ter.  Ad.  127. 
Pers.  730    Hunc,   quando    abiero  — '    'quin   taces?'.     Ter.  Hec. 


472  Jos.  Menrad: 

806  abii.  Cornif.  4,  52,  65  non  abibo.  Hör.  sat  1,  6,  61  re- 
spondes  . . .  pauca.  abeo  (i.  e.  recedo  Acro),  et  revocas  (me).  Apul. 
met.  1,  25  mihi  ut  abirem  suadens.  ß)  synonymo  vd  opposito 
addito:  PI.  Epid.  63  cabeo'.  'adsta:  abire  hinc  non  sinam.  Merc. 
773  Qur  heic  astamus?  quein  abimus?  [expectari  potius  'cur 
hie  astatis?  quin  abis?'  adnot.  Ritschi.  —  Quein  abimus?  Gott: 
quin  abimus  codd.  'quin  abis?'  cum  Bothio  Ritschi."]  Epid.  377 
'abeo*.  ebene  ambulato'.  Pers.  250  *abi:  et  ego  abiero\  'am- 
bula':  Gic.  Mil.  93  ego  cedam  atque  abibo  (sc.  ex  civitate  in  ex- 
üium  voluntarium)  =  Phil.  XII  15  . .  .  ut  cedamus,  abeamus,  vitam 
inopem  et  vagam  persequamur.  Ov.  fast.  5,  201  Zephyrus  con- 
spexit,  abibam.  Insequitur,  fugio.  PI.  Mgl.  259  'abeo'.  'et  qui- 
dem  ego  ibo  domum\  Pers.  672  equin  tu  intro  is?'  'abeo../ 
Aul.  730  abeam  an  maneam?  an  adeam  an  fugiam?  [abeam 
Harius  Bothius:  quid  agam  abeam  codd.]  =  Cure.  589.  —  Ter. 
Andr.  344  *abeo\  'Dave,  ades,  resiste*  [Donatus:  'habeo*  inveni. 
Legitur  et  cabeo',  ut  merito  illi  dicatur  'resiste*.  —  abeo  codd. 
Call,,  Klotz,  Hartel;  habeo  Bentl.,  recc.] 

6  //.  persona:  a)  neque  synonymo  neque  opposito  addito.  PL 
Asin.  232.  Stich.  538  prius  quam  abis.  Asin.  940  pr.  qu.  abitiß 
\ Bothius  Seyffert:  abi(i)s  codd.]  Merc.  757  quin  abis?  [sie  A]^ 
Poen.  608,  Apul.  met.  2, 25  (bis).  —  PI.  Pers.  671  abin  atque  argen- 
tum  petis?  Ter.  Eun.  803  diminuam  tibi  caput  .  .,  nisi  abis.  PI. 
Pers.  827  mal  um  . .  vobis  dabo,  nisi  abitis  =  Bacch.  1127  ni  abeas, 
m.  tibi  d.  Pseud.  393  potin  ut  abeas?  =  Pers.  297.  —  Rud.  1031 
ut  abeas,  rudentem  amittas.  Ter.  Heaut  378.  abeas,  si  sapias. 
Bacch.  604  abeas.  celeriter  factost  opus  .  .  Poen.  442  (§  5).  432 
abiturun  es?  [A,  Bentl.  Lachm.]  Pseud.  912.  metuebam,  ne  abi- 
isses.  Men.  429  auferto  tecum,  quando  abibis.  Phorm.  471  nos... 
te  absentem  ineusamus,  qui  abieris.  Cic.  fam.  14,  18,  1  .  .  quum 
abieritis  (=  profecti  sitis),  commode  .  .  esse  possitis.  Ov.  am.  2, 
5,  1  abeas,  Cupido!  fast.  1,  559  Iove  natus  abibas.  ß)  synonymo 
vel  opposito  addito:  Amph.  1037  quaeso  ut  advocatus  mi  adsis 
neve  abeas.  358  auferere,  non  abibis,  si  ego  fustem  sumpsero. 
Aul.  660  fugin  hinc  ab  oculis?  abin  an  non?  Mgl.  1085  'quin  ergo 
abis?  .  /  cibo/  1087  <quid  nunc  stas?  quin  abis?'  'abeo'.  [For- 
tasse abin  hinc?  R.].  [*Truc.  513  abisti  codd.:  corruptum:  ubist 
Fr.  Sclwelly  alii  aiia], 

7  HI.  persona:  a)  neque  synonymo  neque  opposito  addito:  PI. 
Mgl.  178   ubi   abit   [Both.,  Fleck.;   abiit  ABbDbFZ;   praesens 


Abeo.  473 

est,  v.  Lorenz),  conclanio.  Trin.  717  abit  [Reizius,  R?;  abiit  codd.] 
hercle  ille  quidem  [del.  Brix,  R1].  Ter.  Hec.  184,   Ad.  782  abit 
[praesens  esse  putat  Spengel].  PL  Aul.  245  abiit  neque  me  certiorem 
fecit.  Mgl.  481  satin  abiit  [abit  ACD]  ille,  nee  negotium  curat. 
Pseud.  241  heus  abiit:  quin  revocas.  Merc.  791  ecce  auteni  haec 
abiit.    Men.  333  iamne  [abiit]?  abiit.  549  abiit,  operuit  foris.  957 
abiit  socerus,  abiit  medicus,  solus  sum.    Item  Pers.  716.   Cist.  3, 
18.   Truc.  654.    Ter.  Andr.  744.    Hec.  444,  510.    Eun.  818,  821: 
abiit.    Aul.  708  ubi  ille  abiit  .  .  Stich.  594  ubi  convivae  abierint 
[Z=cutnA]  Merc 662  si  ille  abierit=  Pseud.910.  Pseud. 622  quom 
abiit  *=  *As.  395  [Loewe-Goctz;  cum  venisset  codd.;  conveni,  sed 
Ussing).  Stich.  268  postquam  vir  abiit  .  .  =  Pers.  711.  Most.  633. 
Rad.  779  ut  abeat.  Mgl.  770  ut  hie  eam  abducat  abeatque,  1208  ut 
abiret  [Camerar.,  haberet  codd.]  nee  te  abduceret.    Rud.  378  Ca- 
vistine  .  .  ne    abiret.     Trin.  591    impetravi  abiret.     Pseud.  242 
priusquam  abeat    Gaecil.  227  p.  72  Ribb.2  hie  dum  abit,  huc  con- 
cessero.    Cic.  Verr.  4,  147  de  sella  surrexit  atque  abiit.    Tusc.  5, 
41,  118  .  .  illa  lex,  quae  in  Graecorum   conviviis  obtinetur  caut 
bibat'  inquit  caut  abeat'  (Graece  fj  icföt,  r\  &nifti).    Curt.  Ruf.  8, 
1,  19  abierant  ceteri.  10,  2,  16  illos  .  .  .,  qui  abituri  sunt.  Vergil. 
Aen.  9,  386  Euryalum  . . .  impediunt,  Nisus  abit  (evadif).   Ov.  am. 
3,  1,  55  dum  custos  saevus  abiret.    Ov.  rem.  am.  265  .  .  ne  calli- 
dus   hospes   (Ulixes)  abiret  (sc.  navi).    Ov.  fast.  3,  473  ille  abiit 
(sc.  a  nie).    Liv.  2,  37,  7  haec  locutus  abiit.    9,  11,  13  moratus  sit 
nemo,    quominus    abeant.    25,  33,  7  signis  .  .  sublatis    Celtiberi 
abeunt.    32,  17,  2  ut  armis  traditis  abirent.    Val.  Max.  1,  6,  8  Par. 
duae  angues  prolapsae  adeso  iocinere  abier unt  [/?:..  in  easdem 
ee   latebras   rettulerunt].    Tac.  ann.  1,  40  uxorem  ut  abiret,  per- 
pulit.   Seneca  Phaedr.  600   si  quis  est,   abeat  comes.    Val.  Fl.  2, 
135  illa  abit  et  defertur  in  urbem.    Plin.  ep.  7,  24,  5  se  nepoti 
praeeepisse,  abiret  studeretque.  ep.  9,  30,  2  abit  (notarius)  rur- 
susque  revocatur.     Apul.  apol.  75  p.  85,  23  Kr.  qui   (moechi)  .  .  . 
pro  adulteris  deprehenduntur,  .  .  .  non  prius  abeunt  (=  dimittun- 
Uir)7  quam  aliquid  scripserint.    Querol.  p.  26,  21  P  (2,  2)  quaeso, 
...  abeat.  —  Inprimis  de  avibus hienie  calidiora  loca pete>itibus:  Plin. 
n.  h.  10  §  72  abeunt  et  palumbes,  10,  73  quae  (aves)  abeunt,  ut 
galguli,  upupae.    10,  21  ceteri  hieme  abeunt.    10,  62  (ciconiae)  .  . 
eam    quae    novissima    advenit   lacerant    atque    ita    abeunt;    v.  1, 
X  34,  35;  10,  66.  70.  72.  75;  §  9  part.  fut.  —  ß)  synonymo  vel  op- 
posito  addito:  Ov.  art.  am.  2,  529  cum    volet,  accedes.    cum   te 

Archiv  für  Ut  Lexikogr.  IV.    Heft  S.  4-  31 


474  Jos.  Menrad: 

vitabit,   abibis.    Ter.  Ad.  703  periit,  abiit  [ab.,  per.  Call,  Fledc^ 
Wagner],    navem    ascendit.     Seneca  Herc.   Oetaeus  1977  .. 
cessit  ex   oculis,  abit,   |  in   astra  fertur.    [an  'cessit,  ex  oculis 
abit  .  .'?]    PI.  Merc.  661   ut  corripuit   se    repente    atque   abiit 
Cic.  Caec.  45  qui  abierit,  facilius  sibi  vim  factam  probabit  quam 
qui  effugerit.    Paneg.  lat.  34,  5  abirent,  fugerent  vastatas.. 
terras.    Cic.  Cat.  2,  1  abiit  excessit,   evasit   erupit;   v.  Quuä. 
inst,  orat.  9,  3,  46.    Seneca  Agam.  944   excessit,  abiit,  curmi 
.  .  .  effugit.    Lactant.  de  ira  8,  4  quid  contemptius  dici  potest  in 
Deum?   'Valeat',  i.  e.  abeat  et  recedat.    Valer.  Fl.  8,  366  iam 
tarnen  extat,  |   iamque  abiit  (sc.  in  undis).    Curt.  Ruf.  4,  3,  11 
aegro  .  .  .  Alexandro  nee,  perseveraret  an  abiret,  satis  certo. 
Querol.  p.  6,  15  P.  (1,  1)  abiit  neque  redit  senex. 
8         Imperativorum  significatio  triplex  est:  a)  de  motu  a)  synr 
onynio  vel  opposito  non   adiecto:   PI.  Aul.  273.   Cas.  2,  1,  5  tace 
atque  abi.    Bacch.  592  abi  et  renuntia.    Cure  255  abi,  deprome, 
Poen.  1406  abi,    diiunge  inimicitias.     Mgl.  463  abi,   machaeratn 
huc  eefer.    *Mgl.  374   satin'  exoratu's?    abi!    [„abi  sehr  barsch" 
Ijorenst;    abi  Acidalius  Guyetus,   abi(i)t  codcL]     808  na%  {genügt 
abi.    Men.  220  abi  atque  obsonium  adfer.    Pers.  165  abi  et  iatuc 
cura  =  Capt.  125.  Cas.  3,  4,  23;  3,  5,  97  (65).  Rud.  776.  —  abi: 
Merc.  749  (abei,  ter).    Poen.  607.    Truc.  285  (A).    *754  [Gruter., 
ubi  (nisi)  codd.,   ubi   est?    Camer.,   ni  BoÜk]    Men.  351   [äW,  cf. 
Hermann   El.   doctr.  metr.  p.  394  sq.]      *Most.  850    [cf.  Lorm]. 
Pers.  247.    Cas.  2,  8,  64.     Rud.  1327.     Frg.  ine.  48.    Mgl.  1280 
. .  abite.    Ter.  Hec.  557,  Ad.  699,  776  abi.     Hec.  726  immo  vero 
abi.    Andr.  28   abite.    Eun.  763  tu  abi   atque  obsera  ostiuin  in- 
tus.   Ad.  351   abi  atque  .  .  rem  enarrato.    Ad.  917   tu   illas  abi 
et  traduce  (de  verborum  traiectione  cf.  Spengd.  et  Dziatzko).    He- 
aut.  804  abi,    effer  argentum.     Eun.  538  abi,  . . .  bunc  deduce. 
753  abi  tu,   cistellam  . .  effer.    Phorm.  309  abi  .  .  eum  requir«. 
445  abi,   vise;    712  abi   die;    994  abi,  tange.    Ad.  703  abi,  ... 
deos  comprecare.     CIL  I  n.  1007  (inscr.  sepulcr.)  HOSPES  — 
DIXLABEL    Afran.  137  p.  182  R.  abi  tu.    *Novius  88  p.  268  R. 
abite   [abi   cod.  Festi,   abite  R.f   abi   abi  Scaliger]   *a»   agite  t» 
trochaico  septenario?9  R.]f   deturbate   [deturbato  de  Lindem.,  de- 
turba  te  de  0.  Mueller]  saxo  homonuni  quisquiliae  quid  est.    Hör. 
carm.  3,  14,  24  si  .  .  mora  fiet,  abito.  formala  cabi,  nuntia'  ..• 
Curt.  R.  4,  15,  5.   Liv.  1,  16,  7.  22,  3,  13;   49,  10.  37,  38,8 
\* stellendes  Asyndeton9   Weifsenborn  ad  Liv.  1,  26,   10];   abi,  re- 


Abeo.  475 

nuntia  44,  26,  11.  —  Val.  Max.  2,  6,  6  abi  igitur  et  esto  ser- 
vus.  Petron.  74  abite,  ut  alii  veniant  ad  officium.  Stat.-  Th.  6, 
816  vincis,  abi:  pulchrumst  vitara  donare  minori.  Apul.  met. 
2,  10  abi  ergo  et  te  compara.  Amin.  Marc.  29,  3,  6  abi,  cotnes, 
et  muta  ei  caput  ...  ß)  synonymo  vcl  opposito  adiedo:  Pers.  250 
'abi:  et  ego  abiero'.  'anibula'.  Pers.  316  aha,  abi  [R,  AHA 
HABI  A]  atque  cave  sis  a  cornu.  Quint.  1,  5,  36  . .  possit  fieri 
soloecismus,  ut  si  . .  plures  a  se  dimittens  ita  loquatur  'abi*  aut 
'discede'.  Cure.  281  fugite  omnes,  abite  et  de  via  decedite 
[dec.  iJ.,  sec.  codd.\.  Men.  1017  agite  abite:  fugite  hinc  in  malam 
crucem.  Cas.  4,  2,  12  'quid  hie  speculare?  ..  abi'  'eo\  Hör.  ep. 
1,  7,  53  'abi,  quaere  et  refer  . .  /  . .  it,  redit  . .  PI.  Truc.  366 
mane,  . .,  ne  abi.  Poen.  426,  Stich.  265  propera  atque  abi. 
Cas.  2,  8,  55  abi  atque  obsona!  propera!  Quint.  decl.  4,  5  re- 
cedite  gratulantes,  abite  laudantes;  15,8  abi,  recede.  Caes.  b.  g. 
7,  50,  6  proinde  [hinc  add.  dik\  abite,  dum  est  facultas,  vos- 
que  . .  reeipite.  PI.  Mgl.  864  abi.  actutnm  redi.  [loci  corrupti: 
Bacch.  1175  ei  intro  atque  abi  codd.  BCD%;  ibi  Pylad.)  Stich. 
427 — 9  'sie  hoc  placet'.    'ego  abeo'  'abi  te  nil  moror':  solus  A 

servavit  . .  PLACETROGA MNIHIL  . .  'supplem  ut  potui9 

Goetz\  Mgl.  438  a  dice  testu  B,  adice  t.  C,  etc.]  abi  scelesta  K, 
sed  multo  probabilius  Spengcl  quem  Lorenz  sequitur  *adixog  es  tu9 
v.  KKrü.  Anh.'] 

b)  vox  est  increpantium ,  (üyi\uentium,  incredulorum,  execran- 
tium,  indignantium  ,  et  evanescentc  sensu  proprio  interiectionis  fere 
vim  Jiabet;  cf.  Francogall.  *va9,  Germ,  '^cä,  gdt  docJi,  geh'  fort, 
pack  dicJr,  v.  inprimis  Lorenzii  not.  ad  Most.  1080,  Mgl.  291*): 
Brix  ad.  Trin.  830.  PI.  Aul.  826  abi,  ere,  scio  quam  rem  geras. 
Trin.  972  abi  sis,  nugator,  nugari  nugatori  postulas.  *Truc.  756 
'mittin  me  nitro?'  'mendax  es,  abi\  866  ..  abi,  ama  €animum 
tuom'  [abi  ama  ScJioeU:  alibi  iam  (iä),  codd.  novi  Spengcl]. 
Mgl.  291  abi,  non  verisimile  dicis.  324  abi,  ludis  me  . .  =  Most. 
1080.  Mgl.  1111  'quid  is  (nauclerus),  ecquis  fortist? '  'abi  sis 
hinc  . .  /  Most.  569  'quid  de  argentost?'  'abi  sis,  belua'.  Capt. 
870  abi,  stultus.  frgm.  Scytha  Lit.  1  mulier  es,  uxorcula!  abi: 
te  ego  novi:  scio  axitiosam.  Terent.  Eun.  221  abi  [Umpff.ex  A], 
nil  dicis.  Phorm.  59  abi  sis,  insciens.  Ad.  220  abi,  inescare 
nescis  homines.  Ad.  620  abi  abi,  iam  Aeschine!  |  satis  diu  de- 
disti  verba.  Apul.  met.  2,  24  illa  capite  quassato  'abi'  inquit, 
'fatue,  qui  in  domo  funesta  cenas  . .'    Querol.  p.  10,  20  P  (1,  2) 

31* 


476  Jos.  Menrad: 

quis  verum  dicit?  istud  (sc.  fälsum)  commune  est,  abi!  —  cf.  §18 
'abi  in  malam  rem'  et  'abi  cum  . . /. 

c)  formula  laudantium,  tibi:  nos  *gut,  nun  wohl,  sdwn  reckt9 
dieimus;   ortus  hie  usus  videtur  sive  in  foro  apud  iudiecs  qui  reos 
tnittebant  liberos,  sive  apud  eros  (vd  ludimagistros)  qui  probos  serw 
(vel  diseipulos)  officio  liberabant;  cf.  Lorenz  ad  Most  1080,  Dziatefo 
ad  Ad.  564 ,  Brix  ad  Trin.  830.    Krueger  ad  Hör.  ep.  2,  2,  205. 
Asin.  704  abi,  laudo.   Trin.  830  abi  (Neptune),  laudo:  scis  ordine 
traetare  homines.    Mgl.  761  remove  (pernam),  abi,  aufer.   Persa 
490  abi,  ne  iura:  satis  credo.    Ter.  Ad.  564  laudo,  Ctesipho,  pa- 
trissas:    abi,   virum  te  iudico.    [Donatus:   'quasi  dicat  non  est, 
quod  iam  demorer:  perfectus.'j    Ad.  765  . .  laute  munus  admini- 
strasti  tuom:    abi.    Hör.  ep.  2,  2,  205  non  es  avarus:    abi  [Wade 
securus  de  hoc  ipso*  Porphyr.]. 
9         Varticipium:    a)  formae  sing.  part.  praesentis.    abiens:  PL 
Asin.  593  salvere  me  iubes,  quoi  tu  a.  offers  morbum.   Epid.  90 
iidicinam,  quam  a.  niandavit  mihi.    Stich.  406  olim  quos  a.  ad- 
feci  aegrimonia.    Item  Mgl.  179.    Ter.  Hec.  574.    Eun.  735.  Cato 
orig.  3,  1  (p.  15,  10  Jord.  =  p.  72,  3  Peter)  . .  in  arbore  eusem 
viderunt,  quem  Orestes  a.  reliquisse  dicitur.    Liv.  3,  25,  8  ex  le- 
gatis  unus  a.  31,  38,  9  cum  abire  inde  et  fallere  a.  hostem  vellei 
Gell.  13,  31,  13   =    19,  10,  14   exsurgit  statim  et  a.  .  .  inquit. 
abeuntis:  PI.  Asin.  591  quia  tui  amans  a.  [amantis  Seyffert]  egeo. 
Ov.  tr.  1,  3,  79  coniunx  umeris  a.  inhaerens.    Liv.  1,  27,  9  a.  Al- 
bani  [collect.].    Tac.  ann.  6,  50  honori  a.  amici.    Stat.  Silv.  5, 2, 5 
a.  amici   |   vela  sequar.     abeunti:  Cic.  fin.  4,  80  scrupulum,  in- 
quam,  a.;  sed  videbimus.    Curt.  R.  8,  6,  16  oecurrit  a.  10,  6,  24 
qui  a.  viam  dederant.    Liv.  10,  19,  2  a.  Volumnio.     Sen.  dial.  9, 
14,  4  a.  Phalaris  dixit.    Tac.  Germ.  21   a.  (hospiti).    hist  2,  22 
tradidere  sese  a.  ann.  1,  35  opposuerant  a.  arma.  Quint.  decl.  exe  9 
a.  filio  facultatem  totam  commisit.    ab  e untern:  Curt.  ß.  4,  16,  9 
a.  . . .  dixisse  constat.     Ov.  ep.  12,  55  oculis  a.   prosequor  udis. 
Val.  Max.  2,  10,  8  quem  a.  . . .  populus  prosecutus.   5,  1  ext.  2  a. 
quoque  coepit  retinere.   Petron.  95  sequiturque  a.  98  persequar  a. 
praeconero.    Sen.  tr.  Med.  551  suprema  . .  liceat  a.  loqui  mandata. 
Tac.  ann.  2,  34  impulit,  ut  . . .  a.  tenerent.    ann.  14,  4  prosequitur 
a.    Quint.  decl.  4,  5  quid  moraris  a.?  decl.  cxc.  9  a.  amicum  non 
retinuit.    abeunte:  Curt  R.  10,  7,  13  et  a.  illo  conticuerat.    Val. 


*)  „Trin.  606*'  error  typographicus  videtur  esse  pro  „Trin.  972". 


Abeo.  477 

Max.  5,  7  ext.  1  intrante  Stratonice  et  rursus  a.  Tac.  aiin.  14,  8 
a.  dehinc  ancilla.  ann.  15,  6  a.  Vologese  . .  Tigranes  quoque  Ar- 
menia  abscederet. 

b)  formae  plur.,  plerumque  de  cedentibus  müüibus  (hostibus). 
abeuntes  (n.):  Ter.  Phorm.  71  a.  ambo  bic  [hinc  al.]  senes  me 
filiis  relinquont  quasi  magistrum.  Aerius  tr.  127  p.  152  R.  [deaej 
Minervae  donum  armipotenti  [hoc]  abeuntes  Danai  [Bergk,  Dan. 
ab.  codd.]  dicant.  abeuntium:  Curt  R.  5,  13,  13.  Liv.  42,  57,  11. 
Frontin.  2,  13,  7  a.  agmen.  Curt.  R.  10,  2,  27  ego  cum  Persis  a. 
terga  tutabor.  Liv.  3,  43,  6  nee  vestigia  a.  (hostium).  25,  33,  9 
vestigiis  a.  insistebant.  Tac.  bist.  2,  49  vaeavit  a.  adloquiis.  Tac. 
ann.  1,  56  terga  a.  lacessere.  abeuntibus:  Verg.  Aen.  1,  196 
vina  .  .  .  dederat  a.  heros.  Liv.  31,  40,  8  instare  ab  tergo  a. 
Tac  hisl  2,  48  dari  naves  . .  a.  iubet.  2,  49  a.  exitiuin  nrinita- 
bantur.  abeuntes  (-Is),  acc.:  Ter.  Andr.  84  observabam  servolos 
venientis  aut  a.  Cic  Flacc.  87  venientis  praetores  expeetant,  prae- 
sentibus  inserviunt,  a.  deserunt.  Liv.  2,  38,  3  et  4  speetaculo  a. 
foisse  . . .  videre  a.  23,  19,  17  ab  equite  in  a.  immisso.  Suet. 
Caes.  4  non  distulit  quin  persequeretur  a.  (anojiXiovxaq,  sc.  prae- 
dones).  Tac.  hißt.  4,  19  ne  terreret  a.  4,  60  leves  a.  prosequeren- 
tnr.  Frontin.  2,  6,  6  in  a.  contraxit  acieui.  Apul.  met.  3,  12  co- 
miter  a.  magistratus  appello. 

c)  partieipium  futuri:  Phaedr.  append.  3,  6  abiturus  et  iam 
Urnen  excedens  ait.  Ov.  met.  15,  686  antiquas  a.  respicit  oras. 
tr.  1,  3,  15  adloquor  extremum  maestos  a.  (in  exilium)  amicos. 
Plin.  n.  h.  10,  61  (ciconiae)  abiturae  congregantur  in  certa  loca, 
v.  §  7,  a). 

Gerundium:  Lucret. 4, 1181  causas  abeundi  quaerat  honestas  10 
(amator).  Petron.  136  abeundi  formavi  consilium.  Plin.  ep.  6, 
20,  20  nobis  ne  tunc  quidem  .  .  abeundi  consilium.  Paneg.  lat. 
9,  22  (p.  210,  2  B.)  inopinato  consilio  usus  abeundi.  Sulpic.  Sev. 
D.  2,  3,  9  copiam  praestaret  abeundi.  Cod.  Theod.  VI  4,  3  co- 
piam  sortiantur  abeundi  ex  urbe.  Frontin.  2,  1,  5  detinuit,  ut 
ei  neque  confligendi  neque  abeundi  daret  facultatem.  Apul.  d. 
mund.  28  (p.  127,  8  Goldb.)  una  ab  unico  sinu  abeundi  facultas. 
Aldelm.  p.  52  facultas  abeundi.  Greg.  Tur.  Dorm.  6  aeeepta  in- 
iulgentia  abeundi.  Liv.  38,  38,  7  qui . .  apud  Romanos  sunt,  iis 
tus  abeundi  manendique  esto.  Greg.  Tur.  gL  mart.  100  pag.  555,  9. 
Dassiodor.  cons.  26,  49  quodöi  manendi  abeundique  scribere  le- 
;em  velis.    Greg.  Tur.  Jul.  45  pag.  581,  26  abeundi  habere  liber- 


478  Job.  Menrad: 

tatem.  Willibald  vita  Bonif.  6,  17  licentiam  dedit  a.  Vigil.  Vit 
Sturmii  6  a.  lieeiitiain  proponerent.  Freculf.  2, 5, 15  data  a.  licentia. 
Itcin  Migne  51,  col.  605  A.  —  PI.  fr.  Amph.  12  abietidi  etiam 
nunc  tibi  est  oceasio.  Sueton.  Tib.  10  facta  abeuudi  potestate 
. .  .  Ostiaiu  descendit.  Frontiu.  2,  G,  4  (Hannibal)  fecit  eis  ab- 
euudi potestatem.  Sulpie.  Sev.  M.  12,  5  dat .  .  a.  potestatera.  Enn. 
Sat.  Vll  p.  87  M.  =  IV  p.  160  V.  iu  paraphrasi  Gellii  (2,  29) 
teinpus  est  cedeiidi  et  abeundi.  ablat.:  Hieron.  t.  XI  col.  460 
nihil  auferre  poterimus  abeundo. 

gerundivum:  Cic.  Parad.36  vocat(rowKer):  veniendum;eiicit: 
abeundum.    Liv.  22,  32,  3;  v.  §18  fab  domo9. 
11  Infinitivus  a)  praesentis:  a)  synonymo  v.  opposito  non  cd- 

iecto:  PI.  Mgl.  444  abire  non  siuam  te.    Cic.  Tusc.  5,  21,  62  dem- 
que  exoravit  (Damocles)  tyrannum,  ut  abire  liceret  ..    Sali.  Jug. 
64,  4  fertur  dixisse,  ne  festinaret  abire.    Hör.  sat.  1,  9,  14  misere 
cupis  . .  abire.   Sitnilia  Curt.  R.  7,  11,  23.  8, 1,  14.  Sen.  PhoeD.591. 
Tac.  hist.  1,  54.    Sil.  ltal.  12,  736.    Liv.  1,  27,  7  (abire  Albanos). 
3,  28,  10.  3,  68,  6.  23,  23,  7.  24,  23,  9.  27,  41,  5  (a.  hostem).  32, 
25,  9  (cf.  35,  51,  8).  42,  66,  5.  44,  39,  7.  Quer.  p.  58,  3  P.;  58,5 
P.  (5,  3).    Curt.  Ruf.  7,  11,  23.     ß)  synonymo  v.  opposito  adiedo: 
Cic.  Mur.  26   haec  iain   tum   .  .   ridicula   videbantur,    homhies  .. 
iuberi  abire,  ut,  uude  abissent,  eodem  statim  redirent.    Phaedr. 
1,  16,  5  rapere  atque  abire  semper  adsuevit  lupus.  Ov.  met  2,697 
simulat  Jove  natus  abire;  mox  red  it.    15,  28  numen  abire  iubet, 
prohibent   discedere    leges.    Liv.  2,  32,  5  incerti,    manere  an 
abire  mallent=  10,19,11.  —  Tac. hist. 4, 17.  Liv. 7,35,9  erumpere 
hinc  atque  abire.    Just.  16,  4,  15  iubeant  abire  se,  an  ..  malint 
reniauere.     Suet.  Oth.  11   qui   discedere    et   abire   coeptabant 
Sen.  Med.  493    dum    licet    abire,    pro  fuge.     Tac.   ann.  2,34 
abire   se  et  cedere  urbe.    Val.  Fl.  7,  424  iussisset  abire  ..  at- 
que . .  cedere  regnis.    Sil.  Ital.  7,  350  stimulat  ruentes  . .  abire 
timor.     Stat.  Th.  6,  481    luctantur   abire    iugales    (equi).    8,  486 
hunc  turmis  (saorum)  obversum,  et  abire  vetantem  |   aggreditur 
[Kan  obire,  /.  e.  dberrare,  circumvagari9  Lcmaire],   11,  386  et  abire 
nocentem,    et  venisse  pudet.    Quint.  decl.  5,  12  ista   pietas  est 
abire,  discedere,  irasci  .  .?  decl.  excerp.  IX  quum  retinere  non 
potuit,  abire  dimisit.    Gell.  18,  4,  7  ubi  hoc  dixit,  media  ipsa  ser- 
monum  reliquit  et  abire  cuepit    Querol.  p.  29,  21  P  (2,  3)  adire 
non  facile  ffacile  LVG,  difficilo  Klinkh,  *non9  add.  F.]  est,  abire 
impossibile.    Pallad.  r.  r.  7,  7  p.  149  Bip.  quamvis   (apes)  sta- 


Abeo.  479 

tim  et  procedere  et  abire  non  dubitent.  (iaius  2,  08  (uninialia) 
quae  ex  consuetudine  abire  et  redire  solent.  8.  (ireg.  M.  lioniil. 
in  1.  1  Reg.  VI  2,  n.  42  'Samuel ..  abire  dicitur*.  A  reprobis  quippe 
divisi  doctores  non  eunt,  sed  abeunt  ....  abire  docturis,  est 
impoenitentes  impios  perpetua  animadversione  deserere. 

b)  perfecti:  PL  Pers.  300  hercle  illam  abisso  gaudeo.  Rud. 
prol.  65  alii  narrant  . . .  lenonem  abisse.  Ter.  Eun.  724  id  modo 
die  abisse  Dorum.  *Caes.  b.  c.  3,  36,  3  hoc  adeo  celeriter  fecit, 
ut  simul  adesse  [abisse  Haupt,  Nipperd.,  üehHcr\  adesse  tuetur 
Terpstra]    et   venire    fvenisse  Dresd.  1\    nuntiaretur.     Verg.  Aen. 

2,  25  uos  abiisse  (sc.  cos  navibm)  rati  et  vento  petiisse  Mycenas 
«•  Hyg.  fab.  108  Troiani  arbitrato  sunt  UosteH  abisse.  Liv.  31, 
39,  3  abisse  bostem.  Stat.  Tb.  8,  173  sermo  |  unus:  abisse  deos 
delapsaque  numina'  .  .  8,  520  sentit  abisse  deum.  PI  in.  ep.  5, 
5,  5  imaginatus  est  venisse  Neronem  . .  resedisse  . . .  tunc  abisse. 
Frontin.  3,  11,  1  abisse  Phormionem  renuntiantibus. 

c)  futuri:  Cie.  Caec.  20  et  46  denuntiat  Caecinae  se  ar* 
matos  habere:  abiturum  eum  non  esse,  si  accessisset  (i.  c. 
'salvum  evasurutn  n.  e.9,  cum  itisequatur  'quoad  videretur  salvo 
capite  fieri  posse').  Quint.  decl.  exe.  XVI  non  abiturum  (/ilium) 
intellexi 

b)  Definite  positutn: 

I)    additis   adverbiis:    a)    loci   (undc?   quo?  qua  (v'ui)?)A2 
alio:  PI.  Most  989  a.  credo  cornisnatuin   abisse.    Liv.  24,  29,  10 
seu  quo  a.  mallent  (abire).     aliquo:    PI.  Merc.  656  rus  abire  a. 
[de  Most.  596  r. f  quo'].  Ter.  Ad.  786  interea  in  angulurn  a.  abeam. 
Heaut.  586  iube  huue  abire  hinc  a.     dextrorsurn:    Hör.  tat.  2, 

3,  50  . .  ille  sinistroreum.  hie  d.  abit.  diversurn:  Stat.  Th.  II, 
113  talia  partitae  d.  abiere  »orores.  exinde:  Victor  Vit.  3,  16 
ut  licet  mendicantes  «'episcopL  e.  non  f.birent.  forum  PI.  Poen 
1283  ipse  abiit  1.  me  r».'ii'juit.  Vi*7.*  pi'/nu-»  cepi.  abii  f.  --=  Moni. 
879.  Most.  596  ne  quo  aoea'.  f.  Ter.  Eun.  702  una  aiubo  abie 
runt  f.  CatulJ.  32,  6  nevi  t.oi  lu^at  f.  abire,  «*:d  doini  mariea». 
Ambros.  voL  III  col.  111*1,  '.♦  Mitr.  abierunt  f.,  d'.inde  volonte* 
redire  ...  Vulg.  Mattr.  21.  5  7  ao.it  f.  extra  'ivitatenj.  hat: 
PL  Cure.  109  s**i  L.  a-.-iit.  u.  i^r^^^r.  Men.  556  »it.  *i  Wj'iWtu 
me,  li.  abiiäH?  c*dmhlIj*.  /?*r/<  f»;.  f.  ist.  4.  t.  37.  Pha^Jr.  aj/- 
pend.  26.  8  abiit  h.  v.  ;.."•:*:;  ao  .a^va:.-..  ukW::  u*  foc<  I'lnulm* 
zt  Termtvnni  tHeign&rti.    Pj    Ampr,.  */.J5  q-*J  »urn:  priui'iiu  te  a/J- 


480  Jos.  Menrad: 

venisse  dicas,  modo  qui  b.  abieris.   Aul.  656  ille  uunc  intua  tur- 
bat,  hunc  amitto,  liinc  [Both.7  hie  M.]  abierit.   Merc.  776  'nempe 
me  h.   abire   veis'.    'volo  inquaui'.    'abibitur'.    Trin.  714  neque 
tu  h.  abituru's.    Truc.  286  abire  h.  ni  properas.  824  neque  ut  h. 
abeam  neque  ut  hunc  adeaui  scio.    Truc.  884  ille  quidem  L  abiit, 
abscessit.    Capt.  260  (Most.  393)  neque  te  nobis  (aequomst  vitio 
vortere),  si  abeaiuus  h.  (i.  e.  evadamus,  effugiamus).    887  Stalag- 
uius  quoius  erat  nationis  quoni  b.  abit  (i.  e.  effugit:  de  praes.  v. 
Brix.).   Pseud.  1032  . . .  prius  h.  hie  Harpax  abierit    Rud.  1328 
si  hercle  abiero  h.,  hie  non  ero.    *Heaut.  544  an  (expeetat),  dam 
h.  [hie  A  Umpff.]  denuo  |  abeat  [abigat  Bentl.]?    Phorm.  143  ubi 
ego  h.  abiero,  vel  oeeidito.   Phorm.  542  sane  hercle  suades:  etiam 
tu  h.  abis?  ('afct,  apage  cum  isto  consilio9  ForcelL;  *auch  da  ver- 
lassest mich  und  meine  Sache9  Dziatzko).    Heaut.  212  vide  sis,  ne 
quo   1).  abeas   longius.    586   'iube  hunc  abire  h.  aliquo'.    'quo 
ego  h.  abeam?'.    v.  §  18  *rus  abire9.     ß)  loci  Plautini  et  Teren- 
tiani  leviores:   h.  abeo  *P1.  Amph.  668  l'h.'  suppl.  PyL,  Labbert]. 
Cure.  210.  Rud.  586.  1013.  Ter.  Eun.  494.  Ad.  435.    ni  h.  abis: 
Amph.  354.  357.  360.  440.     non  tu  h.  abis?:   Stich.  603.  Ter. 
Eun.  799.  abin  h.?  Amph.  518  ['h.'  suppl  PyL  Mueller].  Amph. 
857.  Bacch.  1168.  Trin.  457.  989.   Most  850.  Cas.  2,  4,  34.  Andr. 
317.  Eun.  861.     abi  h.:  Epid.  604.  Merc.  183  [in'  h.  Both.  BentL]. 
Most.  9.  578.    Cas.  4,  2,  14.    Rud.  1053.   Eun.  651.    formula  *h. 
abiit'  vel  'abiit  h/:    Amph.  102.  125.  639.    [Bacch.  900  'hinc' 
supph  Schneideivin,  Hermann].  Epid.  46.  Trin.  718.  998.  Mgl.  89. 
Pseud.  53.  1053.    Men.  336.    Most.  958.  971.   Capt.  573.    Cist.  1, 
2,  8  =  1,  2,  13  =  1,  3,  44.  —  formula  cillic  [ille]  h.  abiit', 
cui  synmymon   'illic  h.  abscessit'  (v.  Lot.  ad  Mgl.  586):    Aul. 
265.460.  Epid.  81.  Mgl.  586.  Poeu.445.917.  Pers.200.  Capt  901. 
(Pseud.  394).  —  formula  ch.  abii':  *Amph.  523  [h.  suppl.  Camer.]. 
743.    Aul.  705.    Bacch.  171.  388.    Merc.  255.    Capt.  478.    Heaut. 
112.  —  formula  f abire  h.'  vel  ch.  abire':  Bacch.  179.  Epid.  63. 
Truc.  301.  Rud.  249.  817.  944.  1027.  Ter.  Hec.  613.  —  h.  abiisse 
Amph.  758.    Ter.  Hec.  758.    Phorm.  315.  466.    —    PI.    Amph. 
807  h.  abiimus.    Rud.  1056  abiisti  h.    Ter.  Eun.  830.   Phorm.  288 
h.  abiens.    719  h.  abit.    Most.  706.    Eun.  716  ut  abeam  h.    Rud. 
1243  ut  abeat  h.    Ter.  Phorm.  779  ne  haec  h.  abeat.    PI.  Most 
1117.    (Capt.  887)  quom  h.  abibam.    Ter.  Hec.  703  abibo  h.  — 
Jancta  adverbia  'intro'  et  Munc'  his  locis:  Pl.Epid.379.  Stich.774 
abeamus  i.  h.  Merc.  930.  Most  294,  425  abi  h.  i.  Truc.  210  h.  intero 


Abeo.  481 

abiit  odium  meum.    Men.  603  si  sapiam,  h.  i.  abeam.  Truc.  758. 

Peraa  200   abiit  i.  b.  —  Mgl.  1196  =  319    vos   abite  h.  i.  — 

Bad.  1189    quid  meliust,    quam   ut  h.  i.  abeam?     y)    loci  ceteri 

praeter  Plauthws  et  Terentianos:  Caecil.  77  p.  81  R.  abi  h.  tu,  sto- 

lide.    Afran.  76,  p.  175  paulo   prius  h.  abiit.    Titin.  132,  p.  152 

ut  *hinc  legatus  *  abiit   peregre    publice    [hinc  et  abiit  Both. 

R&b.2]  hie  et  abit  Charis.  Neap.].  Cic.  Tusc.  1,  41,  99  csed  tempus 

est'  inquit  (Socrates)  ciam  h.  abire  me,  ut  moriar,  yos  ut  vi  tarn 

agatis'  (=  Fiat.  apol.A2  aXXa  yag  ijjtfi?  Sga  ditievat,  . .).   *Caes. 

b.  g.  7,  50,  6  proiude  abite  h.  [h.  add.  dik].    Catull.  14,  21  vos  h. 

interea  (valete)  abite  |    illuc  unde  malum  pedem  attulistis  . .  [li. 

per  traiectionem  ad  *  abite9  referendum,   cf.  Ter.  Ad.  917;   Graece 

%alQB  xal  am&i].    Cat.  27,  5  quo  lubet  h.  abite.    Ov.  ep.  6,  60. 

Uv.  1,  26,  4.  2,  2,  7.  2,  37,  7.  6,  40,  12.  7,  35,  8.  44,  45, 11.  Val. 

Fl.  4,  387.  7,  429.   Stat.  Silv.  2,  7,  131.   Mart.  11,  6,  6.   11,  16,  1. 

Jul.  Valer.  3,  5(2).    Querol*  p.  42,  16  P.  (3,  1)  [h.  e  conj.U  47, 

21  P.  (4,  2).     huc:  PL  Aul.  334  h.  intro  abi  ad  nos.    Trhi.  prol.  7 

h.  quae  abiit.    579  abi  b.  ad  meam  sororem.    Pers.  200  illic  hinc 

abiit  intro  h.   Ter.  Heaut.  904.   Euu.  120.     huc  —  illuc:  v.  §  31 

'fltddus';  §  So  <tecta\     illa[c]:  PL  Most.  1045  abii  illac  [lirix, 

ill&Camer.]  per  angiportum.     illic:  Conini.  Bern.  Lucan.  p.  131,24 

milites  i.  abirent  [£/&;  militia  habent  cod.].   illinc:  Y.§22ß  *ira- 

tus9.  Cic.  dorn.  8  cur  ego  non  timuerim,  quaeris?  quia  te  i.  abisse 

constabat    *Phil.  2,  100  queniadinodum   i.  abieris  [Faernus;   illi 

cavieris    V,  illam  audieris  t,  illam  adieris  dbg;  *ni$i  potitis  illi  in 

sertbendum  est9  Or.-B.\  vel  potius  paeue  non  abieris,  sciinus.  Catull. 

50,  7  atque  i.  abii.     illuc:  PL  Aul.  329  intro  abi  i.  CatulL  14,  22 

v.  'hinc9  y).    Phaedr.  4,  20,  16  t\  §  2b  y). 

inde:  PL  Mgl.  1312  ubi  pulcherrume  egi  aetatem,  i.  abeo. 
Capt  282  vi  vom,  quom  i.  abimus,  liquimus.  Ter.  Andr.  368.  Eun. 
725.  —  Cic.  Att.  9,  7,  5  abeamus  igitur  i.  . .  Curt.  Ruf.  7,  11,  4 
rex  . .  statuerat  i.  abire.  Moret.  19  i.  abit  (Simylua).  Ov.  met  2, 
872,  met.  15,  111.  —  Liv.  1,  53,  10  .  . .  porro  i.  abiturus.  3,  28,  9 
se  i.  abire  sinerent.  Similia  ibid.  10,  46,  10.  7,  5,  5.  9,  5,  7.  26, 
12,  15.  27,  28,  13.  (27,  44,  3).  28,  16,  3.  31,  38,  9.  40,  35,  7.  Val. 
Max.  2,  7,  1.  7,  5,  1.  Ken.  de  rem.  fort.  2,  9  v.  §  35.  Fronto  p.  154, 
7  N.  —  *Apul.  met.  6,  15  aquas  .  ..,  ut  abiret  *inde  ocius  [sie 
Oudendorp,  iunoxius  Fq>],  minitantes  excipit.  intro:  de  iunetura 
*hinc  intro'  v.  s.  hinc.  Formula  *  intro  abi':  PL  Amph.  545. 
As.  543.    Aul.  334.    Bacch.  227.  714.    Epid.  655.  714.    Mgl.  255. 


482  Jos.  Menrad: 

857  [abi  abi  Lor.\.    Most.  397.    Fers.  855.    Cist  1,  1,  120.   Ter. 
Heaut.  618.  871.  Phorm.  819.  Caec.  157  p.  65.     Accedü  alter  im- 
peraiivus:  PI.  Aul.  89  (occlude  ianuam).  103  (tace  atque  . .).  329 
(sunie  .  .).    Epid.  601   (ne  fle  . .:  i.  a.:  habe  bonum   aninium)  = 
Cist  2,  3,  47  (atque  aniuio  bono  es).   Epid.  605  (ac  iube).   Stich. 
533  (et  lava).    Mgl.  302  (vise  . . .).   394  (et  . .  conprecare).  535 
(vide).    1129  (noli  stare).    Pseud.  161   (propere  Botkius  probantc 
Bitschelio;  at  v.  Poen.  420  f  Stich.  204).  890  (et . .  coque).   Capt  452 
('bene  ambulato').    Cas.  2,  3,  38  (adpropera),  2,  4,  16  (. .  atque 
evoca).    2,  6,  67  (atque  adorna  . .).    2,  6,  69  (et  . .  fac  .  adcures). 
Cist.  4,  2,  105  (da  . .).   Rud.  1254  (. .  ne  molestu's).   Ter.  Hee.314 
(.  .  ac  nuntia).  —  plur.  cintro  abite':  *Aul.  455  [Goeller,  Laman], 
Poen.  604.    Mgl.  928.    Pseud.  168.    Cas.  4,  4,  12.     abeo  intro: 
Epid.  665.  Cas.  I,  52.  fr  Astraba  16.  Ter.  Eun.  970  abeamusi.: 
Poen.  194.  Stich.  147  fhinc  i.  s.  huc  i.  Mueller  pros.  669,  NadUr.107, 
introd  &].  .Mgl.  944.    Cist.  4,  2,  107.   Ter.  Eun.  906.     abiit  i: 
Aruph.  1045?  Trin.  prol.  7.  Truc.  210  [intero  FSchoell].  MgL  1145. 
Men.  549.  698.  Cist  2,  1,  62.  —  Amph.  970  vis  quin  abeam  iam 
i.?    Mgl.  159  i.  ut  abeas.    Cist.  4,  2,  15  postquam  i.  abii.  Ter. 
Heaut.  906  abiere  i.    PI.  Mgl.  1176  ut  i.  haec  abierit.   *Cas.  3,6, 
29  [7]  suppletur.    introrsus:  Jul.  Valer.  3,  67  (24):  *abi  introrow 
[i.  e.  in  caelum;  codd.  habitus;  an  *dbi  tu  i.9;  [?  cf.  PL  Stich.  700 
abiitusane  B,  abitu  saue  D,  abitusane  C  pro  abi  tu  sane].   Sen. 
Herc.  Oet.   1674  introrsus    (in  pectus)   dolor    |    femineus   abeat 
intus:    Querol.  p.  42,  14  P.  (3,  1)   abi  ergo  i.;   51,  1  P.  (5,2). 
istac:  §  17  a).    Ter.  Heaut.  588  abi  sane  istac,  istorsum,  quo- 
vis.     istinc:    PI.  Most.  851  at  etiam  restas:    abi  i.  [restas?  abi 
istinc  Camer.,  restas?   st,  abi  istinc  Gruter.,  restat:  st,  abi  istinc 
Lor.].  *  Heaut.  818  abin  i.  [Fleckeis.,  Wagn.;  abi(i)sti  codd.  "fUmpf., 
adisti  mihi  (manuui)  BentL,  sapiisti  Schubert],    istuc:  *Ter.  Ad. 
169  nimium  istuc   [istoc  Call.  pl.y  Fleck.,   Wagn.,  SpengeL]  abisti 
[=  Kparutn  prope  adisti,  du  stellst  noch  zu  weit  tvcg9  Sp.]    laevor- 

suin:  Apul.  met.  1,  21  ad  villulam  1.  [leuorsu  jF)  abierunt.  longe: 
Ter.  Eun.  633  1.  iam  abieram.  August,  scal.  parad.  9  non  1.  abibit 
(sponsus).  Max.  Taur.  M.  57,  col.  452  D  si  a  matre  quispiam  1. 
abierit  (pullus).  —  Cf.  §  20;  §32  *Italia9.  longissime:  transl 
Sen.  ep.  122,  5  hoc  est  luxuriae  propositum  ....  (a  recto)  quam 
1.  abire.  loiigius:  PI.  Men.  327  =  Ter.  Heaut  212  ne  hinc  abeas 
1.  quo  . . .  Ter.  Ad.  882  orat  frater,  ne  abeas  1.  Eun.  662  quo 
ille  abirc  iguavus  possit  1.    Sali.  Jug.  98,  5  neque  tarnen  suos  I. 


Abeo.  483 

ibire  sinunt  ..  Ov.  met.  2,  718  flcctitur  in  gyruni  nee  1.  audet 
ibire  (müvus).  15,  111  1.  inde  nefas  abiit.  Liv.  36,  3,  3  ne  quis 
.  L  ab  urbe  Koma  abiret  quam  unde  eo  die  redire  posset.  Plin. 
a.  h.  21,  71  nee  1.  abire  (apes)  patiuiitur  (arbores).  Veget.  r.  m.  4,  26 
frequenter  .  .  obsidentes  simulata  desperatione  1.  abeunt.  Symm. 
9p.  3,  55,  2  ego  paulo  post  abire  1.  paro.  Vulg.  Exod.  8,  28  1. 
ae  abeatis.  nequoquam:  PI.  Most.  562  cquo  te  agis?'  n.  \FUck.; 
»cum  quo  Uss.  Lor.]  abeo.  nusquam:  PI.  Cist.  4,  2,  37  ...  hinc 
!L  abivit.  Ter.  Ad.  246  n.  abeo.  Hegesipp.  1,  44,  187  utinam  n. 
i  te  abissem.  ob  vi  am:  Ter.  Heaut.  249  abi  dum  tu  illis  o.  pe- 
ilt us:  Liv.  26,  28,  2  . .  ad  intuma  p.  regni  abisse;  v.  §  18  *'m 
\  acc.9  a)  ß).  peregre:  PI.  Trin.  arg.  1  abiens  p.  Charmides. 
Host  958  postquam  hinc  p.  eius  pater  |  abiit.  Titin.  132  p.  152  Ii 
lt  *hinc  legatus  *  abiit  p.  publice.  Plin.  n.  h.  35  151  abeunte 
Ho  p.  Roman.  GL.  I  p.  212,  18 K.  p.  cum  abit  quis  ...  prae: 
PL  Amph.  543  abi  prae,  Sosia.  Ter.  Ad.  167  abi  prae  strenue  ac 
bris  aperi.  Eun.  499  abi  prae,  cura.  Phorm.  777  abi  prae,  nuntia. 
proeul:  Liv.  7,  5,  5  pr.  inde  omnibus  abire  iussis  eultrum  strin- 
git.  Priap.  8,  1  (70,  4)  matronae  pr.  hinc  abite  castae.  Pomp.  M. 
S,  7,  65  pr.  a  ceteris  abeunt.  Sen.  ep.  94,  69  magna  pars  sani- 
tatis  est,  hortatores  insaniae  reliquisse  .  . .  [et]  pr.  abisse.  Tac. 
Min.  14,  26  Tiridatem  abire  pr.  ac  spem  belli  omittere  subegit. 
Btat.  Th.  11,  669  proeul  . ..  abi,  victoribus  omen  |  invisum.  Amm. 
Klare.  20,  4,  13  ut  honoratius  pr.  abituros  (Reisende)  traetaret. 
Venant.  Fortun.  app.  1,  64  *rebar  abisse  pr.  v.  §  28  *ab  . .  tweti- 
bus9f  §30  'luna9,  §37  'ciirac9,  'Moerae9.  prorsum  protinam: 
PI.  Mgl.  1193  ego  adeo,  ut  tu  scias  pr.  Athenae  protinam  abibo. 
protinus:  v.  §  18  *e  conspectu9,  §  26  a)  y).  qua:  v.  §  18  crfo- 
mum9,  §  32  'Arabia9. 

quo:  a)  in  enuntiato  interrogativo  PI.  Asin.  597  quo  nunc 
abis?  quin  tu  hie  man  es?  Aul.  203  'quo  [quonam  Acidal.,  quod 
22.]  abitis?'  ciam  ad  te  revortar*.  Aul.  444  quo  abis?  redi  rur- 
sum.  Bacch.  1149  quo  illaec  [Both.  It.,  illae  hinc  Herrn.]  abeunt? 
Cas.  2,  3,  15.  Ter.  Phorm.  489  quo  nunc  abis?  Heaut.  586  quo 
ego  hinc  abeam?  Hec.  495.  Ad.  780.  Phorm.  216.  Val.  Fl.  8,  145: 
quo  abis?  v.  §18  'sine9,  §  21  ß)  'petitus9,  §  22  a)  'dexter9,  cdt- 
versHS*,  §  31  'Tigrim9,  §  37  'ctdtus9  'fervor9.  —  ß)  relat.  PI.  Men.  515 
=  Ter.  Eun.  651  non  tu  abis  quo  dignus  es?  Eun.  662  uequeo 
mirari  satis,  quo  ille  abire  . .  possit.  PI.  Men.  1044  abeat  .  .  quo 
volet.    Aul.  657.    Stich.  424  abi   quo   lubet.    *Mgl.  982  abeat  . . 


484  Jos.  Menrad: 

quo  lubeat  sibi  [v.  Lor.  Kr.  Anh.],   Catull.  27,  5  quo  lubet  [quod 
iubet  OG],  hinc  abite  . .    Mart.  11, 16,  1  potes  . .  abire  quo  übet. 
*Phaedr.  app.  18,  15  abire  destinavi  (eo),  quo  tulerint  pedes.  Hör. 
carm.  4,  1,  7  abi,  quo  iuvenuui  te  revocant  preces.   Petron.  98  nee 
quo  abierit  suspicari  possum.    Suet.  Yesp.  14  quidnam  ageret  aut 
quo  abiret.   Plin.  n.  h.  10, 75  nee  unde  veniant  quove  abeant  (ayeaj 
compertum.   v.  §  22  ß)  *tacitos\  §  25  y)  'abstr.  pro  coner. \  —  y)  m- 
def.  PL  Men.  327  ne  .  .  abeas  . .  quo  ab  hisce  aedibus.  *  Mos!  596 
an  ruetuis  ne  quo  abeat  foras  [sie  Ä\.    Men.  852  . .  ne  quo  hinc 
abeat.     Rud.  1013  ego  offleetam   navem,   ne  quo   abeas:   mane. 
Ter.  Heaut.  212  vide  sis,  ne  quo  hinc  abeas  . .   928  abeat  potior 
multo  quovis  gentium.    Phaedr.  3,  7,  25  si  quo  abire  est  animu*. 
Querol.  p.  59,  5  P.  (5,  4)    vos    abite   quolibet.    v.  *alio9,  ttftoc\ 
quonam:  v.  §35  ^tegimen9.     quorsum:  v.  §21  y)  *notat¥.  Val. 
Max.  3,  2, 19  dexteram  ad  hostem  tendens:  *qu.  tu'  inquit  cabia?'. 
reeta:  Comif.  4,  50,  63  si  ad  nie  domum  reeta  abissetis.   retro: 
Curt.  R.  3,  8,  2  . .  suadebant,  ut  r.  abiret  (Dareus).   Liv.  fr.  75  W. 
legati  . .  r.,  unde  venerant,  domum  abierunt  [a  Quinct.  8,  3, 53 
ut  exemplutn   (iccxQoXoyiag   notatur].    Itala  Jer.  15,  6  Wirc.  retro 
abibis.    v.  §  31  *Inachus9,  §  35  *pretium9f  §  37  *veritas9.     retror- 
sum:  Vulg.  Isai.  50,  5  r.  non  abii.    Jerem.  15,  6  reliquisti  me,  r. 
abiisti.    Vulg.  Itala  Job.  18,  6  abierunt  r.   Max.  Taur.  M.  57,  447B 
r.  abire  cogetur.    Patr.  saec.  VII,  M.  87,  450  A  si  r  —  us  abiero. 
sinistrorsum:  v.  dextrorsum.     sursum:   v.  §  33  ß)    Irenaeus  5, 
31,  1  Dominus  .  .  confestim  utique   abiisset  sursum.     ulterius: 
Ov.  met.  2,  872  inde  abit  ulterius.    ultra:  Itala  Marc.  8,  13  abiit 
ultra  (a's  ro  nsgav).    Itin.  Alex.  16,  11  quod  exim  ultra  abiturus 
Darius  ferebatur.     unde:  a)  interr.  Verg.  Aen.  10,  670  (=  Poet 
1.  m.  ed.  B.  IV  207,  313)    quo    feror?    unde    abii?     ß)   relaL  PL 
Epid.  80  numquam  hominem  quemquam   conveni,  unde  abierim 
lubentius.    Cic.  Mur.  26   .  .  ut  unde   abissent,  eodem  statim  red- 
irent.    Liv.  22,  60,  16  eo,  unde  abistis.    v.  §  26  y),  §31  <  Tiberis'. 
undique:   Liv.  23,  28,  4  celeritate  tutior,   quod  undique  abierat, 
antequam  consentirent.    uspiam:  Arnob.  6,  18  semperne  dii  man- 
sitant  neque  abeant  u.,   . .  an   babent  itus  liberos,  cum   libuerit 
abire  quocumque  . .? 
13  b)    adverbiis  temporis:   actutum:   PL  Amph.  354,  360  oisi 

a.  hinc  abis.  Mgl.  1 196  et  vos  abite  hinc  intro  a.  Truc.  267  nisi 
abis  a.  aut  dicis  quod  quaeras  cito,  aliquando:  Cic.  Verr.  3,  79 
ut   a.   ex   .  .   agris  .  .  abirent.     celeriter:    Querol.  p.  51,  1  P. 


Abeo.  485 

(5,  2)  abi  c.  intus;  *p.  42,  15  P.  (3,  1)  Peiper  e  coni.  Acro  ad  carm. 
1,  28,  35  quam  c  abire  velis  (=  quam  festinas  Hör.),     cito:  PL 
Bpid.  513  . .  pereas  atque  abeas  c.   Mgl.  1195  abi  c.  atque  orna 
te.    Cist.  5,  8  abi  c.   Andr.  255  abi  c.  atque  suspende  te  (cf.  Poen. 
509).     citius:  *P1.  Pers.  443  citius  [solus  jB]  iam  a  foro  argen- 
tarii  abeunt  quam  rotula  circumvortitur.    Censorin.  20,  7  quo  quis 
magistratu  c.  abirei  Ambros.  enarr.  in  psalm.  48,  col.  1221,  5  M. 
c  abeunt  quam  venerunt.    confestim:  PI.  Trin.  798  abi  ad  then- 
sanruni  iam  c     conti nuo:  Mgl.  535  abi  intro  ad  vos  domum  | 
c     denique:   Ten  Hec.  156  illain  spero  abituram  d.     dudum: 
Aal.  705.  Capt.  478  ut  d.  hinc  abii.    Cist.  1,  3,  44  quae  d.  . .  hinc 
abiit.     extemplo:  Liv.  10,  18,  12  e.  conversis  signis  (se)  abitu- 
ram;  2,  37,  7.  21,  19,  11.      hauddum:   v.  §  37  'doli9,     here: 
Mart.  4,  61,  10  b.  . . .  cum  subito  abires.     bodie:  PI.  Amph.  743 
egone  abs  te  abii  binc  h.  cum  diluculo?    758  tun  te  abiisse  h. 
hinc  negas?    Capt.  573  h.  hinc  abiit.    Stat.  Tb.  1,  461  h.  abibis. 
interdiu:   Liv.  28,  24,  8  i.  ac  propalam  abibat.   44,  39,  8  fal- 
lere  i.  aut  nocte   abeundo   potest.     iam:   PI.  Amph.  970   quin 
abeam  i.   Stich.  137  . .  abhinc  iam  abierunt  triennium.    Mgl.  857. 
1372.  Pers.  215.  223.  Ter.  Ad.  620.  Eun.  633.  733  abi  iam.   Cic. 
de  or.  2,  64,  257  abeunte  iam  illo  .  .  Similia:  Propert.  3,  8  (16), 
33.  Liv.  28,  16,  3.  3,  10,  11.   Justin.  2,  12,  20.  *Sen.  (Vib.  Gallus) 
contr.  1,  3,  6  [iam  ab  rea?  codd.}  iam  abire  Schottius].   Tac.  ann. 
14,  39.    Sil.  Ital.  7,  375.  13,  493.    Mart.  11,  16,  1.    Quint.  decl. 
7,  10.   iamne:  PI.  Cas.  2,  8,  67  i.  abeo?  formula  i.  abis?  *Truc. 
919  [Guyetus].    *Stich.  633  [abisti  B,  abis  tu  Ritschi;  cditer  A7 
Loeux-Goetz  etc.].  Pseud.  380.  Men.  441.  Most  991.  —  Truc.  634 
i.  abisti?  Merc.  971.  Cas.  4,  2, 15  i.  abiit  . .?  Men.  337  ci.  abiit?' 
['abiit'  supplevit  Grxiter.  recte,  v.  549].  —  Men.  876,  Porapon.  157 
p.  248  R.  i.  abierunt?  . .   v.  §  33  'nausea9.     mane:  PI.  Merc.  255 
ad  portum  hinc  abii  mane  cum  luci  simul.     modo:  Amph.  695 
qui   nunc   primum   te  advenisse  dicas,    modo   qui  hinc   abieris? 
Men.  336  ille  insanus  .  .  qui  abiit  hinc  modo.  Cist.  1,  2,  13.    mox: 
Valer.  Fl.  4,  528  m.  abit  et  victor  petit . .    Symm.  ep.  9,  71  m. 
abire  decreveras.   v.  §35  'flamma9.     nocte:  Liv.  2,  7,  1.  2,64,8 
Romanos  nocte  abituros.     Item  22,  25,  16.  27,  5,  18    (clam   n. 
abiit).  29,  7,  9.  44,  36,  10.  44,  37,  12.     numquam:  v.  §  18  'sine 
vettere9,     nunc:   formtda  cn.  abi':   PI.  Amph.  353  (. .  sane).  545 
(intro).  Asin.  228.  367.  Bacch.  714  (intro).  Merc.  770.  *Most,  585. 
[Fleck.,  ne  codd.,  nae  Pias].  928  (rus).  —  Amph.  514  heri  venisti 


486  Jos.  Menrad: 

media  nocte,  n.  abis.    AsiD.  597.    Cas.  2,  3,  15.    Ter.  Phorm.  489 
quo  n.  abis?    Heaut.  696  n.   a   nobis  abis.    PI.  Pseud.  1252  (v. 
§  22,  2  d)  *madulsa9).    Cas.  1,  53.    Caec.  113,  p.  54  R.:   n.  abeo. 
PL  Stich.  147  n.  abeamus.  Most.  83  n.  rus  abibo.  Rud.  249  u.  abire 
hinc  decet  nos;  395  v.  y)  'pessum9.    Pollio  ad  Cic.  fam.  10,32,3 
. .  Uli   misero   quiritanti   *civis    Romanus   sum5   responderet  'abi 
nunc'   (=  ergo),   cpopuli   fidem   implora'.    v.  §  18  *m  cadum\ 
§  26  y)  *incepto9,  §  36  y)  *oppidum9}  §  38  *omnia9.     nunciam: 
PI.  Poen.  814  domos  abeamus  n.   Stich.  774.  Most.  £89.   Ter.  He- 
aut. 618.     ocius:  PI.  Merc.  930  . .  tu,  puere,  abi  hinc  intro  ocius. 
Pseud.  758  cabite  ergo  ocius.   *Querol.  p.  47,  21  P.  (4,  2)  [(Mi, 
potius  codd.].    *Apul.  met  6,  15  ut  abiret  inde  ocius  [innoxius 
F<p,  corr.  Oudendorp.].    Amm.  Marc.  31,  6,  2  ni  abirent  o.    pau- 
latim:  v.  §  33  *spirüus*.   paulisper:  v.  §  18  *e  conspcctu\  porro: 
Liv.  1,  53,  10  p.  inde  abitnrus  videretur.     in  praesentia:  Ter. 
Phorm.  779   provisumst,  ne  i.  p.  haec   hinc  abeat.     prius:  (PL 
Amph.  513)   Afran.  70,  p.  175  paulo   prius  hinc  abiit.     prope- 
ranter:  Poet,  aevi  Caroli  II  ed.  D.  299,  86  p.  abire  parabat.  pro- 
pere: Pers.  147  p.  abi  domum,  pracmonstra  . . .  Cas.  3,  6,  29  (7) 
fintroj  ergo  abeant  p.  v.  §  18  *e  convivio9.    properiter  v.  §53 
*animula9.     protinus:    Priap.  70,  4  sacro   p.  hinc   abit  peracto. 
v.  a).     quandoque:  v,  §33  *ingenia9.     raptim:    Sulpic.  Sev.  D. 
2,  3,  5  r.  abire  properavimus.     repente:    Amph.  639  is  r.  abiit 
a  me  . . .  .  Liv.  25,  16,  2.  43,  2,  11.     saepe:  v.  §  22,  2  UncolumW 
semper:  v.  §  22,  1  *victor99  §  38  *frigidum9,  §18  *cum  sotnno'. 
sensim:   v.  §  35  'umbrac9.     serum:    Sulpic.  Sev.  1,  54,  6  utrum 
subsistere  an  s.  abire  vellet.     simul:  Apul.  de  mund.  28,  p.  127, 
13  6.  si  quis  pariter  patefacto  greinio  animalis  simul  abire  patia- 
tur.     statim:    Plin.  n.  h.  10,  90  halcyonem   videre  ...  nave  ali- 
quando  circunivolata  st.  . . .  abeuntem.   Plin.  ep.  2,  3,  8  statimque, 
ut  viderat  (Livium),  abisse.    Apul.  met.  5,  21  se  fuga  proripiunt 
statimque    conscensis    navibus    abeunt.     v.  §  18   *cttm    convicio\ 
§37  *  dolor9,     subito:  Amph.  503  tarn  s.  abeas.  v.  §  18  *innubc$\ 
tan  dem:   PI.  Capt.  505  abii  ad  praetorem.    CurL  R.  4,  16,  25  t 
barbari  . . .  abiere.    tunc  dem  um:  Plin.  n.  h.  10,  14  (aquilae)  ex- 
pertae  pondus  (raptorum)  t.  d.  abeunt. 
14  c)  adverbiis  modi  et  ab  adiectivis  derivatis.    altius:   v.  §  30 

*sol9,  §35  *hutnor9.  certe:  Cic.  Att.  9,7,5  abeamus  igitur  inde..; 
sed  c.  abeamus.  clam:  v.  §  18  *de  provincia9.  Liv.  21,  63,  5  si- 
mulato   itinere  clam  abiit.    27,  5,  18.   —   Frontin.  2,  4,  5  iussit 


Abeo.  /  487 

uliones  clam  abire.  v.  §  34  *tempus\  clanculum:  PI.  Amph. 
J3  cL  abii  . .  .  Trin.  798.  Most.  1045.  contemptim:  v.  §  17  s) 
radu9.  dolenter:  Hist.  misc.  ed.  E.  21,  14  abierunt  d.  ad  pro- 
ria.  etiamne:  Poen.  431  e.  abis?  festinanter:  Nil.  fab.  50 
■  Rom.  4,  3  f.  abiit.  foedius:  v.  §  17  y).  gratis:  August. 
laest.  in  Hept  625,  46  abibit  g.  [v.  Vulg.  Exod.  21,  11]  i.  e.  sufti- 
et  ei  non  teneri  in  Servitute,  gratul auter:  Hist.  misc.  ed.  E. 
1,11  adSaborem  g.  abiret.  honeste:  v.pacto.  in  grate:  M.  Patr. 
5  H.  d.  T.  eol.  1400h  caeteris  i.  abeuntibus.  impune:  abire: 
§  22, 2a.  insperato:  Lucil.  30,  38  M  =  864  L.  insperato  abiit 
—  obiüy  v.  §  25).  ita:  Liv.  4,  10,  2  neque  ut  venerint  . . .,  ita 
bitaros  Volscos  esse.  v.  §  7  *ciconiae9,  §  18  *sinc  vestigio9. 
ibentius:  Epid.  80  (hominera),  unde  abierim  ).  modo  (iuxta 
nperativosy  germ.  *doch,  doch  nur,  nur9):  PI.  Aul.  459  abi  tu  m. 
fem  Epid.  604.  714.  Merc.  749.  Poen.  429  (synon.  i  m.  428.  430). 
30.  Trin.  685  (i  m.  582/3/4/6/8/9 tcr).  Most.  381.  583.  585.  Pers. 
95.  Rud.  779.  occulte:  Tac.  hist.  3,  70  ut  .  .  occulte  abiret. 
in  partem:  transl.  Sen.  controv.  10  praef.  13  hos  minus  nobiles 
inite  in  p.  abire  [habire  B.,  inde  partem  habere  Schult],  pacto: 
1.  Capt  332  alio  p.  abire  {Über)  non  potes.  Ter.  Eun.  716  alio 
i.  honeste  hinc  quo  modo  abeam  nescio.  perniciter:  Apul. 
iet.  6,  10  p.  abeunt.  perseverantius:  Frontin.  2,  8,  14  p.  ab- 
untes  (fugientes)  trucidarent.  pessum:  PI.  Truc.  36  quando 
biit  rete  p.  (xidovde).  Hyg.  fab.  125  ne  (Ulixes)  p.  abiret. 
.  §  18  *cum  navi9.  v.  §  35  *navis9.  plane:  Caes.  b.  g.  6,  43,  4 
.  nee  pl.  etiam  . .  abisse  contenderent.  v.  §  33  *nausea9.  potius: 
1.  Amph.  455  abeo  p.  Bacch.  211.  Rud.  880.  propalam:  v.  §  13 
mterdiu*.  publice:  Titin.  132  p.  152  legatus  abiit  peregre  p. 
tf.  PI.  Mgl.  103  rei  publicai  gratia).  quemadraodum:  v.  §  12 
ülme9.  rursum:  PI.  Most.  377  tuos  venit  pater?  iube  eum  abire 
.  Valer.  Max.  5,  7  ext.  1  Stratonice  rursus  abeunte.  sane:  PI. 
Lmph.  353  nunc  abi  s.  Stich.  264.  700.  Rud.  855  (cf.  Pers.  198). 
atine:  Most.  76  s.  abiit,  neque  quod  dixi  flocci  existumat;  v. 
jorenz.  simili  modo:  Plin.  n.  h.  10,  72  abeunt  et  merulae  s.  m. 
sis:  fabi  sis5:  PI.  Mgl.  1111.  Most.  569.  Trin.  972.  Rud.  1053. 
Jas.  4,  2,  14.  Ter.  Phorm.  59.>  strenue:  v.  §  12  *prae9.  tan- 
um:  v.  §  22,  2  *dexter9.  *totiens:  Cic.  Att.  4,  16,  9  ut  *abis 
ut  abires  Ernest,  ut  a  nobis  Baiter]  t.  et  tarn  longe  abesses. 
urmatira:  Liv.  28,  13,  9  primo  t.  (iv  xa%hi  Polyb.)  abibant. 
uto:  Liv.  24,  19,  8  ut  abire  Capuam  tuto  liceret.     una:  v.  §  12 


488  Jos.  Menrad: 

*foras\  Plin.  n.  h.  10,  66  abeunt  una  . .  glottis  et  otus  et  cy- 
chramus.  vehementer:  Vulg.  Jerem.  49,  30  fugite,  abite  t. 
velociter:  Vulg.  Num. 23, 4  cum  abrisset  v.  verumne:  v.§21y) 
*ezactae\ 

15  11)  dativis;  apud  poetas.  a)  dat.  ethico:  Verg.  Aen.  5,  162 
quo  .  .  mihi  dexter  abis?  5,  305  nemo  . .  .  mihi  non  donatos 
abibit.  Jul.  Yaler.  2,  10  puto  matrem  mihi  in  deos  abiisse.  f. 
§  18  *per  Argos9.  ß)  =  ab  c.  abtat. :  *Catull.  63, 74  roseis  ut  huic 
[hinc  codd.]  labellis  sonitus  <citus>  abiit  v.  §  33  <color\  'ce- 
terno9,  §  37  'spes9,  'fervor9.  Ambros.  M.  111  1  de  fide  4, 2,  23,  col. 
621 C  si  non  tibi  abeat  (Christus),  y)  $ibi(met)  =  sua  sponte(?): 
Vulg.  Jerem.  3,  6  abiit  (Israel)  sibimet  super  omnem  montem 
excelsum  .  .  Hieron.  III.  Zach.  14,  8.  Patr.  25,  col.  1528B  plum 
abibit  sibi  (=  M.  23,  col.  1141 C). 

16  III)  accusativis;  ad  indicandum  interius  quod  vocatwr  ebne- 
tum;  in  sermone  vulgari.    PI.  Rud.  1027   sine  me  hinc  abire:  td 
abi  tacitus  tüam  viam.    Irenaeus  3,  12,  9  permisit  omnes  gentes 
abire  vias  suas.   Vulg.  1  Mach.  8,  19  abierunt  Romam,  viam  mul- 
tam  . . .  Itala  Num.  33,  8  L.  abierunt  viam  trium  dierum  per  de- 
sertum  =  1  Mach.  5,  24  (Vulg.).  —   1  Mach.  9,  2  abierunt  viam 
in  Galgala.    Prov.  1,  15  (Sess.)   ne   abieris  vias  cum   Ulis.    Am- 
bros. de  Ca.  et  Ab.  I  4,  col.  341,  22  M.  abiit  . .  viam  longissimam. 
Patr.  95  H.  d.  T.  1418d  (vir)  abiit . .  viam  longinquam  (=  Pro- 
verh.  7, 19:  via  lougissima  Vtdg.).   Venaut.  Fortun.  c.  7,  20,  6  hinc 
....  nullus    (viator)    abibit  iter  =  Poet,  aevi  Carol.  II  69,  412 
laetus  (v.  §  22  ß)   abibat  i.    Greg.  Tur.  gl.  mart.  47,    col.  520, 
17  M  i. . .  abierunt.   August,  quaest.  in  Hept.  776,  54  (=  Jos.  3,4) 
non  abiistis  viam  ab  hesterna  . .  die. 

17  IV)  ablativis:  a)  loci:  PL  Pers.  444  abi  istac  travorsis  angi- 
portis  ad  forum  [istac  tr.  codd.  Iximb.,  item  codd.  Scaliger i;  straeta 
vorsis  B7  taeta  v.  CD  istac  avorsis  Camer. ,  hac  advorsis  (FZ) 
lioth.].  Hör.  sat.  2,  3,  50  velut  silvis  .  .  .  ille  sinistrorsum,  hie 
dextrorsum  abit.  v.  d)  teqtio9f  §  35  *rura9.  ß)  temporis  (de  cnocte* 
v.  §  13):  PI.  Amph.  532  qua  nocte  venisti,  eadem  abis.  737  pri- 
mulo  dilueulo  abiisti  (cf.  743  cum  d.).  Catull.  68,  85  non  longo 
tempore  abisse.    Liv.  3,  13,  8  nocte  proxima  ...  in  exilium  abiit; 

item  25,  19,  6;  44,  39,  6.  —  9,  45,  13  ut  prima  vigilia abi- 

rent;  item  31,  38,  10.  Frontin.  4,  3,  13  postero  die  abeunte  exer- 
citu.  Plin.  n.  h.  10,  21  (aeeipitres)  ceteri  hieme  abeunt;  10,  70 
abeunt  et  hirundines  hibernis  mensibus.   Plin.  ep.  6,  31,  14  summo 


Abeo.  480 

die  abeuntibus  nobis  . .  xenia  sunt  missa.  Act.  mart.  (ed.  Manz), 
martt.  8.  Juliani  601,  7  die  . .  proximo  abivit  ad  carceretu.  Hist. 
misc.  ed.  E.  20, 46  abiisset  tribus  diebus.  v.  §  33  *febris9.  y)  can- 
sae:  v.  §  22 }  2  a)  *praeceps\  Liv.  9,  5,  7  quorum  ignavia  . .  foe- 
dius  inde  quam  venissent  abituri  essent.  2,  4,  2  vetustate  me- 
moria abiit.  22,  60,  16  pretio  redituri  estis  eo,  unde  ignavia  ac 
neqoitia  abistis?  iniussu:  Liv.  3,  20,  3  =  22,  38,  2  conventuros 
iussu  consulis  nee  i.  abituros.    Item  10,  38,  3.  40,  35,  7. 

d)  instrumenti:  curriculo:  PI.  Rud.  855  abi  sane  ad  litus  c. 
fr.  ine.  8  licet  vos  abire  c.  equo:  Verg.  Aen.  10,  859  belli«  hoc 
(sc  equo)  victor  abibat.  Poet,  aevi  Car.  II  12,  238  (equum),  quo 
faleratus  abis.  itinere:  Vulg.  Gen.  39,  1.  Hieron.  vol.  III  M. 
23,  959  B  abiit  i.  P.  Diac.  H.  L.  1,  12  ut  Longobardi  i.  quo  ve- 
nerunt  abirent.  navi:  PL  Merc.  110  servom  conspicor  |  quem  n. 
abire  vetui.  navigatione:  Cic.  Att.  9,  7,  5  abeamus  igitur  inde 
qnalibet  n.,  . . .  sed  certe  abeamus.  pede:  Ov.  am.  2,  19,  12  quo- 
tiens  ...  |  eunetantem  tardo  iussit  abire  p.  Greg.  Tur.  hist.  patr. 
4,3  pag. 675,37  propriis  pedibus  abire  non  poterat.  via:  (v.§  16). 
Lucif.Cal.M.  13,  col.  772  A  qua  v.  abiit?  -  fallaciis:  PI.  Capt679 
fateor  . . .  f .  |  abiisse  eum  abs  te  mea  opera  atque  astutia  (c*.  e. 
/".  mea  opera  inventvt9  Brix).  auxilio:  Caes.  b.  c.  2,  22,  4  a.  tem- 
pestatis  . .  abiit.  Sali.  Jug.  53,  3  plerique  collis  aut  noctis,  quae 
iam  aderat,  a.  ..  abeunt.  ope:  Paulin.  Nol.  560 B  =  20,  251 
qua  nunc  o.  laetus  abi  bat.    gernndia:  v.  §  22, 1  *victorem  abire9. 

i)  modi  (conereta):  a gm  ine:  Liv.  2,  47,  9  consternatoque  a. 
abeuntes.  2,  63,  4  hoste s  . . .  citato  a.  abeunt;  simil.  22,  12,  7.  8, 
1,5a.  trepido  abierunt.  9,21,6  Samnites  .  .  tacito  a.  abeunt. 
9,  30,  5  tibicines  . .  Tibur  uno  a.  abierunt.  22,  50,  4  uno  a.  Canu- 
sium  abituros  esse;  simil.  27,  49,  8.  31,  38,  10  (Philippus)  silenti 
a.  abiit.  37,  21,  2  regii  . . .  abire  a.  ad  iter  magis  quam  ad  pu- 
gnam  composito.  44,  39,  8  a.  efruso  abeuntes.  Plin.  ep.  6,  20,  7 
ingentique  a.  abeuntis  premit  (volgus).  agminibus:  Curt.  R.  4, 
16,  25  barbari  . . .  dispersis  a.  abiere.  Liv.  25,  19,  7  duobus  agm. 
diversos  abiisse.  capitibus:  Val.  Max.  4,  6  ext.  3  (coniuges)  . . 
commutata  veste  per  simulationem  doloris  velatis  c.  eos  (viros) 
abire  passae  sunt,  cursu:  v.  §  30.  —  Greg.  Tur.  hist.  patr.  17,  1 
col.  729,  6  c.  rapido  abiens.  gradu:  *PI.  Truc.  286  abire  hinc  ni 
properas  grandi  g.  [Camerar.,  gras  codd.]  . .,  exvellam.  Liv.  25, 
37,  15  contemptim  rursus  et  sedato  g.  in  castra  abeunt.  Pau- 
lin. Nol.  541  C  —   19,  549  et  cum  prosiliente  g.  coepisset  abire. 

Archiv  f Ar  Ut.  Lexikogr.  IV.    Heft  3.  4.  32 


490  Jos.  Menrad: 

gressu:    Sil.  Ital.  13,  751    inde  citato   |   Celsus    abit   g.     fuga: 
Verg.  Aen.  4,  281  ardet  abire  f.  dulcisque  relinquere  terras  (Sacerd. 
art.  gr.  3,  1  [Gr.  lat.  VI  p.498,6K]  ci.  e.  festinat').   Mart  8,32,4 
permissaque  sibi  nollet  abire  f.  (columba).  8,  56,  10  celeri  iussit 
abire  f.     hasta:   Stat.  Tb.  8,  188  timendum    |    hostibns  infesta- 
que  abeuntera  vidinms  h.     manibus:  Sen.  dial.  10,  15,  4  (cf.  10; 
14,  5)  nemo  quemquam  vacuis  a  se  in.  abire  patietur.     sinibus: 
Cor.  Just.  II  397  hinc  s.  plenis  abeunt.  —  (abstracto):  animo:  Sea, 
ep.  30,  4  aequo  animo  abire  (§  25).     celeritate:  Liv.  41,  10, 13 
Claudius  in  provinciain  aeque  ac  prius  praecipiti  c.  (praeceps  ibid. 
§  5)  abit.     fama:  v.  §  22,  2  a)  'itnpune9.     fide:  Tac.  ann.  2,63 
abiturum  se  (eadem)  fide,  qua  venisset.     irapetu:   transL  Pomp. 
M.  2,  4,  73  Alpes  verso  impetu  in  orientem  abeunt;  itetnS,  1,  6. 
Vulg.  Matth.  8,  32  =  Luc.  8,  33  i.  abiit  totus  grex.   Itala  Nom. 
16,42L.  i.  abierunt  ad  tabernaculum  testimonii.  Hieron.  Na.  3, 13. 
1269  A  bruchus  (locustae  genus)  i.  abiit.    Hist  Mise.  ed.  E.  29, 20 
contra  Ctesiphontem  i.  abeunt.     ordine:  S.  Gregor.  M.  in  libr.I 
Reg.  1  n.  36  o.  quo  abierit.     silentio:  Liv.  3,  16,  5  maiore  quam 
venerint  s.  abituros. 

t)  disiunetionis:  usus  est  imprimis  poetarum  proprius  scriplo- 
rufnqne  poetas  imitantium:  PI.  Merc.  654  si  hac  urbe  abis. 
Most.  596  an  metuis  ne  quo  abeat  foras  |  urbe  ex  u  lat  um  [sie 
Studem.  ex  A;  Lorenz  ad  h.  L  artificiosius  *urbe9  ab  supino  c«rn- 
latum9  petidcre  censet].  Manil.  5, 162  J.  ille  victor  stadio  abibii 
Curt.  R.  8,  3,  5  ceterum  abire  conspectu  (e  conspectu  LV)  iubet 
♦Catull.  63,  74  v.  §  15  ß).  *68,  85  coniugio  . . .,  quo  (quod  codd) 
seibant  Parcae  ...  abisse.  Verg.  buc.  7,  56  si  . .  Alexis  montibus 
his  abeat.  Propert.  1,  4,  2  quid  . . .  mutatum  (sc  me)  domina 
cogis  abire  mea.  Ov.  ep.  15  (16),  156  tene  meo  paterer  vivus 
abire  sinu?  met.  9,  787  ..  mater  abit  templo.  ex  P.  1,  1,  37 
limine  cogat  abire.  2,  8,  66  v.  §  33  Humen9,  fast.  3,  5,  19  v. 
§  37  *favar9.  Liv.  10,  24,  18  Fabius  . .  precatus  . .  comitio  abiit 
\edd.  vett.y  comitia  (-o)  habuit  codd.].  21,  19,  11  abire  finibus 
Volcianoruni  iussi.  27,  12,  13  si  uno  proelio  abeat.  35,46,  12 
si  insula  excedant  atque  abeant.  Just.  7,  3,  4  rogat  patrem, 
abiret  convivio.  Tac.  ann.  2,  19  (Germani)  qui  modo  abire  sedi- 
bus  . . .  parabant  (cf.  Draegerum  ad  h.  I.  et  in  ^Einleitung9  §  34).  2, 69 
Piso  abire  Suria  statuit.  transl.  6,  22,  §  26  y).  2,  34  abire  se 
et  cedere  urbe.  Cod.  Theod.  XIV  17,  7  si  quis  u.  abeundum  esse 
crediderit.   Sil.  Ital.  13,  493  me  iani  comitante  tuorum  |  tempus 


Abeo.  491 

abire  globo.  Juven.  1,132  vestibulis  abeunt...  dienten.  Mari, 
epigr.  XVI  1  raptus  abit  media  .  .  ad  aethera  taurus  harona. 
Nevelet  50,  12(601)  qui  pede  ...  pugnat  abire  iugo.  Veiuuit. 
Fortan.  V.  8.  Mari  I  165  celta  omnes  iussit  abire.  Patr.  Marc. 
VII,  M.  87,  35  ad  astra  meas  |  Finibus  Occiduis  abiens.  Poet, 
aevi  Car.  II  292,  26  ut  flumcn  abire  putares  |  litoribun.  lte 
*  abire  honore,  magistratu  etc.*  v.  §  23 ,  '  abire  vita'  §  26,  'abire 
mente'  §  28. 

V)  nominibus  cum  praepositionibus  iunciis.  a,  ab(alm):  18 
a)  de  per  sortis:  a  me:  PL  Amph.  606  postquam  abiit  a  me|d|  hinc 
[v.  Loetce-Goetz  ad  h.  I]  =  639.  — ■  857  abin  hinc  a  nie,  dignuH 
domino  servos?  =  Bacch.  1176.  1030  . .  priusquani  a  nie  abirei. 
*Truc.  958  i  intro  amabo;  et  tu  ergo  abi  a  me  [v.  Scfwetl.  ad  h.  l.\ 
Ken.  1044  .  .  dicam  ut  a  med  \Both.]  abeat  über  quo  volet.  Ter. 
Hec.  853  v.  *snü?  .  .  Heaut.  696  nunc  a  nobin  abin.  aCabftjt«: 
Amph.  531  neqne  abeo  abs  te.  743  egone  abs  te  abii  .  .V  Mgl. 
478  (A,  Camer.)  1343  [ted  Guyet.,  te  codd.\  (1331;.  Capt.  679 
Ter.  Hec  382.  696.  Heaut.  489.  Eun.  791.  Phorm.  «17.  Mart.  12, 
17,  2  \v.  §  33  *febrW].  Ter.  Heaut.  756  optabit  rurBum,  ut  abeat 
ab  se  filins.  Sen.  dial.  10,  15,  4  fr.  #  17t)  'manilmH9\.  PI.  Ahjii. 
604  ab  hac  minatur  gese  abire.  Capt.  215  abite  ab  lHti«.  Cure. 
336.  349  abeo  ab  illo  .  .  .  487  abeo  ab  Uli*  .  .  Andr.  299  wh\ 
quor  tu  abis  ab  illa?  Cic.  Verr.  2,  54  fr.  #  22, 2a)  9uncti(tr9\  Pomp. 
M.3,7,65  [v.§  12  fprfjcur\  *PL  Most  131:  v.infr.$2h.  Ter.  Hec. 
91  quam  cupida  eram  abeundi  a  milite;  item  Eun.  733.  Cic, 
Flacc.  50  ab  eo  indice  abiit  et  .  .  causam  totam  reliquit  Surr. 
3,  31  81  quas  Cmulierculaa)  a  praetore  abenntif»  poftgent  depre- 
hendere.  Lir.  9,  5,  13  a  consnlibug  abire  lictore*  iuMiu.  24,  45, 
6  quodai  abire  a  Komania  liefrat,  redire  ad  eos  non  lic*at.  .Sil. 
Ital.  16,  636  tu  cniul  abir*  a  victore  para*  hofeU;  .  .  Quint. 
decl.  6,  20  ne  Tenigio  \M.  dwrxmmia)  t^Äfem  ablüde  a  r/meri* 
licet.  Migne  53  i'Praed*r»t  j  ';',!. 611  0.43  q^ic-jmq'je  aut  a  Pricuiano 
ad  Maximianum  abih  aut  a.  M.  ad  Pr.  r.  etiam  %  24.  ß  <fc  r*inük 
concretis:  PL  Men.  327  proir»  to  n*  j,!nr;  ao*a*  io/igi^  quo  ab 
hisce  aedib?~*.  A--i.  l'*5  ab  '<fef.  Guyei„  H*rrtiaun.\  Aum<*  ab- 
eandnmst  mihi.  H:*tol.  III  0%.  11.  1  *j.  -^14  AUS  abruft  a 
facie  eoram:  ufe»  t«>;-  HI  AI.  #£.  K*7#  C  Pi,  fVr».  4  J^J  .  .  ';**.a  a 
foro  argentarii  *>-*■•£*-  .  .Ca.  \iov..  <?,is>.  %\  *'*  \\t\  +  \'*  r.  j:  ^Jß, 
^vidnf.  PL  .KsL^TyM  *~~.  *  .'--j  :*,:.*:.  .~us  T>..  !.»>#  a  **m.u+ 
r.  £*  21ffy  *«/>ra:*tr  Fi-  M*.v  &%  'iic  i*x/  .*.-..  </wej*     .  .  .  ai>- 


492  Job.  Menrad: 

ire  ab  his  locis  lenoniis.  Trin.  989.  Cas.  2,  4,  34  abin  —  hinc  ab 
oculis  Men.  837  non  abire  possum  ab  his  regionibus.  Nithari 
hist.  4,1   a  regno  abisse;  4  a  r.  habiret.     *Apul.  de  raund.  28, 
p.  127,  18  G.  ut  quae  una  ab  *unico  sinu  abeundo  facultas  con- 
cessa  omnibus  (animalibus)   fuerit.    Tust.  23,  3,  9  quoniam  a  Si- 
cilia  abiret  (at  4,  5,  2  Sicilia)  Liv.  *27,  45,  11  nihil  morari,  nee 
[abire  suppl    Weisserib.,  discedere  Madv.;  deest  in  P]  ab  signis; 
28,  24,  8  interdiu  .  .  ab  s.  abibant.  Cic.  Verr.  2,  72  et  simul  ab 
subselliis  abire  coepit.  Mart.  12,  70,8  sobrius  a  thermis  nescit 
abire  domum.  —  ab  urbe,  v.  §  12  *longitis\  —  Acta  mart,  pass. 
Firmieti  637,4  cum  . .  abiisset  non  longe  a  villula  sua.  'a  coito' 
v.  Hn  partem9.  —  y)  translate  et  de  abstr actis:  v.  §  28.  ca6  iurtf,  'ab 
ignavicf,  *a  nocturna,  'a  spiritii9,   *ab  administratione9,  ca  mentf; 
§37  *a  recto9.  Fraepositio  *a(b)9  omittihir:  'domo  abire':  Ampk. 
503  d.  abeas.    Epid.  46.   Merc.  8.  Trin.  1010.  Mgl.  arg.  2,  3.  Eon. 
661.  Stat.  silv.  2,  5,  4.  —  Ov.  met.  11,  194  abit  Tmolo.    Iust.4, 
5,  2  .  .  ut  abirent  Sicilia  Valer.  Max.  1,  3,  2  (Nep.)  Italia  abire 
iussit;  2,  9,  8.    Sed  Hyg.  fab.  39  ab  Athenis  Cretam  abiit    ab- 
bitte: PL  Stich.  137  a.  iam  abierunt  triennium.      absqne:  Macrob. 
Saturn.  3,  98  peto  ut  .  .  a.  his  abeatis.    Symm.  ep.  5,  31  propin- 
qunm  a.  litteris   meis   abire  par  non   fuit  Vulg.  Thren.  1,  6  abi- 
erunt a.  fortitudine.      ad:  a)  ad  personas:  PI.  Epid.  379  abeamns 
intro  hinc  ad  me;  item  Stich.  533  Cornif.  4,  50,  63.  PL  Aul.  334 
huc   intro    abi    ad    nos;    Rud.  880.   Mgl.  535  abi  intro   ad   vos 
domum.    ad  illam  v.  §  35  *res9.    ad  alios  v.  §  35  *opes9.  —  PL 
Bacch.  714  nunc  tu  abi  .  .  ad  Bacchidem.  Trin.  579  .  .  abi  huc 
ad  inSam  sororem  ad  Calliclem  (i.  e.  quae  in  aedibus  C.  est). 
Men.  450  abit  [abiit  Brix]  ad  amicam.    Item  Capi  505  ad  prae- 
torem.    573  ad  patrem.   Cist.  1,3,44  ad  matrem.    Heaut  966 
ad   prox-umum.    117  ad  regem.    Sali.  lug.  62,  7  .  .  pauci   ad 
regem    Bocchum   in  Mauretaniam   abierant.    Liv.  33,  16,  6  Cor- 
cyram   ad  Romanos  abirent.    ad   propinquos  v.  §  37  *tutela\ 
Liv.  1,  26,  4  abi  .  .  ad  sponsum  (Dion.  3,  31  &7ufrt,  nqbg  Sv  &va- 
xakfi).  2,  15,  7  Tarquinius  exulatum  ad  gener  um  suum  .  .  abiit. 
Liv.  33,  16,  6  ut  Corcyram  ad  Romanos  abirent    Vell.  2,  50,  1 
aliisque,  qui  voluerant  abire  ad  Pompeium.  (M.  Aur.  ad)  Front. 
p.  69,  15  N.  abii  ad  patrem  meum.  Vulg.  Ioanii.  20,  10  (diseipuli) 
abierunt  .  .  .  ad  semet  ipsos.    August,  quaest.  in  Hept  747,  11 
(=  Num.  24,  25)  Balac  abiit  ad  semet  ipsum.    *ad  erum'  v.  ß) 
De  'abiit  ad  deos'  v.  §  25.  Isidor.  opusc.  Chron.  113  (M.  1054  A) 


Abeo.  493 

baptizandus  ad  catholicam  ecclesiam  abiit  ß)  ad  res:  Mari 
epigr.  XVI 1  abit  ad  aethera  taurus.  Greg.  Tur.  Andr.  29  col.  839, 
25  abiit  ad  balneum.  Ambros.  de  £1.  et  ieiun.  3  col.  733,  12 
infir.:  ad  caelum  abiens.  Liv.  22,  25,  16  nocte  ad  exercitum 
abiit.  PL  Asin.  251  discesti  ab  ero  atque  abiisti  ad  forum.  367 
nunc  tu  abi  ad  forum  ad  eruin  et  narra;  item  Bacch.  902.  Cure. 
33a  Mgl.  89.  Men.  684.  Most.  706.  Pers.  444.  -  Most.  1045  abii 
illa[c]  per  angiportum  ad  hortum  nostrum  clanculuni.  Liv.  26, 
28,  2  Philippum  .  .  ad  intuma  penitus  regni  abisse.  Phacdr. 
app.  26,  8  venit,  sed  abiit  hac  ad  laevam.  Auim.  Marc.  28,  2,  9 
abiit  ad  lares  (22,  14,  5).  PL  Amph.  691  an  teinpestas  continet, 
qui  non  abiisti  ad  legiones,  =  737;  Epid.  46.  Rud.  855  ad 
litus  v.  §  17  8).  Greg.  Tur.  Andr.  28  p.  840,  30  abii  iterum  ad 
lupanar.  PL  Rud.  898  ad  mare  v.  §  10  *piscatum\  Stat.  Theb. 
9,  295  diraeque  ad  moenia  Thebes  |  solus  abi.  Men.  1112  .  .  ut 
abii  Tarentuin  %d  mereatum;  item  Most  971.  Men.  878  ad  navem 
y.  §  22,  2a)  csalvo'.  Greg.  Tur.  h.  F.  6,  2  p.  245,  15  ad  oecur- 
sum  regis  abieram.  Merc.  255  ad  portum  hinc  abii  .  .  .  Stat. 
Th.  9,  624  qui  .  .  ad  proelia  abit.  Greg.  Tur.  Andr.  1  p.  828, 
10  abiit  unus  quisque  ad  propria  sua.  August.  Confess.  5,  8 
abiit  ad  solita.  PL  Trin.  798  abi  ad  tbensaurum  iam  confestim 
clanculum.  *Varr.  sat.  Men.  223  Buech.  =  150,  7  K.  ad  turbam 
ivi,  |  .  .  inunera  belli  |  ut  praestarem  [civi*  Oehler,  'ubi*  BHL  W7 
'abii*  Vahleri].  Apul.  met.  1,  21  .  .  ad  villulam  proximam  lae- 
Torsum  abierunt.  y)  ad  res  gerendas:  Liv.  9,  45,  13  ut  prima 
vigilia  diversi  e  castris  ad  deportanda  omnia  tuendasque 
moenibus  [in]  urbes  abirent.  [in  secl.  Weifsenb.;  fort,  scribendum: 
'tuendaque  m.  in  u.  ab.9?]  Liv.  43,  5,  4  tamquam  ad  aliud  bellum 
gerendum  abisse.  Oomm.  Bern,  ad  Lucan.  p.  99,  3  Gato  abiit 
ad  exequendam  hereditatem.  Vulg.  Deut  19,  5  abiisse  cum 
eo  simpliciter  in  silvam  ad  ligna  caedenda  .  .  Gregor.  Tur.  b. 
F.  4,  30  p.  141,  17  ad  capiendam  .  .  urbem  abierunt  8,  16 
p. 336,  14  abiens  ad  sacramenta  danda.  hist.  patr.  15,  2  p.  722,  9 
ad  requerendos  parentes  .  .  abiit  d)  ^acT  cum  abstr actis:  Greg. 
Tur.  hist  patr.  1,  3  p.  666,  4  ut  ad  dispersionem  fratrum  abires. 
Vulg.  Matth.  22,  5  abierunt  .  .  .  alius  ad  negotiationem  suam. 
Migne89,  427  A  si  quis  ordinatus  ad  yenationem  abeat.  s)  transl. 
cad  ineptias'  v.  §  26  ß).  ante:  de  tempore  PL  Amph.  639  in  repente 
abiit  a  me  hinc  a.  lueem.  Liv.  38,  34,  2  a.  diem  certum.  Val.  Max. 
7,  2,   ext  10  (I.  P.)  a.  noctem  Plin.  n.  h.  10,  28   milvi  hibernis 


494  Jos.  Menrad: 

mensibus  latent,  nou  tarnen  a.  hirundinem  abeuntes;  24, 26 v.  §  S6y) 
causa:  Frontin.  4,  1,  4  se  fugae  atque  forinidinis  c.  non  abituros 
.  .  neque  recessuros.  clam:  PI.  Merc.  43  v.  §  35  *res\  contra: 
Greg.  Tur.  h.  F.  3,  28  p.  107,  2G  quod  Childebertus  c.  Chlothae- 
harium  abiit  4,  42  p.  175,  13  Ainatus  c.  eos  abiit  8,  45  p.  356, 
20  contra  Gothos  abire  disponit.  [abire  =  ad  bellum  proficisd,  cf. 
ibid.  7,  42  p.  321,  9  non  habuerunt  consuetudinem  in  talibus 
causis  abire.]  coram:  Vulg.  Marc.  2,  12  abiit  c.  omnibus.  cnn: 
a)  cum  persanis  (animalibus) :  PI.  Mgl.  1193  ego  .  .  Athenas  abibo 
tecuni.  (Ov.  ep.  13,  23).  Cist.  4,  2,  107  intro  abi  cum  istac  simul. 
Valer.  Max.  2,  9,  8  qui  .  .  .  cum  eo  .  .  abituros  se  iuraveraut 
v.  §  35  *vcstigia9  §  38  *omnia\  —  PL  Amph.  125  qui  cum  Amphi- 
truone  abivit  hinc  in  exercitum.  Men.  1112  cum  patre  ut  abii 
Tarentum  .  .  Hec.  586  abiturara  Line  cum  tuo  me  certo  decrevi 
patre.  Pseud.  1032  Harpax  abierit  cum  muliere.  lustin.  16,4, 
13  .  .  abiturum  cum  militibus  suis.  Quint.  7,  tf  42  damnatus 
(pater)  abiit  cum  advocato  (filio)  in  exilium.  Vulg.  Eccl.  22,  14 
cum  insensato  ne  abieris  (=  ieris).  v.  §  37  *regnum9,  §  18  *w 
montes9,  §  20  *numerum9.  ß)  cum  rebus:  v.  §  13  *hodie*,  Kmant] 
PI.  Kud.  395  nunc  eum  cum  na  vi  scilicet  abisse  pessum  in  altuni 
(Vn  die  Tiefe9).  1243  maiore  ut  cum  dote  abeat  hinc  quam 
advenerit.  *Naev.  bell.  pun.  8  V.  amborum  uxores  . .  Troiad  exibant 
.  .  .  flentes  .  .,  abeuntes  (' abitentes* '?  Mueller)  lacrimis  cum 
multis.  [*Enn.  tr.  373  V.  287  lt.  82  M.:  ecedo  et  caveo  cum  ve- 
stitus'  traditur;  ccedo  et  abeo  hoc  cum  vestitu*  Mueller;  aliter 
Geel.,  Rtbb.y  VahL]  Ov.  ep.  18  (19),  66  tu  cum  somno  semper 
abire  soles.  Ps.-Ov.  ep.  15,  173  ut  monuit  (naias),  cum  voce 
abiit.  Ov.  met.  15,  664  cum  voce  deoque  |  somnus  ab  it.  Liv.  22, 
6,  11  abire  cum  singulis  vestimentis  =  22,52,3;  23, 15,3.  Valer. 
Max.  4,  3,  7  (legatos)  cum  suis  sarcinis  abire  iussit  v.  §35 
*  flammet,  §  33  ß)  *flvrem\  §  35  *caelum\  y)  cum  abstr  actis:  Curi 
R.  8,  13,  15  abire  cum  gloria  poterant.  Vulg.,  Itala  1  Mach. 
10,  60  abiit  c.  gloria.  Liv.  22,  32,  3  nisi  cum  fugae  specie  ab- 
eundum  *ei  fuisset  (Madv.}  timuisset  P.).  Sen.  (Pompeius  Silo) 
controv.  9,  5  (28),  10  statim  cum  convitio  abisse.  Sil.  Ital.  9, 
553  abit  Gradivus  .  .  cum  fremitu.  Itala  1  Mach.  6,  6  abiit 
Lysias  cum  virtute  forti.  August.  Serm.  38,  151  M.  abiemnt 
cum  fide  ad  Dominum.  Greg.  Tur.  gl.  mart.  43  p.  517,  22  abiens 
cum  dei  gratia.  Cod.  Theod.  3,  11,  1  cum  honore  abierit.  d)  im- 
perativi   sententias  indignantium  eoqprimunt  v.  §  8b:   PI.  EpicL  78 


Abeo.  495 

abi  in  malam  rein  maxumani  cum  istac  condicione.  Ter.  Eun. 
651  abi  hinc  quo  dignu's  cum  donis  tuis.  Andr.  317  abin  hinc 
in  malam  rem  cum  suspicione  istac,  scelus?  Liv.  1,  26,  4  abi 
hinc  cum  immaturo  amore  ad  sponsuin.  6,  40,  12  abi  hinc  cum 
tribunatibus  ac  rogationibus  tuis.  Querol.  p.  19,  3  et  4  P. 
(1,  2)  'at  abi  Lar  .  .  cum  tua  disputatione  [disputione  LG].9 
cat  abi  Querole  cum  tua  querimonia'.  Sidon.  ep.  1,  7  abite  . . 
cum  hac  superforanea  trepidatione.  de:  a)  de  tempore:  v.  §  10 
'piscatum9.  ß)  de  locis:  PI.  Men.  599  .  .  ilico  properavi  abire  de 
foro.  Cic  Verr.  2,  55  commodiBsimum  putavit  esse  de  provin- 
cia  clam  abire.  .  .  Mart  4,  61,  10  here  de  theatro  |  cum  subito 
abi  res,  dum  fugis  .  .  .  *Ascon.  p.  63  8/9  K.-Sch.  (=  70  B.)  *[ut 
abjeant  de  eo  loco,  ubi  lex  feratur  put  abeant'  Motnmsen,  feant? 
C,  'erat*  vulgo.\  Vulg.  Gen.  44,  14  nee  de  loco  abierat.  Iul.  Ob- 
sequ.  69,  20  aquila  de  conspectu  abiit.  ltala  1  Mach.  10,  76 
abierunt  de  civitate.  Ambros.  de  Abrah.  2,  9  col.  509,  1  inf.  M. 
sie  abibunt  de  terra  Aegypti.  leges  barbar.  lib.  VIII  tit.  4, 
§  14  p.  112a  [pecora]  .  .  de  ipsius  grege  abierint.  v.  §  35  *pul- 
vis?,  §  33  Hivor9,  §  30  *soV,  §  25  'de  vita  abire.  e,  ex:  Cic.  Verr. 
3,  79  haec  decumanis  merces  dabatur,  ut  aliquando  ex  eorum 
agris  atque  ex  urbibus  abirent.  ex  animo  v.  §  37  'tumor9. 
Liv.  43,  16,  9  ...  ex  Capitolio  abiit.  Sali.  lug.  107,  2  .  .  ex 
castris  abire  iubet;  itetn  Liv.  9,  45,  13.  —  1,  2,  2  neutra  acies . . 
ex  eo  certamine  abiit;  item  34,  19,  2.  1,  51,  1  haec  increpans. . 
ex  concilio  abiit.  —  Formula  e  (ex)  conspectu:  PI.  Amph. 
518  abin  e  c.  meo?  item  Men.  876  [*Curt  R.  8,  3,  5  v.  §  17t], 
Caes.  b.  g.  6,  43,  4  ut  .  .  Ambiorigem  .  .  circumspicerent  captivi 
nee  plane  etiam  abisse  ex  c.  contenderent.  Item  b.  c.  2,  22,  4. 
Sali.  lug.  68,  1  v.  §  22,  2ß)  'maestus9.  VaL  Max.  1,  6,  7  anguis 
eximiae  magnitudinis  visus  e  c.  abiit.  5,  8,  3  protinusque  e  c.  meo 
abire  iubeo.  Apul.  met.  6,  10  e  c.  perniciter  abeunt.  Dictys  Cret. 
5,  3  (M.  89,  10).  16  (101,  2)  abire  e  c.  v.  §  18  'in  Graeciam9.  - 
Tac.  hist.  1,  81  abire  propere  omnes  e  convivio  iussit.  e  medio: 
Amm.  Marc.  25,  8,  11  ut  dux  abiret  e  m. ;  31,  15,  12  e  in. 
abire.  ex  oculis:  Truc.  477  hie  adponite  atque  abite  ex  o. 
Liv.  25,  16,  2  angues  duo  .  .  repente  ex  o.  abierunt.  v.  §  33 
^horror*.  Migne  13  col.  407  A  aeeipe  quid  ex  o.  abivit  —  *ex 
patria'  v.  §  22,  2a)  'profugus9.  —  transl.  Ov.  ex  P.  3,  3,  12  pulsus 
et  e  trepido  pectore  somnus  abit;  v.  §  37  'irietas\  Ter.  Eun.  290 
miror  qui   ex   Piraeo   abierit.    Liv.  42,  41,  8  istos  .  .  .  abire  ex 


496  Jos.  Menrad: 

regno  iussi.  Ov.  tr.  3;  1,  67/8  quaerenteui  frustra  custos  e  sedi- 
bus  Ulis  |  .  .  iussit  abire.  Liv.  26,  41,  16  ut  incolumi  cedere 
atque  abire  ex  hostium  terra  liceat  Val.  Max.  4,  7,  13  non  e 
\om.  B,  ex  D]  theatro  prius  abiit  [exiit  I.  F.]  quam  spectaculum 
ederetur.  Cic.  Phil.  10,  8  ut  me  puderet  .  .  in  eaui  urbem  re- 
dire,  ex  qua  Uli  abirent;  simil.  Sen.  dial.  10,  10,  8.  Val.  Max.  1, 
3,  2  .  .  Chaldaeos  citra  decimuui  dieui  \Par.,  intra  decem  dies 
Nep.\  abire  ex  urbe  atque  ltalia  [Par.f  Italia  abire  Nep.]  iussit 
Propert.  3,  3(12)  12  v.  §  22,  2a)  'sanus9.  —  De  «abire  ex  matri- 
lnonio,  abire  e  vita9  v.  infr.  §  24.  25.  Causalem  vitn  V  habet  Ov. 
tr.  2,  45,  5:  quibus  e  sucis  abeat  de  corpore  livor.  ergo:  Li?. 
22,  38,  4  sese  fugae  atque  formidinis  e.  non  abituros;  v.  * causa9. 
extra:  trattsl.  Irenaeus  3,  10,  2  euin  hominein  qui  e.  deum  abierat 
Greg.  Tur.  hist.  patr.  10,  2  col.  707,  18  abii  e.  insolam.  gratia: 
Ascon.  p.  30,  15/6  K.-Sch.  (=  36  B)  Clodium  Aricinos  decuriones 
adloquendi  g.  abiisse.  in  C.  accus.:  a)  «in*  cum  norn.  propr.  civi- 
tatum  (urbinm  apud  Plautum)  Coinm.  Bern,  ad  Luc  p.  103,  5 
üambises  in  Aegyptuin  abiit  expuguandam.  Plin.  n.  h.  36,  9 
artifices  iniuriam  questi  abiere  in  Aetolos.  schol.  luv.  10,  276 
(Marius)  in  Africam  abiit.  Liv.  27,  2,  10  in  Apuliam.  Ter. 
Heaut.  111,  117  in  Asiam.  (M.  Aurel.  ad)  Front,  p.  67,  9N. 
utruinne  in  Aurel iam  an  in  Cainpaniam  abisti?  Liv.  26,  12,  12 
in  Bruttios.  Iust.  42,  2,  9  in  Colchos.  Liv.  25,  19,  6  nocte 
diversi  Fulvius  in  agrum  Cuinanuni,  Claudius  in  Lucanos  abiit 
PL  Bacch.  171  postquam  binc  in  Ephesum  abivi  [v.  Goets  ad 
h.  i.J;  388  [spurius?  Leo].  *Porcius  ap.  Suet.  fr.  28,  2  Reifif.  =  292, 
22  Roth  ex  conspectu'  omni  um  *abit  in  Graeciam  terram  [Sca- 
liger, abit  Gr.  i.  t.  A,  ab.  Graeciae  in  t.  BoÜuus]  ultimam.  Liv. 
3,  60,  4  pars  in  Hernicos,  pars  in  Latinos  abeunt.  Tac.  ann. 
11,  9  penitus  in  Hyrcaniam  abiit;  Liv.  27,  20,  8  p.  in  Lusi- 
taniam  abire.  Sali.  lug.  62,  7  pauci  in  Mauretaniam  abierant 
-  in  Pontum  -  v.  §  26ß).  Liv.  27,  5,  18  in  Siciliam  PL  Epid. 
46  priusquam  hinc  in  Thebas  ad  legionem  abiit  domo  [w.  46 
— 49  suspecti],  Liv.  3,  13,  8  in  Tuscos;  2,  35,  6  in  Volscos. 
Amin.  Marc.  Exe.  Val.  11,  50  abiit  in  Veronam.  ß)  in  loca  vaiia: 
in  altum  v.  §  18  'cum  nav'C  Ambros.  Migne  1819  121  B  abibunt 
isti  in  ambustionem  aeternam.  Ter.  Ad.  786  interea  in  angu- 
lum  aliquo  abeam.  in  aram  v.  §  19  *se$$um9.  PL  Bacch.  900  illa 
autem  in  arcem  abivit.  in  auras  v.  §  33  *spiritus9.  transl.  Petron. 
37  nunc,  nee  quod  nee  quare,  in  caelum  abiit  et  Trimalchionis 


Abeo.  497 

topanta  est  (^jetzt  ist  sie  mir  nichts  dir  nichts  ins  Paradies  ge- 
kommen u.  ist  dem  Tr.  sein  Einundalles9).  Itala  Thren.  2,  21  Wirc. 
virgines  meae  et  iuvenes.  mei  abierunt  in  captivitatem.  =  Ez. 
25,  3  Weing.  —  Vulg.  Threu.  1,  18.  Liv.  25,  37,  15  . .  in  castra 
abeunt;  item  Tac.  ann.  6,44.  *Caecil.  226  p.  72  R.  'abi  in  adiaceniem 
compitum'  conkere  ^wssis  Ribb.2  [ubi  adicientem  libri  Nonii\.  — 
Bacch,  902  *abeo  ad  forum  igitur'  *vel  [tu]  hercle  in  malam 
crucem  [cf.  Kampmann  de  IN  praepos.  p.  32];  itetn  Most.  850. 
Pers.  855;  Aul.  459  ei  cenam  coque,  |  aut  abi  in  nulluni  crucia- 
tum  ab  aedibus;  cf.  infr.  *pestetn\  —  Sen.  tr.  Thy.  70  abire 
in  atrum  carceris  liceat  mei  |  cubile.  Acta  Mari,  martt.  s.  Iuli- 
ani  38  in  custodiam  abeat.  Pliu.  n.  h.  8,  81  abire  in  deserta. 
Petron.  15  in  deversorium  .  .  abimus.  lust.  42,  4,  8  fusi  Parthi 
in  diver sa  abiere.  Ov.  ex  P.  4,  13,  25  (docui)  in  aetherias  nunieu 
abisse  domos  (v.  fast.  1,  107).  PI.  Ainpli.  102  priusquaui  hinc 
abiit  in  exercitum.  =  125.  Formula  in  exilium  abire:  CIL 
L  1  198,  29  (bis)  si  quis  mag(istratus)  ...  in  exilium  abierit. 
Ps.-Ä8Con.  Or.  153,  8  ut  abiret  in  ex.  Liv.  3,  29,  6  Lanuviuni  in 
ex.  abiit.  item  3,  13,  8;  3,  50,  11;  5,  32,  9;  25,  4,  11.    Quint,  7, 

1,  4t.  Iust  6,  4,  7.  Sen.  controv.  4,  3.  Val.  Max.  2,  10,  5  [unus 
Par.].  Quint.  decl.  254  p.  41,  17  Ritt.  ibid.  248  p.  18,  29  Ritt, 
aecusari  tum  debebat,  tum  [cum  A,  corr.  RoJidius\  in  alterum 
quinquennium  (i.  e.  exilium  quinque  annorum)  abire.  De  feminis: 
Liv.  41,  25,  6  (Orthobula)  damnata  in  ex.  abiit.  Iust.  24,  3,  9 
(Arsinoe)  Samothraciam  in  ex.  abiit.  —  PI.  Rud.  586  quin  abeo  hinc 
in  Veneris  fanum.  Liv.  41,  19,  8  ut  ...  in  f  in  es  suos  abirent. 
Plin.  n.  h.  10,  90  haleyonem  videre  .  .  statim  in  latebras  ab- 
euntem.  Amm.  Marc.  14,  7,  1  eum  sacramento  solutum  abire 
iussit  in  larem;  28,  4,  20;  vide  *ad\  Plin.  n.  h.  9,  27  (delphinus), 
dum  abeuntem  (puerum)  in  litus  avide  sequitur,  .  .  .  expiravit. 
Sali.  lug.  87,  4  divorsi  in  locos  diiticilis  abeunt.  in  mare  v.  §  31 
*abire\    Sil.  Ital.  15,  480   in   montes  abit  (Hannibal).    Frontin. 

2,  4,  5  consul  iussit  muliones  clam  in  montes  proximos  cum 
mulis  abire.  Itala  Luc.  1,  39  abiit  in  montana  (-am  Cant.). 
Ov.  met.  4,  711  subito  iuvenis  ..  in  nubes  abiit.  Sil.  Ital.  9, 553 
abit  Gradivus  in  altas  |  cum  fremitu  nubes.  Migne  20  (Evagr.) 
1186  D  in  nuptias  alieni  non  abieris.  in  omnia,  v.  §22,2 
fpraeceps9.  Hieron.  contra  Ioann.  Hierosolym.  15,  422,  367  C  inagis 
in  daemonum  ordinem  abisse  eos  cognovimus.  *Cor.  Iust.  2, 
282 sq.   ipse    inter   primos  .  .  .  fratris   in   obsequium 


498  J°8*  Menrad: 

Marcellus  abibat.    [Vartsdi  in  indic.  *abeo  =  eo9;  Mammaen  ob- 
ibai]  Itala  Nuiii.  24,  1  non  abiit  ex  more  [ore  Cod.]  in  obviam 
auguriis.    Varro  de  r.  r.  2,  5,  13  (Keil)  mas  an  femina  sit  oon- 
cepta,  significat  descensu  taurus,  cum  init,  quod,  si  mas  est,  in 
dexteriorem  parte m  abit,   si  femina,   in  sinisteriorem  =  Plin. 
n.  h.  8,  176.  —  Gic.  Phil.  13,  48  quin  tu  abis  in  malam  pestem 
malumque  cruciatum.    Poet,  aevi  Oaroli  II  ed.  D.  323,  582  in 
praeceps  abire.  transl.  Irenaeus  2,  33,  5  qui  poena  sunt  digni,  ab- 
ibunt in  eam.    Vulg.  ludic.  21,33   abierunt   in   possessionem 
suam.    Ov.  met.  11,  792  furit  Aesacus  inque  profundum  |  pror- 
sus  abit.   Sen.  dial.  10, 10,5  transl.  abit  vita  eorum  in  profundum. 
August.  Confess.  13,  34  transl.  in  pr.  tenebrosum  abieramus  abste. 
PI.  Cas.  1,  15  abi  rus,  abi  dierectus  tuain  in  provinciam  (Ge- 
schäft). —  Liv.  21,  G3,  5  in  provinciam  abiit  =  41,  10,  5  et  13; 
42,  10,  15;  43,  2,  11;  Suet.  Caes.  23.  —  Liv.  32,  21,  14  penitas 
in  regnum  abiit;  =  44,  13,  10.    Iusi  2,  13,  2.   PL  Epid.  78  abi 
in  malam  rem  maxumam  . .;  =  Pers.  288,  Capt  877,  Ter.  Andr. 
317.   Solin.  52,  23  (Indi)  ..insecreta  abeunt.    Ambros.  voLHI 
p.  II.  M.  col.  1099,  1  tu  .  .  abiisti  in  secreta  montium.  Ps.-Cie. 
invect.  in  Sali.  5,  14   abiit    in   sodalicium    sacrilegi  Nigidiani. 
Greg.  Tur.  H.  F.  10,  9  p.  416,  18    in   solatium  Waroci   abire 
praecepit.  Cic.Att.l  1,9,1  liceret  mihi  abire  in  solitudines  aliquas. 
Vulg.  Deut.  140  abite  in  solitudinem.    Gic.  Gat.  1,  20  dubitas . . 
abire  in  aliquas   t  er  ras   et  vitam  istam  .  .  fugae    solitudinique 
mandare.    Lucif.  Cal.  M.  13  col.  985  A  quod  sis  . .  semper  in  tor- 
menta   abiturus.     Sen.   Herc.  Oet.  962   in   hanc   [hac  E]    abire 
coniugum    turbam   [turba  E]   übet.    *Liv.  9,  45,  13   [in]   urbes 
abirent,  v.  *ad\    *Stat.  silv.  1,  6,  92  somnus  .  .  abit  iu  urbea 
[sie  Ven.  et  Parm.;  adivit  pr.  m.,  ef.  Lemaire].    Itala  1  Reg.  3, 
21  (m.  cod.  Goth.  leg.)    transl.  filii  abierunt  in  viam  iniquam 
coram   domino.     Rufin.   hist.  eccl.  2,  2    abiit   in   viam    patrum 
suorum.    Ambros.  enarr.  in  psalm.  I  col.  977,  18  inf.:  =  XXXVI 
col.  1038,  8  .  .  abeundo   in  vias  tenebrarum.    Plin.  n.  h.  10,  70 
(hirundines)  in   vicina  abeunt;  =  10,  72.     y)  Hn9  otnütitur  in 
locutionibiis  *domum,  (domos),  rus  abire9  et  in  nomm.  propr.  urbitm, 
insularttm.  domura:abi  d.:  PI.  *Epid.  660  [Acidalitts;  adfer  (affer) 
codd.].    Amph.  1126.    *Asin.  940  [Fleck.,  i  d.  codd.].    Poen.  309. 
Stich.  264.    Mgl.  535.   *Men.  594  [imnio  ibo  d.  codd.;  cego  abibo9 
Schuxibe].  Most.  579.  583  [bis]  *Most.  585  [Ä,  abi  modo  Langen, 
Brix,  Lor.\.    Pers.  147.    Andr.  255.  978.    Phorm.  563.    Ad.  699. 


Abeo.  499 

cUiae  formae  praeter  imperat.:  PI.  Poeu.  25  .  .  d.  abeant.  Mgl.  652 
abeo  dömuni;  Cist  1,  2,  29.  Capt.  507  ille  abiit  d.  [in  patriam] 
Cist.  2,  5,  32  spero,  ut  abeas  d.  Rud.  802  . .  qua  d.  abeat,  nesciat. 
Hör*  epod.  11,  20  iussus  abire  d.  Ov.  am.  1,  4,  55  surges  abi- 
tura  d.  Liv.  2,  37,  7  exteniplo  hiiic  d.  abire  in  auimo  est.  22,  61,  4 
unu8  ex  iis  d.  abiit.  v.  §  12  *recta9,  *retro%  §18  *a  tliermis9, 
§  21y)  'ezclusum9,  'latus9,  §  22,  2ß)  'securus9,  21a)  'festinans9. 
dofflos:  PI.  Poen.  814  d.  abeamus  nostras,  sultis,  nunciam.  Gurt. 
R.  8,  6,  20  illi  tanta  spe  destituti  d.  abeunt.  Liv.  2,  7,  1  anibo 
exercitus  .  .  suas  Quisque  abireut  d.;  item  34,  19,  5;  44,  20,  6; 
45,  34,  11;  45,  38,  14;  Frontin.  2,  11,  4.  luven.  6,  312  inde  d. 
abeunt  (feininae).  v.  §  18  in  castra.  rus:  PI.  Merc.  656  quanto 
satiust  r.  aliquo  abire,  ibi  esse,  ibi  vivere.  804  era  non  est  domi: 
rus  abiisse  aibant  \  Guy  et,  abisse  aiebant  codd.]]  item  Truc.  285 
imper.  Most.  9  abscede  ab  aedibus:  abi  rus  .  .  66  tace  atque  abi 
r.  (cf.  74  r.  te  amove).  Gas.  1,  15.  Ter.  Hec.  610.  PL  Most.  83 
nunc  r.  abibo.  Ad.  517  ain  patrem  binc  abisse  r.?  Hec.  224  r. 
abii,  Ad.  436  r.  abiit,  perioch.  Eun.  5  *r.  ipse  abit  Catalect  3,  4 
(puella)  r.  abibit.  nomina  propria:  PI.  Mgl.  arg.  2,  3  Nau- 
pactum  is  domo  .  .  abiit.  1193  ego  .  .  prorsum  Athenas  . .  abibo; 
Men.  1112  Tarentum  (v.  §  18  'ad?);  Capt.  573  Validem  (ibid.). 
Cic.  Att  3,  15,  6  in  tuosne  agros  confugiam  ...  an  abeam  Cyzicum. 
Liv.  43,  2,  10  Tibur  .  .  Praeneste  exulatum  abierunt;  item  44,  13, 
10  Pergamum  (v.  HrC);  2,  15,  7.  .  .  .  Tusculum;  3,  58,  10  Tibur; 
3,  29,  6  Lanuvium  (v.  cin  ex9).  8,  1,  5  Antium.  9,  30,  5  . .  Tibur . . 
22,  5,  4  Canusium.  24, 3, 15  =  24, 29, 10  Locros.  24, 19, 8  Capuam. 
26,  3,  12  Tarquinios.  32,  7,  7  Romam.  33,  16,  6  Corcyram  [v.  ca<f  ]. 
Verg.  Aen.  1,  415  Paphum  .  .  abit  (Venus).  Iust.  24,  3,  9  Samo- 
thraciam.  Trog.  Pomp.  prol.  21  ed.  Jeep,  donec  [abiit]  Corinthum. 
Snet.  Nero  34  init.  quasi  Rhoduin  abiturus.  Vesp.  14  quid  am 
abire  (eum)  Morboviam  iusserat  [i.  e.  in  urbetn  morborum]  nomen 
fictutn  ad  analogiam  Gergoviae  similiumque  censeo;  quo  iure  Vanicek 
[Etym.  W.-B.% p.212]  *morb-on~ia9  scripsit?  vertas  Germ. { nach  Pest9]. 
Tac.  hist.  4,  62  .  .  .  Magontiacum  abeunt.  Valer.  Fl.  6,  147  (de 
flumine?)  .  .  abeunt  (Exomates)  Hypanin  fragilemque  per  undam. 
Stat.  Th.  8,  671  pudet  Inachias  abiisse  Mycenas.  Ascon.  p.  30,  15 
K.-Sch.,  36  B.  Clodium  Aricinos  abiisse.  —  barbarismi:  Gregor. 
Tur.  h.  F.  6,  26  p.  265,  8  abisti  Constantinopolt;  p.  265,  16  Aven- 
niom  abiit.  —  *P1.  Poen.  799  ^abscessit5.  cutinam  hinc  abierit  ma- 
lam  cruceni'  |cin  malam'  lJylad.,  'inalam  in  Gocller].  in  C.  ablat. 


500  Jos.  Menrad: 

(hebraismus):  Itala  1  Mach.  12,  50  conversi  abierunt  in  proelio 
[parati  in  pr-um  Vulg.].  Itala  4  Reg.  5,  12  Goth.  regyravit  86 
abiens  in  iracundia  [indignans  Vuly.].  Vulg.  ps.  1,  1  beatas  vir, 
qui  non  abiit  in  consilio  [hebr.  äser  16  hälak  ba-*äjsat\  impi- 
orum  et  in  via  peccatorum  non  stetit  .  .  [citatur  passim  apud  scr. 
eccUs.y  ut  Ambros.  enarr.  in  psalm.  I  col.  790,  21.  TertulL  Pud.  18 
(sed  Marc.  2,  19  in  concilium!)  etc.;  explicat  Cassiodor.  psalm. 
M.  70,  28  C  €abiit'  significat,  quod  a  via  recta  discedens  in 
calles  labitur  tortuosos].  Greg.  Tur.  h.  P.  10,  9  p.  416,  16  quod 
in  hoc  procinctu  abiret.  Tcrtull.  Marc.  4,  31  abierunt  in  iis, 
quae  concupiverunt.  Arnob.  iun.  M.  53  col.  443  B  et  abierunt  in  ad- 
inventionibus  suis.  Vulg.  2  Heg. 3, 23  abiit  in  pace.  transl.Vu\%. 
Isai.  57,  17  abiit  vagus  in  via  cordis  sui.  Vulg.  lerem.  7,24 
(=  11,  8)  abierunt  in  voluntatibus  et  in  pravitate  cordis 
sui  maligni.  Ezech.  3,  14  abii  amarus  in  indignatione  Spiri- 
tus inei.  —  barbarismus:  Greg.  Tur.  hisi  patr.  6,  5  p.  683,  21  in 
servitio  S.  Galli  abiit.  intra:  Dict.  Cret.  2,  41  (44,25)  barbari 
i.  muros  abeunt.  int  er:  *v.  §  35  tignis9,  §  38  ß)  *istud9.  Greg. 
Tur.  conf.  37  p.  771,  9  abiens  i.  condensas  rubos.  Cor.  Inst  3, 
32  sq.  angelicas  i.  turmas  |  laetus  abis.  per:  a)  loc.  PL  Most 
1045  abii  illac  per  angiportum  ad  hortum  .  .  Ennod  p.  207, 
38  per  aequora  abeuntibus.  per  inane  (to  xevov)  v.  §  35  ^  Cor- 
pora9, per  artus  v.  §  35  *vis9.  per  undam  supra  in  linea  12. 
per  clipeum,  per  pectus  v.  §  35  *vuinus9}  per  Argos  v. 
§  22,  3  *tcdi$9.  Tac.  hist.  3,  70  ut  per  secretam  aedium  partem 
occulte  abiret.  Irenaeus  3,  16,  4  magi . .  per  alteram  abierunt  viam. 
ß)  instrum.  v.  §  34  'tempus9.  y)  nwd.  (=  cum)  v.  §  33  *men$9  *umbra9. 
post:  a)  tempor.  v.  §  28  *a  mente9]  ß)  apud  scriptores  aeneae  aetatis 
*cibire  post  alqm?  idcm  valet  quod  *  sequi  alqm.9;  ortutn  ex  Graeco 
Uvai  oTtiöo  tivog.  Irenaeus  4,  27,  1  Salomon  .  .  .  non  abiit  p. 
Dominum.  Itala  Gen.  37,  17  L.  abiit  loseph  p.  fratres  suos. 
Deut  4,  3L.  omnis  homo  qui  abiit  p.  Beelphegor.  8,  19  Lugd. 
Sess.  si  .  .  abieris  p.  deos  alienos.  [August.  M.  34,  quaest.  in 
Hept  817,  26  quod  abierunt  p.  deos  gentium.]  3  Reg.  19,  21 
(Sess.)  abiit  p.  rleliam.  4  Reg.  17,  15  abierunt  p.  vana  et 
supervacaneu.  loh.  12,  19  Colb.  universus  mundus  abiit  p. 
illuin.  [August,  enarr.  in  psalm.  40,  1  =  453,  25  M.  saeculum 
p.  illum  abiit.]  Vulg.  Exod.  14,  19  angelus  Domini  abiit  p.  eos. 
3  Reg.  13,  14  abiit  p.  vir  um  üei.  4  Reg.  7,  15  qui  abierunt  p. 
eos    usque    ad  lordanem.     Gant.  1,  7  abi  p.  vestigia  gregum. 


Abeo.  501 

li.  31,  8  p.  aurum  non  abiit  [=  Ambros.  M.  13,  col.  784,  17]. 
lerem.  9,  14  abierunt  p.  pravitatem  cordis  sui  et  p.  Baalim. 
11,  10  (=  13,  10;  16,  11)  hi  abierunt  p.  deos  alienos.  Os.  5,  11 
coepit  abire  p.  sordes  [=  Agobrandi  opp.,  de  grand.  10,  1,  157J. 
Am.  2,  4  (idola),  p.  quae  abierant  patres.  1  Mac.  2,  31  abissent 
p.  illos  multi.  loann.  12,  19  mundus  totus  p.  eum  abiit.  lud.  7 
abeuntes  p.  carnem  alteram.  Patr.  saec.  VIT  M.  87,  1062  B  abiit 
p.  vestigia  Attalae.  Acta  mart.,  pass.  Firmieti  640,  29  tuuc  abi- 
erunt p.  eos  .  .  Hieron.  adv.  Iovin.  I  14.  262.  233a  .  .  abierunt 
retro  p.  Satanam  [=  Vulg.  1  Tim.  5,  15  conversae  sunt  retro 
SJ  =  vol.  3,  M.23,  ep.  II 147, 10  abierunt  p.  avaritiam.  August 
ad  fratr.  in  erem.  34  p.  agnitam  (veritatis  vi  am)  retro  abire. 
Lucif.  Cal,  Migne  13  col.  770  C  *»  1006  A  non  abierunt  post  ido- 
latriam  tuam.  Hist.  Apoll.  22  (R  26,  5)  abii  post  eum;  31  (36,  14) 
abii  post  monumentum.  pro:  v.  §  21y)  *  abire  pro  victis9.  sine: 
a)  person.  Ov.  ep.  8,  80  s.  me,  me  s.,  mater  abis.  Lucan.  8,  584 
quo  s.  me,  crudelis,  abis?  Liv.  28,  49,  8  .  .  abire  s.  certo  duce, 
8.  signis,  8.  ordine  ullo  aut  imperio;  ß)  coticret.  Ter.  Hec.  853 
egon  .  .  sinam  sine  munere  a  me  abire  (te)?  Liv.  v.  a.);  10,  35,  4 
abire  s.  certamine  cupiunt.  28,  24,  8  interdiu  ac  propalam  s. 
commeatu  ab  signis  abibant.  Val.  Fl.  7,429  numquam  s.  vellere 
abibo.  Quint.  decl.  1,  11  cum  dexteram  veste  tergere  utque  ita 
abire  s.  vestigio  possei  y)  äbstract.  Liv.  35,  51,  8  pacti,  ut  s. 
fraude  liceret  abire.  Hegesipp.  2,  11,  19  ut  s.  ulla  fraude  ab- 
ireni.  2,  10,  62  cum  s.  metu  abirent.  Liv.  44,  20,  7  s.  causa  et 
venisse  et  abire.  —  sine  fructu  v.  §  38  Komnia9.  Tac.  ann.  2,  14 
8.  pudore  flagitii,  s.  cura  ducum  abire,  fugere.  Quint.  decl.  9,  5 
8.  respectu  sui,  v.  §  22,  2  %,praecep£*  Itala  Ez.  28,  15  Weing. 
«b  Migne  53,  (Arnob.)  511  A  11  [aliter  Vulg.].  abisti  s.  macula 
tu  in  diebus  tuis.  Lactant.  Ep.  57,  13  mori  malle  quam  libare 
diis  et  abire  s.  noxa.  Amm.  Marc.  19,  9,  6  non  s.  eius  volun- 
tate  vel  venisse  vel  abisse  hominem.  Ambros.  de  Iac.  et  vit.  beat. 

2,  5  col.  562,  6  inf.:  s.  lite  abire.  Greg.  Tur.  H.  F.  7,  14  p.  299, 
29  non  s.  immensa  iniuria  abierunt.      sab:  v.  §35  Voraus';  Liv. 

3,  28,  10  s.  iugum  abituros.  super:  Migne  20,  Gaud.895B  abiit 
8.  omnem  montem  excelsum.  trans  \cf.  verbum  *transabeo9]:  Liv. 
39,  2,  3  ita  t.  Apenninum  abierunt.  v.  §  35  *hasta9.  Itala  Ier.  41, 
10  abiit  t  filio8  Ammon  [Vulg.:  abiit,  ut  transiret  ad  f.  A.]; 
cf.  41,  15  abiit  ad  f.  A.  loh.  6,  1  abiit  Iesus  i  mare  Galilaeae. 
10,  40   abiit  t.  Iordanem.    Poet,  aevi  Caroli  II  ed.  D.  28,  130  t. 


502  Jos.  Menrad: 

fluvium  certat  abire  prior.  usque  ad:  Itala  Gen.  38,  1  L.  abiit 
u.  ad  hominem  quendam.  Hist.  misc.  ed.  E.  25,  35  abiit  u.  ad 
lucum. 

19  VI)  supinis  PI.  Mgl.  251  nön  domist:  abiit  ambulatum 
[abit  A,  Ribb.,  Brix;  abiit  rell,  iit  Bentl.].  Rud.  1056  abiisti  hinc 
erum  arcessitum?  Most.  989  alio  credo  comissatum  abisae. 
Amph.  807  inensa  ablata.st,  cubitum  hinc  abiimus;  item  Most 
486.  Heaut.  587  abi  deambulatum.  Pseud.  665  'numquid  vis? 
'dorniitum  ut  abeas'  fabeo.'  —  exulatum:  Cure.  559  ne  tar- 
pezita  ex.  abierit.  Trin.  535  alii  exsolatum  abierunt  [A,  exolati 
Nonius]  cf.  Brix  ad  h.  I],  alii  emortui  (sc.  sunt).  Most.  596  ne 
quo  abeat  foras  |  urbe  ex.  faenoris  causa  tui.  Rud.  325  leno  abit 
scelestus  ex.  Liv.  2,  15,  7  Tusculum  ex.  abiit.  item  2,  35,  6.  3,  58, 
10.  26,  3, 12.  43,  2, 10  v.  §.  35  'res9  §.  37  <solus\  —  Ter.  Hec  224 
rus  habitatum  abii.  Eun.  600  abeunt  lavatum.  Heaut  117 
iu  Asiam  ad  regem  niilitatum  abiit  Mgl.  1145  . .  miles  con- 
cubinam  intro  abiit  oratum  suam.  Poet,  aevi  Caroli  II  ed.  D. 
436,  256  oratum  Gallus  abivit  Rud.  898  (servus)  .  . ,  de  nocte 
qui  abiit  piscatum  ad  mare.  Liv.  3,  60,  4  pars  in  Hernicos, 
pars  in  Latinos  praedatum  abeunt.  Capt  848  iuben  ..  alium 
piscis  praestinatum  (/.  e.  mercatum)  abire?  (Aur.  ad)  Front 
p.  68,  6  N.  abii  salutatum  dominum  meum.  Rud.  707  vos  in 
aram  abite  sessum.  [de  *Men.  1112,  tibi  Camer.  'mercatum',  v. 
§.  18  'ad  merc.9] 

20  VII)  infinitivis;  in  sermone  vulgari;  de  huius  infinüwi 
usu  cf.  Lorenz  ad  Most  v.  67;  locum  supini  tenet,  ut  in  sanserüa 
Lingua  rursas  supinum  locum  infinitivi.  PI.  Bacch.  900  illa  autem 
abivit  aedem  visere  |  Minervae.  Itala  Gen.  31,  19  L.  Laban 
abierat  ton^ere  oves  suas.  37,  12  L.  abierunt  fratres  eius  pas- 
cere  oves.     Num.  14,  38  L.  qui   abierunt  considerare   terram. 

23,  4  L.  abiit  Balaam  interrogare  deum  et  abiit  reeta.  Marc. 
6,  46  abiit  in  montem  orare  (=Vulg.).  10,  49  (Colb.)  abierunt 
vocare  illum.  14,39  iterum  abiit  orare.  Job.  14,3  (Cant  H)  si 
abiero  p arare  [et  paravero  Colb.  Corb.]  locum  vobis.   Itala  1  Reg. 

24,  3  abiit  quaerere  David  [perrexit  ad  investigandum  D.  Vulg.] 
Yulg.  Apoc.  12,  17  abiit  facere  proelium.  August  de  salut 
docum.  57  relictis  nonaginta  novem  abiit  unam  ovem  quae- 
rere. Greg.  Tur.  hist  patr.  14,  2  p.  719,  25  abiit  implere  iuß- 
sionem.  Patr.  saec.  VII  M.  87,  596  D  surgens  mane,  abiit  in 
agrum  operari. 


Abeo.  503 

VIII)  participiis.  (quid  faciens  vd  patiens  (passus)  quis  21 
äbü?)  a)  partic.  praesentis.  PI.  Cist.  1,  2,  8  illanc  . . ,  quae  hinc 
flens  abiit=l,  2,  13  =  1,  3,  44.  Phaedr.  3,  19,  9  abiit  festinans 
domum.  Romulus  4,  3,  28  f.  abiit.  August,  t.  6  col.  59  . .  abiit 
in  civitatem  f.  Liv.  42,  64,  10  postquam  confertos  abire  signa 
atque  ordines  servantis  viderunt.  43,  18, 10  ut  armatos  suaque 
secum  fereiitis  abire  sineret.  Sil.  Ital.  12,  729  respectans  abit 
(ductor).  Irenaeus  5,  31,  2  inagister  noster  non  statim  evolans 
abiit.  Vulg.  3  Reg.  19,  3  surgens  abiit  quocumque  eum  ferebat 
Tohmta8.  Jer.  37,  8  euntes  abeunt  et  recedunt.  Tertull.  Pud.  14 
statim  ille  timens  plagam  abiit.  Rufin.  apol.  1,  22  abierunt  spe- 
rantes.  Amm.  Marc.  25,  3,  18  gaudens  abeo.  Greg.  Tur.  conf.  18 
coL  758,  15  discessit  .  .  abiens  valde  inaerens  (=  Vulg.  Marc. 
10,  22).  aa)  gerundiv.  Venant.  Fortun.  c.  7,  18  viator  nemo  mihi 
tacite  praetereundus    abit.  v.  §.  33  *somnus9,  §.22}2a)  primus9. 

ß)  participia  perfedi  verborum  deponentium.  Liv.  25,  18,  7 
Crispinus  ..ait..conversusque  abibat.  Itala  1  Mach. 9, 72  c.  abiit 
in  terram  suam.  dilapsus,  v.  §.  36a.  Sil.  Ital.  13,  776  haec  effa- 
tus  abit.  Stat.  Th.  9,  624  audaci  qui  nunc  ad  proelia  voto  |  heu 
nimium  tibi  fisus  abit.  1,461  spoliis  gavisus  abibis . .  his. 
Propert.  1,13,8  incipis  .  .  primo  lapsus  abire  gradu.  PI.  Pseud. 
arg.  2,  4  miles,  qui  . .  mulierem  . .  mercatus  abiit.  CIL  VI  5767 
miseratus  abis  (hospes).  Stat.  Th.  8,517  sie  orsus  abibat.  Migne 
68,  Arator  I  255  progressus  abi.  Plin.  n.  h.  36,  9  artifices 
iniariam  questi  abiere  . . .  Ov.  met.  11,  194  ultus  abit  Tmolo. 
Stat.  Th.  2,  690  fortuna  satis  usus  abi.  Ter.  Phorm.  315  itane 
patris  ais  adventum  veritum  hinc  abiisse  .  .  . 

y)  partic.  per  f.  passivi;  tantum  non  omnia  apud  poetas:  Funk 
pat.II  Mari  5.  Clem.  16,  1  tristitia  affectus  abiit.  Paulin.  Nol. 
477  C  =  16,  33  benedictus  abit.  Cassiodor.  Complex.  in  act. 
apost.  14  tunc  caesos  apostolos  abire  fecerunt.  Liv.  27,  28,  13 
Hannibal  suamet  fraude  captus  abiit.  Greg.  Tur.  h.  F.  8,  5 
col.  327,  12  castigatum  abire  permittente.  Cor.  Joh.  6,  751 
..tnrbis  compressus  abibat.  confectus,  v.  'integer*.  Poet,  ae vi 
Caroli  II  ed.  D.  514,  188  confusi  abeunt.  Calpurn.  ecl.  3,  18 
non  equidem  . . .  quamvis  contemptus  abibo.  |  correptae  v. 
§35  *ruinae9.  Liv.  22,  59,  19  ne  a  vobis  damnati  ac  repulsi 
abeamus.  Stat.  Th.  9,  840  abit  solo  post  haec  devieta  [evieta 
Petrens.  Taurin.  Buslid.]  pudore  (Latois).  diffusus  v.  §.  35  *cruory} 
*vis9.     Luc.  7,  842   non   oinnis  populus ...  in  feras    discerptus 


504  Jos.  Menrad: 

abit  (i.  e.  *nec  omnia  cadavera  a  feris  devorata  sunt9  Weise)  Verg. 
Aen.  5,  305    nemo   ex   hoc   numero  mihi  non    donatus   abibii 
(citat  Plin.  ep.  8,  2,  3;  imitatur  Hcges.  5,  27,  88).    Arnob.  7,  8  .  . 
patior  abire  d-um.    Sil.  Ital.  5,  564   vita  donatus  abires.    Stat. 
Th.  10,  434  tumulo  .  .  ducis  d.  abito  (sc.  vita).     Liv.  28,  16,  3 
iam  inde effugientium  modo  effusi  abibant  Ov.  met  8, 870  elusus- 
que  abeat.     Heges.  1,  1,  63   ut  obsidionem  relinqueret  et  pretio 
euiptus  abiret.    erasus  v.  §.  37  tumor.  Valer.  Fl.  4, 633  exactae 
verumne  abiere  volucres  (Harpyiae)?  Arnob.  6,  5  ut  ...  exauditi 
tantummodo  uni    abeant  soli.  Propert.  1,  5,  20   exclusum  quid 
sit  abire  [adire  F  m  l.\  domum  [domo  Lachm.\     Hör.  ep.  1, 9, 7 
multa  quidem   dixi,   cur  excusatus  abirem.  excussus  v.§.37 
*dölor9.   Stat.  Th.  1,  666  tu  .  .  a  limine  Phoebi  |  exoratus  abis. 
v.  §.37  *fmdor*.    Isidor.  orig.  19,  9,  9  dehinc   exulatus  Cretam 
abiit.  Claudian.  in  Eutrop.  1,  64  cum  fastiditus  abiret  Dracont. 
5,  301  ne  fraudatus  abires  fortunae  bono.    Poet  aevi  Caroli  II 
ed.  D.  77,  700  duobus   fultus   abit  famulis.     Catull.  50,  7  illinc 
abii  tuo  lepore  |  incensus,    Licini,   facetiisque.     Patr.  aaec.  VII 
M.  87, 436 C  duo  fratres  impugnati  a  fornicationis  spiritu  abie- 
runt   et   acceperunt    uxores.     Greg.  Tur.  H.  F.  8,  1  p.  326,  6  in- 
vitatus  abibat.    Stat.  Ach. 2,438 (?)  nee  nisi  iussus  abi  [abi pro 
abii   Kohlmann].     August,  epist.  121,  3   iustificatum    abiisse  e 
tcmplo  publicanum.    Vulg.  Deut.  25,  3  ne  foede  laceratus  ante 
oculos  tuos  abeat  frater  tuus.    Mart  14,  163,  2  virgine  vis  sola 
lotus  abire  domum.  PI.  Mgl.  456  cecce  omitto'  cat  ego  abeo  missa' 
[an  'omisaa'?  It.,  scr.  IjOrene\.     Hör.  sat  2,  1,  86  ..  tu    missus 
abibis  (/.  e.  cabsolveris,  nihil  periculi  patieris'  Acro.).   Liv.  3, 11,8 
qui  obvius  fuerat,  mulcatus  nudatusque  abibat  Propert.  1,4,2 
quid  . .  mutatum  (me)  . .  cogis  abire  . .  Hör.  sat  2,  39  246  qaor- 
sum  abeant,  sani  ut  creta  an  carbone  notati?   Valer.  Max.  7, 5, 1 
ut . .  repulsa  inde  abiret  notatus.    Cor.  Joh.  3,  139  spoliis  one* 
rat u 8  abit.   Ov.  met.  3,455  quove  petitus  abis  (puer).    Galpurn. 
ed.  6,  30  malueram  . .  vel  praedamnatus  abire.     Catalect.  3,  4 
tuo  |  atupore  pressa  rus  abibit  (pueUa).   Verg.  Aen.  10,  800  dum 
genitor   nati  parma   protectus   abiret.  11,  366  pone  animos  et 
puls us  abi  =  Prud.  ap.  411  Dr.:  p.  a.,  ventose  liquor  (daetnon)! 
Ov.  ex  P.  3,  3,  12  pulsus  .  .  e  pectore   somnus  abit.     Stat  Ach. 
1,  535  hei  mihi,  raptus  abit!    Mart.  epigr.  16,  1  raptus  abit .. 
taurus  v.  §.  17ß.  Dracont.  7,  4  laude  redemptus  abirem.  Venant 
Fortun.  c.  7,5,  38   repletus  (sc.  cpxdis)  abit  qui  tua  teeta  petit 


Abeo.  505, 

Sali.  lag.  110,  8  si  quid  .  .  dignum  petiveris,  haud  repulsus 
abibis;  Petron.  111  magistratus  ultimo  repulsi  abierunt.  Pair. 
saec.  VII  M.  87,  21 C  iterum  atque  iterum  retroacti  abierunt. 
Ov.  ep.  1,  60  . .  ille  mihi  (=a  me)  de  te  multa  rogatus  abit 
(sc.  navi).  Migne56,  col.  710  a:  nisi  forte  (episcopus)  per  litteras  r. 
abierii.  Cor.  Just.  3,  276  nondum  plene  satiatus  abire.  Venant. 
Fortan,  c.  3,  11, 14  hinc  s.  abit.  Novus  Avian.  1,  3,  43  superatus 
abivit.  Mari.  8,  59,  10  tectus  laenis  (%Xa{vaig)  saepe  duabus 
abit.  Ov.  met.  15,  247  transl.  tenuatus  in  auras  .  .  umor  abit. 
Verg.  Aen.  2,382  ..  Androgeos  visu  tremefactus  abibat.  Poet. 
aevi  Garoli  II  ed.  D.  430,  54  spe  lucri  tractus  abit  inde.  Verg. 
6.  3,  225  (taurus)  victus  abit.  Maximian,  el.  1,  44 B  v.  abit 
(Bacchus).  Stat.  Th.  6,  490  ni  . .  heros  . .  victus  et  collaudatus 
abisset.  Cic.  Qu.  Rose.  41  quin  ab  iudicio  abeas  turpissime  v. 
Sali.  Jag.  79,  7  denique  omnia  malle  quam  victi  abire.  Liv.  8, 
1,  5  nocte  pro  victis  Antium  agmine  trepido  abierunt.  *Ov. 
met.  13,  279  est  Hector  [dl.  H.  abit]  violatus  vulnere  nullo. 
d)  part.  futur.  act.  Verg.  Aen.  2,  675  si  periturus  abis,  et  nos 
rape.  Eab.  Maur.  hom.  opp.  t.  IV  M.  362  B  15  in  montem  ora- 
turus  abit  S.  Gregor.  M.  homil.  in  libr.  I  lieg.  VI  6  n.  5  imrao- 
laturus  abiit. 

IX)  nominibus  substantivis,  adiectivis,  pronominibus.22 
(qui?  qucUis  quis  abit?).  1)  vom.  subsiant.  (Germ,  particulam  'als9 
addas):  Liv.  2,  2,  7  amicus  abi  (L.  Tarquini).  Mart.  1,  62,  6  Pene- 
lope  venit,  abit  Heleue  (i.  e.  'casta  advenit  Ijaevina,  adultera  pro- 
feeia  est9  Flach).  1  e  g a  t  u  s  v.  §.  12ß  *peregr£;  §.  IS  'ab9  om.,  'domo9.  Sen. 
dial.  9,  8,  7  (Diogenes  de  Manc  servo  fuglHvo:)  fugit  mihi  servus? 
immo  über  ('ein  Freier9)  abiit.  Liv.  21,  63,  5  privatus  clam  in 
provinciam  abiit.  —  formula  evictor  abire'  (synon.  'v.  discedere9): 
Manil.  5,  162  (Jacob)  ille  (qui  sidere  Geniinorum  natus  est)  prius 
v.  stadio  quam  missus  abibit.  Verg.  Aen.  10,  859  . .  v.  abibat. 
Ov.  art  am.  2,  197  cedendo  v.  abibis.  fast.  5,  649  v.  abit  secum- 
que  boves  .  .  abstrahit.  Liv.  34,  19,  2  seiuper  victores  ex  . .  cer- 
tamine  abire.  Val.  Max.  8,  7,  ext.  1  proeliatus  est  cum  rerum 
natura  et  quidem  v.  abiit  malignitatem  eius  . .  superando.  Neve- 
letus  60,  86  v.  abi.  Amin.  Marc.  23,  6,  9  hae  nationes  .  .  non 
nunquam  abiere  victrices.  v.  §.20  'aciem9,  'exercitus9.  —  Ov.  ep. 
6,  60  vir  tuus  hinc  abeo. 

2)  adiectivis:  «)  qitac  ad  habitum  seti  motum  corporis  spec- 
tant;   verbum  pleritmque,   inprimis   triri  cum   adiectivis  negativis 

Arohiv  für  lat.  Lexikogr.  IV.    Heft  3.  4.  33 


506  Jos.  Menrad: 

iungitur  (^integer,  intadus,  incolumis  =  sanus  salvus  vivus),  notümem 
'evadendi,  effugiendi9  induit;  quapropter  in  fine  subieitur  locutio 
'impune  abire9.    ad  versus:   v.  §.  30  Huna9.    Ov.  niet  4,  711 
iuvenis  . .  |  arduus  (cf.  'sublimis9)  in  nubes  abiit.  Liv.  6, 13,4  donec 
armati  confertique  abibant;  v.  §.  21a  ferentis.   *CatulL  63,42 
somnus  ..  [citus]  abiit.  confertus:  Liv.  42,  64,  10  ..  confertos 
abire ..  viderunt;  v.  Karmatus9.  defessus:  Copaö  quid  iuvat  aesÜTO 
defe8sum  pulvere  *abisse  [vulg.  abesse]?  dexter:  Verg.  Aen.  5, 162 
quo  tantum  mihi  d.  (=  dextrorsum)  abis?  dierectus  (denotioneo. 
Lor.  ad  Most.  850,  Brix  ad  Trin.  457):  PL  Merc.  183  quin  abi  hinc 
d.  =  Cas.  1,  15.  Merc.  756  abin  d.?  [a.  hinc  Jftieüer];  Poen.  160. 
Trin.  475  abin  hinc  dierecte?  =  Most  9.— 850  v.  §.18  'in  m- 
lam  crucem9  [de  forma  in  -e  desinente  v.  Lor.  ad  h.  L;  dierectaBaZ 
Camer. ,  Gruter.,  Ussing].  Frontin.  2,  13,  3  abire  (fugere)  dispersos 
milites  iussit.  —  Irenaeus  4,3, 2  . .  qui  potuerunt  divites  abire.. n 
inopes  abierunt.  Claudian.  de  bell.  Gild.  292  cum  dives  abirem. 
diversus  (divorsus):  Sali.  lug.  87,4  d-i  in  locos  difficiles  abeuni 
Verg.  Aen.  5,  166  quo  d.  abis?  11,  855  cur  d.  abis?  huc  dirige 
gressum.     Liv.  10,  36,  3    d-ique   integri   atque    intacti   abissent 
25,  19,  6  d-i   Fulvius  .  .  Claudius  . .  abiit  25,  19,  7  d-os  abisse. 
9,  45,  13  ut  . .  d-i  . .  in  urbes  abirent.  45,  38,  14  d-i  abeatis.  Val. 
FL 4,  387  quo  hinc  d.  abis?  festinus:  Poet.  1.  m.  ed.  B.  IV457,1 
(Luxorius)  *quo  f.  *abis.     Vulg.  1  Esdr.  4,  23  abierunt  festini. 
immun is:  Ambros.   vol.  III.  p.  2  M.  col.  1196,  22  non  i.  gratiae 
abiit  apostolus.    hex.  5,  23  col.  254,  19  M.:    ne   immunes    abeant 
gratiarum.   Arnob.  1,  3  nullum  ab  his  (malis)  unquam  i-em  abisse 
mortalem.    impunitus:    Myth.  Vat.  2,   10   ne    aliquis    i.    abeai 
Hieron.  I  Os.  5,  5.  858  C  abeat  i.    August,  t.  VI  col.  570  liberum 
i-umque  abire  sinerent.    incolumis:  Cato  or.  rell.  40,  7  (p.  59,3 
Jord.)  *8aepe  [Mommseny  si  em  codd.,  ci.  e.  eum'  Mueller,  hostem 
Scaliger]  i  . .  abii.     Liv.  9,  12,  7  incolumem  abiturum    qui    arma 
posuisset.     Curt.  R.  4,  5,  22  pactus,  ut  i-i  abire  liceret;   item  7, 
11,  26;    Frontin.  3,  17,  3.    Aetna  642  incolumes  abeunt  tandem. 
Val.  Max.  7,  2  ext  3  quos   saevitia   belli    incolumes   abire  passa 
fuerat.  Romulus3, 1, 18  =  IIa.  Nil.  25  abiit  i.  (leo).   incomitatus: 
Poet  1.  m.  ed.  B.  I,  V  298  quor  sie  i.  abis?  —  Liv.  27,  12,  13  si 
uno  proelio  haud  incruentus  abeat  Paulinus  Nol.  559  B  (=20, 
231)  ineuratus  abibit    Ov.  met  12,92  removebitur  huius  |  teg- 
lninis  officium,  tarnen  indestrictus  (=inlacsus)  abibo.   Liv.  23, 
15,  13  ut  inermes  cum  singulis  abirent  vestimentis;  3,28,9  ut 


Abeo.  507 

i.  8e  inde    abire    sinerent;   item  32,  24,  7.   innocuus:    Ammian. 

Marc.  14,  2,  6  residuos  i-os  abire  perpessus  est;   17,  8,  5  ad  sua 

. .  abire  permisit  i-os.  innoxius:  Ammian.  Marc.  15,  5,  14  ..  abiit 

i.  19,  12,  12  i.  abire  permissus  est.  21,  12,  20  residui  omnes  abie- 

nmt  i-i.     Hieron.  Na.  1,  2.  1234  A  nulluni   i-um    abire    patiatur; 

▼ol.  III  (M.  23)  1440  C   Deus  i-um  abire  non  patitur.    Ps.-Tibull. 

4,  3,  17    veniat   licet   ad    casses,   inlaesus  abibit  aper.     Amm. 

Marc  29,  2,  17   tribunum  abire  iussit  inlaesum.     Liv.  25,  16,  4 

libatoque  iocinere  intactos  angues  abisse.  \ef\  *  integer9].  42,  66,  3 

dum  liceret  intacto  abire.  —  integer:  Sali.  lug.  53,  3  fugam  fa- 

ciunt  ac  plerique  abiectis  annis  . .  auxilio  (v.  §.  17 ö)  i-i   abeunt. 

60,  7  pauci  i-i,  magna   pars   volneribus  confecti  abeunt  (v.  *con- 

fectf)  [eunt  P\.  Liv.  10,36,  3  i-i  intactique  abissent.    Sil.  ItaL 

10,  64  i.,  oro,   intactusque    abeas.  —  PI.  Mgl.  1416  et  si  non 

abeo  intestatus  (fivoQ%og),  bene  agitur  pro  noxia.    Sali.  lug. 58, 

5  neve  hostis   inultos  (cf.  votatn  ap.  Jacobs-  Wirt.)  abire  sinat. 

Vulg.  lob.  24,  12  deus   inultum  abire  non  patietur.  Hieron.  Na. 

1,  2.  1233 C  innocentes    inultos    abire  patietur.     Liv.  10,  12,  2 

si  qnod  adissent  in  Samnio  concilium,    haud  inviolatos  abitu- 

ros,     Poet  aevi  Caroli  II  ed.  I)  364,  18  terra  suum  servet  pondus, 

abibo  levis,    liber:  PL  Men.  1028  sie  sine  igitur,  si  esse  tuuin 

negas  me,  abire  1-um.  1044  dicam  ut  a  med  abeat  1.  quo  volet. 

1058  1-um  ego  te  iussi  abire?  Irenaeus  4,  33,  1  . .  neque  volentes 

abire  1-os.  —  PI.  Pseud.  1252  edepol  ego  nunc  probe  abeo  madulsa 

[sie  Lipsius  duce  Festo  PaulU  p.  126  M.  'madulsa,  ebrius';  habeo 

madulsam  (mulsam)  codd.]  Sen.  nat.  qu.  3,  25,  3  quae  albae  vene- 

rant  (oves),  nigrae  abeunt.    Orosius  5,  18,26  nudos  abire  prae- 

cepit.   Ov.  tr.  5,  14,  6  transl.  nee  potea  . .  omnis  abire  in  rogos; 

Quint  11,3,  78  v.  $.33  ^sawpiis9.     Quint.  decl.  excerpt.  13  vacua 

(apis)  venit,  onusta  abit.    Vulg.  1  lieg.  17,  20  onustus  abiit.  — 

praeeeps:  Sali.  Cat.  25, 4  transl.  (Sempronia)  luxuria  atque  inopia 

p.  abierat  (^unaufhaltsam  ins  sittliclie  Verderben9  Jac.-W.).  Liv.  2, 

46,4  transl.  .  .  in  volnus  abiit.  41,  10,  5  p.  in  provinciam  abiit. 

Petron.  15    in  deversorium    p-es    abimus.     Sen.  Phaedr.  728    en 

p.  abit  |  ensemque  liquit.    Quint  decl.  9,  5  in  omnia  (i.  e.  fhictus, 

scopulos  .  .  .)  p.  sine    respectu   sui  . . .  abiit,  exploravit  (amicus). 

Paneg.  9,  17  (p.  206,  3)    ceteri    omnes    in    fluvium    abiere    p-es. 

—  Verg.  Acn.  5,  318  primus  abit  Nisus  (in  cursu).   Stat.  Th.  8, 

746  moti  omnes:    sed   p.   abit  . .  Gapaneus.     Sil.  Ital.  16,  489  p. 

abibat  praecedens  spatiis.  Val.  Max.  2,  1,  9  sublata  mensa  priores 


508  Job.  Menrad: 

consurgere  et  abire  patiebantur.  Sali.  lug.  35,  1  Massiva  .  . .  pro- 
fugus   ex   patria    [P,  africa  CJ   abierat.     Amm.  Marc  18,  6,  16 
qui  . .  ad  Persas   abierat  p.     Ov.  mei  1 1,  792  (Aesacus)  in  pro- 
fundum  pronus  abit.    PL  Truc. 301  . .  abire  hinc  si  voluiit,  salvis 
licet  [sie  A,  ut(i)  vis  cett.].   Men.  878  quid  cesso  abire  ad  navem, 
dum  salvo  licet?  Propert.  3,  2  (12)  12  (M.)  nee  quisquam  ex  illo 
volnere  sanus  abit.    Ov.  art.  am.  2,  224  maturius  . .  venias,  nee 
nisi   serus   abi.   sinister  v.  §.31  ^Tiberis9.     Mari  12,  70,  8  so- 
brius  . .  nescit  abire  domum.  Ov.  art.  am.  2,  361  tu  solus  abibas. 
Stat.  Th.  9,  295  solus   abi.     Neveletus  38,  15  leo    sospes  abit. 
Greg.  Tur.  bist.  patr.  19,  3  pag.  739,  15  sospitem  abire  permisit 
sublimis:    Verg.  Aen.  1,  415  ipsa  (Venus)  Paphum  s.  abit;  Liv. 
1,  16,  7  haec  locutus  (Eomulus)  s.  abiit  (ibid.  §.  2  s-em  raptum); 
1,  34,  8  s.  abit  (aquila).    PI.  Stich.  700  c  . .  utrubi  aecumbamus?' 
(abi  tu   saue   superior.'     Veuant.  Fortun.  4,  28,  16  haec  letalis 
obit,  ille  superstes  abit.     supplex  v.  infr.  Hmpune9.    Patr.  95 
H.  d.  T.  1331a:   ne  totus  abiret,   per  sacramentum  corporis  in 
nostris   cordibus  se  divisit.     Sen.  Med.  186  liberet  fines  metu  | 
abeatque  tuta.   Neveletus  18,20  leo  t.  abit.   *Cic  Verr.  2,  54  ita 
palaestritas  defendebat,  ut  ab  illis  ipse  unetior  (fetter =reicher) 
abiret  [sie  Ijg  42  p.  m.  Vq>;  discederet  cett],  vaeuus:  Vulg.  Deut 
15,  13  v-um  abire  patieris.  Sjmm.  ep.  3,  62  apparitor  .  .  testimonü 
nostri   v.   abire    non    debuit.     Vit.  S.  Gregor.  M.  n.  29    v-os  sivit 
abire.  PI.  Mgl.  1084  sinite  abeam,  si  possum,  viva  a  vobis.  formvk 
'inipune    abire':    PI.  Most.  1180  age  abi,   abi  i.  Varro  de  r.  r. 
1,  16,  5,  p.  152,  24  Keil:  Sasernae  liber  praeeipit,  ne  quis  (servus) 
de  tuiido   exeat . . . ;    si   quis  contra  exierit,  ne  inpune  [A,  imp. 
VB]  abeat;  si  abierit  (sc.  inpune),  ut  in  vilicum  animadvertatur. 
Phaedr.  1,  8,  3   i.   abire  .  .  iam    non    potest.      Curt.  K.  4,  16,  18 
Alexander    instantibus   suis,    ut  i.  abeuntem   hosteni    permitteret 
sequi, . .  causatus    est.     Fronto  p.  209,  9  N.  meliore   Kouianorum 
fama  i.  supplex  abisset  quam  iure  supplicium  luisset. 

ß)  quae  ad  animi  motum  seu  affectum  speetant:  Hör.  carm.  3, 
18,  3  Faune  . .  lenis  incedas,  abeasque  parvis  |  aequus  alumnis. 
Val.  Max.  8,  14,  5  alacer  gaudio  abiit.  CIL  VI  1759  factum  est 
ut  . .  nos  . .  voti  conpotes  abiremus.  Verg.  Aen.  5,  314  tertius 
Argolica  hac  galea  contentus  abito.  Sil.  Ital.  12,  277  abeunt, 
sub  cuspide  terga  |  contenti  vidisse  ducis.  Stat.  Th.  8,  67 1  quam 
pudet  (me  i.  e.  Tydea)  Inachias  contentum  [ccaede  illorum  quin- 
quaginta  insidiatorum'  Lcniaire  collato  v.  11,  27  sq.y  ^contemptuni* 


Abeo.  509 

\iae  edd.].  Claud.  rapt.  Pros.  2, 221  nocte  tua  c.  abi.  Terelit.  Maur. 
r.  1.  VI  p.  362  v.  1263  K.  duplici  exemplo  e.  abito.  Ter.  Euu.  791 
onquam  accedo,  quin  abs  te  abeam  doctior.  Apul.de  d.  Socr.prol. 
4, 126.  memini  polliceri,  ut  neutra  pars  vestrum . . .  dictionis  huius 
ipertes  abiretis.  Paulin.  Nol.  p.  490  A=17,  317  nunc  abi  felix. 
aL  Max.  3,  2,  8  victoresne  an  victi  discederent,  incerti  abierunt. 
erg.  Aen.  3,  452  inconsulti  (i.  e.  oraculi  cxpertes)  abeunt  se- 
smque  ödere  Sibyllae.  Orosius  6,  15,  13  i-i  abeunt.  Verg.  Aen. 
,733  nee  tu  carminibus  nostris  iudictus  abibis  |  Oebale.  iners 
§  34  ttetnpus\  Liv.  1,  53,  10  cum  iufensus  [incensus  Mudv.\  ira 
orro  inde  abiturus  videretur.  Curt.  lt.  6, 5, 31  illa  ..  petere  perse- 
»rabat,  ne  se  inritam  spei  abire  pateretur.  Val.  Max.  9,  15  ext. 
quaedam  . .  propter  inexpugnabilem  Caesaris  constantiam  inrita 
efarii  propositi  abiit.  v.  §.  38  *cunda\  Symm.  or.  2,  19  nullus 
ide  abiit  inscius.  Arnob.  2,  28  ne  . .  instrueti  abeainus.  PI. 
ul.  106  nimi8  hercle  in  vi  tu  s  abeo;  179  itaque  abibam  i.  Gregor. 
or.  b.  F.  4, 14  p.  152,7  i.  abiit  cum  eis.  PI.  Aul.  377  abeo  iratus 
linc  [v.  ed.  Leo.];  item  Poen.  445.  Oist.  2,  1,  62;  Cic.  Att.  6,  3,  6. 
ulg.  Num.  12,  9  i.  contra  eos  abiit.  Ov.  met.  9,  787  non  secura 
iiidem,  fausto  tarnen  ominc  laeta  |  mater  abit  templo.  11;  106 
abit.  12,  208  munere  1.  abit.  Stat.  Th.  9,  559  1.  abi,  multumque 
Ü8  iaetantior  umbris.  Caligula  ap.  Suet.  Cal.  46  abite,  inquit, 
leti,  abite  locupletes.  Lc  Blant,  Inscr.  ehret,  de  la  Gaule  no. 
25,  20  pauper  letus  abit.  PL  Cure.  336  . .  abeo  ab  illo  raaestus.. 
all.  lug.  68,  1  Metellus  . . .  paulisper  in.  ex  conspectu  abit.  Pau- 
n.  Nol.  p.  444 B  (6,  101)  m.  abit.  Liv.  30,  20,  7  maestum  abisse 
mint.  Mari  1,  99,  10  abisti  miser  in  esuritionem.  Patr.  saec. 
II  M.  87,  col.  1021  B  mitem  feram  (ursum)  abire  iubet.  August. 
VI  col.  520  ac  sie  reprehensibiles  abierunt.  Plin.  ep.  8,  2,  8 
aanto  quis  melior  .  .  tanto  mihi  obligatior  abiit.  Lucan.  1, 
09  extremo  tunc  forsitan  urbis  amatae  |  plenus  abit  visu.  Poet, 
evi  Garoli  II  ed.  D.  326,  692  displieuit  tua  vita  mihi,  nam  p ra- 
us abisti.  Phaedr.  3,  2,  7  abeunt  securi  domum.  Anim.  Marc 
1,5,12  hinc  quo  libet  abi  s.  (cf.seqq.:  ille  innoxius  .  .  recessit) 
2,  14,  6  abi  8.  ad  lares.  Orosius  5.  4,  6  cum  victores  s-i  abirent. 
uvenal.  14,  213  securus  abi  (=  noli  curare).  Fronto  p.  154,  7 
f.  securus  inde  abeas.  (Cf.  etiam  *lactus').  Lucan.  7,  687  iam 
ondere  fati  (i.  e.  *onere  rerum  et  imj)crii9  Weise)  I  deposito  s.  abi. 
L  Rud.  1027  . .  tu  abi  tacitus  tuam  viam.  Liv.  8,  32,5  . .  si  ego 
icitus  abissem.   Liv.  39,  54,  8  sese  tacitos  abire  ..  quo  terra- 


510  Job.  Menrad: 

rum  possent  . .  in  animo   habuisse.     Ov.  ep.  12,  55  tristis  abis; 
met.  7,  487   t.    abit;    Iuvenal.  6,  128   t.  abit   (mcretrix  Angusta). 
Aniinian.  Marc.  14,  4,  2  abiere  barbari  t-es  . .  niussitantes.  20,  5, 
9  abiere  nee  offensi  nee  t-es.    *Avian.  13,  7  tr.  abit  (AC,  obit  P7 
Frochner)  longinqua  fugax  (taurus).   Vulg.  Matth.  19,  22  abiit  tr. 
3)  pronominibus:  idem:  Cic.  fin.  4,  7  quibus  ..  qui  adseo- 
tiuntur,  nihil  comniutantur  animo,  et  iidem  abeunt  qui  venerunt 
talis:  Valer.  Fl.  7,  20  sed  sie  quoque  t.  abito  (lason).   StatTh. 
3,  230  t.  mihi,  . . .  nate,  per  Argos,  t.  abi. 

B.  translate:   de  hominibus  et  rebus  statum  aut  habitnm 
ant  foriiiam  niutantibus  vel  amittentibus. 

I)  de  hominibus. 

23  1)  abire  honore,  magistratu  . .  =  (se)  abdicare  c  oK.,  it 

ponere  alq.;  oppositum  Hnire9  c.  acc.;  raro  graece  'a&e'pgofiai'  dut 
videtur  ad  analogiam  sermonis  latini:  Polyb.  i,  87, 3  tbv  xqoxiqov 
dnskd-ovra  ötQattjyov  "Avv&va;  Germ.  *aus  e.  Stellung  (ah-)gelM, 
abtreten,  scheiden9,     consulatu:  Cic.  de  rep.  1,  4,  7  Att  1,16,5 
c.    abiens.     Liv.  2,  52,  6    ut   c.   abiit.  3,  56,  9  suum  .  .  Studium 
(commemorabat),  quo  . .  cum  maxima  offensi one  patrum  &  abisset 
37,  59,  6   anno    postquam    c.   abiit.     Suet.    Ner.  2  C.  Caesarem 
abeuutem  c  Tac.  ann.  4,  19  dum  aecusator  c.  abiret.  14,  39  qui 
iam  c.  abierat.    Ascon.  p.  6%  K.-Sch.  7B.  c.  abeunteni.    Fronto 
p.  33,  6  et  7  N.  me  c.  abire.    Plin.  paneg.  65,  2  (p.  61,  11)  abi- 
turus  c.     decemviratu:  Liv.  3,  54,  5  nihil  ne  equidem  moror, 
quo   minus    d.    abeam.     dietatura:   Liv.  7,  3,  9   d.   abiit.     fla- 
monio:   Liv.  26,  23,  8  C.  Claudius  fiamen   Dialis  .  .  f.  abiit    fr. 
Trog.  Pomp.  ap.  Priscian.  5,  12,   p.  149,  5-6  H  (II,  140  Keil) 
*Papicio  fiamen  propter  mortem  fiaminicae  f.  abiit.     Val.  Max. 
1,  1,4  P.  Cloelius  *Siculu8,  M.  Cornelius  Cethegus,  C.  Claudias 
.  .  flaimnio  [flamonio  Par.]   abire  iussi   sunt,     honore:    Liv.  4, 
7,  3  (tribuni   militum)  tertio  mense,   quam  inierunt,  .  .  perinde 
ac  vitio   creati   h.  abiere.  5,  9,  3  negare  se  (trib.  mil.)  ante  id. 
Decembres,  sollemnem  ineundis   magistratibus  diem,  h.   abituros 
esse.     Suet.   Aug.  26  extr.  h.  (consulatus)  abiit  suffecto   alio  in 
locum.     inperio  v.  magistratu.     ioudicio  t?.  ibid.     mag(iste- 
rio):    CIL  VI,  10298    quo    die    m.    fabibit].     magistratu:   lex 
repet.    CIL  1,  198,  9  [postquam  eorum  quis  ejx  eo  mag(istratu) 
inperiove  abierit  ibid.  73  et  80  sei  is  praetor  .  .  eo  magistratu 


Abeo.  511 

oadiciove  inperiove  abierit  abdicaverit  mortuosve  erit  [ceo  mag.' 
vriore  loco  (78)  dcest  et  ex  altero  (80)  suppletur].  (Jic.  Pis.  6 
tgo  cum  in  contione,  abiens  m.,  dicere  a  tribuno  pl.  prohiberer. 
*hil.  5,  21  cum  m.  abisset.  legg.  3,  20,  47  qui  m.  abierint.  fain. 
>,  2,  7  .  .  abeuntem  m.  contionis  habendae  potestate  privavit. 
Livius:  de  «wswfc&tts  2,  27,  13;  41,  10;  54,  2.  3,  31,  5;  34,  6; 
*4,  11.  39,  23,  1.  41,  6,  2.  de  ikcetnviris  3,  38,  13;  40,  11;  41, 
>;  51,  12;  67,  7.  de  dietatore  2,  31,  5  et  IL  6,  1,  6;  27,  2.  7, 
?1,  2.  8,  37,  2.  9,  34,  13.  25,  2,  5.  de  dickUore  et  mag.  cquitum: 
),  26,  12.  27,  35,  1.  de  censore  9,  34,  15:  20;  22.  29,  15,  10.  de 
waetore  42,  36,  8.  de  tribunis  pl.  5,  9,  6.  9,  9,  2.  —  Tac.  ann.  5,  1 1 
lonec  m.  abirent  (cousules).  Censorin.  d.  d.  n.  20,  7  quo  quis 
d.  citius  abiret.  Orosius  5,  8,  4  cum  primum  m.  abirent.  Ulpian. 
)ig.  47,  10.  32  quod  m.  abeat  [Fl  m-u  habeat,  F2  m-um  habeat]. 
lotestate:  Suet.  Caes.  20  quoad  p.  abiret  sacerdotio:  Gell. 
f,  7,  4  si  quadraginta  annos  nata  s.  abire  ac  nubere  voluisset 
Taracia  Vestalis),  ius  ei  .  .  facta  est  tribunatu:  Tac.  ann. 
3,  44  postquam  t.  abierat.  tutela:  Ulp.  dig.  ed.  M.  26,  10,  3, 
8  (26,  10,  4)  ut  . .  t.  vel  cura  abeat.  quia  non  est  abire  t.  iussus 
absolut,  ibid.  26,  2,  11,  2  hie  (tutor)  ideirco  abit.]  'abire9  absolute 
tositum:  Liv.  30,  39,  5  cum  prid.  id.  Mart.  veteres  magistratus 
toiBsent.  (cf.  Lucan.  7,  687  v.  §.  22,  2ß  'securus9). 

2)  abire  ex  matrimonio,  discedere  a  marito;  usus  Plauti- 24 
n**>  cf.  fff-  äitoXeixsw;  omnibus  praeter  unum  locis  de  uxoribus. 
'de  viris  dicitur  'exigere9  (ut  Mgl.  1277)  =  aitonipitsiv]  cf.  synon. 
hs.  2,  2,  36  iy  mulier  foras;  v.  Lorenz.  'Einleitg.9  ad  Mü.  glor. 
k  25  stf.  —  PI.  Mgl.  arg.  1, 13  ultro  abeat  (coneubina),  orat  (mües)} 
lonat  multa.  970  ea  demoritur  te  atque  ab  illo  (sene)  cupit 
tbire:  odit  senem  [ab  illo  cupit  Both.,  ab  illo  hinc  c.  Acidalius; 
ib  illo  ineipit,  coepit,  cepit  codd.]  cobire  alibi  legi*  ait  Pins]. 
J74  quin  tu  illam  iube  abs  te  abire  quo  lubet.  979  vin  tu  illam 
ictutuin  amovere,  a  te  ut  abeat  per  gratiam?  =  1126  quin  po~ 
ius  per  gratiam  |  bonani  abeat  abs  te.  *982  Lorenz,  e  coniect., 
k  §12  'quo9.     1146  miles  coneubinam  intro  abiit  oratum  suam, 

ab  se  ut  abeat  cum  sorore.  *1148  ornamenta  .  .  |  omnia  dat 
lono  a  se  ut  abeat  [sie  De,  Beroaldus9  Dousa,  Lor.;  abeat  FZ; 

.  dono  sibi  ut  habeat  li  (hab.  GDa)].  1165  quasi  istius  causa 
imoris  ex  hoc  matrimonio  |  abierim.  1331  .  .  quia,  postquam 
ibs  te  abit  animo  male  |  factumst  huic  repente  miserae  [quia 
bbs  te  abit,  animo  .  .  Lor.].  Men.  723  quid  id  ad  me,  tu  te  nup- 


512  Jos.  Menrad: 

tam  possis  perpeti  |  an  sis  abitura  a  tüo  viro?  Stich.  142  per- 
sequimur  (Imperium  patris):  nam   quo  dedisti  nuptum,   abire  no- 
lumus.  —  De  viro:  Mgl.  1167  hinc  senem  abs  te  abisse,  post- 
quam  feceris  divortium. 
25  3)  abire  e  vita,  absol.  abire  =  dbire,  mori;   cf.  gr.  anuvat, 

aptid  Luciamtm  (Char.  17  (514y:  6  de  .  .  aTteiöv  rc5  xXrjQovofia 
naxakiTiav   anokaveiv    (rijs  otxias);    Tim.  15);    yerm,    *ab-}  ver- 
scheiden; ins  Jenseits  reisen  u.  s.  f.9    —   Vide  §  i,  2;  de  formula 
'aniuia  abit,  a.  abiens  .  .'  v.  §  33  *anima\     a)  absolute  f  abire': 
*Lucil.  30,  38  =  864  (L.)    iusperato  abiit   [abit  codd.  Nonii, 
abiit  Junius,  L.  Muelltr,  obiit  Lachm.],  quem  una  angina  sustulit 
(abstulit   Jim.]    hora.     Catull.  68,  85    quod    [quo   sc.   *c<miugio' 
Vahlm?]  scirant  [L.  Muelkr,  scibant  codcL,   seibat  Lachm.]  Par- 
cae  non  longo  tempore  abisse  |/.  e.  *moriturum  esse*  Riese,  Kkss- 
ling;  *adessc*  Sehrader,  Santens],    Hör.  ep.  2,2,215  tempus  abire 
tibi  est  ['aus  dem  Leben  und  von  den  Genüssen  desselben  scheiden1 
Kr.  Porphyrio  ad  v.  214:  hoc  apud  philosophos  frequentatum  est, 
de   vita  sapientem   abire    oportere   aequo   animo  .  .;    ad  v.  215 
mire    in    fine    operis    de    fine    disputat    vitae.]     Sen.  HOet.  751 
decus  illud  orbis   atque  praesidium   unicum   — ,  o  inater,  abiit 
[habiit  E,  obiit  <5,  v.  §  1,  2\.    Sen.  ep.  30,  4  magna  res  est . ., 
cum   adventat  hora  illa  inevitabilis ,   aequo   animo   abire.     Stak 
Th.  8,  188   quum  .  .  te  fatalis  hora  vocaret  .  .,  tunc   etiam  (te) 
infesta  ab e untern  vidimus  hasta.    Stat.  silv.  2,  2,  128  quem  non 
.  .  |  deprendet  suprema  dies,  sed  abire  paratum.     Pliu.  ep.  2, 1, 
7   ille    quidem    plenus    annis    abiit.     Commodian.    c.    apol.   319 
Adam  degustato  pomo  mori  iussus  abivit.     Rufin.  hist.  monach. 
0  .  .  abire  et  esse  cum  Christo  an  permanere  in  carne?  Ambros. 
de  interpell.  Job.  et  Dav.  I  7  col.  845,  28  M.  vir  defunetus  abiit 
August,  in  Joann.  ev.  tract.  III  2,  p.  107,  4  dieimus  Harn  non  hie 
est'  de   aliquo   quantocius   abituro.     Et  maxime  hoc  de   mortuo 
solet  dici.     Oonfess.  11,  3  scripsit  hoc  Moyses,  .  .  et  abiit,  trans- 
ivit  hinc   a  te   ad  te.     Patr.  95  H.  d.  T.  1371a:    cito   hinc  abi- 
turus,  cito  moriturus  es.     Cassiodor.  Hist  tr.  5,  21  (1002  a)  cum 
ab  hac  luce  discesserit  et  ad  praemia  debitae  pacis  abierit    Ar- 
nob.  1,  38  cum  dissolutis  abierimus  a  membris  (cf.  2,  53).  Venant 
Fortun.  4,  1,  31   felix  ille  abiit;   7,  12,  20   celer    sorte  Quirinus 
abit   \Lco  perperam  'obit'];   9,  2,  24  geniti  sie  abiere  sui.     Vulg. 
Ps.  38,  14  priusquam  abeam  et  amplius  non  ero.     Joann.  14,  3 
(16,  7)  si  abiero  (jroocvtftä)  et  praeparavero.   Patr.  saec.  VII  M. 


Abeo.  513 

87,  2226  rex  .  .  debitum   naturae   teruiinum  implens  ac  paci- 

fice  abiens;  400  B  sie  vixisse  placet,  sie  abiisse  dolet;   1071 C 

81  iam  abire  vellet  .  .;    1275  cum   carne,  qua  hinc   abiit.     Poet. 

aevi   Car.  II  575,  28    morte    obita   hunc   abisse    cemat.     CIL  X 

1338  abis,  ut  deeuit  felicis  pacc  perennem.    CIL  VI  7243  subito 

tempore    raptus    abit   (=  abiit).      10131    soror   abit.     ß)   addUo 

*vita9,  *e  vita9  similibus:  Cic.  Tusc.  disp.  1,  30,  74  Cato  . .  sie  abiit  e 

Tita,   ut  causam  moriendi  nactum   se   esse   gauderet.     Sen.  dial. 

10,  7,  4   plures   ex   bis  .  .   vita    abierunt.    [?]  «tat.  Th.  10,  434 

euneta  ocius    effer  |   et    vita,    tumuloque    dueis    donatus,   abito. 

Oensorin.  de  d.  nat.  15,  2  Dionysius  Heracleotes,  ut  vita  abiret, 

eibo  abstinuit.    Porphyr,  ad  sat.  1,  1,  117  ut  e  vita  abeat  (=vita 

cedat  Hör.);  ad  ep.  2,  2,  214  v.  a).     Ter.  Phorm.    1019   ea  nior- 

te[mj  obiitj  e  medio  abiit .  .   *Acro  ad  c.  2,  17,  15  fatal iter  abeo 

[babeo  Fatdy].  Amni.  Marc.  21, 15,3  diuque  cum  anima  coiiluctatus 

iam  discessura  abiit  e  vita.    22,  14,  7  Apis  bos  .  .  e  vita  abie- 

rit;  25,  3,  15  adveuit  abeundi  tempus  e  vita.     Marius  Mercator 

Opp.  2,  col.  602  quomodo  sanetos  de  bac  vita  abiisse  credendum 

est.     Decret.  Felic.  324  B  =  Epp.   pontific,  Felic.  pap.  ep.  13,  6 

viaticum  abeunti  de  saeculo  non  negetur.    Tertull.  An.  28  quod 

hinc   abeuntes  eant  illac   et  rursus  huc  veniaut  et   vivaut,    et 

dehinc  e  vita  abeant.    Patr.  saec.  VII,  M.  87,  1028  C  abeunti  de 

hac  vita;   1068  A  felieiter  ex  Lac  vita  abeuntem;  1073 B  horani 

abeundi  de  mundo  praenuntiat.    y)  addito  termino  in  quem  locum? 

PI.  Poen.  71  ipse  abit  [iMchmann  (praes.),  abiit  BDFZ,  Bentl, 

'ad'  delcns]  ad  Accherunteni  sine  viatico.     Cas.  prol.  19   poe- 

tarum  .  .  |  qui  nunc  abierunt  hinc  in  communem  locum.   £nn. 

Euhem.   XIII  64,  p.  82  M.  =  XII   70  p.  174  V.   (in  paraplirasi 

Lactantii)  Iuppiter  .  .  aeta  te  pessum  acta  in  Greta  vitam  coin- 

mutavit  et  ad  deos  abiit;  =  Lactant  Inst.  1,  11,  46  (3,  18,  5), 

Ep.  13,  4.     Cic.  Tusc.  disp.  1,  14,  32  abiit  ad  deos   Hercules: 

numquam  abisset,  nisi,  cum  inter  honiines  esset,  eaui  sibi  viam 

munivisset.     Victor,  ill.  2,  13   cum    ad    deos    abiret   (llomulus); 

Lactant.  Inst.  1,  15,  33  pupulo  persuasit  ßomulum  ad  deos  abiisse. 

Jul.  Valer.  2,  10  (Mueller)   puto    matrem   mihi  in  deos   abiisse. 

Petron.  42  p.  46,  12    Buech.2  tarnen   abiit   ad    plures    (ew.   docli 

mufste  er  abreisen  zur  Majorität9),    medici  illum  perdiderunt.    \cf. 

syn.  Fl.  Trin.  21)1   me   ad  plures   penetravi;    ol  Tcletovag  =  xe- 

xeXevtrptoxaq  Arist.  Eccl.  1073  (1118).]     CIL  VIII  7427  haec  abit 

ad  superos.    Phaedr.  4,  20,  16  abiturus  illuc  quo  priores  abie- 


514  Jos.  Menrad: 

runt     [*P1.  Epid.  513  'obeas'  JFZ  male  pro  'abeas',  cum  ins* 
qttatur   'propera  igitur  fugere    Line  .  .'     *Apul.   florid.  16  p.  22, 
9  Kr.  dolor  .  .  conipelleret  ante  letum  adire  quam  lectum:  adire 
Stewedrius  (coli.  v.  Verg.  Aen.  6',  375)]  abire  Fg>9  abiret  V]  obire 
Pyrrhtis.]    At  cf.  Ainbros.  vol.  III,  p.  2M.  col.  956,  3  abiit  ergo, 
non  obiit  et  emigravit  a  nobis  veteranus  Christi. 
26         4)  abire  (a  re  aliqua)  i.  e.  digredi  a  proposita  oratione; 
usus  oratorum  et  historicorum  proprius.     a)  Formula   'ne  longe 
(-ius)  abeam'  et  similia:  Cic.  Sex.  Kose.  47  quasi  vero  difficile 
sit  quamvis    multos  nominatim    proferre,    ne    longius    abeam, 
vel   tribules    vel    vicinos    meos.      Item   Caec.  95,    August  VIII 
M.  42,   col.  672,  52.     Cic.  de  rep.  3,  18,  28  nee  vero  longius 
abibo.    fin.  2,  96  audi,  ne  longe   abeam,    moriens   quid  dieat 
Epicurus.    fam.  7,  19  non  longe  abieris:  num  ius  civile  vestrum 
ex  libris  cognosci  potest?  Plin.  ep.  4,  22,  7  longius  abii,  libens 
tarnen.    Sen.  de  ben.  6,  1,  1  [inj   his   quoque,    si  abire  iusseri« 
protinus,  nonnihil  actum  erit:   nam  etiam  quod  discere  super- 
vacaneum  est,   prodest  cognoscere.     Cf.   ibid.  6,  7,  1   voltus  tau« 
trahit  frontem,  quasi  longius  exeam:    videris  mihi  dicere  'quo 
tan  tum  mihi  dexter  abis?'  (=  Verg.  Aen.  5,  162).  Terent  Maur. 
Gr.  1.  VI  p.  392  v.  2246  sed  paulum  abimus  longius.     ß)  addito 
termino   quo?     Cic.  Sext.   Rose.  47    'quid    ad   istas    ineptias 
[nugas  schol.   Gronov.  429,  14]  abis?'   inquies  (*Wom  solch  unge- 
hörige Dinge9  Georges).    Plin.  n.  h.  17,  243  qualibus  ostentis  Ari- 
standri  .  .  volumen  scatet,  ne  in  infinitum  abeamus;   16,  138 
quid  attinet  in  Pont  um  abire?  Iuxta  Romam  ipsam  castaneae 
.  .  proveniunt.    —   Sen.    dial.  5,  27,  1    diutius   iraseimur    oinnes 
quam    laedimur.    quanto    melius   abire    in    diversum    ('an/*  die 
entgegengesetzte  Seite  zu  treten,  mm  Gegenteil  sich  eu  bekentien9)  nee 
vitia  vitiis  opponere.     Quint.  decl.  6,  9  litigamus,  consistimus,  in 
diversum  abimus  (sc.  causidici)  [de  'abit  causa9  v.  §  35].    Boet 
M.  64,  994  C  (top.  Arist.  interpret.):  sed  abeundum  ad  suprenia; 
731  A  [ter]  an  hie  contingit  in  infinitum   abire  [sc.  in  syüo- 
gismis]]    745 D  erunt  principia  .  .,    et  pr-orum  pr.,    et  hoc  in  i. 
abibit.     y)  addito  termino  a  quo?  Ps.-Plaut.  Men.  prol.  56  verum 
illuc  redeo,    unde   abii,    atque    uno   adsto    in   loco  =  Hör.  sat 
1,  1,  108  illuc,  unde  abii,  redeo.     Cic.  de  or.  2,  259  sed  abeo  a 
mimis;  tantum  genus  huius  ridiculi  .  .  notari  volo.   de  div.  2,9, 
22  .  .   abeamus    a  fabulis,    propiora  videamus.    acad.  2,  90  sed 
abeo  a  seusibus:  quid  est  quod  ratione  pereipi  possit?  orat  31, 


Abeo.  Ö1Ö 

112  sed  ab  hoc  paruinper  abeanius,  quaiidoquidein  de  genere, 
non  de  homine  quaerimus.  Val.  Max.  4,  1,  2  vix  iuvat  abire  a 
Publicola,  sed  venire  ad  Furium  Canrilluni  übet  4,  5,  4  ac 
ne  protinus  coinitiis  abeamus,  consulatum  peteus  L.  (Jrassus  . . 
numquam  adduci  potuit  Tac.  ann.6,22  ne  nunc  incepto  longius 
abierim.  Auibros.  vol.  III  p.  2  col.  1295, 14  non  übet  . .  a  fratre 
abire  longius  (cf.  ibid.  ut  diutius  sensu  prosequar  proficiscenteni.) 

5)  abire  in  alqd.  i.  e.  penetrare  in  rem,  se  totum  rei  com- 21 
mittere  eaque  corripi  teneri  consumi,  cf.  germ.  *  aufgehen  in  ctw.9 
Lucr.  3,  1066  L.  oscitat  exteniplo  . .  .  aut  abit  in  somnum  gravis 
atque  oblivia  quaerit;  =  Amin.  Marceil.  14,  8,  10  Dionysius  .  . 
in  s.  abiens.    Quint.  dec.  15,  4  vultis  nos  abire  potius  in  nostra 
secreta.    Liv.  1,  32,  2  facta  spes,  in  avi  mores  atque   insti- 
tuta    regem  abiturum    [explicat   Weisseiib.  artifteiosius   *sich  votn 
Verfahren  des  Tulltis  wegwenden  zu  ...  =  annelimcn9;  immo  est 
*eosdem  mores  assumere9 ;  cf.  infr.  §  37  *  studio9  in  mores  abiere\. 
Lucr.  4,  1111  nihil  inde  (i.  e.  a  corporibus  stiis)  abradere  possunt 
{sc  homines  Venere  occtipcUi),  |  nee  penetrare,  et  abire  in  corpus 
corpore  toto.    Priap.  77,  16  .  .  in   semenque  abeo  (ait  Priapus 
cvitam  abstinentem  peragere9  coactus).    Üv.  met.  1,  495  sie  deus 
in  flammas  (amoretn)  abiit  . .  uritur.    tr.  5,  14,  6  nee  potes  in 
maestos  omnis  abire  rogos.    Ilias  Lat.  1062  inque  leves  abiit 
tantus  dux  ille  favillas.    Liv.  2,  46,  4  telo  extracto  praeeeps  in 
volnus  abiit  (cf.  1,  58,  12  in  volnus  moribunda  cecidit,  Stat.  Th. 
4,  463    in   volnus  cecidere   greges;   sed  inest  ctiam  *volnere  con- 
sumi9).   Mart.  1,  99,  10  tu  .  .  abisti  |  in  tantam  miser  esuritio- 
nem  (t.  e.  avaritiae  te  dedisti;  * Hungerleiderei*  Flach).   *Sen.  con- 
trov.  7,  3  (18  B.),  1  ut  intervenit,  in  has  [E,  Kiessl;  alias  0,  Burs.] 
cogitationes  abii  [abi  codd.~\.  —  Liv.  2,36,3  ne  in  ora  hoini- 
num  pro  ludibrio  abiret  (*m  aller  Leute  Mund  kommen9).    Apul. 
de  d.  Socr.  23,  p.  26,  5  G.  pernix  est:    abibit  ('abit'  male  FLA 
aiii,  cum  futura  praecedant  et  sequantur)  in  senectutem.    Vulg. 
Bar.  1,  22   abivimus  unusquisque  in   sensum  cordis  nostri  ma- 
ligna   Jerem.  48,  11   (urbs  Moab)   in  transmigrationem   non 
abiit.    Isai.  45,  16  abierunt  in  confusionem  fabricatores  erro- 
rum.    Irenaeus  1,  31,  2  hoc  esse  scientiam  perfeetam  sine  timore 
in  tales   abire  operationes   quas  ne  nominare  quidem  fas  est. 
Tertull.  Carn.  Chr.  17   per  eiusmodi  sexum  abierat  in  perditio- 
nem.     Iren.  1,  7,  5  et  choicum  \sc.  hominem,  %oIkov  =  vhxov] 
quidem  in  corruptelam  abire   [eig  <pftogäv  %coQeiv\. 


516  Jos.  Menrad: 

28  6)  abire  a  re  =  omittere,  neglegere  amiüere  rem,  recedere 
a  re.    Naev.  com.  92  p.  22  R.  primum   ad  virtutem   ut   redeatis, 
abeatis  ab  ignavia.    Gell,  praef.  19  qui  in  lectitando  numquam 
labores  ..  ceperunt,  .  .  abeant  a  noctibus  bis  procul.    Eutrop. 
10,  1,  1  his  abeuntibus  ab  administratione  reipublicae.   Varr. 
ap.  Censorin.  d.  n.  14,  C  post  aonos  LXXXII1I  a  mente  sua  ho 
mines  abire;  Fest.  158,  25a  (=  159,  5  P.)  amens  quod  a  mente 
abierit;   Petr.  Chrysol.  M.  52  col.  186  A  abiit  longe   plus  mente 
quam  loco  (filim  prodigus).    Hilar.  trin.  I  6,  c.  5  quo  abibo  [ibo 
Vulg.  B.  138,  7]    a    spiritu   tuo?    v.  §  37   ea  rech9.    Inprimts 
term.  techn.  apitd  iuris  cons.:   Cic.  Verr.  1,  114  de  suis  bonis  ita 
dat,  ut  ab  iure  nou  abeat.  Dig.  17,2,18  (Pomponius):  si  (servos) 
iubeatur    abire    a   societate  .  .   18,  1,  6,  2  (id.)    abire   a  tota 
emptione  potest.    Digest.  (Paul.)  18,  2,  14  (bis).   18,  5,  1  (id.)  ut 
abeatur  ab  ea  venditione.  —  quia  abiri  pacto  ab  emptione  non 
possit.   39,  6,  24  (Africanus)  abitum  (esse)  ab  iure. 

7)  *abire  =  abcUienari?  PI.  Most.  131  *eatenus  fprotenusB; 
a  in  'eatenus'  e  corr.  in  B\  abeunt  (sc.  liberi)  a  fabris  (t.  e.  pam- 
tibus);  Lorenz  (Scyflcrt)  ad  h.  I.  * der  Sinn  scheint  ßu  sein:  obgleich 
sich  die  Kinder  nur  soweit,  also  nicht  vollständig,  von  der  elterlichen 
Obhut  entfernen  . . .  / 

8)  abire  =  perire,  non  iam  esse.  Ambros.  vol.  III  p.  2  M. 
col.  1141,  16  abierunt  sacerdotes  legis,  legis  tribunalia:  accedamus 
ad  sacerdotem  novum.  Augustin.  I  soliloquior.  an.  ad  Deum  13 
perieram,  abieram,  in  peccatis  venundatus  eram  (=  de  spir.  et 
an.  17). 

II)  de  rebus. 

29  1)  de  notionibus  collectivis.    Liv.  1,  2,  2  neutra  acies  laeta 
. .  abiit,  v.  §  18  *cx\    Val.  Max.  1,  7,  3  aciem  victricem  abituram 
esse.    Liv.  35,  36,  3  postquam  abire  Aetolorum  aginen  viderunt. 
44,42,3  Macedonum  alae  integris  abibant  ordinibus.    Patr.  Saec. 
VU,  M.  87,  936 B  agmiua  Israelitica  imperterrita  abire  iussistL 
Poet,  aevi  Caroli  IT  ed.  1).  80,  24  puerile   agmen   abibat  ovans. 
Stat.  Th.  3,  708   quum   dabunt  abeuntibus  armis  (=  annatis)  | 
signa  tubae.    Greg.  Tur.  h.  F.  1,  17  p.  43,  3  quando   captivitas 
in    Babylonia    abiit.    Poet,  aevi  Caroli  II  ed.  D.  71,  470    omnis 
coetus   abit.    lustin.  2,  12,  20  civitates,    quae  iam   abire   (sc. 
navibus)   vellent.    Liv.  44,  20,  7  Eumenem   classemque   eius  .. 
sine    causa  et   venisse   et  abisse.    Lucan.  2,  714   cetera  classis 


Abeo.  517 

abit.    Plin.  n.  h.  21,  71  . .  (arbores)  evolantium  (apum)  examina 

invitent  nee  longius  abire   patiantur.     Quint  2,  17,  19  speciem 

abeantis  exercitus.    Val.  Max.  1,  8,  5  exercitus  victor  abibit. 

Frontin.  4,  3,  13  abeunte  exercitu  =  M.  Aem.  Scaur.  ap.  Charis. 

I  p.  120  P.  147  K.  —   v.  §  18  <domos\    Victor  epit.  10,  7  ener- 

vatorum   greges   abire  praeeepit.    Liv.  24,  3,  15  Locros   omnis 

multitudo  abeunt.    Val.  Max.  2,  7,  1  constat  tum  maximum  inde 

institorum  et  lixarum  numerum  cum  duobus  milibus  scortorum 

abisse.  —  pars:  Sali.  lug. 00,  7  t;.  § 22,2a  *integer';  *Liv.  27,  44,  3 

qui  ducem  inde  atque  exercitus  parte m  abisse  [abesset  Put.,  abesse 

Weifsenb.]  ignoraret.    3,  60,  4  pars  .  .  pars  abeunt  (v.  §  18  in 

Hernicos).  44,  20,  6  partem  . .  domos  suas  abisse.   Sen.  Oedip.  67 

pars  quota  (hominum)  in  cineres  abit?    Apul.  d.  deo  Socr.  prol. 

p.  4, 126.  ut  neutra  pars  vestrum  . . .  abiretis  (r.  §  22, 2ß  'expertes') 

Vulg.  1  Reg.  10,  26    abiit   cum    eo    pars    exercitus.     populus: 

v.  §  21  y)  'discerptus9.   Vulg.  2  Reg.  6,  19  (—  3  Reg.  12,  5)  abiit 

omnis  populus.    Liv.  34,  50,  8  praesidium  .  .  duci  ad  portum 

atque  abire.    Tac.  ann.  12,  15  robur  exercitus  abisse  cognoverat. 

SiL  Ital.  15,  725  turmis  abeuntibus  infert  |  cornipedem.    Hör. 

sat.  27  3,  246    Quinti    progenies    Arri  . . .  quorsum  abeant  .  .? 

(v.  §  21  r). 

2)  de  rerum   caelestium   motu.    Manil.  1,  307    has  (i.  e.  30 
Arctos)  . .  dividit  et  cingit  . .  |  Anguis,  ne  coeant  abeantve  suis 

a  sedibus.  Plin.  n.  h.  18,  277  cum  (luna)  in  plenilunio  aestivo 
proeul  abeat  adversa  soli.  Ov.  am.  1,  8,  30  Mars  (Martis  Stella) 
abiit.  Plin.  n.  h.  18,  277  si  (nubes)  ad  occasum  abibunt.  Hyg. 
astron.  p.?  cum  (sidera)  abierint  infra  terram.  PL  Merc.  874 
male  facis  properantem  qui  me  commorare:  sol  abit.  Cic.  de  div. 
1,  23,  46  . .  cum  se  convolvens  sol  elaberetur  et  abiret.  Ov.  fast. 
4,  715/6  de  duce  lanigeri  peeudis  (arietis)  ...  |  sol  abit.  fast.  6, 
727  sol  abit  a  Geminis.  Pomp.  M.  1,  9,  53  sol  hieme  terris  pro- 
pior  . .  tunc  (aestate)  altius  abit.  Plin.  n.  h.  2,  41  (41),  109  her- 
bam  (heliotropium)  abeuntem  solem  intueri.  Hyg.  astron.  p.  566 
cum  abierit  Sol  sub  terram.  Plin.  n.  h.  2,  15  (13),  62  siquidem 
. .  eaedem  (stell ae  erroneae)  ad  septentrionem  accedunt  abeunt- 
que  ad  austrum.  German.  Arat.  131  super  montis  abit  alite  cursu 
(Virgo)]  163  transversus  abit  laeva  Geminorum  (Aurüja)',  si- 
milia  599,  606,  634,  667,  687.  —  Poet,  aevi  Carol.  II  634,  10,  12 
mundo  abeunte  (volventc). 

3)  de  aquarum  motu.    PI.  Truc.  564   nisi  derivetur  (fluvius),  31 


518  Jos.  Menrad: 

tarnen   omnis  aeque  aqua   [sie  Spengcl,  ea  qua  BCD,  ea  aqua 
Camer.,  ea  acua  Lachmann]  abeat  [abitat  Botii.  probantibus  RUschetio 
Muellero  (pr.p.  604)  L.  ifuellcro:  'rede  oblocuttis  est  Bergkius9  Sek.] 
in  mare.   Cato  incert.  libr.  rel.  9  p.  85, 13  Jord.  speca  prosita,  quo 
aqua  de  via  [devia  eodd.  5]  abiret.    Sen.  ep.  74,  25  quid  refert, 
.    an  aqua  decurrens  intereipiatur  atque  abeat,  si  fons  salvus  est 
Ca  tu  11.  27,  5  at  vos  quo  lubet  hinc  abite  lymphae,  «.  et ..  ini- 
grate.   Lucan.  3,  550  huc  abeunt  fluetus,  iiluc  mare  [illo  man 
abiit:  comm.  Bern,  ad  Lucan.  p.  116,31].    *pluvia'  v.  §  34.  Stat 
silv.  1,  5,  50  (unda)  instat  et  abire  recusat.    tränst.  ApuL  met 
6,  10  ruunt  .  .  populorum  undae  ...  digerunt  .  .  e  conspectu 
perniciter  abeunt.  —  de  fluminibus:  Pomp.  M.  3,  5,  41  Cyrue 
et  Cambyses  ex  radieibus  Coraxici  montis  . . .  editi  in  dirersa 
abeunt.    Stat.  Th.  7,  334  refluum  meatu  |  Euripum,  qua  noster 
abit  (i.  e.  *qua  nostram  Bocotiam  cUluü9  Letnaire).    7,  553  Ina- 
chus   ante   retro,    nosterque    Achelous    abibunt    [abibit   Put.\ 
Pomp.  M.  3,  9,  97  Nuchul  {fons  NM?)  solus  in  mediam  regio- 
nem    et   ad    orientem    abit.    Ov.  fast.  4,  330  Nunde    sinister  abit 
(Tiberis).    Sen.  nat.  qu.  6,  8,2  quo  illum  (Tigrim)  putas  abire 
nisi  in  obscura  terrarum?  Ennod.  op.  27, 18  epotia  Tanais  siecos 
abibat  aquis.    Vulg.  Itala  Ps.  104,  41    fluxerunt  aquae:    abierunt 
in  sicco  flumina. 
32  4)  de  situ  terrarum  et  montium;  abire  =  extetidi,  parrigL 

a)  Pomp.  Mel.  1,  10,  Ol  (Arabia)  qua  in  altum  abit,  adeo  edita 
(est).  2,  6,  86  Hispania  .  . .  magisque  et  magis  latior  ad  occi- 
dentem  abit  ac  fit  ibi  latissima.  2,  4,  58  ubi  longe  abit  (Italia), 
in  duo  cornua  iinditur  [=  Solin.  2,  21  M.  ubi  longius  abiit  Italia]. 
3,  1,  6  Lusitania  trans  Anain  . .  primum  ingenti  impetu  in  al- 
tum abit,  dein  resistit  ac  se  . . .  abducit.  2,  2,  33  Pallene  .. 
tota  in  altum  abit.  3,  4,  33  Sarmatia  qua  retro  abit  usque  ad 
Histrum  Humen  inraittitur.  ß)  Pomp.  M.  2,  4,  73  Alpes  ..  ubi 
Germaniam  adtigerunt,  verso  impetu  in  orientem  abeunt.  Valer. 
Fl.  6,  612  Caucasus  . .  summas  abiit  hibernus  in  aretos.  Lu- 
can. Phars.  2,  626  in  nubes  abiere  Ceraunia  (i.  e.  'nubibus  tn- 
volvuntur,  in  tetnpestate'  Weise).  Pomp.  M.  2,  2,  17  Haemos  in 
tantum  altitudinis  abit.  Sil.  Ital.  3,  493  caligat  in  altis  |  ob- 
tutus  saxis  abeuntque  in  nubila  montes  (r.  *  Ceraunia9).  Lucan. 
9,  417  maior  in  uuam  |  orbis  abit  Asiam  (i.  e.  *Asia  maiorem 
orbis  partetn  comp'lectitur9  Weise).  Pomp.  M.  1,  17,  89  promun- 
torium  .  .  abit  in  paene  insulae  faciem.    Valer.  Fl.  4,  202  in- 


Abeo.  519 

star  scopuli,  qui  montibus  altis  |   summus   abit  longeque  iugo 
8tat  Bolus  ab  omni. 

5)  a)  de  partibus,  viribus,  morbis  corporis  humani  (exceptisSS 
vktutibus  et  vitiis);  ß)  de  partibus  plantarum.    a)  dbire  =  absce- 
dere,  evaneseere  (nonnumquam  '  segregari9).    Quint.  decl.  7,  10  quid 
mihi  . .  cum  cruore  consumptae  et  iam  paene  abeuntis  animae? 

sed  plus  est,  ut  singultibus  abeuntis  animae  satieris.    Amm. 

Marc.  26,  6,  3  inter  ab.  anhelitus  animae.  Prud.  Per.  3,  166  ab  —  e 
animä.  Poet,  aevi  Garol.  II  ed.  D.  409,  68,  12  corporis  e  solio  fecit 
abire  animam.  Mam.  Claud.  M.  53  col.  724  D  quo  abiit  (anima)? 
Tert.  An.  38  licebit  animae  dilapsa  domo  . .  incolumi  abire.  Ire- 
naeus  1,  25,  2  animas  enim  ipsorum  [Petri  et  Pauli]  eadem  dignas 
habitas  esse  virtute  et  rursus  in  idem  abire.  5,  31,  2  animae 
abibunt  in  invisibileni  locum.  Spart  Hadr.  25,  9  animula  . . ., 
quae  nunc  abibis  in  loca  |  pallidula  .  .  Serenus  ap.  Diomed. 
513,  11  animula  miserula  properiter  abiit.  Mar.  Victor.  Gr.  1.  VI 
p.  99,  14 K  =  p.  147,  18  =  Terent.  Maur.  p.  369  v.  1464:  exetn- 
pkifn  tetrametri  catalectici  cperit  abit  avipedis  animula  leporis 
[t;.  adnot.  Keilii;  *exemplum  a  latino  metrico  fictum9  Westphal]. 
Iren.  5,  12,  2  afflatus  (J]  itvoiq)  auctus  ad  modicum,  et  tempore 
aliquo  manens,  deinde  abit  [=  interit]  .  .  Spiritus  autem  perse- 
verans.  Poet.  1.  m.  IV  83,  2 B  cum  rursus  abire  laborant  (aurae 
ventris)  [Petron.].  Ov.  art.  am.  1,  551  et  color  et  Theseus  et 
rox  abiere  {yergimgen)  puellae  (Ariadnae).  ep.  3, 141  abiit  corpus- 
que  colorque.  Poet.  1.  m.  ed.  B.  IV  190,  4  vitae  flatus  abit 
Mart.  12,  17,  2  quare  tarn  multis  a  te  ..  diebus  |  non  abeat  febris. 
Stat.  Th.  10,  641  abiit  horrorque  vigorque  |  ex  oculis.  Poet, 
aevi  Carol.  II  481,  32  pallidus  humor  (=  Hydrops)  abit.  Sil. 
Ital.  15,  558  his  dictis  abit  (imago).  Sen.  ep.  21,  5  pauca  in- 
genia  caput  exserent  et  in  idem  quandoque  silentium  abitura 
eblivioni  resistent.  Ov.  tr.  2,  455  quibus  e  sucis  abeat  de  cor- 
pore livor.  Tibull.  1,  6,  13  sucos  herbasque  dedi,  quis  livor 
abiret.  Ov.  ex  P.  2,  8,  66  caput  e  nostra  citius  cervice  recedet  | 
et  patiar  fossis  lumen  (octdos)  abire  genis.  *Varro  de  1.  1.  p.  225 
(L  Sp.)  p.  88  (A  Sp.)  VI,  §  48  |mens]  quom  vehenientius  in  mo- 
vendo  ut  ab  se  abeat  foras  fertur,  Formido  [^mens'  del.  A  Speng. 
ut  ex  p.  88,  1  illatum;  *fort.  refwßt  Mens  quom9  L  Speng.  olim\. 
Ov.  am.  3,  14,  37  mens  abit  et  morior  =  fast.  2,  753.  Sil.  Ital. 
10,  265  mens  abiit,  puduitque  fugae.  Quint  decl.  17,  4  abiit  per 
tacitas  conquestiones  mens,  in  obitus  contemplatione  posita.    No- 


520  Jos.  Menrad: 

vus  Avian.  2,  11,  19    mens    et   sanguis   abit.     Fest.  p.  158,23a 
(=   159,  4  P.)    mente    captus    dicitur,    quum    mens    ex   hominis 
potestate  abit.     Sen.  HOet.  1760  o  quanta,  Titan,   ad  nihil  [in 
n.  Ä]  moles  (corpus  Herculis)  abit     Cic.  Att.  14,  10,  2  nausea 
iamne  plane  abiit?   Ov.  ex  P.  4,  13,  25  Augusti  docui ..  in  aetherias 
numen  abisse  domos.    Mart.  3,  24,  6  teter  ut  immundae  carnis 
abiret  odor.     Ov.  met.  7,  290  fugit  macies,    abeunt   pallorque 
situsque.   fast.  4,  541  pallor  abit.   Martian.  Cap.  8,  298,  15  (805) 
poet.  cessimque  formidantes  abeunt  pedes  tremore.   Cic.  fam.  14, 
1,  3  de   loco,   nunc   quidem   iam   abiit  pestilentia,    sed  quam- 
diu  fuit,   me  non  attigit.    August  append.  19,  18   p.   non   abiret 
Lucan.  6,  97  igneaque  in  vultus,  et  sacro  fervida  morbo  |  pestis 
abit  (i.  e.  *vultum  occupat9   Weise).    Ov.  met.  10,  701   in  pectora 
totum   |    pondus  abit  (de  mutatis  in  leofies,   *die  gange  Körper- 
schwere  wird  in  die  Brust  verlegt9).  Ov.  art.  am.  1,  240  tum  dolor  et 
curae  rugaque  frontis  abit  Ov.  ep.  14,  37  sanguis  abit,  meutern 
calor  . .  relinquit    Quint  11,  3,  78  (sanguis  ille),  cum  metu  re- 
fugit,  abit  omnis  et  pallore  frigescit.   *Lucr.  2,  962  quare  potius 
leti  iam  limine  ab  ipso  |  ad  vitam  possint  [sc.  sensus;  at  'possit' 
(sc.  anima?)  Lac/im.]  . .  reverti,  |  quam,  quo  decursum  prope  iam 
siet,  ire  et  abire?   4,  949  ergo  sensus  abit  mutatis  motibus  alte. 
Cic.  Tusc.  disp.  1,  45,  109  quamquam  sensus  abierit,   tarnen  .. 
bonis    laudis    et    gloriae    .  .    mortui   non    carent.     Catull.  63, 42 
somnus  excitam  [sonus  excitum  codd.]  Attin  fugiens  citus  abiit. 
Ov.  met.  7,  643  . .  9,  472  . .  15,  664.   fast.  3,  23.  6,  389.    ex  P.  3, 
3,  12  (v.  §  18  c*  jwctore9):  somnus  abit;  item  Stat.  Silv.  1,  6,  92 
Somnus  abit.  Nov.  Avianus  3,  1,  12  illi  s.  abit.   Ilias  Lat  120B 
s.  abit.    Paulin.  Nol.  620  B   =   24,  269   abeunte   somno.     Rufini 
comm.  in  metr.  Terent  Gr.  1.  VI,  p.  562, 10  crape  faces,  cape  puer*, 
sopor  abit,  cane  melos.   [fictum  a  metrico?\]  Patr.  saec.  VII,  M.  87, 
66  D  sopor  ocius   omnis   abit    Ov.  met.  8,  524  inque  leves  abiit 
paulatim   spiritus   auras.    Irenaeus  5,  12,  2  . .  abit  (sp.  seinper 
perseverans).  Paulin.  Nol.  M.  61,  col.  676  D  (=  34,  40j  sp.  ange- 
lico    vectus    abit   gremio.     Migne  89,  372  A  (Bened.  Crisp.):    sp. 
..  peregrinus  abit.    Sei).  Tro.  460  fallax    per  ipsos  umbra  com- 
plexus    abit    Paulin.  Nol.  553  B  =  20,  50    cunctis    abeunte   ve- 
terno.    Liv.  23,  45,  3    abisse    illam    vim    vigoremque.     Quint. 
decl.  13,  2  (de  pauperc):   .  .  abiere  vires  (* Arbeitskraft9) ,  census 
meus,   defectaque    labore    senectus.    Sen.  dial.  10,  6,  4   abire   (vi- 
tam) ut  rem  supervacuam  ac  reparabilem  sinitis.    10,  10,  5  abit 


Abeo.  521 

vita  eorum  in  profundum.  Le  Blant,  Inscr.  ehret,  de  la  Gaule 
no.  641,  16  vita  Aabeunte.  —  transl.  Claud.  de  VI.  cons.  Hon.  259 
sua  membra   suas  |   cernit  abire  manus  (=  mos  milites  fugere). 

ß)  de  partibus  plantarum:  Plin.  n.  h.  13,  109  tradunt  . . 
caput  ipsum  et  florein  (herbae  aquatilis)  mergi  .  .  totumque 
abire  in  altum  (Jluminis).  15,  10  cum  sueus  omnis  (olivae)  in 
corpus  (eins)  abeat.  16,  60  quoniam  (resina)  in  seruru  abeat. 
17,  127  (ex  Catone  de  r.  r.  61,  1)  radices  olearum  susum  ab- 
ibunt, ibid.  in  radices  vires  oleae  abibunt.  20,  262  alter  (Car- 
duus) florem  purpureum  mittit  . . .  abeuntem  cum  aura.  21,  67 
abeunt  et  bi  (flores)  marceseuntque. 

6)  de  tempore  eiusque  similibus  notionibus;  synon.  ire,  prae-SA 
terire,  labi;  cf.  Ov.  ort.  am.  3,  62/3/5;  gr.  amovrog  prjvog;  germ. 
*  vergehen9,  aestas:  Sen.  ep.  36,  11  ae.  abiit,  sed  alter  illam  annus 
adducet.  Paulin.  Nol.  467  D  =  16,  1  abit  et  venit  ae.  aetas: 
Minuc.  Fei.  11,  8  ..  tanta  ae.  abiit,  saecula  innumera  fluxerunt. 
annus:  Cic.  Sext.  71  abiit  ille  a.  Ov.  ex  P.  3,  2,  95  quamvis 
abiere  tot  anni.  3,  4,  60  dum  venit  buc  rumor  . .,  a.  abisse  potest. 
4,  11,  16  . .  dum  littera  nostra  . .  permeat,  a.  abit  Stat.  Th.  4,  39 
rex  .  .  propior  abeuntibus  annis.  Mart.  10,  75,  3  a.  abit.  Acro 
ad  art.  p.  v.  175  inde  (a  quadragesimo  sive  quinquagesimo  anno) 
iam  abire  i.  e.  recedere  (sc.  dieuntar  anni)  [*an  decedere  i.  e. 
abire?'  cum  recedendi  verbo  utatur  Hör.?].  August,  serm.  M.  38, 
638  veniunt  ut  abeunt  anni  nostri.  autumnus:  Amm.  Marc.  30, 
3,  3  abeunte  autumno.  december:  Mart.  5,  84,  8  sane  sie  abeat 
meus  december  (i.  e.  sine  muneribus).  dies:  Brut,  ad  Cic.  fain. 
11,  13a,  1  hie  d.  hoc  modo  abiit.  Catull.  61,  94.  109.  119.  199 
sed  (moraris),  abit  d.  Propert.  3,  8  (16),  33  tot  iam  abiere  dies. 
Stat.  Th.  12,  231  . .  nescit  abisse  diem.  Mart.  12,  24,  11  totus 
quam  bene  sie  d.  abiret.  Acro  ad  c.  3,  28,  7  cessas  quasi  stet 
(dies),  cum  celeriter  abeat.  [v.  nox\  Romulus  3,  19  (c)  cum  d. 
abierit.  Sulpic.  Sev.  D.  3,  17,  1  d.  abiit:  surgendum  est.  Pau- 
lin. Nol.  539  C  =  19,  486  diesque  totus  abit.  Funk.  pat.  I  1 
Clem.  ad  Corinth.  24,  3  abit  d.  Paulin.  Nol.  M.  61,  col.  648  B  — 
27,  4  aegra  redire,  |  ales  abire  dies.  Iur.  term.  techn.  Ulp.  Dig. 
38,  5,  1,7  passus  ..  actionis  diem  abire  (*den  Termin  verstreklien 
lassen9),  hebdomas:  Ambros.  III  vol.  p.  2  M.  col.  1141,  15  abiit 
h.,  venit  oetava.  abiit  beri,  venit  hodie.  abiit  ergo  ille  dies 
Testamenti  veteris,  venit  dies  novi.  hiems:  Paulin.  Nol.  627 C 
=  24,  645  h.  abit.     hora:  Ter.  Eun.  341  dum  haec  dicit,   abiit 

Arohir  für  Ut.  Lexikogr.  IV.    Heft  3.  4.  34 


522  Jos.  Menrad: 

hora.    Hör.  sat.  1,  5,  14   .  .  dum   mula   ligatur  |   tota  abit  hon. 
imber  (i.  e.  hiems):   Neveletus  10,  5   i.  abit    Vulg.  Cant  2, 11 
biems  praeteriit,  imber  abiit.   [unde  passim  apud  eccles.,  ut  Ambro«, 
apol.  Dav.  c.  8,  col.  947, 6  M.;  de  Is.  et  an.  4,  col.  540, 19  M.  i.  abüt, 
procella   abiit.]     Aug.  lib.  meditat.  23  i.  abiit  et  recessit.    men- 
sis:  Ter.  Ad.  691  haec  dum  dubitas,  menses  abiere  decem.  mora: 
Poet.  1.  m.  ed.  B.  1,5  (consol.  ad  Liv.)  117  in  vires  abiit  flendi  mora. 
nox:  Varr.  de  r.  r.  1,  2,  5  p.  124,  10 K.  hie,  ubi  n.  et  dies  modice 
redit  et  abit.    Ov.  am.  1,  5,  6  aut  ubi  n.  abiit,  nee  tarnen  orta 
dies.   fast.  4,  721  n.  abiit  oriturque  Aurora.    Quint.  decl.  1,  8  tot 
abiere  noctes.    Anth.  Lat.  I  2R  583,  1   n.  abit  velamine  cineta. 
Maximian,  el.  4,  36  n.  abit.  =  Poet.  1.  m.  ed.  B.  IV  139,  17.    pai: 
Anth.  lat.  I  2  R  686,  9  =  Poet.  1.  m.  ed.  B.  IV  548,  9  p.  abiit  tri- 
stis  [mitis  Riesius].    Hegesipp.  5,  2,  30  p.  abiit.     pluvia:  Hieron 
adv.  Jovin.  I  30,  254.  255  A  =  Migne  57,  Max.  Taur.  967  B:  p. 
abiit,  cf.  *  imber*.     saecula:  Isidor.  orig.  5,  38,  1  abeuntibus  enim 
aliis  (saeetdis)   alia  succedunt.    Cor.  Just.  III  78  ferrea  nunc  ab- 
eunt  atque  aurea  saecula  surgunt.     soles:  Mart.  5,20,  12  bonos- 
que  |  soles  effugere  atque  abire  sentit,     spatia:  August.  Confess. 
7, 15  . .  omnia  sp.  temporum  et  quae  praeter ierunt  et  quae  prae- 
teribunt,  nee  abirent  nee  venirent  .  .     tempus:   CIL  I,  n.  1450 
NUNC  •  ME  •  ROGITAS  .  NUNC  -  CONSVLIS  •  TEMPUS  .  ABIT- 
IAM  [RitscJielius  sie:  cmSnc[ine]  me  rogitas?  nunc  consulis?  tem- 
pus   abit   iam?'    de  *abit9  v.  §  2\    Cic.  Muren.  7   abiit  illud  i, 
mutata  ratio   est.    Cael.  74   sed  abiit  huius  t  querellae.    Ov.  ep. 
14,  312  si  tarn  securum  t.  abibit  iners.  =  art.  am.  3,  60  sie  nul- 
luni vobis  t.  abibit  iners.    ex  P.  4,  2,  42  nee  vinum  .  .  nee  alea 
.  .  |  per  quae  clam  tacitum  t.  abire  solet.    Tac.  tust.  2,  76  abiit 
iam  et  transvectum  est  tempus.    Neveletus  60,  78  t.  abit.    Paulin. 
Nol.  481  C  =  16,  215  t.  ut  hoc  abiit.    Anth.  Lat  I  2R  934,  15 
poenitet  t.   abiisse   fperiisse  Baehr.]    tantum   |   absque   Camoena. 
Poet,  aevi  Caroli  II  ed.  D.  449,  786  cum  iam  t.  abiret. 
35         7)  de  variis  rebus  concretis,  Variante  notione.   *aura:  Mar. 
Victor.  Gr.  1.  VI  p.  87,  11    super   agit    [abit   Camerarius]    aura 
mare  ferens  .  .  acatos.     cael  um:  Minuc.  Fei.  34,  2  totumque  c 
cum  omnibus,  quae  caelo  continentur,  ...  in  vim  ignis  abiturum. 
Vulg.  Apocal.  21,  1  primum  enim  c.  et  terra  abierunt  (<JbrfjA(rov), 
=  Iren.  5,  35,  2  alii.     carina:  Ov.  met.  13,  768    tutae  veniunt 
abeuntque  carinae.    causa:  Quint.  9,  2,  55  abit  (i.  e.  aberrat)  c.  in 
laudes  Cn.  Pompei.     eine  tu  s  (sc  Romani):  Claud.  in  Eutrop.  2; 


Abeo.  523 

•140  huccine  nostrorum  c.  abiere  nepotum?  cinerea:  Lucan.  5, 
135  quum  lampade  Python  (i.  e.  templum  Apollinis  Delphici)  |  arsit, 
in  immen8as  cineres  abiere  cavernas  (i.  e.  'in  cavernam  illam  pro- 
lapsi  sunt  c!  Weise),  cornus  (hasta  Cornea):  Verg.  Aen.  9,  700 
Tolat  Itala  cornus  |  aera  per  tenerum  stomachoque  infixa  sub 
altnm  I  pectus  abit.  corpora:  Lucr.  1,  680  nil  referret  enim 
quaedam  (corpora,  atofioi)  decedere,  abire  |  atque  alio  attribui 
(cf.  1,  677  quorum  <corporum>  abitu  aut  aditu  .  .  mutant  natu- 
ram  res).  2,  73  .  .  quae  decedunt  corpora  cuique,  |  unde  abeunt, 
minuunt;  quo  venere,  augmine  donant.  *1,  1108  ..  et  omnia 
[LachtH.,  omnis  codd,]  |  inter  permixtas  rerum  caelique  ruinas  | 
corpora  solventes  abeant  per  inane  profundum.  cruor:  ut  cruor 
Herculeos  abiit  diffusus  in  artus,  corpora  pestiferum  sie  tua 
virus  edat.  (v.  vis),  currus:  Hör.  carm.3,6,44  sol . . .  amicum  | 
tempus  agens  abeunte  curru  (cf,  ep.  1,  16,  7  discedens  curru). 
divitiae:  Ambros.  de  interpell.  lob.  et  Dav.  I  3  col.  839,  5  M.  ita 
enim  abeunt  d.  saeculi.  dominium:  v.  res.  ensis:  Cor.  loh.  4, 
755  per  cerebrum  .  .  e.  abiit.  fames:  Ennod.  op.  264,  22  visceri- 
bus  plenis  nescit  abire  f.  fantasmata:  Poet,  aevi  Caroli  II  ed. 
D.  437,  327  abeunt  f.  dira.  ferrum:  Stat.  Th.  11,  631  num  totum 
abiit  in  corpora  f.?  flamma:  Liv.  1,  39,  3  mox  cum  somno 
flammam  abisse.  fruetus:  Cic.  Att  11,  2,  2  in  quos  enim  sump- 
tu8  abeunt  fr.  praediorum?  (?  darauf  gellen9 .)  genera  testamen- 
torum:  Gaius  2,  103  duo  g.  t.  in  desuetudinem  abierunt.  3,  17 
totum  gentilicium  ius  i.  des.  ab(i)isse.  Cod.  Iust.  praef.  I  17 
(530)  si  quae  leges  iam  in  des.  abierunt.  Dig.  11,  1,  1  (Calli- 
stratus)  interrogatoriae  actiones  in  des.  abierunt.  Item  Cod.  Iust. 
praef.  1,  2  (528);  Iust.  1,5,3;  4, 1,4;  4,4,7;  4, 16, 1.  hasta:  Stat. 
Th.  8,  496  lapsa  per  armos  [cf.  notam  Bernarti]  h.  viri  trans 
pectus  abit.  humor:  Aetna  482  .  .  fornace  lapis  torretur  et 
omnis  |  exustus  penitus  venis  abit  [Baehr.,  subit  0]  altilis  [BaeJw., 
altius  0]  humor  .  .  .  Paulin.  Nol.  M.  61  col.  676  D  =  35,  37  inde 
repressus  abit  (suffusus  faueibus  humor);  v.  §  21  y)  Henuatusf. 
ignis:  Sen.  HOet.  1616  inter  labores  i.  Herculeos  abit.  Ire- 
naeus  1,  7,  1  ipsum  (ignem)  .  .  consumptum  abire  in  id,  ut  iam 
non  sit  (ro  jcvq  .  .  eig  zb  (irjxiz9  elveu  %coQrJ6£iv).  ius:  v.  'genera 
t9  leges  v.  ibidem,  libri:  Greg.  Tur.  H.  F.  9,  30  p.  384,  21  1.  illi 
ad  regis  praesentiam  abierunt.  lux:  Ov.  ep.  13,  23  1.  quoque 
tecum  abiit.  massa  (%ao$):  Ov.  fast.  1,  108  inque  novas  abiit 
massa  soluta  domos.     *membra:   Valer.  Aedituus  ap.  Gell.  19, 

84* 


524  Jos.  Menrad: 

9,  11  membra  [verba  cod.  X,  Gronovius]  labris  abeunt    mundus: 
frg.  Censor.  1,  3    sive    perpetuus    sive    longaevus   est  m.  et  in 
flammas    abit.    Patr.   saec.  VII  M.  87,  47  C    tota  cum   mundi 
species  abibit.    navigium:  Caes.  b.  c.  2,  22,  4  unum  . .  navigium 
fugere  perseveravit  auxilioque  tempestatis  ex  conspectu  (v.  §  18) 
abiit.  —  Sen.  nat.  qu.  6,  6,  2  si  inclinata  sunt  navigia  et  abierunt 
in  latus,     na  vis:   Lactant.  Inst.  3,  20,  14:  n.  sine   gubernaiore 
pessum  abit.    Greg.  Tur.  h.  F.  8,  1  pag.  351,  5  navis,  quae  .  .in 
Galliciam  abierant.    Cod.  Theod.  XIII  4,  5  eandem  (navem)  sine 
interpellatione  cuiusquam  abire  praecipimus.    transl.  TertulL  An. 
52  Nihilo  refert  integram  abire  corporis  navem  an  dissipatam. 
nomen:  Lucan.  8,  321   quas   magis  in  terras  nostrum  felicibns 
actis  |  nomen  abit  aut  unde  redit    maiore  triumpho?    novalia: 
Iuvenal.  14,  149  nee  prius  inde  domum  (mittentur  iumenta),  quam 
tota  novalia  saevos  |  in  ventres  abeant    obsonium  (seit  argentw* 
quo  obs.  emitur)  =  Truc.  565  nam  hoc  in  mare  abit  misereque  perit 
bona  omni  gratia.     opes:  Sen.  de  rem.  fort.  2,  9  (opes).    inde  (a 
Fortunae  manibus)  ad  alios  abiturae.    peeunia:  Cic.  Verr.  2,55 
rogant  eum,  ut  sibi  id,  quod  ab  ipsis    abisset  (=  datutn  esset) 
peeuniae,   curet  (cf.  de  or.  2,  257  cum    ille  a  se  peeuniam  pro- 
feetam  diceret).    Ps.-Ascon.  194,  3  per  quas  (tabulas)  probavit  ab- 
isse  a  se  peeuniam  certis  nominibus  inscriptis.     pedes:  Cato  de 
agr.  eult.  c.  135,  4  p.  84,  9  E.   cum   (funis)   tortus   erit,    longus 
[erit  suppl.  Iucundus]  pedes  XLVIIII.,  in  commissura  abibit  [abi- 
bunt lue.]  pedes  III,  rel(iquum)  erit  pedes  XLVI  (bei  der  Ver- 
knüpfung werden  abfallen ,  dt aufgellen  3  F.).    praemium:  Symm. 
relat.  12,  4  abierit  cum  homine  pr.  preces:  Lactant  myth.  p.  888 
cuius  pr.  non  incassum  abierunt    pretium:  Plin.  ep.  3,  19,  7  ut 
reditus  agrorum,  sie  etiam  pr.  retro  abiit  (*fieV).    pulvis:  Ov. 
am.  3,  2,  42  sordide  de  niveo  corpore  pulvis  abi.    res:  (=  ovtiia) 
Merc.  43  ilico  |   res  exulatum  (i.  e.  pessum)  ad  illam  (meretricem) 
clam  abibat  patris  (cf.  Irin.  243  res  foras  labitur,  liquitur).    term. 
techn.  in  venditionibus  'res  abit  ab  aiiquo9  =*  ei  abiudicatur:  Cic. 
Verr.  1,  141   si  res  abiret  ab  eo  maneipe.    3,  148  ne  res  abiret 
ab  Apronico.    fam.  14,  4,  4  ceterorum  servorum  ea  causa  est,  ut, 
si  res  a  nobis  abisset,  liberti  nostri  essent.  (Cf.  Hofmann  Ausgew. 
Briefe  Cic.  1,  15,  4.)    Ulpian.  Dig.  42,  1.  15,  7  ceterum  longe  r. 
abibit.  Dig.  (Paul.)  18,  2,  1  r.  abeat  a  domino;  ibid.  6,  1,  66  abire 
a  nobis  dominium  speratur.  —  Com.  Nep.  Thras.  1,4  in  proelii 
coneursu   abit  res   ('es')  a  consilio  ad  vires  virtutemque  pugnan- 


Abeo.  525 

tium  [sie  Lambin.;  vimque  ABMPu,  usque  Leid.,  nostrum  cuius- 
que  B}  utrimque  Heusinger,  usumque  Madv.,  vires  pugnantium 
yimque  fortunae  Zink]  Sen.  exe.  controv.  4  praef.  10  res  in  iocos 
abiit  [res  =  defensio].  plur.  res:  Hieron.  III  Am.  6,  25 sq.  1061  B 
res   secnli   per   m Omenta   flaunt  et  abeunt.     rete:  PI.  Truc.  36 
quando   abiit  rete   pessum  (v.  §  14),   adducit   lineam    [Studem., 
sinnm   Weise],    rninae:  Sil.  Ital.  14,  315  ceu  fulminis  ictu  |  cor- 
reptae  rapido  in  cineres  abiere  ruinae.    rura:  Stat.  silv.  4,  4,  84 
credetne  propago  .  .  .  proavita  toto  rura  abiisse  mari?  (*unter- 
gegangen9).    soni:  Rab.  Maur.  hom.  opp.  t.  IV  M.  207  C  5  abierunt 
8.  peractis  morulis  temporum.    species:  Ambros.  vol.  III  p.  2  M. 
col.  885,  22   inanes   et   vacuae   rerum    sp.  tamquam   in   somno 
renerunt,  abierunt;  asisterunt,  evanuerunt.  Cf/mundus9.  stropha 
Hart.  11,  7,  4  iam   stropha  (=  dolus?)  talis  abit.     teeta:  Plin. 
ep.  6,  16,  15  tremoribus   teeta  nutabant  et  quasi  emota  sedibus 
suis  nunc  huc  nunc  illuc  abire  aut  referri  videbantur.   tegimen: 
Sen.  Herc.  f.  2151  quonam  abit  tegimen  meum  |  idemque  somno 
mollis   Herculeo   torus?    terra:   v.  caelum.    Iul.  Obsequ.  27,  1 
t  in  profundum  abiit.    umbrae:  Sil.  Ital.  9,  179  sensimque  ab- 
euntibuß  umbris,    urbes:  Lactant.  Inst.  7,  3,  8  quotiens  demersae 
fluetibus  urbes  et  insulae  abierint  in  profundum.     vae  (rj  ovai) 
Vulg.  Apoc.  9,  12  (11,  14)  v.  unum  abiit    vela:  Ov.  ep.  5,  55  pro- 
sequor  .  .  .  oculis  abeuntia  vela.     venti:  Macrob.  Saturn.  VI  810 
tamquam  mature  i.  e.  temperate  abeuntes  v.    verba:  Itala  Mich. 
2,  7  Fuld.  nonne  v.  eius  bona  sunt  .  .  et  reeta  abierunt?    vestigia 
Plin.  n.  h.  8, 114  fugiunt  (cervi)  . .,  ut  v.  cum  ipsis  abeant.    vestis 
(arachnes):  Seren.  Sammon.  958  nesciet  haec  illinc  (a  fractura)  nisi 
cum  eanarit  abire.     vinus:   Petron.  41   vinus  mihi  in  cerebrum 
abiit  (cf.  47  anathymiasis  in  cerebrum  it).  vis:    Ov.  met  9,  163 
vis  illa  mali  .  .  .  Herculeos  abiit  late  diffusa  per  artus.  voces: 
Plin.  paneg.  2,  2  (p.  2,  7  B)   abeant  ac  recedant  v.  illae.    vulnus: 
Val.  Fl.  6,  654  v.  fatale,  hastae ;  per  clipeum,  per  pectus  abit  [cf. 
r  357  diä  fihv  dönldog  rjtös  .  .] 

8)  de  rerum  (Iwminum)  transformatione.  abire  =  in  36 
dliam  formam  mufari,  transire,  (leraiioQtpovöd'cci.  a)  apud  scriptores 
ante  Ovidium.  Lucil.  3,  36  =  1078  L.  (ap.  Varr.  de  1. 1.  5,  24)  terra 
abit  [corr.  Augustinus,  abiit  Flor.]  in  nimbos  imbremque  [edd. 
vett.9  Dousa:  imbresque].  *Lucil.  fr.  ine.  3  virtus  est  homini  [-is  B] 
scirei  quo  quaeque  abeat  res  [sie  LMueUerus;  cscire  id  quod 
quaeque  habeat  res'  traditur;  sie  cd.  Laclim.  1020?  3],  Cic.    Cato 


526  Job.  Menrad: 

m.  80  cum   hominis    natura   dissolvitur,   ceterarum   rerum  per- 
spicuum  est  quo  quaeque   discedant:  abeunt  enim  illuc  omnia, 
unde  orta  sunt  [=  Xen.  Oyrop.  8,  7,  20  diaXvopivov   dl  eb#p©- 
%ov  dfjkd   iöriv    sxaöta   ixiövta  XQÖg  tb  ipöipvkov  xkip  tij$ 
1>v%7is].    Verg.  Georg.  4,  410  aut  in  aquas  tenuis  dilapsus  abibit 
(Proteus),    de  loco  Varronis  v.  i.  —  ß)  apud  Ovidhitn.  mei  1, 236 
in  villos  abeunt  vestes,  in  crura  lacerti.    2,  674  in  dextras  abiere 
iubas  (crines).   3,  398  in  aera  sucus  |  corporis  omnis  abit.  4,  396 
pars   (telae)   abit   in   vites.    4,  657    barba   comaeque   |  in  silras 
abeunt.  5,  434/5  umeri  tergusque  latusque  |  pectoraque  in  tenuw 
abeunt  evanida  rivos.   8,255  vigor  ingenii  quondam   velocis  in 
alas  |  inque  pedes  abiit.    11,  653  (Somnus)  in  faciem  Ceycis  abii 
13,  674  coniugis  in  volucres,  niveas  abiere  columbas.    14,  499 
comaeque  —  in    plumas   abeunt.     14,  551   in   digitos    abeunt  et 
crura  natantia  remi.    15,  247  tenuatus  in  auras   |   aeraque  umor 
abit.  —  nomin.  pro  'in'  c.  acc.  (v.  §  22,  1)  8,  873:  illa  (Mestra)  | 
nunc  equa,  nunc  ales,  modo  bos,  modo  cervus  abibat.     y)  aptd 
scriptores  post  Ovidium  Sen.  Thyest.  772    piceos   ignis  in  famos 
abit.    Oed.  67  pars  quota  (hominum)  in  cineres  abit?  320  ultima 
(flamma)  in  tenebras  abit  (de  colore).    Plin.  n.  h.  31,  73  totumque 
stagnum  in  salem  [sale  C]  abit.    16,  60  quoniam  (resina)  in  serum 
abeat.    3,  5  (9),  70  L.   Sulla   id  (Stabiae  oppidum)  delevit,   quod 
nunc  in  villam  abit.    24,  56  Salicis   fructus  ante  maturitatem  in 
araneam  (t.  e.  morbum   aqa%viov,   cf.  17,  229)   abit.   Anth.  lai 
I  2,  534,  2  =  P.  1.  m.  IV  135,  8  B.  in  glaciem  solidam  versus  ut 
amijis  abit.    Fulgent.  p.  797  in  volucrem  cycnum  abit.    Lactant 
mytli.  p.  812   qui  (pastor)  in   saxum    abiit.    849   qiü  in  plures 
figuras  abierunt  =  8(37  in  varias  f.  abire.    863  in  arbores  varias 
abier unt.    881  socii  .  .  in  varias   species   abiere.    888  (889)  tel- 
lurem  in  aquas  abire. 

6)  gramm.  term.  techn.  Varro  de  1. 1.  5,  91  p.  93  LSp.,  p.  37 
ASp.  turma  terima,  E  in  U  abiit.  Ps.-Val.  Max.  de  praen.  4 
Volero  in  praenomen  abiit,  quod  volentibns  nasci  liberi  parenti- 
bus  videbantur.  s)  iur.  term.  techn.  in  creditum  abire  (S'n  ein 
Kreditgeschäft,  Barlehen  sicli  verwandeln9) :  Ulp.  Dig.  14,  4,  5,  18 
si  quidem  i.  er.  ei  abit  (merx),  tributio  locum  babebit. 
37  9)  de  nominibus  abstractis.  abstractum  pro  concreto:  PI. 
Truc.  210  requievi,  quia  hinc  intero  abiit  [v.  Schoell.;  introabiit  Ä,  l 
ivit  cett.  'an  intro  abitit'  id.]  odium  meum  (u  e.  homo  perosus, 
v.  Brix  Mgl.  923).   —   Sen.  HOet.  751    decus  illud  orbis  atque 


Abeo.  527 

praesidium  unicum,  |  quem  fata  .  .  dederant  .  .,  |  abiit 
Querol.  p.  47,  21  P  (4,  2)  cego  sum  tua  fortuna'.  cabi  hinc  ocius 
mala  fortuna  quo  te  sacerdos  detulit.] 

*abirc9  plerumque  =  Hnterirc,  tolli,  evanescere9.     aemulatio 
Heges.  5;  2,  63    abiit   omnis  virtutis  ae.     auxilium:    Hieron.  6 
ML  25.  coL  1441  A  Dei  a  nobis  et  angelorum  eius  a.  abire  cre- 
dendum  est.    caricae  (sc.  fiel,  tranü.  =  ioci):  Petron.  64  beu  beu 
abistis  dulcis  caricae  [ubi  estis  Heinsius;  carica  H,  abistis  Jacob - 
siu8].  beatitudo:  Salvian. eccl.  1, 1,2  abiit  quippe  illa  ..b.  curae: 
v.  dolor;  Mart.  11,  6,  6  pallentes  proeul  hinc  abite  Curae.  Ambros. 
vol.  III  p.  2  M.  col.  885,  22  abiit  cura  patrimonii.     eultus:  0?. 
am.  3,  6,  55   quo   c.    abiere    tui   (Uta)?     cupiditates:    Lactant. 
Inst.  3,  23,  5  abite  .  .  in  profundum,  malae  c.  Hieron.  adv.  lovin. 
II,  9,338,2980    abite   pessum,   malae   c.     damnum:   Poet  L 
m.  ed.  B.  IV  211,  3  ecce  abiit  d.    decus:  Boet.  cons.  p.  31  v.  8P. 
iam  spinis  (rosarum)  abeat  d.      delectatio:   August,  vol.  39  M. 
1978,22:  d.  abiii    dissensio:  Petr.  Chrysol.  app.  M.  52,  col.  678 C 
abeat  d.  saecularium  morum.     doli:   Sil.  Ital.  12,  505  bauddum 
omnes  abiere  doli     dolor:  v.  §33  *rugc?\   Plin.  n.  h.  30,  26  .  . 
statim  dolorem  abire  tradunt.     Sen.  HOet.  1417  abeat  excussus 
dolor.  1674   introrsus  dolor   |   femineus  abeat.    Migne  89,  370  B 
d.  abibii   Seren.  Samm.  413 B  hinc  modico  potu  pulsus  d.  omnis 
abibii    error:  Vulg.  Isai.  26,  3  vetus  e.  abiit.    facultas:  Paulin. 
Nol.  604A  =  21,  10  abeat  solitis  impensa  f.  |  carminibus  .  . 
fuerit  . .  ludus  iste  tuus  quondam  =  Mam.  Claud.  M.  53,  col.  785  C. 
factum:   Ov.  fast.  4,  709  f.   abiit,   monimenta   manent.     favor: 
Sil.  Ital.  2,  206  divümque  abeunte  favore.    Ov.  tr.  3,  5,  20  signa 
favoris  |  pectoribus  teneo  non  abitura  meis.    felicitas:  Cassio- 
dor.  cons.  25,  38  an  vero  tu  pretiosam  aestimas  abituram  f-em? 
fervor:   Lucan.  7,  75   quo   tibi   fervor   abit?    aut   quo   fiducia 
fati?    fides:  Publil.  Syr.  181  =  p.  30,  16  M.  =  162  Ribb.1:  fides 
ut  anima  [unanima  fßy]  unde   abiit  [v.  §  1]   eo  numquam  redit. 
Liv.  3,  10,  11  quia  .  .  Volscos  .  .  movere  arma  posse  iam   fides 
abierit.    Symm.  ep.  7,41  quo  abiit  promissorum  f.?    flammae: 
Mart.  11,  43,  8  illas  |  Oebalius  flammas  (i.  e.  amorem  Baphnes) 
iusßit  abire  puer  (HyacintJnis).     fortuna:  Hör.  a.  p.  201  (choms) 
oret  |  ut  redeat  miseris,  abeat  f.  superbis.    Cassiodor.  Cons.  34,  64 
tarnen  quominus  cum  velit  abeat,  retineri  non  possit  (f.).    furor: 
Catull.  63,  38.  abit  in  quiete  molli  rabidus  f.  animi.  Ov.  am.  1,  7, 
2  ..  dum  f.  omnis  abit.     gemitus:  Quint.  decl.  11,  11   abite  ge- 


528  Jos.  Menrad: 

mitas.     gloria:  Patr.  saec.  VIT,  M.  87,  col.  400  A  omnis  gl.  yitae 
.  .  et  flatus  abiit  . .  perit.     gratia:  Ov.  ex  P.  4,  5,  44  prius  .  .| 
gr.  quam  meriti  possit  abire  tui.     gratulationes:  Quint  decL 
4,  8  abite  gr.,  silete  blanditiae.    immanitas:  Arnob.  II,  45  et  46 
sed    procul  haec   abeat   sceleratae   opinionis   i.     infantia:   Am- 
bros.  vol.  III  p.  2M.  col.  12G6,  9  cessavit  infirmitas,  abiit  infantil, 
in  virum  perfectum  assurgimus.     ira:  Sen.  dial.  5,  32,  2  cum  üla 
(ira)    abierit.     laetitia:    Augustin.    de   symbolo  17    immoderata 
atque   effreuata  1.  quo  abiit,  quo  abscessit?     livor  (=  invidia): 
Ov.  fast.  4,  85  quo  non  L.  abit?  Sidon.  ep.  4,  18  carm.  livor  abi 
mordax.     luxuria:   Sen.  ep.  122,  5  hoc  est  luxuriae  propositum 
gaudere  perversis  nee  tantum   discedere  a  recto  sed   quam  Ion- 
gissime  abire.     malum:  Ter.  Phorm.  781  praesens  quod  fuerat 
mal  um  in  diem  abiit  (*ist  für  fairzc  Zeit  verschoben9).     Sen.  Herc 
f.  1186  tacita  sie  abeant  mala.     Aug.  de  mor.  Manich.  M.  I  coL 
1365  maius  malum  posse   abire  atque   ita  .  .  maius   bonum  re- 
manere.     memoria:    Liv.  2,4,2  adulescentes,   quorum  vetustate 
m.  abiit  (syn.  excidit,  exiit  W.)  Quint.  decl.  347  (p.368, 14 R.)  adeo 
mariti  prioris  etiam  m.  abierat.     metus:  Paulin.  Nol.  639  A  = 
26,  17  ergo  m.  abeant  tristes,     minae:    Claudian.  in  Eutrop.  II 
praef.  4  . .  in  dominos  vanas  luget  abisse  minas;  de  bell.  Polleni 
61  sq.  crebrisque  notatae  |  prodigiis  abiere  minae?     modus:  0?. 
met.  11,  14  creseunt  bella,  modusque  abiit.     Moerae:  Stat.  Sil?. 
2,  7,  131  procul  hinc  abite,  Moerae.    moeror:  Paulin.  Nol.  680 B 
=  35,  187:    m.   abi.     mora   flendi:  =  flctus,   v.  ,§  34  'nwra'. 
mors:   Luc  an.  4,  491   in   medium  m.  omnis  abit  (t.  e.  *non  emi- 
net,  non  animadvertitur ,  quia  in  commune  quasi  omnes  moriuntur' 
Weise).    *mos:  Sen.  (Latro)  controv.  2,  7  (15  Burs.),   8  adeone 
iam  ad  omnem  patientiam  saeculi  *mos  abiit,  ut  .  .  uxor  .  .  de- 
fendatur    [nos   habet   coihh;    nos    dabit  Schulung- Kiessling ;    abiit 
Burs.   omnis    patientia  .  .   saeculi    nostri    abiit   codd.   exe.  saecu- 
lum  nostrum  abiit  Otto],    necessitas:  Tac.  hist.  4,  47  nee  multo 
post   necessitas    abiit    sive    omissa    simulatio.    Paneg.    lat.  12, 2 
(p.  272,  20  B.)   fuerit  f fugerit  B.]  abieritque  tristis  illa  faeundiae 
ancillantis  n.   Migne  Patrol.  13,  col.  480  A  abieritque  tristis  illa  n. 
nefas:    Ov.   met.  15,  111   longius   inde  nefas   abiit.     odia:    Sen. 
Herc.  f.  27   non   sie    abibunt    odia.     opinio:   Matth.  4,  24   abiit 
o.  eius  (azrf/.frtv  tj  dxorj  aivov)   in  totam  Syriam.     paupertas: 
Mart.  8,  56,  10    paupertatemque    malignam   |   reppulit    et   celeri 
iussit  abire  fuga.     pietas:  Val.  Max.  5,  6,  7  pietatem  .  .  ex  pec- 


Abeo.  529 

ribus  aliorum  abeuntem  revocavit.    praemia,  honores:  Culex 

6  pr.  sunt  virtutis  ubi,  pietatis  honores?  in  vanas  abiere  vices 
.  .  recessit  iustitia.    procella:  Sen.  Thyest.  996  omnis  in  vile 

c  caput  |  abeat  procella.  propinquitas:  Aug.  de  civ.  D. 
,  p.  93,  15  D.  ne  pr.  .  .  longius  abiret  et  pr.  esse  desisteret. 
dor:  Sen.  Med.  900  fas  omne  cedat,  abeat  expulsus  p.  que- 
us:  Sen.  Tby.  882  abeant  qu.;  discede,  timor.  regnum:  Li?. 
2,  7  cum  gente  Tarquinia  r.  binc  abiturum.  saevitia:  Val. 
ix.  7,  2  ext.  3  omnibus,  quos  modo  s.  belli  incolumes  abire 
ssa  fuerai  salus:  PI.  Merc.  593,  594  si  opprimit  pater,  quod 
rit  exolatum  abiit  salus:  sin  sodalis  quod  promissit  fecit,  non 
iit  salus  ['non  ab.  sah'  iamquam  glossema  eiecit  R.,  cprotinam 
lieritf  v.  crediturum  arbitror'  suspicans].    *scelus:   Val.  Max. 

7  mil.  Rom.  2  Hantuni  scelus  curia,  castris  cedere  se  confessa, 
iltum  habuit'  Kempf;  *t.  scelus,  curia  .  .  confessa,  inultum 
iit*  Halm  [abiit  2?].  sensu s  pii  (=  pietas):  Claudian.  de- 
ac  ad  Hadr.  4  quo  s.  abiere  p.?  signa  favoris,  v.  favor. 
es:  Ov.  met.  7,  565  utque  salutis  |  spes  abiit.  Lucan.  3,  509 
es  victis  telluris  abit,  placuitque  .  .  fortunam  tentare  mari. 
455  naufragii  spes  omnis  abit.  Claudian.  de  bell.  Poll.  281 
»reo  sp.  o.  a.  Quint.  decl.  12,  8  postquam  spes  quoque  . .  omnis 
ierat.  studia  Ps.-Ov.  ep.  15,  83  sive  abeant  studia  (sc.  atna- 
ia)  in  mores,    terror:  Liv.  3,  18,  4  ubi  vanus  t.  abiit.  =  Sidon. 

5  (7);  65.  timor:  Liv.  2,  52,  1  postquam  t  sibi  cuique  futurae 
>piae  abiit.  Plin.  ep.  8,  24,  6  nam  timor  abit  .  .  manet  amor. 
weletus  38,  22  abit  t.  tumor:  Sen.  Thy.  519  ponatur  omnis 
>  et  ex  animo  tumor  |  erasus   abeat.     tutela:    Hör.  sat.  2,  3, 

8  . .  ad  sanos  abeat  i.  propinquos.  Lex  Salpensana  29,  40  (Bruns 
it.  p.  134)  ne  ab  iusto  tutore  t.  abeat  (bis),     usus:  Lucan.  5, 

6  usus  abit  vitae,  bellis  consumimus  aevuin.  German.  Arat. 
8  cuius  abit  u.  veritas:  Sen.  fr.  99  H.  ab  initio  bellorum 
rilium  unde  primum  v.  retro  abiit.  victus:  Tibull.  2,  1,  43 
n  victus  abiere  feri.  virtutes:  Quint.  decl.  5,  19  abite  vir- 
ies7  ignosce  probitas!  vis  iucunditas  decor  (de  oratione): 
lint.  9;  4,  14  abierit  omnis  v.  i.  d.  voluptas:  Cato  or.  rel.  5,  1 
39,  1  Jord.  labor  a  vobis  cito  recedet,  benefactum  .  .  non 
scedet;  sed  si  qua  per  voluptatem  nequiter  feceritis,  voluptas 
o  abibit,  nequiter  factum  illud  apud  vos  semper  inanebit  (teste 
ilio  16y  1  Musonii  philosophi  scntmtia  %av  xi  TtQafyjg  xakbv  pera 
VW,  6  [ihr  7t6vog   or^crat,  ro  de  xakbv  pevei'  av  xv  novqöjjg 


530  Jos.  Menrad: 

atojßov    psxa    Tjdovijg,    %b    y&v    ijdv    otystai,    xb    d\    aldjßbf 
pivH9.)   Val.  Max.  7,  2,  ext.  11  (J.  P.)  ut  voluptates  abeuntes  con- 
sideramus. 
38  10)  de  neutris  adiectivorum  (a)  aepronominum  (fi)  ['abire' 

fere  abique  =  'perire']  et  de  locutione  *$ic  abire9  (y).     *)  cuncta: 
Ov.  tr.  1,  8,  34   cunctane   in   aequoreos  abierunt  inrita   ventos? 
frigidum  calidum:    Sen.  nat.  qu.  6,  13,  2  fr.  et  c  semper  in 
contraria  abeunt,  una  esse  non  possunt;    6,  13,  4   quicquid  illic 
calidi  est,  frigori  cedens  abit  in  angustum.    omnia:  [Cic.  Cato 
m.  80  v.  §  36  a]  Sen.  Med.  428  sola  est  quies,    |    mecum  ruina 
cuncta  si  video  obruta:  |  mecum  omnia  abeant  («=  perecml).  Plin. 
ep.  5,  21  (9)  5   quae    nunc   omnia    Call  seine  wissenschaßubt* 
Kenntnisse9)  cum  ipso  sine  fructu  posteritatis  abierunt  [*aruenurf 
edd.princ.  Rom.  1474  et  membr.  Modii.]  ß)  hoc:  PI.  Truc  565  ^oc* 
v.  obsonium  §35.    Tertull.  Marc.  5,  9  hoc  cadit  quod  in  terram 
abit,  hoc  resurgit  quod  cadit.     illa:  Cic.  fam.  9,  20,  1  illa  mea, 
quae  solebas  antea  laudare  „o  hominem  facilem,  o  hospitem  non 
gravem  \"  abierunt.    Sen.  dial.  6,  9,  4  quis  non,  si  admoneatur  nt 
cogitet  (sc.  de  exilio,  egestate  .  .),   .  .  in   capita  inimicorum  aut 
ipsius   intempestivi  monitoris    abire   illa   iubeat?     7,  21,  2  soa 
abigit  (philosophiae  studiosus)  illa  (t.  e.  divitias,  bona  externa)  a 
se,    sed    abeuntia   securus    prosequitur.     ep.  74,  18    utamur   Ulis 
{bonis)y  .  .  tamquam  depositis  apud  nos  et  abituris.    August  ad 
fratr.  in  erem.  58  ubi  .  .  abierunt  illa  omnia?    illud:  Cic.  Ati 
13,  28,  3  abiit  illud   (e(fer  Gedanke9),   quod  tum  me   stimulabat 
istud:  Sen.  dial.  6,  12,  6  istud  inter  res  nondum  iudicatas  abeat, 
qualis  Sulla  fuerit.     quae:  Sen.  dial.  12,  10,  2  ea  iudicat  certiora 
quae  abierunt.    Boet.  cons.  p.  30,  40  P.  quae  tunc  laeta  videban- 
tur  abierunt.    Dig.  Inst.  50,  17,  205  (Pomponius)  ea  quae  nobis 
[codd.;   a.  nobis  edd.\   abire  possint.     August,  ad  fratr.  in  erem. 
4  prudentia  docet  te,  ut  quae  non  potes  perpetuo  tenere  fructuose 
permittas  abire.     quod:  Vulg.  Eccle.  3,  15  Deus  instaurat  quod 
abiit   (=   interiit).     si    quid:    Stat.  silv.  7,  180    in  tumulos,  si 
quid  male  foeta  reliquit  |  mater  (i.  e.  Semeies  ftdminatae  reür 
quias),  abire  iubes?    illuc:  Sen.  Ag.  241  amor  ingalis  vicit  et 
flectit  retro:  referemur  illuc,  unde  non  decuit  prius  |  abire.  ut: 
Mar.  Victor.  Gr.   lat.  VI  p.  151,  26   quod   genus    versuum  .  .  a 
nonnullis  satyricum  prius  vocabatur,   verum  postea  abiit  in  con- 
suetudinem,   ut   priapeum    appellaretur.     y)   *sic  abire9  *= 
impune,  ex  vohmtate  abire,  cf.  germ.  *so  (ohne  wäteres)  hingehen'* 


Abeo.    Abeona.  531 

Ter.  Andr.  175  mirabar,  hoc  si  sie  abiret.  Cic.  fin.  5,  7  etöi 
hoc  .  .  fortasse  non  poterit  sie  abire,  cum  hie  adsit,  .  .  Att. 
14,  1,  1  .  .  ad  summam,  non  posse  istaec  sie  abire.  Catull.  14, 
16  non,  non  hoc  [haec  O.'J  tibi,  salse,  sie  abibit.  Sen.  Herc. 
£  27  v.  §37  *odia*  ib.  1186  Hacita  sie  abeant  mala'.  eut  inul- 
tus  ego  sim?'  csaepe  vindieta  obfuit'.  [at  Mari  5,  84,  8  sie 
—  sine  munusculis  v.  §  34  ^december9.] 

Ab-$-öna  et  Ad-ß-öna,  deae  Romanae  Iunonis  Lucinae  ad- 
iutrices,  quae  a  matribus  vel  nutrieibus  indigitabantur  i.  e.  invoca- 
bantur,  ut  infantibus  primutn  a  manibus  unius  feminae  abire  ad- 
que  tnanus  alterius  adire  conantibus  adessent,  v.  Preller-Iordan, 
Bäm.  Myihol.  IP  212;  nomina  prqpria  e  radieibus  verborum  ab- 
eundi  et  adeundi  ac  sufftxo  (augmentativo)  —  otia  cornposita,  ut 
Flu-onia,  Intercid-ona. 

August,  civ.  D.  4,  21  (p.  171,  10  D.)  quid  necesse  erat  .  .  . 
commendare  (infantes)  .  .  .  deo  Statilino  stantes,  deae  Adeonae 
adeuntes,  Abeonae  abeuntes  .  .?  ibid.  7,  3  (p.  276,39  D.)  Iuno 
.  .  .  Iterduea  est  pueris  et  opus  facit  cum  deabus  ignobilissimis 
Abeona  et  Adeona. 

Mo  nach  ii.  Dr.  Jos.  Menrad. 


Natare. 

Madvig  Advers.  II  82  hat  durch  Konjektur  in  den  Ovid  (metam. 
4,  46)  nätare  und  adnltare  eingeführt.  Diese  Quantität  hat  kein 
römisches  Ohr  gekannt,  und  die  Belege  für  die  Kürze  des  Vokales 
sind  jedem  grösseren  Wörterbuche  zu  entnehmen.  No  (näre),  wie 
sto  (störe)  steht  so  ziemlich  in  der  Mitte  zwischen  flo  (flSre,  flatus) 
und  do  (dSre,  d&tus),  weil  die  abgeleiteten  Formen  (nSto,  n&tatus 
nach  der  4.  Deklin.;  ßtätus,  stätuo)  kurzes  a  zeigen.  [Natrix,  bei 
Georges  natrix,  hat  kurzen  Vokal  bei  Lucilius  2,  21;  langen  bei  Lucan 
9,  720.] 

Cambridge.  John  E.  B.  Major. 


Abicio,  abiectms,  abiecte. 

1  Abicio  (abiicio)  -ieci  -iectum  3.  'JitoßaXlmz  abicio  Gyrill. 
386,  38;  aitogCnxio  ib.  391,  29;  itagagüccci*  ib.  569,  12;  abicit: 
proicitj  expellit  gl.  abav.;  abiciunt:    anoQfatovöiv  Philox.  1,43. 

Invenitur  inde  a  Naevio  per  totam  latinitatem,  sed  rarius  apud 
poetas;  ad  linguas  Romanas  non  pervenit. 

A.  Proprio. 

I.  Abicio  =  procul  (a  me)  iacio,  proicio,  deicio,  opp.  sumo, 
capio,  teneo.  Abicere  cum  interdum  sit  neglegentis  (cf.  neglegenter 
a.  Cic.  Verr.  2}  87.  Phaedr.  4,  2,  13.  Sen.  ep.  114,  7,  fernere  a.  Liv. 
2,  46,  3),  opponuntur  etiam  pono  {Cic.  Tüll.  15.  orat.  199.  epist. 
6,  2,  2.  Gurt.  8,  1}  44)  et  repono  (Cic.  Sest.  58). 

2  1.  quid?  a.  Naev.  com.  94  p.  23  R  immo  quos  scicidi  minus 
[codd.y  in  ius  Ribb.]  conscindam  atque  abiciam;  Cic.  Verr.  2,  87 
haec  et  alia;  Brut.  192  tibias,  Ov.  fast.  6,  702.  Gell.  15,  17,  1. 
Myth.  Vat.  2,  115.  3,  10,  7;  Curt.  8,  1,  44  ne  positis  quidera,  sed 
-is  poculis;  Tac.  ann.  2,  57  coronam,  Porph.  sat.  2,  3,  254.  Aug. 
c.  Iulian.  1,  7,  35.  Hyg.  poet.  astr.  p.  480;  Apul.  met.  9,  40  ea 
(spatha)  longissime  -a;  Ulp.  dig.  47,  2,  7,  2  -o  furto  {i.  e.  rebus 
furto  comparatis)]  Evang.  Pal.  32b  10  amputa  illud  et  abice  äbs 
te;  Iuvenc.  1,  429  (Marold)  retibus  -is  =  Flor.  Lugd.  poet.  Car. 
II  509,  15;  Rufin.  hist.  mon.  16  fistulas,  quas  manu  gerebat; 
Salv.  eccl.  2,  14,  70  tabulam,  Greg.  Tur.  glor.  mart.  21  p.  501, 
12;  id.  vit.  Mart.  3,  56  p.  645,  38  palam  quam  tenebat;  Inst 
Iust.  2,  1,  47  quod  dominus  ea  mente  abiecerit,  ut  id  rerura  sua- 
rum  esse  nollet;  Greg.  M.  dial.  2,  8  -o  pane,  ib.  3,  29  -is  Um- 
gius  seris. 

3  quo?  PL  Men.  554  abiciam  (hanc  coronam)  ad  laevam  ma- 
num;  —  Varr.  1.  1.  5,  23  in  sepulcrum  eius  -a  gleba;  Cic.  Verr. 
4,  26  ilJam  crucem  .  .  in  profundum7  Val.  Max.  6,  9  ext.  5.  Ulp. 
dig.  19,  5,  14,  2;  Val.  Max.  9,  3,  7   arcus  sagittasque  Cretensium 


Ph.  Thielmann:  Abicio,  abiectui,  abiecte.  533 

in  amnem;  Sen.  nat.  quaest.  3,  20,  4  res  -ae  in  eundem  lacum; 
Colum.  13,  17,  2  in  imum  scrobem  lapidem;  Plin.  n.  h.  33,  27 
analus  in  mare  -us,  Front,  p.  219,  ION.;  Plin.  n.  h.  22,  135  omnia 
in  ignem;  Marc.  Emp.  10  p.  87,  21  chartam  alligatam  in  publicum; 
Oros.  5,  16,  6  aurum  in  flumen;  Boeth.  cons.  phil.  2,  6  p.  41,  29 
linguam  in  os  tyranni;  Ps.-Acro  sat.  2,  3,  239  in  cloacam  illud; 
—  Petron.  34  hanc  (laruam)  super  mensam;  —  Plin,  n.  h.  22, 
149  ea  grana  post  se;  —  Tac.  ann.  14,  7  gladium  inier  pedes 
eins;  Hygin.  fab.  22  p.  53  lapidem  inter  eos;  —  Tert.  pud.  20 
(lapides)  extra  ciyitatem;  —  Cassiod.  var.  3,  51.  606°  mappam 
per  fenestram. 

unde?  Cic.  Sest.  58  insigne  regium  de  suo  capite;  Aug.  38,4 
423  M.  lntum  de  manibus;  Migne  Patr.  53,  642 b  -o  fusie  de  manu 
sua;  —  Liv.  9,  13,  9  -o  esc  equo  frumento;  Plin.  n.  h.  10,  60  la- 
pillos  e  pedibus;  Cl.  Mam.  pan.  10  p.  110,  4  pensa  e  manibus; 
Aur.  Vict.  Caes.  33,  20  litteras  e  muro;  —  abl.  Auson.  170,  10 
abiecit  tecto  quam  (testam)  manus  artificis. 

tibi?  terminum  a.  habet  a)  confusione  duarum  constructionutn: 5 
Cic.  fin.  5,  92  nisi  quod  anulum,  quo  delectabatur,  in  mari  abie- 
cerat  (=  ita  in  mare  a.}  ut  in  mari  iaceref);  abiectus  =  iacens: 
lustin.  14,  1,  9  epistulae  totis  castris  -ae;  —  ß)  cum  significatur 
locus  vel  spatium,  ubi  fit  actio  abiciendi,  aut  cum  a.  positum  est 
pro  a.  ad  terram  (§  7.  12.  15):  Nep.  Hann.  9,  3  eas  (statuas  aeneas) 
in  propatulo  domi  abicit;  Gurt.  10,  9,  12  discissae  canis  viscera 
ultimo  in  campo;  Hyg.  fab.  165  p.  19  tibias  ibi;  Lugd.  lev.  1,  16 
eas  (pinnas)  secus  altare  .  .  in  loco  cineris;  Veg.  r.  mil.  3,  24  toto 
campo  tribulos;  Marc.  Emp.  34  p.  237,  7  lapillum  celebri  loco. 
Huc  pertinent  loci  huius  modi:  Cic.  Piso  74  lauream  ad  portam 
Esquilinam,  Fortunatian.  rhet.  90,  24  H  cereum  ardentem  ante 
fores  meretricis,  et  locutio  a.  alqd  ante  pedes  (pro  pedibus)  alcius: 
Cic.  off.  3,  58  ante  pedes  Pythii  pisces  abiciebantur,  Liv.  38,  24, 
9.  Val.  Max.  6,  1  ext.  2.  Pass.  S.  Genes.  2  =  Act.  mart.  560,  52 
(ed.  Manz);  Apul.  apol.  101  tabulas  .  .  hie  ibidem  pro  pedibus 
tuis  abicio. 

cui?  b.  Hisp.  18,  7  quorum  litteras  Caesar  oppidanis  abiecit;  6 
Plin.  n.  h.  32,  50  iecur  ranae  formicis;  Apul.  met.  4,  12  ne  ea  . . 
non  80ciis  suis,  sed  in  alienos  lares  abiceret;  Porph.  ep.  1,  7,  14 
pira  subus. 

b.  Interdum  a.  praegnanter  dicitur  pro  a.  ad  terram:  Plin.  7 
n.  h.  25,  108  haec  (herba)   abieeta  (=  humi  iacens)  blattas  in 


534  Ph.  Thielmann: 

se   contrahit;    Plin.  ep.  6,  16,  18    super   -um    linteum   recubans; 
Auson.  325,  32  respicit  -as  desperans  Pbaedra  tabellas. 

8  a.  (ad,  in  terram)  =  deicere,  demittere,  deorsum  premere:  Pb.- 
Cypr.  carm.  1,  112  vertice  ut  -o  serperet  (draco);  Lact  op.  d.  10, 
26  Ulis  (mutis  animalibus)  angustum  pectus  . .  et  ad  terram  ?er- 
sus  -um;  Yu3.  thren.  2,  10  abiecerunt  m  terram  capita  sua  fir- 
gines;  Isid.  syn.  2;  23  deposita  facie,  maesto  ore,  -o  vultu. 

a.  statuas,  urbes,  altaria,  sitn.  =  deicere,  evertere:  Cic  Verr. 
2,  160  qua  (statua)  -a;  Val.  Max.  1,  5,  1  -ae  urbis  (Veioram) 
ruinis,  5,  6  ext.  5;  id.  5, 10  ext  2  alius  . .  abiecisset  altaria;  Oroa. 
2,  19,  15  ictu  fulminum  forum  . .  -um  est 

a.  partum  =  eicere  p.  (Val.  Max.  Ulp.),  abortum  facere:  lustin. 
11,  12,  6  uxorem  eius  ex  collisione  -i  partus  decessisse;  Amm. 
Marc.  16,  10,  18  ut  quotienscunque  concepisset  immaturum  abi- 
ceret  partum. 

9  2.  quem?  (homines,  animaiia).  a.  Cic  div.  1,  106  (aqnila) 
abiScit  ecflantem  (serpentem);  b.  Afr.  84,  4  elephans  milite  -o.. 
ad  reliquas  bestias  se  recepit;  Plin.  n.  h.  8,  66  unum  ex  catulis; 
Stat.  Ach.  1,  172;  Hier.  Hab.  I  1,  6  sq.  1280d  (equi)  equites  abie- 
cerint;  Prud.  c.  Symm.  I  praef.  38  -us  coluber;  Aug.  ep.  185,  27 
inde  in  quandam  turrem  levatum  (episcopum  Bagaiensem)  .  . 
abiecerunt  («=  deiecerunt). 

10  quo?  Val.  Max.  1,  1,  13  Tarquinius  rex  M.  Atilium  duum- 
virum  .  .  culleo  insutum  in  mare  abici  iussit,  luven.  15,  17.  IuL 
Par.  1,  4,  3.  Hyg.  fab.  53  p.  59;  Val.  Max.  9,  6  ext  2  Acerrano- 
rum  senatum  .  .  in  profundum  puteorum  (cf.  2,  10,  6  Marias  in 
pr.  ultimarum  miseriarum  -us);  Sen.  clem.  1,  18,  2  eos  qui  se 
aliquid  offenderant  in  vivarium;  lustin.  44,  4,  6  (Gargoris  nepo- 
tem)  in  Oceanum;  Amm.  Marc.  31, 13, 13  Decium  .  .  -um  in  pah- 
dem;  —  Vu3.  gen.  21,  15  puerum  subter  unam  arborum;  ib.  EzecL 
32,  4  super  faciem  agri  abiciam  te. 

11  unde?  Val.  Max.  1,  8  ext.  11  quem  (remigem)  . .  cum  e  tum 
fluctus  abiecisset;  ib.  3,  1,  2  Poppedius  (Catonem)  in  excelsam 
aedium  partem  levatum  abiecturum  inde  se  . .  minatus  est;  Ambr. 
serm.  37,  7  «  112.  701 b  quin  etiam  huiusmodi  (tovg  xovovtovg) 
abiciamus  de  nostra  navicula. 

cui?  Plin.  n.  h.  15,  136  Liviae  DrusiUae  gallinam  . .  sedenti 
aquila  ex  alto  abiecit  in  gremium. 

12  b.  Notanda  est  locutio  a.  ad  (in)  terram:  Cic.  Verr.  5, 140 
C  Servilium  . .  ad  tribunal  ante  pedes  tuos  ad  terram  yirgia  et 


Abicio,  abieciüB,  abiecte.  535 

verberibus  -um;  Ps.-Cypr.  de  XII  abus.  saec  8  p.  164,  17  velut 
in  terram  -us;  cf.  Plin.  n.  h.  7,  2  (natura)  hominem  .  .  in  nuda 
hämo  natali  die  abicit 

Interdum  a.  praegnanter  dicitur  pro  a.  ad  terram  (§  7).  Sol- 
lemniter  abici  dieuntur:  1)  ludatores,  gladiatores:  poet.  ap.  Cic. 
Tusc.  2,  36  inpelluntur  feriuntur,  abiciuntur  cadant;  Val.  Max. 
1,  7,  8  murmillone  -o  [deiecto  Iul.  Par.];  id.  3,  2  ext  2  {de  Dareo 
cum  mago  htdante)  unum  ex  iis  öbscuro  loco  -um;  Sen.  ben.  5,  3, 1 
lnctator  ter  -us  perdidit  palmam;  Fest.  62,  16  gladiatoris  -i  occisi- 
qne;  cf.  Isid.  or.  18,  24, 1  (de  ursis)  inodo  complexu  abicere  [falso 
adhuc  editur  abigere]  sese  more  luctantium;  2)  hostes:  Verg.  Aen. 

10,  736  tum  super  -um  (Oroden)  posito  pede  nixus;  Val.  Flacc. 

4,  654;  3)  beluae  (a  venatortbus):  Cic.  Tusc.  2,  22  Erymanthiam 

haec  (dextra)  vastificam  abiecit  beluam. 

a.  (ad  terram)  =  ad  tetram  versus  vel  deorsum  premere,  opp.  13 
erigere:  Cic.  leg.  1,  26  cum  (natura)  ceteras  animantes  abiecisset 
ad  pastum,  solum  hominem  erexii;  Lact.  inst.  2, 18,  6  hoino,  quem 
suus  parens  non  .  .  ad  terram  more  quadrupedum  -um,  sed  stan- 
tem  potius  ac  rectum  .  .  agnoverit;  ib.  7,  9,  11  (ceteras  animan- 
tes) pronis  corporibus  -as  in  terramque  prostratas  summi  Dei 
Providentia  effecit. 

3.  Se  a.  (abici).  a.  quo?  Cic.  prov.  cons.  6  nobilissimas  14 
virgines  se  in  puteos  abiecisse;  Val.  Max.  6,  1  ext.  1  in  mare; 
Plin.  ep.  6,  24,  4  in  lacum;  Aur.  Vict.  epit  39,  4  in  ignem;  Oros. 
5, 19,  13  super  fraternum  cadaver;  Ps.-Acro  sat.  2,  3,  37  in  flu- 
yium;  id.  a.  poet.  463  in  puteum;  cf.  Ps.-Ambr.  de  paenit.  22  = 
II  2.  1084d  in  desperationis  gurgitem;  —  Aur.  Vict.  epit.  24,  2 
Taurinus  .  .  ipse  se  Euphrate  [-*?]  fluvio  abiecit. 

unde?  Cic.  Tusc.  1,  84  e  muro  se  in  mare. 

ubi?  Cic,  de  or.  1,28  ut  (Socrates)  se  abiceret  in  lierba; 
Phaedr.  4,  2,  13  obscuro  loco;  Apul.  met.  7,  20  ibi  memet . .  totum 
abicio;  abiedus  =  iacens:  Ov.  Her.  7,  1  udis  -us  in  herbis  (olor); 
Petron.  26  -i  in  lectis;  Apul.  met.  9,  2  super  lectum  -us. 

b.  Notandae  sunt  locutiones  1)  a.  se  in  terram9  in  humum,  15 
humi:  Ps.-Cypr.  dupl.  mart.  14  p.  229,  32  (Dominus)  abiecit  sese 

m  terram;  Curt.  5,  12,  8  (Dareus)  in  humum  pronum  corpus  (=  se) 
abiecit;  id.  10,  5,  19  laceratis  crinibus  humi  corpus  (=  se)  abiecit; 
Plin.  n.  h.  21,  75. 

Inde  a.  se  est  =  a.  se  ad  terram:   Cic.  Sest.  79  se  abiecit 


536  Pb.  Thielmann: 

exanimatu8;   Val.  Max.  7,  3,  2  Brutus  .  .  de   industria  se  abiecit 
cf.  §  14  ubi? 

16  2)  a.  se  ad  pedes  a)  suos:  Cic.  Sest.  74  socer  ad  pedes  -us 
Phil.  2,  86  supplex  te  ad  pedes  abiciebas;  cf  Sest.  58  supplicm 
-um;  Val,  Max.  8,  1  abs.  6  a.  se  tarn  supplicüer;  —  ß)  alicuius 
Com.  4,  52,  65  uxor  illius  .  .  ad  istius  pedes  abiecit  sese}  Cic. 
in  sen.  12.  epist.  4,  4,  3.  Att.  4,  2,  4.  Sen.  clem.  1,  21,  2.  Lact 
epit.  7,  4;  cf.  Cic.  CaeL  79  um  non  tarn  ad  p.  quam  ad  mores 
.  .  vestros;  —  y)  alicui:  Cic.  Att.  8,  9,  1  cui  .  .  me  ad  p.  abiecia- 
sem;  cf.  id.  Mil.  100  ego  me  plurimis  pro  te  supplicem  abieci. 

17  II.  Latiore  quadam  significatione  a.  idetn  fere  est  quod  remo- 
vere,  prohibere,  expellere,  repellere.  Facile  inde  confusiocm 
abigendi  verbo  orta  est  Abicit:  proicit,  expeüit  gl.  abav.;  cf  Cm 
ps.  73,  1.  526*  ^reppulisti'  abiecisti  est 

1.  quid?  Prop.  5,  7,  90  errat  et  -a  Cerberus  ipse  sera;  Sen. 
Herc.  Oet.  551  fulmine  -o  (=  deposito);  Apul.  met.  7,  1  ut  primum 
tenebris  -is  dies  inalbebat  (cf  Enn.  fals.  adscr.  5  p.  142  M);  id. 
met.  9,  27  repulso  et  -o  alveo;  Arnob.  2",  16  p.  61,  9  superfloas 
foeditates  inferioribus  egerunt  abiciuntque  posticis;  Marc.  Emp.  1, 
p.  36,  1  (magnetes  lapis)  qui  ferrum  trahit  et  abicit;  —  unde? 
Nepot.  1,  3,  3  aras  privatas  e  publicis  locis  abiecit. 

18  2.  quem?  Hyg.  fab.  120  p.  103,  24  (Iphigenia)  -is  ministeriis 
(=  remotis  ministris)  ipsa  coepit  signum  Dianae  avellere;  Lampr. 
AI.  Sev.  59,  4  (cf  Aur.  Vict.  Caes.  24,  3)  cum  ibi  quoque  sediti- 
osas  legiones  comperisset,  abici  eas  praecepit;  Vus.  Iudith  1,  11 
remiserunt  eos  (nuntios)  vacuos  et  sine  honore  abiecerunt;  Cod. 
Theod.  6,  27,  18  ut  .  .  discingendo  abicias  punias^que  co^ber- 
cendos;  ib.  16,  7,  4  quos  praecepissemus  procul  abici  ac  longius 
amandari;  Cass.  ps.  67,  35.  474a  tauros  a.;  Greg.  Tur.  h.  Fr.  10, 
26  p.  438,  19  omnem  scola  (=  famulos)  decessoris  sui  abiciens; 
Greg.  M.  78,  219a.  232a  ad  abiciendos  daemones;  —  abici  =  nka- 
vccöftai :  Cass.  h.  tr.  4,  36.  983a  oves  -ae  et  fatigatae ;  cf.  Vus.  Ez. 
34,  4  quod  -um  est  (ro  7tkavci[iavov)   non  reduxistis,  ib.  34,  16. 

19  quo?  Sen.  ep.  91,  8  (casus)  potest  te  in  solitudines  a.;  Tert 
pud.  9  indigne  vestiti  a  tortoribus  solent  .  .  abici  in  tenebras; 
Simplic.  ep.  11,  2  (ed.  Thiel)  Petrum  .  .  in  exteriores  terras  abici 

unde?  Ps.-Quint.  decl.  mai.  14,  11  a  lupanari  deducebat  (me) 
pudor,  abiciebat  occursus;  act.  ap.  18,  16  Cant.  abiecit  (axrkaöev, 
Vu2.  minavit)  eos  a  tribunali;  Conc.  Hisp.  84,  408  M.  decernimus 
(eos)  ab  bis  abici  cellulis;  Greg.  Tur.  h.  Fr.  7,  22  p.  304,  13  ad- 


Abicio,  abiectus,  abiecte.  537 

praehende  pallium  altaris,  .  .  ne  hinc  abiciaris;  id.  vit.  patr.  13,  3 
p.  715,  15  ut  non  abiciainur  ab  huius  funeris  obsequiis;  abl.  Iren. 
4,  20,  12  leprosi .  .  abicientur  (i%a(poQt,ifd"q6ovtai)  iustoruni  castris; 
Cod.  Theod.  14,  9,  1  ut  .  .  abiciatur  urbe;  Ennod.  141,  19  V.  per- 
lator  praesentiuin  aviio  se  cespite  (==  fundo)  deflet  -um. 

III.  Saepissime  a.  coniungitur  cum  obiectis  his:  20 

1)  a.  res  supervacuas  et  viles  vel  usu  tritas  (apttd  scriptores 
rei  rusticae  frequetitissimutn):  Cat.  r.  r.  108,  2  polentam  abicito 
[sie  BerocUdus;  adicito  Acf,  adiicito  F];  Ps.-Verg.  moret.  96  con- 
temptaque  passim  (coria)  Spargit  humi  atque  abicit;  Sen.  ben. 
4,  29,  2  stipem  aeris  i-  (cf.  id.  clem.  2,  6,  2);  Scrib.  Larg.  156 
post  hoc  (radix)  abicitur  (cf.  Marc.  Emp.  25  p.  170,  12);  Coluni. 
12,  8,  3  -o  caule,  12,  58  (56),  1  corticem  delibratum;  Plin.  n.  h. 
7,  65  gustatas  [sie  aa;  editur  gest.]  fruges;  28,  86  resegmina 
unguium;  29,  139  membrana  quae  abici  solet,  30,  59;  31,  93  in- 
testinis  piscium  ceterisque  quae  abicienda  essent;  32,  92  -is  in- 
teraneis;  32,  113  ranae  .  .  decoetae  oleo  -is  carnibus  (=  Ser. 
Sammon.  113  si  ranam  ex  oleo  decoxeris,  abice  carnem);  33,  103. 
104  faecem;  Iren.  5,  28,  4  paleis  -is;  Anton,  carin.  47  vol.  5, 
264  M.  quo  (yase  fictili)  proeul  -o  removenda  superflua  dixit  (cf. 
GLK  VI  273,  25);  Iuvenc.  1,  476  (512);  Pall.  r.  r.  8,  8  -a  squilla, 
11,  20  -o  corio;  Veg.  a.  vet.  2,  58  -is  ossibus  et  purgamentis, 
3,  66  bis.  4,  8;  Ambr.  paenit.  2,  8,  79  stipulam  in  messe;  Hier, 
in  Mal.  2,  17.  1564*  micae  quae  abiciuntur  de  reliquiis;  Rufin. 
dial.  5,  17  p.  115  (Caspari)  nisi  (sanguis)  fuerit  -us  tamquam 
super fluas;  Marc.  Emp.  8  p.  71,  26  -is  his  (granis  hordei),  14 
p.  101,  38  expressa  folia,  20  p.  149,  15  exerementa  vel  sordes; 
Cass.  ps.  30,  16.  212b  vas  perditum  est  quod  fractum  et  ad 
nullos  usus  necessarium  semper  abicitur;  Isid.  or.  15,  13,  15  quae 
de  materia  praeeidens  sutor  quasi  supervacua  abicit. 

2)  a.  corpora  mortuorum,  cadavera,  ossa;  syn.  proieere,  opp.  21 
sepdire:  Cic.  Pis.  82  -um  hoc  cadaver;  Mil.  86  ut  sine  imagini- 
bus  .  .  ambureretur  -us;  Sen.  dial.  5,  16,  3  occisos  (liberos)   in 
conspectu  parentis  abiecit;  Quint.  decl.  299  arg.  p.  180,  10  ossa; 
Ps.-Quint.  decl.  mai.  6,  11  ut  pater  .  .  filium  suum  c/f'erat,  mater 

.  .  abiciat;  Luc.  10,  30  Colb.  scmivivum;  Sulp.  Vict.  347,  22  H 
cadaver a;  ib.  347,  24  corpora,  348,  3.  11;  Aug.  43,  521,  10  semi- 
vivos;  id.  vol.  6,  605  M.  utrum  -a  .  .  an  sepulta. 

a.   alqm   (corpus   alieuius)  insepultum,  inhumatum:   libr. 
pontif.  ap.  Serv.  Aen.  12,  003  ut  qui  laqueo  vitam  finisset,  in- 

ArohiY  für  Ut.  Lexikogr.  IV.    Heft  3  4.  ^ 


538  Ph.  Thielmann: 

sepultus  abiceretur;  Sen.  contr.  8,  4  arg.  bis  homicida  ins.  abi- 
ciatur  (cf.  Quint.  decl.  299  arg.  p.  180,  3);  Ps.-Sen.  rem.  fort 
V  5.  6  p.  449  H;  Ps.-Quint.  decl.  niai.  4  arg.  qui  causas  volun- 
tariae  mortis  in  senatu  non  reddiderit,  ins.  abiciatar  (cf.  ib.  4, 9 
et  decr.  paras.  Aulul.  ed.  Peiper  p.  60,  20) ;  ib.  6  arg.  qui  in  cala- 
mitate  parentes  deseruerit,  ins.  abiciatur,  6,  11.  12  bis;  Vu1. 2 
Macc.  5,  10;  Lact  inst.  6,  6,  17  de  Pompeio;  lustin.  41,  6,  5;  Hier. 
yoI.  3,  1058d;  cf.  Lact.  inst.  6,  12,  27  iacere  inkumatum  atque 
-um;  Auson.  ep.  24  (72),  1  -a  inhumati  testa  hominis. 

22  quo?  Cic  Mil.  33  tu  (P.  Clodii  cruentum  cadaver)  in  publi- 
cum abiecisti,  Quint.  decl.  379  p.  423,  12;  Cic.  Mil.  90  in  curim 
(mortuum);  Phil.  11,  5  reliquum  corpus  in  tnarc,  lustin.  3,  3, 12. 
Ps.-Quint.  decl.  mai.  6  arg.  Modest,  dig.  28,  7,  27  pr.  bis.  Lact 
mort.  pers.  51,  2;  Plin.  n.  h.  8,  145  cadavere  in  Tiberim  -o,  Lampr. 
Heliog.  17,  2.  Nepotian.  1,4,  3;  Ps.-Quint.  decl.  mai.  6,  22  exanime 
corpus  in  fluctus;  Tac.  ann.  5,  9  corpora  in  Gemonias,  Suet.  Tib. 
75;  Plin.  ep.  3,  14,  2  (exanimem)  in  fervens  pavimentum;  Spart 
Sever.  11,  9  cadaver  in  Bhodanum;  Amm.  Marc.  14,  7,  16  corpora 
mortuorum  in  flumen;  —  Tac.  ann.  1,  29  corpora  extra  valltun  -a 
ostentui;  —  Cass.  var.  3,  19.  586d  dilecta  corpora  vilissimia  fo- 
veis  (dat.)  a. 

23  ubi?  Tac.  ann.  1,  22  responde,  Blaese,  ubi  cadaver  abieceris; 
—  dbiectas  =  iacens:  Plin.  n.  h.  8,  145  -i  in  gradibus  gemitoriis; 
Ps.-Quint.  decl.  mai.  6,  9  parum  celebri  loco;  Suet.  Nero  48  -i  in 
via  cadaveris;  —  Apul.  met.  9,  36  -a  per  agros  cadavera. 

cui?  (a.  =  obicere):  Ital.  2 Macc. 9, 15  laceratos  avibus  («ab 
av.)  .  .  a.  feris  bestiis;  Cass.  ps.  78,  3.  574d  ut  .  .  trucidatos  feris 
etiam  abicerent  insepxdtos;  id.  ib.  sepdire  .  .  volatilibus  caeli  a. 

24  3)  a.  tela,  arma:  a)  a.  tela  =  cniittere:  Caes.  b.  civ.  2,  34,6 
priusquam  telum  abici  [adici  Oud.,  adigi  Madv.]  posset;  ib.  3, 
56  (55),  2  telis  ex  vallo  -is  [adactis  Madv.]]  id.  b.  gall.  5,  48,  5 
tragulam  .  .  intra  munitionem  castrorum;  Stat.  Th.  8,  585  iactUum 
[adiecit  Bernart]]  =  fernere  vd  negley enter  emittere:  Liv.  2,  46,  3 
pilis  .  .  -is  temere  niagis  quam  emissis,  9,  13,  2;  9,  35,  3  proelium 
ineunt  adeo  raptim  et  avide7  ut  -is  missüibus  . .  stringerent  gladios. 

25  b)  arma  dbiciunt  ii7  qui  a  pugna  vel  a  caedis  consilio  desistunt 
aut  qui  militiae  se  subtrahunt:  Gl.  Quadr.  p.  216,  6P  arma  plerique 
abiciunt  atque  inermi  inlatebrant  sese;  Gic.  Deiot.  29  armorum 
non  dcponendorum,  sed  abiciendorum,  Phil.  8,  12.  Att  10,  8,  4. 
Caes.  b.  gall.  5,  37,  1.  Liv.  4,  29,  4.  34,  15,  7.  Sen.  ben.  5,  16, 5. 


Abicio,  abiectus,  abiecte.  589 

Tac.  tust.  4,  2.  Act  S.  Marceil.  1  p.  343,  6.  Itin.  Alex.  9.  Migne 
13,  478b.  Diom.  GLK  I  467,  4.  Aug.  ep.  138,  15  ut  abicerent 
arma  seque  omnino  militiae  subtraherent,  Isid.;  —  transl  Boeth. 
cona.  phil.  1,  2  p.  7,  5. 

Sollemnis  est  formula  arrnis  -is  (fugere,  se  dedere,  sim.): 
Cic.  ep.  6,  2,  2  armis  aut  condicione  positis  aut  defetigatione  -is; 
Gae8.  b.  gall.  4,  15,  1.  b.  Afr.  85,  4  (5)  armis  -is  in  regia  castra 
f*gcre7  Nep.  Chabr.  4,  3.  Liv.  5,  38,  8.  33,  17,  14  pars  armis  -is 
dediderunt  sese  victori,  35,  30,  5.  35,  36,  10;  cf.  Amm.  Marc.  17, 
18,  28  armorum  -o  munimine;  —  vel  -is  armis:  Caes.  b.  gall.  4, 
37,  4  hostes  -is  a.  terga  verterunt,  7,  28,  2.  Sali.  lug.  38,  7.  53,  3. 
Ov.  Pont.  2,  2,  79.  Liv.  4,  34,  3.  6,  8,  10.  10,  43,  8.  33,  15,  12. 
33,  18,  18.  36,  19,  3.  36,  24,  11.  44,  42,  1.  Val.  Max.  2,  10,  2. 
9,  2,  1.  Stak  Th.  9,  46.  Tac.  ter.  lustin.  Ampel.  Amm.  Marc.  bis. 
Heges.  Aug.  Astron.  vit.  Hlud.  44. 

Flor.  3,  6,  13  -is  tdis  (=  armis),  Paul.  Petr.  1,  161;  —  Liv.  26 
28,  3,  11  gladios,  23,  9,  13.  Vell.  2,  19,  3.  Val.  Max.  5,  9,  4;  — 
Val.  Max.  2,  10,  6  -o  ferro,  Suet.  Cal.  12.  Cass.  var.  3,  4.  577°;  — 
Cic  Tusc.  2,  54  ut  ignavus  miles  .  .  -o  scuto  fugiat;  transl  id. 
da  or.  2,  294  ut  non  modo  non  -o,  sed  ne  reiecto  quidem  scuto 
fugere  videar,  Att.  15,  29,  1.  Hier.  adv.  Rufin.  III  43,  570.  489b; 
—  Stat.  Th.  8, 164  clipeos,  Vu3.  2  reg.  1,  21.  Ambr.  de  off.  min.  1, 
40,  197  bis;  transl  Sulp.  Sev.  app.  1,  2  p.  220, 10  H.  Boeth.  cons 
phil.  1,  4,  17  p.  10;  —  Cic.  Mur.  45  iacet,  diffidit,  abiecit  hastas. 
(transl.;  cf.  nostrum  'die  Flinte  ins  Korn  werfen9)]  Heges.  1,  30, 104 

4)  a.  insignia  (regia,  militaria,  magistrcUuum):  Cic.  Sest.  58  27 
(Pompeius)  insigne  regium,  quod  ille  (Tigranes)  de  suo  capite 
abiecerat,  reposuit  (cf.  comm.  Beru.  Lucan.  87,  9);  id.  Plane.  98; 
Curt.  3, 11, 11  (de  Dareo)  insignibus  imperii  indecore  -is;  Frontin. 
2,  1,  14  (de  Mithridate  et  Tigrane))  Tac.  hist  1,  82  -is  militiae 
insignibus;  Apul.  apol.  75  ins.  dignitatis;  act.  S.  Sebast.  3,  9  = 
Ambr.  H  2.  1116b  victoriarum  vestrarum  ins.;  —  Prud.  psych. 
149  (Ira)  ebur  infelix  decorisque  . .  signa  abicit;  —  Sen.  Phoen.  274 
seeptrum;  —  Cic.  Phil.  2,  86  qui  imposuerit  diadema  .  .  qui  ab- 
iecerit  (cf.  §  85);  Val.  Max.  5,  1,  9  (de  Tigrane).  Oros.  6,  3,  7. 
Freculf  1,  6,  17;  —  Oros.  7,  29,  10  purpuras,  hist.  misc.  16,  11. 
Freculf  2,  4,  6;  —  Hier.  Hilar.  4,  23.  38b  amictu  capitis  -o;  Cic 
Pis.  74  detraetam  e  faseibus  m  lauream,  cf.  §  97  folia  laureae;  Stat 
Th.  2,  479  (de  legato)  ramum  precantis  olivae  abicit;  ib.  3,  567  -a 
inhonorus  fronde  sacerdos;  —  Val.  Max.  7,  3,  8  -o  honoris  prae- 

36* 


540  Ph.  Thielmann: 

texto;  id.  9,  3,  3  (nobiles)  anulos  aureos  sibimet  ipsis  et  phaleras 
equis  suis  detractas  abiecerunt,  Plin.  n.  h.  33,  18.  Flor*  4,  8, 9; 
—  Act.  S.  Marceil.  1  p.  343,  6  abiecit  vitem  (i.  e.  insigne  centmrio- 
num)]  Sulp.  Sev.  dial.  2,  11,  1  miles  quidani  cingtdum  .  .  mona- 
chum  professus  abiecerat. 

28  5)  a.  vestimenta  (cf.  Ambr.  enarr.  ps.  38,  22.  1100*  quod 
exspoliamur  abicimus,  quod  supervestimur  induimus):  Cic  Att4, 
2,  4  -a  toga  se  ad  generi  pedes  abiecit,  Yal.  Max.  4,  5,  3;  Sud 
Caes.  16  -a  praetexta;  Catull.  88,  2  -is  tunicis,  Ambr.  de  Is.  et  an. 
6,  52.  Aug.  43,  485,  55.  Isid.  de  ort.  et  obit  patr.  69;  Curt  3, 
12,  5  amiculum,  Apul.  mei  3,  20;  ib.  3,  24  -is  laciniis)  ib.  7,9 
-o  centunculo]  Gaudenk  20,  968b  M.  vestibus  suis  procul  -is;  Yn.1 
Ez.  26,  16  vestimenta  sua,  ib.  Ion.  3,  6;  Hier.  ep.  48,  4  paUium] 
Cassian.  coli.  6,  10,  7  indumentum;  Fructuos.  87,  1106*  M.  eingab 
simul  opertorioque  -o;  Valer.  87,  461*  -o  saeculari  habitu  («=  veste); 
Chrodeg.  89,  1082d  cakeamenta  -a;  Wandalb.  poet.  Gar.  II  612, 
252  -o  cothurno. 

29  6)  a.  onus,  sarcinam:  Cic.  Tusc.  2,  37  ut  (milites)  . .  -ü 
oneribus  expeditis  armis  . .  pugnare  possint;  Suei  Galb.  20.  Oros. 
4,  9,  8.  Paul.  Petr.  4,  484;  transl  Lact.  inst.  6,  12,  36  sequere 
(iustitiam)  -is  oneribus,  quae  te  premunt,  Ambr.  ü  2,  787*.  Mar. 
Merc.  var.  opusc.  1001. 

Sali.  lug.  91,  2  omnibus  sarcinis  -is;  Hör.  ep.  1,  13,  7  si  te 
forte  meae  gravis  uret  sarcina  chartae,  |  abicito  potius,  Amm. 
Marc  29,  5,  36.  Hier.  ep.  79,  4;  transl  Ambr.  de  Noe  et  arc  29, 
113  (anima)  velut  quandam  sarcinam  corporis  abicit,  Hier.  ep.  14, 
10;  Hier.  ep.  39,  1  sarcina  cartiis  -a,  id.  vit.  S.  Paul.  12°  26*.  Ps.- 
Aug.  salut.  doc.  40.  Ennod.  108,  30  V.  Greg.  Tut.  Mart  1,  22 
p.  600,  2.  Audoen.  87,  566°;  Aug.  ep.  73,  8  -is  sarcinis  saecuUm- 
bus)  Ennod.  232,  4  et  saepius. 

Gran.  Licin.  p.  22*,  16  videt  asellum  forte  -is  eibariis  [sie 
Bonn.,  clitellis  Bernays]  aquam  petere;  Apul.  mei  7,  21  (de 
asino)  stramentis  -is;  ib.  ligno  -o;  cf.  Iulian.  dig.  14,  2,  8  si  quis 
onere  pressus  in  viam  rem  abiecerit. 

30  7)  a.  iugum:  Hier.  Os.  I  4,  15  sq.  854°  vacca  lascmens  et 
abiciens  iugum;  transl.  ps.  2,  3  ap.  Teri  Marc  1,  21  abiciamus 
eorum  iugum  a  nobis,  Lact,  epii  66,  7;  Hier.  Os.  III  10,  11.  910* 
iug.  legis,  Max.  Taur.  57,  595*  Aegyptiae  servitutis,  Isid.  prooem.  45 
Christi,  Paul.  Diac.  h.  L.  4,  37  captivitatis. 

31  8)    abiciuntur  litterae  vel  syllabae  a)   e  fine  verborum: 


Abioio,  abiectm,  abiecte.  541 

Charis.  OLE  I  172,  38  si  secundae  personae  abicias  novissimam 
Htteram]  Priscian.  1,  27.  4,  28  abiciunt  (verba)  extremam  s  gene- 
tivi,  10,  49  -a  finali  s  {cf.  7,  89.  90.  93.  94.  9;  32.  22,  40  et  sae- 
pius)y  13,  9  -a  us  genetivorum,  22,  69  -a  re  extrema  syllaba; 
6LK  suppl.  66,  20  -a  ire  (syllaba);  -—  b)  e  mediis  verbis:  Prise. 
9,  52  finxi  fictum  et  pinxi  pictum  . .  euphoniae  causa  n  in  supino 
abiciunt,  10,  15.  23,  186.  207.  Albin.  GLK  VII  307,  17.  29. 
Guido  23  p.  465,  7  (civitas  Traiana)  nunc  quoque  -a  ia  syllaba 
Tiranas  vocatur. 

9)  a.  infantes  (catulos)  recens  natos  =  exponere:  Varr.  r.  r.  32 
2,  9,  12  seeundum  partum,  si  plures  (catuli)  sunt,  statim  eligere 
oportet  quos  habere  velis,  reliquos  abicere;  Sen.  contr.  10,  4  (33), 
16  aliqui  vernulas  aut  omine  infausto  editos  aut  corpore  invali- 
dos  abiciunt;  Stat.  Th.  6,  153  (146)  solis  in  arvis  (ubi?)  . .  ali- 
enos  partus;  Quint.  3,  7,  5  -us  (Romulus)  in  profluentem  =  Flor, 
1,  1,  2  [ubi  abiectus  IN,  iaetatus  B  Halm  lahn;  item  de  Bomtdo 
et  Bemo  Arnob.  4,  3  p.  143,  13.  Aur.  Vict.  or.  20,  2.  3.  4.  vir.  ilL 
1,  2];  Tac.  ann.  15,  47  bieipites  hominum  . .  partus  -i  in  publi- 
cum] Suei  Claud.  27  Claudiam  .  .  exponi  ad  matris  ianuam  et 
nudam  iussit  abici;  Gell.  12, 1,  6;  Paul.  dig.  25,  3,  4  necare  vide- 
tur  . .  is  qui  abicit  (partum)  et  qui  alimonia  denegat;  Ambr.  hex. 
5,  18,  58  pauperiores  abiciunt  parvulos  et  exponunt;  Cod.  Theod. 
5,  7,  1  qui  servos  aut  liberos  . .  domo  recens  natos  abiecerint; 
Greg.  Tur.  h.  Fr.  5,  22  p.  219,  12;  Cod.  lustin.  8,  51  (52),  3,  2 
eos  qui  ab  initio  infantes  abiecerunt  [falso  legitur  abegerunt] 
et  mortis  forte  spem  circa  eos  habuerunt;  Myth.  Vai  1,  22.  2, 
147.  184. 

B.  Translative.  33 

L  Abicere  =  proieere  (neglegetiter  vel  inutüiter).  1.  de  di- 
cendo  atque  scribendo:  Cic.  de  or.  3,  102  nunquam  agit  hunc 
versum  Roscius  eo  gestu,  quo  potest,  sed  abicit  prorsus;  id.  or. 
199  ponendus  est  ille  anibitus}  non  abiciendus  (cf.  lohn  ad  h.  /.); 
Sen.  ep.  114,  7  haec  verba  . .  tarn  neglegenter  -a. 

2«  a.  peeuniam,  impensam  (cf  nostrum  * verschleudern9  et 
Lact.  inst.  6, 12,  20  illa  largitio  hominum  patrimonia  sua  in  mare 
abicientium  inanis  et  levis):  Cic.  Tüll.  15  peeuniam  . .  dum  vult 
in  praedio  ponere,  non  posuit9  sed  abiecit,  Afric.  dig.  38,  5,  10; 
Vitruv.  10  praef.  2  p.  243,  4  inpensa  -a;  —  a.  rem  =  rem  male 
vendere:  PI.  most.  906  R  =  893  nunquam  edepol  ego  me  scio  | 
vidi8se  usquam  -as  aedis  nisi  modo  hasce;  Ter.  ad.  744  (psaltria) 


542  Ph.  Thielmann: 

aliquo  abiciendast,  si  non  pretio,  gratiis;  Phaedr.  4,  5,  41  sq. 
deformis  cultum  vendet  .  .  agros  abiciet  moecha;  Iayol.  dig.  17, 
1,  36,  1  si  exiguo  pretio  hi  . .  rem  a.  cogerentur;  cf.  Hör.  sat.  1, 
3,  131  omni  -o  instrumenta  artis,  qtiod  Porphyrio  itUerpretahr: 
quamvis  .  .  omne  instrumentum  sutrinae  vendiderit. 

34  3.  a.  =  omittere  dimittere  deponere  relinquere  amittere  remm- 
tiare.  Transitum  a  propria  notione  facit  locutio  a.  (e  manibus) 
gubernaculum  (imperii,  rei  publicae):  Cic.  Att  2,  7,  4.  Val.  Max. 
7,  6,  1.  Lact.  mort.  pers.  18,  4;  cf  a.  clavum  Arnob.  3,  11 
p.  119,  17. 

a.  Cic.  Att.  13,  31,  3  obsecro,  abiciamus  ista;  ib.  13,  47  a  ex- 
templo  institnta  omisi,  ea  quae  in  manibus  habebam,  abieci;  off. 

I,  154  ut  . .  non  illa  omnia  relinquat  atque  abiciat;  —  Cic  Att 
7,  3,  2  non  dubitabo  rem  tantam  a.,  Mur.  45;  ib.  48  deposita  at- 
que -a  Petitionen  Plane.  100  -a  quaestoria  persona  comitisque 
sumpta-,  ep.  9,  20,  1  commentabionem  catisarum;  ib.  13,  1,  3  illam 
aedificationeni,  Cael.  ep.  8,  11,  3  ceteras  suas  actiones\  Liv.  3, 31,7 
-a  lege]  Hör.  ep.  2,  2,  141  -is  nugis;  Sen.  Troad.  200  ventus  ab- 
iecit  minas\  Petron.  21  lassitudiyie  -a;  Apul.  mei  4,  5  dolis  -ia; 
Amm.  Marc.  23,  6,  75  morem,  Cass.  var.  1,  31.  529b;  —  Rufin. 
hist.  eccl.  1,  6  militiam,  Vict.  Vit.  2,  23;  act  S.  Marcell.  5  p.  344, 
10  -o  publice  sacramento  (sc.  militis). 

35  Cic.  Cat.  2,  14  si  L.  Catilina  .  .  consilium  belli  faciendi  ab* 
iecerit,  Pbil.  13,  19  c.  referendi  ad  senatum  de  Caesare,  Att  5, 

II,  6  aedificandi  c,  ib.  16,  7,  1  c.  profectionis,  Liv.  28,  34,3. 
35,  43,  1.  36,  27,  2.  ApuL  mei  3,  16;  cf,  Cic.  Att.  8,  12,  5  cd- 
culos]  —  Cic.  de  or.  2,  142  voluntatem  discendi,  Rufin.  Cassian.; 
Cic.  ep.  4,  7,  2  certandi  cupiditatem,  Amm.  Marc.  19,  6,  2;  Cic 
ep.  9,  20,  1  cogitationem  de  dicenda  in  senatu  seilten  tia,  Symm. 
ep.  2,  17,  2  Baianas  cogitationes,  Cassiod.;  Cic.  Att.  9,  11,  4  nun- 
tiant (Pompeium)  Aegyptum  . .  cogitare,  Hispaniam  (i.  e.  cogita- 
tionem Hispaniae)  abiecisse,  ep.  9,  15,  5  domum  Sullanam  de- 
sperabam  iam  . .  sed  tarnen  non  abieci. 

Cic.  leg.  agr.  3,  2  ut  eam  (bonam  de  me  opinionem)  . .  hoc 
ipso  in  loco  depositam  atque  -am  relinquatis;  id.  Phil.  1,  30  me- 
moria»* veteris  doloris,  ib.  8,  32.  Arnob.  7,  33  p.  266,  19.  En- 
nod.  229,  24  V. 

36  Cic.  Verr.  III,  59  socii  .  .  sptm  oninium  .  •  abiecenmt  rerum 
ac  fortunarum  suarum,  D.  Brut.  ep.  11,  11,  1.  Balb.  ep.  ad  Att 
9,  7  B,  2.  Liv.  9,  21,  6.   Tac.  ann.  16,  11.   Suet  Claud.  5.   Ambr. 


Abicio,  abiectus,  abiecte.  543 

Oros.  efe;  Cic  Phil.  2,  77  amorem,  Suet.  Claud.  36;  Val.  Max.  2, 

2,  1  -a  privata  caritate;  Amm.  Marc.  29,  6,  16  -a  pugnandi  fidth 
da,  30,  8,  5.  31,  3,  3;  Porpb.  epist.  2,  1,  177  si  non  laudatur 
(poeta),  et  animum  et  artem  abicit,  Ambr.  hex.  4,  8,  31. 

Oic.  ep.  9,  20,  1  omnem  nostram  de  re  publica  cwram..  37 
abiecimus,  ib.  9,  24,  4  c.  rei  publicae  (=  Suet.  Tib.  41.  Aur. 
Viel  Caes.  39,  48),  Sen.  ben.  7,  14,  6  c.  referendae  gratiae,  Plin. 
n.  h.  21,  80.  Rufin.  August.  Petr.  Chrys.  Greg.  Tur.  IsicL;  Cic. 
Tu8C  3,  27  hanc  {aegritudmem)  nisi  exuimus  sie,  ut  abiciainus; 
Cassian.  coli.  19,  5,  2  -a  sollicitudine;  Cic.  Tusc.  3,  66  dolorem, 
ep.  5,  13,  3.  Att  11,  21,  1.  Cassiod.;  Val.  Max.  2,  6,  14  in  lucti- 
bus  abiciendis,  Apul.  met  8,  13  abicite  lacrimas,  abicite  luctum; 
—  Cic.  ep.  10,  6,  3  in  -o  armorum  . .  metu,  Iul.  Val.  1,  60  (43). 

3,  62  (22).  Aug.  Cassiod.  Gild.;  Cic.  ep.  11,  21,  4  timorem,  Val. 
Max.  8, 11,  2.  Maxim.  Taur.  Cassiod.  Isid.  Paul.  Diac.  Rab.  Maur.; 
Hier.  3,  1423°  M.  pavorem,  Ennod.  Script  Lang.  581,  25;  —  Cic. 
oft  1,  72  -a  omni  eunetatione;  Sen.  Thyest.  431  ira  frater  -a 
redit,  Arnob.  7,  36  p.  270,  6.  Paul.  Petr.  3,  240;  Cass.  var.  10,  31. 
820b  suspiciones,  bist  tr.  2,  17.  935d. 

dbicere  c.  inf.  =  desistere:  Ambr.  II  2,  745d  depositio,  in  qua 
coneupiscere  abieimus,  cessamus  delinquere,  peccare  desinimus. 

b.  Notandae  sunt  locutiones  hae:  1)  a.  res  pretiosas  velSS 
gratas  =  renuntiare  amittere.  Transitum  a  propria  notione  fa~ 
ckmt  hei  hi:  Val.  Max.  9,  1,  2  amplissimum  patritnonium  tam- 
quam  amaram  aliquam  sarcinam  .  .  a.  cupientem;  Apul.  flor.  14 
Grates  . .  in  forum  exsilit,  rem  familiärem  abicit  (item  de  Cratete: 
Apul.  apol.  22  divitiis  -is,  liier,  ep.  58,  2;  de  Aristippo  Porpb.  sat. 
2,  3,  100  peeuniam). 

Att.  trag.  549  p.  207  -a  gloria,  Cic.  de  or.  2,  210  totam  (glo- 
riam)  a.  atque  deponerc\  id.  ep.  9,  16,  3  famam  ingenii,  Iordan. 
Get  227  p.  116,  8;  Cic.  Mil.  94  qui  omnem  auetoritatem  Clodianis 
armis  abiecerant;  —  Cic.  Att.  9,  7,  5  triumphum  (cf.  ib.  6,  9,  2 
et  Cael.  ep.  8,  6,  1  triumphi  postulationem);  —  Cic.  Plane.  79 
multo  citius  meam  salutein  pro  te  abiecero;  Att.  3,  19,  1  nus- 
quam  facilius  hanc  miserrimam  vitam  . .  abiecero,  Aug.  ep.  155,  3. 
Freculf  2,  1,  12;  Petron.  74  aliquis  in  vicinia  animam  abiciei 

Cic.  Rab.  Post.  56  erat  aut  pallium  sumendum  Alexandriae  . .  39 
aut  omnes  fortunae  abiciendae;  Cypr.  dorn.  or.  19  saeculo  renun- 
tiavimus  et  divitias  eius  et  pompas  . .  abiecimus,  Aug.  ep.  130,  8. 
Cass.  ps.  118,  14.  841c;   Lact,  inst  1,  1,  4  abiccisse  quosdam  res 


544  Ph.  Thielmann: 

familiäres  suas  et  renuntiasse  universis  voluptatibus  constat;  Sulp. 
Sev.  Mart.  25,  4  summis  opibus  -is;  Cassiao.  substanüas,  pecunias, 
faeultates. 

Plin.  pan.  65  qui  paucolis  diebus  gestum  consulatum  . .  abi- 
ciebant  per  edictum;  Heges.  1, 44,  177  regnum;  Sulp.  Sev.  chron. 
2,  5,  5  potestate  regia  -a;  Oros.  7,  28,  6  Imperium;  cf.  Salv.  gab. 
d.  2,  4,  19  David  .  .  totum  regem  (i.  e.  regiam  dignüatem)  cum 
ornatibus  suis  abicit. 

Lact.  inst.  6,  21,  7  qui  veritati  studet  .  . ,  abiciat  inimicas 
ac  noxias  voluptates,  epii  72,  23.  Ambr.  II  2.  800*  cuius  (mundi) 
pompas  et  voluntates  [scrib.  voluptates]  iam  tunc  nos  amisinm 
et  abiecimus,  Rufin.  bist.  mon.  1;  Hier.  ep.  39,  4  -is  calcatisque 
deliciis. 

40  2)  a.  virtutes  =  deponere  exuere:  Cic.  Lig.  16  suam  citiua 
abiciet  humanitatetn;  off.  1,  102  relinquunt  et  abiciunt  oboedientiam, 
Einh.  ep.  7;  Sen.  dial.  5,  6,  2  quidquid  in  se  verecundi  habuit, 
Leo  M.  ep.  22a  3.  730b  verecundiam;  Lact.  inst.  4,  11,  7  iusÜHam; 
ib.  5,  6,  9  pietatetn;  Iulian.  ap.  Aug.  c.  Iulian.  5,  3,  9  pudicitiam; 
cf.  Sen.  clem.  1,  25,  1  -o  homine  (i.  e.  ~a  humanitate)  in  silvestre 
animal  transire. 

41  3)  a.  (a  se)  vitia:  PI.  merc.  851  superbiam,  Ambr.  II  2.  698b. 
Cass.  ps.  74  concl.  540°;  Sen.  contr.  2  praef.  2  luxuriam;  Vu*. 
Jacob.  1,  21  omnem  immunditiam;  Fast.  Herrn,  mand.  1,  2  p.  73,3 
abicies  a  te  omnein  nequitiam;  Cypr.  zel.  et  liv.  17  omnem  maii- 
tiam;  Ps.-Cypr.  aleat.  11  abice  abs  te  furaces  mores;  Arnob.  6, 
24  p.  235,  7  asperitatem;  Iul.  Val.  1,  50  (39)  arrogantiam;  Hilar. 
ps.  118,  I  14a  perversitatem;  Aug.  39,  1978,  7  M.  mollitiem;  ib. 
1978,  60  invidiam;  Cass.  coli.  5,  18,  2  gulae  et  carnis  concupi- 
scentiam;  Petr.  Chrys.  52, 627°  avaritiam;  Leo  M.  serm.  32,  4  men- 
dacia;  Cass.  var.  1,  31.  530*  furores;  ib.  3,  17.  585b  exuite  bar- 
bariem,  abicite  mentiuin  crwdelitatem;  Rab.  Maur.  4, 114°  a  vobis 
odium. 

42  4.  a.  =  reicere  neglegere  despicere  contemnere  spernere  respuere 
repudiare  improbare  deserere.  Abiecit:  eontemnit  lib.  gloss.  Aug. 
qu.  in  hept.  7,  49,  25  abicientes  id  est  contemnentes.  Isid.  diff. 
I  18  abicitur  quod  in  despectione  est  et  neglectum.  Transäum 
a  propria  notione  facit  hcutio  a.  librum:  Cic.  Tusc.  3,  44  totus 
liber  potius  abiciundus  (est)  et  saepius;  cf.  Quint.  10,  3,  28  Codices. 

a.  a.  quid?  Turpil.  164  p.  105  R  nuptias  abieci;  Cic.  Verr. 
3,  95  dignitatem   ordinis   contemptam  et  -am,   Mur.  25;   Süll.  65 


Abicio,  abiectus,  abiecte.  545 

quae  (lex)  tota  a  me  reprehensa  et  -a  est;  Plane.  9  labores  tuos 
fractos  esse  et  -os  et  repudiatos  pntas?;  off.  3,  97  istam  (trän- 
quillitatem)  contemnendam  et  abiciendam;  Att.6, 1,8  iyxeXevö^ata 
illa  tua;  Plin.  pan.  76  omnia  consularia  officia  a.  neglegere  con- 
temnere  solebat;  Gell.  12,  5,  10  avakyrjöia  imprdbaia  -aque  est, 
19,  1,  18  rag  xoiuvxag  tpavraöfag  non  adpröbat,  sed  abicit  re- 
spuitque;  Vu1.  sap.  3,  11  diseiplinam,  ib.  eceli.  6,  24  ne  abicias 
consilium  meum;  Iren.  4,  37,  1  abicientes  bonum  et  quasi  re- 
spuentes;  Arnob.  1,  59  p.  40,  12  sermonis  eultum;  Lact.  inst.  3,8, 
40  virtutem  (cf.  ir.  19,  5);  id.  ir.  1,  7  doctrinam  contempsü  derisit 
abiecit;  Avien.  or.  mar.  446  (litus)  vaeuum  incolarum  nunc  et  -i 
8oli  (=neglecti  derelicti;  cf.  id.  descr.  orb.  1387  caespitis  -i); 
Ambr.  II  2.  237*  coniugia  inutilia  et  abicienda;  ib.  1114b  quod 
canitiem  patimini  patris  a.;  Hier.  ep.  51,  5  p.  523  illas  praestigias 
qui8  non  . .  abiciat  atque  contemnat;  id.  in  Arnos  III  6,  2  sq.  1060° 
alterum  abicitur,  alterum  comprobatur;  Aug.  civ.  d.  6,  8  p.  261, 
32  D  tbeologia  fabulosa  . .  reprehenditur  abicitur  imprdbatur,  c. 
Iulian.  1,  7,  35  laudes  Pelagianorum,  ep.  120,  13  quidquid  tibi 
. .  oecurrerit,  obige  abnue  nega  respue  abice  fuge  (cf.  ep.  130,  27), 
qu.  in  hept.  7,  30  panis  hordeaceus  quamvis  sit  in  comparatione 
triticei  panis  abiciendus;  Cass.  coli.  17,  16,  1  testimonia  scrip- 
turarum;  Dar.  Phr.  24  p.  29,  2  muliebria  verba;  Cass.  var.  4,  14. 
621*  iussa  nostra;  Paul.  Diac.  95,  1222b  laudes  illas;  aneed.  Helv. 
6LE  suppl.  87,  1  ablativum;  schol.  luv.  3,  56  quae  praemia  de- 
ponere  debeas  i.  e.  abicere  et  neglegere. 

ß.  quem?  Cic.  leg.  agr.  2,  93  quem  hominem  . .  Romae  con~  43 
temptum  atque  -um  videbamus,  Pis.  99  -um  contemptum  despectum 
a  ceteris,  fin.  2,  35  Pyrrho,  Aristo,  Erillus  iam  diu  -i,  Acad.  2, 
130;  Val.  Max.  8,  5,  5M.  Cicero  . .  nonne  . .  testis  -us  est?;  Hilar. 
ps.  122,  13  B  non  abiciamus  humilem;  Vu3.  Ies.  66,  5  fratres 
vestri  odientes  vos  et  abicientes;  Aug.  civ.  d.  10,  28  p.  446,  32 
spretis  atque  -is  infimis,  conf.  10,  2,  2  ut  . .  abiciam  me  atque 
eligam  te;  Boeth.  cons.  phil.  3,  8  p.  65,  12  quis  non  spernat  atque 
abiciat  vilissimae  .  .  rei  corporis  servum?;  Paul.  Diac.  95,  1297d 
more  bominum,  qui  quos  abiciunt  nescire  sc  dieunt;  —  abiectus 
cui?  Ps.-Cypr.  laud.  mart.  28  Christus  -us  est  saeculo,  sicut  et 
saeculum  Christo. 

b.  Notandae  sunt  locidiones   cc.  a.  condicionem,  querelam,  44 
munus,  preces  vel  alqm  precantem:   Ulp.  dig.  18,  2,  9  meliorem 
condicionem   oblatam    a.;    Rufin.  apol.  ad  Anast.  6  utrum    reeipi 


546  Pb.  Thielmann: 

debeat  querimonia  aut  abici;  Cass.  ps.  14,  11.  lllb  si  omne  mwm 
abici  voluisset;  Greg.  M.  dial.  3,  26  öblationes  sprevit  atque  abie- 
cit;  —  Vu1.  eccli.  4,  4  rogationem  contribulati;  Cass.  ps.  73,  22. 
534d  ne  abiciat  (Dominus)  preces  eorum  qui  ad  ipsum  . .  clamare 
noscuntur;  id.  ps.  25,  19.  182*  pie  supplicantes,  ps.  129,  2.  940b. 
ß.  a.  atnicos,  sectatores  (cf  nostrum  fallen  lassen):  Cicleg. 
1,  49  qui  (amicns),  etiam  deserendus  et  abiciendus  est  desperatis 
emolumentis;  ep.  1,  5b,  2  cum  intellegat  . .  desertutn  se  atque  -um 
fore;  Q.  fr.  3,  8,  3  Scaurum  iam  pridem  Pompeius  abiecit;  Ov. 
Pont.  2,  3,  37  turpe  putas  abici  [al.  abigi],  quia  sit  miserandus, 
amicum. 

45  II.  Abicere  =»  a.  ad  terram,  humi  prosternere  (cf.  §  7.  12.  15). 
1«  a.  =  affligere,  perdere,  evertere,  (opes  cdcius)  frangere. 
quid?   Cic.  Att.  1,  18,  3  (ille   annus)    senatos    auctoritatem 

abiecit  (=perdidit);  Aug.  c.  Julian.  2,  10,  37  insidias  tamquam 
caput  colubri  calcavit,  obtrivit,  abiecit;  Petr.  Chrys.  52,371b  abicit 
vires,  membra  dissolvit. 

quem?  Att.  595  p.  213  R  a  fortuna  opibusque  omnibus  | 
desertum  -um  afflictum;  Cic.  Verr.  3,  103  Cetarinos,  Acherinos . . 
omnino  -os  esse  ac  perditos,  Cat.  2,  2  iacet  ille  nunc  prostratus 
et  se  perculsum  atque  -um  esse  sentit,  Mur.  58  noluerunt  .  .  ita 
quemquam  cadere  in  iudicio,  ut  nimiis  adversarii  viribus  -us 
videretur,  Mil.  56  (Mars)  saepe  spoliantera  iam  . .  eyertit  et  per- 
culit  ab  -o,  ep.  4,  13,  1  ipse  pari  fortuna  -us  aliorum  opibus 
casus  meos  sustentabam,  ib.  10,  12,  4  quanta  contentione  Titium 
intercessorem  abiecerim;  ib.  11,  18,  3  velim  equidem  ..  ut  plane 
-us  et  fractus  sit  Antonius;  Nep.  Att.  8,  6  -o  Bruto;  Val.  Max. 
3,  2  ext.  5  civitas  Spartana  iacet  armis  nostris  a,  5,  1,  8  hostem 
a.,  8,  1  abs.  7  inimicum;  Vu3.  prov.  11,  17  qui  crudelis  est,  etiam 
propinquos  abicit  (i$oXXvsi). 

46  2#  a.  alqm  {animum,  tncntetn  aleius)  =  frangere,  dcbilitare 
animum  alcius:  poet.  vet.  ap.  Sen.  clem.  2,  5,  5  maeror  contundit 
mentes,  abicit,  contrahit;  Cic.  Cat.  3,  10  Cethegus  .  .  recitatis 
litteris  debilitotus  atque  -us  . .  conticuit,  ib.  4,  3  exanimata  uxor 
et  -a  rnetu  filia,  dorn.  25  civitatem  .  .  -am  metu,  rep.  2,  68  -as 
timiditate  et  ignavia,  ep.  4,  7,  2  victi  sumus  aut  . .  fraeti  certe  et 
-i;  Quint.  1,  3,  16  pudor  frangit  animum  et  abicit;  Sen.  monii 
16  ed.  Woelffl.  ne  abiciat  te  calamitas. 

Se  a.  =  animo  cadere:  Cic.  Tusc.  2,  54  sie  qui  doloris  speciem 
ferre   non  possunt,    abiciunt  se   atque   ita   adflicti    et   exanimati 


Abicio,  abiectus,  abiecte.  547 

iacent;  Aug.  ep.  130,  26  ne  forte  . .  se  abiciat  et  de  divina  erga 
se  miseratione  desperet,  de  anim.  3,  14,  21  te  abiciendo  ac  de- 
sperando. 

3.  o.  ™  deorsum  premere,  ad  inferiorem  gradum  reicere,  htimi-  47 
liare,  extenuare. 

a.  a.  —  deorsum  premere  (cf.  §  7.  13):  Cic.  Lael.  32  qui 
suas  omnes  cogitationes  abiecerunt  in  rem  tarn  humilem  tamqne 
contemptam. 

b.  a.—*humiliare.  a.  quem?  Vus.  thren.  3,  33  non  humi- 
liavit  . .  et  abiecit  filios  hominum,  ib.  3,  32;  Cod.  Theod.  9,  42,  5 
si  per  egestatem  -i  sunt  in  faecem  vilitatemque  plebeiam;  Boeth. 
cons.  phil.  3,  9  p.  69,  53  quem  vilitas  abicit. 

ß.  se  a.:  Cic.  parad.  14  sie  te  ipse  abicies  atque  prosternes 
ut  nihil  inter  te  atque  inter  quadripedem  aliquam  putes  interesse?; 
Ang.  enarr.  ps.  21,  II  7  =  174,  5  quare  sie  se  abiecit,  ut  diceret 
vermis?;  id.  43,  347  M.  me  vero  humiliabo  et  abiciaru,  46,  847 
quantum  (Ioannes)  se  abicit,  videte,  qu.  in  hept.  7,  37  David  ut 
se  tamquam  contemptibilem  abiceret,  canem  se  appellavit,  Ioann. 
ev.  4,  9  qnantum  se  abiecit!  et  ideo  multura  elevatus  est,  ad  fratr. 
in  er.  61  qui  . .  semper  se  abicit  et  cont&nnit;  Greg.  Tur.  vit. 
patr.  2  pr.  p.  668,  15  dominum  caelorum  .  .  non  -um  ad  humili- 
tatem,  sed  humiliatum  ad  mundi  redemptionem. 

c.  a.  alqd  (alqm)  =  verbis  vel  oratione  extenuare,  elevarefA8 
cofUemptum  facere;  opp.  augere,  tollere ,  exornare.  quid?  Cic.  de 
or.  3,  104  non  solum  ad  augendum  aliquid  et  töllendum  altius 
dicendo,  sed  etiam  ad  extemiandum  atque  abiciendum,  orat.  127 
augendis  rebus  et  contra  abiciendis,  Tusc.  5,  51  exaggerantem 
tanto  opere  virtutem,  extenuantem  cetera  et  abicientem;  Catull. 
24,  9  hoc  tu  quamlibet  abice  elevaque)  Sen.  ep.  75,  2  quos  (sen- 
sus  meos)  nee  exornassem  nee  abiecissem;  Fortun.  rhet.  p.  127,  5 

H  ut  augeas,  ut  abicias;  schol.  Bob.  265,  13  quae  omnia  . .  quam 
eleganter  elevet  et  abiciat  M.  Tullius,  consideremus. 

quem?  Jul.  Rufin.  61,  28  H  cum  adversarium  . .  extollimus 
vel  abieimus;  schol.  Bob.  363,  33  quem  (Torquatum)  despiciendo 
plus  abicit  (Cicero)  et  humillimum  facit. 

III,  Abicere  =  removere,  prohibere,  expellere,  exeludere,  obigere  49 
(cf.  §  17  sqq.). 

a.  Vul.  eceli.  27,  25  annuens  oculo  fabricat  iniqua  et  nemo 
eum  abiciet  (aito<5zri<fE v) ;  Hier.  ep.  54,  9  quod  foris  est,  facile 
abicitur  {opp.  libido  insita);  Greg.  M.  78,  232°  infestatio  immundi 


548  Ph.  Thielmann: 

Spiritus  abiciatur;  Paul.  D.  95,  1349b  nee  amorem  proximi  abiciat 
amor  Dei. 

unde?  Ps.-Quint.  decl.  mai.  17,  10  a  earitate  exclusus,  -us 
sum;  Arnob.  1,  59  p.  39,  23  abiciamus  ex  usibus  nostris  quo- 
rundam  fructuuin  genera;  Leo  M.  app.  56,  531*  ut  (Marcianus) 
totam  falsitatis  noxam  a  grege  suo  abiciat;  decr.  Leon.  5.  67, 
280b  a  nostris  ovibus  morbus  abicitur.  Ecdesiastici  plerumque 
sernumis  sunt  locutiones  a.  ab  auribus,  ex  (a,  de)  cor  de  -ibus, 
ex  animOy  de  mentibus:  Aug.  c.  Iulian.  5,  6,  24  abicerent  ab 
auribiis  suis  libidinis  vituperationein;  Ambr.  paen.  1,  11,  52  qui 
penitus  Deuin  ex  suo  corde  abicit,  Aug.  38,  518  M.  ep.  194,  8. 
Mansi  concil.  I  628  B  14.  Cassiod.  Rab.  Maur.;  Heges.  1,  37,  79 
ita  omnes  (mulieres)  ex  animo  abiecerit,  Aug.  de  anim.  3,  15,  23. 
conf.  5,  14,  25.  ep.  69,  2.  Hilar.  vit.  4  vol.  50,  1226\  Cassiod. 
(Ps.-Acro  epist.  1, 10,24);  Hier.  Ion.  3, 6  sq.  1142*  hoc  de  mentibus 
abiciamus,  Petr.  Chrys.  52, 521°.  Cass.  ps.  13, 12. 106d.  ps.55, 10. 398d. 

50  b.  Notandae  sunt  locutiones:  1)  a.  aiqm  ex  coetu  alqo  vel 
societate  —  exeludere:  Ps.-Tert.  carm.  adv.  Marc  1,  70  -os  a 
plebe  Dei;  Vu3.  1  Esdr.  10,  8  ipse  abicietur  de  coetu  transmigra- 
tionis;  ib.  Dan.  4,  30  (Nabuchodonosor)  ex  hominibus  -us  est; 
Aug.  enarr.  ps.  10,  11.  137,  23  ut  a  coetu  beatorum  abiciantur; 
Gelas.  frgm.  49  (Thiel)  -us  ab  omni  conventu  .  .  fidelium;  Vict. 
Vit.  3,  53  quos  abiecistis  a  facie  omnium  populorum;  Paul  D. 
95,  734b  infelici  mihi  -o  a  populo. 

51  2)  a.  propinquos  =  eicere  domo,  abdicare,  repudiare.  Non. 
450,  27  abdicare  .  .  quod  est  familia  abicere. 

cc.  filioSy  filias,  liberos:  Sen.  Phoen.  258  quem  deus 
damnavit,  abiecit  pater;  Ps.-Quint.  decl.  mai.  17,  6  ego  osculor 
illas  expellentis  (patris)  manus,  ego  abicientis  genua  teneo;  Lact 
inst.  6,  24,  3  liberos  nostros  .  .  abdicatos  -osque;  Hier.  Tit.  698, 
565°  filios;  id.  Mal.  2,  10  sq.  1559b  filias;  Myth.  Vai  1,  23;  schol. 
Gronov.  428,  4;  —  cf.  Isid.  or.  12,  7,  11  si  quos  (pullos  aquila) 
inflectere  obtutum  (viderit),  quasi  degeneres  abicit. 

ß.  parentes,  fratres:  Ps.-Cypr.  sing.  cler.  33  si  de  abiciendis 
parentibus  dubitantes  indigni  sunt  Christo;  Aug.  qu.  in  hept.  7, 
49,  21  in  Ioseph,  quem  fratres  vendentes  abiecerunt. 

y.  uxorem  (cf.  a  toro  a.  Leo  M.  ep.  167,  6  etc.):  Iul.  Val.  1,4 
quia  (Philippus)  .  .  -a  me  (Olympiade)  velit  in  alteram  trans- 
migrare,  1,  6  Mai  (=  1,  22  Mueller)]  Aur.  Vict.  epit.  1,  23  -a 
uxore  Scribonia,  39,  2;  Hilar.  Matth.  1,  3  B  Ioseph  volenti  eam 


Abicio,  abiectue,  abiecte.  549 

(Mariam)  a.;  Ambr.  II  2.  241*.  1116'  uxores  abicitis,  filios  ab- 
dicatis;  Hieron.  Os.  I  2,  2  sq.  830b  iam  repudiata  est  (uxor),  iain 
-a  est,  Mal.  2,  10 sq.  1559».  Vu3.  Ies.  54,  6;  Aug.  6,  457.  458. 
42,  61,  11.  qu.  in  hept.  4,  59,  2;  Oros.  5,  10,  6  is  (Ptolemaeus) 
sororem  suam  .  .  in  matriinonium  receptam  .  .  turpius  quam 
duxit  abiecit;  Can.  apost.  6.  67,  141d;  Cass.  bist.  tr.  8,  11.  1118* 
Iustinam  ducere  tractabat  uxorem,  non  tarnen  Severam  a.  (cf. 
hist  misc.  12,  10);  Greg.  M.  epist.  7,  lc.  Freoulf  1,  6,  6.  2,  4, 
14;  —  cf  Ion.  vit.  Columb.  87,  1029c  -is  concubinis. 

3)  a.  alqm  magistratu,  dignitatc,  honore  {absetzen).  52 

a.  clericos,  abbates,  cpiscopos:  Hilar.  frgm.  XI  4C  a  sede 
sacerdotii  abicientur;  Amin.  Marc.  15,  7,9  a,  sede  sacerdotali; 
Ps,-Aug.  ver.  et  fals.  paenit.  20,  36  pontifex  iustus  .  .  non  cogi- 
tur  sacerdotes  suos  semper  a.  nee  mox  restiiuere;  Leo  M.  app. 
56,  (>23b.  710°  si  quis  episcopus  vacans  ecclesiam  vacantem  ar- 
ripiendam  esse  crediderit,  hunc  abici  oportet,  ib.  56,  409b.  410*. 
438*  hi  (diaconi,  qui  ad  nuptias  convenerint)  a  minister  io  abici - 
antur;  Cod.  Theod.  16,  2,  35  omnibus  -is  .  .  sacerdotio  personis; 
Can.  apost.  20.  67,  143d  clericus  fideiussionibus  inserviens  abicia- 
tnr,  ib.  23  tit  67,  144*  ut  clericus  qui  se  eunuchizavit  abiciatur 
a  clero;  Cass.  hist.  tr.  11,  8.  1191d  Isdigerdes  Persarum  rex  .  . 
Marutham  (episcopum)  a.  cogitabat;  Cap.  Caroli  M.  195,  6  si  ab- 
bates  .  .  sine  regula  vivere  .  .  inventi  fuerint,  .  .  abiciantur,  Eigil. 
▼it.  Sturm.  17. 

ß.  reges,  prineipes:  Aug.  civ.  d.  17,  4  p.  203,  4  Säule  -o 
rex  David  fundatus;  Greg.  M.  I  reg.  6,  2,  35  cum  -o  rege,  6,  3,  2 
reprobi  et  -i  regis  (Saulis);  Gild.  71;  Agnell.  101  p.  344,  23  W 
qui  (Smaragdus)  postea  ab  honore  patriciatus  a  Gallinico  -us  est. 

y.  milites:  Amm.  Marc.  25, 1, 9  -i  sunt  sacramento  alii  quattuor 
.  .  vexillationum  tribuni;  Cod.  Theod.  8,  8,  9  absolutus  cingulo 
müitia  abicietur. 

d.  Cod.  Theod.  6,  30,  15  his  -is  de  officio  palatino. 

IV.  Ecclesiastici  sermonis  propriae  sunt  significativncs  JiaeöS 
partim  ad  expellendi  partim  ad  spernmdi  notionetn  referendac: 

1)  De  Deo  patre  (Christo),  qui  impios  homines  vel  populos 
spernit,  condemnat,  a  caeli  regno  excludit.  Cf.  §  51a  et  Hier.  Os. 
III  14,  2  sq.  943*  placabit  patretn  (Deum),  a  quo  fuerat  -us. 

Teri  carn.  Chr.  17  (Eva)  ut  -a  (sc.  a  Deo)  pareret,  adv.  Marc. 
1,  27.  2,  4;  lerem.  7,  29  ap.  Iren.  4,  36,  2  reprobavit  Dominus  et 
abiecit  gentem  facientem  haec;  Ps.-Cypr.  adv.  lud.  7  (Iudaei)  cae- 


550  Pb.  Thielmann: 

lesti  (regno)  -i  sunt;  Lact.  inst.  2,  17,  10  Spiritus  .  .  condemnati 
et  -i  a  Deo;  Ambr.  paenit.  1,  1,  3  reficit  Dominus  Iestis,  non  ex- 
cludit  neque  abicit,  id.  II  2.  154b  eos  qui  Israelitae  dicebantnr, 
propter  quod  inoboedientes  erant,  ut  inimicos  abiciendos,  ib. 
158d.  219a  Dominus  Iudaui,  cum  für  esset  .  .,  minime  abiecit» 
385b;  Hier.  ep.  120,  X  p.  998.  Os.  I  1,  8  sq.  827b  ut  Israel  abicia- 
tur  [cd.  abdicetur]  in  perpetuum,  ib.  I  2,  2  sq.  831*  baeretici  qui 
-i  sunt  a  Domino,  Zach.  I  1,  17.  1427b  Sion  et  Ierusalem,  quas 
abiecerat,  Vus.  Ies.  41,  9  servus  meus  es  tu,  elegi  te  et  non  abieci 
te,  ib.  lerem.  31,  37  ego  abiciam  Universum  semen  Israel;  Eufin. 
dial.  2,  7  (Gaspari)  cum  eam  (animam  creator)  fecisset,  videns 
eam  inoboedientem  abiecit  eam;  Cass.  ps.  5,  6.  56*  peccatores 
quos  Dominus  exsecratur  et  abicit,  ib.  17,  16.  128°  fideles  rt~ 
cipiendo,  impios  abiciendo,  ib.  29,  5.  204b.  80  concl.  592b;  Greg. 
M.  I  reg.  6,  3,  15;  Isid.  fid.  cath.  2,  7,  3.  2,  8,  1.  Hab.  Maur. 

54  2)  De  hominibus,  qui  Deurn  (Christum)  vd  legem  eins  sper- 
nunt:  act.  apost.  7,  39  ap.  Iren.  4,  15,  1  cui  (deo)  noluerunt  ob» 
oedire  patres  vestri,  sed  abiecerunt;  Yus.  1  reg.  8,  7  non  te  ab- 
iecerunt,  sed  me  (Dominum),  ne  regnem  super  eos;  Ps.-Aug.  scaL 
parad.  12.  Paul.  D.  95, 1257°  Dominum  creatorem  suum  quaesivit 
superbus  a.;  —  Aug.  qu.  in  bept.  7, 49,  19  qui  abiecerunt  Christum; 
Cass.  ps.  21,  6.  156*  illi  Barabbam  eligentes  Christum  Dominum 
potius  abiecerunt;  —  Cypr.  de  laps.  21  legem  Dei,  Vu8.  Ies.  5,  24. 
Arnos  2,  4.  Aug.  Cassiod.;  —  Vu3.  4  reg.  17,  15  Jegüima  eius 
(Dei)  et  pactum;  ps.  49,  17  ap.  Cypr.  hab.  virg.  1  odisti  discipli- 
nam  et  abiecisti  sermones  ineos  retro,  Cypr.  ep.  63,  18  p.  715,  19. 
Vu3.  1  reg.  15,  23;  —  Hier,  in  Am.  I  2,  4  sq.  1004d  mandata  (Dei); 
—  Iulian.  ap.  Aug.  op.  imp.  c.  Iulian.  4,  128  cultu  creatoris  -o. 

55  3)  a.  alqm,  alqd  ut  ab  ccdesia  catlwlica  alienum  «=»  repudiare, 
damnare,  excommunicare,  anatJiematizare. 

a)  a.  homincs  impios  vel  haereticos  =  a  communicatione  ecelesiae 
excludere:  Ps.-Tert.  adv.  onin.  haer.  6  Marcion  .  .  propter  stuprum 
cuiusdam  virginis  ab  ecelesiae  communicatione  -us;  Herrn.  Pasi 
sim.  9,  18,  3  p.  237,  20  sie  erit  ecclesia  Dei  .  .,  -is  ex  ea  maus 
atque  fictis;  Hilar.  trin.  VII  4B;  Lucif.  Cal.  de  non  conv.  3  p.  9, 
7  H  cum  .  .  domini  ecclesia  vos  atque  omnium  seetarum  haereti- 
cos foras  abiecerit,  ib.  9  p.  18, 14  sie  excisus  est  atque  us  Paullns 
Samosatenus  .  .  e  corpore  ecelesiae;  Ambr.  II  2.  219°;  Hier.  ep. 
123,  9  abieimus  de  ecclesia  digamos?  Absit;  Aug.  42,  33,  14.  ib. 
549,  25  tu  es  anathemandus  et  abiciendus  (cf.  Martin.  87,  192b 


Abicio,  abiectns,  abiecte.  551 

M.  abicit  et  anathematizat),  id.  op.  imp.  c.  Iulian.  3,  31  quomodo 
abioiat  Christi  ecclesia  dialecticuni,  quem  cernit  haereticum;  Leo 
M.  app.  56,  444*  mulierem,  si  duobus  fratribus  uupserit,  abici 
debere  usque  ad  diem  mortis,  ib.  708b  communicantes  ei  (clerico 
condemnato)  omnes  abici  de  ecclesia  iubentur;  Gelas.  epist.  3,  10; 
Cass.  hist.  tr.  4,  24.  973*  abdicamus  illos  et  extra  terminos  ec- 
clesiae  catholicae  procul  abicimus;  Greg.  M.  hom.  Ezech.  2,  9, 14; 
Martin.  87,  125b;  Marculf.  form.  87,  952d  alienamus  eos  et  abici- 
mus a  liminibus  sanctae  Dei  ecclesiae;  Willib.  vit.  Bonif.  8,  25 
scismaticum;  hist.  misc.  23,  27  Gregorius  .  .  Anastasium  una  cum 
libellis  abiecit 

b)  a.  dogmata,  fowreses,  libros  hacreticos,  instUuta  ecclesiastica:  56 
Iren.  3,  22,  1  errant  qui  dicunt  eum  (Iesum)  nihil  ex  virgine 
accepisse,  ut  abiciant  carnis  hereditatem;  Ignat.  ad  Trall.  6,  3 
nativitatem  ex  virgine;  Ambr.  II  2.  540*  abicienda  est  et  stulti 
Sabellii  commistio  et  impii  Arii  separatio;  Hier.  ep.  48,  9  Tatia- 
nus  abicit  matrimonia,  ib.  51,  6  p.  523  multae  haereses  -ae  sunt 
ab  ecclesia;  Rufin.  dial.  5,  14  (Caspari)  fidem  Marini,  5,  28;  Aug. 
43,  485  baptismum,  754  sacramentum  (cf  Praedest.  53,  611dbaptis- 
matis  sacramentum),  id.  op.  imp.  c.  Iulian.  6,  25  quod  dogma; 
Xysti  ep.  IV  11  vol.  50,  600a  illa  blasphema  capitula;  Ps.-Max. 
Taur.  57,  910d  Sabellii  errore  -o;  Gelas.  epist.  1,  20;  Cass.  hist. 
tr.  5,  20.  1000d.  ib.  5,  34.  1013b  onoovötov  et  bfioiovöiov  . .  nomen 
abicimus,  ib.  7,  25.  1089c  blasphemias  Arii  universas  a.  easque 
anathematizare ;  Maur.  87,  105a;  Martin.  87,  197b;  Agath.  epist. 
87,  1252c;  —  cf  hist.  misc.  22,  19  (Iustinianus)  abiecit  sanctam 
et  universalem  sextam  synodum. 

c)  a.  deos  alicnos,  idola}  religiones  pravas,  errores  paganicos  de  57 
itSy  qui  relictis  dis  falsis  et  ^istinae  vitae  arroribus  ad  verum  deum 
veramque  ecclesiam  redcunt:  Ignat.  mart.  lat.  5,  8  quos  (deos)  te 
oportebat  a.,  non  etiam  adorare;  Vu3.  gen.  35,  2  deos  alienos; 
Aug.  civ.  d.  2,  29  p.  96,  9  abice  potius  (deos  falsos  fallacesque) 
atque  contemne;  —  Vu3.  Ies.  31,  7  in  die  illa  abiciet  vir  idola 
argenti  sui;  Sulp.  Sev.  ehr.  1,  26,  4.  Greg.  M.  I  reg.  3,  5,  7.  Scr. 
Lang.  552,  24;  —  Pard.  154  a.  554  quieunque  simidacra  con- 
strueta  vel  idola  .  .  non  statim  abiecerint;  Scr.  Lang.  563,  6. 

Lact.  inst.  1,  7,  12  homines  .  .  -is  religionibns  pravis  paren- 
tem  suum  dominumque  cognoscant;  —  Lact.  ir.  2,  2  a.  impios 
eultus  deorum  humana  manu  fabricatorum,  Aug.  civ.  d.  2,  29  tit. 
8,  22  tit.  Einh.  vit,  Car.  7 ;  cf.  Troya  cod.  dipl.  IV  2  nr.  331  p.  507 


552  Ph.  Thielmann: 

abiciam  omnia,  quae  ritu  gentis  colueram;  —  Zeno  Ver.  2, 14,  4 
ßordidos  ritus,  Mansi  concil.  I  617 b  14;  —  Aug.  ep.  144,  2  -is 
superstitionibus  gentium;  Capit.  Car.  M.  45,  18  ut  (populus)  omnes 
spurcitias  gentilitatis  abiciat  et  respuat. 

Ignat.  Antioch.  1;  2  legi  atque  prophetis  credere,  omnem 
iudaicum  atque  paganicum  errarem  a.;  Lact.  epit.  60,  10  ut  errore 
vitae  prioris  -o  simul  cum  ipso  Deo  nosraet  ipsos  . .  nosceremus, 
inst.  4,  28,  1.  7,  27,  1.  epit.  52,  1.  Ambr.  II  2.  220 d.  Cass.  ps.  12 
div.  101 a.  Scr.  Lang.  561,  18.  20. 
58  Phras.    1)  Abiectus  iaceo  (tibi  -us  partim  est  adiectivum): 

Sen.  Thyest.  197.  Lact.  inst.  6,  12,  27.  Auson.  24  (72),  1.  Ambr. 
de  Iac.  et  vit.  beat.  2,  2,  9;  iacens  et  (atque)  -us:  Cypr.  ep.  59, 
18  p.  689,  2.  Lact.  inst.  5,  2,  2.  Firm.  Mat.  math.  HI  6  II  7.  Aug. 
conf.  2,  5,  11.  Greg.  M.  etc. 

2)  a.  in  publicum:  Cic.  Mil.  33.  Liv.  23,  9,  13.  Qaint.  decl. 
379  p.  423,  12  R.  Tac.  ann.  15,47.  Suet.  Cal.  5.  Marc.  Emp.  10 
p.  87,  21.  Comparari  potest  foras  a.:  Apul.  apol.  58.  1  loh.  4,  18 
ap.  Tert.  Scorp.  12  bis.  Tert  paen.  2.  pud.  20.  Lucif.  de  non  conv.  3 
p.  9,  7H.  Migne  13,  676,  24;  cf.  forinsecus  a.  ApuL  met  9,  28. 

3)  Augendae  notionis  causa  ad  abicio  adduntur  adverbia  pror- 
sus  (Cic.  de  or.  3,  102  etc.),  penitus  (Iuvenc.  3,  156  etc.),  longe 
(Apul.  met.  9,  40  hngissime,  etc.),  procul  (Migne  5,  264  etc.) 

Abiectito  -are,  saepc  abicio.  Ars  Asperi  gramm.  GLK  suppL 
48,  24  frequentativa  a  frequentando,  ut  lectito,  abiectito,  rogito. 

1  Abiectus  a  um,  pari,  pro  adi  usurpatum,  notione  sempcr  trans- 
lata  —  vilis,  humilis,  sordidus.  Abiectus:  humilis,  adpositus 
gl.  abav.;  ajrojSA^rog:  reiectus,  abiectus  Cyrill.  p.  386,  46. 

Compar.  -ior:  Cic.  Lael.  59.  leg.  1,  51.  ep.  1,  9, 16.  Liv.  9,  6, 
11.  Val.  Max.  3,  5,  4.  Ps.-Cypr.  dupl.  mart  6.  Veget.  a.  vet.  praef. 
p.  221.  Ambr.  ter.  Rufin.  Aug.  9ics.  Salv.  gub.  d.  6,  18,  99.  Boeth. 
ter.  Cassiod.  Greg.  M.  5ies.  Scr.  Lang.  568,  28  et  saepius;  superl. 
-issimus:  Val.  Max.  3,  7  ext.  5.  9,  2,  2.  Quint  11,  1,  13.  Plin.  ep. 
1,  5,  8.  Rufin.  hist.  mon.  11.  Aug.  lOics.  Salv.  gub.  d.  3,  10,  50. 
Cassiod.  Agobard. 

2  I.  De  rebus.  Cum  abiciantur  plerumque  res  exiguae  et  super- 
vacuae  (cf.  abicio  §  20),  res  -ae  sunt  vilcs  et  pusillae  vel  parvi  pretii; 
cf.  GLK  VII  171,  3  (bilis)  si  -um  aliquid  ac  parvi  pretii  (signi- 
ficat),  per  v  scribetur.  lungitur  auteni  -us  cum  substantivis  tarn 
concretis  quam  abstr actis. 


Abicio,  abiectus,  abiecte.  553 

1.  &•  neuir.  (subst  non  addito):  Sen.  dial.  5,  32,  3  videre 
quam  humilia  et  -a  sint  (haec  propter  quae  litigamus);  Ambr. 
de  parad.  3,  16.  298 b  quid  -ius  nostro  corpore?  id.  fid.  5,  16,  200 
quasi  mmitnum  atque  -um;  Aug.  de  mor.  Man.  1350  quid  cinere 
-ius?  enarr.  ps.  col.  1294  multum  illud  excelsum,  multuin  hoc  -um, 
civ.  d.  6, 1  p.  245, 13  hoc  quiddam  parvum  et  -um,  ib.  7,  2  p.  275, 
6  nescio  quid  -issimum  limo  ac  pulveri  comparandum;  Boeth. 
cons.  phil.  3,  4  p.  59,  42  nunc  ea  praefectura  quid  -ius?;  Cass. 
var.  8,  11.  743 d  nemo  gentilium  in  vobis  putavit  -um,  quod  in 
me  respicit  honoraturn,  ps.  41  praef.  300 d  totum  -um  est,  quid- 
quid  in  humanis  rebus  putatur  eximium,  ps.  59  concl.  424 b  illud 
apud  te  est  pretiosum,  quod  in  hoc  mundo  . .  videtur  -um;  Greg. 
M.  hom.  ev.  39,  10  quid  in  humana  carne  -ius  carne  leprosi? 

Neutr.  pL  subst:  Aug.  de  lib.  arb.  1267  inter  exigua  et  om- 
nino  -issima;  Greg.  M.  mor.  23,  9  huius  vitae  infima  et  -a,  I  reg. 
6,  3,  14  saepe  -a  foris  et  vilia  intus  excelsa  sunt;  scr.  Lang.  587, 
23  minima  et  -a  illius;  —  interdum  ad  notionem  substantivi  abiectio 
(«=  humüiatio,  humilitas)  accedit:  Greg.  M.  mor.  27,  44  ne  alienae 
infirmitatis  -a  contemnant,  hom.  ev.  6,  1  -a  perpeti  non  dedignor; 
Baed.  hom.  117  -a  et  aspera  terrestrium,  278  cum  crucis  -a  de- 
scripsisset;  Agobard.  adv.  Fredeg.  3.  I  167  Christus  -a  passionis 
pertulii 

b.  c.  subst.  cancr.:  Ambr.  fid.  1,  4,  32  inter  -a  praesepia,  id.  3 
II  2.  706 d  aurum  et  argentum  vilis  est  et  -a  materies;  Aug.  gen. 
ad  litt.  5,  21,  42  vilissimas  eius  (mundi)  -issimasque  particulas, 
id.  38,  229  M.  lapidem  vüem  et  -um;  Ps.-Aug.  de  ass.  B.  virg. 
Mar.  6  -issimus  pulvis;  Greg.  M.  mor.  30,  66  rebus  tarn  -is  et 
vütbus  (quales  sunt  vermes  et  scarabaei);  Isid.  fid.  cath.  2,  17,  2 
velut  -a  stercora;  —  de  veste:  Hieron.  11,393°  -a  et  nigra  vestis; 
Rufin.  hisi  ruon.  11  erat  indutus  vilissimo  et  -issimo  indumento; 
hisi  Apoll.  14  p.  17,26  -o  habitu,  Isid.  reg.  mon.  12,  1;  Paul.  D 
95,  1414*  de  nimis  -o  et  inculto  vestitu. 

c.  c.  subst.  abstr.:  Val.Max.3,7  ext.  5  -issimum  negotium  (prae-  4 
cedit  ministerium  sordidissimum) ;  Apul.  apol.  93  pecora  neque 
pauca  neque  -i  pretii;  Veget.  a.  vet  praef.  p.  221  forsan  ipsa 
opera  mulomedicorum  videtur  -ior;  Ambr.  hex.  6,9,54  vüis  et 
-a  pauxillitas;  Victorin.  rhet.  196,  19  H  humile  causae  genus  est, 
si  de  re  -a  sit  controversia;  Max.  Taur.  57,  804*  ex  -ae  speciei 
rebus;  Apoll.  Sidon.  ep.  8,  11  —  8,  15  p.  431  B  o  necessitas  -a 
nascendi;    Ennod.  314,  6  V  divitias   honores   si  non  ornamus,    -a 

Archiv  fdr  lat  Lexikogr.  IV.    Hoft  3.  i.  36 


554  Ph.  Thielmann: 

sunt;  Cass.  ps.  39,  22.  294 b  ne  istani  paupertatem  väem  -amque 
aestimares;  Cod.  Iust.  12,  1,  6  -is  officiis;  Greg.  M.  mor.  31,  94  in 
-a  et  infima  conversatione. 

5  2,  Accedit  igitur  -us  ad  notionem  )wrum  adiedivorum:  a)  tn- 
firmus,  invalidus,  opp.  potens:  Ps.-Cypr.  dupl.  mart.  6  quid 
morte  -ius  iuxta  carnem?  sed  nihil  morte  potentius  iuxta  spiri- 
tum;  Ital.  1  Cor.  1,  27  -a  (xa  äö&svrj,  Vu*.  infirma)  huius  mondi 
elegit  Deus;  —  ab  astrologis  -a  vel  pigra  ea  signa  dicuntur,  quae 
cum  extra  certurn  inveniantnr  numerum,  inutüia  sunt  atque  effectu 
carent  (wirkungslos):  Firm.  Mat.  math.  II  25,  2  docere  debemus, 
quid  sit  dianietrum,  .  .  quid  -uin ;  II  26,  34  sq.  ac  per  hoc  quod- 
cunque  signum  extra  hunc  numerum  (in  praecedentibus  accurate 
descriptutri)  fuerit  inventuni,  pigrum  et  -um  dicitur. 

6  b)  contemptus;  cf.  Cass.  ps.  43, 14.  314°  contemptus  (subsL) 
significat  -issiniam  vilitatem. 

Cic.  Cluent.  94  non  quo  illi  .  .  causam  pecuniae  publicae 
contemptam  atque  -am  putarent,  leg.  1,  51  quid  contemptius  timi- 
ditate,  quid  -ius  tarditate  et  stultitia  dici  potest?  =  Sen.  ep. 
37,  4  hutnilis  res  est  stultitia,  -a  sordida  servilis;  Suet.  Dom.  2 
poeticae  Studium  tarn  insuetum  antea  sibi  quam  postea  spretum 
et  -um;  Aug.  enarr.  ps.  col.  1829  de  rebus  contemptibilibus  et  -is, 
ep.  140,  21  -issimum  quiddam  et  contcmptissimum ;  Cass.  ps.  89, 
3.  645 b  -a  atque  contemptibüis. 

de  moribus  =  sordidus,  obscaenus  (geniein):  Val.  Max.  3,  5,  4 
omnibus  scortis  -iorem  et  obscaeniorem  vitam  exegit;  Tac.  ann. 
13,  46  Neronem  .  .  nihil  e  contubernio  servili  nisi  -um  et  sor- 
didum  traxisse;  Aug.  43,  370,  24  propter  Sodomitarum  crimen 
-um;  Greg.  M.  mor.  23,  49  -a  desideria  terrenae  conversationis, 
32,  12  -is  et  infimis  desideriis. 

7  c)  hutnilis,  ignobilis  (de  condicione,  fortuna,  fatnüia,  per- 
sona, sim.):  Val.  Max.  6,  9  in.  ex  condicione  -a  atque  contempta 
[ib.  5,  2,  10  -a  collegii  condicio  ex  emend.  Blaumii;  codd.  adiecta 
lege  c.];  Suet.  Cal.  35  tarn  -ae  condicionis  tamque  extremae  sortis; 
Aug.  doctr.  Chr.  prol.  6.  Cass.  ps.  87,  6.  624 b.  Cod.  Iust.  1,  5,  8, 
5.  Lex  Wisig.  5,  7,  17  p.  77*  claritas  generis  sordescit  commix- 
tione  -ae  condicionis;  —  Schol.  luv.  8,  175  sutores  ac  per  hoc 
-ae  sortis  homines;  —  Ven.  Fort.  carm.  8,  1,  36  -o  loco  (=ordine)\ 
Nov.  Valent.  26,  1,  2  hutnilis  -aque  fortuna,  ib.  30,  1,  5;  —  Cic. 
Deiot.  30  vestram  familiam  -am  et  obscuram;  Aug.  conf.  7,  6,  9 
-issimam  familiam,   condicionem    servilem;  —   schem.  dian.  rhei 


Abicio,  abiectus,  abiecte.  555 

p.  72,  10H  -18  natälibus  et  sordida  familia  progenitus;  —  Ulp. 
dig.  47, 10, 17, 13  si  patris  persona  vilis  -aque  sit,  filii  honesta; 
Gelas.  epist.  67  9.  Nov.  Marcian.  4,  1,  1  humücm  -amque  personam, 
4,  1,  2.  GrilL  comm.  rhet.  p.  603,  3  H. 

IT.  De  hominibus:  honio  -us  =  h.  -ae  condicionis  vel  per- 8 
sonae  {§  7).  Greg.  M.  I  reg.  6,  3,  15  -us  ergo  humilis  dicitur.  Est 
autem  alqs  -us  aut  genere  (=  ignöbilis)  aut  re  familiari  (=  pauper) 
aut  ordine  aut  atidoritate  simüibusque  rebus.  Facile  accedit  notio 
sordidi  et  contempti,  quae  posterioribus  temporibus  praevdluisse  vide- 
tur:  Apoll.  Sid.  ep.  7,  9  cont.  (=  7,  5  p.  365 B)  quis  non  ex- 
acerbescat,  cum  videat  sordidari  virtutum  sinceritatem  criminatione 
▼itiorum?  Si  eligimus  humücm,  vocatur  -us;  Nov.  Marcian.  4,  1 
ille  honesti  amantissimus  .  .  censor  eas  humiles  -asque  iudicavit 
esse  personas  .  .,  quas  aut  nascendi  decolor  inacula  aut  vita  pro- 
brosis  quaestibus  dedita  sordentibus  notis  polluit  .  .  Humilem  vel 
-am  feminam  minime  eam  iudicamus  intellegi,  quae  licet  pauper 
ab  ingenuis  tarnen  parentibus  nata  sit  (explicantur  verba  codicis 
Theodos.  4,  6,  3:  ex  tabernaria  vel  ex  tabernarii  filia  vel  humili 
vel  -a  .  .  susceptos  filios).  Cf.  Cass.  ps.  83,  12.  605 a  -us  dicitur, 
qui  humana  aestimatione  habetur  extremus;  Ps.-Acro  sat.  2,  3,  94 
nequior:  -ior. 

1.  a.  subst.  non  addito:  Ps.-Quint  decl.  mai.  11,2  quod  hu- 9 
milis,  quod  esset  -us;  Apul.  met.  7,  5  nee  me  putetis  egenum  vel 
-um;  Lact.  inst.  5,  15,  8  deo  humilis  et  -us  est,  qui  fuerit  con- 
spieuus  et  sublimis  in  terra;  Firm.  Mat.  math.  V  9  II  4  erunt  hi 
quoque  viles  -i,  rusticorum  more  foedi  sordidique  vestitus,  ib.  V  9 
humües  erunt  et  -i,  pauperes  despecti;  Ambr.  Tob.  19,  66  ille 
erit  primus,  tu  ultimus  et  -us;  Aug.  enarr.  ps.  col.  1881  ex 
honoratis  fiunt  -i,  id.  38,  259  illum  contemptum,  inlu>noratum,  -um, 
46,  845  sumus  mortales,  proiecti,  -i,  terra  et  cinis;  anth.  lat.  I 
21,  177  perditus  -us  maledictus  sordidus  amens;  Apoll.  Sidon.  ep. 
3,  9  =  3,  6  p.  250  B  solus  inermis  -us  rusticus  peregrinus  pauper; 
Cass.  ps.  71,  4.  508 a  pauperes  Christi  saeculi  istius  iudicio  esse 
probantur  -i;  Isid.  fid.  cath.  1,  15,  1  pauper  et  -us;  schol.  luv.  7, 
16  nudi  ambulant  pedibus  ac  per  hoc  -i;  vit.  S.  Eugend.  21  eunetis 
-ior  et  infimus. 

Mose,  pl.  subst:  Lact.  inst.  6,  12,  6  non  . .  domus  illustrüms 
debet  patere,  sed  humüibus  et  -is;  Aug.  ep.  137,  16  ex  imperitis- 
simis,   ex  -issimis,  ex  paucissimis  illuminantur  . .  praeclarissima 

36* 


556  Ph.  Thielmann: 

ingenia;   Salv.  gub.  d.  7,  21,  93  humiles  -ique;   Gelas.  traci  6,7 
-os  et  infimos]  Priscian.  18,  182  inter  vües  et  -os  connumeratus. 

10  b.  c.  subst:  Firm.  Mat.  math.  III  6  n  7  iacentes  homincs  et 
-os  ad  publicum  faciet  incrementum  dignitatis  adduci;  Sulp.  Vici 
329,  4  H.  Salv.  gub.  d.  3,  10,  50  ad  servos  . .  aut  -issimos  quos- 
que  homines;  Max.  Taur.  57,  288*  a  quibuscunque  vilibus  obscuris 
-isque  hominibus;  Cass.  var.  6,  18.  699b,  ps.  48,  17.  346c;  cf.  id. 
ps.  106,  32.  774b  hie  plebem  non  quodeunque  -um  hominum  ge- 
nas debemus  aeeipere  (Isid.  diff.  1,  445  plebs  pars  humilis  et  -a); 
—  Hier.  11,  414b  homunculus  sie  -us. 

Firm.  Mat.  math.  Y  3  (mulieribtis)  ignobilibus  et  abiectis  (cf. 
Amm.  Marc.  23,  6,  5  -is  et  ignobilibus);  Aug.  ep.  137,  12  quis 
extremus  idiota  vel  quae  -a  mulier ada. 

Cic.  Phil.  2,  82  quis  unquam  apparitor  tarn  humilis,  tarn 
-us;  —  Aug.  39,  1900,  34  vile  -umque  maneipium;  Cass.  ps.  105, 
44.  765c;  —  Ps.-Aug.  de  cogn.  ver.  vii  9  per  -os  servos]  Ago- 
bard.  ds  insol.  lud.  I  59  Agobardus  -issimus  omnium  servorum 
vestrorum;  cf.  Cass.  var.  3,  43.  599b  -o  favere  servitio]  —  Aug. 
39,  2049,  43  minas  -ae  pueUae  (=  ancillae)]  —  schol.  luv.  7,  114 
Lacerne:  nomen  aurigae  -i. 

de  indoU  atque  ingenio:  Sen.  suas.  1,  13  Menestrati  cuiusdam 
declamatoris  non  -i  suis  temporibus;  Gell.  18,  7,  4  non  parvis  nee 
-is  ingeniis;  Ps.-Acro  sat.  1,  10,  22  Pitholeon  -us  poeta. 

11  2.  Aceedit  igitur  -us  ad  notionem  horum  adiectivorum :  a)  in- 
firtnus,  invalidus,  opp.  potens:  Cic.  Cat.  4,  20  eam  (inimicorum 
multitudinem)  iudico  esse  turpem  et  infirmam  et  -am;  Quini  4, 
1,  14  et  potentes  sequitur  invidia  et  humiles  -osque  contemptus; 
Cypr.  ep.  59,  18  p.  689,  2  nullus  Dei  sacerdos  sie  infirmus  est, 
sie  iacens  et  -us,  sie  inbecillitate  humanae  medioeritatis  invalidus] 
Boeth.  cons.  phil.  4,  1  p.  89,  25  cognosces  semper  quidem  po- 
tentes esse  bonos,  malos  vero  -os  semper  atque  inbecillos;  Greg. 
M.  mor.  33,  32  praedicatores  infirmos  -osque,  hom.  ev.  8,  2. 

12  b)  perditus,  corruptus:  Cic.  Pis.  31  -i  hominis  ac  semi- 
vivi  furorem  . .  fregistis,  Mil.  47  -i  homines  et  perditi;  Plane,  ep. 
10,  15,  1  perdüum  -umque  latronem;  Val.  Max.  9,  2,  2  apud  se- 
ditiosissimi  et  -issimi  hominis  bustum;  Iul.  Val.  1,  46  (38)  -o 
cuidam  ac  latroni;  Firm.  Mat.  error.  14,  2  ab  -is  et  prostratis 
hominibus;  Aug.  civ.  d.  4,  26  p.  179,  15  (Iuppiter)  quovis  Romano 
. .  homine  -ior;  Cod.  Th.  6,  27,  18  remotis  -is,  pessimis,  criminosis; 


Abicio,  abiectus,  abiecte.  557 

Cod.  Iust.  2,  6,  6,  5  veluti  -i  atque  degeneres\  Greg.  M.  mor.  27, 
29;  schoL  Bob.  324,  32. 

HI.   De  bestiis:  Aug.  lib.  arb.  1286  a  vüissimis  et  -issimis  13 
bestiis;  id.  42,  391,  49    issimum  aninial;  Ps.-Acro  sat.  1,  7,  30 
cuculus  avis  est  -a. 

IV.  De  animo  et  cogitatione.  14 

1.  De  animo  fracto  (cf.  äbicio  §  46):  Cic.  Lael.  59  saepe  in 
quibu8dam  anirnus  -ior  est,  parad.  35  oboedientia  fracti  aniuii  et 
-i,  arbitrio  carentis  suo;  sollemnis  est  locutio  -o  animo  (esse,  alqd 
facere):  Cic.  Att.  3,  2  ita  sum  animo  perculso  et  -o,  ib.  12,  40,  2. 
Liv.  25,  37,  7.   Tac.  hist.  4,  85;  cf.  -iore  animo  Cic.  ep.  1,  9,  16. 

quis?  C.  Gracch.  ap.  Cic.  de  or.  3,  214  matremne  ut  mi- 
seram  lamentantem  videam  et  -am?;  Cic.  Phil.  13,  17  quam  -us, 
quam  confectus  esset  (Lepidus),  Tusc.  3,  26  tamne  -us  tamque 
fractus?  (cf.  Curt.  6,  2,  21  infractos  et  -os);  Liv.  9,  6,  11  (eos) 
multo  sibi  maestiorcs  et  -iores  animi  (locat.)  visos;  Sen.  Thyest. 
197  numquid  -us  iacet?;  Petron.  80.  Hier.  Sophon,  3,  19  sq.  1386°. 
Sollemnis  est  locutio  excitare  -um  (-os):  Cic.  Cluent.  68.  Att.  1, 
16,  8.  5,  20,  6,  vel  erigere  -um:  Ven.  Fort.  carm.  6,  2,  109.  Elig. 
87,  622b.  Erm.  Nig.  poet.  Car.  II  4,  26;  cf  Ps.-Cypr.  laud.  mart.  23 
quo  laetantur  boni,  relevantur  -i,  curantur  electi. 

quid?  Cic.  Tusc.  2,  57  sin  erit  ille  gemitus  elamentabilis, 
si  imbecillus,  si  -us,  si  flebilis,  ib.  4,  64  ne  quid  humile  suinmis- 
sum,  molle  ecfeminatum,  fractum  -umque  faciamus. 

2.  De  animo  submisso.  quis?  Cic.  off.  1,  124  privatum  15 
oportet  aequo  .  .  cum  civibus  iure  vivere  neque  summissum  et 
-um  neque  sc  ecferentem-,  Quint.  11,  1,  16  -os  aut  summittentes  se; 
Plin.  ep.  1,  5,  8  ut  est  cum  timet  -issimus;  Ven.  Port.  Mart.  4, 
542  in  -um  Martinum;  Greg.  M.  I  reg.  1,  1,  9  quia  .  .  sc  Deo 
patri  totum  humüem  et  -um  per  oboedientiam  praebuit;  Scr.  Lang. 
568,  28  quamquam  cunctis  praeesset,  omnibus  tarnen  se  -iorem 
ostentabat. 

quid?  Cic.  de  or.  3,  218  aliud  (vocis  genus)  metus  (sibi 
sumat),  demissum  et  baesitans  et  -um;  Ambr.  off.  min.  3,  22, 130 
non  quasi  -a  vox  ista  est,  sed  quasi  censoria;  Donat.  Eun.  5, 8, 24 
-a  nimis  supplicatio. 

3.  De  animo  pusillo  et  cogitatione  humili:   Quint.  11, 16 
1,  13   parva  illa,   quae   -issimus    quisque   animus   utilia   credit; 
Eumen.  pan.  18  p.  129,  6  quis  nunc  sit  animo  tarn  humüi,   tarn 
•o,  tarn  ab  omni  appetitione  laudis  alieno;  —  Ps.-Quint.  dec) 


\ 


558  Ph.  Thielmann: 

4,  9  humiles  prorsus  -aeque  mentes]  —  Iul.  Val.  2,  10  (2)  o  rem 
ridiculam  et  puerilis  .  .  -aeque  sententiae;  cf.  Cass.  hist.  tr.  4,  24. 
974*  intellectum  eorum  fatuum  et  -um. 

quid?  neutr.  sing.:  Cic.  fin.  5,  £7  nihil  -um,  nihil  humile 
cogitant,  Mamert.  pan.  31  p.  269,  15.  Cass.  var.  6,*  3.  683°;  — 
neutr.  pl.  Hier.  ep.  123,  10  -a  ne  cogites]  Greg.  M.  mor.  10,  49  qui 
de  se  tarn  -a  sentiret,  ib.  30,  35.  35,  3.  Agob.  adv.  Fred.  2.  I 
p.  166  qui  vere  humilis  est,  -a  de  se  sentit;  Greg.  M.  mor.  18,  59 
humanam  animam  de  se  -a  sapientem;  Agob.  adv.  Fred.  3. 1  p.  170 
-a  de  se  sciens. 

17  ¥•  A  rhetoribus  abiecta  verba  (~a  oratio,  sim.)  ea  dicunturp 

quae  demissa  sunt  ad  cotidianum  dicendi  genus.  Syn.  verba  humum y 
sordida,  opp.  v.  ornata,  lecta,  illustria.     Cf.  abicio  §  33. 

Cic.  de  or.  3,  150  in  propriis  est  verbis  illa  laus  oratoris, 
ut  -a  atque  obsoleta  fugiat,  lectis  atque  illustribus  utatur  (=  Al- 
bin, rhet.  p.  544,  33  H);  Brut.  227  verbis  non  ille  quidem  ornatis 
utebatur,  sed  tarnen  non  -is,  ib.  233.  orat.  235.  opi  gen.  or.  7; 
orat.  192  ita  neque  humilem  et  -am  orationem  nee  nimis  altam 
et  exaggeratam  probat,  Brut.  295;  orat.  184  comicorum  senarii 
propter  similitudinem  sermonis  sie  saepe  sunt  -i,  ut  etc.]  orat.  230 
sunt  etiam  qui  .  .  in  quoddam  genus  -um  ineidant  versiculorum 
simillimum;  Quint.  2,  12,  7  cum  omnia  circa  illas  (sententias 
orationis)  sordida  et  -a  sunt;  Tac.  dial.  36  nihil  humile  vel  -um 
eloqui  poterat. 

Inde  actor  verbis  -us  is  est  qui  -is  utitur  verbis:  Cic.  Brut.  221 
fortis  actor  et  vehemens  et  verbis  nee  inops  nee  -us. 

Perabiectus  a  um,  abiectissimns:  Ps.-Cypr.  laud.  mart  30 
utinam  perabiecto  aliquando  istud  mihi  videre  contingat. 

Abiecte  adv.  (abiectus).  Gompar.  abiectius  Tac.  dial.  8.  Amm. 
Marc.  15,  2,  3  (21,  5,  2?)  30,  8,  11;  superl.  abiectissime  Aug.  ep. 
118,  32. 

\,  —  negleg enter,  ineuriose  (dicere,  scribere;  de  abicio  =  neg~ 
legenter  proicio  cf.  abicio  §  1.  33,  abiectus  §  17):  Gell.  2,  6  tit 
quibus  verbis  ignaviter  et  -e  Vergilius  usus  esse  dicatur,  2,  6,  1 
quasi  ineuriose  et  -e  verbum  positum  in  his  versibus  (=Macrob. 
6,  7,  4);  Aug.  doctr.  Chr.  4,  11,  26  qui  ea  quae  discenda  sunt, 
quamvis  -e  inculteque  dicantur,  scire  desiderant. 

II.  =  humiliter  1)  de  genere:  Tac.  dial.  8  quo  sordidius  et 
-ius  nati  sunt. 


Abicio,  abiectus,  abiecte.  559 

2)  —  contempta  ratione,  turpiter:  Amm.  Marc.  15,  2,  3 
ne  se  proiceret  -ius,  cavens;  Ambr.  de  Nab.  Jezr.  2,  4  quam 
misere  egeat,  mendicet  -e;  Aug.  ep.  118,  32  quia  iacere  se  -issime 
sentiunt;  Apoll.  SidoD.  ep.  2, 1  (=2,  12  p.  233  B)  aperte  invidet, 
-e  fingit,  serviliter  superbit. 

3)  de  anirno  fracto  auf  submisso=>timide  ignave  submisse: 
Cic  Phil.  3,  28  nee  -e  nee  sine  aliqua  dignitate  casum  illum  tem- 
porum  . .  tuli,  Tusc.  2,  55  ne  quid  -e,  ne  quid  timide,  ne  quid 
ignave,  ne  quid  serviliter  muliebriterve  faciamus;  Amm.  Marc.  15, 
13,  3  -e  ignavus  (=  ignave  ignavus;  cf.  Landgraf,  de  fig.  etym. 
lat.  p.  59),  ib.  31,  14,  8  -e  timidus,  24,  5,  10  reliquos  ex  ea  co- 
horie,  qui  -e  sustinuerant  impetum  grassatorum,  30,  8,  11  ad 
pavores  inritos  aliquotiens  -ius  pallens;  Apoll.  Sidon.  ep.  1,  11 
p.  206  B  ipse  ille  meus  amicus  crebro  et  -e  miserantibus  eunetis 
humiliari;  Vict.  Vit.  2,  30  quare  ita  -e  ambulas? 

[Apud  Ammianum  21,  5,  2  Valesius  pro  codicum  ut  quae 
proposui  -is  absolvam  scripsit  abiectius,  quod  simplicius  significare 
tndt;  sed  rectius  Eysseiihardt  post  -is  stibstantivum  aliquod  {an  am- 
bagibus?)  intereidisse  statuit]. 

Abiectfo  önis,  cf.  archiv.  IV  288. 

[Abiaceo  2.  Reg.  Langob.  dipl.  87,  1404°  M.  una  cum  casas 
vel  abiacentia  sua;  ib.  1405b  cum  omnia  abiacentia  sua.  Perversa 
est  scriptum  pro  adiacentia]. 


Erläuterungen. 

Abicio  gehört  überwiegend  der  Prosa  an;  einzelne  Autoren,  wie 
Cicero  und  Valerius  Maximas,  verwenden  es  auffallend  häufig,  wahr- 
scheinlich auf  Kosten  der  andern  Composita  proicio,  deicio  u.  a.,  wo- 
gegen Livius  abgesehen  von  bestimmten  Formeln  (a.  arma  u.  ä.)  nur 
sparsamen  Gebrauch  davon  macht.  Cäsar,  Saliust,  Curtius  u.  a.  kennen 
nur  die  eigentliche  Bedeutung  des  Wortes,  nicht  auch  die  über- 
tragene. Trotzdem  das  Kirchenlatein  im  Anschlufs  an  die  vorhan- 
denen Bedeutungen  des  Verbums  eine  Anzahl  spezifisch  theologischer 
Gebrauchsweisen  entwickelt  (§  53 — 57),  so  ist  dbicio  doch  nicht  auf 
die  romanischen  Sprachen  gelangt;  es  konnte  sich  nicht  mehr  halten, 
nachdem  sein  Simplex  iacere  durch  iaetare  ieetare  (fr.  jeter)  ersetzt 
war.     Glos8.  Reichen.  425  iacio:  iacto. 

Die  Dichter  lieben  das  Wort  nicht;  Lukrez,  Lukan  und  Silius 
vermeiden  es  ganz,  ebenso  Ovid  in  den  Metamorphosen;  Vergil  und 
Valerius  Flaccus  haben  nur  je    einen  Beleg.     Trotzdem    erhält  das 


560  Ph.  Thielmann: 

Part,  abicctus  seine  bestimmte  Stelle  im  Vers.    Für  den  Hexameter 

2  3 

war  Verg.  Aen.  10,  736  tum  super  iibiectum  posito  pede  etc.  mafs- 
gebend;  vgl.  Val.  Flacc.  4,  654.  Stat.  Th.  3,  567.  9,  46.  Iuvenc.  1, 
429.  476  u.  o.  (im  ganzen  über  20  Stellen).  Für  den  Pentameter 
gilt    die    gleiche   Stellung    schon    seit   Catull  88,  2.     Im   Senar  ist 

4  4 

wenigstens  bei  Seneca  die  Stellung   abiectus  abiecit  die  gewöhnliche: 

Troad.  200.    Phoen.  258.  274.    Thyest.  197.  431.    Herc.  Oet.  551. 

Die  jetzt  übliche  Schreibung  abicio  (vgl.  Brambach,   Neugestal- 
tung  der  lateinischen  Orthographie  S.  201  f.)   findet    sich   häufig  in 
guten  Handschriften,   während   ein   inschriftliches  Zeugnis   nicht  vor- 
handen zu  sein  scheint;  über  abiecit  (=  abiieit)^  wie  AV  bei  Cic.  div. 
1,  106  haben,  vgl.  Lachmann  zu  Lucr.  p.  128.    Da  die  Herausgeber 
aber  die  Varianten  nur  selten  genau  mitteilen,  auch  die  Vergleichung 
von    öbicio  subicio  u.  a.   unbedingt    erforderlich  ist,    so   war   es  mir 
nicht  möglich,  hier  zu  sicheren  Resultaten  zu  gelangen.    Wahrschein- 
lich aber  ist  abicio  die  volkstümliche  Form  gewesen. 

Die  Dichter  gebrauchen  je  nach  Bedarf  die  erste  Silbe  bald  lang 
bald  kurz.    Die  Länge  finden  wir  l)  im  Hexameter,  und  zwar  im 

1.  Fufs:  abiieit  Cic.  div.  1,  106.  Stat.  Ach.  1,  172.  Theb.  2,  479, 
äbiieito  Hör.  ep.  1,  13,  7,  abiieiet  Iuvenc.  3,  156,  im  5.:  abiiee  Seren. 
Samm.  113,  abiieit  Paul.  Petr.  3,  240;  2)  sonst  abiiee  Catull.  24,  9. 
Die  Kürze  ist  gesichert  1)  im  Hexameter  äbieit  Ps.-Verg.  moret 
96.  luven.  15,  17.  Prud.  psych.  149.  Theodulf.  carm.  poet.  Car.  I 
450,  237;  zweifelhaft  dagegen  bleibt  abici  Ov.  Pont.  2,  3,  37  (abigi?); 
2)  im  Senar  dbiciam  (im  Versschlufs)  Naev.  com.  94  p.  23  R,  äbieit 
poet.  vet.  bei  Sen.  clem.  2,  5,  5,   ablciuntur  poet.  vet.  bei  Cic.  Tnsc. 

2,  36  (zu  den  beiden  letzten  Stellen  vgl.  die  Miscelle  in  diesem  Heft). 

Das  volkstümliche  abicio  wurde,  die  Aussprache  abikio  voraus- 
gesetzt, leicht  mit  abigo  konfundiert,  das,  vielleicht  infolge  dieser 
Verwechselung,  in  den  romanischen  Sprachen  gleichfalls  ausgestorben 
ist:  gl.  Reich,  col.  5,  157  abier  es:  tolleres,  abstraheres;  col.  33,  157 
abigebat:  inde  minabat;  vgl.  col.  32,  122.  Die  Konfusion  ging  aus 
von  Formen  wie  abicit  abigit,  abici  abigi,  denen  erst  später  abiciuni 
abigunt  folgten.  Eine  Folge  dieser  Vermengung  war,  dafs  abicio 
auch  seiner  Bedeutung  nach  unter  Umständen  einem  abigo  sehr  nahe 
kam  (§  17 — 19).  Die  Varianten  in  Hdschr.  sind  sehr  zahlreich: 
Val.  Max.  3,  8,  7  abigi  (abici  b),  Plin.  n.  h.  33,  103  abieifur  (abigitur 
BRd)  u.  o.  Den  Übergang  der  Bedeutung  illustrieren  folgende  Paare 
von  Beispielen:  Tert.  pud.  9  abici  in  tenebras,  Eustath,  53,  885  M.  in 
tenebras  ultimas  äbiguntur;  Plin.  n.  h.  20,  2  ferrum  ad  se  trahente 
magnetc  lapidc  et  alio  rursus  abigente  a  sese,  Marc.  Emp.  1  p.  36,  1 
qui  ferrum  trahit  et  äbieit;  zu  Phaedr.  4,  24,  15  nempe  abigeris,  quo 
venis  lautet  die  Umschreibung  in  einigen  Hdschr.  des  Romulus  quasi 
iniuriosa  abiceris.  Noch  auffälliger  ist  Folgendes:  Act  ap.  18,  16 
Cantabr.  abiecit  (amjlctGsv ,  Laud.  abegit)  cos  a  iribunali,  und  umge- 
kehrt lev.  14,  40  Monac.  abigent  (Ixßakovai,  Vu8.  proiei)  eos  (lapides) 


Erläuterungen  zn  abicio.  561 

foras.*)    Eine  genauere  Vergleichung  der  Hdschr.  zn  spätlateinischen 
Autoren   wird  hier  gewifs    noch    eine   Anzahl    falscher  Lesarten   be- 
seitigen, wie  man  z.  B.  Vu3.  num.  22,  11   und  iud.  16,  19    statt   ob- 
igere nach  dem  Amiat.  die  entsprechenden  Formen  von  abiccre  wird 
herstellen  müssen.     So  ist  ferner  cod.  lust.  8,  51,  3,  2  zu  lesen:  eos 
qui   infanies   abieccrunt  (Archiv  IV  315   und    abicio  §  32),    ebenso 
IsicL  or.  18,  24,  1  modo  complexii  abiccre  sesc  rnorc  luctantium  (abicio 
§  12),   da  nur  abiccre   vom  Aussetzen  der  Kinder  bzw.  vom  Nieder- 
werfen  des   Gegners   im   Ringen   gebraucht   wird.     Im   übrigen   aber 
ist  da,  wo  sich  der  Gebrauch  beider  Verba  berührt,  vor  voreiligem 
Emendieren  zu  warnen. 

Sehr  häufig  ist  die  Zusammenstellung  von  abiccre  mit  cligcre: 
Varr.  r.  r.  2,  9,  12  statim  cligere  oportet,  rcliqaos  abicere,  Vu8.  Ier. 
33,  24.  Veg.  r.  mil.  3,  4.  Aug.  conf.  10,  2,  2.  Cass.  ps.  21,  6.  156». 
In  bestimmten  Fällen  ergiebt  sich  hier  ein  (unvollkommener)  Reim: 
Vu8.  les.  41,  9  clegi  tc  et  non  abieci  tc,  Hier.  ep.  120,  X  p.  999 
eligere  aliquem  vel  a.,  Petr.  Chrys.  52,  332c  dum  malos  abicitf  eligit 
bonos,  der  beim  Part,  zu  einem  vollkommenen  wird:  Ps.-Cypr.  laud. 
mart.  23  relevantur  4,  curantur  electi,  Ps.-Aug.  cant.  magnif.  illa  -a 
et  hatc  electa  est,  id.  ad  fratr.  in  er.  21  genus  elcetum,  non  -um,  39; 
vgl.  Hilar.  Matth.  13,  9a  elcctiofie  .  .  abicctionc.  Auch  mit  andern 
Verben  wird  a.  des  Reimes  wegen  zusammengestellt:  Marculf.  form. 
87,  88  lc  despicere  et  a.;  Cic.  Phil.  13,  17  quam  -us,  quam  confcctus, 
Ambr.  de  Iac.  et  vit.  beat.  2,  2,  9  -a  atquc  neghcta,  Aug.  43,  368, 
33  detectus  et  -us,  Ven.  Fort.  carm.  6,  2,  109  -os,  erectos,  Greg.  M. 
I  reg.  5,  1,  15  ülc  -us,  iste  despcctus,  Isid.  syn.  2,  22;  vgl.  Cic.  Att. 
2,  7,  4  non  ~is,  scd  ercptis  gubernaculis  (=abiettis,  erettis  nach  vul- 
gärer Aussprache). 

Ein  halber  Reim  entsteht  durch  Zusammenstellung  von  a.  mit 
reciperc,  die  zu  häufig  ist,  als  dafs  an  Zufall  gedacht  werden  dürfte: 
Hier.  ep.  79,  9  vel  a.  cogitata  vd  rcchpcrc,  Rufin.  apol.  ad  Anast.  6 
recipi  aut  äbici,  Cass.  ps.  17,  16.  128c  fideles  recipicndo,  impios  ab- 
icietuio;  vgl.  noch  Ps.-Aug.  scal.  parad.  12.  Migne  Bd.  67,  42°.  148°. 
243c.  924°.  Cassian.  coli.  16, 11, 1.  Cass.  ps.  5,  9.  56c.  Vital.  87, 1007a. 
Die  Redensa rt  a.  partum  (§  8)  wirft  Licht  auf  dio  Glosse  des 
Festus  22,  16  M.:  abditivi:  abortivi  (Archiv  III  494).  Abdcre  ist  hier 
in  seiner  Grundbedeutung  cwegthun,  entfernen,  removerc  abicere9  zu 
nehmen,  so  dafs  abditivi  einem  *abirctivi  dem  Sinne  nach  gleichsteht. 

Spei  er.  Ph.  Thielmann. 


*)  Theodulf.  poet.  Car.  I  450,  237  f.:  morbida  seu  ve  abicit  metus  et 
contagia  pestis,  \  sie  sordes  aedis  aspera  scopa  abigit. 


Ablatio  —  Abnuto. 

Ablatio,  Ollis«  fem.  actus  auferendi.  August,  quaest  in  heptat 
3,  34  ablationis  sive  demptionis,  quod  graece  dicitur  ä(pcUQspa, 
Plerumque  dicitur  de  bonorum  ereptione.  Patr.  13,  22  eos  ab* 
que  rerum  ablatione  ire  liceat.  Symmach.  rel.  3,  13  quod  nomen 
accipiet  a.  facultatum,  quas  nulla  lex  fecit  caducas?  Salv.  gub. 
d.  6, 9,  52  ut  ad  emendandos  nos  non  facultatum  ablatione  [con- 
vertainur],  Append.  ad  S.  Leon.  Magn.  Patr.  56,  396  praevari- 
cati  sine  a.  patrimonii;  ib.  437  bonorum  ablatione  deterriti  a  fide 
erraverunt.  Canon,  graec.  11.  Patr.  67,  44  praevaricati  sine  ne- 
cessitate  aut  facultatum  ablatione  {%(oqiiq  acpcaQdöemg  vitaQ%6vxa>v)\ 
Can.  Nicaen.  11  Patr.  67,  149  praeter  a.  facultatum.  Agobard. 
de  grandine  7  (I  p.  153  Bai.)  de  iniuriis  vindicare  se  possunt 
ablatione  frugum;  ibid.  13  (I  p.  160  Bai.)  eum  bumiliare  voluit 
ablatione  rerum.  Thegan  Vita  Hludov.  imp.  13  oppressi  ablatione 
patrimonii. 

Diomed.  441,  22  aphaeresis  est  a.  de  principio  dictionis; 
27  syncope  est  a.  de  media  dictione;  31  apocope  est  a.  de  fine 
dictionis  =  Donai  art.  396,  8.  10.  12.  —  Iren.  lat.  4,  33,  8  ecclesia 
pervenit  ad  nos  neque  additammtum  neque  ablationem  recipiens. 
A.  sanguinis  =  plebotomia,  Hier.  adv.  Iovin.  2,  12  Hippocrates 
docet  crassa  corpora,  nisi  cito  ablatione  sanguinis  imminuantur, 
in  paralysim  erumpere.  (Eadem  verba  leguntur  in  Regula  monacho 
rum.  11  =  Patr.  30, 348  A.)  Id.  in  lerem.  2, 10  (de  urbis  Ierusalem 
subversione)  a.  tabernaculi  atque  tentorii.  Zach.  Patr.  20,  1105 
dilectorum  (veluti  liberorum)  ablatione  probantur  boni,  puniuntur 
iniusti.  Hier.  Ioel.  1,  19.  Soph.  1,  4.  August,  op.  imperf.  c.  Iulian. 
II  152  non  tanti  esse  praeputium,  ut  aut  iniustos  eius  relictio 
aut  iustos  faciat  eius  a.  (Theodor.  Mops,  ad  Coloss.  2,  11  circuui- 
cisionem  nomin avit  mortalitatis  ablationem.)  Id.  contra  Acad.  3, 
13,  29.    Astron.  vit.   Hludov.  30  oculorum  ablationem  tulerunt 


Ed.  Wölfflin:  Ablatio  -  Ablao.  563 

Apud  scriptores  ecclesiasticos  a.  peccatorum  dicttur  de  re- 
missione.  Hilar.  psalm.  65, 11.  August,  enarr.  psalm.  118,  1574  M. 
per  legem  cognitio  peccati;  non  ergo  a.,  sed  cognitio.  quaest.  in 
Hept  2,  129;  contra  duas  epp.  Pelag.  1,  8, 13  (de  aegroto)  abla- 
tionem  mortis  amotio  peccati  debet  operari.  Aug.  c.  Iul.  6,  5, 12 
a.  reatus.  —  Hilar.  psalm.  140,  14  a.  animae  non  abolitio  eius. 

Quae  in  Itala  passim  dicitur  de  sacrificantibus  ablatio  quasi 
portio  segregata  et  praecepta,  in  Vulgata  aut  est  oblatio  mit  Hie- 
rcnymus  correxit  primitiarum  nomen.  Levit.  14,  21  (Lugd.  Mon.) 
accipiet  agnum  .  .  in  ablationem  (Vulg.  ad  oblationem);  Nura. 
15,  20  (Lugd.)  ablationem  (primitias  Vulg.)  areae  offeretis;  Num. 
18,  19.  26  (auferetis  ab  illa  ablationem  domini  decimam  ex  de- 
cima  Lugd.;  offeretis  primitias  Vulg.).  27.  28.  31,  41.  Ezech.  45, 15 
(Wirceb.)  ovem  unam  ablationem  (oblationem  Vulg.)  segregabis. 
(7/1  etiam  Levit.  10,  14  (Lugd.)  pectus  secretionis  et  brachium 
ablationis  manducabitis  =  Vulg.  pectusculum  quod  *oblatuni  (ab- 
latum?)  est  et  armum  qui  separatus  est  edetis;  Num.  6,  20  (Lugd.) 
brachium  ablationis  =  Vulg.  quod  separari  iussum  est.  Retinuit 
tarnen  August.  Patr.  34,  518.  688.  691  (bis)  brachium  ablationis. 

In  geometria.  Boet.  Patr.  64,  999  Mig.  eandem  ablationem 
habest  loca  et  lineae.  In  astronotnia.  Cassiod.  de  art.  ac  dis- 
cipl.  liber.  litt,  astron.  14:  a.  computi  est,  in  qua  astronomi  . . . 
computum  a  computo  iudicant  auferendum. 

Ablinda,  ae.  fem.  (?)  Inter  nomina  insectorum  sive  reptan- 
tium}  quae  edidit  Reifferscheid  RcL  Suetonii  p.  250  ex  laterculo  Po- 
lemi Silvi  legitur:  apis,  vespa  .  .  .  ablinda.  Ibidem  in  nominibus 
natantium:  balena  .  .  abelindeas. 

Ablöco,  &tum,  äre.  Verbum  transitivtwi:  ita  alicui  alqd  mer- 
cede  pacta  locare,  ut  usus  fructus  a  doniino  abcat  in  conductorem. 
Sueton.  Vit.  7  tanta  egestate  rei  familiaris,  ut  domum  in  reli- 
quam  partem  anni  ablocaret.  Dicitur  etiam  de  muneribns  praestandis. 
Suet.  Div.  Iul.  26  ea  quae  ad  epulum  pertinerent,  quamvis  macel- 
lariis  ablocata  (oblocata  Oudendorp.  cf.  lustin.  11,  10,  9  operam 
oblocare),  etiam  domesticatim  apparabat. 

Abludo,  fcre.  Verbum  intransitivum  =  abhorreo,  discrepo. 
ccnaÖco.  Horai  sat.  2,  3,  320  haec  a  te  non  multum  abludit  imago. 

Ablumentum,  i.  neutr.  Gloss.  Servii  ablumentuni:  xad-ccgäig. 

Abluo,  iii5  titum,  Sre  =  ab-lävo  (infin.  lavere),  ut  proluo  1 
=  prolavo,  denuo  =  de  novo.    Philox.  2,  11   abluo:   anokovm. 
Cyrill.  p.  389,  53  aitokov&i  abluo.   Id.  390,  34  anovCnxco:  ablavo, 


564  Ed.  Wölfflin: 

abluo.    Id.  391,  10  aTtonkvvco:  a.  Id.  388,  48    axoxXv^m:  deleo, 
abluo.    Philox.  2,  9  abluit:   anovtmetai  xal  axoxkv&t  xol  at- 
sxXvtiev.    Lib.  gloss.  abluit:  emundat.     Id.  abluero:  purgavero. 
Id.  abluero:   lavero,  mundavero.     Isid.   orig.  11,  1,  133  vocatur 
alvus,  quod  abluatur,  id  est  purgetur.  —  Sedul.  carm.  pasch.  4, 
269  terra  .  .  fontibus  ablüta  sacris.    Prudent.  apotb.  684  mein- 
brorum  maculas  puro  abluitura  natatu  (abluturus  Gaudeni  983C 
Mig.  August,  confess.  6,  16).    Verbtm  tum  legitur  apud  Plaukm 
Terentium  Caesarem  Livium  alios. 
2         I.   Proprie.     a)  Lavando   tollere,   auferre.     Pacuv.  245  R. 
Cedo   tuum    pedem    mi,    lumpis    flavum    ut  pulverem   Manibus 
isdem,  quibus  Ulixi   saepe  permulsi,   abluam.     Fronto  64,  16  N. 
Patrol.  13,  514  Mig.  Flor.  2, 12,  15  (de  Castore  et  Polluce)  apud 
Iuturnae   lacum   pulverem   et  cniorem  abluebant.     Paneg.  12,  39 
(p.  307,  2  B.)  credidere  Castoras  pulverem  cruoremque  aquis  Ti- 
beris  abluentes  nuntiavisse  victoriam.    Verg.  Aen.  9,  818  laetum 
sociis   abluta  caede  (=  sanguine)  remisit.     Ovid.  mefc.  14,  601 
hunc  (fluvium)  iubet  Aeneae  quaecunque  obnoxia  morti  abluere. 
Val.  Max.  1,  8, 1  (Castor  et  Pollux)  equorum  sudorem  abluentes 
=  Lact,  instit.  2,  7,  9  Castor  et  Pollux  apud  lacum  Iuturnae  visi 
sunt  equorum  sudorem  abluentes.     Colum.  7,  5,  5  sudorem  mari 
vel  flumine  non  abluas.    Plin.  nat.  h.  27,  72  ne   sudor  abluatur. 
Fronto  65,  2  sudorem  lavare  potius  quam  a.  dicere.    Veget.  r.  mil. 

1,  3  sudorem  iuventus  abluebat  in  Tiberi,  nisi  potius  verba  inter- 
polatu  sunt.    Curt.  4,  1,  23  squalor  ablutus  est.    Pomp.  Mela  2, 

2,  31  de  sumrao  monte  Atho:  non  abluitur  cinis  (seil,  pluvia). 
Colum.  5,  10,  4  ut  terra  a  (delenda  praepositio  in  nonnullis  codi. 
omissd)  pluviis  non  abluatur;  13,  19,  2  terra  pluviis  non  abluitur; 
13,  2,  1.  Sen.  n.  q.  4,  2  cum  ceteri  amnes  abluant  terras,  Nilus 
nihil  exedit  nee  abradit.  Hyg.  astr.  2, 32  Canopus  flumine  abluitur 
(adluitur?)  Nilo.  Plin. n.h.  17,267  quoniam  abluatur  (obluator  codd.] 
oblinatur  Detl.)  ita  virus  medicaminis;  21,  125  ut  diapasmata 
frigida  abluantur;  22,  4  eulpant  fueum  ablui  usu;  28,  85  ma- 
culas ..  e  veste  urina  ablui.  Prud.  apoth.  684  membrorum  ma- 
culas puro  abluitura  natatu.  Marc.  Empir.  19,  131,  6  sanguine 
eaprino  maculae  abluuntur.  Plin.  nat.  h.  28,  244  canum  Scabies 
sanatur  bubulo  sanguine  inlito  et  postero  die  abluto  cinere 
lixivo;  32,  55  testudinum  sanguinem  oportet  ablui.  Hyg.  fab.  88 
dum  ad  flumen  exit  sanguinem  abluere.  Cypr.  testim.  1,  24. 
Plin.  30,  39    terram   inlinunt   et   triduo    non   abluunt;    33,  120 


Ablno.  565 

a.  (minium);  34,  113  aeruginem;  35,  150  nee  postea  ablui  potest 

(colos)  coü.  22,  4;  33,  195  ut  (creta)  aqua  salsa  abluatur;  29,  109. 

30,  38.  33,  84.  108.  109.  Stat.  silv.  4,  3,  89  nee  me  (Volturnum) 

pulvereum  gravemque  caeno  Tyrrheni  sinus  abluat  profundi.  Tacit. 

liist.  3,  22  balineas  abluendo  cruori  petii    Paneg.  12,  28  (296, 

18  B.)  aurum,   quod  hominuru  lacrimae,  non  amniuui  aquae  ab- 

luisseni    Arnob.  3,  34  Dianani  puris  in  fontibus  abluentem  mem- 

brorum  sordes.     Cypr.  epist.  69,  12  in  lavacro  sordes  cutis  et 

corporis  ablunntar.    Hilar.  Mattb.  5,  2  sordes  in  facie  abluendae. 

Cassian.  incarn.  Chr.  7,  3  abluto  eo  (luto).    Maerob.  Sat.  7,  13,  18 

causam  requiro,  cur  aqua  idonea  sit  sordibus  abluendis.     Macr. 

Sab  3,  3, 12  si  Scabies  abluenda  sit.   Marc.  Emp.  4,  41,  25  sueus 

capiti  imponitur  et  frequenter  abluitur.     Paul.  Diac.  hist  Lang. 

2,  4  a.  signacula. 

Macr.  Sat.  7,  13,  23  salsitas  debuit  magis  elicere  abluenda. 
In  trän  s.  Tert.  bapi  5  quod  (aqua)  propria  materia  sit  abluendi. 
Macr.  Sat.  7,  13,  23  nee  ideo  aqua  marina  minus  abluit. 

b)  Lavando  purgare.  1.  De  corpore  eiusqtie  partibus.  Cic.3 
Tusc.  5,  46  Anticlea  Ulixi  pedes  abluens.  August,  serm.  63,  2 
(Patr.  39,  1865  Mig.);  id.  ad  fratr.  in  er.  46  ablue  pedes,  lava 
eorum  capita.  Sulp.  Sev.  Mart.  25,  3  aquam  manibus  nostris  ipse 
obtulit,  ad  vesperum  p.  ipse  nobis  abluit.  Cf.  Venant.  Fort.  Mart. 
2,  359  non  solum  abluere  alterius,  sed  lambere  plantas.  Cassian. 
inst  4,  19  omnibus  p.  abluant.  Cf.  Cassiod.  (Patr.  70,  1082  D) 
comm.  cant.  'lavi  pedes9  hoc  est  actiones  poenitentiae  fletibus 
ablui.  Greg.  Tur.  4,  33  hospitum  pedes  abluebat;  glor.  mart.  84. 
Autperti  vita  Paldonis  3  (Script,  r.  Langobard.  549,  26  W.)  seeun- 
dum  Domini  praeeeptum  (evang.  Joh.  13,  14)  eorum  p.  abluere 
pergit.  Vit.  Arnolfi  (Patr.  95,  737  M.).  Poet.  Carol.  2,  522,  166. 
Aldhelm.  p.  87  diseipulorum  p.  abluens. 

Ovid.  met.  4,  739  ipse  manus  hausta  victrices  abluit  unda. 
Sen.  (Asprenas)  controv.  9,  2  (25)  3  carnifices  cenaturi  manus 
abluunt.  *Val.  Max.  7,  3,  1  priusquam  proxima  manus  (emend. 
Wfl.;  amnis  cod.  Paris.)  aqua  abluisset;  cf.  Vir.  illustr.  7,  12  (de 
eadem  re)  prius  eum  vivo  flumine  manus  abluere  debere.  Plin. 
n.  h.  28,  32  remedio  est  ablui  prius  m.  TertulL  de  orat.  13  ad- 
versari  debemus  nee  m.  a.  {die  Hände  in  Unschuld  waschen,  Pilati 
exemplo;  cf.  Matth.  27,  24  lavit  manus  dicens  Innocens  ego  sum 
a  sanguine  huius.  Hilar.  psalm.  1,  5  contagium  Pilatus  manus 
abluendo  devitat.)    Cypr.  de  op.  et  el.  2  cum  denotarentur  disci- 


566  Ed.  Wölfflin: 

puli,  quod  ederent  nee  prius  manus  abluissent  (c/.  ev.  Luc.  11,38). 
Aus on.  Ephem.  29  da  rore  fontano  abluam  manus  et  os  et  lumina. 
Ambros.  enarr.  in  psalm.  48  (col.  1215  Mig.)  m.  obtulit  abluendas. 
Anthol.  lat.  I  16,  30  R.  sustulit  ablutas  lymphis  ad  sidera  palmas. 
Greg.  Magn.  epist.  1,  25.  Greg.  Tur.  hist.  Fr.  6,  5  manibus  ablutis, 
facta  oratione;  8,  2;  vit  patr.  5  (p.  678,  24  Er.);  psalm.  frgm. 
p.  877,  30  Kr. 

4  Gurt.  3,  5,  2  ut  calidum  adbuc  corpus  ablueret;  3,  5,  5  ab- 
luentem  aqua  c;  4,  1,  22  ablue  c.  inluvie.  Apul.  met.  8,  14  accu- 
ratissime  corpus  (mortuae  mulieris)  ablutum.  Hyg.  p.  astr.  2,  16 
cum  Venus  in  Acbeloo  flumiue  c.  ablueret.  Lact.  inst.  6,  23, 16 
corpus  cito  ablui  potest  Gaudent.  Patr.  20,  904  B.  Mig.  lavant 
polluta  corpora  (Iudaei),  abluta  statim  polluunt;  ib.  Iudaei  id 
moris  habebant,  ut  cutem  corporis  sui  aqua  abluerent.  Rufin.  hist 
mon.  1  corpora  nitro  vel  aliis  lenimentis  abluuntur  a  sordibus. 
Hist  misc.  17,  9  a.  c.  aquis  balnealibus.  Ovid.  mel  6,  353  non 
ego  nostros  Abluere  hie  artus  lassataque  membra  parabam. 
Pomp.  Mel.  2,  1,  10  sie  ut  (ora  artusque)  ablui  nequeant  Tert 
res.  carn.  8  caro  abluitur.  Prud.  cath.  9,  31  membra  morbis  ulce- 
rosa a. 

Plin.  nat.  h.  32,  85  inlita  facies  abluitur.  Venant  Fort  vit 
Radeg.  aegrotis  facies  abluens.  Lact  mort  persec.  21,  9  os  hu- 
more  (aqua  frigida)  abluebatur.  Veget  mulomed.  1,  38  tepida 
(aqua)  os  ablues;  1,  56  pusca  os  ablui  convenit  Ovid.  met  2, 
324  quem  (Phaethonteni)  excipit  Eridanus  fumantiaque  abluit  ora. 
luven.  6,  524  ter  matutino  Tiberi  mergetur  et  ipsis  vertieibus 
timidum  caput  abluet.  Ser.  Sam.  36  caput  permixtis  ablue  eunetis. 
Greg.  Tur.  virt.  Iul.  p.  562,  5.  566,  1;  gl.  conf.  751,  16.  18  Kr. 
Plin.  nat.  h.  33,  110  abluendum  capillum.  Poet  Carol.  II  342, 
192  D.  quo  ablueris  graciles  humore  capillos.  Plin.  n.  h.  29,  127 
oculos  abluere  suadent  Spart.  Hadr.  25,  2  oculos  reeepit,  cum 
aqua  oculos  abluisset  Cypr.  de  lapsis  30  lacrimis  o.  tuos  ablue. 
Ven.  Fort.  vit.  (Patr.  88,  463  A  Mig.)  aqua  palpebras  (mulieris) 
abluens.  Scribon.  8  aqua  frigida  nares  a.  Ennod.  p.  62,  9  Vog. 
immunda  labia  et  nullis  undis  abluta.  Sen.  Agam.  977  dex- 
tram  ablue;  Herc.  für.  1326;  Herc.  Oet  908.  Marc.  Empir.33,230 
[unguat  sibi  veretrum],  sed  sapone  non  abluat  —  Lucan.  6,669 
taboque  medullas  abluit. 

5  2)  Se  abluere,  ablui,  Xovsö&ai.  Verg.  Aen.  2,  720  donec 
me  flumine  vivo  abluero.    Martial.  epigr.  2,  70,  4  primus  te  licet 


Abluo.  567 

abiaas.  Hyg.  fab.  191  quem  Liber  iussit  in  flumine  Pactolo  se 
abluere.  Lact.  inst.  4,  18,  23  nisi  se  abluerint  a  sanguine  =  epit. 
48,  1  a  sanguine  abluti.  August,  serm.  (Patr.  38,  625  M.)  Pha- 
risaei  omni  die  abluebant  se  aqua.  Paul.  Diac.  hist  Lang.  2,  29 
dum  se  in  balneo  ablueret.  Myth.  Vatic.  1,  3  fönte m  in  quo  se 
Scylla  solebat  abluere  (=  Lact.  myth.  14,  15  quo  loco  Scylla 
ablui  consueverat.);  2,  173  Arethusa,  dum  se  ablueret.  —  Co- 
lum.  9,  14,  7  debere  nos  flumine  aut  perenni  aqua  ablui.  Stat. 
Theb.  10,  338  Phoebe,  tibi  exuvias  .  .  nondum  ablutus  aquis  .  . 
trado.  Glaud.  epithal.  Pall.  et  Cel.  99  fontibus  abluitur  gelidis. 
Mart.  Cap.  1,  14  (p.  7,  20  Eyss.)  eadem  foveri  abluique  lympha 
cupiebant.  Macr.  Sat  3,  1,  2  ut  fluviali  unda  ablutus  possit  quam 
puris8ime  Iovem  invocare;  7, 13, 18  aqua  dulci  ablutum  vidi  splen- 
dori  suo  redditum.  Greg.  Tur.  bist  Fr.  5;  20  abluti  balneis;  4,  46 
abluetur  (=  abluitur)  aquis  calidis. 

AU.  aliquem  (animalia);  ablui  passive.  Apul.  inet.  11,  23  6 
sacerdos  me  deducit  ad  proximas  balneas  et  sueto  lavacro  tra- 
ditum  praefatus  deum  yeniam  purissime  circumrorans  abluit. 
Anthol.  lat.  891,  2  R.  iufanteni  Bacchum  inventum  sub  cinere  ab- 
luerant  Prudent.  perist.  7,  15  illum  (Quirinum  martyrem)  lymphis 
fluvialibus  gurges,  dum  rapit,  abluit.  Greg.  Tur.  hist.  Fr.  4,  37 
quem  episcopus  abluens  sepulturae  mandavit;  5,  11  prae  gaudio 
lacrimans,  cunctos  aqua  abluens  crismate  liniens.  —  Colum.  2, 21,2 
flumine  abluere  gregem.  Paul.  Diac.  Patr.  95,  1229  sacerdotes 
hostiarum  cadavera  abluebant.  Tibull.  2,  5,  60  solis  anhelantes 
abluit  amnis  equos.    Prop.  3,  19,  26  niveos  abluit  unda  boves. 

Cic.  Rose.  Am.  72  ita  iaetantur  fluetibus,  ut  nuuquam  ab- 
luantur.  Vulg.  Hebr.  10,  22  abluti  corpus  aqua  munda.  Ambros. 
myst.  3,  17  nunquam  a  lepra  esset  ablutus.  Greg.  Tur.  List.  Fr. 
2,  5  ablutus  a  fidelibus  e&t  sepultus;  4,  5  cum  ablutes  in  ecclesia 
(=  ecclesiam)  deportatus  fuisset;  4,  50;  vit.  patr.  6,  7  ablutus 
atque  vestitus  in  ecclesiam  defertur;  ib.  13,  3.  14,  4.  20,  4;  gl. 
conf.  74  quo  abluto  et  super  feretro  posito;  ib.  80.  102.  Mythogr. 
Vat.  3,  6,  27  mortui  calida  aqua  abluebantur. 

3)  Abluere  intrans.   Itala  (Cantabr.)  ev.  loh.  9,  7  ablue  (lava7 
Vulg.;  vtyaC)  in  natatoriam  Siloam  . . .  abiit  ergo  et  abluit  (lavit 
Vulg.;  ivfyato)]  ibid.  v.  11.  15. 

4)  De  rebus.    Varro  r.  rust.  3,  9, 12  ova  abluta.  Verg.  Aen.8 
4,  684  volnera  lymphis  Abluam  =  Ovid.  met.  13,  530  quid  moror 
interea  crudelia  vulnera  lymphis  Abluere?  Paulin.  Petricord.  2, 713 


568  Ed.  Wölfflin: 

abluere  infusis  vulnera  lymphis.  Cypr.  epist.  59,  13  ne  vulnera 
lacrimis  abluantur.  Paul.  Nol.  poem.  35,  410  vulnera  profusis 
fletibu8  a.  Greg.  Tur.  mir.  Andr.  15  abluens  vulnera  eorum.  Colum. 
12,  7,  5  rutam  aqua  vel  vino  abluant;  12,  7,  3.  Plin.  nat.  b.  35, 
198  primum  abluitur  vestis  Sarda.  Tac.  Germ.  40  vehiculum  et 
vestes,  et,  si  credere  velis,  numen  ipsum  secreto  lacu  abluitur. 
Gaudeni  (Patr.  20,  855)  stolam  sanguine  a.  August,  de  confl.  vit 
et  virt  27  vestis  abluta.  Macrob.  Sat.  7,  13,  25  facit  Nausicaam 
abluentem  vestes;  7,  13,  18  in  flu  vi  o  a.  pallium.  Greg.  Tur.  gl. 
mark  5  pallam  a.;  hist.  Fr.  2,  1  vestimenta  deferebant  ad  ab- 
luendum. 

Plin.  n.  h.  12,  45  Gallicum  nardum  abluitur  vino.  Val. 
Flacc.  5,  75  bis  in  undis  abluit  thyrsos.  Front  de  aq.  111  ad 
utilitatem  cloacarum  abluendarum.  Prud.  psych.  99  gladium  Ior- 
danis  in  undis  abluit  infectum.  Greg.  bist.  Franc  9,  6  abluto 
pavimento;  gl.  conf.  83  a.  monimentum,  90  cellulam  ablutam  aqua. 

Varro  r.  rust.  1,  35,  1  pluviae  pulvinos  abluunt  et  agrum 
faciunt  macriorem.  Sen.  nat  q.  3,  27,  7  abluit  villas  torrens.  Plin. 
n.  h.  8,  112  dönec  aliqui  abluant  imbres  (rostra  cervorum);  16, 
172  harundines,  quas  Cephisus  abluisset.  Sidon.  carm.  7,  324  quem 
(Bructerum,  i.  e.  agrum  Bructerorum)  vel  Nicer  abluit  unda.  — 
Constructione  passiva  Ammian.  23,  3,  7  carpentum  Almonis 
undis  ablui  perhibetur.  August.  Patr.  39,  1885  vela  fluctibus  ab- 
luantur. 

9  n.  Translate.  a)  Quasi  lavando  tollere,  delere.  Abluantur, 

ut  sordes  corporis  et  maculae  vestium,  ita  animi  vitia,  scelera,  simüia. 
1)  ablutione  liquore  facta.  Catull.  88,  6  suscipit  (sceleris),  quan- 
tum  non  ultima  Tethys  Nee  genitor  Nympbarum  abluit  Oceanus. 
Lucr.  4,  875  sie  igitur  tibi  anhela  sitis  de  corpore  nostro  ab- 
luitur, t.  e.  liquore  extinguitur.  Ovid.  fast.  5,  681  (de  fönte  Mer- 
curii)  Ablue  praeteriti  periuria  temporis,  inquit,  Ablue  praeteritae 
perfida  verba  die  (=  diei).  Plin.  nat.  h.  8,  43  culpa  flumine  ab- 
luitur. Val.  Flacc.  8,  439  planctus  abluit  Almo  (rivus).  Terk 
mon.  17  (de  Lucretia)  maculam  carnis  (i.  e.  adulterii  crimen)  suo 
sanguine  abluit.  Cypr.  epist.  43,  5  lacrimis  commissi  delicti  cri- 
men abluitis.  Hieron.  epist.  77,  4  maculas  lamenta  abluant.  Sidon. 
epist.  7,  6  quem  longis  abluenda  fletibus  conscientia  (scä.  mala) 
premat,  Ps.  Hilar.  metr.  in  gen.  Patr.  50,  1291  Diluvio  abluitur 
terrarum  crimen  et  undis;  ib.  1292.    Petr.  Chrysol.  Patr.  52,  638 


Abluo.  569 

reatus  ulcera  lacrimis  abluantur.  Merob.  4,  19  quae  non,  ut  Thetis, 
pavorem  secretis  Stygos  abluit  sub  undis. 

2)  Apud  scriptores  christianos  maxirne  de  baptismate  etlO 
de  cruore  martyrii.  Itala,  Vulg.  Act.  apost.22,16  Baptizare  et  ablue 
peccata  tua.  Ter!  Scorp.  12  sordes  baptismate  abluuntur,  maculae 
martyrio  candidautur;  bapt.  1  felix  sacramentuui  aquae  nostrae, 
quia  ablutis  delictis  pristinae  caecitatis  in  vitam  aeternaui  libe- 
ramur.  Cypr.  epist.  70,  1  ut  possit  baptismo  peccata  abluere. 
Ambros.  hexaeni.  5,  2,  6  in  ecclesia  aquae  illud  operantur,  ut 
praedonum  abluta  uequitia  cum  innocentibus  comparetur.  Hieron. 
adv.  Iovin.  1,  26  sordes  nuptiarum  a.  cruore  (cruorem?)  martyrii. 
August.  Patr.  43,  213  aqua  sacerdotis  abluit  delicta.  Ven.  Fort, 
carm.  5,  5,  109  abluitur  Iudaeus  odor  baptismate. 

3)  Abluuntur  peccata  etiam  cordis  contritione,  paenitentia,  quae  11 
dicitur  alterum  baptisma,  eleemosynis,  similibus.  Irenaeus  latin.  4, 
22,  1  verbum  (seil,  dei)  sordes  abluit.  Zeno  (Patr.  20, 1142  Mig.) 
ablutas  piis  laboribus  (fromme  Werke)  sordes.  Cypr.  de  op.  et 
el.  1  ut  sordes  eleemosynis  abluamus  =  August,  contra  duas 
epist.  Pelag.  4,  8,  21.  Ambros.  de  virg.  3,  5,  21  si  delicta  corporis 
poenitentia,  lacrimis  abluamus.  Hieron.  3  Osea  14,  1  poenitudo, 
quae  sordes  abluit  peccatorum;  epist.  3,  3  puritate  morum  ma- 
culam  servitutis  a.  August,  ad  fratr.  in  er.  64  ut  per  ieiunium 
et  abstinentiam  peccata  sua  a.  velint;  contra  Iulian.  2,  6,  15  ut 
carnalem  labem  gratia  ablueret;  epist.  36,  10  si  error  ieiunio  sol- 
vitur  vel  abluitur.  Petr.  Chrys.  Patr.  52,  466  dilectio  delet  et  ab- 
luit universa  peccata.  Leo  Magn.  serm.  49,  3  poenitentiae  la- 
crimis a. 

4)  Non  addito,  quanam  re  fiat  ablatio.  Vulg.  Act.  apost.  25, 16  12 
qui  accusatur  locum  defendendi  accipiat  ad  abluenda  crimina  = 
Damasus.  Patrol.  13,  428  ad  abluenda  crimina  et  scelera.  Gaud. 
Patr.  20,  983  Iesus  nostra  in  suo  corpore  crimina  abluturus  (seil. 
baptismo  Ioannis).  Ambros.  Patr.  17,  89  Christus,  qui  hominum 
peccata  ablueret  (seil,  sanguine  suo);  offic.  min.  1,  48,  232  cupio 
abluere  ingenui  pudoris  notam;  id.  epist.  19,  2  (vol.  16,  983  M.) 
culpani;  enarr.  psalm.  48  iniquitas  mihi  abluenda.  August,  epist. 
36,  9  maculas  erroris  a.;  id.  Patr.  43,  247  conscientia  dantis 
attenditur,  qui  abluat  accipientis  (seil,  malam).  Cassian.  coli.  18, 
15,  5  maculam  furti  a.;  23,  13,  5  maculam  tanti  criminis.  Greg. 
Magn.  mor.  21,  19  si  luxuriae  scelus  non  abluitur. 

b)  Quasi  lavando  purgare,  emundare.    1)  aliquem  (se). 

Archiv  f&r  lat.  Lexikogr.  IV.    Heft  3.  4.  37 


570  Ed.  Wölfflin: 

Tertull.  Marc.  1,  14  nee  aquam  reprobavit  creatoris,  qua  suos  ab- 
luit.  Iren.  lat.  4,  27,  1  Domini,  qni  abluit  et  emundat  enm  ho- 
minem,  qui  peccato  fuerat  obstrictus.  Cypr.  epist.  69,  3  cum  sola 
ecclesia  habeat  aquam  vitalem  et  baptizandi  atque  abluendi  ho- 
minis potestatem.  Ambros.  comm.  in  epist.  ad  Rom.  1, 3  et  passim 
hominem  a  peccatis  a.;  de  fide  2,  11,95  flectus  illi  nos  abluunt; 
apol.  proph.  Dav.  alt.  4  ut  quos  taurorum  sanguis  lavare  non 
poterat,  Christi  sanguis  ablueret.  August,  epist.  185,  43  quare 
me  non  baptizas,  ut  abluas  a  peccatis?  quaest.  in  hept.  3,  55  a 
cuius  (hirci)  contagione  homo  abluendus  est.  —  Herrn,  past.  simil. 
7,  2  ut  abluat  se  ab  omni  cupiditate.  Ambr.  de  No.  et  ar.  13 
cum  mens  nostra  se  a  corporalibus  illecebris  abluerit.  Itala 
lerem.  4,  14  ablue  a  malitia  cor  tuum  (lava  Vulg.). 

13  2)  ablui.  Tert.  bapt.  4  ut,  quoniam  vice  sordium  delictis 
inquinainur,  aquis  abluamur;  paenit.  6  non  ideo  abluimur,  ut  de- 
linquere  desinamus,  sed  quia  desiimus,  quoniam  iam  corde  loti 
sumus.  Cypr.  epist.  69,  2  quomodo,  qui  in  ecclesia  non  est,  ablui 
et  purgari  lavacro  Christi  potest?  Epist.  ad  Corinth.  I  6,  11  ab- 
luti  estis  (aitskov6a<5&s)j  sanetificati  estis.  Iren.  lat.  4,  22,  1 
emundati  et  abluti;  5,  11,  2  abluti  estis  credentes  in  nomine  Do- 
mini. Bachiarius  Patr.  20,  1041  M.  vides,  quod  sicut  peccati  con- 
tagione maculamur,  ita  expulsione  eius  abluimur.  Anon.  Patr.  18,86 
caelesti  abluatur  nitro  doctrinae  et  lomentis  spiritualibus  emun- 
detur  =  Sulp.  Sev.  append.  2,  13.  Cypr.  de  rebaptismate  13  licet 
Christi  nomine  abluti  sint.  Ambros.  enarr.  psalm.  48  ablutus  est 
a  peccato;  de  myst.  3,  18  ablutus  est  ab  omni  contagione  vitio- 
ruin.  Ambros.  in  psalm.  48  ablutus  a  peccato.  August,  epist. 
127,  7  lavacro  sacri  fontis  abluti;  id.  Patr.  43,  359  baptizatur,  ut 
abluatur;  contra  Iulianum  3,  3,  9  lavantur,  sed  non  abluuntur; 
sermo  de  symbolo  7,  15  (Patr.  40,  636)  semel  abluimur  baptis- 
mate,  quotidie  oratione.  —  August,  de  natura  boni  44  ablutae 
animae.  Mar.  Merc.  append.  2,  605  (Patr.  48)  abluta  ecclesia  a 
delicto. 

14  c)  Obscurata  notione  ablavandi.  Lucr.  4,  378  spoliatur 
lumine  terra  Et  repletur  item  nigrasque  sibi  abluit  umbras,  i.  e. 
tenebras  quasi  pulverem  vel  maculam  excutit  ImitcUus  est  Arnob. 
4,  24  Saturnum  ablui  (=  liberari)  diebus  statis  vineulorum  pon- 
deribus  et  levari.  Cic.  Tusc.  4,  60  omnis  perturbatio  animi  pla- 
catione  abluatur.  Plin.  epist.  3,  7,  3  (de  Silio  Italico)  tnaculam 
veteris  industriae  laudabili  otio  abluerat.    Cato  monostich.  6  (An- 


Ablatio.  671 

thol.  lai  716,  16  R.)  splendor  opuin  sordes  uon  abluit  unquam. 
Aethicus  1,  5  per  ignem  abluenda  (abolenda?)  vitia.  —  Tac.  11,  2 
lacrimiß  abluendis  (=  abstergendis)  cubiculo  egrediens.  Poet.Carol. 
(Alcuin.)  I  309,  89  D.  abluat  et  lacrimas  plebis.*) 

Ablatio,  Ollis,    fem.   actus  ablnendi. 

I.  Proprie.  [Plin.  n.  h.  13,  74,  quem  locum  lexicographi  cer- 
iatim  protulerunt,  pro  ablutione  Augusti  ex  codicibus  restitutum  est 
adulatione  A.]  Macrob.  Sat.  3,  1,  6  constat  dis  superis  sacra  fac- 
turum  corporis  ablutione  purgari.  ib.  3,  3,  12.  7,  13,  27  aquae 
marinae  pinguedo  impedit  ablutionem.  7,  13,  23.  7,  13,  18  (de 
pallio)  eaedem  post  ablutionem  maculae  sordium  visebantur. 
Mythogr.  Yatic.  3,  6,  12  margarita  in  lutum  missa  ablutionem 
requirii 

Ambros.  de  offic.  1,  50,  250  si  populus  sine  a.  vestimentorum 
suorum  prohibebatur  accedere  ad  hostiam  suam.  August,  de  vera 
et  falsa  poenit.  28  cnm  post  ablutionem  pedum  dicatur  buccel- 
lam  panis  Iudae  dominum  porrexisse.  Cassian.  collat.  8,  23,  3. 
18,  11,  3.  Isid.  orig.  20,  6,  8  labrum,  idem  et  alveum,  quod  in 
eo  ablutionem  fieri  solitum  est;  id.  epist.  7,  8  ex  ablutione  fre- 
quenti  candor  augetur. 

*)  Bei  der  Anordnung  des  Artikels  wurde  von  der  Ansicht  aasgegangen, 
dafs  lavare  pedes  manus  corpus  sowie  abluere  sudorem  sanguinem  die  ur- 
sprünglichen Ausdrücke  seien,  abluere  pedes  corpus  einer  zweiten  Bildungs- 
stufe angehören.  Dies  wird  wird  auch  dadurch  bestätigt,  dass  die  älteste 
Belegstelle  des  Verbums  bei  Pacuvius  die  Verbindung  abluere  pulverem  zeigt, 
und  dafs  Hieronymus  das  von  dem  Körper  gebrauchte  abluere  der  Itala 
gegen  lavare  vertauschte.  Vgl.  evang.  loh.  9,  7.  11.  16  (oben  §  7),  Hilar. 
psalm.  140,  9.  comm.  Matth.  5,  2  in  abluenda  facie  mit  Vulg.  Matth.  6,  17 
faciem  tuam  lava,  lerem.  4,  14  (oben  §  12)  ablue  cor  mit  lava,  wogegen 
allerdings  Hebr.  10,  22  abluti  corpus  aqua  munda  stehen  blieb. 

Die  Redensart  sanguine  abluere  bezieht  sich  nicht  nur  auf  den  Tod 
Christi,  sondern  man  mufs  sich  daran  erinnern,  dafs  Ochsenblut  und  Ziegen- 
blut als  vorzügliche  Reinigungsmittel  galten.  Plin.  n.  h.  28,  244.  Ambros. 
oben  §  12.  Marc.  Empir.  oben  §  2. 

In  der  Konstruktion  a.  aliqua  re  wird  der  Leser  den  Ablativ  zunächst 
als  Instrumentalis  fassen;  hie  und  da  steckt  aber  darunter  ein  Separativus, 
der  sich  nach  Analogie  der  Verba  des  Befreien 8  erklärt  und  dadurch  ent- 
schuldigt wird,  dafs  die  verschiedenen  Begriffe  der  Hauptwörter  ein  Mifs- 
verständnis  nicht  leicht  aufkommen  lassen;  doch  könnte  a.  sanguine  heifsen: 
rmit  Blut',  und  fvon  Blut'.  Zur  Verdeutlichung  dieses  Separativus  wurde 
daher  die  Präposition  ab  zu  Hülfe  genommen.  Ambrosius  schreibt  meist 
a.  a  peccatis,  aber  an  einer  Stelle  (wenn  die  Lesart  richtig  ist)  blofs  pec- 
catis.    Patr.  17,  489  ed.  1880. 

37* 


572  Ed.  Wölfflin: 

IL  Translate.  Vocabülum  Christianorum  de  expiaiione 
scelerum;  cf  abluo.  Tert.  bapt.  5  deleta  morte  per  ablutio- 
nem  delictorum;  ib.  6.  Hilar.  psalm.  119,  7  B  peccatorum  a.  et  re- 
missio.  Ambro8.  de  sacram.  1,  5,  16  non  a.  peccatorum  suorum 
Christo  necessaria  erat.  Hexaem.  5,  25.  Id.  Patr.  17,  722  (ed.  alt 
1880)  ablutionem  criminis  accepit  Id.  enarr.  psalm.  45  verbum 
tuum  nostrae  colluvionis  a.  est.  Hieron.  epist.  64,  21  nee  nobis 
sufficit  priorum  a.  peccatorum.  Cassian.  coli.  20,  8,  2  per  lacri- 
marum  profusionem  conquiritur  a.  delictorum.  Gregor.  Magn.  78, 
213  A  Mig.  ablutionem  criminum  dare. 

Vulg.  Zach.  13,  1  fons  patens  in  ablutionem  peccatoris,  ad 
quae  Hieron.  comment.  III  Zach.  (1517  C  Mig.):  pro  ablutione 
LXX  transtulerunt:  transmutationem.  August,  c  Iulian.  2, 8, 26 
nisi  per  ablutionem  caelestis  misericordiae  emundationem  conse- 
quamur.  Auson.  vers.  Rhopal.  21  nova  Iordanis  a.  Cassian.  collai 
20,  8,  1  martyrii  donum  sanguinis  ablutione  (=  per  ablutionem 
sanguine  faetam)  conquiritur;  id.  23,  7,  2  nee  pollutionem  tur- 
pium  somniorum  larga  fletuum  ablutione  purgamus.  Leo  Magn. 
serm.  44,  1  quamvis  noros  homines  faciat  regenerationis  a.  Isid. 
differ.  2,  124  a.  cordis  et  corporis;  expos.  in  Num.  15,  25  a. 
aeterni  fontis. 

Saepissime  dicitur  de  baptismo.  August,  de  vera  et  falsa 
poen.  17,  33  sanat  et  liberat  in  ablutione  baptismi;  id.  contra 
duas  epist.  Pelag.  1,  14,  28  hi  partus  baptismatis  ablutione  re- 
missi  sunt.  Dionys.  Exig.  Decr.  Leon.  48  (Patr.  67,  298  A  Mig.) 
baptisma,  cuius  a.  nulla  iteratione  temeranda  est.  Greg.  Tur.  de 
virt.  Iul.  46a  baptismi  ablutione  mundatus. 

Absolute.  Ambros.  de  poen.  2,  11,  98  omnes  ad  senectutem 
different  ablutionis  gratiam;  id.  2,  9,  88  vestis  ablutionis.  August 
c.  Iulian.  4,  7,  37  nunquam  in  bonum  ablutione  transiret;  id. 
quaest.  in  hept.  4,  33  quod  post  ablutionem  de  singulis  quibusque 
dicitur.    Greg.  Magn.  Patr.  78,  71  C  Mig.  ablutione  loti. 

Ablutor,  oris.  rnasc.  baptizator.  Pseudo-TertulL  poem.  adv. 
Marc.  3,  221  (de  Ioanne):  A.  carnis,  domini  praecursor  apertus, 
A.  Christi,  prior  ipse  renatus  ab  illo.  —  Is,  qpii  abluit.  Pseudo- 
Orientius  de  trinit  82  (de  Christo)  errorum  ablutor.  Poet  aevi 
Carol.  II  119,  6  adsis  paratus  et  promptus  a.,  o  salutator. 

Abluvio,  onis.  fem.  deminutio  abluendo  facta  (Rudorff,  Grom. 
II  451  ^Abtrieb9),  opposita  alluvioni  (Anschutt).  Gromat.  p.  124, 1. 
150,  27:  Rivus   si   alieuius  terras  minutatim  ex  alia  parte  abs- 


Ablutor  —  Abnegativus.  573 

trahat  et  alii  contrario  relinquat,  quod  vocant  abluvionem,  repe- 
titio  finium  non  datur. 

Abluvinm,  ii.  neutr.  Gellius  16,  7,  2:  Laberias  in  mimis 
oppido  quam  verba  finxit  praelicenter.  nam  dixit  .  .  .  abluvium 
pro  diluvio.  Cf  Com.  lai  frgm.  Ribb.  Lab.  150.  —  Idem  quod 
abluvio.    Gromat.  p.  82,  19  limum  abluvio  invectum. 

Abmatertera,  ae.  fem.  Gloss.  abav.  Abmatertera:  soror 
aviae.  Isid.  orig.  9,  6,  27  aviae  meae  soror  mihi  abmatertera  est. 
Gaius  Dig.  38,  10,  3  pr.  sexto  gradu  sunt  .  .  .  abavunculus,  ab- 
matertera (id  est  abaviae  frater  et  soror).  Paulus  Dig.  38,  10, 10 
hos  omnes,  quos  a  patruo  maximo  posuimus,  quidam  his  nomini- 
bus  designant:  abpatruus  abavunculus,  abainita  abmatertera.  quos 
ego  autem  appello  abpatruos  abayunculos,  abamitas  abmaterteras, 
illi  me  demonstrant  fratris  sororisque  abnepotem.  Lex  Wisigoth. 
IV  1,  6. 

Abnato,  are.  Pbilox.  2,  12  abnatare:  ixxoXv{ißrJ6cu.  Statins 
Achill.  1,  383  Tbetis  excepta  freto  abnatat. 

Abnegatio,  onis.  femin.  Cyrill.  p.  384,  5  anaQvritiig:  ab- 
negacio,  recusacio;  id.  p.  394,  14  ano6%{qifiiq\  frans,  abnegacio, 
denegacio.  —  Arnob.  1,  32  cum  in  eadem  culpa  sit  et  adsertio 
talis  rei  et  abnegatio  refutatoris  increduli.  Hermae  pastor  2,  8.  3, 
sim.  9,  20  de  confessione  aut  de  abnegatione.  Hieron.  epist.  121,  3 
quae  est  sui  abnegatio?  aut  quomodo  qui  sequitur  salvatorem, 
so  ipsum  abnegat?  Conf  evang.  Matth.  16, 24.  Don.  Ter.  Phorm. 
2,  1,  73  moralis  a.  frequenti  repetitione  firmata.  Gassian.  incarn. 
Chr.  4,  11  unitatis  a.  Leo  Magn.  Append.  (Patr.  56,  679  M.)  dum 
haeretici  a  sancta  Virgine  partum  processisse  divinum  vocis  ab- 
negatione dissimulant  Const.  Patr.  89,  347  perfecta  verbi  a.  Hist 
misc.  25,  27  a.  dei.  Isid.  orig.  5,  26,  21  abiuratio,  id  est  rei  cre- 
ditae  abnegatio. 

Prise.  14,  20  est  quando  privationem,  id  est  abnegationem 
significat,  ut  impius,  expes;  14,  26'  abnegationem  significat  ut 
perfidus  (=  infidus).  13,  35.  16,  5.  17,  87.  18,  69.  255  Attici  ex 
snpervacuo  duplicantes  abnegationem.  257.  258  nostri  quoque 
duplici  abnegatione  utuntur  ut  *nihilominusc  pro  ?non'.  —  Sen- 
tentia  negativa.  Cassiod.  Patr.  70,  188  tales  interrogationes  pro 
abnegationibus  esse  accipiendas. 

Abnegativus,  a,  um,  idem  quod  negativus.  Prise.  13,  21 
nomina  abnegativa;  14,  52  cse'  est  (praepositio)  abnegativa,  ut 
,8ecuru8,5   15,  2  significatio  a.;   15,  32  abnegativum  est,  ut  cnon, 


574  Bd.  Wölfflin: 

haud'.    16,  1.  11.  17,  19.  46.  18,  69.  Cassiod.  de  art  ac  disc  lib. 
litter.  de  syll.  Patrol.  1193  Mig. 

Abnegator,  oris.  masc.  Cyrill.  p.  384,  6  axccQvrjr^g:  ab- 
negator,  denegator;  Gloss.  Amplon.  abnegator:  negator.  Terbul 
fug.  persec.  12:  quis  tamen  abnegatorem  spernat?  (pteriqtte  codi.] 
obnegatorem  tres  Vaticani;  a  negatore  Bhenanus.)  Interpres  anon. 
comment.  in  lob  2,  p.  147  (Orig.  opp.  XVI  Lomm.)  pro  vindicta 
abnegatoris.    Hist.  misc.  23,  19  haben 8  .  .  dei  abnegatorem. 

Abnegito:  abnego  saepius  Gloss.  aa.  Si  rede  emettdavü 
Goetzius  pro:  abnegatio. 

Abn&go,  övi,  &tam,  äre.  Verbum,  ut  iridetur,  a  Vergüte  no- 
vatxmi  (non  probatum  Ovidio).  Cyrill.  p.  384,  3  aitaQvovpai:  abnuo 
denego  recuso  abnego;  id.  p.  394,  12  anoaxsQwi  privo  defrando 
abnego.  Lib.  gloss.  abnegat:  pernegat  Gloss.  Abavus  abnegat; 
infidiatnr  (infitiatur),  plusquam  negat.  —  Penitus  a.  Arnob.  2,39. 
Zacchaeus  Patr.  20,  1127  M.  Cassian.  collat.  17, 16,  3.  Mart  Cap. 
9,  333.  Cod.  Theodos.  9,  1,  19,  1;  omnino  a.  Hilarius  trin.  10,  3. 
Gelas.  tract.  1,  10  (Epist.  pontif.  ed.  Thiel);  prorsus  a.  Passio 
Cyrilli;  ex  toto  a.  Concil.  Hisp.  Patr.  84,  430  M. 

a)  Seq.  infinitivo  =  nolo,  aspernor.  Verg.  Georg.  3,  456 
dum  medicas  adhibere  manus  ad  volnera  pastor  Abnegat,  initio 
hexametri,  ut  constanter  apud  Vergilium  et  Valerium  Flaccum;  Aen. 

2,  637  Abnegat  excisa  vitam  producere  Troia.    Poet.  Carol.  II  56, 
546  D.  quicumque  fidem  regi  servare  perennem  Abnegat. 

b)  a.  aliquid  =  recuso.  Verg.  Aen.  7,  424  rex  tibi  con- 
iugium  . . .  Abnegat  (Ovid.  met.  10,  634  coniugium  negarent  mihi 
fata).  Columella  10,  vers.  51  ingeniumque  loci  vel  Iupiter  ab- 
negat imbrem  (Ovid.  Ib.  108  denegat  adflatus  ventus).  Lucan.  3, 
263  (de  Tigride)  tellus  . .  flumen  pelagi  non  abnegat  undis  (Ovid. 
Ib.  107  aninis  tibi  denegat  undas).  Val.  Flacc.  5,  668  quod  sin 
ea  Mavors  Abnegat.  —  Ps.-Frontin.  4,  7,  31  abnegato  adiutorio 
socios  alienare.  Granius  (Licin.)  ap.  Arnob.  6,  7  quid  de  suis 
commeruerit  civibus,  ut  ei  sit  abnegata  telluris  patriae  sepultura. 
Apul.  'dvexopsvog  (=  Anthol.  lat.  II  712,  5  R.)  Nobis  Cupido 
velle  dat,  posse  abnegat.  Tertull.  fug.  12  Caesari  reddens,  quae 
sunt  Caesaris,  deo  vero,  quae  sunt  dei/  abnegans.  Paul.  Festi 
108,  4  cum  (censores)  equiti  aes  abnegabant  ob  equum  male  cu- 
ratum.  Hegesipp.  1,  38,  4  cum  fruetus  terra  abnegaret.  Don.  ad 
Ter.  Ad.  4,  7,  5  ne,  quod  ille  cupit,  abneget  Micio.    Sedul.  pasch. 

3,  23  ubi  fruges   sterilis   necessitas  abnegarit.    Oros.  2,  13,  9  ut 


Abnegator  —  Abnego.  575 

spem  gignendis  terrae  fructibus  abnegaret  (siccitas);  5,  14,  6 
abnegatio  cibo  seso  consumpserunt  Greg.  Tur.  hist  Fr.  3,  13 
plüvia  per  XXX  dies  abnegata;  gl.  mart.  4,  11  liberis  abnegatis. 

=  infitiari,  abiurare,  ableugnen.  Quintil.  11,2,  11  abnega- 
tam  ei  pecuniae  partem.  luven.  13,  94  quos  abnego  nummos 
(Schol.  dummodo  magnum  sit,  quod  negetur).  Plin.  epist.  10,  96 
(97),  7  (de  Christianis)  se  sacramento  obstringere,  ne  fidem  fal- 
lerent,  depositum  appellati  abuegarent.  Paul.  Dig.  47,  2,  1  ab- 
liegst depositum.  (Cf.  Cels.  Dig.  47,  2,  67  praef.  infitiari  deposi- 
tum). Ulp.  Dig.  12,3,3  deposita  ei  pecunia  abnegata  est;  16,3,11 
nee  enim  convenit  bonae  fidei  a.  id  quod  quisque  aeeepit.  Tertull. 
Scap.  4  depositum  non  abnegamus.  Iren.  lat.  2, 32, 1  non  a.  quae 
sunt  aliena.  Hieron.  comm.  Ephes.  1,  1  si  quis  reddat  depositum, 
si  quis  commendata  nou  abneget.  Firm.  Mat.  math.  III  3  vin  8 
et  passkn  res  commendatas  sibi  vel  fidei  suae  creditas,  res  de- 
positas,  res  alienas  a.  Cod.  Theodos.  11,  1,  32  ne  cui  sit  facultas 
apochas  abnegari  (cf.  9,  40,  21  deposita  denegare). 

«=  tollere,  auferre,  vetare.  Mart.  Cap.  9,  333  litare  penitus 
abnegatum;  7,  255  si  quid  feret  voluptas,  nee  abnegabo.  Lex 
Wisigoth.  12,  3,  13  omnes  Iudaicos  errores  a.;  12,  3,  14  a.  in 
toto  Iudaicam  seetam;  12,  3,  15  omnes  ritus  Iudaicae  observa- 
tionis  a.  —  Cod.  Theodos.  10,  10,  20  quies  possidentibus  abnega- 
tur;  11,  31,  3  si  in  sacrae  cognitionis  examine  audientiam  neces- 
sitas  publica  vel  aegritudo  iudicis  abnegaverit;  16,  10,  4  placuit 
claudi  templa  et  accessu  vetitis  omnibus  licentiam  delinquendi 
abnegari  -»  cod.  lustin.  1,  11,  1. 

c)  a.  aliquetn.  Hör.  od.  1,  35,  24  te  .  .  nee  comitem  ab- 
negat  (Fides).  Val.  Flacc.  3,  695  an  sese  comitem  tarn  tristibus 
actis  Abneget  (cf.  Ovid.  art.  a.  1,  127  si  qua  repugnarat  nimium 
comitemque  negabat.)  Corp.  inscr.  lat.  VI  1711  (N.  14672)  quia 
me  pos  multas  iniurias  parentem  sibi  amnegaverit  (sie).  Anthol. 
lat.  743,  3  R.  (de  Iside)  Tu  nostra  dea  es,  nee  te  deus  ipse  ta- 
cendi  Abnegat. 

d)  Seq.  accus,  cum  infin.  =*  negare,  addita  negatione.  Macrob. 
Sat.  7,  5,  4  nee  abnego  potuisse  me  palinodiam  canere;  7,  5,  16 
omnia  eloquenter  dieta  esse  non  a.;  7,  9,  13  hoc  verum  esse  quis 
abnegat?  (=  nemo  negat).  Salv.  gub.  d.  4,  64  nee  ipse  a.  esse 
meliores;  epist.  4,  8  peccare  me  potuisse  non  a.  —  Accus,  c.  inf 
cogitatione  suppl.  Paulin.  Nol.  poem.  23,  96  Quis  abnegat? 

e)  absolute:  preeibas  non  dbtemperare.    Verg.  Aen.  2,  654 


576  Ed.  Wölfflin: 

Abnegat  (seil  pater).    Dares  Phryg.  30  abnegat  Achilles  (scä.  in 
bellum  prodire). 

Multo  latius  patet  usus  huius  verbi  apud  scriptores  ecclesias- 
ticos.  A.  se  (semetipsum,  se  sibi)  est  contemptis  rebus  hutnanis 
unum  Christum  sequi,  vel  ut  explicat  Hieron.  comin.  epist.  Tit  1, 16: 
exutus  veterem  hominem  cum  operibus  eius,  et  indutus  novum 
sequetur  Deum  suum.  Evang.  Matth.  16/  24  si  quis  vult  venire 
post  rae,  abneget  se  sibi  (Itala;  se  ipsum  Cantabr.;  semetipsum 
Vulg.);  Marc.  8,  34  Itala  Colb.  abneget  se  sibi;  Vulg.  deneget 
semetipsum;  Luc.  9,  23  Itala:  abneget  se  ipsum  (djiaQvrjödö&o 
savxov),  semet  ipsum  Vulg.  Quod  dictum  certatim  laudatur,  vekäi 
apud  Ambros.  epist.  7,  15  ut  totum  te  abneges  et  Domini  crucem 
tollas  et  sequaris  eum.  August.  Patr.  39,  1709  M.  te  ipsum  ab- 
nega  tibi. 

Abnego  aliquem  est:  non  agnosco,  respuo  simulando  eum  mihi 
ignotum  esse.  (Evang.  Luc.  22,  34  non  cantabit  hodie  gallus,  donec 
ter  abneges  nosse  me.)  Ev.  Marc.  14,  31  Itala:  non  te  abnegabo 
(Vulg.  negabo);  Luc.  12,  9  abnegabitur  (negabitur  Vulg.)  coram 
angelis;  Act.  apost  (Land.)  abnegastis  eum  ante  faciem  Pilati 
(Vulg.  negastis).  Tertull.  Marc.  4,  9  non  tarn  abnegavit  quam 
abdieavifc  (matrem  et  fratres);  cf.  ev.  Luc.  8,21.  Id.  carn.  Chr.  7. 
Lact.  inst.  5,  8,  11  qui  communem  omnium  patrem  abnegassent; 
7,  26,  6  qui  dominum  mundi  vel  nescicrunt  vel  abnegaverunt 
Cypr.  de  sing.  cler.  32  parentes  proprios  a.;  de  dupl.  mart.  15 
quem  diu  professi  fuerant,  abnegaverunt;  16  Petrus  ter  abnegavit 
Dominum;  27  non  abnegavi  Caesarem.  Ambros.  de  los.  patr.  14 
Moysen,  quem  laudant,  abnegant. 

A.  aliquid.  Itala  Exod.  21,  10  vestem  non  abnegabit  ei 
(Vulg.  vestimenta  non  negabit);  Vulg.  2  epist.  Timoth.  3,  5  vir- 
tutem  eius  abnegantes;  ep.  Tit.  2,  12  abnegantes  impietatem  et 
saecularia  desideria.  Past.  Herrn.  181,  16  non  abnegaverunt  legem 
suam.  Lact.  inst.  6,  20,  19  rudibus  adhuc  animis  abnegant  lucem; 
epit.  64  veritatis  seetator  non  abnegabit,  quod  spoponderat;  inst 
1,  10,  3.  Hilar.  trin.  1,  16  nativitatem  a.  (i.  e.  Christum  esse  dei 
filium);  4,  1  divinitatem;  psalm.  131,  1  Iudaei  adventum  Domini 
abnegantes;  ps. 63,9  resurrectionem ;  131,  1  auetoritatem ;  syn.  26 
opportunitas  abnegati  temporis.  Salv.  eccles.  2,  7,  27  et  delicias 
sibi  et  divitias  a.;  4,  7,  38  fidem  (ib.  39  f.  denegare). 

Constructio.  Itala  Levit.  19,  11  non  abnegabitis  unusquis- 
que  proximo  =  Vulg.  non  mentiemini  nee  deeipiet  unusquisque 


Abnepo8  —  Abnocto.  577 

proximum  suum.  —  Marius  Victorin.  in  epist.  ad  Ephes.  1262  Mig. 
non  est  abnegandus  a  Christi  gratia;  Greg.  Magn.  hom.  in  evang. 
32,  3  iam  se  a  vitiis  abnegat  —  Accus,  c.  infin.  negatione  non 
addüa.  Arnob.  2,  51  regias  suboles  esse  animas  a.;  2,  56  deos 
nonnulli  esse  abnegant;  7,  35.  August,  epist.  121,  13  veritatem 
religioni  inesse  a.  Sidon.  Ap.  carm.  22,  88  te  abnegat  esse  deum. 
—  Hilar.  psalm.  122,  7  quod  deus  est,  abnegantes.  —  August,  de 
Visit,  inf.  2, 4  nos  autem  abnegamus,  quin  sit  ad  Deum  frequenter 
referenda  peccatorum  confessio. 

Abnepos,  ötis.  mase.  avi  nepos  (tä  äbavus  =  avi  avus,  Arch. 
II  290).  Gl.  Serv.  abnepos:  äitixyovog.  Cyrill.  p.  384,  29.  Gloss. 
Abav.  abnepos:  filius  nepotis.  Id.  abnepos:  filius  pronepotis,  id 
est  nepos  nepotis.  Gl.  Amplon.  abnepus:  qui  natus  de  pronepote. 
Cf.  GL  aa  —  Mai  VI  p.  501. 

Gaius  Digest.  38,  10,  1,  6  quarto  gradu  (cognationis)  sunt 
supra  abavus  abavia,  infra  abnepos  abneptis  =  Ulp.  tract.  de 
grad.  6.  lustin.  instit.  3,  6,  4.  Lex.  Wisigoth.  4,  1,4.  Paulus  Dig. 
38,  10,  10  filius  nepos  pronepos  abnepos;  id.  sentent.  4,  11,4.6. 
Falso  Isid.  orig.9, 5,29  intellexit  praepositionem  ab:  abnepos,  quia 
seiungitur  a   nepote;  est  enim  inter  illum  et  nepotem  pronepos. 

Sen.  apocol.  10  abnepotem  L.  Silanuin.  Statius  silv.  4,  3,  148 
longus  te  manet  ordo  saeculorum  natis  longior  abnepotibusque. 
Tacit.  annal.  13,  1  quippe  Silanus  divi  Augusü  abnepos  erat 
Suet.  Tib.  3  eius  (Camilli)  a.  filium  reliquit;  Claud.  24  non  lec- 
turum  se  Senatoren),  nisi  civis  Romani  abnepotem.  Fronto  (Mar- 
cus) p.  15,  1.  Lact.  inst.  1,  23,  3  Agamemnon  Iovis  a.  fuit.  Hier, 
epist.  73,  5  Sem  abnepoti  suo  decinii  gradus  supervixit;  id.  73,  6. 
Sulp.  Sev.  1, 42,  2  huic  Asab  filius  successit,  a  David  quintus  fere, 
quippe  a.  eius.  Prud.  perist.  10,  179  natos  nepotes  abnepotes. 
Greg.  Tur.  patr.  2,  4.  lnscriptionum  exempla  proferre  longum  est, 
veluti  Divi  Nervae,  Traiani,  Hadriani  abnepoti.  Corp.  inscr.  VI 
992,  1009.  1053. 

Abneptis,  is.  fem.  avi  neptis.  Cf  s.  v.  abnepos.  Suet.  Ner.  35 
(uxorem  duxit)  Statiliam  Messalinam,  Tauri  bis  consulis  ac  trium- 
phalis  abneptem.  Isid.  orig.  9,  6,  23  patris  mei  proavus  mihi  ab- 
avus est,  ego  illi  abnepos  aut  abneptis. 

Abnocto ,  äre.  verb.  intrans.  noctem  extra  donium  fransigere, 
gall.  decoucher.  Sen.  dial.  7,  26,  6  alius  (poeta)  adulterum  illum 
(Iovem)  induxit  et  abnoctantem  (M  obnoctantem).  Gellius  13, 12, 9 
(de  tribunis  plebis)  ius  abuoctandi  ademptum.    Tertull.  de  an.  57 


578  Ed.  Wölfflin: 

Celtas  apud  virorum  fortium  busta  abnoctare.    Marcian.  Dig.  1, 
18,  15  dum  abnoctare  ei  nou  liceat. 

Abnödo,  Ure.  Colum.  4, 22, 4  pampinus  non  abnodatus  neque 
abrasus  (al.  adnodatus  et  adrasus).  Id.  4,24, 10  hunc  (palmitem) 
tamquam  aemulum  diligenter  amputant  et  abnodant  (al.  adnodant) 
priusquam  corroboretur;  ib.  18  applicata  falce  abnodatar  (al.  adn.). 

Abnormis,  e.  adiect.  Cyrill.  p.  397,  45  &Qv&(wg:  abnormis, 
enormis.  Gloss.  Ampi.8  abnormis:  innumerabilis.  Translat.  Hör. 
sat.  2,  2,  3  rusticus  abnormis  sapiens  crassaque  Minerva,  ad  quae 
Acro:  ultra  normam  philosophiae  peritus.  (AI.  abnormi  sapiens, 
qtwd  idem  Acro  interpretatur:  aut  abnormi,  recta.) 

Abnormitas,  atis.  femin.  Cyrill.  p.  397,  43  &qvfrftfa:  ab- 
normitas,  enormitas.  Schol.  ad  Pers.  sat.  1,  63  diligenter  versus 
sine  *anormitate  (auormate  codd.  Monac.  14482  et  23577)  faciunt 

Abnitäo,  ere.  Verbum  secundae  coniugationis  =  abnuo,  ere. 
Diora.  p.  382,  10  K.  cui  enim  in  dubium  cadit,  quin  abnuo,  ab- 
nuis  dicamus?  verum  apud  veteres  et  abnueo  dictum  annotamos, 
ut  Ennius  octavo  annalium  (v.  283  Vahl.  290  Müll.)  Certare  ab- 
nueo, metuo  legionibus  labern.  Idem  in  Telamone  ex  eo  futurum 
'abnuebunt'  (Trag.  284  Rib.;  p.  112  Müll.). 

Abnuitio,  onis.  femin.  i.  q.  negatio.  Paulus  Festi  p.  108, 7  M.: 
fIn'  non  semper  abnuitionem  significat,  sed  interdum  etiam  pro 
adnuendo  ponitur. 

AbnUmero,  uro.  Gl.  Cyrill.  p.  383,58  a7taQL&p&:  abnumero, 
denumero.  Gellius  15,  3,  4  ex  Nigidio:  dictum  intercise  autumo 
quasi  abaestumo,  quod  significaret  Hotum  aestumo',  tamquam 
*abnumero'. 

Abnuo,  öi,  (üfturus),  üörc.  Verbum  compositum  ex  ab  ä 
*nuo  (vsvm)  «=  anovsvco,  nutu  recuso  alqd,  nego.  Prise.  1,  57. 
Probi  app.  Gr.  lat,  IV  202,  16.  Isid.  diff.  1,  32  abnuit:  denegat. 
Boet.  comm.  in  Aristot.  I  83,  UM.  a.  negatione.  Gloss.  Cyr. 
p.  390,  32  ajiovevo]  abnuo;  id.  384,  3  anaQvov(iai:  abnuo  de- 
nego  recuso  abnego.  Philox.  p.4, 11  abnuit:  ävavsvei,  anaQvei- 
t<u;  lib.  gloss.  negat,  non  consentit;  Id.  denegat,  recusat;  gl. 
Abav.  amnuit:  contradicit.  (cf  Loewe,  Prodr.  p.  92.  421).  Lib. 
gloss.  abnuere:  recusare,  prohibere;  gl.  Abav.  recusare,  refutare; 
Placidus  p.  1,  8  Deuerl.  recusare,  abnegare,  cui  contrarium  est 
aduuere,  id  est  dare  vel  concedere;  cod.  Ampi.  1  amuuere:  refu- 
gere.  Philox.  p.  4,  16  abnuat:  aitH%r[\  gl.  Abav.  recuset,  nolit. 
Lib.  gloss.  abnuit:  abominatus  est;  Id.  denegavit;  gl.  Abav.  ab- 


I 
Abnodo  —  Abnuo.  579 

negavit,  abominatus  est,  exclusit.  Lib.  gloss.  abnueram:  contra 
dixeram;  Id.  proibueram;  non  receperam;  Vatic.  3321,  Cas.  439 
amnueram:  contra  dixeratn.  Lib.  gloss.  abnuerat:  recusaverat, 
abnegaverat.  Non  legitur  apud  Caesarctn  et  Senecam  philosopkum 
in  dialogis  (passim  in  tragoediis),  rarissime  apud  iureconsultos,  sae- 
pissime  apud  Livium  et  Tacitum.  Poetae  epici  exemplo  Vergilii  ple- 
rumque  initio  hexametri  posuerunt.  Forma  abnuiturus  unus  usus 
est  Sallust.  hist.  1,  32  D. 

I.    De  hominibus. 

a)  absolute.  Nigidias  ap.  Gellium  10,  4,  4  cum  adnuimus 
et  abn minus,  motus  vel  capitis  vel  oculorum  a  natura  rei,  quam 
significat,  non  abhorret.  Cf.  Livius  36,  34,  6  manu  abnuit  quic- 
quam  opis  in  se  esse.  August,  epist.  append.  17,  19  si  oculos  ab- 
nuendo  contineat.  =  Hieron.  Patr.  30,  34  A. 

Plaut.  Capt.  481  *ubi  cenamus'?  inquam  atque  illi[sce]  ab- 
nuont;  Truc.  prol.  6  Daturin'  estis  annon?  Adnuoni  Quid  si  de 
nostro  quippiam  exorem?  Abnuont.  Cic.  Mil.  100  non  recuso,  non 
abnuo  (seil,  fortunam  Milonis  sequi).  Sali.  hist.  4,  Gl,  13  abnuente 
Tigrane,  qui  mea  dieta  sero  probat.  Ovid.  met.  10,  221  si  roges 
. .  abnuet;  12,  519  Abnuit  Ampycides.  Livius  4,  13,  12  Quinctius 
abnuere:  6,  24,  9  abnuente  ac  prohibente  collega;  25,  23,  9  nee 
abnuit  Marcellus;  28,  18,  4  haud  abnuit  (seil,  ad  epulas  venire); 
29,  5,  7  Ligures  haud  a.  32,  40,  2;  35,  13,  9  abnuentem  cogi;  38, 
16,  13;  40,  13,  6.  42,  17,  8.  Sen.  Med.  507  abdico  eiuro  abnuo; 
Phoen.  62  regam  abnuentem;  Phoen.  441  rogat  abnuentes.  Silius 
6,  460  Abnuit  (Regulus).  Tac.  Agr.  4  quia  abnuerat  (sc.  aecu- 
sare)  interfectus  est;  hist.  1,  61  Valens  adlicere  vel,  si  abnuerent, 
vastare  Gallias  iussus;  ann.  15,  52  abnuit  Piso.  Undecim  alia 
exempla  suppeditabit  Lexicon  Taciteum.  Suet.  de  poetis  p.  9,  6  R. 
petente  Archeiao  ut  tragoediam  scriberet,  abnuit  Fronto  p.  143, 12 
si  me  interrogeSj  coneupiscamne  bonam  valetudinem,  abnuam  equi- 
dem.  Apul.  met.  1,  24  Si  quid  obsonare  cupis,  utique  commoda- 
bimus.  Abnuebam;  Id.  apol.  86  non  abnueres  (codd.  auderes). 
Flor.  3,  16,  2  de  rogationibus  Gracchi:  Apuleius  Saturninus  cum 
abnuentibus  (senatoribus,  sc.  leges)  aqua  et  igni  interdicturum 
miuaretur;  3,  20,  8  nee  abnuit  ille;  4,  2,  25.  lustin.  39,  3,  10 
quanto  Grypus  abnuit,  tanto  muliebri  pertinacia  accenditur;  31, 
1,  4  abnuenti  bellum  denuntiatum.  Granius  Licin.  p.  26  Bon.  se- 
natur  abnuit.  Paneg.  9,  16  (p.  212,  19  B.)  nee  abnuendi  est  causa, 
cum  possis.    Maciob.  Sat.  1,  6,  2  in   abnuentis  locum  Eusebium 


580  Ed.  Wölfflin: 

subrogavi.  —  Apud  grammatkos  a.  negationem  significat,  wM 
Diomed.  p.  455,  11  soloecismus  fit  per  geminationem  abnuendi, 
ut  8i  dicas  cnumquam  nihil  peccavi'.  Prise.  18,  69.  Sacerdos  Gr.  VI 
450,  21  K. 

Itala  Num.  30,  8.  12  (Lugd.)    si    maritus    abnuerit;    30,  6 
si   abnuens  abnuerit  (t.  e.  prorsus  a.)  =  August.  Patr.  34,  744. 
745    (Vulg.  Hieron.    si    contradixerit).     Cypr.  de    laps.  27   con- 
testatio  est  christiani,  quod  fuerat  abnuentis.    Lact.  inst.  1,  17, 13 
tanta  religione  obstrictus  abnuere  non  potuit.    Hilar.  psalm.  63, 11 
trepidatio  abnuentium.    Sulp.  Sev.  2,  7,  2  multum  abnuente  Dario 
prineipes  pervicere;  2,  33,2  abnuentes  militia  reiciebat;  2,45,2. 
Firm.  prof.  rel.  3,  5  nee   abnuimus   aut  recusamus.     Ambros.  de 
Tob.  23  verum   est,  nee  ego  abnuo.     Hieron.  episi  18,  12  non 
abnuo,  non  recuso;  130,  14  non  reprehendo,  non  a.  Vulg.  3.  Reg. 
20,  7  misit  ad  me  . .  pro  auro  et  non  abnui.    August,  serm.  Patr. 
38,  197  nee  rex  abnuit,  non  recusavit;  id.  Patr.  43,  578  non  ab- 
nuo, non  refello.    Auson.  ep.  4  (75),  4  vivisne?  hie  abnuit.    Prud. 
apoth.  824  Sit  res  illa  dei,  non  a.    Greg.  hist.  Fr.  2,  9  cum  con- 
sultaretur  . .  abnuit.    Lex.  Saxon.  43  si  tutor  abnuerit.    Pardessus 
chart.  308  (anni  644)  postea  non  abnuimus. 

*Livius  27,  49,  3  ille  fessos  abnuentesque  taedio  et  labore 
(taedio  laborem  Madv.  Luchs)  . .  accendit  defendi  potest  coli.  Apul. 
de  deo  Socr.  18  cum  desidibus  ac  taedio  abnuentibus,  quamquam 
in  re  simili  accusativtim  addidit  Sallust.  lug.  68,  3  milites  fessos 
et  iam  abnuentis  omnia. 

b)  Addito  infinitivo  praesentis  activi  verbi  intransitivi. 
Plaut.  Merc.  prol.  55  interdum  mussans  conloqui  abnuere.  Livius 
8,  18,  9  haud  abnuentibus  illis  bibere;  22,  13,  11  nee  abnuebant 
melioribus  parere;  44,  43,  7.  Sen.  Phaedr.  833.  Tr.  573  fari  abnuit 
Tac.  hist.  4,  35  redire  in  castra.  Rufin.  hist.  eccl.  1,  10  ire  abnuit. 
Sulp.  Sev.  1,  14,  3  parere  imperio.  Ennod.  p.  118,  17  V.  mei  me- 
minisse  non  abnuat;  129, 18.  280, 16  oboedire.  Passio  Pion.  191, 17 
sacrificare  abnuis.  —  verbi  transitivi.  Liv.  22,  37,  4  quae  ne  ac- 
cipere  abnuant,  se  orare;  29,  15,  2  coloniae  quae  abnuissent  mi- 
lites dare;  37,  48,  4  Aetolos  abnuisse  imperata  facere;  38, 16,  13 
ut  Syriae  quoque  reges  Stipendium  dare  non  abnuerent.  Sen.  Phoen. 
489  quid  strictum  abnuis  recondere  ensem?  Val.  Fl.  1,  521  pro- 
fugo  quin  agmina  iungere  Phrixo  Abnuit.  Stat.  Theb.  2,  190 
Anne  aliquis  soceros  accedere  tales  Abnuat?;  Ach.  1,  917  nee 
tarnen  abnueret  genero  se  iungere  tali.    Silius  2,  103  venatu  ex- 


Abnuo.  581 

tendere  vitam  Abnuit.  luven.  15,  104  quisnam  . .  veniam  dare  . . 
abnueret?  Tac.  hist.  2,  40  abnuentibus  militem  pugnae  obicere; 
an.  1,  13.  Ruf us  17  pacem  regi  dare  abnuerat  Sulp.  Sev.  dial. 
3,  17,  5  praesulem  cum  Feiice  componere.  August,  episi  25,  2 
conferre  arma  non  abnuas;  44,  1  eum  videre  non  abnuit.  Eunod. 
p.  446, 14  V.  diem  laudare  quis  abnuat?  Schol.  Gron.  p.383, 14  Or. 
multi  oratores  accusationem  suscipere  non  abnuerant.  Cod.  Theod. 
6,  22,  1  cetera  munerum  publicoruoi  obire  non  abnuant. 

Seq.  infinitivo  praes.  passivi  sive  medii.  Val.  Flacc.  3,  678 
nostris  ferri  comes  abnuit  actis.    Cf.  adnuto. 

c)  Seq.  accusativo  cum  infinitivo.  1)  Praes.  act.  Gramm, 
lat.  VIT  450,  13  K.  abnuo  fieri  hoc,  Verg.  [Aen.  10,  8]  abnueram 
bello  Italiam  concurrere  Teucris,  ad  quae  Servius:   prohibueram 

1.  contra  Troianos  bella  suscipere.  —  Verbum  dicendi  =  negare. 
Liv.  9,  26,  9  haud  abnuente  dictatore  .  .  ius  esse;  24,  29,  12  ab- 
nuentes  Leontinos  in  sua  potestate  esse;  28,  18,  3  abnuente  Sci- 
pione  sibi  cum  Poeno  odium  esse;  39,  34,  3.  Colum.  2,  8,  2  non 
abnuimus  sementem  sie  fieri  debere.  Plin.  nat.  hist.  10, 137  qui 
credat  ista,  et . .  dedisse  non  abnuet  Quini  5,  8,  3  nee  abnuerim 
esse  aliquid  in  delectatione.  6,  2,  11.  Tac.  hist.  3,  54  abnuenti 
yera  esse  quae  adferret.  Suet.  Caes.  19  ne  Gatone  quidem  ab- 
nuente eam  largitionem  e  republica  fieri.  Teri  pud.  19  delin- 
quere  filios  dei  nunc  adnuit,  nunc  abnuit.  Lact,  epit  36,  1  Epi- 
curus  deos  esse  non  abnuit.  Ammian.  19,  12,  17  nee  abnuimus 
salutem  prineipis  consociato  studio  muniri  debere.    Claud.  in  Ruf. 

2,  72  carumque  sibi  non  abnuit  hostem  (esse).  —  2)  Praes. 
pass.  Tac.  dial.  33  facultate  eloquentiam  contineri  nee  tu  abnues 
et  hi  significare  voltu  videntur.  Arnob.  4,  31  audetis  abnuere 
violari  a  vobis  deos?  Dictys  4,  15  se  non  abnuere  .  .  a  se  per- 
fici.  Avien.  4,  36  dieta  eius  omnibus  praeiudicatae  auetoritatis 
ducier  Non  abnuebam.  Paneg.  12,  39  deberi  sibi  abnuunt  illara 
celeritatem.  Mar.  Vict.  art.  gr.  VI  159,  16  K.  neque  abnuo  sed 
magis  adpröbo  .  .  ingenium  in  maius  extolli.  Claud.  rapt.  Pros. 
2,  78  ut  .  .  vinci  suos  non  abnuat  hortos. 

3)  Per  f.  act  Livius  3,  72,  7  nee  abnuitur  ita  fuisse;  6,6,5 
a.  publicum  fuisse  consilium;  9,  17,  5  haud  a.  egregium  ducem 
fuisse  Alexandrum.  Curt.  6,  7,  7  fidem  dedisse  constanter  abnuit. 
Sulp.  Vict.  42  (Rhet.  lat.  p.  339,  21  H.)  aecusator  oeeidi  illam 
oportuisse  non  abnuit  Ambros.  Patr.  16,  1372  nee  ego  a.  imma- 
tura  obisse  aetate.  —  4)  Per  f.  pass.  (depon.)  Cic.  leg.  1,  40  quin 


582  Ed.  Wölfflin: 

abnueret  a  se  commissum  esse  facinus.  Livius  10,  3,  4  ortum 
errorem  (esse)  haud  abnuerim;  10,  18,  7  Appio  abnuente  missas, 
Volumnio  adfirmante  Appii  se  litteris  accitum.  Curt.  6,  11,35 
abnuens  quicquam  sibi  in  regem  cogitatum  esse.  Tac.  hist  1, 1 
dignitatem  nostram  a  Domitiano  longius  provectam  non  abnue- 
rim; 2,66  qui  se  victos  (esse)  abnuebant;  an.  15,  22  abnuentibas 
ea  de  re  relatum.  Paneg.  11,  31  non  abnuam  consolatus  multis 
esse  delatos.  Ammian.  29,  1,  15  non  abnuimus  salutem  Valentis 
in  extrema  demersam.  Symmach.  ep.  5,  14  cui  non  abnuo  red- 
ditam  vicem. 

5)  Infin.  futuri  act.  Livius  10,  38, 11  abnuentes  iuratoros 
se;  21,  12,  6  has  pacis  leges  abnuente  Alcone  accepturos  Sagun- 
tinos;  28,  24,  12  a.  furoris  eorum  se  futuros  socios;  30,  20,  6  in 
Africam  secuturos;  42,  55,  3.  —  6)  seq.  gerundivo:  Tac.  an.  2,  78 
quamquam  suscipiendum  bellum  abnuissei  Ambros.  Patr.  16,  894 
si  unquam  se  visitandam  abnuerit;  ib.  1008  causam  fidei  agendam 
quis  abnuat? 

d)  A.  aliquid.  1.  Accus,  pronominum.  Cic.  fin.  2,  3  quid 
quisque  concedat,  quid  abnuat  Ovid.  trist.  5,  10,  42  si  quid  di- 
ceotibus  illis  Abnuerim.  Apul.  apol.  100  quid  abnuis,  quid  re- 
cusas?  —  Cic.  fat.  2,  3  nihil  abnuit  meo  studio  voluntas  tua. 
Sali.  hist.  1,  32  D.  nihil  sibi  abnuituros.  Liv.  23,  3,  4  Cumani 
nihil  abnuere;  45,  5,  10.  Tac.  an.  2,  22  supplices  nihil  abnuendo 
veniam  omnium  accepere;  6,  45.  Auson.  ep.  26  (22)  pr.  4  nihil 
poscente  me  abnuis.  Sedul.  pasch,  op.  4,  3  pietati  nil  abnuens. 
August,  solil.  1.  (col.  883  M.).  —  Verg.  Aen.  4,  108  quis  talia 
demens  Abnuat?  Liv.  26,  19,  8  arte  quadam  nee  abuuendi  tale 
quicquam  nee  palam  adfirtnandi.  Sali.  lug.  83,  3  probare  partim, 
alia  abnuere.  Tac.  an.  4,  3.  Sali.  hist.  1,  111  ea  paucis  ab- 
nuentibus.  Liv.  3,  54,  2  alii  haud  quicquam  abnuere.  Liv.  30, 
3,  7  mollius  eadem  illa  abnuere.  Liv.  36. 9, 14  qui  quod  pertinaciter 
abnuerant,  malo  domiti  fecissent.  Sen.  Herc.  für.  350  quod  vi 
pertinax  abnuet.  Tac.  hist.  2,  57  quod  palam  abnuerat,  inter 
secreta  convivii  largitur;  an.  3, 10.  14.  12,  31.  Vict.  Caes.  14, 14 
censent  quod  abnuerant.  —  Mar.  Victor,  ad  Iust.  Manich.  Patx. 
8,  999  eadem  non  abnui.  Iustiu.  9,  2,  8  parvo  defungi  quam 
totum  abnuere.  Quint.  6,  2, 11  nee  abnuo  ista,  sed  non  concedo 
ut  sola  sint.  Ambros.  de  Iac.  et  vit.  b.  1,  8  quis  istud  abnuat? 
Id.  de  fide  1,  11,  71  ut  de  dei  filio  ista  non  abnuas.  Sidon. 
ep.  9,  9  si  hoc  nimis  abnuis. 


Abnuo.  588 

2.  Accus,  suhstantivorum.  Verg.  Aen.  5,  531  nee  omen 
Abnuit  Aeneas.  Sali.  lug.  47,  4  pacem  neque  a.  neque  polliccri. 
Liv.  30,  16,  9.  30,  23,  4.  Tac.  an.  12,  46  pacem  et  condiciones. 
Heges.  3,  8,  8  quod  pacem  abnuerent.  Sali.  hist.  2,  41,  14  D. 
quos  (labores)  nequiquam  abnuitis.  Liv.  33,  16,  11  ut  abnuendam 
Romanorum  amicitiam  censerent.  Liv.  1,  56,  8  Bruti  haud  ab- 
nuit cognomen.  Tac.  hist.  2,  90  abnuenti  nomen  Augusti  ex- 
pressere  ut  exprimeret.  Vict.  Caes.  2,  1  imperii  nomen  astu  ab- 
nuebat  (Tiberius).  Auson.  prof.  7,  7  nomen  indignum  (Lascivi) 
abnuit  numquam.  Liv.  3,  66,  4  abnuente  plebe  Imperium;  8,  2, 
11;  31,40,2.  35,51, 10.  Tac.  h.  1,67.  Sen.  Thy.  471  nee  abnuendum 
L  nee  appetendum  est.  Paneg.  9,  6  quoniam  abnueret  (urbs)  i.;  12, 
12  nee  abnuisse  dubitabit  i.  sie  imperaturum.  Aug.  civ.  d.  8, 13.  Liv« 
3>  38,  10  si  plebs  abnuat  dilectum.  Tac.  bist  4,  14.  Liv.  4,  53, 
10  cum  militiam  non  abnuisset.  Liv.  7,  10,  1  a.  certamen; 
27,4,1.  Liv.  27,  34,  12  unus  eam  rem  in  civitate  abnuebat.  Liv. 
29,  23,  9  a.  alteram  societatem;  30,  13,  9  s.  Romanam.  Max. 
Taur.  Patr.  57,  811  imperiorum  societatem.  Liv.  30,  29,  8  cum 
conloquium  haud  abnuisset.  Colum.  2,  21,  6  docendi  curam; 
6,  praef.  1.  Paneg.  9,  11  milites  custodiae  curam  a.  Salv.  eccles. 
3,  67  inrationabilem  curam  abnuo.  Colum.  3,  3,  2  abnuente  Sa- 
serna  genus  id  ruris,  Tremellio  probante.  Silius  8,  297  nee  qui 
speetasset  in  armis,  Abnueret  genus.  Curt.  3,  3,  13  abnuens  de- 
precationem.  Sen.  Herc.  f.  501  coniugia  nostra  pervicax  abnuis; 
Fhaedr.  386  solitos  amictus;  Oed.  661  tori  iugalis  abnuit  Merope 
nefas;  Thyest.  536  dona  fortunae;  Thyest.  328  bella.  Comment. 
Bern,  in  Lucan.  p.  224,  28  Us.  Quintil.  1,  6,  33  nee  abnuerim 
tegulae  rationem.  Silius  4,  807  Abnueret  sortem  an  .  .  pareret. 
luven.  6,  540  lacrimae  praestant,  ut  veniam  non  abnuat  (Osiris). 

Tacitus  a.  ad  versa,  caedem,  congressus,  crimen,  dominatio- 
nem,  duritiam  caeli,  exhortationes,  iussa,  largitionem,  linguam 
Romanam,  munus,  nuptias,  obsequium,  proelium,  statum,  trium- 
phalia.  Gf.  Lex.  Tac.  Suet.  Tib.  21  expugnatum  (Augustum)  preci- 
bus  uxoris  adoptionem  non  abnuisse.  Fronto  p.  116  (Ver.) 
neque  eulpam  abnuere  ausus  est.  Apul.  met.  2,  27  tantum  scelus. 
Vict  Caes.  10,  3  («=  Epit.  Caes.  10,  10)  cogitatum  scelus.  lustin. 
16,  3,  9  Heracleenses  collationem  abnuerant;  38,  2,  8  Cappadoces 
munus  libertatis  abnuentes  negant.  Iul.  Valer.  3,  42  quod  huiusce- 
modi  munera  dii  abnuissent.  Yopise.  Aurel.  20,  7  quaelibet  ani- 
regia   non   abnuo,   sed    libens   offero.    Vict.  Caes.  33,  8 


584  Ed.  Wölfflin: 

direptiones;  epit.  Caes.  2,  6  principatum.  Solin.  50,  3  ut  cetera- 
rum  gentium  commercia  abnuant  (Seres).  Symmach.  epist.  3,  36 
non  abnui  operam  meam;  relat  40,  4  septingentos  inodios  Terra- 
cinensibus  abnuerunt.  Schol.  luv.  3,  126  dives  officium  sordidum 
non  abnuit  aut  contemnit. 

Tertull.  Marc.  5, 15  salutem  carnis;  res.  carn.  19  resurrectio- 
nem;  ad  ux.  1,2.  Ambrosius  a.  delicta,  episcopatum,  fidem,  gratiam, 
mortem,  officium,  operationem,  petitionem,  vultus  offensi.  Hilar. 
aequalitatem.  Cypr.  epist.  65, 3  consilia.  August,  potestatem;  id.  de 
amic.  8  an  ideo  abnuenda  amicitia.  Heges.  2,  16,  6  postulata. 
Sulp.  Sever.  1,  26,  5  proelium;  2,  12,  4  iussa,  utrumque  ex  Tacito 
depromptum;  2,  2,  2  tantam  molem.  Ennod.  p.  398,  7  V.  foedi-. 
tates.  Leo  epist.  31,  2  hospitalitatis  ofticia  non  abnuit;  id.  sacr. 
27,  6  delicias  corporales.  Epist  pontif.  Gelas.  5,  2  regulam 
abnuendam;  ibid.  tract.  5,  16  gratiam  aestimat  abuuendam.  Claud. 
Mar.  Victor.  3,  512  (Patr.  61)  uxor  abnuit  officium.  Boetius 
terminus,  subiectum  abnuitur.  Cod.  Theodos.  14,  4,  5  si  puta- 
verint  abnuendum  (ius).  Paul.  Diac.  servitium.  Einh.  v.  Kar.  nee 
dictis  fides  abnuebatur. 

e)  A.  aliquem  =  rectisare.  Silius  3,  110  mene  Abnuis  in- 
ceptis  comitem?  Ambr.  de  Cain  et  Ab.  2,  9,  29  si  me  testem 
abnuis  et  refugis  arbitrum.  —  Apul.  apol.  27  ut  aiant  philo- 
sophos  deos  abnuere.  (Cf.  Cic.  nat.  d.  1,  2  nullum  esse  omnino 
deum  putat;  id.  qui  deum  esse  uegat.)  Tertull.  adv.  nationes 
1,  4  (de  Socrate)  qui  deos  abnuebat.  Cypr.  de  lapsis  35  quem 
verbis  perfidis  abnuisti.  Ambros.  de  los.  patr.  5  scriptura  hunc 
abnuit;  de  fide  3,  5,  39  deum;  id.  non  abnuitur  unigenitus  dei 
filius.  Zach.  Patr.  20,  1113  a  Iudaeis  ordire  prineipia,  cur  indo- 
mabilis  populus  deum  ac  dei  filiuin  abnuat  Christum.  August 
de  christ.  vita  13  qui  illum  ore,  quem  factis  abnuunt,  confitentur 
=  Fastidius.  Vulg.  Ruth  3,  12  nee  abnuo  me  propinquum. 

f)  Constructiones  rariores.  A.  de  aliqua  re.  Gramm,  lat 
VII  450,  13.  Sali.  lug.  84,  3  neque  de  ullo  negotio  abnuere  aude- 
bat  Liv.  10,  10,  8  de  societate  haud  abnuunt  barbari;  10,  15,  9 
Fabius  de  se  abnuere.  Ambr.  de  fide  2,  9,  76  ipsi  de  patre,  quod 
de  filio  abnuunt,  fatebuntur. 

A.  alicui  rei.  Apul.  met.  4,  13  Thebanis  conatibus  ab- 
nuentes;  6,  6  terrenis  remediis  iuquisitionis  abnuens;  apol.  76 
uxor  contumeliis  abnuit.    Paneg.  6,  9  (155,  17  B)  tibi  rei  publicae 


Abnurus  —  Abnuto.  585 

caris  non  erat  abnuendum.  Cassiod.  Patr.  70,  534  M.  stultis 
cogitationibus  abnuebant. 

A.  ab  aliquo.  Itala  (Lugd.)  Num.  30,  8  quoniam  vir  ab- 
nuit  ab  ea  =  August.  Patr.  34,  745  M.  (Vulgata:  contradixerit) 

Praecedente  particula  interrogativa.  Tac.  an.  14,0  adspexerit. 
ne  matrem  exanimem,  sunt  qui  tradiderint,  sunt  qui  abnuant. 
Per  brachylogiam  pro:  incertum  est;  nam  sunt  etc. 

Seq.  particula  quin.  Tac.  an.  13,  14  non  abnuere  se,  quin 
cuncta  infelicis  domus  mala  patefierent  —  Seq.  pari.  ut.  Salv. 
ecclea.  2,  8,  31  nee  ego  abnuo,  ut  .  .  credatur.  ßoet.  Patr.  64, 
1134  haec  nihilominus  abnuatur,  ut  sit  vera.  —  Negatione  non 
addita  Sequilar  quod:  Leo  M.  epist.  35,  1  abnuitur,  quod  cruci- 
fixus  est. 

77.  Translate.  De  rebus.  Lucret.  3,  641  (de  anima)  aeter- 
nam  sibi  natu r am  abnuit  esse.  Tibull.  4,  1,  25  quod  spes  abnuit. 
Val.  Max.  9,  12,  ext.  10  quasi  abnuente  natura  utriusque  boni 
largitionem.  Plin.  nai  h.  7,  145  (Arabica  antipathes)  ebori  siinil- 
lima  est  et  hoc  videretur,  nisi  radi  abnueret  duritia  =  Solin.  33, 
22.  Silius  14,  600  descendere  fauces  Abnuerant  siccae  .  .  ali- 
menta.  Tac.  hist.  5,  13  quando  inpetus  et  subita  belli  locus  ab- 
nueret. Macrob.  somn.  Scip.  1,  6,  24  (ex  Piatonis  Timaeo)  ab- 
nuentia  permisceri,  terram  et  ignem.  Claudian.  sext.  cons.  Hon. 
594  fucati  sermonis  opem  meus  conscia  laudis  Abnuit.  Fulgent. 
myth.  1  praef.  quo  (syrraate)  tellus  Triptolemicum  .  .  abnueret 
dentem.  Acro  ad  Hör.  serm.  1,  3,  9  sensus  et  mores  abnuunt 
paria  esse  peccata.  Porfyr.  3,  3  votaque  si  ratio  non  abnuat 
ordine  Phoebi,  Gesta  canunt. 

Abnurus,  üs.  fem.  Gloss.  Philox.  p.  4,  17  abnurus:  ixyövov 
wog.  (cod.  exyovovog). 

AbnlitlYUS,  a,  um.  qui,  quar,  quod  abnuendi  sive  nrgandi 
vim  habet.  Gl.  Philox.  p.  4,  14  abnutivum:  a7C(o^orLx6v  (abnu- 
tium  cod.).  Diomed.  455,  13  K.  duodeeimus  modus  (soloecismi) 
fit  per  geminationem  abnuendi:  ut  si  dicas  numquam  nihil  pecoavi, 
quoniam  duae  abnutivae  unam  confirmativam  faciunt.  Paulus  Dig. 
45,  1,  83  non  simplex  abnutivum  spondet,  sed  curaturum  se,  ut  etc. 

Abuüto,  äre.  Forma  frequmtativa  sive  intensiva  verbi  ab- 
nuendi. Festus  p.  27  M.  abnutare,  saepius  abnuere.  Cf.  Arch. 
IV  211.  Plaut.  Capt.  611.  Quid  mi  abnutas?  —  Tibi  ego  ab- 
nuto?  Ennius  trag.  (407  V.  306  lt.  312  M.)  quidnam  est,  obsecro, 

Arohir  für  Ut.  Lexikogr.  IV.   Heft  3.  4.  38 


586  Ed.  Wölfflin:  Erläuterungen. 

quid  te  abnutas  adiri,  quem  versutn  laudavit  Cic.  de  orat.  3,  164 
addens:  melius  esset  vetas,  prohibes,  absterres.  Arnob.  2,  78  ab- 
nutemus,  (col.  adnitimur)  verum  coni.  Salmasius. 


Erläuterungen. 

Eine  Nachwirkung  der  Grundbedeutung  von  abnuere  =  abnicken 
erkennen  wir  vor  allem  darin,  dafs  die  passiven  Formen  sehr  wenig 
entwickelt  sind.     Zuerst   hat  vielleicht  Livius  3,  72,  7   abnuitur  ge- 
sagt, was  noch  bei  Augustin  und  Leo  wiederkehrt;  zuerst  vielleicht 
Livius  30,  23,  4  abnuendam  pacem,  und  nach  ihm  von  dem  Dichter 
Seneca  abgesehen  (Thyest.  abnuendum  imperium)  nur  wenige  Kirchen- 
schriftsteller, wie  Augustin,   Gelasius;  aber  doch  noch  Freculf  1,  6, 
14   nihil   abnuendum,    und   Einhard    annal.  787    Pertz    nee    pontifex 
preeibus    censuit    abnuendum.     Abn.   als    verbum   dicendi    hat  zuerst 
Livius   mit  den  Accus,  c.  inf.   verbunden,   nur  er  mit  dem  Inf.  fut 
act.,  erst  Tacitus  mit  dem  Gerundivum. 

Mit  transitivem  abnuo  verbindet  Cicero  nur  den  Accusativ  eines 
Pronomens;  erst  Vergil  omen,  und  Ähnliches  dann  die  Prosa  von 
Sallust  an.  A.  deum  =  die  Existenz  Gottes  leugnen  taucht  erst  mit 
Apuleius,  Cyprian,  Augustin  auf  (Cypr.  epist  65,  3  qui  domnium  nega- 
verunt.)  Die  seltene  Konstruktion  abnuere  de  alqa  re  haben  schon 
die  alten  Grammatiker,  wahrscheinlich  nach  Sallust,  notiert,  während 
sie  die  durch  Apuleius  in  die  Litteratur  eingeführte,  aber  nur  selten 
gebliebene  mit  dem  Dativ  (nach  Analogie  von  renuntiareV)  ignorieren. 

Haut  abnuerim  ist  eine  Neuerung  des  Livius,  welcher  sich  Columella, 
Quintilian,  Silius,  Tacitus  anschliefsen,  während  später  non  (nee)  ab- 
nuo überwiegt;  oder  non  abnuam.  Der  Plural  des  Potentialis  perf. 
(abnuerimus)  findet  sich  nicht,  sondern  blofs  nee  abnuimus  bei 
Ammian.  Daneben  blüht  im  Kirchenlatein  von  Ambrosius  an  die  Phrase: 
quis  abnuatV  —  Die  Synonyma  oder  Gegensätze  von  abnuo  sind  durch 
kursive  Schrift  hervorgehoben,  wodurch  dem  Leser  eine  Zusammen- 
stellung erleichtert  wird. 

München.  Ed.  WSlfflin. 

Subitare. 

Das  Verbum  subitare  kannte  man  bisher  aus  Cypr.  epist.  60,  2 
(=  pg.  693,  15  Hart.)  und  der  vita  Cypr.  cp.  15.  Vgl.  Rönsch, 
Itala  171.  Dafs  es  auch  in  der  afrikanischen  Bibelübersetzung  stand, 
lehrt  uns  eine  Reichenauer  Priiuasiushandschrift,  welche  ApocaL  3, 3 
statt  der  bisherigen  Lesart:  veniam  et  suscitabo  adventum  meum 
ad  te,  quasi  für  veniam  das  einzig  richtige  subitabo  bietet,  laut 
gef.  Mitteilung  des  künftigen  Editors,  H.  Dr.  Haufsleiter.  Das  klas- 
sische Latein  sagte  dafür  celerare  oder  accelerare. 

München.  Ed.  Wölfflin. 


Mi  sc  eilen. 


Die  Etymologie  des  Namens  Iulus  in  augusteischer  Zeit. 

Tacitus  Hist.  V  2  erziiblt  in  sehr  abenteuerlicher  Weise  die  An- 
fange des  jüdischen  Volkes.  Er  benutzt  hierbei  Schriftsteller  wie 
Chaeremon  den  Ägypter,  aus  welchem  Iosephus  contra  Apion.  I  32 
(conf.  Vosaius  de  histor.  Graec.  ed.  Westerm.  p.  209)  einen  Auszug 
giebt,  und  Lysimachus  den  Alexandriner,  auf  welchen  insbesondere 
die  bei  Tacitus  Kap.  3  gemachten  Angaben  zurückgehen,  wie  aus 
Iosephus  a.  a.  0.  Kap.  34  zu  schliefsen  ist.  Tacitus  giebt  an,  dafs 
die  Juden  ursprünglich  in  Kreta  um  das  Idagebirgo  angesiedelt  ge- 
wesen seien,  eifrig  ergeben  dem  Kultus  des  Saturn  und  zwar  vor  der 
Herrschaft  des  Zeus.  Den  Anlafs  zu  dieser  Meinung  bot  dem  Ge- 
währsmann des  Tacitus  der  Umstand,  dafs  der  Sabbat  in  der  sieben- 
tägigen Woche  dies  Saturni  hiels.  Mit  diesem  Namen  bezeichnet  schon 
Tibull  den  Sabbat  I  3,  17:  Quaerebam  tardas  anxins  usquc  moras.  |; 
Aut  ego  sum  causatus  aves  aut  omina  dira,  ||  Saturnive  sacram  nie 
tenuisse  diem.  Ideler,  Chrouol.  II  176.  Nach  Tacitus  hätten  die 
Juden  ihren  Namen  der  Nachbarschaft  ihrer  ursprünglichen  Sitze  am 
Idagebirge  zu  verdanken:  der  Name  Idaei  sei  in  barbarischer  Aus- 
sprache vermöge  einer  Lautverstärknng  zu  Iudaei  umgebildet  worden, 
besonders  aus  Anlafs  der  Vertreibung  der  Juden  und  ihres  Gottes 
Satnrnu8  aus  Kreta  nach  Libyen  hinüber  durch  die  Macht  des  Iiip- 
piter.  Tacitus  sagt:  Iudaeos  Creta  insula  profugos  novissima  Libyae 
insedisse  memorant,  qua  tempestate  Saturnus  vi  Iovis  pulsus  cesserit 
regnis.  argumentum  e  nomine  petitur:  inclutum  in  Greta  Main  inon- 
tem,  accolas  Idaeos  aucto  in  barbarnm  cognomento  Iudaeos  vocitari. 
Dieses  Kunststückcheu  antiker  Lautlehre,  wonach  Idaei  zu  Iudaei  ver- 
ändert wird,  würde  nicht  eben  sehr  auffallend  und  interessant  er- 
scheinen, wenn  es  nicht  die  Bedeutung  einer  Analogie  für  ein  sehr 
berühmtes  Wort  besäfse,  dessen  Etymologie  nicht  nur  ein  gramma- 
tisches Problem  für  die  Zeitgenossen  des  Augustus  war,  sondern  eine 
politische  Frage  von  eminenter  Bedeutung.  Dieses  Wort  ist  der  Name 
des  Stammvaters  der  gens  Iulia:  Iulus.  Der  Irdischen  Dynastie,  welche 
von  Haus  aus  in  bewufstem  Gegensatz  zur  älteren  römischen  Königs- 
herrschaft, als  erbliches  Fürstentum  gegründet  war,  mufste  vor  allem 
daran  liegen,  den  Glauben  zu  befestigen,  dafs  göttliches  Blut  in  ihren 
Adern  fliefse.    Iulus,  der  Eponymus  der  Iulier,  mufste  also  als  Sohn 

38* 


588  Ed.  Lübbert:  „Iulus"  —  Th.  Birt. 

des  Aeneas  dargestellt  werden.     Der  in  der  griechischen  Sage  herge- 
brachte Name  dieses  Sohnes  Ascanius  bot  keinen  Anknüpfungspunkt 
für  eine  solche  Gleichsetzung.    Es  traf  sich  daher  sehr  glücklieb,  dafs 
für  Ascanius   auch   noch  ein  zweiter  Name  Ilus   in  den  Quellen  sich 
fand.    Von  Ilos,  dem  Sohne  des  Tros,  dem  Vater  des  Laomedon  (Ilias 
XX  232),  dem  Gründer  der  Stadt  Ilios  (Apollod.  III  12,3,2),  konnte 
der  Sohn  des  Aeneas  sehr  wohl  benannt  werden.     Wir  können  aller- 
dings ans  den  Spuren  des  alten  griechischen  Epos  diesen  Namen  für 
den  Sohn  des  Aeneas  und  der  Kreusa  nicht  mehr  direkt  nachweisen; 
gleichwohl    ist    aus    einem    sehr    bekannten   Zeugnis    bei   Vergil   der 
Schlufs  berechtigt,  dafs  hellenische  Quellen  den  Namen  nannten.  Vergil 
leitet  unumwunden  aus  dem  Wort  Ilus  die  italische  Form  des  Namens 
Iulus  ab  und  legt  diese  Etymologie   keinem  Geringeren   als  Iuppiter 
selbst    in   den   Mund,   Aen.  I  267:    At  puer  Ascanius,   cui   nunc  co- 
gnomen  Iulo  |)  additur,  —   Ilus  erat,  dum  res  stetit  Ilia  regno  —  j 
tiiginta  magnos  volvendis  mensibus  orbis  ||  imperio  explebit.    Von  den 
späteren  Schriftstellern  bezeugt  nur  Appian  dieselbe  Namensverwandt- 
schaft, App.  civ.  II  68,  wo  Cäsar  vor  der  Schlacht  gegen  Pompejus 
opfert:  xov  hAqt\  xaxexdksi  xal  xi\v  iavxov  nooyovov  AcpoodLxriv,  ix  yag 
Alvelov  xal  "IXov  xov  Aivelov  xb  xdbv  'Iovkltov  yivog,  naQevej&ivxos  xov 
ovofiaxog,  fjyeho  elveu.     Indessen  genügt  Vergils  Zeugnis  dafür,   dafc 
auch  ältere  Quellen    dem  Ascanios   diesen  Beinamen  beilegten.     Man 
kann  nun  weiter  die  Frage  aufwerfen,   seit  welchem  Zeitpunkt  etwa 
zu  Gunsten   des  Nachweises  der  Verwandtschaft   der  Gens  Iulia  mit 
Aeneas  man  den  Namen  des  Ilus  herbeigezogen  hat.    Es  wäre  interes- 
sant zu  wissen,  ob  erst  die  augusteische  Zeit  diese  in  der  That  frap- 
pierende Übereiustimmung  der  beiden  Namen  bemerkt  und  verwendet 
hat,   oder   ob   diese  Beobachtung   schon   älter  ist.     Wir  besitzen  ein 
Zeugnis,  welches  deutlich  dafür  spricht,  dafs  jene  etymologische  Argu- 
mentation vor  den  augusteischen  Zeiten  unbekannt  war.    Cäsar  hatte 
die  Vorstellung,  dafs  die  Iulier  Aeneaden  seien,  bekanntlich  eingehend 
in   seiner   laudatio   funebris,   die   er   seiner   Tante  Julia,   der    Witwe 
des  Marius  hielt,    erörtert.     Sueton  Divus  Iul.  6  führt  Cäsars  Worte 
an:    Amitae  meae  .  .  .  maternum  genus  ab  regibus  orturu,  paternum 
cum   dis   immortalibus   coniunetum   est.     nam    ab   Anco   Marcio    sunt 
Marcii  Reges,    quo  nomine  fuit  mater;    a  Venere  Iulii,    cuius   gentds 
familia  nostra   est.     Est   ergo   in   genere  et  sanetitas  regum  .  . .,   et 
caerimonia  deorum.    Aus  dieser  Bede  ist  vielleicht  noch  ein  anderes 
Fragment  unter  Cäsars  Namen  entlehnt,  welches  Servius  aufbewahrt 
hat,   worin  Cäsar  über  die  Entstehung  des  Namens  Iulus  zwei  ver- 
schiedene Vermutungen  aufstellt,  welche  beide  als  undenkbar  erschei- 
nen lassen,   dafs   er  die  Ableitung  von  Iulus  aus  Ilus  kannte.    Serv. 
ad  Aen.  I  267:  Et  occiso  Mezentio  Ascanium  [sicut  I.  Caesar  scribit] 
Iulum   coeptum   vocari   [vel   quasi  ioßokov  (Iuuolon  Pari$inusy  emen- 
davit  F.  Sclwtii),    id   est   sagittandi    peritum,    vel]    a  prima  barbae 
lanugine  [quam  i'ovXov  Graeci  dieuntj ,  quae  ei  tempore  victoriae  nasce- 
batur.     Dieses   unter   Cäsars   Namen    überlieferte   Bruchstück   hat  in 
Nipperdeys   Fragment-Sammlung    keine   Aufnahme    gefunden.     Rührt 


Miscellen.  589 

dasselbe  wirklich  von  Cäsar  her,  so  liefert  es  den  Beweis,  dafs  da- 
mals die  Identität  von  Uns  und  Iulus  noch  nicht  entdeckt  war.  Es 
scheint  also,  dafs  dieser  Fnnd,  der  den  Anspruch  der  Iulier,  von  den 
Göttern  abzustammen,  auf  so  einfache  und,  nach  antiken  Begriffen 
von  Etymologie,  so  glaubwürdige  Weise  unterstützte,  erst  in  den 
diesem  Gegenstand  so  eifrig  gewidmeten  Studien  des  augusteischen 
Kreises  zu  Tage  gefördert  wurde. 

Bonn.  Ed.  Lübbert. 


Verbalformen  vom  Perfekt  stamme  bei  (laudian. 

Die  Lehrbücher  der  Grammatik  geben  im  Paradigma  der  Verbal- 
flexion für  die  Bildungen  aus  dem  Perfektstamme  auf  -ut,  deren  u 
konsonantisch  ist  (wie  amaui,  au  diu  i,  iuiy  noia,  crcul  u.  a.),  bekannt- 
lieh sowohl  die  unkontrahierten  wie  die  kontrahierten  Formen:  arna- 
uerunt,  amartmt,  ammierant,  amanmt,  atmutesrnt,  atnasscnt,  bei  den 
i- Stämmen  die  letzteren  nur  mit  verklungen em  u:  nudiity  qmeairram 
n.  s.  w.  Man  weifs  dagegen,  dafs  im  thakächlichen  Sprachgebrauch 
die  unkontrahierten  Formen  vielfach  zurücktreten.  Eine  genaue  Sta- 
tistik für  jeden  Autor  ist  hierfür  noch  zn  machen,  und  der  Gewinn 
würde  sowohl  unserer  historischen  Grammatik  zu  gute  kommen,  für 
die  sich  ein  Kapitel  der  Geschichte  des  Verbum  damit  erledigt,  als 
auch  der  Kritik  und  Texteskonstituirung  jedes  einzelnen  Autors.  So 
ist  bei  dem  Dichter  C  laudian  eine  bewufste  Auswahl  in  den  For- 
men augenfällig,  und  eine  Zusammenstellung  hierüber  sei  im  Folgenden 
mitgeteilt,  in  welcher  einige  Folgerungen  für  den  Text  des  (.'laudian 
sich  zugleich  mit  ergeben  werden.  Eine  Vergleicbung  der  früheren 
Dichter  kann  hier  dagegen  nicht  ausgeführt  werden. 

Wichtig  und  einschneidend  ist  vornehmlich  die  Unterscheidung 
der  Formen,  deren  Schlufs-  und  Ableitungssilbe  —  um  mich  äufser- 
lich  auszudrücken  —  mit  s  und  mit  r  anlautet.  So  willkommen  die 
Synkope  in  vocassent  war,  so  wenig  war  sie  es  doch  in  vocannit,  vo- 
carant,  aus  phonetischem  Grunde;  denn  der  doppelte,  scharfe,  dentale 
Zischlaut  im  voedv-ssent  ist  stärker  als  der  einfache  Reibelaut  in  vo- 
aw-runt  und  konnte  das  v  leichter  zerstören;  und  ferner  sind  sich 
die  Organe,  die  das  s  und  die  das  v  erzeugen,  benachbart,  das  r  ent- 
steht dagegen  weitab  im  Hintergründe  des  Mundes. 

In  wie  weit  die  Älteren,  z.  B.  Vergil,  auf  diesen  Unterschied 
achtgeben,  wäre,  wie  gesagt,  besonders  zu  behandeln;  mit  Vorliebe 
kontrahiert  findet  man  bei  ihm  in  solchen  Fällen  wie  clamassent,  foc- 
dasii,  fundassr,  gener assc,  sacrasse,  orassr,  seruassetif,  turbasti,  niolassrt, 
uoeasset,  und  selten  steht,  wie  es  scheint,  bei  ihm  ein  uitauissr  statt 
uitasse  (Aen.  II  433);  umgekehrt  bleiben  gern  unkontrahiert  rapta- 
ucrat,  maetauerat,  uariauerit,  triolaucrit,  sacrauerat,  deerrauerat,  uoca- 
uerit,  daneben  steht  allerdings  je  einmal  ein  pacarit,  uiolarit,  laudarity 
ja  sogar*  einmal  sehr  hart  uocaris  statt  uocawris  ecl.  3,  49;  von  noui 
kennt  Vergil  nur  die  kontrahierten  Formen  noras  nosse,  kein  nouerat, 


590  Tb.  Birt. 

nouisse.  In  der  pluralischen  3.  Person  des  Perfekt  endlich  stehen 
häufiger  solche  Formen  wie  crrauerc,  lustrauere,  scruauerc,  seltener 
solche  wie  sacrarunt  (Aen.  X  419). 

Der  späte  Claudian  war  zum  Teil  feinfühliger  und  hat,  was  bei 
Vergil  nur  Vorliebe  und  Abneigung  gewesen  war,  zum  Teil  zum  Prinzip 
erhoben.  Während  er  die  sigmatischen  Formen  demnach  stets  zu- 
sammenzieht, konserviert  er  dagegen  in  den  r- Formen  principiell  den 
ursprünglichen  Silbenbestand. 

Wir  lesen  also  durchgängig  Ruf.  I  224  und  Gild.  56  ncgassd^ 
Ruf.  II  122  umbrasse,  190  fumassel,  II  386  spcra$ti>  de  III  cons.Ho- 
norii  39  firmasti,  88  pugnastis,  de  IV  cons.  61  und  174  leuassrt, 
164  tracfasfi,  470  flagrasse,  nupt.  Honorii  116  dcbcllassc,  256  (ransnas.% 
Gild.  118  mutasti,  384  mandassc,  pan.  Theodori  praef.  4  scruassc,  paneg. 
Theod.  30  rcuocasti,  so  wie  die  entsprechenden  Formen  an  den  Stellen 
Eutr.  1  175,  201,  403,  457.  II  127,  128,  328,  552;  Stil.  I  133,180, 
296.  II  326,  bell.  Pollent.  16,  19,  387,  508,  595,  597;  de  VI  cons. 
Hon.  157,  225,  226,  282,  465,  510,  585;  laus  Serenae  71;  epist  ad 
Serenam  43,  ep.  ad  Probinum  11,  de  piis  fratribus  29,  Rapt.  Proserp. 
I  47.  Im  bell.  Pollent.  438  ist  das  renouasse  des  Sinnes  wegen  nicht 
ohne  Bedenken.  Insbesondere  seien  dann  noch  angeführt:  nupt  Hon. 
praef.  12  nosscnt,  paneg.  Theod.  178  und  bell.  Pollent.  333  nasse,  Stil 
I  381  nosscL  Ja  sogar  ein  <juicssct  steht  Gild.  297  zu  lesen,  und  die 
Glossatoren  in  den  Handschriften  halten  für  nötig  dies  als  sincopa 
zu  notieren. 

Allen  diesen  Beispielen  stellt  sich  als  einzige  Ausnahme  der  Vers 
Rapt.  Proserp.  III  79  gegenüber: 

Tartarea  Furias  debellauisse  bipenni. 
Ob  hier  etwa  ein  sie  dcbellassc  einzusetzen  ist  (vgl.  nupt.  Honor.  116)? 
Denn  wenn  wir  Ruf.  I  22,  Stil.  II  65,  de  VI  cons.  103,  de  IV  cons. 
Honorii  376  und  557  ein  creuissc,  firnisse  und  spreuisset,  Stil.  II  18 
igtiouissc  lesen,  so  verwehrte  hier  der  bessere  Usus  die  Synkope;  und 
ebenso  wenig  war  Ruf.  I  316,  II  185  anders  als  strauisset,  strauisseni 
zu  schreiben  möglich. 

Die  Belege  für  die  r-Formen,  in  denen  umgekehrt  der  perfekt- 
bildende u-Laut  rein  konserviert  wird,  sind  sodann  kaum  minder 
zahlreich,  man  sehe:  paneg.  Ülybr.  et  Prob.  24  Ilagrauer i/,  74  laxa- 
uerat,  Ruf.  I  11  libraacrit,  II  406  libaiterit,  de  IV  cons.  88  libra- 
uerat,  222  pacauerit,  nupt.  Honor.  2:  flagr auerat,  204  iwcauerit, 
Gild.  229  sper  auerat,  281  mutaucrit  (oder  nutauerii),  394  gestaaerat, 
paneg.  Theodori  68:  mandaucrit,  101  animauerit,  113  fundaucrai, 
sowie  die  entsprechenden  Formen  an  den  Stellen  Eutr.  1  164,  II  306, 
389,  Stil.  II  117,  312,  III  306  (curuauerat  oder  curttauerit),  belL 
Pollent.  55,  81,  514,  de  VI  cons.  538,  540,  epist.  ad  Serenam  25, 
in  Iacobum  mag.  7,  Nilus  30,  Rapt.  I  29,  130.  III  84,  214.  Insbeson- 
dere sei  dabei  wiederum  auf  die  vollen  Formen  nouerat  paneg.  Ol.  et 
Prob.  41,  nupt.  Honor.  4  und  in  Curetium  I  4  sowie  nouerU  de 
piis  fratr.  44  hingewiesen,  im  Unterschiede  zu  Vergil,  der,  wie  wir 
sah«  i''4«am  Verbum  nur  die  Kontraktion   kennt  und  so  gut 


Miscellen.  591 

noras,  noris,  norunt,  normt,  norant  flektiert  wie  nosse.     Dazu  stellt 
sich  noch  cognouerit  bei  Claudian  Ruf.  I  216,  agnouerii  de  IV  cons.  221. 

Formen,  deren  Verkürzung  durch  den  Usus  nicht  oder  doch  wenig 
empfohlen  war,  sind  dann  endlich  mouerat  Stil.  I  248,  admouerat  de 
VI  cons,  443,  promoueris  Stil.  II  158,  sueuerat  paneg.  Ol.  et  Prob.  44, 
Eutr.  I  194,  II  414,  neuerat  pan.  Ol.  et  Prob.  224,  crcuerat  Eutr.  II 
179,  Stil.  II  347,  spreucrat  Stil.  II  150,  pauerit  descr.  armenti  8. 

Dem,  was  hiernach  als  Gesetz  erscheint,  widerstreiten  nur  wenige 
Stellen.  Abzusehen  ist  dabei  von  dem  satiarit  Huf.  I  101,  das  ganz 
schlecht  bezengt  ist,  und  nicht  eben  viel  besser  steht  es  mit  dem 
fraudarit  Stil.  I  165.  Crcaras  steht  in  der  laus  Christi  u.  8,  welches 
Gedicht  unecht  ist.  Nicht  unbedenklich  sind  auch  die  Verse  in  Rufin  um 
I  321,  322,  die  König  für  interpolirt  erklärte;  in  ihnen  giebt  sowohl 
das  laturua  opitn  Anstofs  (der  Siun  würde  expedans  opem  erfordern) 
als  auch  die  Form  norat  statt  noucraL  So  führen  de  VI  cons.  129 
Spuren  der  Überlieferung  darauf,  dafs  Claudian  Et  quamuis  .  .  .  fu- 
gauit  und  nicht  fugarit  schrieb  (<ptamuis  hat  den  Indikativ  z.  B. 
auch  de  VI  cons.  538).  Es  bleiben  zunächst,  wenn  ich  nicht  irre, 
nur  zwei  Stellen  übrig,  de  nuptiis  Honor.  310: 

Dicere  possemus  quae  proelia  gesta  sab  Haemo 
Quaeque  cruentarint  fumantem  Strymona  pugnae, 
Quam  notus  clipeo,  quanta  ui  fulminet  hostem, 
ebenso  bell.  Pollent.  70  tcmptarmt,  an  welchen  beiden  Stellen  der 
Konjunktiv  in  gleicher  Weise  durch  parallele  benachbarte  Verbal- 
formen gegen  Änderungsversuche  geschützt  ist;  an  beiden  steht  indes 
die  dritte  Person  des  Plural;  ein  crumtauerint,  temptaueritU  wäre  ja 
nicht  in  den  Vers  gegangen  und  es  lag  hier  somit  ein  metrischer 
Zwang  vor.  Als  wirkliche  Ausnahme  ist  nach  alledem  wohl  nur  in 
Rufin.  II  327  zu  notieren:  nix  toto  corde  quierat;  es  steht  dies  in  einem 
Erstlingswerke  des  Dichters,  und  das  entsprechende  quicssct  bei  ihm 
ist  vorhin  nachgewiesen.  Vielleicht  wäre  danach  aber  auch  das  vorhin 
aus  Ruf.  I  322  angeführte  norat  diesem  Erstlingswerke  zuzugestehen. 
Endlich  findet  sich  in  dem  allerfrühesten  Gedicht  Paneg.  Olybrii  et 
Probini  v.  95  uariarat  nicht  ohne  Varianten  (worüber  hernach);  viel- 
leicht ist  aber  auch  hier  diese  Form  aus  demselben  Grunde  hinzu- 
nehmen. 

Nicolaus  Heinsius,  der  bei  weitem  verdienteste  Claudiankritiker, 
hat  doch  für  eine  regelmäßige  und  methodische  Observation  der  For- 
men, des  Modusgebrauches  u.  8.  w.  noch  nicht  Zeit  gehabt.  Daher 
hat  er,  nur  auf  den  Sinn  achtgebend  und  in  Erinnerung  an  die  sub- 
tilere Syntax  der  eigentlich  klassischen  Dichter,  vielfach  Herstellung 
von  Verbalformen  vorgeschlagen,  die  Claudian  selbst  verschmäht  hat. 
Uns  werden  derartige  Fälle  zum  Theil  vielmehr  als  Beispiele  für  die 
freiere  Tempus-  und  Modussyntaxe  des  Dichters  dienen  dürfen. 

Über  das  dcsuerit  und  discrcrit  läfst  sich  nicht  reden,  das  Hein- 
sius Stil.  II  307  und  Rapt.  I  250  in  Vorschlag  brachte.  Zwecklos 
wäre  auch  sein  satiarimus  Gild.  36  und  sudarit  Gild.  94  (wo  der 
Vaticanus   sudabit).     Unanstöfsig    ist  Eutr.  I  447    die   indikativische 


592  Th.  Birt. 

Frage:  fustra  . .  tranauit  Glodia  Thybrim?  und  Heinsius'  verzweifelter 
Versuch  einen  Konjunktiv  zu  gewinnen  war  vergeblich;  man  vergleiche 
z.  B.  den  Indikativ  de  IV  cons.  Hon.  34:  Quid  calor  obsislü  forti? 
und  dazu  Heinsius'  Versuche.  Epithal.  Pallad.  10  ist  quo  quemque 
uocauU  urnbra  gesicherte  Überlieferung  and  an  uocarat  lädst  sich  nicht 
denken;  nicht  anders  steht  es  mit  armauit  laus  Serenae  21.  Lehr- 
reicher ist  in  demselben  Epithal.  Pallad.  v.  64  der  Satz: 

Quis  locus  Aethiopum,  . . .  quo  non  rumore  secundo 
Palladii  penetrauit  amor? 
denn  wir  lernen  eben,  dafs  Claudian  auch  in  solchem  Falle  den  Kon- 
junktiv  verschmähen   durfte.     Lehrreich    sodann   auch  Stil.  III  230, 
wo  es  für  den  Dichter  genügte,  eine  Vorvergangenheit  im  plusquam- 
perfektischen Sinne  mit  dem  Tempora  paUuit  und  ditabat  auszudrücken; 
Heinsius  wünschte  auch  hier  ditarat.    Und  es  giebt  der  Stellen  noch 
mehr,  wo  Claudian  sich  bescheidet  das  Imperfekt  zu  setzen,  weil  ihm 
die  plusquamperfektische  Form  unbequem  war,  so  Stil.  III  331:  fera 
captiua  uehitur  iuuencis,  cxplcbat  quibus  ante  famem  und  Bapt.  Hl  76 
laurus  . .  quondam  quae  . .  umbrabat  Üwlamos\  auch  hier  wieder  wünschte 
Heinsius   explerat,  umbraral\   das  Verständnis  wird  indes  durch  den 
Zusatz  des  ante  und  quondam  erleichtert.    De  sene  Veronensi  3  genügt 
das  herkömmliche    rcptauit,    aber  auch  das  reptabat  des  cod.  Veron. 
wäre  hier  nach  dem  Gesagten  ohne  Bedenken;  jedenfalls  wird  man 
sich   nicht  zu  einem  reptarat  verführen  lassen.     Endlich  ist  Paneg. 
Olybr.  et  Probini  95  zwar  variarat  die  beste  Tradition,  und  das  va- 
riaret   des  Florentinus   ist  nur  hieraus  entstanden;  doch  könnte  man 
dem  Laurentianus  33,  4  zu  folgen  und  auch  hier  zu  lesen  geneigt  sein: 
Et  formidato  clipeus  Titaua  lacessit 
L limine,  quem  tota  variabat  Mulciber  arte. 

In  der  3.  Person  des  pluralischen  und  indikativischen  Perfekts 
bevorzugte  endlich,  wie  wir  sahen,  schon  Vergil  solche  Formen  wie 
errauere,  Imtrauere  vor  einem  errarunt,  lustrarunt.  Sehr  energisch  ist 
in  der  gleichen  Vorliebe  auch  Claudian,  bei  dem  Formen  wie  conspi- 
raucrc  Ruf.  H  118,  commcndaucre  de  IV  cons.  Honor.  117,  conmra- 
uerc  Rapt.  IH  199,  nutrwere  Rapt.  n  296,  mutauere  Bapt  I  143, 
H  189,  sudaucre  Eutr.  I  401,  certaucre  epist  ad  Seren.  3  u.  s.  w. 
ständig  sind.  Allerdings  leidet  diese  Regel,  wenn  ich  recht  gesehen, 
zwei  Ausnahmen:  mutarunt  flumina  ripas  steht  Gigantom.  65  und 
lustrarunt  umeros  PJiocbus  et  astra  ttws  Rapt.  H  praef.  48.  Hingegen 
Eutr.  II  461  hat  Claudian  weder  nerunl  noch  neuere,  sondern  mit 
vollster  Endung  neuerunt  ultima  Parcac  gesetzt;  dieser  Ausspruch 
vom  Schicksalspinnen  der  Parcen  trägt  in  der  Tragikomödie  des 
Eutropius  und  seines  Leo  besonderes  Gewicht,  und  dies  hat  wohl 
das  altertümlich  volle  Wort  ausdrücken  sollen,  so  wie  Claudian  auch 
sonst  einmal  da,  wo  er  archaischen  Ton  brauchte,  ein  di  faxint  riskiert 
hat  (beil.  Pollent.  528). 

Noch  ist  ein  Wort  über  die  entsprechende  Flexion  der  t-Stämme 
hinzuzufügen.  Sie  hat  das  Perfektabzeichen  v  noch  schlechter  kon- 
serviert als  die  der  a- Stämme  oder  gar  der  e-Stämme,  und  dasselbe 


Miscellen.  593 

verklingt  zwischen  den  Vokalen  auch  da,  wo  weder  ein  s  noch  ein  r 
nachfolgte.  Claudian  hat  im  Anschlufs  an  den  allgemeinen  Gehrauch 
diese  erleichterten  Formen  durchgängig  bevorzugt,  und  nur  quacsiuit 
erscheint  bei  ihm  wiederholt  in  seinem  vollen  Lautbestande  de  IV 
cons.  480,  598,  de  nupt  Honorii  221,  Stil.  III  149,  bell.  Pollent.  401; 
auch  Rapt.  m  78  ist 

Quaesiuitque  nefas.    Dryades  dixere  gementes 

als  Überlieferung  garantiert;  einmal  so  auch  petluit  am  Versschlufs 
bell.  Pollent  607*)  Aufserdem  aber  findet  sich,  so  viel  ich  sehe,  nur 
noch  dcsciuU  Eutr.  II  237,  und  ncqttiuit  Gild.  392,  welches  wohl  auch 
sonst  die  gültigeren  Formen  geblieben  waren.**) 

Im  übrigen  lautet  die  Flexion  durchgängig  pctierc  bell.  Pollent. 
107,  sqrierat  Stü.  I  4,  dcsicrit  Stil.  II  307,  mbicrc  Stil.  EI  286,  nu- 
trierat  de  VI  cons.  106,  exclcrant  de  VI  cons.  455,  rescierit  Rapt.  III 
208,  rrdiere  Rapt.  IQ  244,  audieram  Hystrix  1.  Da  aber,  wo  durch 
Ausdrängung  des  trennenden  v  zwei  i- Vokale  neben  einander  geraten, 
werden  dieselben  je  nach  metrischem  Bedürfnisse  bald  zusammen- 
gezogen, bald  gesondert  erhalten.  Notwendig  heifst  es  daher  zunächst 
tr  ausist  is  de  IV  cons.  487,  vxissct  Ruf.  II  75,  (juaesissc  Eutr.  I  88, 
Stil.  II  327,  seruisse  Stil.  III  92.  In  den  sonstigen  Fällen  scheint 
Claudian  die  Sonderung  des  Doppel-i  zwar  bevorzugt  zu  haben,  und 
wir  lesen  iil  epithal.  Pallad.  66,  audiit  Ruf.  I  340,  Rapt.  II  176,  pe- 
tiit  de  IV  cons.  90,  guaesiit  Eutr.  I  444,  desiit  de  VI  cons.  312,  subi- 
isse  paneg.  Theod.  280,  subiit  Eutr.  I  186.  Zu  salii  de  III  cons. 
praef.  3  geben  die  Florentiner  Excerpte  die  bemerkenswerte  Variante 
salui;  dies  ist  die  legitime  Form;  salii  wird  zuerst  aus  Statius  bei- 
gebracht; wie  die  Zeit  Claudians  zwischen  beiden  Formen  schwankte, 
zeigen  die  Vergilhandschriften  und  die  alten  Grammatiker  (Neue  II8 
8.  482  f.). 

Gleichwohl  aber  hat  Claudian  so  wie  andere  Dichter  das 
doppelte  i  auch  ad  libitum  kontrahiert,  zunächst  bei  vollerer  Endung 
wie  in  petisses  Fescenn.  1,  32,  petisset  Gild.  247,  subisset  de  IV  cons.  60, 
pdisti  ibid.  370,  aber  gelegentlich  sogar  auch  da,  wo  die  Gefahr 
einer  Verwechselung  mit  präsentischen  Formen  entsteht.  Ruf.  II  387 
wird  gefragt  Utide  redi,  ncscis?  So  gewifs  hier  ein  Perfekt  vorliegt, 
so  glaublich  scheint  es  mir,  dafs  auch  in  den  folgenden  Sätzen  das 
nämliche  anzuerkennen  ist:  bell.  Pollent.  437: 

0  quantum  mutata  tuo  fortuna  regressu! 

Ut  8ese  pariter  diffud'ti  in  omnia  regni 

Membra  uigor  uiuusque  redit  color  urbibus  aegris. 

Das  nebenstehende  diffudit  empfiehlt  die  angegebene  Auffassung  des 
redit.     De  VI  cons.  74  heifst  es: 


*)  De  IV  cods.  Hon.  46  dagegen  ist  petiuü  von  Jeep  ohne  hinreichen- 
den Anlafs  eingesetzt. 

**)  quierit  und  quierint  verzeichnet  Neue  aus  Lukrez,  neqyiere  und  ne- 
quierat  je  einmal  ans  Horaz  und  Ovid,  sowie  aus  Livins  VIII  12,  2,  wo  indes 
die  Handschriften  uneins  sind. 


594  Th.  Birt  —  Franz  Cramer. 

Tecum  praelarga  uocauü 
Ditandas  ad  dona  tribns,  fulgentia  tecnm 
Collecti  trabeatus  adit  delubra  senatus 
Ut  nouue  imperio  iam  tunc  adsuesccret  heres; 

und  es  folgen  dann  noch  weiterhin  lauter  Perfecta;  also  scheint  auch 
adit  als  solches  gemeint.  Und  ebenso  ist  bell.  Pollen t.  354,  wo  es 
von  Stilicho  heilst: 

Tenebris  si  caeca  reprcssit 

Nox  iter,  aut  spelaea  subit  metuenda  ferarum 

Aut  pastorali  iacuit  sub  culmine,  fultus 

Ceruicem  clipeo 

ein  gleicher  Parallelismus  in  den  Tempora  zu  fordern.  Ob  aber  Clan- 
dian  dann  sogar  so  weit  ging,  die  Endung  dieses  Perfekts  kurz  zu 
messen?    Bell.  Gildon.  209  lesen  wir: 

Dixit  et  afflau  it  Romam  meliore  iuuenta. 
Continuo  redit  ille  uigor  seniique  colorem 
Mutauerc  coraae. 

Man  wird  Bedenken  tragen  dies  anzunehmen.  Oder  ob  Claudian  — 
denn  auch  das  ille  steht  hier  hier  befremdlich  —  vielmehr  redutque 
uigor  geschrieben  hat?  Auf  Tilgung  des  ille  führt  auch  die  Ver- 
gleichung  obiger  Stelle  bell.  Pollent.  438,  wo  gleichfalls  uigor  zurück- 
kehrt und  der  color  sich  verjüngt. 

Marburg.  Th.  Birt 

Das  lateinische  futurum  exactum. 

Madvig  hatte  versucht  (opusc.  acad.  II  60  ff.  —  Zweite  Aufl.  1887. 
p.  566  sqq.),  den  Gebrauch  des  futurum  exactum  im  Hauptsatze 
(ohne  entsprechendes  Glied  im  Vordersatze),  wie  er  besonders  bei  den 
Komikern  erscheint*)  (z.  B.  ego  fecero,  huc  concessero;  vgl.  Dräger, 
hist.  Synt.  I2  284  f.,  Schmalz,  Handb.  d.  klass.  Altertumsw.  II  256, 
Lorenz  Most.2  590.  687.  1039,  Brix  Capt.  293),  aus  der  relativen 
Zeitbedeutung  dieser  Verbalform  herzuleiten  („in  omni  huiusmodi  ora- 
tione  finis  actionis  sie  respicitur,  ut  actio  in  futuro  praeter ita  menti 
obversetur").  —  Gegen  diese  Ansicht  wendet  sich  eine  neulich  erschie- 
nene Dissertation  von  Theophil  Meifart:  De  futuri  exaeti  usu  Plau- 
tino  (Jena  1885).  Madvig  hatte  6  Gebrauchskategorieen  aufgestellt: 
I.  Mn  eventu  fruetuve  rei  (etiam  cousequenti)  praedicando ',  z.  B.  Plaut. 
Men.  270.  II.  rad  significandam  rem  non  in  altera  inclusam,  sed  quae 
per  sc  simul  fmri  possit9.  Bacch.  48.  III.  *celcrüati$  notatio  vel  rei 
paene  iam  ad  exitum  perduetae',  bes.  mit  zugefügtem  iam.  Asin.  446. 
IV.  cfut.  ex.  ponitur  de  eo,   quod   quis    inferim,   dum   aliud   quid  fit, 


*)  In  der  spätem  Zeit,  bei  Cic,  Cäs.t  Liv.,  hat  sich  dieser  Gebrauch 
nur  in  bestimmten  Verben  (bes.  videro)  oder  in  ganz  vereinzelten  Beispielen 
erhalten;  in  Nebensätzen  ist  zu  bemerken  si  potnero,  voluero  —  si  potero, 
si  volaui.     Noch  später  verschwindet  er  fast  ganz. 


Miscellen.  595 

aliquanti8per  facit'.  AuL  665.  V.  'in  rei  dilatione  significanda',  oft 
mit  mox  und  post.  Capt.  194.  VI.  cde  actione  alteram  subsequente 
fht.  ex.  dicitur,  ut  iam  non  modo  praeteriti  nihil  in  se  habeat,  sed 
ulterioris  futuri  loco  sit\  Most  920.  Die  7.  Stelle  endlich  nimmt 
eine  grofse  Anzahl  Beispiele  ein,  die  vollständig  die  Bedeutung  eines 
futurum  simplex  zeigen.  Hiergegen  zeigt  nun  Meifart  mit  Recht,  dafs 
in  allen  Kategorleen  das  futurum  simplex  sich  an  zahlreichen  ganz 
gleichartigen  Stellen  findet,  eine  Thatsache,  die  Übrigens  Madvig  selbst 
bereits  betont  hatte  (,r  .  . .  ut  omissa  levi  illa  significationis  inflexione, 
omnibus  locis  poni  potuerit  futurum  simplex,  quod  mfinüis  locis  plane 
similibus  ponitur").  Die  Erklärung  Madvigs,  meint  Meifart,  sei  also 
nicht  tnecessaria',  aber  sie  sei  auch  nicht  einmal  'probabilis';  denn 
die  Begriffe  der  schnellen  Vollendung,  des  Aufschubs  u.  s.  w.  ergäben 
sich  nicht  aus  dem  Bedeutungscharakter  des  fut.  ex«,  sondern  aus  den 
beigefügten  Partikeln  iam,  mox,  post,  interim  etc.,  oder  fex  totius 
enuntiati  colore\  Das  trifft  gewifs  zu;  aber  die  semasiologische 
Gleichheit  von  videro  und  videbo  etc.  ergiebt  sich  daraus  ebenso- 
wenig, wie  etwa  dixeram,  weil  es  gleich  dixi.  und  dicebam  gesetzt 
wird  (s.  Brix  zu  Capt.  17),  seinen  plusquamperfektischen  Charakter 
verlieren  sollte.  Es  gelten  hier  die  (auch  von  Meifart  S.  13  ange- 
führten) Worte  6.  Hermanns  in  seiner  Abhandlung  de  Io.  Nie.  Mad- 
vigii  interpretatione  quarundam  verbi  latini  formarum.  Lips.  1843.  4 
=  opusc.  VIII  p.  415  sqq.:  „ubi  nihil  interest,  quo  modo  aliquid  di- 
catur,  liberum  quidem  est,  quem  modum  quis  praeferat,  sed  ipsi  turnen 
modi  retment  naturam  suam  manetitque  diversi"  (p.  428). 

Eine  weitere  Stütze  für  seine  Ansicht  findet  Meifart  in  dem  Um- 
stände, dafs  die  Bedeutung  des  fut.  ex.  die  verwickeitere,  dagegen 
die  des  fut.  simpl.  die  einfachere  sei;  und  es  sei  jedenfalls  wahrschein- 
licher, dafs  die  einfachere  Bedeutung  auch  die  ältere  sei,  als  das 
Umgekehrte.  Daraus  folgt  aber  noch  nicht ,  dafs  dem  fut.  ex.  not- 
wendig eine  von  diesen  beiden  Bedeutungen  eigen  gewesen  sei. 

Ferner  macht  Meifart  geltend,  dafs  häufig  Formen  wie  fecero, 
adegero  lediglich  wegen  ihres  bequemeren  Versschlusses  den  Formen 
des  fut.  simpl.  vorgezogen  seien.  Allein  diese  Erscheinung  wirft  nur 
ein  Licht  auf  den  usus  des  Schriftstellers,  auf  die  ars  des  Dichters, 
erklärt  auch  wohl  teilweise  den  besonders  häufigen  Gebrauch  unseres 
Idioms  bei  den  Komikern,  aber  die  innere  ratio  der  Sache  wird  da- 
durch nicht  aufgehellt.  Auch  das  schon  oben  erwähnte  dixeram  findet 
sich  besonders  am  Versende,  ohne  deshalb  mit  dixi  je  identisch  ge- 
wesen zu  sein. 

Schliefslich  fuhrt  Meifart  als  gewichtigsten  Grund  für  seine  An- 
nahme die  Hypothese  Brugmanns  ins  Feld,  wonach  videro  (gr.  fei- 
di(ö)(o)  Conjunctivus  Aoristi  ist,  nach  dessen  Analogie  fecero  cepero 
etc.  geschaffen  sind. 

Dafs  M.  sich  der  Ansicht  über  die  aoristische  Herkunft  von  vi- 
dero etc.  anschliefst,  billige  ich  vollständig:  hätte  er  nur  den  Unter- 
schied der  aoristischen  Aktionsart  von  der  des  futurum  simplex  be- 
achtet!   Das  lateinische  einfache  Futurum  stellt  durchweg  präsentische 


596  Franz  Cramer. 

Aktionsart  dar,  d.  h.  es  hat  „durative14  Bedeutung:  denn  Futurformen 
wie  feram  sind  ursprünglich  Konj.  Präs.,  und  ebenso  wird  das  D-Futu- 
rum  vom   Präsensstamm   gebildet.     Dagegen    kommt   offenbar  den 
Formen  wie  videro,   wenn  sie  aoristischen  Ursprungs  sind,   auch  die 
entsprechende  Aktionsart,   d.  h.  „faktische"   Bedeutung  (Bezeichnung 
der  in  sich  abgeschlossenen  Handlung)  zu.    Man  könnte  vielleicht  auf 
das  griechische  einfache  Futurum  (wie  dcßjo)  hinweisen,  das  ans  dem 
Conj.  Aor.  sich  entwickelt  habe.   Abgesehen  davon,  dafs  diese  Annahme 
bis  jetzt  nicht  über  das  Bereich  der  Möglichkeit   sich   erhoben  hat, 
ist  wohl  zu  beachten,  dafs  dem  griechischen  Futurstamm  ebensowohl 
aoristische  wie  präsentische  Aktionsart  eigen  ist  (Brugmann,  Handb. 
d.  klass.  Altert.  II  S.  101,  §  163).     Auf  der   andern  Seite  sind  nie- 
mals Formen   wie   Sel^oo   zu  fuhtra  exacta   geworden,   eben  weil  sie 
die  Funktionen  des  fut.  simplex  angenommen  hatten  —  im  geraden 
Gegensatz  zu  dem  lateinischen  videro  etc.    Dieser  Gedanke  führt  uns 
von  selbst  zu  der  Frage:    Wie   konnte   das   angebliche  futurum  Sim- 
plex   videro    zum    fut.    exactum    werden?     Wie    konnte    eine    Form, 
welche  nach   M.  ursprünglich   die   in   der   Zukunft  sich   entwickelnde 
Handlung  bezeichnete,  die  Fähigkeit  erlangen,  nicht  nur  die  Vollen- 
dung an  sich,    sondern   selbst  die  Vorvollendung  darzustellen?    Eine 
solche    Metamorphose    nimmt    M.    für    die    rhotacierten    Formen    mit 
ebenso  wenig  Recht  in  Anspruch,   wie  sie  Madvig  vor  ihm  den  sig- 
matischen  vindiciert  hatte:    faxo  capso   stellte  er  ohne  weiteres  grie- 
chischem  s- Futurum   (axo  =  a£o>)   gleich.     Aber  die   Undenkbarkeit 
einer   solchen   Verschiebung   hat   bereits   Hermann  in  der   erwähnten 
Abhandlung  dargelegt. 

Zu  alledem  wird  m.  E.  die  Eigenschaft  des  fut.  ex.  als  eines 
ursprunglichen  tempus  actionis  absolutae  hinreichend  erwiesen  durch 
seine  offenbare  Verwandtschaft  mit  dem  sog.  Konjunktivus  Perfekti 
(Optatiyus  Aoristi). 

Die  Meifartsche  Theorie  u>t  also  unhaltbar.  So  wenig  dem  Aori- 
stus  „durativer"  Charakter  innewohnt,  ebenso  wenig  kann  das  latei- 
nische Futurum  auf  -ero  mit  dem  einfachen  Futurum  auf  eine  Stufe 
gestellt  werden.  Aber  welches  ist  denn  nun  der  ursprüngliche  Cha- 
rakter von  videro  etc.?  M.  E.  hat  bereits  Lübbert  in  seinem  Buche 
über  den  Konj.  Perf.  und  das  Fut.  ex.  im  älteren  Latein,  das  Meifart 
zwar  citiert,  aber  merkwürdigerweise  nicht  weiter  berücksichtigt,  die 
richtige  Lösung  der  Frage  gegeben.  Er  sagt  S.  98  f.:  „Jedenfalls 
ist  die  Vorhersage  ohne  Rücksicht  auf  die  Zeit  einer  andern  Hand- 
lung die  ursprünglichere.  Der  Bedeutungskern  desv  futurum  exaetnm 
ist  der,  dafs  es  das  vollendete  Sein  in  die  Zukunft  verlegt.  Die  Zeit- 
lage der  Handlung  vor  einer  andern  ist  etwas  später  Hinzukommen- 
des/1 Diese  Seinsart  der  absoluten  Vollendung  ist  also  genau  die- 
selbe, die  auch  den  Bedeutungscharakter  des  Aoristus  ausmacht.  In 
dieser  Sphäre  verblieben  stets  die  sigmatischen  Formen  (auf  -so), 
während  die  rhotacierten  (auf  -ro)  gleichzeitig  mit  dem  Optativus 
auf  -rim  eine  Bedeutungserweiterung  erfuhren,  als  Perfekt  und 
Aorist  der  lateinischen  Sprache  zu  einem  Stamme  verschmolzen.    Seit 


Miscellen.  597 

dieser  Zeit  erhielten  die  Formen  auf  -ro  (im  Gegensatz  zu  denen  auf 
-so)*)  auch  die  Fähigkeit,  eigentliche  perfektische  Aktionsart  dar- 
zustellen, und  daraus  entwickelte  sich  ihre  Eigenschaft  als  „ prae- 
ter ita.  in  futurou.  Wenn  also  im  alten  Latein  Anklänge  an  jenen 
frühern  Zustand  sich  häufiger  als  in  der  Zeit  der  ausgebildeten  Sprache 
finden,  so  werden  wir  dies  sehr  natürlich  finden. 

Halten  wir  diesen  Entwicklungsgang  fest,  so  liegt  auf  der  Hand, 
wie  ein  solches  futurum  exactum  absolutum  nicht  nur  in  ein  rela- 
tives Tempus  übergehen  konnte,  sondern  auch  vorübergehend  dem 
fnt.  simplex  sich  anzugleichen  vermochte.  Wenn  der  Form  videro 
nicht  von  vornherein  das  Moment  des  bereits  Vergangenen  anhaf- 
tete, so  kann  es  nicht  auffallen,  dals  sie  bisweilen  eine  Form  (videbo) 
vertreten  konnte,  welche  die  Entwickelung  einer  Handlung  in  die 
Zukunft  verlegt,  zumal  da  Formen  wie  videbo  erst  spätere  auf  ita- 
lischem Boden  erwachsene  Bildungen  sind.  Auch  mochte  vielleicht 
das  ingressive  Bedeutungsmoment  des  Aorist us  die  Annäherung  von 
videro  an  videbo  vermitteln  und  erleichtern.  Die  Thatsache,  dafs  das 
fut.  ex.  absolutum  sich  vielfach  in  bestimmten  (von  Madvig  festge- 
stellten) Kategorieen  findet,  scheint  den  Schlufs  zu  rechtfertigen,  dafs 
gerade  solche  Sätze  dem  Futurbegriff  von  videro  fecero  etc.  adäquat 
waren.  Wenn  auch  in  Sätzen  wie  iam  ego  fecero,  interim  abscessero, 
post  videro  die  Momente  /des  schnellen  Vollbringens,  des  zwischen- 
zeitigen Thuns,  des  Aufschubs  keineswegs,  wie  Meifart  mit  Recht 
bemerkt,  in  der  Yerbalform  selbst  gegeben  sind,  so  läfst  sich  doch 
nicht  leugnen,  dafs  in  solchen  Sätzen  recht  gut  die  Vorhersage  der 
einfachen  Thatsache  genügt,  ohne  Rücksichtnahme  auf  Verlauf  und 
Entwickelung  der  Handlung.  Was  speciell  die  Form  videro  betrifft, 
so  möchte  in  der  auch  zu  Ciceros  und  Livius'  Zeit  andauernden  Vor- 
liebe für  diesen  alten  coni.  aor.  vielleicht  eine  Spur  des  Zusammen- 
hanges mit  der  Wurzel  J-iS  sich  aussprechen;  denn  der  in  £id  lie- 
gende Begriff  (iöeiv  =  erblicken)  schliefst  aoristische  Aktionsart 
in  sich  (im  Gegensatz  zu  oqccv  =  betrachten);  daher  aor.  slöov  zu 
praes.  bqdco  (vgl.  Brugmann  a.  a.  0.  §  154  u.  159).  Noch  begreif- 
lieber würde  das  zähe  Festhalten  auch  der  spätem  Zeit  an  video, 
wenn  Brugmanns  Hypothese  sich  bestätigte,  dafs  gerade  durch  die 
von  videro  (gr.  J-Eiöi(a)a>)  ausgehende  Kraft  der  Analogie  die  übrigen 
Formen  wie  fecero  cepero  ins  Leben  gerufen  seien. 

Auf  der  andern  Seite  kann  es  nicht  weiter  auffallen,  dafs  das 
ursprüngliche  absolute  fut.  ex.  sich  nach  der  Verschmelzung  von  Per- 
fekt und  Aorist  zu  einem  relativen  Tempus,  zu  einem  praeteritum 
in  futuro  ausbildete.  Auch  das  lateinische  Imperfekt  war  von  Hause 
aus  ein  absolutes  Tempus,  das  Moment  der  Gleichzeitigkeit  ist  etwas 
später  Hinzugetretenes.  Es  liegt  die  Annahme  nahe,  dafs  der  Über- 
gang des  fut.  ex.  abs.  in  das  relative  Zeitverhältnis,  seinen  Ausgangs- 


*)  Dafs  gerade  diese  die  alte  Natur  weitertrugen,  erklärt  sich  leicht 
aus  dem  Umstände,  dals  sie  den  dem  Aorist  eigenen  Tempuscharakter  8 
beibehielten. 


598  Franz  Cramer* —  Henry  Nettleship. 

punkt  von  den  Konditional-  und  Temporalsätzen  genommen  bat*) 
In  ganz  entsprechender  Weise  setzt  ja  anch  der  Grieche  im  konditio- 
nalen Satzgefüge  iav  cum  coni.  aor.  Selbst  der  Indik.  Aor.  nimmt 
bekanntlich  in  Temporal-  und  Relativsätzen  infolge  des  Zusammen- 
hanges relative  Zeitbedeutung  an.  s—  Als  erstes  Glied  auf  dem 
Wege  des  lat.  fut.  absoL  zur  Funktion  als  relatives  Tempus  denke 
ich  mir  Sätze  wie:  Plant.  Amph.  198  Si  dixero  mendacium,  solens 
meo  more  fecero.  Pseud.  512  Si  abstuleris,  mirum  et  magnum  faci- 
nus  feceris.  Wenngleich  hier  der  Vordersatz,  wie  immer,  das  begriff- 
liche Prius  enthält,  so  fallt  doch  die  zeitliche  Vollendung  von  Vorder- 
und  Nachsatz  in  einem  Moment  zusammen,  da  letzterer  nur  die  Qualität 
des  Effektes  näher  bezeichnet.  Dem  Sinne  nach  verwandt,  aber  schon 
mit  (emphatischem)  Präsens  oder  Perfekt  im  Hauptsatz  sind:  Poen.  671 
Rex  sum,  si  ego  illum  hodie  ad  med  hominem  adlexero.  Amph.  320 
perii,  si  me  adspexerit.  Dagegen  liegt  die  Bedeutung  eines  praeteri* 
tum  in  futuro  vor  z.  B.:  Rud.  755  Postea  aspicito  meum  (sc.  ter- 
gum),  quando  ego  tuum  inspectavero. 

In  Übereinstimmung  mit  B nigra  an  ns  sprachwissenschaftlichen 
Resultaten  erkennen  wir  also  in  dem  lateinischen  futurum  exactum 
auf  -ro  ebenso  gut  ein  ursprünglich  absolutes  Tempus,  wie  in  den 
Formen  auf  -so. 

Duisburg.  Franz  Gramer. 


Saeculum.    Saecula. 

Bei   der   Lektüre   des   Epicedion    Drusi   (Consolatio    ad    Liviam) 
habe  ich  mich  oft  gefragt,  ob  der  Vers  45 

Quid,  tenuisse  animum  contra  sua  saecula  rectum, 
ein  Beispiel  sei  oder  nicht  von  der  bedenklichen  Latinität,  die  mir 
eine  Eigentümlichkeit  des  Gedichtes  zu  sein  scheint,  obschon  Bährens 
durch  seine  Kritik  so  manche  anstöfsige  Stelle  beseitigt  hat.  Es  ist 
klar,  dafs  der  Vf.  sua  saecula  im  Sinne  von  'Zeitgeist*  verstand,  mit 
anderen  Worten,  dafs  er  den  Plural  für  den  gebräuchlicheren  Singular 
setzte.  Bährens  fühlt,  dafs  der  Ausdruck  einer  Verteidigung  bedürfe, 
und  verweist  daher  auf  Prop.  1,  18,  12.  2,  25,  35 — 38,  um  ihn  zu 
rechtfertigen.  Die  erste  Stelle  freilich  Turpius  et  saeeli  vivere  luxuria 
trifft  die  Kontroverse  nicht,  da  das  Wort  im  Singular  steht.  Die 
zweite  lautet: 

At  si  saecla  forent  antiquis  grata  puellis, 

Essern  ego,  quod  nunc  tu;  tempore  vincor  ego. 

Non  tarnen  Uta  meos  mutabunt  saecula  mores; 
Unusquisque  sua  noverit  ire  via. 


*)  Vgl.  Meifart  p.  26:  „Non  prorsus  eadem  ratio  est  enuntiatorum  re- 
lativorum,  condicionalium  et  quae  sunt  Bimilia.  Suspicor  per  baec  tranri- 
tum  factum  ad  vim  vere  relativam."  Dieser  Obergang  geschah  freilieh 
nicht  von  der  Sphäre  des  fut.  simpUx  aus. 


Miscellen.  599 

Bihrens  vermutet  apta  statt  grata,  mein  Freund  A.  £.  Housman  in 
der  letzten  Nummer  des  Journal  of  Pbilology:  gratis  antiqua  puellis. 
Der  Sinn  des  Verses  im  allgemeinen  ist  klar:  würden  wir  in  Zeiten 
leben,  die  den  Sitten  der  Mädchen  von  altem  Schrot  und  Korn  ent- 
sprächen, nicht:  würde  der  Zeitgeist  den  Mädchen  u.  s.  w.  entsprechen. 
Denn  die  folgenden  Worte:  tempore  vincor  ego  bedeuten:  ich  bin  zu 
spät  auf  die  Welt  gekommen;  und  V.  37:  aber  jene  alten  Zeiten 
werden  mich  nicht  ändern;  es  ist  für  mich  gleichgültig,  was  die 
frühere  Generation  gethan  hätte.  Diese  Stelle  bietet  daher  keine 
genaue  Parallele  zu  dem  Verse  des  Epicedion. 

Ein  anderes  Beispiel,  in  welchem  saecula  =  saeculum  im  Sinne 
von  'Mode,  Zeitgeist'  genommen  wird,  giebt  Lucan.  10,  109 

Explicuitque  suos  magno  Cleopatra  tumultu 
Nondum  translatos  Romana  in  saecula  luxus. 

Hier  bemerkt  der  neueste  Herausgeber,  Mr.  Haskins:  saecula,  Mode, 
Zeitgeist  (fasJiion,  manners).  Vgl.  Tac.  Germ.  19  nemo  illic  vitia 
ridet,  nee  corrumpere  et  corrumpi  saeculum  vocatur.  Martial.  9, 
28,  9  et  cum  theatris  saeculoque  rixaris.  Hier  mufs  wieder  bemerkt 
werden,  dafs  saeculum  als  Parallele  zu  saecula*)  citiert  wird.  Die 
von  Weber  herausgegebenen  Scholien  erklären  Romana  in  saecula] 
in  Bomanum  Imperium,  was  mir  der  Grundbedeutung  näher  zu 
kommen  scheint;  denn  die  Worte  müssen  bedeuten:  in  die  römischen 
Generationen  hinein. 

Saeculum  mufs  nach  meiner  Ansicht  von  der  Wurzel  sii-,  er- 
zeugen, abgeleitet  werden,  und  saeculum  =  sav-i-culum  bedeutet 
ursprünglich  'Generation9;  nämlich  1)  Genefation  im  konkreten  Sinn, 
d.  h.  Geschlecht,  a  racc;  2)  im  zeitlichen  Sinne  die  Periode,  während 
welcher  eine  einzelne,  in  der  nämlichen  Zeit  geborene  Gruppe  von 
Individuen  als  lebend  vorausgesetzt  wird.  In  dem  ersten  Sinne  ge- 
braucht es  bekanntlich  Lucretius:  saecula  hominum.  ferarum,  Generationen 
vou  Menschen  oder  Tieren.  Cic.  divin.  1,  19,  36  nee  saeculorum  re- 
liquorum  iudicium  pertimescere;  Verg.  Georg.  1,  468  impiaque  aeter- 
nam  timuerunt  saecula  noctem,  welches  Georges  wohl  unrichtig  mit 
'Zeitgeist,  Ton  der  Zeit'  erklärt;  Aen.  1,  291  aspera  tum  positis 
mitescent  saecula  bellis;  Ovid.  met.  15,  260  sie  ad  ferrum  venistis 
ab  auro  Saecula  u.  s.  w.  In  dem  zweiten  Sinne  ist  saeculum  und 
saecula  so  gewöhnlich,  dafs  Beispiele  kaum  nötig  sind.  Ovid  met. 
5,  395  haec  ubi  quinque  suae  complevit  saecula  vitae.  Die  Phrase 
ire  oder  mitti  in  saecula  scheint  im  1.  Jahrh.  n.  Chr.  entstanden  zu 
sein;  Georges  citiert  sie  aus  Silius  und  dem  jüngeren  Plinius;  wir 
können  Lucan.  10,  533  (in  famam  et  saecula  mitti)  beifügen.  Der 
besondere  Gebrauch  von  saeculum  allein  für  Zeitgeist  (Mode)  hat 
sich  vielleicht  in  der  Konversationssprache  entwickelt  von  der  engeren 
Phrase  aus:  hoc  saeculum,  die  sich  öfter  bei  den  Autoren  der  Repu- 
blik findet. 


*)  Über  gaudia  im  fünften  Fufse  des  Hexameters  =  gaudium  u.  ähnl. 
vgl.  Archiv  I  134.  Die  Redaktion. 


600  Henry  Nettleship  —  Ph.  Thielmann. 

Keine  Stelle  jedoch,  welche  ich  bisher  citiert  gefunden  habe, 
unterstützt  den  Vf.  des  Epicedion  in  dem  Gebrauche  von  sua  saecula. 
Wie  in  vielen  anderen  Beispielen  scheint  mir  der  Dichter  sich  einer 
Phrase  bedient  zu  haben,  die  er  bei  den  klassischen  Autoren  fand, 
doch  überschritt  er  mit  der  Bedeutung,  die  er  ihr  beilegte,  die 
Grenzen,  welche  jene  beobachtet  hatten. 

Oxford.  Henry  Nettleship. 


1.  Zwei  neue  Fragmente  archaischer  Poesie. 

Bei   Gelegenheit   der   Erwähnung    spartanischer   Zucht  (Tusc.  2, 
34 — 36)  citiert  Cicero  wiederholt  Verse  eines  unbekannten  Tragikers, 
die  wie  Ribbeck  trag.  ine.  ine.  205 — 209  p.  266  vermutet,  vielleicht 
dem  Meleager  des  Attius  entstammen.     Nach  Anführung  des  letzten 
Fragments  §  36  fährt  Cicero   fort:  ergo  his  laboriosis  cxcrcUatiombus 
et  dolor  intercurrit  non  nunquam:  inpe'lluniür  /brmn/wr,  abidutitur  ca- 
dünt.     Die   letzten   vier  Wörter   bilden    doch    wohl    einen   (derselben 
Quelle  wie  die  vorausgehenden  Citate  entstammenden)  Senar.    Über 
die  Kürze   der  ersten  Silbe   von   abidutitur   vgl.  Archiv  IV  560;  der 
Proceleusmaticus  im  4.  Fufs  veranschaulicht,  wie  auch  das  Asyndeton, 
die  Lebhaftigkeit  der  Handlung. 

Sen.  clem.  2,  5,  4  f.  nihil  aeque  hominem  quam  magnus  arrimus 
decet;  noti  polest  autem  magnus  esse  itletn  ac  maestus.  Maerör  contun- 
dit  nienfes,  dbicit,  cöntraJnt.  Der  unreine  Bau  des  durch  die  letzten 
fünf  Wörter  gebildeten  Senats  schliefst  die  Autorschaft  Senecas  aus 
und  weist  auf  einen  archaischen  Dichter,  vielleicht  Attius, 
dessen  cor  contundam  et  comprimam  (V.  201  p.  162  R)  zu  dem  obigen 
contundit  mentes  .  .  contriüiit  eine  Analogie  bietet. 

Ich  bemerke  hier  noch,  dafs  in  dem  Gedicht  Poet.  lat.  min.  ed. 
Bährens  IV  309  nicht  blofs  ein  Akrostichon  vorliegt  (Filocali,  von 
Lucian  Müller  entdeckt),  sondern  auch  ein  Telestichon:  MELANIAE. 
Dasselbe  ist  allerdings  verdunkelt  durch  eine  Änderung,  die  Bährens 
im  2.  Vers  vorgenommen  hat  (invitut  fessos  huc  properare  cito);  aber 
das  vom  Salmasianus  gebotene  trite  hat  Heinsius  längst  in  das  rich- 
tige viae  verwandelt  (zu  huc  viae  vgl.  huc  viciniae  Ter.  Andr.  70  und 
Dräger  Synt.  I2  449  ff.). 

2.  Achariter. 

Vu\  eceli.  20,  21  lwnw  acharis  (&%aQig)  quasi  fabula  vana.  Das 
acris  des  Tolet.  ist  aus  acharis  durch  die  Zwischenstufe  acaris  ver- 
derbt. Wenn  nun  zu  eceli.  18,  18  stultus  acriter  improperabit  das 
griech.  Original  fitogog  axccglaxag  ovstöul  lautet,  so  liegt  die  Ver- 
besserung achariter  nahe,  und  ich  hatte  dieselbe  längst  in  mein 
Handexemplar  eingetragen,  als  sie  mir  in  überraschender  Weise  be- 
stätigt  wurde.     In   Augustins    Speculum   p.  133,  16  (Weihrich),  wo 


Miacellen.  601 

die  angegebene  Stelle  des  Ecclesiusticus  citiert  ist,  bieten  MP1  C  in 
der  That  acJtariter,  was  der  neueste  Herausgeber  hätte  in  den  Text 
setzen  sollen.  Zu  acharis  gehört  auch  acharizo  (=ax<*(>#a>),  das  Orib. 
syn.  4,  28  in  der  Form  acarkct  steht  (Archiv  III  41Ü.  IV  317). 

3.  Balan. 

Procop.  bell.  Goth.  1,  18  p.  87,  17  ed.  Bonn.:  btv%s  dl  (BsXi- 
Oaoiog)  iTCTicp  xr\vixctvxa  6%ov(tfvog  .  .  og  6rj  oXov  fxiv  xo  0c5fia  cpaihg 
qv,  xc  pitantov  öi  anav  i%  xeyaXrjg  &%qi  ig  Qivag  Xevxog  (idXiöxa. 
Tovtov  "Ellrivsg  (ikv  OaXibv,  ßdqßaooi  (d.  i.  die  Goten)  6h  BdXav 
[ßdXXctv  L]  xaXoiiG^  und  weiter  unten:  ßdXXeiv  iyneXevo^svoi  ig  irntov 
xov  BdXav.  Das  gotische  Wort  sei  den  Germanisten  zur  Behand- 
lung überwiesen;  sicher  gehört  es,  wie  das  griech.  cpuXiog,  zu  der 
mit  l  weitergebildeten  Wurzel  blia  Scheinen,  leuchten'.  Die  Pro- 
copiusstelle  aber  wirft  ein  helles  Licht  auf  das  im  Archiv  mehrmals 
(I  270  und  besonders  II  477)  besprochene  de  eqiio  badeo  [6ad/0  Vogel  J 
et  balanc,  die  Überschrift  des  nur  im  cod.  Bruxell.  überlieferten 
Epigramms  des  Ennodius  carm.  II  136H  =  CCCLV  Vog.  Ennodius, 
Zeitgenosse  und  Unterthan  Theodorichs  des  Gr.,  fand  das  gotische 
Wort  gewifs  in  der  römischen  Volkssprache  vor;  Tiernamen  sind  ja 
in  grofser  Anzahl  aus  den  germanischen  in  die  romanischen  Sprachen 
übergegangen,  was  im  vorliegenden  Fall  bei  den  nahen  Beziehungen 
des  Pferdes  zum  Kriegswesen  (Diez  Gramm.  I3  67.  G9)  sich  noch 
leichter  erklärt.  Die  Zusammenstellung  badius  ei  balan  bietet  aber 
einen  interessanten  Beleg  für  die  noch  im  5./6.  Jahrh.  lebendige 
Neigung  zur  Allitteration.  Den  genauen  lautlichen  Zusammenhang 
zwischen  balan  und  dem  für  die  roman.  Wörter  balzano,  bauten  vor- 
auszusetzenden balteanus  zu  ermitteln,  mufs  ich  andern  überlassen. 

4.  Salaputtiam. 

Ca  tu  11  53:  Rist  neseto  quem  modo  e  Corona,  \  qui,  cum  mirificc 
Vatiniatia  \  mens  crimina  Calvos  explicasset,  \  admirans  ait  haec  ma- 
nusque  töllcns:  )  Di  magni,  salaputtium  disertum.  Die  Hdschr. 
haben  salajmntium;  das  Richtige  finden  wir  bei  Sen.  contr.  7,  4  (19 ), 
7:  erat  enim  (Calvas)  parvolus  Matura,  propter  quod  ctiam  Catullus 
in  hendccasyUabis  voeat  illum  * salaputtium  (so  die  codd.)  disertum9.  — 
Das  griech.  (SuXnt%xr\g  (Nebenform  von  <$aXmy%x)\g)  erscheint  im  La- 
teinischen entweder  in  urbanem  Gewände  als  salpicta  (Firm.  Mat. 
math.  8,  21)  oder  in  der  vulgären,  durch  Einschub  eines  irrationalen 
a  und  volkstümliche  Behandlung  der  Gruppe  et  gebildeten  Form 
salapitta:  Arnob.  7,  33  p.  2G7,  HR  salapittarum  sonitn  atque  plausu 
(meton.=*die  schallende  Backpfeife';  vgl.  gloss.  salapitta  Qdmoua). 
Davon  ist  salapittium  eine  Weiterbildung  mit  deminutivem  Sinn,  und 
lediglich  auf  dieso  verkleinernde  Bedeutung  beziehen  sich  Senecas 
Worte  erat  enim  parvolus  statura  etc.  Die  Orthographie  sala- 
puttium aber  ist  als  salaputtium  zu  deuten,  d.  h.  u  repräsentiert  hier 

Arohiv  für  lal  Lexikogr.  IV.    Heft  S.  4.  39 


602  Pb.  Thielmann  —  A.  Zimmermann. 

den  bekannten  trüben  Mittellaut  zwischen  u  und  /,  von  dem  Seel- 
mann, Aussprache  S.  199  sagt:  „Die  Trübung  (des  hochlat.  geschrie- 
benen t)  wird  veranlafst  durch  die  Stellung  des  Lautes  (in  unbe- 
tonter Silbe)  inmitten  eines  dorsal  und  eines  bilabial  arti- 
kulierten Konsonanten.  In  der  Vulgärsprache  werden  auch  be- 
tonte Vokale  getrübt14  (salapurtium !).  Ich  denke,  eTrompetercW 
ist  eine  treffende  humoristische  Benennung  für  den  mit  kräftigem 
Organ  begabten  Calvus;  vgl.  was  der  Freigelassene  Ganyroedes  bei 
Petron  44  von  einem  volkstümlichen  Redner  sagt:  cum  ageret  porro 
in  foro,  sie  illius  vox  crescebat  tamquam  tuba.  Das  plebejische  Kraft- 
wort aber  war  offenbar  dem  Catull  vorher  noch  nicht  zu  Ohren  ge- 
kommen; denn  nur  um  seinetwillen  erzählt  er  die  Anekdote,  und  in 
ihm  liegt  die  Spitze  des  Ganzen.  Mit  andern  Worten:  salapuHhm 
war  ein  in  Italien  selbst  nicht  gehörter  Provincialismus.  An 
Afrika  als  Heimat  des  nescio  <juis  (V.  1)  zu  denken,  erlaubt  uns 
aufser  der  Arnobiusstelle  auch  noch  der  Umstand,  dafs  Salaptdi  (Abi.) 
als  Eigenname  auf  einer  afrikanischen  Inschrift  erscheint:  CIL  VIII 
10570,  4,  29. 

Speier.  Ph.  Thiel  mann. 

Ober  secus,  setius  u.  s.  w. 

Nach  Thielmann  (Archiv  IV  248  f.)  war  trans  ursprünglich 
part.  praes.  von  trare  (simplez  zu  intrare),  dann  erstarrte  es  zur 
Präposition  und  später  erst  entwickelte  sich  bei  ihm  der  adverbiale 
Gebrauch.  In  ähnlicher  Weise  haben  wir  die  Partikel  „secüs"  uns 
entstanden  zu  denken.  Auf  diesen  Entwicklungsgang  führt  uns  eine 
Stelle  im  corp.  inscr.  Latt.  III  n.  387  steht  nämlich  „secu(s)  here(s)" 
in  der  Bedeutung  ,,der  folgende  (zweite)  Erbe".  Die  Form  fügt 
sich  dieser  Bedeutung  ohne  Widerstreben.  Das  part.  praes.  von  sequi 
mufste  in  ältester  Zeit  mit  der  starken  Endung  lauten  sequons  oder 
seeuns.  Vgl.  Curtius  Studien  VIII  345  f.  Iw.  Müller  Hdb.  d.  Klass. 
Altertums w.  II  154.  Dieses  seeuus,  das  besser  zu  seeundus  pafst 
als  sequens,  verlor  dann  in  bekannter  Weise  seinen  Nasal  vor  „sa, 
gerade  wie  trans  in  den  Inschriften  häufig  nur  tras  lautet,  so  z.  B. 
IX  2438,  Z.  16.  Dafs  aber  die  Form  secüs  die  andere  Form  seeuns 
völlig  vordrängte,  lag  wohl  daran,  dafs  man  in  „secus44  bei  seiner 
Bedeutung  „der  zweit«41  kein  Particip  mehr  sah,  sondern  ein  Adjek- 
tiv, ein  Zahlwort;  denn  zu  tertius,  primus  u.  s.  w.  pafste  secüs  besser 
als  seeuns.  Derselbe  Grund  der  Analogie  wird  dann  allmählich  auch 
die  Verkürzung  des  „u"  bewirkt  haben.  Legt  doch  die  Existenz  von 
Komparativformen  wie  maledicentior  u.  ä.  uns  die  Vermutung  nahe, 
dafs  auch  maledicus  u.  ä.  ursprünglich  partieipia  praes.  waren  und 
erst  später  in  die  Analogie  der  Adjektiva  auf  us,  a,  um  übergingen. 
Ebenso  scheint  mir  pedisequus  entstanden,  das  ursprünglich  wol  pe- 
disecüs,  später  pedisectis  lautete;  zuletzt  erhielt  pedisegt/us  den  Vor- 
zug mit  Anlehnung  an  „se^in".  „Secüs14  dagegen  blieb,  weil  man 
sich  der  Beziehung  zu  „segni"  nicht  mehr  bewufst  war. 


Miscellen.  603 

Da  nun  aber  ßecundus  auch  „der  folgende,  der  zweite*'  bedeutete, 
so  war  es  natürlich,  dafs  in  dieser  Bedeutung  einer  von  den  beiden 
Ausdrücken,  weil  überflüssig,  allmählich  aufs  er  Gebrauch  kam.  Dies 
Los  wurde  secüs  zu  teil.  Nur  die  Rechtssprache,  die  ja  bekanntlich 
altertümliche  Ausdrücke  liebt,  erhielt  ihn,  und  so  finden  wir  ihn 
denn  auch  in  der  obengenannten  Inschrift. 

Ebenso  wie  trans  wurde  secus  nun  zweitens  auch  als  Präposition 
angewendet.  Wie  leicht  sich  hier  der  Übergang  vom  Particip  zur 
Präposition  bewerkstelligte,  sieht  man  so  recht  an  Stellen,  wie  corp. 
inscr.  Latt.  III  n.  6418:  „hie  est  occisus  . .  secus  Titum  flumenu,  wo 
man  sowohl  übersetzen  kann:  „er  wurde  getötet  neben  dem  Flusse 
Titus  oder  als  er  dem  Flusse  Titus  folgte.41  Jedoch  hielt  sich 
secus  als  Präposition  nur  in  der  Vulgärsprache,  da  in  dem  klassischen 
Latein  ihm  „seeundum"  den  Rang  ablief.  Schmalz  bei  Iw.  Müller 
Hdb.  d.  Kl.  Altertums w.  II  292  sagt  darum  über  secus  als  Präpo- 
sition: „Das  vtilgäre  secus  lesen  wir  schon  bei  Cato  und  noch  bei 
Hieronymus,  auch  auf  Inschriften,  z.  B.  Orelli  7170  secus  merita 
eins,  Fabretti  211,  533  secus  viam". 

Volle  Verwendung  fand  secus  schliefslich  als  Adverb  und  zwar 
seiner  ursprünglichen  Bedeutung  nach  zuerst  als  lokales,  und  dann 
auch  als  modales.  Zur  Veranschaulichung  dieses  nicht  seltenen  Über- 
gangs eines  Particips  bis  zum  Adverb  —  ich  erinnere  hier  nur  an 
rursus,  prorsus  —  führe  ich  auch  hier  ein  paar  Beispiele  an.  Wenn 
T.  Livius  II  33,  G  von  einem  bellum  extrinsecus  imminens  spricht, 
so  ist  er  sich  der  participialen  Natur  des  extrinsecus  wohl  nicht  mehr 
bewufst,  während  ein  Römer  zur  Zeit  des  Livius  Andronicus  unter 
diesem  Kriege  einen  verstanden  haben  würde,  der  von  aufsen  her 
kommend  ihn  bedrohe. 

Und  wenn  Cic.  bei  Lael.  IX  29  und  sonst  sagt:  „quod  longe 
secus  est",  so  sollte  diese  Ausdrucksweise  ursprünglich  bedeuten: 
(„es  ist  das  etwas  hinter  der  Wahrheit  weit  Zurückstehendes"), 
was  natürlich  dem  Sinne  nach  dasselbe  ist  als:  „es  verhält  sich  damit 
ganz  anders.'4 

Und  so  lassen  sich  auch  die  andern  Bedeutungen  des  modalen 
Adverbs  secus,  nämlich  „schlechter,  weniger,  mehr1'  in  derselben  Weise 
wie  die  von  „anderes"  ableiten.  Das  Folgende,  Zweite,  Andere  wird 
naturgemäfs  meistens  auch  das  Schlechtere,  Geringere,  Wenigere  sein; 
indes  kann  es  wohl  auch  einmal  das  Bessere,  das  Mehr  sein.  Liegen 
ja  doch  auch  in  alius  diese  beiden  entgegengesetzten  Bedeutungen. 

Da  nun  somit  in  dem  Adverb  „secus"  ein  komparativer  Sinn 
lag,  liefe  man  demselben  doch  gerade  wie  dem  alius  die  Komparativ- 
partikel quam  folgen,  so  selbst  bei  Cic.  Att.  6,  2,  2  ne  quid  fiat  secus 
quam  volumus,  —  so  war  es  nicht  zu  verwundern,  wenn  man  mit 
der  Zeit  auch  in  der  Form  diesen  komparativen  Sinn  zum  Ausdrucke 
brachte  und  die  Form  sequius  aus  secus  regelrecht  schuf.  Denn  da 
der  Buchstabe  qu  nur  vor  u  sein  u  verliert  und  zu  c  wird,  vgl. 
quis,  aber  cum,  so  mufste  vor  dem  i  des  Komparativs  das  alte  „qu" 


604  A.  Zimmermann. 

von  sequor  hier  wieder  zum  Vorschein  kommen  und  die  Komparativ- 
form lauten  sequius,  nicht  secius. 

Gerade  aber  wie  sich  aus  dem  adverbialen  Komparativ  propius 
(von  prope)  ein  adjektivischer  Komparativ  propior  entwickelte,  so  aus 
sequius  ein  sequior.  Dafs  dies  eine  spätere  Bildung,  sieht  man  schon 
daraus,  dafs  am  häufigsten  nur  das  dem  Adverb  der  Form  nach 
gleiche  neutrum  sequius  hiervon  vorkommt.  Andere  Formen  sind 
nur  selten  und  aus  spätlateinischer  Zeit.  Neue  II  118  fuhrt  nur  an 
App.  Met.  7,  8  und  10,  23  sequiorem  sexura  und  sexus  sequioris, 
Ulp.  Dig.  2,  15,  8  §  11,  vitae  sequioris.  Amm.  Marc.  18,  6,  6  fortnna 
sequior. 

Ich  komme  nun  zu  sectius.  Die  Form  ist  durch  Gellius  18,  9, 
4 — 6  aus  Plautus  belegt.  Wenn  sie  nun  auch  von  Gellius  1.  c.  nicht 
richtig  erklärt  worden,  so  ist  doch  an  dem  Vorhandensein  der  Form 
nicht  zu  zweifeln.  Dies  hat  schon  Corssen  Krit.  Beitr.  S.  7  ausge- 
sprochen und  darum  auch  Georges  in  seinem  Wörterbuch  die  Form 
als  gleichberechtigt  neben  sequius  und  setius  hingestellt.  Mir  scheint 
sie  der  neutrale  oder  adverbiale  Komparativ  des  aus  sect-a  und 
sect-ari  zu  erschliefsenden  alten  participii  perf.  von  sequor  „sectus" 
zu  sein,  das  verloren  ging,  wohl  weil  es  mit  dem  Particip  von  seco 
gleich  lautete.*) 

Nun  lfifst  schon  sectus  ohne  Schwierigkeit  dieselbe  Bedeutung 
zu,  wie  sie  in  „secuns,  secus"  war,  zumal  da  bei  einem  Deponens 
das  part.  perf.  so  häufig  die  Bedeutung  des  part.  praes.  hat.  Aber 
auch  hier  fühlte  man  wohl,  wie  bei  secus,  das  Bedürfnis  den  kom- 
parativen Sinn  auch  durch  die  Form  mehr  zum  Ausdruck  zu  bringen 
und  schuf  darum  „sectius",  was  dann  „sectus"  vollständig  verdrängte. 
Wurde  aber  sectius  nicht  mehr  als  Partizip,  sondern  nur  als  Adverb 
empfunden,  so  konnte  es  auch  die  Umformung  in  „secütius"  nicht 
mehr  mitmachen. 

Zum  Schlüsse  bleibt  noch  setius  und  secius  zu  besprechen. 

Da  secius  nur  in  den  schlechtem  Handschriften  vorkommt, 
während  die  bessern  und  die  Inschriften  aller  Zeiten  nur  setius  zeigen 
vergl.  Corssen  Nachtr.  S.  47,  so  sind  wir  berechtigt  secius  für  eine 
falsche  Schreibung  anstatt  setius  anzusehen,  eine  Schreibung  die  sich 
um  so  leichter  einschleichen  konnte  in  einer  Zeit,  wo  die  Assibilation 
schon  durchgedrungen  war. 


*)  Gegen  CorssenR  Herleitung  Kr.  Nachträge  S.  47  und  Beitr.  S.  11 
von  einem  Stamme  saug,  von  dem  auch  segnis  herkomme,  bin  ich  aus  dem 
Grunde,  weil  es  mir  unglaublich  erscheint,  dafs  sectius  einem  andern 
Stamme  angehöre,  wie  secus.  Ich  leite  auch  segnis  von  dem  in  sequi 
liegenden  Stamme  „sec"  ab  und  übersetze  es  mit  „der  stets  hinten  Blei- 
bende, der  Säumige".  Für  den  Übergang  von  c  zu  g  berufe  ich  mich  auf 
Gustav  Meyer,  der  denselben  Gr.  Gr.  §  197  auf  die  Nachbarschaft  des  Nasals 
zurückführt,  und  ziehe  zum  Beweise  heran  paciscor,  pango,  pignus;  £axof 
und  ^ijyvvfii.  Noch  weniger  befriedigt  mich,  was  Vanicek  Wörterb.  der 
lat.  Spr.  S.  V  über  den  Ursprung  des  Wortes  bringt.  Nach  ihm  ist  die 
Urform  der  Komparativ  des  part.  praes.  von  sequi  nämlich  sequentius,  da- 
raus sei  sequetius,  secitius,  endlich  sectius  geworden. 


Miscellen.  605 

Was  nun  se~tius  selbst  anlangt,  so  erkläre  ich  mich  auch  hier 
»gen  jede  Ableitung  von  einem  andern  Stamme  als  dem  in  sequi 
Agenden  und  trete  Corssen  bei,  der  es  Nachtr.  S.  47  u.  Beitr.  S.  11 
is  sectius  entstanden  sein  läfst.  Fleckeisens  Herleitung  aus  secitius, 
nem  Komparativ  eines  aus  secus  nach  Analogie  von  penitus  ge- 
ldeten  Adverbs  secitns,  vergl.  Rh.  Museum  VIII  227  ist  mir  zu 
Instlich  und  Weihrichs  Herleitung  von  der  Adversativpartikel  „sedu 
ergl.  Philol.  XXX  634)  ist  mir  zu  weit  hergeholt. 

Natürlich  mufs  ich  danu  ebenso  wie  Corssen  annehmen,  dafs 
>r  Ausfall  eines  c  vor  t  nach  Vokalen  im  Latein  stattgefunden  hat, 
otzdem  die  ungeheure  Überzahl  der  Fülle,  wo  im  Latein  das  c  vor 
nach  Vokalen  sich  behauptet  hat,  so  in  „ductum,  lactis"  etc.  da- 
jgen  zu  sprechen  scheint.  „Vollständige  und  partielle  Assimilation 
t  eine  in  allen  Sprachen  wiederkehrende  Erscheinung11  vergl.  Paul 
rincipien  der  Sprachgeschichte  Kap.  III.  Und  so  liefse  sich  von 
esem  Gesichtspunkte  aus  gegen  einen  Übergang  von  sectius  in 
ittius  nichts  einwenden,  welche  letztere  Form  infolge  der  sog.  Er- 
.tzdehnung  dann  zu  setius  geworden  sein  könnte.*)  Denkt  man  sich 
jn  Vorgang  hierbei  umgekehrt,  wie  Stolz,  vgl.  Iw.  Müller  Hdb.  d. 
1.  Altertumsw.  Bd.  II  169  „über  Ersatzdehnung u  und  S.  1G8  über 
;og.  Konsonantendehnung41  in  solchen  Füllen  thut,  so  müfste  mit 
nwendung  auf  unsern  Fall  aus  sectius  gleich  setius  geworden  sein, 
ine  dafs  dann  die  Konsonantendehnung  settius  eingetreten  wäre, 
it  beiden  Auffassungen  läfst  sich  also  unsere  Etymologie  vereinen, 
ie  Antwort  auf  die  Frage,  warum  in  so  seltenen  Fällen  im  Latein  das 
vor  t  nach  Vokalen  sich  dem  t  assimilierte  oder  nach  seinem  Aus- 
11  eine  Verlängerung  des  vorhergehenden  Vokals  bewirkte,  können 
ir  uns  aus  Paul  Principien  der  Sprachgeschichte  Kap.  VI  betitelt: 
ieaction  gegen  die  Zerstörung  und  Verwirrung  der  Gruppen  durch 
;n  Lautwandel11  entnehmen.  Ein  duitum  oder  dCdnm  zu  schaffen 
»genüber  einem  duc-o,  duc-Bi,  duc-ere  verbot  die  Rücksicht  auf  deu 
lsammenhang  dieser  Formen  untereinander. '  Wo  aber  die  Analogie 
>m  Wegfall  von  c  vor  t  günstig  war  oder  wo  die  Rücksicht  auf 
idere  Formen  die  Beibehaltung  des  c  nicht  verlangte,  da  trat  nattir- 
;h  dieser  Ausfall  bezw.  diese  Assimilation  ein.  Vita  mufs  ohne 
rage  ein  aus  g  entstandenes  c  vor  dem  t  gehabt  haben.  Die  Ana- 
gie  mit  vivo  führte  auch  bei  vita  den  Ausfall  des  Konsonanten 
jrbei.  Der  Umstand,  dafs  die  Bedeutung  von  sectius  sich  immer 
ehr  von  der  in  sequi  liegenden  entfernte,  sowie  dafs  sectius  ein 
r  sich  allein  dastehendes  Adverb  war,  war  nicht  geeignet  hier  eine 
eaktion  gegen  den  Lautwandel  eintreten  zu  lassen.  Und  so  kam 
um  sectius  gegenüber  setius  allmählich  so  aufser  Gebrauch,  dafs 
ir  über  sein  ursprüngliches  Vorhandensein  erst  durch  Gellius  unter- 
en tet  werden  mufsten. 


*)  So  scheint  mir  beispielsweise  die  Partikel  „immou  ihrem  Ursprünge 
ich  nichts  weiter  zu  sein  als  der  Ablativ  des  Superlativs  Imus  Ursprüng- 
en wohl  immus. 


606  A.  Zimmermann  —  Adolf  Sonny. 

Mit  Recht  stützt  sich  Corssen  1.  c.  zum  Beweise  für  seine  An- 
sicht namentlich  auf  Eigennamen,  die  er  den  Inschriften  entnommen, 
z.  B.  Vitorius,  Vitoria,  Auta  u.  s.  w.;  denn  für  diese  lag  am  aller- 
wenigsten die  Notwendigkeit  vor,  das  c  vor  t  nach  Vokalen  zu  halten. 
Die  Inschriften  bieten  uns  bei  den  Eigennamen  nun  auch  die  Mög- 
lichkeit diesen  Übergang  von  et  zu  tt  bezw.  t  zu  beobachten.  Folgende 
Beispiele  aus  dem  IX.  Bande  der  Inschriften  mögen  zum  Beweise 
dienen.  Derselbe  Eigenname  lautet  in  nr.  3038  Vectius,  in  nr.  42 
Vettius,  in  nr.  597  Vetius  (ich  halte  hier  das  „e"  für  ein  langes  e); 
in  nr.  2533  steht  Aucta,  nr.  3992  Autta,  nr.  3252  Adauta;  in  nr. 
4264  Vectiedia,  nr.  3070  u.  3475  Vettiedia,  nr.  5137  Vetiedia.*) 
Eigentümlich  ist  es,  dafs  im  IX.  Bande  der  Inschriften  Vitorius  und 
Vitoria  als  nomina  stets  ohne  c  vorkommen,  vergl.  den  Index,  wah- 
rend nach  Ausweis  des  Index  als  cognomina  daneben  Victor,  Victoria, 
Victorina,  Victorinus  erscheinen.  Sollte  der  Umstand,  dafs  die  co- 
gnomina späte»  entstanden  sind  als  die  nomina,  hierbei  auch  mit  von 
Einflufs  gewesen  sein?  Denn  in  späterer  Zeit,  wo  das  Verbleiben 
des  c  vor  t  schon  zum  Gesetze  geworden  war,  zog  man  wohl  auch 
bei  Eigennamen  schon  et  dem  t  bezw.  tt  vor. 

Und  somit  dürfte  denn  Corssens  Ansicht,  wonach  setius  aas 
sectius  entstanden,  die  gröfste  Wahrscheinlichkeit  für  sich  haben. 

Nachträglich  will  ich  noch  bemerken,  dafs  ebenso  wie  seeundus 
auch  die  beiden  mit  ihm  rivalisiereuden  Participien  secus  und  sectus 
bezw.  setus  auch  als  cognomina  in  Anwendung  gekommen  zu  sein 
scheinen.  Wenigstens  steht  corp.  inscr.  Latt.  V  nr.  4884  „.  .  sibi  et 
Staico  Scci  f.  viro  et  Scco  .  ."  und  VIII  nr.  5004:  „.  .  Ingenus  Sdi 
filius  p.  .  ." 

Posen.  A.  Zimmermann. 

Iulicae,  Bartflaum. 

In  der  *fescennina  iocatio'  des  Hochzeitsgedichtes  von  Catull 
auf  Manlius  Torquatus  und  Vinia  Aurunculeia  wird  der  puer  deli- 
catus,  der  nunmehr  seine  Bolle  ausgespielt  hat,  u.  a.  mit  folgenden 
Worten  verspottet  (41,  136  sqq.): 

„sordebant  tibi  vilicae, 
coneubine,  hodie  atque  heri: 
nunc  tuum  cinerarius 
tondet  os.u 

Dafs  die  c  Frauen  der  Gutsverwalter'  nicht  in  den  Zusammenhang 
passen,  ist  auch  nach  dem  Erklärungsversuche  des  neuesten  Kommen- 
tators**) unzweifelhaft.    Der  Gegensatz,  in  welchem  die  Worte  *sor- 


*)  Hier  braucht  das  e  der  ersten  Silbe  nicht  lang  zu  sein;   denn  nur 

in  betonten  Silben  findet  nach  dem  Ausfall  des  Konsonanten  Verlängerung 

des  Vokals  statt;  cf.  Stolz  bei  Iw.  Müller  Hdb.  d.  £1.  Altertumsw.  11  169. 

**)  Baehrens  II  p.  812:    'qnando  cum   domino  tuo  ruri  versabaris,  de- 

aD]A]Ak*«  -nl*n  tuperbo  .  .  .  vilicaß  h.  e.  vilicorum  servis  rusticis  praeposi- 


Miscellen.  607 

• 
debant  tibi  vilicae'  zu  den  Worten  'tuum  cinerarius  tondet  os*  stehen, 

erfordert  statt  evilicae'  unbedingt  den  Begriff  *  sprossender  Bart': 
tgestern  und  heute  noch*)  warst  du  ein  puer,  'cum  tibi  vernarent 
dubia  lanugine  malae'  (Mart.  II  61,  l);  jetzt  wird  dir  (auf  Betreiben 
der  jungen  Frau  vgl.  Mart.  XI  78,  4  tondebit  pueros  iam  nova  nupta 
tuos)  dies  Kennzeichen  der  pueritia  (vgl.  Marquardt  Privataltertümer2 
p.  581)  genommen,  und  du  wirst  fortan  als  vir  (vgl.  Mart.  I  31,  8; 
IX  36,  II)  zu  gelten  haben.'  Dies  scheint  mir  die  einzig  mögliche 
Auffassung  der  vielumstrittenen  Stelle  zu  sein.  Von  richtigem  Ge- 
fühl geleitet  wollte  C.  de  Allio  statt  Vilicae'  Villuli*  schreiben.  — 
Doch  spricht  dagegen  nicbt  so  sehr  die  Unmöglichkeit,  die  Deminu- 
tivform anderweitig  zu  belegen,  als  vielmehr  der  Umstand,  dafs  villus 
=  Zottel,  sonst  nur  von  Tieren  gebraucht,  zur  Bezeichnung  des  zarten 
Bartflaumes  (und  auf  diesen  Begriff  kommt  hier  alles  an)  sich  mög- 
lichst schlecht  eignet.  —  Es  bedarf  gar  keiner  Konjektur,  sondern 
nur  der  Aufnahme  der  Lesart  unserer  besten  Hs.  Nach  Schwabe' 6 
Zeugnis  bietet  der  Oxoniensis  iulice:  'ex  litterarum  ductibus ,  dinosci 
non  potest  utrum  vilice  an  iulice  legendum  sit,  sed  apice  primae 
litterae  superposito  lectio  iulice  confinnatur/  —  Iulicae  entspricht 
offenbar  einem  griechischen  lovkixaC  (sc.  TQt%sg)  von  tovkog,  Flaum  uud 
gehört  zu  den  Reminiscenzen  aus  der  griechischen  Litteratur,  welche 
sich  in  diesem  Gedicht  mehrfach  finden.  Freilich  kann  ich  ein 
griechisches  lovkixoi  ebensowenig  nachweisen,  als  ein  latein.  iulicae 
an  anderer  Stelle.  Doch  thut  das,  denke  ich,  nicht  viel  zur  Sache. 
Ein  griechisches  avxUu  (sc.  t(>l%£g)  hat  sich  ebensowenig  erhalten, 
und  doch  finden  wir  antiae  bei  Apui.  flor.  1  n.  3;  Tert.  de  pall.  4; 
Paul,  ex  Festo  p.  17,  5  Müll.;  Cbaris.  I  p.  20**). 

Mit  dem  Ausdruck  'sordebant'  vergleiche  man  die  in  den  Ca- 
tullkommentaren  angeführte  Stelle  des  Mart.  I  31,  5:  cdum  nulla 
teneri  sordent  lanugine  vultus'. 

Kiew.  Adolf  Sonny. 

Firmicus  Maternus. 

Mit  Recht  klagt  man  darüber,  dafs  seit  1551  keine  Ausgabe 
des  kulturhistorisch  so  interessanten  Astrologen  erschienen  sei;  bei 
weitem  schlimmer   ist   es   aber,   dafs   die   gewöhnlich  benutzten  Aus- 


torum  .  .  .  uxores,  quarum  certa  erat  in  administratione  villae  pars  .  .  .  . 
quarumque  uni  iam  servibit  fastidiosus  ille  concubinus  ex  familia  urbana  re- 
1egatu8  in  rusticam  et  huic  vel  tili  Manlii  praedio  adscriptm* ,  und  weiter: 
nunc  tu  iam  non  glabrorum  pulcrorum  unus  es,  sed  inter  barbatos  receptus 
contra  sordebis  vilicabus,  quae  servienti  tibi  superbiae  tuae  vicem  reddent. 
Das  heiföt  iu  die  Worte  des  Dichters  mehr  hineinlegen,  als  in  ihnen  ent- 
halten sein  kann!  —  Aufserdem  sieht  sich  B.  durch  seine  Erklärung  ge- 
nötigt, das  durchaus  unverdächtige  fhodie'  durch  Konjektur  zu  entfernen.  — 
*)  Die  Erklärung  von  Riese  fseit  kurzer  Zeit'  ist  sprachlich  unmög- 
lich und  pafst  nicht  in  den  Zusammenhang.  — 

**)   Den   Nachweis    dieser  Parallele    verdanke    ich   meinem   Freunde 
J.  M.  Stowasser  in  Wien. 


608  Karl  Sittl. 

gaben  einen  interpolierten  und  retouchierten  Text  enthalten,  während 
die  editio  princeps,  welche  ihre  handschriftliche  Vorlage,  so  viel  mir 
scheint,  getreu  wiedergiebt,  zu  den  gröfsten  Seltenheiten  gehört.  Es 
ist  der  im  J.  1497  in  Venedig  erschienene  Druck  des  Simon  Bivi- 
lacqua.  den  indessen  Aldus  Manutius  in  der  Vorrede  zu  seinen  Astro- 
nomici  veteres  (Ven.  1499)  in  das  schlechteste  Licht  setzte,  indem 
er  mit  Bezug  auf  Firmicus  die  gehässigen  Worte  schrieb:  qui  vaga- 
batur  prius  valdeque  depravatus  erat  ac  mutilus  et  fere  dimidius. 

Also  fere  dimidius  war  dessen  Firmicus?  Allerdings,  weil 
Aldus  ein  dickes  Papier  wählte  und  splendider  druckte,  weil  sein 
Herausgeber  sich  kein  Gewissen  daraus  machte  nicht  blofs  Worte  und 
Wortgruppen,  sondern  ganze  Sätze  zu  interpolieren,  wovon  man  einige 
Proben  findet  bei  Chr.  Kelber,  Zu  F.  M.  dem  Astrologen,  Erlang. 
Progr.  1881. 

Mutilus  V  Ja,  aber  deshalb,  weil  es  überhaupt  keine  vollständige 
Handschrift  giebt;  der  Hauptzuwachs  der  Aldina  besteht  indessen  nur 
aus  Kap.  27 — 30  des  6.  Buches,  und  auch  diese  rühren,  wie  später 
nachzuweisen  sein  wird,  so  wenig  von  F.  M.  her  als  die  Ergänzungen 
Lessings. 

Wie  steht  es  endlich  um  die  Berechtigung  des  Schmähwortes 
depravatus?  An  einigen  Stellen  verdient  der  Text  der  Aldina  aller- 
dings den  Vorzug.  Allein  die  Handschriftenkollationen  reichen  bereits 
jetzt  hin,  um  zu  zeigen,  dafs,  während  die  editio  princeps  augen- 
scheinlich mit  wenigen  Änderungen  aus  einer  Handschrift  abgedruckt 
ist,  Aldus-Niger  den  Stil  des  Firmicus  durchgängig  „verbessert44,  d.  h. 
dem  Geschmacke  der  Humanisten  mehr  angepafst  hat.  Weder  die 
langjährige  Richte rthätigkeit  noch  die  Astrologie  konnten  Firmicus 
in  rhetorischer  Hinsicht  schulen.  Besonders  war  sein  Satzbau  oft 
von  ermüdender  Einförmigkeit;  z.  B.  liebte  der  Astrolog  sed  et  zur 
blofsen  nicht  gegensätzlichen  Anreihung.  Dies  ist  in  der  Aldina  ver- 
wischt, in  welcher  oft  vero,  autem,  auch  sed  dafür  eintreten.  Der  Un- 
bestimmtheit des  Ausdrucks  wird  durch  Einsetzung  von  scilicet,  tan  tum, 
licet,  igitur  u.  dgl.  nachgeholfen.  Somit  kann  man  über  Firmicus' 
Partikeln  keine  Angaben,  zumal  keine  statistischen  machen,  daraus 
auch  nicht  auf  die  Identität  oder  Nichtidentität  mit  F.  M.  de  errore 
profanarum  religionum  schliefsen,  bevor  eine  neue  Ausgabe  den  wahren 
Sprachgebrauch  klar  stellt.  Schon  jetzt  kann  man  aber  soviel  sagen, 
dafs  in  unseren  Wörterbüchern  oft  Interpolationen  der  Aldina  figurieren, 
z.  B.  hat  influxus,  us  I  1.  5  aus  den  Lexicis  zu  weichen,  ebenso 
artocopus  V1H  20  xvm  (bei  Juvenal  zweifelhaft);  convinxit  I  3, 
woraus  man  convincio  erschliefsen  müfste,  ist  für  coniunxit  ver- 
lesen; die  von  Dressel  ausgehobene  Phrase  lucubratio  virtutum 
ist  aldinisch;  das  merkwürdige  pares  vices  reddere  „mit  Gleichem 
vergelten'4  fällt  mit  VI  29;  das  seltene  inexaminatus  verliert  das 
Zeugnis  I  2,  ebenso  nocumentum  VI  27,  pedico  VI  30,  versificator 
VI  29.  Cerriti  VIII  20  xxiii  ist  nicht,  wie  Georges  nach  der 
Aldina  (cerritosque)  angiebt,  Substantiv;  der  Monacensis  liest:  traguedi 
cinedi  ceruces,  ed.  pr.  tragoedi  comoedi  trüge s.     Lacunarii  VIII 


Miscellen.  609 

21  ix  entspricht  lacnrarii  (latnr.V)  im  Mon.,  latuarii  in  der  ed.  pr. 
d.  h.  lacu-arii.  Das  wunderliche:  lanarium  structorem  sive 
lanarum  textorem  VIII  19  xxvn  erweist  sich  als  Konjektur  für 
strictarius  (ed.  pr.)  und  dieses  ist,  wie  Monac.  zeigt,  aus  siricarius 
entstellt;  der  Weber  aber  heilst  einfach  textor,  denn  lanarum  ist 
interpoliert  oder  aus  einem  dritten  Titel  geändert;  Monac.  fügt  näm- 
lich bei:  laniatarius  (lanifricariusV).  Dresseis  schöne  Beobachtung 
(S.  8)  über  qu  ig  quam  läfst  sich  jetzt  abrunden;  das  eine  der,  zwei 
Beispiele  (VI  12)  steht  in  einer  kleinen  Interpolation.  Das  andere 
folgt  der  Klassikerregel,  denn  I  1  lautet  die  erst  in  der  Aldina  durch 
Interpolation  von  si  entstellte  Überlieferung:  Cuiusquam  sine  prae- 
sidio  dei.  Quispiam  ist  ebenfalls  aldinisch;  die  ed.  pr.  hat  III  4 
vi  und  V  praef.   das    unkorrekte  cujus  dam  statt  cuiuspiam. 

Glücklicherweise  besafsen  Niger  und  Aldus  nicht  die  deutsche 
Stetigkeit,  sonst  wäre  bei  Firmicus  nichts  Unklassisches  stehen  ge- 
blieben. Sie  haben  ohnehin  genug  geändert,  z.  B.  bekämpft  Aldus 
das  vulgäre  iste  (z.  B.  setzt  er  V  praef.  ejusdem),  alius  =  alter 
im  Gegensatz  zu  unus  (VI  31  §  16.  VII  praef.),  de  =  ex  (exeunt 
de  aqua  III  15  ix  a.  E.),  itaque  als  anreihende  Partikel  IV  19  (durch 
deinde  ersetzt!).  Sphalangio  (ed.  pr.)  oder  spalangio  (M)  mufs 
VIII  19  xvin  dem  klassischen  phalangium  (Georges  belegt  auch 
phalangio)  weichen. 

Die  Pleonasmen  kann  der  Humanist  nicht  ausrotten,  doch  be- 
schneidet er  im  Vorübergehen  einige  vordringliche  Schöfslinge,  z.  B. 
I  2  p.  9,  13  oportet  et  necesse  est  (A  necesse  est),  etiam  et  III  4 
vi.  VII  praef.  u.  ö.  (A  etiam),  sempiternam  substantiam  divinae  per- 
petuitatis  VII  praef.  (s.  s.),  sollertiae  sagaci  investigatione  IV  19  (A 
solerti  investigatione),  omnia  super  omnia  V  praef.  (A  omnia),  im- 
moto  fundamentorum  robore  roborasti  V  praef.  (A  hält  für  schöner: 
solio  roborasti).  Allerlei  Seltenheiten  wie  avarities  I  1  (A  avari- 
tia)   seien  dem  Index   einer  neuen  Ausgabe  nicht   vorweggenommen. 

Ich  will  mit  zwei  Bemerkungen  schliefsen:  VIII  28  xvi  fängt  der 
Setzer  der  Aldina  —  dem  Herausgeber  kann  man  den  Unsinn  kaum 
zutrauen  —  einen  neuen  Satz  an:  In  conjunctione  Spinae  et  colli  etc. 
qui  nati  fuerint;  die  ersten  fünf  Worte  haben  sich  aus  dem  vorher- 
gehenden Paragraphen  hieher  verirrt,  welcher  nach  M.  und  ed.  pr. 
schliefst:  erit  gibberosus  in  conjunctione  Spinae  et  colli.  Wir  sehen 
daraus  1.  dafs  gibberosus  für  sich  allein  nicht  blofs  auf  den  Bücken 
ging,  2.  wie  umständlich  der  Römer  damals  den  Begriff  „Genick14 
ausdrücken  mufste.  Aus  der  Vulgata  VIII  21  xv  homines  faciet 
balneatores,  mediastrinos  et  ministros  mufste  man  von  mediastrinus 
eine  falsche  Vorstellung  erhalten,  aber  im  M.  (ed.  pr.  vertauscht  die 
zwei  ersten  Worte)  steht  einfach:  balneatores  sunt  mediastrini,  so 
dafs  das  Wort  als  Adjektiv  dient. 

Lessing  hatte,  weil  der  Titel  der  ersten  Ausgabe  nur  sieben 
Bücher  ankündigt,  daraus  die  Un Vollständigkeit  geschlossen.  Der 
Herausgeber  bezeichnet  nämlich  das  erste  Buch  als  prooemium*);  denn 

*)  Er  hat  demgemäfs   die  Zahlenangaben   am  Ende  des  III.  V.  und 


610  Karl  Sittl.  —  Paulus  Geyer. 

Firmicus  hatte  in  der  That  nach  den  Schlufsworten  das  eigentliche 
Werk  in  die  Planetenzahl  zerlegt  Man  hätte  schon  daraus  ersehen 
können,  dafs  er  die  acht  Bücher  nicht  in  zwei  Hälften  teilen  konnte, 
wie  ihn  die  Aldina  am  Ende  von  IV.  thun  läfst.  Grandlos  war  die 
dortige  Interpolation  allerdings  nicht.  Während  nämlich  die  ed.  pr. 
das  Buch  mit  transferatur  schliefst,  bringt  M.  vor  V.  die  Inhalts- 
angaben, aber  ohne  die  Interpolation  „igitur'1  und  den  vorhergehenden 
Satz  Sed  quia  —  enumerabimus;  d.  h.  es  gab  eine  zweibändige  Aus- 
gabe des  Firmicus,  von  welcher  die  den  zweiten  Band  eröffnenden 
Inhaltsangaben  geblieben  sind.  Firmicus  selbst  hat  sein  Werk  noch 
in  acht  einzelne  Rollen  abgeteilt,  weshalb  jede  eine  eigene  Vorrede 
mit  Ansprache  bekam;  aufserdem  sagt  er  am  Ende  von  V.  hoc  ex 
plicato  libro,  was  in  A.  zu  expedito  geändert  ist,  wie  in  der  eben 
erwähnten  Interpolation  expedita  parte  steht. 

Die  Abfassungszeit  eines  so  interessanten  Buches  möchte  man 
gerne  genau  wissen.  Eine  genauere  Untersuchung  mir  vorbehaltend, 
weise  ich  darauf  bin,  dafs  man  ganz  mit  Unrecht  behauptet,  das 
Werk  sei  354  herausgegeben,  weil  Lollianus  als  consul  designatus 
bezeichnet  werde.  Aber  man  übersieht,  dafs  letzteres  in  dem  ersten 
Buche  steht,  das  Constantin  als  lebend  voraussetzt,  dafs  ferner 
zwischen  dem  Erscheinen  des  ersten  und  zweiten  Buches  Lollianus 
vom  Proconsul  zum  Praefectus  urbis  (II  32)  aufstieg,  während 
von  einem  Konsulat  keine  Rede  ist.  Das  Rätsel  löst  sich  sehr  ein- 
fach. Firmicus  gab  sein  Buch  nicht  in  den  Buchhandel,  sondern 
sandte  es  an  Lollianus  allein,  damit  dieser  es,  wie  der  Schlufs  be- 
sagt, seinen  Kindern  und  vertrautesten  Freunden  mitteile.  Das  Gebet 
für  den  Kaiser  beugt  nur  den  Folgen  eines  Vertrauensmifsbrauches 
vor.  Warum  sollte  nun  der  prophetische  Astrolog  seinem  Gönner 
nicht  die  Freude  machen,  vorherzusagen,  dafs  das  Konsulat  ihm  ge- 
wifs  sei?*) 

Diese  Bemerkungen  mit  Kelbers  und  Bonnets  Mitteilungen  zu- 
sammengehalten, scheint  der  Plan  einer  neuen  Ausgabe  bereits  ent- 
worfen werden  zu  können.  Die  Handschriften  aus  dem  Ende  des 
15.  und  Anfang  des  16.  Jahrhunderts  (in  München  Nr.  49,  Nürnberg, 
Wien  Nr.  3195,  Neapel  V  A  17,  Lincoln  College  in  Oxford  Nr.  114, 
ferner  die  Vorlage  der  editio  princeps,  sodann  Excerpte  im  codex 
Monac.  954  fol.  26 — 28,  welche  nach  der  Schrift  von  Schedels  Freund 
Hieronymus  Vallensis,  der  den  folgenden  Brief  aus  Ancona  1461  an 
ihn  schrieb,  herrühren)  enthalten  eiuen  von  den  Humanisten  lesbar 
gemachten,  oft  auch  ergänzten  Text,  welcher  nur  in  Notfällen  heran- 


VI.  Buches    geändert;    ebenso  setzte  er  (aus  VIII  6)  in  den  Titel    von  IL 
IV.  VI.  VII.  eine  Inhaltsandeutung  ein. 

*)  VIII  15  p.  221  sagt  allerdings  A.  von  Lollianus:  Ordinarii  con- 
sulatus  insignia  consecutus  est,  aber  die  ed.  pr.  nennt  Tullianus,  und,  was 
wichtiger  ist,  im  M.  fehlt  fol.  123 r  die  ganze  Stelle  von  Tales  —  con- 
secutus est.  Wie  kann  denn  auch  Firmicus  seinen  neuplatonischen  Ge- 
sinnungsgenossen (VII  praef.)  zu  den  Stoikern  rechnen  und  von  ihm,  dem 
Adressaten,  in  der  dritten  Person  reden? 


Miscellen.  611 

gezogen  werden  darf.  Für  die  Klassifikation  werden  die  Lücken 
dienlich  sein.*)  Die  älteren  Handschriften  scheinen  dem  11.(10.?) 
— 13.  Jahrhundert  anzugehören,  womit  die  älteste  Erwähnung  des 
Firmicus  übereinstimmt;  sie  steht  hei  dem  um  1100  schreibenden 
Honorius  von  Autun  (de  philosophia  mundi  11  5).  Eine  vollständige 
Handschrift  scheint  der  Monacensis  Nr.  560  mit  einer  Handschrift 
von  Montecassino,  welche  Poggio  (epist.  III  37.  IV  2.  4  ed.  Tonellis 
p.  284.  295.  303)  erwähnt,  zu  bilden.  In  Frankreich  besafs  man 
nur  den  ersten  Teil  jener  zweibändigen  Ausgabe,  welcher  noch  in 
vier  mehr  oder  weniger  verstümmelten  resp.  ergänzten  Abschriften 
(Montepess.  180,  Paris.  17867.  7311.  7312)  erhalten  ist.  Einen 
alten  ausgezeichneten  Codex,  welcher  sogar  stich ometrische  An- 
gaben hatte  (Secundus  liber  habet  versus  MDCCCXXV),  benützte 
Hartmann  Schedel,  welcher  daraus  auf  einigen  Blättern  vor  Cod. 
Monac.  560  einige  wenige  Excerpte  mitteilte.**)  Dazu  kommen  noch 
einige  andere  erst  aufzusuchende  Codices,  vor  allem  der  von  Frau- 
ciscus  Niger  aus  der  „extremaScytharum  fexu  mitgebrachte.***)  Ferner 
berichtet  auf  einem  Notizenblatt,  welches  in  cod.  Monac.  49  zwischen 
fol.  98  und  99  eingeheftet  Ut,  ein  Italiener  in  einem  Latein,  das  auf 
einen  Mediziner  hinweist,  über  eine  Pergamenthandschrift,  welche  ein 
verbannter  florentinischer  Edelmann,  Ser  Zuan  Barbador  in  Bologna 
(Contrada  S.  Stephani)  besafs  und  aus  welcher  er  Auszüge  ange- 
fertigt hatte,  welche  Ludovico  de  Paucro  in  Bologna  ihm  nicht  mehr 
zurückgab,  f)  Derselbe  stöberte  in  Brescia  bei  dem  Arzte  Baptist« 
Ascola  eine  andere  Handschrift  auf.  Über  die  Kollation,  welche  in 
die  Wolfenbüttier  Aldina  eingetragen  ist,  hoffe  ich  später  Mitteilungen 
machen  zu  können.  Aufserdem  fehlt  es  nicht  an  Excerpten,  Citaten 
u.  dgl.  (z.  B.  Codex  Bernensis  189  Nr.  29);  auch  sind  die  griechischen 
Quellen  allem  Anscheine  nach  nicht  verloren,  sondern  nur  ungedruckt 
und  verschollen. 

München.  Karl  Sittl. 

Zur  Peregrinatio  ad  loca  sancta. 

Durch  einen  Aufsatz  des  Hsgb.  ist   bereits  die  Aufmerksamkeit 
der  Leser  dieses  Archivs  auf  die  von  Gamurrini  zuerst  herausgegebene 


*)  Z.  B.  fehlt  in  cod.  Mon.  49  fol.  93  111  16  v  —  nc,  was  durch  Leer- 
laesung  des  Blattrestes  kundgemacht  ist. 

**)  Ich  hebe  aus  der  Schlufsepistel  einige  interessante  Varianten  her- 
vor: convinctus  statt  conventus,  istis  libris  (wie  Mon.  49  und  ed.  pr.)  statt 
hi8,  edictionibus  statt  editionibus,  pervigila  cura  statt  pervigili. 

***)  Der  Streit,  ob  damit  Konstantinopel  oder  Nürnberg  gemeint  sei, 
erledigt  sich  sehr  einfach  durch  Tiraboschis  Mitteilung  (storia  della  lette- 
ratura  Italiana,  Bd.  VIII  der  Ausgabe  von  Modena  S.  93),  dafs  der  Raven- 
nate  Francesco  Negri  Skandinavien  und  Finnland  bereiste,  wie  dies  vor 
ihm  Enoch  im  Auftrage  von  Papst  Nikolaus  V.  gethan  hatte  (6.  Voigt,  die 
Wiederbelebung  des  klassischen  Alterthums  Bd.  11*  S.  201  f.). 

f)  Seine  eigenen  Notizen  auf  dem  Blatte,  sowie  auf  einem  ähnlichen 
zwischen  fol.  102  und  108  sind  kaum  nennenswert. 


612  Paulus  Geyer. 

Peregrinatio  gelenkt  worden.  Die  Annahme  desselben,  dafs  die  Ver- 
fasserin aus  dem  südlichen  Frankreich  stamme,  stützt  sich  bekannt- 
lich auf  die  eine  Stelle  S.  63,  16,  wo  sie  den  Euphrat  mit  dem  Rho- 
danus  vergleicht.  Es  fragt  sich  nun:  bestätigt  auch  die  Sprache  der- 
selben diese  Voraussetzung V  Das  IV  263  ausgesprochene  Bedenken 
wegen  sera  =  vesper,  was  auf  Italien  als  Heimat  der  Verfasserin 
hindeuten  könnte,  fällt  weg,  da  nach  gütiger  Mitteilung  Suchiers  La 
sera  auch  provencalisch  ist.  Auf  iuxta  S.  265,  prov.  iosta  (auch 
S.  39,  24  steht  im  Codex  iuxta,  nicht  iusta),  dürfte  deshalb  weniger 
Gewicht  zu  legen  sein,  weil  dieser  Gebrauch  von  iuxta  auf  Kosten 
von  secundum  überhaupt  im  Spätlatein  sehr  um  sich  greift.  Ac  sie 
=  prov.  aissi  und  adtunc  (=  afr.  adunc),  der  Gebrauch  von  cata, 
entsprechend  dem  afr.  che'un  (prov.  cad'un),  ipse  als  Artikel  (nach 
Suchier  nicht  nur  sardisch,  sondern  auch  prov.  und  katal.)  ist  be- 
reits vom  Hsgb.  hervorgehoben  worden. 

Vielleicht  dürfte  für  Frankreich  auch  der  Gebrauch  des  Adjektivs 
consuetudinarius  =  fr.  coutumier  (costumier  Roman  d'Alixandre) 
in  die  Wagschale  fallen:  S.  100,  33  de  pullo  primo  usque  ad  mane 
consuetudinana  aguntur;  101,  16  quae  consuetudinaria  sunt,  ebenso 
101,  18  und  104,  9.  Soweit  meine  Erfahrung  reicht,  wird  dies  nur 
im  Französischen  erhaltene  Adjektiv  vorzugsweise  von  gallischen 
Schriftstellern  verwendet,  z.  B.  Sulp.  Severus  Dial.  I  14,  2;  Bacbiar. 
fid.  7;  Caesarius  (Pseud.  Aug.)  s.  294,  7;  Salvian  de  gub.  Dei  III 
9,  49;  IV  9,  40;  VI  10,  56  und  11,  62;  Sidon.  ep.  7,  11;  Virgilius 
Maro  ed.  Mai  p.  54;  p.  62  (bis);  consuetudinarie  p.  48;  consuetudi- 
nare  p.  82.  Pardessus  501  a.  706.  Roziere  648,  691,  703;  Form. 
Marculfi  bei  Muratori  Ant.  It.  II  p.  54.  Charta  Ludovici  seeundi 
Mur.  II  p.  119  a.  870.  Aufserdem  ist  mir  nur  bekannt  Ps.  Sen.  de 
moribus  §  122;  Cassiod.  Variae  IX  10;  XII  2;  Theod.  Prise.  IV  317b. 

Dafs  zweimal  ad  für  in  auf  die  Frage  wohin?  einem  Länder- 
namen vorgesetzt  ist,  63,  3  ut  inde  ad  Mesopotamiam  irem  und  63,  6 
profeeta  sum  de  Antiochia  ad  Mesopotamiam  —  eiu  in  kommt  in 
diesem  Sinne  in  der  Schrift  nicht  vor  —  würde  nach  Diez,  Gramm/1 
877  ff.  vortrefflich  für  den  Südwesten  Frankreichs  passen  (vgl.  meine 
Zusammenstellung  über  diesen  Sprachgebrauch  im  Arch.  IV  331)  und 
mit  der  Redeweise  Prospers  von  Aquitanien  übereinstimmen.*) 

Zu  sprachlichen  Untersuchungen  bedarf  man  Übrigens  einer  ge- 
sicherteren Textesgrundlage  als  die  Ausgabe  Gamurrinis  bietet.  Dafs 
in  der  Wiedergabe  von  ininutiae  (wie  z.  B.  ob  im  Codex  e  oder  ae, 
nihil  oder  nichil,  mihi  oder  michi  steht,  in  der  Auflösung  von  Ab- 
kürzungen wie  p  in  Compositis,  das  in  der  Ausgabe  bald  durch 
pre,    bald    durch    prao    wiedergegeben  ist,    oder   er    in   der  3.  Plur. 


*)  Sollte  nicht  auch  die  dem  Italienischen  fremde  Abschwachung  der 
Endung  unt  in  der  3.  Plur.  3  Konj.,  die  unmöglich  vom  italienischen  Kopi- 
sten herrühren  kann,  und  die  sich  auch  im  Cod.  Paris.  4808  der  Schrill  de 
situ  terrae  s.  secundum  Theodosium  (Revue  arche'ol.  1864,  S.  108  ff.)  häufig 
findet,  auf  Frankreich  hindeuten?  Z.  B.  dicent  49,  7;  vadent  49,  11;  82,  12; 
104,  5;  tollent  49,  11;  descendent  76,  9  und  77,  7  u.  s.  w. 


Miscellen.  613 

Perf.,  das  zwar  meistens  in  erunt,  einigemale  aber  in  ere  aufgelöst 
ist)  die  Konsequenz  fehlt,  hätte  weniger  zu  bedeuten;  dagegen  ist 
sehr  unangenehm,  dafs  sehr  oft  in  der  Handschrift  etwas  ganz  an- 
deres steht  als  im  gedruckten  Text.  Ich  will  von  den  zahlreichen 
Auslassungen  einzelner  Wörter  absehen  und  nur  auf  drei  Stellen  hin- 
weisen, wo  halbe  Sätze  im  Druck  ausgefallen  sind;  so  steht  S.  52,  3 
nach  parent  in  der  Handschrift:  Campus  enim  ipse  est  infinitus  subter 
montes  Arabiae  super  Iordanem;  S,  87,  5  nach  ad  Anastasem:  Inde 
sie  venitur,  ut  cum  intratur  in  A(na)stase;  S.  102,  23  nach  Domini: 
Legitur  et  denuo  de  actus  apostolorum,  ubi  dicit  de  ascensu  Domini. 

In  der  Anzeige  (IV  338)  wird  die  konservative  Haltung  Ga- 
rn urrinis  in  der  Textkritik  betont.  Dieselbe  scheint  doch  manchmal 
gar  zu  weit  getrieben;  wenn  z.  B.  S.  58,  6  steht:  Haec  est  civitas 
regia  Melchis,  et  haec  quae  dieta  est  ante  Salem  und  10  appellatur 
greco  sermone  opu  Melchis.  Et  haec  nam  hie  est  locus,  ubi  optulit 
Melchisedech  hostias  u.  s.  w.,  so  gehört  doch  kein  Argusauge  dazu, 
um  aus  dem  rätselhaften  Namen  Melchis  und  dem  darauffolgenden 
sinnstörenden  et  haec  den  biblischen  Namen  Melchisedech  herauszu- 
finden, zumal  da  derselbe  auf  S.  58  noch  Z.  24  und  28  und  8.  59,  6 
ganz  richtig  ausgeschrieben  ist.  Ein  anderer,  jedem  Bibelkenner  auf- 
fallender Irrtum  S.  84,  20  Anna  prophetissa  filia  Samuhel  fällt  nicht 
dem  abschreibenden  Mönch,  sondern  dem  Herausgeber  zur  Last,  da 
in  der  Handschrift  richtig  Fan  übel  steht.  S.  52,  11  ff.  ubi  benedixit 
s.  Moyses  homo  de  filio  Israel  ist  nach  S.  68,  19  episcopum  vere 
sanetum  et  hominem  Dei  leicht  zu  emendieren:  homo  Dei  filios. 
S.  67,  15  cuius  archiotipa  vides  iuxta  parte  posita,  ist  zu  schreiben 
pariete.  S.  80,  12  wird  sich  jedermann  fragen,  warum  denn  auf  ein- 
mal vom  Bischof,  und  warum  nur  an  dieser  Steile  so  respektsvoll 
gesprochen  werde:  Et  leget  resurrectionem  domnus  episcopus  ipse. 
Natürlich  ist  die  Abkürzung  für  dominus  aufzulösen  in  Domini,  wie 
z.  B.  S.  85,  9  steht  locum  resurrectionis  Domini,  ebenso  103,  29. 
S.  103,  12  steckt  in  similiter  fiet  ad  crucem:  Similiter  fit  et  ad  crucem. 

Die  eigenen  Emendationsversuche  G.'s  sind,  weil  sie  Sprach- 
gebrauch und  handschriftliche  Überlieferung  zu  wenig  berücksichtigen, 
öfters  unglücklich,  z.  B.  S.  78,  1  u.  2.  Et  ad  (finem)  ubi  perdueti 
fuerint  (sc.  ymni).  Es  ist  nichts  zu  ergänzen,  sondern  wir  haben  die 
vom  Hsgb.  dieses  Archivs  S.  269  besprochene  Konjunktion  at  ubi 
vor  uns  (perdueti  =  zu  Ende  geführt),  deren  Erklärung  aus  at  und 
ubi  ich  übrigens  nicht  beipflichten  kann.  Das  dort  für  8.  78  anstatt 
ut  ubi  geforderte  at  ubi  steht  wirklich  in  der  Handschrift,  aufserdem 
steht  noch  81,  7  at  ubi  autem  missa  facta  fuerit;  89,  7  at  ubi  autem 
ceperit  se  raane  facere;  97,  4  at  ubi  autem  sexta  hora  se  fecerit. 
Daraufhin  wage  ich  S.  92,  24  at  autem  ubi  illa  perlegerit  zu  ändern 
in:  at  ubi  autem.  Wie  soll  man  S.  93,  2  qui  locus  at  ubi  lectus 
fuerit  sich  die  Konjunktion  at  erklären  können?  Da  S.  92,  17  dafür 
steht  q.  1.  ad  quod  lectus  f.,  so  glaube  ich,  dafs  in  dem  at  überall, 
wenn  auch  schon  vom  Abschreiber  verkannt,  die  Präpos.  ad  steckt: 
Ad   ubi  würde  sich   an   ad   plenum,    ad   tunc,   ad   subito  würdig  an- 


614  PauluR  Geyer  —  J.  N.  Ott. 

reihen,  ist  jedenfalls  nicht  auffallender  als  inibi  (auch  in  unserer 
Peregrinatio  gebraucht),  abunde  de  situ  terrae  s.  secundum  Theo- 
dosium  und  at?inde  ebendaselbst.  Beispiele  für  den  temporalen 
Gebrauch  von  ad  auf  die  Frage  wo?  finden  sich  in  genügender  An- 
zahl, z.  B.  S.  86,  7;  88,  6;  97,  7  (ad  tertia  et  ad  sexta,  während 
Zeile  4  steht  in  ea  hora)  u.  s.  w. 

78,  16   ymnus   dicitur,   episcopus  —  vadet  hat  die  Handschrift 

v 

yms  dicit2  eps,  was  natürlich  heifst  ducitur  episcopus,  vor  ymnis  ist 

cum    einzusetzen,    so    dafs    wir    dieselbe   Phrase    haben    wie   80,  16; 

81,  9;  87,  4  n.  11;  91,  18;  92,  11.  u.  30;   100,  3  (wo  episcopum  im 

Druck  ausgefallen  ist);  102,  1;  103,  13;  106,  16. 

Seite  62,  22  ist  die  Ergänzung  von  servatur  ganz  überflüssig, 
da  auf  der  nächsten  Zeile  nicht  ubi  et,  sondern  ubi  est  überliefert 
ist,  sodafs  nur  statt  quoque  epistola  *quae  epistola'  zu  schreiben  ist 
Ebenso  müfsig  ist  das  von  G.  8.  74,  2  eingesetzte  pervenissem,  da 
die  Handschrift  ganz  korrekt  überliefert:  Ibi  autem  ad  s.  Ecclesiam 
nichil  aliud  est  nisi  monasteria. 

So  wird  sich  denn  auch  in  dem  Aufsatz  des  Hsgb.  dieser  Zeit- 
schrift manches  anders  gestalten:  Auf  fietur  (cod.  fieri)  und  perventus 
(cod.  perventum)  fuerit,  auf  ivens  (cod.  hiens)  S.  261,  auf  iter  (cod. 
intus)  —  plures  sunt  8.  264,  auf  das  doppelte  quam,  ponitur  in 
mensa  quam  (cod.  tarn)  lignum  crucis  quam  titulus  verzichten  wir 
gerne,  da  die  Hdschr.  uns  diese  schönen  Formen  und  Ausdrücke  er- 
spart. Erfreulicher  ist,  dafs  dafür  einige  andere  Erscheinungen  zn 
ausnahmslosen  Regeln  werden.  Das  8.  264  für  qnod  plura  geforderte 
quid  plura  steht  im  Codex,  die  scheinbare  Ausnahme  von  der  Regel 
S.  260  ymnus  statt  hymnus  S.  92,  7,  ostia  für  hostia  S.  81,  10 
kommen  in  Wegfall;  ebenso  steht  86,2  und  88,7  hora,  58,11  hostias 
in  der  Hdschrift.  Das  Adverbium  totum  (8.  270)  findet  sich  auch 
94,  20  totum  (G.  totam)  per  mediam  vallem,  im  It.  Burdig.  Z.  407 
und  409  ed.  Detlefsen  steht  dafür  in  totum. 

Ibi  habet  =  il  y  a  (S.  271)  findet  sich  auch  im  cod.  Paris.  4808 
der  Schrift  de  situ  terrae  s.  secundum  Theodosium,  S.  111,  Z.  6 
(Revue  arch.  1864)  ibi  habet  dactalum  Nicolauni  maiorem.  In  der 
närnl.  Schrift,  S.  82  der  Itinera  Hierosolymitana  ed.  Tobler  et  Moli- 
nier,  De  Hiericho  usque  ad  fontem  Helisei  habet  milia  IL  8.  88  steht 
XXX  miliaria  habet  (Susa)  de  Babilonia,  während  Paris.  4808  hat: 
XXX  de  Babyllonia  ibi  sunt. 

Mox  =  simulatque  79,  16  (S.  274)  ist  gesichert  durch  87,  28 
mox  communicaverint  u.  105,  14  mox  missa  facta  fuerit  de  Anastase 
matutina.  In  den  Kxcerpta  ex  Physiologo  (der  Ende  des  4.  oder 
Anfang  des  5.  Jahrb.  geschrieben  wurde,  also  aus  der  nämlichen  Zeit 
stammt  wie  unsere  Peregr.),  Mai  Class.  Auct.  7  8.  595,  2:  Puellam 
virginem  dicunt  in  illo  loco,  ubi  moratur  (rhinoceron),  et  dimittunt 
eam  in  silvam  solam:  ille  vero  mox  viderit  eam,  silit  in  sinum  Vir- 
ginia et  complectitur  eam.  Herr  Prof.  Wölfflin  teilt  mir  noch  folgende 
Belege  mit:  Gesta  purgationis  Pelicis  (Routh,  reliq.  sacr.  IV8.  Oxon.  1846) 


Miscellen.  615 

286,  7:  mox  ad  me  epistolam  pertulistis,  statim  ad  scribam  misi. 
Ps.  Tert.  de  rebaptism.  16  (III  90  Hart.)  ut  quam  mox  in  aquam 
descenderunt,  s  tat  im  super  aquam  ignis  appareat. 

Ich  möchte  zu  statim  ut  (93,  22)  noch  erwähnen,  dafs  sich  die 
nämliche  Konstruktion  schon  58,  13  findet:  Statim  ergo,  ut  haec 
audivi,  descendimus  de  animalibus.  Zu  post  =  postquam  vgl.  Wiener 
Studien  I  210,  247;  III  306. 

Zu  der  Bemerkung  endlich,  dafs  das  Particip  seine  Pluralform 
verliert  (S.  276),  möchte  ich  noch  hinzufügen,  dafs  sich  51,  1  um- 
gekehrt die  Pluralform  für  den  Singular  verwendet  findet.  Profi- 
ciscentes  (sie)  ergo  de  Tathnis,  ambulans  per  iter  iam  notum  per- 
veni  Pelusio.  [Auf  die  Bedeutung  der  Peregrinatio  für  die  Geschichte 
der  Liturgik  hat  aufmerksam  gemacht  Dr.  Karl  Weyman  in  der  Tübing. 
Theolog.  Quartalschrift  1888.  S.  34—50.  Vgl.  auch  L.  Duchesne, 
Bulletin  critique.    1887.    p.  241.    Die  Red.] 

P.  S.  Einer  Einladung  der  Wiener  Akademie  Folge  leistend, 
werde  ich  eine  Textesrecognition  in  dem  Corpus  scriptorum  ecclesiasti- 
corum  geben  und  bei  dieser  Gelegenheit  weitere  sprachliche  Unter- 
suchungen veröffentlichen. 

Rom.  Paulus  Geyer. 

Scopere.    Scrobere. 

Ps.  77,  7  ist  der  hebräische  Urtext  Wl  tofitm  in  den  LXX  über- 
setzt  mit  iaxakXov  ro  7tvsv(ia  fiov  und  dieses  wiederum  in  der  Vulgata  mit 
scopebam  spiritum  meum.  Es  fragt  sich,  ob  dieses  bisher  mit  keiner 
weitem  Stelle  belegte  Verbum  griechischen  Ursprungs  ist  oder  gut 
lateinisch.  Das  erstere  nimmt  Georges  in  seinem  HWB.  an,  der  in  dem 
Wort  eine  rohe  Hertibernahme  des  griechischen  6Y.0Ttt.lv  erblickt  und 
es  nach  der  III.  Konjugation  flektiert  wissen  will,  also  scopere  mifst. 
Beide  Annahmen  des  hochverdienten  Lexikographen  sind  nach  meinem 
Dafürhalten  unrichtig.  Sowohl  das  griechische  öxdXXeiv  als  das 
hebräische  te?H  (Piel  t£?n)  bedeuten  ursprünglich  graben,  bohren, 
in  Verbindung  mit  dem  Objekt  itveviLct,  bezw.  lTH  bezeichnen  sie  in 
stark  sinnlicher  Weise  das  anstrengende  Nachdenken,  Sinnen  und 
Forschen,  vgl.  unser  deutsches  „Grübeln".  Es  ist  nun  anzunehmen, 
dass  in  scopebam  ein  Verbum  ähnlicher  Bedeutung  zu  suchen  ist. 
Offenbar  ist  scopere  eine  Nebenform  zu  dem  in  Is.  14,  23  vorkom- 
menden scopare,  einer  Form,  die  Georges  mit  noch  weitem  Stellen 
aus  späterer  Zeit  belegt.  Es  bedeutet  also  eigentlich  „durchfegen, 
durchkehren,  durchstöbern'1  und  was  die  Form  betrifft,  wird  es  ein 
Verbum  der  III.  Konjugation  sein  und  in  analogem  Verhältnis  wie 
densere  zu  densare  stehen. 

In  der  Übersetzung  des  Psalteriums  nach  dem  hebräischen  Urtext 
giebt  Hieronymus  teBH  mit  scrobere  wieder:  scrobebam  spiritum 
meum,  so  lautet  wenigstens  der  Text  im  Psalterium  juxta  Hebraeos 
Hieronymi  e  recogn.  P.  de  Lagarde.  Das  neue  Verbum  stammt  natür- 
lich  von   scrobes   die  Grube,   kommt  dem  hebräischen  Verbum  noch 


G16  J.  N.  Ott  —  J.  M.  Stowasser  —  Ed.  Wölfflin. 

näher,  als  das  cvAXluv  der  LXX  und  wird,  was  die  Form  betrifft, 
der  III.  Konjugation  zuzuweisen  sein,  vgl.  vannere  von  vannus.  Als 
beachtenswerte  Varianten  notiert  de  Lagarde  noch  scobebam  und  sco- 
pebam.  Letzteres  ist  ohne  Zweifel  aus  der  Itala  herübergekommen, 
scobebam  scheint  blofse  Kontamination  von  scrobebam  scopebam  und 
auf  Grund  dieser  Stelle,  wie  dies  Arch.  III  503  geschehen  ist,  ein 
neues  Verbum  scobere  nicht  anzunehmen  zu  sein. 

Gelegentlich  möchte  ich  ans  diesem  Psalterium  noch  ein,  wenn 
ich  nicht  irre,  unbelegtes  Wort  den  Addendis  beigesellen,  nämlich 
levificarc  Ps.  5,  10  linguam  suam  levificant  (pp^JT?).  Nach  Heyse- 
Tischendorf  hat  auch  der  Amiatinus  z.  d.  St.  levificant. 

Rottweil.  J.  N.  Ott 

Zu  Lucilius  710  B. 

Hinc  in  stercore  humi  fabulisqae  fimo  atque  sucerdis  —  [nunc 
iaceo  scilicet].  Fabulis  hat  Anstofs  erregt.  Der  ältere  Dousa  ver- 
mutete stabuli  ohne  Grund,  was  Müller  aufnahm;  Lachm.  Vahlen  be- 
hielten fabulis  mit  vollem  Rechte  bei.  Da  nun  aber  Bährens  von 
neuem  die  Stelle  mit  sabulis  angreift,  mag  es  verstattet  sein  folgendes 
zu  erinnern.  Die  Exkremente  von  Ziegen,  welche  wir  im  scherzen- 
den Umgangston  ^Lorbeern*  nennen,  vergleicht  unsere  Volkssprache 
mit  der  Bohne.  In  Oberösterreich  z  B.  ist  der  Ausdruck  fSauböhnl', 
^Ziegenböhnerl9,  *Böhnl',  gäng  und  gäbe.  Dafs  diese  Metapher  auch 
lateinisch  ist,  zeigt  Plinius  XIX  185  mit  dem  Ausdrucke  faba  caprini 
fimi.  Hinc  ist  m.  1  des  H.,  die  übrigen  haben  hie;  das  hinc  ist  wohl 
gleich  propterea  zu  fassen.  Ist  überhaupt  etwas  zu  ändern,  so  höch- 
stens fimi  statt  fimo. 

Wien.  J.  M.  Stowasser. 


Zn  Ausonins  ephem.  8,  16. 

Der  Dichter  spricht  von  unkeuschen  Träumen  und  fährt  fort: 

perfugium  tarnen  est,  quotiens  portenta  soporum 
soluit  rupta  pudore  quies  et  imagine  foeda. 
libera  mens  uigilat:  totum  bene  conscia  lectum 
pertraetat  secura  manus:  probrosa  recedit 

culpa  tori  et  profugi  fman*sqna  crimina  somni. 

So  der  Vossianus;  allein  mafsgebend  für  die  Stelle.  Scaliger  schrieb 
*minuiscunt,  das  vielfach  nachgedruckt,  wenngleich  sonst  nirgends 
nachgewiesen  auf  dem  nicht  mehr  ungewöhnlichen  Wege  noch  in  G7 
gekommen  ist;  obwohl  Goetz  schon  Anstofs  genommen  und  uaneseunt 
vermutet  hatte.  Neuerlich  konstruiert  sich  Peiper  (Teubner  1886) 
ein  ebenso  unbelegbares  *manascunt. 

Die  Annahme,   ein  Verbum    liege   in   den  Zügen  der  Hss.,   fallt 
und    steht   mit    der   Verbindung   profugi  .  .  .  somni.     Gehören    diese 


Miscellen.  617 

Wörter  zu  einander,  dann  ist  sie  nötig.  Ich  glaube  das  aber  nicht 
und  suche  den  Fehler  in  der  Rasur: 

probrosa  recedit 
culpa  fori  et  profugi  manes,  qua  crimina  somni. 

Ich    berufe   mich  auf  die  Stelle  desselben  Ausonius  ephem.  III  57  P. 

tormentaque  sera  gehen nae 
anticipat  patiturque  suos  mens  saucia  manes, 

welche  zwar  nur  Nachahmung  von  Vergil  Aen.  VI  743  ist  (was  man 
meines  Wissens  noch  nicht  angemerkt  hat),  aber  gerade  dadurch  klar 
wird:  quisque  suos  patimur  manes.  Dann  ist  manes  bei  Ausonius 
„Pein,  Höllenangst''  und  die  Stelle  erklärt  sich  so:  dann  schwindet 
die  (aus  der  Übelthat  sich  ergebende)  Seelenpein  flüchtig  (dahin), 
wohin  die  vom  Traume  vorgespiegelten  Schandthaten  (recedunt  seil.). 
So  ibt  zu  lesen,  wenn  die  virgula  von  der  Hand  des  Korrektors  stammt; 
ist  'sie  von  dem  ersten  Schreiber,  dann  hat  man  zu  profugi  tum  zu 
ergänzen  wie  Aen.  VI  305,  IV  193  u.  a. 

Wien.  J.  M.  Stowasser. 

Prosodiaeus. 

Prosodiacus  =  TTQoa&öiaxog  ist  von  Georges7  mit  zwei  Stellen 
belegt,  nicht  aber  in  der  Bedeutung  von  TtQoaoöuxxog.  Nach  gefälliger 
Mitteilung  von  Job.  Huemer  steckt  dieses  Wort  in  dem  Titel  von 
Ausonius  Edyll.  2,  wo  im  Vossianus  überliefert  ist  VERSVS  PAS- 
CALES  PROCODICYI,  d.  i.  PROCODIaKI.  (Die  Konjekturen  der 
Gelehrten  findet  man  in  der  Ausgabe  von  Schenkl,  pg.  30.)  Das  Wort 
hat  hier  in  ursprünglicher  Bedeutung  zu  gelten,  wie  in  nqoaoötov  fiikog 
(vgl.  Aristoph.  oqv.  853),  nicht  in  dem  spezieil  musikalischen  Sinne, 
den  es  bei  Plut.  mus.  28  hat. 

Wieu.  J.  M.  Stowasser. 

Ut  qnid? 

Ein  Gelehrter,  der  mit  der  Kritik  der  Monumenta  Germaniae 
sich  beschäftigte,  fragte  einmal,  ob  Ut  quid  im  Sinne  eines  fragenden 
Quid  =  cur  schon  vor  dem  XL  Jahrhundert  vorkomme.  Die  Philo- 
logen schenken  der  Phrase  wenig  Zutrauen;  denn  Schol.  Pers.  2,  69 
ut  quid  aurum  superis?  vermutet  Jahn:  at  quid;  Schol.  luven.  13, 
117  ut  quid  sacrificamns?  Schopen:  aut  quid,  ein  anderer  Philologe: 
ad  quid?  In  der  Giris  aber  V.  294  ut  quid  ego  amens  .  .  .  diem  potui 
producere  vitaeV  ändert  Bährens  herzhaft  a!  quid  ego  etc.  gegen  die 
handschriftliche  Überlieferung. 

Und  doch  konnte  man  dieses  ut  quid  schon  bei  Cicero  an  zwei 
Stellen  finden,  ad  Attic.  7,  7,  7  Depugna  potius  quam  servias.  Ut 
quid?  si  victus  eris,  proscribare,  si  viceris,  tarnen  servias,  wo  Boot 
früher  vermutete:  quid?  ut  .  .  .  proscribare.  Cic.  p.  Quinctio  44:  ut 
quid  praeterea?  (numquid  pr.  Orelli  nach  Lambin)  im  Sinne  des  ge- 
Archiv für  Ut.  Lexikogr.  IV.    Heft  3.  4.  40 


618  Ed.  Wölfflin. 

wohnlichen:  quid  praeterea?  Ebenso  bei  Martial  3,  77,  10  ut  quid 
eniiu,  Baetice,  saprophagis?  Die  Erklärung  ist  bereits  von  Klotz, 
Madvig  (zu  Cic.  de  fin.  2,  19),  W.  Oetting  (Oldenburger  Progr.  1882. 
S.  18)  gegeben;  aHein  es  ist  doch  nicht  überflüssig,  an  dieselbe  wieder 
zu  erinnern  und  den  Ursprung  der  Redensart  näher  zu  beleuchten. 
Die  Formel  entspricht  dem  griechischen  Tva  xl  (Kühner,  griech.  Gr. 
§  842),  wie  es  schon  bei  Plato  Apol.  26  D  erscheint:  Tva  xl  zavxa 
kiyeig;  Mit  dem  Fragesatze  mischt  sich  ein  Absichtssatz,  was  die 
Grammatiker  durch  Ergänzung  von  ykvi\xai  verständlich  zu  machen 
suchen. 

Die  Frage  kann  jetzt  für  unsere  Zwecke  nur  noch  so  lauten: 
Seit  wann  ist  dieses  Ut  quid  in  die  römische  Litteratur  eingedrungen, 
da  die  vier  genannten  Beispiele  der  besseren  Zeit  doch  nur  als  Aus- 
nahmen zu  betrachten  sind,  und  der  Gebrauch  in  der  Erstlingsrede 
Ciceros  sowie  in  einem  vertraulichen  Briefe  gegen  die  allgemeine 
Gültigkeit  Zeugnis  ablegt.  Wir  können  kurzweg  antworten,  dafs  zu- 
erst die  Itala  etwa  65  Beispiele  bietet,  und  dafs  Hieronymus  die- 
selben zum  Teile  hat  stehen  lassen,  zum  Teile  geändert  hat.  Sie 
blieb  beispielsweise  evang.  Matth.  27,  46  ut  quid  me  dereliquisti? 
(Tva  xl  fi£  iyKctxiXmeg;)  auch  Matth.  9,  4  ut  quid  (Tva  xl)  cogitatis 
mala  in  cordibus  vestris?  und  Matth.  26,  8  ut  quid  perditio  haec? 
obschon  das  griechische  Original  Elg  xl  giebt.  Dagegen  Matth.  26, 10 
Tl  xortovg  itagiiExe  xrj  yvvatxl  bietet  zwar  der  die  Itala  vertretende 
Colbertinus  Utquid,  die  Vulgata  wörtlich  Quid.  Act.  apost.  4,  25  Tva 
xl  i<pQva£av  Ith/tf;  der  Laud.  der  Itala  Utquid,  die  Vulgata  quare; 
Act.  5,  3  dia  xl  i7th)Q(0(5Bv  o  Caxavag  xv\v  hccqöIccv  öov  steht  im  Can- 
tabrigiensis  (=Itala)  Utquid,  in  de,r  Vulgata  Cur.  Durch  die  Bibel- 
übersetzung ist  utquid  massenhaft  in  das  Kirchenlatein  übergegangen, 
zu  Tertullian,  zu  dem  Übersetzer  des  Irenaeus,  Cyprian,  Ambrosius, 
Hieronymus,  Augustin  u.  a.  Tert.  de  pudic.  2  Utquid  (Ad  quid:  ego. 
(Dehler)  mihi  eos  qui  foris  sunt  iudicareV  Cypr.  epist.  75,  25  ut  quid 
(aut  quid  Ilouth,  den  schon  Hartel  eines  besseren  belehrt)  illos 
haereticos  vocaniusV  Herrn,  past  75,  3  quare  et  ut  quid  acceperint 
=  diaxl  Hkaßov  %a\  dg  xl.  Orosius  7,  1,  8  ut  quid  (Zangemeister 
gegen  die  codd.  in  quid)  discutio  eorum  moram?  Hist.  Apoll.  35  ut 
quid  effunditis  lacrimasV  Öfters  in  spätem  Fabelsammlungen,  z.  B. 
im  Romnlus  3,  19  ut  quid  voluisti  huc  ad  necem  currere?  Man  sieht: 
das  Spätlatein  ist  durch  das  Bibellatein  beeinflufst,  und  dieses  selbst 
durch  das  griechische  Neue  Testament.  Aber  die  Redensart  lebte 
schon  iu  der  Volkssprache  des  ciceroniscben  Zeitalters,  wenn  auch 
die  Belege  nur  spärlich  sind;  die  Bedeutung  vereinigt  in  sich  ein 
'  warum*  und  ein  cwozu'. 

München.  Ed.  Wölfflin. 

Profus  ut. 

Cum  praesertim  und  praesertim  cum,    ut  vix  und  vix  ut  kennt 
jedermann;   weniger   beobachtet  ist  ut  prorsus,    wenn  auch  Hand  im 


Miscellen.  619 

Tursellinus  IV  Gl 9  sagt,  die  recentiores  (aber  nicht  die  antiqui)  liebten 
die  Stellung  prorsus  ut  Wie  diese  traiectio  zu  stände  gekommen, 
ist  damit  freilich  nicht  erklärt,  und  ebenso  auch  der  Thatbestand 
falsch  angegeben,  da  Cicero  pro  Rose.  Amer.  59  prorsus  ut  vestro  cou- 
sessu  pro  summa  solitudine  abuteretur,  und  pro  Tullio  18  prorsus  ut 
quivis  intelleger  et  eos  ad  pugnam  comparari  zu  der  alten  Prosa  ge- 
hört. In  der  Naturgeschichte  des  Plinius  finden  sich  weitere  Beispiele 
14,  58  p.  ut  iure  dici  possit;  17,  96  p.  ut  possint  videri  homines 
terrae  causa  geniti;  37,  49  p.  ut  castigatio  una  non  sit  satis.  Freilich 
über  den  Geschmack  des  Plinius  läfst  sich  nicht  disputieren;  Cicero 
selbst  hat  jene  in  den  ersten  Reden  gebrauchte  Wortstellung  auf- 
gegeben, schon  in  den  Verrinen  1,  91.  3,  9.  Cluent.  18.  Pis.  68, 
selbst  ad  Attic.  3,  10,  3;  ad  Brut.  1,  15,  1.  2,  3,  5;  und  gute  Stilisten, 
wie  Quintilian  6,  praef.  10,  ut  pr.  posset  hinc  esse  tanti  fulminis 
metus  stellen  sich  auf  seine  Seite. 

Die  Umstellung  erklärt  sich  daraus,  dafs  prorsus  ursprünglich 
nicht  in  den  Konsekutivsatz,  sondern  in  den  vorangehenden  Satz  ge- 
hörte, wie  namentlich  Plautus  deutlich  macht  Trin.  729 
Ut  mihi  rem  narras,  Callicles,  nulio  modo 
Potest  fieri  prorsus,  quin  dos  detur  virgini. 
Die  volle  Form  der  Umgangssprache  erkennt  man  aus  Ciceros  Briefen: 
ad  Quint.  fr.  2,  4,  3  desidero  sie  prorsus,  ut  advenientem  excipiam 
libenter;  epist.  13,  13  meus  autem  est  familiarissimus,  sie  prorsus, 
ut  observet  neminem  diligentius;  13,  33  utor  famliarissime,  ita 
prorsus  ut  nullo  familiarius.  Prorsus  nimmt  den  im  Superlativ 
liegenden  Adjektivbegriff  nochmals  auf,  wie  es  ja  überhaupt  gerne 
zu  Eigenschaftswörtern  sich  gesellt,  z.  B.  Sali.  Cat.  16,  5  p.  oppor- 
tunus;  lug.  23,  1.  30,  3  p.  intentus.  Der  einzige  Schriftsteller  vor 
den  Au  toninen,  der  diese  Verbindung  wieder  aufnahm,  Tacitus,  liefs 
sie  auch  auf  einen  Superlativ  folgen  bist.  3,  83  quidquid  in  acerbis- 
sima  captivitate  scelerum,  prorsus  ut  eandem  civitatem  et  furere 
crederes  et  laseivire;  ebenso  der  Vordermann  der  nächsten  Stilisten- 
generation, Fronto  p.  178  N.  strenuissimi  vigoris  et  consultissimae 
opportunitatis,  prorsus  ut  nullus  miles  Plautinus  gloriose  praedicaret. 
Derselbe  Fronto  zieht  auch  prorsus  noch  nicht  in  den  Konsekutiv- 
satz und  verstärkt  es  durch  ita:  p.  38  ita  prorsus  eveniet,  ut;  p.  75 
(Marcus)  nuinquam  prorsus  ita  dormiet  Aristo,  ut  .  .  permittat.  Apu- 
leius  wählt  diese  Wortfügung  nur  in  den  Metamorphosen  8,  25  pror- 
sus ut  in  asini  corio  modestum  hominem  inhabitare  credas;  in  den 
Flor.  9  trennt  er  beide  Partikeln  und  hebt  sie  durch  ita:  prorsus  tuas 
virtutes  ita  effingit,  ut  etc.  Vgl.  d.  Plat.  2,  3  Bei  Gellius  ist  die 
Entstehung  schon  verwischt:  2,  23,  2  venuste  scriptae,  prorsus  ut 
melius  posse  fieri  nihil  censeas. 

Wenn  nun  Florus  und  lustin  sich  der  Neuerung  zuwenden,  so 
ist  dies  jedenfalls  leichter  zu  verstehen,  als  wenn  das  Gegenteil  statt- 
fände. Flor.  1,  3,  9  p.  ut  consanguinea  civitas  non  perisse  videretur; 
1,  11,  15  p.  ut  dietator  festinasse  videretur;  2,  17,  2  p.  ut  favillae 
diffudisse  .  .  viderentur.     Es   setzte   sich   in   der   Satzfligung   ein   be- 

40* 


620  Ed.  Wölfflin:  Miscellen. 

stimmter  Gedankeninhalt  fest,  welcher  durch  den  Potentialis  (crederes 
credas,  censeas)  und  den  Begriff  videri  bedingt  ist.  Von  den  sieben 
Beispielen  des  lustin  schliefsen  vier  mit  videatur,  videretur  (2,  2, 
14.  8,  3,  5.  23,  4,  15.  36,  4,  2),  zwei  mit  incertum  sit  (2,  1,  4.  24, 
6,  7).  Es  folgt  Iulius  Valerius  3,  54  (21)  uvae  densitatis  immensae, 
p.  ut  singulis  acinis  vel  implearis  und  Victor  Epit.  Caes.  14,  7  p.  ut 
meditatum  crederes  adversus  omnia,  und  16,  3  p.  ut  prope  nihil  .  . 
dici  seu  cogitari  queat  Auch  Iulius  Capitolinus,  Maximini  duo,  19,  3 
p.  ut  ex  animo  Maximini  videretur  haec  facere  hält  sich  noch  inner- 
halb der  üblichen  Schranken,  während  er  sich  Gordian.  31,  4  (p  ut 
nihil  praeter  aetatem  deesset  imperio)  freier  bewegt.  Pacatus  (Paneg. 
12,  11  p.  ut  .  .  potueris  velle  securus)  und  Rutilius  Lupus  1,  18 
(Rhet.  min.  p.  11,  5  Halm)  p.  ut  .  .  ex  vitiis  ortus  videatur  werden 
in  der  Grammatik  keine  bestimmte  Regel  gelernt  haben,  aber  ihre 
Ohren  hatten  ihnen  doch  eine  richtige  Erinnerung  bewahrt 

Spätere,  und  die  Kirchenschriftsteller,  bedienen  sich  der  Wendung 
nur  äufserst  selten,  und  ihr  Sprachgefühl  ist  bereits  so  abgeschwächt, 
dafs  aus  ihnen  nichts  mehr  zu  lernen  ist.  Prorsns  quasi  mit  folgen- 
dem Konjunktiv  hat  nie  eine  solche  Verbreitung  gefanden;  einzig  bei 
lustin  treffen  wir  es  an  sieben  Stellen:  1,  7,  16.  2,  12,  9.  8,  1,  6. 
12,  15,  10.  25,  1,  10.  38,  8,  10.  38,  10,  4. 

München.  Eduard  Wölfflin. 


Cornuflcius. 

So  bekannt  es  ist,  dafs  erst  Cäsar  an  die  Stelle  des  älteren  u 
das  jüngere  i  gesetzt  habe,  und  so  wahrscheinlich  wenigstens,  dafs 
Sallust  ein  bellum  Catulinae  schrieb  (Arch.  I  278.  592.  593.  PauL- 
Festus  45,  3),  so  sehr  stehen  wir  immer  noch  unter  dem  Einflüsse 
der  in  der  Orthographie  modernisierten  Handschriften.  Der  bekannte 
Cornificiu8  der  Literaturgeschichte  nannte  sich  gewifs  noch  Cornuficius; 
denn  der  jüngere  Namensvetter,  Quästor  Cäsars,  heifst  auf  den  Mün- 
zen, einem  Aureus  und  drei  Denaren:  Q.  CORNUFICI  AUGUR.  Und 
nicht  nur  Dio  Cassius  48,  21.  49,  18  schreibt  KoQvovcplxiog,  sondern 
auch  bei  Zonaras  10,  24  extr.  wird  KovgvoyiiuoQ  mit  Dindorf  in  Koq- 
vov<pi%ioq  zu  ändern  sein,  da  Zonaras  aus  Dio  schöpfte;  p.  411,  19. 
412,  2  Teubn.  Nimmt  man  die  Cornuficia  aus  Corp.  inscr.  latin.  I 
N.  1087  hinzu,  so  hat  gewifs  Lucilius  (Sat.  9,  18  M.)  nicht  Corni- 
ficique  geschrieben,  sondern  Cornuficique.  Bei  Cicero,  welcher  den 
Namen  öfters  erwähnt,  scheint  keine  Spur  des  u  in  den  Handschriften 
übrig  zu  sein,  noch  weit  weniger  natürlich  bei  Quintilian;  bei  Sallust 
Catil.  47,  4  wenigstens  in  den  Handschriften  bei  Dietsch  nicht. 

München.  Eduard  Wölfflin. 


Litteratur  1886.  1887. 

Hermann  Paul:  Prinoipien  der  Sprachgeschichte.     Zweite  Auf- 
lage.   Halle,  Niemeyer.    1886.  XI  368  S.  8. 

Ein  Buch  wie  das  vorliegende  braucht  den  Lesern  einer  Zeit- 
schrift, welche  der  Geschichte  der  lateinischen  Sprache  gewidmet  ist 
und  deren  Herausgeber  sich  nicht  nur  um  diese,  sondern  auch  um 
die  Bestimmung  der  allgemeinen  Aufgaben  des  Sprachhistorikers  ver- 
dient gemacht  hat,  kaum  empfohlen  zu  werden.  Und  doch  kann 
nicht  geleugnet  werden,  dafs  bei  der  Ausbildung  unserer  Philologen 
das  Studium  der  Sprachwissenschaft  viel  zu  sehr  vernachlässigt  wird, 
dafs  nur  die  wenigsten  beim  Abgang  von  der  Universität  einen  Ein- 
blick in  das  Wesen  der  Sprachbildung  und  Sprachentwickelung  ge- 
wonnen haben.  Wie  man  auch  cten  Begriff  der  Philologie  definieren 
mag*),  unstreitig  sind  Philologen  solche,  welche  die  Beschäftigung 
mit  Sprachen  zu  ihrem  Lebensberuf  erwählt  haben.  Wenn  trotzdem 
so  manche  Philologen  der  sogenannten  vergleichenden  Grammatik 
fremd  gegenüberstehen  und  sich  gegen  die  Anerkennung  ihrer  Port- 
schritte sträuben,  so  unterliegt  es  keinem  Zweifel,  dafs  ein  Teil  der 
Schuld  hierbei  den  Sprachvergleichern  beizumessen  ist,  welche  zu- 
weilen in  ihrer  Sprachkentnis  hinter  den  Anforderungen,  welche  ein 
Philologe  an  sich  zu  stellen  pflegt,  zurückgeblieben  sind.  Inzwischen 
aber  hat  sich  an  der  vergleichenden  Grammatik  der  Umschwung  voll- 
zogen, dafs  sie  mehr  und  mehr  in  die  historische  Grammatik  über- 
gegangen und  in  dieser  aufgegangen  ist.  Damit  aber  wird  ein  Gebiet 
betreten,  auf  welchem  Philologe  und  Linguist  —  um  einmal  die 
landesüblichen,  wenn  auch  unschönen  Ausdrücke  zu  gebrauchen  — 
notwendig  zusammengehen  und  einander  zu  gemeinsamer  Arbeit  die 
Hände  reichen  müssen. 

Zur  Einführung  in  die  Sprachgeschichte  erweist  sich  Pauls  Buch, 
welches  sich  die  Aufgabe  stellt,  die  sprachlichen  Veränderungen  nach 
ihrem  Wesen  zu  beschreiben  und  auf  ihre  allgemeinen  Ursachen 
zurückzuführen,  als  der  treust«  und  zuverlässigste  Führer.  Die  lingui- 
stische Methode,  wie  sie  von  den  Meistern  der  Sprachforschung  gegen- 
wärtig geübt  wird,  macht  Paul  einem  jeden  zugänglich,  der  dem 
klaren  Stil  und  der  logisch  strengen  Gedankenentwicklung  des  Ver- 
fassers  zu   folgen  vermag.     Es  ist  bekannt,  dafs  auch  Paul  zu  den- 


*)  Man  sehe  über  den  Ausdruck  Philologie  die  trefflichen  Bemerkungen 
Hugo  Schuchardts  (Über  die  Lautgesetze  S.  36). 


622  Litteratur. 

jenigen  gehört,  welche  zur  Vervollkommnung  der  Methode  der  Sprach- 
forschung das  Ihrige  beigetragen  haben. 

Der  Text  der  ersten  Auflage  ist  in  der  zweiten  derartig  um- 
gestaltet und  so  erweitert,  dafs  man,  von  einigen  Kapiteln  abgesehen, 
ein  neues  Buch  vor  sich  hat.  Nur  fünf  Kapitel  sind  ohne  erhebliche 
Änderung  aus  der  ersten  Auflage  herübergenommen.  Im  ganzen 
zählt,  während  die  erste  Auflage  ohne  die  Einleitung  nur  dreizehn 
Kapitel  umfafste,  die  zweite  dreiundzwanzig.  Die  neuhinzugekommenen 
Kapitel  sind  überschrieben:  Wandel  der  Wortbedeutung  (Kap.  4), 
Die  syntaktischen  Grundverhältnisse  (6),  Bedeutungswandel  auf  syn- 
taktischem Gebiet  (7),  Contamination  (8),  Einflufs  der  Functions- 
veränderung  auf  die  Analogiebildung  (12),  Psychologische  und  gram- 
matische Kategorie  (15),  Verschiebung  der  syntaktischen  Gliederung 
(16),  Congrueuz  (17),  Sparsamkeit  im  Ausdruck  (18),  Sprachmischung 
(22).  Die  wichtigsten  Veränderungen  bestehen  darin,  dafs  die  Syntax 
weiter  ausgebildet  und  dafs  auf  Hugo  Schuchardts  Arbeiten  gröfsere 
Bücksicht  genommen  ist.  Darmesteters  Buch  über  das  Leben  der 
Worte*)  konnte  noch  nicht  berücksichtigt  werden,  da  es  mit  Pauls 
zweiter  Auflage  gleichzeitig  erschien. 

Von  den  Beispielen,  welche  Paul  anführt,  sind  die  meisten  der 
Geschichte  der  deutschen  Sprache  *  entnommen.  Nur  gelegentlich, 
noch  am  häufigsten  für  syntaktische  Vorgänge,  wird  auf  die  lateinische 
Sprache  zurückgegriffen.  Die  letztere  hätte  auch  auf  dem  Gebiete 
der  Formen-  und  Wortbildung  eine  Anzahl  recht  klarer  Beispiele  zur 
Verfügung  gestellt,  auf  die  man  zuweilen  ungern  verzichtet.  Ich 
denke  an  Formen  wie  laudcmini,  aus  laudamini  und  der  Reihe  laudem 
gebildet,  und  an  einige  der  von  Breal  mit  so  grofsem  Scharfsinn 
gefundenen  Etymologieen  (pmnis  Singular  zu  omncs  =  hotnincs,  pro- 
portio  aus  pro  portione  u.  dgl.).**) 

Dafs  Pauls  Buch  auch  in  der  zweiten  Auflage  noch  der  Ver- 
besserung und  Vervollständigung  fähig  ist,  wird  der  Verfasser  ohne 
weiteres  zugeben.  In  der  Charakteristik  der  französischen  Sprache 
in  Gröbers  Grundrifs  I  S.  572 — 668  habe  ich  mich  fast  durchaus 
in.  meiner  Auffassung  sprachlicher  Vorgänge  au  Paul  angeschlossen, 
und  glaube  in  den  wenigen  nicht  wesentlichen  Punkten,  in  denen 
ich  mich  von  ihm  entfernt  habe,  auf  seine  Zustimmung  rechnen  zu 
dürfen.  Mir  will  scheinen  als  hätte  Paul  die  Wirkung  der  sprach- 
lichen Veränderungen  auf  das  Flexionssystem  etwas  mehr  betonen 
sollen,  insbesondere  bei  der  Besprechung  der  Stamm  verkennung,  der 
Adaptation  und  der  Verschmelzung  zweier  Systeme.  Auch  die  syn- 
taktische Kreuzung  und  die  Aposiopese  scheinen  mir  im  sprachlichen 
Leben  eine  gröfsere  Rolle  zu  spielen,  als  Paul  ihnen  zuweist. 

Ich  mache  noch  ein  paar  Bemerkungen  zu  Einzelheiten.  Zu 
S.  109:  hier  werden  die  beiden  Hauptarten  der  Frage  erwähnt,  die- 


*)  La  vie  des  mots  dtudiee  dans  leurs  significations,  Paris  1887.     Die 
erste  Auflage  war  unmittelbar  vorher  in  englischer  Spruche  erschienen. 
**)  Memoircs  de  la  Soci^te  de  linguistique.  V. 


Litteratar.  623 

jenige,  in  welcher  nur  ein  Satzglied,  und  diejenige,  in  welcher  der 
ganze  Satz  in  Frage  gestellt  wird.  Paul  fügt  hinzu:  Es  ist  bis- 
her noch  nicht  gelungen  eine  ganz  passende  Terminologie  für  diese 
beiden  Arten  zu  finden.  Ich  will  daher  nicht  unerwähnt  lassen,  dafs 
mein  früherer  Lehrer  Feufsner  die  erste  Art  Wortfrage,  die  zweite 
Satzfrage  nannte,  Termini,  deren  Einfachheit  und  Klarheit  schwerlich 
Ton  anderen  tibertroffen  werden  kann.  —  Zu  S.  137:  ein  Beispiel 
für  den  Pleonasmus  beim  Superlativ  findet  sich  im  ersten  Satze  des 
von  Stengel  verfafsten  Marburger  Universitätsprogramms  von  1873, 
wo  von  einer  der  bestvcrtvaltctsten  Bibliotheken  des  Königreichs  Italien 
die  Rede  ist.  —  Zu  S.  164:  es  ist  nicht  richtig  dafs  in  a-t-il  eine 
ursprünglichere  Form  steckt  als  in  ü  a.  Das  t  taucht  erst  im  16.  Jahr- 
hundert auf,  wo  Lehrbücher  die  Regel  bringen,  a  il  sei  wie  a  til  aus- 
zusprechen. Das  t  ist  aus  otü-ils,  avait-il,  avaient-ils  u.  s.  w.  hertiber- 
genommen  und  nicht  etwa  auf  den  Einflufs  entlegener  Mundarten 
zurückzuführen,  denen  das  t  von  habet  nicht  abhanden  gekommen  ist. 
Ich  nehme  von  Pauls  trefflichem  Buche  Abschied.  Hoffentlich 
wird  bald  die  Überzeugung  allgemein,  dafs  jeder  Sprachforscher,  jeder 
Sprachlehrer,  also  auch  jeder  *  Philologe',  sich  mit  dem  Inhalte  des- 
selben vertraut  machen  sollte. 

Halle.  Hermann  Suchier. 

Darmesteter,  J.:  La  vie  des  mots,  ätudiöe  dans  leurs  signifioa- 
tiona.    Paris  1887. 

Das  Buch  beschäftigt  sich  fast  ausschliefslich  mit  dem  Fran- 
zösischen, welches  Fach  der  Vf.  an  der  Sorbonne  zu  vertreten  hat; 
es  könnte  um  so  eher  hier  übergangen  werden,  als  die  Beziehungen 
zum  Lateinischen  nur  flüchtig  gestreift  sind,  ohne  Rücksichtnahme 
auf  die  Arbeiten  der  deutschen  Philologie.  So  wird  noch  böte  auf 
bestiam  zurückgeführt,  obschon  doch  laugst  die  Nebenform  besia 
nachgewiesen  ist,  und  böte  wird  als  Wort  mit  Janusgesicht,  =  Wirt 
und  Gast,  angeführt,  ohne  dafs  an  lat.  hospes  erinnert  wäre,  welches 
eben  darum  die  beiden  Bedeutungen  in  sich  vereinigte,  weil  in  der 
alten  Gastfreundschaft  beide  Seiten,  Recht  und  Pflicht,  zusammenflössen. 

Dafür  behandelt  aber  Vf.  zum  erstenmale  in  einiger  Vollständig- 
keit die  Semasiologie,  in  welcher  die  klassischen  Philologen  noch 
manches  von  den  modernen  zu  lernen  haben.  Drei  Hauptteile  behan- 
deln die  Fragen:  Wie  die  Worte  entstehen.  Wie  sie  nebeneinander 
leben.  Wie  sie  untergehen.  Im  ersten  ist  namentlich  die  Unter- 
suchung über  den  Bedeutungs Wechsel  weiter  geführt  als  in  Pauls 
Principien,  wo  die  Verengerung  und  Erweiterung  der  Begriffe,  der 
sogen.  Bedeutungswandel  (entspr.  dem  Lautwandel)  die  Hauptrolle 
spielt,  obschon  manches,  was  Paul  in  seine  Definition  einschliefsen 
würde,  hier  nur  unter  einem  andern  Namen  behandelt  ist.  Wir  be- 
schränken uns  darauf  an  die  „Degradation"  so  vieler  Wörter  zu  er- 
innern, wenn  z.  B.  fille  heutzutage  ein  sehr  zweideutiges  Wort  ge- 
worden ist.     Ref.  hat  in  seiner  Jugend  „Jungfer"  noch    als  Ehren- 


624  Litteratur. 

namen  gehört,  dann  den  „Ersatz"  durch  „Frauenzimmer"  erlebt,  wofür 
man  jetzt  schon  wieder  „Dame"  sagen  mufs.  Aber  ist  nicht  die 
Degradation  die  Aufeinanderfolge  von  Erweiterung  und  Verengerung, 
wenn  fille  zuerst  einen  gemeinen  Nebensinn  annimmt,  dann  die  reine 
Bedeutung  vergiftet  abstirbt  und  nur  die  schlimme  übrig  bleibt? 
Der  Euphemismus  ist  ein  sehr  gefährlicher  Gegner  der  Sprache,  der, 
wie  unser  „Dirne"  (=  Dienerin),  so  auch  amant  und  maltresse  zu 
Grunde  gerichtet  hat.  Doch  ist  unser  „Tochter",  und  „Maid"  (um 
welches  uns  und  die  Engländer  D.  beneidet)  dank  dem  Einflüsse  der 
Dichter  noch  intakt  geblieben,  sowie  auch  unser  „küssen"  (ein  Rufs 
in  Ehren:  Hebel)  noch  nicht  zu  „baiser"  gesunken  ist.  Kann  man 
dies  unter  den  Begriff  der  Synekdoche  bringen,  so  behandelt  D. 
aufserdem  noch  namentlich  die  Metapher,  die  Metonymie  und  die 
Katachrese.  Vergleicht  man  die  romanischen  Wörter  der  Bedeutung 
nach  mit  den  lateinischen,  so  wird  man  finden,  dafs  weitaus  die  Mehr- 
zahl von  dem  Originale  abgewichen  and  auf  Seitenwege  geraten  ist 
Der  Anhang,  welcher  ein  Verzeichnis  der  sich  gleich  gebliebenen 
Worte  giebt,  übersieht  vielfache  nicht  unwesentliche  Schattiernngeu, 
welche  wenigstens  eintreten  können,  z.  B.  homo  Mensch,  homme 
Mann;  sorex  Spitzmaus,  souris  Maos;  tabula  Brett,  table  Tisch  (= 
mensa)  u.  8.  w. 

Unter  den  Ursachen  des  Todes  sind  namentlich  die  Kürze  der 
Wörter  (audire,  ouYr;  entendre)  und  ihr  lautlicher  Zusammenfall  mit 
andern  (Homonyme)  zu  erwähnen;  auch  siegen  die  Verba  der  1.  Kon- 
jugation über  die  der  dritten,  tirer  über  traire  (doch  soustraire,  weil 
das  Wort  durch  die  Komposition  verlängert  wird),  piquer  über  poindre 
(pungere;  doch  epointer)  u.  8.  w.  Das  sind  aber  lauter  Probleme, 
welche  die  klassischen  Philologen  auf  das  Griechische  und  Lateinische 
zu  übertragen  allen  Grund  hätten.  Vgl.  E.  Wolf  Hin,  über  Bedeutungs- 
wandel, in  den  Verhandlungen  der  Züricher  PhiloL- Versammlung.  1887. 

W.  De  ecke:  Die  griechischen  und  lateinischen  Nebensätze,  auf 
wissenschaftlicher  Grundlage  neu  geordnet.  Programm  des 
Gymn.  Buchsweiler  1887.     Kolmar,  Decker  1887.  54  S. 

Das  vorliegende  Programm  zerfallt  in  8  Kapitel,  von  denen  in- 
dessen nur  zwei,  nämlich  Kap.  6  Das  lateinische  Relativ  um  und  Kap.  8 
Die  lateinischen  Nebensätze  hier  zu  besprechen  sind.  Die  einleiten- 
den Kapitel  enthalten  allgemeinere  wissenschaftliche  Betrachtungen 
über  die  Arten  der  Hauptsätze,  mit  besonderer  Berücksichtigung  der 
deutscheu  Wortstellung,  ferner  über  die  Stellung  der  Sätze,  über 
Parataxis  und  Hypotaxis,  endlich  über  den  Ursprung  der  Relativ- 
pronomina.  Die  ganze  Abhandlung  ist  aus  der  Praxis  der  Schule 
hervorgewachsen:  Vf..  hat  versucht,  iu  Obersekunda  der  Lehre  von 
der  8 atz syntax  eine  wissenschaftlichere,  in  sich  geschlossenere  Form 
zu  gebeu  und  dies  mit  gutem  Erfolg;  Art  und  Begründung  seines 
Versuches  enthält  die  vorliegende  Abhandlung.  Zunächst  mag  fest- 
gestellt werden,   dafs   der  Unterzeichnete   an   der  von  ihm  geleiteten 


Litteratur.  625 

Anstalt  fürs  Latein  denselben  Versuch  in  Obersekunda  machen  lieft*, 
und  dafs  die  Schlufsresultate  gleichfalls  überraschend  gut  ausfielen. 
Nicht  nur  dafs  die  Schüler  nunmehr  eine  gauz  andere  Anschauung 
von  dem  bekamen,  was  man  lateinische  Syntax  nennt:  auch  die  Lek- 
türe in  der  Prima  gewann  überaus.  Ich  verweise  nur  darauf,  dafs 
Stellen  wie  Hom.  lliad.  1,  125  xcc  piu  noXioav  1&%q&&oiuv,  xa  öiöa- 
öxcti  und  3,  132  ff.  o?  itglv  in  aXXrjXoiöi  cpigou  noXvöaxQvv  "Ag-qa,  d£ 
dii  vvv  Hcrzcti  aiyrj  sofort  richtig  erfafst  werden  von  dem  Schüler,  der 
gelernt  hat,  dafs  alle  Pronomina  ursprünglich  Demonstrativa  waren, 
und  dafs  anaphorisch  gesetztes  Demonstrativ  den  Übergang  zur  rela- 
tiven Konstruktion  vermittelt. 

Vf.  hat  die  lateinischen  Nebensätze  fast  ganz  in  dem  Sinne  be- 
handelt, wie  ich  sie  erstmals  in  meiner  Syntax  (Iwan  Müllers  Hand- 
buch II  332  —  364)  zur  Darstellung  gebracht  habe.  Jedoch  glaubt 
er  in  quom  einen  Acc.  Sing.  masc.  gen.  erblicken  zu  sollen,  während 
ich  darin  einen  Lokativ  erkenne  (vgl.  auch  Ribbeck  Lat.  Part.  S.  ö). 
Auch  sonst  gehen  wir  in  einigen  Details  auseinander.  Vf.  hält  noch 
an  quoad  eius  est  fest,  während  ich  mit  Jordan  Krit.  Beitr.  S.  336 
quod  eius  allein  nur  billige.  Die  Verbindung  von  quam  —  tarn  mit 
Komparativen  und  Superlativen  wird  von  ihm  als  dichterisch  be- 
zeichnet. Dies  ist  ungenau,  wie  aus  Wölfflin  Komp.  S.  75  und  meiner 
Syntax  §  256  hervorgeht;  denn  tarn  —  quam  mit  Superlativen  findet 
sich  in  Prosa  bei  Cato  Varro  Sallust,  vgl.  noch  Dräger  Hist.  Synt. 
II  644.  Für  Varro  wird  quoad  jetzt  kaum  mehr  bestritten  werden 
können.  Wenn  auch  Speugel  zu  ling.  lat.  7,  7  Lachmanns  Vorschlag 
qua  ad  tuimur  nicht  aufgenommen  hat,  so  finden  wir  jetzt  doch  in 
Keils  Varroausgabe  auf  Grund  der  Überlieferung  fast  durchgängig 
qua  ad;  näheres  sehe  man  bei  Reiter  quaest.  Varron.  grammaticae, 
Königsberg  1882  p.  49 — 59.  Quantumvis  ist  als  Konjunktion  nicht  mehr 
nachzuweisen;  es  findet  sich  nur  mit  Adj.  im  nachklassischen  Latein, 
z.  B.  Suet.  Cal.  53  quantumvis  facundus  nach  dem  Vorgang  des  Horaz 
ep.  2,  2,  39  quantumvis  rusticus;  aber  mit  einem  Verbum  im  voll- 
ständigen Satze  lesen  wir  es  nirgends.  Schliefslich  mufs  ich  bemerken, 
dafs  Richardson  in  seiner  sehr  reichhaltigen  Abhandlung  De  dum 
particulae  apud  priscos  scr.  latinos  usu,  Leipzig  1886  gegen  Breal 
und  mich  dum  nicht  als  Acc.  anerkennen  will;  doch  hält  er  sich  auch 
an  die  Auffassung,  dafs  dum  =  die  Weile  ist  und  läfst  es  unent- 
schieden, welcher  erstarrte  Kasus  in  dum  zu  suchen  sei.  Dafs  quando- 
que  =  da  ja  „altertümlich"  sei,  ist  richtig;  es  hätte  aber  doch  noch 
Scherer  de  particula  quaudo  Strafsburg  1883  p.  21  bemerkt  werden 
können,  dafs  sich  kausales  quandoque  in  Formeln  und  formelähnlichen 
Verbindungen  auch  bei  Cicero  und  Livius  erhalten  hat. 

Doch  das  sind  lauter  Kleinigkeiten,  welche  dem  Vf.  zeigen  sollen, 
wie  genau  ich  seine  interessante  Arbeit  durchstudiert  habe.  Deeckes 
Abhandlung  verdient  von  allen  Gymnasiallehrern,  welche  lateinische 
und  griechische  Syntax  zu  lehren  haben,  aufs  sorgfältigste  beachtet 
zu  werden:  denn  nur  dann  können  wir  dem  Vorwurf  eines  mechani- 
schen  wenig  anregenden  Betriebes   der  Grammatik  entgehen,   wenn 


626  Litteraiur. 

wir  wie  Deecke  auf  Grund  der  neuesten  Forschung  den  Stoff  einfach, 
durchsichtig,  logisch  bildend  und  zu  eigenem  Nachdenken  anregend 
gestalten. 

Tauberbischofsheim.  J.  H.  Schmalz. 

H.  Merguet:  Lexikon  zu  den  Schriften  Cäsars  und  seiner  Fort 
setzer  mit  Angabe  sämtlicher  Stellen.  7  Lieferungen.  Jena.  Gustav 
Fischer.   1886.  1142  S.  Lex.  8°. 

Dem  Werke  gebührt  vor  allem  die  Anzeige,  dafs  es  in  der  ver- 
hältnismäfsig  kurzen  Zeit  von  etwas  mehr  als  zwei  Jahren  zu  Ende 
geführt  worden  ist,  bevor  es  den  Mitbewerbern  möglich  war,  an  das 
Ziel  zu  gelangen.  Dafs  aus  den  5  im  Prospekte  genannten  Lieferungen 
7  geworden  sind,  dafs  dadurch  der  Preis  von  40  Mark  auf  55  ge- 
stiegen, ist  menschlich,  und  am  Ende  auch  zu  verschmerzen,  dafs  die 
versprochenen  Eigennamen  fehlen,  obschon  nun  durch  Aufnahme  der- 
selben Meusel  einen  Vorzug  sich  gesichert  hat.  Die  Hauptfrage  wird 
indessen  die  sein,  wie  sich  der  Qualität  nach  die  Arbeit  von  M.  zu 
den  andern  Cäsarwörterbüchern  verhalte,  was  ja  auf  Grund  der  3 
ersten  Lieferungen,  die  eine  Vergleichung  ermöglichen,  leicht  festzu- 
stellen ist. 

Dem  Versprechen,  dem  Texte  von  Nipperdey  (kleinere  Ausgabe) 
die  „wesentlichen  Varianten"  hinzuzufügen,  ist  nur  in  mangelhafter 
und  in  sehr  ungleicher  Weise  nachgekommen  worden.  Denn  wenn 
Nipperdey  b.  Gall.  1 ,  37,  3  ripam  schreibt,  4,  24,  4  nitebantur,  7, 
88,  1  nostri,  b.  civ.  3,  57,  3  compellere,  in  sämtlichen  beachtenswerten 
Handschriften  aber  ripas,  utebantur,  hostes,  compellare  tiberliefert  ist, 
so  hätte  dies  doch  bemerkt  werden  sollen.  Auf  diese  Weise  ist  die 
Handschriftenklasse  0,  welche  von  Nipperdey  unbillig  zurückgesetzt, 
von  den  neuem  Hsgb.  aber  für  die  Textgestaltung  herangezogen  wird, 
auch  in  dem  Wörterbuche  zu  kurz  gekommen.  Ganz  anders  sind  da- 
gegen die  paar  bei  Cicero  erhaltenen  Briefe  Cäsars  behandelt,  in- 
dem hier  ganz  bedeutungslose  Varianten  wie  consilio  utar  lubenter 
(libenter)  und  amicus  iis  (his)  qui  etc.  nicht  nur  unter  dem  betr. 
Worte  gebracht,  sondern  an  einem  halben  Dutzend  anderer  Stellen, 
nämlich  unter  den  andern  im  Satze  vorkommenden  Wörtern  wieder- 
holt werden.  So  wird  auch  eine  sinnlose  Variante  ut  debcres  zu  vi- 
debere  an  zehn  Steilen   verewigt. 

Unter  den  Druckfehlern  giebt  es  manche  sehr  störende,  z.  B.  7, 
75,  5  murum  complere  (statt  numerum),  civ.  1,  15,  3  cohortes  secura 
adducere  (statt  abducere)  conatus,  und  so  auch  s.  v.  cohortes,  secum, 
conatus,  obschon  Nipperdey  richtig  abducere  giebt.  Von  falschen 
Zahlen  in  Citaten  könnten  wir  Hunderte  anführen,  nicht  selten  drei 
auf  einer  Kolumne.  Aber  am  schlimmsten  ist  wohl,  dafs  viele  Stellen 
fehlen,  z.  B.  unter  dem  Artikel  constituo  b.  civ.  3,  13,  5.  3,  60,  3; 
unter  frumentum  Gall.  1,  16,  4.  6;  unter  deportare  civ.  1,  60,  3;  ja 
Gall.  3,  8,  1  ist  der  Satz  in  magno  impetu  maris  atque  aperto  ganz 
in   die  Brüche  gegangen;    G.  3,  24,  3   impeditos  in    agmine  ...  in- 


Litteratur  627 

firraiori  animo  adoriri  cogitabaut  fehlt  unter  agmen,  animus,  adoriri, 
cogitare. 

Von  Mifs Verständnissen  nennen  wir  probeweise:  b.  civ.  1,  66,  4 
ab  hoc  hostera  prohiberi  die  Präposition  =  inb  erklärt  statt  =  %m6\ 
civ.  3,  22  ad  Caesarem  pervenit  (während  ad  C.  zu  profectus  gehört); 
Gall.  2,  17,  4  consilium  als  Subjekt  (statt  als  Objekt);  Gall.  2,  29,  1 
cum  als  Präposition  gefafst  (statt  als  Konjunktion);  civ.  3,  87  audire 
ex  alqo  (während  ex  nicht  zu  audire  gehört);  civ.  3,  10  proinde  ... 
ac  =  pariter  ac  (während  sibi  ac  rei  p.  zu  verbinden  ist).  Dafs 
aber  die  Fehler  oft  sehr  nahe  aufeinander  sitzen,  möge  der  Anfang 
von  S.  91  bezeugen,  wo  wir  folgendes  finden:  excitati  (statt  exerci- 
tati),  constituerunt  (statt  constiterunt),  multitudo  (statt  multitudine); 
VII  60  (statt  65);  VII  31   (statt  21). 

Wir  wollen  keinen  Urteilsspruch  fallen.  Wenn  das  Cäsarlexikon 
von  M.  das  einzige  wäre,  so  müfste  man  es  auch  so,  wie  es  ist,  ge- 
brauchen; da  aber  ein  besseres  existiert,  so  hat  die  Kritik  auch  keine 
Ursache,  Merguet  zu  empfehlen,  und  das  war  der  einzige  Grund,  warum 
in  diesen  Blättern  bisher  nur  über  Meusel  und  Menge-Preufs  belichtet 
worden  ist. 


Menge-Preufs:  Lexicon  Oaeaariannm.   Fase.  IV.  Lips.  1887.  col. 
386—512.   Lex.  8°. 

Die  unter  Mitwirkung  von  Studienlehrer  David  Wollner  voll- 
endete Lieferung  reicht  von  essedarius  bis  hie  haec  hoc,  wornach 
man  denn  den  Umfang  des  ganzen  Werkes  auf  9 — 10  Lieferungen 
wird  berechnen  dürfen.  Die  früher  besprochenen  Grundsätze  der  Hsgb. 
sind  dieselben  geblieben,  ebenso  die  knappe  Form  und  die  Sorgfalt 
in  der  Ausarbeitung  wie  im  Drucke.  Es  wird  fast  ohne  Beispiel  sein, 
dafs  C — is  für  Caesaris  steht,  p  —  i  für  populi,  P — o  für  Pompeio, 
R — os  für  Romanos,  ohne  dafs  die  Abkürzungen  in  dem  Abkürzungs- 
verzeichnisse erwähnt  wären.  Der  Raum  hätte  sich  durch  Weglassen 
handschriftlicher  Varianten  gewinnen  lassen,  welche  entweder  absolut 
sinnlos  sind  (z.  B.  examinantur  statt  exanimantur),  oder  doch  mit  den 
in  dem  betr.  Artikel  behandelten  Worte  nichts  zu  thun  haben.  Es 
ist  ja  genug,  dafs  der  kritische  Herausgeber  alle  Menschlichkeiten  in 
Spiritus  konservieren  mufs;  der  Lexikograph  dürfte  sich  auf  eine 
Auswahl  beschränken. 


Hildebrand-Fügner:  Lexicon  Livianum.    Lips.  Teubn. 

Die  älteren  Leser  des  Archives  werden  Bich  erinnern,  dafs  1857 
das  Dortmunder  Programm  ein  Specimen  lexici  Liviani  von  G.  Hilde- 
brand brachte.  Das  Werk  wurde  im  Manuskripte  bis  zu  dem  Buch- 
staben T  vollendet,  zu  T  waren  die  Stellen  auf  Zetteln  gesammelt, 
als  der  Tod  den  rüstigen  Arbeiter  abrief.  Seither  sind  die  5  Quart- 
bände, die  auch  Referent  einzusehen  Gelegenheit  hatte,  in  verschiedene 
Hände  gelangt,  doch  hat  kein  Gelehrter  Lust  und  Mufse  gefunden 


628  Litteratur. 

das  Lexikon  zu  vollenden  und  herauszugeben.  Dieser  Arbeit  unier- 
zieht sich  nunmehr  Konrektor  Dr.  F.  Fügner,  z.  Z.  in  Nienburg  an 
der  Weser,  und  der  Zweck  dieser  Zeilen  kann  kein  anderer  sein  als 
zu  verhüten  dafs  wir,  wie  es  bei  Cäsar  der  Fall  war,  3  Special- 
wörterbücher miteinander  erhalten;  auch  Kollegen  zu  ermuntern  den 
Hßgb.  durch  Zusendung  von  Liviusprogrammen  zu  unterstützen.  Herr 
F.  erklärt  sich  bereit  auf  Anfragen  von  Philologen  über  die  Sprache 
des  Livius  brieflich  Antwort  zu  erteilen. 

Krebs-Schmalz:  Antibarbarus  der  lateinisohen  Sprache.  Lief. -6. 
(=  Band  II,  Lief.  1.)    Basel  1887.    128  S.    8°. 

Die  Lieferung  umfafst  die  Buchstaben  L,  M  und  einen  Teil  von 
N;  das  Mskr.  des  Hsgb.  ist  bis  R  vorgerückt,  so  dafs  die  Abnehmer 
noch  im  Laufe  des  nächsten  Jahres  im  Besitze  des  ganzen  Werkes 
sein  werden.  Um  bei  dieser  Gelegenheit  eine  Bemerkung  von  all- 
gemeiner Bedeutung  zu  machen,  so  scheint  uns  noch  nicht  genügend 
erwogen,  welche  Formen  die  Dichter  metri  causa  begünstigen.  Magna- 
nhnus  hat  die  klassische  Prosa  sichtlich  gemieden  und  sich  mit  magni 
animi  begnügt,  aber  den  hexametrischen  Dichtern  pafste  die  Form, 
ja  sie  haben  dieselbe  wohl  geschaffen,  und  zwar,  so  viel  wir  sehen, 
Catull  66,  26  in  der  Coma  Berenices,  wo  es  einem  iuyal6tlw%og  oder 
twyd&vfiog  des  Callimachus  entsprechen  dürfte.  Vgl.  auch  58,  5.  64,  85. 
Da  die  Catullstellen  bei  Georges  fehlen,  so  kann  der  Artikel  auch 
keine  Geschichte  des  Wortes  geben.  Montuosus  war  die  von  Cicero 
und  Cäsar  gebilligte  Form,  während  Vergil  zu  montosus  greifen  mufste, 
welches  allein  sich  dem  Verse  fügte.  —  Letum  ist  und  bleibt  ein 
poetisches  Wort  bis  auf  Livius,  der  die  poetische  Diktion  mit  der 
prosaischen  zu  vermischen  begann;  die  aus  Cicero  angeführten  Stellen 
sind  wahrscheinlich  Dichterreminiscenzen.  Vgl.  die  Anzeige  von  Paul 
Meyer:  De  Ciceronis  .  . .  sermone,  unten  S.  634. 

Ducange-Favre:  Glossarium  mediae  et  infimae  latinitatia.  Tom. 
IX.  X.    Niort.  1887.    400.  XXXVI  und  CCXLIV.    174  S.    4°. 

Der  Latinist  wird  nur  selten  iu  den  Fall  kommen,  die  beiden 
Schlufsbände  des  grofsen  Werkes,  die  eigentlich  mehr  nur  einen  An- 
hang bilden,  nachzuschlagen.  Sie  enthalten  zunächst  Mitteilungen  über 
Leben  und  Schriften  von  Ducange,  eine  im  J.  1764  in  Amiens  ge- 
haltene Lobrede  auf  denselben,  die  bei  Einweihung  der  Bronzestatue 
iu  Amiens  am  19.  August  1849  gehaltenen  Reden,  und  einen  dem 
Journal  des  Savants  (1847)  entnommenen  Bericht  von  Pardessus  über 
die  von  Henschel  besorgte  Ausgabe  des  Glossars.  Den  Hauptteil  des 
9.  Bandes  aber  füllt  ein  cGlossaire  francais',  welches  gleichfalls 
Henschel  bedeutend  bereichert  hatte. 

Der  zehnte  Band  giebt  sehr  reichhaltige  Indioes,  welche  schon 
Ducange  angelegt,  die  Benediktiner  aber  in  ihrer  Ausgabe  von  1733 
weggelassen  hatten;  aufserdem  eine  Reihe  von  Abhandlungen  über 
die  Geschichte  Ludwigs  des  Heiligen.  Hier  ist  alles  beim  alten  ge- 
blieben, und   so  dürfen  wir  uns  nicht  wundern,  wenn  beispielsweise 


Litteratur.  629 

für  Commodian  auf  die  Ausgabe  von  Rigaltius,  für  Dracontius  gleich- 
falls auf  eine  längst  veraltete  verwiesen,  und  der  Vf.  der  Persecutio 
Africanae  provinciae  Victor  Uticensis,  vel  Vitensis  genannt  wird. 

Jo.  Nicolai  Madvigii  Opusonla  academioa,  ab  ipso  iterum  col- 
lecta,  emendata,  aucta.     Hauniae.    1887.    XII.  780  pag.  gr.  8°. 

Es  sind  immer  nur  vorzügliche  Universitätsschriften,  denen  eine 
Sammlung  in  Buchform  zu  teil  wird;  aber  noch  viel  seltener  dürfte 
es  sein,  dafs  eine  solche  Sammlung,  zu  Lebzeiten  des  Vf.  vergriffen, 
neu  aufgelegt  werden  niufs.  Was  M.  vor  einem  halben  Jahrhundert 
geschrieben,  ist  so  bekannt  und  anerkannt,  dafs  es  in  alle  Bücher, 
auch  die  Schulgrammatiken  übergegangen  ist,  teilweise  durch  Ver- 
mittlung der  von  M.  selbst  herausgegebenen  lateinischen  Sprachlehre; 
es  genügt  daher  für  diejenigen,  welche  die  nähere  Begründung  kennen 
zu  lernen  wünschen,  der  Hinweis,  dafs  die  Untersuchungen  über  die 
Formen  faxo,  faxiin,  über  die  Form  der  Fragesätze  in  der  Oratio 
obliqua,  über  quod  nach  den  Verbis  dicendi  und  sentiendi  und  Ver- 
wandtes hier  in  einer  Überarbeitung  vorliegen,  indem  M.  einzelnes 
zurückgenommen,  viel  mehr  aber  durch  weitere  Beispiele  bekräftigt, 
auch  die  neuere  Litteratur  in  den  Anmerkungen  vielfach  nachge- 
tragen hat.  Dafs  gerade  die  Lösung  dieser  letzteren  Aufgabe  nicht 
erschöpfend  ist,  daran  trägt  das  Augenleiden  des  Vf.  die  Hauptschuld. 
So  hat  gerade  über  den  Gebrauch  von  quod  statt  des  Accus,  c.  infin. 
Val.  Rose  in  den  Anecdota  graeco-latina  I  84  ff.  Vollständigeres  ge- 
boten, und  M.  verkennt  den  Ursprung  der  Konstruktion,  wenn  er  die 
Stelle  des  Bell.  Hisp.  36  nach  Ulpian  setzt,  die  zweite  ebendas.  10 
bezweifelt,  statt  sie  durch  eine  dritte  (18  nuntiarunt,  quod  Pompeius 
contionem  habuisset)  zu  schützen;  dem  Ciceronianer  und  überhaupt 
der  Generation  vor  uns  war  eben  die  Bedeutung  der  Volkssprache 
noch  vollkommen  unklar.  Die  Frage  über  den  Sinn  der  Formen 
faxo,  faxim  ist  in  dieser  Zeitschrift  wiederholt  behandelt  worden. 

Aber  auch  die  Abhandlungen  über  die  Textkritik  lateinischer 
Autoren  sind  für  den  Grammatiker  eine  unerschöpfliche  Quelle  der 
Belehrung,  da  M.  nicht  nur  die  Schäden  der  Überlieferung  mit  glück- 
licher Hand  (wie  wenige)  beseitigte,  sondern  auch  die  Gründe  seiner 
Bedenken  gegen  die  Form  darzulegen  pflegte  und  dadurch  den  Sprach- 
sinn weckte  und  das  Sprachgefühl  verfeinerte.  Die  verschiedenen 
Indices  tragen  wesentlich  dazu  bei  die  Benutzung  zu  erleichtern. 

K.  Cocchia:  Bassegna  oritioa  di  filologia  e  linguistioa.  Torino, 
E.  Löscher  1887.  p.  113.  [Estratto  dalla  'ttivista  di  filologia  ed 
istruzione  classica'.  Anno  XV,  fasc.  9 — 10J. 

Den  Inhalt  dieser  Schrift  bildet  eine  Reihe  kritischer  Erörterungen 
im  Anschlüsse  an  mehrere  in  den  letzten  drei  Jahren  erschienene 
Arbeiten,  welche  die  lateinische  Sprachwissenschaft  und  Litteratur 
zum  Gegenstande  haben.  Kritische  Erörterungen  müssen  notwendiger 
Weise  Gegenerörterungen  hervorrufen,  für  die  der  beschränkte  Raum 


6«%  Litteratnr. 

dieser  Anzeige  durchaus  nicht  ausreichen  würde.  Ich  begnüge  mich 
daher,  in  Kürze  den  Inhalt  der  in  mancher  Beziehung  interessanten 
'ßassegna'  anzugeben.  Die  beiden  ersten  Abschnitte  befassen  sich 
mit  der  Betonung  des  Lateinischen,  und  zwar  wird  zunächst  die  be- 
kannte Gellius-Stelle  über  die  Betonung  des  Vokativs  Valeri  dahin 
gedeutet,  dafs  es  bei  der  Vorschrift  des  Nigidius  Figulus  sich  nicht 
um  den  Wortaccent  als  solchen,  sondern  am  die  Betonung  im  Zu- 
sammenhange des  Satzes  handle,  ein  Erklärungsversuch,  der  jedenfalls 
beachtenswert  erscheint.  Dagegen  mufs  ich  den  zweiten  Abschnitt 
für  verfehlt  halten.  Cocchia  sucht  alle  jene  lautlichen  Erscheinungen, 
welche  Zeugnis  für  ein  älteres  Betonungsgesetz  im  Lateinischen  ab- 
legen, zu  beseitigen  und  mit  spezieller  Rücksichtnahme  auf  das  Grie- 
chische das  Dreisilbengesetz  als  ursprünglich  zu  erweisen.  Hiebei 
wendet  er  sich  besonders  gegen  Corssens  und  meine  im  Anschlüsse 
an  diesen  Gelehrten  in  den  Wiener  Studien  VIII  149  ff.  gegebenen 
Ausführungen,  ohne  dafs  es  ihm  nach  meiner  Ansicht  gelungen  ist, 
dieselben  als  unhaltbar  hinzustellen.  Dazu  bleiben  manche  Erschei- 
nungen (z.  B.  die  Gestalt  der  griechischen  Lehenwörter  Agrigentnm 
u.  s.  w.)  unerklärt,  andere  können  nur  höchst  gezwungen  erklärt 
werden,  und  für  die  Fälle,  wie  conscendo  neben  scändo  u.  s.  w. 
mufs  doch  eine  andere,  ältere  Betonung  angenommen  werden.  Es  ist 
aber  auch  gar  nicht  einzusehen,  warum  man  sich  gegen  ein  älteres 
Betonungsgesetz  des  Lateinischen,  das  nachgerade  von  sehr  vielen 
Seiten  anerkannt  wird  (vgl.  besonders  Brugmann  in  seinem  Grund- 
rifs  1 ,  548  f.)  so  sträuben  soll.  Wegen  der  ohnehin  sehr  faden- 
scheinigen Hypothese  des  Gräkoitalischen  darf  man  dies  einmal  ge- 
wifs  nicht  thun,  und  andere  Gründe  vermag  ich  nicht  einzusehen. 
Im  dritten  Abschnitt  stellt  C.  gegen  Seelmann  Ausspr.  85>f.  die  Be- 
hauptung auf,  dafs  der  Quantitätsunterschied  von  ä  und  ä  länger 
festgehalten  worden  sei,  als  dieser  Gelehrte  meine;  der  vierte  Ab-  ' 
schnitt  beschäftigt  sich  mit  der  Frage  der  positionsbildenden  Kraft 
des  j,  die  Cocchia  bei  einem  Teil  der  in  Betracht  kommenden  Wörter 
als  wirklich  vorhanden  angesehen  wissen  will.  Im  fünften  umfang- 
reichen Abschnitt  wird  der  lautliche  Wert  der  Konsonantenverbindung 
gn  und  die  Frage  untersucht,  ob  gn  Längung  des  vorausgebenden 
Vokales  bewirke.  C.  stellt  sich  auf  Seite  derjenigen,  welche  dem  g 
in  dieser  Lautverbind inig  den  Charakter  der  gutturalen  Media  zu- 
sprechen (allerdings  sprechen  manche  gewichtige  Momente  dagegen), 
und  die  Lunge  des  Vokals  vor  gn  gilt  ihm  namentlich  wegen  der 
romanischen  Reflexe  nicht  als  allgemein  erwiesen.  Sollte  hier  nicht 
strenger  geschieden  werden  müssen  zwischen  Schrift-  und  Vulgär- 
sprache? Der  sechste  Abschnitt  liefert  einen  Beitrag  zu  ddr  neuer- 
dings viel  erörterten  Saturnier- Frage,  deren  neueste  Behandlung  durch 
H.  Uaener  in  dem  Buche  „Altgriechischer  Versbau"  S.  76  f.  Cocchia 
freilich  noch  nicht  gekannt  hat.  Er  stellt  sich  auf  Seite  der  Ver- 
fechter der  metrischen  (prosodischen)  Natur  des  Saturniers  und  glaubt, 
dafs  die  Thesis  am  Schlüsse  des  ersten  und  zweiten  Hemistichiums 
unterdrückt   werden   konnte.     Von   den .  drei   letzten  Abschnitten    be- 


Litteratur.  631 

handeln  zwei  in  die  Literaturgeschichte  einschlägige  Fragen  (die 
Bedeutung  von  canticum  und  diverbium  und  die  Lage  der  Vater- 
stadt des  Dichters  Ennius),  der  dritte  ist  der  Erklärung  der  Phrasen 
crepuerunt   fores    bez.   ipayei    xig   il-iav  xi\v   &vqccv  gewidmet. 

Innsbruck.  Fr.  Stolz. 

J.  H.  Schmalz  und  G.  Landgraf:  K.  Reisigs  Vorlesungen  über 
lateinische  Sprachwissenschaft.  12.  Lief.  Berlin  1887.  Calvary. 
S.  769—893.   8°. 

Das  vorliegende  rieft  hat  mit  der  Behandlung  des  Participiums, 
des  Gerundium 8  und  des  Infinitivs  sowie  der  sogen.  Syntaxis  ornata 
(Ellipse,  Pleonasmus,  Periodenbau,  Anakoluth)  die  Syntax  zu  Ende 
geführt;  den  Schlufs  bilden  Nachträge  und  Berichtigungen,  vorwiegend 
Nachweisungen  neuerer,  während  des  Druckes  erschienener  Litteratur, 
und  in  einem  kurzen  Vorworte  bezeichnen  die  Hsgbb.  ihre  Stellung 
näher,  die  sie  zu  dem  Original  werke  eingenommen  haben.  Indem 
wir  dies  alles  als  bekannt  voraussetzen,  erübrigt  nur  noch  dem  Leser 
mitzuteilen,  dafs  der  einzige  noch  fehlende  Teil,  die  Semasiologie, 
von  Dr.  Ferd.  Heerdegen  bearbeitet,  bis  zum  Schlüsse  des  Jahres 
in  2  Lieferungen  erscheinen  soll.  Die  Verzögerung  hat  insofern  auch 
ihr  Gutes,  als  der  Hsgb.  durch  das  Buch  von  Darmesteter  (vgl.  S.  623) 
in  den  Stand  gesetzt  sein  wird,  der  bisher  ungebührlich  vernachläs- 
sigten Disciplin  eine  etwas  reichere  Gestaltung  zu  geben.  —  Den 
ersten  Hauptteil,  die  Etymologie,  hat  bekanntlich  bereits  vor  mehreren 
Jahren  Prof.  Herrn.  Hagen  vollendet. 

E.  Wölfflin:  Das  Wortspiel  im  Lateinischen.  Sitzungs-Ber.  der 
bayr.  Akad.  d.  Wiss.  Philol.-philos.  Ul.  11.  Juni  1887.  S.  187—209. 

Die  lateinischen  Namen  für  naQovofucöia  sind:  adnominatio 
(so  wahrscheinlich  auch  in  den  Schemata  dianoeas  35  statt  denomi- 
natio  zu  ändern),  adfictio,  supparile;  Cicero  orat.  84  definiert  die 
Wortspiele  als:  immutatione  litterae  (aut  plurium  litterarum  fügt 
Comificius  hinzu)  quaesitae  venustates.  Es  wird  zuerst  eine  Abgren- 
zung gegen  Reim  und  Allitteration  versucht,  und  dann  nach  Anleitung 
des  Coro,  eine  Klassifizierung  der  Wortspiele  gegeben:  a.  Gleichheit 
zweier  Worte  bis  auf  die  Quantität  eines  Vokales,  b.  Änderung  des 
Anfangsbuchstabens  (Konsonanten  oder  Vokales),  c.  Änderung  eines 
Mittelbuchstabens  (Kons.  Vok.),  d.  Zusatz  eines  Buchstabens  am  An- 
fang, e.  in  der  Mitte,  f.  Veränderung,  bzw.  Zusatz  zweier  Buchstaben. 
Das  moderne  Qui  s'excuse,  s'accuse  hat  sein  Vorbild  in  Hieron.  XI 
58  D.  Mig.  Dum  excusare  credis,  accusas. 

Wenn  dasselbe  Wort  in  zweifachem  Sinne  genommen  wird,  so 
gehört  dies  nach  unserer  Auffassung  auch  zum  Wortspiele,  nach 
antiker  Terminologie  zum  A  in  big  u  um,  da  die  adnominatio  zwei 
möglichst  ähnliche  Wörter  zur  Voraussetzung  hat.  Das  Beispiel  des 
Pleusikles  bei  Plautus  Mil.  1308  si  apstinuissem  a  mare  (amäre)  ist 
allerdings  trotz  Ribbecks  Billigung  unsicher  (und  vielleicht  mehr  als 
dies),   einen  Ersatz  dafür  kann  man  etwa  in  Rudens  887  finden.  — 


632  Litteratur. 

Das  Meiste  im  Wortspiele  hat  Apuleius  geleistet,  aber  sicher  nicht 
das  Beste;  auch  ist  fast  alles  Gute,  was  er  bringt,  blofse  Kopie. 
Die  Definitionen  der  antiken  rhetorischen  Lehrbücher  lassen  manches 
zu  wünschen  übrig. 

Fr  id.    Leo,    Vindioiae    Plautinae     (Ind.    lect.    in    acad.    Rostock. 
MDCCCLXXXVII/VIII).    12  pg.    4°. 

Der  Vf.  dieses,  dem  Andenken  Fr.  V.  Fritzsches  gewidmeten 
Programms  hat  schon  öfter  aus  und  für  Plautus  neue  Worte  und 
Wortformen  zu  gewinnen  gesucht;  mit  seinem  exilico,  exillim  u.  ä. 
hat  er  aber  kein  Glück  gemacht.  Diesmal  ist  er  erfolgreich.  Leo 
geht  aus  von  Epidicus  v.  349  f.  Wenn  es  ihm  auch  nicht  gelungen 
ist  den  schwierigen,  korrupten  Vers  359  befriedigend  herzustellen 
(wobei  auch  die  Spur  des  Dialogs  innerhalb  dieses  Verses  nicht  zu 
übersehen  sein  dürfte),  so  stellt  er  doch  für  drei  Voces  singulares' 
die  handschriftliche  Lesart  sicher,  wo  Camerarius'  Änderungen  zur 
Vulgate  geworden  waren:  zunächst  parenticida  (Cam.:  perenti- 
cida)  —  indem  die  glossographischen  Bemerkungen  über  den  Ge- 
brauch dieses  Wortes  'bei  den  Alten'  eben  auf  diese  Stelle  zurück- 
geführt werden  — ,  sodann  peratum  und  follitum  (Camerarius: 
—  tim)  —  indem  Lambinus'  und  der  ihm  folgenden  Juristen  Be- 
ziehung des  'Beranzten',  resp.  'Bebeutelten'  auf  die  altübliche  Be- 
strafung eines  parenticida  als  richtig  erhärtet  wird.  Wenn  dabei 
bemerkt  wird  'follem  quidem  novit  Plautus,  pro  pera  posuit  mar- 
suppium',  so  hat  Leo  die  kaum  zweifelhaften  Lesungen  Truculentus 
v.  664  und  535  ignoriert.  Schlagend  und  schön  hat  er  weiter 
Poenulus  v.  377  f.  die  Palinipsestlesart  *iam  hercle  ego  faciam  plora- 
tillum'  gegen  das  bisherige  plorantem  illum  zu  Ehren  gebracht  und 
nun  —  was  schon  Fleckeisen  ahnte  —  in  dem  entsprechendem  fat- 
que  hie  ne  me  uerberet illum  faciat'  eine  komische  Neuschöpfung 
zu  jenem  Deminutiv  von  ploratus  erkannt.  Nur  hätte  er  nicht  die, 
gerade  bei  solcher  Nachbildung  unerläfsliche  Koncinnität  des  Aus- 
drucks durch  seine  Konjektur  cne  <(in)>  me  uerberetillum  faciat5  ver- 
derben, sondern  die  Freiheit  komischer  Komposition,  resp.  Juxta- 
position  bedenken  sollen,  wie  sie  besonders  aus  den  Patron jmika 
Persa  v.  702  ff.  erhellt.  Danach  werden  wir  ein  'Michprügeleicben' 
neben  dem  'Heulereichen'  gelten  lassen.  Von  den  sonstigen  Bemer- 
kungen Leos  berühre  ich  die  über  den  Genetiv  beim  Verbum  Poenu- 
lus v.  641  und  Mostellaria  v.  1017  f.,  der  übrigens  beidemale  durch 
Wiederaufnahme  des  betreffenden  Wortes  veranlafst  ist.  Der  bei- 
läufige Versuch  Synaloiphe  über  das  abgeworfene  Schlufs-s  hinweg 
dem  Plautus  zu  vindizieren  ist  noch  sehr  unreif  ausgefallen  und  das 
triumphierende  'sie  dies  diem  docet'  hier  noch  keineswegs  am  Platz, 
Mit  einer  grammatischen  Möglichkeit  auf  der  einen  Seite,  einem 
Haufen  durch  deren  Annahme  'bereinigter'  Stellen  auf  der  anderen 
wird  bei  Plautus  das  Widersprechendste,  und  in  der  Regel  zu  viel, 
also  nichts  *  bewiesen'. 

Heidelberg.  Fr.  Scholl. 


Littecatur.  633 

Dr.  Josef  Dorsch:  Assimilation  in  den  Kompositis  bei  Plautus 
und  Terentius.     Prag.    1887.    50  S.  8°. 

Das  vorliegende  Heft  eröffnet  eine  Serie  von  *Prager  Philolog. 
Studien',  welche  von  Prof.  0.  Keller  mit  Unterstützung  des  k.  k. 
Unterrichtsministeriums  herausgegeben  werden.  Das  Thema,  welches 
Ritschi  einen  locus  impeditissimus  et  infructuosissimus  nannte,  Keller 
in  seinen  Erläuterungen  zu  Horaz  mehrfach  behandelte,  wird  hier 
allseitig  und  mit  Beiziehung  der  älteren  Inschriften,  doch  mit  Be- 
schränkung auf  die  12  von  Götz,  Löwe,  Scholl  herausgegebenen  Plau- 
tusstlicke  in  Angriff  genommen,  und  zwar  tritt  Vf.  mit  seinem 
Lehrer  der  weitverbreiteten  Ansicht  entgegen,  als  ob  die  nichtassi- 
railierten  Formen  durchweg  die  älteren,  die  assimilierten  die  jüngeren 
seien.  Im  Grunde  genommen  scheint  ja  diese  ebenso  natürlich  als 
richtig,  allein  die  Entwickelung  der  Sprache  wird  durch  eine  Reaktion 
der  klassischen  Periode  gestört,  welche  aus  grammatischer  Gewissen- 
haftigkeit oder  um  die  Etymologie  nicht  zu  verdunkeln  die  ursprüng- 
lichen Formen  der  Präpositionen  wieder  herzustellen  bemüht  war. 
Wir  sehen  hier  etwas  Ähnliches,  wie  wenn  die  archaische  Poesie 
das  s  in  der  Endung  us  aufgab,  die  klassische  es  herstellte,  und 
das  Italienische  doch  mit  Pio  nono  schlofs.  Gleichwohl  mufs  man 
sich  hüten  alles  über  einen  Kamm  zu  scheren.  Composita,  deren 
Simplex  abstarb,  wie  impleo,  impetro,  immolo  assimilierten  sich 
leichter,  d.  h.  schmolzen  zu  einem  Worte  zusammen,  als  das  in  pri- 
vativum  in  inpurus,  inprudens,  welches  durch  seinen  negativen  Sinn 
sich  als  selbständigen  Bestandteil  fühlbar  machte;  alligo  war  schon 
so  versteinert,  dafs  Plinius,  um  den  Begriff  der  Annäherung  zu  be- 
tonen, adalligo  bildete.  Andrerseits  scheint  auch  die  Kürze  der 
Stammsilbe  des  zweiten  Wortes  die  Assimilation  begünstigt  zu  haben, 
/.  B.  impius.  S.  44  werden  die  über  sämtliche  Präpositionen  (ein- 
schliefslich  dis  und  re)  gewonnenen  Resultate  zusammengestellt,  und 
ein  alphabetisches  Register  macht  S.  48  den  Schlufs  der  .sorgfältigen 
Untersuchung. 

Jac.  W  rubel:  De  vocabnlis  nimls  et  nimium  apnd  Plantnm  et 
Terentium.  Cracoviae.  14  pg.  8°  (=  Dies,  class.  philol.  acad. 
Cracov.  vol.  XIII). 

Dafs  in  der  ersten  Silbe  von  nimis  die  Negation  ne  stecke, 
welche  dem  i  der  folgenden  Silbe  assimiliert  ist,  wie  in  nihil  (=ne 
hilum),  nimirum  (=ne  mirum),  unterliegt  keinem  Zweifel;  in  der 
zweiten  erkennt  Vf.  mit  Vanicek  die  Wurzel  ma  =  Mafs,  sodafs  das 
Wort  genau  mit  funmäfsig'  (nicht  cübermäfsig')  zu  übersetzen  wäre. 
Auf  die  Ansichten  anderer,  die  Van.  II  658  anführt,  wird  nicht  ein- 
gegangen. 

Die  Sammlung  der  Belegstellen  ergiebt,  dafs  nimis  wie  nimium 
sowohl  zu  Adverbien  als  zu  Adjektiven  und  Verben  hinzutritt,  und 
dafs  beide  zu  der  abgeschwächten  Bedeutung  von  valde  herabsinken. 
Lehrreich   ist   hierfür   Augustin   enarr.   psalm.  118:   aliquando    latina 

Archiv  für  Ut  Lexikogr.  IV.    Heft  3.  4.  41 


634  Litteratar. 

lingaa  hoc  verbo  (nimis)  sie  abutitur,  ut  nimis  pro  eo,  quod  est 
valde  et  positum  inveniamus  in  litteris  sacris  et  ponamus  in  sermo- 
nibus  nostris.  Ja  schon  Cicero  schrieb  Brut.  26,  101  neque  nimis 
infans  neque  perfecte  diserta.  Die  gleiche  Entwertung  von  nimius 
wird  in  der  Vulgata  nachgewiesen,  indem  Ephes.  2,  4  nimiam  cari- 
tatem  dem  griechischen  7toXXi)v  ayan-qv  entspricht.  In  der  Vulgata 
findet  sich  das  adverbielle  nimium  nur  an  4  Stellen  des  Alten  Testa- 
mentes, nimis  weit  über  100 mal,  wie  jede  gute  Konkordanz  nach- 
weist. Nimis  läfst  Vf.  bei  Plautus  auch  mit  dem  Positiv  verbunden 
sein  (Pers.  94  n.  crudae),  doch  beruht  diese  Lesart  nur  auf  Konjek- 
tur (codd.  nihil  crudae),  wesshalb  schon  Langen,  Beitr.  z.  Kritik  des 
Plautus  (Leipzig  1880)  S.  333  die  ganze  Konstruktion  mit  Recht 
bezweifelte.  Vf.  scheint  aber  überhaupt  den  Fortschritten  der  Plau- 
tuskritik  nicht  gefolgt  zu  sein. 

Paul  Meyer:   De   Cioeronis  in  epistolis    ad  Attionm    eermone. 

Bayreuther  Progr.    1887.    60  S.    8°. 

Die  von  längerem  und  eingehendem  Studium  der  ciceronianischen 
Briefe  zeugende  Arbeit  untersucht  zunächst  einige  uicht  dem  Wort- 
schatze des  Cicero  angehörige,  sondern  der  poetischen,  oder  der  Um- 
gangssprache entnommene  Substantiva.  So  werden  die  Worte  ad 
Attic.  10,  10,  ö  quam  turpi  leto  pereamus  als  Dichtercitat  aufge- 
fafst,  was  uns  darum  bedenklich  erscheint,  weil  der  Hexameter  eine 
Cäsur  nach  dem  zweiten  Fufse  gehabt  haben  mttfste.  Mit  mehr 
Wahrscheinlichkeit  wird  die  Konstruktion  egeo  consilii  als  eine 
Redensart  der  Komiker  bezeichnet  (Plaut.  Bacch.  651),  während  sonst 
Cic.  das  Verbum  mit  dem  Ablat.  verbindet;  ad  Attic.  9,  3,  2  quod 
gravitas  morbi  facit,  ut  medicinae  egeamus  als  Hexameter  zu  fassen 
möchten  wir  darum  weniger  empfehlen,  weil  Cicero  mehr  aus  Ko- 
mikern als  aus  Hexametrikern  anführt  und  weil  es  nahe  liegt  medi- 
cina  zu  ändern.  In  diesem  Sinne  werden,  meist  nach  Suffixen  ge- 
ordnet, die  Substantiva,  Adjektiva,  Adverbia,  Verba  durchgegangen, 
welche  dem  Konversationston  anzugehören  scheinen.  Bei  den  Denii- 
nutiva  wagt  es  Vf.  sogar  die  mit  voller  und  die  mit  verlorener 
Deminutivbedeutung,  die  eine  Zuneigung  oder  eine  Geringschätzung 
ausdrückenden  Subst.  in  vier  Kategorieen  zu  sondern,  was  kaum  mög- 
lich ist;  dabei  kommt  merabranula,  Bücherschild,  unter  die  Dem.  mit 
verlorener  Deminutivbedeutung,  obschon  doch  zu  dem  den  Titel  ent- 
haltenden angehängten  Zettel  nur  ein  kleines  Stück  Pergament  nötig 
war.  Auf  den  Abschnitt  7  (sententiae  proverbiales)  seien  die  Freunde 
der  Sprich wörterstudien  hingewiesen;  Abschn.  8  endlich  giebt  eine 
Zusammenstellung  der  aus  dem  Griechischen  aufgenommenen  Wörter, 
nebst  einem  kleinen  Beitrage  zu  dem  bisher  vernachlässigten  Kapitel 
der  voces  hybridae  (z.  s.  decemscalmus).  Dafs  Cic.  griechisch  ge- 
schrieben hätte,  damit  die  Briefboten  die  Briefe  nicht  lesen  könnten, 
halten  wir  nicht  für  eine  zutreffende  Erklärung,  waren  ja  doch  ge- 
rade die  meisten  servi  a  tabellis  geborene  Griechen,  wie  ihre  Namen 
verraten. 


Litteratur.  635 

Dr.  Franz  Fröhlich:  Realistisches  und  Stilistisches  zu  Cäsar 
und  deasen  Fortsetzern.  In  der  Festschrift  zur  39.  PhiloL-Ver- 
samml.    Zürich  1887.    8°.    S.  1—55. 

Die  beiden  stilistischen  Untersuchungen  beziehen  sich  auf  die 
*  varietas '  Cäsars  und  auf  die  Frage  der  Identität  der  Vf.  des  8.  Buches 
b.  Gall.  und  des  bell.  Alex.  Dafs  die  Sprache  Cäsars  an  Reichtum 
und  Fülle  nicht  mit  der  des  Livius  konkurriert,  ist  im  Grunde  ge- 
nommen kein.  Lob  und  kein  Tadel;  beanspruchte  ja  doch  Cäsar  mit 
seinen  Kommentarien  nur  das  Material  vorzulegen,  gleichsam  eine  Blei- 
stiftzeichnung, die  erst  durch  die  Farben  eines  anderen  zu  grüfserer 
Wirkung  gelangen  sollte.  Demnach  fehlen  Redensarten  wie  fundere 
et  fugare,  occidione  occidi,  weil  sie  für  die  Skizze  nicht  zu  passen 
schienen.  Indem  Vf.  an  der  militärischen  Phraseologie  nachweist, 
dafs  Cäsar  doch  nicht  immer  die  gleichen  Wendungen  abnützt,  son- 
dern öfters  wechselt,  wünscht  er  ein  Vorurteil  zu  beseitigen,  welches 
that sächlich  wohl  kaum  in  dem  Grade  besteht,  wie  er  es  sich  vor- 
stellt. Aber  auch  nicht  allen  Belegen  könnte  man  die  Unterschrift 
geben:  quod  erat  demonstrandum.  L>t  es  denn  variatio,  wenn  Cäsar 
bald  castra  facere  bald  c.  ponere  schreibt?  Nach  unserm  Ermessen 
ist  castra  facere  der  allgemeine  Ausdruck  für  *  Lager  schlagen',  c. 
ponere  der  besondere  mit  Rücksicht  auf  die  örtlichkeit  oder  die 
Entfernung  vom  Feinde.  Ebenso  wenig  erkennen  wir  in  proelium 
facere  und  pr.  committere  eine  Varietas,  da  b.  Gall.  1,  13  proelio 
facto  auf  die  Beendigung  des  Treffens  geht,  1,  15  pr.  committere  auf 
ein  leichtes  Engagement  der  Verfolgenden  mit  der  Nachhut. 

Auch  die  zweite  Frage  wird  von  der  militärischen  Phraseologie 
aus  beleuchtet.  Als  Vf.  des  8.  Buches  gilt  auch  hier  Hirtius,  wäh- 
rend für  das  b.  Alex,  ein  Anonymus  angenommen  wird.  Nach  be- 
endigter Lektüre  wird  man  geneigt  sein,  sich  gegen  Nipperdey  auf 
die  Seite  von  Fr.  und  E.  Fischer  (Progr.  Passau  1880)  zu  stellen, 
und  wir  glauben  auch,  dafs  die  beiden  schliefslich  Recht  behalten 
werden  (eine  gute  Bemerkung  ist,  dafs  Hirtius  obsessio,  der  Vf.  des 
bell.  Alex,  obsidio  gebraucht);  allein  im  einzelnen  liefsen  sich  doch 
Bedenken  erheben,  z.  B.  cuniculus  zweimal  in  b.  Gall.  8,  nicht  im 
b.  Alex.  —  weil  hier  ein  socher  Minengang  nicht  vorkommt. 

C.  Sallusti  Crispi  Catttina,  Jugnrtha,  historiaram  reliqniae  co- 
dioibus  servatae.  Tertium  recognovit  Henr.  Jordan.  Berol. 
apud  Weidmannos  1887.    XX.    172  pg.    8°. 

Die  in  dem  Palimpseste  der  Bibliothek  von  Orleans  von  Edm. 
Hau ler  entdeckten,  edierten  und  kommentierten  Bruchstücke  der  Hi- 
storien des  Sallust  sind  hier  um  billigen  Preis* dem  weiteren  Publi- 
kum zugänglich  geworden.  Leider  hat  Jordan,  von  Hauler  in  liberal- 
ster Weise  durch  Mitteilung  der  gelesenen  Kolumnen  unterstützt, 
dessen  abschliefsende  und  zusammenfassende  kritische  Ausgabe  nicht 
mehr  erlebt  und  so  hat  es  auf  den  Wunsch  des  Verstorbenen  der 
bekannte  Jurist  Paul  Krüger  unternommen,  das  von  Jordan  Begon- 

41* 


636  Litteratur. 

nene  zu  einem  Abschlüsse  zu  bringen,  indem  er  aus  dem  reichen  bei 
Hanler  vorgelegten  Vorrate  von  Konjekturen  mit  besonnenem  Urteile 
das  Probehaiti gste  ausschied.  Mit  Recht  macht  er  darauf  aufmerk- 
sam, dafs  die  schon  früher  bekannten  Historienfragmente  des  codex 
Vaticanus  zu  dem  gleichen  Codex  gehört  haben  müssen,  dem  wir  auch 
den  Fund  von  Orleans  verdanken,  wornach  denn  auch  für  die  vati- 
kanischen Kolumnen  je  21  Zeilen  (nicht  20,  wie  Jordan  und  die 
andern  Hsgb.  glaubten)  zu  rechnen  und  die  Ergänzungen  darnach  zu 
bestimmen  sind. 

Dietr.  Roh  de:  Adieotivum  quo  ordine  apud  Sallnstinm  con- 
iunotom  sit  cum  aubstantivo.  (Gratul.-Schr.  zum  Jubiläum 
der  Universität  Göttingen.)    Hamb.  1887.    35  pg.    4°. 

Die  heute  gültige  Schulregel,  dafs  das  Adjektiv  dem  Substantiv 
vorangehe,  ist  wesentlich  durch  Pastor  C.  G.  Bröder  in  Umlauf  ge- 
kommen, welcher  wahrscheinlich  seine  Beobachtungen  über  die  Pro- 
nom.  possess.  etwas  voreilig  auf  die  Adjektiva  ausgedehnt  hat.  Die 
alten  Grammatiker  kennen  dieselbe  nicht  nur  nicht,  sondern  in  ihren 
Musterbeispielen  nehmen  bonus,  magnus  u.  s.  w.  die  erste  Stelle  ein; 
auch  die  andern  indogermanischen  Sprachen  geben  keine  Parallele. 
Vf.,  welcher  schon  früher  die  Voranstellung  des  Adjektivs  für  Cäsar 
und  Ciceros  Beden  zu  erweisen  unternommen  hatte,  setzt  hier  aus- 
einander, dafs  Sallust  durchaus  in  Übereinstimmung  mit  seinen  Zeit- 
genossen stehe.  Da  aber  gerade  die  Regel  von  der  Stellung  des  Ad- 
jektivs, man  mag  sie  formulieren  wie  man  will,  nicht  ohne  zahlreiche 
Ausnahmen  bleibt,  so  sei  es  gestattet,  hier  einige  allgemeine  Gesichts- 
punkte anzudeuten. 

Zu  den  Beweisen,  dafs  das  A.  voranstehe,  kann  die  Verbindung 
magna  pars  gezählt  werden,  die  mit  12  Beispielen  als  feste  Formel 
gelten  darf,  wie  man  auch  adverbiell  nur  sagt  magnam  partein. 
Oder  wäre  aequanimitas  gebildet  worden,  wenn  man  nicht  gewöhn- 
lich gesagt  hätte  aequo  animoV  Dafs  man  schreiben  solle  rualae 
(pessimae)  artes  und  lieber  bonae  artes,  sagt  uns  das  durch  die  Lek- 
türe gebildete  Ohr.  Wir  wollen  aber  die  Abweichungen  gerade  an 
diese  Muster  anknüpfen.  Sallust  sagt  Cat.  10,  4  ceterasque  artis 
bonas,  und  lug.  1,  3  aliasque  a.  b.,  offenbar  weil  er  lieber  die  beiden 
Adjektiva  (Pronomen  und  Adjektiv)  trennt.  Oder  er  schreibt  Cat.  5,  1 
ingenio  malo  pravoque,  trotz  mali  mores,  weil  das  Substantiv  zwei 
Epitheta  erhält  und  nach  einem  allgemeinen  Gesetze  des  Wohlklanges 
die  kürzeren  Glieder  vorausgehen  sollen.  Ebenso  erklärt  sich  lug.  27,  2 
vir  acer  et  infestus  potentiae  nobilitatis  gegenüber  lug.  43,  1  acri 
viro.  Einsilbige  Wörter  wie  res  und  spes,  vir  u.  ä.  haben  daher  den 
Vortritt,  namentlich  wenn  sie  nicht  durch  Deklination  zweisilbig  werden, 
und  so  mag  das  stehende  res  publica  und  rem  publicam  andere  For- 
meln der  Kurialsprache  nach  sich  gezogen  haben,  z.  B.  die  verhältnis- 
mäfsig  häufige  Nachstellung  von  civilis.  Dies  nur  beiläufig  zum  Be- 
weise, dafs  eine  blofse  Sammlung  der  Beispiele  nicht  genügt,  sondern 
zur  Erklärung  notwendig  die  ratio  gehört. 


Litteratur.  637 

Joannes  ßozwadowski:  Qua  ratione  hifltorici  Bomani  numeros 
qui  accurate  definiri  non  poterant  expresserint.  Cracoviae. 
1887.  18  pagg.  8°.  [Dissert.  philol.  acad.  litter.  Cracov.  vol. 
XIIL] 

Man  darf  sich  immer  freuen,  wenn  die  philologische  Beobach- 
tung von  dem  engeren  Gebiete  des  Sprachgebrauches  eines  einzelnen 
Schriftstellers  auf  ein  weiteres  Feld  vordringt,  weil  der  Reichtum 
und  das  Leben  einer  Sprache  nur  aus  der  Vergleichung  vieler  Autoren 
erkannt  wird.  Vf.  hat  für  seine  Untersuchung  die  Historiker  zur 
(■rund läge  genommen,  aber  freilich  nur  bis  und  mit  Livius.  In  drei 
Kapiteln  bespricht  er  die  Ausdrücke,  welche  eine  Annäherung  an 
eine  Zahl,  eine  Überschreitung  derselben  bezeichnen,  oder  auch  als 
unbestimmte  an  beides  denken  lassen.  In  die  letzte  Klasse  setzt  er 
circa,  circiter  und  maxime;  wahrscheinlich  wäre  auch  das  sallustia- 
nische  quasi  hieher  zu  ziehen  gewesen,  da  es,  wie  maxime  dem 
paXiöxct,  so  doch  wohl  dem  griechischen  d>g  entspricht.  Dafs  die 
Klassiker  lieber  circiter  als  circa  gebrauchen,  war  mit  Charisius  u.  a. 
Autoritäten  zu  bekräftigen,  so  wie  auch  der  mehr  vulgäre  Gebrauch 
des  letzteren  durch  Petron.  97  anuorum  circa  XVI  bestätigt  wird. 
Ein  Irrtum  ist  es,  wenn  Vf.  glaubt,  Sallust  habe  lug.  68  circiter 
horam  tertiana  geschrieben,  da  cod.  Paris,  und  die  neueren  Ausgaben 
den  Ablativ  bieten  und  das  klassische  Latein  an  dieser  Struktur  fest- 
hält, z.  B.  Sulpicius  bei  Cic.  epist.  4,  12  circiter  hora  deeima.  Da 
Vf.  auch  plus  minus  als  bei  den  Historikern  fehlend  erwähnt,  so 
war  beizufügen,  dafs  das  älteste  Beispiel  sich  bei  Petron.  52  findet, 
zahlreiche  namentlich  in  christlichen  Grabschriften  bei  Angabe  des 
Alters. 

Zu  der  zweiten  Kategorie  gehört  aufser  supra,  amplius  u.  ä. 
admodum  =  reichlich;  zu  der  ersten  wird  aufser  ad,  paene,  prope, 
vix  namentlich  fere  und  ferme  gezogen  (ferme  =  ferime  wahrschein- 
lich Superlativ),  obschon  beide  vielfach  die  Bedeutung  von  circiter 
angenommen  haben.  Bei  ad  ist  sich  Vf.  über  die  adverbiale  und 
präpositionale  Kraft  und  die  damit  zusammenhängende  Konstruktion 
nicht  klar  gewesen;  es  war  ihm  unbekannt,  dafs  man  sagt:  ad  sexcen- 
tos  caesi,  aber  bei  vorausgehendem  Tausender  ad  mille  et  septingenti 
caesi.  Wenn  daher  bei  Livius  41,  18,  2  überliefert  ist:  ad  M  et  D 
perierunt,  so  ist  quingentos  eine  willkürliche  (falsche)  Auflösung,  und 
bei  Weifsenborn  richtig  quingenti  zu  finden.  —  Es  scheint,  dafs  Vf. 
die  Beispiele  selbst  gesammelt  hat,  obschon  er  sie,  wenigstens  für 
Cäsar  und  Sallust,  in  den  Specialwörterbüchern  hätte  finden  können. 
Auch  wäre  eine  genauere  Kenntnis  und  Ausbeutung  der  neueren 
Litteratur  der  Abhandlung  zu  statten  gekommen,  da  beispielsweise 
Franz  Violet  in  den  Leipziger  Studien  V  225  —  234  über  die  „runden" 
Zahlen  (bei  Tacitus)  geschrieben  hat  Doch  wird  man  mit  der  An- 
nahme nicht  fehl  gehen,  dafs  dem  Vf.  solche  Bücher,  wie  auch  der 
Tursellinus,  nicht  zugänglich  gewesen  seien.  Aber  auch  so  läfst  sich 
einiges  aus  der  Schrift  lernen. 


638  Litteratur. 

Ioannes  Groesst:  Quatenus  Silius  Italious  a  Vergilio  pendere 
videatur.  Aquis  Mattiacis  1887.  62  pagg.  8°. 
Vf.  untersucht  in  dieser  fleifsig  gearbeiteten  Dissertation  nach 
vorsichtiger  Begrenzung  des  Standpunkts  die  Abhängigkeit  des  Silius 
von  seinem  epischen  Vorbild.  Das  erst«  Kapitel  weist  diese  Ab- 
hängigkeit nach  e  compositionis  arte  und  zeigt,  wie  viel  Silius  von 
dem  epischen  Rüstzeug,  das  er  wie  kein  anderer  in  seiner  ganzen 
Fülle  verarbeitet  hat,  dem  Vergil  verdankt.  Im  zweiten  Kapitel  be- 
spricht er  die  imitatio  singulorum  versuuin.  Bei  aller  Abhängigkeit 
des  Silius  von  Vergil,  wie  sie  sich  hier  in  der  direkten  Entlebnuug 
einzelner  Verse  oder  in  der  Nachbildung  anderer,  sowie  in  der  Hertiber- 
nahme  gleicher  Versanfänge  und  Versschlüsse  kundgiebt,  ist  doch  das 
charakteristische  Streben  desselben  nach  Variation  bemerkenswert 
Wie  Silius  im  Gegensatz  zu  anderen  Epikern  (Homer,  Vergil,  Statius) 
die  stereotype  Wiederholung  gleicher  Verse  oder  Versteile  in  gleichem 
Zusammenhange  vermeidet,  so  sucht  er  auch,  wo  es  möglich  ist, 
völlige  Gleichheit  in  der  Nachahmung  zu  umgehen;  er  ändert  — 
lediglich  der  Variation  halber  —  die  Numeri,  gebraucht  für  ein 
vergilisches  Wort  ein  Synonymum,  setzt  ein  verbuin  simplex,  wo  sein 
Vorbild  ein  compositum  hat,  und  umgekehrt,  verändert  die  Stellung 
u.  s.  w.  Dieses  fast  ängstliche  Bestreben  des  Dichters  erinnert  uns 
an  den  Ausspruch  des  jüngeren  Plinius,  dafs  Silius  maiore  cura  quam 
iugenio  gedichtet  habe.  —  Das  dritte  Kapitel,  das  hier  hauptsächlich 
in  Betracht  kommt,  handelt  de  elocutione.  Hier  tritt  der  Arbeit 
Groessts  die  Schinkels,  welche  dem  Vf.  unbekannt  geblieben  zu  sein 
scheint,  ergänzend  zur  Seite,  und  es  ist  das  Urteil  des  ersteren  nach 
der  Untersuchung  des  letzteren  zu  ergänzen  und  zu  modifizieren. 
Denn  wenn  auch  vollkommen  zuzugeben  ist,  dafs  Silius  ach  hin- 
sichtlich der  Sprache  in  die  Fufsstapfen  Vergils  getreten  ist,  so  darf 
andrerseits  nicht  aufser  acht  gelassen  werden,  dafs  er  insofern  über 
sein  Vorbild  hinausgegangen  ist,  als  er  die  gräzisierende  Sprache 
des  Horaz  und  Ovid  nachahmte  und  die  Grenzen  derselben  sehr  er- 
weiterte, besonders  hinsichtlich  des  Infinitivgebrauches  (vgl.  Archiv 
I  145).  Im  übrigen  giebt  auch  dieser  Teil  der  Dissertation  Groessts 
ein  klares  Bild  von  der  Abhängigkeit  des  Silius  von  Vergil.  Dieselbe 
zeigt  sich  in  der  Verbindung  gleicher  (oder  ähnlicher)  Substantiva 
mit  gleichen  Adjektiven  oder  Substantiven,  gleicher  Verba  mit  gleichen 
Substantiven,  Adjektiven  und  Participien,  in  einzelnen  Tropen  und 
Figuren,  sowie  einzelnen  Redewendungen.  Aber  auch  hier  findet  man 
wieder  in  ähnlicher  Weise  das  Streben  nach  Variation,  das  sich  viel- 
leicht auch  darin  kundgiebt,  dafs  Silius  die  dem  Vergil  entlehnten 
-Verbindungen  sehr  häufig  an  andrer  Versstelle  bringt,  als  sie  bei 
diesem  stehen.  —  Einzelne  Wörter,  die  nur  bei  Vergil  und  Silius 
vorkommen,  sind  sternax  und  trifaux;  erst  bei  Späteren  kommen 
folgende  von  jenen  zuerst  gebrauchten  Wörter  wieder  vor:  armisonus, 
bacatus,  effultus,  undosus,  immugire.  —  Unrichtig  citiert  ist  S.  61 
die  Geminatio  von  pariter;  bei  Vergil:  Euandrus  pariter,  pariter 
Troiana    iuventus    (nicht    pariterque),    bei    Silius:    Neptuno    pariter 


Litteratur.  639 

pariterque  Tonanti.  —  Zu  den  Neubildungen  des  Silius,  welche 
»Schinkel  citiert,  dürfte  von  Adjektiven  auf  ficus  aufser  mitificus  noch 
carnificus  kommen.  I  173  bietet  nämlich  die  handschriftliche  Über- 
lieferung einstimmig  carnificaeve  manus,  ebenso  die  älteren  Ausgaben, 
erst  die  ed.  Basil.  von  1522  carnificesve;  es  wird  wohl  kein  Grund 
vorhanden  sein,  von  der  Überlieferung  abzuweichen.  —  Ferner  dürfte 
sich  IV  59,  wo  tiberliefert  ist:  debellata  procul  qnaecunque  vocantur 
Iberis,  empfehlen  zu  lesen  vocatur  Iberis,  und  dieses  Iberis,  ob- 
wohl sonst  nicht  vorkommend,  dürfte  bei  der  Vorliebe  des  Silius  für 
griechische  Kasusendungen  (vgl.  Schinkel  p.  35)  als  Nebenform  für 
Iberia  zu  nehmen  sein. 

Regensburg.  Ludw.  Bauer. 

Fried r.  Walter:    Studien  zu    Taoitus  und  Curtius.     Progr.  des 
Wiihelms-C.ymn.  in  München.    1887.    54  S.    8°. 

Der  Haupt  teil  dieses  Programmes  behandelt  S.  7  ff.  unter  der 
Überschrift  Die  stilistischen  Berührungspunkte  des  Curtius  und  Ta- 
citus' ein  jedenfalls  interessantes,  aber  noch  nicht  vollständig  gelöstes 
und  wohl  auch  nicht  ganz,  lösbares  Problem.  Vf.  hat  die  zahlreichen 
dem  Curtius  und  dem  Tacitus  gemeinsamen  und  in  den  Kommentaren 
zu  diesen  Historikern  vielfach  citierten  Phrasen  und  Ausdrücke  auf 
Grund  eigener  Lektüre  um  ein  Bedeutendes  vermehrt,  so  dafs,  da 
von  zufalligem  Zusammentreffen  kaum  mehr  gesprochen  werden  darf, 
nach  einer  Erklärung  gesucht  werden  mufs. 

Ausgeschlossen  hat  Vf.  mit  Recht  die  betenfite  Nachahmung  des 
Curtius  durch  Tacitus,  d.  h.  Curtius  ist  für  Tacitus  nicht  gewesen 
was  Sallust  oder  Livius.  Manches  wird  auf  gemeinsame  Vorbilder 
(Sallust  und  Livius)  zurückgeführt;  nur  läTst  sich  leider  nicht  be- 
stimmen, wie  weit  mau  in  dieser  Richtung  gehen  dürfe,  da  die  gröfsere 
Hälfte  der  Werke  beider  untergegangen  sind.  Aber  das  hat  Vf.  doch 
bewiesen,  dafs  nicht  alle  stilistischen  Vorbilder  in  den  Historien  des 
Sallust  gesucht  werden  dürfen,  da  viele  curtianisch-taciteische  Wen- 
dungen entschieden  den  Charakter  der  silbernen  Latinität  tragen  und 
von  der  Diktion  der  Republikaner  entschieden  abweichen.  Die  Reden 
dos  Alexander  und  Darius  (Curi  4,  14)  ähneln  sehr  denen  des  Cal- 
gacus  und  Agricola  bei  Tac.  Agr.  30  ff.;  aber  Sallust  hat  beiden 
darum  nicht  wohl  als  Modell  gesessen,  weil  eine  solche  Rede  und 
Gegenrede  aus  Sallust  nicht  nachweisbar  ist.  |  Ob  Lucullus  und 
Mithridates  in  den  Historien  des  Sallust  redend  auftraten,  wird 
Schnorr  näher  auseinandersetzen!.  Ja  man  wird  auch  zugeben  dürfen, 
dafs  es  zum  mindesten  bedenklich  ist  alle  Kongruenzen  aus  den  ver- 
lornen Büchern  des  Livius  zu  erklären;  denn  was  Curtius  schreibt  4, 
IG,  17  intravit  animos  pavor.  Tac.  Agr.  5  intravit  animum  cupido 
scheint  mir  nachlivianische  Neuerung;  vgl.  Liv.  1,  56,  10  cupido  in- 
cessit  animos  iuvenum;  29,  3,  9  maestitia  animos  incessit  u.  s.  w., 
wie  auch  Curtius  3,  22,  25  sich  ausdrückt  animos  formido  incesserat. 
Man  müfste  denn  annehmen,  Livius  habe  seinen  Stil  in  den  späteren 


g40  Litteratur. 

verlorenen  Büchern  verändert.     Wie  soll  man  bei  solcher   Sachlage 
urteilen? 

Vf.  ist  nicht  abgeneigt  zu  glauben,  Tacitus  habe  den  Curtius 
gelesen  und  seine  Untersuchung  hat  diesem  an  sich  unwahrschein- 
lichen Gedanken  jedenfalls  das  Befremdliche  genommen,  sodafs  die 
Möglichkeit  zugestanden  werden  mag.  Freilich  bleibt  ein  Paktor,  an 
den  Vf.  nicht  gedacht,  ganz  aufser  Rechnung,  der  stilistische  Charakter 
der  Historiographie  unter  den  ersten  Kaisern.  Können  nicht  Zeitge- 
nossen des  Velleius  gedacht  werden,  welche  den  alten  historischen 
Stil  umbildeten  und  mit  neuen  Phrasen  bereicherten,  die  wir  nun  bei 
C.  und  T.  finden?  Vf.  scheint  ja  auch  zuzugeben,  dafs  der  modicus 
flexus  des  Rheines  bei  Tac.  Germ.  1  aus  Poinpon.  Mela  3,  1  stamme, 
und  nicht  aus  Curtius  6,  3,  16. 

Die  Konjektur  Tac.  Annal.  4,  65  cum  in  auxilium  ad venia - 
vieset  (S.  5)  empfiehlt  sich  von  sachlichen  wie  vom  paläo  graphischen 
Standpunkte,  allein  die  sprachlichen  Bedenken  gegen  ein  Perfekt  ad- 
venfavi  bei  Tacitus  (Arch.  III  558)  hat  Vf.  doch  nicht  widerlegt,  da 
Belege  aus  dem  Spätlatein  nichts  beweisen  und  nicht  die  Perfecta 
der  Verba  frequentativa  Überhaupt  bezweifelt  werden,  sondern  nur 
das  von  adventare  wegen  seiner  Bedeutung. 

Hans  Schmaus:  Tacitus  ein  Naohahmer  Vergils.  Erlang.  Doetor- 
Diss.  Bamberg.  (Buchner)  1887.    55  S.    8°. 

Sowohl  die  Verbreitung  durch  den  Buchhandel  als  auch  die  Be- 
deutung der  beiden  verglichenen  Schriftsteller  dürften  dieser  Schrift 
einen  größeren  Leserkreis  sichern.  Nach  einer  allgemeinen  Ein- 
leitung über  die  litterarische  Nachahmung  und  die  Ansichten  der 
Altetx  darüber  untersucht  Vf.  zuerst  die  (mehr  als  300)  von  Vergil 
zuerst  gebildeten  Wörter  und  bekennt  vorurteilsfrei,  dafs  das  Wieder- 
kehren des  fünften  Teiles  derselben  bei  T.  darum  nicht  viel  für  eine 
Abhängigkeit  beweise,  weil  viele  schon  vor  T.  in  die  silberne  Prosa 
übergegangen  waren.  So  ist  zwar  abolere  memoriam  eine  dem  V. 
und  dem  T.  gemeinsame  Phrase,  aber  sie  findet  sich  sowohl  bei 
Livius  und  Valerius  Maximus,  als  auch  noch  in  den  Script,  rer.  Langob. 
p.  576,  31,  erfreute  sich  demnach  allgemeiner  Anerkennuug.  Mehr 
tritt  die  Verwandtschaft  in  der  Verwertung  der  von  V.  gebildeten 
Militärausdrticke  hervor,  wie  in  belli  eommercia,  und  nach  dem  Vor- 
gange des  epischen  belli  vices  wird  *  Annal.  2,  5  sehr  ansprechend  das 
schwer  erklärbare  proelioruin  vias  in  pr.  vices  (Agric.  18  belli 
vices)  geändert.  Besonders  sind  die  Redensarten  des  Schlusses  des 
Hexameters  in  dem  Ohre  des  T.  hängen  geblieben,  indessen  meist 
durch  veränderte  Wortstellung  oder  andere  Mittel  de*  Metrums  ent- 
kleidet, da  Quintilian  gerade  die  Klausein  in  der  Prosa  tadelt.  So 
finden  wir  complectitur  armis,  obstruit  auris,  arma  ministrat,  ingerit 
hastas,  expendere  poenas,  tendere  contra,  abrumpere  vitam,  mortis 
imago,  rumore  secundo,  bei  T.  wieder,  aber  nicht  mehr  als  Vers- 
schlüsse,  und  dafs  die  Änderung  absichtlich  erfolgt  sei,  leidet  keinen 


Litte  ratur.  641 

Zweifel.  Dafs  man  dem  T.  immer  noch  den  Hexameter  Germ.  39 
silvam  auguriis  pätrum  et  prisca  formidine  säcram  aufbürJet,  ist  eigent- 
lich unbillig,  da  T.  das  vollste  Recht  hatte  das  a  vor  Muta  cum 
liquida  kurz  zu  messen.  Annal.  2,  78  vitare  litorum  oram  entspricht 
dem  vergilischen  litoris  oram;  daher  war  die  Konjektur  Madvigs 
moram  zu  verwerfen,  aber  vielleicht  auch  oras  zu  schreiben.  Die 
poetische  Diktion  schimmert  namentlich  in  zahlreichen  Tropen  und 
Figuren  durch,  z.  B.  derigere  volnera  =  tela,  laborum  nova  facies. 
Manche  dieser  Parallelen  waren  zwar  schon  bekannt,  allein  doch  nicht 
konsequent  verwertet.  Denn  es  wird  doch  sehr  bedenklich  Annal. 
12,  68  mit  Nipperdey  dolore  victa  zu  lesen,  wenn  der  Konjektur  von 
Heiusius  evicta  Verg.  Aen.  4,  474  evicta  dolore  zu  Hülfe  kommt. 
Namentlich  lehnt  sich  die  freie  Stellung  der  Präposition  genau  an 
Vorbilder  des  V.  an,  die  man  bisher,  mit  allgemeinen  Bemerkungen 
zufrieden,  nicht  herausgefunden  hatte:  so  Aen.  2,  65  crimine  ab  uno 
==  Annal.  3,  10  iudice  ab  uno;  11,  409  pectore  in  ipso  =  15,  18 
portu  in  ipso;  Georg.  1,  33  Erigonen  inter  chelasque  =  last.  2,  78 
Judaeam  inter  Suriamque.  Nur  hat  T.  die  Nachstellung  von  circum 
auch  auf  coram  übertragen,  und  zu  nachgesetztem  penes  ist  kein  Vor- 
gänger bekannt.  Vgl.  Arch.  IV  399,  und  über  parte  ex  alia  Arch.  III 565. 
Mit  derselben  Umsicht  werden  dann  die  Adjektiva,  Verba  u.  s.  w.  und 
zuletzt  aus  der  Syutaxis  casuum  der  Dativ  und  Genetiv  behandelt, 
Tac.  ann.  1,  51  (incessit  itineri  et  proelio)  wird  man  aber  schwerlich 
mehr  einen  Zweckdativ  annehmen,  sondern  da  Pars  folgt,  lieber  pa- 
ratus  einsetzen,  nach  Liv.  3,  27,  6.  Curt.  3,  8,  23.  Zu  male  fidus 
vgl.  Arch.  I  96;  Maximin.  eleg.  4,  32  non  bene  fidus,  und  male  fortis 
in  den  Reichenauer  Glossen  194  Förster,  durch  welches  der  Über- 
gang zu  franz.  mefier  gebahnt  ist. 

Bernh.  Dombart:  Commodiani  oarmina.  (=  Corpus  Script,  eccles. 
latiu.  vol.  XV)  Vindob.  1887.    XXIV.    250  pgg.  8°. 

Bei  der  hervorragenden  Bedeutung,  welche  Commodian  für  die 
Kenntnis  des  Vulgärlateins  (scripsit  mediocri  sermone,  sagt  Gennadius) 
hat,  dürfen  wir  in  einer  neuen  kritischen  Ausgabe  eine  neue  und  er- 
giebige Quelle  für  die  Bereicherung  unserer  sprachgeschichtlichen 
Studien  erblicken,  und  das  um  so  mehr,  als  durch  neue  handschrift- 
liche Hilfsmittel,  namentlich  den  Codex  Cheltenhamensis,  der  Text 
nicht  nur  eine  sichere  Basis  (Recensio)  erhalten  hat,  sondern  auch 
das  Verständnis  des  Dichters  auf  jeder  Seite  durch  glückliche  Emen- 
dationen  des  Hsgb.  gefördert  worden  ist.  Wir  beeilen  uns  daher 
unsere  Leser  auf  diese  längst  mit  Sehnsucht  erwartete  und  uns  eben 
durch  die  Freundlichkeit  des  Hsgb.  zugehende  Ausgabe  aufmerksam 
zu  machen.  Mit  Recht  durfte  derselbe  mit  den  (fast  nur  zu  beschei- 
denen) Worten  schliefsen:  Iam  denuo  prodeat  Commodianus  non  ille 
quidem  tersus  atque  limatus,  at  sui  ipsius,  spero,  paulo  similior. 

In  der  Vorrede  wird  gezeigt,  dafs  C.  namentlich  den  Horaz  und 
den  Vergil    gelesen    und   stellenweise    nachgebildet   hat   (die  Worte 


642  Litteratur. 

vertitur  interea  caelnm  wird  er  doch  eher  dem  Vergil  als  dem  Emmis 
entnommen  haben);  aber  auch  die  frustula  anderer  heidnischer  Autoren, 
des  Lucrez,  Cicero,  Ovid,  Tibull  liefsen  sich  nach  der  Ansicht  des 
Hsgb  herausschälen,  wie  es  M.  Hertz  bei  Ammian  gethan  hat.  Von 
Kirchenschriftßtellern  sind  namentlich  Tertullian  und  Cyprian  (nicht 
aber  Lactanz,  wie  Gonnadius  irrtümlich  schreibt)  benutzt  worden.  — 
Dafs  der  Hsgb.  die  neuesten  Arbeiten  von  Hanssen,  Hartel,  W.  Meyer, 
der  die  distichische  Komposition  des  Dichters  entdeckt  hat,  u.  a. 
sorgfältig  verwertet  hat,  war  von  vornherein  zu  erwarten;  ein  Blick 
in  den  kritischen  Kommentar  zeigt  uns  zur  gröfsten  Uberraschuug, 
wie  viel  die  Kritik  seit  Ludwig  gewonnen  hat.  Die  Lesarten  der 
Haupthandschriften  sind  nicht  nur  mit  Buchstaben,  sondern  oft  mit 
Hülfe  neu  geschnittener  Abkürzungszeichen  wiedergegeben.  Reiche 
Indices  Scriptorum,  Nominum,  und  namentlich  Verborum  et  locutio- 
num  (p.  195  ff.)  machen  den  Schlafs. 

A.  Reiter:  De  Ammiani  Marcellini  turn  orationis  obliquae.   Progr. 
des  Gymn.  zu  Amberg.    1887.    78.    p.  8°. 

R.  hat  in  eingehender  und  gründlicher  Weise  das  im  4.  Jahrh. 
schon  ziemlich  irreguläre  und  bei  A.  noch  mehr  verzwickte  Kapitel 
der  oratio  obliqua  in  3  Teilen  behandelt.  Im  1.  Abschnitt  (S.  11 — 12) 
erfahren  wir,  dafs  A.  eine  ganz  stattliche  Anzahl  von  Verben  zur  Ein- 
leitung der  or.  ob.  verwendet,  teils  schon  früher  gebrauchte,  teils  erst 
ganz  neu  in  diesen  Dienst  gestellte,  wie  librare,  mussitare,  arces- 
sere  etc.  Der  2.  Teil  ist  der  Besprechung  der  Pronomina  gewidmet 
(S.  13 — 33).  Beachtenswert  ist,  dafs  A.,  geleitet  von  seinem  griechischen 
Sprachgefühle,  viel  häufiger  als  es  früher  geschah  das  Subjekt&pron. 
se  ausläfst  (nebenbei  sei  bemerkt,  dafs  sese  sich  blofs  einmal  als 
Subjektspron.  findet  XVIII  7,  10;  der  Verf.  möchte  selbst  dieses 
einzige  ausmerzen),  dafs  er  mehrmals  das  Pron.  is  statt  des  reflexiven 
gebraucht,  dafs  zur  Bezeichnung  der  2.  Person  der  o.  recta  in  der 
o.  o.  nur  einmal  ille  erscheint,  is  dagegen  20mal,  dafs  für  nunc 
immer  tunc,  für  adhuc  dagegen  nie  ad  id  (illud)  tempus  steht.  Das 
3.  Kapitel  behandelt  die  Modi  und  Tempora  des  Verbs  (S.  34  —  78). 
Was  die  Hauptsätze  betrifft,  die  eine  Aussage  enthalten,  so  steht  die 
tiberwiegende  Mehrzahl  derselben  (378)  im  Acc.  c.  Inf.,  eine  kleinere, 
aber  immerhin  beträchtliche  Anzahl  wird  mit  quod  eingeleitet,  nach 
dem  auffallender  Weise  öfter  der  Indikativ  als  der  Konjunktiv  folgt. 
Vf.  giebt  auf  S.  41  an,  dafs  quod  in  40  Fällen  den  Ind.,  in  19  den 
Konj.  nach  sich  habe;  auf  S.  60  redet  er  aber  von  21  Stellen  des 
Konj.,  und  zählen  wir  selbst  die  angeführten  Beispiele  zusammen,  so 
finden  wir  sogar  26.  In  den  Nebensätzen  gebraucht  A.  ebenfalls  sehr 
häufig  den  Indikativ.  Dabei  spricht  R.  den  A.  von  einer  schweren 
Versündigunng  an  den  Gesetzen  der  lat.  consecutio  temporum  frei, 
indem  er,  gegen  Hassenstein  und  Ehrismann  polemisierend,  in  vielen 
Fällen  ein  Futurum  exactum  statuiert,  wo  jene  einen  Konjunktiv  Per- 
fekti  als  Stellvertreter  des  K.  Plusquamperf.  annehmen.    Störend  wirkt 


Litteratur.  643 

es,  dafs  Verf.  diesen  Punkt  an  2  Stellen  bespricht;  hierdurch  ist  es 
auch  vielleicht  gekommen,  dafs  er  in  dem  Beispiele  XVI  12,  60: 
flagitium  arbitrati  post  regem  vivere  vel  pro  rege  non  mori,  si  ita 
tulerit  casus  tradidere  se  yinciendos  die  Form  tulerit  einmal  als 
Futur,  ex.  erklärt  (S.  65),  S.  72  aber  als  Konj.  Perfekti.  Man  ge- 
winnt aus  der  Arbeit  die  Überzeugung,  dafs  A.  gerade  nichts  Un- 
lateinisches  in  seiner  o.  o.  aufweist,  aber  dafs  er  das  Seltene  in  der 
lat.  Sprache,  sobald  es  sich  an  die  griechische  Grammatik  anlehnt, 
mit  Vorliebe  kultiviert. 

Dillingen  a./D.  H.  Schmaus. 


Fr  id.  Trump:  Observationes  ad  genus  dioendi  Claudiani  eius- 
que  imitationem  Vergilianam  spectantes.  (Diss.  inaug.)  Vra- 
tisl.  1887.    64  pag.    8°. 

Nachdem  Paucker  im  Rhein.  Mus.  35,  596  vom  lexikographischen 
Standpunkte  über  die  Sprache  des  Claudian  geschrieben  hatte,  ver- 
mifste  man  zunächst  eine  Syntax  des  Dichters.  Indem  Vf.  in  der 
ersten  Hälfte  seiner  Schrift  eine  Syntaxis  casuuni  nebst  einem  Ab- 
schnitte über  den  Gebrauch  des  Infinitivs  giebt,  untersucht  er  in  der 
zweiten  das  Verhältnis  des  Claudian  zu  Vergil  mit  Glück  und  Erfolg, 
da  Jeep  nach  dieser  Seite  hin  vieles  zu  thun  übrig  gelassen  hatte; 
endlich  folgt  er  in  einem  dritten  Kapitel  den  Fufsstapfen  von  Ant. 
Zingerle,  indem  er  die  gleichen  Versanfänge  und  Versschlüsse  aus 
beiden  Dichtern  zusammenstellt. 

Wenn  hiernach  der  weitaus  gröfste  Teil  der  Abhandlung  auf 
eine  Sammlung  von  Parallelstellen  hinauslaufen  mufs,  so  wird  doch 
sorgfältig  unterschieden,  was  Cl.  mit  Vergil  teilt,  was  er  der  sil- 
bernen Latinität  verdankt,  was  ihm  selbst  eigentümlich  ist.  Obschon 
Vf.  seine  Thesen  sehr  oft  mit  videtur  einführt,  so  hat  er  doch  die 
ganze  epische  Poesie  der  Römer  durchgelesen  und  unter  gewissen- 
hafter Benutzung  der  zahlreichen  Programme  und  Dissertationen  so- 
wie der  Indices  zu  den  Dichtern  seine  Thesen  möglichst  genau  zu 
formulieren  versucht  (p.  41  war  rigesco  nicht  als  Neubildung  des 
Vergil  anzuführen,  da  es  schon  Caelius  epist.  8,  6,  4  gebraucht  hat). 
Während  es  für  den  Grammatiker  von  geringerem  Interesse  ist  zu 
wissen,  worin  Cl.  mit  der  Sprache  der  älteren  Epiker  übereinstimmt, 
sind  die  zahlreichen  neuen  Ausdrücke  und  Konstruktionen  des  Dich- 
ters von  besonderen  Werte  wie:  remigare  alqd;  reluctatis  rebus;  hie 
publica  felix,  privata  minus;  consenuit  luctibus  nostris;  infremere 
cedentibus;  dissimulare  und  reluctari  mit  Infinitiv.  Gelegentlich  ge- 
lingt es  auch  durch  Vergleichung  des  Vergil  den  Text  Jeeps  zu  ver- 
bessern, so  Claud.  3,  122  nigra  (J.  pigra)  Tartara;  21,  316  emieuit 
(J.  enituit)  iuventus;  durch  Vergleichung  von  Statius  35,  196  pu- 
gnant  (J.  certant). 


644  Litteratur. 

Otto  Gradenwitz,  Dr.  iur.  u.  Priv.-Doc.  in  Berlin:  Interpolationen 
in  den  Pandekten.    Kritische  Studien.  Berl.  1887.  X.  246  S.  8°. 

Data  die  Digesten  nicht  frei  sind  von  Interpolationen,  welche 
die  Redaktionskommission  mit  kaiserlicher  Erlaubnis  vornahm,  ist 
unbestreitbar;  man  vergleiche  nur  die  Originalfassung  der  Institu- 
tionen des  Gaius  mit  den  daraus  im  Corpus  iuris  aufgenommenen 
Stücken,  oder  man  prüfe  mit  Gr.  S.  222  ff.  die  paulinischen  Digesten- 
fragmente,  die  wir  auch  aus  andern  Quellen  kennen.  Vf.,  ein  Schüler 
von  Prof.  Pernice,  behandelt  diese  Fragen  mit  Benutzung  des  Berliner 
Index  zu  den  Digesten  (Zeitschr.  d.  Savigny-Stiftung  VII  45.  IV  125) 
sowohl  vom  sprachlichen  Standpunkte  (S.  1  — 102;  230  —  240)  als  auch 
vom  sachlichen,  und  es  ist  ihm  ohne  Zweifel  gelungen,  mit  viel- 
fach neuen  sprachlichen  Gründen  den  Beweis  für  zahlreiche  Inter- 
polationen zu  erbringen.  Da  man  solche  schon  in  früheren  Jahrb. 
ausgeschieden  hat,  so  konnte  es  leicht  vorkommen,  dafs  dem  Vf. 
seine  Vorgänger  unbekannt  blieben,  z.  B.  Wissenbachs  catalogus  em- 
blatum  für  Dig.  30,  33,  Cuiacius  für  22,  3,  25,  A.  Faber  für  18, 
1,  58.  Interpolationen  verraten  die  Decomposita  adimplere  und 
coadunare;  celebrare  =  perficere;  cumulus  debiti,  expensa,  licentiam 
habere;  nee  non  (auch  Paul.  Dig.  37,  1,  6,  1  wird  nee  non  ab  inte- 
stato  Einschiebsel  sein):  um  ein  neues  Beispiel  beizufügen  verrät  auch 
remeare  bei  Ulp.  Dig.  50,16,141  die  Hand  Tribonians.  Man  ver- 
mifst  zuweilen  nur  die  Probe  zu  der  Rechnung;  denn  es  hätte  eigentlich 
nachgewiesen  werden  sollen,  dafs  die  genannten  spätlateinischen  Aus- 
drücke in  der  Tbat  alle  in  den  Konstitutionen  von  den  Räten  Justinians 
gebraucht  worden  seien;  und  für  cumulus  debiti  oder  celebrare  hätten 
sich  die  bestätigenden  Parallelen  finden  lassen,  für  andere  hier  über- 
gangene Wendungen  wohl  auch  nicht.  Zu  voreilig  scheint  uns  Gr.  über 
certiorare  geurteilt  zu  haben,  aus  dessen  Vorkommen  er  überall  auf 
Interpolationen  schliefst;  denn  vermehrt  man  zunächst  die  angeführten 
Belege  mit  Ulp.  29,  4,  1,  4.  40,  5,  4,  20.  43,  29,  3,  6.  Marceil.  38, 
15,  5  pr.  (bis)  und  §  1,  so  ergiebt  sich,  dafs  nur  drei  Juristen  das 
Verbum  gebrauchen,  Ulpiau,  dessen  Schüler  Modestin,  und  Ulpius 
Marcellus,  zu  dessen  Digesten  Ulpian  Noten  schrieb.  Wäre  certiorare 
wirklich  interpoliert,  so  hätten  auch  die  andern  Juristen,  wie  Paulus, 
ihren  Teil  bekommen  müssen.  Ganz  falsche  Schlüsse  sind  aus  der 
Regel,  man  müsse  schreiben  Licentia  datur  adimplendi  (nicht  ad- 
implere) gezogen.  Vgl.  S.  51,  Note.  Sie  findet  sich  zwar  in  der  alten 
Auflage  von  Ellendt-Seyffert,  Schulgr.  §  334,  ist  aber  durch  Kühner 
lat.  Gr.  II  554  modifiziert.  Wenn  Gaius  1,  29  schreiben  konnte  datur 
eis  potestas  adire,  so  hört  der  Infin.  auf  ein  Iuterpolatiouskriterium  zu 
sein,  und  ebenso  wenig  darf  das  korrekte  Gerundium  Dig.  40,  13,  3 
als  Grund  gegen  die  Wahrscheinlichkeit  einer  Interpolation  angeführt 
werden,  da  Justinian  auch  die  klassische  Verbindung  kennt:  2,  47,  3 
iudicandi  facultas;  3,  1,  14;  3,  2,  17  licentia  devastandi  1,  27,  2,  4. 
testandi  lic.  6,  22,  8,  2. 

Dafs  die  Benutzung  des  Berliner  Index  nicht  ausreicht,  um  ein 
richtiges  sprachliches  oder  kritisches  Urteil  zu  fällen,  zeigt  die  S.  239, 


Litteratnr.    Sprechsaal.  645 

Note  vorgebrachte  Konjektur  bei  Gaius  3,  160  ut,  si  .  .  .,  posse  me 
agere  mandati  actione  zu  lesen:  ut  possem  a.  So  schreibt  allerdings 
Polenaar,  wie  ja  die  Holländer  gern  mit  dem  Emendieren  bei  der 
Hand  sind;  allein  auch  Ulpian  35,  2,  62  pr.  verfallt  in  die  gleiche 
Anakoluthie:  ut,  ßi . .  .,  dividi  inter  eos  debere  Obligationen!,  und  sonst. 
Mit  mehr  Sicherheit  würde  man  in  das  kontroverse  Gebiet  ein- 
dringen, wenn  man  sich  (wozu  Eisele  in  der  Zeitschr.  d.  Sav.- Stift. 
VII  15  ff.  einen  Anfang  machte)  die  Mühe  nähme,  die  Justinianis- 
men  genauer  zusammenzustellen,  woraus  sich  sowohl  neue  Interpola- 
tionen ergeben  (beispielsweise  anterior,  aequa  lance,  memoratus,  prae- 
dictus),  als  auch  ein  Kriterium  der  von  Gr.  angenommenen.  Bei  dieser 
Untersuchungsmethode  erweist  sich  als  unmöglich  die  von  Graden witz 
angenommene  Interpolation  Ulp.  17, 1, 29,  pr.  (13  Zeilen);  §  3  (8  Zeilen); 
ülp.  6,  1,  68  (10  Zeilen);  meines  Erachtens  auch  Paul.  9,  2,  30,  1. 
Dafs  die  grofsen  Interpolationen  nur  bis  Buch  40  reichen  (der  Berliner 
Index  war  ftir  Gr.  nur  bis  zum  40.  Buche  benutzbar),  bezweifeln  wir 
vor  der  Haud.  Auf  den  juristischen  Teil  des  Buches  kann  hier  selbst- 
verständlich nicht  eingegangen  werden. 

Nürnberg.  W.  Kalb. 


Sprechsaal. 

Prof.  John  E.  B.  Mayor  (Si  John's  College,  Cambridge)  schreibt 
uns :  „Wenn  man  in  Forcellini  einen  recht  befriedigenden  Artikel  genau 
untersucht,  findet  man  fast  immer  seine  Quelle  in  irgend  einer  alten 
Anmerkung  eines  Casaubonus,  J.  F.  Gronov,  Bentley,  Düker,  Draken- 
borch ,  Ruhnken  u.  s.  w.  Ist  es  nicht  sowohl  Pflicht  der  Pietät  als 
auch  Rat  der  Klugheit,  die  grofsen  Sammlungen  (edd.  c.  nott.  varr. 
libb.  obs8.  etc.)  durchblättern  zu  lassen  und  unter  jedem  Artikel  die 
betreffende  Litteratur  anzuführen?  In  den  Gesnerschen  Ausgaben 
des  Faber  und  des  Stephanus  findet  man  manche  Fingerzeige  derart, 
die  den  wifsbegierigen  Leser  mit  den  Koryphäen  unserer  Wissenschaft 
bekannt  machen.'1  Die  Anregung  eines  Kenners  möge  hier  abgedruckt 
sein,  damit  sie  für  Spätere  nicht  verloren  gehe. 


Das  Schlufsheft  des  vierten  Jahrganges  führt  weder  die  vulgär- 
lateinischen Subatrata  zu  Ende,  noch  ist  es  möglich  gewesen  das  vor- 
handene Zettelmaterial  auch  nur  annähernd  aufzuarbeiten.  Denn  ein- 
mal wurden  nach  dem  bisher  festgehaltenen  Grundsatze,  um  in  den 
Inhalt  möglichst  grofse  Abwechslung  zu  bringen,  auch  Aufsätze  auf- 
genommen, die  mit  den  ausgeschriebenen  Fragen  nichts  zu  thun  haben, 
und  wenn  auch  für  den  Artikel  Abeo,  den  weitaus  schwierigsten  der 
bisher  bearbeiteten,  der  nur  durch  bedeutende  Streichungen  auf  den 


646  Sprechsaal. 

jetzigen  Umfang  gebracht  worden  ist,  eine  weitere  Kürzung  wünschens- 
wert gewesen  wäre  (es  war  ursprünglich  nur  der  halbe  Baum  zur 
Verfügung  gestellt),  so  verzichtete  doch  die  Red.  dem  keinen  Fleifs 
und  keine  Mühe  scheuenden  Bearbeiter  gegenüber  auf  eine  solche  in 
Anbetracht,  dafs  die  zur  Lieferung  von  36  Bogen  verpflichtete  Ver- 
lagshandlung fünf  weitere  zugelegt  hat  und  die  Abonnenten  den  Mehr- 
umfang des  betr.  Artikels  als  ein  Geschenk  sich  gerne  werden  gefallen 
lassen. 

Wenn  die  Redaktion  sich  nicht  verpflichtet  fühlen  kann  sich  auf 
die  Länge  in  den  Dienst  einer  so  wenig  dankbaren  Aufgabe  zu  stellen, 
so  glaubte  sie  doch  den  dringenden  Wünschen  so  vieler  Freunde  gerade 
jetzt  nicht  widerstehen  zu  dürfen,  wo  die  Lage  sich  ein  klein  wenig 
gebessert  hat.  Zunächst  ist  die  Zahl  der  Abonnenten  auf  284  ge- 
stiegen, eine  Zahl,  die  freilich  noch  immer  nicht  genügt,  um  die  Her- 
stellungskosten zu  decken.  Aber  es  ist  uns  auch,  abgesehen  von  einer 
hochherzigen  Offerte  eines  verehrten  Mitarbeiters  in  Czernowitz,  von 
England  aus  angeboten  worden,  die  nötigen  Geldmittel  durch  eine 
Subskription  in  England  und  Amerika  aufzubringen,  und  ein  ähnlicher 
Vorschlag  von  Württemberg  ausgegangen;  endlich  stehen  der  Redaktion 
1000  Franken  (mit  dem  Motto:  „zur  Wahrung  deutscher  Ehre")  zur 
Verfügung,  vollkommen  genug,  um  einen  fünften  Band  in  Angriff  zu 
nehmen.  Da  zur  Bewältigung  der  vermehrten  Geschäfte  die  freie  Zeit 
eines  Universitätsprofessors  nicht  mehr  ausreicht,  so  hat  unser  Mit- 
arbeiter, Hr.  Adam  Miodonski,  die  Stellung  eines  Privatsekretärs  an- 
getreten. 

Es  eröffnen  sich  von  da  zwei  Wege.  Entweder  kommt  der  fünfte 
Band  zu  12  Mark  in  den  Buchhandel  unter  Aufhebung  der  Frei- 
exemplare, da  ja  die  Mitarbeiter  über  das  dritte  Jahre  hinaus  auch 
keine  Arbeit  geleistet  haben;  oder  er  kommt  nur  für  die  Abonnenten 
in  den  Buchhandel,  wird  aber  den  Mitarbeitern,  die  sich  zur  Ein- 
lieferung  weiterer  Zettel  verpflichten,  wie  bisher  franko  zugesandt.  Das 
Pensum  für  das  neue  Arbeitsjahr  würde  alle  Wörter  (Eigen- 
namen abgerechnet)  von  accentus  bis  und  mit  acquisitor  umfassen; 
Ablieferungstermin  1.  März  1889.  Je  nach  der  Anzahl  der  noch 
verbleibenden  (oder  neu  eintretenden)  Mitarbeiter  würde  dann  die 
Litteratur  teilweise  neu  zu  verteilen  sein,  wobei  alle  Autoren,  zu 
denen  wir  vollständige  Indices  besitzen,  wegfallen,  und  auch  die  von 
Justinian  bis  auf  Karl  den  Grofsen  im  Notfalle  wegbleiben  könnten. 
Immerhin  wird  vorausgesetzt,  dafs  die  Zahl  von  etwa  200  Mitarbeitern 
erreicht  würde.  Die  Beitrittserklärungen  der  älteren  und  neuen 
Mitarbeiter  werden  bis  zum  15.  Januar  1888  erbeten,  unter  der 
Adresse:  Prof.  Eduard  Wölfflin,  München,  Hefsstrafse  16,  IL 

Zugleich  nimmt  die  Redaktion  Anmeldungen  entgegen  für  die 
Einlieferung  ausstehender  Zettel  zu  Fragebogen  3  und  4,  wofür  50  Mark 
vergütet  werden. 

München,  den  26.  November  1887.  Die  Redaktion. 


Anerbieten. 

Den  Tit.  Rektoraten  von  Gymnasien  (wo  möglich  in  Uni- 
versitätsstädten) werden  die  Zettel  su  absoido  und  absoindo 
als  Material  für  ein  Programm  zur  Verfügung  gestellt.  Die  bei 
der  häufigen  Verwechslung  beider  Wörter  wünschenswerte 
Dötailuntersuohung  würde  in  dem  Programme  zu  geben  sein, 
wogegen  die  Redaktion  eine  kürzere  Bearbeitung  von  höohstens 
einem  Druokbogen  für  das  Arohiv  beansprucht. 


Stellen  register. 


i» 


i» 


Seite 

Acro  ad  Hör.  a.  p.  175 521 

Aethicua   1,6 671 

Ammian  17,  4,  15 66 

„          29,  5,  48 65 

Anecd.  lat.  Piechottae 340 

Apuleius  met.  4,  17  etc 9 

apol.  34 188 

„      86 579 

ArnobiuR  4,  22  etc 9 

Attius 600 

Augustin.  «pec.    p.  183,  16  W.  .  600 

Ausonius  ephuni.  8,  16 617 

„         vera.  pasch 617 

Bellum  Hispan.    10.   18.  36 629 

CacciliuH  bei  Fest.  p.  339 225 

Capitol.  Carin.   134,  25 266 

Causian 66 

Cato  orig.  1,1 139 

bei  Fe*t.  8 139 

r.  rust.  135,  4 624 

Catull  41,  136 607 

53 601 

67,  7 172Not. 

Cenaorin.  14,  7 243 

Charisiua   p.  261,  32 104 

Cicero  p.  IJuinctio  44 617 

Vcrr.   2,  130 110.  116 

Verr.  3,  162 167 

Clneut.  41 287 

Caecin.  20.  46 479 

p.  Flacco  41 144 

Catil.  2,  1 474 

orat.  62 202 

offic.  3,  3,  11 367 

fat.  8 277 

ad  Att.  7,  2,  2 403 

„     9,  7,  1 72 

9,  8,  1 109Not. 


»> 


»» 


11 


11 


»» 


II 


M 


l> 


11 


11 


11 


»» 


11 


11 
11 


I« 


Seite 

Ciris  294 617 

Claudian  R.  Pros.  3,  79  etc.  ...   690 

Colu m.   5,  10,  4 564 

7,  10.  6 412 

Comic,  ine.  R 31 

Consolatio  ad  Li  vi  am  45 598 

Cornif.  2,  34 403 

Differ.  serm.  p.  43  B 213 

Diomed.  p.  362,  21 104 

Donat.  zu  Ter.  Ad.  401 314 

Dracontius 44ff. 

Ennius,   annal.    305  V 201 

„  „        656  V 264 

„         sat.  28 813 

Knnodius  carm.  2,  136  H 601 

Fefitns  p.  26,  9 468 

p.  194,  9 244 

p.  392,  10 109  Not, 

Firmicus  Maternus 609  ff. 

Florus  1,  1,  2 641 

,.       *,  2,  1   66 

,,       2,  18,  7 9 

ii       3,  5,  3 9 

Gellius  3,  16,  11 137 

German.  Arat.  4,  2 5 

Glos*.  Philox.   1,  35 293 

„       AbavtiB 212 

„      lib.gloHs.(Verg.Aen.5,318)  471 
„      Reichen.  153  F.  K. . .   360  Not. 

„  „        863    388  Not. 

Hieron.  adv.  Iovin.  1,  26 669 

„        3  Zach.  14,  9 488 

Horat.  epist.  1,  6,  61 380 

Inscript.  Corp.  VI  218 293 

lordanes  Rom.  40 883 

Isidor  orig.  17,  3,  10 196 

18,  24,  1 636 


»i 


n 


ii 


ii 


ii 


n 


u 


Cicero  tiliua 100 


Itiner.  Alex.  41 806 

„      Anton.  65,  2 360  Not. 


G48 


Stellenregister. 


Seite 

IuHub  Valer.  1,  9 311 

lustin 55 

Codex  Instin.  8,  61,  3,  2  . .   541.  561 

Iuvenal.  3,  122 72 

Lactant:  inst.  3,  22,  9 298 

Livius  1,  32,  2 516 

,t       2,  46,  4 516 

„       9,  46,  13 498 

27,  49,  3 680 

„       32,  16,  11 820 

„        44,  6,  6 60 

„       frgm.   76  W *484 

Luc i an.  Char.  17 512 

Luciliu«  9,  18  M 620 

„         710  B 616 

„         22,  3 318 

Lucret.  1,  680 523 

3,  958 113 

Nonius  p.  46 10 

Oribasius  Synops.  1,6 62 

OrosiuB  7,  1,  8 618 

Ovid.  uict.  4,  46 631 

Paulinus  v.  Pella  Kucliar 141 

Paulus  Diac.  bist.  Long.  2,  1 4  .  67 

Peregrinatio  ad  loca  sancta  .  269  ff. 

„       „         „839. 612  ff. 

Petron.  42 23 

42 618 

„        67 366 

Plaut  us  Amphitr.  183 223 

„        Aulul.  76 161 

„       437 322f. 

„        Bacchid.  1172 335 

Cas.  prol.  26 27 

„        Kpid.  349 632 

„      Ö13 614 

„      623 179 

„        Men.   556 469 

„  Mil.  1180  (expapilluto 
brachio.  exfafillatoV 
MiodoAnki.    Vgl.  Bü- 

chul«T,  Umbr.  132)..  85 

„        Mos  teil.  394 6 

„       596 490 

„        Porn.  377f. 632 

,,       397 226 

„       4.  2,  86 180 

„        pHuud.  161 482 

„       631   81 

„  „       760 8*8  f. 

/  „        Trin.  26 219 

„            „     869 333 

„        Truc.  730 258 

Plinius,  mit.  h.  13,  74 571 

,,              „        13,  106 384 


Seite 

Plinius,  nat.  h.  19,  131 309 

„       epist.  1,  6,  14 139 

Poet.  lat.  min.  IV  309  B 600 

Polyb.  1,  87,  3 510 

Pompon.  Mela  2,  88     143 

Primasius  Apocal.  3,  3 586 

Propert.  3,  27,  41 337 

Quintilian  6.  3,  60 337 

„          11,  3,  131 60 

„          decl.  6,  10 380 

Romulus  fab.  3,  14 324 

„           .,     append.  38 181 

Sallust.  Cat  31,  6 37 

„        bist,  fr.  ine.  29  D 32» 

Salvian.  gub.  d.  8,  1,  1 421 

„        4,  12 407 

Schol.  luven.  13,117 617 

„       P«rs.  2,  69 617 

„       1,68 57S 

Sempronius  Asellio  fr.  14  P. . .  .  3 

Seneca,  controv.  10,  33,  19  ... .  6 

„        suasor 163 

„        benef.  6,  16,  6 74 

„        Herc.  Oet.  1977 474 

Sergius  explan,  in  Donat. 99 

Servius  zn  Verg.  Aen.  8,  168  . .  100 

„       comm.  Donat 222 

Silius  Italicus  1,  173.  4,  69 639 

Suet,  Vesp.  14 499 

Tacitus  annal.  2,  5 640 

TerentiuB  Ad.  691 224 

Phorm.  780 25f. 

Tertullian  apol.  17 77 

„      45 406 

„         adv.  Valent.  10 406 

„          de  pudic.  2 617 

Codex  Theodos 66 

Titinius  41 277.  287 

Ulpian  Dig.  42,  4,  7   214 

Valerius  Flaccua  6,  654 625 

Max.  7,  3,  1 565 

Varro  r.  rust.  1,  2,  24 229 

„      ].  lat.  65 243 

lf      bei  Non.  492 229 

Velleius  2,  65,  2.  2,  108,  2 165 

VenantiuR  Carm.  3,  4,  3 235 

„       7,  12,  20 512 

Vergil.  Aon    6,  318 471 

Vitruvius  9,  4,  4 248 

Vulgata  Levit.  10,  14 563 

„        psalm.  1,1   500 

„       77,7 616 

b*rem.  3,  6 488 

„        Kcclen.  18,  18 600 


3  falOS  005  132  732 


i    PA 

2351 

[_A5 

"•■<  7 

I        A    U    l 


DATE  DUE 

m 

• 

^_— — ^_— — 

STANFORD  UNIVERSITY  UBRARIES 
STANFORD,  CAUFORNIA 

94505 


::■■. 


Hk 


m 


an 

■  ■  ■ 


■■■■' 

Hl 


■'s  ■-