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Full text of "Archiv für Naturgeschichte"

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ARCHIV 


FÜR 


NATURGESCHICHTE. 


IN VERBINDUNG MIT MEHREREN GELEHRTFN 
HERAUSGEGEBEN 


von 


D*». AR. FR. AUG. WIEGMANN, 


AUSSERORD. PROFESSOR AN DER FRIEDRICH - WILHELMS - UNIVERSITÄT 
ZU BERLIN, 


FÜNFTER JAHRGANG. 
Erster Band, 


MIT ZEHN KUPFERTAFELN. 


mm 


BERLIN 1839. 
IN DER NICOLAT’SCHEN BUCHHANDLUNG. 


DEIN 


PTR TEILE EN u. . 
Dee ve eh: Sea ee 5.77 Zune 


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Bari N Sun 


Inhalt des ersten Bandes. 


Be=z 090. Korgi e& 


Monostomum Faba Brems. beschrieben v. Dr. F. C. H. Crep- 
lin. (Hierzu Taf. 1)... . 000 0 nn ne 
Ichthyologische Beiträge von B. Fr. Fries. Aus dem Schwe- 
dischen übersetzt von Dr. F. €. H. Creplin. (Salmo sal- 
mulus. — Pterycombus. — Callionymus. — Clinus. Hierzu 
Mae 1 Eie: 4) BE ARE ER REN. ne Ele Mirue 
Ueber die Spermatozoen. Briefliche Mittheilungen vom Prof. 
Rud. Wagner. (Hierzu Taf. Il. rip: 2.u.3. unda—h,) . 
Naturhistorische Schilderung des nördlichen Patagonien von 
ROLLEN. ENT TE 
Nochmalige Untersuchung der Frage: ob in Europa in histo- 
rischer Zeit zwei Arten von wilden Stieren lebten? von dem 
Br ENaB ae. na oe ach le 
Ueber Macroscelides Rozeti von Dr. Moritz Wagner. . 
Neue Litorina der Ostsee von Dr. Pfeiffer. . N 
Anatomie der Apteryz australis v.R. Owen... . . 2... 
Untersuchungen über die Reizbarkeit der Blätter der Mimosa 
Be Bon BR. W.HMIgwel, . ua. 0 ae len 
Zoologische Notizen: Dauer der Spermatozoen von Vespa rufa 
vor Dr. v. Siebold. — Verbreitung des Mytilus polymor- 
hus. — Mittel gegen die Brunstwuth der Elephanten. — 
egattung des Elephanten. — Abweichende Form der Blut- 
körperchen u. Blutlauf der Lämopoden v. Herausgeber. 
Einige zoologische Notizen von Dr. A. Philippi: (1, Neue 
Arten von Euplocamus. 2, Thier von Pileopsis Garnoti Payr. 
3, Thier von Galeomma. 4, Oculina ramea Ehrbg. 5, Che- 
lura terebrans, neues Amphipoden-Genus. 6, Thier von 
Pandorina corruscans Scacchi. 7, Thier von Astarta. 8, 
Thier von Pleurotoma Bertrandi Payr. 9, Eier von Ver- 
metus gigas. 10, Hersilia und 11, Peltidium, neue Ento- 
mostraceen! "Hiezu'Taf. UN. IV.) .i. . 0. 00% 
Bebnneräng des thierischen Lebens auf Novaia Zemlia von K. 
re ar LEE ALLE REBR 
 Fossile Ueberreste von einem Affenschädel. Notiz vom Prof, 
BERNIE ARIHT EN. I US EEE nen? 
Noch einige Worte über Peripatus Guild. von €. Moritz. . . 
Ueber die Gattung Amphipeplea Nilss. v. Dr. F. H. Troschel. 
VEISAW DARIN BR 2. TR era 
Holopus, eine neue Gattung der Crinoiden, beschrieben von A. 
KOrbieny. (Tat. V. Fig. 2—7.) >. nu). 0 
Ueber einige neue oder wenig bekannte Säugethiere, besonders 
aus der Sammlung des brittischen Museums v. 1. E. Gray. 
Beobachtungen und Betrachtungen über die Entwickelung der 
Mysis vulgaris von Heinr. Rathke. (Hiezu Taf. Vl.). 
Ueber die geographische Verbreitung und die Lebensweise der 
südamerikanischen Singvögel. Mitgetheilt aus d’Orbigny’s 
Reise S. 141—458. von Friedrich Stein. . . . . .. 


Seite, 


107 


113 
160 


471 
175 


477 
185 
188 
195 


235 


IV 


Seite. 
Beobachtungen über einen ungewöhnlich zahmen und äufserst 
klugen Baummarder (Mustela martes). Mitgetheilt von St. 

K. v. Siemuszowa-Pietruski.. . 251 
Uebersicht der Gattungs- und Artcharaktere der europäischen 
Fledermäuse von A. Graf v. Keyserling und Prof. J. H. 


Blasius in Braunschweig. . 293 
Ueber ein zoologisches Kennzeichen der Ordnung der Sperlings- 
artigen oder Singvögel von Denselben . 332 


Ueber Helix rosacea und /ucana Müll. nebst Diagnosen einiger 
neuen Conchylien von Dr. J.H.Jonas in Hamburg. (Hier- 


zu Taf. IX. und X) . 334 
Bericht über die Ergebnisse meiner Reise uach Cuba im Winter 

1838 — 1839 von Dr. Louis Pfeiffer in Kassel . . 346 
Die dänischen Austerbänke von H. Bröger er vom Her- 

ausgeber) . . J . 358 
Anatomie der Apteryx australis von R. Owen . 364 
Uebersicht der im Jahrg. 1837 neu aufgestellten Genera und Ar- 

ten der Raubvögel, ögel und Klettervögel. UBIBRE 

zum zweiten Bande origen Jahrganges.) . . ’ 373 
Erythrogonys. Gould. e Gattung der Wadvögel.. . 397 
Lepidosiren ist kein Reptil. Aus dem Engl. des Hr. Richard 

Owen. . 398 


Im Jahre 1837 neu aufgestellte Säugethierarten, deren "Diagno- 
sen im Jahresberichte des er Jahrganges VORHBER ER 
mufsten .. . . 403 


I. Botanik. 


Bastard-Annona. Notiz von C. Moritz.. . 84 
Untersuchungen über die Reizbarkeit der Blätter der” Mimosa 
pudica L. von F. A. W. Miquel.. , . 9 


Fortgesetzte Versuche über die erhöhte Te des Kol- 
bens einer Colocasia odora (Caladium od von G, 
Vrolik und W. H. de Vriese. (Taf. V. Fig. 1.) . 135 

Botanische Notizen von Dr. M. I. Schleiden. (4, Blüthe der 
Loranthaceen. 2, Bedeutung der Placenta. 3, Anatomisch- 

hysiologische Verschiedenheiten der Stengelgebilde. 4, 
Weibliche Blüthe der Cannabineae. 5, Hydropeltideae, 6, 
Eigenthümliche Bastzellen. 7, Luftwurzeln der tropischen 
Orchideen. — Hierzu Taf. vi). r 211 

Botanische Notizen v. Dr. Schleiden. (Fortsetzung, 4, Ueber 
Bastarderzeugung u. Sexualität. 2, Crystalle in Cryptoga- 
men. 3, Verhältnifs des Cytoblasten zum Lebensprozefs 
der Pflanzenzelle. 4, Ueber Ausdehnung der vegetabilischen 
Faser durch Feuchtigkeit. 5, Bau der Zellenmembran bei 
Moosen u. Lebermoosen. 6, "Zur Kenntnifs von Pellia epi- 
phylla. 7, Ueber das Eichen der Ericeen, Selerantheen, 
Ranunculaceen u. Typhaceen. 8, Ueber das Zerfallen der 
Conferven. 9, Spiralzellenschicht in der Frucht der Lau- 
rineen. 10, Spaltöffnungen auf Samenintegumenten. 44, Fa- 
miliencharactere der Elaeagneae. — Hierzu Taf. VOL) . . 253 


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Monostomum Faba Bremseri, 
beschrieben 


von 


Dr. F. C. H. Creplin. 


” 
(Hierzu Taf. I.) 


Her Dr. Schmalz gab in seinen XIX. Tabulae anato- 
miam entozoorum illustrantes, Dresdae et Lipsiae 1831, 
p- 11—16, die Geschichte der Entdeckung und eine Beschrei- 
bung, wie auf Tab. VI. Abbildungen des in der Ueberschrift 
genannten Monostomes, und es ist gewils mit Dank anzuer- 
kennen, dafs er uns mit der erstern, und manchen, den Wurm 
betrefienden Einzelnheiten bekannt gemacht hat. Da ihm aber 
die Deutung der meisten Organe des Thierchens, welches er 
nur aus Abbildungen und einigen ihm über dasselbe geworde- 
nen Mittheilungen kannte, nicht gelungen ist, so kann es mir 
nur erfreulich sein, den geehrten Lesern dieses Archivs die 
Beobachtungen vorzulegen, welche ich meines Theils über den 
ganz merkwürdigen Wurm, und zwar in dessen frischem Zu- 
stande, gemacht habe, hoffend, dafs deren Bekanntmachung 
dazu dienen werde, eine etwas richtigere Kenntnifs von jenem 
zu verschaffen. 

Die Entdeckung dieses Monostoms gebührt, Schmalzens 
Berichte zufolge, dem verewigten S. Th. v. Sömmerring, 
welcher es in Tuberkeln der Haut eines ihm von Bremser 
zugesendeten Parus major fand. Später traf Bremser es 
in dergleichen Tuberkeln bei Sylvia Sibilatrix Bechst., und 
Fischer (Professor in Wien) schrieb an Schmalz, dafs es 
auch bei Motacilla boarula L. gefunden und von Bremser 

V, Jahrg. 1, Band, 1 


2 


erst Monostoma geminum, nachher M. Faba benannt wor- 
den wäre. 

Ich selbst fand es am 8. Junius 1831 beı einer jungen 
Sylvia Fitis Bechst., welche Tags zuvor vom Hrn. Dr. Schil- 
ling hierselbst von einer Jagd mitgebracht worden, und an 
deren, theils federlosem, Körper diesem aufmerksamen Beob- 
achter mehrere runde Erhabenheiten aufgefallen waren, in wel- 
chen er irgend einen Wurm vermuthete, weshalb er mir den 
Vogel zur nähern Untersuchung gab. Diese lehrte mich dann 
Folgendes: 

Die erwähnten Erhabenheiten, Höhlen-Tuberkeln, lagen in 
ziemlicher Anzahl in der Haut der beiden Schenkel und des 
untern Rückentheils, waren von der Gröfse einer Erbse und 
hatten eine entweder nur punctförmige, oder doch sehr kleine 
Oefnung auf der Mitte. Ich öffnete mehrere derselben vor- 
sichtig; es flofs’ein wenig klare Flüssigkeit aus, welche die 
übrigens den Raum der Höhle ausfüllenden Würmchen um- 
spült hatte, und die Höhle selbst zeigte sich, nach Entfernung 
der letzteren, mit einer eigenen, wenig durchsichtigen, aber 
festen Haut ausgekleidet. 

Als ich diesen Fund machte, waren mir Schmalzens 
helminthotomische Tafeln noch unbekannt, und die Würmer 
welche hier zum Vorscheine kamen, waren, obzwar wegen der 
durchscheinenden Eingeweide sofort als Helminthen zu erken- 
nen, doch in jeder Rücksicht auf ihren ganzen äufsern Ha- 
bitus dem ersten Anblick nach so abweichend, dafs ich mich 
über ilrr Genus nur erst zurecht fand, als ich bei einem — 
und auch nur dem einzigen — den Mund entdeckte, wonach 
sich alle übrigen Theile, die ich sah, leicht, erklären liefsen, 
und es sich ergab, dafs ich mit einer Art von Monostomen 
zu thun hätte, die von allen anderen ihrer Gattung sehr ver- 
schieden war. Ich untersuchte sie, ehe sie in Weingeist ge- 
legt wurden, mit Hülfe der Lupe und eines einfachen, aber 
trefllichen Lupenmikroskopes, weil mir zu jener Zeit ein gu- 
tes zusammengesetztes Mikroskop nicht zu Gebote stand, wel- 
ches sonst vielleicht noch hier und da mehrere Aufschlüsse 
gegeben haben möchte. 

Die Thierchen, deren sich meistens zwei, und zwar mit 
den Bauchhöhlen an einander liegend, wie es Schmalz (a. a. 


ee 


£ 3 


0. Fig. 2) hat abbilden lassen, seltener drei, in jedem Balge 
befanden, waren etwas breiter als lang, die gröfsten ungefähr 
2" breit, bei einer etwas geringern Länge; die kleineren, moch- 
ten etwa um #” weniger im Quer- und Längsdurchmesser ha- 
ben, als die gröfseren. Sie waren ziemlich dick von oben 
nach unten; der Rücken war convex, die Bauchseite flach oder 
auch etwas contav, der Umfang des Körpers entweder völlig 
rund, oder am vordern, wie am hintern Rande ein wenig ein- 
gedrückt !). Im erstern lag der, ein wenig nach unten ge- 
richtete Mundnapf, welcher sich durch die Lupe nur wie 
ein weifser, runder Flecken bemerklich machte; durch das 
Mikroskop sah ich aber, wenn gleich schwach, doch — in 
einem Individuum — hinreichend deutlich, den ansehnlich 
grofsen, kreisrunden, wulstigen, doch über die Hautfläche sich 
kaum erhebenden Napf, welcher indessen so zusammengezogen 
war, dafs sich seine Oefinung — der Mund — nicht erkennen 
liefs, Aus seinem Boden ging unmittelbar der sehr viel klei- 
nere Schlundkopf ab, dessen dieke Wände sich wie zwei 
neben einander liegende ovale Körper darstellten und sehr 
deutlich durchschienen. Die von ihm. herabsteigende, ihn an 
Länge wenig oder gar nicht übertreffende und viel dünnere, 
gerade, nur schwach durchscheinende Speiseröhre senkte 
sich in den ganz ungeheuern Darm ein. Dieser fing mit einem 
dieken und breiten Bogen an, welcher in der ersten Hälfte 
des Wurmes quer von der rechten nach der linken Seite aus- 
gedehnt lag und jederseits in einen noch etwas dickern, an 
der dem Körperrande zugewandten äufsern Seite stark ge- 
wölbten, an der innern ein wenig concaven, bis etwa zur Mitte 
der hintern Hälfte des Wurms hinablaufenden und dort sich 
stumpf und blind endigenden Sack überging. Dieser Darm 


lag zunächst der untern Körperfläche (Bauchfläche), wo er ' 


mit einem glänzend gelben Inhalte durchleuchtete. Es war 
bisweilen der Fall, dafs der gelbe Inhalt in dem breiten Ver- 
bindungsbogen fehlte; dann sah ich überhaupt von diesem ent- 
leerten Theile nichts, und es hatte das Ansehen, als ob gar 


4) Ueber eine zuweilen Statt findende Verlängerung der Mitte 
des vordern Körperrandes s. unten. 
41* 


‘ 


4 


keine Verbindung zwischen den beiden herabsteigenden Darm- 
theilen existirte ?). 

Im Hintertheile des Wurmes befand sich ein absteigendes 
Gefäfs, dessen Verlauf ich zwar nicht seiner ganzen Länge 
nach verfolgen konnte, welches aber, sich allmählig verschmä- 
lernd, deutlich in einen aus der Mitte des Hinterrandes oft 
stark vorspringenden, wulstig gerandeten Porus, die bekannte 
Exkretionsöffnung der Trematoden, auslief. Von einem 
Gefäßssysteme war dies übrigens die einzige Spur ?). 

Die weiblichen Geschlechtstheile lagen sehr deut- 
lich vor Augen, und zwar in der vorderen Hälfte des Wur- 
mes zwischen der obern Seite jedes herabsteigenden Darm- 
theils und der Rückenhaut die beiden, glänzend weifsen, Ova- 
rien, durch einen weiten Zwischenraum von einander getrennt 
und nur durch einen feinen, ebenfalls schneeweifsen, gerade 
von einem zum andern hinüberlaufenden Kanal unter einan- 
der verbunden. Jedes bestand aus sieben Häufchen von, zu 
einer eleganten, mehr oder weniger kuglichten Dendritenform 
vereinigten Acinis, deren jedes mit den nächstanliegenden wie- 
der durch einen äufserst feinen Kanal zusammenhing *). Aus 
dem Ovarium der rechten Seite geht der Oviduct°), ein 


2) Schmalz, welcher das ganze Thierchen, der Bedeutung 
nach, umkehrte, weil er den Mund desselben nicht kannte und den 
Exkretionsporus, welchen wir gleich kennen lernen werden, für den 
Mund ansah (wie denn auch Bremser das verlängerte Hinterende 
für den Kopf gehalten hatte), deutet, so wie die meisten übrigen 
Theile, auch den Darmkanal falsch und giebt ihn für die Hoden aus 
(a. a. O. S. 15). 

3) Das Gefäfs ist in.den, diesem Aufsatze beigefügten Zeichnun- 
gen, welche ich der Gefälligkeit meines lieben Freundes, des Herrn 
Prof. Laurer, verdanke, nicht ausgedrückt, indem die Spuren des- 
selben sich früh, wahrscheinlich nach Entleerung seines übrigens farb- 
losen Inhaltes, wonach er selbst zusammengefallen und solchergestalt 
unsichtbar geworden sein wird, verloren haben. Bei Schmalz, 
welcher es als Oesophagus deutet, findet man es in Fig. 8, 9 unter d 
gezeichnet. 

4) Schmalz hat sie in Fig. 8 und 9, wie den Verbindungskanal 
der beiden Ovarien (von denen er auch richtig muthmafst, dafs sie 
solche seien) unter 4 abgebildet. 

5) Von diesem fragt Schmalz, ob er wohl — aus den angeb- 
lichen Hoden d@ (welche wir als Darmkanal nachgewiesen haben) 


u, He Zr a 


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ansehnlich starker Kanal, ab. Er ist auch im Anfange schön 
weifs, läuft, stark hin und her gewunden, unter der Rücken- 
haut nach hinten, dann eben so eine Strecke weit quer, schlägt 
sich darauf nach der Unterseite des Thieres, läuft zur linken 
Körperseite hin, wird allmählig gelb von Farbe, steigt unter 
beständigen Krümmungen wieder aufwärts nach der Rücken- 
und linken Seite, wo er allmählig, sich wieder mehrfach hin 
und her windend, eine mehr und mehr braune Farbe annimmt 
und zuletzt, unter noch einigen Krümmungen in derselben 
Seite nach vorn laufend, zwischen dem linken Ovarium und 
dem Körperrande in den Anfang des Uterus tritt. Dieser 
ist ein weiter, dunkelbrauner Schlauch, welcher von der ange- 
gebenen Stelle, in der linken Seite nach vorn, gerade nach 
hinten läuft, sich in der hintern Hälfte des Wurms mit einer 
weiten Biegung über den Darm derselben Seite hinzieht, dann 
abwärts zwischen den Schenkeln des Darms an der Unterseite 
zum Vorscheine kommt, hier, allmählig weiter werdend, gerade 
vorwärts geht und unter dem Darmbogen sich als ein breiter, 
sauber zugerundeter Sack blind endigt. Mitten auf ibm, in 
der vordern Hälfte des Wurms, steht der feine, runde, wul- 
stige Porus zum Ausgange der Eier, oder die Vulva°). Die 
dunkelbraune Farbe des letzten Endes vom Eiergange, wie die, 
des Uterus, rührt von der unendlichen Menge der diese Theile 
anfüllenden braunen Eier her. Ich sah diese aus dem Geni- 
talporus bei einem Individuum, nachdem ich es nur eben in 
Wasser gelegt hatte, herausströmen. Sie zeigten sich unter 
einer zwiefachen Gestalt: die Einen von ihnen waren näm- 
lich kleiner, verhätnifsmäfsig dünner, etwas opak; die Ande- 
ren gröfser, dicker, mehr der Kugelform sich nähernd, ob- 


entspringend — das Vas deferens sei; er fügt aber zugleich hinzu: 
praeterea vero etiam pro canali intestinali haberi potest,“ was 
nun wirklich merkwürdig ist. 

6) Schmalz ist ungewifs, was er aus diesem Uterus machen 
solle. Er meint, dafs er dem Darmkanale des Amphistomum subtri- 
quetrum ähnlich sei, und fügt hinzu: „Haeece pars omnino canalis 
intestinalis vices gerere possit (sie!); si vero cuidam magis pla- 
ceret, organum varie flexum, litera e. f. notatum (d. i. den Eileiter) 
pro dicto canali habere, illa forsan membrum (sic!) hepate ana- 
logon judicanda est.“ (L. c. p. 15.) 


6 


gleich eben noch, wie jene, etwas eiförmig, oder elliptisch, 
ferner an jedem Ende mit einer Papille versehen, welche den 
kleineren entweder fehlte, oder doch bei ihnen nicht so sehr 
hervorragte.. Die gröfseren Eier waren ungefähr —15" lang 
und etwas mehr als halb so breit; die kleinsten mochten etwa 
halb so grofs sein. 

Die männlichen Geschlechtstheile zeigten sich 
nicht:so in ihrer ganzen Ausdehnung, wie die weiblichen. Die 
Hoden sind kuglicht, ziemlich grofs, weifs von Farbe, liegen 
zwischen dem Darme und der Rückenhaut und scheinen öf- 
ters, selbst noch. jetzt an verschiedenen im Weingeist aufbe- 
wahrten Exemplaren, auf der Rückenseite deutlich durch, wäh- 
rend sie bei anderen nicht zu entdecken sind. Sie liegen in 
dem hier gezeichneten Exemplare unmittelbar hinter der Kör- 
permitte, in einer Linie, der Quere des Körpers nach, der 
rechte neben dem dort herabsteigenden Oviducte nach innen, 
der linke nach innen von dem herabsteigenden Anfangstheile 
des Uterus, und der sie trennende Zwischenraum ist dem hal- 
ben Querdurchmesser des Körpers gleich. Ihre hier angege- 
bene Begränzung dürfte freilich nicht bei allen Individuen zu- 
trefien; die Mittellinie des Körpers halten sie aber immer 
ziemlich, und der Raum zwischen ihnen ist immer sehr grofs, 
nie so klein, wie ihn die Sömmerring’sche Zeichnung bei 
Schmalz (Fig. 8) zeigt, in welcher der Zwischenraum nur 
etwa 4 — 1 des queren Durchmessers beträgt ”). Sicher füh- 
ren Yasa deferentia, welche ich jedoch nicht gesehen habe, 
aus ihnen in ein offenbar als Samenblase zu betrachtendes, 
ausgebreitetes Organ, welches, wie die Ovarien, dicht unter 
der Rückenhaut, mitten auf. dem Wurme, doch immer mehr 
oder weniger nach der rechten Seite zu zwischen den Ovarien 
liegt. Es ist im ganzen von dendritischer Form, indem sein 
innerer, unregelmäfsig gestalteter Theil sich ringsum, und eben 
so unregelmäfsig, in mehrere breite, lappenähnliche, beinahe 
keulenförmige Zweige theilt. Es war im frischen Zustande, 
wie es noch im Weingeist ist, weifs und undurchsichtig. Von 
einer männlichen Geschlechtsöffnung und einem Cirrus war 
keine Spur zu entdecken, 


7) Die Hoden sind dort mit m m bezeichnet. 


7 


Was die Lage der Würmer in ihrem Balge betrifft, ‘so 
hatte Sömmerring gefunden (s. Schmalz p. 12), dafs der 
mit dem Exkretionsporus versehene und hervorgezogene Hin- 
tertheil der beiden an einander liegenden Individuen in die 
Aufsenöffnung des Balges nicht allein ein-, sondern selbst aus 
derselben austrat. Ich habe dagegen bei den von mir darauf 
untersuchten Tuberkeln und ihren Bewohnern gesehen, dafs, 
wenn überhaupt ein Theil, es die mit dem Munde versehene 
Mitte des Vorderrandes der ;Würmer war, welche in die Balg- 
öffnung trat, worüber ich mich nicht wenig gewundert habe; 
die Lage des Mundes im Grunde und die des Exeretionspo- 
rus in oder gleich hinter, wie auch vor der Aufsenöffnung” des 
Balges dürfte wohl zweckmäfsiger scheinen, und eine Verän- 
derung der zwei Individuen gegen einander, wie ein Umwen- 
den beider zusammen in dem Balge schwerlich Statt finden. 
Aber, — es erscheint‘nach meinen Untersuchungen jenes Hin- 
eintreten eines Körpertheils der Würmer in die Balgöffnung 
gar nicht als etwas Normales, wie man nach Schmalzens 
Darstellung glauben sollte. Es zeigt sich an den meisten 
übrigen, von mir den Bälgen entnommenen Exemplaren im 
hiesigen zoologischen Museum — und deren ist eine ziemliche 
Anzahl — eben so wenig eine Spur von Verlängerung des 
von mir bezeichneten Vordertheils, als an dem für diesen Auf- 
satz abgebildeten; wo sie aber vorkommt, hat es ganz den An- 
schein, als ob sie nur durch ein Hineinpressen jenes Theils 
in die Balgöffnung bewirkt worden sei. Ein solches möchte 
denn wohl durch einen äufsern Druck auf die von dem Bälge 
so eng umschlossenen Würmer, nicht von diesen selbst her- 
rühren, indem es nicht allein eine Kraftäufserung: voraussetzt, 
die von ihnen kaum zu erwarten sein dürfte, sondern auch, in 
dem von mir beobachteten Falle und den Mund nur als Ein- 
saugeorgan betrachtet, als zweckwidrige Handlung von ihnen 
erscheinen müfste, da die Thierchen aufsen vor der Balgöfl- 
nung schwerlich Nahrung zu suchen haben; zum Zwecke der 
Ausleerung würde aber wohl auch eben so wenig der Mund- 
napf, als der excernirende Hinterporus aus jener Oeffnung' hin- 
auszutreiben sein. Uebrigens hat von einer solchen Verlän- 
gerung des Hintertheils, wie sie beiSchmalz (Fig. 2—6) 
abgebildet ist, keines unserer Exemplare auch nur eine Spur. 


8 


Wenn dort etwas vorspringt, so ist es ganz allein der 
Porus. 

Der Charakter dieser, durch ihre Körperform und den 
Glanz ihrer Färbung, wie durch das beständige Vorkommen 
von (wenigstens) zwei, auf die angegebene Weise gegen ein- 
ander liegenden Individuen in einem Balge ausgezeichneten 
Monostomen-Art dürfte folgendermafsen festzustellen sein: 

M. corpore depresso, rotundato, supra convexo, infra 
plano vel concavo, oris acetabulo magno, rotundo, medio 
in corporis margine antico, vix prominente, poro excreto- 
rio insigni, tumido, in medio margine corporis postico. 

“Hab. Bina individua ventre sibi adjacentia, ad quae ra- 
rius accedit tertium, habitant folliculos magnitudine pisi, me- 
dia in superficie instructos foraminulo, in cute Pari majoris, 
Motacillae boarulae, Sylviae Sibilatrieis et S. Fitis. 


Erklärung der Tafel, 


Fig. 1. stellt den stark vergröfserten Wurm von der Rük- 
kenseite, 
Fig. 2. denselben von der Bauchseite dar. 
4. Der Mundnapf nebst dem kleinen Schlundkopfe und der sehr 


kurzen Speiseröhre. 
Der Darm. 

Der Exkretionsporus. 
Die Ovarien. 

Der Oviducet. 

Der Uterus. 

Die Vulva. 

Die Hoden. 

Die Samenblase. 


ART ASH 


u 


Ichthyologische Beiträge 
von 


B. Fr. Fries. 


Aus dem Schwedischen übersetzt von Dr. F. C. H. Creplin. 


(A. d. Kongl. Svensk Vet. Acad. Handl. for ar 1837.) 


Ueber den Stirr, Salmo Salmulus Raji*). 


Je natürlicher eine Gattung ist, desto unbemerkbarer sind oft 
die Gränzen zwischen den Arten, und desto schwerer fällt es, 
die eigentlichen artbestimmenden Charaktere aufzufassen. Die 
Lachsgattung liefert hiervon ein Beispiel. Man könnte wohl 
Anspruch darauf machen, diese vor vielen anderen nach ihren 
Arten völlig in’s Klare gesetzt zu finden, da sie aus so allge- 
mein vorkommenden und längst bekannten Fischen besteht, 
welche aufserdem der Gegenstand wichtiger und bedeutender 
Fischereien sind; aber es sind nirgends die Artkennzeichen 
unsicherer und schwankender, als gerade bei ihr. Die Ursa- 
chen hiervon sind indessen mehrere, als die zuerst angege- 
bene. Noch ermangeln wir einer zuverlässigen Kenntnifs der 
Lebensweise und Entwickelung der Lachse, und kennen wir 
nicht einmal die Gesetze für die Form- und Farbenverände- 


*) Hiermit sind die gründlichen ichthyologischen Arbeiten des 
ausgezeichneten Verfassers, welche in den Abhandlungen der schwedi- 
schen Akademie für 1837 erschienen, sämmtlich in diesem und dem 
vorigen Jahrgange in Uebersetzung wiedergegeben. 

Herausgeber. 


40 


rungen, welchen sie theils während ihres Wachsthumes, theils 
nach der Jahreszeit und nach wiederholten Veränderungen ih- 
res Aufenthaltsortes unterworfen sind; denn die Angaben sind 
in diesen Punkten einander widersprechend. Die Schriftsteller 
stellen die Arten nur nach subjektiven Ansichten auf; was 
der Eine aufbaut, reifst defswegen der Andere nieder; wer 
nur wenige Individuen gesehen hat, findet hinlänglich Unter- 
scheidungszeichen, um viele Arten zu bilden, während der, 
welcher die Individuen in Masse studirt und dadurch auf die 
Unbeständigkeit der Charaktere aufmerksam wird, es schwierig 
findet, eine beschränkte Anzahl zu bestimmen. Um den Weg 
zu einem neuen und gründlichen Studium der Lachsarten zu 
bahnen, giebt es kein anderes Mittel, als in ihren Heimaths- 
gewässern ihnen Schritt vor Schritt während ihrer Entwicke- 
lung zu folgen, und durch Mittheilung der in solcher Zeit ge- 
wonnenen Aufklärungen die Aufmerksamkeit Anderer auf die 
streitigen Punkte zu lenken. 

Eine solche Richtung haben Englands Ichthyologen in 
den letzteren Jahren ihren Forsshungen gegeben, und wich- 
tige Aufklärungen sind daraus hervorgegangen. 

Der kleine Lachs, welcher der Gegenstand dieses Auf- 
satzes ist, ist früher im unserer Fauna nicht bemerkt worden. 
Dies würde schon eine hinreichende Veranlassung sein, ihn 
jetzt bekannt zu machen; aber ıch entnehme noch eine andere 
dazu aus dem wissenschaftlichen Interesse, welches sich an 
ihn knüpft. Es ist nämlich dieselbe Art, welche in Schottland 
und England unter dem Namen Parr oder Samlet, und 
schon von den englischen Faunisten, von Ray und Wil- 
loughby an, aufgenommen, angetroffen wird. Sie erweckte 
früh Aufmerksamkeit wegen ihrer geringen Gröfse und des 
auf flüchtige Untersuchungen gestützten Urtheils, dafs alle 
ihreIndividuen Männchen wären, an welches Verhalten die 
Fischer in England noch jetzt zum Theile glauben, weil man 
nie ein Weibchen mit völlig reifem Rogen angetroffen haben 
soll. Bis auf die letzten Jahre sind die englischen Ichthyolo- 
gen getheilter Meinung gewesen, ob der Parr eine selbst- 
ständige Art ausmache, oder nur ein jüngeres Individuum sei, 
und man hat auf beiden Seiten so viele Gründe für beide An- 
sichten dargelegt, dafs man sich in Wahrheit wundern mufs, 


PER EEE EI 


11 


dafs jener Streit noch nicht als beendigt angesehen werden 
kann. Sehr wichtig in jedem Betracht ist eine im vergange- 
nen Jahre bekannt gemachte Beobachtung von John Shaw 
(in: The Edinb. New Philos. Journ. Apr. — July 1836), 
welches so evident au den Tag zu legen scheint, dafs der 
Salmulus nur ein junger Salar, sei, dafs kein Zweifel weiter 
dagegen erhoben werden dürfte, wenn der allem Anscheine 
nach genaue Beobachter ‘nur wenigstens auf einer Stelle, et- 
was über die Reihefolge der merklichen Formveränderungen 
gesagt hätte, welche der Stirr durchlaufen mufs, um ein Salar 
zu werden; aber statt diesem billigen Wunsche zu begegnen, 
hat Hr. Shaw sich nur an die Farbenveränderungen gehalten, 
wonach es erlaubt sein möge, die Entscheidung bis ‚auf fer+ 
nere Untersuchungen aufzuschieben und in die Richtigkeit der 
Beobachtung einigen Zweifel zu setzen. 

Ehe ich mich weiter in diese Sache einlasse und meine: 
eigene Erfahrung anführe, dürfte die Beschreibung des Stirr: 
zu geben sein. 

Der Stirr (Salmo Salmulus) unterscheidet sich von den 
übrigen Arten durch folgende Kennzeichen: 

Kieferknochen kurz, reichen kaum bis unter die Mitte. des 
Auges; Brustflossen sehr lang, mit gerundeter Spitze; Schwanz- 
flosse tief gespalten, mit gerundeten Ecken; alle Flossen ge- 
färbt; Körperseiten mit ovalen, bläulichen, querlaufenden Flam- 
men, und Seitenlinie mit einer Reihe von 8— 9 kleinen ro- 
then Flecken gezeichnet; auf dem Kiemendeckel 2 schwärz- 
liche, runde Flecken. Länge 5— 7 schwed. Zoll. 

Seiner geringen Gröfse nach ist der Stirr ein Zwerg in 
der Gattung Salmo, und steht in jeder Rücksicht der Forelle 
(8. Fario L.) zunächst, mit welcher er vermuthlich bei uns 
bisher vermengt worden ist, Um beide von einander zu un- 
terscheiden, ist jedoch nichts weiter nöthig, als einmal auf die 
Diagnose aufmerksam gemacht worden zu sein. Von den er- 
wachsenen Lachsen unterscheidet man ihn beim ersten Blick: 
auf die Formen der Flossen. An diesen sind nämlich beim 
Lachse die Ecken spitzig; die Rücken- und besonders die Af- 
terflosse sind sehr schräg abgeschnitten, so dafs die Höhe der 
Flosse nach vorn dreimal so grofs ist, als ihre Höhe nach 
hinten, während sie hingegen beim Stirr, so wie bei den Fo- 


12 


rellen, nur zweimal so hoch ist und alle Ecken gerundet sind. 
Bei den erwachsenen Lachsen sind auch alle anderen Flossen 
weifslich und fast durchsichtig, wie verhältnifsmäfsig weit 
niedriger. 

Verglichen mit einer gleich grofsen Forelle. ist der Stirr 
mehr walzenförmig und von schlankerem Wuchse, nicht so 
hoch vom Körper, noch so zusammengedrückt, wie jene. Die 
Frontallinie ist schwach erhaben, mit stark herabgebogener 
und sehr stumpfer Schnauze, welche unbedeutend vor die 
Spitze des Unterkiefers vorspringt. Der Unterkiefer, welcher 
gerade die Länge des Oberkiefers hält, ist bedeutend kürzer, 
als der Abstand zwischen dem Nacken und der Schnauze. 
Die kurzen und am Ende gerundeten Maxillarknochen, welche 
indessen breiter, als bei der Forelle sind, sind nebst dem Zwi- 
schenkieferbein und dem Unterkiefer mit feinen spitzigen Zäh- 
nen wohl versehen, die etwas kleiner als bei der Forelle sind 
so ist das Verhalten auch mit den Zähnen, welche sich auf 
der Zunge, dem Pflugschaar- und den Gaumenbeinen finden. 
Die Augen sind merklich gröfser als bei der Forelle, so dafs, 
während der Durchmesser desselben bei der letztern kleiner 
ist, als der halbe Abstand vom hintern Augenrande bis an die 
Spitze des Operculums und kleiner als der Raum zwischen 
den beiden Augen, derselbe Durchmesser beim Stirr gröfser 
ist als beide Abstände. Der hintere Rand des Kiemendeckels 
ist mehr zungenartig ausgezogen, und der am meisten vor- 
springende Punet dieses Randes bildet das Suboperculum. Die 
Kiemenhaut hat gewöhnlich 12 Strahlen, welche Anzalıl je- 
doch, wie bei allen Lachsen, variirt; man trifft oft nur 11 
Strahlen an, bisweilen 14 an der einen, 12 an der anderen 
Seite. 

Die Seitenlinie, welche die Seiten in zwei beinahe 
gleiche Theile theilt, ist gerade, wird von etwa 120 Stück klei- 
ner Schuppen gebildet, welche an Gröfse und Form denen 
gleich sind, die den übrigen Körper bedecken, und sich nur 
durch den erhöhten Kanal unterscheiden, der längs der Mitte 
jeder Schuppe läuft. Oberhalb dieser Seitenlinie kann man 
ungefähr 22 Schuppenreihen, und unterhalb derselben ungefähr 
25, bis zur Wurzel der Bauchflossen, zählen; die geringe 
Gröfse der Schuppen macht die Zählung unsicher. 


13 


Die Rückenflosse steht so, dafs der Abstand von ih- 
rer Vorderkante bis zur Schnauze etwas länger ist, als der 
Abstand von ihrer hintern Wurzel bis an die der Schwanz- 
flosse; sie ist an der obern vordern Ecke etwas abgerundet, 
und der obere Rand steigt gegen die hintere Ecke, welche 
spitzig ist, etwas herab, so dafs der letzte Strahl halb so lang ' 
als der längste nach vorn ist. Sie besteht aus 14 oder 15 
Strahlen, von denen 4—5 einfach (der fünfte ist der längste), 
die 10— 11 auf sie folgenden aber an der Spitze getheilt 
und verzweigt sind. 

Die Afterflosse ist ziemlich hoch, nach vorn bedeutend 
abgerundet und mit rückwärts gebogenen Strahlen; der Rand 
ist gleichsam eingeschnitten hinter der abgerundeten Vorder- 
ecke; der letzte!Strahl um die Hälfte kürzer, als der getheilte 
zweite oder dritte, welche die längsten sind. Die Anzahl der 
Strahlen variirt sehr; gewöhnlich finden sich 3 einfache und 
8 an der Spitze verzweigte, aber bisweilen 4—5 einfache 
8—9 getheilte Strahlen. 

Die Brustflossen sind vorzüglich ausgezeichnet durch 
ihre Form und verhältnifsmäfsige Gröfse; ihre Länge ist unge- 
fähr der des Kopfes gleich, oder so, dafs, wenn die Flosse 
sich an die Körperseite gelegt hat, die Spitze bis an die Li- 
nie reicht, welche senkrecht von der vordern Wurzel der 
Rückenflosse hinabsteigt; die Breite ist auch bedeutender als 
bei den der Forelle; doch richtet sie sich nach dem Grade 
des Zusammenlegens der Flosse. Die Flossen inseriren sich 
nahe bei dem Bauchrande und haben eine fast horizontale 
Lage, d. h. die Flossenwurzel sitzt ziemlich nahe der Längs- 
achse des Körpers, in Folge welcher Lage alle Strahlen an 
der Wurzel gebogen sind. Der Strahlen sind 14, von denen 
der erste an der Wurzel sehr breit und in der Spitze einfach, 
die folgenden 13 verzweigt sind. Da der fünfte und sechste 
Strahl die längsten in der Flosse sind, wird die Spitze sehr 
abgerundet und die Flosse bekommt davon ihre eigene, leicht 
wieder zu erkennende Form. 

Die Bauchflossen sitzen gleich vor der lothrechten 
Linie, welche vom Ende der Rückenflosse hinabsteigt; zusam- 
mengelegt haben sie eine lanzettförmige Gestalt; “ausgebreitet 
sind sie gerundet, mit einem vorspringenden Winkel, welcher 


14 


des längsten oder vierten Strahles Spitze bildet. Sie bestehen 
aus 2 einfachen und 8 getheilten Strahlen. 

Die Fettflosse ist klein und dünn und hat ihren Platz 
über der hintern Wurzel der Afterflosse. 

Die Schwanzflosse besteht aus 19 Strahlen, deren 
beide äufserste einfach sind; sie ist tief ausgesshnitten, so dafs, 
wenn die Flosse zusammengelegt wird, der Abstand zwischen 
dem Ausschnitt und der Flossenwurzel (da wo die Schuppen 
aufhören) unbedeutend länger wird, als von demselben Aus- 
schnitte bis zur Spitze der beiden Seitenecken. Diese Ecken 
sind gleich lang und abgerundet; wird die Flosse ausgespannt, 
so divergiren sie sehr. 

Eben so ausgezeichnet und beständig unterschieden sich 
der Stirr nach der Form findet, eben so sicher ist man, sich 
über ihn nicht zu irren, wenn man die Farbe berücksichtigt. 
Der Kopf oben und der Rücken sind olivengrün mit dunklen, 
runden, sternförmigen, kleinen Flecken und gröfseren Flam- 
men längs des Rückens; diese dunkleren kleinen Flecken ge- 
hen nach vorn bis zur Seitenlinie herab, von der Gegend der 
Rückenflosse aber bis zur Schwanzflosse hören sie mitten zwi- 
schen dem Rückenrande und der Seitenlinie auf. Der Bauch 
ist weifs, mit einem Anstriche von Gold; die Seiten sind schön 
hellgelb, mit einer Schattirung in Roth. Längs der Seitenlinie 
sitzen 8— 9 kleine, runde, rothgelbe Flecken, und eben so 
viel grofse, ovale, bläuliche Flammen, nach der Quere gestellt 
und von der Seitenlinie mitten durchschnitten; diese Flammen 
wechseln mit den rothgelben Flecken ab. Ueber jedem Auge 
sitzt ein Bogen von 4 dunklen, runden Flecken, und zwischen 
diesen Bögen nach hinten finden sich 3 ähnliche Flecken im 
Triangel; doch sind alle diese Flecken mehr oder minder 
deutlich und variiren etwas; aber sehr beständig dagegen sind 
die 2 runden, schwarzen Flecken, welche die Kiemendeckel 
zieren, obgleich die Gröfse veränderlich ist, wie die Stelle 
derselben. Gewöhnlich sitzt der eine im Mittelpunkte des 
Deckels und der andere vor dem Vordeckel, gleich hinter dem 
Auge; bisweilen sieht man die Spur eines dritten Fleckens 
recht im Rande des Deckels. Die Rückenflosse is heil oli- 
vengrün, mit einer deutlichen und einer minder merklichen 
und unregelmäfsigen Reihe dunkler Flecken; die deutliche 


‚15 


Reihe sitzt zu unterst, der Wurzel ganz nahe und parallel ge- 
stellt mit dem Rücken; . die unregelmäfsige dagegen läuft über 
die Mitte; die vordere Ecke der Flosse spielt in Brandgelb, 
abgeschnitten durch ein dunkelgraues Band, welches bei der 
Spitze des zweiten einfachen Strahles anfängt und in gerader 
Linie zur Spitze des vierten getheilten geht. Die Fettflosse 
hat die olivengrüne Farbe des Rückens, bei einer gelblichen 
Spitze. Die Schwanzflosse olivengrün, in Gold spielend, ist 
rundum gerandet mit Brandgelb, unbedeutender in der Spitze, 
Die Afterflosse schmutzig gelb, mit hellerem äufseren Theile 
der Vorderkante und einem undeutlichen grauen Bande schräg 
über der Vorderecke. Die Brustflossen olivengrün mit einem 
dunklern Bande über der Mitte. Die Bauchflossen sind von 
derselben Farbe und Zeichnung, wie die Afterflosse. Die Pu- 
pille, welche beim lebenden Fische gerundet und sehr grofs 
ist, wird, nachdem der Fisch dem Wasser entnommen und et- 
was trocken geworden ist, dreieckig. Das Fleisch ist weifs, 
ohne Röthe. 

Bei der Section fanden sich im Magen Larven von Mük- 
ken, Ephemerae, Notonecta, Phryganeen u. m. in Menge. Bei 
der Untersuchung der Eingeweide in der Bauchhöhle fand sich 
keine bedeutende Verschiedenheit von dem gewöhnlichen Ver- 
halten dieser Theile, bei den Lachsen. Die Pförtneranhänge 
waren fein und sehr zahlreich. Die lange und nach vorn ver- 
schmälerte Schwimmblase öffnete sich in den Oesophagus. Die 
Urinblase war 4 Linien lang. Von Genitalien zeigte sich nur 
eine Spur (im Junius bei einem 5 Zoll langen Individuum); 
dagegen wurden im October 3 Männchen geöffnet, in welchen 
die Milchsäcke die ganze Cavität füllten. Die Rückenwirbel 
sind an der Zahl 58, oder 59, wenn man den letzten der 3, 
die sich aufwärts nach dem obern Lappen der Schwanzflosse 
biegen, mitrechnet, welcher an sich den ungetheilten Strahl be- 
festigt hält. Der Rippen sind 33 Stück. 

Um nun zum Schlusse eine leichte Uebersicht der Ver- 
hältnisse zwischen den Körpertheilen zu geben und dabei die 
Vergleichung in dieser Hinsicht zwischen dem Stirr und: der 
Forelle zu erleichtern, habe ich in der folgenden Tabelle die 
an 3 Individuen des erstern in verschiedenen Entwicklungsstu- 
fen aufgenommenen Maafse mit denen von 3 so ziemlich eben 


16 


a 


so grofsen Forellen verglichen. Diese 


schwedischen Decimalzollen berechnet. 


Maafse sind nach 


Longitudo corporis (ad basin p. caudalis) 
_ capitis (ad Be ren 
poster.) E 

Altitudo maxima seu . 

juxta pinnam dorsalem 

_ — nucham . 

— ante basin pinnae caudalis 
Latitudo maxima 5 . 
Distantia inter nares R NER N 

—_ — orbitas . 

_ — lineam later. et basin p. 

dors, . . 

Distantia inter lineam later. et basin P- 
ventr. . ofäg 

Diameter iridis transversalis 

Longitudo a rostro ad nares 
— 7 = — 7 centrum pupillae 
— -—-  — apie. maxill. ApP- 
_ — — —nuch. . 

- 0-0 — en prac- 


operculi 
Long, a rostro a initium pinn. dors. 
ee _ —  pector. 
- 0-0. 0. — ventr. 
m — anal. 


—  maxillae inferioris 
Pinnae dorsalis longitudo, ad basin. 
E— _ altitudo, antice ; 
_ _ —  postice . : 
—  analis longitudo, ad basin . 
_ —  altitudo, antice . 
: _ postice 
Longitudo pinnae pectoralis 
— venrlis . . 
— — caudalis ad incisuram 
_ _ — ad er lobi 
sup. 
Longitudo Pinnae caudalis ad apicem lobi 
Sup, fer... 


2,9 I358 5,32 5,32|5,66 5,68 


0,72 0,88/1,2 |4,2 [1,27 11,3 


0,7 |0,8511,2 |1,2811,27|1,4 
0,46|0,56/0,8 |0,83|0,82|0,87 


0,26|0,36 
0,42 0,43 
0, 12] 0, 14 


,‚45,0,41|0,5 |0,46 
7 \0,64\0,73|0,68 
17|0,21)0,26 0,22 


SSS 


0,1810,23 0,41. 0,3310,4 10,41 
0,33|0,41|0,62|0,66|0,660,66 


0,31/0,41'0,58|0,660,6 |0,7 

0,18|0,21|0,26/0,22)0,3 [0,26 
0,11/0,16.0,2 |0,17)0,2 |0,21 
0,25|0,35 0,48 0,4610,48[0,51 


70.410,51 |0,5610,52]0.63 
0,59|0,87|0,78|0,9 |0,88 


] | 
0,66|0,83|0,92)0,96|0,9 
1,66 2,32|2,39|2,53]2,6 


0,31 036 0,41 0,31[0,46 
0,62|0,87|0,74.0,37|0,87 
0,62|0,87\0,74j0,87I0,97 


Es ist mir noch nicht geglückt, den Stirr von einem an- 
als aus dem Norrkö- 
pingsstrome, unterhalb des Falls; dort aber kommt er das 
Jahr hindurch sehr reichlich vor. Für die erste Kenntnifs von 
ihm habe ich dem Hrn. Assessor Arosenius zu danken, wel- 


deren Orte in Schweden zu erhalten, 


17 


cher bei mehreren Gelegenheiten die Güte gehabt hat, ‚mir 
höchst interessante Fische aus jenem Wasser zu verschaffen, 
unter denen ich schon im Jahre. 1834 “mehrere Exemplare 
vom Stirr erhielt. Da ich das Jahr darnach, auf einer Reise 
nach den westlichen Scheeren, mich eine Zeitlang in. Norrkö- 
ping -aufhielt, bekam ich Gelegenheit, denselben täglich leben- 
dig zu sehen und zu studiren. 

Er hält sieh in seichtem Wasser auf, dessen Strömung 
stark und dessen Grund steinig ist, scheint sehr lebhaft und 
gierig und wird. leicht geangelt.',. Man sieht auch beständig 
Personen sich hiermit. beschäftigen. ‘Da, ‚wo. er haust,, sieht 
man auch eine Menge Forellen von verschiedenem Alter. -Da 
ich selbst nicht Gelegenheit liatte, Norrköping im Herbste zu 
besuchen, in welchem die-Laichzeit des Stirr, wie man ver- 
muthete, eintritt, bewog ich den Stadtärzt Dr. Hanssen, das 
Beginnen während der Zeit aufmerksam zu verfolgen. Ich er- 
hielt auch in der Mitte des Octobers eine, Menge Exemplare 
von verschiedener Gröfse, die Dr. Hanssen genau untersucht 
und unter denen sämmtlich er nur 3 Exemplare mit ausgebil- 
deten Genitalien gefunden hatte; diese drei waren alle Männ- 
chen; von den ‚übrigen‘'waren mehrere, die deutliche Zeichen 
an sich trugen, dafs sie schon ausgelaicht hatten. Ein rogen- 
tragendes Weibchen zu ertappen, war ihm nicht geglückt. 

Diese Beobachtungen stimmen sonach mit den Angaben 
der englischen Naturforscher überein, und, müssen noch mehr 
die Neugierde erwecken, ‘das reife Weibchen des Stirr, wenn 
es ein solches giebt, kennen zu lernen oder, vorausgesetzt dafs 
der Stirr nur das Junge einer andern Art ist, die Ursache der 
Anomalie genauer auszumitteln, welcher zufolge das Männchen 
.in einem so zeitigen Alter zengungsfähig wäre und das Weib- 
chen nicht. Da -Vermuthungen und Hypothesen im vorliegen- 
den Falle nichts erläutern’ können, so enthalte’ ich mich al- 
ler ‚dergleichen, und will‘ blos, um die Aufmerksamkeit an 
den Gegenstand zu fesseln, die Behauptung des Herrn Shaw 
berühren: „dafs der Stirr. nur, das Junge des grofsen Lachses 
($. Salar) sei.“ ‚Die direeten Versuche, auf welche sie sich 
stützt, sind. kurz folgende: 

Den 41. Julius 1833 wurden 7 Stirre gefangen und in 
einen: kleinen Teich gesetzt, welcher Zugang zu frischem, rin- 

Y. Jahrg. 1. Band, 2 


18 


nendem: Wasser hatte. Sie ‘gediehen in demselben sehr ‘gut, 
und im April 1834 hatten’ sie ihr Ansehen bedeutend verän- 
dertund: waren der Lachsbrut, so wie: diese beschaffen ist, 
wenn sie die Flüsse verläfst und in’s Meer ‚geht, völlig ähn- 
lich. Ihre Gröfse betrug damals 6 Zoll. 

Im’ März 1835 verschaffte Hr. Shaw sich 12 Stirre von 
6 Zoll Länge, setzte sie auf dieselbe Weise in einen Teich 
und fand, dafs sie am Schlusse ‘des folgenden Aprils sich in 
die Tracht der Lachsbrut kleideten. 

Den 10. Mai 1834 wurden einige Dutzend der Lachsjun- 
gen gefangen, welche in demselben Jahre waren ausgebrütet 
worden; sie waren ungefähr 1 Zoll lang und wurden auf 2 
Teiche vertheilt. Im Jahre 1835, 'wo er sie also ein ganzes 
Jahr lang gehabt hatte, wurdeit- ‘einige von ihnen herausge- 
fischt und damals 3% Zoll lang, ferner dem Stirr in diesem 
Alter völlig gleich befunden. In der zweiten Woche des Mai’s 
4836 wurden sie wieder genau untersucht und ihr Aussehen 
verändert und dem der auswandernden Lachsbrut gleich befun- 
den. Länge 63 Zoll. 

Den 13. Jan. 1836 wurden eine Menge Lachseier, ' drei 
Tage nach deren Ausleerung vom Weibchen, eingesarnmelt 
und an eine pafsliche Stelle gebracht, auf der er sie bisweilen 
beobachten konnte. Am folgenden 8. April waren sie ausge- 
brütet; aber die Jungen stiegen aus dem Sande erst am 30. 
Mai auf, waren damals kaum: 4 Zoll lang und in allen Thei- 
len denen gleich, mit welchen früher Versuche angestellt‘wor- 
den waren. 

Die Resultate hiervon würden sein, dafs der Lachs 90 
Tage zu seiner Entwickelung ini Ei bis zum Ausschlüpfen nö- 
thig habe, darauf 50 Tage zwischen dem Grundsande verweile, 
ehe er ins Wasser hinaufsteige, dann, 'als Stirr, 2 Jahre lang 
an derselben Stelle bleibe, an welcher er ausgebrütet worden 
sei; endlich im ersten Jahre nur eine Länge von 3 Zoll’ und 
im zweiten von 6—6} Zoll erreiche. ‘ Im April wechselt 
dann der Stirr sein Kleid, wird das, was man Lachsbrut nennt, 
und in der zweiten Woche des Mai’s verläfst. er im Gesell- 
schaft die Flüsse und seine Geburtsstelle, und begiebt. sich 
in’s Meer. | 

Es ist klar, dafs, insofern diese Beobachtungen richtig 


19 


sind, 'auf das Evidenteste bewiesen ist, dafs der Stirr keine 
eigene Art ausmacht, sondern bestimmt das Junge. des Salar 
sein mufs. Doch setzt dies allzu grofse Metamorphosen, vor- 
aus und widerstreitet der Analogie so sehr,-dafs man die Be- 
stätigung jener Beobachtung abwarten. mufs, ‘bevor ‚man..den 
behaupteten Satz als wahr annehmen kann, , Denn es ist ge- 
wifs, dafs mit seiner Bewahrheitung alle. bisher angenommenen 
Charaktere zur Unterscheidung der Lachsarten verschwinden, 
von denen man dann Individuen jedes Alters haben mülste, 
um unter ‘ihnen durch Vergleichung ‚entscheiden zu können. 
Die Sache ist indessen von Wichtigkeit, ‚so. dafs es wün- 
schenswerth sein mufs, ‚sie auszumitteln, und dafs Personen, 
welche sich eine längere Zeit hindurch bei einem Gewässer 
aufhalten, in welchem der Lachs oder ‚der Stirr vorkommt, In- 
teresse an der Anstellung von Untersuchungen in dieser Sache 
fänden. Sind Shaw’s Untersuchungen ‚gegründet, so folgt 
aus ihnen, dafs der Stirr nur in 'solchen. Flüssen und ‚Seen 
anzutreffen ist, in welchen der Lachs aufsteigt, und sich an 
allen den Stellen finden mufs, an denen der Lachs laicht; — 
dafs es keine andere Lachsbrut giebt, endlich dafs man nie- 
mals von und mit dem Junius bis in den October (wenigstens) 
einen Stirr von mehr als 6 Zoll Länge findet. Durch. diese 
Controllen kann die Wahrscheinlichkeit genauer geprüft und 
die Wahrheit an’s Licht gebracht werden. 


Pierycombus. 


Eine neue Fischgattung aus dem Eismeere. 


In einer Sammlung mannichfacher Naturerzeugnisse, welche 
der Hr. Seecapitän Bismark i. J. 1834 aus der Stadt Ham- 
merfest in Norwegen mitgebracht und dem Reichsmuseum (in 
Stockholm) zu verehren die Güte hatte, fand ich einen sehr 
merkwürdigen Fisch, von einer Gattungsform, die meines Wis- 
sens früher nicht bemerkt worden ist und ganz unerwartet am 
Skandinaviens Küsten angetrofien wurde. Unglücklicherweise 
war das Exemplar nicht zum besten erhaiten; der Fisch war 

2* 


20 


nämlich mit dem Fleische gedörrt, die Augen und alle Einge- 
weide wesgenommen, die Flossen an mehreren Stellen ver- 
stümmelt u. s. w. Dessenungeachtet 'dürften einige Aufzeich- 
nungen über denselben, so weit das verstimmelte Exemplar 
es zuläfst, nicht ganz gleichgültig sein. 

Hr. Bismark 'konnte keine weiteren Erläuterungen über 
den in Rede stehenden Fisch geben, als dafs er ihn von Je- 
mand in Hammerfest ganz in demselben Zustande, in welchem 
er ihn dem Museum überlieferte, bekommen hätte, — dafs 
derselbe nach des Gebers Aussage in der Nähe der Stadt ge- 
fangen wäre, man aber vorher nie seines Gleichen gesehen 
dder gefangen hätte. "Ich habe seitdem mehreren Kaufleuten 
von Hammerfest, welche Stockholm und das Museum besuch- 
ten, 'das Exemplar gezeigt, aber Keiner von ihnen kannte 
einen solchen Fisch oder erinnerte sich ihn gesehen zu haben. 
Es ergiebt sich Kae wenigstens als wahrscheinlich, dafs der 
Fisch nur als höchst zufällig an der norwegischen ‚Küste 
vorkommend und sonach als von einer sehr seltenen Art zu 
betrachten sei. Vor einigen Monaten erhielt ich von Herrn 
Lowen, welcher sich gegenwärtig im nördlichen Theile von 
Norwegen aufhält, die Nachricht, dafs man in Altenfjord ein 
anderes Exemplar desselben Fisches gefangen habe, welches 
von einem reisenden Naturalienhändler gekauft und. nach 
Frankreich geschickt worden sei. Fortgesetzte Nachforschun- 
gen dürften es sonach aufser allen Zweifel setzen, dafs dieser 
Fisch wirklich der skandinavischen Fauna angehöre. 

Die beigefügte Figur auf Taf. II. hat Hr. W. v. Wright 
auf meinen Wunsch nach dem Exemplare des Museums in 

- dem Zustande, in welchem es mir zu Händen kam, gezeichnet, 
Die. Zeichnung ist mit vollkommener Genauigkeit bis in die 
geringsten Einzelnheiten ausgeführt worden. Diejenigen Theile, 
die im Originale schadhaft befunden wurden, sind in der Figur 
treu in ihrem verstümmelten Zustande wiedergegeben worden, 
um durch keinen, möglicher Weise unrichtigen, Zusatz Anlei- 
tung zum Irrthume zu geben. Die Figur zeigt die halbe Gröfse. 

' Als generische Benennung schlage ich den Namen Pie- 

Tycombus (von 7 wr&gvS pinna, und 6 xöußos marsupium) 
vor, welcher einen der vorstechendsten Charaktere des Fisches 
bezeichnet. Die Art nenne ich 


21 


Ptery(go)ecombus*) Brama. 

Beschreibung. Die ganze Länge von der Spitze des 
Oberkiefers bis zur Spitze der mittlern Strahlen der Schwanz- 
flosse beträgt 15% schwed. Zoll. Die gröfste Höhe, zwischen 
den äufseren Rändern der beiden Schuppenreihen, welche die 
Rücken- und die Afterflosse umschlieisen, 8 Zoll. Die gröfste 
Breite, zwischen den beiden Riemendeckeln, beträgt 24 Zoll. 
(Der Körper selbst war zu sehr zusammengetrocknet, um hier 
zur Richtschnur zu dienen.) Die ganze Länge des Kopfes 
4 Zoll; der Durchmesser der Augenöfinung 144 Zoll. Aus 
diesen Ausmessungen geht folgendes allgemeines  Verhältnifs 
hervor: Die Höhe des Fisches beträgt etwa die Hälfte der 
j Länge; die Breite ist in der Höhe etwa 3% mal enthalten ; 
der Kopf macht ungefähr 4 der ganzen Körperlänge, wie die 
Augenöffung 4 aus. Wer es wünscht, kann. an der Figur 
leicht die übrigen Verhältnisse abmessen, die zu kennen wich- 
tig sein möchte. 

Der Körper ist sehr zusammengedrückt, brachsenähnlich, 
mehr zugespitzt nach dem Schwanz, als nach dem Kopfe zu, 
so dafs die gröfste Höhe etwas hinter die Brustflossen fällt, 
Von diesem Punct an senkt sich der Rückenrand mit, einer 
ebenen, fast unbedeutenden, Convexität gegen die Schnauzen- 
spitze herab und bildet mit dem Rande des Oberkiefers einen 
rechten Winkel, und mit dem untern' Rande des Unterkiefers 
einen etwas stumpfen, wenn nämlich der Mund geschlossen 
ist. Die Augenhöhle, welche bedeutend grofs und fast rund 
ist, liegt so, dafs ihr Mittelpunet etwas über der longitudinel- 
len Mittellinie und etwas vor der senkrechten des Kopfes steht, 
so dafs der Abstand vom vordern Augenrande zur Schnauzen- 
spitze gerade die Hälfte des Abstandes zwischen dem hintern 
und dem Rande des Operculums beträgt. _ Der Mund. ist 
ziemlich grofs, öfinet sich schräg nach ‘oben, so dafs eine 
durch das Gelenk des Unterkiefers parallel mit der Frontal- 
linie gezogene Linie etwas hinter die Augenhöhle fällt. Der 
Unterkiefer ist, wenn der Mund geschlossen ‚wird, eben so 
lang wie der Oberkiefer, obgleich das Kinn in Folge der Stel- 


”) Da dieser Name nicht ganz richtig gebildet ist, schlägt der- 
Hr. Uehersetzer die Abänderung Pterygocombus vor. W. 


22 ” 


lung des Kiefers etwas vor der Schnauzenspitze liegt. Beide 
Kiefer haben kleine, feine, spitzige und einwärts gerichtete 
Zähne, welche theils in regelmäfsige, theils in unbestimmte 
Reihen gestellt sind; im Unterkiefer sitzen sie eigentlich in 2 
Reihen, einer äufsern, welche an der halben Länge des Kie- 
fers aufhört, und einer innern, nach der ganzen Länge des 
Kiefers laufenden. "Zwischen diesen Reihen befinden sich nach 
vorn mehrere eben so gebildete Zähne, ohne Ordnung; im 
Oberkiefer, welcher aus einem schmalen und gleich breiten, 
den Rand des Kiefers ausmachenden Intermaxillarbeine und 
einem nach hinten liegenden, am untern Ende breitesten, quer 
abgestutzten und aufwärts verschmälerten Maxillarbeine be- 
steht, sitzen die Zähne auch in einer innern und äufsern Reihe, 
mit mehreren zwischenliegenden nach vorn; aber beide Reihen 
convergiren am Mundwinkel und stofsen endlich so zusammen, 
dafs sie nur eine einzige bilden. Zähne fehlen sowohl auf 
dem Gaumen- als dem Pflugscharbeine, und vermuthlich auch 
auf der Zunge (ein Theil dieses Organs war weggeschnitten). 
Die Stirn ist convex mit einer Vertiefung längs der Mittel- 
linie. Die beiden Nasenlöcher klein, oval, haben jedes nur 
eine einzige Oeflnung und sitzen fast mitten zwischen der 
Spitze des Oberkiefers und dem. vordern Augenrande, weit 
von einander getrennt. Die Kiemendeckel sind ohne Beweh- 
rung; der hintere Rand des Operculums ist an dem getrock- 
neten Exemplar etwas gewellt, mit dem einen vor dem andern 
vorspringenden Lappen. Die Kiemenöffnung ist vollständig, 
nach unten von vorn vor dem Sternum an gespalten. Die 
Kiemenhaut hat deutlich 7 Strahlen. Der ganze Kopf ist mit 
Schuppen bedeckt, mit Ausnahme der Stirn, der Gegend vor 
den Augen, des Intermaxillarknochens, des untern Randes des 
Praeoperculums und des Unterkiefers, welche Theile blofs sind; 
diese Schuppen sind dünn, kleiner in der Gegend unter dem 
Auge, gröfser auf dem Kiemendeckel. 

Was besonders diesen Fisch sehr charakterisirt, ist theils 
die eigenthümliche Gestalt der Schuppen, theils die Rinne, in 
welcher die Rücken- und die Afterflosse liegen. 

Der Körper ist nämlich mit grofsen, über einander liegen- 
den, sehr dünnen und breiten Schuppen bekleidet, welche re- 
gelmäfsige, längs laufende Reihen bilden. Jede Schuppe ist 


3 23 


fast vierseitig, am innern oder 'Basalrande gerade, etwas 
dicker und in der Mitte mit einem.kleinen,; hervorragenden 
Knötehen versehen, welcher sich allmälig weiter zurück nach 
dem Schwanze zu einem kurzen und harten Stachel erhebt; 
am äufsern oder freien Rande in 4Lappen getheilt, von de- 
nen die 2 mittleren am gröfsten und bei den zu hinterst lie- 
genden Schuppen durch eine kleine Kerbe getrennt sind, welche 
den Basalstachel der unterliegenden Schuppe aufnimmt; die 
äufseren Lappen werden zum Theile von den zu. beiden Sei- 
ten liegenden Schuppenreihen bedeckt. Die Seitenlinie, welche 
sich durch ihre Schuppenform von den anderen Schuppenrei- 
hen nicht unterscheidet, ‘hat 49 Schuppen, deren 19 vordere 
keine Stacheln "haben, mit denen die 30 folgenden versehen 
sind. Oberhalb. dieser Seitenlinie, befinden sich 4 gröfsere 
Schuppenreihen aufser 4— 5 kleineren, zu oberst liegenden, 
unterhalb derselben aber 9, wenn man bis an den After zählt; 
nur in den 4, der Seitenlinie zunächst liegenden Reihen, so- 
wohl ober- als unterhalb, haben die hinteren Schuppen die- 
selbe Bewehrung, als die auf der Seitenlinie. Am hervorste- 
chendsten sind die beiden Schuppenreihen, welche von beiden 
Seiten sich theils längs des Rückenrandes erheben, theils vom 
untern Bauch- und Schwanzrande in Form besonderer Wände 
herabsteigen, die die Wurzel der Rücken- wie der Afterflosse 
zwischen sich fassen und gleichsam tiefe Rinnen bilden, in 
welchen diese beiden Flossen sich frei erheben und niederle- 
gen, ‚ja vermuthlich ganz und gar verbergen können. Die 
Deckschuppen dieser Flossen (Flossendecker), in der Fi- 
gur mit a bezeichnet, fangen ganz niedrig an, da, wo die 
Flosse anfängt, werden allmälig höher bis zur zwanzigsten 
Schuppe, welche und die 10 folgenden die höchsten sind, neh- 
men danach wieder ab und endigen sich mit der Flosse. Im 
Anfang ist die Spalte zwischen den Flossendeckern sehr eng, 
und jede ihrer Schuppen mit dem obern Rande einwärts und 
über die zunächst anliegende hinweg gebogen; aber allmählig 
ebnen sieh diese Einbiegungen, der Rand wird einfach und 
dünn, und die Rinne in demselben Maafse weiter. 

Die Rückenflosse fängt etwas vor der Ansatzstelle der 
Brustflossen an und geht bis ganz nahe‘an die Schwanzilosse; 
alle Strahlen, an der Zahl bis ungefähr 46, sind einfach und 


24 i Ei 

ungetheilt; ihre verhältnifsmäfsige und absolute Länge kann an 
dem‘ verstümmelten’ Exemplare nicht sicher bestimmt werden; 
vermuthlich endigen sie sich in sehr feine Spitzen, die durch 
eine äufserst feine Flossenhaut ‘mit einander verbnnden sind. 
Die Flosse scheint nach vorn am niedrigsten und in der Mitte 
am höchsten gewesen zu sein, und einen gleichmäfsig abge- 
rundeten Rand gehabt zu haben. Die Afterflosse hat ganz die- 
selbe:Form und Construction 'wie die Rickenflosse; sie fängt 
gleich hinter der unter der Wurzel-der Brustflossen sitzenden 
Afteröffnung an, läuft beinahe bis zur Schwanzflosse und en- 
digt sich dem Rande der Rückenflosse gerade gegenüber; sie 
besteht aus 40 Strahlen, die alle einfach und ungetheilt sind. 
Die Brustflosse (hier an der Spitze abgebrochen) ist zusam- 
mengefallen schmal und gleich breit, vermuthlich mit geschärf- 
ter Spitze; sie hat eine Richtung schräg nach oben und etwa 
nie Länge des Kopfes; ‘ihre Wurzel ist auf der einen Seite 
mit Schuppen bekleidet; die Strahlen, an der Zahl 19—20, 
alle an der Spitze'getheilt, aufer dem ersten, welcher ein kur- 
zer Stachelstrahl mit breiter Wurzel ist. Die Bauchflossen 
sitzen unter ‘oder gleich vor den Brustflossen; sie waren an 
dem Exemplare allzu sehr verstümmelt, um sie richtig be- 
schreiben zu können. Die linke Flosse war an der Wurzel 
abgebrochen; daher sieht man in der Figur nur die 2spitzigen 
Schuppen, welche an der Seite der Flossenfalte sitzen.‘ Von 
der rechten Flosse erscheinen einige Ueberbleibsel, welche an- 
zudeuten scheinen, dafs die Bauchflossen klein seien und we- 
nigstens 6 Strahlen haben. Die Schwanzflosse ist tief gespal- 
ten, die obere Ecke läuft in eine Spitze aus, die untere (ab- 
gebrochen) schien in ihrem natürlichen Zustande etwas länger 
gewesen zu sein. Diese ganze Flosse ist mit dünnen Schup- 
pen dicht bedeckt, welche paralle Reihen bilden, ganz so, wie 
bei der Gattung Brama. 

Da die Bauchhöhle geöffnet und' alle Eingeweide wegge- 
nommeu worden waren, so ist das Einzige, was ich dabei be- 
merken kann, dafs die Höhle bis weit hinter die Afteröff- 
nung geht. 

Es ist jetzt nur noch übrig, diesem merkwürdigen Fisch 
einen Platz im System anzuweisen. Ich gestehe, dafs mir dies 
schwer wird, und sollte es Anderen nicht mehr damit glücken, 


E\ 25 


so hilft diese Gattung die Zahl der vielen, schon vorhandenen, 
abirrenden Formen vermehren, welche bis auf weiter hier 
und da eingeschoben werden, aber nirgends in das jetzt all- 
gemein angenommene Cuvier’sche System so recht hinein- 
passen. 

So weit es möglich ist, aus blofsen, nach wenigen und 
fragmentarischen Exemplaren entworfenen Beschreibungen auf 
die Verwandtschaft der Gattungen zu schliefsen, scheint mir 
dem Ptery(go)combus keine von allen, die wir kennen, näher 
zu stehen als die Gattung Pieraclis Gronov. Es ist bekannt, 
“ dafs Gronovius diese nach einem sonderbaren Fische auf- 
stellte, welcher sich im ausgetrockneten und beschädigten Zu- 
stande im Leydener Museum aufbewahrt fand und vorher von 
Pallas in der $ten Sammlung seiner Spicilegia zoologica 
unter dem Namen Coryphaena velifera beschrieben worden 
war, Für diese Gattung fand Cuvier selbst keine bessere 
Stelle als in der Familie der Scomberoiden, in deren A4ter 
Abtheilung sie neben der Gattung Astrodermus, als abirrende 
Form von den eigentlichen Coryphänen, aufgeführt wird. Im 
9ten Bande der Hist. nat. des Poissons liefern Cuvier und 
Valenciennes wichtige Beiträge zu einer nähern Kenntnifs 
der Gattung Pteraclis, und beschreiben ferner 3 kleine, sämmt- 
lich jedoch mehr oder minder beschädigte, Individuen (2 aus 
dem indischen Ocean und 1 von der Küste von Carolina), je- 
des als Typus einer besondern Art. Vergleichen wir nun mit 
diesen die hier in Rede stehende Gattung, so erlangen wir das 
Resultat, dafs der Piery(go)combus wohl als generisch ver- 
schieden von Pteraclis zu betrachten ist, dafs aber beide sehr 
viele Charaktere gemeinschaftlich und viele habituelle Aehn- 
lichkeit haben. Man findet nämlich bei beiden dieselbe Schup- 
penform und dieselben Flossendecker; Mund- und Zahnbil- 
dung gleich}; Zahl der Kiemenhautstrahlen gleich; die Form 
des Kopfes und Körpers, im Ganzen genommen, übereinstim- 
mend; die Flossen, wenn auch an Gröfse und Ausdehnung 
verschieden, zeigen doch eine grofse Aehnlichkeit rücksicht- 
lich der Lage, Form und Bildung. 

Auf diese Umstände gestützt sollte man glauben, dafs jene 
beiden Gattungen einmal neben einander zu stehen kommen 
und vielleicht eine eigene kleine Familie bilden dürften. 


Von Pteraclis unterscheidet man Ptery(go)combus durch 
folgende Charaktere: 

Der Körper ist höher und von einer ovalen Form; weder 
auf dem Gaumen- noch auf dem Pflugscharbeine finden sich 
Zähne; die Rückenflosse fängt hinter den Augen an, und die 
Afterflosse gleich hinter der Wurzel der Brustflessen, unter 
(oder gleich vor) denen die Bauchflossen ihre Stelle haben; 
nebst mehreren Kennzeichen, zu welchen eine direete Verglei- 
chung von Individuen der beiden Gattungen und die Untersu- 
chung frischer Exemplare die Mittel hergeben können. Ich 
wage noch nichts über die Verschiedenheit in der Länge der 
Flossenstrahlen ‚der Rücken- und der Afterflosse bei diesen 
beiden Gattungen zu äufsern, welche sonst die am meisten in 
die Augen fallende Ungleichheit unter beiden ist; denn es ist 
gar nicht unmöglich, ja sogar wahrscheinlich, dafs man an fri- 
schen Exemplaren vom Ptery(go)combus Brama die Flossen 
von bedeutenderer Höhe finden werde, als sie an dem be- 
schriebenen verstümmelten Exemplare haben. Etwas derglei- 
chen scheinen wenigstens die vorhandenen Flossendecken an- 
zudeuten, 


Die Gattung Callionymus L. 


Von dieser Gattung stellte Linne in seinem S'ystema 
naturae 2 Arten auf, die eine unter dem Namen C. Lyra, die 
andere unter dem Namen C. Dracunculus. Beide sind sehr 
deutliche Arten, von denen die erstere dem nordischen Meere, 
die andere dem Mittelmeere angehört. Weil aber Linne’s 
Artencharaktere für beide Arten etwas kurz ausfielen und nur 
von dem Längenverhältnisse der Strahlen der ersten Rücken- 
flosse hergenommen wurden, welche in dieser Gattung blofs 
einen Geschlechtsunterschied bezeichnet, so sind hieraus einige 
Irrungen und Namensverwechselungen durch Linne’s nächste 
Nachfolger entstanden, und ‚diese .‚sind bis auf die gegenwär- 
tige Zeit geblieben. Es ıst eigentlich eine solche Irrung, 
welche sich auch in unsere Fauna eingeschlichen hat, die ich 
nun beabsichtige, näher zu beleuchten. 

In der zweiten Ausgabe der Fauna suecica wurde von 
Linne nur Gallionymus Lyra als schwedische Art aufge- 
führt, und aus seiner kurzen Beschreibung ist leicht zu erse- 


27 


hen, dafs er die beiden Geschlechter dieser Art nicht kannte, 
sondern nur das ältere Männchen. Da seitdem das Weibchen 
entdeckt worden ist, welches sich sowohl in Form als. in 
Farbe bedeutend vom Männchen unterscheidet, nahm man die- 
ses als eine verschiedene Art an, und da Linne’s Artcharak- 
ter für C. Dracunculus auch auf jenes pafste, so erhielt er 
diesen Namen. Auf diese Weise kam der Name Dracuncu- 
lus sowohl;in unsere als in die nordeuropäische Fauna, und 
ist dort seitdem zur Bezeichnung des weiblichen C. Lyra bei- 
behalten worden, Nachdem man angefangen hatte, die innern 
Theile genauer zu untersuchen und stets nur Männchen von 
C. Lyra und nur Weibchen von C. Dracunculus gefunden 
ferner, nachdem Pallas in Folge der Analogie bei einer an- 
dern Art Callionymus die Aufmerksamkeit auf die Möglich- 
keit einer Geschlechtsverwandtschaft zwischen beiden gerichtet 
hatte, äufserten einige Schriftsteller die Vermuthung, dafs sie 
nur verschiedene Geschlechter einer und derselben Art wären; 
dessenungeachtet blieben sie als 2 Arten aufgenommen, jede 
unter ihrem Namen, bis auf Cuvier, wie von. diesem selbst. 
Die ältere Ansicht, dafs beide verschiedene Arten seien, hat 
sich in den letzteren Jahren wieder geltend zu machen ange- 
fangen, und wir finden sie sogar als zuverlässig von Englands 
neuesten Faunisten vertheidigt, welche sich theils auf den be- 
deutenden Formunterschied zwischen beiden, theils auf eine 
Beobachtung des Hrn. Johnston !), welcher nämlich männ- 
liche Organe bei einem Dracunculus gefunden ‘hatte, stütz- 
ten. Auch in Schweden hat Dr. Schagerström ?) vor eini- 
gen Jahren einen interessanten Fund gemacht, welcher von 
ihm als ein Beweis für die Richtigkeit der älteren Ansicht be- 
trachtet wurde. 

Beim gegenwärtigen Stande der Sache, da der eine Irr- 
thum dem andern die Hand gereicht hat, scheint es wichtig zu 
sein, dafs bestimmt ausgemittelt werde, welche "Ansicht die 
richtige sei. Eine dreijährige Erfahrung, gewonnen durch 
Vergleichung und Section einer Menge von Exemplaren, die 


4) Zool. Journ. Vol. IIT. p. 336. 


2) Kongl, Vetensk. Acad, Handl. für ar 1833 p. 126 Isis 1835 
S.385 ff. mit Fig.). 
_ 


28 


ich in ihrem lebenden Zustande Gelegenheit hatte zu bekom- 
men, hat zum mindesten mich bis zur vollsten Evidenz über- 
zeugt, dafs die beiden Nominalarten nur die beiden 
Geschlechter einer und derselben Art sind, und in- 
dem ich jetzt die Gründe darlege, auf welchen diese Annahme 
beruht, vermuthe ich, dafs kein ‚fernerer Einwurf werde zu 
machen sein. 

Was nun zuerst die oben erwähnte Beobachtung John- 
ston’s betrifit, welche das am schwersten zu widerlegende 
Argument darzubieten scheint, so ist diese gewifs ganz richtig 
(wenigstens habe ich selbst vielmals Gelegenheit gehabt, sie 
zu bewahrheiten), sobald man nämlich unter dem’ Dracuncu- 
Ius der Auctoren alle die Individuen versteht, auf welche der 
Charakter „pinnae dorsalis prioris radiüs corpore (seu 
trunco) brevioribus“ pafst; dann aber beweist man bei wei- 
tem nicht das, was man geglaubt und angegeben hat; denn bei 
keinem jüngern Männchen der Lyra sind die Strahlen der 
ersten Rückenflosse verhältnifsmäfsig zum Körper so hoch, als 
es bei dem ausgebildeten Männchen der Fall ist, sondern 
die Höhe dieser Flosse steht in einem Verhältnisse 
zum Alter des Individuums. Von dem Grade an, dafs 
die erste Rückenflosse bei sehr jungen Männchen so niedrig 
ist, dafs sie ganz unbedeutend die Höhe der zweiten Rücken- 
flosse übersteigt, findet man sie stufenweise, je nach dem zu- 
nehmenden Alter, immer höher und höher, bis sie endlich so 
lang wird, dafs, wenn sie niedergelegt worden, die äufserste 
Spitze des ersten Strahles bis zur halben Länge der Schwanz- 
flosse reicht, ja noch über diese hinweg. Demzufolge darf es 
Niemanden unerwartet vorkommen, wenn Hr. Johnston ein 
Männchen unter den Individuen fand, welche eine längere 
Rückenflosse haben, als der Lyra, dem Charakter nach, zu- 
kommt; im Gegentheile scheint es unerklärlicher, dafs man 
vorher nie seine Aufmerksamkeit auf die beständige Höhenver- 
änderung gerichtet hat, welche dieselbe Rückenflosse während 
der Entwickelung des Fisches zeigt, da insonderheit die Mehr- 
zahl der Exemplare, welche man von den Männchen findet, 
gerade dem mittlern Alter angehört, in welchem die Flosse 
noch nicht ihre volle Ausbildung erlangt hat. Welchen Begriff 
man im Allgemeinen sich von diesen Zwischenformen gemacht 


29 


hat, ist meines Wissens nirgends erklärt, und unmöglich dürf- 
ten alle diese für Weibchen oder den Dracunculus angesehen 
worden sein, denn in solchem‘ Falle würde man nicht die be- 
" merkte Form- und Farbenverschiedenheit zwischen den beiden 
Nominalarten begränzt und beständig gefunden haben. Herr 
Johnston hat also einen der überzeugendsten Beweise, dafs 
Lyra und Dracunculus eine und dieselbe Art ausmachen, nicht 
widerlegt, sondern geliefert. 

Was dagegen das Argument des Hrn. Schagerström 
betrifft, so werde ich gleich unten anführen; dafs der Callio- 
rıymus, welchen er entdeckt und als das Männchen von Dro- 
cunculus L. beschrieben hat, keineswegs zu dieser Art gehört, 
auch gar kein Dracunculus nach dem Begriffe späterer nordi- 
scher Ichthyologen ist, sondern einer ganz andern, sehr di- 
stineten Art angehört, welche früher an unseren Küsten nicht 
gefunden worden ist. ! 

Es ist nun zu untersuchen, ob der Form- und Farben- 
unterschied, welchen man zwischen Lyra und Dracunculus be- 
merkt, so bestimmt und begränzt sei, dafs auf denselben eine 
Art-Diagnostik gegründet werden könne. Stützt man sich 
auf den völlig ausgebildeten Zustand beider, so wird die Ver- 
gleichung zwischen ihnen in beiderlei Hinsicht hinreichende, 
ja weit gröfsere Verschiedenheiten an den Tag bringen, als 
man in vielen anderen Gattungen zwischen den Arten findet; 
aber das Ergebnifs wird ein ganz anderes, wenn man die ganze 
Entwickelung dieses Fisches aufmerksam verfolgt und die Ver- 
gleichung auch auf solche Individuen überträgt, welche sich 
in ihrer Entwickelungsperiode befinden. Maa wird dann ge- 
nöthigt, auf die Möglichkeit eine bestimmte Gränze zwischen 
der Formverschiedenheit der älteren zu finden, so grofs sich 
diese auch zeigt, nicht weiter zu hoffen. Der hauptsächlichste 
Formunterschied zwischen Lyra und Dracunculus läfst sich 
redueiren auf a) des Männchens (d. i. der Lyra) höhere 

‚ Flossen im Allgemeinen, und b) desselben weiter 
vorspringenden länglichern Kopf, welcher dadurch 
länger, im, Verhältnisse zur übrigen Körperlänge, wird, und 
eine gröfsere Mundöflnung, wie eine weitere Entfernung des 
Auges vom Schnauzenrande erhält, — wogegen beim Weib- 
chen (d. i. dem Dracunculus) der Kopf kurz, dreieckig und 
_ 


’ 


30 


niedergedrückt, der Mund kleiner und die Entfernung zwi- 
schen Auge und Schnauzenspitze kürzer ist. Was nun die 
Flossenhöhe betrifft, so habe ich schon oben die Veränderung 
angezeigt, welche die erste Rückenflosse während des Wachs- 
thumes des Männchens erleidet, wie sie mit dem Alter zu- 
nimmt an relativer Höhe, von deren Minimum (in ‘welchem 
sie unbedeutend höher ist als die zweite Rückenflosse) bis zu 
ihrem Maximum (in welchem die niedergelegte Flossenspitze 
bis an oder über die halbe Länge der Schwanzflosse reicht). 
Zwischen diesen beiden Extremen finden sich alle Abstufun- 
gen, und mit Ausnahme individueller Abweichungen findet man 
gewöhnlich die Höhe dieser Flosse im geraden Verhältnisse 
mit des Körpers Länge zunehmend. So verhält es sich auch 
mit der zweiten Rücken- und der Afterflosse. Diese beiden 
sind beim alten Männchen nach hinten so hoch, dafs, wenn sie 
niedergelegt werden, ihre Spitzen über die Wurzel der Schwanz- 
flosse hinweg reichen; beim Weibchen dagegen ist ein weiter 
Raum zwischen den Flossenspitzen und der Schwanzflossen- 
wurzel. Je jüngere Männchen 'man untersucht, je mehr findet 
man sie in dieser Hinsicht den’ Weibchen 'gleichend; je älter 
oder gröfser jenes aber wird, ‘desto mehr nähert es sich im 
Verhalten der Flossen den alten Individuen seines Geschlechts. 
Ganz dieselbe Regel gilt in Rücksicht des Längenverhältnisses 
zwischen dem Kopfe und dem übrigen Körper. Bei allen jün- 
geren Männchen stimmt der Kopf mit allen seinen Dimensio- 
nen völlig mit dem der Weibchen überein (NB. bei gleicher 
Totallänge der verglichenen Exemplare), und diese Ueberein- 
stimmung findet so lange Statt, bis die Männchen eine Länge 
von etwa 7 Zoll erreichen; von da an aber nehmen Kopf und 
Flossen schnell an Länge zu, und die Form entfernt sich von 
der des Weibchens mehr und mehr. Eben so geht es bei dem 
erwähnten Farbenunterschiede. Die hohen und hellen 
Farben, welche das ausgebildete Männchen der Lyra schmük- 
ken, und durch welche sich dieses so bedeutend’ vom Weib- 
chen unterscheidet, sind nur als Attribute seines gereiften Al- 
ters zu betrachten und gehören ihm früher nicht an. Man 
stöfst zwar, was die Farben betrifft, hier, wie überall bei den 
Fischen, auf gröfsere individuelle Variationen, als bei ihren 
Formen, sö dafs nicht alle Männchen von derselben GraR2 


31 


sich in der Intensität und Vertheilung der Farben gleich sind; 
aber es wird keinem aufmerksamen Forscher die Bemerkung 
entgehen, dafs diese, überhaupt genommen, in dem Maafse ent- 
wiekelt werden und zunehmen, als das Männchen sich seiner 
Reife nähert, und ‘dafs diese Veränderung Schritt vor Schritt 
die übrigen, oben erwähnten Entwicklungsgrade der Kopf- und 
Flossenform begleitet. Das junge Männchen ist, mit Aus- 
nahme der Farbe der ersten Rückenflosse, fast ganz so ge- 
zeichnet und gefärbt, wie das Weibchen, und kann in der 
Farbe unmöglich von diesem unterschieden werden °). 

Am Schlusse des Novembers und während der ersten 
Hälfte des Decembers werden fast in jedem Zuge der Wathe 
in der Gegend der bohuslänischen Scheerengruppe, an wel- 
cher ich mich eine längere Zeit hindurch aufgehalten habe, 
einige Callionymi oder, wie die Fische sie nennen, Seeköche 
(Sjökockar) mitgefangen. Die meisten sind junge Männchen, 
oder solche, welche beim ganzen Habitus des Weibchens eine 
gröfsere Höhe der Rückenflossenstrahlen besitzen, als sie bei 
diesem Statt hat, aber doch eine bedeutend geringere, als bei 
dem alten Männchen. Die Seetion derselben zeigt, dafs sie 
Männchen sind, wogegen sich um so weniger ein Zweifel 
erheben kann, als die Genitalien bei dieser Gattung bereits in 
einer unreifen Periode vorzüglieh ausgezeichnet sind und die 
des Männchens eine merkwürdige Aehnlichkeit mit den Hoden 
der Vögel haben. Bei keinem solchen jungen Männchen (so 
viele von ihnen auch untersucht worden sind) hat die Beschaf- 
fenheit der Genitalien es wahrscheinlich gemacht, dafs es zur 
Fortpflanzung seiner Art reif wäre; im Gegentheile waren die 
Hoden bei allen klein, hart und drüsenförmig, desto kleiner, 
je jünger das Individuum war. Dafs übrigens die Laichzeit 
dieser Art in die erwähnten Monate falle, wird dadurch be- 
wiesen, dafs man gerade in dieser Jahreszeit bei allen älteren 
Männchen grofse, angeschwollene und mit Milch 'gefüllte Ho- 
den, ferner bei den Weibchen volle Rogensäcke findet. 


3) Um diese stufenweise erfolgenden Veränderungen der Männ- 
chen anschaulicher darzulegen, habe ich eine ganze Reihe solcher 
jüngeren Männchen für das zoologische Reichsmuseum verwahrt, mit 
denen künftig Gelegenheit ist, Vergleichungen anzustellen. 

“ 


= 


32 


Aufser dem jetzt Angeführten scheint es mir aufser ällen 
Zweifel ‚gesetzt zu sein, dafs die beiden in unsere und. die 
nordeuropäische Fauna aufgenommenen vermutheten Arten der 
Gattung Callionymus in der, That nur eine einzige ausmachen, 
welche künftig den Artnamen Lyra führen wird, ferner dafs 
die Benennung Dracunculus aus unserer Fauna ganz, verschwin- 
den muß. Als Ersatz hierfür, nehmen wir eine sehr distinete 
‚Art auf, welche an der schwedischen Küste vorkommt, ob- 
gleich, wie es scheint, sehr selten. ‚Diese wurde zuerst von 
Schagerström bei Landskrona gefunden und in den Ver- 
handlungen der königl. Academie der Wissenschaften für das 
J. 4833 unter dem Namen C. Dracunculus in ‘der Vermu- 
thung beschrieben, dafs sie das lange vermifste Männchen des 
gleichnamigen Weibchens wäre. Dafs sich die Sache nicht so 
verhalte, folgt aus dem schon "Dargelegten. Ich‘ habe die 
Schagerström’sche Art nachher an der bohuslänischen Kü- 
ste aufgefunden, wo am Ende.des Novembers 1836 ein einzi- 
ges männliches Exemplar mit der Wathe ‚aufgezogen ward. 
Wenn ich..die kleineren: Abweichungen, welche ein früheres 
Alter bei dieser Gattung herbeiführt, abziehe, so sehe ich mein 
Exemplar mit dem Schagerström’schen übereinstimmen. 
Defswegen halte ich mich ‚berechtigt, die Art-Identität beider 
anzunehmen. Aller Wahrscheinlichkeit nach ist es..dieselbe 
Art, welche Bonaparte,’ nach Rafinesque,  Gallionymus 
maculatus genannt und in‘\.der, lconographia della Fauna 
italica beschrieben hat; wenigstens stimmt seine genaue Be- 
schreibung in allen Theilen mit. dem Exemplare, ‘welches ich 
besitze, überein, , Bis (demnach ‚etwa eine künftige direkte Ver- 
gleichung von Exemplaren möglicher Weise eine, specifische 
Verschiedenheit derselben unter einander beweisen, mag,  wer- 
den sie als identisch angesehen und führe. auch die nordische 
Art den. Namen (G. maculatus. 

In einer so natürlichen Gattung, als der des Callionymus; 
in welcher man ohnedies den Geschlechtsunterschied so bedeu- 
tend und die Verhältnisse zwischen den Theilen so veränder- 
lich während der Entwickelung findet, wird die Art-Diagnostik 
immer schwierig zu stellen sein. Um über das Verhalten un- 
serer zwei nordischen Arten zu urtheilen, hat man kein ande- 
res Mittel, als sich an die vergängliche Farbe zu halten, sofern 


» 


33 


die Differentia specifica beide Geschlechter und jüngere Al- 
ter befassen soll. Die skandinavischen Arten können auf die 
folgende Weise diagnostieirt werden: 


1. Callionymus Lyra Linn. 


Pinna dorsalis posterior fasciis, ‘corpori parallelis, ornata. 

Mas. Pinna dorsalis anterior posteriore altior,: flävescens, 
figuris eaerulescentibus picta. 

Mas. adultus, Radio pinnae dorsalis anterioris primo lon- 
gissimo, longitudine saltem trunci. | 

Mas. junior, Radio primo. ejusdem; pinnae trunco breviore, 

Femina: Pinna dorsalis anterior.posteriore humilior, mem- 
brana e maxima parte nigra. 

Synonym, Mas. Callion. Lyra L. Fn. suec. No, 304. — 
Syst. nat. I. p. 433. Müller, Zool. dan. Tab.!NXVI. Retz, 
Fn. suee. p. 313. No.22. Nilsson, Synops. Ichth. scand. p. 
92. Schagerström, Act. Acad. H. 1833. p.127. Bloch, 
Naturgesch. d. ausl. F. T.'161. Tom. U. p.79.; Pennant, 
British Zool. Vol. II. p. 164.  Donov. Brit. Fishes, Tab. 9, 
Flem. Brit. An. p. 248. Yarrell, Brit, Fishes, 1.p. 261. 
Jen. Man. of Brit. An. p. 388. \ 

Femina. Call. Draeunculus. Muell. Zool. dan. Tab,XX, 
Fase.1. p.20. Retz. Fn. suec. p. 313. No. 23. Call. Dracun- 
eulus. Bloch, ]. e. Tab. 162. Nilss. Synops. p. 92. Penn. 
Brit. Zool. III. p. 167. Donov. Brit. F. Tab. 84, 'Turt. Brit. 
Fn. p. 89. Yarr. Br. F. 1. p.266. Jen. Manual. of Brit. 
An. p. 389. j 

Habitat passim ad oras oceidentales Scandinaviae e freto 
‚Oeresund, ubi rarius obvenit. Ad Bahusiam satis frequens 
praesertim nıens. Nov. et Decbri. A piscatoribus Bahusiae no- 
mine Sjökock appellatur, ad Stroemstad etiam Flygfisk. 


2) Callionymus maculatus Rafin. 


Pinna dorsalis posterior maculis ocellatis, in pluribus se- 
tiebus positis. 
Mas. Pinna dorsalis anterior posteriore altior, radio vero 
primo longitudine trunci breviore. 
PFemina mibi adhuc invisa. Cf. Bonaparte. c. 
Synonym. (Secundum cel. Bonap te) Call. maculatus 
V. Jahrg. 1, Band, 3 


34 


Rafın) MWoheN: 25 pi 60 Tab. V. Fig. 1; — Ind. Itt. Sie. 
sp: 36; Made 103 fl 

Call, Bye Risso, MEINEN de Nice, p: 113; — Hist. 
nat. III. p. 262. . Nardo, Brenn Adr. Ichth. (in Giorn. 
Brugnat.) 

Gall. Draeuneulus. Nardo, Prodrom. Adr. Ichth. sp. 46, 

Gall. maeulatus. Bonap.lconogr. d.'Fn. Hal. Fasc. 3. 

Call. Dracunculus. Schagerstr. Acta acad. reg. Sc. 
Holm.''a. 1833 'p. 133 .(Mas.). f 

Habitat ad oras suecanas rarissime. Duo exemplaria, 
‚gquantum "constat; "hucusque obvia; unum in freto Oeresund 
mense Julio“ a Dr. Schagerstroem, alterım ad Bahusiam 
m. Novbri a me, capta. 


Die Gattung Clinus. Cuv. 


nie Gattung, welche Cüvier zuerst, auf Kosten der 
umfassenden. Linne’schen Gattung Bleritiun; aufstellte, ist 
bisher von unserer Fauna nicht adoptirt worden. Hiervon 
mufs die Ursache wohl darin gesucht werden, dafs die einzige 
Art, welche bei uns diese Gattung repräsentirt haben möchte, 
oder Ström’s Tangbrosme, Nr. 4, zu oberflächlich und un- 
vollständig ‘bekannt. war,' indem unsere ‘ganze 'Kenntnifs von 
derselben‘ sich auf die'kurzen Notizen beschränkte, welche 
Ström.-über sie geliefert hat *). So viel ich weifs, ist die- 
selbe Art nicht früher, als eben jetzt von mir, an’ der skandi- 
navischen Küste wieder. gefunden. worden, Ein Jahrzehend 
später, als Ström, beschrieb Fabricius in seiner bekannten 
Fauna groenlandica, eine nahverwandte ‚Art, welche er für 
identisch mit Ström’s angeführter Tangbrosme und mit Lin- 
ne’s Blennius Lumpenus hält, welchem zufolge die grönlän- 
ländische Art diesen Namen bekam. Dafs Fabrieius sich 
über den Linne’schen Lumpenus geirrt hat, darauf haben 
schon Ekström und ich °) aufmerksam gemacht, und dafs 
seine Vermuthung über die Identität der norwegischen und 
grönländischen Arten übereilt war, hat schon Herr Rein- 


4) Beskr. over Söndmör p. 315. 
5) Skandinaviens Fiskar, Häfte II., in der Synon. von Zoarces 
viviparus. ‘ 


35 


hardt‘)unzweideutig ausgesprochen, und eben das wird auch 
hier unten vollaus bestätigt. Mohr, welcher im Jahre 1780 
und 81 Island bereiste, traf auch bei dieser Insel eine Art 
Clinus an, welche, nach seiner unvollständigen Beschreibung ?) 
und aus der beigefügten Figur zu schliefsen, eine nahe ver- 
wandte, aber schwerlich dieselbe Art ist als die Ström’sche, 
noch weniger als die Fabricius’sche®). Reinhardt hat 
geäufsert, dafs ihm nicht weniger als 4 grönländische Arten 
bekannt seien, deren Beschreibung wir entgegensehen. Clinus 
wird sonach eine im Norden artenreiche Gattung, und wenn 
ich meine Erfahrung zu der des Hrn. Reinhardt hinzufüge, 
zugleich eine sehr natürliche, welche in jeder Rücksicht ver- 
dient, als selstständig neben den übrigen generischen Sectio- 
nen des vormaligen Linn&’schen Blennius aufgestellt zu werden. 
Beim Besuche der bohuslänischen Scheeren ist es mir ge- 
glückt, zwei von einander sehr verschiedene Arten dieser Gat- 
tung zu finden, welche nicht als sporadisch an dieser Küste 
zu betrachten sind, sondern dort wirklich ihren beständigen 
Aufenthalt haben, denn sie laichen daselbst, pflanzen sich fort 
und werden zu bestimmten Jahreszeiten wieder angetroffen. 
Die eine von ihnen, welche ich Clinus nebulosus nenne, ist 
ohne Zweifel dieselbe, wie Ström’s oben erwähnte Tang- 
brosme. Ich schliefse dies theils daraus, dafs er alle Charak- 
tere trägt, welche Ström angiebt, theils daraus, dafs die nor- 
wegischen und die bohuslänischen Küsten die meisten Fische 
gemeinschaftlich besitzen. Die andere Art, welche ich Cl. ma- 
culatus benannt habe, finde ich dagegen nirgends angeführt 
und betrachte sie als völlig unbekannt. Beide gehören derje- 
nigen Abtheilung der Gattung, nach Cuvier, an, welche sich 
durch eine gleichmäfsige und zusammenhängende 
Rückenflosse auszeichnet. Ihre Beschreibung folgt hier: 


41. Clinus maculatus. 
Elongatus, subcompressus, fronte cultrata rostro promi- 
nulo, subadunco; radiis pinnarum pectoralium inferioribus 


6) Bemaerk. til den skandinav. Ichthyol. p. 31. 
7) Islands Naturhistorie p. 84 Tab. IV. 
8) Ihre Verschiedenheit hat Hr. Kröyer nachgewiesen (s. Ar- 
chiv 1837. 2. 236. 
3*+ 


36 


elongatis, ceteris longioribus, apice liberis; cauda rotundato 
truncata; radiis pinnae dorsalis 59 —61 analisque 36. 

D. 59—61; A. 36; P. 15. V. 6; C. 13; Branch. 6. ” 

Deseript. sec. vivos. Longitud. 6—7 poll. Sv. Cor- 
pus elongatum, gracile, modice compressum dorso ventreque 
rotundatis, lateribus seeundum lineam lateralem parum impressis. 
Altitudo maxima decimam s. undecimam partem longitudinis 
eorporis, latitudo vero $ altitudinis aequat. Caput sat elon- 
gatum, 4 longitud, corporis supra eultratum, temporibus tu- 
midis, musculosis, antice attenuatum, rostro prominulo suba- 
dunco. Oculi magni, quartam fere partem longitud. capitis 
oceupantes, in vertice sat approximati; distantia ab apice ros- 
tri ad marginem anteriorem orbitae aequante diametrum oeculi 
seu distantiam dimidiam inter margines posteriores orbitae et 
opereuli. Nares parvae parum conspicuae, aperturis diseretis: 
anterioribus quasi labulosis, medium inter oculos et apiecem 
rostri tenentibus, Os mediocre, sat oblique adscendens; ma- 
xilla superior paullo longior, ex intermaxillaribus tenuibus, 
linearibus maxillaribusque longioribus, subflexuosis pone me- 
dium oculi desinentibus formata, subadnata, nulla saltem pro- 
tractione gandens, labio latiore obtecta dentibusque instrueta 
minutis, acutis, antice acerosis, ad latera in seriebus perparum 
collocatis, quarıum extima distinetiore validiore et antice ea- 
nino utringue ceteris maiore instrueta; maxilla inferior brevior, 
angustatg, labio marginata, dentibus minoribus acutis; antice 
acerosis utringue caninis duobus, ad latera unam seriem for- 
mantibus. Ossa palatina et pars anterior vomeris etiam den- 
tibus acutis armata, lingua vero nuda, brevis, apice libera, 
attenuata, rotundata. Palatum velo, postice profunde ineiso 
instruetum. Aperturae branchiales magnae, membrana 
branchiostega subtus profunde ineisa, isthno adnata, radiisque 
sex. Branchiae 4; inter arcum posteriorem et parietem nul- 
lus meatus. Cutis totius trunei et Jaterum capitis squamis im- 
bricatis, minutis apice rotundatis, muco tamen in vivis occul- 
tis, teeta. Linea lateralis recta, mediana, parum conspieua, 
in suleo laterali sita. Anus iuxta medium longitud. corporis 
(mensura ad basin pin. caudalis). Pinnae pectorales in statu 
collapso oblique lanceolatae, longitudine fere capitis, dum ex- 
tenduntur, insignes, apice rolundatae; inferius quasi digitatae, 


- 37 


e radiis 15, membrana tenui coninnctis, constitutae, quorum 
primus s. supremus brevior, simplex; 8 s. 9 sequentes'fere 
eadem longitudine, apiee divisi; 6 aut 5 denique inferiores, 
ceteris longiores (undecimus longissimus) apieibus extra mem- 
branam exeuntibus liberis, furcatis. Pinnae ventrales ante ra- 
dicem pectoralium insertae, sibi vieinae, tenues, elongatae, 
lineares, longitudine maxillae inferioris, e radis 6 () tam 
arcte coalitis ut numeratu difficile, constructae. Pinna dor- 
salis unica, continua, supra pinnas ventrales ineipiens, per 
totam longitudinem dorsi usque ad pinnam caudalem, relicto 
tamen intervallo, extensa, margine superiori leviter arcuato, 
altitudine pinnae diametrum oculi aequante; numerus radiorum 
sat constans variat solummodo inter 59 et 61; radii ‚omnes 
simplices, duri, apice nudo pungente; radii 2—3 priores hu- 
anillimi, spiniformes, in mare membrana coniuncti, in femina 
vero pseudo liberi; sequentes 10 gradatim accrescunt; mediü 
fere aequales, posteriores dein sensim decrescunt. Pinna ana- 
lis longa, postice aeque extensa ac dorsalis eique .quoad for- 
mam similis, sed parum humilior, radiis 36 muticis, mollibus, 
extimo apice fisso, recurvo membranaeque. adnato, suffulta. 
Pinna caudae medioerıs, altitudinem corporis aequans, apice 
dilatata, truncato-rotundata, radiis 11 divisis simplieigue uno 
utrinque praeter nonnullos minores basales supra et infra. 

Color corporis luridus, supra obscurior, subtus dilutior, 
ventre albicante, maculis s. areolis lateralibus maiusculis, fla- 
vescenti-brunneis fuscoque limbatis, irregularibus, abruptos et 
sinuosos aunulos ıse invicem ex parte tangentes formantibus, 
quarum saepe 5 s. 6 ad latera dorsi, distinetiores et obseu- 
 riores, fascias transversales dorsales simulant; secundum lineam 
Jateralem series macularum minorum rotundarum, infraque ve- 
stigia nonnullarum dilutiorum reperiuntur. @aput corpori con- 
eolor, lateribus flavicantibus, nucha rostroque obsoletius brun- 
neo-maculatis. Iris albicans, ‚supra annulo fusco, subtus pa- 
rum rubescens. Pinna dorsi pallide flavicans, maculis radiorum 
‚minutis rotundis, brunneis, series 9 ad 10 oblique deorsum et 
retrorsum decurrentes flexuosas formantibus, adeo ut unaquae- 
que series de summitate radiorum incipiens, basin radii eireiter 
duodeeimi subsequentis attingat, Analis et ventrales pallidae 
immaculalae; pectorales vero caudalisgque maculis radiorum 


u 


38 


brunneis elongatis, fascias 4—5 transversales, magis minüsve 
distinetas, saepe ex parte evanescentes formantibus. 

Hepar pallide brunneum, oesophagum ventriculum et par- 
tem anteriorem intestini involvens, apice in lobis duobus aut 
aequalibus aut sinistro tantillum longiori, diviso fundumque 
ventrieuli attingente. Vesica fellea minuta, elongato-ovata, 
longitudine sesquilin., inter lobos hepatis superne sita. Oeso- 
phagus sat brevis, ventriculus parvus, sacciformis, pyloro la- 
terali, adscendente, appendicibus 3 brevioribus, crassiuseulis, 
conieis praedito. Intestinum sat longum et convolutum,'te- 
nue, 'atque aequale, ante pylorum reflectitur, pone fundum 
ventrieuli circum Volutionem brevem, contortam praebet, et 
deinde flexura obsoletiore ad anum tendit. pesica natatoria 
nulla; urinaria elongata, tenuis et pellucida. Testes duo, elon- 
gati, teretes, tenues, inter se connati. Ovarium solitarium, in 
2 gravida sat magnum, exacte cylindrieum, fundum ventrieuli 
attingens ovisque sat maiusculis, magnitudine Be papave- 
ris, albis repletum. 

Habitat ad taenias Bahusiae. Ad ostium sinus Gullmaren 
plura individua, intrante hieme in sagenis capta per tres annos 
subsequentes observavimus. Loca profunda fundumque mollem 
argillosum amans ad litora vadosa frustra quaeratur. Solita- 
riam ut videtur, vitam degit; gregatim enim nullibi reperitur 
nec capitur. Parit sub mense Decembri. A piscatoribus Ba- 
husiensibus Längebarn i. e. infans molvae appellatur ob simi- 
litudinem quandam iuniorum Gadi Molvae, quamquam illum 
ab his facile distinguant. 


2. Cl. nebulosus. 

Elongatus, fere linearis, teretiusculus, postice attenuatus, 
compressus, fronte arcuata, fere perpendieulariter declivi; 
rostro obtuso, aequali; pinnis pectoralibus ovalibus, integris; 
cauda obovata, apice acutiuscula, radiis pinnae dorsalis 69 — 71, 
analisque 49. " 

D. 69—71; A. 49; P. 15; V. 6 (?) O. j 

Syn. Tangbrosme Nro. 4. Ström Söndm. p. 315. Centronotus 


Lumpenus Nilss. Syn, p. 104 (minime vero Blenn. Lumpenus L. nec 
Fabricii). 


Deser. sec. vıv un A praecedente toto coelo diversus, 
longit. 8 poll. Sv. Altit. „4 longitudinis. Corpus valde elonga- 


‚39 


tum, a capite parum: ängustiore',ad anumjfere,'aequale,, subte- 
res;; post-'anuim, vero gradatim  attenuatum, et! compressum,'ire- 
‚etilineare... "Caput 'brevius, 4! longitud,«eprporis; subtus.llatius 
subplanum, ad lateraicompressum, ‚nucha;convexa, vertice.,fran- 
teque subcarinäatis; linea  frontalis ‚arcuata, »antice .perpendieula- 
riter’ fere .declivis; rostrum: apice obtiısum marginemgne.-maxil- 
laesuperioris non superans.: 'Oculi magni, 4 longit.ocapitis, 
approximati,ımargine süperiore bulbi ‚supra vertigem-admodum 
elevato; situs praeterea.'ut: in specie „antecedeniex | Nares 
parvae sat inconspieuae, »oculisi multo, propiores,, ‚Os, parvum, 
axi,longitudinalii corporis.' fere -parallelium;, maxilla,-superior 
paullo longior, -obtusa,) labio reflexo munita; ‚ossa;intermaxil- 
laria maxillarihus breviora-et; tenuiora, |, apophysihus nasalibus 
quidewn |longis; instructa, ‘protraetioni,vero ‚maxillae, ph ‚hrevita- 
teni.ligamentorutı ‚Jateralium „parum-suppeditantibus;., maxilla- 
ria recta, postice truncata, marginem ;pupillae ‚anteriorem,.haud 
attingentia, ‚unde rietusparvus; maxilla, inferior debilis ‚;s, su- 
periore aliquantum  brevior-et angustior, apice .acutiugcula, sub- 
tus tuberculo minuto mentali; .‚dentes in utraque, maxilla „mi- 
nutissimi, acerosi carminis instar, serie tamen .extima, praeser- 
tion in,maxilla inferiore, »aliquantum distinetiore; ‚eaninis, nul- 
lis. (an semper?); in antica parte ‚vomeris: et.in palatinis.;(?) 
series. dentieulorum. Lingua nuda, carnosa,- apice brevi li- 
bero,, truncato-rotundato. Membrana branchiost.,radiis 6, 
supremo longiore et latiore, sequentibus gradatim ;diminuenti- 
bus, .infimo brevissimo. Squamae, parvae in vivis mucp ob- 
tegente inconspicuae, rotundatae, in medio aliquantum excaya- 
tae, margine extimo' sese tegentes, quamvis -cuti sat 'profunde 
impressae. Linea lateralis rectissima, parum  conspicua, 
corpus aeque dimidians. Anus.paullo pone anteriorem 4 lon- 
gitud. corporis situs. Pinnae pectorales in statu collapso 
lanceolatae, capite parum breviores; explicatae vero ovatae, 
margine integro rotundato; radiis 15, membrana tenui usque 
ad apicem eonjunctis: primo et ultimo brevioribus, simplici- 
bus, ceteris apice divisis. Ventrales sub radicem pectora- 
lium insertae, omnino ut in Cl. maculato conformatae, licet 
radiis melius distinguendis. Dorsalis unica, continua, supra 
pinnas ventrales incipiens, extenditur ad radicem caudalis, qua- 
cum membrana humillima coniungitur; margine superiore an- 


40 


tice/adscendente usque ad radium duodecimum, dein vero re- 
ctilineari, radiis 71 (69 sec. Ström) duris, simplicibus et: pun- 
gentibus, ‘apieibus tamen in membrana conditis. Analis ut'in 
Cl.'maculäto construeta, margine vero apicali fere aequali ra- 
diisque' 49; ‚apieibus 'retrorsum arcuatis Secundum marginem 
membranae'extimoque' apice’ radio subsequenti connato. 'Cau-= 
dalis>obovata, sat magna, longitudine fere capitis, apice acu- 
tiuscula,-radiisque 10 longioribus, divisis, praeter minores sim- 
plices ad basin,'4 supra totidemque infra. 

"Color-'corporis 'supra 'pallide 'brunnescens'in''coerulescen- 
tem vergens;- maculis irregularibus brunneis, in pseudo-fascias 
obliguas Eonfluentibus 'punctisque sparsis- fuseis notatis; subtus 
dilutior, äntice in violescente, postice vero in olivaceo-flavi- 
cante resplendens, immaculatus. Series macularum elongata- 
rum), 'eirciter 9, brunnescentium. 'secundim (lineam‘ Jateralem 
flavicantein. 'Caputcorpori concolor, immaculatum, operculo ex 
viridi- et’ flavescente micante. Iris lutescenti-argentea, 'annulo 
sät’Jato, brunnescente, subtus interrupto.‘' Pinna dorsi pallida, 
in 'certo Jüminis situ pulchre coerulescens, faseiis eireiter 12 
flexuosis, pallide fuscescentibus, oblique retrorsum et deorsum 
decurrentibus (omnino ut series macularum in praecedente), 
unde' pinna. quasi nebulis adumbrata. ' Pinnae pectorales, ra- 
diis flavicantibus, analis et ventrales pallidae immaculatae: cau- 
dalis vero maculis radiorum flavicantium pallide brunnescenti- 
bus 'obsoletissime 6-fasciata. 

Viscera abdominalia ut in praecedente, sed appendices 
pyloricae tantum duae, aliquantum longiores (2”) et distinctio- 
res; ovaria duo, in uno cylindro coalita, apice paulisper furcato. 

Habitat rarius, ut videtur, cum praecedente, Unam’ foe- 
minam tantummodo mihi adhuc indagare eontigit, die 5 Janu- 
arli in sagena captam. Ova sua nuperrime deposuerat. 


L [DREI IE IS 


Ueber die Spermatozoen. 


Briefliche Mittheilungen vom ‚Prof. Rud..-Wagner. 


(Hierzu Taf. II. Fig. 2u, 3 u. a—1..) 


In Bezug ‚auf ‚meine, Untersuchungen, über «Generation mufs 
ich; Ihnen doch ‚Einiges schreiben, ‚da auch in ‚Ihrem ‚Archive, 
wie in dem von Müller, mehrere Controyerspunkte, die 
Samenthierchen ‚betreffend, neuerdings zur, Sprache ‚kamen, und 
dieser Gegenstand; ' wie mir 'scheiut,. selbst auf.die systemati- 
sche Zoologie nicht. ohne ‚Einflufs ‚bleiben wird. i 
Ich habe in diesem Jahre, ‚wieder viele Untersuchungen 
angestellt, und glaube. nun. folgende Punkte ‚mit‘ ziemlicher 
Entschiedenheit festgestellt zu haben: | 
1) Die Animalität der Samenthierchen. Meine Ansicht steht 
gewissermafsen in der ’Mitte zwischen ‘der von Ehren- 
berg u. A., wonach. es cerkarien-ähnliche Entozoenfor- 
men sind, 'und.der von Siebold, Treviranus u. A, 
nach welchen die Spermatozoen nicht ‚animalisirte, Mo- 
lekule oder den Blutkörperchen vergleichbare Elemente 
des Samens sind. Die Hauptgründe meiner. Annahme 
einer wirklichen Animalität sind: 

a, Die Bewegungen, welche durchaus den Charakter der 
Willkühr an sich tragen. 

b. Die eyklische Entwickelung aus ei-ähnlichen Körpern 
und wahrscheinlich allgemein (wenigstens bei den 
Wirbelthieren) in Kysten. . 

c. Die beschränkte Dauer der Lebenserscheinungen au- 
[ser dem Körper, die Reaktion der Spermatozoen gegen 


42 


Flüssigkeiten und Stoffe verschiedener Natur, Narco- 
tica u. dgl., worüber ich viele Untersuchungen ange- 
stellt habe. 

d. Andeutungen von Organisation, z. B. bei Samenthier- 
chen von Rhinolophus, auch beim Mensehöh etc. 

2) Das specifische Verhältnifs der Samenthierchen zur zeu- 
genden Art. In allen Wirbelthierklassen läfst sich die 
Wahrheit dieses Satzes demonstriren, und ich glaube 
schon in meinen verschiedenen Abhandlungen, nament- 
lich in denjenigen ‚welehe "der am Schlusse! des vorigen 
Jahres erschienene Band der Abhandlung der mathema- 
tisch-physikalischen Klasse der Münchner Akademie ent- 
hält, und wovon Sie Separat-Abdrücke schon früher er- 
hielten, Belege genug. hierzu gegeben zu haben. Aller- 
dings herrscht oft in entfernten Gattungen eine grofse 
Formähnlichkeit, die’ aber um so’ mehr'verschwindet, ‘je 
schärfer man beobachtet und jemehr 'man' die Mikrome- 
trie handhabt. 2 us v 

Zum ersten Studium der Formverschiedenheiten rathe ich 
die Spermätozoen einzelner Familien und Ordnungen zu wäh- 
len, welche sich durch differente Formen’ charakterisiren, z. B. 
die Nagethiere. Diese haben durchgehends sehr grofse Sper- 
matozoen, besonders die Ratte; man wird ‘dann die der Maus, 
die von Lepus, Sciurus, Hypudaeus leicht kenntlich und’ sehr 
different finden. | . 

Die Batrachier unter den Amphibien geben ein anderes 
Beispiel'ab. Man studire ihre Form und Genesis’ zuerst bei 
den Fröschen, wo der längliche stabförmige Körper‘ einen 
feinen, nicht sehr langen Schwanz trägt. Ihre Entwicklung in 
Kysten kann man im Frühjahre sehr deutlich sehen. Aehn- 
lich sind sie bei den Kröten; aber z. B. bei Bufo Calamita 
ist der Körper kürzer, der Schwanz länger. Ganz verschieden 
und höchst eigenthümlich ist die Form bei Bombinator, wo 
ich immer noch Flimmerbewegungen sehe, ohne diese auf eine 
spiralige Umwickelung eines Schwanzes reduciren zu können. 
Ganz davon verschieden ist wieder die Form’ bei Pelobates, 
wo ich sie spiralig finde; das eine Ende ist immer in peit- 
schenförmig schwingender Bewegung. Die absolute Verschie- 


43 


denheit bei Triton und Salamandra habe ich schon 'ander- 
wärts erwähnt *). 

Keine Klasse aber 'läfst so gute Beweise für den obigen 
Satz zu, als die der Vögel, und da man sich im'Frühjahre so 
leicht Singvögel von verschiedenen Gattungen verschaffen kann, 
so will ich von diesen etwas genauer sprechen. Um sich hier 
recht vollkräftige ausgewachsene Spermatozoen-Individuen zu 
verschaffen, mufs man nicht die Hoden wählen, sondern Sa: 
menflüssigkeit aus dem vas deferens nehmen, 'am besten und 
leichtesten aus dem unteren Ende, wo dasselbe in eine dicke, 
knäuelförmige Masse zusammengewunden ist. ' Nimmt‘ man 
hier von eben getödteten Vögeln Samen, verdünnt denselben 
mit Wasser, so wird man die Samenthierchen in einer aufser- 
ordentlich lebhaften Bewegung sehen, die aber allerdings sehr 
bald abstirbt, früher als bei anderen Thieren. Zuweilen habe 
ich jedoch bei geschossenen kleinen Singvögeln, an warmen 
Tagen, nach 3 bis 4 Stunden nach dem Tode (wenn der Un- 
terleib nicht geöffnet war) bei einzelnen Samenthierchen noch 
deutliche, lebhafte, schraubenförmig bohrende Bewegungen ge- 
sehen, wie sie den spiraligen Spermatozoen der Vögel eigen- 
thümlich sind. Ich wundere mich daher, dafs Siebold sagt: 
„Niemals sah ich an diesen Spermatozoen, welche ich aus den 
Hoden selbst eben getödteter Vögel entnommen hatte, eine 
Spur von Bewegung.“ Allerdings sind diese Bewegungen sel- 
tener und unvollkommner bei den Thierchen im Hoden, als 
im vas. def. aus begreiflichen Gründen. 

Sehr interessant ist es, die einzelnen Familien der Sing- 
vögel auf ihre Spermatozoen zu untersuchen. Wie bei den 
Nagern unter den Säugethieren und hier wieder bei Maus und 
Ratte, so sind sie bei den typischen Fringillen am gröfsten. 
Ich fand sie bei Fringilla coelebs bis #" lang, das dickere 


8 
Ende schraubenförmig mit zwei gezogenen Windungen; dieses 


u, 


Ende mifst ungefähr 45”; der Schwanz ist ein steifer gera- 


*) Ich habe mich nun auch auf das deutlichste überzeugt, dafs 
die scheinbaren Flimmerbewegungen der Samenthierchen von Triton, 
nicht wie ich früher vermuthete, durch einen Wimperüberzug, son- 
dern auf die von Siebold beschriebene Weise durch spiralige Um- 
schlingung des sehr feinen fadenförmigen Schwanz -Endes hervorge- 
bracht wird. 


44 


der Faden, der. keine Oesen bildet; diese Samenthierchen kön- 
nen als typische Form der Spermatozoen von Singyögeln gel- 
ten. Ihnen stehen ‚an Gröfse und. Form zunächst die ‚Hänf- 
linge, und Zeisige, wo sie „5 —7% messen, und.die übrigen 
Finkenarten mit -+— 55" Länge. L. 0 

1.) Schmächtiger (und schlanker 4— 4; — 5" messend, das 
spiralige Ende weniger. verdickt, mit deutlichen Modifikationen 
der Spiralwindungen nach den. Gattungen, fand ich’ sie bei 
Sylvia, Motacilla, Sazxicola, Alauda, Anthus, Emberiza 
(wo'sie.etwas gröfßser und kräftiger sind); bei Sturnus, Orio- 
Zus. sind sie noch’ kleiner, J5— 35" messend, die Spirale sehr 
gezogen. Bei Parus, Hirundo, Certhia u, A. messen sie 
35505» es kommen 3 bis 4 gezogene Spiralwindangen am 
vorderen Leibesende vor. Die bisher von mir untersuchten 
Drosselarten (Turd. viscivorus, musicus, snerula) haben Sper- 


matozoen von ungefähr z4” Länge mit langem Spiralfaden, 


25 

der 5 und mehr gezogene Windungen zeigt. - Sehr charakte- 
ristisch sind die Spermatozoen sämmtlicher einheimischer Wür- 
gerarten,: so, dafs die Gattung «Laniws sogleich aus ihren: Sa- 
menthierchen 'erkannt werden kann; diese haben nämlich eine 
sehr engzewundene Spirale, und daran einen sehr feinen und 
kurzen Schwanz, so dafs sie im Ganzen nur 75” und darun- 
ter lang sind; dem entsprechend 'sind die Spermatozoenbehäl- 
ter oder Kysten im Hoden auch sehr kurz und birnförmig, 
während sie bei den Finken so sehr lang sind. Alle von mir 
untersuchten übrigen Vögel mit dem Singmuskel-Apparat, wie 
‚Sitta, sämmtliche Corvus-Arten, haben das eigenthümliche 
schraubenförmige Ende, und es war nr daher höchst interes- 
sant zu Sehen, wie. fast kein Vogel einer anderen Ordnung, 
ja selbst keine Passerinengattung ohne Singmuskelapparat, die- 
ses spiralige Ende hat; wenigstens sah ich bei Coracias und 
Caprimulgus die Samenthierchen wie bei den übrigen Vögeln 
gebildet. »Cypselus habe ich leider noch nicht darauf unter- 
suchen können. Alle Klettervögel (Picus, Cuculus), Tauben, 
Hühnervögel, Sumpf- und Wasservögel haben Spermatozoen 
mit länglichem Körper, ähnlich wie die der Frösche, und mit 
feinem a &- Schwanz. Mannichfaltige Nüaneirungen 
kommen in Gröfse -und Form bei den verschiedenen Gattun- 


gen vor. i 


45 


3) Ein dritter Punkt, 'der'sehr interessant ist, ist die man- 
gelnde oder unvollkommene Produktion von Samenthieren bei 
Bastarden. Ich hahe hierauf, nieht ohne mancherlei Kosten, 
eine An Bastarde vom Kanarienvogel und Stieglitz im 
Frühjahre geopfert und die Kontenta der Hoden mit denen 
der Kanarienvögel und Stieglitze verglichen. Die Hoden tur- 
gesciren allerdings auch hier, erreichen aber nie die Gröfse 
der Hoden bei den Stamm-Eltern; bei einzelnen Exemplaren 
sind die Samengefäfse nur von grofsen Körnern und Kugeln 
ausgefüllt, verschieden im Ansehen von denen der Eltern und 
ohne alle Samenthierchen; bei anderen kommt es wirklich zu 
einer mehr oder minder vollständigen Entwickelung von Ky- 
sten, in denen selbst Spermatozoen-ähnliche Körper entstehen: 
längliche, unregelmäfsige Körper mit fadenförmigen Schwän- 
zen. Aber nie habe ich ächte Spermatozoen mit spiraligem 
Ende sich erzeugen sehen; auch die Zahl der unvollkomnmnen 
Samenthierchen in einer Kyste ist viel geringer, ihre Ablage- 
rung unregelmäfsiger u. s. f. — Dies ist unstreitig sehr wich- 
tig; sämmtliche von mir untersuchten Bastarde waren, wie in 
der Regel alle solche Geschöpfe einer gezwungenen Paarung, 
nicht zur Fortpflanzung zu bringen, obwohl auch hier in Er- 
langen es in seltenen Fällen mit einzelnen Individuen gelang. 
Sollte in dem letzteren Falle, wie ich wohl vermuthe, die Se- 
kretion im Hoden zur Produktion ächter Samenthierchen sich 
gesteigert haben? Die Yasa def. fand ich stets äufserst leer 
und nur mit Körnchen und körnigen Körperchen (Epithelium- 
zellen?) sparsam gefüllt. Bei weiblichen Bastarden habe ich 
im Eierstock deutliche kleine Dotterkugeln stets mit Keimbläs- 
chen gesehen; der Keimfleck war nicht deutlich. Leider habe 
ich noch keine anderen Bastarde zu untersuchen Gelegenheit 
gehabt; von einem kürzlich in Bäiern erlegten herrlichen Exem- 
plare eines Halıns von Tetrao medius, den unsere akademi- 
sche Sammlung erhielt, entging mir leider der Rumpf zur ana- 
tomischen Untersuchung. 

Diese den Zoologen zunächst interessirenden Punkte wollte 
ich Ihnen mittheilen; meine sämmtlichen Beobachtungen über 
Samen und Sanienthierchen habe ich Prof. Todd für seine 
Cyclopaedia of anatomy and physiology versprochen; doch 


46 


dürfte der Artikel $emen vor Jahr und Tag nicht zum Drucke 
kommen. 
Erlangen, den 2. August 1838. 
R. wagen 


Erklärung der Figuren auf Taf. I. 


1) Samenthierchen von: 
a. Fringilla canaria. 
b. Fringilla carduelis. 
c. Bastarde von beiden genannten Arten. 
d. Einem anderen dergleichen Bastarde. 
e. Fring. domestica. 
F. Sylvia tithys. Y 
g. Turdus merula, 
h. Lanius spinitorquus. 
2) Samenthierbehälter von Lan. spinitorquus. 
3) Desgleichen von Sylvia tithys. 


Alle Gegenstände gleichmäfsig ungefähr 800 mal vergröfsert. 
u 


Naturhistorische Schilderung des nördlichen 
Patagonien 


von 


Alcide d’Orbigny. 


(Auszug aus dessen Voyage dans l’Amerique meridionale. Itine- 
raire Il.) 


Verf. beschränkt den Namen Patagonien auf den Landstrich, 
welcher von den Patagonen oder der Nation der Tehuelches 
bewohnt ist, mithin nur auf den östlichen Abhang der Anden, 
vom Fufse dieses Gebirgszuges bis zum atlantischen Ocean, 
also mit Ausschlufs der südlich von der Magallen-Strafse gele- 
genen Länder, der Cordilleren und des westlichen Abfalls der- 
selben. Die nördliche Begränzung ist ungenau; doch gehen 
die Tehuelchen nach dem Verf. bis zum 39° s. Br. hinauf. 
Seine eigenen Beobachtungen beschränken sich auf den zwi- 
schen dem 40. und 42.° südl. Br. eingeschlossenen Raum, also 
auf das nördliche Patagonien; andere Nachrichten erhielt er 
„durch die Eingebornen und einige reisende Spanier. Der nörd- 
liche Theil des von den Patagonen bewohnten Landes besteht 
aus einem dürren Erdstriche, welcher von den Anden zum at- 
lautischen Ocean sanft abfällt. Er ist bewässert im Norden 
von dem Rio colorado und dem Rio negro, deren Lauf die 
Einförmigkeit des trockenen, nur mit Dornsträuchern bewach- 
senen Bodens unterbricht. Sie beleben die Vegetation und 
enthalten an ‚ihren Ufern ein fruchtbares, von schlanken 
Weiden beschattetes Thal, welches im steten Contraste mit 
den dürren Ebenen steht. Es sind zwei ganz verschiedene 
Naturen, deren eine der europäischen ganz analog ist, während 


45 


- 


die andere fast im Meeresniveau den traurigen, sterilen Anblick 
des grofsen Plateau der bolivischen Anden unter 15—20° 
südl. Br. hervorruft. Die dürren Ebenen zeigen einen den 
Pampas, von denen sie sonst sehr verschieden sind, ähnlichen 
Charakter. Sie sind nämlich mit einer Menge Vertiefungen 
bedeckt, welche Seen bilden, in denen sich das Wasser in der 
Regenzeit momentan sammelt und wo in dicken Lagen See- 
salz kristallisirt. Nicht allein ‚sind alle diese Seen salzig, son- 
dern auch der Boden ist überall mit Salztheilen geschwängert, 
welche an seiner Oberfläche zuweilen effloreseiren. Der Bo- 
den von Patagonien bietet vom Fufse der Anden bis zum 
Meere eine Folge von Tertiär-Schichten dar, welche abwech- 
selnd Süfswasser- und Seeconchylien und Säugethierknochen 
enthalten mitten in einem zerreiblichen Sandsteine, der so ein- 
förmig geschichtet ist, dafs man an den Ufern des Meeres oder 
an den Gestaden des Rio Negro, wo man überall Ufer von 
grofser Höhe bemerkt, die geringste Schicht 6— 8 Meilen ver- 
folgen kann, ohne dafs sie merklich in Dicke variüirt. Einige 
Proben der Felsmassen, so wie die Beschreibung der Reisen- 
den, beweisen, dafs dieselbe Formation fast ganz Patagonien 
bis zur magellanischen Meerenge einnimmt: übrigens setzt sich 
der Tertiärboden bis zum Fufse der Anden gegen Norden 
fort, steht mit dem, welcher Grofs-Chako begränzt, in Verbin- 
dung, und umgiebt überall die eigentlichen Pampas, welche 
unveränderlich aus knochenführendem Thon oder aufgeschwemm- 
tem Lande (terrains d’alluvion) gebildet sind. Die Pampas 
selbst sind weit weniger ausgebreitet, als yan glaubte. Sie 
haben an der Bodenbildung a en Antheil, indem 
sie unter 39" gänzlich aufhören, um der Tertiärformation des) 
Südens Platz zumachen. Daher ist Patagonien, mit Ausnahme 
der Anschwemmimgen und Ufer der-Flüsse, zur Kultur unfähig, 
sondern bietet überall ein trockenes, sandiges Erdreich dar, 
welches die nöthige Feuchtigkeit nicht bewahrt. 

Die Temperatur ist im Carmen, nicht die, welche man 
unter dem 41° südl. Breite, also in gleicher Entfernung vom 
Aequator, wie zu Neapel und Madrid, aber auf der anderen 
}Hemisphäre erwarten sollte; sondern es ist gewöhnlich kälter, 
was man ohne Zweifel der Nachbarschaft der Andes u der 
Ebenen, welche sich bis zu den eisigen Regionen der Südspitze 


49 


Amerika’s ausdehnen, zuzuschreiben hat, woher der fast immer 
aus Westen wehende Wind stets Kälte bringt. Während des 
Verf. Aufenthalts in der weifsen Bay wehte der Wind in 
82 Tagen: 58 Tage aus Westen, 18 Tage aus Osten und nur 
6 Tage war vollkommener Süd- und Nordwind. Hieraus er- 
klärt sich die übermäfsige Kälte der Nächte selbst während 
der wärmsten Jahreszeit. Nichts destoweniger übertreibt man 
den Unterschied, welcher angeblich zwischen der Temperatur 
dieser Breite auf der südlichen und gleicher Breite auf der 
nördlichen Halbkugel herrschen soll. Es friert freilich sel- 
ten in Neapel, aber in Carmen beobachtete Verf. während. des 
Winters, den er dort zubrachte, kaum zwei oder dreimal etwas 
Eis und es hatte an den dem Froste am meisten ausgesetzten 
Stellen höchstens ein Centimeter Dicke. Die Gemüse erfrieren 
dort nicht und die Einwohner haben nie Schnee fallen gesehen. 
Das 100theilige Thermometer zeigte nie mehr als 2—3 Grad 
Kälte, und noch dazu nur vor Sonnenaufgang; dagegen sah 
Verf. es im Januar zu San-Blas um Mittag häufig auf 30 Grad 
- Wärme steigen. Die so auflallende Kälte der Nächte erklärt 
sich leicht aus der Nähe der Cordilleren und der Eisberge des 
Poles, so wie aus der Nähe des Meeres und aus den fast be- 
ständig herrschenden Winden. Während eines achtmonatlichen 
Aufenthalts erlebte Verf. kaum einige windstille Tage, hatte 
dagegen immer Winde zu ertragen, welche zuweilen heftig ge- 
nug waren, um selbst das Reisen beschwerlich zu machen. Sie 
sind es auch, welche, indem sie die Entwickelung der Vegeta- 
tion hindern, diese traurige Trockenheit Patagoniens bedingen, 
eine solche Trockenheit, dafs der Regen welcher fällt, in kur- 
Zeit verdunstet ist, und dafs Alles mit gleicher Leichtigkeit 
wie-auf den Gipfeln der Anden und an den Küsten von Peru 
trocknet. Alle thierische Körper, welche man der Luft aus- 
setzt, vertrocknen statt zu verfaulen und liegen so mehrere 
Jahre auf dem Boden, ohne zu verderben. Es regnet selten 
in Carmen, denn die vorherrschenden Westwinde bringen nie 
Regen; dieser kommt nur mit den von Ost bis zu Süd wehen- 
den Winden, welche, über das Meer streifend, Gewitter mit 
sich herbeiführen. Welche Contraste bietet Siid- Amerika dar, 
wenn man die Ost- und Westseite der Anden unter gleichen 
Breiten vergleicht! In Carmen, auf dem westlichen Abhange 
V, Jahrg. 4. Band. 4 


50 


" 
der Andes, unter dem 44° 5. Br., regnet es selten; während 
‘ unter gleicher Breite auf dem entgegengesetzten Abhange, die 
Umgegend von Valdivia mit dem lebhaftesten, durch stete Re- 
gen genährten Grün bedeckt ist. Geht man aber weiter nach 
Norden, bis zum Wendekreise des Steinbocks, so ändert sich 
Alles. Auf dem westlichen Abhange der Andes regnet es nie- 
mals; Treibsand bedeckt die ganze Küste Peru’s, während der 
östliche Abhang, so dürr in Patagonien, im hohen Peru alle 
Pracht der tropischen Vegetation unter einer warmen und 
feuchten Temperatur entfaltet, wo häufige Regen eine der kräf- 
tigsten Naturen beleben. Auf der Westseite der Anden sieht 
man die schöne Vegetation des südlichen Chili allmählich ab- 
nehmen, je mehr man gegen Norden vorrückt, sieht sie selten 
werden unter dem 32° und ganz aufhören unter dem Wende- 
kreise, wo nichts mehr wächst, es sei denn bei künstlicher Be- 
wässerung. Im Osten der Andes findet man gerade das Ge- 
gentheil; der Boden von Patagonien zeigt die gröfste Dürre, 
aber weiter im Norden, in den Pampa’s, bedeckt er sich mit 
Graswuchs, noch weiter nördlich mit dichtem Gehölze und 
geht endlich über in die üppige Vegetation, in welcher ganz 
Brasilien prangt. In den herrschenden Winden sind die all- 
gemeinen Ursachen dieser entgegengesetzten Wirkungen zu 
suchen; auf der Westseite der Andes herrschen beständig Süd- 
winde, auf der Ostseite am meisten Nordwinde. 

Die Thierwelt des nördlichen Patagonien bietet einen ganz 
besondern Character dar, ganz verschieden von der zu Cor- 
rientes. Es ist nicht mehr dieses stete Gemisch von Thieren 
der heifsen Zone mit denen der gemäfsigten, sondern es ist 
eine Thierwelt, wie sie einem dürren und trocknen Boden ei- 
genthümlich ist, im Winter vermehrt durch die Fauna der ei- 
sigen Regionen des Poles.. Will man sie mit der Thierwelt 
eines andern Theils von Südamerika vergleichen, so zeigt sie 
nur mit der der Gebirge von Chili und der grofsen tropischen 
Hochebene in Bolivia Aehnlichkeit, und in der letztern Gegend 
ausschliefslich mit der Höhe von 10—14000 Fufs über dem 
Meeresspiegel. Dort finden sich nicht allein fast dieselben 
Genera; sondern man wundert sich auch oft, dieselben Arten 
dort anzutrefien. Kurz die Aehnlichkeit beider Punkte in zoo- 
logischer Hinsicht ist überraschend, was um so weniger be- 


51 


fremden wird, als unter allen andern Gesichtspunkten der Tem- 
peratur und des allgemeinen Aussehens des Landes eine merk- 
würdige Identität. statt findet. Pr 

Die zahlreichen Affen, welche die Hügel der Provinz Cor- 
rientes beleben, sind mit dem Gehölze, welches ihnen ein Asyl 
bot, verschwunden. Es giebt gar keine Quadrumanen mehr auf 
dem Gebiete Patagoniens; alle sind im’ Norden des 30° s. Br. 
zurückgeblieben. Doch flattern noch einige schwache Fleder- 
mäuse in der Dämmerung an den Ufern und Abhängen des 
Rio negro. Auch der Grison (Fiverra vittata L.) schlägt 
dort noch seinen Wohnsitz auf und das tückische Stinkthier 
ist in diesen Gegenden recht eigentlich zu Hause; wenig be- 
unruhigt spielen dort seine Familien inmitten der Wüsten. 
Der rothe Wolf (Ganis jubatus Cuv.) durchstreift unabläs- 
sig die Wüsten, wo er immer einige scheue Hühnervögel an- 
trifft; während der Fuchs (Canis Azarae) nur seinen Bau 
verläfst, um dem hier ansässigen Menschen Schaden zuzufügen 
oder einige kleine Säugethiere oder Vögel zu überraschen. Die 
Krallen des Jaguar hat man nicht mehr zu fürchten; er geht 
nicht südlich über die Gebirge des Tandil hinaus. Dagegen 
wird der Kuguar hier häufiger als anderwärts, und jagt in 
den ungehenuern Ebenen, nebst zweien andern Arten wilder 
Katzen, dem Pajero und Mbaracaya Azara’s, welche vor- 
züglich die Ufer des Rio negro bewohnen. Die Seeküsten 
wimmeln von Amphibien-Säugethieren. Die Rüsselrobbe 
(Phoca leonina L.) bedeckt den sandigen Strand, die Ota- 
rien, Seelöwen ( Jubata Gmel.) ziehen dagegen die 
Klippen oder steinig ‘Küsten vor. Zwei Arten Beutel- 
thiere (Didelphys Azarae Temm.) dehnen ihre Wanderun- 
gen auf Patagonischen Boden aus, wo sie den Landwirthen 
Schaden zufügen und deshalb deren grausamen Nachstellungen 
ausgesetzt sind. Wenn die Raubthiere in Patagonien zahlreich 
sind, so mufs es auch zu ihrer Nahrung schwache Thiere in 
Menge geben. Um diese Bedingung ihres Daseins zu erfüllen, 
sind die Nagethiere da. Die Erdgräber(&idnomes fouisseurs) 
vertreten unsere europäischen Maulwürfe, indem sie die san- 
digen Gefilde, welche sie bewohnen, unaufhörlich durchwühlen. 
Auch Ratten in grofser Anzahl, theils einheimische Arten, 
welche von Körnern in den Dünen leben; theils fremde» Para- 

4* 


Ag 
52 % 


siten ((ünsere Ratte und Hausmans), mit den a = 
diese unwirthbare Gegenden gekommen, wo sie, wie in Eu- 
ropa, lästige Gäste, aber sehr schwer zu erjagen sind. Das 
Echo der Ufer des Rio negro wiederholt zuweilen die melan- 
cholischen Laute des Guya (Myopotamus coypus), von dem 
einige Familien, aus dem Norden eingewandert, die Sümpfe 
bevölkern; man hört sie zur Nachtzeit, wenn das scheue Bis- 
cacha (Callomys biscaccia Isid. Geoffr. et d’Orb., Lagosto- 
mus Brook.) in zahlreichen Gesellschaften auf den Graspl 
zen, im Umkreise' seiner unterirdischen Wohnungen, spielt, in- 
dem es beständig seine langen schwarzen Schnurrborsten in 
Bewegung setzt. Dieses und der leichtfüfsige Mara (Dasy- 
procta patagonica. Desm.), welcher in den Ebenen des Sü- 
dens unsern Europäischen Hasen vertritt, nebst einer neuen 
Art Meerschweinchen [Cavia patagonica *) d’Orb. et 
Isid. Geoffr.], sind diesen Gegenden eigenthümlich und nähern 
sich nie den Wendekreisen. Von Edentaten findet man in 
Patagonien nur Gürtelthiere und zwar nur zwei Arten, den 
Pichi(Dasypus minimus Desm.), wegen seines wohlschmek- 
kenden Fleisches sehr gesucht, und den nächtlichen Peludo 
(Das. villosus Desm.), Zahlreiche Rudel des Halsbandz 
Pecari (Dicoiyles torguatus Cuv.) haben ihre Wanderungen 
von den warmen Waldungen der Tropen bis zu den Morästen 
des Rio negro ausgedehnt. Eben so verhält es sich mit dem 
leichtfüfsigen Guazuti (Cervus campestris), welcher als die 
einzige der vier in Corrientes lebenden Hirscharten in die Ebe- 
nen der Pampas übergegangen und nicht minder gemein in 
Patagonien als an den Ufern des Parana ist. Hier sah Verf. 
auch zuerst einen der Bewohner der Peruanischen Andes, das 
Guanaco, welches, dem Laufe des Gebirges bis zur Magellan- 
Strafse folgend hier und dort einige seiner Familien in die 
Mitte der Wüsten von Patagonien entsendet, wo es der Mensch 
sowohl wegen seines Fleisches als wegen seines Felles ver- 
folgt. Dies sind die Säugethiere, welche diesen Boden bedeck- 
ten, als unsere Hausthiere, unsere Rinder und Pferde, dort na- 
turalisirt wurden. Die Küsten werden täglich von einer grofsen 
*) Bennett stellte ebenfalls eine neue Cavie, Kerodon Kingü, auf, 


welche an der Ostküste Patagoniens einheimisch sein soll. s. Arch, I. 
2. S. 286. Herausg. 


2 53 


Menge Wallfische, Delphine, Pottfische und! anderen Cetaceen 
be ‚ denen Basen“ aller Länder in diesen stürmischen 
Meeren nachstellen. 

Bei den Vögeln Patagoniens darf man nicht die Farben- 
pracht suchen, welche den Bewohnern der heifsen waldreichen 
Regionen eigen ist. Es fehlen die schwirrenden Kolibri, die 
gefallsüchtigen Tangaras, die prächtigen Cotingas, die glänzen- 

‚Manakin, die geschwätzigen Elstern, die kunstfertigen Ka- 
/ mit buntem Gefieder. Sie alle sind in der heifsen Zone 
zurückgeblieben. Patagonien besitzt nur Vögel von einem 
eben so düstern Aussehen, als seine Ebenen, aber meist eben 
so zahlreich, als seine. Wüsten ausgedehnt sind. Verf. sam- 
melte 107 Arten Vögel, 16 Raubvögel, 36 Sperlingsvögel, 3 
Klettervögel, 5 Hühnervögel, 22 Stelzenläufer, 25 Schwimmvögel. 

Den Andes wurde nicht allein die Ehre zu Theil den ma- 
jestätischen Condor zu besitzen, auch Patagonien kann sich 
seines Besitzes rühmen. Er durchstreift dort unaufhörlich die 
hohen Gestade des Küstenstrichs, zuweilen begleitet von Uru- 
bus und Auras, die, wie er, kommen um die Ueberreste ab- 
gestorbener Thiere aufzusuchen und sich darum mit den ge- 
fräfsigen Caracaras streiteu, welche in den bewohnten Thei- 
len der Ufer des Rio negro nicht weniger gemein sind. Der 
Winter zwingt die scheuen Singvögel von den Cordilleren in 
die Ebenen herabzukommen und von dem eisigen Süden nach 
Norden hinaufzuziehen. Die geselligen Tauben und Enten 
ziehen eine Menge von Raubvögeln nach sich. Circaetos co- 
ronatus Vieill., Haliastos melanoleucus, Buteo tricolor 
d’Orb., Circus cinereus Vieill. sind nur in dieser Jahreszeit, 
in der Nähe der mit Weiden bewachsenen Ufer des Rio negro 
häufig und stets bereit auf die schwebenden Wolken jener 
scheuen Vögel zu stofsen, welche ihnen zur täglichen Nahrung 
dienem. Sie verschwinden zum Theil im Sommer oder zer- 
streuen sich mehr, und überlassen den frechen Falken (Falco 
Femoralis Temm.) den Gefallen am festen Wohnsitz. Auch 
Nachtraubvögel bewohnen das nördliche Patagonien; der 
eintönige Nacurutu (Bubo magellanicus Gm.) findet sich 
dort eben so häufig, als in den heifsen Ländern. Mit Ver- 
wunderung fand Verf. mitten in diesen Steppen die mittlere 
Olireule (Sir. brachyotus) Europa’s und hörte an den Ufern 


fr 


54 Pr) 

des. Rio negro den Schrei der Schleiereule (Str. p 
Licht.). In den Ebenen sieht man überall, selbst am Tage die 
Urucurea, welche in usurpirten Höhlen lebt, während das 
Weidengehölz den kleinsten der Käuze (Strix ferox Vieill.) 
verbirgt, welcher sich. oft am vollen Mittage auf den biegsamen 
Zweigen der Weiden sanft vom Winde schaukeln läfst. Die 
Sperlingsvögel stehen ziemlich im Verhältnisse zu den Raub- 
vögeln. Einige geschäftige Rhinomyen (Rhinomya lanceo- 
lata Isid. Geoffr. et Orb.) zeigen sich um die Gesträu- 
che; eine Drossel (Turdus magellanicus King), welche 
momentan die eisigen Gestade der Magellanstrafse‘ verläfst, 
kommt dort im Winter an und mischt sich unter die bunt- 
scheckigen Spottdrosseln (Orpheus patagonicus d’Orb. 
tab. 11. fig.2.), das Gebüsch liebend, welches en den 
hüpfenden Schlüpfern (Troglodytes pallida d’Orb.), den 
scheuen Synallaxen (Synallaxis troglodytoides d’Orb,, $. 
aegithaloides Kittl., $. leucocephala d’Orb.) und einigen 
unsteten Fliegenschnäppern (Tyrannus Savanna Less., 
Muscicapa parvula Kittl., Fluvicola perspicillata, Pepoaza 
polyglotta, P. his P. murina d’Orb.) gesucht: ist. 
Die Wiesen sind belebt von einigen Pipern (Anthus fulvuss 
Vieill, A. furcatus d’Orb.), von Fliegenschnäpper- 
schmätzern (Muscisaxicola mentalis d’Orb.), von fröh- 
lichen Lerchen (Certhilauda vulgaris d’Orb.), von einer 
buschliebenden Tanagra, der einzigen ihrer Familie, welche 
die Sümpfe besucht, wo sich auch dichte Wolken geselliger 
Trupiale zeigen, theils schwarze (Icterus niger), theils leb- 
haft gefärbte, wie im Sommer der Sturnus Be mit ro- 
ther Brust und Epauletten. Auch einige ziehende Schwal- 
ben (Hirundo coerulea) durchstreifen in der warmen Jahres- 
zeit die Ufer des Rio negro und die Umgebungen des Fort; 
aber sie kehren im Herbste eilig nach Norden zurück, um ein 
milderes Klima zu suchen, zugleich abziehend mit einigen Tag- 
schläfern, welche sich auch bis nach Patagonien verlieren, wo 
ihre nächtliche Sitten ihnen den Namen Schlafvögel (Pa- 
jaro dormilon) erworben haben. Geht man von den leben- 
digen Ufern der Flüsse zu den»mit Dornsträuchern besetzten 
Höhen über, so findet man diese freilich häufig öde (deserts); 
im Winter aber durchlaufen sie unaufhörlich zahlreiche Haufen 


55 


k Passerinen (Passerina schistacea d’Ork., P. manumbi 
a. P. flava Vieill., P. americana.d’Orb.) unter wel- 
chen-besonders der Diuca der Chilenen (P. diuca) vorherr- 
schend ist; ferner der schreiende Anabates albicollis d’Orb., 
der geschickte Anumbi (Anumbius anumbi d’Orb.), der 
kunstfertigee Hornero (Furnarius rufus Vieill.), dessen spi- 
.  ralförmige Wohnung künstlich auf den Zweigen erbaut ist, 
und einige scheue Huppucerthien (Huppucerthia dumeto- 
. rum d’Orb. et Isid. Geoffr.). In einem so von Gehölz ent- 
blöfsten Lande mufsten die kletternden Waldvögel wenig ge- 
mein sein. Man müfste sich selbst wundern, dafs der pata- 
gonische Ara (Psittacus patagonicus) bis zur magellani- 
schen Strafse hinabgeht, wenn er nicht stets die schroffen Ufer 
den schattigen Oertern vorzöge, nach Art des Feldspechts, wel- 
cher felsige Orte liebt. Die Hühnervögel redueiren sich in 
Patagonien auf fünf Arten; in den Ebenen finden sich Tinamu 
(Tinamus maculosus Temm., T. adspersus Temm.), welche 
sich im Gestrüppe verbergen, während die dürren Strecken 
von Schaaren der Eudromia elegans d’Orb. betreten werden, 
einem Vogel der dem Boden Patagoniens eigenthümlich ist 
und von dem man nur auf den hohen Gipfeln der bolivischen 
Anden einen Verwandten findet (Eudromia andecola d’Orb.). 
Einige Turteltauben (Columba talpacoti) girren im Som- 
mer in der Nähe der Baumgärten, aber sie sind nicht zu ver- 
gleichen mit den Myriaden von Tauben (Pigeons aux ailes 
tachetees Az.), welche im Winter von dem Gebirge und vom 
Süden aus anlangen, deren dichte Schaaren Wolken am Hori- 
zonte bilden und die feuchten Ebenen der Ufer des Rio negro 
„blau färben, wo denn die Raubvögel sie beständig verfolgen, 
sei es im Fluge, sei es, wenn sie, auf den schwachen Zweigen 
der Weiden hockend, diese unter ihrer Last brechen machen, 
d so zahlreich sind sie. 
Die Sirandvögel sind unstreitig die häufigsten in Patago- 
nien, weil sie nicht süfser,Wasser bedürfen, wie die Sperlings- 
vögel. Die Ebenen sind mit friedlichen Familien des ameri- 
— kanischen Straufses oder Nandu bedeckt, welche den Bolas 
der Gauchos und Indianer zur Zielscheibe dienen, aber im 
Laufe oft deren Anstrengungen vereiteln, Es giebt in Patago- 
nien noch eine zweite Art dieser Vögel, von deu Eingeborenen 


56 


Zwergstraufs genannt [Rhea pennata*)], er hält sich in 
den dürren Steppen, und vorzugsweise im Flugsande, wo man 
ihn vergeblich verfolgen würde; denn leichter als die Renner 
überschreitet er den Raum mit Leichtigkeit, während der Jäger 
dort kaum fortkommen kann. Auf den Ufern des Meeres und 
der Flüsse laufen wandernde Regenpfeifer verschiedener Arten 
mit äufserster Schnelligkeit, in Geselligkeit wetteifernd mit 
den Meerlerchen (Tringa), den Seeelstern (Haemato- 
pus luctuosus Cuv.) der sandigen Küsten, und den zahlrei- 
chen Wasserläufern (Chevaliers — Totanus) verschiedener 
Gröfse, welche im Gegentheil schlammiges Terrain aufsuchen. 
Die Wiesen erschallen von dem Warnungsrufe des wachsamen 
Spornkibitzes (Tringa cayennensis) und den noch unan- 
genehmern Tönen einiger langschnäbligen Ibis (Ibis plumbea). 
Nicht fern sind Gruppen kleinmüthiger Thinochoren (Thino- 
chorus rumicivorus Eschsch.), die sich an die Erde duk- 
ken und schreiend, selbst unter den Füfsen des Menschen, auf- 
fliegen. Die Nähe der Weidengehölze, die Ufer der dädali- 
schen Kanäle, welche die Inseln des Rio negro trennen, wer- 
den häufig von weifsen Egretten (Ardea egretta), vomRei- 
her (Ardea maior) und von dem heiseren Nachtraben 
(Ardea Gardeni) besucht; während leichtfüfsige Rallen sich 
in eiligem Laufe zwischen den Wasserpflanzen verlieren, wo 
sich auch häufig die Schnepfe (Scolopax paludosa?) verbirgt. 
Den gravitätischen Storch (Ciconia americana Briss.) er- 
blickt man zuweilen in den Gefilden, die er mit abgemessenen 
Schritten langsam durchwandert, häufiger an den Seen, deren 
Gewässer von fröhlichen Wasserhühnern belebt sind, die 
sich zwischen den Binsen verlieren, wohin sich der dünnbei- 
nige Himantopts melanurus nicht wagt. In der Mitte der 
für Patagonien so charakteristischen Salinen (Salzseen) findet 
sich schaarenweise der feuerfarbige Flamingo (Phoeni- 
copterus ignipalliatus Isid. Geoffr. et d’Orb.) ein, um 
dort sein conisches Nest zu erbauen, über welchem er reitend 
brütet. Man sieht dort auch den Scheidenschnabel(Cäio- 
nis alba Forst.), als weifse Taube schon den ältern See- , 


*) Dieselbe Art wurde gleichzeitig (am 14. März) von Gould 
(Proceed. Zool. Soc. 1837. p. 35. unter dem Namen Rh. Darwinii auf- 
gestellt. Herausgeber, 


57 


fahrern an der Magellanstrafse bekannt, welche oft 100 Meilen 
(lieues) weit im Meere auf die Schiffe kommt, so dafs man 
glauben möchte, sie sei dem Käfig eines reisenden Naturfor- 
schers entflogen, während sie nur die klippigen Küsten verlas- 
sen hat, wo, sie unaufhörlich truppweise die mit Miefsmuscheln 
bedeckten Felsen durchläuft, von welchen Muscheln sie sich, wie 
die Austerfischer nährt, denen sie überhaupt in Sitten so ähnlich 
ist.» Die Schwimmvögel sind unstreitig die am meisten ver- 
breiteten und zugleich, besonders im Winter, am zahlreichsten, 
in welcher Jahreszeit sie die kalten Regionen der Magellan- 
strafse verlassen, um auf den Flüssen des Nordens eine mil- 
dere Temperatur zu suchen. Zwei majestätische Schwäne 
(Cygnus nigricollis und hyperboreus) schwimmen mitten auf 
den grofsen Wassermassen, umgeben von tausend Enten eilf 
verschiedener Arten, von denen einige auf den Grund. des 
Wassers tauchen, unter treibende Taucher (Podiceps Rol- 
landi Quoy et Gaim.) gemischt, während andere häufig ne- 
ben dem schwarzen Cormoran am Ufer umher laufen. Aber 
die Art, welche die wichtigste Ro!le auf den Wiesen des Rio 
negro spielt, ist die_Inas antarclica Gmel., deren Schaaren, 
aus weifsen und bunten Individuen gemischt, beim Beginn der 
Kälte anlangen, die Ebenen von ihrem Geschrei erschallen las- 
sen und zutraulich, selbst in der Nähe der Wohnungen, zu 
tausenden ihr Futter suchen, da sie in den Regionen des Sü- 
dens, welche sie im Sommer bewohnen, nicht beunruhigt zu 
werden gewohnt sind. Wenn die Ufer der Flüsse mit Was- 
servögeln bedeckt sind, bleiben auch die Gestade des Meeres, 
obgleich minder begünstigt, keinesweges verlassen. Möven 
(grande mouette Azar.), schreiende Goelands und See- 
schwalben haben dort ihren steten Wohnsitz; während nur 
besondere Umstände die langflügligen Albatrosse (Diemedea 
Juliginosa) und die Manchots (Spheniscus Humboldtü 
Meyen) zwingen können, das hohe Meer zu verlassen, um 
hier sich eine kurze Zeit auszuruhen. 
Der Boden Patagoniens ist den Reptilien wenig günstig; 
doch findet man dort eine Schildkröte, die seltsamer Weise 
$ich als identisch mit einer der Arten des Vorgebirges der 
guten Hoffnung (Testudo sulcata Mill.) ausweist. Vier un- 
schuldige Eidechsen leben an oder nahe bei den Ufern des 


Rio negro, während geringelte Amphisbänen (4mphisbaena 
alba Lac.), um Insectenlarven zu finden, sich in den Sand 
einwühlen, statt die Strahlen der Sonne zu suchen, so wie es, " 
um sich zu erwärmen, drei Schlangenarten machen, welche in 
den dürren Steppen um die Dornsträucher kriechen. Eine 
einzige Kröte bewohnt die feuchten Orte, welche in der heifsen 
Zone von diesen häfslichen Thieren so bevölkert sind. 

Die Süfswasser-Fische belaufen sich höchstens auf zwei 
bis drei Arten und noch dazu sind diese von geringer Gröfse. 
Nicht so ist es mit den Arten, welche die Seeküsten bevö 
kern; die wohlschmeckenden Atherinen oder Bee ray 
(Fischkönig) der Bewohner, sind besonders im Sommer häufig 
und kommen in die Flüsse, so auch Lampreten; aber alle 
sind wenig beunruhigt, da die eivilisirten Bewohner nur wenig, 
die einheimischen Patagonen aber nie fischen. Die Zahl der 
Fische wird demnach nur durch die gefräfsigen Amphibien- 
Säugethiere gelichtet, welche mit ihnen im blutigen Kriege be- 
griffen sind. 

Das Meer verbirgt an den Küsten eine grofseMenge von 
Mollusken, sowohl nackte, als mit prächtiger Schale versehene. 
Unter ersteren sind einige Cephalopoden zu nennen (Ocio- 
pus tehuelchus d’Orb. taf. 1. fig. 6.), welche an klippigen Or- 
ten leben, so wie zierliche Eolidien (Eolidia paiagonica 
d’Orb. taf. 14. fig. 4.7.) und bernsteingelbe Pleurobranchen 
(Pleurobranchus patagonicus d’Orb. tab, 17. fig.4.5.). Zahl- 
reicher sind die Arten der Schaalthiere. Prächtige Voluten 
mit lebhaften Färben (Yoluta angulata Swains., F. colo- 
quinta Chemn.), glatte Oliven (Oliva puelcha, O. tehuel- 
cha d’Orb.) bewohnen die ruhigen Buchten, wo sie sich un- 
ter dem Sande verbergen, so wie die Scalarien und die Na- 
tica patagonica d’Orb.; während man an den Klippen Buc- 
cina, Murices, Trochi, Chitonen, Fissurellen, Crepidu- 
len und Siphonarien findet. Die Ufer verbergen viele Bi- 
valven aus den Gattungen Fenus, Mactra, Mesodesma, So- 
len, Corbula, Lucina, Analina, Pectunculus, Nucula und 
Byssomya. Die Felsen sind von Lithodomen und Pholaden - 
durchbohrt, was nicht hindert, dafs sich nicht noch zählreiche 
Miefsmuscheln, Kammmuscheln (Pecten), Anomien, Au- 
stern undPlicatulen anheften. In dem Flusse gieht es ei- 


- 


[2 


nige Anodonten, Unionen, Limnaeen, Paludinen, Pla- 
norben; aber keine einzige Landschnecke kann auf diesen 
- Hügeln leben, die zu trocken sind, um ihnen Nahrung zu lie- 
fern. Zahlreiche Crustaceen bedecken die schlammigen Küsten 
oder verbergen sich unter den Steinen der Klippenküsten. 
Man sieht nur wenige Spinnen und auch diese nur allein in 
der Nähe der Flüsse und eben so wenig Myriapoden. Unter 
den Insecten herrschen die, Coleopteren vor; aber sie glänzen 
nicht mehr in bunten oder metallischen Farben. Die -Patago- 
nischen Käfer zeigen mehr Uebereinstimmung mit den dunkel 
gefürien Arten, welche im Allgemeinen für die gemäfsigte 
one characteristisch sind. Auch sind die uferliebenden Ca- 
raben zahlreich, so wie die Melasomen, welche die Dünen 
und sandiges Erdreich vorziehen. Im Frühlinge beleben lang- 
hörnige Bockkäfer, Scarabäen und Maikäfer, Mistkä- 
fer(Copris), DytisciundHydrophilen, nächtlicheSchnell- 
käfer (Elater), langschnäblige Rüsselkäfer und ‚Bupre- 
sten, welche sich gern auf den Compositen aufhalten, dieses 
so wenig begünstigte Land mehr als man glauben sollte. Un- 
ter 178 Käfern, welche Verf. in Patagonien fand, ist die pro- 
portionelle Zahl der Arten jeder Familie etwa folgende: 4 Ci- 
eindeleten, 22 Caraben, 5 Hydrocantharen, 10 Buprestiden, 4 
Elateriden, 29 Lamellicornen, 27 Melasomen, 13 Rhynchopho- 
ren, 49 Cerambyeinen. Mithin sind die Caraben, Melasomen 
und Lamellicornen vorherrschend. — Man sielit-auch einige 
Orthopteren, Ohrwürmer, Speetren, Manten, Meuschrecken, 
Grillen. Hemipteren finden sich iu gröfserer Anzahl. Lustige 
Cicaden lassen die Gefilde von ihrem Sommergesang ertönen, 
während stinkende Wanzen die Wasserpflanzen des Rio negro 
bedecken. Die Hügel an diesem Flusse beherbergen einige 
Ameisenlöwen, fast die einzigen Neuropteren dieses Landes. 
Dagegen giebt es viele Hymenopteren. Es scheint fast, als ob 
der Sand vorzugsweise ihr Lieblingsaufenthalt sei; denn Verf. 
fand nicht weniger als 35 Arten, und unter diesen brillante 
Ichneumonen. Es giebt in Patagonien keine Bienen mehr; 
aber eben so fehlen auch die unvertilgbaren Ameisen, welche 
die Bewohner der heifsen Zone fast zur Verzweiflung bringen. 
Vergebens würde man in diesem öden Lande einige der schö- 
nen vielfarbigen Schietterlingsarten suchen, welche die Gefilde 


der heifsen 'Zone beleben.‘ Kaum eine ‚oder zwei Arten von 
Nachtschmetterlingen sind vorhanden. Man sollte sich auch 
vor den Stichen der Moskitos und Bremsen gesicherter glau- 
‘ben, als dies wirklich der Fall ist. Diese unerträglichen In- 
seeten finden sich im Sommer an den Ufern des Rio negro; 
aber auch nur dort; die trockenen Gegenden sind ganz frei 
davon. 

Will’ man eine Idee von der Vegetation dieser Gegenden 
geben, so mufs man zunächst die. der Ebenen. unterscheiden,‘ 
deren Aussehn traurig und im höchsten Grade monoton i 
Keine Bäume mehr — der einzige der sich dort findet, 
Gualichu, wird von den reisenden Wilden verehrt. Keine h 
Pflanzen; an ihrer Stelle dornige Gesträuche, verkrüppelt und 
fast der Blätter beraubt oder nur mit sehr kleinen Blättern 
versehen, durch ihre schwarzen und gewundenen Aeste, durch 
ihre wenigen Blumen beweisend, wie. viele Anstrengungen es 
der Natur kostet, sie inmitten dieser 'sandigen Wüsten zu er- . 
halten. Kaum zeigen sich im Frühlinge einige Gramineen und 
kleine Compositen, um im übrigen Theile des Jahres nur trok- 
kene, kaum bemerkbare Stengel zurückzulassen. Verf. hatte 
diese sterilen Gegenden noch im lebhaften Andenken, als er 
die Hochebene der bolivischen Andes zu einerHlöhe von 12000 
Fufs über dem Meere erstieg. Er wurde überrascht von de- 
ren Aehnlichkeit mit Patagonien; ganz derselbe Totalanblick, 
dieselbe Dürre. Die Täuschung. war so vollständig, (dafs er 
dort dieselbe Pflanzen und Thiere suchte; und dafs nichts an 
der Aehnlichkeit fehle, fand er auch zuweilen dieselben Arten 
oder doch sehr verwandte, Die dürren Ebenen Patagoniens 
sind vorzüglich characterisirt durch eine Pflanze der Compo- 
sitae aus der Gattung Chuguiraga, mit goldgelben Blumen 
und dornigen Blättern, die in gewisser Hinsicht unsere Heiden 
Europens vorstellen. Gelangt man durch diese dürren Erd- 
striche bis zu den Ufern des Rio negro, so ändert sich Alles. 
Die Hügel tragen wohl dieselben Gesträuche, aber die Ober- 
fläche der Ufer, welche etwas Feuchtigkeit vom Flusse erhält, 
bietet augenblieklich einen ganz verschiedenen Anblick. dar. 
Es ist eine lange Oase, welche die Mitte der Wüste durch- 
furcht. Die Ebenen sind hier mit Gramineen und zahlreichen 
Cyperaceenvbedeckt, untermischt mit vielen andern ‚nmergrü- 


7 61 
nen Pflanzen. Die vielfachen Inseln des Flusses sind überall 
von schlanken Weiden beschattet, welche allein die Natur dort 
wachsen läfst. Wäre die Landschaft mehr von Wohnungen 
belebt, man würde sich an die Ufer der Loire und Seine ver- 
setzt glauben; denn der Mensch, welcher Alles unter seinen 
Füfsen äadert, hat oft die einheimischen Bäume verschwinden 
lassen, um dafür unsern Apfel- und Pfirsichbaum, und unsere 
Kirschen und Feigen und unsere Reben. anzupflanzen; und 

se fremde Vegetation wächst dort, wie in ihrem Vaterlande. 
ist es auch mit unseren Cerealien, welche alljährig an die 
lle der Gramineen der Ebenen treten und den Feldbebauern 
che Ernten liefern. Man kann also sagen: Patagonien hat 
zwei verschiedene Vegetationen: die der hochgelegenen Ebenen, 
eine der ärmsten, und der Elor der bolivischen Andes gleichend, 
und die Vegetation der Flufsufer, deren Anblick ganz der der- 
selben Orte in Europa ist. 
Verf. sammelte während seines Aufenthalts in Patagonien 
417 Arten von Pflanzen, 14 Acotyledonen, 22 Monocotyledo- 
nen, unter denen 47 Gramineen, und 81 Dicotyledonen. Un- 
ter letzteren ist die vorherrschende Familie die der Composi- 
ten, von welcher 26 Arten gesammelt wurden; aufserdem 6 Le- 
guminosen, 6 Chenopodeen, 5 Umbelliferen, 4 Solaneen. Die 
einzigen Sträucher sind eine Nyctaginee der Gattung Bougain- 
villia, 2 Lycien, eine Composite der Gattung Chuquiraga, 
4Leguminosen der Gattungen Acacia und Cassia und die 
Collelia serratifolia. e 


Nochmalige Untersuchung der Frage: eb in Europa 
in historischer Zeit zwei Arten von wilden Stieren 


lebten? „ Fi 
von 


dem Akademiker v. Baer 
gelesen den 4. Mai 1838, 


(Bullet. scientif. de !’ Acad. de St. Petersb. Tom. IV. Nr. 8.) 


Es war unvermeidlich, dass bei der ersten gründlichen Un- 
tersuchung der vorweltlichen Thiere die Resultate so viel’ mög- 
lich verallgemeinert wurden. Formen, für welche ohne allen 
Zweifel die lebende Welt keine Verwandten aufzuweisen hat, 
beurkundeten eine Vergangenheit, die von der Gegenwart gar 
sehr verschieden sein mufste. Es war nothwendig und gewifs 
förderlich, dafs man, wo nicht unwiderlegliche Beweise vom 
Gegentheile sich bald auflanden, geneigt wurde, überhaupt die 
in der Erdrinde eingeschlossenen Thierreste durch gewaltsame, 
mehr oder weniger allgemein gedachte, Revolutionen von der 
Gegenwart nicht nur, sondern von der gesammten Geschichte 
der Menschheit getrennt anzunehmen. Man schob sie in eine 
unermefsliche Vergangenheit zurück. Mifsglückte Versuche der 
entgegengesetzten Tendenz, wie etwa der Versuch alle Mam- 
muths-Skelette von den Zügen der Mongolen herzuleiten, 
konnten nur dazu dienen, diejenige Richtung, die sie bekäm- 
pfen wollten, zu befestigen. Noch jetzt, wo eine nicht unbe- 
deutende Menge Erfahrungen uns berechtigen, das Dasein des 
Menschengeschlechts weiter zurück unter die geschwundenen 
Thiere der Alluvial-Formation (von der allein hier die Rede 
sein kann) zu versetzen, gewinnt diese Ansicht schwer festen 


63 


Fufs gegen die Autorität einiger von Cuvier in seinem .Dis- 
cours preliminaire ausgesprochenen Sätze. 

Doch darf man Cuvier auf keine Weise den Vorwurf 
machen, dafs er zur Gewinnung allgemeiner und scharf be- 
stimmter Scheidungen zu rasch geneigt war — es fehlte nur 
an Materialien zur Anerkennung vom Bestehen geschwundener 
Thierformen bis in die historische Zeit. Wo er diese fand, 
war er mit eben so viel Scharfsinn als Gelehrsamkeit bemüht, 
sie kritisch zu prüfen und dieses Bestehen bis tief in die hi- 
storische Zeit anzuerkennen. Zu den merkwürdigsten Beispie- 

ı dieser Art gehört die von ihm ausgesprochene Ueberzeu- 
gung, dafs die in Europa in aufgeschwemmtem Lande vorkom- 
menden fossilen Stierschädel zweien Arten von Rindern ge- 
hören, die in historischer Zeit in Europa lebten und bis ins 
16. Jahrhundert im- wilden Zustande in den Wäldern Polens 
sich erhielten, von denen aber nur noch einer, und zwar auch 
dieser nur durch das Einschreiten der Regierung bis auf uns 
erhalten sei, der Zubr der Russen (Bos Urus der Syste- 
matiker). Auf dieses, früher Bison oder FFisent im Deut- 
schen benannte Thier sei der deutsche Name Ur übergegan- 
gen, welcher ursprünglich der jetzt vertilgten Form anzuge- 
hören scheine, die im Polnischen Tur hiefs. Es ist vorzüg- 
lich das Zeugnifs Herberstains, das Cuvier bestimmt hat. 

Diese Ansicht aber hat Widerspruch gefunden, der um so 
mehr zu beachten ist, da er aus Polen kam und von Natur- 
forschern ausging. Bojanus *) und nach ihm Jarocki**) 
bezweifelten das Vorhandensein zweier Arten von wilden Och- 
sen in den Wäldern Polens bis in das 16. Jahrhundert, und 
wollten den Benennungen Tur und Zubr keine verschiedene 
Bedeutung zugestehen, während dagegen Hr. v. Brinken ***), 
ebenfalls aus Polen, Cuvier’s Meinung vertheidigte und neue 
Zeugnisse aus diesem Lande bekannt machte. Unter diesen 
scheinen einige aus dem 16. Jahrhunderte nicht blofs aus 


*) Nova Acta Acad. Leopold. Carol. Nat. Cur. XII. 2. 


i **) Zubr oder der Litthauische Auerochs, Auszug aus einer aus- 
führlichen Poln. Abhandlung. Hamb. 1830. 8. 


_"*) Memoire deseript. de la foret de Bialowiexa en Lithuanie. 
Varsovie 1833, ‚ 


64 . 


Schriften, sondern durch eigene Ansicht den Tur' und den 
Zubr zu kennen. 

Dennoch hat sich gegen diese von Brinken und später 
von Hrn. Prof. Eichwaldt vertheidigte Meinung Cuvier’s 
im vorigen Jahre wieder eine Stimme aus Polen erhoben, die 
des Hrn. Prof. Pusch *). In einem Anhange zu seinem aus- 
gezeichneten Werke: „Polens Palaeontologie“ werden alle Zeug- 
nisse über die Frage, ob in Europa in historischer Zeit zwei 
verschiedene Arten von Stieren in wildem Zustande gelebt ha- 
ben, abgehört und für die Verneinung wird mit Entschiedenheit 
gestimmt. — So gern und vollständig ich auch in dieser Ab- 
handlung den aufgebotenen Fleifs und den Scharfsinn anerkenne, 
so wenig kann ich doch für das Resultat mich erklären. 

Es ist meine Absicht nicht, jetst in eine vollständige Kri- 
tik dieser gelehrten Abhandlung einzugehen, vielmehr behalte 
ich mir eine ausführliche Bearbeitung des durch die Vertheidi- 
gung verschiedener Ansichten bekannt gewordenen ‘Materials’ 
vor, zu welchem ich noch einige aufgefundene Notizen über 
das allmählige Schwinden der besprochenen Thierarten in ei- 
nigen Gegenden werde hinzufügen können. Vielleicht gelingt 
es unterdessen auch über den Auer des Caucasus, der nach 
Hrn. Prof. Nordmann’s Schilderung **), dort noch ziem- 
lich häufig sein mufs, nähere Nachrichten einzuziehen. Ich 
halte es aber, bei dem Interesse, welches dieser Gegenstand 
gewonnen zu haben scheint, für dienlich, auf ein Paar noch 
nicht benutzte Zeugnisse über die Duplieität der wilden Stiere 
in Ost- Europa aufmerksam zu machen. 

Ehe- ich jedoch hierzu übergehe, sei es erlaubt, vorher 
das Resultat der Untersuchung des Herrn Professors Pusch 
etwas näher ins Auge zu fassen. Es lautet so; „Dafs kein 
Mensch in der historischen Zeit in Europa eine vom heutigen 
Auerochsen verschiedene wilde Ochsenart gesehen habe, dafs 
vielmehr Bonasus, Bison, Wisent und Zubr auf der einen, 
Ur und Tur auf der andern Seite nur zwei aus verschiedenen 
Dialekten abstammende Namen eines und desselben Thiers 


*) Polens Palaeontologie, nebst einem Versuch zur Vervollständi- 
gung der Geschichte des Europäischen Auerochsen, Stuttgart 1837. 4. 


' **) Bulletin scientifique de l’Acad. de St,-Petersbourg Vol. III. p.305- 


6 


sind, ‘und: dafs unter den letztern auch mithin nicht die 
wilde Stammrace unsers zahmen Rindviehs verstanden werden 
könne.“ 


Die Frage, ob die zweite, bis ins 16. Jahrhundert nach 
Cuvier’s Meinung im wilden Zustande in Ost-Europa noch 
erhaltene Art von Rindern als die Stammrace des zahmen Rin- 
des zu betrachten ist, lassen wir dabei unberücksichtigt. Be- 
kanntlich hat Bojanus den Bos primigenius, oder den ver- 
tilgten Inhaber einer Art von fossilen Schädeln für verschie- 
den vom gezähmten Ochsen erklärt, und besonders Gewicht 
darauf gelegt, dafs bei dem ersten die Hörner stets nach au- 
fsen und nach vorn ‘gerichtet seien, diese Richtung aber bei 
dem letztern nicht vorkomme. Indessen hat der kleine, in 
Schottischen Parks erhaltene Rest der ehemaligen wilden Och- 
sen Schottlands grade dieselbe Richtung der Hörner *) und 
Ant. Schneeberger sagt ausdrücklich, dafs die Hörner des 
Tur. auf dieselbe Weise gestaltet waren **). Auch hat Grif- 
fith die Abbildung eines Rindes mit solchem Gehörn bekannt 
gemacht ***), 


‘Nur die Frage wollen wir untersuchen, ob die histori- 
schen Zeugnisse uns berechtigen, zwei Arten von wilden Rin- 
dern in Europa während des Mittelalters anzunehmen oder 
nicht? 

Herr Professor Pusch fafst die Schriftsteller, nachdem er 
sie vorher abgehört und beurtheilt hat, in folgender Weise in 
zwei Uebersichten zusammen, um sich dadurch den Weg zu 
dem schon oben mitgetheilten Schlufssatze zu bahnen fF). 


„Wenn man die Gewährsmänner, welche für die Existenz 
einer oder zweier wilden Ochsenarten in Europa während der 
historischen Zeit angeführt worden sind, unter sich vergleicht, 
so ergiebt sich leicht, dafs: 


*) Griffith animal kingdom. IV. p. 417. 

*") C. Gesner Historia animal. Vol. I. p. 141. (ed. 1620.) 
“*) Griffith animal kingdom. Vol. IV. tab. penudlt. 

+) A. a. 0. 8.208. 


V, Jahrg. 1. Band, 5 


nn 


jahis gegen sind alle Gewährsleute, die man für die gleichzei- 
Art nennen und beschreiben, geradeltige Exil von zwei wilden Ochsenarten in Europa anführt, mit 
diejenigen sind, welche die Länder, vonjalleiniger Ausnahme von Konrad Gesner, der aber darüber eigene 
denen sie'schrieben, geographisch selbst'Beobachtungen nicht anstellen. konnte, blofse Abschreiber ohne eigene 
kannten und sich in anderer Hinsicht\Beobachtungen, oder Compilatoren, oder Männer, die in naturhistori- 
durch Zuverlässigkeit auszeichnen,|schen Sachen keine Stimme haben, nämlich; 


- A)-alle diejenigen, welchenur eine| 2) 


nämlich: Seneca — der tragisch-satyrische Stoiker, der aufser wenigen phy- 

- Herodot — der nur einen Paeo- sikalischen Bemerkungen, sich nicht mit Naturforschung befafste, 

_- nischen Ochsen kennt. Plinius — der in. seinem Excerptenbuche wenig eigene Beobach- 

“Aristoteles — der nur einen tungen mit vielen. fremden Nachrichten, gleichviel ob Wahrheit 
Paeonischen Bonasus oder Mo- oder Fabel, unter einander mengt. 


nopus beschreibt. Thomas Cantapratensis 


Der Kaplan Johann v. Marignola 
Der. Compilator Barthol. Anglicus 


Caesar — der nur einen Germa- 
‚nischen Urus schildert, 


Pausanias — der nur einen wil- (Glainvil) Schwache Gewährsleute aus 
den Ochsen oder Bison in Paeo-], Cantapritans Uebersetzer Konrad| dem unwissenden Mittelalter, 
nien und Nord - Griechenland von Mägdenberg deren Werth oben geschätzt 
kannte und allenfalls noch Paul Zidek worden ist, “ 


Der Diplomat Baron Herberstein, 
den sehon Jonston in dieser Hin- 
sicht widerlegte. 


.Oppian der Jüngere — der den 
“ Bison. Thraziens nach Aristo- 
6 teles beschreibt. 


67 


‚Hier. ‚(ist - zuvörderst; auffallend, ‚dafs, der Verfasser den 
GesandtenHerberstain.(denn..so, schrieb er, sich selbst). un- 
ter die schwachen Gewährsmänner ‚ aufzählt.: Herberstain’s 
Nachrichten. über‘ ,die,. bereisten Länder, tragen sämmtlich ‚den 
Character , prüfender Kritik. ;, Um "sie, zu. würdigen, „mufs man 
sie nur mit‘, den. frühern, vergleichen. .:.Ich;.habe.bei einer. an- 
dern. Gelegenheit. .gezeigt *),, wie.‚alle, bis zum. Uebermaafs ent- 
wickelten, Mährchen ‚über. das Wallrofs sich verloren, so 'wie 
Herberstain’s .Commentarien. ;erschienen,! —,, und. vollkom- 
men geschwunden- sein würden, wenn nicht, ein, einfältiger, Ue- 


hätte, ‚so; dafs‘ man. ‘indem deutschen, Uebersetzung Jas:;. „Die 
Russen  nennten das, Thier den: Tod“. Und doch,,war.,Her- 
berstain „vom. Vaterlande ı.des, Wallrosses ı,noch;, sehr. weit 
entfernt ‚geblieben! „Aben.eben:1so.,sind, alle ‚Nachrichten, die 
‚er. von. den; Thieren, ‚Rufslands: giebt, in..bester, ‚Harmonie ‚mit 
dan wr jetzt. wissen,‘ wenn; wir.nur das leicht begreif- 
liche Zurückdrängen einiger Formen dabei, in Anschlag bringen. 

Aber auch ‚alle übrigen Nachrichten, ‚unter; denen die,über 
die, Thierwelt ja ‚die unbedeutendsten sind, tragen, das Gepräge 
eines sorgsam prüfenden, ‚ruhigen, kritischen Forschers,., Und 
dieser Herberstain nun spricht nicht blofs ‚von zwei Arten 
Rindern, er ‚beschreibt 'sie; er ‚hat jsie.gesehen, er.bildet, sie ab, 
ja er fügt mit’ Nachdruck’ hinzu, dafs Unwissende ihre Namen 
verwechselten, Cuvier..hatte ‚also wohl, Recht, .auf.ein sol- 
ches Zeugnifs Gewicht zw.legen: Dagegen bietet Pusch yie- 
len Scharfsinn | auf, um! dieses Zeugnifs zu. entkräften und es 
als ‚ofienbar darzuthun, ‚dafs Herberstain nur einen dunkel 
gefärbten Bison oder Tur; gesehen; und beschrieben! habe **), 
Immerlüin ‚mag der, Name Tur. eine allgemeinere. Bedeutung 
haben, so’ springt doch inidie, Augen, dafs,Herberstain.ihn 
entschieden für ein anderes, Thier als, den ‚Bison, erklärt, und 
dafs. er ihn gesehn; habe, wie ‚er. ausdrücklich hinzufügt.., Bei 
dieser Versicherung kommt es: nur darauf an,.ob Herber- 


*) Memoires de l’Acad. 6. Serie. Tome IV. Seconde partie. p. 11 
— 113. 
")A.a O0. 5.19. 
5*+ 


68 


stain zuverlässig war und ob man ihn für fähig halten konnte 
zu unterscheiden. Seine’Zuverlässigkeit stand bei seinen Zeit- 
genossen, wie bei-den Historikern späterer Zeiten in sehr gu- 
tem ‘Ansehn. Sollte er’ aber den Unterschied von Tur und 
Bison mehr durch Andere als durch ‘eignes Urtheil erkannt 
haben, so läge darit einnoch gröfserer Beweis, denn die Ein- 
gebornen "würden"'wohl' einen" bartlosen Bison' nicht für‘ 'ein 
anderes Thier angesehen haben. “"Fast‘scheint es aher, als habe 
macht, denn er’ sagt von ihm, dafs er 1558 in Rufsland war. 
In’der That’ aber besuchte Herberstain das Russische Reich 
4517 ‘und nochmals 1526. Seine''Coinmentarien erschienen, 
öbgleich spät gemig, doch 1549. ' Herr'Pröf. Pusch hebt be- 
sönders ‘hervor, dafs schon Jonston den Herberstain wi- 
'derlegt habe, “aber Jonston scheint 'den letztern ‘gar nicht 
zu kennen und-sagt' gelegentlich, dafs der Tur Masoviens von 
den 'Lithauern Zubro genannt würde, wie er bei Sealiger 
gefunden habe *). Von ‘einem’ Agtitanier ‘also läfst”sich der 
Pole hierüber belehren, ganz des kritischen Geistes Jonston’s 
würdig. "Uebrigens’aber führt Jonston, dem man als Einge- 
‘"bornem Gewicht geben möchte, eine Menge Rindvieh auf — 
'wie er es eben in den Autoren, die er benutzte, vorfand — 
in möglichster Confusion. 

Auch legt Herr Pusch darauf Gewicht, dafs Herber- 
staäin kein Naturforscher war. Aber haben wir überhaupt 
vör Gesner einen 'andern Zoologen als Aristoteles? Was 
man insbesondere die kritische Sichtung ‘der Säugthier-Arten 
betrifft, so wird man durch topographische Schriftsteller stets 
ınehr Licht erhalten, als durch die compilirenden Naturforscher 
des Mittelalters bis Jonston herab. 

Vergleicht man die beiden Hälften der tabellarischen Ue- 
bersicht der Zeugen, welche uns Herr Prof. Pusch giebt, so 
ist ’ferner auffallend, dafs der Palatin Ostrorog, der Augen- 
zeuge gewesen zu sein 'scheint‘, sowie Mucante und'andere 
von Brincken aufgeführte Schriftsteller ausgelassen sind, dafs 
aber auch ohne sie, die Summe derjenigen Zeugnisse, welche 
für zwei Arten des Genus Bos sprechen, gröfser ist. Der 


*) Jonston de Quadrupedibus p. 36. 


69 


Verfassser sucht ihr Zeugnifs dadnrch‘zu entkräften, ‘dafs er 
sie „schwache Gewährsleute aus dem unwissenden Mittelalter“ 
nennt. Aber eben das ist wichtig, dafs die gegenüberstehen- 
den sämmtlich in eine Zeit fallen, in welcher Polen, Böhmen 
und überhaupt Mittel-Europa völlig unbekannt waren. Man 
könnte aus ihnen nur die Wahrscheinlichkeit ableiten, dafs in 
den Gegenden, welche den Griechen und den Römern in den 
ersten Jahrhunderten nach Christo bekannt waren, nur eine 
Art wilder Stiere lebte — und selbst gegen diese Wahrschein- 
liehkeit erheben sich Plinius und das zufällige Zeugnifs Se- 
neca’s. Ueberdiefs giebt es ja nur einen negativen Beweis, 
wenn ein Schriftsteller nur eine Art kennt. 

Ich habe nur bemerkbar machen wollen, wie ungerecht 
man die Glaubwürdigkeit der Zeugnisse abwägt, wenn man 
Personen, welche Polen bereisten oder dort ansässig waren, 
in dieser Streitfrage gegen Cäsar, der am Rhein Krieg führte 
und Griechen, deren Kenntnifs nicht über. Paeonien hinaus- 
geht, zurücksetzt. 

‚Nur so viel scheint mir von den Gegnern Cuvier’s mit 
Erfolg nachgewiesen zu sein, dafs die Benennung Tur keines- 
weges eine so bestimmte Anwendung gehabt habe, wie Manche 
glauben mögen. Allein dasselbe gilt fast allgemein von Thier- 
namen. . Derselbe Name wird, wo eine Thierform, sei es im 
Raume oder in der Zeit aufhört, auf eine verwandte Form 
angewendet. So wie das Russische Wort Olen im-Norden 
das Rennthier, im Süden den Hirsch bezeichnet, und wie nach 
Cuvier’s Ansicht das Deutsche Wort Ur nach dem Ausster- 
ben desselben auf den Bison überging, so. mufste auch das 
Wort Tur mit dem Zubr verwechselt werden. Herr Prof. 
Pusch geht aber weiter, indem er nachzuweisen sucht, dafs 
das Wort Zubr die Litthauische, das Wort Tur aber die Pol- 
nische Benennung für dasselbe Thier war, und die allerdings 
gewichtige Bemerkung macht, dafs alle Ortsnamen, in welehe 
das Wort Zubr übergegangen ist, in dem, gröfstentheils von 
Litthauern bewohnten Theile Polens vorkommen, die Ortsnamen 
aber, in welchen sich das Wort Tur findet, zum gröfsten 
Theile wenigstens, den eigentlich Polnischen Landschaften an- 
gehören, eine Bemerkung, auf die wir später nochmals zurück- 
kommen werden, 


70 


Allein, wenn auch die Worte Tur und Zubr synonym 
wären, so würde dadurch wohl erklärt, wie sorglöse 'Schrift- 
steller beide Worte zusammen stellen und so zwei Arten von 
Thieren nach diesen Benennungen annehmen konnten, es wird 
aber das Zeugnifs von Augenzeugen nicht widerlegt — und 
es müfsten dann doch häufige Zurechtweisungen von besser 
unterrichteten 'eingebornen Polen schon im 16. Jahrhunderte 
vorkommen. "Grade, wenn das Wort Tur in Polnischer Spra- 
che dasselbe Thier bedeutete, das im Litthauischen Zubr hiefs, 
wäre es unbegreiflich, wie zwei benachbarte Völker das nicht 
sollten erkannt haben. Man denke sich zwei an Zahl fast 
gleiche Volksstämme, nicht nur an einander gränzend, sondern 
unter einem Scepter vereinigt — und das eine Volk sollte 
nicht erfahren, 'wie das gröfste nz des Landes gr dem 
andern heifst! — 

Indessen, ich gehe zu dem Zwecke dieses kleinen Auf- 
satzes, zu der Mittheilung noch nicht benutzter Zeugnisse über. 
Mit dem bisher Gesagten habe ich nur andeuten wollen, dafs 
man die Untersuchung keinesweges als geschlossen betrachten 
darf, und dafs selbst die von Pusch zusammengestellten Zeu- 
gen mehr für Cuvier’s Ansicht als gegen dieselbe sprechen 
möchten. 

Bleiben wir zuvörderst bei Polen stehen, so darf nicht 
übersehen werden, dafs zwei Zeitgenossen Herberstains, 
welche Hr. v. Brincken nicht aufzählt, obgleich beide in Po- 
len lebten, schon in Gesner’s allgemein bekanntem Werke 
den Tur und Bison als zwei verschiedene Thiere Polens be- 
trachten. Anton v. Schneeberger, der in Krakau sich 
aufhielt, und häufig von Gesner über die Thierwelt Polens 
befragt wurde, tlhieilte diesem eine ausführliche Beschreibung 
des Tur mit*), die im Wesentlichen mit der von Herber- 
stain übereinstimmt, aber durchaus nicht von diesem Schrift- 
steller entlehnt ist, denn sie ist viel umständlicher und die 
Form der Hörner wird sogar anders dargestellt, als Herber- 
stain sie abgebildet hat. 

Ueber den Bison spricht Schneeberger kürzer, aber 


*) Gesneri Hist. animal. I. p. 141. (ed. 1620.) Pusch hat dieses 
Zeugniss nicht übersehen, er weist es nur ab. 


71 


durchaus als voneinem verschiedenen Thiere*), Ein Baron 
Bonarus, dessen Lebensverhältnisse mir unbekannt sind, der 
sich aber als einenBewohner Polens zu erkennen giebt, ‚spricht 
in demselben Werke über den Tur und den Bison und meint, 
dafs der erstere aus einer Vermischung‘ eines männlichen Bi- 


son mit einer zahmen Kuh entstanden sei — woraus hervor- 
geht, dafs der Tur dem‘zahmen Rinde ähnlicher war, ‚als der 
Bison **). 


Von Polen wenden wir uns nach dem benachbarten Preufsen. 

Lucas David sagt in seiner Preufsischen Chronik ***), 
indem er von der Abreise des Herzogs Otto von Braunschweig 
aus Preufsen, welche im Jahre 1240 erfolgte, spricht: „Doch 
ehe dann ‘er verreiset,'begabet er die brüder mit vielen gaben. 
Ins erste gab er Inen .... (es folgt nun eine Aufzeichnung 
von Vietualien) .... und so dann im: lande viel wildes vor- 
handen von Aueroxen, Visonten, wilde pferde, Elende, grose 
und kleine Beere, rehe und hasen, liesse er‘ Inen seine garne 
und hunde und Federspiel, ‘ die‘er mit sich bracht hatte und 
weil:er im lande war dor an viel lust und’ nucz gehabt, lies 
Inen auch seinen obersten Jeger meister, der willig in Preus- 
sen bleib und wart ein Bruder D. Ordens.“ 

Hier werden also Auerochsen und Visonten als Preufsi- 
sche Jagdthiere aus dem 13. Jahrhunderte genannt. Um den 
Werth des Zengnisses abzuwägen, müssen wir zuvörderst fra- 
gen, ob dieser Schriftsteller das Land Preufsen und seine Vor- 
zeit kannte? Lucas David ist der ausführlichste und zuver- 
lässigste Chronist Preufsens. Im Anfange des 16. Jahrhunderts 
(um 4503) in der Stadt Allenstein in Preufsen geboren, war 
er' zuerst bei dem Bischof von Culm' angestellt, wo ver alle 
alten Urkunden über die Geschichte seines Vaterlandes studirte, 
und ging dann über in die Dienste des Markgrafen Albrecht, 
um sich ganz der Ausarbeitung seiner Chronik widmen zu 
können. Es ist historisch documentirt, dafs der Markgraf Al- 
brecht, der überhaupt an wissenschaftlichen Unternehmungen 
Interesse nahm, Alles aufbot, um unserm Chronisten so viel 


*) Daselbst p. 145. 
*+) Daselbst p. 142. 
**) M. Lucas Davids Preufsische Chronik Bd, 1. S. 121. 


72 . 


historisches Material als möglich zu verschaffen. - So bereiste 
Lucas David die gröfsern Städte Thorn, Danzig und Elbing, 
um (ie Archive derselben zu durchsuchen. Das Archiv ‘des 
Ordens war in Königsberg, dem gewöhnlichen Aufenthalte ‚des 
Chronisten. Ueber mehr als 2000 Urkunden fand man: Aus- 
züge und Register in seinem Nachlasse. — Die Ausarbeitung 
der Chronik begann er aber erst sehr spät, ‘nach langen Stu- 
dien. — Er mufste ‚also das Land und seine Vorzeit wohl 
kennen. Bemerken mufs man dabei, dafs in dem kleinen Lande 
Preufsen, wo der Orden Herr war, der in Jagden und Trink- 
gelagen seine vorzüglichsten Genüsse fand, man wohl wissen 
mufste, ob ein oder«zwei Arten jagdbarer Rinder ‘im ‘Lande 
waren, und über die Identität der Bedeutung von Urochs und 
Wisen wohl nicht‘ in Zweifel geblieben "wäre, wenn diese 
Worte auf dasselbe Thier sich bezogen hätten. Beide Namen 
wurden übrigens von den Deutschen gebraucht, nicht von zwei 
durch die Sprache geschiedenen Völkern. 

Diese Stelle aus der Chronik vonLucas David wird aber 
besonders lehrreich, ‚wenn man sie mit einer andern zusammen- 
hält, die sich in demselben Werke findet *). Hier wird er- 
zählt, dafs der deutsche Orden die Gränze gegen Litthauen 
verwüstet habe, damit die Christen nicht so leicht von den 
Litthauern überfallen werden könnten. Es heifst nun weiter: 
„Diese vorwüste orth seindt itzo der wilden Thier ‚wonung 
worden, da sie hecken und hegen, als die grosen Auer oder 
wilden oxen“ u.s.w. . Diese werden nun näher beschrieben 
und nach ihnen das Elen. Offenbar bezieht sich das Gesagte 
auf die Zeit in der Lucas David schrieb. Damals scheint 
also nur noch eine ‚Art: wilder Ochsen in. den Preufsischen 
Wäldern gelebt, und den Namen Auer geführt zu haben, we- 
nigstens nach den östlichsten Gränzen hin. Die vorher ange- 
führte Stelle spricht aber vom 13. Jahrhunderte. und dem, Po- 
len näher liegenden, Kulmer Lande. Es ist bekannt, dafs 
Lucas David für diese Zeit die jetzt verlorne Chronik von 
Christian dem ersten Bischofe von Preufsen vorzüglich. be- 
nutzte **), Der Bischof Christian, der noch vor dem Or- 


*) Ebend. Bd. 1. S. 66. 
**) Vergl. Voigt's Geschichte Preufsens. Bd. I. S. 646 — 631. 


73 


den nach Preufsen kam, kannte. das Land in seinem ursprüng- 
lichen Zustande, den es bald durch. die Einwanderung der 
Deutschen verlor. Er starb wahrscheinlich 1243. 

Nach solchen Zeugnissen ist es von geringerem Gewichte, 
dafs auch Erasmus Stella, der im‘ Anfange des 15. Jahr- 
hunderts zwei Bücher De antiquitatibus Borussiae schrieb, 
unter den Thieren die Uri und Bisontes als verschiedene Ar- 
ten auflührte *). In der Beschreibung hat er freilich, da er 
nicht Augenzeuge. war, sich an Plinius, nach damaliger Sitte, 
gehalten. 

Nach Erasmus Stella und Lucas David, der die 
Chronik des Bischofs Christian benutzte, wird es also wahr- 
scheinlich, dafs in.der ersten Zeit der Ordensherrschaft Ur- 
ochsen und FFisonte, in der Mitte des 16. Jahrhunderts aber 
nur noch eine Art Ochsen im wilden Zustande in Preufsen 
lebte, ‚auf die nun die Benennung Auer überging. »Diese Wahr- 
scheinliehkeit wird um so gröfser, da sie mit andern Zeugmis- 
sen: völlig. in Uebereinstimmung steht.‘ Von der einen Seite 
wird dieser Zustand für das 16. Jahrhundert dadurch bestätigt, 
dafs in Jagdverordnungen aus dieser Zeit, die im geheimen 
Archive in Königsberg aufgehoben werden, nur noch. von 
4uern:die Rede ist, dafs Henneberger **), der im J. 1575 
eine grofse Karte von Preufsen herausgab und 1595 eine aus- 
führliche Erklärung dazu drucken liefs, auf dieser Karte nur 
eine Art Ochsen, nämlich ‚den, welchen man jetzt duer nennt 
(Bos Urus Auct.) abbildet und nennt, und dafsHerberstain, 
so wie Sehneeberger und Andere ausdrücklich sagen, der 
Thur, d. h. die jetzt geschwundene Art, habe zu ihrer Zeit 
nur noch in Masovien gelebt und werde dort künstlich ge- 
halten, während sie den Zubr als ein allgemeineres Thier be- 
handeln. Schneeberger fügt noch ausdrücklich hinzu, dafs 
einige Jahre vor seiner Mittheilung die Thuri durch ein sehr 
starkes Sterben auf eine sehr geringe Zahl vermindert seien. 

Von der andern Seite wird das frühere gleichzeitige Vor- 
handensein zweier Arten wilder Ochsen im mittlern Europa 
aufser Preufsen und Polen bestätigt durch die von Hrn. Prof. 


*) Erasm, Stella; De Borussiae antiqwitatibus, Lib. 1. p. 20. 
”) Henneberger Erklärung der Preufsischen gröfsern Landtafel 
Königsherg 1595. 


74 

Pusch schon angeführten Zeugnisse von Cantapritanus, der 
im 13. Jahrhunderte schrieb: In Bohemia reperiuntur zubro- 
nes, animalia maxima summae'velocitatis et aliud‘ genus, 
quod Polones Thurones dicunt, forma minore, velocitate 
praestantiores *), — durch Johann von Marignola, Ka- 
plan Kaiser Karl’sIV, der in seiner 1355 überreichten Chro- 
nik unter den Thieren Böhmens Bubali und Bisontes nennt **), 
— durch das Niebelungenlied, das in einer grofsen Jagd einen 
Wisent und starker Uore viere erschlagen läfst. 

Aber auch die historischen Urkunden Pommerns werden 
uns, wenn man sie befragt, vielleicht dasselbe aussagen. Zwar 
erwähnt der Begleiter des Pommerschen “Apostels Otto, in 
seiner Lebensbeschreibung desselben, nur unbestimmt der Fe- 
rinae Bubalorum ***), aber Dan. Cramer übersetzt diese 
Stelle durch Püffel oder Uhr-Ochsen+). Cramer erzählt 
dann weiter? die Pommerschen Archive bezeugten, dafs‘ der 
Fürst WratislafV, etwa um das Jahr 1364 in Hinterpom- 
mern einen Wysant erlegt habe und fügt hinzu, dafs dieses 
Thier stärker und gröfser als ein Uhr-Ochs geachtet werde, 
Cramer lebte in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts bis 
in den Anfang des 17. ° Er spricht also von diesen Thieren 
allerdings nicht als Augenzeuge, allein man darf annehmen, 
dafs er nach alten Urkunden, oder wenigstens Sagen, beide 
Thiere unterschied. Auch werden wir sogleich 'hören, ‘dafs die 
jetzt untergegangene Form, aufser dem Namen Ur 'auch den 
von Büffel oder im Lateinischen Bubalus führte. 

Ich habe nämlich, um nachzusuchen ob nicht’ auch aus 
dem westlichen Europa Urkunden über zwei wilde ‚Rinder in 
früher Zeit sprechen, in den alten Deutschen Gesetzen nach- 
gesehen und fand zu meiner grofsen Freude, dafs eins der äl- 


*) Diese Stelle aus dem nie gedruckten Werke von Cantapri- 
tan „De natura rerum“* findet sich abgedruckt in den Verhandlungen 
der Gesellschaft des vaterländischen Museums in Böhmen. Hft. 2. S. 58. 

**) Verhandlungen der vaterländischen Gesellschaft in Böhmen, 
Hit. 4. S. 64. ; 

“*) Vita St.Ottonis in Histor. anonymi cujusdam. L.1l. c.39. p.324. 

+) D. Cramer’s Pommer. Kirch. Hist. 1603. 4. S.24. In einer 
andern Ausgabe von 4620, die ich nicht vor mir habe, soll sogar (S. 
42) stehen: Püffel und Uhrochsen. Pommersche Provinzial-Blätter I. 
S. 323. 


75 


testen "Gesetzbücher, "die Zeges Alamannorum (aus dem 6. 
oder 7. Jahrh.) beide neben einander erwähnen. Es heifst hier 
Tit.99. 8.1.1 Si quis bisontem bubalum, wel cervum qui 
prugit(al: brugit, burgit) furaverit aut occiderit duodecim 
solidos componat *). Ein Deutscher Text, dessen Alter ich 
nicht anzugeben weifs, den ich aber angeführt finde, sagt: 
„Wann einer einen Wisent oder Buiffel-Ochsen oder ein Hirsch 
stiehlt **). 

Schon aus dieser Zusammenstellung wird es wahrschein- 
lich, dafs Bubalus, Büffel und Urochs 'synonym waren. Die 
erstere Benennung mochte durch die Römer in Deutschland 
eingedrungen sein, da sie das Thier nicht kannten, und nicht 
allgemein, so wie Caesar, den Deutschen Namen annehmen 
mochten. In trefllichem Einklange steht hiermit die bekannte 
und so oft ängeführte Stelle des Plinius, wo er die Thiere 
Germaniens nennt: Insignia boum ferorum: genera, jubatos 
bisontes, excellentigue vi et velocitate uros, quibus imperi- 
tum vulgus bubalorum nomen imponit, quum id gignat 
AfMER in. | Lu 

Ich will nicht entscheiden, ob der Name Bubalus (ur- 
sprünglich vielleicht der Antilopen-Art angehörig, die man 
später Antilope Bubalis genannt hat, wie Plinius anzudeu- 
, ten scheint), von dem schwarzen wilden Ochsen Deutschlands 
auf das Indische Thier übergegangen ist, das wir jetzt Büffel 
nennen, oder ob die Römer dieses letztere Thier schon so 
benannten und den Namen nur wegen der schwarzen Farbe 
auf den Ur übertrugen. Dafs aber der Bubalus oder Büffel 
Deutschlands, ‘der, wie Plinius sagt, eigentlich Ur hiefs, 
schwarz von Farbe war, macht die Lex Baiwariorum wahr- 
scheinlich, denn dort werden Tit: XIX. 8.7. die Bubali unter 
das Schwurzwild gerechnet ***). — Erinnern wir uns nun, 
dafs sowohl nach Herberstain’s, als des von ihm ganz'un- 
abhängigen Schneeberger’s Beschreibung wenigstens die 
männlichen Thuri (denn Schneeberger schliefst ausdrück- 
lich die weiblichen aus), schwarz mit grauem Rückenstreifen 
wären, so finden wir auch hier Bestätigung. 


*) Heineccii Corpus juris Germaniei antiqui. p. 238. 
*) Barth’s Urgeschichte Deutschlands. I. S 71. 
**) Heinececii Corpus juris Germanici antiqui. p. 321. 


76 


Ueberhaupt. aber wird man die angeführten historischen 
Zeugnisse über das gleichzeitige Vorkommen zweier wilder 
Stiere in Europa in gutem Einklange finden. Einen gegen al- 
len Zweifel gesicherten Beweis können sie nicht geben, weil 
vollständige Beschreibungen fehlen. _ Aber dieser. Mangel ist 
Schuld der Zeit und nicht der Unkenntnifs der Thiere. ‘Im 
Alterthum beschrieb man überhaupt die Thiere nicht, sondern 
man nannte sie nur oder machte irgend eine Beobachtung über 
sie, die nur zuweilen das Thier errathen läfst, aber äufserst 
selten hinreicht, verwandte ‚Formen zu unterscheiden. Es ist 
fast nur Plinius, der, indem er die auffallendern Thiere aller 
Länder durchgeht, zuweilen kurze Beschreibungen hinzufügt. 
Wir wissen aber, dafs Plinius zuerst den Bison und Urus 
unterschied. Aus diesem Grunde hat man aber auch auf sol- 
che. Autoren späterer. Zeit wenig Gewicht zu legen, welche 
den Plinius ausschreiben, . Man kennt aber nun eine nicht 
unbedeutende Anzahl von Stellen in Schriften, welche ohne 
Plinianischen Einflufs in der ihnen bekannten Gegend zwei 
Stierarten anführen. Niemand wird glauben, dafs beim Nieder- 
schreiben der Alemannischen Gesetze man Plinius gefolgt 
se. Möglich ist es allerdings immer, dafs auch hier ein 
doppelter Name desselben Thiers eine doppelte Nennung ver- 
anlafst hat, oder dass mit dem Worte Bubalus ein anderes 
Thier, z. B. das Elen, gemeint ist; allein um diese Möglichkeit 
zur Wahrscheinlichkeit zu erheben, müfsten die entschieden- 
sten Beweise vorgebracht werden. Vor allen Dingen. aber 
mülfsten Stimmen aus dem Mittelalter selbst über die identische 
Bedeutung von Ur und MWisant, Tur und Zubr, dem Euro- 
päischen Bubalus und Bison sich aussprechen. 

Es ist sehr zu wünschen, dafs Geschichtsforscher und na- 
mentlich die Kenner des Mittelalters, so auch die Forscher der 
alten deutschen Sprache auf diese Frage aufmerksam gemacht 
würden — dann werden sich gewils bald zahlreiche Quellen 
für die endliche Lösung finden. Sollte man nicht besonders 
aus der Schweiz reichen Stoff erwarten können? An Urkun- 
den aus frühen Zeiten dürfte es hier nicht fehlen, die uns 
nachwiesen, welcher Art das Thier war, von dem der Kanton 
Uri Namen und Wappen hat. Schon Strabo erwähnt der 
wilden Stiere aus den Alpen. Waren sie aber von zweifacher 


77 


Art, wie das Alemannische Gesetz erwarten läfst, oder: waren 
sie'nur von einfacher? Und wie liefse sich dann die doppelte 
Benennung erklären. Am lehrreichsten' wäre es, wenn sich 
Beschreibungen, ‘oder, da diese kaum zu erwarten sind, ‚ein- 
zelne' characteristische Kennzeichen auffinden liefsen. Der un- 
genannte Abt von St. Gallen, der Anecdoten aus dem Leben 
Karls des Grofsen gesammelt hat, deren Kenntnifs ich mei- 
nem gelehrten Freunde, Herrn Prof. Lorentz'hierselbst ver- 
danke, erzählt von einer Jagd, auf welcher Karl durch‘ einen 
wilden Stier verwundet wurde: ° Die ungeheuren Hörner (im- 
manissima cornua) sollen nach Erlegung des Thiers  vorge- 
zeigt worden sein. ' Hiermit‘ hätten wir den ursprünglichen 
Ur (Bos primigenius) noch in der Nähe von Achen, wenn 
nur der gute Abt recht zuverlässig wäre — aber er schrieb 
mach‘ Hörensagen *). König Guntram fand im J.590 in. den 
Vogesen einen getödteten Bubalus, also” nach unserer Deutung 
einen wahren Ur, und war über diese Verletzung seines Jagd- 
gebietes sehr erzürnt **).. Noch habe ich nichts Näheres über 
den wilden Stier gefunden, ‘in dessen Verfolgung der König 
Theodebert im J. 548 umkam. Honoratius Servius, 
der im 5. Jahrhundert lebte, versetzt: den Ur bis indie Py- 
renäen — ob mit Recht oder durch Verwechselung, lasse ich 
unentschieden. 

Sucht man aber nicht blofs nach Beweisen vom gleichzei- 
tigen Vorkommen zweier wilder Stiere, sondern nur nach Be- 
weisen, dafs ein vom Zubr verschiedener, aber dem zahmen 
Ochsen ähnlicher Stier in wildem Zustande in Europa lebte, 
so wird Grofsbritannien, wo er sich noch erhalten hat, wohl 
am wichtigsten. Bis ins 46. Jahrhundert scheint er hier noch 
häufig gewesen zu sein, denn 1466 wurden noch sechs solcher 
Thiere zu einem Feste verlegt ***), Er blieb auch im wilden 
Zustande bis ins 17. Jahrhundert und Sibbald+) sagt aus- 
drücklich, dafs er in einigen Berggegenden noch wild lebe, dem 


*) De gestis Curoli magni Libri duo conscript. a St. Galli Mo- 
nacho, inBouquet KRecueil des Historiens des Gaules et de la France. 
T.V.p. 125. 

*) Bouquet], c. II. p. 590. 
**) Pennant Arct. Zool. ]. 2. p. 6. 
7) Sibbald Scotia illustrata 1684, Histor. animal. p- 7. 


78 


zahmen Rinde ‘sehr ähnlich sehe undi,‚behauptet, im; Wider- 
spruche mit Boethius, dafs er. keine Mähne habe... Der letz- 
tere scheint diese Mähne, nach'seiner Weise, aus ..den ‚Alten 
compilirt zu haben, indem er dieses Thier für den Bison'hielt. 
Pennant sah ihn im 17. Jahrhunderte nur noch in Parks in 
halbwildem Zustande, ‘in welchen er:noch jetzt nach Klamälkon 
Smith vorkommt *), 

Dafs dieses Thier lauch in. der, Form des ‚Gehörns dem 
Bos primigenius. gleiche, habe ‚ich schon bemerkt. Die letz- 
teren Britännischen sind freilich nicht schwarz, wie die T’huri 
Herberstain’s,, sondern mehr.:oder weniger weifs, allein die 
Farbe kann um so weniger hier entscheiden, da der-Rest..des 
Stammes ‚auch (in-der' Gröfse verkümmert.ist. 

"Zum  Schlusse erlaube ich mir. noch die Bemerkung; dafs 
Hrn. Pusch’s Ansicht: das Wort Zubr sei..das-Litthauische 
Wort für das Polnische Tur, die anfänglich ‘auf ‘mich vielen 
Eindruck machte, ‘doch wenig begründet scheint.‘ : Noehnjetzt 
nennen ‘die Russen: von Grodno-bis zum Kaukasus den jetzigen 
Auer Zubr, und ‘haben 'sogar dieses‘ Wort‘auf den’ Ameri- 
kanischen Bison, den ich für eines Ursprungs mit dem Euro- 
päischen zu halten nicht umhin kann, übertragen.‘ ‚Sollten ‘die 
Russen ein‘ Litthauisches Wort angenommen‘ haben? Aber 
auch Cantapritanus nennt im 13. Jahrhundert ein‘ Böhmi- 
sches Thier Zubro, und sogar ein Byzantinischer‘ Schriftsteller 
Nicetas Choniata gebraucht das Wort Zumpros #*)/ Noch 
jetzt heifst nach Cantemir dasselbe Thier' in-der Moldau 
Zimbro. ‘Dieser Name ist also wohl Slavisch, während Tur 
ohne Zweifel mit Taurus und Tevgog einer Wurzel ist. Die 
Beibehaltung beider Wörter läfst dann ‚aber um so mehrveine 
Nöthigung dazu annehmen. "Sagt doch der Lexicograph Phoa- 
rinus, ‘oder ‘wie er sich lieber nannte Varinus, dafs.das 
Wort Tavgog in specieller Bedeutung'den bovem sylvestrem 
anzeige, was sehr gut auf‘den‘Bos prim. oder den Tur pafst. 


”) Griffith animal, kingdom IV. p. 418. 
**) Nicetas Choniata ex rec. Imm. Bekkeri p. 433. 


_ Ueber Macroscelides Rozeti *) 


von 


‚Dr. Moritz Wagner. 


Dieser bizarre kleine Insektenfresser bewohnt den westlichen 
Theil der. Regentschaft Algier... Er wurde bis Jetzt nur in 
den Umgebungen der Städte Oran, Tlemsan, und Arzew auf- 
gefunden. Weiter östlich als | scheint er nicht zu ge- 
hen. Uebrigens ist er auch bei diesen, drei Städten nur sehr 
selten und schwer zu bekommen. Der Capitain Rozet, welcher 
dieses Thierchen zum erstenmale nach Frankreich sandte, er- 
hielt, es durch die industriösen Soldaten des Bataillon d’Afri- 
que, die bei ihrer kargen Löhnung einen unmäfsigen Durst ha- 
ben und zu allen möglichen Mitteln ‚greifen, um diesen zu be- 
friedigen. Zwei Soldaten dieses famösen Corps, welche als 
Ratten- und Schlangenfänger zu Oran in besonderem Reno- 
mee standen, führten mich auf einen felsigen Berg, westlich 
von Oran, dessen Gipfel ein Marabuttempel und das spanische 
Fort Santa Cruz krönt. Dort hält sich der Macroscelides zwi- 
schen den Lücken grofser, abgerissener Felsstücke auf. Er 
sucht natürliche Schlupfwinkel aus und gräbt selbst keine Lö- 
cher; doch macht das Weibchen den Jungen ein Bett in den 
dichtesten Gesträuchen der Zwergpalme (Chamaerops humi- 
lis), welche auf diesem Felsen häufig wächst, In den Früh- 
stunden verläfst das Thier seine Schlupfwinkel und sucht son- 
nige Stellen auf; während der Mittagszeit aber flüchtet es sich 
unter den Schatten des Chamaerops und späht dort auf seine 
Beute, die Insekten, welche auf die niedern Pflanzen sich setzen. 
Am liebsten frifst der Macroscelides , Insektenlarven, Heu- 
schrecken ohne Flügeldecken und besonders auch Landschnek- 


*) Aufgestellt von Duvernoy in den !Mem. de la Soc. d’hist. 
natur. de Strasbourg 1. 2. 1. 


80 


ken, überhaupt alle kleinen weichen Thierchen. Unvermö- 
gend, das starke Gehäuse der Helix lactea zu zerbrechen, 
dringt er mit seinen so seltsam verlängerten schmalen Mund- 
theilen in die Oefinung ein und reifst gewöhnlich ‘ein Stück 
von der Schnecke ab, ehe dieselbe Zeit hat, sich völlig in das 
Innere ihres Gehäuses zurückzuziehen. _ Ich hielt meine 12 
Thierchen einige Wochen lebendig zu Hause und fütterte sie 
mit kleinen Orthopteren. Brod, Waizenkörner, Zucker rührten 
sie nicht an, obwohl Rozet den seinigen mit Brod ernährt zu 
haben behauptet. Es sind überaus sanfte Thiere, die nie beifsen 
selbst nicht einmal, wenn man sie quält. Sie gehennicht auf den 
Hinterbeinen, wie die Dipus-Arten, sondern immer auf den vier 
Füfsen und bei ihrem Laufe, der nicht ausserordentlich schnell 
ist, bemerkt man durchaus die Verlängerung ihrer Hinterbeine 
nicht. Dagegen sah ich sie auf dem Felsen öfters sitzend, ka- 
ninchenartig sich auf den Hinterbeinen erheben, entweder um 
nach ihren Verfolgern zu lauschen oder nach Beute umherzu- 
spähen. Bei dem Fange der fliegenden oder hüpfenden Insek- 
ten verbergen sie sich Jauernd unter der Zwergpalme und su- 
chen dann ihre Beute gewöhnlich mit dem ersten weiten Satze 
zu erreichen, wobei die Länge der Hinterbeine ihnen trefllich 
zu statten kömmt.., Der Fang dieser Insektenfresser ist sehr 
schwierig. Gelingt es dem Jäger nicht, -ihnen den Schlupf- 
winkel abzulauern und den Rückzug unter die Felsblöcke ab- 
zuschneiden, so ist man genöthigt, die schweren Steinblöcke mit 
eisernen Hebebäumen umzukehren. In den heifsen Monaten, 
wie auch während der Regentage, verschwindet der Macrosce- 
lides. Die beste Zeit seiner habhaft zu werden, ist Frühling 
und Herbst. Meine Soldaten hatten die ganz kleinen Jungen 
dieser Rüsselmaus im Monat Februar bei Tlemsan gefun- 
den. Mithin scheint die Begattungszeit in den Wintermona- 
ten zu sein. In der Gefangenschaft bemerkte ich an diesem 
Thierchen eine ganz eigenthümliche starke Ausdünstung. Ein 
einziger Macroscelides wenige Tage in eine grofse Kiste ein- 
geschlossen, hinterliefs einen Geruch, der mehrere Wochen in 
dem Behälter zurückblieb. Auch unter sich scheinen diese 
kleinen Thiere sehr sanft und verträglich zu sein, wenigstens 
bemerkte ich sie nie, selbst nicht um ihr Futter, kämpfen. 


Beschreibung einer neuen Litorina, 
nebst Bemerkungen 


über die Konchylien des Ostseestrandes bei 
Travemünde 


von 


Dr. L. Pfeiffer in Kassel. 


Kr 


Aıs ich in den Jahren 1820 —21 in Lübeck wohnte, war es, 
so oft.es mir vergönnt war, das anziehende Travemünde zu 
besuchen, ein eifrig betriebenes Geschäft, alle dort vorkom- 
menden Schalthiere zu sammeln, theils um sie meinem nun 
verstorbenen Oheime, Carl Pfeiffer, dem rühmlichst bekannten 
Beschreiber der deutschen Land- und Süfswasserkonchylien, 
zu übersenden, theils sie für mich aufzubewahren. 

Lange Zeit waren mir die zu jener Zeit gesammelten und 
sorgfältig mit dem Fundorte bezeichneten Schätze aus den Au- 
gen und fast aus dem Gedächtnisse gekommen, und ich hatte 
keinen Werth darauf gelegt, da ich glaubte, die wenigen Ar- 
ten seien überall gemein und längst bekannt. Erst jetzt habe 
ich dieselben wieder hervorgesucht und genau untersucht, und 
fand darunter, ausser einigen interessanten kleinen Arten, die ‘ 
zu Rissoa oder vielleicht zu den von Philippi angenommenen 
Salzwassermelanien gehören, zu meinem gröfsten Erstaunen 
eine bisher, soviel ich habe ermitteln können, ganz übersehene 
Litorina, welche mit der Litorina litorea gesellig zu leben 
scheint. 

Die L. litorea ist in dem Ausflusse der Trave, wo diese 
den Hafen bildet, in unendlicher Menge an den in das Was- 
ser eingerammten Pfählen, unter und über dem Wasserspiegel, 

V, Jahrg. 1, Band. 6 


82 


ja auch an den im Hafen liegenden Schiffen zu finden, und 
ich erinnere mich keines andern Ortes, wo ich meine Exem- 
plare gesammelt hätte. Ich fand sie dort nie so grofs, als ich 
sie aus andern Gegenden, namentlich aus der Nordsee, erhal- 
ten habe, und obgleich lebend, doch stets mehr oder minder 
abgerieben. Nur dadurch ist es zu erklären, dafs ich die 2te 
Art, zu welcher beinahe der achte Theil meiner Exemplare 
gehört, damals ganz übersehen konnte, und dafs sie überhaupt, 
wie ich glaube, bis jetzt unbeschrieben geblieben ist. Um die 
Aufmerksamkeit der Forscher darauf hinzulenken, gebe ich 
hier ihre vorläufige Beschreibung: 


Litorina marmorata L. Pfeif. 


Tesia ovata, tenuis, apice subacuta, imperforata, lon- 
gitudinaliter striata, fundo sulphureo vel cereo strigis et 
Alammulis castaneis marmorata; suluris canaliculatis; an- 
fractibus convexis; columella fuscidula; apertura oblongo- 
rolunda, interne castanea; operculo tenui, corneo, spirato. 

Das gröfste Exemplar, welches ich besitze, ist 53“ lang 
und hat 5 Windungen. Von diesem bis zum kleinsten bleiben 
sich die angegebenen Charaktere ganz treu, und man kann nie 
zweifelhaft sein, ob ein Exemplar zu litorea oder marmo- 
rata gehöre. Die Unterscheidungszeichen sind folgende: 


Litorina litorea. 
Schaale schwer, dick, sehr 
zugespitzt, deutlich quer ge- 
streift, hellbraun, mit dunkeln 
Binden, häufiger ganz schwärz- 
lich oder braun, 


Nähte flach. 

Windungen ziemlich flach, 
nur die letzte bauchig. 

Mündung nach oben in 
einem spitzigen Winkel en- 
digend, 


Litorina marmorata. 
Schaale dünn, leicht, ‘nur 
wenig zugespitzt, glatt, nur 
mit schwachen Wachsthum- 
streifen bezeichnet, schwefel- 
oder wachsgelb, mit kastanien- 
braunen Streifen und Flam- 
men marmorirt, bei jungen 
Exemplaren sehr regelmäfsig. 
Nähte rinnenförmig. 
Windungen sämmtlich kon- 
vex, treppenförmig abgesetzt. 
Mündung Jlänglich - rund, 
durch die Wölbung des obern 
Theils der letzten Windung. 


83 


Von den bei Chemnitz V. t. 185. f. 1852. N. 1—8 ab- 
gebildeten Formen gehört bestimmt keine hierher, sondern 
sämmtlich unverkennbar zu litorea, und unter den übrigen 
mir zugänglichen Abbildungen finde ich sie ebenfalls nicht. 


r 


Weit schwieriger ist es aber, die kleinen, in beträchtli- 
cher Menge im Meeressande gefundenen Schnecken zu bestim- 
men, und ich begnüge mich für jetzt damit, zu erwähnen, dafs 
ich 3—4 Arten von Rissoa ans der Ostsee bei Travemünde 
besitze, welche mit den sizilianischen von Philippi gesammel- 
ten und beschriebenen nicht übereinkommen. Auch ist wohl 
zu vermuthen, dafs einige neue Arten sich darunter befinden 
werden, da die kleinen einschaligen Bewohner unserer nordi- 
schen Küsten noch lange nicht hinreichend untersucht sind; 
wenn gleich Menke unter den bei Helgoland und Norderney 
vorkommenden schon interessante Formen gefunden hat. 

Uebrigens ist die erwähnte Gegend der Ostsee sehr arm 
an Konchylien. Mya arenaria, Tellina baltica, Mytilus 
edulis, Cardium edule (letzteres besonders häufig in den sal- 
zigen Sumpfstrecken längs des Ausflusses der Trave) und ein 
vielleicht davon verschiedenes sehr kleines Cardium, sind in 
unendlicher Menge vorhanden, hin und wieder einmal eine 
Mactra solida oder einzelne Schaalen einer Venus, die ich 
nicht sicher zu bestimmen weifs, das ist Alles, was man an 
dieser Küste antrifft. In der Tiefe mögen vielleicht noch andere 
der in den benachbarten Meeren gefundenen Konchylien sich auf- 
halten, aber die wenig stürmische See, die auf glattem, sehr lang- 
sam sich erhebenden Sandboden nur in ruhigen Wellen zum 
Ufer gelangt und keine Ebbe und Fluth hat, verräth wenig 
von den wahrscheinlich in ihrem Schoosse befindlichen Ge- 
genständen. Doch wäre es sehr zu wünschen, dafs die Küsten 
der Ostsee von einem erfahrenen Forscher gründlich unter- 
sucht würden, da der eigenthümliche Charakter dieses von 
dem grofsen Ozean abgeschiedenen Meerestheiles wohl aufser 
unserer Litorina noch manches ihm Eigenthümliche erwarten 
läfst. In der Nordsee ist die Litorina litorea ebenfalls sehr 
häufig, namentlich auf Norderney und Helgoland in grofser 
Menge gesammelt worden; dort scheint aber statt der mar- 

6* 


84 


morata die neritoides in Gesellschaft mit jener zu leben, die 
wiederum in der von mir‘ untersuchten: Gegend der Ostsee 
gänzlich fehlt. 

Die Zahl der von mir bei Travemünde (freilich in kurzer 
Zeit) gefundenen Konchylien beschränkt sich demnach auf 
etwa 12 Species von Acephalen und Gasteropoden, während 
Philippi von Helgoland allein 48 Arten aus diesen beiden Klas- 
sen aufzählt, und glaubt, dafs diese Zahl: mit Einschlufs der 
Cirripedien und Cephalopoden 'wolil auf 100 steigen könnte, 
Die ersteren habe ich damals wenig beachtet, doch glaube ich; 
dafs wenige Arten derselben sich bei Travemünde finden wür- 
den. — Spirorbis nautiloides kommt in grofser Menge auf 
den verschiedenen Seetangarten vor. 


Bastard- Annona. 
Notiz von 
C. Moritz. 

Ein Reisender kommt käufig in den Fall, wie'weiland He- 
rodot erklären zu müssen,, diefs und: das hat man mir gesagt, 
ob’s wahr ist, mufs ich dahin gestellt sein lassen. Stets die- 
scm ‚Prineipe Herodot’s in solchen Fällen treu, begnüge ich 
mich damit, folgendes zu referiren. Ich fand im Garten zu 
Möcundo eine mir auffallende nicht zu bestimmende Annona, 
und: fragte daher Hrn. H.' nach dem Namen des Baumes; Er 
nanbte ihn Anon-Rinon: und erklärte, es wäre ein. Ba- 
stardbaum durch Pfropfen (injerceion). des einen auf-den an- 
dern künstlich hervorgebracht. An der Gestalt der, Früchte 
wies er nach, dafs sie medio. Anon, medio Rinon (halb 4. 
squamosa L., halb 4A. glabra) wären, gab mir auch eine.rei- 
fende,mit, die nur mit einzelnen Spuren von Schuppen, ich im 
Geschmack nachher der Rinon ähnlich, ‚doch weniger süfs fand. 
So,'weit meine Erfahrungen reichen, ‚wäresdies das erste Bei- 
spiel eines durch Pfropfen erzeugten. Bastards. Da die auf 
bisherige Erfahrungen ‚gegründeten physiologischen Gesetze 
dem aber widersprechen, so bin ich geneigt, die Erzeugung 
von dergleichen Bastarden vielmehr als aus künstlicher Be- 
fruchtung hervorgegangen anzunehmen. 


Anatomie des Kiwi oder Kivikivi 
(Apteryx australis Sh.) 


von 


R Owen 


(Aus den Proceed. of the Zool. Societ. 1838. S. 48.) 


Die in der zoologischen Gesellschaft vorgetragene erste Ab- 
theilung beschränkt sich nur auf die Digestionsorgane. Der 
Schnabel hat eine oberflächliche Aehnlichkeit mit dem der Gat- 
tungen Numenius und Ibis, unterscheidet sich aber wesentlich 
dadurch, dafs die Nasenlöcher nahe der Spitze sich öffnen und 
die Schnabelwurzel von einer Wachshaut bedeckt ist. Diese 
endigt vorn mit einer concaven oder halbmondförmigen Krüm- 
mung, ähnlich wie bei Rhea. Zwei schmale Furchen erstrek- 
ken sich von den Winkeln der Wachshaut längs beiden Sei- 
ten des Oberkiefers; die obere setzt bis zum abgestutzten 
Ende (des Oberkiefers fort, die untere leitet in das Nasenloch, 
welches gleichsam das erweiterte Ende der Furche bildet, 
und eine Lage hat, wie sie bei keinem andern Vogel vorkommt. 
Die Wachshaut ist etwa 1” lang, an den Seiten mit kurzen, 
steifen Federn und Haaren bekleidet, während sie an ihrer 
Basis eine Anzahl langer schwarzer Borsten abgiebt, deren An- 
wesenheit, so wie die Ausdehnung der empfindlichen Haut auf 
dem Schnabel Hr. Owen als wichtig für den Tastsinn der Ap- 
teryxz und in Bezug zu seiner nächtlichen Lebensweise ste- 
hend betrachtet. Die Gesammtform des Schnabels pafst zum 
" Einsenken in Spalten und Höhlen, um darin nach Insekten zu 
suchen, welche zum Theil den Inhalt seines Magens ausmach- 
ten. Die Zunge war, wie in allen straufsartigen Vögeln, kurz 
und einfach, zeigte indessen eine relativ gröfsere Entwickelung. 


86 


Sie ist von zusammengedrückter, schmaler, verlängert - dreiek- 
kiger Gestalt mit abgestutzter und leicht ausgekerbter Spitze, 
8” lang, &” an der Basis und 1”’ an der Spitze breit. Die 
vordere Hälfte besteht in einer einfachen Platte einer weifsen, 
halb durchsichtigen, hornigen Substanz, oberhalb schwaeh concav; 
hinter dieser wird die äufsere Bedeckung, welche sich in die hor- 
nige Platte verliert, oder mit ihr verschmilzt, allmälig unterschie- 
den und nimmt den Character einer Schleimhaut an: sie ist über 
den hinteren Rand der Zunge umgeschlagen und bildet eine halb- 
mondförmige mit der Concavität gegen die Glottis gekehrte 
Falte; hier aber so wie an jedem Theile der Zunge ist sie 
ohne Spitzen oder Papillen. Die den Schlund bekleidende 
Membran hinter der Glottis bildete zwei längliche, viereckige, 
glatte, dicke und anscheinend drüsige Falten oder Fortsätze, 
deren stumpfe freie Ränder rückwärts wie Zipfel in den Schlund 
hineinragen; hinter diesem setzt sich die bekleidende Membran 
in dicht stehende, schmale, etwas wellenförmige Längsfalten 
fort. Die Speiseröhre hat an ihrem oberen Ende einen hal- 
ben Zoll im Durchmesser, verengi sich aber plötzlich zu ei- 
ner Breite von 3”, in welcher Weite sie sich bis zum Vor- 
magen fortsetzt. — Die Muskelhaut der Speiseröhre hatte etwa 
2” in Dieke und und ihre Fasern liegen in zwei Lagen; die 
innere zeigt Längs- die äufsere Kreisfasern. Die Länge der 
Röhre beträgt 8 Zoll, auf ihre Ausdehnbarkeit deuten die dich- 
ten Längsrunzeln hin, in welche die sie auskleidende Mem- 
bran gelegt ist. Der Vormagen von 41” 2’ Länge und 4 Zoll 
im Durchmesser, liegt in der Achse der Speiseröhre deren 
unmittelbare Fortsetzung er bildet. Seine Drüsen sind ringsum 
in seinem ganzen Umfange entwickelt; ihre Mündungen öffnen 
sich in den Maschen einer netzförmigen Oberfläche, hervorge- 
bracht durch die Längsfalten der Speiseröhrenhaut, welche 
beim Eintritt in den Vormagen ihren Charakter ändern, und 
sich gleichsam über seiner Fläche verzweigen. Der Magen ist 
klein, mifst nicht 2 Zoll im Längs- und Querdurchmesser. 
Seiner Gestalt nach hat er mehr den Charakter eines häutigen 
Magens als den eines Muskelmagens, indem er von regelmäfsi- 
ger oval-rundlicher Form ist. Die Muskelfasern sind nicht in 
begränzte Massen, die man digastrici und laterales benennt, 
angeordnet, sondern strahlen von 2 sehnigen Mittelpunkten 


57 


von etwa % Zoll im längsten Durchmesser aus. . Auf der in- 
nern ‚Oberfläche des: Magens finden ‚sich 2 Heryorragungen, 
eine an dem unteren, die andere an dem oberen Ende des 
hinteren Theiles.. Die Lage der letzteren war der Art zu Ma- 
genmund- und Pförtneröffuung, dafs Hr. Owen dafür hält, sie 
diene zum Schliefsen dieser Oefinungen während der heftigen 
Contraction der Muskelfasern im oberen Theile des Magens, 
und so wahrscheinlich in gewisser Hinsicht den Durchtritt des 
Futters in diese Höhlung regele durch Zurückhalten: einer 
Portion im Vormagen, bis der Magen seines früheren Inhalts 
entleert sei. Eine schmale Pförtnerpassage von etwa 3 Linien 
in Länge erstreckt sich von dem oberen Ende des Magens ins 
Duodenum. Es ist kein Sphineter vorhanden und keine Pfört- 
nertasche wie beim Straufse, aber die Haut setzt sich in das 
Duodenum etwa 3 Linien über den Pylorus hinaus fort. Nach 
Wegnahme der Abdominalmuskeln sah man die beiden Leber- 
lappen den vorderen Theil der Höhle einnehmen, der sich von 
den Einschnitten des Brustbeins bis zu der Mitte zwischen 
Brustbein und Cloake erstreckt. Der Magen war ganz von 
einem grofsen netzartigen Fettfortsatze des Peritoneums be- 
deckt. Den Raum zwischen Magen und Leber nehmen lange, 
einfache Schlingen des Darms ein, die sich schräg und fast 
parallel von oben und rechts nach unten und links erstrecken. 
Die unterste und gröfste oberflächliche Schlinge bildet das Duo- 
denum. Das Ganze wird von einer netzartigen, diek mit Fett 
‚versehenen Decke bedeckt. Den Zwischenraum des Duode- 
num nehmen 2 Lappen eines schmalen und verlängerten Pan- 
kreas ein. Das spitze Ende des vorderen Lappen reicht frei 
über die Krümmung des Duodenum hinaus, und unmittelbar 
unter ihm zeigt sich das Ende des Rectum und die Kloake. 
Nach Wegnalhme der Netzfortsätze und Aufheben der Darın- 
windungen, erscheint das Rectum vorwärts an 2” sich längs 
der Mittellinie erstreckend, und dann dasllium und die Blind- 
därme aufnehmend. Nur allein die vordere Hälfte des Rectum 
hat eine Bekleidung vom Peritoneum. (Es folgt eine detail- 
lirte Angabe des situs der einzelnen Darmwindungen). Die 
Coeca sind jedes 5 Zoll lang und ihrer ganzen Länge nach 
verschiedenen Theilen der letztern Nium-Windungen angewach- 
sen. Die dünnen Gedärrme haben im Allgemeinen einen Durch- 


88 


messer von 3”, und nehmen an Umfang allmälig ab, indem sıe 
sich dem Mastdarme nähern. Die Blinddärme übertreffen in 
ihrem Anfange leicht den Durchmesser des Ilium, aber ihre 
Capaeität nimmt allmälig gegen ihr blindes Ende zu, wo sie 
einen Durchmesser von etwa5” erreichen und dann sich plötz- 
lich zu einer stumpfen Spitze verschmälern. Die vordere 
Hälfte des Mastdarms war zusammengezogen, die auskleidende 
Membran in Längsfalten gelegt. Der Mastdarm communieirte 
mit der Harnerweiterung (urinary dilatation) durch eine 
kleine halbmondförmige Oefinung, von welcher verschiedene 
kurze Runzeln strahlenförmig ausgingen. Diese Abtheilung der 
Kloake war nicht, wie beim Straufse, zu einem weiten Behäl- 
ter ausgedehnt, sondern zeigte dieselbe verhältnifsmäfsige Gröfse 
wie beim Emeu, indem sie etwa 3 Zoll in Länge und eben so 
viel im Durchmesser maafs, die äufsere Abtheilung (compart- 
ment) der Kloake enthielt eine grofse einfache Ruthe spira- 
lig zurückgezogen, und von 44 Zoll Länge, wenn ausge- 
dehnt. Sie war durchzogen von einer harnröhrenähnlichen 
Grube, deren Seiten nicht wie beim Gänserich mit Papillen 
besetzt, sondern einfach quergeringelt waren. Am Hinter- 
theile der Kloake befand sich eine kleine bursa von 4 Zoll 
Länge, die durch eine weite Längsöffnung mit der äufseren 
Abtheilung commmnunieirte. Der Magen enthielt eine grünlich- 
gelbliche breiige Substanz und viele fasrige Körper, zwischen 
denen sich nur allein einige dünne Insektenbeine und Stück- 
chen von Dunen der Apteryx erkennen liefsen, auch enthielt 
er wenige Kiesel. In den dünnen Därmen fand sich eine brei- 
ige Masse, ähnlich der im Magen, aber von dunklerer Farbe. 
Die Coeca enthielten eine ähnliche, mehr flüssige Materie, in 
welcher sich wieder Insektenbeine unterscheiden liefsen. Die 
Leber besteht aus zwei grofsen, durch einen schmalen Isthmus 
verbundenen Lappen; der rechte ist der gröfsere, von fast 
dreieckiger Form, der linke war von mehr viereckiger Gestalt. 

Die Gallenblase, 14 Zoll lang, hing mit ihrem Halse am 
inneren Rande des rechten Leberlappens mittelst der Gallen- 
blasengefäfse und zweier kurzer Gallenblasen - Lebergänge. 
Ein ductus cysticus setzte sich in Länge leicht mehr als 2 
Zoll fort, bis zur Hälfte der unteren Biegung des Zwölffinger- 
darmendes, Der Ductus hepaticus endigte einige Linien un- 


89 


ter dem cysticus; beide Gänge waren stärker als gewöhnlich. 
Das Pancreas bestand, wie gewöhnlich, aus zwei verlängerten 
subtriedrischen Lappen, welche hauptsächlich im vorderen Theile 
des Duodenal- Raumes: gelegen ‘waren. Einer der Lappen 
reichte aufwärts und rechts bis zur Milz. Seine zwei kur- 
zen und dicken Ausführungsgänge endigten nahe dem ductus 
hepaticus und cyslicus auf einer kleinen Längserhabenheit. 
Die Milz zeigte nichts Eigenthümliches; ihre Gröfse war etwa 
die einer Haselnufs. — Der Ernährungsapparat pafst also ganz 
zu der Schnabelbildung. Auf einen zum Ergreifen kleiner Ge- 
genstände eingerichteten Schnabel folgt ein einfacher, enger, 
muskulöser Kanal. Da das Futter animalischer Natur ist, und 
in kleinen, successiven Quantitäten eingenommen wird, und so 
schnell als es eingenommen verdaut ist, so ist es nicht noth- 
wendig, dafs der Oesophagus als ein Behälter diene, entwe- 
der durch ausnehmende Weite oder durch eine partielle Er- 
weiterung. Der Vormagen, in der verhältnifsmäfsigen Einfach- 
heit seiner Drüsen und der Magen in seiner geringen Gröfse 
und mittlerer Stärke zeigen sich noch mehr als Bildungen für das 
Quetschen und die Chymification animalischer Substanzen, ‚die, 
wie Würmer und die weicheren Ordnungen der Insekten thun, 
einen mäfsigen Widerstand darbieten. Die Länge der Därme, 
welche die der dünnschnäbligen Wadvögel in etwas übertrifft, 
und die Gröfse der Coeca scheinen auf die Absicht zu deu- 
ten, dafs dieser in seinem Bewegungsvermögen 'so sehr be- 
schränkte Vogel, jeden nöthigen oder möglichen Vortheil ha- 
ben soll, um aus seiner minder organisirten animalischen Kost 
alle Nahrung zu ziehen, die sie nur gewähren kann. *) 


*) Die bereits von Shaw aufgestellte Gattung Apteryx wurde 
von W. Yarrellin dem ersten Stücke des ersten Bandes der Trans- 
act. of the Zoologie. Society of London S.71 von neuem beschrieben 
und schön abgebildet und zwar nach dem Originalexemplar Shaw’s, 
welches, (damals das einzige in England und in ganz Europa) im Be- 
sitze des Lord Stanley war. Für diejenigen unserer Leser, welchen 
jene englische Zeitschrift nicht zu Gebote steht, mögen hier einige 
Notizen daraus Platz finden: 

„Die ganze Länge des Vogels von der Schnabelspitze bis zum 
Ende des schwanzlosen Körpers beträgt 32’; der hell gelblich-braune 
Schnabel ist 63” lang, dünn, ähnlich dem der Ibis aber mehr gerade 
und an seiner Basis niedergedrückt; der Oberkiefer ist an jeder Au- 


90 


fsenseite nahe dem Rande seiner ganzen Länge nach gefurcht; am 
Ende der Furche liegen die Nasenlöcher, bedeckt von einer Membran, 
die klappenartig an ihrer Aufsenseite so aufgehängt ist, dafs der ge- 
ringste Druck gegen die Aufsenfläche die Nasenlöcher schliefsen mufs. 
Auch die Unterkinnlade, welche hinter der abgestutzten stumpfen 
knopfförmigen Oberkieferspitze eingreift, ist ihrer ganzen Länge nach 
gefurcht. Beide Kiefer sind breit und flach an der Basis, messen am 
Mundwinkel 4” in der Quere, und nur 7°” in der Höhe. Die innere 
Fläche beider Kiefer ist völlig eben, einander ganz berührend und 
nur der Unterkiefer hat an seiner Basis eine Concavität für die kleine 
Zunge. — Die Federn des Kopfes sind kurz, am Halse länger, und 
nehmen nach den untern Theilen des Körpers an Länge zu. Die am 
Kopf und Hals sind haarbraun, am Schafte heller, die des Rückens, 
der Seiten und des Rumpfes an den Schäften und am inneren Theile 
der Fahne röthlich gelbbraun, an den Rändern dunkelbraun. Die am 
Unterhalse, an der Brust und am Bauche sind heller graulich weifs, 
In Struktur gleichen die Federn denen des Emu; die Fahne ist von 
gröfster Ausdehnung, flaumig (Hocculent) an der Basis der Feder und 
wird mehr linear und kürzer gegen das Ende; die Fasern der Fahne 
sind nicht verkettet, und dem.Schafte fehlt die accessorische Feder, 
Der rudimentäre obere Flügel ist mit Federn von derselben Art, wie 
der übrige Körper, besetzt, und ganz von den vor und hinter dem 
Flügelrudimente stehenden Körperfedern verdeckt. Die Tibia ist etwa 
5”, der tarsus 3° lang, mit harten dichtgenetzten Schuppen bedeckt, 
auf der Vorderseite mit queren Schildern. Vier Zehen, die drei vor- 
deren ganz getrennt, die Mittelzehe die, längste, Aufsen- und Innen 
zehen gleich lang, oberhalb mit queren Schildern bekleidet. Die Nä- 
gel schwach gekrümmt, der der Mittelzehe oberhalb convex, unter- 
halb concav. Die der beiden anderen durch Abnutzung der Kanten 
auch unterhalb convex, spornartie. Die Hinterzehe steht an der in- 
neren flachen Seite des Tarsus, rückwärts und fast senkrecht abwärts 
gerichtet, so hoch am Tarsus eingelenkt, dafs die Spitze des Nagels 
kaum den Boden berührt. Die ganze Länge der Hinterzehe be- 
trägt nur 15”, wovon der Nagel 3 Zoll mifst, der fast gerade und 
spitz mehr einem Sporn der Hühnervögel, als dem Nagel einer Hin- 
terzehe gleicht.“ — 

Die systematische Stellung des Kiwi zu den straufsartigen Vö- 
geln, welche dann einzig durch die rudimentäre Flügelbildung, nicht 
durch die sogenannten Pedes cursori (ohne Hinterzehe) zu characte- 
risiren sind, leuchtet ein. Er bildet so einen Uebergang von den 
Straufsen zu den Wadvögeln, wie die ebenfalls 4 zehige Dronte zu 
den Hühnern. d’Urville und Quoy und Gaimard gaben in der Voyage 
de l’Astrolabe die ersten kurzen Mittheilungen, welche ihnen von den 
Neu-Seeländern über den Kiwi gemacht wurden. Man jagt den Vo- 
gel Nachts bei Fackelschein mit Hunden. Aus seinen Federn ange- 
fertigte Mäntel gelten für einen kostbaren Schmuck der Häuptlinge. 
Ueber seine Nahrungsweise vgl. d. Archiv 1836. II. S. 273. 


Untersuchungen über die Reizbarkeit der Blätter 
von Mimosa pudica L. 


von 


F. A. W. Miquel. 


Im Auszuge mitgetheilt vom Verfasser, aus der Tydschr. voor nat. 
Geschied. en Physiologie. 


Aıs ich im Sommer 1837 einige Untersuchungen über die 
Wirkung der Gifte auf lebende Pflanzen anstellte, unterwarf 
ich auch die Blätter der M. pudica der Einwirkung einiger 
derselben, vorzüglich in der Absicht, nähere Kenntnifs zu er- 
langen über die noch nicht genug gekannte Wirkung der nar- 
eotischen Gifte auf lebende Pflanzen, Ich glaubte nämlich bei 
einer Pflanze, wo ein Theil des Gewebes solch eine merkwür- 
dige Eigenschaft besitzt, besser entscheiden zu können, ob diese 
Stoffe unmittelbar das Leben des Gewebes auslöschen, oder auf 
eine mittelbare Weise den Tod herbeiführen. Ich verglich diese 
Experimente erst, nachdem sie beendigt waren, mit den Resul- 
taten anderer Forscher, um so viel möglich von vorgefafster 
Meinung frei zu bleiben. Es war vorauszusehen, dafs diese 
Untersuchungen eine nähere Betrachtung des Sitzes und der 
Natur dieser sonderbaren Reizbarkeit veranlassen würden. 

Es kann durchaus meine Absicht nicht seyn, eine Erschei- 
nung erklären zu wollen, an welcher der Scharfsinn so vie- 
ler ausgezeichneten Forscher bis jetzt scheiterte. Gern bin 
ich zufrieden, wenn meine Untersuchungen etwas beitragen 
können zur künftigen Lösung einer Frage, die mir jetzt dazu 
noch nicht reif zu sein scheint. 

Die Experimente über die Wirkung der Gifte geschahen 
mit einer kräftigen Pflanze, in einem recht hellen geräumigen 
Saale im Schatten, 


92 


1. Experiment. 27. Juli. 12 Uhr. Temperat. 72° F. 
helle Luft. Drei Fiederchen des zweiten Blattes von oben; 
welche zuvor durch Berührung geschlossen waren, wurden je- 
des in feines Löschpapier gewickelt, das äufserste (No. 4.) mit 
Ag. Laurocerasi, das andere äufsere (No. 2.) mit einer Lö- 
sung von Extract. Opü aquos. (4Gram auf 1 Unze Wasser), 
das innere mit Wasser befeuchtet. — Um 1 Uhr 10 Min. wer- 
den die Papiere abgezogen. Die Blättchen von No. 3. öffenen 
sich sogleich mit Kraft, indem sie gegen das Papier eine ge- 
wisse Spannung ausübten. Die von No. 4. langsamer, nach 
einigen Secunden; die von No, 2. nach mehreren Secunden, 
doch alle sind erst nach 74 Min. geöffnet. 

2. Experiment. 27. Juli. 12} Uhr. Die zwei unteren 
Blätter, jedes mit zwei Fiederchen, werden geschlossen, das 
eine in eine Glasröhre voll Agua laurocerasi, das andere in 
eine Auflösung von Opium-Extract (wie in Exper. 1.) ge- 
steckt, so dafs die Fiederchen und ein kleiner Theil des Blatt- 
stiels in den Flüssigkeiten waren. Ein ähnliches Blatt wurde 
in eine solche Röhre mit gewöhnlichem Wasser gesteckt. — 
28. Juli. 104 Uhr Morg. Temp. 75° F. Bezogene Luft. Das 
Blatt in reinem Wasser hat sich aus demselben etwas heraus- 
geschoben, augenscheinlich durch die Tension der Blättchen 
gegen die Wand der Glasröhre und die Erhebung des Blatt- 
stiels; die Blättchen öffenen sich, aus dem Wasser genommen, 
sogleich und’ sind sehr reizbar, ‘Auch aus der Opiumsolution 
sind die Blättchen etwas herausgetreten; diejenigen, ' welche 
sich aufserhalb derselben befinden, sind halb geöffnet, und bei 
Berührung etwas reizbar. Aus der Röhre herausgenommen 
öffenen sich die Blättchen je nachdem sie trocken werden; in 
5Min. sind alle offen, jedoch nicht reizbar, und schliefsen sich 
bei der stärksten Berührung nicht. Selbst das Stielgelenk scheint 
weniger reizbar zu sein. Am Nachmittage hatte das Blatt seine 
Reizbarkeit gröfstentheils zurückbekommen. — Das Blatt im 
Ag. laurocerasi scheint ganz todt zu seyn. Die 'Fiederchen 
sind schlaf, die Blättchen ganz geschlossen und runzelig; selbst 
der obere Theil des Blattstiels ist eingeschrumpft. Das Stiel- 
gelenk besitzt jedoch noch einige Reizbarkeit. Am 29, Juli 
war das ganze Blatt mit dem Stielgelenke gestorben. 

3. Experiment. 27. Juli.’ 421 Uhr. Das Stielgelenk 


93 


eines Blattes wird in Löschpapier gewickelt und mit derselben 
Auflösung‘ von Extract. Opii befeuchtet. 28. Juli. 10 Uhr. 
Das Papier abgenommen; das‘ Gelenk hat seine Reizbarkeit 
verloren, und das Blatt sinkt bei der stärksten Berührung nur 
unbedeutend. Die Fiederblättehen sind jedoch sehr  reizbar. 
Am folgenden Tage war auch das Stielgelenk wieder reizbar. 

4..Experiment. 28. Juli. 11 Uhr. Ein Blatt mit.2 
Fiederchen, deren Blättehen vorher durch Berührung geschlos- 
sen waren, wurde in eine enge Glasröhre geschoben, welche 
miteiner halben Unze Wasser gefüllt war, worin 3 Gran Kam- 
pfer abgerieben waren. 29. Juli. 12 Uhr... Temp. 69° FE. 
Regen. Die Blättehen geschlossen, eingeschrumpft ‚und ohne 
Zweifel todt. Selbst das Stielgelenk, welches der Flüssigkeit 
nicht ausgesetzt gewesen, hat zum‘Theil seine Reizbarkeit 
verloren. 

"5. Experiment. 28. Juli. 414 Uhr, Vier Fiederchen, 
von einem Blatte abgeschnitten, werden mit‘ der Unterfläche 
auf die vier folgenden (in breiten Gläsern. befindlichen) Flüs- 
sigkeiten gelegt. No. 1. anfı4'Unzen Regenwasser; No.2. 
auf ‘4 Unzen‘Wasser, wozu eine halbe Unze Aqua lauroce- 
rasi hinzugefügt; No.3. auf 4 Unzen Wasser, worin  Gram 
Extr. Opü ag. aufgelöst; No. 4. auf eine gleiche Quantität 
Wasser, worin 20 Tropfen einer gesättigten Auflösung 
von Acetas Plumbi aufgelöst sind. Die Blättchen sind nun 
alle geschlossen. Um 3: Uhr Nachmittags fand ich sie alle ge- 
öffnet auf der Oberfläche schwimmen, ausgenommen No. 2., 
welche sich unter derselben befindet #), — 29. Juli. 4 Uhr. 
70° F. Regen. Die Blättchen von allen sind geöffnet, jedoch 
von No, 2. nur einzelne, welche die. Agua lauroe. nicht‘ un- 
mittelbar berühren, während diejenigen, welche davon mehr 
benäfst sind, geschlossen sind und ihre Reizbarkeit: verloren 
haben. Auch: die geöffneten Blättchen sind weniger reizbar. 
Die von No.'3. schliefsen sich bei Berührung, öffnen sich je- 
doch nur wieder zur Hälfte. Die von No.4. sind ebenso reiz- 
bar als von No. 1. — 31. Juli. 14. Uhr. 64°. Regen. No. 1. 
sehr reizbar und offen. No. 2. nicht reizbar; die Blättchen 


*) Blättchen unter Wasser getaucht, öffnen sich durch die Wir- 
kung des Lichtes und steigen nach der Oberfläche. 


94 


unter der Flüssigkeit sind geschlossen; die: aufserhalb derselben 
geöffnet, aber nicht reizbar bei Berührung. No. 3. und 4. sind halb 
geöffnet, viel weniger reizbar bei Berührung und öffnen sich sehr 
langsam. — 1. Aug. 11 Uhr. 62° F. Regen. No. 1. öffnet 
sich und ist sehr reizbar. ‘No, 2. ist ganz gestorben und be- 
ginnt gelb zu werden. No.3. ist halb geöffnet und sehr reiz- 
bar. Von No. 4. sind die oberen Blättehen noch reizbar, die 
unteren geöffnet und reizlos. ı2. Aug. 114 Uhr. 63°. Regen. 
No.1. wie gestern. No.3. ganz reizlos; die Blättchen geöffnet 
und fangen an gelb zu werden. ‘No. 4. die oberen Blättchen 
noch sehr wenig. reizbar, halb geöffnet. — 3. Aug. 67°. Be- 
zogene Luft. Alles wie gestern. — 5. Aug. No. 1. noch sehr 
reizbar, aber halb geöffnet. No. 4. todt, gelb gefärbt; die un- 
teren Blättchen fallen schon ab. 

6. Experiment. 29. Juli. 1 Uhr. Ich liefs auf den 
Insertionspunkt der 4 Fiederchen eines kräftigen Blattes einen 
Tropfen verdinnte Schwefelsäure behutsam fallen. Anfangs 
sah ich keine Veränderung, jedoch ungefähr nach $ Stunde, 
fingen die Blättchen der Fiederchen plötzlich an sich zu schlie- 
fsen, von unten beginnend, Paar an Paar; die analogen Paare 
der 4 Fiederchen ‘ungefähr gleichzeitig; beim Schliefsen des 
unteren Paares fing auch das folgende an, wie umfallende Kar- 
ten. Der Blattstiel senkte sıch nicht. Am folgenden Tage 
war das ganze Blatt gestorben, und zumal an dem Punkte, wo 
die Schwefelsäure angewendet, sehr entfärbt. 

7. Experiment. 29. Juli. 11 Uhr. Ein zugefaltetes 
Blatt wird in eine 4 Drachmen Wassers und 2Serup. Tinctur. 
Gallar. enthaltende Röhre geschoben. — 31. Juli. Das Blatt 
ist todt und gelb gefärbt. 

8. Experiment. 28. Juli. 124 Uhr. Auf ein recht 
frisches Blatt werden auf den Insertionspunkt der Fiederchen, 
sehr vorsichtig, kupferne Decigramme gelegt. Als 4 da- 
rauf lagen, bog sich der 6 Centim, lange Blattstiel etwas. Selbst 
als im Ganzen 1 Gram darauf lag und ich fürchtete, dafs der 
Stiel brechen würde, behielt dieser noch seine Stellung, so dafs 
das Gelenk nicht angegriffen war. Als die Gewichte abgenom- 
men wurden, senkte sich der Blattstiel durch eine leise Berüh- 
rung an der Unterseite des Gelenkes sehr tief. 

9. Experiment. 4. Aug. 114 Uhr. Eine ganze Pflanze 


95 


wird mit einer Auflösung von 1 Gram Extract. Hyoscyami 
in 6 Unz. Wasser, sowohl von oben, als von unten (in die 
Unterschäle) begossen, wodurch (die Erde des kleinen Topfes 
durchaus nais wurde. 2. Aug. 114. Die Pflanze ist sehr frisch 
und reizbar. Sie wurde auf's neue mit einer starken Lösung 
begossen. — 3. Aug. Ebenso reizbar wie früher; sie wird jetzt 
mit 8 Unzen einer filtrirten Auflösung begossen. — 5. Aug. 
Sehr reizbar. Die Erde ist noch ganz nafs. Auch an den fol- 
genden Tagen fand ich die Pflanze sehr reizbar; später wurde 
ich verhindert dieselbe zu beobachten, und konnte nicht be- 
stimmen ob das Extraet wirklich durch die Wurzeln aufge- 
nommen war *). 


Bemerkungen und Schlufsfolgerungen. 


4. Einflufs der Feuchtigkeit auf die Reizbarkeit. Aus 
Experim. 1, 2 und 5 geht hervor, dafs das Eintauchen in, oder 
Befeuchten durch Regenwasser nur einen sehr geringen Einflufs 
auf die Reizbarkeit ausübt, da z. B. in Exp. 2. die Blättchen 
unter dem Wasser, obwohl in der engen Glasröhre halb ge- 
schlossen, gegen derselben innere Wand andrückend, sich zu 
öffnen bestrebten. Hiermit stimmen die Beobachtungen frühe- 
rer Untersucher nicht überein**). Diese scheinen jedoch über- 
sehen zu haben, dafs Pflanzentheile, in sehr feuchter Luft (z.B. 
unter Glas) eingeschlossen, nach einiger Zeit durch die verhin- 
derte Exhalation sterben, wie ich dies an einem anderen Orte 
auseinandörsetzte***), Dr. Dassen sagt nämlich: »Ich setzte 
ein kleines Pflänzchen (von M. sensitiva) mit dem Töpfchen 
auf eine Schüssel, gofs diese voll Wasser und .bedeckte das 
Ganze mit einer gläsernen Glocke; in ein Treibhaus gesetzt, 
wurde die Glocke bald mit Wasserdampf gefüllt.« Er sagt in- 
dessen nicht, wie lange das Experim. gewährt habe und wel- 


*) Prof. ©. Mulder machte ein ähnliches Experiment mit Extr. 
Opii, wobei auch erst am 10. Tage der Tod eintrat. (Vergl. Bydra- 
gen tot de nat. Wet. II. 60.) 

*) Vergl. M. Dassen in Natuurk. Verh. d. Holl. Maatsch. van 
Wetens. t. Haarlem. Deel XXII. p. 321. Ausgezogen in diesem Ar- 
chive 1838. Th. I. S. 214 u. S. 345. 

*") Vergl. Athenaeum, Tyd. voor Wetenschap en Kunst Il, 339 — 
402. und im Auszug in Bullet. d. Sc. phys, et nat. dans Neerlande. 
1838. No. 13, 


96 


ches eigentlich. ‚das. Resultat war. Ohne Zweifel mufste; die 
Pflanze, wenn die Glocke nicht gar'grofs war, kränklich wer- 
den und .absterben. Wenn das Leben der Pflanze angegriflen 
oder zernichtet wird, mufs ja auch eine Eigenschaft desselben, 
die Reizbarkeit, aufhören. Dieses ‚geschieht dann ‚aber nur mit- 
telbar durch den Einflufs der Feuchtigkeit. Im 5. Exper. wa- 
ren auch die auf dem Wasser schwimmenden Blätter am 9, 
Tage reizbar, wie dies schon früher von Sigwart, Peschier 
und Du Fay beobachtet wurde. 

2. Betäubende Stoffe, z. B. Extr. Opiü. ag. von aufsen 
auf die Gelenke angewandt, vermindern, das, Bewegungs- 
Vermögen, ohne dieselben zu tödten ( Experim..2, 3,.5.). 
Später bekommen solche Gelenke dieses Vermögen wieder. 
Dafs die Verminderung desselben nicht von der Feuch- 
tigkeit abhängt, beweisen die gleichzeitigen ‚Experimente mit 
gewöhnlichem Wasser. Von dem narcotischen Stoff befreit, 
öffnen sich die Blättchen langsam, so dafs die Zellen an der 
Oberseite des Gelenkes sich nur langsam wieder mit Flüs- 
sigkeit zu füllen scheinen. Nachdem sie geöffnet sind, haben 
sie für einige Zeit die Reizbarkeit verloren. Das Oefinen und 
Schliefsen geschieht also nicht durch eine und dieselbe Kraft 
des Gewebes. Die Zellen haben jetzt die Contraetilität noch 
nicht zurückerhalten. Zusammenziehung wird also als eine 
active Function, die vermuthliche Ursache der Bewegung seyn. 

Es ist.bekannt, dafs der 'scharfsinnige Dutrochet*) be- 
wies, dafs in den Zellen der Gelenke der Sitz des Bewegungs- 
vermögens sei. Durch entgegengesetzte Action der beiden 
Gelenkflächen, durch Expansion oder. Contraction, erhebt oder 
senkt sich das Blatt. ‘Wenn eine ‚betäubende Materie diese 
Eigenschaft des Gewebes ausgelöscht hat, bleibt das Blatt un- 
beweglich in seiner gewöhnlichen Stellung. In unserm Exper. 
öffneten sich jedoch die Blättchen, die durch die Enge der 
Röhre zugefallen gewesen waren, nachdem sie aus der narco- 

‚ tischen Flüssigkeit herausgenommen waren. Dies geschah also 
durch eine gleichmäfsige Vertheilung der Säfte in der Ober- 
und Unterfläche des Gelenkes, welche natürlich durch mecha- 


*) Recherches anatomiques et physiologiques. Paris 1824. Vergl. 
auch schon Abr. Munting Waare oefening der Planten. S. 448. 


97 


nischen Druck gestört, war.; Durch Zusammenziehung einer 
der beiden Zellenlagen konnte dies nicht geschehen, weil deren 
‚Contractions-Vermögen jetzt ausgelöscht war, . 

Auch Hr. Dassen hat aus den von ihm mit glücklichem 
Erfolge wiederholten Experimenten des Hr. Dutrochet, den 
Schlufs gezogen, dafs die Bewegung. nicht dureh Contraction, 
sondern durch Expansion der, Zellen stattfinde, und. er glaubt 
selbst, ‚hierin ‚einen merkwürdigen Unterschied zwischen den 
Bewegungen der Pflanzen und Thiere gefunden zu ‚haben, da 
bei den letzteren die Bewegungen stets durch Contraction aus- 
geübt: werden *). Ich fürchte, dafs die Natur diese Hypothese 
nieht bestätigt. Wenn man nämlich nach: Dutrochet, , die 
Zellen an ‚der, Oberseite des Gelenkes wegschneidet, ‚so erhebt 
sich das Blatt und senkt sich nicht wieder;, wenn: man die 
unteren Zellen wegnimmt, so senkt sich das Blatt und. geht 
nieht wieder. in ‚die Höhe. _ Diese Beobachtung beweist, im 
Scheine ‚sehr wohl, dafs durch Expansion der oberen Seite 
des Gelenkes das Blatt sich senke, und. durch die der ‚unteren 
sich erhebe, und man wird hinzufügen, dafs, wenn das Blatt 
sich durch Contraction der unteren Seite senke, und durch die 
der oberen aufsteige, dies auch beim erwähnten Experimente 
stattfinden müsse, wenn auch die gegenüber stehenden Seiten 
weggeschnitten sind. Betrachtet man indessen den Bau des 
Gelenkes, so sieht man leicht, dafs die Zellen der beiden Sei- 
ten mit einander in viel engerer Verbindung stehen, als mit 
den angrenzenden Zellen des Stammes oder Blattstiels, wodurch 
die schon von anderen **) vorgebrachte Meinung, dafs die 
Bewegung: mit wechselseitiger Bewegung des Zellensaftes ‚der 
Gelenkseiten in Verbindung stehe, einige ‚Wahrscheinlichkeit 
erhält. Bei dem gewaltthätigen Einsehneiden. des Gelenkes, 
wodurch die, eine Hälfte weggenommen wird, ist nätürlicher 
Weise das Leben der anderen zu tief angegriffen, um ihre 
Function nach der, gewöhnlichen Weise ausüben zu können. 
Auch. bildet. nicht, jede Gelenkhälfte ein organisches ‚Ganzes 
und die Function der einen kann ‚ohne die andere nicht ‚statt- 


+) Am ahgeführten. Orte. 5.299, 300. 
*") Burnett und Majo (in Ferussac Bull. d. Sc. nat. XIV. 77 
und selbst Dutrochet (Journal de Pharmacie 1823. p. 322.) 


Y, Jahrg. 1, Band, 7 


98 


finden. Man findet Keine anatomische Grenze zwischen "beiden. 
Die bekannte Thatsache, dafs sich das Blatt durch Berührung 
der unteren Gelenkfläche senkt, ist sehr zu Gunsten meiner 
Meinung; denn es ist sehr ünwährscheinlich, dafs ein’auf die 
untere Seite angebrachter Reiz auf die obere seine Wirkung 
ausübe. Die Bewegung geschieht wie durch einen 'Stofs, wel- 
ches weit besser aus einer Contraction der untern Seite, "als 
aus einer Expansion der obern "erklärt wird. Wenn die Zellen 
dieser letzteren sich ausdehnen söllen,“ ‘so mufs dies doch von 
einer Anfüllung von Saft begleitet Werden; dieser mufs von 
den umliegenden Theilen dahin getrieben werden, und man 
müfste also auch in diesen einen gereiäten Zustand Annehmen. 
Betrachtet man die Sache näher, dann scheint im 'Gähzen die 
obere Seite des Gelenkes weit mehr passiv zu sein; man kann 
‚dieselbe ziemlich stark drücken, ehe eine Bewegung des Blatt- 
stiels folgt; dies findet erst dann statt, wenn der Druck 'sich 
der Unterseite mittheilt. Dürch keinerlei Reizung der Oberseite 
kann man das Blatt sich erheben lassen, wenn es sich gesenkt 
hat. Dazu bedarf es immer einer gewissen Zeit, und es ist 
sehr ersichtlich, dafs die Erhebung auf eine ganz andere Weise 
stattfindet, als die Senkung. Wenn die erwähnte Theorie währ 
wäre, so müfste das Blatt sogleich in die Höhe gehen, 'nach- 
dem die Oberseite des Gelenkes weggeschnitten ist, 'weil 'die 
Expaisionskraft der Unterseite danh die Oberhand hätte. Die 
Experimente des Hr. Dasseh streiten selbst gegen seine Mei- 
nung. Mit Recht bemerkt derselbe, dafs wenn nran die eine 
Seite des Gelenkes weßschneidet, die dndere dann mehr Kraft 
erhalte, w eil der Gegendruck aufgehört hat. »Ich habe, sagt 
derselbe, das Nierzu nölhige Experiment angestellt, und sah, dafs 
die scheinbar nöthige Folge nicht statt fand.” Denn wenn ich 
die Oberseite‘ wegschnitt, und das Blatt mit 9 Gran (welche 
ein nicht verwundetes Blatt leicht trägt) beschwerte, 'so ging 
dasselbe langsam und unregelmäfsig in die Höhe; blieb ‘dann 
während 2—3 Tagen in dieser Stellung, und ‘sank dann im 
erschlafftem Zustande *).« Ich sehe nun im dieser Erscheinling 
nichts anders, als dafs das durch das gewaltige Einschneiden 
gesenkte Blatt in die Höhe gehoben ward «durch den Saft, 


*)a.a O S,300. ‚ n 


99 


welcher ‘in: die unteren Zellen zurückkehrte. Bei der grofsen 
Wunde 'mufste diese.bald vertrocknen, ‚und 'das Blatt alsdann 
erschlafit niedersinken. 

Die in unserm 8- Exp. erwähnte Kraft, wodurch ein Blatt 
1 Gram trug, beweiset, dafs ein Druck, durch. das Blatt selbst 
auf die (Zellen des Gelenkes ausgeübt, wenig Einflufs 'auf ihre 
Gontraction hat, da ein viel’ schwächerer'Druck auf.das Gelenk 
von 'aufsen ausgeübt, hierzu viel: wirksamer ist. 

“Ich machte indie Oberseite des Gelenks einer im Treib- 
hause stehenden -Pflanze,,im September, einen Cirkelschnitt, 
bis’eben auf oder in die Holzlage des Stiels,; wobei ‚sich etwas 
Flüssigkeit entleerte; dabei senkte sich.das Blatt und schlossen 
sich die Blättchen; ‚nach 10Min.‘ waren die Blättchen wieder 
geöffnet, und der Stiel hätte ,sich zu einem rechten Winkel 
erlioben. ' Als ich nach einer halben Stunde das Gelenk unter- 
suchte, fand ich ‚dasselbe ohne alle Reizbarkeit, und'das Blatt 
erhob sich nicht höher. ‚Nach 2 Tagen fand ich das: Blatt 
wieder .in ‘seiner. natürlichen Richtung ‚zum Stamm, ih einem 
scharfen Winkel, das Gelenk war bei, Berührung von; unten 
reizbar, das Blatt senkte sich aber nicht tiefer als’ zu einem 
rechten. Winkel. — Von einem anderen Gelenke schnitt‘ ich 
die ganze Obersäite weg, ‚wobei sich ‚aus der äufseren grünen 
Zellenlage keine, ‚aus der’ innern viel Flüssigkeit entleerte; das 
Blatt senkte sich wie gewöhnlich; innerhalb einer Stunde erhob 
es sich wieder, aber die. Unterseite des Gelenkes ‘war. ohne 
Reizbarkeit. — Später fand ich dasselbe: vertrocknet. 

Sprechen''nun diese Resultate zu 'Gunsten der Hypothese, 
dafs durch -Anfüllung der: Oberseite des Gelenks das Blatt 
sinkt? —, Gewifs im! Scheine, '!denn: wenn. diese verwundet 
oder ganz weggenommen wird, senkte ‚das Blatt sich anfäng- 
lich nicht; jedoch später findet dieses wieder'statt, 
auch ohne die Function der Oberseite. 

"Wenn die‘ Bewegung durch Zusammenziehung der‘ untern 
Gelenkzellen stättfindet, .mußs (die darin. enthaltene. Flüssigkeit 
anderswohin getrieben: werden. Hierüber hat man viel. gestrit- 
ten. Hr. Dassen ‚glaubt, ‚dafs die. Flüssigkeit ‘aus dem Gelenke 
in den Stamm, nicht von ‚einer Gelenkseite indie andere über- 
gehe. »Er schnitt, zu beiden. Seiten. .des: Gelenks die Zellen- 
substanz ‘weg, so.dafs die. Communication der;zwei gegenüber- 
7* 


100 


stehenden "(der obern' und untern nämlich) unterbrochen 
war. Darauf folgte völlige Lähmung, welches jedoch auch 
durch den grofsen Saftverlust, welcher bei der Operation statt 
fand, ‘verursacht werden konnte; defshalb glaubte er, könne 
dieses Experiment’ nicht entscheiden, wefshalb er bei einigen 
andern Blättern mit einem kleinen Messer blofs einen ‚Längs- 
schnitt durch die beiden seitlichen Flächen des Gelenkes machte: 
Ebenso gut, wie im erwähnten Experimente, war hierdurch (die 
Communication zwischen der Ober- und Unterseite weggenonm- 
men, »doch nun war das Bewegungsvermögen auf 
keine Weise aufgehoben.« — Um endlich ein entscheiden- 
des Experiment für seine Hypothese zu bewerkstelligen, schnitt 
Hr. D. ein ganzes Blatt: mit‘'einem runden Stückchen‘ Rinde 
von dem Stamm ab, und als nun das Blatt durchaus sein Be- 
wegungsvermögen verloren hatte," zieht er: den Schlufs, dafs 
dies geschehe, weil jetzt der Zellensaft nicht'aus dem Gelenke 
in den Stamm und umgekehrt fliefsen könne. 

Solche gewaltsame Experimente beweisen zu viel. Kann 
denn’ uns ein rundherum verwundetes Gelenk, das viel: Saft 
verloren hat und vom Stamm getrennt ist, noch über 'seinen 
natürlichen Zustand belehren? 

Ich machte mit einer sehr dünnen Landette von oben in 
das Gelenk einen perpendiculären Längsschnitt, ganz ‚durch 
dasselbe hin, so dafs dasselbe von seinem Insertionspunkte: bis 
in den Stiel gespalten, und also alle.Communication.zwischen 
der linken und rechten Hälfte aufgehoben: war, .dahingegen 
zwischen der obern und untern Seite und. mit ‘der angrenzen- 
den Rinde bestehen blieb. Es entieerte sich. beinahe: keine 
Flüssigkeit. Einige Augenblicke nach dem Schnitt,- während 
dem das Blatt sich gesenkt hatte, schlossen sich dieFiederchen; 
von dem äufsern anfangend, alle ungefähr innerhalb 4 Min; 
Nach einer halben Stunde fingen sie‘an sich in entgegengesetz- 
ter Ordnung zu Öffnen, aber das Gelenk des nun aufgerichteten 
Blattes war ohne Reizbarkeit. Nach 3 Tagen hatte das Gelenk 
diese noch nicht zurückbekommen, aber‘ die ‚Blättchen: waren 
offen und reizbar. — Die gewöhaliche Lebensfunction des Blat- 
tes war also durch. diesen Schnitt‘ nicht gestört. ..: Wir lernen 
aber daraus,‘dafs'man aus dergleichen, durch Einschnitte künst- 
lich abgebrochenen (Communicationen nicht auf. die, Weise der 


101 


Saftbewegung |schliefsen' kann, denn‘ ob: wian \diesens aus der 
unterh in die obere‘Seite,.\oder ‘in (den, Stammzurückfliefsen 
läfst,; hätte in«beiden. Fällen das Beweguiigsverniögent bei un- 
sermExperim. nicht gestört‘ werden müssen, «welches «nicht ge- 
schah. | Die Wunde‘ oderı.der Saftverlust ‚oder ‚beide: zugleich 
zernichteten \also: das) Gonträctionsverwögen.der.:Gelenkzellei. 
#9>= Fehr thatınumsansjeinem) Anderen Gelenke. einen :älinlichen 
Schnitt, jedoch in horizontaler Richtung, so dafs die, Gommut 
nieation zwischen der Ober- ünd Unterseite aufhörte. Auch 
hierbei 'ward wenig) Flüssigkeit ‚entleert, Das Blätt,senkte sich, 
und;hatte seine Reizbarkeit, verloren, die;jedoch in dem,Blätt- 
ehenblieb., — Ichi,habe; ‚diese ‚Experimente, bi und. stets. u 
demselben, Erfolge wiederholt... hi 
5), Berner. machte ich-um,den Tugertnnepunhk eines. Blatistiels 
einen! kreisförmigen.Schnitt, in, die Rinde ‚bis, anf dası Holz,ıwo= 
hei ‚sieh! vier, Tropfen veiner ‚bleigbgrünen Klüssigkeit entleerten, 
welche ‚nach‘ einigen Augenblicken weifs- schaumartig ‚wurden, 
Das Blatt \senkte sich während ‚der Operation, ‚und. die. Fieder; 
chen.‚schlossen.sich;, jedoch nach ‚einigen Minuten öffneten ‚sich 
diese,wieder und waren reizbar., Das Stielgelenk war jedoch 
gelähmt,, aber, nach 10 Minuten war es wieder jeinigermafsen 
reizbar;,;.der Stiel hatte, siehs etwas erhoben, <und.,senkte sich 
bei. Berührung des:Gelenkes von unten. ‚Nach, drei Tagen fand 
ich\.das ‚Blatt, in,‚rechtwinkeliger, ‚Richtung, ; nicht‘, mehr. reizhar 
und.die.Blättchen vertrocknet,‘; Die, Wunde ‚hatte ‚also, die ‚Er- 
nährung ‚gestört, und. dadurch den Tod herbeigeführt, womit 
auch die Reizbarkeit verloren ging. Wenn man hieraus schliefst, 
dafs die Bewegungskraft aufhörte, weil der Saft nicht aus dem 
Stamm in das Gelenk zurückfliefsen Ba, so VORAN 
man das: postıhoc nit dem: propter\ hoc... 1.9 
Der Begriff einer Contractilität pafst weit; heisspo! ‚zu den 
Eigenschaften: des: Pllanzengewebes, als der einer Expansions- 
kraft.) Die-Eigenschaft, welche dem Pflanzengewebe im Allge- 
meinenvangeliönt, ist: in den!Gelenkzellen der Mimosa in. einem 
erhöheten und: modifieirten Maafse vorhanden, so: dafs, hier‘ .die 
Zellen sich auf äufsere Reize zusammenziehen. Hugo Mohl 
erkannte in neuerer Zeit eine kaum bemerkbare Reizbarkeit, im 
den Blättern von Robinia Pseudacacia, viscosa und hispida, 
welche sich>dureh Schütteln: sehliefsen;. er. glaubt, .‚dafs\.soleh 


102 


eine Reizbarkeit allgemeiner»in den Pflanzenzellemvorkomme 
als \man ‚früher 'geglaubtl'habe (Bot.. Zeitung: 4832. H. 497— 
503). De,Candolle'sagt, wie ich''glaube,»ganz mit,Recht! 
„nous considerons‘ces' phenomenes‘eommeidessicas: d’exci- 
tabilite: poussce au plushaut degr&A« Phys: vegill. .867;) 
Beim Einschheiden" in 'die"saftreiche Rinde: /der-Mimosal fliefst 
aucdh''eile (grofse’Mehge 7 Saftes;. mitieinem; gewissen 
a 1,08 „Burdaisl solsiaostmad id hat Aiudor 
wi, ul al Es ah era oem 
Aus eitien 'EXperitiienten 'mie'den 'Gimen &rgiebtsich) 
dafs diese Oonträetilität durch’ narcotische‘ Stoffe, als Extr! 
Opii kusgelöscht wird, 'das!Leben jedöch' dadurch nicht ferner 
leidet, wenn die Einwirkung > 'Giftes nicht zu länge fortge- 
setzt wird. "Später" kehrt’ die! Conträctilität "zurück. "" Andere 
Stöffe Töschen zugleich‘ mit der’ Cönträctilitätatich "das! mei. 
ats) als" 41g. Era "Gallärum hnd''Cämpher 
EN 24,5, 77° ielleicht: greifen einige‘ derselben 
ebenfalls erst 'die"Reizbarkeit an." Durch Hcetas Plumbi ver- 
schwindet diese vielleicht "bloß in Folge‘ der’ allgemeinenbe: 
bensäffeetiom "= Auch Harcot. "Stoffe, lange Zeit hinter’ einan- 
der atigewändt/scheineh den Tod herbeizuführen, (Exper. 5.) 
Aus 'dem”9.- Exp. endlich” FEht hervor, was” sich" auch 
scho bei andeten’Untersüchungen ergeben hatte,’ dafs ein hard 
cötischer Stoß '2.B: Be. Hyoscyamı,'v wenn‘! ez grofser 
weder atıf' die 'Reizbarkeit , noch auf die "Vebenskraft im von 

BEnehEH, einige ae Wirkung ‚ausübe. SIE N 
Hör 3 mas sib Nah 

11924 erben InsIst) ti ' 
Das 6. ech führt’ zur FREE der E arspf lan- 

—. \der-Reizes in re) cl 

" Man‘ weifs, "dafs re alsı Gcifänckeren der Reize 
Pr \Holzfasern und“Gefäfse'(®) 'betrachtet,"insbesondere jedoch 
den darin’ enthaltenen ‘Saft Dr. /Dassenbemühete.sich'dar- 
zuthtm, dafs nicht" dieser Saft, sonderndie Fasersubstanz'selbst 
die Reize leite, "Zu dem’ Zwecke 'schnitter'von einem langen 
dicken Zweige’ die Rinde in ‘0,1 Meter'Länge' weg, und prefste 
nun‘ das Holzsystem mit aller Kraft'zwischen‘ zwei hölzernen 
Pflöckchen, ‚so dafs dasselbe von allem Safte: |beraubt ward.“ 


103 


Danach lies er ‚den Zweig, einige, Minuten. liegen, während 
wi cher Zeit die Blättchen sich einiger Maafsen öffneten; dann 
brachte er das, Ende des ausgeprefsten, Zweigesi in eine Flamme, 
wobei sogleich eiue neue Zusammenziehung folgte, „woraus 
also hervorgeht, dafs keinesweges der Saft, sondern, das Holz- 
system selbst die Reize leiten.“ *) 

Wiewohl ich die Wahrheit. des Resultats wicht bezweifle, 
glaube, ich gegen die Schlufsfolge bemerken zu müfsen; 1. dafs 
durch derartiges Zusammendrücken das Holz durchaus ‚nicht 
trocken wird, da es erwiesen, ist, dafs man durch weit kräfti- 
gere Operationen ‚diese, ‚Substanz nicht von allem Wasser be- 
freien kann, Rumford konnte kein Holz durchaus trocken 
machen. — 2. da Hr. Dassen das Praeparat einige. ‚Zeit, lie- 
gen. liefs, mufste dasselbe sowohl aus der Luft als aus seinem 
übrigen nicht geprefsten Theile, wieder Wasser anziehen. 8. 
kann man aus, einem derartig gequetschten und gedrückten 
Pflanzentheile nichts a Leitungsfähigkeit für 
Reize bestimmen. 

Ich glaube en dafs blofs die von dem in die Flamme 
gehaltenen Ende geleitete Wärme hier als ‚Ursache zu betrach- 
ten ist, denn man weils nach, den Untersuchungen von, Alph. 
De Candolle und de la Riv ©, wie leicht und schnell die 
Holzfaser der Länge, nach die ‚Wärme leitet. Die darin ent- 
haltene Feuchtigkeit wird, wenn „das ‚untere Ende erwärmt 
wird, ‚nach oben getrieben, wodurch, so wie durch die,mit hin- 
aufsteigende Wärme, ‚ein gewaltiger Reiz.auf die Blätter aus- 
geübt, wird, Wenn man, ein ganz trockenes Stück Holz mit 
dem einen. Ende, auf's Feuer legt, ‚so. wird bald aus dem ‚an- 
deren der heifse W asserdampf herausgetrieben, und. wer würde 
nun daraus: beweisen wollen, dafs die todten Holzfasern, das 
Wasser nach. oben treiben? — Dr. Dassen giebt auch nicht 
an, in wie weit die strablende Wärme auf die Blätter kann 


gewirkt haben. **) 


*). Am ‚angel, Orte S. 310. 

**) Dafs, wenn Hr. D. (a. a. O. S. 311.) blofs den Rinden- und 
Marktheil in die Flamme hielt, die Contraction nicht erfolgte, be- 
weist nur, dafs diese aus viel mehr isolirten Thheilen bestehenden 
Gewebe die Wärme und, Flüssigkeit nicht so leicht ‚bis nach oben 
durchlassen. 


mi 

[ch mächte in der Mitte eines Pe Shi den ich von 
ünten ‚mit einem Finger stützte, sehr orsichtig und ohne das 
Blatt zu schütteln, einen Stich mit einer Lanzette, gahz durch 
den. Stie] hindurch, drehte dann die Lanzette und übte dadurch 
einen starken Reiz auf das Holzsystem des Blattes aus, be- 
merkte jedoch weder in den Blättchen noch in dem Gelenke 
einige, Bewegung. Oft habe ich dieses Experiment ‚mit stets 
gleichem Erfelg wiederholt. Blofs nach einigen Stunden fand 
ich die Blättchen weniger reizbar, welches man "einfach aus 
dem eingetretenen Saftmangel Srläirät Kari‘ ra 

In wie fern von aufsen angewandte Wärme zur Contra- 
etion reizen kann, geht aus dem folgenden Experimente her- 
vor. .*) Wenn man einen heifsen Körper, 2. B. die Außenseite 
einer brennenden Pfeife leise einen Augenblick an ‘ein Blätt 
chen hält, und dann zurückzieht, so Schliefsen sich" lach 'ei- 
nigen Small die Blättchen dieses Fiederchen, von oben an- 
kalgehd paarweise, oder erst an der einen, dann an der ände- 
ren Seite sehr schnell; dann, oder schon während des Schlies- 
sens dieser Blättchen, senkt sich ‘der Blattstie, und nun 
schliefsen sich auch die übrigen Fiederchen, mit dem anfan- 
gend, welches dem schon geschlossenen am nächsten steht. 
Bei genauer Beobachtung kann man sich überzeugen, dafs ein 
kleiner Zeitraum (von 1-2 See.) nöthig ist, ehe der Reiz 
sich von dem einen Fjederchen auf das andere oder auf den 
Blattstiel überpflanzt.' Alles Täuft ungefähr in 40 Sec.“äb. "Ich 
machte dieses Experiment bei 78° F. und’hellem Wetter, wie- 
derhölte dasselbe oft und stets mit demselben Erfolg.‘ "Es ist 
nicht einmal nöthig, dafs der heifse Körper das Blättchen be- 
rühre, Auf einem kleinen Abstande daran gehalten, sieht man 
dieselbe Erscheinung, also in Folge der strahlenden Wärme, 
Nach einiger Zeit öffnen sich die Blättchen wieder, erst das, 
welches sich zuletzt geschlossen hät, dann erhebt sich der 
Blattstiel und danach öffnen sich die übrigen. Diefs' geschah 
jedoch nicht immer so regelmäfsig. 4 

Diese Art der Reizverbreitung ist nicht unwichtig, jedoch 


*) Dafs auch die Kälte, also. eigentlich jede plötzliche Tempera- 
turveränderiig dieses bewirken Kann, Kieht man beim Oeffnen eines 
Treibhauses oder Backes, worin Mimosapflanzen stehen. 


105 


ne TEE. re 


frägt sich, ob das Schliefsen des der Wärme ausgesetzten Blätt- 
chens, die Ursache des Schliefsens der übrigen und des Sen- 
kens des Blattstiels sei, oder ob diefs alles durch den Reiz 
der Wärme statt finde. Wenn man bedenkt, dafs man durch 
mechanischen Reiz einzelne Blättchen schliefsen kann, ohne 
dafs die übrigen sich schliefsen, so möchte die letztere Erklä- 
rung die wahrscheinlichste sein. Dafs die von dem heifsen 
Körper:'am' weitesten 'entfernten Blättchen sich: zuexst» wieder 
öffnen, obschon sie sich am letzten geschlossen hatten, spricht 
auch für diese Meinung; sie waren die am wenigsten gereizten 
und kehren darum am schnellstem zum normalen Zustand zu- 
rück. — Das Fiederchen, welches sich zuerst schliefst, steht 
durch die Continuität der Fasern in näherer Verbindung mit 
dem Blattstiel als mit den übrigen, Fiederchen;, deshalb, senkt 
sich vielleicht der Blattstiel gleich nach dem Schliefsen dieses 
Fiederchen. In diesem Blattstiel findet nun ein sowohl in dyr 
namischer als phiysischer"Hinsicht verätiderter Zustand 'Statt, 
und dä aus diesem ‚Stiel’auch die Fasern'der'übrigen' Feder: 
chen entspringen, schliefsen sieh deren Blättchen'' vielleicht in 
Folge jenes veränderten Zustandes.: Vielleicht trägt auch = 
mechanische Bewegung des Stiels hierzu bei. 

Die Erscheinung, welche im: 6. Experimente’ über die Wir: 
kung der Schwefelsäure erwähnt wurde, kann! hiermit‘ vergli- 
chen werden. Der lange Zeitraum jedoch zwischen ‘der Anwen- 
dung derselben und dem Schliefsen der Blättehen’macht es wahr- 
scheiniich, dafs die chemische Störung des Gewebes als Ursache 
wirkte. Es ist bemerkenswerth dafs der Blattstiel sich nicht 
senkte. — Eine ähnliche Erscheinung erzählt De Candolle 
von Ac. nitricum (Phys. veg. II. 866). Zerstören vielleicht 
diese Säuren erst das Zellgewebe und: bewirken 'sie vielleicht 
erst dann, wenn sie in die Höhlungen der Gefäfse gelangt sind, 
die Zusammenziehung, entweder durch erhöhte Wärme oder 
durch Gasentwickelung? Doch ich will das gefährliche Feld 
der Hypothesen hier verlassen, „nous n’observons que depuis 
une heure, et nous oserions proroncer sur les vcies de 
la nature!“ Bonnet. 

Rotterdam 1838. 


" Mönograph ef Nord American Cyperacene 
Js bnnseun, i1101 Pr a 


Innals of the L J Lyceum, en Kar hist, of Newyork. Vol. IH, 2 
1836, ‚No. 8—44. Veu-York 1836, 8. p. 239-448. read. 8 Aug. 1836. 


ni Ida io m i u | BL? zZ 
D. Verf., ‚durch ea die Flora der vereinigten Staaten 
erläuternde ‚Schriften, vortheilhaft bekammt, giebt‘,in..dem vor- 
liegenden. Hefte‘ .‚eine Monographie ‚der Nordamerikanischen 
Cyperaceen ‘(read 8, dug.). Er, folgt: im. Allgemeinen. der 
Anordnung von Nees v.Esenbeck; ‚doch nicht ohne einige Mo- 
dihcatiönen 'und.Vierbesserungen. Die. zahlreichen. Gattungen 
werden indessen.beibehalten und. es tritt,eineneue zu den ‚Rhyn:+ 
chosporeen gehörige ‚Gattung, Psilocarya, ‚mit 3. Arten, und 
ziemlich ausgezeichnet, 'noch hinzu,‘ Die‘ Zahl ‚der aufgeführ- 
ten. Arten ‚beträgt 326 und ‚es sind\.dieselben auf einer Tabelle 
ihrer Verbreitung‘ nach, zusammengestellt. - Ausschliefslich dem 
Gebiete sangehörig sind deren 252; auch in Ostindien gefunden 
5; in!Europa' vorkominend 64! — Das Material zu der Ar- 
beit, grofsentheils 'aus! Europa, besonders ‘durch ‚Hooker..dem 
Verf. 'zugetheilt, ' ist ‚bedeutend ‚und die Kritik. durch, Verglei- 
chung einer’ grofsen. Anzahl von ‚Originalexemplaren. ‚nicht We- 
niger ‘als; durch sehr vollständige Benutzung der Literatur und 
genaue Untersuchungen wichtig und schätzenswerth. Die Ver- 
gleichung ‘mit  Kuntl’s allgemeiner Monographie der. ‚‚Cype- 
raceen vom Jahre 1837 wird nothwendig. und lehrreich, sein. 
In der Stellung mancher Gattung sind die'Verf. verschiedener 
Ansicht. So steht z. B. Dulichium bei Torrey unter den 
Cypereen. Von den Gattungen Rhynchospora und Carex 


en 


107 


sind hier nur. Revisionen gegeben. und es. ist bei ersterer ‚auf 
A. Gray’s ‚Monographie, in..denselben Annals;\ bei letzterer 
auf.die vom Verf. mit ‚v. Schweinitz..an.'demselben, Orte .ge- 
gebene Arbeit: und. ‚auf Dewey’s Erläuterung der: Nordameri- 
kanischen ‚Riedgräser in. Sillimans: american Journal ver- 
wiesen. — Jedenfalls gehört Hrn... Torrey’s, Abhandlung zu den 
wichtigsten Beiträgen, welche die nordamerikanische Elora,.in 
dem. letzten Jahrzehend erhalten. hat« 


7 


„Boologische- Notizen, 


Ina m 4 sid 


) Lange Lebensdauer der Spormatozocn bi Vespa. 


sun f benbadhtet von 


C. „Th. vw. Siebord. 


Hishr 
Icn fand am Sten ehe d. 1 drei ie Le der 
Vespa rufa Lin. unter Moos eines Fichtenwaldes. Ich zer- 
gliederte sie, besonders um das receptaculum seminis zu un- 
tersuchen und machte bei dieser Gelegenheit folgende zwei 
Beobachtungen. Das receptaculum, seminis. besteht aus einer 
eiförmigen capsula seminis und einer, einen einfachen Blind- 
darm darstellenden glandula appendicularis (S. Müllers Ar- 
chiv 4837). Die TEN welche von einem halb drüsen- 
artigen, halb muskelartigen Hofe umgeben ist, mündet mit 'ei- 
nem: kurzen engen ‚Kanale dicht unter: der, Vereinigung ‚der 
beiden..Eierstocks-Trompeten' in den gemeinschaftlichen. Eier- 
gang. (vagina) ein. An dieser Samenkapsel bemerkte ich ‚nun 
erstens deutliche, peristaltische Bewegungen, ‚wodurch der. aus 
ihr hervorschimmmernde Inhalt bald nach dem Grunde, bald nach 
dem: Haälse der Kapsel hingedrängt wurde, Zweitens erkannte 
ich bei:näherer Untersuchung und zu meinem gröfsten Erstau- 
nen, dafs der Inhalt dieser Kapsel (bei allen drei Wespen): in 
nichts anderem bestand, als in einem'dichten Haufen: lebhafter 
haar-förmiger Spermatozoen, welche ; fast \.die, ganze: Kapsel 


108 


äusfüllten. Die Eierstöcke der drei Wespen 'waren sehr we- 
nig 'entwickelt. Diese Spermatozoen können doch ‘nicht an- 
ders als durch die letzte Begattung, welche. spätestens im ver- 
gangenen Herbste statt gefunden haben kann, in das recepta- 
culum' seminis gelangt sein. ‘Es beweist diese‘ Beobachtung, 
wie lange die 'Spermatozoen- in dem Receptaculum- seminis 
der Insekten’ unversehrt aufbewahrt‘ 'werden können.» Sollten 
dieselben nicht auch eben so lange befruchtungsfähig bleiben 
können? Wäre es dann nicht möglich, dafs diese Wespen, 
wenn sie im Frühlinge aus dem Winterschlafe erwacht wären 
und keine Männchen zur neuen Begattung vorgefunden hät- 
ten, dennoch befruchtete Eier hätten legen können, indem die 
peristaltischen Bewegungen der Samenkapsel den Inhalt der- 
selben über die durch die Scheide hindurchgleitenden Eier er- 
gossen hätten? Die Beantwortung dieser Frage mag der Unbe- 
fangene aus ‚der.bekannten Erfahrung, entnehmen,, dafs nur 
allein die Wespenweibchen überwintern und dafs sie erst im 
Spätsommer aus ihrer im Frühjahre‘ gelegten Brut männliche 
Wespen hervorzubringen im Stande sind. (S. Kirby und Spence. 
Einleitung in d. Entomol. Bd. II. p. 129.) 


i 


nl 
2) Noch eine Mittheilung über die Verbiälinngsl 
Art des Mytilus polymorphus Pall. 


Herr J. E.' Gray schreibt mir in Bezug 'auf meinen Auf- 
satz in Jahrg. 4. 1.'S. 342. „Ich lese im 4. Hefte Ihres Ar- 
chivs einige Bemerkungen über Tichogonia. “Bei uns findet 
sich diese Muschel an baltischem Bauholze und auf Anodonta 
ponderosa.' Ich hielt dafür, sie wäre im Schiffsraume anıje- 
nem’ Bauholz herübergebracht, weil ich glaubte, dafs sie im 
Salzwasser nicht leben könne; denn bei uns trifft man sie nie 
innerhalb des Bereiches des Brackwassers. In dieser Meinung 
bin ich noch dadurch bestärkt, dafs einer meiner Freunde ei- 
nige dieser Muscheln an baltischem Holze festge- 
heftet fand, während dieses noch, bevor es ausgela- 
den, imRaume des Schiffes enthalten war. Dafs Dr. Mül- 


ee ei ee EEE 


109 


ler sie in Salzwasser gefanden, würde.die Schwierigkeit, welche 
der Theorie des Hrn, Lyell entgegensteht entfernen, doch wäre 
es ein seltsames physiologisches Factum, wenn es dieses Thier 
ertragen könnte, aus süfsem Wasser durch die See hindurch- 
geführt zu werden und dann sein übriges Leben hindurch im 
süfsen Wasser zu bleiben. *) 


3) Mittel gegen die Brunstwuth der Elephanten. 


(Aus der Wiener Zeitung.) 


Der in Berliner Blättern vom 13ten d. M. enthaltene Be- 
richt über das tragische Ende**) des Elephanten des Hrn. 
Tourniaire macht es sicher wünschenswerth, ein Mittel zu ken- 
nen zur Verhütung ähnlichen Unglücks, welches sich schon 
so oft in Europa ereignet hat. Der Zustand des Elephanten, 
welcher ihn zur Wuth reitzt, heifst bei den Indiern Mosti, 
wörtlich: berauscht, durch Brunst oder geistige Getränke, und 
wenn der Mahaut (Elephantenführer) die Symptome des Mosti- 
Werdens bemerkt, so hat er ein unfehlbares Mittel, das ihm 
anvertraute Thier augenblicklich zu seiner Kaltblütigkeit zu- 
rückzubringen. Er stellt ihm nähmlich ein Gefäfs mit drei 
Sier (ein Sier ist etwas mehr als ein Pfund) flüssiger Butter, 
Ghie genannt, vor, welche der Elephant verschluckt und wie- 


*) Wenn es durch die oben erzählte Beobachtung festgestellt 
ist, auf welche Weise die Muschel nach England gelangt, bedarf es 
wohl der Theorie des Hrn. Lyell weiter nicht, um ihre Ueber- 
siedlung dahin zu erklären. Dafs übrigens der Mytilus polymor- 
phus im kaspischen Meere, also auch im Salzwasser vorkommt, er- 
giebt sich aus dem Aufsatze des Hr. Eichwald im vorigen Jahrg. 
LS. 108. Freilich hat Hr. Cantraine (Ann. d, Scienc. nat. VI. p. 
304.) Zweifel erhoben über die specifische Identität der von Pallas 
im kaspischen Meer und in der Wolga beobachteten Myzil. Hoffent- 
lich wird aber Hr. Staatsrath Eichwald als Augenzeuge diese Zweifel 
beseitigen können, 


") Er wurde mit Blausäure vergiftet. 


110 


der zur. Besinnung ’'kommt.' -Wennnibei' grofsen Festen’ Ele- 
phanten mit«Branntwein. berauscht werden, um gegen ‚einander 
zu kämpfen, so ‚werden:sie durch: dasselbe Mittel. ‚nüchtern, ge- 
macht, sobald man es wünscht. Ghie hat übrigens, dieselbe Wir- 
kung auf, Dromedare und Kameele, die, wenn sie, Mosti sind, 
nur im langsamen Schritte von der. Stelle ‚zu bringen..sind, 
und oft liegen bleiben. Eine Portion Ghic, welche ihnen ein- 
gegossen wird, bringt sie binnen Kurzem wieder in ihren ge- 


wöhnlichen Zustand zurück. 
Carl Freiherr v. Hügel. 


‘ 


‚4) Begattung des Elephanten 
Notiz vom Herausgeber. 


In Schreber’s Säugethieren, fortgesetzt von J. A. Wagner, 
6. Theil S. 234 heifst es: „Nach den Beobachtungen in der Pari- 
ser Menagerie ist das vorzüglichste Zeichen der Hitze des Weib- 
chens eine sonderbare Platzveränderung der Schaamöffnung. 
Im gewöhnlichen Zustande ist diese Stelle mehr gegen den 
Nabel vorgerückt und der Urin wird vorwärts gespritzt; aber 
zur Brunstzeit rückt sie nach und nach hinterwärts und schleu- 
dert auch den Urin dahin. Hiedurch wird dem Männchen das 
Belegen leichter gemacht, und das Weibchen braucht sich also 
nicht auf den Rücken zu legen, wie man glaubte. Die Schaam- 
lippen sind zu dieser Zeit auch sehr lang und klaffend.“ u.s. w. 
Ich will keinesweges es in Zweifel ziehen, dafs die Pariser 
Naturforscher diese Beobachtung selbständig gemacht haben; 
allein sie ist bereits von Aristoteles gemacht und von diesem 
fast mit denselben Worten, Hist. Anim. 1. 3. 4. ed,Schneid. 
mitgetheilt.. „Beim Weibchen, sagt er, liegt die Schaamöffnung 
an derselben Stelle, wo beim Schaafe die Zitzen. © Wenn 
sie sich aber begatten, zieht sie sich nach oben, und wendet 
sich nach aufsen, so dafs dem Männchen das Bespringen leich- 
ter wird. Auch klaflt die Schaamöflinung gar sehr.“ (H.de n- 
Acıa vo aldoiov &yeı 2v Ti Tonw, 00 T& ovdara T@v Qo- 
Barwv Eoriv: öray 0° oyeiwrrar, avacmk Av. a@bı ERTGENEL 


41 
006 zöv 2 Tonov, Üore Gedten ever 70% add Ti ö 
yelav. Avsböoye 0° Emieixüg Erınold TO &idoror.) Auch 
wufste Aristoteles schon, wie" auch Hr. Prof. A. Wagner an- 
führt, (a. a. O. S. 250), dafs das Männchen in der Begattung 
das Weibchen besteigt."(Hist. Anim. P/, 2.4. ed. Schneid.) 
’Oysderar de 7 ev Inhsıa ovYzadıElca zul diaßawovod,'ö 
Ö Abßnv Enavapßaiviov Oysveı: Das Weibchen wird besprun- 
gen, indem es sich herunterläfst und die Beine von einahder 
spreizt; das Männchen aber bespringt aufsteigend. — Auch’ dafs 
der Begattungsact nur kurze Zeit dauert, wufste Aristoteles 
und leitet es von der innerlichen Lage abt Hoden ab. & 


20.1.3. 4) 


wg 


5) Abwtechendd Form der Blutkörperchen und 
Blutlauf bei Lämopoden. 


Vom Benipeaeber. 


Während bei den Evertehraten die Form der Blutkörper- 
chen rundlich ist oder sich doch mehr oder weniger der rund- 
lichen nähert, und sie auch so bei anderen Crustaceen ange- - 
troffen wird, fand ich sie von sehr abweichender Gestalt bei 
einer kleinen Leptomera des Skageraks, die ich leider nicht 
näher bestimmen kann, weil die von mir mitgebrachten Exem- 
plare zu Grunde gegangen sind. Die Blutkörperchen waren 
nämlich hier von länglicher Gestalt, an beiden Enden verdünnt, 
spindelförmig. Sie liefsen sich etwa der bekannten Form ei- 
ner Navicula vergleichen. Den Blutlauf sieht man besonders 
deutlich in den grofsen Scheerenfüfsen. Man erblickt hier, 
wie in den übrigen Gliedmafsen, zwei lebhafte Ströme, den 
einen arteriellen, absteigenden, an der Hinterseiteder Fußsglie- 
der, den andern aufsteigenden, an deren Vorderseite. Jeder 
derselben geht durch alle Glieder hindurch, indem am Ende 
des Fufses der absteigende in den aufsteigenden umbiegt. So- 
weit ich mich erinnere, verhielt es sich ebenso in den Kie- 
menanhängen; wenigstens war die in ihnen sichtbare Strömung 


112 


chenfalls nur vein Kuh der..grofsen Blutbahn, «Die wenig 
durchsichtigen Integumente, das triibe, Wetter und das baldige 
Absterben ‚des, Thiers gestatteten keine genaue Ermittelung -der 
Struktur des Herzens oder, Rückengefäfses. Die abwechselnde 
Contraction, welche es an seinem. hinteren Theile in dessen 
einzelnen Partien. zeigte, liefs indessen auf eine Scheidung ver- 
schiedener Kammern. schliefsen, In‘ seinem vordern engern 
Theile, der Aorte, zeigte es eine mehr pulsirende Bewegung. 
Ueber, dein Rückengefäfse bemerkt man eine hin und hertrei- 
bende "Bewegung der Blutkörperchen, wie man sie auch z. B. 
bei Branchipus an, den Stellen wahrnimmt, wo sich die seit- 
lichen venösen Oeffinungen des Herzens befinden, Ob jene sta- 
guirende Bewegung im Innern der Körperhöhle oder in einem 
venösen Sinus statt hatte, liefsen mich die bereits angegebe- 
nen Hindernisse nicht mit Sicherheit erkennen; doch vermuthe 
ich das erstere. Den Anwohnern der See wird es ein Leich- 
tes sein, an jüngeren durchsichtigeren Lämopoden hierüber 
völlige Aufklärung zu verschaffen. 


Einige zoologische Notizen 
von 


Dr. A. Philippi. 


Hierzu Tafel IH und IV. 


4. Zwei neue Arten von Euplocamus. 


Zi dem von mir aufgestellten Genus Euplocamus, welches 
in der Mitte zwischen Doris und Tritonia steht, und von 
welchem mir nur 2 Arten E. croceus aus dem Sicilischen 
Meere und E. claviger (Doris clavigera O. F. Müller) be- 
kannt waren, kommen noch zwei Arten, die im Neapolitani- 
schen Meere sehr selten zu sein scheinen. Sie sind eine Ent- 
deckung des Herrn Arcangelo Scacchi, der die hiesigen Con- 
chylien am gründlichsten kennt und durch mehrere, wie es 
scheint im Ausland gar nicht bekannt gewordene Arbeiten*) 
über diesen Gegenstand, der Wissenschaft nicht unwesentliche 
Dienste geleistet hat. Da er seit einiger‘ Zeit seine Kräfte 
ausschliefslich dem Studium der Mineralogie gewidmet hat, so 
hat er mir erlaubt seine Entdeckungen dem Publikum mitzu- 
theilen, und ich mache mit gegenwärtigen den Anfang, indem 
ich bemerke, dafs er mir zu dem Ende nicht nur seine nach 
dem Leben gemachten Zeichnungen, sondern die Thiere selbst 
in Spiritus zur Benutzung gütigst zugestellt hat. Die eine 
Art nenne ich; 


*) Lettero di Arcangelo Scacchi su vari testacei napoletani al 
Signor D. Carlo Tarentino. Napoli 1832. — Osservazioni xoologiche 
di A. Scaccht Napoli 1833. — Notizie intorno all e Conchiglie ed a 
zoofiti fossili che si trovano nelle vicinanze di Gravina in Puglia di 
Arcangelo Scacchi. Articolo estratto del XII u XII fascicolo degli 
annali civili. Napoli 1836. — Catalogus Conchyliorum Regni Nea- 
politani quae usque adhuc reperit A. Scacchi. Neuyoli 1836. 

V. Jahrg. 1, Band. 8 


114 


Euplocamus frondosus; corpore croceo, verrucu- 
loso, branchüs analibus 5, bipinnatis, lateralibus utringue 
6, anticisque 4, arborescenti divisis. Das in Spiritus auf- 
bewahrte Exemplar ist sehr stark contrahirt; seine Länge be- 
trägt 13”, seine Breite 8”, seine Dicke 6”; es ist ganz farb- 
los und zeigt nur.kleine grauliche aus zusammengeflossenen 
Punkten entstandene Flecke. Die Zeichnung stellt ein 28” 
langes und 14” breites Thier vor, vorn grad abgestutzt, nach 
hinten verschmälert und ziemlich spitz zulaufend. Uebrigens 
ist das Thier ziemlich vierkantig, die oberen Seitenkanten ver- 
einigen sich hinten vor der Spitze, indem sie zugleich an Deut- 
lichkeit verlieren, und tragen jede 6 Branchien. Die vor- 
dere und obere Kaute trägt deren vier, die etwas kleiner sind 
als die Seitenbranchien, ihnen aber sonst vollkommen gleich 
kommen. Beide sind nämlich "baumartig  verästelt, Die Af- 
terkiemen liegen ziemlich"in derselben Linie mit den vor- 
letzten Seitenkiemen, sind fünf an der Zahl; die unpaare nach 
vorn ‚gekehrt und zweimal gefiedert. ‘Sie scheinen nicht re- 
traktil. Der After steht unmittelbar hinter ihnen in Gestalt 
einer kleinen Röhre. Das Maul liegt auf der vordern Seite 
nach unten und zeigt bei dem Spiritusexemplar eine senkrechte 
Spalte mit vielen Querrunzeln. Vor demselben liegt jeder- 
seits eine ovale Hautfalte etwas davon entfernt, die im Zustand 
der Expansion mäfsig lange untere Tentakeln bilden müssen. 
Die obern Fühler sind auf der Zeichnung 5" lang, und be- 
stehen wie bei Doris aus einem cylindrischen Stiel und einer 
spitzen blättrigen Keule; auch ziehen sie sich ebenso in Gru- 
ben zurück, wie das Spiritusexemplar beweist, wo an. ihrer 
Stelle nur zwei gekerbte Oefinungen zu sehen sind. Die Ge- 
schlechtsöffnung ist'an der rechten Seite etwas vor der 
dritten Kieme, Die Farbe ist pomeranzengelb mit einzelnen 
scharlachrothen Punkten. Die kleinen Warzen, welche die 
Zeichnung angiebt, lassen sich an dem im Weingeist aufbe- 
wahrten Exemplar nicht erkennen. — Euplocamus croceus 
kommt durch seine Färbung und andere Merkmale gegenwär- 
tiger Art nahe, unterscheidet sich aber sicher 1) durch gerin- 
gere Gröfse und namentlich weit geringere Breite; 2) indem 
die Seitenkiemen verhältnifsmäfsig weit länger und nur einmal 
verästelt sind, 3) die: Afterkiemen sind beinahe: einfach und 


115 


nur gegen das keulenförmige Ende mit ein paar kurzen Fi- 
den besetzt. — Siehe Taf. II. fig. 1. 

Euplocamus cirriger; sordide roseus, branchiüs 
lateralibus utringue 5, antieisque.4, filiformibus, branchüs 
analibus 9, filiformibus ciliatis, branchüs? succedaneis fli- 
formibus in dorso quingue. Das, wie es scheint, nur wenig 
eontrahirte Spiritusexemplar mifst 8” in der Länge, 3’ in 
der Breite, 2!” in der Höhe; die Zeichnung ist 48° lang 
und 6” breit. Die Gestalt des Körpers ist wieder parallelo- 
pipedisch, vorn abgestutzt, hinten verschmälert, der Fufs ragt 
aber vorn weiter hervor als bei den andern Arten, und en- 
digt hinten mit einem pfriemenförmigen Faden, was die Zeich- 
nung nicht wieder giebt. Auch ragt die obere Kante, oder 
der Mantelrand als ein schmaler häutiger Saum hervor. Man 
zählt an jedem Seitenrand fünf lange . fadenförmige Kiemen 
(am Spiritusexemplar messen sie noch 24”), von denen sich 
die beiden letzten gabelförmig theilen; der vordere Rand hat 
vier ähnliche und nur um: ein weniges kürzere Fäden, aber 
aufserdem befinden sich fünf ähnliche nur noch etwas kürzere 
Fäden auf dem Rücken zwischen den obern Tentakeln und 
den Afterkiemen, nämlich 3 in der Mittellinie und einer jeder- 
seits vor den letztern. Die Afterkiemen sind neun, faden- 
förmig, bis auf die unpaare nach vorn gerichtet und gega- 
belt, einfach, sämmtlich zu beiden Seiten gewimpert. Der 
After liegt in der Mitte. Die oberen Fühler stehn in einer 
Linie mit den ersten Seitenkiemen und sind sehr lang; wie. es 
scheint können sie nicht eingezogen werden. Die blättrige 
Keule ist bei ihnen sehr lang. Der Mund liegt am vordern 
Rand dicht über dem Fufs, und ich finde die bei. der vorigen 
Art erwähnten tentacula  labialia nicht, die, Theile sind je- 
doch zu sehr contrahirt, als dafs ich. ihre‘ Abwesenheit 
bestimmt behaupten könnte. Die Geschlechtsöffnung 
liegt auf der rechten Seite zwischen der ersten und zweiten 
Seitenkieme. S. fig. 2. 


“ 
2. Ueber das Thier von Pileopsis Garnoti Payr;; Patella 
Garnoti Phil. Enum. Moll. Siciliae. Fig. 3. 
Dafs Pileopsis Garnoti Payr. nicht in seinem richtigen 
Genus stehe, war mir bei Ausarbeitung meiner Enumeratio 
8#+ 


’ 


416 


klar} ällein ich war nicht glücklicher als Payraudeau, indem ich 
sie zu Patella brachte.. Der. Muskeleindruck im Vergleich 


*mit'dem Wirbel hätte mich belehren sollen, dafs der Wirbel 
“hinten, und nicht wie bei Patella vorn steht, jedoch kann 


ich zu meiner Entschuldigung anführen, dafs die richtige Er- 
kennung des Muskeleindrucks bei dem starken Glanz der in- 
neren Seite selir schwierig is. Vor kurzem hatte ich Gele- 
genheit die Thiere lebend auf einer Masse der Cladocora 
calycularis Ehrenbg (Caryophyllia calycularis Lamk.) zu 


‘firiden. Es weicht sehr wesentlich von Patella ab. Statt des 


runden Kopfes mit den zwei fadenförmigen Fühlern ist der 
Kopf flach, vorn blattartig ausgebreitet, in der Mitte tief ein- 
geschnitten wo der Mund liegt, und es sind gar keine Fühl- 
'‘fäden vorhanden; vielleicht kann man aber auch sagen, die 
obern Fühler seien mit den untern in eine breite Masse ver- 
‘wachsen, denn der vordere und untere Theil zeichnet sich 
leicht vor dem obern dickern aus. Augen sind deutlich an 
‘der Aufsenseite des Kopfes. Der ganzrandige Mantel um- 
giebt rings herum die Schaale, zeigt keinen Einschnitt, keinen 
'Sipho, und zwischen ihm und dem ovalen Fufs ist durchaus 
kein Organ zu entdecken. Ein in Spiritus geworfenes Exem- 
plar gab über die innere Struktur mehr‘ Auskunft, indem die 
Eingeweide durch das dünne Peritoneum durchschienen. Den 
ganzen hintern Raum des Körpers nahm die. braune Leber 
ein, so wie einen Theil der rechten Seite; man konnte deut- 
lich “lie verästelten' Lebergänge auf ihr erkennen. Rechts lag 
‘ein röthliches Organ ‘wohl der Eierstock. Ueber der Leber 
von liinten und links mit einer nach hinten gerichteten Con- 
vexität sich noch vorn und rechts biegend liegt das Ende des 
Darmkanals und verschwindet vor dem rechten Ende des 
Muskels, welcher das Thier an die Schale befestigt; vorn vor 
der Leber liegt noch ein weifses Organ, welches ich nicht zu 


“deuten wage, und vor diesem wohl den halben Raum einneh- 


mend erscheint eine Höhle, in welcher sich beinah dem Darm- 
kanal parallel, ein ungefähr wie eine gefaltete Krause gestal- 
tetes Organ hinzieht, welches oben am Peritoneum angewach- 
sen und offenbar die Kieme ist. Nun gelang es mir auch 
von: dieser Höhle aus eine: Borste nach aufsen durchzuziehen, 
die vorn auf der rechten Seite vor der Afteröffnung im etwas 


47 


verdickten Mantelrande selbst zum Vorschein , kommt, "wo 
man bei genauer Untersuchung 'ein: sehwarzes Pünktchen‘ 
findet. Bei der grofsen Kleinheit des Thieres, läfst.sieh, 
äusserlich keine getrennte Afteröffnung und Branchialöffz 
nung “erkennen. Eine Oefnung für die Geschlechtstheile. 
habe ich nicht auffinden können. Nachdem ich dies 'gefun- 
den, war es mir auch leicht an den paar. Schaalen die ,miri 
hier zu Gebote stehn zu finden, dafs sie in der Gegend der: 
Branchialöfinung etwas stärker vorgezogen sind. Bei der Un-, 
regelmäfsigkeit der Schale mufs man indessen ganz: ‚besonders 
darauf aufmerksam sein um es zu finden. — In welches,.Ge- 
nus gehört aber das Thier?  Diefs ist ‚eine Frage die,ich ‚bei 
dem gänzlichen Mangel an litterarischen Hülfsmitteln. hierselbst 
nicht beantworten kann. Man denkt zunächst an Siphonaria; 
allein so viel ich mich erinnere ist ‚der hufeisenförmige Mus- 
keleindruck bei dieser Gattung durch ‚den Sipho unterbrochen, 
bei gegenwärtiger Art ist blos der rechte Schenkel des ‚Huf- 
eisens kürzer als der linke. Auch soll das Thier blind,sein 
(Cfr. Rang Manuel de Malacologie p. 141.), Gehört es’ zu 
dem von Eschholtz aufgestellten Genus Acmaea? oder mufs 
es ein eigenes bilden wie Herr Scacchi glaubt, der es. in sei- 
nem Catalogus p. 147. Clypeus nennt, ohne jedoch vom Thier 
mehr zu sagen als: „incola ut in Syphonaria, sed testa.non 
canaliculata.“ Ich bemerke noch zum Schlufse, dafs fol- 
gende Angabe von Rang ]. ce. p. 142: „nous avons wu, de 
jeunes Patelles avoir le caractere des Siphonaires,et, en 
conserver des traces dans un age plus (avanc£,“ ‚sich. viel- 
leicht auf Arten dieses Geschlechts und nicht auf junge Pa- 
tellen bezieht. 


3. Ueber das Thier von. Galeomma. Fig. 4. 


Dieses sehr ausgezeichnete Acephalen-Genus ist von Tur- 
ton 1825 im Zoological journal aufgestellt, und nach, der 
Schaale also characterisirt: Schaale quer, gleichseitig, ‘gleich- 
schaalig, der untere Rand sehr weit klaffend; die Oefinung läng- 
lich eiförmig. Schlofs ohne Zähne, callös, unter ‚den Wirbeln 
mit einer kleinen Grube für ein halbinneres Ligament. Zwei 
sehr kleine sehr entfernte Muskeleindrücke, Manteleindruck 
einfach. So auch Deshayes in Lamarck hist. nat. d. anim, 


’ 


118 


sans. vertebres 2. edit. FI. p. 179. Das Thier unbekannt. 
Herr Costa hat die Muschel gleichfalls gekannt und sie irgend 
wo in den Annales des Sciences naturelles (in Abwesenheit 
des Herrn Costa kann ich nicht genauer angeben wo, da die- 
ses Journal in Neapel nicht vollständig existirt) unter dem 
sonderbaren Namen Hiatella Poliana beschrieben, was Herrn 
Deshayes entgangen ist. Herr Delle Chiaje hat in den Tafeln 
zum Ö5ten Bande seiner Memorie, der nie das Licht der Welt 
erblicken wird, geglaubt, seinen Kollegen zu verbessern, in- 
dem er das fragliche Thier' FHiatella striata nannte. Herr 
Scacchi hat’ das Thier sehr genau, sorgfältig und gut unter 
dem Namen Parthenope formosa in seinen Osservazioni 
zoologiche p. 8 und p. 19 beschrieben. Auch mir ist es ge- 
glückt das Thier während ein paar Tagen lebend in mehreren 
Exemplaren zu beobachten. Es hält sich zwischen den Wur- 
zeln der Zostera oder Cavolinia oceanica auf, scheint aber 
selten zu sein. Das Thier ist durchaus weifslich, halb durch- 
sichtig. Der Mantel ist in seiner ganzen vordern Hälfte ge- 
spalten zum Austritt des Fufses und ganzrandig, hinten ist 
eine kleinere Oeffnung zum Austritt des Wassers und der Ex- 
cremente. Da wo der Mantel von dem Schalenrande ab- 
geht, stehen jederseits etwa 8 bis 9 kurze Cirren oder viel- 
mehr Wärzchen; zwischen dem Wirbel und der Oeffnung des 
Fufses steht ebenfalls ein und zwischen dem Wirbel und der 
hintern Oefinung stehen 3 Wärzchen. Merkwürdig ist die 
Epidermis, welche sich sehr leicht von der Schaale loslöst, 
die von ihr ganz überzogen wird nnd am Mantel hängen bleibt, 
s. @. in Fig. 4. d, sie scheint also fortwährend ihre Organisa- 
tion zu behalten, während sie bei den meisten Bivalven sehr 
rasch abstirbt, allein ich möchte die Schaale darum doch nicht 
eine innere nennen wie Herr Scacchi will. Der Fufs ist bei- 
nah eylindrisch und kann sehr lang ausgestreckt werden, er 
bringt aber nie springende Bewegungen hervor, sondern kriecht 
mit seiner untern weifsen Fläche ganz nach Art der Gastero- 
poden, selbst an der glatten senkrechten Wand eines Glases 
hinauf, was ich, beiläufig gesagt, auch von Zucina commutata 
gesehn habe. In Spiritus geworfen zeigt das Thier an der 
Basis des Fufses eine Grube von einem kreisförmigen Wulst 
umgeben, und ich vermuthete darin ein Organ zur Absonde- 


119 


rung eines Byssus, allein weder an den Wurzeln der Zostera 
noch an dem Glase war eine Spur von Byssus zu sehen. 
Schneidet man den Mantel in der Mittellinie auf, so kommt 
ein fast kugelförmiger, hinten durch einen -seichten- Einschnitt, 
etwas getheilter Körper zum Vorschein und jederseits ‚sieht, 
man zwei grofse, gleiche, hinten frei endende Kiemen. Vorn 
zeigen sich jederseits zwei ovale, mäfsig großse .appendices 
buccales. Die beiden Adduktoren sicht man nicht, wenn das 
Thier auf dem Rücken (liegt, erkennt sie dagegen deutlich; 
wenn man demselben die umgekehrte Lage giebt; der hintere 
ist rundlich, dem Rande mehr genähert und etwas gröfser als 
der vordere ovale. — Die Schaale ist an den a. ©. hinläng- 
lich beschrieben, doch würde ich den Schlofsrand kaum cal- 
lös nennen, und das Ligament scheint mir vollkommen. ein 
inneres zu sein. Ein zweites äufseres nimmt den ‚ganzen 
Schlofsrand ein. Die beiden vergröfserten Figuren geben ‚von 
der Gestalt und Skulptur eine hinreicheude Anschauung,. 


4. Oculina ramea Ehrenberg; Caryophyllia ramea Lamk: 


Von dieser gemeinen Koralle haben wenig Personen das 
Thier gesehen; und auch mir ist es nie geglückt; es noch frisch 
zu bekommen. Dies ist dagegen Herrn Scacchi gelungen, der 
mir die Zeichnung gefälligst mitgetheilt hat, welche ich später 
bekannt machen werde, wenn es mir nicht möglich 'sein sollte, 
eine. eigene zu entwerfen. Es hat darnach das Thier gar keine 
Aehnlichkeit mit der lügenhaften Abbildung des Donati, aber 
auch nicht mit der Abbildung in Shaw. — Es ist von ‚Farbe 
schmutzig gelb, nur wenig ins orangengelbe fallend und, zeigt 
etliche .dreifsig Fühlfäden, wie es scheint in zwei Reihen; ste- 
hend. Jeder ist 31'” lang, an der Basis beinah: 1” dick, und 
wird allmählig dünner gegen die Spitze, die nicht knopfartig 
aufgetrieben ist. Von den Tentakeln abwärts erstreckt sich 
etwa 3—4” weit der Körper noch ziemlich ;diek und flei- 
schig, viele Querrunzeln und eben soviel starke Längsrunzeln 
zeigend als Fühler in einer Reihe stehn, und macht dann auf 
der Zeichnung plötzlich der dünnen Haut Platz, welche den 
Korallenstamm überzieht. Zwischen den Tentakeln. erhebt 
sich die Mundöflunng sehr bedeutend‘ nah. 5”, doch kann ‚sie 


120 


auch bedeutend eingezogen werden. Sie mifst 31” im Durch- 
messer und wird von zählreichen Längsfalten umgeben. 


5. Chelura terebrans, ein neues Amphipoden-Genus. Fig. 5. 

Den 17ten Mai fand ich in Triest beim Lazaretto vec- 
chio mehrere eben aus dem Meere gezogene Bretter die durch 
und durch zerfressen waren, so dafs sie fast wie ein Schwamm 
aussahen. Die Löcher waren von zweierlei Art, gröfsere von 
höchstens 2” Durchmesser, in welchen eine Menge eiertra- 
gende Teredo navalis safsen, und kleinere von 3” Durch- 
messer, in denen ich das nachstehend beschriebene Krebschen 
in so ungeheurer Menge fand, dafs ich nicht einen Augenblick 
zweifeln kann, es seien diese Löcher nnd Gänge durch den 
Frafs derselben entstanden. War es nun schon interessant für 
mich ein zweites Beispiel von Holz durchbohrenden Crusta- 
ceen zu finden, so ward die Freude über diese Entdeckung 
dadurch noch erhöht, dafs der Krebs nicht wie Limnoria zu 
den Isopoden gehört, sondern ein Amphipode ist und sich 
noch dazu durch seine Fühler und namentlich seinen sonder- 
baren Schwanz höchst auffallend von allen andern unterschei- 
det. Eine grofse Menge Exemplare sind glücklich in Cassel 
angelangt, und nur 2 brachte ich zufällig mit nach Neapel, 
nach denen ich vorläufig die folgende Beschreibung entworfen 
habe. Das Thier ist, einschliefslich Fühler und Schwanzan- 
hänge 44” lang und ohne dieselben 2%” lang, und gegen 2" 
breit. Der Kopf ist am schmalsten und so lang als die zwei 
folgenden Segmente, der Körper wird vom Kopf an allmählig 
breiter ohne sich jedoch bedeutend von der linealischen Form 
zu entfernen. Die Augen sind klein und rund; die obern 
Fühler von mäfsiger Länge, borstenförmig, siebengliedrig. Die 
untern Fühler sind anderthalb mal so lang und bestehn 
aus 6 Gliedern; die beiden ersten Glieder sind sehr kurz, die 
übrigen nehmen allmählich an Länge zu, werden platter und 
die letzten sind dicht gewimpert, so dafs sie eher ein Organ 
zum Schwimmen als zum Tasten zu sein scheinen. DieBrust- 
segmente sind gleich lang und haben ihre Seitentheile nur 
sehr wenig entwickelt. Der Schwanz oder Abdomen ist 
fünfgliedrig; die beiden ersten Glieder sind den Brustsegmen- 
ten ähglich, das dritte Glied trägt auf der Mitte des Rückens 


121 


ein langes gekrümmtes Horn, welches ganz dem der Sphinx- 
raupen gleicht, und jederseits noch 2 kleine Spitzen. Das 
vierte Glied ist anderthalbmal so lang als breit, unten ziem- 
lich flach, oben concav mit kleinen Höckerchen besetzt, an 
den Seitenrändern gewimpert. Zwei kleine Höckerchen in 
der Mitte des hintern Randes zeichnen sich besonders aus. 
Dieses Glied trägt jederseits zwei Paar sonderbare Anhängsel, 
die an seinem Grunde eingelenkt sind. Die obern Anhängsel 
sind senkrecht aufgerichtet und bestehn aus 3 länglichen ab- 
gerundeten Lappen, die alle mit langen Haaren dicht gewim- 
pert sind, und von denen der vorderste der gröfste, der hin- 
terste der kleinste ist. Das seitliche Paar Anhängsel entspricht 
vollkommen einem der Schwanzanhängsel der Gammarinen, und 
besteht aus einem Stiel, der zwei kleine spitze:Blättchen trägt. 
Das fünfte Glied ist sehr kurz, zeigt unten in einer Spalte 
den After, oben in der Mitte und an seinem Grunde (oder am 
hintern Rande des 4ten Gliedes) eingelenkt ein ovales Blätt- 
chen und an seinem Ende eine ungeheure Zange, die beinahe 
anderthalbmal so lang als die beiden letzten Schwanzglieder 
ist. Ihre beiden Blätter sind flach gedrückt, etwas divergirend, 
gegen das Ende verschmälert und hakenförmig gebogen, ‘und 
haben gezähnelte Ränder. Die 14 Füfse nehmen von vorn 
nach hinten an Länge zu, jedoch nicht bedeutend. Die bei- 
den ersten tragen am Ende eine umgebogene Klaue und der 
Tarsus ist breit mit einem divergirenden Zahn. ı Das erste 
Fufspaar ist weit breiter als das zweite. Die folgenden Füfse 
enden mit einer langen graden nur an der Spitze schwach 
hakenförmig gebogenen Klaue, die drei hintern ‚haben nur ein 
kleines blattartiges Hüftglied. Die Kiemen an ihrem Grunde 
habe ich nicht gesehen, desto deutlicher die 3 Paar falscher 
Abdominalfüfse, die aus einem beilförmigen, lamellenarti- 
gen Grundglied und zwei gegliederten und gewimperten Bor- 
sten bestehn; so dafs über die Ordnung der Crustaceen, zu 
welcher das Thierchen gehört, kein Zweifel sein kann. Die 
Kauwerkzeuge schienen mir aus einer ausgerandeten Ober- 
lippe, einem Paar mit 2gliedrigen Palpen versehenen Mandi- 
beln, drei (?) oder vier (?) Paar lamellenartiger Maxillen, und 
2 sechsgliedrigen Kaufüfsen zu bestehn. 


s 


122 


6. Pandorina corruscans Scacchi. 
Taf, IV fig. 1—4. 


Herr Arcangelo Scacchi hat in seinen Osservazioni 200- 
logiche p. 44. (Mai 1833) dieses merkwürdige Genus mit 
folgenden Worten beschrieben: „Testa bivalvi, iransversim 
oblonga, alba; latere antico [i. e. anali] productiore, trun- 
cato, hiante; postico [i. e. orali] rotundato; valvis inae- 
qualibus, fragilissimis, subpellucidis, intus margaritarum 
nitore corruscantibus, exterius ad ambitum tenuissimo epi- 
dermide obductis, longitudinaliter striatis, ad umbones lae- 
viusculis; strüs transversis obsoletis; valva dextra [i. e. 
sinistra] majore, umbone ac limbo superiore [i. e. ven- 
trali] sinistram superante; valva sinistra [i. e. dextra, si 
animal incedens inspicitur] inferius ad latus. anticum [i. e. 
posticum] super dextiram producta; membrana praetenui 
ad latera umbonum valvas revinciente; cardine edentulo; 
linea prominula' obligqua pro ligamenti insertione; liga- 
mento tantum interno oblongo: ultra pollicem lata, alti- 
tudine 5 lin.“ Dieser Beschreibung habe ich nur folgendes 
hinzuzusetzen. Die Längsstreifen sind überaus zierlich, erha- 
ben, und jede vierte wie mit kleinen Spitzchen besetzt, die 
von der Epidermis herrühren. Die Membran, welche hinten 
den Rückenrand der Schaalen vereinigt, würde ich gradezu 
ein äufseres Ligament nennen. Man kann eine area und 
eine lZunula unterscheiden, die ziemlich scharf begränzt, und 
glatter sind, als die übrige Schaale: beide sind schmal und 
unsymmetrisch, nämlich die lunula auf der linken, die area 
auf der rechten Schaale breiter. Die Muskeleindrücke 
stehen ziemlich nah am! Rande; der vordere ist länglich oval, 
der hintere mehr viereckig und auf der linken Schaale dem 
Rande weit näher als auf der rechten, was der die area be- 
gränzenden Linie entspricht. Der Manteleindruck hat eine 
sehr schwache Einbiegung, welche mit dem dem Bauchrand der 
Schaale parallelen Theile desselben beinah einen rechten Win- 
kel macht. Dies deutet auf zwei sehr kurze Röhren hin, 
welche das Thier auch wirklich besitz. Das Schloss ist 
vollkommen zahnlos, doch springt unmittelbar vor dem Wir- 
bel der rechten Schaale der Rand in Gestalt eines Zähnchens 


123 


hervor. S. fie. 3. Die Grube für das Ligament läuft 
sehr schräg nach hinten und ist vollkommen linealisch., Zu 
meiner grofsen Verwunderung fand ich in meinen 3 jungen 
Exemplaren, anstatt des Ligamentes einen Knochen wie bei 
Osteodesma und andern, von beinah fünfeckiger, langgestreck- 
ter Gestalt mit der Spitze nach vorn, mit der schwach ausge- 
schnittenen Basis nach hinten gekehrt, und auf der Bauchseite 
mäfsig gewölbt. *) 

Das Thier von Pandorina hat, nach einer mir von 
Herrn Scacchi mitgetheilten Zeichnung, zwei kurze nur wenig 
hervorragende Siphonen mit Franzen am Rand, und einen lan- 
gen zusammengedrückten und schmalen Fufs, desssen Lage 
beweist, dafs der Mantel vorn wenigstens bis zum Drittel ge- 
spalten ist. 

Ich hatte in Sicilien diese Muschel fossil gefunden und 
in meiner Enumeratio Molluscorum Siciliae dieselbe Pan- 
dora? aequivalvis genannt, auch die Aehnlichkeit und die 
Unterschiede zwischen ihr und Pandora angegeben, so weit 
sie an den fossilen Exemplaren zu sehen waren. Die Haupt- 
unterschiede in der Schaale sind folgende: 41. die rechte 
Hälfte ist bei Pandora völlig fach, bei Pandorina nur ein 
weniges schwächer gewölbt. 2. Pandora hat Zähne im Schlofs. 
Lamarks Angabe in hist. nat. des anim. sans vert. ist nicht 
gut, sehr gut dagegen die von Deshayes in der zweiten Aus- 
gabe des genannten Werks; sie bestehen nämlich auf der lin- 
ken Schaale in einem vordern Zahn (der bei derjenigen Pan- 
dora, die ich grade vergleichen kann, vollkommen flach ist), 
und einer tiefen Grube zwischen demselben und dem Liga- 
ment, welche einen Zahn der rechten, flachen Schaale auf- 
nimmt, Bei Pandorina ist auf der linken Schaale auch jede 
Spur eines Zahnes verschwunden und auf der rechten in dem 


*) Herr Scacchi bemerkt Enum. p.6. Note von Thracia: „in utra- 
que specie reperimus ossiculum mobile ad cardinem, quum specimina 
juniora observavimus; at in Itioribus seu majoribus etium cum 
mollusco Ag Ülud nunquam invenimus. Miramur sane ossicu- 
Zum illud adolescente conchylio evanescere; sed sie observatio pluries 
repetita nos cogit opinari, neque inspectio testarum suspicari permit- 
tit, specimina majora diversas constituere species.“ Sollte dies auch 
der Fall bei Pundorina sein? 


124 


Vorsprung des Randes nur ein äufserst schwaches Analogon 
eines solchen vorhanden. 3. Pandora hat ganz. einfach ein 
inneres Ligament. Ich mufs jedoch hierzu bemerken dafs mir _ 
Pandora noch ein zweites zu besitzen scheint, nämlich un- 
mittelbar am Rande, S. fig. 4. a; fig. b. ist das gewöhnliche. 
4. Pandora hat einen vollkommen einfachen Muskeleindruck, 
wogegen bei, Pandorina wenigstens eine schwache Einbiegung 
des Mantels zu erkennen ist. Hieraus. geht hervor, dafs Pan- 
dorina. allerdings die nächste Verwandschaft mit Pandora 
hat; aber durch den innern Knochen des Ligaments, den Man- 
gel der Schlofszähne, das Klaffen der hintern Seite reiht sich 
dies Genus auch an Thracia, welche sich (ich kann jetzt nur 
Thr. phaseolina oder Tellina papyracea Poli vergleichen) 
durch ein kurzes auf deutlichen Nymphen ruhendes äufseres 
Ligament, einen weit stärkeren Einschnitt unter dem Wirbel 
und tiefere Einbiegung des Mantels unterscheidet, auch ist hier 
die linke Schaale wie bei Corbula die convexere, nicht 
rechte wie bei Pandora und Pandorina. Von allen beiden 
unterscheidet sich aber Pandorina noch durch die Längs- 
streifen, die soviel mir bekannt bei dieser, ja selbst bei der 
ganzen Familie der Myen und Corbulen nicht vorkomem, 
Durch diesen letzten Umstand, den gänzlichen Mangel der 
Schlofszähne, das doppelte Ligament, die Zerbrechlichkeit der 
Schaale, endlich durch die dünne, die ganze Schaale überzie- 
hende Epidermis erinnert Pandorina an das sonderbare Ge- 
nus Galeomma, welches sich freilich auf den ersten Blick 
durch die Gleichheit der Schaalen und das ungeheure Klaffen 
der Bauchseite sehr unterscheidet, iso wie dadurch, dafs nur 
eine Röhre vorlianden, oder wenn man will, die zweite wie 
bei Solenomya*) oblitterirt ist. Nichts desto weniger glaube 
ich, dafs Galeomma diesem Genus näher als irgend einem 
andern steht. Herr Deshayes, der nur die blofse Schaale 
kannte, will es zu Glycymeris stellen, welche Gattung aber 


*) Solenomya zeigt aufsen, en die Afterröhre erwartet, 
einen Kreis von Papillen, der aber undurchbohrt ist, wie Herr 
Scacchi sehr genau angiebt. Hieraus erklärt sich, warum Herr Des- 
hayes der Solenomya zwei Siphonen, ich dagegen nur einen zugeschrie- 
ben habe. Wir haben beide zwar xichtig, aber nicht 4 genug 
geschen, 


125 


durch die sehr dieke eher an Solenomya erinnernde Epider- 
mis, die stark hervorstehenden Nymphen, den kleinen Fufs, 
den wenig gespaltenen Mantel und die dicken verwachsenen 
langen Siphonen sehr bedentend abweicht. 

Es giebt also jetzt sechs Genera mit einem Knöchelchen 
im Ligament: Anatina Lamk-Desh., Periploma Schum., 
Osieodesma Desh., Thracia Leach, Pandorina Scacchi 
sämmtlich zur Familie der Myaceen, mit denen Desh. wohl 
mit Recht die Corbulaceen vereinigt, gehörig, und Cleido- 
thaerus Sow. den Chamen verwandt. 


7. Ueber das Thier,von Astarte incrassata 
De la Jonk. 8. fig. 6. 


Von diesem ziemlich seltenen Thiere bekam ich zwei 
Exemplare, die zwar noch lebendig waren, jedoch die Schaale 
nicht freiwillig öffneten, daher ich mich genöthigt sah, dies 
gewaltsam zu thun. In dem halb zusammengezogenen Zu- 
stande zeigte sich das Thier also: der Mantel ist fast ganz 
gespalten, eine schmale Brücke trennt hinten eine kleine rund- 
liche Oefinung ab, welche die Stelle der After- und Kiemen- 
röhre vertritt, die man, durch die Analogie der Schaale mit 
den Venusmuscheln verleitet, erwarte. Am Rande dieser 
Oefinung so wie am Rande des hintern Theils der vorderen 
Oefinung ist der Mantel dunkelbraun und mit sehr ‘zarten 
weifsen Cirren besetzt, die eine fadenförmige Gestalt haben. 
Weiter nach vorn werden diese Cirren kleiner und nehmen 
mehr die Gestalt weifser Falten an. Der Fufs ist beilförmig, 
hinten. und vorn spitz, davor eingeschnürt und auf diese Weise ° 
deutlich von der Masse der Baucheingeweide getrennt, schar- 
lachroth., Die Kiemen sind ungleich; die innere ist beinah 
dreieckig, und läfst eine Rückenseite, eine Bauchseite und 
eine vordere Seite unterscheiden. Durch die Rückenseite ist 
sie mit der äufseren Kieme verwachsen, welche nur etwa halb 
so grofs ist, nicht so wei vorn reicht, urid abgerundet 
ist, wo die innere den stark vorspringenden Winkel: zeigt. 
Mit der gemeinschaftlichen Spitze sind beide Kiemen an die 
schmale Verbindung der beiden Mantellappen zwischen der 
vorder d hinteren Oefinung desselben befestigt, jedoch 
schwach, so dafs sie leicht losreifsen. Die appendices 


126 


buccales sind jederseits zwei an der Zahl, klein‘ und 
länglich. 3 

Herr Scacchi hat dieses Thier bereits vor einigen Jahren 
beobachtet und in seinen wenig bekannten Osservazioni 200- 
logiche. nr. 2. Maggio 1833 p. 15 kurz beschrieben. Seine 
Angaben stimmen mit meinen Beobachtungen vollkommen über- 
ein, nur finde ich den ‚grofsen rothbraunen Fleck, den er auf 
dem Mantel in der Gegend der Umbonen gesehn hat,-nicht. 
Auch mufs‘ ich seine Betrachtungen über die systematische 
Stellung des Thieres, die er an. dessen Beschreibung anknüpft, 
vollkommen unterschreiben. Die Beschreibung beweist näm- 
lich, dafs das Thier von Astarte keine Aehnlichkeit mit dem 
von Fenus hat, wie nach der Beschaffenheit der Schaale Cu- 
vier Rögne animal edit 2. vol. 111. p. 450 und Rang Ma- 
nuel de Malacol. p. 274 und Deshayes in Lamark Aist. d. 
anim.:s. vert. edit. 2. vol. VI. p. 256 vermuthet haben, son- 
dern es stimmt im Gegentheil ganz mit Cardita überein. 

Bei dieser Gelegenheit kann ich die Bemerkung. nicht un- 
terdrücken, wie häufig bei den. Mollusken die von uns erwar- 
teten Gesetze der Analogie zwischen Thier und Schaale fehl- 
schlagen. Während bei den Wirbelthieren fast ohne Ausnahme 
ein ähnliches Knochengerüst, ja einzelne ähnliche Knochen 
nothwendig Thieren angehören, die auch in allen übrigem Sy- 
stemen ähnlich gebildet sind, finden wir bei den Mollusken 
dafs dies in sehr ‘vielen Fällen nicht der Fall ist; zu ganz 
ähnlich gebildeten Schaalen gehören sehr verschieden beschaf- 
fene Thiere. Ich erinnere nur an Fermetus und Serpula, 
Sigaretus oder Coriocella und Gryptostoma und Buccinum 
Lamk, wo B.'undatum von Fusus antiguus kaum durch et- 
was Anderes als durch schwarze Flecke verschieden ist, wäh- 
rend B. Linnaei und ei: mit Purpura, Colum- 
bella und Mitra übereinsti und viele andere Arten wie 
B. mutabile von beiden erw. ormen stark abweichen; 
endlich Fusus und Pl Umgekehrt bewohnt ein 
sehr ähnliches Thier oft s ‚erschiedene Schaalen. Man 
denke z. B. an Achatina und Carocolla, Mitra und Pur- 
pura, Cerithium und Rostellaria pes pelecani, C dita und 
Astarie etc. 

Ueber die Synonyme von Astarte incrassata habe ich 


127 


noch Einiges berichtigend beizufügen. Ich habe früher auch 
die Venus danmoniensis und F.sulcata der Engländer hierzu 
gezogen; durch meinen Freund Herrn Bergrath Koch bin ich 
aber aufmerksam gemacht, dafs die englische Art bestimmt ver- 
schieden ist. Herr Deshayes führt auch in der zweiten Ausgabe 
von Lamarck die Astarte incrassata (Venus incrassata 
Brocchi) und A. fusca (Tellina fusca Poli) als zwei ver- 
schiedene Arten auf, (p. 257) allein ich mufs auf meiner An- 
sicht beharren, dafs beide identisch sind. Ich habe in diesem 
Augenblick 12: vollständige Individuen vor mir, an welchen 
man alle Uebergänge von einer ganz glatten nur an den 
Spitzen quer gefurchten Schaale, bis zu einer solchen findet, 
die bis zum Rande mit grofsen regelmäfsigen Furchen besetzt 
ist. Ebenso ist die Schaale bald fach, bald stark gewölbt u,s, w, 


F Ueber das Thier von Pleurotoma Bertrandi 
Payr. S. fig. 7. 

Von zwei Pleurotoma Arten habe ich jetzt auch die le- 
benden Thiere gesehen; Pl. Bertrandi war sehr häufig. Was 
die Thiere sehr von Fusuws unterscheidet, ist, dafs ihnen der 
Deckel gänzlich fehlt. Der Fufs ist im ausgestreckten Zu- 
stand etwas länger als die, letzte Windung der Schaale, ziem- 
lich schmal, vorn abgestutzt und schwach ausgerandet, mit ei- 
ner Querfurche; nach hinten allmählig verschmälert und zu- 
letzt ausgeschnitten. Die Athemröhre reicht ziemlich weit 
aus dem Kanal hervor. Der Kopf ist klein, die Fühler 
sind kurz, fadenförmig und stumpf, bis zur Hälfte verdickt, 
wo sie aufsen die Augen tragen, sie stofsen nicht in einem 
spitzen Winkel zusammen, wie es der Fall bei Fusws, Murex, 
Mitra ist, sondern der Kopf bildet dazwischen einen schwa- 
chen abgerundeten Vorsprung, ungefähr so, wie ihn die Tri- 
tonium-Arten zeigen. Die t glashell mit gelbweifsen, 
auf dem Sipho bisweilen mi ich weifsen undurchsichti- 
gen Punkten marmorirt. andere Art, entweder eine 
Pl. gracile oder eine neue nahe verwandte Art, unterscheidet 
sich, was das Thier anbetrifft, von gegenwärtiger Art einzig 
und allein dadurch, dafs der Fufs hinten zugespitzt, und der 
Sipho entschieden roth getüpfelt ist. 


128 


9. „Ueber die Eier von Vermetus gigas Bivona.' 
S. fig. 8. 

In Oktober und November habe ich den Fermetus gi- 
gas fast immer mit Eiern angetroffen, in verschiedenen 
Stufen der Entwickelung. Sie sind in ovalen, flach ge- 
‚drückten Hülsen eingeschlossen, die an dem einen Ende eine 
Spitze mit einer Oefinung haben, indem sich die Haut, welche 
die Hülse bildet, in einen engen Strang zusammenzieht. Die 
weniger entwickelten, kleineren Hülsen sind fast 2” lang und 
4" breit, und enthalten etwa 20—30 gelbe Eier, die:bei 
schwacher Vergröfserung nierenförmig erscheinen, bei stärkerer 
dagegen schon 1 bis 14 Windungen einer Schaale zeigen. Die 
gröfseren Eierhülsen sind beinah das Doppelte so grofs, und 
lassen die Embryonen sehr deutlich sehn. Man erkennt eine 
rechts gewundene regelmäfsige Schaale von 2 Windungen, und 
dahinter 2 schwarze Augenpunkte, die zwischen sich einen 
schwärzlichen Streifen, den’ Darmkanal haben, die Oeflnung 
der Schaale ist unten vorgezogen wie bei Proto Defrance. 
Eine genauere Untersuchung des Embryo’s gelang mir nicht. 
Die junge Schaale löste 'sich in Essig nicht auf und scheint 
daher hornartiger Natur, und.bei dem Versuch durch Zer- 
drücken derselben das kleine Thierchen zu entblöfßsen, wurde 
dieses jedesmal völlig zerquetscht, 


10. Hersilia apodiformis, ein neues Genus der 
Entomostraceen. 8. fig. 9. 10. 11. 

Den zweiten November fand ich im Meerwasser zwei 
kleine auf den ersten Blick einem 4pus ähnliche Crusta- 
ceen mit einem langen Schwanz, recht munter  umher- 
schwinimend. ' Die. genauere Untersuchung ergab, dafs es zwei 
in der Begattung begriffene Pärchen waren, die sich unter das 
Mikroskop bringen liefsen, ‘0 sich zu trennen, ja von de- 
nen das eine selbst nach im Be zusammen: der Schwanz 
war das Männchen. In der Fär ung waren sie verschieden; 
bei dem einen Pärchen war das Weibchen vollkommen was- 
serhell, das Männchen dagegen durch grofse purpurrothe 'be- 
wegliche Punkte gefärbt, beim andern war umgekehrt das 
Weibchen auf diese Art gefärbt und das Männchen farblos. 


R 


129 


Hiernach vermuthe ich, dafs diese Färbung nur eine Folge 
der genofsenen Nährungsmittel ist. 

Das Weibchen ist, oline..die,.Schwanzborsten, 2 Linien 
lang, und oval, das Männchen. nicht! ganz halb’ so lang und 
schmaler. Der Körper wird ganz von einem. viergliedrigen 
Schilde bedeckt; das, erste Glied ‘nimmt beinah' die Hälfte 
ein, das letzte Glied ein: Viertel, . das zweite und dritte jedes 
ein Achtel der Länge; ‚die. drei. ersten Glieder haben jeder- 
seits am Ende eine' Spitze. Auf dem; ersten Gliede sieht man 
vorn zwei mäßig weit von einander entfernte runde. Punkte, 
die ich Augen halten‘möchte. _ Unter, dem Schilde sehen 
vorn nur die grofsen. beiden Fühlhörner ‘hervor, hinten der 
Schwanz und die. Spitzen ‚der. letzten ‚Beine. Die Fühler 
sind nur zwei an der Zahl, unterhalb des Schildes nalı am 
Vorderrande eingelenkt. Sie erreichen die halbe Leibeslänge 
und scheinen aus fünf -Gliedern zu, bestehn.. Das Grundglied 
ist sehr kurz, unter dem Schilde versteckt, das zweite Glied 
das längste von allen, dann folgt das fünfte Glied; das vierte 
ist nächst dem ersten das kürzeste, Vielleicht besteht das 
fünfte aus mehreren Gliedern, doch konnte ich darüber nicht 
zur Gewifsheit kommen. Nach vorn 'sind alle diese Glieder 
mit.langen starken 'Borsten gewimpert, hinten steht nur eine 
Borste am Ende eines jeden Gliedes. Es sind vier Paare 
deutlicher Füfse vorhanden, eins auf jedem Segment des Schil- 
des. Die drei ersten Paare sind ganz gleich gebildet, und be- 
stehen aus einem zweigliedrigen. Stiel, der zwei Aeste trägt. 
Der Stiel hat hinten am ersten Glied eine lange Borste, eine 
kürzere am vorderen Ende des. zweiten. Der vordere Ast 
besteht aus drei Gliedern, von denen das dritte so lang wie 
die beiden ersten zusammen ist; es trägt auf seiner vordern 
Seite drei kräftige, hinten fünf längere aber schwächere Bor- 
sten, während die beiden ersten Glieder nur eine kurze Bor- 
ste am vordern Ende haben, Der hintere Ast ist eben so 
lang und hat ebenfalls drei Glieder, diese sind aber gleich, 
und auf der hintern Seite stark gewimpert, Das vierte Paar 
ist einfach, zweigliedrig; das erste Glied ist sehr kurz, das 
zweite länglich und mit vier Borsten bewaffnet. — Der Schwanz 
hat etwa den dritten Theil der gesammten Länge des Thieres, 
sieht aber nur zur Hälfte unter dem Schilde hervor. Er ist 

V. Jahrg, 1, Band. 9 


‘130 


nicht deutlich gegliedert, gegen das Ende verdünnt, und‘ 'en- 
det mit zwei stumpfen Spitzehen, deren jede fünf‘ lange. Bor- 
sten trägt. Die innern Borsten' sind am längsten, beim Männ- 
chen mehr als halb so lang’ wie der Körper, beim Weibchen 
bedeutend kürzer. Jederseits ist am Schwanz die Oeffnung 
der weiblichen Gesehlechstheile: 

Was ich von den Mundwerkzeugen sehen komte (ist 
Folgendes: Hinter den’ Fühlern’ legen zwei divergirende Man- 
dibeln, die die Gestalt eines stumpfwinkligen Winkelmaaßses 
haben, und auf der 'hintern ‘Seite ‘des zweiten Sc 
und stark gewimpert 'sind. - Zwischen ihrer’ Ins 
mit der ‘Spitze nach hinten gerichteter dreieckiger Raum, viel- 
leicht die Mundöffnung.' Unter den’ Wimpern liegen jederseits 
drei Maxillen, die mit einer gegabelten Borste “enden und 
daher entfernt an die Scheeren von Limulus erinnern. "Zwi- 
schen diesen Theilen und dem ersten Fufspaar liegt bei beiden 
Geschlechtern jederseits' ein Kaufufs. Er ist beinah quadra- 
tisch, Jäuft'mit dem vordern und innern Winkel in einen lan- 
gen spitzen Zahn aus, trägt an der vordern ‚Seite noch einen 
kleinen wie ein Bläschen gestalteten Anhang, und aufsen einen 
zweigliedrigen Geifseltaster. — Die männlichen Ge- 
schlechtstheile habe ich bei der Kleinheit der Thiere nicht 
deutlich erkennen könnnen. Zwei grofse beinah keulenförmige 
Penis, die in die Vulven des Weibchens eingeführt waren, 
sitzen zu beiden Seiten des Mundes, aufserdem sieht man 
zwei fühlerähnliche, borstentragende Organe, die bald hinter 
den walıren Fühlern entspringen. 

Auf den ersten Blick erinnert das Thier durch sein grofses 
Schild an Apus, ist aber durch den Schwanz und die’zwei- 
ästigen Beine mit Cyelops näher verwandt. Noch näher steht 
es dem Genus Sapphirina Thomson (mir.nur aus Lamarck’s 
hist. nat. II edit. etc. vol. V. p. 171 bekannt), welches eben- 
falls einen flachgedrückten schildartigen Körper, zweiästige Beine 
und nur zwei Fühler hat, sich aber durch ein neungliedriges 
Schild und vier Paar zweiäst Beine unterscheidet. Die 
wesentlichen Kennzeichen lassen sich kurz folgendermafsen 
zusammenfassen: Corpus clypeo magno e segmentis qua- 
tuor formato obtectum. Antennae duae magnae, filifor- 


131 


mes, Sarticulatae, Pedum paria. quatuor, tria pinna bi- 
Jida, quartum simplex. Cauda apice bifida et seligera. 


11... Peltidium. purpureum, ein neues Genus der Entomo- 
straceen. S,fig. 12 und 13. 


Von dem kleinen kaum #”" grofsen Thierchen hatte ich 
nur ein Exemplar.’ Der Körper ist in ein siebengliedriges im 
allgemeinen Umrifs eiförmiges Schild ausgebreitet. Das erste 
‚ist beinah so grofs als die folgenden zusammen, und 
ich die’ Gestalt eines Trapezes, dessen Basis nach 
hrt, 'und 'von' einer concaven Linie begränzt ist. 
Vorn hat es einen abgestutzten Fortsatz, auf‘ welchem zwei 
kleine runde Punkte auffallen, welehe wahrscheinlich die Au- 
gen sind. ‘Die folgenden fünf Segmente haben eine schmale 
halbmondförmige Gestalt,. das. letzte uud kleinste wiederum 
eine trapezförmige. Hinter ‘demselben sieht der sehr ‘kurze 
zweispitzige Schwanz hervor; jede seiner Spitzen ist mit vier 
Borsten besetzt, 'von ’denen .die  innerste die längste ist. Die 
Fühlhörner 'sind zwei an der Zahl; sie entspringen aus den 
Winkeln, welche das erste Segment mit seinem Fortsatz macht, 
erreichen beinah:' den dritten Theil der Länge des Thieres, und 
bestehn aus sechs’ kurzen Gliedern, von denen die beiden letz- 
ten sehr klein sind. Auf der vordern Seite und besonders 
an der Spitze-sind sie mit langen Borsten besetzt. Ich finde 
sechs Paar Beine. Das erste Paar, welches nach dem er- 
sten Segmente eingefügt zu sein scheint, ist einfach und er- 
schien mir nur, aus drei Gliedern 'bestehend. S. fi& .13 c. Das 
zweite Glied an seiner :Basis etwas verdickt, hat: gegen ‚das 
Ende auf der hintern ‚Seiteveinen Zahn; das dritte Glied. ist 
eine schmale mäfsig gekrümmte Klaue. Die folgenden vier 
Fufspaare sind zweiästig und ‘haben das mit einander gemein, 
dafs der hintere oder innere Ast in seiner. ziemlichen  Entfer- 
nung von der Spitze des..Stiels ‚entspringt. 'S. fig, 13 d. e. f. 
Das zweite Paar hat den äufsern- und nee zweiglie- 
drig, und der erste ist doppelt so lang als der zweite. Sein 
zweites Glied ist das längste und endet mit drei kurzen Borsten, 
von denen zwei hakenförmig gekrümmt sind. S. d. — Das 
dritte Paar $.e, unterscheidet Sich von den folgenden beiden 
dadurch, dafs der innere Ast dreigliedrig ist, während er bei die- 

9% 


132 


sen nur zwei Glieder hat. Der äufsere Ast: ist beiihnen’gleich, 
 dreigliedrig; das erste und zweite: Glied haben vorn am Ende 
eine starke Borste und hinten eine solche in der Mitte; das 
letzte Glied, welches zweimal so lang ist, als das vorherge- 
hende, hat vorn vier kurze kräftige, hinten fünf längere schwä- 
chere Borsten. Das letzte Fufspaar ist wiederum einfach, 
zweigliedrig? das letzte Glied länglich, schwach gebogen; und 
hat aufsen drei, an der Spitze vier, hinten einen Dorn. S. g. 
Bei der Kleinheit des Thieres und‘ da ich nur. ein Exemplar 
hatte, konnte ich die Frefswerkzeuge nur: sehr u ändig 
erkennen. ‘Doch sah:ich deutlich: erstens hinter hör: 
nern eine Mandibel, bestehend: aus zwei‘gleich langen und 
gleich breiten linealischen 'Gliedern, ‘von denen ‘das erste.,hin- 
ten in der Mitte eine vierzweigige Borste, !das letzte am Ende 
mehrere einfache Borsten.trägt S.fig. 13a, offenbar dasselbe Or- 
gan, 'welches in einer wenig abweichenden. ‚Gestalt bei. Hersi- 
lia vorkommt; zweitens einen Kaufufs?, ebenfalls aus zwei 
gleich langen Gliedern bestehend, von’ denen das zweite sehr 
schmal ist, und am-Ende einen kurzen Haken oder einige uhr 
kurze Borsten trägt. S. b. 

Die Farbe des Thierchens ‘war dunkel A Füh- 
ler, Schwanz und Beine‘ blafsroth, Vorderrand des Kopffort- 
satzes' farblos. 

Dies Genus steht zwischen Hersilie und: Sapphirina in 
der Mitte, und unterscheidet sich ‘von. beiden: durch eine ver- 
schiedene Zahl der Segmente des Schildes und der Füfse, ‚so 
wie durch .die ‚Beschaffenheit des ersten Fufspaares... In der 
Kürze läfst es sich also charakterisiren: Corpus clypeo ma- 
gno, e segmentis septem formäato obtectum;; segmentoprimo 
maximo.  Antennae ‚dude magnae 'sexartliculatae..\Pedum 
paria sex} par primum simplex, ungue longo terminatumz 
paria secundum, tertium, 'quartum et ‘quintum ramos),duos 
gerentia;'par sextum simplex. 'Gauda apice bifida ct. se; 
tigera.s Vin “ 


Ir 12 


133 


Erklärung der Abbildungen. 


Tafel II. 


Fig. 1. Euplocamus frondosus, nach einer Zeichnung 


von Herrn Scacchi. 
Fig. 2. Euplocamus cirriger, nach einer Zeichnung von 


Herrn Seacchi. 
‚Fig. 3. Pileopsis Garnoti. Payr. 
r e Thier nach Hinwegnahme der Schaale gesehen, viermal 
öfsert. Man sieht den hufeisenförmigen Haftmuskel, die 
er, das Ovarium, das Ende des Darmkanals und vorn die 
 Respirationshöhle mit der Kieme, 
d. Das Thier mit der Schaale, dreimal vergröfsert, um die Ge- 
stalt des Kopfes und die Augen zu zeigen. 
Fig. 4. Galeomma Turtoni Sow. 
Auf dem Rücken. 
Auf dem Bauche. 
Auf der Seite liegend, zweimal vergröfsert. 
Auf dem Rücken liegend mit aufgeschnittenem Mantel, drei- 
mal vergröfsert. 

e. Die Epidermis der einen Schaale am Mantel hängend. Man 
erkennt den Fufs, den kegelförmigen Leib, die vier Kiemen 
und die vier appendices buccales. 

e. Die Schaale von der Seite gesehen. 

e. Dieselbe von innen gesehen, beide dreimal vergröfsert. 

Fig. 5. Chelura terebrans. 

a. Das ganze Thier viermal vergröfsert auf der Seite liegend. 

b. Das vierte und fünfte Schwanzglied von oben, wie es bei 
funfzehnmaliger Vergröfserung erscheint. 

e. Dieselben von unten. Am Grunde ist das dritte Paar falscher 
Abdominalfüfse zu bemerken. 

d. Der erste Fufs hei 25maliger Vergröfserung gesehen. 

e. Einer der letzten Füfse, bei derselben Vergröfserung gesehn. 


NER 


Tafel IV. 


Fig. 1. Pandorina corruscans Scac., ein kleines Exem- 
plar, auf der linken, stärker gewölbten Schaale li 
Fig. 2. Dieselbe auf dem Bauche liegend, um area und 
lunula zu zeigen. 
Fig. 3. Dieselbe, geöffnet und zweimal vergröfsert, 
a, Das Knöchelchen im Ligament. 
4. Die Grube, in welche dasselbe hineinpafst. 
c, Das äufsere Ligament. 


134 


Eig. 4. Das Thier der Pandorina nach einer Zeichnung 
"von Herrn Sceacchi. 

Fig. 5. Eine Schaale der Pandora rostrata zur Ver- 
gleichung. 

a, Ein äufseres Ligament? 

d. Das innere Ligament. 

c, Der Schlofszahn, 

Fig. 6. Astarte incrassata De la Jonk. anderthalbmal 
vergröfsert der obere Mantellappen ist etwas zurückgeschla- 
gen, um die Gestalt des Fufses und die beiden Kiemen zu 
zeigen. # 

Fig. 7. Pleurotoma Bertrandi Payr. viermal vergröfsert. 

Fig. 8. Eier von Yermetus gigas Biv. 

a. Eine wenig entwickelte Eiermasse. 

d. Eine stärker entwickelte in welcher ‚die en schon 
mit 1% Windungen der Schaale versehn sind; beides än natür- 
licher Gröfse, 

ec. Ein Embryo stark vergröfsert mit zwei vollen, Windungen 
der Schaale. Man sieht die Augen und den Nahrungskanal 
durchschimmern. 

Fig. 9. Hersilia apodiformis mihi, ein Weibchen. auf dem 
Rücken liegend bei 60maliger Vergröfserung gezeichnet. 

Die Augen. 


-, 


a. Die Mandibeln? 
ö. Die Maxillen, 
c. Der Kautufs mit seinem zweigliedrigen Geifseltaster. 
d, Die drei Paar zweiarmigen Beine. 
e. Das Paar einfacher Beine, 
f. Die Vulven. 
Fig. 10. Das Männchen an dem Schwanz des Weibchens in 
der Begattung hängend, bei derselben Vergröfserung gezeichnet. 
g. Die hintern Fühler? 
h. Die beiden Penis. 
Fig. 11. Ein Weibchen der Hersilia apodiformis in nafür- 
licher Gröfse. 
Fig. 12. Peltidium purpureum mihi in natürlicher Gröfse. 
Fig. 13. Dasselbe auf dem Bauch liegend, bei 60 malıger 
Vergröfserung gezeichnet. 
Die Mandibel, 
Der Kauffufs? 
Ein Fufs des ersten Paares. 


Des zweiten, e. des dritten, f. des vierten oder fünften. 
des sechsten Paares. 


BERLBSER 


yi [2 


Fortgesetzte Versuche über die erhöhte. Tempe- 
ratur des Kolbens einer Colocasıa odora (Ca- 
ladium odorum.) 


in dem botanischen Garten zu Amsterdam angestellt 


x 
' von 


G. Vrolik, und W. H. de Vriese. 


Hierzu Tafel V Fig. 1. 


Vor ungefähr drei Jahren, haben wir einige Versuche be- 
kannt gemacht, die. wir in dem Amsterdamschen Garten an- 
gestellt hatten, um uns mit der erhöhten Temperatur des Blü- 
thenkolbens einer Pflanze aus der schönen Familie der Arons- 
kelche näher bekannt zu machen*). Schon damals beschlos- 
sen wir, um durch treue Beobachtungen und genaue Experi- 
mente der Erklärung dieses höchst merkwürdigen Phänomens 
näher zu kommen, unsere Untersuchungen, später fortzusetzen. 
Dafs dies bisher nicht geschehen, (ist allein dem Umstande zu- 
zuschreiben, dafs unsre Pflanzen keine Gelegenheit dazu ver- 
schafit haben. Erst vor Kurzem ward es uns möglich, die 
‚ unterbrochenen Untersuchungen wieder aufzunehmen, deren 
Resultat wir hier dem Urtheil und: der Theilnahme der Phy- 
siologen zu empfehlen wagen. Die günstige Aufnahme, welche 
unsere frühern Versuche erfuhren, berechtigt uns zu der Hofl- 
nung, dafs auch diese einiges Interesse einflöfsen werden**). 


*) Tydschr. voor nat. Gesch. en Phys., II Deel. 296-314. 

**) Unsere früheren Versuche sind theils vollständig, theils im 
Auszuge mitgetheilt in den „Annales des Sciences naturelles U. 5.131; 
von Meyen in Wiegmann’s Archiv II Jahrg. II Band 1836 S. 95; — 
in Fror. Neuen Notizen desselben Jalıres; in Meyens Neuem System 
der Pflanzen -Physiologie Berl, 4838 IL. 461; — von H. F. Link, El, 
Plil. Bot. Berol. 1837. 11. 312. 


136 

Im verflossenen Jahre hat ein französischer Naturforscher 
ein neues System der Pflanzen-Physiologie bekannt gemacht, 
in welchem die Beobachtungen und Versuche Andrer hinsicht- 
lich der Wärme der Blüthenkolben in der Familie der Aroi- 
deen auf eine einfache physische Art erklärt werden. Wir 
lassen diese Erklärung ihrem Hauptinhalte nach hier folgen *). 

„Wenn (so schliefst Raspail) das von Lamarck zuerst im 
Arum italicum beobachtet? Phänomen eine Folge der Be- 
fruchtuug wäre, so müfste dasselbe in ncch auffallenderem 
Grade bei den Blumen sich zeigen, wo diese Funktion auf 
einem Fruchtboden in tausend Blumen zugleich statt findet. 
Diefs ist jedoch nicht der Fall. Vielmehr liefert einzig und 
allein der Blüthenkolben der Aronskelche in dieser Beziehung 
ein sicheres Factum. Die negativen Resultate, welche Ver- 
suche hierüber an anderen Blumen gegeben, liefern den sichern 
Beweis, dafs die Wärme bei jenen keine Folge der Verbin- 
dung verschiedener Stoffe mit einander ist. Dafs der Wär- 
meunterschied aus der Structur und der Configuration der 
Oberfläche entstehe, ist indefs viel wahrscheinlicher, als dafs 
die Befruchtungsfunetion ihn veranlasse. Die Blume der 
Aroideen besteht aus einem blumenkronförmigen Blatte, das 
nach Art einer grofsen Hippe (un grand cornet) gerollt, die 
Benennung Spatha, Scheide trägt, und aus dessen Boden die 
Spitze des Stiels, um welchen herum sich die Griffel und 
Staubfäden befestigen, wie der Schwengel einer Glocke sich 
erhebt. Dieser heifst Spadix. Die innere Oberfläche der 
Scheide ist mehr oder weniger weifs oder gelb, und hat nicht 
selten einen Wachsglanz. Man erinnere sich an das Verfah- 
ren der Quäker, um so viel als möglich die Einwirkung der 
Sonnenwärme auf ihre Früchte zu erhöhen. Sie pflanzen näm- 
lich die Bäume vor einer weifsen Mauer, damit die Wärme 
von dieser auf Blume und Frucht zurückstrahle. Andere ge- 
ben ihren Mauern eine hohle Form, wodurch bei der Refle- 
xion viele Strahlen in einen Punkt sich concentriren. End- 


*) F. V. Raspail, Nouveau systeme de Physiologie vegetul et de 
botanique. Deux volumes, Paris 1837 Vol. II. p. 218 — 227. Wir be- 
merken hier, dafs wir nicht, wie Raspail p- 219 angiebt, Huberts, 
sondern Adolphe Brogniart’s Versuche fortgesetzt haben. 


- 


137 


lich hat man um junge Früchte ein weifses Papier befestigt, 
und sie so gleichsam mit einer künstlichen Scheide umge- 
ben, die in jeder Hinsicht der natürlichen bei den Aroideen 
gleicht. Den Landmann leitete bei diesen verschielenen Ver- 
fahrungsweisen dieselbe Erfahrung, zu deren Bestätigung der 
Naturforscher der "genauesten Werkzeuge bedurfte. Die in 
Papier eingehüllte Blume wird mehr erwärmt, als die übrigen; 
denn bei der runden Form der Düte (oder Scheide) werden 
die Wärmestrahlen von der weifsen Fläche alle nach deren 
Centrum hin,+wo sich die Blume befindet, reflectirt. Die 
Wahrheit dieser Erscheinung ist nun durch direete Versuche 
bestätigt. Es wurden nämlich zwei.beinahe gleiche Thermo- 
meter an die kattunenen Vorhänge der Glasscheibe eines nach 
Westen gelegenen Fensters aufgehängt. Das eine Thermome- 
ter hing frei, das andere wurde bald mit einer Papierdüte, bald 
mit einem grauen, blau und olivenfarben bedruckten, vierfach 
zusammengelegten seidenen Tuche umwunden. Die Thermo- 
meterkugel blieb von allen Punkten der Düte gleich weit ent- 
fernt. Beide wurden, vier Tage lang, von Minute zu Minute 
beobachtet. Die sich hieraus ergebenden Wärme-Tabellen 
wurden mit denen der Schriftsteller über die Temperatur der 
Colocasia odora verglichen, und hieraus die Identität der, bei- 
den Phänomenen zu Grunde liegenden, Ursachen unzweifelhaft 
abgeleitet. Eine einfache Düte von weilsem Papier reicht him 
um ein hineingehaltenes Thermometer zum Steigen zn brin- 
gen. Die Umhüllung mit einem Seidentuche bewirkt eine 
Temperaturerhöhung von 40° a 11°. Ein düunes Kohlblatt 
hat zufolge der beträchtlichen Wasserdunstung die entgegen- 
gesetzte Wirkung auf das Thermometer. Die Wärmeerhö- 
hung ist um so beträchtlicher, je intensiver das auf den künst- 
lichen Spadix fallende Licht ist. Die gröfste Temperaturver- 
schiedenheit findet statt um 3—4—44 Uhr, später wird ein 
schnelles Sinken des Thermometers wahrgenommen, Während 
der Nacht sinkt das mit der Düte umgebene Thermometer 
unter die Temperatur der Atmosphäre, zufolge seiner Isoli- 
rung von der Zimmerwärme, mit welcher das nicht verhan- 
gene Thermometer in directer Berührung bleibt. Können nun 
schon unregelmäfsige und rohe Naturnachahmungen solche auf- 
fallende Wirkung haben, wie weit stärker und bestimmter mufs 


138 


nicht diese Wirkung bei den Aroideen sein, in deren Blüthen- 
kolben die Reflexion von der gleichmäfsigen Fläche, die sich 
zu der beschriebenen Form rundet, statt findet. Wenn man 
diefs berücksi@htigt, so wird man das von Hubert auf Isle de 
France beobachtete Maximnm von 49° nicht übertrieben fin- 
den. Wir müssen in unsrem Klima selbst im Freien, an un- 
sren schönsten Frühlingstagen dasselbe Resultat erhalten. An- 
ders mufs es sich dagegen in unsern Treibkasten verhalten, 
je nachdem ein mehr oder weniger helles Licht auf sie fällt. 
Es ist sogar wahrscheinlich, dafs die Temperaturerhöhung an 
einzelnen Stellen des Kastens gar nicht eintritt; an solchen 
Stellen befanden sich wohl die Pflanzen der Physiologen, 
welche Lamarck’s Beobachtung bei Arum Italicum geläugnet 
haben. Aus dem Gesagten ergiebt sich, dafs die Temperatur- 
erhöhung der Aroideen nicht in Folge einer innern organi- 
schen Funktion, sondern lediglich der äufsern Beschaffenheit 
der Blumen zu Stande kommt, und dafs die Erscheinung über- 
haupt zu der Klasse derer gehört, welche die Naturforscher 
zu allen Zeiten mit anorganischen Apparaten dargestellt ha- 
ben. Hieraus folgt also, dafs der Wärmegrad variiren wird, 
je nachdem die eine oder andere Seite des Blüthenkolbens 
sich dem Lichte darbietet, je nach der Verschiedenheit des 
Winkels, unter welchem das Licht auf die Fläche der Scheide 
fällt, je nach der Verschiedenheit des Standortes der Pflanze 
im Freien oder im Treibkasten, endlich je nach der Verschie- 
denheit der Menge des verdunstenden Wassers. Aus demsel- 
ben Grunde mufs die Zeit, we das Maximum eintritt, mit der 
verschiedenen geographischen Breite des Ortes der Beobach- 
tung varliren, so dafs jenes Maximum unter den Wendekrei- 
sen Frühmorgens, in den gemäfsigten Zonen des Mittags und 
Nachmittags bis 5 Uhr eintritt.“ u. s. w. So weit Raspail. 
Eine solche Erklärungsart von einem Manne, der sich, wie 
seine viele Schriften beweisen, mit der Physiologie der 
Pflanzen eifrig beschäftigt hat, kann nur höchst sonderbar er- 
scheinen. 

Unsre Absicht bei der Mittheilung einer zweiten Reilıe 
von Versuchen ist indefs nicht Raspail’s Ansichten zu wider- 
legen, da sie eigentlich keiner Widerlegung zu bedürfen schei- 
nen, sondern es leitete uns dabei dieselbe Ueberzeugung, 


139 


welche den nicht genug’ zu lobenden Senebier zuvden Worten 
veränlafste: „des experiences aussi delicates doivent: &tre 
variees de milles manieres 'et\suivies avec le plus grand 
soin, pour offrir des conclusions tranchantes*). 

Schon aus ‘den Mittheilungen' Bory de St. Vincent’s konnte 
man deutlich schliefsen, dafs die Wärme von dem Spadix und 
nicht von der ihn umgebenden Scheide ausgeht. ' Dieser er- 
zählt nämlich einen Versuch, wo die eben erwähnte blattartige 
Blumenscheide, fest an den Spadix ‘gebunden, eben so er- 
schlaffite oder verwelkte, als ob’ man sie in heifses: Wasser 
getaucht hätte.  Erwägt man, welch einen beinahe unglaubli- 
chen Wärmegrad: Bory de St. Vincent angegeben hat, so ist 
eine solche Verwelkung leicht erklärt, allein es folgt auch 
zugleich daraus, dafs die Wärme nieht von der Scheide, son- 
dern vom Kolben ausgeht. 

Es war mit Recht zu erwarten, dafs, wo solche Thatsa- 
chen sprechen, wie in oben erwähnter Mittheilung Niemand, 
und am wenigsten der Naturforscher Raspail, behaupten würde, 
das ganze Phänomen rühre von der Zurückstrahlung der 
‘Wärme von der innern Wand der Scheide auf den Kolben her. 

Um unsere Behauptung hinsichtlich der Wärmeentwicke- 
lung im Blüthenkolben selbst über alle Zweifel zu erheben, 
stehen uns eine Menge von Beweisen zu Gebote, Gern hät- 
ten wir uns dergleichen Erörterungen überhoben, doch durf- 
ten wir diefs nicht, da wir sahen, dafs hier und da ein Na- 
turforscher der Raspail’schen Ansicht einigen Werth beilegt. 
Wir wollen das Urtheil der Physiker nicht beschränken rück- 
sichtlich des Werthes, den man Versuchen mit einem Thermo- 
meter in einer Papierdüte schenken möge; jedoch dürfen Phy- 
siologen nicht zugeben, dafs aus solchen Versuchen Schlüsse 
auf die lebende organische Natur gezogen werden, mögen jene 
Versuche auch an und für. sich noch so schätzenswerth und 
glaubwürdig seyn. 

Obschon bereits aus unsern frühern Mittheilungen sich 
herausgestellt hatte, dafs die Scheide nicht die Ursache der 
Wärme abgiebt, indem wir in einer Blume, deren Scheide ab- 


”) Physiologie vegetale par Jean Senebier, II. p. 312. 


140 

geschnitten! war*), (dieselbe Wärmeerhöhung beobachtet 'hat- 
ten: so. glaubten wir ‚doch‘ durch neue Versuche diese 'Mei- 
nung:noch ‚fester begründen zu müssen. 

Aufser unsrer Colocasia. odora haben wir Yhlarapı aut 
andre Aroideen, als Arum  Italicum und Arum Dracuneu- 
Zus genommen**). Einige dieser Versuche wollen wir, hier 
folgen lassen, ‘wie wir sie verzeichnet haben. 

Die erste Beobachtung geschah im Freien.;mit dem Spa- 
dix von Ärum ltalicum. ‘Wir konnten trotz der gröfsten 
Sorgfalt und Genauigkeit: keine Temperaturerhöhung wahrneh- 
men. , Als aber die Pflanze in die Orangerie gebracht worden, 
entwickelte ein andrer Blüthenkolben eine ziemlich bedeutende 
Wärme. Dafs bei der ersten Blume ‘die Wärme nicht deut- 
lich wahrgenommen werden konnte, lag wahrscheinlich: an dem 
starken Wind, dem sie während des Versuchs ausgesetzt war. 
Es ging uns hierbei ungefähr so wie Theodore de Saussure ***), 
da 

*) Tydsch. a. a. O. p. 11. 308. 

**) Prof. Göppert, den wir im Eingange unsrer vorigen Mitthei- 
lung unter den Gelehrten genannt hatten, deren Fleifs in dieser Be- 
ziehung die Physiologie. am meisten, zu verdanken hat, hat uns die 
Nichterwähnung seiner Versuche mit drum Dracunculus zum Vor- 
wurf gemacht (S. Froriep’s Notizen No. 1065 Bd. XLIX Juli 1836). 
Wir berichteten die Ergebnisse von Versuchen mit der Colocasia 
edora, und sprachen daher nicht vom Arum Dracunculus. Das, ver- 
dienstliche Werkchen Göpperts „Ueber Wärme -Entwickelung in der 
lebenden Pflanze, ein Vortrag gehalten zu Wien am 18. September 
4832 in der Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte“ war 
uns wohl bekannt, und hat sogar Dr. de Vriese im Jahre 1833 die 
Versuche über die Wärme - Entwickelung in keimenden Samen zu 
Rotterdam wiederholt, jedoch wegen der vielen Berufsgeschäfte, die 
durch die damals ausbrechende Cholera-Epidemie veranlafst wurden» 
nicht gehörig aufgeschrieben. 

**%) S, Th. de Saussure: De Paction des fleurs sur Tair et de leur 
chaleur propre, lu ü la Societe ‘de Phys. et d’Hist. naturelle de Ge- 
növe, en 1822 in den Ann. de Chym. et de Phys, Tom, NX1p.279. 1822. 


141 


Wärmeentwickelung anıden Staubfäden von Arum 
 Italicum, nach Entfernung der Blumenscheide 
4) bei abgesperrtem Lichtzugange, 


Therm. in! Therm, 


20. Juni 1838: der Oran-; auf dem Bemerkungen. 
{ - | gerie. | Kolben. | 

Nachm. 1U. 30Min.) 624 654 Das Therm. war am 
2 — 63 » Tage der , Ejaculation 
2U. 30Min. » 652 |des Blüthensiaubes so 
30 — ” 66 _ Jaufgehängt worden, dafs 
3U. 30Min.! 62 654 (die Kugel die Stamina 
4 — 621 66 berührte. 
> en » » 
6 u » » 
7 ii » » 


Später sank die Temperatur wieder allmählig, ' wir haben 
sie indefs nicht weiter beobachtet. | 

Das Maximum des Unterschiedes betrug hier 3% F., und 
dieses trat ungefähr zur selben Zeit ein, wo die meisten Phy- 
siologen es wahrgenommen haben *). 


Wärmeentwickelung an dem Spadix einer Coloca- 
sia.odora, nach Abschneidung der Scheide. Die 
Pflanze befand sich an einer dunkeln Siehe in 
der Orangerie. 


| Verglei- Therm. d., 


23. Juni 1838. !chendes | Blüthen- Bemerkungen. 
N ern, | koölbens. | 
Nachm.12U.45Min.| 64 744 

— 5— | 644 76 
5— | 64 764 
— 10 — » 77 
— 15 — » 78 
— 30 — » 79 
Ban » » 
2 _ 65 » 
— 15— 644 794 
Ban » 78 
— — » 80 


*) Ueber die in Arum Dracunculus statt findende Wärme s, Prof. 
| €1. Mulder in Tydschrift voor nat, gesch. en phys. III. D. I St. 
4836. P. 66 — 70. 


442 


Verglei- |Therm, d, i 
23. Juni 1838. | een Blüthen- Bemerkungen.' 
Therm,, | kolbens, |: 
Nachm. 3U.—Min.|; 164 | |» Maximum des Unter- 
— 15 — » 76 schiedes 16° F, 
— 30 — » 734 Fortwährendes : Sin- 
—5—| 64 70 ken des Therm. der Blu- 
AU. — »,..| 68.. |me gegen Abend. 
5U. — »: 67 
5U.30 — | 641 663 ö 
ne » » h 
— 30 — » 66 », 
7ZU. — » » 
= en » 
su — » » 


Die Thermometerkugel war ganz frei an der Spitze des 
Kolbens aufgehängt. 

Die erste Temperaturerhöhung war schon fünf Minuten 
nachher zu bemerken. 

Wir müssen indefs: noch hinzufügen, dafs ein. Fenster ge- 
öffnet werden mufste um den Stand des Therm. beobachten 
zu können. 


Fortsetzung des Versuchs an derselben Blume. 


24. Juni. u aKöiben] Bemerkungen, 

Vorm. 41U.—Min.| 65 68 Ejaculation des, Blu- 

— 15 — » » menstaubs. 

unge » 69 

— — » 70 

12 — 652 » 

— 15 — 67 72 

— 30 — » 74 

—- 5— » 75 
Nachm. 1U. — » 76 

bi » » 

— 30 — | 66 » 

2U. — 63 78 

— 15 — 62 79 

— 30 — | 60 793 Maximum des Unter- 

— 45 — » 78 _ ischiedes 19% F. 

3U. — ” 77 

— 130 — » 76 

— 5—| 59 755 


143 


24. Juni. Nrreleieb. ER, Bemerkungen, 
Nachm. 4U. — |», 1,74 
a » 73 
U — » da ) 
gzialf 653 272 
BU — ” 714 
ers” 693 
ı „6U. » 68 
um — » » 
: 7 — » » 
MET, |, PEN » » 


’ 2 . . 
| Länger wurden die Beobachtungen an, diesem Tage nicht 


_ fortgesetzt.. Auch den folgenden Tag bemerkten wir in die- 
ser Blume noch Wärmeerhöhung, wie folgt: 


Nachmittag. nt er Bemerkungen, 
U. — 693 82 
4U.30Min.| '» 54 Maximum ‚des Tem- 
10.40 — » 52 peraturunterschiedes 
1U.45 — | 68% 821 1121 F, 
20, — 684 » 
— 5—-| 6 » 
— 30 — » 82 
ei Ad » » 
Bu. — » » 
— 15 — » Ss 
—ı— » s0 
4. — | » 78 


Um den Einwurf zu beseitigen, dafs die Temperaturerhö- 
hung am Spadix die Wirkung einer durch die Abschneidung 
der Scheide verursachten krankhaften Thätigkeit sein könne, 
[was nach unsrer Meinung nicht der Fall ist, da gemäfs unsern 
meisten frühern Versuchen dieselbe Temperaturerhöhung bei 
nicht von der Scheide entblöfsten Blumen statt findet], haben 
wir bei mehreren Blumen die Scheide ohne sie in etwas zu 
beschädigen, umgebogen oder zurückgeschlagen, und dennoch 
dieselben Temperaturverhältnisse, wie bei den andern wahr- 
genommen. 

Nach dem’ Gesagten möchten also wohl alle Zweifel hin- 
sichtlich des Theiles, von dem die Wärme ausgeht, gehoben 


» 


144 


sein, und, wir glaubten daher‘ diese Sache als völlig erwiesen 
und abgemacht betrachten zu können, 

Noch vieles bleibt indefs. bei dieser so merkwürdigen Er- 
scheinung zu untersuchen übrig. Zunächst liegen uns deren 
Ursachen zur nähern Erforschung vor, welche uns vielleicht 
zum grofsen Theil einleuchten werden, wenn man das Phäno- 
men selbst von allen Seiten genauer kennen gelernt hat. We- 
nigstens veranlafst dasselbe noch zu verschiedenartigen Unter- 
suchungsweisen, und nur die vereinigten Bestrebungen der 
Botaniker, Physiologen und Chemiker dürften ‘die Hoffnung 
auf dereinstige gründliche Resultate, zu denen noch sehr viele 
und kostspielige Versuche erforderlich sind, rechtfertigen. 
Nichts destoweniger wollen wir einstweilen nach Kräften zur 
Auflösung des grofsen und wichtigen Räthsels beizutragen 
suchen. 

Nach dem jetzigen Stande der Wissenschaften, zumal 
des physiologischen, darf man die Behauptung festhalten, dafs 
das Lebensprineip die erste und wichtigste ‚Kraft ist, ohne 
welche sich keine Function in der animalischen oder vegeta- 
bilischen Oekonomie denken läfst. Jedoch mufs man auch 
nicht vergessen, dafs die Physiologie eben so wohl eine phy- 
sische und chemische, als dynamische Wissenschaft ist. Denn 
bei der vollen Ueberzeugung, dafs die übrigen Naturkräfte, 
weder einzeln noch insgesammt, thierische oder pflanzliche 
Lebenserscheinungen zu Stande zu bringen vermögen, wenn 
nicht die Lebenskraft hinzutritt, glauben wir dennoch, dafs jene 
Naturkräfte von Vielen zu sehr hintenangestellt worden. Schon 
die Erkenntnifs und genaue Abgrenzung der Wirkungssphäre 
der sogenannten todten Naturkräfte in den organischen Kör- 
pern mufs uns dem wabren Begriffe vom Wesen der Lebens- 
kraft, wie sie gewöhnlich genannt wird, näher bringen. Und 
diefs bleibt bei physiologischen Forschungen doch immer das 
schwierigste und complieirteste Problem. 

Es ist vielleicht nicht unzweckmäfsig zu einer Zeit hier- 
auf aufmerksam gemacht zu haben, wo viele zur sogenannten 
Pflanzenphysik und Chemie gehörige Gegenstände gar nicht, 
oder nur sehr unvollständig gekannt, und durchaus nicht dem 
sonstigen Stande dieser Wissenschaften gemäfs bearbeitet sind. 
Die allgemeine Sucht nach systematischen und mikroskopi- 


145 


schen Untersuchungen scheint der Lust zu solcher schwierigen 
Arbeit nicht schr förderlich zu sein. 

Um auf diesem Felde der Forschung einige Schritte wei- 
ter zu kommen, glaubten wir untersuchen zu müssen, wie sich 
unsre Blüthenkolben unter verschiedenartig modifieirten Um- 
ständen verhalten würden. Bory de St. Vincent theilt dreifsig 
von Hubert angestellte Versuche mit, woraus man sieht, dafs 
dieser Pflanzer aus der ihm zustehenden Gelegenheit, ‘diese 
Pflanze in ihrem Naturzustande zu untersuchen, für die Wis- 
senschaft allen Nutzen zu ziehen bemüht war, den die Ver- 
hältnisse, in welchen er sich befand, und die wenigen ilim zu 
Gebote stehenden wissenschaftlichen Hülfsmittel ihm gestatte- 
ten. Wir schicken hier einen Bericht über seine Versuche 
den unsrigen voraus. 

Hubert setzte drei erdiniiine Blüthenkolben im Au- 
genblicke, wo sie die höchste Temperatur zeigten, in eine 
Flasche, und liefs sie 24 Stunden in derselben, um die Quan- 
tität des während dieser Zeit durch Transspiration erzeugten 
Wassers bestimmen zu können. Es ergaben sich anderthalb 
Kubikzoll farblosen Wassers, in welchem Seife löslich war. 
Andere Blüthenkolben wurden mit Oel bestrichen, worauf alle 
schon begonnene Wärmeentwickelung stockte. Dasselbe fand 
statt, wenn er sie in Wasser oder Essig setzte, wogegen sich 
nach ihrer Entfernung aus diesen Medien die Temperaturer- 
höhung wieder einstellte.e Auch das Bestreichen mit Honig 
hob alle Wärmeentwickelung auf, eben so das Eintauchen in 
Alcohol; nach Entfernung aus der letztern Flüssigkeit sanik das 
Thermometer, natürlich zufolge der starken Verdunstung des 
Weingeistes, sogar unter die Wärme der Atmosphäre, Abwe- 
senheit des Lichtes blieb auf die Wärmeentwickelung ohne 
Einfluß. Papierne Hüllen, um die Kolben gelegt, erhielten 
dureh Mittheilung von diesen so viel Wärme, dafs man sie 
durch das Papier hin fühlen konnte. Kleine Vögel unter 
eine Glocke gebracht, in der Blüthenkolben der Pflanze aus- 
' gedunstet hatten, kamen dem Ersticken nahe. So weit Hu- 
bert’s Versuche. 

Wir wollten zuerst unsre Blüthenkolben der Einwirkung 
verschiedener Gasarten aussetzen, jedoch hierbei, so viel als 
möglich, den Fehler zu vermeiden suchen, in den so viele 

V. Jahrg. 1. Band, 10 


146 


Experimentatoren gefallen waren, indem sie durch das völlige 
Abschneiden des Pflanzentheils, mit welchem der Versuch ge- 
macht werden sollte, alle Verbindung mit der Mutterpfllanze 
aufhoben, und dadurch das Leben der Pflanze störten. Zu 
diesem Zwecke hatten wir einen Apparat erdacht, der uns in 
mancher Hinsicht passend schien, an welchem wir jedoch bei 
einer, noch zu veranstaltenden dritten Reihe von Versuchen 
einige Aenderungen werden vornehmen müssen. Eine Abbil- 
dung dieses Apparates haben wir unsrer Abhandlung beige- 
fügt, und lassen hier eine kurze Beschreibung desselben folgen. 

Mitten in den Boden eines runden gläsernen Behälters 
von 5 (Rheinl.) Zoll Höhe und 7” Durchmesser wurde eine 
grosse runde Oeffinung gemacht, in welche eine an beiden En- 
den offene gläserne Röhre von 6” Länge und 14” Durchmes- 
ser eingebracht und verkittet wurde. ‘Diese Röhre war so 
befestigt, dafs sie 14” unter den Boden des Behälters hin- 
ausragte. An den matt geschliffenen äufsern Rand des untern 
Endes der Röhre wurde die Mündung eines 6” langen, weiten 
Kautschukceylinders dicht anschliefsend befestigt. Dieser sollte 
dazu dienen, um an seiner untersten Oefinung (seinem Ein- 
gange) den Blumenstengel hindurchzulassen, und alsdann bei 
dem zu machenden Versuch an diesen festgebunden zu werden, 

Am obern Ende der gläsernen Röhre, welches in den 
Behälter hineinragte, befand sich eine vollkommen luft- und 
wasserdicht schliefsende Klappe, die nach Belieben mittels ei- 
nes.'Strickes, dessen Bewegung weiter unten näher erläutert 
werden soll, sich öffnete, 

In den Behälter mufste ein Glaseylinder gesetzt werden, 
von 14” Höhe und 54” Durchmesser; dieser Cylinder, welcher 
natürlich die mehrerwähnte gläserne Röhre in sich fafste, hatte 
einen 14’ langen und 2” breiten Hals, und ruhte mit seinem 
untern Ende in dem Behälter auf einem hölzernen Dreifufse, 
wodurch die Gemeinschaft zwischen dem innern Cylinderraum 
und: dem umgebenden Raum des Behälters leicht unterhalten 
wurde. 

In dem Hals des Cylinders befand sich ein gut schliefsen- 
der Pfropf mit zwei kleinen Oeffnungen versehen, wovon die 
erste grade in: der Axe des Cylinders gelegen, eine kupferne 
Schraubenmutter enthält, durch welche eine ebenfalls kupferne 


147 


Axe lief, deren äüfseres Stück in eineHandhabe endigte, wäh- 
rend das andere in den Cylinder sich fortsetzte, und hier wie 
eine ewige Schraube in senkrechter Richtung auf und ab be- 
wegt werden konnte, um auf diese Weise zur völligen Schlies- 
sung der Klappe an der gläsernen Röhre zu dienen. Ein Zoll 
weit von seinem innern Ende oder Spitze, wurde zur Aufhän- 
gung eines Thermometers ein kupfernes Häkchen angebracht, 

Die zweite Oefinung im Halse diente zur Aufnahme einer 
'gebogenen zinnernen Röhre, die durch den Hals in den Cylin- 
‘der gelangte, und aufserhalb desselben vermittelst eines Zapfens 
‘verschlossen oder geöffnet werden konnte. An der innern 
Seite des Cylinders war oben noch ein zweites kupfernes 
Häkchen an einen Ring vom selben Metalle, der im Cylin- 
der festsafs, angebracht. Dieses Häkchen ragte weit genug 
in den Cylinderraum hinein, um ein daran aufgehängtes Ther- 
mometer von aller Berührung mit den Glaswänden frei zu 
erhalten. 

Unser ganzer Apparat ruhte 'auf einem offenen Fufsge- 
stell, das vom untern Ende ‘der Glasröhre durchbohrt 'war, 
und wurde an drei an dem Fufsgestelle befestigten und oben 
zusammengefafsten Stricken aufgehängt, um mittels eines Klo- 
bens nach Belieben auf- oder abwärts bewegt werden zu 
können. 

Die blühende Pflanze wurde Tags zuvor, ehe die Blume 
ihre hohe Temperätur entwickeln sollte, ‘so gestellt, dafs der 
Blüthenkolben geräde unter den Apparat zu stehen kam. Die 
Scheide wurde den folgenden Tag bis zur unfruchtbaren Pi- 
stille abgeschnitten, also so weit,’ dafs die von Räspail angege- 
bene Wärmezurückstrahlung nicht statt finden konnte. Wir 
liefen den Apparat vorsichtig herab, ‘wodurch der Spadix 
durch die Kautschukröhre in die gläserne Röhre, welche stets 
durch die Klappe oder den Deckel geschlossen blieb, eindrang. 
Diese Röhre ward dadurch beinahe gänzlich eingenommen; we- 
nigstens ragte der Spadix bis zum Deckel empor. Nachdem 
nun der Spadix in die Röhre eingebracht wär, wurde der Kaut- 
schuckköcher unten an den Wulst, der den Fruchtkeim: ent- 
hält, befestigt, um die Absperrung so vollständig als möglich 
zu klchen, noch mit einer Blase umgeben, und angebunden. 
So genau indessen auch die Verschliefsung war, so konnte 
| 10 * 
| 
1 


148 


man doch nicht verhüten; ‘dafs in der Röhre,‘ welche den Spa- 
dix enthielt, einige atmosphärische Luft  zurückblieb. Jedoch ! 
war! die Quantität ‚derselben so gering, dafs wir sie dreist,als 
Null betrachten durften im.Vergleich. zur Gassäule, die wir in 
den Cylinder zu bringen ;beahsichtigten, le ie 

‚,Auch.-einen. andern Umstand, der, zur, richtigen Benrthei- | 
lung unsers . Versuches. ‚beiträgt, dürfen, wir ‚hier nicht. ver- 
schweigen; nämlich, dafs, ‚obgleich die, Abschliesfsumgsmittel 
dieht anschlossen und drückten, der, Blumenstengel dennoch | 
keinen zu starken Druck ‚durch die Einschliefsung .erlitt. Nach | 
‚dem. Ablauf der Versuche ‚war nicht nur an demselben: keine 
Spur: einer erlittenen ‚Verletzung bemerkbar,; sondern in einer ' 
der. Blumen nähert sich sogar der Samen seiner Reife, was 
zum. Beweise dient, ‘dafs; die Function, des Stiels ‚keine Stö- ' 
zung erfahren. . 

Nachdem auf die ‘beschriebene Weise der Apparat mit 
der Blume in Verbindung gebracht war, wurde der Cylinder 
nut ‚Wasser gefüllt, um;.die ‚darin ‚vorhandene atmosphärische | 
Luft auszutreiben. Nichts war leichter als .diefs, da das in) 
den, Behälter gegossene ‚Wasser in den Cylinder BinaufeHese | 
je nach Verhältnifs der Quantität Luft, welche durch Oeffnen 
des ‚Zapfens an der zinnernen Röhre ‚ausgesaugt, wurde, 

Der Leser wird schon unsre Absicht hierbei gemerkt ha- | 
ben, nämlich‘ zu ‚verhüten, dafs der Blumenkolben von irgend 
welcher Flüssigkeit .berührt würde, während wir den Apparat 
mit Wasser füllten,. um, ‚an, ‚dessen Stelle sofort eine beliebige 
Gasart einzulassen. ‚Hierzu diente die dicht schliefsende Klappe 
an der Glasröhre, in, welcher ‚die Blume sich befand. Diesen 
Zweck. haben wir vollkommen: erreicht, und ‘zugleich eine an- 
dere etwaige Störung der natürlichen ‚Verrichtungen, das.Nafs- 
werden ‚der, den Blüthenstaub enthaltenden, Organe verhütet, | 
was um so wichtiger war,.da man weifs, dafs Wasser die Foe- 
eundationsfunetionen stört, und unsre Versuche grade , wäh- 
rend derselben statt fanden. 

Nachdem ‚nun ‚der ‚gläserne Cylinder mit Wasser gefüllt‘ 
war, wurde ‚der Kralın. geschlossen, und an denselben eine‘ 
ebenfalls durch einen Krahn abschliefsbare, mit Sauerstoflgas' 
gefüllte Blase angeschraubt, aus welcher beim Oeffnen beider, ' 
durch eine Kautschukröhre verbundenen Krähne, das Oxygen- 


149 
gas’in den Cylinder hinürberströnte. Im Verhältnifs des eim- 
dringenden Gases wich nun das Wasser'aus dem‘ Glascylinider, 
bis dieser ganz "mit Säuerstoffgas’ gefüllt war. Nachdem man 
sieh überzeugt hatte,’ dafs das Gas an keiner Stelle ausströ- 
wien konnte, wurde die kupferne Axe, die mit ihrer Spitze 
auf die Klappe drückte, so weit aufgeschraubt oder zurückge- 
zogen, dafs der Deckel frei ward, und hierauf der Deckel selbst 
penbehnenn 

Dieser Deckel konnte vermittelst eines Strickes, den man 
an seinen, zu diesem Zwecke vorhandenen 'Fortsatz befestigt, 
leicht entfernt werden. Dieser Strick lief nämlich 'unter dem 
hölzernen Fufsgestelt durch ein kupfernes Auge, (oder Ring) 
wie unter eine Rolle. hin, und hing mit seinem freien Ende 
zum’ gläsernen Behälter heraus. 

Die durch einen Zug an dem Stricke auf den Boden des 
Behälters herabgezogene Klappe bleibt beim Verfolge dieses 
Versuchs aufser Acht. 

Nun liefsen wir unsern Apparat 21” sinken, wodurch der 
Blütenkolben in demselben Mafse in den. Cylinder hinaufstieg, 
und ebenso die bewegliche Kautschukhülle nebst dem darin 
befestigten und eingeschlossenen Stengel in die Glasröhre zu 
stehen kamen. 

Sowohl an dem, nahe bei der Axenspitze angebrachten, 
als an dem, im obern Theile des Cylinders befindlichen Häkchen, 
war ein Thermometer aufgehängt worden, ehe der Glascylinder 
auf den Apparat gebracht war. Wir hatten die beiden Ther- 
mometer zuvor sowohl mit einander, als mit unsern übrigen 
Thermometern verglichen, wobei sie alle nur zu wünschende Ue- 
bereinstimmung zeigten. Das eine sollte, mit dem Spadix.in Be- 
rührung gebracht werden, während das andere die vergleichende 
Temperatur des Cylinders anzugeben bestimmt war.’ Durch die 
Bewegung, welche uns der kupferne Stab gestattete, konnten 
wir dem Spadix überall leicht folgen, was um so nothwendi- 
ger war, da dieser zufolge seines Wachsthums so sehr aus 
seiner Stellung wich, dafs er sich zuweilen von der kleinen 
Thermometerkugel entfernte. 

Auch bei diesem Versuche blieben die Fensterläden der 
Orangerie, in welcher der Versuch statt fand, geschlossen. 
Unsre in Sauerstoffgas stehende Blume war also weder dem 
Einflusse der Sonnenstrahlen, noch der brennenden Hitze eines 


150 


warmen Treibkastens, noch , der. Einwirkung; der ‚atmosphäri- 
schen Wärme, die im Juli beträchtlich war, ausgesetzt. | 
Zu gleicher Zeit hatten wir eine, in Gärten in der That 
höchst seltene Gelegenheit, einen. zweiten Blüthenkolben: von 
einem in jeder Hinsicht eben so gesunden Exemplar derselben 
Pflanzenspecies zu beobachten. Als die Blume dieser Pflanze die- 
selbe Höhe erreicht hatte, wie die. zu unserm Versuche innerhalb 
des Cylinders bestimmte, stellten wir sie in unserm Gewächshause 
neben ‚einander; , Beide, hielten in ihrer Entwickelung gleichen 
Schritt, zeigten und öffneten zur. selben Zeit ihre Scheiden 
und begannen ihre Temperaturerhöhungen fast in demselben 
Moment. Wir hielten, dafür, dafs: durch‘ diesen glücklichen 
Zufall unser Versuch mit dem ‚Blüthenkolben; in Sauerstoffgas 
zu einer Vergleichung führen könnte, ‚aus ‘der sich ein. rein 
wissenschaftliches Resultat würde ‚ziehen lassen, „Wir lassen 
hier unsre Beobachtungen an fünf zuvor, und alle Viertelstunde 
wiederholt, mit einander verglichenen Thermometern folgen. 


Vergleilchung eines Blüthenkolbens in Sauerstoff- 
gas mit einem andern in der gew. Atmosphäre be- 
findlichen, den Tag vor der Ejaculation des 


Blüthenstaubs. 
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— 30—|825| » [771] » | » und mit der Temp. in 


4— . —|82 | » |76 | » | » der Orangerie 8°F, 
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— 455—|77'|75 | » |zaıl » 

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—15—| » |» |72 |74 
— 30—| » |74 [71 731 |76 | 


151 


Sehr merkwürdig ist die rasche Wirkung des Oxygens auf 
den Kolben; schon eine halbe Stunde nach der Berührung 
zeigte sich ein Wärmeunierschied von 4° mit dem Spadix in 
der Orangerie. Die vorher hinsichtlich dieser Erscheinung ge- 
hegte Vermuthung war nun, wie sich aus den fernern Notizen 
ergeben wird, über allen Zweifel erhoben. 

Später als bis halb sechs Uhr des Nachmittags haben wir 
die Notizen: nicht mitgetheilt, obgleich die Beobachtungen bis 
halb neun fortgesetzt worden, wo die beiden Therm. inner- 
halb.des Cylinders-gleich hoch standen, und das. in der -Oran- 
gerie nır um 3—4° F. überstiegen. Die Therm. in der Oran- 
gerie und an dem darin befindlichen. Spadix standen eben- 
falls gleich. . 

Von Zeit zu Zeit mufsten wir frisches Sauerstofigas ein- 
strömen lassen, da das absperrende Wasser im Cylinder un- 
srer Berechnung gemäfs alle drei Stunden wenigstens einen 
halben Zoll gestiegen war. 

.. Als der letzte von uns am 5. ungefähr nm 9 Uhr Abends 
den Ort, wo die Versuche gemacht wurden, verliefs, war: der 
Wasserstand beobachtet worden; allein den folgenden Morgen 
um 7 Uhr wurde derselbe beinahe 2” höher befunden, als den 
Abend zuyor. Diefs kann eine doppelte Ursache haben, ent- 
weder nämlich ist der erhöhte Wasserstand eine Folge der 
Resorption von Kohlensäuregas, welches sich hier zufolge der 
Wirkung des Blüthenkolbens selbst bei der Aufnahme und Assi- 
milation des Sauerstoffgases bildet, oder er hängt von der 
Aufnahme und Assimilation des Oxygens alleim ab. Wir möch- 
ten am liebsten beide Ursachen zugleich gelten lassen. 

Am 6. Juli setzten wir die Notizen unsres Versuches 
fort. Die Ejaculation des Blüthenstaubs begann des Morgens 
um 10% Uhr, und war gegen Mittag am stärksten, wo auch 
unser Maximum eintrat, (also früher als am ten). In der 
andern Blume trat die Ejaculation etwas früher ein. 


Zweiter Tag des Versuches. 
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Freitag den 6. Juli..=9 5915813 |== Bemerkungen. 
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— 30—1|875| » | » [724] » |Thermometerstandes 
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— 5—183 | » | ” | » |73 | Heftiges Gewitter 
5— Be 82; Be z S ; mit Platzregen. 
— 30—182 174 181 1723] » 
_ sah » |791|72 171 | 
6—- 181 | » 179°) » [708 
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130-1 ,%2 » 174 » 
— 3—|77 | » [732 m2ıo2: 


153 


Abends 7 Uhr wurde unser Apparat aus einander genom- 
men, die in dem Cylinder befindliche Luft in Glocken aufge- 
fangen, und nebst ‘einem Theile des Wassers, das zur Ver- 
schliefsung gedient hatte, aufbewahrt. 

Die Blume war nach dem Versuche völlig unversehrt und 
gesund. Sie hatte die normale Gröfse, da der Spadix, von 
dem beginnenden Wulst der Scheide an dem, Stengel bis zu 
seiner Spitze gerechnet, 84” lang war. 

Die Farbe ist beim Oeffnen der Scheide stets grünlichgelb, 
und wird später gelb. Auch der in Oxygen gestellte Spadix. 
hatte diefs eigenthümliche Colorit, was dieser, für die Physio- 
logen so wichtig gewordenen Blume ein so schönes Aussehn 
verleiht. Der Geruch war nicht schwächer, sondern eher stär- 
ker, als bei der andern Pflanze. 

Die Untersuchung zeigte uns, dafs die in dem |Cylinder 
übriggebliebene Luft gröfstentheils Sauerstoffgas war, jedoch 
auch Kohlensäuregas enthielt. Im Wasser zeigten sich deut- 
liche Spuren von Kohlensäure, die zweifelsohne aus der Luft 
des Cylinders in dasselbe übergegangen war. Mit den relati- 
ven Quantitäten konnten wir unter den FRERe ern Umstän- 
den keine entscheidende Versuche machen. 

Am 19ten Juli wurde eine Blume, welche ebenfalls im 
Begriffe stand, ihre Wärmeentwickelung zu beginnen, grade 
wie die vorige und ebenfalls im Dunkeln in den Cylinder 
gebracht, der jetzt mit Stickstoffgas gefüllt wurde. 

Beim Einbringen zeigte der Kolben bereits einige Grade 
Fahrenheit mehr, welche jedoch später wieder verschwanden, 
so dafs er bald mit dem oben in dem Cylinder befindlichen 
Thermometer gleich zu stehen kam, 


Der Blüthenkolben in Stickstoffgas. 


Erste’ Tag des Versuchs. 


Tag und Stunde. 


49. Juli. 
Vorm, 41U. 30M. 
Nachm. 4—  — 

nur. A 
2— 15— 


Therm, i 


dem Cylinder. 


Therm.and.Spadix. 
innerh..d. Cylinders. 


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. in der 


Thermom 
Orangerie. 


Bemerkungen. 


TE 


» Gröfste Differenz : der 
» |Thermometerstände jin d. 
651 |Oylinder = 54 FF. 

» 


Am 20. Juli 1838 fand die vollständige Ejaculation des 


Blüthenstaubs statt. 


Wir hatten zur selben Zeit eine kleine, 


sehr junge Pflanze in der Blüthe, die zugleich mit dem Kol- 
ben innerhalb des Cylinders ihre gröfste Höhe der Wärme- 
entwickelung erreichte, und den Blüthenstaub ausstiefs. Da 
diese Pflanze ganz unerwartet zur Blüthe kam, was bei dieser 
Species von Colocasia nicht selten der Fall ist, so hatte man 


155 


sie den ‘vorigen Tag nicht früh genug beobachtet, um eine 
Vergleichung anstellen zu können. Den andern Tag wurde 
sie jedoch des Morgens bei Zeiten aus dem warmen Treibka- 
sten in die Orangerie gebracht, und neben die ‚andere Pflanze 
gestellt, um ihre Wärmeveränderungen,beobachten zu können. 
In der folgenden kleinen Tabelle haben wir..die Notizen mit 
den andern zusammengestellt, legen indefs, wegen der Un- 
gleichheit der beiden Exemplare ‘bei weitem ‚nicht denselben 
Werth zur Vergleichung auf diese Beobachtungen, wie bei dem 
Versuche mit ‚der Pflanze, die sich in Sauerstofigas befand.| 


Zweiter Tag des Versuches, 


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20 Juli 1838. NED = er: 
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— 30—! » | » |76 |654 
4ı— —|» |» 73166 | 


Weiter haben wir diese Notizen nicht fortgesetzt. Wir 
begnügten uns damit, zu wissen, dafs unser Spadix in Stick- 
stofigas gebracht, durchaus keine Temperaturerhöhung erfuhr 
an dem Tage der gänzlichen ‚Ejaculation des Blüthenstaubes, 
wo gerade das Maximum der Temperatur hätte eintreten müssen. 

Wir glauben, dafs die Vergleichung der bei unsern Ver- 
suchen in Sauer- und Stickstoflgas wahrgenommenen Wärme- 
grade zu Resultaten führen müsse, die zur nähern Kenntnis 

» des Phänomens der Wärmeentwickelung bei den Aroideen bei- 
tragen werden. In dem, im Stickstofigase befindlichen Kolben, 
zeigte sich indefs noch eine andere merkwürdige Erscheinung. 


” 


156 


Es schien nämlich die Entwiekelung ‘und !das' Gedeihen "des 
Pflanzentheils still zu stehen, da weder ein Zuwaclis in der 
Länge noch im Umfang statt hatte. Die'Farbe war und 'blieb 
hellgrün, ‘und zuletzt ‘erschienen schwarze Streifen da,'wo auf 
der ‘Oberfläche die Absonderungen der Antheren zu sehen sind. 
Bei der Wegnahme des Cylinders vermifsten wir allen Geruch, 
was übrigens bei dieser Blume sehr charakteristisch'ist. 

Versuche über den Einflufs des Stickstoffgases auf das 
Leben unddie Functionen der Pflanzen würden ungeachtet 
der Untersuchungen, welche Theodore de Saussure im Anfange 
dieses Jahrhunderts und später über diesen Gegenstand ange- 
stellt hat, als eine Bereicherung für die Pflanzenphysiologie 
anzusehen sein. Sehr willkommen mufs daher den Pflanzen- 
physiologen eine hierauf’ bezügliche Abhandlung des französi- 
schen Gelehrten Bouttingault sein, welche in diesem Jahre der 
Pariser Akademie vorgelegt, und bisher nur durch kurze Aus- 
züge unvollständig bekannt geworden ist *). 

De Saussure’s Resultate sind den unsern frappant ähnlich, 
was die Wirkung” des 'Stickgases betrifft. Diese Aehnlichkeit 
besteht darin, dafs die nicht grünen Pflanzentheile in Stickgas 
nicht fortleben können, sondern durchaus des Sauerstoffgases 
bedürfen. Samen keimen in Stiekgas nicht, und die schon 
keimenden gerathen in dieser Luft in’s Stocken, und gehen 
endlich in Fäulnifs über. De Saussure**) sah, dafs die dem 
Oefinen nahen Blätterknospen der: Pappel und der Weide, 
wenn sie dem Stickgas ausgesetzt werden, in ihrer Entwicke- 
lung stille stehen, und endlich absterben. In unserm Blüthen- 
kolben hätten wir dasselbe beobachten können, wenigstens wa- 
ren ‚anfänglich die meisten Erscheinungen die nämlichen. 

Aus den bekannten Thatsachen dürfen wir mit Recht 
schliefsen, dafs das, nicht mit dem erforderlichen Sauerstoflgase 
vermengte Stickgas, den nicht grünen und zugleich nicht völ- 
lig entwickelten Pflanzentheilen ebenso schädlich ist, als den 
Thieren. Die einen, wie die andern bedürfen eine bedeutende 
Menge Sauerstofigas zu ihrem Leben, 

Das Stickgas ist bei unserm Versuche von der Blume 


 *) Sie heifst: De influence de Vazote atmospherique dans la ve- 
gctation. 
*r) Recherches chimiques sur la veretation. Paris 4801. p. 19. 


157 


nicht, oder doch in nicht wahrnehmbarer ‘Menge eingesogen 
worden. ‘Wir brauchten daher in den einmal 'gefüllten. Cylin- 
der kei neues Stickgas einzubringen. 

In der zurückgebliebenen Luft fanden wir keine Spur von 
Kohlensäure. Wie sollte diese .auch hineingekommen sein? 
Diefs stimmt völlig mit de Saussure’s Beobachtungen und Ver- 
suchen überein, der in einer solchen künstlichen Atmosphäre 
nur dann Kohlensäure fand, wenn. grüne Pflanzentheile, dem 
Einflusse des Stickgases ausgesetzt waren. Nicht grüne Pflanzen- 
theile liefsen niemals Kohlensäure. darin. zurück. 
>, Da sich nachher. keine Blumen: mehr zeigten, so. waren 
‚wir nicht im Stande zu untersuchen, welchen. Einflufs andere 
Gasarten auf die Temperatur der Blumen. hätten. Welch einen 
frappanten Unterschied bot uns nicht unser ‚letzter, Versuch. in 
Vergleich zu dem mit Sauerstofigas dar! Im 'Sanerstoff zeigte 
sich starkes Wachsthum, üppige Entwickelung, natürliche Farbe, 
sehr hohe Temperatur, überhaupt lebenskräftigere, raschere 
Functionen; im Stickgase dagegen Stockung, Aufhören aller 
Lebensthätigkeit, Hemmung des Wachstums, Verlust der Farbe, 
Störung der Wärmeerzeugung, drohende Zerstörung. 

So bewährte denn der Sauerstoff auch hier seine in der 
ganzen lebenden Natur so sichtbare, und durch unzählige Ver- 
suche an Pflanzen und Thieren bewiesene lebenerhöhende Kraft 
auf eine unzweideutige Art. So erhielten wir durch unsere 
Versuche einen nicht geringen Beitrag zur Bestätigung der 
schon alten Theorie, dafs die Aufnahme von Sauerstof? durch 
die Oberfläche der Blumen und die darauf folgende Exhalation 
von Kohlensäure bei der Wärmebildung in den ‚Äroideön al- 
lerdings berücksichtigt zu werden verdiente, und dafs vielleicht 
etwas Aehnliches bei andern Pflanzen wahrgenommen werden 
könnte, wenn wir hierzu die erforderlichen Hülfsmittel besäfsen. 

Ohne Zweifel war hier viel Sauerstoff absorbirt und Koh- 
lensäure frei geworden. Es geschieht also hier nichts anderes, 
als was wir bei allen nieht grünen Pflanzentheilen vorzüglich 
bei der Keimung wahrnehmen, welche letztere Function in 
vieler Hinsicht der Carbonisation der Blumen analog ist. Aus 
dem oben angeführten Goeppert'schen Werke geht hervor, 
dafs auch bei der Keimung eine Temperaturerhöhung eintritt, 
was man besonders bei Getreidesamen und Futtergewächsen 


158 


beobachtet hat. Da diese Entkohlung in Samen und Blumen 
für die Entwickelung oder das erste Gedeihen unerläfslich ist, 
so keimt kein Samen ohne Einwirkung des Sauerstofis aus 
der Atmosphäre und sterben, wie in unserm Falle, die Blu- 
men in einer Stickstoffatmosphäre bald ab. 

Zum Schlusse haben wir noch folgende kurze Erläuterung 
zu geben. Unser Blüthenkolben zeigte, in Stickgas gebracht, 
anfangs gegen alles Erwarten einige Temperaturerhöhung, was 
mit dem  Verfolge des Versuches durchaus im Widerspruch 
stand, da später an dem Kolben ungefähr derselbe Wärmegrad 
wahrzunehmen war, wie in dem Cylinder. Wir glauben diefs 
daraus erklären zu können, dafs unsre Pflanze schon, ehe sie 
in den Apparat gebracht worden, ihre Wärineentwickelung 
begonnen, und dafs die verzeichnete Temperaturerhöhung von 
412 U. Vorm. bis 14 U. Nachm. des 19ten Juli’s der noch 
fortdauernden Wirkung der natürlichen Atmosphäre, welcher 
die Pflanze entnommen worden, zuzuschreiben ist. 

Nach dieser kurzen Beweisführung wollen wir gerne zu- 
gestehen, dafs noch Vieles zu fragen und aufzuklären übrig 
bleibt. Hierzu müssen neue Versuche und genaue Untersu- 
chungen angestellt wurden, die wir für jetzt bei dem besten 
Willen aus Mangel an Blumen unterlassen mufsten. Gerne hät- 
ten wir noch die Fragen, welchen Einflufs andere Luftarten 
mit und ohne Lichteinwirkung ausüben, wie grofs die Menge 
des absorbirten Sauerstoffes oder die der exhalirten Kohlen- 
säure und des Wasserdunstes sei, und dergl. mehr zu bestim- 
men gesucht. ! 

Es bildet daher unsre Arbeit keinen Abschlufs, sondern 
nur eine Fortsetzung dessen, was Andere und wir über die- 
sen Gegenstand früher erörtert haben, und es bleiben daher 
fernere Untersuchungen noch sehr wünschenswerth. Denn nur 
durch eine vielseitige Betrachtung kann man mit einem Gegen- 
stande völlig bekannt werden; man suche sie daher so viel als 
möglich ersehöpfend zu machen. Wenige wissenschaftliche 
Untersuchungsobjecte sind bis zu dem Grade erörtert, dafs 
man sie als völlig bekannt, und deren nähere Erforschung als 
unnütz und überflüfsig betrachten dürfte, und es bleibt daher 
auch heute noch wahr, was Senebier so treffend gesagt hat; 


159 


„Un fait bien vu est une connaissance precieuse: il y en 
a peu, qui soient connus dans tous leurs details.“ 


Amsterdam den 1. August 1838. 


Erklärung der Tafel. 


a. Glasbehälter. 
ö. Oeffnung im Boden desselben zum Durchgange der Glasröhre. 
ce. Glasröhre 
d. Deren unteres Ende, 
e. Deren oberes, über den Behälter hinausragendes Ende. 
F Röhre oder Köcher von Kautschuk. 
. Deren untere Oeffnung. 
ih Blumenstengel. 
ö. Klappe oder Deckel am obern Ende der. Röhre. 
J. Strick, zum Wegziehen der @en. Klappe. 
k. Fortsatz an der Klappe zur Befestigung des Strickes. 
2. Gläserner Cylinder, 
m. Hals desselben, 
n. Dessen unteres Ende oder Fufs. 
o. Hölzernes Fufsgestell. 
p. Pfropf zum Verschliefsen des Halses. 
g. Oefinung für die kupferne Schraubenmutter, in der Mitte die- 
ses Pfropfs. 
7. Schraubenförmiger Kupferstab, der durch jene Oeffnung hin- 
durchgeht. 
s. Aeufseres mit einer Handhabe versehenes Ende dieses Stabes. 
t. Inneres und unteres Ende desselben, 
u. Dessen Spitze, welche auf die Klappe drückt, 
v. Kupfernes Häkchen an dem Stabe zur Aufhängung des Ther- 
mometers, 
wo. Oeffnung im Halse zum Dinrchgange der zinnernen Röhre. 
x. Krahn oder Aapien, zum Oeffnen und Verschliefsen dieser 
Röhre. 
y. Kupfernes Häkchen im Cylinder zum Aufhängen des zweiten 
Thermometers. 
x. Zinnerne Röhre. 
aa. Kupfernes Auge an dem hölzernen Fufsgestelle, zum Durch- 
gang des Strickes. 
db. Spitze der Blume, welche die Klappe berührt. 
cc, Blase, mit Sauerstoffgas (oder Stickstoflgas) gefüllt. 5% 
dd. Zapfen an derselben. 
ee. Röhre von elastischem Gummi, zur Verbindung der beiden 
Zapfen. 


Schilderung des thierischen Lebens auf 
Norvaia Zemlia 


von, 


K. Ev Baer. 


(Bullet. sc. de l’Acad. de St. Petersb. Tom. III. Nr. 22.) 


Der völlige Mangel an Bäumen nicht nur, sondern an jegli- 
chem Gesträuche, das ohne gesucht zu werden, das Auge auf 
sich zu ziehen ansehnlich genug wäre, giebt den Polar-Land- 
schaften einen eigenthümlichen, tief eindringenden Character. 
Zuyvörderst geht alles Maass für das Auge verloren. In 
Ermangelung der gewohnten Gegenstände von bekannter Di- 
mension, der Bäume und der menschlichen Batiwerke, hält 
man die Entfernungen für viel geringer als sie sind, und eben 
defshalb auch die Berge für niedriger. Diese Erfahrung ist 
schon oft gemacht und war mir nicht unbekannt, doch fand ich 
die Täuschung, auf die ich vorbereitet war, viel vollständiger, 
als ich erwartet hatte. Ich wusste, dass aus diesem Grunde 
sogar eine Expedition, die König Friederich Il. von Däne- 
mark nach Grönland ausgerüstet hatte, ihren Zweck verfehlte. 
Mogens Heinson, der für einen tüchtigen Seemann je- 
ner Zeit galt, führte das Schiff, bekam auch die Küste von 
Grönland zu Gesicht, und steuerte mit günstigem Winde auf 
sie zu; — allein, nachdem er mehrere Stunden in derselben 
Richtung gesegelt war, schien es ihm, dass er dem Ufer nicht 
näher komme. Es ergreift ihn die Besorgnifs, dafs irgend eine 
verborgene Kraft im Grunde der See ihn halte; er wendet 
das Schiff und kehrt nach Dänemark mit dem Berichte zu- 
rück, dafs er die Küste Grönlands, durch einen Magnetfelsen 


161 


gefefselt, nicht. habe: erreichen‘ können. '' Mit dieser ' Erfah: 
rung ‚und. mit der naiven Aeusserung‘’von’ Martens über 
Spitzbergen: ' „Die Meilen scheinen ‘auch gar nahe, ‘wenn sie 
aber auf dem'Lande sollen gewandert ‘werden, findet sich’s 
viel anders und man ermüdet gar balde,* war ich also sehr 
wohl bekannt, und doch fand''ich ‘die Täuschung 'viel'grösser, 
als ich sie mir gedacht hatte und 'für'mein Auge so vollstän- 
dig, dafs keine Reflexion sie aufheben konnte. Auch bin ich 
überzeugt, dafs sie nicht allein auf dem Mangel an gewohn- 
ten Gegenständen, sondern auch auf einer besonderen Durch- 
sichtigkeit der Luft beruht, denn an trüben Tagen ist sie nie 
so vollständig als an hellen, und in flachen Gegenden nicht 
so auffallend als in: gebirgigen. An ‘ganz hellen’ Tagen':oder 
Stunden scheint die Luft fast ohne Färbung zu ‘seyn, und dä 
die Höhen, welche das Auge sieht, theils mit »Schnee>bedeckt. 
sind, theils ein dunkles und durch den Gegensatz noch dunk- 
ler 'erscheinendes Gestein zeigen, so ist die geringe‘ Färbung, 
welche die Luft noch besitzen. mag,’ nieht'zu erkennen. : Die 
Berge ‘rücken also dem Auge scheinbar gänz nahe ünd-viel- 
leicht für den am meisten, der Gebirge in anderer Luftper- 
2 zu sehen gewohnt ist. un «ih 

ı Eine andere ‘Wirkung des Mangels 'an Biiiigufichs ja 
selbst an kräftigem Graswuchse ist das Gefühl von Einsamkeit, 
das nicht 'blofs den reflectirenden Denker, 'sondern auch den 
rohesten Matrosen ergreift. Es hat durchaus nichts‘ Beängsti- 
gendes, sondern etwas Feierliches und Erhebendes und kann 
nur mit dem mächtigen Eindrucke verglichen werden, den der 
Besuch von Alpenhöhen auf immer zurückläfst. — Ich konnte 
die einmal aufgetauchte Vorstellung, als ob der Schöpfungs- 
morgen erst angebrochen 'sey und das Leben noch folgen sollte 
nicht‘ wieder unterdrücken. Doch sieht man.in Nowaja- 
Semlja- dann und‘ wann ein Thier sich bewegen. Man er- 
blickt selbst in einiger Entfernung von der Küste, zuweilen 
eine grofse Möve (Larus glaucus)| in der Luft‘ ‚schweben 
oder einen flüchtigen Lemming auf dem Boden. Sie sind 
aber nicht‘ hinlänglich, um der Landschaft Leben zu geben 
Es fehlt, bei stillem ‘Wetter, an Lauten und an: hinlänglicher 
Bewegung, ‚wenn man, wie wir, einen Zug in das Innere un- 
ternimmt, nachdem die zahlreich an den Seen ihren Feder- 

Y, Jahrg, 1, Band, 11 


162 


wechsel ‚abwartenden Gänse! weggezogen  sind.‘.' Lautlös-\sind 
alle; ohnehin. spärlichen Landvögel Nowaja-Semlja’s, laut- 
los sind,auch die verhältnifsmäfsig. noch viel spärlichern Inse- 
eten.; ‘Auch der Eisfuchs /läfst sich, 'nur in der: Nacht hören, 
Dieser, vollständige Mangel an. Lauten, der besonders an hei- 
tern Tagen ‚herrscht, erinnert an’ die Grabesstille, und die aus 
der\ Erde ‚hervorkomimenden,'. in gerader Linie fortgleitenden 
und ‚schnell; wieder in:sie verschwindenden Lemminge erschei- 
nen wie Gespenster... Trotz dieser Zeichen des thierischen 
Lebens scheint es’ zu fehlen, weil: man ‘zu wenig Bewegung 
sieht. Wir sind''aus andern Gegenden gewohnt, dafs die Blät. 
ter höher 'aufgeschossener Pflanzen: und Bäume uns auch. leise 
Luftzüge ‚sichtbar‘ machen, aber diese: niedrigen  Pflänzchen 
des Hochnordens erreicht ein leiser Windzug nicht; man: könnte 
sie für’ gemalt ansehen. ' Auch sind beinahe gar keine Insecten 
beschäftigt, auf ihnen die Befriedigung ihrer kleinen Bedürf- 
nisse zu: suchen. Aus: der zahlreichen Familie der Käfer wurde 
nur ein» Individuum ‚— : eine Chrysomela, ‚die vielleicht neu 
ist’ gefunden. Wohl sieht man an sonnigen Tagen und ver: 
wärmten Stellen, z.B:um kleine, vorragende Felsspitzen, eine 
Erdbiene umherfliegen, aber sie summt kaum, ‘wie an feuch- 
ten Tagen auch bei uns. Ein wenig häufiger sind Fliegen und 
Mücken. ‘Aber 'auch diese sind ‘doch so selten, so friedsam 
und matt, dafs man sie suchen mufs, um sie zu bemerken. 
Ich erinnere mich'nicht, gehört zu haben, dafs Jemand von 
uns durch eine Mücke gestochen wäre — und man'kann sich 
wahrlich nach den Lappländischen Mückenstichen sehnen, um 
nur Leben in-der Natur zu verspüren. Der augenscheinlichste 
Beweis für die Seltenheit der hiesigen Insecten liegt aber 
wohl darin, dafs wir in einem todten Wallrosse, das über 14 
Tagevam Ufer gelegen hatte, eben so wenig eine Spur von 
Insecten-Larven fanden, als in den Knochen in früheren Jah- 
ren erschlagener Thiere, auch‘ wenn es an eingetrockneten 
Fleischtheilen nicht fehlte. Die stehende Redensart unserer 
Leichen-Sermone, dass der Mensch ein Raub der Würmer 
werde, ist also für den ‘höchsten Norden nicht wahr, und 
wem vor diesem ' Schicksale ' graut, ‘der mag sich nur in 
Nowaja-Semlja oder Spitzbergen begraben lassen, wo aucli 


163 


die allgemeinen: auflösenden Kräfte der’ Natur nür’äufsertlang- 
sam auf ihn wirken werden. *) 

Der Reichthum ‘oder die Armuth' an“ ‚Iiseoteh ist nächst 
der Pflanzenwelt der sicherste Maafsstab für das Klima einer 
Gegend. Beide bedürfen zu ihrem‘ Bestehen "einer bestimmten 
Menge ‘und einer bestimmten: Dauer von ‘Wärme. | Für‘ beide 
fehlt sie in der heifsen' Zone nie, 'weiter nach Norden -aber 
immer mehr, — doch werden die' Insecten'weniger leicht 'ver- 
pflanzt als die Gewächse. Diesem Grunde wohl ist es zuzu- 
schreiben, dafs man aus Spitzbergen gar keine wahren Insecten 
kennt. In Nowaja-Semlja hat Herr Lehmann doch bis 
10 Arten beobachtet und unter diesen sieben, (die ’nicht para- 
sitisch sind. — Aus Grönland hat Fabrieius viel mehr Arten 
beschrieben und unter diesen sogar mehrere Schmetterlinge 
und Seoresby hät aus Ost-Grönland noch einige neue Arten 
hinzugefügt. Aber West-Grönland,'das man’ freilich im''ge- 
meinen Leben als den Typus aller hochnordischen ‘Länder 'be- 
trachtet, weil es vor längerer Zeit schön’ durch’ die’ Missiona- 
rien der Brüdergemeinde allgemein bekannt geworden ist, mufs, 
besonders in seinen südlichen Gegenden, ein viel'begünstigteres 
Land sein, denn es hat, — auch wenn wir auf die alten fabel- 
haften Berichte nicht Rücksicht nehmen, noch jetzt unter 61° 
n. Br. Birken von 2 bis 3 Klafter Höhe und von der Dicke 
eines Beins und Ebereschen unter ihnen. (Egede Nachricht 
von der Grönländischen Mission $. 78.) Egede fand’ das 
Korn, das er unter 64° Breite versuchsweise ‚gesäet hatte, am 
43. September nicht nur in Aehren, sondern schön’ mit klei- 
nen Körnern (daselbst S.106 und 112.).'' Da sieht es also 
anders aus als in Nowaja-Semlja und die Witterungs-Beob- 

| achtuugen lehren hinlänglich, dafs dort viel’mehr Wärine ist. 
Aber auch Gegenden, welche eine viel geringere mittlere Jähres- 
Temperatur haben, als Nowaja-Semlja, sind viel reicher 

„an Leben, wenn nur der Sommer mehr‘ Wärme entwickelt. 
Um ein weniger bekanntes Beispiel zu wählen, verweise ich 

auf Nyshne-Kolymsk mit —10°C. mittlerer Temperatur. 
Nach Wrangells Beobachtungen ist die Gränze der hoch- 


nn 2 + 


*) In einiger Tiefe bleiben die Leichname gefroren, aber auch 
_ über der Erde verwesen sie aufserordentlich langsam. 
| “ 11* 


“ 


164 


stäunmigen. Wälder micht weit und. vielleicht "würde. ‚siel\,ohne 
die Nähe der Küste bis an diesen ‘Ort reichen; denm:noch;giebt 
esibei Nyshne-Kloolymskıverkrüppelte,Sibirische Cedern und 
Gestrüppe in Menge... Die. Mücken‘ werden dort. im. kurzen 
Sommer. zu einer «unleidlichen Plage. 

ohiodVielt lebendiger „als die.Rläche des Landes ist die Küste 
von, Nowmaja-S emljaidurch die-hier nistenden Seevögel, Ihre 
Zabl ;und! Manunigfaltigkeit | ist), freilich. nicht so grofs: als. .an 
den: -Norwegischen »Küsten ‚oder leinigen Inseln.'und Klippen 
Islands; aber. dochi findet I dort die Küste an, einzel- 
nen ‚Punkten . dicht. Ibesetzt,' bei. deren : Annäherung, man «mit 
lautem ‚Geschrei ‚empfangen wird... Besonders lebt »ein Lumme 
(Uria .Troile); deren‘ Zahl leicht so'.grofs sein könnte als die 
aller-übrigen Vögel. zusammen genommen, in solchen Colonien. 
Dieht «an, .‚einauder. geschaart und in vielen Reihen -über ein- 
andersaufkaum merklichen. Vorsprüngen  senkrechter Felswände 


‚sitzend, machen. sie.Eronte ;. wenn. man sich nähert \und.lassen 


die, dunkle,;Eelswand, von ihren emporgehobenen 'weifsen: Bäu- 
chen, fleckig, erscheinen. . Die, Russen./ nennen. einen ‚solchen 
Brüteplatz-‚eimen , Basar. ‘So ist dieses Persische. Wort: von 
Russischen Wallrofsfängern. in die_Felsen .des Eismeers ver- 
pflanzt und: in:Ermangelung menschlicher Bewohner ‚auf Vögel 
angewendet... Auf .‚den! Spitzen isolirter Klippen, ‚und ‚keine 
andern.Vögel neben sch deliefä et die grofse graue Möwe 
(Larus \glaucus), welche die‘ ändischen Wallfischfänger; 
man ‚weifs ‚nicht, ‚ob aus Respect oder aus Mangel an,dem- 
selben,,., den | Bürgermeister. genannt ‚haben. Er scheint sich 
selbst als (den Herrn. dieser Schöpfung zu fühlen, denn er ist 
dreist genug, ‚vor -einer,ganzen Gesellschaft von Fischern, von 
den ans Ufer'-geworfenen. Fischen einen ‚oder den andern zu 
holen.! : ‚rag 

„\.iDiese ‚Vögel sind die besten Zeugen, .dafs aus der Tiefe 
der.See.‚mehr ‚zw, holen: ist, als vom Lande. ‘In der That i 
hier. die.Summe des, thierischen Lebens unter die Fläche des 
Oceans ‚gesunken. Besonders häufig sind kleine Krebse und 
vor: allen. die Gammaren, die fast eben so dicht im Wasser 
um ein hineingeworfenes Stück Fleisch sich sammeln, als in 
Lappland die Mücken um ein ‚warmblütiges Thier. Man kann 
sie mit einem Siebe zu vielen Tausenden aufschöpfen. Als 

» 


yr 


465 


wir im Matotschkin-SchardieiAngelmianswarfen;i versichet- 
ten die Wallroßsfänger, die ‚sich diesesMühe nie: geben ‚das 
würde ganz vergeblich sein, denäfürs/erste-gäbe es.dort fast 
gar keine Fische‘und dann würden-die:Kapschaki (soi:lieifsen 
die. Gammaren),'theils den: Köder: .theilsrjeden ,Fisch;»:sobald 
er abgestanden sei, in«wenigen Stunden vollständig verzehren. 
In der ‘That «wurde auch: nur: selten)etivas:- Anderes als. die 
leeren: Angeln» aufgezogen: min sob ınonb 
So spärlich auch.die,Vegetation:iist, so,ernährt sie.doch 
eine Menge»Lemminge. Sanfte Abhänge sind /oft- ins allen Rich- 
tungen von..ihren Gängen .durehgraben. So. grofßs ist die:An- 
zahl‘ der Thiere freilich.lange nicht, »als:man nach dieser:Menge 
yon »Gängen- glauben , könnte,‘ denn, beil,weitem- die‘ /meisten 
sind. leer, «wie man» sich- leicht überzeugt,,‚wenin ‚man mit, Hun: 
den ihnen nachspürt»‘— immer aber;ist ihre. Zahl.so anselin- 
lich,» dafs! inan  sieh',fragen mufs;‘; wie; so,iviele. Lemminge von 
einer: solchen Vegetation leben. können.; Es ist,/aber auch,nicht 
unmöglich, dafs die Vegetation ‚dem Beobachter so ‚gering er- 
scheint, weil die -Leimminge, einen, nicht ‚unbedeutenden Theil 
unsichtbar. machen. ‚Fräfsen sie. die Wurzeln, -so würde-auch 
wohl bald nicht. viel von -der Pflanzenwelt Nowaja-Semlja’s 
übrig; bleiben, bis.die Lemminge ‚selbst ‚aus Mangeli,an Nah- 
rung 'umgekommen 'sein würden, ‚Allein. die von uns..in der 
Gefangenschaft gehaltenen auf..keine Weise dahin .zu 
bringen, die geringste. ‚W zu ‚verzehren, ‚Da sie'nun-im 
Freien gewifs auch,.nur die Blumen,/und die grünen. .Theile 
fressen;die,hiesigen Pflauzen;aber-wohl sämmtlich perennirend 
sind, so: treiben: diese, immächsten Jahre, wieder Stengel.; Noch 
auffallender. war es mir,).dafßs,sie auch: im,.gröfsten ‚Hunger 
keine! Cryptogamen. anrührten.-.Schade, dafs die kleine-Anzahl 
von«gefündenen Farrnkräutern den. Versuch. micht..erlauhte,.ob 
diese! präctischen Pflanzenphysiologen.| sich, nach dem; Vorhaıt- 
nseinider Spiralgefäfse ‘richten, ‚oder das Eintheilungsprineip- 
es Linneischen Systems: befolgen. Sie) sind. von zweierlei Art. 
Die eine scheint Mus, groenlandicus. Traill's. oder Mus. hud- 
sonits Auct, "Sie stimmt; ganz mit.der. Beschreibung, welche 
Richardson in'.der, Fauna 'boreali- americana ‚giebt,\weni- 


ger u von Pallas,. Die ‚andere, Art ‚scheint, mir ‚von 
| dein scandinavischeu Lemming ebenfalls verschieden — in der 
” 


ey 


; a 
+ 


166 


Färbung: ist“der’Unterschied 'sogar' auffallend. 'Pallas; der 
aber. nur junge ’Thiere" vor Augen‘'gehabt‘ zu haben scheint, 
hat sie»als; russische‘Varietät: der scandinavischen Lemminge 
aufgeführt. ' Die‘ erstere ‘zeichnet sich besonders durch ihre 
Zahmheit aus, denn“ schon vier. und zwanzig Stunden nach 
dem Einfangen macht 'sie, frei ‘auf der Hand gehalten, kaum 
einen ‘Versuch zum Entfliehen und nie'sieht "man zwei Indivi- 
duen derselben Art mit einander in Streit gerathen. Die zweite, 
zn gefärbte‘ Art: ist viel ’kampffertiger. 

" "Nächst 'denLemmingen sind die Eisfüchse noch zahlreich 
aka Sie finden in den eben genannten Thieren, den jun- 
gen Vögeln und den ausgeworfenen 'Seethieren reichliche Nah- 
rung. ‘Dagegen’ werden die Eisbären im Sommer sehr wenig 
bemerkt, entweder weil sie die Orte vermeiden, wo .sie’Men- 
schen wittern, oder: weil’ sie nur"an-den Theilen ‘der Küste 
sich sammeln, wo sich Eis’ findet.‘ Auch'die Rennthiere» schei- 
nen ‘durch ‘zahlreiche Ueberwinterungen von Wallrofsfängern 
der letzten Jahre, wenigstens an‘ der Westküste, selten gewor- 
den zu sein. Nicht'nur wurden’ während unseres Aufenthaltes 
nur-sehr wenige 'erlegt, sondern eine von den Gesellschaften; 
welche den Winter vorher in Nowaja-Semlja zugebracht 
hatte und angewiesen worden war, ihre Fleisch-Nahrung durch 
die Rennthier-Jagd sich zu verschaffen, hatte‘ ‘keine. erhalten 
können. ' Wölfe und gewöhnliche Füchse, die wenigstens ‘in 
der Südhälfte von Nowaja-Semlja auch zuweilen vorkom- 
men, scheinen nie zahlreich daselbst gewesen zu sein. Mit 
dieser Aufzählung würde ‘das Verzeichnifs der Landsäugethiere 
vollständig sein, wenn nicht die Herren Pachtussow und 
Ziwolka'wälrend ihres Wimteraufenthaltes ‘innerhalb ihrer 
Hütte ein weifses Thierchen gesehen hätten, das sie in ihrem 
Tägebuche eine Maus nennen. ‘Da das gesehene Thier»nach 
Herrn Ziwolka’s Angabe gröfser als eine gewöhnliche, Haus-_ 
maus gewesen sein soll, also auch'nicht ein zufällig mit einem. 
Schiffe ‘herbeigeführtes Individuum der weifsen Spielart dieses 
Thieres sein kommte, so bin’ ich über die Deutung desselben 
zweifelhaft." Einerseits berichtet'man von den Nordamerikani- 
schen Lemmingen, dafs sie im Winter weifs würden, aber doch 
nicht so vollständig weifs, als die Thiere aus dem chte 
der Wiesel, 'andrerseits wäre es aber-'auch möglich, dafs das 

* & 


167 


gesehene -Thierchen,ein Wiesel-war. ‚Auch: in, Spitzbergen, hat 
man«ein kleines weilses Säugethier beobachtet, dessen syste- 
matische Bestimmung ‚ungewifs ‚ist. ' 
«1 Wichtiger sind die ‚See-Säugethiere, zu deren Fang ‚jährs 
lich. kostspielige. Expeditionen. von den Bewohnern der ‚Küste 
des.\ Weifsen- Meeres ‚ausgerüstet ‘werden, deren Erfolg ‚aber 
leider ‚so unsicher ausfällt, dafs‘.sie einem ‘Hazard-Spiele zu 
vergleichen ‚sind..' Wenn das Meer ungewöhnlich,.eisfrei ist, 
so sind’ die, Verlusteisehr. groß. Allein ein. Tag kann,den.Ver- 
lust, eines ganzen Jahres. ersetzen, ‚Aus: diesem Grunde werden 
diese Jagdunternehmungen seit Jahrhunderten immer wieder 
erneüt ‚wenn, sie,cauch. zuweilen 'gaiiz ausfallen... Gewöhnlich 
ist die Folge eines glücklichen Jahres,\ dafs in. \den ‚nächsten 
zuviele Schiffe nach, Nowaja-S emlja' gehen. und diese/mei- 
stentheils 'gesellig: lebenden Thiere entweder,'zu sehr vertilgen 
oder ‚wenigstens verscheuchen;;-So waren im Jahre 1834 einige, 
Jagdunternehmungeu, «nachdem vorher: einige Ruhe ‚gewesen. 
war;isehr. glücklich, Jim: Jahre 1835: gingen nun ungefähr ‚80 
Schiffe nach Nowaja-Semlja,, für welche man, wenigtens 
1000°Menschen rechnen: kann. "Im: Jahre: 1836 sank ‚die. Zahl: 
der''Schiffe, auf>die-Hälfte herab. Im; laufenden; Jahre. waren: 
wicht viel- über 20 Schiffe, aber nur eins-das in das Karische 
Meer einlief, hatte bedeutenden ‚Gewinn, eins;oder: zwei wver- 
schafften sieh beinahe‘. ir sten. -der Ausrüstung, ; von ‚den 
übrigen haben die meisten ‚m ‚über. die;Hälfte ‘derselben: ver- 
loren. Ay das 
“Das wichtigste Thier u diese Jagdzüge ist das Wallrofs; 
nächst dem Wallrosse ‚der unter dem Namien des weifsenWall- 
fisches bekannte Delphin (Delphinus: Deucas), der hier.aber 
Bjeluchä oder Bjelüga heifst, Unter den:Robben giebt.der 
See-Häase (Morskoi sajaz) Phoca: leporina  Lep..-Ph. albi- 
gena Pall., aber von. Phoca. barbata. des Fabriciusı\wohl 
nicht verschieden, seiner Gröfse und: seines Fettreichthums; 
so: wie seines dicken Felles wegen den» reichsten Ertrag., Phoca\ 
groenlandica ‚ welche nach. Alter und Geschlecht ‚sehr 'ver- 
schiedene: Namen bei:.den Russen: führt (Luisan oder Zuisun 
Sieh alte,ausgefärbte Männchen, . Utyälga das Weibchen, 
jäi und Sjärka heifsen die noch nicht ausgefärbten jäh- 
rigen Thiere, Pljächanko, Chochlutschka, Bjäka die Jungen 
de % 


168 


nach‘'ihren' verschiedenen Färbungen). ‘Doch ist ‘man ''in der 
Anwendung der Namen für die jungen Thiere’nicht ganz'ge- 
nau, denn man wendet sie auch auf die Jungen einer ‘dritten 
Robben-Art an, die hier vorkommt und die' im''erwachsenen 
Zustände (Nerpa)'heifst. Diese überall an der Küste einzeln 
vorkommende Robbe ist wohl Fabrieius’s Phioca hispida.' 
Eine vierte Art von Robben, .welche diesen’ Meeren 'an- 
gehört, aber nicht an der Küste von Nowäja-Siemlja’ selbst; 
sondern an'der Timanischen Küste und'im Eingange des’ Weifsen 
Meeres und auch 'dort nicht häufig gesehen'wird, der Tewjak, 
soll 'mit einer Mütze das Gesicht: bedecken ‘können, ist also 
woht der Klappmüts der Holländer ‘oder Phoca cristata ze 
Cystophora 'borealis Nilsson. 
'Von' Cetaceen enthält‘ dieses Meer vor allen Dingen eine 
Art von Wallfischen, aus der Unterabtheilung' der Finnfische 
(Balaenoptera) mit sehr kurzen‘ Barten, die ich in‘Archan> 
gelsk’sah, ' Sie zeigen sich'selten in der Nähe von Nowaja- 
Semlja, und von Strandungen an dieser Küste hört man nichts, 
Näher‘'nachder Nordküste von Lappland, wo sie fast‘ jährlich 
in’der Motowsker Bucht stranden, sind sie so häufig, dafs ich 
mich sehr verwundere, wie man frühere Versuche, diese aller- 
dings schwer zu erlegenden er zu verfolgen, 
nicht wieder erneut’ und beharrlicher durchführt. .Merkwürdig 
ist 'es,"dafs der Grönländische sch ‘sich niemals: indie 
Gegend von Nowaja-Semlja zu verirren scheint. Um’ so 
mehr mufs man glauben, dafs der Wallfischfang, den die Nor- 
männer ‘im neunten Jahrhundert nach Ohthere’s 'Zeugnifs in 
der Gegend des Nordkaps trieben, auf jenen 'Finnfisch 'gerich- 
tet'wär. ' Sehr viel seltener ist der Narwal' (Monodon Mo- 
zioceros) und nur in der Nähe des Eises. ' Von Delphinen 
gehört diesem’ Meerevaufser Delphinus Leucas noch .Delphi- 
nius’Orca (Ko/satka): un eine kleine Art, welche die-Russen 
Morskaja swinja nennen, vonder ich'aber nicht habe erfahren 
können ob’ sie Delphinus Delphis oder Delph. Phocaena ist. 
"Die »See-Säugethiere in Nowaja-Semlja würden also 
ganz dieselben ‘sein; welche man aus dem Spitzbergisch- Grön- 
ländischen ‘Meere ‘kennt, wenn: der ‘Grönländische: Wallfisch 
auch so’ weit ginge. ‘Dagegen unterscheiden sich Spitzbergen 
und Nowaja-Senlja auffallend in’ den geflügelten Bewohnern. 


w 


169 


Das letztere Land’ beurkundet'”in'seinen' Vögeln die Nähe 
des Festlandes. ' Es ist reicher"an Arten, aber weniger inter- 
essant für’ den" Naturforscher)""denn 'viele’'von diesen Arten 
sind’keine”andern, ' äls"die jährlich "bei” uns” durchziehen‘; ja 
zum Theil’ bei 'uns "bleiben, "von "denen aber ein änderer "Theil 
bis nach Nowaja-Sem]lja zieht, üln sich"ungestört dem 'Ge- 
schäfte der’ Fortpflanzung zu widmen.’ "Von "Ländvögeln fan- 
den wir daselbst die Schnee- Eule (Stryx Nyctea), die sögar 
den "Winter über ‘dort bleibt, die Schnee-Ammer (Plectropha- 
nes'nivalis), Strepsilas collaris, Tringa maritima,' und ei- 
nen Falken, der in Kostin- Schar nicht’ ganz selten war, aber 
nicht "erlegt 'und ‚näher ‘untersucht werden konnte. ' Aeltere 
Nachrichten ‘sprechen’ auch 'von einem Adler, von’ dem aber 
die"Wallrofsfänger, ‘die ich befragte, nichts "wissen‘ wollten‘ 
Vielleicht ‘ist’er aber ‘von jenem Falken nicht verschieden. 

Unter den Schwimmvögeln, die die Saison’hier zubringen, 
sind" wenigstens in ‘der südlichen 'Insel’ ‘die Saatgänse 80 ge- 
mein, dafs das Einsammeln' der ausgefallenen Schwungfedern 
ein Gegenstand des Jagd-Erwerbes ist, die Eis-’Enten (Anas 
glacialis)‘ häufig’ und die Sing-Schwäne (Cygnus 'musicus) 
nicht selten. | mo ae 2 
-)/Nach den Angaben der Wallrofsfänger 'soll’nur eine Art 
von 'Gänsen'nach'Nowaja-Semlja kommen, und wir haben 
in''der (That‘"auch keine andere als 'die Saatgans,' und die 
Ringelgans (Anser torguatus), welche letztere aber im Rus- 
sischen nicht für eine Gans gilt, zu Gesicht bekommen. Die 
Eiderente oder Eiderzans’ist ‘auch nicht selten. Viel’ zahlrei- 
cher aber als in Nowaja-Semlja,' wo die Vegetation 'zu 
spärlich ist, sammeln sich die pflanzenfressenden Schwimm- 
vögel auf der Insel Kolgujew, die man als bedeckt mit 
Gänsen und Schwänen schildert. Man schickt daher zuweilen 
Expeditionen hierher, um diese Vögel zu erschlagen und ein- 
zusalzen. Einst wurden hier in zweiJagden 15000 Gänse er- 
legt, wie mir ein Archangelscher Kaufmann erzählte, 

Zu den Schwimmvögeln Nowaja-Semlja’s gehören noch 
Uria Troile (in unsäglicher Menge), Uria Grylle, Colym- 
bus septentrionalis, Sterna Hirundo, Larus glaucus, Larus 
c ‚ Larus tridactylus, Lesiris catarractes, eine Pro- 
cellaria, die wir uns aber nicht verschaffen konnten. Sorma- 


170 


teria spectabilis und Larus ‚eburneus sollennur an derNord- 
küste vorkommen. Dort ist, auch wohl Mormon Fratercula 
und Mergulus.Alle nach Beschreibungen, .die'man uns machte, 
Sehr auffallend, war, es mir, dafs Niemand südlich von Kostin- 
Schar ‚einen Vogel aus: ‚der Familie der Alcadeen gesehen 
haben wollte, da doch Alca. Pica gar nicht zu den hochnor- 
dischen Vögeln ‚gehört und auch Mormon Fratercula an’ der 
Norwegischen Küste vorkommt. 

Von.der gesammten Klasse, der Amphibien ist kein Spur 
in Nowaja-Semlja. Die Batrachier ‚und. Saurier können 
offenbar. aus ‚Mangel an Insecten nicht. bestehen. Z 

Von Fischen enthält der hohe,Norden, auch -wo. er sehr 
reich an, Individuen ist, gewöhnlich, doch nur wenige, Arten, 
zum Theil. schon deswegen, ‚weil das süsse Wasser nicht seine 
eigenen, in wärmeren Gegenden zahlreichen Formen hat,'son- 
dern 'nur Fische,, die aus .der ‚See zu ‚gewissen Zeiten auf- 
steigen. So führt Scoreshy' von. Spitzbergen und. der ibe- 
nachbarten See überhaupt ‚nur, vier Arten Fische auf., Mein 
Verzeichnifs der Fische Nowaja-Semlja’s besteht. aus 40 
Nummern, von denen wir'nur den Omul (Salmo: Omul.Pall.), 
der an der Ostküste vorkommen soll, nicht selbst. ‘gesehen 
haben. ‚Am wichtigsten ist unter diesen ‘der Alpenlachs (Go- 
lez — Salmo, alpinus, Fabr.), der im ‚Herbst in..die Berg- 
Seen steigt und in manchen. Jahren. in, ungeheuren; Quantitä- 
ten gefangen und weit, verfahren ‚wird, Alle andern Fische 
sind für, den, Erwerb; unbedeutend oder nichtig, und) auch‘ für 
dieOeconomie der Natur können nur. Gadus Saida Lep. und 
Cyclopterus, Liparis, einige; Bedeutung haben, 


Fossile Ueberreste von einem Affenschädel. 
Notiz 
von Prof... A. Wagner. er 


(Gelehrte Anzeigen der, Königl. baierschen Academie der Wissen- 
schaften 1839. No. 38.) 


Noch im Jahre 1832 mufste Herr von Meyer in seiner trefi- 
lichen Uebersicht der fossilen Wirbelthiere bei den Affen sich 
mit der Bemerkung begnügen, dafs zur ‘Zeit keine fossilen 
Ueberreste von diesen Thieren entdeckt seyen. Dieses Feh- 
len von fossilen Quadrumanen 'mufste‘um so befremdlicher 
erscheinen, als von andern Säugethieren, welche‘ wie z. B. 
Elephant, Nashorn, Hyäne, Löwe u. s. w., in dem gegenwär- 
tigen Zustande unserer Erde eine gleiche Heimath mit den 
Affen haben, fossile Ueberreste an vielen Orten und in gros- 
ser Menge gefunden werden, so dafs sie zu den gewöhnlichen 
Vorkommnissen in den naturhistorischen Sammlungen gehö- 
ren. Es erregte daher bei den Naturforschern das 'höchste In- 
teresse, als vor zwei Jahren die Nachricht eintraf, dafs Baker 
nnd Durand, Lieutenants beim ostindischen Geniekorps, das 
fossile Oberkiefer-Fragment eines Affen aus den tertiären 
Bildungen der Siwalik-Berge, am Fufse des Himalaya, ent- 
deckt hätten. Ihren Vergleichusgen zu Folge zeigt selbiger 
manche Aehnlichkeit mit der Gattung der Schlankaffen, nur 
mufs dieser urweltliche Affe eine bedeutendere Gröfse erreicht 
haben, so dafs er in dieser Beziehung nicht hinter dem Orang- 
Utang zurückgeblieben wäre. Bei weiteren Nachforschungen 
gelang es dem Kapitain Cautley und dem Dr. Falconer, die 
sich beide um die Erforschung der urweltlichen Ueberreste in 
Ostindien die gröfsten Verdienste erworben haben, in den ge- 
nannten Lagerstätten auch noch ein fossiles Affen-Sprungbein 


172 . DE PER" 


zu entdecken, in Gröfse und Forın dem des Semnopithecus 
Entellus ähnlich, doch wahrscheinlich einer andern Art an- 
gehörig. 

Diese Entdeckung blieb nicht vereinzelt, sondern fast zu 
gleicher Zeit fand Lartet in der tertiiren Formation der Ge- 
gend von.Auch im,Departement du Gers, einige fossile Qua- 
drumanen - Fragmente auf, unter welchen namentlich eine 
Kinnlade auf einen urweltlichen, Affen hinwies, der in näch- 
ster Beziehung zu unserm Siamang (Hylobates syndactylus) 
steht. Von einem 'einzelnen-‘Zahm meint Blainville, dafs er 
auf einen Sapajou hindeuten könnte. 

Hiermit war also der Nachweis geliefert, dafs im "ürwelt- 
lichen Zustande unsers Planeten Affen gleichzeitig mit andern 
Säugthieren, mit denen sie noch gegenwärtig vergesellschaftet 
sind, zusammengelebt- haben, und zwar an.sehr, weit, von, ein- 
ander, entfernten, Puncten, wie Ostindien ‚und ; das südliche 
Frankreich, ‚Seit dieser Zeit, ist, mir jedoch, ein ‚dritter. Fund- 
ort, für fossile Affenreste, bekannt, worden, „Es überbrachte mir 
nämlich im vorigen, Jahre, ‚ein Mann, der in Griechenland’ ge- 
dient. hatte, ‚eine ‚Schachtel mit fossilen Knochen, welche: ich 
für die k. Sammlung acquirirte., ‚Seiner ‚Angabe .nach ‚hatte er 
diese Fragmente ‚am Fufse des Pentelikon, in einem ‚von der 
Küste ‚um eine ‚Stunde entfernten. Thale, ‚aus lehmigen Erd- 
reiche, in, welchem sie fest, eingebacken ‚sind, ausgegraben. 
Als ‚das ‚werthvollste ‚Stück, unter, ‚diesen, Trümmern erkannte 
ich sogleich das, fossile Schädelfragment eines Vierhänders, zu, 
dessen Beschreibung, ich ‚jetzt übergehe. 

Es ist ‚von. demselben, leider ; nicht mehr übrig, als nn 
Schnautzentheil des Schädels, der jedoch schon, am, Rande; der 
Augenhöhlen ‚abgebrochen ist; der Zwischenkiefer und ‚der 
knöcherne Gaumen ist, fast vollständig, _ eben so die, rechte 
Seite des Oberkiefers, die linke, dagegen. ist in ihrer hintern 
Hälfte defeet,., Von Zähnen hat nur der. dritte und, vierte 
Backenzahn der ‚rechten Seite seine, Krone ‚behalten; von den 
andern ist ‚sie abgebrochen oder der Zahn ist ganz ausgefal- 
len, in welch. letzterem Falle alsdann die Zahnhöhle mit ver- 
bär teter rother Erde ausgefüllt ist, “ Ar 

Ich beginne die, Bestimmung mit ec ‚des. Zahn- 
baues,. ‚.Die ‚rechte. Kieferhälfte, giebt zu, erkennen, dafs in 


173 


ihr fünf Baekenzähne: vorkommen ; an den ersten schliefst'sich 
ohne Unterbrechung dasıtiefe Fach für, den Eekzahn an.’ Nach 
einer kleinen Lücke. folgen die, vier Fächer (für, eben so viele 
Schneidezähne, dann. das Fach für den: linken Eckzahn, ‚das 
Uebrige fehlt auf dieser Seite. Schon die Zahl und Form die- 
ser Zähne: läfst mit. aller Evidenz erkennen, dafs wir.es hier 
mit einer Bildung zu thun:haben, wie sie. dem Menschen und 
Affen ‚eigen ist... "Zu: jenem. .kann: sie .indefs' nicht gehören, 
weil nicht blofs. die: zwei ‚einzig erhaltenen Backenzähne vom 
menschlichen, Typus abweichen, sondern weil auch bei unserm 
fossilen Fragment ein grofses und tiefes Fach für einen Fang- 
zahn, und eine Lücke zwischen diesem und.dem ersten Schneide- 
zahne. sich.findet, was Alles ‚nicht beim»Menschen, wohl aber 
bei den Affen vorkommt, Wir haben. hier also einen Vier- 
händer vor uns,. und; wie die:Zahl der Backenzähne: ergiebt, 
eine‘ Art, ‚die ‚wir den Gattungen .der ‚alten. Welt anreihen 
müssen. | ug 

In dieser: letzteren Zusammenstellung bestätigt uns ‚auch 
die Beschaffenheit..der 'beiden Backenzähne, welche noch‘, und 
zwar ganz vollständig und nicht 'abgenützt, ‚erhalten ‚sind. 
Kein Affe der neuen ‘Welt hat eine solche Form des dritten 
und vierten Bakenzahns; sie. kommt nur bei: denen der-alten 
Welt vor. Diese 'beiden-Zähne sind ziemlich.grofs, auf’ ihrer 
äufsern Fläche ‘etwas breiter als’auf ihrer innern, und der Län- 
gendurchmesser jener Aufsenfläche (von vorne nach hinten ge- 
rechnet) kommt fast dem Durchmesser der Breite (von aufsen 
nach innen) gleich. Sie 'haben' vier. scharfe Zacken, wovon 
die vordern etwas länger als: die. hintern sind, welche letztere 
überdiefs mehr abgenützt erscheinen, so dafs ihre Spitzen, 
zumal an dem: vordern dieser Zähne, bereits ‚abgeführt sind 
und an’ ihrer Stellung eine Vertiefung sich. zeigt. : Der: vor- 
‚dere von beiden der genannten Backenzähne (der dritte der 
Reihenfolge nach) ist etwas kleiner, als der: folgende, nament- 
lich auf der Innenseite schmäler; seine äufsere‘ Fläche ist 
‚34%, seine innere nur 24 breit; der''andere (der vierte) 
Backenzahn ist ungefähr um 4‘ breiter. An den Alveolen 
wird es ersichtlich, dafs der hinterste oder fünfte Backen- 
zahn an Gröfse seinem: Vorgänger wenig oder nichts nachge- 
geben hat; dagegen sind der zweite und erste Backenzahn 


174 


beträchtlich schmäler. Die Länge der ganzen’ Fachreihe der 
fünf Backenzähne auf) der rechten Seite des Oberkiefers‘be- 
trägt 1” 24%.» Das Fach für den Eckzahn ist ziemlich grofs; 
von .den‘Schneidezähnen sind die beiden mittlern Fächer et- 
was gröfser als die seitlichen. | 

Vergleichen wir'die Zähne unsers fossilen Fragments mit 
denen der altweltlıchen Affen, um den Platz ausfindıg zu 
machen, welcher nach der Structur derselben unserem 'ante- 
diluvianischen Vierhänder anzuweisen seyn möchte, so'sehen 
wir, dafs der Orang-Utang durch die Grösse, :wie' durch die 
mehr rundliche Contour seines dritten ‘und vierten Backen- 
zalıns in keinen weitern Betracht kommen kann.’ Auch ‘der 
Gibbon, von dem wir drei Schädel besitzen. (Hylobates con- 
color, Lar und eine dritte unbestimmte Art), und der in der 
Gröfse genannter Zähne‘ sich annähern würde, zeigt ’erhebliche 
Verschiedenheiten, indem die fraglichen Backenzähne bei ihm 
etwas kleiner, zugleich gerundeter und etwas schiefer.gestellt 
sind; auch ist der fünfte Zahn merklich kleiner. ‘So bleiben 
uns denn noch die Gattungen Semnopithecus, Cercopithecus, 
Inuus und Cynocephalus übrig, die im Bau dieser beiden 
Zähne mehr unter sich übereinstimmen, und unter welchen 
am nächsten 'den fossilen Zähnen die von Semnopithecus 
($. Maurus’ und pruinosus) kommen möchten. 

Was die ‚übrigen Theile unsers fossilen Fragmentes anbe- 
langt, so deutet Alles, was sich von der Schnauze: erhalten 
hat, auf den‘ Gibbon: hin. Der Schnautzentheil des Gibbon- 
schädels zeichnet sich aus durch Kürze ‚und geringes Vor- 
springen, dann durch die kurze aber sehr breite Nasenöffnung, 
wie sie bei keiner andern Gattung altweltlicher Affen gefun- 
den wird; endlich durch den ungemein starken Vorsprung 
der untern: Augenhöhlenwand über den Kiefertheil. ‘ Alle diese 
Merkmale finden wir nun bei unserm fossilen Schädelfrag- 
mente und wir müssen es demnach der Gattung Hyloba- 
tes annähern, obgleich es der verschiedenen Form der Backen- 
zähne wegen derselben nicht eingereiht werden darf. ‘Meiner 
Meinung nach möchte das urweltliche Thier, in so weit wir 
nach dem geringen Fragment, dafs uns von selbigem erhalten 
ist, urtheilen können, in der Mitte gestanden haben zwischen 
Hylobates und Semnopithecus, und defshalb gebe ich ihm 


175 


den Namen‘ Mesopithecus, und‘ füge von seinem Fundorte 
den Trivalnamen bei, so dafs es einstweilen als Mesopithecus 
pentelicus bezeichnet werden mag. 

Dafs übrigens das beschriebene Schädelfragment wirklich 
antediluvianischen Ursprungs ist, erhellt nicht blofs daraus, 
dafs es stark an der Zunge klebt, sondern dafs seine Höh- 
lungen mit derselben rothen eisenschüssigen verhärteten Letten- 
masse ausgefüllt: sind, welche breccienartig manche andere 
Knochenfragmente, die von demselben Fundorte stammen, zu- 
sammen gebacken hat, oder auch die Höhlungen von Röhren- 
knochen ausfüllt, in welchen überdies bisweilen höchst feine 
Thoneisenkörner sich ausgeschieden haben, oder selbst an den 
Wandungen kleine Drusen von Bergkrystall sich angelegt ha- 
ben. Dies ganze Gebilde gehört daher entweder den jüng- 
sten tertiären oder den diluvianischen Ablagerungen an, wel- 
che meiner schon früher ausgesprochenen Meinung gemäfs in 
eine Formationsreihe zu rechnen sind. 


' Noch einige Worte über Peripatus Guild. 
von 
c. Moritz. 


D,;; Interesse*), welches der früherhin von mir aus Vene- 
zuela eingesandte paradoxe Peripatus erregte, veranlafste mich, 
jetzt nachträglich dem Herrn Herausgeber ein zweites Exem- 
plar zuzustellen und zugleich pflichtmäfsig das wenn gleich 
nur Wenige hier mitzutheilen, was ich über die Lebensweise 
des Thieres habe bemerken können. 

Es ging mir, als ich auf der Insel St. Thomas jenes da- 
mals mir noch ganz unbekannte räthselhafte Geschöpf zum 
ersten Male antraf, fast wie Guilding, d. h. ich glaubte 
auf den ersten flüchtigen Blick des weifsen Schleimes wegen, 
womit das Thier umgeben war, ein Mollusk, wie einen Li- 
max vor mir zu sehen. Allein bald mufste bei näherer Be- 
trachtung der nicht den Weg des Thieres bezeichnende, son- 
dern zu beiden Seiten gleichsam in Fäden ausgeschossene 
verdickte Saft und sodann die Extremitäten, namentlich die 
nicht einziehbaren Fühler mich von meinem augenblick- 


*) Vergl. dies. Archiv IN. S. 195. 


176 


liehen. Irrthum' ‚sogleich befreien, . ohne ‘jedoch über! die 'sy- 
stematische Stellung des ‘Thieres Aufschlufs zu‘ geben. :Da 
mir jenes erste Exemplar auf irgend eine Art verloren ging, 
so war ich bemitht, ein neues aufzufinden, was’ nicht 'so ganz, 
leicht ist, da diese Thiere bei Tage sehr verborgen unter Stei- 
nen oder. Holzstücken ‚leben ünd ganz die Farbeeines Erd- 
klümpchens ‘haben. Erst lauf dem Festlande in: den: Thälern 
von Aragua traf ich‘abermals den Peripatus’ und zwar nie-im 
Wasser, sondern stets-nur auf dem Trocknen unter‘ ei- 
ner schützenden Decke, wo er regungslos liegt und'sich nicht 
wollte: zum Fortschreiten ‘bewegen lassen, eine Erfahrung, 
welcher: freilich. der Gattungsname wenig. entspricht. In.dem 
Augenblicke, wo man die Schutzdecke aufhebt, pflegt das Thier 
schon ‚seinen Vertheidigungssaft auszuspritzen, so. dafs man 
gewöhnlich eher diesen Schleim, als das Thier: selbst zu sehen 
bekommt. Einmal‘ glückte es mir indessen, da das Auge für 
diesen Gegenstand geübter geworden war, den Peripatus noch 
vor jenem Act des Schleimschiefsens zu überraschen; aber schon 
im nächsten Moment zeigten. sich die ‚weifsen Schleimfäden, 
ohne dafs ich das eigentliche blitzschnelle Hervorstofsen der- 
selben wahrnehmen konnte, denn der Saft tritt farblos her- 
aus und bekommt erst durch Einwirkung der 'Atmödsphäre 
Zähigkeit urd damit die milchweifse Farbe. ° Er geht deutlich 
in vielen Strahlen von den Seiten des Körpers und zum 
Theil daran hängenbleidend aus, so dafs mir Guildings Be- 
merkung „ab ore respuit“ ein unzweifelhafter Irrthum ist.*) 
Da ich bei Tage den Peripatus nicht anders als in Ruhe 
und im Versteck antraf, so schliefse ich, dafs er ein nächt- 
liches Thier seyn mufs; da ich nun aber auch bei häufigen 
späten Abendexcursionen ihn niemals beim Abköschern selbst 
niedriger Kräuter und Gräser erhalten habe, so vermuthe ich 
mit gröfster Wahrscheinlichkeit, dafs er überhaupt nicht vom 
Erdreich emporsteigt, wozu ilın die steife Ungelenkigkeit sei- 
ner unvollkommenen Bewegtingsorgane ne untauglich zu 
machen scheint. 
*) Letzteres gilt jedoch, beiläufig gesagt, von dem grofsen ‚schwar- 
zen Julus der Antillen der oft in dnskglicher Menge das Gesträuch 
bedeckt und bei den Euren durch seinen Aetzsaft, den er bei Be- 


rührung ausspeiet und wodurch er selbst Blindheit hervorbringen soll, 
so berüchtigt ist. 


Ueber die Gattung Amphipeplea Nilss. 


von 
Dr. F. H. Troschel. 


(Mitgetheilt in der Gesellschaft naturforschender Freunde zu Berlin 
den 21sten August 1838.) 


(Hierzu Tab. V. Fig. 8.) 


Aıs ich vor Kurzem auf den Flöfsen, welche fast immer bei 
Strahlau einen grofsen Theil der Spree bedecken, und so 
lange dort unverändert liegen bleiben, dafs zwischen ihnen 
mancherlei Wasserpflanzen hervorwachsen, einige Schnecken 
einsammelte, fiel mir in etwa sechs bis acht Exemplaren die 
Amphipeplea glutinosa Nilss. in die Hände, welche meines 
Wissens bisher noch nicht als in der Mark vorkommend be- 
kannt war. Mir war dies doppelt interessant, da schon im 
vorigen Jahre (1837) der Professor Rofsmäfsler, welcher diese 
Schnecke zuerst in Deutschland entdeckt hat, (Iconogr. I. 
p- 93.) bei seiner Anwesenheit in Berlin behauptete, die Lo- 
ealität passe so gut für die in Rede stehende Schnecke, dafs 
sie auch gewifs hier vorkommeh würde. Ich zweifelte damals 
sehr an dem Erfolge, weil ich seit mehreren Jahren alle Ge- 
wässer der Umgegend oft genug durchsucht habe. Sie ist in- 
dessen nun hier gefunden, und man kann sie daher fortan 
als Bewohnerin der Mark betrachten, wenngleich es mir trotz 
mehrfachen eifrigen Nachsuchens späterhin nicht gelungen ist, 
sie wieder aufzufinden. Es mag daran die etwas veränderte 
Localität Schuld sein, indem viele von den früher bei Strahlau 
vorhandenen Holzflöfsen seitdem fortgeschafft worden sind. 
V. Jahrg. 1. Band, 12 


178 

Von ©. F. Miller wurde sie zuerst als Buceinum gluti- 
nosum in seiner Naturgeschichte der Würmer II. p. 129 be- 
schrieben; dann von Linne in seinem Systema naturae als 
Helix glutinosa aufgeführt; später aber von Draparnaud p. 
50 der Gattung Limnaeus zugezählt. 

So lange man blofs die Schale betrachtet, welche sehr 
zart, zerbrechlich und durchsichtig ist, aus nur drei Windun- 
gen besteht, eine sehr weite Apertur hat, und sich‘durch eine 
sehr breite sogenannte Columellarplatte auf der vorletzten 
Windung auszeichnet, so kann man freilich nicht anders, als 
diese Schnecke zur Gattung Limnaeus stellen. Nimmt man 
jedoch auch Rücksicht auf die Bildung des Thiers, so bemerkt 
man auf den. ersten: Blick. eine ‚Beschaffenheit, welche‘ keiner 
einzigen andern Art der Gattung Limnaeus zukommt. Es ist 
nämlich der Mantel gallertartig anzufühlen, und so weit, dafs 
er sich auf allen Seiten um die Schalenränder umschlägt, in 
der Weise, dafs oft oben nur ein sehr kleiner runder Raum 
von dem Gehäuse sichtbar bleibt. Der kleine Rand dieses Man- 
tels ist zwar einiger Ausdehnung fähig, so dafs der kreisför- 
mige Raum, an welchem man die unbedeckte Schale sieht, 
bald kleiner, bald gröfser erscheint; indessen ist das Tier doch 
nicht im Stande, den Mantel ganz unter das Gehäuse zurück- 
zuziehen. Dies geschieht nicht einmal,; wenn man die Schnecke 
mit den Fingern ergreift, oder wenn man. sie in Weingeist 
wirft, um sie zu tödten. ‘Ein ähnliches Umschlagen des Man- 
telrandes findet bei Physa \fontinalis,, die bei uns in grofßser 
Menge in allen fliessenden Gewässern vorkommt, statt, nur 
mit dem Unterschiede, dafs bei ihr der Mantel in viele faden- 
förmige Lappen zerschlitzt ist, und nur diese es sind, welche 
sich an die äufsere Fläche der Schale anlegen. 

Nilsson benutzte nun in seiner Fauna Sueciae ‚p. 58. 
diese Bildung des Mantels bei Limnaeus glutinosus: zur Auf 
stellung einer neuen Gattung, der er ganz passend ‚den Na- 
men Amphipeplea gab, und zu der er als einzige Species den 
L. glutinosus als Amphipeplea glutinosa stellte. Man könnte 
sich wundern, dafs er auf diesen Unterschied allein hin, ohne 
Hinzuziehung anatomischer Gründe, nicht lieber die Art zu 
der Gattung Physa gestellt hat, da doch in dieser Beispiele 
einer ähnlichen Mantelbildung vorkommen. Hauptsächlich hat 


479 


ilin ‚aber wohl das. Rechtsgewundensein ‚der Schale abgehalten 
(die Gattung Phys« besteht bis jetzt bekanntlich nur aus links- 
gewundenen Arten); ‚und dann ‚sind, auch. bei Amphipeplea 
glutinosa die Fühler. wie bei Limnaeus platt gedrückt und 
dreieckig, ‚wogegen: sie bei Physa lang und borstenförmig er- 
scheinen, 

Es fragt sich nun, ob.die Mantelbildung bei der in Rede 
stehenden Schnecke zur Aufstellung einer neuen Gattung be- 
rechtigte? Zu der Gattung Physa gehörig finden wir bei uns 
zwei Arten: Ph. fontinalis ‚und Ph, hypnorum; ‚erstere hat 
die -übergeschlagenen ‚Mantellappen, welche fast, die ganze 
Schale bedecken, letztere hat keine Spur davon, und dennoch 
fällt es keinem Menschen ein, daraus zwei Gattungen zu ma- 
ehen. ‚ Hieraus: läfst es sich leicht erklären, dafs viele Zoolo- 
gem'nicht geneigt gewesen sind, ‚so, leichthin diese neue Gat- 
tung-Amphipeplea anzunehmen. 

Im "vorigen Jahre (1837) erschien ein Aufsatz über das 
Nervensystem des Limnaeus: glutinosus von A. J. Vanbene- 
den’ in den Bulletins de !Academie Royale de Bruselles, 
und daraus in den: Annales des sciences naturelles, seconde 
serie tome Wll. p..112.. Das Nervensystem ‚weicht ‚nach 
Vanbeneden, was ich bestätigen ‚kann, von dem der Limnaeen, 
bei denen es aus 'einem einfachen Schlundringe besteht, ab. 
(Vergl. dies Archiv. 1838. U. p. 271.) , Diefs mufs man; noth- 
wendig als ein Argument mehr anselıen, das für die Trennung 
dieser Art als eigene Gattung spricht. 

Beiläufig schalte ich hier eine Bemerkung über das Ner- 
vensystem von Physa, hypnorum ein, ‚wodurch sich, einige 
Analogie zwischen ‚den Gattungen Physa, und; Amphipeplea 
anzüdeuten scheint. , Es besteht aus), einem; Schlundringe von 
sechs Ganglien. ‚Die beiden vordern und untern sind ziemlich 
grofs und. entsenden die meisten Nervenfäden. Sie vereinigen 
sich durch einen sehr kurzen Faden, ‚oder ‚vielmehr sie ver- 
schmälern sich nach innen, und hängen an ihrem dünnsten 
Theile unmittelbar an einander. _ Von dieser Verbindungsstelle 
entspringen "die ‘beiden Enden eines ‚Fadens von. körniger 
Oberfläche, der ‚nach seiner Mitte zu dicker wird ‚und eine 
ziemlich weite Schlinge, oder wenn man. will einen zweiten 
Ring bildet. Die hintern und obern Knoten sind die gröfse- 

12* 


150 


sten, sie entsenden weniger Nerven und sind durch unmittel- 
bare Verwachsung verbunden. Zwischen ihnen und dem vor- 
deren Knoten macht jederseits ein kleines Ganglion die Ver- 
bindung, das den übrigen an Gröfse bei weitem nachsteht, und 
als ein blofser das untere mit dem obern Ganglion 'verbinden- 
der Nervenfaden angesehen werden könnte. Es bildet 'indes- 
sen eine deutliche Anschwellung und entsendet auch‘ nach 
aufsen einen Nerv. 

Im Jahre 1838 endlich erschien der Theil der Lamarck- 
schen Histoire naturelle des animaux sans vertebres in 
der zweiten von Deshayes besorgten Ausgabe, in welcher die 
Land- und Süfswassereonchylien behandelt sind. Deshayes 
giebt an, obgleich Vanbeneden einige Verschiedenheiten des 
Nervensystems bei der Amphipeplea glutinosa nachgewiesen 
habe, so sei weder dies noch der Mantelumschlag hinreichen- 
der Grund eine neue Gattung "aufzustellen, und-läfst die Art 
bei Limnaeus stehen. 

So standen die Sachen, als ich die Schnecke hier lebend 
fand, und es war wohl natürlich, dafs ich sogleich den Vor- 
satz fafste, nun die Thiere, von denen ich bisher blofs die 
Schalen gesehen hatte, nach meinen Merkmalen zu untersu- 
chen, und wo möglich die Frage zu entscheiden. 

Als besondes wichtig für wissentschaftliche Scheidung 
und Begrenzung der Gattungen halte ich durch mehrjährige 
Beschäftigung mit den Mollusken belehrt, die Mundtheile. 
Dafs die Mundtheile überhaupt in der Zoologie für wissen- 
schaftliche Systematik als unentbehrlich betrachtet werden, darf 

“ ich wohl kaum erinnern. In fast allen Thierklassen hat man 
sie mit dem besten Erfolge zu Eintheilungsgründen benutzt; 
nur gerade in der Abtheilung der Mollusken ist bis jetzt 
äufserst wenig Rücksicht auf sie genommen worden. Es mag 
dies theils daher kommen, dafs man früher sein Hauptaugen- 
merk immer auf die Schalen gerichtet hat, welche man wegen 
ihrer Nettigkeit und wegen der leichten Aufbewahrung in 
Sammlungen anhäufte, ohne sich weiter um die Bewohner der- 
selben zu kümmern; theils aber liegt es auch wohl darin, dafs 
die Beobachtung dieser äufserst kleinen und feinen Theile 
nicht eben zu den leichtesten gehört. Je stiefmütterlicher da- 
her diese Thierklasse in dieser Beziehung behandelt ist, um 


181 


so mehr habe ich es mir zur Aufgabe gemacht, diese Lücke 
auszufüllen und so das System-der Mollusken einem Prüfstein 
zu unterwerfen, der über die Verwandschaft und Stellung der 
Gattungen im System hoffentlich entscheiden wird. Ich habe 
nicht nur die Mundtheile der meisten einheimischen Mollus- 
ken, sondern auch bereits die einer Menge. ausländischer Gat- 
tungen untersucht, und kin wenigstens zu dem Resultate ge- 
kommen, dafs wenn gleich in den meisten Fällen die bisherige 
Anordnung durch diese Probe bestätigt wird, doch manche 
Aenderung im System wird vorgenommen werden müssen, 
wenn es ein natürliches werden soll. 

Auf Grund dieser meiner Ueberzeugung habe ich denn 
sogleich die Mundtheile der Amphipeplea glutinosa unter- 
sucht, und durch die Vergleichung mit den Mundtheilen der 
Gattungen Limnaeus und Physa gefunden, dafs die Gattung 
eine gut begründete ist. 

Um diesen Ausspruch zu rechtfertigen, mufs ich jetzt eine 
genauere Vergleichung der Mundtheile der drei in Rede ste- 
henden Gattungen folgen lassen, und mich dabei auf‘ das be- 
ziehen, was ich bereits früher in einer kleinen Abhandlung 
über die Mundtheile einheimischer Schnecken (S. dies Archiv. 
1836. I. p. 267.) hierüber gesagt habe. Die hinter der Mund- 
öffnung im Kopfe liegende muskulöse Mundmasse (la masse 
charnue Cuwv.) hat im Allgemeinen bei S/mphipeplea gluti- 
nosa dieselbe Beschaffenheit, wie bei sämmtlichen übrigen 
Pulmonaten; die inneren Theile derselben weichen jedoch hin- 
länglich ab, um aufser Zweifel zu sein, ob man das Thier als 
selbstständige Gattung von Limnaeus und Physa trennen solle. 

Was zuerst die Kiefer betrifft, so ist es bekannt, dafs den 
Limnaeen drei hornige Kiefer, ein oberer und zwei seitliche 
zukommen. Bei Physa verschwinden die beiden seitlichen 
ganz, und der Oberkiefer ist nur als schmaler brauner Saura 
vorhanden. Hierin kommt Amphipeplea glutinosa mit Physa 
überein, denn beim gänzlichen Mangel der beiden seitlichen 
Kiefer findet sich der Oberkiefer nur im Rudiment als ein 
ebenfalls schmaler, brauner Saum von horniger (?) Beschaffen- 
heit, den man mit der Loupe deutlich sieht, der aber so klein 
ist, daß es mir nicht gelang, ihn von der Mundmasse loszu- 
trennen und unter das Mikroskop zu bringen. 


182 


Im Innern der Mundmasse sind, wie bei den übrigen Pul- 
monaten, zwei weifse'Knorpel verhanden, welche einer breiten, 
pergamentartigen Membran, der Zunge, als Unterlage dienen, 
Ob diese Membran die Knorpel überzieht, wie bei Limnaeus 
oder wie bei Physa,' kann ich nicht mit Bestimmtheit sagen; 
denn bei der Kleinheit des’ Gegenstandes und bei der geringen 
Anzahl von Exemplaren, die mir ls jetzt. zur Untersuchung 
zu Gebote standen, habe ich auf anatomischem Wege darüber 
noch nicht klar werden können. Beim Fressen schien mir die 
Schnecke mehr Aehnlichkeit mit Limnaeus zu haben, woraus 
man auch auf gröfsere Aehnlichkeit der Mundtheile mit denen 
dieser Gattung zu schliefsen geneigt sein könnte, 

Von allen Organen des Mundes ist immer die Zunge das- 
jenige, an welchem man die Unterschiede am’ schärfsten nach- 
weisen kann, weil sie jedesmal harte Theile trägt, die eine 
scharf begrenzte und constante Gestalt haben. Diese Zunge 
ist bei allen Pulmonaten eine verhältnifsmäfsig‘ breite und im 
ausgespannten Zustande ziemlich rectanguläre Membran, welche 
auf ihrer ganzen oberen Fläche mit Zähnen besetzt ist, Im 
Bau dieser Zähne finden sich manche Unterschiede auch zwi- 
schen den Gattungen der Landschnecken, Pupa, Helix, Glau- 
silia, Bulimus u. s. w.; was jedoch weiter auszuführen jetzt 
nicht meine Absicht ist, und worüber ich auch meine Beöb- 
achtungen noch nicht zu Ende gebracht habe. Sehr auffallende 
Unterschiede finden sich aber zwischen den Gattungen der 
Wasser-Lungenschnecken, ‘Bei Limnaeus und Planorbis sind 
die Zähne, welche die Zunge bedecken, ganz einfach, kegel- 
förmig und nach hinten gekrümmt; bei der Gattung. Physa 
dagegen sind sie auf der einen Seite  kammartig gesägt. 
Die Zähne auf der Zunge von Physa fontinalis (vergl. dies 
Archiv 1836. Tab. IX. fig. 10. 11.) so wie von Physa hy- 
pnorum, welche ich ganz kürzlich zur Vergleichung unter- 
sucht, und auf der ich die Zähne ganz ähnlich wie bei Ph. 
fontinalis, wenn gleich viel kleiner und in bei weitem 
gröfserer Menge gefunden habe, sind unter einander auf den 
verschiedenen Stellen der Membran gleich, oder zeigen doch 
wenigstens keine auffallende Verschiedenheiten. Hierin spricht 
sich bei einer gewissen Aehnlichkeit mit der Zunge von Am- 
phipeplea glutinosa. dennoch ein wichtiger Unterschied aus, 


185 


indem bei der eben genannten. ‚Schnecke! die Zähne von der 
Mittellinie aus nach den Seiten. sich sehr. verändern. . Zur 
Verdentlichung ist-ein Stück der Zunge. von „Amph. glutinosa 
auf Tab.'V. Fig. 8. ünter einer. Vergröfserung von 280 mal 
im Durchmesser dargestellt worden... In der Mitte der Zunge 
findet‘ sich eine Längsreihe. kleiner kugelförmiger stumpfer 
Zähnchen, die den: übrigen an Gröfse sehr nachstehen. An 
jedes dieser kleinen Zähnchen (a) schliefst sich jederseits eine 
Querreihe von etwa 25 Zähnen an. Der der Mittellinie zu- 
nächst stehende Zahn: ist halb kreisförmig, hat aber, am. Gipfel 
einen Einschnitt, der-ihn ‚herzförmig macht, oder der ihm viel- 
mehr das Ansehn zweier stumpfer Höcker verleiht. An der 
Wurzel dieses Zalıns findet sich jederseits ein ganz kleiner 
stumpfer Höcker. Auf diesen ersten folgen noch sieben an- 
dere, ganz ähnlich gebildete Zähne, die jedoch mit der Entfer- 
nung von der Mitte an Breite ab-, und an Höhe zunehmen. 
Alle haben-am Grunde jederseits den vorhererwähnten kleinen 
stumpfen Höcker neben sich, deren zwei zusammenstofsende 
immer den Raum zwischen zwei benachbarten Zähnen erfüllen. 
Der neunte und zehnte Zahn von der Mitte aus, werden schon 
an Gestalt sehr abweichend. Sie sind. etwas höher und enden 
statt der stumpfen Gipfel in zwei‘ ziemlich‘ feinen Spitzen; 
auch findet sich nicht mehr jederseits am Grunde ein Höcker, 
sondern der-Zalhhn trägt nur aufsen und unten noch einen klei- 
nen spitzen zahnartigen Vorsprung. - Letzteres haben alle fol- 
genden mit einander gemein. Der elfte. Zahn trägt zwischen 
den beiden Spitzen des vorigen Zahnes noch eine kleinere 
dritte; der zwölfte, dreizehnte und vierzehnte noch zwei, die 
folgenden drei oder vier kleinere Zähnchen zwischen den 
beiden gröfseren, ‚doch so, dafs vielmehr die äufsern Spitzen 
jedes Zahns fast unverändert, die innere dagegen auf der nach 
dem Rande der Zunge: zu gelegenen Seite mit einem bis vier 
kleinen Spitzen gesägt erscheint. . Dabei werden die Zähne 
nach dem Rande der Zunge zu immer schmäler. 

Wer wollte nun leugnen, dafs zwischen den Gattungen 
Limnaeus, Amphipeplea und Physa Verschiedenheiten ob- 
walten, welche eine Trennung der Gattungen bedingen? .Je- 
denfalls hat Amphipeplea noch mehr Verwandtschaft zu Physa, 
der sie durch die Bildung des Mantels, durch das Fehlen der 


184 


seitlichen Kiefer und durch die gesägten Zähne auf der Zunge 
sich nähert; wogegen sie durch das Rechtsgewundensein der 
Schale und durch die Bildung der Fühler wieder mehr mit 
Limnaeus übereinstimmt. Dagegen schliefst sich gerade in den 
letztern Punkten Planorbis an Physa an, während sie in den 
Beziehungen, in welchen eine Verwandschaft zwischen Physa 
und Amphipeplea hervorleuchtet, näher an Zimnaeus hält. 

Schade, dafs es mir noch nicht vergönnt war, ein Thier 
der Gattung Chilina Gray (vgl. Jahrg. 1838. II. S. 278.), 
welche ebenfalls hierhergehört, zu untersuchen. Da dies je- 
doch leider noch nicht hat geschehen können, so kann ich bei 
der Eintheilung der Familie der Wasser - Lungenschnecken 
(Limnaeaceen) auch auf dasselbe noch nicht Rücksicht neh- 
men. Soweit ich es jetzt übersehen kann, scheint es mir, als 
liefse sich die Familie in folgendes Schema bringen. 


Wasserlungenschnecken. 


I. Nur ein oberer Kiefer; gesägte Zähne auf der Zunge; 
der Mantel schlägt sich meist über die Schale. Thier rege, 
reizbar. 

4) Fühler fadenförmig; Sohle hinten zugespitzt; Ath- 

mungs-, After- und Geschlechtsöffnung links. Physa. 

2) Fühler dreieckig; Sohle hinten abgerundet; Athmungs-, 

After- und Geschlechtsöffnung rechts.  Amphipeplea. 

I. Ein oberer und zwei seitliche Kiefer; einfach kegel- 
förmige Zähne auf der Zunge; der Mantel schlägt sich nicht 
über die Schale. Thier träge, wenig reizbar. 

3) Fühler fadenförmig; Sohle hinten zugespitzt; Atlımungs-, 

After- und Geschlechtsöffnung links. "Planorbis. 
4) Fühler dreieckig; Sohle hinten abgerundet; Athmungs-, 
After- und Geschlechtsöfinung rechts. Limnaeus. 

Man bemerkt hiernach, dafs die Gattungen Physa und 
Limnaeus die Grenzen der Familie nach beiden Seiten ‚hin 
bilden, und dafs es nicht einen einfachen Uebergang zwischen 
beiden in der Gattung Planorbis gebe, wie ich es in meiner 
Inauguraldissertation (De Limnaeaceis ete.) annehmen zu kön- 
nen glaubte; sondern dafs der Uebergang vielmehr ein doppel- 
ter ist, einmal durch die Gattung Planorbis, das andere mal 
durch die Gattung Amphipeplea. 


3 a a Ra 


eine neue Gattung der Crinoiden 
beschrieben von 


A. d’Orbigny. 


(Hiezu Taf. V. Fig. 2—7.) 


Der uns hier beschäftigende Crinoid wurde zu Martinique 
von Herrn Rang entdeckt, welcher ihn noch lebend, aber im 
eontrahirten Zustande sah. Es ist auffallend, dafs die beiden 
einzigen Crinoiden-Arten der Jetztwelt, welche den Zoologen 
bekannt geworden sind, -beide den heifsen Meeren der Antil- 
len angehören, wo die Strahlthiere, die Steinkorallen und die 
biegsamen Polypen so zahlreich sind. Sollte man nicht daraus 
abnehmen können, dafs in den Epochen, in welchen die Cri- 
noiden in so grofser Zahl lebten, das Meer eine :Temperatur 
besafs, welche wenigstens derjenigen der jetzigen Aequatorial- 
zonen gleich kam, und dafs die Thiere dieser Familie tiefe 
und ruhige Gewässer bedürfen, welche zur Existenz der Cri- 
noiden mit so dünnen und zarten Stielen, die sich nur im Bu- 
sen der Höhlen zwischen Korallen und Felsen erhalten kön- 
nen, unerläfslich sind? — 

Die Art mufs ein neues Genus bilden, dem wir as Na- 
men Holopus beilegen, ihn entlehnend von dem hervorstechend- 
sten seiner Charactere, Wie alle dieser Familie ist es ein fest- 
sitzendes Thier; an seinem Oberende mit gegliederten, dicho- 
tomen Armen versehen, welche jederseits alternirend mit klei- 
nen Aestchen besetzt sind, die jedenfalls beim Ergreifen kleinerer 
Körper helfen. Zwei Charaktere unterscheiden den Holopus . 
aber von allen Familiengliedern auf das strengste. 1) Der un- 


156 


gegliederte Fufs, von welchem er den Namen erhalten, wäh- 
rend dieser bei allen andern aus einer Menge Gliedern 
besteht; 2) dafs dieser Fufs kurz und hohl ist und zum 
Behälter der Eingeweide dient, während er bei den übrigen 
Crinoiden immer sehr lang, kaum von einem engen Kanale 
durchbohrt, und an seinem oberen Theile mit einer grofsen 
Anschwellung versehen ist, welche von steinigen Stücken ge- 
schützt, den Magen und die übrigen Lebens- Organe enthält. 
Es sind diese beiden positiven Charaktere, welche uns nöthi- 
gen, diese Gattung von allen übrigen bekannten Gattungen zu 
trennen. *) 

Wir charakterisiren sie folgendermafsen: 

„Ihier dem Boden mit einer Wurzel angeheftet, welche 
sich nach den festen Körpern, an denen sie fest sitzt, formt. 
Von dieser Wurzel oder Basis erhebt sich ein Fufs oder Kör- 
per, welcher aus einem‘Stücke besteht, kurz und hohl ist, 
die Eingeweide enthält, und sich in ‚einen Mund öffnet, wel- 
cher zugleich als After dient, und im Grund einer unregel- 
mäfsigen Höhle gelegen ist, welche durch die Vereinigung der 
dichotomischen, dicken, steinigen, aufsen convexen, innen rin- 
nenartig ausgehöhlten Arme gebildet wird, die in zahlreiche 
Glieder getheilt und abwechselnd ihrer Länge nach mit klei- 
nen konischen stark zusammengedrückten Aestchen besetzt 
sind.“ 


Holopus. Rangii d’Orb. 


Beschreibung der äufseren Theile. Wurzel 
ausgebreitet, nicht ästig, glatt oder oberhalb leichte Wachs- 
thumslinien zeigend, mit unregelmäfsigem Rande, unterhalb 
die Gestalt der Körper annehmend, an welchen sie festsitzt. 
Fufs oder Körper dick, kurz, fast viereckig, mit klei- 
nen rundlichen, an den Ecken mehr sichtbaren Tuberkeln be- 
setzt, seine Oberfläche, wie die.aller äufseren Theile der Arme 
zeigen unter der Lupe überall ein fein gestreiftes oder genetz- 


*) Dies, wie der unten erwähnte Charakter, dafs der Mund zu- 
gleich Auswurfsöffnung sei, machen es unumgänglich nöthig, die Gat- 
tung Holopus in einer besonderen Familie von den übrigen Crinoiden 
abzutrennen. Herausgeber. 


187 


tes Gewebe, selbst auf den: Tuberkeln. ‚Arme vier,*) an sei- 
ner Basis jeder. von leinem dicken 'pentagonen Stücke gebildet, 
welches innerhalb irregulär und concav, oben convex ist, und 
eine grofse tuberculöse Erhabenheit (mamelon) bildet, deren 
Ränder, an ihren Vereinigungsstellen mit den drei anderen 
Stücken abgeplattet, sich dergestalt verbinden, dafs sie ein gut 
gefügtes Ganze darstellen. Am oberen Theile dieses ersten, 
zwei Facetten zeigenden Stückes ist es, wo jeder Arm dicho- 
tom wird und sich in. zwei theilt, so dafs im Ganzen 8 Arme 
vorhanden. Sie sind dick, stark, konisch, fast. doppelt so lang 
als der Fufs, abgerundet und auf ihrem Mitteltheile. mit :Hök- 
kerchen besetzt, an ihrem Aufsenrande wie festonnirt, an ih- 
rem Ende zusammengedrückt, aus 20—25 Kalkstücken beste- 
hend; sowol rechts, wie links alternirend ein verlängert koni- 
sches stark zusammengedrücktes, oberhalb runzliges, innerhalb 
etwas concaves Aestchen tragend, welches aus vielen vierecki- 
gen, mit ebenen Flächen artikulirenden Stücken gebildet wird. 

Innere Theile. Die Höhle des Fufses oder Körpers 
nimmt dessen ganze Länge ein und enthält ohne Zweifel die 
Eingeweide, welche wir an dem aufgetrockneten. Exemplare 
nicht untersuchen konnten. Der Mund ist von 4 beweglichen, 
eckigen Kalkstücken beschützt, welche nach Willkür des Thiers 
den Eingang schliefsen. Er öffnet sich in einem Vestibulum 
des oberen Körpertheils, welches durch gewimperte unregel- 
mäfsige Auswüchse am Grunde der Arme von einem weiten 
Trichter getrennt ist, der anfangs,.von 4 tiefen Rinnen gebil- 
det wird, welche, indem sie sich in zwei theilen, minder aus- 
geprägt auf der ganzen Länge der Innenseite der Arme ver- 
laufen. 

Farbe. Eine grünliche fast schwarze Farbe bedeckt 
alle Theile des getrockneten Thieres, nur blasser an den Ar- 
men und an der Wurzel. x 

Maafse. In völliger Entfaltung beträgt die Länge des In- 
dividuums 8 Centimeter; der Fufs hat 22 Millimeter; die Höhe 


*) Die paarige Zahl der Arme ist bei den Crinoiden eine Ano- 
malie, indem sonst immer die Fünfzahl herrscht. 
Anm, des Verf. 


188 


der Wurzel ist 4 Centimeter; Durchmesser.‘ der Wurzel am 
Grunde 18 Millimeter; Durchmesser des Füfses 13 Millimeter. 


Erklärung der Figuren. 


Fig. 2. Holopus Rangü, mit zusammengezogenen Armen. 

Fig. 3. Längsdurchschnitt, auf welchem man die tiefe auf 
der ganzen Länge der Arme verlaufende Furche, das Ve- 
stibulum zwischen den Armen und dem Munde und die 
Höhle des Fufses sieht. 

Fig. 4 Ein Arm im Profil. 

Fig. 5. Ein Aestchen vergröfsert. 

Fig. 6. Ein Stück eines Aestchens, an dem man seine 
geringe Dicke und seine Gelenkfläche sieht. 

Fig. 7. Ein Stück des Armes. 


a. Aeufsere Convexität. 

b. Innere Längsrinne. 

c. Der Theil, durch welchen es mit dem folgenden Stücke ar- 
tikulirt, 


Ueber einige neue oder wenig bekannte Säuge- 
thiere, besonders aus der Sammlung des 
brittischen Museums. 


von 


In Br ,G'riay: 
(Aus Loudon’s Magaz. of Nat. Hist. Vol. I. New. Ser. p. 578.) 


Paradozurus. 
Die Arten dieser‘ Gattung lassen sich folgendermafsen 


ordnen: 
A. Wange mit einem weifsen Fleck unter 
dem Auge. 
a. Rücken einfarbig: P. larvatus, P. Crossü, P. Grayü, 
P. Jourdanii. 
b. Rücken bunt von braun und weils: P. leucopus. 


; 189 


e. Rücken dunkel (obscurely) gefleckt oder gebändert: P. 
dubius, P. typicus, P. niger. 

d. Rücken gestreift, Seiten gefleckt, Vorderkopf weils: P. 
Pallasi, P. musanga, P. dubius,*) P. musangoides. 
P. prehensilis. 

B. Gesicht ohne Flecke unter den Augen. 

a. Vorderkopf und Nacken mit 3 schwarzen Streifen; Rük- 
ken schwarz gefleckt, mit zwei gelblichen Flecken an der 
Schulter: P. Hamiltoni (Viverra binotata Temm. und 
Gray.) 

b. Rücken mit 3 oder 5 schwarzen Streifen: P. trivirgatus, 
P. quinquelineatus. o 

c. Schwanz geringelt,? P. Zebra, 

d. Rücken einfarbig: P. leucomystax. 

S.578. Paradoxurus quinguelineatus. Braun; die 
Haare mit schwarzer Spitze. Rücken mit 5 unterbrochenen 
schwarzen Streifen, etwas gebogen über den Schultern. Die 
beiden äufsern Streifen an jeder Seite endigen in eine Reihe 
kleiner runder Flecke; der äufsere ist sehr kurz. ‘Vorderkopf, 
besonders die Augenbrauen röthlich weils. — Eine Varietät 
ist mehr gefleckt. ? 

P. leucomystax. Schwarzbraun mit Jangen schwarzen 
glänzenden Haaren. Umkreis der Augen dunkelbraun. Ge- 
sicht blafs, ohne Orbital-Flecke. Ein grofser Fleck an dem 
unteren Winkel der Ohren und Ende des Schwanzes weifs. 
Bartborsten.lang, rigid, weifs. Ohren grofs, gerundet, nicht 
bärtig. Wohnort unbekannt. 

P. musangoides. Graubraun. Schnauze, Scheitel 
(crown), Nacken, Füfse, Schwanz, 3 continuirliche Striche aufdem 
Rücken, und die kleinen runden Flecke der Seiten schwärz- 
lich braun. Bauch, eine Binde quer über den Vorderkopf, 
Fleck unter den Augen, und einer an der Spitze der Nase 
weils; die seitlichen Rückenstreifen setzen fort und bilden auf 
der Seite der Basis des Schwanzes eine Reihe runder Flecke; 
die oberen Reihen Flecke bilden eine fast continuirliche Linie 


*) Dafs der P. dubius unter zwei Abtheilungen aufgeführt und 
P. Derbyanus ausgelassen wird, ist wohl nur der Flüchtigkeit des 
Verfassers zuzuschreiben, Herausgeber. 


190 


an :den.«Seiten..—- Asien. Dem..P. musanga, sehr. (ähnlich; 
aber der Rücken hat 3 deutliche‘ Streifen, während in jener Art 
nur: Reihen von Flecken sind. . 

P.ıDerbyanus. Gräubraun;, ein,Strich'auf kahl: der 
Nase; ein breiterer an jeder Seite des Gesichts‘ zu: den Au- 
genhöhlen; ein Strich längs jeder. Seite des Nackens;, sieben 
halbmondförmige Binden quer über Rücken und Schwanz, 
schwarz; Stirn und Unterseite der Beine etwas dunkler. Füfse 
braun. Haare blafs gelblich mit kurzer schwarzer Spitze. Va- 
terland unbekannt. Im Cabinet der Zool. Gesellsch. und des 
Lord Derby. *) 

Paradoxurus? Zebra. Gelblich. Gesicht und Vorder- 
kopf braun. Ein weifser Strich über jedem Auge; zwei schiefe 
Striche oben auf dem Halse; ein zweiter kürzerer quer’ auf 
der Schulter; fünf Binden auf dem Rücken und die Ringel am 
Schwanze schwarz. Vaterland unbekannt. Mus. Lyons. 

Parad. Jourdonii. Blafsgelb; Haare mit schwarzer 
Spitze. Ein rautenförmiger Fleck oben auf dem Halse. Füfse und 
Schwanzende schwarz. Rückenseite der Ohren, Seiten der 
Nase und Vorderseite der Augenhöhle braun. Gesicht weils- 
lich. Ein Fleck auf den Schläfen und das Ende des Schwanzes 
weils. Beine gelbbraun, mit Weifs gesprenkelt. Vaterland un- 
bekannt. Mus. Lyons. 

Herpestes. (ebendaselbst S. 578.) 

H. $mithii. Dunkel gesprenkelt, schwarz, weifs und grau. 
Gesicht, Hals und Füfse**) (feet) röthlich varürt. Fülse und 
Schwanzende schwarz. Vaterland unbekannt. 

H. Bennettii. Rothbraun, schwach mit weifs gespren- 
kelt. Schwanz etwas flach gedrückt; Unterseite blafsroth; Ende 
mit schwarzem Pinsel. Madagaskar. 


*) Anm. In den Proc.-Z. S. 1837. S.. 67 giebt ‚Hr! Gray; folgende 
Diagnose: 

Paradoxurus Derbyanus. P. paillide fuscercenti- albus, r0- 
stri lateribus, striga superciliari, nota in medio fronte et in utro- 
que latere capitis super aures nigris, nec non striga, ad utrumque 
latus colli in humeros obducta, vittis tribus, quatuor, vel quinque trans- 
versis in dorso (ad latera angustioribus), annuloque ad basin caudae, 
cum hujus dimidio postico. Artubus cinerescentifuscis. 

Hub. in Peninsula Malayana. 

**) wohl Beine? Herausgeber. 


>; 


19 


H. nepalensis. : Pelz’ schwärzlich, ‚fein grau'getüpfelt. 
Haar: schwarz, mit. einen breiten gelben: ‚Bande ‘nahe an (der 
Spitze. Schwanz’abiiehmend, Unterseite graulich. ‚Sohlen & 
kahl.“ Nördl. Indien.‘ Dem H, griseus ähnlich, ‘aber kleiner 
und dunkler. 

H. brachyurus. Schwarz. Haar gelb geringelt. ‚Unter- 
pelz braun. Gesicht, Wangen, Seiten des Halses gelblicher. 
Bauch 'und Schwanz dunkler. Kehle blafsgelbbraun. Vorder- 
beine und Füfse schwärzlich. Schwanz diek, etwa halb so 
lang als der Körper. — Indische Inseln. Brittisch. Museum, 


Macropus. — Halmaturus etc. 


S. 582 giebt Hr. ‚Gray folgende Uebersicht der von ihm 
untersuchten. Känguruh -Arten: 

1. Macropus Shaw. (ex parte) Muffel haarig mit ei- 
ner nackten Linie über‘. den Nasenlöchern ‚und einem kleinen 
nackten Fleck vorn. ‘Keine Eckzähne. ı Die oberen Schneide- 
zähne von fast gleicher Länge, gefurcht; der. hinterste der 
breiteste und aus 2 gegen einander gefalteten Lappen beste- 
hend, die hintere Falte fast dreimal so lang als die vordere, 
an ihrem Hintertheile gefurcht. 

Macropus major. Shaw. Schwanz dick mit -dicht- 
stehenden weichen Haaren bedeckt. 

2. Halmaturus F. Cuv. (e. p.) Muffel kahl, deutlich. 
Keine Eckzähne. Die oberen Vorderzähne fast gleich lang; 
das vordere Paar: etwas gekrümmt mit einer Furche; die hin- 
teren am breitesten, mit einer mehr oder weniger deutlichen 
Falte. Schwanz dick an der Wurzel, schuppig, mehr. oder 
weniger mit Haar bedeekt, welches an der Unterseite am dich- 
testen ist. N 

A. Die hintere Falte der hinteren oberen Schneidezähne 
fast zweimal so lang als die vorderen, so dals der Zahn des- 
halb nahe der Mitte gekerbt. erscheint. 

Halmaturus ualabatus.. ‚Kangurus ualabalus? 
‚Leis. Schwanz mäfsig lang mit langem weichem dichtstehen- 
den Haar, etwas buschig am Ende. Gesicht, ein: Streif, am 
Vorderkopf, Füfse und Schwanzspitze schwärzlich. Wangen 
grau. Die Falte der hinteren Schneidezähne fast hinten (sub 
posterior). — Wird in England gewöhnlich Wallabee_ ge- 


192 


nannt. Eine andere‘ Art im Museum der zoologischen Ge- 
sellschaft pafst besser zu Lefson’s Beschreibung, da sie dunkler, 
mehr rostroth, und am Kopfe ringsum die: Wurzel der Ohren 
dunkelgelb (fulvous) ist. Sie kann H. Lessonii genannt 
werden. 

Halmaturus albus. 'Kangurus albus Gray. Sehr 
ähnlich dem vorigen, aber weifslich oder weifs. Schwanz mit 
dicht stehendem Haar besetzt, etwas buschig am Ende, und 
die Falte am hinteren Schneidezahn fast hinten. 

Halmaturus‘ dorsalis. Schwanz mittelmäfsig, mit sehr 
kurzem dicht stehendem Haar. Der hintere obere Schneide- 
zahn mit einer mittleren Falte und der vordere mit einer 
Grube fast an der Vorderseite. Pelz schwarz, rothbraun und 
grau gesprenkelt. Hals und Beine blafs rostroth. Füfse und 
ein Streif auf dem obern Theile des Rückens schwarz. 

Halmaturus Derbyanus. Schwanz etwas kurz, dick, mit 
kurzen dicht anliegenden Haaren bedeckt. Hintere obere 
Schneidezähne etwas klein mit einer sehr schwachen Falte fast 
hinter der Mitte. Pelz schwarz, röthlich und grau gespren- 
kelt. Hals und Beine röthlich, mit einem dunkeln Streif im 
Nacken. — Ausgezeichnet durch die geringe Gröfse und Ein- 
fachheit des hinteren Schneidezahnes. 


Halmaturus Parryi. Macropus Parryi Benn. 


Transact. Zool. Soc. Schwanz verlängert, zusammengedrückt, 
oben mit kurzem dicht anliegenden Haare und einem Streif 
längerer dieht anliegender Haare unterhalb; am Ende schwach 
buschig. Hintere obere Schneidezähne mit einer deutlichen 
fast mittelständigen Falte. Pelz grau. Gesicht schwärzlich, 
mit einem breiten rein weifsen Streif durch die Wange. 

var. pallida. Blafs röthlich grau. Gesicht, Rückseite 
der Ohren, Mitte des Rückehs etwas röther; Gesichisstreif, 
Lippen, Schwanz und Unterseite weifs. Füfse und Schwanz- 
spitze dunkler. — Am Swan River, Wallaroo genannt. 


B. Die hintere Falte des hinteren oberen Schneidezahns 
kaum länger als die vordere, so dals der Zahn nur hinten ge- 
kerbt erscheint. Vorderer Schneidezahn kurz einfach T’hylo- 
gale Gray. 

Halmaturus Eugenii. Schinz. Kangurus Eugenü 
Desm. Schwanz wittelmäfsig abnehmend, mit etwas kurzen 


193 


Haaren bedeckt, Ringe viereckiger Schuppen zeigend, und un- 
ten mit einem Streif dichtstehender langer anliegender Haare, 
Pelz braun, grau gesprenkelt. Nacken roströthlich. Schwanz 
oberhalb dunkel (dark) unterhalb weifs. — Am ‚Swan River. 

3. Petrogale Gray, Muffel kahl, deutlich. Keine Eck-, 
zähne; die obern Schneidezähne ungleich; der vordere etwa 
der längste und gekrümmt; der hintere beilförmig (hatchet- 
shaped) am Ende erweitert und: in der Mitte gekerbt. 
Schwanz cylindrisch, mit langen etwas steifen Haaren besetzt, 
welche am Ende einen Busch bilden. 

P. penicillatus Gray. Macrop. penicillatus ‘Gray. Oh- 
ren, Schultern, Lenden, Schwanz und ein Streif im-Nacken 
schwärzlich. Lippen und ein schmaler Streif: auf. :der. Brust 
weils. Wangen graulich. — Swan-River; Gunar (?) ge- 
nannt. Sitzt mit zwischen die Schenkel gezogenem Schwanze. 

Aufser diesem findet sich im Museum der zoologischen 
Gesellschaft eine M. ruficollis benannte Art, . welche sich 
durch die Länge. des Haares am Schwanze auszeichnet. ‚Es 
fehlt aber der Schädel, so dafs das: Gebifs nicht untersucht 
werden konnte, 

4. Bettongia Gray. Mufiel kahl, deutlich. _Eckzähne 
deutlich. Obere Schneidezähne ungleich; der vordere der 
längste, der hintere klein, einfach, Schwanz schuppig, mit 
kurzen Haaren bedeckt, welche an .der Spitze länger sind und 
hier einen Büschel bilden. Hinterbeine und Zehen verlängert; 

die äufsern Zehen länger als die inneren, 
B. setosus (sic) Hypsiprymnus setosus Ogilb. Grau 
gesprenkelt. Ende des Schwanzes schwärzlich, einen schwa- 
chen Büschel bildend. Ohren mittelmäfsig. Swan- River. 

B. penicillata. Grau und weifs variirt, unterhalb 
weißslich. Unterpelz (under fur) bleifarbig. Schwanz grau, 
das buschige Ende schwarz. Ohren klein, gerundet. 

B. rufescens. Röthlich grau, schwach gesprenkelt; 
unterhalb weifslich. Rücken roströthlich (rufous). Ohren 
etwas lang. Schwanz weifslich (Ende einfach’). 

5. Hypsiprymnus F. Cuv. (e. p.) Mufiel kahl, deut- 
lich. Hundszähne deutlich; obere Schneidezähne ungleich, der 


vorderste der längste; der hintere klein, einfach. Schwanz 
V. Jahrg. 1. Band, 13 


194 


mit viereckigen Schuppen geringelt, und’ mit dicht stehenden 

borstigen Haaren. Hinterbeine und Zehen kürzer; die äufsere 

und’innere Zehe von fast gleicher Länge. Pelz starr. 
Hypsiprymnus minor F. Cuv. Macropus minor Sh. 


Sciuropter.a. (Ebendaselbst S. 584.) 


Sc. Turnbullii Gray. Pelz kurz, weich, schwärzlich; 
Haare gegen die Spitze mit einem weifslichen Bande. Wangen, 
Kinn und Unterseite weifs. Augenkreis ‘und Bart schwarz. 
Schwanz schmal, abnehmend, schwarzbraun; unten etwas blas- 
ser. Füfse klein; vordere Daumen rudimentär. Hinterfüfse an 
der Aufsenseite kaum befranset. Sohlen klein, ohne Höcker 
an der Mitte der Aufsenseite, aber mit einem Höcker vorn, 
und mit zwei ungleichen hinten an der Innenseite. Länge 114”; 
Schwanz 8”. Indien. 

Sc. fimbriata Gray. Pelz lang, weich, grau, schwarz 
varlirt; Haare ‘oben bleifarbig, platt, hellbraun mit schwarzer 
Spitze. Gesicht weifslich; Augenkreise schwarz; Bart sehr 
lang, schwarz; Kinn und Unterseite weifs. Schwanz breit, et- 
was abnehmend, am Grunde gelb (/ulvous) mit schwarzen 
Spitzen an den Haaren, an der Spitze schwarz. Füfse grofs; 
vordere Daumen rudimentär. Aufsenrand der Hinterfüfse mit 
breitem Haarbusch; die Sohlen der Hinterfüfse mit einem klei- 
nen länglichen Höcker in der Mitte der Aufsenseite, ein Hök- 
ker vorn, und zwei ungleiche hinten an der Innenseite. Länge 
12 Schwanz 41"; Hintersohlen 2”. Indien. 


Beobachtungen und Betrachtungen über die Ent- 
wieckelung der Mysis vulgaris 


von 


Heinr. Rathke. 


Hierzu Tafel Vi. 


$. 1: Die Morphologie hat in neuerer Zeit nachgewiesen, 
dafs der formellen Entwickelung aller Wirbelthiere ein ge- 
meinsamer Plan (Schema, Typus, Idee) zum Grunde liegt, 
der sich bei der ersten Bildung dieser Wesen einerseits in der 
Zusammensetzung derselben aus verschiedenen Strukturtheilen, 
anderseits in der Form des Ganzen und der einzelnen Struk- 
turtheile kund giebt, und dafs auf diesem Urplane die merk- 
würdig-grofse Aehnlichkeit beruht, die alle unter einander 'ur- 
sprünglich gewahr werden lassen; dafs aber derselbe für die 
verschiedenen Ordnungen, Familien und Arten in seiner wei- 
tern Ausführung auf mancherlei und gar verschiedene Wei- 
sen modifieirt wird, und dafs eben hierauf die Unähnlichkeiten 
beruhen, die sich im Verlaufe der individuellen Entwickelung 
bei den verschiedenen Wirbelthieren geltend machen. Unter 
den Crustaceen dagegen, einer Classe von wirbellosen Thie- 
ren, aus der bis dahin bei weiten mehr Arten, als aus ir- 
gend einer andern Klasse dieser Wesen, auf ihre erste Ent- 
wickelung untersucht worden sind, findet man gleich anfangs, 
wenn sich die Frucht zu bilden beginnt, je nach den verschie- 
denen Ordnungen und Familien sehr bedeutende Formverschie- 


13 * 


196 


denheiten, so dafs man, wenn man die Erfahrungen zum Füh- 
rer genommen hat, die über die Entwiekelung der Wirbel- 
thiere gewonnen ‚worden sind, für den ersten Augenblick in 
ein Labyrinth geleitet zu sein scheint, aus dem ein Ausweg 
nur schwierig zu finden sein dürfte. So weit ich meinerseits 
in diesem Labyrinthe mich zu rechte gefunden habe, glaube 
ich mit Grund angeben zu dürfen, dafs sich bei den Crusta- 
ceen für die Bildung von ihnen allen ein gemeinsamer Plan 
nicht eigentlich in der Form, unter welcher die verschiedenen 
Arten auftreten, zu erkennen giebt, sondern vielmehr nur in 
der Zusammensetzung aus gewissen wesentlichen Strukturthei- 
len. . Es sind diefs eine mit der Bauchwand verbundene 
Ganglien-Kette und mehrere mit dieser Wandung verbundene 
Extremitäten bei einem Mangel_an eingeweidigen Athemwerk- 
zeugen, Die Belege für dieses Resultat meiner Untersuchun- 
gen habe ich ausführlich in einem Werke, das den Titel führt: 
„Zur Morphologie, Reisebemerkungen aus Taurien,“ kürzer 
gefafst aber in der neuen Ausgabe von Burdachs Physiolo- 
gie (B. U. -S. 250 bis 276) angegeben *). 

Einen neuen Belag dazu will ich jetzt durch die Entwik- 
kelungsgeschichte einer Crustacee geben, die auch noch in 
anderer Hinsicht interessant sein dürfte. — Durch die Güte 
des Herrn Dr. ©. T. vom Siebold erhielt ich unlängst eine 
Menge von Exemplaren eines kleinen, ohne seine Fühlhörner 
höchstens 84 Linie langen krebsartigen Thieres, das bei Dan- 
zig in der Ostsee zur Sommerzeit in grofsen Schaaren vor- 
kommt, zur Gattung Mysis gehört, und der von Thomp- 
son **) aufgestellten Art Mys. vulgaris beigezählt werden 
darf. % 

Viele von den Exemplaren beherbergten in ihrer Brut- 


*) Wie es mir scheinen will, läfst überhaupt, je niedriger eine 
Klasse von Thieren steht, das Schema, welches der Bildung ihrer 
“Glieder zum Grunde liegt, nicht blos bei den schon ausgebildeten 
Gliedern, sondern selbst schon bei den in erster Bildung begriffenen, 
um desto gröfsere Variationen gewahr werden. Aufser den Crusta- 
ceen sind es insbesondere noch die Mollusken, auf die ich mich hier 
beziehen kann. 
**) Zoological researches and illustrations by John V. Thomp- 
son. Lork ohne Jahreszahl Vol. 1. P. 1, 


4197 


höhle Eier, andere Junge: alle aber hatten durch die Einwir- 
kung des Weingeistes, in dem sie aufbewahrt waren, nur erst 
wenig gelitten, weshalb denn ihre Brut noch ziemich. gut'zu 
einer ‚Untersuchung‘ geeignet erschien. Dafs sich jedoch. an 
ihnen für die Entwickelungsgeschichte nicht so umfassende 
Untersuchungen anstellen liefsen, als wenn sie frisch aus dem 
Meere gekommen wären, wird jedem Sachkenner einleuchtend 
sein. Natürlicherweise kann ‘ich hier also. nicht eine ausführ- 
liche Entwickelungsgeschichte des genannten Thieres. geben, 
sondern nur einige Bruchstücke. "Wie geringe diese nun aber 
auch sein mögen, so wird man doch aus ihnen: entnehmen 
können, dafs die‘ Thiere aus’ der Gattung Mysis sich auf eine 
ganz andre Weise entwickeln, als die Dekapoden, denen man 
sonst sie beigezählt hat. « Auch dürften diese Bemerkungen 
wohl nöch insbesondere deshalb einige Berücksichtigung finden, 
weil von allen übrigen Thieren aus der Ordnung der Stoma- 
topoden, denen Milne-Edwards neuerlich die Gattung My- 
sis beigesellt hat, die Entwickelungsgeschichte. bis jetzt noch 
völlig unbekannt ist. i 

$. 2. Zum Verständnisse dekser was ich über die Ent- 
wiekelung von M. vulgaris hier angeben will, dürfte es. viel- 
leicht nicht überflüssig sein, ihm einige Bemerkungen über den 
Bau dieses Thieres im erwachsenen Zustande vorangehen zu 
lassen. 

Abgesehen von den Gliedmalsen, haben Kopf, Brust und 
Hinterleib viele Aehnlichkeit mit den, gleichen Körperabschnit- 
ten eines Grangon; und eben dasselbe gilt auch von den Fühl- 
hörnern, den Augen und dem Fächer.‘ Die beachtungswer- 
theste. von diesen Theilen dargebotene Abweichung besteht 
dariv, dafs das Rückenschild rechts und links keine Höhle: zur 
Aufnahme von Kiemen unter sich hat. Anders dagegen sind 
die Beine beschaffen, von denen 6 Paar vorkommen, und die 
eine um so ansehnlichere Gröfse haben, wie sie von vörne 
nach hinten auf einander folgen. Alle haben nämlich beinahe 
dieselbe Form; ein jedes Bein aber besteht aus zwei an Länge 
einander beinahe gleichen Gliedern oder Aesten, die au ein 
gemeinschaftliches Hüftglied angeheftet sind. Der eine Ast 
liegt nach aufsen von dem andern, und dieser innere entspricht 
dem eigentlichen Beine der Dekapoden: der äufsere aher ent- 


198 


spricht seinem Sitze, nicht’ jedoch auch seiner. Form‘; seiner 
Richtung, und seiner Verrichtung nach einer Kieme der De- 
kapoden. Er läuft nämlich mit dem andern. Aste fast paral- 
lel, indem auch er mit seiner Spitze nach unten gekehrt ist, 
und stellt der Hauptsache nach eine dünne vielgliedrige Geifsel 
dar, die an zwei Seiten mit einer Reihe langer und dünner 
Borsten ‘besetzt ist. Milne-Edwards*) nennt ihn Palpe 
und Thompson: glaubt, dafs er zum Schwimmen, der innere 
Ast dagegen zum-Kriechen und Festhalten der ergriffenen Beute 
dient; Wenngleich aber:der innere Ast: diese Verrichtung zu- 
weilen ‚üben mag, so wird er allem ;Anscheine nach doch weit 
öfter zum Schwimmen: "benutzt, wozu er wegen seiner platt 
gedrückten Form. besonders und weit besser, als der äufsere 
Ast geeignet ist: ja es fragt sich noch sehr, ob die Thiere aus 
der. Gattung Mysis jemals kriechen. Das Wurzelglied ‘des 
äufsern Astes eines jeden Beines, das im ‚Verhältnifs zu den 
übrigen Gliedern desselben Astes bedeutend breit ist und eine 
ziemlich dieke, aber an der Oberfläche ganz glatte Tafel dar- 
stellt, soll nach Thompson das Athemwerkzeug enthalten. 
Allein, 'wieMilne-Edwards, habe auch ich andiesem Theile 
bei’der genauesten Untersuchung Nichts bemerken können, 
was man einigermafsen für eine Kieme ausgeben könnte, Nach 
meinem Dafürhalten besitzt Mysis eben so wenig eigentliche 
Kiemen, als die Cyclopiden, Daphnüden und Lernaeaden. 
Dicht vor den-Beinen befinden sich 2 Paar Kieferbeine oder 
Kieferfüfse, die etwas kleiner, als jene sind, aber in Hinsicht 
der Form mit ihnen eine grofse Aehnlichkeit haben, indem sie 
sich hauptsächlich nur dadurch unterscheiden, dafs der innere 
Ast eines jeden stärker nach innen umgekrümmt und mehr 
zum Ergreifen der Beute eingerichtet ist, und dafs das vordere 
Kieferbein an dem äufsern Rande seines Hüftgliedes noch eine 
kleine, schmale, längliche Platte (Flagrum) gewahr werden 
läfst, deren eines Ende beweglich an ihm eingelenkt ist. Vor 
den Kieferbeinen aber kommen jederseits 2 sehr kleine tafel- 
förmige und mehrfach eingeschnittene Maxillen, und vor die- 
sen eine kräftige Mandibel mit einer Palpe vor, Quer vor 


*) Hist. naturelle des Crustaces. Tom. Il. Paris 1837, 


199 


der. Mundöffnung befindet sich eine: Ziemlich starke, einfache 
Oberlippe. 

Wie die, weiblichen Individuen.der dmphipoden und der 
meisten Isopoden, sind auch: die der Mysis vulgaris zur Zeit 
der Geschlechtsreife mit: einer Bruthöhle versehen. Dieselbe 
wird gebildet von zwei Paar Tafeln oder Schuppen, die mit 
der innern Seite der Hüftglieder der beiden letzten Beinpaare 
verbunden sind, und von denen das hintere Paar ungefähr um 
das doppelte das ‚vordere an Gröfse übertrifit. Alle haben 
eine unregelmäfsig. ovale Form, sind sehr stark ausgebuchtet, 
also muschelförmig, und kehren ihre ‚concave Seite der Bauch- 
wand zu, mit der sie zusammen die Bruthöhle umschliefsen: 
Ihr breiteres Ende, womit sie an die Beine angeheftet sind, 
ist nach. hinten, ihre. Spitze nach vorne gerichtet. ‘Von der 
Bauchwand, und zwar von der Mitte der beiden hintersten 
Ringel: oder Glieder des Thorax hängen in der Bruthöhle zwei 
mäfsig lange, dünne, weiche und biegsame Fäden: herab, deren 
Bedeutung mir räthselhaft ist, die vielleicht "aber die eiweifs- 
‚haltige Flüssigkeit absondern mögen, welche man innerhalb 
der erwähnten Höhle, wie in der. Bruthöhle .der- Amphipoden. 
und Isopoden vorfindet, und welche vermuthlich'zur Nahrung 
der. schon reifern Jungen dient. — Bei den ‘männlichen Indi- 
viduen kommt statt solcher Schuppen ein Paar ganz anders 
geformter ‚Organe vor. Mit dem Hüftgliede des hintersten 
Beines ist nämlich ein nur mäfsig langer, aber ziemlich dicker 
fast urnenförmiger, und ein wenig gekrümmter Zapfen  ver- 
bunden, der mit seinem freien Ende nach vorne, ‘innen und 
unten sieht, und an demselben deutlich eine Oefinung, an dem 
nach innen gekehrten Rande von dieser aber vier dünne, mäfsig 
lange, und hakenförmig etwas 'gekrümmte Dornen bemerken 
läfst.. Wahrscheinlich mündet sich durch. einen jeden von die- 
sen Zapfen ein Samenleiter, Beiläufig erwähnt; scheinen, was 
schon Thompson angeführt hat, die männlichen Individuen 
im Verhältnifs zu den weiblichen in nur geringer Zahl vor- 
zukommen. ! 

Mit Ausnahme des hintersten Schwanzgliedes, das den 
Fächer trägt, besitzt ein jedes Glied des Schwanzes oder Hin- 
terleibes bei den weiblichen Exemplaren ein Paar sehr kleiner 
tafelförmiger, und mit kurzen Wimpern versehener Afterbeine. 


200 


Dasselbe gilt auch von den meisten Schwanzgliedern der: männ- 
lichen Exemplare: das vierte Glied aber besitzt an deren Stelle 
ein Paar ganz anders geformter und so’bedeutend verlänger- 
ter Gebilde, dafs diese ungefähr einem Drittel des ganzen 
Schwanzes an Länge gleichkommen. Ein jedes solches Gebilde 
besteht aus 2 Aesten, einem innern und einem äufsern. Der 
erstere hat, im Verhältnifs zu dem letztern eine nur sehr ge- 
ringe Länge, und erscheint als ‘eine schmale, ellipsoidische 
Platte. Der äufsere Ast aber stellt einen langen, dünnen Grif- 
fel dar, besteht aus drei verschiedenen Gliedern, und läuft in 
zwei ganz gerade, dünne, ungefähr halb so lange, beweglich 
mit ihm verbundene und gleichfalls griffelförmige Aeste aus, 
die meistens kaum merklich ‘von einander abstehen. Mit ihrem 
freien Ende sind diese Gebilde nach”vorne und unten gerich- 
tet. Ohne Zweifel dienen sie, wie die ihnen in einiger Hin- 
sicht ähnlichen Organe der Dekapoden, zur Aufregung des 
andern Geschlechtes bei der Begattung, dürften aber wohl des- 
halb noch besonders merkwürdig sein, dafs sie nicht, wie die 
ihnen entsprechenden Organe der Dekapoden, dem zweiten, 
sondern dem vierten Gliede des Hinterleibes angehören. Uebri- 
gens findet die von Milne-Edwards gemachte Angabe, dafs 
bei den männlichen Individuen aus der Gattung Mysis mit- 
unter das erste und das’ vierte Paar der Afterbeine eine sehr 
bedeutende Entwickelung (Vergröfserung) erhalten, auf die 
hier in Rede stehende ‚Species in Betrefi des ersten Paares 
keine Anwendung. 

Der Magen hat in seiner Form eine grofse Aehnlichkeit 
mit dem des Flufskrebses; und der Darm hat bei einer nur 
geringen Dicke eine ansehnliche Länge. Die Leber und die 
innern Geschlechtswerkzeuge habe ich bei den mir übersende- 
ten Exemplaren nicht mehr gehörig von einander trennen und 
untersuchen können. Das Herz und die bedeutenden Blut- 
gefäfse sind von Thompson recht ausführlich beschrieben 
worden. ’ 

$. 3. Die in die Bruthöhle gelangten Eier sind kugel- 
rund, und enthalten einen goldgelb gefärbten, grobkörnigen 
Dotter: ein Eiweifs scheint zwischen diesem und dem sehr 
dünnen, durchsichtigen Chorion nicht vorzukommen, vielmehr 
scheinen beide Eitheile einander allenthalben zu berühren. 


201 


Die Frucht bleibt nicht, ‘wie die der krebsartigen'Thiere aus der 
Ordnung der Dekapoden, so lange in dem Eie, bis sie in 


‚ihrer Form schon so vollständig entwickelt ist, dafs sie den 


Eltern ‘ähnlich aussieht, nnd bis sie den Dotter beinahe gänz- 
lich verzehrt hat, sondern kommt, wie die einiger Isopoden, 
z. B. des Asellus aqualicus und des 'Bopyrus squillarum, 
oder wie die Frucht der Cyclopiden und Lernaeaden, höchst 
unreif und noch beinahe allen Dotter‘ in sich einschliefsend 
aus dem Eie, worauf sie dann, wie die meisten Isopoden und 
die Amphipoden, so lange in der Bruthöhle der Mutter zu- 
rückbleibt, bis sie allen Dotter verzehrt und die Form der 
Eltern angenommen hat. 

Die erste Bildung der Frucht geht nicht auf eine solche 
Weise vor sich, wie die der Dekapoden, namentlich aus den 
Gattungen Astacus, Palaemon, Crangon und Eriphia, die 
ich auf ihre Entwiekelung untersucht habe, sondern auf eine 
ähnliche Weise, wie die erste Bildung der Isopoden im All- 
gemeinen. Näher angegeben verhält sie sich folgendermaisen. 
Während die Keimhaut über den Dotter sich rasch ausbreitet, 
bildet ein Theil von ihr, indem er sich stärker verdickt, einen 
ziemlich breiten Gürtel (Primitivstreifen) von dem dann jeder- 
seits in der Nähe des Seitenrandes zwei walzenförmige kleine 
Zapfen, die Fühlhörner, hervorwachsen. Bald nachdem aber 
diese erschienen sind, und ehe noch andere Gliedmafsen sich 
bemerkbar machen, zerreifst das Chorion, und es liegt die 
Frucht nun innerhalb der Bruthöhle. ganz enthüllt da. Sie 
hat dann die Form einer diekbauchigen, und mit einem nur 
sehr kurzen, spitz auslaufenden und ziemlich stark gekrümm- 
ten Halse versehene Retorte, und besteht der Hauptsache nach 
aus einem zarten mit Dotter ganz vollgestopften, und aus den 
beiden Blättern der Keimhaut zusammengesetzten Schlauche. 
(Tab. VI. Fig. 1.) 

Diejenige Wandung dieses Schlauches, oder eigentlich des 
äufsern Blattes desselben, welche die convexe oder längere 
Seite desselben ausmacht, ist dicker, als der übrige Theil, be- 
steht aus dem oben erwähnten Primitivstreifen, und bezeich- 
net die künftige Bauchseite des Thieres. Eine ähnliche Form 
zeigt anfangs auch die Frucht derjenigen Isopoden, deren 
Keimhaut eine‘ Falte schlägt, welche sich später zu der Rük- 


202 


kenseite ausbildet, z. B! die von Ssellus aquaticus, oder von 
ldolhea, Leptosoma, :Ligia, Janira. Dessenungeachtet mufs 
ich. doch glauben, dafs in den Eiern der Mysis die Keimhaut 
niemals "eine solche Falte macht, und däfs sich also auch, 
nachdem das Chorion gesprengt worden ist, die Frucht nicht 
auseinanderzuklappen‘ nöthig hat: ‚denn einestheils habe ich mich 
nicht vom Dasein einer solchen Falte überzeugen können, an- 
derntheils ist in den Eiern jener Isopoden: das Schwanzende 
der Frucht anfangs nicht so scharf, zugespitzt, wie das der 
Frucht von Mysis, vielmehr‘ beinahe so dick und breit, wie 
das Kopfende, Ich vermuthe daher, dafs in den Eiern ‘von 
Mysis die künftige Bauchseite, bald nachdem sich die Keim- 
haut geschlossen hat, nur einen Halbgürtel bildet, wie in den 
Eiern von Cloporta und Armadillo, dafs aber die Keimhaut 
als Ganzes betrachtet, in der verlängerten, Richtung dieses 
Halbgürtels, indem derselbe an Länge zunimmt, sich ähnlicher- 
mafsen, wie die Frucht der Cyclopiden, an dem einen Ende 
stark aussackt, und dadurch die hintere Hälfte der Frucht zu 
Stande bringt. Wie dem aber nun auch sein mag, so findet 
man, wenn die Eihaut geplatzt ist, die beiden Paare von Fühl- 
hörnern in geraumer Entfernung von dem dickern Ende der 
Retorte, von der num die Frucht ein Abbild giebt, also auf- 
fallend weit nach hinten (Fig. 1.), nicht aber so weit nach 
vorne, wie bei den Isopoden und Amphipoden. Hieraus läfst 
sich denn entnehmen, dafs für das Kopfstück des Thieres ein 
verhältnifsmäfsig viel größerer Theil der Keimhaut verwendet 
wird, als es bei jenen Crustaceen der Fall ist. Der verdickte 
gürtelförmige Theil ferner, oder die künftige Bauchwand, stellt 
einen tiefen Nachen dar, und es liegen daher die Fühlhörner, 
die in der Nähe des Bordes, von diesem Nachen ausgehen, 
paarweise weit auseinander. Die Fühlhörner selber, von de- 
nen das eine Paar dicht hinter dem andern angeheftet ist, und 
von denen das vordere Paar eine etwas geringere Länge, als 
das hintere hat, stellen kurze und verhältnifsmäfsig recht 
dicke einfache Walzen dar, sind bogenförmig etwas gekrümmt, 
und sind mit ihrem freien Ende nach hinten und auch nach 
aufsen gerichtet, so dafs sie demnach von der Keimhaut et- 
was abstehen. 

Der retortenförmige Schlauch, den die Keimhaut darstellt, 


203 


wächst bedeutend in die Länge, und es wird dabei sein dün- 
nerer Theil, der gerade derjenige ist, welcher sich verlängert, 
zugleich immer dicker: der dickere Theil dagegen wird nicht 
blofs relativ, sondern auch absolut dünner, worauf denn, das 
Ganze nach einiger Zeit die Form einer mäfsig langen und 
etwas gekrümmten: Keule angenommen hat, noch immerfort 
aber nach seiner ganzen Länge mit Dotter, angefüllt ist 
(Tab. VI. Fig. 2). Auch dieser Vorgang ist wiederum 
ganz in der Weise der Isopoden und Amphipoden, und hat 
in der Entwickelung der Dekapoden nicht seines Gleichen, 
— Während dessen schreitet die Verdickung der Keimhaut 
zwar allenthalben immer weiter nach oben gegen die con- 
cave Seite oder die künftige Rückenseite fort. Ant meisten 
aber geschieht dies einestheils vor den Fühlhörnern, oder an 
dem vordern Ende der Frucht, anderntheils an der hintern 
dünnern Hälfte der Frucht, welche sich zu dem Abdomen 
ausbildet, so dafs in Folge‘ davon diese letztere Hälfte nach 
einiger Zeit eine allenthalben beinahe gleich diekwandige und 
mit Dotter,angefüllte Röhre darstellt. So wie aber die Frucht 
in ihrer Entwickelung gröfsere Fortschritte macht, namentlich 
an ihr auf Kosten des Dotters sich verschiedene Körpertheile 
weiter ausbilden, schwindet der Dotter besonders aus dem Ab- 
domen, das sich nun immer mehr verengert, häuft sich wie- 
der stärker in dem Bruststücke an, von dem die Rückenwand 
oder das künftige Rückenschild unter allen Theilen der gan- 
zen Leibeswand am dünnsten geblieben war, und bildet hier 
nunmehr einen recht grofsen Buckel (Tab. VI. Fig. 3). 

$. 4. Nehme ich die Wahrnehmungen, die ich an einer 
ziemlich grofsen Anzahl anderer Crustaceen gemacht habe, zur 
Richtschnur, so nimmt bei Mysis, wie bei den Isopoden, 
den Amphipoden und den Lophyropoden, der ganze von 
dem Schleimblatte der Keimhaut gebildete Schlauch oder der 
ganze nachherige Darmkanal Dotter in sich auf, nicht aber, 
wie es bei den Dekapoden der Fall ist, nur ein Theil dieses 
Schlauches, der dann einen besonderen, mit dem Darmkanale 
zusammenhängenden und nachher spurlos verschwindenden 
Dottersack darstellte. Aufserdem aber hat es mir noch schei- 
nen wollen, als entstände innerhalb des nachherigen Brust- 
stückes aus jenem Schlauche jederseits, wie bei den Amphi- 


204 


12 


pöden und den meisten Isopoden, eine Ausstülpung, die ei- 
nen Theil des Dotters' in sich aufnähme, bedeutend Sich ver- 
gröfserte, hauptsächlich den oben erwähnten Buckel zu Wege 
bräehte, und sich nachher, wenn der Dotter aus ihr ver- 
schwunden ist, zu eimer Leber umwandelte. Habe ich mich 
hierin nicht getäuscht, so bildet sich bei Mysis auch die Le- 
ber auf eine durchaus andre Weise, als bei den Dekapoden.*) 
8 5. Wenn sich der retortenförmige Körper der Fracht 
in einen keulenförmigen umzuwandeln beginnt, entsteht von 
den äufserlich bemerkbaren Organen, nach den schon vorhan- 
denen Fühlhörnern, zuerst der Fächer des Schwanzes. Zwar 
erscheinen Anhängsel des Schwanzes auch bei vielen andern 
Crustaceen schon sehr zeitig; bei keinem jedoch habe ich sie 
so frühe schon so weit ausgebildet geschen, wie bei Mysis. 
Ist aber die erste Anlage des Fächers schon zu erkennen, so 
fällt auch jederseits dicht vor den Fühlhörnern eine stärkere 
Verdickung der Leibeswand auf, die.den Boden oder die 
Grundlage eines Auges bezeichnet, und ist dieses Organ in 
seiner Entwickelung ein wenig weiter vorgeschritten, so las- 
sen sich auch schwache Anlagen für die Beine erkennen. 


*) Bei den völlig erwachsenen Exemplaren von Mysis kommt 
dieht hinter dem mäfsig grofsen, unregelmäfsig rundlichen und mit 
einem aus zarten knöchernen Platten bestehenden Gestelle versehe- 
nen Magen, zwischen diesem und dem grofsen, sehr muskulösen und 
unregelmäfsig ovalen Herzen, eine ziemlich grofse, weiche, körnige 
Masse vor, deren kleine rundliche Körner durch vieles Schleim- 
gewebe unter einander verbunden sind. Wohl zum gröfsern Theile 
macht dieselbe höchst wahrscheinlich die Leber, zum kleinern Theile 
den Eierstock oder Hoden aus. Etwas Bestimmteres wird sich hier- 
über nur durch die Untersuchung‘ frisch gefangener Exemplare er- 
mitteln lassen; jedenfalls aber besteht dieLeber bei Mysis weder aus 
einigen wenigen langen und mit Fett getränkten blinddarmartigen An- 
hängen des Darmkanales, wie bei den /sopoden und Amphipoden, noch 
aus einer Menge kleiner kurzer Blinddärmchen, wie bei den höhern 
Dekapoden. —- Der Darm geht theils unter jener Masse, mit der $ein 
Anfang zusammenhängt, theils unter dem Herzen, das gleichfalls im 
Thorax seine Lage hat, geradesweges nach hinten fort, und erstreckt 
sich darauf durch den ganzen sehr muskulösen Hinterleib. Vom Ma- 
gen bis zu dem Hinterleibe verjüngt er sich mäfsig stark, im Hin- 
terleibe aber behält er allenthalben eine ziemlich gleiche Dicke: im 
Ganzen jedoch ist er nur sehr dünne, 


a 


205 


Für das Auge (Fig- 2 und 3 a) wird an der Seitenwand 
der Frucht ein recht breiter Boden angelegt. Es erhebt sich 
dasselbe aus der erwähnten Wand, indem sich diese an einer 
Stelle nach aufsen verdickt, wächst, wie bei den Dekapoden, | 
gliedmafsenartig hervor, nimmt in der letztern Hälfte des Frucht- 
lebens die Form eines kurzen Kolben an, färbt sich darauf 
an seiner diekern oder äufsern Hälfte braun, wird an dieser 
Hälfte deutlich facettirt, und ist, selbst am Eude des Frucht- 
lebens (ehe das junge Geschöpf die, Bruthöhle der Mutter 
verläfst), verhältnifsmäfsig bedeutend gröfser, als bei den Er- 
wachsenen. Ehe es sich färbt, liegt es, wie das seitliche oder 
gröfsere Auge des Branchipus und der Artemia, seitwärts, 
und ist mit seinem freien Ende nach aufsen und oben gerich- 
tet, wann aber aus dem Kopfstücke der Dotter verschwindet, 
und dieser Körpertheil schmäler und dünner wird, nähert es 
sich dem gleichen Organe der andern Seitenhälfte, von dem 
es anfangs weit entfernt lag, immer mehr, kommt scheinbar 
nach vorne zu liegen, und richtet sich mit seinem freien Ende 
nach vorne hin. 

Die Fühlhörner, die von allen gliedmafsenartigen Orga- 
nen zuerst entstehen, nehmen auch am raschesten und. meisten 
an Gröfse, besonders aber an Länge zu. Geraume Zeit er- 
scheinen sie, in welchen Lagen man sie auch betrachten mag, 
ganz einfach walzenförmig, nicht, wie etwa beim Flufskrebse, 
kolbenförmig und an dem Ende mit einem Ausschnitte ver- 
sehen: dann aber wächst seitwärts aus jedent ein Fortsatz 
hervor, der sich nun an dem hintern Fühlhorne zu dem blatt- 
artigen Anhängsel, an dem vordern zu der einer Geifsel um- 
wandelt. Alle Fühlhörner rücken endlich aus derselben Ur- 
sache, wie die Augen, paarweise einander näher und kommen 
mit ihrer Grundfläche scheinbar mehr nach vorne‘zu liegen. 

"Wie die Fühlhörner bilden sich paarweise in weiter Ent- 
fernung von einander, nämlich an den Seitenwänden der Frticht, 
jedoch ebenfalls näher der convexen, als der concaven Seite 
des Körpers, mehrere andere Gliedmafsen. Sie alle haben ur- 
sprünglich dieselbe Form, und zwar erscheint eine jede anfangs 
unter der Form von zwei gleich grofsen, überhaupt einander 
ähnlichen Walzen, die von einem nur sehr kurzen dickern 
Theile, wie von einer gemeinschaftlichen Basis, oder einem 


206 
Stiele, ausgehen. Die Stiele liegen an jeder Seitenhälfte in 
einer Reihe dicht hinter einander, und es beginnt die Reihe 


dicht hinter den Fühlhörnern. Die vordersten entstehen zu- 
erst, die hintersten zuletzt, und wenn die Reihe vollzählig ge- 


worden ist, so kommen jederseits acht solche Gliedmafsen vor. 


Die sechs hintersten sind Beine, die übrigen aber Kieferfüfse. 
Alle liegen in früherer Zeit nach ihrer ganzen Länge der Sei- 
tenwand des Leibes dicht an, also nicht blofs mit ihren Stie- 
len, oder-den künftigen Hüftstücken, sondern auch mit ihren 
walzenförmigen Fortsätzen oder Aesten, die paarweise von 
je einem Stiele abgehen,-und von denen übrigens der eine 
nicht an der äufsern Seite des andern, wie bei den Erwach- 
senen, seine Lage hat, sondern dicht hinter dem andern. Mit 
ihren Enden sind sie schräg nach unten und hinten gekehrt. 


Verlängern sie sich darauf, so krümmen sie sich bogenför- 


mig ein wenig, wobei sie jedoch noch immer dicht an der 
Leibeswand angeschlossen bleiben, und kommen mit ihren En- 
den an der untern Seite des Leibes paarweise einander näher. 
Etwas später aber spreizen sie sich auseinander und es rük- 
ken dann ihre Hüftglieder, wenn gleich nicht wirklich, so doch 
scheinbar einander näher, weil nämlich während der letzten 
Zeit des Fruchtlebens die Bauchwand, wie überhaupt die ganze 
Frucht, zwar bedeutend an Länge, jedoch nur wenig oder 
gar nicht an Breite zunimmt. Inzwischen nehmen .die beiden 
walzenförmigen und lange Zeit ungegliederten Anhängsel oder 
Aeste eines jeden Hüftgliedes auch eine verschiedene Form 
an, und es wandelt sich das eine in ein Bein oder ein Kiefer- 
bein, das andere in eine damit verbundene: Geifsel um. Ueber- 
dies erhalten auch die einzelnen Gliedmafsen in ihrer Tota- 
lität betrachtet, etwas verschiedene Längen und Formen. Dem- 
nach verhalten sich die Beine und Kieferbeine bei der Mysis 
zwar in ihrer ursprünglichen Lagerung ganz so, wie bei den 
Isopoden und Amphipoden, nicht jedoch auch in Hinsicht 


ihrer Form, da sie bei diesen Thieren ganz einfach, nicht aber 


getheilt, entstehen und auch so verbleiben. In Ansehung der 
Form sind ihnen die gleichnamigen Organe bei den Dekapo- 
den einige Zeit nach ihrer Entstehung ähnlicher, weil nämlich 
an einigen von diesen Organen aus dem Hüftgliede noch ein 


| 


207 


Anhängsel hefrbrnkichet, das sich zu einer Kieme oder aber 
zu einem sogenamten Palpus flagelliformis ausbildet. 

Die Oberlippe wächst zwischen den Fühlhörnern als’ eine 
dicke Warze hervor. Die Mandibeln erscheinen etwas hinter 

- ihr, und zwar eine jede gleichfalls unter der Form einer Warze. 
Ueber die Entstehung‘ und Entwickelung der Maxillen habe 
ich Nichts erfahren können. Wahrscheinlich aber bilden sie 
sich später, als alle oben genannten Gliedmafsen. 

8. 6. Wenn die Beine schon eine mäfsig grofse Länge 
erreicht haben, ist der Hinterleib oder Schwanz nur erst sehr 
kurz, so dafs die Frucht auch dann noch hauptsächlich aus 
dem Kopf- und Bruststücke besteht. In der letztern Hälfte 
des Fruchtlebens aber gewinnt jene  Abtheilung des Leibes 
eine bedeutende Länge, erhält in Ansehung derselben das Ueber- 

vi er die beiden andern Abtheilungen und gliedert sich 

4 in sieben. ‚hinter einander liegende lang ausgezogene Ringel. 
Gegen das Ende des Fruchtlebens entstehen dann auch die 

kleinen dem: Hinterleibe angehängten Afterbeine. Die äufsern 
männlichen Geschlechtswerkzeuge dagegen, die gleichfalls mit 
dem Hinterleibe verbunden sind, mögen sich, wie diefs über- 
haupt bei den Crustaceen, wo sie vorkommen, der Fall ist, 
erst sehr viel später bilden. Wahrscheinlich geschieht diefs 
durch gröfsere Entwickelung des einen Paares der Afterbeine. 

Der Fächer des Hinterleibes kommt, wie bereits bemerkt 
worden, schon sehr frühe zum Vorschein. Zuerst aber ent- 
stehen seine beiden Seitentheile, und von, diesen besteht ein 
jeder aus zwei länglichen höchst zarten, ganz durchsichtigen, 
und schon sehr frühe mit etlichen Borsten versehenen Blättern, 
die beide eine geraume Zeit einander so dicht anliegen, und 
einander zum Theil so decken, dafs es schwierig ist, sie von 
einander zu unterscheiden. Beide Seitentheile lassen recht 
lange einen kleinen Ausschnitt zwischen sich bemerken, wie 
das auch bei den Dekapoden eine geraume Zeit hindurch, 
und bei vielen niedern Crustaceen zeitlebens der Fall ist. In 
der letztern Hälfte des Fruchtlebens aber wächst da, wo sich 
jener Ausschnitt befindet, aus dem Ende des Schwanzes ein 
mittleres unpaares Blatt hervor, wodurch nun der Fächer ver- 

vollständigt wird. 

| 8. 7. Ehe die Frucht oder Larye die Bruthöhle der Mut- 

$ 


& R 25 e. 
208 


ter verläfst, wird der Dotter bis auf den letzten Rest aufge- 
zehrt. "Nicht. jedach“ erhält sie innerhalb dieser Höhle den. 
Stoff zu ihrer Entwiekelung nur allein aus dem Dotter,: son- 
dern auch,. wie diefs gleichfalls bei andern mit einer solchen 
Höhle ‚versehenen Crustaceen geschieht, aus einem Seal 
das die Wandung der Höhle ausscheidet. Dafür sprich 
theils Is. der Umstand, dafs man nach der Einwirkung yon ET 
geis t innerhalb der Bruthöhle, aufser den Früchten, auch noch 
eine grofse Menge von äufserst kleinen, unregelmäfsig geform- _ 

d. anscheinend aus Eiweifs bestehenden Körnern gewahr 

wird, ‚anderntheils die Erscheinung, dafs die reifen Früchte um 
ein sehr bedeutendes gröfser sind, als die Eier, aus denen sie 
ihre Entstehung nahmen. 

Ist die Frucht so weit gereift, dafs sie die Ei ö 
Mutter verlassen kann, so sind mit Ausnahme der 
schlechtsglieder alle Organe, die bei den Erwachsen A 
lich vorkommen, auch bei ihr schon vollzählig ne { 
es lassen sich dann in der Form des ganzen Körpers, 
der Form der einzelnen äufserlich sichtbaren Theile desselben, 
zwischen den Jungen und den Erwachsenen nur sehr wenige, 
und nur geringe Unterschiede auffinden, 

$.. 8. Dem Angegebenen zu Folge beginnt also die Ent- 
wickelung von Mysis, wenn wir auf die Form der ganzen 
Leibeswand und des ganzen Schleimblattes der Keimhaut, so 
wie auf die hiedurch bedingten Lagerungsverhältnisse der ein- 
zelnen Organe sehen, nach einem Plane, der weit, mehr mit 
dem der Isopoden, Amphipoden und Lophyropoden,, als mit 
dem den Dekapoden zum Grunde liegenden übereinstimmt. 
Die Form der einzelnen Organe dagegen richtet sich gleich, 
von Anfang an umgekehrt mehr nach dem für die Dekapoden, 
als nach dem für die Isopoden, Amphipoden und Lophyro- 
poden gültigen Plane. Und da nun späterhin, wenn der Dot- 
ter ‚verschwindet, bei allen Crustaceen die Lagerungsverhält- 
nisse der einzelnen schon vorhandenen Organe, wie verschie-, 
den sie auch bei diesen verschiedenen Thieren ursprünglich 
sein mochten, sich ausgleichen und einander ähnlich werden, 
so läfst sich aus dem Angeführten erklären, woher es kommt, 
dafs die Mysis-Arten im Zustande ihrer Reife den Dekapoden, 
denen sie ursprünglich im Ganzen genommen sehr unähnlich 


R. Pe 


€ 


% V. Jahrg. 2 Band. 14 


’ 


m 


\ 209 


x 


waren, weit ähnlicher sind, als irgend welchen andern Crusta- 
ceen. Wie dem nun auch sein mag, so geht aus der kurzen 
und fragmentarischen Entwickelungsgeschichte, die ich hier 
gegeben habe, so viel hervor, dafs Milne-Edwards und nach 


ihm Latreille mit Recht die Gattung Mysis von den Deka- 


poden abgetrennt haben. Ob sie aber richtigerweise von die- 
sen Gelehrten in die Ordnung der Stomatopoden übergeführt 
worden ist, wird eine künftige Entwickelungsgeschichte der 
Squillen, die den Stamm der Stomatopoden ausmachen, der- 
einst lehren. Mir will diese Ordnung, wie sie jetzt vonMilne- 
Edwards zusammengesetzt und hingestellt worden ist, nicht 
ganz natürlich scheinen. 

8. 8. Zum Schlusse dieses Aufsatzes will ich noch aus 
Thompson’s oben erwähntem Werke die Bemerkungen wört- 
lich u. die sich auf die Entwickelung der Mysis vulgaris 
beziehen, da sie einige der von mir hier mitgetheilten bestäti- 
gen, jenes Werk aber, das eine Menge höchst schätzbarer 
Betrachtungen über niedere Crustaceen enthält, in Deutschland 
nur wenig gekannt zu Sein scheint. 

The first change, which is perceptible in the ova after 
their reception into the maternal pouch, is a slight elongation 
at one end, and the appearance of two short members at each 
side; this elongation which proves te be the tail, increasing 
in length, shortly after, becomes forked at the end, acconı- 
panied by a proportional growth in the four lateral members, 
an which are the rudiments of the two pairs of antennae in 
the perfect animal, the embryo going on thus with a progres- 
sional developement from day to day, begins to assume a ınore 
complete form, and an approximation to that of: the parent, in 
which stage tlıe divisions of the abdomen, the tail, the pedun- 
culate eyes, and the various members are sufficiently distinet: 
a still more close resemblance to the perfect animal is attain- 
ed before the young are finally exeluded: — the slight dif- 
ferences which they now present — affect only the inner rows 
of feet, the sub-abdominal fins, te outer antennae and te tail: 
the first of these, in place of the multi-articulate termina- 
tion — have but one or two short joints and a curved claw, 
supperadded to the end of tibiae, and hence this division of 
the Jimb is shorter in proportion; the sub-abdominal fins 


210 | 
consist only of a linear joint surmounted by a few bristly 
hairs; the outer antennae differ in no other respect, than in 
the ciliated seale, which is attached to their base, being shorter 
and less developed, as is also the brush of hair in the males; 
the three intermediate scales of the tail are proportionably 
shorter, but yet present the character peculair to the species, 
in their form, indentations, and appendages. 


Erklärung der Abbildungen. 


Fig. 1. Eine sehr junge Frucht, die unlängst erst das Chorion 
von sich abgestreift haben mochte. 7 
aa, Die Bauchwand des Leibes; 

bb. Fühlhörner; 

c. Der Fächer des Schwanzes, der, von der Seite angeschen, 
seiner Dünnheit wegen nur als ein sehr zarter Strich erscheint. 
Fig. 2. Eine etwas ältere Frucht. 

a—c. Wie in der vorigen Figur. Hinter den Fühlhörnern zeigten 
sich bei einer Seitenansicht an der Bauchwand mehrere von 
oben nach unten herablaufende sehr zarte Wülste, die ersten 
Andeutungen der Kieferbeine und Beine. 

Fig. 3. Eine noch ältere Frucht. 

a. Auge; 2 

ö. Oberlippe; 

ce. Fühlhörner; 

ddd. Beine und Kieferbeine; 
e. Hinterleib; 

JF. Fächer, 

Fig. 4. Der Kopftheil der in Fig.2 abgebildeten Frucht von 
der untern Seite angesehen. 

aa. Fühlhörner; 

6. Oberlippe; 

ec. Kinnbacken in ihrer ersten Anlage. a 

Fig. 5. Der hinterste Theil des Hinterleibes. 

a. Mit seinen warzenförmigen Enden; 

5b. An denen sich die Seitenblättchen des Fächers ec. befinden. 
Es gehörte dieser Theil der in Fig.2. abgebildeten Frucht an, 


Botanische Notizen 
von 


Dr. M. J. Schleiden. 


(Hiezu Taf. VII) 


4. Ueber die Blüthe der Loranthaceen. 


Ane bisher in den Handbüchern gegebenen Beschreibungen 
der wesentlichen Blüthentheile dieser Familie entsprechen so 
durchaus nicht der Natur, dafs ich, da die Sache kürzlich von 
Decaisne in der Pariser Akademie angeregt worden ist, auch 
meine geringen Beiträge nicht zurückhalten will. — 

Ich beginne mit der am genauesten von mir untersuchten 
Art, nämlich Fiscum album. — Es gehört bei dieser Pflanze 
zur habituellen Eigenthümlichkeit, dafs sie an jeder Axe nor 
ein Blattpaar und zwar von der Basis an gerechnet das zweite 
vollkommen ausbildet; das untere Paar, sind kleine kaum 
sichtbare Schuppen, in deren Achseln neue Knospen entstehen, 
die obern 1—2 Blattpaare dagegen bleiben rudimentär und 
tragen als Bracteen in ihren Achseln kurz gestielte weibliche, 
oder sitzende männliche Blüthen. Da aufserdem die Terminal- 
knospe auch zu einer Blume wird, so besteht die Inflorescenz 
aus einer drei- bis fünf-blüthigen Aehre. Indefs wird diese 
Regelmäfsigkeit nicht selten durch Fehlschlagen einzelner Blu- 
men, oder Blumenpaare (z. B. sehr oft des obersten Paares) 
oder besonders bei den männlichen Blüthen, durch Verwachsung 
mehrerer [Blüthen und andere Monstrositäten gestört. Jede 


einzelne Blüthe selbst ist nun wohl die einfachste Form, im .' 


der die Blume vorkommen kann, sie besteht aus zwei in einen 
Kreis zusammengedrängten Blattpaaren, die in der männlichen 
14* 


212 


Blüthe in Antheren umgewandelt sind, bei der weiblichen da- 
gegen eine kelchartige Beschaffenheit haben. Aufserdem findet 
sich in der Mitte der weiblichen Blüthe das Ende der Axe 
als ein kleines Wärzchen,. einen nackten, atropen, nucleus_ 
darstellend. Der Embryosack bildet sich hier in dem durch 
Farbe und Consistenz deutlich unterscheidbaren Marke des 


Stengels (pedunculus). Die Pollenkörner, die hier natür- 


lich unmittelbar auf den nucleus fallen, treten sehr häufig zu 
mehreren ein und bilden so die mehreren Embryonen. Das 
grüne Albumen ist endosperm, d. h. Füllmasse des Embryo- 


sacks. Die sogenannte Beere ist nichts als der saftig gewor- 


dene peduneulus, dessen Gewebe stetig in das härtere der 
scheinbaren Saamenhaut übergeht, welche zu äufserst aus einem 
gar zierlichen Netz von zarten Spiralgefäfsbündeln gebildet 
wird. — Ob man die vier Blattorgane der weiblichen Blüthe 
nun ofine Karpellblätter, abortirte Staubfäden, Blumenkrone 
oder Kelch nennen will, ist am Ende ganz gleichgültig. 
Alle diese Namen bezeichnen ohnehin gar nichts positives, was 
man absolut characterisiren könnte, sondern immer nur eine 
Relation auf ein anderes neben ihnen vorhandenes Organ. — 
Krone oder Kelch sind aber nur da vorhanden, wo beide als 
etwas verschiedenes neben einander vorkommen, einen anderen 
durchgreifenden Unterschied, als den, der in dem räumlichen 
Gegensatz liegt, giebt es gar nicht, und jede einfache Blumen- 
hülle ist weder Kelch noch Krone, sondern eben nichts als 
eine einfache Blumenhülle. Es tritt hier derselbe Fall ein 
wie bei den Ausdrücken Testa und membrana interna. In 
beiden Füllen hat man sich vergebens bemüht eine Definition 
aufzustellen, wonach man entscheiden könnte, welcher von 
beiden Theilen vorhanden sei, wenn einer fehlt. Die Natur 
spottet aller dieser Versuche. 

Die männliche Blume nun von Fiscum besteht, wie ge- 
sagt, ebenfalls aus vier Blattorganen, die aber sämmtlich in 
Antheren verwandelt sind. Die regelmäfsige Form der An- 
there pflest auch hier zweifächerig und vierzellig zu sein. 
Jede Zelle ist aber noch durch Querwände in eine Anzahl 
kleinerer Fächer abgetheilt und in Folge der oben schon er- 
wähnten Monstrositäten kommt selten eine ganz regelmäfsige 
Anthere vor, indem sie häufig 3—5 Fächer neben einander 


\ 


a 213 


haben und auch wohl einzelne überzählige Zellen hinzukommen. — 
Nach Vorstehendem würde also die Beschreibung der Blüthe 
von Fiscum album so lauten: (cf. Fig. 1— 4.) 

Inflorescentia ‚spica terminalis pauciflora, floribus 
bracica squamaeformi suffullis, rachi incrassata. Flores 
dioici. 

Flos femineus breviter pedunculatus. Perianthium 
tetramerum herbaceum. Stamina 0. Ovarium 0. Ovu- 
lum nudum unicum erectum, alropum, ex nucleo nudo 
constans. N 

Flos masculus sessilis. Perianthium 0. Stamina 4. 
filamenta 0. Antherae, connectivo crasso herbaceo, bilo- 
culares, quadri-locellatae, locellis septorum transversorum 
ope pluri-cellulatis. Pollinis membrana exierna muricata, 
tribus plicis porisque nolata. } 

Fructus drupa spuria ex pedunculo succulento for- 
'  mala, superne eicatriculis floris notala, semen ‚unicum Jo- 
vens seminis inlegumentum spurium ex ‚stralo interne 
pedunculi formatum, ideoque albumen (endospermium) 
nudum wiride, embryo cylindricus, dicotylis, radicula 
superä. 

Von Fiscum album weicht nun die weibliche Blüthe 
von V,verticillatum aufser der Dreitheiligkeit des Perianthium 
eigentlich nur in der Inflorescenz ab, da in, gradem Gegen- 
satze zu Fiscum album hier nur die Axillarknospen, nie 
die Terminalkuospen zu Blüthenähren werden. Ja selbst an 
den einzelnen Blüthenähren ist die Spitze der rachis. steril, 
also keine Terminalblume vorhanden. — Die Spica besteht 
hier aus drei Paar Bracleen, von denen das obere Paar nur 
je eine Blüthe hat, die beiden andern aber je drei, die zu 
Beeren ausgewachsen grade wie die Blüthen der Labiaten 
einen verticillus spurius bilden. Alles übrige, auch die Hlolz- 
struktur dieser Pflanze, stimmt mit Fiscum album völlig, über- 
ein. Männliche Pflanzen standen mir indefs nicht zu Gebote. 
» Bei Loranthus (deppeanus) findet man nun zwar eine 
ganz gewöhnliche Holzstruktur, die Blüthe aber zeigt im We- 
sentlichen die enge Verwandtschaft mit, Fiscum. Die Blüthe 
ist hermaphroditisch, hat- ein 6theiliges Perianthium dessen 
Lappen 6 Antheren auf kurzen Filamenten gegenüber stehen 


, 


214 


und angewachsen sind. Aufserdem ist noch ein obsoleter 
Kelchrand vorhanden. — In dem Bau des Ovulums weicht 
nur darin Loranthus von V. ab, dafs die Spitze des nucleus 
(Mamelon d’impregnation Brog.) hier so lang ausgezogen 
ist, dafs sie die Form eines Stylus sehr täuschend nachalmt. 
Die Blüthe hat übrigens ebenfalls einen kurzen dicken pedun- 
culus, der als ovarium inferum erscheint, ohne es zu sein 
und der später ebenfalls die falsche Frucht bildet, da in ihm 
sich der Embryosack und später der Eınbryo entwickelt. 

Vielleicht wäre bei dieser Familie der Ausdruck ovulum 
inferum, aut. semiünferum zweckmäfsig, um die eigenthüm- 
liche Bildung kurz auszudrücken. 

Vergleicht man nun diesen höchst einfachen Bau der 
Blüthentheile, namentlich das ovulum nudum, die Antheren- 
bildung bei Yiscum und manche andere Eigenheiten, mit 
den bekannten Pflanzenfamilien, so kann man sich nicht ver- 
hehlen, dafs man nirgends gröfsere Analogien dafür findet, als 
in der Familie der Coniferen, und dafs die Lorarthaceen auf 
diese Weise in einer parasitischen Form den Uebergang von 
den Zapfentragenden zu höher entwickelten Familien ver- 
mitteln. 


2. Ueber die morphologische Bedeutung der 
Placenta. 


Ich habe in einem frühern Aufsatze (dieses Archiv 1837. 
Bd. 1. pag. 303 sqq.) schon meine Ansicht ausgesprochen, 
dafs die Placenta ganz allgemein als ein Axengebilde anzu- 
sehen se. Meyen hat in dieser Zeitschrift (1838. Bd. II. 
Jahresbericht pag. 146.) dagegen vier Arten der Placentation 
aufgeführt, und nennt als die häufigste wiederum die Entwicke- 
lung der Ovula am Rande des Carpellblattes. Beispiele hat 
er keine angeführt, ich kann also auf seine Ansicht nicht näher 
eingehen. Dagegen will ich hier etwas ausführlicher meine 
Ansicht zu begründen suchen. 

Zuerst mufs ich mich nochmals dafür aussprechen, dafs 
(die Placentation, die eben streitig ist, bei Seite gesetzt) in 
der phanerogamen Pflanzenwelt beim normalen Wachsthums- 
procefs (einige ganz vereinzelte Ausnahmen abgerechnet) die 
allgemeine Regel ist: „dafs nur Axengebilde und nicht Blätter 


215 


Knospen erzeugen.“ Meyen hat dem in der angeführten 
Stelle widersprochen, aber ebenfalls ohne Gründe dafür anzu- 
geben. Ich glaube aber, dafs ich stets, man möge nun Fa- 
milien, oder Genera oder Species zählen, „5 aller Phanero- 
gamen für meine Behauptung in Anspruch nehmen darf, selbst 
wenn ich Meyen alle die Fälle noch. zugestehe, wo das 
Knospen der Blätter offenbar eine Abweichung von der nor- 
malen Entwickelung der Species ist, an der sie beobachtet 
würde, eine Abweichung, die sieh übrigens, wie ich schon in 
jenem frühern Aufsatze entwickelt, sehr gut aus einer richti- 
gen Theorie der Fortpflanzung erklärt. Ich gehe also wohl 
nicht mit Unrecht von der Ansicht aus, dafs bei vorurtheils- 
freier Betrachtung die Präsumtion für' die Axennatur der 
Placenta spricht, so Jange man nämlich die Ovula als Knos- 
pen betrachtet. 

Untersuchen wir nun, in wiefern die Entwicklungsgeschichte 
der Ovarien dieser Voraussetzung das Wort redet, so finden 
wir folgende Fälle: 

1) Bei allen Familien mit ovuls basilaribus ist die 
Placenta ohne Zweifel das Ende der Axe selbst. Hierher 
gehören die Gramineae, bei denen das Ovuluın nur schein- 
bar lateral ist, die Cyperaceae, Pistiaceae, Aroideae parlim, 
Piperaceae, Cupressineae, Taxineae, Loranthaceae, Myri- 
ceae, Urticeae, Juglandeae, Chenopodieae, ‚Polygoneae, 
Nyctagineae etc. 

2) Bei allen Familien mit mehrfächerigen Ovarien, die 
1 oder 2 Ovula im innern Winkel der Fächer haben, kann 
man das Entstehen der Placenta aus der Axe leicht verfol- 
gen, z. B. bei den Aroideae partim, Alismaceae, Palmeae, 
Boragineae, Labialae, Geraniaceae, Limnanthaceae, Tro- 
paeoleae, Phytolacceae, Euphorbiaceae, Malvaceae etc. 

3) Alle Familien mit ächter placenta centralis libera 
haben eine Placenta aus der Axe gebildet. Hierher gehören 
Myrsineae, Primulaceae, Amaranthaceae, Santalaceae, 
Illecebreae, Alsineae, Sileneae, Portulaceae, Plumbagi- 
neae elc. 

4) Bei denjenigen Fawilien, wo man bestimmt die Pla- 
centa als einen von den Garpellblättern verschiedenen Theil 
nachwachsen und gewöhnlich jene vereinigen sieht. Hierher 


\ 


216 


gehören die Resedaceae, Fumariaceae, Cruciferae, Abie- 
tineae etc., besonders für die Resedaceen kann ich mich hier 
auch auf die schärfsten, rückschreitenden Metamorphosen be- 
rufen, die mir grade vorliegen und beweisen, dafs die Placen- 
ten hier die Axillarzweige der Carpellblätter sind, die sich 
gleich bei ‚ihrem‘ Ursprunge seitwärts beugen und mit den 
Rändern je zweier Carpellblätter verwachsen. — Dasselbe ist 
nun aber auch für die Abietineen klar; die vonRob.Brown 
für 'ein offenes Ovarium gehaltene Schuppe ist offenbar die 
Axillarknospe des unter ihr stehenden zarteren Carpellblattes 
und kann schon deshalb kein Blattorgan sein, weil ein Folium 
in awilla' folii in der ganzen Pflanzenwelt durchaus ohne 
Beispiel ist. 

5) Das ächte Ovarium inferum *) wird durchaus gar 
nicht durch Carpellblätter gebildet, sondern einzig und allein 
von der Axe, die hier eine ähnliche Form annimmt, wie bei 
Ficus. — Die Carpellblätter dienen hier allein dazu, den Stylus 
und das Stigma zu bilden, ja meist ist selbst die Bihöhle bei 
divsen Pflanzen schon ziemlich vollständig ausgebildet, ehe 
noch eine Spur von den Carpellblättern zu entdecken ist. 
Hierher gehören die Avarineae, Umbelliferae, Onagreae, 
Compositae, Irideae, Amarillideae, Hydrocharideae etc. 
Wahrscheinlich bei allen ovarüs unilocularibus inferis sind 
die Placenten nicht abwechselnd mit den Stigmalappen, oder 
was dasselbe ist, den Carpellblättern, sondern diesen antepo- 
nirt, von Blatträndern kann also hier schom durchaus nicht 
die Rede sein. 

Wenn man nur die zu den vorstehenden Familien (die 
sich noch viel vermehren liefsen, da ich nur solche angeführt 
habe, von denen ich nach eigener Untersuchung der vollstän- 
digen Entwicklungsgeschichte urtheilen konnte) gehörigen Spe- 
cies zusammenzählt, so zweifle ich nicht, dafs man schon 
über die Hälfte der phanerogamen Pflanzen erhält, bei. denen 
ohne Zweifel die Ovula aus der Axe entspringen. Es ist also 


”) Sehr hiervon verschieden ist die Epigynie der Pomaceae, wo 
sich die Ovarien aus wahren Carpellblättern bilden, wie bei Rosa. 
Der Unterschied zwischen Rosa und Pyrus ete. besteht nur darin, 
dafs der hohle Stengel sich bei Pyrus noch fester schliefst, fleischig 
wird und mit den Carpellblättern wirklich verwächst, 


217 


klar, dafs hier nieht von einigen Ausnahmen, sondern von 
einer ziemlich durchgreifenden Gesetzmäfsigkeit im Pflanzen- 
organismus die Rede ist. Von den noch übrigen Familien 
wird aber wohl ein grofser Theil wegen Gleichheit des Baues, 
wegen inniger Verwandtschaft auch noch hierher gehören, nur 
sind dieselben bis jetzt noch nicht in dieser Beziehung unter- _ 
sucht worden. 

Es bleiben aber immer noch einige Familien übrig, wo 
sich bestimmt die Ovula an den Rändern eines scheinbaren 
Carpellblattes bilden, sowohl bei centraler als bei parietaler 
Placentation. — Wie will man aber nachweisen, dafs dieses 
Blattorgane und nicht vielmehr blattartig ausgebreitete End- 
zweige sind? Hier nun meine Gründe für die letzte Ansicht. 

a. Erstlich spricht das Gesetz der Sparsamkeit, das 
wichtigste, durchgreifendste und zwingendste in aller Natur- 
forschung dafür, soviel als möglich die Zahl der Erklärungs- 
gründe zu beschränken und jede Hypothese zu verwerfen, wo 
sie nicht unumgänglich nothwendig ist. — Nun -ist aber in 
den oben angeführten Fällen die Axennatur der Placenta 
ganz aufser Zweifel und die meisten jener Fälle liefsen sich 
auch nicht auf die aller erzwungenste Weise auf eine Blatt- 
placentation zurückführen. In den noch übrigen Fällen dage- 
gen sind beide Arten der Erklärung gleich anwendbar und 
möglich und deshalb ist schon aus den Gesetzen einer gesun- 
den Naturphilosophie, die in Zweifel immer sich für Einheit 
des Typus entscheiden wird, hier die Bedeutung der soge- 
nannten Carpellblätter als blattartig gewordener Zweige an- 
zunehmen. 

b. Die wichtigste Frage, die sich dabei aufwirft, ist die: 
Haben wir kein -absolutes, überall anwendbares Unterschei- 
dungsmerkmal zwischen Blatt und Axe? 

Ein solches haben wir allerdings in der Entwicke- 
lungsgeschichte und zwar dasselbe, welches schon eben so 
geistreich, als glücklich von Rob. Brown bei Deutung der 
männlichen Euphorbienblüthe angewendet ist. Die Entwicke- 
lung des Blattes und des Stengels ergiebt nämlich als Resultat, 
dafs bei ihnen das Wachsthum d.h. die Zellenbildung in einem 
direeten Gegensatze stehen, indem sie beim Blatte von der 
Spitze zur Basis fortschreitet, bei ihm die bildende Thätigkeit 


218 


am frühesten in der Spitze erlischt, daher die Zellen der 
Spitze die ältesten sind, während bei der Axe grade das Ge- 
gentheil Statt findet. Nun spricht eigentlich schon die Ent- 
wickelung der Ovula an dem schon ziemlich ausdebildeten Or- 
gan zur Genüge für die Axennatur, da selbst blofse Einker- 
bungen an Blättern sich früher entwickeln, gleich nämlich so 
wie das Blatt aus der Axe gleichsam hervorgeschoben wird, 
nie aber hinterher. Aber mehr noch als das spricht dafür 
ein anderer viel schlagenderer Umstand, auf den so viel ich 
weifs, bis jetzt noch gar nicht aufmerksam gemacht ist. Bei 
allen ächten Carpellblättern entwickelt sich erst das Stigma, 
dann der Stylus und dann das Ovarium, und oft erst viel 
später beginnt an der Placenta die Eibildung, bei den schein- 
baren Carpellblättern aber, mit denen wir es hier zu thun 
haben, ist es grade umgekehrt; hier entwickelt sich erst das 
Ovarium, dann beginnt die Eibildung, dann wächst allmälig 
der Stylus aus und zuletzt entwickelt sich das Stigma; statt 
vieler Beispiele beziehe ich mich hier nur kurz auf die voll- 
ständige Entwickelungsgeschichte bei Lupinus die Dr. Vogel 
und ich in einem Aufsatz in den Leopold. Carol. Akten 
(Vol. XIX. ®. 1. pag. 61 sqq.) geliefert haben. Ich sehe hierin 
den unabweisbarsten Grund; diese angeblichen Garpellblätter 
für blattartige Zweige zu erklären, 

c. Es könnte hier erstens ein sehr auffallendes Beispiel 
als Einwurf von den Cycadeen hergenommen werden, denn 
es ist hergebracht, die Inflorescenz von Cycas für ein ver- 
kümmertes Blatt zu erklären. Dieser. Einwurf ‚ist aber zur 
Zeit noch ganz unbrauchbar. Es hatte sich nämlich von An- 
fang an ein so blindes Vorurtheil für die Analogie mit den 
Farren und die Zurückführung der weiblichen Blüthe auf einen 
verkünmerten Wedel aller Botaniker bemächtigt, dafs leider 
keiner, der Gelegenheit dazu hatte, sich die Mühe nahm, die 
aller erste und wichtigste Frage zu entscheiden, ob das an- 
gebliche verkümmerte Blatt nicht aus der Achsel eines Blattes 
hervorkommt und somit seine Zweignatur ganz ohnzweifelhaft 
zu erkennen giebt. Verhält es sich aber so, wie ieh 'zuver- 
sichtlieh glaube und wofür allerwege die so nahe_Verwandt- 
schaft mit den Abielineen spricht, so ist dieses Vorkommen, 


219 


weit entfernt ein Einwand zu sein, vielmehr eines der glän- 
zendsten Beispiele für die Richtigkeit meiner Ansicht. 

Einen anderen Einwurf, der yon den wenigen bekannt 
gewordenen Beispielen einer rückschreitenden Metamorphose 
bei den hierher gehörigen Familien hergenommen werden 
könnte, mufs ich ebenfalls vorläufig ablehnen, da sie leider 
keineswegs mit der Umsicht und Genauigkeit untersucht oder 
doch beschrieben sind, um zu einer Entscheidung dieser Frage 
dienen zu können und ebenso sehr Erklärungen in meinem 
als in einem andern Sinne zulassen. 

Ich will hier noch bemerken, obwohl es dem Vorstehenden 
eigentlich fremd ist, dafs offenbar die Integumente des Eichens 
nicht wie ich selbst früher annahm, als Blattorgane betrachtet 
werden dürfen, sondern nur als Entwickelungen der Stengel- 
substanz, schon deshalb weil sich niemals ein jüngeres Blatt 
unterhalb eines älteren bildet, wie doch bei dem äufsern Inte- 
gument im Verhältnifs zum inneren der Fall ist. 


3. Andeutungen über die anatomisch-physiologi- 
schen Verschiedenheiten der Stengelgebilde. 


Ich w mich stets gewundert, wenn ich die vielen 
Streitschri über die Verschiedenheiten des monocotyledonen 
oder dieotyledonen Holzstammes las und dahei fand, dafs man 
fast immer nur den sogenannten Holzstanım der Palmen mit 
dem Holzstamm der dicotyledonen Waldbäume unserer Zone 
verglichen hatte, und dafs meistentheils den Untersuchern ent- 
gangen war, dafs hier ganz disparate Dinge zusammengestellt 
sind, die sich so gar nicht vergleichen lassen. Der Palmen- 
stamm entsteht nämlich aus unentwickelten Interfolientheilen, 
unser dicotyledoner Holzstamm aber aus entwickelten, und 
dieser Unterschied ist besonders für die Pflanzen nit viel- 
reihigen Holzbündeln so wichtig, dafs Nelkenstengel und Gras- 
halm nieht so sehr verschieden sind, als letzterer und &in 
Zwiebelstock,. Es scheint mir, dafs man trotz aller Unter- 
suchungen der ausgezeichnetsten Forscher für den Unterschied 
zwischen den zwei grofsen Abtheilungen der Phanerogamen in 
Bezug auf die Struktur ihres Stengels, wenn überall den rich- 
tigen, doch gewifs noch nicht den kürzesten Ausdruck gefun- 
den hat, Es kommen bei den Stengeln überhaupt folgende 


220 


Verschiedenheiten vor, die auf Entwicklung, Zabl und An- 
ordnung, Richtung und Struktur der Gefäfs- (Holz-) Bündel 
beruhen. 

4) Die Gefäfsbündel, deren Entwickluug immer von In- 
nen nach Aufsen vor sich geht, sind entweder in ihrem Wachs- 
thum beschränkt oder unbesehränkt, Im allgemeinen besteht 
jeder Gefäfsbündel aus drei physiologisch verschiedenen Thei- 
len, nämlich wesentlich aus einem höchst zartwandigen, in 
lebendiger Entwickelung begrifinen Gewebe in welchem sieh 
neue Zellen erzeugen, die denn nach zwei verschiedenen Seiten 
sich in verschiedener Configuration anlagern, nämlich nach 
Aufsen als ein eigenthümliches sehr diekwandiges länger oder 
kürzer gestrecktes Zellgewebe (Bast) nach Innen in allmäliger 
Folge (der allmäligen Läugsdehnung des Theils coordinirt) als 
Ringgefälse, Spiralgefäfse, netzförmige und poröse Gefälse und 
Holzzellen, letztere entweder gleichförmig oder unter einander 
wiederum diflerenzirt, das eigentlich sogenannte Holz bildend. 
Bis zu einer gewissen Periode schreitet die Ausbildung der 
monocotyledonen 'und dieotyledonen Gefäfsbündel gleichförmig 
fort, dann aber verändert sich bei den Monocotyledonen plötz- 
lich jenes zartwandige lebendige Bildungszellgewebg, die Zellen 
werden diekwandiger, ihre Fortpflanzungsfähigkei® hört auf, 
und wenn alle umgebenden Zellen vollständig entwickelt sind, 
so hehmen auch sie eine ganz eigenthümliche Gestalt an und 
hören auf Gummi, Schleim ete. kurz trübe (bildungsfähige) 
Säfte zu führen. In der Periode vom Aufhören der Zellen- 
entwickelungen sind sie von Mohl wasa propria genannt. 
Dadurch ist nun jede weitere Ausbildung des Gefäfsbündels 
unmöglich gemacht, und ich nenne solche Gefälsbündel des- 
halb „geschlossen“ oder „begrenzte.“ Bei den Dicotyle- 
donen dagegen behält jenes Gewebe, das hier dann Cambium 
auct., couche regeneratrice Mirb. genannt wird, für das ganze 
Leben des Pflanzentheils seine lebendige Zeugungskraft bei, 
er fährt fort, neue - Zellen. zu entwickeln und vermehrt durch 
diese Zellen, die sich immer theils der äufseren Portion 
(Bast) theils der innern (Holz) anschliefsen, die Masse 
bis ins Unendliche. Dieses geschieht nun nach ‚Clima und 
Natur der Pflanze entweder ziemlich stetig z. B. bei den 


221 


Cacteen*) oder in Perioden starker Förderung und fast gänz- 
lichen Stillstandes, wie bei unsern Waldbäumen. Auch. bei 
diesen letzteren kann man sich mit Ausdauer und zarter Be- 
handlung davon überzeugen, dafs der Stamm vom Mark bis 
zur Rinde in allen seinen Lebensperioden ein continuirliches 
Gewebe bilde, und nie die Rinde vom Stamme getrennt ist; 
was man so nennt, ist nur ein durch die Manipulation her- 
vorgebrachtes Zerreifsen des zarten Bildungsgewebes, welches 
grofsentheils, obwohl plattgedrückt und mit Stärke, Gummi ete. 
gefüllt, schon während des Winters als Grundlage des neuen 
Jahresringes vorhanden ist, im Frühling aber durch den neuen 
Saftzustrom ausgedehnt, aufgelockert und seines Inhaltes durch 
Auflösung beraubt wird. Ueberall kann mant sich überzeugen, 
daß sich das neue Zellgewebe stets innerhalb des schon vor- 
handenen in Mutterzellen bildet, auch vermittelst Cytoblasten 
auf dieselbe Weise, wie ich es früher für andere Zellen nach- 
gewiesen habe. Und zwar bilden sich die jungen Zellen stets 
an dem obern oder unteren (ich habe leider bis jetzt nicht 
darauf geachtet) Ende der langgestreckten Mutterzellen und 
wachsen bei ihrer Ausdehnung der Länge nach durch diese 
hin und eben ihr Austofs an das andere Ende der Zelle scheint 
dann wieder an der entsprechenden Stelle in der nächst fol- 
genden Zelle, das Entstehen einer neuen Zelle hervorzurufen. 
Erst seit dem Herbt 4837 habe ich diesen Vorgang einer eig- 
nen gründlichen Untersuchung unterworfen und mufs bitten 
hiernach alles, was ich früher in Müllers Archiv 1838 (Bei- 
träge zur Phytogenesis) den bisherigen Ansichten folgend über 
die Entstehung des Cambium gesagt habe, zu verbessern; 
obwohl in der Bedeutung des Holzstammes, wie ich sie 
damals aufstellte, dadurch im Wesentlichen nichts geändert wird. 

Diese Verschiedenheit zwischen begrenzten und unbe- 
grenzten Gefäfsbündeln giebt nun den einzigen, durchgrei- 
fenden Unterschied zwischen Monocotyledonen und Dicoty- 


*) Aus diesem Grunde ist bei den Cacteen die Beobachtung des 
ganzen Vorganges auch am leichtesten. Uebrigens haben auch die 
Cacteen Remissionen des Wachsthums, die aber durchaus nicht den 
Jahrestrieben entsprechen, obwohl sie ähnliche Erscheinungen her- 
vorbrirgen. Die Ursache ist noch völlig unbekannt. 


222 


ledonen. Bei den einjährigen Dicotyledonen hat zwar der 
durch den Tod der Pflanze in. seiner weitern Entwickelung 
gehemmte Gefäfsbündel in sofern einige Aehnlichkeit mit den 
Monocotyledonen, doch zeigt sich der Unterschied deutlich 
bei genauer Untersuchung, indem immer die Bildungsschicht 
bis zum letzten Momente entwicklungsfähig bleibt, worauf eben 
das Verholzen der wnnuae in Folge einer consequenten Ver- 
hinderung des Blühens z. B. bei Reseda odorata und Chei- 
ranthus annuus beruht. Für diejenigen, die Fortschritte der 
Wissenschaft nun einmal durchaus nur in der Einführung neuer 
Wörter finden wollen und deshalb der gnten alten Eintheilung 
in Mono- et, Dicotyledonen *) längst überdrüssig sind, schlage 
ich, ‚statt der ganz unsinnigen Eintheilung in Endogenen et 
Exogenen die auf Vorstehendes gegründeten Benennungen der 
Teleophyten für Monocotyledonen et Synechophyten für 
Dicotyledonen vor. 

2) Der zweite Unterschied unter den kersdhienen Sten- 
gelgebilden ist in der Zahl und Anordnung der Gefäfsbündel 
begründet, ob nämlich nur ein einfacher Kreis derselben vor- 
handen ist, oder mehrere concentrische. Im ersten Falle drän- 
gen sich die Gefäfsbündel in den meisten Fällen früher oder 
später eng an einander und bilden so einen geschlossenen 
hohlen Cylinder, der nur durch einzelne gröfsere oder gerin- 
gere Streifen zusammengedrückten Parenchyms von Innen 
nach Aufsen durchgesetzt wird. Diese Letzteren werden 
Markstrahlen genannt. Dieses Zusammenschliefsen findet aber 


- nicht immer bei einjährigen Stengeln statt, und daher läfst 


sich zum Beispiel aufser der Natur der Gefäfsbündel selbst 
zwischen dem Holzgerüst von Tropaeolum majus (unbegrenzte 
Gefäfsbündel) und dem kriechenden Stengel von Polypodium 
ramosum (begrenzte Gefäfsbündel) kein Unterschied angeben. 
Nur iin dem Falle, wo durch Einen Kreis von. wenig- 
stens ziemlich enge stehenden Gefäfsbündeln eine bestimmte 
Grenze gegeben ist, kann von Rinde und Mark die Rede sein. 


*) Uebrigens bleibt diese Eintheilung die allein richtige, weil sie 
auf der Entwickelungsgeschichte beruht, und wird in ihrem Werth 
selbst nicht durch einige Coniferen geschwächt, da das Wesentliche 
nieht in der Zahl, sondern in der Verticillation der Cotyledonen 
besteht. 


223 


Ursprünglich ist überall nur ein gleichförmiges Parenchym vor- 
handen; erst durch die Entwickelung eines Theils desselben 
zu Gefäfsbündeln wird der Gegensatz von Eingeschlossnem 
(Mark) und nach Aufsen liegendem (Rinde) hervorgerufen, 
wobei aber die Markstrahlen, die von schmalen Plättchen 
durch alle Zwischenstufen bis zu einer ungetrennt-communi- 
eirenden, nur von den Gefäfsbündeln, als einzelnen Fäden, 
durchsetzten Parenchymmasse verfolgen lassen, immer noch 
die Verbindung unterhalten. Der Streit über Rinde und Nicht- 
rinde der Monocotyledoren ist daher ganz thöricht, entweder 
ein leerer Wortstreit, oder auf die ‚Behauptung von etwas“ 
entschieden Falschem begründet, indem das, was man bei vielen 
Monocotyledonen Rinde genannt hat, etwas seiner Entste- 
hung, Struktur und physiologischen Bedeutung nach von der 
Rinde der Dicotyledonen himmelweit Verschiedenes ist. 

Der Fall nun eines einfachen geschlossenen Gefäfsbündel- 
kreises kommt, so viel mir bekannt, nur bei Dicotyledonen- 
Stengeln vor (bei den Monocotyledonen dagegen ist es, wie 
ich glaube, der regelmäfsige Bau der Wurzeln). 

Der andere Fall mehrerer Gefäfsbündelkreise ist dagegen 
bei Monocotyledonen durchgängig vorhanden, und findet sich 
unter den Dicotyledonen bei den Piperaceae, Nyctagineae, 
Amaranthaceae, Chenopodeae, und vielleicht noch bei meh- 
reren andern, deren Stengelbildung nur noch nicht bekannt 
geworden. Indefs tritt hierbei der Hauptunterschied zwischen 
Monocotyledonen, der der geschlossenen und ungeschlossenen 
Gefäfsbündel in Wirksamkeit, wodurch bei den genannten 
Dicotyledonen ein ganz eigner Holzbau bedingt wird. Zuerst 
machte mich hierauf Rob. Brown an einem Pisonia-Stamme 
(unknown Burmese tree bei Lindley introd. to botany 
pag. 80. Fig. 40.) aufmerksam. Da nämlich alle jene in ver- 
schiedenen Kreisen stehenden Gefäfsbündel fortfahren sich zu 
entwickeln, so schliefsen sie sich zuletzt fast zu einer gleich- 
förmigen Masse an einander, das sie früher trennende Paren- 
chym wird dabei auf einzelne kleine Inseln zusammengedrängt, 
die dann das ausgebildete Holz scheinbar zerstreut in kleinen 
verticalen Strängen durchziehen, die man in Bezug auf ihren 
Ursprung mit vollem Recht verticale Markstrahlen nennen 
könnte. Nach aufsen von diesen Strängen findet man dann 


224 - 


im Holze meist noch nnveränderte Spiroiden, als die Anfänge 
der äufsern Gefäfsbündel. Die ganze Entwickelung dieses 
eigenthümlichen Baues verfolgte ich bei zwei Pisonia-Arten, 
bei Amaranthus viridis, Beta cicla, Atriplex hortensis, 
Chenopodium quinoa u. s. f. Viele andere Pflanzen der genann- 
ten Familien, so wie der Piperaceen, die ich nur in einzelnen 
Zuständen untersuchen konnte, bewiesen durch ihren Bau, dafs 
diese Eigenheit für jene Familien ganz allgemein ist. — 

Eine wunderbare Form des Holzes gehört wahrscheinlich 
auch hierher (und vielleicht die ganze Familie der Grassu- 
laceae), mir war aber eine Verfolgung der Entwickelungs- 
geschichte nicht vergönnt *). Bei einem alten unbestimmten 
Echeveria-Stamme fand ich nämlich eine ganz gleichförmige 
Holzmasse aus Prosenchymzellen ohne Gefäfse gebildet, und 
darin eingestreut kleine verticale Stränge eines sehr zartwan- 
digen Parenchyms, in dessen Mitte ein meist noch abrollbares 
Spiralgefäls verlief. 

3) Ein. drittes Moment, aus dem wesentliche Stamm- 
verschiedenheiten entspringen, ist nun das Verhältnifs der 
Axe zu den von seiner Peripherie abgehenden Theilen, den 
Blättern und Knospen. Hierher gehören nun mannigfache 
Erscheinungen. 

4. Eine für die Dicotyledonen ganz allgemeine Erschei- 
nung ist hier die Knotenbildung. Ein seitliches Organ näm- 
lich entsteht bei den Dieotyledonen überall nur aus den Kno- 
ten, nicht dem in. der beschreibenden Botanik sogenannten 
Theil (denn das ist überall nur eine rohe Wahrnehmung einer 
ziemlich vereinzelten Erscheinungsform) sondern aus einer 
eigenthümlichen, stets anatomisch-nachweisbaren Anordnung der 


*) Ich bemerke hier ausdrücklich, dafs mir die frühern Zustände 
nicht zu Gebote standen, und protestire feierlich gegen den Vorwurf, 
als hätte ich etwas übersehen, wenn die Entwickelung etwa ein an- 
deres Resultat geben sollte. Ich würde das nicht erwähnen, wenn 
mich nicht Meyen (Jahresbericht dieser Zeitschr. 1838. ‚pag. 44) 
eben so grundlos des Uebersehens bezüchtigt hätte, wo ich doch 
ebenfalls ausdrücklich erklärt hatte, .dafs frühere Zustände mir nicht 
zu Gebote gestanden hätten, und wo noch dazu die Entwickelungs- 
geschichte beweist, dafs meine Vermuthung über die Bedeutung des 
fraglichen Gebildes durchaus die richtige gewesen war. 


225 


Gefäfsbündel. Es bildet sich nämlich aus zwei oder mehreren 
Gefäfsbündeln durch einfaches Aneinanderlegen oder durch 
anastomotische Verzweigungen eine Schlinge, Ansa, und aus 
diesem Plexus erst erhalten die peripherischen Organe ihre 
Gefälsbündel. Aus diesem Verhältnifs in Verbindung mit der 
Bildung der horizontalen Markstrahlen geht nun eine unend- 
liche Mannigfaltigkeit des Holzkörpers hervor. Diese Ansa 
hat zugleich wesentlich die Bestimmung, das Parenchyma des 
seitlichen Organs mit dem Marke (oder überhaupt dem leben- 
digen Parenchyma) der Axe in Verbindung zu setzen. Die 
Gröfse der Schlinge ist daher wesentlich von der Dicke der 
Basis der Blätter oder Seitenknospen abhängig (oder richtiger 
umgekehrt). 

Bei den Monocotyledonen ist diese wahre Knotenbildung 
wahrscheinlich viel seltener, wenn sie überhaupt daselbst vor- 
kommt, denn mir ist noch zweifelhaft, ob in den sogenannten 
Knoten der Gräser ete. wirklich eine Anastomose der Gefäfs- 
bündel zum Behuf der Abgebung von Bündeln an die Seiten- 
theile vorkommt. So viel ist wenigstens gewifs, dafs bei den 
Monocotyledonen die Anastomose der Gefäfsbündel entschie- 
den seltner vorkommt als bei den Dicotyledonen. Hieraus 
würde sich denn, wenn man wirklich fände, dafs die oben 
characterisirte Knotenbildung bei den Monocotyledonen nir- 
gends vorkommt, allerdings auch ein durchgreifender und pri- 
märer Unterschied zwischen den Mono- et Dicotyledonen 
ergeben. 

Bei den Acotyledonen tritt entschieden wieder die Bil- 
dung der Dicotyledonen ein und man würde sich viel un- 
nütze Worte über die angeblichen Abweichungen des Farren- 
stammes erspart haben, wenn man die Bildungen, von denen 
er abweichen soll (den Dicotyledonen-Stamm) nicht in ein- 
seitiger Betrachtung einer Eiche oder Linde, sondern in den 
verschiedenen Typen der einzelnen Familien studirt hätte, 
Ich glaube es sollte mir nicht gar schwer werden, alle Modi- 
ficationen des Holzkörpers der Farren, die nicht aus dem 
Geschlossensein der Gefäfsbündel, sondern nur aus Zahl und 
Lage und gegenseitiger Verbindung hervorgehen, im Wesent- 
liehen auch bei den Euphorbiaceen, oder den Gacteen nach- 
zuweisen. — 

V. Jahrg. 1 Band, 45 


226 


D. Ueberall wo Gefäfsbündel zu einem peripherischen 
Organe abgehen, müssen sich diese mit den später entstande- 
nen und: zwar nach Aufsen von der Abgangsstelle gebildeten 
Theilen kreuzen. Das ist schon vor aller Untersuchung ein- 
zusehen, und soweit entfernt eine Eigenthümlichkeit im Wachs- 
thum der Monocotyledonen zu sein, dafs man schon allein 
daraus hätte mit Sicherheit schliefsen dürfen, dafs die ganze 
angebliche Endogeneität nicht existire. Es ist aber bei den 
getrennten, geschlossenen Gefäfsbündeln der Monocotyledonen 
auffallender, obwohl auch recht gut anderweitig z. B. beialten 
Melocacten, Echinocacten et Mamillarien zu beobachten. 

C. Am allerwichtigsten aber wird hier der Umstand, ob 
die Interfoliartheile in die Länge entwickelt sind oder nicht. 
Im ersten Falle dienen natürlich alle neu an der Aufsenfläche 
entstehenden Theile (seien es neue Gefäfsbündel oder die fort- 
schreitende Entwickelung alter) zur Verdickung des ganzen 
Stammes, ohne dafs durch diese neuen Theile seiner Länge 
etwas zugesetzt würde. 

Anders verhält es sich dagegen, wenn sich die Interfoliar- 
theile nicht entwickeln. Hier tritt, soviel ich bis jetzt beob- 
achten konnte, stets der Umstand ein, dafs vom ersten Inter- 
foliartheile der keimenden Pflanze, oder der sich bildenden 
Knospe, der Wachsthumstrieb, der sich nicht in der Längen- 
richtung äufsern kann, jedes folgende Internodium bis zu 
einer bestimmten Periode mehr in die Breite ausdehnt, so 
dafs jedes spätere das frühere um etwas überragt und dadurch 
die ursprüngliche Seitenfläche zur Unterfläche macht. Als das 
beste Beispiel nenne ich hier die Entwickelung der Zwiebeln 
und der Melocacten. Diese Vergröfserung der Internodien 
dauert ındefs nur eine bestimmte Zeit, bis nämlich die Pflanze 
sich auf diese Weise eine genügend breite Basis gebildet. Von 
da an dehnt sich das neue Internodium nicht mehr üher das 
Alte aus und es entsteht ‘durch fortgesetztes Aufeinanderlegen 
der hohlen Kegeln gleichenden Interfoliartheile ein sich all- 
mälig erhebender, aber gewöhnlich sich nicht weiter verdicken- 
der Stamm. Eine Widerholung der eben beschriebenen all- 
mäligen Erweiterung der Internodien tritt ausnahmsweise bei 
den bauchig angeschwollenen Palmenstämmen ein. Zum Studium 
dieser Stammform bei Monocotyledonen sind für den, dem 


227 


Palmen nicht zu Gebote stehen, Allium strictum et senescens 
etc. zu empfehlen, die einen wirklichen kleinen Palmenstamm 
bilden. b 

Aus dieser Bildungsweise folgt nun aber für Pflanzen mit 
geschlossenen Gefäfsbündeln, der bogenförmige Verlauf der 
den peripherischen Theilen zukommenden Gefäfsbündel von 
selbst, wie sich das leicht aus einer schematischen Construction 
eines solchen Stammes (Fig. 5) ergiebt, wo die punctirten 
Linien die Grenzen der jedem Interfoliartheil angehörigen 
Masse (der hohlen Kegel) und der Pfeil die Richtung andeu- 
tet, die nicht eigentlich der Richtung von Innen nach Aufsen 
bei einem entwickelten Stengel entspricht, sondern zugleich 
diese und die Richtung von Unten nach Oben in sich verei- 
nigt, indem jeder’ Kegel zugleich ein neues nach oben aufge- 
setztes Internodium und ein neuer nach aufsen angesetzter Theil 
ist. Jedes Blatt nun (a) hatte bei seiner Entstehung seinen 
Stand auf der Spitze (x) des mit ihm zugleich entstandenen 


* hohlen Kegels, in welchem die zu dem Blatte gehörigen Ge- 


fäfsbündel natürlich von der Peripherie schräg nach Innen und 
Oben bis zu diesem Blatte also bis zur Axe des Stammes (x) 


_ verliefen. Von diesem Standpunkt wurde nun aber bei der 


Fortbildung das Blatt allmälig bis zur Peripherie geschoben, 
welchem Wege seine Gefäfsbündel folgen mufsten, indem sie 
alle folgenden Kegel etwa eben so durchbohrten wie der Ast 
eines unserer Waldbäume die spätern Jahresringe, wodurch 
denn das zweite Stück des Bogens von Innen schräge nach 
Aufsen und Oben gebildet wird. Ob nun der Bogen länger 
oder kürzer, oder was dasselbe sagen will, mehr oder weniger 
gekrümmt ist, hängt hauptsächlich von der Form der neu auf- 
gesetzten Kegel d, h. von der Form des Terminaltriebs ab. 
Je spitzer die Terminalknospe zuläuft, desto länger der Bogen, 
wie bei den meisten Palmen, je flacher die Terminalknospe, 
desto kürzer und gekrümmter ist der Bogen, wie. bei den mei- 
sten Monocotyledonen Rhizomen. 

Es geht hieraus aber schon hervor, dafs der bogenförmige 
Verlauf der Gefäfsbündel nicht als primäre Unterscheidung 


. für die Mono- et Dicotyledonen gebraucht werden darf, denn 


derselbe ist von zwei andern Verhältnissen „den geschlossenen 
Gefäfsbündeln und den nicht entwickelten Internodien“ ab- 
15% 


228 


hängig, müfste also einmal bei Dicotyledonen auch vorhanden 
"sein, wenn diese geschlossene Gefäfsbündel hätten, und kommt 
anderntheils nicht dem monocotyledonen Stengel überhaupt, 
sondern nur dem mit unentwickelten Internodien zu. 

D. Besonders nun aus dem Zusammentreffen der unter 
‚A. und C. aufgeführten Momente entsteht bei einem ein- 
fachen, geschlossenen Kreise von Gefäfsbündeln und verhält- 
nifsmäfsig grofsen Blattbasen für die geschlossenen Gefäfs- 
bündel z. B. die Form des Farrenstammes, für die unge- 
geschlossenen Gefäfsbündel ‚die des Cacteen-Stammes, welche 
letztere fast alle Verhältnisse des Farrenstammes, nur stets 
oberhalb der Erde, wiederholen. 

4) Insbesondere für die Dicotyledonen-Stengelgebilde - 
ergeben sich noch manche Verschiedenheiten aus der Hyper- 
trophie des Markes, der Rinde oder beider, wie z. B. 
bei Euphorbien, Cacteen, vielen Knollen, z. B. Sola- 
num tuberosum und besonders auch der Cycadeae, deren 
Stammbildung mit der der Palmen nur die alleroberflächlichste 
Aehnlichkeit hat, zwar näher als mit diesem mit dem Farren- 
stamme verwandt ist, aber auch von diesem letztern sich durch 
die unbegrenzten Gefäfsbündel ganz wesentlich unterscheidet 
und bei weitem mehr sich den Cacteen-Stämmen nähert. 

5) Endlich ist die Modification der Zellen, welche die 
Holzbündel primär oder in ihrer spätern Entwickelung zusam- 
mensetzen, ganz unendlich verschieden und vielmehr, als man 
bis jetzt glaubt. Das leichte Holz der Avicennien besteht 
fast nur aus porösen Gefäfsen, das gleichfalls leichte und 
weiche Holz der Bombax pentandra besteht fast ganz aus 
Parenchym, Spiral-, Ring- und Netzgefäfsen und sehr selten 
im äufsern Theile der Jahrringe vorkommendem Prosenchym. 
Das Holz der Melocacten, Mamillarien et Echinocacten 
besteht ganz und gar aus eigenthümlichen kurzen, weiten, sehr 
dünnwandigen, oben und unten stumpf conisch geendeten Zel- 
len mit sehr dieken (mit der schmalen Kante aufgesetzten) 
Spiral- oder Ringfibern-Zellen, wie sie Meyen in seiner 
Phytotomie aus Opuntia cylindrica abgebildet hat, wo sie, 
wie bei den meisten Opuntien, obwohl in geringer Menge, 
an den Coarctationen der Glieder vorkommen. Bekannt ist, 

. dafs bei Coniferen und Cycadeen die Zellen, welche das 


229 


Holz bilden, sich gleichförmig ausbilden, und nicht, wie bei 
vielen andern Holzarten, sich in Prosenchyma und Gefäfse 
differenziren. In vielen Pflanzen werden die zuerst entstan- 
denen Spiralgefäfse der Markscheide in Folge der grofsen 
Längsdehnung der Zellen in Ringgefäfse umgewandelt, in wel- 
cher Form sie dann bestehen bleiben, in anderen Pflanzen 
aber haben die Spiralen ungeachtet grofser Ausdehnung, die 
sie leiden müssen, nicht die Tendenz dazu, dann werden sie 
mit ihrer Zelle oft so in die Länge gezogen, dafs sie nur wie 
ein Faden in einem Intercellulargang zu liegen scheinen und 
hier auch häufig völlig resorbirt werden; dies kann man sehr 
schön z. B. bei Opuntia monacantha, cylindrica, Mamil- 
laria simplex, Helleborus foetidus etc. beobachten. Sollte 
dies nicht vielleicht der Grund sein, weshalb man in gar vie- 
len Fällen am ausgewachsenen Stengel selbst in der Corona 
medullaris keine ächten Spiroiden mehr antrifft? 


Uebrigens ist das Studium der Stammbildung noch ein 
unendliches Feld für tüchtige Forschung, noch hat, so viel ich 
weifs, Niemand wahrhaft Aufschlufs gegeben über die in der 
Familie der Sapindaceer so häufige Bildung, wo man näm- 
lich in einem Stamme mehrere Centra für die Holzbildung 
antrifft, von denen nur eins die Axe des Stengels einnimmt. 
Ebenso wenig ist irgend etwas Genügendes über die eigen- 
thümliche Struktur des Stammes der Phytocrene (Well) be- 
kannt geworden, ebenfalls nicht über die analogen Formen 
in der Familie der Bignoniaceae sehr häufig vorkommender 
Verhältnisse, — Bildungen, die sich mit Worten nicht wohl 
beschreiben lassen, weshalb ich vorläufig nur auf Lindley 
Introd. to Botany pag. 78. Fig. 36. verweise, wo ein ganz 
gleichesVorkommen angeblich aus einer Passiflora abgebildet ist. 


4. Ueber die weibliche Blüthe der Cannabineae. 
Die Beschreibung der genera Cannabis und Humulus 
in Endlichers genera plantarum pag. 286. enthält einige 
wesentliche Mängel. Beiden kommt ein von ihm und den 
meisten Botanikern gänzlich übersehenes perianthium, mono- 
phyllum, urceolatum, membranaceum zu, worauf auch schon 
Kunth in seiner Flora berolinensis (1838) aufmerksam ge- 


230 


macht hat (Fig. 6. und 7.) Das Ovulum ist aber keineswegs 
wie Endlicher abweichend von allen bisherigen Beschrei- 
bungen (vide z. B. Nees ab Esenbeck genera plantarum 
Flor. Germ.) behauptet ein ovulum erectum, atropum, son- 
dern ein ovulum pendulum, campylotropum, wie Fig. 6.'von 


Cannabis sativa zeigt, womit Humulus durchaus überein- 
stimmt. 


5. Einige Bemerkungen über die Hydropeltideae. 


In den Annals of the Lyceum of natural history 
New York 1837. Vol. 4. befindet sich ein Aufsatz von Asa 
Gray remarks on the structure and affinities of Cerato- 
phyllaceae, in welchem derselbe den von mir schon an einem 
andern Orte aufgedeckten Irrthum über die radicula supera 
Dec. rügt, übrigens aber unserer Kenntnifs dieser Familie 
auch gar nichts Neues hinzufügt. Nur deutet er noch auf 
eine Verwandtschaft mit Nelumbium hin, deren Widerlegung 
überflüssig ist, weil er dieselbe allein auf die von ihm gar 
nicht begriffene Struetur des Eichens und Saamens von Cera- ' 
tophyllum bei Brogniart und seine singuläre Ansichten 
über den Saamen von Nelumbium, dessen richtige Analyse 
doch schon €. L. Richard gegeben, gründet: Diese Ver- 
wandtschaft dehnt er auch auf die Hydropeltideae aus. Asa 
Gray war nun offenbar viel zu wenig in den Strukturverhält- 
nissen des Eichens und der Saamen orientirt, um sich in diese 
etwas schwierigern Verhältnisse zu finden und so macht er 
denn mirabile dietu daraus ein ovulum pendulum, atropum 
und eine radicula infera (!!). Er meint nicht mit Unrecht, 
dafs dieser Bau bisher „wholly overlooked“ sei, denn auf 
dergleichen konnte nicht leicht ein etwas gründlicher Kenner 
der Saamen kommen undRichard hat bereits (mit Ausnahme 
der falschen Deutung des kleinen Endosperms) in unübertrefl- 
licher Vollendung ‘die Analyse des Saamens von Hydropellis 
und Cabomba gegeben. Wenn die Neuern doch lieber erst 
die grofsen Heroen der Wissenschaft C. L. Richard und 
Gaertner etwas gründlicher studiren wollten, ehe sie selbst 
mit ihren unreifen Ansichten hervortreten, wir würden wahr- 
lich viel Unnützes weniger haben. Untersucht man nun ein 
Ovarium von Cabomba aquatica (Fig. 8. und 9.) (was Asa 


231 


Gray um so leichter hätte werden müssen, da ihm, als Nord- 
Amerikaner, doch. gewifs ohne grofse Mühe frische Exemplare 
dieser interessantesten Pflanzen der nordamerikanischen Flor 
zu Gebote standen) ‚so findet man in demselben 2—3 ovula 
pendula. Jedes Ovulum besteht aus nucleus, integumen- 
tum internum et externum, und ist anatropum, woraus 
denn allein schon nothwendig die radicula supera_ folgt. 
Zum Ueberflufs verweise ich noch auf eine Saamenanalyse 
von Cabomba aqualica in einem nächstens erscheinenden 
Aufsatze von Dr. Vogel und mir (über das Albumen ins- 
besondere der Leguminosen Acta Leop. Corol. Vol. XIX. 
P. 2. 1839.) Der Bau von Hydropeltis weicht in keinem 
Stücke ab. 

Die Hydropeltideen bieten noch manche höchst interes- 
sante Punete dar. — So war es mir wenigstens ohnmöglich 
in den untergetauchten Theilen, sowohl bei Gabomba aqua- 
tica als bei Hydropeltis peltata auch nur eine Spur von 
Spiralgefäfsen zu entdecken*). Bei Hydropeltis zeigt sich 
am Stengel, Blattstiel und der untern Blattfläche ein merk- 
würdiger Bau der Oberhaut, welcher schon von Dr. Solander 
bemerkt wurde, weshalb er dem genus den nicht publieirten, 
sehr passenden Namen Ixodia gab. Die Oberhaut besteht 
nämlich aus einer sehr dicken Schicht, einer scharf begränz- 
ten, in Wasser unlöslichen gelatina, in welcher die Oberhaut- 
zellen alle in Form von Haaren unter einander unverwachsen 
hineinragen. Ihr Lumen ist zum Theil (in pl. sice.) mit einem 
gelbbräunlichen, wie es scheint, harzartigen Stoff erfüllt. 


6. Ueber einige eigenthümliche Bastzellen. 


In Schott und Endlicher Meletemata botanica kommt 
in der Definitio generica von Monstera Adans. (Dracon- 
tium pertusum Mill.) die auffallende Phrase vor „ovarüs 
rhaphidophoris.“ Da mir nun fast keine Aroidee bekannt 
ist, welche nicht in allen Theilen und grade besonders häufig 
im Ovarium Rhaphidenbündel hätte, so war ich neugierig zu 
erfahren, was denn hier so gar besonderes daran sei, dafs 


*) Auch bei der so wunderbaren Mayaca fluviatilis Aubl. fehlen 
in Blättern und Stengeln (mit Ausnahme des peduneculus) die Gefälse 


232 


man es für zweckmäfsig gehalten, das Vorkommen in eine ge- 
nerische Definition aufzunehmen. Bei genauer Untersuchung 
fand ich denn, dafs hier gar nicht von Rhaphiden, überhaupt 
nicht von etwas unorganischen die Rede sein könne. Durch 
das Carpellblatt dieser Gattung (wahrscheinlich auch bei Sein- 
dapsus Schott, wo derselbe Ausdruck gebraucht wird) zie- 
hen sich eine ganz eigenthümliche Art Bastzellen. Dieselben 
haben etwa die Länge von 0,1 bis 0,13 P. Z. und die Dicke 
von 0,004 bis 0,0042 P.Z., sind je nach ihrem Alter mit dün- 
nern oder dickeren Wänden versehen; diese letzteren sind 
aus vielen deutlich unterscheidbaren Schichten zusammengesetzt 
und von Poren durchbohrt, deren Lumen von den Seiten her 
platt gedrückt ist. In dem Innern dieser Bastzellen, die meist 
mit granulöser Substanz, Gummi ete. gefüllt sind, entwickeln 
sich Cytoblasten und auf diesen zartwandige Zellen. ‚Diese 
brechen hin und wieder an der Stelle der Poren durch. Viele 
dieser Bastzellen haben kleinere oder gröfsere Seitenäste und 
mir scheint es nicht ganz unwahrscheinlich, dafs dieselben 
aus jenen zartwandigen Zellen entstehen, deren Lumen nach- 
her durch Resorbtion der Scheidewand mit der Mutterzelle in 
Communication tritt. Doch fehlte mir auch hier die Möglich- 
keit die Entwickelungsgeschichte vollständig zu verfolgen. 
(Vergleiche hierzu Fig. 10—13.) Ganz ähnliche Gebilde kom- 
men in Mark und Rinde von Rhizophora Monyle zerstreut 
vor (Fig. 14.) Sehr interessant und für die Lebensgeschichte 
der Zelle wichtig würde es auch hier sein, wenn man das 
Studium der Entwickelungsgeschichte genauer verfolgen könnte. 


6. Ueber die sogenannten Luftwurzeln der tropi- 
schen Orchideen. 

Wenn von der eigenthümlichen, weifsen Schicht an den 
Wurzeln der tropischen Orchideen die Rede ist, so werden 
dieselben gewöhnlich „Luftwurzeln“ genannt. Dieselben ‚bil- 
den aber keineswegs einen Gegensatz gegen andere, etwa noch 
vorhandene Wurzeln, sondern sind in der That die einzigen 
Wurzeln, welche die Pflanze aufzuweisen hat und sind ganz 
gleich organisirte, mögen sie nun, wie bei den auf Bäumen 
vegetirenden (sogenannten Parasiten) sich an das Subject 
anlegen, dasselbe umschlingen, oder frei in der Luft hängen, 


233 


oder endlich wie bei den ganz in der Erde wurzelnden z.B. 
Cystopodium speciosissimum, nie mit Luft und Licht in Be- 
rührung kommen. Da sich nun bei den eigentlichen Luft- 
wurzeln z. B. der Paudanus, Ficus etc. ein ähnlicher Bau 
nicht findet und ebenso wenig bei den wirklichen Erdwurzeln 
vorkommt, so mufs man jene Wurzeln wohl den. beiden letz- 
ten als eine eigene dritte Art an die Seite stellen, und schlage 
vor sie „radices velatae“ zu nennen. 


Erklärung der Tafel. 


. 1. „Weibliche Inflorescenz von Fiscum album. 

. 2. Weibliche Blüthe desselben im Längsschnitt. 
. Perianthium, 

. Nucleus. 


Pedunculus. 


. Embryosack. 

- 3. Männliche Infloresceenz derselben Pflanze. 

. 4. Männliche Blüthe im Längsschnitt. 

. 5. Schematische ‚Darstellung des Verlaufs der Gefäfs- 


bündel im Monocotyledonen-Stengel mit verkürzten 
Internodien, vergl. oben den Text pag. 21. 


ig. 6. Weibliche Blüthe von Cannabis sativa (die Stigmata 


sind abgeschnitten) unterhalb der punctirten Linie im 
Längsschnitte dargestellt. 

Perianthium. 

Ovarium. 


. Ovulum pendulum, campylotropum. 
. 7. Weibliche Blüthe von Humulus Lupulus. Stigmate 


sind abgeschnitten. 


. und 2. wie vor. 
. 8. Ein Carpell von Cabomba aquatica Aubl. durch 


einen Längsschnitt geöffnet. 


- 9. Ein Ovulum aus dem Vorigen im Längsschnitt. 


Fig.10. Verschiedene Formen der Bastzellen aus dem Ova- 


rium von Monstera pertusa Adans. 


234 


Fig.11. Querschnitt einer solchen Bastzelle, der Schnitt hat 
grade einen Porenkanal getroffen. 
Fig.12. Ein Stück einer einzelnen Bastzelle stark vergröfsert. 


a. Cytoblasten. 
b. Junge zartwandige Zellen. 
c. Dergleichen im Begriff die Wand zu durchbrechen. 


Fig.13. Dasselbe wie vor, nur einmal beobachtet. 
a. Zellen, die sich aus einer austretenden Zelle entwickelt zu 


haben scheinen. 
Fig.14. Mark mit den eigenthümlichen Bastzellen aus einem 


jungen Triebe von Rhizophora Monyle. 
a. Abgeschnittner Seitenast einer solchen Bastzelle. 


‘ 


NB. Alle Figuren mit Ausnahme von Fig. 5. sind mehr oder 
weniger vergröfsert. 


Ueber die geographische Verbreitung und die 
Lebensweise der südamerikanischen Singvögel. 


Mitgetheilt aus d’Orbigny’s Reise S, 141 — 158. 


von 


Friedrich Stein. 


Wı- theilen den Theil Südamerika’s, den wir durchforscht 
haben, einerseits in drei Zonen der Breite, von denen 
sich die erste vom 11. bis zum 2$., die zweite vom 28. bis 
34. und die dritte vom 34. bis zum 45. Grad südlicher Breite 
erstreckt: andererseits in dreiZonen derErhebung über 
dem Meeresspiegel, welche im Allgemeinen den Breite- 
zonen entsprechen, die erste von 0—5000 Fufs, die zweite von 
5000—11000 Fufs und die dritte jede Höhe über 11000 Fufs. 
‘ Von den 395 beobachteten Arten der Singvögel können 
allein in der ersten Zone 354 Arten leben und die Zonen 
der Erhebung entsprechen genau den Breitezonen, wie fol- 
gende Uebersicht zeigt: 
In den Ebenen vom 11.— 28. Grad südl. Br. 
(erste Breitenzone) . . re 1 SgrAnten. 
In den Gebirgen von 0— 5000 Fufs Höhe 
(erste Zone der Erhebung). . . . .. . 32 
Arten, welche sich in beiden Zonen zugleich 
finden. . . 51 
In den Gebirgen von 5000 — 11000 Fußs Höhe 
(zweite Zone der Erhebung, welche ihrer 
Temperatur nach der zweiten Breitenzone 
vom 28° — 34° südl. Br. entspricht)... . 60 
In den Gebirgen, die über 14000 Fufs hoch 
(dritte Zone der Erhebung, welche ihrer 
Temperatur nach der dritten Breitenzone 
von 34° — 45° südl. Br. entspricht). . 22 — 


Summa 354 Arten. 


236 


Erste Zone von 11 —28° südl. Breite. 

In dieser Zone leben 240 Arten. Vergleicht man diese 
Zahl mit der Totalsumme aller beobachteten Arten (395) so 
erstaunt man, dafs diese fast zwei Drittheile beträgt, was in 
der That sehr bedeutend ist, indefs weiter nicht wunderbar 
erscheint, wenn man bedenkt, dafs dies in der Zone der Fall 
ist, in der eine so mannichfache Natur herrscht, dafs die Ve- 
getation hier ihre ganze Macht und Gröfse entfaltet, dafs hier 
Tausende von Insecten erzeugt werden, welche dieser Menge 
Insecten fressender Vögel zur Nahrung dienen, die mehr als 
zwei Drittheile der Singvögel ausmachen; endlich dafs die 
äufserste Verschiedenheit der Körner und Früchte auch den 
übrigen überflüssige Nahrung gewährt. Von den 240 Arten 
kommen 51 ebenso auf den Gebirgen bis zur Höhe von 
5000 Fufs über dem Meeresspiegel vor, weil sie hier dieselben 
Mittel ihrer Existenz antreffen, so dafs also 89 Arten Sing- 
vögel den Ebenen dieser ersten Zone eigenthümlich sind. 


Zweite Zone von 28°— 34° südl. Br. 

Wir haben in dieser Zone 72 Arten angetroffen, eine 
Zahl die zeigt, wie sehr sie abnehmen, je mehr man nach Sü- 
den geht; denn sie beträgt in der That nur wenig mehr als 
2 aller beobachteten, und etwas mehr als 4 der in der ersten 
Zone vorkommenden Arten. Diese grofse Abnahme erklärt 
sich aus der Veränderung des Bodens — nicht mehr die dich- 
ten Wälder, nicht mehr die Ebenen mit ihrer bunten Vegatation: 
sondern der Boden nimmt jetzt einen einförmigen Character 
an; die Zahl der Pflanzen und darum auch die der Insecten, 
die sie umschwärmen, hat sich auf eine auffallendere Weise 
vermindert, als das Mifsverhältnifs, das sich zwischen der er- 
sten und dieser Zone herausstell. Von den 72 Arten, kom- 
men 29 auch bis zum 45° südl. Br. auf den Gebirgen von 
5000 — 11000 Fufs Höhe vor, welche hinsichtlich ihrer Tem- 
peratur und des Wechsels, den die ganze Natur darbietet, 
überhaupt der zweiten Breitenzone entsprechen. 


Dritte Zone von 34°’ —45° südl. Br. 
Die Zahl der Arten vermindert sich in dieser Zone noch 
schneller, sie beläuft sich nur auf 37, also im Vergleich mit 


237 


der Totalsumme nur auf „5, im Vergleich mit der ersten Zone 
nur etwas weniger als auf 4, und im Vergleich mit der zwei- 
ten Zone etwa auf die Hälfte. Diese Abnahme ist eine Folge 
des verhältnifsmäfsigen Wechsels der in der Vegetation unter 
dieser Breite statt findet: ein rauher Winter, eine unfrucht- 
bare oder wenigstens viel einförmigere Natur als früher ver- 
ringern allen Wesen ihren Unterhalt. Ueberhaupt richtet sich 
die Abnahme der Zahl der Singvögel an allen Orten nach der 
Menge der Pflanzen und Insecten, und die Zahl der letztern 
steht wieder im graden Verhältnifs zu der der Pflanzen. Auch 
die insectivoren und granivoren Vözel müssen um so sel- 
tener werden, je mehr man sich den kalten Regionen nähert. 
Auffallend ist es, dafs man trotz der Entfernung vom 15. Grade 
doch noch von den 37 Arten dieser Zone 8 auch in den Ge- 
birgen, die über 11000 Fufs hoch sind, antrifit, was zum Beweise 
dienen kann, dafs die Veränderungen, die in der Natur statt 
finden, wenn man sich von der heifsen Zone nach dem Pole 
hin begiebt, sich in den Aequinoctialgegenden, indem man sich 
vom Niveau des Meeres auf die Gebirge erhebt, wiederholen. 
Es bleiben mithin dieser Zone 29 ikr eigenthümliche Arten. 

Wir wollen nun die Anzahl der in den drei Zonen der 
Erhebung beobachteten Arten mit Rücksicht auf die Breiten- 
zonen angeben. 


Erste Zone der Erhebung (von 0—5000Fufs über 
dem Meeresspiegel bis zum 15° südl. Br.) 


Die Summe der hier beobachteten Arten beträgt nur 83, 
welche mit der Zahl aller Arten verglichen etwas mehr als 
3 und mit der der ersten Breitenzone verglichen fast 4 aus- 
macht. Die waldigen und warmen Gebirge bieten also den 
Singvögeln nicht so viele Mittel zur Erhaltung dar, als der 
grofse Wechsel des Bodens, der die Ebenen auszeichnet, wo 
eine Menge der verschiedensten Insecten, Gebüschen und 
Sümpfen ihren Ursprung verdanken, die dort in den grofsen, 
feuchten und undurchdringlichen Gebirgswaldungen nicht solche 
günstige Bedingungen vorfinden. Von den 83 Arten gehen 
51 auch zu den Ebenen herab, so dafs den Bergen der war- 
men Gegenden nicht mehr als 32 bleiben, eine im Verhältnifs 


238 


zu den 189 den Aequinoctialebenen eigenthümlichen Arten 
sehr geringe Anzahl. 


ZweiteZone der Erhebung (von5000—11000Fufs 
über dem Meeresspiegel bis zum 15° südl. Br.) 


Wir haben hier 60 Arten angetroffen, also fast + der 
beobachteten Singvögel, $ der ersten Zone der Erhebung und 
weniger als „; der entsprechenden zweiten Breitenzone. Diese 
Vergleichungen zeigen, dafs wenn es weniger Aehnlichkeit in 
der stufenweisen Abnahme der Zahlen, in den beiden ersten 
Zonen der Breite und der Erhebung giebt, eine sehr grofse in 
den Zahlenverhältnissen dieser Zone und der ihr entsprechenden 
Bseitenzone statt findet. Denn der angegebene Wechsel in 
der Beschaffenheit des Terrains zwischen der ersten und zwei- 
ten Breitenzone findet in den Gebirgen statt, wie es das gleich- 
zeitige Vorkommen von 29 Arten unter 60 in dieser und der 
zweiten Breitenzone beweist. Mithin bleiben hier nur 31 Ar- 
ten den Gebirgen eigenthümlich. 


Dritte Zone der Erhebung (höher als 10000 Fufs 
über dem Meeresspiegel bis zum 15° südl. Br.) 


Diese Zone hat uns 22 Arten dargeboten, also nur „5 aller 
beobachteten Arten und #4 der in der ihr entsprechenden drit- 
ten Breitenzone. Von diesen 22 Arten kommen auch acht in 
unsrer dritten Breitenzone vor, woraus deutlich hervorgeht, 
dafs die Erhebung im Gebirgsterrain Modificationen hervorruft, 
die im Stande sind, zu Gunsten der Vögel Bedingungen zum 
Lebensunterhalt zu vereinigen, die denen von Patagonien 
gleich kommen; mithin bleiben nur 14 Arten diesen hohen 
Gebirgen eigenthümlich. 

Das Vorhergehende erklärt die Uebereinstimmung in den 
Subsistenzmitteln, welche unsere Höhen- und Breitenzonen 
darbieten, da nicht nur alle Arten, welche hier in den sich 
entsprechenden Zonen leben einander nahe stehen, sondern 
sogar mehr als ein Drittel der in den Gebirgen vorkommenden 
Arten ganz dieselben sind, all die in den südlicheren Breiten. 
Dies begreift man leicht; denn das Gesetz der geographischen 
Verbreitung der lebendigen Wesen über unsere Erde beruht 


239 


auf Uebereinstimmung in den Temperaturverhältnissen und be- 
sonders in den Nahrungsmitteln. Indem nun die mehr oder 
minder bedeutende Erhebung der Gebirge durch die Verdün- 
nung der Luft einen ähnlichen Wechsel herbeiführt, als die 
Abnahme der Wärme, wenn man sich vom Aequator dem Pol 
nähert, so mufs man vermuthen, die ganze Natur bei diesen 
Oertlichkeiten diesem Gesetze unterworfen zu finden. Die 
Hochebenen der Anden vom 15° — 23° südl. Br. bieten hin- 
sichtlich der Vegetation und der verschiedenen Thierklassen 
eine höchst merkwürdige Uebereinstimmung mit der Natur 
Patagoniens dar. Dieselben Pflanzengattungen, dieselben Gat- 
tungen Säugethiere, Vögel, Amphibien und Insecten. Diese 
Uebereinstimmung der Producte und der Temperatur auf den 
Hochebenen der Anden, ungeachtet ihrer ungeheuren Ent- 
fernung von 22 Breitengraden oder 440 Seemeilen, die 
sie von Patagonien trennen, mufs Thiere derselben Art mit 
sich bringen, wie wir jezt an den Singvögeln nachweisen 
wollen. 

Die stetige Abnahme der Anzahl der Arten, je näher man 
dem Südpole kommt oder je höher man sich über den Mee- 
resspiegel erhebt (bis zum 15° südl. Br.) kann mit der Ein- 
. theilung sämmtlicher Arten in drei Reihen verglichen werden, 
von denen die erste die Arten der Ebenen und der waldigen 
und feuchten Berge, die zweite die Arten der buschigen und 
dürren Ebenen, die dritte die Arten der hohen und trockenen 
Gebirge enthält, 

So vertheilt zeigt uns die erste Reihe die Zahl 291, also 
fast $ der beobachteten Arten, die zweite die Zahl 109, also 
vielmehr als + der ersten Reihe und die dritte die Zahl 85 
also wenig mehr als + derselben Reihe. 

Die folgende Tabelle enthält unsere drei Eintheilungs- 
systeme und die allmählige Abnahme unserer 395 Singvögel- 
Arten übersichtlich zusammengestellt. 


240 


Zonen. 
5. Zahl | (ir d Zahl 
er er Oertlichkeit 
z5|Der südl. Br. a bias sul. 2 der | nach der Beschaf- | der 
ss de er 15,20, 5H Dr Ei fenheit des Bodens. ER 


1.]Von11°—28°| 240 | Von 0—5000 =. nen wald) Berge) 291 


Kg 72|- 5000—11000F.| 60| Dürre und buschige ja 
| wi] 


L Ebnen. 
I. 1.[Von34°—45°| 7 |Höh. als11000F.| 22| Hohe Gebirge. | 85 
© [Summe Art. | Summe d. Arten] 
in d.Ebne. .| 349 in den Gebirgen, | 165 


Es würden also 349 Arten in den Ebenen und nur 165 Ar- 
ten in den Gebirgen vorkommen, was unsere oben ausgespro- 
chene Ansicht bestätigt, dafs die Gebirge Amerikas nicht so 
viele verschiedene ‚Arten aufzuweisen haben, als die Ebenen, 
besonders in der 'heifsen Zone. 

Wir haben schon oben bemerkt, ‚dafs das gleichzeitige 
Vorkommen derselben Arten auf den Hochebenen der Anden 
und in den südlichen Ebenen auf der grofsen Aehnlichkeit 
der Temperatur und des Bodens beruht. Wir stützen uns 
auf diese Thatsache; denn Analogien im Boden üben den gröfs- 
ten Einflufs auf viele Thiere aus, und wir finden selbst unter 
unseren Singvögeln einige Arten, welche olıne Rücksicht auf 
die verschiedene Temperatur zu nehmen, dieser Uebereinstim- 
mung-im Boden folgen, von der heifsen Zone bis nach Pata- 
gonien; in den Gebirgen des Rückens der Anden, unter den 
Wendekreisen, bis zum Meeresspiegel; oder mitten in den 
Ebenen und auf den Gebirgen aller Zonen, wenn sie nur 
irgend noch Mittel ihrer Existenz finden. Zum Beweis hier- 
für können wir anführen: 1) für die erste Reihe Fluvicola 
perspicillata, die die überschwemmten Ebenen durchstreift, 
von den Ufern des Rio negro in Patagonien bis zu den hei- 
fsen Sümpfen der Provinz Moxos; ferner Pepoazo polyglotta, 
Furnarius rufus und Anumbius vulgaris, welche im Gegentheil 
die von Gebüschen bedeckten Länder von Patagonien bis zur 
heifsen Zone aufsuchen; 2) für die zweite Reihe Muscisaxi- 
cola ruficeps, welche bis zum 15° ebenso gern die Gipfel 
der Anden, wie die Ufer des Meeres bewohnt, wenn der Bo- 
den dort nur dürre und trocken ist; und endlich 3) für die 
dritte Reihe Muscisaxicola mentalis, die eben sowohl alle 


| 
e | 


/ 244 


Gebirgszonen unter den Wendekreisen, als. die Meeresküsten 
und Patagonien bewohnt, wenn sie nur einen trockenen und 
unfruchtbaren Boden vorfindet; Anthus fulvus, der so gut 
-an den. Ufern ‚der Gewässer ‚umherläuft, als auf dem. Gipfel 
der Anden, ‚den Sümpfen von Patagonien und denen der hei- 
fsen Ebenen; während Gerthilauda communis Nob. unter.allen 
Temperaturverhältnissen der Breite und der Höhe die dürren, 
von. unfruchtbaren Strecken und einigen,‚Gramineen bedeckten 
Ebenen vorzieht. Nachdem wir diese, gegen die Temperatur 
gleichgültigen Arten, die nur einen übereinstimmenden Boden 
suchen, angeführt haben, glauben wir die Bemerkung machen 
zu. müssen, dafs sie nur eine Ausnalıme von .der- allgemeinen 
Regel machen; denn die gröfste Anzahl von Arten ist auf be- 
stimmte, mehr oder weniger weite Gränzen angewiesen, die 
schon .oft wieder in die festgesetzten Zonen gehen. Es wird 
leicht sein, sich davon zu überzeugen,: wenn man in der fol- 
genden Uebersicht die Summe der beobachteten Arten mit der 
der, Ausnahmen vergleicht. 


Arten, die allen Zonen der Temperatur gemein sind. 14 
"Arten, die der zweiten und dritten Temperaturzone 


gemein sind wa. nu en MElaRh Ian. JAN MB 

‘Arten, die der ersten und zweiten Temperaturzone ge- 
u ee ee 24 
Arten, die unsern bestimmten Temperaturzonen eigen. 339 
. 395 


Mithin. giebt es nur etwa ‘1 unter den beobachteten Arten, 
die nicht in unsern sich entsprechenden Zonen der Erhebung 
und der Breite mit eingeschlossen sind. 

Wenn wir nun die Zahlen der den beiden Seiten der 
Anden eigenthümlichen Arten unter einander vergleichen, olme 
Rücksicht auf die verschiedenen Zonen der Höhe und der Breite 
zu nehmen, so werden wir mit Verwunderung 374 Arten auf 
der östlichen Seite finden, während auf der westlichen nur 
46, also nur etwa 4 von der vorigen Summe vorkommen. 
25 Arten leben gleich häufig auf beiden Seiten der Anden, so 
dafs also für den Osten nicht mehr” als 352 und für den 
Westen 20 Arten bleiben. Dieses ungeheure Mifsverhältnifs 
hat seinen Grund in dem Wechsel, den die herrschenden, aus 

V. Jahrg. 1. Band, 16 


242 


Nord-Ost wehenden' Winde, die"durch die Anden aufgehalten 
werden, in der ganzen Natur hervörbringen. Im Osten, unter 
der höifsen Zone, 'sind Gebirge" mit undurchdringlichen WäH 
dern bedeckt, wo wohlthätige Regen beständig die kräftigste 
Vegetation ernähren; am Fufs der Gebirge mit Wäldern be> 
deckte Ebenen, die bald von Lustwäldchen und freien Strecken 
unterbrochen werden, bald von stehenden Gewässern über- 
schwemmt sind. Im westen dagegen, unter derselben Breite, 
welch ein Contrast! die Gebirge zeigen kaum einiges’Gesträuch 
oder verkrüppelte Cactus, welche zwischen dürren, ödeil Fel- 
sen hervorwachsen, wo es niemals regnet: etwas tiefer mehr 
natürliche Vegetation, Ströme gebildet von dem Schmelzen 
des Schnees’ auf den Bergesgipfeln zertheilen sich ins Unend- 
liche und bringen europäische, hierher verpflanzte 'Gewächse 
hervor. Man sieht leicht, welche Veränderung diese so 'auf- 
fallende Verschiedenheit des Terrains in den Nahrungsmitteln 
der Singvögel herbeiführen mufs; dennoch bietet Chili in dieser 
Beziehung ein geringeres Mifsverhältnifs mit dem Osten dar, 
als die Küste von Peru, Ueberliaupt stehen die ‚Arten; der 
warmenGegenden auf der: Westseite in näherer Beziehung‘ zu 
den Arten der. Gebirge oder der. südlichen Zonen, als zu 
denen der warmen: ihnen entsprechenden Zonen im Osten der 
Anden.. 

‘ Wir wollen nun zum Vergleich die Zahl der Singvögel 
bestimmter, und von einander der Breite nach entfernter Oer- 
ter im Osten und Westen der Anden angeben, damit man 
sieht, was für Arten jeder Oertlichkeit eigenthümlich sind, 


Ostseite. Westseite. M 
Patagonien von 40’ —42° 
südl. Breite seid ÄRb; 


. 


Buenos-Ayres u.Monte- Valparaiso bis Chili, bis 

video v.34°—35°s.Br. 20Art.| 34° südl. Br... .. „28 Art. 
Bolivia. und. Corientes, ” Peru (Arica und Lima) 

von 11°— 28° südl.Br. von 11°--18° südl.Br. 29 Art. 
ohne Unterschied der 

Höhe, yu,.2:0 »..,.854 Art. |; 


Nehmen wir von diesen Gegenden die entferntesten Punete 
im Osten und Westen der Anden, um vergleichend eine ver- 


243 


wändtschäftliche Beziehung aufzufinden, zwischen den sie 
bewohnenden Arten der Singvögel, so wie denjenigen, welche 
gleichmäfsig zu den 'wärmern Breitenzonen oder zu den ver- 
schiedenen Zonen ‚der Erhebung auf den Gebirgen gehören. 


Patagonien, von 40°—42° südl. Breite. 
Arten, welche sich finden: 
in Valparaiso bis Chili : 
in Valparaiso bis Chili und in en Be Höpekfone) 
in Valparaiso bis Chili und in Bolivia (dritte Höhenzone) . 
in Valparaiso bis Chili und in Bolivia (dritte Höhenzone) 
so wie in Corientes B 4 
in Valparaiso bis Chili und Per” : 1 
in der zweiten Höhenzone und in Bolivia. - h) 
in der zweiten Höhenzone, in Bolivia und Buenos- Aurel 4 
3 
2 
10 


wyN w 


in der ersten Höhenzone, in Bolivia und Buenos-Ayres . 
in Buenos- Ayres 
Arten die nur Patagonien Be a 


Demnach finden sich von 37 Arten 13 auch in Chili unter 
derselben Breitenzone und 21 in verschiedenen entsprechenden 
Höhenzonen in Bolivia. 

Valparaiso bis Chili, bis zum 33° südl. Br. 

Arten, die sich finden: 


in Patagonien, i 3 
in Patagonien und in Balisih Kira) Höheszane)i 4 

in Patagonien und in Bolivia (dritte Habaizanei) und 
Buenos-Ayres 2 

in’ Patagonien und in Höliin Gi Höhenzone) und in 
BuenosmAyres lin soll Kisioklannog Serkisienne 3 
in Patagonien und Peru. 4 
in Bolivia (zweite Höhenzone). 1 
in Peru. Re a Ele are 2 
BROTHER an til ao! ah et 2 
Arten ‚die Chilisalleinchat. 4. 0 20 dena md 
30 


Demnach finden sich von den. 30 Arten Chili’s auch 13 in 
Patagonien unter derselben Breitenzone und 10 in den ver- 
schiedenen entsprechenden Höhenzonen in Bolivia. 


an 


244 


Von den 28 in Peru'beobachteten ‘Arten Singvögel, ! sind 
40 ihm 'eigenthümlich und finden sich sonst nirgends. | 

Wir wollen nun eine Uebersicht von allen Gattungen der 
Singvögel, die‘ wir im südlichen‘ Amerika’ von den kalten! bis 
zu den wärmern Zonen und von dem Niveau des Meeres an 
bis zu den Gipfeln der Anden beobachtet haben, geben, indem 
wir für jede die Gränzen der Breite und der Erhebung auf- 
führen, und indem wir nach unsern eigenen Beobachtungen 
ihren speciellen Standort -in Südamerika zu ermitteln suchen. 

Wir hielten für das beste Mittel zu einer, schnellen Ein- 
sicht in die geographische Verbreitung der Singvögel Amerikas, 
eine Tabelle, die die Gränzen des, Standorts. einer jeden Gat- 
tung, so wie für die Gattungen und Familien die Zahl der 
Arten, die wir beobachteten, angäbe, und welche in einer 
Uebersicht alles das enthielte, was jeder Eintheilung vorausge- 
schickt werden mufs und daneben auch einen Blick in unsere 
Classification gewährte, die mit den zoologischen Charaeteren 
unsere Beobachtungen über die Sitten und Lebensweise dieser 
Vögel vereinigte. 3 

(Hier folgt Hebensteilendk Tabelle.) 


Wir haben die Singvögel bisher nur nach der Zahl der 
in unseren verschiedenen Zonen vertheilten Arten ohne Unter- 
schied von Familie oder Gattung betrachtet; nachdem wir’ aber 
in der vorstehenden Tabelle die Gesammtheit der Familien und 
Gattungen dargestellt haben, können wir uns nicht enthalten 

‚ daraus Folgerungen, wie sie 'sich von selbst darbieten, zu 
ziehen. 

Das Erste ist die Vergleichung ‘der 'von uns in der süd- 

“ lichen Hemisphäre beobachteten Familien mit den europäischen. 
Sie theilen sich in zwei verschiedene Reihen, von denen die 
einen der alten und neuen. Welt gemeinschaftlich angehören, 
die andern Südamerika allein eigen sind. -' In 

Aus der ersten Reihe bieten uns die Laniadeen eine sehr 
kleine Anzahl Arten dar. Die Turdusineen halten den 'euro- 
päischen Arten das Gleichgewicht; nicht aber findet dies bei 
Sylviadeen statt, welche verhältnifsmäfsig viel mehr ‚Arten in 
Europa, als in den von ‚uns besuchten Ländern aufzuweisen 
haben, während 'bei den Muscicapideen grade‘ das :Gegentheil 


Zu Seite 244. 


METBERIDKLENIEN Darstellung 


des Standorts Br von uns in Südamerika beobachteten Singvögel, nach geographischer Breite und 
Erhebung über dem Meeresspiegel im Osten ‘und Westen der Anden; nebst Angabe der Zahl der 
Arten jeder Gattung und jeder Familie und der Classification, die wir nach Beobachtung 
ihrer Sitten zu befolgen gedenken. 


Gränzen des Standorts der 


Classification | Namen der ‚Gattun- er [Zahl der) Zahl der 
der I gen . und -Unter-' [mOst. od.| ... ,. „ |"dch d-Er- Arten der] Arten der 
Singvögel, gattungen, Westen Südliche Ka N Gattun- | Familien. 
Anden. | Breite. 150 &.Br. gen. 
PERRRIRIEHEEN DERSERR 5 UEEO 211111104 ENTBIL TA SELNE EDEL ARTEN 15 3 BRASS ER De IL 15 Z SSE LTE SE EI TE re ee 
Erste Familie. uf „IZuniagra. oO, 410290 0-5000 4 
Lüuniadeae. . |Vireo. BERN I 0. 41°—28° | 05000 1 } 
2. Familie. Thamnophilus. . 0. 41®—-32° | 0—7000 13 
Dumieolae. „a ormicivona. . oO. 11°—18° | 0—6000 6 
1 Myotherinede. Myrmothena, 0. 118 1 — — 3 
= ikeeTheN Slylyr Conopophaga. O. 41°—23° | 0—5000 3 
= Myothera. . O. 123° |— — — 2 
Ir} 3. Familie. 9. ARltinomya. oO. WI — — 1 
R TRhinomydeae. f .... KPteroptochos. W., 3302530 | _ — — 4 } 
8 UMramilie: Syloßotäs, 0). | Durdus.. „u. W. | 41°—45° | 011000 5 
2) Turdusineae. fe | ...D. Orpheus. „cha ‚u. W, | 11°—45° | 0—11000 5 } 
= Arundinieolue. - '. |Donacobius. ., 0. 41° 28° | — — — 2 
& Sylvie. - . .M u. W. | 11°—28° | 0-5000 5 
& Sylvieolae. ... „Hy .philus. > 0. 10-28 | — — 1 
= 5. Familie Dauenis. 0. r | an Ka 4 
ln ei 5 ; Synallaxis. „u. W.| 110 11 15 
S & Sylviadeae. i Dumgputap] - Aapehaen 1 u, W.| 11°—45° | 0—11000 t 
= = Humicolae. ... „. „[Anthus. u. W. | 11°—45° | 0-18000 5 
Ne Nemosia. 0. 11°—23° | 0—5000 3 
S Tachyphonus. O. 441° —28° | 0—5000 6 
3 Sylvicolae. . . -\Euphonia.. . 0. |11°—28° | 05000 4 
N Be Tanagra... u. W.|41°—34° | 0—11000 14 
6., Familie. N \ Pyranga. '. 0. 11°—28° | 0—5000 2 
Tanugrideue. | Ramphocelus. ı ©. 44°—23° } 05000 4 
Dumicolae. . . .J Emberuagra; 0. 14°—43° |'0—8000 4 \ 
Saltator. 0. |11°—34° | 0—11000 9 
Phytotoma. 9. u. W110 840 541000 
= "Romiie Ki Rupicola. . ©. 11°—18° | 05090 4 Y 3 
"= | Pipradeae. { - Biprar a un ‚0. 4410—280.| — — = 2 
=] Bye } BL 8 TonRataper je] 05 Are 05000 | 4 
un 4 Coracineae. N ; 
= IN _ ll — — IQuerula. 0. dar 202 — = 4 
EHE { Bu DEE} Ampelis. 0. - \410--28° \.0—5000.| _ 3 
= Ampelideae. u eernsina. 0. 4023 | —— EIER 


Gränzen des Standorts der 


eg 
Classification Namen der Gattun- PERÄE ze: 2:70 Zen der | Zahl der 
der gen und Unter- [In Ost. u Südliche nach: 2 Be Arten der 
Singvögel. „ gattungen, Westen | "Preite. Fufserebin ge: “ | Familien, 
d. Anden. | 15° s.Br. 
= Psaris. N © 10-232 1 — — 5 ) 
e Pachyrhynchus. o 11°—23° | — — 1 
e=| r Tyrannus. . . oO 11°—45° | 0—8000 14 
12 Sys. "N erundnen 10, Me 4 
Sg e Muscipeta. .IO, u. W, | 11°—34° | 0-5000 17 
s)5 Muscicapa. 0. 411°—34° | 0—8000 14 I 
3 = Er Aleeturus. . .: ©. 1-34 | — — 4 L 
S = 10. DER u Tachuris.. . .„ JO, u. W,|31°-34° | — — — 2 = 
S = WEENGEOLIENE: Dumieolae. 3 Oulicivora, .|0, u. W.| 11°—45° | 0—11000 4 
Gubernetus, . [6) 11-23 1 — — 1 
Fluvicola. ; (6) 41°—45° | 0—11000 8 
Muscigralla. . W. 18° — _——— 1 
Humicolaue. . . 7 Pepoazo, ...[ 0. u. W.| 11°—45° | 0—18000 42 
Muscisaxicola. . 0. u. W.| 11°—45° | 0—18000 4 
1. Familie. } rel Nyetibius, , ©, 11-28 | — — 1 6 
Fissi- \ Caprimuigideae. —_— — 2 — _ [Caprimulgus. O. 11°—4° | — — 5 } 
ame % Yankee een — |Hirundo, O. u..W, | 11°—45° | 0— 18000 8 } 41 
Birundineue. } Se Cypselus, .|0O. u. W.| 11°—23° | 0—18000 3 
1. Femllie,. 1 ee Certhilauda,. . .|0. u. W.| 11°—45° | 0—18000 3 3 
Fa Dumicolae und Emberiza, .- ©. u. W,| 11°—34° | 0—13000 5 
2. Familie, Graminicolue. . „WPasserina. _, O. u. W.| 11° —45° | 0-18000 22 
Fringillideae. Fringilla. . . 0. 10343 — 1 
r Carduelis.. 0. 11°—45° | 0—11000 2 41 
Coni- Sylvieolae. . , . Linaria. . 2. 0. 11°—23° | 0—11000 2 
rostres j Pitylus., . . nen O. 11°—28° | 0—9000 3 
Pyrrhula. . . . .[O. u. W.| 11°—23° | 0—5000 9 
8. Kamilieiiss 1 Garrulus. . o 11°—28° | 0-5000 4 4 
Coroideae. 3 
4. Familie. Sylvicolae. . . .„|Cassicus. 3 0, 11°— 28° | 0—5000 6 
RER (ie, N I » 2000. m W.| 110-45°) 018000 | 14 22 
Sturnella. . «0, u. w. 110-9 | _ —_ 2 
re a Dendrocolaptes. \ ° 5 
Certhideue. ED 0. |41°=28° | 05000 10 10 
= Nenops. . 0, 1°—280 | 0-5 Q ‘ 
2. Familie, Rletterer. . BE un Be 0, R - I en 4 
Sittadeae. Anabutes.. » 5 O0, 1|11°-45° | - —_ — 4 16 
Dumicolae, . . .2 Anumbius. O. 110450 | 0—8000 5 
Tenui- Rurnarius, R O. 411°—34° | 0—8000 1 
rostres 3. Familie. m Pi - s 
Ymermiiie e— —r Ippucerthia. , [0. u. W. 11°—45° 0-1800| 7 7 
4. Familie. (1— —- —- — —— Coereba. [6) 111°—28° | 0—5000 3 5 
Coerebidae. _ N\- - — — — — | Serrirostrum.  . . O. 11°—21° | 0—7000 2 
5. Fanlie. (— — — — — — Trochilus.. . . .|O. u. W. | 11°—34° 011000 25 
Trochilideae. { --- - - Oruismya, [0] 41°—25° , 0—11000 41 } 36 
Synda- { _-—- - - -- -— - - - Prionites. . ach 0. 11°—23° 05000 1 1 
eylae.\ -—— -— -——- - —- — — — [diedo.. . 2. .|0. u. W.) 11°-34° | 08000 4 4 


Summa 39 


245 


statt findet. "Letztere Familie, die bei uns kaum in einzelnen 
Arten ihre Repräsentanten-hat, ‚macht in Amerika allein weit 
inehr als # aller Singvögel aus, ' woraus deutlich hervorgeht, 
‘dafs dort die Insecten viel gemeiner als in unseren gemäfsig- 
ten Erdstrichen sind. Die Caprimulgideen. sind zahlreicher 
an Arten ‚in. den, warmen Gegenden als in unserem. Europa; 
die Hirundineen zeigen verhältnifsmäfsig in beiden Gegenden 
gleich. viele Arten. Dasselbe läfst sich von den Alaudineen 
und Fringillideen sagen. Die Arten der Corvideen sind im 
südlichen Amerika nicht so zahlreich, wo einige kleine, den 
Elstern ähnliche Arten kaum die Stelle der in unseren gemä- 
5 ‚Sigten Ländern so gemeinen V ögel vertreten. Die Sturnideen 
bieten wieder ein entgegengesetztes Resultat. Europa besitzt 
höchstens zwei Arten dieser die Gesellschaft liebender Vögel, 
‚während ‚grofse, Schwärme von ihnen die Ebenen, Sümpfe 
‚und Waldsäume der gemäfsigten, wie der.heifsen Zonen Süd- 
Amerika’s bedecken. Die Certhideen sind in jenen Ländern 
"yiel häufiger, als in Europa; dasselbe"gilt von den Sittadeen; 
aber die Alcyonideen sind dort nicht sehr zahlreich, wiewohl 
immer noch häufiger als bei uns. 

Aus’ der zweiten Reihe sehen wir die naeh auf 
die südlichern Theile Amerikas, wo ihre düstern Farben gut 
zu der durchgehends dürren Natur passen, angewiesen; ‚während 
die Tanagrideen, die Pipradeen und die Ampelideen, mit 
ihrem prächtigen Gefieder und ihrem lebhaften Farbenschimmer 
hauptsächlich die warmen Gegenden mit ihrer üppigen und 
von der der heifsen Zone so verschiedenen Vegetation. be-. 
wohnen. Dasselbe gilt von den luftigen Trochilideen,. die 
meistens’ blofs über die warmen und gemäfsigten Erdstriche, 
denen sie zu nicht geringer Zierde gereichen, verbreitet: sind. 

Betrachten wir nun die Familien mit Angabe. der Zahl 
der Arten, aus denen sie bestehen, so werden sie sich. uns 
in folgender Ordnung zeigen: 


Muscieapideen. . x ..85 | Uppucerthiadeen. ' 7 
Tanagrideen. . .» ... 46 | Caprimulgideen. . 6 
„Kringillideen .. -.-. : 4 ‚Ampelideen. . ı . 5 
lan nn Sun Corebideen. ,... '. «.18 
> 


„ Trochilideen. nn m, 36 | Kbynomydeen. 


246 


Myrtherineen. .‘. . 22 | Corvideen. . 


4 
Sturnideen.. . . . . 27 | Alcyonideen. . : 4 
Sittadeen. . . . . . 16 | Pipradeen. . 3 
Turdusineen. . . . . 12 | Alaudineen. 3 
Hirundineen. .% . . 11 | Laniadeen. ul 
Certhiadeen. . . . . 10 | Coracineen. 1 

' Prioniten. 1 


Es bleibt uns noch übrig, die Singvögel unserer Tabelle 
von dem letztern Gesichtspunct aus zu betrachten, nämlich 
die Gattungen zu vergleichen, welche in Südamerika am tief- 
sten nach Süden gehen, und die, welche sich noch höher in 
den Anden, (bis zum 15° süd. Br.) erheben, wie folgende 
Uebersicht zeigt: 


Erbebung über dem 
Namen der Gattungen. Südliche Breite. | Meeresspiegel bis 
45° südl. Br. 
(Fuss,) 

Pteroptochos. | 55° _ 

Rhinomya. 45° _ 

Turdus. 55° 11000 
Orphaeus. 45° 11000 
Synallaxis. 45° 11000 
Troglodytes. 45° 11000 
Anthus. 45° 18000 
Culicivora. 43° 41000 
Flwvicola. 45° 11000 
Pepoazoa. 45° 18000 
Muscisaxicola. 45° 18000 
Hirundo. 45° 18000 
Certhilauda. 45° 18000 
Passerina. 45° 18000 
Icterus. 45° 15000 
Sturnella. 45° _ 

Uppucerthia. 45° 18000 


Man sieht leicht, wie wir auch schon oben bemerklich 
gemacht haben, dafs wenn man von unsern Breiten- und 
Höhenzonen spricht, eine vollkommne Uebereinstimmung zwi- 
schen den Gattungen, die die südlichen Theile des amerikani- 


247 


schen Continents bewohnen, und denen, welche sich am höch- 
sten in’ den Anden erheben, statt findet. Zu den Gattungen der 
Singvögel, die uns in einer bedeutenden Höhe über. dem Mee- 
resspiegel vorgekommen sind, gehören vorzüglich Uppucer- 
thia Icterus, Muscisaxicola und Passerina, die man bis. zu 
den Regionen des ewigen Schnees und auf allen ‚hohen Pla- 
teaus antrifft. i 
Betrachten wir: die Singvögel hinsichtlich ihrer Wohnplätze, 
ihrer Sitten und ihres Aufenthalts in Wäldern oder buschigten 
Ebenen, an Sümpfen, auf Felsen oder: grasreichen Ebenen, so 
haben sich uns folgende Resultate’ ergeben: 
! bi auf den:äufsern Zweigen. . . 67 Arten. 
N { im Innern der en FE EEE) Ben 
R aufd. Gipfelnd. Gebüsche. 149 — 
In Gebüschen lebende. 219, ‚m Innern der-Gebüsche. 70. — 
Sumpfvögel, auf Binsen oder Wasserpflanzen... , 14 — 
Felsen oder Gebäude liebende. . 2... ... 11 — 
In Ebenen lebende, hauptsächlich Gangvögel. . . 26 — 
Aus diesen Zahlenverhältnissen sehen wir, dafs die’ mit 
Gebüschen bedeckten Gegenden die ‚meisten Arten beherbergen; 
auch überwiegt, wie wir sahen, in den warmen Erdstrichen 
die Zahl der in Ebenen lebenden Singvögel die der in ‚Gebir- 
gen vorkommenden Arten bedeutend, weil dort mehr Gebüsche 
vorhanden sind, als sonst wo, und weil sich dort, aucli ‚mehr 
Inseeten und zu ihrer Nahrung dienliche Körner vorfinden. - 
Die in Europa so regelmäfsig statt findenden Wanderungen 
der Singvögel, sind in der südlichen Hemisphäre ganz verschieden. 
Hier giebt es keine Zugvögel, die in einer ‘Gegend zu einer 
bestimmten Jahreszeit nisten, um sodann ein, Gleiches in an- 
dern Gegenden zu thun, die im Winter wärmer, im Sommer 
"gemäfsigter sind. Zwar ziehen die Singvögel des mittägigen 
Amerika’s auch, sei es der strengen Kälte zu entgehen, sei es 
um Nahrungsmittel, die ihnen mangeln, aufzusuchen; aber 
keiner wandert in dem Sinne, den wir mit diesem Worte 
für Europa verbinden und wenn gleich eine dieser Ursachen 
nothwendig die andere hier mit sich bringt, so ist dies doch 
nicht in Amerika der Fall. 
Die Wanderungen der Singvögel, die‘'durch die Kälte 
veranlafst werden, zwingt sie sich vom Süden nach. Norden 


248 
N h 

zu begeben, wie’ dies auch Azara in seiner‘ Reise. anfülırt, 
aber nicht ohne Ausnahme, wie der: spanische ‘Reisende be- 
merkt, der'nur die Länder der Ebene gesehen hat; denn. wenn 
die Arten der kalten und gemäfsieten Striche des platten Lan- 
des diese Richtung einschlagen, indem sie die wärmern Zonen 
suchen, findet für die Gebirgsbewohner gerade das Gegentheil 
statt, die dann von ihren hohen Gipfeln in die Ebenen herab- 
ziehen, indem sie 'auf der östlichen ‚Seite, der Anden von We- 
sten: nach Osten, und auf- der westlichen von Osten nach 
Westen streichen. Man sieht hieraus deutlich, dafs die Rich- 
tung der Wanderungen nicht beständig dem Laufe der Sonne 
noch überhaupt einer feststehenden Richtung folgt. Abgesehen 
von den sehr wenigen Standvögeln der kalten Gegenden, wie 
Patagoniens (vom 41°—-45°) ziehen wirklich alle andern kurz 
nach der Brutzeit im März und: April ab und begeben sich 
nach Norden bis Buenos-Ayres bis zum 34°; während ‚die 
Zugvögel dieser Gegenden zu.derselben Zeit wegziehen, um 
An Corrientes, Chaco und im südlichen Brasilien bis zum 28° 
südl. Br. die Stelle der Arten zu vertreten, die sich von hier 
noch weiter nach Norden hinauf ‚begeben. So sieht man in 
diesen 3 Zonen bestimmte Arten sich periodisch Jahr aus Jahr 
ein, die einen im Sommer ‘die andern im Winter vertreten; 
aber während der winterlichen Wanderungen. nisten diese 
Vögel nie, und wir haben sie immer, bald nachdem die Kälte 
vorübergegangen war, im August und September schaarenweise, 
wie sie sehr häufig’kamen, wieder abreisen und ‚zum Nisten 
in die Gegenden zurückkehren sehen, die sie jährlich während 
der heifsen Jahreszeit bewohnten. Diese Wanderungen kön- 
nen in allen südlichen Tropenländern, in den Ebenen und 
östlichen Abhängen der Anden, von Patagonien bis Brasilien 
und Paraguay nicht regelmäfsiger sein; aber auf der Westseite 
der Anden haben wir nie eine vom Süden nach. Norden 
beobachtet, sondern immer nur die im Winter von den Ge- 
birgen in die Thäler hinab. - 

Die "Wanderungen der Gebirgsbewohner in die. Ebenen 
werden zu derselben Zeit und unter denselben Bedingungen, wie 
die in den Ebenen, unternommen; diese Arten ziehen, auch 
den ganzen ‘Winter hindurch in gemäfsigtere Gegenden, aber 
sie nisten hier ‚nieht. : So ziehen fast alle Arten von den Anden, 


249 


die "einen in die'Ebenen der Pampas, von Chaco oder selbst 
nördlicher in die’ von Santa Gruz de la Sierra; während 
die Arten der 'entgegengesetzten’ Seite bis am die Ufer des 
Meeres, bis Chili’und Peru streifen und sich von dort in ‚ihre 
Gebirge zurückwenden, um’ hier zu.nisten. ‘Die Gattungen 
und Familien, ‘welche am  regelmäfsigsten diese jährlichen 
Wanderungen unternehmen, sind: die Turdusineen,, die Syl- 
viadeen, 'Pipra, Embernagra, fast alle Muscicapideen, die 
Caprimulgideen, \die Hirundineen, alle: Fringillideen, Ana- 
bates' und die Alcyonideen. ' Man 'bemerkt wohl, ‚dafs, da 
inseetivore und granivore Vögel in bestimmten ‚Gegenden die 
Stelle von Vögeln vertreten, "die: dieselbe: Lebensart haben, 
nicht immer der Mangel‘ der Nahrung, wohl aber oft die Kälte 
die Arten einer südlichen Breite zu den Wanderungen :nach 
Norden veranlafst.. ‘Daraus, dafs die neuen Ankömmlige wäh- 
rend‘ der kalten Jahreszeit Lebensunterhalt vorfinden, mufs 
man 'schliefsen, ‘dafs mehr die Abnahme‘ der Temperatur der 
Grind ‘dieser Wanderungen ist, als der: wirkliche Mangel der 
Lebensmittel; oder man mufs doch wenigstens annehmen, dafs 
einige Arten nieht an Körner oder. bestimmte Thiere gebunden 
sind, die in der ‘kalten Jahreszeit : auf.eine Zeit lang ver- 
schwinden. | 

Bei einer zweiten Classe von Zugvögeln werden die Wan- 
derungen nicht durch die Abnahme der Temperatur, wohl aber 
durch ihre Gebräuche ‘oder durch das Bedürfnifs ihre Nah- 
rung zu suchen, ‘bedingt; hierher gehören die der ‚heilsen 
Zone. Einige ziehen periodisch, andere beständig, ohne stets 
einer bestimmten Richtung zu folgen. Man könnte glauben, 
dafs die periodisch erscheinenden das allgemeine Gesetz der 
Wanderungen befolgen; mufs man aber die Gewohnheit zu- 
ziehen bei den Arten, ‘die nicht in bestimmten Perioden er- 
scheinen, dem Einflufs der Jahreszeit auf die Reife der Körner 
oder auf das Ausschliefsen dieser oder jener. Insectenart zu 
schreiben? Oder wird das unregelmäfsige Erscheinen von 
localen, ganz. besondern Umständen abhängig sein, durch die 
an solchen Orten ein gänzlicher Mangel: von Körnern und In- 
secten herbeigeführt «werden kann, ‘was die davon lebenden 
Singyögel zwingt, solche anderwärts zu suchen? , Wir glauben, 
dafs beide Umstände gleichen Einflufs auf diese Wanderungen 


250 


haben, “die uns weniger ‚merkliche Wanderungen als vielmehr 
zufällige Ortsveränderungen zu sein ‚scheinen. 

» Wie dem auch sei, so verhält sich die Zahl der Zugvögel 
zu den Standvögeln ! wie129 i: 266; ‚und zwar übertreffen in 
dem‘ Theilen Südamerika’s, die wir; durchforscht haben, (die 
Standvögel unter ‚den Singvögeln, die Zugvögel etwas über 
die Hälfte. Letztere leben vorzüglich in gemäfsigten und ka 
ten ‚Erdstrichen; nichts desto weniger giebt. es Standyögel 
unter allen Breiten, und wenn wir in unserer Uebersicht: gleich 
die Gattungen aufgezählt haben, die diese verschiedenen Ge- 
setze befolgen, so: giebt es doch sehr ‚häufig "einzelne Arten, 
welche beiden Kategorien angehören. 

In einem Lande, wo (die Inseeten'so zahlreich ‚sind, mufs 
es auch nothwendig mehr insectivore, als ‚granivore ‚oder fru- 
givore Vögel gehen, und so haben wir es. beobachtet; ‚denn 
von den gesammelten Arten: leben 267 von Insecten, «während 
sich nur 128 von Körnern oder Früchten nähren; so dafs also 
die inseetivoren die granivoren wenig mehr als um die Hälfte 
überwiegen 'würden.  Indessen ist Südamerika vielleicht das 
einzige Land :in der Welt, wo die Vögel am wenigsten eine 
bestimmte Regel "befolgen, auch sieht man viele granivore, 
besonders frugivore nach Umständen Insecten und Mollusken 
verzehren. Es wäre viel. richtiger zu sagen, dafs viele von 
ihnen im Winter omnivor sind; denn oft haben wir in. der 
Nähe von Meiereien insectivore und granivore Singvögel mit 
Appetit das Rindfleisch verzehren sehen, welches man häufig 
zum Behuf des Trocknens auf Klaftern ausbreitet. Eine 
Elster (la pie acahe), verschiedene Arten von Icterus, von 
Tyrannus und andere Muscicapideen, eine Finkenart (le 
Sringille pavoare) stritten sich dann hartnäckig um Stücke 
Fleisch, welche ihre gewöhnliche Nahrung vertraten. 

Die Geselligkeit ist bei den Singvögeln verhältnifsmäfsig 
seltener als bei den Hühnervögeln, Sumpf- und ıSchwimm- 
vögeln, indefs vereinigen sich nicht nur viele von ihnen, wie 
die Fringillideen und ‘einige Tanagrideen bald nach der 
Paarung, sondern man sieht auch noch mehrere andere Arten 
aus den Gattungen’ Ieterus und Gassicus sich zu dieser Zeit 
näher an einander anschliefsen, was bei den andern Vögeln 
gewöhnlich eine momentane Trennung in Paare zu Wege bringt: 


var 251 


Im Allgemeinen sind die in der Ebene lebenden die gesellig- 
sten, fast immer die granivoren, woher die Minderzahl der 
geselligen Vögel rührt; denn unter den insectivoren haben wir 
nur einige Muscicapideen, die Hirundineen und die Capri- 
mulgideen gefunden, welche sich blofs zu den’ gröfsern 
Wanderungen vereinigen. 


Beobachtungen über einen ungewöhnlich zahmen 
und äufserst klugen Baummarder 
(Mustela martes). 


Mitgetheilt von 
St: K. v. Siemuszowa-Pietruski. 


Im Juni 1836 bekam ich einen sehr jungen Baummarder, 
welcher in einer kurzen Zeitfrist so heimlich wurde, dafs er 
die Bewunderung Aller, die ihn zu sehen die Gelegenheit hat- 
ten, mit Recht verdiente. Dieses schöne Thierchen ging in 
allen Zimmern frei herum, ohne Jemandem etwas Böses zu 
thun, spielte auf dem Hofe mit meinen dänischen Doggen, 
sprang denselben oft auf den Rücken, und ritt manchmal auf 
den guten geduldigen Thieren sehr possierlich eine gute Strecke 
nach Art der Affen. Die Hunde hatten aber auch den Marder 
sehr gerne und zeigten nie Spuren des ihnen gegen solche 
Thiere angebornen 'Hasses. Mit der Zeit wurde er an meine 
Person so anhänglich, dafs er mich überall auf allen meinen 
Spaziergängen, ja selbst in die benachbarten Dörfer, wie es 
nur ein Hund oder Dachs thun kann, (siehe meine Beobach- 
tungen über den Dachs in Wiegmann’s Archiv, dritter Jahr- 
gang, zweites Heft) nachfolgten. Auf diesen Spaziergängen 
war es sehr interessant zu beobachten, wie er seinen von 
Natur eingebornen Trieb auf Bäume zu klettern zu bezwingen 
wufste. Es traf sich nämlich sehr oft, dafs er Lust bekam 
auf einen Baum zu klettern; doch als er bemerkte, dafs ich 


252 


mich entfernte, so eilte mir das Thierchen augenblicklich nach, 
Selbst, auf grofsen Excursionen in die 3—4 Meilen entfernten 
Urwälder. der Karpathen war der Marder mein treuer. Be- 
gleiter; Flüsse und Bäche durchschwamm er mit besonderer 
Fertigkeit, . wie eine Fischotter; das Bewunderungswürdigste 
war aber dabei, dafs er sich nie sehr weit von mir entfernte, 
nur ein einziges Mal erinnere ich mich, ihn auf etliche Stun- 
den verloren zu haben. Diefs geschah auf folgende Weise, 

Den 30. August 1837 folgte mir auf einer Excursion in 
den Theil der Karpathen, den man Potoninen nennt, der Edel- 
marder wie immer nach. Auf einer reizenden Flur war ich 
mit dem Einsammeln des schönen Carabus Sacheri beschäf- 
tigt,, und vergafs ‚gänzlich . den, Marder, ; welcher, in der Nähe 
ein Nest mit jungen Singamseln (Merula montana Brehm.) 
auffand und dieselben ruhig verzehrte. Nach einer glücklichen 
Coleopteen- Ausbeute, wollte ich noch einen hohen Berg Na- 
mens Paraszka ersteigen, vermifste aber den Marder und setzte 
meinen Weg ohne ihn fort. Wie grois war meine Freude, 
als ich das kluge Thier nach acht vollen Stunden bei meiner 
Rückkehr auf derselben Wiese, wo ich es verloren hatte, 
wiederfand, — 

Dieser Marder nahm, wenn ich von Hause. abwesend war, 
Tage lang keine Nahrung zu sich, und. bezeigte, wenn ich 
zurückkehrte, seine Freude durch fröhliche Sprünge und Lieb- 
kosungen u. dgl. j 

Er frafs alles, was auf den Tisch kam: Brot, Früchte, 
Käse, Milch, am liebsten eben rohes Fleisch; Wein trank er 
sehr gern und viel, Dieses eben beschleunigte seinen Tod, in- 
dem er einst so viel davon trank, dafs man ihn am folgenden 
Tage todt auf dem Boden des Hauses fand. 


Botanische Notizen 
von 
Dr. M. J. Schleiden. 
(Fortsetzung.) 


(Hiezu Taf. VII.) 


1. Ueber /Bastarderzeugung und Sexualität. 


Bi Gelegenheit sehr schätzbarer Mittheilungen über Bastarder- 
zeugung in der Flora fragt Prof. Wiegmann in Braunschweig 
am Schlusse, wie dieselbe im Verhältnifs zu meiner Theorie der 
Fortpflanzung zu denken sei. Meine Antwort darauf könnte ein- 
fach so lauten: „Durch das Pollenkorn, welches durch seine 
Verlängerung (den Pollenschlauch) in ds Innere des Eichens 
eintri d dem künftigen Embryo der Typus der mütterli- 
chen (vulgo väterlichen) Pflanze aufgedrückt und da die ganze 
fernere Bildung, durch welche der eigentliche Embryo hervor- 
geht, imInnern des Embryosacks (des männlichen Princips der 
Pflanze, Wolffs nutrimentum magnum in minima mole) 
statt findet, wo also der Embryo von der väterlichen (wulgo 
mütterlichen) Pflanze ernährt wird, so wird die Erzengung des 
Bastards erklärlich.“ 
aEs haben aber auch andere und einemtllch Meyen die 
Bastarderzeugung gradezu, als einen genügenden Einwurf gegen 
meine Theorie der Fortpflanzung betrachtet und der letzte 
sagt (in seiner Physiol. Bd. III. pag. 320): „die Bastarderzeu- 
gung ällein war hinreichend, um die Hypothese.des Hr. Schlei- 
den zu beseitigen.“ 
Es giebt eine Klasse von Naturphilosophen, die die ganze 
issenschaft, das heifst, so viel sie grade in dem Augenblick 
Jahrg, ı Band. 47 


254 


davon gefafst haben, mit absoluter Nothwendigkeit in ewigen 
Naturprineipien begründet nachweisen, morgen aber, wenn sie 
vielleicht derweile etwas besseres gelernt, das directe Gegen- 
theil mit derselben absoluten Nothwendigkeit aus denselben 
Principien abzuleiten wissen. Von solchen komischen Leut- 
chen, die mit dem gesunden Menschenverstand und der Logik 
beständig über den Fufs gespannt sind, hätte ich mich wohl 
eines solchen Einwurfs versehen können, aber nicht vonMeyen, 
der allem, was über das gesunde, hausbackne Denken hinaus- 
geht, so feind ist, dafs er sogar alle Hypothesen verniehten 
möchte; freilich — ohne zu bedenken, dafs es olıne Hypothese 
überall gar zu keiner Wissenschaft kommen kann. Die Wissen- 
schaft hat als Inhalt nicht ein beliebig geordnetes Aggregat von 
Thatsachen, sondern ein System von Gesetzen und Regeln und 
durch dieselben bestimmte Thatsachen. In: Beobach- 
tung und Erfahrung fallen aber nur die letzteren; das Gesetz 
bringen wir allein durch Hypothesis (Voraussetzung) hinzu. — 
Auch macht Meyen de facto keineswegs sehr sparsam Ge- 
brauch von diesem Rechte, — Die Bastardzeugung anlangend 
scheint es mir nun aber atıch grade für den alltäglichen, ge- 
sunden Menschenverstand ganz einerlei zu sein, ob a zu b, 
oder b zu«@kommt, wenn sie nur überhaupt zusammen kommen. 
Ja die Bastarderzeugung ist so wenig eine Widerlegung mei- 
ner Ansicht über die Fortpflanzung, dafs sie vielmehr ‚durch 
dieselbe. unendlich. viel einfacher und ohne Hülfe der eigen- 
thümlichen Lebenskraft (dieser Chauve-souris-Maske physio- 
logischer Unbeholfenheit) erklärt wird, wie meine oben gegebne 
‚Antwort auf Wiegmanns Frage beweist, welche übrigens 
(euique suum) zufällig mit Auslassung eines für mich über- 
flüssigen Zwischensatzes eben wörtlich die von Meyen (Phy- 
siolog. III. pag. 320.) gegebne Erklärung ist. — Gegen Meyens 
Verwerfung meiner Ansichten über Fortpflanzung kann ich 
mich insbesondere eines bei ihm sehr beliebten Beweises be- 
dienen, nämlich der Analogie mit der Thierwelt, da sich leicht 
nachweisen läfst, dafs Meyens Ansichten aller Analogie wider- 
streiten, indem er gradezu die Vorbildung einer materiellen 
Grundlage also die Präexistenz eines zu befruchtenden Ovu- 
lums ableugnet. Ich weifs nieht, was er mit seiner befruch- 
tenden Substanz, die ihm’ zum Glück unter den Händen lebendig‘ 


% 


255 


wird und davon läuft, eigentlich im Ovario anfangen wollte, 
denn, wenn der Pollenschlauch im Ovario ankommt, findet er 
nichts vor, was er befruchten könnte; selbst der Vorläufer des 
Embryos, Meyens Embryobläschen, ist noch nicht einmal 
vorhanden und bildet sich auch nach ihm weder im Embryo- 
sack und aus dessen Substanz, noch aus dem Pollenschlauch 
und dessen Substanz, sondern zwischen beiden und von beiden 
nur berührt, als ein ganz neu entstandenes Ding, und keines- 
wegs als die Um- und Ausbildung einer schon vorhandenen 
Anlage (vgl. Physiol. Bd. IN. Taf. XIII. Fig. 33 —42*). Uebri- 
gens ist die ganze Darstellung beiMeyen so vage und unklar, 
dafs kaum zu entscheiden ist, wie er sich eigentlich die Sache 
denkt und, wie in dem ganzen Buche Thatsache und Räsonne- 
ment, oft auch noch Geschichte und Polemik ohne Trennung 
verwirrend durcheinander läuft zum grofsen Nachtheil des 
mancherlei Guten, was darin steht, so ist es auch hier. Nir- 
gends wird das Schlufsresultat der vielen zum Theil sich 
widersprechenden Beobachtungen mitgetheilt. Etwas der Art 
kommt dagegen im Jahresbericht von 1838 (Wiegmanns 
Archiv Jahrgang 5. Bd. 2. pag. 33.) vor. Hier sagt Meyen: 
Der. Pollenschlauch giebt seine Membran bei der Bildung 
des Embryos als materielles Substrat, aus welchem eine 
Bildung im Innern des Nucleus des Eichens folgt, die sich 
theilweise zum Embryo gestaltet. — Wenn dieser Satz etwas 
anderes heifsen soll als „dafs der Embryo eine Umgestaltung 
eines Theils des Pollenschlauchs (nämlich seines äufsersten 
Endes im Nucleus) sei, so mufs ich gestehen, dafs der Satz 
für mich gar keinen Sinn hat. Soll er aber so, wie eben 
angegeben, verstanden werden, so ist es nichts als eine sehr 
erkünstelte und schwerfällige Phrase für meinen einfachen 
Satz: „Das Ende des Pollenschlauchs wird zum Embryo, folg- 
lich ist das Pollenkorn ovulum.“ 


*) Ich berufe mich hier nur auf die Abbildungen, aus denen sich 
die obige Erklärung natürlich ergiebt. Meyens Erklärung findet, in 
seinen eignen Abbildungen keine Stütze und beruht überhaupt nicht 
auf Anschauung, sonst würde er grade hier, beim wichtigsten und fast 

allein wesentlichen Punkte, wohl nicht verfehlt haben, die so sehr 
Aöthigen Abbildungen zu geben, — 
47* 


256 


Meyens, aus viel zu wenigen, meist unvollständigen 
Beobachtungen hervorgegangene Ansicht entbehrt ‚also ‚grade 
da der von ihm stets hervorgehobnen Analogie ‘des Thier- 
reichs, wo nach den neuern Untersuchungen von Wagner, 
Baer undScehwann ganz entschieden eine sehr specielle Ana- 
logie existirt, nämlich in der Präexistenz des Embryos als ein- 
zelner Zelle, aus welcher, bestimmt durch befruchtenden Ein- 
flufs, das neue Individuum sich entwickelt. — Uebrigens mufs 
ich eine ausführliche Nachweisung der Unzulänglichkeit der 
Meyenschen Untersuchungen, insbesondere soweit es ein spe- 
cielles Eingehen in die von ihm angeführten Beispiele betrifft, 
für einen andern Ort aufsparen. — Als Andeutung, dafs mein 
Urtheil über diesen Theil der Meyenschen Untersuchungen 
nicht unbegründet ist, mag hier noch folgendes Platz finden. 
Wenn derselbe z. B. den Liliaceen den Embryosack abspricht 
und sogar die Behauptung aufstellt, dafs sich bei ihnen eine 
Höhle im Nucleus erst bei der Verstäubung der Antheren 
bilde (Physiolog. Bd. II. pag. 306, 311), so ist das allein einer 
höchst mangelhaften Untersuchung des Entwicklungsganges und 
einer höchst üngenügenden Zahl von Fällen und somit einer 
Beschränktheit des Blickes zuzuschreiben. — Phormium tenax 
hat in allen Entwickelungsstufen und namentlich schon zu 
einer Zeit, wo die Knospe etwa 1° lang ist, einen Embryo- 
sack, dessen Derbheit dem Trivialnamen der Pflanze alle Ehre 
macht. Aber auch lange vor Oefinung der Knospe (ja bei 
den Tulipaceen lange, ehe die Eihäute den Nucleus vollstän- 
dig bedecken) ist der Embryosak bei Tulipa sylvestris, gesneri- 
ana, breyniana, Frilillaria imperialis und pyrenaica, Scilla 
sibirica, Eucomis punctata, Hyacinthus orientalis, Hemero- 
callis flava, Allium Moly, Lilium candidum, camschaticum, 
tigrinum, bulbiferum, Martagon und chalcedonicum deutlich 
vorhanden. Grade Lilium candidum hätte Meyen den besten 
Beweis von der Falschheit seiner Ansicht liefern können. Hier 
zeigt nämlich jede Zelle des Nucleus einen sehr deutlichen 
scharf gezeichneten Cytoblasten und: so wie bei den andern 
Zellen bleibt dieser Cytoblast auch in der Zelle persistent, 
die sich zum Embryosack ausdehnt und so den Nucleus ver- 
drängt. Als solche nur vergröfserte Zelle durch ihren Cyto- 
blasten ganz ohnzweifelhaft characterisirt, zeigt sieh nun der 


257 


Embryosack in der 2” Tangen Knospe, also fast 14 Tage vor 
Verstäubung der Antheren. — Bei Allium Moly ist der Em- 
bryosack ebenfalls sehr derb und hat lange vor Aufbrechen 
der Antheren schon den ganzen Nucleus verdrängt und ist 
an seine Stelle getreten, grade wie bei den Orchideen, denen 
Meyen ebenfalls wegen mangelhafter Beobachtung den Em- 
bryosack abspricht; denn auch hier characterisirt sich die 
zarte, fast gallertartige, die Höhle des Nucleus anfänglich aus- 
kleidende, später den letzteren ganz ersetzende Membran durch 
einen oft sehr deutlich zu erkennenden Cytoblasten als selbst- 
ständige Zelle. — In solchen Fällen wie bei Zilium candidum 
und den Orchideen haben wir nun ein Merkmal, wodurch 
wir die Anerkennung des Embryosacks, als selbstständiger Zelle, 
erzwingen können, welches leider in andern Fällen fehlt. — 
Der Embryosack erleidet bei vielen Pflanzen eine sehr bedeu- 
tende Ausdehnung, ist deshalb zur Zeit der Befruchtung äufserst 
zart, seine Substanz wird in gar vielen Fällen, z. B. nament- 
lich bei Fritillaria imperialis zur Zeit der Befruchtung sehr 
weich, fast gallertartig, damit er der Ausdehnung seiner Mem- 
bran durch den eindringenden Pollenschlauch um so viel weni- 
ger Hindernifs entgegensetze, zugleich adhärirt er den übrigen 
Zellen des Nucleus und wenn dieser schon verdrängt ist des 
Integuments, zumal in der Chalaza-region, woher er den Zu: 

‚ Aufs der ernährenden Säfte aufnimmt, so fest, dafs er durch 
die Behandlung mit unsern zartesten Instrumenten entweder 
zerrissen wird, oder doch nicht isolirt werden kann. Doch ist 
es mir auch durch Ausdauer mehrmals gelungen den Embryosack 
grade aus Fritillaria imperialis, besonders in frühern Zustän- 
den des ovulum fast unverletzt herauszupräpariren. — Wer 
nun aber wie Meyen sich an der Betrachtung eines verein- 
zelten Zustandes und einer einzelnen Pflanze aus einer so 
grofsen Familie, wie die Liliaceen sind, genügen läfst, mufs 
denn wohl nothwendig zu dem Glauben kommen, dafs hier kein 
Embryosack vorhanden sei, von dessen Existenz er sich dureli 
Beobachtung der vollständigen Entwickelungsgeschichte im ein- 
zelnen Falle und durch den Schlufs aus der Analogie bei ge- 

 nauer Untersuchung der verwandten Pflanzen bald überzeugt 
hahen würde, — Wenigstens hätte er sich dann bestimmt da- 
hin aussprechen müssen, dafs er Fritillaria für eine ganz 


258 


absonderliche Ausnahme in ihrer eignen Familie ansieht, was 
Meyen, gestützt auf die weiche Substanz des Embryosacks, 


auch wahrscheinlich gethan haben würde. — Ueberall nämlich 
scheint. es ihm nur schwer zu gelingen, sich vom Individuellen, 
Einzelnen, Thatsächlichen zum Begriff zu erheben; wie erhier 
nach einer nicht ausgesprochenen dunkeln Vorstellung den 
Begriff der Zelle von dem Mehr oder Minder der Festigkeit 
der Membran abhängig machen möchte, eben so willkührlich 
scheint er zum Begriff der Spiralfiber eine gewisse, aber auch 
nicht näher bestimmte Dieke zu fordern (Wiegmanns Archiv 
Jahrgang 5. Bd. 2. pag. 17 —18.). 

ich kann nicht umhin, hier noch zu ‚bemerken, dafs 
Meyens gesammte Beobachtungen, entweder directe meine 
Beobachtungen bestätigen (z. B. Physiol. Bd. IH. Taf. XIU. 
Fig. 21, 23. Taf: XV. Fig. 1—9) oder sich recht wohl als 
unvollständige Reihen aus meiner Theorie erklären lassen, dafs, 
aber umgekehrt ein grofser Theil meiner Untersuchungen, 
namentlich die ganz constante Erscheinung der Einstülpung 
des Embryosacks*) und die Entstehung der ersten Zellen auf 
Cytoblasten im Pollenschlauch, so wie die fernere Entwick- 


*) Mirbel hat mir (Notes pour servir a V’histoire de l’embryo- 
genie vegetale, seance de Tacad. des Sc. du 18 mars 1839. pag. 12.) 
vorgeworfen, dafs ich die Einstülpung des Embryosacks nirgends ab- 
gebildet, und meint deshalb, das Ganze sei nur eine Einbildung von 
mir. Er irrt aber darin sehr. Die Membran des Embryosacks ist 
meist so zart, dafs man, wenn man verhältnifsmäfsig zeichnen will, 
ihn nur mit einer einfachen Linie bezeichnen darf. Ebenso verhält 
es sich meist mit dem Ende des Pollenschlauches; wo nun beide fest 
an einanderliegen, ist die Duplieität der Wandung so wenig wie bei 
zartwandigem Parenchym darzustellen; wie man bei diesem aber an 
den Intercellularzängen die Doppeltheit der Wände erkennt, so kann 
man es bei jenem an der Stelle, wo der Pollenschlauch an den Em- 
bryosack antritt, und das zeigt sich denr meist sehr deutlich und ist 
auch überall, wo ich e& in der Natur deutlich gesehen, von mir ab- 
gebildet worden (Siehe Ueber Bildung des Eichens etc. deta Leopold. 
Carol. Vol, XIX. P.1. Taf. II. Fig. 10,21. Taf. VI. Fig.76. Taf. VI. 
Fig. 103. Taf. VIH. Fig. 129, 130,), Uebrigens ist mir selbst ein 
Fall vorgekommen, wo die Einstülpung des Embryosacks deutlich 
vom Embryonalende des Pollenschlauchs zu "unterscheiden war, und 
diesen Fall habe ich denn auch ganz naturgetreu dargestellt, nämlich 
bei Phormium tenax Taf. IV. Fig. 48. 


5 \ 259 
‚Jung bis zum Eiıbryo durch beständige Entwicklung von Zel- 
len in Zellen, durchaus keine andre Erklärung als die von 
mir gegebne zulassen, von der man sich nur befreien kamn, 
wenn man die von mir zum Grunde gelegten Thatsachen grade- 
zu in Abrede stellt. — 

Von mehreren Seiten ist meine Theorie der vegetabili- 
schen Embryogenie mit dem. Namen einer Antisexualtheorie 
beehrt worden und als solche angefochten; so sagt unter an- 
dern Meyen Physiol, Bd. II. pag. 282., dafs, wenn. meine 
Theorie richtig sei, nicht nur, wie ich gesagt, die Geschlech- 
ter bei den Pflanzen falsch benannt seien, sondern dafs man 
alle Vorstellungen über das Vorkommen geschlechtlicher Dif- 
ferenzirungen bei den Pflanzen aufgeben müsse*.) In meinem 
Aufsatze: „Beiträge zur Phytogenesis,“ in Müllers Archiv 
Jahrg. 1838, habe ich den Fehler vieler Naturforscher gerügt, 
Ausdrücke aus einer Disciplin in die andere zu übertragen, 
ohne sich erst gründlich mit der ursprünglichen Bedeutung 
“ des Ausdrucks bekannt gemacht, oder seine volle Anwendbar- 
keit, mit allen ilım anhängenden Nebenbegriffen an der*neuen 
Stelle tiefer durchdacht zu haben. Ich nahm damals als Bei- 
spiel das Wort „Wachsen;“ als ein eben so schlagendes kann 
ich hier das Wort „Geschlecht, sexus“ ausführen. Wenn man 
über die Behauptung, dafs meine Theorie die Sexualität der 
“ Pflanzen leugne, nur einen Augenblick nachdenkt, so kann mau 
sich nicht wohl verhehlen, dafs jenen Männern durchaus ein 


*) Wahrscheinlich von diesem Irrthum ausgehend sagt Meyen 
(Wiegmanns Archiv Jahrgang V., Jahresbericht pag. 36.) Endli- 
ehers Ansicht, so paradox sie scheint, sei schwieriger zu beseitigen, 
als die Meinige. — Ich hatte Umkehrung der Geschlechter behauptet, 
grade wie Endlicher. Ich habe die Anthere für den Eierstock er- 
klärt, grade wie Endlicher. Ich aber halte den Embryosack für 
das männliche Organ, Endlicher das Stigma. Ich baue meine 
Theorie auf beobachtete Thatsachen, Endlicher auf Räsonnement. 
Da nun Endlichers Ansicht über das Stigma sehr leicht, wenn 
auch nicht als falsch, doch als unbegründet darzustellen ist, so wüfste 
ich wahrlich nicht, wie meine vielen Beobachtungen leichter zu be- 
seitigen sein sollten, als Endlichers nicht grade immer concluden- 
ten Schlüsse; man müfste denn die Specialia meiner Untersuchungen, 
wie Meyen, ignoriren, 


260 


klarer Begriff bei dem Worte Sexualität mangelte und dafs sie 
dabei entweder in sehr grofser Beschränktheit an der Linne- 
schen Deutung der Organe kleben blieben, oder eine höchst 
unklare Erinnerung aus der Zoologie zum Grunde legten. — 
Worin liegt denn bei den Thieren das allgemein geltende 
Merkmal der Sexualität? Offenbar nicht in der Form der Or- 
gane, die so mannigfach von der höchsten Einfachheit zweier 
Bläschen, bis zu der höchsten Complication abändern, nicht in 
dem Complex der zu einem Sexus gehörigen Organe, denn 
uterus, vagina, penis*), scrotum etc. sind nur bei einzelnen 
Thier-Familien vorhanden, endlich nicht in der Form des Pro- 
cesses, denn die Befruchtung wie die Ausbildung des Befruch- 
teten ovulum geschieht bald an diesem bald an jenem Ort, 
bald innerhalb bald aufserhalb des Organismus. — Es bleibt 


*) In Wiegmanns Archiv Jahrgang V., Bd. II. Jahresbericht 
pag. 38. sagt Meyen: „Etwas anders mufs sich der Befruchtungsaet 
bei den Pflanzen darstellen, da ihnen der penis fehlt. — Also glaubt 
Meyen, dafs alle Thiere einen penis besitzen. Wenn er einen sol- 
chen bei den 4cephalen, den Echinodermen, Polypen etc, entdeckt 
hat, so ist es doch sehr tadelnswerth, dafs er eine so wichtige Ent- 
deckung nicht längst bekannt gemacht, — Der Befruchtungsact mufs 
sich bei den Pflanzen allerdings etwas anders darstellen, als bei den Thie- 
ren; daran hat aber der penis nicht den geringsten Antheil, denn derselbe 
fehlt auch einer grofsen Anzahl von Thieren. — Ibidem nennt Meyen 
den Pollenschlauch ein in gewisser Hinsicht dem penis zu verglei- 
chendes Organ, sagt aber in seiner Physiologie ausdrücklich (p.311) 
dafs das Keimbläschen aus der Substanz der Spitze des Pollen- 
schlauchs (also gleichsam aus der glans penis) gebildet werde. — 
Wer in seinen eignen Ansichten noch so confus und unklar ist, wer 
mit so oberflächlichen Bemerkungen: „dafs der Unterschied der thie- 
rischen und pflanzlichen Zeugung im Dasein und Mangel des penis 
liegt“, sich selbst zufrieden stellen kann, von dem kann man mit Ernst 
verlangen, dafs er sich solcher kahlen Machtsprüche, wie Wieg- 
manns Archiv l. c. pag. 30 („Schleidens Erklärung ist an und für 
sich ungenügend und denn überhaupt ganz zurückzuweisen“) enthält, 
oder wenigstens mit Gründen belegt. Wenn Meyen als Berichter- _ 
statter auftreten will, so ist vor allem seine Pflicht unpartheüsch die 
Thatsachen zu referiren, und wenn er sich ein Urtheil erlaubt, das- 
selbe zu begründen. Das wegwerfende Urtheil aber ohne alle Gründe 
und sogar, ohne die verworfene Ansicht selbst nur anzuführen, hin- 
schreiben, ist ein Verfahren, bei welchem Meyen nur sich selbst 
schaden kann. — 


261 


also für den Begriff der Sexualität als allgemeiner physiologi- 
scher Differenz gar nichts übrig als die Bestimmung: „dafs 
ein Individuum (oder bei Zwittern, ein Organ) einen Keim 
liefert, der für sich nicht im Stande ist, sich zu einem neuen 
Individuum zu entwickeln, sondern dazu durch den materiellen 
Einflufs eines anderen Individuums (resp. Organs) bestimmt 
werden mufs.“ Das erste Individuum (Organ) nennen wir das 
Weibliche, das andere das Männliche. — Nun glaube ich durch 
meine Beobachtungen nachgewiesen zu haben, dafs das Pollen- 
korn der Keim des neuen Individuums ist. Ich habe aber 
nirgends behauptet, dafs dieser Keim sich für sich selbst zu 
einer neuen Pflanze entwickeln könne*), sondern dazu bedarf 
es nothwendig des Einflusses des Embryosacks, mit welchem 
der Pollenschauch in Berührung kommt. Deshalb nenne ich 


*) Wenn Meyen (Wiegmanns Archiv Jahrgang V., Jahresbe- 
richt pag. 31) sagt: „ich hätte aus meinen Beobachtungen gefolsert, 
dafs die Anthere die Keime enthalte und dafs also gar kein Be. 
fruchtungsprocefs Statt finde, so mufs ich die Ehre eines so 
unlogischen Schlusses, wie in dem also liegt, Meyen selbst über- 
lassen. Das letzte ist aber auch gradezu unwahr und ich mufs eine 
schon früher ausgesprochne Bitte hier dringend wiederholen, dafs 
Meyen weder meine Worte verdrehen, noch mir die seinigen leihen 
möge. — Ein anderes Beispiel der Art liefertMeyen (k. c. pag. 14, „Herr 
Schleiden scheint also schr entschieden sagen zu wollen, dafs sich 
die Zellenmembran unmittelbar aus Gummi bildet“) Das habe ich 
entschieden nicht sagen wollen und in meiner Arbeit scheint es 
auch ganz entschieden nicht so. — Ich kann Meyen hier nur 
die Wahl lassen zu gestehen, dafs er entweder nicht weifs, was Gummi 
ist, oder meine Arbeit beurtheilt, ohne sie gelesen zu haben (wenig- 
stens so, dafs er wüfste, was darin steht). Gummi ist ein Stoff, der 
sich unterandern entschieden dadurch characterisirt, dafs er durch 
Alcohol körnig gefällt und durch Jod gelb gefärbt wird. — Die Stoffe, 
die ich als Pflanzengallerte bezeichnet habe (eine Substanz, aus der 
auch die neu gebildete Zelle zu bestehen scheint) sind von mir ent- 
schieden dadurch characterisirt worden, dafs sie durch A/coho/ und 
Jodine gar nicht verändert werden. — Ich habe also entschieden 
nicht sagen wollen, dafs sich die Membran aus Gummi bildet, son- 
dern aus einem Stoff, der von Gummi ebenso verschieden ist und zu 
demselben in eben dem Verhältnisse steht, wie Gummi von Stärke, 
Zucker und Membranenstoff selbst verschieden ist. Dabei bin ich 
aber viel zu bescheiden gewesen, um etwas als entschieden vor- 
zuträgen, was noch lange nicht spruchreif ist. — 


262 


die Anthere Eierstock, weibliches Organ, den Embryosack 
männliches Organ (wenn man will, Saamenbläschen) der Pflanze. 
Es scheint mir nun ziemlich klar, dafs wer daraus ein Leug- 
nen der Sexualität ableitet, nur zeigt, wie mangelhaft logisch 
er selbst orientirt ist. — 

Was nun aber die Hauptsache, meine Theorie selbst be- 
trifft, so bin ich weit entfernt meine Beobachtungen für unfehl- 
bar zu halten; ich kenne nur zu gut die breite Möglichkeit 
des Irrthums bei mieroscopischen Untersuchungen (selbst mit 
Plössl, Pistor oder Amicischen Instrumenten) besonders 
bei der Anwendung stärkerer Vergröfserungen. Ich mufs 
aber doch gestehen, dafs mir bei eifrig fortgesetzten Unter- 
suchungen noch kein Factum vorgekommen ist, welches mich 
in meiner Ansicht wankend gemacht, ja nicht vielmehr darin 
befestigt hätte. 

Einen Vorwurf Mirbels (a. a. O. pag. 16) mufs ich hier 
zurückweisen, als hätte ich mir in der Untersuchung Sprünge 
zu Schulden kommen lassen und dadurch mich selbst zum 
Irrthum verführt. Meine Handzeichnungen von Zea allissima 
enthalten von dem ersten Erscheinen des Nucleus bis zum‘ 
fast reifen Embryo, also von Mirbels 2. bis 7. Stufe, 19 Ent- 
wicklungsstufen, also 13 mehr als Mirbels Untersuchungen 
und meine Notizen füllen selbst noch die dazwischen fallen- 
den Lücken aus; bei Secale cereale umfafst dieselbe Periode 
sogar 26 Entwicklungsstufen. — Zur Erläuterung meiner Ar- 
beit wählte ich aus einigen 400 in der Entwicklung von mir 
verfolgten Pflanzen 43 aus und zwar so, wie ich glaubte, dafs 
sie am besten dienen würden, theils meine Ansichten klar zu 
machen, -theils aber auch durch Verschiedenheit der Entwick- 
lungsformen für die Wissenschaft auch in anderer Hinsicht von 
Interesse zu sein. Es giebt sich von selbst, dafs, wenn ich 
diese alle in ihrer ganzen Vollständigkeit hätte mittheilen wol- 
len, 80 Tafeln kaum gereicht hätten und der Aufsatz ein Werk 
von mehreren Bänden geworden wäre. — Ueberall-in meinen 
kleinen Mittheilungen habe ich aber grade (und in dieser Ent- 
schiedenheit und Allgemeinheit vielleicht zuerst) die conse- 
quente Verfolgung der Entwicklungsgeschichte als die allein 
richtige Methode in jedem Zweige der Botanik dargestellt und 
man wird mir nicht vorwerfen wollen, dafs ich bei so richtiger 


263 


Kenntnifs des allein zum Ziele führenden Weges ihn bei mei- 
nen eignen Untersuchungen nicht selbst sollte eingeschlagen 
haben. Ich mufs aber den Vorwurf Mirbeln geradezu zu- 
rückgeben. Die viel zu grofsenZwischenräume zwischen seinen 
Entwicklungsstufen haben ihn verhindert, die Entwicklung des 
Embryosacks zum Albumen zu erkennen und sein gänzliches 
Uebergehen des Pollenschlauchs und dessen Verlaufs im Ovu- 
lum haben es ihm unmöglich gemacht, dessen Eintritt in den 
Embryosack und seine Umgestaltung zum Embryo zu ge- 
wahren. — i 
Aber nach einer andern Seite hin mufs ich noch einmal 
die Beobachtung selbst und ein consequentes Studium des Ent- 
wicklungsganges als alleiniges Mittel des Fortschritts in der 
Botanik vertheidigen und zwar gegen Endlichers „Versuch 
einer neuen Theorie der Pflanzenerzeugung etc. Wien 1838.“ 
Obwohl Endlieher in der Hauptsache meiner Ansicht bei- 
„tritt, so zwingt mich meine Offenheit doch eine Hülfe abzu- 
lehnen, die so erwünscht sie mir wegen Endlichers wohl- 
verdienten Ruhm und Namen auch an sich wäre, doch auf 
Methoden beruht, die ich nun einmal für falsch und verderb- 
lich halte. Durch blofses Räsonnement kann in dieser Ange- 
legenheit fürs erste noch wenig, oder gar nichts ausgemacht 
werden, dafür ist jene kleine Schrift*) ein sprechender Be- 
weis. Endlicher baut auf ‚die Richtung des Würzelchens 
den Schlufs, dafs der Embryo von Aufsen hineingekommen 
sein müsse. Es folgt aber offenbar daraus gar noch nichts 
positives für den Ursprung des Embryo, sondern nur die Ne- 
gation, dafs er nicht als Knospe der Placenta angesehen wer- 
den könne. — Er schliefst ferner: weil der Embryo von Aufsen 
herein kommt, so mufs er aus dem Pollenschlauch entstehen, 
was abermal nicht concludent ist, denn nach Meyens Ansicht 
kommt der Embryo auch von Aufsen, wenigstens in den 


*) Ich weifs nicht warum Endlicher ganz eonsequent 4 Eihäute 
‚abbildet, da doch bis jetzt 2 die höchste bekannte Zahl ist. Wollte 
man auch die innerste für den Nucleus gelten lassen, der aber doch 
vor der Befruchtung an der Spitze nicht geöffnet ist, so bleibt doch 
immer noch eine überflüssig, die auch wieder nicht für den Arillus 
gelten kann, da Endlicher wohl kein Beispiel kennt, wo dieser vor 
der-Befruchtung vorhanden wäre. 


264 


Embryosack hinein und soll doch nicht (oder nicht allein) aus 
dem Pollenschlauch entstehen. — Endlicher schliefst endlich 
aus der Entwickelung der Pollenschläuche auf dem Stigma, 
dafs das Stigma das männliche Organ sei; ein Schlufs, den 
die Beobachtung mindestens als voreilig und unbegründet nach- 
weist. Jede Absonderungsflüssigkeit der Blumen, besonders 
der Nectarsaft veranlafst das Pollenkorn die schönsten Schläu- 
che zu treiben z. B. der Saft im Spiegel der Fritillariaarten, 
der Honigsaft in der Blume von Hoya carnosa ete., ja bei 
manchen Pflanzen treiben die Pollenkörner ohne weiteres schon 
in den Antheren die vollkommensten Schläuche z.B. bei Ari- 
stolochia clematitis (vielleicht bei allen Arten dieses genus). 
Auf der andern Seite dringen viele Schläuche durch den Sty- 
lus ins Ovarium, erreichen die Placenta, ja treten selbt ins 
Ovulum ein, von allen aber bildet sich keiner zum Embryo 
aus, der nicht mit dem Embryosack in unmittelbare Berüh- 
rung tritt. — So liegt also bis jetzt offenbar gar kein Grund 
vor, das Stigma für das männliche Organ zu erklären. Es 
mag dies genügen um zu zeigen, dafs auf diesem Wege kein 
Resultat gewonnen werden kann, das geeignet wäre, die Wis- 
senschaft sicher und wesentlich zu fördern. — 


2. Ueber Crystalle in Cryptogamen. 


Die eigenthümlichen Crystalldrusen ‚bei Hydrurus ery- 
stallophorus liegen nicht in Zellen eingeschlossen, sondern 
zerstreut in der, die mit Chlorophyll erfüllten Zellen umhül- 
lenden Gallertmasse eingesenkt. Ganz auf dieselbe Weise 
schliefsen die Chaelophoraarten oft eine unendliche Menge 
sehr schöner Kalkspatherystalle ein, meist in sehr vollkommnen 
Rhomboedern, zuweilen auch in gröfsern unkenntlichen Dru- 
sen. — Auch in Spirogyra princeps kommen nicht gar sel- 
ten kleine, sternförmige Drusen von Kalksalzen vor. — Con- 
Ferva glomerata enthält, besonders wenn sie in kalkhaltigem 
Wasser wächst, nicht selten Drusen und einzelne Orystalle, — 
Wenn Treviranus (Physiolog. Bd.1. pag. 49.) das, wie eben 
gezeigt, keineswegs isolirt dastehende Vorkommen von Crystal- 
len bei Hydrurus deshalb so merkwürdig findet, weil sonst 
bei eryptogamischen Gewächsen keine Spur von Säuren 


265 


oder Salzen wahrzunehmen sei, so ist das wohl ein Zapsus 
calami des allgemein so gut orientirten Gelehrten. 

Den gröfsten Theil der Potasche und Soda verdanken wir 
Cryptogamen, den Farren und Fucoiden, die letztern liefern 
fast ganz allein die jod- und bromsauren Alcalien des Han- 
dels. Bekannt ist die auffallend grofse Menge freier Oxalsäure 
und oxalsauren Kalkes in den Flechten, besonders in den unvoll- 
kommenen Formen der Fariolaria und Lepraria-Arten, eben- 
falls auch ihr grofser Gehalt an anderen Salzen, z. B. Eisen- 
salze bei Parmelia parietina, auf Eisen oder Eisenschüssigem 
Boden gewachsen. In allen chemischen Handbüchern findet 
man Nachweisungen über den grofsen Gehalt der Equisetaceen 
an Kieselsäure. Leicht zu beobachten ist die grofse Menge von 
kohlensauren Kalkkrystallen, die in dem Intercellularraume 
zwischen dem Centralschlauch und den Rindenzellen bei Chara 
vulgaris, hispida etc. liegen. Endlich enthalten viele Con- 
ferven, namentlich die Spirogyren in der Substanz ihrer Mem- 
hran eine grofse Menge von Kalkerde (auch Kieselerde ?), so 
dafs z.B. bei Spirogyra princeps die Membran hörbar unter 
dem Messer knirscht, wenn sie durchschnitten wird. Auch 
stellt sich die Kalkerde, zum Theil deutlich. die Form der 
Conferve beibehaltend, in der Asche derselben. dar. Hierbei 
will ich noch ganz die Kieselerde der zweifelhaften Diato- 
meen elc. aus dem Spiele lassen, da hier schon Beispiele ge- 
nug sind, um zu beweisen, dafs die unorganischen Stoffe bei 
den Cryptogamen, vielleicht im Ganzen genommen, noch vor- 
herrschender sind als bei den Phanerogamen, 


3. Ueber das Verhältnifs des Cytoblasten zum Le- 
bensprocefs der Pflanzenzelle. 

Ich habe schon in meinen „Beiträgen zur Phytogenesis“ 
(Müllers Archiv 1838) darauf aufmerksam gemacht, dafs in 
den Zellen, wo Cytoblasten und Saftbewegung zugleich vor- 
kommen, der Erstere niemals aufserhalb der Strömchen liege, 
sondern beständig umgeben von einem kleinen Hofe der schlei- 
migen eirculirenden Flüssigkeit, von dem aus die Strömchen 
strahlig nach allen, Seiten ausgehen oder wohin sie zurück- 
kehren. — In Wiegmanns Archiv Jahrg. V. Bd. 2. pag. 15. 
behauptet Meyen, er habe die Gründe für einen Gegen- 


266 


beweis schon in seiner Pflanzenphysiologie ausgeführt. Was 
die Ansicht betrifft, die Meyen an einem andern Orte mit- 
theilt, dafs der Cytoblast zuweilen vom Strome mit fortgeris- 
sen werde, oder dafs der Strom zwischen ihm und der Zel- 
lenwand (nämlich der, an welcher er befestigt ist) durchgehe, 
so beruht das auf einer Verwechselung eines beliebigen „Schleim- 
ballen“”mit dem Cytoblasten, oder meiner festen Ueberzeu- 
gung nach auf mangelhafter Uutersuchung. — Ich darf behaup- 
ten eine ziemlich genügende Menge von Fällen und zwar mit 
der erforderlichen Ausdauer und Genauigkeit beobachtet zu 
haben und habe von den so eben erwähnten beiden Thatsachen 
auch nie eine Spur gesehen. Alles übrige dagegen, was 
Meyen in der wirklich von ihm eitirten Stelle anführt, sind 
so vage Vermuthungen, dafs ich denselben gegen meine con- 
stanten Beobachtungen durchaus die Macht eines Gegenbewei- 
ses nicht zugestehen kann. — Ich glaube dagegen nicht unzwei- ' 
deutige Nachweisungen liefern zu können, dafs Meyen diesen 
Gegenstand zu wenig genau beobachtet hat, um mit irgend eini- 
gem Rechte sich darin als entscheidende Autorität geltend zu 
machen. — Noch im letzten Bande seiner Physiologie spricht 
Meyen an mehreren Stellen von Schleimfäden, an denen der 
Cytoblast im Innern der Zelle aufgehängt sein soll*). — Ich 
mufs zuerst nochmals bemerken,, dafs ich bei der allerscrupu- 
lösesten Beobachtung nirgends (bei Phanerogamen) den Cyto- 
blasten anders als an der Wand der Zellen befestigt gesehen 
habe.‘ — Die angeblichen Schleimfäden aber, an denen der- 
selbe aufgehängt sein soll, sind nichts anderes als ganz zarte 
Saftströmchen, die vom Cytoblasten ausgehen und zu ihm zu- 
rückkehren. Dafs in diesen angeblichen Schleimfäden eine deut- 
liche, strömende Bewegung zu beobachten ist, hat Meyen 
trotz seiner so hoch gepriesenen Microscope**) gänzlich über- 
sehen. — Aus einer Menge von Beispielen erwähne ich kürz- 


*, Hier wie an vielen andern Stellen hat Meyen die üble Ge- 
wohnheit, statt die Pflanzen, bei denen er solche Beobachtungen ge- 
macht, zu nennen, seine Leser mit der kahlen Notiz abzuspeisen: 
„leh könnte Hunderte von Pilanzen nennen.“ — 

**) Mit sehr tadelnswerther Geflissentlichkeit übergeht Meyen 
bei jeder Gelegenheit, wo er die neuern Microscope rühmt, den Na- 
men Schiek, einen Mann, gegen den nur ein Deutscher so undank- 


267 


lich folgende, weil sie noch durch die Natur des Zellgewe- 
‚bes, in dem sie vorkommen, interessant sind, und wo überall 
_ die Saftströmchen, wegen grofser Homogeneität der Flüssig- 
keit auf den ersten, flüchtigen Blick als blofse Schleimfäden 
erscheinen. — Am dentlichsten ist die Bewegung in den sich 
freiwillig isolirenden Zellen der pulpa in den Früchten der 
Mamillarien. Die eirculirende Flüssigkeit ist hier, wie überall, 
eine blafsgelbliche, schleimige Substanz mit eingemengten, ganz 
zarten, dunkeln Körnchen, während der übrige Zelleninhalt 
ein wässriger, säuerlicher, weinrotli, blafsrosenroth, oder auch 
blafsgelblicher Saft ist. — Fast eben so deutlich ist die Be- 
wegung in den buchtig keulenförmigen Haaren auf dem Rük- 
ken der Anthere von Siylidium adnatum. — In zwei andern 
Fällen ist die Bewegung schwerer zur Beobachtung zu brin- 
gen, besonders da das zum Bloslegen der Zellen erforderte 
Präpariren und wahrscheinlich auch das endosmotisch ein- 
dringende Wasses, zu schnell die Bewegung stören, doch ist 
es auch hier mit Gewandtheit und Schnelligkeit im Präpariren 
und mit Ausdauer im Beobachten möglich, sich bald von der 
Bewegung völlig zu überzeugen. Es sind dies die Endosperm- 


bar sein kann, seine Verdienste um die Verbesserung der Mieroscope 
zu ignoriren. Schiek war es, dessen zweckmäfsige Ajüstirung uns 
zuerst von Frauenhofers messingnen Kanonen befreite, er war es, 
der zuerst in Deutschland die Sellignesche Verbesserungen anwen- 
dete, er war es, dem das physicalische Institut von Pistor, mit dem 
er früher in Compagnie war, hinsichtlich der Mieroscope allein 
seinen Ruf verdankt, und ich sollte denken, wenn wir die Resultate, 
die in den letzten zehn Jahren durch Anwendung des Microscops ge- 
wonnen sind, unter einander vergleichen, so wird das obige Beispiel nicht 
das einzige sein, wo man.mit einem Schiekschen Instrument mehr 
und besser gesehen hat, als mit den so sehryon Meyen gepriesenen 
Plössl’s, Amici’s und Pistor’s, und wenn Meyen dergleichen be- 
säfse, würde er nicht verfehlt haben, die jüngern Ch&valier’s und 
die neuern englischen auch mit anzuführen, die ebenfalls wohl ver- 
dienen mit den genannten in eine Reihe gestellt zu werden. — Uebri- 
gens ist es nach meiner Ansicht thöricht zu behaupten, dafs man mit 
einem der genannten Instrumente etwas gesehen habe, was mit den 
andern zu sehen unmöglich sei, denrı der Unterschied unter ihnen ist, 
wenn er überall existirt, höchstens individuell, so wie auch vom sel- 
ben Künstler ein Instrument etwas besser ist als das andre. — Das 
Meiste aber kommt auf den Beobachter an. — 


268 


zellen (Zellen im Embryosack) bei Nuphar luteum und bei 
Pedicularis. palustris. — 

Von der oben angegebnen Lage des Cytoblasten ist mir 
überall bis jetzt nur eine einzige Ausnahme bekannt geworden, 
nämlich bei den Spirogyren, wo derselbe wirklich im Innern 
der Zelle frei schwebt und hier vielleicht allerdings durch die 
ihn umgebende schleimige Flüssigkeit an ‚seinem Ort festgehal- 
ten wird. — Von dieser Schleimmasse gehen aber ebenfalls 
nach allen Seiten Strömchen aus (Meyens sogenannte Schleim- 
fäden), und nicht allein in ihnen ist die Bewegung sehr deut- 
lich zu beobachten, sondern bei kräftig vegetirenden Exempla- 
ren auch auf der ganzen Wandung der Zelle, besonders aber 
an den freien Enden, wo die grünen Spiralbänder aufhören 
und dadurch die Zelle lichter und klarer wird. Die Bewe- 
gung hat indessen hier offenbar nicht die geringste Aehnlich- 
keit mit der Bewegung in den Charen etc., ‚sondern ist ganz 
die bei den Phanerogamen vorkommende inynetzförmig ana- 
stomosirenden Strömchen. Auch diese Zellensaftbewegung 
scheint sich durch Meyens Instrumente nicht. deutlich dar- 
zustellen. Schieksche Microscope zeigen sie sehr deutlich. 

Aeufserst fatal ist aber diese Beobachtung für Herrn C. 
H. Schultz und würde abermals Gelegenheit geben, ihn von 
der gänzlichen Unhaltbarkeit seiner Ansichten über Saftbewe- 
gung zu überzeugen, wenn mit so vieler Selbstgefälligkeit ge- 
hegte und gepflegte Ideen überhaupt durch Widerlegung zu 
beseitigen wären. — Meyens schöne Beobachtungen, dafs 
die kleinen Strömchen oft ihren Lauf verändern, oft sich plötz- 
lich gablig theilen, besonders aber auch, dafs. die Strömchen 
oft mitten durch das Lumen der Zelle laufen*), also gewifs 
nicht in Gefäfsen um die Zelle herum, hätten sonst Herrn 
Schultz längst überzeugen müssen, dafs seine vasa laticis 
contracia blofse phantasmata sind. Aber so wie er jene 
Beobachtungen gänzlich ignorirt, so wird er auch nicht anstehen, 
sobald ‚er sich von dem eben mitgetheilten überzeugt hat, zu 
erklären, dafs Spirogyra eine „heterorganische“ Pflanze ist. 

Meyen hat sich im 3. Bande seiner Physiologie p. 334 sq. 


n 


*) Ausgezeichnet deutlich und: leicht zu beobachten in den Haa- 
ren des Fornix bei Anchusa italica, 


269 


gegen meine Ansicht von der Zellenbildung ‚ausgesprochen. 
"Wenn er meinen Aufsatz genauer durchgelesen hätte,‘so würde 
er gesehen haben, dafs hier wenigstens nicht von einer Täu- 
schung durch einseitige Betrachtung des Eiweifskörpers die 
Rede seyn kann, sondern dafs ich den Verlauf der Zellenbil- 
dung bei einer sehr grofsen Zahl von Pflanzen in allen 
ihren Theilen und in allen Stadien der Entwicklung 
verfolgt habe und nachdem ich die Resultate einer mehrjähri- 
gen Erforschung der Sache beisammen hätte, nun erst aus der 
Zusammenstellung aller rein und vollständig beobachteten 
Fälle mir das Gesetz abstrahirte, aus welchem: ich dann, 'wie 
mir scheint, mit gutem Rechte die unklaren Erscheinungen 
oder unvollständigen Beobachtungen erklärte oder ergänzte, 
Das ist überhaupt das, was ich unter Studium der Entwicke- 
lungsgeschichte verstehe, nicht aber, wenn man einzelne frü- 
here Zustände, wie sie der Zufall an die Hand giebt, betrach-: 
tet und was sich wegen der lückenhaften Beobachtung nicht 
gleich znsammenreihen läfst, als verschiedene Entwicklungsar- 
ten hinstellt, ganz im Widerspruch mit dem höchsten Regula- 
tiv in naturwissenschaftlichen Erklärungen, dem Gesetz ‘der 
Sparsamkeit, dem Gesetze, auf welchem allein die Berechtigung ‚ 
zum Schlusse nach Analogie beruht, der mit Verwerfung ‘jenes 
Gesetzes auch den geringen, fast möchte ich sagen Schein- 
werth, verliert, den er sich nach dem gröblichsten Mifsbrauch 
etwa noch erhalten. 

Ich habe nun aber mein Gesetz der Zellenbildung grade 
daraus abgeleitet, dafs die ersten Zellen des Embryos sich 
auf einem Cytoblasten bilden und obgleich Meyen diese Bil- 
dung zum Theil vor Augen gehabt und auch, wiewohl- nicht - 
eben sonderlich, abgebildet hat (Phisiol. Bd. II. Taf. XII. fig. 
41, 14, 35, 42, 43.), so spricht er sich doch dagegen aus, 
weil im die Menge der, Fälle, die richtige Folge und 
die Stätigkeit der Uebergangsstufen fehlten. Mein Schlufs 
gestaltete sich im wesentlichen folgendermafsen: Das Gesetz, 
was für die Entstehung und erste Bildung des Embryos (als 
Prototyp’s der ganzen Pflanze) gilt, wird wahrscheinlich auch 
für die ganze Pflanze gelten. Finden wir nun aber gar in al- 
len Theilen der Pflanze (wie ich nachgewiesen) überall entwe- 
der den ganzen Verlauf desselben Processes, oder doch seine 

V. Jahrg. 1. Band, 418 


270: f 


charaeteristischsten Momente wieder, so dürfen’ wir mit Recht. 
das. ‚Gesetz . allgemein ‘aussprechen... — Diese, meine . Ansicht 
habe ich.'aber ausdrücklich vorläufig auf, die Phanerogamen. 
beschränkt. — Sie würde sich aber (ohne. der Mohlschen 
Zellentheilung zu nahe treten zu wollen) auch wohl noch auf 
manche Vorgänge bei den Cryptogamen (z. B. die Sporenbil- 
dung *) ausdehnen lassen, wozu in meiner, oben erwähnten 
Sehrift schon. ‚einige Andeutungen gegeben sind. 

‚ Ich. will, hier nur noch eins erwähnen. Wahrscheinlich 
beruht nämlich. die Bildung der Sporen bei den Spirogyren 
auf;demselben Procefs. — Da der Cytoblast frei in. der. Zelle 
liegt, :so.'kann er eben nicht derjenige sein, dem. die Zelle, 
selbst ihren: Ursprung verdankt, wohl aber ‚kann, er der.Bilder, 
der’ Sporenzelle sein, von welcher dann der aufgelöste Inhalt‘ 
der. Mutterzelle nach und nach eingesogen und in Amylum 
und Clorophyli u. s. w. verwandelt; wird, bis sie zuletzt als 
erwachsene Spore frei daliegt. Ich kann keineswegs behaupten, 
dafs ich diesen Procefs schon vollständig beobachtet hätte, 
ich habe aber mehrere Andeutungen der Art gefunden und bin: 
so !weit, gekommen, einzusehen, dafs die gewöhnliche Dar- 
stellung‘ nichts ist. — Meyen beruft sich bei einer Gelegen- 
heit; wo er meine Untersuchungen über die Zellenbildung ver- 
dächtigt, darauf, dafs er schon vor vielen Jahren eine ähnliche 
Entstehung der Confervensporen nachgewiesen, wo sich um einen 
eondensirtenSchleimballen eine Membran bilden soll, wieer, 
sich ausdrückt. Ich glaube aber nach meinen Untersuchungen, 
obwohl sie noch lange nicht zum Resultate 'gediehen sind, be- 
haupten zu können, "dafs durch diesen Ausdruck kaum oben- 
hin die scheinbare Sporenbildung. bei den Spirogyren angedeu-, 
tet wird, während der eigentliche Vorgang viel tiefer liegt, und 
dafs ohnehin die Microscope, mit denen Meyen damals ar- 


*) Was die Cytoblasten in den Sporen der Helvellaceen 
anbetrifft, so ist mir nirgends eingefallen zu behaupten, dafs sie zur 
Bildung neuer Zellen beim Keimen thätig seien; es sind’ im Gegentheil 
diejenigen, aufdenen die Sporenzelle sich gebildet hat, was sich schon 
aus ihrer-Lage ergiebt. ‚ Abermals eine Behauptung, die Meyen fingirt 
mir unterschiebt und sie hinterher bekämpft. Ich wüfste überhaupt 
nicht, dafs die Zellenbildung bei der Keimung der Helvellaceen schon 
genügend ‘beobachtet ist, um irgend eine Meinung darüber zu haben. 


beitete #) durchaus einer solchen Aufgabe nicht genügen 
konnten. 

Gegen Meyen und für meine Theorie der Zellenbildung 
will ich nur noch ein Argument beibringen, welches ich frei- 
lich allemal von vorn herein zurückweisen würde, dasMeyen 
aber gegen sich gelten lassen mufs, weil er es beständig ge- 
braucht und seine: ganze Physiologie nicht eben zu ihrem Vor- 
theil darauf gebaut hat, nämlich die Analogie mit den Tieren. 
Nach Schwann’s ausgezeichneten Untersuchungen: ist dıe 
Zellenbildung bei diesen im wesentlichen‘ ganz mit der von 
mir entwickelten übereinstimmend und ich habe etwa nur noch 
hinzuzufügen, dafs die unmittelbare Entwicklung des Cytobla- 
sten zur Zelle durch Hohlwerden und spätere Ausdehnung, also 
die Bildung sogenannter Zellen erster Ordnung nach Schwann 
ebenfalls in einigen Fällen von mir beobachtet ist, aber bis 
jetzt doch noch zu selten und vereinzelt, um irgend ein Ver- 
hältnifs zwischen beiden Arten der'Zellenvildung feststellen zu 
können. N ; 

Meyen hat indessen viel zu viel untersucht, um sich 
verhehlen zu können, dafs man einen so‘ ganz allgemein nnd 
scharf characterisirt auftretenden Körper doch‘ nicht füglich 
mit dem Namen eines zufälligen Schleimballen abfertigen könne, 
sondern dafs ihm eine wichtigere Function in der Pflanze’ zu- 
kommen’ müsse. — Defshalb läfst er aus ihm (aus seiner Auf- 
lösung und Umwandlung) Amylum, Gummi u. e. w., kurz die 


*) Nach Meyens eigner Angabe waren seine Microscope zu 
schlecht, um die Spiroiden der Lemnaceen damit zu erkennen, also 
noch viel schlechter als das Instrument von Treviranus, mit dem der- 
selbe doch schon nach Meyens Angabe vor 7 Jahren die Spirale bei 
L. polyrhiza entdeckt hatte. Nun habe ich zufällig Gelegenheit ge- 
habt in der Schiekschen‘, Werkstatt in Berlin das Instrument, mit 
welchem Treviranus beständig gearbeitet, sehen und beurtheilen zu 
können und mufs gestehen, dafs meine Verehrung vor dem Manne 
den höchsten Grad erreicht hat, als ich bedachte, mit wie schlechten 
Werkzeugen er gearbeitet. Wahrlich im Verhältnisse zu seiner Zeit 
und zu dem ihm Ueberlieferten hat Treviranus mit den schlechtesten 
Instrumenten durch Talent und Ausdauer im Beobachten und durch 
Geist in der Bearbeitung unendlich vielimehr für die Wissenschaft 
geleistet, als wir Jüngere wahrscheinlich mit den ausgezeichnetsten 
Instrumenten und getragen von so grofsen Vorgängern je leisten 
werden. 


18 * 


272 


festen und flüssigen, assimilirten Stoffe der Pflanze entstehen, 
Es kommt bierbei besonders die Frage nach der chemischen 
Natur. des Cytoblasten in Betracht.‘ 'Es wird ‘wohl noch’ für's 
Erste eine chemische Analyse dieses Körpers unmöglich blei- 
ben, wir haben aber eine ziemlich characteristische ‚Reaction, 
die es wenigstens ‚annehmlich erscheinen läfst, ‘dafs er aus 
einer stickstoffhaltigen Substanz bestehe. In jüngerm lebens- 
kräftigen Zuständen wird er nämlich durch 'concentrirte Sal- 
petersäure .eitronengelb gefärbt, aber nicht aufgelöst. ' ‘Stellen, 
an denen die Sache leicht zu ‘beobachten z. B. die Bildung 
neuer Würzelchen in fleischigen, nicht zu mehligen Rhizomen, 
wo auf einen kleinen Raum eine grofse Menge Cytoblasten 
zusammengedrängt sind, zeigen ‘diese characteristische Färbung 
schon..dem blofsen Auge. — Gehen wir nun von dieser An- 
nahme aus, dafs der Cytoblast, aus einer stickstoffhaltigen 
Substanz bestehe, nehmen wir dazu die überwiegenden Gründe, 
mit denen die neuere Chemie als Grund der lebendigen, me- 
tamerischen Umwandlungen der verschiedenen Stoffe .in der 
Pflanze einen stickstoffhaltigen Körper vertheidigt hat, so wird 
dadurch manches Verhältnifs aus dem Lebensprocefs der Zelle 
von ihrer ersten Entstehung an klarer und 'es zeigt sich, dafs 
besonders die metabolischen Kräfte (Schwann) in ihm sich 
centriren. “ 

Sobald sich. die stickstoffhaltigen Stoffe zu einem Cytobla- 
sten vereinigt haben, wirken sie auf dies Cytoblastem (die um- 
gebende Flüssigkeit) und verwandeln diese im Bereiche ihrer 
Kraft in/Gallerte und diese dann in Membranenstoff. So- 
bald diese Membran, die nun den Cytoblasten eng überzieht, 
gebildet ist, beginnt auch sogleich der Procefs der Endosmose, 
wodurch das umgebende Cytoblastem ins Innere der Zelle ge- 
führt, die Membran ausgedehnt und durch Aufnahme neuer 
schon assimilirter Molecule aus der umgebenden, durchströ- 
menden, oder eingeschlossenen Flüssigkeit wächst. Sobald 
aber durch die Ausdehnung der Membran und die Endosmose, 
die eine oder die andere Seite des Cytoblasten frei wird und 
aufs Neue mit dem Cytoblastem in Berührung kommt, mufs 
er, wenn seine Kraft noch nicht erschöpft ist, seine metabo- 
lische Thätigkeit wieder beginnen. Entweder ist hier Seine 
Kraft noch ganz dieselbe und die eingedrungene Flüssigkeit 


n 


275 


‘ 

ebenfalls dieselbe, dann bildet’ er sogleich‘ auf seiner freien 
Seite abermals Membranenstofi und schliefst so sich selbst in 
eine Duplicatur (der Zellenwand ein, dann ist er ‘aber auch 
meist dem ferneren Lebensprocefs entzogen‘ und ist persistent, 
ohne ferner bedeutend auf den: Inhalt der Zelle zu. wirken. 
Oder seine Kraft ist modifieirt oder die Natur der 'eindringen- 
den Flüfsigkeit ist eine andere als früher, dann können neue 
chemische Kräfte seine Auflösung und Verwandlung bewirken, 
oder das Product seiner metabolischen Thätigkeit ist nicht 
mehr Membranenstoff, sondern Stärke, Gummi, Schleim u. s. w. 
‘woher denn sehr natürlich diese Stoffe auf ihm oder an sei- 
nem Rande zuerst erscheinen, welche unverstandne Erschei- 
nung Meyen verführte eine: Bildung der Stärke u. s.w. aus 
ihm'anzunehmen. — Dabei kann es aber, was Meyens An- 
sicht am Besten widerlegt, vorkommen, dafs er selbst ‚entwe- 
der durch neue wirkende Kräfte aufgelöst und resorbirt wird 
(2. B. in der Kartoffel?) oder dafs er in der mit Stärke 
gefüllten Zelle persistent bleibt, wie z, B, bei den 
‚Cacteen, in der Zwiebel. von Amaryllis formosissima,; Mu- 
scari racemosum. — Dals ‘der Cytoblast "mit der: Bildung 
des Stärkemehls u. s.w. in gar keiner directen, ursprünglichen 
und’ hauptsächlichen Verbindnng steht, wie Meyen aus’eini- 
gen vereinzelten Thatsachen ‘geschlossen, geht schon aus sei- 
nenf gesammten Vorkommen hervor, indem er bald persistent, 
bald verschwindend ist, in einer Menge Zellen, ii denen keine 
Spur oder nur ein Minimum von Stärk& vorkonimt; indem er 
oft lange vor der Bildung der Stärke resorbirt wird, oft die 
Stärkebildung zwar hervorzurufen scheint, dabei aber auch zu- 
weilen aufgelöst wird, zuweilen aber auch trotz. der gebilde- 
ten Stärke unverändert in der Zelle verharrt. 

‘Indem ich das vorstehende niederschreibe bin ich mir 
recht wohl bewufst, wie wenig wissenschaftlicher Werth ‚einer 
so schwach begründeten Ansicht zukommt, aber sie giebt uns, 
wie mir scheint, lingerzeige, auf welchem Wege der Wahr- 
heit nachzuforschen, und ich würde mich ‚unendlich freuen, 
wenn es vielleicht einem glücklicheren‘ Forscher gelänge, ‚die 
chemische Natur des Oytoblasten auf irgend einem‘ Wege 
aufser Zweifel zu setzen. 

Auch werden vielleicht einmal darüber. Versuche möglich 


274 


werden, in wie weit die Bewegung des Zellensafts aus der 
chemischen Thätigkeit des Cytoblasten, der Adhäsion der von 
ihm beständig neu gebildeten ‘Flüfsigkeit an ‚die Zellenwände 
und ihrer Cohäsion in sich und endlich aus der physiealischen 
Differenz der eirculirenden Flüfsigkeit von dem übrigen Zel- 
lensaft zu erklären, möglich sey: 


4. ‚Ueber die Ausdehnung der vegetabilischen 
Faser durch Feuchtigkeit. 


Als Harun Alraschid- eines Tages guter Laune war, legte 
er seinen Weisen und Hofastronomen die Frage vor, wie es 
doch zugehe, dafs ein Gefäfs mit Wasser, in. das man einen 
zehnpfündigen Fisch‘ gethan, ‚nicht mehr wiege, als Gefäfs und 
Wasser ohne den Fisch. Die Weisen eilten ‚sogleich nach 
Hause, schlugen alte Palmrollen nach, befragten die. Sterne, 
dachten scharf nach und rechneten und bei der nächsten Ver- 
sammlung hatte jeder ‘zur grofsen Genugthuung. des ‚Chalifen 
eine vortreflliche Erklärung vorräthig‘ und die tiefsinnigeren 
hatten sogar aus‘ der Natur des Fisches ‚sonnenklar bewiesen, 
dafs sich die Sache garnicht anders verhalten könne. Lächelnd 
liefs der Chalif Wasser, Fisch und Waage bringen und. zeigte 
ihnen, dafs: das so scharfsinnig erklärte Phänomen gar nicht 
existire. „Quid rides, mutato nomine de te narratur fa- 
bula,“ könnte man mit Horaz den Weisen ‚unserer Tage, zu- 
rufen. Beispiele sind zur Hand. — 

Link (elem. phil. bot. pag. 366.) giebt als Unterschied 
der vegetabilischen und thierischen Faser an, dafs letztere sich 
in feuchtem Zustande 'ausdehne, im trocknen verkürze, was 
bei der vegetabilischen umgekehrt se. Er macht bei der da- 
für gesuchten Erklärung nun ‚freilich gleich einen Sprung, 
indem er’ statt von der»Verkürzung der Membran: selbst zu 
reden, von der Verringerung der Länge einer geschlossenen 
Zelle redet, was offenbar himmelweit verschieden ist. Denn 
um die Sache gleich :mathematisch zu fassen, so mufs'bei der 
Ausdehnung ‘einer fadenförmigen Zelle zur Kugel, wenn: die 
Länge der Fadenzelle weniger als 24 Rad. der Kugel beträgt, 
nothwendig ‚eine Ausdehnung der Membran in der Rich- 
tung der Meridiane statt finden, in der Richtung der Parallele 
versteht ‘sich die Ausdehnung ohnehin von selbst. — Oder 


275 


ümgekcehrt, man sieht‘aus diesem Beispiele, dafs selbst 'bei 'all- 
seitiger Ausdelinung der Zellenmembran eine Verkürzung. der 
‚Längsachse der Zelle; statt finden kann und-unter: bestimmten 
Voraussetzungen mothwendig statt finden :mufs, Doch es ist 
hier gar nicht der.Ort diefs im ‚Ganzen irrelevante. Verhält- 
nifs weiter zu verfolgen, — 

Meyen in seiner Physiol. Bd. I. pag. 30., fand diese 
Erklärung, bei der Link offenbar nur: das isolirte Factum des 
Strafiwerdens eines, angefeuchteten Seiles vor Augen hatte, 
lange nicht tiefsinnig genug und bewies ‚aus seiner Theorie 
‚der spiraligen Zusammensetzung der Zellenmembran, dafs sich 
die Sache nothwendig so verhalten müsse. — Abgesehen 
nun davon, dafs auch aus Meyen’s Theorie diese Folge gar 
nicht ‘mit logischer  Nothwendigkeit abgeleitet werden kann, 
(wer Lust hat, mag sich die im Buche gegebene Darstellung 
selbst in vollständige Syllogismen auflösen) so bleibt es für 
die Erklärung auch ewig ‘schade, dafs das zu erklärende Fa- 
ctum hier eben so wenig existirt, als in dem Problem des 
Harun Alraschid. — Jeder Handwerker, der mit Holz zu. thun 
hat, weifs seit Jahrhunderten, dafs dasHolz beim Austrocknen 
nach allen Dimensionen sich verkürzt und beim Feucht- 
werden nach allen Dimensionen ausdehnt, was respective 
eine Verlängerung oder Verkürzung der Membran in irgend 
einer Art ganz unbedimgt ausschliefst. — Im Kleinen‘ kann 
man die Versuche ebenfalls‘ sehr leicht anstellen, wenn man 
von einer trockenen Pflanzensubstanz, die aber nicht wie Holz 
so elastisch sein mufs, dafs sie ‚sich schon in Folge des Schnit- 
tes krümmt, und doch so diekwandige Zellen haben, dafs die 
Feuchtigkeit nicht so schnell die ganze Masse durchdringt, 
einen ‘zarten Schnitt macht und‘ diesen vorsichtig auf 'eine 
feuchte Glasplatte: legt, wo sich dann augenblicklich «das kleine 
Blättchen krümmt. —: Dabei ist‘ stets die feuchte Seite in 
Folge ihrer Ausdehnung die convexe. Sobald man nun auch 
die concave Seite anfeuchtet, dehnt sich diese‘ ebenfalls aus 
und.der Schnitt wird wieder eben, die Krümmung wieder aus- 
geglichen. — Läfst man einen Tropfen Wasser auf Papier fal- 
len, so bildet das Papier eine blasige Erhebung, oflenbar we- 
gen allseitiger Ausdehnung der Pflanzensubstanz durch Feuch- 
tigkeit. Dieselbe Erscheinung zeigen sogenannte fournirte d.h. 


276 

mit einer dünnen Holzplatte belegte Schreinerarbeiten. In bei- 
den Fällen kann man durch ein heifses Bügeleisen die. Erhe- 
bung wieder ausgleichen. „Im feuchten Zustande zeigt sich 
die zarte Membran der vollkommnen *) Pflanzen. straff ge- 
spannt, doch ihrer Feuchtigkeit beraubt, dehnt sie sich aus 
und zeigt Runzeln, welche wieder verschwinden, wenn man 
sie abermals befeuchtet,‘“ so stellt Meyen das Factum dar, 
welches er nachher so scharfsinnig erklärt. Die Sache ver- 
hält sich aber in der Wirklichkeit ganz anders. Zarte Pflan- 
zentheile verringern ihr ganzes Volumen (man beobachte jede 
welkende Pflanze) durch Austrocknen und ziehen sich auf einen 
bedeutend kleineren Raum zusammen, dabei dehnt sich aber 
die Membran nicht aus, sondern collabirt und bilden da- 
durch Falten, eben so wie jede entleerte, thierische Blase 'auch, 
weil ihre Straffheit zum gröfstentheil passiv und Folge der 
Ausspannung durch den flüssigen Inhalt ist. — 

Befestigt man aber irgend einen dünnwandigen Streifen 
‚Zellgewebes mit Wachs auf einer Glasplatte und läfst ihn so 
austrocknen, so zeigt derselbe, in der Längsrichtung befestigt, 
keine Querfalten, in der queren Richtung befestigt, keine Längs- 
falten selbst im trockensten Zustande. Wenn man dann aber 
mit einem scharfen Rasirmesser den trocknen Streifen in der 
Mitte durchschneidet, so entfernen sich die Schnittflächen plötz- 
lich um ein bedeutendes von einander, ein Beweis, dafs die 
Membran in einer ihr unnatürlichen Verlängerung erhalten 
war. — ; 

Uebrigens sind die verschiedenen Pflanzengewebe hinsicht- 
lich ihrer Ausdehnung im feuchten Zustande sehr verschieden. 
Am wenigsten scheint sich das Gewebe der Bastfasern auszu- 
dehnen und bei Linum usitatissimum schätze ich es nach 
einigen Versuchen auf 0,0005 bis 0,0000, wobei aber die Mög- 
lichkeit eines sehr bedeutenden Irrthums wegen der in den 
Uinständen begründeten Mangelhaftigkeit der Versuche gar nicht 
ausgeschlossen ist. — Am stärksten und regelmäfsigsten ist die 
Ausdehnung wohl bei dem gelatinösen. Zellgewebe z. B. der 
Fucoiden, weshalb man diese letzteren z. B. Laminaria sacha- 
rina, Scytosichon filum selbst zu Hygrometern angewendet hat. 


*) Etwa der unvollkommnen nicht? 


277 


Wenn man die Ausdehnung im feuchten Zustande nicht 
mit der gröfseren Dehnbarkeit verwechselt, so kaın man 
sich dabei durchaus nichts anderes denken, als eine Entfernung 
der Molecule von einander durch Interpositio der Molecule 
des Wassers, — Darin‘ kann natürlich die Natur des ange- 
feuchteten Stoffes, ob er organisch oder unorganisch, tlıierisch 
oder pflanzlich sei, auch nicht den mindesten Unterschied be- 
gründen, so weit nämlich das Wasser nur als eindringende 
Feuchtigkeit, nieht chemisch oder organisch (etwa als Reizmit- 
tel), wirkt. Daher war es auch schon abgesehen von aller 
Erfahrung a priori einzusehen, dafs darin gar kein Unterschied 
bei Thieren und Pflanzen stattfinden könne, — 


5. Ueber den Bau der Zellenmembran bei Moosen 
und Lebermoosen. 

Es ist ohne Zweifel interessant zu wissen, in wie fern die 
Pflanzenzelle in ihren Lebenserscheinungen in allen Pflanzen 
übereinstimmt und man daher zu dem Schlusse berechtigt ist, 
die Pflanzenzelle überall als ein und dasselbe plıysiologische 
Element anzusprechen. — In dieser Beziehung sind auch ver- 
einzelte Bemerkungen nicht ohne Werth und man wird den 
folgenden Angaben ihren Platz gönnen. — Ist schon bekann- 
tes darunter, so überschlage man das. — Bei der Sündfluth 
der botanischen Literatur kann man selbst bei den besten 
Hülfsmitteln nicht mehr alles neue im Einzelnen sogleich genau 
kennen; als ich diese Bemerkung niederschrieb, stand mir aber 
ohnehin keine Bibliothek zu Gebote, — 

Einer der wichtigsten und characteristischsten Momente 
im Lebensprocefs der Pflanzenzelle ist die Verdiekung der 
Membran durch schichtenweise Auflagerung, deren ursprüngliche 
spiralige Anordnung hoffentlich bald allgemein aufser Zweifel 
gesetzt sein wird. — Schon früh hat man den spiraligen Bil- 
dungen eine grofse Wichtigkeit beigelegt, fafste ihre Bedeu- 
tung aber zu einseitig, indem man namentlich die porösen Ge- 
bilde davon ansschlofs, die im Wesentlichen doch nach dem- 
selben Gesetz gebildet sind. — Wenn man nun nach so vielen 
neuern Untersuchungen die Idee, dafs wir an der Spiralbildung 
ein absonderliches dem Zellensystem entgegengesetztes Elemen- 
tarorgan besitzen, aufgeben und vielmehr annehmen mufs, dafs 


278 


die. spiralige Bildung einschliefslich 'der ‘porösen, nur ein cha- 
racteristischer Zug im Lebensprocefs derPflanzenzelle überhaupt 
ist, so wird uns dieselbe (doch ein Mittel sein, um zu 'erken- 
nen, ob wir unter dem ‚Begriff Zellen nicht Elemente von ver- 
schiedener Bedeutung zusammenfassen ‚und wir werden immer, 
wo wir gleiche Entwieklungsstufen- finden, ‚einen wichtigen An- 
haltspunct gewinnen, um. die Identität der Elemente anzuneh- 
men und dadurch uns für berechtigt halten dürfen, auch andere 
Vorgänge im Leben der Pflanzenzelle ad. analogiam auf die 
Zellen zu übertragen, bei denen sie noch nicht direet beobach- 
tet sind. — 

So viel ich weifßs, kennt man das Vorkommen shäliger 
Bildungen bis jetzt nur bei den Reproductionsorganen der Le- 
bermoose in den Elateren und Fruchtklappen.*)' Dieselben 
sind aber bei den Marchantiaceen nicht weniger auffallend 
in den vegetativen ‚Organen entwickelt. Das Laubparenchyma 
bei Marchantia polymorpha und Fegatella conica. besteht 
fast ganz aus Zellen, deren Wandungen auf das deutlichste 
porös, ‘oder (besonders bei M, polyın.) sehr zierlich netzför- 
mig verdickt erscheinen. - Diese  Verdiekung der Zellenwan- 
dung geht in älteren Theilen und in der Nähe der Mittelner- 
ven soweit, dafs man auf Querschnitten deutlich die Poren- 
kanäle erkennen kaun. — 

Unter den Laubmoosen zeichnen sich die ächten Dieranı, 
2. B. D. Schraderi, spurium etc. durch ‚Blattzellen aus, die 
sehr. diekwandig sind und deren aneinanderstofsende ‚Seiten- 
wände ebenfalls deutlich von oft sehr weiten, oft trichterför- 
migen Porenkanälen durchbohrt sind, ähnlich wie es die Ober- 
haut so vieler Phanerogamen zeigt. Noch ausgezeichneter tre- 
ten aber diese spiraligen und porösen Gebilde bei den 
Sphagneae und der verwandten von Hampe aufgestellten 
sehr natürlichen Familie der Leucophaneae auf. — Die Stru- 
cetur der Zellen von Sphagnum, Leucobryum vulgare Hampe 
(Dieranum glaucum) und Octoblepharum albidum ist dureh 
Mohl, wie mir scheint, zur Genüge erörtert; ich‘ kann hier 
also nur noch einige quantitative Beiträge liefern. — Die 


*) Besonders schöne und interessante Formen finden sich hier 
bei Pellia epiphylla. \ 


279 


eigenthümlichen grofsen Poren, die in älteren Zuständen des 
Blattes wirkliche Löcher werden (ähnlich wie bei den Scheide- 
wänden der Gefäfse der Phanerogamen) finden sich aufser bei 
den genannten noch bei Octoblepharum ‚cylindricum Schimp., 
Didymodon sphagnoides Hook und bei Leucobryum' minus, 
albidum, und longifolium Hampe.*) Alle,von Hampe zu 
den Leucophaneae gezählten Moose characterisiren sich, eben 
so,'wie die Sphagneae, ‚sogleich durch. die Eigenthümlichkei- 
ten des Blattbaues, indem ihre Blätter aus zwei verschiedenen 
Arten:von Zellen bestehen, aus schmalen mit Chlorophyll an- 
gefüllten und aus weiteren, wasserhellen, von Poren, die spä- 
ter in Löcher übergehen, durchbohrten Zellen. — Die Ver- 
schiedenheiten beruhen mit: Ausnahme des Baues der. Zellen- 
wände besonders in der Anordnung dieser ‚beiden Zellenarten. 
Bei den ‚Sphagneae liegen beide mehr oder weniger in einer 
Ebene und bilden so nur eine Schicht, aus der das ganze, Blatt 
besteht, bei den Leucophaneae sind die grünen Zellen jedes- 
mal -auf beiden Seiten. mit 1, 2 oder 3 Bogen. der gröfsern 
wasserhellen, durchlöcherten Zellen ‚bedeckt. — Durch diese 
Anordnung, wobei die grünen Zellen sehr zurücktreten, ist eben 
der die ganze Familie auf den ersten Blick. characterisirende 
color glaucus und der ‚eigenthümliche eben so schnell trok- 
ken und zerbrechlich, als feucht und biegsam werdende habi- 
tus bedingt. — 


r 


6. Zur Kenntnifs von Pellia epiphylla. 
In vielfacher Beziehung ist diese kleine Pflanze 'eine der 
interessantesten unter den Lebermoosen und da’ sie, wie mir 
scheint, hauptsächlich den. Uebergang von den Jungermannien 
zu den. Marchantien vermittelt, letztere aber sich am nächsten 
den Rliizocarpeen anzuschliefsen, und somit die. Lebermoose 
überhaupt über. die Laubmoose zu «erheben scheinen, so ver- 
dient sie alle Beachtung. — 

Nees spricht in seiner vortreflichen ‚Arbeit über die 
europäischen Lebermoose noch sehr zweifelnd über die soge- , 


*) Die Bestimmung dieser Moose ist zuverlässig, da sie mir alle 
mit bekannter Liebenswürdigkeit von Hampe selbst mitgetheilt 
wurden. — 


'280 


nannten Antheren dieser Pflanze) ohne dafs ich den "Grund da- 
von einsehe, Die Antheren genannte Gebilde, die auch ich 
bei (der var. aeruginosa am häufigsten fand, unterscheiden 
sich von den gleichen‘ Organen’ bei Fegatella' coniea allein 
dadurch, dafs sie noch vereinzelt und in unregelmäfsigen Grup- 
pen stehen, während sie bei ‘der letzteren Pflanze schon’ in ein 
bestimmt gestaltetes Stück des Laubes vereinigt sind, jedoch 
noch ohne sich wie bei Marchantia "polymorpha 'auf einer 
aufrechten Verlängerung der Mittelrippe, als ein gesondertes 
Stück des Laubes, über dasselbe zu erheben. — In Hinsicht 
des sonstigen Baues sind die Unterschiede völlig unwesentlich, 
indem sie bei'Fegatella c. etwas länglich, bei P. epiph. rund 
sind und bei der ersten Pflanze, der die Blattsubstanz durch- 
bohrende 'Ausführungsgang (richtiger ‘die ‘obere Oefinung ‘der 
Einsenkung) wegen der gröfsern Masse ‘des Zellgewebes bei 
Fegat. natürlich länger erscheint. ‘Bei beiden besteht die 
Anthere aus einem kurz gestielten Körper, dessen “äufsere 
Schicht (oder Haut) aus einer einfachen Lage gröfserer, mit 
einzelnen Chlorophylikörnern erfüllter Zellen gebildet wird, 
während die innere Masse, wahrscheinlich noch durch eine 
eigene grofse, zartwandige Zelle umschlossen, anfänglich aus 
einer schleimigen mit kleinen, zarten Cytoblasten gemischten 
Flüssigkeit, dann aus ganz lockeren, rundlichen, äufserst zart- 
wandigen und endlich aus etwas gröfsern, polyedrischen Zeh 
len ebenfalls aber noch mit zarten, fast gallertartigen Wänden 
besteht, in denen 'sich die so berühmt gewordenen Spermato- 
zoen (einzelne Spiralfibern?) bilden. Diese letztern habe ich 
zwar 'bei Pellia noch nicht beobachtet, ‘desto ausgezeichneter 
und deutlicher aber bei Fegatella. Morphologisch dürften 
diese sogenannten Antheren den Eichen der Phanerogamien 
entsprechen. — 

Pellia epiphylla zeigt aber noch eine anatomische Merk- 
würdigkeit, die ich bei Nees nicht angewendet finde, die mir 
gleichwohl bei einer so einfachen Pflanze von höchster Be- 
deutsamkeit erscheint und: sie doppelt interessant macht. Das 
ganze Laubparenchym wird nämlich von einem ganz eigen- 
thümlichen Gefäfssystem durchzogen, . Soviel mir. bis jetzt zu 
erkennen möglich war, besitzen ‚diese, Gefäfse ‚keine ‚eignen 
Wände und sind daher auch nur als eine höchst seltsame 


« 281 


Forinsder. Intereellulargänge anzusehen. ı ‚Sie-entstehen nämlich 
nicht allein da, wo drei oder. mehrere Zellen zusauimenstofsen, 
wie. bei- gewöhnlichen ‚Intercellulargängen, ‘sondern ähnlich, wie 
bei einigen: Arten des! kurzstrahligen, sternförmigen, Zeilgewe- 
bes (z.B. Meyen: Phys. ‚Bd. 1... Taf. II. Fig,2, links, Fig. 4) 
“aueh.an der längern Seite zwischen. je zwei aneinanderliegen- 
den Zellen durch Auseinanderweichen der Wände. , Da. die 
Zellen hier aber nicht flächenförmig, sondern  parenehymatös 
aneinder liegen, so: laufen diese Intercellulargänge wie Bänder 
um‘.die fast  tonnenförmigen Zellen herum. - Es ist schwer, 
diese‘ Bildung durch Worte deutlich zu machen und ‚ich ver- 
weise daher lieber auf die treu nach der Natur gemachte 
Abbildung Taf. VIII, Fig. 1. Bei alle dem würde diese Struk- 
tur eben niclits so sehr auffallendes haben, wenn die’ so ent- 
standenen Gefäfse nicht einen eigenthümlichen Saft führten, der 
bei den grünen Varietäten blafsgelb, bei den dunklern z.B. bei 
aeruginosa tief purpurroth, ist und ‚eben die eigenthümliche 
Färbung der Pflanze bedingt. Ueber die physiologische Be- 
deutung-dieser: Organe kann ich zur Zeit noch, durchaus keine 
Ansicht äufsern, da es mir noch an allen ‚Analogien selbst in 
‚den nächst verwandten Pflanzen fehlt, denn. schon Aneura 
pinguis zeigt keine Spur davon. — 


7. Ueber den Bau des Eichens bei den Ericeen, 
Scleranthaceen, Ranunculaceen und Typhaceen. 

\a. In vielen Handbüchern,'z. B, bei Lindley nat. hist. 
of bot. findet man bei Beschreibung der Ericeenformen, die 
Worte radieula hilo opposita.. Oflenbar ist‘das aus einer 
Verwechselung von hilum und Chalaza bei einseitiger Be- 
trachtung des reifen Saamens hervorgegangen, denn alle Ericeen,, 
die ich bis jetzt untersucht habe, zeigen ein anatropes Eichen 
mit einfachem (?) Integument, woraus von selbst folgt, dafs 
beim reifen Saamen eine radicula hilo proxima vorhanden, 
sein mufs, wie das auch von Kunth, or. berol. 1838 ganz 
richtig angegeben wird. — \ 

b. In Koch’s synopsis. flor. germ. etc. heifst \es. bei 
Scleranthus „ovarium wniloculare, biovulatum, ovulis in 
apice funiculi e basi ovarü orti, altero aborliente.“ In Nees 
v.‚Esenbeek genera pl. fl. germ. etc. lautet die Beschreibung 


282 

derselben Pflanze germen biloculare, loculis uniovulatis 
ovulis pendulis und dies biloculare ovarium mit zwei ovu- 
lis ist sogar abgebildet. Leider mufs ich hier abermals bemer 
ken,"dafs die angebliche Analyse aus dem Kopf nach''einer 
falschen Beschreibung gezeichnet: ist. . Denn’ nicht einmal die 
Koch’sche noch weniger die letzte Beschreibung stimmen’ im 
geringsten. mit der Natur überein. — Bei Seleranthus ist nur 
ein einziges ovulum vorhanden, für welches man den von 
Meyen' vorgeschlagenen, äufserst zweckmäfsigen Ausdruck 
ovulum ditropum gebrauchen kann, äufserst zweckmäfsig des- 
halb, um diese ovula von einer andern von Meyen damit 
zusammengeworfenen Form zu unterscheiden. — Es ist näm- 
lich 'ein an sich gekrümmtes (bei Scleranthus freilich campy- 
lotropes) Eichen, welches an einem langen funiculus (nicht 
placenta filiformis) hängt. Das ovulum entsteht bei dieser 
Pflanze als ovulum atropum erectum, sessile in der Basis 
des Ovarium und erst nachher bei weiterer Entwicklung krümmt 
es sich, indem sich zugleich der funiculus so ausnehmend ver- 
längert. Sehr von dieser Form (zu der unter andern auch 
die Eichen der Chenopodeen gehören) verschieden ist die 
ächte placenta centralis libera piliformis bei den Plumba- 
gineen. Hier bildet sich nämlich zuerst die freie placenta 
und erst später an der Spitze derselben das hängende anatrope 
Eichen (cf. Wiegmanns Archiv Jahrgang 3. 1837. Taf. VII. 
Fig. 19— 23). Der Unterschied ergiebt sich bei diesem ovario 
uniovulato nur aus der Entwicklungsgeschichte, während es 
bei den mehreiigen Santalaceen von selbst klar ist, dafs der 
fadenförmige Träger eine placenta und kein funieulus ist. 
Die. richtige Angabe’ über den Eibau bei Sceleranthus findet 
man übrigens ebenfalls in Kunths vortrefllicher Flora bero- 
linensis. — 

' ec. Linne setzte für die Beschreibung der Reproduktions- 
organe einen bestimmten Zeitpunkt fest, nämlich für die Blüthen- 
theile den der völlig entwickelten Blume im Moment der Aus- 
streuung des Pollen, für die Frucht dagegen den Moment der 
Reife, d. h. meist \der natürlichen Trennung der Frucht von 
der Mutterpflanze und daran that er sehr recht. Freilich hatte 
Linne gut beschreiben, denn was er nicht mit blofsen Augen 
oder höchstens mit einem mäfsigen Suchglase sah, das über- 


283: 


ging. er mit 'Stillsehweigen.. Es, zeigte, sich ‚aber bald das: 
Bedürfnifs, auf Theile, Rücksicht zu‘ nehmen, die dem blo- 
fsen Auge nicht erkennbar sind und besonders, seit man der 
natürlichen Anordnung der Pflanzen den’ Vorzug gab, mufste 
man nothwendig auch den Bau des ovulum in Betracht ziehen. 
Bis jetzt steht nun freilich ziemlich allgemein die Sache noch 
so, dafs nur wenige. mehr physiologische Botaniker sich mit 
der Untersuchung des Eibaues und der Entwicklung des Saa- 
mens abgegeben haben, woher denn die mehr systematischen 
Botaniker ihre Angaben auf Treu: und Glauben entlehnen, oder 
ohne solehe Vorgänger den’ Bau des reifen Saamens mutato 
nomine auf das Ovulum übertragen.*) Wer indessen ‘nicht 
ganz uhwissend: in. der. -Entwicklungsgeschichte der Pflanzen 
ist, weifs recht wohl, dafs die’ allmäligen Veränderungen in 
Folge der Ausbildung oft so bedeutend sind, dafs selbst die 
Zurückführung späterer Zustände auf die wirklich beobachte- 
ten früheren, ohne stetige Verfolgung des Entwicklungsganges 
ganz ohnmöglich wird. So nimmt es. sich denn: wunderlich 
genug aus, wenn die Beschreiber mit ganz ernsthafter Miene, 
als hätten sie’s wirklich mit eignen Augen gesehen, z. B. bei 
Fiscum von einem Ovario uniloculare, ovulo pendulo oder 
bei Corylus von einem Ovario biloculare, ovulis initio ere- 
clis mox pendulis reden;**) zum Glück sind: die Schüler gut- 
müthig genug, es dem Lehrer aufs Wort zu glauben, denn sonst 
würde einer leicht sein Leben vergebens daran setzen, um die 
schöne Beschreibung in der Natur bestätigt zu finden. — 
Hat man aber einmal und zwar: sehr mit Recht auf die 
Beschreibung der 'Eibildung einen wesentlichen Werth gelegt, 
und sieht man auf der andern Seite täglich mehr ein, dafs die 


*) Dafs aber auch dabei oft Zufall und Laune das meiste thun, 
beweist unter andern die Stellung der Nymphaceen in Kunths aus- 
gezeichneter, sonst so durchweg nach eignen, neuen Untersuchungen 
bearbeiteter Flora berolinensis, Berlin 4838. , Dafs daselbst die 
Nymphaeacene noch. unter, den Monocotyledonen stehen und zwar 
als Butomeis prowime affines, dafs dabei die. Untersuchungen von 
Brogniart, Mirbel, Brown undLindley gänzlich ignorirt wer- 
den, ist nicht wohl zu begreifen. — 

**) Versteht sich ovarium in dem Zustande zur Zeit der Blüthe 
verstanden. — h 


284 


Pflanze kein Crystall ist, den man heute liegen- lassen und im 


10 Jahren noch: in derselben Gestalt wiederfinden kann, 'son- 
dern ‘dafs sie in ewig reger, lebendiger Entwicklung der For- 
men’ bald’ diese bald’ jene Seite ihres Lebens manifestirt, und 
so ‘dem Beobachter in jedem einzelnen Momente entschlüpfend, 
überall nicht als ein im gegebnen Augenblick fertiges, sonderir 
nur als der Inbegriff vieler Entwicklungsstufen und als der Ge- 
sammtausdruck eines ewig fortlaufenden Processes gefafst wer- 
den kann, so ist auch klar, dafs mit der bisherigen Behand- 
lungsweise nicht viel wissenschaftliches geschafft wird und dafs 
im conereten Falle einestheils für die Beschreibung des Eibaus 
nach Linneschem Princip bestimmte Momente festgesetzt wer- 
den müssen, anderntheils aber auch der Gang der Entwicklung 
bezeichnet werden mufs, durch welchen etwa scheinbare Ver- 
schiedenheiten in gegebnen Momenten zu einer höhern Einheit 
ausgeglichen, oder scheinbare Gleichheiten wegen der Verschie- 
denheit des Entwicklungsprineips in ihre gehörigen Glieder 
aufgelöst werden. Rob. Brown ist auch hier der Name, der 
den rechten Weg zuerst betreten und die nöthigen Fingerzeige 
gegeben hat, freilich hier wie in so vielen Fällen, ohne dafs 
Einer die geistreichen Andeutungen benutzt und verfolgt hätte. 
Rob. Brown, getroffen von dem scheinbaren Widerspruch in 
einem genus (Evonymus) zugleich hängende und aufrechte 
Eichen zu finden, forschte weiter, fand das Gesetz, dafs die 
raphe beim Ei stets au der der placenta zugekehrten Seite 
verläuft, dafs bei den ovulis pendulis Evonymi dies nicht der 
Fall ist, dafs sie aber ovula erecta werden, wenn man in 
Gedanken die raphe wieder in die rechte Lage bringt, dafs 
also die ovula nur scheinbar hängend, eigentlich nur nieder- 
gebogene, aufrechte Eichen seien. Die Richtigkeit dieser Er- 
klärung wird durch die Entwicklungsgeschichte bestätigt. So- 
viel ich weifs, hat Niemand diese Untersuchungen Browns 
benutzt, um in würdiger Nacheiferung ähnliche die klare 
Durchschauung der Verwandtschaft trübende Anomalien auf- 
zulösen, wozu die Ranuneulaceen eine herrliche Gelegenheit 
bieten. Man hat die einsaamigen Pflanzen dieser Familie nach 
dem Unterschied der hängenden und aufrechten Eichen (?) in 
Banunculeae und Anemoneae eingetheilt und sich übrigens 
bei der so wichtigen Verschiedenheit in so nahe verwandten 


285 


Pflanzen beruhigt. Bei beiden Abtheilungen. ist ‘aber. das Ovu- 
lum in einem nicht, gar zu frühen Zustande völlig-gleich ge- 
baut, ovulum adscendens anatropum Taf! VII. Fig.2-—-3, spä- 
ter entwickelt es sich, bedingt: dureh die Entwicklung ; der 
Eihöhle entweder allein nach oben und wird dann ein ovulum 
erectum anatropum Taf. VII. Fig. 4, oder es wird gezwungen, 
den Raum unter sich zur Entwicklung zu benutzen, ‚es biegt 
sich von, der placenta ab. nach unten und wird dannein ovu- 
lum spurie pendulum, anatropumsiraphe aversa Taf, VI.; 
Fig. 5. Bei vielen Arten ist zur- Zeit der. Blüthe‘ im: unbe- 
fruchteten Zustande ‚noch ‚gar keine. Differenz wahrzunehmen‘ 
(z.B: zwischen Ranunculus und ‚Myosurus) und\bei allen 
übrigen gehen ‘die Mittelformen so allmälig in einander. ‚über, 
dafs dies Moment zur Zeit der Blüthe als 'Eintheilungsgrund 
absolut unbrauchbar wird. Zur. Zeit der Saamenreife liefert 
er, allerdings einen scharfen Unterschied. ‘, Da wir aber untrenn- 
bare,genera (Evonymus) haben, in, welchen diese‘ doppelte 
Form vorkommt, so darf dies Merkmal auf keinen Fall benutzt 
werden, um eine Trennung zu begründen und, zu 'rechtferti- 
gen, wo dieselbe ‚nicht schon anderweit evident von ‚der, Na- 
tur ausgesprochen ist, und zwar um so weniger, da die Natur, 
überhaupt auf den Eibau bei den Ranunculaceen gar keinen 
Werth gelegt hat: und Verhältnisse, die sonst: innerhalb der 
Grenzen einer Familie die constantesten sind, hier zu den aller- 
variabelsten gehören. Hieher gehört namentlich auch die Zahl 
der Eihäute, die sogar in demselben Genus varirt. 
Integumentum simplex haben: 

Thalvitrum, Anemone, Hepatica, Ranunculus, Ficaria, 
Caltha, Helleborus, Delphinium tricorne et chilense und. die 
Podophylleae. 

Integumentum duple& haben: 

Clematis, Adonis, Trollius, Isopyrum, Aquilegia, Aco- 
nitum, Paeonia, Delphinium fissum, elatum, bicolor, Conso- 
lida, Ajacis und die Magnoliaceae. Ich will gar nicht in 
Abrede stellen, dafs bei der ‚grofsen Schwierigkeit, die meisten 
Pflanzen dieser Familie rücksichtlich ihres. ursprünglichen Ei- 
baues, der meist, schon in der. entwickelten Knospe, nicht mehr 
zu erkennen ist,,zu untersuchen, sich: in..das vorstehende’ Ver- 
zeichnifs (namentlich vielleicht. bei, Delphinium). nicht Fehler 

V. Jahrg. ı Band, 49 


286 

sollten eingeschlichen ‚haben. Wenn aber, wie ich hoffe, nur 
der gröfsere Theil richtig ist, so 'bleibt das Resultat ‚gerecht! 
fertigt, dafs die Zahl der Eihäute, die in den meisten andern 
Familien von starrer Constanz ist, hier durchaus als veränderli- 
ches’ und somit untergeordnetes Merkmal erscheint, nach wel- 
chem allein die Familie ‚weder beschränkt noch ie 
werden dürfte, — 

d. Ein Beispiel ähnlicher Anomalien findet man in der 
Familie der Aroideen. ‘ Hier ist nichts''eonstant bei der Eibil- 
dung als das allen Monocotyledonen zukommende Integumen- 
tum duplex. Uebrigens findet man in dieser Familie ovula 
erecta (Arum), pendula (Pothos), atropa (Sauromatum), 
hemianatropa (Meconostigma), anatropa (Calla), und selbst 
wenn man will Aypertropa (Orontium aquaticum). Die 
Typhaceae hatte Rob. Brown mit den Aroideen vereinigt, 
Lindl&y hat sie wieder davon getrennt und wie es scheint 
hauptsächlich auch wegen des hängenden Eichens. ' Abgesehen 
davon, dafs bei den Aroideen hängende Eichen "nicht selten 
sind, was Lindley vergessen, so sind auch die’ ovula bei 
den Typhaceae ebenfalls nur spurie pendula, denn auch bei 
ihnen findet man die raphe aversa. — 


8: Ueber das Zerfallen der Conferven in ihre ein- 
zelnen Glieder. 

Meyen sagt in seiner Physiologie (Bd. III. pag. 417) von 
den Spirogyren, dafs die Glieder derselben so fest mit ein- 
ander verwachsen seien, dafs sie sich niemals'in ihren Ver- 
wachsungsflächen lösen. Freilich spricht er selon auf dersel- 
ben Seite etwa zehn Zeilen weiter von einem Zerfallen der- 
selben in ihre einzelnen Glieder, es mufs also mit: dem \nie- 
mals wohl nicht so ernst gemeint sein. ‘Es ist in der That 
auch nicht möglich, dafs Jemandem, der nur irgend genau Con- 
ferven beobachtet, diese so ganz alltägliche Thatsache entgan- 


gen sein sollte. Den eigentlichen Vorgang der Trennungfinde 
ich aber nirgends vollständig’beschrieben und'nur eine'einzelne 


Stufe derselben! ist'zwar richtig aber nicht "im "vollständigen 


Zusammenhange aufgefafst bei Mo'hl (Vermehrung' der 'Pfan- ' 
zenzelle durch Theilung 1835 pag.19) dargestellt. — 18 


Ich will mich hier vorläufig auf ‚Spirogyra . quinina 


287 


beschränken, an welcher man drei verschiedene Arten der Thei- 
lung des Fadens zu beobachten Gelegenheit hat. — 

Die erste Art kommt vielleicht allen zelligen Conferven 
zu, wenigstens den frei schwimmenden, bei denen kein Wur- 
zelende zu unterscheiden ist. Eigentlich gehört sie nicht 
hierher, da sie eine pathologische Erscheinung ist. ‘Wenn 
nämlich irgend ein einzelnes Glied durch einen Zufall einge- 
knickt oder sonst verletzt wird, so stirbt es ab. Schon wenige 
Minuten nach dem Eingriff zeigen sich die beiden Enden der 
angrenzenden Glieder, die vorher grade und eben waren, nach 
dem zerstörten Gliede zu gewölbt und nehmen bald vollstän- 
dig die abgerundeten Formen an, die man gewöhnlich an den 
freien Enden der Confervenfäden sieht (Taf. VII. Fig. 6). — 

Die zweite und dritte Art der Trennung der Glieder ge- 
hören aber zum gesunden Lebensprocefs der Pflanze und be- 
sonders ist die zweite ein höchst complicirtes Wachsthums- 
phänomen. Es entsteht hier nämlich in dem flachen, kreis- 
förmigen Theile der Zellenmembran, welche mit dem _glei- 
chen Stück der anliegenden Zelle die Scheidewand zwischen 
je zwei Gliedern bildet, eine kreisförmige Falte etwas vom | 
Rande der Scheidewand entfernt (Fig. 8, a.). Diese Falte er- 
hebt sich allmälig in das Innere der Zelle zu der bedeutenden 
Höhe ihres Durchmessers (fig.8.b). Durch diese Falte ist nun eine 
Verlängerung der einzelnen Zelle bedingt, die aber noch nicht 
in die Erscheinung tritt, weil sie noch in den Schlauch ein- 
gestülpt ist. Bald aher fängt sie an sich auszustülpen und da- 
durch die bis dahin sich noch berührenden Theile der Zellen- 
wände von einander zu entfernen. Gewöhnlich zeigt sich da- 
bei eine Zelle als die stärkere und schiebt sich zuerst hervor, 
so dafs die andere so lange warten mufs, bis die erste fertig 
ist (Fig. 8, c.); ja sie treibt selbst die andere Falte wohl noch 
tiefer in den Schlauch hinein, soweit ihre Länge es erlaubt 
(Fig. 9, a.). Anfänglich dehnt sich dabei die gallertartige, 
äufsere Membran, die gleichförmig alle Glieder überzieht, aus 
(Fig. 8, c. Fig. 9, a.), nach und nach aber reifst sie ein und 
die freien Lappen werden aufgelöst (Fig. 9, b. Fig. 10). Dicht 
innerhalb der kreisförmigen Falte hängen die beiden Glieder. 
am längsten in einer kreisförmigen Linie zusammen (Fig. 10.), 
indem sie sich in der Mitte des Kreises ‘schon sehr früh 

19* 


288 


getrennt haben. Endlich löst sich ‚auch diese Verbindung und 
die nun freien Enden: erscheinen wie Fig. 9, b.,'so wie sie 
auch schon von Mohl a. a. O. sehr treu abgebildet sind. 

Die dritte Art der Trennung ist viel einfacher. Sie be- 
ginnt auch mit einer ‚kreisförmigen Erhebung der Menıbran 
(Fig. 7, a.). Aber ehe diese Erhebung noch weit fortgeschrit- 
ten ist, entfernen sich die ‚Wände in der Mitte des Kreises 
vollständig von einander (Fig. 7, b.), die Scheidewände bilden 
eine Wölbung nach dem Innern jeder Zelle und werden all- 
mälig, wie es scheint, durch Ausdehnung des äufsern Gallert- 
schlauches von einander entfernt (Fig. 7, c.). Endlich zerreifst 
letztere und die Glieder sind isolirt. — h 

. „Diese letzte Form kommt amı häufigsten bei den Gliedern 
vor, die bereits eine Spore enthalten, doch fand ich sie auch 
an unbefruchteten Gliedern, so wie, die erstern obwohl, sehr 
selten auch bei sporentragenden Gliedern, vorkommt, Da ich 
zuweilen beide Arten der Trennung an einem und demselben 
Faden gefunden habe, so widerlegt sich ‚mir ‚dadurch eine 
früher gehegte Meinung, dafs: man die Art der Trennung, zur 
specifischen Diagnose benutzen könne. “Ueberhaupt bin ich 
nach jahrelangen genauen Beobachtungen ebenfalls‘ zu der 
Ansicht gekommen, dafs alle Conferven mit einem einfachen 
Spiralbande nur einer Species angehören, die nach: Alter, 
Standort u. Ss. w. mannigfach abändert. — 

Durch diese eben beschriebnen Arten der Trennung wird 
nun aber der Faden keineswegs immer in alle seine Glieder 
aufgelöst, sondern meist nur in mehrere kürzere Fäden, , Es 
werden nämlich, ohne dafs ich bis jetzt den Grund davon auf- 
finden konnte, häufig ein oder mehrere Glieder übersprungen, 
ja es findet zuweilen in der ganzen Länge eines Fadens nur 
eine einzige solche Trennung in der Mitte statt und ich kann 
in diesem speciellen Falle Mohl’s Ansicht von der Vermeh- 
rung der Zellen durch Bildung von Scheidewänden nicht bei- 
stimmen, da mir kein eigentlicher Grund dazu vorzuliegen 
scheint. — 


9, Ueber die Spiralzellensehicht in der Frucht der 
Laurineen. 


Man hat wohl die eigenthümliche Schicht von Spiralzellen 


Bien nenn le ni mn U 


289 


in der‘ Frucht ‘der  Gassytha als einen Hülfsgrund angeführt, 
um die Cassythaceae als eigne Abtheilung von den Lauri- 
neae zu trennen. So wenig nun ein anderer Grund meiner 
Ansicht nach’ eine solche Trennung rechtfertigt,.so wenig ist 
dieser im Stande eine solche Spaltung zu begünstigen. Dafs 
man jene Zellenschicht bisher nur bei Gassytha gefunden, 
beruht allein auf mangelhafter Untersuchung der Laurineen- 
frucht.*) Da mir von Laurus nobilis nur ganz alte Offizin- 
Exemplare zu Gebote standen, habe ich bei dieser Art freilich 
iicht klar darüber werden können, ob die Spiralzellen vor- 
handen sind ‘oder nicht. Ich vermuthe aber, dafs sie auch hier 
vorhanden sind, was an ‘frischen Exemplaren leicht auszu- 
machen wäre. Sehr schön entwickelt ist diese Zellenschicht 
dagegen bei Sussafras, Benzoin und Laurus (?) geniculata 
Wall. Es ist noch nicht eigentlich ausgemacht, welchem Theile 
der Frucht diese Spiralzellen ‘bei 'Cassytiia sowohl als bei 
den'Läurineen angehören. Leider stand mir keine vollständige 
Entwicklungsgeschichte, ja nicht einmal ein einzelner: Mittel- 
zustand frisch zu Gebote. Ich mufs mich daher ‘begnügen, 
mitzutheilen, was sich aus den von mir’ trocken untersuchten 
Früchten ergiebt. Bei Sassafras (womit die beiden andern 
Laurineen übereinstimmen), zeigt die Lage der placenta, dafs 
die auf die lederartige, äufsere Hülle folgende, dünne Haut, 
die aus gelbraunen etwas flachen, nach Aufsen und Innen stark 
verdickten Zellen besteht (1), die äufserste den Saamenintegu- 
inenten angehörige Membran ist. Auf dieselbe nach Innen 
folgt eine Lage in die Länge gestreckter, dickwandiger, auf- 
reelıtstehender Zellen (2), dann mehrere Schichten braungelber, 
sehr flacher, ebenfalls dickwandiger Zellen (3) und nun die 
Spiralzellenschicht (4), zwischen welcher und dem Embryosack 
noch eine Lage flacher, grofser Parenchymzellen (5) liegt. 
Wendet man auf diese Verhältnisse die Analogie der Thyma- 
leen an, so ist die erste Lage (1) das ganze integumentum 
extermium in zusammengedrängtem Zustande, (2) die epider. 
mis externa integumenti interni, (3) das Parenchyma der- 


„) Ich bemorke ausdrücklich, /dafs ieh bis jetzt noch nicht Gele- 
genheit und Zeit hatte, Esenbecks Monographie der Laurincen 
durchzuarbeiten. — 


— 


x 


selben, (4) die epidermis interna integ. int. und (5) ‚die 
membrana nuclei. — 

Die; vielen Verwandschaftsbeziehungen zwischen 'Thyma- 
leen und Laurineen, so wie diese Gleichheit, in der Ausbil- 
dung der Saamenintegumente scheinen sich recht gut gegen- 
seitig zu unterstützen. — 

Eine sehr schöne Spiralzellenschicht in. der. epidermis 
der membrana interna, besonders. merkwürdig wegen ‚ihrer 
Entwicklungsgeschichte ‚findet sich auch noch bei Sparrman- 
nia africana. Meyen wird sie wahrscheinlich (nach seiner 
Acufßerung Wiegmanns Archiv Jahrg. 5. Bd. 2. ;p. 17—18) 
nicht für Spiralfibern gelten lassen, indefs. mufs ich bei der 
Unbestimmtheit seiner . Worte vorläufig warten, bis es ihm ge- 
fällt, ein Gesetz über: die, ‚erforderliche Dicke der legitimen 
Spiralfaser zu erlassen. Besser ‚hätte er; freilich. ‚gethan und 
der Wissenschaft mehr genützt, wenn er statt dieses unerfreu- 
lichen: Zanks über die, Dicke der Fiber ‚lieber, genau bestimmt 
hätte, welchem Theil des Saamens die Spiralfibern bei Punica 
angehören, was: er ja wissen mufs, da er,sie untersucht hat; 
ich selbst hatte hierzu noch keine Gelegenheit. — 


10. Spaltöffnungen auf Saamenintegumenten. 

Bei genauer Untersuchung einer reifen Frucht von Ne- 
lumbium ‚speciosum fand ich an einer dünnen Membran, die 
ohne Zweifel eine der Eihäute war, eine ‚zahllose Menge 
Spaltöffnungen, deren Bau auch nicht im-geringsten von dem 
an den Blättern abwich. Auch konnte ich deutlich wahrneh- 
men, dafs das Zellgewebe unter diesen Spaltöffnungen den ge- 
wöhnlichen. Bau, nämlich ‚grofse Intercellularräume, zeigte, in 
welche ‚die Spaltöffnungen einmündeten. ‘Wer Gelegenheit. hat 
einen etwas früheren Zustand des Saamens frisch zu unter- 
suchen,: würde: leicht entscheiden können, welcher Eihaut jene 
Spaltöffnungen angehören, — 

Um absichtlichen Mifsverständnissen vorzubeugen, be- 
merke ich noch, dafs ich recht gut weils, dafs die Nufs von 
Nelumbium aufsen noch mit dem Pericarp bekleidet ist. Die- 
ses hat eine sehr dicke, harte Oberhaut aus engen, langge- 
streckten, stehenden Zellen gebildet. Auch diese Haut hat 
Spaltöfinungen, die ganz auflallende Achnlichkeit mit den an 


: 291 


der Membrana.externa der Cannasaamen von mir beschtieb- 
nen ‚haben. — ! 


1. Ueber den Hanilienoharamas der Elaeagneae. 


Die. Darstellung des Familiencharacters dieser'Gruppe “bei 
Endlicher gener. plant., womit die meisten‘ andern \über- 
einstimmen, oder doch nur durch ihre Dürftigkeit abweichen, 
scheint mir einige Ungenauigkeiten zu enthalten. Zuerst ist es 
auffallend, dafs hier wie in allen übrigen (auch generischen) 
Beschreibungen der Hippopha®@ der torus abgesprochen wird. 
Ich finde denselben relativ eben so stark entwickelt wie bei 
Elaeagnus und noch dazu durch zwei von ihm entspringende 
dicke Haarbüschel ausgezeichnet, welche die faux tubi eben 
so verschliefsen, wie der kegelförmige Fortsatz bei Blaeagnus. 
Es scheint mir auch die Anwesenheit des torus ganz, noth- 
wendig mit zur Characteristik der Familie zu gehören, Da- 
gegen- ist die Schilderung. des Frucht-, und ‚Saamenbaues wie- 
der einseitig von Elaeagnus, entlehnt, und, pafst durchaus nicht 
auf Hippopha&, mufs; also, um .in.den, Familiencharacter anf- 
genommen werden .zu ‘können, ‘bedeutend modifieirt ‘werden. 
Zuerst pafst der dicke. funiculus, von dem.Endlicher spricht, 
wohl auf Elaeagnus aber nicht auf Hippophae, wo das ovu- 
lum so eigentlich sessile ist, wie irgend wo. Bei der Beschrei- 
bung der Frucht endlich pafst das epicarpium longitudinaliter 
costatum einestheils ebenfalls nicht auf Hippopha®, andern- 
theils involvirt es selbst einen Irrthum, ‚der aus einseitiger 
Untersuchung der reifen Frucht oline Berücksichtigung der 
Entwicklungsgeschichte hervorgegangen ist. Das Pericarpium 
ist nämlich zur Zeit der Reife bei Elaeagnus tenuissime 
membranateum semini arctissime adhaerens. Der tubus 
perigonü aber trennt sich bei seiner Entwicklung. in, zwei 
strata, wovon das Aeufsere durch Trennung der einzelnen 
rundlichen Zellen von einander eine mehlige Beschaffenheit 
annimmt, während das Innere mehr verholzt und zusammen- 
hängend die Frucht umschliefst; die Trennung beider Schich- 
ten geschieht grade in der Richtung der acht den Zubus peri- 
gonü durchziehenden Gefäfsbündel, und zwar so, dafs von die- 
sen nur je ein dickes nach innen liegendes Bastbündel dem in- 
nern stralum verbunden bleibt, und dadurch eben die Rippen dar- 


292 


stellt. »“Da'übrigens'auch die innere Fläche ‘des tubus mit den 
eigenthümlichen Schülfern bedeckt ist, die auch noch in der 
reifen Frucht die Grenze desselben gegen das Pericarpium 
hin bezeichnen, so ist bei recht genauer Untersuchung selbst 
der reifen Frucht der Irrthum doch zu vermeiden. — 

ars 1839. 


. ‚Erklärung der Abbildungen, Taf. VII. 


Fi ig, 1. _Pellia ‚epiphylla. Längsschnitt aus dem frons paral- 
lel der. Fläche, 
a. Querdurchschnittne Intercellulargefäfse. 
d. Durchscheinende 'Gefäfse, Vergl. pag. 279— 281. 
Fig. 2. Adonis' vernalis. Unterer Theil des Ovarii im Längs- 
schnitt kurz’ Vor’ dem Aufbrechen der Blumen. 
@. placenta. (Bei der völlig entwickelten Blume hat sich die Form 
des Eichens noch fast gar nicht geändert. 


Fig. 3. „Ranunculus'repens. Ebenso. \ 

Fig. 41 u, 3 — Kurz nach Oefinung der Blume. 
a. ‚placent«, SB 

BT raphe. , 

Fig. 5. Anemone nemorosa kurz des Oefinung der Blume 
.a. und d. w. i. d. v. F. 

Zu Fig. 2—5 vergl., pag.. 285. 

Fig. 610. Spirogyra quinina. Vergl. hierzu den Text 

pag. 287 — 288. 
Fig. 11. _ Hippophaö rhamnoides Längsschnitt der weiblichen 
" Blüthe. 

a. Freier Rand des torus. 


Li 


. n ; i 
Uebersicht der Gattungs- und Artcharaktere 
der ns wi 


europäischen Fledermäuse. 


von 


A. Graf v. Keyserling und Prof. IH. Blasius Horst 


nord 


in Braunschwe eig. 


Die Ordnung der Fledermäuse ist mehr "als jede andere der 
Säugethiere durch Mannichfaltigkeit der Körperformen und 
äufsere Organe ausgezeichnet, In keiner einzigen 'sihd die Ar- 
ten schärfer von der Natur abgegränzt, und doch in keiner 
länger verkannt oder übersehen ‘worden. Noch auffallender 
jedoch als dies lange Uebersehen, ist die Verwirrung und Ver- 
wechselung, die die Zoologen unter den einmal bekannten Ar- 
ten haben einreifsen lassen. Man überzeugt sich davon leicht 
beim Durchsehen fast aller neueren Faunisten, die nicht blofse 
Copisten’sind. Diese Verwirrung hat 'nätürlich ihren nächsten 
Grund in der Mangelhaftigkeit der ursprünglichen Beschrei- 
bungen und Unterscheidungen gefunden. Daher rührt es z. B., 
dafs sich nicht einmal mehr fesstellen läfst, was Linne unter 
seiner einzigen Art Yesp. murinus verstanden hat, dafs ferner 
bekannte Arten, wie F. Schreibersü et Kuhlii Natt. jetzt 
wieder unter neuen Namen auftauchen, dafs umgekehrt wirk- 
liche neue Arten, wie V, Kuhli Nils. unter Namen von äl- 
teren wieder beschrieben werden, dafs endlich Namen, wie 
V. emarginatus, den Geoffroy an die Spitze einer etwas 
inhaltslosen Beschreibung und mäfsig guten Abbildung stellte, 
sich wie Gespenster unter den verschiedensten Species wie 
V. Nattereri Kuhl, V. mystacinus, et Daubentonü Leisl. 
herumtreiben. Von einem einzigen Falle abgesehen, der aus 
der faktischen Ueberzeugung hervorgegangen, dafs die Natur 


. 


294 


mit der Färbung des Pelzes schon Alles abgethan, kann man nicht 
sagen, dafs die Zoologen in der Aufstellung von Arten zu leicht- 
sinnig zu Werke gegangen seien. Nur das kann man bestimmt 
aussprechen, dafs in den Diagnosen und Beschreibungen die ar- 
chitektonischen Charactere der Arten meist zu wenig hervor- 
gehoben sind, um bei den Bestimmungen Irrthümer zu ver- 
meiden,; \.Die. Darstellungen in der. Kuhlschen Monographie 
zeichnen sich in dieser Beziehung schon vortheilhaft vor den 
Beschreibungen und Reflexionen Geoffroy’s aus, obschon 
sie auch durch: eine. vielseitige Mangelhaftigkeit: und durch di- 
recte Beobachtungsfehler noch hinreichenden Spfelraum zu Ir- 
rungen frei liefsen. Ohne Vergleich umfassender sind die 
neueren -Beschreibungen von'Nilsson und Boiraparte. Sie 
beschränken sich jedoch bis jetzt nur auf einzelne Arten 
einer bestimmten Fauna, und so ist seit Kuhl und Geoffroy 
eine Sonderung und Begränzung der ; europäischen Arten im 
Zusammenhange nicht versucht.: Wir sehen den Hauptgrund 
dieser, bei. der, jetzigen ‚Vermehrung der Arten immer mehr 
fühlbar werdenden Unbequemlichkeit darin, dafs es dem Ein- 
zelnen so. schwer wird, alle Formen in: gehöriger Auswahl und 
im passenden Zustande zusammen. zu bringen, 

‚Mehrere neue von Bonaparte in den letzten Lieferun- 
gen der lconogr afıa della fauna italica, aufgestellte Arten 
ausgenommen, ist es uns möglich gewesen sämmtliche, euro- 
päische Arten ‚entweder lebend oder. in Spiritus, so, wie in 
trocknen Bälgen und Skeletten in grofser Auswahl ‚untersuchen 
zu können. Durch ‚das Berliner Museum standen uns alle ‚von 
Kuhl beschriebenen Arten in Originalexemplaren von Kuhl zu 
Gebote; durch die Gefälligkeit Natterer’s erhielten wir,seine 
Originalexemplare von F, Schreibersii und Kuhlü Natt. die 
uns besonders, angenehme Aufschlüsse gewährten,, wo die 
Kuhlsche Monographie uns im'Stich liefs. Die sehöne Samm- 
lung des Professor Nitzsch gab uns vielfache Anhaltspunkte 
zur Untersuchung. Am meisten gefördert: wurden wir jedoch 
durch unsern Freund Herrmann Nathusius in Hundisburg, 
Seine reiche Sammlung verschaffte uns nicht allein die ‚Origi- 
nalexemplare von. Dinops Cestoni Savi, V. dasycnemus 
Boje, albolimbatus Küst., von Rhinolophus clivosus und 
ferrum equinum, sondern ‚auch sämmtliche ‘vorhin erwähnte 


295 


Arten. in einer. Auswahl: von Schädeln. und Spiritusexemplaren, 
die. uns' über die Beständigkeit der Formen, die Natürlichkeit 
und scharfe ‚Sonderung ' der Gattungen, ‚so ’wie, ‚uber .die Ab- 
gränzung und. die. Charactere. ‚der: Arten eine erfreuliche ‚Be- 
ruhigung gewährt. Sie enthielt ausserdem ‘eine ‚Reihe. vom 
Exemplaren verschiedenen Alters vom’ Harz, die, wir, gemein- 
schaftlich als eine neue Art erkannten, \und sie,,nachdem. wir 
die bei Nilsson unter dem Namen von Y. Kuhlü Natt..be- 
schriebene, Artı in.ihr wiederfanden, ‚unter, dem Namen Fespe- 
rugo. Nilssonii aufgeführt ‘haben, Wenn wir hiermit-öffentlich 
unsern Dank für die, so unbedingt freie, Benutzung dieses rei- 
chen Materials aussprechen, ‚so wollen ‚wir ‚damit. ‚blofs ‚vor 
dem zoologischen Publicum gerechtfertigt erscheinen, ‚aber nicht 
im. ‚entferntesten von. dem innigen Dankgefühl gegen den Freund 
entbunden sein, ‚mit,dem wir in gemeinschaftlicher Untersu- 
chung so. viele heitere Stunden verlebten. Dafs wir. eine seit 
der; Zeit in, Berlin gefangene ausgezeichnete neue Art, die. wir 
auch aus Halle besitzen, mit dem Namen unseres Freundes 
beehrten,. mag ‚ein kleines Zeichen ‚sein, wie. sehr. wir geneigt 
sind, die Erinnerung an diese Tage im Gedächtnifs ‚aufzube- 
wahren, } 

Im, Ganzen ‚beträgt, die Zahl der von uns ‚untersuchten 
Arten. der europäischen ‘Fauna, 22; die übrigen von Bona- 
parte ‚aufgestellten Arten P. brevimanus, V. Capaccinü, 
Savü, Leucippe, :Arisiippe und Alcythoe können wir ‚nur 
nach seinen eigenen. Angaben, beurtheilen; über F. cornutus 
Faber und F. Otus Boie, von denen wir. nur die, Beschrei- 
bungen haben auftreiben können,, erlauben wir ‚uns gar kein 
Urtheil.. Schon lange hatte sich die Nothwendigkeit einer Son- 
derung der ‚alten ‚Gattung Fespertilio 'herausgestellt: _In ‚der 
Weise, wie es hier geschehen, sind die Arten nicht allein in 
ihrem. natürlichen Zusammenhang, geblieben, sondern auch die 
Gattungen künstlich möglichst scharf characterisirbar. Geof- 
froy hatte aufser der Hufeisennase, der, Gattung Rhinolophus, 
noch die wit verwachsenen Ohren: unter dem: Namen Plecotus 
von den. übrigen Arten gesondert. Damit wurde auch allmä- 
lig eine Sonderung beider unter diesem. letzten Namen begrif- 
fenen Arten nothwendig, die denn auch Gray durch Aufstel- 
lung seiner Gattung. Barbastellus (Synotus) bewerkstelligte- 


296 
Die "dadurch festgestellten "beiden Gattungen finden 'ilire Ana- 
lögien unter ‚den zahlreichen, noch unter ‘der Gattung Pesper- 
tilio 'begriffenen Arten, "von denen die den" Barbästellen dt 
sprechenden "Formen (die Gattung 7. esperugo) zuerst‘ von 
Glogrer’unter der’ Bezeichnung'der dieköhrigen Fledermäuse 
vereint: wurden und' später (durch Gray,'mit’andern fremdar- 
tigen Formen vereinigt, "als Genus 'Scotophilus auftraten: 
Auch'idiese noch zeigen’ eine’ Verschiedenheit des “Gebisses, 
der aber''nur‘ wenige'andere Charaktere, parallel durchgreifend 
ünd natürliche Gruppen 'begründend, entsprechen, so dafs sie 
nur als Untergättungen anzusehen sind,“ die wir mit‘ den Na- 
iien Vesperugo und‘ Wesperus bezeichneten Zu diesen 
kommt nun 'noch 'eine neuerdings von Bonaparte aufgestellte 
Grüppe,"Miriopterus, hinzu, die von den'beiden Hauptgrup- 
pen der Fespertilionen mit freien Ohren! ebenso sehr äbwei- 
ehend)'"als’in anderer Hinsicht''sie "verbindend ‚"jedenfalls"'als 
eine" ausgezeichnete Gattung "angesehen ‘werden mals. "-Mehr 
aber, als, Rhinolophus ausgenommen, äll' die genannten Gat- 
tungen ünter/einander-abweichen, steht die von Sayi aufge- 
stellte Gattung Dinops ihtien fern. 
Was nun die künstlichen Charactere der sieben hier un- 
terschiedenen Gattungen betrifft, so tritt! zuvördrrst das Ge- 
biß als entscheidend auf. ‘Man hat den Zahnbau mit Unrecht 
als Gattungs- oder Artcharacter verwerfen wollen, "insofern 
an einen Wechsel desselben nach dem Alter‘ beobachtet ha- 
ben'will! Mag sich dieser, besonders bei einigen ausländischen 
Arten, auch immerhin auf die Vorderzähne beziehen; so ist 
uns doch kein Beispiel’ bekannt, dafs ein solcher Wechsel in 
den von uns untersuchten Arten auf Eckzähne, Lückenzähne 
und Backzähne auszudehnen wäre. "Dagegen liegen Beispiele, 
wo ein kleiner, von den übrigen verdrängter und scheinbar 
ganz versteckter Lickenzahn übersehen worden, "hinreichend 
vor, woraus man aber nicht schliefsen mufs, dafs ein kleiner 
Zahn, eben weil er so klein ist, zuweilen auch ganz fehlen 
könne. Haben die Beobachter es nicht immer so ganz genau 
genommen, so darf man ‘das die Fledermäuse nicht entgelten 
lassen. Weder die Zahl noch die Stellung, noch die relativen 
Dimensionen derselben, noch die Bildung der Ränder, Höcker 
und Spitzen haben wir auch bei der ausgedehntesten 'Verglei- 


297 


chung. von Individuen ‚derselben Art abweichend gefunden. — 
Mit der Zahl und Stellung ‚der Zähne ist zugleich ‚auch die 
Bildung der ‚Gaumenfalten in, constantem‘ Zusammenhang, ob- 
wohl ‘hier. der ‘Spielraum ‚möglicher,. Modifieationen' ‚nicht ‚in 
dem Maafse zu beschränken‘ ‘ist... ‚Die Zahl der Falten ist 
ebenso wie die der Zähne, nur unter den verschiedenen Arten 
von Rhinolophus. nicht übereinstimmend, wie denn auch in den 
Gaumenfalten F. dasycnemus von, den übrigen Gattungsver- 
wandten: abweicht... ; Eine Abweichung nach der Zahl, Stellung, 
Theilung.und;, Verbreitung ‚innerhalb ein und derselben ‚Spe- 
cies-ist uns bis jetzt‘ nicht bekannt. . So wird denn dieser 
Charakter, wo er aufhört, 'ein generischer zu ‚sein, um ‚so auf- 
fallender ein speeifischer. — Die Zahl der, Vorderzähne kann 
man füglich zur Charakteristik der Gattungen .entbehren, ob- 
schon‘ wir ‚auch hier, die Gattung. Dinops ausgenommen, 
keine Abweichung von der allgemein ausgesprochenen. Bildung 
kennen. ‚Die Stellung und das; gegenseitige Verhältnifs der- 
selben ist jedoch immer wichtig und. constant, so‘ dafs anch 
hier. der Fall aus der Pflanzenwelt eintrifft, dafs: die absolute 
Zahl; nicht allein, und oft am wenigsten. entscheidet. So son- 
dert sich die Gattung Rhinolophus. von allen übrigen ab, in- 
dem der Zwischenkiefer ‚mit den, obern Vorderzähnen seine 
gewöhnliche Stellung zwischen‘ den Oberkieferästen verläfst 
und als bewegliche Platte in den Gaumen tritt. — Mit den 
Abweichungen im Zahnbau geht die Bildung des Schädels eine 
parallele Reihe von Unterschieden ein, die augenscheinlich für 
die Natürlichkeit der Gattungen spricht. Als häuptsächlich 
unterscheidend fällt die Art der, Schädelwölbung,, die Sonde- 
rung des Scheitels von Hinterhaupt und Nase, der Winkel, 
unter dem die Scheitelbeine mit dem ‚Hinterhauptsbein zusam- 
mentreten, der Verlauf der Oberkieferäste, das Verhältnifs der 
Breite derselben zu der Einschnürung: zwischen ‚den Augen- 
höhlen und die Configuration ‚des Nasenrückens auf. Die 
gröfsten Gegenfätze finden hier zwischen den Gattungen Ves- 
pertilio und Vesperugo, statt, und wenn ‚sich Miniopterus 
in äußerer Bildung der letzten anschliefst, so steht sie in Hin- 
sicht der Schädelbildung der ersten Gattung näher. Bei Ple- 
cotus und Synotus ist der kurze, breite und flache Nasen- 
rücken besonders auflallend. — 


298 


‘Wie das Gebifs und der Schädelbau innerlich begründend, 
so stellt sich äufserlich die Bilduug des Ohrs und des Tragus 
als’ hinreichend bezeichnend für die Abgrenzung der Gattungen 
dar. ' Nicht allein der Umrifs des Ohrs, sondern auch beson- 
ders der Verlauf der Ränder, die Bildung des Kiels, ‘die An- 
heftung des Vorderrandes am Kiel, der Verlauf des Aufsen: 
randes in Bezug auf Mundspalte und Tragus, endlich die Ver- 
wachsung der Ohren über ‘dem Scheitel, zeigt sich entschei- 
dend. Der Verlauf beider Ränder in Bezug auf Kiel und 
Tragus sondert die Gattungen Fespertilio und Vesperugo, 
Plecotus und S'ynotus auf den ersten Blick, so wie'die Ver- 
wachsung über dem Scheitel die beiden letzten Gattungen nebst 
Dinops von allen übrigen trennt. — Beim Tragus zeigt sich 
der Verlauf der Ränder, die Richtung der Spitze, die Ausbil 
dung des Zahns 'an der äufsern Basis höchst bezeichnend. 
Bei Rhinolophus fehlt der Tragus ganz; bei Dinops und Mi: 
niopterus ist er in einem. Minimum und ohne Zahn vorhän- 
den; bei Fesperugo ist die Spitze entschieden 'nach Innen 
gebogen, bei Fi espertilio entweder grade oder sichelförmig 
nach Aufsen 'gerichtet;'seine gröfste Entwickelung erreicht er 
bei Plecotus und Synotus. 

Mit diesen angegebenen Charakteren verbinden sich nun 
noch andere äufserliche, die den Habitus bestimmen, wie die 
Consistenz und‘ die Dimensionsverhältnisse der Ohren und 
Flughäute, die Umrisse der Schnauze, die Art der Behaarung, 
sogar die Färbung und anderweitige Beschaffenheit des Pel- 
zes, was sich aber alles weniger in einfache, begriffsmäfsig be- 
stimmte Ausdrücke pressen läfst. 

Was die den’Gattungen beigelegten Namen betrifit, so ha- 
ben wir uns nur über zwei derselben zu erklären. Offenbar 
bildet die Species die Grundeinheit aller systematischen Zu- 
sammenstellungen; sie ist das allein bleibende im Wechsel sy- 
stematischer Ansichten. Die Gattungen sind in weit höherem 
Grade Resultat individueller Ueberzeugungen und Richtungen. 
So sollte man nun auch in den Benennungen beider wenig- 
stens den Artnamen als ein historisch überliefertes Heiligthum 
ansehen und von allenı Wechfel entfernt halten. Dadurch al- 
lein kann die Verwirrung unter den Synonymen verhindert wer- 
den. Wird unter andern der alte Speciesname Barbastellus 


299 


beibehalten, so weils man sicher, welche Art gemeint ist, ob 
‚sie dieser zu Vespertilio oder ein Anderer zu Plecotus oder 
Synotus stellt. 'Es'ist, nur ein Barbastellus und dem ist 
der Gattengsname unschädlich. "Diese Bestimmung würde nur 
für diejenigen unangenehm werden, die sich mit der Combina- 
tion zoologischer Namen beschäftigen, und gern einem jeden 
Thier ein communis, vulgaris oder sylvestris etc. anhängen. 
Wollte man zugleich mit dieser Bestimmung die Einrichtung 
treffen, dafs die Autoritäten der ursprünglichen Speciesnamen 
festgehalten und von den Autoritäten der Gattungsnamen ge- 
sondert würden; so wäre damit eine für unsere Zeit sehr an- 
zuempfehlende Sicherheitsmafsregel gegen die alles historische 
Herkommen verheerende Eitelkeitspest der nobis und miht's 
so vieler neueren Namen-Combinationszoologen in's Leben ein- 
geführt. Es kann so unendlich wenig daran gelegen sein, ob 
ein Gattungsname, das willkührliche Zeichen eines willkürli- 
chen Begrifls, der Vergessenheit 'anheim gegeben wird; aber 
es ist weniger gleichgültig ob man mit dem Zeichen für die 
Art, für das in der Natur feststehende, Unwandelbare, ein 
so leichtes Spiel treibt! Und vollends soll’ der Autoritätsname 
des Schriftstellers nur ein Mittel sein, die ursprüngliche. Art- 
bestimmung festzuhalten! Es ist aber nicht‘ einzusehn, "wie 
aus der blofsen Zusammenstellung zweier Namen ein Auf- 
schlufs über die Art gegeben werden soll. Und billig sollte 
jeder Unbefangene sich in sein Gewissen hinein schämen, sein 
mihi einem Thiere aufzubürden, an dem er keinen weitern 
Theil hat, als höchstens dessen hergebrachten guten Namen 
in einen Schimpfnamen verwandelt zu haben. So wie der 
Speciesname einen Begriff, unabhängig von dem der Gattung 
bezeichnet, so kann auch dessen Existenz und Autorität äufser- 
lich von dem zufälligen Schicksal seines unglücklichen Gat- 
tungsgefährten gesondert und in seiner historischen Würde 
aufrecht erhalten werden. Vor allen Dingen aber wird diefs 
rathsam, wenn damit der immer mehr überhand nehmenden An- 
häufung und Verwirrung der Synonyme’ vorgebeugt wird. So 
haben wir es denn auch hier mit der Einführung zweier neuer 
Gattungsnamen gehalten, weil wir es für das Beste hielten, 
zudem auch nicht ‘gern "den Verdacht einer Befangenheit auf 
uns laden möchten, an‘ der’ wir nicht Theil haben. Dafs wir 


300 


den von Gray angewandten: Namen Barbastellus;-und den 
von Bonaparte vorgeschlagenen, aber. nicht bestimmt in!An- 
wendung gebrachten Noctula und Pipistrellus. nicht anwen- 
den mochten, findet im Obigen ‚seine Erklärung. In Bezug 
auf die Gattung Fesperugo mufs;noch bemerkt werden, dafs 
Gray auf viele Arten derselben den ‚von Kuhl für 'ein ganz 
abweichendes, der Familie der Noctiliongn zugehöriges Thier 
(Scotophilus Kuhlii) gegebenen Namen Scotophilus ausgedehnt 
hat, indem er beiderlei Formen als zu derselben Gattung gehörig 
erklärte. Gray kann nur dadurch auf diese Idee gekommen 
sein, dafs er die Zabl der Backzähne für ganz unwesentlich 
hält, indem Leach diese als durchaus abwesend angiebt, dem 
Gray auch nicht widerspricht. Dä man vorläufig der Beob- 
achtung von Leach mindestens eben so viel Werth beilegen 
mufs, als der Ansicht: von Gray; so wird. es unrathsam, durch 
Ausdehnung des Namens Scotophilus auf unsere europäischen 
Formen eine voreilige Veränderung der Artnamen herbeizufüh- 
ren, die. natürlich eintreten mufs, sobald ‚Sc. Kuhli Leach 
und F.Kuhliü Natt. in einer Gattung. zusammentreffen. Noch 
bedenklicher scheint uns die Anwendung des fraglichen Na- 
mens, wenn wir. berücksichtigen, dafs aufserdem noch zwei 
Eulengattungen, von Swainson und von Jardine, um den- 
selben Krieg führen, und wir den Kampf nicht noch gern un- 
nützer Weise vergröfsern und verwirren möchten. 

Als Charaktere, durch welche die Arten sich gegenseitig 
von einander absondern, treten zunächst Modificationen der- 
selben Organe ein, die für die Gattungen entscheidend wer- 
den. Die meisten Charaktere bieten die Umrisse, Dimensions- 
verhältnisse und der Verlauf der Ohren und des Tragus dar, 
und wir kennen kein Beispiel, dafs wir bei frischen oder Spi- 
ritus- Exemplaren eine wesentliche Abweichung innerhalb der 
Species gefunden hätten. Am Vorderrande, des Ohrs ist die 
Art der Biegung entscheidend: bei Y, auritus zeigt, sich. ein 
zungenförmiger Vorsprung an der Basis, der allen. übrigen. 
fehlt; bei 7. murinus, Bechsteinüi und Nattereri, verläuft 
der Innenrand ziemlich gleichmäfsig nach Innen convex: gerun-! ! 
det; bei .F. mystacinus, Daubentonü und Dasycnemus. ist) 
er gegen die Mitte. .stärker, in, einen ‚abgerundeten,, Winkel; 
mach Aufsen gebogen; in der, Gattung Fesperugo ‚nähert sich 


| 


301 


dieser Winkel immer mehr einem rechten, und 'wird bei Mi- 
niopterus'endlich ein spitzer, woher es dann auch erklärlich 
wird, dafs Kuhl angiebt, die Spitze sei bei 7. Schreibersii 
nach Innen gerichtet, obschon sie hier mehr als bei jeder andern 
Art nach Aufsen gekehrt ist. An der Richtung des Innenran- 
des nimmt meist auch der Kiel Theil, so dafs durch die Ge- 
stalt der Olırfläche zwischen Innenrand und Kiel diese Cha- 
raktere um so auffallender hervortreten. Der Aufsenrand 
zeigt an einer jedesmal constanten Stelle eine mehr oder we- 
niger deutliche concave Einbucht. Ihr Maximum erreicht sie 
bei F. mystacinus und Daubentoniü, wogegen sie bei da- 
sycnemus fast ganz fehlt; bei den genannten 3 Arten liegt die 
 Einbucht gegen die Mitte, bei 7. murinus, Bechsteinii und 
Nattereri über der Mitte. Bei Vesperugo wird der Verlauf 
des Aufsenrandes, der Höhe desselben, in Bezug auf die Mund- 
spalte, die Entfernung des Endes vom Mundwinkel durchgän- 
gig specifisch. So unterscheidet sich 7. serotinus durch ein 
Anschliefsen an Vespertilio von allen übrigen; F. Nilsso- 
ni von discolor dadurch, dafs der Aufsenrand der erstern in 
gleicher Höhe mit der Mundspalte endet, ohne den Mundwin- 
kel zu erreichen; und in derselben Weise auch 7, albolim- 
batus von Kuhlii, und F. Nathusi von Pipistrellus. In ei- 
nigen Fällen, wie bei F. serotinus wird auch der Ursprung 
des Innenrands speeifisch wichtig. Ferner unterscheidet die 
Zahl der Querfalten im Ohr F. murinus und Bechsteinü von 
den übrigen Gattungsverwandten. Auch das Verhältnifs der 
Ohrlängen zum Kopfe beim Anlegen an der Kopfseite kann 
specifisch werden, obwohl sich dasselbe nur mit nor Vor- 
sicht anwenden läfst. 

Nächst dem Ohr bietet der Tragus mannichfache Charaktere 
für die Arten dar. In der Gattung V espertilio zunächst durch 
seine Länge, wie bei Nattereri und mystacinus, wo derselbe 
über die Mitte des Ohrs. hinausragt, die er bei den übrigen 
Arten nicht erreicht. Die Spitze des Tragus. ist sichelförmig 
nach Aufsen gekrümmt bei F. Bechsteinü, Nattereri und 
mmystacinus, abweichend bei den übrigen, sogar scheinbar nach 
er gebogen bei dasycnemus. Durch die Verschmälerung 

des Tragus unterscheidet sich mystacinus, Daubentoni und 


sycnernus auf den ersten Blick untereinander. In der Gat- 
V. Jahrg, 1. Band, 20 


302 


tung Fesperugo zeigen sich zwei Hauptverschiedenheiten, ins 
sofern der ‚Tragus entweder in der End- oder Wurzelhälfte 
seine gröfste Breite erreicht; diese kehren in beiden Unter- 
gattungen einander entsprechend und parallel mit, mehreren 
andren Charakteren auf. Insofern man die gröfste Breite an- 
statt auf die Längenmitte des Tragus auf die Mitte des In- 
nenrandes bezieht, zeigen sich sogar noch innerhalb dieser 
beiden Gruppen Verschiedenheiten, wie zwischen F, discolor 
und Nilssonü., — 

Auch das Verhältnifs der einzelnen Glieder der vordern 
Extremitäten zeigt sich bei vollständig ausgebildeten Exem- 
plaren constant und charakteristisch, z. B. unter den Arten von 
Rhinolophus, bei Miniopterus, bei V. mystacinus, bei F. 
Noctula und Leisleri, die dureh sehr schmale Flughäute aus- 
gezeichnet sind, so wie zwischen Y, discolor und Nilssonü, 
Für die Hinterfüfse ist besonders die Beschaffenheit der Sohle 
und der Grad der Verwachsung des Schienbeins oder Fufses 
in der Flughaut bezeichnend. — In den am hintern Rande der 
Schwanzflughaut befindlichen Anhängen, auf die Bonaparte 
so viel Werth legt, haben wir weniger Entscheidendes finden 
können. 

Mehr als bei allen übrigen Säugethierordnungen zeigt hier 
das Gebifs mannichfaltige speeifische Unterschiede. Die auffal- 
lendsten Charaktere sehen wir in der Stellung der untern Vor- 
derzähne, besonders bei der Gattung Fesperugo. Bei eini- 
gen schliefst sich die Richtung der Schneide und der breite-, 
ren, nach Aufsen oder vorn gerichteten Zahnflächen der huf- 
eisenförmigen Biegung des Unterkiefers an, so dafs die Zähne 
einander nur seitlich mit den scharfen Kanten berühren; bei 
den andern sind dieselben mit der Schneide und der breitern 
Querrichtung einander parallel gestellt, so dafs der 2te und 
noch mehr der 3te jederseits quer zur Richtung des Kiefers 
zu stehen kommt, und die innere Hälfte der hintern von vorn 
gesehen jedesmal von. der äufsern Hälfte der vordern Zähne 
verdeckt wird. Diese Stellung giebt einen auffallenden un- 
wandelbaren Unterschied grade zwischen den übrigens minder 
nahe verwandten Arten, wie zwischen discolor und Nilssonü, 
zwischen Noctula und Leisleri, und besonders bei albolim-, 
batus und Kuhlü gegenüber den nahestehenden Nathusü und 


303 


Pipistrellus. — Nächstdem wird das Verhältnifs der obern 
Vorderzähne untereinander und zu den Eckzähnen, die Bil- 
dung der Höcker oder etwaiger Spitzen derselben, die Bil- 
dung und Stellung des ersten Lückenzahns z. B. bei Kuhlü 
"und albolimbatus gegenüber Nathusü und Pipistrellus, dann 
auch das Verhältnifs der Dimensionen der Querschnitte aller 
Vorderzähne wichtig. — Auch die eigentlichen Backzähne zei- 
gen Unterschiede, die jedoch weniger auffallend hervortreten, 
und bei der Menge der übrigen Charaktere diagnostisch ent- 
behrlich werden. — Sämmtliche von uns zur Diagnostik an- 
gewandten Gebifscharaktere haben wir nie einer Veränderung 
unterworfen gefunden; wir behaupten jedoch nicht, dafs die 
Zähne in anderer Beziehung nicht wirklich abändern können, 
wie sie z. B. durch das Alter abgenutzt werden, wie man es 
oft bei F. murinus, Noctula und serotinus sieht. Daraus 
kann aber im-Allgemeinen keine Verdächtigung der Anwen- 
dung von Gebifsunterschieden zu speeifischen Trennungen und 
Abgränzungen folgen. — Sogar die mit dem Gebifs in einigem 
Zusammenhang stehenden weichen Theile, die Gaumenfalten, 
ferner die Ausführungswarzen der Kieferdrüsen, die sämmtlich 
an der Wurzel der Lückenzähne hervortreten, zeigen sich als 
constante Charaktere. 

Hat man in dieser Weise in der Bildung der Häute, der 
Extremitäten und der Zähne eine Reihe von gleichsam archi- 
teetonischen Unterschieden festgestellt, so wird man sich bald 
überzeugen, dafs die vagen Farbebestimmungen entbehrlich 
werden. Was von der Beschafienheit des Pelzes gleichsam 
auch noch als architektonischer Charakter, eine specifische 
Ueberzeugung gewährt, ist die Verbreitung der Haare auf den 
Flughäuten und im Gesicht, so wie die Farbenvertheilung der 
einzelnen Haare, Die Behaarung des Gesichts erleidet eine An- 
wendung unter den Arten von Verpertilio; die der Flughäute 
eine ausgedehntere auf Fesperugo z. B. in der Behaarung 
längs dem Unterarm bei Noctula und Leisleri, in der Behaa- 
rung der Schwanzflughaut zwischen discolor und Nilssonii, 
zwischen Nathusit und Pipistrellus. — Auch in der Farbenver- 
theilung der einzelnen Haare sahen wir nie Abweichungen und 
haben demnach, freilich nur als leichte Hülfscharaktere, die ent- 
sprechenden Eigenschaften als Unterschiede zwischen discolor 

20 * 


304 


und Nilssoni, swischen Nathusü und Pipistrellus, zwischen 
Noctula und Leisleri in Anwendung gebracht, ohne. darauf 
weiteren specifischen Werth legen zu wollen. — Was endlich 
die Qualität der Farben betrifit, so scheint sie uns in allen 
Fällen unwesentlich, und nur mit der. gröfsten Vorsicht an- 
wendbar. — In Bezug auf die absolute Gröfse haben wir 
nie bedeutende Abweichungen innerhalb der Arten gefunden. 

Für eine ausführliche Beschreibung, zu der wir bald in 
einer vollständigen Charakteristik der, europäischen Wirbel- 
thiere Gelegenheit finden werden, dürfen freilich noch manche 
andere Beziehungen nicht vernachlässigt werden. Die vorlie- 
gende Uebersicht soll jedoch nur eine hinreichende Anzahl von 
diagnostischen Charakteren zur Unterscheidung der Arten 
liefern. 


Uebersicht der Gattungen und Arten. 


Erste Gruppe: Fledermäuse mit einfacher Nase. 


Nase ohne häutige Erweiterungen und Aufsätze; Ohr mit 
einem häutigen Tragus versehen; das erste Glied des fünften 
Fingers* ist kürzer als das erste Glied des dritten Fingers; 
die obern Vorderzähne jederseits in den gesonderten Aesten 
des Zwischenkiefers eingefügt, in der Mitte. durch eine Lücke 
getrennt. 


1. Dinops Sawvi. 
a 

3+2 4 1 2-3 
Gaumenfalten; die Ohren diekhäutig über dem Scheitel mit 
einander verwachsen; der Aufsenrand des Ohrs läuft‘ etwas 
über den Mundwinkel hinaus vor und endet an der Oberlippe, 
der Kiel ist in einen Hautlappen vorgezogen; Tragus sehr 
klein, versteckt, stumpf abgerundet, an der Basis des Aufsen- 
randes ohne Zahn; Nasenlöcher vorn unter der Schnauze 
seitlich geöffnet; der Schwanz steht aus der Flughaut zur 
Hälfte frei vor. — 


— 30 Zähne; mit sieben 


re 


j 


305 


Schädel hinten flach, seitlich stark erweitert, ‘in der 
Verengung zwischen den Augenhöhlen ungefähr eben so 
breit wie die Kiefer an den Eckzähnen, so dafs der Schnau- 
zentheil nach vorn fast gleich breit erscheint; -Nasen- 
rücken gradlinig; Nase vorn gewölbt, nach der Stirn flach, 
mit. Scheitel und Hinterhaupt in derselben Richtung; eine 
deutliche Einbucht zwischen Hinterhaupt und Scheitel. 


1. D. Cestonii Savi. 


Oberlippe dick und fleischig, über die Unterlippe hinaus 
abwärts verlängert; Körper graubraun, in’s Gelbliche, ‚auf,dem 
Rücken dunkler; die Flügelhaut endet vor der Fufswurzel; 
Ohr mit 12 bis 14 @uerfalten. — Körper: 3” 2”; Schwanz 
1” 8”; Flugweite 14"; Unterarm 2’ 3”; der 3te Finger 4” 
2,5"; der 5te Finger 2’ 1,5”; Kopf 1” 2,5"; gröfste Ohr-- 
länge 1” 0,4”; Tragus längs dem Innenrande 4"”. ; 

Im mittlern und südlichen Italien. 


II. S$Synotus. 
4 4 22 2, ld 4 
i Geil: 3 °7° 5 123 
Gaumenfalten; die Ohren dickhäutig, über dem Scheitel mit einan- 
der verwachsen: der Aufsenrand des Ohrs erstreckt sich über 
den Mundwinkel hinaus bis vor die Augen vor und endet zwi- 
schen Auge und Oberlippe; der Innenrand ziemlich gleich- 
mäfsig abgerundet, in der Mitte etwas stärker nach Aufsen 
gebogen; Tragus stark verschmälert, fast gerade, an der Basis 
des Aufsenrandes mit deutlichem Zahn, Nasenlöcher oben auf 
der Schnauze geöffnet; Schwanz von der Schenkelflughaut 
umschlossen. — 


— 32 Zähne; mit sieben 


Schädel etwas gewölbt, an der Verengung zwischen 
den Augenhöhlen etwas breiter als die Kiefer an den Eck- 
zähnen; der längs der Mitte flachgehohlte breite Na- 
senrücken nach vorn verschmälert, etwas erniedrigt, fast 
gradlinig, sehr kurz; Schädel von der Mitte an nach hin- 
ten und vorn ziemlich gleichmäfsig abfallend. 


41. S. Barbastellus Daub! (Schreb.) 


‚Oberseite bräunlich schwarz ‚mit fahlbraun grauen Haar- 
spitzen; Unterseite tief graubraun; Flughaut längs dem'Kör- 
per bis zur Mitte des Oberarms und bis zum Knie behaart; 


306 


Gesicht ‚von der Stirn an über die Augen hin und nach der 
Schnauzenspitze zu nackt; Ohr mit 4 bis 5 Querfalten. — 
Körper 4" 7”; Schwanz 1" 10"; Flugweite 10”; Unterarm 4” 
5,5"; der 3te Finger 2" 7,2”; der Öte Finger 2’; Kopf 7,2"; 
gröfste Ohrlänge 7,4"; Tragus längs dem Innenrande 2,6”. 

In Schweden, England, Deutschland, Frankreich und 
Italien. 


III. Plecotus Geoffr. 


. 441 4 2—2 41 4-4 
Gebits: een 
Gaumenfalten; die Ohren dünnhäutig, über dem Scheitel mit 
einander verwachsen; der Aufsenrand des Ohrs endet unter 
dem Tragus, erreicht den Mundwinkel nicht; der Innenrand 
ist über der Basis mit einem gesonderten, zungenförmig vor- 
stehenden Lappen versehen; Tragus nach der Spitze verschmä- 
lert, fast grade, an der Basis des Aufsenrandes mit deutlichem 
Zahn; Nasenlöcher oben auf der Schnauze geöffnet; Schwanz 
von der Schenkelflughaut umschlossen. — 

Schädel gewölbt, an der Verengung zwischen den Au- 
genhöhlen ebenso breit wie die Kiefer an den Eckzähnen; 
von der Mitte aus nach dem hinten gewölbten Hinterhaupt 
und nach der Nase fast gleichmäfsig abfallend; Nasenrücken 
an der Basis stark abfallend, nach dem Zwischenkiefer 
wieder etwas ansteigend; Nase kurz und ziemlich breit, 
flach, kaum gewölbt; Nasenrücken und Scheitel ungefähr 
in derselben Richtung. 


— 36 Zähne; mit sieben 


1. P. auritus L. 


Ohren über zweimal so lang wie der Kopf; Tragus kür- 
zer als das halbe Ohr, nicht halb so lang wie die Breite des 
Ohrs, Unterarm und Schwanz kaum länger als die Ohren, 
weit kürzer als: der fünfte Fünger; Pelz graubraun, unten et- 
was blasser; das Haar von der Basis an bis über die Mitte 
hinaus schwärzlich; Flughäute braun; Ohr mit 22 bis 24 Quer- 
falten. — Körper 1” 7”; Schwanz 1" 7”; Flugweite 9": Un- 
terarm 4” 4,5”; der 3te Finger 2" 4,8"; der 5te Finger 1” 
40,4"; Kopf 8"; gröfste Ohrlänge 1" 2,5”; Tragus längs dem 
Innenrande 5,6". 


307 
Durch ganz Europa bis zu dem 60sten Breitengrade ge- 
mein; im Kaukasus und in Georgien. 
Plecotus brevimanus Jenyns ist nach Verglei- 
‚chung des Originalexemplars durch Gray nicht von P, auri- 
tus L. verschieden. 


2. P. brevimanus Bonaparte. * 


Ohr nicht zweimal so lang wie der Kopf; der Tragus über 
halbe Ohrlänge, länger als die Breite des Ohrs; Unterarm und 
Schwanz weit länger als das Ohr, nur wenig kürzer als der 
fünfte Finger; Pelz grauröthlich, unten weifslich; das Haar 
nur am Grunde dunkelbräunlich; Flughäute röthlich., — Kör- 
per 1” 8”; Schwanz 1” 6,5”; Flugweite 9” 9”; Unterarm 1” 
4,5"; Höhe der Flughaut 1” 9”; Kopf S”; Ohr 1” 4”. (Bo- 
nap. Icon. d. f. it. fasc. AXT. fol. 98.) 

Aus Sicilien. 

V espertilio cornutus Faber beruht auf einem 
einzigen, unvollkommen beschriebenen und verloren gegange- 
nen Exemplare aus Jütland. * 


IV. Vespertilio L. 


. 4.21 .2—-2 1 2-4 
\ Gebifs: za VB 
(oder neun) Gaumenfalten; Ohren dünnhäutig, gesondert; der 
Aufsenrand des Ohrs endet unter dem Tragus; der Innenrand 
steht an der Basis winkelig nach vorn hin vor, und nähert 
sich nach der Spitze hin allmählig dem Kiel; Tragus mit der 
Spitze mehr oder weniger nach Aufsen gebogen bis fast grade, 
längs dem Innenrande mehr oder weniger convex, an der Ba- 
sis des Aufsenrandes mit deutlichem Zahn, nach dem Ende 
verschmälert zugespitzt; Nasenlöcher vorn unter der Schnauze 
etwas seitlich geöffnet; Schwanz von der Schenkelflughaut um- 
schlofsen. 

Schädel gewölbt, hinten kugelig aufgeblasen und erwei- 
tert, in der Verengnng zwischen den Augenhöhlen brei- 
ter als die Kiefer an den Eckzähnen, so dafs sich der 
Kopf nach vorn verschmälert; das hinten gewölbte Hin- 
terhaupt nicht höher als der Scheitel; Scheitel und Hin- 
terhaupt durch eine schwache Einbucht von einander ge- 


— 38 Zähne; mit acht 


‚308 


trennt; der Scheitel . erreicht ‘seine ‚gröfste, Höhe in der 
Mitte; der Nas6nrücken ist vom Scheitel durch eine. deut- 
‚liche Bucht abgesetzt, so dafs der Scheitel über der Ba- 
sis der ‘Nase, schräg ansteigt; ‘der Nasenrücken‘, schmal, 
der Länge nach gewölbt, nach dem Zwischenkiefer wie- 
der etwas ansteigend, so dafs er in der Mitte am nie- 
drigsten, 


"Erste Rotte; Langöhrige. 


Ohr länger als der Kopf,. mehr ‚oder weniger über. die 
Schnauzenspitze und mit der Endbälfte über .die Scheitelbaare 
hinausragend, oval, die gröfste Breite ‚in der Mitte; Innenrand 
und Kiel gleichmäfsig convex nach Aufsen gebogen; der Aufsen- 
rand von der Basis an. bis über die Mitte hinaus convex; Un- 
terlippe, Mundwinkel und Kinn weifs, behaart; (acht Gaumen- 
falten ;) das dritte Glied des dritten Fingers kleiner als dessen 
zweites Glied. 


. ZIRTTI 


1. V. murinus Schreb. = 
Ohr wenig er als der Kopf, nicht + der Länge über 
die Schnauzenspitze vortretend, mit, 9 Querfalten, am Aufsen- 
rande gegen die Spitze schwach concav eingebuchtet; Tragus 
erreicht die Mitte des Ohrs-nicht, grade, in-der Mitte über halb 
so breit wie an der Basis; Schenkelflughaut ungewimpert; Flü- 
gelhaut bis zu 2 des Mittelfufses angewachsen; ‚Gesicht von, der „ 
"Stirn bis, zur Mitte des.Schnauzenrückens dicht wollig behaart; 
Oberseite rauchbraun mit roströthlichen Haarspitzen, die Jün- 
gern aschgrau;, Unterseite schmutzig, weifslich; der ‚dritte ‚un- 
tere Vorderzahn im. Querschnitt ebenso lang wie ‚breit; die 
ausgehöhlte Seite des ‚zweiten obern, Vorderzahns schräg nach 
hinten und Aufsen gekehrt, — Körper 2” 8”; Schwanz 2”; 
Flugweite 14”; Unterarm 2” 3,2”; der 3te Finger 3 8”; 
der) 5te Finger 2’ 11,5”; Kopf 11,8”; gröfste Ohrlänge 
41, 6”; Tragus längs dem Innenrande 4”. 
In ‚Deutschland, England, Frankreich, Italien, Dalmatien, 
Ungarn und Morea., 


2. V. Bechsteinii Leisler. 


Ohr ungefähr anderthalb mal so lang wie der Kopf, zur 


309 


Hälfte über die Schnauzenspitze vorstehend, mit 10 Querfalten, 
am Aufsenrande convex ohne Einbucht; Tragus erreicht die 
Mitte des Ohrs nicht, bis zur Mitte grade, in der Endhälfte 
etwas sichelförmig ‚nach Aufsen gebogen, in der Mitte mehr 
als-halb.so breit wie an der Basis; Schenkelflughaut ungewim- 
pert; Flügelhaut bis zur Zehemwurzel angewachsen; Gesicht 
.vom Scheitel an: spärlich behaart, fast kahl; Oberseite röthlich- 
grau, ohne roströthliche Spitzen ; Unterseite schmutzig. weifs- 
lich; der dritte untere Vorderzahn im Querschnitt oval,’ etwas 
länger als. breit; ‚die ausgehöblte Seite des zweiten obern Vor- 
derzahns nach‘ hinten gekehrt. — Körper: 4" 11” ; Schwanz 
4% 6”; Flugweite 9° 9”; Unterarm 2” 6,6"; der dritte‘ Fin- 
ger 2” 6,9”; der fünfte Finger 2” 1”; Kopf 8,8”; die 
gröfste Ohrlänge 14,4”; Tragus längs dem Innenrande 4,6”. 

Im nördlichen und mittlern Deutschland, selten in England. 


3. V. Nattereri Kuhl., 


Ohr etwas länger als der Kopf, ungefähr 4 der Länge 
über die Schnauzenspitze vorragend, mit 4 Querfalten, am 
- Aufsenrande im Enddrittel schwach eingebuchtet, so dafs sich 
die Spitze nach Aufsen richtet; Tragus ragt über die, Mitte 
des Ohrs. hinaus,. der ganzen Länge nach sichelförmig 
nach Aufsen gebogen, stark . verschmälert, so. ‚dafs ‘die 
‚Mitte kaum halb so breit wie die Basis; Schenkelflughaut 
hinten mit starren Wimpern besetzt; Flügelhaut bis zu 3 des 
Mittelfufses angewachsen; Gesicht vom Scheitel an über, die 
Mitte des Nasenrückens hinaus bis dicht vor die Schnauzen- 
spitze dicht behaart; über der Oberlippe ein aus langen Haa- 
ren gebildeter Schnurrbart; Oberseite rauchbraun mit fahlgelb- 
lichen Haarspitzen; Unterseite schmutzig weifslich; der dritte 
untere Vorderzalın im Querschnitt ebenso breit wie lang; die 
hohle Seite des zweiten obern Vorderzahns ganz nach Hihleh 
gerichtet. Körper 1” 8,5”; Schwanz 1” 7,5"; Flugweite 9” 
6’; Unterarm 1° 5,8; der te Finger 2, 7,8”; der dte 
Finger 2” 0,3”; Kopf 8”; gröiste Ohrlänge 7,8; Tragus 
längs dem Innenrande 4,2%. — 

In Deutschland, im mittlern Schweden, England und um Rom. 

Vespertilio emarginatus Bonap. Icon. d. f. it. fasc. 
XIX. fol. 98. gehört zu dieser Art. 


310 


Zweite Rotte: Kurzöhrige. ind um 

Ohr nicht über die Schnauzenspitze 'vorragend, von rhom- 
boidaler Gestalt, die Spitze nach Aufsen gerichtet, So "daߔsie 
nicht über die erhabenen Scheitelhaare vorsteht; ‘der Innen- 
rand des Ohrs und Kiels in der Mitte stärker, knieförmig; nach 
-Aufsen gebogen; der Aufsenrand gegen’die Mitte coneav, mehr 
oder weniger eingebuchtet, so dafs’ die gröfste Olirbreite unter 
der’Mitte liegt, und die untere Hälfte als stumpfer Lappen vor- 
steht; Unterlippe, Mundwinkel und Kim ‘mit braunen Haaren 
besetzt; (Schenkelflughaut nie mit starren Wimpern besetzt; 
Gesicht bis über die Mitte der Schnauze dicht behaart). 


4 V. mystacimus' Leisler: 

Das‘ Ohr erreicht die’Schnauzenspitze, 4 Querfalten, in 
der Mitte des Aufsenrandes stark eingebuchtet, so dafs die 
untere Hälfte deutlich als ein eingeschlagener Lappen vorsteht, 
Tragus ragt etwas über die Mitte der Ohrspalte hinaus, von 
‘der-Wurzel an stark verschmälert, so dafs ‘die ‘Mitte halb so 
breit wie die Basis, mit der Spitze schwach nach Aufsen gebo- 
gen, Flügelhaut bis fast zur Zehenwurzel angeheftet; das2. und 
3. Glied des 3. Fingers einander gleich; die "dichtstehenden 
schwarzen Haare über der Oberlippe bilden einen Schnurrbart. 
Oberseite fahl rostbraun; Unterseite blafsgrau; Gebifs sehr 
schwach und scharf; der ‘dritte untere Vorderzahn im Quer- 
schnitt länger als breit; die Eckzähne deutlich vorragend, die 
-untern höher als die Backzähne;, mit 8 Gaumenfalten. — Kör- 
per 1" 7”; Schwanz 4” 5”; Flugweite 8"; Unterarm 1" 4,4"; 
der 3. Finger 2” 0,3”, der 5. Finger 1” 7,7”; Kopf 7,2"; 
gröfste Ohrlänge 6,6”; Tragus längs dem Innenrande 2,9”. 

In Deutschland, im mittlern Schweden, und in England. 

Ist von Mac-Gillivray (british guadrup. p. 96) als 
Vespertilio eınarginatus beschrieben. 

V espertilio emarginatus Geoffr. Annales du Mus. 
T. VIII. p.198. n. 7. wäre nach! der unvollkommenen Be- 
schreibung und der Abbildung des Kopfes ebenfalls zu dieser 
Art zu stellen; indefs verhält sich die Flugweite, wie die An- 
heftung der Flügelhäute an den Füfsen (nach der Abbildung), 
wie bei V. Daubentoniü Leisler. 


311 


5.» #. Daubentonii Deisler 

Das Ohr erreicht die Schnauzenspitze nicht ganz, mit 
4 Querfalten, in der Mitte des Aufsenrandes deutlich einge- 
buchtet, so dafs die untere Hälfte vorsteht und sich 'etwas ein- 
schlägt; Tragus erreicht die Mitte‘“des Ohrs nicht ganz, blos 
in der Endhälfte verschmälert, in der Mitte eben so breit’ wie 
an der Basis über dem Zahn, im Enddrittel stark verschmälert, 
die Spitze schwach nach äufsen gebogen, der Aufsenrand con- 
vex, im Enddrittel grade, der Innenrand grade, im Enddrittel 
schwach convex; die. Flügelhaut wenig üher die Fufswurzel 
hinaus, bei weitem nicht bis zur Hälfte des Nlittelfufses ange- 
wachsen; das 3. Glied des 3. Fingers kleiner als das 2. Glied 
desselben Fingers; Oberseite röthlichgrau; Unterseite weifslich- 
grau; Gebifs schwach und scharf, mit wenig vortretenden Eck- 
zähnen; der Eckzahn im Unterkiefer nicht höher als die Back- 
zähne, bei weitem nicht halb so stark wie der obere; der 
3. untere Vorderzahn im Querschnitt fast zweimal so lang wie 
breit; 8 Gaumenfalten. — Körper 1” 9"; Schwanz 1”'5,6”; 
Flugweite 9”; Unterarm 1” 55"; der 3. Finger 2" 45"; 

5. Finger 4” 10,5”; Kopf 7,8”; Bias Ohrlänge 6,3”; Tra- 
gus längs dem Innenrande 2,5” 

In Deutschland, im südlichen ind mittlern Schweden, und 
Sicilien. 

Vespertilio emarginatus Jenyns british Vert. p. 26. 
n.34. ist zu dieser Art zu zählen. Vespertilio Daubentoni 
Bonap. Icon. d. f. it. fasc. XX. fol. 105. weicht etwas in 
der Färbung der Unterseite ab. 


6. V. dasycnemus Boie. 

Das Ohr erreicht die Schnauzenspitze nicht, mit 4 Quer- 
falten, in der Mitte des Aufsenrandes fast grade, nicht merk- 
lich eingebuchtet; Tragus erreicht die Mitte des Ohrs nicht, 
blos im Enddrittel und wenig verschmälert, in der Mitte eben 
so breit wie an der Basis über dem Zahn, längs dem Aulsen- 
rande convex, längs dem Innenrande gradlinig, daher grade, 
und scheinbar mit dem Ende sehr wenig nach Innen gebogen; 
Flügelhaut bis dicht an die Handwurzel angewachsen, so dafs 
der ganze Fufs frei vorsteht; Schenkelflughaut oben und unten 
4 dicht behaart, längs dem Schienbein auf der Unterseite in 


312 


einem Streifen bis zum Rande fortgesetzt; das 3. Glied des 
3. Fingers kleiner als das 2. Glied. desselben Fingers; die 
Färbung der vorhergehenden Art; Gebifßs ‘stark mit deutlich 
vorstehenden Eckzähnen, von denen die untern höher als die 
Backzähne; der dritte untere Vorderzahn im Querschnitt ab- 
gerundet dreiseitig, ebenso lang wie breit; neun Gaumenfalten. 
Körper 2.3”, Schwanz 1” 410; Flugweite 11”; Unterarm 
4" 8,5" ;. der 3. Finger 2”. 9,6”; der d. Finger 2” 2,2” ; Schien- 
bein 9”; Futs 5,5” ;. Kopf 9”; die gröfste Ohrlänge' 8,2”; 
Tragus längs dem Innenrande 2,6% — 
In Dänemark, Oldenburg und Schlesien. 


7. P. Capaccinii Bonap. * 

Ohr um 4 kürzer als der Kopf, mit sehr seichter ‚Ein- 
bucht am. Aufsenrande, lanzettlich oval; Tragus erreicht die 
‚Mitte des Ohrs nicht, sehr schmal; das Schienbein nur. theil- 
weise in die Flughäute eingewachsen; Schenkelflughaut oben 
und unten bis zur Mitte dicht wollig behaart; Oberseite blafs 
grauröthlich; Unterseite graugelblich. — Körper 1" 8"; Schwanz 
4" 6"; Flugweite 10”; Unterarm 1" 6"';. die Höhe der Flug- 
häute 2”; Schienbein 8”; Fufs 6"; Kopf 8”; Ohr 5,5". — 

Aus Sicilien.  Bonap. Icon. d. f. it. fasc. XX. fol. 99. 


V. Vesperugo. 


1 2—?2 1 1-4 
Gebißs: 5177 5 
4 4. 2:-2 1 4 Y h 5 
oder: Mar Me eh 32 Zähne; mit sie- 


ben Gaumenfalten; Ohren dickhäutig, gesondert, rhomboi- 
dal oder trapezoidisch abgerundet; der Aufsenrand des Ohrs 
geht unter dem Tragus hinaus gegen den Mundwinkel hin vor; 
dr Innenrand ist an der Basis stumpf abgerundet, und ‘nach 
unten allmählich‘ mit dem Kiel verschmolzen, erreicht seine 
gröfste Entfernung vom Kiel in einiger Höhe über der Basis 
und nähert sich darauf durch eine knieförmige Biegung nach 
“ Aufsen dem Kiel wieder plötzlich stärker; der Tragus mit 
dem abgerundeten Ende nach Innen gebogen, längs dem 
Innenrande concav an der Basis des Aufsenrandes mit deut- 
lichem Zahn; Nasenlöcher vorn unter der Schnauze seitlich 
geöffnet. 


313 


Schädel hinten flach, kaum gewölbt; der ‚kleinste Breiten- 
durchmesser liegt zwischen: den Augenhöhlen; die Ober- 
kiefer treten nach vorn stark auseinander, so dafs die Breite 
an den Eckzähnen gröfser als die zwischen den Augen- 
höhlen; Nase breit und ziemlich flach; das Hinterhaupt 
nach hinten kaum gewölbt, höher als der Scheitel; der 
Schädel nach vorn bis zum Zwischenkiefer gleichmäfsig 
abfallend, so dafs das Profil oben gradlinig erscheint. 


Erste Untergattung: Fesperus. 

Mit 32 Zähnen; im Oberkiefer 4 Backzähne ohne Lük- 
kenzahn, im Unterkiefer 3 Backzähne und 2 Lückenzähne; die 
beiden letzten Schwanzglieder stehen ungefähr um die Länge 
des Daumens frei aus der Flughaut hervor; Fufssohle mit 
rundlichen Schwielen. 


Erste Rotte: Mit verschmälertem Tragus. 


Der Tragus erreicht seine gröfste Breite unter der Mitte 
des Aufsenrandes; die Mundspalte ragt unter dem hiniern 
Augenwinkel hinaus vor; der Aufsenrand des Ohrs endet dicht 
vor dem Tragus in gleicher Höhe mit dem Mundwinkel; der 
Innenrand des Ohrs löset sich in der Höhe der Linie, die das 
Nasenloch mit dem Auge verbindet, vom Kiel ab; die Flug- 
häute breit, die Wurzelglieder des 3. bis 5. Fingers wenig ver- 
schieden; das 2. Glied des 5. Fingers ragt weit über das Ge- 
lenk des 1. und 2. Gliedes des 3. Fingers hinaus; Flügelhaut 
bis zur Zehenwurzel angewachsen. 


1. F. serotinus Daub. (Schreb.) 


Oberseite rauchbraun, die Haare des Rückens mit hellerer 
Spitze und hellerer Basis, die seitlichen einfarbig; Unterseite 
heller bräunlich grau, mit einfarbigem Haar; Gebifs sehr stark; 
die untern Vorderzähne quer zur Richtung der Kiefer gestellt, 
so dafs die letzten von den ersten theilweise verdeckt werden; 
der erste obere Vorderzahn zweispitzig, weit über 2mal so lang 
und so dick wie der zweite; der 2, obere Vorderzahn mit der 
ausgehohlten Fläche nach hinten gekehrt; der 2. Lückenzahn im 
Unterkiefe ungefähr doppelt so ‚stark wie der erste. — Körper 
2' 6"; Schwanz 2’; Elugweite 13"; Unterarm 1" 11”; der 


314 


3. Finger 3" 5"; der 5. Finger 2” 6,3"; Kopf 11"; gröfste 
Ohrlänge. 9’; Tragus längs dem Innenrande 2,8”. — 
In Deutschland, Frankreich, im südlichen England, im süd- 
lichen Italien, Dalmatien, im südlichen Rufsland und am Ural. 
Vespertilio murinus Pall. Zoogr. I. pag.121, n. 46. 
V. Noctula |Geoffr. Ann. du Mus. T. Fl. p. 193. n.3. 
V. Okenii et Wiedü Brehm Ornis, V. rufescens Brehm 
Isis. 1829. 


Zweite Rotte: Mit erweitertem Tragus. 


Der Tragus erreicht seine gröfste Breite über der Mitte 
des Aufsenrandes; Mundspalte ragt bis unter die Mitte der 
Augen; der Aufsenrand des Ohrs geht unter dem Tragus hin- 
aus deutlich nach vorn vor, und endet zwischen Tragus und 
Mundwinkel; der Innenrand des Ohrs löset sich über der Höhe 
der Linie, die das Auge mit dem Nasenloch verbindet vom 
Kiel ab; die Flughaut ziemlich breit, die Wurzelglieder des 
3. bis 5. Fingers wenig von einander verschieden ; das 2. Glied 
des 5. Fingers ragt weit über das Gelenk des 1. und 2. Glie- 
des des 3. Fingers hinaus; Flügelhaut bis zur Zehenwurzel 
angewachsen. 


2. F. discolor Natterer 

Der Aufsenrand des Ohrs geht bis tief unter die Linie 
der Mundspalte hinab ‘und endet dicht am Mundwinkel; die 
gröfste Breite des Tragus liegt etwas über der Mitte des Innen- 
randes; der angedrückte Unterarm ragt bis zur Mitte der Mund- 
spalte vor; das 2. Glied des 5. Fingers ragt nicht bis an die 
Mitte desselben Gliedes des 4. Fingers vor; die Oberseite der 
Schwanzflughaut nur dieht an der Basis behaart; Unterseite 
sämmtlicher Flughäute‘ rings um den Körper mit einfarbig 
weifsen Haaren bedeckt; die Haare der Oberhaut sind von der 
Basis an über 3 braun, mit fahlweifslichen Spitzen; die der 
Unterseite bis zur Mitte braun mit weilser Spitzenhälfte; ein 
brauner Fleck am. Kinn und: einfarbig weifse Haare an der 
Kehle und zwischen den Hinterbeinen; — der erste obere Vor- 
derzahn weit gröfser und im Querschnitt breiter als der zweite; 
die untern Vorderzähne stehen mit’der Schneide in der Richtung 
der Kiefer, so dafs sie'sich seitlich berühren; der 3. derselben im 


315 


Querschnitt ebenso‘ breit wie lang, fast. dreiseitig, mit, /einer 
scharfen nach Aufsen und Innen: weit ‘vorstehenden Spitze in 
der hintern Hälfte; der 1. untere Backzahn ist kaum halb so 
hoch und bei weitem nicht halb so stark ‘wie der zweite;, die 
Ausführungswarze der Unterkieferdrüse ist kugelig gerundet 
und dick. — Körper 2" 1""; Schwanz 1” 6,5"; Flugweite 10” 6"; 
Unterarm 1" 7”; der 3. Finger 2” 9,5"; der 5. Finger 1’ 10,4"; 
Kopf 8"; gröfste Ohrlänge 7,4"; Tragus längs dem Innen- 


m 


rande 2. — : 
In Deutschland, im südlichen Schweden, in England, der 


Schweiz, in der Krimm und in Daurien. 
V espertilio serotina Pall. Zoogr. I. p. 123. n. 47. 


3. F. Nilssonii nov. spec. 

Der Aufsenrand des Ohrs endet in gleicher Höhe mit 
der Linie der Mundspalte, etwa 12'”’ hinter dem Mundwin- 
kel; die gröfste Breite des Tragus liegt deutlich unter der 
Mitte des Innenrandes; der angedrückte Unterarm ragt nur bis 
zum Mundwinkel vor; das 2. Glied des 5. Fingers ragt weit 
über die Mitte desselben Gliedes des 4. Fingers hinaus; die 
Schwanzflughaut ist bis zur Mitte mit langen Haaren dicht 
bedeckt; die Unterseite sämmtlicher Flughäute rings um. den 
Körper braun behaart; die Haare der Oberseite von der Basis 
an bis zu $ der Länge dunkelbraun, an den Spitzen braun 
weifslich; die der Unterseite durchgehends von der Wurzel bis 
zu 3 der Länge dunkelbraun mit hellbraunen Spitzen, auch an 
der Kehle und: zwischen den Hinterbeinen; ein hellerer, braun- 
gelblicher Fleck unter dem Ohr; — der 1. obere Vorderzahn. 
fast ebenso grofs, und im Querschnitt ebenso breit wie der 2.5 
die untern Vorderzähne mit der Schneide einander parallel, 
quer zur Richtung der Kiefer gestellt, so dafs die hintern von 
den vordern theilweise verdeckt werden; der 3. derselben ina 
Querschnitt oval, länger als breit, mit stumpfen, niedrigen Hö.- 
kern; der 1. untere Backzahn fast eben so hoch und so stark 
wie der 2.; die Ausführungswarze der Unterkieferdrüse ist 
konisch zugespitzt. — Körper 2" 1""; Schwanz 1” 9"; Flug;- 
weite 10"; Unterarm 4” 6”; der 3. Finger 2" 6,6”; der 5. Firı- 
ger 4" 11,4”; Kopf 8,3”; gröfste Ohrlänge 7,5"; Tragus längs 
dem Innenrande 2”. — 


316 Ei 


Auf dem Harz und auf den Höhen der skandinavischen 
Halbinsel, wahrscheinlich bis in die Nähe des Polarkreises. 

Ist von Nilsson (Ilum. Fig. V. fol.2.) als Vespertilio 
Kuhlü Natt. beschrieben. 


| 4. F. Savii Bonap. * 

Ohr kürzer als der Kopf, breitherzförmig; Tragus nieren- 
förmig; der angedrückte Unterarm ragt bis zur Schnauzenspitze 
“vor; fast kein einziges Haar auf der Oberfläche irgend-einer 
Flughaut; Oberseite des Körpers rauchbraun in’s Umberbraune, 
das einzelne Haar an der Basis schwärzlich mit braungelbli- 
cher Spitze; der Unterkiefer und die ganze Unterseite grau- 
weifslich, das einzelne Haar an der Basis mattschwarz mit 
weifslicher Spitze; Kinn schwärzlich; — der1. Vorderzahn im 
Oberkiefer fast so grofs wie der zweite. — „Körper 4" 11"; 
Schwanz 1” 3"; Flugweite 8’ 2”; Unterarm 1” 3"; Höhe der 
Flughaut 1” 7’; Kopf 8"; Ohr 5”. — 

In Toskana, Rom und Sieilien. 


Bonap. Icon. d. f. it. fasc. XX. fol.100. * 


5. F. Leucippe Bonap. * 


Schnanze flach und gerundet, fast halbkreisförmig; Ohr 
um 4 kürzer als der Kopf, etwas gerundet, über der Mitte 
aufsen etwas eingebuchtet; Tragus halbrund, kaum 4 Ohrlänge; 
der angedrückte Unterarm ragt kaum bis zum Mundwinkel 
vor; Füfse sehr klein, kaum aus der Flughaut hervortretend; 
Oberseite zimmtfarbig; Unterseite seidenweils; die Basis der 
Haare dunkel. — Körper 1” 9"; Schwanz 1" 3”; Flugweite 
8”10"”; Unterarm 4” 3”; die Höhe der Flughaut 1” 7”; Kopf 
7"; Ohr 5". — 

Aus Sicilien. 


Bonap. Icon. d. f. it. fasc. XXI. fol. 107. 


6. F. Aristippe Bonap. * 

Schnauze zusammengedrückt, spitz; Ohren 4 kürzer als 
der Kopf, etwas gerundet, am Aufsenrande unter der Mitte 
kaum merklich eingebuchtet; Tragus halbelliptisch, über 5 der 
Ohrlänge; der angedrückte Unterarm ragt über die Schnauzen- 


spitze hinaus; Füfse klein, wenig frei; Oberseite blafs grau- 


317 


gelblich; Unterseite grau weifslich; die Basis der Haare dun- 
kelbraun, — Körper 1” 7”; Schwanz 1” 3”; Flugweite 8" 3"; 
Unterarm 1” 3”; Höhe der Flughaut 1” 5”’; Kopf 7”; Ohr 5,5". 
Aus Sieilien. 
Bonap. Icon. .d. f. it. fasc. XXL fol. 107. 
Zweite Untergattung: Vesperugo. 

Mit 34 Zähnen; im Oberkiefer 4 Backzähne und 1 Lücken- 
zahn, im Unterkiefer 3 Backzähne und 2 Lückenzähne; nur das 
letzte rudimentäre Schwanzglied, nicht halb so lang wie der Dau- 
men, steht frei aus der Flughaut hervor; Fufssohle runzelig, ohne 
Schwielen. 

Dritte Rotte: mit erweitertem Tragus. 

Der Tragus erreicht seine gröfste Breite über der Mitte; 
Mund bis unter die Augen gespalten; der Aufsenrand des Ohrs 
geht unter den Tragus hinaus weit nach vorn vor; der Innen- 
rand des Ohrs löset sich über der Höhe der Linie, die das 
Nasenloch mit dem Auge verbindet, vom Kiel ab; Flughäute 
sehr.schmal; der 5. Finger ragt nur wenig über das Gelenk 
des 4..und 2. Gliedes am 3. Finger hinaus; das 2. Glied des 
5. erreicht kaum ‚das Gelenk des 1. und 2. Gliedes des 3. Fin- 
gers; die Unterseite der Flughäute längs dem ganzen Arm, und 
längs der Wurzel des 5. Fingers bis zu der Mitte desselben 
dicht behaart; nur die erste Gaumenfalte ungetheilt; Flügelhaut 
bis zur Fufswurzel angewachsen, 


7. F. Noctula Daub. (Schreb.) 


Der Unterarm ragt bis zur Schnauzenspitze vor; die Haare 
der Ober- und Unterseite einfarbig, gelbröthlichbraun, ohne 
hellere Spitzen; die Unterseite. etwas heller als die. obere; 
die Schneiden der untern WVorderzähne einander parallel 
und quer zur Richtung der Kiefer gestellt, so dafs die 
hintern von den vordern theilweise verdeckt werden; der 
2. obere Vorderzahn im Querschnitt über doppelt so grofs 
wie der einspitzige erste; die obern Eckzähne kaum länger als 
die untern; der 2. Lückenzahn im Unterkiefer kaum höher als 
der erste, und ungefähr halb so hoch wie der Eckzahn, — Kör- 
per.2" 9"; Schwanz 1" 6"; Flugweite 13"; Unterarm 1" 11,6"; 
der 3. Finger 3" 7,6”; der 5. Finger 2" 0,4"; Kopf 9,8”; 
gröfste Ohrlänge 8,6”; Tragus längs dem Innenrande 2, — 

V. Jahrg. 1 Band, 21 


315 


--In Deutschland, der Schweiz, Frankreich, England, Ober- 
italien, Dalmatien, im gemäfsigten Rufsland und um das kas- 
pische Meer. 

V. proterus Kuhl. Wett. Ann. IV. p.4. n.5: V. se- 
rotinus Geoffr. Ann. du Mus. T. V Ill. p. 194. n.4. V. fer- 
rugineus Brehm Ornis. 


8. V. Leisleri Kuhl. 


Der angedrückte Unterarm ragt ungefähr bis zur Mitte 
der Mundspalte vor; das Haar der Ober- und Unterseite zwei- 
farbig; an der Wurzel dunkelbraun, oben heller als unten; die 
Spitzen fahlrothbraun, unten mehr graugelblich und etwas hel- 
ler als oben; die Schneiden der untern Vorderzähne in die 
Richtung der Kiefer gestellt, so dafs sie nur mit den Kanten 
einander berühren; der 2. obere Vorderzahn im Querschnitt 
ungefähr so grofs wie der einspitzige erste; die obern Eckzähne 
doppelt so lang wie die untern; der 2. Lückenzahn im Unter- 
kiefer nur wenig höher als der erste, und fast so hoch wie der 
Eckzahn. — Körper 2” 1”"; Schwanz 1" 5”; Flugweite 10" 6"; 
Unterarm 1" 7"; der 3. Finger 2" 10,6”; der 5. Finger 1" 9,8"; 
Kopf 8,5"; gröfste Länge des Ohrs 7”; Tragus längs dem 
Innenrande 1,8”. — 

Bis jetzt nur selten in Deutschland gefunden. 


Vierte Rotte: mit verschmälertem Tragus. 


Der Tragus erreicht seine gröfste Breite unter der Mitte; 
Mund bis unter die Augen gespalten; der Aufsenrand des Ohrs 
geht unter den Tragus hinaus weit nach vorn vor; der Innen-+ 
rand des Ohrs löset sich über der Höhe der Linie, die das 
Nasenloch mit dem Auge verbindet, vom Kiel ab; Flughäute 
ziemlich breit; der 5. Finger ragt bis zum Gelenk des 2. und 
und 3. Gliedes, des 3. Fingers; das 2. Glied des 5. ragt unge- 
fähr bis zur Mitte des 2. Gliedes des 3. Fingers; Unterseite 
der Flughäute längs dem Unterarm und an der Handwurzel 
nackt; die zwei ersten Gaumenfalten ungetheilt; Pe bis 
zur Zehenwurzel angewachsen. 

a. Die Schneide der untern Vorderzähne einander parallel 
quer zur Richtung der Kiefer gestellt, so dafs die innere Hälfte 
der hintern von der äufsern Hälfte der vordern jedesmal ver- 


319 


deckt wird; der 1. obere Vorderzahn einspitzig, der hintere 
Ränd desselben erhebt sich zu einem: von vorn verdeckten, 
von der Hauptspitze aus nach hinten gerichteten : Höcker, 
bei weitem‘ nicht halb so lang wie der obere Eckzahn; 
der Eckzahn und der erste eigentliche Backzahn im Ober- 
kiefer dicht zusammengedrückt, so dafs der ganz kleine 
Lückenzalın nach Innen gedrängt wird und von Aufsen nicht 
sichtbar ist; Flughaut am Rande zwischen dem Fufs und dem 
6. Finger hell gefärbt. 


9. F. Kuhli Natterer. 


Der Aufsenrand des Ohrs endet in gleicher Höhe mit der 
Mundspalte, ungefähr 2” hinter dem Mundwinkel; das: Ohr 
ebenso breit wie die Länbe des Innenrandes,. so’ dafs der: vor- 
stehende Theil gleichseitig dreieckig. erscheint; Schnauze‘ breit 
und stumpf, vorn‘ fast halbkreisförmig begränzt;  nurdie 
äufserste Kante‘ der-Flughaut am "hintern‘ Rande’ gelblich" ge- 
färbt und'gegen den Fufs hin körnig; die übrige Flughaut dun- 
kelgraubraun; Schwanzflughaut bis zur Mitte‘ dicht behaart; 
Oberseite des Körpers dunkelbraun; Unterseite heller braun, 
mit Grau überflogen; die Körperhaare oben und unten’an -der 
Wurzel‘ braunschwarz mit helleren Spitzen; — der:1.. obere - 
Vorderzahn einspitzig, nach hinten mit hökerartig vorgezognem, 
nicht so hoch wie die Spitze des 2. Zahns aufsteigendem Rande, 
bei weitem nicht halb so lang aus den Alveolen oder dem Zahn- 
fleisch vorstehend wie der obere Eckzahn; die Schneide der 
üntern Vorderzähne einander parallel, ‘quer zur Richtung der 
Kiefer gestellt; der Lückenzahn im Oberkiefer sehr klein und 
niedrig, nach Innen gerückt, von Aufsen nicht sichtbar, indem 
der 4. eigentliche Backzahn und der Eekzahn mit den Rändern 
dieht zusammen treten; Gebifs ziemlich stark, mit dicken, stum. 
pfen Zähnen. — Körper 1” 8"; Schwanz 1” 4"; Flugweite 8" 4"; 
Unterarm 1” 3,5”; der 3. Finger 2” 3,1”; der 5, Fingert"'8,3”; 
Kopf 7"; gröfßste Ohrlänge 5,8”: Tragus längs dem Innen- 
rande 1,8". — 

In Ragusa, Triest, Turin, Toskana, um Rom und in Neapel, 

F espertilio Vispistrellus Bonap. Icon. d. f. it. fasc. XX. 
fol. 100. weicht nach der Beschreibung nicht von dem Ori- 
ginalexemplare des V. Kuhlü Natt. ab, 

21 * 


320 


10. F. albolimbatus Küster, 

Der Aufsenrand des Ohrs endet unterhalb der Linie der 
Mundspalte, etwa 1” hinter dem Mundwinkel; das Ohr eben- 
so breit wie die Länge des Innenrandes, so dafs der vorstehende 
Theil gleichseitig dreieckig erscheint; Schnauze breit und stumpf, 
vorn fast halbkreisförmig begränzt; der hintere Rand der Flug- 
haut milchweifs, ungekörnelt; die Flughaut besonders nach dem 
5. Finger hin weiter über ‘den Rand hinaus hell durchschei- 
nend, farblos, übrigens graubraun; Schwanzflughaut ‚bis zur 
Mitte dicht behaart; Oberseite des Körpers hell fahlbraun; 
Unterseite weifsgrau mit gelblichem Anflug; die Haare an der 
Basis. braunschwarz mit helleren‘Spitzen; der 1. obere Vor- 
derzahn einspitzig, der hintereRand desselben deutlich als ein 
gesonderter |Höcker von. der Höhe des 2. Vorderzahns vorge- 
zogen;:.die Vorderzähne bei weitem nicht halb so hoch vor- 
stehend wie der Eckzahn; die Schneide der untern Vorderzähne 
einander parallel und quer zur Richtung der Kiefer gestellt; 
der Lückenzahn im Oberkiefer sehr‘niedrig, nach Innen gedrängt 
und-von Aufsen nicht sichtbar, indem der Eckzahn mit dem 
ersten eigentlichen Backzahn ziemlich dicht zusammentritt; Ge- 
bifs ‚ziemlich stark, mit dicken, stumpfen Zähnen. — Körper 
4" 7,5”; Schwanz 4” 4”; Flugweite 8”; Unterarm 1" 2,8"; 
der 3. Finger 2’ 2,8"; derd. Finger 1" 7,6"; Kopf 7"; gröfste 
Ohrlänge 6,4”; Tragus längs dem Innenrande 2". — 

In Sardinien, Oran und Algier, 

b. Die Schneide der untern Vorderzähne in der Richtung 
der Kiefer gestellt, so dafs die Zähne einander nur’mit den 
seitlichen Kanten berühren, einander nicht verdecken; der 1. obere 
Vorderzahn zweispitzig, ungefähr halb so lang wie der Eckzahn 
aus den Alveolen oder dem Zahnfleisch vortretend; die 2. Spitze 
des 1. Vorderzahns schräg: nach Aufsen, fast nach dem 2. Zahn 
‚hingestellt, fast so hoch wie die 1. Spitze, und von vorn ‚und 
von der Seite deutlich sichtbar; der Lückenzahn ‘im Oberkiefer 
ist, von Aufsen deutlich sichtbar, in der Richtung der Zahn- 
reihe eingefügt; der Eckzahn im Oberkiefer vom 1. eigentlichen 
Backzahn entfernt; Flughaut gleichfarbig, ohne hellere Ränder. 


11. Y. Nathusii nov. spec. 
Der Aufsenrand des Ohrs endet unter der Linie der Mund- 


321 


spalte, gegen 1,2” hinter dem Mundwinkel, ohne den ‚Mund- 
winkel zu erreichen; das Ohr eben so breit wie die Länge des 
Innenrandes, so dafs der vorstehende Theil desselben als ein 
gleichseitiges Dreieck erscheint; Abstand der innern Ohrränder 
unter einander gröfser als ihre Entfernung von der Schnauzen- 
spitze; Schnauze breit und stumpf, vorn fast halbkreisförmig 
begränzt; Flughäute rauchschwarz; Oberseite der Schenkelflug- 
haut bis zur Mitte und längs dem ganzen Schienbein dicht be- 
haart, Oberseite düster rauchbraun; die Unterseite düster gelb- 
grau, nach den Flughäuten mehr rostfarbig; von den Schultern 
unter dem Ohr hin seitlich auf den Unterkiefer ein dunklerer 
brauner Fleck; das Haar der Ober- und Unterseite gleichmäfsig 
von der Basis an über $ der Länge braunschwarz mit helleren 
Spitzen; der 1. obere Vorderzahn zweispitzig, etwas mehr als 
halb so weit wie der Eekzahn vorstehend, nur wenig höher als 
der 2. Vorderzahn; die 2. Spitze des 1. Vorderzahns schräg 
nach Aufsen gestellt, etwas niedriger als der2. Vorderzahn und 
von Aufsen deutlich sichtbar; stark vortretende Eckzähne, der 
obere nur wenig länger als der untere, der untere entschieden 
höher als die Backzähne; der nach Innen vorgezogene Rand 
des untern Eckzahns liegt innerhalb des Wurzeldrittels; der 
Lückenzahn im Oberkiefer in die Richtung der Zahnreihe ge- 
stellt, von Aufsen sichtbar; der Eckzahn und der 1. eigentliche 
Backzahn im Oberkiefer von einander entfernt gestellt; Gebifs 
ziemlich stark; Zähne ziemlich spitz. — Körper 1” 10"; 
Schwanz 1" 3”; Flugweite 8”10”’; Unterarm 1” 3”; der 3. Fin- 
ger 2" 4,5"; der 5. Finger 4” 1,6”; Kopf 7”; gröfste Ohr- 
länge 6‘; gröfste Ohrbreite 4,4; Tragus längs dem Innen- 
rande 1,8”; Abstand der innern Ohrränder 3,2’; Entfernung 
des innern Ohrrandes von der Schnauze 2,5; Abstand der 
Basis des äufsern Ohrrandes vom Mundwinkel 1,2 — 
In Berlin und Halle. 


12. V. Pipistrellus Daul. 

Der Aufsenrand des Ohrs endet in der Höhe der Mund- 
spalte, dicht am Mundwinkel; das Ohr weniger breit als die 
Länge des Innenrandes; der Abstand der innern Ohrränder 
unter einander kleiner als ihre Entfernung von der Schnauzen- 
spitze; Schnauze vorn verschmälert und an: den Nasenlöchern 


322 


im Umrifs winkelig abgeschnitten; Flughäute rauchschwarz; 
Oberseite der Schenkelflughaut nicht bis 4 der Länge behaart, 
und längs dem Schienbein mehr als zur Hälfte kahl; Oberseite 
gelblich rostbraun; Unterseite fahl rostbräunlieh, mit etwas 
Grau gemischt; ohne dunklen Schulterfleck; Haar der Oberseite 
fast einfarbig rostbräunlich, nur an der Wurzelhälfte etwas 
dunkler braungrau; das Haar der Unterseite deutlicher zwei- 
farbig, an der Wurzel braunschwarz mit fahl gelbbräunlichen 
Spitzen; der 1. obere Vorderzahn zweispitzig, ungefähr halb 
so lang wie der Eckzahn vorstehend, zwei oder mehrmal so 
hoch als der 2. Vorderzahn; die 2. Spitze des 1. Vorderzahns 
schräg nach Aufsen gestellt, etwas höher als der 2. Vorder- 
zahn, und von Aufsen deutlich sichtbar; Eckzähne ziemlich 
schwach, wenig über die übrigen hinausragend, der obere stark 
doppelt solang wie der untere, der untere nicht merklich höher 
als die Backzähne; der nach Innen vorgezogene Rand des 
untern Eckzahns steigt bis zur Mitte des Zahns hin auf; der 
Lückenzahn im Oberkiefer in die Richtung der Zahnreihe ge- 
stellt, von Aufsen sichtbar, indem der Eckzahn entfernt vom 
ersten eigentlichen Backzahn steht; Gebifs schwach; die Zähne 
sehr spitz. Körper 1° 4,5; Schwanz 1’ 2,5”; Flugweite 
7°; Unterarm 1 1°; der 3. Finger 1° 11,3; der 5. Finger 
1° 4,9; Kopf 6°, gröfste Ohrlänge 5,2’; gröfste Ohrbreite 
3,2, Tragus längs dem Innenrande 1,6‘; Abstand des innern 
Ohrrandes 2,1”; des innern Ohrrandes von der Schnauze 2,5’, 

Im südlichen und mittlern Schweden, gemäfsigten Rufs- 
land, England, Deutschland, Frankreich, Spanien und Morea (?), 


V.Alcythoe Bonap. Icon. d. f.it. fasce. XXI. fol. 107. 


Diese Art würde nach der von Bonaparte angegebenen 
Zahl der Zähne in die erste Untergattung gehören. Nach der 
Gestalt des Ohrs, des Tragus und des Schwanzes gehört sie 
indefs dieser letzten Rotte an, zu der ungefähr Bonaparte sie 
auch selbst gestellt wissen will. Vermuthlich ist hier, wie in der 
Beschreibung des F. Fispistrellus und der ursprünglichen 
Beschreibung des F. Kuhlü Nait. der Lückenzahn im Ober- 
kiefer übersehen, wozu auch dessen Stellung und geringe Gröfse 
hinreichende Veranlassung giebt. Bonaparte charakterisirt 
sie folgenderweise: 


323 


Ohren viel kürzer als der Kopf, oval, etwas zugespitzt, 
ganzrandig; Tragus grade, halbherzförmig, etwas zugespitzt, 
fast länger als das halbe Ohr; Füfse sehr klein, wenig aus der 
Schwanzflughaut vortretend; Pelz graugelblich, mit brauner 
Haarwurzel; 32 Zähne (?). — Körper 1” 8°; Schwanz 1 3; 
Flugweite 8 2; Unterarm 1 3; Höhe der Flüghäute 44 
8,5; Kopf 7; Ohr 5,5%. — ke 

Aus Sicilien. 


Fl. Miniopterus Bonaparte. 


z 4.1 1 2—2 1 1-4 £ . 
Gebifs: 331° 6 "1'337 36 Zähne; mit 8 Gau- 


menfalten, von denen die 3 ersten und die letzte ungetheilt; 
Ohren dickhäutig, gesondert, rhombisch, fast rechtwinkelig; der 
Aufsenrand des Ohrs geht unter den Tragus hinaus bis gegen 
den Mundwinkel hin vor; der Innenrand an der Basis stumpf 
abgerundet und allmählich mit dem Kiel verschmolzen, erreicht 
seine gröfste Entfernung vom Kiel in bedeutender Höhe über 
der Basis und biegt sich dann mit dem Kiel fast spitzwinkelig 
knieförmig nach Aufsen; der Tragus mit’ dem abgerundeten 
Ende nach Innen gerichtet, längs dem Innenrande eoncav, längs 
dem Aufsenrande convex, der ganzen Länge nach ziemlich 
gleich breit, an der Basis des Aufsenrandes schwach eingebuch- 
tet, ohne deutlich vorspringenden Zahn; Nasenlöcher vorn unter 
der Schnauze seitlich geöffnet. 

Schädel hinten sehr gewölbt, aufgeblasen, nach jeder 
Richtung stark erweitert; Oberkiefer fast gleichbreit, indem 
die Entfernung an den Eckzähnen eben so grofs wie die 
Breite der Verengung zwischen den Augenhöhlen; das 
Hinterhaupt durch eine Einschnürung vom übrigen Schä- 
del abgesetzt, niedriger als der Scheitel; der Schädel fällt 
vorn steil nach dem Nasenrücken hin ab, durch eine tiefe 
Einbucht vom Nasenrücken gesondert; Nasenrücken ge- 
wölbt, enge, nach vorn wenig abfallend, bis zum Zwischen- 
kiefer fast gradlinig. 


4. M. Schreibersii Natterer. 


Der Aufsenrand des Ohrs endet in gleicher Höhe mit der 
Linie’ der Mundspalte, dicht hinter den Mundwinkel; der Innen- 


324 


rand löset sich über der Linie, die das Auge mit dem Nasen- 
loch verbindet, vom Kiel ab, fast unter einem spitzen Winkel 
knieförmig nach Aufsen gebogen; Tragus ragt fast bis zur 
Mitte des Ohrs, ziemlich gleichbreit, aufsen an der Basis und 
gegen die Mitte kaum merklich eingebuchtet; Schwanz länger 
als der Körper, ganz von der Flughaut umschlossen; Flügel- 
haut am Fufs nach Innen taschenförmig umgeschlagen; der 
Fufs frei vorstehend; das 3. Glied des. 3. Fingers fast 3mal 
so lang wie das zweite; der angedrückte Unterarm ragt etwas 
über die Schnauzenspitze hinaus; Oberseite braungrau; Unter- 
seite hell aschgrau; die obern Vorderzähne gleich grofs; die 
untern mit der Schneide in die Richtung der Kiefer gestellt, 
so dafs die Zähne einander nur mit den seitlichen Kanten be- 
rühren. — Körper 1“ 11,5, Schwanz 2” 1,5, Flugweite 114 
Unterarm 1° 7,7’; der 3. Finger 3 2,5; dessen 2. Glied‘ 
4,9“; dessen 3. Glied 1 0,6; der 5. Finger 1” 11,7; 
Kopf 7,6“; gröfste Ohrlänge 5%; gröfste Ohrbreite 4,8%; 
Tragus längs dem Innenrande 1,7. 

Aus der Columbaczer und Veteranenhöhle bei ‘Mehadia 
im Bannat, bei Ascoli im Kirchenstaat, und von Algier. 

Miniopterus Ursinii Bonap. Icon. d.f. it. fasc. XAT., 
fol. 106. stimmt ganz genau mit dem Originalexemplare der 
V espertilio Schreibersü Natterer überein, was nach der Be- 
schreibung in der Kuhlschen Monographie freilich nur zu ver- 
muthen war. 


Zweite Gruppe: Hufeisennasen. 

Nase mit einem häutigen, hufeisenförmigen Aufsatz über 
der trichterförmigen Vertiefung, in der die Nasenlöcher sich 
öffnen; Ohr ohne Tragus, durch einen von der Basis des Aufsen- 
randes durch einen Einschnitt abgesonderten Lappen verschliefs- 
bar; das 1. Glied des 5. Fingers gröfser als das 1. Glied des 
dritten; die obern Vorderzähne im abortiven, nicht mit den 
Oberkieferästen verwachsenen, beweglichen Zwischenkiefer in 
der Fläche des Gaumens eingefügt. 


VI. Rhinolophus Geoffr. 


R 4.1 1 1—1 1 1.4 
Gebifs: Er ler ze ie ad Fr 30, oder 
re hg Zähne; mit 6 oder 
3.2.1 4 TR . 


325 
7 Gaumenfalten;, Ohren ziemlich dünnhäutig, gesondert, fast 
halbherzförmig, in eine lange, nach Aufsen gehogene Spitze 
auslaufend, unter derselben am Aufsenrande schwach ausge- 
schweift, unter der Mitte tief eingeschnitten, -so dafs der untere 
Theil des Aufsenrandes als mehr oder weniger gesonderter 
Lappen vorsteht und nach Innen sich einschlagend, das Ohr 
schliefst; der Innenrand löset sich weit unter der Linie, die 
das Auge mit dem Nasenloch verbindet, vom Kiel ab; der 
Aufsenrand verläuft zwischen dieser Stelle und dem Auge über 
der Linie der Mundspalte; Tragus fehlt. — 

Schädel stark gewölbt, ziemlich schmal; die Breite der 
Verengung zwischen den Augenhöhlen weit geringer als 
die der Kiefer an den Eckzähnen; Hinterhanpt seitlich 
stark verschmälert, vom Scheitel an stark erniedrigt, über 
das Hinterhauptsloch weit nach hinten vorspringend; das 
Hinterhaupt durch eine deutliche Einbucht vom Schädel 
getrennt; der Scheitel fällt vorn nach der Nase noch stei- 
ler als nach dem Hinterhaupt ab; Nasenrücken nach vorn 
ziemlich gleich breit, an der Basis gewölbt und durch eine 
deutliche Einbucht von der Stirn getrennt. Zwischen- 
kiefer am Gaumenbein befestigt, nicht mit den Aesten des 
Oberkiefers verwachsen. 


1. Rh. Hippocrepis Hermann. 

Der Einschnitt am Aufsenrande des Ohrs spitzwinkelig 
und tief, so dafs der untere Theil des Ohrs deutlich gesondert 
hervortritt; (die nach der Mitte gerichtete Ecke des Wurzel- 
lappens spitzwinklig abgerundet, die nach der Basis gekehrte 
stumpfwinklig abgerundet; die Hufeisenhaut von 3 parallelen 
deutlichen Falten gebildet; die vordere quergestellte Fläche 
des Längskamms oder Sattels dicht hinter den Nasenlöchern, 
ist nach der Spitze gleichmäfsig verschmälert; die nach hinten 
gegen die Stirn vor der Lanzette sich erhebende Spitze des 
Längskamms ist niedrig, abgerundet und kaum über die vor- 
dere Querfläche erhaben; die vor der Stirn aufgerichtete quer- 
stehende Lanzette nach der Basis gleichmäfsig erweitert, bis 
zur Stirn gerechnet weit länger als breit und länger als das 
Hufeisen; die Schwanzflughaut hinten fast rechtwinkelig zuge- 
spitzt, und nur sparsam mit weichen Haaren gewimpert; der 


4‘ 


326 


Schwanz beträgt % des Unterarms und des Körpers; Flügel- 
haut bis zur Fufswurzel angewachsen, das 1. Glied ‚des 4, Fin- 
gers etwas gröfser als das 1. Glied des5. Fingers; das 3. Glied 
des. Fingers ungefähr anderthalb mal so lang wie das zweite; 
im Oberkiefer ein Lückenzahn, der fast halb so grofs wie der 
4. Backzahn ist und sich deutlich über die Ränder der anlie- 
genden Zähne, erhebt; 7 Gaumenfalten, von denen die erste unge- 
theilt ist. — Körper 1” 5,5°;, Schwanz 1 1,5; Flugweite 
8“ 6, Unterarm 1° 5; der 3. Finger 2 2,3; der 5. Fin- 
ger 1° 10,6; Kopf 7,8%; Ohrhöhe vom Scheitel an 6; des- 
sen Breite am Einschnitt des Aufsenrandes 5,2%. — 

In Deutschland, . der Schweiz, Frankreich, Südengland, 
Triest, Kaukasus. 

Rhinolophus bihastatus Geoffr. Rh. Hipposideros Leach. 
Rh. Hipposideros et ferrum equinum Bechst. 


2. Rh. ferrum eqguinum Daub. (Schreb.) 


Der Einschnitt am Aufsenrande des Ohrs flachwinkelig, 
so dafs der untere Theil des Ohrs wenig vortritt; die nach 
der Mitte gekehrte Ecke des Wurzellappens weniger stumpf 
- abgerundet als die der Basis; die Hufeisenhaut von 3 deutli- 
chen Falten gebildet; die vordere quer gestellte Fläche des 
Längskamms hinter den Nasenlöchern ist in der Mitte am 
schmalsten und erweitert sich nach der Basis und Spitze hin; 
die nach hinten gegen die Stirn vor der Lanzette sich erhe- 
bende Spitze des Längskamms ist kurz, abgerundet und kaum 
über die vordere Querfläche erhaben; die an der Stirn quer 
stehende Lanzette jederseits nach der Basis stärker, lappen- 
förmig erweitert, bis zur Stirn gemessen breiter als lang und 
etwas kürzer als das Hufeisen; die Schenkelflughaut an der 
Schwanzspitze fast rechtwinkelig begränzt und sparsam weich- 
‘ 'haarig gewimpert; der Schwanz beträgt $ der Länge des Unter- 
arms und Körpers; Flügelhaut bis zur Fufswurzel festgewach- 
sen; das 1. Glied des 4. Fingers etwas kleiner als das 1. Glied 
des 5. Fingers; das 3. Glied des 5. Fingers eben so lang wie 
das zweite; im Oberkiefer kein Lückenzahn; daher 28 Zähne; 
7 getheilte Gaumenfalten. — Körper 2 2”; Schwanz 1” 4,6’; 
Flugweite 12” 6; Unterarm 2 0,6; der 3. Finger 3 
2,8”; der 5. Finger 2 7,8; Kopf 11°; Ohirhöhe vom 


327 


Scheitel an 8,5‘; Ohrbreite am Einschnitt im Aufsen- 
rande 7,5. — 
-- Im gemäfsigten Europa bis ins mittlere Deutschland und 
südliche England, in der Krimm. 

Rhinolophus unihastatus Geoffr. 


3. Rh. clivosus Rüppell, Cretschmar. 


Der Einschnitt am Aufsenrande des Ohrs ganz flach 
stumpfwinklig, so dafs der Ohrlappen wenig gesondert vortritt; 
die beiden Ecken des Wurzellappens gleichmäfsig abgerundet; 
Hufeisenhaut aus 3 Falten gebildet, von denen die mittlere 
flach und undeutlich; die vordere Querfläche des Längskamms 
hinter den Nasenlöchern nach der Spitze allmählig gleich- 
mäfsig verschmälert; die nach hinten gegen die Stirn vor der 
"Lanzette sich erhebende Spitze des Längskamms ist lang aus- 
gezogen, etwa doppelt so hoch wie, die vordere Querfläche des- 
selben; die auf der Stirn sich erhebende quergestellte Lanzette 
‘nach der Basis ziemlich gleichmäfsig jederseits erweitert, ohne 
seitlich vorspringende Lappen, bis zur Stirn etwas länger als 
breit, und ungefähr so lang wie der Bogen des Hufeisens; die 
Schenkelflughaut hinten fast gradlinig abgeschnitten und mit 
dichtstehenden weichen Haaren gewimpert; der Schwanz halb 
so lang wie der Unterarm und ungefähr von halber Körper- 
länge; die Flughaut endet vor der Fufswurzel, so dafs ein 
Theil des Schienbeins frei vorsteht; das 1. Glied des 4. Fin- 
gers ragt nicht so weit vor, wie das 1. Glied des 5. Fingers; 
das 3. Glied des 5. Fingers ist eben so langwie das 2. Glied; 
im Oberkiefer ein sehr kleiner Lückenzahn, der sich nicht 
über die Ränder der anliegenden erhebt; mit 6 getheilten 
Gaumenfalten. — Körper 2; Schwanz 11,5; Flugweite 10% 
6; Unterarm 1° 9,2; der 3. Finger 2 7,2‘; der 5. Fin- 
ger 2 1,3‘; Kopf 9,8%; Olhrhöhe vom Scheitel an 6,8; 
Ohrbreite am Einschnitt des Aufsenrandes 6% — 

In Dalmatien, der Levante und Egypten. 

Temmink stellt sehr mit Unrecht Rhinolophus ca- 
pensis Lichtenstein. Doubl. pag. 4. n. 55. zu dieser ‚Art. 
Sie ist eine bestimmt von beiden grofsen europäischen 
Hufeisennasen verschiedene Art, die in vieler Hinsicht das 


328 


Mittel zwischen beiden hält, indem "sie in manchen Charakte- 
ren sowohl mit der einen, als mit der andern übereinstimmt, 
in manchen auch von beiden abweicht. Da nirgends eine ge- 
nauere Angabe ihrer Charaktere existirt, so wollen wir (das 
Wesentliche derselben nach Vergleichung von Originalexem- 
plaren mittheilen. 


Rh. capensis Lichtenstein. 


Der Einschnitt unter der Mitte des äufsern Ohrrandes 
stumpf und niedrig, stumpfer als bei Rh. ferrum egquinum, 
doch schärfer als bei clivosus; der vorstehende Ohrlappen an 
der Basis nach beiden Seiten gleichmäfsig abgerundet, wie bei 
clivosus; Hufeisen aus drei deutlichen parallelen Falten gebil- 
det, von denen die innere weniger scharf als die nach beiden 
Rändern hervortritt; die vordere Querfläche des Längskamms 
dicht hinter den Nasenlöchern ist in der Mitte verschmälert, 
nach der Spitze und Basis gleich stark erweitert, wie bei fer- 
rum eguinum; die nach hinten gegen die Stirn vor der Lan- 
zette sich erhebende Spitze des Längskamms ist wenig über’ 
die vordere Querfläche desselben erhaben und abgerundet, wie 
bei ferrum equinum; die auf der Stirn sich erhebende quer- 
gestellte Lanzette verschmälert sich über der Mitte dicht hin- 
ter dem letzten Zellenpaar derselben plötzlich, so dafs, wie 
bei ferrum equinum, ‘die Basis jederseits lappenförmig erwei- 
tert hervortritt; die Schenkelflughaut hinten fast gradlinig be- 
grenzt und dieht mit kurzen weifsen Häärchen gewimpert, wie 
bei clivosus; ebenso der Schwanz halb so lang als der Unter- 
arm und ungefähr von halber Körperlänge; die Flughäute las- 
sen, wie bei clivosus, den ganzen Fufs und einen Theil des 
Schienbeins frei; das iste Glied des 4ten Fingers nicht ganz 
so weit vorragend, wie das Aste Glied des 5ten; das Ste Glied 
des 5ten Fingers nur wenig länger als das 2te Glied dessel- 
ben Fingers; Gebifs sehr stark, im allgemeinen mit dem von 
ferrum eguinum übereinstimmend; 28 Zähne; im Oberkiefer 
4 eigentliche Backzähne, ohne Lückenzahn; im Unterkiefer 2 
einspitzige Lückenzähne und 3 Backzähne; die Eckzähne, be- 
sonders die oberen sehr stark und dick, bedeutend vortretend, 
so wie die hohen Spitzen des ersten Backzahns; die Schnei- 
dezähne im Oberkiefer sehr kurz und etwas dick; 7. getheilte 


329 


Gaumenfalten, im Ganzen ähnlich denen von ferrum equinum; 
die 3 ersten bedeutend stärker und besonders die 1sten und 
2ten weiter von einander entfernt als die folgenden; ‚die 1ste 
fällt vorn zwischen die Eckzähne; die»2te entspringt zwischen 
dem Eckzalhın und ersten Backzal:n; die 3te geht mitten vom 
isten Backzahn aus; zwichen dem isten und 2ten Backzahn 
liegt eine sehr schmale, nicht nach Innen durchgehende kleine 
Querfalte, die allen übrigen Arten fehlt; die 4te vollständige 
Falte fällt dieht vor, und die öte dicht hinter die Mitte des 
2ten Backzahns; die 6te nicht so weit ‚als die beiden anliegen- 
den nach der Mitte des Gaumens verlaufende Falte zwischen 
dem 2ten und 3ten Backzalın; die 7te dicht vor der Mitte des 
3ten Backzahns; hinter dieser beginnt gegen die Mitte des 3ten 
Backzahn die ungefaltete Gaumenfläche mit einem in der Mitte 
ungetheilten etwas erhöht vorstehenden Querrande; — der 
Schädel ist wenig verschieden von dem des ferrum eguinunmn, 
nur etwas kleiner, verhältnifsmäfsig mehr gestreckt und zwi- 
schen den Augenhöhlen. mehr verschmälert; Behaarung. und 
Färbung ähnlich der von clivosus, nur etwas dunkler rauch- 
braun überflogen, besonders auf der Oberseite; Ohren und 
Flughäute ebenfalls rauchbraun. 

Zur Vergleichung mögen die wesentlichsten Dimensionen 
der drei Arten nach Pariser Maafs hier zusammenstehen; 


Rh, ferrun equin. capensis elivosus 
Körperlänge DT RR TER ENTE 
Schwanz 1” 4,6 dr 11,5 
Flugweite 12 6 40%. Ela 60 
Kopf am 10,8” 9,8." 
Zwischen Auge u. Schnauzenspitze 4,4! 4 3,6 
Mundspalte 4 3,8 34 
Von der Basis des innern Ohrran- 
des zur Schnauzenspitze 7,6 7,5% 6,3 
Ganze Länge des Nasenaufsatzes 6,8" 6,4” 5,6 
Länge des Hufeisens 2,8 2,81” 2,8’ 
Breite eines Hufeisenastes 4a 1,4" 1,3" 
Länge der Lanzette bis zum 
Längskamm 3 2,6 2,4" 
_ Gröfste Breite der Lanzette an der 
Basis 2,5" 2,4" 23” 
Höhe der vordern Querfläche des 
Längskamms 41,4" 1,4” 4,44 


Breite derselben an der Basis zu 0,9% 0,9% 


330 


Rh. ferrum equin, 


Breite derselben in der Mitte 0,6% 
Breite derselben in der Mitte der 
obern Hälfte gen 
Entfernung der Nasenlöcher 0,8 
Höhe des Ohrs vom Scheitel. an 8,5 
Entfernung der Spitze vom Ein- 
schnitt am Aufsenrande 7,5” 
Ohrbreite am Einschnitt des 
Aufsenrandes 75% 
Breite des Wurzellappens zu 
Tiefe des Einschnitts am Aufsen- 
rande 0,9 
Oberarm 4: 86 
Unterarm 2’ 0,6 
Der Daumen ohne Nagel Ze 
Der Daumennagel aus 
Das 4ste Glied des 2ten Fingers 4”. 5% 
Der 3te Finger 32,8% 
dessen 1stes, Glied 4 357 
dessen 2tes Glied 8,3% 
dessen 3tes Glied RD 
dessen Nagelglied 1,6% 
Der 4te Finger PR El 
dessen 4stes Glied di 00% 
dessen 2tes Glied 4,8" 
dessen 3tes Glied 8,3% 
dessen Nagelglied 0,8” 
Der 5te Finger En 
dessen 4stes Glied GER 
dessen 2tes Glied Bi 
dessen 3tes Glied u 
dessen Nagelglied 0,7% 
Schenkel 9,6 
Schienbein 10,5 
Fufs b’ 


Schädellänge vom obern Rande 

des Hinterhauptslochs zur Wur- 

zel der Eckzähne 95% 
Schädellänge vom obern Rande des 

Hinterhauptslochs bis zur Spal- 

tung der Oberkieferäste 8,8 
Zwischen dem untern Rande des 

Hinterhauptslochs und der Ein- 

bucht im vordern Gaumenbeine 6,6 
Gröfster Durchmesser des Hinter- 

hauptsbeins 4,100 


capensis 


u 


0,6 


0,9% 
0,6‘ “ 


7,5% 
6,5 
r 


6,4” 
BZ 


0,6 
yu 


gu 11,5" 


44 
gu 
17 


4" 


2u 
4. 


Zu 
44 


ya 
0,5% 
3,6 
0,8% 
3,1.” 
770 
0,4 
1,6 
5,2 

gu 
4,9 
7,5 
0,8 
5,4 
4,7% 
5,9" 
6,2% 
0,6% 

gn 
9,7 


5,5 (277 
9, gu 
8,3% 


6,5% 


4,5 


elivosus 


24 
4" 


0,6” 


0,37% 
0,6% 
6,8” 4 


6 


6” 
32 


0,5 


9,27” 
ya 
0,6% 
2,6 
ZZ 
1 
6,6” 
10,5% 
4 a 
1,2% 
2,44 
3,7 
6,6% 
0,5” 
43% 
2,8% 
u 
Hu 
0,5 
8,5 
9,4" 
4,5 


82" 


7,2 


5,00 


4,3" 


Rh. ferrum equin, 


Gröfster Durchmesser der Schä- 
delwölbung in der Mitte des 
Schädels 

Entfernung der Mitte der Gelenk- 
flächen im Oberkiefer 

Gröfste Entfernung der Jochbogen 
von Aufsen 

Der kleinste Durchmesser der Ver- 
engung zwischen den Augen- 
höhlen 

Durchmesser des Oberkiefers an 
den Eckzähnen 

Durchmesser an den vordern Au- 
genhöhlenrändern 

Entfernung der Oberkieferäste an 
den Eckzähnen 

Höhe des Hinterhauptslochs 

Breite des Hinterhauptslochs 


4,2" 
gu 


mit 
5,7 


1,4% 
3,4” 
3,3" 

274 


1,9 
ya 


capensis 


4,1 sit 
3,9% 


5,4% 


12 
zu 
gu 

1,60" 


41,8 
1,9% 


331 


elivosus 


3,9% 
3,24 


4,4 


1,2 
az 
25% 
1, gr 


4,9% 
zu 


“Die Exemplare, von denen die Maafse entlehnt, sind drei 
ausgewachsene Weibchen, das von Rh. ferrum eyuinum aus 
Türin, von Rh. clivosus aus Triest, und von RA. capensis 
vom Cap. Die letztere scheint bis jetzt nur am Cap gefun- 
den. Dafs Temmink den Standort von Rh. clivosus bis zum 
Cap. ausdehnt, bedarf wohl einer genauern Kritik der zu 
Grunde gelegten Exemplare, da seine Angabe sehr leicht auf 
seiner irrigen Ansicht von beiden Arten beruhen könnte. 


Ueber ein zoologisches Kennzeichen der Ordnung, 
der Sperlingsartigen- oder Singvögel. 
von 


Denselben, 


W inrend .die übrigen Ordnungen der Vögel so ausgezeich- 
nete Physiognomien und Charaktere an sich: tragen, dafs nur 
selten ungeschicktere Systematiker einzelne Fehlgriffe bei ih- 
rer: Begrenzung gethan, hat, mit Ausnahme Wiegmanns 
(auch Gloger für die europäischen Gattungen) ‚kein. Syste- 
mıiatiker die Ordnung der Sperlingsartigen- oder Singvögel ‚na- 
turgemäfs zusammengestellt; durchaus Niemand aber für sie 
einen zoologischen Charakter angegeben. "Cuvier z. B., der 
die Ordnung der Rletterer künstlich. auf (die Wendezehe ba- 
sirte, ‚und dadurch viel Fremdartiges in. seine. Ordnung der 
Passereaux brachte, sagte fast nichts anderes Allgemeines von 
den Vögeln der letzten Ordnung als: Sie gehörten in keine 
andere Ordnung, zeigten bei Vergleichung grofse Structurähnlich- 
keit, und besonders Uebergänge, die das Geschäft generischer 
Spaltung sehr erschwerten. In der That läfst der blofse Ha- 
bitus hier auch den Gewandtesten im Stich; die abstechenden, 
unvermittelten Verschiedenheiten in Körperverhältnissen, Schna- 
bel- und Fufsbau, die in anderen Ordnungen überraschen, feh- 
len durchaus. Es ist zwar auch hier der äufsere Habitus 
ein interessanter liebenswürdiger Führer, indefs in vielen 
Stücken hat er etwas von einem humoristischen Kobold, dem 
es eine Freude ist, Freunde, die ihm unbedingt zugethan, auf 
Irrwegen zu sehen. Die Systematik der Singvögel stände auf 
einer anderen Stufe, wenn sich nicht so viele Ornithologen 
bei dem Habitus beruhigten, was doch nicht ihres Amtes. So 
mufs noch immer ein Schwarm Vögel über die eigentlich un- 


333 


zugänglichen we der Singvögel- Ordnung, besonders ge- 
gen die Kletterer, hin und her schweifen und wo immer ein 
Systematiker ihnen Ruhe gegönnt, der nachfolgende verscheuchte 
sie unfehlbar. Nitzsch hat durch anatomische Begründung 
der Ordnung der Singvögel das Hauptverdienst um diese Hei- 
mathlosen sich erworben. Eine andere überraschende Begrün- 
dung verschafte Wagner dieser Ordnung durch Entdeckung 
ihrer eigenthümlichen sonderbaren, vorn einem Korkzieher 
ähnlichen Saamenthierchen. Dennoch blieb es mit den meisten 
besonders ausländischen Ornithologen beim Alten, weil jeder 
zoologische Ordnungscharakter fehlte. Erfreulich war es des- 
halb in der Bekleidung der hinteren Seite des Lau- 
fes, der Sohle, ein ausgezeichnetes Kennzeichen der Ord- 
nung zu finden, das sich uns in mehr als jahrelanger Anwen- 
dung bewährt hat. Bei allen Vögeln, die mit dem Singmus- 
kelapparat versehen, und nur bei ihnen ist die Sohle gröfsten- 
theils von einer umfassenden Horndecke bekleidet, die, mit 
einer einzigen Ausnahme (bei den Lerchen), obne alle Querthei- 
lung ist. Dicht über der Einlenkung der Hinterzehe und un- 
ter dem Hacken finden sich einige feine Maschen, bei stärke- 
ren Vögeln mehr. Bei den Lerchen setzen sich die Grenzen 
der vordern Schilder in feinen Eindrücken über den Stiefel 
der Sohle fort und bilden dadurch sehr undeutliche, den vor- 
deren an Zahl und Stellung entsprechende hintere umfassende 
Schildchen. Aber auch dieser Fall ist verschieden von allem, 
was wir bei Kletterern und ihren Verwandten finden. Bei 
letzteren herrscht grofse Mannichfaltigkeit in der Beschaffenheit 
der Sohlenbekleidung, die wir gegenwärtig nicht durchgehen wol- 
_ len; besonders da wir Gelegenheit haben werden, durch alle 
Ordnungen diese systematisch wichtigen Bildungsverschieden- 
heiten umfassender darzustellen, Hier sei es genug anzuge- 
ben, dafs bei der Mehrzahl der Kletterer die Sohle nur genetzt 
ist, entweder sehr grob z. B. bei Caprimulgus,. Coracias u. 
and. oder feiner schuppig und oft rauh z. B. bei den Psittaci- 
nis, oder mehr häutig z.B. bei den Macrochires und den meisten 
Sipoglossis von Nitzsch. Ein anderer Fall, der am meisten 
- mit dem der Lerchen vergleichbar, findet sich bei den Picinis 
Nitzsch, am ausgezeichnetsten bei Ramphastos. Hier ist 
eine verticale Reihe scharf gesonderter eckiger Täfelchen auf 
V. Jahrg. 1. Band, 22 


334 

der Sohle zu bemerken, die aber, weit kleiner als die vorde- 
ren Schilder, diesen nicht entsprechend und an Zahl überlegen 
sind; auch finden sich daneben immer mehr oder weniger 
Maschenreihen und es wird die genetzte Bekleidung nirgends 
ganz verdrängt. Bei Musophaga ist diese Tafelreihe innen 
längs den Läufen auffallend, die hinten genetzt sind. Doch wir 
begnügen uns damit einen Charakter der Singvögel-Ordnung 
‚angegeben zu haben, der sie in dem Umfange, wie Nitzsch 
sie begründete, begrenzt und der es möglich macht, unbekann- 
ten Vögeln die Singwerkzeuge an den Beinen anzusehen. 


Ueber Helix rosacea und A. lucana Mulleri, nebst 
‚Diagnosen einiger neuen Conchylien. 


von 


Dr. I. H. Jonas in Hamburg. 


(Hierzu Taf. IX und X.) 


Wenn gleich es nicht geleugnet werden kann, dafs die 
Naturgeschichte durch neue Entdeckungen und deren öffent- 
liche Mittheilungen auf eine erfreuliche Weise immer mehr 
bereichert wird, so ist dieser Gewinn für die Wissenschaft 
dennoch nicht gröfser, 'als derjenige, den wir durch das Be- 
stimmen zweifelhafter naturhistorischer Gegenstände erhalten 
würden; derjenigen Formen nämlich, welche ältere Schriftstel- 
ler vorzüglich bei den Beschreibungen vor sich hatten, welche 
sie entweder nicht mit Abbildungen begleiteten, oder, im Fall 
sie dies thaten, selbige durch keine naturhistorische Benen- 
nung kenntlich machten. Durch dergleichen critische Arbei- 
ten würden Irrthümer beseitigt werden, welche sich in -die 
Wissenschaft eingeschlichen und fortgeerbt haben, und dieselbe 
wird intensiv gewinnen; aber auch das Studium wird nach 
Hebung vieler Zweifel vereinfacht und erleichtert werden, statt 
dafs das jetzige immer mehr überhand nehmende Streben nach 


335 


Einführung neuer Geschlechter, sogar auf Kosten der Arten, *) 
und das Bilden neuer Arten aus Varietäten die Verwirrung 
immer vergröfsert und das Studium erschwert. iu 

Oken’s Preisaufgabe für die Bestimmungen der Schmet- 
terlinge des Reaumur war deshalb allen Freunden der Wis- 
senschaft gewifs sehr willkommen, ebenso wie die herrlichen 
Arbeiten es waren, welche den Preis errangen. 

Ganz besonders aber bedarf die Molluskenlehre einer stren- 
gen Revision; hier sollte vorzüglich dem blos auf die Schalen 
begründeten Geschlechterbilden Einhalt geschehen, da die Ar- 
beiten der neueren Zeit es immer fühlbarer machen, dafs hierzu 
anatomische Untersuchungen der Thiere unerläfsliche Bedin- 
gung sind, und dafs daher dieses Feld einer noch stärkeren 
Bearbeitung bedarf, weil nur auf dem Baue des Thieres die 
Haupteintheilungen beruhen können. 

Die Conchyliologie als ein wichtigerTheil der Mollusken- 
lehre kann aus derselben gewifs nicht verdrängt werden, darf 
sich aber auch durchaus nicht über ihre Sphäre erheben, und 
sich Rechte allein anmafsen, welche ihr nur gemeinschaftlich 
mit der Lehre von den Bewolınern der Schalen oder dieser 
Lehre allein zukommen. Die Gehäuse können und dürfen nur 
der Artenbildung dienen. Sehr zweifelhaft sind aber vieie von 
Linne und ©. F. Müller aufgestellte Arten, weil diese bei- 
den Naturforscher ihre Arbeiten selten durch Abbildungen er- 
läutert haben, und die Urtypen des ersteren nach dessen Tode 
zerstreuet worden sind. Müller’s Sammlung soll zwar noch 
in Copenhagen existiren, aber für dieselbe hat sich noch kein 
Kiener gefunden. 

Daher hoffe ich, dafs die hier folgende Bestimmung zweier 
von Müller beschriebenen Helices, welche, obgleich dessen 
Beschreibungen derselben classisch genannt werden können, 
dennoch unbegreiflicher Weise verwechselt worden sind, den 
Freunden der Wissenschaft nicht ganz unwillkommen sein 
wird; und wenn dieser Beitrag nur unbedeutend ist, so wird 
er vielleicht Veranlassung zu Untersuchungen vieler andereı 
von beiden grofsen Autoren aufgestellten Arten geben. Zu- 
gleich liefert dieser schon so lange bestehende Irrthum einen 


*) Man denke nur an Gray’s Mactradae. 
22% 


336 


Beweis für die Mifslichkeit des Abschreibens, ohne hinreichende 
Untersuchung der Urbeschreibung. 

Die Helix rosacea Mull. ist nemlich immer für dessen 
H. lucana gehalten worden, unter welcher Benennung sie sich 
in sehr vielen Sammlungen befindet, auch öfter beschrieben 
und abgebildet ist. Von der wahren H. lucana des Müller 
finden wir nirgends eine Abbildung, und nur wenige unvoll- 
kommene Beschreibungen; sie scheint, sehr selten zu sein. 
Ohne Zweifel hat der sonst so sorgfältige I. S. Schröter 
Veranlassung zu dieser Verwechselung gegeben; denn im 2ten 
Bande seiner Einleitung Seite 253 beschreibt er offenbar, wie 
wir diefs weiter unten aus Müllers Diagnosen und Deseri- 
ptionen sehen werden, die H. rosacea, und liefert Tab. IV. 
fig. 9. eine Abbildung derselben, sagt aber: „das ist die 
Schnecke, die der Herr Conferenzrath Müller H. lucana 
nennt, von der ich aber nicht glaube, dafs sie Argenville 
in seiner Conchyliologie T. 28. fig. 7. abbilde.‘“ Dies ist um 
so auffallender, da Schröter auch im Besitze der wahren H. 
Tucana war; denn einige Zeilen vorher finden wir die Worte: 
„Ich besitze von dieser Erdschnecke zwei Abänderungen, Die 
eine ist ganz weifs, der Wirbel mehr gedrückt, und sie hat 
bald den Bau der Waldschnecke, der Nabel ist ganz offen, 
und man kann durch ihn alle Windungen sehen; der Mün- 
dungssaum ist inwendig versilbert.“ Unstreitig Müller’s H. 
lucana, welche Schröter für eine Varietät der so höchst 
verschiedenen H. rosacea hält, die er als die lucana beschreibt. 

Zwei Jahre später (1786) giebt Chemnitz (Conchylien- 
Cabinet Bd. IX. Abtheil. II. Seite 124) eine Diagnose der H. 
lucana Mülleri, liefert aber dazu (t. 130. f. 1155.) eine Ab- 
bildung, welche in Farbe und Gröfse der H. rosacea gleich 
kommt, in ihrer Form aber sich der H. Iucana nähert; und 
da sie nicht von der Mündungsseite gezeichnet ist, so war sie 
nicht im Stande, den von Schröter begangenen Irrthum zu 
verbessern. 

4788 beschreibt Gmelin (Lin. $. N. ed. Al. 1. p. 
3636), indem er Müller’s Diagnosen abschreibt, und dessen 
Descriptionen excerpirt, beide Schnecken, mit der Veränderung 
dafs er die H. lucana, H. lucena nennt, welcher letzteren er 
die Schrötersche Figur als Synonym beifügt, da sie doch, wie 


337 


ich vorhin gezeigt habe, und später beweisen werde, der A. 
rosacea zukommt. Allein Gmelin hat ja bekanntlich durch 
sein uncritisches Abschreiben die gröfsten Unordnungen in der 
Wissenschaft veranlafst. — 

Das herrliche Werk des Ferussac kenne ich nicht. La- 
marck (hist. nat. d. anim. sans vert. T. VI. p. 71. N. 19) 
giebt ebenfalls unter der Benennung H. lucana eine Beschrei- 
bung der H. rosacea. Dasselbe thut einige Jahre später Des- 
hayes (Encyclop. meth. vers T.2. p. 247. Nr. 98) indem er 
Lamarck’s Diagnose wiederholt, und eine herrliche Description 
der H. rosacea hinzufügt, aber immer wähnend, er.habe die 
H. lucana vor sich. Und derselbe Verfasser liefert uns nach- 
her in der von ihm besorgten 2ten Ausgabe des Lamarckschen 
Werkes (T. VII. p. 94. Nr. 142) abermahls eine Diagnose 
derselben Schnecke aber unter ihrem 'wahren Namen, statt 
dafs er in einer Anmerkung zu-der von Lamarck aufgestellten 
Diagnose (wie er es bei andern Gelegenheiten zu thun pflegte) 
hätte sagen können, dafs diese die eigentliche rosacea sei, 
welche wir in diesem Werke also 2 mal beschrieben finden. 
Seiner Diagnose fügt er folgende Worte bei: „M. Beek nous 
a fait. observer, que cette espece de Müller etait la meme 
que  celle nommee H. lucana par M. de Ferussac,“ (also 
auch, Ferussae hat denselben Irrthum begangen) „cette indi- 
eation d’un savant aussi recommandable que M. Beck est im- 
portante en ce qu’elle met a meme de rectifier Jasynonymie 
des deux especes. Ce qui est cause de l’erreur, ‚c'est ‚que 
Yon n’a ordinairement dans les colleetions que des individus 
decolores de I’H. rosacea, et comme la forme est &-peu-pres 
semblable & celle du Jucana“ (das ist nicht der Fall, sie sind 
beide himmelweit verschieden, welches deutlich aus Müllers 
Deseriptionen zu ersehen ist) „on a pris une espece pour 
Yautre.“ 

Dafs aber Deshayes dieächte H. Iucana nicht beschreibt, 
ebenso wenig wie Ferussac, beweist, dafs beide sie nicht 
kannten. 

In Rofsmäfsler’s vortrefllieher Iconographie erhalten 
wir unter Nr, 293 eine Abbildung der H. rosacea mit der 
Bezeichnung HJ. lucana autor. (Müll.?) . Der Verfasser fügt 
aber hinzu: „es mufs, wenn die abgebildete Form Müllers H. 


338 ; 


lucana (irrthümlich steht A. lucorum) wirklich ist, eine weifs- 
lippige Form geben, die dann, als die vom Autor beschriebene, 
die Hauptform ist.“ Allein der Unterschied beider Schnecken 
liegt nicht in der Farbe der Lippe, dies würde sie in der That 
nur zu Abänderungen einer und derselben Art machen. Wo 
wir die H. rosacea mit weifser Lippe finden, da können wir 
sicher sein," dafs wir ein abgebleichtes Exemplar vor uns ha» 
ben; so erging es dem Schröter, dessen Abbildung nach einem 
solchenExemplare gezeichnet zu sein scheint, und wodurch 
zum Theil der Irrthum entstanden sein mag.» 

Auch in meiner Sammlung lag die H. rosacea lange als 


H. lucana; ich erhielt sie von Hrn. Dr. Eklon, welcher sie 


vom Cap der guten Hoffnung mitgebracht hatte, Nach Ver- 
gleichung mit Müllers’ Beschreibung fand ich mich veranlafst 
ein Fragezeichen auf die Etiquette zu setzen; hätte ich gleich 
damals etwas weiter gelesen, so würde ich erfahren haben, 
was ich vor mir habe; diefs gewahrte ich aber erst, als mir 
die Bemerkung des Deshayes zu Gesichte gekommen war, und 
ich nach abermaliger Vergleichung Beck’s Aussage bestä- 
tigt fand. 

Später erhielt ich von einem hiesigen Händler eine Helix, 
zwar ohne Namen, aber auf der Etiquette standen die Worte: 
vom Elephantenflusse. Es war mir nicht möglich eine Abbil- 
dung oder Beschreibung dieser Schnecke aufzufinden, ‘bis ich 
mich. wieder an den Müller wandte, und zu meiner grofsen 
Freude fand, dafs ich ein Exemplar seiner H. lucana vor mir 
habe. Jetzt war ich im Reinen, und im Stande, gegenwärti- 
gen kleinen Beitrag zur Kenntnifs \beider Schnecken zu liefern; 
bin aber gezwungen, da diefs mein erster conchyliologischer 
Versuch ist, um Nachsicht mit dieser kleinen Arbeit zu bitten. 
Ich werde jetzt eine Diagnose beider Helices nach meinen 
Exemplaren aufstellen, und als Beweis für die Richtigkeit mei- 
ner Behauptung jedesmal Müllers Diagnose und Description 
hinzufügen. . 

Helix lucana Müll. Taf. IX. fig. 1. 2. 

H. testa depresso-globosa, aperte umbilicata, subpellu- 
cida, nitida, supra luteo-fulvescente, subtus et in suturis 
alba; apertura lunari, peristomale solido, albo, reflexo, 
extremitatibus convergenlibus. 


Lei 


339 


Die beiden Querdurchmesser 4102 und 81 vom Wir-_ 
bel bis zur tiefsten: Stelle des Mundsaumes, 94. Axe (vom 
Wirbel bis zum Nabel). 63”. 

Vaterland: Südafrika, beim Elephantenflusse. 

O. F. Müller, verm. terrestr. et fluviatil. etc, historia 
Vol. U. Seite 75. Nr. 270. 

I. S. Sehröter, Einleitung Band I]. Seite 253. Nr. 265. 
Erste Abänderung. 

Chemnitz, Conch. Cab. Band IX. 2te Abtheilung. Seite 
124. H. lucana. — (Tab. 130. f. 1155?) 

H. lucena Gmelin, L. S. N. I. Seite 3636. ‚Nr. 78. syno- 
nymis exelusis. (Ionas.) 

H. Jucana, 

H. testa subglobosa, umbilicata, subtus gibba, labro re- 
flexo, candido. Argenv, conch. L t. 28, f. 7. 

Diam. 13%. 

H. nemoralem refert, at diversissima, 'Testa globosa, gla- 
bra, pellueida, absque striis, fasciis aut maculis, vertice obtuso. 
Anfractibus quinque, extımus valde convexus, elatior ma- 
gisque eflusus, quam in nemorali. Centrum ad apicem usque 
pervium. Umbilieus distinetus anfractibus in. eo ‚conspicuis. 
Apertura lunata, Labrum crassum, reflexum, politissimum, et 
. quasi argentatum, lJabio anfraetui incumbente. 

Testa variat tota eandida, vel supra lutea, subtus‘et in 
junetura spirarum alba, Jabro candido, 

Vertex in figura nimis acuminatus. 

In museo Spengleriano. (Müller.) 

Wir sehen hieraus, dafs selbst Müller die Figur des d’Ar- 
genville nicht ganz ähnlich findet, daher bin auch ich der Mei- 
nung des Chemnitz, welcher glaubt, dafs d’Argenville eine 
ganz andere Schnecke vor sich gehabt habe. 


Helix rosacea Mulleri. Taf. IX. fig. 3. 4. 

H. testa subglobosa, semi-obtecie umbilicata, solida, 
opaca, supra ex cinereo salurate rubescente, infra albida; 
apertura rolundato-ovata, intus polilissima, fusco -purpu- 
rea; peristomate reflexo, purpurascente, ih callum colu- 
mellare fuscum transeunte. 

Die beiden Querdurchmesser 13 und 11”. Vom Wir- 


340 


bel bis zur tiefsten Stelle des Mundsaumes 134.  Axe, 104, 
Inwendig und an der Spindel ist sie von Ueberresten einer 
sehr zarten, durchsichtigen, silberweifsen Haut, wie angeflogen. 

Vaterland: Cap der guten Hofinung., 

©. F. Müller, ].'e. Seite 76. Nr. 272. 

I. S. Schröter, 1. c. Seite 253. Nr. 265. Die andere 
Abänderung. Taf. 1V. f.9. 

Gmelin, l. ce. Seite 3636. Nr. 80. 

H, lucana, Lamarck, hist. nat. des anim..s. v. t. VI. p. 71. 
Nr. 19. 

Encycl. meth. vers. T.-I. p. 247. Nr. 98. 

Helix rosacea, Lamarck hist. nat. d. a. s. v. edit. II cu- 
rante Deshayes. T. VII. p. 94. Nr. 142, 

H. lucana autor. (Mull.?), Rofsmäfsler, Iconogr. I. Heft V 
und VI. Seite 4. und DeMdEngen Nr. 293. (Ionas.) 

Helix rosacea. 

H. testa subglobosa, unbeikhilientn) incarnata, transversim 
striata, labro reflexo, fusco. 

Diam. 19, 

H. pomatiam statura refert, at major et fere umbilicata 
est. Testa ventricosa intus et extus candide incarnata, strüs 
transversis subtilissimis, in. majori anfractu suturam versus al- 
bis et magis conspicuis. Anfraetus quinque. Foramen centri 
largum, profundum, ad verticem usque penetrans, ut jure um- 
bilieus diei possit, at unieus tantum anfraetus conspicuus, qui 
in ipso foramine rugosus est.‘ Apertura lunata, rosea, paries 
oppositus fuscus, politissimus, rudimento argentato membranu- 
lae incumbentis distinetus. Labrum reflexum, supra album. — 
In museo. (Müller.) 

Die H. rosacea zeigt entfernt stehende deutliche Wachs- 
thumsstreifen, weshalb Müller sie in der Diagnose als Zrans- 
versim striata bezeichnet; die H. lucana , ist aber sehr fein, 
dicht und regelmäfsig gestreift, wodurch ihr Glanz fast seiden- 
artig wird; daher Müller sie glabra nennt. Letztere ist un- 
ten convex, jedoch nicht so aufgetrieben, als die H.'rosacea, 
was Müller bewogen haben mag, diese mit der H. pomatia 
zu vergleichen; und wenngleich beide Schnecken ‘der: ne- 
moralis und pomalia nicht sehr ähnlich sind, so ‚stehen sie 
doch ihren Hauptformen nach in demselben Verhältnisse zu 


4 us 


341 


einander, wie die nemoralis zur pomatia, wodurch das Er- 
kennen beider sehr erleichtert wird. \ 

Auch mufs noch bemerkt werden, dafs dem Müller wahr- 
scheinlich zwei sehr grofse Exemplare vorlagen, und dafs der 
Unterschied der Gröfsen seiner Schnecken von den meinigen 
nicht so bedeutend ist, als es scheint; denn Müller hat sich 
des Dänischen (des kleinsten) Maafsstabes bedient, und ich 
habe mit dem französischen (dem gröfsten) gemessen. 


Diagnosen einiger neuen Conchylien- Arten. 


Helix calomorpha. n. sp. Taf. X. Fig. 3. 4. 


H. testa imperforata, orbiculata, tenuiuscula, supra con- 
vexa, castanea, subtus turgida, albescente; spira obtusa, an- 
JFractibus senis planis, tenuiter oblique striatis: strüs elegan- 
lissime granulosis; ultimo anfractu obtuse angulato: an- 
gulo fascia alba circumdato; apertura effusa, subquadran- 
gulari; labio castaneo, valde expanso, reflexo, juxia axin 
incrassato, inferne dente albo instructo. 

Diam. 2”; Axis 1” 2; Aperturae altitudo, 11; Apert. 
latitudo 1%. — 

Patriam ignoro. 


Helicina linguifera. n. sp. 


H. testa orbiculato-discoidea, depressa, supra aeque 
ac infra convexiuscula, glabra, nitida, alba; callo basali 
eirculari; anfractibus senis planulatis, suluris parum di- 
slinctis; ulliimo anfractu obtuse carinato; apertura semi- 
lunari, transversa, dentibus quinque linguiformibus. intus 
coarclata; labro simpliei aculo. 

Diam, 3, 

Patriam ignoro. 

Diese niedliche Schnecke, welche durch den stumpfen 
Kiel des letzten Umganges in zwei gleiche Hälften getheilt 
wird, ist wegen der zungenförmigen Fortsätze innerhalb der 

- Mündung ausgezeichnet. Der‘ erste derselben ‚befindet sich 
ander unteren Vereiigung des Lippenrandes mit der Spin- 


342 


del, bildet wie die übrigen einen plattgedrückten zungenförmi- 
gen -Zahn, welcher schräg in die Höhe steigt; etwas tiefer in 
der Mündung auf der untern Fläche des vorletzten Umganges, 
gleichweit von beiden Insertionspunkten der Mundränder ent- 
fernt, liegt der zweite Zahn, welcher, wie die folgenden’ drei, 
horizontal verläuft; der dritte schwächere Zahn beginnt an 
derselben Seite, 44Linien tief im Schlunde, eben so weit vom 
zweiten wie dieser vom ersten abstehend. ‘Diesen drei Zähnen 
gegenüber, an der inneren Fläche des letzten Umganges, er- 
scheinen der vierte und fünfte Zahn; der obere gröfsere steht 
etwas mehr nach vorne, als der untere kleinere, und beide ha- 
ben eine solche Stellung, dafs sie, wären sie um ein weniges 
gröfser, in die Zwischenräume der drei Zähne der entgegen- 
gesetzten Seite eingreifen würden. 


5 
Ampullaria purpurea. n. sp. Taf. X. f. 1. 

A. testa sinistrorsa, solidiuscula, ovala, exile trans- 
versim striata, atro-viridi, spira elata, anfractibus quinis 
aut senis convexis, duobus aut tribus supremis erosis, ul- 
timo ventricoso; aperlura ovali, intus violaceo-purpurea, 
labro acuto, simplici, labio ‚subreflexo callo columellari 
continuo, h 

Longit. 1” 8; Latitudo 4” 3“; Aperturae altit. 11; 
Apert. latit. 7%. 


Schwanenflufs in Australien. 

Von dieser Schnecke habe ich ungefähr 20 Exemplare ge- 
sehen, von denen die Meisten von der angegebenen Gröfse 
waren, nur eine war zwei Zoll lang. Sie waren alle ohne 
Deckel, welches um so mehr zu bewundern ist, da diese Con- 
chylie sich sehr zur Paludinenform hinneigt. 

Ebendaher habe ich später eine Abänderung dieser Schnecke 
erhalten. Var: testa majori, anfractibus senis, supremis inte- 
gris (haud nempe erosis); colore extus luteo-viridi, intus fu- 
sco-purpureo. Sie mifst 2” 3 franz. M. 


Struthiolaria sulcata. n. sp. Taf. IX. f.5. 


St. testa elongato-conica, ochracea, suleis latiusculis 
regulariter cingulata, anfractibus oclonis convexis, infe- 
rioribus superne unica granulorum' serie obsolete rotun- 


343 


dato sub-angulatis, ultimo dimidiam testae partem tenente; 
spira subturrita, acuminata; apertura ovala, intus luteo- 
Juscescente, callo labiorum albo circumdata. 

Longit. 3 3 

Latit. 14 9 ‘ 

Patria: mare chinense. 

Diese bis jetzt unbekannte Art unterscheidet sich von 
der Str. nodulosa dadurch, dafs sie gestreckter und mehr 
thurmförmig ist, dafs die Umgänge des Gewindes convex, nicht 
quergestreift, wohl aber mit regelmäfsigen Reifen umgeben 
sind, welche, +—* Linien breit, Zwischenräume von fast der- 
selben Breite bilden. Derjenige Reif, welcher auf der gröfsten 
Convexität der drei untersten Umgänge sich befindet, ist etwas 
breiter als_die übrigen; und trägt eine Reihe kleiner runder 
stumpfer Tuberkeln. 


Cassis bicarinala n. sp. Taf. X. f. 2. 

C. testa oyalo-turgida, tenui, longiludinaliter rugoso- 
plicala; spira conoidea, anfractibus septenis varicosis, su- 
premis planiusculis, penullimo ad suturam inferiorem no- 
dulifero, ultimo superne bicarinato: carinis nodosis, inferne’ 
strüs transversis cancellato; colore luteo -fulvo, lineis trans- 
versalibus rubris, interruptis, distartibus ornata; apertura 
oblonga, lutea, labro reflexo, fusco-maculalo. 

Diam. longit. 2” 10 

Patria: mare chinense, 


Thracia teiragona. n. sp. TafıX. f.5. a.b.c. 

Thr. testa corbulaeformi, inaequivalvi, transversa, qua- 
drangulari, fragili, pellucida, alba, transversim tenuissime 
striata; antice rotundata, postice truncuta et angulala; 
umbonibus parvis, poslice vergentibus; valva sinisira con- 
vexiuscula, dextra inflata, gibba, margine alteram su- 
perahte. N 

"Diamet. transvers. 1”. 

—  longitud. 9 

Patriam ignoro. 

Die Gattung Thracia Leach wird durch das Schlofs so 
gut characterisirt, dafs es unmöglich ist, ein vollständiges Exem- 
plar zu verkennen. Am oberen und hinteren Winkel ent- 


344 


springt ‘innerhalb jeder Schale, dieht unter den Wirbeln, ein 
horizontal liegender ziemlich grofser löffelförmiger Zahn, wo- 
durch däs Ligament seine Anheftungspunkte erhält. Zwischen 
jedem Löffel und dem oberen Schalenrande bleibt ein freier 
Raum, der das Ende eines losen halbringförmigen Knöchelehens 
aufnimmt, welches beiden Schalen beim Oeffnen und Schliefsen 
zum Drehptinkte dient. 
Taf. X. fig.5: b. die rechte Schale. 
a. der Löffel. 
—_ c. die linke Schale. 
ß. der Löffel. 
y. das halbringförmige  Knöchelchen in 
seiner natürlichen Lage. 


Venus pachyphylla. n. sp. Tab. IX. fig. 6. 7. 


V. testa oblique cordata, inaequilatera, postice sub- 
angulata, crassa, tumida, luteo-fulva, obscure fusco-trira- 
diata, transversim rugoso-striata: rugis inferne et anlice 
in lamellas crassas, erectas transeuntibus; natibus tumidis, 
umbonibus parvis, fere contiguis et ad lunulam vergenti- 
bus; lunula ovato-lanceolata, depressa, striata et linea im- 
pressa circumscripla; intus lactea, marginibus tenuissime 
crenatis, cardine utriusque valvae dentibus tribus diver- 
gentibus; impressionibus muscularibus profundis. 

Diam. longit. 14 411’ 

—  transvers. 2 3, 

Patria: mare chinense. 

Diese Venus ist in Größe, Form und Zeichnung der 
Crassatella tumida (V en. ponderosa Gmel. Chem. Vl. t. 
69. lit. a—d.) sehr ähnlich; doch sowohl die generischen Cha- 
raktere, als auch die stärkere Querstreifung und die Lamellen 
unterscheiden sie. 


Nachtrag 


In Knorr”s Vergnügen der Augen und des Gemüths, 
B.3. Taf, 3. f.1. ist eine Schnecke abgebildet, deren ‚später 
von keinem Autor Erwähnung geschieht; sie ist nicht von der 
Mündungsseite gezeichnet, und daher die Gattung derselben 


345 


schwer zu bestimmen. Wahrscheinlich existirte damals nur 
das eine Exemplar, das der Zeichnung diente; jetzt aber hat 
man mehrere gefunden, von denen ich zwei besitze, welche 
der Knorrschen Figur so ähnlich sind, als sei dieselbe nach 
ihnen gezeichnet. Die Mündung zeigt die Gattungs-Charaktere 
der Achatinen. 

Eine Diagnose derselben hier liefernd, nenne ich sie 


Achatina Knorrü. 


A. testa ovala, ventricosa, decussata, superne intense 
rosea, inferne ex roseo albescente, flammis longitudinalibus 
fuscis inferne latioribus, ad basin confluentibus, ibique ni- 
grescenlibus eleganter picta,; anfractibus senis convexis, 
duobus infimis infra suturam linea impressa circumdatis, 
ultimo spira longiore; spira conica, obtusa; apertura ob- 
longo-ovata, intus alba, labro limbo fusco marginato; co- 
lumella arcuata, callosa, nitida, alba. 

Longit. 2” 11%, 3 

Lad 8 

Aperturae altitudo 1 10 

Epidermis viridi-flava est. 

Patriam ignoro. 

Knorr, Vergn. d. Aug. u. d. Gem. Theil IN. Taf. II. 
Fig. 1. 


Bericht über die Ergebnisse meiner Reise nach 
Cuba im Winter 1838 — 1839. 


Von 


Dr. Louis Pfeiffer in Kassel. 


Aıs ich im Frühjahr 1838 den Plan zu einer naturhistorischen 
Reise nach Cuba entwarf, lag, demselben die Ansicht zum 
Grunde, es werde bei der unbedeutenden Gröfse der Insel 
möglich sein, dieselbe in einer verhältnifsmäfsig kurzen Zeit 
vollständig zu bereisen und, ihre botanischen und zoologischen 
Schätze möglichst zu ergründen. Als ich mich einiger Vor- 
studien wegen im Sommer in Berlin befand, wurde der Zweck 
meiner Reise von hochgestellten und ”hochverehrten Personen, 
vorzugsweise Herrn Minister v. Altenstein und Herrn Alex. 
v. Humboldt, für so wichtig erkannt, dafs von Seiten der 
k. preufsischen Regierung mein Freund, Hr. Eduard Otto, 
ein mit allen erforderlichen Eigenschaften in reichem Maafse 
ausgestatteter Mann, zu gleichem Zwecke ausgesandt wurde. 
Zugleich veranlafste ich Hrn. Doktor Gundlach, der im näch- 
sten Jahre eine naturhistorische Actienreise nach Surinam beab- 
sichtigte, sich vorerst uns anzuschliefsen, um dann später von 
Cuba aus seine Reise fortzusetzen. — Von der Mitte Septem- 
bers an reisefertig konnten wir leider erst gegen Ende Okto- 
bers von Hamburg abfahren, und hatten das Mifsgeschick einer 
durch widrige Winde und schlechtes Wetter bis zu 70 Tagen 
verlängerten Fahrt. Dadurch wurde es nöthig, dafs ich für 
meine Person, durch Familienverhältnisse gebunden und auf 
eine nun sehr verkürzte Frist beschränkt, meinen Plan einer 
völligen Durchstreifung der Insel von vorn herein aufgeben und 
mich damit begnügen mufste, von allen verschiedenartigen Lo- 
kalitäten Etwas zu sehen und einige einzelne Gegenden gründ- 


347 


licher zu durchforschen. — Die einzelnen Zweige der Natur- 
wissenschaft unter uns vertheilend, arbeiteten wir 3 Reisege- 
fährten nun die nächsten Monate hindurch gemeinschaftlich, 
und, wie ich hoffe, nicht ohne genügenden Erfolg. Im März 
konnte ich dann, völlig befriedigt durch die allgemeinen Kennt- 
nisse und Naturgegenstände, welche der kurze Aufenthalt im 
Tropengebiete mir dargeboten hatte, meine Rückreise antreten, 
weniger bedauernd, dafs ich selbst allem Herrlichen so bald 
den Rücken zuwenden mufste, da ich treue Mitarbeiter zurück- 
liefs, die das angefangene Werk der grimdlicheren Erforschung 
der Insel Cuba kräftig fortsetzen, und da mich der befriedi- 
gende Gedanke begleitete, dafs alle durch diese Unternehmung 
gewonnenen Bereicherungen unsrer Kenntnisse wenigstens durch 
mich veranlafst worden seien. h 

Was nun die bisherige Ausbeute in den einzelnen ‚Thei- ' 
len der Naturwissenschaft betrifit, so lag es in den Umständen, 
dafs speciellere Forschungen im Gebiete der Pflanzenwelt mir 
durch die beschränkte Zeit verboten wurden; und da gerade 
diese der Hauptzweck meines Freundes Otto waren, so habe 
ich, um die Kräfte nicht zu zersplittern, und damit alles Neue 
und Seltene, was vorerst gefunden wurde, vereinigt bleiben 
möchte, nur diesen in seinen Bemühungen zu unterstützen 
gesucht. Nothwendig wird dadurch die Uebersicht über das 
Ganze erleichtert. E 

An Säugethieren ist die Insel bekamntlich sehr arm; doch 
bot das interessante Genus Capromys einige bemerkenswerthe, 
und die Familie der Chiropteren auch ganz neue Arten dar; 
was in diesem Fache, so wie in den reichen Gebieten der 
Ornithologie und Amphibiologie geleistet worden ist, darüber 
wird erst dann Rechenschaft abgelegt werden können, wenn 
die auf unbegreifliche Weise verzögerte Ankunft eines Theiles 
von meinen und Doktor Gundlach’s Sammlungen erfolgt 
sein wird. 

An Inseeten, Crustaceen, Anneliden, Medusinen u. s. w. 
war die Ausbeute schon in der ersten kurzen Zeit nicht unbe- 
deutend. Die Ergebnisse werden seiner Zeit von kundigerer 
Hand publieirt werden. 

Dagegen kann ich es mir nicht versagen, schon jetzt, ob- 
gleich „auch in dieser Beziehung durch jenen Unfall noch 


348 


gehemmt, über die von mir mit besonderer Vorliebe beobach- 
teten und gesammelten Mollusken ‚einige vorläufige Notizen 
zu geben, da in diesem Felde ein überraschender Reichthum 
von neuen und interessanten Erscheinungen sich darbot. Vie- 
les ist schon bekannt und beschrieben, wie mich genaue Ver- 
gleichung mit den trefilichen Werken von Ferussac (durch 
Herrn Hofraths Menke Gefälligkeit mir zugänglich geworden), 
Deshayes, Lea etc., so wie mit einigen ausgezeichneten 
Sammlungen, überzeugt hat; von vielen Arten aber, namentlich 
den kleineren, habe ich nirgends eine Notiz finden können. 
Von mexicanischen Land- und Süfswasserkonchylien besitze 
ich selbst eine nicht unbedeutende Anzahl, habe aber nirgends 
eine Uebereinstimmung der Formen entdecken können, Da- 
gegen fehlen in meinem Verzeichnisse mehrere interessante 
Arten, von denen ich gewifs weifs, dafs sie auf Cuba vorkom- 
men, die ich aber nicht selbst gefunden habe. Durch weitere 
Untersuchungen wird sich‘ vielleicht allmälig eine vollständige 
Monographie der eubanischen Mollusken begründen lassen, — 
Einstweilen möge hier folgen eine: 


Uebersicht der im Januar, Februar und März 1839 auf Cuba 
gesammelten Mollusken. 


Unter den reichen Naturschätzen, welche die meisten tro- 
pischen Gegenden uns bieten, nehmen die Mollusken durch 
Manchfaltigkeit und Schönheit der Formen keinen der gering- 
sten Plätze ein. Namentlich bieten die westindischen Inseln 
eine grofse Menge von Land- und Süfswassermollusken dar, 
die noch lange nicht vollständig beobachtet worden sind, vor- 
züglich, da es scheint, dafs jede der gröfsern Inseln ihre eigen- 
thümlichen Bewohner hat, die sich mit wenigen (zweifelhaften) 
Ausnahmen auf den übrigen nicht wiederfinden. Weniger ist 
dies der Fall mit den Seeconchylien, welche überhaupt nicht 
so zahlreich und schön wie in den ostindischen Gewässern, 
mehr oder minder allen tropischen amerikanischen Küsten ge- 
meinschaftlich, ja theilweise dieselben sind, die im Mittelmeere 
und in den asiatischen und australischen Meeren gefunden 
werden. Die Landschnecken hingegen, die ich auf Cuba ge- 
sammelt habe, sind durchgängig Arten, welche von denen der 
übrigen schon vielseitiger ausgebeuteten westindischen Inseln 


349 


speeifisch verschieden sind, oder, wo man ähnliche Formen 
auf verschiedenen Inseln findet, unterscheiden sie sich wenig- 
stens als konstante Varietäten. Ebenso weichen sie auch, so weit 
meine Kenntnifs geht, völlig von den im benachbarten Mexico 
lebenden Arten ab, und ich glaube, wo die älteren Autoren 
als Vaterland irgend einer Art die Antillen überhaupt angeben, 
da wird in der Regel nur eine einzige Insel, ja vielleicht nur 
eine kleine Gegend einer Insel der wahre Fundort sein. Auch 
sind häufig die Nachrichten über den Fundort der meist von 
Schifiskapitäinen oder Matrosen nach Europa gebrachten Con- 
chylien unzuverlässig, und namentlich die Angaben der älteren 
Sammler, weil man sich mit allgemeinen Notizen begnügte, 
und auf specielle Kenntnifs der Fundorte wenig oder gar kei- 
nen Werth legte. 

Da ich Gelegenheit gehabt habe, eine ziemliche Menge 
von Arten mit den lebenden Bewohnern zu beobachten, so bin 
ich im Stande, nicht allein über manche der schon bekannten 
Berichtigungen zu geben, sondern auch eine Anzahl von neuen 
bisher unbeschriebenen Arten aufzustellen, welche ich dem- 
nächst in einer besondern Schrift ausführlicher beschreiben 
und abbilden werde. Doch wird eine vorläufige Uebersicht 
der hauptsächlichsten von mir selbst an der Nordküste von 
Cuba beobachteten Mollusken jener, gröfsere Mufse und ge- 
nauere Vergleichung aller literarischen Hülfsmittel erfordernden 
Arbeit nicht unzweckmäfsig vorangehen. Dabei kann ich frei- 
lich auf Vollständigkeit nicht den geringsten Anspruch machen, 
indem mein eigner Aufenthalt auf der Insel zu kurz, auch viel- 
leicht die Jahrszeit nicht die günstigste war: dies ist jedoch 
ein Mangel, welchen die weiteren Forschungen meines noch 
auf Cuba verweilenden Reisegefährten, Dr. Gundlach, all- 
mälig verringern werden. 

Ich werde die von mir gefundenen Arten nach der in 
Menke’s geschätzter S'ynopsis angenommenen Reihenfolge 
aufzählen, von den neu aufzustellenden Arten eine kurze 
Diagnose hinzufügen, aber alle weiteren Beobachtungen über 
die Thiere, wie auch die ausführlichere Beschreibung der Ge- 
häuse, jener gröfsern Arbeit vorbehalten. 

Cl. I. Cephalopoda. 
4. Spirula Peronii Lam. — 'Aufserdem melırere noch 
V, Jahrg. 1 Band. 23 


350 


genauerer Untersuchung bedürfende mikroskopische Arten 
der dritten Ordnung. 
Cl. II. Gasteropoda. 

2. Ancylus havanensis Pfr. — Testa subelliptica, tenui, 
albida; muerone obtuso, obliquo, sublaterali. — Long. 3, 
lat. 2, alt. 14. 

3. Aplysia sp. 

4. Bulla ampulla L. 

5. — striata Br. 

6. — sp. pygmaea. 

7. Onchidium sp. 

8. Helix auricoma Fer. (microstoma Lam.) 

«. maxima Fer. t. 46. A. f. 9. “ 
ß. media Fer. t. 46. f. 7. 8. 
y. minima (Hel. noscibilis Fer. t. 46. A. f. 8%) 

9. Helix Bonplandii Lam. — Fer. t. 26. A. f. 2, Be- 
schreibung und Abbildung nach ausgeblichenen Exemplaren. 

40. Helix circumtexta Fer. (multistriata Desh. 158.) 

«. major Fer. t. 27. A. f. 4.5. j 
ß. minor Fer. t. 27. A. f. 6. 

41. Helix punctulata Sow.? c. varietatibus. 

42. Helix fragilis Pfr. — Testa subdepressa, tenuissima, 
laete cornea, oblique costata, umbilicata; anfraet. 4 con- 
vexiusculis; labro acuto, simplice, versus umbilicum reflexo; 
apertura suborbieulari. — Diam. 4, alt. 3‘. — Hat Aehn- 
lichkeit mit jungen Exemplaren der Hel. Bonplandü, welche 
ebenfalls eine Andeutung von Querfalten haben, aber viel 
platter und ein wenig gekielt sind. 

- 13. Helix turbiniformis Pfr. — Testa trochiformi, corneo- 

; albida, tenuissime striata, anguste umbilicata; anfract. 5; 
vertice acuto, albo; apertura ovata. — Diam. bas. 34, 
alt. 247. — Nahe verwandt mit H. pyramidata Dr. 

14. Helix paludosa Pfr.— Testa depressa, umbilicata, cor- 
nea; anfract.5, oblique rugulosis, superne planulatis, inferne 
ventrosis; labro angulatim expanso; apertura obliqua lunata, 
dente parvulo albo calloso labri medio opposito, — Diam. 4}, 
alt. 2’. — Von unten sind nur die beiden äufsersten con- 
vexen Windungen zu sehen, die übrigen verlieren sich in 
dem bis zur Spitze gehenden engen Nabel. — Am nächsten 


351 


verwandt mit Hel. corcyrens, und übrigens im Habitus, ab- 
gesehen von der Mündung, mit auriculata Say und triodonta 
Jan. (texasiana Morie.?). — Im Sumpfe des botanischen 
Gartens zu Havana. 

45. Helix tichostoma Pfr. — Testa valde depressa, hyalina, 
late umbilicata, tenuissime striata; anfract. 5; apertura trian- 
gulato-ovali, lamina callosa horizontali anfractus penultimi 
dimidiata. — Diam. 24—3, alt. 1‘. — Unterscheidet sich 
von allen mir bekannten Arten durch den dem Mundsaume 
entgegenstehenden, sich in die Mündung hineinerstreckenden 
Zahn, wodurch die verletzte Windung scharf gekielt er- 
scheint. 

16. Helix vortex Pfr. — Testasubdepressa, hyalina, anguste 
umbilicata, subcarinata; anfract. 5 obsolete oblique striatis; 
sutura profunda; labro simplice, acuto, ad umbilicum sub- 
reflexo; apertura lunari. — Diam. 3— 34, alt. 1— 14, 

47. Helix Boothiana Pfr. — Testa conoidea, hyalina, an- 
guste umbilicata, minutissime striata; anfract. 5 convexis; 
labro acuto ad umbilicum reflexo; apertura suborbiculari. 
Diam.3, alt. 21—24. — Amico Don Carlos Booth 
dicatä! 

48. Helix pusilla Pfr. — Testa turbinato-depressa, angustis- 
sime umbilicata, fulva, nitida; anfract. 5, ultimo basi pla- 
niusculo; apertura depressa, lunata; lJabro simplice, acuto. 
Diam. 1, alt. 1°”. — Von Hel. fulva kaum zu unterschei- 
den, nur etwas gröfser, merklicher genabelt, das Gewinde 
etwas höher und die Basis flacher. R 

49. Bulimus canimensis Pfr. — Testa ovato-turrita, tenui, 
obsolete striata, albida, strigis longitudinalibus pallide cor- 
neis ornata; sutura erenulata; anfract. 10 planiusculis, ul- 
timo carina alba obtusa instructo, basi subperforato; peri- 
stomate albido, patente, ad umbilicum subreflexo, orbicu- 
lari. — Long. 7—8, diam. 3’. Aperturae diam. 2, 

20. Bulimus turricula Pfr. — Testa ovato-acuta temui, 
confertissime striata, albo corneoque marmorata; spira co- 
nica, acuminata; anfract. 8—9 convexiusculis, ultimo obso- 
lete carinato, vix umbilicato; peristomate albo reflexo, or- 
bieulari. 

a. major. Long. 44, diam. 2’. Aperturae diam. 13%, 
23 * 


352 


ß. minor. Long. 3, diam. 12, Apert diam, 11%. 

21. Bulimus nitidulus Pfr. — Testa parvula, oblonga, so- 
lida, nitidula, fulva; sutura profunda; anfract. 5 convexis, 
scalariformibus, ultimo subperforato,; labro albo, inerassato, 
reflexo, marginibus approximatis; apertura ovata. — Long. 2, 
diam. 3, 

22. Achatina vexillum Lam. 

a. alba, viridi-lineata (Achat. crenata Swains.) Fer. t. 121, 
fig. 1. 2. 
Pf. varie picta, apice rosea. 

23. Achatina octona Menke (Bulimus Br., Lam.) 

24. Achatina subula Pfr. — Testa turrito-subulata, diaphane 
cerea; anfract. 7 planiusculis, ultimo subperforato; colu- 
mella obsolete truncatula; lJabro acuto; apertura oblonga. — 
Long. 4—5, diam. 14— 14. — Apertura 11 longa, 3 
lata. — Nahe verwandt mit A. octona. Die Spindelsäule 
ist so wenig abgestumpft, dafs der Vebergang zu Bulimus 
auch hier unverkennbar ist. 

25. Achatina graeillima Pfr. — Testa subuliformi imper- 
forata, sordide alba, longitudinaliter costata; costis regula- 
ribus subconfertis, vix obliquis; anfract. 7—8 planulatis; 
columella ad basin usque protracta; labro inferne expanso, 
apertura subtriangulari. Long. 3%, diam, 1°. Apertura 3 
longa, basi 4 Jata. 

26. Achatina exilis Pfr. — Testa exili, imperforata, acieu- 
lari, hyalina, sub lente longitudinaliter striata; anfraet. 8 con- 
fertis planulatis; labro acuto; apertura ovato-oblonga. — 
Long. 3, diam. 4, Apertura 4 longa, 4 lata. 

27. Polyphemus*) oleaceus Pfr. (Achat. oleacea Fer. 
Desh. 23. — Guerin magas. de. Conchyl. 1830, t. 3.) 

28, Polyphemus subulatus Pfr. — Testa cylindriea, utrin- 
que attennata, cornea, pellucida; anfract. 6 planulatis, infra 
suturam linea opaca notatis; labro sinuato; apertura angusta, 
oblonga, spira breviore. — Long. 6, diam. 13, Apert. 24 
longa. 


*) Nicht allein wegen der Gestalt der Spindelsäule, sondern vor- 
züglich wegen der abweichenden Bildung des Thieres, welches einen 
2theiligen Rüssel hat, mufs diese Gattung von Achatina wohl unbe- 
dingt getrennt werden. (Vgl. Fer. t. 136. f, 1—4.) 


353 


29. Polyphemus suturalis Pfr. — Testa ovata, virenti- 
cornea; spira brevi, eonica; sutura profunda, livida vel ni- 
gricante; anfract. 5 convexis, ultimo spiram longe superante, 
apertura oblonga. — Long. 4#, diam. 2’ — Apert. 3 
longa. 

30. Clausilia elegans Pfr.— Testa dextrorsa, terete, trun- 
cata, pellucida, albida, superne fulvicante; anfract. 12—13 
confertissime oblique striatis, ultimo protracto, eylindrico, 
non carinato; peristomate albo, expanso, suborbiculari. 

a. major. Long. 9—94, diam. 2. 
P. minor ventrosa. — Long. 5—6, diam. 24. 

Diese ausgezeichnete Form, die ich Anfangs nach Ferus- 
sac’s Abbildung (t. 163. f.10.) für gracilicollis zu halten 
geneigt war, unterscheidet sich durch ihre Mündung und 
Skulptur so auffallend von der vergröfserten Abbildung, dafs 
man sie wohl nicht für dieselbe halten kann. 

34. Clausilia perplicata Fer, t. 163, f. 9. Desh. 42. 

32. — subula Fer. t. 163. f.8. Desh. 41. ©) 

33. —_ erispula Pfr. — Testa dextrorsa subeylin- 
drica truncata, pallide cornea; anfraet. 11 angustis con- 
vexis, costulas crispo-lamellosas confertas gerentibus, ultimo 
parum protracto; peristomate expanso eirculari. — Long. 7, 
diam. 12%. 

34. Pupa Chrysalis Fer. t.153. f.1. — Desh. 29. 

ß. var. Fer. 1.153. f.5. (Pupa Mumia Lam. 1 ?). 

35. Pupa maritima Pfr. — Testa cylindraceo-conica alba; 
anfraet. 10 irregularibus, planiuseulis, confertim suboblique 
rugosis, ultimo basi obsolete angulato, perforato, rugis ad 
umbilicum confertissimis confluentibus; labro albo reflexo; 
apertura semiorbiculari, biplicata, intus cornea. — Long. 16, 
diam. 7%. 

ß. Plieis anfraetuum 5—6 inferiorum obsoletis vel nullis. 

Beide sehr häufig am trocknen Seestrande bis zur Gränze 
der Brandung, dicht neben Litorina muricata. 

" 36. Pupa striatella Fer. Desh. 30? 

37. Pupa Mumiola Pfr. — Testa ovata, apice depresso-co- 
nica, fusco alboque variegata; anfract. 9 distanter plicatis, 
ultimo basi gibberulo, subperforato; apertura ampliata, ovata, 


354 


intus livida, bidentata; labro calloso subreflexo‘ — Long. 10, 
diam. 5’. 
38. Auricula nitens Lam. 
39, Auricula monile Lam. 
ß. oblonga. 

40. Auricula nov. spec,? 

41. Planorbis havanensis Pfr. — Testa discoidea, inferne 
parum, superne magis concava, pallide cornea; anfraet. 4 re- 
gulariter crescentibus, teretibus; apertura lJunata, — Diam. 5, 
alt. Du, 

42. Planorbis lucidus Pfr. — Testa orbiculari, superne 
convexa, subtus concaya, fragili, lucide cornea; anfract. 4 
subaequaliter crescentibus, ultimo ad basin obsolete angu- 
lato. — Diam. 3, alt. 1%, 

43. Planorbis albicans Pfr. — Testa orbiculari, ARE 
umbilicata, solidula, albicante vel pallide fulvicante, anfract, 
3 teretibus; Jabro subincrassato albo; apertura subovata. — 
Diam. 21, alt. 1“. — DemPl. albus (hispidus) am nächsten 
verwandt. 

44. Planorbis tumidus Pfr. — Specimina incompleta, Pl. 
fragili affınia. 

45. Physa eubensis-Pfr. — Testa sinistrorsa ovali, solidula 
fusco-cornea; anfract. 5 striatis, interdum subvaricosis, ul- 
timo inflato; columella callosa, torta; apertura ovato-oblonga. 
Long. 6, diam. 33 °— Sehr ähnlich unsrer europäischen 
Ph. acuta Dr. 

46. Limnaeus eubensis Pfr. — Testa ovato-conica, pallide 
cinereo-fulvescente, minutissime decussatim striata; anfract. 
5.convexiusculis, ultimo subperforato; labro acuto, ad um- 
bilieum reflexo, marginibus callo albo junctis; fauce fulva. 
— Long. 5, diam. 3%, — Steht der Form nach zwischen 
L. pereger und minutus in der Mitte, 

47. Helicina. adspersa Pfr. — Testa depresso-globosa, so- 
lida, albida, faseiis irregulariter rufo adspersis ornata; an- 
fract. 5 vix convexis; callo columellae lato, albo, ad 'angu- 
lum inferiorem labri incrassato et in peristoma. album pa- 
tulum transeunte; apertura subtriangulari, intus rufa. — 
Diam, 8, alt, 6. — Operculum purpureo-rufum, margine 
pallidiore. 


355 


ß. unicolor candida. 
y. 7 —  \eitrina. 

In einigen Sammlungen sah ich eine dieser Art sehr ähn- 
liche, kleinere Form unter dem Namen H. variabilis. 
Unmöglich kann es aber die von Deshayes Nr. 20 ange- 
führte sein, da diese 2 stumpfe Carinen hat. 

48. Helicina rubra Pfr. — Testa globoso-depressa, subpellu- 
eida, superne decussatim striata, aurantio-rubra, linea pur- 
purascente infra suturam et cingulo albo ornata; anfract. 
5 planiusculis, ultimo basi pallidiore; callo columellari albo; 
labro albo, parum inerassato; apertura subtriangulari, intus 
pallide rubra. — Diam. 9, alt. 5% 

Scheint der auf Jamaica wohnenden Hel. Brownii Gray 
nahe verwandt zu sein. 

49. Helicina nitida Pfr. — Testa subdepressa, tenui, glahra, 
saturate incarnata, supra subtusqtue convexiuseula, apice 
mucronata; anfraet. 5 adsuturam minutissime striatis; colu- 
mella vix-calloso; labro simplice acuto, sinuato, ad angu- 

. um columellarem acute dentato. — Dianı. 4, alt. 3%. — 
Opereulum tenue, pallide rubens. 

50. Helicina hispida Pfr. — Testa globuloso-depressa, te- 
nui, rufa, hispida; anfract. 4 convexiusculis; callo columel- 
lari tenui; angulo columellari acute dentato; Jabro crassiu- 
sculo juxta dentem acute ineiso; apertura sublunata. — 
Diam. 3, alt. 24, 

51. Helicina conica Pfr. — Testa conica acuminata, subtus 
convexiuseula, pallide rufa; anfract. 6 planiuseulis spiraliter 
eonfertim striatis, ultimo spiram subaequante, ad basin sub- 
angulato; callo columellari angusto; labro albo_ expanso 
acuto; apertura integra subriangulari. — Diam. et alt. 33. 
— Operceulum testaceum, pallidum. 

52. Helieina rüpestris Pfr. — Testa conica, subtus con- 
vexiuscula, eitrina, spiraliter striata; anfract. 5 disjunetis, 
ultimis subangulatis; callo columellari obsoleto, apertura 
integra, ovata. — Diam. bas. et alt. 2”. — Operc. tenuissi- 
mum, flavum. 

P. fuseidula. 

58. Helicina rugosa Pfr. — Testa depressa, subtus con- 

vexiuseula, rubello-suceinea; anfract, 5 elegantissime oblique 


356 


rugosis; callo columellari tenui, albido; labro albido, incras- 
sato, prope angulum columellarem subdentato; apertura 
ovata. — Diam. 2, alt. 1°, 

54. Cyelostoma pictum Pfr. — Testa cylindrico-conica, 
umbilicata, apice truncata, tenui, pellucida, fulvo-lutea; an- 
fract. 4 ventrosis, spiraliter striatis, interrupte rufo-faseiatis; 
faseiis latioribus 3—4, reliquis linearibus; peristomate re- 
flexo, incrassato, ovali. — Long. 10, diam. 6 — 7°. — Oper- 
culum membranaceum, sordide albidum. 

@. major faseiis punctatis, 
ß. minor fasciis, vix interruptis, 7° long. 4° diam. 

55. Cyelostoma erenulatum Pfr- — Testa conico-oblonga 
perforata, truncata, minutissime decussata, griseo-fulva, fa- 
sciis vel lineolis interruptis rufis ornata; anfract.5 vix con- 
vexis, ad suturam confertim erenulatis, peristomate cras- 
siusculo, interdum duplicato; apertura ‚ovali. —: Long. 6, 
diam. bas. 3. — Operc. tenue, testaceum. 

f. minor, fascia lata rufa vel nigricante per omnes an- 
fractus ornata. 

56. Cyclostoma rugulosum Pfr. — Testa turrita, umbili- 
cata, truncata, tenui, diaphane grisea, longitudinaliter con- 

_ fertim rugulosa; anfraet. 4 convexis, ad suturam subtilissime 
erenulatis; peristomate duplice, lamina exteriore latiore, ex- 


pansa. — Long. 5, diam. 24. — Operculum calcareum 
crassum, convexum, medio ex orificio prominens. 
57. Truncatella costata Pfr. — Testa imperforata, scala- 


riformi, solida, nitide fulvescente; anfraet. 4 convexis, re- 
mote costatis; peristomate continuo, inerassato, subelliptico. 

— Long. 24, diam. 5. 

58. Truncatella pulchella Pfr. — Testa imperforata ovato- 
eylindrica, gracili, pellucide fulva; anfract. 4 minutissime 
striatis, ad suturam suberenulatis, ultimo semistriato; peri- 
stomate erasso, albido; apertura subelliptica. — Long. 2, 
diam. 4‘. — Operculum tenue, corneum. 

Mit Uebergehung der folgenden Gattungen, unter welchen 
sich noch eine grofse Menge von ganz neuen kleinen Arten 
befindet, deren Beschreibung ohne Abbildung kaum genügen 
würde, erwähne ich für jetzt nur noch einige neue Arten 
von näherem Interesse, 


537 


59. Pedipes quadridens Pfr. — Testa ovato-globosa, im- 
perforata, solida, nitide fusca; anfract. 4 spiraliter sulcatis, 
ultimo ventroso; labio columellari calloso, albo, superne la- 
mina majore 'dentiformi, inferne dentibus 2 acutis instructo; 
labro margine acuto, dente unico obtuso notato; apertura 
oblonga, angusta. — Long. 21, diam, 2°. 

Diese an den cubanischen Küsten von mir gefundene Art 
der bisher räthselhaften Gattung Pepides ist offenbar nicht 
dieselbe, welche Adanson bei der Insel Gorea entdeckte, 
und (p. 14, t.4, £.1V.) so trefilich beschrieb und abbildete. 
Letztere, welcher Blainville mit Recht’den Namen des 
Entdeckers ertheilt hat, scheint nach Rang’s und Des- 
hayes’s Aeufserungen seit jener Zeit nicht wiedergefunden 
worden zu sein; es ergiebt sich aber die ‚völlige Richtig- 
keit von Adansons Genus aus der Analogie mit der von 
mir beschriebenen verwandten Art. \ 

60. Potamides iostomus Pfr. — Testa turrita solida, nigro- 
fusca, varicibus sparsim interrupta; anfract. 11 planis, lon- 
gitudinaliter plicatis, striis transversis subdecussatis, ultimo 
basi striis spiralibus notato; labro. incrassato, extus fusces- 
cente, basi subcanaliculato; apertura integra subquadran- 
gulari, intus violacea. — Long. 1”, diam. bas. 6%. — Oper- 
eulum corneum, suborbiculare, anguste spiratum. 

P. Testa nigricante, cingulo pellucide corneo ornata. 

61. Potamides tenuis Pfr. — Testa turrita, tenui, longitu- 
dinaliter plicata, unieolore albida, vel violaceo-fusco fa- 
seiata; anfract. 11 convexis, supra suturam lJinea impressa 
notatis, ultimo ad basin concentrice sulcato; columella basi 
subcanaliculata; peristomate acuto, tenui, patulo, dilatato; 
apertura suborbiculari, intus alba vel fasciata. — Long. 13°, 
diam. 5”. 

62. Litorina nodulosaPfr. (Troch. nodulosus Gm, — Mar- 
tini tom. V. £.1545, 46.) — Testa oblongo-eonica. nigricante, 
nodulis albis seriatis instructa; 'anfraet. 5 convexis, serie 
media nodulorum subcarinatis; columella concava, fusco- 
nigra, non protracta; labro acuto undulato; apertura sub- 
orbieulari, intus nigra.— Long. 9, diam. 7—8, — Oper- 
culum tenue, corneum, anguste spiratum. 

Diese, so wie die übrigen westindischen Litorinen, wozu 


358 


, 

aufser der am häufigsten vorkommenden Lit. muricata auch 
Phasianella angulifera, lineata, mauritiana ete. Lam. gehören, 
leben fast immer im Trocknen, in den Aushöhlungen der nack- 
ten Korallenfelsen, welche die Nordküste der Insel Cuba bil- 
den, wohl'300 Schritte von der gewöhnlichen Fluthgränze, wo 
sie nur beiStürmen von der See überspritzt werden und übri- 
gens der brennenden Sonne exponirt sind. Doch macht die 
Litor. tuberculata Menke eine Ausnahme; diese fand ich nur 
im. Wasser und überhaupt scheint der Bau ihrer Mündung 
mehr einem Turbo als einer Litorina anzugehören. — 

Die Fortsetzung dieser Uebersicht werde ich baldmöglichst 
nachfolgen lassen. 


Die dänischen Austerbänke, 
von 


H. Kröyer. 


De danske Ostersbanker et Bidrag til Kundskab om Danmarks 
Fiskerier af Henrik Kröyer. Kjöbenhavn 1837. 8. 


Anzeige vom Herausgeber. 


Der thätige Herausgeber der naturhistorisk Tidskrift, 
dem wir schon so viele werthvolle Beiträge zu Dänemarks 
Fauna verdanken, giebt uns in diesem Werkchen ausführliche 
Nachricht über den Zustand der dänischen Austerbänke. Wenn 
nun auch diese Schrift vorzugsweise ein staatswirthschaftliches 
Interesse hat und gerade im Zeitpunkte seines Erscheinens für 
Dänemark von doppeltem Interesse sein mufste, weil die Pacht- 
zeit der als Regal geltenden Bänke’ theils abgelaufen war, 
theils deren Ablauf bevorstand, und sich in Jütland mehrere 
Stimmen für Freigabe der Austerfischerei erhoben hatten, so 
ist doch diese Schrift auch für die Naturgeschichte der Austern 
nicht ohne Wichtigkeit. Sie giebt uns ein anschauliches Bild 
vom dortigen Vorkommen dieser Muschelthiere, entkräftet und 
widerlegt manche bis dahin geltende Vorurtheile über ihre 
Lebensweise und bietet selbst in ihrem statistisch-historischen 
Theile dem Naturforscher angenehme Unterhaltung und mannich- 


359 


‘ 

fache Belehrung dar. Verf. beginnt in der ersten Abtheilung 
mit ’dem Naturgeschichtlichen der Auster, handelt dann in der 
zweiten Abtheilung von den dänischen Austerbänken, von dem 
dortigen Fange und den dabei üblichen Geräthschaften, vom 
schleswigschen und jütländischen Austerhandel und den Auster- 
dämmen. Dann folgen in der 3. Abtheilung des Werkchens 
historische Nachrichten über die schleswigschen und jütländi- 
schen Austerbänke u. dgl. Eine Kupfertafel. versinnlicht die 
verschiedenen Fanggeräthe, und eine besonders erfreuliche Zu- 
gabe ist eine Charte Dänemarks und der Herzogthümer, auf 
welcher sowohl die noch benutzbaren, als auch die jetzt aufge- 
gebenen Bänke verzeichnet sind. Da Hr. Kröyer nichtnur die 
verschiedenen Austerplätze selbst besucht und manche Notizen 
an Ort und Stelle gesammelt hat, sondern auch bei Abfassung 
seiner Schrift die Register und Akten der königl. dänischen 
Rentekammer benutzte, so sind die Resultate seiner Forschun- 
gen gewifs so zuverlässig, wie es nur von einer solchen Arbeit 
in statistischer Hinsicht gefordert werden kann, wenn sie auch 
dem Staatshaushalte, wie den Freunden des Austeressens eben 
keine günstige Aussicht eröffnen. Doch wenden wir uns zu 
den einzelnen Abtheilungen der Schrift, so weit sie für unsere 
Zwecke von Interesse sınd. 

Die erste, der Naturgeschichte der Auster gewidmete Ab- 
theilung enthält neben vielem Bekannten auch manches Neue, 
wodurch frühere Angaben. ergänzt, beschränkt und theilweise 
berichtigt werden. Bei einer jütländischen Auster fand Verf. 
sechs Perlen, zwei von Erbsengröfse, die übrigen wie Vogel- 
hagel; sonst sind sie selten, klein und von geringer Anzahl. 
An den schleswigschen Bänken findet sich neben Ostrea edu- 
lis auch O, hippopus; da sie aber im Wohlgeschmacke jener 
“ nachsteht, wird sie auch im Handel geringer geachtet. Ueber 
die Geschlechtsorgane erhalten wir keinen Aufschlufs. Hin- 
sichtlich der Fortpflanzungszeit ergab sich dem Verf., dafs sie 
nicht gleichzeitig statt zu finden scheine. Er fand im Juli und 
August Exemplare, welehe beim Oefinen der Schale eine mil: 
chige Flüssigkeit enthielten, die unter dem Mikroskope sehr 
kleine, aber vollkommen ausgebildete, mit einer dünnen Schale 
versehene Junge zeigten, aber solche Austern waren im Gan- 
zen selten, unter 40 fand sich kaum eine, Die Meinung, dafs 


360 


Austern zur Fortpflanzungszeit mager und von schlechtem 
wässrigen Geschmacke seien, wird für irrig erklärt; frisch aus 
der See genommen seien sie im Sommer eben so wohlschmek- 
kend als im Winter; eben so wenig gegründet scheint ihm die 
Meinung, dafs der Genufs der Austern im Sommer ungesund 
sei. Die Angabe, dafs die Austern sich nur an solchen Stel- 
len aufhielten, welche nie, selbst nicht bei der stärksten Ebbe, 
entblöfst werden, wird vom Verf. eingeschränkt. In den nörd- 
lichen Gegenden können sie die Winterkälte im niederen Was- 
ser nicht ertragen, und halten sich deshalb in gröfserer Tiefe. 
Von den schleswigschen Austerbällken haben aber verschiedene 
einen so niedrigen Wasserstand, dafs sie bei starker Ebbe und 
gewissen Winden blofsliegen. Gleiche Erfahrungen machte 
Verf. an der norwegischen Küste. An der schleswigschen 
Westküste hat man öfter erfahren, dafs sich Austern im Som- 
mer auf solchen Stellen ansetzen, die sogar oft bei Ebbezeit 
blofs gelegt werden und dafs die Austern an diesen Stel- 
len längere Zeit gedeihen können, wenn die Winter sehr 
milde sind; tritt aber Frost ein, so unterliegen sie sogleich. 
Dafs die Austern vorzugsweise an den Mündungen der Flüsse 
gedeihen, wird wenigstens durch die Lage der jutländ’schen und 
schleswigschen Austerbänke nicht bekräftigt. Sehr richtig be- 
merkt Verf., dafs man sich die Austerbänke nicht als Erhebun- 
gen des Meeresbodens, als Klippen, Sandbänke u. s. w. zu den- 
ken habe, an denen die Austern mit ihrer gewölbten Schalen- 
hälfte festsitzen, sondern darunter nur solche Stellen des Mee- 
resbodens zu verstehen habe, auf denen sich die Austern in 
gröfserer Anzahl vorfinden. Wo der Meeresgrund aus Klip- 
pen und losen Steinen besteht, sitzen die Austern wohl theil- 
weise an den Hervorragungen der Klippen und an einzelnen 
Steinen, aber viele liegen auch lose am Boden; letzteres ist 
natürlich immer der Fall, wo der Boden aus Lehm, Sand oder 
Schlamm besteht, aufser dafs einige in unregelmäfsigen Haufen 
von 3, 4 oder 5 Individuen znsammengewachsen sind. Mehrere 
als 5—6 finden sich nicht vereinigt, da wenn sie in zu gro- 
fsen Massen anwachsen, die untersten nicht nur in ihrer Ent- 
wicklung, sondern auch im Oeffnen ihrer Schale gehindert wür- 
den. Auch dafs sie immer auf der abwärts gekehrten gewölbten 
Schale ruhen, ist nicht richtig. Verf. ist geneigt den Umstand, 


s61 


dafs man auf den dortigen Bänken ‘nicht eine weit ‘gröfsere 
Anzahl junger Individuen antrifit, den zahlreichen Feinden der 
Austern zuzuschreiben, unter denen die gefräfsigen Seesterne die 
schlimmsten sind. Cliona celata Grant ist insofern den Austern 
nachtheilig, als durch ihre Gruppen die Schalen durchhöhlt 
und durchlöchert und dadurch mürbe 'pnd zerbrechlich 
werden, so dafs ihr Inwohner seines Schutzes beraubt und sei- 
nen Feinden mehr blofsgegeben wird, Solche angebohrte 'Au- 
stern werden auch von den Händlern nicht gern genommen, weil 
sie beim Einpacken leicht zerbrechen, Verf, geht noch .die,zum 
Gedeihen der Austern günstigen und ungünstigen Umstände durch 
underklärt einen ebenen festen Grund bei 5—15 Faden Tiefe, wo 
die Strömung nicht reifsend ist, für den geeignetsten Ort zu ilirer 
Entwicklung. Zu starke Strömung entführt die junge Brut; 
ebener Grund und geringere Tiefe erleichtern das Fischen. 
Die zweite Abtheilung handelt von den dänischen 'Auster- 
bänken insbesondere. Die Benennung dänische ist übrigens 
im dänischen Sinne gebraucht, insofern unter ‘derselben .die 
schleswigschen Bänke mit einbegriffen werden, deren Austern 
wir im nördlichen Deutschland nur unter dem Namen der 'hol- 
steinschen kennen. Auch werden die Bewohner der schles- 
wig-holsteinschen Herzogthümer nicht ganz damit zufrieden 
sein, und ihre Provinzialstände lassen vielleicht unseres Ver- 
fassers Schrift als Verunglimpfung ihrer Nationalität eben‘ so 
entrüstet zu den Acten legen, wie jüngst Capt. Olsens Charite, 
welche das Herzogthum Schleswig dem Königreich Dänemark 
als Provinz einverleibt und als Söderjütland bezeichnet hatte. 
Doch Scherz bei Seite! Verf. mag dies bei den Schleswigern 
verantworten. Uns kann es ganz gleichgültig sein, ob man 
diese Bänke dänische oder schleswigsche nennt, wenn sie uns 
nur feruerhin gute holsteinische Austern liefern, und wenn 
wir nur wissen, dafs sie unter den jetzt der dänischen Krone 
gehörigen Bänken die ergiebigsten und zahlreichsten sind. Ihre 
Zahl betrug 53; aber mehrere derselben sind eingegangen, theils 
versandet, theils ausgebeutet, so dafs jetzt nur etwa 40 brauch- 
bar sind. Sie liegen an der Westküste des Herzogthumes 
Schleswig, etwa der Küstenstrecke zwischen Tondern und Hu- 
sum gegenüber, zwischen den kleinen Inseln Sylt, Amrom, 
Föhr, Pelworm, Nordstrand u. s. w. Fast alle diese Inseln sind 
von Untiefen, den sogenannten Watten umgeben, die zur Ebbe- 


362 


zeit trocken liegen. Diese Watten sind von tiefen Rinnen durch- 
zogen, in denen oder an deren schrägen Rändern die Austern 
sitzen. ı Die gröfste und reichste unter den noch brauchbaren 
Bänken ist Huntje oder Huncke, östlich von der Insel Sylt; 
auch sind ihre Austern von vorzüglicher Güte. Leider aber 
hat diese Bank ziemlich niederen Wasserstand und leidet in 
strengen Wintern. Im Winter von 1829 — 1830 sollen auf dieser 
Bank allein mehr als 10,000 Tonnen Austern, also circa 8 Mil- 
lionen Stück erfroren sein, welche Angabe vielleicht übertrieben 
ist, da sie von einem im Dienste des Austerpächters stehenden 


Aufseher herrührte, ir 

Die sensu proprio dänischen Bänke, die sogenannten 
fladstranske Banker liegen an der Ostseite der nördlichen Spitze 
Jütlands, Skagen gegenüber. Man kann sagen, sie streichen 
mit der Ostküste der Halbinsel Skagen parallel, von deren 
Nordspitze bis Hirtsholmen, und zwar so, dafs der Fischerort 
Aalbeck etwa ihrer Mitte gegenüber liegt. Man nimmt drei 
Bänke an, von denen die untern am meisten nördlich, Skagen 
gegenüber, die mittelste vor Aalbeck, die obere südlicher gele- 
gen ist. Nach einigen Angaben sollen diese Bänke hei Hirts- 
holmen vorbei östlich und westlich um Läsö nach Anholt zu 
hinabreichen. Auch an der Westküste Jütlands scheinen sich 
nach Angaben Austerbänke bis Hirtshals hinzuziehen. Ver- 
pachtet und befischt, werden aber nur die östlichen, Skagen 
gegenüber liegenden Bänke. Ihr Ertrag ist sehr viel geringer, 
als der der schleswigschen Bänke und ihr Absatz beschränkt 
sich nur auf Jütland selbst und auf Kopenhagen, während die 
schleswigschen Austern nach Hamburg und von dort aus in 
das nördliche Deutschland verführt werden, früher auch nach 
sämtlichen Ostseehäfen bis Reval und Petersburg versandt 
“wurden. In neuerer Zeit haben ihnen die englischen und hol- 
ländischen Austern bedeutenden Abbruch gethan, selbst in 
Hamburg, wo jetzt der Hauptstapelplatz des schleswigschen 


Austerhandels ist, Die Benennung Deputataustern, womit 


man bei uns die beste schleswigsche Sorte zu bezeichnen pflegt, 
rührt daher, (dafs der Austerpächter verpflichtet war, nicht nur 
25 Tonnen an die königl. Küche, sondern noch an die Geheimen- 
räthe, Kanzlei- und Kammerpräsidenten, Kanzleiräthe u. s. w. 
Deputate von 1000-3000 Stück zu liefern, welche sich 
auf 56000 St. oder 70 Tonnen belaufen, und auf deren Güte 


363 


ebenfalls. gehörig gehalten wurde, denn wir sehen aus dem hi- 
storischen Theile des Werkes, dafs einem Pächter die Pacht 
nicht verlängert wurde, weil er schlechte Deputataustern nach 
Kopenhagen geliefert hatte Kein Wunder also, dafs der 
Name Deputataustern zur Bezeichnung der Bedien Sorte üb- 
lich wurde. Der Auster-Pächter ist verpflichtet, die Bänke 
in einem eben so guten Zustande abzugeben wie er sie. über- 
nommen hat. Zu dem Ende werden die Bänke bei der Ue- 
bergabe von einer Beamtencommission revidirt, indem sie von 
beeidigten Fischern an drei bestimmten Stellen befischt wer- 
den, woraus denn durch Zählung des Fanges der Zustand der 
Bank abgeschätzt wird. Die Ergebnisse der verschiedenen 
Revisionen von 1709 —1830 hat Verf. in zwei Tabellen zu- 
sammengestellt. Sie führen zu dem Resultate, dafs der Reich- 
thum der Bänke aufserordentlich abgenommen hat, und dafs, 
wenn er künftig in demselben Verhältnisse abnehmen sollte, 
bald keine Bänke mehr vorhanden sein würden. 


Anatomie der Apteryx australis 
von 
R Owen. 
Fortsetzung von pag. 9%. 


(Proc. Zool. Soc. VI. Nr. 66. p. 71.) 


Ds: Respirationssystem der Vögel steht gewöhnlich in ge- 
nauer Beziehung zu ihrer Flugfähigkeit; insofern mufste die 
Untersuchung von Apteryx, wo die Flügel zum niedrigsten 
Grade der Entwicklung reducirt sind, von Interesse sein. Nach 
vorsichtiger Entfernung der Baucheingeweide fand sich keine 
Spur von Luftzellen in der Bauchhöhle; das Diaphragma 
war vollständig, nur zum Durchtritte des Oesophagus und 
der grofsen Blutgefäfse durchbohrt, wie bei den Säugthieren. 
Die Lage des Diaphragma war fast horizontal, wie beim Du- 
gong; nur in Hinsicht des Herzens und Herzbeutels verschie- 
den, welche wie durch einen Bruchsack in die Bauchhöhle 
hinabragten, indem sich die Aponeurose des Zwerchfelles über 
das Pericardium fortsetzte. Im Ursprunge des Diaphragma 
zeigten die Schenkel des kleinen Muskels einen höhern Grad 
der Entwicklung als bei irgend einem andern Vogel; die Schen- 
kel sind durchaus sehnig und entspringen von schwachen Vor- 
sprüngen an den Seiten der letzten Rückenwirbel; indem sich 
ihre Fasern ausbreiten und in, dem breiten aponeurotischen 
Centrum verlieren; an dem Punkte ihrer Ausbreitung zur Ver- 
einigung mit der Aponeurose bemerkt man eine kleine Portion 
Muskelfibern. 

Die Abdominalfläche des Diaphragma ist wie bei den 
Säugethieren hauptsächlich mit der convexen Fläche der Le- 
ber in Berührung, die der Brust zugekehrte Fläche desselben 


365 


ist dagegen von den Lungen durch eine Reihe kleiner, aber 
wohl begränzter Luftzellen getrennt, von denen eine etwas 
durch die vordere Apertur der Brust-Bauchhöhle an der Ba- 
sis des Halses hervortritt: ‘Die Apteryx behält also noch 
den Typus der Vogelstruktur bei, obgleich sie der einzige be- 
kannte Vogel ist, bei welchem die Luftbehälter der Lunge sich 
nicht in das Abdomen erstrecken. Die Lungen sind jede von 
unregelmäfsiger etwas zusammengedrückter triedrischer ' Ge- 
stalt, vorn breiter und am hintern Theile zusammengezogen. 
Sie sind dem hinteren Theile des Brustkastens in einer der 
Axe ‘des Rumpfes fast‘ parallelen Ebene angeheftet und von 
grofsen Oefinungen zum Durchtritte der Left in die Luftzellen 
durchbohrt. Die Bronchen treten etwa # ihrer Länge von 
dem vorderen Ende in die Lunge ein und bilden sogleich 4 
Hauptzweige, von. denen 2 die respiratorische Portion der 
Lunge versehen, während die beiden andern in die vorerwähn- 
ten Oefinungen für die Luftzellen endigen. In der Einfachheit 
ihres Baues gleicht die Luftröhre der der straufsartigen Vö- 
gel, zeigt aber keine Spur der erweiterten häutigen Tasche 
wie beim Emeu. ‘Die Luftröhre besteht aus 120 kleinen Rin- 
gen, welche bis zu den letzten 20 allmälig kleiner werden. 
Der obere Kehlkopf ist weder mit einem Rudiment der Epi- 
glottis, noch mit rückwärts gerichteten Papillen versehen; ein 
kleiner Fortsatz tritt von ihrem vordern Theile zur Hälfte 
über den Kehlkopf vor. Ein unterer Larynx findet sich nicht; 
die Ringe der Bronchen setzen nur mit geringer Abnahme 
der Dicke von den beiden letzten der Trachee fort, welche 
letztere in Gröfse zunehmen. Die Luftröhre ist nnten durch 
eine Membran geschlossen, welche die Bronchialknorpel an 
ihrer unteren Seite ergänzt und die Halbringe der Bronchen 
sind durch eine Membrana tympaniformis oben und unten ver- 
vollständigt. Es finden sich 2 Sternotracheal- Muskeln, die 
von der innern Fläche eines jeden Os coracoideum entsprin- 
gen. Die: befestigte Lage der Lungen’ und die Existenz von 
Luftzellen zwischen Lunge und Zwerchfell beweisen, dafs die 
Inspiration nicht allein durch die Wirkung des Zwerchfells 
bewerkstelligt werden kann, sondern wie. bei den übrigen Vö- 
geln dadurch, dafs das Brustbein hinabgedrückt und der Win- 


kel zwischen den Wirbel- und Brustrippen vergröfsert wird. 
V, Jahrg. 1 Band. 24 


366 
Die Knochen der Apteryx sind. nicht pnenmatisch/und 
zeigen nicht die rein weifse Farbe, welche das Skelett ande- 
rer) Vögel: charakterisirt. Ihre feste und etwas grobe Textur" 
gleicht eher denen der Saurerknochen. Die Wirbelsäule. be- 
steht aus 45 Hals-, 9 Rücken- und 22 Lenden-, Sacral- und 
Schwanzwirbeln. Der Ste bis incl. 6te Rückenwirbel zeigen 
- eine schwache. Anchylose durch die einander berührenden 
Ränder ihrer Dornfortsätze; doch glaubt Hr. Owen, dafs un= 
geachtet dieser Anchylose eine nachgiebige elastische Bewe- 
gung zwischen ‚diesen Wirbeln doch statt finden kann. Ein 
kurzer stumpfer Fortsatz geht schief nach vorn'ab, won der 
unteren ‚Fläche. des Körpers der 4 ersten Rückenwirbel; die 
Artikulation zwischen den Körpern geschieht durch Einfügung 
einer in vertikäler Richtung schwach concaven, in:querer Rich- 
tung convexen Fläche am hinteren Ende eines Wirbels indie 
‚entgegengesetzte gekrimmte Fläche am vorderen Ende der 
Folgenden. Nahe der ‘vorderen Fläche an jeder Seite ist eine 
kleine hemisphärische Grube zur Aufnahme des runden Kopfes 
der. Rippe. Die  Querfortsätze sind breit, flach, viereckig, 
mit schief abgestutztem vorderen Winkel zur Aufnahme der 
angrenzenden Tuberkeln der Rippen. Sie sind nicht unterein- 
ander, durch knöcherne Fortsätze verbunden, sondern ganz 
frei wie bei den straufsartigen Vögeln. ' Der Dornfortsatz 
entspringt. vonder ganzen Länge des Bogens eines jeden Wir- 
bels, ist oben abgestutzt und mit Ausnahme des ersten durch- 
weg von gleicher Breite.. Alle Dornfortsätze sind sehr zusam- 
mengedrückt, die mittleren die dünnsten, an ihren abgestutzten 
Enden schwach ausgebreitet. Die Länge der Dorsalregion be- 
trägt 4’. Die Länge der Wirbelsäule hinter den Rückenwir- 
beln mit Einschlufs des Zwischenraumes der Ossa@innominata 
3", Die ersten 4 und der neunte und zehnte Kreuzwirbel 
senden auswärts untere Querfortsätze, Die Löcher für die 
Nerven durchböhren die Basis der Bogen der Kreuzwirbel, 'sie 
sind doppelt in den: vorderen aber einfach in den hinteren 
zusammengedrückten' Wirbeln, wo sie nahe dem hinteren Rande 
hiegen, . Die Halswirbel zeigen alle Besonderheiten des Vogel- 
iypus, ‚der einwärts gekehrte Knochenbogen zum Schutz der 
Carotiden zeigt sich zuerst (entwickelt von der inneren ‚Seite, 
der unteren Querfortsätze des zwölften Halswirbels, aber die 


367 


beiden Seiten des Bogens sind nieht durch Anchylose verbun- 
den. Der Dornfortsatz ist dick und stark in der Fertebra 
dentata, nimmt aber progressive bis zum 7ten Wirbel ab, wo 
er zu einem blofsen Höcker verkleinert ist; er erscheint am 
44ten Wirbel wieder und nimnit progressive bis zu den Rücken: 
wirbeln zu. Der breite Kanal an jeder Seite für die Vertel 
bralarterie und den sympathischen Nerven wird durch Anehy- 
lose einer rudimentären Rippe an die Enden eines oberen und 
ünteren Querfortsatzes gebildet: Das Rückenmark ist am we- 
nigsten geschützt durch die Wirbel in der Mitte des Halses; 
wo die Bewegung am meisten ausgedehnt ist. Die Länke der 
Halsrezion beträgt 7”. In den ersten 145 Wirbeld sind 'die 
Rippenanhänge anchylosirt; in den 9 folgendem Wirbeln schei: 
nen die Rippen beweglich zu bleiben; die erste ist ein «dün! 
ner Stiel von etwa 1” Länge, die übrigen zeichnen sich durch 
ihre Breite aus, die relativ gröfser als bei jedem ändern ‘Vo 
gel ist. Die zweite, dritte, vierte und fünfte Rippe artikuliren 
mit dem Brustbein durch einen 2ierlichen Sternaltheil. Die 
Fortsätze der Vertebralrippen sind in der 2ten — ine]. Sten ' 
entwickelt; sie articuliren mit breiter Basis‘ mit einer Spalte 
im vorderen Rande dieser Vertebralrippen ein wehig unter ih- 
rer Mitte; die der 3tem, 4ten, 5ten und 6ten Rippe sind die 
längsten und überragen die folgende Rippe; diese Fortsätze 
waren in dem beschriebenen Exemplare nicht anchylosirt. 

Die vier ersten Sternalrippen sind in die Quere ausgebrei- 
tet an ihrem Brustbeinende, welches eine eoncave mit weichem 
Knorpel und Synovialhaut ausgekleidete Oberfläche darbietet 
ünd an einer entsprechenden glatten Convexität in dem Co- 
stalrande des Sternüums spielt, welches äuf diese Weise 4 
wahre Enartlırodialverbindungen mit Kapselligamenten an jeder 
Seite darbietet. Das Brustbein ist auf den niedrigsten Grad 
der Entwicklung reducirt. In seiner geringen Gröfse und in 
der völligen Abwesenheit des Kiels gleicht es dem der straufs- 
artigen Vögel, unterscheidet sich aber durch Anwesenheit zweier 
fast kreisförmiger Löcher jederseits der Mittellinie, so wie 
durch den weiten vorderen Ausschnitt und die viel gröfsere 
- Ausdelmung der beiden hinteren Fissuren. Der vordere Rand 
zeigt keine Spur eines Manubrialfortsatzes wie bein Straufs, 
vielmehr ist der Zwischenraum zwischen den Gelenkhöhlen 

24 * 


368 


der O. coracoidea tief concav. Die Gelenkfläche für die O; 
eoracoidea ist eine offene Grube, an welcher aufserhalb die 
vorderen Winkel des Brustbeins in zwei starken dreieckigen 
Fortsätzen mit stumpfer Spitze hervortreten. Der Costalrand 
ist verdickt und zeigt von vorn gesehen eine wellenförmige 
Contour; die Breite jeder seitlichen Perforation ‚ist fast so 
grofs wie die des knochigen Zwischenraumes; bei dem beschrie- 
benen Individuum hatten sie nicht ganz symmetrische Lage. 
Die Ausdehnung der hinteren Ecken ist gleich der Hälfte der 
ganzen Länge des Brustbeins. ? 
Das Schulterblatt und das Os Bee sind durch 
Anchylose verbunden. Eine kleine Perforation vor der Ge- 
lenkfläche des Humerus zeigt die Trennung zwischen dem 
O. coracoideum und dem rudimentären Schlüsselbein an, von 
welcher sonst nicht die geringste Spur ist. Das O. coracoi- 
deum ist der stärkste Knochen; sein unteres ausgebreitetes 
Ende zeigt eine Gelenkconvexität, die zu der zuvor beschrie- 
benen Grube pafst. Die Scapula reicht zur dritten Rippe; 
ist schwach gekrümmt und an beiden Enden, besonders aber 
am Gelenke ausgebreitet. Der Humerus ist ein schlanker, ey- 
lindrischer, stylförmiger Knochen, schwach gekrümmt, 1” 5" 
lang, ausgebreitet an beiden Enden, besonders am vordern 
Ende, welches ‚einen queren ovalen Gelenkhöcker trägt, der 
‚mit glattem Knorpel bedeckt und durch eine Synovial- und 
Capsularmembran der Schulter-höckerknochen-Artikulation an- 
gefügt ist. Ein kleiner Höcker steht an jedem Ende der 
Oberarm-Gelenkfläche. Das untere und schmalere Ende des 
Humerus ist durch eine wahre, aber seichte Ginglymus- Ver- 
bindung’ mit den rudimentären Vorderarmknochen verbunden 
und beide Condyli sind schwach entwickelt. Der Radius und 
die Ulna sind gerade, dünne, stylförmige Beine, jeder von 9" 
Länge; ein schwaches Olecranon tritt über der Gelenkfläche 
der Uln«a’ hervor; es ist ein kleiner Handwurzelknochen vor- 
handen, zwei Mittelhandknochen und ein einzelner Phalanx, 
welcher den langen, gekrümmten, stumpfen Flügelnagel trägt, 
die ganze Länge dieser rudimentären Hand ist 7”, mit Ein- 
schlufs des 34 Linien langen Nagels, Einige wenige starke und 
kurze Schwungfedern sind durch ein Ligament der Ulna und 
dem Metacarpus angeheftet. Die Darmbeine zeigen in Grölse 


369 


und Gestalt den Character der Straufsvögel. Das Schambein 
ist ein dünner Knochenstiel durch ein Ligament dem Sitzbein- 
ende verbunden, aber an seinem Acetabularende allein durch 
Knochen verbunden. Ein kurzer, spitziger Fortsatz dehnt sich 
vom vorderen Rande des Schambeinursprungs aus. Das Ace- 
tabulum ist vorn in eine stumpfe Leiste verlängert. Das Ober- 
schenkelbein ist 3” 9" lang, schwach gebogen. Der Gelenk- 
kopf zeigt eine breite Vertiefung für das starke ligamentum 
teres. Die Condyli des Oberschenkelbeines sind vorn durch 
eine weite und tiefe Grube getrennt, hinten durch eine drei- 
eckige Vertiefung. Die tibia ist 5 Zoll lang. Zwei eckige 
und starke Leisten von dem vorderen Theile des erweiterten 
Kopfes der tibia; der äufsere dient zum Ansatze der fascia 
und zu der ausgebreiteten Sehne des rectus femoris latissi- 
mus; dem inneren ist das Ligament der kleinen knorpeli- 
gen Kniescheibe angeheftet. Die fibula ist einen halben Zoll 
unter ihreın Kopf mit der fibia verwachsen, welche Verbin- 
dung ‘sich etwa 10" weit erstreckt, nach einem Zwischenraume 
von 9" ist sie wieder verwachsen und verschwindet allmälig 
gegen das untere Drittheil der tibia. Das untere Ende-der 
tibia zeigt die gewöhnliche Rollenbildung, aber die vordere 
Concavität über der Gelenkfläche ist gröfstentheils von einer 
unregelmäfsigen knöchernen Hervorragung eingenommen. Ein 
kleiner keilförmiger Knochen ist in die äufsere und hintere 
Seite des Knöchelgelenks eingefügt. 

Die verwachsenen Fufswurzel-Mittelfufsknochen bilden einen 
starken 2 Zoll 3 Linien langen Knochen; er breitet sich seit- 
lich aus und theilt sich an seinem untern Ende in 3 Theile, 
mit den Gelenkköpfen für die 3 Hauptzehen. Die Gelenk- 
fläche für die kleine vierte Zehe ist etwa einen halben Zoll 
über dem untern Ende in der inneren und hinteren Fläche 
des Knochen. Ein kleines durch starke Ligamente dieser Fläche 
angeheftetes Knöchelehen trägt eine kurze Phalanx, welche mit 
dem längeren Nagelgliede artikulirt. Die Zahl der Phalangen 
der anderen Zehen folgt den gewöhnlichen Gesetze. 

Es ergiebt sich hieraus, dafs, soweit die natürlichen Ver- 
wandtschaften eines Vogels im Skelet sich kund geben, die 
Gattung Apteryx aufs engste mit der Straufsgruppe verwandt 
ist. In den kleinen, kiellosen Brustbein stimmt sie nur allein 


370 


mit ihnen überein. Die beiden hinteren Ausschnitte, welche 
am Brustbein des Straufses beobachtet werden, finden sich bei 
Apteryx in einem noch höheren Grade; aber die geringe Ent- 
wicklung der vorderen Extremitäten, deren Muskeln das Ster- 
num vorzugsweise zum Anheftungspunkte dient, ieh der Grund 
eines besonders unvollkommenen Zustandes der‘ Verknöche- 
rung dieses Knochens der Apteryx, und die beiden fast kreis- 
förmigen Löcher, welche zwischen dem Ursprunge des Brust- 
muskels einerseits und dem des Dermo-Cervicalmuskels ande- 
rerseits sich finden, bilden eine der besonderen Eigenthüm- 
lichkeiten in der Anatomie dieses Vogels. Der Charakter der 
straufsartigen Vögel zeigt sich in der Atrophie der Flügelkno- 
chen und dem Mangel der Schlüsselbeine, wie beim Emeu 
und der Rhea. Beim Strauß ‚sind die Schlüsselbeine ohne 
Zweifel vorhanden, aber mit der scapula und den O. cora- 
coideis verwachsen und getrennt von einander, . Im Casuar 
existiren sie als getrennte kurze stylförmige Knochen. Cha- 
rakteristisch für einen straufsartigen Vogel sind ferner die 
expansive Entwicklung der Darm- und Sacralbeine, das breite 
Ischium, das schlanke Schambein, und die lange und schmale 
Form des Beckens. Wir finden eine Abweichung vom Typus 
der Straufsvögel in der Länge des femur, und eine Neigung 
‘zum Hühnertypus in der Kürze der Mittelfufsregion; die Ent- 
wicklung der 4. oder Innenzehe mufs gleichfalls als Abwei- 
chung vom Typus betrachtet werden; doch ist zu bemerken, 
dafs in Gröfse und Lage jener Zehe die Apteryx ‚genau mit 
dem erloschenen Dodo übereinkommt. Man hat den Nagel 
der Innenzehe fälschlich dem Sporn gewisser Hühnervögel ver- 
glichen, indessen ist er in Gestalt kaum von den Nägeln der 
Vorderzehen verschieden. 

In den breiten Rippen (man vergleiche den Kasuar) in 
dem allgemeinen Mangel von Anchylose in der Rückenregion 
der Wirbelsäule, in den zahlreichen Halswirbeln finden wir 
wieder den Charakter der Straufsvögel. Beim Casuar gehen 
149 Wirbel dem vorher, welcher eine dem Brustbeine verbun- 
dene Rippe trägt und von diesen 19 können wir 16 als analog 
den Halswirbeln anderer Vögel. betrachten. Bei Rhea sind 
auch 16 Halswirbel, nicht 14, wie Cuvier angiebt. Beim 
Straufs finden sich. 48, beim Zmeu 19 Halswirbel, Bei Apte- 


. 374 


ryx können wir 16 Halswirbel rechnen, mit Einschlufs dessen, 
weleher das kurze rudimentäre, aber bewegliche Rippenpaar 
trägt. Von den 22 wahren Hühnervögeln, welche inCuvier’s 
Tabelle über die Wirbelzahl aufgeführt sind, haben nur 9 mehr 
als 14 Halswirbel, während Apteryx mit 15 Halswirbeln, als 
Straufsvogel betrachtet, die geringste Zahl in seiner Ordnung 
hat. Die freien Knochenanhänge der Rippen und die gänzliche 
Abwesenheit der Luftzellen im Skelet sind Punkte, in denen 
Apteryx mit Aptenodyies übereinstimmt, aber damit hört 
äuch alle Aehnlichkeit beider ‚auf. Die Stellung, in welcher 
Apleryx ursprünglich von Shaw abgebildet wurde, ist mit 
seiner Organisation unverträglich. 

Die Modificationen des Schädels der Apteryx sind in 
Uebereinstimmung mit der Structur des Schnabels, die zur Auf- 
findung des passenden Futters erforderlich ist, ohne Zweifel 
aufserordentlich; indessen finden wir in der Wachshaut der 
Apteryx eine Structur, welche bei allen Straufsvögeln vorhan- 
den ist, und die vordere Lage der Nasenlöcher beim Kasuar ist 
offenbar eine Annäherung zu der sehr sonderbaren, . welche für 
Apteryx charakteristisch ist. Die verdickten Muskelwände des 
Magens der Körner fressenden Straufsvögel zeigen uicht den 
Apparat distinkter Musculi digastrici und laterales, welche 
für den Magen der Hühnervögel charakteristisch sind; Apteryx ° 
stimmt in- Gestalt und Structur des Magens mit den Straufsen 
überein. Er unterscheidet sich ferner von den Hühnern im 
Mangel eines Kropfes. Die bei den Hühnern langen Coeca 
sind bei Straufsen und Stelzvögeln der gröfsten Variation unter- 
worfen. Ihre grofse Länge und complieirte Structur bei Stru- 
ihio und Rheabildet eine nur bei ihnen vorkommende Beson- 
derheit, Beim Kasuar sollen die Coeca nach den französischen 
_ Akademikern ganz fehlen, nach Cuvier beim Emeu nur ein 
einziges vorhanden sein. Owen fand bei diesen Vögem 
immer zwei normale, aber kleine Coeca, beim Emeu 5" lang 
und von 4 Zoll Durchmesser; beim Kasuar ungefähr 4" lang. 
Die Anwesenheit zweier mäfsig entwickelter Coeca bei Apte- 
ryx ist also keine Abweichung vom Typus der Straufsvögel; 
diese Coeca entsprechen, wie bei den andern Straufsvögelu der 
Natur der Nahrungsmittel. Bei den Wadvögeln (Ibis), welche 
der Apteryx in der Structur des Schnabels und der Nahrungs- 


372 

weise gleichen, haben die Coeca fast dieselbe relative Gröfse. 
Das Zeugungssystem der, Apteryx zeigt in einer wohl ent- 
wickelten, unterhalb gefurchten, subspiralen Ruthe unzweideu- 
tige Verwandtschaft zu den Straufsvögeln; dies sowie die Mo- 
dificationen des Gefieders und die Eigenthümlichkeiten des Ske- 
lets führen zu dem Schlufs, dafs die Gattung Apteryx zu den 
Straufsvögeln: gestellt werden mufs, und dafs sie in ihrer Ab- 
weichung vom Typus dieser Ordnung einerseits, wie in den 
Füfsen eine Annäherung zu den Hühnern andrerseits, so im 
Schnabel zu den Wadvögeln zeigt, aber ohne‘ der Natürlichkeit 


Gewalt anzuthun, mit keiner dieser Ordnungen verbunden 
werden kann, 


Uebersicht der im Jahre 1837 neu aufgestellten 
Genera und Arten 


der Raubvögel, Singvögel 
und Klettervögel, 


welche im Jahresberichte des vorigen Jahrganges unerwähnt 
bleiben mufsten. 


(Nachtrag zum zweiten Bande des vor, Jahrganges) 
I. Raptatores. 
Jeracidea Gould. Gen. nov. (Pr. Z. S. 140). 


Rostrum, ut in genere Falco dicto; alis attamen minus rigi- 
dis, remige tertio longissimo, tarsis longioribus, lg et 
antice squamis hexagonalibus tectis; digitis gracılioribus, digito 
postico breviore, unguibus minus robustis. 

Typus: Falco Berigora Vig. et Horsf. 

Haliaetus sphenurus Gould. (Pr. Z. S. 138). H. capite, 
nucha, guttureque pallide cervinis, corpore supra alisque intense 
fuscis, singulis plumis ad apicem pallide cervinis, cauda cuneiformi, 
ad basin albescenti-cervina, apicem versus fusca, ad apicem 
alba; pectore fusco, plumis cervino-marginatis; abdomine .cer- 
vino fuscoque picto, crisso, caudaque subtus albis; rostro fusco; 
tarsis flavis. Long. tot. 32 unc.; rostri, 2; alae, 25; caudae 144; 
tarsi, 3}. Hab. in terra Van Diemen. 

H. leucosternus Gould. ibid. H. capite, collo‘, pectore, 
abdomineque summo niveis; dorso, alis, abdomine imo, femoribus 
erissoque laete castaneis, primariis adapicem nigris; cauda casta- 
nea, subtus pallidiore, rectricibus sex intermediis ad apicem cine- 
rescentibus; rostro ad basin plumbaceo, ad apicem flavescente, 
pedibus flavescenti-plumbaceis. Long. tot. 22} unc.; rostri, lg 
alae, 15}; caudae, 9; tarsı, 2. Hab. in Australia. 

Pandion leucocephalus Gould. (Pr. Z. S. 139). P. ver- 
tice, nucha, gula, abdomine, femoribus crissoque albis, plumis 
pectoris fusco ad apicem notatis; plumis auricularibus fuscescenti- 
nigris; colli lateribus fuscis; dorso, alis, caudaque brunneis, sin- 
gulis plumis nota alba angusta apicali ornatis; primariis nigris; 
zosiro nigro, tarsis olivaceo-plumbaceis. Long, tot. 21 unc.; 
rostri, 14; alae, 165; caudae, 8; tarsi 2}. Hab, ın Australia. 


374 | 


Lepidogenys subcristatus Gould. (Genus Lophotes Less. 
Pr. Z. S.V. p.140). L. vertice, genis, plumis auricularibus, dor- 
soque superiore fuscescenti-cinereis; occipite, eristaque occipitali 
nigrescenti-fuscis; dorso, scapularibusque fuseis, alis supra fusce- 
scenti-cinereis, subtus argenteo-cinereis, primariis secundariisque 
fasciis duabus nigris ‚notatis; uropygio, teclricibusque caudae su- 
perioribus fuscis; cauda fuscescenti-cinerea, nigro fasciata, et ad 
apicem large nigra; gula, pectore, humeri parte, crissoque cine- 
reis rufo tinctis; corpore subtus pallide cervino, castaneo fa- 
sciato; rostro pallide plumbeo, tarsis favis. Long. tot. 18 unc.; 
rostri, 14; alae, 13; caudae, 8}; tarsi, 1}. Hab. in Nova Cambria 
austrab. 

Polyborus galapagoensis Gauld. (Pr. Z. S. 9). P. in- 
tense fuscus, primarlis nigris; secundariarum pogonüs internis 
albo et fusco transversim striatis; cauda cinerascenti-[usca, trans- 
versim lineis-angustis et frequentibus intense fuscis notata; rostro 
obsceure corneo; pedibus olivaceo-Havis. Long. tet. 20 unc.; ro- 
stri, 17; alae, 14}; caudae, 9; tarsi, 34. ' 

Fem. jun. Capite et corpore intense stramineis fuscoque 
variegatis; illo in pectore et abdemine praevalente; primariis 
fusco-nigris; caudae rectricum pogoniis externis eineraseenti-fu- 
scis, internis pallide-rosaceis; utrisque lineis angustis et frequen- 
tibus fuseis transversim striätis, apicibus sordide albis, rostro ni- 
grescenti-fusco; pedibus olivaceo-Navis. Long: tot. 22 unc.; ro- 
stri, 13; alae, 147; caudae, 104; tarsi, 31. 

P. (Phalcobaenus) albogularis. P, fuscescenti-niger, margi- 
nibus plumarum inter scapulos fulvis; primaris secundarüsque 
albo adapicem notatis; gula, pectore, corporeque subtus albis; late- 
ribus fusco sparsis; rostro livido, cera Hava; tarsis olivaceis. Long. 
tot, 20 unc.; rostri, 15; alae, 185; caudae, 9; tarsı, 3. Santa Cruz. 

Falco brunneus Gould. (Pr. Z. S.V. p.139). F. capite 
corporeque superiore intense fuscis; primarüs intus nolis albis 
iriangularibus ornatis; cauda lineis fuscescentibus septem obscure 
et anguste 'fascialis; gula notaque ante oculos cervinis; pectore 
pallide cervino, plumis linea fusca centrali notatis; corpore sub- 
tus albo fuscoque commixtis ornato; iridibus Havis; rostro nigro; 
pedibus plumbaceis. Long. tot. 46 unc.; rostri, 44; alae, 10; 
caudae, 74; tarsi, 241. Hab. in Nova Zealandia. 

Falco melanogenys Gould. Mas. (Pr. Z. S. V. p. 139.) 
F. capite tolo fuscescenti-nigro, corpore supra, alis, caudaque 
einereo fuscoque alternatim fasciatis, primariıs extus intense fu- 
scis, inlus ceryino fascialis; ‚gula pectoreque cervinis; abdomine 
rufescenli-cinereo, gultis ovalıbus intense fuscis ornato; lateribus 
erissoque rufescenti-cinereis, fasciis intense fuscis contortim no- 
talis; rostro ad apicem plumbaceo, ad basin flavo;_cera pedibus- 
que Navis, 

Fem. A mare differt statura majore, necnon colore gulae, 
pectoris, abdominisque intensiore. Mas. Long. let. 45 unc.; ro- 
stei, 4!; alae, 113; caudae, 53; tarsı, 1}. Fem. Long, tet. 47 unc.; 
vostri,1}; alae, 134; caudae, 6! ; tarsı, 13. Hab. per tolam Australiam. 


Falco frontatus Gould, (Pr. Z. S. V. p. 139). F. fronte 


“ 
= 


375 


cinerescenti; vertice, genis, plumis auricularibus, corporeque su- 
pra cinerescenti-plumbaceis; primariis intus maculis ovalibus 
ceryinis ornatis; rectricibus caudae duabus intermediis cinereis, 
nigro obscure fasciatis, reliquis cinereo et rufescente alternatim 
fasciatis; gula, pectoreque pallide cervinis, hujus plumis in medio 
Jinea fusca notatis; corpore subtus obscure rufescenti-aurantiaco; 
rostro plumbaceo, cera pedibusque Havis. Kong: tot. 12 unc.; 
rostri, z;alae,9z ;caudae, 55; tarsi, 14. Hab.in Nova Gambria australi. 

Buteo varius Gould. (Pr. Z. S.10). B. vertice corpore- 
que supra intense fuscis, plumis fulvo marginatis yel guttatis; primariis 
secundariisque cinereis, lineis fuscis frequentibus transversim stri- 
alis, cauda cinerea, lineis anguslis et frequentibus fuscis trans- 
versim notata; singulis plumis flavescenti albo ad apicem notatis; 
gula fuliginosa;. pectore fulvo linea interrupta nigrescente 
circumdata a gula tendente; abdomine imo lateribusque stramineo 
et rufescenti-fusco variegatis; femoribus crissoque stramineis li- 
neis transversalibus anfraclis rufescenti-fusco ornatis; rostro ni- 
gro; cera tarsisque. olivaceis. Long. tot. 215 une.; alae, 16%. 
Santa Cruz. 

Buteo ventralis Gould. B. vertice corporeque intense et 
nitide-fuseis, plumis dorsalibus purpurescentibus; primarüs nigris; 
cauda fusca lineis frequentibus obscurioribus, cancellata ad api- 
cem sordide alba; gula, abdomine medio crissoque stramineo-al- 
bis; lateribus pectoris corporisque fasciaque abdominali neenon 
femoribus flavescenti-albis fusco notatis, notis in femoribus ru- 
fescentibus; tarsis per mediam partem antice plumosis, rostro ni- 
gro; cera tarsisque flavis. Long. tot. 214 unc.; alae, 153; ro- 
stri, 94; tarsi, 34. Santa Cruz. 

ilvus affinis Gould. (Pr. Z. S.V. p.140). M. plumis 
capitis, nuchae, collique laterum rufescenti-cervinis, striga cen- 
trali fusca notatis; corpore supra brunneo, tectricibus alarum 
rufescentibus, singulis plumis nigra linea centrali notatis et ad 
apicem pallide brunneis; primariis nigris, secundariis nigrescenti- 
bus; cauda fusca, nigrescenti-fasciata, et ad apicem cinerea; gula 
fuscescenti-cervina,singulis plumis linea centralı ojamn; corporesub- 
tus rufescenti-fusco, singulis plumis linea centrali fusca apud pe- 
ctorales maxime conspicua ornatis; rostro nigro; pedibus flave- 
scentibus. Lorg. tot. 21 unc,; rostri, 15; alae, 15%; ‚caudae, 104; 
tarsi, 2. Hab. in Australia. 

M. Isurus Gould. (Pr. Z. S. V. p.140). _M. fronte, line- 
aque supraoculari ceryinis; singulis plumis, apice lineaque cen- 
trali nigris notatis; vertice, dorso, lateribus colli, gutture; hume- 
ris supra et subtus, eorporeque subtus rufescenti-auranliacis; plu- 
nis singulis verlicis, occipitis, et praecipue pectoris notam longi- 
tudinalem apicalemque nigram habentibus; dorso superiore, plu- 
misque scapularibus intense fuscis; primariis ad apicem fuseis, 
nigeo obscure fasciatis, ad basin intus cerineis; secundariis in- 
tense fuscis, nigro fascialis; uropygio erissoque albis, nigro cer- 
vinoque fascialıs; cauda fere quadrata, et cerineo-fusca; rectrici- 
bus, duabis externis utrinque exceplis, obscure fasciis qualuor 
angustis nigris ornatis; omnibus ad apicem nigris; rosteo (usco; 


376 


cera, tarsisque favis. Long. tot. 20 unc.; rostri, 13; alae, 811; 
caudae, 81; tarsı, 13. Hab. in Australia. 

‚Elanus notatus Gould. (Pr. Z. S. V. p.141). 'E. oculis 
nigro anguste circumdatis; fronte, lateribus faciei corporeque sub- 
tusalbis; nucha dorso, scapularibus, teetrieibusque caudae majoribus 
delicate cinereis; alis maximis ex partibus nigris, humeris subtus 
albis; primariis supra nigrescenti-cinereis, subtus fusco-nigris; 
cauda cinerescenti-alba; rostro nigro; cera pedibusque aurantiaco- 
flavis. ‘Long. tot. unc. 14, alae, 413; caudae, 61; tarsı, 1%. Hab. 
in Nova Cambria australi. 

Circus megaspilus Gould. (Pr. Z. S. p.10). C. vertice cor- 
poreque supra intense fuscis, linea straminea a naribus supra oculos 
ad oceiput tendente; hoc rufescenti-fusco, primariis intense fuscis 
ad basin cinereis, lineis nigris cancellatis; tectrieibus caudae albis; 
reetricibus intermediis cinereis, externis cinereo-stramineis; om- 
nibus lineis lalis fuscis transversim notatis; linea ultima latissima 
apice sordide stramineo; gula et pectore stramineis, fusco sparsis; 
corpore subtus stramineo; plumis pectoris et laterum stria centrali 
fusco notatis; rostro nigro; cera tarsisque flavis. Long. tot. 21 une.; 
rostri, 13; alae, 17; caudae, 10%; tarsi, 33. America. 

Circus Jardinei Gould. Mas. €. vertice, genis, plumis- 

ue auricularibus intense castaneis, fusco longitudinaliter notatis; 

disco fasciali, nucha, dorso superiore, pectore necnon dorso imo, 
scapularibusque intense cinereis, his albo leviter notatis; hume- 
ris, alis subtus, abdomine, femoribus cerissoque castaneis, albo 
perpulchre notatis, tectricibus alarum fusco-eineraceis, irregulari- 
ter albo notatis, fasciaque lata terminali: primariis ad basın cer- 
vinis, per reliquas partes nigris; tectrieibus caudae superioribus 
fuscis, fascias albas apicemque album ostendentibus; cauda cine- 
rceo fuscoque alternatim fasciata; rostro nigro; pedibus Navis. 
Long. tot. 19 unc. alae, 16; caudae, 10; tarsı, 35. Hab. in Nova 
Cambria australi. Circus assimilis Jard. et Selb. Ill. Ornith. Vol. 4, 
tab. 51 fem.? 

Aihene erythroptera Gould. (Pr. Z. S.136). A. disco 
faciali, capite corporeque lineis fuseis et fulvescenti-albis alter- 

‚natim fasciatis; lateribus gulae, femoribus erissoque cinerescenti- 
albis; primariis secundariisque rufis et fuscis fasciis Jistinetis, 
latioribus quam corporis; cauda caryophyllacea fasciis angustis 
albis crebre notata, rostro pedibusque Havescenti-olivaceis. Long. 
tot. 9, unc.; alae, 4%; caudae, 3; tarsi, 44. Himalaya. 

Athene? fortis, Gould. (Pr. Z. S. V. p. 141). A. facie 
gulaque cinerescenti-albis; verlice, corporeque supra fuseis, pur- 
bureo tinclis; scapularibus, secundariis teetricibusque alae maJori- 
be albo guttatis; primariis alternatim fusco griseoque fasciatis; 
fasciis pallidis ad marginem externum albescentibus; cauda fusca 
lineis sex vel septem cinerescentibus Lransversim fasciatis, apıce 
cinerescente,; corpore subtus brunneo alboque marmorato, hoc: 
colore marginem plumarum ornante; tarsis ad digitos vestitis, 
fusco cervinoque marmoratis; rostro flavescenti-corneo; digitis 
longis, flavis, pilisque teelis. Long. tot. 45; unc.; alae, 414; cau- 
dae, 74; tarsı, 43. Hab. in Nova Cambria australi. 


377 


Athene? strenua Gould. (Pr. Z, S..V. p. 142). A. vertice, 
corpore supra, alis, caudaque intense fuscis, fasciis purpurescenti- 
brunneis transversim ornatis; his majoribus pallidioribusque ad 
imum dorsum; secundariis, rectrieibusque caudae ad marginem 
internum, facie, gula, pectoreque superiore badiis, plumis par- 
tium harum nota brunnea centrali ornatis; corpore subtus .albo, 
leviter badio lavato, et fusco fasciato; rostro corneo ad basin, 
ad apicem nigro; pedibus flavis. Long. tot. 24 unc.; rostri, 2; 
alae, 15; Ba 404; tarsiı, 2}. Hab. in Nova Cambria australi. 

Otus (Brachyotus) galapagoensis Gould, (Pr. Z. S. p.10). 
O.fascia. circa oculos fuliginosa; striga superciliari plumis nares 
tangentibus et circa angulum oris, gula et disci fascialis, margine 
albis; vertice corporeque supra inlense stramineo fuscoque varie- 

atis; primariis intense fuseis ad apicem, stramineo fasciatis ad 
asin; corpore subtus stramineo notis. irregularibus fasciisque 
fuscis ornato; femoribus tarsisque plumosis rufescenti-stramineis; 
rostro et unguibus nigris. Long. tot. 13}; rostri, 1; alae, 11; 
caudae, 6; tarsi, 2. Ins. Galapagos. 


II. Insessores. 


4. Canori v. Passerini. 


Thamnophilus fuliginosus Gould. (Pr. Z. S. 80). T.Mas. 
Capite, crista, genis, gutture et pectore nigerrimis., Dorso, alis, 
corpore subtus, caudaque cinerescenti-fuliginosis, hujus pogoniis 
internis lineis angustis transversis albis fasciatis; rostro pedibus- 
que nigris. 

Fem. Summo capite, dorso alisque castaneo-fuscis; loro, 
linea super oculos, plumis auricularibus, colli lateribus, guiture, 
corpore subtus et cauda intense cineraceo-coeruleis; plumis sin- 
gulis lineis cinerescenti-albis fasciatis; pogoniis internis rectricum 
albis lineis fasciatis; rostro pedibusque nigro-brunneis. Long: tot. 
74 unc.; rostri, 14; alae, 33; caudae, 3; tarsi, 14. Hab. Demerara. 

Falcuneulus leucogaster Gould.(Pr. Z. S. 144). F. fronte 
alba, erista oceipitali nigra; genis albis linea nigra notatis ad 
nucham extendente; dorso, humeris, teetricibusque caudae et,uro- 
pygio olivaceo-Havis; primariis secundariisque brunneis, olivaceo 
marginatis; rectricibus caudae duabus: externis albis, duabus in- 
termedis olivaceis, reliquis brunneis, olivaceo-marginatis; gula 
olivaceo-viridi; pectore tectricibusque caudae inferioribus nilide 
sulphureo-Hlavis; abdomine femoribusque albis; rostro nigro; pe- 
dibus plumbaceis. Long. tot. unc. 6; rostri, 3; alae, 33; cau- 
dae, 2%; tarsi, 3. Hab. ın Australia. 

F. flavigulus Gould. ib. F. loro albo; verlice et striga 
ab oculo usque ad latus colli nigrescenti-brunneis, supra infraque 
strigis albis; dorso, tectricibusque superioribus caudae viride- 
scenti-albis, gula olivaceo-viridi; alis fuscis, pallide brunneo mar- 

inatis; cauda fusca, rectricibus tribus utrinqgue plus minusve al- 
onotatis; mento macula alba; gula, pectore, abdomine, tectrici- 
busque inferioribus caudae nitide llavis; rostro pedibusque cyanco- 


378 j 


nigris. Long. tot. unc. 53; alae, 3%; caudae, 27; tarsi, 3. Hab. 
in ‘Australia. r 

Oreoica Gould. Gen. 'nov. incert. sed. (Pr. Z. $. 151). 
Rostrum capite brevius, robustum, lateribus compressis, ad äpi- 
cem emargınatum; maxilla inferior, superiorem in robore fere 
aequans; nares basales, rotundatae, tenuibus, brevibus, capillaribus 
plumis (paucis elongatis intermiktis) fere tectae; alae subelonga- 
tae, remige imo brevi, 3tio ne tertiariis perlongis, pri- 
marias fere aequantibus; cauda brevis et subehtkndate: tarsı sub- 
longi et robusti, postice integri, ‚antice scutellis duris muniti; 
pedes ambulatorii; digiti perbreves, posticus breyissimus, externo 
subbrevior internus; ungues breyes et fere recli. Typ. Falcun- 
eulus gutturalis Vig. Horsf. 1 

Ceblepyris Aamkratrs Gould. (Pr. Z. S. V. p. 143). Mas. 
C. fronte, vertice, nucha dorsogque. nitide viridescenti-nigris; hu- 
meris, tectrieibusgue superioribus caudae; alis nigris secundarüis 
albo marginatis; dorso inferiore et uropygio cinereis; cauda ob- 
scure nigra, plumis duabus externis utrinque apieibus albis; gula, 
pectore, corporeque subtus, rostro pedibusque nigris. 

Fem. vertice, nucha dorsoque superiore brunneis; dorso 
inferiore, uropygio caudaque ut in mare; tectricibus majoribus 
minoribusque caudäe badio marginatis; secundariis mare latiori- 
bus albo marginatis; gula corporeque subtus fusco-albis; rostro 
pedibusque nigris. Long. tot. unc. 6}; rostri, 3; alae, 4; cau- 
dae, 61; tarsi, 4. Hab. in Nova Cambria australi. affınis Ceblep. 
leucomelaenae (Campephaga leucom. Vig. Horsf., Lanius Karu 
Less.), sed minor, macula scapular. maiorı. 

Graucalus parvirostris Gould. (Pr. Z. S. 143). G. fronte, 
facie, lateribus colli, gulaque nigris; vertice supra, alisque in 
medio cinereis; primaris secundariisqgue intus nigrescentibus, 
ge marginatis; cauda nigrescente, ad basin einerea, ad apicem 
arge alba, rectricibus intermediis exceptis; pectore cinereo; ab- 
domine imo, ala interna, crissoque albis; lateribus, femoribusque 

allide cinereis; rostro pedibusque nigrescenti-fuscis. Long. tot, 
2 unc.; rostri, 1%; alae, 74; caudae, 6; tartsı, 1. Hab. in Nova 
Campbria australi. j 

G. melanot‘s Gould. (Pr. Z. S. V. p.143). G.lorö, linea 
infraoculari, plumisque Auricularibus nigris; vertice, nucha, colli- 
que lateribus, dorso, uropygio, caudae tectricibus, humerisque 
pallide cinereis; primariis, secundariisque intus nigrescenti-fuscis, 
einereo marginatis; rectricibus caudae nigrescenti-fuscis, ad basin 
cinereis, ad apicem large albis; gula, pectore, lateribusque cine- 
reis, fusco fasciatis; abdomine ımo, femoribus Pe albis; 
rostro nigrescente ad apicem, ad basin rufescente; pedibus fuscis, 
Long. tot. 13 unc.; rostri, 13; alae, 74; caudae, 65; tarsi, 13. 
Hab. in Nova Cambria australı. 

Tyrannula divaricata, Bönap. (Pr. Z. 5.112). T. eri- 
stata, cinereo-olivacea, mento orbitisque albicantibus; dorso alis- 
que olivaceo-rufescentibus; alis acuminatis; remigibus 1mo et 5to 
subaequalibus; 2do, 3tio, et 4to omnium longissimis; cauda diva- 
ricata, corpore longiore; reelricibus quatuor medüs dorso conco- 


ß 


1 379 


loribus ; 'duabus 'hine inde nigricantibus, extimis duabus utrinque 
dimidiato-einereis. Rostro brevissimo nigerrimo. Long. 8; ro- 
stei $44; al. 6%; caud. 4; tars. 44%. Rinsito Mexie. — Mexico. 

Myiagra nitida Gould. (Pr. Z. S. V. p. 142). M. nigre- 
scenti-viridi, fulgore metallico; abdomine teetricibusque caudae 
inferioribus albis; rostro ad apicem nigro, hoc colore versus ba- 
sin in coeruleum, transeunte; pedibus fusco-nigris. Long. tot. 
unc. 6}: rostri, 35 alae, 3}; caudae, 34; tarsi, 5 Hab. in Nova 
Cambria australi et terra Van Diemen. 

Turdus Grayi Bonap.  T. olivaceo-fuscus, subtus Navo- 
einnamomeus, gula'tantum vix fuscescenti striata; 'teetrieibus ala- 
rum inferioribus remigumque margine interno aurantio-cinnamo- 
meis, remigum primo sextam aequante, Ato et 5to omnium lon- 
gissimis, tertiam et sextam* vix superantibus; cauda aequali, duo 
pollices ultra alas praetensa; rectrieibus submucronalis. Long. 
tot. 84; rostr. 1%; al. 44 30; caud. 3% 345 tars. 144. Guatimala. 

Turdus unicolor Gould. T. cinereus; abdomine medio 
erissoque albis; humeris subtus rufis, rostro pedibusque livido- 
fuseis. Long. tot. 9} une.; rostri, 1; alae, 34; caudae, 33; tarsi, 1}. 
Himalaya. 

Orpheus trifasciatus Gould. (Pr. Z. S. V. p. 27). O. ver- 
tiee, nucha, et dorso nigrescentibus; uropygiorufo, pallide lavato; 
alis nigrescentibus; tectrieibus notä albeseente terminali, fascias 
trestransversas faeientibus; rectrieibus caudae duabus intermediis 
e nre reliquis ad apicem pallidioribus; plumis auricula- 
ribus striga zupereiliurn, gula, et corpore subtus albis, lateribus 
notis guttisque fuscis ornatis; rostro pedibusque nigris. Long. 
tot. 105 unc.;-rostri,1%; alae,5; caudae, 55; tarsı, 1%. Galapagos. 

O. melanotus Gould. ©. vertice, nucha, dorsoque pal- 
lide fuscis; plumis capitis et dorsi ad medium colore saturatiore ; 
alis intense fuscis, singulis plumis ad marginem pallidioribus, se- 
eundariis, tectricibusque majoribus nota alba terminali, fascias 
duas transversas facientibus; caudae rectricibus nigrescenti-fuscis; 
laterum plumis nota fusca centrali, abdomine albo; rostro pedi- 
busque nigris. Long. 101,9} une.; rostri, 14; alae, 44; caudae, 44; 
tarsi, 15° Galapagos. ! 

©. parvulus Gould. ibid. ©. vertice, nucha, caudaque in- 
tense fuscis, hujus reetricibus ad apicem albo notatis; alis fuscis; 
seeundariis tectrieibuspue nota alba apicali fascias duas transver- 
sas‘ facientibus; loro plumisque auricularibus nigrescentibus, 
pula eolli lateribus, peetore, et abdomine albescentibus; plumis 
aterum notis fuseis’ per medium longitudinaliter excurrentibus. 
Long. tot. 8} unc,; rostri, 1; 'alae, 3%; caudae, 34; tärsi, 1!. — 
Galapagos. ; 

reocincla Gould. Gen. nov. (Pr. Z. S. p. 145). Ro- 

strum capitis longitudinem aequans vel superans, subincurvatum, 
lateraliter compressum, imandibula superiore apice prominente, 
denticula ab apice longe amota, gonide acuto; rictus setis pau- 

. eis brevibus instruetus; alae mediocres, rigidae, remige Ialpeı 
vissimo, 4to et 5t0 fere aequalibus et longissimis, canda subbre- 
vis, quadrata, plamis rigidis; tärsi mediocres, squamis integris; 


380 & 


digiti graciles, posticus praecipue, digitis Jateralibus fere aequa- 
libus, interao breviore; plumae sericeae. : Typi sunt, Oreocincla 
Novae Holiandiae et ‘Turdus varius, Horsf. \ 

OÖ. macrorhyncha Gould. O. summo capite, corpore 
supra olivaceo-brunneis, eins plumis nigro ad apicem leviter 
marginatis; ‚cauda alisque olivaceo-brunneis; secundariis badio 
leviter marginatis; rectricibus duabus externis utrinque ad apicem 
albis; gula corporeque subtus cervino-albis, singulis plumis, ma- 
culis nıgris lanceolatis ad apicem nptatis; rostro alaque spuriosa 
ad apicem nigrescenti-brunneis; pedibus pallide brunneis. Long. 
tot. unc. 104; rostri, 13; alae, 54; caudae 44;.tarsi,14. Hab: ım 
Nova Zealandia. 

OÖ. parvirostris Gould. ° O. capite, nucha, pectore, 
lateribus _corporeque supra, olivaceo-fuscis;  singulis plumis 
versus apicem nitide cervino lavatis, etnigro-fusco Tate margina- 
tis; primarlis obscure fuscis, PaBonäia externis nitide cervino mar- 
ginalis, pogoniis internis ad bases cervino-albis;. teetrieibus ma- 
joribus alarum 'obscure ceryinis; ala spuriosa ‚eodem colore ex- 
terne marginata; cauda fusca margine subfusco, apiceque cine- 
rescenti-albo; gula, abdomine medio, uropygio, crissoque albis; 
rostro pedibusque corneo-fuscis. Long. tot. 40 unc.; rostri, 1; 
alae, 54; caudae, 4; tarsi, 14... Himalaya. — Affinis: O. variae et 
©. Whitei, differt statura minore rostroque' perparvo. 

Eopsaltria parvula Gould. (Pr. Z. S. V. p.144). E.ver- 
tice auricularibus, nucha dorsoque cinereis; gula. pectoreque in- 
feriore ‚griseis; uropygio olivaceo; alis brunneis; cauda brunnea, 
rectrieibus apicibus griseis; pectore corporeque subtus.nitide Ha- 
vis; rostro, nigro; pedibus brunneis. Long. tot, une. 54; rostri,5; 
alae, 3; caudae, 2%; tarsi, 4. Hab. in Nova Gambria australi. 

E. griseo-gularis Gould. ib. Verlice, auricularibus, nu- 
cha dorsoque griseis; gula pectoreque cinerescenti-albis; abdo- 
mine, uropygio, tectricibusque ‚superioribus et inferioribus: cau- 
dae »nitide Havis; alis caudaque fuseis; cauda ad extremum api- 
cem alba; rostro. pedibusque nigrescenti-brumneis. Long. tot. 
unc. 6; rostri, 3; alae, 3}; caudae, 25; tarsi, 4. Hab.in Austra- 
lia apud flumen Cygnorum. 

Sericulus magnirostris Gould. (Pr. Z. S. 145). S.£ronte, 
gula, lateribus, _corporeque subtus griseis, singulis plumis brun- 
neo marginatis; macula occipitali nigra et.quadrata; linea nigra 
irreguları in gutture centrali; nucha, dorso, ‚scapulisque cinere- 
scenti-albis, margine brunneo circumdatis;.alis, uropygio, cauda- 
que ‚olivaceo-brunneis; rostro pedibusque nigris. - Long. tot. 
unc. 414; rostri, 4}; alae, 53; caudae, 4%; tarsı, 14. Hab. in terra 
Van Diemen? 

Petroica modesta Gould. (Pr.Z.S.V.p. 147). P. summio ca- 

ite,corpore supra,alis caudaque rufo-bronneis; gula alba, brunneo 
u pectore et abdomine ‚centrali coccineo layatis;, abdomine 
inferiori, crissoque albis; lateribus brunneis; rostro. nigrescenti-, 
brunneo; pedibus flavescenti-brunneis. Long. tot, 5 unc.; rostri, 35, 
al.25; caud.2;tars.$ Hab.in Nova Hollandia apud oram orientalem. 

Sylvicola decurtata Bonap. (Pr. Z.,8.118). S. laete 


381 


viridis, subtus, cum tectricibus alarum, albo-virescens; capite col- 
loque supra plumbeis, subtus albis; alis majusculis; remigibus 
subfuscis, supra externe viridi-marginatis, subtus interne albo-lim- 
batis. Primo dimidium, secundo aequalis duodecimi, 3, 4, 5, 6toque 
omnium longissimis. Cauda parva, angusta, aequali, rectrieibus 
virescentibus. Long. 4; rosiri, 74; alae, 2%; caudae, 14 34; 
tarsi, 7/4. -Guatimala. 

Dasyornis? brunneus Gould. (Pr. Z. S. V. p. 150). 
D. summo capite, corpore supra, alis, lateribus caudaque flavo- 
brunneis; ‘gutture, lateribus faciei et abdomine medio fusco- 
albis; rostro ad apicem obscure fusco, ad basin pallidiore; pe- 
dibus brunneis. Long.tot. unc.53; rostri, $; alae,24; caudae, 3; 
tarsi, 3. Hab. in Australia. 

ysticola ruficeps Gould. (Pr. Z. S. V. p.150). 'C. summo 
capite, nucha, pectore, lateribus, femoribus uropygioque delicate 
- cervinis, hoc colore in fronte et uropygio praevalente; dorso 
superiore, secundariis caudaque  obscure Erg singulis 
plumis marginibus badiis eircumdatis; gutture et abdomine cen- 
trali albis; rostro brunneo; pedibus flavo-brunneis. Long. tot. 
une. 4; rostri, 4; alae, 1%; caudae, 43; tarsi, 4 Hab. in Nova 
Cambria australi. * 2 

Cinclidia Gould. Genus novum. (Pr. Z. S. 137). Rostrum 
caput longitudine aequans, leyiter arcuatum, ad apicem emargi- 
natum, ad latera compressum; nares basales, laterales, in fossa 
tribus vel qualuor setis ad 'basem instructa; alae 'brevissimae, 
concayae, rotundatae: remigibus '6to et 7mo longioribus; cauda 
mediocris, rotundata; tarsi majusculi; pedes elongati; digito po- 
stico, medio longiore; digitis lateralibus aequalibus et fere usque 
ad articulum prımum conjunctis. 

C. punctata. C. summo capite et nucha rufis, singulis 
plumis stemmatibus albicantibus; loro, plumis Ar 
cervino-albis ad apices nigris; auricularibus, lateribus colli, cor- 
pore supra,.alis caudaque rufo-fuscis; pectore corporeque subtus 
cervinis, singulis plumis macula fusca apicem versus longitudina- 
liter notalis; rostro pedibusque pallide fuscis. Long, tot. 67 unc.; 
rostri, 4; alae, 2%; caudae, 3; tarsiı, 4. — Himalaya. 

Psilopus. Gen. 'noy. Sylviadarum. Rostrum capite bre- 
vius, tumidum ad apicem dentatum, tomiis rectis; nares basales, 
laterales, ovales; rictus setis paucis gracilibus obsitus; alae me- 
diocres, remige primo fere spurio, secundo elongato, tertio, 
quarto, quintoque longissimis et inter se aequalibus; cauda bre- 
vis et aequalis; tarsi laeves, graciles, mediocres; digiti perbreves 
et debiles, externi utringue aequales et intermedio adjuncli fere 
ad articulum primum; ungues incuryi. Typus: Psilopus albo- 
gularis. 

Ps. brevirostris Gould, (Pr. Z. S.147). P. rostro per- 
'brevi, pallide fusco; striga supereiliari flavescente; vertice fu- 
‚scescenti-einereo; nucha olivacea; dorso, uropygio tecetricibusque 
‚caudae olivaceis; plumis aurieularibus genisque pällide rufo- 
"brunneis; gula pectoreque albis, olivaceo layatis, strigisque fu- 
scis longitudinalibus leviter ornatis; abdomine pallide citrino; 

V, Jahrg. 1 Band, 25 


352 


‚rectricibus caudae intermediis duabus faseis; reliquisad basin fu- 
seis dein nigrescenti-faseialis, et interne albo notatis, apieibus 
pallide fuseis; pedidus nigreseentibus, Long. tot. 3, une.; ro- 
stri, $; alae, 2; caudae, 14; tarsi, 4. Hab. in Nova Cambria 
australi. 

P. fuscus Gould. ib. P. vertice corporeque toto superne 
saturate fuscis, leviter olivaceo tinctis; rectricibus caudae duabus 
intermediis fuscis; reliquis ad basin albis, dein nigrescenti-fusco 
late fasciatis, exinde albo notatis, apieibus pallide fuseis; gula, 
pectoreque cinereis; abdomine erissoque albıs; rostro pedıbus- 

ue intense fuseis. Long. tot. 3% unc.; rostri, 2; alae, 24; cau- 
ae, 43; tarsi, 3. Hab. ın Australia. 

P. olivaceus Gould. ib. P. striga superciliari a basi mandi- 
bulae flava; vertice corporeque supra olivaceis; alis fuseis, plu- 
mis extus olivaceo-marginatis; rectricibus caudae duabus_ inter- 
mediis fuscis; reliquis ad basin fuseis, dein albo, nigreseenti-fusco, 
iterumque albo fasciatis, apieibus fuscis; rostro pedibusque fuseis. 
Long. tot. 4} unc.; rostri, 4; alae, 25; caudae, 13; tarsı, $. Hab. 
in Nova Cambria australi. 

P. albogularis Gould. ib. P. vertice, plumis auricula- 
ribus 'corporeque supra olivaceo-fuseis; gula alba; pectore cor- 

oreque subtus laete citrinis; rectricibus caudae duabusinterme- 

Kiis uscis, reliquis ad basin fuscis, albo, dein late nigrescenti- 
fusco fasciatis, et interne ad apicem cervinis; rostro pedibusque 
intense fuscis. Long. tot.4! unc.; rostri, 5; alae, 2}; caudae, 14; 
tarsı, 3. Hab. in Nova Cambria australi. 

Calamanthus Gould. Gen. nov. (Pr. Z. S. V. p. 150). 
Rostrum capite brevius, ad basin tumidum versus apicem latera- 
liter compressum, culmine prominente 'et acuto; nares laterales, 
magnae, ovales et operculo tectae; rietus sine setis; alae breves, 
rotundatae, remige 4to longissimo, 3to, 5to, 6to et 7mo inter 
se aequalibus; cauda perbrevis et rotunda; tarsi mediocres, scu- 
tellis ındistinctis antice instructi; hallux subelongatus, ungue elon- 

ato munitus; digiti laterales inaequales, externus brevior. Typ. 
thus fuliginosus Vig. Horsf. N 

Cincloramphus Gould. Gen. nov. (Pr. Z. S. V. p.150). 
Rostrum Earl culmen leviter arcuatum, apice emar- 
ginalo; commissura ad basin subangulata, incurvata per reliquam 
totam longitudinem; nares laterales, ovales, alae mediocres, ri- 
gidae; remige 4mo longo, 2do et 3tio longissimis; cauda sub- 
parva, cuneiformis; tarsı robusti antice scutellati; digiti elongati, 
robusti, raecipue posticus, qui ad basin tarsi est articulatus. 
Typus: Megalurus cruralis. Vig. Horsf. 

Origma Gould. Gen. nov. (Pr. Z. S.1448). Rostrum, ca- 
put quoa Een fere aequans, incurvatum, carinatum, ad 
apicem denticulatum; nares ovales, laterales, basales operculoque 
fere tectae; alae mediocres, remige 4mo brevissimo, ab, 5to, 6to 
7moque Seren et inter se fere aequalibus; cauda mediocris 
et subrotundata; tarsi mediocres, digiti breves, interno Ion sion 


externns. Typus: Saxicola solitaria Horsf. Vig. Bock- Warbler 
Lewin tab. XVI. E 


383 


Pomatorhinus leucogaster Gould. (Pr. Z.S. V. p.137). 
P. striga alba super oculari, arostro per collum exeurrente ; loro, 
linea ınfra oculari auricularibusque nigris; summo capite, cor- 
pore supra, alis crissoque olivaceo-fuscis; cauda fusca; lateribus 
colli, pectoris, corporisque nitide rufis; gula, pectore, abdomine- 
que medio albis; rostro Havo;. pedibus plumbaceis. Long. tot. 
9 unc.; rostri, 14; alae, 35; caudae, 4; tarsi, 14. — Himalaya. 

Malurus longicaudus Gould. Mas. M. summo capite, 
striga infra aures, dorsoque anteriore obscure cyaneis; 'nucha, 
scapulis, dorso uropygioque obscure nigris; guiture pectoreque 
azureo-nigris; corpore infra cinerescenti-albo, lateribus brunne- 
scentibus; rectricibus caudae obscure cyaneis, pallidioribus apici- 
bus; rostro nigro; tarsis brunneis. 

Fem. Corpore supra, alis caudaque rufo leviter tinctis; 
linea in fronte et super oculos, rostro pedibusque rufescenti- 
fuscis. Long. tot, unc. 5; rostri, $; alae, 2; caudae, 24 ; tarsi, 1. 
Hab. in terra Van Diemen. 

Pachycephala xanthoprocta Gould. (Pr. Z. S. V. 
p-149). P. vertice, corporeque supra olivaceis, hoc colore ad 
erissum, et ad marginem remigum alae, rectricumque caudae 
laetiore; abdomine pallide fusco; crisso flavo; rostro ad apicem 

igro, ad basin brunneo; pedibus fuseis. Long. tot. 6 unc.; ro- 
stri, 3; alae, 33; caudae, 3; tarsi, 2. Hab. in Novae Cambriae 
australis ora orientali. 

P. longirostris Gould. ib. P. verlice, corpore superiore 
alisque olivaceis, primariis, secundariis, tectrieibus rectricibusque 
caudae ad marginem nitide olivaceo-aureis; gula pectoreque pal- 
lide einerescenti-fuseis; crisso favo; rostro nigrescenti fusco; pe- 
dibus brunneis. Long. tot. 7 unc.; rostri,3; alae, 4; caudae, 34; 
tarsi, 1. Hab. inNovae Cambriae australis ora orientali. 

Scolopacinus Bonap. Acontistes Sundev. (Pr. Z. S. 119). 
Rostrum longissimum, basi trigonum, gracile, rectissimum; man- 
dibulis ehe superiore apice extimo subcurvato, subhianti- 
bus: nares fossa majuscula, membranula fere omnino clausae. 
Pedes elongati; tarso digito medio sesquilongiore: digiti omnes 
a basi fissi, valde inaequales, postico validiore, ungue robusto 
valde arcuato. Alae maxime rotundatae; remigibus imo, 2do, 

 3tio sensim longioribus; 4to caeteris vix longiore, omnibus latis. 
 Cauda breviuscula, valde gradata. 

$. rufiventris B. Sc. brunneo-olivaceus; genis et subtus 
aurantio-cinnamomeis; gula alba inferne striis nigris; remigibus fu- 
scis; cauda nigra, rectrice extima macula transversali, 2nda macula 
interna apicali,terlia apice tantum albis. Rostrum fuscum subtus basi 
album. Long. 46; alae, 2“; caudae, 1. 6“; tarsi, 10. Guatimala. 

Acanthiza magnirostra Gould. (Pr. Z. S. 146). A. ver- 
tice, corpore superiore, alis caudaque olivaceo-fuscis; hac, fron- 
teque rufescentibus; gula pectoreque cinereis; lateribus olivaceis; 
rosiro nigro; pedibus brunneis. Long. tot. 44 unc.; rostri, °;' 
e, 2}; caudae, 44; tarsi, j-. Hab in Nova Cambria australi. 

A. uropygialis Gould, ib. A. capite, corpore supra alis- 

que fuscis, leviter olivaceo lavatis; uropygio tectricibusque caudae 
5% 


“N 


384 


laete castaneis; cauda nigrescenti-fusca, late ad apicem albo-no- 
tata; gula, peetore abdomineque medio griseis; lateribus erisso- 
que pallide cervinis; rostro pedibusque nıgris. Fan tot. 33 unc.; 
rostri, 4; alae, 2; caudae, 1%; tarsı, 3. Hab. in Nova CGambria 
australi. 

A. diemenensis Gould. ib. A. fronte rüfo-brunneo, notis 
semilunaribus cervinis, fusco que adspersis, corpore superiore alisque 
intense olivaceo-fuscis; tectricibus caudae fuscis, castaneo lavatis; 
rectrieibus olivaceis, nigrescenti-fusco fasciatis; genis, gula, pe- 
ctoreque einereis, irregulariter fusco adspersis; abdomine, erisso- 
que cinerescenti-albis rufo tinctis, hoc colore in crisso lateribus- 
que praevalente; rostro pedibusque pallide brunneis. Long. tot. 
4 unc.; rostri, 15; alae, 24; caudae, 2; tarsı,3. Hab. in terra Van 
Diemen. 

A. lineata Gould. ib. A. vertice fusco-olivaceo, albo de- 
licate striato; dorso, alis caudaque olivaceis; hae apicem versus 
nigrescente fasciata, ad apicem cinerescente-fusea; gula, pectore- 
que ceinereis, olivaceo lavatis et irregulariter fusco guttatis; ro- 
stro pedibusque fuscis. Long. tot, 3? unce.; rostri, 3; alae, 2; 
caudae, 13; tarsi, 5. Hab. in Nova Cambria australi. 

Sericornis Gould. (Pr. Z. S.133). Kostrum robustum, 
rectum, caputque quoad longitudinem fere aequans, apice com- 
pressum, indentatum. Nares basales, laterales, ovales, et oper- 
culo tectae. Alae mediocres, rotundatae; remige primo perbrevi, 

arto, quinto sextoque longissimis et inter se fere aequalibus. 
Gans mediocris et aequalis. Tarsi elongati, digitus posticus 
cum ungue validus, digitum intermedium fere aequans- digitis 
externis aequalibus, Plumae molles et sericeae, Typus: Acan- 
thiza frontalis Vig. et Horsf. 

S. humilis Could. S. loro nigrescenti-fusco, et super hoc 
striga indistineta alba; verlice, corpore supra, alis caudaque oli- 
vaceis, rubro lavatis; ala spuria nigrescente; plumis singulis albo 
marginatis; gula cinerea fusco guttata; pectore abdomineque me- 
dio, fuscescenti-Navis, illo fusco indistinete guttato; lateribus ca- 
staneis; rostro nigrescente; pedibus fuscis. Long. tot. 5 unc.; 
rostri, 7; alae, 25; caudae, 2%; tarsi,1. Hab. Terra.Van Diemen. 

S. citreogularis Gould. Mas. S. loro, annulo circumo- 
culari plumisque auricularibus intense nigrescenti-fuscis; linea 
flavescente a naribus super oculos excurrente; vertice, corpore- 
que supra, rectrieibus secundarüsque alarum, caudaque rufo- 
brunneis; primariis ad marginem externum olivaceis; ala spuria 
nigrescente; gula citrina; pectore lateribusque olivaceo-fuscis; ab- 
domine medio albo; rostro nigro; pedibus brunneis. Long. tot. 
54 unc.; rostri, 4; alae, 23; caudae, 2%; tarsi, 13. Hab. Nova 
Cambria australi. 

S. parvulus Gould. (Pr. Z. S. 134). S.loro pallide fusco, 
et super hoc striga cinerea; vertice, corpore supra, alis caudaque 
olivaceo-fuscis, rubro lavatis; aia spuria nigrescente, plumis sın- 
gulis albo marginatis,; pectore Nhdomineee medio citrinis, la- 
teribus olivaceo-fuscis; rostro nigrescente; pedibus luteis. Long. 


385 


tot. 4 unc,; rostei, 4; alae, 13; caudae, 13; larsi, {. Hab in ora 
orientali Novae Hollandiae. 

Ephthianura Gould. Gen. noy. (Pr.Z. S.148). Rosirum ca- 
pite brevius, fere rectum, lateraliter compressum, ad apicem in- 
dentatum; nares basales, lineares, membrana tectae; alae elon- 
galae, remige imo spurioso, 2do longo, 3to et 4to longissimis 
et inter se aequalibus; tertiariis longis; cauda brevis et iruncata; 
tarsi integri, mediocres, graciles; digiti graciles, possicus cum 
ungue medio brevior; digılus internus externo brevior. Typus: 
Acanthiza albifrons Jard. et Selb. 

E. aurifrons. E. capitef tectricibus superioribus caudae, 
lateribus nuchae, pectore corporeque nitide aurantiacis, hoc co- 
lore in fronte et centrali abdomine praeyalente; dorso olivaceo; 
alis brunneis olivaceo marginatis; cauda obscure fusca, singulis 
rectricibus, duabus intermediis exceplis, ad apicem interne albo 
maculalis; mento et gula centrali nigris; rostro nigro; pedibus 
brunneis. Long. tot. unc. 4; rostri, 3; alae,25; caudae, 13; tarsı, 3. 
Hab. in Nova Cambria australi. 

Acanthorhynchus Gould. (Pr. Z. 5.24). Rostrum elon- 
gatum, gracile et acutum, adlatera compressum; tomiis incurva- 
ts; culmine acuto et elevato. Nares basales elongatae et oper- 
eulo tectae. Lingua ut in Gen, Meliphaga. Alae medioeres et 
sub-rotundatae, remigibus primis et quintis fere aequalibus; ter- 
is et quarlis intense aequalibus et longissimis. Cauda medio- 
eris, et paululum furcata. Tarsi elongati, forles, halluce digito 
medio longiore et robustiore; digito externo medium superante. 
Ungues curyati. Typus: Certhia tenuirostris auct. 

A. supereiliosus. A. summo capite, corpore superiore, 
alis caudaeque_ rectrieibus sex intermediis cinerascenli-fuscis, 
reetricibus reliquis nigris albo ample terminatis; loro. plumisque 
auricularibus nigrescenti-fuseis; gulture summo, genis lineaque 
supereciliari albis; gutiure colloque nitide et Hallide castaneisz 
illius colore vitta alba in/ra eircumdato, cui vitta nigra accedit; 
abdomine erissoque pallide cinerascenti-fuscis; rostro pedibusque 
nigris. Long. tot. 5; unc.; rostri, 13; alae, 2}; caudae, 2}; tarsı, 3. 
Hab. in terra Van Diemen, 

A. dubius. A. summo capite intense cinerascenli-viridi; 
loro, plumis aurieularibus, lunula in utroque pectoris lalere, re- 
etricibusque caudae sex intermediis nigrescenli-fuscis, rectrieibus 
reliquis nigris ad apicem albis; nucha obscure rufa, secundarüs, 
teetrieibus alae majoribus et uropygio cinereis; gula peetoreque 
cinerescenti-albis, illa rufo tincla; abdomine erissoque nitide at 
pallide castaneis; rostro pedibusque nigris. Long. tot. 5} unc.; 
rostri, 1; alae, 25; caudae, 24; tarsi, i. 

Acanthogenys Gould. Genus novum. Rostrum caput 
aequans, compressum, leviter arcuatum, ad apicem acntum nari- 
bus subbasalibus, mandibulae superioris tomiis ad apicem inden- 
tatis, ei delicate serratis; plaga nuda a basi mandibulae infra 
oculos excurrente; genis inlra plagam spinis subrigidis teetis; 
alae mediocres; remige primo brevissimo, tertio, quarto et quinto 
aequalibus ceterosque excellentibus; cauda mediocris subaequalis; 


386 


edes validi; digito postico forti, digitumque intermedium excel- 
ente; externo ad intermedium basalıter adjuncto; unguibus incur- 
vatis., Anthochaerae generi proximum, differt cauda aequali, 
plaga faciali nuda genisque spinosis. 

A. rufogularıs (Pr. Z. 8.153). A. capite superiore dorso 
alisque fuscis, plumis ad marginem pallidioribus; uropygio, ‚te- 
etricibusque caudae albis, in medio fusco tinctis; striga post ocu- 
los, et ad latera colli nigrescente; super strigam lateralem colli, 
linea albescente, fusco adspersa; setis genarum albis, et infra 
ad basin mandibulae inferioris linea plumarum, albo nigroque 
fasciatarum; gula pectoreque sumino pallide rufis; corpore sub- 
tus sordide albe, plumis fusco notatis; cauda nigrescenti-fusca, 
apice albo; plaga fasciali nuda, rostroque basi aurantiacis; rostri 
apice pedibusque nigris. we tot. 9% unc.; rostri, 14; alae, 43; 
caudae, 44; tarsi, 1. Hab. in Nova Cambria australi. 

Anthochaera lunulata Gould. (Pr. Z. S. V. p. 153). 
A. summo capite, nucha dorsoque anteriore olivaceo-brunneis; 
dorso inferiore uropygioque olivaceo-brunneis, singulis plumis, 
stemmatibus albis; tectricibus superioribus caudae olıvaceo-brun- 
neis, ad apices albis; primariis brunneis; secundariis tertiariisque 
brunneis, einereo marginatis; rectrieibus caudae intermediis dua- 
bus, cinereo-fuseis; Bell obscure fuscis, apieibus ‚albis; plumis 
nuchae lateralibus, elongatis, acutis, einereis; gula et nucha an- 
teriore, pectore corporeque infra cinereo-brunneis; macula obli- 
qua nivea adlatera; rostro nigrescenti-fusco; pedibus rufo-brun- 
neis. Long. tot. unc. 12; rostri, 1%; caudae, 63; alae, 54; tarsi, 17. 
Hab. in Australia, apud Flumen Cygnorum. 

Glyciphila? ocularis Gould. G. summo capite, corpore 
supra, alis caudaque obscure olivaceo-brunneis, hoc colore ad 
uropygium etrectrices caudales in luteum transeunte; pone oculos 
plumis paucis parvis nitide brunneo-Havis; gula pectoreque cine- 
reo-fuscis; abdomine crissoque olivaceo-cinereis; rostro pedibus- 
que nigro-brunneis. Long. tot. unc. 5}; rostri, 4; alae, 24; cau- 
dae, 21; tarsi, 3. Hab. in terra Van Diemen. 

Meliphaga sericeola Gould. (Pr. Z. S. V. p. 152). 
M. summo capite, loro, orbitis guttureque nigris; fascıa indi- 
stineta super oculos et in fronte alba; genis, plumis capillaribus 
albis; nucha, dorso, uropygio, nigro-fuscis, singulis plumis brun- 
nescenti-albo marginatis; hoc colore ad nucham praevalente; alis 
caudaque nigro-fuscis; primariis, secundariis Havis; rectricibus ad 
rg basales fHavo-marginatis et ad apices cinereo-albis, dua- 

us intermediis exceptis; pectore corporeque subtus albis, Re x 
lis plumis, lineis centralibus fusco-nigris; rostro nigro; pedi us 
obscure brunneis. Long. tot. unc. 51; rostri, 7; alae, 23; cau- 
dae, 2%; tarsi, 3. Hab. in Australia. M. sericeae affınis at 
minor. 

M. inornata Gould. ib. M. summo capite, corpore supra, 
alis caudaque obscure olivaceo-brunneis; primariis, secundariis et 
rectricibus caudae, duabus intermediis exceptis, ad bases flavo 
marginatis; gutlure pectoreque superiore brunneis; abdomine 
centrali brunnescenti-albo; lateribus brunneis; rostro pedibusque 


BA 


387 


brunneo-nigris. Long. tot. unc. 54; rostri, 5; alae, 2}; caudae, 24; 
tarsi, {. Hab. in terra Van Diemen. 

Symmorphus Gould. (Pr. Z. S. 145.) incertae sedis. 
Rostrum subbreve, tumidum; mandibula superiore ad apicem le- 
viter emarginata; culmine commissuraque subarcuatis ; nares ba- 
sales, ovales et plumis frontalibus fere oceultatae; alae medio- 
cres, remige 1mo breviore, 2do per dimidium; 3tio, 4to et 5to 
longissimis et inter se fere aequalibus; cauda mediocris, rectrice 
externa utrinque per partem quartam caeteris breviore; tarsi et 
pedes mediocres, ılli antice scutellati; digito postico cum ungue, 
medio breviore; digitis lateralibus inaequalibus, interno brevissimo. 

S. leucopygus Gould. S.loro nigrescenti-brunneo; linea 
supra-oculari cervino-alba; summo capite, nucha dorsoque in- 
tense rufo-fuscis; humeris, tectrieibus majoribus alarum ad api- 
ces, uropygio, gula corporeque subtus albis, badio pallide lava- 
tis; primarıis secundariisque nigrescenti-brunneis, badio obscure 
marginatis; rectrieibus caudae quatuor mediis brunneis, ad apices 
cinerescenti-albis, tribus externis utrinque ad basin per dimidiam 
partem brunneis, per reliquam partem albis; rostro pedibusque 
nigris. Long. tot. une. 74; rostri, 4; alae, 3}; caudae, 33; tarsi, 1. 
Hab. in Nova Cambria australi. 

Spiza versicolor Bonap. S. violaceo-cyanea purpureoque 
varia: uropygio cyaneo: capistro nigro: alis caudaque fuscis. 
Temascallepec. 

Jeterus Parisorum Bonap. (Pr. Z. S.110). J. niger, 
tergo, abdomine, tectricibus minoribus alarum, rectricibusque la- 
teralibus a basi ad medium Havo-olivaceis; tectricibus alarum majo- 
ribus remigibusque secundarüisapice albis. Calandria Mexic. Mexico. 

ArTA rafikasfer Gould. (Pr. Z. S. V. p. 80). 
D. facie, summo capite, plumis auricularibus, gutture peetoreque 
branneis, hoc colore gradatim in rulo-brunneum transeunte apud 
abdomen; lateribus crissoque nilide castaneis; occipite et nucha 
einerescenti-albis, dorso rufo-brunneo;, uropygio tectrieibusque 
caudae superioribus cinerescentibus; rectricibus caudae duabus 
intermedüs nigrescenli-griseis, ad apicem nigris, utrisque proxi- 
mis nigris, ad basin nigrescenti-griseis; rectrieibus caeteris nigris; 
alis nigerrimis, primariis omnibus adi basin (externis exceptis) 
albis, qui color uotam conspicuam in alis mediis effhcit; femori- 
bus griseis; rostro nigro; pedibus brunneis. Long. tot. 163 unc.; 
rostri, 14; alae, 7; caudae, 114; tarsi, 14. Hab. India. 

- Corvus nobilis Gould. (Pr. Z. S.79). C. corpore toto 
nitide nigro, non sine fulgore purpureo ac viridi praecipue ad 
alas ac scapulas, necnon ad gulam pectusque, ubi plumae sunt 
elongatae et lanceolatae; cauda lata et gradata; rostro pedibus- 
que nigris. Long. tot. 25 unc.; rostri, 34; alae, 18; caudae, 11; 
tarsi, 3. Hab. Mexico. 

Entomophila Gould. (Pr. Z. S.154)._ Rostrum fere ca- 
pitis longitudinem aequans, ad basin latiusculem, dein compres- 
sum, et adapicem acutum; mandibulae superioris tomiis arcuatis, 
et apicem versus leviter indentatis; nares basales, ovales, in 
membrana positae, et operculo tectae; alae longiusculae; remige 


388 


primo spurio, secundo tertium fere 'aequante, hoc longissimo; 
cauda brevis, subquadrata; tarsı breves, et subdebiles; digito po- 
steriore brevi, forti; digitis externis haud aequalibus, interno paulu- 
lum breviore. 

E. picta Mas. E. capite, genis corporeque supra nigris; 
plumis auricularibus postice albo fimbriatis; alis nigris, primarüis 
secundarüsque extus nitide flavis; caudae reetricibus nigeis, extus 
flavo marginatis, omnibusque (duabus internis exceptis) plus 
minusve extus albo ad apicem notatis; gula corporeque subtus 
albis, hoc ad latera notis subfuseis longitudinalibus sparse ornato; 
rostro flavescente; pedibus nigrescentibus. 

Fem. vel mas junior? Differt partibus fuseis, quae in mare 
adulto nigrae; in caeteris mari simillima, Havo colore minus ni- 
tido, rostroque ad apicem fusco. Long. tot. 5} unc.; rostri, 3; 
alae, 33; caudae, 2%; tarsi, %. Hab. in Koya Cambria australı. 

Plectorhyncha Gould. Gen. nov. (Pr. Z. S. 153). Ro- 
strum capite breyius, leviter arcnatum, fere conicum et acutum, 
naribus basalibus, operculo tectis; mandibula superiore obsolete 
ad apicem indentata; alae mediocres, remige primo breyissimo, 
tertio quartoque longissimis; cauda mediocris et aequalis: tarsi 
validi; digito postico cum ungue forti, et digitum intermediam 
anticum excellente;, digitis lateralibus maequalibus, externo lon- 
giore, et intermedio basaliter conjuncto. 

P. lanceolata. P. vertice, plumis auricularibus nuchaque 
albo fuscoque variegatis; gula corporeque subtus cinerescenti- 
albis; plumis pectoralibus sublanceolatis et albis; corpore toto, 
caudaque superne pallide fuscis; rostro fuscescenti-corneo; pedi- 
bis nigris. Long. tot. 9 unc.; rostri, 1; alae, 4}; caudae, 4}; 
tarsi, 1. Hab. in Nova Cambria australi. 

Geospiza Gould. (Pr. Z. S.5). Corporis figura brevissi- 
ma, robusta. Rostrum magnum, robustum, validum, altitudine 
longitudinem praestante; culmine arcuato, capilis verlicem supe- 
rante; apice sıne denticulo, lateribus tumidis. Naribus basalibus, 
semiteetis plumis frontalibus. Mandibulae superioris ‘tomiis me- 
dium versus sinum exhibentibus, ad mandibulae inferioris proces- 
sum recipiendum. Mandibula inferior basi lata, hoc infra oculos 
tendente. Alae mediocres remige primo paulo breviore secundo, 
‘hoc longissimo. Cauda brevissima, aequalis. Tarsi magni, va- 
lidi, digito postico cum ungue robusto et digito intermedio bre- 
viore; digitis externis inter se aequalibus, digito postico brevi- 
oribus. Color in maribus niger, in fem. Ta) Insularum 
Galapagos incolae. 

G. magnirostris. (Spec. typ.) G. fuliginosa, erisso cine- 
rascenti-albo; rostro nigro brunnescente lavato; pedibus nigris. 
Long.tot.6unc.; alae, 34; caudae, 2; tarsi, 1; rostrı, 4; alt. rost. 4. 

em. vel Mas. jun.; corpore intense fusco, singulis plumis 
olivaceo cinctis; abdomine pallidiore; crisso cinerascenti-albo; 
pedibus et rostro, ut in mare adulto. ; 

G. strenna. G. fuliginosa, crisso albo, rostro fusco et ni- 

ro tincto, pedibus nigris. Long. tot. 5} unc.; alae, 3; cau- 
ae, 13; tarsi, $; rostri, 3; alt. rost. 3. 


389 


Fem.: Summo corpore fusco, singulis plumis nee non illis 
alarum caudaeque pallide cinerascenti-olivaceo einctis, gula et 
pectore fuseis; abdomine lateribus et crisso pallide cinerascenti- 
fuscis; rostro brunnescenti. 

G. fortis. G. intense fuliginosa, crisso albo; rostro rufe- 
scenti-brunneo, tincto nigro; pedibus nigris. 

Fem. (vel Mas. jun.) Corpore supra, pectore et gutture in- 
tense fuscis, singulis plumis cinerascenti-olivaceo marginatis; ab- 
domine erissoque pallide cinerascenti-brunneis; rostro rufescenti- 
fusco, apice flavescente; pedibus ut in mare. 

G. nebulosa. G. summo capite et corpore nigrescenli- 
fuseis; singulis plumis cinerascenti-olivaceo marginatis; corpore 
subtus pallidiore, abdomine imo erissoque cinerascentibus; rostro 
et ihn intense fuscis. Long. tot.5 unc.; alac, 23; caudae, 1%; 
tarsı, 3; rostri, $; alt. rost. 4 

G. fuliginosa. G. intense fuliginosa, crisso albo, rostro 
fusco; pedibus nigrescenti-fuscis. Long. tot. 44 unc.; alae, 2}; 
tarsi, 4; caudae, 13; rostri, 47; alt. rostri, #. 

Fem. Summo corpore, alis caudaque intense fuseis; singulis 
plumis cinerascenti-ferrugineo marginatis; corpore infra cinereo, 
singulis plumis medium versus obscurioribus; rostro brunneo; 
pedibtie nigrescenti-brunneis. 

G. dentirostris. (Fem. Mas. ignotus.) (Pr. Z. S. 6). Man- 
dibulae superioris margine in dentem producto; verlice corpore- 
que supra fuscis; singulis plumis medium versus obscurioribus; 
secundariis tectricibusque alarum ad marginem stramineis; gut- 
ture et pectore pallide brunneis, singulis plumis medium versus ob- 
scurioribus, imo abdomine crissoque cinerascenti-albis; rostro 
rufo-füsco; pedibus obscure plumbeis. Long. tot. 44; alae, 24; 
caudae, 13; rostri, 4; alt. rost. #. 

G. parvula-(Mas.). G. capite, gutture et dorso fuligino- 
sis; uropygio cinerascenti-olivaceo; cauda et alis nigrescenti-brun- 
neis; singulis plumis caudae etalarum cinereo-marginatis; lateri- 
bus olivaceis fusco gullatis; abdomine et crisso Albis, rostro et 
pedibus nigrescenti-brunneis. Long. tot. 4 une.; alae, 23; cau- 
dae, 4%; tarsı. 3; rostri, 3; alt. rost. 5. 

Fem. Summo capite et dorso cinerascenti-brunneis, gut- 
ture, pectore, abdomine crissoque pallide cinereis, stramineo tinctis. 

. dubia (Fem. Mas ignot.). G. summo capite et corpore 
supra fuscis, singulis plumis cinerascenti-olivaceo marginatis; 
striga superciliari, genis, gutture Fe infra cinerascenti-oli- 
vaceis, Pauli plumis nota centrali fusca; alis caudaque brun- 
neis, singulis plumis olivaceo-cinereo marginatis; rostro sordide 
albo, pedibus obscure fuscis. Long. tot. 33 unc., alae, 23; cau- 
dae, 1%; tarsi, 4; rostri, $; altitud. rostri, #. 

Camarhynchus (subgenus),. Camarhynchus_differt 
a genere Geospiza rostro debiliore, margine mandibulae superio- 
ris minus indeniato; culmine minus elevato in frontem et plus 
arcuato; lateribus tumidioribus; mandibula inferiore minus in 
genas tendente. Insularum Galapagos incolae. 

€. psittacula (Spec. typ.). €. summo capite corporeque 


390 


superiore fuscis; alis caudaque obscurioribus; gullure corporeque 
inferiore cinerascenti-albis, stramineo tinctis; rostro pallide Ha- 
vescenti-fuseo; pedibus fuscis. Long. tot. 4} unc.; alae, 23; cau- 
dae, 1}; tavsi, Z; rostri, 4; alt. rostri, #, 

C. crassirostris Fem. C.corpore superiore intense brun- 
neo, singulis plumis cinerascenti-olivaceo marginatis; gutture pe- 
ctoreque cinerascenti-olivaceis, singulis in medio plumis obscuri- 
oribus; abdomine, lateribus crissoque cinereis linctis stramineo. 
Long.tot,53unc.; alae, 3}; caudae, 2; tarsi, 14; rostri, 4; alt.rostri,4. 

Cactornis (subgenus) (Pr. Z. S.6). Cactornis differt 
a genere Geospiza rostro elongato, acuto, compresso, longitu- 
dine altitudinem excellente; mandibulae superioris margine vix in- 
dentato; naribus basalibus et vix tectis; tarsis brevioribus, ungui- 
bus majoribus et plus curvatis. 

C. scandens. (Spec. typ.) €. intense fuliginosa, crisso albo;; 
rostro et pedibus nigrescenti-brunneis. Long. tot. 5 unc.; rostri, 3; 
alae, 25; caudae, 14; tarsi, 3. 

Fem. vel Mas. jun. Corpore superiore, gutture pectoreque 
intense brunneis, singulis plumis pallidius marginatis; abdomine 
erissoque cinereis, stramineo Linctis; rostro pallide fusco; pedibus 
nigrescenli-fuscis. 

C. assimilis (Mas. jun?) C. corpore supra fuliginoso, nec 
non gutture abdomineque, illorum plumis cınereo marginatis; 
vostro pallide rufescenti-brunneo; pedibus nigrescenti-brunneis. 
Long. tot. 5! unc.; rostri, 3; alae, 23; caudae, 13; 'tarsi, 3. 

Gerthidea (subgenus). €. differt a genere Geospiza rostro 

raciliore et acutiore; naribus basalibus et non tectis; mandibu- 
ae superioris margine recto; tarsis longioribus et gracilioribus. 

C. olivacea. C. summo capite, corpore superiore, alis 
caudaque olivaceo-brunneis; gutture et corpore infra cinereis; 
rostro pedibusque pallide brunneis. Long. tot. 4 unc.; rostri,4; 
alae, 2; caudae, 14; tarsi, 4. Insulae Galapagos. 

Sphenostoma Gould. Gen. nov. (Pr. Z. S. V. p. 149). 
Rostrum breve, durum, lateraliter compressum et cuneiforme; 
nares basales, rotundatae, opertae; rictus rectus; mandibula supe- 
riore haud dentata; setis delicatis ad basin sparsis; alae perbreves 
et rotundatae, remigibus quarto, quinto etsexto fere aequalibus 
et longissimis; Ar elongata et gradata; tarsi mediocres, ro- 
busti, anlice squamis tecti, postice laeves; pedes breves; digito 

ostico valido, digitis externis inaequalibus, interno brevissimo, 
truthideae proximum, 

S, cristatum. S. capite plumis angustis acutis, antice cur- 
valis cristato; corpore supra et subtus omnino fusco; abdomine 
medio cinerescenli-albo; cauda fusca; rectricibus tribus utrinque 
ad apicem albis; rostro nigrescente; pedibus plumbeis. Long. 
tot. 8 unc.; rostri, 4; alae, 34; caudae, 44;"tarsi, 4. Hab. ın 
Nova Gambria australi, apud oram orientalem. 

Guiraca magnirostris, Bonap. (Pr. Z. S.120). G. gri- 
seo-Navida, nigro maculata; subtus cum superciliis favis:\ crisso 
albo; remigibus rectrieibusque fuscis: tectricibus alarum majoribus 
scapularibusque apice albo notatis. Brasilia. Ignotae speciei femina. 


391 


Cardinalis Virginianus Bun: (Pr. Z. 5.411). C.ru- 
ber; gula et capistro nigris; cauda valde rotundata; rostro co- 
nico, subdentato. Hab. per totam Americ. septemtr. 

C. phoeniceus Gould. €. ruberrimus; capistro tenuis- 
simo nigricante; cauda rotundata; rostro robustissimo conico- 
turgescenti sinuato-dentato, — Hondurasbay. ’ 

€. sinuatus Bonap. €. rubro cinereoque varius; gula et 

capistro coceineis; cauda vix rotundata; rostro compresso tur- 
Sido sinuato. Im Westen Mexiko’s. 
‘ Carduelis Burtoni Gould. (Pr. Z. S.90). C. fronte et 
regione circum-oculari pulchre roseis; vertice genisque nigris; 
eorpore obscure fuscescenti-roseo, alis externe nigris, singulis 
plumis plus minusve albo ad apicem notatis; ala spuria alba; 
rectricibus caudae nigris; duabus intermediis ad apıcem albis, 
duabus proximis longius ad apicem albis, reliquis alba nota in- 
terne ad basin excurrente ornatis; rostro pedibusque pallide 
fuscis. Long. tot. 6} unc.; rostri, $; alae, 33; caudae, 24; tarsi, }. 
Hab. Himalaya. 

Fringilla sanguinea Gould. (Pr. Z. S. 127). F. brunnea, 
summo capite nigro; remigum pogonüs externis sanguineo lava- 
tis; primariis nigris, secundariis nigris, ad apices albis; tectrieibus 
caudae et regione circum-oculari sanguineo layatis: rectricibus cau- 
dae duabus intermediis nigris, reliquis plus minusve albo notatis, 
externa utrinque fere alba; rostro flavo; pedibus fuseis. Long. tot. 
4 une.; alae, 4; caudae, 24; rostri, 3; tarsi, $. Hab. Erzerum. 

Alauda penicillata Gould. (Pr. Z. S. 126). A. fronte, 
mento, auricularibus, abdomine, pectore alisque subtus albis; 
fascia super frontem, penicillis SEN lateralibus et linea super 
nares late per genas excurrente, colloque anteriori nigris; summo 
capite et nucha vinaceo-cinereis; corpore supra cinereo; remigi- 
bus alarum cinereo-fuscis, remige primo externe albo; rectrici- 
bus caudae duabus intermediis fuscis, ad marginem pallidioribus; 
ar nigrescentibus, externa utrinque albo marginata, rostro 
pedibusque nigris. Long. tot. unc. 8; alae, 45; caudae, 3; ro- 
stri, $; tarsi, 1. Hab. Erzerum. 

Aegialitis? canus Gould. A. fronte, linea supra-oculari, 
genis, gula corporeque subtus albis; summo capite corporeque 
supra cinereo-fuscis; primarlis obscure brunneis, stemmatibus al- 
bis; cauda brunnea, singulis plumis marginibus albis; rostro pe- 
dibusque nigris, olivaceo tinctis. Long. tot. unc. 74; rostri, 2; 
alae, 34; caudae, 2}; tarsi, 14. Hab. in Nova Cambria australi. 

Sittella pileata Gould. (Pr. Z. S. V. p. 151). S. fronte, 
siriga superciliari, gula, pectore abdomineque medio albis; vertice 
nigro; plumis auricularibus, nucha dorsoque cinerescenti-fuscis; 
hujus linea saturatiore per medias plumas excurrente; uropygio 
albo; tectrieibus caudae crissoque cinerescenti-fuseis, fusco albo- 
ue variegalis; cauda nigra ad apicem alba; alis nigrescenti-fus- 
. eis, nota rufa centrali; lateribus et ventre cinerescenti-luscis; rostro 
ad basin favo, ad apicem nigro; pedibus flavis. Long. tot. 44 unc.; 
rostri, 4; alae, 3}; caudae, 1%; tarsi, 4. Hab. in Australia, apud 

en Öygnorum. 


392 
S. melanocephala Gould, (Pr. Z. S. 152). S. vertice, 


occipite plumisque aurieularibus nigris; dorso plumisque scapu- 
larıbus cinerescenti-fuscis; alis nigris, primariıs secundariisque 
plus minusve rufo notatis; uropygio tectricibusque caudae albis; 
cauda nigra, ad apicem albo notata; crisso albo, fusco. fasciato; 
palpebris aurantiacis; rostro ad basin carneo, ad apicem nigro; 
pedibus flavis. Long. tot. 43 unc.; rostri, 3; alae, 34; caudae, 15; 
tarsi, 4. Hab. in Australia, apud Flumen Cygnorum. 

S. leucocephala Gould. ib. S. capite, gula corporeque 
subtus albescenlibus, hoc lineis cinereo-fuseis longitudinalibus 
notato; corpore supra einerescenti-fusco; uropygio albo; cauda 
fusca, albo terminata; alis fuscis; primariis secundariisque. late 
rufo fasciatis; crisso fusco, albo varıegato; rostro, aurantiaco, ad 
apicem fusco; pedibus Navis. Long. tot. 4} une.; rostri, 4; alae, 2}; 
eaudae, 1#; tarsi, 4. Hab. in Australia. 

Pardalotus quadragintus Gould. (Pr. Z. S. p. 148). 
P. vertice corporeque supra olivaceis, plumis fusco leyiter mar- 
ginatis: alis nigrescentibus, remigibus (primo etsecundo exceplis), 
ad apicem albis; genis crissoque Nlavescenti-olivaceis; corpore 
subtus cinerescenti-albo; rostro intense fusco; pedibus fuseis. 
Long. tot. 33 unc.; rostri, $; alae, 24; eaudae, 1}; tarsı,}. Hab. 
in terra Van Diemen. „‚Korty-spot a Golonis propter macularum 
albarum multitudinem dictus. 

P. melanocephalus Gould. (Pr. Z. S.149). P. verlice, 
loro, plumisque auricularibus nigris; striga superciliari aurantiaca 
oriente, alba desinente, genis collique lateribus albis; nucha dor- 
soque einerescenti-olivaceis; rectricibus caudae fuscescenti-cervi- 
nis; cauda nigra, ad apicem alba; alis nigrescenti-fuseis; remigi- 
bus tertio, quarto, quinto, sexto, seplimoque albis; secundariis 
albo marginatis atque terminatis; linea alba oblique per humeros 
abducta; ala spuria coccineo terminata; linea guilurali, pectore 
abdomineque medio laete llavis; crisso cervino; rostro nigro; 
pedibus fuscis. Long. tot. 4 unc.; rostri, 3; alae, 27; caudae, 14; 
tarsi, 4. Hab. in Nova Cambria australi, apıd oram orientalem. 

P. rubricatus Gould. ib. P. faseia frontali ker ge sor- 
dide alba; vertice et oceipite nigris, albo guttatis; nucha, dorso, 
uropygio tecirieibusque alarum cinereis; alis. intense fuscis; ala 
spuria, primariis ad basin, secundariisque ad marginem externum 
laete aurantiacis; nota flammea ante oculos; striga super-oculari 
cervina; tectricibus eaudae olivaceis; cauda intense fusca, ad api- 
cem alba; gula abdomineque cinereis; pectore flavo; mandibula 
superiore fusca, inferiore cinerea; pedibus fuscis. Long. tot. 
4 unc.; rostri, 3; alae, 2%; caudae, 44; tarsi, 3. Hab. in Australia. 

P. affinis Gould. (Pr..Z. S. p. 25). P.fronte nigra; ver- 
tice nigro, singulis plumis linea ctentrali alba; linea supereiliari 
flava ad basin rostri oriente, cum linea alba conjuncta oceiput 
versüs tendente; nucha dorsoque sordide olivaceo-fuscis; uropy- 
gio teetrieibusque caudae flavide olivaceo-fuseis; alis nigris, pri- 
mariis nota alba apicali ornatis, pluma tertia albescente ad mar- 
ginem externum; secundariis albo rufoque marginatis; ala spuria 
ad apicem flava; caudae rectrieibus nigrescenti-fuseis transversim 


393 


albo ad apicem notatis; auriculis genisque cinerescentibus; gula 
Aava, peciore abdomineque mediis pallide flavis; albo intermix- 
tis; lateribus Navide olivaceo-fuscis; rostro nigro; pedibus fuscis. 
Long. tot. 31”; rostri, 3; alae, 25; caudae, 14; tarsi, 42. Hab. 
in terra Van Diemen. 

Pipra striolata Bonap. (Pr. Z. S. 122). P. olivacea, 
" subtus rufa, albo striata ; pileo eristato coccineo, Brasilia. (P. stri- 
gilatae Pr. Max. proxima.) 

P. elegantıssima Bonap. (Pr. Z. S. p. 112). P. purpureo- 
nigra; fronte castaneo-fusca; verlice, nucha et cervice pulchre 
eyaneis; pectore abdomineque fuivo-aeruginösis. Mexico. 

P. linearis Bonap.ib. P. capite, alis caudaque nigris; ver- 
tice cristato coccineo; rectricibus duabus intermedüs lineari-acu- 
minatis, nigris, caeteris triplo longioribus. 

Mas. Niger; dorso coeruleo. Fem. Olivacea. Mexico. 

Tanagra Darwinii Bonap. (Pr. Z. 5. 121). T. oliva- 
cea, capite, collo alarumque tectrieibus coeruleis; subtus ex toto 
cum uropygio, Navis, femoribus einereis. Chili. 

Aglaia nigro-cincta Bonap. (Pr. Z. S.121). A. viridi- 
eyanea, dorso, pectore remigibus caudaque nigris, abdomine albo. 
Brasilia. 

Euphonia hirundinacea Bonap. (Pr. Z. S. 117). E. oli- 
vaceo-flava, fronte et sublus flava, vertice genisque nigro-chaly- 
beis, remigibus reetrieibusque nigricantibus, margine externo oli- 
vaceis; rostro nigro, valde uncinato, subhirundineo, Guatimala. 

Arremon Bipantan: Bonap. (Pr. Z. S. p.117). A. laete 
olivaceus; rostro robustissimo, nigerrimo, er Si nigro; gula me- 
dia alba (unde nigro-cincta); pectore abdomineque plumbeo, 
erisso flavo, aeruginoso; remigibus nigris, cauda olivacea, valde 
rotundata. Long. tot. 9 6“; rostr. 1"; al. 44 6; caud. 44 6; 
tars. 1%. Guatimala. 

Icteria Velasquezi Bonap. (Pr. Z. S.417). I. viridis; 
ectore Havo-aurantiaco; rostro nigricante, mandibula albicante. 
uatimala. 

I.viridis Bonap. (Pipra polyglotta Wils. Icteria dumicola 

Vieil.) L viridis, pectore flavo; rostro ex toto nigro. 


2. Hiantes, 


Brachypus plumifera Gould. (Pr. Z.$. V. p.137). B. ca- 
pite, pectore, lateribus colli gulaque nitide viridescenti-nigris; 
corpore alisque olivaceo-flavis; primariis fuscis, 'olivaceo-Havo 
marginatis; secundariis, pogoıfiis internis fuscis; cauda fusca; 
rostro pedibusque nigris. Long. tot. 74 unc.; rostri, 3; alae, 31; 
caudae, 3}; tarsi, 4. — ne f 

Caprimulgus monticolus Franklin#*) (Burton in Pr. Z. 
S.V. p.89). Femina? C. pallidior mari: remigibus macula no- 
tatis rufa, ubi mas gaudet alba; jugulo rufo tincto; cauda rufa, 
nigro fasciata et inspersa, rufo rectrices apud exteriores domi- 


N Proceedings of the Committee of Science and Correspondence 
(Zool. Soc.) 1830 — 1831. 


394 


nante, caudaque externa maris albo omnino carente, Forma et sta- 
tura mari simillima. Hab. in India septentrionali. In ‚Museo 
Medico-militari, Chatham. 

Amblypterus anomalus Gould. (vgl. d. Archiv. Jahr- 
gang IV. S. 350). A. summo capite, corpore supra et alis cinereo- 
fuscis, singulis re nigro ırregulariter ‚sparsis et maculatis; 
primariis nigris, basi rubrescenti-cervinis, apice albis; secundarlis 
cervinis, nigrescenti-fusco irregulariter fasciatis; reetricibus cau- 
dae cervinis, nigrescenti-fusco irregulariter fasciatis et maculatis; 
duabus eehtialhun einereo-fuscis; gutture, pectore et abdomine 
ad partem superiorem nigrescenti-fuscis, singulis plumis cervino 
maculatis; abdomine imo pallide cervino, singulis plumis nigre- 
scenti-fusco transversim fasciatis; rostro fusco; pedibus pallide 
fuscis. Long. tot. 65; rostri, 1; alae, 55; caudae, 3; tarsi, 2. 
Demerara. 

Re stellatus Gould. (Pr. Z. S. 43). P.:corporis plu- 
mis, alis caudaque crebre guttulis nötisque irregulariter interruptis, 
his pallide brunneis, illis fuseis, ornatis, colli plumis linea angusta 
nigra fasciatis ad apicem latis, et albescentibus lunulam facienti- 
bus; post oculos plumis pilosis elongatis orientibus, et postice 
directis tectricibus alarum ad apicem marginis interioris nota 
albescente, nigro postice cincta, ornatis scapularibus inferioribus 
pallidioribus; pectoris plumis nonnullis flavescenti-albo guttatis; 
rostro pedibusque pallıde fuscis. Long. tot. 8 unc.; rostri, 14; 
alae, 4; tarsi, 4. Hab. Java. 

3. Syndactyli. 

Halcyon incinctus Gould. (Pr. Z.S. V.p. 142). H. fronte 
media et vertice nigrescenti-fuscis, leviter coeruleo tinctis; fronte 
in Jateribus strigis Badis notata; occipite etnucha cyaneis; loro, 
linea infra-oculari auricularibusque nigris; plumis in fronte levi- 
ter badio marginatis; dorso medio lilacino viridi nitente, hume- 
ris, caudae tectricibus majoribus et minoribus viridescenti-coeru- 
leis; alis spuriosis secundariisque cyaneis; primariis brunneis ad 
bases niveis, et coeruleo-viride externe marginatis; teetricibus 
superioribus caudae viridi-coeruleis, fulgore metallico; cauda 
eyanea; gula alba; pectore corporeque subtus pallide badiis; 
mandibula superiore nigra; mandıbula inferiore ad marginem api- 
cemque nigra, ad basin carnea; pedibus carneis. Long. tot. unc. 8; 
rostri, 13; alae, 35; caudae, 24; tarsi,;. Hab. in Nova Cambria 
australi. Affınis Halc. Mac Leayii Jard. Selb. 

Ceryle torquata Bonap. (Pr. Z. S. 108). €. subcristata, 
cano-coerulescens, torque albo; subtus castanea; alis caudaque 
albo maculatis. 

Mas. Pectore cano-coerulescente, crisso ferrugineo. Fem.Pec- 
tore castaneo, crisso albo. Buff. Pl. Enl. 284. Alcedo cinerea 
Vieill. — Mexico. 

Geyx microsoma Burton (Pr. Z. S. V. p.89). C. suberi- 
stata, capite caudaque supra, nucha et humeris rufis; striga ab 
oculis ad nucham (pone oculos leviter, apud nucham intense) 
dorso et uropygio hyalino splendentibus; alis brunneis, pogonüs 


395 


remigum internis rufo ei tectrieibus punctis hyalinis 
ornatis: infra pallide rufa hoc colore 'apud ventrem dilutiore; 
mento, gula et siriga aurieulari albidis; rostro praegrandi, auran- 
tiaco. Pedibus rubris. Long. corp. 43 une.; Kr 2, rostri ab 
apice ad rectum 44; candae 1. Hab. in India Maderaspatana. 


4. Zygodaetyli s. Scansores. 


Cuculus micropterus Gould: (Proc. Z..S. V. p.137). 
E. summo ru eorpore supra alisque obseure plumbaceis; cauda 
nigrescenti-plumbacea, pius minusve albo notata; primariis interne 
ad bases maculis oblongis albisque notalis; gutiure 'peetoreque 
cinereis; corpore subtus albo, nigro crebre fasciato; rostro ad 
apicem nigro, ad basin carneo. Long. tot. 42 une.; rostri, 4; 
alae, 74; caudae, 64; tarsi, 4. — Himalaya. 

Pteroglossus Gouldii Natterer. (Pr. Z. S.44). S. summo 
eapite, nucha, gutture, pectore abdomineque nigris; plumis auri- 
eularibus aurantiaco-lavis ad apicem stramineis; fascia semilunari 
nuchali flava; dorso, alis caudaque olivaceo-fuscis ; hujus rectrici- 
bus sex intermediis apice castaneo; lateribus aurantiaco-Navis; 
femoribus castaneis, crisso coceineo, cute circa ocules viridi; 
rostri mandibula superiore nigra, apicem versus livide cornea, 
apice albo, fasciaque angusta alba ad basin; mandibula inferiore 
alba, fascia nigra apiceque livide corneo, pedibus plumbeis. 

Femina differt partibus, quae in mare en in illa casta- 
neis, et lateribus plumisque auricularibus pallidioribus. Long. tot. 
41 unc.; rostri, 24; alae, 5; caudae, 43; tarsi, 14. 

Platycercus haematonotus Gould, (Pr. Z. S.88 u. 151). 
P. summo capite, fronte, genis, nucha pectoreque smaragdino- 
viridibus; dorso fuscescenti-viridi; uropygio coccineo; articulo 
humerali, ala spuria et pogoniis externis primariorum ad partem 
basalem nitide coeruleo-nigris; nota sulphurea humerali. Remi- 
gibus majoribus et minoribus, reetricibusque caudae duabus inter- 
mediis viridibus, hoc colore in coeruleum tränseunte ad apicem, 
apicibus ipsis nigro-fuscis; rectricibus reliquis ad bases virıdibus, 
” 'apices et ad pogonia externa cineraceo-albis; abdomine medio 
Aavo; femoribus yon coeruleo-viridibus; crisso cineraceo-albo; 
rostro corneo; pedibus fuscis.. Long. tot. 41 unc.; alae, 5; cau- 
dae, 64; tarsi, $. 

Pullus intra annum primum ab ave adulta differt partibus, 
quae in hac smaragdino-vıridibus, in illo cinerescenti-viridibus; 
necenon cerisso haud coccineo, abdomine haud flavo; at primariis 
nonnullis secundariisque ad bases albis. Hab. in Nova Cambria 
australi. 

P. haematogaster Gould. (Pr. Z. S. 89). P. fronte facie- 
> eoeruleis; summo capite, nucha plumisque auricularibus 

avescenti-cinereis; pectore cinereo tineto brunneo; plumis auri- 
eularibus ad partem superiorem stramineis; uropygio tectricibus- 
que superioribus caudae cerinis articulo humerali pallide coeruleo; 
u intense fuseis; secundariis tectricibusque majoribus vio-. 
aceo-coeruleis; tectrieibus minoribus alisque ad partem supe- 
riorem intense coceineis; lateribus tectricibusque inferioribus 


396 ) 


pallide flavis; abdomine medio nitide coccineo, plumis duabus in- 
termediis caudae ad bases pallide olivaceo-viridibus, ad apices in 
coeruleum transeuntibus, Reliquis plumis ad bases intense coe- 
ruleis, ad apices in album transeuntibus; rostro corneo; pedibus 
fuscis. ‘Long. tot. 12unc.; alae, 53; caudae, 7; tarsi,3. Hab. in 
Nova Cambria australi. 

P. flaveolus. P. fronte coceineo; buccis pallide eoeruleis; 
summo capite, nucha et dorso, uropygio, tectricibus caudae su- 
perioribus corporeque inferne pallide Hlavidis, plumis dorsi par- 
teque inferiori teetricum alae majorum centris nigris, externe fla- 
vescentibus; alis medıis cyaneis; ala spuria primarisque externe 
ad basin saturate violaceis;. reliquis primariorum.saturate brunneis; 
rectricibus duabus intermediis caudae ad basin viridescentibus, ad 
apicem coeruleis; Frans recticum ad basin exteriorem saturate 
coeruleis, apicibus pallidioribus, plumis interne fere per totam 
longitudinem brunneis, apieibus extremis albis; rostro livido; 

edibus fuscis. Long. tot. 1431 unc.; alae, 7; caudae, 74; tazsı, 3. 
ab. in Nova Cambria australi. | 

P. ignitus Leadb. P. capite summo, auriculis, uropygio 

ectore, corporeque sublus coceineis, buccis albis; plumis singu- 
Is dorsi ad medium nigris, marginibus coccineo et flavo inter- 
mixtis; ala media coerulea, primarüs quintis ad basin ‚albis, ‚api- 
cibus brunneis; rectricibus quatuor intermediis albis coceineo-pal- 
lide tinctis; rectrieibus reliquis coeruleis ad basin albis, ad api- 
cem albescentibus; rostro livido; pedibus ‚saturate fuseis. Long. 
tot. 12 unc.; alae, 6; caudae, :6?; tarsi, 4. Hab. Australia. 

Galyptorbhynchus xanthonotus Gould. (Pr. Z. S. V. 

.451). €. summo capite, genis, ‚gutture corporeque supra et 
ınfra fusco-nigris; plumis pectoralibus, apicibus olivaceis; anricu- 
laribus flavis; rectricibus caudae duabus intermediis nigro-fuscis; 
reliquis ad bases et apices nigris, in mediis pallide flavis, inter- 
dum plus minusve ‚brunneo notatis; rostro albo vel nigrescenti- 
brunneo; pedibus obscure fuscis. Long. tot. unc. 24; alae, 444; 
‚caudae, 12; tarsi, 1. Hab. in terra Van Diemen. 

Nanoıles elegans. Mas. (Pr. Z. 5.26). N. vitta frantali 
purpurea, supra linea metallice coerulea marginata ad aurioulas 
tendente; loro splendide favo; capite, genis, dorso, tectricibus- 
que caudae olivaceo-viridibus, aureo lavatis; humeris coeruleis; 
primariis era t primis quatuor ad marginem viridescentibus; 
secundariis alaque spuria nigris; gula pectoreque viridescenti- 
Alavis; hoc colore abdomine crissoque in fJayum transeunte; ab- 
domine- centrali pallide aurantiaco; rectricibus caudae duabus in- 
termediis viridescenti-coeruleis, reliquis ad basin coeruleis, ample 
Aavo terminatis; rostro pedibusque intense fuscis. 

Fem. vel Mas junior vitta frontali caret, et colorem habet 
indistinctiorem. Long. tot. 9 unc.; alae, 4%; caudae, 54; tarsi, 4. 
Hab. in terra Van Diemen? 

CGenturus (Picus) subelegans Bonap. (Pr. Z. S. 109). 
C. albo nigroque fasciatns; subtus cum capite dilute cinerescens; 
verlice rubro, fronte et cervice subauratis. Mexico. 

C. Santa Cruzi. Bonap. ibid. p. 146. C. albo nigroque 


’ 


397 


striatus capite et corpore subtus griseo-oliyaceis; vertice cervice- 
que rubris; fronte et abdomine aureis; uropygio albo; remigibus 
rectricibusque nigris. Guatimala. 

Asthenurus rufiventris Bonap. (Pr. Z. S. 120). A. fuscus, 
subtus cum genis rufis, pileo nigro, rubro maculato. Brasilia. 


Erythrogonys Gould. 
Neue Gattung der Wadvögel. 
(Pr. Z. S. V. 1837, 155.) 


Rostrum capite longius, rectum, paulo depressum; nares 
basales, lineares; alae elongatae, remige primo longissimo; ter- 
tialibus fere ad apicem remigum tendentibus; cauda brevis, et 
fere aequalis; tarsı elongati; digiti quatuor, postico parvulo; an- 
ticis inter se conjunctis, usque lad articulum primum; tibiae ex 
parte nudae. 

E. cincetus. E. capite, plumis auricularibus, nucha, pecto- 
reque nigris; gula, abdomine medio, crissoque albis; hoc fusco 
adsperso; dorso, alis mediis, scapularibusque olivaceis, brunneo 
metallice lavatis; uropygio, rectricibus caudae duabus intermediis 
fuseis, rectricibus reliquis albis; lateribus castaneis; tibia parte 

 nuda, cum arlieulo, coccinea; tarsis olivaceo-fuscis; rostro ad 
basin rubro, ad apicem nigro. Long. tot. 7 unc.; rostri, 4; 
alae, 44; caudae, 15; tarsi, 4. Hab. in Nova Cambria australi. 


Berichtigung. 

Aegialitis? canus Gould., zu Charadrius gehörig, ist beim 
Ordnen der Diagnosen aus Versehen unter die Singvögel (s. oben 
8. 391)gerathen, und an seinem Orte (Jahrg. IV. Band 2. p. 672) aus- 
gelassen, was ich gütigst zu entschuldigen bitte. ' 

Herausgeber, 
Bi 


' W. Jahrg. 1 Band, 26 


Lepidosiren ist kein Reptil. 
(Aus den Proc. of the Linn. Soc, 1839. April 2.) 


H: Richard Owen, welcher eine zweite neue Art dieser Gat- 
tung einer sorgfältigen anatomischen Untersuchung unterwarf, 
hat am 2. April in der Linnean Society, mit überzeugenden 
Gründen dargethan, dafs dies paradoxe Thier, welches Fitzin- 
ger und Natterer zudenReptilien mit bleibenden Kiemen stell- 
ten (s. Archiv II.2 p.232 u.1V.2 p. 361.), in Wahrheit der Klasse 
der Fische angehört, und somit die Zweifel bestätigt, welche 
ich, wenn ichsie auch gegen die Autorität der Wiener Naturfor- 
scher nicht öffentlich auszusprechen wagte, doch gegen meine 
hiesigen Freunde nicht unterdrücken konnte, und in denen die 
schöne Abbildung des Thieres in den Annalen des Wiener 
Museums mich nur bestärkte, Die Kopfform, die Beschuppung, 
die fadenförmigen Extremitäten, die inneren Kiemen, die Lage 
und die Gestalt des Afters sind so durchaus fremdartig, dafs 
nur die Behauptung der Wiener Gelehrten, dafs durchgehende 
Nasenlöcher vorhanden seien, mich in meinen Zweifeln ‘irre 
machen konnte. Hr. Owen hatte seit Juni 1837 jenes Thier 
unter dem Namen Protopterus in dem Kataloge des Museums 
of the College of Sourgeons aufgeführt und wegen der Schup- 
penbekleidung und der sackförmigen Nasenhöhlen in die Klasse 
der Fische unter die Malacopierygü abdominales gestellt, in 
welcher Ordnung es ihm durch die ganz rudimentäre Beschaf- 
fenheit der Flossen einen Uebergang zu den Apoden zu. bahnen 
schien. Die Hauptbesonderheiten des Skelets bestehen in des- 
sen unvollkommener oder partieller Verknöcherung und der 
grünen Farbe der verknöcherten Partien, ähnlich wie beim 
Hornhechte. Die stets im Knorpelzustande verharrenden Theile 
sind die Felsentheile der Schläfenbeine, welche den Gehör- 


i 399 


labyrinth enthalten, ein Theil des Gelenkstieles der Unterkinn- 
lade, die Kiemenbogen und die Wirbelkörper; diese sind aufser- 
dem nicht getrennt, so dafs sie den Apophysen des Rücken- 
markskanals und den Rippen entsprächen, wie bei den Plagio- 
stomen, sondern sie behalten ihre ursprüngliche Verschmelzung 
bei, einem runden, ununterbrochenen, vom Kopfe zum Schwanz- 
ende reichenden Strange gleichend. Diese chorda dorsalis 
besteht aus einer äufsern festen, elastischen, gelblichen Kapsel, 
die eine, weichere, fast gallertartige Masse einschliefst. Die 
entsprechenden Basilartheile der Schädelwirbel waren ver- 
knöchert. Die 36 Paar Rippen sind kurze, schwachgekrümmte, 
dünne Stiele, etwa ein Sechstheil der Bauchhöhle umfassend. 
Sie sind unter der Seite der Faserscheide der centralen Chord@ 
dorsalis angeheftet, ihre spitzen, freien Enden sind den Inter- 
ınuscular-Ligamenten  angeheftet. Die oberen Dornfertsätze 
sind von den den Rückenmarkskanal bildenden Fortsätzen ganz 
getrennt und diese sind an ihrem obern Ende nicht durch Anchy- 
lose verbunden. Die unteren den Blutgefäiskanal bildenden Apo- 
physen sind in der Schwanzregion entwickelt, und beiden Apo- 
physen, diesen und denen des Rückenmarkkanals sind Haut- 
knochengräten angefügt von gleicher Länge, deren oberes aus- 
gebreitetes Ende die durchsichtigen elastisch-hornigen Strahlen 
der Schwanzflosse stützen. Die rudimentären, fadenförmigen 
Brust- nnd Bauchflossen sind jede von einem aus vielen Glie- 
dern bestehenden Strahle gestützt. Das Muskelsystem des 
Körpers besteht aus fast vertikalen Lagen schiefer Fasern, die 
in kurzen Zwischenräumen von aponeurotischen Zwischenlagen. 
getrennt sind. Zwei lange, schwach gekrümmte, schlanke, 
scharfspitzige Zähne treten aus den beweglichen Zwischenkie- 
ferbeinen hervor.. Die Oberkiefer tragen, jeder eine einzige, 
durch zwei schiefe von aufsen eindriugende Einschnitte in drei 
schneidende Lappen 'getheilte Zahnplatte; der Unterkiefer ist 
mit einer ähnlich gebildeten Zahnplatte bewaflnet, deren schnei- 
dende Enden in die oberen Einschnitte eingreifen. Diese Kie- 
ferzähne gleichen in etwas der: Zahnplatte des vorweltlichen 
Geschlechts Ceratodus Agass. Die fleischigen und sensitiven 
Theile der Zunge sind mehr entwickelt, alses bei den Fischen 
gewöhnlich der‘ Fall ist. Die Kiefer sind zu feiner Zerthei- ' 
Jung und Verkleinerung der Nahrungsmittel geeignet. Die 


400 


Schlundöffnung ist verengt; der Eingang zum Schlunde durch 
eine weiche, halbkreisförmige Klappe geschützt. Die Speise- 
röhre kurz, gerade, eng, aber der Länge nach gefaltet. Der 
Magen einfach, gerade, mit dicken Wänden, in Geräumigkeit 
mit dem Oesophagus übereinstimmend; Pylorus klappenartig 
mit einem geschweiften (scalloped) Rande in den Darm vor- 
tretend. Weder Pankreas, noch Milz. Leber sehr entwickelt, 
in 2 Lappen getheilt. Eine Gallenblase und ein weiter du- 
ctus choledochus, der sich durch ein klappenartiges Ende nahe 
am Pylorus öffnet. Darm gerade, zuerst von gleichem Durch- 
messer wie der Magen, aber nach dem After zu allmälig ver- 
engt, mit dicken Wänden; im Innern von einer sechs Win- 
dungen beschreibenden Spiralklappe durchsetzt. Die Respira- 
tionsorgane bestehen in Kiemen und einer doppelten verlän- 
gerten Schwimmblase, von einer gefäfsreichen zelligen Struk- 
tur, wie sie sonst in den Lungen eines Reptils gewöhnlieh ist. 
Die Kiemen bestehen in verlängerten, etwas zusammengedrück- 
ten, weichen, hängenden Filamenten, welche knorpeligen Kie- 
menbögen angeheftet sind. Diese sind nicht miteinander ver- 
bunden, oder dem Zungenbeine durch eine zwischenliegende 
Kette von Knorpel oder Knochen unten angefügt, noch oben 
dem Schädel artieulirt. Es finden sich jederseits 6 Kiemen- 
bögen und 5 Zwischenräume zum Durchtritte des Wassers 
vom Munde zum Kiemensacke. Nicht alle Kiemenbögen tra- 
gen RKiemenfäden, sondern nur der erste, vierte, fünfte und 
sechte. Der erste und letzte tragen jeder eine einfache Reihe, 
der vierte und fünfte jeder eine doppelte. Der zweite und 
dritte Bogen haben ihre vollständigen Proportionen, zeigen 
aber nicht die geringste Spur von Kiemen. Der Kiemensack 
ist ziemlich ‘weit, öffnet sich aufsen mit einer kleinen vertika- 
len Spalte dicht vor den rudimentären Brustflossen. Das Herz 
liegt unter dem Oesophagus in einem starken Perikardium; es 
besteht aus einem einzigen Vorhofe und Ventrikel und einem 
gewundenen Bulbus arteriosus, mit einem longitudinalen, 
klappenförmigen Fortsatze wie bei Siren. Die beiden Kiemen- 
arterien, ‚welche sich um die kiemenlosen Bögen winden, ver- 
binden sich jederseits mit einander und geben Zweige ab, 
welche die Lungenarterien oder die zu den Schwimmblasen 
gehenden bilden. Dieser Apparat für Luftrespiration beginnt 


401 


mit einer kurzen einfachen, häutigen Luftröhre, ‘welche mit 
einem longitudinalen Laryngeal-Schlitze von Ausdehnung einer 
Linie, und 3 Linien hinter der Schlundöffnung beginnt. Eine 
einzelne Knorpelplatte geht von dieser Laryngealöffnung nach 
vorn zu der des Schlundes; sie ist so’ breit als der Boden des 
Schlundes und scheint dazu bestimmt, das Zusammenfallen der 
Röhre zu verhindern und der Luft einen freien Zugang zur 
Trachea zu erhalten. Diese Röhre erweitert sich an ihrem 
unteren Ende in einem Sack mit sehr dünnen Wänden, wel- 
cher direct mit einer jeden Abtheilung der Schwimmblase com- 
münieirt. Diese Lappen oder Lungen sind theilweise an ihrem 
vorderen breiteren Theile weiter in kleinere Lappen getheilt, 
und gehen dann einfach und verflacht und allmälig zu einer 
stumpfen Spitze abnehmend fort bis hinter das hintere Ende 
der Kloake. Die ganzen Wände der Lungen sind zellig, die 
Zellen sind am weitesten, tiefsten, gefäfsreichsten und weiter 
getheilt am vorderen breiten Ende der Lungen. Die Lun- 
gen liegen hinter den Ovarien, Nieren und dem Perito- 
neum, welches allein den Theil ihrer glatten Bauchoberfläche 
berührt, der nicht von andern Eingeweiden bedeckt ist. Die 
beiden Nieren sind ganz gesondert, sehr lang und schmal, am 
breitesten gegen die Kloake. Die Ureteren communieiren mit 
dem hinteren Theile der gemeinsamen Endigung der Oviducte. 
Weder Nebennieren noch Milz sind vorhanden. Die Ovarien 
sind zwei lange, flache Körper mit Eiersäcken und Eiern von 
verschiedener Gröfse, einige von 2—3 Linien in Durchmesser 
zwischen Haufen von kleinen Eiern zerstreut. Die Eierleiter 
sind getrennte gewundene Röhren, welche mit einem sehr wei- 
ten und dünnhäutigen Theile, der sich mit einem 3 Linien 
weiten Schlitze öffnet, beginnen, 3 Linien weit an ihrem vor- 
deren Ende und nicht mit einander vor ihrem Eintritte in die 
Peritonealhöhle communieirend, wie bei den Plagiostomen. Die 
Oviduete verengern sich und bilden mehrere kurze der Eier- 
stoekskapsel adhärirende Windungen. Ihre Wände werden 
dicker und schiefe, spirale Falten sind an ihrer inneren Ober- 
Bäche entwickelt. Die Weite des Oviduets nimmt vor seinem 
Ende zu, welches in einer einzigen vorragenden beiden Ovi- 
ducten gemeinsamen Oefinung im hinteren Theile der Kloake 
besteht. Eine kleine Allantois liegt zwischen dem Oviduct 


402 5 


und-Mastdarm. Die Kloake nimmt die oben genannten Organe 
in folgender Ordnung auf, zuerst am meisten nach vorn die 
gemeinsame Oefinung der Peritonealkanäle; zweitens den After; 
drittens die Allantoisblase; viertens die Oviducte, mit den Ure- 
teren, welche sich in dem hinteren Theile der Oviducte mün- 
den. Das Gehirn besteht aus 2 verlängerten etwas zusammenge- 
drückten getrennten Hirnhemisphären;' einem elliptischen lobus 
opticus, Repräsentant der Vierhügel; einer einfachen queren Oe- 
rebellarfalte, welche nicht die weitgeöffnete vierte Hirnhöhle be- 
deckt, sehr entwickelten Pineal- und Pituitardrüsen; und einem 
einzelnen corpus. mamillare.. Die vom Hirn abgegebenen Ner- 
ven sind der Olfactorius, die Oplici, welche von, demselben 
Punkte an der Mittellinie zwischen :den Crura cerebri ent- 
springen. und sich nicht kreuzen; das fünfte Paar: die Hörner- 
ven; die Pneumogastrici; Zungennerven; vom 3., 4. und 6. Ner- 
venpaare findet sich keine Spur, da keine Muskeln des Aug- 
apfels vorhanden,sind. ‘Die Augen sind sehr klein, adhäriren 
der ‘Haut, welche über ihnen hingeht, ‚ohne irgend eine Her- 
vorragung zu bilden; sie haben eine kleine sphärische Linse 
und: keine Choroidaldrüse. — Das Gehörorgan besteht aus 
einem in einer dicken Knorpelhöhle eingeschlossenen Vorhofe, 
ohne ‚Commnnication nach aufsen als die Foramina, welche 
die Portio mollis durchlassen. Es besteht aus 2 Ohrstein- 
säcken, ‚deren jeder eine weifse Kalkmasse enthält; der äufsere 
6 mal so grofs, als der dem Hirn zunächst liegende;'aufserdem 
finden ‚sich. ‘3 kleine, halbzirkelförmige Kanäle. Keine Spur 
von. Paukenhöhle oder tuba Eustachü ist. vorhanden. Das 
Geruchsorgan bestehtin zwei ovalen innerhalb gefalteten Haut- 
säcken, deren jeder eine einzige äufsere Oefinung an der Ober- 
lippe hat, aber ohne Communikation mit dem Munde, welches, 
wie Verf. bemerkt, vielleicht das einzige Merkmahl ist, das obne 
Ausnahme. die Lepidosiren als einen wahren Fisch. darthut. 
Die weitere Evidenz ihrer Fischnatur beruht im Zusammen- 
treffen folgender minder entscheidender Charactere. Diese sind: 
die Hautbedeckung von breiten, runden Schuppen; die Schleim- 
kanäle des Kopfes und der Seitenlinie; der vielgliedrige 
weiche Strahl, welcher die rudimentären Brust- und Bauch- 
flossen stützt; die knorplige Rückgratssaite, welche vorn dem 
ganzen Basi-Occipitalknochen, nicht aber wie bei den Batra- 


403 


chiern zweien Gelenkhöckern verbunden ist; ein Praeopereular- 
knochen; .der bewegliche Zwischenkiefer; der Unterkiefer, des- 
sen beide Aeste nur aus dem Postmandibular- und Zahntheile 
bestehen; die doppelte Reihe von Dornfortsätzen oben und 
unten am Rückgrat; die grüne Farbe der verknöcherten Theile 
des Skelets; der gerade Darm mit seiner Spiralklappe; die 
Abwesenheit des Pankreas und der Milz; die einzige Perito- 
nealöffnung; die Lage des Afters; das einfache Herzohr; die 
Zahl der Kiemenbogen und die innere Lage der Kiemen; ein 
langer Lateralnery; das Gehörlabyrinth mit grofsen Otolithen. 
—In der Klasse der Fische bildet sie ein Zwischenglied zwi- 
schen den Knorpelfischen und Weichflossern, besonders den 
Sauroiden-Gattungen Polypierus und Lepidosteus, zugleich eine 
Annäherung derFische an die Amphibien. Die Art aus demFlusse 
Gambia in Afrika nennt Hr. Owen Lepidosiren annectens. 


Im Jahre 1837 neu aufgestellte 
Säugethierarten, 


deren Diagnosen im Jahresberichte des vierten Jahrganges aus 
Mangel an Raum wegbleiben mufsten. 


A. Quadrumana. \ 


Gälago Alleni Waterhouse (Pr. Z. S. 87). G. auribus 
ermagnis, digitis Pens vellere intense plumbeo, rufescente 
avalo; corpore subtus Havo lavato. 


une, lin. 

Longitudo ab apice roslri ad caudae basin 8 1 fi 
—_ caudae, En. ie ser: VOR 
_ auris SER 0 ee A 
» SE Pe Kr JR Te AERO \; 
Longitudo pollicis antipedum . . 0.6 
_ digiti longissimi . .... NIE | 
_ pollicis pedum posticorum . 0.7 
= digiti longissimi EN 

_ pedis postici a calce ad apicem 

digitorum Dee IT 1! 


Hab. Fernando Po. 


u 


404 


B. Chiroptera. 


Rhinolophus Landeri Martin (Pr. Z.S.101). R. vellere 
molli, pulchre castaneo-rufescente; auribus acutis, patulis, ere- 
ctis, ad latus exterius emarginatis, et lobo rotunduto accessorio 
instructis; prosthemate duplice; anteriore bidentato cum scypho 
parvulo ad basin anticam, hoc ferro-equino membranaceo cir- 
cumdato; prosthemate posteriore ad basin transversim sinuato, 
ad apicem acuto; ferro equino membranaceo, lato, margine libero 
antice bifido; pollice breyi, gracili, in membrana subtus per diz 
midium incluso: ungue parvulo; anti-brachüs robustis; cruribus 
gracilibus; patagiis nigricantibus. , 


2 unc, lin. 
Longitudo corporis cum capite . ». ... 1 4 
—_ caudae May 2. a EN RE 9, 
_ aurium er a IE 
_ antibrachik . 0. 2.000 2 OU 
—_ ag a a TE RER R . 
—_ Balearen NER 44 
Prosthematis longitudo . . . » 2.2... 2 


Alaeuninplitudo ..".. 4 2. 8.0 
Habitat in Insula Fernando Po. 


C. Carnivora. 
a. Insectivora. 


Erinaceus concolor Martin. (Pr. Z. S.103). E. obscure 
fuscus, spinis in frontem, et super oculos obductis: spinis rigidis 
Havescenti-fuscis ad basin, apicem versus intense fuscis, apice ex- 
iremo pa!lide rufescenti-brunneo; auribus parvis, rotundatis; ro- 
stro .breviusculo; in frontem nota alba, necnon ante aures; pe- 
ctore sordide albo, vellere corporis subtus nigrescenti-fusco, pilis 
longis albis ad humeros sparsim intermixtis. 

unc. lin, 
Longitudo corporis, a rostro ad caudae 
basin, super dorsum . ...96 
_ pedis postici a calce ad apicem 
digiti intermedii ungue excluso 1 73 
Hab. apud Trebizond. 


b. Carnivora s. str. 


Vulpes fulvipes Martin. (Pr. Z. S.11). V.robustus, ar- 
tubus brevibus; cauda mediocri; corpore colore cano nigroque 
commixtis; hoc in dorso praevalente; capite sordide fulvescente, 
cano irrorato, rostro fusco, labiis superioribus ad marginem sor- 
dide albis, mento fuliginoso, auribus externe castaneis; -brachüis 
interne, tarsis digitisque fulvis; genis, gula, corporeque subtus, 
sordide albis; cauda vellere breyiore per terliam partem induta, 


apice floceoso et fuliginoso. 
ped. une, lin. 


Longitudo corporis ad basin caudae . . . . 
—_ caudae ad apicem velleris. . » .0 9 0 


Br 


405 


F L ped. une. ln. 
Longitudo rostri ad oculos . ». »...0 1 4 
— aurium ı . 10. 31.58 


— tarsorum ad plantam digitalem . 0 2 4 
Altitado apud humerös . . ». » » ...040 0 
Hab. in Insula Chilöe. An Culpeu Molinae? 

Vulpes Magellanicus Gray. Loud Mag. N. S.1. p.578. 
Graulich mit schwarz varürt auf dem Rücken. (ueerbinde 
am Nacken, und Oberseite des Schwanzes schwarz. Kopf hell 
gelblich. Hinterseite der Ohren, Nacken und Seite der Len- 
den, Unterseite des Schwanzes hell rothgelb (fulvous). Kinn, 
Hals, Brust, Bauch und Vorderseite der Beine weils. Haare 
des Rückens lang, mit einer breiten weilsen Binde vor dem 
Ende. Unterpelz sehr dick, silberfarbig. Länge des Kopfs 8“, 
Körper 20‘, Schwanz 12“. Magellanstr. 


Vulpes griseus Gray. ib. Blals grau, mit schwärzlichen 
Haarspitzen. Beine blalsrothgelb. Lippen, Kehle, Bauch, Vor- 
derseite der Lenden weils. Schwanz schwärzlich an der Basis 
der Oberseite und am Ende. Magellanstr. 

Vulpes Hodgsonii Gray. ib. Pelz etwas wollig; oben 
blaulich grau. Vorderkopf, Nacken, Mitte des Rückens gelblich 
braun. Schwanzende schwarz. Kinn u. Unterseite weils. Nepal. 

Canis chrysurus Gray. ib. Pelz blafs fuchsfarbig, mit 
schwarzspitzigen weilsen Haaren untermischt, welche häufiger 
an den Seiten, und nur an der Hinterseite des Rückens zer- 
streut sind. Unterpelz weich, seidenartig; des Rückens roth- 

elb, an den Seiten weilslich; bleifarbig an der Basis der Haare. 

Nennen, Kinn, Kehle und Bauch weils, Seiten der Brust, 
Innenseite der Beine gelblich weils. Oberseite der Beine und 
Afterregion hell röthlich rostgelb. Schwanz cylindrisch, bis fast 
zur Erde reichend; blafs gelb mit dunkel brauner Spitze und 
einem reichlichen Büschel etwas steifer Haare an seiner Ober- 
seite zunächst der Basis. Ohren etwas grols, spitz, grau, aulsen 
mit Schwarz gerandet; innen weilslich. Die langen Haare des 
Rückens dünn an der Basis, weils, dicker und steif an der 
Spitze, jedes mit einem breiten schwärzlichen Ring und brau- 
ner Spitze, die sich an den Haaren der Seite am weitesten er- 
treckt. Länge 235”, Schwanz 10. Indien. 

Lutra indica Gray. ib. Nasenspitze (Muffel) kahl. Soblen 
der Hinterfülse vorn kahl, auf der hinteren Hälfte behaart. 
Pelz blals braun, mit weils varirt. Haare kurz, längere zer- 
streut. Lippen und Unterseite des Körpers blals bräunlich weils. 

 Unterpelz kurz. — Var. mit weilser Schwanzspitze. — Bombay. 
L. californica Gray. Muffel kahl; Sohlen der Hinterfülse 
vorn kahl, hinten behaart. Pelz dunkel braun, mit zerstreuten 
- weilsspitzigen Haaren. Seiten, Lippen, Unterseite blals braun. 
- Die Schwimnihäute mit vereinzelten Haaren, Californien. 

L. chinensis Gray ibid. Muffel kahl. Sohlen der Hin- 
terfülse wie bei der vorigen. Pelz blals braun. Enden der Ohren, 
Lippen, Wangen, Kinn, Kehle, Unterseite des Körpers, Hinter- 


V, Jahrg. Bd, 1. 27 


406 


er der Beine, Unterseite der Schwanzwurzel blafs gelb. — 
ina. 

Pteronura Gray. Kopf breit, niedergedrückt. Nasen- 
spitze behaart. Fülse breit; Zehen 5.5. getrennt, mit sehr brei- 
ten Schwimmhäuten. Schwanz verlängert, fast cylindrisch, mit 
einer flossenartigen Erweiterung jederseits an seiner Hinter- 
hälfte. Vorderz. £; die vier mittleren oben breiter, gleich grols, 
lancetförmig: die äufseren klein, konisch; Eckzähne lang; Bak- 
kenzähne? — Nasenlöcher nur mit einem kleinen nackten Fleck 
an ihrem oberem Rande. Augen klein. Ohren klein, rund, u. 
innen sehr behaart. Fülse sehr grols, die Mitte haltend zwi- 
schen denen der Ottern und Enchydris. Zehen verlängert, mit 
langen spitzen Nägeln, die Hinterzehen sehr lang, die beiden 
äulseren die längsten, die anderen nach innen kürzer werdend. 

P. Sandbachii. Pelz weich, leberfarbig braun; Augen- 
rand blafser. Lippen, Kinn, Kehle gelblich; letztere braun ge- 
fleckt. Länge des Kopfs 64“, Körper 10“, Schwanz 12”. 
Breite des Kopfs von Ohr zu Ohr 44“, Vorderfülse 33“ im 
Durchmesser, Hinterfülse 4“ lang, 3“ breit. Demarara. 


S. die Abbildung im IV. Jahrgange Bd. II. Taf. X. 


Druckfehler. 


Seite 5 Anm. Zeile 2 v. u, hepati st. hepate 
„ 4 Zeile 9 v. u. parallele st. paralle. 
» 47 „ 41 v. o. Magellan-Str. st. Magallen 
— ,„  4v.u. entfalten st. enthalten 
„ 213 ,„ 20 nudum, viride 
» 216 ,„ 3 schönsten st. schärfsten 
„ 216 „ 21 Asarineae st. Avarineae 
„ 218 ,„ 22 Grund, diese 
»„ 29 „ 24 (Wall.) st. (Well) 
% = ” 1n Mangle st. Monyle 
” ” 
»„ 2333 „ 2 Cyrtopodium st. Cystopodium 
» 33 „ .4 Pandanus st. Paudanus 


„28 „ 5v.u ist — Zellen zu streichen 

„ 260 „ 412 v. o. befruchteten st. Befruchteten 
»„ 255 ,„ 42 v. u. Thalietrum st. Thalvitrum 

„ 300 „ 42 v. o. abweichend st. abwesend 

»„ 333 „ 4 v. u. Lipoglossis st. Sipoglossis 

» 365 „ 416 v. u. seinem st. ihrem 

»„ 537° _ „ 8 wv. o, Pedipes st. Pepid»s 

» zz M 


Gedruckt bei den Gebr. Unger, 


ARCHIV 


FÜR 


NATURGESCHICHTE. 


IN VERBINDUNG MIT MEHREREN GELEHRTEN 
HERAUSGEGEBEN 


von 


DR. AR. FR. AUG. WIEGMANN, 


AUSSERORD, PROFESSOR AN DER FRIEDRICH - WILHELMS -UNIVERSITÄT 
ZU BERLIN. 
ao MUFZ 


* 72 
Aa 


FÜNFTER JAHRGANG. 
Zweiter Band, 


BERICHT ÜBER DIE LEISTUNGEN IM GEBIETE DER NATUR- 
GESCHICHTE WÄHREND DES JAHRES 1838. 


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BERLIN 1839. 
IN DER NICOLAVSCHEN BUCHHANDLUNG. 


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Inhalt des zweiten Bandes. 


Seite. 
1. Bericht über die Arbeiten in der physiologischen 

Botanik von. Dr. E.J.E.Meyen . .. 2 ...... 
Ueber Ernährungs- und Wachsthums-Erscheinungen bei 
den Pflanzen S.1. Ursprung des Stickstoffs in den Pflan- 
zen 2. Pflanzen durch Luft und reines Wasser ernährt 6. 
Respiration keimender Bohnen 7. Stickstoffgehalt ver- 
schiedener vegetabilischer Nahrungsstoffe 7. Analysen des 
Klebers und des Pflanzeneyweifsstoffes 8. Analysen des 
Inulin’s und der Moosstärke 10. Aphorismen zur Anato- 
mie und Physiologie der Pflanzen 41. Entstehung der 
Zellen der Pflanzen 13. Vorkommen von Spiralfasern in 
den Hüllen der Saamen 17. Bildung des Spiralgefäfses 
aus einem Amylum-Kügelchen 19. Umwandlung der se- 
cundären Ablagerungen an den Zellenwänden in Amylum 
20. Eoperuingen über den vegetabilischen Faserstoff u. 
sein Verhältnifs zum Stärkemehl 22. Chemische Zusam- 
mensetzung der Pflanzengewebe23. Holzige Concretionen 
in den Birnen 24. Entstehung der Baströhren 26. Fort- 
Meisner Erscheinungen bei den Gewächsen 26. Bildung 
des Eychens und Entstehung des Embryo’s bei den Pha- 
nerogamen 27. Bastardzeugung 33. Frucht- u. Saamen- 
bau bei Santalum 33. Entwickelung des Embryo’s bei 
den Gattungen Loranthus und Viscum 34. Endlicher’s 
Theorie über die Pflanzenzeugung 35. Bau der Saamen 
und des Embryo’s der Pflanzen 38. Anatomie und Physi- 
ologie der Blüthe des Cereusgrandiflorus 40. Umhüllung 
des Agnes bei den Scaevolaceen und Goodeniaceen 4. 
Saamenbildung am Bingelkraut (MMercurialis annua) ohne 
Befruchtung 42. Entwickelung der handförmigen Knollen 
der Orchideen 43. Lemna arrhizu 43. Saamenthierchen 
der Cryptogamen 45—51. Bau der Fructifications-Orga 
ne bei den Hymenomyceten 51 —55. Oeltröpfchen in den 
Fortpflanzungskörpern der Pilze 55. Untersuchungen der 
Hefe 56. Electrische Strömungen während des Gährungs- 
rungsprozesses 59. Turpin’s allgemeine Betrachtungen 
über die Organisation u. die Physiologie der Pflanzen 60. 
Organisation u. Fortpflanzung der Caulerpien 61. Rothe 
Färbung des Seewassers in den Salinen 61. Oscillatoria 
labyrinthiformis 64. Laubwechsel der Laminaria digi- 
tata u. 5. w. 62. Organographie und Physiologie der Al- 
gen63. Aphanizomenen incurvum, eine neue Conferve 64. 


Metamorphose der Algen 65. Ehrenberg’s Prachtwerk 
über die Infusorien 65. Ueber Bewegung der Säfte und 
Transpiration der Pflanzen 71. Steigen des Nahrungssaf- 
tes in den Pflanzen 71. Saftbewegung dei der Chara 72. 
Beobachtungen über die Rotationsströmungen in den Zel- 
len der Pflanzen 74—77. Circulation im Eychen der 
Feige 78. Einflufs des Lichtes auf die Transpiration der 
Pflanzen 79. Ueber Farbenbildung, Wärme- und Licht- 
Entwickelung 80. Blattgrün 80. Farbestoff in den Blät- 
tern von Polygonum tinctorium 2. Farbenveränderung 
der Blüthen des Hibisceus mutabilis 82. Ueber die Erhö- 
hung der Temperatur an den Blüthen der Colocasia odora 
83. Ueber das Leuchten der Pflanzen 86. Ueber Abson- 
derung verschiedener Stoffe 86. Giftige Wirkung des 
Manschinellbaumes 86. Krystalle auf den Drüsenköpfchen 
der Altropa frutescens 87. Vorkommen des Tabaschir’s 
und dessen nähere Eigenschaften 87. Perldrüsen 87. Ab- 
sonderung der Wurzelspitzen 88. Ueber Irritabilität und 
Sensibilität der Gewächse 89. Wirkung der Gifte auf die 
Reizbarkeit der Blätter an der Sinnpflanze 89. Reizbar- 
keit des Säulchens von Stylidium 91. Zur Anatomie der 
Gewächse 94. Classification der Elementar- Organe der 
Pflanzen 94. Vergleichende Phytotomie vor- und jetzt- 
weltlicher Pflanzenstämme 96. Lepidodendra 98. Wur- 
zeln der Pflanzen 100, Anwachsen von neuen Theilen in 
den Pflanzen 100. Harmonie des organes vegetaux ete. 
402. Fehlen der Baströhren in den Wurzeln und am 
Stengel einiger Gewächse 102. Parasitismus der Tilland- 
sien 102. Markröhre u. deren Querwände in dem Stamme 
der Ceeropia palmata 103. Hautdrüsen der Pflanzen und 
deren Spaltöffnungen 104. Luftröhren-Haare bei Villarsia 
nymphaeoides etc. 106. Drüsen, welche das Wasser in 
den Schläuchen der Nepenthes destillatoria absondern 108, 
Biforinen 110. Sphagnum-Zellen und ihre Poren 110. 
Poröse Zellen bei Sphagnum, Dieranum und Octoblepha- 
rum 411. Struktur der Kapselwände bei Pellia epiphylia 
113. Bau der vegetabilischen Zellenmembran 114. Ueber 
Pflanzenkrankheiten 117. Krankheiten u. krankhafte Mifs- 
bildungen der Gewächse ete. Mutterkorn 118. Schädli- 
cher Einflufs der Sabine auf den Birnbaum 120. Wirkung 
des Frostes auf die Kartoffeln 121. Gefrieren der Pflan- 
zen 122. Entstehung der Bleichsucht als Folge von Spät- 
frösten 122. Zur Morphologie 122. Morphologische Deu- 
tung der Gattung Caulteria Humb, 122. Entwickelungs- 
eschichte der Blüthentheile bei den Leguminosen 123. 
Stellung der Blätter 124. Laubknospen 125. Präfoliation 
der Oycadeen 126. Entstehung der Knollen der Corydalis 
cava und C. solida 127. Metamorphose des Stengels und 
der Blätter einiger Euphorbien 127. Trifolium anomalum 
129. Blüthen- und Fruchtbau der Orueiferen 130. Ueber 
Cistaceen 131. Morphologie der Wasser - absondernden 
Schläuche 431. Trichterförmige Anwüchse auf den Blät- 
tern der Brassica oleracea 132. Mifsbildungen an Car- 
damine pratensis 133. Verschiedenes Wachsthum der 
Blätter 133. Zur Pflanzen- Geographie 134. Entstehung 
der verschiedenen Pflanzen-Formen auf der Erdfläche 131. 
Bodenkunde oder die Lehre vomBoden etc. 135, Boden- 


Seite. 


Seite, 
stetigkeit der Pflanzen 136. Einflufs der Erden auf den 
Vegetations-Prozefs 137. Einflufs des Clima’s anf die Be- 
grenzung der natürlichen Familien 158. Ueber die geo- 
graphische Verbreitung der Gentianeen 141. Geographi- 
sche Verbreitung der europäischen Euphorbien 142. Ge- 
ographie der Niederlausitz 142. Beobachtungen über Su- 
matra 143. Vergleichung der Flora der Preufs. Rhein- 
Provinz mtt der Flora von Nord-Niederland 444. Gren- 
zen der Getreide-Arten in Finnland 145. Abyssinien in 
Bezug auf die Physiognomik der Landschaft 146. Vege- 
tation des Berges Ventoux 147. Floren der Vorwelt 149, 
Phytogeographische Gegenstände 150. Geographische Ver- 
theilung der Palmen 152. 


I. Bericht über die Leistungen im Gebiete der Hel- 
minthologie von Dr. C. Th. v. Siebold. .. ... 15 


Nematoidea 154. Acanthocephala 159, Trematoda 160. 
Cestoidea 165. Cystica 167. 


IM. Berichtüber dieLeistungenimGebieteder Zoolo- 
ie während des Jahres 1838 von Dr. Erichson, 
r. F. H. Troschel, Fr. Stein und dem Heraus- 
ONE RE elle ea AZO 
Allgemeines vom Herausgeber 170. Reisewerke und 
Faunen 175. Entwicklungsgeschichte niederer Thiere 180. 
Meeresleuchten 1483. Begriff von Art 184. 


1. Infusoria bearbeitet vom Herausgeber .. . .. 178 
Räderthiere 193. Polythalamia s. Rhizopoda 194. k 
I RolypesonDemselben > ../aa: Heer 
q Anthoxoa 4198. Bryozoa 199 
I. Acalephae vom Herausgeber. . . . .....2%0 
IV. Echinodermata vom Herausgeber . .. . .. 200 
V. Mollusca bearbeitet von Dr. Troschel. . .. . 201 


A. Cephalopoda 208. B. Pteropoda 211. C. Heteropoda 
Lam. 215. D. Gasteropoda 216. a. Pulmonata 216. b. 
Ctenobranchia 225. c. Gymnobranchia 230. d. Aspido- 
branchia 231. e. Cyelobranchia 231. f. Cirrobranchia 232, 
E. Branchiopoda 232. F. Conchifera 232. 


VI-VII. Annulata, Crustacea, Arachnidae bear- 
BEBELWONHRSbENIn 2° ee 

VI. Annulata 242. 
VI, Crustacea 247. Faunen, geographische Verbrei- 
tung, Respiration 253. Parasita 254. Entomostraca 256. 
pic 260. Decapoda 264. Amphipoda 267. Iso- 

oda 270. 

Il. Arachnidae 272, Acarina 272. Scorpionina 217. 
Aranina 277. Myriapoda 278. 


IX. Insecta bearbeitet von Dr. Erichson . . . . . 282 


Allgemeines: Generatio aequivoca 282. Gehör 284. All- 
gemeine Schriften 285. Coleoptera 309. Orthoptera 346. 


vI 


Seite. 
Neuroptera 346. Hymenoptera 351. Lepidoptera 360. or 
Diptera 3711. Hemiptera 374. Parasita 375. 


X. Pisces bearbeitet Dr. Troschel. .... 


Allgemeines — Acanthopterygü 378. Malacopterygü 380. 
Lophobranchit — Pectognathi — ee 3 


X1.—XIl. Amphibia, Aves, Mammalia bearbeitet vom 

Herausmeber?. 177.7 1.7 SoNEsee len, 25 EEE 
XI. Amphibia — Batrachia, Serpentes 390. Sauri 392. 
Chelonü 394. 
X1. Aves 395. Allgemeines, 1. Natatores 398. 2. Gral- 
lae 399. 3. Cursores 400. 4. Rasores s. Gallinacei 400. 
5. Imsessores 401. (a. Canori 402. b. Syndactyli 405. 
c. Zygodactyli 405. d. Suspensi s. Trochilidae ibid, e. 
Hiantes.) 6. Raptatores 406. 
XI. Mammalia 408. Allgemeines 408. 1. Cetacea 
410. 2. Pachydermata 413. 3. Ruminantia 414. 4. Mo- 
notremata 447. 5. Marsupialia 417. 6. Glires 419. 7. 
Carnivora. A. Insectivora 420. B. Pinnipedia 421. C. X 
Carnivora 422. 8. Chiroptera 427. Quadrumana 427, 


378 


Berichtigungen im Jahresberichte. 


Seite 191 Zeile 44 v. u. st. fast Alles lies: die Function fast 
aller Organe. 

266 u. 267 in der Anmerkung lies überall Kieferfufse st. 
Maxillen. 

267 Z. 12. v. u. lies Decapoden st. Garneelen. 

272 st. IL Arachnidae lies: VIII. Arachnidae. 


” 


” 


‘Jahresbericht über die Resultate der Arbeiten im Felde 


der pbysiologischen Botanik von dem Jahre 1838 
von 


J. Meyen. 


E: ist erfreulich zu sehen, dafs auch im vergangenen Jahre 
die Anzahl der Arbeiten im Felde der Pflanzen -Physiologie 
abermals zugenommen, und dafs die Wissenschaft in dieser 
Zeit überaus wichtige Fortschritte gemacht hat. 

Bei der Bearbeitung des vorliegenden Berichtes bin ich im All- 
gemeinen den Grundsätzen treu geblieben, welche mich bei 
den früheren leiteten, doch ward dieselbe durch das gleich- 
zeitige Erscheinen der Fortsetzungen zweier Lehrbücher der 
Pflanzen -Physiologie sehr erschwert; es erschien nämlich von 
Herrn Treviranus Physiologieder Gewächse der zweite 
Theil*) und von meinem Neuen System der Pflanzen- 
Physiologie der zweite und dritte Theil**), wodurch ich 
bei den verschiedensten Gegenständen nur zu oft gezwungen 
ward, auf meine eigene Bearbeitung aufmerksam zu machen. 
Nachdem nun aber meine Schrift über die Pflanzen -Physiolo- 
gie erschienen ist, werden die künftigen Berichte wegen je- 


”) Bonn 1838. Mit 3 Tafeln. 
*") 1I. Berlin 4838. Mit 3 Kupfertafeln und mehreren Holzschnit- 
ten, und JII. Berlin 4839. Mit 6 Kupfertafeln in Quart. 
V. Jahrg, 2, Band. 1 


2 


nes Uebelstandes zu verbessern sein, und ich werde suchen 
dieselben ferner in der Art zu bearbeiten, dafs sie gleichsam 
als vollständige Nachträge zu meiner Pflanzen-Physiologie be- 
nutzt werden können. 


Am 1. April 1839. 


Ueber Ernährungs- und Wachsthums - Erseheinungen 
bei den Pflanzen. 


N 

Herr Boussingault*) hat sich die Entscheidung der Frage 
über den Ursprung des Stickstofles in den Pflanzen vorgesetzt; er 
selbst giebt an, dafs sich die Physiologen überzeugt hätten, dafs 
die Pflanzen den Stickstoff nicht aus der Atmosphäre aufnehmen, 
er meint jedoch, man sehe nicht ein, wie der Boden, wenn er 
nur stickstofffreie Substanzen aufnimmt, zu einer solchen 
Fruchtbarkeit komme, wie es doch wirklich der Fall sei, wenn 
man denselben mit sogenannten verbessernden Pflanzen be- 
baut, und man müsse deshalb annehmen, dafs die Pflanzen 
auch Stickstoff aus der Luft aufnehmen. Um diese letztere 
Annahme zu erweisen, stellte Herr B. eine Reihe von Versu- 
chen an; er verglich darin die Zusammensetzung des Saamens 
mit der chemischen Zusammensetzung mehr oder weniger aus- 
gewachsener Pflanzen, welche sich, wie es hierbei ange- 
nommen wurde, aufKosten der Luft und des Wässers ent- 
wickelt hatten. Die gleichmäfsige Ausführung solcher Analysen 
ist leider mit sehr grofsen Schwierigkeiten verbunden, welche 
Herr B. als ein geschickter Chemiker so gut als möglich zu 
beseitigen suchte, die Hauptschwierigkeit liegt in der gleichmä- 
fsigen Austrocknung der zur Analyse bestimmten Substanzen, 


*) :Recherches chimiques sur la vegetation, entreprises dans le but 
d’examiner, si les plantes prennent de l’Azote a,l' atmosphere. — An- 
nal. de Chimie et de Physique XVII. 1838. pag. 5 — 54. Im Aus- 
zuge: Compt. rend. d. 22. Jan. 1838 und ausgezogen von dort in den 
Annal. de science. nat, d 1838 II, pag. 247. 


3 


C. N. 0. N. 


2,405 GramKleesaamen enthalten: 1,222 0,144 0,866 0,173 
undgaben nach dem Keimen 
2,241 Gram, welche enthielten . 1,154 0,141 0,767 0.179 


Differenz = — 0,068—0,003—0,099-4-0,006. 


In einem andern Versuche waren die keimenden Pflänz- 
chen bis zur Entwickelung ihrer Cotyledonen gekommen: 
C. DH. 0. N. 
2,074 Gram Kleesaamen enthalten: 1,057‘ 0,124 0,747 0,149’ 


und gaben nach dem Keimen 
1,727 Gram , welche enthielten: 0,817 0,104 0,656 0,150 


Differenz = — 0,237— 0,020—0,091-++0,001. 


Nach diesen Analysen hatte. also der Saamen während 
des Keimens bedeutend an Gewicht verloren und zwar an 
Kohlenstoff und an Wasser, während die Verschiedenheit in 
dem Gehalte des Stiekstoffles zu unbedeutend ist, um daraus 
Schlüsse zu ziehen. Aehnliche Analysen wurden mit Waizen- 
körnern ähgestellt und gaben ganz ähnliche Resultate. Die 
Bildung der Essigsäure bei dem Keimen des Saamens wurde 
ebenfalls beobachtet. 

* Hierauf liefs Herr Boussingault sowohl Klee als Waizen 
in einem Kieselsande wachsen, welcher vorher einer Rothglüh- 
hitze ausgesetzt. worden war, und begofs sie mit destillirtem 
Wasser, Bei der ersten Analyse wurden Kleepflanzen ange- 
wendet, welche zwei Monate alt waren (September und Oc- 
tober). 

C. H. 0. N. 

1,532 Gram Kleesaamen enthalten: 0,778 0,092 0,552 0,110 
und sie gaben eine 

1,649 Gr. schw. Ernte, welche enth. 1,278 0,146 0,982 0,120 


Diflerenz = + 0,500-++0,054-40,430-+-0,010. 


Bei der zweiten Analyse wandte er drei Monate: alten 
Klee an. 
1% 


4 x 


j C. H. 0:4 

4,586 Grani Kleesaamenenthalten: 0,806. 0,095 0,571 0,114 
und gaben eine 

4,106 Gr. schw. Ernte, welche enth. 2,082 0,271 1,597 0,156 


Differenz — +-1,2764-0,176+1,026+-0,042. 


Diese Analysen zeigen also, dafs der Gehalt des Stick- 
stofles im Klee um so gröfser wurde, je länger die Vegetation 
dauerte, und damit man nicht etwa den Einwurf machen könne, 
dafs dieser Zuwachs an Substanz dem hinzugetretenen Staube 
zuzuschreiben sei, so wurden Klee- und Waizenpflanzen in 
einem Apparate gezogen, worin sie gegen allen Staub gesichert 
waren. Die erste Analyse geschah mit zweimonatlichem Wai- 
zen und ergab: 

C. H. 0. N. 

4,244 Gram Waizen enthalten: 0,580 0,072 0,549 0,043 
und sie gaben 

4,819 Gr. Ernte, welche enthielt: 0,901 0,116 0,762 0,040 


Differenz = +0,321+-0,0444-0,213-+0,003. 


Die zweite Analyse geschah mit dreimonatlichem Waizen 
und ergab: 


C. H. 0. N. 

1,644 Gram Waizen enthält: 0,767 0,095 0,725 0,057 
r welche eine Erndte von 

3,022 Gram gaben, die enthielt: 0,456 0,173 1,333 0,060 


Differenz = +0,689-+-0,073-+0,608-++0,003. 


Der Waizen wuchs also hier unter ähnlichen Verhältnissen 
wie der Klee, doch nur der Klee zeigte eine Zunahme an 
Stickstoffgehalt. 

Demnach ginge aus diesen Untersuchungen hervor, dafs 
während des Keimens die Saamen keinen Stickstoff aufnehmen, 
aber auch keinen verlieren, während sie bedeutenden Verlust 
an Kohlenstoff und Wasser erleiden; in den späteren Perio- 
den des Wachsthums nehmen die Pflanzen nicht nur an Koh- 
lenstoff und Wasser zu, sondern der Klee nahm auch an Stick= 
stoff zu, was am Waizen nicht beobachtet wurde. 


Bei allen diesen Untersuchungen ist Herr Boussingault 


5 


von der Voraussetzung ausgegangen, dafs eine Pflanze ganz 
allein auf Kosten des Wassers und der Atmosphäre wachsen 
und selbst zu einer ziemlich vollkommenen Entwickelung ge- 
langen kann; 'er liefs die Pflanzen in ausgeglühtem Sande wach- 
sen und begofs sie mit destilirtem Wasser, und sowohl diese, 
sowie auch noch mehrere ähnliche Beobachtungen anderer Ge- 
lehrten scheinen jene Ansicht zu bestätigen. Es ist indessen 
des Referenten Pflicht, auch auf die Gegenbemerkungen auf- 
merksam zu machen, nach welchen die Pflanzen, wenn sie 
blofs dem Wasser und der Atmosphäre ausgesetzt werden, 
nicht länger wachsen, als die in ihrem Saamen abgelagerte 
Reservenahrung dazu ausreicht. Ref. verweist deshalb auf 
seine eigenen mit aller Genauigkeit angestellten Versuche, die 
in der Pflanzen-Physiologie (II. pag. 130 u. s. w.) neben den 
Beobachtungen von Herrn Jablonsky u. A. m. aufgeführt 
sind, ja er macht darauf aufmerksam, dafs es fast unmöglich 
auszuführen ist, dafs die Würzelchen keimender Pflanzen 
nichts Anders, als reines Wasser erhalten, denn keimen die 
Saamen in reinem Wasser, so erzeugen sich sogleich an der 
Oberfläche der Würzelchen eine Menge von Infusorien, diese 
sterben wieder ab und der daraus entstehende, offenbar Stick- 
stofl-haltige Schleim geht in die Pflanzen hinein. Die Bildung 
der Infusorien konnte Ref. unter solchen Verhältnissen gar 
nicht unterdrücken, ja in anderen Fällen, wo er Kürbis-Saa- 
men in weifsem vollkommen gereinigten Marmor wachsen 
liefs, der sich in einem Blumenzwiebelglase befand, zeigten 
sich an den Spitzen der 4 bis 5 Zoll herabgestiegenen. Wur- 
zeln, die unter aller Vorsicht nur mit destillirtem Wasser be- 
gossen waren, ein grüner Anflug, dessen Auftreten und all- 
mählige Verbreitung nach Oben man sehr leicht verfolgen 
konnte, Bei solehenBeobachtungen glaube an das alte „omne 
vivum ex 0vo“ wer da will! Der grüne Anflug wurde durch 
eine Protococcus-Art dargestellt und diese Pflänzchen wach- 
sen in einem Schleime, welcher wiederum von den Wurzeln, 
ganz nach dem Grade seiner Lösung aufgenommen wird. Wie 
überaus wenig organische Substanz übrigens nöthig ist, um 


"kleine Pfänzchen bei kümmerlichem Wachsthum‘ zu erhalten, 


das geht schon aus den Beobachtungen hervor, dafs Pflanzen 
in gewöhnlichen käuflichen Schwefelblumen wachsen, die in 


6 


vollkommen gereinigten Schwefelblumen nicht weiter wachsen, 
als die Reseryvenahrung in den Saamen dazu ausreicht. 

In der Sitzung der Akademie :zu Paris vom 19. Novem- 
ber ist eine zweite Arbeit desHerrn Boussingault*) publieirt 
worden, worin die Annahme, dafs die Pflanzen ihren Stickstoff 
aus der Luft aufnehmen, von Neuem bestätigt wird. H.Bous- 
singault liefs Erbsen in ausgeglühtem Sande wachsen und gab 
ihnen nichts als Wasser und Luft, und dennoch kamen sie 
zur Blüthe und gaben vollkommen reifen Saamen. Diese An- 
gabe, welche bekanntlich schon von verschiedenen Seiten her 
durch ähnliche genaue Versuche bestritten worden ist, wurde 
auch durch Herrn Colin **) bestätigt; derselbe hat Erbsen, 
Bohnen, eine gemeine Zwiebel und eine Pflanze von Polygo- 
num tlinctorium mit reinem Wasser undLuft ernährt und sah, 
dafs diese Gewächse zur Blüthe kamen und reife Früchte 
/brachten. 


Bei den Versuchen des Herrn Boussingault gewannen 
1,072 Gr. gesäete Erbsen, während einer Vegetation von 99 
Tagen 3,369 Gr. an organischer Materie. Die Pflanzen ent- 
hielten mehr als das Doppelte an Stickstoff, welchen die Saa- 
men enthielten; die geernteten Saamen enthielten jedoch we- 
niger davon als der gesäete. Die organische Substanz, um 
welche sich das Gewicht der Erbsenpflanzen vergröfsert hatte, 
enthielt im Ueberflufs ‘Wasserstoflgas.. Junge Kleepflanzen 
(0,884 Gram an Gewicht) wurden in reinen Sand gepflanzt 
und gaben nach 63tägigem Wachsthume 2,264 Gr., sie hatten 
also in dieser Zeit aus der Luft und dem Wasser das Drei- 
fache an Nahrungsstoff eingenommen und fast das Doppelte an 
Stickstoff. 

Hafer-Pflänzchen wurden dagegen in reinem Wasser ge- 
zogen, sie vermehrten ebenfalls ihren Gehalt an Nahrungsstoff, 
zeigten aber keine Zunahme an Stickstoff, und gaben also 
dasselbe Resultat, welches H. B. schon früher bei der Beob- 
achtung des Waizens erhalten hatte. ; 


*) Recherches chimiques sur la vegetation, entreprises dans le but“ 
d’examiner si le plantes prennent de luzote & l’atmosphäre. — 
Compt. rend. d. 1838 Il. pag. 882. 


**) Compt. rend. d. 4838. II. pag. 979. 


4 


Eine der wichtigsten Thatsachen, welche aus des Herrn 
De Saussure’s schönen Uutersuchungen über die Respiration 
der Pflanzen hervorging, war die: dafs bei dem Keimurigsaete 
der Saamen das Wasser nicht zersetzt werde, aber ganz 
neuerlichst haben die Herren Edwards und Colin*) einige 
Beobachtungen bekannt gemacht, aus welchen sie glauben fol- 
gern zu können, dafs jenes Saussure’'sche Resultat unrichtig 
sei. Man legte 40 Bohnen (feves de marais).in einen gro- 
fsen Ballon der 3 bis 4 Litre Wasser fasste und beobachtete 
die Gasentwickelung jener Bohnen. Die Gasentwickelung ging 
anfangs langsam, später aber so bedeutend vor sich, dafs man 
darauf besonders aufmerksam wurd“. Das Wasser enthielt 
vor dem Versuche 7,5 Centilitres Luft und nacli dem Versu- 
che von 5 Tagen Dauer zeigte es 55,5 Centilitres, und diese 
Luft bestand aus 48 Centilitres Kohlensäure, 2,5 Millilitr. 
Sauerstoff und 6,5 Centil. Stickstoff (?): Da nun aber die Luft, 
welche vor dem Versuche im Wasser enthalten’ war, nicht so 
viel Sauerstofigas enthielt, als zur Bildung einer so grofsen 
Menge von Kohlensäure nöthig ist, so schliefsen die Herren 
Edwards und Colin, dafs hierbei das Wasser zersetzt sein 
müsse, und dafs das dabei freiwerdende Wasserstofigas sogleich 
von der ganzen Oberfläche der Saamen resorbirt werde, indem 
eine Entwickelung von Wasserstoflgas nicht beobachtet wird. 

Dem geneigten Leser möchte aber diese Erklärung nicht 
ganz befriedigend erscheinen, denn es ist ganz unbegreiflich, 
dafs die Saamen jene ungeheure Menge von Wasserstoffgas 
vollkommen absorbiren sollen, welche bei derZersetzung einer 
so grofsen Menge von Wasser frei wird, als nöthig war um 
den Sauerstoff zur Kohlensäure zu liefern. 

Herm Boussingault**) verdanken wir auch sehr interes- 
sante Untersuchungen über den Stickstofligehalt verschiedener 
Nahrungsstofe für Thiere und Pflanzen, er glaubt von dem 
Satze ausgehen zu können, dafs die Futterarten um so nahr- 


*) Sur la Respiration des plantes — Compt..rendu d. 1838, I. 
pug. 922. 
*") Recherches sur la Quantitd d’Azote contenue dans les Four- 
rages, et sur lears Equivalens. — Ann. de Chimie et de Physique 
” 4838. T. LXVII, pag. 408 — 421. / 


8 


hafter sind, je :beträchtlicher die darin enthaltene Menge an 
Stickstoff ist. Herr Boussingaultfand, dafs dieKartoffeln wäh- 
rend ihrer Aufbewahrung im Winter Stickstoff verlieren und 
dafs also auch ihr Ernährungsvermögen dadurch abnimmt, doch 
bekanntlich vermindert sich auch der Amylum-Gehalt der Kar- 
toffeln in dieser Zeit (S. Ref. Pfl. Physiolog. II. pag. 277) 
und dieses mufs dabei also auch in Anschlag: gebracht wer- 
den. Frische, nicht ausgetrocknete Kartoffeln enthielten 0,0037 
Stickstoff, während 10 Monate alte Kartoffeln nur noch 0,0028 
davon enthielten. Herr Boussingault giebt hierauf eine Ueber- 
sicht des Stickstoffgehaltes einer grofsen Menge von Substan- 
zen an, welche für Thiere und Menschen zur Ernährung an- 
gewendet werden, wovon ich hier aber nur einige der wich- 
tigsten aufführen kann. 

Subst. bei 1000 getr. Stickstoffgeh, Subst. bei 100 getr. Stickstoffgeh, 


Heu 0,0130 _ Mohrrüben 0,0249 
Klee in Blüthe 0,0170 Runkelrüben 0,0270 
Wicken in Blüthe 0,0336 Kohlrabi 0,0466 
Luzerne 0.0166 Weifse Bohnen 0,0550 
Roggenstroh 0.0020 Linsen 0,0440 
Haterstroh 0,0036 Wicken 0,0513 
Weifskohl 0,0370 Mays 0,0200 
Kartoffelkraut 0,0229 Roggen 0,0229 
Gerste 0,0202 Hafer 0,1222 
Leinkuchen 0,0600. .Oelkuchen 0,0550. 


In einer andern Abhandlung des Herrn Boussingault*), wel- 
che mir bei der Bearbeitung des vorigen Jahresberichtes ent- 
gangen ist, finden wir die genauesten Analysen des Kleber’s 
und des Pflanzeneyweifsstoffes aus dem Waizen, welche in 
des Refer. Physiologie der Pflanzen (II. pag. 288 und 289) 
noch fehlen. Reiner Kleber, der durch Behandlung des rohen 
Klebers mit Essigsäure und Fällung durch kohlensaures Am- 
moniak erhalten war, enthielt: 

C. H. N. 0. 
‚0,520 0,070 0,198,70,221. Das Pflanzeneyweis 
dagegen enthielt:0,527 0,069 0,184 0,230. 


” Mem. sur la quantite de Glutin cont. dans les Farines d. plus. 
espec. d. Frommens cultives dans le ımeme sol. — Ann. de Chim. et 
de Phis. 1837. T. LXV. pag. 301. 


| 


9 


Die Resultate dieser Analysen sind ganz besonders merk- 
würdig, indem die erhaltenen Unterschiede so äufserst gering 
sind, dafs man die Zusammensetzung des Klebers und, des 
Pflanzeneyweisstofles als vollkommen gleich ansehen kann. 

Auch die andern assimilirten Nahrungsstoffe der Pflanzen 
sind im verlaufenen Jahre in phytochemischer Hinsicht vielfach 
untersucht. Referent (Physiologie ete. II. pag. 283) zeigte von 
Neuem, dafs das Inulin nur im gelösten Zustande in demZel- 
lensafte der Pflanzen vorkomme, dafs es sich aber durch Ge- 
frieren dieser Pflanzentheile in Form von Kügelchen ausscheide, 
welche den Amylum - Kügelchen sehr ähnlich erscheinen und 
dann auch im Wasser nur sehr schwer löslich sind. In den 
Georginen-Knollen ist das Inulin fast nur in den äufsern Zel- 
lenschichten enthalten, Diefses äufserst reine, durch Gefrieren 
ausgeschiedene Inulin zeigte noch eine Analyse, welche Herr 
Mitscherlich ausführte: 43,72 C., 6,20 H. und 50,08 O., 


Herr G. J. Mulder*) hat dagegen in einer Abhandlung _ 
über Inulin und Moosstärke folgende biervon sehr abweichende 
Elementar - Analysen der genannten Stoffe gegeben: Das Inu- 
lin wurde durch Auskochen aus den Wurzeln von Leontodon 
Taraxacum, und der Inula gewonnen, war demnach vielleicht 
nicht so rein, als das den Ref. durch Gefrieren ausgeschiedene 

‘ Inulin. Es enthielten: 
Inulin von Inulin von und Moosstärke 


Taraxacum Inula 
C. 4475 45,04 44,71 und 45,15 
H. 6,20 6,28 626 - 630 
0. 49,05 48,68 49,03 - 45,55. 


Die grünliche Färbung, welche eine Abkochung des isländischen 
Mooses mit Jodine zeigt, erklärt H. Mulder durch eine Mi- 
schung des blaugefärbten Amylum und der gelbgefärbten Moos- 
stärke, welche Stoffe in der Pflanze neben einander vorkom- 
men. Ausführlicher wurde hierüber im vorigen Jahresberichte 
pag. 67 gehandelt, auch sehe man hiezu des Ref. Pflanz. Phy- 
siologie (H. pag. 285 u. s. w.) 


*) Bulletin des sciences physiques en Neerlanda 4838. pag. 40 — 
42 und Nat. en Scheck. Archief. 1837 No. 4. 


10 


Ueber Amylum haben wir durch Herrn Payen*) eine sehr 
umfangreiche Arbeit mit 6 Tafeln Abbildungen erhalten, _wel- 
che zum Theil das schon Bekannte zusammenstellt, zum Theil 
aber auch viele neue Beobachtungen enthielt, welche die ver- 
schiedenen Formen der Amylumkügelchen verschiedener Pflan- 
zen nachweisen. Der erste Abschnitt handelt von der Gröfse, 
den äufsern Formen, den physischen Eigenschaften der Amy- 
Jum-Kügelchen u. s. w.; eine Tafel giebt die Gröfse der Amy- 
lumkügelchen von sehr vorschiedenen Pflanzen in Tausend- 
theile eines Millimeters an, woraus ich einige Beobachtungen 
hervorheben möchte: Von allen Pflanzen, welche H. P. unter- 
suchte, hatte die Rohan- Kartoffel die gröfsten Amylum-Kügel- 
chen, denn sie maafsen 185 Tausendtheile eines Millimeters; 
die aus dem Rhizom der Maranta arundinacea nur 140, 
die gewöhnlichen Kartoffeln eben so viel, die der Oxelis ere- 
nata 400, der Bataten 45, des Mays 30, des Stengels von 
Cactus pruvianus 30, des Cactus brasiliensis 30, des Cac- 
tus flagelliformis 15, des Caclus. monstruosus 6, des Saa- 
men von Chenopodium Quinoa sogar nur 2 Tausendtlreile 
eines Millimeters. Wie sehr verschieden jedoch die Gröfse 
der Amylum-Kügelchen bei einer und derselben Pflanze ist, 
das ist schon mehrmals in den frühern Jahresberichten mitge- 
theilt worden, und wir haben auch schon kennen gelernt, 
dafs die Amylum-Körner einiger Farrn und Palmen zu den 
gröfsten gehören. Herr Payen giebt ferner specielle Beschrei- 
bung der Form der Amylum-Kügelchen aus einer Menge von 
Pflanzen, wozu die Abbildungen auf beiliegenden Kupfertafeln 
gehören. Der zweite Abschnitt handelt von der Anatomie der 
Amylum-Kügelchen und ist mit einer sehr wenig vollständigen 
historischen Nachweisung über die Untersuchungen dieses Ge- 
genstandes begleitet. Auch dieser Gegenstand ist sehr um- 
ständlich behandelt; die Entstehung der Rüsse, die Abblätter- 
ung der verschiedenen Schichten der Amylum-Körner u. 5. w., 
alles dieses wird in mehreren Fällen speciell' nachgewiesen. 
Dem Verfasser gelang es, diese Abblätterung der Schichten 


*) Sur P’Amidon, considere sous le points de vue anatomique, chi- 
mique et physiologique. — Ann. des science. nat. d. 1838. U. pag. 5 
— 32, 65 — 116, 161 — 192 und 227. 


41 


an dem Amylum-Korn von Canna discolor am deutlichsten zu 
verfolgen. Ein dritter Abschnitt handelt von den chemischen 
Eigenschaften der Stärke, und dieser ist besonders umfang- 
reich; die Abtheilung über die Reaction der Diastase auf das 
Amylum ist uns in phystochemischer Hinsicht ganz besonders 
interessant, aber dem Wesentlichen nach schon früher bekannt 
geworden. Zuletzt wird das Amylum auch in physiologischer 
Hinsicht betrachtet; es ist dieses ebenfalls eine umfangreiche 
Arbeit und besonders beachtenswerth für diejenigen, denen 
die früheren Arbeiten in dieser Hinsicht weniger genau bekannt 
sind. Literatnr ist eigentlich nirgends angegeben und dem 
Referenten scheint es, dafs wir über viele sehr wesentliche 
Punkte dieses Abschnittes in Deutschland schon etwas weiter 
gekommen sind. 

Herr Unger *) hat sein physiologisches Glaubensbekenntnifs 
in Form von Aphorismen bekannt gemacht, welche zugleich 
als Leitfaden-für den mündlichen Vortrag dienen sollen. Der 
Inhalt dieser Schrift ist kurz uud bündig und hie und da mit 
neuen Ansichten versehen, welche an diesem Orte angezeigt 
werden sollen. Als Grundlage aller concreten Bildungen im 
Pflanzenkörper wird ein gleichförmiger bildungsfähiger Schleim 
angenommen, welcher bei vielen niedern Pflanzen die Haupt- 
masse ihres Körpers ausmachen soll; ja in einigen derselben, 
als bei den Nostochineen ist diese Masse besonders überwie- 
gend, und erst mit dem Erscheinen der Pflanzengefäfse tritt 
dieser Mucus matricalis in den Hintergrund. In jeder Pflanze 
und auf jeder Entwickelungsstufe derselben ist es dieser Schleim, 
welcher der Bildung von Zeligewebe und Gefäfsen voraus- 
geht u. s. w., und die Bildung der Zellen geht aus dem pri- 
mitiven Schleime in der Art vor sich, dafs in demselben an 
bestimmten Punkten ein eigenthürmlicher chemisch - organischer 
Prozefs eingeleitet wird, wodurch der Zellinhalt (Nucleus) 
gebildet wird, der sich in dem Maafse vermehrt, als sich der 
umgebende Schleim vernindert und an Consistenz zunimmt. 
Ja bei den Ulvaceen, glaubt Herr Unger, wären die Zellen 
nichts als blofse Aushöhlungen. Der Zelleninhalt ruft bei 


*) Aphorismen zur Anatomie und Physiologie der Pflanzen. Wien 
1838. 


12 


seinem Anwachsen eine stärkere Condensation der ihn umge- 
benden homogenen Schleimmasse hervor und so entsteht eine 
Zellenmembran, welche aber von dem Schleime noch nicht 
unterscheidbar ist u. s. w. Endlich trete erst Scheidung der 
Membran von der umgebenden Schleimmasse ein und es zeige 
sich dann, dafs es keinen Intercellularsaft, sondern einen bild- 
samen Interzellularstoff gebe. Auch alle secundäre Zellenbil- 
dung werde durch Interzellularstoff vermittelt, und zwar durch 
Bildung von Zwischenwänden oder von vollständigen Zellen 
in andern. Bei rascher Entwickelung des Pflanzenkörpers 
werde dann die Interzellularsubstanz verzehrt uud es treten 
dann die leeren Räume dazwischen auf, welche Luft führen. 
Ref. führt diese Ansichten des Herrn Unger über die Bildung 
des Zellgewebes im Zusammenhange an, ist aber in mehreren 
Punkten sehr verschiedener Meinung über diesen Gegenstand 
und hat auch seine Einwürfe schon in früheren Jahren mitge- 
theilt, besonders in Bezug auf die Wichtigkeit und das We- 
sentliche der sogenannten Interzellularsubstanz. Referent glaubt 
für mehrere Fälle sehr bestimmt erwiesen zu haben, dafs die 
sogenannte Intergellularsubstanz von den Zellen selbst gebildet 
wird, und damit ist denn auch für eben dieselben Fälle ganz 
bestimmt erwiesen, dafs die Zellen nicht aus solcher Inter- 
cellularsubstanz gebildet werden können. Es scheint, dafs man 
bei ‘diesen Betrachtungen nur zu oft die Bildungen von ver- 
schiedener Bedeutung zusammengestellt hat. 

In den Gefäfsen, meint Herr Unger, scheint die Bildung 
der Spiralfasern die Saftführende Thätigkeit zu vermindern 
und endlich blofs auf einzelne Perioden zu beschränken. 

Am Schlusse der Schrift stellt Herr Unger ein allgemei- 
nes System der Pflanzen auf, welches auf die Art der Vege- 
tation und auf die anatomische Structur gegründet ist! er theilt 
die Gewächse ein in: p 

4) Thallophyta, auch achsenlose Pflanzen, wozu die Fami- 
lien der Algae, Lichenes, Fungi und Musci gehören. 
2) Cormophylta, auch Achsenflanzen. Diefe grofse Abthei- 
lung zerfällt in die: 
a) Acrobrya, (Pflanzen, deren Stamm durch Gipfelansatz 
fortwächst) wozu gehören die Rhizantheae, Filices, 


13 


Lycopodiaceae, Stigmarieae und Cycadeae, und 
Hydropeltideae. 

b) Amphibrya (Pflanzen, deren Stamm durch An 
satz neuer Gefäfsbündel an‘ der Peripherie an- 
Dicke zunimmt), wozu die Monocotyledones ge- 
hören. 

e) Acramphibrya (Pflanzen, deren Gefäfsbündel sich 

R nicht nur allein nach oben fortsetzen, sondern zu- 
gleich nach Aufsen vervielfältigen), wozu die Fami- 
lien der Coniferae und Calamiteae, der Piperinae 
und der Dicotyledones gehören! 

Herr Schleiden*) hat in einer reichhaltigen und vortreff- 
lichen Arbeit die Frage über die Entstehung der Zellen der 
Pflanzen zu beantworten gesucht. Da sich in den Zellen des 
jungen Embryo und des neu entstandenen Albumen’s das 
constante (Nach Ref. Beobachtungen ist es wohl nicht con- 
stant.) Vorhandensein eines Kernes beobachten läfst, so ver- 
muthete Hr. Schleiden, dafs diefer Zellenkern in einer nähe- 
ren Beziehung zur Entstehung der Zellen stehe und nannte 
ihn defshalb Cytoblastus (Körog ßAaorög). Die Form des- 
selben variirt zwischen dem ovalen und kreisrunden, sowie 
er von der Linsenform zur völligen Kugel überzugehen scheint. 
Die Gröfse variirt von 0,0022 P.Z. im Durchmesser bis z. 
0,00009 P. Z.; es sei jedoch, sagt der Verf. sehr richtig, auf 
diese Messungen im Ganzen wenig zu geben. Herr Schleiden 
giebt hierauf eine speciellere Beschreibung über die Structur 
des Cytoblast; er glaubt, dafs den früheren Beobachtern die- 
ses Gegenstandes ein kleiner scharf begrenzter Körper ent- 
gangen ist, der in oder auf der Substanz des Cytoblast’s ein- 
gesenkt ist und, nach dem Schatten zu urtheilen, ein dicker 
Ring oder ein dickwandiges hohles Kügelchen darzustellen 
scheint. Bei noch kleineren Cytoblasten erscheint er als ein 
scharf umschriebener Fleck, auch wohl ausnahmsweise zwei 
dergleichen. Aus den wasserhellen Flüssigkeiten, welche in 
den jungen Elementarorganen der Pflanzen auftreten, bilden 
sich gekörnte Substanzen, welche man für Gummi halten kann, 


*) Beiträge zur Phytogenesis — Müllers Archiv für Anatomie und 
Physiologie ete. 1838 pag. 137. — Mit zwei Kupfertafeln. 


14 


Die Körnchen, sagt Hr. Sch]. bestehen nur als schwarze Pünkt- 
chen; doch unter den Mikroskopen von Ploesslil, Pistor und 
Amiei sah Ref. dieselben bei gehöriger Einstellung in den Fo- 
eus, ziemlich vollständig durchsichtig, und zuweilen sah er 


’ dieselben, besonders im Embryosacke mit lebhafter Molekular- 


bewegung begabt. Jenen Stoff, der in den Pflanzen auch spä- 
ter neben der Stärke so häufig vorkommt, wie z. B. in den 
Orchisknollen, und unter dem Namen des Pflanzenschleimes 
oder flüssigen Gummi’s bekannt ist, nennt Herr Schleiden 
Pflanzengallerte, und diese sei es, die sich durch neue chemi- 
sche Umänderungen in die wirkliche Zellenmembran ver- 
wandelt. Herr Schleiden scheint also sehr entschieden sagen 
zu wollen, dafs sich die Zellenmembran unmittelbar aus Gum- 
mi bildet, indessen Ref, glaubt, dafs man desto sicherer geht, 
wenn die Substanz, woraus sich die Membranen bilden, nur 
als gummiartig bezeichnet wird. Man findet nur zu allgemein 
das Auftreten des Zuckers neben dem Gummi in den jüngsten 
Pflanzentheilen, besonders im Embryosacke, und. bei vielen 
Pilzen wird es sehr wahrscheinlich, dafs auch fettes Oel bei 
der Bildung der Zellen unmittelbar Antheil nimmt. 

Die Bildung der Cytoblasten geschieht nun nach H. Schlei- 
dens Beobachtungen aus dem Gummi; es trübt sich die homo- 
gene Masse, es zeigen sich einzelne scharf begränzte Körn- 
chen und dann treten granulöse Coagulationen um diese her- 
um auf, wodurch der Cytoblast dargestellt wird. Auf dem 
ausgebildeten Cytoblast soll sich ein feines, durchsichtiges 
Bläschen erheben, und dieses sei die junge Zelle, welche an- 
fangs ein flaches Kugelsegment darstellt. Allmälig dehnt sich 
aber das Bläschen mehr aus und es wird consistenter, wobei 
aber der Cytoblast stets einen Theil der Wand bilden soll. 
Nach und nach wächst nun die ganze Zelle über den Rand 
des Cytoblastes hinaus und wird rasch so grofs, dafs der 
letztere nur als ein kleiner in einer der Seitenwände einge- 
schlossener Körper erscheint. Erst nach der Resorption des 
Zellenkern’s findet die Bildung secundärer Menıbranen statt. 
Hierauf werden verschiedene Fälle aufgeführt, wo der Cyto- 
blast den ganzen Lebensprozefs der Zellen durchmacht, es ist 
aber Hrn. Schleiden entgangen, wie die Bildung von Amylum- 
Kügelchen und selbst der grüngefärhten Zellensaftkügelchen aus 


15 


der Substanz des Zellenkernes geschieht und wie hiermit die 
Resortpion desselben erfolgt; die Resorption des Zellenkerns 
geschieht aber auch in vielen Fällen ohne Kügelchenbildung, son- 
dern es entsteht das flüssige Gummi, woraus dann neue Mem- 
branen gebildet werden. (Ref.) Mit Unrecht suchtHerr Schleiden 
eine nähere Beziehung zwischen dem Cytoblast und den fei- 
nen Saftströmen darzustellen, welche so häufig in den Zellen 
der Pflanzen vorkommen; die Gründe, welche den Beweıs da- 
gegen führen, hat Ref. (Pflanzen-Physiologie II. pag. 244) 
aufgeführt, und wie er glaubt, so zeigt schon die beständige 
Veränderung in der Richtung der Strömungen bei gleichblei- 
bendem Kerne, dafs zwischen diesem und den nicht gleichblei- 
benden Strömungen kein abhängiges Verhältnifs stattfinden kann 
u.s. w. „Aus dem Vorstehenden, sagt Herr Schleiden, geht 
hervor, dafs der Cytoblast nie frei im Innern der Zelle lie- 
gen kann, sondern immer in die Zellenwand eingeschlossen 
ist und zwar so, dafs die Wandung der Zelle sich in zwei 
Laminas spaltet, von denen die eine nach aufsen, die andere 
nach innen über den Cytoblasten weggeht. Die an der innern 
Seite ist aber gewöhnlich die zartere und meist nur gallert- 
artige, wird auch mit dem Cytoblast zugleich resorbirt.“ Ref. 
hat diese Stelle wörtlich mitgetheilt, indem ihm dieselbe un- 
deutlich ist; auch hat derselbe nie etwas ähnliches beobachten 
können. 

Hierauf sucht Herr Schleiden auf scharfsinnige Weise seine 
Ansicht über die Bildung der Zellen mit den Beobachtungen 
des Referenten in Einklang zu bringen, nach welchem die Mem- 
bran der Zellen aus spiralförmig gewundenen und neben ein- 
ander liegenden Fibern besteht. Dergleichen Fälle waren längst 
bekannt, wo die Spiralfasern im Innern von Zellen auftreten, 
und da deutete Referent dieselben als die secundären Abla- 
gerungen, er machte jedoch auch auf andereFälle aufmerksam, 
wo es schien, dafs die ursprünglich zarte Zellenmembran, ohne 
alle Verdickungen, ebenfalls ihre Zusammensetzung aus spi- 
ralförmig gewundenen Fibern zeigt. Herr Schleiden meint 
hiezu, dafs aber auch in solchen Fällen die gesunde Analogie 
das Dasein einer solchen ursprünglich einfachen Membran (die 
nämlich nicht aus Fasern zusammengesetzt ist!) anzunehmen 
erfordere. Allerdings lassen sich in den Zellen der pergament 


» 


16 - 


artigen Schicht der Luftwurzeln der Orchideen u. s. w., wie 
es Ref. selbst beobachtet hat, um die Spiralfaserschichten noch 
gleichmäfsige Membranen beobachten, aber dafs auch diese 
eine spiralförmige Zusammensetzung zeigen, geht aus den 
neueren Beobachtungen hervor (Pflanzen- Physiologie II. pag, 
54). nach welchen sich diese ganzen Zellenwände mitunter in 
spiralförmige Bänder zertheilen. Auch habe ich neuerlichst an 
den prosenchymatischen Zellen von Pinus sylvestris die Beob- 
tung gemacht, dafs sich ihre ganzen Wände zuweilen bei hohem 
Alter in Form des spiralförmigen Bandes auflösen, woraus sie 
zusammengesetzt sind, und, hierbei läuft dann die Spalte 
gerade über den kleinen Tüpfel, was wohl vollständig zu be- 
stätigen scheint, dafs auch die ursprüngliche Membran dieser 
Holzzellen die spirale Structur zeigt. Und eben so schön ist 
dieses offenbar an den feinen Luftwurzelhaaren der Oneidien 
u.s.w. zu sehen, welche in das spiralförmige Band zerfallen, 
woraus sie gebildet‘waren; will man auch an diesen noch 
eine äufsere ursprüngliche Membran annehmen, so thut man 
wohl Unrecht, denn man kann ja beobachten, dafs schon um 
die Zeit, wenn diese Haare auswachsen, in den ursprünglichen 
Epidermiszellen keine Ablagerung von Kügelchen u. s. w. statt- 
findet, aus deren colliquescirten Masse doch gewöhnlich erst 
die secundären Ablagerungen zu geschehen pflegen. Sehr 
richtig sagt Herr Schleiden, dafs man in der jungen Zellen- 
membran noch nichts von jenen spiralen Fibern sieht, welche 
die alten Membranen zeigen; Ref. hat defshalb aus seinen Be- 
obachtungen den Schlufs gezogen, dafs die Ablagerung und 
Aneinandersetzung der Moleküle bei der Bildung der Mem- 
branen und Fasern der Pflanzensubstanz stets nach spiralför- 
mig verlaufenden Linien erfolge. Bei der Bildung der In- 
erustationen auf der Oberfläche der Charen kann man ver- 
folgen, wie sich die Kalkkrystalle so genau neben einander 
legen, dafs sie ganz gleichmäßige Platten bilden und die Zer- 
stückelung dieser zeigt wiederum sogleich, dafs dieselben aus 
jenen einzelnen Crystallen zusammengesetzt waren! „Es dringt 
sich, sagt Herr Schleider, unwillkührlich der Gedanke auf, 
dafs die spirale Bildung Folge einer spiralen Flüssigkeit-Be- 
wegung an den Zellenwänden zwischen diesen und der centra- 
len Gallerte (worunter hier der Zellensaft mit seinem Inhalte 


17 


verstanden wird!) ist. Auch hat Horkel einmal wirklich die 
Fortbewegung kleiner Kügelchen zwischen den Wandungen 
der sich bildenden Fiber bei Hydrocharis beobachtet.“ Da 
diese letztere Angabe sehr leicht Beifall finden möchte, so 
versichert Referent, dafs es sich mit der Bildung der Spiral- 
faser in den Epidermiszellen der Saamen von Hydrocharis 
ganz anders verhält. Herr Horkel theilte obige Ansicht schon 
im Jahre 1829 mit; Ref. beobachtete aber schon zu eben der- 
selben Zeit, dafs die Spirale, welche der Saftstrom in jenen 
Zellen beschreibt, eine ganz andere ist, als die ziemlich dicht 
gewundene Spirale der Fasern daselbst, demnach die Bildung 
dieser Fasern nicht von der Richtung des Saftstromes abhängig 
sein kann. 

Hierauf macht Herr Schleiden eine Menge von Beobach- 
tungen über das Vorkommen von Spiralfaserm® in den Umhül- 
lungen vieler Saamen bekannt, er sagt dabei, dafs Referent 
diefen Gegenstand in seiner Physiologie etwas stiefväterlich be- 
handelt hätte, was derselbe auch anerkennen mufs, doch ge- 
schah dieses blofs, weil Herr Horkel diese Sachen, die er fast 
sämmtlich schon 1829 kannte und dem Referenten mittheilte, 
selbst publiciren wollte.*) Nach diesen Horkelschen Beobach- 
tungen und den Zusätzen von Herrn Schleiden finden sich 
Spiralfaser-Zellen in der Epidermis des Saamens der Polemonia- 
ceen, (bei Collomia liniaris zuerst durch Lindley publicirt), 
als bei Collomia, Gilia, Ipomopsis, Polemonium, Cantua, 
Coldasia und vielleicht in der ganzen Familie mit Ausnahme 
von Phlox, an welches Genus sich Leptosiphon anschliefst. 
Ferner bei der Saamenepidermis von Momordica elaterium, 
und eine mehr netzartige Faserbildung sah Herr Sch. bei Li- 
naria vulgaris, Daiura Stramonium, bei Salvien und vie- 
len andern Labiaten. Im Parenchym der Saamenintegumente 
sah sieHorkel bei Cassyta und bei Punieca, indessen Referent, 
der diesen Gegenstand in Gesellschaft des Herrn Horkel be- 
obachtete, kann das Vorkommen der Spiralfaserzelle in den 
Saamenintegumente von Punica nicht bestätigen; es sind hier 
keine solche Bildungen, welche mit den schönen Spiralfaser- 
Zellen beiCassyta zu vergleichen wären, sondern nur Andeu- 


*) S. Meyen’s Phytotomie 1830 pag. 235. 
V. Jahrg, 2, Band, 2 


18; 


tungen von spiraler Struktur in der zarten und einfachen Zel- 
lenmembran, wie sie Referent wohl an hundert verschiedenen 
Pflanzen beobachtet hat. } “ ' 

Das verschiedenartige Auftreten der Fasern leitet Herr 
Schleiden hauptsächlich von der Zeit ihrer Entstehung, ab, 
sie liegt frei in der Zelle, wenn sie‘'sich sehr spät bildet, oder 
sie. tritt mit der Zellenmembran verwachsen auf, wenn ihre 
Entstehung zu einer Zeit geschieht, in welcher die Zellenmen- 
bran-noch sehr weich ist und sich daher mit den gallertarti- 
gen Fasern zusammen leimen kann. Es ist gewifs ganz rich- 
tig, dafs Herr Schleiden diese Spiralfaserzellen auf den Saa- 
men u. s. w. mit den übrigen Spiralfaserzellen und den ähn- 
lichen Spiralröhren der Pflanzen in Hinsicht der Struktur wie 
in ihrer Bildung vergleicht, aber er hebt nicht genug das höchst 
Eigenthümliche«hervor, dafs jene Spiralfaserzellen auf den 
Saamen mit mehr oder weniger viel Gummi gefüllt sind und 
dafs. es gerade diese Gummimasse ist, welche durch ihre Hy- 
groscopieität die Zellenwände zerreifst und die Saamen mit 
einem Schleimüberzuge versieht, der von besonderem Nutzen 
sein mufs. 

Auch Herr Eudes-Deslongehamps*) hat einige Mit- 
theilungen über den Schleimüberzug gemacht, welcher sich an 
den Saamen einiger Labiaten zeigt, sobald sie befeuchtet wer- 
den; dieselben .enthalten aber nichts Neues, sondern schon 
Gaertner war über diesen Gegenstand viel weiter gekom- 
men, und in neueren Zeiten haben Engländer, Franzosen und 
Deutsche denselben schärfer beobachtet und sind zu dem Re- 
sultate gekommen, dafs dieser Schleimüberzug ‚sehr häufig mit 
Spiralfaserbildungen begleitet ist. 

Herr Morren**) vergleicht.die Schleuderer der Junger- 
imannien mit den Spiralfaserzellen auf den Saamen der: Col- 
lomien und Salvien; er hat diese letzteren Bildungen in allen 
Zuständen beobachtet und will bemerkt haben, dafs das Spi- 
ralgefäfs vorher ein Amylum-Kügelchen ist. Er 
habe nämlich nachgewiesen, dafs die Amylumkörper im Milch- 
safte der Euphorbien ein eigenes Leben führen, dafs sie ent- 


*) L’Institut de 1838 Nr. 226. pag. 134. 
”*) Bulletin de VAcademie de Bruwelles V. Nr. 6. 


19 


stehen, wächsen, sich zu verschiedenen Formen entwickeln 
u. s. w., daher erscheine ihm das Amylum nicht etwa als eine 
träge Materie, sondern als ein sehr complieirtes Organ. Da 
sich nun Hr. Morren ebenfalls überzeugt hat, dafs die klei- 
nen Kügelchen in den Kapseln der Jungermannien aus Amy- 
lum bestehen, so glaubt er, dafs auch die Schleuderer aus 
Amylum-Kügelchen hervorgehen, und dafs die übrigen Amy- 
lumkügelchen durch Absorption einer Säure in Zucker umge- 
wandelt werden, welcher dann den Sporen u. s. w. zur Er- 
nährung. dient. 

Ueber diese Bildungen haben wir indessen gegenwärtig 
schon viel bestimmtere Beobachtungen, ich führe nur die vor- 
trefflichen Mittheilungen des. Herrn Nees von Esenbeck*) 
und meine eigene an, welche im dritten Theile der Pflanzen- 
physiologie (pag. 391) zusammengestellt sind. 

Herr Schleiden kommt hierauf wieder zurück auf seine 
Ansicht über die Bildung der Zellen durch Cytoblasten; er 
glaubt, dafs die Vorgänge bei der Zellenbildung aus der was- 
serhellen Solution oft völlig unsichtbar sind, und als Beispiel 
führt er die Keimung der Marchantien - Sporen an. Diese 
Sporen wie die der Laubmoose u. s. w. enthalten ganz ge- 
wöhnlich eine Anzahl von mehr oder weniger grofsen Kügel- 
chen, die darin wie gewöhnliche Zellensaftkügelchen zerstreut 
liegen und offenbar. als Reservenahrung gelten. Diese Kügel- 
chen hält aber Herr Schleiden für Oytoblasten, deren aber 
nur wenige, meistens nur 2 bis 4 zur Bildung der Zellen ver- 
braucht würden, wärend sich die andern mit Clorophyll über- 
ziehen. Indessen die Entwickelung der, Marchantien -Sporen 
ist doch eine ganz andere, als Herr Schleiden darzustellen 
gesucht hat, er hat dieselben offenbar nicht lange genug beob- 
achtet, denn die Schleimblasen, 'welche er im Innern der kei- 
menden ‚Sporen für die Zellenanfänge zu halten scheint, wer- 
den daselbst niemals zu Zellen. Es finden sich aber überhaupt 
in diesen, wie in so vielen anderen Sporen keine Bildungen, 
welche man mit den Zellenkernen im ausgebildeten Zellenge- 
webe der Pflanzen vergleichen könnte, ja nicht einmal die re- 
gelmäfsig gestellten Kerne in den Sporen der HeWvellen sind 


*) Naturgeschichte der Lebermoose etc. Breslau 1838. IV. pag. 193. 
2% 


20 


als Kerne anzusehen, welche auf die Bildung der neuen Zel- 
len bei den keimenden Sporen Einflufs haben; gewöhnlich wer- 
den 'sie zwar bei der Keimung aufgelöst, aber mitunter blei- 
ben sie auch unverändert zurück, wärend sich die Keim- 
schläuche schon zu bedeutender Länge ausgebildet haben. Da 
aber auch bei dem Wachsthum der Fadenpilze und der Con- 
ferven u. s. w. die Bildung der neuen Zellen so überaus häufig 
ohne irgend eine Spur von Cytoblast vor sich geht, so hätte 
schon dadurch Herr Schleiden veranlafst werden können 
anzunehmen, dafs seine Ansicht über die Bildung der Zellen 
durch Cytoblasten wenigstens nicht allgemein anwendbar ist; 
und dieses gilt nicht nur für die Zellenbildung bei den Cry- 
ptogamen sondern auch für unendlich viele Fälle bei den hö_ 
heren Pflanzen. 

In der zweiten Hälfte der Abhandlung spricht Hert Schlei- 
den über das Wachsen der Pflanze im Allgemeinen; auch er 
unterscheidet hiebei drei wesentlich verschiedene Vorgänge, 
nämlich 1) die Vermehrung der Zellen, 2) die Ausdehnung 
und Entwickelung der gebildeten Zellen und 3) die Verdiekung 
der ausgewachsenen Zellenwände. Herr Schleiden setzt bei 
den ersten Vorgange, nämlich bei der Vermehrung der Zellen 
voraus, dafs nur die eine Bildungsweise, nämlich die Bildung 
neuer Zellen im innern der alten erwiesen sei, eine Annahme 
welche jedoch nicht so richtig ist, als Herr Schleiden zu 
zeigen sucht. Die Darstellung des folgenden über die Entwicke- 
lung und Bedeutung der verschiedenen Haupttheile der Pflanze 
würde zu viel Raum erfordern, da es sich bier hauptsächlich 
um Ansichten handelt, und diese gerade nicht durch neue That- 
sachen erwiesen werden, sondern deren Begründung erst von 
der kommenden Zeit zu erwarten steht. 

Herr Schleiden*) machte ferner die interessante Beob- 
achtung, dafs einige der secundären Ablagerungen an den 
Wänden der Elementarorgane verschiedener Gewächse durch 
Kocher in Aetzkalilauge zu einer Substanz umgewandelt wer- 
den, welche sich durch Jodine blau färbt, und also wahrschein- 
lich mehr oder weniger aus Amylum besteht. Es zeigte sich 


*) Einige Bemerkungen über die sogenannte Holzfaser der Che- 
miker — Wiegmann’s Archiv etc. 1838. I. pag. 59 — 61. 


21 


hiebei auch sehr deutlich, dafs die Spiralfasern ebenfalls aus 
mehreren Schichten bestehen, wie es durch Herrn Mohl und 
den Referenten früher gelehrt wurde, dafs ‚nämlich dieselben 
wenigstens einen primitiven Strang und eine scheidenartige Um- 
kleidung von geringerer Dichtigkeit zeigen. Herr Schl. be- 
zeichnet jenen Strang als primitive Ablagerung, die Scheide 
als seceundäre und fand, dafs die erstere durch Kochen in 
Aetzkalilauge zu Stärkemehl umgewandelt werden könne, wä- 
rend die seeundäre Bildung hiebei in einen noch nicht be- 
kannten Stoff verändert werde, welcher durch Jodine orange- 
gelb gefärbt wurde. Die ursprüngliche Zellenmembran, worin 
jene Spiralfasern u. s. w. vorkamen, wurde scheinbar nicht 
verändert. Verschiedene diekwandige Zellen von verschiede- 
nen Gewächsen, welche in Aetzkalilauge gekocht wurden, zeig- 
ten eine ähnliche Umwandelung ihrer inneren Schichten in eine, 
mehr oder weniger Amylum-reiche Substanz, ja bei einigen 
Bäumen zeigten die Zellen des jüngsten Holzringes nach jener 
Behandlung und der Berührung mit Jodine ebenfalls eine hell- 
blaue Färbung. Schliefslich deutet Herr Schl. als Resultat sei- 
ner Untersuchungen an, dafs die Pflanzensubstanz (Holzfaser, 
vegetabilischer Faserstoff) aus 3 chemisch verschiedenen Stof- 
fen bestehe und diese wären: 1) die ursprüngliche Zellenmem- 
bran, 2) die primären Ablagerungen auf denselben und 3) die 
seeundären Ablagerungen. Ref. kann diesen Ansichten nicht 
beistimmen, aber ehe man hierüber entscheiden will, mufs man 
sich über den Gegenstand von welchem die Rede ist, näher 
bestimmen. Es ist zu bekannt, dafs sich Holzfaser und Bast- 
faser physisch sehr bedeutend unterscheiden und. dennoch ha- 
ben sie eine ähnliche Struktur aufzuweisen; ähnliche Verschie- 
denheiten zeigt die Membran der Parenchym-Zellen, und selbst 
die Spirälfaser zeigt sich bald verholzt, bald weich, ja selbst 
in verschiedenen Jahreszeiten zeigen viele Pflanzen hierin grofse 
Verschiedenheiten, demnach kann man immer nur über die 
Zusammensetzung dieser Substanzen für den speciellen Fall 
sprechen. 

Referent hat im 2ten Theile seiner Pflanzen -Physiologie 
überall zu zeigen gesucht, dafs zwischen den assimilirten Nah- 
rungsstoflen der Pflanzen, als zwischen dem Zucker, Gummi, 
Amylum, Inulin, der Zellennembran, und der Spiralfaser die 


22 


innigste Verwandschaft herrscht; er hat die Verwandschaft der- 
selben mit der Humussäure, und den löslichen organischen 
Stoffen der Dammerde angedeutet und es ebenfalls speciell er- 
wiesen, dafs fast alle jene Substanzen auf chemischem Wege 
in einander umgewandelt werden können. Alle jene Substan- 
zen geben Zucker und geben Humussäure, und die Umwande- 
lung des Amylum’s in Gummi, Zucker u. s. w. ist zu bekannt, 
als dafs davon hier noch die Rede sein kann. Die: Bildung 
des Amylum’s aus Gummi hat Ref. selbst beobachtet und im 
vorigen Jahresberichte (pag. 150) so wie im 3ten Theile der 
Physiologie (pag. 335) näher beschrieben; auch beobachtete 
er, dafs Tannenholz, welches in Aetzkali behufs der Bereitung 
der Humussäure geglüht war, an einigen Stellen und auf ei- 
nige Zeit durch Jodine blaugefärbt wurde, doch gelang der 
Versuch nur sehr selten. 

In einer andern Abhandlung, welche Herr Schleiden*) 
bald nach dem Erscheinen jener vorliergehenden Arbeit in 
Wiegmiann’s Archiv herausgab, finden wir genauere Nachwei- 
sung über die Methode der Umwandelung der Pflanzenmem- 
bran in Amylum. Man lasse. zu diesem Zwecke die dünnen 
Schnitte mit dem 2—8fachen Gewichte trocknen Kali’s und 
einer gleichen Menge Wasser heftig auskochen; hierauf sättige 
man das Kali mit Schwefelsäure, 'und alsdann wird das unzer- 
störte Holz durch Jodine blau, bis in’s tiefste schwarzblau ge- 
färbt zurückbleiben. Ganz genaue Regeln über die Verhält- 
nisse der dabei anzuwendenden Substanzen lassen sich noch 
nicht geben. Wurden diese blaugefärbten Holzzellen zerrieben 
und in Wasser gekocht, so enthielt die abfiltrirte Flüssigkeit 
kein Amylum, ja bei längerem Kochen verloren die Zellen 
die Eigenschaft durch Jodine blau gefärbt zu werden, reagir- 
ten aber wieder blau, wenn sie nochmals mit Kali gekocht 
wurden. Endlich fand Herr Schleiden, dafs man die Zel- 
lenmembran auch durch Einwirkung der Schwefelsäure in 
Stärke umwandeln könne; wenn man nämlich, sagt derselbe, 
ungefähr 3. Theile concentrirte Schwefelsäure mit 14 Th. Was- 


*) Einige Bemerkungen über den vegetabilischen Faserstoff und | 
sein Verhältnifs zum Stärkemehl — Poggendorffs Annalen der Phy- | 
sik 1838. Bd. I. pag. 391 — 398. 


23 


ser in der Kälte etwa eine halbe’ Minute auf irgend ein Pflau- 
zengewebe einwirken läfst, dann. Jod; zusetzt uiid. das. Ganze 
genau durch 'einander, mengt, so erhält man ebenfalls. eine 
kleine Menge durch Jod gefärbten Kleister. 

Braconnot’s Entdeckung der Umwandelung der Pflan- 
zenfaser. in Gummi und in Zucker, vermittelst der‘ Schwefel- 
‘säure, wäre nun nach Herrn Schleiden’s 'Ansicht dahin!zu 
deuten, dafs diese Umwandelung eine secundäre ‚war, dafs 
nämlich die Pflanzenfaser dabei zuerst in Amylum umgeändert 
‘wurde. Wie allgemein richtig diese. Angaben sind, davon 
möge 'sich Jedermann: selbst überzeugen, denn die, Versuche 
sind leicht nachzumachen; wie verwandt übrigens die Zellen- 
membran der Pflanzen und das: Amylum sind, und wie leicht 
sich die Substanz derselben in der Art umändert, dafs .‚sie.ge- 
gen Jodine bald blau‘ und bald gelbbraun reagirt,. das geht 
auch aus meinen Beobachtungen an den Flechten‘! hervor 
(Pflanzen-Physiologie II. pag. 286.),: welche in ihrer. ganzen 
Substanz durch Jodine bald braun, bald blau gefärbt werden, 
ja verschiedene Exemplare von einer und derselben ‚Art von 
Flechten und von einem und demselben Baume genoximen, 
zeigten sich hierin sogar verschieden. 

Herr Payen*) hat kürzlich ‚ein :Memoire in der Aka- 
demie zu Paris vorgetragen, worin ‘er eine «Menge. von, Ele- 
mentar-Analysen verschiedener  vegetabilischer Substauzen  he- 
kannt gemacht, von denen mehrere von den schon vorhandenen 
sehr. bedeutend abweichen; die Resultate welche, aus dieser 
Arbeit gezogen wurden, sind im Allgemeinen folgende: Den 
verschiedenen Hölzern kommt eine verschiedene Zusammen- 
setzung zu, welche ‘sich in den’ verschiedenen Proportionen 
zweier Stofle zeigt, und es geschehe. eine Fixätion des Was- 


serstofles durch die Vegetation! 
Von Herrn Turpin**) 'erhielten wir eine sehr sneilänf, 


*) Mem. ‚sur la composition du tissu propre des-plantes et dıd 
ligneuz — Compte rendu de 1838 II. pag. 1052. 

”#) Men. sur la difference qwoffrent ‚les tissus cellulaires. de la 
Pomme et de ia Poire; sur la formation des conoretions ligneuses de: 
ia derniere, celle des noyauz et du bois, comparees aua; ‚conerdtions 
ealcaires qui se trouvent sous le munteaw.desi Arions. et a. Vossifica- 


24 


tige Abhandlung über die Verschiedenheit des Zellengewebes 
in den Aepfeln und den Birnen, und die Bildung der holzigen 
Concretionen in den Letztern, welche verschiedene neue An- 
sichten über das Wachsthum der Pflanzensubstanz enthält. 

. Die sogenannten steinigen Concretionen, welche die Sub- 
stanz vieler schlechter Birnsorten aufzuweisen hat, wurden 
schon von Du Hamel sehr ausführlich in Hinsicht ihres Auf- 
tretens untersucht und Ref. zeigte später (1836) dafs dıese 
Coıicretionen in''mehr oder weniger ‘grofsen Anhäufungen dick- 
wandiger Parenchym-Zellen bestehen, *) welche nicht nur ihre 
Zusammensetzung aus Schichten, sondern auch überaus aus- 
gebildete Tüpfelkanäle zeigen. 

Des Ref. Untersuchungen und Abbildungen über: diesen 
Gegenstand nicht kennend giebt Hr. Turpin eine Beschrei- 
bung über den Bau dieser verhärteten Massen, worin ‘man 
schwerlich unsere einfache Darstellung desselben wiedererken- 
nen wird.‘ Jene dem Auge als einfache Steine erscheinenden 
Massen bestehen, wie Hr. T. sagt, aus einer sehr verschiede- 
nen Anzahl von krystallinischen, zu mehr oder weniger regel- 
mäfsigen Kugeln zusammengeballten , opacken oder halbdurch_ 
sichtigen Körpern, welche in der Mitte von einem punkt- oder 
scheibenförmigen Nabel bezeichnet sind, von dem aussich viele 
kleine Runzeln radial verbreiten. Nach unsern Beobachtun- 
gen sind diese krystallinischen Körper nichts weiter, als die 
verdickten Zellen; der angebliche Nabel ist die in demselben 
zurückgebliebene und durchscheinende Höhle der Zellen, und 
die radial verlaufenden Runzeln sind die Tüpfelkanäle welche 
von der Höhle nach dem Umfange verlaufen und ‚sich. öfters 
durch Verästelung daselbst vermehren. 

In dem Fleische ‘der Quitten und der Mispel fand Herr 
Turpin ähnliche verhärtete Massen und über die Entstehung 
dieser harten Zellenmassen giebt er eine ganz ‚eigene: Erklä- 
rung. Im Anfange wären die Zellen noch mit Globuline ge- 
füllt, später treten mehrere derselben zusammen, verstopfen 
und füllen sich mit einem unverdaulichen Stoffe, welcher sich 


tion des animaux en general. — Compte rendu. 4838. 1. pag. TI1— 
737 — Ausführliche Mittheilung dieser Arbeit in Froriep’s Notizen 
von 1838. August eto. 

*) S. den vorigen Jahresbericht pag. 39 —40. 


rn nme 


25 


als Moleküle unregelmäfsig niederschlägt, wodurch‘ dann die 
Zellen opak werden und ihre Härte erhalten; den Stoff, wel- 
cher diese Eigenschaft besitzt, nennt Herr Turpin Sclerogene, 
da er die Ursache ist, welche durch die Incrustation die Ver- 
härtung des Gewebes bewirkt. Diese Erklärung über die Ent- 
stehung der Verhärtungen ist indessen ‚nieht richtig, und die 
irrige Auffassung dieser Erscheinung hängt damit, zusammen, 
dafs Hr. T. die Struktur dieser erhärteten: Zellen nicht völlig 
erkannt hat. Die Substanz welche die innern Schichten ‚der 
verdickten Zellenmembran: bildet, ist überall gleichmäfsig in 
Form feiner Platten abgelagert, welche nur durch die Tüpfel- 
kanäle durchbrochen w-yden, und sie geht hervor theils, aus 
den, in den jungen Zeäsf abgelagerten assimilirten Nahrungs- 
stoffen, theils aus neuen Stoffen der Art, welche von der Um- 
gebung zugeleitet werden. Diese inneren Schichten der Zel- 
lenwände können aber nicht mit einem eigenen: Namen belegt 
werden, welcher zu der Annahme verleiten 'könnte,, als, be- 
ständen sie aus einer ganz fremdartigen' Substanz; es hat sich 
im Gegentheile durch die Beobachtungen des Herrn Sclei- 
dem (S. pag. 21) gezeigt, dafs man die secundären Lamellen 
der Zellenmembran durch Kochen in Aetzkali ui s. w. in Aus 
lum umwandeln kann. 

Herr Turpin bezeichnet mit dem Namen Selßroghe alle 
dem Organismus fremden Stoffe, welche sich 'aus ihrer Lösung 
den innern Wänden der Elementarorgane der! Gewebe anle- 
gen; es sind dieses nach seiner Ansicht ‚unassimilirte Stoffe, 
was aber doch, wie Ref. vorher gezeigt hat, auf die neuen 
Schichten in.der erhärteten Substanz der Birne ganz und gar 
nicht anwendbar ist, und somit hoffen wir, ‚dafs die Annahme 
einer solchen Scelerogene keinen Beifall finden wird. 

Die Ursache warum sich auch unter der Epidermis der- 
gleichen Bildungen erzeugen und dadurch eine Art von steini- 
ger Hülle bilden, liegt, wie Hr. T. sagt darin, dafs die Selero- 
gene daselbst unmittelbar absorbirt,und angehäuft wird. ' In 
dieser Art wird das Vorkommen und die Natur der harten 
Zellenmassen in den Birnen und Quitten noch immer ausführ- 
licher betrachtet, doch findet Ref. in der ferneren Arbeit wei- 
ter nichts, was uns nicht schon anderweitig bekannt geworden 
wäre oder überhaupt besondere Aufmerksamkeit verdiente, Un- 


26 

ter den Resultaten, welche am 'Schlusse der Abhandlung auf- 
geführt werden, findet sich auch der Satz, dafs. die Sclerogene 
«eine Substanz ist, welche der Organisation des Pflanzenzellge- 
webes eben so-fremd ist, als die Harnsteine, der kohlensaure 
und 'phosphorsaure Kalk es den thierischen Körper sind. — 

Auch Herr Treviranus*) spricht ganz neuerlichst von 
jenen verdickten Zellen aus dem Gewebe der Birne; er führt 
an was Malpighi, Grew und Du’Hamel üder diesen Ge- 
genstand gesagt haben, übergeht aber, wie gewöhnlich, meine 
Beobachtungen (1836) und kommt endlich zu dem Schlusse, 
dafs es allem Anscheine nach drüsige Organe wären, denn 
man bemerke, ‘dafs der Theil des I’-!ches, welchem in der 
-Blüthezeit Staubfäden und Blumenblätter angeheftet sind, bei 
der Fruchtbildung gleichfalls eine steinige Beschaffenheit an- 
nehme. „Ihre absondernde Thätigkeit und ihre endliche Ver- 
'stopfung aber hat unstreitig Bezug auf das stärkere Hervor- 
treten des Zuckers, denn man wird sie in gröfserer Menge in 
solchen Birnen gewahr, welche sich durch Süssigkeit auszeich- 
nen, und sie fehlen zunächst um das Kerngehäuse, wo das 
Fleisch weniger süfs.“! Nachdem wir über den fraglichen Ge- 
genstand- die hinreichendste anatomische Untersuchung erhalten 
haben, welche überall den physiologischen Betrachtungen zum 
Grunde gelegt werden müssen, wird es nicht mehr nöthig sein, 
jene Ansichten des Herrn Treviranus zu widerlegen; auch 
ist es ziemlich bekannt, dafs gerade jene schlechten, soge- 
nannten Kochbirnen, welche oft sehr wenig süfs sind, am reich- 
sten mit jene steinigen Körpern versehen sind. 

Referent**) machte in Gesellschaft des Herrn Professor 
Mitscherlich die Beobachtung, dafs die Flachsfasern, so wie 
alte Leinen, wenn sie in Salzsäure gekocht wurden, mehr oder 
weniger plötzlich in sehr kleine glänzende Theilchen zerfielen, 
welche sich wie feine nadelförmige Krystalle bald zu Boden 
setzten; diese Theilchen sind ziemlich von regelmäfsiger Länge 
und durch ein Zerfallen der Flachsfasern gebildet. Eine ähn- 
liche vielfache Zertheilung der Fasern in kleinen Theilchen 


*) Physiolog. d. Gewächse II. pag. 489. 
**) Ueber die Bildung der faserförmigen Zellen (Faser-Zellen) und 


Baströhren der Pflanzen. — Wiegmann’s Archiv. 1838. I. pag. 297. 


27 


zeigte ein feines ungeleimtes Papier, welches durch \anhalten- 
‘des Kochen zu einer gleichmäfsigen Masse aufgelöst war. 
Die spätere Untersuchung der Entwickelung der Knospen zeigte, 
dafs diejenige Zellenschicht, welche sich zu Baströhren und 
Holzfasern ausbildet und sich als eine ungefärbte Zone, un- 
mittelbar über dem Markhügel bis zumt Keime der Knospe 
hinzieht, aus zarten Parenchym-Zellen besteht, welche mit 
ihren Grundflächen genau über einander. stehen, ‘mit die- 
‚sen obliteriren und sich durch Resorption der Querwände in 
längere Röhren umwandeln. * Jene. kleinen Stückchen, in 
welche die Flachsfaser durch Kochen in Salzsäure zerfällt, be- 
trachten wir nun als die einzelnen Parenchym-Zellen, aus welchen 
die ursprüngliche Baströhre gebildet wurde u. s. w.. Seitdem 
hat Ref. schon mehrmals an den Baströhren der Ceropegien 
‚ beobachten können, dafs man ihre Zusammensetzung aus klei- 
nen Theilen auch im frischen Zustande hie und da wahrneh- 
men kann. 


Fortpflanzung’s-Erscheinungen bei den Gewächsen. 


Eine andere reichhaltige Arbeit des Herrn Schleiden *) 
wird unsere Aufmerksamkeit länger beschäftigen. Sie. enthält 
Beobachtungen mit erläuternden Abbildungen, welche jener 
Abhandlung zum Grunde liegen, die derselbe 1837 in diesem 
Archive bekannt machte und worüber schon im vorigen Jahres- 
berichte (pag. 142) die Rede war. Herr Schleiden schickt 
eine historische Uebersicht der Leistungen derjenigen Botani- 
ker voran, welche die Lehre von der Fortpflanzung der Ge- 
wächse bearbeitet haben; er stellt Herr C. L. Treviranus 
als denjenigen Botaniker dar, welchem wir die mächtigen Fort- 
schritte der letzten 20 Jahre verdanken, und kommt zuletzt 
auf die ausgezeichneten Leistungen des Herrn Professor Hor- 
kel, dessen besondere Unterstützung er sich zu erfreuen hatte. 
In Bezug auf diesen unermüdlichen Beobachter, den auch Re- 
ferent zu seinen verehrten Lehrern zählt, heifst es daselbst: 
„Durch 30jähriges unermüdetes Studium, durch tiefes Eindrin- 


*) Ueber Bildung des Eichens und Entstehung des Embryo’s bei 
den Phanerogamen. Mit 6 Steindrucktafeln — Nova Acta Acad. C., 
L. €. Nat, Our. Vol, XIX P. 1. pag. 31 —58. 


28 


gen in den Geist aller älteren und neueren Arbeiten, ‘durch 
gründliche, oft wiederholte ‚eigne Untersuchungen, die sich über 
‚den gröfsten Theil der Familien ansbreiteten, besonders aber 
die schwierigern, in ihrem Bau abnormen oder unbequem klei- 
nen Bildungen in allen Einzelheiten verfolgt und‘ aufgeklärt 
"hatten, war von diesem lange nicht genug bekannten und ver- 
ehrten Manne in dieser Lehre so vorgearbeitet worden, dafs 
nur noch ein kleiner Schritt zu thun war, ‘den selbst ein wan- 
kendes Kind hätte machen können, und auch dabei unterstützte 
mich‘ sein Rath u. s. w.“ Da aber Herr Horkel wie es all- 
gemein bekannt ist, aus dem grofsen Schatze seines: Wissens 
nur sehr wenig dem gelehrten Publikum mitgetheilt ‘hat, so 
mufs es die Wissenschaft als ein besonderes Glück ansehen, 
dafs derselbe in Herrn Schleiden, seinem Neffen, einen so 
talentvollen Schüler gefunden hat, durch den er viele seiner 
schönsten Entdeckungen verbreiten lassen konnte. 

Hierauf giebt Herr Schleiden eine kurze dogmatische 
Darstellung der Lehre von der Eybildung und der Befruch- 
tung, woraus ich einige der wichtigsten Paragraphen hervor- 
zuheben habe. Es wird gelehrt, dafs der Nucleus des Eychens 
als eine warzenförmige Exerescenz der Placenta erscheint und 
mit einer. oberhautähnlichen Schicht etwas verschiedener Zel- 
len, der Membrana nuclei R: Br. bekleidet ist; hierin 'stim- 
men so ziemlich alle Angaben überein. Bei den Orchideen 
meint Herr Sch. ist schon in dieser Periode der Embryosack 
vorhanden, worin Ref. nicht beistimmrn kann, denn nach den 
von "ihm mitgetheilten Beobachtungen (Physiologie III. pag. 299 
Tab. XII. fig. 36.) haben die Orchideen gar keinen Embryo- 
sack, sondern ‘der, schon im ersten: Auftreten hohle Nucleus 
wird zur zarten Membran absorbirt, welche die Stelle des Em- 
bryosackes vertritt und später ganz verschwindet. Im 2ten 
Paragraphen macht Hr. Schl. auf die Wichtigkeit des Nucleus 
aufmerksam, weil alle übrigen Theile des Eychens fehlen kön- 
nen, nur er selbst ist immer vorhanden; es wird aber hinzu- 
gefügt, dafs er unbedingt wesentlich sei, denn eine seiner Zel- 
len entwickelt sich zum Embryosack. Dieser letzteren Angabe 
kann Referent nicht so allgemein beistimmen, wie sie ausge- 
sprochen ist, denn nach seinen Untersuchungen giebt es eine 
Menge von Pflanzen, welche gar keinen Embryosack als be- 


29 


besonderes Organ entwickeln; in andern Fällen dagegen, wie 
zZ. B. bei der Bildung des Embryosackes aus der Spitze des 
Nucleus bei Phaseolus‘ u. A. m., ist jene Angabe aller- 
dings ganz richtig, wozu auch Ref. auf Tab. XV seiner Phy- 
siologie mehrere Darstellungen gegeben hat. 

Als wesentlich verschieden von dem Ovulum campylotro- 
pum wird das Ov. camptotropum dargestellt, wo nämlich das 
Ovulum zwar gleichseitig entwiekelt, aber in der Mitte gebo- 
gen und mit den entsprechenden Seiten verwachsen ist, wie 
z. B. bei Potamogeton. 

Die Angabe, dafs der Inhalt der Pollenkörner aus Stärke, 
Schleim oder Gummi besteht, kurz nur Bildungsstoff für Zel- 
lengewebe enthalte, wird hier wiederholt und somit werden 
alle die mühsamen Beobachtungen, welche über die spermati- 
schen Kügelchen und die sogenannten Samenthierchen der 
Pflanzen angestellt sind, als unbeachtet zur Seite geschoben. 
Referent würde auf diesen Gegenstand nicht wieder zurück- 
kommen, da er schon in den früheren Jahresberichten mehr- 
mals gegen dergleichen Angaben seine eigenen Beobachtungen 
aufgestellt hat, welche gegenwärtig im öten Theile der Phy- 
siologie (pag. 191) noch ausführlicher mitgetheilt sind, aber 
Herr Schleiden hat schon im Anfange des Jahres einige Be- 
merkungen über den Inhalt des Pollenkornes*) bekannt ge- 
macht, welche nur gar zu leicht Beifall finden möchten. „Es 
will mich übrigens bedünken, sagt Herr Schleiden daselbst, 
als hätten die gründlich chemisch-mikroskopischen Untersuchun- 
gen von Fritzsche über den Pollen (Petersburg 1837) den 
angeblichen Saamenthierchen so ziemlich das Garaus gemacht, 
u. 5. w.“ Ref. hat aber schon im vorigen Jahresbericht ge- 
zeigt, dafs jene Untersuchungen nicht so gründlich sind, und 
er hält seine eigenen Angaben über diesen Gegenstand noch 
immer für richtiger. Herr Schleiden meint, dafs die als 
Saamenthierchen der Oenotheren beschriebene Körperchen 
„Stärke sind und Stärke bleiben,“ indessen gegen diese so be- 
stimmten Angaben führt Ref. nur an, dafs Herr Schleiden 
wohl Amylum- Körner vor sich gehabt haben mag, dafs aber 
diejenigen Körper, an welchen die Herrn Brongniart und 


*) S. Wiegmann’s Archiv f. 1838. I. pag. 49— 51. 


30 


Robert Brown, so wie Ref. selbst zu häufig wiederholten 
Malen ihre Bewegung, so wie ihre Krümmungen beobachtet 
haben, nicht aus Amylum bestanden, sondern ‘aus einer. durch 
Jodine sich bräunlich färbenden Substanz, und. dafs die Bewe- 
gungen derselben aufhörten, sobald sie mit. Alkohol in. Berüh- 
rung traten. Herr Schleiden giebt auch eine Erklärung, wie 
sich die Beobachter jener Erscheinung, nämlich des Krüm- 
mens der Saamenthierchen der Oenotheren haben täuschen 
können, doch dieselbe ist schon an und für sich ungenügend, 
und dann überhaupt ganz zurückzuweisen. ‚Ich finde die Er- 
scheinung bei allen Onagreen *), sie ist aber gerade nicht 
alle Tage zu sehen. 

Da nun bei dieser Streitfrage immer Beobachtungen ge- 
gen Beobachtungen aufgeführt worden sind, so müssen andere 
Beobachter (Physiologen, aber nicht Chemiker) auftreten und 
den Streit entscheiden. Ich berufe mich zuerst auf Herrn 
Mohl’s Untersuchungen dieses Gegenstandes, der in dieser 
Hinsicht mit meinen früheren Angaben gänzlich übereinstimmt.**) 
So eben ist auch eine Arbeit des Herrn Unger***) erschie- 
nen, worin derselbe ebenfalls vor der unbedingten Annahme 
der Hypothese des Herrn Schleiden über den vorliegenden 
Gegenstand warnt. Aber noch weit mehr möchten für die 
Saamenthierchen der Phanerogamen die neuern Beobachtungen 
über die Saamenthierchen der Moose und der Charen spre- 
chen, worüber bald nachher die Rede sein wird. 

Ganz neuerlichst hat auch Herr Payen in seiner grofsen 
Arbeit über die Stärke+) von den Amylum-Körnern gespro- 
chen, welche er in der Fovilla einiger Pflanzen beobachtete, 
besonders in den Pollenkörnern von Najas major und Rup- 
pia maritima, was auch Niemand bestreiten wird, der diese 
Beobachtungen wiederholt, aber diese Amylum-Kügelchen sind 
nicht die spermatischen Körper, die man in Hinsicht ihrer Be- 
deutung mit den Saamenthierchen der Thiere verglichen hat. 

In einen andern Paragraph spricht Herr Schleiden über 


*) S. Physiologie etc. III. pag. 195. 
**) S. den isten Jahresbericht. 1835. I. pag. 155. 
9) Nova Acta Acad, C. L. C. Tom, XVII. P. Il. p. 793. 
+) S. Ann. des sciens nat. 1838 I. pag. 209. 


. ausspricht, welche Herr Schleiden aufgestellt hat, doch zeigt 


31 


die höchst untergeordnete Bedeutung, welche die Formen der , 
äufsern Hüllen der Pollenkörner zeigen. 

Das leitende Zellengewebe bekleidet, von der Placenta 
aus, die innere Wand des Övarium’s und des Stylus-Kanals 
u. s. w. und geht stets in die Papillen des Stigmas über, worin 
Ref. nicht ganz beistimmt. Mitunter ist nämlich der Stylus- 
kanal durch eine papillenreiche Epidermis ausgekleidet, welche 
sich erst ablöst und der Ausdehung der mukösen Röhren Platz 
macht. Bei dem Wachsthume des Pflanzenschlauches gibt viel- 
leicht das leitende Zellengewebe den Nahrungsstoff in seinem 
schleimigen Secret. 

In Bezug auf den Befruchtungs-Process selbst werden 
eben dieselben Angaben gemacht, welche wir schon im vori- 
gen Jahresberichte speciell aufgeführt haben; es ist mit diesen 
Angaben die Ansicht verbunden, dafs der Pollenschlauch den 
Embryosack vor sich her schiebt, denselben einstülpt und dafs 
die Spitze das Pollenschlauches zum Embryo wird, woraus 
Herr Schleiden schon früher gefolgert hat, dafs die Antheren 
die Keime enthalten und dafs also gar kein Befruchtungs-Pro- 
cefs statt findet. 

Schon im’ vorigen Jahresberiehte habe ich diese An- 
sicht von der Befruchtung der Pflanzen als eine irrthümliche 
darzustellen gesucht, und im dritten Theile meiner Physiologie 


‚ist dieses ausführlicher geschehen und durch die nöthigen Ab- 


bildungen erläutert: worden. 

Später hat Herr M. Wydler zu Bern*) ein Schreiben 
an die Academie der Wissenschaften zu Paris gerichtet, worin 
er ganz dieselben Ansichten über das Geschlecht der Pflanzen 


derselbe überall, dafs seine Ansjchten auf eigene Beobachtun- 
gen beruhen. Sehr richtig bemerkt hiebei Herr Wydler, dafs 
die Kerne in den jungen Zellen nicht immer von der Quali- 
tät der Cytoblastes sind, sondern von verschiedener Natur und 
verschiedener Bestimmung. Als dieses Schreiben des Herrn 
Wydeler in der Academie zu Paris durch Herrn Aug. de 
Saint-Hilaıre vorgetragen worden war, nahm Herr v. Mir- 


*) Compte rendu. C, 29. Oct. 1838. II. pag. 757. 


32 ’ 


bel das Wort und äufserte dafs mehrere der Schlüsse, welche 
Herr Schleiden in Bezug auf diesen Gegenstand aufgestellt 
hat, gewagt zu sein scheinen. Herr v. Mirbel trug zugleich 
eine Note vor, worin bemerkt ward, dafs bei gewissen Arten 
der Utriculus, welchen man nach Schleidens Ansicht für 
den Anfang des Embryo’s hält, schon zu einer Zeit vorkommt, 
wenn der Pollenschlauch noch gar nicht herabsteigen konnte. 
Ref. bedauert, dafs Herr v. Mirbel diesen Gegenstand nicht 
ausführlicher beschrieben und abgebildet !mitgetheilt hat, denn 
es kommt hier sehr darauf an, was Hr. v.M. unter Utriculus, 
der so früh vorhanden sein soll versteht. Meiner Ansicht nach 
ist dieser Utriculus wohl nur ein Auswuchs der Spitze des 
Embryosackes, den Ref. z. B. bei der Schneidebohne (Phaseo- 
lus vulgaris) von mehreren Linien Länge sah. (S. den vori- 
gen Jahresbericht pag. 147). Auch Herr Brongniart sprach 
sich bei jener Gelegenheit dahin aus, dafs es ihm sehr zwei- 
felhaft erscheine, dafs das Ende des Pollenschlauches der An- 
fang des Embryo’s sei. 

Die erläuternden Abbildungen, welche jener Abhandlung 
des Herrn Schleiden beigefügt sind, enthalten reiches Mate- 
rial für Physiologen und Systematiker, was sich aber nicht 
leicht im Auszuge wiedergeben liefse; es werden durch jene 
Abbildungen die Bildung des Eychen’s, des Embryo’s und der 
Frucht mehr oder weniger vollständig von folgenden Pflanzen 
angedeutet und erklärt: Secale cereale, Zea altissima, V al- 
lisneria spiralis, Aponogeton distachyon, Canna Sellowü, 
Orchis palustris, Orchis latifolia, Phormium tenax, Cha- 
maedorea Schiedeana, Caladium pinnatifidum, Peperomia 
maculosa, Euphorbia pallida, Linum flavescens, Daphne 
Mezereum, Pimelea drupacea, Hippuris vulgaris, Centau- 
rea scabiosa, Carduus nutans, Hippochoeris radicata, Sca- | 
biosa suaveolens, Passiflora Ludonü, Passiflora princeps, 
Phytolacca decandra, Nerium Oleander, Stapelia Asterias, 
Stapelia deflexa, Cynanchum nigrum, Oenothera crassipes 
und grandiflora, Convolvulus tricolor, Podostemon vera- 
tophyllum. Sanguinaria canadensis, Berberis vulgaris, 
Tropaeolum majus, Chymocarpus pentaphyllus, Bouwar- 
dia coccinea, Limnanthes Douglasü, Ielianihemum denli- \ 


33 


culatum, H. lasiocarpum, Pedicularis palustris, Veronica 
Chamaedrys, V. serpyllifolia und Lathraea squamaria. 

Es wurde schon iın vorigen Jahresberichte die Bemerkung 
gemacht, dafs die Bastardzeugung ‘der Pflanzen den unbestreit- 
barsten Beweis für die Geschlechtsverschiedenheit derselben 
gebe, und dafs also die Thatsachen, worauf Herr Schleiden 
seine Theorie gestützt hat, ganz anders zu deuten seien. Der 
Pollenschlauch giebt seine Membran bei der Bildung des Em- 
bhryo’s als materielles Substrat, aus welchen eine Bildung im 
Innern des Nucleus des Eichen’s erfolgt, die sich theilweise 
zum Embryo gestaltet. 

Für die Bastardzeugung bei den Pflanzen haben wir im 
vergangenen Jahre eine überaus wichtige Arbeit von Herrn 
Gaertner*) erhalten, die jedoch bis jetzt (März 1839) noch 
nicht im Buchhandel erschienen ist; Herr Treviranus hat 
Gelegenheit gehabt einen besondern Abdruck jener Arbeit zu 
benutzen, aus welcher er die hauptsächlichsten Resultate im 
zweiten Theile seiner Physiologie der Gewächse aufgenommen 
hat, die Ref. in seiner Pflanzenphysiologie ebenfalls benutzt 
hat. Zur Mittheilung im Jahresberichte möchten sich jene 
Angaben wohl noch nicht eigenen, daher Ref. noch wartet bis 
das Werk publieirt wird, was um so nöthiger ist, indem schon 
mehrere Anzeigen von einer deutschen und viel‘ vollständige- 
ren Ausgabe desselben. ergangen sind, deren Erscheinen wir 
täglich entgegen sehen. 

Eine interessante Arbeit des Herrn William Griffith**) 
zu Madras über den Frucht- und Saamenbau von Santalum 
album ist am ten Apr. 1836 in der Linneischen Gesell- 
schaft zu London vorgelesen, aber erst Ende vorigen Jahres pu- 
blicirt worden; für den vorliegenden "Bericht interessirt uns 
aus jener Arbeit hauptsächlich die Art der Befruchtung. Schon 
durch Hrn. Brongniart sind wir früher auf den merkwürdi- 
gen Saamenbau der Santalaceen aufmerksam gemacht, und die 
Gattung Santalum scheint sich hierin noch mehr auszuzeich- 
nen als Thesium. Leider sind sowohl die Beschreibung, als 


*) Oven de Voortteling van Bastard — Planten. — Natuurk. 
Verh. v. de Holland. Maatsch. d. Wetensch. te Harlem. NXIV. 1838. 
") On the Ovulum, of Santalum album. — The Trunsactions of 
the Linreaun Society of London Vol. XVIH. Pr. I. London 1838. 
V, Jahrg. 2, Band, 3 


34 


auch die vielen, auf drei Quarttafeln mitgetheilten Abbildımgen 
des Herrn Griffith über die Befruchtungsart der Santalum- 
Eychen nicht vollkommen ausreichend; doch wenn sich Refe- 
rent nicht täuscht, so möchte sich dieser Gegenstand nach den 
vorliegenden Abbildungen auf folgende Weise deuten lassen: 
Die Eychen bei Santalum sind nackt, d. h. sie bestehen aus 
dem blofsen Nucleus und sind zur Seite der Basis der freien 
centralen Placenta befestigt.‘ Aus dem Innern dieses freien 
Nucleus wächst der Embryosack als ein einfacher Schlauch 
weit hinaus und nach einer Umbiegung nach Oben lagert sich 
derselbe zur Seite der Placenta, so dafs die Spitze des 
Schlauches nicht fern der Spitze der Placenta zu liegen 
kommt. An der Spitze dieses ganz frei stehenden Schlauches, 
den Ref. für den Embryosack halten mufs, geht die Befruch- 
tung vor sich, ähnlich wie bei Phaseolus, und Herr Griffith 
giebt auch eine Abbildung (fig. 7) wo ein rundes kugelförmi- 
ges Bläschen in der Spitze des Schlauches (Embryosacks) be- 
findlich ist, und noch unmittelbar im Zusammenhange mit dem 
Pollenschlauche steht, er spricht jedoch nirgends in der Art, 
woraus man schliefsen könnte, derselbe habe die Wichtigkeit 
dieser Beobachtung, und den ganzen Zusammenhang dieser Er- 
scheinung erkannt. Auf den mitgetheilten Abbildungen finden 
sich jedoch noch mehrere Darstellungen, welche wir noch nicht 
zu deuten im Stande sind. Hr. Gr. beobachtete an den Mole- 
külen im Embryosacke eine oseillirende Molekularbewegung, 
eine Erscheinung, welche Ref. auch bei mehreren andern Pflan- 
zen beobachtet hat. 

In einer andern Arbeit hat Herr Griffith*) die Ent- 
wickelung des Embryo’s bei den Gattungen. Loranthus und 
Fiscum näher verfolgt, und das Keimen und Einwurzeln der 
Saamen von Loranthus sehr speciell beobachtet. Der Em- 
bryo von Loranthus ist an einem ausgezeichnet starken Trä- 
ger. (Cellular, lax funiculus.) befestigt‘und er entsteht, wie 
bei andern Pflanzen, eigentlich aus dem untersten Theile des 
Trägers. Auch bei Loranthus, wie 'bei Fiscum ward die un- 


*) Notes on the development of the ovula of Leranthus and Vis- 
cum, and on the-Mode of Parasitism of these two Genera. — Trans- 
act. of the Linn. Soc. XVII. P. I. p. 71. Read June 21 st. 1836. 


35 
gleichmäfsige Entwickelung der Cotyledonen des Embryo. be- 
obachtet, was aber auch bei sehr’ vielen andern Pflanzen vor- 
kommt. Herr Griffith beobachtete das Keimen der Saamen 
mehrerer Loranthus-Arter, und eine der Abbildungen (fig. 6 
Tab. 7) giebt uns die interessante Darstellung von dem Ein- 
flusse, welchen das Würzelchen des Parasiten auf die Rinde 
der Mutterpflanze ausübt, ganz ähnlich wie es schon bei Fis- 
cum beobachtet worden ist. Wärend sich nämlich der cau- 
diculus des Embryo bei dem Keime verlängert und die Coty- 
ledonen im Albumen noch zurückbleiben, bildet die Spitze der 
Radicula eine scheibenförmige Anschwellung und hiemit zu 
gleicher Zeit entsteht eine Anschwellung der Rinde der Mut- 
terpflanze, wo dieselbe von dem Würzelchen des Parasiten be- 
rührt wird. Auch Hr. Gr. beobachtete, dafs der Loranthus 
mitunter grofse Partien der Bäume zerstören könne, welche 
‚ damit bedeckt werden, dafs jedoch kleinere Individuen auf 
gröfßsere Pflanzen ganz ohne allen Einflufs seien. 

Auch Herr Endlicher*) hat versucht, die ehrwürdigen 
Ansichten über die alten Lehren von der Geschlechtsverschie- 
denheit der ‘Pflanzen umzustofsen. Er giebt zuerst eine Dar- 
stellung über die Form, Entstehung und Bedeutung des vege- 
tabilischen Eychen’s, welche durch ideale Abbildungen erläu- 
tert wird, und kommt darauf zurück, dafs der vegetabilische 
Keim (Embryo) nicht als das Produkt der Metamorphose an- 
gesehen werden darf, sondern dafs die Lage desselben im In- 
nern der Keimhüllen zu der Annahme zwinge, dafs derselbe 
von Aufsen hineingelangt sei, und hier seine weitere Ausbil- 
dung und Vollendung erhalte. Bei den Cryptogamen mit dop- 
pelten Fructifications-Werkzeugen vergleicht Herr Endlicher 
das Sporangium der Wesenheit seiner Function nach mit dem 
thierischen Eierstocke, die Spore mit dem thierischem Ey, und 
das Antheridium mit dem Hoden der Thiere. Bei den Phane- 
rogamen entleert sich der Staubbeutel wärend der Blüthezeit 
seines Inhaltes, und das Pollenkorn wird auf die Narbe ge- 
bracht, .auf welcher es eine dem Keimungsprocesse der Spore 
analoge Veränderung seiner Gestalt. eingeht und. allmälich: in 
das Gewebe des Griffels eindringt, bis es endlich durch die » 


*) Grundzüge einer neuen Theorie der Pflanzenzeugung Wien 1838, 
3% 


36 


Mikropyle in die Höhle der Keimhülle eindringt und: daselbst 
zum Embryo wird. ‘Hieraus meint nun Herr Endlicher 
ginge ganz deutlich hervor, dafs man den einzelnen Geschlechts- 
organen der Cryptogamen und Phanerogamen ganz andere 
Functionen zugestehen müsse, als es bisher geschehen sei. 
Bei den Cryptogamen, meint der Verfasser, falle der ganze 
Apparat des Pistilles mit den Keimhüllen und der Narbe weg 
und es trete ein abgesondertes männliches Organ auf; bei den 
Phanerogamen sei dieses aber offenbar in den Drüsen der Narbe 
zu suchen, deren eigenthümliches Secret das Pollenkorn erregt, 
so dafs es dadurch fähig gemacht wird in das Gewebe des Pi- 
stilles und in die Keimhüllen einzudringen. Ja künftige Un- 
tersuchungen sollen es entscheiden, ob nicht vielleicht auch 
dem leitenden Zellengewebe eine befruchtende Thätigkeit zu- 
komme... Herr Endlicher gesteht also den Gefäfspflanzen 
eine geschlechtliche Zeugung zu, er findet nur die Annahme, 
dafs man den Antheren der Phanerogamen eine männliche Fun- 
etion zuschreibt, rein willkürlich, indem die Thätigkeit dersel- 
Ben bei der Befruchtung gar keine Analogie mit irgend einer 
Verrichtung der männlichen Geschlechtstheile bei den Thie- 
ren zeigt. 

Diese neue Ansicht über die Zeugung bei den Pflanzen 
soll schon hie und da mit grofsem Beifalle aufgenommen sein, 
und obgleich dieselbe anfangs höchst paradox erscheint, so ist 
sie dennoch schwieriger zu beseitigen, als die ihr vorangegan- 
gene des Herrn Schleiden; dem Referenten erscheint je- 
doch diese Ansicht als höchst willkürlich, indem sie gegen alle 
Analogie ist. Die gleichmäfsige oder ähnliche Bildung, welche 
zwischen dem Pollen der Phanerogamen und der Sporenbildung 
einiger Cryptogamen herrscht, darf man nicht von so ho- 
hem Werthe anschlagen, indem wir sehen, dafs die Sporen- 
bildung selbst bei verschiedenen Gattungen einer und dersel- 
ben Cryptogamen-Familie so überaus verschieden ist; wir mö- 
gen nur an’ die Sporenbildung bei den Marchantien, den Jun- 
germannien und den Laubmoosen denken, worauf Referent 
(Physiologie ete. IN.) aufmerksam gemacht hat, aber noch viel 
ausgezeichneter ist diese Verschiedenheit bei den Pilzen, Hr. 
Endlicher hat uns über seine Ansicht, nach welcher die Be- 
fruchtung der Cryptogamen erfolgt, in Ungewifsheit gelassen, 


37 


und hier wissen wir gegenwärtig sehr bestimmt, dafs ein ähn- 
licher Akt, wie jener, der bei der Pollenschlauchbildung durch 
die Narbenfeuchtigkeit beobachtet wird, nicht vorkommen kann, 
denn bei den Laub- und Lebermoosen, ‘bei den Charen, bei 
den Farrn und selbst bei den Algen, wenn hier wirklich eine 
Befruchtung stattfindet, wie sie Ref. angedeutet hat, ge- 
schieht die Befruchtung überall vor dem Auftreten der 
Sporen. 

Bei den Phanerogamen soll man nach der neuen Theorie 
des Herrn Endlicher die Narbe als das männliche Ge- 
schlechtsorgan ansehen, und das Secret der Narbe als die, auf 
das Pollenkorn befruchtend einwirkende Substanz deuten. 
Welche Gründe hat man denn für diese Ansicht aufzuweisen? 
Ref. kennt keine von Erheblichkeit, und in der vorliegenden 
Schrift sind sie nicht angegeben. Es sind etwa 11 Jahre ver- 
flossen, dafs Ref. die Ansicht aufstellte, dafs die Pollenschlauch- 
bildung nur in der stigmatischen Feuchtigkeit vor sich gehe, 
dafs die Pollenkörner dagegen sehr bald aufspringen, wenn 
sie in gewöhnlichem Wasser liegen; von verschiedenen Seiten 
her suchte man damals meine Beobachtung zu entkräften, und 
sie ist nicht nur noch heutigen Tages ziemlich ganz richtig, 
sondern Herr Endlicher geht noch weiter und erkennt hierin 
den wahren Befruchtungsakt. Mir erscheint’ gegenwärtig die 
stigmatische Feuchtigkeit als eine Substanz, welche mitunter 
die Befestigung der aufliegenden Pollenkörner bewirkt, welche 
ferner wegen ihre Consistenz nur in geringer Menge von je- 
nen eingesaugt wird, so dafs dadurch die allmäliche Ausdeh- 
nung der innern Membran der Pollenkörner möglich wird, 
denn geschieht diese Ausdehnung sehr plötzlich, so’ zerreifst 
die Membran und der Inhalt derselben kann nicht bis zum 
Eychen geführt werden. Daher wird es erklärlich, dafs aus- 
gebildete Pollenkörner ‚auch in dem Zuckersafte der Nektarien 
u. 5. w. zu einiger Schlauchbildung gelangen, in reinem Was- 
ser werden jedoch die Schläuche nur selten die Länge: einer 
halben Linie erreichen, und bei den meisten Pflanzen kommt 
es unter diesen Verhältnissen zu keiner Schlauchbildung. Das 
schleimige Sekret im Innern des Styluskanals, oder zwischen 
den Zellen des leitenden Gewebes kann offenbar nur von 
ziemlich ähnlicher Function sein wie die Narbenfeuchtigkeit; 


38 


1 
es giebt dem eindringenden. Pollenschlauche Feuchtigkeit: und 
nahrhafte, Substanz, so. dafs nur. dadurch die. Entstehung über- 
aus langer Pollenschläuche möglich wird, wie wir sie in man-, 
chen Fällen 'kennen. ' So, lange. der Pollenschlauch durch die 
Narbe und den Styluskanal durchgeht, so lange, ist.an der 
spermatischen Substanz in: seinem Innern wenig oder gar keine 
Veränderung zu‘ bemerken,; wohl .aber tritt. eine ‚bedeutende 

- Veränderung ein, wenn sich die Spitze desselben dem Embryo- 
sacke nähert oderidessen Stellvertreter. Es läfst sich, von die- 
ser Seite nichts Positives gegen die Ansicht, des Herrn End- 
licher einwenden, aber unsere älteren Ansichten über diesen 
Gegenstand sind viel übereinstimmender mit dem Befruchtungs- 
akte der Thiere. Etwas anders mufs es sich bei den Pflan- 
zen darstellen, da.ihnen der penis fehlt und ein, in gewisser 
Hinsicht mit’ dem penis. zu vergleichendes Organ (der Pollen- 
schlauch) erst jedesmal gebildet werden mufs, wenn die Be- 
fruchtung. in.der Tiefe des Eierstockes ausgeführt werden soll, 
u. s. w. Ist es denn aber ‘schon erwiesen, dafs die. Narben 
aller Phanerogamen eine Substanz absondern, welche die Be- 
fruchtung nach Herrn-Endlicher’s Ansicht ausführen kann? 
Ref. glaubt, dafs dieses. nicht der Fall ist; die, eigenthümlich 
gestaltete Narbe, welche die Gattung Urtica zeigt, wurde von 
ihm sehr häufig um die Zeit beobachtet, wenn die Befruchtung 
des Eychens vor sich geht, und selbst bei: sehr starken Ver- 
gröfßserungen fand er auf derselben keine Spur einer Abson- 
derung. Wie verschieden würde sich der Befruchtungs-Procefs 
nach dieser Ansicht in solchen Fällen verhalten, wo der Sty- 
luskanal 6, 8 und 10 ZoH lang ist, ‚wärend bei andern Ge- 
wächsen der Styluskanal gänzlich fehlt und selbst hier die Ab- 
sonderung' auf der Narbe‘ fast: unbemerkbar ist. 

Es ist bekaunt, dafs Herr Treviranus schon vor 20 
Jahren und darüber tüchtige Untersuchungen ‚über den. Bau 
der Saamen und des Embryo’s der. Pflanzen. publieirt hat, ja 
Herr Schleiden nennt ihn ein Meteor, welches sich glänzend 
durch die Nacht jener Zeit ‚erhob, aber vergebens suchen wir 
in seiner neuesten Schrift*) nach. entscheidendem Urtheil über 
die verschiedenen wichtigsten Gegenstände, welche gegenwär- 


*) Physiologie d. Gewächse. Il. 


* 


39 


. 


tig die Lehre von. der, Entwiekelung der Pflanuzensaamen, zur 
Entscheidung vorlegt. Selbst ‘bei der Bildung der Eyhüllen 
werden die verschiedenen Ansichten nur] neben einandergestellt 
welche man über diesen Gegenstand vorgetragen hat,\und doch 
ist die Entscheidung hierüber gegenwärtig so, überaus, leicht, 
was man schon an den, Abbildungen sehen wird, welche Ref: 
hierüber im dritten Theile seiner Physiologie 'mitgetheilt hat. 
Herr Treviranus (l. e. pag. 508) spricht noch. von .der.\in- 
nern Eyhaut, deren Basis gemeinlich der von der äufsern. ent- 
gegengesetzt sein soll; ‚auch ‚bestreitet er ;.das,, Verschwinden 
der innern Haut wärend. des Reifens des Saamens -und,.dennoch 
ist dieses selbst bei einigen, Orchideen überaus ‚schön. zu .se- 
hen. Das ‚Perisperm. oder der ;Eyweifskörper ‚soll, nach H,T; 
niemals fehlen, ja selbst in denjenigen Fällen, wo ser. bei. dem, 
reifen Saamen zu fehlen scheint, soll.er nur, zu ‚einem, dün- 
nen Häutchen umgeändert sein, indessen: Ref. führt „nur. die 
Cruciferen und Orchideen. an, bei welchen ‚er auch nicht eine 
Spur von Eyweifskörper zu. keiner. Zeit, der Saamen- Ausbil- 
dung wahrgenommen hat, und, die, Eychen. sind ‚hier so, ,durch- 
sichtig, dafs hier dem Beobachter heiguien Instrumenten: nichts 
entgehen, kann. RR pi 

Der Eyweifskörper, meint Herr a wäre nur, se), 
ten einfach, sondern in. der Mehrzahl'der Fälle doppelt und man 
könne:also von einem äufsern und..einem innern Eyweifskörper 
sprechen, Indessen hierin dürfte man wohl nicht folgen, „denn un- 
ter äufserem Eyweifskörper versteht Herr Treyiranus 
die. zellige Masse, welche so. häufig, die, innere- Substanz .des 
Eykern’s bildet; nur bei wenigen. Gattungen und Familien, am 
bekanntesten bei den Nymphaeen, „bildet. ‚sich „das, ‚innere 
" Zellengewebe des Eykern’s so bedeutend und so ganz. eigen: 
thümlich aus, dafs man genöthigt ist. dasselbe mit einem eige- 
nen Namen zu belegen, und. seiner Aehnlichkeit wegen mit 
dem Eyweifskörper, nannte ich es den äufseren Eyweilskörper, 

Sehr. häufig spricht Herr Treviranus von der Saar 
menbildung der Leguminosen, seine. Daxstellungen. stimmen 
aber sehr wenig mit denen überein, welche Herr Schlei- 
den und Ref. in ihren Arbeiten mitgetheilt haben., „Der fa- 
denförmige, oft stark gekrümmte Anhang, welchen ‚so ‚häu- 
fig der Embryosack verschiedener Pflanzen zeigt, soll sich 


40 . 


mit dem äufsern Perisperm verbinden und mit Unrecht wird 
angegeben, dafs Hr. Mirbel diesen Anhang mit suspenseur 
bezeichnet, denn hierunter versteht derselbe den zelligen Fa- 
den, an dessen Ende die Bildung des Embryo’s erfolgt. Bei 
den Leguminosen, wie so deutlich bei Phaseolus u, s. w. 
ist der Anhang des Embryosackes allerdings in der Spitze des 
Nucleus befestigt, hier aber ist auch die Bildung des Embryo- 
sackes eine entgegengesetzte, wie es Ref. ausführlich nachge- 
wiesen hat. 

Der merkwürdige Strang, welchen die Saamen der Gat- 
tung Tropaeolum zeigen, soll im Grunde der Fruchthöhle 
entspringen und in das Eyloch eindringen, indessen sowohl 
Hrn. Schleiden’s als Ref. Beobachtungen haben erwiesen, 
dafs dieser Faden an welchem der Embryo hängt, aus der Mi- 
kropyle hervorwächst, auch habe ich noch mehrere Fortsätze 
desselben bemerkt. (Pflanzen-Physiologie III. pag. 331) 

Herr Morren*) hat verschiedene interessante Beobach- 
tungen an den Blüthen des Cereus grandiflorus gemacht. 
Er glaubt angeben zu können, dafs die Befruchtung des Ey- 
chens bei dieser Pflanze erst mehrere Wochen nach erfolgter 
Bestäubung der Narbe geschehe, wie es auch bei der Vanilla 
stattfinden solle. ‘Er beobachtete ein Exemplar des Cactus 
grändiflorus mit 40 Blüthen, zählte die Staubfäden der ein- 
zelnen Blüthe und fand ‘deren Anzahl zu 500, wonach jene 
ganze Pflanze 20,000 Staubfäden produeirte. Ebenso fand 
Hr. Morren ungefähr 500 Pollenkörner in jeder Anthere, so 
dafs eine einzelne Blume deren an 250,000 Stück enthielt und 
die 40 Blumen auf der ganzen Pflanze sogar 10,000000. In 
der Anthere einer verwelkten Blume fanden sich noch 300 
Pollenkörner, so dafs an 150000 Pollenkörner ganz nutzlos in 
einer einzelnen Blüthe zurückgeblieben waren und also vielleicht ° 
nur 100000 zur Befruchtung der 30000 Eychen verwendet 
wurden, welche in dem Ovario der Blume befindlich sein sol- 
len. Diese Zählungen des Herrn Morren stimmen mit des 
Referenten Beobachtungen an Cactus und Orchis-artigen Ge- 


7) Oöservations sur lanatomie et la physiologie de la fleur 
du Cereus grandiflorus, — Bulletin de !Acad. de Bruxelles. V. 
Nr. 6. 


4 


wächsen ganz überein, bei denen man im Ovario stets die dop- 
pelte und dreifache Zahl von Pollenschläuchen im Verhältnisse 
der Eychenzahl antriflt. 

In den Härchen des Stigma’s sah Herr Morren eben- 
falls die Rotationsströmung und er glaubt dafs dieselbe auf 
die Befruchtung Einflufs habe. Besondere Aufmerksamkeit 
wurde dem Geruche der Blume gewidmet; Hr. Morren fand 
dafs die Deckblätter und die Blumenblätter (hierunter werden 
wohl die inneren Kelchblätter verstanden!) wohlriechend sind; 
die inneren Kelchblätter riechen nach Heliotrop und die 
äufsern nach Fanilla. Der Geruch dieser Blume ist perio- 
disch und vergebens sucht die Anatomie über die Ursache des- 
selben Aufschlufs zu geben. 

Referent*) gab eine Reihe von Beobachtungen und An- 
sichten über die Entstehung der Pflanzengerüche, über welchen 
Gegenstand noch so überaus wenig gearbeitet ist. 

Ueber die Umhüllungen des Stigma’s bei den Scaevola- 
ceen und Goodeniaceen hat Herr Korthals**) 'neue Beob- 
achtungen mitgetheilt. Herr Robert Brown hatte schon die 
Frage gestellt, ob die eigenthümliche Bedeckung, welche das 
Stigma der genannten Pflanzen zeigt, eine Fortsetzung des Endes 
des Stylus ist, oder ob es ein eigenthümliches Organ ist, welches 
mit dem drüsenartigen Discus zu vergleichen ist, der das 
Ovarium in andern Familien umgiebt. Herr Lindley hielt 
dagegen jenes Organ mit den Sammelhaaren der Campanula- 
ceen übereinstimmend. Herr Korthals untersuchte die Blü- 
the bei Scaevola in verschiedenen Entwickelungsstufen und 
fand die Entwickelung der Blüthenhüllen übereinstimmend mit 
anderen Fällen; der grofse Kelchlappen, welcher nach der 
Eröffnung der Blume der Spalte gegenüber zu stehen kommt, 
ist noch ganz den andern gleich. Die Blumenkrone zeigt sich 
ebenfalls regelmäfsig und erst bei weiterer Entwickelung wird 
die Spalte allmälich deutlicher. In den frühesten Zuständen 
zeigte sich der Stylus kurz und zusammengedrückt, und mit 
einem Rändehen am Umfange umgeben. Später vergröfsert 


*) Pflanzen -Physiologie II. pag. 493—505. 
*) Over het omhulsel van het stigma der Scaevolaceae en Goode- 
niaceue. — Tydschrift voor Nat. Gesch. ete. IV. pag. 310. 


2 - N 
sich der Rand des Stigma, und in Blumenknospen von 9 Li- 
nien Länge hat sich der Rand schon’ über‘ das Stigma ent- 
wickelt und bedeckt es wie eine becherförmige Hülle, welche 
auf. der: Oberfläche mit. kleinen ‚Härchen bedeckt wird. Bei 
Blumenknospen von 25 Linien Länge empfängt jener Becher 
den Pollen und schliefst sich wenn er’ damit gefüllt ist, indem 
‚sich die Cilien zusammenlegen und 'das'Stigma die Form wie“ 
im gewöhnlichen jungen Zustande erhält. - Endlich öffnet sich 
die Blumenkrone und in dem mit Pollen gefüllten Becher sieht 
‘man, ‚dafs sich das Stigma allmälich vergröfsert, wobei der 
Pollen abnimmt bis das Stigma über den’vertrockneten Becher 
wie. ein. kleiner abgebissener Fächer (waayertje) emporragt. 

Herr Korthals machte diese Beokachtüungen in Indien 
und wiederholte dieselben zu Leyden an Goodenia ovata und. 
Leschenaultia. Bei letzterer Gattung zweifelte er zuerst, 'weil 
im geschlossenen und ‚gefüllten Becher kaum eine Spur von 
Stigma zu sehen war, aber hier nahm auch der Pollen im 
Becher nicht ab und es erfolgte keine Befruchtung. 

Es geht nun aus jenen "Beobachtungen ‘hervor, dafs der 
Becher eine Fortsetzung von äufseren: Theilen des Stylus ist, 
wärend die Haare, welche den Rand des Becher's umgeben, 
oder auf seiner äufseren Seite zerstreut sind, aus dem Gewebe 
dieser verlängerten Zellen gebildet werden. 

Herr Ramisch hat: bei der Versammlung der Naturfor- 
scher zu Prag im Jahre 1837 eine Abhandlung: Beobach- 
tungen über die Saamenbildung ohne Befruchtung 
am Bingelkraut vertheilt, ‘welche dem Referenten leider 
nicht zugekommen ist; in dem Berichte über jene Versamm- 
lung, welche in der Flora oder botanischen Zeitung (1838 11. 
pag. 406) erschienen ist, finden sich jedoch folgende Mitthei- 
lungen über diesen Gegenstand: Herr Ramisch hat an Mer- 
curialis annua keine Zwitterblume beobachtet (Schkuhr hat 
dieselben jedoch 'beobachtet!), er sah nur männliche Blüthen 
auf der weiblichen Pflanze vorkommen, dieselben wurden: je- 
doch sogleich entfernt und konnten. also keinen Einflufs auf 
die Befruchtung äufsern. Und dennoch sah Herr Ramisch 
die Saamen auf der weiblichen Pflanze ohne, vorhergegangene 
Befruchtung (d.h. Herr Ramisch hatte, dieselbe wenigstens 
nicht wahrgenommen. Ref.) reifen, ja sie keimten und pflanzen 


I 


43 


sich durch. mehrere Generationen hindurch fort. ' Hieraus 
schliefst der “Verfasser, dafs nun auch. im ‚Pflanzenreich ein 
Analogon für. die ‚berühmte Fortpflanzung‘ der Blattläuse auf- 
gefunden sei. 

Gegen so positive Beöhhchtühgen wie. sie hier angegeben 
sind, läfst sich. allerdings nichts erwiedern, wenn.'man. nicht 
die Ursache, eines dabei. vielleicht vorgekommenen Irrthumes 
aufgefunden hat, indessen nach den vorliegenden Beobachtun- 
gen über den Befruchtungsprocefs der Pflanzen wäre „wenig- 
stens. die Vermuthung erlaubt, dafs denn doch, auf irgend eine 
Weise die Befruchtung jener Blüthen vor. sich: gegangen: sein 
möchte, . 

Eine Reihe von Abbildungen über .das Keimen der Mar- 
silea (Fabri), welches ‚von den. Herren Dunal' und Fabre 
zuerst beobachtet wurde, ist im. vergangenen ‚Jahre, im ‘Item 
Bde. der Ann. des scienc. natur. (pag. 381 Pl. 43) -püblieirt 
worden, wozu die Beschreibung der ‚Abbildungen imigege« 
ben ist. 

Herr Morren*) hat eine Note, über die Entiiekelung 
der. handförmigen Knollen. der Orchideen  puhlicirt;«welche 
als ein kleiner Zusatz zu einer früheren Arbeit ‚des Verfassers 
über eben denselben‘ Gegenstand anzusehen: ist. 

Herr 1. F. Hoffmann**) hat es durch Bächschinneng 
erwiesen, dafs Lemna arrhiza eine constante Artist; er.be= 
obachtete die Pflanze 2 Jahre lang frei von aller fremdartiger 
Beimischung 'und sah, dafs niemals Individuen produeirt wur- 
den, welche einer andern Art ähnlich waren. Ebenso wurden 
die andern gewöhnlichen - Lemna- Arten jahrelang beobachtet 
und niemals zeigte sich etwas, das mit Lemna \arrhiza.zu 
vergleiehen war. 'Auch- Mittelformen sind nicht beobachtet 
worden. 

Die vom Verfasser beobachtete individuelle‘ Fortpflanzung 
der Lemna arrhiza, von ihm Keimen-Entwickelung genannt 


*) Note sur le Developpement des Tubercules didyme- Bullet. de 
l’Acad. de Bruüwelles V. Nr. 2. 

**) Is Lemna arrhiza Auct. eene standvastige, onderscheidene soert, 
dan wel een ontwikkelingsvorm van eenige andere van hetzelfde 
geslacht? — Tydschrift v. Naturl. Geschiedenis en Physlol. IV. 
pag. 252 — 333. 


44 


(besser Knospen-Entwickelung), stimmt im Allgemeinen mit 
derjenigen der Gattung Lemna überein, ist aber im Speciel- 
len auffallend verschieden. Bei Lemna polyrrhiza, minor 
und gibba geht die Entwickelung der Knospen (Verästelung) 
ohne bestimmte Regel vor sich, indem die Zahl der vereinig- 
ten (obwohl nur lose) Individuen sehr varürt. Bei L. po- 
Iyrrhiza fand‘ der Verfasser in ruhigen Gewässern bis 19 In- 
dividuen (oder Aeste) mit einander verbunden. Bei Lemna 
zrisulca ist die Zahl gänzlich unbeschränkt. Die regelmäfsige 
Form, durch welche sich Lemna trisulca von den übrigen 
Lemna-Arten so höchst auffallend unterscheidet, hat Ref.*) 
dadurch erklärt, dafs bei Lemna trisulca stets zu beiden Sei- 
ten der Achse die Knospenentwickelung gleichmäfsig erfolgt, 
wärend sie bei’ andern Lemna-Arten (und so fand es Herr 
Hoffmann auch bei L. arrhiza) fast immer nur eine Knospe 
zur Seite entwickelt. Höchst selten beobachtete Herr Hoff- 
mann die Entwickelung zweier Knospen bei Lemna arrhiza, 
wie er sie in Fig. 6. pl. 1. seiner Arbeit dargestellt hat. Bei 
regelmäfsiger Entwickelung der Aeste, wie bei Lemna tri- 
sulca, wird also die Zahl derselben in geometrischer Progres- 
sion zunehmen. Der Verfasser beobachtete in einem Falle, 
dafs die 2 Blättchen eines Exemplares durch Algen, Infusorien 
u. s. w. so fest mit einander verbunden waren, dafs sie sich 
nicht trennen konnten und glaubt hieraus erklären zu können, 
wefshalb man diese Pflanzen bald in einzelnen, bald in gepaar- 
ten Blättchen findet. Im Spätherbst entwickelt sich bei Lemna 
arrhiza die Winterknospe, welche, so wie die von Lemna 
polyrrhiza, in Farbe und Struktur von den übrigen verschie- 
den ist und unter Wasser überwintert. Der Verfasser hat 
zwar A6hnliches nicht bei Lemna minor und L. gibba beob- 
achtet, doch hat es Ref. auch an ersterer Art gesehen. 

Der Verfasser glaubte bei den gepaarten völlig entwickel- 
ten Individuen eine Vereinigung zwischen‘den beiden folgen- 
den Knospen beobachtet zu haben, indessen spätere Untersu- 
chungen, deren Resultate er dem Ref. im December 1838 
mündlich mittheilte und später publiciren wird, nöthigten ihn 


diese Ansicht aufzugeben. Die Knospe, welche sich aus einer ' 


*) Pflanzen- Physiologie III. pag. 52. 


\ 


45 


Spalte der Mutterpflanze entwickelt, ist mit dieser mittelst ei- 
nes Stieles vereinigt, von welchem sie sich bei der nachherigen 
Trennung mit einer Narbe ablöst. 

Die Blüthe sah Herr Hoffmann bei Lemna arrhiza 
nicht, er hält es aber für wahrscheinlich, dafs sie nur bei ein- 
fachen Blättchen vorkomme. Von Wurzeln wurde niemals 
die geringste Spur beobachtet. 

Bei den Einwendungen, welche man im vergangenen Jahre 
gegen die Saamenthierchen der Pflanzen gemacht hat, ist es 
um so erfreulicher, dafs sich die Beobachtungen über diesen 
Gegenstand in eben derselben Zeit in solcher Weise vermehrt 
haben, dafs die Zweifler wohl endlich verstummen werden. 
Herr Unger und Referent haben, unabhängig von einander, 
in verschiedenen Abhandlungen ihre Beobachtungen über die 
Saamenthierchen der niedern Pflanzen bekannt gemächt. Herr 
Unger*) beklagt sich zuerst, dafs seine Entdeckung der ge- 
schwänzten Saamenthierchen bei der Gattung Sphagnum, wor- 
über in unsern ersten Jahresbericht (1835) referirt wurde, so 
lange Zeit hindurch unbeachtet geblieben ist, und mit Recht 
wird diese Vernachlässigung eines so wichtigen Gegenstandes 
dem Mangel guter Mikroskope zugeschrieben. Ja Schmidel 
und F. Nees von Esenbeck, welche die Saamenthierchen 
der Moose entdeckt haben, konnten aus eben demselben Grunde 
nicht wahrnehmen, dafs sie geschwänzt sind. Die Saamenthier- 
chen in Sphagnum bestanden nach Unger’s früherer Beob- 
achtung aus einem dicken Rumpfe und einem dünnen faden- 
förmigen Schwanze; da aber die Bewegung derselben mit dem 
fadenförmigen. Schwanze voran geschieht, so sieht, er densel- 
ben für einen Rüssel an, welcher mit demjenigen der Infuso- 
rien zu vergleichen sei. An dem Körper der Saamenthierchen 
nahm Herr Unger keine active Bewegung wahr, unterschied 
aber an dem ganzen Saamenthierchen die locomotorischen Be- 
wegungen von den rotirenden. Die einfachste Bewegung 
geschieht in der Richtung der Spirale, und ist der Rüssel noch 
zusammengezogen, so ist die Bewegung eine einfach rotirende. 


*) Neuere Beobachtungen über die Moosanthere und ihre Saa- 
menthierchen. — Nora Acta Acad. C. L. C. Vol. XVUI. P. LD. pag. 
687.— 704. Jan. 1839. erschienen. 


46 


Bei den Ortsveränderungen der Saamenthierchen, welche in 
der Richtung der Spirale erfolgen, zählte Herr Unger 4 bis 
3 Umdrehungen oder besser Umwälzungen des Rumpfs in der 
Secunde, und'sowohl bei der Ortsbewegung, ‘als bei’der ein- 
fach rotirenden Bewegung sah er die Spitze des Rüssels in 
einer beständig zitternden Bewegung. Aufser diesen gewöhn- 
lichen Bewegungen kommen: zuweilen noch andere vor, die 
durch Zufälligkeiten bedingt zu sein scheinen und dieses’ sind 
die schnellenden Bewegungen, welche man dann bemerkt, wenn 
sie sich von den in den Weg kommenden Hindernissen zu be- 
freien suchen. Auch in dem spiralförmig gewundenen Rüssel 
sah Hr. Unger keine Ausstreckung oder Krümmung, sondern 
der Rüssel zeigte sich stets in seiner Steifheit, doch sah er 
die Rüssel nicht selten von ihren Körpern getrennt und dann 
immer mehr oder weniger erschlafit, sie zeigten aber durch- 
aus keine Bewegung. 

Hierauf kommt Herr Unger zu der Frage über die Stel- 
lung dieser Saamentliierchen in der Reihe der thierischen Ge- 
schöpfe. In den Befruchtungs-Schläuchen (Antheren der neue- 
ren Autoren) der übrigen Moose, sowie bei denen der Leber- 
moose hatte er die Saamenthierchen noch nicht beobachtet und 
glaubt, dafs von einer Analogie jener Körper mit den Anthe- 
ren phanerogamischer Gewächse nicht die Rede sein könne, 
sondern die Aehnlichkeit mit den Pollenblasen liege viel näher, 
denn so wie diese eine zellulöse und eine innere homogene 
Haut besitzen, so auch die Befruchtungsschläuche der Moose, 
Nach Referents Beobachtungen sind diese Vergleiche unstatt- 
haft, denn die Struktur der Moosantheren und die der Pollen- 
bläschen’ ist ganz überaus verschieden, wie es Ref. im dritten 
Theile der Pflanzen-Physiologie nachgewiesen hat. ‘Ref. hat 
es vollständig verfolgen können, dafs sowohl die Antheren als 
die Pistille der Moose aus einzelnen Zellen hervorgebildet 
werden (aus diesen Zellen bilden sich zuweilen die ‘Brutkör- 
ner der Moose, welche als abortirte Blüthen der Fruchtbil- 
dungen anzusehen sind!), dafs sie also: im Anfange von glei- 
cher Entwickelungsweise sind und die Form von mehr oder 
weniger eylindrischen oder eyförmigen Schläuchen annehmen. 
Bei den Pistillen öffnet sich die Spitze dieser, aus einer ein- 
fachen Zellenschicht bestehenden Schläuche zur Narbe, und in 


47 


der Basis bildet sich der Fruchtknoten, bei den Antheren da- 
gegen füllt sich” die Höhle mit fovilla und das Vorhandensein 
einer inneren zarten Haut, welche Herr Unger bei den An- 
theren von Sphagnum beobachtet haben will, möchte Ref. sehr 
in Zweifel stellen, obgleich er selbst beobachtet hat, dafs die 
Spitze der Anthere, vielleicht der meisten Laubmoose, aus ei- 
ner einfachen Membran besteht. Bei den Marchantien glaubt 
Herr Unger die Anthere nur für einen Theil -einer vielkam- 
merigen Anthere ansehen zu können, wofür er die ganze 
männliche Blüthe deutet. Ja die Aehnlichkeit in der Struktur 
dieser Anthere soll mit den Antheren der Rafflesia in die 
Augen springend sein, was Ref. jedoch nicht bestätigen möchte. 

Herr Unger sucht nun zu zeigen, dafs die Saamenthier- 
chen der Moosantheren mit den Saamenthierchen der Thiere 
zusammenzustellen sind, obgleich die Classification derselben 
zweifelhaft bleibt, weil die Steifheit des Rüssels und die Art 
der Bewegung so sehr verschieden ist. Als Gründe für diese 
Zusammenstellung der Saamenthierchen werden auch die über- 
einstimmenden Gröfsenverhältnisse zwischen den Saamenthier- 
chen der Moose und denen der Thiere angeführt und es wird 
auf ein Gesetz hingedeutet, „dafs, je unvollkommener der Or- 
ganismus, um so ausgebildeter die Saamenthierchen,“ welches 
jedoch wegen der vielen Ausnahmen wohl kein Naturge- 
setz sein möchte. (Ref.) 

Später hat Herr Unger*) auch in den Antheren der ge- 
wöhnlichen Laubmoose die Saamenthierchen beobachtet, als bei 
Polytrichum juniperinum, commune, urnigerum und alpe- 
sire; so wie bei Funaria hygrometrica, Bryum cuspidatum 
und Br. punctatum; und endlich fand er sie auch bei Mar- 
chantia polymorpha und Grimaldia hemisphaerica,, doch 
gelang es ihm nicht die Saamenthierchen der Jungermannien 


*) Weitere Beobachtungen über die Saamenthierchen der Pflan- 
zen. — Acta Acad. C. L. C. nat. cur, V. XVII. P. II. pag. 787 — 
7%, Der Inhalt dieser Abhandlung ist bei der Versammlung der 
Naturforscher zu Prag vorgetragen, und im vergangenen Jahre auch 
in der Flora oder botanischen Zeitung von 1838. II. pag. 393 — 400 
mitgetheilt, kam mir aber erst lange nach dem Drucke desjenigen 
Abschnittes meiner Pflanzenphysiologie zu Gesicht, in welchem die 
Saamenthierchen der niedern Pflanzen abgehandelt werden. (Ref.) 


48 


aufzufinden. Bei Polytrichum commune fanden sich die Saa- 
menthierchen in kleinen hexa@drischen Zellen mit abgerunde- 
ten Kanten. Meistentheils erschienen die Saamenthierchen in 
den Zellen unbeweglich, andere zeigten’ dagegen eine zitternde 
Bewegung in dem dünnen Fortsatze des Rüssels, wärend andere 
sich auch absatzweise um ihre Achse drehten. Den Durch- 
messer des feinen Rüssels mafs Hr. Unger zu 0,004”; nur 
wenige Saamenthierchen wurden frei, d. h. aufserhalb der Zel- 
len beobachtet und diese zeigten nur eine zitternde oseillirende 
Bewegung des Rüssels. Auch bei den Saamenthierchen der 
Marchantia polymorpha sah Hr. Unger dafs sich der Rüs- 
sel in einer äufserst schnellen zitternden Bewegung befand. 
Referents Beobachtungen über die Saamenthierchen der 
niedern Pflanzen sind ebenfalls sehr zahlreich und derselbe ist 
in verschiedenen Punkten weiter gekommen als Herr Unger. 
Das Auftreten der Saamenthierchen bei den Gattungen Hy- 
pnum, Mnium und Bartramia beobachtete Ref. im Sommer 
von 1837, worüber schon im vorigen Jahresberichte (pag. 94) 
Mittheilungen gemacht wurden; hierauf folgten Beobachtungen *) 
über die Saamenthierchen der Marchantia polymorpha, dann 
wurden einige allgemeine Mittheilungen über die Saamenthier- 
chen der Laub- und Lebermoose, wie der Characeen im Aug. 
des vergangenen Sommers an die Akademie der Wissenschaf- 
ten zu Paris**) gemacht, und im Zusammenhange ward der 
Gegenstand im dritten Theile der Pflanzen-Physiologie (pag. 
205—226) mitgetheilt, wo er durch eine Menge von Abbil- 
dungen erläutert ist. Ref. hat an jenem Orte zuerst eine hi- 
storische Darstellung und die Beobachtungen über die Saamen- 
thierchen der niedern Pflanzen gegeben, woraus hervorgeht, 
dafs Herr. G. W. Bischoff die geschwänzten Saamenthier- 
chen zuerst und zwar bei Chara hispida beobachtet hat, und 
Herr J. C. Varley sah diese Thierchen von Chara syncarpa 
schon im Jahre 1834 ziemlich eben so deutlich, als wir sie 
gegenwärtig mit den besten Instrumenten sehen können; er 
beobachtete schon eine undulirende Bewegung an dem feinen 


*) S, Ueber vegetabilische Spermatozoen — Wiegmann’s Archiv 
etc. 1838. 2tes Heft pag. 212. 
") Compt. renduw d. 1838. II. 


49 


fadenförmigen Ende. Die neuen Beobachtungen des Herrn Un- 
ger-über die Saamenthierchen der Moose konnten noch nicht 
benutzt werden, indem sie erst später erschienen. 

Die hauptsächlichsten Resultate meiner Beobachtungen über 
den vorliegenden Gegenstand möchten folgende sein: Die Laub- 
und Lebermoose so wie die Cheren haben in ihren Antheren 
ähnliche Saamenthierchen wie die Thiere, doch treten diesel- 
ben bei den genannten Pflanzen stets einzeln, jedes Thierchen 
für sich in einer besonderen Zelle auf, ja bei den Charen lie- 
gen diese Zellchen, worin und woraus sich die Saamenthier- 
chen bilden, noch in den gröfseren Zellchen der Pollenfäden. 
und hier nehmen die Saamenthierchen nach ihrer vollkomme- 
nen Ausbildung einen weit gröfsern Umfang ein, als ihre Mut- 
terzelle gestattete. Diese Zellchen, worin sich die Saamen- 
thierchen einzeln bilden, sind bei verschiedenen Gattungen der 
genannten Familien bald.mehr bald weniger fest und membra- 
nös, mitunter aber, wie z, B. bei Bartramia, bei Sphagnum, 
bei Trichostylium Cord. sind sie so weich, dafs man sie 
füglich Schleimzellen oder Schleimhüllen nennen könnte; hier 
löst sich meistens die Schleimhülle im umgebenden Wasser 
und die Saamenthierchen werden dadurch frei. In den Fällen 
wo die Zellchen fester sind, da: werden dieselben durch die 
Einsaugung von Wasser und hauptsächlich durch die lebhaften 
Bewegüngen der spiralförmig zusammengewundenen Saamen- 
thierchen zerrissen und bleiben in dem Wasser ungelöst zu- 
rück, wenn die Saamenthierchen schon längst hervorgetreten 
sind. Diese Saamenthierchen-haltenden Zellchen sind bald sphä- 
risch, meistens linsenförmig, bald eckig, was sich hauptsächlich 
nach ihrer Aneinanderfügung in der Höhle der Anthere rich- 
tet; bei den ersteren Formen findet sich noch immer eine mehr 
oder weniger grofse Menge von Schleim, welche zwischen den 
Zellen liegt, und nach dessen Auflösung die Zellen erst aus- 
einander treten. In Hinsicht der Form und der Länge unter- 
scheiden sich die Saamenthierchen der verschiedenen Gruppen 
der Moose und Charen ganz ebenso wie bei den verschiede- 
nen Thierklassen; im Allgemeinen kann man sagen, dafs sie 
aus einem dickeren und einem dünneren, äufserst feinen Ende 
bestehen, und bei den meisten sieht man den allmäligen Ueber- 

V. Jahrg, 2, Band. 4 


50 


gang des diekeren Endes in das dünnere, ganz besonders schön 
bei den. Charen und Jungermannien, ja selbst bei Sphagnum 
ist es zu sehen, und Herrn Unger’s Zeichnung dieser Thier- 
chen, in welcher das Rumpfende wie ein besonderer, für sich 
bestehender Körper dargestellt ist, kann ich nicht bestätigen. 
Die gewöhnlichsten Bewegungen dieser Saamenthierchen ge- 
schehen in der Richtung der Spirale; hiebei ist nur das feine 
fadenförmige Ende thätig und das dicke Körperende wird pas- 
siv mit umhergewälzt, und da sich die Saamenthierchen fast 
immer mit jenem feinen Ende voraus bewegen, so kann 
man dasselbe besser Rüssel als Schwanzende nennen. Bei 
gehöriger Aufmerksamkeit sieht man an dem Rüssel aller jener 
Saamenthierchen eine undulirende Bewegung, aber vorzüglich 
sind es gewisse Punkte, welche sich in ihrer Lage verändern 
und eine starke, oseillirende Bewegung zeigen, so dafs man 
selbst an Cilien denken möchte, obgleich unsere Instrumente 
dieselben nicht zeigen. In meinem Buche habe ich den Ge- 
genstand genauer beschrieben und kann darauf verweisen; die 
Saamenthierchen der Charen sind so überaus grofs, dafs sich 
an ihnen hierüber noch am meisten beobachten Jäfst, und diese 
sind es auch, welche sich mitunter fast ganz gerade ausstrek- 
ken, so dafs wenigstens die spiralförmigen Windungen dersel- 
ben verschwinden, was ich auch bei den Saamenthierchen der 
Marchantien gesehen habe. Die auffallenden Bewegungen 
des langen Rüssels bei den Saamenthierchen der Charen, deren 
Dimension ich in der Spitze zu 55557 Linie gemessen habe, 
wärend das dicke Körperende „5 Linie Breite zeigte, diese 
Bewegungen sieht man erst dann recht deutlich, wenn die 
Schnelligkeit in der Bewegung sich mindert, und sich die Thier- 
chen dem Absterben nähern; dann schlängelt sich endlich. der 
Rüssel hin und her, wobei man zuerst seine ganze Länge zu sehen 
bekommt, wärend das Körperende schon unbeweglich da liegt. 
In jeder Charen-Anthere sind 4 bis 6000 Stück Saamenthier- 
chen enthalten. Die Saamenthierchen des Pflänzchens, wel- 
ches in meinem Buche als Aneura pinguis bezeichnet ist, 
zeigen schon viel Eigenthümliches in ihrer Form, wie es die 
Abbildungen auf der 12. Tafel fig.39 und 40 zeigen; es scheint 
mir aber gegenwärtig, dafs dieses Pfänzchen, dessen Frucht- 


bildung ich im Winter verfolgen konnte, nicht Aneura pinguis | 


51 


ist, sondern eine neue Art der merkwürdigen Corda’schen 
Gattung Trichostylum bildet *). 

Eine grofse Reihe von Arbeiten haben wir über das Frucht- 
lager der höheren Pilze im vergangenen Jahre erhalten. Herr 
J. H. Leveille**) hat seine Untersuchungen schon am 
12. März 1837 in der philomatischen Gesellschaft zu Paris 
vorgetragen; sie erschienen im Dec. Heft der Annales des 
‚Science. nat., welches aber erst in der Mitte des Sommers 
vorigen Jahres zu uns kam. Herr Leveille hat sich schon 
seit 12 Jahren mit diesen Untersuchungen beschäftigt und viele 
seiner Beobachtungen schon ‚dem verstorbenen Person vor- 
getragen. Wenn man die Oberfläche der Lamellen von Aga- 
ricus micaceus auf Querschnitten untersucht, so findet man 
zwei verschiedene Arten von Organen :daselbst; die einen sind 
mehr hervorstehende Bläschen, durchsichtig und von länglicher 
Form, wärend die andern kleine Wärzchen darstellen, die in 
Spitzen auslaufen, wovon jede derselben eine Spore trägt. 
Die ersteren Organe, die Paraphysen der Deutschen, werden 
Cystides genannt und die andern Basides. Die Cystides 
sind von einfachen Membranen gebildet aber zuweilen auf der 
Oberfläche genetzt; ihr Vorkommen ist nicht constant, so zei- 
gen einige 4garici diese Organe nur auf den Rändern der La- 
mellen. IhreForm wird beschrieben und als sehr verschieden dar- 
gestellt. Sie sind gewöhnlich ungegliedert; in seltenen Fällen aber 
auch gegliedert, und nicht selten sieht man die Sporn auf ihrer 
Oberfläche liegen. Die Basides sind 4sporig, 2sporig oder 
4sporig, jenachdem sie 4, 2 und. nur einen Sporn tragen; bei 
Agaricus vellereus wurde von H.L. ein Fall von gänzlichem 


*) Dieses interessante Lebermoos, welches ich Trichostylium are- 
narium nennen möchte, fand ich auf dem Sande nahe dem Ostsee- 
strande bei Swinemünde in Gesellschaft von Diplolaena Bilytü var. 
contorta. Es hatte im August bis zum October Antheren und junge 
Fruchtkapseln, deren sich noch im November mehrere neue ausbilde- 
ten. Herr Corda hat für Trichostylium affine freie Antheren ange- 
geben und auch ganz kurze Stielchen abgebildet, worauf sie befestigt 
waren; bei meiner Art waren die Antheren in der obern Blattsubstanz 
eingesenkt, kamen aber später hervor, so dafs sie wie kleine Sandkör- 
ner daselbst umherlagen; ich sah 12— 45 Antheren in einem einzelnen 
Blattlappen. 

*") Recherches sur !’Hymenium des Champignons. 


4* 


52 


Abortement der ‚Sporen und Sporenträger ‘beobachtet Bei 
Lactifluus acris sind die Sporenträger gegliedert dargestellt, 
und bei Agaricus rutilus hat Hr. Montagne auch geglie- 
derte Sporen beobachtet, was aber nach Leveille nicht con; 
stant ist, ja auch länglich uud sphärjsch kommen sie bei einem 
und demselben Pilze vor. Die Sporn 'sind' bei einigen Arten 
glatt, bei andern verrukös, bei andern tuberkulös.. Vier Kup- 
fertafeln mit sehr schönen Zeichnungen begleiten diese Ab- 
handlungen. 

Herr’ Berkeley*) hat ebenfalls eine sehr interessante 
Arbeit über denselben Gegenstand geliefert, und dabei eine 
musterhafte historische Darstellung der älteren Beobachtungen 
über denselben vorangeschickt. Die Basides des Herrn Le- 
veille nennt Hr. B. Sporophores und die Cystides bezeich- 
net er mit dem Namen der Utricles. Auch Herr B. sah, dafs 
die-Saamen bei der Gattung Agaricus regelmäfsig zu 4 auf- 
treten; bei Ag. flexuosus fand er jedoch nur 2 Sporen oder 
Saamen ‚auf jedem Saamenträger. Der Inhalt der Sporenträ- 
ger ward bei der Reife der Sporen ganz entschieden gekörnt, 
und die Länge der Sporenträger ist auf einem und demselben 
Individuum nicht immer gleich. Auch bei Boletuws kommen 
regelmäfsig 4 Sporen auf jedem Sporenträger vor, doch bei 
andern Gattungen ist die Zahl derselben bei verschiedenen 
Arten mitunter sehr verschieden; Clavaria cristata Pers. 
hatte 2 oder auch 3 Sporen, Clavaria crispata 3 oder 4; 
Clav. vernicularis nur 2 und Clavaria viscosa sogar nur 
einen Saamen. Bei Cantharellus cibarius sind‘ 6 Sporen, 
wovon 4 gewöhnlich wie bei Agaricus gestellt sind und 2 andere 
noch jenen 4 zur Seite u. s. w. Zwei Kupfertafeln begleiten 
die Abhandlung; die Abbildungen sind richtig, aber nicht so 
elegant als in der vorigen Arbeit des Herrn Leveille. Der 
übrige Theil dieser Abhandlung ist von systematischem Interesse. 

Herr Klotzsch hat in Albert Dietrich’s Flora des 
Königreichs Preufsen (6. Band. Berlin 1838) eine Reihe von 
höheren Pilzen beschrieben und abgebildet, wozu überall specielle 


*) On the Fructification of the Pileate und Clavate Tribes of 
Hymenomycetous Fungi. — Ann. ofnatur, hist. etc. London 1838 p. 
82 — 101. 


53 


Analysen des Hymenium’s gegeben sind. Die Sporen tragen- 
den. Organe werden Sporenschläuche und die  Paraphysen 
(utricles Bere. und 'cystides Lev.) Pilzantheren genannt. 
Bei der Beschreibung des Agaricus deliquescens Bull. 
(Tab. 385) sagt- Herr Klotzsch: „Was die: Anthere betrifft, 
so entwickelt sie sich mit den ersten Sporen zugleich und scheint 
in der That einen Befruchtungsakt auszuüben; sie springt nicht 
auf (wenigstens. habe ich es nie beobachten können); auch 
geht ihr jene thätige Bewegung. ab, wie sie an den Moos- und 
Farrnantheren zu sehen ist; sehr häufig findet man bei nähe- 
rer Untersuchung-des. Fruchtlagers der, Hymenomy.ceten: ab- 
gefallene Sporen an den, Antheren klebend,, welche abgenom- 
men sämmtlich keimen, aber nur durch Transsudation, befruch- 
tet, werden können, Folgerungen, die sich mir dadurch auf- 
drangen, däfs Antheren, an welchen Sporen anklebten, an inne- 
reın Gehalte verloren hatten, eingeschrumpft und unförmig er-- 
schienen, ohne dafs nur das geringste Zerreifsen des Antheren- 
sackes bemerkbar wurde; ferner dadurch, dafs von den frei- 
willig abgefallenen Sporen. der ersten Entwickelung nur wenige, 
von denen der spätern Entwickelung aber nur in seltenen Fäl- 
len und dann nur einzelne keimten,“ 

Endlich hat auch Herr Phöbus*) eine Reihe von Beobach- 
tungen über die Fructificationsorgane der höheren Pilze bekannt 
gemacht. Er unterscheidet an den Sporenträgern des Hyme- 
"nium’s den Träger und die Stiele, worauf die Sporen unmit- 
telbar sitzen und den Träger, mit den Stielen, deren Zahl. bei 
Agaricus 4 ist, nennt Hr. Ph, eine Tetrade. An den, Spo- 
ren bemerkte er sehr oft in der einen Seite, ungefähr in der 
Mitte der Höhe des Keimkernes einen scharf begrenzten blafs- 
rothen Fleck. „Zwischen den Tetraden zerstreut, in beträcht- 
lieh geringerer Zahl, finden sich bei vielen Agaricus-Arten 
(bei manchen, wie es scheint nur inconstant) noch andere, 
mehr oder weniger in die Länge ausgedehnte, fast immer die 
Tetraden überragende, übrigens verschieden gestaltete Hervor- 
ragungen „Nebenkörper, Paraphysen“. welche man in sehr vie- 
len Fällen nur für abnorm veränderte Träger zu halten hat.“ 


*) Deutschland’s kryptogamische Giftgewächse in Abbildungen und 
Beschreibungen, Berlin 1838. 


54 


Auch in diesem Werke sind bei der Beschreibung der einzel- 


nen Arten die Analysen des Hymenium’s gegeben, worin man 


die Form der Sporenträger und der Antheren-artigen Organe 
dargestellt findet. | 

Schon aus diesen 4 verschiedenen Arbeiten geht die grofse 
Meinungsverschiedenheit hervor, welche man über die Fun- 
ction der Paraphysen hegt. Dafs die Paraphysen bei den Hut- 
pilzen als befruchtende Organe anzusehen wären, das ist schon 
eine Vermuthung aus der ersten Hälfte des vergangenen Jahr- 
hunderts, aber Buillard hat diese Ansicht wohl zuerst mit 
Bestimmtheit und zwar in Folge genauerer Untersuchungen 
vorgetragen. Auch Ref. hat diesem Gegenstand in der letzte- 
ren Zeit seine Aufmerksamkeit gewidmet und seine Ansichten 
über denselben in der Pflanzen-Physiologie (III. pag. 465) be- 
kannt gemacht; er hält jene Körper für Organe, welche eine 
befruchtende Substanz enthalten, aber Beobachtungen zeigten 
ihm, dafs sie einmal nur sehr sparsam auftreten, ja gar nicht 
selten an ausgebildeten Pilzen, welche mit Tausenden uxd 
Tausenden von Saamen bedeckt sind: gänzlich fehlen. In vie- 
len Fällen sieht man nur zu deutlich, dafs diese Körper aus 
den abortirten Saamenträgern] hervorgewachsen sind, ja in 
anderen schien es, dafs diese Saamenträger selbst nach dem 
Abfallen der Saamen zu einer besonderen Gröfse anschwellen, 
und dann ebenfalls als solche Antheren-artige Organe erschei- 
nen; in beiden Fällen zeigen sie dann auf ihrer Spitze die 
Stielchen, auf welche sonst die Saamen befestigt waren. Ich 
bin also mit Herrn Phöbus zu einer und derselben Ansicht 
gekommen, dafs die Antheren-artigen Organe für abnorm ver- 
änderte Saamenträger zu halten sind, ich habe aber auch ver- 
folgen können, dafs sich diese Organe unmittelbar aus den 
cylindrischen Zellen des Fruchtlagers heranbilden, und dafs 
diese eben dieselbe Gröfse und Länge erreichen, wie die 
anderen. Es zeigt sich aber auch, dafs der Inhalt dieser aufser- 
ordentlich entwickelten Gebilde, ganz von derselben Art ist 
wie derjenige, welcher die kleinen, zurückbleibenden Zellen des 
Fruchtlagers füllt; nur in Hinsicht der Menge findet hierin 
Verschiedenheit statt. Ich sah bei Agaricus lacteus und Co- 
prinus, dafs die grofsen, sogenannten Antheren unter Wasser 
aufplatzten und ihren Inhalt ausgossen, und die Moleküle, 


FE Tan 


55 


welche in diesen Organen enthalten, sind von ziemlich regel- 
mäfsiger Form und zeigen eine lebhafte Molekularbewegung, 
doch keine geschwänzte Saamenthierchen. Direkte Befruch- 
tungsversuche können hier nicht stattfinden, demnach läfst sich 
die Funktion jener Organe nicht mit Bestimmtheit anweisen. 
Glaubt man, dafs hier eine wirkliche Befruchtung der Sporen 
stattfindet, so kann diese nur nach Art der Befruchtung der 
Fisch- und Amphibien-Eier erfolgen, denn die Sporen bilden 
sich häufig schon viel früher aus, als die Füllung des Sporen- 
trägers mit jener opaken und gekörnten Substanz stattfindet, 
. was ich ganz bestimmt beobachtet habe. Und eben so sah ich 
die Sporen unsers gewöhnlichen Champignon’s keimen, obgleich 
ich keine besonders ausgebildete Antheren-artige Organe an 
dem Hute der Pflanze, von welchem ich die Sporen nahm, 
auffinden konnte. 

Einige Mittheilungen über die angeblichen Antheren der 
Coprinus-Arten hat auch ganz neuerlichst‘ Herr Unger*) 
gemacht; derselbe sah, dafs sie nichts weiter, als die gröfsten, 
auch dem unbewaffneten Auge erkennbaren Schläuche des Hy- 
menium’s waren; die Membran derselben war sehr dünn und 
zart. Der Inhalt der reifen, in’s Gelbliche spielenden Anthere 
war wässerig-schleimiger Natur, aber ohne Beimengung von 
Körnern oder andern Körperchen. Ref. fand dagegen in dem 
schleimigen Inhalte dieser Körper von verschiedenen Agaricus- 
Arten, so wie auch bei AJgaricus Coprinus Kügelchen, welche 
lebhafte Bewegungen zeigten. Herr Unger vergleicht diese 
angeblichen Antheren der Pilze mit den Paraphıysen, und jeden- 
falls dürften sie weniger mit den Antheridien verglichen wer- 
den. Das käme nun aber wohl auf eins hinaus, denn Herr 
Unger lehrte an einem andern Orte (l.c. pag. 698), dafs sich 
zwischen den Paraphysen der Moose und den Antheren der- 
selben, Uebergänge nachweisen lassen. 

Herr Ascherson**) hat in einer kleinen Abhandlung 
die Ansicht des Herrn Corda bestätigt, dafs die Kügelchen 
in den Sporen vieler Pilze, welche man mitunter fälschlich 


*) Acta Acad. C. L. €. Vol. XVII. P. I. p. 192. 
*) Ueber die Oeltröpfen, die in den Fortpflanzungskörpern der 
Pilze enthalten sind: — Poggendorf’s Annal. d. Physik. XLIV. p. 639. 


56 


auch Sporisien genannt hat, nicht anderes als Tröpfchen eines 
fetten Oeles sind. Hert Corda nennt diese Bildungen schon 
seit vielen Jahren nicht anders als Oeltröpfchen, und da wir 
bei den Sporen der Moose und der Charen fettes Oel in noch 
gröfseren Tropfen. gefunden haben, so ist das Auftreten 'des 
Oeles in den Sporen: der Pilze eine analoge Erscheinung. Ref. 
glaubt jedoch, dafs man sicherer geht, "wenn man sagt, dafs jene 
Kügelchen in den: Sporen ‘der Pilze aus einer öl- oder fett- 
artigen Substanz bestehen, und diese Substanz findet Ref. auch 
in’den Zellenmembranen vieler Pilze wieder, deren: Zellen- 
gewebe sich fettartig verhält, ohne dafs man die Fettkörper: in 


den Zellen: desselben sehen.kann. Herr Ascherson sah diese 


Körper bei ihrer Entstehung, obgleich noch unmerklich klein, 


dennoch immer an ihren bestimmten, Stellen auftreten, und in 
anderen Fällen entstanden sie durch Verschmelzuug einer gan- 


zen Gruppe kleiner Kügelchen. :Da nun die Pilze sehr ein- 
fach organisirt sind, so glaubt Herr Ascherson, dafs das- 
jenige, was sie enthalten, zu den unentbehrlichsten Bedingun- 
gen jeder Organisation gehört, und man könne defshalb aus 


der angegebenen Thatsache wohl wichtige, allgemeine Folge- ° 


rungen ziehen. Schliefslich spricht Hr. Asch. noch die Hypo- 
these "aus, dafs die ‚Existenz zweier heterogener Flüssigkeiten 
ein nothwendiges Requesit der 'Zellenbildung zu sein scheine, 
eine Hypothese, welche er später ausführlicher entwickeln wird. 

Herr T. A. Qwevenne*) hat eine sehr ausführliche Ar- 
beit über mikroskopische und chemische Untersuchungen der 
Hefe, nebst Versuchen über die Weingährung geliefert. Schon 
im vorigen Jahresberichte wurde dieser Gegenstand sehr ausführ- 
lich behandelt und die mikroskopischen Beobachtungen der Herrn 
Cogniard-Latour und Schwann, sowie des Referenten 
Zusätze haben denselben in physiologischer Hinsicht schon 
viel weiter gebracht, als'wir ihn in dieser Arbeit des Herrn 
Quevenne finden, ja derselbe ist noch nicht einmal vollkom- 
men überzeugt, dafs die sogenannten Kügelchen des Fermen- 
tes wirkliche Pflänzchen sind. Die vorliegende Arbeit ist aber 
in anderer Hinsicht überaus schätzenswerth, und besonders 
interessant sind die vielen Versuche über das Verhalten dieser 


*) Journal d. Pharmäc. Juin 4838. pag. 265. 


57 


Gährungspflänzehben in verschiedenen Substanzen, durch welche 
die Gährung bald befördert bald unterdrückt wird. f 

Herr Quevenne reinigte das Bierferment durch mehr- 
faches Auswaschen mit Wasser und überzeugte sich alsdann, 
dafs gerade der gleichartige weifse Brei, welcher nach 3 bis 
4fachem Waschen: übrig blieb (und dieser besteht ‘ganz und 
gar aus den Gährungs-Pilzchen Ref.), die Gährung erregende 
Eigenschaft in einem hohen Grade besitzt. Das abgelaufene 
Wasser, welches den Extractivstoff enthielt, zeigte sich in die- 
ser Hinsicht nur von schwacher Wirkung. Wir haben im 
vorigen Jahresberichte kennen gelernt, dafs die Gährung stets 
mit der Erzeugung und dem Wächsthume der kleinen Gährungs- 
oder Zucker-Pilze begleitet ist; Herr. Quevenne fand bei 
seinen Versuchen, dafs Terpentinöl, Blausäure, Sublimat, essig- 
saures Kupferoxyd u. s. w. die Gährung verhindern, und die- 
ses sind denn auch sämmtlich Substanzen, welche als: heftige 
Gifte gegen Pflanzen wirken, dagegen zeigen Morphin und 
Strychnin keinen schädlichen Einflufs auf den Gährungs-Pro- 
zeis, so dafs man daraus schliefsen könnte, dafs die Gährung 
durch alle diejenigen Substanzen unterdrückt wird, welche auf 
die Gährungs-Pilze als Gifte wirken. 

Der Einfufs des Gährungs-Pilzes auf die Zersetzung des 
Zuckers wird sehr richtig, als ganz verschieden von der Wir- 
kung dargestellt, welche die katalitischen Körper auf einander 
zeigen, aber Herr Quevenne scheint gefunden zu "haben, 
dafs die Anwesenheit gewisser freier, organischer Säuren bei 
der Entwickelung der Gährung nöthig ist, und dafs Alkalien 
diese Wirkung hemmen. 

Am 23. Juli hat Herr Turpin*) von der Akademie der 
Wissenschaften zu Paris einen Bericht über eine neue Abhand- 
lung des HerrnCogniard-Latour: Beobachtungen und Ver- 
suche über die Ursache und Wirkung der weinigen Gährung 
vorgetragen, worin wir die Angabe finden, dafs die Vermeh- 
rung der Zucker- oder Gährungs-Pilze nicht nur durch Erzeu- 
gung von Knospen vor sich geht, sondern dafs sich diese ein- 
fachen Pflänzchen bei ihrer Einwirkung auf die Bierwürze zu- 
sammenziehen, kleiner werden und dabei Brutkörnchen schen 


*) Compt. rend. 1838. II. 


58 


lassen, welche sich wieder durch Knospen vermehren, sobald 
sie die Gröfse der Mutterpflanze erreicht haben. Diese letztere 
Angabe möchte aber doch, wie Ref. glaubt, noch Bestätigung 
verdienen, er selbst hat das Pflänzchen vielfach beobachtet und 
in fig. 22. Tab. X. seiner Physiologie etc. (III. pag. 465) ab- 
gebildet und beschrieben, aber immer nur das sprossende 
Wachsen derselben gesehen. Dergleichen einfache Pflänzchen 
vermehren sich allerdings ganz gewöhnlich geräde durch Spo- 
ren, die im Inneren ihrer Schläuche entstehen, dann ist aber 
mit der Bildung dieser Sporen oder Brutkörner zugleich der 
Untergang der Zelle bedingt, worin jene gebildet wurden; ein 
Zusammenziehen und Kleinerwerden derselben ist aber behufs 
solcher Fortpflanzung noch nicht beobachtet. Der Ursprung 
der Kohlensäure, welche sich bei der Gährung entwickelt, lei- 
tet auch Herr Cogniard-Latour von der Vegetation des 
Gährungspilzes ab. 

Endlich hat auch Herr Turpin*) eine besondere Arbeit 
über die Natur des Fermentes geliefert, welche aber in ihren 
Resultaten jenen Mittheilungen nachstehen möchten, die Refe- 
rent schon im vorigen Jahresberichte gegeben hat. Es finden 
sich keine neuen Beobachtungen in dieser Arbeit des Herrn 
Turpin über den genannten Gegenstand, wohl aber mehrere 
sehr irrthümliche Annahmen, gegen welche es Pflicht ist zu 
warnen. Alle Hefen, sagt Hr. Turpin, bestehen aus organi- 
schen Geweben, von welchen sie sich isoliren und zwar in 
Form von Kügelchen, welche oft im Augenblicke der Tren- 
nung selbst dem Mikroskope unsichtbar sind. Eben so irrthüm- 
lich ist die Angabe, dafs es durch mikroskopische Beohach- 
tungen nachzuweisen sei, dafs die kleinen Kügelchen der Stärke 
des Eyweifskörpers der Gerste u. s. w. der Ursprung der Bier- 
hefe und aller der Vegetation ist, welche darin vorkommt 
und durch Herrn Turpin mit Mycoderma cerevisiae bezeich- 
net wird. Diese Angaben beruhen auf Herrn Turpin’s Lieb- 
lingsansicht von den Globuline, welche aber schon längst als 
grundlos nachgewiesen ist, aber von ihrem Urheber noch immer 
sehr wohlgefällig vorgetragen wird. 

*) Sur la cause et les effets de la fermentation alcoloique et 


aceteuse. — L’Institut de 1838. 23. dout 1838. — Compt. rendus sec. 
semestre pag. 369 — 402. 


59 


Herr Turpin glaubt auch gesehen zu haben, dafs sowohl 
einzelne, wie auch ein ganzer Theil des aus perlschnurförmig 
aneinander gereihten Kügelehen bestehenden Stieles, einen 
Theil, oder anch sämmtliche innere Kügelchen in Gestalt einer 
Rakete ausstiefsen. 

Referent kann es nur bedauern, dafs er das Unglück hat 
Herrn Turpin fast bei jeder Gelegenheit widersprechen zu 
müssen; die Schuld liegt nur an Herrn Turpin, der in sei- 
nen Beobachtungen nicht nur sehr ungenau ist, sondern sich 
auch stets bestrebt zu lehren, ohne die Erfahrungen seiner 
Vorgänger zu erlernen, oder die Lehren seiner Zeitgenossen 
zu achten. Es finden freilich viele Naturforscher, dafs die 
Beobachtung neuer Thatsachen viel leichter ist, als die Erler- 
nung der schon beschriebenen; letzteres ist aber unbedingt 
nothwendig. 

In Folge dieser pomphaften Arbeit des Herrn Turpin, 
welche von den grofsartigsten Zeichnungen ' begleitet gewesen 
sein soll, ist denn auch so eben eine andere neue Theorie 
über den Gährungsprozefs aufgestellt, welche ganz unterhaltend 
zu lesen ist.*) Hiernach sind es Infusorien, welche mit Heifs- 
hunger den Zucker verschlucken, und dafür Weingeist durch 
den Darmkanal und Kohlensäure durch die Urinblase entleeren. 
Wenn der Zucker verbraucht ist, so fressen sich die Thiere 
gegenseitig auf und alles wird verdauet bis auf die Eyer, 
welche unverändert wieder abgehen. 

Der Verfasser dieser Satyre hat mit dem letzteren Satze 
sehr gut zu zeigen gewufst, dafs die Gährungspilze keineswegs 
die Ursache der Gährung sein können, denn sie sind gerade 
in sehr grofser Anzahl vorhanden, wenn die Gährung in einer 
solchen Flüssigkeit aufhört. 

Herr James Blake **) hat sehr interessante Borsraihe 
über eleetrische Strömungen angestellt, welche wärend des 
Gähr- und Vegetations-Prozesses erzeugt werden; der Gegen- 
stand erscheint dem Ref. von grofser Wichtigkeit und die 


*) S. Das enträthselte Geheimnifs der geistigen Gährung in. den 
Annalen der Phamacie von Köhler und Liebig. Jan. 1839. 

*) On the Electrical Currents produced during the Processes of 
Fermentation. — London and Edinb. Phil, Mag. 1838 I. p. 599. 


s 


60 


fernere Beobachtung desselben ist der nächsten Zeit rechtsehr 
zu empfehlen. ı Der Verfasser dieser Abhandlung fand, dafs 
sich die Hefe in einem eleetrenegativen Zustande ne und 
die umgebende Flüssigkeit in einem positiv electrischen, wenn 
die Hefe mit Zucker in Berührung tritt und in Letzterem die Er- 
scheinungen. der Gährung hervorruft. Galvanische Ströme, 
welche durch gährende Flüssigkeiten ‘geleitet wurden, beför- 
derten stets die Gährung." Herr Blake beobachtete auch, dafs, 
sich wärend des Vegetationsprozesses ebenfalls electrische Stö- 
mungen erzeugen, und zwar sah er die Oberfläche eines Blat- 
tes positiv electrisch und das:umgebende Medium negativ elee- 
trisch. Die An- oder Abwesenheit des Lichtes hatte auf die 
Richtung der. Strömung keinen Einflufs, ‘aber bei Tage war 
mehr Electrieität in Bewegung gesetzt. 

Schon in meinem ersten Berichte vom Jahre 1834 habe 
ich eine Arbeit des Herrn Turpin angezeigt, worin derselbe 
seine Lieblingsansichten über die ideale Struktur der Pflanzen 
und der allereinfachsten Pflänzchen. mitgetheilt, hatte, gegen- 
wärtig ist diese Arbeit vollständig erschienen*) und mit einer 
prachtvollen Abbildung über die Entstehung des Cantharellus 
Dutrochetii Turp. begleitet, welche ebenfalls schon 1834 aber 
durch Herrn Dutrochet vorgetragen wurde. Diese Darstel- 
lung über das Hervortreten der Fruchtträger jenes Pilzes aus 
den feinsten Zweigen des Thallus ist überaus gut, die Analyse 
über das Gewebe desselben, so] wie die Strüktur der Fru- 
etificationsorgane sind jedoch ganz irrthümlich aufgefafst, und 
nur aus diesem Grunde konnte die Entstehung dieses Pilzes 
zur Bestätigung der Lieblivgsansichten des Herrn Ennpig 
benutzt werden. 

Herr Ad. Brongniart**) hat der Akademie zu Paris 
einen Bericht über ein Memoire des Herrn Montagne ab- 


”) Observations generales sur lorganisation et la physiologie des 
vegdtaux, consideres comme de grandes associations de vegetauz plus 
simples, confervoides, et simplement agglutines. — Mem. de !.Academ. 
Royale des sciences de U’Institut de France. Tome XIV. Paris 1838. 
rag. 105— 154. 

*") Rappoxrt sur un Mem. de M, le docteur Montagne, sur Vorga- 
nisation et le mode de reproduction des Caulerpees et en pasticulier 
da Caulerpa Webbianua. — Compt. rend. d. 1838 I. pag. 269. » ' 


6, 


gestattet, worin dieser die Organisation und die Fortpflanzung 
der Caulerpien beschreibt; die Arbeit wird in den Me&moires 
des Savans Etrangers erscheinen. Die Sporen dieser Algen 
entwickeln sich wie bei den Ulvaceen- im Allgemeinen, und 
nach ihrem Hervortreten aus den Zellen zeigen sie ebenfalls 
eine freie Bewegung, bis sie sich ‘wieder vergröfsern. — 
Später ist diese Abhandlung des Hr. Montagne in den An- 
nales des Science. natur.*) erschienen; sie enthält aufser der 
Betrachtung der Caulerpien in systematischer: Hinsicht, noch 
einen ausführlicheren Abschnitt über die Fructification dieser 
Gattung, worin einiges Allgemeine über die Bewegung der 
Sporen dieser Pflanzenfamilie mitgetheilt wird. 

Herr F, Dunal**) beobachtete die Ursache der rothen 
Färbung, welche das Seewasser des Mittelländischen Meeres, 
in den Reservoirs der Salinen jener Gegenden so häufig zeigt; 
er fand aufser der grofsen Anzahl an kleinen Thieren, welche 
zu dieser Färbung beitragen, auch mehrere kleine Algen und 
zwar einen Protococcus, den er salinus nennt und.auch einen 
Haematococcus, welchen er ebenfalls salinus nennt. ‘ Herr 
Dunal glaubt jedoch, dafs der Protococcus nur ein junger 
Haematococcus ist. Es ist nur zu bedauerır, dafs diesen Mit- 
theilungen keine Abbildungen beigegeben sind, denn sicherlich 
gehen nun diese‘ beiden angezeigten Algen als neue in die 
systematischen Handbücher über, was sie aber wohl schwer- 
lich sein möchten. 

Herr Unger***) hat ein Wesen, welches, wie er selbst 
sagt, ohne Zweifel die bekannte und vielfältig beschriebene 
Oscillatoria labyrinthiformis Agdh. ist, als Spirilium Os- 
eillatoria beschrieben und abgebildet, und erklärt dasselbe, 
wie die Oscillatorien überhaupt, für Thiere. Er fand die 
Oscillatorie spiralförmig gewunden, bald rechts, bald links 
gewunden; die Ortsbegung ward sowohl durch die Spiraldre- 
hung der Faser selbst, als durch wellenförmige Bewegungen 
des ganzen Fadens bewerkstelliget. Je nachdem das Thier 


*) Mars 1838 pag. 129 — 450. 

**) Ann. des sciens nat. 1838 I. pag.. 172. 
*+) Ueber Oseillatoria labyrinthiformis Agdh. — Acta Acad. C. 
 L. C. nat. cur, Vol. XVII. P. II. pag,, 705. Tab. LIIl. f. 3. 


62 


vorwärts oder rückwärts kriechen will, dreht sich die Faser 
von links nach rechts, oder von rechts nach links, wobei zu- 
gleich‘ durch die seitliche wellenförmige Bewegung nachgehol- 
fen wird. Je länger das Individuum um so schneller die Be- 
wegungen. Kleinere Stücke von 4 Linie Länge haben keine 
Spiralbewegung mehr und schwanken nur noch Art der ahdern 
Oscillatorien hin und her. - 

Referent hat Beobachtungen über die Fortpflanzung der 
Oscillatorien bekannt gemacht (Pflanzen-Physiologie III. p. 443), 
aus welchem er schliefst, dafs die Oscillatorien zu den Pflan- 
zen gehören; ausführlich sind auch die Bewegungen dieser Ge- 
wächse von ihm erörtert (l. c. III. pag. 565) und er vermochte 
nicht den Kopf derselben zu erkennen, von welchem andere 
Botaniker so Vieles gesprochen haben. Auch Herr Ehren- 
berg hat sich noch in der letzten Zeit dafür ausgesprochen, 
dafs die Oscillatorien zu den Pflanzen gehören. 

Die spiralförmige Drehung, welche Herr Unger an der 
Oscillatoria labyrinthiformis Agdh. beobachtete, kommt die- 
ser Pflanze nicht allein zu, ich babe dieselbe ebenfalls an be- 
kannten Arten beobachtet und fand, dafs es eine ähnliche Er- 
scheinung ist, wie die spiralförmige Windung der Spirogyren. 
Ref. sah auch die spiralförmig gewundene Oscillatorie ruhen, 
doch wenn sich eine solche bewegt, so mufs sie wohl dem 
Laufe der Spirale folgen. Demnach berechtigt diese spiralför- 
mige Drehung keinesweges zur Aufstellung einer neuen Art, 
noch weniger aber zur Ueberführung der Oscillatorien zur 
Gattung Spirillum. 

Mad. Griffiths*) hat der Linne’schen Gesellschaft zu 
London die Beobachtungen mittheilen lassen, dafs sich das 
Laub der Laminaria digitata regenerirt; sie konnte zwar 
nicht mit Bestimmtheit angeben, ob diese Regeneration alljähr- 
lich geschieht, sie glaubt es aber, weil diese Pflanzen im Juni 
und Juli so äufserst frisch dastehen und dagegen im April und 
Mai eine überaus grofse Menge dieses Fucus ausgeworfen 
wird. Bei Laminaria bulbosa und L. saccharia soll es sich 
ebenso verhalten. 


*) S. Froriep’s Notizen ete. V. Bd, 1838 pag. 346. 


63 


In Herrn Giuseppe Meneghini’s*) Arbeit: über die 
Algen sehen wir eine Vorarbeit zu einer systematischen Auf- 
stellung der Gattungen dieser Familie; die grofsen Schwierig- 
keiten, welche dieser Gegenstand aufzuweisen hat, sind Jedem 
bekannt, der sich mit der Beobachtung der Algen beschäftigt 
hat. Es muß hier freilich viel zerstückelt werden, was auch 
Herr Meneghini gethan hat, um zum Ziele zu kommen, aber 
Herrn Agardh’s Anordnung der Algen-Gattungen möchte den- 
noch viel zweckmäfsiger sein als diese neue. Da die Anord- 
nungen der Algen ganz und gar auf die Struktur dieser Ge- 
wächse begründet sein mufs, so glaube ich dieselbe in vorlie- 
gendem Bericht hineinziehen zu dürfen. In dem Conspectus 
generum sind die Gattungen nach folgenden Gruppen aufge- 


- führt: Protococcoideae, Nostochineae, Hydrureae, Rivula- 


cieae, Batrachospermae, Leptomiteae, Oscillarieae, Lyng- 
byeae, Cadmeae, Oonfervae, Lemanieae, Hydrodictyeae, 
Ceramieae, Corallineae, Zygnemeae, Desmidieae, Sipho- 
neae, Caulerpeae, Ulveae, Florideae, Thaumasieae, Spon- 
giocarpeae, Furcillarieae, Chordarieae, Sporochnoideae, 


' Dictyoteae, Laminarieae, Lichineae und Fucoideae. Die 


Stellung der Zygnemeae entfernt von den Conferven, so wie 
der Desmidieae hinter den Ceramieen u. s. w. wird sogleich 
aufiallen, aber bei der Anordnung der Gattungen zu Gruppen 
sind mitunter noch auffallendere Zusammenstellungen zu finden, 
wie z. B. Bulbochaete Ag. zu den Ceramien. Die Desmidieae 
hat Herr Menighini, wie fast alle andere Botaniker, eben- 
falls zu den Pflanzen gestellt, wärend zu gleicher Zeit alle 
dahin gehörigen Gattungen durch Herrn Ehrenberg als In- 
fusorien beschrieben sind. 

Herr Morren**) gab die Beschreibung der Entwicke- 
Jung einer Conferve, welche er nicht nur als eine neue Art 
erkennt, sondern selbst eine neue Gattung darauf gründet, die 


/ 


*) Cenni sulla organografia e fisiologia delle Alghe. Padova 
1836. Ato. 1 

**) Recherches physiologiques sur les Hydrophytes de la Belgique. 
Premier Memoire: Hist. dun genre nouveau de la tribu des Confer- 
vees, nomme Aphanizomeme. Mem. lu ü L’Acad. roy. de scienc. de 
Bruxelles le %2 Dec. 1837. Bruxelles 1838. 4to. 


64 


er Aphanizomenon nennt und die dahin gehörige Art mit 
dem Beinamen incurvum belegt. Es ist hier nicht der Ort, 
die Gründe’ zu beleuchten, welche Herr Morren berechtigten 
diese Pflanze als neu zu beschreiben und darauf eine eigene 
Gattung zu gründen, sondern Ref. macht nur auf die physiolo- 
gischen Beobachtungen aufmerksam, welche Hr. M. bei jener 
Pflanze ‚angestellt hat. "Leider sind die Beobachtungen mit zu 
geringen Vergröfserungen angestellt, so dafs selbst die Abbil- 
dungen noch nicht ausreichend sind. Herr Morren beobach- 
tete an der genannten Conferve, dafs sich die Fäden dersel- 
ben in grofsen Massen vereinigt entwickeln, so dafs sie förm- 
lich zusammengeklebt erscheinen und er glaubt, dafs dieses 
die Folge der Wirkung einer attractiven Kraft sei, welche’ 
nichts andres, als Electrieität zu sein scheine, indem alle hete- 
rogenen Gebilde ‚bei der Berührung Electricität entwickeln. 
Herr Morren sah bei dieser Conferve, was man auch schon 
früher beobaclıtet hat, dafs sich die Glieder der Fäden von 
einander trennen und sich bewegen, und diese Bewegung hält 
er für die Wirkung einer positiven Electricität. 

Herr Biasotetto*) hat bei der Versammlung der Na- 
turforscher zu Prag einen Vortrag über die Metamorphose der 
Algen gehalten; er will beobachtet haben, dafs sich ‚die Reste 
kleiner Algen z. B. von Sporochnus, Calothrix, Exillaria trun- 
cata:Grev. und Fructulia Momeate Kütz. mit. destillirtem 
Wasser übergossen und monatelang einer Temperatur von 
42-15 ° R. ausgesetzt, in Substanzen umwandelten, in: wel- 
chen er eine Teiraspora (olivacea genannt), die Palınella 
boiryoides und auf den Boden des Glases auch noch ver- 
schiedene Fructulien beobachtete. Aehnliche Versuche wur- 
den mit Bryopsis plumosa angestellt; das Glas wurde eben- 
falls der Sonne zugekehrt und nach einem Jahre zeigten sich _ 
grüne Flecke, welche aus Palmella boiryoides und Fructulia 
hyalina bestanden, Den Rückstand eines Abgusses von Sphae- 
rococcuss confervoides stellte Hr.Biasoletto im Februar in 
ein Glas mit 2 Unzen destillirtem Wassar und gols 4 Tropfen 
Silberglättessig hinzu; es bildeten sich hierauf kleine Wolken 
und im Anfange des Mai’s fand er Hygrocrocis moniliformis 


*) Flora 1838. II. pag. 409. 


65 


darin. Bei einem andern Versuche wurde Brunnenwasser ge- 
nommen, worauf sich in demselben mehrere übereinander 
gelagerte Wolkenschichten bildeten, in welchen Herr‘ B. 
später verschiedenartige Algen entstehen sah, welche er zwar 
etwas beschreibt, dieselben aber nicht bestimmt; Abbildungen 
derselben wären freilich am wünschenswerthesten gewesen. 

Hr. Reichenbach hat an eben demselben Orte über die 
Wichtigkeit dieser Beobachtung gesprochen; es gehe aus der- 
selben hervor, dafs die Formbildung abhängig erscheine von 
den chemischen Verhältnissen des Wassers, in welchem sie 
sich befinden. Herr Biasoletto habe bewiesen, wie die Glie- 
der nach dem verschiedenen chemischen Fluidum in den ver- 
schiedenen Gestalten erschienen sind. 

Die wahren Freunde der Wissenschaft werden gewils 
nicht verkennen, dafsHr. Reichenbach hier wie überall die 
ihm vorliegenden Thatsachen geistreich auflafst und zusammen- 
stellt, aber diese, soeben angegebenen Thatsachen scheinen dem 
Referenten zu so wichtigem Schlusse (obgleich er demselben 
sehr hold ist) nicht genügend. Wir haben schon durch R. 
Treviranus und unlängst auch durch Hrn. Dutrochet Be- 
obachtungen erhalten, aus welchen erwiesen werden sollte, 
dafs physische Kräfte und chemische Verhältnisse die Formen 
der niedern Pflanzen bestimmen könnten; ich habe jedoch die 
Dutrochet’schen Versuche in dieser Hinsicht sehr häufig 
wiederholt und konnte dieselben nicht bestätigen. Dergleichen 
Beobachtungen müssen überaus häufig wiederholt werden und 
müssen stets gleiche Resultate geben, wenn man so wichtige 
Schlüsse daraus ziehen will. 

Herr Ehrenberg *) hat in seinem grofsen Prachtwerke 
über die Infusionsthierchen abermals eine sehr grofse Menge 
von Geschöpfen beschrieben und: abgebildet, welche die Bota- 
niker zu den Pflanzen zählen. ‚Diese Abbildungen kommen 
allen Naturforschern höchst erwünscht, denn bei. den voll- 
kommenen Pflanzen sind heutigen Tages die treuesten Abbil- 
dungen unumgänglich nöthig, aber bei den niedern, mikrosko- 


*) Die Infusionsthierchen als vollkommene Organismen. Ein Blick 
in das tiefere organische Leben der Natur. Nebst einem Atlas von 


64 colorirten Kupfertafeln, gezeichnet vom Verfasser. Leipz. 1838. fol. 
V. Jahrg, 2. Band, 5 


66 3 
pischen Geschöpfen ist es noch viel wichtiger, dafs sie, alle: 
in Abbildungen vorliegen. Dem Systematiker ist es gleich, 
ob dergleichen Geschöpfe ‚als Thiere oder als Pflanzen  abge- 
bildet werden, denn sie bleiben defswegen immer was sie 
sind, und es erscheinen denn auch heständig noch gegenwärtig, 
wie seit der Mitte des vergangenen Jahrhunderts, mehr oder, 
weniger gründliche Schriften, in welchen ein und dieselben 
Geschöpfe von dem Einen zu den Thieren, von dem Anderen 
zu den Pflanzen gezogen werden. _Es war schon einmal in 
diesen Jahresberichten (S. d. Jahresbericht von 1834 und den 
von 1836) über den fraglichen Gegenstand die Rede, aber seit 
jener Zeit haben sich, durch die Verbesserung der Mikroskope, 

‚ die Beobachtungen über denselben sowohl für als gegen in- 
hohem Grade vermehrt, daher Referent denselben nochmals, 
wenn auch in aller möglichen Kürze berühren mufs, denn ber 
denjenigen einfachen Geschöpfen, welchen man nicht sogleich 
ansehen kann, ob sie zu den Thieren oder zu den Pflanzen 
gehören, bei denen ist es der Physiologen Aufgabe, ihre Na- 
tur näher zu erforschen. In dem genannten Werke hat Herr 
Ehrenberg nicht nur systematische Beschreibung der frag- 
lichen Thiere oder Pflanzen gegeben, sondern überall finden 
sich seine eigenen Beobachtungen, sowie auch diejenigen sei- 
ner Vorgänger über die Natur derselben sehr ausführlich zu- 
sammengestellt, doch sind immer die erkannten Thatsachen 
in der Ansicht gedeutet, als wären jene Geschöpfe wirkliche 
‚Thiere; aber eben dieselben Thatsachen erhalten eine ganz 
andere Bedeutung, wenn man von der Ansicht ausgeht, dafs 
jene Geschöpfe Pflanzen sind. Es fragt sich nun, welche An- 
sicht die richtige ist, und ob die eine oder die andere po- 
sitiv zu erweisen ist. Ref. schlägt zur Beantwortung dieser 
Fragen den kürzesten Weg ein, indem er dergleichen 'Gat- 
tungen aufführt, welche nach seinen Ansichten ganz entschie- 
den zu den Pflanzen gehören, und, um es auch zu erweisen, ı 
die Deutung der Thatsachen widerlegt, welche Herr Ehren- 
berg für seine Ansicht anfgestellt hat. Doch möge man diese | 
Mittheilungen nicht unrichtig deuten, sie sind durchaus harm- 
loser Natur und das. Resultat vieljähriger Beobachtung jener 
Geschöpfe, welche sowohl durch ihre Structur wie.durch ihre 
ganze Bildungsgeschichte sich den Pflanzen zureihen. Diese 


£ . 67 


Sache ist aber noch defshalb von hoher Wichtigkeit, weil jene 
niedern Pflanzen sehr bestimmt erweisen, dafs es auch un- 
vollkommene Organismen giebt, d. h. dafs es Geschöpfe giebt, 
welche so einfach gebaut sind, dafs ihnen alle die besonderen 
Organe abgehen, welche den höhern Thieren zukommen, und 
dennoch ernähren sie sich, sie leben und pflanzen sich fort. 
Solche einfache Geschöpfe sind es aber auch nur, sowohl un- 
ter den Thieren‘, wie unter den Pflanzen, welche auch ohne 
Eyer und ohne Saamen, durch sogenannte generatio origi- 
naria entstehen können. Die Bildung der Zellen bei Pflan- 
zen und Thieren, wie wir sie gegenwärtig kennen gelernt 
haben, führt uns endlich zur unmittelbaren Beobachtung über ” 
die Vorgänge, welche bei der generatio originaria stattfin- 
den, und die nächste Zeit möchte sich wiederum an diesen 
überaus wichtigen Gegenstand machen. Die Bildung der 
Schimmel aus der Stärke u. s. w. ist in dieser Hinsicht am 
vortheilhaftesten zu beobachten. 3 ; 

Das erste Pflänzchen, welches wir in Herrn Ehrenberg’s 
Werke beschrieben und abgebildet finden, ist Gonium (?) 
tranguillum Ehr. Ref, entdeckte dasselbe 1828, er theilte 
eine Abbildung davon mit und nannte es später Merismo- 
pedia punctata. Herr Ehrenberg selbst hat nichts Thieri- 
sches an diesem Pflänzchen beobachtet, welches zu den Ulva- 

„ceen gehört, und sich durch die beständige regelmäfsige Selbst- 
theilung, welche ich im 3ten Bande der Pflanzen-Physiologie 
(p. 441)‘ näher. beschrieben habe, so höchst auffallend aus- 
zeichnet. i 

Ebenso entschieden gehören die Glosterien zu den Pflan- 
zen, aber Hr. Ehrenberg führt folgende Gründe, an, aus 
welchen sie zu den Thieren gezählt‘werden sollen: .1) Die 
Closterien haben freiwillige Bewegung, 2) sie haben ‚an. den 
Spitzen Oefinungen, 3) sie haben fortdauernd bewegte, sogar 
hervorragende, beständige Organe dicht hinter den. Oefinun- 
gen und 4) sie hahen quere Selbstiheilung.  Aber‚alle Pflan- 
zen, sagt Hr. Ehr., welche freiwillige Bewegungen, offene 
Mündungen,, Füfse und Selbsttheilung. haben, die könne man 
zu den Thieren zählen, auch ohne sie ‚essen‘ zu sehen. Die- 
sen  letztern Schlufs‘ wird gewifs jeder. Botaniker als richtig 


anerkennen, aber die drei Vordersätze, worauf der Schlufs 
5* 


or 


KL. 


68 


gebauet ist, sind wohl als nicht richtig zu erweisen, wie es 
Referent (Pflanzen-Physiologie III, p. 442, 448 u. 449) gethan 
hat. Für die entgegengesetzte Ansicht, dafs die Glosterien 
Pflanzen sind, kommen nun noch folgende wichtigste Beobach- 
tungen: Die Structur der Closterien ist gänzlich die der Con- 
ferven; ihre Saamenbildung und die Entwickelung dieser 
Saamen ist gänzlich die der Conferven. Auch das Auftreten 
des Amylum’s im Innern der Closterien, womit sie mitunter 
fast ganz gefüllt sind, ist ein schlagender Beweis, dafs die 
Closterien wirkliche Pflanzen sind. Sie haben keine Füfse; 
was Hr. Ehr. dafür ansah, sind selbstbewegliche Moleküle, 
welche bei Closterium Trabecula zu 5—600 und darüber 
vorkommen und einen Kanal im ganzen Verlaufe des Pflänz- 
chens dicht erfüllen. Ihre Function ist schwer zu deuten; 
sie kommen aber auch bei sehr vielen Conferven vor und 
vielleicht sind sie mit den Saamenthierchen der Pflanzen zu 
vergleichen. : 

Zu der grofsen Familie der Bacillarien hat Hr. Ehren- 
berg 35 bis 36 Gattungen gebracht, welche man aber wohl 
zweckmäfßsiger in zwei besondere Familien theilen kann, näm- 
lich in die Familie der wirklichen Bacillarien und in die 
Familie der Desmidieae, diese letztere ist auch schon von 
‚Hrn. Meneghini in’der vorher aufgeführten Schrift festge- 

‚ stellt; sie umfafst wirkliche Algen, über deren Natur kein 
Zweifel sein darf, dagegen die Bacillarien noch immer, ganz 
nach der Ansicht des Autor's, bald zu den Algen, bald zu den 
Infusorien gestellt werden können; diese Letztern hat Herr Me- 
neghini inseinem Algensystem gar nicht aufgeführt und hält sie 
also wahrscheinlich ebenfalls für Thiere. Zu den wirklichen Al- 
gen gehören folgende Gattungen von Ehrenberg’s Bacilla- 
rien: Desmidium Ag., Staurasirum Meyen, Pentasterias 
Ehrenb., Sphaerastrum Meyen, Xanthidium Ehrenb., Sce- 
nedesmus Meyen, Odontella Ag. und Pediastrum Meyen 
(Micrasterias Ag.) und Euastrum Ehrenb. Bei allen die- 
sen Gattungen ist bisher nichts beobachtet worden, was als 
Beweis für die thierische ‘Natur dieser Bildungen sprechen 
könnte. "Wirkliche- Bewegungen aus innerer Ursache sah: ich 
nur bei Sphaerastrum, und die geringen Bewegungen, wel- 
che man bei einigen Gattungen‘ bemerkt haben will, sind wohl 


69 


von der Art, wie die Bewegungen der Conferven, welche 
bald in der Tiefe des Wassers, bald auf der Oberfläche des- 
selben vegetiren; diese Erhebung aus der Tiefe ist aber mei- 
stens mit sichtbarer Gasentwickelung verbunden. Die Ver- 
mehrung durch Selbsttheilung kommt allen diesen Gattungen 
zu; Hr. Ehrenberg sieht diese Selbsttheilung als den wich- 
tigsten und entscheidendsten Character für die thierische Natur 
der Geschöpfe an, doch Ref. hat in seiner Pflanzen-Physiologie 
(IH. pag: 440 etc.) auf das Entschiedenste nachgewiesen, dafs 
die Selbsttheilung sehr allgemein, sowohl bei niedern, als bei 
den Elementarorganen der‘ höchsten Pflanzen auftritt... Die 
kleinen Bläschen mit lebhafter Molekularbewegung, welche in 
der niedlichen Gattung Euastrum auftreten, sind ganz iden- 
tisch mit jenen bei den Closterien und den Conferven (S. 
meine Pflanzen-Physiologie III. pag. 449) und ich sehe über- 
haupt nicht recht ein, wefshalb nicht Olosterium neben Eua- 
sirum gestellt wird. Die grünen Körner, welche im Innern 
der Zellen der meisten Desmidieen auftreten, sind ganz ähn- 
lich den grünen Körnern in den Conferven-Zellen; Hr. Eh- 
renberg möchte sie als Eyer deuten, doch ieh habe mitun- 
ter ihre Entwickelung zu Sporen beobachtet, und bei mehre- 
ren Gattungen habe ich (deutlich gesehen, dafs sie. mitunter 
Amylum-haltig werden, ja zuweilen sogar ganz aus Amylum 
bestehen. 

Die zweite Section der Bacillarien des Herrn Ehren- 
berg umfafst die eigentlichen Bacillarien, sie wird daselbst 
mit dem Namen der Naviculacea belegt; hierher gehören die 
unzähligen Formen, welche neuerlichst durch ihr Vorkommen 
im fossilen Zustande so grofses Interesse erregt haben; von 
ihnen glaubt Hr. Ehrenberg und sehr viele andere Natur- 
forscher mit aller Bestimmtheit annehmen zu können, dafs sie 
ganz entschieden zu den Thieren gehören. Die Gründe, wel- 
che für diese Annahme aufgeführt werden, sind indessen eigent- 
lich noch. immer so schwach, dafs es, vorläufig wenigstens, 
noch immer zweifelhaft bleibt, ob die Bacillarien' wirkliche 
Thiere sind. Die Bewegungen der Bacillarien sind indessen 
mitunter so überaus frei, dafs sie ganz thierisch erscheinen, 
sie sind aber noch lange nicht so frei und lebhaft, wie die 
Bewegungen der Algensporen und der Saamenthierchen, welche 


70 


doch Pflanzen oder Pflanzentheile sind. Die Bewegung möchte 
also kein sehr beweisender Grund sein, dafs die Bacillarien 
zu den Thieren gehören. Die gewöhnlichste Fortpflanzung 
der Bacillarien geschieht durch Selbsttheilung, welche aber 
auch den Zellen der höhern Pflanzen eigen ist; nur-überaus 
selten geschieht die Vermehrung durch Sporen oder Eyer, 
Bei den Naviculis hat Ref. gesehen, dafs die Kieselhüllen sich 
theilten und dadurch der eine der zwei kugelförmigen Kör- 
per frei wurde, welche im Innern enthalten waren; ihre 
Ausdehnung zu neuen Individuen hat Ref. jedoch nicht un- 
mittelbar gesehen. Form, Struktur und überhaupt der Habhi- 
tus der Bacillarien ist offenbar von der Art, dafs man sie 
zu den Pflanzen zählen möchte, dagegen spricht‘ aber eine 
Erscheinung, welche von sehr hohen Interesse ist; man sieht 
nämlich bei manchen Naviculis (Hr. Ehrenberg hat es bei 
Nawvicula viridis beschrieben und abgebildet), dafs kleine Mo- 
leküle, z. B. die Moleküle ‘des Indigo’s und des Carmin’s in 
dergleichen Lösungen, welche sich der Oberfläche jener Kör- 
perchen nähern, dafs diese Moleküle sogleich in Bewegung 
gesetzt werden und oft mit grofser Schnelligkeit zur Seite 
des Körperchens hinlaufen, mitunter auch wieder nach entge- 
gengesetzter Richtung u.s. w. Diese merkwürdige Erscheinung 
liefse sich vielleicht durch überaus feine Cilien erklären, wel- 
che auf der Oberfläche jener Geschöpfe vorkommen, und dann 
vielleicht auch sogar die Bewegung derselben verursachen. 
Mit unsern gegenwärtigen Instrumenten kann man von diesen 
Cilien noch nichts wahrnehmen, wohl aber sieht fuan bei sehr 
starker Vergröfserung eine Art von durchsichtiger schmaler 
Zone, welche den Körper der Bacillarien rund herum ein- 
fafst. Endlich hat Hr. Ehrenberg noch eine Beobachtung 
bekannt gemacht, nach welcher über die thierische Natur der 
Bacillarien gar kein Zweifel übrig sein soll; dieselben neh- 
men nämlich zuweilen Farbestoffe auf, welche die Bläschen 
füllen sollen, die Hr. Ehrenberg für den Magen dieser Ge- 
schöpfe deutet. Diese letztere Angabe wäre allerdings sehr 
schlagend, die Sache scheint sich jedoch etwas anders zu ver- 
halten. Erstens konnte Ref. sowohl hier bei den Nauviculis, 
wie überhaupt bei den Infusorien nichts von jenen Magen- 
‚säcken sehen, auch konnte er niemals an lebenden und sich 


7 


bewegenden Bacillarien ‘sehen, dafs ‚die Farbestofle, wie 
z. B. die Indigomoleküle von einem der Enden aufgenommen 
und nach der Mitte geführt wurden, wo die Magensäcke lie- 
gen sollen, wärend bei den Infusorien solche Beobachtungen 
sehr leicht sind. Wohl aber sieht man gar nicht selten, . be- 
sonders "bei den grofsen lebenden Naviculis, ‘dafs sich die 
Kügelchen von den angewendeten Farbestoffen auf die Mitte 
der breiten Seitenflächen legen, wodurch es erscheint, als wä- 
ren die Farbestoffe im Inneren der Bacillarien; wenn man 
aber Glasplatten darüber liegen hat und diese Glasplatten 
gehörig bewegt, so kann man die Farbestofikügelchen wieder 
entfernen. 1 

Der geneigte Leser wird hiermit sehen, dafs noch viele 
Beobachtungen zu machen sind, bis wir mit aller Bestimmt- 
heit sagen können, dafs die Bacillarien wirkliche Thiere sind; 
wie aber Pflanzen und Thiere an einander grenzen, das sehen 
wir bei den Saamenthierchen der niedern Pflanzen und den 
Saamenthierchen der "Thiere. 


Ueber Bewegung der Säfte und Transpiration. 


Herr Fr. Kützing *) hatte seine Ansichten über das 
Steigen der Nahrungssäfte in den Pflanzen schon im Jahre 
4837 niedergeschrieben; dieselben konnten aber'erst im ver- 
gangenen Jahre zur Publikation kommen. Hr. K. meint, dafs 
das Saftsteigen vorzüglich nur da stattfindet, wo die Spiral- 
röhren jung und abrollbar und die Bastfasern noch nicht ver- 
wachsen sind, oder dafs nur durch die Spiralröhren und Bast- 
fasern im jugendlichen Alter das Aufsteigem des Nahrungssaf- 
tes veranlafst wird. Diese Voraussetzungen sind aber wohl 
nicht richtig, denn fast in jedem physiologischen Lehrbuche 
wird man finden, dafs der Saft auch in den Elementarorganen 
des alten Holzes eben so bedeutend steigt, als in den jüngern 
Schichten u.s. w., doch wir gehen zur Erklärung dieses Saft- 
steigens nach des Verfassers Ansichten über. \ 

Die langen in Spitzen sich endigenden Baströhren wären 
mit zugespitzten Metalldrähten zu vergleichen, und die Spiral- 


*) Ueber das Steigen des Nahrungssaftes in den Pflanzen. — 
Linnaea v. 1838. pag. 23—37. 


72 


röhren mit electromagnetischen Spiraldrähten, und Spiralröhren 
und Bastfasern wären für die in den Pflanzen thätige Lebens- 
kraft dasselbe, was die. Metalldrähte für eleetromagnetische 
Strömungen sind. Es könne uns gar nicht mehr. befremden, 
meint Hr. K., wenn man’ das Steigen des’ Saftes auf ähnliche 
Weise erklärt, wie das Steigen des Wassers in den Wasser- 
hosen, denn diese bewiesen es, dafs auch ungeheure Wasser- 
massen durch grofse Massen von Electrieität emporgehoben 
würden (!). Ferner kommt in dieser Abhandlung noch die 
Angabe vor, dafs wegen der soliden Substanz der Bastfasern 
und des Geschlossenseins derselben an beiden Enden, der Saft 
nicht innerhalb derselben strömen könne, sondern er ströme 
aufserhalb in den Zwischenräumen, ‘zwischen den Baströhren 
und den Spiralröhren! 

Herr Donne*) hat bei der Beobachtung der Rotations- 
strömung in den Schläuchen der Chara hispida eine Erschei- 
nung bemerkt, welche allen frühern Bearbeitern dieses Gegen- 
standes entgangen ist. Wurden die Schläuche der genannten 
Chara von ihrer äufseren Haut befreit und zwischen Glas- 
platten etwas gequetscht, so lösten sich die grünen Kügelchen, 
welche die innere Fläche dieser Schläuche bekleiden, ganz 
wie gewöhnlich, und einige der gelösten Kügelchen zeigten 
eine Bewegung, welche unabhängig von der Rotationströmung 
war. . Hieraus schliefst Herr Donne, dafs die kleinen grünen 
Körperchen mit einer eigenen Kraft begabt sind, durch welche 
sie bewegt werden, wenn sie frei sind, welche aber auch auf 
die Flüssigkeit reagirt, wenn sie festsitzen. Es wird hiermit 
wiederum in den Kügelchen der grünen Bekleidung die Ur- 
sache der ganzen Rotationsströmung gesucht, und Hr. Donne 
glaubt in denselben 'grofse Aehnlichkeit mit dem Vorkommen 
der Cilien auf den Schleimhäuten der Thiere wahrzunehmen. 

Schon an verschiedenen Orten hat Referent zu zeigen 
gesucht, dafs die grünen Kügelchen auf der inneren Fläche 
der Schläuche nicht als die Ursache der Rotationsströmung an- 
zusehen sind, denn dieselben kommt auch in denjenigen Cha- 
ren und anderen Pflanzen vor, wo keine Spur von solchem 


*) Note sur la circulation de Chara. Compte rendu d. 1838. 1. 
pag. 497. 


73 


oder einem ähnlichen Ueberzuge vorhanden ist; ja sie kommt 
noch in solchen Fällen vor, wo sich im Innern jener grünen 
Kügelehen so grofse Amylum-Körner gebildet haben, dafs die 
grüne Substanz dabei gänzlich verdrängt ist u. s. w. 

Später wurde von den Herren Brongniart und Du- 
trochet ein Rapport über .ein Memoire des Herrn Donne 
in Bezug auf verschiedene Erscheinungen der Saftbewegung, 
bei der Chara hispida, vor der Akademie zu Paris*) publi- 
eirt, ‚worin jene Beobachtungen über die eigene Bewegung 
der grünen Kügelchen, welche auf der inneren Fläche der 
Charen-Schläuche sitzen, nicht nur bestätigt wurden, sondern 
noch bestimmter beschrieben. Diese Bewegung kommt jenen 
Kügelehen jedoch nicht immer zu und die Herren Commis- 
saire der Akademie haben an denselben ebenso vergebens nach 
Cilien gesucht, wie ihre Vorgänger. Sie beobachteten ein 
Stückchen eines jener grünen rosenkranzförmigen Schnüre, 
welches aus 5 Kügelehen bestand und sich zu einem vollkom- 
menen Kreise zusammenkrümmte; dieser Kreis stellte sich zu- 
fällig in eine Gegend, wo keine Rotationsströmung war und 
zeigte nun daselbst eine beständige Bewegung um seine eigene 
Achse, woraus man auf die Selbstständigkeit dieser Bewegung 
schlofs. ! 

In Bezug auf die Beobachtung des Herrn Donne, dafs 
die grünen Kügelehen, welche die innere Fläche der Charen- 
Schläuche bekleiden, mitunter eine eigene Bewegung zeigen, 
hat Hr. Dutrochet**) die Priorität reclamirt, indem er schon 
früher beobachtet hat, dafs sich die Reihen von grünen Kü- 
gelchen zuweilen wie Muskelfasern im Zickzack krümmen u. 
s.w.; die ausführliche Beschreibung jener Beobachtungen wäre 
auch wärend dieser Zeit in den Annales des scienc. d’hist. 
natur. erschienen. 

Referent (Physiologie Il. pag. 233.241) beobachtete bei ver- 
schiedenen Pflanzen, dafs sich aus der allgemeinen Strömung 
im Inneren der einzelnen Zellen, mehr oder weniger viele 
Zellensaftkügelehen und etwas feingekörnter Schleim ab- 
trennen und eine eigene strömende oder rotirende Bewegung 


*) V. Compte rendu d. 1838. I. pag. 605. 
**) Compte rendu d, 1838. I. pag. 523. 


714 _ 


annehmen können; es sind dieses Erscheinungen, welche in 
gewisser Hinsicht mit den im Vorhergehenden angeführten zu- 
sammen zu hängen scheinen. Derselbe hat dieses"Capitel von 
der Strömung des Saftes im Iunern der Zellen mit besonderer 
Vorliebe bearbeitet und darin eine Reihe von neuen Beobach- 
tungen und Berichtigungen publieirt, welche sicherlich bewei- 
sen, dafs diese Erscheinung bei verschiedenen Pflanzen so sehr 
verschiedenartig auftritt, dafs die Auffassung der nächsten Ur- 
sache, welche dieselbe hervorruft, gar sehr erschwert wird, 
und dafs dieselbe wenigstens keineswegs in der Art erklärt 
werden kann, wie wir sie bei den Charen und andern Pflan. 
zen bisher gelehrt haben. Ref. mufs jedoch auf seine Schrift 
selbst verweisen, indem das Referat über diesen Gegenstand 
zu grofsen Raum einnehmen möchte. 

Gegen Referents Darstellung der Beobachtungen über die 
Saftbewegungen im Innern der Zellen ist Hr. C. H. Schultz 
aufgetreten; das Organ, welches ihm hierzu zu Diensten steht, 
bilden hauptsächlich die Jahrbücher für wissenschaftli- 
che Kritik (August 1838), worin er seine Ansichten in 
Form einer Recension meines Buches auseinandergesetzt hat. 
Herr Schultz hat sich schon seit längerer Zeit der sehr ir- 
rigen Annahme hingegeben, dafs die Rotationsströmungen in 
den Zellen nur den Zellenpflanzen zukommen, dafs in den hö- 
heren Pflanzen dagegen nur jener Kreislauf stattfinde, welchen 
er mit dem Namen Cyclose bezeichnet hat. Ref. hat dagegen 
nachgewiesen, dafs bei allen höhern Pflanzen, wenigstens in 
einzelnen Theilen derselben, dergleichen Bewegungen in den 
Zellen vorkommen, welche mit der Rotationsströmung der Cha- 
ren, Wallisnerien u. s. w. mehr oder weniger vollkommen 
verwandt, ja mitunter in jeder Hinsicht gleichbedeutend sind. 
Herr Schultz dagegen, welcher ähnliche Bewegungen mit 
vorgefafsten Ansichten und weniger guten Instrumenten gese- 
hen hat, glaubt hierin seine Cyclose zu erkennen, und die fei- 
nen Strömungen, welche Ref. in seiner Pflanzen-Physiologie 
vielfach und ganz naturgetreu (so viel es mit seinem geringen 
Zeichenvermögen anging) abgebildet hat, hält Herr Schultz 
für eine Art von Lebenssaftgefäfsen, für sogenannte vasa la- 
ticis contracta, von welchen sich Ref. bisher noch niemals ' 
eine Vorstellung machen konnte. Diese Gefälse, sagt Herr 


75 


Schultz, durchziehen und umgeben die verschiedenen Or- 
gane, besonders die Zellen um die Sekretionsorgane, wie ein 
feines Spinngewebenetz, und sind bei manchen Pflanzen, z. B. 
bei den Caladium- und Arum-Arten, selbst nach der Macera- 
tion noch darzustellen (!). In dieser Art geht es weiter fort, 
so dafs Herr Schultz fast auf jeder Zeile zeigt, dafs er in 
der Kenntnifs dieses Gegenstandes zurück ist, obgleich es sicher- 
lich nieht so schwer ist, diese Beobachtungen zu wiederholen. 

Solche Lehren gehören nur freilich nicht zu den Fort- 
schritten der Wissenschaft, von welchem hier in diesem Be- 
richte hauptsächlich die Rede sein soll; Referent mufste sie 
jedoch, so unlieb es ihm auch ist, berühren, indem sie gegen 
die Fortschritte gerichtet sind, welche die Wissenschaft in 
diesem Felde gemacht hat. In jener ganzen Recension er- 
kennt Ref. überhaupt nichts weiter, als einen Versuch, durch wel- 
chen’Herr Schultz seine alten irrthümlichen Ansichten we- 
nigstens doch noch so lange erhalten will, bis sie publicirt 
werden; um die Sache handelt es sich eigentlich hiebiei gar 
nicht mehr. 

Später ging Herr Schultz nach Paris und hielt in der 
Akademie daselbst einen Vortrag unter dem Titel: Nouvelles 
observations sur la circulation dans les plantes*), welcher 
beinahe nichts weiter als die wörtliche Uebersetzung obiger 
Recension aus den Jahrbüchern für wissenschaftliche Kritik 
enthielt, ja wie es die Zeitungen mitgetheilt haben, so hat Hr. 
Schultz dieselbe Geschichte auch an die Versammlung der 
Naturforscher und Aerzte zu Freiburg geschickt, kurz er hat 
diese Angelegenheit als eine Lebensfrage für seine Lehre be- 
trachtet. Endlich hat Hr. Schultz auch in der allgemeinen 
botanischen Zeitung vom 7. Sept. 1838 einen Artikel unter 
dem Titel: Berichtigung eines Irrthums in Betreff 
der Säfteeycelose in den Haaren heterorganischer 
Pflanzen einrücken lassen, welcher im Allgemeinen ganz 
dieselben Angaben enthält und nur einige Punkte etwas spe- 
eieller erörtert. Referents Darstellungen der Bewegungen im 
Zellensafte der Tradescantien-Haare werden für unrichtig er- 
klärt, indem diese Haare aus doppelten Zellenwänden zusam- 


*) Compte rendu d. 10. Sept. 1838. 


76 


mengesetzt seien, wie es in England gelehrt sein soll. Diese 
Angaben stimmen indefs nicht mit meinen Beobachtungen; 
nach diesen verhalten sich die Haare der Tradescantien ganz 
ebenso wie ähnliche «gegliederte Haare der Dicotyledonen, 
und da ich auch die Bildungsgeschichte jener Tradescantien- 
Haare fast ganz vollständig habe verfolgen können, so glaube 
ich hierüber richtigere Angaben mittheilen zu können, als es 
einst Herr Slak that. Diese Bildung der gegliederten Tra- 
descantien-Haare geschieht ebenso, wie in den meisten andern 
Fällen; es bildet sich. zuerst, ein kurzes ungegliedertes Här- 
chen durch Auswachsung der Epidermis-Zelle, hierauf bilden 
sich die Schleimblasen innerhalb jener Röhre; diese dehnen 
sich .aus und legen sich nebeneinander, worauf ihre Quer- 
wände mit einander verwachsen und ihre Seitenwände mit 
der noch ganz weichen Membran des ursprünglichen Schlauchs 
verschmelzen. Diese Verschmelzung ist so vollkommen, dafs 
nur noch selten in den Winkeln der Gliederung einige Spu- 
ren der ursprünglichen Membran zurückbleiben; auf den Sei- 
tenwänden der einzelnen Glieder wird sie wohl vollkommen 
resorbirt, was man auch in andern, aber ähnlichen Fällen, mit 
aller Gewifsheit behaupten kann. Auch hat Ref. schon Strö- 
mungen in diesen Zellen innerhalb des Schlauchs gesehen, noch 
ehe dieselben mit der umschliefsenden Membran verwachsen 
waren. Beobachtet man zur heifsen Sommerzeit die Strömun- 
gen in den Zellen verschiedener Theile der Tradescantien, 
so wird man wohl sicherlich zu der Einsicht kommen, dafs 
die vielfach zertheilten Strömungen in den Haarzellen der 
Staubfäden und der einfachern Rotationsströmung, welche in 
den langgestreckten Zellen, dicht neben den Spiralröhren des 
Blüthenschafts dieser Pflanze vorkommen, durch eine grofse 
Reihe von Mittelformen ineinander übergehen; ja mitunter 
sieht man im letztern Falle Strömungen, welche mit einigen 
Fällen der Rotationsströmung in den Zellen der Yallisnerien 
vollkommen übereinstimmen. Diese meine sorgfältigen 
Beobachtungen, welche man auch an den Nesseln täglich wie- 
derholen kann, sind es, welche Herr Schultz als Irrthümer 
bezeichnet, worüber denn das Urtheil von wirklichen Sachver- 
ständigen entscheiden möge. 

Aus den Haaren der Campanula rapunculoides oder 


77 


€. Trachelium, sagt Hr. Schultz, sieht man den Milchsaft 
beim Durchschneiden wie aus allen andern Theilen ausfliefsen, 
und das Mikroskop zeige, dafs darin die Milch ganz ähnlich 
eirenlire, wie in allen andern Theilen, nur seien die Strom- 
kanäle unendlich fein, sie bildeten aber anastomosirende Strom- 
netze, welche mit den Stromnetzen des Inneren der Pflanze 
zusammenhängen. Das Irrige dieser Angaben möchte Referent 
durch folgende Thatsachen zu erweisen suchen: Einmal weil 
man jene Angaben nicht durch Anschauung des Gegenstandes 
mit vorzüglich guten Instrumenten sehen kann; es wäre die- 
ses allerdings schon ein wichtiger Grund dagegen, aber, selbst 
wenn man nicht im Besitze so guter Instrumente ist, und 
wenn man sich auch noch nicht die gehörige Fertigkeit zu 
solchen Beobachtungen erworben hat, so wird man doch se- 
hen können, dafs jene Bewegungen in bestiminten Zellen ohne 
alle Veränderung fortbestehen können, wenn man auch die, 
unmittelbar daneben liegenden Zellen zerstört; dieses läfst sich 
besonders leicht an den Haaren der Tradescantien-Staubfäden 
anstellen. Ferner hat sich Ref. in letzter Zeit von der Rich- 
tigkeit der Beobachtung des Herrn Unger überzeugt, 
(S. d. vorigen Jahresbericht. pag. 35.) dafs die Milchge- 
fäfse wirklichebenfalls ausdengewöhnlichen Paren- 
chym-Zellen entstehen, indem diese zuerst den Milchsaft 
in ihrem Innern bilden, dann mit ihren Grundflächen obliteriren 
und diese zuletzt resorbiren, wodurch eine offene Communi- 
eation entsteht und die Bewegung des Saftes in diesen neu 
entstandenen Röhren vor sich gehen kann. Es bilden sich 
also hiernach die Milchgefäfse, wie die Baströhren 
und wie die Spiralröhren aus einfachen Paren- 
ehym-Zellen, daher können jene ihren Ursprung nicht aus 
den Stromkanälen nehmen, welche im Zellensafte der Pflanzen 
beobachtet werden. Nennt nun aber Hr. Schultz den mil- 
chigten Saft in den Haaren einiger Pflanzen einen Milchsaft, 
so ist dieses nur für eine individuelle Ansicht zu halten; die 
übrigen Physiologen verstehen unter Milchsaft denjenigen Saft, 
welcher in den Milchsaftsgefäfsen enthalten ist. 

Herr Morren*) untersuchte die Früchte der Feigen in 


*) Notice sur la cireulation observee dans Vovule, la leur. et le 


78 


Hinsicht der Milchsaftsgefäfse und theilte seine Beobachtungen 
der Brüsseler Akademie mit. Er bemerkt zuerst, dafs schon 
“ Spiegel jene Gefäfse kannte und sie Venen nannte, (schon 
Theophrast nannte sie so, Ref.), doch habe dieser es schon 
für nöthig erachtet, dafs der darin enthaltene Saft einen eige- 
nen Namen führe und eer.nannte ihn defshalb örrgög, id est 
succum, und dieses solle Herrn Link auf die Idee gebracht 
haben, die Benennung vasa opophora aufzustellen, womit 
Hr. Morren gegenwärtig die bekannten Milchsaftsgefäfse be- 
lest. Hr. Morren machte feine Schnitte aus dem Frucht- ' 
boden der Feige und sah darin eine grofse Anzalıl von Milch- 
saftgefäfsen mit eigenen durchsichtigen Membranen und mit 
anastomosirenden Aesten und Zweigen worin der Milchsaft 
mit seinen vielen Kügelchen eirculirte (d. h. Hr. M. sah das 
blofse Auslaufen des Milchsaftes aus den durchschnittenen Ge- 
fäfsen, was er auch auf einer Äbbildung sehr schön dargestellt 
hat. Ref.), was sogar noch stattfand an Feigen, die seit 5 bis 
6 Tagen abgenonimen waren. Diese Beobachtung wird hier 
für sehr wichtig erklärt, weil man daraus schliefsen. könne, 
dafs die Ursache der Circeulation in einem Theile der Pflanze 
fortbestehen könne, wärend der andere schon in Putrification 
übergegangen ist. Ja Hr. Morren sah, dafs man die Circu- 
lation durch blofsen Druck wieder herstellen könne, wenn sie 
in den Gefäfsen schon aufgehört habe, woraus dann wohl, wie 
Ref. glaubt, sehr bestimmt erwiesen wird, dafs die Erscheinung, 
welche Herr Morren beobachtete, noch keinen Beweis für 
die Circulation in den unverletzten Gefäfsen darbietet. 

Herr Morren sah, dafs die Milchsaftsgefäfse, wenn sie 
in den Blüthenapparat eindringen, sehr sinuös und gewunden 
werden, dafs Stränge derselben durch die Nabelschuur nach 
dem Eychen verlaufen und sich daselbst in der Eyhülle der 
testa seminis verästeln und verbreiten, so dafs also hiermit 
die Verbreitung dieser Gefäfse bis in die Eyhüllen verfolgt ist. 

Ich mufs gesteheır, dafs ich mich bis jetzt noch nicht von der 
Richtigkeit dieser Angabe habe überzeugen können, obgleich ich 
sehon an einer grofsen Menge von Eychen die Hülle mit aller Sorg- 


phoranthe du Fignier, — Bullet. de l’Academie de Bruxelles IV. 
Nro. 12. 


79 


falt getrennt ‚und selbst von ihrer ersten Entstehung an beob- 
achtet habe. Ref. 

Zu dieser Mittheilung des Hrn. Morren hat Hr. Prof. 
€. H. Schultz zu Berlin in den Jahrbüchern für wissen- 
-schaftliche Kritik *#) eine Recension geschrieben, welche be- 
deutend umfangreicher ist, als die recensirte Abhandlung, und 
abermals seine Ansichten über Cyelose und Rotationsströmung 
in den Pflanzen enthält. Herr Morren belegt nämlich ganz 
richtig die Bewegung des Milchsafts mit dem Namen der Cir- 
eulation, nennt aber die Rotationsströmung in den Zellen die 
Cyclose, was natürlich nicht angenommen werden kann, da 
wir einmal schon eine herrschende. Benennung für jene Er- 
scheinung besitzen, und da ferner Herr C. H. Schultz das 
Wort Cyclose als Bezeichnung für die Circulation des Milch- 
saftes einführen wollte; das Alles hat Letzterer an angegebe- 
nem Orte wieder auseinander gesetzt und noch die Angabe 
hinzugefügt, dafs er selbst in den Häärchen der Narben junger 
Feigenfrüchte die Cyclose gesehen habe. 

Von Hrn. Miquel **) sind eine Reihe von Versuchen 
angestellt worden um den Einflufs näher kennen zu lernen, 
welchen das Licht auf die Transpiration der Pflanzen ausübt. 
Es wurden 40 Versuche mit abgeschnittenen Aesten und Blät- 
tern angestellt; bei jedem Versuche wurden zwei, so viel wie 
möglich gleichgrofse Aeste oder Blätter, in Anwendung gesetzt, 
sie erhielten gleichviel Wasser, aber der eine Pflanzentheil 
ward in ein helles Zimmer gesetzt, welches gegen die direkten 
Sonnenstrahlen geschützt war, so dafs der Versuch also im 
Schatten angestellt wurde, wärend der andere Pflanzentheil 
in einem ganz dunklen Schranke befindlich war. Es wurde 
nun beobachtet, wie viel von dem dargereichten Wasser in 
gleichen Zeiträumen von den angewendeten Pflanzen - Aesten 
u. 5 w. im gewöhnlichen Schattenlichte, und wie viel davon 
im Dunkeln eingesaugt wurde. Das Resultat dieser Versuche 
ist in Form einer grofsen Tabelle aufnotirt und Hr. Miquel 


PERF RT 

*) Berlin 1838. Nro. 108. 

") Quelques experiences pour determiner Tinfluence de lu Lu- 
miere sur Vexhalation aqueuse de feuilles et sur la suction pax les 
tiges des plantes. — Miguel, Mulder et Wenckebach Bulletin de se. 

4 en Nurlande. 1838. pag. 99. 


so 


selbst zieht folgende Schlüsse daraus: Von den 40 angewen- 
deten verschiedenen Pflanzen saugten 4) 4 Pflanzen im voll- 
kommenen Dunkel mehr Wasser ein, als im Schattenlichte, 
wenn auch die Differenz nicht so grofs war. 2) Andere 3 
Pflanzen saugten im Finstern wie im Schatten ganz gleich viel 
Wasser ein, aber in den übrigen 31 Fällen saugten die Pflan- 
zen im Schattenlichte immer mehr ein, als im Dunkeln. Als 
bemerkenswerth hebt es Hr. Miguel noch hervor, dafs die 
Blätter im Dunkeln meistens sehr lange frisch blieben und er, 
selbst macht darauf aufmerksam, dafs der Feuchtigkeitszustand 
der Atmosphäre von grofsem Einflusse auf die Transpiration 
der Pflanzen sein müsse. 

Bei dem Allen legt Herr Miguel den Resultaten seiner 
Versuche vielleicht zu hohen Werth bei, wenigstens möchten 
sie durch meine eigenen, gleichzeitig angestellten Beobachtun- 
gen (Pflanzen-Physiologie. II. pag: 72 etc.) etwas berichtigt wer- 
den. Das Resultat meiner Beobachtungen ist: Dafs die Ein- 
saugung des Wassers durch abgeschnittene Aeste und Blätter 
ganz von der Transpiration abhängig ist, wobei natürlich die 
Wirkung der Endosmose zuerst abgezogen werden mufs. Die 
Transpiration der Pflanzen richtet sich aber hauptsächlich nach 
dem Feuchtigkeitszustande der Atmosphäre und nach den 
Strukturverhältnissen der transpirirenden Flächen. Pflanzen- 
theile von verschiedener Struktur werden, bei gleicher Atmo- 
sphäre, verschiedene Mengen von Wasser transpiriren, bei glei- 
chen Pflanzentheilen wird indessen die Transpiration unter 
gleichen Verhältnissen ziemlich gauz gleich sein. 


Ueber Farbenbildung, Wärme- und Lichtentwickelung. 


; Herrn v. BerzelJius*) verdankt die Planzen-Physiologie 
auch in diesem Jahre eine sehr wichtige Entdeckung; alle die 
früheren Angaben über die Natur des Blattgrüns sind unge- 
gründet, denn es ist eine 'eigenthümliche Substanz, die den 
Einflufs‘ der Säuren und Alkalien verträgt, ohne zersetzt zu 
werden, und durch den Einflufs des Lichtes, des Chlors und 


*) Untersuchung des: Blattgrüns (Chlorophylis). Aus d. Schwedi- 
schen übersetzt in den Annalen der Pharmacie von Wöhler und Lie- 
big. XXVU. pag, 396. 


8 


“ des Sauerstoffs zerstört wird. Das Blattgrün wäre also hie- 


nach eine Substanz, welche sich‘ ähnlich verhält wie Indigo. 
Alkohol ist das beste Lösungsmittel des Blattgrüns aus fri- 
schen zerquetschten Blättern, und die Lösung desselben in 
Alkohol wird durch Wasser allınälich niedergeschlagen; nach 
dem Trocknen bildet es eine mehr blaue als grüne Substanz, 
Das reine Blattgrün wird durch concentrirte Schwefelsäure 
mit prächtig grüner Farbe aufgelöst; bei der Lösung in Salz- 
säure hinterbleibt gewöhnlich eine geringere Portion ungelöst, 
diese ist von blafsgelber Farbe und fettiger Substanz, und 
wird als Blattgelb (Xanthophyll) angesehen, welches dem 
Blattgrün hartnäckig anhängt. Das feuchte Blattgrün geht auch 
Verbindungen mit kaustischen und kohlensauren Alkalien ein. 

Das Blattgrün getrockneter Blätter hat nicht mehr die 
schöne grüne Farbe des frischen Blattgrüns, auch geben ge- 
trocknete Blätter eine weit geringere Masse desselben. Herr 
v. Berzelius hält das getrocknete Blattgrün für eine Modi- 
fication des Blattgrüns, indem es sich bei seiner Lösung in 
Salzsäure, woraus es durch Wasser nicht gefällt wird, etwas 
verschieden von dem frischen Blattgrün verhält. 

Herr v. Berzelius vermuthet, durch einige Erscheinun- 
gen geleitet, dafs das Blattgrün durch den Einflufs des Sonnen- 
lichtes in Blattgelb verwandelt werde, und dafs daher im Herbste 
die Blätter gelb werden, weil kein neues Blattgrün in densel- 
ben gebildet wird. Eine Reihe von Beobachtungen schienen 
ferner zu zeigen, dafs das Blattgrün ähnlich wie Indigo und 
Lackmus redueirt und durch Oxydation wieder gebildet wer- 
den konnte, was aber noch ferneren Beobachtungen genauer 
zu bestimmen verblieben ist. 

Wir haben es recht sehr zu bedauern, dafs der grofse 
Chemiker nicht zugleich eine Elementar-Analyse des Blatt- 
grüns geben konnte, denn die chemische Zusammensetzung die- 
ses Stoffes ist der Pflanzen-Physiologie gegenwärtig ganz be- 
sonders wichtig, indem die mikroskopischen Beobachtungen 
gezeigt haben, dafs das Amylum so häufig als Träger des 
Chlorophylis dient, und dafs in anderen Fällen wiederum 


* mitten in grüngefärbten schleimigen Massen, oder selbst in 


grüngefärbten Zellensaftkügelchen, welche eine gummiartige, 
V. Jahrg. 2. Band, 6 


82 


zum Theil noch unbekannte Beschaffenheit zeigen, ebenfalls 
Amylum auftritt. , - 
Die Benutzung des Polygonum tinctorium, welches in mehr: 
fachen Varietäten in China kultivirt wird, hat schon’ seit einiger 
Zeit die Aufmerksamkeit der Landwirthe Frankreichs in Anspruch 
genommen, indem diese Pflanze einen vortrefflichen Indigo liefert. 
Es war schon früher bekannt, dafs der blaue Farbestoff nur in 
dem Parenchyme der Blätter jener Pflanze vorkommt, und Herr 
Turpin*) stellte neue Beobachtungen an, um über das Auf- 
treten dieses Stoffs genauere Nachweisung zu geben, Das Re- 
sultat dieser Untersuchungen ist, dafs es die grünen Zellen- 
saftkügelchen sind, die zuerst die Blätter grün färben, dann 
aber durch Verminderung der Vegetationskraft oder durch 
gänzliches Aufhören der Lebensthätigkeit eine blaue Färbung 
annehmen, ja mitunter waren die gröfseren dieser Kügelchen 
schon in den Zellen des frischen Blattes etwas bläulich ge- 
worden. Kurz Herr Turpin fand das Auftreten des Indigos 
in Polygonum tinctorium ganz ähnlich, wie es sich damit 
bei andern Indigo-Pflanzen verhält, und nach dem, was wir 
im Vorhergehenden über die Natur des Blattgrüns kennen ge- 
lerat, haben, können wir gegenwärtig wohl den Schlufs ziehen, 
dafs der Indigo ein eigenthümlich umgeändertes Blattgrün ist, 
worüber uns später die vergleichenden Analysen dieser beiden 
Substanzen Aufschlufs geben werden. 
Herr P. W. Korthals *) hat seine Aufmerksamkeit wäh- 
rend eines Aufenthalts in Ost-Indien auf die merkwürdige 
Farbenveränderung gerichtet, welche die Blüthe des Hibiscus 
mutabilis zeigt. Die rothe Farbe der Blüthe zeigte sich auch 
bei regnigtem Wetter, nur nicht so intensiv. Die’ Blüthen 
wurden mit weifsen und mit schwarzen Papiertüten umgeben, 
aber auch unter diesen zeigte sich die rothe Farbe, Herr 
Korthals kam endlich zu dem Schlusse, dafs die Verände- 


x) Etudes microscopiques sur le gisement de la matiere bleue 
dans les feuilles du Polygonum tinctorium, et sur la grande quan- 
tite de eristaux que contient le tissw cellulaire de toutes les, parties 
de cette plante. — Compt. rendus 1838. II. pag.: 806 — 819. — Im 
Auszuge im L’Institut de 1838. pag. 403. j 

*) Note sur la coloration de la fleur de L’Hibiscus mutabilis. 
Ann. des scienc. natur. Part. botan. 1838. 1. pag. 63. j 


Te 


, 83 


rung der Farbe der Blüthen. dieser Pflanze‘ mehr von der Ener- 
gie.der Vegetation der Pflanze abhänge, als von äufsern Ur- 
sachen. Die Einwirkung des Sauerstofigases der Luft scheine 
ın jenen Blüthen die Entstehung des: rothen Farbestoffes zu 
veranlassen, wofür ein Versuch angeführt wird, der aber nichts 
mehr beweist, als dafs diese Blüthen, wie alle,anderen, das 
Sauerstofigas der umgebenden Luft resorbiren (indem sie Koh- 
lensäure dafür aushauchen!), Seit der schönen Beobachtung 
von. Don Ramon de la Sagra (S..d. Darstellung desselben 
in des Ref. Pflanzen-Physiologie 1838 II. pag. 448) wissen 
wir ganz ‚bestimmt, dafs eine gewisse kräftige Vegetation er- 
forderlich ist, um die weifse Farbe dieser Blüthen in die rothe 
umzuwandeln, denn wenn die Temperatur der umgebenden 
Luft nieht über 19° Cels. steigt, so geht diese Umwandlung 
der Farbe nicht vor sich. 

Obgleich die Beobachtungen über die Entwickelung einer 
hohen Temperatur, welche in den Blüthenkolben der Aroi- 
deen stattfindet, schon so überaus häufig angestellt sind, so 
hat dennoch Herr Raspail die ganze Erscheinung. wieder in 
Zweifel gestellt; derselbe sucht die erhöhte. Temperatur des 
Blüthenkolbens durch. die Ausstrahlung der Wärme von der 
umgebenden Spatha abzuleiten, wärend man in Deutschland 
schon längst die Beobachtung gemacht;hat, (dafs auch abgeschnit- 
tene Kolbenstücke einehöhere Temperatur entwickeln. Die Hrn. 
v.Beek und Bergsma*) unternahmen es durch neue und höchst 
sorgfältig angestellte Beobachtungenjene ungegründeten Einwürfe 
zu widerlegen, und es ist ihnen nicht nur dieses vollkommen ge- 
glückt, sondern sie haben auch beinahe den höchsten Wärme- 
grad wahrgenommen, welchen man hierbei. beobachtet hat. 
Sie benutzten hierzu eine sehr kräftige Pflanze der Colocasia 
odora, welche schon im vorangegangenen Sommer 3 Blüthen- 
kolben entwickelt: hatte und: am 3. 'Sept. 1838 einen vier- 
ten Kolben zur Blüthe brachte. Um die Temperatur-Erhöhung in 
diesem Blütiienkolben mit gröfster Genauigkeit angeben zu kön- 
nen, wurden dergleichen thermo-electrische Nadeln. in, Anwen- 


*) Observations thermo.-electriques sur Velevation de temperature 


"des fleurs de Colocasia odora. 'Avec une reg a Ut- 


recht 4838. 
6* 


s 
dung gesetzt, wie sie sich die Herren Beequerel und Bre- ı 
chet zur ‘Bestimmung der relativen Wärme des arteriellen 
und venösen Blutes bedient hatten. Die Nadeln waren mit 
einem Galvanometer durch Conductoren von Kupferdraht in 
Verbindung gesetzt und die Pflanze gegen alle directe Sonnen- 
strahlen geschützt. 

Die Beobachtungen am 4. und 5. Beptemler wurden von 
des Morgens früh bis spät Abends angestellt, und an beiden 
Tagen zeigte sich das Maximum der Temperatur des Blüthen- 


kolbens zwischen 2 und 3% Uhr Nachmittags: \ 
Am ‘9, Sept. 7. U. M. Temper. d. Luft. Temper. d.Büthenkolbens. 


17 ,75° C. 21 ,50° C 

12 - - 20,84° C. 28,47. €. 
1--231,11° ©. 32 11 .C. 

3 --21,11° C. 5,49 €. 

824 -20,38° C. 23,66 C. 

Am 5. Sept.34 -N.20,98° C. 42 ,98° C. 


Am ersten Tage zeigte also der Blüthenkclben eine Tem- 
peratur,‘ welche diejenige der umgebenden Luft um 14,38° 
©. übertraf, und am. 2. Tage war sie sogar um 22° höher, 
als die Temperatur der umgebenden Luft! 

In der historischen Darstellung dieses Gegenstandes, ‚wel- 
che Referent im zweiten Theile der Pflanzen-Physiologie (pag. 
186 ete.) gegeben hat, findet man die Extreme der Wärme 
angegeben, welche verschiedene Beobachter an den Blüthenkol- 
ben der Aroideen wahrgenommen haben; bei Arum cordifo- 
lium wurde in den Blüthenkolben eine Wärmeentwickelung 
von mehr als 25° R. beobachtet! 

Herr Treviranus, der sich früher von der Wärmezu- 
nahme, welche die Blüthenkolben der Aroideen zeigen), nicht 
überzeugen konnte, bestreitet auch noch gegenwärtig die Wär- 
me-Entwickelung'in den Pflanzen überhaupt. Wenn man die 
dafür sprechenden Thatsachen von der Wirkung des Lebens 
‘der Pflanzen ableitet, so, sagt der Verf., komme alles darauf 
an, was-man unter Leben verstehe. ‘Offenbar könnten belebte 
Körper mit unbelebten Verbindungen eingehen, welche unter 
die Gesetze der Affinität fallen; er gesteht aber selbst ein, dafs 
man vielleicht aus\ einem höheren Gesichtspunkte richtiger die 
Erscheinung als Wirkung des Lebens betrachte. “Dieselben 


8 


# Veränderungen, welche Zueker und Stärke. im. Innern. der 
- Pflanzen zeigen, gehen mit. ihnen auch aufserhalb der Pfan- 
zen vor, und defshalb wären sie zu betrachten als Verbin- 
dungen des Belebten und Unbelebten. ‘Ein. solches Raisonne- 
ment hat indessen wohl: nur scheinbar etwas für sich, denn 
wir. haben es kennen gelernt, dafs der Wärineentwickelung 
in den Pflanzen und derjenigen in den Thieren eine und die- 
selbe Ursache zum Grunde liegt, und defshalb wird gelehrt, 
dafs die Wärme-Entwickelung in den Pflanzen und, die Wär- 
me- Entwickelung in den Thieren . gleichbedeutende Erschei- 
nungen sind. Der Chemismus liegt beiden zum Grunde, was 
aber Herr Treviranus von den Verbindungen des Belebten 
und Unbelebten spricht, das hat die Chemie noch nicht gelehrt. 
Man hat eine unendliche Zahl von Beobachtungen über die 
Temperatur im Innern des:Holzkörpers bekannt, gemacht, um 
durch diese eine selbstständige Wärmeentwickelung in, den 
Holzkörpern der Pflanzen zu erweisen oder zu widerlegen, 
aber Referent (Phys. I. pag. 178) hat zu zeigen gesucht, dafs 
man hiezu keinen schlechteren Pflanzentheil habe wählen: kön- 
nen, als den Holzkörper im Winter; daher denn auch das 
Resultat scheinbar negativ ausgefallen ist. Man unterdrücke 
die Transpiration, durch welche eine so grofse Menge der 
entwickelten Wärme unbemerkbar wird, und dann kann man 
die Wärmeentwickelung selbst an den. zartesten Blättern der 
Pflanzen beobachten! n 

Die Wärmeentwickelung an den Blüthenkolben von Aroi- 
deen hatHr. Treviranus nun auch seit 1832 beobachtet, und er 
wird die Ergebnisse dieser Beobachtungen später noch im De- 
tail bekannt machen; gegenwärtig*) stellt er aber das Resultat 
auf, das jene Wärme äufseren und nicht inneren Ursprungs 
ist. Herr Treviranus glaubt, dafs diese Erscheinung bei 
Aroideen noch zu isolirt steht, als dafs man darüber mit Si- 
cherheit sprechen könne; die Wärmeentwickelung hierselbst 
wäre vielleicht mit derjenigen bei der Malzbildung, bei der 
Gährung und Fäulnifs in eine Klasse zu stellen. Aber es 
scheint, dafs auch hier, wieder aus Consequenz für vorgefafste 
Ansichten, selbst die ausgezeichnetsten Beobachtungen über- 


*”) Physiologie der Gew. II. pag. 693. 


86 


sehen worden 'sind,'denn’es haben die Beobachtungen gelehrt, 
dafs diese Wärmeentwickelung ganz im Verhältnisse zu dem 
Verbrennungsprozesse steht! 

Referent hat ausführlich zu ubykeiven gesucht, dafs das 
Leuchten der Pflanzen, ‘welches nun schon in so überaus vie- 
len Fällen beobachtet ist, aus eben derselben Ursache zu er- 
klären ist, wie die Wärmeentwickelung in denselben, dafs 
nämlich auch hier ein Verbrennungsprozefs des Kohlenstoffes 
in Folge eines sehr gesteigerten Lebensprozesses stattfindet. 
Hr. Treviranus*) dagegen erklärt noch immer das Leuchten, 
welches an sehr verschiedenen Pflanzen und besonders an gel- 
ben und orangegelben Blumen beobachtet ist, für optische Täu- 
schung. Das Auge nämlich sei an das Grau, womit die mei- 
sten Gegenstände bei eintretender Dunkelheit erscheinen, 'ge- 
wöhnt, und werde es dann von der Lebhaftigkeit der gelben 
Farbe getroffen, so bilde es diesen Gegensatz dergestalt in 
sich aus, dafs das Hellere wie ein Leuchten gegen das Dunk- 
lere erscheint. Durch solche Erklärung werden denn also 
die Beobachtungen vieler, , selbst sehr ausgezeichneter Män- 
ner beseitigt! 'Doch man lese nur die näheren Umstände, wel- 
che bei der Entdeckung jener Erscheinung: durch Linne’s 
berühmte Tochter zur Sprache kamen, und mam wird sehr 
bald das Irrige jener Erklärung einsehen. Das Leuchten der 
Rhizomorphen wird nun wohl Niemand mehr in Zweifel zu 
stellen suchen, aber von dem merkwürdigen Phosphoreseiren 
des Milchsaftes einiger Gewächse, welches so grofse Beach- 
tung verdient, sagt Herr Treviranus ganz kurz, dafs diese 
Beobachtungen noch zu unvollständig wären, um entschieden 
dafür gelten zu können. Das’ist freilich eine leichte Manier, 
die Beobachtungen und Ansichten'anderer Naturforscher grund- 
los zu verdächtigen. 


Ueber Absonderung verschiedener Stoffe. 


Durch Hrn. Schomburgk**) haben wir mehrere interes- 
sante Nachrichten über die giftige Wirkung des Manschinell- 
baumes erhalten. Es ist, wie bekannt‘, eine milchende Pflanze, 


*) Physiologie der Gewächse. II. pag. 68 — 71. 


*) Ueber die giftige Wirkung des Manschinellbaumes. Linnaea. 
1833. pag. 248. 


‚87 


und die unreifen Früchte scheinen am schärfsten zu wirken. 
Der Saft erregt heftiges Brennen, Blasen und Geschwulst, 
wenn er auf die menschliche Haut gebracht wird, ja selbst 
der Regen und der Thau, welcher von den Blättern dieses 
Baumes herabträufelt, zeigt jene schädliche Wirkung, was 
durch Beispiele erwiesen wird. Aber dennoch soll dieser Milch- 
saft nicht auf jeden Menschen gleich wirksam seyn; so konnte 
Herr Sch. den fliefsenden Milchsaft in die Haut einreiben, 
ohne eine schädliche Wirkung desselben wahrzunehmen; das 
Essen einer halben Frucht dieses Baumes brachte jedoch sehr 
heftige Wirkungen hervor. Ueberall wo sich die Manschinell- 
bäume einmal ausgebreitet haben, da soll der Boden kahl und 
graslos sein, so dafs es scheint, als wenn auch die Ausdün- 
stung des Baumes schädlich sei, was denn auch in der That 
sehr wahrscheinlich erscheint. 

Herr Morren*) hat die Beobachtung gemacht, dafs sich 
die Drüsenköpfchen auf den Haaren der Atropa frutescens 
zuweilen mit einer grofsen Menge nadelförmiger Krystalle be- 
decken, aber mit Unrecht glaubt er, dafs man bisher die Kry- 
stalle immer nur innerhalb der Zellen beobachtet habe. 

Ueber das Vorkommen des Tabaschir’s hat Referent *) aus- 
führlicher gehandelt und die Beobachtungen von Turner und 
Brewster über eben denselben Gegenstand zusammen ge- 
stell. Das Tabaschir besteht gröfstentheils aus einem’ Kiesel- 
erdehydrat, doch bald ist es mehr, bald weniger Kali haltig, 
ja in manchen Fällen enthält es etwas Kalk. Auch Herr Ma- 

_ eaire***) hat neuerlichst Gelegenheit gehabt, Tabaschir zu 
untersuchen und fand es als ein fast reines Kieselerdehydrat, 
das vielleicht mit einer Spur von Kali vermischt war. Herr 
Macaire hat die specifische Schwere dieser Substanz beob- 
achtet; dieselbe beträgt, wenn die Luft mit Wasser ausgetrie- 
ben ist = 1,920 und nach dem Rothglühen = 2,080. 

Schon früher gab Referent die Beschreibung über den 
Bau und das Auftreten der Perldrüsen, welche von ihm auf 


*) Sur lexistence des raphides ou cristaux de matieres inorga- 
niques en dehors des vegetaux — Bullet. de PAcad. de Bruxelles Y. 
No. 4. ' 

**) Physiologie IL. p. 541 — 574. 
***) Bibl. universelle Juin 4833 pag. 405. 


88 


x 
{} 


Begonien, Cecropien und einigen andern Gewächsen aufge- 
funden worden waren (S. Pflanzen-Physiologie II. pag. 476), 
doch das Auffinden dieser Drüsen auf dem Weinstocke führte 
zu nochmaliger Beobachtung dieses Gegenstandes mit den neue- 
ren Mikroskopen. Das Auftreten dieser Körper auf dem Wein- 
stocke ist durchaus nicht allgemein, häufiger kommen sie noch 
an künstlich getriebenen Stöcken zum Vorschein; sie sitzen 
meistens auf der unteren Blattfläche und auf der Oberfläche 
des Stengels junger Triebe, und hinterlassen auf letztern nach 
dem Vertrocknen nicht nur schwarze Flecke, wodurch der 
Stengel oft sehr stark punktirt_erscheint, sondern es tritt je- 
desmal, wo ein solches Drüschen safs, eine kleine warzen- 
‚förmige Erhöhung hervor, welche anfangs der Drüse als Un- 
terlage diente, sich aber auch noch nach dem Vertrocknen 
jener oft sehr bedeutend vergröfsert, so dafs die Oberfläche 
der jungen Stengel zuweilen ganz warzig erscheint. Im All- 
gemeinen haben die Perldrüsen am Weinstocke ganz dieselbe 
Struktur wie die bei den Begonien, sie sind aber noch durch 
eine kleinmaschige Zellenschicht, gleichsam durch eine Epider- 
mis, welche ich mitunter sogar mit den Hautdrüsen und ihren 
Spaltöffnungen sah, überzogen. In den grofsen wasserhellen 
Zellen, welche das Innere dieser Perldrüsen bilden, sieht man 
stets die grofsen Tröpfchen einer ölartigen Substanz, und au- 
fserdem noch eine Spur von einem Zellenkern und mitunter 
auch noch feine Saftströme u. s. w. 

Ueber die Absonderung der Wurzelspitzen ist eine Inau- 
gural-Dissertation von Herrn E. Walser *) unter dem De- 
kanat des Herrn Mohl erschienen, welche aber dem Refe- 
renten unbekannt geblieben ist. Herr Treviranus (Physiol, 
d. Gewächse II. 119) handelt über diesen Gegenstand sehr 
umsichtig, und stellt mit allem Rechte die Versuche von Ma- 
caire in Zweifel, worauf man leider schon wieder neue Hy- 
pothesen gebaut hat. 


Ueber Irritabilität und Sensibilität der Gewächse, 


Herr Miquel **) hat eine Reihe von Beobachtungen an- 


*) Untersuchung über die Wurzel- Ausscheidung. Tübing. 1838. 8. 
**) Proeven over de prikkelbaarheid der bladen van Mimosa pu- 
dica. — Tijdschrift voor nat. Geschied. en Physiol. V. pag.'35— 60. 


89 


gestellt um die Wirkung der Gifte, besonders der narkotischen 
auf die Reizbarkeit der Blätter an der Sinnpflanze zu erfor- 
schen, und er selbst hat einen vollständigen Auszug’ dieser 
Arbeit im ersten Hefte dieser Zeitschrift einrücken lassen, 
Die Resultate dieser Beobachtungen bekämpfen die sinnreiche 
Theorie, welche Herr Dassen über die Ursache der Bewe- 
gung der reizbaren Blätter gegeben hat, eine Theorie, welche 
auch Ref.*), doch auf einem anderen Wege beseitigt zu ha- 
ben glaubt.‘ Sehr gut bemerkt Herr Miquel, dafs die be- 
kannten Experimente, welche Dutrochet an den Gelenkan- 
schwellungen der Sinnpflanze ausführte, nur zum Scheine für 
die von Letzterem gegebene Theorie dieser Bewegungen spre- 
chen, und Ref. hat’ an 'angeführtem Orte sogar gezeigt, daß 
diese Dutrochet’schen Experimente keineswegs so’ richtig 
sind, als man es ziemlich allgemein annimmt, denn er wieder- 
holte dieselben an kräftigen Pflanzen und überzeugte sich und 
andere Naturforscher, dafs dergleichen Blätter, welchen man 
oben oder unten die Gelenkanschwellung abgeschnitten hatte, 
sich später wieder nach wie vor 'bewegten. Hiedurch wird 
denn jedes Raisonnement für die Hypothesen von Dutrochet 
und Dassen unnöthig, denn die Thatsachen, worauf sie ge- 
gründet wurden, sind nur dem Scheine nach richtig. 

Herr Miquel wiederholte das Link’sche Experiment, 
wodurch eigentlich schon seit Jahren die Dutrochet’sche 
Hypothese beseitigt wurde; er machte einen Cirkelschnitt' in 
die obere Seite des Gelenkes eines Blattes der Sinnpflanze; 
das Blatt senkte sich und die Blättchen schlossen sich ob- 
gleich die obere Zellenschicht durchschnitten war, durch wel- 
ch@ die Senkung nach jenen Hypothesen ausgeführt wird. 'Nach 
40 Minuten erhob sich wieder das Blatt zu einem rechten 
Winkel mit dem Stengel, kam also nicht höher, was doch nach 
jenen Hypothesen stattfinden soll. Hätte Herr Miquel diese 
und ähnliche Experimente noch häufiger angestellt, so würde 
er ebenfalls gefunden haben, dafs die hierauf bezüglichen Du- 
troehet’schen Angaben nicht richtig, oder wie sich der Ver- 
fasser selbst ausdrückt, nur zum Scheine richtig’ sind. 

Herr Miquel durchschnitt die Gelenkanschwellung mit 


*) Pflanzen -Physiologie III. pag. 538. 


90 


einer Lanzette der Länge nach,; aber in horizontaler Richtung, 
so dafs die Communication zwischen, dam. oberen und. dem 
unteren Theile des Gelenkes aufhörte; ‚das Blatt 'senkte sich, 
verlor seine Reizbarkeit und die Blättchen blieben beweglich. 
Nachdem nun Herr Miquel gezeigt hat, dafs die Bewegungen 
der reizbaren Blätter nicht durch die Expansion des Zellen- 
gewebes zu erklären ist, stellt er .die Meinung auf, dafs der 
Begriff der Contractilität weit besser zu den Eigenschaften: des 
Pflanzengewebes pafst, und dafs: diese in den Gelenkzellen der 
Mimosen nur in einem erhöheten und modifieirten Maafse vor- 
handen ist. Aus den Experimenten ‚mit.den Giften ergab ‚sich, 
dafs diese Contraetilität durch 'narkotische Stoffe, ausgelöscht 
wird, das Leben dabei jedoch. noch forfbestehen kann, und 
später kehrt auch die Reizbarkeit wieder zurück. Andere Gifte 
zerstören  Contractilität und das Leben der Pflanze. 

Mit Unrecht kämpft dagegen Herr Miquel gegen die An- 
nahme, dafs der Holzkörper es ist, welcher die Reize bei der 
Sinnpflanze fortleite. Sowohl Herr Dutrochet als Herr 
Dassen haben Beobachtungen angestellt, welche dafür spre- 
chen; Letzterer brannte das blofsgelegte und ausgeprefste Holz 
eines Stengels der Sinnpflanze und sah hierauf, wie es auch 
schon lange vorher beobachtet war, die Zusammenziehung der 
Blättchen erfolgen. Herr Miquel glaubt diese Erscheinung 
dadurch erklären zu können, dafs er annimmt, es sei diese 
Contraction nur in Folge der durch den Holzkörper geleiteten 
Wärme verursacht. ‘Die im Holze enthaltene Feuchtigkeit 
werde durch die Wärme nach Oben getrieben, was den Reiz 
auf die Blätter. ausübt. Ref. ist dagegen überzeugt, dafs es 
Herrn Miquel nur an der gehörigen Menge kräftiger Sinn- 
pflanzen gefehlt habe, um sich selbst durch eigene Versuche 
der Art von dem Ungrunde seiner Ansicht zu überzeugen; 
denn er selbst hat ähnliche Beobachtungen in grofser Anzahl 
angestellt und dieselben ausführlich in dem dritten’ Theile 'sei- 
ner Pflanzen- Physiologie beschrieben. Diese Versuche so wie 
mehrere andere, noch entscheidendere beweisen auf das Be- 
stimmteste, dafs der Holzkörper es ist, der die Reize in der 
Sinnpflanze weiter fortleitet. Brennt man an einer kräftigen 
Pflanze während der heifsen Sommertage die letzten Fiederblätt- 
chen, so pflanzt sich der Reiz sehr bald über das ganze Blatt 


98‘ 


hinaus, und. dieses senkt den Blattstiel ganz ebenso, als'wenn 
man das letzte Blattpaar abgeschnitten hätte; hat man‘ aber 
zugleich die Spitze des Blattstieles mit angebrannt, so pflanzt 
sich der Reiz sehr bald weiter fort, und nachdem das vorlezte 
Blatt herabgesunken und die Fiederblättchen sich sämmtlich 
zusammengelegt haben, zeigt sich die Contraction auch an. den 
zunächst stehenden Blättern des Stammes. ln den meisten 
Fällen beobachtete Ref., dafs sich die Contractionen ‘zuerst 
an denjenigen Blättchen Zeigten, welche unterhalb des vor- 
letzten Blattes standen, und wenn sich diese der Reihenfolge 
nach gesenkt hatten, dann. bewegten sich auch alle die Blät- 
ter, welche über dem verletzten standen, und dann endlich 
erstreckte sich die Fortpflanzung der Reize auf die ‚Blätter 
der Aeste, welche sich ebenfalls der Reihe nach senkten und 
ihre Fiederblättchen zusammenlegten. Die Zeit, in welcher 
die Contraction sämmtlicher Blätter in Folge solcher Reize 
erfolgt, ist nach dem Grade der Reizbarkeit der Pflanze ganz 
verschieden, aber selbst im glücklichsten Falle vergehen bei 
grofsen Pflanzen 4 bis 5 Minuten;. ist aber die umgebende 
Temperatur nicht hoch genug, so vergeht fast eine ganze 
Viertelstunde. Dieser contrahirte Zustand in Folge des Bren- 
nens der Blättchen dauert verhältnifsmäfsig sehr lange, denn 
die Blättchen öffnen sich erst nach 4, 6.und selbst erst nach 
8 Stunden, woraus man schon auf den heftigen Grad der Ein- 
wirkung schliefsen kann, welche diese Reizung veranlafst hat. 

Kann man solche Erscheinungen wohl durch Herrn Mi- 
quel’s’ Ansicht erklären? Ref. glaubt, dafs dieses nicht der 
Fall ist. 

Herr Morren*) hat eine sehr ausführliche Arbeit über 
die Reizbarkeit des Säulchen’s von Stylidium graminifolium 
gegeben. In derselben wird der Gegenstand zuerst historisch 
beleuchtet, wobei dann der Reizbarkeit gedacht wird, welche 
den Staubfäden, der Blumenkrone, dem Stigma u. s. w. vie- 
ler anderen Pflanzen zukommt, die aber sämmtlich noch im- 
mer nicht in anatomischer Hinsicht genau untersucht wären. 


*) Recherches sur le mouvement et lanatomie de Stylidium gra- 
minifolium. — Mem. lu ü !’Academ. royale des sciences de Bruxelles 
le 2 Dec. 1837. Bruxelles 1838. 4. 


92 


An dem Säulchen von Stylidium graminifolium ist nach 
Herrn Morren’s Beobachtungen jeder Theil beweglich, aufser 
ganz-tief an der Basis; die Bewegung besteht in einem Ge- 
raderichten desselben, welches in seiner gewöhnlichen Stel- 
lung zurückgebogen ist; im Knospenzustande zeigt sich jene 
Reizbarkeit noch nicht. Die Bewegung erfolgt nur nach Ein- 
wirkung äufserer Reize, doch an sehr heifsen Tagen, beson- 
ders zur Mittagszeit sah Hr. Morren öfters, dafs sich das 
Säulchen aus freien Stücken aufrichtete und auch immer wie- 
“ der zu seiner vorigen Stellung zurückkehrte *). Wenn das 
Säulchen in seine ursprüngliche Lage zurückgekehrt ist, so 
mufs man 42 bis 45 Minuten warten, bis es sich wieder auf- 
richtet. Wenn sich die Stellung des Säulchens aus freien 
Stücken verändert, so geschieht die Bewegung sehr :regelmä- 


fsig und etwa in eimer halben Minute ist die Bewegung aus- - 


geführt, wärend sie in Folge äufserer Reize augenblicklichst 
erfolgt. Zwischen diesen aufsteigenden und absteigenden Be- 
wegungen des Säulchens unterscheidet Hr. Morren die cata- 
leptischen Bewegungen, welche das Säulchen ‘nicht perpendi- 
eulär sondern»schief stellen, bald nach rechts, bald nach links 
u. s. w., doch diese Bewegungen sind das mechanische Resul- 
tat, hervorgerufen nämlich durch die Stellung der übrigen 
Organe. 

Das Säulchen an Stylidium ist nicht ganz eylindrisch 
sondern etwas abgeplattet; es zeigt in der Mitte Zellgewebe, 
ferner zwei Gefäfsbündel, welche auf den abgeplatteten Seiten 
liegen, und eine Epidermis **). Auf der hintern-Fläche (d. i. 


*) Diese Beobachtung ist von hohem Interesse, denn sie zeigt, 
wie ich es ebenfalls bei der Mimosa pudica beobachtet habe (S. 
‚Pflanzen- Physiologie III, pag. 525), dafs Bewegungen einzelner Pflan- 
zentheile, welche gewöhnlich nur in Folge äufserer Reize eintreten, 
dafs diese, bei sehr kräftig vegetirenden Pflanzen, auch‘ scheinbar 
aus freien Stücken erfolgen können. Bei der Mimosa pudica war 
die hohe Wärme der äufsere Reiz! 

**) Herr Morren nennt hier diesen Theil: derme und will den- 
selben von der wirklichen Epidermis unterscheiden, worunter er die 
Cuticula versteht, welche aber nicht durch Henslow und Brongniart 
entdeckt ist, sondern schon von Ludwig beschrieben und mit dem- 
selben Namen belegt wurde. Indessen neue Benennungen sind nur 
einzuführen, wo die alten nichts taugen, was aber hier nicht der 
Fall ist. 


N 


93 


die convexe Seite des gekrimmten Säulchens!) besteht die 
Dermis aus einem abgeplatteten Zellengewebe. Ganz an der 
Basis sieht man ein pinenchymatoeses Gewebe, welches durch- 
sichtig und ohne Kügelchenbildung ist. Etwas höher hinauf 
werden die Zellen der Dermis etwas breiter und kürzer und 
bilden ein regulaires Ovenchyme, worin die Zellen eiförmig 
und elliptisch sind. An der beweglichen Krümmung ändert 
sich abermals das Zellengewebe der Dermis und wird zu 
Merenchyme; höher -hinauf werden die Zellen’ länger und 
stellen das Prismenchyme dar. In dieser angeblichen Strak- 
“ tur der Epidermis sieht Hr. Morren ein Mittel, durch wel- 
ches die Bewegung der Säule erleichtert wird. Auf der vor- 
dern Fläche der Säule seien die Zellen sehr klein und eine 
jede dieser eiförmigen Zellen zeige in ihrer Mitte eine kleine 
konische Erhöhung, wodurch dieses Gewebe eine Modification 
des Conenchyme’s werde, d.i. Zellengewebe, dessen Zellen 
kegelförmig sind. Die beiden, Gefäfsbündel in der Säule be- 
stehen aus Pleurenchym, welches nach Aufsen gestellt ist und 
aus Spiralgefäfsen, welche das Innere einnehmen, die Zellge- 
webemasse aber, welche diese Gefäfsbündel einschliefst, bildet 
das Cylindrenchyme. 

Die vielen neuen Benennungen der Elementarorgane, wel- 
che im Vorhergehenden angeführt sind, werden den geneigten 
Leser etwas befremden; Herrr Morren selbst sagt in Hin- 
sicht dieser in einer Anmerkung, dafs er alle diese Benennun- 
gen auf die Form der Zellen gründe, und hiernach habe er 
25 Klassen von Zellgewebe aufgestellt, deren nähere Characte- 
ristik er nächstens in einer speciellen Arbeit geben wird. 

"Endlich hat Herr Morren noch an dem Bogen (&larc) 
der Krümmung der Säule eine Zellenmasse beobachtet, wel- 
che sehr reich mit Amylum - Kügelchen gefüllt ist; diese 
Zellenmasse nimmt die obere Partie der beweglichen Krüm- 
mung ein, und da er es an keiner andern Stelle wiederfand, 
so glaubt derselbe den Schlufs ziehen zu dürfen, dais die 
Stärke bei den Pflanzen die Ursache einer freien 
Bewegung sein könne. Die beiden Gefäfsbündel darf man 
nicht als die Organe ansehen, welche die Krümmung des Säul- 
chen’s bewirken, sie Jiegen an den beiden abgeplatteten Rän- 
dern, und nachdem Herr Morren dieselben durchschnitten 


94 » 
hatte, ging die Krümmung ebenfalls vor sich. Es- wurden 
mehrere Säulchen abgerissen und auch diese zeigten ihre Be- 
wegungen, und zwar fast ebenso schnell wie sonst. Die Epi- 
dermis des Säulchen’s konnte ebenfalls rund herum durch- 
schnitten werden und die Krümmung fand dennoch statt, kurz 
es zeigte sich, dafs in dem innern Cylindrenchym das Organ 
der Bewegung liege, worin die Stärke befindlich ist, und dafs 
diese Bewegungen in Wasser, in der Luft, in Alkohol und in 
Iod- Tinktur ausgeführt werden. 

Die Reizbarkeit der Säule wurde“ durch Herrn Morren 
nicht nur an Stylidium ‚graminifolium, sondern auch an St. 
corymbosum und adnatum beobachtet. 

Herr Bory de Saint-Vincent #) macht darauf auf- 
merksam, dafs die Marsilea, welche gegenwärtig unter dem 
Namen der Marsilea Fabriü in Frankreich bekannt ist (die 
aber offenbar einer neuen Gattung zugehört), die, nächtliche 
Stellung ‘der Blätter zeigt, welche man mit dem Namen des 
Schlafes der Pflanzen belegt. Bei der gewöhnlichen Marsilea 
ist dieses ebenfalls zu sehen. Ref. 


Zur Anatomie der Gewächse. 


Herr Morren **) hat in einer andern Abhandlung über 
das Gefrieren der Pflanzenorgane die neue Classification der 
Elementarorgane gegeben, von welcher schon vorher die Rede 
war, er theilt dieselben ein in: 

1, Zellengewebe oder Parenchyme, welches folgende ver- 
schiedene Arten aufzuweisen habe: 

4) Merenchyme, ein Zellgewebe mit sphärischen Zellen, 

2) Conenchyme, ein Zellgewebe dessen Zellen konisch 

sind, wie z.B. die Wärzchen auf den Zellen der Epi- 
dermis und selbst die kleinen Haare vieler Pflanzen. 

3) Ovenchyme, Zellengewebe mit eiförmigen Zellen, 

4) Atractenchyme, Zellengewebe mit spindelförmigen 

Zellen. 
5) Cylindrenchyme, Zellengewebe mit. cylindrischen - 
Zellen. | 


u *):Comptes vendus de 1838 II. pag. 12. 
‚*) Bullet. de PA4cademr» Royale de Bruxelles V.:Nr. 3. 


9 


6) Colpenchyme, Zellengewebe mit gekrümmten sinuö- 
sen Zellen.. ‘(Die geschlängelten Epidermis - Zellen 
werden hiezu gezählt. Ref.) 

7) Cladenchyme, Zellengewebe mit verästelten Zellen. 
(Die unregelmäfsigen Zellen im lockern Diachym .der 
Blätter werden hiezu gezählt. Ref.) 

8) Prismenchyme, Zellengewebe mit prismatischen Zellen. 

U. Stärkeartiges Gewebe (tissu,feculoide) oder Perenchyme 

(von reoas, terme). Wenn Ref. recht versteht, so’ wird 

hiemit wirklich die Stärke bezeichnet, welche bekanntlich 

im Innern anderer Elementarorgane auftritt. 

II. Faserzelliges Gewebe oder Inenchyme. Hiemit werden 
die Spiralfaser-Zellen der andern Autoren bezeichnet. 
IV. Gefäfsartiges Gewebe. Angienchyme. Hiezu gehören fol- 

gende Arten: 

4) Pleurenchyme, es wird durch die Saftfasern gebildet. 

2) Trachenchyme, Gewebe, welches von Spiralgefäfsen 
gebildet wird. 

3) Trachenchyme modifie, aus modifieirten Spiralgefä- 
fsen gebildet. 

4) Cinenchyme. Wird von den Milchsaftgefäfsen dar- 
gestellt. 

V. Einige andere Organe, als: 

1) Die Spaltöffnungen (die stomates). 

2) Die Biforines des Herrn Turpin. 

‚3) Die Raphides und die Organe welche sie enthalten. 

4) Die Lücken (Des lacunes). 

Dieses ist die neu® Eintheilung der Elementarorgane der 
Pflanzen nach Herrn Morren, und bei der anatomischen Be- 
schreibung der Pflanzen bedient sich derselbe dieser neuen 
Benennungen. Referent ist zwar nicht der Meinung, dafs un- 
sere gegenwärtige Eintheilung der Elementarorgane der Pflan- 
zen unverbesserlich ist, wohl aber scheint es sehr bestimmt, 
dafs diese neue Classification keine Verbesserung ist. Allen 
Olassificationen mufs ein durchgreifendes Prineip zum Grunde 
liegen, was wir aber bei dieser neuen gänzlich vermissen; 'es 
ist ferner die Bedeutung des Wortes xÜue ganz übersehen 
worden, welches man ‘unmöglich zur Aufstellung von Begrif- 
fen, wie Cinenchyme, Conenchyme, Perenchyme u, s. w. 


96 


gebrauchen: kann, ja ganz abgesehen davon, dafs die alten 
Benennungen Parenchym, Prosenchym,. Pleurenchym und 
Merenchym nach ganz andern Grundsätzen aufgestellt sind. 
Alte Namen mufs man: immer ehren, und am wenigsten darf 
man sich derselben bedienen, wenn man ihnen andere Begriffe 
unterschieben will. Für Merenchyme soll Sphaerenchyme 
viel gründlicher sein, indessen Ref. bildete das Wort Meren- 
chyme. aus ‚u£gog u. Ss. w. und wollte damit andeuten, dafs 
sich. die Theile, welche das güu« bilden, nur theilweise be- 
rühren, und das geschieht nur bei sphärischen Zellen. (Hayne 
sprach von Perenchym und nicht von Merenchym!). Dage- 
gen bedient sich Hr. Morren des Hayne’schen Wortes’ Per- 
enchym für sein tissu ficuloide u. s. w. — Das Zellenge- 
webe, dessen Zellen Spiralfasern enthalten, nennt Hr. Mor- 
ren Inenchyme, obgleich die Anatomie gelehrt hat, dafs alle 
verschiedene Arten von Zellen bald mit, bald ohne deutliche 
Spiralfasern im ‚Innern auftreten können, und dafs sie den- 
noch dabei immer bleiben was sie sind. 

Der Graf Kaspar Sternberg *) hat die „Fortsetzung 
seiner Flora der Vorwelt publiciren lassen; die Bestimmung, 
Beschreibung, Systematik und Anordnung der darin 'enthalte- 
nen Pflanzen wär Herrn Presl übertragen, und die anatomi- 
schen und organographischen Beobachtungen sind mit Hülfe 
des Herrn Corda ausgeführt, der dazu eine grofse Menge 
ausgezeichnet schöner Abbildungen gegeben hat. Als Anhang 
zu diesem geognostisch - botanischen Werke finden. wir eine 
70 Folioseiten starke Arbeit des Herrn Corda, welche den 
Titel; Skizzen zur vergleichenden Phytotomie vor- 
'und jetztweltlicher Pflanzenstämme führt. In dem 
ersten Abschnitte der Skizzen kommt Herr Corda zu folgen- 
den Schlüssen: „Die Elementarorgane vorweltlicher Pflanzen 
sind gleich denen der gegenwärtigen Pflanzenwelt, gewachsen, 
was sich. im Kleinen wie im Grofsen nachweisen läfst, woran 
aber auch wohl Niemand gezweifelt hat. 

An den eylindrischen Stämmen der Jetztwelt: ist ds Ter- 
minal-Richtung des Wachsthumes überwiegend . thätig, aber 


*) Versuch einer geognostisch -botanischen Darstellung der’Flora 
der Vorwelt. 7tes und tes Heft mit 45 Kupfertafeln. Prag 1838. Fol. 


97 


auch die Vorwelt zeige solche eylindrische Stämme, wie Equi- 
setites, Calamites und viele Cycaditen. Den. Knollstamm 
der gegenwärtigen Cycadeen findet man. auch bei urweltlichen. 


« Nachdem wir die Histologie vorweltlicher Pflanzen, sagt Herr 


Corda, und die Comparativ- Anatomie ihrer einzeluen Sy- 
Steme skizzirt haben, können wir ‚leicht zu der Betrachtung 
und Vergleichung einzelner Formen-Gruppen  vor-, und jetzt- 
weltlicher Stämme übergehen. Hierauf folgt dann'.der, zweite 
Abschnitt unter dem Titel: Comparative. phytotomische 
Skizzen. j 

Der Holzkörper aller holzbildenden Pflanzen, heifst es da- 
selbst, erscheint in drei Hauptformen, welche durch unzählbare 
Abänderungen vielfach mit einander verbunden sind, Die For- 
men sind: | 

1) Der isolirte: Gefäfsbündel, den wir in der Achse der 
Lycopodien vereinzelt, in den Stämmen der monocotyledona- 
ren Pflanzen gesellig, in den Rhizomen der krautartigen Far- 
ren und den Stengeln der Dicotyledonen ‚kreisförmig geord- 
net erblicken. L 

2) Der bandförmige Gefäfs- (besser Holz-) Bündel, wel- 
cher in den Stämmen der baumartigen. Farrn erscheint, ‚und 

3)-Der ringbildende Holzkörper, dessen . einfache Ringe 
uns in Bambusa, Arundo, jungen Gycadeen und in den ein- 
jährigen Aesten aller unserer Bäume, so wie auch in den 
‚Stengeln vieler ausdauernder oder einjähriger ' Kräuter sicht- ' 
bar sind, - 

Der einfache und zentrale Holzbündel der Lycopodien 
ist nach Herrn Corda gleichsam aus mehreren verschmolzen, 
und diese Verschmelzung ist nur, eine seitliche, mithin unvoll- 
kommene, indem man in denselben keine eigentliche Achse 
findet, um welche die einzelnen Gefäfse u, s.w. geordnet sind, 
Ueberall sucht Hr. Corda die grofse Aehnlichkeit nachzuwei- 
sen, welche zwischen der Anordnung der Holzbündel bei Di- 
cotyledonen und, den Farru ‚herrscht, das, Hauptsächlichste _ 
aber, wodurch ‚sich die Struktur des Holzkörpers in diesen 
beiden Pflanzengruppen unterscheidet, das wird ganz übersehen. 

Sehr speciell verbreiten sich diese comparativen phyto- 
tomischen Betrachtungen über die Farrnstämme, und diesel- 


ben sind denn auch allen Geognosten, welche sich mit diesem 
V. Jahrg. 2. Band, 7 


08 


segenstaide beschäftigen, sehr zu empfehlen; die auffallend 
abweichenden Formen von Farrnstämmen, welche Ref. an ver- 
schiedenen ‘Orten beschrieben und in den Schriften der Tey- 
ler’schen Gesellschaft zu Harlem (Bd. XXI. 1836) abgebil- 
det hat, welehe ganz besonders zu "berücksichtigen sein möch- 
ten, sind von Herrn Corda übergangen, und gerade darunter 
befinden sich einige, welche man schwerlich für Farrmstämme 
halten würde, wenn sie versteinert gefunden wären. - 
In dem Anhange zu Sternberg’s Flora der Vorwelt 
hat Herr Corda auch einen Nachtrag gegeben (page. XLVII 
—LXXI.), worin er sehr ausführlich. gegen Hrn. Ad. Bron- 
gniart’s Ansicht handelt, nach welcher die Lepidodendron- 
Arten zu -den Lycopodiaceen zu bringen wären, was der- 
selbe schon im 13ten und 14ten Hefte seiner Hist. des Feget. 
Jossiles ausgesprochen hat. Herr Corda hat dagegen die 
Lepidodendra und Lycopodiolithen wit den Crassulaceen 
und vorzüglich mit Sempervivum verglichen, auf dessen merk- 
würdige Rindenformation schon durch Lukis *) aufmerksam 
gemacht wurde. Am Schlusse dieser sehr ausführlichen und 
sehr ruhig geführten Widerlegung der Brongniart’schen 
Ansicht sagt Herr Corda: „Wir versuchten den Bau der 
Lepidodendra zu erklären, wie auch die Bedeutung der De- 
pidostrobi zu erörtern, und fanden, dafs erstere im Habitus 
und äufseren organographischen, so wie inneren anatomisch- 
histologischen Baue den Crassulaceen der Jetztwelt weit 
mehr als andern Familien verwandt sind, und sich innerhalb 
und äufserlich strenge von den Lycopodiaceen sondern. Fer- 
ner haben wir die Depidostrobi gesichtet und ihren analogen 
Bau mit den männlichen Blüthen der Coniferen nachgewiesen, 
früher auch schon gezeigt, dafs es für kritische Naturforscher 
unerwiesen ist, dafs ‘die Lepidostrobi die Früchte der als 
Lepidodendra bezeichneten vorweltlichen Bäume sind, und 
durch die Nachweisung des dicotylen Baues der Lepidoden- 
dra, und durch die hier gegebene Deutung der Lepidostrobi 
dargethan, dafs in‘ der Schwarzkohlen - Formation  aufser ‘den 
Cycadeen und 'Coniferen auch noch andere dicotyle Pflan- 
zenreste vorkommen.” 


*) S. unsern Aten Jahresbericht (Berlin 1835) pag. 173. 


99 


Schon vor dem Erscheinen dieser Arbeit des Irn. Corda 
hat Hr. Ad. Broigniart *) den fraglichen Gegenstand von 
Neuem untersucht und seine Ansicht, dafs die Lepidodendra 
zu den Lycopodiaceen gehören, auf eine sehr scharfsinnige 
Weise darzuthun gesucht; er hat diese Verwandtschaft nicht 
nur durch Vergleichung der äufseren Formen erkannt, son- 
dern die innere Struktur dieser fossilen Stämme spreche eben- 
falls dafür. Hier werden also Thatsachen gegen Thatsachen 
‚aufgeführt, denn Herr Corda führt ebenfalls die Struktur der 
Lepidodendra-Stämme als Beweis an, dafs dieselben zu den 
Crassulaceen gehören. Herr Brongniart hat seine An- 
gaben noch nicht durch ‘Abbildungen erwiesen, welche wir 
aber hoffentlich bald erhalten werden, und die Abbildungen, 
welche Herr Corda in Sternberg’s Flora zur Erweisung 
seiner Ansicht gegeben hat, nämlich auf Tab. LXVT. Fig. 10 
—14., sind wohl keineswegs von der Art, dafs dadurch die 
von ihm und Andern ausgesprochene Ansicht erwiesen würde. 

Herr Brongniart zeigt, dafs nur in sehr seltenen Fäl- 
len wahre Dichotomie entsteht, ja die dichotomische Form 
des Stammes der Phanerogamen sei nur ein zufälliger Charak- 
ter, indem ‚dieselbe durch zufällige Entwickelung der Seiten- 
äste entsteht; es giebt aber eine Pflanzengruppe, bei der die 
‚diehotomische Verzweigung des Stammes das Normale ist, und 
dazü gehören, sagt Hr. Br., die Farfn, die Lycopodien und 
auch die Marsiliaceen, indem hier die Bildung von Seiten- 
ästen nicht stattfindet. Die Verästelung ist hier nur eine ter- 
minale Bifurcation, ‚wobei allerdings oftmals der eine Ast zu- 
rückbleibt, so dafs dadurch in der Folge ein se heinbarer Sei- 
tenast entsteht. Hieraus folgt aber auch schon, dafs selbst 
die-Fructifieation nicht achselständig sein kann, sondern auf 
dem Blatte befestigt sein mufs, eine Angabe, welche auch 
sclion durch Hrn. Mohl’s Untersuchung bei der Deutung des 
Sporangium’s der Lycopodien**) erwiesen wurde. Da nun 
die Lepidodendra alle diese Charactere zeigen (denn den Le- 
pidostrobus hat Hr. Br. an den Enden der Zweige wahrer 


*) Recherches sur les Lepidodendron et sur les affinites de ces 
arbres fossiles, precedees d’un examen des principaux caracteres des 
Lycopodincces. (Extrait)) Compt. rendu 1835 Il. pug. 872—879. 

' ,**) S. den vorigen Jahresbericht pag. 141. 


7* 


100 


Lepidodendra. befestigt gefunden und sie defshalb für die 
Früchte dieser Gewächse erklärt), so liegt der Schlufs sehr 
nahe, dafs sie.zu den Lycopodiaceen zu stellen sind. Herr 
Br. hat ein, Bruchstück jenes schon von Witham abgebilde. 
ten Lepidodendron- Astes untersucht und gefunden, dafs der- 
selbe eine analoge Struktur mit den ‚Lycopodiaceen‘ zeigt, 
‚nur in Hinsicht der Gröfse sind sie sehr verschieden. 

Hr. Link hat einige Bemerkungen über die Wur- 

zeln der Pflanzen *) publieirt, welche Nachträge zu Hrn. 
Ohlert’s ($. den vorjährigen Bericht.) Abhandlung über eben ‘ 
denselben Gegenstand enthalten; auch Hr. Link beobachtete 
es, dafs die Wurzelzasern nicht an der eigentlichen Spitze 
" wachsen, ‘sondern etwas über der Spitze, wozu genauere Be- 
schreibung des Vorganges gegeben wird. Dafs die Spiralröh- 
ren in den Wurzelzasern die hauptsächlichsten Organe. sind, 
durch welche die aufgenommene Flüssigkeit mit Schnelligkeit 
davongeführt wird, das wird von Neuem mit den treflendsten 
Gründen erwiesen. Schliefslich spricht es Herr Link mit Be- 
stimmtheit aus, dafs die Blattknospen, auch wenn sie aus der 
Wurzel kommen, immer aus dem Marke derselben. entsprin- 
gen, und dafs da, wo die Wurzel kein Mark ‚hat, auch keine 
Blattknospe entsteht. Die, Wurzelzasern dagegen ‚entstehen 
immer aus dem Holzkörper und niemals aus dem Marke der 
Wurzeln. 

An einem andern Orte **) hat Hr. Link eine sehr geist- 
reiche Abhandlung: Ueber das Anwachsen von Theilen 
in den Pflanzen gegeben. Es gehört, sagt der Verfasser 
daselbst, zu den Hauptkennzeichen der Pflauzen, dafs sich 
ihre Theile nach und nach entwickeln, dafs die frühern den 
später nachkommenden nicht ganz weichen, sondern wenig- 
stens in Spuren zurückbleiben, so dafs die Pflanze ihre Ge- 
schichte in ihrer Gestalt trägt. Doch die Pflanze besteht. auch 
aus thierischen Theilen, welche auf den rein vegetabilischen 
wachen. Der Stamm und die Wurzel sind rein vegetabilisch; 
sie wachsen durch Ansetzen neuer, Grundtheile an den Enden, 


*) Linnaea von 1838 pag. 260 — 264. 
»*) 8. Schriften der Königl. Akademie der Wissenschaften zu Ber- 
lin von dem Jahre 1836, Berlin 1838. 


N 101 


% 

‘ die blattartigen Theile hingegen und somit auch Blüthe und 
Frucht sind thierischer Natur, sie wachsen durch Entwicke- 
lung nach allen Seiten; von jenen ist in der Jugend nur der 
Anfang vorhanden, von diesen nur der Umrifs. Die Pflanze, 
sagt Herr Link sehr scharfsiunig, eilt mit Blüthe und Frucht 
dem thierischen Leben zu, die Blüthe trennt sich und lebt 
als Polyp ein besonderes Leben. 

Auch Herr Link spricht für die Annahme, dafs alle Ge- 
fäfse der Pflanzen aus Zellen entstehen, aber, sagt derselbe, 
man würde sich indessen sehr irren, wenn man glauben wollte, 
dafs die Zellen an bestimmten Orten in Gefäfse übergehen 
und so die mannichfaltigen Theile bilden, welche nach und 
nach sich entwickeln, denn die neuen Theile, die Gefäfsbündel, 
entstehen zwischen den’ alten Theilen, zwischen den Zellen 
des Zellgewebes, woraus der ganze Theil in seiner frühen 
Jugend bestand. Nicht nur ein Anwachsen neuer, Gefäfse in 
dem erweiterten und ausgedehnten Zellgewebe wird zur Ge- 
staltung der Theile gefordert, sondern es ist auch‘eine Sonde- 
rung ‘des innern Gewebes hiebei nöthig, ganz besonders bei 
denjenigen Theilen, welche die thierischen genannt wurden. 
Zur Erläuterung des Gesagten bezieht sich Herr Link auf 
verschiedene seiner anatomisch - botanischen Abbildungen, von 
welchen im vergangenen Jahre das dritte Heft *) erschienen 
und hiemit das ganze geschlossen ist. Dieses letzte Heft ent- 
hält Darstellungen zur Anatomie der Blüthe und der Frucht- 
theile, welche sich durch die Gröfse ihres Umfanges, wie 
dureh saubere Ausführung und durch die Wahl der mitgetheil- 
ten Gegenstände eben so auszeichnen wie die früheren in den 
beiden erstern Heften. Besonders zu beachten sind die Dar- 
stellungen über den Verlauf der Gefäfsbündel in der Corolla 
einiger Syngenesisten auf Tab. XVII, als der Cineraria nivea 
und Leontodon Taraxacum. Ferner enthalten die folgenden 
Tafeln eine Reihe von Darstellungen über die Form und 
Struktur des Griffelkanales bei verschiedenen Gewächsen, über 
die Bildung der Pollenschläuche und deren Verlauf im Griffel- 


*) Icones anatomico-botanicae ad illustranda elementa. philoso- 
phiae botanicae Henr, Frid. Linki. Faseiculus HI. e. tab. Üthograph 
VII. fol. Berol, 1838. 


102 


kanal. Tab. XXI. Fig. 1. giebt Herr Link 'eine Darstellung 
der- Sammelhaare auf der äufsern Fläche des Griffels von 
Campanula Meditm vor der Befruchtung; es sind lange und 
grofse ungegliederte Haare, deren Basis tief in die Substanz 
des Griffels eindringt nach unten aber geschlossen ist. Die 
mukösen Röhren im Innern des Styluskanales zur Zeit der 
Befruchtung sind ebenfalls vortrefllich dargestellt; 'es sind früher 
gewöhnlich langgestreekte Parenchymzellen, welche sich dann 
durch Schleimabsonderung von einander trennen und dadurch 
den Durchgang ‘der Pollenschläuche so wie deren Ernährung 
möglich machen: 

Von Herrn v. Tristan ist der Akademie zu Paris ein 
‚sehr "umfangreiches Manuseript, betitelt: Harmonie des or- 
ganes vegctaux  etudies principalement. dans l’ensemble 
d’une me&me plante eingereicht worden, worüber die Herren 
v.Jussieu, Riehard und v. Mirbel einen Bericht*) erstattet 
haben. Da aber zu hoffen ist, dafs diese Arbeit im Druck 
erscheinen wird, und Ref. auch in verschiedenen, ‚hier ‚zur 
Sprache gekommenen Sätzen mit dem Urtheile der Herrn Be- 
riehterstatter gerade nicht ganz übereinstimmt, so wollen wir 
den Bericht darüber lieber noch zurückhalten. 

Herr Decaisne**) hat der Akademie zu Paris einige 
Beobachtungen mitgetheilt, nach welchen die Wurzeln mehrerer 
Dicotyledonen keine Spur von Bastfibern zeigen, was auch 
sogar bei dem’‘Stengel der Fall sein kann, wie es Phytolacca 
beweise. Bei den Aristolochien und den Menispermeen ist 
der Bast auf einfache Fasern redueirt, ja bei Cocculus lauri- 
' folius u. s. w. finde er sich nicht im Umfange: des, Stengels, 
sondern nahe ‘dem Centrum und zwischen der ersten und 
zweiten Holzschicht, u. s. w. 

Herr Miqt el #**) erhielt eine blühende Tillandsia, welche 
auf den abzeslorbenen Aesten von Achras Sapota befestigt 
war, von Paramaibo überschickt; 'er untersuchte die Art jener 
PERS weUnB, bestätigte das Faetum, dafs die Tillandsien. zu 


Ss. Compte rendu de 1838. I. pag. 133. 
»*) Note Sur la structure des racines chez certains vegetaux 
Dicotyledones. — Compt. rend. de 4833. I, pag. 335. 
**) Sur le parasitisme du Tillandsia alvaefolia Hook. — Bul. 
letin des seien, phys. et nat. en Neerlande, 1838.\ pag. 86. 


- 103 


den falschen Parasiten gehören, und. giebt Abbildungen der ge- 
nannten Pflanze um ihre Befestigung zu: zeigen. 

An eben demselben Orte hat Herr Miquel *) seine Beob- 
achtungen über die Markröhre und deren Querwände an dem 
Stamme der Cecropia. palmata bekannt gemächt; er hatte die 
seltene Gelegenheit einen abgestorbenen Stamm jener, Pflanze 
zu untersuchen und fand die Markröhre desselben hohl: aber 
mit harten Querwänden versehen, welche aus einem. weilsen, 
harten, brechlichen uud sehr ‚dichten Zellengewehe_ gebildet 
wurden. Diese ‚Querwände waren- nicht überall in gleichen 
Entfernungen gestellt; an dem untern Ende des Stammes wa- 
ren die Entfernungen zwischen den Querwänden im. Marke 
bedeutend länger,” als am obern Ende, woraus Herr Miquel 
auf die Schnelligkeit zurückschliefst, mit welcher dieser Baum 
in seinen verschiedenen Lebensperioden ‚wuchs. j 

Herr Miquel fand bei der Ceeropia, dafs überall , ‚wo 
im Innern des Stannnes eine Markscheidewand vorkommt, dafs 
da auf der äufsern Fläche der Rinde «ie Narben: der Knospen- 
schuppen zu sehen sind. Dieser, Gegenstand, wurde schon im 
vorigen Jahrhundert durch Medicus beobachtet „und: ‚sehr 
ausführlich beschrieben, und auchReferent (Pilanzen-Physiologie. 
Il. pag. 14—21.) hat hierüber verschiedene neue Beobachtungen 
publieirt. SR 

Herr Miquel fand das Mark der, Ceoropia aus zwei 
weilsen Schichten gebildet, die trocken, hart und. brüchig 
und nur wenig mit einander verbunden waren. In ‚dem 
‚ohern Theile des Stammes waren die Cylinder. des Markes, 
woraus die ganze Markmasse jener Pflanze zusammengesetzt 
ist, leicht von einander zu trennen. Die Höhlen dieser Mark- 
nr waren mit einer trockenen, zelligen, "braunen. und sehr 
dünnen Masse ausgekleidet, welche ‚sehr. altes Mark zu sein 
schien. 

Herr Schleiden **) hat auf der Ban Oberhaut der 
Saamen vieler Canna-Arten Hautdrüsen mit Spaltöffnungen 
beobachtet und meint, dals diese Saamen vielleicht gar nicht 


*) Observations sur le canal medullaire et les diaphragmes du 
trone de Ceeropia palmata L. suivie de considerations generales sur 
‚fes diaphragmes medullaires. I. ce. pag. 29 —31. 

m) Botanische Notizen. — Wiegmann’s Archiv 1838. pag.49—66. 


104 


keimen würden, wenn sie nicht mit diesen Organen versehen 
wären um dem Durchgange der Feuchtigkeit zu dienen. Ref. 
hat diese Organe auch auf der äufsern Haut der Saamen von 
ı Liliaceen ‘beobachtet, welche bekanntlich nicht so schwer 
keimen! 

An einer audern Stelle spricht Herr Schleiden gegen 
die Benennung: Hautdrüsen, womit verschiedene Botaniker 
die Spaltöffnungen in der Epidermis der Pflanzen belegt haben 
und meint, dafs hiezu gar kein Grund vorhanden sei. In- 
dessen die Botaniker, welche die Benennung: Hautdrüsen für 
die Spaltöfinungen beibehalten haben, möchten dennoch nicht 
so grundlos gehandelt haben, denn sie haben diese Benennung 
nur als eine alte herkömmliche beibehalten, und man kann 
den jungen'Naturforschern nicht genug den Rath ertheilen, alte 
Namen zu ehren, selbst wenn sie bei einer strengen Prüfung 
den. Gesetzen der Logik oder der Grammatik unterliegen. 
Herr Schleiden nennt diese Organe mit vielen andern Bo- 
tanikern Spaltöffnungen, weil die Oefinung nach aufsen hiebei 
das einzig Wesentliche sei, und ihn treffen alle die Angaben, 
welche man schon zu verschiedenen Zeiten gemacht hat um 
zu zeigen, dafs diese Benennung noch unvollständiger ist, als 
die andere, gegen welche Herr Schleiden spricht. Die 
Spaltöffnung, d. i. die spaltartige Oeffnung, welche in der 
Epidermis der Phanerogamen auftritt, wird durch eigenthüm- 
lich ‚gestaltete Zellen gebildet, und diese Bildung hat man 
Hautdrüsen genannt, welche zwischen ihren Zellen die Spalt- 
öffnung zeigen; der Apparat und die durch die Struktur des 
Apparates gebildete Oeffnung müssen offenbar besondere Be- 
nennungen erhalten. (Ref.) 1 

Herr Schleiden sucht ferner zu zeigen, dafs die An- 
gaben vieler Botaniker, nach welchen man die Hautdrüsen in 
gewissen Fällen als wirkliche absondernde Drüsen habe fun- 
giren sehen, eben so unlogisch wären als jene Benennung der- 
selben. Vergebens hat Herr. Schleiden nach Thatsachen 
geforscht, wodurch man auch nur wahrscheinlich machen 
könnte, dafs die Secretion der Stoffe, welche zuweilen auf 
den Spaltöffnungen abgelagert sind, mehr von den Ausdün- 
stungen der Drüsenzellen, als von denen der anderen Parenchym- 
Zellen herrühren. Da dieses nun aber mehreren anderen Beoh- 


\ 105 


achtern gelungen ist, sowohl sich als auch Andere davon zu 

‚überzeugen, dafs bei vielen Pflanzen eine wirkliche Secretion 
oder Excretion der Hautdrüsen-Zellen stattfinden mufs, so 
brauchen wir Herrn Schleiden’s negative Beobachtung noch 
nicht als erweisend anzusehen. Die Anhäufung des Harzes in 
den Gruben der Epidermis, welche zu den Hautdrüsen der 
Coniferen-Blätter führen, erklärt Herr Schleiden dadurch, 
dafs das flüchtige Terpentinöl aus den, Harzgängen des Blattes 
in Dunstform austritt, den Intercellulargängen folgend in die 
Atliemhöhlen gelangt, und sich von hier vermittelst der Spalt- 
öffnungen verflüchtigt, wobei es eine gewisse Quantität Harz 
absetzt. Obgleich diese Erklärung dem Urheber derselben sehr 
natürlich erscheint, so ist sie doch sicherlich nicht richtig, 
indem man bei jenen Coniferen-Blättern durchaus gar keine 
Ablagerung eines ähnlichen Harzes'in den Athemhöhlen findet, 
welche unmittelbar unter den Hautdrüsen gelagert sind, und 
da ferner ähnliche Ablagerungen von Exereten auch auf den 
Blättern der Aloe- Gewächse ganz gewöhnlich zu beobachten 
sind, wo doch von dem flüchtigen Stoffe, welcher hier hätte 
durchdringen können, eigentlich nichts vorhanden ist u. 5. w. 
Mehrere Beispiele der Art, welche für die Absonderung der 
Hautdrüsen auf verschiedenen Pflanzen sprechen, haben die 
Hrn. Link, Unger undRef. (Pflanzen-Physiologie I. pag.284.) 
aufgeführt. 

Ebendaselbst giebt Herr Schleiden seine Beobachtungen 
über die Bildung der Hautdrüsen mit ihren Spaltöffnungen; 
um die Zeit nämlich, wenn die äufsere Zellenschicht, welche 
künftig die Epidermis bildet, schon aufgehört hat neue Zellen 
in ihrem Innern zu bilden, dann zerfallen einzelne Zellen noch 
einmal in zwei Zellen, und diese sind es dann, welche nach 
Resorbtion der Mutterzelle die Spaltöffnung bilden. 

Später hat Herr Mohl*) eine specielle Beschreibung 
über die Bildung der Hautdrüsen mit ihren Spaltöffnungen 
gegeben; er wählte die Blätter der Hyacinthe zu diesen Beob- 
achtungen, in deren unterem Ende zwischen den gewöhnlichen 
Epidermis-Zellen noch kleinere viereckige Zellen vorkommen, 


*) Ueber die Entwickelung der Spaltöffnungen, Mit einer Tafel 
— Linnaea v. 1838. Heft V. pag. 544 — 543. 


106 


deren Querdurchmesser etwas gröfser als der Längendurch- 
messer ist und diese Zellen sind es, welche sich zu den Haut- 
drüsen umgestalten. Man trifft in diesen Zellen, wenn sie 
etwas weiter ausgebildet sind, den körnigen Inhalt zu einer 
kugligen Masse zusammengeballt, und zugleich bildet sich in 
der Mitte der Zelle, eine Längsscheidewand. Nun, sagt Herr ° 
Mohl, beginnt diese Scheidewand doppelt zu werden, und 
die beiden Blätter treten in der Mitte auseinander, wodurch 
die Spaltöffnung gegeben ist. Die Entstehung der Spaltöff- 
nungen auf dem Laube der Marchantien beobachtete Herr 
Mohl in derselben Art, wie, sie von Herrn v. Mirbel für 
die Spaltöffnungen auf den Blüthenstielen jener Pflanzen. ange - 
geben ist; nämlich 3 bis, 5 Zellen von keilförmiger Gestalt 
treten allmählig. aus ihrer gegenseitigen Verbindung und bilden 
die Oeffnung zwischen sich. 

Referents Beobachtungen über diesen Gegenstand ken 
mit den ‚obigen Angaben nicht vollkommen überein; die An- 
gabe des Herrn Schleiden ist hypothetisch, denn man kann 
nur die Bildung von Längenscheidewänden in denjenigen Epi- 
dermis-Zellen beobachten, welche zu Hautdrüsen werden, 
aber diese ist durch Selbsttheilung der Zelle zu erklären, und 
nicht durch Bildung von Zellen in einer Mutterzelle, welche 
später resorbirt wird. Herr Mohl glaubt, es bilde sich zuerst 
nur eine Längsscheidewand, welche dann erst beginnt doppelt 
zu werden, doch mir erschien es öfters sehr deutlich, dafs 
sich gleich anfangs ‘durch. Einfaltung und fernere. Ausdehnung 
dieser feinen Falte zwei Scheidewände bilden, die dann in 
der Mitte auseinandertreten und die Spalte. bilden... In an- 
deren Fällen, z. B. bei der Selbsttheilung der Muttersporen 
von Pellia epiphylla ist dieser Vorgang sehr deutlich zu sehen. 
- Herr Hoffmann*) hat die Entdeekung ‚gemacht, dafs 
Fillarsia nymphaeoides ähnliche Luftröhrenhaare zeigt, wie 
die Nymphaeen. In. Gesellschaft des Herrn Griesebach 
untersuchte er Limnanthemum Forbesianum Grisch., Wigh- 
tianum und lacunosum und auch bei diesen Pflanzen fanden 
sich ähnliche Haare, deren Form durch mehrere Abbildungen 


*) Beobachtung der Luftröhrenhaare bei Limnanthemum Gm. 
und Villarsia Kent, von Dr. Grisebach und Dr. Hoffmann. — 
Linnaea von 1838. 


107 


‚ dargestellt ist. Diese Organe unterscheiden sich jedoch von 
jenen ‘der Nymphaeen noch dadurch, dafs sie nicht getüpfelt- 
. (Herr v. Schlechtendahl, der so gern auf die Druckfehler 
in andern Schriften aufmerksam macht, hat gedoppelt statt ge- 
F tüpfelt drucken lassen!) sind; Ref, hat aber schon früher der- 
gleichen Fälle\beobachtet, wo auch bei den Nymphaeen ein- 
zelne dieser-Haare vorkamen. . (S. Physolog. I. p. 312). End- 
lich fanden die genannten Herren. auch bei Fillarsia ovata 
und F. Crista galli ähnliche. Haare, welche jedoch gegliedert 
waren. Die Abbildung, welche hiezu gegeben ist, läfst. bedeu- 
tende Zweifel zurück, ‘ob diese gegliederten Haare wirklich 
zwischen den Zellen der Lufthöhlen- Scheidewand befestigt’ ge- 
wesen sind, oder ob sie einen andern Ursprung haben, was 
jedoch bei Untersuchung frischer Exemplare bald zu entschei- 
den seyn würde; ja es scheint mir sehr bestimmt, dafs\hier 
eine Täuschung stattgefunden hat. 
Von Hrn. €. H. Schultz *) haben wir, (wie es mehrere 
Zeitschriften sagen) eine sehr wichtige Arbeit erhalten; derselbe 
° hat aie Entdeckung gemacht, dafs die Drüsen auf der inne- 
ren Fläche der Nepenthes-Schläuche. nicht etwa blofs aus 
Zellengewebe bestehen, sondern dafs ein, Bündel von Lebens- 
saft-Gefäfsen in jede dieser Drüsen hineingeht, sich in dem 
Innern derselben vertheilt und den nöthigen Stoff zur Scere- 
tion des Wassers hergiebt. Herr Schultz hat auch gefun- 
den (eine ganz, neue Entdeckung?), dafs eine jede dieser Drü- 
sen mit einem kleinen Dache versehen ist, so dafs das Was- 
ser, welches in den höher gelegenen Drüsen abgesondert wird, 
darüber abfliefsen kann, ohne die untern Drüsen zu'befeuchten. 
Man sieht aus diesen Angaben, von welcher hohen Wich- 
tigkeit die Lebenssaftgefäfse sind; hier sondern sie Wasser 
ab, bei den sensitiven Gewächsen sind sie die Organe der Ir- 
Fitabilität und in andern Fällen haben sie noch ‚wichtigere 
Funktionen auszuführen! (Ref.) 
Herr Sch. hat auch die Schläuche der Sarracenien beob- 
achtet, (wo bekanntlich eine ähnliche Wasserabsonderung stattfin- 


*) Observations sur le glandes, qui seeretent de leau dans les 
utricules appendiculuires de feuilles du Nepenthes destillatoria, Extr, 
Fun Lettre. Compt. rend. d. 1838. II. pazg. 621. 


408 


det, obgleich daselbst keine Drüsen vorkommen, sondern lange 
Haare, welche die Function jener Drüsen ersetzen sollen) und: 
drückt mit Recht seine Verwunderung aus, dafs auch hier eine 
solche Wasserabsonderung stattfinden kann, obgleich daselbst 
keine! Drüsen mit Lebenssaftgefäfsen vorkominen. 

Ref. hat über ‚diesen Gegenstand etwas früher und aus- 
führlicher*) gehandelt und Hrn. Schultz’s Angaben scheinen 
nur gegen diese Mittheilungen gerichtet zu seyn. Ref. beob- 
achtete die Entwickelung jener Drüsen auf den Nepenthes- 
Schläuchen und beschrieb die Entstehung der dachartigen Be- 
kleidung derselben, was auch durch Abbildungen nachgewiesen 
wurde; ‘er zeigte ferner, dafs es sehr unwahrscheinlich ist, 
dafs jene Drüsen das Wasser‘absondern sollen, und gab eine 
andere Ansicht über den Ursprung jenes Wassers in den Ne- 
penthes - Schläuchen.: Nach seinen Beobachtungen bestehen 
Jene linsenförmig zusammengedrückten Drüsen aus einem klein- 
maschigen Zellengewebe, welches im ausgebildeten Zustande 
der Drüse von bräunlicher Farbe ist. In den jungen, noch 
ungeöffneten Schläuchen sind diese kleinen Drüsen von grü- 
ner Farbe und die Zellchen derselben sind noch sehr saftig, 
aber gerade während dieser Zeit findet in den Schläuchen 
noch keine Wasserabsonderung statt. Da Herr Schultz, 
wie im‘Vorhergehenden angegeben wurde, mit aller Bestimmt- 
heit von einer ganz andern Struetur spricht, welche den Drü- 
sen jener Schläuche zukommt, so habe ich den Gegenstand 
von Neuem und mit etwas besseren Instrumenten untersucht, 
‘habe 'aber nur bestätigt gefunden, dafs Herr Schultz sehr 
unrichtig beobachtet hat. Ich habe auf den gelungensten 
Schnitten ganz vollständig die Anzahl der Zellenschichten zäh- 
len können, woraus die ganze Drüse besteht. - Die äufserste 
Zellenschicht zeigt etwas gröfsere Zellen als die darunter lie- 
genden; am kleinsten sind die der sechsten und siebenten Zel- 
lenlage, welche gewöhnlich die unterste Lage dieser Drüsen 
bilden und sich durch eine, etwas. gelbliche Färbung von den 
darunter liegenden Zellen sehr deutlich unterscheiden, Erst 
4 bis 2, oder selbst 3 Zellenschichten tiefer, kommt man auf 
die  Spiralröhren, welche unter der Basis der Drüsen |vor- 


+) Pflanzen- Physiologie II. 1833 pag. 513 und über die Secre- 
tionsorgane etc. 1836, pag. 16 Tab. V. etc. 


109 - 


überlaufen, aber nicht zu denselben verlaufen. ° Von soge- 


nannten Lebenssaftgefäfsen, welche in die Drüsen eintreten 
sollen, kann ich, selbst mit dem. besten Willen, auch keine 


Spur aufiinden. Diejenigen Drüsen, welche ganz tief in dem 
Grunde des Schlauches vorkommen, sind ganz besonders grofs 
und in Hinsicht ihrer Structur noch leichter zu untersuchen. 
Ich habe den Gegenstand bei kleinen und bei sehr grofsen 
Schläuchen oftmals beobachtet. 

So ist auch die Hypothese, welche Herr Schultz. über 
„den Nutzen der dachartigen Bedeckung der Drüsen aufgestellt 
hat, sicherlich sehr irrig und zeigt von der Flüchtigkeit, mit 
welcher derselbe einige Schläuche untersucht hat, blofs um 
Gelegenheit aufzufinden, @es Ref. Beobachtungen zu verdäch- 
tigen. Es zeigt sich, dafs diejenigen Drüsen in den Nepen- 
thes -Schläuchen, welche gerade auf der Fläche des Grundes 
sitzen, wo, unter natürlichen Verhältnissen fast immer Was- 
ser vorkommt, dafs diese Drüsen meistens ganz und gar ‘ohne 
solche Bedeckung von Seiten der Epidermis dastehen; ja wo- 
zu soll eine solche Schutzwehr sein, wenn gerade der gröfste 
Theil dieser Drüsen unter natürlichen Verhältnissen. immer 
ganz und gar unter dem Wasser befindlich ist. ; 

Herr de Vriese*) hat in der von ihm und Herrn van 
der Hoeven herausgegebenen 'reichhaltigen Zeitschrift eine 
Mittheilung von Turpin’s Memoiren über die sogenannten 
Biforinen gegeben ,,, worüber Ref. schon im vorletzten Jahres- 
berichte seine Meinung ausgesprochen hat. Herr de Vriese 
hat die Beobachtungen ebenfalls wiederholt, hat ebenfalls das 
Aufspringen der Krystalle führenden Zellen gesehen und fin- 
det darin ebenfalls nichts Wunderbares; er hat keinen darm- 
kanalartigen Schlauch gesehen, durch dessen Contraetion 
die Krystalle herausgetrieben werden sollten, und bemerkt 
überhaupt, dafs diese Gegenstände keinesweges so regelmäfsig 
geformt u. s. w. auftreten, als sie durch H. Turpin abgebil- 
det worden sind. In. einer Nachschrift vermuthet der Verf. 
ob die Biforinen vielleicht nicht zu allen Jahreszeiten vorkom- 
men, worauf Ref, folgende Bemerkungen hinzufügt: 


*) De Biforines van Turpin, eene nieuwe ontdekking in de Kry- 
stallographie van het plantenrijk. — Tijdschrift voor Naturl. Ge- 
schied. en Physiol. IV. 384 — 405. 


110 


Die Krystalle-führenden Zellen in den Blättern einiger 
Aroideen,. welche Herr Turpin mit einem besonderen Na- 
men belegen zu nıüssen glaubte, indem die gleichbedeutenden 
Zellen in andern Theilen dieser Pflanzen durch Einsaugung 
von Wasser nicht aufspringen, diese Zellen kommen allerdings 
zu allen Jahreszeiten vor, sie sind aber nicht in jedem Alter 
zum Anfspringen an den Enden geschickt, am besten eignen 
sie sich hiezu gleich nach vollendeter Ausbildung des Blattes. 

Herr Morren*) beobachtete, dafs das Austreten der Na- 
deln auf jenen Zellen auch nach dem Gefrieren derselben 
stattfinde. Es wird also, wie Ref. es schon früher gezeigt 
hat, wohl Niemand hierin eine Lebenserscheinung suchen wollen. 

Herr Treviranus**) hat das Herausfahren der Nadeln 
am Blattparenchym von Bulbine frutescens walırgenommen und 
der Grund dieses Phänomens schien lediglich in dem mecha- 
nischen Eindringen des Wassers in die mit Crystallen und Luft 
gefüllten Zellen zu liegen, wobei die Luft absorbirt und die 
Nadeln ausgetrieben wurden. Dem Ref. scheint diese Angabe 
nicht recht richtig und er wünscht, dafs sich auch andere Beob- 
achter davon überzeugen mögen. In den sogenannnten Bifo- 
rines findet sich keine Luft, sondern Gummi! 

Durch sehr geistreiche Combinationen ist es Herrn Rö- 
per, Professor in Rostock,***) gelungen, zu beweisen, dafs 
die Spiralfaserzellen (Herr Röper nennt dieselben Faserzellen, 
mit welchem Namen schon 8 Jahre früher die Bastfasern be- 
zeichnet worden sind) in den Blättern der von ihm beobach- 
teten Sphagnum-Individuen mit grofsen Oefinungen versehen 
sind; ja er machte die merkwürdige Entdeckung, dafs selbst 
Räderthierchen in solche mit grofsen Oefinungen versehene 
Zellen hinein und wieder herauskriechen konnten. ‘Mit dem 
Hintertheile steckte ein solches Thier noch einen Augenblick 
in seiner vorigen Wohnung, während der Vorderleib, wie es 
Herr Röper sah, schon von einer andern Zelle Besitz ge- 
nommen hatte. Herr Röper wolite mit seinen Beobachtungen 
nur die Natur der Poren ausgewachsener Zellen ermitteln, hat 


»\ Bullet. de U’ Acad. de Bru.elles II. No. 3. p. 15. 
**) Physiologie der Gewächse Il. p. 739. i 
*") Die Sphagnum-Zellen und ihre Poren. — Flora von 1838. 
I. p. 17—23. ; . 


111 


aber nur gesehen, dais-diese Poren grofse Löcher waren; lei- 
der kam er mit denselben eigentlich etwas zu spät, denn als 
er seine Beobachtungen publicirte, hatte schon Referent. (ge- 
gen welchen dieselben gerichtet waren) selbst die Entstehung 


» jener Löcher beobachtet und die Erklärung publieirt, wodurch 


der Streit über den fraglichen Gegenstand entstanden war. 
Hier bei Berlin giebt es noch einige Fäden von Sphagnum- 
Pflanzen, deren ausgebildete Blätter keine Löcher haben; auch 
hat Ref. von diesen Pflanzen, welche er untersuchte, bereits 
im Januar 1838 einige Proben an Hrn. Mohl überschickt. 
Man vergleiche hiezu die Mittheilungen über diesen Gegen- 
stand im vorigen Jahresbericht (pag. 48). Schliefslich äufserst 
Herr Röper noch die Vermuthung, dafs die eigenthümliche 
Verbindung der Spiralfaser-Zelle mit den die grünen Kügel- 
chen haltenden Zellen (Chlorophyli-Zellen nennt H. R. die- 
selben!) sowie das Durchlöchertsein der ersteren, wohl den 
Zweck haben könne, die Atlımungsorgane auf ähnliche Weise 
vor zu kräftiger Lufteinwirkung zu schützen, wie es bei den 
vollkommneren Pflanzen die Epidermis mit ihren Spaltöffnungen 
tut. Ref. möchte glauben, dafs der Zweck der Epidermis 
bei den vollkommneren Pflanzen denn doch wohl ein an- 


‚derer sei. 


Herr Mohl hat die Dissertation: Anatomische Un- 
tersuchungen über die porösen Zellen von Sphag- 
num, worüber schon im vorigen Jahresberichte gesprochen 
wurde, nochmals in der Regensburger botanischen Zeitung ab- 
drucken lassen und einen Nachtrag: Ueber den Bau der 
Blätter von Dicranum glaucum und Octoblepha- 
rum albidum (S. Flora oder botanische Zeitung vom 28. 
Juni 1838) hinzufügt. Hr. Mohl beobachtete in den Blättern 
der beiden genannten Lebermoose ähnliche Bildungen wie die 
der Sphagnum- Blätter. Die Blätter von Dieranum und Oc- 
toblepharum albidum bestehen aus mehreren iübereinander- 
liegenden Zellenschichten aber ohne alle Intercellulargänge: 
die Zellen sind, wie es Ref. bei Sphagnum entdeckt hat, 
von doppelter Art, die einen sind gröfser, ohne alle Kügel- 


- chen-Bildnng und bilden die äuferen Zellenlagen der Blätter; 


die andern sind schmaler, liegen zwischen den andern Zellen- 
schichten und enthalten grüne Zellensaft -Ki elchen (welche 


4112 i 


Herr Mohl noch immer wenig passend Chlorophyll- Körner 
nennt). Die gtöfsern ‘nach ‚aufsen liegenden, Zellen zeigen 
auf ihren Wänden gewöhnliche grofse Löcher, wie die auf 
den  Sphagnum-Blättern vorkommenden, welche woh! nicht 
so leicht Jemand übersehen würde, wenn 'sie gerade auf den 
vorliegenden Pflanzen vorhanden sind. Die Spiralfaser-Bil- 
dungen, welche jene durchlöcherten Zellen der Sphagnum- 
Pflanzen zeigen, konnte Herr Mohl an den genannten beiden 
Laubmoosen nicht beobachten. Sehr richtig fügt Herr Mohl 
hinzu, dafs jene Oefinungen in den Zellen‘ der Moose, wie er 
glaube, nicht von Anfang an vorhanden sind, und Referent 
(Physiologie II. pag. 52 bis 54 und Jahresbericht von 1837 
pag. 48) hat sowohl die Entstehung derselben, welche wahr- 
scheinlich in Folge äufserer Verhältnisse bedingt ist, beobach- 
tet, als auch nachgewiesen, dafs ganze Moore mit solchen 
Sphagnum-Pflanzen bedeckt sein können, welche niemals jene 
Löcher in den Spiralfaser-Zellen der Blätter aufzuweisen haben. 
' Am Schlusse jenes Nachtrages machte Herr Mohl die Bemer- 
kung, dafs er auch bei einigen andern Pflanzen - Arten po- 
röse Zellen aufgefunden habe, worüber er an einem andern 
Orte Mittheilungen machen wolle, ‘ Hiezu konnte Ref. gleich- 
falls einige Beiträge liefern, denn mit unsern neuen Mikro- 
skopen kommt man über solche Gegenstände bald ins Reine. 
Den ausgezeichnetsten Fall der Art habe, ich in dem Holze 
alter Stämme von Aletris fragrans beobachtet, wo die Po- 
ren mitunter eben so grofs sind, wie es in den Parenchym- 
Zellen der Blattstiele der Gycadeen die verdünnten Stellen sind, 
welche hier aber, wenigstens ist es mir nie vorgekommen, niemals 
durchbrechen und also nicht wirkliche Poren bilden was jedoch 
bei Aletris der Fall ist. In den vertikal gestellten Diachym-Zel- 
len der Cycadeen-Blätter, ‘worin mehr oder weniger deutlich 
Spiralfaser-Bildungen und die daraus hervorgehenden netzför- 
migen Bildungen auftreten, sind dagegen Oefinungen und Zer- 
reifsungen der ursprünglichen Zellenmembran ganz gewöhnlich, 
und diese entstehen daselbst theils durch Resorbtion, theils 
durch zu starke Ausdehnung der zarten ursprünglichen Mem- 
bran. Besonders bemerkenswerth sind die Spalten, welche 
dieMembran der verholzten Zellen zeigen, wie ich sie gegen- 
wärtig bei unsern gewöhnlichen Laubhölzern und auch bei Co- 


1 


113 


niferen gefunden habe, ja‘selbst an einem Stücke Braunkohle 
konnte ich denselben sehr schön sehen, sie verhalten sich ganz 
ähnlich, ‘wie jene Spalten, welche ich in den Zellen des per- 
gamentartigen Ueberzuges einiger Orchideen beobachtet habe, 
(S. Pflanzen-Physiologie Il. pag. 54.) 
“ Hertn Morren’s*) Beobachtungen haben bestätigt, dafs 
auch in den Kapselwänden der Jungermannien Spiralfaserzel- 
len vorkommen; er untersuchte die Pellia epiphylia und ihm 
fiel ebenfalls die grofse Aehnlichkeit auf, welche zwischen 
‚den Sporen der Jungermannier und den Pollenkörnern der 
höheren Pflanzen stattfinden soll. Ref. hat dagegen gefunden, 
dafs diese Aehnlichkeit dennoch nur scheinbar ist, die ur- 
sprüngliche Entstehung dieser Gebilde ist sehr wesentlich ver- 
schieden (Pflanzen-Physiologie II. pag. 393 Tab. III. Fig. 35 
bis 37) und ferner sind die reifen Sporen der Pellia epiphylla 
nicht mehr einfache Zellen, sondern sie sind fast immer 
aus mehreren, mehr oder weniger regelmäfsig ge- 
stellten Zellen zusammengesetzt, was Herr Morren noch 
nicht erkannt hat. Da die Kapselwände der Pellia epiphylla 
und wohl aller Jungermannien (Ref.) aus zwei Zellenschich- 
ten bestehen, und diese Schichten etwas verschieden in der 
Struktur sind, so vergleicht Herr Morren dieselben mit dem 
sogenannten Exothecium und Endothecium der Antheren, ob- 
gleich diese eigenen Benennungen für die Jungermannien- 
Kapseln noch unstatthafter sein möchten, als bei den Anthe- 
ren, wo das Exothecium gar nichts weiter ist, als die einfa- 
che Epidermis, welche sehr häufig noch mit Spaltöfinungen 
versehen ist. Hierauf giebt Herr Morren eine Beschreibung 
und Abbildung der äufsern Zellenschicht (dem sogenannten Exo- 
thecium) der Jungermannien-Kapsel, die aber nicht richtig 
ist; er sagt, dafs diese Zellen kleinere und gröfsere Kügel- 
chen hätten, die ersteren wären in den Zellen, die'gröfseren 
dagegen, welche eyförmiger sind, zu 2 und 2 gestellt und be- 
fänden sich zwischen denselben. Indessen was Herr Morren 
hier als gröfsere Kügelchen angesehen und abgebildet hat, das 
- sind die Enden von den unvollständig ausgebildeten Ring- und 


*) Recherches anatomiques sur Vorganisation des Jungermanni- 
dees. — Bullet. de U’ Acad. de Bruxelles V. No. 6. 
V. Jahrg. 2. Band, 8 


114 
i 


Spiralfasern, welche in den Zellen der äufsern Schicht nicht 
über die vordere Wand verlaufen, sondern nur an beiden Sei- 
tenwänden hinauflaufen. 

Herr Mohl*) hat in einer besonderen Abhandlung seine 
Ansichten über den Bau der vegetabilischen Zellenmembran 
vorgetragen; die Auflührung dieser Arbeit hätte am besten 
schon pag. 17. dieses Berichtes stattgefunden, doch jener Theil 
desselben war schon gedruckt, als Herrn Mohl’s Abhandlung 
hieselbst ankam. Der gröfste Theil dieser Arbeit ist mit Wie- 
derholung derjenigen Angaben gefüllt, welche Referent in sei- 
ner Pflanzen-Physiologie zur Feststellung der Ansicht aufge- 
führt hat, dafs das vegetabilische Leben in spiraler Richtung 
wirkt, wofür schon in Hunderten und Tausenden von Fällen 
die Zusammensetzung der Zellenmembran aus Spiralfasern 
spricht u. s. w. ‘Herr Mohl hat meine Angabe theils zu be- 
richtigen, theils anders zu deuten gesucht und mit Unrecht 
schreibt er es sich selbst zu, zuerst auf die Struktur der Zel- 
lenmembran aufmerksam gemacht zu haben. Der Inhalt der 
Arbeit kann nur von denjenigen Naturforschern richtig aufge- 
fafst werden, welche mit den Beobachtungen über den frag- 
lichen Gegenstand sehr vertraut bekannt sind. Nachdem Herr 
Mohl glaubt nachgewiesen zu haben, dafs sich Faser und Mem- 
bran nur durch ihre Gröfse und durch die Form unterscheiden, 
unter der sie auftreten, sagt er am Schlusse: „es befolge der 
Bildungsprozefs der einfachen (besonders der secundären) Zel- 
lenmembran die Regel, dafs die organische Substanz sich nicht 
vollkommen gleichförmig ablagere, sondern sich an einzelnen 
Stellen in gröfserer, an anderen in geringerer Menge, und, 
wenn diese ungleichförmige Ablagerung an einzelnen Stellen 
in gröfserem Maafse stattfinde, zwischen den Ablagerungen 
entweder in der Richtung einer Spirale, oder (besonders bei 
kürzeren Zellen) in der Richtung der Fäden eines Netzes vor 
sich gehe.“ 


*) Ueber den Bau der vegetabilischen Zellenmembran, — Flore 
vom 14. Febr. 1839. — Diese Abhandlung ist ursprünglich als Inau- 
gural-Dissertation des Hrn. A, F. Härlin im Sept. 1837 zu Tübingen 
erschienen, kam mir aber als solche nicht zur Ansicht; in der vor- 
liegenden Form kann sie jedoch erst im vorigen Jahre geschrieben 
sein. (Ref.) 


115 


Die im Allgemeinen spiralförmige oder netzförmige Form 
der Fasern und Streifen der Zellenmembran beweist, dafs die 
bildende Kraft bei der Production der Zellen in der Richtung 
einer Spirale thätig ist *); einen weiteren Beweis liefert hiefür 
“der schon oben berührte Umstand, dafs auch bei Zellen, welche 
glatte und scheinbar homogene Wandungen besitzen, wenn sie 
zerrissen werden, der Rifs vorzugsweise leicht in der Rich- 
tung einer Spirale erfolgt.“ 

Also auch hier mufs Herr Mohl des Referenten Beob- 
achtung bestätigen, von der schon pag. 16 dieses Berichtes 
die Rede war, er meint aber ganz am Schlusse seiner Abhand- 
lung, dafs man zur Erklärung jener Erscheinungen genöthigt 
sei anzunehmen, dafs der Zellenmembran eine bestimmte innere 
Struktur zukomme, welche ebenso wenig, als der Blätter- 
durchgang eines Krystalls an und für sich sichtbar ist, sondern 
nur in der leichteren Theilbarkeit nach einer Richtung sich 
ausspricht, kurz die Membran sei nicht faserig, sondern sie 
besitze nur eine bestimmte, auf eine innere Struktur 
und besondere Anlagerung der Moleküle hinwei- 
sende Theilbarkeit. 

Dieses ist nun also die Hypothese, welche Herr Mohl 
über die Struktur der Zellenmembran gegen die Ansichten des 
Referenten aufstellt, dem es aber, besonders gegenwärtig, sehr 
leicht zu sein scheint die Mohl’sche Hypothese zu wider- 
legen. Zuerst verweise ich auf dasjenige, was ich gleich im 
Anfange dieses Berichtes pag. 17 u. s. w. mitgetheilt habe, 
um darzuthun, dafs es nicht nur die secundären Schichten 
der Zellenmembran, sondern dafs es auch die ursprüngliche 
Schlauchschicht zeigt, dafs die bildende Thätigkeit bei ihrer 
Darstellung in spiraler Richtung wirksam war. Der fragliche 
Gegenstand hat übrigens seit jener Zeit, dafs Herr Mohl die 
genannte Dissertation schrieb, eine ganz andere Richtung er- 
halten; darüber, dafs es in so überaus vielen Fällen sichtbar 
ist, dafs die secundären Schichten der Zellenmembran aus 
spiralförmig gewundenen Fasern bestehen, welche bald weit- 
läuftig, bald sehr dicht gewunden verlaufen, darüber darf gar 


*) Dieses ist es aber eben, was Referent zuerst zu erweisen ge- 
sucht hat!! 


5#+ 


116 


kein Zweifel mehr bestehen, denn die Bildung dieser Spiral- 
fasern der seeundären Membranschichten ist in einigen Fällen 
nicht nur von mir, sondern auch von Herrn Nees v. Esen- 
beck, Schleiden und Morren beobachtet worden, und es 
ist gegenwärtig nichts leichter zu zeigen, als dafs die spiralför- 
migen, sogenannten partiellen Ablagerungen auf der inneren 
Fläche der Zellenmembran, wie sie Herr Mohl lehrt, nichts 
weiter sind als wirkliche Spiralfasern, welche sich auch in 
keinem einzigen wesentlichen Punkte von den Spiralfasern 
unterscheiden, welche die wirklichen Spiralgefäfse darstellen; 
die Spiralfaser-Zellen, welche so häufig auf den Saamen der 
Pflanzen vorkommen, beweisen es zu bestimmt, so viel auch 
Herr Mohl dagegen schreibt. Endlich habe ich noch auf eine 
Angabe des Herrn Mohl in Betreff der Zellenwände von 
Stelis gracilis zu antworten; ich habe angegeben, dafs die 
Wände der meisten Zellen dieser Pflanze aus Spiralfasern 
bestehen, die man schon an den normalen Zellen deutlich er- 
kennen kann, die aber noch deutlicher erscheinen‘ wenn man 
jene Wände mit einiger Gewalt auseinanderzieht. Herr Mohl 
sagt in der angeführten Arbeit, er habe gesehen, dafs auch 
diese, aus Spiralröhren bestehenden Wände noch mit einer 
ursprünglichen Membranschicht umschlossen wären. Ich kann 
diese Schicht an den blühenden Exemplaren jener Pflanze nicht 
sehen, und habe den Gegenstand auch schon vielen andern 
Botanikern gezeigt, welche die umschliefsende Haut in diesem 
Falle ebenfalls nicht sehen konnten. Seitdem habe ich beob- 
achtet, dafs die ganze Gattung Lipparis nach Lindley, wozu 
auch meine Stelis gracilis gehört, jene Struktur zeigt, und ein 
grofses Exemplar von Lipparis compressa zeigt jene Struktur 
der Zellenwände bewunderungswürdig schön, aber, wenigstens 
an den trockenen Exemplaren, kann ich die ursprüngliche 
Zellenmembran-Schicht nicht wahrnehmen. Jene Schicht mag 
übrigens sein oder, wie es die Analogie mit den übrigen tropi- - 
schen Orchideen geben möchte, nur in der frühesten Jugend 
auftreten (was durch Beobachtung junger Pflanzen zu ent- 
scheiden ist), so bleibt dennoch die von mir aufgestellte An- 
sicht über ‘die Aeufserung der Thätigkeit, welche die Zellen- 
membran bildet, gegen Herrn Mohl’s Hypothese gesichert, 
denn gerade solche Fasern, welche secundäre Membranschichten 


117 


bilden, entstehen”ursprünglich und nicht erst durch Zerfallen. 
Die Analogie, welche Herr Mohl von dem Zerfallen der 
Krystalle zu Hülfe ruft, scheint nach meiner Ansicht ebenfalls 
zum Nachtheil seiner Hypothese zu dienen, denn, so weit ich 
in ‘dieser Hinsicht mit Beobachtungen gekommen bin, so 
scheint es mir, dafs der Krystall in kleinere, bestimmt ge- 
formte Theilchen zerfällt, weil er aus diesen zusammengesetzt 
wurde. 


Ueber Pflanzen -Krankheiten, 

Herr Wiegmann sen. gab schon im Jahre 1834 in 
€. Sprengel’s Land- und Forstwissenschaftlicher Zeitschrift 
sehr ausführliche Abhandlungen über die Krankheiten der Ge- 
wächse heraus, welche in unserem ersten Jahresberichte (Berlin 
1835) angezeigt wurden. Da diese Arbeit, wie der Verfasser 
sagt, mehr Beifall erhalten hat, als er es je vermuthen konnte, 
so hat er dieselbe für sich allein drucken lassen, und ist hiezu 
noch von mehreren Seiten her aufgefordert worden *). In 
dieser neuen Ausgabe finden sich einige wenige Zusätze und 
Abänderungen der erstern Abhandlung, und da diese Schrift, 
wie es auf dem Titel steht, für Landwirthe, Gärtner u, s. w. 
bestimmt ist,-so scheint der Verfasser es für unwesentlich 
gehalten zu haben, dafs sie im Niveau der Wissenschaft ge- 
schrieben zu sein brauche, ein Fehler, welchen noch so häufig 
die populären Schriften aufzuweisen haben. 

Die Beobachtungen der Herren Bassi und Balsamo- 
Crivelli über die Ursache der Krankheit der Seidenraupen, 
welche man mit dem Namen: Calcino, Mascardine, Inkrusti- 
rung u.’s. w. (S. unseren Jahresbericht von 1836. pag. 107) be- 
zeichnet, haben zu verschiedenen neuen Arbeiten über diesen Ge- 
genstand Veranlassung gegeben, welche der Akademie zu Paris 
eingereicht worden sind; darunter befinden sich die Arbeiten 
der Herrn Audouin und Montagne, welche in dem Re- 
cueil des Savans Etrangers erscheinen werden, so wie das 


*) S. die Krankheiten und krankhäften Mifsbildungen der Ge- 
wächse mit Angabe der Ursachen und der Heilung oder Verhütung 
derselben, so wie über einige den Gewächsen schädliche Thiere und 
deren Vertilgung. Ein Handbuch für Landwirthe, Gärtner, Garten- 
liebhaber und Forstmänner. Mit einerKupfertafel. Braunschweig1839. 


118 


Werk von Herrn Lomeni über die Mittel, welche man zur 
Beseitigung jener Krankheit vorgeschlagen hat. Die Akademie 
hatte eine Commission zur Berichterstattung über diese Schrif- 
ten ernannt, und die Commission hat über dieselben einen 
interessanten Bericht erstattet *). Es ist auffallend, dafs man 
sich nie der ähnlichen Erscheinung bei den Fliegen erinnert, 
worüber doch in Deutschland mehrere Arbeiten erschienen sind. 

In der Beschreibung kryptogamischer Giftgewächse Deutsch- 
lands **) hat Herr Phoebus eine sehr ausführliche Arbeit 
über das Mutterkorn mitgetheilt, worin er das Mutterkorn 
für ein krankhaft verändertes Roggenkorn erklärt. Er unter- 
scheidet an dem Mutterkorn das eigentliche Korn und dessen 
Mützchen und spricht sich dahin aus, dafs ein starker Saft- 
andrang die Entstehung des Mutterkorns wenigstens begünstige, 
wenn nicht veranlasse, weil es in grofser Menge in nassen 
und warmen Sommern, so wie auf fettem, nassen Boden, nie- 
drigen oder erst kürzlich urbar gemachten Aeckern (!) sich 
bildet. Die röthlich-weifse Masse des Mutterkornes entspricht 
ganz unzweideutig, wie Herr Phoebus sagt, dem Eyweils 
des Kornes, und er hält es daher für ein alienirtes Eyweifs. 
Der Keim scheint gar nicht ausgebildet zu sein. „Die violette 
Rinde des Mutterkornes dürfte man nicht als degenerirte äufsere 
Saamenhaut ansprechen u. s. w. „Im Mützchen dürfen wir 
wohl die degenerirte und nach Oben geschobene Fruchthaut 
nebst den Ueberresten einiger anderen, mehr äufseren Fructi- 
ficationstheile, verkettet durch die violett-weifsliche Masse, 
anerkennen; und diese Masse ist offenbar ein neues Gebilde, 
entstanden aus dem Safte, welcher den Anfang der Mutter- 
korn-Krankheit bezeichnet.“ Leveille hat schon nachgewiesen, 
dafs’ dieses Mützchen des Mutterkornes aus einem Pilze be- 
steht, welchen er Sphacelia segetum nannte; mit Unrecht glaubt 


*) Rapport sur divers travaux entrepris au sujet de la maladie 
des vers ü soie, connue vulgairement sous le nom de Mascardine, 
— Compte rendu de 1838. I. pag. 86— 102. 

**) Abbildungen und Beschreibung der in Deutschland wild wach- 
senden und in Gärten im Freien ausdauernden Giftgewächse nach 
natürlichen Familien erläutert. Zweite Abtheilung. Kryptogamen. 
Berlin 1838. pag. 97 — 110. 


119 


Herr Phoebus annehmen zu können, dafs Leveille hierin 
unriehtig beobachtet hat. 

Einige Monate vor dem Erscheinen des obigen Werkes 
publicirte auch Referent*) in einer kurzen Mittheilung das 
Resultat seiner Beobachtungen über die Natur des Mutter- 
kornes, welches er für eine, durch Entwickelung von Ento- 
phyten herbeigeführte Degeneration des Saamenkornes erklärt, 
und dafs „dieser entartete Körper theils in seinem Innern, theils 
auf seineggOberfläche mit zahllosen Wucherungen jener Ento- 
phyten bekleidet ist, welche die Gattung Sphacelia darstellen. 
Die Bildung des Mutterkornes nimmt gleich nach der Befruch- 
tung und mit dem ersten Auftreten des Eyweifskörpers seinen 
Anfang; anstatt der grofsen Zellen mit Amylum-Kügelchen, 
welche den Eyweifskörper des Roggens bilden, entstehen kleine 
Zellen, welche sich vielfach vermehren und vergröfsern, so 
dafs das erkrankte Saamenkorn zu dem grofsen Körper auf- 
schwillt, welchen wir unter dem Namen des Mutterkornes 
kennen. Bald darauf erfolgt die Zerstörung der Eyhüllen wie 
des Pericarpium’s und diese beginnt von Unten. Die aus den 
Zellen hervorwachsenden Entophyten zerstören die einzelnen 
Zellenwände oder trennen die Zellen des Pericarpium’s auf 
ganzen Strecken. Die violette Oberfläche des Mutterkornes 
ist ganz mit kleinen, gegliederten und kurz verästelten pilz- 
artigen Fäden bekleidet, welche dann durch Abschnürung in 
ellipsoidische sporen-ähnliche Körper zerfallen. Diese: Ento- 
phyten wachsen nur von Unten nach Oben, indem die neu- 
gebildeten Sporen sich wieder ausdehnen und aus diesen neuen 
Pflanzen wieder neue Sporen hervorgehen. Die Masse dieser 
Pilze bildet jenes speckartige Mützchen, von welchem in der 
Abhandlung des Herrn Phoebus die Rede war; diese Pflänz- 
chen sind gröfstentheils ganz in Sporen zerfallen, die nur 
noch durch eine gallertartige Masse zusammengehalten werden. 
Eine Ansteckung oder Fortpflanzung dieser Krankheit durch 
Sporen oder Saamen kann sicherlich nicht stattfinden, indem 
man die Entwickelung jener Pflänzchen, welche die Krankheit 


Archiv für Anatomie, Physiologie und wissens che Medicin. 1838. 


*) Einige Mittheilungen über das werde J. Müller’s 
pag. 357. 


120 


darstellen, aus dem Inneren der Zellen verfolgen kann, wohl 
aber kann sich die Krankheit durch Mittheilung der durch 
dieselben verderbten Stoffe fortpflanzen, welche im gelösten 
Zustande durch die Wurzeln aufgenommen werden. 

Es ist bekannt, dafs man in England sehr allgemein der 
Ansicht ist, dafs der Getreidebrand auf solchen Feldern am 
häufigsten vorkommt, in deren Nähe die Berberitze wächst, 
wärend man in Deutschland einen solchen schädlichen Einflufs 
des genannten Strauches noch nicht beobachtet . Herr 
Eudes-Deslongehamps *) macht gegenwärtig die Beob- 
achtung bekannt, dafs er einen ähnlichen schädlichen Einflufs 
beobachtet habe, welchen die Sabine (Juniperus Sabina) auf 
die Blätter des Birnbaumes verursachen sollen. Die Erschei- 
nungen, welche Herr Eudes-Deslongcehamps dafür angiebt, 
lassen sich sicherlich wohl noch auf andere Art erklären. (Ref.) 

Der strenge Winter von 4837 ha: die Aufmerksamkeit 
der Chemiker wie der Landwirthe wieaerholentlich auf die 
Kartoffeln gerichtet, theils um die schädliche Einwirkung, welche 
der Frost auf die Kartoffeln ausübt zu beseitigen, theils um 
die Aufbewahrung der Kartoffeln durch zweckmäfsige Vorrich- 
tungen zu sichern. Herr Payen **) überreichte der Akademie 
der Wissenschaften zu Paris ein Memoire, worin er sagt, dafs 
die gefrorenen“Kartoffeln nach dem Aufthauen kaum den vier- 
ten Theil an Stärke geben, den sie sonst enthalten, aber den- 
noch enthalten die gefrorenen Kartoffeln eben so viel trockene 
Substanz, als die gesunden, und zwar ebenso viel lösliche 
Materie und eben so viel Stärke wie es in gesunden Kartoffeln 
gefunden wird. Demnach ist also die geringere Menge von 
Stärke, welche die gefrorenen Kartoffeln geben, offenbar der 
Methode der Zubereitung zuzuschreiben, und ‚Herr Payen 
erklärt es dadurch, dafs die Zellen der Kartoffelsubstanz, welche 
durch die Wirkung des Frostes von einander getrennt werden, 
der Einwirkung der Zähne der Reibe entweichen und daher 
unzerstückelt bleiben und ihr Amylum zurückbehalten: 

Zu gleicher Zeit hat sich auch Herr J. Girardin ***) mit 


*) D’Institut 838. pag. 134. 
**) L’Institut 38. No. 225. pag:. 96. 
”*) Journal de Pharm. Juin 1838. pag. 240. 


121 


dem Gefrieren der Kartoffeln beschäftigt und den Gegenstand 
noch genauer erforscht. Die Kartoffeln enthielten gefroren 
oder ungefroren 27,87 trockene Substanz und 72,13 Wasser, 
und das Mehl der gefrorenen: Kartoffeln hatte alle Eigenschaf- 
ten des Mehles von gesunden Kartoffeln, ja es konnte, selbst 
in feinen Backwerken nicht unterschieden werden. Ja durch 
genaue Versuche will Herr Girardin in gefrorenen Kartoffeln 
genau ebenso viel Stärke, Faserstoff, Eyweifs, Zucker, Salze 
und Wasser gefunden haben wie in gesunden Kartoffeln. Nun 
weifs aber Jedermann, dafs gefrorene Kartoffeln süfs schmek- 
ken und man'wird also fragen, woher der süfse Geschmack, 
wenn durch die Wirkung des Frostes keine Zuckerbildung 
erfolgt? Herr Girardin glaubt die Verschiedenheit des Ge- 
schmackes, welchen die Kartoffeln vor und nach dem Gefrieren 
zeigen, durch die veränderte gegenseitige Anordnung - ihrer 
Bestandtheile erklären zu können! 

Indessen schon vor langer Zeit hat Einhof (S. Hermb- 
städt’s Archiv für Agrieultur Chemie I.) nachgewiesen, dafs 
die durch den Frost süfsgewordenen Kartoffeln die nämliche 
Quantität an Stärke, Eyweifs und Fasern zeigen, ganz wie 
die gesunden, und es scheine daher, dafs sich der Zucker aus 
dem Schleime bilde (Ref.) 

Auch Herr Pouchet hat sich mit Beobachtungen über 
eben denselben Gegenstand beschäftigt, deren Resultate dem 
obigen Memoire von Herrn Girardin angehängt sind; auch 
diese Beobachtungen bestätigen es, dafs die gefrorenen Kar- 
toffeln ihre Stärke im unveränderten Zustande enthalten. Herr 
Pouchet tritt aber mit Unrecht gegen Herrn Payen auf, 
welcher es bestätigte, was in Deutschland schon lange bekannt 
war, dafs sich die Zellen durch den Frost trennen und eine 
sphärische Gestalt annehmen. Herr Pouchet glaubt ein Zer- 
reifsen der Zellen durch die Wirkung des Frostes beobachtet 
zu" haben, was Ref. in Folge genauer Beobachtungen nicht 
bestätigen kann; sondern die Zellenmembran verliert durch 
die Wirkung des Gefrierens ihre Festigkeit; sie wird weich, 
scheint an Volumen zuzunehmen, aber, obgleich nun der Zellen- 
saft allmälig durch diese Zelleumembran durchsickert, so kann 
man dennoch keine Oeflinungen in derselben wahrnehmen. 
Läfst man dergleichen Kartoffeln längere Zeit liegen, so fangen 


122 


sie an zu faulen und nun lösen sich die erweichten Zellen- 
membranen allmälig auf. Ref. 

Herr Morren*) hat im Winter 1838 bei der anhaltenden 
Kälte eine Reihe von Versuchen über das Gefrieren der Pflan- 
zen angestellt, um die Wirkung: des Gefrierens auf die Elementar- 
organe und auf deren Inhalt kennen zu lernen. Auch er be- 
stätigte die Resultate früherer Beobachtungen, dafs nämlich 
die Elementarorgane durch das Gefrieren von einander ge- 
trennt werden, dafs sie aber nicht zerreifsen. Bei dem Ge- 
frieren verhalte sich jedes Organ gleich einem Gefäfse, worin 
die Flüssigkeit gefriert, dessen Wände aber dabei nicht zer- 
platzen, weil sie ausdehnbar sind. Nur die Zellen der Epi- 
dermis sind durch Gefrieren nicht zu trennen. (Ref. glückte 
es auch die Zellen der Epidermis bei Orchideen durch langes 
Liegen und durch Kochen in Terpenthinöl von einander zu 
trennen). 

Herr Jäger **) machte an einem Zupinus, den er früh in’s 
Land setzte, die Bemerkung, dafs sich ein Bleichsüchtigwerden 
nach Spätfrösten zeigte, und diejenigen Zweige, welche Blü- 
then trieben, zeigten verschiedene Blätter, woraus er auf eine 
Rückwirkung der Blüthe auf die Pflanze schlofs. 


Zur Morphologie. 

Herr G. Walpers, ein junger Studirender zu Greifswald, 
hat einen Versuch einer morphologischen Deutung der Blüthe 
der Gattung Coulteria Humb. gegeben ***); er geht darin von 
den Lehren aus, dafs wie die Corolla dem Lichtprozesse an- 
gehört und ihr stetes, nur.durch Kelcheinwirkung oft gehin- 
dertes Streben es ist, sich diesem zu erschliefsen, so ist der 
Kelch ein ideales Symbol der Finsternifs, und sein stetes Be- 
streben, sich den Einwirkungen des Lichtes zu entziehen, 
characterisirt deutlich genug sein Wesen und seine Bestimmung, 
u. s. w. Bei der Gattung Coulteria wird nun aber der fünf- 
lappige Kelch seinem Character untreu, übt corollinische 
Function aus und erhält eben dadurch auch corollinische Ge- 


*) Observations anatomiques sur la congelation des organes des 
veretaur. — Bullet. de ’Academie de Bruxelles. V. No. 3. 
”*) Flora von 1838. II. pag. 423. 
+") Flora oder botanische Zeitung. 1838, Januar. 


123 


stalt und Form; es metamorphosirt nämlich der der Carina 
opponirende Kelchlappen räumlich und zeitlich in eine Carina. 
Nach weiterer Auseinandersetzung über diesen Gegenstand 
kommt Herr Walpers zu der Ansicht, dafs der Kelch wohl 
fähig sei, sich in der Schmetterlingsblume zu Carina und 
Flügeln zu metamorphosiren, doch sei er real und ideal 


'unvermögend sich bis zur Bildung eines Vexillum’s aufzu- 


schwingen, denn die Carina ist in der Schmetterlingskrone das 
Symbol der Verschlossenheit und der Finsternifs, und daher 
dem Kelchgebilde am nächsten verwandt. 

In der Blüthe der Coulteria, sagt Herr Walpers zum 
Schlusse, findet sich der in der ganzen Leguminosen-Familie 
sichtbare Kampf widerstreitender Potenzen, nebst dem end- 
lichen Sieg der einen durch Vernichtung der andern real dar- 
gestellt, und sie bezeichnet in der gesammten Metamorphosen- 
reihe der Leguminosen den Punkt, von wo an die Kelch- 
bildung einen nur untergeordneten Einflufs auszuüben im 
Stande ist, weshalb man Coulteria für die den Anfang der 
höher entwickelten Leguminosen-Reihe machende Gattung zu 
halten habe. 

DieHerrenSchleiden und Vogel*) haben dagegen müh- 
same Beobachtungen über die Entwickelung der Leguminosen- 
Blüthe bekannt gemacht, aus welchen sie folgende Resultate 
ziehen: 

1) Die Blüthen der Leguminosen sind bei ihrem Entstehen ' 
vollkommen regelmäfsig. 

2) Die später verwachsenen Theile entstehen als freie Spitzen, 
wachsen auch frei aus und verwachsen noch ‚später. 

3) Alle Blüthentheile sind bei ihrem ersten Auftreten grüne 

Blätter. 

4) Auch im frühesten Zustande zeigt sich bei den Leguminosen 
nur ein Carpellblatt, das nach der Achse zu offen ist. 
5) Die Antheren bilden sich aus Blättchen, indem das innere 

Zellgewebe zum Theil in Pollen verwandelt wird, ‘und die 

Fächer zu beiden Seiten des Blattrandes entstehen, der 

später in die aufspringende rima sich umwandelt. 

*) Beiträge zur Entwickelungsgeschichte der Blüthentheile bei 


den Leguminosen. — Acta Acad. C. L. C. nat, cur. Vol. XIX. P.1. 
pag. 61—84. Mit 3 Steindrucktafeln. 


124 


6) Die Eychen bilden sich bei .den Leguminosen abwech- 
selnd am obern Rande des Ovarium, und bestehen aus 
dem Nucleus und gewöhnlich aus zwei Integumenten, 
selten aus einem Integumentum simplex. 

7) Die Eychen der Papilionaceen sind theilläufig (hemitropa) 
d. h. krummläufig mit einer Raphe. 

8) Der Embryo entsteht aus dem Pollenschlauch an dem 
Micropyle-Ende des Embryosackes und wächst entweder 
von hier nach der Chalaza zu, oder, indem er von dem 
cellulös gewordenen Pollenschlauch bis zur Mitte des 
Embryosackes geschoben wird, zugleich nach der Chalaza 
und der Micropyle hin. 

9) Die Saamenhäute werden bei den Leguminosen nur von 
einem Integument gebildet, das aber stets in mehrere 
Schichten sich ausbildet. 

40) Eine Endopleura iumida existirt nicht bei den’ DLegumi- 
nosen; was dafür gehalten worden, ist Albumen und 
zwar Endosperma. 

Die Verfasser haben die Entdeckung gemacht, daß die 
Eychen der Gattung Lupinus nur mit einem einfachen Inte- 
gumente versehen sind, wärend die Eychen der übrigen Le- 
guminosen stets doppelte Eyhäute besitzen. 

Die französischen Arbeiten der Herren Bravais- über 
die krummlinie Blattstellung und über die Blüthenstände, welche 
wir im vorigen Jahresberichte angezeigt haben, sind durch 
Herrn W. G. Walpers in das Deutsche übertragen worden 
und als eine besondere Schrift: Ueber die geometrische 
Anordnung der Blätter und der Blüthenstände. 
Breslau 1839. erschienen; dieselbe ist noch mit einem zwei- 
fachen Anhange versehen: Berichte über die Arbeiten 
der Herrn Schimper und Braun über den nämlichen 
Gegenstand vonCh.Martins und A. Bravais undBeob. 
achtungen über die Auflösung der paarigen Blatt- 
stellung in die spirale von Dutrochet. Die ganze 
Schrift ist mit 9 Steindrucktafeln versehen und durch ein Vor- 
wort von Nees von Esenbeck eingeführt; wir ‘erhalten 
darin das Wichtigste zusammengestellt, was überhaupt in neue- 
ster Zeit von französischen Botanikern über diesen Gegenstand 
gearbeitet worden ist, und es kanı nun nicht fehlen, dafs diese 


125 


Arbeiten von den Deutschen noch mehr gelesen und gehörig 
gewürdigt werden. 

Herr Aime& Henry hat einen zweiten Beitrag zur Kennt- 
nifs der Laubknospen *) geliefert, worin dieser Gegenstand 
mit gröfster Genauigkeit bei den Coniferen abgehandelt ist. 
Die Bildungsweise des Blattes, meint der Verfasser, ist in der 
Familie der Coniferen der bei den andern Holzpflanzen beob- 
achteten gleich; ein Gefäfsbündel der Markscheide trete aus dem 
Stamme hervor und bilde den Mittelnerv des sich erzeugenden. 
Blattes. Die Artikulationsfläche, in welcher sich die Blätter 
von den Blattstielen trennen, fand der Verfasser bei den Co- 
niferen ebenfalls durch eine braungefärbte Demarkationslinie 
vorgezeichnet. Die Gattungefl Belis, Araucaria und Abies 
zeigen in der Richtung ihrer Blätter eben dieselbe Regel, wie 
die Laubhölzer, dafs sie nämlich die obere Fläche dem Himmel 
zuwenden, aber die den Zweig in einer Spirale umgebenden 
Blätter können diese Richtung nur durch Drehung des Blatt- 
stieles bewirken. Ein Theil der Blätter macht diese Drehung 
nach links, die andere nach rechts, so dafs dadurch eine 
scheinbare zweizeilige Stellung derselben hervortritt. In Hin- 
sicht der Blattstellung macht Herr Henry sehr mit Recht auf 
die grofse Mannigfaltigkeit aufmerksam, welche verschiedene 
Abtheilungen, verschiedene Arten, ja selbst ein und dasselbe 


“ Individuum zeigt. Die am häufigsten gefundenen Divergenzen 


der Blätter bei den Coniferen sind folgende: Bei Pinus be- 
steht die Spirale der Deckblättchen der Knospen aus 8 12 
Blättchen in 5 oder 5 Divergenz. Die Stellung der Blätter 
Tr? und ebenso bei Picea, Larix u. s. w. doch sowohl in 
den Knospenschuppen, als auch in den Blüthen treten höhere 
Divergenzzahlen auf. Bei den Cupressus-Arten ist die Stel- 
lung der Blätter (4) 4. Bei Taxodium ist die Spiralstellung 
schwankend von 2 bis „,, und Verfasser glaubt hierin ein 
Streben zu (3) 4 Wirtelstellung zu erkennen. Bei Thuja 
Stellung der Blätter 5 (4) und bei Thuja cupressoides rückt 
diese Wirtelstellung zur Spirale auseinander, welche 2—% 
zeigt. Bei Gallitris (3) +, und bei Call, rhomboidea (4) +. 


*) Nova Acta Acad. ©. L.C, Nat. Cur. Vol. XIX. P. I. pag.87—114. 
Mit drei Steindrucktafeln. 


126 


Bei Juniperus ist die Stellung bei verschiedenen Arten 4 
oder (4) 4 wirtelständig, aber sogar an demselben Baume und 
demselben Zweige wechselt sie häufig von 4 mit 4 ab. Bei 
Arauearia chilensis „7, bei Agathis Dammara 2 (?) und 
bei Belis lanceolata . 

Im Inneren eines Nadelblattes glaubt Herr Henry’ eine 
der Mark- Holz- und Rindensubstanz analoge Bildung wahr- 
genommen zu haben, und, sagt derselbe, wie sich-auch die 
Ansicht über diese Theile feststellen wird, auf jeden Fall müs- 
sen wir das ganze in den Winkeln der ächten Blattbase sich 
entwickelnde Gebilde mit Richard und Link als eine über- 
eilte, um ein Jahr zu früh entwickelte Knospe ansehen u. s. w. 
ja Quer- und Längenschnitte zeigen sogar ein Ansetzen meh- 
rerer Holzringe. Die Zweignatur zeigt sich noch deutlicher, 
wenn die Terminalknospe zerstört ist; dann flachen sich die 
einzelnen Nadeln der Nadelzweige ab, treten auseinander und 
geben Raum für die sich bildende Knospe. Herr Henry giebt 
hierauf speciellere Beobachtungen über die Entwickelung der 
Knospen bei den verschiedenen Gattungen der Coniferen, 
welche durch die getreuesten Abbildungen erläutert werden. 
In der Schlufsbemerkung giebt der Verfasser endlich noch 
seine Beobachtungen und Ansichten über die Blüthenknospen 
der Coniferen; er betrachtet den Blüthenstand der Coniferen 
als einen metamorphosirten Laubzweig und das einzelne An- 
therenblatt für ein metamorphosirtes Laubblatt (Nadelblatt 
soll es wohl heifsen!) Bei der weiblichen Blüthe soll aber 
das Laubblatt immer mehr zurücktreten, je kräftiger sich das 
in seinem Winkel stehende Fruchtblatt entwickelt; ja der Ver- 
fasser möchte in dem weiblichen Blüthenzweige eine Meta- 
morphose der Axillarknospe in Fruchtblatt und Eychen an- 
nehmen. Ref. kann obiger Ansicht nicht beistimmen, denn 
er hatte Gelegenheit die Bildung von Pollen in dem Inneren 
des Fruchtblattes von Larix-Zäpfehen zu beobachten. 

Herr Miquel*) hat die Präfoliation der Cycadeen: ge- 


*) Ueber die Präfoliation der Cycadeen. — Flora von 1838. II. 
pag. 499. Im Auszuge, französisch, in Mu/der, Miquel et Win- 
ckelbach’s Bulletin des science. phys. et natur. en Neerlande 1838. 
pag. 129. 


127 


nauer beobachtet und gefunden, dafs nicht allen eine cireinale 
Präfoliation zukommt. Bei der Gattung Encephalartos Lehm. 
besteht die schwellende Knospe aus einem Kreise kurzer Blätt- 
chen die aufrecht stehen und mit ihren Spitzen convergiren. 
Die Rhachides sind durchaus gerade und die Blättchen liegen 
zu den Seiten dachziegelförmig übereinander; sie convergiren 
nach vorne und liegen mit ihrer innern Fläche genau gegen 
einander an. Die Rhachis dehne sich an der sich entwickeln- 
den Knospe durch Extension am obern Ende aus, und die 
Blättchen wachsen in allen Richtungen zumal in die Länge. 
Bei der Gattung Zamia Lehm. ist die Rhachis in der Knospe 
aufgerollt, dagegen sind die Blättchen wie bei Encephalartos. 
Die Gattung Zamia hat dagegen, eine ächte eireinale Knos- 
pung, wo nämlich dıe Rhachiden und die Blättchen aufge- 
rollt sind. 

Herr Miquel beobachtete bei Encephalartos horridus 
ähnliche Knospen wie sie bei Cycas vorkommen; er sagt sie 
scheinen sich sehr bald vom Stamme zu trennen und bilden 
dann mehrere Fufs lange ästige Wurzeln. Diese Knospe wird 
von Herrn Miquel als eine Zwiebel betrachtet; sie bildet erst 
nach mehreren Jahren ein eigentliches Blatt, und HerrMiquel 
möchte die Cycadeen-Frons auch eher den Zweigen als 
den Blättern zuzählen. 

Herr Maly zu Grätz *) beobachtete die Entstehung der 
Knollen der Corydalis cava und Corydalis solida; bei letz- 
terer Art bildet sich die neue Knolle immer im Mittelpunkt 
der alten, wobei die alte Knolle schwammig wird und ver- 
schwindet durch Absterben. Bei Corydalis cava bildet sich 
dagegen die neue Knolle peripherisch nach aufsen, wärend 
die innere alte Knolle abstirbt und dadurch eine Höhle in der 
neuen Knolle zurückläfst. 

Herr Miquel**) hat in einer sehr interessanten Abhand- 
lung die Metamorphose (wie sich der Autor ausdrückt) des 
Stengels und der Blätter einiger Euphorbien näher erörtert 
um die auffallende Aehnlichkeit, welche zwischen ihnen und 


*) Flora von 1838. II. pag. 728. 
”) Observatio de caulium et foliorum in quibusdam Euphorbüs 
metamorphosi. — Flora von 1838. 11. pag. 649— 656. 


128 


den Cactus-Gewächsen herrscht zu prüfen. Man theilt gegen- 
wärtig die Euphorbien in Euphorbiae aphyllae und foliosae, 
und diese sind entweder strauchartig oder krautartig, gestachelt - 
oder ungestachelt. Die Blätter bei den Blätter-tragenden Eu- 
phorbien sind meistens sitzend, zuweilen sind sie auf einer 
Anschwellung einsitzend und diese wird in manchen Fällen z.B. 
bei Euphorbia nercifolia, Clava und elliptica Lam. zu einem 
ausgezeichneten Blattkissen, welches mit einem scheibenförmig 
erweiterten Blattstiele zu vergleichen ist. Diesen Blättern 
kommen auch Stipulae zu, z. B. der Euphorbia uncinata, 
welche neben ihrer Basis zwei lanzettförmige Schuppen zeigen. 
Die eigenthümliche Entwickelung und Anamorphose, welche 
der Stengel der Euphorbien zuweilen zeigt, leitet Herr Mi- 
quel sehr sinnreich von der Metamorphose der Blattstielschei- 
ben ab, denen offenbar eine blattartige Natur zukomme, ja 
in den Fällen, wo die Blätter schnell abfallen, ‘da bekleiden 
sie den ganzen Stengel und vertreten dabei die Function der 
Blätter. Wo sie in der Jugend klein sind, da schwellen sie 
oft nach dem Abfallen der Blätter sehr stark an und mit die- 
ser Vergröfserung schwillt der Stengel an und geht die mon- 
strösen Formen ein, welche derselbe gar nicht selten zeigt; 
wozu bei verschiedenen 'Formen nähere Nachweisung gege- 
ben wird. 

Bei einigen Arten gehen die Aeste in einfache oder in 
verästelte Dornen über (d. h. durch Metamorphose), wie z. B. 
bei Euphorbia heptagona, mammillaris etc. Bald sind diese 
Dornen wenig zahlreich, bald sehr zahlreich und in. Längs- 
reihen gestellt, und die Knospen wachsen dann in der Achsel 
der Blattscheiden in Form von Dornen hervor, so dafs Herr 
Miquel den Satz aufstellt, dafs diese Dornen nichts weiter, 
als erhärtete blattlose Aeste wären. 

Wenn man nun aber diese metamorphosirten Stengel der 
Euphorbien mit dem der Cacteen vergleicht, worüber Herr 
Zuecarini im vergangenen Jahre. (S. den vorigen Jahres- 
bericht pag. 127) eine so schöne Arbeit lieferte, so wird man 
nach Herrn Miquel, folgende Verschiedenheiten in der Ent- 
wickelung wahrnehmen: 14) die Stengel der Euphorbien 
schwellen durch Verwachsung der appendikulären Theile. 
Bei den Cacteen bildeten die abortirten feinen Aeste die Ma- 


129 


millen, wie bei den Mamillarien,; oder sie sind verwachsen 
-und bilden die. Rippen der Melocaeten, Echinocacten und 
Cereen. Auch in Hinsicht der Anamorphose, welche die 
Stengel der Melocacterr durch Anschwellung der Markmasse 
zeigen, findet sich zwischen Cacteen und Euphorbien grofse 
Aehnlichkeit, denn bei Euphorbia globosa findet sich eben- 
falls jene Anamorphose wie bei den Melocacten. 

2) Die Dornen, welche auf den Rippen der Euphorbien 
bei den Blattnarben vorkommen, sind. stipular; diejenigen aber, 
welche zwischen den Blattkissen hervorkommen, sind. durch- 
Metamorphose der Seitenäste, meistens der Blüthenäste ent- 
standen. Bei den Cacieen dagegen sind die Dornen als Bracteen 
‚der Knospen zu betrachten, welche auf den Spitzen der abor- 
tirten Aeste sitzen. 

Herr Walpers*) hat in einer andern Abhandlung seine 
Ansichten über das bekannte Trifolium anomalum mitgetheilt; 
er sagt, dafs eine genauere Betrachtung dieser interessanten 
Pflanze im lebenden Zustande lehre, dafs sie nur eine durch- 
greifende Verwachsung zweier Individuen des Trifokum: re- 
‚pens ist. Er fragt, ob dieVerwachsung Grund für die schwarze 
Blattfärbung bei dieser Pflanze sei und ob es vielleicht in der 
Pflanzenwelt noch mehr Beispiele einer so. durchgreifenden, 
durch Aussaat constant gewordenen Verwachsung, zweier Indi- 
viduen derselben Art gebe, wodurch anscheinend eine neue 
Art hervorgebracht wird. Die Gründe für diese interessante 
Ansicht sind folgende: In dem bandartig verbreiteten. krie- 
chenden Stengel zeigte Herr Walpers zwei (freilich setzt er 
hinzu) etwas undeutliche Markröhren. (Ref. kann darin nur 
eine, der Form des Stengels entsprechende Markröhre sehen). 
in den Blattstielen sehe man die bandartige Verwachsung 
zweier Stiele so deutlich, dafs die aufgestellte. Vermuthung 
zur völligen Gewifsheit erhoben werde! In der Regel zeigt 
jenes Trifolium nur 5 Btätter, und diese zeigen alle Farben 
zwischen ‚orangeroth und schwarz und da nun, sagt, Herr 
-Walpers, eine Färbung, der Blätter durch Oeldrüsen bewirkt 
wird, welche unter der Epidermis liegen, so stelle ich mir 


*) Einige Bemerkungen über Trifolium ‚ anomalum Schrk. — 
Flora von 1838. II, pag. 657. 
V. Jahrg. 2 Band. 9 


130 


vor, dafs die Masse des fehlenden sechsten Blättchens. gleich- 
falls zur Production solcher Oeldrüsen in den 5 übrigen ver- 
wendet werde. 

Wenn Herr Walpers diesen Gegenstand später mit ana- 
tomischer Genauigkeit untersuchen möchte, so würde er wohl 
finden, dafs die von ihm hierüber aufgestellten Ansichten gänz- 
lich unhaltbar sind. 

Herr Bernhardi*) beobachtete die Lunaria rediviva und 
Octadenia lybica R. Br. mit drei- und vierklappigen Früchten, 
worin die Scheidewände nicht vermifst wurden, was ihn zu der An- 
sicht brachte, dafs die Frucht der Cruciferen nicht ursprüng- 
lich eine 4-klappige Kapsel ohne Scheidewände darstellt. In 
Folge verschiedener Beobachtungen meint Herr Bernhardi, 
lasse es sich nicht behaupten, dafs die Scheidewände der Scha- 
len der Cruciferen sich blofs auf Kosten zweier unvollkom- 
men entwickelter Klappen bilden, indem man in der völlig 
ausgebildeten Frucht aufser vier Klappen auch‘ Scheidewände 
findet. Vielleicht wäre die Scheidewand mit mehr Grund durch 
Verschmelzung und theilweise Verkümmerung zweier Klappen 
und einer vierflügeligen Scheidewand der 4-fächerigen Frucht, 
oder durch gänzliche Verkümmerung zweier Klappen und zweier 
Flügel der Scheidewand hervorgegangen. Gegen die Ansicht, 
nach welcher die Scheidewand als ein dissepimentum spurium 
durch Erweiterung der Placenten entstanden gedacht wird, 
führt Hr. B. an, dafs die Achse der Scheidewand nicht selten 
der Länge nach von einem Nerven durchzogen wird. 

In Bezug auf die Zahl und Stellung der Staubfäden sucht 
Herr Bernhardi zu zeigen, man dürfe annehmen, _dafs der 
Bau einer vollkommenen Kreuzblüthe auf 8 längere paarweise 
zusammenstehende Staubfäden, eine innere Reihe bildend, und 
auf eine unter ihnen stehende, äufsere Reihe von vier kürzern 
Staubfäden berechnet sei. Die Drüsen, welche so häufig in 
diesen Blüthen zwischen den Staubfäden vorkommen, werden 
für verkümmerte Staubfäden gehalten u. s. w. und es wird 
sehr. wahrscheinlich gemacht, dafs die Cruciferen eine unver- 
kennbare Anlage zur Polyandria zeigen. 


*) Ueber den Blüthen- und Fruchtbau der Oruerferen. — Flora 
von 1838. I. pag. 129 etc. 


131 


Herr Bernhardi*) theilte ferner seine Ansichten über’ 
den Kelch der Cistaceen mit, welche eben so gediegen sind, 
wie Alles, was wir von diesem ausgezeichneten Beobachter 
erhalten haben. Man pflegt den Kelch der Cistaceen aus 
5 Blättern zusammen zu Setzen, wovon zwei eine äufsere Reihe 
und die drei übrigen eine zweite innere Reihe bilden. Die 
zwei äufsern Blätter stehen in abwechselnder Stellung mit zweien 
dieser innern Blätter am Grunde derselben, fehlen aber bei 
nicht wenigen Arten; zuweilen fehlt nur ein Blatt und es ent- 
steht dadurch ein vierblättriger Kelch. Es werden noch meh- 
rere Abweichungen aufgeführt und dann der Satz aufgestellt, 
dafs jene fünfblättrigen Kelche blofs dadurch entstehen, dafs 
eines der inneren Kelchblätter mit einem äufsern Kelchblatte 
verwächst. Niemals sehen hier die äufsern Blätter den innern 
vollkommen gleich; die äufsern gleichen mehr den wahren Blät- 
tern und die kleinen den Stipeln. Hierauf zeigt nun Herr 
Bernhardi, dafs man die äufsern Kelchblätter der Cistaceen 
nicht für Kelchblätter, sondern für Hüllblätter zu nehmen hat, 
und diese hätten ihren Ursprung den wahren Blättern und 
‘nicht den Stipeln zu verdanken. 

Herr Morren*) hat die Wasser-absondernden Schläuche 
in morphologischer Hinsicht betrachtet, welche die Gattungen 
Nepenthes, Sarracenia,»Cephalotus, Marcgravia und No- 
rantea aufzuweisen haben. Er führt zuerst die Meinung der 
berühmtesten Botaniker über diesen Gegenstand auf und stellt 
dann seine Ansicht dar, nach welcher ein solcher Schlauch das 
eigentliche Blatt sein soll, wärend das blattartige Organ, wor- 
an der Schlauch befestigt ist, nichts weiter als ein geflügelter 
Blattstiel ist. In den beiden Flügeln, welche an dem Schlauche 
an Nepenthes herablaufen, seien ganz deutlich die beiden Rän- 
der des zur Urne verwachsenen Blattes zu erkennen. Die 
äufsere Seite der Urne sei die untere Blattfläche, und die innere 
stelle die obere Blattfläche dar. 

Herr J. H. Molkenboer*) hat an den Blättern einer 


*) Einige Bemerkungen über Cistaceen.— Flora von 1838 Il. p. 665. 
*) Morphologie des ascides. — Bulletin de ’ Academie de Bruwel- 
les, V. Nr. 7. 
*) Jets aangaande de Brassica oleracea costata nepenthiformis 
9% 


132 


Brassica oleracea i Botrylis L. eben dieselbe Monstrosität 
wahrgenommen, welche schon Bonnet’in seinem Buche über 
den Nutzen der Blätter (IV. Abh.) beschrieben und abgebildet 
(Tab. XXV.) hat. Bonnet sah aus der oberen Seite‘ des 
Hauptnerven des Blattes einen Stiel hervorgehen, auf welchem 
ein sehr eigenthümlicher Straufs stand, dessen Blätter mehr 
oder weniger vollkommen tüten- oder trichterförmig gestaltet 
waren. Ja die Hauptnerven dieser tütenförmigen Blätter zeig- 
ten wiederum kleinere Tüten u. s. w. Herr Molkenboer 
beobachtete das Vorkommen dieser interessanten Mifsbildungen: 
stets auf den Nerven der oberen Blattfläche, ebenso wie schon 
früher Herr De Candolle; er vermuthet daher, dafs sich 
Bonnet geirrt habe, indem er davon spricht, dafs die Bildung 
auf der obern Blattfläche vor sich gehe und die Abbildung es 
zeige, dafs es die untere Blattfläche war. Indessen hiebei hat 
sich wohl Hr. Molkenboer geirrt, denn ich sehe an der mir 
vorliegenden Abbildung dieses Gegenstandes in Bonnet’s 
Schrift ganz deutlich, dafs eben dasselbe abgebildet ist, was 
man im Texte beschrieben findet. Der Stengel mit dem Straufse 
jener trichterförmigen Blätter ging aus dem Hauptnerven von 
der oberen Fläche des Blattes aus, und der kleine Trichter 
bei rn zeigt wiederum ganz deutlich, dafs er aus der untern 
Fläche hervorgetreten ist. Demnach. kommt diese Bildung also 
auf beiden Blattflächen vor und nicht nur auf der oberen, wie 
der Verfasser vermuthet. Später sah Herr Molkenboer diese 
und ähnliche Monstrositäten auch auf den Blättern anderer 
Kohl-Varietäten, von welchen eine der ausgezeichnetsten abge- 
bildet gegeben wird. Die Entstehung dieser monströsen Bil- 
dungen sucht der Verfasser dadurch zu erklären, dafs er an- 
nimmt, dafs die Gefäfsbündel des Stieles, welcher aus dem 
Hauptnerven hervorwächst, dafs sich diese wie die Rippen in 
einem Schirme strahlenförmig auseinander begeben und durch 
Zellengewebe mit einander verbunden sind, kurz dafs alle diese, 
so wie die weniger vollkommenen trichterförmigen Monstrosi- 
täten, nur durch strahlenförmige Zertheilung der Nervenbündel 
entstehen. Der geneigte Leser wird sich jedoch sehr bald 


Dec. — Tijdschrift v. Natuurl. Geschied. en Phys. V. 4, 2. St. 
pag. 114. ’ 


133 


überzeugen, dafs dieses keine Erklärung der Erscheinung ist, 
sondern nur eine Beschreibung. über den Verlauf der Gefäßs- 
bündel in jenen monströsen Bildungen. 

Herr €. A. Meyer *) hat an 100 Individuen der Garda- 
mine pratensis und wohl an 1000 proliferirenden Blumen die 
Umwandelung des Fruchtknotens in Blumenknospen beobach- 
tet, und diese Umwandelung geschah immer nach einem und 
demselben Typus. ‘Der Inhalt der Abhandlung enthält die spe- 
cielle Beschreibung dieser Mifsbildungen, welche aber nicht 
gut eines Auszuges fähig ist. Dagegen hat später **) Herr 
Trautvetter einige Bemerkungen zu den von Hr. Meyer 
beschriebenen Mifsbildungen hinzugefügt; es scheine ihm nicht, 
dafs die inflorescentia comosa, welche bei Cardamine pra- 
tensis bisweilen vorkommt, dadurch zu erklären sei, dafs sich 
die Blüthen in Blätter verwandeln. Farselia clypeata beweise, 
dafs auch die Blüthen der Cruciferen axilläre Organe seien, 
und dafs an der Basis ihrer Blüthenstielchen die Fähigkeit ist, 
eine Bractee zu bilden, denn sie kommen mit und auch ohne 
Bractee vor. Es scheint, dafs die Bractee meistens auf Kosten 
der Blüthen fehlschlägt, sie könne sich aber vielleicht aus- 
bilden, wenn die Entwickelung der Blüthen gehindert ist, und 
auf diese Weise scheine sich ihm dann die inflorescentia 
comosa zu erklären. 

Herr Ad, Steinheil***) hat in einem sehr interessanten 
Memoire das verschiedenartige Wachsthum der Blätter der 
Pflanzen auseinander gesetzt; dasselbe zerfällt in drei Abschnitte. 
In dem ersten Abschnitte handelt Hr. St. von der Entwicke- 
lung der Blätter im Allgemeinen; dieselbe ist von doppelter 
Art und beide Erscheinungen seien sehr genau zu unterschei- 
den; 4) Die Bildung der Blätter durch Zertheilung (dedou- 
blement) und 2) die Ausdehnung nach allen Richtungen hin. 
Die erstere Erscheinung könne man nennen die eigenthüm- 
liche (propre) Ausdehnung des Zellgewebes, die andere dagegen 


*) Mifsbildungen, beobachtet an Cardamine*pratensis. — Bul. 
letin scient. de Saint Petersbourg,. IV. pag. 375 — 379. 
**) Ebendaselhst V. pag. 116. 
*) Observations sur le mode d’accroissement des feuilles. — Ann. 
des scienc. natur. 4837. II. pag. 257 — 34. 


134 


wird durch die besondere Ausdehnung oder Verlängerung jeder 
einzelnen Theilchen ausgeführt. 

Der zweite Abschnitt handelt über das Wachsthüm der 
Blätter von Oben nach Unten; er zerfällt wiederum in 2 See- 
tionen, wovon die erstere diejenigen Beobachtungen ‘enthält, 
welche jene Annahme ganz bestimmt erweisen; und zwar findet 
dieses bei den einfachen Blättern statt. Die zweite Section 
führt diejenigen Beobachtungen auf, welche jenem Gesetze zu 
widersprechen scheinen, und dieses zeigt sich bei den zusam- 
mengesetzten Blättern. Eine sehr grofse Reihe von speciellen 
Messungen hat Herr St. ausgeführt und in seinem Memoire mit- 
getheilt, die sich jedoch an diesem Orte nicht in nöthiger Kürze 
wiedergeben lassen. Der dritte Abschnitt handelt über die 
Bildung der Lappen und der kleinen Blättchen der Blätter, 
und hier kommt Herr Steinheil zu dem Resultate, dafs die 
gelappten Blätter zusammengesetzte Blätter sind, deren kleine 
Blättchen mit einander verschmolzen sind, als gerade zu der 
entgegengesetzten Ansicht, welche bisher ziemlich allgemein 
herrschend war. Herr Steinheil verspricht diese interessan- 
ten Beobachtungen zu vermehren. 


Zur Pflanzen-Geographie. 


Herr Voigt*) zu Jena hat sehr interessante Betrachtun- 
gen über die Ursachen angestellt, durch welche die verschie- 
denen Formen der Pflanzen, wie sie sich über den Erdball in 
den Hauptfamilien ausprägen, hervorgerufen werden, denn die- 
ser Gegenstand ist zugleich eine Aufsuchung der inneren Ursa- 
chen geographischer Pflanzen-Verbreitung. Herr Voigt glaubt, 
dafs der eigentliche letzte Grund und die Ursache, dafs sich 
die feste Oberfläche unserer Erde erst mit Vegetation über- 
zogen hat, in der lebendigen Kraft des Erdballs liege, Die 
productive Kraft dieser Erdseele ist es, welche, in tausend- 
fachen Radien nach aufsen strebend, den letzten immateriellen 


Grund dieser Vegetationsformen ausmacht. Jedes Thier pro- 


dueirt mittelst seines Lebensprozesses über seine Oberfläche hin- 
aus, wie z. B. die Haare, Federn u. s. w. und alles dieses 
geschieht immer von innen heraus, vielleicht aus dem Blute 


*) Flora oder botanische Zeitung. 1838 IL. pap. 617 u. s. w. 


135 


selbst und wird nur durch den Einflufs des Lichtes, der Luft, 
der Wärme, Feuchtigkeit und auch anderer Elemente bedingt. 
Da wir nun keine Beweise haben, dafs die Vegetation, die 
unsern Erdball bedeckt, durch einen Gärtner erst.in den Boden 
hineingepflanzt oder gesäet ist, was bleibt dann, sagt Herr 
Voigt, der Vernunft anders übrig, als den ersten Grund ihrer 
Entstehung von innen heraus anzunehmen? Weder der gemeine 
Boden, noch die andern Elemente geben uns den hinlänglichen 
Grund der Mannigfaltigkeit der Vegetation auf einem Gebiete; 
der Grund mufs im Reichthum des Innern liegen, die lebendige 
Seele des Planeten mufs es sein, welche diese verschiedenen 
Arten möglich macht. Die Natur produeire nach: dem: Ver- 
hältnisse einer organischen Polarität, etwa wie die ‚Farbenbil- 
der eines Prisma sich darstellen, so dafs z. B. ein Gras als 
Gegensatz auch einen Ranunkel fordere u. s.:w. -Das erste 
Hervortreiben der Vegetation scheine in wiederholten Akten 
stattgefunden zu haben, denn auch noch jetzt succediren sich 
ja die Pflanzen. y j 
Von Herrn Carl Sprengel*) dem früheren Professor der 
Landwirthschaftslehre zu Braunschweig, gegenwärtig zu Stettin, 
haben wir eine sehr umfangreiche Arbeit über die Bodenkunde 
erhalten, welche zwar gröfstentheils von einem practischen In- 
halte ist, aber auch mehrere die Pflanzenphysiologie sehr in-, 
teressirende Mittheilungen enthält, Herr Sprengel meint, 
dafs der chemische. Einflufs des Bodens ohne Zweifel schon 
viel dazu beiträgt, dafs aus den. Arten Unterarten, Abarten, 
Abweichungen und Spielarten entstehen, so dafs man dreist 
behaupten könne, viele unserer neuen Pflanzen seien nichts 
weiter, als durch die Bodenbestandtheile heryorgerufene Modi- 
ficationen anderer, schon früher bekannter Species. Die Lu- 
zula glabrata des Kalkbodens sei nur die Luzula spadicea 
des Thonbodens u. s. w.  Dergleichen Ansichten sind sehr an- 
sprechend und auch Referent ist zum Theil derselbeu Meinung, 


*) Die Bodenkunde oder die Lehre vom Boden, nebst einer voll- 
ständigen Anleitung zur chemischen Analyse der Ackererden und den 
Resultaten von 170 chemisch untersuchten Bodenarten u. s.w. Ein 
Handbuch für Landwirthe, Forstmänner, Gärtner, Boniteure und Thei- 
lungskommissäre. Leipzig 1837. 


x 


136 


doch ehe dieselben in die systematischen Wissenschaften 'ein- 
greifen dürfen, müssen sie durch eine lange Reihe von Ver- 
suchen ermittelt werden! 

Herr Sprengel richtet die Aufmerksamkeit der Land- 
wirthe besonders’ auf die wildwachsenden Pflanzen, welche auf 
verschiedenen Landarten vorkommen und sucht zu zeigen, dafs 
die wildwachsenden Pflanzen in einem innigen Zusammenhange 
mit den‘chemischen' Bestandtheilen des Erdreiches stehen; es 
könne aber hierauf keine genaue Classification der Bodenarten 
begründet werden, indem oft schon durch die geringste Menge 
dieses oder jenes Stoffes ‘die Ansiedelung solcher Pflanzen 
möglich wird, welche wir sonst auf einem ganz andern Boden 
finden. ‘So bringt der Sandboden wohl auch Pflanzen hervor, 
welche sonst ‚auf Thonboden' oder auf Kalkboden wachsen, 
wenn jener nur etwas Thon oder Kalk enthält. — Wir kön- 
nen, sagt Herr Spr.,' daher wohl aus den vorkommenden wild- 
wachsenden Pflanzen schliefsen, welehe Körper’ der Boden ent- 
hält, aber die Menge derselben läfst sich hieraus nicht ermit- 
teln, und als Schlufßs heifst es: Die Verschiedenheit der Vege- 
tation hat ihren Grund mehr in der Beschaffenheit des Bodens, 
als dafs sie abhängig wäre von den physischen Eigenschaften 
desselben. Weil nun aber in den verschiedenen Bodenarten 
meistens gewisse Bestandtheile vorherrschen und hiervon die 
Vegetation bedingt wird, so ist dieses der Grund, weshalb eine 
jede Bodenart ganz 'eigenthümliche Pflanzenarten hervörbringt. 

Herr Sprengel hat ferner bei der 'speciellen Betrach- 
tung aller der einzelnen Bodenarten, diejenigen‘ Pflanzen in 
grofser Menge aufgeführt, welche denselben mehr oder weniger 
bestimmt zukommen; diese Pflanzen-Verzeichnisse sind noch 
nie so vollständig gegeben. 

Herr Schleiden*) hat die Bemerkung gemacht, dafs 
Euphorbia Cyparissias, welche man als kalkstete Pflanze auf- 
führt, sowohl auf den Sandheiden um Berlin, 'wie auf den Kalk- 
bergen von Rüdersdorff in der Nähe von Berlin in grofser 
Menge vorkommt, wärend diese Pflanze auf dem Muschelkalk 
in der Umgebung von Göttingen fehlt, aber sogleich wieder 


*) Ueber Bodenstetigkeit der Pflanzen. — Wiegmann’s Archiv 
4838. I. pag. 49. 


137 


auftritt, wenn man bei Witzenhausen den bunten Sandstein 
betritt. Die Pflanze soll’ defshalb bald kalkstet bald sändstet 
sein; Ref. glaubt jedoch, dafs sie nur kalkstet sei, d. h. dafs 
sie einen kalkhaltigen Boden liebt. Der Sand um Berlin ist 
sehr kalkhaltig! Wefshalb Euphorbia Cyparissias auf dem 
Muschelkalk bei Göttingen nicht vorkommt, ist wiederum eine 
andere Frage und die Statistik der Gewächse hat es uns ge- 
lehrt, dafs die Vertheilung der Gewächse weder vom Clima 
noch vom Boden abhängig ist, wenn gleich deren Einflufs so 
häufig augenscheinlich ist. Auch Herr Treviranus*) spricht 
sich'in Folge seiner Beobachtungen dahin aus, dafs nicht die 
geognostische Beschaffenheit der Gebirge, sondern die physi- 
sche, ‘so wie die Beschaffenheit der ihre Oberfläche bedecken- 
den, mehr oder minder furchtbaren Erdkruste alleinige Ursache 
der Verschiedenheit sei, welche man in dem Auftreten der 
Pflanzen beobachtet. Ref. hat hierüber schon früher und noch 
neuerlichst (Pflanzen-Physiologie. I. pag. 127) etwas ausführli- 
cher gehandelt und ist im Wesentlichen mit den Ansichten der 
Herren Sprengel und Treviranus übereinstimmend. 

Herr J. Pelletier **) lieferte eine Arbeit über den Ein- 
flufs,' welchen die Erden auf den Vegetationsprozefs ausüben; 
er meint, dafs eine gewisse Complication in der Zusammen- 
setzung des Bodens im Allgemeinen eine Bedingung der Frucht- 
barkeit ist. Die Erde, welche durch allmälige Zersetzung des 
Granites entsteht, soll im Allgemeinen sehr vortrefllich sein, 
wärend die Erde, welche aus der Zersetzung einfacher Gesteine 
herrührt, Dünger verlangt und nur wenigen Arten von Pflan- 
zen zuträglich sei. Aus diesen und einigen ähnlichen Angaben 
zieht Hr. Pelletier den Schlufs, dafs eine Erde um so frucht- 
barer ist, je complieirter ihre Zusammensetzung ist. Als Er- 
klärung dieser, durch genaue Versuche noch nicht festgestellten 
Ansicht, nimmt Hr. Pelletier an, dafs sich in solchen zusam- 
mengesetzten Erden electrische Säulen bilden, durch deren 
Entladungen die Erde belebt wird. Die electrische Flüssig- 
keit wird dann einen Reiz auf die Oefinungen der Wurzel- 
fasern ausüben, wodurch die Organe zur Absorption der Nah- 


*) Physiolog. d. Gewächse II. pag. 717. 
*) Journ. de Pharmacie. Mai 1838. 


138 


rung’ angeregt werden und dann selbst als Leiter dienen kön- 
nen, welche die Electricität der Pflanze zuführen. Herr Pel- 
letier legt diese Ansicht auch der Erklärung über die Wir- 
kung der Salze auf die Vegetation zum Grunde; er meint, 
dafs der Reiz, welchen die Salze auf die Pflanzen ausüben 
dadurch erklärt werde, dafs das Leitungsvermögen für die Elec- 
trieität schon durch eine kleine Menge von Salz, welche dem 
Wasser beigemischt ist, erhöht wird. Wenn diese Ansichten 
richtig wären, so liefse es sich, wie Ref. glaubt, noch schwe- 
rer erklären, wefshalb gewisse Pflanzen äufserst viel Salz be- 
dürfen um kräftig zu wachsen, wärend andere dagegen unter 
gleichen Verhältnissen ganz und gar nicht gedeihen. 

Die übrigen Gegenstände, besonders die. gegenseitigen 
allmäligen Zersetzungen, welche die Kiesel-, Kalk-, Thon- und 
Eisenmassen der Erde eingehen, sind schon früher von ver- 
schiedenen Schriftstellern erörtert worden. 

Herr Mohl hat im Mai 1838 eine Inaugural- Dissertäfion; 
Ucber den Einflufs des Bodens auf die Vertheilung 
der Alpenpflanzen (Tübingen 1838) publicirt, welche dem 
Ref. noch nicht zugekommen ist. 

Herr Grisebach *) hat eine geistreiche Arbeit über den 
Einflufs des Clima’s auf die Begränzung der natürlichen Flo- 
ren geliefert, welche aber nur wenig zum Auszuge pafst, da- 
her sich Referent beschränken mufs, die Hauptergebnisse 
derselben aufzuführen, welche der Verfasser selbst am 
Schlusse seiner Arbeit zusammengestellt hat. Als solche 
werden aufgeführt: Die Vegetation der Erde zerfällt in scharf 
begrenzte natürliche Floren, die gemeinsame botanische und 
climatische Charactere haben. Die Floren zerfallen in 2 Haupt- 
klassen, je nachdem sie eine dauernde oder eine durch Win- 
terschlaf unterbrochene Vegetation haben. Floren mit dauern- 
der Vegetation finden sich nur in der Nähe des Aequators, 
Der Winterschlaf der Floren hängt entweder von Trocken- 
heit oder von gesunkenef Temperatur ab und hiedurch unter- 
scheiden sich die tropischen von den extratropischen Floren. 
Das Clima einer tropischen Flora mit dauernder Vegetation 


*) Ueber den Einflufs des Clima’s auf die Begränzung der natür- 
lichen Floren. — Linnaea von 1838. pag, 159 — 201. 


139 


wird durch die mittlere Jahrestemperatur gemessen. Das Clima 
einer Passatflora wird durch die mittlere Temperatur der Vege- 
tationszeit gemessen.. Andere climatische Momente haben auf 
die Grenzbestimmung der natürlichen Floren keinen nachweis- 
baren Einflufs. ‘Die mittlere Temperatur der Vegetationszeit 
ist im ganzen Gebiete der mitteleuropäischen ‚Flora identisch, 
ebenso diejenige Ordinate der Jahrescurve, die den Endpunk- 
ten des Winterschlafes entspricht. Die Endpunkte des 'Win- 
terschlafes treten mit dem Aufsteigen des Frühlingssaftes und 
der herbstlichen Blattentfärbung ein. Ob die climatischen Ge- 
setze der mittel-europäischen Flora für alle extratropischen 
Floren Gültigkeit haben, kann aus Mangel an Beobachtungen 
über die Dauer der Vegetationszeit noch nicht nachgewiesen 
werden; eben so wenig ob es eine 'climatologische Diagnostik 
sämmtlicher Floren gebe. Und endlich, die Nordwestküste von 
Europa gehört zum Gebiete der mittel-europäischen Flora und 
man kann inEuropa nur drei Floren unterscheiden: dieFlora 
mediterranea, europaea media und alpina. 

Herr Grisebach hat in dieser Arbeit eine Reihe von 
Ansichten aufgestellt, welchen viele Botaniker, aber besonders 


“die Reisenden nicht leicht beistimmen möchten, indessen Dis- 


eussionen über dergleichen Gegenstände können nur sehr weit- 
läuftig ausgeführt werden, wozu an diesem Orte nicht der Platz 
ist, daher sich Ref. nur auf die Auflührung jener Ansichten 
beschränkt hat. 

Eine Gruppe von Pflanzen, die einen abgeschlossenen, 
physiognomischen Character trägt, wie eine Wiese, ein Wald 
u. s. w. nennt Hr. G. eine pflanzengeographische Formation, 
Da eine jede Flora eine gewisse Anzahl vorherrschender 
Familien zeigt, so schlägt Hr. G, vor, hieziü diejenigen Fa- 
milien zu rechnen, welche über 4 Procente der ganzen phane- 
rogamischen Vegetation enthalten, und nur von diesen gelte 
das Gesetz, dafs die Summe der Arten einer jeden derselben, 
-dividirt in die Summe aller Phanerogamen gleiche Quotienten 
an jedem Orte innerhalb derselben natürlichen Floren giebt. 
Einen sehr ungerechten Vorwurf macht der Verfasser dem 
Referenten, indem dieser in seiner Pflanzengeographie eine 
gewisse Gleichförmigkeit der Pflanzenformen in ganzen Zonen 
ausgesprochen habe, was aber doch nicht der Fall ist, denn 


140 


Referent hat nur von dieser Gleichförmigkeit gespröchen,' wo 
sie wirklich vorhanden ist, und die ‚Ungleichförmigkeit der 
Vegetation für die verschiedenen Längen-Grade stets sehr be- 
stimmt hervorgehoben. 

Durch den Einflufs der herrschenden Winde auf den Feuch- 
tigkeitszustand der: Atmosphäre würden nach Hr. G. Ansicht 
die Passatwinde die Tropenländer in 5 scharf gesonderte Zo- 
nen theilen, von denen 2 ohne Feuchtigkeit und ohne Vege- 
tation wären: eine Aequatorialzone mit einer Wassereireulation 
von gröfster Geschwindigkeit u. s. w., zwei Passatzonen, durch 
ihre perennirenden Polarwinde zu ewiger Trockenheit und Ste- 
rilität bestimmt und zwei Zonen der Polargrenzen der Passate, 
welche nie ohne Niederschläge sind, aber doch durch den untern 
Passat u, s. w. hierin zuweilen gestört werden. ; u 

Der Verfasser hat sich gleich im Anfange der ' Abhand- 
lung für das Vorhandensein bestimmt begrenzter Floren aus- 
gesprochen und versucht diese Floren auch elimatologisch zu 
characterisiren; er glaubt, das wichtige Gesetz nachweisen zu 
können, dafs an allen Punkten der mittel-europäischen Flora, 
die mittlere Temperatur des Zeitraums der vegetirenden kraut- 
artigsen Axe (bestimmter vom Aufsteigen des Frühlingssaftes 
in den Bäumen bis zum Abfallen ihrer Blätter) =13° C. ist, 
und so solle sich für jede natürliche Flora eine solche con- 


stante Temperatur angeben lassen. Um den obigen Satz zu 


erweisen, hat Herr Grisebach eine Tabelle entworfen, welche 
14 verschiedene Orte aus seiner mittel-europäischen Flora auf- 
führt und für diese Orte die ‚Blüthezeit von Primula elatior 
angiebt, welche zugleich das Aufsteigen des Frühlingssaftes 
angeben soll. In andern Rubriken ist der Abfall der Blätter, 
die Temperatur um diese Zeit, die Vegetationsdauer, die mitt- 
lere Temperatur wärend der Vegetationszeit, und das Tem- 
peratur-Maximum aufgeführt, Die mittlere Temperatur der 
Vegetationszeit, die PAytoisotherme, ist durch das arith- 
metische Mittel aus dem Temperatur-Maximnm und der Tem- 
peratur der beiden Endpunkte bestimmt. 

Dafs diese mittleren Temperaturen der Vegetationszeit weit 
genauere Bestimmungen für die Abhängigkeit der Vegetation 
von der Temperatur angeben, als andere dazu angewendete 


141. 


Methoden, das haben auch schon andere Bearbeiter der Pflanzen- 
Geographie gelehrt. 

In einem reichhaltigen Werke, welches die Gentianeen 
in systematischer und phytogeographischer Hinsicht abhandelt, 
hat Herr Grisebach*) sehr ausführlich über das Vaterland 
dieser Gewächse gesprochen, und dabei zugleich eine Characte- 
ristik der verschiedenen Floren in statistischer Hinsicht gege- 
ben, in welche die Pflanzendecke auf der Oberfläche der Erde 
zerfallen soll. 

Viele dieser Floren, welche ganz scharf begrenzt sein 
sollen, fallen mit den pflanzengeographischen Reichen zusam- 
men, welche einst Herr Schouw aufstellte; so spricht Herr 
Grisebach von einer Flora Peninsularum Indiae orienta- 
lis, einer Flora Polynesiae, einer Flora Öceanica u. s. w. 
doch ich bin fest überzeugt, dafs derselbe diese Begrenzungen 
der genannten Floren aufheben würde, sobald er diese Ge- 
genden auch nur an einzelnen Punkten erblickt hätte. 

Herr Grisebach hat 343 Arten von Gentianeen in seiner 
Monographie aufgeführt; sie sind fast über den ganzen Erdkreis 
verbreitet; in den Tropen wachsen davon 210 Arten und aufser- 
halb derselben 133 Arten, wovon 45 der südlichen Hemisphäre 
aufserhalb der Tropen zukommen. Unter diesen tropischen 
Gentianeen hat Herr Grisebach aber auch alle diejenigen 
aufgeführt, welche bis zu den gröfsten Höhen der tropischen 
Gebirge vorkommen. In der alten Welt kommen 175 Arten 
und in der neuen 180 vor, wärend 12 Arten beiden gemein- 
schaftlich zukommen. Die Anden-Flora zeigt 51 Arten, die 
Himalajah 41, Hindostan 30, das tropische Brasilien 46 u. s. w. 
In Deutschland und in der alpinen Schweiz zeigen die Gen- 
tianeen den gröfsten Quotienten, wo sie fast den 30sten Theil 
der Vegetation darstellen; in andern planen Gegenden verhält 
sich derselbe = „I5—z35 und in alpinen Gegenden = 5 
— „; der ganzen Artenzahl. Nur wenige Arten haben ein 
ausgebreitetes Vaterland, Menyanthes trifoliata kommt in der 
ganzen nördlichen temperirten Hemisphäre vor, und Gentiana 
verna hat eine ausgedehnte Höhenverbreitung. Gentiana 


*) Genera et species Gentianearum adjectis observationibus qui- 
busdam phytogeographicis. Stuttg. et Tübing. 1839. 


142 


prostrata kommt in den verschiedensten Gegenden der Erde 
vor; Gentiana purpureca findet sich auf den Alpen der Schweiz 
.und auf Kamtschatka.  Schwentia perennis findet sich‘ eben- 
“ falls in sehr verschiedenen Gegenden der nördlichen Hemisphäre 
wieder. 

Den tropischen Gegenden sind die Lisyantheae und Hip- 
pieae eigen, sie steigen daselbst auch nicht auf die Berge. 
Die Chloreen zeigen in der nördlichen Hemisphäre ihre gröfste 
Anhäufung, die Chironien, nur in der südlichen Hemisphäre, 
die Menyanthideen und Eryihraeen sind dagegen über den 

“ ganzen Erdkreis gleichmäfsig verbreitet. In der neuen Welt 
sind überhaupt die Lisyantheen und Swertieen, in der alten 
Welt dagegen die Swertieen und Erythraeaceen vor- 
herrschend. 

Herr Brunner in Bern *) hat vortrefflliche Bemerkungen 
zu den europäischen Euphorbien publieirt; er führt 40 gute 
Arten dieser Gattung auf, von welchen Euphorbiu helioscopia, 
platyphylla, palustris, exigua, faledta, sylvalica, nicaeen- 
sis, gracilis und vielleicht von salicifolia mehr oder weniger 
ganz Europa an. Dem mehr nördlich von den Alpen gelege- 
nen mittlern Europa, so wie Südrufsland und dem Kaukasus 
gehören an: Euphorbia dulcis, Esula, Cyparissias, sylvatica, 
virgata M. B., procera, saxatilis, aspera M. B. condylo- 
carpa und undulata, dagegen mehr dem südlichen und west- 
lichen, als nordöstlichen Europa eigen und wohl gröfstentheils 
zur Flora mediterranea gehörend sind 21 Arten aufgeführt, 
also mehr als das Doppelte der nordöstlichen Arten. Auch 
treten hier schon 2 holzartige Euphorbien auf, nämlich Eu- 
phorbia spinosa und Euphorbia dendroides, so dafs diese 
Flora schon dadurch der nordafrikanischen ähnlicher wird. 

Herr Rabenhorst **) hat die Flora der Niederlausitz 
in phytostatistischer Hinsicht berechnet und die erhaltenen Ver- 
hältnifszahlen für die verschiedenen Familien mit denen eini- 
ger anderen Floren eben derselben Zone verglichen. Es sind 


*) Einiges über geographische Verbreitung der europäischen 
Euphorbien. — Flora von 1838. I. pag. 65 etc. 

**) Beitrag zur Pflanzen-Geographie der Niederlausitz, mit Rück- 
sicht auf%benachbarte und andere Provinzen. — Flora von 1838. II, 
pag. 608. 


143 


bisher in der Niederlausitz 2739 Arten von Pflanzen aufge- 
funden, worunter 1129 Phanerogamen (mit 118 Kulturpflanzen, 
also nur 4011 wildwachsende vorkommen. Diese Phaneroga- 
men zeigen 241 Monocotyledonen und 770 Dicotyledonen, 
so dafs sich jene zu diesen gleich 1: 3,19 verhalten. Da- 
gegen verhalten sich die Monocotyledonen zur gesammten 
phanerogamen Flor gleich 1:4,19. Die folgende Tabelle 
giebt die Verhältnisse an, welche die vorzüglichsten Familien 
in jener Flora der Niederlausitz zeigen: 


Namen der Familien. Artenzahl. Verhältnifs zu allen 
Phanerogamen. 

Gramineen s0 1 : 12,63 
Cyperoideen 65 d: 4555 

®  Junceen 22 1:45,95 
Amentaceen 30 1.283,7 
S'ynanthereen 99 1:10,21 
Labiaten 46 1: 21,95 
Personaten 46 1: 21,91 
Umbelliferen 40 14:,25;27 
Papilionaceen 50 1.: 20,22 
Rosaceen 38 1: 26,60 
Tetradynamen * 32 1 : 31,54 
Caryophylleen 4 1: 24,65 


Nach der Vergleichung der Verhältnifszahlen mit denjeni- 
gen der Floren benachbarter Länder kommt Herr Rabenhorst 
zu dem Resultate, dafs sich die Flora der Niederlausitz in 
statistischer Hinsicht besonders durch die Familien der Cype- 
roideen, der Labiaten und der Caryophylleen characterisirt, 

Nach der Ansicht derjenigen Botaniker, welche da glau- 
ben, dafs man die Vegetation eines Landes am besten durch 
solche Zahlenverhältnisse characterisirt, müfste die Vegetation 
der Niederlausitz grofse Aehnlichkeit mit jener des südlichen 
Europa zeigen, wo man das Reich der Labiaten und Ca- 
ryophylleen aufgestellt hat. Aber sie mögen hingehen und 
sich vom Gegentheile überzeugen! (Ref.) 

Die Herrn Korthals und Müller *) haben im Nov. 1836 


*) Berigten over Sumatra, etc. te Amsterdam A837. Entnommen 
aus v. Froriep’s Notizen. V. Bd. 1838. pag. 214 ete. 


144 


den Morapi auf: Sumatra bestiegen und daselbst die Grenze 
des Reisbaues bis zu, 3400 rhein. Fufs beobachtet. Erst einige 
Hundert Fufßs niedriger hörte die Cocospalme auf, dagegen 
wurde daselbst das Bambusrohr und die Arengpalme. allge- 
meiner; der Kaffee steht daselbst sehr üppig. Die eigentliche 
Baumgrenze ward hier schon bei 7000 Fufs beobachtet, doch 
scheint diese geringe Höhe nur durch die Localität des Bodens 
bedingt zu sein. (Ref.) Im Uebrigen ergiebt es sich aus 
den Angaben, dafs die Vegetation daselbst mit jener auf den 
Gebirgen Java’s sehr übereinstimmend ist. 

Herr De la Fort*) hat ein Verzeichnifs von Pflanzen 
mitgetheilt, welche in der Umgegend von Laon vorkommen 
und sich nicht um Paris vorfinden; ferner ein Verzeichnifs _ 
derjenigen, welche bei Paris und bei Laon vorkommen und 
dagegen in der Umgegend von Vervins und Rocroy fehlen, 
‚so wie ein Verzeichnifs derjenigen Pflanzen, welche bei Ver- 
vins und Rocroy vorkommen und sowohl bei Paris als Laon 
fehlen. 

Herr Miquel**) hat eine Vergleichung der Floren der 
Preufs. Rhein-Provinz mit der Flora von Nord-Niederland in 
statistischer Hinsicht gegeben. Für die Rhein-Provinz wird 
die Schrift von Wirtgen***) zum Grunde gelegt und für 
Nord-Holland die eigenen Arbeiten über diese Flora. Bier- 
nach enthalten ‘die Rhein-Provinz 1480 Phanerogamen und 
Nord-Holland 1210; dort sind 1146 Dicotyledonen und 334 
Monocotyledonen, wärend hier 905 Dicotyledonen und 305 
Monocotyledonen aufgefunden sind. Demnach verhalten sich 
die Monocotyledonen zu der Gesammtflora in der Rhein-Pro- 
vinz wie 174,4 und in Nord-Holland wie 133,9, demnach 
ist das Verhältnifs der Monocotyledonen in Holland gröfser 
als am Rhein, was denn auch durch den vielen feuchten Bo- 
den, welcher daselbst vorkommt‘ sehr wohl erklärlich ist. 


*) Notes sur. la vegctation des environs de Laon, — Vervins et 
Rocroy, comparce ü celle des environs de Paris. — Ann. des scienc. 
nat, 4838. Part. botan. I. pag. 375. 

**) De Noord-Nederlandsche Vegetatie in have hoof direkken 
vergeleken met die der pruissische Rijn-Provincie. —ı Tijdschrift v. 
Natuurl, Gesch! en Phys. IV. 271. 

**) S. den vorigen Jahresbericht pag. 176. 


145 


Folgende Tabelle giebt die statistischen Verhältnisse der haupt- 
sächlichsten Familien beider genannten Länder; es enthalten: 


Rhein-Provinz, Nord-Holland, 
Zahl der Verhältnifs  Zahlder _Verhältnifs 
Arten. der Arten Arten. der Arten 
zur Gesammtflora. zur Gesammtflora. 
Gramineae 115 1: 129 119 1.104 
 Cyperaceae 82 1 518 72 1:16, 
Junceae 19 A017 19 1:63 
Liliaceaee 3 41.259 2.15 1: 80,6 
Orchideae 39 1:36 19 1:63,6 
- Ranunculaceae 48 1: 30,8 31 1:39 
Cruciferae s0 1:2.155 62 4 :.19,5 
Caryophylleae 57 12259 1 24,2 25,7 
Leguminosae 78 4. 2.48;7 57 41 .: 21,2 
. Rosaceae 68 A 45 1: 26,8 
Umbelliferae 61 1: 24,3 63 ADB. 
Rubiaceae 20 1: 743 14 1 : 86,4 
- Compositae 147 1:10 127 1.2.95 
Campanulaceae 47 1: 87,0 16 4.2,.75,6 
‚Boragineae 22 1: 673 17 40741 
Labiatae 70 4.5214. 50 1: 242 
- Serophul.c.Orob.79 4 3.187 52 1: 232 
Chenopodeae 19 178 31 1:39 
Euphorbiaceae 15 „1... 98,7 14 1: 86,4 
Amentaceae 32 1: 46,4 33 1,2 36,6 


Herr H. Besser *) hat einige interessante Mittheilungen 
über die Grenzen der Getreide-Arten in Finnland gemacht. 
Das Land ist überall dicht mit Birken und Nadelhölzern be+ 
deckt; die angebauten Stellen daselbst sind selten. Die ge- 
wöhnliche Getreideart daselbst ist im Süden der Roggen und 
im Norden überall die Gerste. Der Weizen gedeiht daselbst 
unter 61° N. Breite; der Hafer erreicht an der Küste den 
64° Grad; der Roggen beinahe 60° der Breite, und die 
Gerste soll noch einen Grad über den Polarkreis hinausgehen. 


 *) Berghaus Annalen der Erd-, Völker- und Staatenkunde 1838. 
ag. 557. Entnommen aus der St. Petersb. Zeitung. No. 209. 1838. 
V. Jahrg. 2. Band, 10 


146 


Man gewinnt daselh&t im Durchschnitte das fünfte Korn von 
der Gerste und vom Roggen das Ste Korn, doch sind Miss- 
ärnten nicht selten. 

Von Herrn Rüppell, dem berühmten Reisenden *) haben 
wir einige wichtige Mittheilungen über die Verbreitung der 
Vegetation in dem abyssinischen Hochlande erhalten. Der 
Ostabhang der abyssinischen Grenzgebirge ist nur in der nie- 
dern Region mit lichtem Gesträuche bedeckt, und besitzt nur 
in den feuchten Thalschluchten hochstämmige Baumgruppen. 
In gröfserer Höhe findet man dichtstehende kolossale Kron- 
leuchter-Euphorbien und alocartige Pflanzen; ihnen folgt dor- 
niges, rankiges Gesträuch und auf der Höhe selbst (etwa 
9000’. Ref.) steht eine Art von lichten Walde von grofsen 
Juniperus-Bäumen mit Usneen bekleidet. An der Südwest- 
grenze der Provinzen Tigne und Agame, in einem ebenen 
Terrain von etwa 5000 Fufs Höhe über dem Meere, finden 
sich einige Niederungen mit Wiesengrund; grofse Menge zwie- 
belartiger Gewächse und einige Adansonien wie auch ko- 
lossale Sykomor-Feigenbäume characterisiren die Gegend. In 
der Provinz Simen erhebt sich ein imposantes Gebirge, wovon 
einer der höchsten Gipfel beinahe die Grenze der ewigen 
Schneerögion erreicht, d. h. 13,600 franz. Fufs. Bis 6000’ ist 
die Vegetation daselbst nichts als mageres Strauchwerk. Bei 
12000’ verschwinden die Gesträucher gänzlich und eine üppige 
Alpenvegetation, reich an Klee-Arten beginnt; eine sonder- 
-bare Lobeliacee mit einem mannshohen hohlen Stengel und 
einer Aloökrone, giebt der Gegend einen fremdartigen Cha- 
racter. An dem westlichen Abfalle der Schneeregion des Bua- 
Hal, Berges geht der Anbau der Gerste bis zu 10000 Fufs 
hinauf. 

Von Herrn Martins **) haben wir eine interessante phy- 
togeographische Beschreibung des Berges Ventoux erhalten; 
derselbe liegt in 44° 40' Breite und 2° 56’ östlich von Paris, 
12 Lieues in nordöstlicher Richtung von Avignon, er beherrscht 


*) S. Bemerkungen über Abyssinien in Bezug auf diePhysiognomik 
der Landschaft. Aus dem Phönix in Berghaus Annalen der Erd-, 
Völker- und Staatskunde. 1835. pag. 421. 

**) Essai sur la topographie botanique du Mont Ventoux en Pro- 
vence. — Ann. des Scienc. natur. 1838. — II. pag..129 et pag. 228. 


®. 147 


N) 


das fruchtbare Thal, welches das Departement von Vaueluse 
bildet. Sieben Monate hindurch ist die Spitze des Berges mit 
Schnee bedeckt, sie ragt aber noch nicht in die ewige Schnee- 
region hinein, ‚welche daselbst wohl 950 Metr. höher: .liegt. 
Avignon liegt 20 Metr. über dem Niveau des Meeres und die’ 
Spitze des Ventoux ragt 1911 Metr. darüber hinaus. ' Nach 
den mitgetheilten Beobachtungen zeigt die Temperatur auf 
der Spitze des Ventoux, im Vergleich zu derjenigen von Avignon, 
innerhalb der Sommermonate eine Differenz von 14,3° ©. und 


- wärend der Wintermonate eine Differenz von 10,15°. Auch 
" die übrigen physikalischen Verhältnisse werden mit vieler 


- 


Sachkenntnifs speciell erörtert, n 
Die Vegetation des Berges Ventoux wird durch Herrn 
Martins nach" dem Vorherrsehen characteristischer Pflanzen 
in folgende Regionen getheilt. Auf dem südlichen Abhange 
stellen sich 6 Regionen dar: ' 
1) Die Region von Pinus alepensis. Dieser Baum, welcher 
die Wälder in Syrien und an den Ufern des Mittelländi- 
schen Meeres bildet, erhebt sich bis zu der Höhe von 
303 bis 430 Metr. ; die übrigen characteristischen Pflanzen 
daselbst sind ebenfalls die der Flora der Ufer des Mittel- 
ländischen Meeres. 3 i 

2) Die Region des Quercus Ilex.; sie reicht hinauf bis 
450 und 540 Metr. 

3) Die Region des Thymus vulgaris und des Lavendel's; 
sie reicht hinauf bis zu 1150 Mötr. und ist von Bäumen 
entblöfst. 

4) Die Region der Buchen, welche von 1133 bis 1660 Metr. 
hinaufsteigen. DIE 

5) Die Region des Pinus uncinata, von 1650 bis 1810 | 
Mötr, 4480 Mötr. ist die untere Grenze dieses Baumes. 

6) Die alpine Region; von 1810 bis zu 4911 Mötr.‘ sich er- 
streekend. ‚ 

Auf der nördlichen Seite fehlt die Region von Pinus ‚alepensis, 
Maulbeerbäume, Weinreben u. s. w. fassen daselbst die Basis 
des Berges ein, worauf die Region der 'Stechpalme (Quercus 
Tlex.) folgt, welche sich bis zu 618 Mötr. Höhe erhebt. Die 

eite Region ist die der Nufsbäume, welche bis 617 und 

» Metr. emporsteigt; zwischen 797 und 910 Mötr. ist der 


148 


Boden, mit Lavendel und Thymus bekleidet, aber keine baum- 
artige Vegetation characterisirt.diese Zone. Hierauf folgt die 
Region der Buchen; sie herrscht zwischen 310 bis 1376 Metr, 
‚In der vierten Region sind Pinus uncinata und Abies excelsa 
characeteristisch, die sich bis über 1720 M£tr. erheben, und in 
der fünften Region findet die alpine Vegetation statt.‘ Bei 
allen. diesen einzelnen‘ Regionen sind die hauptsächlichsten 
kraut- und strauchartigen Pflauzen angegeben, so, dafs man 
ein vollständiges Bild von der Vegetation jenes Berges erhält, 
was aber sicherlich nicht der Fall sein würde, wenn wir eine 
phytostatische Uebersicht der daselbst gefundenen Pflanzen er- 
halten hätte. Am Schlusse der Abhandlung findet sich ein 
Verzeichnifs, der phanerogamen Pflanzen des Berges Ventpux 
nach natürlichen Familien geordnet, und aufserdem giebt Herr 
Martins noch specielle Angaben über die Vegetations- Ver- 
schiedenheit, welche sich auf der nördlichen und auf, der süd- 
lichen Seite jenes Berges zeigt. Auf der nördlichen Seite des 
Berges fehlt die Region des Pinus alepensis, ‘weil der Fufs 
des Berges daselbst nur 30 Mötr. über der oberen. Grenze 
jenes; Baumes ‚liegt. . Die untere Grenze von Satureja man- 
tara, Nepeta graveolens und des Lavendel’ ist auf der nörd- 
lichen Seite viel niedriger als auf der südlichen, und die obere 
Grenze des Quercus llex ist daselbst mehr erhöht. Die un- 
tere Grenze der nördlichen Pflanzen, als des Wachholder- 
strauches, 'der,Buche und des Pinus uneinata ist im Mittel 
an 222 Mötr. niedriger als auf der entgegengesetzten südlichen 
Seite, Dagegen steigen alle Pflanzen mit ihren oberen Gren- 
zen auf der Südseite höher hinauf als auf der Nordseite des 
Berges; die Differenz beträgt für einige Pflanzen, welche spe- 
ciell angeführt werden, 245 — 246 Mötr. 

Bei'der Vergleichung der Grenzen für. die vertikale Ver- 
breitung einiger Gewächse des Berges Ventoux mit deren 
Grenzen in, der horizontalen Verbreitung gebraucht Herr Mar- 
tins schr passend, den Ausdruck „des lignes isophytes“ 
dessen man sich ebenso bedienen kann wie der isothermen 
Linien. 

Inder Einleitung, welche Graf Sternberg zu den letz- 
ten, Lieferungen (7. und 8. 1838) seiner Flora der Vorwelt 
gegeben hat, lehrt derselbe, dafs die Entwickelung des Pflanzen- 
lebens auf der Erdkruste mit grofser Wahrscheinlichkeit in 
folgender Art stattgefunden habe: 

4) Dafs die erste Vegetationsperiode schon sehr frühe begon- 
nen habe,' weil ein Theil davon schon in der Bildung des 
Thonschiefers ihr Grab gefunden hat. 

2) Dafs diese Vegetation zwar einfach, aber grofsarlig war; 
dafs sie aus Pflanzen bestand, deren viele gegenwärtig. 


149 


nicht lebend wiedergefunden werden, deren Analogieıl 

oder Familienverwandte dermal nur in dem heifsen Erd- 

gürtel oder zwischen den Tropen wohnen. 

3) Dafs diese Pflanzen, eine bisher einzige Ausnahme abgerech- 
net, in der nachfolgenden zweiten Flora nur selten der 
Gattung nach, vielleicht gar nicht der Art nach, wieder 
vorkommen, daher die erste Flora, in so weit sie bekannt 
ist, über die ganze Erdkruste verbreitet und übereinstimmend 
war, von der zweiten Flora jedoch scharf abgeschnitten: ist. 

4) Dafs die zweite Flora durch alle nachfolgenden Forma- 
tionen zwar öfter gestört, doch nirgends scharf abge- 
schnitten ist, sondern unbemerkt in die dritte Flora über- 
geht, welche nur botanisch durch die Veränderung der 
Zahlenverhältnisse der akotylen und monocotylen Pflauzen 
gegen die dieotylen, und ihr mehr europäisches Ansehen 
geschieden werden kann. 

5) Dafs sowohl in der zweiten als dritten Vegetationsperiode 
der Parallelismus der Formation nicht mit jenem der Vege- 
tation zusammenfällt, wodurch die blofs in aufsteigender 
Reihe entworfenen Floren nicht hinreichen um ein allge- 
meines Bild der Vegetation einer Zeitperiode darzustellen; 
dafs man sich daher wird bequemen müssen, die Floren 
der Formationen nach geographischer Verbreitung einzeln 
zusammenzustellen, und es einem künftigen Linnee für 

- die Vorwelt zu überlassen ist, aus diesen einzelnen Ar- 

beiten ein Ganzes zusammen zu bauen u. s. w. 

Die mineralischen Kohlen stehen in einem direkten Ver- 
hältnisse zu den ehemals vorhandenen Floren und zu der, 
Dauer der Vegetationsperioden. Man denke sich, sagt Graf 
Sternberg, einen Urwald zu einer Zeit, wo es weder Men- 
schen noch pflanzenfressende Thiere gegeben hat, und lasse 
diesen in einem warmen und feuchten Klima durch eine un- 
bestimmt lange Zeit fortvegetiren *), alle Abfälle von Aesten, 
Blättern, Saamen, Früchten und vermodernden Stämmen dem 
Boden wiedergeben, und so sich mehrere Pflanzengenerationen 
übereinander aufbauen, so wird eine Masse von Modererde 
aus der Rinde, dem Holze, den Früchten, Saamen, Blättern . 
und der sämmtlichen Vegetation kleinerer Pflanzen bestehend 
geliefert werden, und auf dieser die noch lebende Vegstation 
vorhanden sein, so dafs man sehr grofse Räume damit wird 
ausfüllen können. Denken wir nun eine Erdrevolution hinzu, 
wo ein Orkan die lebende Vegetation niederstürzt, und eine 
mit Sand und Schlamm geschwängerte Wasserbedeckung darauf 


*) Herr Nöggeraih hat in einem Baume der Braunkohle 79 
" eoncentrische Jahresringe gezählt, 


150 


folgt, so haben wir das getreue Bild, wie dermal die oberen 
Ablagerungen der Steinkohlen wirklich gefunden werden, wo 
nämlich auf dem Dache der festen Schlammmasse sowohl nieder- 
liegende, als aufrechtstehende Bäume und Pflanzennabdrücke 
in Menge aufgehäuft gefunden werden u. s. w. . 

Die zweite Flora scheint auf kleinere Räume und kürzere 
Vegetationsperioden beschränkt gewesen zu sein; die -baum- 
artigen Farrn, die Lepidodendra, die Stigmarien waren ver- 
schollen; Equisetaceen, Calamiten, Zamiten, Coniferen,. 
kleine Farrn und Gräser, Tangen und wenige dikotyledonische 
Pflanzen traten an ihre Stelle und bildeten unter sich ver- 
schiedene Floren, welche, indem sie sich immer erneuerten 
oder fortsetzten, theilweise in verschiedenen Revolutionen 
untergegangen sind. . 

Erst in der dritten Flora erhalten wir wieder die Ueber- 
zeugung von einer in einer längern Zeitperiode 'ausgebreiteten 
Vegetation, die aus eıgenthümlichen Landpfianzen bestand und 
sich als Nadel- und Laubhölzer verschiedener Arten Jdarbieten, 
von denen man zuweilen ganze Stämme mit wohlerhaltener 
Holztextur antrifft. 

Herr Beilschmied *) hat über einige phytogeographi- 
sche Gegenstände gehandelt, welche theils als Ergänzung zu 
Watson’s Bemerkungen über die geographische Verbreitung 
der Gewächse Grofsbritannien’s dienen sollen. Im. ersten. Ab- 
schnitte ist über die sogenannte Bodenstetigkeit der Pflanzen 
die Rede, welche auch in unsern Jahresberichten schon so 
oft zur Sprache kam. Herr Beilschmied führt eine Reihe 
von Beobachtungen der Herren Heer, Wirtgen und Sauter 
an, welche sehr bestimmt gegen eine grofse Menge von spe- 
ciellen Beobachtungen sprechen, auf welche Herr Unger 
seine Ansichten über die Bodenstetigkeit der Gewächse aus- 
sprach. Herr Unger fand in dem nordöstlichen Tyrol 112 
sogenannte kalkstete Phanerogamen, doch eine so grofse 
Menge von diesen Gewächsen wurde von den Herren Heer 
und Wirtgen meistens auf Schiefer gefunden, dafs nur noch 
41 als kalkstet zurückbleiben, welche Herr Beilschmied 
auch speciell aufführt. So gehen auch von 31 schiefersteten 
Pflanzen des Herrn Unger 15 ab u. s. w. lliernach werden, 
wie Referent glaubt, die eifrigen Vertheidiger jenerLehre von 
der Abhängigkeit der Pflanzen von ihrem Boden in geognosti- 
scher Hinsicht wohl einsehen, dafs die Herren Schouw, De 
Candolle, Referent, Treviranus u. s. w., welche sich da- 
gegen ausgesprochen haben, ebenfalls auf das Vorkommen der 
Gewächse, in Bezug auf ihre Bodenabhängigkeit in verschie- 


*) Flora oder botanische Zeitung. 1838, 11. pag. 537 etc. 


151 


denen Ländern und auf verschiedenen Gebirgen umgesehen 
haben; Letzteres scheint dem Ref. hiebei am wichtigsten zu 
sein, und jeder Reisende, der ohne vorgefafste Meinung ver- 
schiedene gebirgigte Länder in dieser Hinsicht besucht, wird 
sich hievon sehr bald überzeugen können. 

Ein zweiter Abschnitt handelt von den Pflanzen - Verhält- 
nissen in verschiedenen Gebirgshöhen. Herr Beilschmied 
hat die Listen der Pflanzennamen berechnet, welche Herr 
Heer für die einzelnen Regionen eines Theils der Schweizer 
Alpen im Jahre 1836 mitgetheilt hat; die dabei erhaltenen 
Verhältnifszahlen sind mit den Floren Deutschland’s, Holland’s, 
Dänemark’s, Schweden, Labrador, Lappland u. s.w. verglichen 
und in Form zweier grofser Tabellen mitgetheilt, deren An- 
fertigung gewils viel Arbeit gekostet haben mag und wofür 
die Wissenschaft Herrn Beilschmied : sehr verpflichtet ist. 
Aus diesen Tabellen ersieht man, dafs das relative Zunehmen 
oder Abnehmen der Pflanzen einzelner Familien beim Aufstei- 
gen auf die Gebirge ebenso eine gewisse Regelmäfsigkeit zeigt, 
wie gegen die Poie hin. Das Zu- oder Abnehmen geschieht 
nur bei einigen Familien, z. B. der alpinen, in stärkeren 
Schritten u. s. w, 

Referent hat dergleichen Berechnungen für die verschie- 
denen Regionen eines Gebirges zuerst in seiner Pflanzen- 
Geographie: mitgetheilt; damals gab es noch fast ‚gar kein 
brauchbares Material hiezu. Nur De Candolle’s Angaben 
über die Höhenausbreitung der Gebirgs-Pflanzen Frankreichs 
konnte Referent benutzen, und diese gaben mitunter Resultate, 
welche nur als unvollkommen gelten konnten. Ich sprach 
aber schon damals die Vermuthung aus, dafs sich die Gleich- 
heit der Quotienten für die einzelnen Familien mit denjenigen, 
in den entsprechenden Zonen noch deutlicher zeigen würde, 
wenn das Material vervollständigt würde. Dieser Fall ist jetzt 

‚ eingetreten, meine Vermuthung, welche aus der Anschauung 
der Natur geschöpft war, ist bestätigt, wenn-auch Herr Beil- 
schmied meine Arbeit absichtlich übergeht oder dieselbe 
verkleinert; was gegen die Resultate derselben zu sagen ist, be- 
sonders wegen des unvollkommenen Material’s, das habe ich selbst 
schon einige Jahre früher gesagt, Die Heer’schen Pflanzen- 
Verzeichnisse für die verschiedenen Regionen im Canton Glarus 
sind zwar sehr schätzenswerth, sie würden es aber noch weit 
mehr sein, wenn bei jeder Pflanze der höchste und der nie- 
drigste Standpunkt angegeben wäre, an welchem man dieselb 
beobachtet hat; dann erst könnten die statistischen Berechnungene 
für die verschiedenen „Regionen richtig ausgeführt werden. 
indessen auch die, schon gegenwärtig erhaltenen Resultate be- 
stäligen es, dafs die Vegetation in den verschiedenen Zonen 


152 

der Ebene nicht nur in physiognomischer, sondern auch in 
statistischer Hinsicht mit der Vegetation in den entsprechehden 
Regionen der Gebirge zu vergleichen ist. 

Herr v. Martius*) hat eine umfangreiche Arbeit über 
die geographische Vertheilung der Palmen gegeben, welche er 
in 5 Gruppen eintheilt, nämlich in: Arecinae, Lepidocaryinae, 
Borassinae, Coryphinae und Coccinae. Die Vertheilung 
der bisher bekannt gewordenen Palmen ist hiernach folgende: 


In der alten Welt. In der neuen Welt: Zusammen. 


Arecinae 53 45 97 
Lepidocaryinae 60 7 67 
Borassinae 11 h 24 35 
Coryphinae 33 24 57 
Coceinae 2 99 101°: 
Summa 159 199 357 


Von diesen 357 Palmen enthalten: Europa4, Neuholland 6, 
Neusceland 1, oceanische Inseln 2, Afrika13, Asien 132 und 
Amerika 198. 

Herr v. Martius giebt hierauf eine Eintheilung der Ve- 
getation Amerika’s nach seiner individuellen Ansicht in 14 
besondere Florenreiche, welche er alsdann einzeln schil- 
dert und besonders auf den Antheil aufmerksam macht, wel- 
chen die Palmen bei der Darstellung derselben zeigen. Diese 
Reiche sind: 4).Das canadische Reich; 2) das nordwestliche 
Reich; 3) das von’Florida und dem Missisippi Gebiete; 4) das 
des aufsertropischen Mexieo’s; 5) das Florreich der Antillen; 
6) das mexikanische innerhalb des Wendekreises; 7) das von 
Neu-Granada; 8) das von Peru; 9) das von Bolivien; 10) das 
vom Orinoco- und Amazonas-Gebiete; 11) das vom südlichen 
Brasilien; 12) das von dem extratropischen Südamerika dies- 
seits der Andes; 13) das von Chile und 14) das von Patago- 
nien, den Magellans Ländern nebst den Maluinen. In dem 
.Sten Hefte des grofsen Werkes über die Palme, welches so- 
eben erschienen ist, findet man mehrere graphische Darstellungen, 
welche Herr v. Martius, über die Verbreitung der Palmen ge- 
geben hat, so wie auch die Bezeichnung der Haupt-Florenreiche 
nach den vorgetragenen Ansichten. 


*) Ueber die geographischen Verhältnisse der Palmen mit beson- 
derer Berücksichtigung der Haupt.Florenreiche. — Münchener gelehrte 
Anzeigen von 4838. VI. pag. 627 etc. 


’ 


Bericht über die Leistungen . 
im 
Gebiete der Helminthologie 
"während 
dies, .hahres, 1938 


von 


Dr. C. Th. v. Siebold. 


Bevor ich über die im Jahre 1838 gelieferten helminthologi- 
schen Arbeiten berichte, sind zwei Werke zu erwähnen, welche 
im Jahre 1837 erschienen sind, mir aber bei Abfassung des 
vorjährigen Berichts dem Inhalte. nach noch nicht ‚bekannt 
waren. Das erste Werk, welches indessen keines Auszugs 
fähig ist, verdient die Beachtung der Helminthologen im hohen 
Grade, ich meine nämlich den von Owen gelieferten Artikel 
„Entozoa“ in der von Todd herausgegebenen Eneyclopaedie'). 
Owen theilt hier die Helminthen in drei Klassen, die er Protel- 
mintha, Sterelmintha und Coelelmintha benennt; die beiden 
letzten Klassen entsprechen Cuvier’s Vers intestinaux pa-. 
renchymaleaux und cavitaires, daher wir auch die Planarien 
mit abgehandelt finden. Die Protelminthen theilt Owen in 
die beiden Tribus Cercariadae und Fibrionidae, zu ersteren 
werden die Spermatozoa (ohne Augen und Mund), und die 
Cercariae (mit Augen und Mund) gerechnet. Der zweite 
Tribus umfafst die Vibrionen: Anguillula, Bactrium, Spiril- 
lum und Vibrio nebst der Trichina spiralis. Die Helmin- 
then des Menschen werden genau beschrieben und durch in 
den Text eingedruckte recht gute Holzschnitte dargestellt. 


4) The cyelopaedia of anatomy and physiology. London 1837. 
pag. 141 —144. (Ist einzeln zu haben.) 
V. Jahrg. 2. Bd, 11 


154 


Hierauf folgt eine sehr fleissige Zusammenstellung desjenigen, 
was über die Anatomie der Helminthen bisher bekannt gewor- 
den ist; auch dieser Theil der Abhandlung ist mit schönen 
Holzschnitten (Copien aus älteren helminthologischen Schriften) 
ausgestattet. x 

Das zweite Werk ist weniger zu rühmen. Zu der von 
Grundler besorgten französischen Uebersetzung des bekannten 
Bremser’schen Werkes ist nämlich ein neuer Atlas mit Be- 
merkungen von Leblond herausgegeben worden ?), welcher, 
statt der früheren XII Steindruck-Tafeln, jetzt XV solcher 
Tafeln enthält. Die oft sehr undeutlichen Figuren stehen nicht 
wie früher auf schwarzem, sondern auf weifsem Grunde; neu 
hinzugekommen sind die Abbildungen von Acephalocysten, von 
einer grofsen Traubenmole, von Trichina spiralis, Prodicoelia 
ditrema aus dem Darme einer Python-Schlange, von Cate- 
nula lemnae, Ligula simplicissima und uniserialis, ferner 
von Spermatozoen des Menschen (sehr undeutlich) und von 
Tricho-Monas vaginae (ebenfalls sehr undeutlich); diesen 
neu hinzugekommenen Abbildungen so wie zu Filaria medi- 
nensis und Gordius (Filaria) hat Leblond Bemerkungen 
beigefügt, welche gröfstentheils aus früheren helminthologischen 
Abhandlungen entnommen sind. 


Nematoidea 


Eine kurze, aber interessante Abhandlung über Filaria 
medinensis hat uns Birkmeyer geliefert, welcher 1836 Ge- 
legenheit gehabt hatte, auf einer Reise nach Batavia unter 80 
von Ober-Guinea mit an Bord genommenen Negern 16 Indi- 
viduen an jenen Würmern leiden zu sehen?). Bei einem 
Neger kam aus einer Geschwulst am Serotum der Wurm von 
selbst ohne Schmerzen hervor, das Geschwür, welches er hin- 
terliefs, heilte erst nach sechs Wochen. Die beiden von 


2) Traite zoologique et physiologique sur les vers ıntestinaux 
de U’homme, par M. Bremser. Nowvel Atlas avec un texte expli- 
catif renfermant des observations inedites, par Charles Leblond. 
Paris 1837. 

3) De Filaria medinensi commentatio proprüs observationibus 
illustrata. Auctore Joh. Matth. Birkmeyer. Cum tabula aenea. 
Onoldi 1838. 


155 


Birkmeyer mitgebrachten Guinea-Würmer sind von Rudolph 
Wagner beschrieben worden *). 


Es sind zwei weibliche Individuen, das eine ist 26 Zoll lang, 
in der Mitte des Leibes 4 Lin. dick, am Vorderende etwas ver- 
schmälert. Um den Mund herum bemerkte Wagner vier kleine 
härtliche Papillen, das Schwanzende lief in einen dünnen stark 

ekrümmten Haken aus. Das andere Individuum war an seinem 

orderende geborsten, und mit zarten Querlinien versehen. In 
beiden Würmern konnte Wagner weder einen After noch 
eine Geschlechtsöffnung auffinden. Durch den ganzen Leib hin- 
durch erstreckte sich eine milchweilse Röhre, welche Wagner 
für das Ovarium hielt, da er an vielen Einschnitten, welche 
er an verschiedenen Stellen des Wurm -Körpers anbrachte, sehr 
zarte Fäden, vielleicht die Brut des Wurms, aus jenem Organe 
hervorziehen konnte, Leider waren die beiden Würmer zu 
schlecht erhalten, um genawer untersucht werden zu können. 
Es stimmt die Beobachtung Wagner’s mit der von Jacobson 

ger 3 Kr I 
vor einigen Jahren gemachten Mittheilung (Froriep’s Notizen. 
B. 40. pag. 57.), dals bei Eröffnung einer durch den Guinea- 
Wurm verursachten Geschwulst eine ungeheure Menge kleiner 
fadenförmiger Würmer hervordrangen, in sofern überein, wenn 
man annimmt, dals die Filaria medinensis ein lebendig gebären- 
der Rundwurm ist. : 


Interessant ist der von Guyot erzählte Fall°), dafs in » 
Amerika der Medina-Wurm, welcher bekanntlich in jenem 
Welttheile nur an aus Afrika eingeführten Negern beobachtet 
wird, sich bei einem Europäer entwickelte, der ebenso wenig 
je in Asien oder Afrika gewesen war, wohl aber in einem 
Hause wohnte, in welchem unlängst mehrere Transporte von 
Guinea frisch herübergebrachter und vom Medina- Wurn: ge- 
plagter Sclaven einquartirt gewesen waren. j 

Morren machte über die feinere Struktur der Ascaris 
- Aumbricoides folgende Mittheilungen ®). 


Der Oesophagus besteht aus Querfibern, deren eine jede 
aus einer in einer Scheide steckenden granulirten Masse zusam- 
mengesetzt ist; diese granulirte Masse hat die Neigung, Quer- 
falten zu bilden. Der Magen oder die zweite Abtheilung des 
Verdauungskanals zeigt Querfalten, welche unter sich anastomo- 
siren. Morren spricht zugleich ‘von einer Längs-Rhaphe, an 
welcher die Querfalten endigen, und schreibt eine solche Rhaphe 
auch dem Oesophagus zu. Ref. kann sich mit dieser Angabe 


4) Ebendaselbst pag. 16. 

5) Froriep’s neue Notizen. B. VIII. 1838, pag. 231. 

6) Annales des sciences naturelles. T. IX. 1838. pag. 314. ‚Re- 
marques sur lanatomie de l.Ascaride lombricoide, Par M.Ch.Morren. 


1 


156 


nicht recht verständigen, denn der Oesophagus des Spulwurms 
besitzt eigentlich drei solcher Rhaphen, wenn man es so nen- 
nen will, indem der Oesophagus dieses Wnrms, so. wie der 
der meisten übrigen Nematoideen, aus drei von (Querfibern zusam- 
mengeselzten Längsbalken besteht, welche unter sich durch drei 
Nähte so verbunden sind, dals sie eine längliche dreikantige 
Höhle einschlielsen; die drei Flächen, welche die drei Längs- 
balken zur Bildung dieser Höhle darbieten, zeigen ın ihrer Mitte 
bei 4. lumbricoides der Länge nach eine Erhabenheit, wodurch 
die Höhle ganz jene Gestalt gewinnt, welche Cloquet (Ana- 
omie des vers intestinausx. Pl. II. Fig. 4.) abgebildet hat.. Die 
innere Fläche des Oesophagus fand ich bei den Nematoideen 
immer mit einer festen glatten Haut, wahrscheinlich der Fort- 
setzung der Epidermis ausgekleide. Die Wände des Magens 
bestehen nach Morren aus einem Netze kreisförmiger kernloser 
Zellen, während das Epithelium desselben von ovalen oder koni- 
schen Bläschen gebildet wird, in welchen eine grofse Menge 
elber nach Menschenkoth riechender Kügelchen enthalten ist. Der 
Dickdarm, das erweiterte Ende des Verdauungskanals, weicht 
wenig von der eben beschriebenen Bildung ab. Als Leber und 
Gefälssystem werden von Morren die beiden weilslichen Bänder, 
welche sich am Leibe des Wurmes herabziehen, und die beiden 
ihnen aufliegenden sehr dickwandigen Längsgefäßse betrachtet. 
Jedes weilsliche Band sah derselbe aus einer zahllosen Menge 
dicht aneinander gedrängter Bläschen bestehen. Die birnförmi- 

en Bläschen, welche mit ihrem Stiele zwischen den Muskeln 
= Cutis befestigt sind, erklärt Morren für den Respirations- 
Apparat, welche Ansicht vor mehreren Jahren schon By 
ausgesprochen hat (Isis. 1821. pag. 187.) Ob die beiden seit- 
lichen Längsfäden wirklich Nerven sind, stellt Morren noch in 
Frage. Das von ihm. über den Geschlechtsapparat der Weibchen 
Gesagte trägt wenig zur Vermehrung unserer Kenntnisse bei; 
die noch unentwickelten, an dem einen Ende zugespitzten am 
anderen Ende verbreiterten und mehrmals eingekerbten Eier 
sind ihm räthselhafte Körper geblieben. 


Miram macht von neuem auf gewisse krankhafte Zufälle 
aufmerksam ”), welche die anatomische Untersuchung der 
Ascaris megalocephala Cloqu. bereits zweimal an ihm her- 
vorgebracht habe, wobei Niesen, Anschwellen der Thränen- 
karunkeln, starke Thränensekretion, heftiges Jucken und Auf- 
schwellen der Finger konstant waren. 

Hammerschmidt in Wien macht uns mit verschiedenen. 
neuen Helminthen der Insekten bekannt ®), ohne jedoch eine 


7) Froriep’s neue Notizen. B. VI. 1838. pag. 108. 
8) Zeis. 1838. pag. 351. Helminthologische Beiträge von Dr. 
Hammerschmidt. Taf, IV. (Mit Anmerkungen von Leuckart.) 


157 


x 


Charakteristik der von ihm als neu aufgestellten Gattungen zu 
geben. 


Ref. kann mehrere derselben durchaus nicht als Helminthen 
anerkennen, da Hammerschmidt die unversehrten wurmför- 
migen Spermatozoen-Bündel wehrerer Insekten für Nematoideen 
genommen hat. Aus der Gattung Oxyuris hat H. 10 neue Ar- 
ten in Insekten aufgefunden, von denen 4 Arten, ©. Leuckarti 
aus dem Blinddarm der Melolontho apriliana, O. gracilis aus 
dem Blinddarm von Melolontha Fullo-Larven, O. depressa aus 
dem ÜCoecum der Larven von ÜCetonia marmorata« und ©. Diesingi 
aus dem Dünndarm der Blatta orientalis beschrieben und abge- 
bildet werden. Filarina vitrea im Dünndarm des Trichius hemi- 
plerus und Anguillina monilis im Dünndarm des Aphodius con- 
spurcatus von-H. entdeckt, scheinen zu den einfacher organi- 
sirten Nematoideen zu gehören. Wenn H. behauptet °), dals 
bei den Insekten die gröfsten Spermatozoen zu finden wären, 
und sich dabei auf die Schmetterlinge beruft, in deren Samen- 
gelälsen er Spermatozoen von + bis 2 Wien. Lin. Länge ange- 
troffen habe, so hat derselbe sich täuschen lassen, denn alle die 
von ihm beschriebenen und abgebildeten als zu den Uroideen 
Czerm. gehörigen Spermatozoen, nämlich) Pagiura aus den Sa- 
mengefälsen von Gleonis glauca, Spirulura Noctuae puellce, Ti- 
neae pellionellae und Papilionis Rhamni, sowie Cincinnura Omasiü 
leucophthalmi sind nichts anders als unversehrte Spermatozoen- 
Bündel, wie ich einen solchen in Müller’s Archiv (1836. 
Tab. III. Fig. 16.) aus de apilio Napi abgebildet habe. 

Die zu Fibrio und uillula gehörigen Thierchen zählt 
Ehrenberg mit Recht zu den Fadenwürmern "°), ihr Wie- 
deraufleben nach dem Tode erklärt derselbe. für eine Fabel!!), 
und schreibt ihnen, wie vielen Infusorien eine amphibische 
Lebensart zu, aus der sich die übrigen Erscheinungen einer 
Wiederauferstehuug erklären lassen '?). 

Vom Ref. wurden zwei geschlechtslose Nematoideen be- 


schrieben '°), von denen die eine Art bisher als Filaria pis- 


9) Ebendas. pag. 358. 

40) Ehrenberg: Die Infusionsthierchen als vollkommene Or- 
ganismen. 1838. pag. 82. 

11) Ebendas. pag. 494. 

42) Dafs die unter den Augen des Beobachters lebendig werdenden 
Räderthiere und Fadenwürmer u. s. w. gestorben seien, hat wohl 
in Wahrheit kein Naturforscher neuerer Zeit geglaubt, sondern man 
verglich ibren Zustand sehr richtig einem, durch den Mangel der äufse- 
ren Lebensbedingungen herheigeführten Scheintode. Herausgeber. 

43) Wiegmann’s Archiv. 4838. I, pag. 302. Vierter helmin- 
thologischer Beitrag. 


458 

cium Rud. bekannt gewesen ist und die andere vielleicht ‘zu 
dem neuen Genus Trichina gehört. Creplin stellte in Be- 
zug auf diese geschlechtslosen Nematoideen den Satz auf !*), 
dafs die in einem geschlossenen Balge wohnenden Rundwürmer 
niemals Geschlechts-Organe befäfsen. 

Ammon bildet eine Filaria oculi ab "5); dieselbe rührt 
von dem rechten Auge eines 61 jährigen Mannes her, welchem 
Ammon einen äufserlich mehr pulpösen, innerlich aber mit 
einem harten Kerne versehenen Staar ausgezogen hatte. Die 
' vergröfserte Abbildung (Fig. 23.) dieses Wurms ist übrigens 
nicht sehr schön. 

Ueber Würmer, welche sich unter der Conjunctiva des 
menschlichen Augapfels aufhielten, berichtet Guy ot zweiFälle!°), 
welche den älteren von Bajon (Froriep’s neue Not. B.|VII. 
pag. 229. und Mongin (Gescheidt: die Entozoen des Auges 
pag.3.) gemachten Beobachtungen an die Seite zu stellen sind; 
leider erhalten wir über die eigentliche Beschaffenhe® der 
Würmer selbst ebenso unvollkommene Nachricht wie früher. 

Herr Blot, ein Arzt und Gutsbesitzer auf Martinique traf 
bei einer Negerin von Guinea zwei kleine Würmer an, die sich 
mit vieler Behendigkeit zwischen K Conjunctica und Sclerotica 
bewegten und von ibın mittelst eiM®s in dıe Conjunctiva gemach- 
ten Einschnittes ausgezogen-wurden; einer dieser Würmer ist 
47 rhl. Lin. lang, fadenförmig, bräunlich und an dem einen 
Ende spitzig, am anderen dagegen mit einer schwarzen Warze 
versehen. Man weils wirklich nicht, was man aus diesem Wurme 
machen soll, gehört er wirklich zu den Helminthen, so möchte 
er vielleicht mit der Filaria lacrymalis Gurli., dem Thränen- 
fadenwurm des Pferdes und Rindes verwandt sein, auf der an- 
deren Seite läfst wiederum die an dem einen Ende des Leibes 
befindliche schwarze Warze (Kopf oder Stigma?) an eine Di- 

teren-Larve denken. Der zweite Fall ist von Guyot selbst zu 

lompox am Magdalenenflusse in Nensrenade beobachtet worden; 
dort sah er bei einer 23—30 Jahre alten Negerin, welche schon 
erwachsen von Afrika herübergekommen war, zwischen Con- 
junctiva und Sclerotica des einen Auges einen Wurm umher- 
riechen und eine kitzelnde Empfindung verursachen. 


44) Ebendas. pag. 373. Helminthologische Bemerkung. 

45) Ammon: Klinische Darstellungen der Krankheiten des 
menschlichen Auges. Mit 23'illum. Tafeln. Berlin1838. Fig. 22. 23. 

16) Froriep’s neue Notizen. B. VIII. pag. 229. Ueber Würmer, 
welche sich unter der, ‘den vorderen Theil des menschlichen Auges 
bedeckenden, Schleimhaut aufhalten. . 


159 


Bei Cucullanus elegans befinden sich nach Creplin’s 
Beobachtung! ?)zwischen dem Schlunde und der Körperbedeckung 
vier ansehnliche lange bandartige Säckchen, welche derselbe 
für. Exeretions-Organe ansehen möchte. 

Miescher entdeckte bei Pferden auf der Schleimhaut 
des Blind- und Mastdarmes kleine Erhabenheiten, in welchen 
kleine Nematoideen verborgen steckten '°). 

Verf. erklärt diese 2} Lin. langen Thierchen für die Em- 
bryonen der kleinen Varietät von Sirongylus armatus, und spricht 
dabei die Ansicht aus, dafs- die gröfseren und kleineren Palli- 
sadenwürmer, welche sich im Darmkanale der Pferde vorfinden, 
nicht blofse Varietäten sondern wirklich zwei verschiedene Arten 
seien. Diese beiden Arten sind durch Mehlis und Gurlt schon 
seit einigen Jahren in Deutschland als 82. armatus Rud. und St. 
tetracanihus Mehl. bekannt. Miescher schlielst auf die Art- 
Verschiedenheiten dieser Helminthen deshalb, weil er einmal in 
der Darmschleimhaut eines Pferdes einen blasenartigen Behälter 
gesehen habe, der einen 45 Lin. langen rothen Wurm, wahr- 
scheinlich einen Embryo der grolsen Varietät des St, armatus, 
enthalten habe. ’ 

Berthold hat versucht !°), eine Anatomie des Gordius 
aqualicus zu geben und zeigen wollen, dafs dieses räthsel- 
hafte Thier ein Zwitter sei und in mancher Beziehung den 
fadenförmigen Eingeweidewürmern, namentlich den eigent- 
lichen Filarien sehr nahe stehe. Meine Untersuchungen stin- 
men mit diesen Angaben durchaus nicht überein *°), ich habe 
vielmehr bei diesem Wurme immer ein getrenntes Geschlecht 
‚angetroffen, und niemals eine Verwandtschaft desselben mit 
den Nematoideen herausfinden können. 


Acanthocephala. 


Creplin hat wiederum eine sehr tüchtige Arbeit üher 
die Gattung Echinorrhynchus geliefert ?'), in der wir mit 


17) Allgemeine Encyclopädie für Wissenschaften und Künste von 
Ersch und Gruber. Th. 30. 1838. pag. 386] 

18) Annalcs des sciences naturelles. Tom. X. 4838. pag. 191. 

19) Göttingsche gelehrte Anzeigen. 122. 123. Stück. August 1838, 
pag. 1289. 

20) Wiegmann’s Archiv. 1838. I. pag. 302. 

21) Allgemeine Eneyclopädie der Wissenschaften und Künste, von 


Ersch und Gruber. Th. 30. 4638. pag. 373-393. Echinor- 
rhynchus. 


160 


vieler Umsicht die an den Kratzern angestellten älteren Beob- 
achtungen zusammengestellt und viele neue Bemerkungen hin- 
zugefügt finden. N 

So hat Verf. beobachtet, dafs die Stacheln, welche den 
Leib des E. strumosus reihenweise bedecken, von ihrer Basis 
ab. mit Ausnahme der Spitze, hohl sind; die Längsmuskeln setzen 
sich bei E. Proteus und polyacanthus in den Rüssel fort. Die 
Rüsselhaken bestehen aus zwei Substanzen, einer äufseren 
(Rindensubstanz) und einer inneren, und sind aufserdem hohl. 
Das Hervorstrecken ‘des Rüssels soll nach Greplin bei E. an- 
gustatus, Proteus, haeruca und globulosus durch die Längsmus- 
keln (extensores) geschehen, als deren Antagonist ein starkes 
eylindrisches Muskelbündel (lexor) betrachtet wird, welches in 
der Spitze des Rüssels befestigt ist und gerade herabgehend sich 
am Boden des Rüsselsacks anheftet. Bei Beschreibnng des Er- 
nährungsapparates folgt Greplin im Allgemeinen Mehlis An- 
gaben. Der Mund wird in der Spitze des Rüssels, in der Mitte 
einer kleinen Papille angenommen, vom Munde aus soll die 
Speiseröhre den Ealndsechen Flexor durchlaufen. Vom unteren 
Ende des Rüsselsackes gehen zwei freie Darmröhren ab, welche 
sich nach kurzem Verlaufe an die innere Leibeswand ansetzen 
und mit den beiden grolsen Seitenkanälen des Leibes in Ver- 
bindung treten; ein After fehlt. Die beiden grolsen Seiten- 
kanäle kommuniciren mit einem über den ganzen Körper ver- 
breiteten Gefälsnetze. Die beiden sogenannten Lemnisci werden 
von Creplin für Excretions-Organe erklärt, welche nach 
Mehlis Beobachtung an der Basis des Rüssels nach aufsen 
münden. Ich kann mich mit obiger Darstellung des Ernährungs- 
Systems nicht ganz einverstanden erklären, und behalte mir vor, 
bei einer anderen Gelegenheit meine an den Echinorrhynchen ge- 
machten Beobachtungen, welche mit Creplin’s Angaben in 
mancherlei Widersprüchen stehen, zu veröffentlichen, 


Drummond machte Notizen über irländische Helminthen 
bekannt, welche, aus einer Inhalts- Anzeige zu schliefsen ??), 
über Echinorrh. acus nichts neues enthalten. 


Trematoda 
Miescher hat Gelegenheit gehabt, das interessante Mo- 
nostomum Faba Brems. zu beobachten ??). Da derselbe 
Schmalz tabulae anatomiam entozoorum illustrantes 
nicht vergleichen konnte, so mufste er es unentschieden lassen, 


22) Ann. des sciences nat. Tom. X. pag. 123. Notices of Irish 
Entozoa (Magazine of natural history, Nr. 22. 23. 1838.) 

23) Beschreibung und Untersuchung des Monostoma bijugum von 
Miescher. Basel, 1838. Mit einer Steindruck-Tafel. 


161 


ob sein Monost. bijjugum mit dem von Sömmering zuerst 
entdeckten und vonSchmalz abgebildeten und beschriebenen 
M. Faba identisch wäre; bei Vergleichung beider Arbeiten 
mit Zuziehung der neuerdings von Creplim gelieferten Ana- 
tomie des M. Faba (S. dieses Archiv. 1839. I. pag. 1.) geht 
deutlich hervor, dafs Miescher eben diesen Wurm vor sich 
gehabt hat, daher der Name M. bijugum dem älteren von 
Bremser ertheilten Namen weichen mufs, 


Die Wohnungen dieses Wurms sind häutige Bälge, welche 
unmitielbar unter der äulseren Haut von Finken liegen und diese 
letztere kugelförmig auftreiben. Miescher kennt das Vorkom- 
men dieses Schmarotzers bereits achtmal, einmal bei Fringilla 
Spinus, einmal bei F' canariensis und sechsmal bei F", domestica. 
Fast alle diese Vögel waren junge Thiere und die Sperlinge 
stammten sämmtlich aus der Stadt Basel. Der gewöhnliche Sitz 
der Bälge war die Bauchbedeckung vor dem After und die 
Rückenhaut unmittelbar über dem Steilse; an der erhabensten 
Stelle der Hervorragung befindet sich ohne Ausnahme bei allen 
eine kleine mit einer vertrockneten Materie angefüllte Oeffnung, 
welche in die Höhle des Balges führt. In jedem Balge, aus 
welchem beim Aufschneiden etwas klare Flüssigkeit hervorquoll, 
fand Miescher immer zwei 44 bis 2 Lin. lange Monostomen, 
welche die Gestalt eines Kugelsegments besalsen. In der Mitte 
des vorderen Endes dieser Würmer befindet sich die Mund- 
öffnung, ihr gegenüber ist auf einer kleinen Hervorragung das 
Foramen caudale zu erkennen. Den Charakter dieses Monostomum 
giebt Miescher auf folgende Weise an: ,„corpus depressum 
„molle obovatum, fere hemisphaericum, margine integerrimo rotun- 
„dato. Collum nullum. In medio margine anteriore porus an- 
„tcus ovalis. Cauda e medio margine posteriore prominens 
„minima, foramine caudali instructa.“* Es kommt diese Charak- 
teristik mit der von Öreplin gegebenen (a. a. O. pag. 8.) 
vollkommen überein.. Die beiden Würmer liegen in den Bälgen 
immer mit ihren flachen Bauchseiten aneinander und haben ihr 
Joramen caudale nach der äulseren Oeffnung des Balges hinge- 
richtet, wobei das Schwanzende bald des einen, bald des anderen 
Wurmes in die genannte Ocffnung hineinragt; ohne Zweifel 
schien ‚die vertrocknete Materie, welche die Oeffnung der Bälge 
verstopfie, der Auswurfstoff der Parasiten zu sein. Miescher 
weicht in der Deutung der inneren Organe dieses Monostomum 
vonSchmalz ab, stimmt dagegen mit Creplin ziemlich über- 
ein. Schmalz hat nämlich, wie Creplin mit Recht bemerkt, 
das ganze Thier umgekehrt betrachtet und den Exkretionsporus 
für den Mund en: Der Mundnapf ist mit einem Schlund- 
kopfe verschen, welcher zu einem weiten zweischenkligen 
Blinddarm ‚führt. Dieser Darm, welcher von Schmalz als die 
Hoden betrachtet wurde, ist stets mit einer schöngelben Flüs- 
sigkeit angefüllt. Das foramen caudale ist die Mündung eines 


162 IB; 


einfachen birnförmigen Exkretions-Organes, dessen tschiiee 
körnerhaltiges Gontentum von dem Thiere ruckweise hervorge- 
prefst wurde. Schmalz bezeichnete den uateren Theil .dieses 
Organs als oesophagus. Miescher konnte aulserdem,»>ch die 
Spur eines besonderen Gefälssysiems erkennen, welches jedoch 
wegen Mangel eines Mikroskops nicht genauer verfolgt werden 
konnte. Die Eierstöcke liegen als mehrere durch kleine Kanäle 
unter sich verbundene weilse Traubenbüschel zu beiden Seiten 
der Rückenfläche des Wurmes, beide Eierstöcke werden durch 
einen grölseren Quergang vereinigt, ans dessen Mitte der Eier- 
leiter entspringt. Dieser Eierleiter windet sich in mannigfalti- 
gen Verschlingungen durch den Kückentheil des Wurmes, und 


erweitert sich zuletzt zu einem weiten Schlauche (uterus). An - 


der Bauchlläche des Tbieres, in der Mitte unter dem Munde 
befindet sich die Ausmündung (vulva) des Uterus, von einem 
niedrigen Wulste umgeben. Eierstöcke, Eierstocksgang und 
Anfang des Eierleiters enthalten eine milchweilse körnige 
Substanz, im weiteren Verlaufe des Eierleiters nehmen die Kör- 
ner oder vielmehr Eier an Grölse etwas zu und färben sich 
nach und nach schwarzbraun. Miescher erklärt ein gelapptes 
drüsiges Organ, welches unter der Rückenfläche des Thieres 
liegt, für den Hoden, mit diesem gelappten Organe hängt eine 
rundliche Blase zusammen, welche die vesicula seminalis sein 
soll. Ein kurzes vas deferens tritt aus dieser Blase hervor und 
mündet, nachdem es in einen bulbus penis übergegangen ist, 
neben der vulua nach aulsen. Diese männlichen Geschlechts- 
Organe sind in sofern von Miescher nicht ganz richtig 
erkannt worden, als derselbe zwei blafsgelbe Dinsenlasige 
Körper, welche zwischen den Schlingen des Eierleiters ver- 
steckt liegen, zwar zu den männlichen Gesehlechts- Organen 
rechnet, ihnen aber nicht die Funktion der Hoden beilegt, was 
Creplin gewils mit Recht ihut, der zu gleicher Zeit das vor- 
hin erwähnte gelappte Organ als Saamenblase anspricht. Ob 
die weiblichen an männlichen Geschlechtstheile in einem in- 
neren Zusammenhange mit einander stehen, Jälst Miescher 
unbestimmt. Die beiden aneinanderliegenden Thiere wurden 
fast immer in der Copulation, zuweilen sogar in gegenseitiger 
Begattung angetroffen. Die Höhlen, in welchen diese Helmin- 
then gefunden wurden, schienen Einsenkungen der äulseren 
Haut zu sein, vielleicht die Federbälge des Vogels, in welche 
die Schmarotzer als Junge hineingerathen waren, noch ehe sich 
die Federn entwickelt hatten. 


Doyere machte über das am foramen caudale ausmün- 
dende Exkretionsorgan der Distomen einige Mittheilungen von 
geringem Interesse und behauptet zugleich ?*): dafs die Disto- 
men als Hermaphroditen nicht, wie Viele glaubten, sich gegen- 
seitig befruchteten, sondern dafs jedes Individuum sich isolirt 


24) L’Institut, 1838. pag. 398. Observations sur les Distomes. ' 


163 


befruchten könne; Doyere hat sich übrigens nicht ausgespro- 
chen, wie er zu dieser Ansicht gekommen, deren Richtigkeit 
Ref. bereits vor ein Paar Jahren “nachgewiesen hat. 

Durch Creplin, welcher Axine Belones Abildg. frisch 
untersucht hat, lernen wir diesen Schmarotzer etwas genauer ken- 
nen 25), zu gleicher Zeit sehen wir mehrere Irrthümer aufge- 
klärt, welche Diesing bei Beschreibung von Weingeistexem- 
plaren dieses Thieres (S. Annal. des Wiener Museums der 
Naturgesch. B. I. Abth. II.) begangen hat. 


Die beiden von Diesing aufgestellten, Heteracanthus peda- 
dus und sagitiatıs benannten Arten erklärt Creplin aus densel- 
ben Gründen, wie es Ref. bereits gethan (S. dieses Archiv 
4837. UI. pag. 262.), für eine und dieselbe Art, indem die Ver- 
schiedenheit in der äulsern Gestalt nur durch Einwirkung des 
* Weingeistes hervorgebracht sei. Creplin schlägt mit Beibehal- 
tung des älteren Namens als die Species- Bezeichnung Axine 
platyura vor. Derselbe erkannte zwischen den Haftorganen des 
Schwanzes von Diplozoon paradorum und denen, welche das 
Schwanzende der 4aine wie ein Saum umgeben, eine sehr grolse 
Achnlichkeit. Diese einzelnen Haftorgane der Axine, welche 
von Diesing ganz unrichtig beschrieben und abgebildet wurden, 
bestehen aus zwei Klappen, welche von mehreren hornartigen 
Bögen und einer. diese verbindenden Membran gebildet werden. 
Die Klappen sind nach aufsen convex und nach innen concay, 
und können sich nach Art der Muschelschalen öffnen und schlies- 
sen. Creplin zählte 50—70 solcher Haftorgane an einem In- 
dividuum. Am stumpfen Kopfende der Axine entstehen durch 
eine Ausrandung zwei Brhabenkekten‘ welche mit hornartigen 
körnerförmigen körperchen besetzt sind. Zwischen beiden Er- 
habenheiten befindet sich die Mundöffnung, von welcher der 
Nahrungskanal gerade herabsteigt, der sich späterhin gabelförmig 
iheilt. Unter und hinter dem Munde liegen die beiden grolsen 
. von hornartigen Platten unterstützten Haftnäpfe. Die beiden 
am Halse des Thieres befindlichen Seitenkanäle mit den vier 
drüsenartigen Körpern, welche Diesing fälschlich für zwei 
Speiseröhren und vier Magen angesehen hat, sind Creplin noch 
_ räthselhaft geblieben; die Beschreibung der Geschlechtsorgane 
der Axine, welche Creplin übrigens für einen Zwitter erklärt, 
hat sich derselbe vorbehalten, da sie schr wunderbar zusammen- 
Ber erschienen und eine noch genauere Untersuchung ver- 
angten. 


Ueber Gyrodactylus Nordm. giebt derselbe fleifsige Hel- 
minthologe einige Notizen. ?*) 


25) Froriep’s neue Notizen. Bd. VII. 1838. pag. 83. Arine Be- 
Iones Abildg ar dii. 
26) Ebenda pag. 84. 


\ 


164 


Gyrodaciylus elegans sitzt mit der Schwanzscheibe an der 
Haut der Stichlinge fest und übt mit seinem prall gerundeten 
Leibe die manniglaltugsten Bewegungen schnell und kräftig aus. 
Sehr auffallend ist es, dals dieses Thier nach Creplin’s Zeug- 
nils sich, wie die Naiden, durch Theilung fortpflanzt. Creplin 
fand diesen Schmarotzer an den Flossen und dem Körper des 
Gasterosteus aculeatus, während Nordmann denselben nur im 
Kiemenschleime des Cyprinus Brama und Carpio angetroffen. 
Ref. sah diese artige Thierchen ebenfalls nur auf den Flossen 
des Gast. aculeatus, auf welchen sie sich blutegelartig herum- 
bewegten. x 

Nordmann’s Darstellung der beiden vorderen Haftnäpfe 
des Diplozoon paradoxum berichtigt Creplin dahin ??), dafs 
auch sie mit einer hornartigen Einfassung versehen und von 
starken, wahrscheinlich muskulösen Streifen durchzogen sind. 
Derselbe fand das Diplozoon nicht blofs an den Kiemen von 
Cyprinus Brama, sondern auch von C. Balerus, Jeses, ru- 
tilus und Yimba. 

Delle Chiaje bestätigt das Vorkommen des Hexathy- 
ridium venarum Treutl. im Blute des Menschen durch zwei 
Fälle, in welchen von Phthisikern durch Bluthusten mehrere 
dieser Thiere ausgeworfen wurden ?®), 

Wir erfahren leider nichts näheres über die äufsere und 
innere Organisation dieses zweilelhalten Wurmes, sondern müssen 
uns mit folgender von Delle Ghiaje aufgestellten kurzen Cha- 
rakteristik dieses von ihm mit Polystoma sanguineum bezeichne- 
ten Helminthen begnügen: corpus teretiusculum vel depvessum, 
pori sex antici, ventralis et posticus Solitarü;. habitat in venoso 
‚systemate hominis et praesertim in ejusdem pulmonali parenchymate. 

Ein Distoma oculi humani ist von Ammon abgebildet 
worden. ?°) Von Milne Edwards wird behauptet, °°) dafs 
bei einem Helminthen (Cerebratule margine Bl.), welcher in 
der Struktur mit Planaria Aehnlichkeit hat, der ernährende 


Saft eine sehr intensive rothe Farbe darbietet®'). 


27) Ebenda pag. 87 und 89. . 

28) Fricke und Oppenheim’s ‚Zeitschrift für die gesammte 
Medizin. B. VII. 1838. pag. 99 und Froriep’s neue Notizen B. IV, 
4838. pag. 245. Ueber das Vorkommen des Polystoma in dem Blute 
des Menschen. 

29) a. a. O. Fig. 24. 25. 

30) Froriep’s neue Notizen. B. VIII, 1838. pag. 130. 

31) Ich finde diese Schmarotzergattung in Cuvier’s zögne ani- 
mal, T. 1. 1830. pag. 260. nur mit wenigen Worten, olıne ‚Angabe 
des Wohnorts erwähnt. 


165 


Garner giebt eine sehr ungenügende Beschreibung eines 
Schmarotzers von Anodonta ?*), aus welcher hervorgeht, dafs 
derselbe den Bucephalus polymorphus vor sich gehabt habe. 

Ehrenberg spricht von neuem die Ansicht aus: dafs die 
Spermatozoen zu den Saugwürmern zu verweisen seien, ‚weil 
sie mit wahren Cercarien der Saugwürmer in Form, Bewe- 
gung und selbst in den erreichharen Spuren der Struktur 
grofse Aehnlichkeit hätten.??) Diese Ansicht fufst auf einem 
Irrthume, denn eine den Cercarien ähnliche Sauggrube, welche 
Ehrenberg hiebei leitete, ®*) besitzen die menschlichen ‚Sper- 
malazoen in der That nicht. 

‘ 


Cestoidea. 


Platner hat über die gefäfsartigen Längen- und Quer- 
kanäle der Taenia solium Beobachtungen angestellt, *°) aus 
denen es sich ergiebt, dafs jeder Querkanal an seinem Ein- 
gange zwei dünnhäutige halbmondförmige Klappen. besitzt, 
‘ welche einander an der inneren Seite des Längenkanals 
gegenüber stehen, die eine am oberen, die andere am unteren 
Ende des Eingangs; aufserdem befinden sich an der inneren 
Wand des Längskanals in jedem Gliede wenigstens sechs halb- 
mondförmige schmälere Vorsprünge, und ähnliche Vorsprünge 
wurden von Platner auch in den .Querkanälen bemerkt. 
Derselbe sah deutlich, wie nach einer Quecksilber-Einspritzung 
dieser Kanäle die Wiederentleerung durch die erwähnten klei- 
nen Vorsprünge zwischen zwei Queröffnungen gehindert, und 
gröfsere Quecksilberkügelchen in ihnen aufgehalten wurden. 
Platner hält die am Eingange der Querkanäle befindlichen 
Klappen für einen Apparat, durch welchen, auch wenn der 
Darmkanal nur zum Theil angefüllt ist, immer ein Theil der 
Flüssigkeit bestimmt werden mufs, den Weg in den Querkanal 
einzuschlagen. Ref. frägt: ob nicht diese von Platner be- 
schriebene Einrichtung der Ernährungskanäle bei den CGestoi- 


32) Isis. 1838. pag. 830. 

33) Ehrenberg: die Infusionsthierchen als vollkommene Orga- 
nismen. 1838. pag. 36. 

34) Ebenda pag. 468. ' 

35) Müller’s Archiv. 1838, ‚pag. 572. Beobachtung am_Darm- 
kanal der Taenia solium, 


166 


deen denjenigen einzelnen Gliedern, die sich vom ganzen 
Thiere abgelöst haben und längere Zeit munter fortleben, be- 
sonders zu Statten kömmt, indem dadurch nicht allein eine 
gleichmäfsige Vertheilung des Ernährungssaftes vermittelt, son- 
dern auch ein Abflufs desselben aus den abgelösten Stellen 
verhindert werden kann? 

Dujardin bestätigt an den Embryonen der Taenia Frin- 
gillarum filicollis, cucumerina und serrata das Vorhanden- 
sein von sechs Häkchen, *®) eine in Deutschland seit einigen 
Jahren schon bekannte Thatsache. (S. dieses Archiv. 1835. 1. 
pag. 83). Derselbe spricht seine Zweifel darüber aus, °7) dafs 
die vier Saugnäpfe der Taenien in ihrem Grunde wirklich die 
Mündungen der Längskanäle enthalten sollten. Ich mufs in 
diese Zweifel mit einstimmen, da ich mich bis jetzt von einem 
solchen Baue des Taenien-Kopfes, wie ihn auch Platner 
neuerdings von Taenia solium beschreibt, °®) nicht überzeu- 
gen konnte. 

Die Eier der Taenia serrata sah Dujardin mit einer 
sehr festen Schale versehen; °°) die einzelnen Glieder dieser 
Taenia lösten sich mit Leichtigkeit los und krochen auf feuch- 
ten Körpern, mit einer Geschwindigkeit von mehreren Zollen 
in der Minute fort, wobei sie einen langen Streifen 'von Eiern 
hinterliefsen, was so lange geschah, bis sie sich aller Eier ent- 
ledigt hatten, worauf sie dann starben. Dujardin hatte solche 
abgelöste Glieder mehrere Tage hindurch unter feuchten Glok- 
ken lebendig erhalten können. Die Eier traten aus den so- 
genannten Lemniscen hervor, was ich bezweifeln möchte, da 
ich aus diesen bei den Cestoideen immer nur die haarigen 
Spermatozoen hervortreten und die Eier dagegen neben der 
Basis des hervorgestreckten penis herausschlüpfen sah; sicher- 
lich ist bei den Cestoideen wie bei den Trematoden die Mün- 
dung der Scheide und des penis von einander getrennt. 

Nach einer kurzen Anzeige*°) sind von Drummond 


36) L’Institut. 1838. pag. 249. oder Froriep’s neue Notizen 
B. VII. 1838. pag. 289. Ueber die Gattung Tuenia. 

37) Ebenda. 

38) a. a. O. pag. 572. 

39) a. a. O. 

40) Annales d. sc. nat. T. X. pag. 128. 


167 


Beobachtungen über Tetrarhynchus grossus Rud., welcher 
im Rectum eines Lachses gefunden wurde, über Tetrarhyn- 
chus solidus, eine neue im Mesenterium eines anderen 
Lachses entdeckte Species und über Bothriocephalus pun- 
etatus angestellt worden. ; 


Cystica. 


Zwei Fälle, in welchem ein Cysticercus cellulosae unter 
der Bindehaut des menschlichen Auges beobachtet wurde, 
sind von Estlin *") und vom Ref. *?) bekannt gemacht worden. 

In dem einen Falle entfernte Estlin den Schmarotzer, wel- 
cher am inneren Augenwinkel eines sechsjährigen Mädchens eine 
erbsgrofse blasenartige, von keiner Entzündung begleitete Ge- 
schwulst auf der Scierotica bildete, durch einen Messerschnitt in 
die Bindehaut; in dem anderen Falle zog Dr. Baum in Danzig 
das Thier aus einer Geschwulst hervor, welche sich auf dem 
rechten bulbus oculi eines 23jährigen Mädchens ebenfalls am 
inneren Augenwinkel befand und durch einen Scheerenschnitt 
geöffnet wurde. Ref. sprach seine Zweifel über eine neue Spe- 
cies von Cysticercus aus, welche Schott (S. die Kontroverse über 
die Nerven des Nabelstranges und seiner Gefälse. 1836. Anhang.) 
in einem aus der vorderen Augenkamimer eines Mädchens her- 
vorgezogenen Uysticercus cellulosae erkennen will. *°) 

Baum hat den Oysticercus cellulosae bei den im Danzi- 
ger Stadtlazarethe verstorbenen Menschen nicht selten ange- 
troffen **) und zwar in den verschiedenartigsten Organen, in 
den Muskeln, in der Substanz des Herzens, der Leber und 
des Gehirns. Knox dagegen erklärt diesen Blasenwurn: in 
Schottland für eine Seltenheit. *°) In der Nähe des Haken- 
kranzes hat Knox bei Cyst. cellulosae runde oder ovale 
Körper gesehen, die er (mit dem gröfsten Unrechte) für junge 

' Cysticercen hielt, und deshalb sich geneigt erklärt, den Haken- 
kranz den Generations-Organen beizuzählen. ?®) 


41) Froriep’s neue Notizen. B. VII. 1838. pag. 256. 

42) Medizinische Zeitung. 1838, pag.81. Ein Eysticereus cellu- 
losae am menschlichen Auge, 

43) Ebenda. Auch Leuckart hält denselben Wurm nach genauer 
Ansicht für einen kleinen verkümmert gebliebenen Cyst. cellulosae 
(8. Tschudi: die Blasenwürmer. 1837. pag. 57.). 

44) Mediz Zeitung. 1838. pag. 81. 

45) L’Institut. 1838. pag. 375., 

46) Ebenda. 


168 

Nach einer Bemerkung von Leblond ist der Coenurus 
cerebralis auch im Rückenkanale eines wilden Kaninchens 
gefunden worden. *”) 

Auch über Echinococcus hat Creplin die wichtigsten 
bekannten Thatsachen zusammengestellt. *°) Ref. theilt ganz 
seine Ansicht, wenn er die Blase, in welcher die Echinococ- 
eus-Thierchen sich ausbilden, als Urblase betrachtet‘, und es 


tadelt, dafs solche Urblasen, in welchen nicht immer Thierchen | 


existiren, unter dem Namen Acephaloeystis als ‚etwas ver- 
schiedenartiges betrachtet werden. j 
Hammerschmidt beschreibt mehrere zu der Gattung 
Gregarina gehörige Schmarotzer von Insekten, *°) aus wel- 
chen derselbe gewifs mit Unrecht vier neue Gattungen bildet. 


Ein Hauptversehen hat H. dadurch begangen, dafs derselbe 
die paarweise an einander klebenden @regarinen für ein einzi- 
ges Individuum gehalten hat. Die Gregerinen zerfallen nämlich 
in zwei Abtheilungen;; die zur ersten Abtheilung gehörigen Arten 
hängen sich nie aneinander und auf diese palst: also eigentlich 
nicht der Genus-Name Gregarina, die zur zweiten Abtheilung 
zu zählenden Arten dagegen hängen sich sehr häufig paarweise 
aneinander. Zu dieser zweiten Abtheilung gehören Hammer- 
schmidt’s Clepsidrina polymorpha aus dem Darm des Tenebrio 
molitor, Cleps. conoide«w aus dem Darme der Forficula. auricula- 
ria, Cleps. ovata aus dem Dünndarme der Amara cuprea und Cleps. 
zenuis aus der Larve von Allecula Morio. Clepsidrina Mike 
ist überdies nichts anderes als die von Leon Dufour (S. Ann. 
d. sc. nat. T. VII. 1837. pag. 12.) schon beschriebene Grega- 


rina ovata, Zur ersten Abtheilung der Gregarinen müssen Ham- 


merschmidt’s Rhizinia oblongata aus dem Dünndarme des 
Opatrum sabulosum und Pyxinia rubecula aus dem Darme von 
Dermestes vulpinus gerechnet werden, denn offenbar sind diese 
Schmarotzer mit der von mir (S. meine, Beiträge zur Naturge- 
schichte der wirbellosen Thiere. 1839. Tab. II. Fig. 51. 53. und 
55.) beschriebenen Gregarina caudata und oligacantha verwandt 
und ebenso unvoHständig, mit fehlendem Kopfende abgebildet, 
wie L&on Dufour's Gregarina soror und.hyalocephala (5. Ann. 
d. sc. nat, a. a. ©. Pl. VII. Fig.7. und 8.). Rhizinia curvala 
aus der Larve von Cetonia aurata und Bullulina Tipulae aus der 
Larve der Tipula pectinicornis scheinen der zweiten Abtheilung 
der Gregarinen anzugehören, sie haben sich nicht paarweise .an- 


w 
47) Atlas. a. a. O. pag.15. 
48) Encyclopädie von Ersch und Grube. Th, 30. 1838. pag. 368 
bis 371. 
49) Isis 1838. pag. 355. 


| 


169 


einander gehängt; solche einzelne Individuen erkennt man auch 
in den Figuren p. q. s. t. u. v. w. der Olepsidrina polymorpha 
und den Figuren d. e. f. Cleps. conoidea, von denen Hammer- 
schmidt einige für noch unausgebildete Thiere hält. Bei meh- 
reren ÖOlepsidrinen ist Hammerschmidt ein Fleck in dem 2ten 
und 4ten abgeschnürten Theile des Leibes aufgefallen, es sind dies 
die von mir (a. a, O. pag. 57.) erwähnten Bläschen, welche eine 
jede der beiden aneinander klebenden Gregarinen in ihrem Hinter- 
leibe verborgen haben. Die träge wurmförmigen Bewegungen 
des Leibes, und die unter Wasser schnell erfolgende Anschwel- 
lung desselben, was ich bei allen Gregarinen beobachtete, machen 
diese Schmarotzer den Echinorrhynchen ähnlich. 

Als Helminthologisches ‘ist noch Folgendes zu erwähnen: 

4. In dem von Gurlt angefertigten Kataloge des zootomi- 
schen Museums der Königl. Thierarzneischule zu Berlin °°) wer- 
den in 222 Nummern die in diesem Institute aufbewahrten Ein- 
geweidewürmer aufgeführt, unter denen sich mancherlei Inter- 
essantes befindet, z. B. Filaria erucarum aus einer wurmslichigen 
Birne, Nr. 6. F. Locustae aus der Bauchhöhle der Wanderheu- 
schrecke, Nr. 24. Spiroptera (sp. dub.) aus der Harnblase von 
Mus Raitus, Nr. 111. Asceris (sp. dub.) aus dem Darm der 
Maulwurfsgrille, Nr. 130. Monostomum caryophyllinum aus dem 
Daärme einer Ente, Nr. 131. M. (sp. dub.) aus der Bauchhöhle 
der Lacerta agilis etc. Auferdem verdient aus diesem Kataloge 
noch. angeführt zu werden °'):. das Gehirn mit, vielen Finnen 
(Cysticercus cellulosae) an der Spinnenwebenhaut, von. einem 
Mopse, welcher am ganzen Körper unendlich viele Finnen hatte, 
und Enngenstücke mit Echinococcus veterinorum von einer Ziege. 

2. Curling: lectures on ihe entozoa or internal parasütes of‘ 
the human body °”). Man findet hier dieselben Holzschnitte 
wieder, welcher sich Owen in der oben erwähnten Encyclopädie 
bedient hat. 

3. Diesing machte bei der Versammlung der Naturforscher 
zu Prag auf mehrere neue Gattungen brasilianischer Helminthen 
aus der Ordnung der Nematoideen und Trematoden aufmerk- 
sam °?), von weiten ich, da derselbe seitdem eine sehr inter- 
essante Abhandlung darüber in den Annalen des Wiener Mu- 
seums hat abdrucken lassen, im nächsten Berichte Ausführlicheres 
angeben werde. 


50) Magazin für die gesammte Thierheilkunde. 4. Jahrg. 1838, 
51) Ebenda. pag. 196. Nr. 256. und pag. 203, Nr. 405., 
London Medical Gazette, 1837 —38. 
53) Isis. 1838, pag. 59. 


V. Jahrg. 2, Bd, 12 


Bericht über die Leistungen im Gebiete 
der Zoologie 


während des Jahres 1838 
von, 
Dr. Erichson, Dr. F. H. Troschel, Fr. Stein 


und dem Herausgeber. 


Fast scheint es, als ob das Jahr 1838 in Reichthum an zoolo- 
gischen Produetionen seine Vorgänger überbieten wollte, und 
es würde mir um so weniger möglich gewesen sein, über die 
grofse Masse der in dessen Laufe erschienenen Arbeiten einen 
einigermafsen genügenden Bericht zu erstatten, wenn mich 
‘ nicht die Herrn Troschel und F. Stein, der erstere durch 
Uebernahme «er Mollusken und Fische, der letztere durch 
Bearbeitung der Würmer, Arachniden und Crustaceen gütigst 
unterstützt hätten, während Hr. Dr. Erichson sich, wie frü- 
her, der speciellen Bearbeitung der Entomologie unterzog. 
Mit Bedauern. mufs: ich auch diesmal bevorworten, dafs eine 
längere Entfernung von‘“Berlin während der günstigen Jahres- 
zeit es mir nicht gestattete, die speeiellen zoologischen Arbei- 
ten ın den Säälen der hiesigen Sammlung vorzunehmen, wo- 
durch mir. bei mangelnder: Vergleichung: ein, kritisches ‚Ein- 
gehen in die neu begründeten Genera und Arten unmöglich 
wurde. Für- die Amphibien werde ich schon’im nächsten Jahr- 
gange in nachträglichen Aufsätzen kritische Bemerkungen zu 
den neueren herpetologischen Arbeiten von 1837 und 1838 
liefern, und hofle, soweit es meine Gesundheit und Mufse 
gestattet, auch in Bezug auf die Leistungen in den übrigen 
Klassen später noch Manches nachzuholen. Ich kann dabei 


N... 


ä 171 


den Wunsch nicht unterdrücken, dafs auch die Leser des 
Archivs ihre kritischen Bemerkungen über neu aufgestellte 
Arten, von denen’ gewifs viele mitlängst bekannten zusammen- 
fallen, dieser Zeitschrift zum allgemeinen Besten nicht vorent- 
halten mögen, welchen Wunsch ich bereits vor melıreren Jah- 
ren in dem Prospeetus zu dieser Zeitschrift und in Bezüg auf 
die neuen Conchylien-Arten, in der Vorrede zrı Th. Müller’s 
S'ynopsis novarum specierum — aber bisher vergeblich — 
aussprach. — Ueberhaupt hat es fast den Anschem, als’ ob in 
unserm Vaterlande der periodischen Literatur die rege’ Theil- 
nahme fehlte, durch welche dieser erst der währe”Nutzen er- 
wächst. Kaum ist in England eime neue Beobachtung oder 
Entdeckung durch die Zeitschriften bekannt geworden, so 'wird 
sie auch alsbald durch beistimmende oder’ beschränkende Mit- 
theilungen Anderer bestätigt, erweitert, berichtigt. Man schämt 
sich nicht der Anfragen, wo man selbst nicht im Stande ist, 
eine Beobachtung weiter zu verfolgen und harrt der Antwort sel- 


‘ ten vergeblich. Freilich steht es auch dort und hier mit der 


Naturgeschichte anders. Bei uns unterliegt sie noch 'einem 
gewissen Zunftgeiste, der sich, wie die Titelsucht, mit den 
Haarbeuteln und Zöpfen noch nicht völlig verloren hat. Die 
Wissenschaft gilt noch Manchen unsrer Landsleute als ein aus- 
schliefsliches Besitzthum der Gelehrtenzunft, in welcher das 
Recht mitzusprechen erst durch das’ sogenannte Triennium 
academicum oder die oft erkaufte Doctorwürde' erworben 
wird. Man unterscheidet mit einer gewissen Vornehmheit 
Naturforscher und Sammler oder Dilettanten, olme zu beden- 
ken, dafs die ersteren, als die Zunftmäfsigen, sehr oft nicht in 
der Natur forschen, weil es ihnen an Zeit, Lust und-Gelegen- 
heit zu beobachten fehlt, die letztern aber oft genug, inter- 
essante Beobachtungen machen, ‘welche für die .Wissenschaft 
nicht: selten. verloren gehen, weil die Beobachter sich»nicht für 
berufen halten, sie mitzutheilen und auch oft durch’ das hoch- 
müthige Wesen der Zünftigen zarückgeschreckt werden. Belege 
für diesen Kastengeist liefern sogar die Versammlungen der 
deutschen Naturforscher. t) Anders:ist.es in Fa laıh wo solch 
ein Unterschied. der Kasten a 3 1 


7 
bu 


1 
4) So erzählt uns Oken, Isis 1837. s 323 von der Versammlung 
12 * 


4172 


Ich- will hiermit keinesweges behaupten, 'dafs Allein diesem 
Umstande die grofse Regsamkeit zuzuschreiben ‚sei, welche uns 
in der neueren: zoologischen Literatur Englands so'überraschend 
entgegentritt. Vielmehr ‚wird diese allerdings theilweise durch 
die unermefsliche Menge zoologischer Gegenstände, : welche 
diesem Inselreiche lebend ‘und todt tagtäglich sein Weltverkehr 
zuführt, erweckt und genährt. Ich gebe auch‘ gern zu, dafs 
einzelnen jener Arbeiten die nöthige Gediegenheit abgeht, dafs 
besonders von England aus das Heer ‚barbarischer Namen, ' 
welche trotz allem Widerstreben immer mehr. die Wissenschaft 
überschwemmen, auf eine ‚Schrecken erregende. Weise ver- 
gröfsert, wird, dafs endlich sehr viele bisher unbekannte Thier- 
formen uns; von dort aus nurin flüchtig hingeworfenen Diagno- 
sen bekannt werden, weil die Beschreiber, ‚denen es oft nur 
an jener kläglichen Verewigung ihres Namens, liegen mag, 
nieht: zu. wissen scheinen, dafs das Endziel alles  Unterschei- 
dens, ‚der. Arten die geographische Verbreitung. der. Thierarten 
ist und dafs diese Hauptaufgabe der speciellen Zoologie. nur 
dadurch. erreicht werden kann, dafs neben der nur die leich- 
tere . Uebersicht vermittelnden Diagnose, . welche oft durch 
neue Entdeckungen verändert oder umgestofsen wird, eine 
präcise, doch auf die gesammte Gestalt eingehende Beschrei- 
bung, gegeben werden mufs, damit jeder spätere Bearbeiter, 
welcher das. vom Autor. beschriebene Thier nicht in natura 
zu. vergleichen Gelegenheit ‚hat, doch im Stande. ist, zu ent- 
scheiden, ob er es mit derselben Art oder einem klimatischen 
Repräsentanten derselben zu thun hat. Aber man glaube nur 
nicht etwa, dafs diese  Nachtheile aus dem Fehlen unseres 


der Natürforscher zu Jena sehr naiv: Unter den Beiwohnenden wurde 
der Unterschied zwischen eigentlichen Mitgliedern, welche ein Buch 
geschrieben-haben und daher stimmfähig sind, zwischen den andern, 
welche Beitritt haben und,mitsprechen können, und endlich zwischen 
den, Zuhörern streng beobachtet; in die zweite Klasse haben sich je- 
doch manche eingeschlichen (sic!), welche billig in der dritten Klasse 
hätten bleiben sollen, Im Verzeichnifs werden wir daher nur dieje- 
nigen aufführen, welche Vorträge gehalten ‘haben, oder in den betref- 
fenden Fächern Schriftsteller ‘oder -Doctores Medieinae sind. Wer 
etwa dabei vergessen wird, soll es daher nicht übel nehmen. Diese 
Maafsregel scheint uns im Wohl der Gesellschaft begründet zu sein. 


wen { 


173 


Zunftgeistes 'entsprängen. Darf. man sich über barbarische 
Nomenklatur und leichtfertige Charakteristik der Artem'wun- 
dern, wenn wir in England Zoologen vom Fache mit schlech-' 
tem Beispiele vorangehen sehen, oder ‘wenn Mitglieder der 
franz. Akademie: in der Namenbildung‘gleiche' Blöfsen geben? 
Und fehlt es etwa bei uns an schwachen Arbeiten der Zünf- 
tigen, oder hat je einer der sogenannten Fachgelehrten ein 
Werk 'geliefert, welches sich an Gediegenheit und Fülle der 
Beobachtung mit Naumann’s Naturgeschichte der deutschen 
Vögel vergleichen liefse? Dafür finden wir ihn denn auch nach 
guter deutscher ‘Sitte im 9. Bande mit dem Professor-Titel 'beehrt, 
als ob ihn nicht sein Verdienst schon längst über ein so tris 
viales Prädikat erhoben hätte. An:Naturforschern im eigent- 
liehsten Sinne des Worts, welche wie Naumann ganz in der 
_ Natur leben, ist Deutschland'arm, während England deren Viele 
besitzt. Daher denn auch das Interesse am Studium der vater- 
ländischen Thierwelt, welches sich dort in immer gröfserem 
Kreise verbreitet. Während bei uüs eine: Menge .aus- und: 
abgeschriebener Lehrbücher erscheinen, ‚welche auf Verbreitung 
der Naturgeschichte im Volke berechnet, ' den gutmüthigen Ab- 
nehmer über alle mögliche Thiere der’ Erde belehren, die er 
meist nie im Leben zu sehen ‚bekommt,dagegen ihn: oft über 
die ihn zunächst umgebende Thierwelt onne den nöthigen Auf- 
schlufs lassen, wird 'in- England das. schon von Pennant 
und Fleming geweckte Interesse für die britische Fauna, 
durch höchst 'zweckmäfsige: Handbücher. genährt und belebt. 
Ich meine die jüngst bei Van Voorst in London erschiene- 
nen, mit den trefllichsten Holzschnitten ‚im. Texte | gezierten: 
Werke?) von W.Yarrell über die britischen Fische, und Vö- 
gel, von Th. Bell über die britischen Säugethiere, Amphibien 
und Crustaceen, daun die damit rivalisirenden Bände der Na- 


2) A History of British Fishes 2 Bd. in8 mit 400 Holzschnitten, 
zu welchen 1839 noch ein Supplementband erschien. — A History 
of British Birds by W. Yarrell seit 4838 heftweise, noch unvollen- 
det — A History of British Quadrupeds by Thom. Bell,— 4A History of‘ 
Britis# Rephiles by Th. Bell seit 4838 und 1839 vollendet, 1 Bd. 
in®. — Die History of British Crustacea von Bell, zu welcher J. O. 
Westwood die Zeichnungen liefern wird, bisher nur angekündigt. 


174 - 

turalisi’s Library mit eolorirten Stahlstichen,?) ferner die 
History. of the British Zoophyies by G. Johnston.‘ Edin- 
burgh. 1838: 1 Vol. gr.'8.. Dann reihen sich nun noch Local-: 
faunen,. wie die. Cornish Fauna, being a Compendium of 
the Natural History of the‘ County, by Jonathan Couch 
Part. 1. Truro 14838. 8.,"'welehe sich über : die Vertebraten,' 
Grustaceen (54 Arten)‘ und ‚Radiaten (23: Arten) von\Corn- 
wall verbreitet und'noch einen zweiten-Bänd hoffen läfst, ferner 
die Halacologia Monenisby E. Forbes u. s. w: an. Rechnen 
wirchierzu die zahlreichen Abhandlungen über die in Grofs- 
hritanien einheimischen Arten einzelner Thierfamilien, und die 
Thierverzeichnisse einzelner Grafschaften, welche in den Jour- 
nalen erscheinen, so »haben' wir das vollständigste Bild "von 
dem lebhaften Interesse, welches man dort dem Studium der 
heimischen Fauna widmet, während wir von Deutschland nicht 
ein Gleiches zu 'rühmen haben. 

Bei dieser Gelegenheit läfst sich noch schicklich ein Hand- 
buch der:allgemieinen Zoologie von Prof.’ Rymer Jones er- 
wähnen, *) welches ebenfalls bei John Van Voorst in London 
seit September 1838 heftweise erscheint und bestimmt ist, die 
Kenntnifs. der inneren‘ Organisation und der Zweckmäfsigkeit 
des Gesammtbaues der einzelnen Thierklassen' für die ihnen 
bestimmte‘ Lebensweise im "gröfserem Kreise zu verbreiten. 
Die ebenfalls dem‘ Texte beigedruckten Holzschnitte übertref- 
fert'in' Schärfe und’ Schönheit der Darstellung sogar der anato- 
mischen Gegenstände alle ähnlichen Versuche dieser Art und 
beschämen darin selbst viele unserer Kupferstiche. Aus dem 
Texte wird der Zoolog vom Fache eben nichts Neues lernen, 
wohl aber wird er einer fast völligen Unkenntnifs der ein- 
schlagenden deutschen Literatur ungern begegnen, selbst da, 
wo ‘diese über die Resultate der fremden Literatur hinausging. 

Besonders ausgezeichnet ist das Jahr 19838 durch das Zu- 


3) Hieher der 6. Bd. der Mammalia: British Quadrupeds by W. 
Mac Göllivray. Edinburgh 1838, 8. — The Birds of Great Britain and 
Ireland by 'W, Jardine. Edinburgh 1838 und 39 2 Vol. in8. u. s. w. 

4) A General Qutline of the Animal Kingdom by Thomas Rymer 
Janes, F. 2. $5., Professor of comparative Anatomy in Kings College. 
London seit 1838 heftweise in 8. 


175 


sammenerscheinen mehrerer durch Inhalt und Ausstattung 
gleich ausgezeichneter Reisewerke. 

In Deutschland begann die Herausgabe der Reise des 
Fürsten Maximilian von Wied-Neuwied durch Nord- 
Amerika. Coblenz bei Hölscher in 4to. Neben den anziehen- 
den Naturschilderungen, welche dem Texte eingewebt sind, 
enthalten auch die am Schlusse jedes Kapitels angehängten 
Anmerkungen mannigfache Belehrung für den Zoologen. Die 
herrlichen Abbildungen von Bodmer nach der Natur gezeich- 
net, betreffen gröfstentheils ethnographische und landschaftliche 
Gegenstände; überhaupt wird dieses Werk gerade durch die 
höchst vollendeten Portraits ‚indianischer Urbewohner eine 
reiche Quelle für die Ethnographie Nordamerikas werden, 


Die Reise, deren Ziel die Rocky Mountains waren, wurde 
vom Fürsten von Neuwied im Sommer 1832 angetreten. Sie 
führte von Boston durch die Alleghany-Gebirge und blauen Berge 
nach den Gegenden des Ohio und Wabasch, wo überwintert 
wurde. Im April 1833 trafen die Reisenden in St. Louis ein, 
und setzten, unlerstützt durch die amerikanischen Pelzhändel- 
Compagnie, deren Factoreien und Forts eine Verbindung bis 
zu den Rocky Mountains bilden, ihre Reise längs dem Missouri 
bis zum Fort Machenzie fort, wo die Kriege der Indianerstämme 
jedes weitere Vordringen unmöglich machten. Man zog sich 
im September nach den Dörfern der Mandars und Mönnitarris 
zurück und verlebte hier den Winter. Mit dem Beginne des 
Frühlings trat der Fürst den langen Rückweg den Missouri hin- 
ab an und kehrte nach einem kurzen Besuche der Seen Erie 
und Ontario im July 1834 nach Europa zurück. Leider ver- 
unglückte auf der Rückreise ein grofser "Theil der naturhistori- 
schen Sammlungen, und darunter manches Neue. — Einige zoolo- 
gische Notizen aus dem Reisebericht sind weiter unten am be- 
treffenden Orte angegeben. 


In England erschien prachtvoll ausgestattet der zoolo- 
gische Theil der Reise des Schiffes Beagle: Zoology of 
ihe Voyage of H.M. $. Beagle under the Command 
of Capt. Fitzroy, during the years 1832—1836, edited. and 
superintended by Charles Darwin Esg., deren ersten Theil, 
Fossil Mammalia by Richard Owen, wir bereits im vori- 
gen Berichte erwähnten. Die noch lebenden Säugethiere bear- 
beitet Hr. Waterhouse, die Vögel Darwin und Gould, die 
Reptilien Hr, Bell. die Fische Hr. Jenyns, 


Es erschienen von Part I. Fossil Mammalia by Richard 
Owen Heft 4 und 2. Ersteres enthält die Beschreibung von 
Toxodon und Macrauchenia, letzteres den Schlufs der Beschrei- 


176 


bung der letzteren auf dem Uebergange zu den Kameelen stehenden 
Pachydermengattung, ferner die ae. eines Schädelfrag- 
mentes von @lossotherium, eines neuen Geschlechts der Edentaten 
und Nachricht von einem verstümmelten Unterkiefer und Zäh- 
nen einer  Megatherien-Galtung Mylodon. Die herrlichen 
Abbildungen überireffen alle frühere Darstellungen ähnlicher 
Art. —Die Recent Mammalia by George Waterhouse 
bilden: den zweiten Theil (Part 1I.). Wie dem ersten Theile 
eineSchilderung der geologischen Verhältnisse der Südspitze Ame- 
rıkas vorangeht, so dem zweiten eine geographische Einleitung von 
Darwin über die wichtigsten Localitäten, in denen die Thiere ge- 
sammelt wurden. Beschrieben’ und abgebildet werden von Fleder- 
mäusen : Desmodus Dorbignyi, Phyllostoma Grayi, P. perspicillatum, 
F espertilio Chitoensis, Dysopes nasutus; ferner Canis antarcticus Shaw. 
v. C. Magellanicus Gray, C. fulvipes Mart., C.Azarae, Felis Yagua- 
vondi Desm., P. pajeros Desm., Galictis vittata Bell, Lutra chilensis 
Benn., L. platensis.n..sp, und Delphinus Fitzroyi n. sp. folgen im 
zweiten Hefte, welches aufserdem Nachrichten über das Guanaco 
und den Cervus cempestris giebt und auf 6 Tafeln die Abbil- 
dungen von neun Mäusen enthält; das 3. Heft, ist ganz den 
Mäusen gewidmet. Mus maurus (la Plata) M. Jacobiae (Galla- 
pagos), M. insularis (Ins. Ascension) MM. smusculus von, Cap 
Vert., den Falklandsinseln und Maldonado) IM. longicaudatus 
(Chile) Muelegans (Bahia) M. bimaculatus (Maldonado) M, gra- 
cilipes (Bahia), M. flavescens (Maldonado), M. magellanicus (Port 
Famine.) Von dem dritten ornithologischen Theile, zu welchen 
Herr und Mad. Gould die schönen Abbildungen anfertigten, 
erschienen zwei Hefte, welche die auf der Expedition gesam- 
melten Raubvögel enthalten. Von diesen wurden bereits im 
Laufe des Jahrgangs Bd. 1. S. 374 Diagnosen mitgetheilt, Von 
Darwin ist eine Schilderung der Sitten und geographischen 
Verbreitung der beobachteten Arten gegeben; unter lern eine 
sehr gerühmte Naturgeschichte des Condor. — Die prachtyolle 
Ausstattung des ganzen Werks, welcher selbst in England das 
höchste Lob gezollt wird, erklärt sich theilweise aus einem Zu- 
schuls von 1000 Pf. Sterling, welchen .die Königl. Schatzkam- 
mer zur Herausgabe des Werkes bewilligte. 


Eine noch bedeutendere königliche Unterstützung wurde auch 
dem höchst wichtigen zoologischen Reisebericht von Dr. An- 
drew Smith zu Theil, dessen Publikation ebenfalls heftweise 
im Jahre 1838 begonnen. (Illustrations of the Zoology of 
South Africa; consisting chiefly of figures and descrip- 
tions of the objects of Natural History collected during 
an expedilion into the Interior of South Africa in the 
years 1834, 1835 and 1836, filted out by the Cape of Good 
Hope Association for exploring Central-Africa by An- 
drew Smith, M. D. Surgeon to the Forces and Director 
of the Expedition. London 1838. 4. 

Die capsche Gesellschaft zur Erforschung von Centralafrika 


177 


beschlofs bekanntlich die Ausrüstung einer Expedition nach dem 
Norden der Cap-Kolonie und wählte den Dr. Smith einen 
dort stationirten Militairarzt zum Leiter derselben. Die Expe- 
dition, aus 34 Personen bestehend, drang bis zum 23° 28° südl. 
Breite vor und kehrte nach neunzehn-monatlicher Abwesenheit 
mit einer grolsen, überaus werthvollen Sammlung zurück. Mit 
Ausnahme der Insecten, deren Bearbeitung Macleay übernom- 
men, wirdDr.Smith die übrigen Thierklassen selbstbearbeiten. — 
Das erste Heft enthält Abbildungen und Beschreibungen von 
Rhinoceros Keitloa, Rhin. bicornis, Falco semitorguatus Smith, 
Chizaerrhis concolor Smith, Pterocles gutturalis und Otis ruficrista 
Sm, von Amphibien Sternotherus sinuatus Smüth (zwischen dem 
24 und 25° in grafser Menge), Faranus. albigularis Daud., 
4—5F. lang, (innerhalb der Gränzen der Capcolonie selten, hält 
er sich in abschüssigen Felsgegenden, oder steinigen Hügeln, in 
deren Spalten und Klüften er Schutz sucht und dann an deren 
rauher Oberfläche sich so fest mit seinen Krallen anklammern 
kann, dals es für einen Menschen unmöglich ist, ihn loszureilsen. 
Verf. sah, dals zwei Menschen nöthig waren, um ein Individuum 
aus einer solchen Lage miltelst einer vor den Hinterbeinen an- 
elegten Schlinge loszureilsen, wobei sich die Spitzen der Kral- 
en abgebrochen zeigten. Das Thier lebt von Fröschen, Krab- 
ben und kleinen Säugethieren). Von Schlangen Bucephalus viri- 
dis Sm., von Haifischen Echinorrhinus obesus Sm. 
"Die folgenden drei Hefte enthalten von Säu ethieren Eri- 
naceus frontalis Smith, Herpestes badius Smith, Sciurus  Cepapi 
Sm., Hippopotamus amphibius, Manis Temminckii — von Vögeln: 
Accipiter polyzonoides, Prionops Talacoma, Grateropus Jardinii 
Sm., Euplectes taha Sm., Philetaerus lepidus Sm., Fidua axilla- 
ris Sm., Merops Bullockioides Sm. (der wahrscheinlich dem 
Merops Bullocki, nicht aber, wie man aus dem Namen 
schlielsen sollte, Herrn Bullock ähnlich ist) Pierocles variega- 
dus, Francolinus Sweinsonii Smith, Francolinus natalensis Sm., 
 Francol. pileatus Sm, Franc. subtorquatus Sm., Hemipodius le- 
purana Sm., — von Reptilien: Echidna incrassata Sm., Lycodon 
capensis Sm. — Das dritte Heft ist allein den Insecten und Cru- 
staceen gewidmet, Es enthält zwei Abhandlungen, die eine über 
die Cetonien Südafrika’s, die andere über die kurzschwänzigen 
Dekapoden, welche Dr. Smith mitbrachte. Leider ist mir dies 
wichtige Werk bis jetzt nur vom Hörensager, nicht aus eigener 
Ansicht bekannt, 


In Frankreich begann die Publication eines wichtigen 

- Prachtwerkes über die Insel Cuba. 
autor, politica y natural de la Isla de 
Cuba, publicada con aprobacion de su Magestad Catolica y_baja 
da proteccion de la intendencia de la Habanapor D. Ramon de la 
Sasra, botanico honorario de S. M. Director del jardin de la 
Habana, etc. Paris en la libraria de Arthus Bertrand. 1838 Jel.>) 


5) Es scheint von diesem Werke auch eine französische Aus- 
gabe in 8. mit Abbildungen in Fol. zu geben, unter dem Titel; 


178 


Der erste Band wird eine geographisch-statistische Beschrei- 
bung der Insel, die folgenden Bände werden die Natürgeschichte 
derselben abhandeln. Die Statistik, die physische Geographie und 
die Naturgeschichte der Säugethiere wire. Ramon de la Sa- 
gra selbst bearbeiten, die Bearbeitung der Vögel, Mollusken, 
Echinodermen und Polypen hat Hr. Alk: d’Orbigny, die der 
Reptilien Cocteau, die der Fische Bibron, die der Cristslebd, 
Arachniden und Insecten Hr. Lefebvre übernommen. Die bis 
jetzt erschienenen Lieferungen enthalten Abbildungen von Säu- 
gethieren, Vögeln und Amphibien. Der beikommende beschrei- 
bende Text ist sehr ausführlich und gründlich; die Abbildungen 
meisterhaft in Auffassung und Ausführen, besonders gilt dies 
für die der Amphibien, welche alle Ansprüche der heutigen Wis- 
senschaft auf das vollkommenste bekriedigen 


v. Bär’s interessante Schilderung des thierischen Lebens 
auf Novaja Zemlia (Bullet. sc. d. U Acad de $t. Petersb. 
Tom. 111. 22) wurde im ersten Bande des 5. Jahrgangs die- 
ser Zeitschrift abgedruckt. 

Eben so enthielten diese Blätter (Jahrgg. IV. Bd. 1. S..97) 
wichtige Bemerkungen über das kaspische Meer von E. Eich- 
wald, in welchen derselbe die Fauna dieses Meeres als eine 
selbstständige, von der des schwarzen Meeres verschiedene 
nachweist, Von. grofsem Interesse ist die Fauna dieses Bin* 
nenmeeres dadurch, dafs sie sich als ein Gemisch von Süfs- 
wasser- und Meeresbewohnern kund giebt. Auch die im kas- 
pischen Meere vorkommenden Amphibien sind nicht marine 
Arten, sondern theils solche, welche wie die Kielnattern (Tro- 
pidonotus) die Süfswasserseen und Sümpfe von Zeit zu Zeit, 
wahrscheinlich der Frösche wegen, besuchen, theils sie wie die 
Emyden zum längern Aufenthalte wählen. Auch Emys cas- 
pica ist wie ihre Gattungsverwandten eine Süfswasserschild- 
kröte, sie lebt in den weniger tiefen Gewässern Griechenlands; 
auch in Dalmatien findet sie sich nur in der Nähe des Meeres, Ihr 
Fehlen im schwarzen und mittelländischen Meere ist demmach we- 
niger befremdend, als es ihr Vorkommen in denselben sein würde. 


Histoire physique, politique et naturelle de l’Isle de Cuba par Mr. Ra- 
mon de la Sagra, directeur du jardin botanique de la Havune, MM. 
Alcide d’Orbigny, Cocteau, Bibron, A. Lefebvre, F. E. Guerin-Mene- 
ville, Martin-St. Ange, Montagne; et M. Sabin Berthelot pour la tra- 
duction de Histoire physique et politique. Sie ist mir nur aus An- 
zeigen bekannt, und sonach hätte man es nicht zu bedauern, dafs ein 
so wichtiges Werk in spanischer Sprache erschienen sei. 


179 


Die Schilderung der Fauna von Tenasserim, welche Dr. 
Helfer in dem Journal of the Asiatic Society of Bengal. 
(Caleutta 1838. P. II. p. 855.) mittheilt, betrifft nur Säugethiere 
und Vögel, und ist überdies nur flüchtig hingeworfen und durch 
Fehler entstellt, so dafs wir sie nur als einen Vorläufer einer 
gediegeneren, Arbeit ansehen dürfen. Vorläufig müssen wir 
das Vorkommen von Phyllostomen und einem kleinen Bra- 
dypus in Tenasserim als durch flüchtige Bestimmung oder 
einen Gedächtnifsfehler herbeigeführt, ‚in Zweifel ziehen, so 
auch scheint des Verf. Vermuthung wenig begründet, wenn 
er in einer Menschenrace, welche die gegen die Halbinsel 
Malacca sich hinabziehenden Gebirge bewohnen soll, einen 
gigantischen Orang vermuthet. 

Nach dem Verf. ist Tenasserim ein Zwischenglied zwischen 
Hindostan, Indo-China und Malacca, welches Arten besitzt,’ die 
jedem dieser drei. Erdstriche eigenthümlich sind, so jedoch, dals 
die Zahl der Formen, welche es mit Bengalen und anderen 
Theilen Hindostans gemein hat, verhältnilsmäfsig geringer, ist. 
Die Provinzen Amherst und Ye besitzen manche Arten, die den 
östlich vom Burhamputur gelegenen Gegenden angehören, und 
selbst einige von Butan und Nepal, die südlichen Provinzen be- 
sitzen dagegen viele Arten, welche bisher ausschliefslich im ma- 
layischen Archipelagus gefunden sind, so z. B. findet sich Hy- 
lobates syndactylus und Semnop. maurus in den südl. Provinzen, 
ersterer bis zum 15° n. B. Die Quadrumanen zeigen sonst bei 
geringer Mannigfaltigkeit enge Begränzung der Arten. Ursus 
Malayanus bewohnt die Gebirgsgegenden bis zum 13°. Von 
Hunden findet sich keine Art, aber Katzen, Viverren, und ein 
Herpestes. Der Königstiger ist zahlreich, kräftig und grofs, scheint 
aber feiger als in Bengalen; man fürchtet ihn wenig und hat 
kein Beispiel, dals er bei Tage einen Menschen angegriffen. 
Elephanten streifen in Heerden von 10—30 Individuen in den 
Urwäldern von dem bengalischen Meerbusen bis zur chinesi- 
schen See umher, steigen während der Monsun in die Ebenen 
hinab und kehren während der Hitze in die Gebirge zurück. 
Schweine sind gemein, und das Babirussa nicht selten. Drei 
Rhinoceros-Arten treffen in Tenasserim zusammen. Rh. indicus 
findet sich in den nördlichen, RA. sondaicus in den südlichen 
Provinzen, Rh. sumatrensis vom 17°—10° Br. Der Tapirus 
Malayanus reicht bis hinauf zum 11° 37, — indem er in der 
Provinz ‚er vorkommt. Von Wiederkäuern zeigte sich keine 
einzige Antilope, dagegen sind Hirsche und Rinder ir Arten 
zahlreich. Von ersteren giebt es: C. Hippelaphus, Wallichii, 
Aristotelis, Axis, Muntjak und noch 2 andere Arten, von letzte- 
rer findet sich der Büffel, der Arni, und der Hausochs (wahr- 
scheinlich der Gayal gemeint) wild, der ‚grolse B. Gaurus ist 


150 


selten, aber der Bison Guodus sehr gemein, 'aulserdem findet 
sich ein kleines Rind, von den Burmesen Fhain genannt, von wel- 
chem Verf. nur die Fährte sah. — Von Vügeln sammelte Verf. 
250 Arten, in 600 Exemplaren. In dieser Ahierklasse zeigt sich 
noch mehr die innige Beziehung der südlichen Provinzen zu dem: 
Sunda-Archipel; denn über 60 Arten, welche als Bewohner ‘der 
südlichen Hemisphäre, aus Sumatra, Java bekannt sind, finden 
sich in Tenasserim. Unter den Hühnervögeln führt Verf. den 
Phasianus Gallus (ob Gallus Bankiva Temm.:?) auf. Er soll’in 
den ‚Jungles vorhanden sein; die Eingebornen sollen die Jungen 
desselben häufig aufziehen, indem sıe Eier aus den Wäldern 
dem Hausgeflügel unterlegen. 


Von Graham Dalyell erhielten. wir einige sehr wich- 
tige Beiträge zur Fortpflanzungs- und Entwicklungsgeschichte 
der niederen Thiere, der Actinien und Ascidien, durch welche 
ähnliche, frühere ‚Beobachtungen von. Sars eine erfreuliche 
Bestätigung erhalten, ‘eine erfreuliche ‚sage ich, weil ihre 
Richtigkeit von deutschen Naturforschern ohne hinreichenden 
Grund bezweifelt ist. Sars ist ein sorgfältiger Beobachter, 
der trotz seiner -Abgeschiedenheit’von der gelehrten ‚Welt bei 
seinen Untersuchungen sehr wohl weifs, worauf es ankommt, 
und wenn er diese nicht immer bis auf die Spitze führen 
konnte, so lag dies nur daran, dafs er sich bisher nur eines 
älteren englischen Mikroskops bei seinen Beobachtungen be- 
dienen konnte. 


Sars machte uns früher mit einer durch Queertheilung proli- 
ferirenden Actinie (Aetinia prolifica 8.) bekannt, vgl. Jahrgg. II, 2. 
S. 189).. Dalyell lehrt uns dagegen eine andere Aclinie ken- 
nen, welche durch Ausläufer (Stolones) aus der Basis proliferirt 
und zwar auf eine Weise, welche, bei Zoanthus, wo sie sich 
in der dadurch‘ entstehenden Familiengruppe bleibend erhält, 
den 'generischen Character ausmacht. James. new Edinb. phil. 
Journ. Vol. XXVI. p. 152. Was also bei Zoanthus zum blei- 
benden generischen Charakter wird, ist hier nur ein vorüber- 
gehender Act der Fortpflanzung, wodurch der innige Zusam- 
menhang der Zoanthen und Actinien erwiesen wird. Andrer- 
seits würde Ehrenbergs Definition der Actinien: corpore ovi- 
Paro s. viviparo, r«ro gemmiparo, nunguam sponie dividuo hier- - 
durch, wie durch Sars Beobachtung eine Beschränkung ‚erleiden. 
— Grah. Dalyell’s 4Sor. flava ist gelblich oder orange, von 
etwa 1“ Durchmesser, mit, einer Reihe weilser Längslinien am 
ganzen Körper hinunter und 3Kreisen langer dünner Tentakeln 
auf der Mundscheibe; die Basis dehnt sich rings um den Körper 
in einen dünnen Rand aus, mit dem: sie festsitzt. Vor der Fort- 
pflanzung zeigt dieser auffallende Unregelmäfsigkeiten, tiefe Ein- 
schnilte, und grölsere Ausbreitung einiger seiner Ecken. In 


481 


kurzer Zeit trennen sich. rohe unregelmäfsige Theile von unbe- 
stimmter Gestalt vom Umkreise los, bald unter der Gestalt eines 
soliden Prisma, bald unter der eines langen Ovals, dann scheint 
sich der Rand auf einen engeren Umkreis zusammenzuziehen, 
während das sich abtrennende Fragment an seinem Platze bleibt 
oder fortrückt. Ein verbindendes Ligament erscheint zwischen 
beiden (also ähnlich den sogen. Stolonen der Zoanthen), wel- 
ches allmählig. dünner wird, bis eine vollständige Trennung ein- 
tritt. Noch ist der Spröfsling eine formlose, Masse, bald folgt 
die Entwicklung der Fentakehn und die Form wird symmetrisch. 
Durch Abtrennung vieler solcher Fragmente während der Fortptlan- 
zungszeit vom Mutterkörper wird dieser so vollständig verstümmelt, 
dals es schwer hält, in ihm dasselbe Thier wieder zu erkennen. Die 
Ausläufer (die verbindenden Ligamente, wie sie Verf. nennt) 
haben 2—9"' Länge, adhäriren nicht mit ihrer Unterseite, son- 
dern schwanken (waves) bei den Bewegungen des Wassers. 
Die andern Beobachtungen betreffen die Entwicklungsge- 
schichte der zusammengesetzten und. einfachen Ascidien. Von 
ersteren wissen wir bereits durch Sars, dals die Jungen des 
Boitryllus gleich Kaulpadden in Gestalt geschwänzter Thierchen, 
das Ei er (vgl. Jahrgg. U. 2. S. 209) Dieselbe Beobach- 
tung wird nicht nur von D alyell für Aplidium verrucosum a.2. O. 
p- 155 bestäligt, sondern auch auf die einfachen Ascidien erwei- 
tert. Auch hier sehen die Jungen beim Ausschlüpfen wie Kaul- 
adden aus, schwimmen mit ‚grolser Lebendigkeit hauptsächlich 
Ach Bewegungen des Schwanzes umher. Verf. vergleicht sie 
in diesem Stadium einer Stecknadel und nennt sie deshalb spi- 
nulae. Nach grolser Lebendigkeit bleiben diese Nadelchen in 
vertikaler Stellung, fast im Zustande der Rube, den Kopf. am 
Grunde des Gefälses festheftend. Dann breitet sich die Vor- 
derseite (front) des Knopfes aus, eckige Vorsprünge gehen aus 
demselben hervor, und die Anheftung mittelst mehrerer dersel- 
ben beginnt. Das Thier scheint sich dann in conyulsivischen 
Bewegungen zu erschöpfen um wieder frei zu werden, wobei 
die Bewegungen des Schwanzes so schnell sind, dals das Auge 
seine Gestalt kaum zu unterscheiden vermag. Endlich hört die 
Bewegung auf. In wenigen Tagen nimmt ein dunkler Kern die 
Stelle des Knopfes der Spinula ein, der Schwanz ist verschwun- 
den. Eine durchsichtige Masse hat sich rings um die Vorder- 
seite (front) ergossen, gegen deren Umkreis 26—28 flache 
Wurzeln (radicles) vom Kerne als ihrem Centrum ausgehend 
sich verbreiten. Inzwischen consolidirt sich der Kern, 2 War- 
zen mit vierseitigen Oelfnungen erheben sich von seiner Ober- 
seite; die Wurzelchen unten werden unsichtbar; die durchsich- 
tige Masse bildet eine häutige umhüllende Basis und so zeigt 
sich das Wesen als eine junge Ascidie, welche Verf. vorläufig 
A. papilla nennt. Sie soll von pfirsichblüth- od. carminrother 
Farbe sein, und das Junge in 3 Monaten dieselbe Farbe erhal- 
ten. Dieselben Entwicklungsstadien von der einer scheibenför- 
migen Ausbreitung an, bis zur Gestalt der erwachsenen sah ich 
in allen Mittelzuständen an der Cynthia rustica der norwegischen 


4182 


Küste, besonders häufig auf den Schalen des grolsen Mytilus 
modiolus, so dafs mir darüber, dals jene kreisförmigen hell- oder 
Nleischroth gefärbten Flecke junge Ascidien in einem früheren 
Entwicklungstadium seien, kein Zweifel bleiben konnte. 

In Beobachtung der Entwicklungsgeschichte der zusammen- 
gesetzten Ascidien an Aplidium verrucosum war Dalyell glück- 
licher als Sars, sofern er sie längere Zeit verfolgen konnte. 
Er erkannte übrigens die kaulpad enätinlichen Wesen, seine 
sog- Spinulae, wie vorihm Sars bereitsin den gelblichen Eiern; 
der Knopf oder Körper derselben im Centrum war vom Schwanze 
umgeben. Er sah sie ausgeschlüpft mit grofser Lebendigkeit umher 
schwimmen ; nur hörte dieBewegung bei ihnen früher auf, während 
sie bei den Embryonen jener einfachen Ascidie oft 40—12 Tage 
dauerte. Mit dem Kopfende abwärts und den Schwanz aufwärts 
kehrend, wurden die Spinulae fast stationär, eckige Vorsprünge 
gingen bald von der Vorderseite des Knopfes aus und bewirk- 
ten Anheftungen an der Wand des Gefälses. Die Anstrengun- 
gen sich frei zu machen waren nur schwach. Der aufwärts 
gerichtete Schwanz verschwand und ein centraler gelblicher 
Kern, der sich bald grünlich färbte, blieb. Inzwischen gingen 
vom Umkreise des Kerns etwa 8 Wurzelchen aus, welche sich 
umgeben und begränzt von einer dünnen durchsichtigen Masse 
(offenbar sind hier Fortsätze der äulseren gemeinsamen Hülle 

emeint) am Glase ausbreiteten. In 8 Tagen hatten sich zwei 
Gefinugen mit rundlichen Lippen oben in der Höhle des Nu- 
cleus geöffnet und durch eine derselben konnte man die Pul- 
sation eines grolsen inneren Gefässes deutlich wahrnehmen, so 
wie den Lauf von dunkeln Atomen, welche sich mit der cir- 
eulirenden Flüssigkeit durch zahlreiche Kanäle in entferntern 
Theilen verbreiteten. Im Wasser treibende Partikelchen wur- 
den eingeschluckt und kleine Ballen (Koth) entleert. Die Wür- 
zelchen statt zu verschwinden, breiteten sich in ein ovales 
unterhalb befestigtes Blatt aus, wo der Kern mit ihnen durch 
einen verdünnten Kanal verbunden ist, in welchem Verf., wenn 
das Junge einen Monat alt ist, deutlich eine Circulation zwi- 
schen dem Nucleus und den breiter werdenden Wurzelchen 
wahrgenommen haben will. Der Kern bleibt leicht am Leben 
und scheint ler zu werden und eine kleine Ascidie entsprofst 
aus jeder der beiden. So sah Dalyell 5 oder 6 von einem 
Individuum in 10 Wochen ihren Ursprung nehmen. Es scheint 
hiernach, dals einige der zusammengesetzten Ascidien wirk- 
lich nur von einem Individuum durch Knospentreiben ge- 
bildet werden, während bei andern, wie z. B. bei Boiryllus nach 
Sars der Grund zum regulären Systeme durch Polyembryonie 
der Eier gelegt wird, so dals dann das ausschlüpfende anschei- 
nend einfache kaulpaddenähnliche Wesen nicht ein Indivi- 
duum, sondern eine unter gemeinsamer Hülle vereinte Gruppe 
von mehreren (ein System in Savigny’s Sinne) ist. Der Um- 
stand, dals Savigny eine ähnliche Br esibenabe in den Eiern 
von Pyrosoma und Boiryllus beobachtete, setzt wohl die Rich- 
tigkeit von Sars Beobachtung aulser Zweifel. 


183 


Ueber das Meeresl!euchten wurden der französischen 
Akademie Mittheilungen von Dunal (Instit. p. 43) und Ro- 
bert (Instit. p. 123) und von den Naturforschern, welche der 
Expedition der Bonite beiwohnten, gemacht. 

Die des ersteren enthalten die Bemerkung, dafs das Meeres- 
leuchten (von den Fischern des Languedoc ardent genannt) 
an der Südküste Frankreichs sich zuweilen in solcher Stärke 
zeige, dals es die Fischerei unmöglich mache, weil dann die Fische 
die hell erleuchteten Netze mieden. Es hat zu allen Jahres- 
zeiten, aber nur an einzelnen Tagen statt. An den Tagen, 
wo das Meeresleuchten beobachtet wird, sind einige Stellen’ in 
den Lagunen davon frei, an diesen soll es denn an Fischen feh- 
len; die Fischer nennen sie kalt (froids), während andere, 
welche die Fischer warm (chauds) nennen, hell erleuchtet und 
an Fischen sehr reich sind. Wahrscheinlich werden die Fische 
durch reichliche Nahrung dorthin gezogen, vielleicht durch andere 
Thiere, Krustaceen, kleine Fische, denen eben jene Leuchthiere 
zur Nahrung dienen (vgl. Jahrgg. IV. 2. S.313.). — Die Na- 
turforscher der Bonite stimmen in ihren Angaben ganz mit der 
jetzt wohl allgemein geltenden Ansicht, dals das Meeresleuchten 
nur durch Thiere veranlalst werde, überein. Aufser kleinen 
Crustaceen, unter denen namentlich ein. zweischaliges Entomo- 
strakon die Leuchtfähigkeit im hohen Grade besafs, Gephalopo- 
den und Biphoren, Medusen, erwähnen sie sehr kleiner, gelb- 
licher Körper, welche in einzelnen Stellen wie Staub auf der 
Oberfläche schwammen; wahrscheinlich Noctilucae. Die, welehe 
sie an den Sandwichsinseln. nnd in der Stralse von Malacca, an- 
trafen, schienen verschieden, die ersteren, waren kuglich, durch- 
siehlig mit einem gelblichen Punkte in der Mitte; die andern 
ganz gelblich, etwas oval, mit einer Einbucht in der Mitte, 
welche sie nierenförmig erscheinen liefsen. Das Leuchten glau- 
ben sie bei allen (?) beobachteten Thieren, einem wahrschein- 
lich von ihnen secernirten Stoffe zuschreiben zu müssen, wobei.nur 
die Weise wie er nach aulsen hervorgebracht werde,  ver- 
schieden sei. Die kleinen ‚Crustaceen verbreiten (emeitent), den 
Leuchtstoff, wenn sie irgend beunruhigt werden, in. Gestalt 
phosphoreseirender Strahlen, die das Thier mit einer Lichtatmo- 
phare umgeben, unter welcher es verschwindet. Bei den. Ge- 
phalopoden und einigen Pteropoden scheiot das Leuchten mehr 
yassiver Artzu sein. Ein phosphorescirender-Stoff, der in ihrem 

ucleus oder in anderen Körpertheilen verbreitet ist, glänzt 
beständig und einförmig so lange das Thier lebt, und erlischt 
mit seinem Tode. Bei den Slbliahen Körperchen zeigte sich 
das Leuchten auch einförmig (d'une maniere uniforme), nahm, 
aber bei Anwendung von. Keagentien anfangs ım Glanze zu, 
worauf es erlosch. de Leuchtstoff, welchen man gleich nach 
seiner Emission an den Wänden des die Thiere enthaltenden 
Gefälses sammelte, war gelblich, etwas schmierig. (ldgerement 
visqueuse) und im Wasser sehr löslich; er. machte dies leuchten, 
in dem Augenblicke, wo er in dasselbe ergossen wurde (Instt. 


184 


p. 150.) Robert’s Mittheilung von’ einem an der Südküste 
Norwegens beobachteten Meeresleuchten ist ohne alles Interesse. 


Die naturhistorischen Begriffe von Gattung, Art und Ab- 
art hat A. F. Spring in einer besondern Schrift erörtert. 
(Ueber die naturhistorischen Begriffe von Gattung, Art und 
Abart und über die Ursachen der Abartungeu in den organi- 
schen Reichen. Eine Preisschrift von Dr. A, Fr. Spring. 
Leipzig 1838. 8.) 


Eine ausführliche Kritik liegt aufser der Sphäre dieses Be- 
richts; denn man mülste ein eben so starkes Büchlein schreiben, 
wenn man den Verf. Schritt vor Schritt im Gange seiner Unter- 
suchung folgen, und diese in ihren Einzelheiten kritisch beleuch- 
ten wollte. Es möge also bier mit einigen Bemerkungen der 
Standpunkt des Verf. angegeben werden. Zunächst dringt sich 
dem Zoclogen die Bemerkung auf, dafs Verf. die Untersuchung, 
welche natürlicher Weise vom allgemeinen Standpunkte geführt 
werden mulste, mehr auf den Boden der Botanik, als auf den 
der Zoologie verpflanzt hat. Im Ganzen hat er sich mit. philo- 
sophischem Sinne an die Erörterung der Frage gemacht und 
diese zum Theil mit richtigem Takte geführt, wenn er auch sehr 
oft, wo das Richtige ihm vorschwebt, nicht zur völligen Klar- 
heit hindurchgedrungen ist. Das so oft wiederholte Geschwätz, 
dafs in der Natur nur die Art das Feste sei, finden wir beim 
Verf. nicht wieder. „Nur die Individuen existiren realiter‘*, die 
Art ist ebensogut Abstractum, wie das Genus, die Familie, die 
Ordnung u. s. w. Verfasser geht demnach in seiner Untersu- 
chung vom Individuum aus. Es ist dies allerdings der empir 
rische Weg, den die Empirie einzuschlagen hat, um zu ermit- 
teln, welche Individuen eine Art bilden, und welches deren 
wesentliche, d. h. das Wesen der Art begründende- Kigenschaf- 
ten sind. Um aber den Begriff der Art zu finden, mufs man 
vom höchsten Begriffe ausgehen, dessen weiteste Emanation der 
Artbegriff ist. Dieses ist aber die Idee, welche sich in der Na- 
tur verkörpert hat, mithin ist die Art die Idee der Natur in 
ihrer gröfsten Besonderung, die Thierart z. B. die Idee des 
Thiers in seiner grölsten Besonderung. Die in der Natur ver- 
körperte Idee ist das Ewige, Unvergängliche in ihr, sie ist eben 
das Prineip der Einheit, welches Verfasser im Eingange seiner 
Untersuchung erwähnt, fälschlich aber 8.2. als das zweite Prin- 
cip, neben dem Drange zur Besonderung, als dem ersten 
setzt, da doch die Idee das primum movens ist. Ueberhaupt 
wird der Standpunkt ganz verrückt, wenn man hier zwei Prin- 
eipien sieht. Es ist nur Eins, denn die Mannigfaltigkeit ist 
eben auch nur die Idee, aber in ihrer Verkörperung, im Aulser- 
einander. Das Allgemeine muls, um real zu werden, sich be- 
sondern, wobei aber das Besondere immer das Allgemeine bleibt, 
weil sich die Idee mit der ganzen Fülle ihres Wesens dem Be- 
sondern mittheilt, Jedes einzelne Insect z. B. ist nicht wur“ 
dies Inseet, sondern hat auch in sich die Idee der Art, der 


| 


185 
Gattung der Familie, der Ordnung, zu denen es gehört, es ist 
Insect und endlich Thier in der ganzen Fülle dieser Begriffe. °) 
Mit diesem ganzen Reichthum der Bestimmungen geht nun auch 
das Wesen der Uridee ganz auf das Besondre über. Daher hat 
dieldee oder dasÜrbild derArt wie ihr Urquell die Tendenz 
sich weiter zu unterscheiden, wodurch eben die individuelle Ver- 
schiedenheit der Individuen bedingt wird u. s. w. Wie ferner 
die Idee der Natur ewig und unveränderlich ist, so muls sie 
es auch in ihrer grölsten Besonderung als Idee oder Urbild der Art 
sein. Als wesentlicher Begriff der Art ergiebt sich demnach 
die Beständigkeit des ihr zu Grunde liegenden Urbilds 
im weitesten Sinne des Worts, so dals nicht blofs die Gestalt 
des Thiers, sondern die Totalität seiner Existenz, seiner Sitten, 
Kunstproducte u. s. w. beim Artbegriffe in Betracht kommen. 
Verf. gelangt freilich zu ähnlichen Ansichten über den Begriff 
der Art, der von ihm 8.45 als „das stetige Fortleben eines und 
desselben Grnndgedankens (Typus) durch Zeit und Raum,” und 
8. 108 als „der Typus und das Verharren desselben beim Wech- 
sel äufserer Einflüsse” ausgesprochen wird; aber das, was der 
Artbegriff wit der Natur seines Urquells überkommen hat, als 
die Tendenz zur individuellen Besonderung, ferner die Affınität 
zu anderen Arten, die Unveränderlichkeit des Typus u. dgl., 
alles dieses, welches hier nicht weiter erörtert werden kann, bleibt, 
wenn man vom Individuum ausgeht, unberücksichtigt, oder doch 
unbegründet. Sehr richtig schliefst Verf. die Paarung vom Be- 
griffe der Art aus, giebt aber den einzig entscheidenden Grund nicht 
an, den nämlich, dafs diePaarung als um keine allgemeine 
Gültigkeit hat, denn was nicht auf alle Thiere und Pflanzen 
Anwendung findet, kann nicht allgemeines Kriterium der Art 
sein. Weniger genügt Verf. in dem, was er über Varietäten 
festsetzt. Er unterscheidet Abarten (varieiates) $. 63 als einen 
Verein solcher Naturkörper, welche zu einer Art gehören, sich 
aber innerhalb derselben in unwesentlichen Merkmalen aus- 
zeichnen; und Ausartungen (degenerationes), 8.68, als Ab- 
weichungen vom -Artbegriffe, die nicht mehr von selbst durch 
fortgesetzte Zeugungen in die Art zurückkehren können, dem- 


6) Hieraus ergiebt sich denn auch das Unrichtige in folgendem 
Ausspruche des Verf. ($. 27): „Das Wesen aller Individualisirung be- 
ruht in derSonderung, in dem allen Naturkörpern gemein- 
samen Streben sich vom Allgemeinen loszureifsen und für sich als 
Besonderes zu sein.“ Das Besondere kann sich gar nicht vom All- 
gemeinen losreifsen, denn das Besondere bleibt ja immer das Allge- 
meine, nur behaftet mit einem Unterschiede, durch welchen es eben 
das Besondre ist, Daher denn auch in frühen Stadien der Entwick- 
lungsgeschichte die Quasi-Identität verschiedener stammverwandter 
d. h. nach gleichem Grundtypus gebildeter Thiere, weil sie vor dem 
Auftreten der unterscheidenden Eigenschaften zuerst nur das Allge- 
meine, später das Besondere, zuletzt erst das Einzelne (Individuum) sind. 


V. Jahrg, 2. Bd, 13 


186 


nach aufser dem Artbegriffe sind und somit eine neue Art bil- 
den. Er sieht solche Ausartungen in den meisten unserer Haus- 
thiere; rechnet aber weiter unten $. 85 die Schaf- und Hunde- 
rassen unter die erblichen Varietäten oder Abarten, va- 
rieiates hereditariae, welche er dadurch definirt, dafs sie sich 
durch Zeugung, so lange sie in gleichen Verhältnissen bleibe 
als solche Mortnlänsen, wogegen er Spielarten (varietate i soli- - 
dariae s. sporadicae) diejenigen nennt, welche sich nur einzeln 
> finden und in ihren Eigenthümlichkeiten nicht forterben. Zu 
den erblichen Varietäten werden dann auch die sogenannten 
klimatischen Varietäten gerechnet. Dals diese Begriffe 
nicht scharf genug gefalst sind, ergiebt sich bei näherer Prü- 
fuug; denn in der Spielart liegt auch die Möglichkeit erblich, 
folglich Abart zu werden, und die Abart kann zur Spielart 
werden, wenn die sie bedingenden äufseren Einflüsse weg- 
fallen. Was endlich die sogenannten Ausartungen betrifft, 
so steht die Annahme einer Ausartung, wie sie Verfasser 
definirt, mit der Beständigkeit des Typus, als dem eigent- 
lichen Wesen des Arıhegriffes im direckten Widerspruche; dafs 
die Natur keine Ausartungen will, zeigt sie selbst darin, dafs sie 
Bastarde auf den Typus einer der Erzeuger zurückführt. Auch 
scheint es mir sehr milslich von unseren Hausthieren zu be- 
haupten, dafs sie durch Ausartung entstanden seien, da wir nicht 
wissen, ob ihre Vertschiedenheit nicht theilweis eben so gut eine 
ursprüngliche, wenn auch durch die Kultur mehr oder weniger 
veränderte ist. Wie lange hat nicht der Auerochs selbst ein- 
sichtigen Zoologen als der Stamm unseres Rindviehs gegolten? 
Wie lange hat man nicht unsere wilde Katze fälschlich als 
Stammmutter der Hauskatze angesehen? Noch mehr Prüfung ist 
aber bei den sogenannten klimatischen Varietäten zu empfehlen, 
für welche neuerlich sehr viele ganz gut unterschiedene Arten 
ausgegeben sind, weil man dabei gewöhnlich nur allein solche 
Eigenschaften im Auge behielt, welche möglicher Weise 
durch klimatische Einllüsse herbeigeführt sein konnten, andere 
plastische aber unberücksichtigt liels. So lälst sich freilich, um 
eins von vielen Beispielen hervorzuheben, die Färbung des 
Canis melanogaster Bonap. allenfalls als klimatische Abartun 
auf die des gemeinen Fuchses zurückführen, aber sein Schädel 
leicht nach Nathusius mündlicher Mittheilung mehr dem des 
olarfuchses und lälst also die Selbstständigkeit der Art nicht 
bezweifeln. Man vergesse nicht, dafs der Ärtbegriff nicht in 
einem Merkmale, sondern in Verflechtung einer Summe von 
Eigenschaften beruht, von denen an den Individuen einige mehr 
hervorgehoben, andere mehr verwischt werden, ja sogar nicht 
selten eine oder die andere ganz fehlen können. Dies letztere 
aber ist nicht immer, wie Verf. (S.81 Anm.) meint, ein Fehler 
unserer Artdefinition, sondern es geht dies durch die ganze 
Natur, durch Arten, Genera, Ordnungen, Klassen und liegt eben 
im Wesen der sich in der Natur manifestirenden Idee, welche 
freilich die Unterschiede am Allgemeinen setzt, aber sie einzeln 
oft am Besonderen schmälert und aufhebt, ja selbst mit denen 


178 


andrer verwandten Gruppen austauscht, wodurch eben die ab- 
weichenden oder Uebergangsglieder entstehen, welche dem nur 
trennenden Systematiker in Ke Ordnungen und Gattungen 
so anstölsig werden. Dieselben Momente, welche die Mannig- 
faltigkeit der Natur im Grolsen und Ganzen bedingen, wirken 
nun auch innerhalb der Art zu deren weiterer Differenzirung, 
und bieten sich uns als die verschiedenartigen Varietäten dar, woır- 
über ich an einem andern Orte ausführlicher zu handeln gedenke. 

Auch Flourens hat seine Bemerkungen über die Charak- 
tere, welche in der Zoologie die Art uud Gattung begründen 
sollen, mitgetheilt. (Ann. d. Sc. nat. IX. p.302). Sie be- 
handeln den Gegenstand nur oberflächlich und die festgestellten 
Charactere finden eigentlich schon im Vorhergehenden ihre 
Widerlegung. 

Indem Verf. die Zeugung (Generation) als die Macht er- 
kennt, welche unaufhörlich zum primitiven Typus der Art zu- 
rückführe, sieht er das Kriterium der Art in perpetuirlicher 
Fruchtbarkeit der Nachkommen und das en der Gat- 
tung in der Unfruchtbarkeit oder der nur auf wenige 
Generationen beschränkten Fruchtbarkeit der Erzeug- 
ten; d. h. Individuen beiderlei Geschlechts, welche zu einer 
Art gehören, sollen fruchtbare Nachkommen zeugen, Individuen 
eines Genus dagegen sollen wohl mit einander zeugen, aber 
ihre Nachkommen sollen entweder sogleich oder nach einigen 
Generationen, die von Individuen verschiedener Genera;und Ord- 
nungen Erzeugten sollen unbedingt unfruchtbar sein. Schon 
oben ist bemerkt, dals die Zeugung durch Zusammenwirken 
zweier Individuen nicht in die Charakteristik der Art gezogen 
werden darf, weil sie nicht allen 'Thieren zukommt; dann aber 
ist uns über die Fruchtbarkeit der Bastarde von Thieren ver- 
schiedener Arten und verschiedener Genera so wenig bekannt, 
dals das Kriterium, auch abgesehen von der Schwierigkeit sei- 
ner Anwendung, selbst in den oberen Thierklassen ein sehr 
schwach begründetes wäre, denn Bastarde, von einer Rehgeis 
und einem Schalbocke gezeugt, erwiesen sich fruchtbar,. wogegen 
die Maulthiere meist unfruchtbar sind. Wie sich andere Bastarde 
von Thieren verschiedener Genera und Familien verhalten, wie 
2. B. vom Nonnentaucher (Mergus albellus) und der Schellente, 
vom Birkhuhn und Fasan u. s. w. wissen wir nicht, 

Schliefslich muß hier noch auf zwei historische Excurse auf- 
merkam gemacht werden, welcheEhrenberg in seinem grolsen 
Infusorien-Werke gegeben hat, nämlich: Geschichte der Sper- 
matozoenkunde (S.465) und über das Wiederaufleben jahrelang 
vertrockneter Thiere (S. 492). 


I Infusoria 
Ehrenbergs grofses Werk über die Infusorien erschjen 
vortrefllich ausgestattet bei Leopold Vofs in Leipzig. Es 
13 * 


188 


ist wohl das : erste und einzige Beispiel, ‚dafs ein deut- 
scher Buchhändler ohne Unterstützung aus Staatsmitteln ein 
so grofsartiges Unternehmen. gewagt und so glänzend ausge- 
führt hat; um so mehr ist zu wünschen, dafs der Absatz des 
nothwendig kostbaren Werkes den Erwartungen des Verlegers 
entsprechen möge, welcher durch dasselbe nicht nur seine 
schon rühmlichst bekannte Handlung mit neuem Glanze um- 
geben, sondern auch das zoologische Publikum sich zum gröfs- 
ten Danke verpflichtet hat. Man hätte glauben sollen, dafs 
durch das Erscheinen dieses so lange ersehnten Werkes die 
Stimmen der Gegner beschwichtigt werden würden; allein gerade 
umgekehrt ist gleich nach dessen Erscheinen der Widerspruch 
noch mehr rege geworden. In England ist Prof. Rymer- 
Jones, in Frankreich und Deutschland sind Ehrenbergs' 
alte Gegner Dujardin und Meyen aufgetreten. Die Oppo- 
sition betrifft vorzüglich den Ernährungsapparat, indessen 
stimmen die Gegner weder in den Beobachtungen, noch in 
deren Deutung unter sich völlig überein. Doch wenden wir 
uns zunächst zu Ehrenbergs grofsem Werke: 

Die Infusionsthierchen als vollkommene Organismen, 
ein Blick in das tiefere organische Leben der Natur von D.. Chri- 
stian Gottfried Ehrenberg, nebst einem Atlas von 64 colo- 
rirten Kupfertafeln, gezeichnet vom Verf. Leipzig*bei L. Vols 
4838. gr. Fol. (142 DBem). 

Es ist unmöglich über den reichen Inhalt dieses wichtigen 
Werkes auf wenigen Seiten erschöpfend zu berichten, noch 
alles Neue hervorzuheben. Ref. sieht sich daher genöthigt, nur 
Einzelnes aus der grolsen Masse hervorzuheben. ie Ehren- 
bergs frühere Schriften über Infusorien, so behandelt auch 
dieses Werk beide früher unter dem gemeinsamen Namen der 
Aufgulsthierchen oder Infusorien begriffenen Thierklassen,, die 
Magenthierchen GEabreestica Ehrb.) und die Räderthier- 
chen. Die erstern bildeten bei Abfassung des Werkes 553 Ar- 
ten in 423 Gattungen und 22 Familien, von denen 41 panzerlos 
und eben so viel gepanzert sind. Nach dem Artenreichthum 
verhalten sich die Familien wie folgt; die Bacillarien mit 
168 Arten iu 35 Gattungen, die Monadinen 41 Arten in 9, die 
Trachelinen 38 Arten in $, die Vorticellinen 35 in $, die 
Enchelien 36 in 40, die Colpodeen 27, die Astasieen 
24 in 6, die Volvocinen 48 in 10, die Peridinäen: und 
Oxytrichinen jede 17 in 4 und 5, die Cryptomonadinen 
und Closterinen jede 16 Arten in 6 und 1 Gattung, die Vi- 
brionen 14 Arten in 5 Gattungen, die Euploten 12in 4, die 
Ophrydinen 11 in 4, die Arcellinen 40 in 3, die Cyeli- 
dinen 6 in 3 Gattungen, die Colepinen 5 Arten in 1 Gat- 


189 


tung, die Amöbeen 4 in 1, die Dinobryinen und Ophryo- 
cercinen jede 3 Arten in2 und 4 Gattung, die Aspidiscinen 
2 Arten in 1 Gattung. Die Bacillarien bilden mithin allein mehr 
als 4, und mit den Monadinen, Trachelinen und WVorticellinen 
zusammen die Hälfte der Klasse. Die systematische Anordnung 
der Familien in Ordnungen ist dieselbe geblieben, wie früher. 
— Durch ihren Aufenthalt ist merkwürdig Monas punctum Ehrb. 
(wahrscheinlich M. punctum: Müll.) in stark gerbestoffhaltigem 
Lohwasser. Bei einigen Magentbierchen hat Ehrenberg Mus- 
keln erkannt, so bei Stentor als trübe Längsstreifen oder Spira- 
len auf denen die Wimpern: stehen; im Stiele der Schnellvor- 
ticellen und im Leibe der Opercularia sind sie noch klarer. Ein 
Gefälssystem ist noch bei keiner Form deutlich geworden. Ner- 
venganglien, als Unterlage der Augen sind bei Euglene und Am-- 
blyophis beobachtet. Der peitschenlörmige Rüssel der Monaden, 
welcher durch seine schnelle Schwingungen leicht für mehr- 
fache Wimpern gehalten wird und allen Monaden eigen zu sein 
scheint, wird ar von E. für ein Bewegungsorgan erklärt, wel- 
ches zugleich die Function eines Wirbel oder Fangorgans und 
Tastorgans versieht. Der Mund wurde von E. zuweilen an der 
Basis des fadenförmigen Rüssels als helle Stelle erkannt. Die 
Bane, spindelförmige Monas tingens hat immer zwei solcher 

äden und bildet deshalb und weil sie ein schön rothes Auge 
besitzt und sich oft zu rollenden Kugeln zusammenhängt, eine 
eigene Gattung Glenomorum. Die angegebenen Eigenschaften 
unterscheiden sie auch von der inzwischen durch Tin ardin 
unterschiedenen Gattung Diselmis (Jahrgg. IV. 2. S. 319.) Zwei 
wasserhelle Schwanzmonaden Bodo (B. intestinalis E. oblong, 
fast konisch und B.ranarum eilörmig, vorn spitz) leben para- 
sitisch mit Bursarien im Schleime des Barkaarım der Kröten und 
Frösche. Von Bursarien (Bursaria) beobachtete E.: B. Enio- 
zoon, Nucleus, B. cordiformis, intestinalis und B. ranarum 
im Darmschleime der Frösche und Kröten, aulserdem noch Vi- 
brio Bacillus und eine kleine Anguillula. (S.331). Die Familie 
der Yolvocinen ist vielfach weiter aufgeklärt, Chlamidomonas 
pulvisculus (Monas pulv.) hatnach Ehrenbergs neueren Unter- 
suchungen nicht einen, sondern zwei Rüssel oder fadenförmige 
Bewegungsorgane; auch die einzelnen Thiere von Yolvox und Go- 
nium haben Feen zwei. Die einzelnen Thiere des gemeinsamen 
tafelförmigen Monadenstocks von Gonium peciorale sind wie die 
von Folvox durch 3—6 bandartige Röhren verbunden; an der 
Basis des doppelten Rüssels liefs sich die Mundöffnung, ferner 
iin Innern des Körpers eine contractile Blase und ein drüsiges 
Organ erkennen. Jedes Einzelthierchen ist innerhalb des ge- 
meinsamen Sacks von einem Mantel umschlossen, den es perio- 
disch verlassen und reprodueiren kann; dasselbe gilt auch von 
Volvox. Für die nähere Kenntnils der Vibrioniden ist dadurch 
eiu ‚Schritt vorwärts geihan, dals die dahin gehörigen Gat- 
tung Bacterium, Vibrio, Spirillum, deren fadenförmige Körper 
als Einzelthiere gelten, vielmehr als kettenartige, gegliederte 
Monadenstöcke erkannt sind, welche durch quere nina 


180 


Selbsttheilung bewegte Gliederfäden bilden. Daraus erklärt sich 
denn anch, dals bei der überaus grolsen Kleinheit der Einzel- 
thiere deren innere Organisation für unsere jetzigen Mikroskope 
unerreichbaf ist. Bei Bacterium triloculare wurde indessen ein 
wirbelnder Rüssel am vordersien Ende beobachtet. Die Clo- 
sterien werden, wie früher, unter den Infusorien abgehandelt, 
aber als besondere Familie Closterina. Als Gründe für ihre 
Animalität werden angeführt, die freiwillige, schon von Corti 
beobachtete Bewegung, die zuerst von Ehrenberg beobachte- 
ten beiden Oeffnungen an den Spitzen, die fortdauernd beweg- 
ten, wenig hervorragenden Organe in Form konischer Papillen 
"hinter den Oeffnungen und die queere Selbsttheilung. Mittlere 
Oeffnungen der spindelförmigen Hülle, welche Corda angiebt, 
konnte E. nirgend bestätigen. Aufnahme von Farbestoff wurde 
nie beobachtet. In der Knospenbildung durch Copulation zweier 
Individuen, ähnlich wie bei den Conjugaten und bei Syzygiles 
unter den Pilzen sieht E. keinen nothwendig pflanzlichen Cha- 
racter (S. 89.). Die langsam Hai ak runden Körperchen, 
welche man innen nahe den beiden Enden mit einem einiger- 
malsen guten Mikroskope wahrnimmt, hält Ehrenberg für die 
Basaltheile der oben erwähnten 'konischen. Papillen. Bei €7. 
turgidum sah E. entfernter von «den Enden, aulser jenen 
normalen beweglichen Organen, ganze Haufen und auch: ein- 
zelne bewegte wimmelnde monadenartige Körperchen (S. Taf. VI. 
f-7, 1.), bleibt aber ungewils, ob es ausgekommene Brut gewe- 
sen. — Die Gattungen der Aenderlinge scheinen sämmtlich ein 
rüsselförmiges Bewegungsorgan zu besitzen, bei Chlorogonium E. 
(Astasia euchlora E,) ist es doppelt. Auch die Familie der 
Dinobryinen (Epipyxis, Dinobryon) scheint, wenn man aus 
E’s Beobachtung an Dinobryon Sertularia schlielsen darf, ein 
solches fadenförmiges Bewegungsorgan zu besitzen. Es sind 
von einer büchsenartigen Hülle (Panzer) umschlossene Astasiäen, 
deren Hülle bei Dinobryon durch Knospen freischwimmende sertula- 
rienähnliche Bäumchen bildet. Ungemein reichhaltig ist die Bear- 
beitung der Bacillarien, deren Organisation durch die Licht- 
brechung des Panzers schwer zu ermitteln ist. Nur bei Na- 
vicula ist ein schneckenfulsartiges unzertheiltes Bewegungs- 
organ beobachtet. Der schon früher bei Peridinium erkannte 
fadenförmige Rüssel ist bei den übrigen Gattungen dieser Fa- 
milie, bis auf Chaetotyphla erkannt. Bei allen Vorticellen findet 
sich dagegen ein Wimperkranz um den Mund, welcher stets mit 
dem After in derselben seitlichen Grube sich findet. Ueberhaupt 
scheint es fast aus Ehrenbergs Beobachtungen hervorzugehen, 
dals (wahrscheinlich oder ausschlielslich) das Wirbelorgan der 
Anentera ein einfacher,doppelter, selten mehrfacher fadenförmi- 
er Rüssel, das der Enteradelen dagegen ein Wimperkranz ist, Bei 
de Mehrzahl der Vorticellen-Gattungen hat Verf. den Verlauf des 
Darmes sich klar machen können. Bei keiner Gattung finden 
sich Augenpunkte; auch sämmtlichen 10 Gattungen der Wälzen- 
thierchen (Enchelia Ehr.) fehlen sie. In dieser und den folgenden Fa- 
milien derEnterodelen ist derErnährungsapparatam vollständigsten 


191 


vom Verf. erkannt worden. Zur Beobachtung des Verlaufs des 
Darmkanals werden empfohlen (S.362.) grolse Exemplare von 
Chilodon cucullulus, Trachelius Ovum, Epistylis plicatiis, Vor- 
ticella chlorostiigma, F. convallaria, Opercularia articulata, Siy- 
lonychia Mytilus. Bei diesen hat Verf. den Kanal so deutlich 
gesehen, dals er ihn zeichnen konnte. Durch allmähliges Fort- 
rücken der Speisen konnte er ihn sich. deutlich machen bei En- 
chelys Pupa, Leucophrys patula, Ophrydium versatile, Parame- 
rium Aurelia. Bei letzterer sah er den ganzen Verlauf des 
Darmes einmal direkt. 

Prof. Rymer Jones, welcher in der British Association 
4838 gegen die Darmbildung, wie sie Ehrenherg schildert, 
auftrat, bemerkte, dals er nie Spuren von einem: Darmkanal ge- 
sehen, dagegen ein kreisförmiges Drehen der Magenblasen in 
der Körperhöhle beobachtet habe, welches sich mit der Dar- 
stellung Ehrenbergs, dafs die Magen einem Darm anhingen, 
nicht yertrüge. a entgegnet darauf (Ann. of Nat, 
Hist. LI. p. 121.), dals dies Phänomen bereits von Focke'er- 
wähnt-und auch von ihm selbst oft beobachtet sei; ‚es dehne 
sich zuweilen der Darmkanal auf Kosten der anhängenden Ma- 
gensäcke so weit aus, dals er die ganze Körperhöhle ausfülle, 
wo dann die verschluckten Stoffe, die Magensäcken sehr ähnlich 
sehen, im ganzen Körper zu circuliren scheinen. (Vgl. Meyen 
in Müller's Archiv 1839. S. 74.) 

Dujardin’s Einwürfe sind dieselben, welche bereits in 
diesem Archiv Jahrgang II. 2. S.181. besprochen wurden. Das 
Uebrige seines langen polemischen Aufsatzes in den Ann. d. Se. 
nat. X. 5.230 fg. File sich im Kurzen ‘darauf reduciren,. dafs 
die Funktion aller von E. gedeuteten Organe ganz unerwie- 
sen sei, wenn auch die Anwesenheit derselben z. B. der cou- 
tractilen Blasen, der drüsigen Organe, der rothen Augenpunkte, 
selbst des früher in Abrede gestellten Schlundapparats von Pro- 
rodon etc. zugestanden wird. Dujardin verlangt z.B. Nach- 
weis eines Zusammenhanges der drüsigen Organe (Hoden nach 
Ehrenberg) mit den contractilen (Ejaculations-) Blasen, ver- 
langt Nachweis von Spermatozoen im Contentum der letzteren, 
directe Beobachtung des Ausschlüpfens der von E. als Eier ge- 
deuteten Körnermasse u. s. w. Verlangt man eine. so strenge 
Beweisführung hier, wie sie allerdings die Zootomie und Phy- 
siologie in den übrigen Klassen fordert, so muls freilich dem Geg- 
ner zugegeben werden, dals fast Alles bis jetzt nur hypothe- 
‚tisch ist und eine hoheder menschlichen einigermalsen ver- 
gleichbare Organisation bei den Infusorien bisher nur vorausgeseizt, 
nicht aber erwiesen wurde. — Bory’s Gatt. Anthophysis (Mül- 
ler’s Yolvox vegetans), welche Ehrenberg in seinem gröfse- 
ren Werke 5.285. fraglich zu Epistylis in de Familie der Vor- 
ticellen stellt, weil es ihm unentschieden blieb, ob das Wirbel- 
organ der einzelnen Thierchen ein einfacher Rüssel oder ein 
Wimperkranz sei, hat Dujardin (Ann. d. Sc. nat. X. S. 13) 
näher aufgeklärt, so dals sich die Gattung nun an Uvyella und 
die Monaden anreiht, wie es Ehrenberg für den Fall, dafs 


192 


ein einfacher Faden ‘vorhanden wäre, vorausbestimmt hatte, 
Diese baumförmigen Monadenstöcke sind in der Seine sehr 
häufig; der Stamm, dessen Aeste dichotomisch verzweigt sind, 
ist überall von fast gleicher Dicke, an der Basis bräunlich und 
fester, an den Enden der Zweige durchsichtiger, farblos und 
"weicher nnd trägt hier beerenartig die durchsichtigen, birnför- 
migen mit einem peitschenförmigen Faden versehenen Monaden, 
deren Sekret die Aestchen zu scin scheinen, so dals eine Thei- 
lung des Häufchens auch eine Theilung des Stammes bedingte, 
Zuweilen sieht man auch die Bäumchen der Monadenhäufchen 
beraubt und letztere ‚sich wie Uvellen durch Schwingungen 
ihrer Fäden im Wasser umher drehen; zuweilen auch isoliren 
sich die einzelnen Thierchen und schwimmen mit einiger Form- 
‚veränderung mittelst Schwingungen ihrer Fäden umher. Du- 
jardin beschreibt noch eine neue Monadengattung Hexamita, 
welche vorn vier peitschenförmige Fäden und hinten deren 
an hat, von denen jeder auf der Spitze eines spitzen Fortsatzes 
steht. 

Analog den Anthophysen scheinen sich die Gatt. dcineta und 
Dendrosoma Ehrb. zu verhalten; erstere trennt E.von den Bacilla- 
rien und bildet aus beiden eine eigene Familie Acinetina (S. 316). 
Dendrosoma radians bildet ästige, unten dickere, vielköpfige, fest- 
sitzende Stämme, deren jedes Köpfchen einer Actinophrys 
gleicht; sie scheinen keine besondere Analöffnung zu haben. 


Besonders wichtig und interessant sind die zahlreichen 
Exkurse . über allgemeine Erscheinungen in der Infusorien- 
welt, welche Ehrenberg theils der systematischen Aufzäh- 
lung am passenden Orte eingeschaltet, theils am Ende des 
Werkes angehängt hat, Sie enthalten nicht allein die Re- 
sultate seiner eignen Forschungen, sondern auch eine mit 
grofser Belesenheit und Sorgfalt zusammengestellte geschicht- 
liche Uebersicht der Leistungen seiner Vorgänger. Beson- 
ders hervorzuheben sind die Excurse: über die grüne und 
rothe Färbung der Gewässer (S. 120), über die Aufgüsse 
(S. 520), über den Einflufs der Kälte, Hitze, des Lichts, der 
Electrieität, des Galvanismus und Magnetismus auf die Infu- 
sorien am Schlusse des Werkes. 


Hinsichtlich der Aufgüsse hat sich Verf. durch zahlreiche 
Versuche überzeugt, dafs man es nicht in seiner Gewalt hat, 
durch gewisse Iufusionen gewisse Formen zu erzeugen, dals die 
Infusorien in den Aufgüssen nicht die Wirkung, sondern die 
Begleiter der Auflösung und Gährung organischer Sybstanzen 
sind, die den in den Aufgüssen zufällig befindlichen Thierchen 
reichliche Nahrung bieten. Nur in die der Luft zugänglichen 
Infusionen kommen Infusorien. Dafs aus einem einzigen Ei oder 
lebenden Thierchen, welches sich zufällig in dem Aufgusse be- 
fand oder hineingerieth, auf dem gewöhnlichen Wege durch 


193 


Eier und Selbsttheilung in wenig Tagen und Stunden Millionen 
entstehen können, hat Verf. schon früher bei Paramecium Aure- 
tia, Hydatina senta und Stylonychia Mytilus durch directe Ver- 
suche nachgewiesen. Nur 40 Arten von Infusorien zeigen sich 
allen Infusionen am leichtesten zugänglich und werden S. 526 
namentlich aufgeführt. Einige davon vermehren sich vorzugs- 
weise mehr in animalischen Aufgüssen; einige vorzugsweise im 
Seewasser. Das Häutchen auf den Aufgüssen ist keinesweges 
von der Bedeutung, die man ihm neuerlich zugeschrieben. Es 
ist zuweilen schillernd, mineralisch, weit häufiger organisch. Es 
besteht in den meisten Fällen aus Infusorien- Cadavern, die sich 
durch Gasentwicklung an der Oberfläche anhäufen und darunter 
auch noch lebende, zuweilen auch aus zerflossenen Infusorien, " 
Schimmelkeimen, sog. Hygrocrocis-Algen und ist dann fasrig 
und körnig, oft aus Penicillum glaucum; zuweilen gleicht es einer 
zarten farblosen Gallerte, ist dann ein er (Palmella infusio- 
num). Das Verhalten der Infusorien zur Kälte fand E. ähnlich 
wie Spallanzani. Fast alle gewöhnlichen Formen traf er Win- 
ters lebend unter dem Eise an. Eingefrorene Infusorien waren 
beim Aufthauen todt, oft auch zerflossen. Die gestielten Vor- 
ticellen zeigten sich vom Stiele abgelöst. WennE. in Uhrglä- 
sern Infusorien einfrieren liels, und klaresEis an einem kalten Orte 
beobachtete, sah er ‚einzelne Thierchen, welche nicht gefroren 
zu sein schienen, in sehr kleinen Bläschen des Eises eingeschlos- 
sen, woraus er auf eine eigene Wärme derselben schliefsen zu 
können glaubt. - Licht im Allgemeinen, Tageshelle und Sonnen- 
blicke scheinen der: Vermehrung der Infusorien günstig, anhal- 
tendes Sonnenlicht meist schädlich. Monas termo und Gallio= 
nella ferruginea‘ finden sich in Freiberger Gruben in 1106 F. 
Deufe. Electrischen Strömen erlagen die Infusorien theils so- 
Beh, theils sehr bald. Wo’ bei Anwendung des Galvanismus 

asserzersetzung statt fand, waren dieim Strome zwischen den 
Drähten befindlichen Thierchen wie vom Blitz ‚getroffen, zu- 
sammengezogen und meist gleich todt. In Versuchen mit einem 
magneto-electrischen Apparate zeigte sich ohne Wasserzersetzung 
keine sichtbare Einwirkung, aber mit Beginn dieser waren die 
in die magnetische Linie kommenden Räderthierchen: plötzlich 
todt, zuweilen auch nur betäubt, 


Räderthiere 


Von Räderthierchen, die wir hier nur folgen lassen, weil 
man sie früher unter den Infusorien begrifi, werden von Ehren- 
berg 169 Arten in 55 Gattungen und 8 Familien beschrieben. 
Systematik und Schilderung der Organisation ist im Wesent- 
lichen dieselbe geblieben, wie in des Verf. früheren Abhand- 
lungen. Auch gegen die Räderthiere wendet sich Dujardin’s 
Kritik. (a. a. 0.S. 185.) 

Er findet die Benennung der Klasse nicht bezeichnend, weil 


194 


nicht alle dahin gehörige Thiere ein ‚wahres Räderorgan be- 
sitzen, so Floscularia, Chaetonotus u. A., so wie eine neue Gat- 
tung Albertia Duj., welche bei der inneren Organisation der 
Räderthiere nur ein ganz rudimentäres Räderorgan aufzuweisen 
hat. Verf. schlägt mit Milne-Edwards und Peltier den Na- 
men Systolidae vor, um die allerdings. characteristischen ge- 
waltsamen Contractionen zu bezeichnen, in denen sie den Vor+ 
der- und Hintertheil oder nur den’ ersteren unter den Mitteltheil 
des Körpers einziehen; die Augerfpunkte will er nicht als Augen 
gelten lassen, auch sollen sie nicht physiologische Bedeutung 
genun haben, um als generische Unterschiede zu dienen; Hirn- 
ganglıen, Nerven, Blutgefälse erscheinen ihm problematisch; die 
inneren Kiemen, denen analoge Flimmerorgane Verfasser auch 
bei Albertia fand, werden zugegeben, nur nicht, dals das Was- 
ser. durch die spornartige Verlängerung, welche E. früher als 
Penis, später als Athemröhre deutete, von aulsen zu ihnen ge- 
lange, denn man bemerke an ihr kein Aus- und Einströmen des 
Wassers; wahrscheinlicher hält. es D., dals die contractile Blase, 
welche E. als Saanfenblase deutet, diese Function habe; Samen- 
blase könne sie deshalb nicht sein, weil zur Befruchtung der 
wenigen Eier, welche ein Räderthier zu legen hätte, so zahllose 
Contraclionen und Ejaculationen unmöglich nöthig sein könnten. 
Die Albertia vermiculus fand Dujardin in der Bauchhöhle von 
Lumbricus und im Darme von Limax. Sie ist wurmförmig, nackt, 
vorn wie abgestützt, hinten verdünnt mit stumpf konischem 
Schwanzende, hat 2 Kiefer; am Vorderende tritt zuweilen eine 
kappenförmige rundliche wie die Mundgegend mit. Wimpern 
besetzte Ausbreitung vor. Nach Dujardin istMilne-Edwards 
geneigt, die Räderthiere mit den Helminthen und Annulaten in 
eine Abtheilung der Gliederthiere zu stellen; eine Ansicht, welche 
Ref. öfter in Mies Zeitschrift ausgesprochen und bereits 1832 in 
seinem Handbuche befolgt hat. Bei Annahme dieser Ansicht 
erscheint dem Verf. die Gattung Albertia als ein Mittelglied 
zwischen den Rotatorien oder Systoliden und den Nematoideen; 
andrerseits sieht er im Trardigrade (Arctiscon Schr.) ein Zwi- 
schenglied zwischen den Räderthieren und den Annulaten mit 
Kiefern, und verwirft dessen Stellung bei den Krustaceen, welche 
Ansicht sich an die von mir Jahrg. III. Bd.1: S. 200 ausgesprochene 
nahe anschliefst. Das von Dujardid beschriebene Bären- 
thierchen ist dasselbe, welches Schulze als Macrobiotus be- 
schrieb. Auch giebt ihm Dujardin 4 Krallen, so dals die von 
Ehrenberg beschriebene dreikrallige Art doch specifisch ver- 
schieden ‚sein muls. Der Schlundzahnapparat ist nach Dujar- 
dins Beschreibung ziemlich complicirt. 


Polythalamia s. Rhizopoda. 

Ehrenberg hat die wichtige Entdeckung gemacht, dafs 
wahrscheinlich sämmtliche europäische Kreidefelsen zum grofsen 
Theil: aus mikroskopischen, dem blofsen Auge unsichtbaren Po- 
Iythalamien (Foraminiferen) bestehen, deren Zahl so grofs ist, 


195 


dafs oft weit über eine Million auf jeden Kubikzoll Kreide 


kommen, indem ihre Gröfse zwischen z; bis „I; Linie fällt. 


(Bericht der k. preufs. Akademie. 1838 p. 194). 

In der Kreide des nördlichen Europa’s sind die den kristallini- 
schen analogen Theile der Masse nach den organischen Ueber- 
resten zuweilen gleich oder etwas mehr; allein in der südeuro- 

älschen Kreide sınd dieselben Organismen und deren Fragmente 
bei weitem überwiegend; so dals diese, wie es scheint aus- 
schlielslich aus wohl erhaltenen Polythalamien besteht. Die süd- 
und nordeuropäischen Kreidegebirge enthalten viele ganz gleich- 
arlige Kalkthierchen, Die früher für Tertiärgebilde gehal- 
tenen kreideartiigen Umgebungen des Mittelmeers gehören den 
Organismen nach zur Kreideformation. Aufser den Polythalamien 
finden sich auch Kieselinfusorien. Höchst wichtig ist nun des 
Verf. Hinweisung, dalssich in den nordeuropäischen Kreidelagern 
Feuersteine in vielen sehr regelmälsigen horizontalen Schichten, 
in den südeuropäischen dagegen wenig oder gar keine Feuer- 
steine, wohl aber Mergel aus Kieselinfusorien, mit Kreideschich- 
ten abwechselnd, finden, so dals allerdings die Annahme sehr 
wohl begründet scheint, dafs die Feuersteinlager aus Umbildung 
ine Mergelschichten entstanden sind. An die Stelle des vom 

erf. früber hervorgehobenen Mangels an Kieselinfusorien zur 
Bildung der Feuersteme ist nun ein grolser Reichthum derselben 

etreten, denn er beobachtete bisher 40 Arten von Kieselinfusorien. 

ei der Beobachtung wurde zur Verstärkung der Durchsichtig- 
keit Balsamum canadense auf dünn vertheilte trockne Kreide 
angewandt. — Hinsichtlich des Thieres der Polythalamien konnte 
Verf. derzeit nur nach seinen früher am Nautilus orbiculus 
Forsk. des rothen Meeres gemachten Beobachtungen schlielsen, 
beii welchen er an lebenden Thieren 6—8 Tentakeln gesehen 
hatte, weshalb er geneigt ist, die Polythalamien als frei beweg- 
liche gepanzerte Bryozoen anzusehen, die sich zu den Flusiris 
wie Fungia zu den ‚Asträen verhielten. Der erwähnte Nautilus 
(Sorites orbiculus Ehr.) erwies sich bei Anwendung von Ter- 
pentin als ein scheibenartiger Polypenstock von 2—300 Thier- 
chen, deren Zellenöffnung dendritische Kalktheilchen des Kör- 
pers bei dessen Contraction so verschlielsen, dals sie ganz 
unsichtbar wird. Später (1839) hat Ehrenberg andere Poly- 
thalamien, mit schwachen Säuren behandelt, und deren Bewoh- 
ner*als viellappige Thierleiber erkannt, so dafs seine Beschreibung 
in dieser Hinsicht der früher von Dujardin gegebenen nahe 
kommt. Gleichwohl bleibt Ehrenberg bei seiner früheren An- 
sicht, dals diese Thiere den Bryozoen zuzuzählen seien. Ich 
muls leider gestehen, dals selbst Ehrenbergs ausführliche zu 
Ende 1839 erschienene Abhandlung: Die Bildung der europäi- 
schen, libyschen und arabischen Kreidefelsen und 
des Kreidemergels aus mikroskopischen Organismen. 
Berlin fol., in welcher eine Systematik der Bryozoen mit Ein- 
schlufs der Polythalamien gegeben wird, mich von der Richtig- 
keit der systematischen Stellung der Polythalamien bei den 


196 


Bryozoen nicht ganz überzeugt hat. Es scheint mir vielmehr, 
als würde durch dıese Vereinigung dem sonst so scharf begränzten 
Typus der Bryozoen geschadet. Ueberdies stehen noch die 
Beobachtungen Dujardin’s über die seltsamen fadenförmig- 
ästigen Bewegungsorgane dieser Thierchen im Wege. Wir 
müssen sie doch wohl so lange gelten lassen, bis sie durch wie- 
derholte Beobachtung lebender Thiere derselben Gattungen 
als irrthümlich befunden worden sind, um so mehr, als Dujar- 
din sie Monate lang beobachten und Jedem in Paris, der sich 
dafür interessirte, vorzeigen konnte. Ich bin andrerseits weit 
davon entfernt in Ehrenbergs Beobachtung der Thiere des 
Sorites orbiculus den geringsten Zweifel zu setzen, und bin auch 
überzeugt, dals dies Bryozoen gewesen sind; allein diese viel- 
reihigen Polypenstöcke der Polythalamien, wie sie 
Ehrenberg nennt und auf Taf. III. abbildet, scheiren mir 
anderer Natur zu sein, als die einfachen und zusammengesetzten 
Polythalamien, von welchen uns Ehrenberg aufder ersten und 
zweiten Tafel seiner neuesten Schrift so schöne Darstellungen 
egeben hat. Beide letztern zeigen durchaus denselben Typus, 
Been wesentliehe Eigenschaft die kettenartig aneinander hängen- 
den Körperlappen sind, welche sich nach einander mit stets 
wachsender Grölse aus dem ursprünglich einfachen Thierleibe 
entwickelt haben, weskalb auch Daüjdzarn in seiner ersten Mit- 
tkeilung 1835 den Namen Symplectomera für die Polythalamien 
vorschlug. Dieser Character fehlt aber Ehrenbergs Sorites 
orbiculus, welches diesem sorgfältigen Beobachter auch kei- 
nesweges entgangen ist, denn er sagt (S. 53): „Es giebt nämlich 
Polythalamien, welche bei ihrer Corallenstockbillung durch Knos- 
pen sich verhalten, wie Sertularinen oder wie Hyde, d.h. wo 
die Knospen sich allmälig individuell ganz abschliefsen, so dafs 
das Mutterthier ohne Schaden des Jungen absterben kann, doch 
sondern sich nie diese freiwillig ganz ab, dahin gehören die 
Asterodiscinen und Soritinen.” — Ich finde eben darin den Beweis, 
dals sie keine wahre Polythalamien, sondern Polypen sind, und 
möchte sie in der Stockbildung den Flustern und Escharen ver- 
gleichen. Sind Dujardin’s Beobachtitipen über die Bewe- 
gungsorgane der lebenden Thiere richtig, woran man kaum 
zweifeln darf, da sich von Paris aus keine widerlegende Stimme 
hat hören lassen, so möchte ich eher Dujardin beistimmen, 
wenn er sie wegen der freien Ortsbewegung und derXVeränder- 
lichkeit der Bewegungsorgane den wechselfülsigen Infusorien zu- 
esellt haben will. Selbst dje vielleibigen Polythalamien, deren 
ehäuse nach Ehrenberg’s wichtiger Entdeckung eine gemein- 
same Hülle für mehrere unter einander zusammenhängende Thier- 
leiber ist, dürften in den genen Panzer-Pseudo- 
poden, den Bacillarien, ihre Analoga finden, nur mit dem Unter- 
schiede, dafs die Familienform bei diesen durch Selbsttheilung, 
bei jenen aber durch Knospenbildung entstanden und durc 
stetes Fortwachsen der Mutterthiere auffallend modificirt ist. 
Das einzig Widerstrebende wäre die Kalkschale; da wir aber 
unter de Birybiuin die verwandtesten Formen mit kalkigen oder 


4197 


hornigen |Zellen finden, warum sollte es nicht auch neben kiesel- 
anzrigen Pseudopoden kalkpanzrige WVechselfülser (Rhizopo- 
en, Polythalamien) geben können. Ich spreche hier, wie ge- 
sagt, nur meine Ansicht aus, die ich als eine subjective zu be- 
trachten, aber einer-geneigten Prüfung zu unterwerfen bitte. 
Wiederholte Beobachtung lebender Thiere von wahren Poly- 
thalamien wird über ihre systematische Stellung entscheiden. 


1. Polypi 

Wie die natürliche Stellung der Polythalamien noch 
schwankend bleibt, so wird auch die der Spongien und 
Spongillen von neuem problematisch durch Dujardins 
neuere Beobachtungen, nach welchen er geneigt ist, den Spon- 
gillen eine thierische Natur zu vindieiren. (Instit. p.157 und 202. 
Ann. d. Sc. nat. Tom. X. p.5. mit Abbild.) 

Reifst man von einer Spongie Fragmente der schleimigen 
Substanz ab, so zeigen sich diese nach Dujardin anfangs unbe- 
weglich unter dem Mikroskope, aber bei passender Beleuchtung 
sieht man an den Rändern rundliche durchsichtige Vorsprünge, 
welche ihre Gestalt in jedem Augenblicke durch Expansion und 
Contraction verändern. Zuweilen sollen sich sogar kleine Frag- 
mente von 17%» — 200 Millimeter langsam am Glase kriechend 
durch jene Fortsätze fortbewegen. D. will dieses Phänomen 
bei Spongia panicea, Cliona celata und Spongilla seit 1835 
beobachtet haben. Auch sah er an den Rändern abgerissener 
Lappen der Spongilla Fäden von aulfserordentlicher Zartheit 
hervortreten, und mit lebhaft undulirender Bewegung schwingen, 
so dals sie an kleineren isolirten Massen eine Ortsbewegung, ver- 
schieden von der oben beschriebenen, veranlalsten. D. betrach- 
tet die Bewegung dieser schwingenden Fäden, von deren An- 
wesenheit er die Herren Milne-Edwards und Turpin über- 
zeugen konnte, als die Hauptursache der von Grant u. A. 
beobachteten Wasserströmungen, Gegen die hierdurch angeregte 
Ansicht von der animalischen Natur der Spongillen würde die 
Beobachtung von J. Hogg sprechen, dals die Spongilla ihre 
grüne Farbe allein durch den Einfluls des Lichtes erhalte, und 
wenn sie diesem entzogen wird, verliere. (Ann. Nat. Hist. II. 
r. 370). Früher (Ann. N. H.J. p.478) hatte derselbe Natur- 
forscher Beobachtungen über die Entwicklung der linsenförmi- 
gen Körper (Sporangien? Eier?) angestellt, welche sich in den 
Zellen und Poren der Spongilla finden. Sechs setzten sich bald 
an den Boden eines mit Wasser gefüllten Gefäfses fest und er- 
schienen in etwa drei Wochen mit einer weilslichen wolligen 
Substanz bedeckt, welche Hogg für den Anfang des Schwam- 
mes hält. Es kann aber auch der Anfang einer Schimmelbildung 

ewesen sein. Vgl. über die Bildung dieser eiähnlichen Körper 
eyen in Müllers Archiv 1839. p.83. — Johnston erklär 
sieh in seinen Brit. Zooph. für die pflanzliche Natur der Spon- 
gillen, setzt aber Grant’s Cliona, die bekanntlich auch Kie- 


198 


selnadeln enthält, unter die Bryozoen (Ascidoidea) neben Haloda- 
ciylus ( Aleyonidium Lamour). Nach Grants Beobachtungen zeigt 
Cliona wirklich in den Wasserströmungen, der Contractilität der 
warzenförmigen Hervorragungen, den Kieselnadeln u. s. w. manche 
Uebereinstimmung mit den Spongillen; jallein Grant sah bei 
dieser ne unter sehr günstiger Beleuchtung und 
nur zweimal, wirkliche mit etwa 8 Fühlern begabte Polypen 
von aulserordentlicher Feinheit, am Rande der Papillaröffnungen 
aus- und eintreten. Sollten spätere Beobachtungen auch an den 
Spongillen wahre Polypen nachweisen, so möchte allerdings ihr 
Platz neben Cliona sein. 

Aus Peyssonel’s berühmter Abhandlung, welche zuerst 
die thierische Natur der Polypen bewies, hat Flourens in 
den Ann. d. Sc. nat. IX. S. 334 fg. einen Auszug gegeben. 

Ueber den Reichthum der brittischen Polypenfauna gewährt 
G. Johnston’s History of the british Zoophytes. Edin- 
burgh 1838 gr. 8. eine ‘gute Uebersicht. 

Die zahlreichen Abbildungen theils in Holzschnitten dem 
Texte eingedruckt, theils auf 44 Tafeln dem Werke angehängt, 
sind meist blolse Umrisse. Das System des Verf. ist bereits ım 
vorigen Berichte (Bd: 2. S.322.) besprochen. . 

In-einem sehr interessanten Aufsatze (sur l« nature des 
polypiers Ann. d. Sc. nat. X. p. 321 fg.) erörtert Milne- 
Edwards seine schon öfter angedeutete Ansicht, dafs der 
hornartige oder kalkige Polypenstock nicht ein todtes Sekret 
und ohne organischen Zusammenhang mit den Polypen, son- 
dern ein integrirender, organisirter und lebendiger Theil der 
Haut derselben ist, ein organisches Gewebe, in dessen Substanz 
sich mehr oder weniger Horn- oder Kalksubstanz ablagert 


und dessen Ernährung durch Intussusception geschieht, 


Anthozoa. 


Ehrenberg hat von neuem unsere Kenntnifs der Arm- 
polypen durch die überraschende Entdeckung muthmaßslicher 
männlicher Organe vervollständigt. (Mittheilungen aus den Ver- 
handlungen der Gesellschaft naturforschender Freunde zu Ber- 


lin. Jahr 1838. S. 14.) 

Er überzeugte sich auch, dafs die stachlige Oberfläche 
der durch einen Rifs der Oberhaut hervortretenden Eier durch 
Erhärten und Zusammenschrumpfen einer zelligen Gallertschicht 
daselbst gebildet wird, deren Substanz im Wasser unlöslich ist. 
Als männliche Sexualorgane deutet E. die periodische Knollen- 
bildung am vordern Körpertheile der Armpolypen, in deren 
Innern er bewegliche geschwänzte Körperchen, Spermatozoen 


199 


aus der Abtheilung der Cephalozoen, beobachtete. Die Hydern 
hätten demnach aufserhalb am Körper sich entwickelnde, pe- 
riodisch erscheinende Sexualorgane beiderlei Art, die männlichen 
mehr nach vorn, die weiblichen mehr nach hinten. Es giebt 
scheinbar rein männliche Hydern und scheinbar rein weibliche, 
auch solche wo gleichzeitig beide Organe entwickelt sind; die 
Anlage ist also olfenbar hermaphroditisch. 

Johnston I. c. S. 227 erklärt Brandts Genera der Acti- 
nien, welche auf die Zahl der Fühlerkränze gegründet sind, 
für durchaus verwerflich, weil die Jungen aller Arten nur einen 
einfachen Fühlerkranz haben, und erst später deren 2—3 be- 
kommen. Vgl. meinen Einwurf d. Archiv. 1.2. S. 189. 

Milne-Edwards (Inst. 294) fand bei Untersuchung der 
Polypen des Corallium und der Gatt. Cornularia eine grofse 
Uebereinstimmung in ihrer Organisation mit denen der Aleyonien. 

Die einzelnen Polypen des Corallium setzten sich nicht weit 
in der gemeinsamen Masse fort, sondern hören fast sogleich auf, 
wie sie in dieselbe eintreten. Der gemeinsame Polypenstock ist 
von einem sehr complicirten Gefälsnetze durchzogen, durch wel- 
ches die Individuen in Zusammenhang stehen und welches auch 
der Sitz der Kalkabsonderung zu sein scheint. Die seit Cavo- 
lini nicht wieder beobachtete Cornularia weicht nur in der Be- 
schaffenheit des reproductiven Theils der Haut von den Lobula- 
rien ab; sonach sind Ehrenbergs Zweifel, ob sie nicht zu den 
Bryozoen gehöre, beseitigt. Ich stellte sie in’ meinem Hand- 
buche neben Tubipora und möchte diese Stellung auch jetzt noch 
gut heilsen. Sie ist auch an der Küste von Sussex gefunden 
(Johnst. Br. Zooph. p.192). Johnston äulsert hier die Ver- 
mulhung, dals Laomedean dumosa Blainv. (Campanularia dumosa 
Flem.) nur der hornige Zellentheil einer Cornularia sei. 


Bryozoa. 


Milne-Edwards setzte seine vortrefllichen Arbeiten über 
die Bryozoen fort. Sie betreffen die Tubuliporinen (Ann. d. 
Sc. nat. IX. p.194 und im Resume Instit. p. 138) und die 
Gatt. Salicornaria (Instit, S. 154). : 

Bei letzterer ist die Beschaffenheit sowohl der Weichtheile, 
wie der Zellen ganz so, wie bei den Escharen. Die Verschie- 
denheit betrifft vorzüglihh die Struktur des Operculum und die 
Bildung der Hautfcheide, und berechtigt zu Dreher Tren- 
nung. Die GaknEen Glauconoma Goldf. und Fincularia Defr. 
müssen aber nach des Verf. Ansicht mit Salicornaria vereinigt 
werden. — Zu der Familie der Tubuliporinen gehören aulser 
Tubulipora wegen gleicher Structur der Thiere: Berenice, Me- 
senteripora, Idmonea, Hornera, Crisia, Crisidia, Alecto, wahr- 
scheinlich auch Diastopora, Spiropora, Pherusa, Frondipora, Fa- 


200 


scicularia. Die Gattungs-Verschiedenheiten hängen lediglich von 
der Weise ab, in welcher die Knospen entspringen, und die jun- 
gen Polypen unter einander zum gemeinsamen Polypenstocke 
verschmelzen. 


Auch Gervais setzte seine Untersuchungen der Bryozoen 
‘des süfsen Wassers fort. (Instit. S. 398.) 


Die Eier der Cristatellen werden, bevor sie völlig reif sind 
in den gemeinsamen Stock entleert, wo sie zuweilen auskommen. 
Die weniger vorgerückten haben weder den deutlichen Wulst noch 
die Stacheln, sondern sind kreisrunde Scheiben. Aufserdem stellt 
Verf. zwei neue Genera mit trichterförmiger nicht hufeisenförmig 
eingebogener Fühlerkrone auf: Fredericilla und Paludicella. 
Bei ersterer tritt der Polyp, dessen 20 Fühler an der Basis durch 
zarte Haut verbunden (palnes) sind, aus dem Ende der Zellen her- 
vor, beiPaludicella dagegen seitlich nahe unter dem weiteren 
Ende der spindelförmigen Zellen, welche Ende an Ende gestellt 
trichotomische Reihen Bilden, Ob die Fredericilla mitBlumen- 
bachs Tubularia sultana identisch ist, wie Verf. meint, mufs 
wohl noch unentschieden bleiben, denn Blumenbach’s Diagnose 
„erista infundibuliformi, ad basin ciliata” findet darauf keine 
völlige Anwendung, wohl aber erkennt man in der Fredericilla 
Fleming’s Plumatella gelatinosa (Brit. Anim. 553) wie- 
der. Die Paludicella ist allerdings Aleyonella articulata Ehrb., 
wie Verf. vermuthet. 


j Il. Acalephae. 

Ueber Quallen erschien nur eine, aber eine sehr gedie- 
gene Schrift von J. F. Brandt: 

Ausführliche Beschreibung der von C.H. Mertens auf sei- 
ner Weltumseglung beobachteten Schirmquallen, nebst allge- 
meinen Bemerkungen über die Schirmquallen überhaupt. Mit 
34 lithographirten meist colorirten Tafeln. Aus den Mem. de 
T Acad. Imp. d. sc. de St. Petersbourg besonders abgedruckt. 
Leipzig bei Vols 4. Verf. schickt den Beschreibungen der von 
Mertens und Postels schön gezeichneten Schirmquallen eine 
höchst fleifsige Zusammenstellung alles dessen voraus, was über 
die Anatomie und die Lebenserscheinungen der Schirmquallen 
bis dahin bekannt war; auch eine Uebersicht ihrer geographi- 
schen Verbreitung ist gegeben. Da die Abhandlung als beson- 
drer Abdruck käuflich ist, und ihrer Natur nach keinen Auszug ge- 
stattet, kann Ref. nur den Zoologen ihre Benutzung angelegent- 
lichst empfehlen. 


IV. Echinodermata. 

Agassiz begann seine gehaltvollen Monographies d’Echi- 
nodermes vivans et fossiles. Neuchatel 1838 mit der Mono- 
graphie der Salenien. Der Raum erlaubt für jetzt nur die vor- 
läufige Anzeige. 


“ 


1% I 00 nn Zinumes et Q, 


Bearbeitet von 


Dr. F. H,. Troschel. 


Auch in dem verflossenen Jahre hat die Klasse der Mollus- 
ken viele Bearbeiter gefunden, deren Arbeiten, theils als selbst- 
ständige Werke, theils in den verschiedenen Journalen zer- 
streut, manche interessante Aufschlüsse über noch minder be- 
kannte Thiere der in Rede stehenden Klasse geben, oder neue 
bisher noch nicht beschriebene Formen in die Wissenschaft 
einführen. 

Von Werken, die sich über die ganze Klasse verbreiten, 
wollen wir zunächst eines ausgedehnten Aufsatzes von Isaac 
Lea erwähnen (Description of New Freshwater and Land 
Shells in den Transactions of the American philosophical 
Society held at Philadelphia, for promoting useful know- 
ledge Vol. Vl. new series Part. I. Articlei). Viele recht 
schöne illuminirte Abbildungen in Steindruck sind beigegeben 
und machen durch die grofse Anzahl neuer (nur amerikani- 
scher) Arten, die sich oft durch seltsame Bildung auszeichnen, 
und vorzugsweise der Familie der Flufsmuscheln angehören, 
den Aufsatz doppelt interessant. Da derselbe ohne Zweifel 
bis jetzt noch in den-Händen weniger Conchyliologen ist, sa 
werden wir die sämmtlichen Diagnosen der neuen Arten unten 
passenden Orts vollständig mittheilen. 

Von E. A. Rofsmäfsler’s Iconographie der Land- und 
Süfswasser-Mollusken erschien, als Fortsetzung, des zweiten 
Bandes erstes und zweites Heft. Die Abbildungen, welche der 
Verf. wie früher, selbst aufStein gezeichnet hat, zeichnen sich 

V. Jahrg. 2, Bd, 14 


202 


durch Naturtreue und Nettigkeit in der Ausführung aus. Die 
Genauigkeit und Gründlichkeit in Scheidung und Begrenzung 
der Arten, und die Bekanntmachung vieler Arten, deren Na- 
men bisher fast nur in Catalogen gelesen wurden, machen das 
Werk unentbehrlich. Die neuen Arten, deren Namen wir hier 
znerst lesen, sollen unten aufgeführt werden. 


Delix pulchella‘ und H. costata Müll. will Verf. als 
"Varietäten in eine Art vereinigen. Helix instabilis Ziegl., 
arenosa Ziegl., dejecita Cr. et J. betrachtet er als Varietäten 
von H. ericeorum Müll. — Clausilia grossa, ungulata, 
granatina und lucida Ziegl. werden als Varietäten zu (1. 
bidens Drap. gezogen; ebenso Cl. attenuata und mucida 
Ziegl. zu Cl plicatula Drap., Cl. rugosa, obtusa, dubia 
sec. v. Cherp., pusilla Ziegl. werden in eine Art unter dem 
Draparnaudschen Namen Cl. rugosa vereinigt. — 


Kiener’s prächtiges Werk (Species general et Icono- 
graphie des coquilles vivantes etc.) nahm seinen guten Fort- 
gang. Es sind jetzt im Ganzen 46 Lieferungen erschienen, 
von denen (nach des Referenten Vermuthung, da auf den Um- 
schlägen keine Jahreszahlen stehen), auf das Jahr 1838 die 
27. bis 34. Lieferung inel. kommen. Das Werk ist von zu 
grofser Wichtigkeit, als dafs es Conchyliologen entbehren soll- 
ten. Aus diesem Gesichtspunkte haben wir in den früheren 
Berichten keine speeielleren Mittheilungen aus demselben ge- 
macht. Da der Preis des Werkes jedoch mit der Zahl der 
Lieferungen bereits ein ziemlich bedeutender geworden ist, so 
glauben wir, es werde vielen unserer Leser nicht unwillkom- 
men sein, wenn wir die Diagnosen der neuen Arten unten 
aufführen. In den erwähnten Lieferungen enthält der Text 
Monographien der Gattungen Terebra, Struthiolaria, Delphi- 
nula, Rotella, Solarium, Scalaria, und in der 34. Lieferung 
den Anfang zu der Gattung Mitra, die dann noch durch viele 
spätere Lieferungen fortläuft. Die Abbildungen entsprechen 
nicht dem Text, alle gehören zu den Gattungen Mitra und 
Koluta. 

'#° Unter dem Titel: Verzeichnifs der Conchylien, welche sich 
in der Sammlung von Hermann Eduard Anton. befinden, 
herausgegeben von dem Besitzer, Halle b. Eduard Anton 1839 
erschien in der Mitte des Jahres 1838 ein Buch, das schon 
bei seiner Geburt sich uni ein Jahr jünger machte. Die Ar- 
beit ist rein conchyliologisch gehalten und Verf. versucht 


203 


aus der Verwandtschaft der Schalenform eine natürliche Reihe 
zu schaffen. Dafs dieser Versuch nicht gelingen konnte, ist 
sehr begreiflich, und es scheint darin, dafs Verf. blofs die 
Schalen berücksichtigt ein Rückschritt zu liegen, den man bei 
der zunehmenden Kenntnifs der Mollusken, aus der man er- 
fährt, wie scheinbar sehr verwandte Schalen doch Thiere von 
sehr verschiedenen Entwicklungsstufen umschliefsen, kaum hätte 
erwarten sollen. Die meisten Andeutungen des Verf. über 
Verwandtschaften sind nur so beiläufig eingestreut, und unbe- 
gründet, wie sie sind, legen sie nur die individuelle Ansicht 
des Verf. dar. Die Gattungen werden möglichst zusammen- 
gezogen, jedoch so, dafs in ihnen wieder Untergattungen, die 
meist den Lamarckschen entsprechen unterschieden werden, 
wodurch also nicht eben viel geändert ist. Viele neue Arten 
werden beschrieben, und die meisten Genera werden auf diese 
Weise vermshrt. Mit Einschlußs der fossilen, die meist aus 
dem Pariser Grobkalk herstammen, finden sich über 300 neue 
Arten. Bei dieser Menge von Neulingen kömmt man sehr 
leicht auf die Vermuthung, es möchten wohl alte Dinge wie- 
der umgetauft zum Vorscheine kommen, indessen das ist ge- 
wifs nur im Einzelnen, wie es sich wohl nicht vermeiden läfst, 
der Fall. Verf. hat sehr gute literarische Hülfsmittel, und das 
Verzeichnifs beweist, dafs er sie gut zu benutzen verstanden 
hat. So viel es sich thun liefs, hat Ref. die Beschreibungen 
mit der Sammlung des Berliner Zoo]. Museums verglichen, 
aber kaum einen Fall gefunden, der die obige Vermuthung 
rechtfertigte. Mit Sicherheit kann man jedoch dies nur ent- 
scheiden, wenn man die Originalexemplare selbst zur Verglei- 
chung in Händen hat. Wegen dieser neu aufgestellten Arten, 
so wie wegen der vielen Berichtigungen von Synonymen ist 
das vorliegende Werk für die Conchyliologen von grofser 
Wichtigkeit und zum ferneren Bestimmen unentbehrlich. Auch 
sind die Diagnosen, welche deutsch abgefafst sind, recht aus- 
führlich, wie es scheint genau, und werden zum Bestimmen 
meist vollkommen ausreichen. Der Fundort ist leider nur 
selten angegeben, und das ist es, was man stark vermifst. 
Wir können unmöglich alle Diagnosen, wegen der grofsen 
Menge, ganz abdrucken lassen, halten es jedoch für unsere 
Pflicht sie unten alle (d. h. die der Jetztwelt) namentlich auf- 


14 * 


204 


zuführen, und ihnen die wichtigsten Kennzeichen beizufügen, 
um wenigstens auf ihr Dasein aufmerksam zu machen. 

Von d’Orbigny’s Voyage dans !’_Amerique meridio- 
nale enthalten die 4 im Laufe des Jahrs 1838 erschienenen 
Lieferungen (Livr. 35 —38) keinen Text zu den Mollusken, 
wohl aber einige Abbildungen nämlich Tab. 49, 50, 51, 55, 
56, 57, auf denen neue Arten der Gattungen Ampullaria. 
Trochus, Monodonta, Turbo, Natica, Neritina, Tornatella, 
Siphonaria, Sigaretus enthalten sind, eben so schön ausge- 
führt, wie wir es an den früheren Lieferungen gewohnt waren. 
Hoffentlich werden wir im nächsten Jahre mehr zu berichten 
Gelegenheit haben. 

Ueber die Entwicklung, Gröfse und Struktur der Schalen 
(Shells) finden wir einen kleinen Aufsatz im Athenaeum. 
No. 538. Febr. 17. 1838. von Gray, in welchem die Bildung 
der Gehäuse recht gut auseinandergesetzt wird, ohne dafs 
wir darin etwas besonders Neues erführen. 

Zu der geographischen Verbreitung der Mollusken erhiel- 
ten wir mehrere Beiträge: 

Von Interesse scheint ein Büchelchen zu sein, das Ref. 
leider nicht gesehen hat: Malacologia Monensis: a Catalogue 
of the Mollusca inhabiting the Isleof Man and the neigh- 
bouring Sea. By Edward Forbes Edin. 1838. 12. pp. 63. 
mit drei Tafeln. 

Dasselbe gilt vom: Catalogo sistematico delle conchiglie 
terrestri e fluviatili osservate nel territorio di Monfalcone 
dell Abate Leonardo Brumati. Gorizia 1838 mit lith. 
Abb. und Malacologia terrestre et fluviatile della Provincia 
Comasca di Carlo Porro. Milano 1838. 8. mit 2 Tafeln. 

Ueber die Land- und Süfswassermollusken des westlichen 
Himalaya finden wir einen Aufsatz von T. Hutton und W. 
H. Benson (Journal of the Asiatic Society of Bengal 
Vol. VI. part. I. p.211), in welchem mehrere neue Land- 
schnecken beschrieben werden, wovon die Fortsetzung ver- 
sprochen wird. Die Diagnosen der neuen Arten, welche sämmt- 
lich von Benson sind, werden unten mitgetheitt. Die Schnek- 
ken der Niederungen machen in dem Maafse, wie die Tem- 
peratur kälter wird solchen Formen Platz, welche den Euro- 
päischen mehr ähnlich sind. Wenn gleich einige Arten der 


205 


Ebenen sich bis auf die Berge verbreiten, so giebt es doch 
eine wohlbezeichnete Linie der Erhebung, welche die grofse 
Zahl nicht überschreitet. Wenngleich z. B. Nanina vesi- 
cula in allen Erhebungen bis zu 10500 Fufs gefunden wird, 
so erheben andere Arten, die in den Ebenen mit derselben 
gemeinschaftlich leben, sich nie über ein Drittel dieser Höhe, 
Zu diesen gehören Nanina vitrinoides Desh. und Suc- 
cinea erassiuscula Bens., welche um Subathu in einer 
Höhe von 3000’ in Gesellschaft mit solehen Arten vorkommen, 
die nur den Bergen angehören, wie Helicarion cassida Hutt. und 
Pupa pulchella. So ergiebt sich also eine Grenzlinie zwischen 
den Arten der Berge und denen der Niederungen. 

Eine Aufzählung der Land- und Sufswassermollusken von 
Algier und Bougia in der Provinz Constantine giebt Edward 
Forbes (Jardine etc. Annals of nat. hist. 1I. p. 250). Es 
werden 45 Arten aufgezählt, von denen 3 der Gattung Limax, 
21 der Gattung Helix, 5 der Gattung Bulimus, 4 der Gattung 
Achatina angehören; die übrigen sind Arten der Gattungen 
Succinea, Pupa, Cyclostoma, Paludina, Ancylus, Physa, 
Planorbis, Melanopsis und Pisidium. Von den früher (1836) 
von Michaud als bei Algier vorkommend bezeichneten Mol- 
lusken finden sich einige nicht dort, sondern vielmehr in der 
Nähe von Marocco, wo die Fauna einen verschiedenen Cha- 
rakter annimmt und sich theils an die der Canarischen Inseln, 
theils an die von Spanien annähert. Die der Fauna von Algier 
und Constantine nicht angehörigen Schnecken sind: Helix ca- 
riosula, soluta, alabastrites, Hieroglyphicula (alle neu von 
Michaud), vermiculata, Carthusiana, albella, zaphirina, 
conspurcala; Bulimus radiatus; Cyclostoma Volizianum 
Mich. und ferrugireum Mich. Die Meisten der hier aufge- 
führten Arten finden sich auch im südlichen Europa. Die 
neuen Arten sind abgebildet und mit Diagnosen versehen, 
welche wir unten mittheilen werden. 

In den Bulletins scientifigues de Moscou Il. p: 154—173 
erhielten wir von Eduard Eichwald (Faunae Capsü maris 
primitiae) die Aufzählung und genaue Beschreibung der im 
Kaspischen Meere lebenden Mollusken, Falls das vom Verf. 
gegebene Verzeichnifs vollständig ist, so haben das Kaspische 
Meer und die in dasselbe einströmenden Flüsse eine sehr 


206 


dürftige Molluskenfauna, denn mit Finschlufs vieler fossilen 
finden wir nur gegen 40 Arten aufgezeichnet. Die noch leben- 
den gehören den Gattungen Paludina, Rissoa, Neritina, Cy- 
rena, Anodonta, Unio, Dreissena (Tichogonia Rossm.), 
Mytilus, Venus, Cardium, und einigen neuen Didacna, Mo- 
nodacna und Adacna an. Die neuen fossiien Arten aufzu- 
führen gestattet der Raum nicht, es liegt auch nicht im Plane 
dieses Berichtes. Die neuen Gattungen und Arten, welche 
noch jetzt lebend gefunden werden, sollen unten charakterisirt 
werden. 

‘Joshua Alder giebt ein Verzeichnifs der Mollusken 
Englands. (Jardine, Selby and Johnston Mag. of Zool. 
and Bot. Vol. 1I. p. 101). Es besteht aus 100 Land- und 
Süfswasserschnecken und 21 Muscheln. Unter ersteren gehören 
35 Arten der Gattung Helix, 8 der Gattung Vertigo, 13 der 
Gattung Planorbis, 9 der Gattung Limnaeus an. Im Ganzen 
stimmt hiernach die Molluskenfauna Englands so ziemlich mit 
denen des westlichen Festlandes von Europa überein, und es 
scheint, als wenn nur sehr wenige Formen England eigen- 
thümlich wären. Die in den Catalog aufgenommenen Bemer- 
kungen beziehen sich nur auf die Namen, und die Vereinigung 
oder Trennung der Arten. Letzteres ist jedoch nie mit Grün- 
den unterstützt, und daher nur als eine Meinung des Verf. 
anzusehen, 

In demselben Journal p 471 findet sich ein kleines Ver- 
zeichniss von 25 Arten britischer Land- und Süfswasserschnek- 
ken, welcheDaniel Cooper im Sommer 1837 zu Mickleham, 
nahe bei Box Hill, Surrey gesammelt hat, und wodurch eben_er- 
wähntes Verzeichnifs des Herrn Alder noch um Jlelix nitens; 
Clausilia parvula? und Jertigo Juniperi vermehrt wird. 
Es fragt sich nur, ob die Bestimmungen richtig sind. r 

Als ‚Bereicherung der Fauna Preufsens giebt Dr. C. Th. 
v. Siebold in Danzig (Preufs. Provinzial-Blätter Bd. XIX. 
p: 54) ein Verzeichnifs von 45 Molluskenarten, welche in 
Kleeberg’s Molluscorum Borussicorum Synopsis. Regio- 
mont. 1828. noch nicht aufgeführt sind, so dafs gegenwärtig 
87 Arten Preufsischer Mollusken in 27 Gattungen bekannt sind. 

A. Müller beschrieb (dies Archiv 1838 I. p. 209) einige 
bei Kiel gefundene Landschnecken.. Durch die eine Helix 


ei 


\ 


207 


scarburgensis Turton wird die Fauna Deutschlands be- 
reichert, ebenso durch die zweite Vertigo plicata, die 
Verf. ‚für neu hielt, die jedoch offenbar mit 7. Venelzü 
Charp. identisch ist (Vergl. dies Archiv 1838. II. p. 278.) 

Auch möchte es hier der Ort sein, anzuführen, dafs 
E. Moore angiebt (Loud. Mag. n.s. U. p. 206) der Teredo 
navalis, den man als aus Indien eingeschleppt betrachtet, und 
von dem Osler im Jahr 1826 behauptet hat, er könne nicht 
mehr als zur britischen Fauna gehörig betrachtet werden, das 
Klima müsse ihm wohl nicht zugesagt haben, sei im Hafen von 
Plymouth vorbanden, und habe sogar Zerstörungen angerichtet. 

Die aufallend schnelle Verbreitung des Mytilus poly- 
morphus (Tichogooia Rofsm., Dreissena V anben.) über fast 
- ganz Europa hat die Aufmerksamkeit mehrerer Zoologen auf 
sich gezogen. A. F. A. Wiegmann spricht (dies Archiv 
1838. I. p. 342) seine Meinung dahin aus, dafs siein der Mark aus 
den östlichen Theilen Europa’s durch Schifffahrt, und namentlich 
durch Holzflöfsen, an denen die Thiere mit ihrem Byssus be- 
festigt sind, eingeschleppt worden sei. 

Van Beneden stimmt dieser Ansicht (ebenda p. 376) 
bei, und fügt die Vermuthung hinzu, dafs der in dem Bassin 
von Antwerpen vorkommende Mytilus cochleatus Kickx (Dr. 
africana Fanben) westafrikanischen Ursprungs, und auf ähn- 
liche Weise von dort nach Europa geschleppt worden sei. 

Ueber denselben Gegenstand macht Striekland Beobach- 
tungen in Grofsbritanien bekannt (Loud. Mag. n. s. 11. p. 361). 
Erst seit 1837 findet sich Myt. polymorphus Gin. im Avon 
bei Evesham, und zwar in grofser Menge. Ebenso im Kanal 
zwischen Warwick und Birmingham, und in den Kanälen bei 
Wednesbury in Staffordshire; überall jedoch nur in schiffbarem 
Wasser, was die Einschleppung beweist. Nur an einen Orte bei 
Leamington ist die Muschel in nicht schiffbarem Wasser gefun- 
den, das jedoch mit schifibarem in unmittelbarer Verbindung 
steht. Verf. fügt noch hinzu, dafs erwachsene Exemplare, die 
von ihrem natürlichen Wohnort abgerissen waren, einen neuen 
Eyssus secernirten, und sich wieder anhefteten. Junge, Indi- 
viduen kriechen wie Schnecken "umher, indem sie den Fuls 
nach dem Vorderende der Schäle richten, und durch abwech- 
selnde Expansion und Contraction desselben die Schale nach- 


208 


schleppen. Nach einigen Wochen setzen sie sich ebenfalls fest. 
Endlich will Verf, auch bemerkt haben, dafs diese Thiere für 
Lichteindrücke empfänglich sind. 
A. Cephalopoda. 

Von Richard Owen erschien in den Transactions of 
the zoological Society of London Vol. II. Part. 2. p. 103 
ein Aufsatz über Cephalopoden mit einer Kupfertafel. De- 
scriptions of some new and rare Cephalopoda. Die Thiere 
erhielt Verf. von George Bennett, der sie auf seiner Reise 
nach Australien gesammelt hatte. Der Aufsatz beginnt mit 
einer schr genauen Beschreibung von Granchia scabra Leach; 
hierauf folgt die ausführliche Beschreibung zweier neuen Arten 
Loligo laticeps und Octopus semipalmatus. — Der Bewoh- 
ner der Argonauta hians Solander war Ocythoe Cranchit 
Leach, welche nebst den Eiern beschrieben wird. Dafs die 
Thiere, welche die verschiedenen Species von Argonauta 
bewohnen, ebenfalls specifisch von einander verschieden sind, 
sieht Verf. als ein Argument für den Nichtparasitismus dieser 
Thiere an; auch weist er nach, dafs die inneren Organe eine 
Annäherung an die zehnarmigen Cephalopoden andeuten. — 
Es findet sich nun noch die Beschreibung des Kopfs und eini- 
ger Eingeweide eines Onychotheutis-ähnlichen Cephalopoden 
von Port Jackson, und Verf. setzt schliefslich nach einer 
Uebersicht der verschiedenen Eintheilungen der Cephalopoden 
seine eigenen Ansichten darüber auseinander, denen er folgen- 
des Schema hinzufügt: 


Classis Ordines Tribus Familiae Genera. 


Octopoda 7 Eledone 
! Se I okap 
Argonauta 
Bellerophon etc. 
(Loligopsis 
Cranchia 
Teuthidae Sepiola 
Rossia 
b1 Onychoteuthis 
Decapoda Loligo 
Sepioteuthis 
Sepiadae . Sepia 
Belemnitidae „ Belemnites etc. 
Spirulidae dd Spirula 
en Ammonites ete. 
Tetrabranchiata f MeraontÄÄRe Baeulites etc. 
Inlide Nautilus ete. 
Nautilidae \Orthocera ete. 


Dibranchiata osaeen 


Cephalopoda 


209 


Die neuen Arten sind: 

Loligo laticeps Owen dunkel rothbraun 'gefleckt, Kopf 
breiter als der Körper, Arme ungefähr von Länge des Körpers, 
die Stiele der Saugnäpfe angeschwollen. Länge mit den 
Armen 13%, r { 

Octopus semipalmatus Owen bauchig, etwas nach hinten 
verschmälert; Augen sehr vorstehend, fast gestielt; von den acht 
Armen ist das Rückenpaar das längste; das Bauchpaar ist länger 
als das ihm zunächst stehende: nur die 4 oberen Arme sind durch 
eine Membran bis auf 4 Länge der Arme verbunden, die Mem- 
bran zwischen den andern Armen ist sehr kurz, zwischen dem 
untern Paar fehlt sie ganz. Länge mit den Armen 144. 

Die Abhandlung von Rang (Documens pour servir @ 
Vhist. nat. des Cephalopodes cryplodibranches), welche ob- 
gleich schon im Jahre 1837 erschienen (Guerin Mag. 1837. 
Cl. F.) im vorigen Jahresberichte nur zum Theil besprochen 
wurde, ist zu wichtig, als dafs sie ganz übergangen werden 
könnte. Das, was über die Argonauta Argo gesagt ist, 
haben wir bereits angedeutet. Die Gattung Octopus wird in 
vier Gruppen getheilt: 1) Grofse segelförmige Häute vereini- 
gen die obern Arme unter sich: O. velifer, violaceus, velatus 
noe. sp. 2) Kleinere Häute, die zusammen eine Art Trichter 
vor dem Kopfe bilden, «. die Häute ungleich, einen schiefen 
Trichter bildend: O. Quoyanus, tetracirrhus, aranea, macro- 
pus Risso (ist abgebildet), filamenrtosus; b. Häute gleich und 
einen geraden Trichter bildend: O. Montevideo, appendicula- 
tus, brevitentaculatus, fontanianus, vulgaris, moschatus 
(ist abgebildet) cirrhosus, Cuvieri, ciliatus, lunulatus, gra- 
nosus, tuberculatus, horridus, aculeatus, tehuelchus. 3) Ganz 
ohne Häute: O. hyalinus nov. sp., venustus nov. sp., catenu- 
latus, atlanlicus, Eylais, brevipes, microstomus, 4) Mantel 
auf jeder Seite flügelförmig: O. cordiformis Q. et G., mem- 
branaceus Q. et G. Die ueuen Arten lassen sich kurz etwa 
so charakterisisen: 

Octopus velatus die obern 4 Arme viel länger als die 
untern 4, die 4 längern sind durch sehr entwickelte Häute ver- 
bunden, deren jede,einen Einschnitt bat. Saugnäpfe alternirend 
in 2 Reihen. Oberhalb blau, unterhalb blafs; Arme und Häute 
braun, überall fein roth pwnctirt. Länge des Sacks 5} cent., 
des ligpnien Arms 16 cent. Mittelmeer. — 0. hyalinus Kör- 
per sackförmig, vorn breiter als hinten, wo er abgerundet ist; 
Arme fast von Länge des Körpers, ohne Häute an ihrem Grunde, 
durchsichtig, aufihrer Endhälfte rosenfarbig, dieoberen etwas länger 


210 


als die unteren. Saugnäpfe alternirend, genähert. Durchscheinend 
. weils, mit einem grolsen Fleck, den die Eingeweide bilden; 
rolh gelleckt. Länge 2 cent. 5 mill. Atlantischer Ocean. — 
O.venustus Körper oval, sackförmig, Kopf kurz, Arme ziemlich 
kurz, verschieden an Länge, Saugnäpfe klein und wenig sicht- 
bar. Weils, durchscheinend, Querreihen von Flecken auf der 
Rückenseite des Kopfes. Länge 2 cent. Gorte, 


x 
Zu andern Cephalopoden-Gattungen werden dann noch 
folgende neue Arten beschrieben; * 


Cranchia perlucida fast gallertartig, durchscheinend, 
oval, hinten spitz; der Sack ist um den ganzen Körper offen; 


acht sitzende Arme und zwei gestielte längere, erstere mit zwei 


Reihen Saugnäpfen, letztere haben die Saugnäpfe auf der innern 
Seite der Verdideangen ohne Ordnung. Hinten auf dem Rük- 
ken finden sich 2 durchsichtige, abgerundete Häute; die Einge- 
weide bilden eine birnförmige Masse. Weils mit rothbraunen 
kleinen Flecken. Die rudimentäre Schale ist sehr klein, häutig, 
durchsichtig, von rothbrauner Farbe, und von Gestalt einer 
Degenklinge. Ocean equatorial.— Sepiola Rondeletii Leach. 
ist abgebildet. — Loligo vitrea spindelförmig, hinten sehr 
spitz, Kopf rundlich, Augen nach vorn; die sitzenden Arme kurz 
mit zwei Reihen alternirender Saugnäpfe, die gestielten Arme 
spitz, ohne Anschwellung mit einer länglichen Gruppe kleiner 
Saugnäpfe, Seitenmembranen dreieckig, hinten. Weils rosig 
punctirt. Länge 2—3, Africanische Küste. — Die Eier des 
Octopus vulgaris werden beschrieben und abgebildet. — Sepio- 
teuthis biangulata die obern sitzenden Arme die kürzesten, 
die gestielten Arme nicht so lang wie der Körper, am Ende 
wenig angeschwollen mit kleinen Saugnäpfen; Trichter kegel- 
förmig, Seitenlappen hinten breit, braun mit dunklern Punkten. 
Schalenrudiment federförmig. Länge 5—8“. Martinique. — 
Sepia elegans d’Orb. ist beschrieben und abgebildet, — Se- 
pia hierredda oval, vorn und oben mit stark vorspringendem 
Winkel, Kopf breit, kurz; ar ie sehr lang, nach hinten 
vorstehend und einen tiefen Einschnitt zwischen sich lassend. 
Braun und gelb marmorirt, an jeder Seite des Rückens eine 
Reihe von 6 weilsen Flecken. Schalenrudiment verlängert, hin- 
ten mit starker Spitze. Länge S—10". Gorte. — Sepia or- 
nata etwas verlängert, die Seitenlappen erreichen vorn nicht 
die Oeffnung des Sacks, stehn hinten vor und lassen einen tie- 
fen Einschnitt zwischen sich. Braun, schwärzlich gewölkt; hin- 
ten in der Mitte ein goldgelber weilsumkränzter Fleck; jeder- 
seits eine Reihe weilser Flecke. Schalenstück mit einer Mittel- 
leiste, hinter der ein herzförmiger, goldgelber Fleck liegt. Gorte. 


In den Bulletins de U Academie royale de Bruxelles 
tome V. no. findet sich eine Monographie der Gattung 
Sepiola (Note. sur les Malacozoaires du genre Sepiole) 
von P. Gervais und P. J. Vanbenedeu. Leider fehlen 


211 


in dieser Arbeit alle Diagnosen, welche man doch wohl in 
einer Monographie erwarten sollte. Die Verf. beschreiben als 
hierhergehörig ı$. palpebrosa (Rossia palp. Owen), S. lineo- 
lata Q. et G., S. sienodactyla Grant, $. Rondeleti Leach 
(Sepia sepiola L., Loligo sepiola Lam.), S. vulgaris Grant, 
und fügen diesen zwei neue Arten hinzu: 

S. Desvigniana blau mit kupferfarbigem Schiller und einigen 
schwarzen Punkten; die Knorpelplatte ist vorn breiter, dünn und 
durchscheinend; zwei Reihen Saugnäpfe. Länge mit den Ten- 
takeln 18%. Mittelmeer. — S. subulata Eydoux MS. blalsrosig, 
mit weinrothen Punkten; zwei Reihen alternirender kurzgestiel- 
_ ter Saugnäpfe. Der Rückenknochen ist knorplig. Länge 8". 
Lugon. \ 

Eine höchst merkwürdige Cephalopoden-Forr: von Ja- 
cobshavn in Grönland beschreibt Eschricht (Nopa acta etc. 
4838) als neues Genus unter dem Namen Cirroteuthis 
Mülleri mit folgendem Charakter: Octopus suctorüs mini- 
mis unam seriem in quovis brachio formantibus; brachüs 
cirralis et cum membrana natatoria vel cum plicis ejus 
pendulinis usque ad apicem fere connatis; alis nalatorüs 
duabus transversalibus, vertebrae cartilagineae corporis 
inserlis. Suciorüs singulorum brachiorum 30, cirris 32. 
Länge des Körpers 3%", der Arme 44". 

B. Pteropoda. 

Zu dieser Ordnung erhielten wir zwei sehr interessante 
anatomische Arbeiten, die für die Naturgeschichte dieser 
Thiere von grofser Wichtigkeit sind, r 

Die erstere (Anatomische Untersuchungen über die Glione 
borealis von D. F. Eschricht. Kopenhagen 1838. 4.) er- 
schien als besondere Schrift und enthält eine ausführliche 
Anatomie des Thiers nebst drei Steindrucktafeln. — Die 
Rauhigheit der Haut, so wie die rothe Farbe derselben, rührt 
von einer Menge Säckchen her, die mit einem rothen öligen 
Pigmente gefüllt sind, und mit ihren spitzen Ausführungsgän- 
gen aus der Haut hervorstehen. Die Muskelfasern der Haut 
verlaufen vorzugsweise in die Quere, auch hat die Haut ihre 
eigenen Nerven. Die Flossen, welche Cuvier für Kiemen 
hielt, sind nur Bewegungsorgane, und das was Cuvier für 
Gefäfse in ihnen ansah, weist Eschricht als Muskelbündel 
‚nach, die regelmäfsig sich kreuzend, von dem Mitteltheil des 


212 


Flossengerüstes schräg theils nach vorn, theils nach hinten 
verlaufen. Der grofse Gefäfsstamm, den Cuvier Kiemenvene 
nennt, steht nicht mit der Vorkammer, sondern mit der Spitze 
der Herzkammer in Verbindung. Der Schlundring besteht aus 
8 grofsen und 2 kleinen Knoten. Von ersteren liegen die 
beiden vordern über, die beiden hintern unter dem Schlunde; 
von den vier mittlern liegen 2 jederseits dicht über einander, 
und die untern von ihnen sind durch einen Querast mit ein- 
ander verbunden, so dafs das Ganze einen doppelten Ring bil- 
det. An jeder Seite der vordern Knoten liegt noch ein klei- 
nes Ganglion. Die vordern Knoten senden die Nerven zum 
Kopfe und den Augen, die seitlichen zu den Flossen, die hin- 
tern zum Dinterleibe. Die Augen liegen in der Tiefe der 
Nackengrube, sie haben die Gestalt eines Cylinders, in dem 
vorn die Linse liegt. Was man früher für Augen hielt, sind 
wohl die nicht vollkommen eingezogenen Fühler gewesen. 
Die papillae carneae Pallas, welche sich vorn am Kopf be- 
finden, stülpen sich ein wie Schneckenhörner und sind daher 
wahre Fühler. Die Kopfkegel (tentacula carnosa Pallas), 
hält Verf. aus der Analogie mit den Gephalopoden und mit 
Pneumodermon für Ansaugungsorgane. In der Mundtheilen 
findet sich zwar im Allgemeinen einige Analogie mit den 
Gasteropoden, im Einzelnen jedoch weichen dieselben sehr ab, 
und zwar noch weit mehr als die derCephalopoden. Ein Schlund- 
kopf ist vorhanden, und trägt jederseits vorn zwei Bündel 
kammartig gestellter Zähne, die Verf. Seitenzähne nennt, und 
die jedenfalls die Stelle der Kiefer vertreten. Alle diese Zähne 
sind vorn an einem muskulösen Cylinder befestigt, der wieder- 
um in einem muskulösen hohlen Cylinder steckt. Die Zunge 
beschreibt Verf. als einen Muskel, der sich vorn in 2 Spitzen 
theilt; jeder dieser Spitzen sei nun mit einfachen spitzen nach 
hinten gekrümmten Zähnen, welche in 20 Längs- und 20 Quer- 
reihen geordnet seien, bedeckt. Der Analogie nach ist es Ref. 
sehr wahrscheinlich, dafs diese Beschreibung nicht ganz genau 
ist. Die beiden Muskelspitzen werden wohl nach unten mit 
einander verbunden und so eine Rinne bildend, von einer 
Membran, die die Zahnbewafinung trägt, überzogen sein. Man 
wird in dieser Vermuthung noch bestärkt durch die Angabe 
des Verf., dafs es ihm gelungen sei, die ganze Parthie, welche 


ö 


213 


an einer Zungenspitze sitzt als eine zusammenkängende Platte 
loszutrennen. Die Leber umgiebt den Magen vollständig als 
ein dünner Ueberzug und es münden in dieselbe aus dem Ma- 
gen viele kleine Blindsäcke, ähnlich wie es Cuvier bei Pneu- 


- modermon Peroni beschrieben hat. In der Leber findet sich 


viel Oel, woraus Verf. vermuthet, dies möge den Stoff zu der 
enormen Oelbildung bei den Wallfischen, denen diese Thiere 
bekanntlich zum grofsen Theil als Nahrung dienen, liefern. 
Auch ist Verf. der Meinung, man könne das Oel vielleicht, 


namentlich bei der bereits sich einstellenden Abnahme der 


Wallfische, aus der Clione unmittelbar gewinnen, da sie in so 
ungeheuren Mengen das Nordmeer erfüllt. Was die Geschlechts- 
theile betrifft, so bestehen sie aus einem Eierstock, dessen 
Ausführungsgang sich in eine Blase verdickt und an den gro- 
fsen Hoden anlegt, von dem ein gemeinsamer Ausführungs- 
gang abgeht. Alle diese Theile liegen im Hinterleibe nahe 
der Leber, den Hoden hat Cuvier ganz übersehen. Das Or- 
gan, welches Cuvier als Hoden beschrieb, liegt im Kopfe, 
und ist von den ebengenannten Geschlechtstheilen getrennt; 
Verf. hält diese Organe für die Ruthe. In der Deutung der 
Functionen des Halskragens und des Halszipfels ist Verf. zu 
keiner Entscheidung gekommen, Für ein Anheftungsorgan ist 
er nicht geneigt sie zu halten, dagegen vermuthet er eher, es 
seien die Kiemen oder sie stehen zu den Geschlechtstheilen in 
irgend einer Beziehung. Die Analogie zu dem entsprechenden 
Organe bei Pneumodermon violaceum, wiees Vanbeneden 
beschreibt, und wovon gleich die Rede sein wird, scheint ihm 
jedoch die Functionen eines Anheftungsorganes zuzusprechen. 
Das Herz besteht aus einer Herzkammer und einer Vorkam- 
mer, die stark von einander abgeschnürt und mittelst eines 
dünnen Stieles verbunden sind. Aus der Spitze der Herzkam- 
mer, die nach dem Kopfe zu liegt, entspringt ein starkes Ge- 
fäfs, das Verf. für die Aorta erklärt. Endlich erwähnt Verf. 
noch aufser den drei Hinterleibshöhlen eines grofsen Sackes, 
den er als Harnsack ansieht, was jedoch noch einer genauern 
Untersuchung bedarf. 

Interessant ist es, dafs wir gleichzeitig die Anatomie 
eines sehr nahe verwandten Thieres erhielten (Recherches 
analomiques sur le Pneumodermon violaceum d’Orb. par 


214 


P. J. Vanbeneden, Bulletin de l’Acad. d. se, de Bruxelles 
mars 4838; Müller’s Archiv für Anatomie .ete. 1838. p. 296; 
Ann. d. sc. nat. IX. Zool. p. 191.) 

Aufser den 8 schon Cuvier bei Pn. Peroni bekannten 
Nervenknoten des Schlundringes beschreibt Verf, zwei Fäden, 
die von dem ersten Ganglienpaare entspringend sich am Grunde 
des Schlundes in ein Ganglien vereinigen, das er als zum sym- 
pathischen System gehörig ansieht. Den Anhang unten am 
Halse hält er für den verkümmerten Fufs der Gasteropoden. 
Das'Organ ist analog dem Halskragen und Halszipfel bei Clione 
und hat offenbar dieselben Functionen. Die Flossen bestehn 
wie bei Clione aus schräg sich kreuzenden Muskelbündeln. 
Die Mundtheile werden auch beschrieben, jedoch würde eine 
gröfsere Ausführlichkeit sehr dankenswerth gewesen sein. Von 
Kiefern wird nichts erwähnt, sie sind doch gewifs vorhanden. 
Von der Zunge wird gesagt, sie sei wie bei den Schnecken 
mit einer hornigen Haut in Vförmiger Lage überzogen, die 
mit vielen nach hinten gekrümmten jederseits in 4 Reihen ste- 
henden Zähnen besetzt sei. Nach hinten gehn von der Mund- 
höhle zwei eylindrische Blindsäcke, die hinten durch einige 
Fäden verbunden sind, ab, und schliefsen einen Tubus ein, 
der wie die Zunge mit Zähnen besetzt ist. Dafs sich die 
Zungenmembran in einen Cylinder nach hinten fortsetzt, ist 
bei den Mollusken etwas ganz Gewöhnliches, dafs hier zwei 
dergleichen vorhanden sind, wie auch schon Cuvier' angiebt, 
ist ein ganz besonderer Fall, und scheint auf eine Theilung 
der Zungenmembran zu deuten. Der Zusammenhang der Oy- 
linder mit der Zunge geht aus der Abbildung nicht hervor, 
ist auch nicht recht zu begreifen, da die Aeste der letztern 
nach vorn gerichtet sind. Das hätte Verf. wohl leicht näher 
erörtern können. Das Herz verhält sich wie bei Clione, die 
Aorta entspringt aus der vordern Spitze. Ueber das Organ, 
was Cuvier für Kiemen hielt, so wie über manches Andere, 
finden wir noch keine Aufklärung. 

Es scheint angemessen, hier eine im vorigen Jahresberichte 
übergangene Notiz nachzuholen, welche W. H. Benson über 
die von ihm früher (Journal of the Asiat Soc. of Bengal. 
Fol. 1V. p: 176) aufgestellte Gattung Balantium in dem 
ebengenannten Journal Vol. VI. 1837 p. 150. bekannt machte. 


215 


Verf. giebt an, dafs bereits in London Quarterly Journal 
of Science, wo sein Balantium recurvum (Cleodora 
Balantium Fer.) Vol. XV. no. 107. Pl. VII. abgebildet ist, 
der anonyme Uebersetzer in einer Note p. 220 die Gattung 
Balantium aufgestellt hat, was ihm früher entgangen war. 
Das ist eine sehr anzuerkennende Rechtlichkeit der Gesinnung, 
die fremdes ‘geistiges Eigenthum selbst eines Unbekannten ehrt. 
Aufserdem wird eine neue Art beschrieben. 


Balantium bicarinatum Bens. testa compressa, sublrian- 
gulari, hastiformi, faciebus utrisque transverse sulcatis, superiori 
zriradiata, radis convexis, approximatis, ad marginem superiorem 
provecium undulas ires formantibus; facie inferiore medio con- 
vera, abbreviata, marginibus lateralibus laevibus unisulcalis, sub- 
bicarinatis. Long. 0,65 lat. 0,5. Hab. in Oceano Indico 
ausivali, non procul ab insulis Amsterdam et Sancti Pauli dicıis. 


C. Heteropoda Lam. 


Eydoux und Souleyet haben bei Firola Per. (Pte- 
rotrachea Forsk), Carinaria Lam. und Atlanta Les., 
sowie bei einigen andern Mollusken ein eigenthümliches Organ 
hinter den Augen beobachtet, dicht hinter dem Kopfganglion. 
Es zeigte sich als ein runder, durchsichtiger Punkt, der mit 
dem Hirnganglion durch einen Faden in Verbindung stand. 
Die Verf. halten dasselbe für Gehörsorgan (Institut 1838. p. 376). 

W. H. Benson spricht die Vermuthung aus, die fossile 
Gattung Bellerophon Montfort gehöre nicht zu den Ce- 
phalopoden, sondern mit seiner Gattung Oxygyrus und 
Atlanta zu den Nucleobranchous Gasteropoda. 
Die Art, wie die genabelten Arten von Bellerophon auf- 
gewunden sind, der scharfe Kiel einiger Arten, die Bucht, 
welch@ diesen Kiel in der Apertur auskerbt, seien Charaktere, 
welche die Verwandtschaft der beiden Gattungen (Bellerophon 
und Oxygyrus) bezeichnen; während die Verlängerung der 
Lippen über den Nabel, und die kalkige Struktur von Belle- 
rophon hinreichend seien, sie von Oxygyrus generisch zu 
unterscheiden, bei welcher Gattung die Verlängerungen der 
Lippen fehlen, und die Schale fast horniger Natur ist. (Note 
on the Genera Oxygyrus and Bellerphon. Journ. of the 


s Asiat. Soc. of Bengal. Vol. V1. 1837. p. 316.) 


216 


D. Gasteropoda. 

Die durch die Beobachtungen über die Reproduction der 
Schale der Argonaula argo bekannte Madame Jeannette 
Power stellte auch Reproductionsversuche an Seeschnecken 
an (Loud. Mag. n. s. II. p. 63). Sie benutzte dazu Käfige 
von verschiedener Gröfse, welche sie bei Messina ins Meer 
tauchte, um den Schnecken soviel wie möglich ihre Freiheit 
zu ersetzen. Sie gab ihnen angemessene Nahrung und nach 
Bedürfniss schlammigen Boden oder Wasserpflanzen. In 20 Ta- 
gen war ein abgeschnittener Fühler und ein ausgebrochenes 
Stück Schale von Tritonium nodiferum ergänzt. Am 6. Sep- 
tember schnitt sie 10 Exemplaren von Murex trunculus die 
Köpfe ab, und rifs ihnen die Deckel ab. Am 10. Oktober 
fand sie 8 von ihnen am Leben, von denen 6 ihre Deckel 
reprodueirt hatten, und 4 ihre Köpfe und Fühler. Einem Co- 
nus schnitt sie am 411. September den Sipho und die Fühler 
ab, welche am 8. Oktober vollständig reprodueirt waren. 
Aehnliche Versuche machte sie aufserdem an Tritonium nodi- 
Serum und Fusus lignarius mit demselben Erfolge. 

Pouchet theilte der Academie zu Paris Beobachtungen 
über die Entwicklung des Embryo bei Limnaeus ovalis mit. 
Derselbe wird eine ausführliche Arbeit über die Entwicklungs- 
geschichte der Limnäaceen liefern, bis zu deren Erscheinen 
auch wir eine genauere Mittheilung aufschieben (Institut 1838 
p- 222; Annales d. sc. nat. X. Zool. p. 63). 

Ueber die Entwicklungsgeschichte des Limax griseus 
findet sich eine Abhandlung von P. J. Vanbeneden und 
Ch. Windismann (Bulletin de Acad. d. sc. de Bruxelles 
mai 1838; Annales d. sc. nat. 1X. Zool. p. 366.) 


a. Pulmonata. 


J. E. Gray führt als eine Merkwürdigkeit an, dafs Arion 
ater Sand gefressen, und denselben zu der Form seines ge- 
wöhnlichen Kothes zusammengeballt wieder von sich gegeben 
habe. Dies ist jedoch etwas ganz gewöhnliches, was man 
bei den Land- und Süfswasserschnecken täglich beobachten kann. 


Zwei Arten von Limax werden durch E. Forbes. c. 
aufgeführt, ohne dals.ihnen specifische Namen gegeben wären. 
Bei der einen sind Kopf und Fühler röthlichgrau, der Rücken - 
mit 2 dunkeln parallelen Streifen, Schild gelbgrau mit 2 dunkeln 


? 217 


Längsreihen, die nicht mit denen des Körpers zusammenhangen. 
Länge 1,“ — Die andere hat einen granen, scharf gekielten 
Rücken; Fühler dunkel; Schild bräunlich weils mit grauen Flek- 
ken. Länge 1 Beide bei Bougia. 

Von Lamarck’s Histoire naturelle des animaux sans 
vertebres ist der achte Band der von Deshayes besorgten 
zweiten Auflage erschienen, welcher die Land- und Süfswasser- 
schnecken enthält. Das Buch wird für den Conchyliologen 
besonders dadurch wichtig und unentbehrlich, dafs die von 
Lamarck übersehenen und viele der späterhin beschriebenen 
Arten hinzugefügt sind. Es wird daher die Bestimmung der 
Conchylien sehr erleichtert. In den von Deshayes hinzuge- 
fügten Bemerkungen thut sich das Bestreben kund, nicht nur 
neuerlich vorgeschlagene Gattungen nicht anzuerkennen, son- 
dern sogar die von Lamarck vorgeschlagenen zusammen zu 
ziehen. In der grofsen an Arten der mannigfaltigsten Form 
so sehr reichen Gattung Helix L., an welcher schon viele Zoolo- 
gen ihren Scharfsiun geprüft haben, um eine geschickte und 
natürliche Eintheilung zu machen, nimmt derselbe nur drei 
Gruppen an, welche sich aufser der Schalenbildung noch in 
Verschiedenheiten der Geschlechtsorgane als natürliche dar- 
stellen sollen. Die erste ist die Gattung Helix in Verbin- 
dung mitCarocolla, bei der auf beiden Seiten des gemein- 
samen Geschlechtsganges die eigenthümlichen Organe (vesicu- 
les multifides Cuv.) vorhanden sind;') die zweite bildet die 
Vereinigung von Bulimws und Achatina, denen die ge- 
nannten Organe fehlen, und zwischen denen sich freilich in 
einigen Arten ein allmähliger Uebergang findet. Zur dritten 
gehören Pupa, Vertigo und Glausilia. Besonders fällt 
die Vereinigung dieser letzten Gattungen in eine auf, die nicht 
'einmal auf genaueren anatomischen Gründen beruht, da doch 
die Gattung Clausilia sich so natürlich durch das Vorhan- 
densein des sogenannten Clausiliums begrenzt. Offenbar kom- 
men durch diese Zusammenziehung der Gattungen viele der 
verschiedensten Formen zusammen, und es steht zu erwarten, 
dafs mit fortschreitender Kenntnifs dieser interessanten Thier- 
gruppe sich auch anatomische Gründe darlegen werden, welche 


4) In der Gattung Helix finden sich auch an diesen Organen 
mannigfache Verschiedenheiten, davon jedoch ein andermal. Ref. 
V. Jahrg. 2. Bd, 15 


218 


nicht nur die Annahme der Lamarckschen, sondern sogar 
die Aufstellung noch mehrerer andern Gattungen, wie sie zum 
Theil schon von neuern Zoologen vorgeschlagen sind, noth- 
wendig machen werden. — Im Allgemeinen mufs noch hinzu- 
gefügt werden, dafs Verf, eine Menge neuerer Entdeckungen 
auch in Beziehung auf die Thiere dem Lamarekschen Werke 
einverleibt hat. Viele Arten, welche von Lamarck verkannt 
waren, zählt er den Generibus zu, zu denen sie "gehören. 
Zahlreiche Citate aus der ältern und neuern Literatur sind 
den meisten Arten hinzugefügt, und mit grofser Sorgfalt wer- 
den oft den Arten andere als von. Lamarek angewendete 
Namen beigelegt, indem der Herausgeber den Autoren ihr 
Prioritätsrecht bewahrt. Jedenfalls ist das Buch jedem, der 
sich mit der Naturgeschichte der Mollusken beschäftigt, unent- 
behrlich, - 

Auch H, Beck hat eine Eintheilung der grofsen Gattung 
Helix im weitern Sinne geliefert (Index Molluscorum prae- 
senlis aevi musei principis auguslissimi Christiani Frederici 
auctore 1I. Beck. Fasciculus primus. Hafniae 4838.) Hier- 
in finden wir auf 100 Folio-Seiten eine. grofse Anzahl von 
Landlungenschnecken aufgezählt, von denen viele Arten als 
neu bezeichnet sind. Da das Ganze jedoch rein als Katalog 
gehalten ist und aufser den wichtigsten Synonymen, dem Citate 
der besten Abbildungen‘ und dem Vaterlande auch nicht eine 
Silbe zur Bezeichnung hinzugefügt ist, weder zu den Arten, 
noch Gattungen, noch Zünften (Tribus), so hält es sehr schwer 
sich in des Verf. Ansichten einzuarbeiten, selbst wenn man 
eine reichhaltige und gutbestimmte Sammlung vor sich hat, 
Ref. ist es nicht gelungen sich eine Einsicht in das System 
des Verf. zu verschaffen, was ihm vielleieht besser geglückt 
wäre, und ihm unbedingt weniger Arbeit gekostet hätte, wenn 
Verf. sich der Mühe unterzogen hätte, dem Werke einen Schlüs- 
sel zum Systeme. beizugeben. Die neuen Gattungen, so wie 
namentlich die neuen Arten können nicht als publieirt ange- 
sehen werden, da bei dem gänzlichen Mangel an Diagnosen 
unmöglich Jemand. wissen kann, was Verf. meint. Derselbe 
darf daher auch keine Prioritäts-Ansprüche erheben, bevor er 
nicht das conchyliogische -Publieum mit näheren Mittheilun- 
gen über seine neuen Arten und Eintheilungsgründe erfreut 


219 


hat. Dies wäre um so wünschenswertlhier, als die Schönheit 
der Sammlung des Prinzen Friedrich und der Name des. Ver- 
fassers etwas Vorzügliches erwarten liefsen. 

In Anton’s bereits oben angeführtem Conchylienverzeich- 
nifs finden sich ebenfalls einige neue Ansichten über die Ein- 
theilung der Gattung Helix. Verf. nimmt nur die bekannten 
Gattungen Succinea, Vitrina, Helix, Bulimus, Glau- 
silia an. Zur Gattung Fitrina zählt er aufser den bereits 
früher dahin gerechneten Arten noch Helix citrina und 
laevipes Müll., welche letztere Art er für identisch mit 
H. spadicea Gm. H. bolteniana Chmn. und H. hy.a- 
lina Fer. hält. Diese Synonymie:ist nun schon gewagt, ünd 
läfst sich gewifs nicht halten, aber die Lostrennung dieser 
Arten von Helix und ihr Anreihen an Fitrina Jäfst sich 
gar nicht verantworten. Zuweilen kann man überhaupt die 
Ansichten des Verf. nicht recht begreifen. So z. B. stellt er 
Helix bolteniana p.50. wieder zu Ampullaria, nach- 
dem er sie kurz zuvor der Gattung Fitrina zugesellt hatte. 
Vonrden beiden so nahe verwandten Arten Moricand’s, die 
man kaum als verschiedene Arten gelten lassen kann, nämlich 
Bul, velutino-hispidus und heterotrichus setzt er 
die erstere zur Gattung Helix, letztere zu Bulimus. Die 
Gattungen Drepanostoma und „Anostoma werden, ebenfalls 
unhaltbar, vereinigt. Es ist eigentlich nicht der Zweck dieses 
Berichts, dergleichen Fehler zu corrigiren, ich führe diese Bei- 
spiele nur als Thatsachen dafür an, dafs man sich hüten mufs, 
den Meinungen des Verf., die übrigens nie durch Gründe unter- 
stützt sind, unbedingten Glauben beizumessen. — Die Gattung 
Helix zerfällt in die Untergattungen Helix (NHelicogena, 
Helicella, Helicodonta), Drepanostoma, Carocolla, 
Die Gattung Bulimus in Partula. Bulimus, Acha- 
tina; die Gattung Clausilia in Clausilia, Strobilus, 

‚Vertigo, Pupa. Alle diese Untergattungen zerfallen :wie- 
der in theils natürliche, theils unnatürliche Gruppen; nament- 
lich sind diese Gruppen bei der Gattung Helix oft von der 
Art, dafs Verf. einzelne Arten ebensogut in eine andere Gruppe 
hätte stellen können. Daran sind die Uebergänge Schuld, und 
darum hat der Verf. den Nagel immer noch nicht auf den 
Kopf getroffen. Eine durchgreifende, d. h, wirklich natur- 

15 * 


220 


gemäfse Eintheilung dieser schwierigen Abtheilung wird auch 
erst dann möglich sein, wenn man bis in die Details die Thiere 
anatomisch untersucht haben, und dann die anatomischen Ver- 
schiedenheiten mit Schalenverschiedenheiten in Uebereinstim- 


mung gebracht haben wird. 

Zur Gattung Swecinea bemerkt Deshayes I. c., dafs 
wichtige anatomische Unterschiede sie von Helix entfernen. 
Den Succineen fehlen die sogenannten Vesicules multifides 
ganz; ebenso der Liebespfeil und dessen Behälter; das V as 
deferens verbindet sich nicht mit dem Oviduct. 

„Ueber $S. amphibia Drap. und ihre Varietäten giebt Da- 
niel Cooper Bemerkungen (Loudons Mag. n. s. 11. p. 476). 

Er unterscheidet mit Draparnaud drei Varietäten, auf 
welche er die Arten einiger englischen Schriftsteller redueirt. 
ainch ‚hm gehören 8. oblonga Turton und 8. gracilis Alder 

ierher. 


Neue Gattungen und Arten: 


Suceinea apertaLea l..c. t. subrotunda, tenui, flavescente, 
laevi; spira breyissima; anfractibus binis, ultimo grandissimo; 
apertura latissima. Diam 0,4“ long. 0,5“. Columbia River. — 

Helicarion cassida Hutton |. c. t. ovato-depressa, pal- 
lide cornea, radiatim striolata, junioris epidermide sericea, aetate 
nitore orbata, anfractibus ventricosioribus; apertura patula, ro- 
tundato-ovata; spira convexa, apice exserliuscula, minime obtu- 
sata, anfractibus 5 velociter crescentibus. Lat. 14. Von Bhar 
bis Simla. 

Nanina monticola Hutt. 1. c. t. subdiscoidea, pallide vel 
saturate brunnea, epidermide radiatim et concentrice rugulosa, 
spira depresso-conoidea, apice obtusata; peripheria minime an- 
gulata, suturis leviter impressis, apertura transversa, lunata, labro 
costa interna submarginali albida munito. Diam. 1,75“. Mahassu, 
Hattu und Liti bis zu einer Höhe von 14000. — N. splen- 
dens Hutt. t. discoidea, purpureo-brunnea, polita, leviter con- 
centrice ei radiatim striata, striis radiatis remotis, illis confertis- 
sime dispositis; spira vix elevata; anfractibus septem (apice 
omisso) arcte convolutis; apertura lunata, labro striga incrassata 
interna distante munito. Diam. 0,65“. Mahassu, Fagu und Hattu 
bis auf 10656‘ Erhebung. — N. vesicula Bens. t. tenui depres- 
siuscula, pallide cornea, translucente, polita, supra conoidea; apice 
acuminata; infra tumidiuscula, aperturae longitudine latitudinem 
aequante; labro subrecto ad axem spectante. Diam 0,6“. Anfr. 6. 
Himalaya. — N. fragilis Hutt. t. tenui, fragili, vitrea, olivacea, 
conico-discoidea; spira subexserta, apice obtuso; anfr. 5 supra 
convexis, subtus subplanatis; apertura obliqua, rotundato-ovata, 
Da acuto. Diam. 0,35“ Kirmalliah, 5 Meilen von 

eemuch. 


221 


Von Helix 13 neue Arten bei Änton I. c. Ferner: He- 
lix constantina Forbes testa subglobosa, imperforata, alba, 
rufofasciata, fauce alba, labro expanso, margine rellexo, columella 

ibba. Bougia. — H. roseotincta Forbes orbiculato-convexa, 
ee pallide cornea, pellucida, perforata, pilosa, pilis 
per series longitudinaliter dispositis; apertura subrotunda, labro 
interne marginato, roseo-tincto, peristomate simpliei, apice glabro, 
papillato: Lat 3 alt. 5 Algier et Bougia. — A. War- 
diana Lew |. c. testa orbiculato-convexa, umbilicata, inferne 
depressa, nilida, cornea, diaphana, anfractibus senis, longitudina- 
liter striatis, striis confertis, spira obtusa, labro acuto, intus spis- 
sata Obio. Diam. 0,4“ long. 0,3%. — H. Mitchelliana Lea 
t. superne obluso_ conica, inferne inflata, longitudinaliter et sub- 
tiliter striata, cornea, diaphana, imperforata; anfractibus quinis 
apertura subrotundata; labro reflexo; columella laevi. Ohio. 
Diam. 0,7. long. 0,4". — H. Yancouverensis Lea t. plano- 
convexa, inferne planulata, nitida, longitudinaliter striata, cornea, 
late umbilicata, anfractibus quinis, rotundatis; apertura subrotun- 
data, labro inferne subreflexo, superne depresso; columella brevi, 
callosa. Oregon. Diam. 1,1“ long. 0,5“. — H.Nuttalliana Lea 
t. obtuso-conica, subtus planulata, umbilicata, longitudinaliter 
minute striata, superne lutea, inferne tenebroso-fusca, prope ca- 
rinam fasciata; anfractibus septenis, apertura subrotundata, intus 
fasciata; labro subreflexo; columella laevi. Oregon. Diam. 1,3“; 
long. 0,8%. — H. Columbiana t. obtuso-convexa, inferne sub- 
rotundata, nilida, longitudinaliter striata, cornea, diaphana, um- 
bilicata; anfractibus senis, subrotundatis, apertura oanlata. 
labro albo etrellexo, inferne subcalloso; Shunels laevi.. Oregon. 
Diam. 0,7. long. 0,4 verwandt mit H. thyroideus Say. — H. ma- 
gnifica t. obtuso-conica, subcarinata, longitudinaliter siriata, 
fasciis fammeis rubris albisque picta, subtus seriebus pluribus 
punctorum rufescenlium ornata, late umbilicata; anfractibus 
quinis, superne planulatis, inferne subconvexis; apertura trans- 
versa; labro sinuoso, rellexo; columella laevi. New Granada, 
Diam, 2,7”, long. 1, 2“. Verwandt mit H. pellis serpentis. Der 
Name ist schon von Ferussac vergeben. — H. Californien- 
sis Lea t. globosa, imperforata, granosa, fusca, unilasciata; an- 
fraclibus quinis; apertura subrotundata; labro reflexo; columella 
laevi. Ober-Californien. Diam. 0,7%, long. 0,6% — H. Town- 
sendian.a Lea t, obtuso-conica, longitudinaliter striata, rugosa, 
fusca, umbilicata, anfractibus quinis; apertura subrotundata; labro 
rellexo; columella laevi. Wahlamat. D. 1, long. 1,6“.— H.Nick- 
liniana Lea t. subglobosa, tenuiuscula, albida, longitudinaliter 
striata, nubila, perforata, unilasciata; anfractibus quinis; apertura 
rotundata; labro subrellexo; columella laevi, Ober-Californien. 
Diam. 0,9" long. 0,7%. — H. Oregonensis Lea t, subcarinata, 
tenui, laevi, rufofusca, al carinam bifasciata, superne subconvexa, 
inferne subinflata, Wahlamat. Diam, 0,6“, long. 0,4". — H.hu- 
milis Hut, |. c. t, parvula, convexo-depressa, cornea, late et 
profunde umbilicata, anfr. 5 rotundatis, ultimo subangulato, pen- 
ullimo aperturam circularem vix interrumpente; peritremate 


222 


acuto, Diam, 0,125”. Verwandt mit H. rupestris Drap. nur etwas 
gröfser und der Nabel mehr offen. Simla. — H. orbicula Hut. 
t. orbieulato-convexa, fuscescente, epidermide scabra, anfr. 6 con- 
vexiusculis; peripheria subangulata, umbilico profundo latiusculo; 
peritremate subrotundato, acuto. Diam. 0,4. Simla und Mahassu. 
— HB. fastigiata Hut, t. parvula, albido-cornea, minulissime 
granulata, pyramidala, subtus plano-convexa, anfr. 7 eonvexiu- 
sculis, ullimo acute angulato, suturis leviter impressis, umbilieo 
evanescente, aperlura latiore quam longa; apice obtuso, Axis 0,16, 
Simla. — A. bullula Hut, t. parvula, glabra, translucente, sub- 
trochiformi, conoidea; anfr. 5 convexis, ultimo rotundato; sutu- 
ris impressis; umbilico angustato; apertura latiore; labro simpliei, 
Diam. 0,15%. Simla. — H. nana Huit. t. paryula, convexo-co- 
noidea, pallide fuscescente; anfr. 6 aut 7 arele convolutis, ultimo 
rotundato; apertura latiore, labro simpliei; umbilico eva- 
nido; apice valde obtuso. Diam. 0,1“. Verwandt mit H. fulva 
Drap. aber mit engern Windungen. Simla. — H. planiuscula 
Hut. t. parvula, depressa, fusca, polita; anfr. 5, ultimi periphe- 
ria rotundata; apertura transversa. Diam, 0,1“. Verwandt mit 
H. crystallina, aber dunkler und mit weniger plattem Apex, Simla, 

Polygyva Dorfeuilliana Lea t. superne obtuso-conica, 
inferne subinflata, nitida, cornea, longitudinaliter striata, late 
umbilicata; anfractibus senis; apertura aaa, tridentata. Ohio. 
Diam. 0,3%, long. 0,2“. — P. Troostiana Lea t. superne 
subplanulata, inferne subinflata, cornea, longitudinaliter striata, 
late umbilicata; anfractibus senis; apertura. lunata, tridentata. 
Tennessee. Diam. 0,4, long. 0,2. 

In Guerin’s Mag. de Zool. 1838. Cl. V. pl. 110 et 111 
berichtigt Deshayes die Synonymie von Helix (Carocolla) 
labyrinthus mit den ‚verwandten Formen. Drei Arten 
werden unterschieden: H. labyrinthus Chemn., H. plicata 
Born, H. bifurcata Desh., welche letztere die von Ferussac 
Hist. d. Moll. pl. 54 B. fig.1 unter dem Namen H. plicata 
abgebildete ist, f 

An diese Gruppe sich anschliefsend beschreibt Petit 
(ib. pl. 113) eine neue Art: 

€. uncigera testa 'orbiculari, aculissime carinata, supra 
convexa, infra convexo-planulata, umbilicata, alba, fasciis fuscis 
eincta, anfractibus sex, aperlura subquadrangulari, obliquissime 
depressa, fauce prope columellam plica transversa ornata, labro 
externe unidentato, intus unciformi dente armato, margine albo 
rellexo. Alt. 9 mill. Lat. 27 mill. Panama. — C. Hydiana Lea 
l. c. testa orbiculata, utrinqgue convexa, subfusca, minute granu- 
lata, late umbilicata, anlractibus quinis, apertura subtriangulata, 
plc quaternis inaequalibus coarclata, marginibus convexis, re- 
lexis, subrufis. Porto Cabello. Diam. 1,9%, Long. 0, 9%. Eben- 
falls verwandt mit €. Zabyrinthus Lam. — C. (Helix) Orihiana 
Forbes testa orbiculato-depressa, alba, longitudinaliter striata, 


75 


profunde umbilicata, anfraclibus quingue, ultimo carinato, an- 
gulato, apertura, peristomate subrellexo, columella reflexa, Lat. 4 
Alt. 4%, Bougia. — C. (Helix) barbula v. Charp. in litt, bei 
Rolsmälsier testa aperte umbilicata, lentieularis, carinata, cornea, 
arctispira, subtilissime coslulata, apertura depressa, angusta, lunato- 
trisinuata, peristomate flexuoso, replicato, albilabiato, bidenticu- 
lato. Alt, 214, Long. 5, anfr. 6. Portugal. Endlich ©. Gue- 
rind und callos« bei Anton.|.e. 

‘ Von Bulimus finden sich hei demselben 6 neue Ar- 
ten, aulserdem: D. Terverii Dupotet (M488) bei Forbes 
2. ce. verbindet P. acutus mit B. obscurus und montanus in 
der Form, hornfarbig mit weilsen unregelmälsigen Längs- 
streifen. — B. lacteus Lea t. ovalo conica, imperlorata, 
nitida, lactea, ienui, subdiaphana, minutissime transversim striata, 
inferne brunneo-viltata; anfractibus senis; aperiura subparva; 
labro acuto. Columbia. Diam. 0,4“, long. 0,7%. —B. Pealianus 
Lea t. ovato-conica, imperforata, laevi, nitida, cinerea, suberassa; 
flammulis purpureis longitudinalibus pieta,; anfracubus senis; 
apertura patula, purpurea ; labro aculo, rellexo. Columbia. D, 0,4, 
long. 1,4,°. — B. Colombianus Lea, t. elongato-turrita, per- 
forata, nitida, alba, tenui, minutissime transversim, striata; apice 
aurea; anfractibus septenis; aperlura subparva, Jabro acuto. Co- 
lumbia. Diam. 0,5“, long. 1,2. — B.corneus Lea t. ovato- 


‚conica, umbilicata, cornea, tenui, pellucida; anfractibus septenis; 


apertura parva; labro acuto. Columbia. D. 0,3%, 1. 0,7“. Der 
ame ist schon von Deshayes vergeben. — B. glandifor- 
mis Lea t. oyata, rugosa, subinflala, imperforata, subcrassa, gra- 
nosa, rufo-fusca, albo-maculata; anfractibus quaternis, ullimo 
magno; apertura purpurea, ovala, submagna; labro rellexo, colu- 
mella laevi. Neu Granada. Diam. 0,7", long. 1,3". — B. par- 
vus Lea t. cenica, imperforata, carinata, lactea; apice rufo; an- 
fraclibus senis, planulatis; aperlura ovata; labro acuto; columella 
laevi, subangulata. Carthagena S. A. Diam. 0,3“, long. 0,5%. — 
B. virgo 1: t. conico-acula, perforata, nilida, diaphana, lon- 
gitudinaliter striata; anfractibus septenis, convexiuseulis; apertura 
ovala; labro acuto; columella angulata. Carthagena S. A. D. 0,3%, 
long. 0,9%. — B. Gibbonius Lea t. ovala, ventricosa, perlo- 
rata, suberassa, granosa, tenebroso-fusca, atro-maculata; anfracli- 
bus quinis, ullimo magno; apertura purpurta, magna, obligu: 
labro reilexo, columella albida. Neu Granada. Diam. 2,4. long. 3,5. 
— B. gracilis Lea t. subfusiformi, nitida, subperforata, albida, 
triyittata, longitudinaliter striata; anfraelibus planulatis; apertura 
ovala; labro rellexo; columella laevi, purpurea. Carthagena S. A. 
Diam. 0,6%, long. 1,4“, — B, maculatus Lea t. conico-acula, 
imperforata, nitida, alba, rufomaculala, As nigro; anfraclibus 
septenis, subplanulatis; apertura ovata, labro acuto, eolumella 
subangulata. Carthagena 5. A. Diam. 0,5. Long. 0,9%. — 

Aus der Gattung Achatina wurden beschrieben von An- 
ton |. c. 4. hyalina, minuta, splendida, Ferner: A. niti- 
dissima Forbes |. ec. testa cylindracea, pellucida, laevissima, ni- 
Udissima, corneo-lutescente, aperlura oblonga, anfractibus quinis, 


224 


ultimo majore, apice obtuso. Long. 4“. Verwandt mit A. folli- 
eulus. Algier. — 4. (Bulimus) decorata Lea t. substriata, 
imperforata, nitida, crocea, trifaseiata; anfractibus senis, con- 
vexiusculis; apertura ovata, canaliculata; labro subreflexo, colu- 
mella arcuata, Carthagena $. A. Diam. 0,5. Long. 1,24, — 
Mehrere Arten der Gattung Strobilus s. bei Anton. 


Megaspira now. gen. Lea l.c. Testa clavata; aper- 
tura subovala, inferne rotundata; marginibus reflexis, su- 
perne disjunctis; columella pluriplicata, basi integra, non 
effusa. Hierher: 


M. Ruschenbergiana Lea t. cylindraceo-turrita, valde 
striala, subfusca, maculis longitudinalibus rufo-fuscis ornata, apice 
consolidata, anfractibus tribus et viginti, subplanulatis, spira ad 
apicem obtusiuscula; columella quadruplicata, labro reflexo. Bra- 
sılia? Diam. 0,5“. Long. 2,5". 

Ferner gehören hierher; Pupa curta und turrita Anton 
und Clausilia Tettelbachiana Rossm. 1. c. 

Physa,aurea Lea t. sinistrorsa, subinflata, aurea, pellucida, 
spira breviuscula, anfractibus quaternis, labro marginato, aper- 
tura subinflata. Virginia. Diam. 0,3%. Long. 0,5“. 

Planorbis Metidgensis Forbes |. ce. testa albido-cornea, 
pellucida, irregulariter striata, supra profunde umbilicata, subtus 
plana, anfractibus tribus, apertura rotundato-lunata, obliqua, sub- 
Ne Lat. „5“ Metidja. — Pl. lens Lea t. parva, lenticulari, 
ato-umbilicata, ad peripheriam carinata, pellucida', cornea, an- 
fractibus ternis, apertura magna. Ohio. D. 0,15”. Long. 0,05%. 
Aulserdem mehrere neue Arten bei Anton. 

Limnaeus solidus Lea t. elevato-conica, solida, laevi, 
cornea, spira subturrita, anfractibus quinis, columella reflexa, 
apertura suboyata. Wahlamat. Diam. 0,25‘, long. 0,4“. — L. api- 
cinus Lea t. obtuso-conica, subsolida, laevi, cornea, spira bre- 
viuscula, anfractibus quaternis, columella reflexa; apertura sub- 
oyata. Wahlamat. Diam. 0,3“. Long. 0,4%. — 

Ferner Auricula reticulata und A. (Conovulus) tri- 
plicata bei Anton. 


Aus der fossilen Auricula ringens nebst einigen andern 
Arten, unter denen auch eine, Marginella auriculata Me- 
nard, lebend im Mittelmeer vorkommt, machte Deshayes ].c. 
eine neue Gattung. unter dem Namen Ringicula mit fol- 
gendem Charakter: Thier unbekannt. Schale klein, oval, kug- 
lig, mit kurzer Spira, an der Basis etwas ausgeschnitten. 
Apertur parallel der Längsaxe, schmal, schwielig ; die Colu- 
mella kurz, gebogen, mit zwei oder drei fast gleichen Falten 
und einem Zahn gegen den hintern Winkel der Apertur. 
Labrum sehr dick, nach aufsen umgeschlagen, ohne Zähne. 

Einen kleinen Beitrag zum Kenntnifs der Gattung Sc a- 


225 


rabus in eonchyliologischer Beziehung gab Referent (dies 
Archiv 1838. I. p. 202). Eine neue Art'S.trigonus ist be- 
schrieben und nebst Sc. imbrium und plicatus abgebildet. 
Sc.labrosus und fusiformis Mke., die damals als zweifelhaft hier- 
hergestellt wurden, gehören in der That nicht hierher, sondern 
zu der Gruppe von Bulimus, welche sich durch die starken 
Zähne in der Apertur auszeichnet, und die auch bereits unter 
dem Namen Odontostoma als besondere Gattung aufgestellt ist. 

Cyclostoma maculatum Lea t. subturrita, transversim 
stviata, carinata, maculata, diaphana, umbilicata, anfractibus 
quinis, spira subbrevi, ullimo anfractu medio carina cincto, labro 
margine albo, reilexo. Manila. D. 0,4“. Long. 0,5“ — C. Po- 
payanum Lea t. obiuso-conyexa, albida, pellucida, longitudina- 
liter striata, late umbılicata, unilasciata, anfractibus quaternis, 
apice acuminato, labro acuto, operculo suberasso. Neu Granada. 


Diam. 0,8“. Long. 0,5“, und 5neue Arten bei Anton |. c. und 
eine neue Helicina, H. villosa. 


Die Charaktere in der Schale der vom Ref. aufgestellten 
Gattung Steganotoma hält Deshayes ]. c. nicht für wich- 
tig genug, um dieselbe -von Cyclostoma zu trennen. Ref. 
kann diese Meinung. jetzt nicht bestimmt widerlegen, indessen 
ist er der Ueberzeugung, dafs die Kenntnifs des Thiers die 
Gültigkeit der Gattung darlegen werde. 


b. Ctenobranchia (Pectinibranches Cuv.). 


Zu dieser Unterordnung gehörig finden wir eine grofse 
Menge neuer Arten und auch einige neue Gattungen aufgestellt. 


Ampullaria pulchella Anton. — A.Pealiana Lea t. 
subglobosa, laevi, solida, imperforata, lutea, fasciata; spira acuta, 
anfractibus quinis, apertura subovata, fasciata. Diam 1,1%. Long. 
1,3%. Columbia. 

Paludina Dupotetiana Forbes ]. c. testa minima ovato- 
eonoidea, ventriccsa, perforata, fusca, anfractibus quinis te- 
retibus, apertura oyato -rotunda, spira obtusa. Long. 75. 
Lat. „4 Algier. — P. variabilis Eichwald ]. c. testa ob- 
longo-elongata, laevissima, nitida, spira parum produeta, ob- 
tusiuscula, apertura ovalis, acuta, margine columellari umbili- 
cum ex toto fere contegente. Long, 2, Lat. 1. Ostium Vol- 
gae. — P. pusilla Eichw. testa minima, quinto anfractu ven- 
tricoso, e penultimo celerius increscente, viventi animali extoto 
nigra, ac sine hoc tenuissima, pellucida, umbilico paullulum con- 
spicuo a peristomate‘non angulato parum contecto. Long. 144, 
Lat. 4% In littiore Derbendensi inter fucos, eliam in Ponto 

rope Odessam. — Von Anton: P.brunnea, conica; letzterer 
ame ist bereits vom Ref, vergeben; vergl. dies Archiv II. 


226 


I. p. 173. — P. tricarindta. Die Beschreibung palst ziemlich zu 
einer durch v.Besser von Manila mitgebrachten Art, die jedoch 
nur Varietät von Pal. multicarinata zu sein scheint. — P, hyalina 
Anton. —P.hyalina Lea ti. obtuso-conica, carinata, pellueida, infra 
‚complanata, anfractibus quaternis, suturis valde impressis, apertura 
late rotundata. Ohio. Diam. 0,2”, Long. 0,2. Dieser Name 
hat vor dem Anton’schen die Priorität. — P. pallida Lea t, 
ventricosa, tenui, pallida, laevi, suturis impressis, anfractibus qua- 
ternis, convexis, apertura subrotunda. Ohio. Diam. 0,3%, Long. 
0,4". — P.sinistrorsa Lea t. sinistrorsa, ventricosa - conoidea, 
tenebroso-cornea, striata, late umbilicata, suluris impressis, an- 
fractibus quinis valde convexis, apertura subrotundata, intus pur- 
purascente. India occid. Diam. 1,1“, Long. 1,3“ Ist es nicht 
eine Ampullaria? — P. virens Lea testa obliqua, cerassa, sub- 
granosa, viridi, anfractibus subinflatis, apertura ovata. Wahla- 
mat. Diam. 0,2“, Long. 0,4”. — P. nuclea Lea t. obtuse tur- 
rita, cornea, laevi, suturis impressis, anfractibus quinis, apertura 
alba, ovata. Wahlamat. Diam. 0,2“, Long. 0,4 — P. Nick- 
Tiana Lea t. turrita, viridi, laevi, apice obtuso, anfractibus 
uaternis, convexis, apertura ovata. Virginia. Diam. 0,1“, Long. 
0,15“. Verwandt mit P. viridis Lam., lebt mit Physa aurea 
in warmen Quellen. — P. Nuttalliana Lea t. subglobosa, 
cornea, laevi, suturis subimpressis, anfractibus quaternis, aper- 
tura alba, subrotunda. Wahlamat. Diam. 0,3”, Long. 0,4". 
Rissoa caspia Eichwald 1. c. testa turrita, elongata, acuta, 
anfractibus spirae sensim inerescentibus, ultimo reliquis majore, 
apertura lato-oyali, acuta. Long. 54% Rarissime in marı ca- 
spio. — Ferner R, semicostulata und distans, Eulima du- 
bia und äncerta von Anton. 4 


Aus Bulimus terebellus Lam. macht Deshayes ]. c. 
eine Gattung, da sie im Salzwasser lebt und nennt sie Bo- 
nellia. Er zieht hierher einige von Sowerby aufgestellte 
Arten der Gattung Eulima (E. splendidula, marmorala, in- 
terrupla, imbricata, brunnea). Der Charakter dieser Gat- 
tung, welche zwischen Bulimus und Pyramidella in der Mitte 
stehen soll, wird folgendermafsen angegeben: Thier unbekannt. 
Schale thurmförmig, glatt, glänzend, mit sehr spitzem und seit- 
lich gebogenem Apex; Axe in ihrer ganzen Länge durchbohrt; 
Apertur klein, vollständig, winklig an den Enden; Columella 
einfach, ohne Falten; Labrum einfach, fast parallel der Längsaxe. 

Hierher (?) Bonellia obtusa Anton ]. c. Ferner mehrere 
Arten der Gattung Melania von demselben. — Melania in- 
Flata Lea t. conica, inllata, tenebroso-cornea, apice obtuso, 
anfractibus quinis subconvexis, columella notata, labro valde 
expanso. Alleghany-Gebirge. Diam. 0,4“, Long. 0,6% — 


M. plicata Lea i. subturrita, plicata, castanea, tuberculata, 
fasciata, suturis’impressis, aperlura ovata. Bengalen? Diam 0,8, 


227 


Long. 2”.— M. Troosiiana Lea t. elevata, fusca, multistriata, 
apice acuto, anfractibus decem, supra carinatis, apertura ovala. 
Ten. Diam, 0,5%, Long. 1,2. — M. plicifera Lea t. acuto- 
turrita, subcrassa, tenebrosa, spira plicifera, apice truncato, an- 
fractibus convexiusculis, ultimo superne laevi; inferne striato, 
apertura alba. Wahlamat. Diam. 0,4%, Long. 1,1“. 

Nerita planospira, N. sulcata Anton. 

Neritina liturata Eichwald]. e. testa exigua, tenuissima, ova- 
lis, elevata, alboflavescens, liturata, lineis nigris Hexuosis, angu- 
latis, passim se invicem decussantibus; apertura semilunata, co- 
lumella plana, subimpressa. Minima. Inter fucos littoris Derben- 
densis. — 

Ferner beiAnton: Natica nivea,tecta, siriata; Jan- 
ıhina alba, vrosea, Stomatellu nigra. 

Scalaria Pallasii Kiener (Pallas. Sp. zool. 10. t. 3. 
Fig. 5. 6.) testa conica, turriculata, umbilicata, albida; anfracti- 
bus disjunctis, longitudinaliter confertissime costatis. Long. 17% 
— Sc. cosiulata Kiener testa tenui, elongata, turriculata, um- 
bilicata, ad basin dilatata, alba; arfractibus convexis, disjunctis, 
tenuissime costatis. Long. 17%. — Sc. Georgetiina Kiener 
testa elongata, turrieulata, angusta, apice acuta, lactea; anfracti- 
bus convexissimis, contiguis, laevibus; costis longitudinalibus an- 
gustis, aequalibus. Long. 1%. Ocean. Atlant. — Sc. Hum- 
phreysii Kiener testa minima, elongala, turriculata, albida; an- 
fraeibus convexiusculis; costis longitudinalibus obliquiusculis. 
Long. $%. Carolina. — Sc. crenulata Kiener (Lister pl. 588. 
Fig. 58.) testa elongata, turriculata, albida; anfraclibus 'convexis 
contabulatis, subcanaliculatis, superne erenulatis; ultimo hasi ca- 
rinato. Long. 1. Sicilia= Turbo crenatus Food. — Sc. pla- 
nicosta Kiener testa elongata, turrieulata, rubescente aut gri- 
sea, apice acuta; anfractibus convexiusculis, continuis, costis lon- 
gitudinalibus planulatis, distantibus; interstitiis transversim stria- 
tis. Long. 22%, — Sc. striata Kiener testa parva, turriculata, 
elongata, apice acula, lactea; anfraclibus convexissimis, transver- 
sim tenuissime striatis; longitudinaliter costatis; suturis excavatis; 
varicibus sparsis; apertura ovata, oblonga—= Turbo Martinis Hood. 

Delphinula sphaerula Kiener 1. c. (Seba, Mus. 3, t. 
59, fig. 1—2) testa subdiscoidea, apice obtusa, albida, vel ro- 
seo-argentea; suicis transversis, granulatis, peripheria spinis lon- 
gis radıata; inferne striis lamellosis. Long. 14“, Lat. 2“. Mare 

ndicum. — D. radiata Kiener testa minima pyramidata, ro- 
sea, superne fammulis roseo -fuscis maculata; anfractibus trans- 
versim granulalis, ad medium carinatis, ultimo bicarinato, den- 
tieulato. Long. 4, Lat. 5% Mare Indicum. — D, australis 
Kiener testa parva, ovato-rotundata, depressa, albida; spira su- 
erne planala; anfractibus transversim costulatis, tenuissime lon- 
gitudinaliter striatis; apertura margine reflexo. Long. 4“, Lat. 
7%. Nova Hollandia. — D. Peronii Kiener testa ovalo-rolun- 
data, parva, subglobosa, punctulata, albida; anfraclibus longitu- 
dinaliter plicalis, transversim granulose striatis; ullimo nodu- 
lose bicariuato; aperlura margine rellexo. Long. 7, Lat. 5. 


228 


Nova Hollandia. — D. cancellaia Kiener testa pärva, rotun- 
data, tenui, griseo-albida; spira compressa; anfractibus longitu- 
dinaliter costatis, transversim strialis; ultimo tricarinato, sub- 
spinoso; umbilico dilatato. Long. 3, Lat. 5“ Mare Indieum 
und D. laevigata Anton |. c., von letzterem ferner mehrere 
Arten der Gattung Phasianella. 

Solarium cingulum Kiener testa suborbiculato- subconica, 
apice acuta, laevigata, alba, fascia fulva radiata cincta; anfractu 
ultimo ad medium carinato; umbilico minimo, crenulato. Lat. 
44%, Alt. 6. Mare Indicum. — 8. Chemnitizii Kiener (Chemn. 
pl. 173. Fig. 1706. 1707.) testa orbicularia, superne planulata, 
fulva, transyersim sulcata, longitudinaliter tenuissime strıata, sub- 
ragosa; umbilico magno, canaliculato; apertura rotundata. Lat. 
74, Alt. 3. Mare Indicum. R 


Die Gattung Littorina wird von Anton, welcher mehrere 
neue Arten beschreibt, ]. c. in die Familie Cyclostomacea ge- 
setzt. Wie will Verf. das vertheidigen? 

Unter dem Namen Trochiscus Norrisii beschreibt 
G. W. Sowerby (Loudon’s Mag. of Nat. hist. Vol. Il. 
new series p. 96.) eine neue Schneckengattung, der eine 
Stellung zwischen Trochus und Rotella angewiesen wird. 
Der Fundort der Art ist unbekannt. Der Gattungscharakter 
wird folgendermafsen angegeben: Testa suborbicularis, de- 
pressiuscula, crassa, umbilicata, intus margaritacea, spira 
brevi, conica, obtusa; .aperlura subtrigonali, postice sub- 
acuminala, angulis rotundatis; labio columellari incras- 
sato, antice obsolete uniluberculato; umbilico majusculo, 


profundo. 

Marginella Kieneriana Petit (Guerin Mag.d. Zool. CI. 
F. pl. 112.) testa parva, pyriformi, fulva, maculis albis trans- 
versis per quatuor series dispositis ornata; spira brevissima, ex- 
sertiuscula; labro crasso, vıx intus crenulato, plieis columella 
octenis. Alt. 13 mill. Lat. 8 mill. Senegal, Inseln des grünen 
Vorgebirges, Antillen. — Anton stellt eine WM. cypraeoides, 
eine Oliva callosa und Foluta nana auf. 

F oluta Norrisii Gray (Jardine Annals I. p. 414.) grau- 
lich weils, fein schwarz gelleckt, mit breiten schwarzen wel- 
ligen Längsstreifen und drei Binden mit blassern Flecken und 
Strichen; Tate Windung fast winklig, Mündung glänzend orange, 
mit einem weilsen Lippenrande. Verwandt mit F. nervosa. 

Viele Arten von Mitra und Columbella beschreibt Anton 
l.c. Mitra Bovei Kiener testa elongata, turriculata, alba, varie 
violacea; fasciis transversis fulvo-maeculatis; anfractibus distan- 
ter striatis, superne crenatis; apertura angusta, intus violacea; 
labro dextro erenato. Long. 2“. Lat. 3. Mare rubrum. 

Nassa vitrea Gray (Jardine Annals I. p. 28.) thurmför- 
mig, durchscheinend, gestreift, knolige Varices auf den Win- 


229 


dungen, und ein braunes Band nahe der Basis, Labrum verdickt, 
weils, vorn mit einem braunen Fleck. Axe 5/4 Sierra Leone, 


Demoulia Gray nov. gen. (Jardine Annals 1. p. 29.) 
Schale eiförmig, fast kugelig, bedeckt mit einer wolligen Epi- 
dermis; Spira kurz, conisch, Apex warzenförmig; Windungen 
gedrückt, Mündung eiförmig, Innenlippe verdickt, hinten mit 
_ einer Rinne, Aufsenlippe eingedrückt, nach aufsen verdickt, 
ohne Varex, innen stark gefaltet; ‚Sipho kurz, stark ge- 
krümmt. Verf. stellt diese Gattung zwischen Nassa und Do- 
lium und zieht hierher Buccinum retusum Lam., nebst den 
fossilen Buccinum {Pupa und B. glabratum. _Aulserdem 


stellt er noch eine neue Art auf. 

D. pulchra hellroth, mit brauner Epidermis, schwach quer- 
gestreift, Aulsenlippe weils, Innenlippe glatt, Spira kurz, Naht 
tief. Axe 10. Sierra Leone. 

Terebra Petitii Kiener 1. c. testa turrita, subulata, fusca 
aut einerea, plicis longitudinalibus rugosis, transversim striis di- 
stantibus; anfraclibus prope suturas cingulis vel tuberculis; co- 
lumella basi distorta. Long. 2“. New York. 

Viele neue Arten der Gattungen Buccinum, Purpura, 
Sirombus s. bei Anton |. c. 

Aporrhais Senegalensis Gray (Annals Nat. Hist. 
etc. I. p.27.) Schale regelmäfsig quergestreift, die obern Win- 
dungen mit einer, die letzte mit zwei Reihen Knoten, vor de- 
nen noch eine Reihe viel kleinerer Höcker; Aufsenlippe mit 
zwei spitz vorstehenden Lappen. Axe 13°. Sierra Leone. 

Viele neue Arten von Fusus beschrieb Anton a.a.0, — 
Zwei andre Gray: F. elegans Gray (Annals Nat. Hist. I. p. 
27.) spindelförmig, weils, 9 Windungen, mit ziemlich entfernten, 
erhabenen, braunen Streifen und regelmälsigen Falten, Kanal 
etwas kürzer als die Spira; Spindel mit einigen flachen Falten, 
(also Fasciolaria?), Labrum erenulirt. Axe 2. Sierra Leone. 
— F.niveus Gray (ibid. p. 28.) oval spindelförmig, eng ge- 
furcht, Windungen mit einer Reihe nach den Nähten sich nei- 

ender Knoten, Spindel glatt, etwas verdickt. Axe 15%. Sierra 

eone. Drei Arten von Fasciolaria: F sulcata, magna, tuber- 
culata finden wir beiAnton, desgleichen viele Arten von Pleu- 
rotoma. Kine Art dieser letzteren Gattung beschrieb Gray 
(Ann. of Nat. Hist. I. p. 29.) P ienuis hellbraun, durchsich- 
tig, mit einem breiten glatten, concayen Bande an der Naht, 
Sıpho spitz. Axe 2. Sierra Leone. 


In die Nähe von Pleurotoma stellt Gray (Annals Nat. 
Hist. I; p.28) eine neue Gattung Drillia: Schale thurmför- 
mig; Mündung oval, linear; Innenrand verdickt, Aufsenraud 
ungeschlagen, hinten verdickt, mit einem tiefen dick gerande- 


230 


ten Einschnitt hinten, und einem kleinen Einschnitt vorn, dicht 
vor dem kurzen etwas gekrümmten Sinus. Dazu rechnet er 
folgende 4 Arten: 


Dr. umbilicata Schale weils, gestreift, mit einer Reihe 
zusammengedrückter Höcker, genabelt, Labrum scharf, Mündung 
röthlich weils. Ax®& 415‘. Sierra Leone. — Dr. clathrata dun- 
kelbraun, quergestreift und längsgefaltet, wenig durchbohrt, La- 
brum hinten stark verdickt; Sipho kurz. Axe 1,8%. — Dr. bi- 
color schwarz, quergestreift, mit einer-Reihe eckiger Höcker. 
über welche ein Ele Band geht, Mündung schieferfarbig. 
Axe 4%. — Dr. suturalis gelblich weils, quergestreift, mit einer 
Furche nahe der Naht, Labrum hinten verdickt, Sipho ziemlich 
lang, kaum gekrümmt. 

Turbinella spinosa Gray (Annals N. H.I. p.28) spin- 
delförmig, weils, mit glatter brauner Epidermis, 7 Windungen, 
die obere mit einer Reihe conischer Höcker, die letzte gestreift 
und mit einer Reihe conischer Spitzen, Spindel mit 3 sehr fla- 
chen Falten. Axe 15/“. Sierra Leone. 

Cancellaria decussaia Nyst. (Bulletins de PAcadem. de 
Bruxelles 1838 p.115) t. ovato-oblonga, utrinque attenuata, strüs 
ereberrimis decussata, anfractibus convexis, columella triplicata. 


c. Gymnobranchia (Nudibranches Cue.) 

‚ Eine. schöne Abhandlung über schottische Nacktkiemer 
erhielten wir von,G. Johnston (Jardine Annals of nat. 
hist. 1. p. 44 und 114). Sie ist von zwei Kupfertafeln beglei- 
tet. Besonders wird sie wichtig durch die Berichtigung der 
Synonyme, wodurch viele Arten der verschiedenen Schrift- 
steller zusammengezogen werden. Die Arten sind mit Diagno- 
sen und meist mit Beschreibungen versehen. Zwei Familien 
werden unterschieden: Doridae und Tritoniadae. Zur ersten 
gehört die Gattung Doris, von der folgende Arten bei Schott- 
land vorkommen: D, tuberculata Cup. (incl. D. Argo 
aut, D. Argus Stark, D. Pseudo-argus Rapp), D. obve- 
lata Müll, D. bilamellata L. (D. fusca Müll, D. wer- 
rucosa aut.) D. laevis L., D. pilosa Lam (D. tomentosa 
CuvP), D. nodosa Mont., D. nigricans Flem. (D. pi- 
losa?), D. Barvicensis (D..electrina Pen.?, D. bilamel- 
lata Turt?). — Zur zweiten Familie gehören mehrere Gat- 
tungen: 1) Tritonia Cu. mit T. Hombergii Cu. (D. 
frondosa Müll), T. arborescens Cuv. (Woris, cervina 
Turt? Tr. cervina Bosc.?). 2) Melibea Rang mit M.pin- 
natifida (Tritonia pinn. Cuv., Doris pinn. Mont.), M. co- 


231 


vonata (Tritonia coronata Lam.). 3) Eolidia Cup. mit 
E.papillosa (Doris vermigera Turt.. Eolis Curieri Stark), 
E. Cuvierii (Bolis Cuvierii Lam.), E. rufibranchialis 
Johnst. (E. Embletoni Johnst., Doris pedata Mont.? 
Doris auriculata Müll.), E.purpurascens Flem., E.plu- 
mosa Flem. E. despecta Johnst. und 4) eine nene Gat- 
tung Triopa Johnst. Thier limaxförmig, ohne gesonderten 
Kopf; Mund ohne Fühler; 2 kurze Tentäkeln auf dem Rücken; 
Kiemen in Gestalt kurzer unregelmäfsig seitwärts und hinten 
vertheilter Fühler, nicht zurückziehbar, einfach, Fufs oval oder 
linienförmig, eben. Hierher gehören: T. claviger (Doris 
elavigera Müll., Tergipes pulcher Johnst.) T. nothus 
schwarz, gelblich und roth gefleckt (Doris quadrilineata Müll?) 

In der Malacologia Monensis von Edward Forbes, 
welche Referenten leider nicht zn Händen gekommen ist, über 
die jedoch in Jardine etc. Annals of nat. hist. I. p. 320 
sich einige Nachricht findet, scheint auf die Gymnobranchien 
besondere Rücksicht genommen zu sein. Wir führen in Er- 
mangelung genauerer Details das an, was ]. c. Hierhergehöri- 
ges gesagt ist: Doris Flemingü, wie D.nigricans Flem. hier 
genannt wird, sei nichts anders wie D.pilosa. Melibaea fra- 
gilis Forbes sei M. coronata (Tritonia coronata Lam.). 
Ein neues Genus wird aufgestellt, unter dem Namen: Eu- 
branchus corpore ovato, convexiusculo; tentaculis qua- 
iuor, oculis nullis; dorso branchis ovatis instructo. 


E.tricolor corpore albo-carneo; branchiis pyriformi-ovatis 
tricoloribus. Long. 44. Lat. 14. 


Diese Gaktunz wird ierthümlich zur Familie Glaucea ge- 
stellt, sie soll mit zu einer abweichenden Gruppe, Triopa 
gehören. 


d. Aspidobranchia (Scutibranchcs Cuv.) 


Aus dieser Unterordnung findet sich nur eine ‚neue Art 
bei Anton: Fissurella brunnea, ; 


e. Cyclobranchia Cuv. 

J. E. Gray giebt (Jardine Annals etc. I. p. 482) an, 
dafs die Patellen nicht, wie man es allgemein annimmt, 
Zwitter seien. Er behanptet sie im Herbste durch einen Längs- 
schnitt, den er rechts am Fufse machte, unterschieden zu haben. 


232 


Bei den Männchen quillt ein weifser, milchiger, eiweifsartiger 
Saft heraus; bei den Weibchen eine grofse Menge runder Eier, 
die in einer durchsichtigen Flüssigkeit schwimmen. ' Den wirk- 
lichen Fötuszustand zu beobachten, ist dem Verf. noch nicht 
geglückt. 

Derselbe sagt ebenda, die Patella pellucida, von der 
man gewöhnlich angiebt, sie lebe an dem Stamm und dem 
Laube des Fucus digitatus, finde sich vielmehr am häufigsten 
in zolltiefen Löchern, welche sie sich an der Unterseite der 
Wurzel dieser Pflanze ausgefressen habe. Er fügt hinzu, diese 
 Thatsache habe schon Le Gentil in den Memoires de !’_Aca- 
demie von 1788 beschrieben. 

Neue Arten von Patella bei Anton, 


F. Cirrobranchia Blainv. 


Dentalium cinerascens Anton verwandt mit magnistria- 
zum Desh., die Furchen aber minder scharf, am breiten Ende 
fast verschwindend, rauchgrau. Br. 14“. L. 1. Adriatisches 
Meer. 

E. Brachiopoda Guv. 

Aufser vielen fossilen Arten der Gattung Terebratula 
‚beschreibt Anton anch eine lebende neue: 

T. distans oval, Wirbel lang, abstehend, a Teas 
dichotomirend längsgestreilt, graubraun. L. 15. Br. 11% H. 7, 


F. Conchifera Lam. 

In den Transactions of the zoologica! Society of Lon- 
don 11. part. 2. 1838 und daraus Isis 1838, p. 820 erhielten 
wir von Robert Garner einen Aufsatz über die Anatomie der 
Conchiferen (Lamellibranchiata Blaine.), der durch drei Ta- 
feln mit Abbildungen erläutert wird. Ein Auszug von dieser 
Arbeit läfst sich in der Kürze nicht füglich geben, wir ver- 
weisen daher auf das Original selbst, oder auf die sehr voll- 
ständige Mittheilung in der Isis. 

Ueber ein räthselhaftes Organ einiger Bivalven macht 
€. T. v. Siebold (Müllers Archiv 1838. p. 49) Mittheilun- 
gen. Es liegen zwei rundliche glashelle Körper frei in einem 
Behälter, jederseits neben dem im Fufse ‚befindlichen Gan- 
glion centrale bei einigen Bivalven, namentlich Gyclas, 
Unio, Anodonta, Mya, Tellina, Cardium. Den mit Byssus 
versehenen Muscheln scheinen diese räthselhaften Organe zu 


233 


fehlen. Verf. scheint nicht'abgeneigt, sie für augenartige Organe 
zu halten und hofft, es werden an grofsen Muscheln angestellte 
Untersuchungen nähere Aufschlüsse über die Bedeutung der- 
selben geben. 

Neue Gattungen und Arten: 

Osirea imputata, Pecien iricarinatus, excavatus, Arca ro- 
siraia bei Anton. 

Sehr reich an neuen Arten aus der Familie der Najaden 
ist der bereits oben erwähnte Aufsatz von Isaac Lea. Verf. 
bestätigt durch vielfache neue Beobachtungen, dafs die Unionen 
und Anodonten getrennten Geschlechts, und dafs danach die 
Schalen verschieden seien. Die Weibchen sind nach hinten 
zu, wo die Oviducte liegen, dicker und mehr abgerundet. — 
Bei einigen Anodonten, A. undulata Say und A. Ferussa- 
ciana Lea fand Verf. eine eigenthümliche Organisation der 
Oviducte. Es liegen nämlich Schläuche der Quere nach eng 
aneinander, nach Art der Bienenzellen, so dafs die sechseckigen 
Enden einerseits nach dem Magen, andrerseits nach dem Mantel 
gerichtet sind. In jedem dieser Schläuche befinden sich bis zwölf 
Eier, deren jedes ein vollkommenes lebendes Muschelthier, in 
einer mitbräunlicher Epidermis versehenen Schale enthält, — Verf. 
erwähnt, dafs Margaritana margaritifera (Unio margaritifer 
Lam.,) welche in Europas Flüssen gemein ist, nicht nur in den 
Flüssen Amerika’s vorkomme, welche sich in den atlautischen 
Ocean ergiefsen, sondern dafs sie auch in dem Columbia River 
gefunden sei, der sich in den stillen Ocean ergiefst, Also ein 
sehr verbreitetes Vorkommen. — Lea theilt die Familie der 
Najaden folgendermafsen ein: I. Gen. Margarita 1. Subg. 
Unio mit einem Schloss- und Seitenzahn; 2. Subg. Mar- 
garitana mit einem Schlofszahn; 3. Subg. Dipsas mit 
einem linearen Zahn unter dem Rückenrande; 4. Subg. Ano- 
donta ohne Zähne. U. Gen. Platiris 1 Subg. Iridina 
mit gezähntem Rückenrande; 2. Subg. Spatha mit ungezähm- 
tem Rückenrande. 


Unio bengalensis t. elliptica, transversa, aequilaterali; in- 
Nata; valvulis tenuissimis; natibus minute undulatis; dentibus car- 
dinalibus tenuibus et laminatis; lateralibus sublongis linearibus- 

ue, margarita purpurea. Diam. 0,8%, long. 1,3“, lat. 2, 2". 
engalen. — U. venustus t. elliptica, transversa, subcompressa, 
lutea, inaequilaterali; valvulis subtenuibus, natibus vix prominen- 
tibus; dentibus cardinalibus parvis, lateralibus subeurvis; marga- 


V. Jahrg, 2, Bd, 16 


234 


rita alba et iridescente. Diam. 5, long. lat. 1,7. Missouri. — 
U. Vaughanianus t. obovata, transversa, subinflata, postice 
subemarginata, inaequilaterali; valvulis tenuibus; natibus vix pro- 
minentibus; dentibus cardinalibus parvis erectisque; lateralibus 
rectis; margarita salmonis colore tincta. Diam. 0,7, long. 1,2, 
lat. 2. Sawneys Creek, bei Camden. = U. carolinensis Ravenel. 
U. -pulcher t. elliptica, transversa, subcompressa, inaequilaterali; 
valvulis subcrassis; natibus irregulariter undulatis; epidermide 
lutea, radiis tenebroso-viridibus; dentibus cardinalibus erectis; 
lateralibus prope eorum fines majoribus; a colore caryo- 
phylli tineta. Diam. 0,8, long. 1,3, lat. 2,2“ bei Nashville, Tenn. 
— U. obscurus t. elliptica, tranversa, inaequilaterali, subinflata, 
valvulis suberassis; natıbus irregulariter undulatis; dentibus car- 
dinalibus elevatis; lateralibus prope eorum fines majoribus; mar- 
garita alba et purpurea. Diam. 0,8, long. 1,1, lat. 2. bei Nash- 
ville, Tenn. — U. Fisherianus testa ‚obliquo -transversa, 
compressa, valde inaequilaterali; valvulis tenuibus; natibus com- 
pressis; dentibus cardinalibus lamelliformibus, lateralibus longis 
subcurvisque, margarita purpurea. Diam. 0,6, long. 1,1, lat. 2,7. 
Quellen des Chester River. — U. jejunus testa suboblonga, valde 
transversa, compressa, inaequilaterali; valvulis subtenuibus; nati- 
bus compressis; dentibus cardinalibus parvis; lateralibus longis 
rectisque; margarita vel purpurea vel alba. Diam. 0,5, long. 1,2, 
lat. 2,5”. Roauoke; auch bei Camden. — U.arctior t. angulato- 
eliplica, valde transversa, compressa; valyulis subtenuibus; nati- 
bus compressis et undulatis; dentibus cardinalibus parvis; latera- 
libus longis; margarita alba et salmonis colore tincta. Diam. 0,7, 
long .4,1, lat. 2,3”, Ohio. — U. turgidus t.subrotunda, inflata, 
tuberculata, subaequilaterali; valvulis erassis; natibus elevatis; den- 
tibus cardinalibus grandibus compressisque; lateralibus brevibus 
subrectisque; margarita albä et iridescente. Diam. 1, long. 1,3, 
lat. 1,6. Neu Orleans. — U. coccineus t. subtriangulari, olıkgan 
et subeompressa; valvulis antice crassioribus; natibus subelevatis 
retusisque; dentibus cardinalibus crassis; lateralibus crassis et sub- 
curvis; margarita coccinea. Diam. 1,7, long. 2, lat. 2;2“. Ohio. 
— U.solidus t. obliqua, inflataque, valvulis crassissimis; natibus 
elevatis retusisque; epidermide rufo-viridi; dentibus cardinalibus 
erassis; lateralibus oblıquis brevibusque ; margarita alba. Diam. 1,1, 
long. 1,7, lat. 1,8%. Ohio. — U. Hydianus t. elliptica, trans- 
versa, radiata, valde inaequilaterali, subinflata, valvulis subcrassis; 
dentibus cardinalibus elevatis, lateralibus longis, a cardinalibus 
separatis, margarita alba et iridescente. Diam. 1,1, long. 1,4, 
lat. 2,5 Louisiana. — U. interruptius testa elliptica, com- 

ressa, transversa, inaequilaterali; valvulis  subcrassis; radiis 
interruptis; natibus compressis; dentibus cardinalibus parvis; late- 
ralibus longis subeurvisque; margarita alba. Diam. 0,9. long. 1,5, 
lat. 2,6“. Harpeih River, Tenn. — U. Zamellatus t. subovata, 
transversa, subinflata, nitida; valvulis tenuissimis; natibus vix pro- 
minulis, undulatis; dentibus cardinalibus longis, tenuibus et lami- 
natis; lateralibus longis, tenuibus subrectisque, margarita coerulea. 
Diam. 4, long. 1,5, lat. 2,6“. Bengalen. — U. pumilus t. sub- 


’ 


235 


triangulari, inaequilaterali, postice subbiangulata, valvulis sub- 
ah natibus prominulis; epidermide tenebroso-fusca; denti- 
bus cardınalibus grandibus; lateralibus brevibus rectisque; mar- 
garita alba._Diam. 0,5, long. 0,8, lat. 4,1“. Nord-Carolina. — 
U. tampicoensis t. ovata, inflata, transversa, snbearinata inae- 
quilaterali; valvulis crassis; natibus subprominulis; epidermide 
nigricante; dentibus cardinalibus magnis; lateralibus longis, sub- 
rectis magnisque; margarita alba et iridescente, raro rosea. 
Diam. 1,7, long. 2,8, lat. 4,3”. Mexico. — U. Cumberlandia- 
nus t. elliplica, transversa, inaequilaterali; valvulis tenuibus; 
natibus prominulis, epidermide lutea, radiata; dentibus cardinali- 
bus parvis, lateralibus longis rectisque; margarita alba et irides- 
cente. Diam. 0,5, long. 0,8, lat. 4,5“. Cumberland River, Ten. 
— U. simus testa ovala, transversa, compressa, inaequilaterali, 
postice subangulata, valvulis suberassis; natibus prominulis; epi- 
dermide luteola, radiata; dentibus cardinalibus parvis; lateralibus 
longis erassisque; margarita alba et iridescente. Diam. 0,6, long. 1, 
lat. 1,7“, Cumberlant River, Ten. — U. Roanokensis t..sub- 
oblonga, transversa, inaequilaterali,- postice biangulata, compressa, 
valyulis erassis; nalibus prominulis; epidermide tenebroso-fusca ; 
dentibus cardinalibus parvis; lateralibus longissimis subeurvisque; 
margarita alba. Diam. 1,2, long. 2,2, lat. 4,7. Nord- Carolina. — 
U. notatus t. elliptica, compressa, transversa, inaequilaterali, 
postice subbiangulata; valvulis tenuibus; natibus subprominulis; 
epidermide rufo-fusca, vittata; dentibus cardinalibus parvis; late- 
ralibus longis subeurvisque; margarita salmonis colore tincta et 
iridescente. Diam. 0,6, long. 1, lat. 1,5“. Cumberland River. — 
U. Jayanus t. angusto-elliplica, transversa, valde inaequilaterali, 
postice subangulata, valyulistenuibus; natibus prominulis; epider- 
mide fusca; dentibus cardinalibus compressis; lateralibus longis 
rectisque; margarita purpurea. Diam. 0,8, long. 1,2, lat. 2,5. Flo- 
rida. — U. hopetonensis t. suboblonga, transversa, inaequila- 
terali, compressa, postice biangulata, ad latus planulata; valvulis 
suberassis; natibus prominulis, ad apices undulatis; epidermide 
tenebroso-fusca; dentibus cardinalibus parvis; lateralibus longis 
euryisque; margarita purpurea etiridescente. Diam. 0,9, long. 1,7, 
lat. 3,4“. Hopeton bei Darien. — U. lugubris t. elliptica, trans- 
versa, subinflata, inaequilaterali, postice biangulata; valvulis sub- 
crassis; natibus prominulis; epidermide nigricante; dentibus car- 
dinalibus compressis;; ieh sublongis subcurvisque; marga- 
rita purpurea. Diam. 0,9, long. 1,3, lat. 2,5”. Hopeton bei Darien. 
—_ D. arnesianus t. subtriangulari, compressa, inaequilate- 
rali; valvulis erassis; natibus prominulis; dentibus cardinalibus 
arvis; lateralibus subrectis; margarita alba et iridescente. D. 0,6, 
ong. 4, lat. 4,4“. Cumberland River, Ten. — B. Zieglerianus 
t.elliplica, transversa, inaequilaterali, glabra, yalvulis su berassis, nati- 
bus subprominulis,undulatis, epidermide lutea, radiata, dentibus car- 
dinalibus parvis, lateralibus parvis subrectisque; margarita purpurea 
etiridescente. D.0,4,1.1,lat. 1,6%. Cumberland River. — U.crepe- 
rus t. subelliptica, transversissima, valde inaequilaterali, valvulis 
suberassis; natibusprominulis, undulatis; epidernude viridi; dentibus 


16 * 


236 


cardinalibus parvis; lateralibus vix cernendis; margarita alba. 
D. 1, long. 1,4, lat. 2,7". Ten. — U. glaber t. elliptica, trans- 
versa, compressa, glabra, inaequilaterali; valvulis tenuibus; natibus 
snubprominulis, undulatis; epidermide lutea, radiata; dentibus car- 
dinalibus parvis, elevatis; lateralibus longis; margarita alba. D.0,5, 
long. 0,8, lat. 0,5“ Holston River. Ten. — U, gibber t. trian- 
gulata, compressa, inaequilaterali, postice subbiangulata}; valvulis 
subcrassis; natibus prominulis; epidermide tenebroso-fusca, den- 
tibus cardinalibus parvis; lateralibus declivibus, margarita salmo- 
nis colore tincta. Diam. 0,7, long. 1, lat. 4,8. Carryfork River. 
Ten. — U. Fanuxemensis t. elliptica, compressa, transversa, 
inaequilaterali; valvulis erassis; natibus subprominulis; epidermide 
tenebroso-fusca: dentibus cardinalibus magnis; lateralibus longis 
subcurvisque; margarita salmonis colore tincta -et iridescente. 
Diam. 0,7, long. 1,2, lat. 1,9“ Cumberland River. Ten. — U. car- 
bonarius t. subtriangulata, tumida, transversa, inaequilaterali, 
subemarginata; valvulis crassis; nalibus subprominulis; epider- 
“ide nigra; dentibus cardinalibus grandiusculis; lateralibus parvis 
subeurvisque; margarila purpurea et iridescente. D. 1,4, long. 1,4, 
lat. 2,4". Mexico. — U. folliculatus t. angusto-elliptica, trans- 
versissima, valde inaequilatera, postice subbiangulata; antice ro- 
tandata; ad latera planulata; valvulis subtenuibus; natibus vix 
prominulis; epidermide tenebroso-fusca; dentibus cardinalibus 
yarvis; lateralibus longis subeurvisque; margarita purpurea et 
iridescente. Diam. 0,5, long. 0,8, lat. 2,4“ Savannah ‚River. — 
U. medellinus t. elliptica, transversa, subcompressa inaequilate- 
rali; valvulis subtenuibus; natibus subprominulis; epidermide lu- 
teola, radiata; dentibus cardinalibus parvis; lateralibus longis sub- 
curvisque; margarila alba et iridescente, Diam, 0,7, long. 1,3, 
lat. 2,3“. River Medellin, bei Vera Cruz. — U. Lecontianus 


t. elliptica transversa, inaequilaterali, subinflata; valvulis crassis; » 


dentibus cardinalibus parvis; lateralibus longis, a cardinalibus 
separalis; margarita salmonis colore tincta. Diam. 1,2, Hi 47, 
lat. 2,8%. Georgia. — U. Muhlfeldianus t. elliptica, subcom- 
pressa, transversa, inaequilaterali; valvulis suberassis; natibus sub- 
prominulis, undulatis; epidermide luteola radiata, dentibus cardi- 
nalibus subparvis erectisque; lateralibus longis reclisque; marga- 
rita alba et iridescente. Diam. 0,8, long. 1,3, lat. 2,3“. Cumber- 
land River. Ten. — U. spinosus t. spinosa, subtriangulari, in- 
flata, inaequilaterali, postice acuto-angulata; valvulis suberassibus; 
clivo umbonali carinato; natibus vix prominentibus: epidermide 
atro-fusca, glabra; dentibus kardiatlihut deorsum inclinantibus; 
lateralibus subgrandibus subeurvisque; margarita purpurea. D. 1,2, 
long. 1,5, lat. 3,3. Altamaha, Hopeton, bei Darien, Geo. — U. pli- 
ciferus t. elliptica, inaequilaterali, subinflata, postice undulata; 
valvulis antice crassioribus; natibus prominulis; epidermide atro- 
viridi; dentibus cardinalibus submagnis; lateralibus rectis; marga- 
rita purpurea. Diam. 0,8, long. 1,2, lat. 2,1“. Mexico. — U. Tap- 
panianus t. obovata, subinflata, inaequilaterali, postice dilatata; 
valyulis tenuibus; natibus subprominentibus undulatisque; epider- 
mide fulvo-fusca; dentibus cardinalibus compressis.curvisque; la- 


237 


teralibus tenuibus; margarita subsalmonia. Ist U. viridis Conrad; 
der Name ist schon von Rafinesque vergeben. Diam. 0,7, 
long. 1,1, lat. 2”. Juniata, bei Hollidaysburg. — U. graniferus 
t. nodulosa, subrotunda, inllata, ponderosa; valvulis crassibus; 
natibus valde prominentibus, epidermide atro-fusca; dentibus car- 
dinalibus grandibus; lateralibus brevibus subrectisque; margarita 
colore cacao. Diam. 1,4, long. 1,9, lat. 1,9. Ohio. — U. splen- 
didus t. elliptica, valde inllata; valvulis suberassibus; natibus 
prominentibus; epidermide valde radiata; dentibus cardinalibus 
subcompressis; lateralibus remotis lamellatisque; margarita splen- 
dida roseaque. Diam. 1,4, long. 1,7, lat. 2,8“. Altamaha River, bei 
Darien, Geo. — U. Dorfeuillianus t. subtriangulari, inflata, 
tuberculata, inaequilaterali; valvulis pererassis; natibus magnis 
elevatisque, dentibus cardinalibus magnis ereclisque; lateralibus 
brevibus curvisque; margarita alba. Diam. 2,2, long. 2,6. lat. 2,9". 
Ohio. — U. discus t. elliptica, valde compressa, inaequilaterali; 
valyulis erassis; natibus prominentibus; dentibus cardinalibus ma- 
gnis; lateralibus longis, a cardinalibus separatis; margarita pur- 
purea et iridescente, Diam. 1,4, long. 3,3, lat. 5,2. India. — 
Ü. contradens t. obovata, subinflata, inaequilaterali; valvulis 
tenuibus, natibus subprominentibus undulatisque; epidermide sub- 
viridi; denlibus cardinalibus lineatis, duplicibus in valvulam dex- 
iram, lateralibus tenuibus subeurvisque; margarita alba et irides- 
cente. Diam. 0,7, long. 1,1, lat. 1,9 Fundort unbekannt. — 
U. Menkianus t. elliplica, subcompressa, inaequilaterali, valvu- 
lis subtenuibus; natibus subprominentibus undulatisque; epider- 
mide fulva et multiradiata; dentibus cardinalibus parvis erectis- 
que; lateralibus longis, subrectisque; margarita alba et iridescente. 
Diam. 0,9, long. 1,5, lat. 2,5‘ Harpeth River, Ten. — U. Ran- 
gianus t. obliqua, subcompressa, valde inaequilaterali; valvulis 
suberassis; natibus prominentibus; dentibus cardinalibus parvibus; 
lateralibus longis rectisqgue, margarita alba. Diam. 0,8, long. 1,2, 
lat. 4,5%. Obio. — U. dolabraeformis t. elliptica, inflata, in- 
aequilalerali; valvulis erassis; nalibus inflatis prominenlibusque, 
epidermide laevi; dentibus cardinalibus sublamellatis; lateralibus 
longis lamellatisque; margarita alba et iridescente, D. 2,1, long. 3, 
lat. 4,5%. Georgia. —- U. Novi-Eboraci t. elliplica subcom- 
pressa, inaequilaterali; valvulis suberassis; natibus subprominenti- 
bus, ad apices undulatis; epidermide luteola, radiata; dentibus 
cardinalibus magnis erectisque; lateralibus longis rectisque; mar- 
garila alba et iridescente. Diam, 0,7, long. 1,1, lat. 2,2”. New 
York. — U. Claibornensis t. elliptica, subinllata, inaequilate - 
rali; valvulis crassis; natibus subprominentibus; epidermide Iuteola, 
laevi; denibus cardinalibus parvis, lateralibus longis lamellatis- 
que; margarita alba et iridescente. Diam. 0,6, long, 1, lat. 1,7. 
Alabama River. — U. Brownianus L. irigona, inllata, valde 
inaequilaterali, alata; valvulis crassis; natibus prominentibus; 
epidermide steiata; dentibus cardinalibus subgrandibus; lateralibus 
longis; margarıta alba. D.1, long. 1, lat. 2“. Amazonenstrom, — 
U. Kaiharinae \. obovata, inaequilaterali, subcompressa; val- 
vulis suberassis; natibus prominulis; dentibus cardinalibus magnis, 


238 


lateralibus subreetis; margarita alba. Lake superior. Sämmt- 
liche Arten von Lea. — U. Müilleri Rossm. — U. longedenta- 
tus Ant. I.c. — U. antiquatus Ant. 1.c.— U. rugosus Anı.1. ce. 
Der Name ist bereits von Menke vergeben. 

Margaritana Holstonia t. subarcuata, subinflata, trans- 
versa, valde inaequilaterali; ad latus planulata, valvulis subte- 
nuibus, natibus subprominulis, undulatis; epidermide fusca; denti- 
bus cardinalibus magnis; margarita alba et iridescente. Holston 
River. Diam. 0,8“, long. 1,2”, lat. 2,44. — M. deitoidea t. 
triangulata, compressa, inaequilaterali; valvulis tenuibus; natibus 
prominentibus, ad apices undulatis; epidermide lutea, radiata; 
dentibus cardinalibus erectis; margarita alba et iridescente. Ohio. 
Diam. 0,6", long. 0,9%, lat. 1, 4”. — M. fabula t. suboblonga, 
transversa, inaequilaterali, ad basin emarginata, ad latus planulata, 
valvulis suberassis; natibns prominulis; epidermide subviridi; den- 
tibus cardinalibus parvis erectisqgue; margarita salmonis colore 
tincta. Cumberland ‚River, Ten. D. 0,4“, long. 0,5“, lat. 0,8%. — 
BT. arcula t. plicata triangulari, valde inflata; valvulis tenuissi- 
mis; clivo umboniali carinato; natibus valde prominentibus; epi- 
dermide atro-viridi, radiata; dentibus laminatis, irregularibus; 
margarita coerulea. Altamaha, Liberty County, Geo. Diam. 1,6, 
long. 1,7, lat. 2,2“. Sämmtlich von Lea. 

Anodonta gigantea t. ovata, inflata, antice latissima, po- 
stice angulata, inaequilaterali, valvulis erassis, natibus prominen- 
tibus, margarita alba. Diam. 3,3“, long. 4,8", lat. 7,8. Port Gib- 
son. — A. ovata t. ovala, subcompressa, transversa, inaequila- 
terali, valvulis subtenuibus, natibus prominulis, margarita alba. 
Diam, 1,5“, long. 2,2”, lat. 4%. Ohio. — 4. oylindracea t. cy- 
lindracea, inflata, valde transversa, inaequilaterali; valvulis tenui- 
bus; natibus subprominulis; epidermide tenehroso-fusca, radiata; 
margarita coerulca. River Medellin, bei Vera Cruz. Diam. 0,9, 
long. 1,3, lat. 2,3%. — 4. salmonia t. elliptica, transyersa, 
inflata, valde inaequilaterali; valvulis tenuibus; natibus promint- 
lis; epidermide tenebroso-fusca; margarita colore salmonis tincta, 
inferne coerulea. Ohio. Diam. 1,1”, long. 1,4“, lat. 2,7%. — 
A.FW ardiana t. elliptica, transversa, subinflata, inaequilaterali; 
elivo umboniali rotundato; valvulis tenuibus; natibus prominen- 
tibus, ad apices undulatis; epidermide viridi, radiata; margarita 
subeoernlea. Ohio. Diam. 1,2”, long. 1,7“, lat. 3%. — A. Bucha- 
nensis t. transversa, inflata, inaequilaterali, inferne emarginata, 
ad latus planulata; elivo umbonali elevato; valvulis tenuibus; 
natibus prominulis; apieibus undulatis; epidermide subviridi, mar- 
garila br Obio. Diam. 1,1”. long. 1,3%, lat. 3%. —,4A. decora 
t„elliptica, inaequilaterali, valde inllata, valvulis tenuibus; natibus 
prominulis, ad apices undulatis; epidermide glabra, una vittata; 
margarita alba, salmonis colore tincta. Ohio. D, 1,8“, long. 2,5", 
lat. 3,9%. — 4. Nuttaliana t.alata, elliptica, compressa, glabra, 
inaequilaterali; valvulis tenubus connatisques natibus compressis, 
ad apices undulatis; epidermide polita,; margarita alba. Wahlamat, 
bei seinem Zusammenflufs mit dem Columbia River. Diam. 0,7, 
long. 1,5%, lat, 2,3". — A. Fahlamatensis t. alata, triangu- 


239 


lari, subinflata, inaequilaterali; valvulis tenwibus connatisque; 
natibus subcompressis, ad apices undulatis; epidermide subfulgida, 
margarita alba. Wahlamat, bei seinem Zusammenfluls mit dem 
Columbia River. Diam. 9,5“, long. 1,8", lat. 2,5". — A.pavonia 
t, elliptica, inflata, valde radiata, inaequilaterali; valvulis tenuibus, 
natibus prominulis, ad er undulatis; epidermide glabra; mar- 
gita coeurulea. Ohio. D. 1,1‘, long. 1,5, lat. 3. — 4A. New- 
ioniensis t. elliptica, inflata, inaequilaterali; valvulis crassis; 
nalibus subprominentibus, ad apices undulatis; epidermide fulgida; 
margarita alba. Philadelphia. Diam. 2,1, long. 2,3. lat. 4,6%. — 
A. Oregonensis t.subalata, .elliptica, subinfiata, inaequilaterali; 
valvulis tenuibus; natibus vix prominentibus, ad apices undulatis; 
epidermide subfulgida striataque; margarita alba. Wahlamat, bei 
seinem Zuflammenfluls mit dem Golaumbia River. D. 1", long. 1,8, 
lat. 3,2%. — A. exilist. lata, valde compressa, inaequilaterali, 
valvulis .tenuibus; natibus vix prominulis; 'epidermide glabra; 
margarita coerulea et iridescente. —? Diam. 0,8“, long. 1,6, 
lat. 3, 4. — 4A. Pepinianus t. trapezio similis, inaequilaterali, 
iransversa; valvulis tenuibus: natibus prominentibus; clivo um- 
bonali subelevato; epidermide striata; margarita alba. Ohio (Lake 
Pe D. 0,7“, long..1,2“, lat. 2%. — 4A. angulata t. obovala, 
subinflata, valde inaequilaterali; valvulis subtenuibus, natibus sub- 
prominulis; clivo umbonali carinato; epidermide Iuteola, subra- 
diata; margarita alba. Lewis’s River. Diam. 0,8, long. 1,1. 
lat. 2,4%. — 4. subeylindracea t. elliptica, inflata, subcylin- 
dracea, valde änaequilaterali; valvulis tenuibus; natibus subpro- 
minentibus undulatisque; epidermide fusca; margarita subeoerulea 
et iridescente. New .York. Diam. 0,8%, long. 4,1, lat. 2,24. 
Sämmtlich von Lea, — 4. coarctata Anton. Mexico. A. 
smaragdina Anton. Nordamerica. 

Iridina coelestis Lea t. latissima, subeylindracea, laevis- 
sima, valde inaequilaterali; valvulis tenuibus; natibus prominulis; 
epidermide polita, tenebrosa; margarita coerulea et ıridescente. 
Africa. Diam. 0,7%, long. 4,1”, lat. 3,44 — I. solida Anton... 

Ueber die Verwandtschaft der Gattung Galathea Lam. 
enthält das Journ. of the Asiatic Soc. of Bengal. Vol. 
71H. p. 420 einen kleinen Aufsatz von W. H. Benson. 

Derselbe will die in Rede stehende Gattung von der Fa- 
milie Conchae Lam. trennen, und sie dagegen an die Familie 
Donacidae (Donax, Capsa etc.) annähern. Dazu bewegen ihn 
die Lage des Ligaments an der Lunula und die Lage der Man- 
telröhren an der entgegengesetzten Seite. Auch in der Bildung 
der Zähne will er eine Verwandtschaft mit Donax und Gapsa 
sehen. Beiläufig bezweifelt er das Vorkommen der Galathea 
auf Ceylon. 

Eine durch Mr. Stutchbury in Neu-Holland Port Jack- 
son entdeckte T'rigoria hält J. E. Gray für verschieden von 
_ Lamarcks Tr. margaritacea. Er nennt sie 

Trigonia Lamarckii Schale ziemlich bauchig, fest, mit 
20—26 schmalen knotigen strahligen Rippen, auf der hintern 


240 


Seite gedrängt. Die Innenseite variirt zwischen weils, lachs- 
farbig, gelb, oder purpurbroncefarbig. Auch die Jugendzustände 
sind schr verschieden. ß 

Cardium laeve Gray (Jardine Annals I. p. 28) eiförmig- 
herzförmig, bauchig, hellbraun, rothgefleckt, glatt, mit 30—31 
sehr undeutlichen Rippen, Area glatt, eiförmig lancettlich. Ver- 
wandt mit €. /aevigatum aber bauchiger. Sierra Leone. 

BeiEichwald finden wir l. c. drei neue Bivalven - Gat- 
tungen aus dem Kaspischen Meere aufgestellt, deren Arten 
meist schon früher von demselben in seiner Zoologia specia- 
lis beschrieben und den Gattungen Cardium, Corbula und 
Glycymeris zugezählt waren. 

Didacna Eichw. Testa inaequilateralis, vertice carinato- 
acuto; dentes cardinales duo, approximati, profundam foveam 
includentes, laterales nulli. Die Gattung ist verwandt mit GCar- 
dium, hat jedoch keine Seitenlamellen. D. trigonoides Eichw. 
(Cardium tigonoides Pall.) testa trigona, altero latere abbre- 
viato-angusto, altero elongato-carinato, vertice trigono. Lat. 
20“. Long. 15% — D. crassa Eichw. (Cardium Eichwaldi 
Kryn.) testa plana, transversa, dilatata, subcostata, 25 circiter 
eostis utplurimum detritis, remotis, vertice producto poslice 
subearinato. Lat. 2 Long. 18% — Monodacna Eichw. 
testa transversa subtenui, concava, longitudinaliter subtiliterque 
costata, dente cardinis simpliei, exiguo, distincto, lateralibus nul- 
lis, elongata lamella passim postice accessoria, testa antice sub- 
hians. — M. caspia Eichw. (Corbula caspia Eichw. zool.| spec.) 
testa ovato-cordata, subtilissime longitudinaliter striata, margine 
denticulata, vertice producto ampliore; plerumque rubicunda. 
Lat. 10%. Long. 74% — M. pontica Kick. testa ovato-trans- 
versa multo tenuior costata, latioribus costis longitudinalibus, ver- 
tice multo minus producto, exiguo, plano. Lat., 145. Long. 
4“. In ostio Tyrae versus Pontum Euxinum. — Adacna 


Eichw. testa planior, transversa, longitudinaliter plicata aut striata; - 


cardo edentulus aut callus dentis loco, foveola adjecta laminaque 
per callum elongata, incrassata, ligamentum externum figens; 
ıaec testae pars producta et hians. — A. colorata Eichw. 
(Glyeymeris color. Eichw. Zool. spec.) t. costata, costis compla- 
nalis, in extrema parte hiante latissimis 15—16, verlice plano 
paullo productiore. Lat. 143%. Long. 1. — 4. laeviuscula 
Eichw, (Glyc. laev. Zool. spec.) testa dilatata, irregularis, tenuis, 
fragilis, obtuso-plicata, utrinque hians, vertice exiguo panlinlm 
conspicuo. Lat. 19, Long. 16. — A. plicata Eichw. (Hy- 
panis pl. Pand. Glyc. pl. Zool. spec.) testa ovato-transversa, 
plicata, costis numerosis, arguto -scabridis. Lat. 9%. Long. 33. 
— 4. vitrea Eichw. (Glyc. vitr. Zool. spec., Amphidesma caspia 
Kryn.) testa laevis, tenuissima, pellucida, striis costisve vixdum 
conspicuis, vertice in medio margine cardinali paullo prominulo, 
utvaque parle extrema hiante. Lat. 9%. Long. 7%. — Pisi- 
dium Lumstenianum Forbes l..c, testa ovata, oblique trigona, 


241 


tumida, inaequilatera, transversim striata, natibus prominentibus, 
roseo-corneis. Lat. 4. Long. ,“. Metidja. — Cyrene sul- 
cata Ant. 1. ce. — Sanguinolaria.dichotoma Ant. — Tel- 
Zina planissima Ant. — T. splendida Ant. — Mactra 
Sauliana Gray (Jardine Annals I. 29) verlängert eiförmig, 
zusammengedrückt, dünn, durchsichtig, blals mit weifslichen 
Strahlen und dunklern Randstrichen, bedeckt mit einer hellbrau- 
nen Epidermis. China. — M. excisa Anton (Schizodesma 
Gray). — Cyiherea ligula Anton. — Pullastra intus- 
punctata Anton. — Triqueira iriradiata Anton. — Cor- 
bula Brugieri. — Petricola tenuis. Sämmtlich von Anton. 


Quoy giebt die Anatomie des Thiers von Panopea nach 
einem Individuum, das Layrle aus dem Golf von Benin mit- 
gebracht hatte. 


Das Thier ist sehr ähnlich der Mya; der Hauptunterschied 
besteht darin, dals der After hinter dem hintern Schlielsmuskel 
liegt. Die Röhren sind ihrer ganzen Länge nach vereinigt, und 
sind von bedeutender Grölse; der Rand des Manteleindrucks 
zeigt eine perlmutterartige, muskulöse Schnur und hinten einen 
platten Muskel von derselben Beschaffenheit, wie bei Mya. (Aus 
den Annales frangaises d’anatomie 1838 No. 4 in den Ann. d. 
sc. nat. IX. Zool. p. 379.) 


Annulata, Crustacea, Arachnidae 
bearbeitet von 


Friedrich Stein. 


Von allgemeinen Schriften, welche die drei genannten 
Klassen der Gliederthiere betreffen, ist nur ein, aber auch be- 
deutendes Werk erschienen, nämlich der fünfte Band der 
zweiten von G. P. Deshayes nnd H. Milne Edwards 
veranstalteten Ausgabe der Histoire naturelle des ani- 
maux sans vertebres par J. P. A. de Lamarck, 
TomeV. Arachnides, Crustaces, Annelides, Cir- 
ripedes. 8. Paris 1838. 

Die Herausgabe dieses Bandes hat Milne Edwards be- 
sorgt, und Berichtigungen und Ergänzungen, auch seine von 
Lamarck öfter abweichenden Meinungen. in Naten beigefügt, 
Diese sind bereits aus frühern Aerungen desselben Verfas- 


sers bekannt genug, als dals wir speciell auf sie einzugehen 
brauchten. Nur auf eine Bemerkung von M. Edwards in der 


242 


Einleitnng zu den Arachniden S. 4. in Bezug auf die Einthei- 
lung in Lungen- und "Tracheen-Arachniden erlauben wir uns 
um so mehr aufmerksam zu machen, als darin nun auch ein- 
mal von einem französischen Forscher die Unzulänglichkeit der 
Dichotomien nach einzelnen Merkmalen anerkannt wird, gegen 
die sich schon Aristoteles erklärte, die aber leider bei den mei- 
sten französischen und englischen Systematikern und auch unter 
uns so beliebt geworden sind, dals man zu glauben versucht 
wird, ein System der Zoologie beruhe nur auf Dichotomien. 
Sie mögen allerdings für das subjective Erkennen recht nützlich 
seyn, insofern das Bestimmen der Arten sehr erleichtert wird, 
allein die Erkeminils der Arten ist nicht der einzige Zweck der 
Zoologie ond ihr System hat eine ganz andere Aufgabe, als nur 
ein Katalog sämmtlicher Thierspecies zu seyn. 


Aufserdem möchte hier noch ein Bilderwerk zu erwäh- 
nen seyn, dafs zwei von den Klassen, die wir zum Gegen- 
stande haben, sehr ausführlich behandelt, nämlich: Deutsch- 
lands Krustaceen, Myriapoden und Arachniden. 
Ein Beitrag zur deutschen Fauna von C.L. Koch. 
Herausgegeben von Dr. Herrich-Schaeffer. Regens- 
burg bei Pustes. 

Bis Ende 1838 sind davon 22 Hefte ganz in der Weise der 


bekannten Insectenfauna von Panzer, zu der es nur einen in- 
tegrirenden Theil bildet, oder aus der es vielmehr nur ein Ab- 
druck ist, erschienen. Dr. Herrich-Schaeffer, der Fort- 
seizer der Panzerschen Fauna übertrug die Bearbeitung der 
Spinnen dem Kreisforstrath Koch, der auch die Fortsetzung 
des Hahnschen- Arachnidenwerks übernommen hat und beide 
haben nun die Uebereinkunft getroffen, dafs in der Fauna nichts 
aufgenommen werden soll, was bereits in dem Hahnschen 
Werke schon dargestellt ist, da man nicht weifs, wie lange die 
Theilnahme des Publikums aushalten wird. Daher enthält die 
Fortsetzung der Panzerschen Fauna und gegenwärtiger Abdruck 
daraus meistens Milben, die des Hahnschen Werkes hingegen 
blofs eigentliche Spinnen, Scorpione und Phalangien. 


VI. Anunulata. 


Unsere sehr ungenügende und sich oft widersprechende 
Kenntnifs von dem innern Bau der meisten Gattungen der 
Annulaten sind durch Dr. Ad. Ed. Grube’s schöne Abhand- 
lung: ZurAnatomie und Physiologie der Kiemenwür- 
mer. 4. Mit zwei Kupfertafeln. Königsberg beiBorn- 
träger durch vielfältige Untersuchungen lebendiger Thiere 
am Mittelmeer, um ein Bedeutendes gefördert worden. 


Sehr ausführlich ist die Anatomie von Arenicola piscatorum, 
Eunice Harassi und Aphrodite hysirix: kürzer werden Tere- 


243 


bella wiultisetosa Grub. (eine neue Art, die in vieler Hinsicht mit 
T. Medusa Sav. übereinstimmt, sich aber durch grölsere An- 
zahl der Borstenbündel, durch eine geringere Menge Körper- 
ringe und durch ihre Kleinheit von jener vorzüglich unterschei- 
det), Sabella unispira, Cirratulus Lamarcki, Onuphis tubicola 
und Polynoe sguamata abgehandelt. Da Verf. am Schlusse sei- 
ner Arbeit die Resultate übersichtlich zusammengestellt, so wer- 
den die Hauptgesichtspunkte aus dieser Uebersicht uns über die 
Entdeckungen und Berichtigungen, die wir ihm verdanken, am 
besten belehren. „Fassen wir das Characteristische der beschrie- 
benen Annulaten zusammen (heilst es S. 63), so wird es nicht 
genügen, wie bisher geschehen, sie unter zwei Ordnungen zu 
bringen, mag man dieselben nun als Dorsibranches und, Tubi- 
coles mit Cuvier, ‘oder als Nereideze und Serpuleae mit Sa- 
vigny annehmen. Ich werde die verwandten Gattungen zu- 
sammenstellen, ihren Bau mit wenigen Worten angeben und so 
hieraus eine andere Eintheilung dieser Thiere ableiten.“ — Dies 
geschieht S. 63 -- 66, und ich entlehne daraus das Folgende als 
das Wichtigste: | 

Arenicola. Terebella. — Ohne Kopf, Augen und An- 
tennen, Körper vorn dicker, als hinten, in ungleiche Ringel zer- 
fallend, Haut glanzlos, jederseits zwei Reihen aus Borsten und Häk- 
chen bestehender Bewegungswerkzeuge, die weiter hinten entwe- 
der fehlen (Arenicola) oder sich nur mit einer Reihe fortsetzen 
(Terebella). ‚Darmkanal höchst einfach, bei Arenicola mit vor- 
stülpbarem Rüssel, Kiemen contractil, nur über einen Theil des 
Körpers verbreitet, Gefälssystem sehr zusammengesetzt, aber 
ein Hauptrücken- und ein Hauptbauchgefäls, ein Theil des Darm- 
blutes Hielst in eigene, sich contrahirende Behälter und von da 
zu den Kiemen. Blut dunkelroth. Neryeustrang aus zwei eng 
verbundenen Strängen zusammengesetzt. Nachdem die Ovarien 
gerissen, fallen die Eier in die Bauchhöhle, wo, aber nur im 
vordern Theile desLeibes, paarweise di@ befruchtenden Organe 
liegen. Leben in Sandröhren von thierischem Schleim. °(Hier- 
her auch Amphitrite Cuv.) 

Sabella. Serpula. — Olme gesonderten Kopf und Au- 
gen, Vordertheil des Körpers mit Jleischigem en Haut 
nicht irisirend, aber schön gefärbt. Beide Arten Bewegungs- 
organe verbreiten sich über den ganzen Körper und kreuzen 
sich einmal in ihrer Lage. Der ganze Leib durch Dissepimente 
in Kammern getheilt. Der Dirukarl ist in eine enge Spirale 
gewurden. Die Athmungsorgane sind zwei gleiche oder un- 
gleiche Kiemenbüschel am vordersten Theil des Körpers, ihre 
Strahlen können zusammengerollt werden; zu jedem gehört ein 
Cirrus. Die hauptsächlichsten Stämme des Gefälssystemes sind 
zwei seitliche im Zickzack laufende Gefäfse, deren Zweige mit 
denen eines Rückengefälses zu anastomosiren scheinen. Blut 
grün. Die beiden Stränge des Bauchmarks sind nur auf der 
Gränze je zweier Segmente vereinigt. Geschlechtsapparat wie 
vorhin. Leben in freistehenden, lederartigen (Sabella) oder 
kalkigen Röhren (Serpula). (Bei Cirratulus, der in gewisser Art 


244 - 


den Uebergang von den Sabellen zu den Nereiden bildet, ist 
der Darm spiral gewunden, das Blut roth, und die Respiraligns- 
organe nicht an der Spitze des Körpers befindlich.) 

Eunice. Onuphis. — Kopf mit Augen und Antennen, 
Haut schön gefärbt, opalisirend. Nur eine Reihe Borstenbüschel, 
welche aber in eine obere und untere Hälfte zerfallen; mit 
Cirren versehen. Die Dissepimente schwächer .als bei den Sa- 
bellen. Pharynx etwas vorstülpbar, mit zahlreichen Kiefern, 
Magen vom Darm. unterschieden, Darm gerade, Jickwandig, mit 
buchtigen Erweiterungen. Die nicht contractilen Kiemenbü- 
schel in der ganzen Länge des Körpers verbreitet. Zwei ne- 
ben einander liegende Rückengefälse, ein Hauptbauchgefäls, des- 
sen zu den Kiemen gehende Aeste an ihrer Basis eine (pulsi- 
rende) Anschwellung zeigen. Blut roth. Aus dem Hirnganglion ent- 
springen hinterwärts Nerven für den Darmkanal, seitwärts diebeiden 
Schenkel des Schlundrings, welche, ehe sie sich am Bauchstrang 
vereinen, durch ein Paar Fäden — Brücke — verbunden wer- 
den. Mit Ausnahme der vordersten Körperringe hat jeder sein 
Ovarium und befruchtendes Organ auf beiden Seiten. Leben 
in Schwämmen oder Sandröhren oder hornigen Cylindern (Onu- 
phis) von kleinen Seethieren. (Nach Rathke’s Untersuchun- 
gen würde sich hier Lycoris anschlielsen.) 

Pleione. Unierscheidet sich von Eunice und Lycoris durch 
das Gefälssystem: neben dem Rückengefäls laufen noch zwei 
mit ihm verbundene Seitenstämme, welche das Blut aus den 
Kiemen empfangen, unter dem Darm ein doppeltes Haupt- 
Bauchgefäls. Kiemen sind contractile Büschel. Neben dem 
Bauchmark laufen noch zwei seitliche mit ihm durch Querzweige 
in Verbindung stehende Nervenstrünge. Bewegungsorgane be- 
stehen jederseits aus zwei Reihen Haarbüschel. 

Aphrodite. Polynoö. — Deutlicher Kopf mit Augen 
und Antennen. Breite Würmer mit beschuppter Rückenseite. 
Haut nicht schillernd, hei einigen oben (Aphrodite) mit Haar- 
gewebe bedeckt. Bei Aphrodite zwei, bei Polyno& eine Reihe 
Bewegungsorgane. Im Innern Dissepimente. Pharynx vorstülp- 
bar, olt mit Kiefern und hornigen Blättern. Magen knorpelig, 
sehr vom übrigen Darm, in den eine doppelte Reihe viellappi- 
ger Blindsäcke mündet, verschieden. Kiemen scheinen oft zu 
fehlen. Nur ein Rücken- und Bauchgefäls, Blut blafsroth. Das 
Bauchmark bildet in jedem Segment drei Ganglien. Sie schei- 
nen getrennten Ges hlechte zu seyn und leben frei auf dem 
Meeresboden. 

„Hieraus schliefst Verf., dafs Pleione, Lycoris, Eunice, Onu- 
phis am ersten unter eine grölsere Abtheilung zusammengelalst 
werden könnten, "für welche der Name Nereideae bleiben darf, 
dals ebenso Sabella und Serpula sich eng an einander schlielsen 
— Serpuleae — Cirratulus macht einen Uebergang von jenen 
zu diesen; aber Arenicola, Terebella, Amphitrite würden «wohl 
eben so nothwendig aus den Serpule«e Sav. als Aphrodite und 
Polyno& aus den Nereideae ausscheiden.“ 


7 245 


Ueber den Kreislauf des Bluts der Anneliden finden sich 
höchst meisterhafte Untersuchungen von Milne Edwards in 
den Ann. des natur. Tome X. p. 193—221. Das Wesent- 
liche dieser Abhandlung, die der französischen Academie über- 
geben worden war, wurde schon in Auszügen im Jahre 1837 
im Institut bekannt gemacht und daraus ist es bereits in den 
Jahresbericht von 1837 (vergl. dieses Archivs IV; Jahrgang. 
Band I. p. 341—42) aufgenommen worden. 

Charpentier theilte Beobachtungen über die Fortpflan- 
zung der Blutegel mit (Inst. p. 261), welche von den frühe- 
ren Erfahrungen in Hinsicht auf die Bildung der Cocons ab- 
weichen. a 

30—40 Tage nach der Begattung werden die Cocons ge- 
lest. Während dieser Zeit schwillt die Umgegend der Ge- 
schlechtstheile, wird hart und gelblich, was bis zur Bildung des 
Cocons zunimmt, nach dieser nimmt die Haut. ihre gewöhnliche 
Farbe und Beschaffenheit wieder an. Die Cocons legen sie in 
den Rasen der Ufer, zuweilen gesellig in Maulwurf- und Rat- 
tengängen, ab. Vor der Bildung des Gocons wird eine schlei- 
mige Substanz, wie geschlagenes Eiweils, von den Geschlechts- 
theilen bereitet, welche sich zum Theil in das die Kapsel um- 
gebende schwammige Gewebe umwandelt. Während dieses 
Vorgangs richtet der Egel den Kopf stets gegen die Geschlechts- 
theile. Darauf soll sich nach Verf. die aus Mucus und Eiweils 
bestehende Kapsel bilden. Ebenfalls von den Geschlechtsthei- 
len im flüssigen Zustande abgesondert soll die erste Portion 
durch Infiltration sich ringsum in dem Schaume in einer Dicke 
von etwa zwei Linien ER und das schwammige Gewebe 
um die Kapsel bilden, dann soll dieselbe Masse zur Bildung der 
Kapsel dienen, welche den ganzen angeschwollenen und gelb- 
lich gewordenen Theil des Körpers einnimmt. Ist jenes Ge- 
webe und die Kapsel gebildet und der Cocon fertig, so soll 
die Gallerte, welche die noch unsichtbaren Keime enthält, vom 
Egel hineingelegt werden, worauf dieser sich durch Contractio- 
nen des Gocons entledigt. Man sieht, dafs Verf. den Hergang 
in der Coconbildung, wie man ihn bisher und wohl physiolo- 
gisch richtig annahm, geradezu umkehrt. 30—40 Tage nach 
der Bildung des Cocons, also etwa 70 Tage nach der Begat- 
tung schlüpfen die Jungen aus. 


Dujardin hat der Pariser Academie der Wis- 
senschaften Beobachtungen über vier neue Arten 
von Meeranneliden überreicht. (!’Inst. p: 316.) 


Die erste Art wird von ihm Chloraema Edwarsii ge- 
nannt; sie zeichnet sich aus durch ihr grünes Blut und die son- 
derbaren Appendicularorgane oder Drüsen, womit sie bedeckt 
ist und die eine Schleimhülle absondern, die zweimal so dick 


246 N 

+ 
ist als ihr Körper. — Die beiden folgenden Arten müssen nach 
Verf. ein eigenes Genus unter dem Namen Sabellina-bilden, 
weil sie nur eine einzige Art von Tentakeln, welche mit vibri- 
renden Wimpern versehen sind, haben. Aufserdem zeichnen 
sie sich durch die Gegenwart schwarzer Punkte aus, die man 
für Augen nebmen kann. — Die letzte Art,ist eine Nais, welche 
hinten mit Athencirren, wie Nais digitata oder coeca, versehen 
ist, aber mit viel mehr schwarzen Punkten, die man eben so 
gut, wie bei Sabella und Sabellina für Augen halten kann. — 


Eine ausführliche Monographie über die englischen Arten 
der Ariciden liefert Dr. G. Johnston im Mag. of Zool. 
and Bot. Vol. 11. p. 63— 74 nebst Abbildungen. 


Von den 4 Gattungen, die diese Familie nach Milne Ed- 
wards und Audouin ausmachen, hat England nur zwei eigen- 
thümliche Arten von einer derselben, die drei andern brittischen 
Arten bilden zwei wirklich von den übrigen verschiedene Gat- 
tungen, .ein abermaliger Beweis, dals alle aberranten Thier- 
gruppen nicht nur verhältnilsmälsig artenarm, sondern dafs diese 
Arten auch so verschieden gebildet sind, dals ihnen viel- 
mehr der Gattungs- als der Artencharacter zukommt. Verf. 
theilt sämmtliche Gattungen in zwei Gruppen, von denen die 
erste solche Thiere, deren Fülse nach einem doppelten Typus 
gebaut sind (Aricia und Leucodore Johnst.), die zweite solche, 
deren Fülse alle gleichartig sind (Nerine Johnst. Aonia, Ophe- 
lia, Cirratulus) begreifen. 

Die neue Gattung Leucodore zeichnet sich aus durch den 
wurmförmigen Körper, den konischen Kopf, den einfachen kie- 
ferlosen Mund, die vier Augen, durch die, zwei am Hinterkopfe 
eingelenkten, breiten, langen, borstenförmigen und gewimper- 
ten Antennen, durch die vier ersten, mit warzenförmigen, bor- 
stentragenden Fulspaaren versehenen Segmente; das fünfte ist 
mit Klammern und die folgenden sind mit eben solchen Fülsen, 
als die vier ersten Segmente und aulserdem mit auf den Rücken 
zurückgebogenen Kiemencirren versehen; das Aftersegment 
glockenförmig mit concaver Afteröffnung. 

L. ciliatus Johnst. In Spalten schieferartiger Klippen. 

Nerine Johnst. Körper wurmförmig, fast viereckig; Kopf 
klein, deutlich; Mund fast unten, mit einem sehr kurzen zahn- 
losen Rüssel; Augen klein; zwei auf dem Hinterkopf befestigte, 
lange, breite, zugespitzte Antennen; Kiemen bilden eine unun- 
Enhchene Reihe kurzer, wimperiger, zugespitzter Fäden längs 
jeder Seite, beugen sich auf den Rücken und sind mit einem 

appen an ihrer Basis versehen; Fülse alle gleich entwickelt, 
zweiäslig, jeder Zweig aus einem zusammengedrehten Lappen 
und einem kurzen, mit einfachen Borsten bewaffneten Stiel be- 
stehend; After sternförmig. 

N. vulgaris Johnst. (Früher als Spio vulgaris von John- 
ston im zool. Journal beschrieben.) — P. coniocephala (eben- 
dort als Spio viridis beschrieben). — Die beiden andern britti- 
schen Arien gehören zur Gattung Cirraiulus, nämlich ©. Me- 


247 


dusa Johnst. (C. fuscescens und C. flavescens Johnst. in Jame- 
son’s Edinburgh Philosoph. Journal) und das von Montagu 
unter dem Namen Terebell« tentaculata in den Linnaean Trans- 
actions beschriebene Thier. 


VL Grustacea. 


Eine Reihe der sorgfältigsten und gründlichsten Arbeiten 
verdanken wir Henr. Kroeyer, der nicht nur die Resultate 
seiner Vorgänger einer strengen Kritik unterwarf, sondern 
selbst durch zahlreiche neue Beobachtungen und Entdeckun- 
gen die Naturgeschichte dieser Thierklasse um ein Bedeu- 
tendes förderte. Seine Bearbeitungen einzelner Abtheilungen 
werden ihres Orts erwähnt werden: hier ist nur auf eine Ue- 
bersicht der grönländischen Krustaceen aufmerksam zu ma- 
chen, die sich am Ende der weiter unten zu besprechenden 
Schrift: Groenlands Amfipoder S. 84—98 (Oversigt 
af de groenlandske Kraebsdyr, ledsagei af no- 
gle zoologisk- geographiske Bemaerkninger) 
findet. 

Fabricius führt in der Fawma groenl. 33 Krustaceen auf. 
Aber zwei von diesen Arten (Cancer gammarus und Cancer 
Arctus) sind blofs nach den Angaben der Grönländer und zwei 
andere (Cancer norwegicus und Pycnogonum litiorale) nur nach 
dunklen Erinnerungen aufgenommen. Da nun diese vier Arten 
später nicht wieder in Grönland bemerkt wurden, so gehören 
sie auch wahrscheinlich nicht in die Fauna dieses Landes und 
man kann nach Fabricius Angaben also nur 34 Arten an- 
führen. Aus Autopsie kennt Verf. 58 grönländische Kru- 
staceen; aulserdem 5 aus Fabricius Beschreibungen, näm- 
lich: Oniscus arenarius, stroemianus, asellus, Cyclops brevicornis 
und Lernaea radiata. Aufserdem haben aber die englischen Po- 
larexpeditionen in den benachbarten Gewässern noch fünf Ar- 
ten kennen gelehrt, welche, so viel Verf. weils, noch nicht an 
der grönländischen Küste beobachtet wurden, sich aber, aller 
Wahrscheinlichkeit nach, bei näheren Forschungen -gewils hier 
auch noch finden werden, so dals sie wohl zu den Krustaceen 
des Polarmeeres zu zählen sind; nämlich: Amphithoe Edwarsii 
Sab., A. cristata Owen, Hyperia Cyaneae Sab., Idotea Entomon 
Sab. und Arcturus tuberculatus. So erhält man 68 boreale Kru- 
staceen, nämlich: 

Vom Verf.unter- MitZurechnuug Mit Zurechnung 


suchte. von5fabricischen von 5Arten der 
Arten. engl. Reisenden, 
Parasita 11 12 12 


Entomosiraca 4 5 5 


248 


Vom Verf.unter- MitZurechnung Mit Zurechnung 


suchte, vonöfabricischen von 5 Arten der 

Arten. engl. Reisenden. 
Branchiopoda 4 4 4 
Xiphosura 0 0 0 
Decapoda 10 10 10 
Stomatopoda 0 0 0 
Laemodipoda : 2 2 2 
Pycnogonida 3 3 3 
Amphipoda 21 23 26 
Isopoda 6 7 3 

58 


63 

Giebt man nun die Anzahl der bekannten Krustaceen auf 
4500 Arten an, so verhält sich also die Zahl der borealen Kru- 
staceen zu der aller, wie 1 : 22. 

Ueberblickt man sämmtliche, aus den grönländischen Ge- 
wässern aufgeführten Arten, so findet man hier alle Hauptgrup- 
pen mit Ausnahme der ganz tropischen Xiphosuren und der Sto- 
matopoden, die wohl ın die gemälsigte Zone eintreten, aber 
schon an den dänischen Küsten vermilst werden. 

Die Abtheilung der Decapoden macht * der sämmtlichen 
grönländischen Krustaceen aus, die der Amphipoden über 4; sie 
sind also mehr als noch einmal so zaliireich; als die der Deca- 
poden und machen überhaupt ! aller bekannten Ampbipoden 
aus. Hieraus scheint zu folgen, dafs die Decapoden, die in sehr 
verschiedenen Gestaltungen die südlichen Meere erfüllen, nach 
Norden mehr und mehr verschwinden und hier gewissermalsen 
durch die Amphipoden ersetzt werden. Von diesen ist die Ab- 
theilung der Oahinen die artenreichste und in ihr wieder 
die Sallatorien‘ besonders die Gattung Amphithoe, die in dem ° 
Polarmeere allein halb so viele Arten, als in allen übrigen Mee- 
ren zusammen oder } von allen bekannten Arten aufzuweisen 
hat. Bemerkenswerth ist bei den Gattungen Amphithoe und Gam- 
marus noch, dals die äulseren Integumente bei den nordischen 
Arten vorherrschend scharf und kantig, mit spitzigen Dornen 
versehen sind, welche Verhältnisse sich in dem Grade steigern, 
als man weiter nach Norden kommt. — Die Isopoden machen 
nur + der arctischen Krustaceen aus. Die Lämodipoden werden 
in Grönland nur durch zwei und die Branchiopoden gar nur 
durch eine Art repräsentirt, welche durch die zahllose Masse 
der Individuen gleichsam den Mangel der Arten ersetzt. Die 
Entomastraceen sind zu wenig untersucht, um ihr Verhältnils 
zu den übrigen Arten richtig angeben zu können. Die Pycno- 
goniden machen „, der grönländischen Krustaceen aus und kom- 
men in nicht unbedeutenden Massen vor. Die Schmarotzer- 
krebse nehmen wieder einen bedeutenden Platz in der grön- 
ländischen Fauna ein, da sie über 4 der Arten der ganzen lasse 
ausmachen. Schliefslich vermuthet Verf. noch, dals die Schma- 
rotzerkrebse, die in der kalten und einem grolsen Theil der 
gemälsigten Zone so sehr überwiegen, hier dieselbe Stelle ein- 
nehmen, wie die Cymothoen in den südlicheren Meeren. Noch 


249 


ist aber zu bemerken, dafs Verf. die Cirripedien nicht berück- 
sichtigt hat. Alle vom Verf. aufgestellten Gattungen und Ar- 
ten, so wie die gelegentlichen Bemerkungen, zu denen ihn die 
Aufzählung der einzelnen Arten veranlalste, werden weiter un- 
ten in Betracht kommen. — N 

Die hier gegebene Uebersicht der geographischen Verbrei- 
tung der grönländischen Krustaceen theilt derselbe Verf. in 
einer neuen, lateinischen Bearbeitung mit Bezug auf die im 
Hauptwerke von ihm ausführlicher beschriebenen Arten in sei- 
ner Naturh. Tidsskr. (S. 249—261) als Conspectus Cru- 
siaceorum Groenlandiae mit. 


Einen andern sehr wichtigen Beitrag zur Kenntnifs der 
geographischen Verbreitung der Krustaceen, be- 
sonders der Dekapoden liefert Milne Edwards in 
den Ann. des scienc. natur. X. p. 129— 174. 


In Europa unterscheidet Verf. drei eigenthümliche Krebs- 
faunen, nämlich die der scandinavischen Küsten, der celtischen 
Meere und des mittelländischen Meeres; in Africa die Küsten 
vom Senegal, (woyon vielleicht noch als besondere Fauna die 
der canarischen Inseln zu trennen), der Gewässer um Isle de 
France; ferner die indischen Meere, das Meer von Japan, die 
australasische Region, die Gallopagos-Iuseln, die Küsten von 
Chili und Patagonien, die Caraibische, Pensylvanische und Po- 
lar-Region. Vou diesen 13 Regionen wird die scandinavische, 
welche die Küsten von Norwegen umfalst, vorzüglich characte- 
risirt durch Lithodes arciica, 2% aranea und Nephrops; auch 
muls diese Region für das ursprüngliche Vaterland des Hum- 
mers, der hier stets in zahllosen Massen gefangen wird, ange- 
sehen werden. Die celtische Region, welche die Küsten des 
Kanals und die Westküsten von Frankreich und England be- 
greift und sich bis zur Meerenge von Gibraltar und bis Island 
zu erstrecken scheint, ist viel reicher. An den Küsten der Bre- 
tagne, dem Mittelpuncte dieser Region, findet man häufiger als 
sonst wo Cancer pagurus, Carcinus maenas, welche auch in den 
beiden andern europäischen Regionen vorkommen, ferner die 
meisten Arten aus der Gattung Portunus, Maia squinado, Pisa 
zetrodon, mehrere Inachus, Mantho floridus, Pagurus bernhardus, 
Palinurus locusta, Palaemon squilla, doch finden sich alle diese 
‚Arten auch im mittelländischen Meere. _Characteristisch sind 


 Hyas coarctata, Polybius Henslowiü, Pandalus annulicornis, Eu- 


rynome aspera und Athanas nitescens. Auch das eigentliche Va- 
terland von Cancer, Carcinus und Portunus scheint diese Re- 
gion zu seyn. Die Region des mittelländischen Meeres hat mei- 
stens dieselben Decapoden wie die vorhergehende, zeichnet sich 
aber durch einige eigenthümliche Arten aus 

Die Krebsfauna der canarischen Inseln unterscheidet sich 
sehr von den vorhergehenden drei Regionen und man findet 
hier ein eigenthümliches Gemisch von europäischen, afrikani- 
schen und amerikanischen Krustaceen. Nur zwei Arten schei- 


V. Jahrg, 2. Bd, 17 


250 E 


# 
nen“dieser Region ausschliefslich anzugehören, und sie ist also 
mehr als eine neutrale, als eigenthümliche Region zu betrachten. 
Die Krustaceen der Küsten vom Senegal und Congo sind nur 
sehr unvollkommen bekannt, aber die von dort hergebrachten 
Arten sind sehr ausgezeichnet. Die fünfte Region erstreckt sich 
vom Cap. bis zum rothen Meer und ist besonders um Ile de France 
näher durchforscht. Man findet hier Arten, die auch im rothen und 
bis zum inJlischen Meere vorkontmen. Die Krebsfauna von Indien 
erstreckt sich vom rothen Meere bis Neu-Guinea. Sie ist die ar- 
tenreichste und besonders ausgezeichnet durch die Gatt. Egeria, 
Doclea, Birgus. Die Krustaceen des japanischen Meeres werden 
erst jetzt durch die Arbeiten der Keisenden v. Siebold und 
v. Horn näher bekannt und so viel sich jetzt schon daraus ab- 
nehmen läfst, hat diese Region mit der Indischen Vieles gemein, 
aber auch mehrere eigentbümliche Formen. Vielleicht wird 
auch das Meer von Kamtschatka eine besondere Krebsfauna haben, 
wie die Berichte von Krusenstern anzudeuten scheinen und 
merkwürdiger Weise trifft man hier wieder Formen an, die in 
der scandinavischen Fauna vorkommen. So ist z. B. der Li- 
ihodes der norwegischen Küsten von dem im Meere von Kamt- 
schatka kaum zu unterscheiden. Ebenso wird Crangon borealis 
an den Küsten von Grönland und Spitzbergen hier durch eine 
wenig oder nicht verschiedene Art repräsentirt. Die Küsten von 
Neuseeland und des nicht tropischen Theils von Neuholland 
scheinen eine ganz besondere Krebsfauna zu haben, die charac- 
terisirt wird durch Formen wie Nasxia serpulifera, Pseudocar- 
cinus gigas, Mantho incisus, Portunus integrifrons und T’halamita 
erythrodaciyla. 

Vou der Westküste Nordamerikas wissen wir: nichts, wir 
kennen nur die Bewohner der Küsten von Peru und Columbina. 
Nach den von Cuming auf den Inseln Gellopagos angestellten 
Sammlungen, scheint dieser Theil des grolsen Oceans seine 
besondre Fauna zu haben. Die Küsten von Chili und Pata- 

onien scheinen sich nahe an die vorige Fauna anzuschlielsen. 
ie caraibische Region, deren Mittelpunct die Antillen aus- 
machen und die sich bis Brasilien und Carolina erstreckt, ist 
characterisirtt durch mehrere besondere Arten von Mührax, 
Grapsus und Lupa, durch Carpillus corallinus, Pagurus granu- 
latus u. s. w. 

Der nördliche Theil der Küsten der vereinigten Staaten oder 
die pensylvanische Region bieten einige um die Antillen ursprüng- 
lich einheimische Arten dar, Lupa dicantha, Sesarma cinerea, 
Gelasimus vocans. Höchst eigentbümlich ist die Krebsfauna der 
Region, die sich von Neufoundland bis Spitzbergen, Grönland 
und die Baffinsbay erstreckt. Die kurzschwänzigen Krebse ver- 
lieren sich fast ganz und sie werden nur durch, einige lang- 
schwänzige Arten, und die sehr charakteristischen Arten der Ab- 
theilung der Amphipoden ersetzt. Auch zeigen sich einige Arten 
aus dem ‚weniger borealen Amerika und der scandinavischen 
Region. 

Wir sehen hieraus schon, dals die meisten Krebse im Meere 


| 


251 


"auch auf bestimmte Grenzen angewiesen sind und man. kennt 
bis jetzt keine einzige Art, die ganz allgemein in allen Gewäs- 
sern vorkäme. Meistens sind es sehr gute Schwimmer, die eine 
sehr weite Verbreitung haben, wie z. B. die Gattungen Phyllo- 
soma und Erichthus, die in beiden Ozeanen vorkommen. Nau- 
tilograpsus minimus scheint seinem Baue nach nicht zu langen 
und anhaltenden Bewegungen geschickt zu sein, dessenungeach- 
tet kommt er fast in allen Theilen der Welt vor. Zu dieser 
ausgedehnten Verbreitung scheint seine Lebensart Veranlassung 

egeben zu haben. Dieser kleine Krebs hat nämlich die Gewohn- 
Ben sich an Meerschildkröten anzuklammern, die ihn dann weit 
mit fortführen, auch sieht man ihn nicht selten auf Pflanzen, 
die die Strömungen mit fortreilsen, mitten im Ocean schwim- 
men und wahrscheinlich ist es dasselbe Thier, das sich dem Co- 
lumbus 18 Tage vor der Entdeckung..der neuen. Welt zeigte. 
Je leichter die Kommunikation zwischen verschiedenen Regionen, 
desto mehr haben sie Arten mit einander gemein. Auch findet 
sich eine Art, die in weiten Entfernungen zugleich vorkommt, 
fast immer in den dazwischen liegenden Meeren. Ausnahms- 
weise findet sich Nephrops norwegicus weder im Kanal noch an 
den Küsten des atlantischen Meeres und tritt aber wieder im 
adriatischen, Meere häufig genug auf. Grapsus messor im rothen 
Meere gemein, findet sich an ‚der nördlichen Küste von Africa 
und den canariscehn Inseln, ‚aber nicht am Cap oder in den 
Gewässern von Isle de France. Die Formen werden viel man- 
nichfaltiger, je mehr man sich dem Aequator nähert.- Die Küsten 
von Norwegen z. B. sind reich an Individuen, ‘doch arm an 
Arten. Kaum bringt man ein Mandel Decapoden zusammen, 
während im Kanal die Anzahl derselben schon um das Fünf- 
fache, im Mittelländischen Meere gar um das Siebenfache zu- 
nimmt. Ein ganz gleiches Verhältnils findet in der südlichen 
Hemisphäre, so wie auch in der neuen Welt statt. Noch deut- 
licher zeigt sich der Einfluls der Temperatur, ‘wenn man Ge- 
genden der alten und neuen Welt, die unter gleichen Breiten- 
graden liegen, vergleicht. Die Küsten von Grönland und Nor- 
wegen liegen fast unter. denselben Parallelen, bekanntlich aber 
ist die mittlere Temperatur beider nicht dieselbe. So wie nun 
Grönland kälter ist, als Norwegen, in demselben Verhältnils sind 
die Küsten des erstern Landes auch ärmer an Arten, als die des 
zweiten. Ferner ergiebt sich aus der Vergleichung der. Krebse 
der heilsen und kalten Regionen, dals fast alle Typen, die wir 
in den polaren Meeren bemerken, auch in den tropischen wie- 
der gefunden werden und dals hier eine grolse Anzahl besonde- 
namen den allgemeinen Typus, der dort nur durch eine 
oder wenige Arten repräsentirt wurde, darstellen. 

Ferner sollen nach Verf. die Krebse der heilsen Gegenden 
eine höhere Entwicklung, als die der kältern zeigen. Da sich 
aber hiergegen Manches einwenden lielse, so stelle ich statt des 
vom Verf. aufgestellten Gesetzes lieber die einfachen Zahlen- 
verhälinisse hierher: 


47 * 


252 


ß 
Brachyuren. Anomuren. Makruren. 


Scandinavische Region 4 ı2 

Celtische zu 44 6 27 
Mittelländische — 59 16 3 _ 
Indische 2 117 21 37 
Australische _ 48 9 12 
Ostafricanischa — 40 Wi 9 
Baffınsbay v 0 7 
Küsten von Grönland 1 9 
Küsten der vereinigten Staaten 20 6 11 
Caraibische Region 50 7 13 
Chilische _ 24 


9 8 

Interessant ist hierbei die Bemerkung, dals die Flufskrebse 
‚der temperirten und kalten Gegenden zu den Makruren, die 
der tropischen zu den Brachyuren gehören. Endlich macht sich 
in der geographischen Verbreitung der Krustaceen eine merk- 
würdige Uebereinstimmung in der Temperatur der verschiedenen 
Krebsfaunen und bestimmt vorherrschenden Formen bemerklich. 
Obgleich z.B. dieKrebse der Antillen und der indischen Meere ganz 
verschiedene Arten aufzuweisen haben, so findetdoch zwischen ihnen 
«eine so grolse Analogie statt, dals beide einen ganz bestimmten, 
ihnen eigenthümlichen Character zeigen, der sie leicht von den 
Arten der kältern Regionen ihrer zugehörigen Continente unter- 
scheidet, Beide Regionen sind nämlich von der Gattung Ocy- 
pode bewohnt, die sich auch in den Gewässern am Senegal wie- 
der findet, aber sonst weder an den europäischen Küsten noch in 
den gemälsigten Gegenden von Asien und Amerika vorkommt; 
ferner von der Gatt. Gelasimus, die sich in allen warmen Län- 
.dern bis etwa zum 35 Breitengrade findet; von Grapsus und 
Sesarma, die auch nur in der heilsen Zone zahlreich sind und 
nicht weit nachNorden vorkommen; von der Gatt. Lupa, welche 
nach Norden zu nur noch im mittelländischen Meere angetrof- 
feg wird u. s. w. 

Auch’ die Krustaceen der temperirten Gegenden haben ein, 
ihnen eigenthümliches Gepräge. Hierher gehört z. B. die Gatt, 
Astacus, wovon A. fluviatilis den Norden der alten Welt be- 
wohnt, während in der neuen Welt 4. Bartoniü in Nordamerika 
seine Stelle vertritt und 4. capensis ihn am Cap, eine vierte 
verschiedene Art in Chili und eine fünfte in Neuholland ersetzt. 
Platycarcinus wird in der indischen Region und den Antillen 
nicht bemerkt, findet sich aber in beiden Hemisphären, da, wo 
ein dem unsrigen ähnliches Klima herrscht, wie an den Küsten 
der vereinigten Staaten und Chili. Hier, wie in Europa, be- 
merkt man verschiedene Arten der so ausgezeichneten Gattung 
Gallianassa, wovon man bisher in den Gewässern warmer Gre- 
genden noch keine Spur bemerkt hat. Atelecyclus und Hyas 
sind ebenfalls nur in Europa und Chili, Portunus nur in Europa 
anzutreffen. 

Eine kleine Notiz, die für die geographische Zoologie nicht 
uninteressant ist, liefert Staatsrath E. Eichwald in seinem 
Primitiis Faunae Caspii maris (Bull, d. natur. de Mo- 


253 


cou. 1838 No. II. p. 147—150). Im kaspischen Meere kom- 
men nämlich auffallend wenig Krustaceen vor und sie dienen 
zum Beweise, dals früher das kaspische Meer nicht mit: dem 
schwarzen Meere zusammegehangen habe. Denn während: das 
schwarze Meer Ueberfluls an einer Menge Arten aus den Gat- 
tungen Palaemon, Carcinus, Cancer, Pagurus, Orchestia, Am- 
phithoe, Ligia, Sphaeroma und andern hat, finden sich im kas- 

ischen Meere nur Sienosoma@ pusillum Eichw. (mit St. lineare 
Fench sehr verwandt) Gammarus caspius, Crangon iricuspis, 
die schon Pallas erwähnt, Astacus leptodactylus Eschsch. und. 
Ast. caspius, wovon weiter unten. 

In anatomischer und physiologischer Hinsicht sehr interes- 
sant ist die Arbeit von Milne Edwards über’ den Mecha- 
nismus der Respiration der Krustaceen, die er der Pa- 
riser Akademie eingereicht hat und wovon sich ein Auszug im 
Instit. p- 329—30 befindet. Bei der Beschaffenheit der Ath- 
mungsorgane der eigentlichen Krebse ist ein besondrer Mecha- 
nismus nöthig, um immer gleichviel Wasser herbei zu schaffen. 
Da die Athmungsorgane in besonderen Höhlen liegen, die mit 
dem umgebenden Medium durch eine Oeffnung communiciren, 
so muls nothwendig ein Mechanismus vorhanden sein, um das 
Wasser immer schnell zu wechseln. Einen solchen weilst M.E. 
in gegenwärliger Abhandlung nach. In dem ersten Theile der- 
selben werden die Höhlen und ihre beiden Oeffnungen. beschrie- 
ben; sodann folgt der physiologische Theil. Es frägt sich zu- 
erst, ob das Wasser in die Kiemenkammern eindringen und von 
dort beliebig durch die beiden Oeffnungen herausfliefsen kann; 
sodann, ob die Flüssigkeit gezwungen ist, einen bestimmten 
Weg zu nehmen und in diesem Falle, welches der Nutzen. der 
Oeffnungen und welches die RichnpE des Stroms sei? Was 
‚die erste Frage betrifft, so dringt durch die Oeffnung, welche 
an der Basis der Fülse liegt, das zur Respiration nöthige Was- 
ser in die Kiemenhöhle und durch einen Kanal, der an jeder 
Seite des Mundes liegt, flielst das Wasser, nachdem es die Kie- 
nen bespült, wieder ab. Dals die hier statt findende Bewegun 
nicht, wie Cuvier glaubt, durch die appendices flabelliformes 
veranlalst wird, kann man schon daraus schlielsen, dals dieser 
Apparat lange nicht allen Dekapoden zukommt. Die eigentliche 
Ursache liegt vielmehr im zweiten Kieferpaare dieser Thiere 
und besteht in einer ovalen, hornigen Lamelle, welche in dem 
Kanale gelegen und so eingelenkt ist, dafs sie im Zustande der 
Iuhe den Kanal verschlielst, wenn sie sich aber bewegt, das 
Wasser von hinten nach vorn treibt, was stets, so lange das 
Thier lebt, mit der grölsten Heftigkeit geschieht, Während also 
durch die oscillatorischen Bewegungen der Lamelle immer ein 
Theil des in den Kiemenhöhlen enthaltenen Wassers durch die 
Mundöffnung nach Aulsen geworfen wird, erhalten die Kiemen- 
höhlen durch die beiden Oeffnungen immer neuen Zufufs. 

In systematischer Hinsicht endlich haben wir noch eines 
neuen Klassificationsversuches der Krustaceen von Duvernoy 
kurz zu erwähnen, welche dieser der Pariser Akademie mittheilte. 


254 


Einen Auszug daraus haben die Berichterstatter im Institut 
p: 304 mitgetheilt. Es wird aber dieses neue System eben so wenig 
Beifall finden, wie alle ähnlichen, die zu ihrem Principe nur 
immer einen einzigen Üharacter, nicht die Totalität des ganzen 
thierischen Organismus haben. ’ 


Parasita 


Henrik Kröyer, der uns schon im vorigen Jahre im 
zweiten, dritten, fünften und sechsten Hefte des ersten Bandes 
der von ihm redigirten Naturhistorisk Tidsskrift (Kop- 
penhagen bei Reitzel) mit seiner Kritik und genauen Beschrei- 
bung der dänischen Schmarotzerkrebse beschenkte, setzt diese 
verdienstvolle Arbeit (Om Snyltekrebsene, isaer med 
Hensyn til den danske Fauna) auch in dem ersten 
und zweiten Hefte des zweiten Bandes dieser Zeitschrift in 
derselben Weise fort. 0 


Das erste Heft (S. 8—53) beginnt mit der Beschreibung 
der noch übrigen Arten der Gatt, Caligus, C. pectoralis, C. Stu- 
rionis Kr., C. Sahnonis Kr. und €. diaphanus Mas? :Von den 
beiden vom Verfasser als neu aufgeführten Arten zeichnet sich 
Calig. Sturionis. Kr. von allen andern vom Verf. untersuch- 
ten Arten durch einen Perlenmutterglanz aus und der Habitus 
ist durch den umgekehrt herzförmigen langgestreckten Genital- 
ring, den langen Schwanz und überhaupt durch die langgestreckte, 
schlanke Form characterisirt. Sie wurde nur einmal in grolser 
Anzahl auf einem Störe, jedoch nur weibliche Exemplare gefun- 
den. Gal. Salmonis. Kr, ist durch die dunkle, fast schwarz- 
blaue Farbe ebenfalls von den übrigen Arten leicht zu unter- 
scheiden. Sie ist im Sommer ziemlich häufig auf Lachsen an- 
zutreffen. Von Cal. diaphanas Mas? hatte Verf. nur ein 
Exemplar aus dem nördlichen Kattegat, wahrschemlich von einem 
Flunder und hielt dies lange für eine eigene Art, die er unter 
dem Namen Cal. caudatus beschrieb. Wenn sie aber gleich 
durch die ganz abweichende Form des Cephalothorax uud das 
sehr verschiedene Verhältnils zwischen Cephalothorax und Ge- 
nitalring von Cal, diaphanus ganz verschieden zu sein scheint, 
so stimmt sie doch in den übrigen viel wesentlichern Verbält- 
nissen, die Verf. in der Diagnose von C. diaphanus fem. im 
ersten Bande anführt mit dieser überein, so dals sie wohl als 
Männchen derselben angeschen werden muls. Die 6 vom Verf. 
in diesem und dem vorigen Hefte beschriebenen Arten lassen 
sich durch folgende Uebersicht leicht bestimmen: 
lunulis praediti; | brevis: €. eurtus 

cauda g Brogueto: u c. ea: hanus. 

NH is bipartita; ©, Sturionis. 
lunulis destituti\ furca Isimplier vice partita: ©. Salmonis. 
Lepeophtheirus oducta:$brachiis apice incisis: C. Hippoglossi, 
Vordm.;) cauda Ir cin? I Re 
Sl @ | furca : Nbrachis simplieibus: ©. pectoralis. 


Q 


Caligi 


255 


Verf. läfst nun die übrigen Gattungen der Caliginen folgen, 
zuerst Chalimus Scombri Burm. Diese Gattung ward von 
Burmeister nach einem einzigen Exemplar aufgestellt; und da 
Verf. ziemlich viel Individuen dieser Art auf verschiedenen Fi- 
schen beobachtete, so verbessert er bei dieser Gelegenheit mehr- 
fache Irrthümer Burmeisters. So ist die Stellung und Be- 
schaffenheit der Augen wie bei den Caligusarten, während Bur- 
meister den rundlichen, durchschimmernden Fleck hinter dem 
Anheftungsapparat, der sich hier bei allen Caligusarten findet, 
für Augen gehalten hat. Die Taster bestehen nur aus einem 
Stück, während sie Burmeister dreigliedrig abbildet,; der Rüs- 
sel ist kurz und breit, nicht langgestreckt nnd zugespilzt; der 
innere, nicht der äufsere Ast, womit das erste Fulspaar endigt, 
ist der längste, wodurch das folgende Fulspaar in Burmeisters 
Abbildung eine unnatürliche Stellung erhielt, und so noch meh- 
rere andere unbedeutendere Abweichungen. 

Verf. fügt hier die Beschreibung einer neuen Art, die eben- 
falls zu der Gattung Chalimus Burm., wofern man diese an- 
erkennt, gehören würde, doch ist diese Art nicht benannt wor- 
den; sie lebt im nördlichen Kattegat. Verf. weilst aber selbst 
nach, ‘dafs die von Burmeister für seine Gattung Ohalimus 
aufgestellten Kennzeichen zu keiner neuen Gattung berechtigen 
oder dafs diese doch mindestens ganz anders characlerisirt wer- 
den mülste. Ferner werden noch Trebius caudatus Är., 
Pandarus bicolor Leach und Dinematura ferox Kr. 
ausführlich beschriehen. Erstere neue Gattung und Art wurde 
im nördlichsten Katlegat auf Squalus galeus gefunden und ob- 
gleich sie im ganzen Habitus grofse Achnlichkeit mit der, Gatt. 
Caligus hat,’ so berechtigt doch die Form des dritten, fünften 
und sechsten Fulspaars und die Trennung des Rings, der das 
fünfte Fulspaar trägt, vom Cephalothorax, vollkommen zur Be- 
ründung einer neuen Galtung. Von Dinematura ferox hatte 

/erf. nur ein Exemplar, wahrscheinlich aus dem Mittelmeer; es 
gehört zu den gröfsten Schmarotzerkrebsen, da es 15 lang ist. 

Ueber die ganze Abtheilung der Familie der Caliginen er- 
halten wir folgendes Schema: 

4A. Oculi in adultis nulli. 

a) pedum paria quinque. Gattungen: Anthosoma, 
Dichilestium. . 

b) pedum paria sex. Gatt.: Nemesis, Laemargus, 
Cecrops, Dinematura und Pandarus. 

B. Oculi duo purpurei, minutissimi, valde approxi- 
mati in superficie cephalothoracis dorsuli (su- 
pra rosirum ferme). Trebius und Caligus. 

Im zweiten Hefte (8. 131— 157) wird diese” Abhandlung 
über die Schmarotzerkrebse beschlossen, indem Verf. noch ge- 
naue Beschreibungen von Chondracanthus nodosus, Chond. Trig- 
Iae Cuv. Achtheres Percarum Nordm. Nicoihoe Astaci, Dichele- 
stium Sturionis, Clavella Scari. Kr. Chondracanthus Soleae. Kr. 
Anchorella stellata Kr. liefert; die drei letzt genannten Arten 
werden hier zum erstenmal beschrieben. — Glavella Scuri 


256 


Kr. von einem unbestimmten Scarus der .dänisch - westindischen 
Inseln. Länge 3, grölste Breite 44, Eiersack ‚länger als der 
Körper etwa 5’ Langgestreckt, schmal, fast linienförmig, doch 
so, dals der vorderste Theil, oder der Cephalothorax weni 
schmäler, als der übrige Körper ist. Die Breite übertrifft die 
Höhe nur wenig. Sehr characteristisch ist die deutliche Zusam- 
mensetzung des Leibes aus 7 Ringen und dals sowohl Rücken- 
als Bauchseite einige, in drei Längsreihen gestellte Knoten zei- 
gen. — Chondracanthus Soleae. Kr. Länge 1.4, Cephalo- 
thorax gewölbt, fast kreisrund, der ER Vorderrand desselben, 
von den langen und plumpen, keulenförmigen Fühlern einge- 
nommen, der elliptische Rand, welcher weit hinter dem zweiten 
Fühlerpaare steht, ist an seinem Rand mit kleinen Saugzacken 
besetzt. Dicht hiuter dem Rande ein Paar kleine, zweigliedrige 
Taster, deren vorderes Glied ebenfalls mit Saugzacken besetzt. 
Mit den Tastern sind nahe an ihrer Einlenkung ein Paar Fülse 
verwachsen. Am, Hinterrande des Cephalothorax zwei cylindrische 
Fulsstummel; der lange, glatte Hinterleib besteht aus 5 unglei- 
Ringeln, von denen der letzte sehr klein und schmal ist. Ancho- 
rella stellata Kr. auf Gadus Merluccius entdeckt. Länge 2. 
Sehr nahe mit Anchorella uncinata verwandt, von 1 sie 
sich aber durch den Mangel der Verlängerung, welche bei jener 
Art aus dem Unterrande des Hinterleibes hervortritt, unter- 
scheidet. 

Aulser den in diesen beiden und den früheren Heften auf- 
geizirten 32 Schmarotzerkrebsen, kennt Verf. noch drei andere, 
lie aber noch näherer Untersuchung bedürfen. Schliefslich be- 
stätigt. Verf. noch Nordmann’s Angabe über die Männchen 
der Lernäen. — 


Entomostraca. 


Die brittischen Entomostraceen haben einen eifri- 
gen Bearbeiter an W. Baird gefunden. Seine schon in der 
ersten Nummer des Mag. of Zool. and Bot. beginnenden 
Abhandlungen setzen sich noch im ersten Theile der Ann. 
of Nat. Hist. fort und sind durch viele Abbildimgen er- 
läutert. 

Bis jetzt sind die Gattungen Cyclops, Cypris, Cyikere und 
Daphnia in anatomischer und zoologischer Hinsicht vollendet. 
Verf. hat bei jeder Gattung die Literatur bis zu den frühesten 
Zeiten zurückgeführt, so dals man seine Arbeit mehr als eiue 
erdränete Darstellung alles bisher auf diesem Felde Entdeckten 
und Bekanntgemachten, als selbst für neue Erweiterungen an- 
zusehen hat. Da übrigens Verf. die frühern Beobachtungen 
meistens wiederholt und bestätigt, manchmal auch widerlegt hat, 
so sind diese Abhandlungen immerhin dankenswerth, zumal wir 
dadurch auch mit der brittischen Fauna näher bekannt werden. 
Nach einer allgemeinen historischen Einleitung (Magazine of 


' 


\ 257 


Zool. and Botan. Vol.1. 9.35 —41) Colgt die Naturgeschichte 
der Gatt. Cyclops (Fol. I. p.307—33). Die allgemeine Schil- 
derung enthält nichts Neues. Die im sülsen Wasser Eng- 
lands vorkommenden Arten sind die drei gewöhnlichsten Arten. 
Die drei andern im Meere vorkommenden sind vielleicht alle 
neu und England eigenthümlich, nämlich: €. chelifer Mül- 
Zer (?) mit kurzen Antennen, geschnabeltem Kopfe, scheeren- 
förmigen Händen, zweilappigem Schwanze und zwei Borsten 
von der Länge des Körpers und mit einem einzigen Eiersacke. 
Früher vom Verf. als verschieden von ©. chelifer Müll. ange- 
sehen und ©. Johnsioni genannt, stimmt jedoch in den wesent- 
lichen Merkmalen mit jenem überein. €. Stromii Baird. mit 
kurzen Antennen, geschnabeltem Kopfe, krallentragerden Hän- 
den, zweilappigem Schwanze, der mit zwei kurzen Borsten ver- 
sehen ist a mit einem einzigen äulsern Eiersacke. An den 
Ufern von Cockburnspath, Berwickbay. C. furcatus Baird, 
Mit gabligen Antennen, kurz geschnabeltem Kopfe, krallentra- 
genden Händen und mit' einem grolsen . äulsern Ovarium. 
Berwickbay. — 

Die dritte Abhandlung (Mag. of Zool. and Bot. Fol.T. 
p.514—26) beginnt die Naturgeschichte der Gattung Cypris. 
Der Bau dieser 'Thiere ist mit Berücksichtigung der Arbeiten 
von Müller, Ramdohr und Jurine fast ganz nach Strauls 
beschrieben. — Bekanntlich wollte Ledermüller diese Dhiere 
in der Begattung beobachtet haben, was nach ihm keinem Na- 
turforscher wieder glückte, allein Verf. hat häufig zwei Individuen 
in derselben Lage, wie sie Ledermüller abbildet, zusammen- 
hängend: getroffen, ohne dals es im Geringsten den Anschein 
gehabt hätte, als wären sie in der Begattung begriffen. — Aus 
der Fortsetzung dieser Monographie im zweiten Bande des 
Magazine of Zool. and Bot. (p. 132—44) erhellt, dals Eng- 
land 16 Arten dieser Gattung aufzuweisen hat, wovon aber 
schon die Hälfte auf dieses Land allein kommen, vom Verf. ent- 
deckt und zum grolsen Theil schon früher in den Transactions 
of theBerwickshire Natur. Club abgebildet und beschrieben 
wurden, Nur zwei von den neuen Arten kommen hier zum 
erstenmale vor, nämlich: Cypris gibbosa Baird. Schaale 
eiförmig-rund, nierenförmig, hökerig, Rand derselben rings- 
herum mit kurzen, feinen Haaren besetzt. ©. clavata Baird. 
mit oblonger, keulenförmiger, glatter Schale. Ist nahe mit 
€. crasse Müll, verwandt. Die übrigen acht bekannten Arten 
kommen, aufser der seltenen Cypris fusca Strauss aus der Um- 
gebung von London auch sonst überall vor. Auch eine fossile 
Cypris hat Verf. in den Kalksteinbrüchen von Burdiehouse ent- 
deckt, die aber noch näherer Untersuchung bedarf. 

Die Gattung Cythere, die diesen Aufsatz beschliefst, ist 
neuerlich mehrfach angefochten worden, und in der That schei- 
nen ihre Rechte auch nur darauf zu beruben, dals ihre Mitglie- 
der nur in Meereswasser vorkommen. Zwar sucht auch Verf, 
sie zu rechtfertigen, indels sind doch die Unterschiede, die sich 
nach seinen Angaben auf die kleinere und dunklere Schaale und 


258 


auf die fünfgliedrigen Antennen, von denen die drei letzten 
Glieder an der Basis mit 1—2 kurzen Borsten und das letzte 
an seiner Spitze mit 3—4 ziemlich langen Haaren besetzt sind, 
reduciren lassen, als generische Kennzeichen viel zu geringfügig 
und ich sehe überhaupt gar keinen Grund, der ihrer Vereinigung 
mit der Gattung Cypris entgegenstände. — Den innern Bau 
hat auch Verf, nicht untersucht. Nach ihm kriechen sie nur in 
den Zweigen der Seetange und Conferyen herum, ohne je zu 
schwimmen; wenigstens taumelten sie stets gleich zu Boden, 
wenn er sie in ein Gefäls mit Wasser that. Hier halten sie 
sich nur sehr kurze Zeit, da das Wasser bald faulig wird. Die 
sieben in England vorkommenden Arten sind bis auf Cyih. 
flavida Müll. neu und zum Theil in den obenerwähnten Tran- 
sactions beschrieben. Hier werden zum erstenmale aufgeführt: 
Cyıh. albo-maculata Baird. Schale oblong, ausgebuchtet 
und mit einer weilsgefleckten Kalkkruste überzogen. C. alba 
Baird mit weilser, durchscheinender, eiförmiger Schaale. €. 
aurantia Baird. mit nierenförmiger, glatter, orangefarbiger 
Schaale, €, nigrescens Baird. mit een fast schwarzer, 
am hintern Ende zugespitzter Schaale. — Uebrigens werden die 
Unterschiede der Arten nach dem Bau und der Farbe der 
Schaale, so ganz ohne Berücksichtigung des 'Thieres, für die 
Folge in der Systematik dieser Thiere von sehr untergeordnetem 
Werthe sein, da schon jetzt die einzelnen Arten in den ver- 
schiedenen Perioden ihres Lebens hiernach schwer zu bestim- 
men sind, 

Die Monographie der Gatt. Daphnia beginnt Mag. p.400 
bis 412 und wird dann in den Ann. of Nat. Hisı. Vol. I. 
p. 245—256 beendigt. Die anatomischen Verhältnisse sind eine 
gute Zusammenstellung des schon Bekannten. Ueber die Le- 
bensart, namentlich über die Fortpflanzung dieser merkwürdigen 
Thiere finden sich manche interessante Beobachtungen, die zur 
Bestätigung früherer dienen werden. Verf. fand, dals die "aus 
dem Sattel entsprossenen Jungen durch die einmalige Befruch- 
tung der Mutter fruchtbar werden, und dafs ihre Jungen wieder 
Eier legen, ohne mit einem Männchen zusammen zu kommen. 
Er verfolgte ferner die auf einander folgenden Generationen 
bei den auf gewöhnliche Weise gebornen Daphnien bis zur 
vierten, bei den aus den Satteleiern erzeugten bis zur dritten 
und fand durch wiederholte Versuche, dals die mit Satteln ver- 
sebenen Dapbnien, bald nachdem sie dieselben abgeworfen, Eier 
hatten und aus diesem ohne Begattung Junge bekamen, die 
ebenfalls wieder ohne vorhergegangene Befruchtung Mutter 
wurden. Nach Straus hören die Daphnien bei Annäherung des 
Winters auf zu zeugen und ihre Haut zu. wechseln und sterben 
mit Eintritt des Frostes. Dagegen fand sie Verf. schaarenweise 
sich häutend und mit Jungen bis spät in den December‘, wo es 
längst geschneit und gefroren hatte. Im Winter braucht aber 
die Entwicklung der Eier, statt 3—4, wenigstens 8 Tage. 

Es werden aufserdem noch vier Arten charakterisirt, von 


259 


denen nur D. cornuta Jur. aus der Umgebung von London 
eine seltenere Erscheinung sein dürfte. 

Um dieArten der Gatt. Cypris hat sich in Deutsch- 
land Koch ein noch gröfseres Verdienst erworben 
(Deutschlands Myriapoden, Krustaceen und Arachni- 
den von Dr. Heinrich Schäffer) als der brittische Be- 
arbeiter derselben um seine Fauna. Auch hier wer- 
den die Arten blols nach der Bildung und Färbung 
der äulsern Schaale, ohne Rücksicht auf den Bau des 
umschlossenen Thieres bestimmt. 

Cypris lutaria K. bohnenförmig, sehr glänzend, blafs 
ocherfarbig, gegen die Mitte mit grolsem Rostllecken. — €. bipli- 
cata K. gelblich, nach vorn convexer, nach hinten stumpf, etwas 
rauh, in den Seiten zwei Querfalten. — C. compressa K. nach 
hinten convexer, Rücken eben, sehr glänzend, Körper schimmert 

elblich durch die weilse Schaale, neben dem Auge eine ocher- 
arbige Binde. — €. lucida K. bolınenförmig, nackt, glatt, 
glänzend, ocherfarbig, mit zwei dunklern Flecken. — ©. galbi- 
nea K. nach hinten sehr verdünnt, gelb, mit zwei braunen 
Rückenflecken. — C. gibberula K. ungemein klein, wie die 
vorige gestaltet, meist ins Grüne ziehend, mit zwei schwarzen 
Rückenflecken. — C, serena K. klein, ocherfarbig, vordere und 
Rückenwand, so wie eine schmale Querlinie braun. — Alle diese 
Arten sind aus bairischen Wassergräben. * 

Eben so hat die Gattung Cyclops für die deutsche Fauna 
durch die Untersuchungen desselben Forschers bedeutenden Zu- 
wachs erhalten. Das 21. Heft von „Deutschlands Krust., 
Myriap. und Arach'” enthält davon folgende neue Arten: 
Cyclops pictusK. fast wasserhell, Rückenfläche mit zwei, nach 
aulsen verästelten grünen Längsstreifen, Aftergabel lang. — Aus 
der Donau. — €, pulchellus K. röthlich, mit nach aulsen ver- 
zweigter rostrother, nach Innen gelblicher Rückenbinde, Aus 
kleinen Weihern. — €. agilis K. blals, mit spindelförmigem, 

elben Rückenfleck und einem dergleichen kleineren auf dem 
Ders Theile des Leibes; Gabel mit zwei sehr langen Borsten. 
In Wassergräben. — C. vulgaris K. gelblich, ein Längsstrei- 
fen auf dem Rücken und ein dergleichen kleinerer auf dem Hin- 
leibe, orangefarbig. In Wassergräben. — C. obsoleius K, 
durchsichtig, farblos, mit rostfarbigem Längsstreifen auf dem 
Rücken. In kleinen Weihern. — Ü, annulicornis K. weils- 
lich, mit ocherfarbiger Rückenbinde, zwei Segmente der Anten- 
nen und drei des Körpers, am Rande schwarz, Gabel kurz. In 
Wassergräben., — C. bistriatus K. (Monoecl. quadricornis De- 
geer.) vorn fast ocherfarbig, hinterer Theil des Rückens bläulich, 
Rückenbinde roth, schwarzgesäumt; die kurze Gabel mit langen 


*) Auch in frühern Heften, die vor dem Jahre 1838 seit 4835 er- 
schienen, sind noch einige neue Arten aufgeführt, der Mangel an Raum 
gebietet aber, nur auf die im vergangenen Jahre erschienenen 6 Hefte 
(Heft 47—22) Rücksieht zu nehmen, 


260 


Borsten versehen. — C. signatus K. weilslich, Hinterrand des 
Kopfes schwarz, ebenso ein viereckiger Fleck am Vorderrande 
des Bruststücks und zwei Längsstreifen auf dem Rücken. Gabel- 
borsten lang. — C. phaleratus K. gelblich, mit 3 Längsstrei- 
fen auf dem Rücken, (einem mittlern-blutrothen und zwei seit- 
lichen blauen). — C. lucidulus K. blals ocherfarbig, erstes 
und drittes Körpersegment weils, Rückenbinde und Sehwanz- 
segmente orangeroth. 

Zwei neue Entomostraceen sind im Anhange zu 
seinen „Groenlands Amfipoder” von H. Kroyer auf- 
gestellt worden, nämlich p. 82 ein sehr merkwürdiges Ge- 
schöpf Calanus hyperboreus K. Von allen bekannten Kru- 
staceen scheint sich dieses Thier am meisten Cyclops longicornis 
Müll. zu nähern. Da Leach jenen C. longicornis als nur mit 
zwei Fühlern versehen zum Typus einer neuen Gattung Calanus 
erhob, welche freilich vou Latreille nicht anerkannt wurde, 
so brachte Verf, seine Entdeckung, die sich eben hierdurch aus- 
zeichnet und sonst auch €. longicornis sehr nahe steht, zu dieser 
Gattung, die also nun wohl angenommen werden wird. Kopf- 
stück und der fünfgliedrige Leib bilden einen langgestreckten 
Halbzylinder, an das letzte Hinterleibsglied schlielst sich ein 
dünner, langgestreckter, fünfgliedriger Schwanz, an dessen Ende 
sich zwei Borstenbüschel befinden. Jeder Körperring istmit ein 
Paar Schwimmfülsen versehen. Kopf ist von den Körpersegmen- 
ten wenig unterschieden. Nur ein Paar Fühler vorhanden, 
welche stark gebaut und wenigstens so lang als der ganze Kör- 

er sind, die Ferien Glieder haben vier merkwürdige federartige 
Borstenfortsätze. Das Kopfstück hat an seiner Unterseite noch 
3 Paar fulsartige Organe, die wahrscheinlich Mundtheile sind. 
Länge 4. 
erner führt Verf. p. 91 ohne genauere Beschreibung eine 
neue grönländische Daphnia auf, nämlich Daphnia rectis- 
pina Kr. ist wahrscheinlich D. pulex Fabr. und deutlich von 
Müllers Art dieses Namens unterschieden, dessen D. longispina 
sie näher kommt, aber auch von dieser leicht durch die nicht 
gekrümmte spina zu unterscheiden ist. 

Auch scheint der von Grönland kommende Lynceus la- 
snellatus von der dänischen Art gleichen Namens verschieden 
zu. sein. 


Poecilopoda. 


Um diese Abtheilung hat sich Prof. van der Hoeven 
durch eine Reihe sorgfältiger Untersuchungen in zoologischer, 
wie zootomischer Hinsicht ein bleibendes Verdienst erworben, 
und seine Resultate werden, wenn gleich noch vielfach lücken- 
haft, doch auf lange Zeit als Commentar für die Naturge- 
schichte dieser Thiergruppe dienen. Ein hierher, gehöriger 
Aufsatz über die Gattung Limulus findet sich iu No. 47 des 


261 


Algemene Kunst-en Letterbode und zwei dergleichen 
(Notice sur le genre Limulus et les especes qui y apper- 
tient. — Note additionelle a larticle sur le Limulus) in 
dem Bulletin des sciences physiques etnaturelles 
en Neerlande redige par F. A. W. Miquel, G.d. 
Mulder et V. Wenckebach 1838; doch standen mir 
diese beiden Zeitschriften nicht zu Gebote. ' Das Allgemeine 
daraus hat aber Verf. selbst im vierten Hefte des vier- 
ten Jahrganges dieses Archivs S. 334—336 mitgetheilt. 
Aber alle diese Notizen sind ihrem Inhalte nach vollständig in der 
grofsen prachtvollen Monographie, die Verf. bald darauf her- 
ausgab‘, enthalten. Sie führt den Titel: Recherches sur 
V’histoire naturelle et l’anatomie des Limules 
par J.van der Hoeven. Avec 7 planches. Leyde 
chez Luchtmanns 1838. Fol. 


Zur Ergreifung der Nahrungsmittel dient hauptsächlich das 
erste sehr kleine, nur zweigliedrige Fulspaar. Der unter ihnen 
elegene trichterförmige Mund setzt sich in den Oesophagus 
Port. der horizontal in gerader Linie nach dem%Vorderrande des 
Cepbalothorax geht und sich hier fast unter einem rechten Win- 
kel nach oben als Magen wendet. Dieser ist seitlich zusam- 
mengedrückt, dickhäutig, auf der innern Fläche mit 15 Längs- 
reihen von Tuberkeln, die durch tiefe Furchen getrennt sind, 
versehen und stülpt sich kegelförmig in den auf ıhn folgenden 
Darm ein. In der Mitte dieser Verlängerung, die noch 6—7 Fal- 
ten zeigt, befindet sich der Pförtner. Im vordern Theile des 
Darms sieht man noch mehrere kreisförmig stehende Papillen, 
worauf einige zirkelförmige Falten folgen, während der übrige 
Theil des Darms Längsfalten zeigt. Nachdem der Darm vom 
Magen in gerader Richtung durch den Körper verlaufen ist, 
verengert er sich bei seiner Ausmündung vor dem Schwanzstücke 
in ein kurzes rectum. Auf dem vordern Theile des Darms, da , 
wo auf der innern Seite die Querfalten liegen, münden auf jeder 
Seite zwei Stämme, die aus der Vereinigung einer Menge Blind- 
earee die sich auf dem Darme verzweigen, entstanden. — Das 
erz ist ein langes, hinten und vorn kegelförmig zugespitztes 
unten plattes, auf der Rückenseite kantiges Rückengefäls, das 
mit ziemlich dicken Wänden versehen ist und in der Mitte des 
Cephalothorax beginnt. Auf jeder Seite desselben befinden sich 
7 konzen, mit elastischen, festen Rändern und zwei halb- 
“ mondförmigen Klappen und dicht unter ihnen entspringen 7 Ge- 
fälse. Der vordere Theil des Herzens verengert sich schnell 
und die Wände werden hier viel dünner. Von hier nehmen 
drei arterielle Stämme ihren Ursprung, nämlich ein ziemlich 
breiter, mit dünnen Wänden versehener auf jeder Seite, der 
sich nach unten und vorwärts krümmt und ein anderer iu der 


262° 


Mitte gelegener, der die Fortsetzung. des eigentlichen ‚Herzens 
bildet und von ihm durch eine Klappe getrennt wird. Dieser 
theilt sich zuletzt gabelförmig und diese Verzweigungen wenden 
sich nach aufsen, gegen die Seiten des Gephalothorax und jeder 
von ihnen theilt sich nach einander in zwei Aeste, die sich in 
den Zeugungsorganen zu verlieren scheinen. Zwei andere breite 
Gefälse entspringen gegen’ das zweite Paar der Herzensöffnun- 
gen und begeben sich nach vorn. Aus dem hintern "Theile des 
Herzens nimmt noch ein Gefäls seinen Ursprung, das sich in 
mehrere Aeste mit blinden Spitzen verzweigt. — Die fünfletzten 
Bauchfülse tragen an ihrer inuern Fläche die Kiemen, die aus 
vielen Lamellen bestehen, welche mit ihrer Basis fest gewach- 
sen sind. Jede Kieme hat etwa 130 solcher Blättchen, die unter 
dem Mikroskope Anastomosen von Gefälsen und in der Mitte 
einen dunklern, ovalen Raum zeigen. Diesen umgiebt ein deut- 
liches Gefäls, von dem aus sich viele Gefälse verästeln, während 
ein anderes Gefäls den ganzen Rand der Lamelle beherrscht. — 
Die Geschlechtsorgane liegen an der obern Fläche des ‚ersten 
Paares der Bauchfülse und sind. doppelt. Beim Männchen unter- 
scheidet man auf jeder Seite einen Fee eröhiitgen Tuberkel, der 
an seinem Ende mit einem Querspalte versehen und am. Grunde 
mit einer Hautfalte umgeben ist. Dieser Kegel ist selbst, nur 
eine Production der Haut, in dem der cylindrische, schief her- 
vortretende Penis mit seiner zweilappigen Eichel liegt, Von 
den innern Geschlehtsorganen ist dem Verf. nichts bekannt. 
Die Vulva wird von zwei, neben einander liegenden Lippen mit 

abgerundeten Rändern gebildet. Nach Innen setzt sie sich in 
den ziemlich weiten Eierleiter fort, der nach vorn und aulsen 
geht und im Cephalothoräx sich in zwei Stämme theilt, die sich 
später wieder verästeln und das Ovarium ausmachen, Wenn das 
Weibchen fruchtbar ist, so scheint der ganze 'Cephalothorax 
mit Eiern angefüllt. — Die Hauptmasse des Nervensystems bil- 
det einen länglichen Ring, der den Mund umgiebt. Die Seiten 
desselben werden noch durch drei querlaufende Neryenzweige 
verbunden. Die vordere Seite des Rings wird aus zwei koni- 
schen, dicht neben einander liegenden Anschwellungen (Gehirn- 
ganglien) gebildet. _ Von der Bauchseite gesehen, zeigt der Ner- 
venring 6 ziemlich dicke Nervenpaare für die Fülse, die mit 
Ausnahme des ersten, dünnern noch von einem accessorischen 
Nerven. begleitet werden und sämmtlich an den Seiten des Ner- 
venringes entspringen. Von der Rückenseite gesehen, läuft von 
den Gehirnganglien ein sehr dünner Nerv und vier andere von 
den Seiten desselben gegen den Vorderrand. — Der beträcht- 
lichste ist der nerv. opticus, der einen weiten, bogenförmigen 
Umweg, indem er zuerst nach oben geht, zum Auge macht. Am 
Nervenringe entspringen aufserdem »och einige feinere Nerven 
für die Muskeln der Fülse und endlich am Hinterrand 4 stärkere 
Nervenpaare, zwischen denen sich der, aus zwei eng mit ein- 
ander verbundenen Bündeln bestehende Nervenstrang durch den 
übrigen Körper erstreckt. Dieser theilt sich in der Folge in | 
zwei Stränge, die sich zuletzt wieder nähern und beide eine 


ie 263 


längliche Anschwellung bilden, von der Nerven zu den benach- 
barten Theilen und dem Schwanzsliele abgegeben werden. Im 
Leibe gehen von dem Nervenstrang noch mehrere zum Theil 
starke Nerven zu den Muskeln des Körpers. Auch ein new. re- 
currens s. sympathicus mit einer Anschwellung ist zu bemerken. 
— Hinter der corne« der facetlirten Augen zeigen sich Kegel, 
welche mit ihrer Basis auf den Facelten der come« aulliegen 
und deren Spitzen mit einem schwarzen Pigment umgeben sind, 
hinter welchem sich die Verästelungen des nerv. opticus, die 
durch die durchlöcherte Hinterwand des ‚Auges eintreten, ver- 
breiten. Einfache Augen sind nur zwei vorhanden; hinter der 
cornea derselben liegt ein weilser, sphäroidischer Körper, auf 
dessen ‚hinterer Seite schief der nerv. opticus eindringt. — Zur 
Insertion der Muskeln dient besonders eine sehnige Platte im 
Cephalothorax (das sternum cartilagineux von Straus-Durk- 
heim) von länglich viereckiger Gestalt, nach vorn mit zwei 
zylindrischen Fortsätzen, an denen sich ein Muskel festsetzt, 
der, wenn er mit einem andern, slärkern, langen Muskel zusam- 
men wirkt, die Brustplatte in die Höhe hebt. Die Fülse müssen 
diesen Bewegungen des Sternum, mit welchem sie durch meh- 
rere Muskeln zsuammenhängen, folgen, Ein langer Muskel, der 
am Hintertheile des szernum entspringt und sich in den Leib 
fortsetzt, beugt diesen abwärts. Ein andrer Anheftungspunet 
für Muskeln ist eine hornige Lamelle am Hinterrande des Ge- 
phalothorax, wo sich Muskeln inseriren, die das sternum rück- 
wärts ziehen, Dieser Lamelle an Gestalt und Lage ähnliche 
finden sich 6 andere an jeder innern Seite des Leibes, an wel- 
cher sich die Sehnen des Beugemuskels des Leibes anheften; 
so wie auch nach aufsen hin ein runder Muskel von ihnen sei- 
nen Ursprung nimmt, der die Bauchfülse hebt. Ein grolses 
Muskelpaar zieht den Leib gegen den Gephalothorax in die Höhe. 
Aulserdem werden im Leibe von Längsmuskeln 5 Parthien, eine 
mittlere und zwei seitliche, gebildet: sind die seitlichen allein 
thätig, so wird der Schwanzstiel nach einer Seite gezogen, sind 
sie alle thätig, so heben sie ihn gegen den Rücken. Zwei Beuge- 
muskeln desselben heften sich an seinem mittlern Höker. im 
Cephalothorax liegen für die Bewegung der fünf letzten Fuls- 
aare desselben 5 kurze und dicke Mukelpaare, die Anzieher der 
Fülse zu sein scheinen, während 5ähnliche, von diesen bedeckte 
Paare die entgegengesetzte Funktion ausüben, Die übrigen 
kleinern Muskeln sind von geringerem Interesse. 

Was nun den zoologischen Theil anbetrifft, so bringt Verf. 

die ihm bekannten vier Arten in folgendes Schema: 

A) Pedes cephalothoracis omnes utroque in sexu didactyli. — 
Limulus rotundicauda. Lair. 

B) Pedes secundi paris in maribus monodaciyli, veliqui di- 
dacıyli, in foeminis omnes didaciyi. — Limulus poly- 
phemus. Laır. 

C) Pedes secundi et tertii paris in maribus monodacıyli, reli- 
qui didacıyli, in foeminis omnes didactyli. — L, Moluc- 
canus Lair. — L. longispina. v. d. Hoev. 


264 


Die Arten der Gatt. Limulus halten sich nach v. Siebold 
auf dem Sande der Meeresküsten auf und werden zur Zeit der 
Ebbe vom Meer von den Ufern mit fortgerissen. Zur Bewegung 
auf dem Sande dient ihnen der Hinterleibstiel. Im Meere lie- 
ben sie seichte Stellen und heben hier ihren Stiel senkrecht aus 
dem Wasser empor. Ihre Begattung auf dem Uferrande findet 
in der heilsesten Jahreszeit statt, alle Weibchen sind dann voll 
Eier und nach einigen Monaten trifft man hier auch die Jungen. 
Der Limulus aus Japan, an dem das Gesagte beobachtet 
wurde, lebt von Mollusken, gestorbenen Fischen, die am Ufer 
liegen und vielleicht auch von Seetangen. Sie haben ein zähes 
Leben und können lange aufser dem Wasser zubringen, nur 
sind sie gegen die Sonnenstrahlen sehr empfindlich Fi um sich 
gegen sie zu schützen, vergraben sie sich im Sande. Die Ver- 
breitung sämmtlicher Arten ist‘ zwischen 40° nördlicher Br. — 
40° südlicher Br. $ 

In einem besonderen Anhange beschreibt Verf. noch die 
fossilen Ueberreste von 6 andern Arten, meistens nach Mitthei- 
luugen des Grafen Münster, die sich in der obern Juraforma- + 
tion und dem lithographischen Kalkschiefer fanden. — 


In einer Sitzung der philomatischen Gesellschaft zu Paris 
theilt Milne Edwards Untersuchungen über die Entwick- 
lung der Gatt. Limulus mit (U’Institut p. 397). Er hatte 
Gelegenheit Eier, die dem Ausschlüpfen nahe waren, zu unter- 
suchen und fand, dafs bei den Embryonen der Cephalotho- 
rax schon ganz so, wie bei den erwachsenen Thieren organi- 
sirt ist, während der Leibtheil nur erst drei Paar Anhängsel 
trägt und sich sehr in seiner Gestalt von dem Leibe der er- 
wachsenen Thiere unterscheidet. Der so sehr characteristische 
Schwanz endlich fehlt den Jungen noch ganz. 


Decapoda. 


E.Eichwald beschreibt in seinen Primitiae Faunae 
Caspii maris (Bulletin des natur. de Moscou 
No.2 p. 149—150) eine neue, unserem Flufskrebse und dem 
Art. leptodactylus Eschw. sehr verwandte Art. 

Astacus caspius Eichw. Länge 443, Thorax 9,4 breit 
und 5“ lang, sehr glatt, mit eingedrückten Puncten, und mit 
einem einzelnen, kleinen Dorn versehen; Kopf 74 breit und 
41“ lang, von der Spitze des Schnabels bis zum ersten Dorn 
13“, von hier bis zum zweiten 3, der ganze Rand daselbst 
mit Spitzen versehen. Die seitlichen Theile der Leibsegmente 
viel schmaler und. nach der Spitze zu viel schärfer, als bei Ast. 
fluviatilis, Scheeren wie bei 4st fluviatilis. Die mittlere Schwanz- 


| 


265 


lamelle oben quadratisch, 4% breit nnd. 2! lang, unten, über 
2“ und in der Mitte 2} breit, so_dals sie also verhältnifsmälsig 
viel länger ist, als bei Ast./leptodactylus und 4. fluviatilis, — 
Die Unterschiede ‘dieser Art von A. Auviatilis sind so fein, dals 
sie sich bei näheren und mehrfachen Vergleichungen wahrschein- 
lich nicht wird halten köunen. —  Aufserdem beschreibt Verf. 
noch eine interessante Varielät von A. leptodactylus Eschsch. 
aus dem caspischen Meere. 


Aus den vielen Bemerkungen, die Henr. Kroyer 


v 


“ gelegentlich bei Aufzählung der einzelnen Arten 


der grönländischen Fauna, sowohl in seinen „Groen- 


‚lands Amfipoder” als in seiner „Naturhistorisk 


“ 


Tidsskrift” macht,entlehnen wir folgende wichtigere: 


- Cancer phalangium Fabr. (Cancer Opilio Fabr.) palst 
in. keine der bisher aufgestellten Gattungen und mufs daher als 
Typus einer neuen Uhionoecetes Kr. angesehen werden, die 
zur Abtheilung Macropodia, in die Nähe von Inachus zu stellen 
sein wird, mit folgenden Characteren: „Cephalothorax plattge- 
drückt, fast dreieckig, ebenso breit als lang, mit breiter Stirn 
und sehr kurzem, zweitheiligem, horizontalem Schnabel. Das 
zweite Fulspaar mehr als doppelt so lang als der Cephalothorax ; 
das ‚dritte Fulspaar fast eben solang als das zweite, das erste kür- 
zer, aber immer.noch länger als der Cephalothorax, mit zuge- 
spitzten, sichelförmigen Scheeren, das zweite, dritte und 
vierte Fulspaar zusammengedrückt, das fünfte fast zylin- 
derförmig. Das dritte Glied der äulsern Kieferfülse fast qua- 
dratisch, eben so lang als breit, das vierte Glied an den innern 
Winkel des dritten geheftet; Augen dick und zurückziehbar, das 
bewegliche Endglied der äufseren Antennen sehr kurz. Der 
Hinterleib hat sechs Ringe. — Pagurus pubescens Kr: ist 
den englischen Reisenden und auch Fabricius entgangen, wie- 
wohl er an mehrern Punkten der grönländischen Küsten nicht 
selten scheint. Von Paguwrus Bernhardus M. Edw. unterscheidet 
er sich durch die, mit gelben Haaren dicht besetzten Fülse und 
Rückenfläche des Cephalothorax und durch die starke gezäh- 
nelte Leiste der rechten Hand,' welche sich von der Basis des 
Zeigefingers bis zur äulsern Leiste der Handwurzel erstreckt. — 
Crangon sepiemcarinatus Sab. (Sabinea septemcarinata, 
Owen.) Verf. zieht diese von’O wen: aufgestellte Gattung ‚wie- 


- der ein, da die Charactere derselben gröfsentheils auch der Gatt. 


Crangon. zukommen,, andere zu unbedeutend zur Begründung 


‚ einer neuen Gattung sind und einer endlich Baur unrichtig ist. 


Der in, „Groenlands Amfipoder” fraglich als Pandalus 


 narwal aufgeführteKrebs wird in dem Consp. Crust. Groenl.zu 


einer neuen Art P.borealis Kr. erhoben, die sich von P. annu- 


Zicornis durch schlanken, mehr zusammengedrückten Körperbau, 


durch den wenig gekrümniten Schnabel, durch 16—17 auf dem 
Cephalothorax, in“der Linie‘ von der Mitte desselben‘ bis zum 
Schnabel stehende Zähne, durch den kürzern Augenstiel, das 


V. Jahrg. 2. Bd, 18 


266 
diekere Auge, durch zwei‘Dornen auf dem Rücken des dritter 
Ringes und durch einen dergleichen au( ‘dem Hinterrande,, des 
vierten, und durch‘ den’ sechsten Ring, der viel. länger als der 
übrige Leib ist, unterscheidet. Mysis oculata F. ist-deutlich 
von we der dänischen Meerevunterschieden und Ross 
giebt fälschlich letztere als grönländisch an. vn Arlrige hal 
Capt. Ducane, welcher bereits in der brittischen 


Versammlung von 1837, seine Beobachtungen über die Meta- 
morphose der Garneelen (Palaemon variabilis und Crangon 
wulgaris) witgetheilt hatte, giebt in den Ann. of Nat. Hist. 
Yol. II. p. 178 und Taf. VI. und VII. ziemlich rohe Abbil- 
dungen und eine dürftige Beschreibung der verschiedenen von 


ihm beobachteten Entwicklungstadien jener Thiere. - 
Beim Ausschlüpfen aus dem Ei hatten die Jungen von Pa- 
Iaemon nach der gegebenen Skizze beide Fühlerpaare, 5 Fußs- 
aare, von denen die beiden ersten doppelte Schwimmflülse, 
Br Afterfülse, keine Schwanzanhänge, einen Stirnfortsatz ohne 
Zahn; nach den ersten Häuten sollen die Augen estielt er- 
scheinen, 5 Paar Schwimmfülse und 5 Paar Gangfülse und ru- 
dimentäre Afterfülse, aber noch keine Schwanzanhänge vorban- 
den sein, der Stirnfortsatz hat einen Zahn bekommen; nach der 
folgenden Häutung, soll am ‚Stirnfortsatz, ein zweiter Zahn bin- 
zutreten, die Afterfülse sollen mehr entwickelt sein, und ‘die 
Schwanzanhänge sich bereits vorfinden, im folgenden ‚Stadium 
3 Zähne am Stirnfortsatze, 6 Paar Schwimmfülse, die.wahren 
Fülse wie bei Erwachsenen, die Afterfülse noch mehr entwickelt, 
Schwanzfächer mit seinen Anhängen wie beim ‚ erwachsenen 
Krebse, dem er durch die folgende Häutung ganz gleich werden 
soll.. Bis dahin waren. ihre Beweguugen nur rückgängig, so wie 
sie aber der. Schwimmfülse ‚ledıg waren und, die Afterlülse 
gehörig entwickelt und haarig gefranzt waren, hörte die rück- 
gängige Bewegung auf. _ Achnlich waren die Larven von Cran- 
gon vulgaris beim ‚ersten Auschlüpfen, halten aber beim Aus- 
schlüpfen nur 3 Paar Schwimmfülse, zeigten eine drehende Be- 
wegung ‚und erlitten innerhalb 7 Tagen, wo sie starben, keine 
Veränderung. j 
*“ » Anm. des Herausgebers. Wem gleich die ziemlich rohen 
Beobachtungen des brittischen Seemannes bei"mir nicht grofses Zu- 
trauen auf ihre Richtiekeit erwecken konnten, so schien mir doch 
durch Rathkes Schilderungen früherer Embryonenzustände (Zur. 
Morphologie’S, 181.) die Möglichkeit ‚einer Metamorphose nicht unbe- 
dingt. ausgeschlossen. Namentlich fand ich darin.dafs den von R. untex- 
suchten fast reifen Embryonen noch die Afterbeine fehlten, während den, 
Fächer des Schwanzes früher als diese entwickelt war; ‚ferner darin, 
dafs das hintere Maxillen- und die ‚beiden‘ vorderen Fufspaare ‚zwei 
ästig, also schwimmfufsähnlich, die‘ drei hintersten ' Paare »einfach: 
.Aihar .4 


267 
Amphipoda. 


Ueber, die; grönläudischen. Arten dieser Abtheilung der 
Krustaceen erhielten wir eine ansführliche Monographie in der 
bereits mehrfach erwähnten trefllichen Schrift: „Groenlands 
Amfipoder, beskreune af. Henrik Kröyer.. Kopen- 
hagen‘ 1934. 4. mit 4 Kpft. 

Verf, nimmt die Amphipoden in der Begränzung vonMilne 
Edwards, auf dessen Abhandlung in den Annales des sciences 
naturelles Tom. XX. überhaupt seine Arbeit 'gegründet ist. Die 
vielen hier beschriebenen neuen Arten waren, wenn sie sich im 
königlichen Museum befanden, meistens schon vom Prof. R ein- 
hardt benannt und Verf. hat dänn dessen Namen beibehalten. 

4) Lysianassa Vahlii Rhrdt. mit kurzen, fast gleich 
langen Fühlern, diei der ganzen Länge ausmachen; Augen'ver- 
längert nierenförmig. Länge 4—5'. 2) Lys. Tagena R. An- 
tennen kurz, die untern um 3 länger als die obern ünd 4 der 
gänzen Länge einnehmend, Augen keulenförmig. Länge 12% 
3) Lys. appendiculosa Kr, Antennen länger, Are hnkkrhe um 
die Hälfte länger als die obern, und halb so grafs als’ die'gänze 
Länge. Die Glieder der Geilsel aller Fühler mit einem Anhäng- 
sel. Augen keulenföruig. Länge 13. — Diese 3 Arteh glaubt 
Verf. zu einer neben Gattung Anonyx vereinigen zu müssen, 
wenn man nicht Milne-Edwards Charakteriätik der Gättung 
Lysianassa selir bedeutend abändern wolle: denn offenbar miifste 
doch die monströse Dicke des Wurzelgliedes der obern Fühler 


waren u. s. w. eine Möglichkeit beide Beobachtungen’in Einklang’ zu 
bringen! Ich sandte demnach das Heft der Annals sogleich an Hr.R. 
und bat ihn die Sache einer Prüfung zu unterwerfen. Sie führte’ an 
unreifen Embryonen im Ei nur zu dem Resultate, dafs Du Cane 
sich in der Schilderung des Schwanzes geirrt haben müsse; doch ver- 
sprach R. die Untersuchung im Sommer an der norwegischen Küste 
von neuem vorzunehmen, Nach mündlichen mir in diesem Herbste 
gemachten Mittheilungen ergaben diese, dafs allerdings eine Art Me- 
tamorphose bei den Garneelen statt findet, deren genauere Beschrei- 
bang wir von Rathke bald zu erwarten 'häben. Inzwischen liefen 
auch Philippi’s Beobachtungen über die Metamorphose der Paau- 
ren ein. (S. Jahrgang VI. Bd. 1.). Es ergiebt sich also, dafs 'auch 
unter den Dekapoden die Entwicklungsgeschichte Verschiedenheiten 
zeigt und man bisher irrig die der Astacinen zu sehr generalisirt hat. 
Zum‘ Verständnisse der Beschreibung ‘von, Du Cane diene noch fol- 
gendes; Schwimmfüfse nennt er den äufseren ‚Ast, der Fufspaare‘ und 
der ‚hinteren Maxillen, der sich ‚bei einigen Garneelengattungen.lebens- 
länglich an den: Beinen, ‘wenn auch mehr ioder , weniger.\zudimentär 
als Pdipus Nlagelliformis erhält‘ (S.'mein.'Handb. 8. 354:"Anm); dies 
giebtimit Zuzählung des’ Palpus ‘der’ Maxillen'6 Paar Schwimmfüfse. 
18* 


268 


nnd der Mangel-der ‚Klauen: ‚und. sonstige eigenthümliche Bau 
des zweiten Fulspaares, indem es einen Schwimmorgare gleiche, 
auch 'eine ‘verschiedene Lebensart bedingen: Die Gattung ist 
kenntlich: an dem sehridicken, eiförmigen Wurzelgliede der obera 
Fühler, während das der untern viel schlanker und. zylindrisch 
ist, an den grolsen Augen, an dem kürzeren mit einer kleinen Klaue 
versehenem 'ersten Fulspaare, an dem ziemlich verlängerten zwei- 
ten Fulspaare, das sehr schlank und ohne Klane,'dafür aber am 
Ende des fünften Gliedes mit vielen dichten. Borsten »versehen 
ist, — 4). Gammarus Sabini Leach. Verf..macht bei dieser 
Art eine, Bemerkung, die auch für andere Amphipoden gilt un 
namentlich ‚bei Aufstellung neuer Arten in dieser Abtheilung 
sehr zu, beherzigen ist, dals man nämlich bei den Jungen keine 
Spur des Kamms und der; Formen, die sich;auf dem Rücken der 
erwachsenen Thiere zeigen, wahrnimmt, dafs die Zahl.der An- 
tennenglieder, in der, Jugend ‚viel geringer, als im erwachsenen 
Zustande sei, dafs ferner zu dieser Zeit die Antennen und Fülse 
dicker. und mit läugeren. Borsten versehen seien, .dals endlich 
sogar, die Form der Augen verschieden, der Kopf gröfser sei etc. 
—5),@. loricatus Sab. —. 6) G. pinguis Kr, Augen nieren- 
förmig, die: untern Antennen um } länger als; die obern, Rücken 
Bu die Hände des ersten und zweiten Fulspaares klein, fast 
linienförmig und mit einer kleinen Klaue: versehen, ein einziges, 
lamellenförmiges, hinten etwas dreilappiges und mit zwei sehr 
kleinen, Borsten versehenes Schwanzanbängsel. : Länge 53. 
6) @. locusta Montagu ist höchst wahrscheinlich der Fabrt- 
eische Oniscus pulex und stimmt ganz genau: mit den ;an,den 
dänischen Küsten vorkommenden Individuen, so wie auch mit 
denen an Spitzbergen überein, wiewohl die aus den nördlichen 
Meeren viel, grölser ‘werden. Auch vermuthet ‚Verf., dals diese 
Art mit Cancer nugax und Gamm, nugax der englischen Rei- 
senden, der nach ihren, Berichten ım Polarmeere sehr häufi 
vorkommen soll, identisch ist. 7) Amphithoe carinata R. 
mit geschnabelter Stirn, Schnabel borizontal, abgestumpft, mit- 
tellang‘;' Antenneh gleich grols; Augen klein, länglich eliptisch; 
Körper’ sehr zusammengedrückt; Rücken mit einer Leiste, weiter 
hinten’ gezähnt, die Klauen des ’5—7 Fufspaars nach aulsen und 
rückwärts gebogen; ein hinten tief eingeschnittenes, mit zwei 
kleinen Dornen versehenes Schwanzanhängsel. Länge 144 8). Am- 
Plithen hysiria.. Verf. weilst hier nach, wie’ wenig, Owen 
erechtigt sei, daraus eine nene Gattung: Acanthosoma zu bil- 
den; denn nicht,ein einziger von Owens Gattungs-Characteren 
‚könne als solche gelten, ja einige nicht einmal als .Artkennzei- 
chen. Eben so wenig wird Dune andere neue Gattung 
Acunthonotus anerkannt, sondern wieder mit Amphithoe ver- 
einigt. 9) Am.'serra (Oniscus serratus Fabr.) Verf: glaubt 
Fabricius Benennung nicht beibehalten zu dürfen, weil Say 
eine andere, sehr verschiedene Art der Gatt. Amphühoe.eben- 
falls serrata nannte und dieser Namesauch von Milne-Edwards 
angenommen ist, 10), 4. panopla  Kr..xomvsüdlichen.\Grön- 
land;. besonders ‚durch ..die Entwicklung. der yier ersten. Fulspaare 


269 


ausgeseichnet' Stirn‘ geschnabelt, Schnabel Ziemlich lang, ’senk- 
rechty zugespitzt, pyramidenförmig; 'dievobern: Antennen ‚wenig 
länger, Augen 'grols, Kabkıs aDrane erstes und zweites’ Fuls- 
aar, kräftig,’ mit grolser Iland und'Sporn am vierten Gliede, 
körper eckig, dreileistig; die vier vordern 'Epimeren: von \unge- 
wöhnlicher 'Gröfse» gleichsam ein ‚Schild bildend;: sein / hinten 
abgerundetes Schwanzanhängsel.: Länge 5". 11). 4. bicuspis 
R. Kopf ünbewaffnet, obere Antennen’ 'sehr»lang und) viel-län- 
ger als die untern, ae roth,'elliptisch,; die, beiden »ersten 
Fufspaare mit grofser; ziemlich kräftiger Handy Körper fast ’cylin- 
drisch, statt ‘der Kiele nur mit einem kleinen 'spitzen»Zahm ver- 
sehen, Länge.44. :42) 4: inermis R. (Oniscus eicada Fabr.?) 
Stirn geschnabelt, Schnabel sehr’ klein‘ zusammehgedrückt,! zu- 
re “'horizontal, 'verstecktj: Antennen (lang, vobere.;.küra; ' 
ugen rotb, 'nierenförmig;'' Hände‘ linienförmig; !umit» sehr 
kleiner. Kralle;''Körper verlängert, „zusammen gedrückt ; zwei 
verlängerte und zugespitzte Schwanzanhängsel: "Länge 34 
43) A. crenulata Rhrdt. (Oniscus abyssinus Fabr.?) Stirn und 
Schnabel wie vorhin, Antennen‘ sehr lang, fast von gleicher 
Länge, Augen! wie vorhin, drittes und; viertes Eufspaar, ‚so wie 
1-3 und ‚6 falsches Fulspaar, mit gehiederten Borsten, Körper- 
form wie vorhin, desgleichen auch die Schwanzanhängsel. 5"Mang. 
44) A. laeviuscula Kr. Kopf unbewaffnet, Antenhen gleich 
lang, 4 derı ganzen! "Länge 'betragend; \letzies Glied» der (ubern 
Fühlerwurzel mit einem spitzigen Fortsatz, Augen ‚grolsnieren- 
förniig, Hände kräftig, ein verlängertes abgerundeies Schwanz ° 
anhängsel. Länge 4". 45) Ischyrocerus anguipes! Kr: Wenn 
auch: in der meisten Beziehung. diese neue Gattung zui.den ‚Sal- 
talorien‘gehört, so nähert sie sich doch auch wieder.den Gresso- 
rien; wefshalb sie Verf. zu den springenden 'Gammarinen gesellt, 
indem! sie\ein:Mittelglied zwischeu diesen und den: schreitenden 
bilden wird. © Sie zeichnet sich aus» (durch (die, mit -grolsen 
BPalpen versehenen Mandibeln‘ und die fulsförmigien‘ An-, 
tensien; der Basilartheil der: Fühler viel länger’ als-die ‚Geilsel, 
welche‘nur: aus»sehr wenigen Gliedern; besteht, diesobern Kübler 
mibeiner kurzen .eingliedrigen Nebengeilsel,das ersteFulspaar klein, 
aber‘ Bere mit ‚einer Hand verseben „dasınzweite,Fulspaar am. 
een: ei verwachsenen Thieren-mit' einer ganz unlörmigen 
Hand bewaffnet. Länge der! einzigen! Art 54..146) Meioecus 
Medusarum Kr: (Onis! Medusarum‘ Fahr.) -Diese: Art palst 
nieht im die»Gatt. Zlyperia, wenn 'mam nicht: M.Edwards Gat- 
tungscharacter 'wesentlich verändern will, überdies scheint die 
Form des ersten’ Fulspaares merkwürdig genug, um :bierauf die 
neue Gatt.Metoecus zu gründen. | Das; erste und zweite Fuls- 
paar 'viel kürzer als die übrigen; aber ‚kräftig und «mit! schee- 
renförmiger Hand. Das vierte dreieckige Stück dieser Fülse, 
welches die Hand ausmacht, hat!anıseinem unteren Rande den 
zweigliedrigen Daumen und Finger.  Däs erste Glied des Dau- 
inens ist, grofs und konisch, das zweite hingegen ist’ eine kleine 
Kralle, der Finger ist kegelförmig, wenig ‚kürzer als der Dau- 
men und. der Innenrand beider Finger gezähnt. Im Uebrigen 


270 


stimmt, diese:\nieue  Gatt,; mit  Hyperia‘ überein, ' 17), Themisto 
arctice-Kr. (Th. Gaudichaudii Ross). Dals diese’ Art nicht mit 
Th. Gaudichaudii  Guerin identisch ist, glaubt Verf. mit guiem 
Grunde behaupten. zu können, dagegen fällt sie: wahrscheinlich 
mit Th. Gaudichaudi; Ross zusammen. 48) Th. crassicornis Kr, 
Obere Antennen zweigliedrig, sehr kurz, gerade, stark, Wurzelglied 
zylindrisch, Endglied konisch mit mehrern langen Borsten am 
Unterrande: versehen ; untere: Antennen dreigliedrig. Länge’ 44 
49) Destrigonus exulans ‚Kr. Wurzeltbeil der obern Fühler 
sehr’kurz, dreigliedrig; -Geilse | viermal (so: lang, vielgliedrig, 
untere’ Antennen wenig länger, die beiden ersten Fulspaareiohne 
Hände.‘ Länge 34. 20) Hyperia. oblivia Kr. von Gestalt 
H.: Lätreillii ähnlich. ‚ Obere \ntennen sehr kürz, ‚borstig; und 
kräftig, unten schlank, Geilsel dreimal so lang als der Basilarlheil, 
zweites'Eufspaar: schmächtig, ‚Hinterrand des dritten und vierten 
@liedes !'stielförmig; : verlängert, Kralle ungekrümmt, Fulspaare 
allmählig‘an Länge zunehmend, — a i 
BR TR 4soPp.o.da 

'“ Im-ersten' Anhange zu’ seinem Werke: „Groen- 
lands. Ämfipoder” beschreibt H. Kroyer drei neue 
Isopoden, haus) * NEE, 
v»u4) Praniza Reinhardi Kr. Länge ohngefähr 2%, Farbe 
gelblich. "Am nächsten scheint sie der. Praniza maculata West- 
wood, von welcher sie sich: unterscheidet durch das Verbältnils 
des’ Basilartheiles der. äulsern Fühler zu dem innern, durch’ den 
Thorax, der hier 'nur aus 4 Stücken. besteht, ete. — 2) Jaera 
nivalis Kr.:(Oniscus marinus Fabr.?) hat: im ‚\Habitus einige 
Aehnlichkeit mit einer Idotea, ist langgestreckt oval, fast linien- 
förmig, mit ziemlich'gewölbtem, gr der Mittellinie dachlörmig 
erhabenem’Rücken. “Farbe bräunlich, Länge etwa 2% und die 
grölste Breite, die der dritte und vierte Körperring zeigt, ohn- 
efähr 3% —Mehrere Umstände: in Fabrieius eichreibung 
Fihren zusder ‚Vermuthung; dafs dies sein Oxiscus marinus' sei, 
nur paßst(nicht, dafs 'er ihm zwei Fühler beilegt. , Die Art muls 
zu.den Aselloten Lair. als ein Glied, das zu der Gattung Jaera 
Leach überführt, gestellt wurden. Nur weil die Beschreibun- 
gen ‘dieser Gattung von Leach, Desmarest und Latreille 
so höchst unvollständig sind, muls 'es Verf. unentschieden lassen, 
ob seine vArt ‚nicht eher‘ eine neue Gattung ausmachen darf. 
Ein wichtiger Umstand, der dafür zu sprechen scheint, ist, dals 
die Kiemen :nur von'einer grolsen Platte, anstatt von zwei klei- 
nern, nebeneinander liegenden Platten bedeckt werden. — 3) Bo- 
pyrus hippolytes' Kr, Männchen und Weibchen entdeckte 
Verf. auf ‘Hippolyte polaris., Weibehen auf: dem Rücken 'schön 
orange,'gegen den’ Kopf und Hinterleib heller gelblich und mit 
einem -dunkeln' Streif längs ' der Mittellinie der 7 Kapeinge 
(natürlich der: darunter liegende, durchschimmernde Darmkanal). 
Bauch weilsgelb, nur die Brustfläche hellbräunlich oder violett. 
Länge 2'4, Breite 4", Männchen weilslich, Länge 4“ oder 


. 


271 


unbedeuterid ‚mehr, viermal so lang .alsı breit, die, Gestalt, also 
langgestreckt, schmal,, fast linienförmig, Rücken, wenig gewölbt. 
Asellus groenlandicus Kr. (Groenl. Amfipoder Anhang 
pP: 9%) ist Oniscus agquaticus Fabr. und vom Asellus vulgaris nicht 
recht zu unterscheiden ‚und Verf., führt.diese..Art nur. fraglich 
als verschieden an, da es ihm ziemlich unwahrscheinlich vor- 
kommt, dafs Europa und Grönland dieselbe Art in ihren süfsen 
Gewässern haben ‚sollte. % 
«07 Dr, ’Moore (berichtet in, Loudon’s Magazine, N..S. II 
P::206— 40 dafs,\.der, furchtbare, Feind der Hafen Limnoria 
terebrans auch ‚im ‚Hafen von Plymouth allgemein verbreitet 
sei; ‚zugleich ‚sucht 'er die Frage zu ‚lösen, ob dieses Thier ein- ' 
heimisch oder eingeführt sei. Aus seinen Untersuchungen folgt, 
dafs ‚dieses, Thier schon lange an den englischen Küsten 
existirte und dafs, wenn es überhaupt als eingeführt betrachtet 
wird, es doch jetztin England völlig einheimisch geworden ist. 

‚ Dürch Kochs eifrige Forschungen sind für die deutsche 
Fauna auch hier eine neue Anzahl neuer Arten entdeckt wor- 
den (Deutschlands Krustaceen, Myriapoden und Arachniden. 


Heft 22.) 
Porcellio nodulosa Koch knotig, rauh, 'schwarzbraun, 
auf beiden Seiten eine Reihe gelber Flecke, |Schwanzgabel 
kurz, letztes Glied lanzettförmig. .6.— 63“, Mit P.) scaber 
sehr‘ verwandt; in: Berggegenden, unter. Steinen ‚an: der Do- 
nau) Idea rosea Koch. Körper ziemlich gleich. breit, ‚ge- 
wölbt, fein geriefelt, ohne Glanz,: die, Ringe. an .den Hinter: 
sandswinkeln scharf zugespitzt, Schwanz ‚etwas verschmälert, 
Schwanzgabel ziemlich lang, die zwei Schwanzfäden ‚kaum so 
tangi als das Wurzelglied ..der Gabel. ‚‚Durchaus mennigroth. 
Länge 14% Unter Holzstücken und ‚Steinen, selten. — | Jtea 
riparia Koch. Braun, gelbmarmorirt, ‚der dritte, und ‚vierte 
Leibring’gelb. Länge 2. An Teichen unter Steinen, bei Re- 
nsburg häufig. — Ligia melanocephala K., Körper bräun- 
Tch Ib, mit'breiter dunkler Rückenbinde und einer Dee 
schmälern seitlichen. L.2—3. Unter Moos, in Wäldern bei 
Regensburg) nicht selten. — Oxiscus fossor Koch. Ziemlich 
gewölbt und glanzlos, rauh, braun, auf beiden Seiten des Rük- 
Kens init einer Reihe weilslichen Klecken. Die drei,letzten Leib- 
segmente mit zwei -gelben Flecken. 33. Im Regensburger 
-Stadtgraben' selten. — O0: minutus mit O.'Asellus verwandt, 
elblich mit schwarz vermischt und 5 schwarzen Flecken. Hin- 
terleib schwarz, mit fünf Reihen gelber Flecke, 3. Selten im 
Stadigraben zu Regensburg. ai 
Milne-Edwards theilt (Instit. p. 397) die Beschreibung 


einer neuen‘ Gattung. mit; ‚Anchylura. M. Edw. sehr ver- 
wandt mit Cymothoe, aber durch die Verwandlungen, denen- 


272 


sie unterworfen ist, sehr ausgezeichnet. Im erwachsenen’ Zu- 
stande ist der Leib von einem einzigen ‚Stücke gebildet, "wel: 


ches unten 6 Anhängsel. trägt, während. in der Jugend dieser _ 


Theil des Körpers durch 6 deutlich getrennte ‘und bewegliche 
Ringe gebildet wird. ‚, ala 
ll. Arachnidae. ee 

In der gewohnten Weise" wurde das bekannte Werk von 

©. L. Koch: Die’Arachniden, getreu nach ‘der Natur abgebil- 
det und beschrieben. Nürnberg 'bei Zeh. fortgesetzt und eser! 


schien davon das dritte, vierte und fünfte Heft des’fünften Bandes. 


" o 


'„dcearina 

Ein schätzenswerther Commentar für die Milben, der 
wenigstens in Hinsicht der Anzahl der aufgeführten Arten. die 
gröfsten Ansprüche auf Vollständigkeit. macht, ist Koch’s 
Deutschlands Krustaceen, Myriapoden und Arach- 
niden, ein Bilderwerk, das, wenn man die im Verhältniß 
geringe Anzahl von dargestellten Spinnen, Krustaceen und 
Myriapoden abrechnet, eigentlich nur ‚eine Iconographie der 
deutschen Milben zu nennen ist. ua rk 
Die einzelnen Arten sind leider ohne allen ARRSSHEHBAnE 
aufgeführt, und die aufgestellten neuen Gattungen‘ nicht, einma 
characterisirt.*) Was sich aus dem .nur oberflächlich -beschrei- 
bendem 'Texte und den, 'nur ‘die Gestaltumrisse  darstellenden 
Abbildungen, die gar keine Zergliederung einzelner Theile geben, 
entnehmen lälst, will ich, so gut es geht, mittheilen, wide 
Sämmtliche Milben scheinen in drei grolse Gruppen ‚zu 


zerfallen, in Schmarotzermilben, in frei auf dem Lande ‚lebende 
und in Wassermilben. en 
4) Die Schmarotzermilben. ‘Sämmtliche 'hierher.ge+ 
hörige Arten‘ schmarotzen auf Thieren oder leben ‚doch ‚wenig- 
stens in faulenden animalischen und. vegetabilischen; Substanzen, 
wie Käse, Obst etc, Hiervon beschreibt Verf. nur 45. Arten, 
wovon aber 13 neu sind. Heft 5: Sarcoptes palumbinus K. 
Auf der Ringeltaube. Sarcopı. musculinus K. Auf .der 
Hausmaus. Jcarus plumiger K. weils, mit mehreren gefieder- 
ten Borsten bedeckt. Laclaps agilis. — Heft 4: Pieropius 
acuminatus K. Auf Fespertilio noctula. Uropoda opacaK. 


N 


*) Schade, dafs mehrere der von Koch in Anwendung gebrachten 
Namen theils in andern Klassen verbraucht, theils bereits vorhan- 
denen zu ähnlich sind, so; Scyphius (Scyphicus bei den Fischen) 
Smaris (bei den Fischen), Celaeno (Chiropteren), Tiphys (Typhis bei 
"Isopoden) Spxo (Annulaten). Herausgeber. 


i 


273 
Hellochergelb; Auf Lithobius forfcatus. Dermanyssus mus- 


culi K. vorn weils, hinten purpurroth., Gamasus monachius 
&. Gelblich, hinten mit schwarzem.Flecke; das; zweite Fulspaar 
ungemein dick, ungestaltet, am Innenrande mit bogigen Fortsätzen. 
2) Landmilben, Sie bilden den Kern und die eigentliche 
Mitte der ganzen Milbenabtheilung und sind als der Typus. der- 
selben zu en auch, scheinen sie an Zahl der Arten die 
reichste ‚Gruppe auszumachen. ‚Koch hat in den bis Ende 1838 
erschienenen Heften: 215 Arten abgebildet, wovon allein494 Ar- 
ien.(!) neu, sind. Sie gehören zu folgenden Gattungen; Bdella, 
Scirus, ‚Oribata, Notaspis, Cheyletus, ,T'rombidium. . Eryihraeus, 
Smaridium, Rhyncholophus, Tetranychus, Rhaphignaihus, die schon 
von frübern Schriftstellern aufgestellt; wurden und deren Typus 
daher äls bekannt, vorausgesetzt werden muls und. zu folgenden 
neuen: Eupodes eine sehr artenreiche Gattung, wovon Verf. 
allein 28 Arten, abbildet, Die beiden Vorderbeine länger. und 
gewöhnlich. die beider Hinterbeine dicker als die übrigen Fuls- 
Paare; ein. mehr oder weniger deutlich gesondertes Bruststück, 
worauf die, grölste Breite, des Leibes, .die sich dann sogleich 
nach hinten stetig verschmälert, folgt. Am Ende des Hinterlei- 
bes einige, in Büschel zusammengestellte borstige Haare. 'E.hie- 
malis Het 19. in Gärten, Wiesen und Wäldern gemein, Hier- 
her.;auch. T'rombidium macropus Herm. — Scyphius, eine der 
vorigiensganz ähnliche Gattung, woyon. Verf. 12 Arten darstellt. 
Sie unterscheidet sich nur \durch. die, gleich ‚grolsen Fülse, den 
‚deutlichgesonderten Cephalothorax und den etwas, mehr. in die 
Länge ‚gezogenen Leib. — S. diaphanus (Heft 18) in der Erde 
‚der 'Blumentöpfe. — Linopodes, wovon 12 Arten. bis. jetzt 
‚dargestellt sind; Körpergestalt ähnlich wie bei T’rombidium, ohne 
deutlich‘ gesondertes Bruststück; durch die sehr ‚grofsen, über 
noch‘ einmal ‚so langen Beine, als der Körper leicht kenntlich. 
L. riparius K. Häußg an den Ufern. der Weiber. (Heft.18.) 
— Penihaleus Körpergestalt wie..bei den Gaätt. Eupodes und 
Scyphius, nur kürzer und viel ‚breiter, ‚so dals eine rautenförmige 
Gestalt entsteht. Taster kurz-und die Fülse von gewöhnlicher 
Länge. . ‚Es sind. 41 Arten abgebildet. Hierher gehört auch 
Trom. bipustulatum Herm.— P. virellus unter Moos.— Stig- 
anaeus, Yörper ähnlich wie bei T’rombidium, aber mehr oval, 
Beine kurz und dünn. Es sind5 Arten dargestellt. S2. eruen- 
dus Beh 4). — Bryobia. Körper länglich oval, die drei 
letzten ‚Fulspaare kürzer als der Körper, das erste wenigstens 
um 4 länger. 4 Arten sind abgebildet. — Actineda Körper 
vorn schmäler, hinten sehr breit und gerade abgestutzt,.so. dafs 
der ganze Körper, wenn man den Kopf nicht sieht, vierecki 
‚erscheint, Beine ‚plump und dick. 7 Arten. Hierher gehört IE 
‚Tromb. cornigerum Herm: — Smaris Körper nach vorn vier- 
eckig, nach hinten mehr abgerundet, 'Füfse nach dem Ende zu 
etwas dicker werdend. Nur eine Art. $. impressa K. (H. 15.) 
Tydeus, eine zahlreiche Gattung, wovon schon 13 Arten ab- 
gebildet sind. Ich kann sie nach den blolsen Abbildungen nicht 
näher von den sehr verwandten Eupodes und Scyphius unter- 


274 
scheiden! Ti sübtiks\ K., voruciatıs Ki: (Heft 20/) In’ Waldungen 
unter Steinen häufig. (Heft'20).—  Caligonus, Thorax nicht 
immer: deutlich‘ gesondert, "Körper länglich oval’, Hinterleib oft 
in eine‘ kurze -Spitze auslaufend. 7 Arten: ©. cerasinus. K. 
(Heft20). — Ewpulus'croveus K. Körper länglichrund, Ce- 
Peer deutlich "und ziemlich 'grofs, Körper‘ orangeröth, 
Pülse gelb. "Unter Moos in’ der‘Oberpfalz.' E. aninutissimus K. 
Mit der'Gatt. Seirus sebr ‘verwäandt.’(Heft 20). — ı Sejus Kör- 
per 'eiförmig,,' hinten aber abgestützt, bei 8. Hogaus’ K. zwei 
un und’ zwei'kleinere “Anhängsel. S, tesiaceus K. mit einem 
leinen Höker "am Hinterrande. (Heft 4.) — Zercon, nach einem 
ähnlichen. Typus: gebaut: Z. wiangularis K. lausfarbig, etwas 
durchsichtig. Unter Mo6s in Waldungen (Heft 4.) —'Nothrus. 
Eine köchst abentheuerliche Form, Cephalothorax'dreieckig, Leib 
viereckig, mit verschiedenen Fortsätzen, auf welchen hielt einz 
zelne dicke Borsten befinden. N. echinatus K. (Heft 2). — Pe- 
Zops. Hinterleib’ fast kreisrund,, mit! einzelnen‘ kurzen! Borsten 
und mehreren Kolbenzapfen am Grunde des Cephalothorax. An 
den Seiten des Körpers: Hügelförmige 'Auswüchse: (Heft we 
Zetes. Die’ flügelförmigen: Fortsätze noch mehr ‘ausgebildet, 
Kolbenborsten ebenfalls wie vorhin, also’ sollte keine neue »Gatl 
tung aus den drei Arten gemacht sein.  Z; dorsalis (Heft 2)» — 
Iphis oestrinus K. fast kreisrund, “ungemein 'glünzend;/men! 
nigroth. In feuchten Wiesen häufig. (Heft2.) — Hoplophora. 
Cephalothorax gewölbt und vom Leibe'abgeschnürt, letztere bei 
H. swicula‘K. mit keulenförmigen Borsten, bei H. decumanu K. 
mit einzelnen’ Härchen. — Oppia. Leib länglich'oval, mit deut- 
lichen Bruststück, Fülse bei O, glaxcina K. sehn"lang und mit 
kolbigem Endgliede, bei O. nitens K: kürzer, aber noch länger 
oder wenigstens eben so’ lang als’der Körper. (Heft’3.).—'Ce- 
phews.'Cephalotliorax' mit einzelnen Kolbenborsten 'undihervor- 
stehenden Seitenecken, Leib eiförmig geründet.‘ €; minuius K 
schwarzbraun, 'Hinterleib an seiner Wurzel gelb.‘ In feuchten 
Vertielungen: — Carabodes, der u Gatt. ‘sehr ähnlich. 
©. coriaceus K. In Moos! (Heft!3).— Celaeno: Körper eilörl 
mig, nach vorn sehr zugespitzt, bei''C. spinosa «K: hinten mit 
40 langen ‘Dornfortsätzen, bei 'G. plicatae K.‘ nur’ mit’ zweien. In 
Waldungen. (Heft 3.) — Hypöchthorius: Vorder- und Hin- 
terleib zusammen einen varlendrtipeh Kegel bildend,’ nämlich 
am Hinterrande fünf abgerundete' Ecken‘ oder-beiderseits‘ zwei 
runde Ausschnitte: H.rwfulus K. (Hefv3). — 'Mureit. "Eilör- 
imig, Cephalöthöorax mit zwei Kolbenborsten, Leib fast viereckig. 
M.' irimaculata K. — Eremüueus. Gephalothorax 'abgeschnürt, 
mit zwei Kolbenborsten, Leib’ fast rund. E. hepttieus Ko(H.3.) 
"v3) Wassermilben.‘ Koch hat bis jetzt‘45 Gattungen »mit 
467 Arten unterschieden. Von diesen können 'wir die Gatt Sax, 
Arvenurus)’ Hydrachna, Limnochares,; Eylais, deren Typus hin- 
länglich ‚bekannt ist, übergehen. ‘Zur nähern Betrachtung blei- 
ben ‘dann noch folgende Gattungen: das a 
Nesaea. Körper regelmälsig oval, mit ziemlich langen Bei- 
nen, das dritte und letzte Glied des hintern ‘ Falspaares der 


275 


Männchen slchelförmig 'gestaltet. Hierher z.| B. Hydrach.ınodata 
Miill., H. longicornis ar. und Hyd. fuscata Herm. Verf. hat 
bis jetzt 32 Arten geliefert. — Limnesia.ı Körper‘ Kugelrund 
oder auch etwas oval,. Beine kurz und schwach, 4.Augen. Hier- 
her z. B. Hydrach. maculata var. b. Müll. Verf. stelit 18 Arten 
dar. — Tiphys. Diese, so wie auch schon die vorhergehenden. 
Gattungen, die früher: alle" unter Aydrachna  zusammengefalst 
wurden, sind schwer 'auseinander zu halten, wofern: sie nicht 
vielleicht in den Mundtheilen Abweichungen 'darbieten , ‚deren 
Analyse äber auf den: Tafeln nicht gegeben: daher kann ich.diese 
neuen Gattungen weder verwerfen, noch rechtlertigen‘, so viel 
ist“ gewils, .dals sie zusammen den wahren Typus: der : Wasser- 
milben ausmachen. T'. decoratus K. — Hygrobates. Körper 
rand oder oval, Fülse mit einzelnen kurzen ‘Borsten;,'an :dem 
hintern Fulspaare zuweilen auch einzelne längere Borstenbündel. 
Bis jetzt 7 Arten bekannt. — Marica. Hierher z. B. Hydr«- 
chna musculus Müll. — H. ovalis M. — Verf. an 7 Arten, 
Körper hochgewölbt, stark zusammengedrückt, 'länglich‘ oval, 
Fülse und Taster kurz, erstere mit hintereinander stehenden Bor- 
stenbüscheln.. — Hydrochoreutes. Beine und Täster meistens 
sehr ‘lang, mit einzeln ‘stehenden Schwimmborsten und: sehr 
wenigen Borstenbüscheln. 5 Arten. — Hydrodroma. Körper 
rund von: bedeutender :Gröfse, Füfse im: Verhältnils'zum' Körper 
dünne und kurz, mit vielen langen Schwimmborsten, besonders 
an. den beiden letzten Fufspaaren. ‘5 Arten, ' worunter auch 
Hydrach. umbrata Müll. — Spio. Körper rund, mit vorstehen- 
den Ecken und Ausbuchtungen am Hinterrande; mit ungemein 
langen Fülsen und Tastern. 2 Arten, (Heft5.) — Thyas've- 
nusin Koch einzige Art’ dieser Gattung; mit grolsem länglich- 
rundem Körper, Beine von mittlerer Länge, ohne Schwimmbor- 
sten, nur mit'ganz kurzen Härchen. . i U 
‚ Ausführliche‘ Mittheilungen über die niedrigsten Gattun: 
gen der Schmarotzermilben, die uns besonders mit.der Lebens- 
art dieser so wenig untersuchten Thiere bekannt machen, ‚ver- 
danken wir den, besonders aus ärztlichem Interesse angestell- 
ten. Forschungen des Prof. E. Hering (Nov. Act. Physico- 
Medica Acad. Leop. Carol. N. C. XV 111.2. p.573— 624.) 


Den Häuptgegenstand dieser Arbeit bildet die Gattung Sar- 
coptes, während in einem Anhange einige neue Genera und 
Arten der Gatt. Acarus beschrieben werden. — Den Gattungs- 
character von Sarcoptes bestimmt: Verf. folgendermalsen: Kopf 
einziehbar, Rüssel zweiklappig, zwei oder vier fadenförmige Pal- 
pen, keine Augen. Körper rundlich, schildartig. Acht Lauffülse, 
die vier vordern am Rande des Körpers entspringend, mit Heft- 
scheiben; die vier hintern mit oder ohne Heftscheiben ; meist in 
langen Borsten endigend, entweder am Rande oder vom Bauch 
EOHBEN Bend. In Hautkrankheiten warmblütiger Thiere. Arten: 

4) Sämmtliche Fülse vom Rande des Körpers ent- 
springend. 8. equi. Das dritte Fulspaar mit je zwei langen 


276 


Borsten 'undv«einer' Heftscheibe versehen ‚das vierte Paar in je 
zwei kurze Haare endigend.  $, owis..' Das (dritte Fulspaar mit 
je'zwei langen Borsten; ohne Heftscheibe,,; das vierte Fulspaar 
mit einer Borste';und einer Heftscheibe..'. 8; cynotis.' Beide 
hintere Fulspaareje mit zwei Borsten, ohne Heltscheiben. 
vb) Die‘Vorderfüfse am Bande ..des Körpers, die 
Hinterfülse untensam Bauch entspringen d.' 8. hominis: 
Die hintern  Fülse in eine ‚Berste,, ohne-Heftscheibe, endigend; 
Hinterleib mit vier: Borsten. S. rupicaprae. Die hintern Fülse 
in eine Borste, ohne Heflscheibe, endigend;Hinterleib fast unbe- 
haart: S; cati. Das dritte Fulspaar mit einer langen Borste; 
das vierte: Paar. mit einer. Heftscheibe ‚versehen. ‚8. hippopo- 
dos.;. Alle‘8 Fülse mit langgestielten Heftscheiben,«ohne Böar- 
sten; ‘Hinterleib- mit: 8 ‚gefiederten  Börsten. ; $. nödulans dem ' 
S. hominis sehr ‘ähnlich, aber durch einen gelben, fast den gan- 
zen. Rücken: einnehmeden Fleck und.'etwas längere Fülse von 
ihm verschieden, übrigens nicht genau besebrieben. wn 
’ Die ausgekommienen ‚Jungen des S. equi besitzen nur ‚drei 
Fulspaare und nacıv 8—40 Tagen wächst erst das fehlende-nach 
wvrgl= Jahrg.A4. 2. 8: 349). Einewweibliche‘ Milbe-des;/$. ovis. auf 
ein- gesundes. Schaaf ‚gesetzt 5 ist im ‘Stande: die Symptome (der 
Krätze hervor zu bringen. Sie können‘ 'auch von dem «Schaafe 
entfernt mehrere Tage und Wöchen leben; ‚wenn nur! ein mäfßsi- 
ger Grad von Feuchtigkeit und Kälte, voihanden ist. S. cyno- 
4:5 lebt in.den Obrgeschwüren: und eiternden Stellen der Hunde. 
Verf. beschreibt noch »dearus.siro L.\genau;:'von ‚der. sich 
die: Milbe sülser Früchte Scar. passularum dureh die’ geglie- 
derten Tästen, die sehr, langen obern ‚Palpen.und: die ebenfalls 
weit längern 'Borsten am: Hinterleibe' unterscheidet. -Aufserdem 
stellt: Verf. noch zwei.neue Gattungen auf, nämlich‘4)) @Zyey- 
phagus. Mund wie bei Acarus, neben demselben zwei: dicht 
nliegende, kurze, ‚gegliederte Taster; keine ‚Rinne ;uwischen dem 
Bruch und Bauchstück; acht Fülse mit langgestielten Saugschei- 
ben. '@. prunorum Hering auf getrockneten, mit Zucker be- 
schlagenen Zwetschgen. 2) Melichares. Jin‘ ganzen“ Habitus 
von allen bekannten verschieden., Kopf zylindrisch , einziehbar, 
Rüssel zweiklappig, mit spilziger, erectiler Au zwei fu[sahn- 
liche gegliederte Taster neben dent Rüssel." M.- agilis Hering 
auf alten Datteln, Feigen und ..Zweischgen! .\Sie \ läuft‘\sehr 
schnell; mit den Tastern, so wie mit: dem. ersten und ‚zweiten 
Fufspaare schafft. das Thier seine Nahrung an den Mund; ‚mit 
den Hinterfülsen putzt es sich, wie.die Stubenfliege: . 
© Veber Argas Persicus theilt Traill einige Bemerkungen 
mit (PlInstitut p. 286). h ER NE nase 
In einigen Theilen von Persien herrscht der Glaube, dals 
das Thier "nicht blofs durch seinen Bils das Fiber verursache, 
sondern sogar den Tod. Zwei Districte dieses Reiches haben 
es besonders häufig und man versichert dort, dals wenn man 
unter freiem Himmel schlafen wolle, man sich dem gewis- 
sen Tode aussetze. Die verderblichen Wirkungen haben uns 


277 


Ker-Porter,'Morier und'ändere Reisendeberichtet; und zu 
der: Zeit, wo der General White Gesandter am persischen 
Hofe war, liels: ihn der Schach durch ‘einen Boten warnen, 
wegen der Menge dieser Milben: seine Zelte aulserhalb der: Stadt 
aufzuschlagen und darin zu übernachten. — Hiergegen bemerkt 
Dr. Bell, dafs er nie den Tod in Folge des Bisses -dieses Thie- 
res habe eintreren sehen, aber er habe viele Individuen gekannt, 
die sehr schwer darnach erkrankt seien. — Hope endlich macht 
auf eine ähnliche Art von St. Domingo aufmerksam, welche die 
Pferde'in die Ohren beilst und: bisweilen den Tod verursacht. 


Scorpionina 


‚Im. .dritten Hefte. des fünften, Bandes: von C. L. Koch’s 
Arachniden’ werden folgende zwei neue Arten abgebildet und 
beschrieben: 

 „Androctonus Priamus K. Jaya.— And. Margarelon. 
Vaterland unbekannt. — 

„Im vierten Hefte’ desselben Bandes; Androcionus halius. 
Portugal. — 4. clytoneus K. Africa... —' N 

‚Im fünften ‘Hefte desaelben Bandes: And. Iros K. (Scor- 
pio australis L.?) Südafrika, — And. Pandarus K.(Scor. Hot- 
deniolta Fabr.?) Sierra Leone. i 


= Ib A ranina, 
j In C.L. Koch’s Arachniden: werden ‚folgende neue Arten 
beschrieben. Bd. V. Heft. 37. 


Miranda porraca. Brasilien. — M. pictilis. Griechen- 
land. — M. venatrix. Brasilien. — Epeira fuliginea, Bra- 
silien. — Ep. Blohemica. Karlsbad. — Ep. lutea. Baiern. — 


Band V. Heft 4 enthält: folgende neue Arten: Dysdera = 


rubicunda. Deutschland. — D. crocata. Morea. — D. pun- 
ciata. Karlsbad. — Scytodes tigrina. Griechenland. — Scyı. 
erythrocephala. Nauplia. 

_ Band V.! Heft 5_ giebt folgende neue Arten: Sphasus gen- 
tilis. Morea. — S. pallidus. Westindien. — Lycosa Da- 
Zreillii. Südrufsland. — L. vultuosa. Vaterland unbekannt. — 
L. hellenica. Griechenland. — L. amylacea. Regensburg. — 
L. xylina. Algier. — L. rubiginosa. Oberitalien. — L. fa- 
meliaca. Morea. 


Ueber die ‚durch ihre Acclimatisirung in. Toscana merk- 


würdige und ihres Bisses wegen gefürchtete. dranea gut- 


tata Rossi (Latrodectes guttat. Walcken.) giebt H. Lam- 
botte in den Bull. de I Acad. d. Se. de Bruxelles. T. IV. 
p» 485 \nähern! Aufschlufs. — 


Im Jahre 1786 sahe' man’ diese Spinne: auf den Feldera"von 
Volterra in ‘zahllosen Schaaren und Niemand konnte‘ sich in der 


o 


278 


ganzen (Gegend erinnern, diese durch: ihr' schönes ‘Aussehen so 
sehr in die Augen’ fallenden "Thiere je ‚gesehen zu haben;, auch 
waren sie nirgends von einem Naturforscher: früher beachtet und 
beschrieben worden. ‚Da nun aber die Erndte .des’.Jahres 1782 
so schlecht ausgefallen war, dafs man eine grolse Menge Cerealien 
aus Africa und Sicilien einführen mufste, so ist es wohl höchst 
wahrscheinlich, dals ihre Gespinnste und Eier von'dort'her mit 
herübergekommen und sich so 'ansiedelten. In Italien leben sie 
auf offenen Feldern, auf Plätzen, die der Sonne ausgesetzt sind, 
im Winter ‘aber ‘balten sie sich ‘auf der Mittagseite alter ‚Ge- 
mäuer und unter Steinen auf. In Voltera, das auf einem fast 
konischen Hügel gebaut ist, kommen sie.nar auf dem südlichen 
und westlichen Abhange, nie auf dem nördlichen oder östlichen 
vor und dies scheint für ihren Ursprung aus Alrica zu sprechen. 
Sie sind furchtsam ‚und scheinen keine ‘Gewebe, sondern nur 
unregelmäfsige Fäden zu spinnen; auch greifen sie nur. Thiere 
an, die keine heftige Bewegungen machen. — Was ihren Gift- 
apparat betrifft, so besteht er aus "zwei 'Giftdrüsen} ‘welche in 
der Brusthöhle liegen und fast birnförmig sind. Sie'bestehen 
dus einem fibrösen, 'weilslichen äufseren Theil, und’ aus einem 
dunkeln, körnigen, innern, sind fast’ ‘dreimal so lang als die 
Mändibeln, und verschmälern sich nach vorn in einen dünnen 
Ausführungsgang‘, welcher sich in den Mandibeln fortsetzt und 
vorn an der Spitze am convexen Theile des Hakens’ durch eine 
kleine Spalte ausmündet. Vergleicht man diesen Giftapparat mit 
dem bei Epeira, so ist letzterer viel: weniger entwickelt. Auch 
ist der Innenrand der Kiefer bei Lairodectes nur mit Haaren, 

aber nicht mit Zähnen, wie bei Epeira besetzt. — 

NG, n 

; M y-ri,ap.o d.ausco« :' AN 
Eine Menge nener Myriapoden finden sich von Koch lin 
den von:Dr..Herrich-Schäffer: herausgeg. ‚Deutschl. Krust. 

Myriap. und Arachn; abgebildet und beschrieben. an 


Scolopendra Italica K. (S. morsitans Latr. Genr. cr. 
et ins. I. 78, 2.) . Ocherfarbig, glänzend, gleichbreit, das, erste 
Glied der Hinterfülse eben, an der innern Seite mit 4, an den 
Spitzen schwarzen Zähnen, die folgenden Glieder z findrisch, 
Antennen .49gliedrig. ‚Jenseits der Alpen, besonders bei Triest. 
Aulserdem hat Europa nach Verf. noch\zwei Arten; Sc, graeca 
K. Ochergelb, vier sehr kurze Zähnchen an der Innenseite der 
Schleppbeine, . ganz schwarz, Fühler mit 20—21 Gliedern. 
Länge 3% 49. "Griechenland. ‘Sc. 'clavipes K. Ochergelb, spin- 
delförmig, viele. Zähnchen ‚unten‘und an den -Seiten'ides ersten 
Gliedes: der Schleppbeine, das vierte Glied kalbenförmig., 17 Glie- 
der an den Fühlern. Länge 1 8 nähert sich Cryptops Savig- 
nyi Leach. Griechenländ: Die beiden ersten Arten stehen mit 
der ostindischen Sc. morsitans in naher Verwandtschaft... So, ger- 
manica (‚Gryptops.hortensis Leäch);,.dalsi.diese, Gattung einge- 
zogen wurde;-ist, wohl.zu billigen; welsbalb,,aber der.specifische 


\ 


279 


Name (geändert, ist,»sehe ich nicht ein... Die-leidige Namenum+ 
tauferei macht.die. ohnehin. hier',schon. ‚herrschende. ‚bedeutende 
Verwirrung nur noch, gröfser.. ,. 2 } ; 

Heft,3liefert:neue-Arten aus’ der Gattung, Geo- 
HBhilus, nämlich; G, linearis.K. linienförmig, blalsocher- 
gelb; Kopf. hinten und Hals, dunkler; „Hinterfülse 'zart,mit sehr 
kurzen Cliedeen, mit 75 Beinen ‚jederseits. In,Gärten. — @,.fer- 
rugineus K.: verlängert, spindellörmig, ‚mit dunkler Rückenlinie, 
Mandibeln länger. als. der Kopf. 45—47 Paar. Fülse. ‘In Wal- 
dungen, unter, Steinen. „— @.erassipies K., verlängert; spindel- 
förmig, ocherfarbig, Hinterfülse selir dick. In ‚Gärten. — Ferner 
Heft:.9:: G. brevicornis K. fast linienförmig, sehr lang, ocher- 
farbig, Seite des Kopfes dunkler, dazwischen eine schwarze, kurze 
Linie, Antennen kurz. Triest, 79 Beine, In. Gärten ‚tief in der 
Erde. — G.ıinemorensis.K. schmal,.nach vorn allmälig schnäch- 
tiger, ‚ochergelb, nach‘ den 12 ersten Ringen weißslich,hinteres 
Fulspaar mit ‚kurzen -Gliedern, ı 'Beiderseits,.39, Beine. ‚In, Keld- 
hölzern gemein, — . ehr - on Nach! 
u @eophilus 'hortensis«K. Gegen..das. ‚Ende, des Körpers 
allmählig..schmäler, ‚nit langen ‚Rüblern;,; rostrothem4Kopfe und 
zwei Längsflecken auf deinselben, Körperund-Füls&jgelb. 55 Euls- 
paare. 20 lang. ‚ In.der.oberen. Sehichte,'der Gartenerde. — 
G. subtilis K. spindelförmig, .lünteres:. Fulspaar’zart; ‚orange- 
farbig, mit zwei genäherten,'röströthen Rückenlinien und, einer 
deren verloschenen seitlichen und, gelben: Fülsen- and. An- 
tennen. 441 — 12 40 Fulspaare. Unter Moos in Wäldern. 

Diese Gattung, die nun um eine so grolse Anzahl Arten 
reicher geworden ist, wird auch einer um so schärfern Kritik 
bedürfen. Findet auch hier, wie ich nachzuweisen hoffe, die 
bei den Julinen gewöhnliche Metamorphose statt, so werden 
manche Art wieder eingehen. Auch vermuthe ich, dals die 
Thiere mit diekern Hinterfülsen jedesmal das andere Geschlecht 
zu den, mit dünnern Fülsen begabten Arten bilden werden, 
wofür ich zu seiner Zeit Thatsachen, die sich auf genaue Be- 
rücksichtigung der anatomischen Verhältnisse stützen, beizu- 
bringen denke. Hier mufs ich mich, da ich schon zu viel Raum 
für meinen Jahresbericht in Anspruch genommen habe, mich auf 
blofse Versicherungen beschränken. 

Gatt, Julus Heft 22: Julus foetidus K. braun, in den 
Seiten heller, die einzelnen Segmente tief gefurcht, Ränder mit 
Wimpern versehen, unten am Segmente ein langer Stachel. 
(Diese ausgezeichnete Art findet sich auch bei uns häufig in 
Gärten.) Jul. bilineatus K. Schwarz, mit zwei ocherfarbigen 
Rückenlinien. 18— 20. Auf Gesträuchen. (Ist auch bei uns 
gemein und durch die ansehnliche Grölse von J. sabulosus leicht 
‘zu unterscheiden.) J. fasciatus K. Rostfarbig, mit dunkler 
Rückenlinie und dergleichen schwächern seitlichen. 15 und 
nn Unter Steinen. (Bei uns selten, meistens unter abge- 
- fallenem Laube.) J. unilineatus K. schwärzlich, mit röthli- 

cher Rückenlinie 12— 13. In Baiern ziemlich selten. (Bei uns 
höchst gemein.) J. albipes K. schwarz, zylindrisch, dicht ge- 


" 


280 


fürcht,'mit weifsen langen Fülsen. 45— 204 und 48-52 Leib- 
ringe.’ Unter Steinen in’ Wäldern ziemlich selten. — J. pun- 
ctatus K. zart weilslichbraun, auf beiden 'Seiten eine Reihe 
schwarzer Puncte, auf dem Rücken braune Bogenstreifen. 74 Leib- 
ringe 56. Auf feuchten Waldwiesen ziemlich: selten.‘ (Leach 
bat schon’ einen J: punctatus beschrieben! Uebrigen scheint 
dieses dasselbe’ Thier, wie die von’ Koch beschriebene Art zu 
sein.) —  J.'similis K. bräunlich} mit’ kurzer’ Schwanzspitze; 
brauner Rückenlinie und einer Reihe schwarzer Flecken in den 
Seiten. 7% 41'Ringe. In\sumpfigen Wiesen selten. — J. fer- 
rugineus K. Die Ränder der Segmente gewimpert, rostbraun, 
in den Seiten eine Reihe brauner Flecke. 45% 36 —40 Seg- 
mente. (Ist wahrscheinlich ein ‚Junges einer bekannten- Art.) 
In feuchten‘ Waldwiesen, 2 | j 
Von der "Gattung "@lomeris werden’ Heft 4 zwei neue 
Arten beschrieben, nämlich: @l. nobilis' K.' Rostroth , mit 
schwarzen : Pünktchen überstäubt;''gelbgerandeten Segmenten. 
Jenseits der Alpen. — Gl. transalpina K. Roströth, jedes 
Segment an der Basis schwarz gerandet, der Afterring ‘zur Hälfte 
“ schwarz. Kleiner’ als: Gl. nobilis, sonst "aber verwandt. Ver: 
muthlich die Vorberge'der' südlichen Alpen. 2 j 
Uebrigens beziehe ich mich’ ‘hinsichtlich der ganzen 'Ab- 
theilung der Myriapoden auf die, von mir im Jahresb richt von 
4837 (vergleiche dieses Archiv, Jahrg. 1838 Heft VI.'346.) aus- 
gesprochenen ‘Grundsätze, h » ! 


ans 


IX. Inseeten 
Bearbeitet von 
W. Erichson 
4 


-YY enn bei der grofsen Ausdehnung, zu welcher das Gebiet 
der Entomologie nachgerade angewachsen ist, die meisten En- 
tomologen ihr Interesse und ihre Forschungen auf einzelne 
Theile desselben beschränken, so ist begreiflicher Weise Nichts 
mehr geeignet, den Fortschritt der Wissenschaft nach allen 
Richtungen hin zu fördern, als gerade dieser Umstand, der es 
möglich macht, eine volle Kraft und ein ungetheiltes Streben 
einem einzigen auserwählten Zweige der Wissenschaft zuzu- 
wenden. Aus demselben Grunde wird aber auch die Aufgabe 
für einen Einzelnen immer schwieriger, das Ganze der Lei- 
stungen, so wie es hier geschieht, zusamimenzustellen, und 
wo möglich durch ergänzende und berichtigende Bemerkun- 
gen der Zusammenstellung noch ein weiteres Interesse zu ge- 
ben, so dafs Ref. wohl auch für den gegenwärtigen Bericht 
auf die Nachsicht des Lesers rechnen darf, wenn demselben hier 
und da Lücken und Mängel aufstofsen sollten. 

Was die entomoloögischen Zeitschriften betrifft, so ist es 
für Deutschland von grofßser Bedeutung, dafs Herr Germar 
dem ungetheilten Wunsche aller deutschen Entomologen nach- 
gebend, die Redaction einer Zeitschrift für Entomologie 
übernommen hat, ein Unternehmen, welchem der nah und 
fern mit Recht gleich. hoch gefeierte Name des Herausgebers 
verbürgt, dafs es der Wissenschaft reiche Früchte eintragen 
' wird. Von den Annalen der entomologischen Gesellschaft zu 


Paris ist zur Zeit nur das erste Heft des Jahrganges 1838 in 
V. Jahrg. 2. Bd, . 19 


282 


Berlin eingegangen. Von Silbermanns Revue Entomologique 
ist bisher noch Nichts von demselben Jahre in unsere Gegend 
gelangt, und es ist daher bis auf eine darin enthaltene gröfsere 
Abhandlung des Herrn Chevrolat, die Ref. der freundschaft- 
lichen Mittheilung des Verf. verdankt, eben so wenig möglich 
gewesen, den Inhalt dieser Zeitschrift zu benutzen, als es im 
vorigen Jahre mit dem Jahrgange 1837 der Fall war. Von 
den Bulletins der Kaiserl. Soc. der Naturf. zu Moskau sind 
vier Hefte erschienen, von denen besonders die ersten beiden 
beachtenswerthe entomologische Beiträge enthalten. Die Eng- 
lischen entomologischen Zeitschriften, die Transactions of the 
Entomogical Society of London und das Entomogical Ma- 
gazine liegen vollständig vor, und von letzterem hält Ref. es 
für seine Pflicht, auch über den Inhalt des Jahrganges 1837 
den Bericht nachzuholen, der im vorigen Jahre leider ausfal- 
len mufste, Aufserdem sind noch einige Werke in diesen Be- 
richt mit eingeführt worden, die eigentlich schon die Jahres- 
zahl 1837 auf dem Titel führen, jetzt aber erst hier bekannt 
geworden sind, und zu wichtig erscheinen, um ganz übergan- 
gen zu werden. 

Im Entomological Magazine (1V/‘. p.365) ist Herr B—n 
aufgetreten, um sich der von Herrn Burmeister in seinem 
Handbuche der Entomologie entschieden ausgesprochenen An- 
sicht des Vorkommens einer generatio aeguivoca bei 
Insecten entgegen zu stellen. Der ungenannte Verf. hat mit 
vielen Gründen die Unhaltbarkeit dieser Meinung dargethan, 
dabei aber die Darstellung derselben ‘durch Herrn Burmei- 
ster wenig berücksichtigt, aus welcher am Ersten hervorgeht, 
wie wenig sie eigentlich noch einer Widerlegung bedarf. Die 
einzigen Insecten, denen von Herrn Burmeister eine gene- 
ratio aeguivoca zugesprochen wird, sind die Läuse und hier 
ist auch nur von Menschenläusen die Rede, deren Ueber- 
händnehmen bei einzelnen Kranken. zuerst auf die fragliche 
Ansicht geführt zu haben scheint. Wenn nun das häufigere 
Vorkommen der Läuse bei Kindern ebenfalls der generatio 
aequivoca Schuld gegeben wird, und Herr Burmeister Beide, 
Kinder und Kranke, durch die ihnen gemeinschaftlich zu- 
kommende grofse Neigung ihrer Secrete (eigentlich Exerete) 
zur Zersetzung als dazu gleich disponirt zusammenstellt, ist 


283 


ein hierin liegender mehrfacher Widerspruch nicht leicht zu 
übersehen, indem theils, wenn auch die Pathologie in eini- 
gen Krankheiten eine Neigung zur Zersetzung der Säfte 
annimmt, und die Excretionen sie auch in solchen unverkenn- 
bar haben, dem «indlichen Alter gerade das Entgegengesetzte, 
‚ein erhöhter Bildungstrieb von Seiten der Physiologie allge- 
mein zugeschrieben wird, theils da, wo Keime neuer Wesen 
gebildet werden sollen, gerade die entgegengesetzte Tendenz 
als die zur Zersetzung oder zur Auflösung in die elementa- 
ren Stoffe vorausgesetzt werden müfste. Die Theorie ‘des 
Herrn Burmeister ist auch der der Helminthologen ‘gerade 
entgegengesetzt, welche, indem sie das besonders häufige Vor- 
kommen der Eingeweidewürmer ‘im kindlichen ‘Alter eine 
durch die in dieser Lebensperiode überwiegende plastische 
Thätigkeit begünstigten spontanen Erzeugung zuschreibt, hierin 
wenigstens auf eine physiologische Thatsache gegründet ist. 
Nimmt nun Herr Burmeister die Entstehung ‘der Läuse 
durch generatio aequivoca deswegen als.nothwendig an, ‘weil 
sie den entsprechenden Arachniden, den 'Milben der 'Krätze 
und Räude, gleichfalls zukomme, so haben zwar neuere Er- 
fahrungen immer wahrscheinlicher gemacht, dafs auch hier die 
Milben nicht sowohl Produet als Ursache der Krankheit sind, 
indessen liegt doch auch wieder ein Widerspruch in der Art, 
wie Herr Burmeister die Entstehung der Läuse und Milben 
zusammenstellt, indem er annimmt, dafs dieselben Kräfte un- 
ter der Haut Milben, auf der Haut Läuse erzeugen, gleich- 
wohl die Zersetzung des abgelagerten -Schweifses als die Ent- 
stehung der Keime von Läusen bedingend 'aufstellt, ‘während 
die Lymphe der Krätzpustel nur so lange Milben produeiren 
soll, als sie unzersetzt ist. Die allgemeine Erfahrung spricht 
nur dafür, dafs Kinder zu ihren Kopfläusen und Erwachsene 
zu andern Läusesorten nur durch unmittelbare Mittheilung ge- 
langen, und wenn in einzelnen Fällen bei Kranken dies 'Un- 
geziefer in ungewöhnlicher Menge erscheint, so ist das Erste, 
was man anzunehmen hat, dafs es gerade in Krankheiten dem 
Kranken selbst unbemerkt sich zahllos vermehren konnte, 'be- 
sonders da, wo die Umgebung es am Wenigsten argwöhnen 
durfte. Die Existenz einer besonderen Species auf Siechen 
bedarf noch sehr der Bestättigung. Bei den Läusen hat es am 
19 # 


284 


Wenigsten: Noth, ihr Enstehen atıs naturgemäfs gelegten Eiern 
zu erklären, Bei den Entozoen reichen zwar unsere jetzigen 
‚Kenntnisse nicht hin, ‚nachzuweisen, wie die Eier derselben 
immer dahin geführt werden, wo die Würmer sich im thieri- 
‚schen Körper entwickeln, ‚es ist aber die Frage, ob deswegen.die 
generalio aequivocd es sein mufs, die die Würmer hervorbringt; 
wenigstens ist ‚bei vielen Insecten, namentlich bei manchen 
Parasiten, und vollends bei Parasiten in Parasiten, die Erklä- 
rung um Nichts leichter, wie ihre Eier so. gelegt werden, kön- 
nen, dafs die Larven’ an die Stellen zu gelangen ‚vermögen, 
wo wir sie finden, ‘und doch hat bei diesen noch Niemand ihr 
Entstehen aus naturgemäfs gelegten Eiern in Zweifel gezogen. 
Dafs ‘in den Antennen das Gehörorgan der Insecten 
zu suchen. sei, ist sowohl die Meinung vieler Entomologen 
‚einer früheren Zeit gewesen, ‚als auch gegenwärtig. die Ansicht 
.der ‚meisten Physiologen, und in diesem Sinne ‚soll sich auch 
Herr, Newport, der im Gebiete der: Physiologie der Inseeten 
schon. mehrere umfangreiche, wichtige Untersuchungen ausge- 
führt hat, ‚in. einem ‚sehr, ausführlichen Vortrage..in ‚der 'ento- 
mologischen . Gesellschaft zu London ausgesprochen haben. 
Eine ‚entgegengesetzte Meinung hat Herr Newman sich ‚herbei 
gelassen, im Magazine of Natural history zu entwickeln. 
Seine Gründe ‚stützen sich: vorzüglich auf die Verschiedenheit 
des! Baues. der Antennen von dem äufseren Ohr, der höheren 
Thiere, ‘wo. die. Entwickelung desselben. mit dem Bedürfnifs 
eines Gehörsinns im geraden Verhältnifs stehe, während bei 
den Insecten nicht.allein oft eine grofse Ausbildung des frag- 
lichen Organs sich fände, wo ein vorzüglich verstärktes Gehör 
‚ohne Beziehung zur Lebensweise des damit ausgerüsteten Thie- 
res erschiene, sondern. auch bei der Unmöglichkeit, dafs die 
vollkommen soliden Antennen den Schall aufnehmen, und 
in eine — auch nicht vorhandene — Gehörhöhle leiten, die 
Möglichkeit, dafs die Antennen die Vermittler des Gehörsinns 
seien, Gesetze der Acustik voraussetze, welche heut zu Tage 
den Philosophen noch ganz fremd seien. Es liegt aber sehr 
nahe, dafs, wenn ein Organ vorhanden ist, welches die Schwin- 
gungen der Luft, in denen der Schall beruht, unmittelbar zu 
empfinden, und die dadurch empfangenen Eindrücke geraden 
Weges dem Gehirn mitzutheilen im Stande ist, der ganze den 


285 


Schall auffangende und leitende Apparat von Ohrmuschel, Ge- 
hörgang und selbst Paukenfell wegfallen mufs. Dafs die An- 
tennen, so verschieden sie auch gebildet sein mögen, von den 
langen borstenförmigen Antennen derLocusten an, bis zu den 
kurzen Antennen der Cicaden und Fliegen, wo durch die oft 
gefiederte Borste eine feine Empfänglichkett für die Einflüsse des 
Schalls gegeben sein mufs, überall die Fähigkeit besitzen, die 
Schwingungen der Luft, welche den Schall ausmachen, zu 
empfinden, ist eine ebenso interessante als fruchtbare Betrach- 
tung, und wenn wir dies Organ oft in sehr hohem Grade ent- 
wickelt sehen, müssen wir wohl annehmen, dafs hier Manches 
gehört werden kann, wovon wir keinen Begriff haben. — Herr 
Newman will die Antennen lieber als Träger des Gefühls- 
sinnes betrachtet wissen, eine Ansicht, die diesen Organen in 
der deutschen Sprache längst den Namen Fühlhörner oder 
Fühler gegeben, und welche auch die Beobachtung hinrei- 
chend begründet hat; es fragt sich aber, ob dies Vermögen 
das andere, welches denn doch in seinem Wesen so sehr ver- 
schieden nicht ist, ausschliefst? 

In derselben Zeitschrift tritt Herr Clarke gegen Herrn 
Newman auf, und weiset durch Beobachtungen die Em- 
pfänglichkeit der Fühler gegen Einflüsse des Schalles nach, 
die Herr Newman ilınen abläugnet, geht aber offenbar zu 
weit, wenn er an der Basis der Fühler einen zusammenge- 
setzten Apparat aus Labyrinth, Paukenfell, innerem und äufse- 
rem Gehörgange annimmt, die durch eine im Gelenkkopfe des 
ersten Fühlergliedes enthaltene Oeffnung, (welche keine andere 
ist, als die, durch welche Nerven und Tracheen in den Füh- 
ler eindringen) als änfsere Gehörsöffnung dem Schalle zugäng- 
lich wären, wobei er in derselben Voraussetzung als Herr 
Newman befangen, die Antennen als dem äufseren Ohr der 
Säugethiere (auricula) analog anspricht. 

Unter den die Entomologie im Allgemeinen betreffenden 
Arbeiten ist zunächst Herrn Lacordaire’s Introduction 
4alUVEntomologie zu nennen, von welcher jetzt dem 1834 
erschienenen ersten Bande der zweite gefolgt ist. Es bildet dieses 
Werk einen Theil der Nouvelles Suites a Buffon. Der erste 
Theil enthält eine Schilderung des Insects nach seinen ver- 
schiedenen Lebenszuständen und nach seinem äufseren Bau, 


286 


der zweite behandelt zuerst den inneren Bau, und zwar zunächst 
die Wege der Ernährung, den Darmkanal mit seinen Anhängen, 
die Speichel-, Gallen- und Harngefäfse, die Organe des Kreis- 
laufs, die Respirationsorgane, den Fettkörper, die Absonderun- 
gen, — und zwar Seide, Wachs, Ausschwitzung (als Ueberzug 
des Körpers bei Lixus, Eurychora u, s. w.), Lack, Gift, Säu- 
ren, besondere Flüssigkeiten, Gerüche, Phosphorescenz, — all- 
gemeine Betrachtungen über Ernährung. Das nächste Capitel 
handelt von den Functionen des Empfindungslebens und schil- 
dert zunächst den Bau des Nervensystems, dann die Sinnes- 
organe, das Muskelsystem, das folgende Cap. die Fortpflanzung 
mit ihren Organen, und das Verhältnifs der Geschlechter, das 
darauf folgende den Instinct und die geistigen Fähigkeiten, 
das nächste die Geographie der Insecten und das letzte giebt 
einen kurzen Abrifs der Geschichte der Entomologie., 

Was die Behandlung des Stoffes betrifft, scheint Herr 
Lacordaire sich bei diesem zweiten Theil noch mehr als 
beim ersten in seine Materie hereingearbeitet zu haben. Alles 
Anatomische ist nur nach den schon vorhandenen Quellen, 
indefs mit grofser Umsicht und Belesenheit zusammengestellt, 
in den physiologischen Schilderungen hat der Verf. Gelegen- 
heit, seine auf seinen ausgedehnten Reisen gesammelten Er- 
fahrungen zu Hülfe zu nehmen, wobei er indefs die in den 
verschiedensten älteren und neueren Werken niedergelegten 
Erfahrungen, Beobachtungen und Ansichten nicht unbenutzt 
läfst. Ueberhaupt ist dies Werk in diesem Felde das beste, 
welches wir zur Zeit besitzen. Vor dem von Kirby und 
Spence hat es den Vortheil der Benutzung alles seitdem der 
Wissenschaft zugetragenen Materials voraus, und vor dem ähn- 
lichen Werke des Herrn Burmeister zeichnet es sich darin 
vortheilhaft aus, dafs die Kirby-Spence’sche Introduction 
mehr berücksichtigt als benutzt ist, und da, wo bessere, gründ- 
lichere Arbeiten vorhanden waren (z. B. über die Zusammen- 
setzung des Thorax) diese zum Grunde gelegt wurden. Uebri- 
gens geht Herr Lacordaire überall auf die ursprünglichen 
Quellen zurück, und auch Herrn Burmeisters Handbuch 
wird von ihm angeführt, wenn er in demselben eine neue 
Beobachtung oder eine selbstständige Ansicht. findet. Dem 
Capitel über die Geographie der Insecten ist eine besondere 


287 


Ausführlichkeit gewidmet, die um so mehr Dank verdient, als 
dieser Theil der Wissenschaft bisher noch sehr zurückgesetzt 
war. Herr L. erläutert zuerst den Einflufs äufserer Umstände 
auf das Vorkommen der Insecten, namentlich den der Nah- 
rung, der Temperatur, des Lichtes, des Bodens, anderer Or- 
ganismen, die Wanderungen, dann die Standörter (Statio) und 
die Zeit der Erscheinung der vollkommenen Insecten, und 
endlich die geographische Verbreitnng sowohl in Bezug auf 
die absolute und relative Zahl der vorhandenen Insecten, als 
auch in Rücksicht auf die Eintheilung der Ländermassen in 
entomologische Regionen. Solcher Regionen nimmt Herr La- 
eordaire nicht weniger als 40 an, es möchte aber natürli- 
eher sein, dieselben mehr zu verschmelzen und z. B. die In- 
dische Fauna mit der von Südchina, ebenso die von Europa 
und Sibirien als je einen, in mehrere Gliederungen theilbaren 
Körper zu betrachten, und andere, z. B. die von Japan, als 
aus zweien (der Europäischen und Indischen) combinirt an- 
zunehmen. Ebenso erscheinen die Faunen von Südamerica 
östlich der Anden und Westindien nur als Glieder eines Kör- 
pers, einen zweiten bildet die Fauna Südamerica’s westlich 
von den Anden, einen dritten Nordamerica, und die Stelle, 
wo alle drei über einander greifen, ist in Mexico. Madagas- 
kar, von Herrn Lacordaire als eigene Region betrachtet, 
ist dadurch merkwürdig, dafs nicht immer der Character der 
Fauna aus der geographischen Lage beurtheilt werden kann; 
denn offenbar stammverwandt mit Mittel- Africa (Guinea) ent- 
hält es manche Elemente aus der Südamericanischen Fauna, 
wie selbst aus der Identität einzelner Species hervorgeht. 
Wenn die Ausführlichkeit, mit welcher Herr L. in den Arti- 
kel über die geographische Verbreitueg der Insecten eingegan- 
gen ist, durchaus im Interesse der Wissenschaft war, darf es 
nicht als nachtheilig auffallen, wenn dasselbe auf Kosten der 
Geschichte der Entomologie geschehen ist, wo Herr Lacor- 
Jdaire sich fast auf eine Aufzählung und Beurtheilung der 
hauptsächlichsten Systeme beschränkt, wobei der Verf. um 
so unbefangener verfahren kann, als er kein eigenes Sy- 
stem zu vertreten hat. Sein Urtheil ist auch bei aller 
Kürze überall sehr treffend, und wenn sich dabei noch eine 
wohl begründete Pietät gegen seinen! grofsen Lehrer La- 


288 


treille erkennen läfst, scheint diese fast nur in dem Tadel 
durch, den HerrLacordaire über die hochfahrende Beurthei- 
lung, ausspricht, die der damals am Rande des Grabes stehende, 
hochverdiente Mann von Herrn Burmeister erfahren hat, 
und auch dies geschieht, nachdem er nachgewiesen, dafs dem von 
Herrn Burmeister aufgestellten Systeme keine einzige neue 
Idee zum Grunde liege, und auch in der von ihm gebrauchten 
Combination der Ideen Anderer keineswegs ein Fortschritt der 
Wissenschaft gegeben sei, auf eine höchst gelinde Weise. 

Ein sehr wichtiges Werk für die Entomologie ist ferner 
in der Introduction to ihe modern classification 
of Insects, founded on the natural habits and corre- 
sponding organisation of the different families von Herrn 
J. 0. Westwood erschienen. Der Verf. ist uns längst durch 
seine zahlreichen Arbeiten, die keine Ordnung der Insecten 
unberührt liefsen, als ein scharfsichtiger Systematiker und als 
ein ungewöhnlich genauer Beobachter bekannt, der die Wis- 
senschaft überall, wo er sich zeigte, «zu bereichern nicht ver- 
fehlte. In dem vorliegenden umfassenden Werke finden wir 
ihn darauf verzichtend, seine eigenen Beobachtungen darzu- 
legen, sich streng auf das in der Wissenschaft schon bereit 
gelegte Material beschränken, doch in demselben Maafse, wie 
er sich in dem ganzen weiten Gebiete überall gleich belesen, 
und mit den neueren nicht nur, sondern auch mit den älteren 
Auctoren ‚vertraut erweiset, wie er mit liebenswürdiger Be- 
scheidenheit dem Leser alle Auctoren, deren Ansichten und 
Beobachtungen er benutzt, selbst vorführt, in demselben Maafse 
zeugt doch jede Seite durch die getroffene Auswahl und An- 
ordnung für den kritischen Scharfbliek und feinen Tact des 
Verf., so dafs man mit eben so viel Belehrung als Behagen 
das Buch liest, welches auch Niemand entbehren kann, der 
das Bedürfnifs eines Ueberblicks über den heutigen Zustand 
der Wissenschaft hat. Dabei hat der Verf. noch ein Verdienst: 
er lehrt uns mit besonderer Vorliebe nicht sowohl die syste- 
matischen Charactere, für welche er bei jeder gröfseren 
oder kleineren Abtheilung auf die darauf bezüglichen Werke 
verweiset, als er die die Lebensweise und, namentlich die 
früheren Zustände betreffenden Notizen behandelt. Leider 
ist die Kenntnifs der früheren Stände bisher in den meisten 


. 


259 


Zweigen der Entomologie noch'sehr zurückgeblieben, und wenn 
es trotz dem Interesse, welches die Schwierigkeiten der auf 
die Erforschung derselben gerichteten Untersuchungen zu be- 
gleiten pflegt, scheinen möchte, dafs die grofse Mehrzahl der 
Entomologen mit den Mitteln, die Sammlungen zu ordnen 
und zu bestimmen, befriedigt wäre, hat die lange Vernach- 
läfsigung der früheren Stände doch hauptsächlich darin ihren 
Grund und ihre Entschuldigung, dafs das Bedürfnifs, vor- 
her die möglichst genaue Kenntnifs der letzten Stände zum 
Grunde zu legen, gefühlt werden mufste, und wird dann 
um so mehr gerechtfertigt erscheinen, wenn nach einer Reihe 
von Decennien, nach dem Gange, welche die Wissenschaft 
gegenwärtig nimmt, zu urtheilen, die gröfste Anzahl der bis- 
her über die früheren Zustände der Insecten vorhandenen Be- 
obachtungen ungenügend und zum Theil ganz unbrauchbar 
erscheinen werden, wobei indefs die heutigen gewissenhaften 
Beobachter keine geringere Ansprüche auf den Dank der Mit- 
und Nachwelt haben, als Herr Westwood, dem wir gegen- 
wärtig eine lange vermifste Zusammenstellung und Ueber- 
sicht dessen, was dem Wesentlichen nach bisher in diesem 
Zweige geleistet worden ist, zu danken haben. 


Nach einer Einleitung, die in möglicher Kürze die Structur 
der Insecten im Allgemeinen ins Licht setzt, geht der Verf. 
die verschiedenen Systeme der Entomologie durch, mit sorglicher 
Auswahl für die verschiedenen Systeme nur die bedeutenderen 
Vorfechter aufzuführen, für das’ auf Verwandlung gegründete 
Swammerdam und Lamark, wobei auch Newman nicht 
wohl zu übergehen war, wenn das Unpractische seiner Methode 
recht ans Licht gestellt werden sollte, für das auf die Flügel- 
bildung gegründete Linn undDegeer, für das auf die Mund- 
theile gegründete Fabricius, für das eclectische, das alle drei 
Methoden vereinigt, Latreille und Mac Leay, von dessen 
letzteren Systeme sich das des Verf. selbstnur wenig unterscheidet, 
obgleich durch verbindende Zwischen-Ordnungen, der Stre- 
psiptera zwischen Hymenoptera und Ooleoptera, der Euplexo- 
ptera (Ohrwürmer) zwischen Coleoptera und Orthoptera, der 
Thysanura (Thrips) zwischen Orthoptera und Neuropiera, der 
Homalopter a(Hippobossa) und Aphanipter.a(Flöhe)zwischen 
Diptera und Heteroptera, die practische Klarheit sehr getrübt 
wird, die den Eintheilungen des Verf. sonst im hohen Grade 
eigen zu sein pflegt. Obgleich Herr Westwood in seiner 
eigenen Anordnung die Hymenopteren an die Spitze stellt, be- 
ginnt er doch, um nicht gegen die zeitige Mode zu verstolsen, 
mit den Coleopteren, welche er nach den Fulsgliedern in 4 


290 


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zeiramera und Pseudotrimera, die letzten beiden den La- 
treille’schen Tetrameren und Trimeren entsprechend, welchen, 
nachdem die Xylophagen, zum Theil wirkliche Teirameren, 
von dem ersteren ausgeschlossen sind, bekanntlich noch. ein 
fünftes oder viertes Fulsglied zukommt, daher Herr Westwood 
einem von Herrn Burmeister gegebenen Vorschlage, der die- 
selben Abtheilungen als Cryptoteiramera und Crypiotrimera be- 
zeichnet, folgend, die Namen passend änderte, denn so wie 
wenigstens Herr Westwood diese beiden Abtheilungen auf- 
gestellt hat, kommt ihnen eine gemeinschaftliche Bildung der 
Fulsglieder zu. Allein die Abtheilung der Penztameren enthält 
so viele Tri-, Tetra- u. s. w. meren, dals sich nur wenige der 
bisher aufgestellten Unterabtheilungen ganz rein von Abwei- 
chungen erhalten, und es wiederholt sich selbst die Form der 
pseudo- tetra- und trimerischen Fülse in derselben, so dals nur 
die Abtheilung der Heteromeren rein und scharf begränzt da- 
stände, wären nicht die Cryptophagen, von denen die Männchen 
durchaus den Heteromeren angehören, während die Weibchen 
sich nicht von den Pentameren entfernen. 

Die Pentameren theilt Herr Westwood vorläufig in zwei 
Abtheilungen, von denen die erste Mac Leay’s Chilopodo- 
morphen, die zweite seinen Chilognathomorphen entspre- 
chen würde. Erstere zerfallen in zwei weitere Abtheilungen, 4de- 
und Rypophagen, die ersteren derselben auf bekannte Weise in 
die Land- und Wasser- Adephagen, letztere in die Philydrida 
(nicht Philhydrida zu schreiben), Necrophagen und Brache- 
Iyira, die vorletzten durch die Familien der Dermesten, einen 
grolsen Theil der Latreilleschen Xylophagen, die letztere durch 
die.Pselaphen ausgedehnt. Die Chilognathomorphen theilt 
Herr W estwood in drei Abtheilungen: Glavicornen (Byrrhen 
und Histeren), Lamellicornen und Serricornen. 

In der Anordnung der Heieromeren nimmt Herr W est- 
wood den umgekehrten Gang als Latreille, indem er mit den 
Pimelien schlielst. Die Pseudotetrameren zerfallen in die 
drei bekannten Familien der Rüsselkäfer, denen die Borken- 
käfer nicht unpassend angeschlossen sind, Bockkäfer und Blatt- 
käfer, die Pseudotrimeren in die Erotyliden, welche 
grölstentheils eigentlich Pseudoteirameren sind, Endomychiden 
und Coccinellen. 

Eine zweite Ordnung bilden die Ohrwürmer, welche Herr 
Westwood Euplexoptera nennt, eine dritte die Ortho- 
ptera mit den Familien der Blaiten, Mantiden, Phasmen, Ache- 
ten, Grylien und Locusten. 


Herr Newman hat im Entomological Magazine (IV. 
p- 234) das früher in derselben Zeitschrift entwickelte sieben- 
theilige System der Inseeten vertheidigt und theilweise weiter 
ausgeführt. Er geht davon aus: 1) dafs sich alle natürliche 
Gruppen in sieben kleinere Gruppen theilen lassen (auf dem 


291 


Papiere gewifs); 2) dafs von diesen sieben kleineren Gruppen 
eine vollkommner ist als alle anderen; 3) dafs jede der sechs 
untergeordneten Gruppen Formen enthält, welche sich gleich- 
mäfsig genauer an die vollkommenere anschliefsen, wenn auch 
wohl jede in einem anderen Merkmal, und 4) dafs man, um 
- diese Annäherungen zu berücksichtigen, die vollkommenste 
Gruppe in die Mitte stellen und: die übrigen sechs um sie 
herum ordnen mufs. Dafs die Natur zwischen den Abtheilun- 
gen, welche sie macht, zu vielfache Beziehungen läfst, dafs 
wir diese nicht besser übersehen sollten, wenn wir die Ab- 
theilungen auf der Fläche ausbreiten, als wenn wir sie in ge- 
rader Linie verfolgen, ist längst anerkannt, und was die 
Annahme des Herrn Newman betrifft, dafs die Gruppe, die 
ihre Beziehung zu allen übrigen habe, gerade die vollkom- 
menste sei, läfst es sich der Theorie nach als eben so begrün- 
det aufstellen, dafs die übrigen, die mehr ‚selbstständige Eut- 
wickelung haben, als die vollkommneren und höheren zu be- 
trachten sind. Herr Newman stellt die Neuroptera in die 
Mitte und entwickelt mit vieler Schärfe die Annäherungen, 
die die übrigen Ordnungen gegen dieselbe machen. Er hat 
diese Ordnung in demselben Umfange als Latreille angenom- 
men, theilt sie aber in 7 Familien, indem er die Latreille- 
schen Planipennes in 4 Familien, Termiten, Perlen, Pa- 
norpen und Hemerobien auflöst, die mit den übrigen La- 
treilleschen, den Libellen, Ephemeren und Phryganeengleichen 
Werth hätten, worin ihm übrigens schon Herr Pictet voran- 
gegangen ist. Wenn er aber bei der Vergleichung dieser ein- 
zelnen Familien auf die Verhältnisse der einzelnen Thorax- 
ringe Werth legt und z. B. den Gegensatz von Perla und 
Ephemera hervorhebt, indem hier der Prothorax und Meta- 
thorax fast ganz zurücktreten, dort überwiegend entwickelt 
sind, sollte ein philosophischer Auctor, als welcher Hr. New- 
man hier auftritt, billiger Weise nicht bei der äufsern Form 
stehen bleiben, die durch das Verhältnifs der Extremitäten 
bedingt wird, von denen die Entwickelung der Muskeln in den 
verschiedenen Theilen des Thorax abhängig ist, diese wieder 
von dem Gebrauch der Theile, denen die Muskeln angehören, 
daher bei den Ephemeren der Mesothorax sich entwickelt, weil 
diese Thiere mit den Vorderflügeln fliegen, bei den Perlen 


292 


zurückbleibt, weil bei ihnen dieselben Flügel hauptsächlich 
nur Deckflügel sind. Ä 

Ferner zeigt Herr Newman, dafs sein System alle übri- 
gen, das auf. die Flügel, auf die Mundtheile und die Verwand- 
lung gegründete, in sich. vereinige; überhaupt ist seine Anord- 
nung im Sechseck, ‚mit den Neuropteren in der Mitte, wenn 
man diese letzteren trotz des verschiedenen Typus in der 
Metamorphose und dem verschiedenen Bau der Mundtheile 
im Latreilleschen Sinne als eine Ordnung annehmen will, sehr 
sinnreich, schwebt aber zu sehr im Allgemeinen, um irgend’ 
einen practischen Nutzen abzuwerfen. 

Ein anderer‘ gleichfalls nur skizzenhafter Versuch, die 
Ordnungen der Insecten zu bestimmen, ist vom Ref. gemacht, 
und in den Mittheilungen aus den Verhandlungen naturfor- 
schender Freunde zu Berlin, so wie in Germars Zeitschrift 
für die Entomologie bei Gelegenheit einer kleinen Abhandlung 
über Mantispa (s. u.) das Wesentliche desselben mitgetheilt 
worden. Es war ursprünglich nur (daran gelegen, einen durch- 
greifenden von der Flügelbildung unabhängigen Unterschied 
zwischen den Orthopteren und Neuropteren zu ermitteln. 
Die Untersuchung des Mundes der verschiedenen Formen bei- 
der Ordnungen wies auch einen sehr bestimmten und ausge- 
zeichneten Typus nach, in: welchem alle: Neuropteren mit 
unvollkommener Verwandlung mit den bisherigen Orthopte-: 
ren übereinstimmen, und Ref. glaubte um so mehr Veranlas- 
sung zu haben, beide zu vereinigen, als sich bei der zweiten 
Insectenordnung, die dieselbe Form der Verwandlung hat, den 
Hemipteren, eine ähnliche Differenz in der Flügelbildung zeigt, 
so dafs die bisherigen Orthopteren den Heteropteren, die 
bisherigen Neuropteren mit unvollkommner Verwandlung den 
Homopteren gegenüberstehen; es läfst sich auch, wenn man 
eine Parallele zwischen beiden Ordnungen zieht, überall eine 
entsprechende Flügelbildung in beiden nachweisen. Es bilden 
dadurch die beiden Ordnungen mit unvollkommener Verwand- 
lung einen Gegensatz zu denen mit vollkommener Verwand- 
lung, indem bei diesen die Flügelbildung bei einem bestimm- 
ten Typus bleibt, bei jenen die verschiedenen Typen stufen- 
weise durchläuft. Die Familien, welche nach dieser Ansicht 
von den Neuropteren entfernt, und den Orthopteren auge- 


293 


reiht werden, und die sich in. der Helm-, (galea) förmigen 
äufseren Maxillarlade und der vierlappigen Unterlippe, mit 
eingelenkten äufseren Lappen mit den Orthopteren. über- 
einstimmend zeigen, sind Termes, Perla, Psocus, Libellula, 
und ihrer ganzen Naturgeschichte nach auch Ephemera. Die- 
selbe Bildung des Mundes findet sich auch, bei Lepisma, das 
bei näherer Betrachtung eine grofse Annäherung an  Blatta 
zeigt. Die Ordnung der Neuropteren ist auf die drei Fami- 
lien Hemerobien, Panorpen und Phryganeen beschränkt 
worden, für welche ein ‚gemeinschaftlicher Ordnungscharacter ' 
schwerer zu ermitteln ist, weil sie in vielen Puneten sich. 
bald .an diese, bald .an jene Ordnung anschliefsen. : Dafs die 
Bildung der Flügel auch für die Insecten mit vollkommener 
Verwandlung nur ein Merkmal zweiten Ranges sei, ist vom 
Ref. ebendaselbst nachgewiesen ‘und zugleich angedeutet, dafs 
auch hier die wesentlichen Charactere im Bau; des, Mundes 
und namentlich in den Verhältnissen: der einzelnen Theile des 
Mundes zu einander liegen, welche seit Fabricius von kei- 
nem Systematiker benutzt sind, obgleich uns durch Savigny 
eine tiefere Einsicht in dieselben eröffnet worden ist, und die 
auch dann nicht als rein künstliche Kennzeichen angesehen 
werden können, wenn man ‚davon ausgeht, dafs die Charactere 
durch die Abtheilungen, nicht aber die Abtheilungen durch die 
Charactere bedingt werden. 

Herr Hope hat in einem in der Brittischen Gelehrten- 
Versammlung zu Newcastle gehaltenen Vortrage sich über die 
gegenwärtig gebräuchliche Klassification der Insecten ausge- 
sprochen, und besonders 4 Puncte aufgestellt, deren Beherzi- 
gung von Wichtigkeit ist: 1) wirft er den modernen Entomo- 
logen vor, dafs sie nur Merkmale, die in der äufseren Orga- 
nisation liegen, berücksichtigen, und wer möchte hier nicht 
beistimmen, wenn von solchen Kennzeichen die Rede ist, die 
nur im Habitus begründet sind? — 2) bemerkt er, dafs wenn 
die innere Structur zu Hülfe genommen wäre, der Bau des 
Darmkanal eine Hauptrolle spiele, welcher, wie er, obgleich 
gegen die allgemeine Ansicht und doch nach Umständen nicht 
ohne Grund, hinzufügt, dazu'nicht geeignet wäre, indem seine 
Structur von Lebensweise und Nahrung des Thieres bedingt 
werde, — 3) Sieht er nicht mit Unrecht darin einen Mangel, 


294 


dafs man nicht von einem einzigen Princip bei der Classification 
ausgehe, und oft Kennzeichen für dieselbe in Anwendung bringe, 
welche im Grunde unwesentlich und untergeordnet wären. — 
4) Spricht er seine Meinung dahin aus, dafs es nur ein ge- 
naues Studium des Nervensystems wäre, welches auf ein na- 
türlicheres System als die heutigen leiten würde. Was bis 
jetzt über das Nervensystem der Insecten allgemeiner bekannt 
ist, eignet sich allerdings nicht dazu, diese Ansicht zu bestät- 
tigen, und namentlich scheint die Vertheilung der Ganglien, 
worin sich noch am Ersten bei verschiedenen Inseeten Ver- 
schiedenheiten wahrnehmen lassen, mit den systematischen 
Verschiedenheiten in eben so wenig Beziehung zu stehen, als 
mit der äufseren Structur selbst, so dafs das vonHerrn Bur- 
meister aufgestellte Gesetz, wonach die einzelnen Ganglien 
um so bestimmter sich absonderten, je bestimmter die Gliede- 
rungen des Körpers gehalten wären, und in dem Grade mit 
einander verschmölzen, in welchem die Segmente, denen sie 
angehören, mit einander verwachsen, so scheinbar es theore- 
tisch auch sein mag, practisch doch sich so wenig bewährt, 
dafs ein kleiner Kreis von Erfahrungen schon hinreicht, mehr 
Ausnahmen gefunden zu haben, als Fälle wo es zutrifft. Un- 
ter diesen Umständen würde es in mehr als einer Hinsicht 
von grofser Wichtigkeit sein, wenn Herr Hope die Thatsa- 
chen, auf welche sich jene Aufstellung gründet, veröffentli- 
chen, und damit denen, welche diese interessanten Forschun- 
gen weiter verfolgen möchten, für diesen Zweck eine Anlei- 
tung geben wollte. 

In Bezug auf die geographische Verbreitung der 
Insecten hat Herr Walker im Magaz. of Nat. Hist. eine 
Idee ausgesprochen, die darin beruht, dafs er das Atlantische 
Meer und den stillen Ocean mit dem ‘Indischen Meere als 
zwei grofse Bassins betrachtet, an deren entgegengesetzten 
Küsten entsprechende Formen von Insecten sich fänden. Dafs 
eine Analogie zwischen den Insecten des südwestlichen Ame- 
rica mit denen von Indien bestehe, läfst sich aber nicht 
wohl annehmen, und wenn der Verf. auf eine Uebereinstim- 
mung derer der Philippinen und Chile’s hinweist, so weils 
Ref. nicht, welche Insecten der Verf. dabei im Sinne gehabt. 
Zwischen den gegenüberliegenden Küsten des Atlantischen. 


295 


Meeres ist eine Analogie in der Inseetenfauna zwar um so we- 
niger zu verkennen, je mehr man sich dem Polarkreise nähert; 
doch ist sie nieht auf die Küsten beschränkt, sondern breitet 
sich über die ganzen Erdtheile aus. Wenn der Verf. sich auf 
die Uebereinstimmung der Fauna zu beiden Seiten des Mittel- 
ländischen Meeres bezieht, so finden sich hier andere Verhält- 
nisse: diese Uebereinstimmung der Faunen der gegenüberlie- 
genden Ufer findet bei allen schmalen, eingeschlossenen Mee- 
ren statt, welche vielleicht erst nach der Erzeugung der jetzt 
noch an ihren Ufern lebenden Insecten entstanden sind. 


Von Herrn Germar’s Fauna Insectorum Euro- 
pae ist das 20ste Heft erschienen. Es enthält folgende Arten: 

GCarabus Kircheri aus Tirol, vielleicht nur kleinere Ab- 
art des €. depressus Bon. Hydroporus bicruciatus Kunze, 
einerlei mit H. Escheri Aube. H. ihermalis, Trichodes fla- 
vicornis aus Sicilien, wohl nicht wesentlich von T. Ammios 
abweichend, Hybalus Dorcas (Copris Dorcas F.) ebenfalls 
aus Sicilien, Cetonia tincta, neue Art, ebendaher, Phryga- 
nophilus ruficollis Sahlb., Melandrya vuficollis F., als 
eigene Gattung bisher nur durch habituelle Merkmale begrün- 
det. Die Aehnlichkeit mit Cantharis muls wohl auffallend sein, 
denn Fabricius beschreibt diesen Käfer auch unter dieser Gat- 
tung als Canth. andlis. Adexius scrobipennis Schönh., 
Elyıhrodon bispinus Schönh,, Apate sinuata F., Apate 
elongata Payk., Apate substriata Payk., Endomychus 
thoracicusKoll. aus Ungarn, Decticus albifrons (Locusia 
albifrons F.), Oedipoda insubrica Charp., Oedipoda mi- 
niata Charp., Oedipoda lineata Panz., Oedipoda elegans 
Charp., Gomphocerus bigutiatus Charp.; von den vier letz- 
ten Arten beide Geschlechter. Eupelix producta und E. 
spathulata, 2 neue, bei Erlangen einheimische Arten. 


Von der Fortsetzung der Panzerschen Insectenfauna durch 
Herrn Herrich-Schäffer ist das 147 — 158. Heft erschienen. 

HerrZetterstädthatdielnsectenfaunavonLappland 
unter dem Titel: Insecta Lapponica bearbeitet, und bereits den 
gröfsten Theil derselben in die Hände des Publicums gegeben. Es 
ist somit für die Fauna des entlegensten und vielleicht am Wenig- 
sten zugänglichen Theils von Europa (England wohl ausgenom- 
men) mehr geschehen, als für die Faunen selbst solcher Länder 
des Continents, in denen eine reiche Zahl von Entomologen hei- 
misch ist. Freilich ist auch keine Fauna leichter zu übersehen 
als gerade die von Lappland, wo das Vorkommen einer minder rei- 
chen Zalıl von Insecten sich auf ein Paar Monate des Jahres 


296 


beschränkt. Aufser manchen eigenthümlichen, aretischen In- 
secten, die jedoch theils ostwärts, z.B. auf dem Ural und wei- 
ter in Sibirien, selbst in Kamtschatka, theils im mittleren Eu- 
ropa auf der Höhe der Gebirge wieder vorkommen, sind die 
meisten Insecten seiner Fauna theils weiter in Norwegen und 
Schweden, theils über einen gröfseren Theil von Europa ver- 
breitet, und hat der Verf. auch nicht Gelegenheit gehabt, die 
Verbreitung der von ihm aufgeführten Insecten weiter als über 
Scandinavien zu verfolgen, so hat er sich darin ein grofses 
Verdienst erworben, dafs er theils das Vorkommen der Lapp- 
ländischen Inseeten nach den Fundörtern, theils die Verbrei- 
tung derselben über den übrigen Theil Scandinaviens bestän- 
dig genau bemerkt. Für die Coleoptera fand Herr Zetter- 
städt eine bedeutende Vorarbeit in Gyllenhals Insecta 
Sueeica, für die Orthoptera in seinen eigenen Orthoptera 
Sueciae, für die Hemiptera und Diptera in den Fallenschen 
Dissertationen; indefs fehlt es in allen dreien dennoch nicht 
an neuen Arten, namentlich in den letzteren Ordnungen. 


In der der Hemiptera kommt unter den Heteropteris eine neue 
Gattung Ophihalmocoris vor, welche mit Labops diopsis Burm. 
einerlei ist, doch den schon früher von Fall&n gegebenen Art- 
namen Sahlbergii behalten muls. Unter den Homopteris führt 
Herr Z. mehrere neue Gattungen ein, welche indels von Ger- 
mar zum Theil anders bestimmt sind, und von denen Cerco: 
pis mit Aphrophora Germ., Pholetaera mit Acocephalus Germ., 
Cicada 2. Th. mit Teuigonia, Euacanthus Germ., Jassus mit 
Byıhoscopus Germ. im Wesentlichen übereinkommen. Unter 
den Hymenopteren ist nur eine neue Gattung unter den Bra- 
coniden aufgestellt, die indels mit Coelinius Nees zusammen- 
fällt. Zahlreicher sind die neuen Gattungen und Arten unter 
den Dipteren, eine Ordnung, deren zahlreiches Vorkommen in 
Lappland wohl zu erwarten war. Als neue Gattungen sind an- 
en sine Hormopeza, Iteaphila unter den Hybo- 
iinen, Wiedemannia, Microcera unter den Empiden, Ne- 
phrocerus unter den Pipunculinen, Coprina (Xylota pipiens 
Meig., weshalb der Gattungsname Syrisa Macgq. nicht beibehal- 
ten, ist'nicht bemerkt) unter den Syrphen, Leptopieryx un- 
ter den Hippoboscen, Micra unter den Rhizomyziden, Lept- 
opa unter den Musciden, Ectinocera unter den Scatomyzi- 
den, Homalocephala unter den Ortaliden, Colobaea (Opo- 
myza bifasciella Fall, Meig.) unter den Opomyziden, Macr o- 
chira unter den Agromyziden, Psiloconopa, Pachyneura, 
Dicranota, Tryciphona (Limnobia immaculata Meig.) unter 
den Tipuliden, Corynocera unter den Mycetophilinen. Von 
Lepidopteren liegt noch die erstere Hälfte bis zur Mitte der 


297 


Spanner vor; auch hier hat Herr Zetterstedt in allen Abthei- 
lungen neue Arten entdeckt, unter den Tagschmetterlingen 2, 
unter den Spinnern 3, unter den Eulen nlmicht weniger als 
25 neue nordische Arten beschrieben. 


Von der sowohlin Hinsicht der eleganten Ausführung als 
auch der sorgfältigen und genauen Darstellung selten erreichten 
Brittish Entomology von Herrn Curtis ist der 15. 
Band vollendet worden, 


Er enthält an Coleopteren Phyiosus spinifer Rudd, eine 
neue Gattung der 4leocharinen-Gruppe, die durch ihre Ana- 
logie mit Osxytelinen sehr merkwürdig ist, Trachys minuta, 
Elater aterrimus, Lampyrisnoctiluca, Nitidula colon, 
Triplax aenea, Typhaea fumata, Dermestes larda- 
rius, Anıhicus tibialis, eine neue, dem A. humilis ähnliche 
Art mit erweiterten Hinterschienen, Otiorhynchus maurus, 
Orchestes FF’ altoni, dem O. pratensis ähnlich; an Orthopte- 
ven Libellula rubicunda L., Ephemera cognata Curi.; an 
Neuropieren Panorpa germanica, Molanna angustata; 
an Hymenopieren Tenihredo cingulata, Uynips nervosa 
(neu), Beihylus fulvicornis, Crabrosubpunctatus; anLe- 
pidopteren von Spinnern Szauropus Fagi, Closiera ana- 
choreia, von Eulen Lithomia Solidaginis, von Spannern 
Siona dealbata, Hybernia defoliaria, Euboli« cervi- 
naria, von Wicklern Teras excavana Haw., Zeiraphera 
Hastiana, von Schaben Acrolepia betulella Curt., Por- 
rectaria (Iyp. Tinea anatipennella Hübn.) albicosta Haw., 
Ederessa (typ. Tinea pruniella L.), semitestacella Curt., 
von Geistchen Alueita hexadactyla; an Dipteren Rhagio 
Heyshami Curt, Leptis diadema, Myops fulvipes, 
Phasia speciosa Curi., Trigonomeiopus frontalis (Te- 
Zanocera frontal. Meig.), Heteroneura albimana, an Hemi- 
pteren Teiyra fuliginosa, Aelia acuminata, Harpo- 
cera Burmeisteri Curt., eine neue, Capsus ähnliche Gattung, 
wo beim Männchen das zweite Fühlerglied etwas erweitert ist, 
Capsus hirtus Curt., Miris tritici Curt., Prosiemma gut- 
zula, Hydroessa pygmaea, Nepa cinerea, Ledra au- 
rita, Coccus Aceris F. 


Herr Haliday beschreibt in den Annals of Natural 
History eine Anzahl von Insecten, welche in Curtis Guide 
aufgeführt sind. 


Von Coleopteren ist nur Calathus nubigena beschrie- 
ben, und vom Omaseus tetricus bemerkt, dals er des Ref, 
Pierostich, gracilis sei, der doch länger schon durch De- 
jean bekannt ist. Die beschriebenen ‚Hymenopteren sind zahl- 
reicher, beschränken sich aber auf die Familie der Ichneumonen, 
für welche auch einige neue Untergattungen errichtet werden: 
Helictes auf Crypt.impurator und erythrostoma Grav., Clepticus 
nahe verwandtmit Plectiscus, Acrodactylamit Polysphincia. Fer- 

V. Jahrg. 2, Bd, 20 


298 


ner ist eine Reihe von Dipteren aus sehr verschiedenen Gattun- 

en und von Hemipteren ein Paar Blattläuse beschrieben. Es 
ist aber die Frage, ob man alle diese Arten durch die kurzen 
diagnosen-artigen Beschreibungen für hinreichend characterisirt 
annehmen kann. Bei der unendlichen Menge von ähnlichen Ar- 
ten, die es überall giebt, ist es namentlich bei den Ichneumonen 
ganz unmöglich , aus einer kurzen Diagnose eine Art mit der 

eringsten Sicherheit zu bestimmen, zumal, wenn wie hier, blos 
de Farbe in Betrachtung gezogen ist, welche oft ohne Grän- 
zen abändert. Es wäre wohl nicht zu viel, wenn die Auctoren 
beim Abfassen der Beschreibungen darauf Rücksicht nehmen, 
dals ein Anderer die Art darnach erkennen soll. 


Der vierte Band von Richardsons Fauna Boreali- 
Americana ist den Insecten gewidmet, und von Herrn 
Kirby bearbeitet worden, welcher damit ein umfassendes, 
vielfach belehrendes Werk zu Tage gefördert hat. Die Fauna 
von Nordamerica hat einen überwiegend Europäischen Cha- 
racter, und je weiter nach Norden, um so mehr: in demsel- 
ben Maafse, als sich die der Europäischen Fauna fremden, 
America eigenthümlichen Formen (als Canthon, Phanaeus, 
Gymnetis) verlieren. Diese Uebereinstimmung zeigt sich 
theils in dem Vorkommen analoger Arten (als der verschie- 
denen Necrophoren, und unter den Hirschkäfern des Luca- 
nus cervus und elaphus, Tarandus tenebrioides und piceus 
F., Platycerus caraboides F. und Quercus Kn.), theils dehnt 
sie sich häufig auf Identität der Species aus, und zwar ih ver- 
schiedenen Familien und Ordnungen in verschiedenem Grade, 
nirgends aber fast in höherem, als beiden Dipteren. Aus die- 
sem Gesichtspuncte betrachtet bietet die Fauna von Nord- 
america ein ganz besonderes Interesse dar, erfordert aber auch 
ein ganz vorzüglich aufmerksames und umsichtiges specielles 
Studium, um auf der einen Seite die Identität der Nordame- 
ricanischen Arten mit den Europäischen nachzuweisen, auf der 
anderen die oft feinen und doch beständigen und bestimmten 
specifischen Unterschiede analoger Arten nicht unbeachtet zu 
lassen. 

Herr Kirby beschreibt in dem genannten Werke die von 
Herrn Richardson auf seiner von New-York nordwärts bis 
zum 49. Gr. n. B. unternommenen Reise gesammelten Inse- 
cten, 447 Arten im Ganzen, davon 249 Coleoptera, 3 Or- 
thoptera, 2 Neuroptera, 2 Trichoptera, 32 Hymenopiera, 


299 


11 Hemiptera, 32 Lepidoptera, 14 Diptera, 1 Iomalopte- 
rum und 1 Aphanipterum. 

Es ist nur ein Theil der hier beschriebenen Insecten, der 
mit denen, die wir aus den Vereinigten Staaten kennen, über- 
einkommt, der gröfsere Theil ist neu und fehlt auch noch in 
den Europäischen Sammlungen, namentlich denen des Conti- 
nents. Die häufige Uebereinstimmung der Nordamericanischen 
Insecten mit den Europäischen konnte einem so erfahrenen 
Entomologen als Herrn Kirby am Wenigsten entgehen, und 
es scheint dem Ref, von ganz besonderem Interesse zu sein, 
die Arten, bei welchen Herr Kirby dieselbe bemerkt, hier 
nmamhaft zu machen. Es sind nämlich Platynus (Anchome- 
nus) anguslicollis, Omaseus Orinomum Steph. (eine Engli- 
sche, dem Pterost. oblongopunctatus verwandte Art), nigrita, 
Curtonotus (Amara) convexiusculus, Amara vulgaris (viel- 
leicht gilt dasselbe von 4A. inaequalis Kirb., falls nämlich 
dieselbe mit A. spreta Dej. übereinkommen sollte, welche 
wirklich auch in Nordamerica zu finden ist), Peryphus (Lopha) 
maculatus, Bembidium impressum, Notiophilus aquaticus, 
Haliplus impressus, Hydroporus nigrolineatus Sch. Gyll., 
Gyrinus aeneus (wohl Abänderung von G. marinus), minu- 
tus, Paederus riparius, Philonthus politus (Staph. aeneus 
Grav.), fulvipes (Herr Kirby ist nicht sicher, ob der sei- 
nige auch wirklich der Europäische sei, indefs pafst seine Be- 
schreibung hinreichend genau, und Ref. hat auch in Herrn 
Chevrolats Sammlung ein Nordamericanisches Exemplar die- 
ser Art getroffen), Oiceoptoma lapponicum , Peltis ferru- 
ginea, Nitidula obscura, ossium (Steph., wohl nur kleinere 
Abart der vorigen), discoidea, Atomaria atra, Attagenus 
pellio, Dermestes lardarius, Byrrhus varius, Hydrobius 
fuscipes, marginellus, melanocephalus, Trox arenarius, 
Elater fulvipes, Buprestis umbellatarum, appendiculata, 
Callidium striatum, Leptura 6-maculata, Cis micans, Le- 
pyrus colon, Eumolpus vitis, Chrysomela rufives, Phae- 
don Adonidis, Raphani, Polygoni, Phyllodecta Vitellinae, 
Gallerwca Sagittariae, Coccinella 13-punctata, Upis ce- 
ramboides, Tenebrio molitor, Xylita buprestoides (Dircaea 
discolor), Necrobius violaceus, Telephorus ater, Agrion 
puella (?), Perla bicaudata, Cimbex femorata, Trichiosoma 


20 * 


300 


lucorum, Sirex bizonatus Steph.*), iuvencus, Foenus iacula- 
tor, Cryptus viduatorius, Formica fusca, Vespa vulgaris, 
Halictus rubicundus, Andrena varians, Megachile mari- 
tima, Bombus Derhamellus, Reduviolus inscriptus (s. u.), 
Gerris rufoscutellata, lacustris, Corixa striata, Colias Edusa, 
‚Argynnis Freya, Vanessa Antiopa, Atalanta, Cynthia 
Cardui, Plusia gamma, Jota, Bombylius maior, Chrysops 
sepulchralis, Scaeva Ribesü, Hippobosca equina. Ein höchst 
merkwürdiges Factum ist das Vorkommen des Carabus 
Vietinghovii in Nordamerica. Herr Kirby ist öfter ge- 
neigt, einen Asiatischen Character in Arten zu erkennen, die 
auf dem westlichen, Asien zugekehrten Abhange des Felsen- 
Gebirges sich finden, und man würde leicht auf die Vermu- 
thung gerathen, dafs durch Sibirien das gleichzeitige Vorkom- 
men dieses prachtvollen Käfers in Rufsland und Nordamerica 
vermittelt würde, wenn nicht die Thatsache dagegen wäre, 
dafs er in Rufsland nur in einer geringeren Strecke des Ural- 
gebirges sich findet, und in ganz Sibirien, so viel bis jetzt be- 
kanntgeworden, am Wenigsten im östlichen, auf dem Altai,u.s.w. 
nicht zu Hause ist. Ziemlich dasselbe findet offenbar bei Ta- 
chypteris Drummondi (s. u.) statt. Auf ein ähnliches Ver- 
halten zweier Bombus-Arten hat ferner Ref. im zweiten Jahr- 
gange dieses Archivs (p. 287) aufmerksam gemacht, so dafs 
das Factum des gleichzeitigen Vorkommens eines und dessel- 
ben Insects an Stellen, die fast unter entgegengesetzter geo- 
graphischer Länge liegen, nicht ganz isolirt dasteht, 


In systematischer Beziehung ist das vorliegende Werk wich- 
tig, nicht allein dadurch, dafs Herr Kirby öfter seine Ansich- 
ten über Eintheilung der Insecten zu Tage zu bringen Gele- 
te findet, und manchen Wink für die weitere Unterschei- 

ung von Familien und Gruppen giebt, sondern auch durch 
Aufstellung zahlreicher neuer Gattungen uud Untergattungen. 
Als solche sind aufzuführen: Gatt. Serocoda, die Herr K.ne- 
ben Cymindis stellt, welche aber (die hiesige Sammlung besitzt 
einen ganz ähnlichen, vielleicht nicht einmal specifisch von Kir- 
by’s S. bembidioides verschiedenen, nur kleineren Käfer aus Me- 
xico) eher zu den Anchomenen zu rechnen sein möchte, und am 


*) Herr Kirby äufsert die sehr annehmbare Vermuthung, dafs 
die von Herrn Stephens bei London gefangenen Exemplare dieser 
Holzwespe mit Brennholz aus Nordamerica gekommen sind; die Exem- 
plare des hiesigen Museums sind aus Labrador. 


301 


Wenigsten vom Anch. (Agonum) 4- punctatus als Gattung zu 
trennen ist, wenn er auch durch etwas flachere Körperform und 
vor der Spitze stärker ausgerandete Flügeldecken abweicht. — 
Chrysostigma, Uniergatt. von Calosoma, die Arten mit gol- 
denen Grübchen auf den Flügeldecken, bei denen aulserdem das 
letzte Glied der Maxillartaster kürzer ist als das vorletzte, ent- 
haltend: ©. calidum und ein neues. — Gatt. Stereocerus. Die 
Vorderfülse beim Männchen wie bei Pierostichus erweitert, der 
Zahn im Kinn aber klein und ungetheilt: 4 A.: St. similis. — 
Gatt. Isopleurus, worauf Herr K. eine eigene Familie Jso- 
pleuridae gründet, durch die Vorderfülse der Männchen mit 3 
erweiterten Gliedern sich den Pierostichen anreihend, im Habi- 
tus einer Zimmermannschen Celia nicht unähnlich, aber theils 
durch den sehr kleinen Zahn in der Ausrandung des Kinnes, 
theils durch das Verhältnils der letzten Glieder der Maxillar- 
iaster,. an denen das letzte Glied nicht länger, sondern kürzer 
ist als das vorletzte, verschieden: 4 A.: I. nitidus.— Eudromus, 
Untergatt. von Peryphus, mit fast viereckigem Halsschilde, und 
doppelten Eindruck auf jeder Seite der Basis desselben: 4 A.: 
E. nitidus. — Gatt. Tachyta, von Tachys durch kürzere, mehr 
schnurförmige Fühler unterschieden: 4 A. T. picipes. Eine 
zweite würde wohl Bemb. inornatum Dej. Say sein. HerrKirby 
scheidet die Bembidien in zwei Familien: Peryphidae, mit unvoll- 
sländigen, Bembididae mit vollständigen Streifen auf den Flügel- 
decken; es giebt unter beiden eine grolse Menge verschiedener, 
2. Th. sehr abweichender Formen, es fehlt bis jetzt aber an Merk- 
malen, welche geeignet wären, dieselben als Gattungen zu be- 
gründen, wenn wir uns mit den schwankenden Kennzeichen, die 
der Umrifs des Halsschildes und der Flügeldecken und die Sculptur 
darbieten, nicht zufrieden geben wollen. — Gatt. Opistius (1. A. 
©. Richardsonii) mit Elaphrus verwandt, doch von anderer 
Form, fast an T'etragonoderus erinnernd. Die Unterschiede von 
Elaphrus sind rein habituell: das Halsschild ist kürzer, und 
hinten nicht herzförmig verengt, die Flügeldecken sind breiter, 
an den Seiten gerundet, flach, und die Augenflecken stehen in 
4Längsreihen. Alle wesentlichen Charactere scheinen mit Bla- 
phrus übereinzustimmen. — Leionotus, AeGRlE von Dy- 
tiscus, bestimmt, diejenigen Arten aufzunebmen, bei denen die 
Weibchen auf der Oberseite so glatt wie die Männchen sind, 
wobei freilich nicht darauf gerechnet ist, dals es bei einzelnen 
Arten beidesFormen von Weibchen giebt. — Gatt. Cyclinus 
aus der Familie der Gyrinen, bei deren Unterscheidung von 
Dineutes sich Hr. K. zu sehr an die von M. Leay gegebene Be- 
schreibung gehalten hat, welche bekanntlich durch schlechte Be- 
schaffenheit des untersuchten Exemplars oder auf andere Weise 
verunglückt ist, so dals von den von Urn. K, hervorgehobenen 
Unterschieden, gestutzte Fübler und gewimperte Lefze auch den 
ächten Dineutes zukommen, und die relative Länge der Vorder- 
beine allein übrig bleibt, die aher bei der ganzen Keihe von 
Arten in den leisesten Abstufungen zu- und abnimmt. — Sca- 
phium, neue Gattung aus der K’amilie der Scaphidien, mit der 
* 


302 


Fühlerbildung von Gatops und Anisotoma, von Körperform läng- 
licher als Scaphidium: 1. A. Scaphium castanipes. — Gatt. Cam- 
ptorhina aus der Familie der Sericiden, von Serica dadurch, 
dafs die Maxillen 4 Zähne statt 6, die Fühler 10 Glieder haben, 
unterschieden; 14 A.: C. atricapilla. — Gatt. Diplotaxis, Ty- 
pus einer eigenen Familie, Diplotaxidae, die von den gend: 
chen Melolonthen darin verschieden zu sein scheint, dafs durch 
eine feine Querlinie auf der Unterlippe eine Trennung von 
Kinn und Zunge angedeutet ist. Die Gattung besteht aus Ar- 
ten (z.B. Melol. moesta Kn. Germ.), welche sich auf Nordame- 
rica und Mexico zu beschränken scheinen, und welche von De- 
jean mit den Africanischen Schizonychen vereinigt sind, von de- 
nen sie auch in der Bildung der Klauen dadurch abweichen, dafs 
der kleinere Zahn am Grunde derselben fehlt. — Rhizotro- 
us betrachtet Hr. Kirby als wesentlich von Amphimalla (Mel. 
solstitialis) verschieden, allein er nimmt auch nicht M. aestiva 
sondern Mel. fervens als Typus derselben an, so dals diese Gat- 
tung bei ihm mit Amphionycha Dej. zusammenfällt. — Gatt. 
Dichelonycha, aus der Familie der Macrodactylidae, wozu 
Mel. linearis Schönh. als Typus genannt ist, in welche auch of- 
fenbar Mel. elongata F. gehört. Hr. Kirby beschreibt drei Ar- 
ten, von denen aber die eine, D. virescens, welche sich auch 
über einen Theil der Vereinigten Staaten verbreitet, Mel. hexa- 
gona Germ. ist. — Von Trichius stellt Hr. Kirby zwei Un- 
tergatt. auf: Trichina (Tr. piger F.), von Trichius (fasciatus) 
hauptsächlich durch schlankere Taster abweichend; von den drei 
beschriebenen Arten ist Tr. assimilis identisch mit Trrichius af- 
Jinis der Goryschen Monographie; Tr. rotundicollis mit Tr. 
Drummond Gory, und Tr. viridans Weibchen des Tr. assimilis. 
Dieser ist Abänderung von T'r. viridulus und lunulatus F., Tr. 
rotundicollis (Drummond Gory) von Tr. piger F.; beide Arten 
(d. h. piger und viridulus) here sich sowohl in der Puncti- 
rung als in der Behaarung zu unterscheiden, auch ist T'. piger 
immer etwas grölser; beide sind sonst in Zeichnung und Fär- 
bung ähnlich, ändern auch auf ähnliche Weise ab, bei beiden 
Arten haben auch die Weibchen eine schwache BE auf 
dem Halsschilde. — Die zweite Untergatt. @ymnodus ist von 
Kirby schon vor längerer Zeit im Zool. Journ. in Vorschlag 
gebracht; aber auch schon in der Encyelopedie von Le- 
pelletier und Serville unter dem Namen Osmoderma auf- 
gestellt, welchen die neueren Französischen Amctoren /ihr 
erhalten haben. Von den beiden beschriebenen Arten ist 
die erste, @. rugosus, eine neue, welche in Gorys Monographie 
nicht vorkommt, die andere @. foveatus unverkennbar Tr. 
scaber Pall. Beauv. — Der als eigentlicher Trichius aufgeführte 
Tr. Bigsbii K. ist schon lange vor Kirby von Knoch unter 
dem Namen Tr. maculosus beschrieben und abgebildet. Un- 
ter den Elateren und Bupresten hat Hr. Kirby mehrere 
Gattungen errichtet, welche indefs in der neueren Zeit schon 
an anderen Orten unter anderen Namen aufgestellt sind: Pe- 
detes (ein Name, welcher auch nicht füglich hätte erhalten wer- 
“ 


303 
den können) ist identisch mit Aihous Esch., indels ist es Hr. 
Kirby, welcher zuerst auf die Läppchen aufmerksam macht, 
welche auf der Unterseite des zweiten und dritten Fulsglie- 
des befindlich, bisher aber selbst von Eschscholz und La- 
treille nicht bemerkt worden sind; sie sind kleiner als z. B. bei 
Dicrepidius, und bei kleinen Arten auch sehr leicht zu überse- 
hen, bei grofßsen, als A. rufus, dagegen leicht zu entdecken. — 
Eine RAR gehörige Untergatt. 4saphes (bei den Diplole- 
piden schon gebrauchter Name) scheint sich hauptsächlich durch 
breitere Körperform und minder vortretende Stirn zu unter- 
scheiden. — Gatt. Perimeces Dillwyn entspricht Cratonychus 
Dej. (Melanotus Esch.) — Als eigentliche Elateren betrachtet 
Hr. K. die leuchtenden. Aphodisius ist eine Untergatt. der- 
selben, auf einer dem europäischen E. ünpressus analogen Art 
gegründet. — Von Buprestiden entspricht die Gattung Anoplis 
Ancylocheira Esch,, Stenuris Dicerca Esch. (St. divaricata Say 
ist nach Dejean sogar identisch mit B. acuminata F.), Odon- 
zomus entspricht Chrysobothrys Esch., Tachypteris Antha- 
xie Esch, Oxypteris Melanophila Esch. — Tachypteris 
Drummondi Kirby, auf dem ersten Anblick der Melanophila 
decastigma ähnlieh, ist von Bupr. discopunctata Fald. aus der Mon- 
golei wohl nicht verschieden. — Graphisurus, Untergatt. von 
Acanthocinus aus der Familie der Lamien (Cerambyciden nach 
Kirby) mit Jedilis verwandt, aber durch die Gestalt des er- 
sten Füılbreitedes und längere Legeröhre unterschieden, den 
Ceramb. fasciatus Degeer zum Typus habend..— Merium, Un- 
tergatt. von Callidium, die Arten mit stark keulförmigen Schen- 
keln (Call. variabile) umfassend. — Tetropium, ebenfalls Un- 
tergatt. von Callidium, mit vollständig in zwei Theile getrenn- 
ten Augen, wohin Gall. luridum (mit aulicum und iriste F.). und 
C. fuscum F. zu rechnen. — Als Apate stellt Hr. Kirby eine 
Gattung der Borkenkäfer (Scolytidae) mit solidem Fühlerknopfe 
und durch eine tiefe Ausbuchtung fast vollständig getheilten Au- 

en auf, von welchen die einen (genuinen) mit den sonstigen 
‚haracteren der Gruppe der Bostrichen (Fab.) der Gatt. Xy- 
loterus des Ref. entsprechen, und wovon die eine der beiden 
beschriebenen Arten, 4. bivittata, von dem Europäischen X. 
lineatus (Bostr. lin. Gyll.) nicht verschieden zu sein scheint — 
die anderen, Untergatt. Lepisomus Kirby, die analoge Form 
in der Gruppe der Hylesinen, von der Gatt. Polygraphus des 
Ref. nicht v@rschieden sind: auch hier scheinen die beiden ersten, 
A. rufipennis K., mit zwei kleinen Höckern auf der Stirn als 
Weibchen, und A.nigriceps mit einem einzigen kleinen Höcker 
als Männchen mit unserem P. pubescens selbst der Art nach über- 
einzustimmen. — Unter Rüsselkäfern stellt Hr. Kirby 4 neue 
Gattungen auf, von denen die beiden ersten Macrops, mit 
Sitona und Phyllobius, Lepidophorus mit Barynotus vergli- 
elien, dem Ref. zur Zeit unermittelt geblieben sind, die dritte 
Pachyrhynchns Schönherri (der Gattungsname ist doch 
schon lange, und in derselben Familie vergeben) der schon von 
Forster beschriebene Curculio Noveboracensis und von 


304 


Herbst, unter dem Namen Rhynchites Curculionoides vor- 
trefflich abgebildete Typus der Gatt. Fihycerus Schönh. ist, 
die vierte Apotomus (damit ist dieser Name zum dritten 
Mal in dieser Ordnung und zum zweiten Mal in dieser Fami- 
lie angebracht) ist auf den Attelabus ovatus F. gegründet, wel- 
cher gegenwärtig bei Schönherr bekanntlich die Gatt. Pie- 
rocolus Filaeı. — In die Gatt. Eumolpus führt Hr, K. zwei 
Untergatt. ein: Adoxus (E. vitis) mit ungerandetem und En- 
doxus (E. ignitus) mit gerandetem Halsschilde. — Als Unter- 
gatt. von Chrysomela ist Phytodecta (Chr. rufipes) mit ge- 
zahnten Schienen aufgeführt, als Gatt. gesondert Phaedon 
(Chr. Adonidis Raphani, Polygoni mit kleinerem, konischem letz- 
ten Tastergliede, und Phyllodecta (Chr. Fitellinae) wo das zweite 
und dritte Fühlerglied von gleicher Länge sind. — Als Unter- 
Battung von Haltica ist Orchestris aufgeführt, als deren 

ypus A. nemorum angegeben ist: die beschriebenen Arten ge- 
hören aber zu einer anderen natürlichen Abtheilung, die der 
Gatt. Disonycha Dej. entspricht. — Anoplitis (Hisp. bico- 
lor ©1.) ist Untergatt. von Hispa, wo der Körper ohne Dornen, 
das dritte Glied der Fühler nicht viel länger als das zweite ist. 
— Das Vorkommen einer Pimelia in der neuen Welt wäre 
unerhört, und die von Say als solche beschriebenen Heterome- 
ren sind unbezweifelt anderen Gattungen zuzurechnen. Herr 
Kirby führt ebenfalls eine Pimelia (alternata) auf, in wel- 
cher aber die treffliche Abbildung ein Pedinus-arliges Thier, 
wahrscheinlich aus der Gatt. Opatrinus Dej., leicht erkennen 
läßst. — Arrhkenoplia ist Untergatt. von Diaperis, Neomida 
Ziegl. entsprechend. — Meracantha Canadensis, neue 
Gatt. aus der Familie der Helopier, mit Acanthopus verwandt 
(Helops lüthophilus Knoch.). — Arthromacra donacioides, 
von Kirby der Körperform gemäls zu den Stenochiaden gerech- 
net, natürlicher aber zu den Lagrien gehörend. (Lagria aenea 
Knoch.) — Von Telephoren stellt Hr. K, zwei neue Untergatt. 
auf: Malthasus mit schlankerem Endglied der Maxillartaster, 
kleine Arten enthaltend, welche leicht zu Podabrus Esch. ge- 
hören könnten, es ist aber der Beschaffenheit der Klauen nicht 
Erwähnung geschehen, und Brachynotus, mit kurzem Hals- 
schilde. 

Unter den Hymenopteren kommt eine neue Ichneumo- 
nen-Gattung vor, welche Hr. Kirby in die von Acaeni- 
tes gestellt wissen will, und wegen des versteckten Legestachels 
Cryptocentrum (lineolatum) nennt. Wäre die Art nicht ab- 
Er worden, würde man wohl nicht darauf verfallen sein, 

als es sich um eine männliche Pimpla der Untergatt, 
Rhyssa handelt. 

Aus der Ordnung der Hemipteren stellt Hr.K. drei neue 
Untergatt. der Reduvien auf: Reduviolus, identisch mit Na- 
bis, die beschriebene Art, AR. inscriptus auch nicht verschieden 
von einer, welche im nördlichen Europa häufig ist; Chiro- 
lepies (Zelus femoratus F.) und Nabicula, letztere beide mit 
Fangarmen. 


305 


In der Ordnung der Lepidoptera kommt eine neue Gat- 
tung Gienucha (Latreilliana), "Typus einer eigenen Familie, 
vor, die indels zu den Spinnern zu gehören scheint, obgleich die 
Taster Finger als der Kopf angegeben sind. 

Unter den Dipteren ist Arthria (analis) als Untergatt. von 
Aspistes getrennt, weil die Fühler nicht 8, sondern 9 Glieder 
haben; bei 4spistes Berolinensis ist indels die Zahl der Fühler- 
glieder verschieden, nämlich 8, 9 und 11. 


Hr. Guerin hat in seinem Magasin de Zoologie In- 
seceten, welche auf der Reise der Favorite gesammelt worden 
sind, beschrieben. Die meisten sind von Chile und Peru, und 
durchweg neu; es kommen aber auch Arten vom Schwanen- 
flufs in Neuholland und aus Ostindien vor. 


Collyris Chevrolatii von Java ist vielleicht nicht ver- 
schieden von €. aptera F., nur dals das Expl. der Lundschen 
Sammlung von schwarzer Grundfarbe ist; aulserdem hat es die- 
selbe Grölse und dieselbe stark runzlich punctirte Mitte der 
Flügeldecken. Feronia Eydouxii aus Peru, bildet eine ei- 
gene durch gestreckte schmale Körperform bemerkbare Unter- 
gatt. Creobius Guer. — Cnemacanthus Desmarestii Guer. 
von Cordoya, welcher mit dem On, obscurus Brull€E von dem 
Typus der Gattung (Cn. gibbosus Griff.) darin abweicht, dafs 
die Vorderschienen an der Spitze in einen langen Zahn verlän- 
gert sind, daher für sie Hr. Gu&rin eine Untergatt, Cne- 
malobus errichtet. — Cnemacanthus parallelus von Lima, 
mit dem On. gibbosus in der Gestalt der Vorderschienen über- 
einstimmend.— Feronia (Trirammatus) Chaudoiri von Lima, 
nach der Abbildung eher für einen Paramecus zu halten. — Fe- 
ron. (Platysma) erratica von Chile, der F. cordicollis Dej. 
verwandt, — Stigmodera coniuncta Chevr. aus Chile, eine 
Zemina, der Z. vittata Gory nahe verwandt. — 11 Elateren 
der Gattungen Semiotus, Alaus (?), Dicrepidius, Aeolus, Cardio- 
‚phorus, Oophorus, Adrastus, alle aus Peru.— T'ylocerus atri- 
cornis Lap. von Manila, die Xanthestia terminalis des Dejean- 
schen Catalogs. — Dasytes cyaneus aus Chile. — Epicli- 
nes Gayi ebendaher, der Gattung nach von Calendyma Dej. 
nicht verschieden. — Cryptorhopalum 4- punctatum und 
Cleryi, beide aus Peru (die erste Art kommt auch in Brasilien 
vor) als Gattung von Anthrenus kaum hinreichend unterschieden, 
— Psammotrupes dentifrons, das Eucranium arachnoides 
Lacord. aus Tucuman, gleichzeitig von Hrn. Westwood (s. 
unten) als Jnomiopsis beschrieben. — Geotrupes lateri- 
dens aus Chile, eine dem @. dispar. verwandte Art. — Athy- 
reus recticornis, Bolbocerus Reichei und frontalis vom 
Schwanenfluss. — Oryctomorphus (eine von Hrn. G. in Du- 
Be Reisewerk näher bestimmte Gattung, die sich am 

ächsten an Cyelocephala anschlielst), variegatusund maculi- 
collis aus Peru. — Callicnemis eximius von Goromandel, 
eher ein Orycies, es ist nämlich Dionysius F. — Rutela, es ist 


’ 


306 


tricolor aus Peru, — Aulacopalpus viridis von Lima, — 
Aplosiernus opalinus aus Neuholland, mit Anoplogna- 
ıhus verwandt, aber ohne Brustbeinspitze. — Brachysternus 
Beinen aus Peru, — Schizognathus prasinus aus Neuhol- 
and.— Melolontha (Oplosternus) Chinenjsis, unserer M. 
vulgaris sonst ganz analog, nur mit langer Brusibeinspitze. — 
Eupholus Turpinieri, aus Neuguinea. — Steropterus mo- 
lorchoides aus Chile, — Hispa pulchella von Rio Janeiro, — 
Galleruca smaragdinipennis (s. u.) von den Philippinen, — Choe- 
radodis lobata Serv., eine merkwürdige Mantis, unbekannten 
Vaterlandes. — Pygidicrana picta, von Madras — Phasma 
obscurum von Brasilien, — Acanthodis ululina, muthmals- 
lich aus Ostindien — Cicada saccata F. aus Neuholland. — Zu- 
letzt hat Hr. Gu@rin noch eine Uebersicht über die der €. 
sanguinolenta F. verwandten Arten gegeben, davon er 9 aufführt. 
unter welchen eine, C. crocea aus Bengalen, neu, eine zweite 
als neu aufgestellte (C. Germari Guler.) schwerlich von €. 
incarnata Germ. zu unterscheiden ist. 


Hr. Newman hat im fünften Bande des Entomologial 
Magazine (Entomological Notes, p. 168 und 382) eine grofse 
Anzahl neuer Gattungen und Arten aus verschiedenen Gegen- 
den, gröfstentheils jedoch aus Nordamerica, ohne alle Ord- 


nung beschrieben. 

Cetonia numisma, unbekannten Vaterlandes, ©. stillata 
aus Ostindien, — ©. fictilis aus Java— Trichius deltoides 
aus Mexico, Tr. bistriga aus Nordamerica (vielleicht eine Abart 
des Tr. lunulatus mit glänzend schwarzer Grundfarbe.— Euto- 
ma tinctilatus, eine Garaben-Gattung aus der Gruppe der Sca- 
riten, mit Clivina verglichen, schwarz, mit grünen Seiten der Flü- 
geldecken, aus Neuholland. — Tricheops ephippiger, neue 
Cerambycinen-Gattung, ebendaher. — Uracanthus (?) bivitta, 
ebendaher, Pachyura (?) monilis, Anthribus-form, ebenda- 
her.— Barynotus terricola und mercurialis aus England. 
Ptieronarcys, neue Gattung der Perlites, von Perla durch 
seine Grölse und durch genetzte Flügel unterschieden: Pi, re- 
galis aus Canada, Pr. biloba aus den Vereinigten Staaten, Pi. 
Proteus gleichfalls aus Nordamerica. — Perla abnormis aus 
Nordamerica, Perla xanıhenes unbekannten Vaterlandes, — 
Jsogenes frontalis, Kirby’s Perla bicaudata. — Man- 
toida nitida aus Parä, (eine Mantisform mit ganz häutigen 
Oberflügeln, wie sie Hr. Perty schon zu den Neuropteren rech- 
nete.) — Merope tuber aus den Vereinigten Staaten, im schna- 
belförmigen Maule mit Panorpa, in den breiten genetzten Flügeln 
mit Hemerobius übereinkommend. (Die Mundtheile sind nicht 
untersucht, daher auch aus der Beschreibung nicht zu entnehmen, 
wohin gehörig.) — Ithone fusca unbekannten Vaterlandes, zwi- 
schen Chauliodes und Sialis in der Mitte stehend — Dimera- 
spis, Zweiflüglergattung aus der Familie des Chrysotoxites, Mero- 
don ähnlich, mit hinten verlängertemund ausgerandetemSchildchen: 


n2 


307 


D.Podagra, aus den Vereinigten Staaten. — Myolepta lu- 
teola (Xylota lateralis Meig.) wegen desim Gegensatz von Ayloi« 
kurzen und breiten Hinterleibes von dieser Gattung abgeson- 
dert. — Penthe, Käfergattung aus der Familie der Helopier, 
P. obliquata (Helops obliguatus F.) mit rothem Schildchen und 
abgekürztem sechsten Fübhlergliede, und eine zweite Art mit 
schwarzem Schildehen und nicht verkürztem Fühlergliede: P. 
Funerea (welche Helops pimelia F. und das Weibchen der ersten Art 
ist.) — Aus der Familie der Pyrochroen: Schizotus, neue Gat- 
tung, wozu der Verf. Pyrochroa flabellata F. und puncticollis 
Say rechnet, und eine dritte Nordamericanische Art Sch. cervi- 
calis beschreibt; Pogonocerus concolor aus Nordamerica; Pedi- 
Zus fulvipes, rufithorax, imus, gutiula, lugubris, alle 
aus Nordamerica. — Aus der Familie der Mordellen Myodes 
siylopides aus Nordamerica. — Emmessa (kann neben Emesa 
wohl nicht gut bestehen) connectens mit Hypulus und Me- 
landrya versch. das zweite Glied der Maxillartaster lang, 
das dritte etwas lang, das vierte lang _dreieckig. — Hypulus 
simulator — Bee lepturoides, neue Gattung, viel- 


leicht aus derselben Gruppe. — Macrarihria linearis, (von 
SE 3 HP . 2 ’ 

Fabricius zu Dircaea, — es ist seine D. murina, — von De- 

jean zu Sieropes gezählt.) — Ischnomera carinata — Syn- 


chroa punctata, mit Serropalpus verwandt, — Bolitopha- 
gus Silphoides und teiraopes; — Hydnocera serrata 
(eine Form von Clerus mit kurzen, knopfförmigen Fühlern, De- 
jeans Phyllobaenus) — Opilus castaneus (vermuthlich genauer 

esehen ein T'llus.) — Aus der Familie der Lampyrites Di- 
grapha mit gesägten Fühlern: Lycus serratus F. und D. ıy- 
pica, discrepans, dorsalis, divisa; Caenia mit wedel- 
förmigen Fühlern: C. scapularis; Celetes mit gekämmten 
Fühlern, Lycus marginalis F,; Eros mit einfachen Fühlern: 
Lycus humeralis F. und E. praefectus, lictor, alatus, oblitus; 
Polyclasis ovata, mit doppelt gekämmten Fühlern, anschei- 
nend eine Piilodactyla, was sich leicht ergeben hätte, wenn von 
den Fülsen ein Wort gesagt wäre.) Alle bisherigen sind aus 
Nordamerica— Rhipicera Proserpina (ein Sandalus) aus dem 
Staate Illinois. — Onychodon Dachzeidun, neue Elateren- 
Gattung mit Lappen an den Fülsen und gezahnten Klauen, aus 
Canada — Dicheros Cuvera, eine Cetonia aus Ostindien. — 
Anisoplia oriertis eben daher. — Anomala marginalis 
von China. — Necrophorus bicolon aus Nordamerika. —Iri- 
chrous (Cychrus viduus Dej.), wegen der abweichenden Mund- 
bildung von Cychrus getrennt, wobei jedoch nicht weiter als 
von der mit 2Zähnchen bewaffneten Mandibel die Rede ist. — 
Feronia Poecilus atrata; mit zwei Puncten auf den Flügel- 
decken (es ist vermuthlich der Zwischenraum zwischen dem zwei- 
ten und dritten Streif gemeint): Steropus — orbata, spo- 
liata,— mit 4 Punkten auf den Flügeldecken: Plaiysma? — 
coracina, monedula, lacrymosa, moerens, picipes, — mit 6 Pun- 
cten auf den Flügeldecken: Omaseus — relicta, — ohne Punkte 
auf den Flügeldecken: — infector, rostrata, alle aus Nordame- 


“ 


308 


rica. — Broscus basalis aus Mexico (es ist nicht wahrschein- 
lich, dals ein Käfer dieser Gatt. in Mexico vorkommt, und die 
Beschreibung des Hrn. N. palst auf Gephalotes politus Dej.) — 
Amphasia fulvicollis aus Nordamerica, eine neue Caraben- 
gattung, die mit Harpalus und Masoreus verglichen wird, vielleicht 
ein Stenolophus ist, mit Sicherheit aber nicht leicht ermittelt 
werden zu können scheint. — Phymatocera, eine Endomy- 
chen-Gattung, ähnlich Lycoperdina, aber von anderer Gestalt 
der Fühler, indem die drei letzten Glieder eine dicke Keule bil- 
den, Ph. pulchella aus Nordamerica. — Endomychus per- 
read ebendaher, Languria gracilis gleichfalls da- 
er. — Hispa Xerene, Philemon, Baueis — Donacia 
cincticornis, catarrhactae, rugifrons, Orsodacne co- 
siata, ruficollis, inconstans, alle aus Nordamerica. — En- 
cyelops pallipes, neue Lepturen-Galtung, ebendaher. — Pier- 
acanıha, Cerambyciden-Gattung, Lophonocerus ähnlich, aber 
ohne Bart auf den Fühlern: Pr. fasciata aus Brasilien — Obrium 
rubrum, Gallidium antennatum, cylindrides, aus Nord- 
america, COlytushumeralis,ebendaher, 1. Apelles, aus Mexico.— 
Saperda vitia und miles aus Ostindien, creiat« aus Nord- 
america. Criodion (?) pictipes aus Brasilien. — Spheco- 
morpha chalybea, mit Molorchus und Stenopterus ver- 
wandt, aus Brasilien. — Collapteryx aus Mexico, (Criocephalum 
punctatum Dej.)— Heciarıhrum curtipes, vom Gambia, (Cu- 
cuius gigas F., s. unten.) — Passandra Columbus, aus Bra- 
silien.—Bruchomorpha oculata, kleine Cicadengattung mit 
abgekürzten Flügeln, (ob noch Puppe?) aus Nordamerica. — 
Stilbopteryx costalis, aus Neuholland, Myrmeleonen - Gat- 
tung, durch geknopfie Fühler näher mit Ascalaphus verwandt, 
doch sind die Fühler nur doppelt so lang als dev Kopf. — Dre- 
panopteryx binoculus aus Neuholland, — Chrysopa in- 
Fecta von Malabar — Chloroperla bifrons aus Schottland. 
Nemura putata ebendaher— Mantispa Cora von Malabar. 
Wie die notizenförmige Mittheilung des Ganzen für den 
Leser sehr unbequem ist, so ist auch aus den ‚gegebenen Be- 
schreibungen oft wenig Rath zu holen. Bei der neu aufgestell- 
ten fehlt eine gründliche Vergleichung mit den verwändten, oft 
ist sogar die Familie, in welche sie gehören, nicht festgestellt, bei 
den Arten, die oft nur mit Diagnosen bezeichnet sind, kommt 
man zuweilen mit der Terminologie des Verf. in Verlegenheit. 
Wenn einige Engländer auch nach einer neuen Mode z. B. 
die N ordererltent Protibiae, die Mittelbeine Mesopedes, die 
Hinterschenkel mezafemora, und die Hinterflügel mesalae nen- 
nen}, so weils man, was damit gemeint ‘ist, und der gesunde 
Sinn, der früher oder später die Oberhand behält, wird diese 
abgeschmackten Benennungen bald genug verbannen — wenn es 
aber von einem Insekt heilst „.glaber, pilosus”, wenn bei einem 
andern die Flügeldecken linienförmig und zugleich in der Breite 
ausgedehnt sein sollen, kann man unmöglich wissen, woran man 
mit solchen Beschreibungen ist. Was oben bei Gelegenheit der 
von Hrn, Haliday beschriebenen Englischen Insekten bemerkt 


309 


ist, findet auch hier seine volle Anwendung. Mit den Aufstel- 
lungen neuer Arten und Gattungen, ohne genügende Be- 
schreibung, wird nur der Unrath in der Wissenschaft vermehrt. 


Hr. Guerin theilt in seiner Revue Zool. die Zeichnun- 
gen von verschiedenen Insekten der Vorwelt mit, die sich im 
Bernstein finden, welche in Sicilien am Seeufer nahe an Flufs- 
mündungen in eiuer Tertiärformation vorkommen, und von 
Hrn. Prof. Maravigna zu Catana mitgetheilt sind. 


Besonders kenntlich sind ein Platypus, mehrere Ameisen, 
von denen zwei zu einer noch jetzt in America, Africa und 
Asien verbreiteten, von Hrn. Klug mit den Namen Leptalea 
belegten Gattung (wohin F. gracilis, tenuis und filiformis F. 
zu rechnen sind) gehören, (ig. 9 und 10) ein Ceratopogon, 
(von Hrn. G. wohl aus Versehen Dasypogon genannt (ig. 15) 
Mehrere kleine Mückenartige Zweillügler sind zu verstümmelt, 
um mit völliger Sicherheit bestimmt zu werden. 


Eine gleichfalls im Bernstein eingeschlossene Termiten- 
larve ist von Hrn. Ouchakoff im Bull. d. I. Soc. Imp. 
Nat. de Moscou beschrieben und abgebildet worden. 


Coleoptera. 


Unter dem Titel Fauna Coleopterorum Heloe- 
tica hat Hr. Heer angefangen, eine Uebersicht über die Käfer- 
Faune der Schweiz zu geben, welche dadurch von beson- 
derem Interesse wird, dafs die Verbreitufg der Arten haupt- 
sächlich berücksichtigt, und was in diesem Lande wesentlich ist, 
die Höhe, in welcher sie vorkommen, immer besonders sorg- 
fältig bemerkt worden ist. Die Arten selbst sind nur durch 
Diagnosen bezeichnet, bei neuen Arten, die auch häufig vor- 
kommen, hat der Verf. auf seine 1837 erschienenen Käfer 
der Schweiz, sich bezogen. Das vorliegende erste Heft 
enthält die ganze Familie der Caraben und den Anfang der 
Dytiscen; in der ersteren Familie hat die Schweiz eine der 
reichsten Faunen in Europa aufzuweisen. 

In seinen Beiträgen zur Naturgeschichte des Unterdonau- 
kreises in Bayern (/sis 1838. Heft IV.) berührt Hr. Waltl 
auch die Käferfauna dieses Distriets, und führt die seltneren 
der von ihm beobachteten Arten namentlich auf. 20 A. sind 
als neu beschrieben: 


,  Paederus Mesa (Sunius filiformis Lair.), Oxytelus asphal- 
tinus (Platysthetus nodifvons), Anthophagus villosus (blolse V. 


310 


von Lesteva punctata. Aleochara (Falagria) vufcollis (Fal. iho- 
racica Curt.), Aleochara tachyporoides (Placusa infima des Ref.) 
Elater Weheri (E. cinereus Hbt. Archiv, ein Cardiophorus), Can- 
iharis discoidea Ahr. var. notata Walll, Cantharis nigriceps, 
Malihinus carbonarius, laetus und fuscus, Nitidula subtilis (der 
N. aenea verwandt) N. discolor (wohl Cercus Sambuci Märkel) 
Cryptophagus rufus, parallelopipedus, excisus, globosus, Pii- 
lium thoracicum, flavicorne, Sphaerius acaroides, eine neue Gatt., die 
noch, einer genauern Darstellung sehr bedarf. Byrrhus setosus, 
Zimnichus versicolor, (identisch mit L. riparius Dej.) 

Die Insectenfauna von Andalusien wird vom Hrn. Ram- 
bur, dem verdienstvollen Reisenden in Corsica und Süd-Spa- 
nien (Faune Entomologique de !’ Andalousie par. M. P. 
Rambur, Paris, Artus Bertrard.) in der Art bearbeitet, 
dafs die bekannten Arten nur genannt, die andern ausführ- 
licher beschrieben und z. Th. auch abgebildet werden, bei al- 
len aber die Zeit der Erscheinung und die Art des Vorkom- 
mens bemerkt, und wo es nöthig ist, Berichtigungen der Syn- 
onymie beigebracht werden, 
Die beiden ersten Hefte enthalten die Familie der Caraben, 
mit gegen 50 neuen Arten, und 2 neuen Gattungen, Singilis, 
mit Lebia aufs Nächste verwandt, auf 2 neue A., und Hispa- 
lis, auf Acupalpus Mauritanicus Dej. gegründet. Auf die Un- 
terschiede der letztgenannten Gatt. von den übrigen Dejean- 
schen Acupalpen hatte Ref. schon aufmerksam gemacht und 
Amblystomus als Gattungsnamen in Vorschlag alirche. (Käf. 
d. Mark Br. p. 59,) 

Dann ist noch der Anfang mit der Beschreibung der Ord- 


nung der Dermaptera (Ohrwürmer) gemacht worden, in welcher 
ebenfalls mehrere neue A. vorkommen. 


Aus der Insectenfauna von Sardinien hat Hr. Gene 
in den Memoiren der Academie der Wissenschaften zu Turin 
zwei Abhandlungen niedergelegt, die theils durch das Interesse, 
welches die Fauna dieser Insel an sich schon hat, theils durch 
die gediegene Bearbeitung für die Entomologie von gro- 
fser Bedeutung sind, die beide die Beschreibung neuer 
oder weıiger bekannter Arten von Coleopteren zum Zweck 
haben, und welche hier um so mehr zusammengefafst werden 
müssen, als die letztere sich öfter auf die frühere bezieht. 


Dargestellt sind Cicindela saphyrina, eine der C. 
campestris verwandte Art, zu welcher €. nigrita Dej. als Abän- 
derung zu gehören scheint; C, imperialis Dahl, welche auch 
schon von Hrn. Klug (Jahrb. p. 26.) als eigene Art betrach- 
tet worden ist; C., nemoralis ÖL. welche Hr. Gen& für ver- 
schieden von der Nordafrikanischen €. Zitioralis F., der C. Bar- 


311 


thelemyi Dup., hält; C. Sardoa Dej., als deren Abänderung der 
Verf. €. circumflexa Dez. nachweist. Beide sind auch, wenn 
man eine grolse Reihe von Exemplaren vergleicht, gewils nicht 
von €. flexuosa F. verschieden, wie auch der Unterschied zwi- 
schen ©. nemoralis und littoralis nicht durchgreifend zu sein 
scheint, wenn man eine Menge Individuen aus den verschieden- 
sten Gegenden neben einandersieht. OymindisMarmorae;Le- 
bianigricollis, der L.crux minor ähnlich; Dromius Sturmii; 
Carabus Genei Dej., nicht wesentlich von Korsischen €. Ram- 
buri Dej. verschieden; Nebria Genei Dej.; Notiophilus mar- 
ginatus, Omophron variegatum Ol., Chlaenius auricol- 
lis Dahl, Feronia (Poec.) splendens, Agelaea fulva, 
eine neue mit Stomis verwandte Gattung, welche aber auch 
in einigen Beziehungen an Sphodrus erinnert; Anisodaciy- 
lus virens, Stenolophus abdominalis, Trochalus meri- 
dionalis, der Cybister Africanus Lap., aber wohl kaum vom 
Ostindischen D. Zateralis F. verschieden. Emus marginalis, 
AcmaeoderaPrunneri,Buprestis(Chalcophora)stigma- 
zica Schönh, bisher nur als in Orient zu Hause bekannt, aber 
auch in Algier vorkommend). B. (Cyphonota) sibirica, 
wohl eher der Coecolus gravidus Gory, der ebenfalls auch 
in Algier vorkommt; Anthaxia scutellaris, A. Ferulae, 
Beikes reflexa, eine ausgezeichnete Art mit erweiterten 
und aufgebogenen Schultern; Elat. (Gardiophorus) argio- 
Zus, ulcerosus, Eleonorae; Cebrio sirictus, Cantharis 
praecox, Genei Dej., inculta, chlorotica; Dasytes 
protensus, cinctus, flavescens, imperialis; Scydmae- 
nus Kunzii, Necrophorus funereus, Dermestes thora- 
cicws, doch nicht der Dejeansche, aber D. hiricollis F., den F. aus 
Nordafrica beschreibt, Hoffmannsegg aber auch in Portugal 
auffand. Attagenus fallax, bei welchem dem scharfsichtigen 
Verf. doch die besondere Bildung der Fühler entgangen ist, in 
welcher der Käfer sich zunächst an Globicornis anschlielst. 4. 
maritimus, Hister pustulosus, eine ausgezeichnete, dem 
H. 4- maculatus verwandte Art. Heterocerus hamifer, na- 
nus, Elophorus alternans, der Heloph.cinereus (Hydroph. 
cinereus Marsh.) Oniticellus concinnus, denRef, indels nicht 
vom O.pallipes F. zu unterscheiden im Standeist, T’roxcribrum, 
Geotrupes Hiostius, dem 6. Momus F. analog, @. gemi- 
natus, Elaphocera obscura, eine neue ausgezeichnete Gat- 
tung, die vorzüglich in der Bildung der Oberlippe, Mandibeln 
und Maxillen von den eigentlichen Melolonthen abweicht, und 
sich nahe an Pachypus (Coelodera Dej.) anschlielst, auch darin, 
dals die Weibchen wenigstens ohne Unterflügel sind, und welche 
sich über alle drei Halbinsel- Gebiete Südeuropas verhreitet; in- 
dels kommen nicht alle Arten mit der hier beschriebenen in 
dem Besitz des stachelförmigen Fortsatzes des dritten Fühler- 
gliedes überein; Coelodera (Pachypus) excavata: es kom- 
men eigentlich 3 Arten auf Sardinien vor, von der einen, 
mittleren an Grölse, sind beide Geschlechter abgebildet. T'ri- 
chius zonatus Germ, fasciolatus Gen.; Cetonia Sardoa, 


312 


Carihami, Dorcus Musimon, eine dem parallelopidus ähn- 
liche, durch die grolse Verschiedenheit der beiden Geschlechter 
bemerkenswerthe Art. Tentyria rugosa, pygmaea, Asida 
Solieri, glacialis, rustica, Combae; Philax nivalis, 
Cheirodes Sardous, Helops Genei Dej., Anthicus my- 
Zabrinus, Meloe Sardous, Bruchus meleagrinus, wohl 
nicht mehr als Abänderung des B, longicornis Il., Rhynchi- 
‚tes Tlicis, Erirhinus atomarius, Stenopterus decorus, 
Adimonia Sardoa, Chrysomela Stachydis, Spartophila 
lineata, Labidostomis centromaculata, Smaragdina 
Ferulae. Die letzten, nur durch Dejeans Catalog bekannten 
Gattungen bedürfen eigentlich wohl einer wissenschaftlichen Be- 
gründung, ehe man sie ohne Bezug auf die ältern Gattungen, 
von denen sie abgezweigt sind, anführt. 


Ueber die Türkische Insecetenfauna sind uns in dem Ca- 
talogue d’ Insectes entre Constantinople et le Balkan 
(aus den Mem. de l’Acad. Imp. des scienc. de St. Peters- 
bourg VI. Ser. t. V. besonders abgedruckt) von Hrn. M&- 
netries, und den im sechsten Hefte der /sis von 1838 enthal- 
tenen Beiträgen zur Kenntniss der Coleopteren der Tür- 
kei von Hrn. Waltl wichtige und interessante Mittheilungen ge- 
macht worden, die wir mit um so gröfseren Danke aufzunehmen 
haben, als wir, wie Hr. Waltl bemerkt, „es kaum erleben wer- 
den, eine Fauna der Türkei von einem Türken herausgegeben 
zu sehen.“ 


Die in der ersten Schrift aufgeführten Insecten sind vom 
Dr. Wiedemann, nach Hrn. Menetries Angabe zwar in 
dem Landstriche von Constantinopel bis zum Balkan gesammelt, 
doch muls Ref. bemerken, dals wir besonders die interessante- 
sten Arten keinesweges in die Europäische Fauna aufnehmen 
dürfen, da sie grölstentheils aus Kleinasien, und selbst aus dem 
Innern desselben herstammen. Es sind im Ganzen 237 Arten 
Käfer aufgeführt, die neuen genau beschrieben und zum Theil 
auch abgebildet, von denen indels Carabus Wiedemanni 
dem Ref. von unseren Ex. des C. montivagus, trotz der Gegen- 
bemerkungen des Verf, nicht hinreichend verschieden erscheint, 
Carabus acuminatus ganz identisch mit dem ©, Graecus 
Dej. und Garabus Bonplandi zu gleicher Zeit in Gu&- 
rin’s Magas. d. Zool. unter dem Namen €. Spinolae abgebildet 
ist. Ferner ist Harpalus euchlorus nicht verschieden vom AH, 
metallicus Dej. und Akis terricola einerlei mit der italie- 
nischen 4. trilineata Hbı. 

Hr. Waltl beschreibt 140 Arten, alle aber aus der Euro- 
Be Türkei, gröfstentheils in Rumelien durch ein Paar Samm- 
er des rühmlich bekannten Hrn, Frivaldski zu Pesth, zum Theil 
auch in der Nähe von Constantinopel durch einen Sohn des In- 
sektenhändler Kindermann in Ofen eingesandt. Es sind auch 


313 


nur die neuen Arten, deren unter den Amphicomen und 
Dorcadien besonders zahlreiche und schöne vorkommen, be- 
schrieben; bei den geringen litterärischen Hülfsmitteln indels, 
die Herrn W. zu Gebote standen, hat dies auch öfter schon 
beschriebene A. getroffen, wie auch in der Angabe der Perso- 
nen, von denen die aufgeführten Arten benannt sind, zahlreiche 
Verwechselungen vorkommen. Auch haben die Bemerkungen, 
die hin und wieder über weitere Verbreitung der Thiere ge- 
macht werden, öfter wenig Grund. Bei einigen Arten, die Hr. 
Dr. Helfer auch aus Smyrna sandte, und die Ref. im Namen 
seines Freundes benannte, (z.B. bei Dendarus siygius und La- 
rinus hirtus Helf.) bemerkt Hr. W. ein gleichzeitiges Vorkom- 
men in Sicilien, weil Helfer einmal Sicilien bereiste und Si- 
cilische Insekten verbeitete.e. Mit den von Hrn. M£@nätries 
beschriebenen Arten treffen die von Hrn. W. beschriebenen 
selten zusammen, doch ist Rhizozrogus Frivaldskii Men. 
hier unrichtig als Ah. tenebriodes Pall. aufgeführt, und Ge- 
phalosienus orbicollis Menetr. unter dem Dejean’schen 
Namen €. elegans beschrieben. Ferner ist Dizomus atrocoe- 
ruleus der D.cyaneus Ol., D. megacephalus ein Carterus 
(6. fuscicornis. Kl.), Procerus tauricus der Pr. Olivieri Dej., 
Buprestis variolaris die Julodis Latreillei Dej., ne 
coma psilotrichius nur Abänderung von A. vulpes, Ceto- 
nia atrocoerulea Abänderung von ©. viridis, C. adspersa 
die €. ienebrionis Gory, Meneir., Akis deplanıa die A. La- 
tweillei Sol., Phylax carbonarius der Phylax punctulatus 
Dej., Dorcadion Graecum Dej. das D. crux Schönh., und 
Ciyıhra valeriana Friv. die in der Caukasischen Reise 
beschriebene C2. Valerianae Meneir. 


Herr T. Victor hat in Bull. d. I. Soc. Imp. des Nat. 
de Moscou einige neue Käfer des. Kaukasus und der trans- 
kaukasischen Provinzen beschrieben und abgebildet. Zwei 
sind Typen neuer Gattungen. 


Die eine Agaricophilus enthält aulser dem im Caucasus 
re A. reflexus einige kleine Käfer der Europäischen 
"auna, die bisher zweifelhaft zu T’ritoma gerechnet wurden, 
als 7. pilosa Panz. und T. pilifera Mill., die andere Cholo- 
vocera (richtiger Choluocer« geschrieben) ist auf einen kleinen 
trimerischen Käfer gegründet, der auch in Sicilien und Sardi- 
nien vorkomnit, sich Birch ein breites dreieckiges Endglied der 
Fühler auszeichnet, von glänzend dunkelgelber Farbe und da- 
her Ch. testacea benannt ist. Die neuen Arten bekannter 
Gattungen sind Luperus dubius aus den Steppen des Kau- 
easus, Halticaconducta aus Armenien, nicht verschieden von 
der Europäischen Plectrascelis Schüppelii Dej., Cassida Ha- 
litziae, eigentlich Hablizliee zu schreiben, der türkischen €. 
seraphina Menetr, ähnlich. Toxotus mirabilis nicht weit 
von Tiffliss gefangen, Rhagium rufipes aus Armenien und 
vom Caucasus, Dorcadium nitidum aus Armenien, Dorae. 


V. Jahre. 2. Bd, 21 


314 


dimidiatum eben daher, Prionus serricollis in Georgien 
und Daghestan, auch bei Asterabad in Ghilan aufgefunden. 


Die entomologischen Lieferungen des D’Orbignyschen 
Reisewerks sind von Hrn. Brull&@ weitergeführt worden, und 
sind die Caraben beendet, die Familien der Dytiscen und 
Gyrinen vollständig bearbeitet, und die der Hydrophilen an- 
gefangen. 


Es fehlen in dem vom Ref. benutzten Ex. dieses Werkes 
leider der 2te und 3te Textbogen, wodurch eine Lücke im 
Bericht veranlafst wird. Es müssen diese Bogen den Schluls 
der Truncatipennen enthalten, aus denen eine COymindis und ein 
Brachinus, dann die Feroniden, aus denen die Abbildungen von 
Baripus rivalis, einem neuen Pogonus, einem Platynus, von 
Feronia unistriata Dej., und 5 neuen A. derselben Gattung auf 
den Tafeln sich finden, ferner den Anfang der Chlaenien, von 
denen ein Oodes und ein Chlaenius abgebildet sind. Dann fol- 
gen 2 Arten Brachygnathus (Eurysoma Dej.), unter denen 
ein neuer, und ein neues Pelecium aus Chiquitos. In der fol- 
genden ae der Harpalen hat Hr. Brull£ die in Südame- 
rica zahlreichen Arten der Dejeanschen Gattung Harpalus, bei 
denen die Unterseite der erweiterten Fulsglieder beim Männchen 
mit dichtem gleichmäfsigem Filz überzogen ist, mit Anisodacty- 
Zus vereinigt, und glaubt auch die Notibia nebrioides Periy in 
einer hierher gehörigen Art zu erkennen. Beschrieben sind 3 
neue A. derselben, undals zu Hypolithus gehörig, ein neuer dem 
H. speciosus Dej. verwandter Eds und ein Acupalpus; von 
Scaritiden, zweı Scarites, drei Clivina, zwei Camptodontus; von 
eigentlichen Caraben ein Galosoma aus Patagonien unter dem 
schon von Klug vergebenen Namen C. imbricatum; von Bem- 
bidien zwei Chilesische Trechus, eine Ega, fünf Bembidien, 
eins unter dem schon von Dejean gebrauchten Namen B. la- 
ticolle. Von Dytiscen sind neu zwei Cybister, ein Hydaticus, 
drei Colymbetes (von denen zwei als Meladema aufgeführt sind) 
ein Copelatus, ein Hydrocanıhus (hier als Noterus betrachtet) 
und zwei Hydroporus. Gyrinen sind vier beschrieben, zwei 
echte Gyrinus und zwei Gyretes. Von Hydrophilus ent- 
hält der letzte Bogen noch neun Arten, von denen drei zur 
Untergattung Hydrous, zwei zu Hydrophilus, die übrigen zu 
Tropisternus gerechnet werden, unter denen der letzte, A. lim- 
batus, schwerlich vom H. lateralis zu unterscheiden sein möchte. 
Auf der noch vorliegenden 5ten Tafel sind abgebildet zwei 
Nitidulae von der in Südamerika verbreiteten Sirongylus - arti- 
gen Form, ein Necrophorus, die einzige bisher bekannte, 
ın Südamerika vorkommende Art, zwei Silpha, drei Staphy- 
linus, von denen der erste, St. auricomus, der St, Chrysis Grav., 
der zweite, St. interruptus, der S1. cyanicollis Lap., der dritte 
St. chrysopterus wahrscheinlich der 8%. nobilis Nordm. ist; fer- 
ner ein angebliches Lathrobium, vermuthlich ein schlecht ab- 


315 


gebildeter Pinophilus, und eine Stereulia, die wahrscheinlich 
auch im Umrils und Colorit verfehlt ist. 


Einen Beitrag zur Käfer-Fauna von Cuba hat Herr 
Guerin in seiner Revue Zool. (p. 279.) durch die Beschrei- 
bung einer Anzahl von Arten geliefert, welche Hr. Lanier 
im Innern der genannten Insel gesammelt hat, und die durch 
seine beigefügten Bemerkungen über ihr Vorkommen ein be- 
sonderes Interesse erhalten. 

Es sind Hylchares Lanieri Guer., paarweise unter der 
Rinde der Trichitia Spondioides in grolser Anzahl gefunden; 
Bupr. (Chrysestes) Lanieri, deren Larve unter der Rinde 
einer Palme, der Oreodoxa regia, lebt, Nosoderma echina- 
zum unter der Rinde, Stenochia amethystina, auf trocke- 
nen Zweigen verschiedener Sträucher; Phyionomus (?) Cu- 
bae an den Zweigen eines PREEn Baumes Gamaquen; So- 
lenoptera cinnamipennis, häufig im Juni und Juli in der 
Mittagssonne auf Myroxylon hymenaefolia fliegend, in deren 
hartem Holze die Larve lebt. Solenoptera fulvipes, an den- 
selben Stellen auf verschiedenen Blüthen, seltener (ob beide 
vielleicht Abänderungen des Prion. lineatus F. sind?); Calli- 
chroma columbina, häufig auf gefälltem Holze einer Art 
Achras, in welchem die Larve lebt. Er hat einen durchdrin- 
genden Rosengeruch; Eriphus dimidiatipennis, im Mai 
und Juni auf den Blüthen verschiedener Schlingpflanzen; Ebu- 
ria Lanieri, im heilsesten Mittage auf den Blüthen einer 
schlingenden Mimose gefangen, beide anscheinend identisch 
mit E venusta Dej); Eburia subangulata und dimidiata 
Chevr , beide mit einander häufig auf den Blüthen schlingender 
Mimosen, und auch wohl nur Geschlechtsverschiedenheiten. 
Amphionycha venusta, selten im Mai auf den Blüthen schlin- 

ender Mimosen, Amphionycha dimidiata, mit der vorigen 

(deren Abänderung sie ist). Elaphidion Poeyi, selten auf 
efällten Stämmen, Odontocera brachyptiera Chevr., im 
Ge, auf den Blüthen des Jucaro, die Larve im Holze der 
Andina inermis; Lema marginata und postica, beide auf 
Blättern und Blüthen des Calebassenbaums; Chrysomela (Leu- 
cocera) Poeyi Chevr., im Mai und April hinter dem Grunde 
des Blattstiels einer Palme, wo sie nicht leicht zu finden ist, 
auch unter der Rinde einer Guazuma; Chrysomela (Leu- 
cocera) apicicornis Chevr., unter der Rinde des Guaban 
und unter Cryptogamen. 

Einige Käfer-Arten aus Guyana sind in Guerin’s Revue 
Zool. (p. 23.) von Hrn. Demay bekannt gemacht worden. 

Brachinus melanöpterus scheint nur Abart des BD. «ae- 
quinoctialis (complanatus F.) zu sein. Es sind aber die Be- 
schreibungen zu kurz und zu wenig genau, so dals wir abwarten 
müssen, durch Hrn. Gu£rin in demReisewerke des Hrn.Debauve 
die hier Nüchtig characterisirten Arten näher kennen zu lernen. 


21% 


316 


Herr Hope hat ein zweites Bändchen seines Coleo- 
pterist's Manual herausgegeben, und in demselben die 
von Linne und Fabrieius aufgeführten Caraben, Di- 
tiscen und Hydrophilen erläutert. Wir finden in 
diesem Buche reiche Belehrung in vieler Hinsicht, und na- 
mentlich haben wir dem thätigen Verf. die Aufklärung über die 
von Fabricius aus Banks’ Sammlung beschriebenen Arten 
sehr zu danken. Von den von Fabricius aus der Lund- 
Sehestedtschen und seiner eigenen Sammlung beschriebenen 
Arten sind noch viele zweifelhaft geblieben, wie wir auch 
die Berücksichtigung der von Illiger in seinem Magazin 
mitgetheilten Bemerkungen über Fabricius Systema Eleu- 
theratorum, und der darauf bezüglichen Aufsätze von Me- 
gerle und Zenker vermissen. Neben der Kritik der Arten 
hat Hr. Hope uns auch eine Uebersicht über die neueren 
Gattungen nach Gruppen (families) gegeben, die zuweilen 
auf sehr natürlichen Zusammenstellungen beruhen. Diese, 
nicht im systematischen Zusammenhange, sondern so wie die 
Gelegenheit sie zur Sprache brachte, sind der Reihe nach 
folgende 

Megacephalidae (3 Gatt.) Elaphridae (6 G.)  Cieindelidae 
(16 G.) Collyridae (5 G.) Garabidae (6 G.) Anthiadae (5 G.) 
Nebriadae (5 G.) Bembidiidae (12 G.) Dromiidae (4 G.) Cy- 
chridae (5G.) Thaliadae (ziemlich die Dejeansche @. Feronia, 15 
G.) Dolichidae (4 G.) Agonidae (7 G.) Sphodridae (4 G.) 
Chlaeniadae (6 G.) Cymindidae (7 G.) Patrobidae (3 G.) Pe- 
ryphidae (4 G.) Broscidae (3 G.) Ditomidae (6 G.) Licinidae 
(7G.) Harpalidae (16 G.) Lebiadae (9 G.) Amaridae (11 G.) 
Zabridae (5 G.) Acinopidae (11 G.) Stenolophidae (10 G.) 
Panagaeidae (11 G.) Scaritidae (11 G.) Dryptidae (9 G.) 
Brachinidae (4 G.) Agridae (2 G.) Odacanthidae (11 G.) 
Pericallidae (10 G.) Cyclosomidae (3 G.) Oszuenidae (9 G.) 
Heteromorphidae (A G.) Morionidae (4 G.) Helluonidae (7 _G.) 
‘Pogonidae (5 G.) Trigonotomidae (10 G.) ferner Hydrophiloi- 
dea (12 G.) Dytieidae (146 G.) Haliplidae (11 G.) Gyrinoidea 
(6G.) Helophoridae (7 G.) Parnidea (3 G.) Limnüdae (3 G.) 
Sphaeridiidae (4 G.) Anisotomidae (10 G.) 

Wenn auch eiuzelne Gattungen unter verschiedenen Grup- 

en doppelt aufgeführt sind, ist doch schon aus der grolsen 
Zahl derselben zu entnehmen, dafs der Verf. nicht nur alle 
bisher in Vorschlag gebrachten benutzt, sondern auch noch 
manche neue Trennung vorgenommen hat, letztere indessen 
fast nur durch habituelle Kennzeichen begründet, die erst ihren 
Werth hahen, wenn ihre Uebereinstimmung mit den wesentli- 
chen systematischen Charakteren nachgewiesen ist. 


317 


Auf.den Tafeln sind mehrere bisher unvollständig bekannte 
oder ausgezeichnete neue Arten abgebildei, auf dem 'Titelkupfer 
die im vor, Jahresberichte erwähnte Manticora latipennis Wa- 
zerhause. Auf den übrigen Tafeln begegnen wir zunächst der 
so lange zweifelhaft gebliebenen Gicindela grossa F., weder 
eine Megacephala, noch eine Dromica, sondern mehr eine echte 
Cicindela, der dritten Familie Dejeans sowohl in der cylindri- 
schen Körperform, als dem mälsig verdickten zweiten Gliede 
der Lippentaster sich anschlielsend, von Hrn. Hope zu einer 
eigenen Galtung Apieroessa erhoben. Eine zweite, als Hü- 
gellos angegebene hier abgebildete CGicindelen- Gaitung ist Eu- 
rymorpha, eine merkwürdige, sehr breite Form, zu der indels 
C. concolor Dej. den Uebergang macht, und die in den Mund- 
theilen, selbst im Umrifs der Pelze mit den eigentlichsten Ci- 
cindelen (z. B. C. campesitris) übereinstimmt. Ferner lernen wir 
in dem Carab. siriatulus F. einen ganz nahen Verwandten 
der Feronia corinthia Dej. kennen, und finden eine sehr genaue 
Abbildung des Cychrus reflexus F., eines Panagaeus, der von 
Fabricius zuerst aus Banks’ Sammlung beschrieben, ohne 
Zweifel nicht im Coromandel sondern im tropischen Africa ein- 
heimisch, von der von Fab. später aus Lunds Sammlung un- 
ter demselben Namen beschriebenen Ostindischen Art sehr ver- 
schieden ist. Eine sehr werthyolle Zugabe hat uns Hr. Hope 
durch die Abbildung der von Mac Leay in den Annulosa 
Javanica nur beschriebenen Carabengattungen mit allen Details 
dargereicht, welche ohne diese Hülfe wenigstens auf dem Con- 
tinent wohl schwerlich ihren Oedipus gefunden haben würden. 
Es sind Dirotus subiridescans, Gnathaphanus vulneripennis, Hyph- 
arpax lateralis, Dioryche 1osta, Hyphaerion reflexus und Coe- 
lostomus picipes, der zweite offenbar der Harpalus subcostatus 
Dej., der dritte eine merkwürdige Harpalinen-Form mit ver- 
dickten, unten gezähnten Hinterschenkeln und krummen Schie- 
men an denselben Beinen, der vierte der Dejeansche Plaiyme- 
1opus Thunbergi, der letzte eine vielleicht selbstständige Gat- 
tung, von Dejean mit Feronia (Argutor) vereinigt, (F. A. 
antiqua Dej.) wovon sie aber durch ungetheilten Zahn im Kinn 
abweicht, hiedurch sich mehr an Drimostioma annähert, mit 
welcher sie vielleicht durch Uebergänge von der gestreckten 
Form der Mandibeln zu der gewöhnlichen verbunden wird. 


Cicindelahybrida L. war bekanntlich vonHrn.Stephens 
auf die €. maritima Gyll. gedeutet worden, und Hr. Brulle 
war ihm hierin gefolgt, Ref. hatte jedoch in seinen Käfern der 
Mark B. Bedenken getragen, sich dieser Bestimmung anzu- 
schlielsen. Herrn Westwood verdanken wir jetzt die sichere 
Auskunft aus der Linneischen Sammlung, dals die dort von 
Linne’s eigener Hand bezeitelte €. hybrida keine andere sei, 
als. die so lange dafür gegolten, und verschieden von der, die (Mag. 
of. Nat, Hist.) Stephens und Brull& als ‚solche angenommen 


Eine Reihe von Arten der Gattung Carabus, theils aus 
der Europäischen Türkei, theils aus Klein-Asien, ist von den 


318 


Herren v. Cristoforis und Jan in Guerin’s Magasin de 
Zoologie beschrieben worden. 

C. moestus, dem ©. Hungaricus verwandt; C. aethiops, 
dessen Unterschiede vom C. Graecus Dej). dem Ref. nicht ein- 
leuchten wollen. C. Chevrolati und C. assimilis (einen 
eigentlichen Carabus hat Duftschmidt schon unter diesem 
Namen beschrieben) beide mit tiefen Gruben auf den Flügel- 
decken, wie C. perforatus, aber von der schlanken Gestalt des 
€. violaceus, unter einander sehr ähnlich und wohl kaum hin- 
reichend unterschieden. C. Wiedmanni, kleiner als die vori- 
gen mit ähnlicher aber schwächerer Sculptur. C. saphirinus, 
schlanker wie C. violaceus, mit 3 Reihen Grübchen auf jeder 
Flügeldecke. C. Mariettii, mit dem C. Loschnikovii Gebl. ver- 
glichen. C. Spinolae, um die Hälfte grölser als €. glabra- 
Zus, oben dunkel bronzegrün, glänzend, von Hrn. Mäh6tries 
gleichzeitig unter dem Namen €. Bonplandi beschrieben. 


Einige Arten der Gattungen Garabus und Calo- 
soma, welche Hr. Darwin auf seiner Reise gesammelt 
hatte, sind von Hrn, Hope in den Transactions of the Ent. 
Society beschrieben worden. 


Die Carabi sind C. suturalis F. vom Feuerland, €. 
V alvidiae von den Cordilleras von Valvidia, wohl der ächte 
C. Chilensis Esch., C, Chiloensis, kleiner als vorige, so wie 
C. insularis und C. Darwinii von Chiloe. Calosoma Pa- 
tagoniense aus dem Patagonenlande, C. Galapageium, von 
den Galopagos-Inseln, C. Helenae von St, Helena. 


Eine dritte Art der in den früheren Jahresberichten schon 
erwähnten Gattung Catapiesis ist von Hrn. Chevrolat un- 
ter dem Namen €. Columbica in Gu&rin's Revue Zool. (p.286.) 
beschrieben worden. Die Flügeldecken haben bei ihr 10 ein- 
fache, verloschene, an der Spitze deutlichere Streifen, von 
denen die 6 innern zu zwei genähert sind. Das Vaterland ist 
Columbien. Mr 


Herr Gu&rin (Revue Zool. p. 74.) findet den von La- 
treille in,der Ausrandung der Vorderschienen angegebeuen 
Unterschied zwischen Enceladus und Siagona nicht aus- 
reichend, indem die Ausrandung bei Enceladus auch vorhan- 
den sei, nur weniger hoch hinaufreiche. Bei Enceladus 
sind indefs die Schienen sehr ähnlich wie bei einem ächten 
Carabus gebildet, wo von der Unterseite gesehen, eine Aus- 
randung deutlich bemerkbar ist, Bei ächten Siagonen ist 
die Ausrandung eben so beschaffen als z. B. bei einem Har- 
palus, wenn sie auch eigentlich nicht so hoch hinaufgeht. 
Dafs von dieser Bildung bei grofsen Siagonen Uebergänge 
zu der von Enceladus vorkommen, wie Hr. Guerin 


319 


behauptet, kann Ref. nicht bestättigen. In der Mitte zwichen 
Enceladus und Siagona steht indefs der Scarites laeviga- 
tus F., den Latreille und Dejean zu Enceladus, Hr. 
Guerin zu Siagona rechnen, und zwar beide Theile mit glei- 
chem Rechte. Die Vorderschienen sind ganz die eines Enceladus, 
die Lippentaster mit ihrem stark erweiterten Endgliede, so 
wie die Fühler, an denen das erste Glied nicht, wie bei En- 
celadus, von der Länge des zweiten ist, wie bei Siagona. 
Mit Unrecht werden noch Melaenus und Coscinia als 
verwandte Gattungen betrachtet; sie schliefsen sich auf's 
Nächste an Ditomus. 

Von Siagona führt Hr, Gu&@rin hier 46 Arten auf, unter 
denen drei neue vom Senegal, $. Goryi, der $. laevigata ganz 
nahe verwandt, $S. mandibularis und Buquetii. Unnatür- 
lich sind die Arten in ee und ungeflügelte eingetheilt; 


das Vorhandensein oder Fehlen der Flügel ist hier so wenig 
wesentlich, dafs beide Fälle bei derselben Art vorkommen, wie 


denn die gefl gelte S. brunnipes Dej. von der ungeflügelten 
S. fuscipes Bon. wirklich nicht verschieden ist.*) 


Herr Baron Chaudoir (Bull. d. I. Soc. Imp. des Nat. 
de Moscou.) hat es unternommen, die grofse Gattung Fero- 
nia Dej. in mehrere aufzulösen. Es hat immer etwas Un- 
bequemes, wenn sich mehrere hundert Arten in einer Gattung 
beisammen finden; indefs konnte Graf Dejean, als er bei 
der Bearbeitung seiner Species general einsah, dafs die von 
ihm in seinem ersten Catalog aufgenommenen Gattungen Poeei- 
lus u,s. w. in allen wesentlichen Characteren übereinstimmten, 
nichts mehr thun, wie jene vorläufig angenommenen Gattungen 
als gleichsam natürliche Unterabtheilungen festzuhalten. Wenn 
man in solchen Fällen einmal Spaltungen vorzunehmen an- 
fängt, läfst sich selten bestimmen, wie weit sie sich erstrecken 
werden. Die von Hrn. Baron Chaudoir bereits errichteten 
Gattungen belaufen sich auf nicht weniger als 42, deren Cha- 
ractere, wie sie in der mitgetheilten Tabelle angegeben sind, 
gröfstentheils von den Verhältnifsen der Glieder der Fühler, 
Taster und Füfse entnommen, wohl im Allgemeinen, sehr 
subtil sind, was freilich ziemlich einerlei wäre, wenn sie nur 


*) Achnliche Fälle kommen öfter vor, selbst bei eigentlichen 
Carabis. Das hiesige Museum besitzt vom Carabus granulatus L. 
ein Päärchen mit vollkommen ausgebildeten Unterflügeln. 


320 


beständig wären, mit anderen Unterschieden übereinkämen, 
und so natürliche Trennungen bedingten; es scheint aber 
nicht, dafs nicht häufig sehr nahe verwandte Arten in ver- 
schiedenen Gattungen ihr Unterkommen fänden. Auch führt 
der Verf. noch eine lange Reihe zum Theil sehr bekannter 
und gewöhnlicher Arten auf, die noch in keine der 42 Gat- 
tungen passen. Indefs enthält der Versuch des Verf. viel 
Dankenswerthes, selbst wenn man davon äbgeht, eine einzige 
der Gattungen anzunehmen, indem er auf mehrere feinere 
Merkmale aufmerksam macht, die für die Gruppirung der 
Arten nicht ohne Bedeutung bleiben werden, und es ist auch 
noch nicht zu verreden, dafs nicht bei fortgesetzten Unter- 
suchungen sich eine oder die andere natürliche Gattung ab- 
sondern wird. Auf die Wahl der Gattungsnamen wäre dann 
wohl etwas mehr Sorgfalt zu verwenden, indem von den ge- 
genwärtigen einige bereits in andern Familien vergeben, an- 
dere zu wenig von bereits vorhandenen verschieden sind, 
noch andere, wie viele mit Hülfe von Pseudo- hervorge- 
brachte, gegen die Gesetze einer guten Namengebung zu sehr 
verstofsen. — Aufserdem hat Herr Baron Chaudoir drei 
Gattungen derselben Abtheilung sehr ausführlich beschrieben, 
nämlich Scaphiodactylus, auf Fer. moesta Dej. und F. 
Junesta und opaca Chaud., alle aus Mexico, Chalco- 
chrous, auf F. Sterop. lenis Ill. Dej. und Cyclotra- 
chelus, auf F. Sterop. tenebricosa Dej. gegründet. 

Die Wasserkäfer haben eine besonders gründliche und 
umfassende Monographie in den Species general des Hydro- 
canthares et Gyriniens von Dr. Ch. Aube erhalten, die 
als Fortsetzung der Dejeanschen Spec. gen. des Coleopte- 
res sich anschliefst, und demgemäfs ganz in derselben Weise 
behandelt worden ist. Nur Hinsichts der Beschreibungen ist 
der Verf. von seinem berühmten Vorgänger darin abgewichen, 
dafs sie weniger vergleichend sind. Es gehört ein feiner Tact 
dazu, hierin das Zuviel und Zuwenig zu vermeiden. Die 
Dejeanschen sind öfter wohl zu sehr comparativ, die Aube£- 
schen sind es aber in der ersten Hälfte des Werkes im Gan- 
zen zu wenig; die ausführlichster und genausten Beschrei- 
bungen geben mit vieler Mühe des Lesers oft nicht ohne 
Zweifel, was ein passender Vergleich augenblicklich klar 


321 


macht; aufserdem sind sie ein Prüfstein des Auctors für die 
Selbstständigkeit der von ihm aufgestellten Arten. Hr. Aub.e 
würde z.B. den Neuholländischen Colymbetes australis nicht 
neben dem Europäischen C. conspersus beschrieben haben, 
hätte er versucht, die Unterschiede beider hervorzuheben, da 
durchaus keine da sind. Bei den später beschriebenen Gat- 
tungen, namentlich den Hydroporen, finden wir jede Art, 
welche sich nicht von selbst schon hinreichend unterscheidet, 
stets mit denen verglichen, denen sie zunächst steht. Die Be- 
schreibungen selbst sind musterhaft. 


Nach dem Vorgange des Ref. beirachtet Herr A. die Dy- 
ziscen und die Gyrinen als zwei neben einander stehende, aber 
scharf geschiedene natürliche Familien. Die erstere theilt er 
in 3 Gruppen, Haliplides mit schildförmig erweiterten Hin- 
terhüften, Dytiscides mit 5, Hydroporides mit 4 Gliedern 
an den vorderen Fülsen. Die erste Gruppe enthält nur die 
Gatt. Haliplus mit 20, und Onemidotus mit 3 Arten. Die 
Dytiscides zerfallen nach der Anwesenheit oder Abwesenheit des 
Schildchen in zwei Abtheilungen, in der ersten ist zunächst 
Paelobius (unrichtig statt Pelobius geschrieben) wegen sei- 
ner schlanken Hinterbeine abgesondert, die be# den folgenden 
mehr oder weniger zusammengedrückt sind, hier folgen Cy- 
bister mit 36 A., Dytiscus mit 17A., wobei freilich die glat- 
ten und die gefurchten Weibchen immer als specifisch verschie- 
den betrachtet sind; Eunectes 1 A. (Vergl. d. vorigjährigen 
Jahresbericht) Aeilius 47. A. von denen jedoch die 43 letzte- 
ren besser unter Hydaticus stünden, und von H. Austriacus 
nicht getrennt werden können, Colymbetes 39 A.; Ilybius 
41 A,; Agabus 60 A.; Copelatus 47 A. mit gestreiften 
Flügeldecken enthaltend, womit aber nach den wesentlichen 
Kennzeichen, die Ref. für diese Gattung aufstellte, und die auch 
von Hrn. A. anerkannt sind, mehrere A. mit glatten Flügel- 
decken sich vereinigen, welche hier unter Agabus stehen, na- 
mentlich 4. Peruvianus, 40-notatus, 11 -guitatus, submaculatus. 
Matius 4 A., Copiotomus 4 A., Anisomera 4 A. Ver- 
steckt ist das Schildchen bei Nozerus, 3 A., Hydrocanıhus 
7A., Suphis2A., Laccophilus 22 A. Unter den Hy- 
droporides ist eine Gatt. mit deutlichen Schildchen: Celina, 
auf 3 Americanische A. gegründet, eine zweite neue Gattung 
Vatellus, auf den Hydroporus tarsatus Luporie errichtet, un- 
terscheidet sich durch zugespitzte Fühler und die langgestreck- 
ten 3 ersten Fulsglieder an den vorderen Beinen von Hyph- 
ydrus, 11 A. und Hydroporus, 122 A. 

Die Familie der Gyrinen ist in 7 Gattungen zerlegt, (En- 
hydrus (G. sulcatus Wied.) mit 3 A., Gyrinus, 45 A., Pa- 
irus, 4 A. aus Java, Oreciochilus 14 A., Gyretes 8 A., 
Porrorhynchus 4 A., Dineutes 24 A.,) welche nicht so 
natürlich nach der Anwesenheit oder Abwesenheit des Schild- 


322 


chen in zwei Abtheilungen gebracht sind, als sie es nach der 
Bildung des letzten Hinterleibsegments sein würden, wo @y- 
rinus, Enhydrus (richtiger Enydrus geschrieben, da h ım 
Griechischen kein Buchstab ist), Dineuzes und Porrorhyn- 
chus (erstere beide mit deutlichem, letztere beide mit versteck- 
tem Schildchen) die eine, Patrus, Oreciochilus mit deutli- 
chen, G@yretes mit verstecktem Schildchen, die andere Ab- 
theilung ausmachen würden. Die Anwesenheit einer äulseren 
Maxillarlade in dieser Familie ist vom Verf. nicht erkannt wor- 
den, sie hat in. der That auch nur bei Gyrinus Statt (S. 
Sturm, Deutschl. Ins., 10B., T.226, Fig. H.), bei allen übri- 
gen Gattungen fehlt dieser Theil ganz. 


In der Iconographie et histoire naturelle des 
Coleopteres d’Europe hat Hr. Aube .die Darstellung 
der Hydrocantharen zu Ende geführt. 


Von der Gattung Aydroporus sind nicht weniger als 93 
Be Arten abgebildet, ‚unter diesen eine beträchtliche 
Anzahl neuer: A. marginicollis, aus der Schweiz, vermuth- 
lich nur Abart des A. depressus; H. Sansii aus Spanien, 
dem H. depressus nahe verwandt; H. affinis aus Sardinien, 
Fenestratus aus Sicilien (auch unter demselben Namen von 
Germar abgebildet), Zwciuwosus aus dem südlichen Frankreich 
und variegatus aus Armenien, alle 4 einander verwandt; ca- 
rinatus aus Spanien, durch einen hohen Kiel auf den Flügel- 
gecken ch fwscitarsis aus Sardinien, vom Verf, 
mit H. halensis verglichen, aber wohl eher Abänderung des 
H. griseostriatus; A. Cerisyi, dem H. griseostriatus verwandt, 
im südlichen Europa einheimisch; 4. Schönherri aus Lapp- 
land und H. parallelus vom Caucasus, beide dem H, paral- 
lelogrammus sehr nahe; H. ambiguus aus Frankreich, wohl 
einerlei mit A. piceus St., der beim H. pubescens Gyll. citirt 
ist, mit welchem aber eher H. melanocephalus St. übereinkommt; 
H. limbatus und analis aus Sardinien, vermuthlich nur Ab- 
arten des MH. Zituratus, welchem auch H. obsoletus aus Spa- 
nien, victor vom Bodensee, castaneus aus Belgien, piceus 
aus Frankreich und England, und incerius aus dem südlichen 
Europa nahe kommen, von denen H. victor sich besonders 
durch seine sehr flachgedrückte Gestalt auszeichnet, casta- 
neus aber wohl nur Weibchen von A. memnonius ist; gla- 
briusculus aus Lappland, dem FA. melanocephalus ähnlich; 
meridionalis, Genei, 6-guttiatus, varius, fasciatus, ru- 
fulus, formosus, Escheri, südeuropäische, theils dem M. 
‚flavipes, theils dem MH. lepidus verwandte A. H. Goudotii, 
dem H. unistriatus sehr ähnlich, von Tanger und auch von Si- 
cilien, H. pumilus, eine ebenfalls dahingehörige aber weniger 
nahe verwandte Europäilche Art; Z.pallens aus Lappland. Zu 
bemerken ist noch, dafs A. Davisii Curt. nicht ‘verschieden 
vom H. borealis Gyll., dals 4. frater der wahre D. assimi- 
lis Payk. ist, daher der von Gyll. als solcher beschriebene 
einen anderen Namen erhalten muls, wozu sich der von Mül- 


323 


ler vorgeschlagene H. rotundatus eignen möchte; dals H. 
siriola, mit welchem Hr. A. den H.vittula des Ref. vereinigt, 
sich vom letzteren beständig durch geringere Gröfse, mehr ein- 
zelne und feinere Punktirung zu unterscheiden scheint. Von 
Gyrinus führt der Verf. 14 A. auf, von denen @. natator 
der G. mergus Ahr., wahrscheinlich eben so wenig der @. n«- 
tator von Linn& als der von Fabrieius ist; @. caspius gewils 
eine kleine Abänderung des H. bicolor; G. aeneus vermuth- 
lich Abänderung des @. marinus; G.variabilis, vom Vert. selbst 
in den Spec. gen. mit dem @, urinator vereinigt. @. striatus 
kann nicht wohl der Fabricische sein, der nach der von 
Fabr. bemerkten Färbung der Unterseite zum folgenden @. 
strigosus (limbatus Sol.) gehören muls. Orectochilus hat die 
eine,bekannte Art. Von rein exotischen Formen sind, wie frü- 
her, einzelne Arten als Gattungstypen dargestellt. 

Herr Matthews hat im Entomogical Magazine (V. p. 
188.) mehrere neue Gattungen und Arten von Brachelytren 
beschrieben. ' 

Deinopsis fuscatus ist die Gymnusa laticollis des 
Ref., auch nach der Darstellung des Verf. in den gezähnten 
Mandibeln und in der Bildung der Maxillen mit Gymnusa 
dbrevicollis übereinstimmend, doch scheint Hr. Matthews 
in der Darstellung der Unterlippe dadurch, dals dieselbe nicht 
mehr in ihrer Integrität war, wodurch die borstenförmigen 
Lippentaster sowohl als die borstenförmigen Lappen der Zunge 
der Beobachtung entgangen sind, eben so sehr getäuscht zu 
sein, als in der 3gliedriger Maxillartaster und 3gliedriger Fülse. 
Die zweite, neue, ebenfalls den Aleocharen angehörige Gattung 
Centroglossa fällt mit der G. Myllaena des Ref. zusam- 
men, auch ist die Darstellung derselben durch Hrn. Matth. 
nur darin verfehlt, dals er die borstenförmigen Lippentaster 
für Theile der Zunge hielt. Von den sechs unter dieser Gat- 
tung aufgeführten Arten sind die drei ersten, bei denen das 
Halsschild breiter als die Flügeldecken ist, unzweifelhaft die- 
selben 3 Arten, die Ref. als Myllaenen beschrieben hat; die 
übrigen 3, bei denen das Halsschild nur von der Breite der 
Flügeldecken ist, gehören schwerlich mit Recht in diese Gattung, 
und möchten vielleicht, wenn man den angegebenen Habitus 
folgen darf, unter Oxypoda zu suchen sein. Aufserdem be- 
schreibt Hr. M. noch fünf Arten anderer Gattungen, von 
denen Megachronus elegans und Mycetoporus brevicor- 
nis zweifelhaft, Tachyporus formosus der T, rufus, Cy- 
pha bigutiata der Hypocyptus discoideus des Ref. und Oxy- 


telus biarcuatus der Phloeonaeus caelatus (Oxyt. cael. 
Grav.) sind. 


Herr Westwood beschreibt im Magaz, of Zool. and 
Botany (p. 129.) in einem Aufsätze, der eine Zusammenstel- 
lung der unter dem Wasser lebenden Insekten enthält, einen 
Käfer aus der Familie der Staphylinen, der am Seeufer 200 Fuls 
unter der Fluthgränze des Wassers lebt, und der zur Fluth- 


324 


zeit 4 Stunden unter Wasser bleibt. ‘Er rechnet den durch 
die Kürze seiner Flügeldecken ausgezeichneten ‚Käfer zu den 
Oimalinen, er gehört indels zu denen, die Ref. von denselhen 
entfernt und mit den Osxytelinen vereinigt hat, wo er in der 
Reihe mit dem Omalium rugosum (Staph. striatulus F,) anandi- 
bulare, weneum Gyll. und Anthaphagus dichrous. Grau. eine 
eigenthümliche Gattung bildet, welche Hr. Westwood Mi- 
cralymma benennt. Die Art (M. Johnstonis Westw.) ist 
indels schon unverkennbar von Gylienhal und Zetterstedt 
als Omelium brevipenne beschrieben worden. 

Ref. hat in Germar’s Zeitschrift für die Entomologie 
eine Notiz über das Vorkommen der Nebenaugen bei den 
Stiaphylinen gegeben und gezeigt, dals sie nur bei den Oma- 
lien zu finden sind und zwar 2 an der Zahl bei den Gatt. 
Anthophagus und Omalium Grav., mit Ausschluls der Arten 
die auch anderer Abweichungen halber theils den Osxytelen sich 
anschlielsen, theils in eine eigene kleine Gruppe Proteinini zu- 
sammengestellt sind. Unter Fldteren kommt jedoch En 
vor, die Silpha clypeata Müll., mit einem einzigen Nebenauge. 
Ref. hat sie in seinen Käfern Brandenburgs als Art der Gatt, 
Megarthrus aufgeführt, die später gemachte Untersuchung des 
Mundes hat jedoch gezeigt, dals sie eine eigene Gattung bilden 
muls, für welche der Dejean’sche Name PAlosobium erhalten 
werden kann, 


Die durch den Reichthum der darin enthaltenen Arten 
höchst wichtige, in der Historie naturelle et lconographie 
des Insecies Col&opteres enthaltene Monographie der Bu- 
presten der Herren De Laporte und Gory ist ununterbro- 
chen fortgesetzt und ihrer Vollendung näher geführt worden. 


Den Schlufs der dritten Untergattung von Buprestis, Psi- 
Zopiera, bildet eine grolse Reihe von Arten von der Insel Ma- 
dagascar, welche so höchst ausgezeichnet sie auch in Formen und 
wie sehr sie auch zum Theil im Seitenrande erweitert sind, doch 
nicht nur in ihren Charakteren von den übrigen eigentlichen Bu- 
presien nicht abweichen, sondern auch in ihren Körpernmrilsen,, so 
wenig die Bupresten aller anderen Weltgegenden eine Annäherung 
an die eigenthümlichen Madagascarischen Bildungen erkennen 
lassen, nicht so scharf begränzt sich zeigen, dals nicht zahl- 
reiche Mittelformen selbst zu den abweichendsten. und auffal- 
lendsten Gestalten einen ganz allmäligen Uebergang bilden 
sollten. Es ist daher die Verbindung der grölstentheils sehr an 
die Gassiden-Form erinnernden Madagascarischen Bupresten mit 
den schmalen, keillörmigen Psilopieren nicht so unnatürlich, als 
es beim ersten Anblick mancher Arten erscheinen möchte. 
Uebrigens ist Madagascar sehr reich an solchen Formen. Die 
Verf. stellen nicht weniger als 46 A. dieser Abtheilung auf, yon 
welchen die B, aureo-pilosa sich von der ursprünglichen 
Guörin’schen B. aureo-pilosa, (Goudoti Kl.) unterscheidet, 
dagegen ist B. quadrispilota nur Abänderung von BD. au- 


325 


ropicia, B. cupreo-signata nicht unterschieden von B.so- 
lea Kl., B. sparsuta Abänderung von B. cupreo-notata, und 
B. luteo-signata die Polybothrys 6foveolata Spin. und B. 
Kiugii die Polybothrys ancora Spin. (welche beide im Jahres- 
bericht von 1837 erwähnt worden sind). 

Die vierte Untergattung Latipalpis (Sol.) enthält 23 Ar- 
ten, grölstentheils aus Africa und Ostindien, unter denen B. 
limbalis schwerlich in Brasilien, wahrscheinlich im tropischen 
Africa zu Hause, die Senegalsche B. Galamensis von der 
Nubischen B. catenulata Kl. wohl kaum verschieden ist, und 
B. coerulea Ol. nichts als Abänderung von B. fastuosa zu 
sein scheint. Die folgende Untergattung Hippomelas ent- 
hält nur eine A., B. Mesicana. Sie weicht von den eigentli- 
chen Bupresten etwas ab. Dagegen kommt die sechste Unter- 
gatt. Dicerca (Esch.) wieder vielfach mit denselben überein. 
Es sind aulser einigen Capensern grölsteniheils Nordamerica- 
nische und Europäische Arten, unter den letztern findet sich 
eine kleine Verwirrung in der Bestimmung einiger nahe ver- 
wandter Arten, indem die im Norden verbreitete D. «enea L. 
als B. Fagi Meg. aufgeführt ist, die B. aenea der Verf. aber 
die dem Süden von Europa angehörende B. Carniolica F. ist. 
Auch scheint die B. asperata des Verf. nicht hinreichend von 
der B. obscur«a verschieden zu sein. B. Dufourii ist Ecti- 
nogonia Buquetii Spin. 

Die siebente Untergatt. Halecia hat die B. blanda F. 
zum Typus. Kine zweite sehr ähnliche etwas kleinere Art 
nennen die Verf. BD. modesta F., da aber Fabricius sich auf 
Banks’ Sammlung bezieht, aus welcher Olivier den Käfer 
abbildete, ist kein Grund anzunehmen, dals Fabricius’” Käfer 
ein anderer als der Oliviersche sei. Es stehen in dieser Un- 
tergaltung acht Südamericanische Arten, die aber nicht alle im 
Habitus zusammenstimmen. 

Die achte Untergatt. Castalia entspricht Lampra Mee., 
die sich auch wohl als Gattung festhalten läßt. B. Solieri 

t eine neue A. die mit BD. rutilans F. in der Färbung ganz 
übereinkommt, aber in der Gestalt abweicht. BD. gentilis, an- 
geblich aus Ostindien, scheint garnicht von B. festiva ver- 
schieden zu sein. 

Auch die neunte Untergatt, Melabasis, aus 11 kleinern 
Neuholländischen Arten bestehend, kommt weniger mit den ei- 
gentlichen Bupresten überein, als sie eine zunächst an Apatura 
sich anschlielsende selbstständige Gatt. bilden möchte. Eben so 
ist die zehnte Untergatt. Ancylocheira Esch. hinreichend als 
eigene Gatt. characterisirt; nur ist die erste Art, B. Bagda- 
densis nichts weniger als eine Ancylocheira, sondern eine 
Chalcophora, wenigstens von Bupr. stigmatica Schönh. unzer- 
trennlich. Auf B. punciata folgen vier A., B. 6-notata aus 
Nordamerica, B. marginicollis vom Senegal, B. discoidea 
aus Neuholland, B. Maura Ol. von Domingo, welche alle 
nur geringe Abänderungen der B. punctata zu sein scheinen, 
so Jals die Vaterlandsbezeichnungen wohl auf Irrthümern be- 


326 


ruhen. Ein ähnliches Verhältnifs scheint zwischen den folgen- 
den drei A., B. rubromaculata aus Cayenne, P. aurantio- 
picta aus Neuholland, B. 10-notata ebendaher, und der B. 
Flavomaculata F. stattzuhaben: auch ist DB. maculata F. 
(strigosa @bl.) nicht füglich als Art von der letztgenannten 
abzusondern. Ebenso ist die angeblich Brasilische B. magica 
gewils nichts als eine Abänderung der B. S-gutiata, und die 
angeblich Ostindische B. geometrica steht unbedenklich wie- 
der in der nümlichen Beziehung zu B. flavomaculata. B. au- 
rulenta, angeblich aus Nordamerica, scheint die seltene Nord- 
europäische B. splendida Payk, pretiosa Hbt. zu sein, deren 
keine Erwähnung geschehen ist, und die Citate B. aurulenta 
Ol., Salisburensis Hbi. gehören zur folgenden B, decora F. 
B. Boseci der Verf. ist B. apricans Hbı. 


Die eilfte Untergatt. entspricht der Gatt. Eurythyrea 
Serv., aus welcher nur drei A., B. micans, B. Justriaca F. 
und B. scutellaris Ol. aufgeführt sind, die letzte ist als Süd- 
americanisch angegeben, es ist aber viel wahrscheinlicher, dafs sie 
Östindisch ist. Die zwölfte Untergatt. Pelecopselaphus (S$ol.) 
enthält drei verschiedene Formen, die sich am Ende als eben 
so viele Gatt. charakterisiren lielsen: 4, Bupr. angularis 
Sch., 2. B. gymnopleura Perty (impressicollis Sol.) und 
B. iripunctata F., 3. B. modesta Ol, welche die Verf. in 
der oben besprochenen Veraussetzuug, dafs die Fabricische 
eine andere sei, B. superba benannt haben. Die dreizehnte 
Untergatt., Diana, besteht aus drei neuen Brasilischen Arten, 
welche ganz das ‘Ansehen von Chrysobothrys haben. Die vier- 
zehnte und letzte Untergatt. Cinyra, ist auf einige besonders 
schlanke americanische Formen gegründet, denen noch B. cor- 
rusca F., welche die Verf. wenig passend zu Chrysodema ge- 
rechnet haben, und BD. multipunctata Ol., mit welcher B. 
albo-notata der Verf. als kleinere Hein vereinigt wer- 
den muls, und welche die Verf. beide unter Ancylocheira auf- 
geführt haben, angehören. 


Es ist schwer, für eine Menge von Bupresten- Gattungen 
leichte und sichere Charaktere aufzufinden, und es ist wohl 
nöthig eine Anzahl der von Eschscholtz u. a. aufgestellten 
und von Dejean angenommenen Gattungen zu vereinigen, in- 
dels scheinen die Verf. hierin doch etwas zu weit gegangen zu 
sein, und namentlich möchten die Untergatt. 1. ( Euchroma), 
2. (Chalcophora), 5. (Hippomelas), 8. (Castalia), 9. ee: 
40. (Ancylocheira), 11. (Buprestis Sol. besser Euryihyrea Serv.) 
und 14. (Cinyra) füglich ausgeschlossen und als eigene Gattun- 
gen betrachtet Ken können. Die Untergatt. 7. (Halecia) 
und 12. (Pelecopselaphus) sind aus verschiedenen Elementen zu- 
sammengesetzt und ihrem Inhalte nach noch näher zu prüfen, 
Es folgt nun noch eine Reihe von Gattungen der Gruppe der 
eigentlichen Bupresten, von verschiedenem Werthe, und alle 
von geringem Umfange. Capnodis Esch. erscheint als eine 
der natürlichsten, stimmt aber doch im Wesentlichen mit den 
eigentlichen Bupresten überein, und liefse sich füglich als eine 


327 


natürlich begränzte Familie in dieser Gattung betrachten. Die 
Verf. führen 40 Arten auf, von denen aber C. aerea nur eine 
seringe Abänderung der C. tenebrionis ist, €. Lefebvrei von 
Smyrna, und ©. anthracina aus Persien nicht von B. car- 
bonaria Kl. verschieden sind, die ©. Mannerheimii die 
€. porosa Kl., die als C. porosa Kl. dargestellte A. aber wie- 
der einerlei mit ©, carbonaria ist. Mit Capnodis nahe verwandt, 
und gleichfalls als Unterabtheilung der Gattung Buprestis zu 
betrachten ist Coeculus (Cyphonota Dez.) Die fünf Arten 
mögen auf drei reducirt werden können, denn .C. gravi- 
dus und ©. Buguetii scheinen durchaus nicht verschieden 
zu sein, und ©. Euphraticus ist sicher nur eine Abänderung 
des €. Sibiricus mit mehr Erzfarbe und verloschenen weilsen 
Binden. Piosima schlielst sich eigentlich sehr nahe an Agrilus; 
die Verf. führen vier Arteu auf, von den zwei Ostindische dem 
Ref. unbekannt. sind, eine Chilesische, Pi. planata, mit den 
Typus der Gatt., B. 9-maculata F. nicht die geringste Be- 
ziehung hat, vielmehr den Typus einer eigenen, mit Stigmoder« 
näher verwandten Gattung bildet. Nascio (Bup. vetusta Boisd.), 
Acherusia (Childreni) und Astraeus (flavopictus), Buba- 
sites (sphenoida) sind 4 Gattungen, jede eine Art enthaltend, 
alle Neuholländisch. 

Bulis ist auf Bupr. bivitiata F. gegründet, der noch 
eine zweite, ebenfalls Capensische Art beigefügt ist, die sich 
von der ersteren nur durch die Färbung zu unterscheiden scheint. 
Acantha ist offenbar von Pristoptera Dej. nicht verschieden, 
deren Typus Bup. blanda F, die Verf. unter Bupr. Halecia 
aufgeführt haben, auch ist die eine A., Ac. Jousselini be- 
reits als Pristiptera iridea von Mannerheiim beschrieben; die 
zweite A. ist Bup. S-punciata F. ans Cayenne, Apatura ist 
einerlei mit Phaenops Meg. und Melanopkzla Esch. A. Drum- 
mondi aus Califormien und A. disco-punctata aus der Mon- 
golischen Steppe scheinen nicht unterschieden zu sein, welches 
auch durch die genauere Kirbysche Beschreibung der ersteren, 
welche wenigstens auf die dem Ref. allein vorliegende 4. di- 
scopunciaia palst, bestätigt wird; auch sind die beiden Nordame- 
ricanischen 4. octospilota und croceosignata unbedenklich als 
Abänderungen einer Art anzunehmen, welche gewöhnlicher mit 
so kleinen Flecken, wie die letztere (Phaenops subguttata Dej.) 


vorzukommen pflegt. — Aurigena der Verf. ist mit Perotis 
Meg. identisch, ist aber nicht gut anders, als Unterabtheilung 
von Buprestis zu betrachten. en zwei bekannten Arten B. 


lugubris und tarsata sind zwei neue aus dem Orient zu- 
gefügt. 

Die Gruppe der Agrilites charakterisiren die Verf. durch 
gezähnte Klauen, gleichwohl sind diese bei den ersten drei 
Gattungen, welche in diese Abtheilung gestellt sind, vollkom- 
men einfach. Es sind diese auch zunächst mit Stigmodera ver- 
wandt, und aulserdem steht Castalia (B. bimaculata L. — un- 
ter welchem Namen aber mehrere A. verwechselt zu sein schei- 
nen) in sehr enger Beziehung zu Bulis. Poecilonota enthält 


328 


6 A., von denen P. laticollis eine geringe Abänderung der 
B. tesiacea F., P. ornaticollis wahrscheinlich Männchen der 
P. aulica, diese mit Hyperantha Menetriesi Mannerh. einer- 
lei ist, und P. speculifera nach ihren älteren Benennungen 
Langsdorfiü Kl. oder cardinalis Don. heilsen mülste. Zemina 
ist eine neue Gatt., welche auch in ihrer Färbung sich eng an 
Stigmodera anreiht, und die in ihrer Verbreitung auf das süd- 
liche Ende von Südamerica beschränkt ist, und sich gleichweit 
auf der Westseite nach Chile, auf der Ostseite nach den südli- 
chen Provinzen Brasiliens verbreitet. (Irrthümlich ist bei der 
in Chile einheimischen Z. cupricollis Östindien als Vaterland 
angegeben.) — Von den beiden übrigen Gatt. vor Agrilus steht 
Stenogaster, (BD. linearis L. — die zweite A. St, badius ist 
Si. nubilus Mannerh.) mit Recht in dieser Abtheilung, Eury- 
bia (chalcodes aus Neuholland) ist dem Ref. nicht bekannt, der 
Gattungsname gehört aber schon einer Schmetterlingsgattung. 


Ein anderer wichtiger Beitrag zur speciellen Kenntnifs 
der Bupresten ist die Genturiede Buprestides, welche 
Hr. Chevrolat in Silbermann’s Revue Entomologique 
beschrieben hat, und eine Menge neuer Arten bekannt macht, 
wobei nur bedauert werden mufs, dafs die Publication wäh- 
rend des Erscheinens der Goryschen Monographie stattge- 
funden, wodurch wenigstens eine Anzahl von Arten von bei- 
den Auctoren unter verschiedenen Namen in die Welt ge- 
bracht worden sind. 


Siernocera bramina von Coromandel, wie St. Chrysis, nur 
unten an den Seiten punctirt, vielleicht nicht wesentlich unter- 
schieden von St. basalis Gory. — St. Orissa Bug. vom Cap, 
der St. interrupta verwandt: Hr. Lichtenstein hatte sie auch 
schon am Cap. entdeckt, sie ist aber bisher noch unbeschrieben 
eblieben. — Julodis 8 A., von denen J. Esauw unbedenklich 
fir J. hirtiventris Lap. zu halten, J. albopilosa sicher nichts 
Anderes als ein gut erhaltenes Ex. der J. Onopordi mit lauger 
abstehender Behaarung, und J. Iucidicollis geringe Abände- 
rung der J. tomentos«a ist. Unter dem Namen J. peregrina 
unterscheidet Hr. Chevr. die Bup. Andreae F. Kl. von der 
gleichnamigen Olivierschen, indessen ist die Fabricische 
gewils dieselbe, da beide aus gleicher Quelle, nämlich der Bosc- 
schen Sammlung schöpften. Findet es sich, dals die von Hrn. 
Klug dafür angenommene Art von dieser verschieden ist, mit der 
sienach der O livierschen Abbildunginder Körperform sehr über- 
einkommt, obgleich sie ihr an Grölse nicht unbedeutend nach- 
steht, so wäre es wohl der Mühe werth, dafs die ächte 
Oliviersche und Fabricische B. Andreae, wie sie in Bosc- 
Sammlung vorhanden, noch einmal genau dargestellt würde. 
Die von den Herren Laporte und Gory dafür gebildete Art, 
läfst sich um so weniger dafür halten, als sie nicht nur eine 
ganz andere Körperform hat, sondern auch von Olivier selbst für 


329 


eine eigene Art, die er unter dem Namen BD. sulcata sandte, er- 
kannt wurde. — Acmaeodera bifossa ist vielleichi eine 
Abänderung der A. adspersa F., A. ovis gewils die A. cylin- 
drica der Gory-Laporteschen Monographie, aber nicht die B. 
cylindrica F., welche nach Fabricius eigener Bestimmung die 
B. lanuginosa Sch. ist, welche Hr. Chevr. fragweise beı 4. 
ovis anführt, — Stigmodera coniuncta ist eine Zemina, der 
Z. bivinata Lap. Gory sehr nahe verwandt. — Stigmodera? 
Gayi ist die Plosima planata Lap. Gory. — Polycesia Ka- 
rakera ist sicher die Pup. depressa L., porcata F. — P. Tho- 
mae ist P. depressa Lap. Gory, — P. Cubae eine eigene 
neue Art. Die vom Verf. als die wahre B. porcata F. beschrie- 
bene 4te Art dieser Gattung von St. Domingo ist dem Ref. un- 
bekannt. Chalcophora primaria von Madagascar ist Bup. 
4-foveolata Lap. Gory. — Chalcophora confluens vom Cap 
ist Bup. plicata Lap. Gory, mehr dem äulseren Ansehen nach 
als in den systematischen Charakteren mit Chalcophora verwandt. 
— Lampeiis fastigiata, vom Senegal, ist, wie bei der sehr 
gelungenen Beschreibung nicht zu bezweifeln ist, Dup. Gala- 
mensis Lap. Gory, Luiipalpis Galamensis Sol. — Psilo- 
ptera humerosa eben so unverkennbar Dup. Pardalis Lap. 
Gory, Psiloptera? pleurites ohne allen Zweifel D. albomar- 
ginata Hbı., Dicerca scobina die Bup. pugionata Germ. und 
Lap. Gory, Perotis coeca die Bup. marginipennis Dej). Man- 
nerh. und B. oculicollis Lap. Gory. — Ferner scheint Poly- 
bothrys Garnotii nur eine Abänderung der B. solea Kl. zu 
sein; P. Schönherri ist B. quadrispilota Lap. Gory, P. ro- 
zundipennis schwerlich eine Andere als P. Blatioides Guer. 
und Polyboıhrys (?) erosa die B. alata Lap. Gory. Ancy- 
locheira (?) villosiventris ist eine neue Form von Bupresten, 
die wohl näher mit Pristiptera als mit Ancylocheira verwandt 
ist, an Pristiptera sich jedoch auch nur annähert. Anthaxia 
chlorocephala und splendida sind beide nur Abänderungen 
einer Art, beide auch schon früher yon Thunberg, die erste 
als Pup. coerulea, die zweite als P. marginata beschrieben. — 
“Die Gattung Dactylozodes, welche Hr. Chevr. im Folgenden 
aufstellt, ist identisch mit Zermina Lap. Gory und höchst wahr- 
scheinlich auch mit Lasiodera Dej.; die beiden bier beschriebe- 
nen Arten aus Patagonien, D. aliernans und teirazonus 
finden sich gleichfalls in der Lap.-Goryschen Monographie, die 
erste als Z. pudibunda, die andere als Z, Brullei. — Hyper- 
antha trigonalis ist offenhar ganz die Ayp. Meneıriesii 
Mannerh. und die folgende H. irinotata scheint nur Abänderung 
derselben zu sein. — Diphucrania Reichei ist wohl nichts 
Anderes als ein etwas abgeriebenes Männchen der D. fissiceps 
(Bup.fissiceps Kirby). — Die neue Gatt. Discoderes will Hr, 
Chevr. wegen einfacher Klauen von den Agrilen entfernt wis- 
sen: es sind die Klauen aber keineswegs einlach, sondern haben 
an der Wurzel einen starken Zahn; es ist dies Thierchen auch 
durchaus nicht von den Agrilen abzusondern, welche in syste= 
matischer Hinsicht überhaupt noch einer sehr sorgfältigen Kevi- 


V. Jahrg, 2. Bd, 22 


330 


sion bedürfen, um durch scharfe und sichere Fintheilung der- 
selben das schwierige Studium der Arten möglichst zu erleichtern. 
Die Art, auf welche Hr. Gheyr. die Gatt. Discoderes gründet, 
ist Agril. Salzmanni Sol. (Buqueti Dej).) Ks ist dieselbe 
auch von Hrn. Klug in Erman’s Reisewerk unter dem Namen 
Bup. niveosignata beschrieben. — Stenogaster diffusa ist 
St. nubila Dej. Mannerh.; der Stenog. murina Mannerh. welche 
Hr. Chevr. fragweise cilirt, ist die folgende $1. furciveniris 
als Synonym unterzuordnen. — Agrilus Robertii ist in der 
hiesigen Sammlung 4. pratensis benannt, und auch in Ratze- 
burgs Forstinsekten unter diesem Namen aufgeführt. Gory 
bildet denselben mit Unrecht als Bup. linearis F. ab. Pae- 
boscelis purpurea ist eine neue Form aus Brasilien, mit ver- 
längerten Beinen und gekrümmten, unten mit einem Haken 
bewaffneten Schienen (aber nur beim Männchen). — Goni- 
ophthalma mitrata, aus Madagaskar, ist unbedenklich ein 
Aphanisticus. — In einem Anhange beschreibt Hr. Silbermanu 
noch 3 Bupresien, Stigmodera Thoreyi, Cynira carinata 
aus Südbrasilien und Belionota punciata aus Madagascar. 
Letztere ist Bel. canaliculata (Bup. can. F.) 

Aufserdem hat Hr. Chevrolat drei neue Bupresten im 
Guer. Revue Zool. (p. 55.) kurz beschrieben, nämlich B. ( Co- 
nognatha) Thoreyi von Porto-Allegro in Brasilien, der B. 
Sellowii Kl. ähnlich, von den verwandten Arten aber, wie es 
scheint, dadurch abweichend, dals eine Binde auf’ der Wurzel 
der Flügeldecken liegt; B. (Cyphosoma) Lawsoniae Chevr., 
von Hrn, Wagner auf Lawsonia inermis gefunden, einerlei mit 
Coeculus Be Gory, und B. (Agrilus) Capreae, bei Paris 
auf Salix Caprea häufig. 

Ein neuer Prachtkäfer ist unter dem Namen Buprestis 
Daleni von Hrn. Van der Höven im vierten Bande der 
Tijdschrift voor natuurlijke Geschiedenis en Physiologie beschrie- 
ben und abgebildet. Er gehört in so fern zur Gattung Cato- 
zaniha Dej., als die Unterseite des Hinterleibes gelb ist, hat auch 
ganz die Form und Verhältnisse der Bup. bicolor F., aber nur 
die Grölse der B. vittata, ist grün, mit einem kleinen Augenar- 
tigen gelben Fleck auf jeder Flügeldecke etwas unter der Mitte. 
Er ist von der Ostküste Javas und gehört wohl zu den selten- 
sten Arten. © x 

Hr. Gu£rin stellt in seiner Revue Zool. (p. 14.) eine neue 
Art von Lissomus aus Cajenne unter dem Namen L. bisi- 
gnatus Reiche auf, welche aber schon früher von Laporte 
in Silbermann’s Revue Eniomol. III. p. 179 unter dem Na- 
men L. bifloccosus beschrieben worden ist. 


Hr. Germar hat in seiner Zeitschrift für die Entomolo-' 
gie eine genaue Auseinandersetzung den Elateren mit ge- 
lappten Fufsgliedern gewidmet, welche der Verf. mit Recht 
nicht als eine natürliche sondern als eine künstliche Gruppe 
betrachtet. 


331 


Durch nach vorn voriretende Hinterbrust zeichnen sich 
Eucampius Chevr. (cuspidatus Chevr. aus Mexico) und Se- 
miotus aus; bei den übrigen sind die Klauen nur bei der letz- 
ten Gattung Synaptus Esch. kammförmig gezahnt, sonst sind 
sie einfach. Die vier ersten Glieder sind gelappt bei Teira- 
Zobus und Hypodesis Lair. (H. sericea Latr. aus Mexico mit 
41-gliedrigen gesägten Fühlern.), das vierte allein bei Mono- 
crepidiusund Dima; das dritte bei Pomachilius Esch. Bei 
den übrigen Gattungen haben das zweite und dritte Fufsglied 
die häutigen Anhänge, und unter diesen Gattungen ist das zweite 
Füblerglied allein kleiner als die folgenden bei Hemicrepidius 
(H. homasi aus Nordamerica, mit 12-gliedrigen Fühlern), 
Dicrepidius (D. pectinicornis Esch. und ramicornis Pall. 
Beawv., mit 11-gliedrigen, beim Männchen kammförmigen Füh- 
lern) und Dipropus (Dicrepid, laticollis Esch. und El. pexus 
und brasilianus Germ., mit weit vorragender Stirn.). — Das 
zweite und dritte Glied der Fühler sind kleiner als die folgen- 
den bei Heteropus (El. crocipes, und H. picipes Germ., beide 
aus Brasilien, mit an den Hinterfüfsen ‚ungelapptem zweiten 
Gliede) und Jiraciodes (ein von Gravenhorst schon be- 
nutzter Name) mit gelappiem zweiten und dritten Gliede an 
allen Fülsen, auf drei neue Arten aus Brasilien gegründet. 


Hr. Saxesen unterscheidet einen neuen, auf dem Harze 
vorkommenden Elater unter dem Namen E. Heyeri vom E. 
aeruginosus. Die Unterschiede liegen hauptsächlich in den Füh- 
lern: beim Männchen des E. «eruginosus sind die Strahlen nur 
so lang als das Glied, an dem sie sitzen, beim E. Heyeri 
doppelt so lang; beim Weibchen des E. aeruginosus sind die 
Zahne der gesägten Fühler stumpf, bei dem des E, Heyeri spitz. 
In der Färbung stimmen beide überein. Die neue Art findet 
sich im Frühling auf dem eben aufgebrochenen Laube verschie- 
dener Laubbäume in den Thälern des Oberharzes. 


Von der Gattung Phyllocerus führt Gu&rin im seiner 
Revue Zool. (p.12.) zwei Arten auf: Ph. flavipennis, das Männ- 
chen, mit gelben, und Ph. Spinolae das Weibchen mit schwar- 
zen Flügeldecken. Beide gehören unstreitig derselben Art an, 
trotz der Verschiedenheit der Farbe, in der das Weibchen mehr 
als das Männchen abändert. Als Vaterland ist bei beiden Dal- 
matien angegeben, indefs stammen alle in den letzten Jahren 
verbreiteten Exemplare aus Sicilien. Wenn Hr. G. Latreille 
das Verdienst zuschreibt, dieser ausgezeichneten Gattung zu- 
erst in seinen Schriften Erwähnung gethan zu haben, so ist yon 
ihm übersehen worden, dafs der in dem alten Dejeanschen 
Katalog unter dem Namen a" 2 aufgeführte 
Käfer schon im 10ten Bande der Encyclopedie von Lepelle- 
tier und Serville beschrieben ist, freilich, namentlich ın Hin- 
sicht der besonders characteristischen Fühler, in der Art, dals 
erst durch die in seiner Iconographie von Gu£rin gegebene Zeich- 
nung eines Fühlers die Zweifel an der Identität mit dem Sici- 
lischen Käfer gehoben sind. 


22% 


332 


Eine neue, mit Ptilodactyla zunächst verwandte Gattung, 
Colobodera, hat Hr. Klug in diesem Archiv (IV. p. 38.) 
genau bestimmt: sie weicht von Ptilodactyla durch einfache 
Klauen und beilförmiges Endglied der Taster ab, und ist 
auf Madagascar einheimisch. 5 Arten sind aufgeführt. 

Ueber die Cantharis lateralis L. hat Ref. in Ger- 
mars Zeitschrift für die Entomologie (p. 367) die Vermuthung 


zu begründen gesucht, dafs dieselbe eine Abänderung der C. 
alpina Payk. sei, mit welcher auch €. rubens F. synonym ist, 

Das 143te Bändchen der schönen Inseeten-Fauna 
Deutschland’s von Hern. Sturm enthält die Gattungen 
Scydmaenus, Necrophorus, Necrodes, Silpha, 
Necrophilus, Agyrtes. 

Von Scydmaenus sind 24 A. beschrieben und abgebildet, 
darunter zwei neue, $c.Moıschoulskii, dem Sc. denticornis 
verwandt, von Hrn. Schmidt in Laibach entdeckt, und Sc. ob- 
Tongus aus Oestreich, dem Sc. elongatulus sich anschlielsend, 
aber viel grölser und im Verhältnifs länglicher. Von Necro- 
phorus sieht man mit Vergnügen einige nahe verwandte Arten 
sehr sorgfältig und treu abgebildet. Ueber die Gatt. Neorodes 
hat Ref. seine Meinung in seiner Märkischen Fauna ausge- 
sprochen. 

Hr. Rousseau zeigt in Guer. Revue Zool. (p.78), dals die 
Geschlechtsverschiedenheit bei Dermestes in einem porus bestehe, 
den das Männchen auf der Bauchseite des dritten und vierten 
Hinterleibs-Ringes habe, der von einem Büschel erectiler Haare 
umgeben sei, und aufserdem noch einen kleinen erectilen Kör- 
per enthalte, den er später zu erläutern verspricht. Ref. hat diese 
Auszeichnung des Männchen bisher für Nichts als einen kleinen 
pinselförmigen Haarbüschel gehalten, und kann sich auch jetzt 
nicht (freilich nicht an frischen Ex.) überzeugen, dals es mehr, 
und namentlich nicht, dafs der vertiefte Punkt, in welchem der 
Büschel steht, durchgängig sei, um auf die Bezeichnung porus 
Anspruch zu machen. Es kommen übrigens auch Arten vor, 
wo nur ein solcher Punkt und Büschel, und zwar auf dem vier- 
ten Hinterleibssegment sich findet, wie D. vulpinus und der 
verwandte D. Zupinus, und wenn vom D. dimidiatus in 
einer beträchtlichen Anzahl von Individuen dem Ref. nicht 
blos Weibchen vorgekommen sind, so entbehrt das Männchen 
dieser Art der in Rede stehenden Auszeichnung ganz. 

Ueber die bisher zweifelhafte Gattung G@lobicornis Lair. 
hat uns Hr. Gu@rin in seiner Revue Zool. (p. 135) Aufschluls 
gegeben. Latreille citirt bekanntlich den Dermestes ni- 
gripes F. als Typus der Gattung, und bezieht sich auf seine 
Genera, wo derselbe als M. as die dritte, der Fühler- 
bildung halber abgesonderte Familie der Gattung Megatoma 
bildet. D. nigripes weicht aber in der Form der Fühlerkeule 
nicht von Attagenus ab. Hr. Gu£rin zeigt nun, dals der von 


333 


Latreille in den @enera gemeinte Käfer ein ganz anderer 
sei, der sehr selten bei Paris vorkommt, und erst kürzlich von 
Hrn. Chevrolat wieder aufgefunden ist. Eine zweite Art die- 
ser Gattung aber, @2. fulvipes GuE£r., findet sich häufig in den 
aus Brasilien sowohl als auch aus Westindien kommenden In- 
sektenkästen, und Hr. G. vermuthet, dals sie in der von Agave 
gemachten Auslage der Kästen lebt. 

Hr. Hope hat im Entomological Magazine (V. p. 312) 
die Olivierschen Lamellicornen auf eine ähnliche Weise 
wie die Fabricischen gemustert, und zwar zunächst die 
ersten Nummern bis Trox incl. der Revision unterworfen. 
Es kommen auch zwei neue Gattungen in Vorschlag: Dicho- 
tomius für Scar. Boreus, und Holocephalus für Scar. 
Eridanus Ol. 

Hr. Brull@ hat die Bemerkung gemacht (P’Inszitut p. 15.) 
dafs bei den Blätterhörnern die Vorderfülse, welche in einigen 
Gattungen bekanntlich beständig fehlen, in andern nur den 
Männchen mangeln, bei den Weibchen aber vorhanden sind, 
wenn gleich nur rudimentär, doch vollständig gegliedert. Dies 
ist bei Phanaeus der Fall, und Hr, Graf Dejean, der die Be- 
obachtung des Hrn. Brull& weiter verfolgt hat, bemerkt in 
den Annal. d. 1. Soc. Ent. de France VII. p. VII., dals dieser 
Umstand am Sichersten auf das richtige Erkennen der Geschlech- 
ter in dieser Gattung leite, wo bei manchen Arten (Ph. lan- 
eifer, ensifer u. s. w.) auch die Weibchen mit Kopfhörnern 
versehen sind, bei andern kleinere Männchen, bei denen gleich- 
zeitig das Kopfhorn nicht ausgebildet ist und das Halsschild in 
seiner Entwickelung zurückbleibt, öfter das Ansehen von Weib- 
chen haben. 

Hr. Brulle& stellt (a. a. ©.) die Gattung Onitis den Pha- 
naeen in dieser Rücksicht gegenüber, allein hier ist das Vor- 
kommen der Vorderfülse bei den Weibchen nicht so allgemein. 
Bei der grölseren Zahl der Arten fehlen sie beiden Geschlech- 
tern, un es sind nur ©. Lophus und Glinias mit ihren zahlrei- 
chen Abarten, ferner Apelles, scabrosus, der eigentliche Pallasische 
Moeris und O. sulcicollis Dej)., wo die Weibchen damit verschen 
sind. Sie sind auch nicht verkümmert, wie bei den Phanaeen, 
w Han sie selbst bei den grölsten Arten mühsam mit der Lupe 
aulsucht, 


In den Schriften der Linneischen Gesellschaft zu Lon- 
don hat Hr. Westwood ein Paar neuer, zur Gruppe der 
Ateuchen gehörige Gattungen beschrieben und durch so 
schöne und genaue Abbildungen, wie wir sie von seiner 
Hand gewohnt sind, erläutert. 


Beide weichen durch zwei bewegliche Enddornen an den Mit- 
telschienen von Ateuchus ab. So beständig nämlich bei der ganzen 
Familie der Gopriden die Hinterschienen nur einen Enddorn ha- 


334 


ben, so wenig scheint bei den Ateuchen das Vorhandensein eines 
einzigen Enddorns auch an den Mittelschienen wesentlich zu 
sein, so dafs die eine der hier aufgestellten Gattungen Sceli- 
ages aulser den Dornen der Mittelschienen so wohl in allen 
übrigen Charakteren als auch im Habitus sich auf’s Nächste an 
Ateuchus anschlielst. Es ist aber nicht allein das Hinzukommen 
des zweiten Enddorns, welcher Sceliages von Ateuchus unter- 
scheidet, auch der andere, innere, ist’ wesentlich anders gebil- 
det, kurz und breit gedrückt, während er bei Ateuchus spitz, 
säbelförmig gebogen und kräftig ist, bei manchen Arten selbst 
länger als der neben ihm eingelenkte Fuls. Die von Herrn 
Westwood dargestellte Art, $c. Jopas, ist vom Cap; eine 
zweite vermuthet er, wahrscheinlich mit vielem Grund, in dem 
Ateuchus Adamastor Encycl. 


Die zweite Gattung Anomiopsis ist auf eine Form ge- 

ründet, die der südwestlichen Seite des Südamerikanischen 
"estlandes eigenthümlich zu sein scheint, die zwar in ihren 
Körperverhältnissen viel Uebereinstimmendes mit Ateuchus, aber 
auch wieder viel Besonderes hat. Namentlich zeichnet sie 
sich aus durch klauenlose Fülse an den hinteren Beinen (an den 
Vorderbeinen fehlen sie ganz wie bei 4ieuchus). Hr. West- 
wood beschreibt in zwei Abtheilungen, die er auf die Form 
des Kopfes, die Oberfläche des Halsschildes und die Gestalt der 
Vorderschienen gründet, zwei Arten, von denen die erste, A. 
Dioscorides, das Eucranium arachnodes Lacordaire des Dejean- 
schen Catalogs ist, die zweite, A. sterquilinus, vom Verf., nach- 
dem er mehrere der ersteren ähnliche Arten in Hrn. Darwin’s 
Sammlung geichen, in einer Nachschrift zu einer eigenen Gat- 
el Glyphiderus erhoben wird, die indels schwerlich hin- 
reichende Charactere besitzt, da die in Kopfbildung und den 
Eindrücken des Halsschildes liegenden Merkmale kaum mehr als 
Artunterschiede bedeuten, die Vorderschienen aber nur abge- 
nutzt sind, ein Umstand der bei Mistkäfern und besonders auch 
in dieser Gattung, welche vielleicht vorzugsweise in einem har- 
ten Boden gräbt, häufig vorkommt, und der im vorliegenden 
Falle selbst die Form des Kopfes in nicht geringem Grade ver- 
ändert zu haben scheint, 


Hr. Newman beschreibt in dem Ent. Magazine (IV, 
p- 255.) zwei Arten Scarabaei. 


Die erste, Propomacrus Arbaces benannt, ist weder der 
Gattung noch der Art nach neu, denn der Käfer ist schon von 
Pallas in seinen Jcones unter dem Namen Sc. bimucronatus 
abgebildet, und stimmt in allen Gattungskennzeichen mit dem 
Scar. longimanus F. überein, für den Kirby schon die Gat- 
tung Eucheirus errichtet hatte, die zwar in keine der von La- 
treille und Mac Leay aufgestellten Gruppen der Lamellicor- 
nen palst, schwerlich aber nach den kürzlich von Hrn, Klu 
in’s Licht gesetzten Eigenthümlichkeiten seines Körperbaues un 
seiner Mundtheile irgend wo mit geringerem Rechte als unter 
den Dynastiden stehen würde. Das Vaterland dieses E. bimu- 


335 


cronatus ist nicht, wie Hr. N. vermuthet, Südamerica, sondern 
Amboina. Die zweite an dem oben erwähnten Orte beschrie- 
bene Art ist Scarabaeus Groesus von Jamaica, der der Bil- 
dung der Vorderschienen nach ein Männchen, gleichwohl un- 
gehörnt ist. 


Aus Madagascar hat Hr. Klug in diesem Archiv (IV. p.70.) 
eine sowohl an Aphodius als an Aegialia nahe gränzende neue 
Form bekannt gemacht, welche im Habitus auf den ersten An- 
blick einem Opatrum gleicht, und wegen der sehr characteri- 
stischen Rinne auf der Vorderseite der Vorderschienen zur Auf- 
nalıme der Tarsen Aulonocnemis genannt worden ist. Zwei 
Arten sind aufgeführt worden. 


Hr. Graf Mannerheim beschreibt im Bulletin der Kaiserl. 
Gesellsch. der Naturf. zu Moskau unter dem Namen Eupyga 
Beskii einen ausgezeichneten Käfer der Familie der Lamelli- 
cornen von den Comorischen Inseln, der allerdings neue Art, 
doch als Gaitung mit der von SyJlan stammenden Phaenomeris 
magnifica Hope zusammenkommt. In der systematischen 
Stellung der Gattung stimmen beide Auctoren nicht überein. 
Zu den Melitophilen, wohin Hr. Graf Mannerheim sie rech- 
nen möchte, kann sie der hornigen Oberlippe und Mandibeln 
halber richt gehören, von den Melolonthiden, unter denen Hr. 
Hope ihr ihre Stelle anweiset, weicht sie durch ein längliches 
Kinn und besonders durch die Richtung der Oberlippe ab. In 
beiden Stücken stimmt sie mit den Ruteliden überein, denen sie 
sich nur durch gleiche Klauen und mehr Melolonthen-artige 
Mandibeln etwas entfremdet. 


Eine Anzahl neuer Arten der Gattung Popillia ist von 
Ilro. Newman im Magazine of Nat. History (p. 336.) bekannt 
gemacht worden, die aber durch die blolsen Diagnosen wohl 
nicht alle leicht sich erkennen lassen möchten, und von denen 
die letzten Arten (47—21.) aus Mexico mit den Ostindischen 
und Afrikanischen schwerlich völlig richtig zusammenstehen, und 
wenn man davon abgeht, in dem ihnen zukommenden Fortsatz 
des Sternum etwas Wesentliches zu erblicken, vielleicht natur- 
gemäls mit Anomala vereinigt werden können, 


Ebendaselbst (p. 392.) beschreibt Hr. Newman noch eine 
neue Art von Popillia (sandyx) aus Sumatra. 


Hr. Waterhouse hat im Magazine of Natural History 
eine schöne Abbildnng und ausführliche Beschreibung des bis- 
her noch nicht entdeckten Männchen der auch seit Drury nicht 
wieder aufgefundenen Cetonia torguata gegeben. Es zeigt 
sich, dals diese Ceionia denen sich anschlielst, die von Gor 
und Percheron nicht ganz natürlich mit G@oliathus verei- 
nigt sind, und in Betracht der innen gezähnten Vorderschienen 
an Polyphemus und micans, wegen der in der Mitte einfach 
gezähnten Hinterschienen jedoch zunächst an die erst genannte 
(Mecynorhina Hope) gehört. Das Vaterland ist gleichfalls das 
tropische Africa. (Die Sierra Leona.) 


336 


Hr. Westwood hat im fünften Bande des Entomologi- 
cal Magazine interessante Beiträge zur Kenntnifs der Luca- 
nen mitgetheilt. 


Zunächst beschreibt er zwei neue Gattungen, Xiphodon- 
2us (welcher Name des vorhandenen Xiphodon halber vielleicht 
besser vermieden wäre), das Männchen durch aufsteigende Man- 
dibeln ausgezeichnet, eine A. X. Antilope vom Cap enthal- 
tend (der Coryptius Capensis des Dejeanschen Gaeloes: 
Cerathognathus, die Mandibeln des Männchen auswärts mit 
einem Zahn in der Mitte, aulserdem besonders durch verhältnils- 
mälsig lange Blätter an den Fühlern bemerkbar, auf eine kleine 
Art, C.niger von Van Diemensland, gegründet. Alsdann giebt 
er Mongraphien von Figulus und Nigidius. Von Figulus 
zählt Hr. Westw. 9 Arten auf, indels ist F. ebenus von Ma- 
dagaskar gewils nicht verschieden von der zweiten Art, F. Ni- 
grita Westw. (Ovis Dej.) vom Senegal, und wahrscheinlich die 
dritte, F. sublaevis, Luc. sublaevis Pall. Beauv. auch nichts als 
eine Abänderung, wo der eine’ Rückenstreif undeutlich gewor- 
den ist. Die neunte Art, Luc. punctiatus F. ist Weibchen 
des L. lunatus F., und gehört nicht in diese Gattung. Von Ni- 
gidius führt Hr. Westw. 7 Arten auf, unter denen jedoch 
der siebente, der aus Dejean’s Catalog aufgeführte N. forci- 
patus Esch. mit dem vom Verf. beschriebenen N. laticollis von 
Manila einerleiist. Den N. auriculatus Guer. hat Hr. W est w. 
von dem unterschieden, den Hr. Klug als solchen in Ermans 
Reise abbilden liels, es scheinen aber auch von den Pariser 
Entomologen, von denen die Senegalschen Exemplare: ausgin- 
gen, beide Arten verwechselt zu sein, denn Hr. W. bemerkt, 
dafs Hr. Hope den Gu£rinschen als Fig. vervex Dej. erhielt, 
während der hiesigen Sammlung der andere, von Hrn. W estw. 
N. integer genannte, unter demselben Namen ebendaher mit- 
getheilt under Bei dem N. Bubalus, der seit Swederus 
nicht wieder zum Vorschein gekommen ist, bemerkt der Verf. 
dals Swederus in seiner Beschreibung das Unten und Oben 
des Kopfes umkehrt. Zuletzt beschreibt Hr. Westw. noch 
zwei Arten von Dorcus, nähmlich D. cancroides (Lucanus 
cancr, F.) nach der Banksschen Sammlung, und eine verwandte 
neue, D, obtusatus von Van Diemansland. , 


Eine neue Art von Chiasognathus ist von Lebas in 
Columbien entdeckt und von Hrn. Gu£rin Ch. Feistha- 
melii genannt worden. Sie scheint in der Färbung der Art 
von Chiloe zu gleichen, die Mandibeln, länger als Kopf und 
Halsschild sind grade, an der Spitze gebogen, dreieckig (ob 
dreikantig? doch steht iriangulaires), inwendig, fein gezähnelt. 
Der Kopf hat an seinen Vorderecken einen starken nach aulsen 
vorspringenden Zahn. Das Weibchen ist kleiner, und hat kurze 
Mandibeln. Es sind nur 3 Ex. gefunden worden. (Guer. Revue 
Zool. p. 288.) 


'Eine nahe verwandte Gattung, die ebenfalls im Innern 


337 


von Columbien einheimisch ist, ist von Dejean ursprünglich 
Orihognathus genannt worden, da indefs schon dieser 
Name von Schönherr vergeben worden ist, hat Hr. Buquet 
denselben sehr passend in Sphenognathus umgeändert. 
Die einzige Art, Sph. prionoides, ist rothbraun mit me- 
tallischem Glanze, besonders auf dem Kopfe und Halsschilde 
Die Mandibeln sind beim Männchen dreimal länger als der 
Kopf, stark, kegelförmig, an der Spitze hackig einwärts gebo- 
gen, innen gezähnt, beim Weibchen sehr kurz. (Guer. Revue 


Zool. p. 304.) 


Von einer neuen Adesmia, A. strophium Fisch. vom Cau- 
casus, die im Magas. d. Zool. dargestellt werden soll, theilt 
Hr. Gu£rin in seiner Revue Zool. (p. 316.) vorläufig die Dia- 
gnose mit. Sie scheint durch die gestielten Tuberkeln der 
neben der Nath liegenden Reihe sehr ausgezeichnet zu sein. 


Hr. Solier hat seine Abhandlungen über Collapteriden 
fortgesetzt, und im ersten Hefte des siebenten Bandes der 
Annales de la SocieiE Entomologique de France die Gruppe 
der Tageniten behandelt. 


Sie ist die erste Gruppe der Phaneroglossen, wo nämlich das 
Kinn nicht mehr die ganze untere Mundöffnung bedeckt, und auch 
die Zunge frei wird. Er theilt die Gruppe in zwei Abtheilun- 

en, indem er die, wo sich der Kopf nicht bis an die Augen 
ın das Halsschild einsetzt, die Gattungen Microtelus, Ta- 
genia, Psammeticus von den Uebrigen absondert. Micro- 
telus ist eine neue Gattung, die sich eng an Tugenia anschliefst, 
wovon sie sich aufser der Form des Kinnes durch Adelostoma- 
artigen Habitus unterscheidet. Bei den übrigen 5 Gattungen ist 
das letzte Fühlerglied entweder an der Spitze gerade abge- 
schnitten bei Ammophorus Guer. mit dreieckig- erweiterten 
und Leptynoderes mit kantigen Vorderschienen, oder unre- 

elmälsig eiförmig und zugespitzt bei Scozobius, von welchem 
Fir. Solier Gonogenius mit an den Seiten wirklich erweiter- 
tem Kinn, und etwas verlängertem zweiten Gliede der Maxil- 
lartaster, und Diastoleus mit gesenktem Kopfe und flügelför- 
mig erweitertem Seitenrande des Halsschildes trennt. Sind die 
Unterschiede zwischen Gonogenius und Scotobius schon sehr fein, 
so gründen sich dievon Diastolews durchaus auf nichts als die 
Gestalt des Halsschildes, welche mittelbar auch die Richtung, 
des Kopfes bedingt, und nicht von der Bedeutung zu sein 
scheint, eine nalurgemälse generische Trennung zu Begriinden. 
Die beiden ersten Gattungen sind auf das Gebiet des Mittel- 
ländischen Meeres beschränkt, die übrigen aufden Westen Süd- 
americas, bis auf einige Arten von Scotobius, welche sich über 
den südlichen Theil von Brasilien und in Buenos Ayres ver- 
breiten. Microtelus enthält eine Art, M. Asiaticus Sol. 
die sich über einen grölserer Theil des Orient auszubreiten 
scheint. Unter Tageria zählt Hr. Sol. 21., größstentheils 


338 


neue Arten auf. Psammeticus enthält nur den Ps. costatus 
Guer., Ammophorus 4 A., alle aus Peru. Lepiynoderus 
1 A., den Scotobius varicosus Germ., Gonogenius 1 A., Scoto- 
bius vulgaris Guer., Scotobius 12 A., Diastoleus den aus 
Gu&rin’s Darstellung bekannten Scotobius collaris Guer. 

Die Larve der Blaps mortisaga ist in den Transactions 
of the Entomol. Society von Hrn. Patterson bekannt gemacht 
worden. Sie wurde auf dem Erdflur eines Hauses gefunden. 
Aus der Abbildung und der von Hrn. Haliday entworfenen 
Beschreibung geht hervor, dafs sie in der allgemeinen Körper- 
form mit den cylindrischen drathförmigen Larven der meisten 
übrigen Heteromeren (z. B. der Tenebrionen) übereinkommt, 
sich durch dreieckig erweiterte Vorderschenkel auszeichnet, und 
am Ende oben mit einer aufgebogenen, in zwei Häkchen aus- 
laufenden Spitze, unten mit einem Heischigen zweiklauigen Nach- 
schieber versehen ist, 

Hr. Gu&rin bemerkt in seinem Mag. de Zool. cl. IX. p. 
203., dafs die Gattungen Dolichoderus und Nycieropus Kl., 
von welchen die eine zu den Blapiden, die andere zu den Te- 
nebrionen gestellt sei, abgesehen vom Mangel und Vorhandensein 
der Flügel, unter sich zu wenig wesentlich verschieden sein, 
um als zwei natürlich geschiedene Gattungen angesehen zu wer- 
den, zumal da beide Formen unter einander unter der Rinde 
eines und desselben Baumes vorkämen. Der letztere Umstand 
könnte nur dann. etwas gelten, wenn es darauf ankäme, nachzu- 
weisen, dals beide nur eine Art ausmachen, wovon nicht die 
Rede sein kann, da von beiden beide Geschlechter vorhanden 
sind.’ Was die Uebereinstimmung in den Mundtheilen betrifft, 
so finden sich bei allen aan Tbieren nur geringe Ab- 
weichungen zwischen den versch. Galt., welche auch hier 
nicht ganz fehlen, und die Abweichungen im Habitus scheinen 
bedeutend genug zwischen beiden zu sein, zumal wenn man 
berücksichtigt, dafs die zweite Gatt. noch mehrere ganz ähn- 
liche Arten aufzuweisen hat. Die Analogie zwischen beiden 
Thieren fällt beim ersten Anblick in die Augen, und ist Hrn. 
Klug auch keineswegs entgangen. 

Eine neue Oedemera, O. Blossevillei, bei Aix in Savoyen 
an den Ufern des Bourget-See gefunden, beschreibt Hr. Gu&- 
rin in seiner Revue Zeol. (p. 39.) Sie würde zur Dejean- 
schen Gattung Hsclera gehören. 


Die Herren Imhoff uud Labram haben angefangen, die 
Gattungen der Rüsselkäfer durch Beschreibungen und Abbil- 
dungen zu erläutern. (Die Gattungen der Rüsselkäfer erläu- 
tert durch bildliche Darstellung einzelner Arten von Dav. 
Labram, nach Anleitung und mit Beschreibungen von Dr. 
Imhoff.) 


Die vorliegende zweite und dritte Lieferung enthalten 8 
Gatt. der Anthriben, nämlich Stenocerus Schönh. (fulvitarsis), 
Nemotrichus De). (indistinctus, neue A. aus Cajenne), Me- 


339 


conemus, neue Gatt. (tuberculatus, neue A. aus Mexico), Aco- 
rynus Schönh. (sulcirostris), Mecocerus Schönh. (gazella), 
Xenocerus (Saperdoides var. — oder eher eigene A.), Pıiy- 
choderes Schönh. (elongatus), Phloeotragus Schönh. (heros), 
ferner Claeoderes Sch. (radulirosiris), Ulocerus Sch. (tetraurus 
n.A. vonBuenes-Ayres), Episus Sch. (aculeatus n. A. vom Cap), 
Cylas Latr. (durcipennis Sch. und angustatus Dej.), Oxyrhyn- 
oais Sch. (discors), Bruchus (luteicornis u. Caryoborus nucleo- 
rum), Spermophagus Sch. (cistelinus und Cardu), Urodon 
Sch. (suturalis). 


Hr. Walton hat im Entomological Magazine (V. p.1. 
264.) einige Bemerkungen über die Rüsselkäfer- Gattungen 
Sitona, Polydrusus, Phyllobius und Apion be- 
kannt gemacht, in welchen er auf eine sehr verständige Weise 
die Zahl der Arten, welche seine Landsleute oft ohne hinrei- 
chenden Grund aufgestellt haben, reducirt, und besonders 
auf die sexuellen Unterschiede aufmerksam macht. 


Namentlich sind unter den Apionen bei einer grolsen Reihe 
von Arten die Geschlechtsverschiedenheiten angegeben worden 
und nach denselben manche Arten mit einander verbunden 
andere, welche man bisher für Abänderungen gehalten, ‘al, 
4A. Ervi und Lathyri Kirby, werden durch die sorgfältigen Be- 
obachtungen des Verf. auf’s Neue unterschieden. 


Hr. Chevrolat hat in Gu£rin’s Revue Zool. (p. 56.) 
einen Cyphus cohsularis von Bahia beschrieben, der sich 
vom ©. Farnhagenii hauptsächlich durch den Mangel der gro- 
[sen schwarzen Seitenflecke des Halsschildes und der 4 oder 5 
kleinen Flecke auf der Beule der Flügeldecken unterscheiden soll. 

Als neu ist von Hrn. Gu&rin (Revue Zool. p. 107.) 
eine Borkenkäfergattung beschrieben, die ihrer bemerkbaren 
Fühlerbildung wegen Piezorhopalus genant ist, welche 
indefs mit der im zweiten Jahrgange dieses Archivs (1836) 
vom Ref. aufgestellten Gattung Amphieranus übereinkommt. 
Selbst die Species, P. nitidulus G., könnte leicht dieselbe 
sein, da der einzige Unterschied darin zu bestehen scheint, 
dafs das Ind. des Hrn. Guerin als ganz schwarz beschrieben 
ist, während bei unserem 4A. thoracicus Kopf und Halsschild 
dunkelroth sind. 

Die im vor. Jahresberichte erwähnte Gattung Tessero- 
cerus Saunders ist von Hrn. Spinola Damicerus be- 
nannt, die Bekanntmachung jedoch durch Hrn. Guerin zu- 
fällig verschoben worden, so dafs beide Publicationen nicht 
zusammengefallen sind. 


340 


Hr. Gu£rin giebt in seiner Revue Zool. (p. .) ei 
Uebersicht über en Gattung, deren 5 von Ren sun 
Arten sich indels auf 3 reduciren, indem 7. bihamatus das 
Weibchen des T. insignis Saund. (Damicerus agilis Spin.) 
und T. affinis das Weibchen des T. retusus ist. Die erste 
A. ist bekanntlich aus Brasilien, die zweite ist aus Mexico, und 
die dritte T. inermis (ein Männchen) aus Cajenne. (Das hie- 
sige Museum besitzt aulser der ersten A, eine zweite weit klei- 
nere aus Brasilien und eine dritte aus Columbien.) Der haupt- 
sächlichste Unterschied von Platypus scheint in der Bildung 5 
ersten Fühlergliedes zu bestehen: es ist ‘bei Platypus kurz 
und elliptisch, hier länger, linienförmig und gebogen, mit über 
die Einlenkung des zweiten Gliedes, wenn auch häufig nur in 
sehr geringem Grade, wegragender Spitze. Die in der Endi- 
gung der Flügeldecken gegebenen Geschlechtsunterschiede sind 
mit denen von Platypus ganz analog. 


Hr. Kunze hat in Germar’s Zeitschrift für die Entomo- 
logie (p. 383.) einen Nachtrag zu der im vorigjährigen Be- 
richte angezeigten Aubeschen Monographie der Gattung 
Monotoma.gegeben, in welchem er 5 Europäische Arten 
beschreibt. Zugleich bemerkt er dafs der Fühlerknopf aus drei 
Gliedern zusammengesetzt sei, welche aber innig mit einander 
verschmolzen sind. Ref. kann noch hinzufügen, dafs die Füfse 
auch nicht, wie Aube sie abbildet, 4-, sondern 3-gliedrig sind, 
wodurch, wie im Bau des Mundes, sich diese Gattung sehr 
genau an Latridius anschliefst. 


Hr. Newman hat in den Annals of Nat. History (p.388.) 
eine Uebersicht über die Arten von Passandra gegeben, 
welche er in die drei Gattungen Passandr.a Dalm., Heet- 
arihrum Newm. und Gatogenus Westw. theilt, welche 
sich aber kaum mit Fug unterscheiden lassen, und welche der 
Verf., wie er selbst bemerkt, auch nur geschieden läfst, weil 


sie einmal unterschieden sind. 

Unter Passandra finden wir drei Arten aufgeführt, P. 
sexstriata Dalın., P. Columbus Newm. und P. fasciata Griff., un- 
ter Hectarthrum 9A., von denen indels H. curtipes Newm. 
mit der zweiten A. H. gigas, Cucuius gigas F. einerlei ist, und 
wenn man irgend eine Unterscheidung der unter diesen drei 
Gattungen aufgeführten Arten gelten lassen will, ‘jedenfalls zu 
der als Passandra bezeichneten Abtheilung gehören muls. Die 
für Hectarthrum angegebenen Charactere passen nur vollkom- 
men auf eine Art, die Hr. Newn, hier als H. brevifossum be- 
schreibt, die aber ohne Zweifel der Cucuius heros F.ist, den der 
Verf. auch noch als H.heros aufführt. Die übrigen sind H.iri- 
geminum, H.bistriatum, (Passand. bistriata Lap.) beide aus Östindien 


341 


und der leiztgenannten Art nahe verwandt, H. gemelliparum 
vom Senegal, und H. semifuscum, vielleicht einerlei mit der 
letzten, H. rufipenne, Cucuius rufipennis F. Catogenus, ideu- 
tisch mit Isonotus Periy, Anisocerus Hope und Isocerus Hllig. 
(letztere Benennung durch ein irrthümliches Citat allgemein 
milsverstanden) enthält die Arten ©. carinatus vom Cap., €. 
castaneus, Ison. cast. Periy, C. rufus Wesiw.; die beiden letzten 
scheinen nach den Angaben des Verf. einerlei zu sein, sind 
dann aber auf eine noch unbenannte Brasilische Art zu beziehen 
und sowohl vom Isonotus castaneus Periy als vom Nordamerikani- 
schen Cucuius rufus F. verschieden, zu welchem letzteren der 
als letzte Art beschriebene ©, puncticollis als Synonym zu 
rechnen ist. 


Eine Monographie der Gattung Rhysodes ist von Hrn. 
Newman im Magazine of Nat. History (p. 663.) gegeben 
worden, welche 8 Arten umfafst. 

Die erste, Rh. strabus aus Java, ist neu, die zweite, RA. 
aratus aus Nordamerika ist der eigentliche Rh. exaratus der 
hiesigen Sammlung, der bisher von den Auctoren mit der Eu- 
ropäischen Art verwechselt, und auch von Westwood als 
solche abgebildet worden; die dritte, Ah. exaratus Dal. 
(Europaeus Dej.) ist von Fabricius schen in der Mantissa 
unverkennbar als Gucuius sulcatus beschrieben, wie Illiger 
(Mag. III. p.174.) es richtig erkannt hat, welchen aber Schön- 
herr merkwürdiger Weise zum Dendrophagus crenatus zieht, 
denn die Fühler dieses letzten Käfers (des Dr. crenatus) 
breves, moniliformes zu nennen, ist doch gewils mehr als 
man Fabricius zutrauen darf. 4. Rh. liratus aus Brasilien. 
5. Der von Gu£rin in der Iconographie abgebildete Ah. co- 
status eben daher. 6. Rh. sculptilis aus Ne sich 
nahe anschlielsend an 7. Rh. Guildingii, Clinidium Guildingii 
Kirby, welcher hier vielleicht nicht mit Unrecht in dieser Gat- 
tung untergebracht ist, obgleich manche feinere Charaktere für 
die Ansicht des Hrn. Wesiwood sprechen, ihn als Rhysodes 
zwar nächst verwandte aber doch verschiedene Gattung anzuse- 
hen. Endlich 8., Rh. monilis, Ips monilis Ol., den Hr. New- 
man, vermuthlich von einer von Gyllenhal geäufserten Muth- 
malsung geleitet, wohl mit zu grolser Zuversicht zu dieser 
Gattung zieht, und welcher eher ein Colydium, dem C. biden- 
Zatum verwandt, zu sein scheint. 


Ein neuer Paussus aus Pegu, eine Tagereise von Ran- 
goon, auf einem Palmstamme gefunden, ist von Hrn. Gue£rin 
in der Revue Zool.(p. 20.) unter dem Namen P. Jousselinii 


beschrieben worden. 


Er gehört zu der Abtheilung des P. microcephalus L. (tho- 
race . bipartito), gleicht in der Gestalt der Fühler mehr 
dem P. Hardwickü Westw. Hr, Chevrolat bemerkt an der- 
selben Stelle, dafs der Käfer, den er bei seiner Darstellung des 


342 
P. cornutus (Gu&r. Magas. cl. IX. pl. 49.) für das Männchen 


desselben gehalten, ihm bei wiederholter Untersuchung als neue 
Art erschiene, und beschreibt ihn unter dem Namen P. curvi- 
cornis (vom Senegal). 


Ferner sind von Hrn. Saunders in den Transactions 
der Entomologischen Gesellschaft zu London zwei Arten die- 
ser Familie beschrieben, nämlich der Paussus Fichtelii Don. 
aus Bengalen, und ein neuer Platyrhopalus, dem ausge- 
zeichneten Monographen der kleinen merkwürdigen Familie zu 
Ehren Pl. Westwoodii genannt, in Ostindien einheimisch. 

Hr. Westwood selbst hat am nämlichen Orte einen sehr 
bedeutenden Nachtrag zu seiner Monographie gegeben. 


Von Paussus beschreibt er zunächst vier neue Arten aus 

dem südlichen Africa, trägt die genaue, nach einem im hiesi- 

en Museum enthaltenen Exemplar gemachte Beschreibung des 
j2 ruber Thunb. nach, und führt zuletzt noch die an anderen 
Orten beschriebenen P. curvicornis Chevr,, Jousselini Guer. 
bifasciatus Koll. und Turcicus Friv. auf. Von Platyrho- 
palus wird Pl. Mellei aus Malabar, in G u&rin’s Iconographie 
abgebildet, charakterisirt, und eine neue Art aus Ostindien, P7. 
angusius, ausführlich beschrieben. Dann schaltet Hr. W est- 
woodeineneue Gattung Ledioderus ein,. die mit Platyrhopalus 
in der verhältnilsmälsigen Kürze des Endgliedes der Lippentas- 
ter, und dem grolsen, an der Spitze ia innen ausgezogene 
zweiten Gliede der Maxillartaster übereinkommt, in der B 
der Fühler aber sehr abweicht, und hierin sich näher an Pen- 
iaplatarthrus anschliefst, aulserdem die Eigenthümlichkeit wirk- 
lich viergliedriger Fülse hat. Die einzige bekannte Art, L. 
Goryi, ıst in Java einheimisch. Von Gerapterus beschreibt 
Hr. W. endlich eine Art, die er hier von dem von Donovan 
abgebildeten C. Mac Leayi nicht zu trennen wagt. 


In dem Entomological Magazine kommt Hr. West- 
wood auf die Gattung Cerapterus zurück, namentlich auf 
Veranlassung der von Mac Leay unternommenen Theilung in 
zwei Untergattungen: Cerapterus in Asien und Africa, Jr- 
ihropterus in Neuholland einheimisch. Erstere, den C. latipes, 
Horsfieldii, Smithii, letztere den ächten Mac Leaii und den von 
W. zuletzt für denselben gehaltenen enthaltend. Hr. West- 
wood zeigt, dals sich Mac Leay’s Untergaltungen nur auf 
oberflächliche Betrachtung der Körperform gründen, und dafs, 
wenn sie angenommen werden sollen, auch ©. Smithii und C, 
Mac. Leaii Westw. eigene Untergattungen bilden mülsten, und 
unternimmt es auch selbst dieselben aufzustellen. Dadurch 
erhält die Gattung Cerapterus folgende Gestalt: Untergatt. 1. 
Cerapterus: latipes Swed. und Horsfieldii Westw. 2. Bka- 
pterus Westw. Cer. Smithi MacL. 3. Arthropterus Mac. L. 
Cer. Mac Leayi Don. 4. Phymatopterus Westw. Cer. Mac 
Leayi Westw. Aulser dem Verhältnifs des Kopfes und Hals- 


343 


schildes und der Form des letzteren, weichen diese Untergat- 
tungen darin von einander ab, dals bei den beiden ersten die 
Flügeldecken so lang als der Leib, bei Arthropierus etwas kür- 
zer als der Hinterleib sind, bei Phymatopterus am Aulsenrande 
vor der Spitze eine Beule haben, dals die Schienen an der 
Spitze innen bei Cerapterus keinen, bei Orthopterus einen, bei 
Ärthropterus und Phymatopterus zwei Dornen haben, dals der 
äufsere Winkel der Spitze bei PAymatopterus abgerundet, bei 
Arthropierus scharf ausgezogen ist. 

Von der in seiner Monographie auf den Paussus cruciatus 
gegründeten Gattung Trochoideus bemerkt Hr. Westwood 
in seiner ersigenanten in den Transactions of ihe Ent. Soc. 
enthaltenen Abhandlung mit grofsem Rechte, dals sie eigentlich 
zu den Endomychen gehöre, und weist dies auch durch die Ab- 
bildung der Mundtheile einer zweiten Art nach, die auf Mada- 
gascar einheimisch ist, und die er unter dem Namen 7'r. Dal- 
mani beschreibt. Eine drite Art von Isle de Frauce, Tr. 
Desjardinii ist von Hrn. Gu@rin in seiner Revue Zool. p. 22. 
beschrieben, und diese Beschreibung auch yon Hrn. Westw. 
wiedergegeben. 

Zuletzt berührt Hr. Westwood noch die Gattung Me- 
gadeuterus, die er in seiner Monographie auf den Paussus fla- 
vicornis F. gegründet hatte, und bemerkt ihre nahe Verwand- 
schaft mit Malachius, zeigt, dals ihr 10-gliedrige Fühler zwar 
it dem M. 4-maculatus gemein, dals aber in Verbindung 
der wunderlichen Bildung des zweiten Fühlergliedes 4-glie- 
e Vorderfülse bei 5-gliedrigen hinteren Fülsen, ganz ausge- 
ete Charaktere wären, und dals namentlich von letzterem 
ihm kein ähnlicher Fall bekannt sei.*) Er beschreibt hier eine 
zweite Art der Gattung, M. Haworthi, unbekannten Vaterlandes, 
die aber ohne Zweifel mit dem von Say beschriebenen Malachius 
vittatus einerlei ist, und mit dem M, A-maculatus, F. dessen 
Männchen der Paussus ruficornis F. ist, ferner dem M. bipun- 
ciatus Say (wanthostoma Dej.), tricolor Say, nigriceps Say, ferner 
den noch unbeschriebenen M. histrio Esch. und M. Lebasii Dej. 
und noch mehreren unbenannten Arten zu einer kleinen Gruppe 
gehört, bei denen die Fühler bei beiden Geschlechtern anschei- 
nend 10-gliedrig, beim Weibchen einfach, beim Männchen die 
beiden anscheinend ersten Glieder erweitert und namentlich das 
zweite wunderlich gestaltet, beim Weibchen die Vorderfülse 5-, 
beim Männchen 4-gliedrig sind, welche Nordamerika, Mexico 
und dem nächstgelegenen Theile von Südamerika eigenthümlich 
zu sein scheinen, mit denen Ostindische Arten, deren Reprä- 
sentant Paussus flavicornis F. ist, in der Bildung der Fühler 
Banz übereinkommen, und nur darin abweichen, dals beim 

ännchen die Zahl der Glieder an den Vorderfülsen nicht ver- 
ringert ist, 

Eine Monographie der Gattung Anacolus hat Hr. Me- 
netries im Bull. der Academie der Wissenschaften zu St. 


*) Vergl. des Ref. Gen. et spec. Staphyl. p. 6. 


344 


Petersburg gegeben, welche 8 Arten dieser interressanten Gat- 
tung umfafst: 


Nämlich aufser den beiden in der Encyclopedie beschriebe- 
nen, A. lugubris und sangwineus, dem von Perty abge- 
Se A.praeustus, dem von Gory in Guer. Mag. Zool. 

argestellten 4. 4-maculatus (4-punciatus Griff.), eben so 
viel neue: A. bimaculatus, lividus, nigricollis, und 4- 
notatus Mendir. (Die hiesige Sammlung enthält 10 Arten.) 


Hr. Dupont hat seine 1836 im-Guerinschen Magasin 
de Zoologie begonnene Monographie des Trachyde- 
rides in dem gegenwärtigen Jahrgange derselben Zeitschrift 
vollendet. 


Diese zweite Abtheilung enthält den Schlufs der Gattung 
Trachyderes (51 A.), die Gatt. Xylocharis (4 A.), An- 
cylosternus Dup, ( Cer. scuteliaris Ol. mit dem A. flavicornis 
Dej. wohl mit Unrecht als Abänderung verbunden ist.), Oxy- 
merus (16 A.), Stenaspis (2 A.), Crioprosopus (2 A.), 
Sphenothecus (4 A.). — Die ganze Abhandlung ist auch be- 
sonders in den Buchhandel gegeben. 


Zwei neue Arten der Katang Phaedinus, beide aus dem 
Englischen Guyana, sind von Hrn. Gu£rin in seiner Revue 
Zool. (p. 287.) vorläufig durch ihre Diagnosen bekannt gemacht. 
Der eine Ph. Debauvei ist dunkelkastanienbraun, mit zwei 
elben Binden auf den Flügeldecken, der andere, Ph. lanio ist 
lutroth mit schwarzer Mitte der Flügeldecken. a 

Ebendas. (p. 253.) beschreibt Hr. Buquet eine neue Ce- 
rambycinen-Gattung Aegoidus, welche viel Aehnliches mit 
Desmocerus Dej. Sat, sich durch das Fehlen der Einschnürung 
des letzten Fühlergliedes, und die an der Spitze nicht stachli- 

en übrigen Fühlerglieder unterscheidet, und welche neben 
re ihre Stelle finden würde. Die einzige Art aus Peru, 
A. Peruvianus, hat die Grölse des Dorcac. barbatus, und ist 
rostroth mit helleren Flügeldeken. 

Hr. Chevrolat stellt in Silbermann’s Revue Eniomo- 
Togique eine neue dem Molorchus abbreviatus verwandte Art, 
Molorchus Ulmi, auf, welche bei Paris vorkommt, und sich 
namentlich durch die dichte, seidenartige, goldgelbe Behaarung 
des Kopfes, Halsschildes und der Flüge decken auszeichnet. 

Einen neuen Gattungsverwandten der Saperda clavicornis F. 
und bicincta Ol. beschrieb Hr. Chevrolat in Gu£rin’s Revue 
Zool. (p. 288.) unter dem Namen Polyzonus Manillarum 
aus Manila. Er ist blau, auf den Flügeldecken mit zwei gelben 
Binden, von denen die zweite an der Nath sich im Winkel erweitert. 


Hr. Desjardins theilt im Magazine of Nat. History 
(p. 468.) eine Monographie der Gattung Leptocer.a Dej. mit. 


Aulser dem Typus der Gattung, Cerambyx scriptus F., 
der häufig auf der Insel Mauritius ıst, und dessen Larve in Eleo- 
dendron orientale lebt, beschreibt er noch zwei neue Arten von 


345 


Bourbon, L. Mezierei und Beaumontii und die L. gra- 
phica Boisd. aus Neuholland. Die fünfte erwähnte Art L. bi- 
dineata der Gu&@rinschen Iconographie gehört wohl nicht mit 
Recht in diese Gattung. 

In der Revue Zool. (p. 255.) theilt Hr. Buquet vorläufig 
die Diagnosen zweier im Innern Brasiliens einheimischer La- 
snien mit, welche zur Gattung Phacellus Dej. gehören. Aus- 
führlichere Beschreibung und Abbildung der beiden A. sind in 
Gu&rin’s Magas. d. Zool. zu erwarten, wo schon eine A. die- 
ser Gattung unter dem Namen Acanthocinus Boryi darge- 
stellt sich findet. 


Eine neue Galleruca, G. (Zplosonyx) smar.agdi- 
pennis aus Manila, röthlich gelb, mit grünen, sehr blanken 
Flügeldecken, ist von Hrn. Chevrolat in Gu£rin’s Revue 
Zool. (p. 288.) ausführlicher beschrieben worden. 


Ref. hat in Germar’s Zeitschrift für die Entomologie 

(p. 369.) die Bemerkung gemacht, dafs der Byrrhus con- 

color Sturm, welcher bei den Englischen Entomologen die 

Gattung Oomorphus bildet, eine den Lamprosomen ent- 

sprechende Form der eigentlichsten Chrysomelen, und von 
n Byrrhen zu denselben zu versetzen sei. 


Eine Anzahl neuholländischer von Hrn. Darwin gesam- 
melter Halticae ist von Hrn. Waterhouse in den Trans- 
actions der entomologischen Gesellschaft zu London beschrieben 
worden. 


Bei den zehn ersten Arten ist kein Vergleich mit Europäi- 
schen Arten angestellt worden, vielleicht sind viele auch nicht 
mit solchen zusammenzustellen, zumal bei einigen bemerkt ist, 
dals sie den Habitus vom Psylliodes haben, welche Form wohl 
am Meisten mit Plecirascelis (Halt. aridella) übereinkommt, aber 
doch auch wesentlich von ihr abweicht, und Neuholland eigen- 
thümlich zu sein scheint. Eine eilfte Art rechnet Hr. S. zu 
Macronema Meg. (d. h. Psylliodes Latr. H. Altitarses Illig.), 
die sich aufser der Einlenkung der Hinterfülse noch durch zehn- 

liedrige Fühler auszeichnet. Ebenso auffallend ist das Vor- 
ommen von Dibolia (H. Gryptocephalae Illig.) in Neuholland, 
von denen fünf Arten beschrieben worden, deren characteristi- 
sche Richtung des Kopfes und aufsen mit einem Zahn bewaff- 
nete Schienen dem Verf. nicht entgangen sind, bei denen er 
aber leider nicht bemerkt hat. ob sie auch in der Eigenthüm- 
lichkeit des gabelförmigen Enddorns der Hinterschienen mit den 
unsrigen übereinstimmen. 


Ein Ungenannter hat in den Transactions der Entomolo- 


gischen Gesellschaft zu London einige Beobachtungen über 
V. Jahrg, Bd, 2, 23 


346 


das Erscheinen der Erdflöhe (Haltica oleracea und nemorum), 
die den Turnips-Feldern so nachtheilig werden, niedergelegt. 

Aus den Versuchen, die er deshalb, anstellte geht hervor, 
dafs Pflanzen, die in Töpfe gesäet waren und im Gewächshause 
standen, weniger befallen wurden als solche, die im Lande stan- 
den, und dafs solche, wo die Töpfe, mit Gaze bedeckt waren, 
garnicht angegangen wurden. Der Verf. schlielst hieraus, dals, 
was von Manchen geleugnet werde, allerdings die Käferehen 
sich in der Umgebung Be Felder auf wilden Pflanzen aufhal- 
ten mülsten, und ihre Eier erst auf die aufgehenden Turnips- 
Hanzen legten. Als Mittel gegen das Uebel empfiehlt er Hei- 
Ei Bewälserung, indem dadurch die Pflanzen an Kraft ge- 
wönnen, und den Frafs der Erdflöhe zu überwinden in den 
Stand gesetzt würden. 


Ctenistes palpalis wurde von Hrn. Cremiere bei 
Loudun aufgefunden, und die Gewifsheit erlangt, dals Gt, 
Dejeanii Enc. das Männchen dieser Art ist. (Guer, Re- 
vue Zool. p. 55.) 


Orthoptera. 


Hr. Burmeister hat in der Fortsetzung seines Hand- 
buches der Entomologie, und zwar in der ersten Hälfte 
der zweiten Abtheilung des zweiten Bandes, die gewöhnlich 
als Orthoptera angenommenen Insecten in derselben Weise 
wie in der ersten Abtheilung desselben Bandes die Hemiptera 
bearbeitet. 


Der Verf. verbindet mit dieser Ordnung zunächst die Blasen- 
fülse (Thrips), die sog. beilsenden Läuse (Mallophagen), die 
Thysanuren und Lepismen. Bei der ersten Familie ist die Be- 
arbeitung von Haliday wiedergegeben; für die zweite sind 
die Handschriften von Nitzsch benutzt worden. In der Bear- 
beitung der eigentlichen Orthoptera im Latreille’schen Sinne 
ist der Verf. von den von Serville für die Eintheilungen in 
Familien und Gattungen aufgestellten Prinzipien wenig abgewi- 
chen, und wenn die Familien hier so natürlich begränzt sind, 
dals über ihren Werth und Umfang selten Zweifel entstehen 
können, sind gerade diejenigen Abtheilungen, welche man ge- 
penwärtig als Gattungen aufzufassen pflegt, um so weniger 
eicht auseinander zu setzen, nicht der Schwierigkeit der Un- 
tersuchung halber, sondern weil man bald einsieht, dals die 
sicb zunächst darbietenden und bisher benutzten Unterschiede 
von untergeordneter Wichtigkeit sind. Was die specielle Be- 
handlung betrifft, so hat der Verf. hier die Hülfe entbehren 
müssen, die ihm einst bei der Bearbeitung der Hemipteren die 
in diesem Theile geordnete und von alter Zeit her sorgsam 
bestimmte Sammlung des hiesigen Museum leistete. Es mt 


- 


347 


in der vorliegenden Abtheilung daher häufig vor, dafs die bei- 
den Geschlechter einer Art, und auch noch wohl Farben -Ab- 
änderungen derselben als verschiedene Arten aufgeführt sind, 
auch finden sich in den Bestimmungen selbst bekannterer Arten 
manche Irrthümer, wie sich auch in den Vaterlandsbezeichnun- 
gen häufig Verwechselungen eingeschlichen haben. Auch in 
anderen Angaben wäre öfter etwas mehr Kritik Noth gewesen. 
So hat sich in der, p. 538. aus einem Briefe des Hrn. Zim- 
mermann abgedruckten Geschichte der Mantis Carolina, wo- 
nach dieselbe so gar Frösche und Eidechsen, dreimal so lang 
als das Thier selbst, verschlungen hätte, dieser Freund offen- 
bar ein Späflschen mit dem Verf. gemacht, und schwerlich hat 
der achtbare Urheber desselben muthmalsen können, dals dem 
Publicum diese Mystification treuherzig mitgetheilt werden würde. 

Die bekannten sowohl als auch die zahlreichen neuen Ar- 
ten sind immer nur durch kurze Diagnosen*) bezeichnet, welche 
selbst zum Theil wenig zutreffen, und künftigen Bearbeitern 
dieser Familie viel Kreuz verursachen werden, wenn sie diesel- 
hen nicht ganz übersehen wollen. Bekanntmachungen von Ar- 
ten in dieser Weise sind zwar sehr bequem, aber auch, wo nicht 
nachtheilig, wenigstens eben so nutzlos, denn wenn dadurch eine 
Art kenntlich gemacht sein soll, erfüllen sie ihren Zweck nicht, 
und steht man davon ab, sind sie ganz zwecklos. Ausführlicher 
ist der Verf. in den Beschreibungen der ‘Familien zu Werke 
‚gegangen, und wenn seine Darstellung hier mitunter der Vor- 
wurf zu grolser Breite treffen könnte, hat er doch überall eine 
vollständige Schilderung des äulseren, und soviel derselbe be- 
kannt geworden, des inneren Baues gegeben, und überall die 
litterärischen Hülfsmittel in der möglichsten Vollständigkeit be- 
nutzt, 


Hr.v. Charpentier hat in Germar’s Zeitschrift für die 
Entomologie (p. 371.) Beiträge zur Synonymik einiger Ortho- 
pieren geliefert, in welchen dieser vorzügliche Kenner dersel- 
ben die Bestimmungender Empusa hyalina, bidens, tri- 
color, Mantis sinuata, Locusta elongata, Bra- 
dyporus dasypus, Gryllus elephas, miles, sphin- 
giformis, ferner die der in Schäffer’s Iconen und bei 


*) Der Verf, hat angefangen, die Diagnosen zu Gunsten der 
Ausländer lateinisch zu geben, es ist aber die Frage, ob sie Aus- 
ländern ohne Kenntnifs des Deutschen durchweg verständlich sein 
werden. Unsere westlichen Nachbaren bieten uns in ihren naturhisto- 
rischen Abhandlungen auch nicht selten ein Latein an, welches man 
nur dann entziffert, wenn man es in die Muttersprache des Verf. 
wörtlich zurück übersetzt, und welches man den zum Theil sonst 
ie schätzbaren Auetoren selbst, weil sie nicht Gelehrte von Fach 
sind, ungern nachsicht. " 

23 * 


348 


Rösel vorkommenden Libellen erläutert. An Forficula 
minor hat er die Beobachtung gemacht, dafs sie ihre Zange 
gebraucht, um beim Auffliegen die Flügel zu entfalten. 

Hr. Ritter hat im achten Theil seiner Erdkunde eine 
eigene Abhandlung der Heuschreckenplage der Länder 
der alten Welt, nach ihrer geographischen Ver- 
breitung, gewidmet. 

Indem es unmöglich ist, mit wenigen Worten die Resultate 
der Untersuchungen des berühmten Verf. darzulegen, muls Ref. 
sich darauf beschränken, seinerseits einige Bemerkungen über 
die Verbreitung der einzelnen als Wanderheuschrecken 
bekannt gewordener Arten hinzuzufügen. Merkwürdiger Weise 
scheint G@ryllus migratorius L. hier am Wenigsten in Be- 
tracht zu kommen. Erfindet sich zwar in einem grolsen Theile von 
Europa, scheint aber nicht weiter als bis zur Türkei vorzukommen. 
Im Orient und Africa weit verbreitet ist dagegen eine Art, Gr. 
cinerascens F., die auch im südlichen und mittleren Europa 
häufiger als Gr. migratorius ist, im Norden (Schweden) aber 
fehlt. Die Schwedischen Auctoren kennen ihn daker garnicht, 
bei uns wird er mit dem Gr. migratorius verwechselt. (Herr 
v. Charpentier hat ihn als Abänderung mit denselben ver- 
bunden, Hr. Burmeister hat ihn selbst als den eigentlichen 
migratorius aufgestellt.) In diesem ist seiner Verbreitung nach 
eher eine Wanderheuschrecke zu vermuihen. Eine dritte ent- 
schiedene Wanderheuschrecke ist G@ryllus tataricus F. der 
sich über das westliche Asien, einen grolsen Theil Africas, und 
über Süd-Europa, so weit dasselbe dem mittelländischen Meere 

" abhängig ist, verbreitet. Dem Gr. migratorius und cine- 
“ rascens sowohl, als dem @r. zataricus ähnliche Arten kom- 
men mehrere im Orient und in Africa vor, welche vielleicht 
auch zum Theil Wanderungen unternehmen. Eben so ist eher 
zu vermuthen, dafs die Zugheuschrecken Ostindiens und Chinas 
uns vielleicht zum Theil schon bekannte, den oben genannten 
ähnliche, als dafs es dieselben Arten sind. 


Ueber Tridactylus variegatus hat Herr Leon 
Dufour seine höchst interressanten Untersuchungen in den 
‚Annal. des scienc. nat. (U. Ser. IX. p. 321.) mitgetheilt. 


Die Gattung ist von Latreille, und nach ihm von allen 
Entomologen, die über sie gehandelt haben, zu dem Heimchen 
gerechnet worden, und namentlich beständig neben die Maul- 
wurfsgrylie gestellt; es geht aber aus der inneren Structur her- 
vor, die ganz die der Aerydien ist, und wesentlich von der 
der Heimchen abweicht, dals ihre Stelle neben Tetix (Acrydi- 
um F.) sein würde, Die Achnlichkeit im Körperbau mit einer 
Maulwurfsgrylie ist nur durch die Bestimmung des Thieres zum 
Graben bedingt. Es hält sich dasselbe an sandigen Ufern auf, 
wo es vorzüglich mit Hülfe der Mittelbeine sich bewegt, und die 
Hinterbeine nur dann in Gebrauch nimmt, wenn es seine mit 


349 


unglaublicher Kraft ausgeführten Sprünge unternimmt. Im 
Sande gräbt es tiefe Gänge. Woraus seine Nahrung in dem 
kahlen De besteht, ist noch zweifelhaft. Hr. Foudras hatte 
zwar aufgestellt, dals es Sand verschlucke, Hr. L. Duf. glaubt _ 
aber, dafs Hr. F. dadurch getäuscht worden sei, dals er gesehen, 
wie es die Mandibeln beim Graben zu Hülfe nehme, ohne zu 
bemerken, wie durch eine eigene Vorrichtung von Borsten das 
Eindringen der Sandkörner ın den Mund verhindert werde. 
Auch hat Hr. L. Duf. nie eine Spur von Sand im Nahrungska- 
nal angetroffen. Die Thiere leben in grofsen Gesellschaften 
zusammen, indels hat Hr. L. Duf. nur einmal ein Individuum 
mit ausgebildeten Flügeln, die er als Eigenthümlichkeit des 
Männchen betrachtet, angetroffen; es ist aber leicht möglich, 
dafs hier ein ähnliches Verhältnils, wie bei manchen Hemipteren 
(z. B. Velia) stattfindet, wo nur bei einigen Ind., und in spar- 
samen Fällen, die Flügel zur Entwickelung gelangen. 


Hr. Boyer de Fonscolombe hat in den Annal. d. 1. 
Soc. Ent. de France seine Monographie der Libellen der 


Umgegend von Aix festgesetzt. 

Es ist diesmal die Gattung Aeschna beschrieben worden, 
und zwar von der Abtheilung mit zusammenstofsenden Augen 
SA., unter denen eine neue: A. Irene; von denen mit ge- 
irennten Augen (d.h. Peialura Leach) nur eine, A. forcipata. 


Von der letzteren Abtheilung hat Hr. Guerin in seinem 
Mag. Zool. Cl. IX. p. 201. eine neue Art Petalura Se- 
Iysii aus der Pariser Gegend abgebildet, und zugleich die 
characteristischen Theile der nahe verwandten P. favipes und 
unguiculata dargestellt. 

Bekanntlich hängt bei den Libellen in der Begattung 
das Weibchen nicht mit dem Hinterleibsende des Männchen, 
sondern mit der Tasche am Grunde des Hinterleihes zusam- 
men, ein Umstand der lange ‚räthselhaft gewesen ist, weil 
man bei anatomischer Untersuchung die Samen-Ausführungs- 
gänge auf die gewöhnliche Weise bis zum Hinterleibsende 
verlaufen sieht. Hr. v. Siebold hat dies Räthsel gelöst: es 
wird nämlich der Same von den Männchen in die Tasche am 
Grunde des Hinterleibes ausgeleert und hieraus vom Weib- 
chen aufgenommen. (Dieses Archiv IV. p. 375.) 


Neuroptera 


In dem 1838 erschienenen Bande der Abhandlungen der 
Academie der Wissenschaften zu Berlin ist der Versuch 
einer systematischen Feststellung der Insecten- 


350 


Familie Panorpatae und Auseinandersetzung ihrer 
Gattungen und Arten von Hrn. Klug enthalten. 


Der Verf. weist nach, dals der von Latreille in der 
schnabelförmigen Gestalt des Mundes aufgestellte Character der 
Panorpatae durch die Zerlegung des Mundes nicht als durch- 

reifend bestättigt werde, dals vielmehr ungegliederte äulsere 

axillarlade, das Ausbleiben der Zigula, und zweigliedrige La- 
bialtaster die wesentlichen Merkmale dieser Familie ausmachen, 
aus welcher trotz der ähnlichen äufseren Gestalt des Mundes 
Nemoptera, welche sich durch vorhandene Zigula, dreigliedrige 
Lippentaster und zweigliedrige äulsere Maxillarlade als zu der 
Familie der Hemerobien gehörend ausweist, entfernt werden 
müsse. Die Verwachsung der Mundtheile an ihrer Basis, wo- 
rauf der Fabricische Ordnungsname Synistata hindeutet, trifft 
zwar bei den Panorpen meistentheils ein, indels giebt es eine, 
in Neuholland einheimische, bisher unbekannte Form, Chori- 
sta, bei welcher die Mundtheile alle bis auf den Grund ge- 
trennt sind, welche aber sonst in den oben bemerkten Eigen- 
thümlichkeiten nicht nur ungezwungen zu den Panorpen zu 
zählen, sondern auch in den Verhältnilsen und Formen der 
einzelnen Theile der Gattung Panorpa selbst sehr äbnlich ist. 
Von Nemopter«a beschreibt Hr. Klug 13 Arten, und in der 
Familie der Panorpen von Bitiacus 11, der neuen Gattung 
Chorista 1, von Panorpa 7, von Boreus 1 Art, 


Der Ref. hat die in "der hiesigen Sammlung befindli- 
chen Arten der Gattung Mantispa in Germar’s Zeit- 
schrift für die Entomologie beschrieben, und mit 4, ihm nur 
durch Beschreibungen bekannten, im Ganzen 24 Arten auf- 
gezählt. 

So sehr die übrigen alle unter sich übereinkommen, so 
sehr weicht eine, deshalb mit dem Namen M. notha bezeich- 
nete, von den übrigen ab, und dürfte wohl mehr als blofse 
Unterabtheilung der Gattung sein, mit der sie lieber verbun- 
den worden ist, weil die Untersuchung, die das Verfolgen aller 
Differenzen nothwendig gemacht hätte, bei dem einzigen Ex- 
emplar eines so zarten Fhieres nicht zu wagen war. Unter 
mehreren Mantispen, die seitdem der Sammlung zugekommen 
sind, befindet sich eine, die auf ähnliche Weise, wie diese M. 
noiha von der typischen Form abweicht, Eine neue Mantispa 
ist von Hrn. Gu@rin (Mag. Zool. Cl. IX. pl.202.) abgebildet. 
Sie gehört zu den grölseren Arten und hat manches Achnliche 
mit M. varia. Als Vaterland ist Aegypten angegeben. Die 
unter dem Namen M. chalybea beschriebene Art ist nach Hrn. 
Burmeisters Bemerkung schon in Duperrey’s Reise von 
Gu£rin abgebildet uud M. grandis genannt worden; die un- 
ter diesem Namen vom Ref. aufgestellte Art ist also anders (de- 
cumana) zu benennen. 


351 


Ueber die früheren Zustände der Neuropteren hat Hr. 
Stein in diesem Archive Nachricht gegeben, welche die Gat- 
tungen Raphidia, Panorpa und Osmylus betrifft, 

Die Verwandlungsgeschichte von Raphidia ist zwar neuer- 
lich von mehreren Seiten bekannt gemacht worden, doch bei 
der grolsen Genauigkeit, mit welcher Hr. St. so wohl die 
Larve und Puppe beschreibt, von vielem Interesse; die Mitthei- 
lungen über Panorpa beziehen sich zwar nur auf die Nymphe, 
welche Hr. St. in der Erde an einer Ellernwurzel antraf, doch 
sind sie um so wichtiger, als wir über alle früheren Stände 
nichts hatten, als eine sehr wenig befriedigende Notiz, die 
von ‚Hrn. Marquard im 22sten Bande der Annales des Sciences 
Naturelles niedergelegt worden ist. Von Osmylus endlich hat 
St. nur die Nymphenhaut unter dem frisch ausgeschlüpften In- 
secete gefunden, und seine Vermuthungen in Betreff der Lebens- 
art der Larve, scheinen bei der nahen Verwandschaft des Thie- 
res mit Hemerobius etwas gewagt zu sein. 


Die Verwandlung des Ameisenlöwen hat Hr. Westwood 
im Magazine of Nat. History (p. 601.) aus eigener An- 
schauung geschildert. Wenn auch gerade keine neue That- 
sachen von ihm entdeckt sind, ist die Darstellung aus der 
Feder dieses Entomologen doch immer von Interesse. 


Hymenoptera. 
Die fufslosen Hymenopteren-Larven werden in 
den Transact. of the Ent. Soc. von Hrn. Westwood einer 
Untersuchung unterworfen. 


Der Verf. bemerkt, dals von Latreille, und auf dessen Au- 
etorität von Kirby und Spence, und auch einmal von MacLeay 
angenommen wäre, dals das vierte und fünfte Segment der In- 
sectenlarven, welche bei denen, die Afterfülse haben, fulslos 
sind, bei der Metamorphose in die Flügeltragenden Ringe des 
Thorax umgewandelt, und gewilsermalsen auf die Beinetragen- 
den heraufgeschoben würden, dals aber von Audouin, durch 
Verfolgen der Metamorphose und Vergleich der Segmenten- 
Zahl der Larve und des vollkommenen Insects nachgewiesen 
sei, dals der Thorax des letzteren nur aus den drei ersten, 
auf den Kopf folgenden Segmenten der Larye gebildet würde, 
dals, da alle Larven überhaupt aus 43 Ringen beständen, neun 
derselben zur Bildung des Hinterleibes beim vollkommenen In- 
sect verwandt würden, und auch öfter alle ausgebildet sich fän- 
den. Nun aber haben die fulslosen Hymenopteren-Larven sehr 
deutlich 44 Leibesringe, und sogar noch einen 45ten, der aber 
weniger deutlich abgesetzt ist. Hrn. Shuckard's Vermuthung, 
dals es nur die Männchen seien, die dies eine Segment über 


352 


die gewöhnliche Zahl hätten, da bei ihnen im vollkommenen 
Zustande der Hinterleib ein Segment mehr als beim Weibchen 
habe, weist Hr. Westwood durch seine Beobachtung, dals 
auch bei weiblichen Larven 14 Segmente zu zählen seien, zu- 
rück. Hr. Ratzebnrg hat in seiner, im 16ten Bande der 
Schriften der Leopoldinischen Academie enthaltenen Abhand- 
lung über diesen Gegenstand die Sache dadurch in’s Reine zu 
bringen Benchis dals er die beiden ersten Segmente der Larve 
als zum Kopfe gehörig betrachtete. Hr, W. bemerkt aber, 
dals, wenn auch der zweite Leibesring bei den Larven ohne 
Stigmen ist, darin kein Grund läge, ihn nicht für ein Thorax- 
segment zu halten, indem auch ın anderen Fällen (es ist in 
der That sehr gewöhnlich) einzelne Thoraxringe bei Larven 
keine Luftlöcher haben, und zeigt durch seine eigene Beobach- 
tungen, dals Hr. Ratzeburg in seiner Der die ihn 
zu der obigen Annahme veranlafste, nämlich dafs die Augen 
des vollkommenen Insecis bei der Larve durch den zweiten Lei- 
besring durchschimmerten, dadurch irre geleitet sei, dals er die 
Larven ganz kurz vor der Verwandlung untersuchte, wo schon 
unter der Larvenhaut der Körper anfange sich zu verkürzen, 
und der Kopf der Nymphe sich schon in das zweite Segment 
der Larvenhaut gröfsentheils zurückgezogen habe. 


Hr. Westwood bemerkt über Gynandrom orphische 
Hr. W. gebraucht diesen Ausdruck nach Hrn. Lacordaires 
orschlag, der die Bezeichnung zwitterlich [hermaphroditisch] 

auf den naturgemäfsen Zustand beschränkt wissen will) Ay- 
menopteren, dals davon bisher bekant geworden: Ten- 
ihredo angulata durch Hrn. Curtis, - Scolia 6maculata 
durch Hrn. v. Romand, Ichneumon exiensorius-lucta- 
zorius durch Hrn. Wesmael, Anthophora retusa durch 
Hrn. Smith und Shuckard, Cimbex Griffini und An- 
drena fulvescens durch den leizteren. (Magaz. of. Nat. 
History p. 393.) a 


Hr. Kennedy theilt in dem London and Edinburgh 
Philosophical Magazine, Ser. IN. n. 71. p. 14. Beobach- 
tungen über die Lebensweise einiger Hymenopteren mit, 
welche er in altem Pfahlwerk nistend fand. 


Trypoxylon figulus sah er Spinnen eintragen. Das 
Männchen hielt während der Abwesenheit des Weibchen W che 
im Gange. In dem zweizelligen Neste von Stigmus troglo- 
dyies fand er eine grolse Menge kleiner Insecten, die ihm die 
Larven von Thrips zu sein schienen. Diodontus gracilis und 
corniger tragen als Nahrung für die Larve Blattläuse ein, eben- 
so Pemphredon lugubris, unicolor und Psen atratum. 
Odynerus quadratus füllte seine Zellen mit kleinen grünen 
Raupen aus; in dem Nest von ©. didens fand Hr. K. eine 
Puppe in der äulsersten Zelle, und zwei Larven, aulserdem die 
Ueberbleibsel von Insecten-Larven und ein kleines, vollkom- 
men entwickeltes Dipierum. (Leider ist nicht gesagt, von wel- 


353 


cher Gattung). Chelostoma Florisomne macht 9—140 Zel- 
len, an deren Spitze in der Mitte das Ei liegt. 


Ueber das Vorkommen einiger Blattwespen auf dem 
Harze finden sich einige interessante von Hrn Saxesen ge- 
machte Bemerkungen in der Isis (1838. Hft. IX,) mitgetheilt. 


Auf Lärchen fressen daselbst Nematus Erichsoni und Laricie, 
von ersterem die aschgraue unten weilse Raupe klumpweise an 
den Trieben, von letzterem die grüne Raupe mehr zerstreut 
auf den Zweigen. N. parwus, auf Rothtannen sehr häufig, N. 
scutellaris selten auf demselben Baume, Lyda suffusa auf Ro- 
sen, L. siramineipes wahrscheinlich auch. Tenihr. viridis, flavi- 
cornis, atra, und andere ähnliche Arten sind räuberisch, ver- 
zehren Fliegen, Mücken, Nematus-Arten, fressen aber auch 
Blumen. 


In einigen Bemerkungen, welche Hr. Newman im Enio- 
onogical Magazine (IV. p. 258.) zu der Familie der Tenthre- 
den macht, beschreibt er eine neue Gattung Euura, die 
Nematen enthaltend, bei denen drei Kubitalzellen ach entstanden 
sind, dafs der Nerv zwischen der zweiten und dritten ausgefallen 
ist, die zweite also überwiegend grols ist, und beide rücklaufen- 
den Nerven aufnimmt; bei denen zugleich beim Weibchen die 
Legeröhre etwas vorragt, und neben derselben zwei starke 
divergirende Borsten sich zeigen. Es sind dieses die kleinen 
Nematen, die hauptsächlich in Pflanzengallen leben, die Hr. Har- 
tig aus dem Grunde auch mit dem Sectionsnamen Cryptocampus 
bezeichnet hatte. Von den beiden beschriebenen Arten ist E, 
zallae vermuthlich identisch mit N. mucronatus Hartig, und 
E. cynips mit N.medullarius Hartig. Aulserdem beschreibt 
Hr. Newman als neue Arten: Pristophora cincta, Nema- 
aus tibialis, Fenusa Janthe, ohne Zweifel Tenthredo lepida 
Kl., Emphyt. Harpiphorus lepidus Hartig, und Fenusa par- 
viceps, BE pallida, durch blalsgrüne Färbung ausge- 
zeichnet, und Selandria versicolor, in welcher die Teenthre- 
da albida Kl., das Männchen der 7. melanocephala leicht zu 
erkennen ist. 


Ueber die in Kieferwaldungen besonders vorkommenden, 
auf die auf Kiefern fressenden Raupen und Tenthredenlarven 
angewiesenen parasitischen Hymenopteren hat Hr. Hartig 
im zweiten Hefte seiner Jahresberichte über Forstwissenschaft 
und forstliche Naturkunde bei Gelegenheit eines in der Nähe 
von Berlin beobachteten Raupenfrafses eine sehr dankens- 
werthe Uebersicht gegeben. 


Eine grolse Zahl der Arten ist neu, zum Theil wohl aus 
dem Grunde, weil weder Gravenhorst noch Nees von 
Esenbeck in Kiefernforsten die von ihnen bearbeiteten Fami- 
lien zu beobachten die Gelegenheit hatten. Diese neuen Arten 
sind in Anmerkungen in wenigen Worten characterisirt, da der 


354 


geschätzte Verf. sich die ausführlichere Beschreibung für den 
zweiten Band seiner Aderflügler vorgesetzt hat. Eine neue 
Untergattung von Pimpla: Scambus wird hier eingeführt, 
deren Männchen durch ausgebissene Vorderschenkel und ge- 
strecktere mittlere Hinterleibssegmente, deren Weibchen sich 
durch mehr cylindr’schen Hinterleib, nicht aufgeworfenen Hin- 
terrand der einzelnen Segmente, und längeren Stachel von 
Pimpla abweichen. Eine von Gravenhorst beschriebene Art 
ist Ephialtes inanis. 

Hr. Schiödte hat Hrn. Gu@rin die Monographien der 
Dänischen Arten dreier neuen Ichneumonen-Gattungen zur Be- 
kanntmachung im Mag. d. Zool. übergeben, wovon derselbe in 
der Revue Zool. (P- 139.) eine vorläufige Mittheilung macht: 
41. Megastylus, fünf noch unbeschriebene Arten enthaltend. 
2. Polyblasius Hartig, die Arten von T’ryphon Gr. enthal- 
tend, deren Weibchen zahlreiche Eier unter dem Bauche tra- 
gen, und die aulserdem noch durch gekämmte Klauen ausge- 
zeichnet werden, sechs Arten, unter denen Tr. pinguis und 
varitarsis Grau. — 3. Cylloceria, von Phytodietus Grav. 
abgesondert, drei Arten, unter denen der Verf. den Ph.niger 
Er caligatus Gr. vermuthet. 


Hr. Haliday hat fortgefahren im Entomogical Maga- 
zine (IV. p. 203.) die englischen Braconiden genauer durch- 
zugehen. 

Die Gattung Opius Wesm. theilt er in zwei Unterabthei- 
lungen: die erste gleichnamige hat viergliedrige Lippentaster, 
linienförmigen Legestachel, und die zweite Gubitalzelle länger 
als breit: de enthält 48 Arten, die nach dem Ursprunge des 
Cubitalnerven, der Einmündung des rücklaufenden Nerven, dem 
geschlossenen oder aufgesperrten Maule, der Sculptur des Mit- 
telrückens und der Brustsseiten in zahlreiche Unierabiheilungen 

ebracht werden. Die zweite Untergattung @raptodon mit 
eekeirigen Lippentastern, sehr kurzem pfriemförmigen Le- 
gestachel und kurzer Cubitalzelle, enthält eine einzige Art, Bra- 
con pumilio Nees. — Ferner beschreibt er ebendas. (V. p. 212.) 
61 Arten der Gattung Alysia, davon er eine, A. aptera 
Nees v. E. als besondere Untergattung Chasmodon absondert, 
die übrigen mit vieler Genauigkeit nach Verschiedenheit der 
Fühlerbildung, der Sculptur des Hinterleibes, des Flügelgeäders 
u. s. w. in 2 Haupt- und 16 Unterabtheilungen sondert, 


Hr. Westwood hat eine sehr sorgfältig ausgearbeitete 
Monographie von Leucospis in Germar’s Zeitschrift für 
die Entomologie veröffentlicht, die nicht weniger als 36 Arten 
dieser merkwürdigen Gattung aufzählt, von denen 34 genuine 
Arten geographisch so vertheilt sind, dafs 15 Arten dem süd- 
lichen Europa (2 davon derKrim), 2 der Berberei, 4 Aegy- 
pten, Abessynien und Arabien, 3 Vorderindien, 2 dem Cap der 


355 


guten Hoffnung, 3Nordamerica, 4 Mexico, 1 Chile angehören ; 
von dreien ist das Vaterland nicht mit Sicherheit bekannt. 
Die beiden letzten Arten bilden eben so viele Untergattungen, 
und weichen von den eigentlichen Leucospen sowohl durch 
schwächer verdickte Hinterschenkel als in der Gestalt ab, in 
welcher die eine wegen ihrer metallischen Färbung Metal- 
lopsis (L. M. Cayennensis) genannt, an Chrysis erinnert, 
während die andere Polistomorpha (M. P. Surinamen- 
sis) den Uehergang zu Chalcis zu vermitteln scheint. 


Die Fortsetzung der Monographie der Chalciden von 
Hrn. Walker (Entomol. Magazine IV. p. 349. 439. V. p. 
35. 102.) umfafst die Familien der Gleonymiden und 
Encyrtiden. 

Die erstere enthält die Gattungen Gleonymus Lair. mit 
3A., Notanisus 1 A., Macroneura 1 A., Merostenus 
4A., Cea1A., Prosopon (wäre wohl in Rücksicht auf Pros- 
opis zu vermeiden gewesen) 1 A., Sienocera 4 A., Calo- 
ster 2A., Eupelmus Dalm. 3A., von denen die beiden ersten 
E. urozonus mit vollständigen Flügeln und E. Degeeri mit Flü- 
gelrudimenten vielleicht nicht specifisch verschieden sind. Eri- 
cydnus, 2A., von denen eine Encyrius strigosus Nees ist. Bei 
den 4 letzteren Gattungen sind die Mittelbeine Sprungbeine. 
Die Familie der Encyrtiden enthält nur die Gattung Encyr- 
tus, von welcher 89 Arten beschrieben sind. 


Auch in den 4Annales of Nat. History hat Hr. Walker 
einen Theil seiner Bearbeitung Brittischer Chalciden nieder- 
legt, und daselbst (Vol. I. p. 307, 381, 449 und Vol. II. p. 198. 
350.) 44 Arten der Gattung Cirrospilus Westw. beschrieben. 
Es gehört diese Gattung zu den Diplolepen mit 4 Fulsgliedern 
und wenigen Fühlergliedern. 


Hr.W estwood theiltim Entomological Magazine (TV.p.435.) 
die Beschreibung von zwei neuen Gattungen der Familie der 
Chalciden mit, welche beide sich durch verdickte Flügelrippe 
auszeichnen. Bei der ersten, Platynocheilus Erichsonii 
FW estw., die am Nächsten mit Oleonymus verwandt ist, ist die 
Flügelrippe am stärksten verdickt und aufgetrieben, doch reicht 
die Verdickung nur von der Wurzel bis zur Mitte des Vorder- 
randes, wo der kleine einwärts laufende Nerv abgeht. Die 
zweite Gattung, Pleuropachus, ist auf den Entedon costalis 
Dalm., Elachistus costalis Nees, gegründet, und ist aulser der, 
der ganzen Länge nach verdickten Kippe der Vorderflügel, und 
der in der Mitte verdickten Rippe der Hinterflügel dadurch sehr 
merkwürdig, dafs sie im Bau des Thorax und der Mittelbeine 
mit Encyrius übereinstimmt, während sie mit der geringeren 
Zahl der Fühlerglieder und den viergliedrigen Fülsen den Eu- 
lophiden angehört, gleichsam als ob sie die Wiederholung der 


356 


springenden Encyrten-Form in dieser Familie wäre. Die in 
Holz geschnittenen Abbildungen der beiden Gattungen sind 
verwechselt. 


Die Gruppe der Dryinen ist von Hrn. Walker in 


dem Entomological Magazine (IV. p. 411.) monographisch 
bearbeitet worden. 

Er characterisirt sie durch gelappte Hinterflügel. Die erste 
Abtheilung mit breiterem Kopfe und bei beiden Geschlechtern 
40-gliedrigen Fühlern, enthält die Gattungen Dicondylus, 
Dryinus, Aphelopus, Labeo. Dicondylus ist der Ljung- 
sche @onatopus, und dieser Name muls den Vorzug Hehe: 
ten, wenn die Trennung von Dryinus sieh rechtfertigen lälst, 
wenn es sich bestättigt, dals die Maxillartaster kier 6, dort nur 
5 Glieder haben. nter der einen aufgeführten Art, D. pe- 
destris scheinen mehrere ähnliche verwechselt zu sein. Dry- 
inus enthält 23 Arten, indels scheinen auch hier öfter mehrere 
Arten unter einer verwechselt zu sein, und sind die Arten auch 
nicht leicht mit genügender Sicherheit nach den Beschreibungen 
zu erkennen, indem die vielfach veränderliche Färbung beson- 
ders berücksichtigt, die Sculptur, die vorzüglich sowohl auf 
dem Kopfe als dem Hinterrücken charaeteristisch ist, bis auf 
einige ungenügende Andeutungen ganz übergangen ist. Aehn- 
lich verhält es sich bei Aphelopus, wo der Verf. zwar mit 
Recht den Aph. atratus Dalm. als Männchen zum A. melaleucus 
zieht, wo aber unter den zahlreich aufgeführten Varietäten 
ohne Zweifel mehrere Arten enthalten sind, wie denn auch die 
die Yar. 8. des A. melaleucus bei Dalman eine selbstständige 
Art ist. Die Gattung Labeo bildet der von Westwood in 
Loudon’s Magazin beschriebene Anteon? excisus, von den vor- 
hergehenden durch 3-gliedrige Lippentaster abweichend. Die 
zweite Abtheilung der Gruppe, wo der Kopf fast so lang als 
breit, die Gliederzabl der Fühler beim Männchen 10, beim 
Weibchen 13 ist, und wo Flügelzellen vorhanden sind, bildet 
die Gattung Embolemus Westw., die auch der Species (LE. 
Ruddi Westw.) nach mit dem Polyplanus Sickershusanus Nees 
zusammenfällt. Die dritte Abtheilung, wo der Kopf länger als 
breit ist, die Fühler aus mehr als 10 Gliedern bestehen, und 
die Flügel im Mittelfelde ohne Zellen sind, bildet die Gattung 
Epyris Westw., deren einzige Art, E.niger, sehr einem Bethy- 
Zus gleicht. Als Anhang findet sich noch diese Gattung be- 
schrieben, von der die eine Art B. fuscicornis Latr. in England 
vorkommt. i 


In London haben seit mehreren Jahren Ameisen auf eine 
höchst lästige Weise sich in Häusern bemerkbar gemacht, und 
es hat viele Sorge veranlafst, ihnen durch wirksame Mittel zu 


begegnen. f 


Hr. Shuckard hat sich im Mag. of Nat. History (p.626.) 
der Bestimmung der Species unterzogen und gefunden, dals 


357 


sie mit der im Freien vorkommenden Myrmica unifasciata wohl 
einige Achnlichkeit habe, aber doch sehr verschieden sei, er 
beschreibt sie also unter dem Namen Myrmica domestica 
als neue Art, von der er die Vermuthung ausspricht, dals sie wohl 
fremden, vielleicht Westindischen Ursprungs sein möge. Es ist 
nach der von ihm gegebenen kurzen Beschreibung kein Zwei- 
fel, dafs dies die Formica omnivora L. ist, welche wohl 
über ganz America verbreitet ist, und über welche allenthalben 
dasselbe geklagt wird, was schon Linne von ihr in Erfahrung 

ebracht und in ihren Namen gelegt hat. Ob sie aber ursprüng- 
Tch in America einheimisch ist, ist eine andere Frage. Herr 
Ehrenberg traf sie auch in Aegypten, und bezeichnet sie als 
Verwüsterin: sie ist es auch vielleicht, deren schlimmer Ruf in’s 
hohe Alterthum hinaufreicht. Auch aus Kasan schickte sie Hr. 
Eversmann mit der Bemerkung, dafs sie dort eine Plage der 
Stadt sei. In Linne’s Diagnose muls man, wie aus der weite- 
teren Beschreibung erhellt, corpore minutissimo statt abdomine 
minutissimo lesen. — Eine zweite Myrmica beschreibt Herr 
Shuckard unter dem Namen M.terminalis, die in Chelsea in 
einem Treibhause gefunden wurde und sicher auch exotischen 
Ursprungs ist. Der angedeuteten Bildung des Hinterleibes nach 
scheint sie zu einer kleinen Abtheilung zu gehören, welche 
Form. Aegyptiaca, Antiguensis und acuta F. zu Repräsentanten 
zählt, und welche wohl einmal zu einer eigenen Gattung erho- 
ben werden wird, für welche ein aufwärts gelenkender Hinter- 
leib characteristisch ist. 


Das Männchen des im 4. Bande der Annalen der Pariser En- 
tomologischen Gesellschaft von Hrn.von Romand beschriebenen 
Epomidiopieron Julii, einer zu den Scolien gehörigen, durch 
ungewöhnlich SR dem Mesothorax selbst an Breite kaum 
nachgebende Flügelschuppen vorzüglich ausgezeichneten Gattung 
ist von demselben Verf. in den Transactions of the Entomologi- 
cal Sociely beschrieben worden. In der allgemeinen Körper- 
form verhält es sich zum Weibchen ziemlich eben so wie die 
beiden Geschlechter der Scolien, erinnert aber in dem bei bei- 

den Geschlechtern nicht übereinstimmenden Flügelgeäder mehr 

fi Tiphien-artige Gattungen, namentlich an Myzine, eine 
Verschiedenheit, die sich hier u. a. auf die Anzahl der Cu- 
bitalzeilen ausdehnt, indem beim Männchen der Nerv zwischen 
der ersten und zweiten erlischt. 


Hr. Guerin beschreibt in seiner Revue Zool. (p. 56.) 11 


Arten einer Gattung Plesia. 

Diese sind aber schon von Latreille als Weibchen von 
Myzine erkannt worden. (Gen. Grust. et Ins. IV. p. 112.) Es 
ist auffallend, dafs wir von den Arten der alten Welt kein den 
Männchen entsprechendes Weibchen kennen, überhaupt kein 
Weibchen, aulser dem einen unten zu erwähnenden Capenser. 
Auch von der einheimischen M. cylindrica hat Ref. vergebens 
das Weibchen zu entdecken versucht. Ein bemerkenswerther 
Unterschied der Americanischen Arten von denen der alten 


358 


Welt besteht darin, dafs bei jenen der zweite rücklaufende 
Nery auf den zweiten Cubital-Quernerven, bei diesen auf die 
Mitte der dritten ÜCubitalzelle trifft, doch kann dieser Unter- 
schied unmöglich hinreichen, die Americaner als Gattung zu 
trennen; sollten sich aber bei näherer Vergleichung noch an- 
dere durchgreifende Merkmale finden, die eine Trennung er- 
fordern und rechtfertigen, würde für diese der Namen Myzine 
zu erhalten sein, und der der alten Welt angehörigen Abthei- 
lung konnte füglich der Name Elis verbleiben. 

Was die eilf von Hrn, Gu&rin beschriebenen Arten der 
Jurineschen Gattung Plesia beirifft, so ist 4. P1. ephip- 
pium nicht in Nordamerica sondern in Westindien, 2. Pl. ab- 
dominalis unbekannten Vaterlandes, am Vorgebirge der guten 
Hoffnung einheimisch, 5. Pl. nigripes ist Tiphia obscura F. 
und 4. Pl, vicina scheint nur Abänderung derselben Art zu 
sein, und danach das hier bei beiden als unbekannt angegebene 
Vaterland als Nordamerica zu bestimmen. Von den folgenden 
ist n. 7. Pl. analis aus Mexico dem Ref. nicht bekannt, dagegen 
sind n. 6. Pl. flavipes, n. 8. Pl. maculata, n. 9. Pi. Ro- 
mandii und n. 10. Pl. serena Varietäten der in Ber Zeich- 
nung etwas abändernden Tiphia maculata F., denen bekanntlich 
auch noch T. namea F. anzureihen ist; bei der letzten Art n. 
11. T. haemorrhoidalis ist wieder irrthümlich Nordamerica 
als Vaterland angegeben, wahrscheinlich aus Verwechslung mit 
dem der Pl. serena,, wo statt dessen St. Thomas steht: Was die 
zu diesen Weibchen gehörenden Männchen betrifft, so ist das der 
T. maculata Elis cingulata F., und das der T. haemorrhoi- 
dalis Elis 6-cincta F. 

Eine Myzine von Algier, M. Rousselii, beschreibt Hr. 
Gu&rin ebendaselbst (p. 103.). Sie zeichnet sich vorzüglich 
durch rothe Hinterleibsspitze aus. 


Unter dem Namen Mesotrichia torrida ist in den 
Transact. of the Ent. Loc. p. 117. d. 11. f. T. von Herrn 
Westwood eine männliche Biene aus dem westlichen tro- 
pischen Africa als Typus einer neuen Gattung dargestellt 


worden. ’ 
Der Verf. betrachtet sie als natürliches Bindeglied zwi- 
schen Xylocopa und Anthophora. Mit Anthophora hat dies 
Thier aber nichts weiter gemein, als die Haarlocken an den 
Mittelfülsen, die die Männchen einiger Arten dieser Gattun 
haben, in jedem anderen Betrachte istes eine eigentliche Xylo- 
copa und steht der X. zrepida F. zunächst, deren Männchen 
fast ganz dieselben Locken an den Mittelbeinen zeigt. Bei an- 
deren Arten haben die Männchen andere Auszeichnungen an 
den Beinen, welche nur als Eigenthümlichkeit der Art betrach- 
tet werden können, nicht aber auf Gattungsunterschiede hinzu- 
weisen scheinen. Man könnte in Versuchung kommen, das von 
Hrn. Westwood beschriebene Thier für ein Männchen von 
Ä. nigrita zu halten, Hr. Westermann aber erhielt mit der 


359 


letzteren immer eine gelbe Xylocopa , welche er als das muth- 
mafsliche Männchen dem hiesigen Museum mit dem Weibchen 
mittheilte. 


Eine Monographie der Dänischen Hummeln ist von den 
Herren Drewsen und Schiödte in Kröyer’s Naturhisto- 
risk Tidskrift gegeben worden, die von den Verf. nach den 
neueren Ansichten in die zwei Gattungen Bombus und Psi- 
ihyrus getheilt sind, obgleich die Psithyrus-A. sich nur durch 
die Lebensweise und den dadurch bedingten Bau der Hinter- 
schienen von den ächten Bombus unterscheiden, weshalb die 
Ansicht von Illiger, sie als parasitisshe Arten mit den Ne- 
sterbauendenHummeln in eine Gattung zu vereinigen, in einer 
tieferen Auffassung der Naturgeschichte begründet erscheint, 
als die, welche nach jedem Anlafs hascht, um Gattungen, denen 
am Ende doch ein wesentlicher Unterschied zum Grunde lie- 
gen sollte, zu errichten. Auf jeden Fall verhalten sich diese 
sogenannten Psithyrus ganz anders zu Bombus, als z. B. 
Coelioxys zu Anthophora, oder $Symmorpha zu Megilla. 

Die Arten sind von den sorgfältigen Verfassern mit vieler 
Kritik gesichtet. Bombus enthät 17 Arten: bei einigen dersel- 
ben möchte Ref. sich noch einige Bemerkungen erlauben. 

B. Mniorum F., der von den Verf. als eigene Art be- 
trachtet wird, scheint als Abänderung zum B. sylvarım zu 

ehören: Körperverhältnisse und die Form der Bebaarung ist 
Dseibe, abweichend nur die Färbung, indem auf dem Rücken 
des Mittelleibes die Haare schwarz, an den Seiten der Brust 
und am Grunde des Hinterleibes mehr. gelb werden; ähnliche 
Abänderungen kommen auch bei B. muscorum vor, und sind 
von Panzer als Bombus solstitialis vorgestellt. Ebenfalls Ab- 
art des B. sylvarum ist nach der Meinung des Ref. eine Hum- 
mel die von Illiger als B. ochropygus aufgeführt ist, wo bis 
auf röthlich greise Haare auf der Stirn und ähnliche gegen das 
Hinterleibsende die ganze Behaarung schwarz ist, und welche 
die Verf. vielleicht als eine Abänderung des B. Soroensis be- 
trachtet haben. Unter diesem Namen scheinen in zahlreichen 
Abarten hier viele verschiedene Hummeln zusammengestellt zu 
sein. Der eigentliche B, Soro@nsis F., zu dem B. neuter P. 
als sog. Arbeiter gehört, und welche auch von den Verf. als 
Stamm der Art betrachtet sind, ist Abänderung des B. ierre- 
stris, wo die gelben Binden ganz geschwunden sind, welche als 
Abänderung durch allmälige Uebergänge sich nachweisen lälst, 
die auch von den Verf. als Abänderung des BD. Soroensis 
erwähnt sind. Aehnliche Abänderungen kommen aber auch 
vom B. hortorum vor, und diese sind von Kirby als B. Soro- 
ensis beschrieben worden. B. Burellanus Kirby (Sylvarum F.) 
der hier als Abänderung zum B. Soroönsis gezogen ist, ver- 


360 


dient wohl als eigene, dem B. pratorum nahe verwandte Art, 
von welcher bier alle Geschlechter bekannt sind, angesehen zu 
werden. — Mit B. Rajellus ist mit Recht B. Derhamellus 
verbunden, doch müssen sie wohl als Abänderungen, da von 
beiden alle Geschlechter sich finden, betrachtet werden. — B. 
Subierraneus: Uebergänge wo die Behaarung heller braun 
ist, zeigen, dals B, Latreilliellus nicht specifisch verschieden 
ist, auch kommen hier die Weibchen lebhafter gefärbt vor, 
nämlich ähnlich wie B.terresitris, nur sind statt der gelben Binde 
auf dem Hinterleibe die einzelnen Ringe desselben bräunlich- 
gelb gefranzt; das Hinterleibsende ist gewöhnlich rein weils, 
öfter nimmt aber auch hier die Behaarung eine dunklere Fär- 


bung an. — Von Psithyrus sind 5 Arten beschrieben, indels 
ist Ps. Rossiellus Abänderung des Männchen von Ps. cam- 
pestris mit mehr gelber Behaarung. — Ps. aestivalis, sollte 


billig den älteren Kirbyschen Namen veszalis behalten, und 
der damit von den Verf. verbundene Ap. Barbutella Kirby 
(Ap. saltuum Panz. Bomb. saltuum Dahlb.) ist sicher eine selbst- 
ständige Art. — Von Ps. Francisanus ist das Weibchen von 
Hrn. Klug unter dem Namen B. maxillosus in Germar’s Reise 
nach Dalmatien beschrieben. Das Männchen des Ps. rupestris 
ist von den Verf. sehr richtig erkannt worden, indels nicht be- 
merkt, dafs es unter dem Namen Bombus fruteiorum Panz. 
schon bekannt war. 

Ueber die Honigbiene in Kaschmir sind im Entomo- 
logical Magazine (V. p. 199.) einige Nachrichten gegeben. 

Es hält dort jeder Landwirth Bienenstöcke, und zwar so 
angelegt, dafs cylindrische Oeffnungen für sie in den Wänden 
des Hauses gelassen werden. Die innere Oeffnung wird mit 
einem thönernen Deckel verdeckt, die äufsere mit einer ähnli- 
chen Platte verschlossen, die in der Mitte ein rundes Flugloch 
hat. Das Innere dieser Maueröffnung ist mit Mörtel überzogen 
der mit Reisspreu oder Distelfllaumen Sekleidet wird. Die Biene 
selbst ist kleiner als die Europäische, und bereitet einen Honig 
von reinem Geschmack, und an Duft ähnlich dem von Nar- 
bonne,. Dieselbe Biene findet sich auch in einem Theil des 
Pendschab, dagegen kommt auf den südlicheren Gebirgen eine 
Biene vor, grölser und auch in zahlreicheren Stöcken als un- 
sere, deren Honig aber öfter giftige Eigenschaften hat. 


Lepidoptera. 


Als Fortsetzungen fortlaufender Arbeiten in dieser Ord- 
nung sind anzuzeigen: 

Fischer von Rösslerstamm, Abbildungen zur Be- 
richtigung und Ergänzung der Schmetterlingskunde, besonders 
der Microlepidoptera, als Supplement zu Treitschk. und 
Hübner Europ. Schmetterl. Hft. 9. u. 10. 


361 


Freyer, Neue Beiträge zur Schmetterlingskunde, mit 
Abbildungen nach der Natur, Hft. 38 — 44. 


Unter der Ueberschrift-. Lepidopterologische Bei- 
träge hat Hr. Speier in Arolsen in der Isis (1838. Hft.IV.) 
sehr gründliche Bemerkungen über die Fühler und Neben- 
augen der Schmetterlinge niedergelegt. 


Im Allgemeinen hat der Verf. darin nur zu sehr Recht, dals 
die feineren systematischen Kennzeichen der Schmetterlinge von 
den Lepidopterologen zu wenig beachtet werden, und dals na- 
mentlich von Treitschke eine Menge von Gattungen lediglich 
auf habituelle Merkmale gegründet sind. Die Betrachtung der 
Fühler, die Hr. Sp. dureh alle ihm zu Gebote stehende Arten 
durchführt, hat zwar vorläufig keine Resultate gegeben, indefs 
ist es nicht leicht zu bezweifeln, dafs bei fortgeseiztem und aus- 
gedehntem Studium dieselben früher oder später vielleicht feine, 
aber sichere Charactere für die Systematik dieser Ordnung ab- 
geben werden; jeden Falls sind auch diese mit Genauigkeit an- 
gestellten Beobachtungen als Berichtigungen und Ergänzungen 
zu Ochsenheimer’s und Treischke: umfassenden Werke 
von vielem Werthe. 


Von gröfserem Interesse schon sind die Beobachtungen des 
Verf. über die Nebenaugen der Schmetterlinge, deren, wenn 
sie vorkommen, zwei vorhanden sind. Bei den Papilionen feh- 
len sie überall, eben so bei den eigentlichen Sphingen, vorhan- 
den sind sie dagegen bei den Zygaenen und Sesien. Bei den 
Spinnern fehlen sie im Allgemeinen, mit Ausnahme jedoch von 

uprepia, welche aber durch Vermittelung von @laucopis 
sich so nahe an die Zygaenen anschlielst, dab eine Trennung 
von jener Gattung kaum möglich erscheint. Ferner fehlen sie 
bei Psyche, Welke aber auch nicht natürlich unter den Spin- 
nern und mit Adele in naher Berührung steht, und bei (EB 
gyia Coryli, die auch im Habitus ehe einer Eule gleicht. 
Bei diesen kommen mit wenigen Ausnahmen die Nebenaugen 
vor. Platypterys hat sie nicht, Brephos Parihenias nicht, Epi- 
sema coeruleocephala vielleicht nicht. Die Spanner haben keine 
Nebenaugen, nur bei Ennomos flexularia sind sie deutlich. 
Bei den Zünslern kommen sie wohl im Allgemeinen vor, nur 
bei Pyralis pinguinalis, Hercyna palliolalis und strigulalis will 
Hr. Sp. sie mit Bestimmtheit nicht gefunden haben. Eben so 
allgemein kommen sie bei den Wicklern vor, wo sie oft aber 
sehr klein und undeutlich sind. Bei Halias Quercana fehlen sie, 
während sie der ähnlichen FH. prasina zukommen. Bei Hete- 
rogenea fehlen sie auch, sind aber auch nicht zu erwarten, 
da diese Gattung im Grunde zu den Spinnern gehört. Den 
Schaben scheinen die Nebenaugen gröfstentheils zu fehlen, und 
wo sie vorhanden sind, bei Zine« pellionella, Chilo Agquilellus, 
Phycis Achinella, carnella, Rhinosia fissella, Adela Anderschella, 
sind sie immer sehr klein. Alucita hat sie nicht, Orneodes he- 
xadacıylus besitzt kleine Nebenaugen. Die Ocellen bei den 

V. Jahrg, Bd, 2, 24 


362 


BED ER ER DEEN sind zwar fast überhaupt unberücksichtigt ge- 
blieben, und bisher wohl nur von Hrn. Klug nicht übersehen 
worden, der in einer 1831 in der Academie zu Berlin vorge- 
tragenen Abhandlung über die Nebenaugen der Inseeten ihre 
Verbreitung bei den Schmetterlingen im Allgemeinen auf die- 
selbe Weise als Hr. Sp. dargestellt hat. 


Hr. Bowerbank hat die Schuppen der Schmetterlings- 
flügel mieroscopisch untersucht. 

Er hat gefunden, dals dieselben aus drei Platten bestehen, 
und dafs die äufere Platte die Längs- und Querrippen enthalte, 
und dafs in diesen Rippen die Gefälse verlaufen. Der Durch- 
ınesser der Längsrippe einer Flügelschuppe von einem Papilio 
beträgt 3777,7". (Ent. Mag. V. p. 300.) 

Ueber das durch die chemische Constitution des 
Fettkörpers bedingte Oeligwerden der Schmetter- 
linge hat Hr. Döbner in Germar’s Zeitschrift für die En- 
tomologie die Resultate seiner Untersuchungen niedergelegt. 

Diesen zufolge besteht der Feitkörper der Schmetterlinge 
in.ihren verschiedenen Lebensstadien aus geronnenem Eiweils, 
(Faserstoff), flülsigem Eiweils und einem thierischen fetten Oele. 
Der CGhylus der Schmetterlinge, der hauptsächlich zur Bildung 
der Samenmasse und der Eier benutzt wird, ist in chemischer 
Hinsicht mit dem Fettkörper identisch. Beim Trocknen der 
Schmetterlingskörper erhärtet das Eiweils allmälig, das fette 
Oel durchdringt den Körper, und wird, wie es mil der atmo- 
sphärischen Luft in Berührung kommt, sehr leicht ranzig. Viel- 
leicht, dals die Verschiedenheit der Nahrung der Raupe noch 
auf die chemische Beschaffenheit des Oeles einen Einllufs hat; 
Hr. D. ist wenigstens geneigt, dieses zu vermuthen, da bekann- 
termalsen alle im Rohre lebenden Schmetterlinge eine ganz be- 
sondere Neigung zum Oeligwerden haben. Uebrigens läfst sich 
das von Hrn. D. über die Schmetterlinge Bemerkte auf die 

anze Klasse der Insecten ausdehnen, namentlich auch über die 
Käfer, von denen einige Abtheilungen diesem Uebelstande noch 
mehr als die Schmetterlinge unterworfen zu sein scheinen. 


Die geographische Verbreitung der Seiden- 
zucht in Asien, namentlich die Seidencultur in 
Ghilan und Masenderan, den Handel mit der rohen 
Seide von da nach Europa, die Einführung der 
Seide und Seidenzucht aus China (Serica) von dem 
Osten nach Westen bis Ghilan hat Hr. Ritter im $ten 
Bande seiner Erdkunde ausführlich erörtert, und mit dem 
weiten Umfange und der Tiefe seiner geographischen und 
historischen Kenntnifs über die ursprüngliche Heimath und 
die weitere Verbreitung der Seidenraupe, so wie über den 


363 


Einflufs, den die Cultur derselben auf die einzelnen Völker 
wie auf den Welthandel hatte, ein neues helles Licht ver- 


breitet. 

Die Verwendung der Seide zu gewebten Stoffen ist in In- 
dien und China uralt, indefs scheint doch die Kultur des Bom- 
dyse Mori für diesen Zweck von China und zwar vom Norden 
China’s ausgegangen zu sein. Die Chinesischen Annalen geben 
das Jahr 2600 v. Chr. an, wo zuerst auf kaiserlichen Befehl 
der Seidenbau eingeführt wurde, welcher seit 2286 v. Chr. da- 
durch national gemacht wurde, dals dem Volke eine Natural- 
Abgabe in Seide auferlegt ward. Die damals weniger cultivir- 
ten Bewohner des Südens fanden es bequemer, wilde Seiden- 

espinste einzusammeln und abzuliefern, deren Seide stärker als 
de Zuchiseide war, und vielleicht von der Sat, Atlas herrührte. 
Der Süden Chinas ist seinem naturhistorischen Character gemäls 
viel näher mit Indien verwandt, als mit dem Norden Ehinas, 
daher wir wohl erwarten können, dieselben Seidenraupen wie 
in Indien, namentlich in Hinterindien dort anzutreffen, und viel- 
leicht hat sich die ursprüngliche Indische Seidengewinnung auf 
die heute noch vorhandene Verarbeitung der wilden Gespinnste 
vom Sat. Paphia u. s. w. beschränkt. Die Sanskrit Nachrichten 
deuten nur das Vorhandensein der Seidenweberei an, nicht 
aber die Art, wie die Seide gewonnen wird. Durch die Be- 
nutzung der wilden Gespinnste erklärt es sich, weshalb sich 
von Indien wie vom südlichen China aus, trotz ihrem lebhafte- 
ren Verkehre mit dem Westen, die Seidenzucht nicht weiter 
verbreiten konnte, wie der dem nördlicheren China angehö- 
rende, gezähmte Seidenwurm, Bomdyx Mori, mit dem Maul- 
beerbaum überall hin mit Leichtigkeit fortgepflanzt werden 
konnte, und wie er auch vortrefflich in gemälsigten Klimaten ge- 
deiht, wie es das nördliche China hat. Welchen Werth die Chine- 
sische Regierung auf den Besitz der Seidenzucht legte, geht aus 
dem Verbot der Ausführung derselben hervor, und es dauerte 
lange, bis diese Cultur weiter in den Westen Asiens fortschritt; 
nach Tübet führte im siebenten Jahrhundert v. Chr. eine dort- 
hin vermählte Chinesische Prinzessin den Seidenwurm als einen 
Theil ihrer Mitgift ein, nach Khotan brachte eine ebenfalls dort- 
hin vermählte Chinesische Kaisertochter schon zwei Jahrhun- 
derte früher heimlich Eier der Seidenraupen und Samen des 
Maulbeerbaums mit. In Khotan ist noch jetzt die Seidenzucht 
von Wichtigkeit. Von da aus ging ohne Zweifel die Verbrei- 
tung westwärts, denn es fand sich bald auf der ganzen Handels- 
stralse in dieser Richtung überall reichliche Seidenzucht. Nir- 
gend ist die Seidenzucht besser gediehen als in Ghilan, der 
nördlichen, am südlichen Ufer des Kaspischen Meeres gelegenen 
Persischen Provinz, wo der Maulbeerbaum so gedeiht, und sich 
so ausgebreitet hat, dals fast das ganze Land von seinen Wäl- 
dern bedeckt ist, wo auch die Seidenzucht eine Hauptbeschäf- 
tigung des ganzen Volkes ist, wo aber doch die Seidenraupe ein- 
geführt worden sein mufs, weil nirgend von wilden Gespinnsten 


24* 


364 


in diesen Wäldern die Rede ist. Ghilan bringt seines feuchten 
Klimas halber besonders schöne Seide hervor, denn in feuchter 
Atmosphäre liefert der Seidenwurm eine feinere und weichere 
Seide. Der Seidenhandel Ghilan’s ist hauptsächlich in den Hän- 
den Armenischer Handelsleute. Die beste Seide geht nach dem 
inneren Persien, viele auch nach der Türkei; die Russischen 
Händler können höchstens zu den mittleren Sorten gelangen. 
Bekanntlich war die Seide schon bei den Römern ein sehr ge- 
suchter Handelsartikel, der ihnen, wie aus den Untersuchungen 
des Hrn. Ritter erhellt, auf zwei Wegen zukam: erstlich über 
Indien — denn die Chinesen selbst führten ihre Waaren bis nach 
Zeilon aus — und durch das Persisch-Arabische Meer; zweitens 
auf einem nördlichen Landwege, der die Parther zu Vermitt- 
lern dieses Handels machte, welche auch eifersüchsig, sich den 
Transit zu erhalten, die Römer von dem unmittelbaren Verkehr 
mit den Chinesen, die damals weit nach Westen ihre Herr- 
schaft ausgedehnt hatten, und bis zum Kaspischen Meere hin 
ihren Einlluls geltend machten, abzusperren bemüht waren. 
Die den Römern unbekannte Nation der Seren, von .denen sie 
die Seide Serica en sind eigentlich die Chinesen, 
obgleich wohl die Völker Mittelasiens, welche diesen Ver- 
kehr vermittelten, nicht von ihnen unterschieden wurden, da- 
her auch die Characteristik, welche Plinius von den Seren 
giebt, nur auf einen germanischen Volksstamm pafst. Die Ety- 
mologie leitet den Ursprung der Seide unwiderlegbar auf die 
Chinesen zurück. Sse, Ssw oder $sö heilst im Chinesischen 
Seide, da aber die Manderinensprache das r nicht ausspricht, 
die Seide aber noch heute im Koreanischen Sir heilst, ist es 
wahrscheinlich, dafs sie auch in der alten Chinesischen Sprache 
Ser hiels, wo dann dieser Name unverändert mit dem Product 
nach dem Abendlande kam (070) und die Nation, die es lie- 
ferte, mit diesem Namen (Seres) belegt wurde. Wenn die, 
Naturgeschichte der Alten die Seren die Seide von den Bätı- 
men kämmen läfst, bezieht sich dies ohne Frage auf die andere 
Art der Seidengewinnung durch Einsammeln wilder Gespinnste, 
welche im dem Abendlande wohl bekannt wurde, während 
die eigentliche Seidenzucht vermuthlich von den Chinesen eben 
so geheim gehalten wurde, als die Ausfuhr der zahmen Sei- 
denraupe verboten war. 

Ueber die in Indien einheimischen Seidenwürmer. hat 
Hr. Helfer im 6ten Bande des Journal of the Asiatic So- 
ciety of Bengal Nachricht gegeben. 

Er führt 11 Spinnerarten auf, von welchen Seide gewon- 
nen wird: 1, Bombyx Mori, in Indien wahrscheinlich mit dem 
Maulbeerbaum eingeführt. — 2, Der wilde Seidenwurm der in- 
nern Provinzen, ein Schmetterling nicht größer als Bomb. 
Mori, noch unbekannt, vielleicht mehrere Arten, da die 
daher stammende Seide sehr verschieden ausfäll. — 3, Der 
Joree-Seidenwurm, Bombyx religiosae Helf., von Assam 
vom Capt. Jenkins eingesandt, wo sie Joree und Deomoog« 


365 


heifst, nicht eben größser als B. morö, nach der vom Capt. J. 
gemachten Zune das Männchen mit kurzen, das Weibchen 
mit (zufällig?) verkrüppelten Flügeln; die Seide wenigstens 
eben so fein und glänzend als die des gemeinen Seidenwurm, 
und dabei sehr weich. Dieser Seidenwurm könnte für Indien 
von grofser Wichtigkeit werden, da seine Einführung bei der 
allgemeinen Verbreitung seiner Fuiterpllanze, der Ficus religio- 
sa nirgends Schwierigkeit hat. — 4, Saturnia Silhetica Helf. 
aus den Cassia-Bergen von Silhet und Dacca, wo von seinem 
Cocon die Seide abgesponnen wird, ohne Zweifel nichts anderes 
als die bekannte $S. Atlas, die sich von südlichem China wie 
über den grölseren 'Theil der Indischen Inseln, eben so über 
das Festland von Hinterindien verbreiten wird. — 5, Ein noch 
grölserer Schmetterling, von Hr. Grant in Chirra Punjee be- 
obachtet (vielleicht auch eine $. Atlas, die in der Grölse etwas 
abändert.) — 6, Der Tusseh-Seidenwurm, Saturnia Paphia, 
sehr häufig in Bengalen, wo man ihn indefs noch nicht zieht, 
sondern in den Walddickigten die Gespinnste zu Millionen sam- 
melt. In andern Districten, als in Jangypur, hält man die Rau- 
pen bei den Häusern auf Terminalia alata, sonst nähren sie 
sich auch von Bombax heptaphyllum und im. wilden Zustande 
vorzüglich von Zizyphusjujuba. Die Seide ist schlechter als die 
von B. Mori, aus dem Grunde auch wohl der Versuch unter- 
blieben, ihre Zucht zu verbreiten. — 7, Eine Sasurnia, 
mit geschwänzten Hinterllügeln, wovon Hr. Helfer sich bis- 
her nur Flügel verschaffen konnte (ob Saturnia Selene?). — 
S. 8. Assamensis Helf., fası von der Gröfse der $. Paphia, 
aber ohne Fenster auf den Flügeln, statt dessen ein beschupp- 
ter Augenfleck, das Weibchen mit breiteren Fühlern, Cihnlien 
wie bei 8, Gecropia). In Assam. — 9, PhalaenaiCynthia 
Drury, wird in einem grolsen Theile von Hindostan in Häu- 
sern und gezähmt gehalten, und mit dem Laube des Ricinus 
communis gefüttert. Man hat die Seide von seinem Cocon noch 
nicht abgehaspelt, sondern die Eingebornen spinnen sie ab wie 
Baumwolle, sıe liefert ein Gewebe von solcher Dauerhaftigkeit, 
dals das Leben einer Person nicht hinreicht, ein Kleid daraus 
aufzutragen, so dals solches von Mutter auf Tochter vererbt. 
Hr. Helfer vermuthet, dafs. diese Seide sich besonders eignen 
möge, um mit Baumwolle zu Stoffen verwebt zu werden. — 
10, Saturnia? irifenestvata, vom Capt. Jenkins in Assam 
entdeckt, (auch in Java nicht selten), das Weibchen durch 
3 kleine, in einer Reihe stehende Fensterflecke ausgezeichnet, 
en Bomb. perspicua Fabr. aber gewils nicht die 
inne'ische), Das Gespinnst ist von einem festen, gelben, weiten 
Netze umgeben. — 44, Ein noch unbekannter Schmetterling, 
von welchem Hr. Greighton auf Malda bemerkt, dafs seine 
Seide mit der der 8. Cynıhia zusammen von dem dortigen Volke 
versponnen werde. 
In derselben Zeitschrilt, unmittelbar vor dem Helfer’schen 
Aufsatze, hat der politische Agent in Assam, Capt. Jenkins, 
einen Bericht des Hrn. Hugon über die Seidenwürmer dieses 


366 


Landes mitgetheilt. Nach demselben ist die Maulbeerraupe mit 
dem Maulbeerbaum in Assam wahrscheinlich von Bengalen aus 
eingefürt, vermuthlich gleichzeitig mit oder im Gefolge der 
Hindureligion. Eine eigene Kaste, die Jugi’s*, beschäftigt sich 
mit der Zucht derselben, die ganz in derselben Weise wie in 
Bengalen betrieben wird. Die Assamesen haben ein Vorurtheil 
gegen dieselbe, nicht aber gegen die übrigen Seidenwürmer, 
ein Zeichen, dafs jene dort nicht einheimisch ist. 

Eine zweite Art, die, wie die Maulbeerraupe, in eigenen 
Häusern gezogen wird, ist die Eria (Sat. Cynihia). Sie wird 
hauptsächlich mit den Blättern des Ricinus communis gefüttert, 
läfst sich aber auch mit den Maulbeerblättern und dem Laube 
verschiederer Bäume nähren, und man kann 7 Generationen im 
Jahre annehmen, im Sommer geht indefs die Entwickelung 
rascher vor sich als im Winter, auch ist der Ertrag an Seide 
im Sommer reichlicher und besser. Die Raupe ist, wenn sie aus 
dem Ei kommt, über 4 Zoll lang und fast ganz schwarz,' wenn 
sie wächst, orange, mit sechs schwarzen Decken auf jedem 
Ringe, Kopf und Fülse sind schwarz, werden aber nach der 
zweiten Häutung orange, dann wird der Körper nach und nach 
lichter, weilslich oder grünlich, und die schwarzen Flecke 
schwinden allmälig, nach der letzten Häutung ist die Raupe 
entweder weils oder dunkel grün. Ausgewachsen ist sie 35 Zoll 
lang. Die grünen Raupen spinnen weilse, die weilsen 
Raupen rothe Seide.**) Ein dritter Seidenwurm in Assam ist 
die Mooga (Sat. Assamensis Helf.), die auf verschiedenen 
Bäumen (u.a. Tetranthera diglottica, macrophylla, Laurus obtusi- 
folia) lebt, und nach der verschiedenen Nahrung Seide von 
verschiedenem Werthe liefert. Auch ist die Seide, welche in 
den Monaten October, November, Januar und Februar gewon- 
nen wird, reichlicher und besser. Dieser Schmetterling hat fünf 
Generationen im Jahr, so dals 60— 70 Tage auf jede einzelne 
fallen. Die Raupen gedeihen besser im Freien, müssen aber 
sorgfältig bewacht werden, da ihnen aulser von Schlupfwespen, 
bei Tage von Krähen und anderen Vögeln, bei Nacht von Rat- 
ten, Eulen u. s. w. sehr nachgestellt ist. Der Gewinn der Seide 
ist für Assam von Wichtigkeit, weil sie zu den Exporten des 
Landes gehört, die Eria-Seide wird nur im Lande verbraucht. 
— Als eine Abart erwähnt Hr. Hugon des Kontkuri- Mooga, 
die sich nicht zähmen läfst, nach der Nahrung der Raupe 


*) Nach Hamilton sind die Jugi’s eingewanderte Baumwollen- 
weber, während die eingebornen Assamesen sich allgemein mit der 
Seidenweberei beschäftigen. Vermuthlich ist die neuere Auskunft die 
richtigere. 

**) Aus dem Verhältnifs der grünen Farbe zur rothen, möchte 
man schliefsen, dafs nur der Einflufs des Lichtes die Verschiedenheit 
der Farbe der Seide bedinge, Ist dies der Fall, werden auch die 
weifsen Raupen weifse Seide liefern, wenn man sie grünem Lichte 
aussetzt, 


367 


von Zizyphus jujuba und Bombax heptaphyllum zu schlielsen, 
Sat. Paphia. Auch der Sat. trifenestrata geschieht unter 
dem Namen haumpotienee Erwähnung, als einer in Assam 
häufigen Raupe, deren Gespinnst sich zwar auch zur Seidenge- 
winnung eigene, aber wenig benutzt werde. Die Seide davon 
hat auch nach Hrn. Prinsep’s Bemerkung wenig Werth, wäh- 
rend die der Mooga der der besten Chinesischen Gewebe 
gleichkommt. 

Ueber einen Raupenfrafs im Königlichen Charlottenburger 
Forste unfern Berlin, während des Sommers 1837., giebt 
Hr. Hartig im 2ten Hefte seiner Jahresberichte über 
die Fortschritte der Forstwissenschaft und forst- 
lichen Naturkunde sehr dankenswerthe Nachrichten, die 
um so weniger übergangen werden dürfen, als der Verf. 
sich hier auf dem Felde entomologischer Beobachtung befin- 
det, in welchem er so viel Treflliches geleistet, und welche er 
auch hier mit vieler Umsicht auf die Feinde der betrefienden 


Raupen ausdelnt. 

Gastropacha Pini. Mitte Juli waren die überwinterten 
Raupen grölstentheils eingesponnen, ein grolser Theil dersel- 
ben war aber durch Microgasteren zu Grunde gegangen, wo- 
bei Hr. Hartig wohl sehr richtig bemerkt, dals beim Sam- 
meln der Raupen durch Anprallen diese durchschnittlich von 
200 Microgasteren bewohnten Raupen am Leichtesten herabfallen, 
und auf diese Weise durch Vertilgung ihrer Todfeinde der 
Vermehrung der schädlichen Raupe sohlehlie entgegen gewirkt 
würde. August war die Haupt-Schwärmzeit der Schmetter- 
linge, und schon zu Anfang derselben fanden sich die ersten 
Eier, die aber auch schon von parasitischen Hymenopteren be- 
wohnt wurden, in dem Umfange, dals im vorliegenden Falle 
sich durchschnittlich jedes dritte Ei angestochen zeigte. Die 
hier vorkommenden Arten waren: Teleas phalaenarum 
Nees., 4—12, Encyrius embryophagus n. sp. nur 4— 6 In- 
dividuen, zusammen in demselben Ei, und Chrysolampus so- 
Titarius, zu einem Individuum in einem Ei. Auf diese Weise 
überstieg die Zahl der Parasiten die Zahl der eingesammelten 
Eier, aus denen sie gezogen waren um mehr als das Doppelte, 
wobei allerdings ungewils bleibt und überhaupt schwerlich zu 
ermitteln ist, ob nicht eine der genannten Arten Parasit vom 
Parasiten war. Die jungen Raupen haben ihre Feinde an den 
Wanzen, von denen 8 Arten namhaft gemacht werden, die die 
Raupe mit dem Rüssel aufspielsen und während sie sie aussau- 
gen in der Luft schwebend halten. Einen anderen Feind der 

ieferraupe hatte der Verf. Gelegenheit bei diesem Frafse, der 
in den November hinein währte, zu beobachten, nämlich den 
Frosch, Rana temporaria, der dem Futter nachgehend auf die 
Kiefern stieg. Die Zahl der in diesem Frafse ‘beobachteten 
Schlupfwespen beläuft sich auf 48, von denen aber 5, nämlich: 


368 


4 Hemiteles, 3 Pezomachus und 4 Pieromalus Parasiten der bei- 
den besonders thätigen Microgasteren waren. Die neuen Ar- 
ten derselben sind kurz beschrieben. Auch von parasitischen 
Dipteren kamen mehrere Arten vor, namentlich aus den Gat- 
tungen Musca und Sarcophaga. — Liparis Monacha kam 
an manchen Stellen in grolser Menge vor, doch bemerkte Hr. H. 
dals die gröfsere Zahl der Weiber dünnleibig war, und nur am 
Grunde des Hinterleibes ausgebildete Eier trug. Von Parasi- 
ten zeigten sich bei ihr: Pimpla varicornis und Tachina bimaculata, 
und in den Eiern Teleas phalaenarum. — Noctua (Trachea) 
piniperda war meist von Tachinen, besonders T'. fera, ange- 
gestochen. Von Ichneumonen kamen vorzüglich Banchus com- 
pressus und Ophion ramidulus vor, in den Raupen ferner Peri- 
ditus unicolor, in welchem Hemiteles monozonius parasitisch lebt, 
— Von Spannern fanden sich 8 Arten, doch in geringer Menge. 
G. piniaria lieferte aulser verschiedenen Ichneumonen meh- 
rere Tachinen. Aus einem Tönnchen derselben kam ein neuer 
Mesochorus zum Vorschein. In den Raupen der @. fulvata 
lebt u. a. Encyrtus truncatellus Dalm. geselh zu 30 bis 40 Ind. 
und verpuppt sich in der Raupenhaut. — Von Wicklern war 
besonders Tortrix piceana häufig, weniger T. Buoliana. 
Unter zahlreichen Ichneumonen, die in denselben vorkommen, 
wurden besonders Pachymerus vulnerator, Cremastus interruptor 
und Campoplex albidus häufig gezogen. — Beim Sphinx Pi- 
nastri fand Hr. Hartig seine frühere Beobachtung bestättigt, 
nämlich dals die Verwandlung desselben nicht an bestimmte Pe- 
rioden gebunden sei: er sah gleichzeitig den Schmetterling, er- 
wachsene und halb erwachsene Raupen. Gezogen wurden dar- 
aus: Ichneumon pisorius, Trogus lutorius, Anomalon Pinastri 
und Klugi, Tachina eryihrostoma. 


Hr. Boje hat in Kröyer’s Naturhistorik Tidskrift 
einen Nachtrag zu seiner) früher in derselben gegebenen 
Aufzählung der Dänischen Schmetterlinge geliefert. 

Die kritische Bestimmung der von Reaumur beobach- 
teten Lepidopteren hatte die Redaction der Isis als Preis- 
frage aufgestellt, eine Frage, die um so mehr Schwierigkeiten 
den Lepidopterologen bietet, als Reaumur auf Zeichnung 
und Färbung wenig Rücksicht genommen hat, sorgfältiger 
aber die Formen hervorhebt, und auch diese nur in den 
schwarzen Abbildungen darstellt. Es sind indefs ‚weder Be- 
schreibungen noch Zeichnungen immer so genau, dafs mit 
Sicherheit selbst das Genus mancher Reaumur’schen Arten 
wird bestimmt werden können, bis seine Landsleute seine Be- 
obachtungen wieder aufnehmen‘, die wir in Deutschland nicht 
immer Gelegenheit haben zu wiederholen. Das neunte Heft 
der Isis 1838., macht zwei Abhandlungen über den vorge- 


369 


schriebenen Gegenstand bekannt, die erste von Hrn. Zeller, 
die zweite von dem bekannten Lepidopterologen Hrn. Freyer. 
Die erste, welche auch den Preis erhalten, ist in einem wahr- 
haft wissenschaftlichen Sinne abgefafst und, enthält einen 
Schatz von kritischen Bemerkungen, sowohl über die Chara- 
ctere als über die Lebensweise der betreffenden Schmetterlinge, 
in einem solchen Umfange, dafs wenn dieser Auctor hätte 
seine Beobachtungen in derselben Localität anstellen können, 
noch manche zweifelhaffe Art aufgeklärt worden wäre. Die 
zweite Abhandlung über denselben Gegenstand von Hrn. 
Freyer ist mehr ein blofses Register über die Reaumur- 
schen Abbildungen, welches auch die häufig vorkommenden 
sogenannten Microlepidoptera öfter als Hr. Zeller unbeur- 
theilt, und den dritten Band, in welchem nur solche Schmet- 
terlinge vorkommen, ganz unberücksichtigt läfst. In der Be- 
stimmung kommen beide Auctoren nicht immer überein. 

Gegenwärtig ist von der Isis-Redaction ein Preis auf 
die Bestimmung der übrigen von Reaumur beobachteten In- 
secten nach beliebigen Abtheilungen ausgesetzt. Es ist übri- 
gens von Vallot im Jahre X. der Republik der Versuch 
einer Concordance systematigue des Memoires de Reau- 
mur gemacht worden. 

Ein neuer Europäischer Ritter, Papilio Hospiton, ist von 
Hrn. Gen& in den Schriften der Academie der Wissenschaften 
zu Turin beschrieben worden. Er ist dem P. Machaon ver- 
wandt, weicht aber durch schmälere gelbe Binde der Vorderflü- 
gel, einen einfachen Mondfleck im Aflerwinkel der Hinterflügel 
und vorzüglich durch die Raupe, ab, welche auf hellgrünem 
Grunde unterbrochene schwarze Längsstreifen und vier rothe 


Puncte auf jedem Segment hat. Sie ist in Sardinien auf Fe- 
rula vulgaris im Juni und Anfangs Juli häufig. 


Hr. van der Hoeven hat im 4ten Bande der Tijdschrift 
voor naturlijke Geschiedenis en Physiologie zwei sehr ausgezeich- 
nete und seltene Schmetterlinge beschrieben und abgebildet. 
Der eine, ein Ritter, Papilio Payeni, von Boisduval zwar 
schon beschrieben, aber noch nicht abgebildet, ist von Java, 
und zeichnet sich besonders durch sichelförmigen spitzigen 
Vorderwinkel der Vorderflügel aus; der zweite, Colias V er- 
huelli ist von China, und ebenfalls weniger durch seine Fär- 
bung als durch seinen Flügelschnitt bemerkbar. 


Die Beschreibung der Verwandlungs-Geschichte der Apa- 
iura Iris, von der Hand des trefflichen Pallas, die Herr 
Westwood unter den Papieren des verstorbenen Drury 


370 


gefunden, ist in den Transactions of the Entomol. Society ab- 
gedruckt. 

Hr. Gray hat in den T’ransactions of ihe Ent. Society eine 
Uebersicht über die Arten der Gattung Gasinia gegeben, und 
mit vieler Kritik die an verschiedenen Orten beschriebenen Arten 
zusammengestellt und auf einander zurückgeführt. Er hat 29 A., 
von denen indels C. Euphrosyne Pertiy von der vorherge- 
henden €. Evalthe nicht verschieden ist, €. Brecourt Enc. 
ebenfalls, wie der Verf. auch die Vermuthun ausspricht, mit 
€. Ardalus Dalm. übereinkommt. Auch möchte mıt €, Pha- 
Zaris F. wohl C. Mygdon Dalm. zu vereinigen sein. Von 
den übrigen 26 A. sind 3 neu, davon 2, €. Zerynthia und 
Dalmanii, aus Brasilien, die dritte, ©. Eudesmia aus Chile. 
Die dem Verf. nur dem Citat nach bekannte, in Thon’s Ar- 
chiv beschriebene €. Kirszenii ist ein Männchen von C. Fons- 
colombei. — Ur. Gray ist geneigt 5 Abtheilungen in der Gat- 
tung anzunehmen, die er nach der Länge und Bekleidung der 
Taster und dem Flügelschnitt characterisirt, und welche dıe €. 
Cyparissias (mit Licus, Evalıhe, Fonscolombei), C. Ardalus 
(und Palatinus), C. Hübneri, C. Cochrus (mit Linus und 
Acraeoides) und 6. Nicon (nebst Thais) zu Repräsentanten 
haben, 

In dem Journal of the Asiatic Society of Bengal (VI. p. 
787.) ist die Rede von einer Neu-Seeländischen Raupe, die sich 
zur Verwandlung an einen Faden von vegetabilischer Substanz 
mit dem Kopfe aufhinge. Hr.Evans erklärt diese Erscheinung 
so, dafs die Raupe einen kleinen Zweig oder Stengel von einem 
Baume oder SE «cheinlicher von einer Schlingpilanze abbeilst, 
das Ende der Länge nach in verschiedenen Richtungen spaltet, 
und dann den Kopf in diese Spalten einklemmt, der dann un- 
vorzüglich von gummi-arligen Ausschwitzungen umgeben und 
fest mit dem Stengel verbunden wird. 

In Betreff des vom Todtenkopfschwärmer hervorgebrachten 
Tons bestättigt Hr. Nordmann, dals ein Stimmorgan im 
Kopfe, wie es von Passerini beschrieben worden, nicht vor- 
handen sondern dafs dasselbe an der Wurzel des Hinterleibes 

elegen ist, und in einer trommelartig ausgespannien Membran 
Besteht, so wie es von den Herren Lorey und Goureau ge- 
funden worden ist. Hr. Nordmann scheint indels der Ansicht 
zu sein, dals verstärkte Respiration der Grund der Schwingungen 
dieser Membran sei, während dieselbe sich wohl nicht anders 
als mit der erhöhten Muskelaktion, die die eigentliche Ursache 
derselben ist, verbunden annehmen lässt. Hr. N. legt auch 
grolsen Werth auf das Vorhandensein grolser Luftbehälter im 
Grunde des Hinterleibes, unmittelbar unter der ausgespannten 
Membran. Natürlich ist das Befinden des elastischen Fluidum 
nothwendig, damit die Membran tönende Schwingungen mache, 
dieselben grofsen Luftzellen sind aber bei allen Hymenopteren, 
Lepidopteren und Dipteren an derselben Stelle vorhanden. 

Hr. Guänce hat in den Annal. de la SocieiE Entomologig. 
de France fernere Beiträge zur systematischen Eintheilung der 


371 


Noctuen gegeben. Es sind hier ausführlich erläutert die Grup- 
pen der Amphipyrides, welche die Gattungen Mania (1y- 
pica und maura), Amphipyra (spectrum), Syntomopus (cin- 
namomea), Philophyra (pyramydea, perflua, effusa, livida, 
ieira, iragopoginis) enthält, und die der Miselides mit den 
Gatt. Valeria (oleagina), Miselia (orbiculosa, Oxyacanthae, 
bimaculata), Chariptera (culta, aprilina, gemmea, serpentina). 
Hr. Duponchel hat in den Annal. d.1. Soc. Ent. d. France 
die Familie der Tineen einer systematischen Behandlung unter- 
worfen, bei welcher er die Verschiedenheit der Taster und 
Flügel vorzüglich, aufserdem noch die Fühler, Beine und den 
sonstigen Körperbau berücksichtigt, nach welchen Characteren 
er 32 Gattungen unterscheidet, die sich zwar gröfstentheils 
schon in den Werken von Treischke und Stephens benannt 
finden, von denen, da sie noch einer gründlichen durchgreifen- 
den Characteristik entbehrten, Hr. Duponchel eigentlich nur 
den Namen entlehnt hat. Die Ypomeneuten und Phycis sind von 
den Schaben ausgeschlossen. Es ist diese Uebersicht der Gat- 
tungen der Tineen aus dem noch nicht erschienenen ‚letzten 
(iiten) Bande der Hist. nat. d. Lepidopt. de France entlehnt. 


Diptera. 


Hr. Meigen hat uns noch mit einem siebenten Theil 
seiner systematischen Beschreibung der bekannten 
Europäischen zweiflügeligen Insecten beschenkt, 
einem Supplementbande, in welchem nicht nur eine grofse 
Anzahl neuer Arten, gröfstentheils jedoch aus der Bearbei- 
tung dieser Ordnung in den Suites a Buffon von Mar- 
quard entlehnt, sondern auch eine nicht unbeträchtliche An- 
zahl neuer Gattungen eingeführt ist, die sich zwar auch gröfs- 
tentheils in dem genannten Werke finden, die aber von Hrn. 
Meigen nach eigener Prüfung festgestellt sind. 

Es wäre fast zu wünschen gewesen, der Verf. hätte sein 
herrliches Werk nicht mit den Marquard’schen Arten ver- 
unreinigt, die theils mit sehr geringer Kritik aufgestellt, theils 
so flüchtig characterisirt sind, dafs der Leser über dieselben 
keine Aufklärung gewinnt. Es hat mit diesem Bande Hr, 
Meigen sein Werk geschlossen, ein mühsameres und mit gröfse- 
rer Beharrlichkeit durchgeführtes, zu gleicher Zeit gediegene- 
res und erfolgreicheres hat die entomologische Literatur kaum 
aufzuweisen. 

Hr. Macquard hat unter dem Titel: Dipteres exo- 
liques nouveaux et peu connus, (8to. ce. fig. Paris 


372 


Roret. 1838. — Extrait des Mem. d. I. soe. roy. des sci- 
ences de Lille) angefangen, Nachträge zu seiner Bear- 
beitung dieser Ordnung für die Suites a Buffon zu ge- 
ben, in denen er die exotischen Arten, die er in dem eben- 
genannten Werke des ihm zugemessenen beschränkten Raums 
wegen nicht berühren konnte, bekannt zu machen. Es reicht 
das erste Heft des ersten Bandes (ein zweites ist 1839 er- 
schienen) bis zu den Stratomyien, ist aber mit grofser Vor- 
sicht zu benutzen, vorzüglich weil eine Menge längst bekann- 
ter Arten mit irrthümlichen Vaterlandsbezeichnungen als neu 
beschrieben ist. Auch hat der Verf. eine grofse Zahl neuer 
Gattungen aufgestellt; diese bedürfen ebenfalls alle noch sehr 
einer sorgfältigen Kritik, welehe überhaupt in diesem Werke 
einen wahren Augiasstall finden wird. 


Ueber die parasitischen Zweiflügler des Waldes 
hat Hr. Hartig im zweiten Jahresberichte über Forstwissen- 
schaft und forstliche Naturkunde seine bisherigen Beobachtun- 


gen niedergelegt. - 

Es ist bekannt, dafs die T’achinen parasitisch in Raupen 
leben, und ein anderweitiges Vorkommen von Teachinen- 
Larven ist bisher noch nicht beobachtet. Hr. H, führt 29 Arten 
derselben auf, ‘die grölstentheils von ihm selbst gezogen sind. 
Sehr beachtenswerlli ist, was Hr. H. über die verschiedene 
Weise, wie die Tachinen die von ihnen bewohnten Larven 
verlassen, bemerkt. Im ersten Fall frifst die Fliegenlarve sich 
aus dem Raupenkörper heraus, im zweiten verweilt sie darin 
bis nach der Verpuppung der Raupe und bohrt sich dann durch, 
im dritten, (bei Blattwespen) geht sie in die Larvenruhe inner- 
halb des Cocons ein, und übersteht in dieser Lage oft noch 
den Winter; in allen drei Fällen geht sie zur Verwandlung in 
die Erde. Im vierten Falle verpuppt sie sich in der Schmetter- 
lingspuppe oder im Cocon der Blatiwespen. Tachina simulans, 
inclusa und ianitrix verpuppen sich innerhalb des Cocons von 
Lophyren, welche, wenn sie Larven der beiden ersten Arten 
beherbergen, unter der ersten dünnen Grundlage des Gespinnstes 
eine grolse Oeffnung freilassen, aus welcher dann die entwik- 
kelte Tachina hervorkriecht; wenn sie aber die der T'. ianürix 
nähren, machen sie den Cocon überall gleich derb, beilsen aber 
zuletzt einen runden Deckel ab, der mit wenigen Käden in 
seiner Lage erhalten und leicht abgesprengt wird. — Von @o- 
nia wurde eine A. (@. capitata) aus Noc. praecox und valli- 
gera erhalten. — Von Musca wurde M. stabulans, und eine 
neueA., M. parasitica, aus Bomb. Pini, erstere in sehr gro- 
iser Menge gezogen. In den Maden derselben lebte parasitisch 
Pieromalus muscarum. Von Anthomyia kam eine neue A. A. 


373 


Pini, von Sarcophaga 2 N., S. albiceps und eine neue, $. 
5-vitiata, in demselben Spinner vor. Von Leucopsis wurde 
die Larve von einigen Arten, u. a. L. griseola M. im Früh- 
jahr zwischen den noch nicht entfalteten Kiefernadeln von 
Blattläusen sich nährend beobachtet. Von Phora annulata 
und semiflava leben die Larven in den Raupen der Sphinx 
Pinastri, die von Phora nigra in denen von Bombyx Pihi. 


Hr. Boje hat in Kröyer's Naturhistorisk. Tidskrift 
sehr interessante Beiträge zur Entwickelungsgeschichte mehre- 


rer Zweillügler gemacht. 

Merkwürdig ist das Vorkommen der grünen Larve der 
Limnobia distinctissima auf den Blättern der Szellaria 
nemorum, an deren Stengeln sich die Nymphen mit dem Hin- 
tertheile schmetterlingsartig anheften. Cecydomia scutellata 
lebt im Innern der Rohrstengel.e. Follucella plumata und 
bombylans zog Hr. B. aus einem Neste des Bombus lapi- 
darius, und vermuthet, dals beide nur Abänderungen sind, 
die erste die Eier in dies Nest eingetragen habe, die andere 
auf B. terrestris und ähnliche angewiesen sei. Tachina viri- 
dis fand Hr. B. in grolser Menge als Schmarotzer der Noctua 
Airae, wobei er auf das Problem aufmerksam macht, dals die 
Fliege schon im April:und Mai schwärmt, die Raupe aber, auf 
welche sie ‚die Eier ablegen ‚mufs, ‘bis zum Junius unter der 
Erde bleibt. Tachina pacta lebt in Carabus violaceus, cla- 
hratus und cancellatus, in ihr wieder eine Schlupfwespe der 
Gattung Phygadeon. Die Larve der Trypeta cognata minirt 
in den Blättern der Klette (Arciun Lappa). Puppen von 
Plaiycephala umbraculaia fand Hr. B. in einem Stengel 
des Arundo phragmüis. Musca stabulans entwickelte sich in 
abgestandenen Raupen, Gordylura apicalis zog Hr. B. aus 
den Raupen der Noctua phragmitidis, und entdeckte die Made 
der Phytomyza af'finis im Fruchtboden des Chrysanthemum 
inodorum. 


Hr. Wahlberg hat in den Schriften der Königl. Acad. 
der Wissensch, zu Stockholm einen Beitrag zur Kenntnifs 
Schwedischer Dipteren gegeben. 

Es sind dort folgende zum Theil neue Arten mit grofßser 
Genauigkeit beschrieben: Ceroplatus sesioides n. A. aus 
Birkenschwämmen gezogen; Tabanus glaucopis Meig., The- 
reua eximia Meig.; Anıhrax hotientotta lebt in Noctuen- 
raupen: die Puppe, der einer kleinen Tagschmetterlingspuppe ähn- 
lich, istausführlich beschrieben. — iu atra, F.,Dolicho- 
pus remipes, n. A., Äylota crassipes, n. A., Milesia 
saltuum F., Anthomyia Hyoscyami Meig., deren Larve 
als Minirmade in den Blättern des schwarzen Bil enbotnteh lebt; 
Psairoptera, n. G. aus der Fam. der Ortaliden, A n. A. ent- 
haltend, Drosophila albo-guitata, n. A. 


374 


Hr. Duncan hat im Magazine of Zoology and Botany 
fortgefahren die Brittischen Dipteren zu beschreiben. 

Es sind diesmal die Familien Bombylidae mit den Gat- 
tungen Phthiria und Ploas, Conopidae, allein aus Conops be- 
stehend, Myopidae, nur mit Myopa, an die Reihe gekommen. 
Neue Arten sind nicht darunter enthalten, 

Ueber die weiblichen Geschlechtsorgane der Tachinen 


hat Hr. v. Siebold im zweiten Hefte des vierten Jahrganges 
dieses Archivs höchst interessante und reichhaltige Beobach- 
tungen bekannt gemacht, durch welche er mehrfache Irrthü- 
mer, welche über: diese Organe verbreitet sind, berichtigt, und 
namentlich zeigt, dafs das, was man vom Lebendig-gebären 
der Sarcophaga carnaria gesagt habe, auf Tachinen zu be- 
ziehen sei. 


Hemiptera 


Von Hrn. Herrich Schäffer’s „Die wanzenartigen In- 
secten, getreu nach der Natur abgebildet und. beschrieben,“ 
sind. das 2—Öte Heft des vierten Bandes erschienen. 

Hr. Germar hat seine Zeitschrift für die Entomologie 
mit einer monographischen Bearbeitung der Schildwanzen 
eröffnet, welche unter der Hand ihres berühmten Verf. sich 
in klassischer Gediegenheit gestaltet hat, und den Wunsch 
sehr rege macht, die übrigen Familien der Hemipteren auf 
gleiche Art bearbeitet zu sehen. 


Den Character der gegenwärtigen Abtheilung setzt Hr. G. 
in die Gröfse des Schildchen, welche allerdings auch der we- 
sentlichste und auffallendste ist, und fast überall wenigstens 
eine abweichende Bildung der Oberflügel bedingt. Ki kom- 
men‘den meisten Schildwanzen noch andere Eigenthümlichkei- 
ten zu, und wenn Graphosoma lineatum allen übrigen 
Verhältnissen, selbst der Bildung der Oberflügel nach, nur als 
ein Gimex mit ungewöhnlich vergrölsertem Schildchen erscheint, 
wenn Stireirus Lap. mit A ein Spin. in der nächsten 
Verwandschaft steht, wie Hr. Burmeister sehr richtig erkannt 
hat, obgleich er in ihrer Vereinigung unter eine Gattung viel- 
leicht zu weit gegangen ist, so giebt es auf der anderen Seite 
wieder solche Formen, die von der geringen Ausdehnung des 
Schildchen abgesehen, in übrigen Verhältnißsen ganz mit den 
eigentlichen Schildwanzen übereinkommen, wie Aelia (d. h. 
A. acuminata, die Fabricius selbst als Typus der Gattung 
bezeichnet hat.). Hr. Germar beginnt die Reihe der scharf 
unterschiedenen Gattungen mit Stiretrus und Discocera, dann 
folgen solche mit schildförmigem Kopfe und flachen Wangen: 


375 


Chlaenocoris, Thyreocoris, Oxynotus, Odontoscelis; 
die übrigen mit auf der Unterseite gewölbtem Kopfe zerfallen 
in solche mit wenigen Adern in der Flügelmembran: Arcto- 
coris (Ursocoris Hahn. Tei. fuliginosa F.) Cyptocoris, Gra- 
phosoma, Trigonosoma, Alphocoris (neue auf zwei Ar- 
ten vom Senegal gegründete Gattung), und folgende mit ge- 
stielten Augen Phimodera (Podops galgulinus Hahn., Pod. 
nodicollis Burm.) Podops, Deroploa, und solche mit viel- 
strahliger Flügelmembran: Psacaszta (T. pedemontana, tubercu- 
Zata F.), Teiyra (T. maura F.), Sphaerocoris, Pachyco- 
ris, Peliophora, Callidea, Calliphara (neue auf T.dispar, 
nobilis F. u.s. w. gegründete Gattung), Coeloglossa (T. Iyn- 
cea und furcifera F.), Scutellera, Augocoris. 


Hr. Westwood macht im Magazine of Natural Hı- 
story auf eine Anomalie in der. Flügelbildung bei der Gattung 


Coptosoma aufmerksam. 

Anstatt nämlich sonst bei den Hemipteris heteropteris die 
Halbdecken ungefaltet, die Unterflügel aber quergefaltet sind, 
finden sich hier die Unterflügel nur kurz, die Halbdecken aber, 
welche um die Fortbewegung des breiten, stark verkürzten 
Körpers möglich zu machen, sehr verlängert und mittelst einer 
Querfaltung unter das Schildchen geschlagen. Von den Herren 
Burmeister und Germar wird die Gattung Copiosoma als 
ein Theil der Gattung T’hyreocoris betrachtet, da aber die- 
ser Name mit dem Schrank’schen Begriff desselben nicht 
übereinstimme, will Hr. W. lieber den Laporte’schen erhalten 
wissen; auch die Laporte’sche Gattung Platycephala will er 
aufrecht erhalten sehen, freilich unter einem auderen Namen 
Plataspis (Plaiycephala heilst bekanntlich eine Dipterengat- 
lung), deren Unterschiede aber nicht, wie Hr. Laporte sie 
aufstellt, in der Endigung des Schildchen, sondern in der Ge- 
stalt des letzten Hinterleibsringes und den Verhältnissen der 
Fulsglieder liegen. — Was übrigens die obige Anomalie be- 
trifft, so bemerkt schon Hr. Burmeister in seinem Hand- 
buche bei den Gattungen Chlaenocoris und T’hyreocoris als eine 
Eigenthümlichkeit derselben, dals die Haut zurückgeschla- 

en ist, Dies ist nun wohl nicht eigentlich der Fall, denn durch 

ie Gelenkfalte, welche sich zwischen dem hornigen und häuti- 

en Theile des Flügels befindet, wird es nur möglich gemacht, 

als die Oberflügel sich im Bogen unter das Schildchen legen, 
so dals das Ende des rechten Oberflügels auf die linke Seite 
des Körpers zu liegen kommt, das des linken auf die rechte. 
Es ist die Gelenkfalte auf derselben Stelle aber bei dem gröfs- 
ten Theil der Fabrici'schen Zeiyren vorhanden, und dient bei 
den Meisten auf eine ähnliche Weise; häufig faltet sich auch 
die Membran selbst noch einmal der Länge nach, wie bei Gal- 
lidea u. a., andere Male ist wohl eine solche Gelenkfälte jin 
der Anlage vorhanden, die Oberflügel sind aber nicht fo lang, 
dals es nötbig wäre, dals sie sich falten, wie bei Tesyra, Odon- 
toscelis, in noch anderen Fällen sind die Oberflügel zwar länger 


376 


als der Körper, aber die Gelenkfalte am Grunde der Flügel- 
membran fehlt, wie bei T’rigonosoma und einigen Arten von 
Graphosoma (albolineatum u.a.); bei Graphosoma lineatum end- 
lich fehlt die Gelenkfalte ganz, und auch die Membran faltet 
sich nicht. 

Hr. Burmeister hat in den Transact. of the Enc. Soc, 
eine Monographie seiner Gattung Myocoris gegeben. 

Es gehört diese Gattung zu den Redwien, deren Klauen 
an der Basis gezähnt sind, und ist dadurch besonders bemerk- 
bar, dafs die Deckflügel häutig sind. Auch sind die Fülse fast 
2-gliedrig, indem das erste Glied derselben ganz in die Schiene 
zurückgezogen ist, ein Umstand, dessen der Verf. nicht erwähnt, 
und mıt dem die gegebene Abbildung des vergrölserten Fulses 
nicht übereinstimmt. Es werden 10 A. der Gattung beschrieben, 6 
mit 4 Dornen auf demKopfe, 4 mit unbewehrtem Kopfe. Nach der 
Färbung werden die Arten, diemit Ausnahme der ersten auf den 
Sunda-Inseln einheimischen, alle Südamericanisch sind, weiter 
in Unterabtheilungen geschieden, bei der einen die Hr. B. durch 
ein schwarzes Pronotunı von den übrigen absondert, bemerkt 
Hr. Westwood, dafs sein Ex. einen grolsen gelben Fleck 
auf demselben habe, und Ref. kann berichtigen, dafs derselbe 
auch bei allen Ex. des hiesigen Museum’s nicht leicht zu über- 
sehen ist. Dafs das hiesige Museum seiner Arbeit zum Grunde 
gelegen, ist von Hrn. Burmeister nicht angedeutet worden, 
es ist aber die Angabe der Sammlung, in welcher sich die Ty- 

en beschriebener Arten befinden, in der Wissenschaft von 
ichtigkeit. 

Ueber den inneren Bau der Cicaden hat Hr. Doyere 
eine wichtige Berichtigung der Leon-Dufourschen Darstel- 
stellung; mitgetheilt. 

Es ist nämlich das Zurücklaufen des Darmkanals in die Ma- 
genförmige Erweiterung nur scheinbar, indem er, so weit er 
nicht sichtbar ist, zwischen den Magenhäuten fortläuft, so dafs 
der Verlauf des Darmkanals bei diesen Thieren dadurch am be- 
sten versinnlicht werden kann, wenn man sich vorstellt, es 
durchbohrte beim Menschen das Colon iransversum die äulsere 
Haut des Magens, verliefe unter dieser, zwischen ihr und den 
inneren, eine Strecke, und träte am entgegengesetzten Ende 
des Magens wieder zwischen den Magenhäuten hervor, um sei- 
nen natürlichen Lauf weiter zu verlolgen. Die Insertion der 
Gallengefälse, die Hr. Leon Dufour als in dem Magen statt- 
findend darstellt, bleibt weiteren Untersuchungen zu ermitteln 
vorbehalten. (L’ Institut. p. 389.) 


Hr. Germar hat in seiner Zeitschrift für die Entomolo- 
gie drei neue Gattungen der Cicadinen aufgestellt. 


Die erste, Clastoptera mit Penthimia verwandt, doch 
durch zwei-dornige Hinterschienen mehr an Aphrophora er- 
innernd, von der sie sich durch an der Spitze gewölbte und 


375 


übereinandergeschlagene Deckflügel und kürzeren Scheitel un- 
terscheidet, enthält 7 Arten, von denen zwei aus Nordamerica, 
die übrigen aus Brasilien. Die zweite, Xerophloea, gleich- 
falls aus der Abtheilung der Cicadellina, zwischen Gypona und 
Ledra in der Mitte stehend, auf eine neue Art aus Brasilien 
egründet. Die dritte, Phylloscelis, aus der Familie der 
FE cniänen, mit Issus und auch mit Eurybrachys verwandt, ohne 
Flügel, mit blattförmig erweiterten Vorderschenkeln, zwei von 
Zimmermann aus Pensylvanien eingesandte Arten enthaltend. 


Hr. Burmeister hat in seinen „Genera Insectorum“ 
fortgefahren, einzelne Gattungen der Cicaden darzustellen. 


Die zweite Lieferung enthält die Gattungen: Selenoce- 
phalus, Coelidia, Eupelix, Jassus, die dritte: Ulopa, 
Dorydium, Uephalelus, Ledra, die vierte: Gypona und 
Xerophloea. 


Parasita. 


In der vierten Lieferung des eben angeführten Werkes 
theilt Hr. Burmeister noch des verst. Nitzsch Handzeich- 
nungen der menschlichen Läuse, Phthirius und Pedicu- 
Zus mit allen Details mit. Die Abbildung der Mundtheile 
entspricht durchaus der von Nitzsch im dritten Bande von 
Germar’s Magazin gegebenen Beschreibung. Es ist die Be- 
obachtung derselben aber eben so mangelhaft geblieben, wie 
die von Swammerdam: die Widerhaken am sogenannten Rüs- 
sel existiren gar nicht, dagegen ein Paar sehr entwickelter 
viergliedriger Taster; auch haben die Läuse sehr deutliche 
Mandibeln, so dafs Ref. den Ungelehrten, welche der Mei- 
nung sind, dafs die Läuse beifsen, den Gelehrten gegenüber 
um so mehr Recht geben mufs, als die Läuse der Struktur 
ihres Mundes nach gar nicht stechen können. Dafs eine Stel- 
lung der Pediculinen in der Ordnung der Hemiptera, welche 
Nitzsch in Vorschlag gebracht, und Hr. Burmeister natur- 
philosophisch als nothwendig nachgewiesen hatte, unmöglich 
sei, ergiebt sich aus diesen Andeutungen von selbst. 


V. Jahrg, 2. Bd, 25 


X. Pisces. 
Bearbeitet 


von Dr. F. H. Troschel. 


Von der Iconografia della fauna italica di Carlo Lu- 
ciano Bonaparte, principe di Musignano erschienen 
Lief. 22. und 23. 

Die erstere derselben enthält Leueiscus Fucine, albus 
(Cypr. albo Artedi) und cavedanus (Gavedanus Aldrov., Cypr. 
capito Scopoli); — die andere Mora verdona (Gadus moro 
Risso, Mora mediterranea Risso) und Sirinsia tinca Rafın. 

Von Rüppell’s: Neue Wirbelthiere zu der Fauna von 
Abyssinien gehörig ete., erschien eine Doppellieferung n. 12., 
welche 12 Tafeln mit Fischabbildungen und den Schlufs des 
Textes über Fische enthält. 

Die meisten der hier abgehandelten Fische gehören der 
Ordnung der Acanthopierygier an. Ueberall sind Diagnosen ge- 

eben, welche die Bestimmungen sehr erleichtern. In den 
meisten Fällen spricht Verf. die Vermuthung aus, es könne 
seine Art mit einer Cuvier’schen identisch sein, und setzt dann 
dieselbe als fragliches Synonym hinzu. - Diese beziehen sich 
immer auf solche Arten, die wir hier im Königl. Zool. Museum 
durch Herrn Prof. Ehrenberg aus dem rothen Meere besitzen, 
uud die man als Originalexemplare für die Cuvier-Valenciennes- 
schen Beschreibungen ansehen kann. Ref. wird im Folgenden 
die Resultate einer möglichst genauen Vergleichung der Rüp- 
En Arten mit den Ehrenbergschen Exemplaren mittheilen. 
ei solchen Arten, die nicht durch Cuvier publicirt wurden, 
bleibt natürlich Hrn. Rüppell die Priorität. 


Von Scandinaviens Fiskar, mülade efter lefvande 
Exemplar och ritade pä& sten af Wih. von Wright med 


377 


textaf B. Fr. Fries och C. u. Ekström. Stockholm 1838. 
4to erschienen 4 und 5. 

Heft 4 enthält Cyprinus Grislagine Art., C. rutilus L., €. 
eryihrophthalmus L., Gadus minutus L. (Gadus luscus Nilss), 
G. merlangus L., @. aeglefinus L., @. pollachius L., Raniceps 
niger Cuv. et Nilss (Raniceps trifurcatus Yarrell); so wie die 
vortrefflichen Abbildungen der drei letztern und die von Calli- 
onymus Lyra L. Männchen und Weibchen, und Call. maculatus 
Männchen. — Heft 5. enthält Callionymus Lyra L. (C. dracu- 
lus Mill. und C. dracunculus Nilss. et Bl. sind die Weibchen 
dazu). Call. maculatus Rafın., Centronotus Gunellus L., Clinus 
maculatus Fries. Abgebildet sind Centronotus gunellus L., Ch- 
nus maculatus Fries, Uyprinus Ballerus L., Pleuronectes Liman- 
doides Bl., Myxine glutinosa, Scomber scombrus (Männchen) L., 
Squalus cornubicus (Weibchen), und eine Tafel mit mancherlei 
Fischergeräthschaften. 


Auch einige die Anatomie der Fische behandelnde Arbei- 
ten verdanken wir dem Jahre 1838. 


Nach John Dalrymple (Loud. Mag. Il. p. 36.) soll sich 
an der Krystallinse beim Schellfisch, Hecht, Weilsfisch, Ma- 
krele und anderen Fischen ein birnförmiger Körper befinden, 
den Verf. für einen Muskel anspricht, und den er für ein Mit- 
tel hält die Krystallinse zu bewegen, um dadurch das Auge 
fähig zu machen, abwechselnd nahe und ferne Gegenstände 
wahrzunehmen. 

Ueber die Schwimmblase finden wir eine Abhandlung in 
Müller’s Archiv für Anat. etc. 1838. p. 443—446 von Hein- 
rich Rathke. (Zur Anatomie der Fische, dritte Abtheilung.) 

Als Anhang zu der eben angeführten Abhandlung theilt 
Verf. eine merkwürdige Abweichung des Kiemenbaues bei Le- 
padogaster biciliatus von den übrigen Fischen mit. 

Ueber das Nervensystem des Petromyzon von Schlemm u, 
d’Alton, Auszug aus der ungedruckten, von der Academie der 
Wissenschaften zu Paris im Ta 1830 gekrönten Preisschrift, 
über das Nervensystem der Fische. (Müllers Archiv für Anat. 
etc. 1838. p- 262— 273.) 

Breschet: Recherches anatomiques et physiologiques sur l’or- 
gane de l’ouie des poissons Paris. 1838. 4. avec 17. planches gra- 
vees ist mir nicht zu Händen gekommen. 


Auch einige Notizen finden sich, die für die geogra- 

phische Verbreitung der Fische von Interesse sind. 

‚William Thompson giebt ein Verzeichnils mit vielen 
Bemerkungen von solchen Fischen, die für die Fauna von Ir- 
land neu sind. (On Fisches new 10 Ireland. Annals of nat. hist. 
I. p. 348—359. und II. p. 14—28. und II. 5 266.) 

In den Preufsischen Provinzialblättern, Band XIX, p. 547., 
wird von Dr. H. Ratlıke Cottus Gobio als in Preulsen vor- 
kommend bezeichnet, 

25* 


378 


Einige Fische des Caspischen Meers hat E. Eichwald in 
diesem Arhiv IV. 1. p. 97. beschrieben, desgl. Bulletin des sci- 
ences nal. de Moscou. 1838. } 4125. 

Die Gattung Benthophilus ist gleichzeitig von Nord- 
mann unter dem Namen Hexacanthus aufgestellt. Bullet. sci- 
entif. de St. Petersb. Il. p. 332. Doch finden sich einige Dif- 
ferenzen in der Angabe der Strahlen in der Kiemenhaut und 
einzelner Flossen. 

Ueber eine Sendung von Fischen aus Van Diemensland 
finden wir Bemerkungen von J. E. Gray. (Annals of'nat. hist.) 


I. I. Heckel beschreibt mit gröfster Genauigkeit „Fische 
aus Caschmir, gesammelt und herausgegeben von Carl Frei- 
herrn v. Hügel. Wien 1858.“ 


Alle in diesem Werkchen aufgeführten Fische sind aus dem 
Flusse Tschilum, dem Hydaspes der Alten, und sämmtlich 
neu. Die Forellen welche sonst die hochliegenden Gewässer 
bewohnen, werden hier von Cyprinen ersetzt, jene fehlen ganz. 
Die meisten Arten gehören in eine neue Gattung Schizothorax 
(s. unten); die übrigen gehören den Gattungen Barbus Cuv., 
Labeobarbus Rüpp., Varicorhinus Rüpp., Cobiis Agass. und 
Silurus Cuv. an. Die Abbildungen sind in Kupfer gestochen, 
und aufser den ganzen Fischen finden sich Detailzeichnungen, 
einzelne Schuppen, Unteransichten des Kopfes u. s. w. 


At Aicunthopter you: 


Sehr interessant sind v. Nordmann’s Angaben über den 
Nestbau dreier Gobien. (Bull. scient. de Petersb. Tom.lll.S.329.) 


Es findet dies nicht allein im Meere, sondern auch in reis- 
senden Gebirgsflülsen statt. In einem Bache befand sich ein 
solches Nest an einer der Strömung weniger ausgesetzten Stelle, 
in einer etwa armtiefen Höhle unter einem mit Moos bewach- 
senen VeRpen: Die ganze Höhle und besonders der Hinter- 
grund war mit Reisig, kleinen Zweigen, abgefallenen Blättern 
und Gras ausgepflastert. Aus dem Eingange der Höhle guckte 
ein Fisch mit halbem Körper heraus, zog sich aber sogleich 
zurück; beim Ausgraben der Höhle zeigte sich ein backofenför- 
miges, dicht zusammenhängendes Nest, im Hintergrunde den 
Laich mit kleinen schon lebenden Embryonen beherbergend. 

Bei Rüppell finden wir 1. ce. aus dieser Abtheilung fol- 
gende neue Gattungen und Arten: 

Apogon annularis hält Verf. für verschieden von A. 
rex mullorum. — A.novemsiriatus. — A. bifasciatus steht 
als A. fasciatus Ehrbg., den jedoch Cuv. und Val. nicht auffüh- 
ren, im Berliner Königl. Zool. Museo. — A. enneastigma ist, 
wie sich aus Vergleichung der Rüppelschen Beschreibung mit 
dem im Museo vorhandenen Exemplare ergiebt, identisch mit 
A. heptastigma Ehrbg. — A. punctulatus, vielleicht 4. va- 


379 


riegatus? — A. cocceineus, ob diese Art mit A. cupreus Ehrbg. 
identisch ist, lälst sich nicht entscheiden, da unter diesem Na- 
men kein Exemplar im Museo vorhanden ist. 

Serranus micronotatus Rüpp. — 

Diacope melanura. — D. eryihrina. — D.coeruleo- 
lineata vielleicht Mesoprion quinquelineatum Cuv. Val. — 

Holocentrus spinifer Rüpp. (non Cuy., Sciaena spini- 
Fera Forsk.) ist nicht H. leo Cuv. Val., wie Verf. für möglich 
hält. — 

Sphyraena affinis schr verwandt, mit Sph.jello. — Sph. 
Agam. — Sph. flavicauda ist wohl nicht Sph. obtusata Cuv. 
Fal., wie Verf. vermuthet, und von der das Berliner Museum 
esalexemplare besitzt, steht aber daselbst als Sph. macrole- 
pis Ehrbg. — 

F: Brayeerkales ientaculatus ist nicht Pl. Zlongiceps 
hrbg. — 

Scorpaena barbata, ob dies Sc. cirrhosa Cuv. Val. sei, 
kann ich nicht entscheiden, da wir keine Originalexemplare be- 
sitzen. — Sc. auriia ist die im Museum stehende, mit Sc. va- 
riegata H. et E. bezeichnete, von Ehrenberg mitgebrachte Art,. 
die ich für Se. eryıhraea Cu. Val. halte. — Sc. chilioprista 
ist, wie es auch der Verf. vermuthet, Sc. rubro-punctata Ehrbg. 

Pierois cincta steht im Museum als Pr. gallina Ehrbg. 

In der Familie der Sparoiden bildet Rüppell eine neue 
Gattung, welche sich im Zahnbau von Chrysophris unterscheidet: 

Sphaerodon nov. Gen. Opercula et praeopercula lepi- 
dota; dentes in utraque maxilla antıce 4 conicı validi, post quos 
permulti dentes criniformes setacei; maxillarum latera unica serie 
dentium gradatim robustiorum, corona sphaeroidea; margine 
antico maxillarum serrato. Pinnae veluti generis Lethrinus; at- 
tamen spinae dorsalis in utroque latere aequales. Die einzige 
Art ist Sciaena grandoculis Forsk., (Chrysophris grandoculis 
Cuv. Val.) 

Pagrus longifilis Cuv. Val, will Verf. mit P. spinifer 
vereinigen. 

Der Zweifel Rüppell's, ob sein Lethrinus Ramak mit L, 
Ehrenbergii Cuv. Wal. identisch sei, lälst sich auch hier in Ber- 
lin nicht entscheiden, da im Zool. Museo sich kein L. Ehren- 
bergii findet; eben so wenig ist unter den vielen von ee, 
mitgebrachten Lethrinus ein Exemplar, das zu dem L. Rama 
Rüpp. palste. — L. latifrons ist L. variegatus Ehrbg. — L« 
mahsena Cuv. Val., L. bungus Ehrbg. und L. mahsenoi- 
des Ehrbg. will Rüppell zu einer Art vereinigen; die Exempl. 
des Berl. Museum unterscheiden sich jedoch specifisch, diese 
Vereinigung ist also nicht zu bestätigen. — 

Pristipoma nageb. — P, punctulatum. 

Diagramma punctatum und D. cinerascens bilden 
nach Rüppell nur eine Art. — D. flavomaculatum Ehrbg. 
ist der Jugendzustand von D. faetela, wie vollständige Ueber- 
gänge beweisen sollen. — D. albovistatum. — D. crassi- 
spinum. — 


380 


Pomacentrus biocellatus ist P. trilineatus Ehrbg, im 
Jugendzustande, wie Exemplare des Berl. Museums beweisen. 

Dascyllus cyanurus, dals dies derselbe Fisch sei, wie 
Rüppell vermuthet, den Cuv. und Val. als Pomacentrus viridis 
Ehrbs, aufführen, ist kam anzunehmen. Ein sehr verstümmel- 
ter Fisch, der jedoch noch deutlich als D. cyanurus Rüppel zu 
erkennen ist, steht im Museum als Pom. chrysurus Ehrbg. Cuv. 
und Val. erwähnen seiner nicht. 

Ein neues, mit Pomacentrus verwandtes Genus, stellt Rüp- 
pell auf unter dem Namen: Priszotis. Dentes in utraque 
maxilla uniseriati, basi cestriformes, apice acuminati, operculum 
bispinosum,, re margine serrato, suboperculum inte- 
grum, linea lateralis sub dimidio postico pinnae dorsalis termi- 
nata. Pr. oyanostigma ist die einzige Art. 

Blennius semifasciatus. 

Salarias fuscus. — S.nigrovitiatus. — S. unicolor. 

Gobius citrinus verwandt mit @. coryphaenula und quin- 
que-sirigulus Cuv. Val., vielleicht identisch. 

Chironectes caudimaculatus. — 

Apisies Tasmanensis Gray. (Annals of nat. hist. I. p. 
111.) im trocknen Zustande bleifarbig, schuppig, Suborbital- u. 
Praeopercularstachel sehr lang, mitten in der Rückenflosse ein 
breiter schwarzer Fleck, Gaumenzähne sammetartig; Van Die- 
mensland. 

I. E. Gray beschreibt (Annals of'nat. hist I. p.313. Tab.X.) 
eine neue Art der Gattung T'eirapturus, vom Vorgebirge der 
guten Hoffnung. T. Herschelii Gray, Oberkiefer Verlän- 
gert, die Haut mit knochigen Stacheln bewaffnet. 


William Thompson giebt einige Beiträge zur Kenntnifs 
der Irländischen Arten der Gattung Crenilabrus Cuv. (Jar- 
dine, Selby and Johnston Mag. 1. 442.). Cr. tinca und 
Cr. Cornubicus aut, werden als identisch angesehen. Cr. 
rupestris (Lutjanus rupestris Bl.) wird beschrieben. Zwei 
neue Species Cr. microstoma, Couch Ms. und Cr. multi- 
dentatus Thomps. sind abgebildet und beschrieben. 


Derselbe beschreibt (Loud. Mag. n. h. II. p. 214.) ein gro- 
fses Exemplar von Cepola rubescens, das nach einem heftigen 
Sturm an der Küste von Ayrshire gefunden wurde. Das Exem- 
plar weicht sowohl von ©. rubescens als von €. taenia Bl. etwas 
ab, und hat theils die Kennzeichen der einen, theils die der 
anderen Art, was für die Vereinigung beider, wie es Cuy. und 
Val, in ihrer Hist. des Poissons wollen, zu sprechen scheint. 


2... Malacoptarygüi. 


Ein Fall welcher vielleicht einiges Licht über die Fort- 
pflanzung des Aales geben könnte, wenn die Beobachtung nicht 


331 


zu ungenau wäre, wird von Eudes-Deslongchamps mitgetheilt. 
Die Magd des Doctor Blot fand einen Aal angefüllt mit Rog- 
gen, der dem Froschlaich sehr ähnlich war. Leider ist es 
zweifelhaft, ob diese Eier sich frei innerhalb der Bauchhöhle 
befunden haben. Letzteres wird durch Rathke’s Untersuchun- 
‚gen (s. dies Arch. IV. 1. S. 299.) wahrscheinlich. 


Eine neue in die Nähe von Muraena gehörige Gattung 
beschreibt Rüppell 1. c. unter dem Namen Uropterygius. 

Corpus subeylindricum, compressum, elongatum, alepidotum, 
apertura branchiarum parva, lateralis, nares tentaculatae; e pin- 
nis sola pinna caudalis adest, minuta, subrotundata; rietus mag- 
nus, utraque maxilla dentibus acutiusculis duplici serie ordinatis. 
Palatus dente unico uncinato. Eine Art U. concolor. 

Ferner; Muraena bilineata Rüpp. 1. c. — Echeneis 
vitiata Rüpp. 1. c. mit 24 Lamellen in der Kopfscheibe. 


Eine neue Eintheilung der Familie der Karpfen finden 
wir von I. Me. Clelland. (Observations on six new species 
of Cyprinidae, with an outline of a new classification of 
the family. Journ. of the Asiat. Soc. VII. 2. p. 941.) Eine 
Vergleichung der vom Verf. nur kurz charakterisirten Gattun- 
gen mit den von Agassiz aufgestellten, hält besonders deshalb 
sehr schwer, weil beide Verfasser verschiedene Eintheilungs- 
gründe benutzen. Die 6 neuen Arten, sämmtlich aus den 


Flüssen Ostindiens, sind abgebildet. 

Verf. theilt die Familie in 3 Unterfamilien: 4, Paeonomiae, 
pflanzenfressend, Mund wenig gespalten, horizontal oder ab- 
wärts gerichtet, Darmkanal lang. Hierher die Gattungen Cir- 
rhinus mit dem Subgenus Labeo, Barbus mit dem Subgenus 
Oreinus I. M. (Mund vertical, Unterkiefer kürzer als der 
Oberkiefer, Suborbitalknochen verborgen.). Diese Gattung 
stimmt ganz mit der von Heckel aufgestellten Gattung Schizo- 
ihorax überein, bis auf den Hauptcharakter, der in der Pan- 
zerspalte neben dem After liegt. Sollte Verf. dies Kennzeichen 
übersehen haben, so wären beide Gattungen zu vereinigen, und 
die Art neben Sch. nasus Heck. zu stellen. Vergl. unten p. 383. 
Cyprinus, Gobio, Gonorhynchus. 2, Sarcoborinae leisch- 
fressend, Mund weit gespalten, aufwärts gerichtet, an .der Sym- 
physe des Unterkiefers ein mehr oder minder deutlicher knocbi- 
Bir Vorsprung, der als Greifzahn dient; Darmkanal lang. 

ierher Systomus.J. M. Zwischenkiefer protractil, Rücken- 
und Afterllosse kurz, erstere über den Bauchllossen, Schuppen 
breit, Abramis? Cuv., Perilampus I. M. (Kückentlosse 
über der längeren Afterllosse, die Spitzen der Kiefer bis zur 
Rückenlinie erhoben, alles dies ist in der Abbildung nicht der 
Fall), Leueiscus, Opsarius I. M. (Mund weit gespalten, 


382 


Rüickenflosse schmal, ohne Stacheln und hinter der Mitte, Af- 
terflosse lang, der sehr kurze Darm verläuft grade vom Magen 
zum After. 3, Apalopierinae. Körper verlängert, cylindrisch, 
in Schleim gehüllt; Darm kurz. Hierher stellt Verf. einige neue 
Gattungen, die mit der von Agassiz aus dieser Familie verbann- 
ten Gattung Poecilia verwandt sind, und aufserdem als Anhang 
die Gattung Cobitis L. nebst einer mit dieser verwandten neuen. 
Aplocheilus I. M., Kopf Nach, die Augen an seinen Rändern, 
Mund breit, aufwärts gerichtet, eine Reihe kleiner Zähne längs 
den Kieferrändern, Schwanzflosse ganz. Platycara I. M. 
Kopf flach, die Augen auf der oberen Fläche, Flossen dick und 
opac, Brustilosse breit, Afterflosse klein, Schwanzflosse gega- 
belt, Mund ohne Zähne, abwärts gerichtet; Darm etwas länger 
als der Körper. Psilorhynchus I. M. Schnauze verlängert, 
platt, Augen weit hinten am Rande des Kopfes, Mund klein u. 
zum Saugen, ohne Bartfäden, Operculum klein, Schwanzllosse 
gabelig, Rückenflosse über den Bauchflossen. Die Gattun 
Schistura endlich unterscheidet sich von Cobitis vorne 
durch die gablige Schwanzflosse; die Arten sind grün mit 
Querbinden. Die Schwimmblase ist zweilappig, während sie 
bei Cobitis s. sir. einfach oval ist. 


Als neu werden hierauf vom Verf. folgende, sämmtlich bei 
Simla in den Gebirgstlüssen des Himalaya gefundene Arten 
beschrieben und abgebildet: Barbus Chielyroides, Kopf 
zum Körper wie 1:23, Suborbitalknochen unter dicken Hüllen 
versteckt, plötzlich verschmälert unter der Rücken- und über 
der Afterflosse. 33 Schuppen längs der Seitenlinie, jede mit 
einem schwarzen Fleck an der Spitze. D.3+7. P. 16. F.9. 4.7. 
C.18. — Oreinus maculatus, Kopf zum Körper wie 1:33, 
Rücken mit unregelmälsigen Flecken, der dritte Rückenstrahl 
hinten gesägt. D.3+8. P.18. Y.10. 45. 0.19. Darmkanal 
viermal so lang wie der Körper. L. 7%. — Perilampus elin- 
gulatus, Kopf und der vordere Körper hoch, Schnauze rund, 
46 Schuppen an der Seitenlinie, ‚Vorsprung an der Spitze des 
Unterkiefers sehr klein, ein schwarzer Punkt an der Spitze je- 
der Schuppe. D.9. P.13. V.9. A. 10. C.19. Darmkanal von 
Länge des Körpers. L.2“ Auffallend ist die aulserordentliche 
Kleinheit der Zunge, welche bei den anderen Arten dieser 
Gattung sehr entwickelt ist. — Plaiycara nasuta (Balitora 
Gräy) Schnauze plötzlich niedergedrückt zwizchen den Augen, 
mit einer breiten Grube zwischen den Nasenlöchern, etwa 34 
Schuppen längs der Seitenlinie. D. 10. P.16. F. 9. 4.6. 0.15. 
L.6". — Schistura montana, Höhe zur Länge wie 1:8. 
Sechs Bartfäden und eim Suborbitaldorn unter jedem Auge, 
eine schwarze Binde an der Basis der Schwanzflosse, und etwa 
42 Querbinden am Körper, eine Reihe schwarzer Punkte auf 
der Rückenflosse, und eine auf der Schwanzilosse. D.$. P. 10. 
V.$. 4.6. 0.18. L. 244 — Schistura rupecula, etwa 14 
breite Binden an jeder Seite, und 3 auf der Schwanz- und Rük- 
kenflosse, ohne Suborbitaldorn, 6 Bartfäden, Brust- und Bauch- 
flossen lanzettlich. D.8. P.10. #.8. 4.7. 6.16. L. 2", 


383 


Eine neue Gattung der Cyprinoiden wird von Heckel 


l. e. aufgestellt. 

Schizothorax. Cirrhi quatuor, uno utrinyue in angulo 
oris, duobus in medio ossis intermaxillaris; pinna dorsalis ana- 
lisque brevis, illa radio osseo postice serrato; squamae minimae; 
processus cutaneus utrinqgue metagastricus, squamis majoribus in- 
A anum maximamque partem baseos pinnae analis inclu- 

ens, et formam quodammodo vaginae fissae repraesentans. — 
Zu dieser Gattung werden 9 Arten beschrieben, die in 3 Ab- 
theilungen gebracht werden. A. Lippen mit geschärftem Rande, 
Unterlippe mit einer knorpligen glatten Haut überzogen, ganz- 
randig: S. plagiostomus, sinuatus. B. Lippen mit geschärftem 
Rande, weich, Unterlippe ohne Knorpelhaut, mit unterbroche- 
nem Rande: $. curvifrons, longipinnis, niger, nasus. C. Lippen 
dick, abgestutzt:.$8. Hügelü, micropogon, planifrons, esocinus. 

Aulserdem beschreibt Heckel ebenda: Barbus diplochilus, 
Labeobarbus macrolepis, Faricorhinus diplostomus, Cobitis mar- 
morala, vittata, Silurus Lamghur. 


I. Shaw theilt Versuche über die Entwickelung des Laichs 
der Salmen mit. (The Edinburg new phil. Journal by 
Prof. Jameson. XXIV. p. 165. — Isis 1838. p. 381. — 
Jardine Annals ]. p. 75. u. 398.) 


In eigenen Wasserbehätern, deren Boden mit reinem Kies 
ausgelegt war, liels Verf, am 4. Januar 1837. ein Paar Salmen 
laichen, indem er dem Weibchen den Laich ausdrückte, und den 
Samen des Männchen drüber spritzte. Nach 50 Tagen zeigte 
sich der Embryo im Ei, nach 114 Tagen krochen die Jungen 
aus. Verf. hält den Parr für einen jungen Salm, und behaup- 
ne blieben 2 Jahre lang im Flusse, ohne ins Meer zu 
ziehen. 


Richard Parnell beschreibt (Annels of nat. hist. I. p. 
161.) zwei Coregonus-Arten aus dem Loch-Lomond im west- 
lichen Schottland, deren einen, C. mierocephalus, er für 
neu, den anderen, GC. Lacepedei, für Coregene Clupeoide 
Lacep. hält. 


W. B. Clarke giebt (Loud. Mag. n. s. Vol. II, p. 22.) 
eine mit Holzschnittabbildung begleitete Beschreibung einer 
Scopelus-Art, von der brittischen Küste, die er für identisch 
mit Sc. Humboldtii Yarr. hält. Yarrell spricht in einem 
Briefe an den Herausgeber des genannten Journals (ib. p. 25.) 
die Vermuthung aus, dafs der von Clarke mit den von Low 
und Nilfson beschriebenen eine von Pennant’s Argentina sphy- 
raena verschiedene Artsei. Clarke’s Fisch ist kleiner, die Sei- 
tenlinie verläuft in der Mitte, wendet sich aber vorn nach dem 


384 


oberen Winkel des Kiemendeckels. Die Afterflosse hat 20 
Strahlen, wogegen Yarrell in seinem Werke über brittische 
Fische für Sc. Humboldtü nur 15 angiebt. 


3 Lophobranchii. 


Auch aus dieser Ordnung finden wir bei Rüppell I. e. 
einige neue Arten: 

Hippocampus fuscus. — Syngnathus spicifer. — 8, 
Drevirosiris. — 8. flavofasciatus. — 

Eine systematische Arbeit über die scandinavischen und 
englischen Arten der Gattung Syngnathus erhielten wir von B. 
Fr. Fries (dies Archiv IV. 1. p. 236.). Derselbe theilte seine 
Beobachtungen über die Metamorphose bei Syngnathus lumbrici- 
formis mit (ebenda p. 251.). 


4 Pectognathi 


Zur Gattung Ostracion werden von I. E. Gray (Annals 
of nat. hist. I. p. 110.) drei neue Arten: O. ornatus, flavi- 
gasler und lineatus beschrieben, die sich zunächst an O. 
auritus Shaw. reihen, und mit ihm und einer chinesischen 
Art O. Reevesii (früher von Gray als O, auritus in der 
Indian Zoology beschrieben) die Untergattung Aracana 
bilden. 


5. Plagiostomü. 


Von I. Müller und I. Henle erschien die erste Liefe- 
rung der früher angekündigten Monographie: Systematische 
Beschreibung der Plagiostomen. Berlin 1838. Dieselbe 
enthält aufser einer Uebersicht der Literatur die Familie der 
Scyllien und den Anfang der Carcharien. Die‘ Characteri- 
stik der Gattungen der Plagiostomen ist schon früher an meh- 
reren Orten (Loud. Mag. new series Il. p. 33. u. 88.; In- 
stitut 4838. p. 63., und namentlich auch in diesem Archive 
4837. I. p. 349. und 1838. I. p. 83.) mitgetheilt worden, wir 
können sie also hier füglich ganz übergehen. 

Die Gattung Scyllium enthält 11 Arten: Se. Edwardsii 
Cuv., Sc. pictum M. et H. vom Cap., Sc. maculatum Gr. 
et Hardw., Sc. canicula Cuv, (Squalus catulus L.), Sc. Bür- 


geri M. et H. aus Japan, Sc. bivium Smüh, Sc. catulus 
Cuv. (Sg. stellaris L.), Sc. capense Smüh, Sc. africanum 


385 


Cuv. (Sg. africanus L., Sg. vittatus Shaw), Sc. pantherinum 
Smith, Sc. variegatum Smith. die Gattung Pristiurus Bo- 
nap. enthält nur Pr. melanostomus Bonap (Sg. prionurus 
Oto, Scyll. Artedi Risso, Sg. annulatus Nilss,),. Hemiscyl- 
lium M. et H. mit 2 Arten: H. ocellatum M. eı H. (Sg. 
ocellatus Gm.), A. malaianum M. et H. (Scyllium malaianum 
Lesson). Chiloscyllium M. et H. mit 4 Arten: Ch. plagi- 
osum (Scyllium plagiosum Bennett.), Ch. punctatum (Sc. punc- 
iatum K. et H.), Ch. griseum aus Java (im Text fälschlich 
Japan), Ch. tuberculatum (Squalus tuberculatus Bl. Schn.). 
Crossorhinus M. et H. mit einer Art Cr. barbatus (Squalus 
barbatus L. Gm., Sg. barbatus ei lobatus Bl. Schn.). Gingly- 
mosioma M. et H. mit 2 Arten: @. concolor (Nebrius con- 
color Rüppell), G. cirratum (Sg. cirrhatus L. Gm., Sg. punc- 
tatus Bl. Schn.). Stegostoma M. et H. mit einer Art S$1. 
Fasciatum (Sg. tigrinus et longicaudus L. Gm., Sg. fasciatus 
BI. Schn., Scyllium heptagonum Rüppell.). — Die Familie der 
Carcharien beginnt mit der ersten Art der Gattung Scoliodon 
M. et H. S. laticaudus M. et H. aus Indien. Abgebildet sind: 
Scyllium Edwardsi, Bürgeri, Chiloscyllium punctatum, griseum, 
Crossorhinus barbatus, Ginglymostoma concolor und die untere 
Kopfansicht von Stegostoma fasciatum, Scyllium catulus, africa- 
num, maculatum, canicula, Pristiurus melanostomus. 


Von Cestracion Philippi Cuv. (Squalus Philippi Schneid.) 
glaubt I. E. Gray (Annals of nat. hist. 1. S. 109.), dafs ihn 
weder Cuvier noch Müller und Henle gesehen haben, daher 
beschreibt er ihn: 

Schnauze kurz, Nasenlöcher breit, Deckel subspiral, Vor- 
derzähne klein, kegelförmig, zusammengedrückt, lanzettförmig, 
Augenbraunen erhaben, streifenartig. Zwei Rückenflossen, jede 
vorn ‘mit einem Dorn, eine Afterflosse, Schwanzllosse zweilap- 
pig. Vordere Rückenflosse über der Mitte des Raums zwischen 
den breiten Brust- und Bauchflossen, die zweite über der Mitte 
des Raums zwischen Bauch- und Afterflosse. Fünf Kiemen- 
löcher, die drei hintern über der Basis der Brustflossen. Haut 
rauh, grau, mit zwei dunkeln Linien an jeder Seite des 
Schwanzes.. Van Diemensland. 


Von JonathanCouch erhielten wir (Loud. Mag.) die Ab- 
bildung in Holzschnitt und die Beschreibung einer Rochenart, der 
Verf. keinen Trivialnamen beilegt, um Verwirrung zu vermeiden, 
falls sie schon von einem ihm unzugänglichen Schriftsteller 
beschrieben sein sollte. Von englischen Schriftstellern wird 
sie nicht erwähnt. Der englische Name ist Sandy Ray. 


Die Schnauze dieses Rochen ist etwas vorstehend, Mund 
6 Zoll von der Schnauzenspitze entfernt, Zähne klein, spitz, 
in nicht sehr dichten Reihen. Körperform rundlich. Schwanz 
verhältnifsmäfsig kurz und nach hinten zugespitzt. Auf dem 


386 


dunkelbraunen Rücken finden sich $bis 10 Augenflecke von 
Grölse einer Erbse und hellgelb in der Mitte, von denen einer 
an der rechten Seite einer links entspricht. Länge 3 8 
Breite 27 45. 


Schliefslich erwähne ich noch zweier Instrumente, welche 
Heckel als Anhang zu seinen Fischen von Caschmir be- 
schreibt, und die zur mathematischen Bestimmung des Fisch- 
Profils, so wie der Lage und verhältnifsmäfsigen Gröfse aller 
Aufsentheile der Fische dienen sollen. Ersteres ist ein drei- 
schenkliger Zirkel zur Bestimmung der Achsenpunkte; das 
zweite ein ziemlich complicirter Goniometer, verbunden mit 
einer Theilungsschiene. 


XL Amphibia 


Baırs History of ihe british Reptiles. London 8., im 
Jahre 1838 begonnen und im Jahre 1839 beendigt, giebt in 
einem dünnen Octavbande mit vortrefilichen Holzschnitten die 
Beschreibung der Britischen Reptilien, welche mit denen des 
nördlichen Deutschlands im Ganzen übereinkommen. 


Nur zwei neue Arten finden sich, eine Rana scotica 
und ein neuer Triton. Erstere steht der in Grofsbritanien feh- 
lenden R. esculent« nahe. Der Triton wurde irrig von Bi- 
bron als Tr. marmoratus bestimmt (Proc. Z. $. 1838. p- 23.); 
Bell hat ihn aber später richtig als eine neue Art Tr. Bibronii 
unterschieden. 


Leider sehe ich mich noch immer aufser Stande über 
Schlegel’s Beschreibung der japanischen Saurer, Ophidier 
und Batrachier in der Fauna japonica zu berichten, da diese 
Lieferungen noch immer der hiesigen Königl. Bibliothek nicht 
zugegangen, und sonach mir nicht zu Gesichte gekommen sind, 

Eine vortreflliche Uebersicht über die Reptilien-Fauna 
der Insel Cuba erhielten wir nach Ramon de la Sagra's 


389 


Sammlungen und Angaben von Dr. Th. Cocteau. (Ramon 
de la Sagra Historia natural de la Isla Cuba. Zool.) Lei- 
der wurde dieser tüchtige Herpetolog noch während des 
Druckes der letzten Bogen der Wissenschaft durch den Tod 


entrissen. 

Es finden sich auf Guba allerdings mehrere Reptilien-Arten, 
welche den andern Antillen ausschlielslich angehören, wie Emys 
decussat@ Bell., Anolis equestris Merc., Sphaeriodactylus sputator 
und cinereus Cuv., Gymnodactylus albigularis Dum. Bibr., Am- 
phisbaena coeca Cuv. Andere Arten hat es mit den Antillen 
und dem Continente von Amerika gemein, so Anolis cavrolinen- 
sis. Andere finden sich auf den Antillen und dem Continente 
von Südamerika, wie Crocodilus acutus, Hemidactylus Mabuia 
Cuv.; andere kommen auf Cuba und dem Continente von Nord- 
amerika vor, während sie auf den übrigen Antillen fehlen, so 
Emysrugosa Sch., Cyclura Harlani, Grocodilus rhombifer u. s. w, 
Mehrere sehr interessante Formen scheinen der Insel eigenthüm- 
lich zu sein; so die Saurer: Chamaeleolis Fernandina, Acantho- 
lis Loysiana, Diploglossus de la Sagrae. Glücklich ist Cuba, 
dafs die gefährlichen Giftschlangen der Gattungen Crozalus und 
Trigonocephalus dort gänzlich fehlen. — Während der kalten 
Jahreszeit vom October bis Februar wenn die mittlere Tempe- 
ratur 22—24° C. und das Minimum + 7° beträgt, frische und 
schneidende Nordostwinde wehen, die Atmosphäre sehr trocken 
und die Vegetation minder kräftig ist, verfallen die Schlangen 
(Boa, Coluber) in Schlaf und Frösche und Kröten verbergen 
sich in der Erde. Von Cheloniern finden sich zwei Flufsschild- 
kröten Emys decussata und E. rugosa, von Seeschildkröten: 
Ch. cauana, midas (virgata) und Ch. imbricata. Der Gewinn 
des Schildpatts von letzterer ist bedeutend. Aufser dem, dals 
in Habana 25 Fabriken von Schildpatt-Kämmen bestehen, wer- 
den noch von kleinen Häfen die rohen Schalen in grofser 
Menge ausgeführt; so von Nuevitas jährlich nicht weniger als 
2000 Pfund, in Puerto Principe 1000—1600 Pfund, im Jahre 
4830 sogar 3633 Pfund, zu 8—10 Piaster. — Die Annahme, 
dals die beiden auf Cuba vorkommenden Krokodile Grocodilus 
acutus und rhombifer nicht ursprünglich einheimisch, sondern 
durch die Aequatorial- Strömung vom Festlande hinübergekom- 
men seien, scheint mir eben so unwahrscheinlich, wie unerweis- 
lich zu sein, Die auf Cuba vorkommenden Eidechsen gehören 
den Gattungen Ameiva (Ameiva Auberi), den dickzüngigen 
Baumagamen Holotropis, (H.microlophus), Cyclura (C. Harlani) 
und Anolis (Anolis equesiris Merr., A. vermiculatus, A. caroli- 
nensis, A. de la Sagrae, A. lucius.) an, zu welcher letzteren 
auch Chamaeleolis Fernandina und Acantholis Luisiana Coct. 
gehören, die nur durch die Beschuppung von den übrigen Anolis 
abweichen; und Geckonen Hemidactylus mabuia Cuv., Sphaerio- 
dactylus sputator und cinereus und Gymnodaciylus albigularis 
und von Scinken Diploglossus de la Sagrae Coct. 


390 
1. Batrachia. 


Von Tschudi haben wir eine vorzügliche systematische 
Arbeit über diese Ordnung erhalten. (Mem. de la Soc. d’ 
Hist. nat. de Neuchatel. Tom. 11.) Leider nöthigt mich 
die Beschränktheit des Raums eine ausführliche Analyse der- 
selben den folgenden Stücken dieser Zeitschrift aufzusparen. 

Dr. T. Cantor hat in dem Journ. of the Asiat. Soc. 
of Bengal. VI. 2. S. 538. Tab. 31. Abbildung und Beschrei- 
bung der Schädelfragmente eines fossilen Batrachiers gegeben, 
welche in der Ebene Nahun (Nahun field) von Sandstein 
umschlofsen gefunden sind. 

Die Länge des ganzen Schädels scheint etwa 10: Zoll be- 
tragen zu haben, so dals er also einem gigantischen Batrachier 
angehört haben mufs. Zur Entscheidung über seine systema- 
tische Stellung scheint aber das Fragment nicht auszureichen, 
wenn sich an diesem nicht mehr erkennen läfst, als an der ver- 
ätzten Lithographie. Verf. hält ihn zu den ungeschwänzten 
Batrachiern gehörig. 

In des Fürsten Max v. Wied Reise Bd. 1. finden wir Be- 


schreibungen von Menopoma, Menobranchus lateralis (S. 141.), 
von Hyla iriseriata S. 249. und H. Crucifer. 


Th. Bischoffsetzt es aufser Zweifel, dafs das vonNitzsch 
als Penis gedeutete Organ der Cöcilien nichts anderes als die 
vorgestülpte Harn- oder Abdominalblase ist. Müller Archiv. 
1838. S 353. 


2... Se np en.t.es, 


a, Giftschlangen. (Fenenosi.) 

Dem Fürsten v. Neuwied (Reise S. 75.) wurde die Wurzel 
von Prenanthes rubicunda als ein vorzügliches Mittel gegen den 
Schlangenbils gerühmt von einemalten Dutod, der eine Menge 
glücklicher Kuren, die er mit dieser Wurzel gemacht haben wollte, 
erzählte. Man kocht sie mit Milch und nimmt 2Elslöffel davon 
ein. Die Geschwulst soll schon vergehen, wenn man nur die 
Wurzel kauet. 

Dr. Cantor welcher sich lange Zeit im Ganges-Delta auf- 
hielt, berichtet, dals sämmtliche Wasserschlangen im höch- 
sten Grade giftig sind, obgleich die Eingeborenen Indiens 
sie oft für harmlos halten. Ein brittischer Öfizier, von einer 
Seeschlange gebissen, starb eine Stunde nach dem Bisse. Das- 
selbe Resultat gaben auch stets des Verf. an Thieren angestellte 
Versuche. Proc. Z. $. S. 80. 

Dr. Cantor fand, dals das frische Gift seiner Gattung 
Hamadryas, ferner das von Cophias viridis, Fipera elegans, 


391 


Naia tripudians, Bungarus annulavis und B. coeruleus eine durch- 
sichtige geschmacklose Flüssigkeit, in Consistenz einer dünnen 
Auflösung von Gummi arabicum im Wasser gleichend, das 
Lackmuspapier schwach röthete, länger aufbewahrt, reagirte es 
stärker, hatte dann aber an Stärke bedeutend verloren. Auch 
das frische Gift der Wasserschlangen machte das Lackmuspapier 
roth. Proc. Z. 8. p. 75. 


Derselbe stellt a. a. O., S. 73., ein neues Genus Ha- 


madryas auf. 

Die vom Verf. angegebenen Charactere genügen indessen 
nicht zu einer generischen Trennung. Einfache Zähne hinter 
dem Giftzahne finden sich bekanntlich auch bei Naia, so dals 
dieser Charakter, auf welchen Verf. so grolses Gewicht legt, 
nicht unterscheidend ist. Eben so wenig gilt die untere Be- 
kleidung des Schwanzes, welche theils aus einfachen, theils aus 

etheilten, paarigen Schildchen besteht. Bei der Angabe der 

Kopfschilder, deren Verf. 45 angiebt, sind wahrscheinlich die 
oberen Temporalschilder einbegriffen; alles Andere passt auf 
Naja, aulser die nares in duorum scuorum confinio, indessen 
erscheint auch das einfache Nasenschild der Naia@ bei einer min- 
der genauen Ansicht leicht aoppele Die Diagnose der Art H. 
ophiophagus. H. superne olivaceo-viridis, strüs sagittalibus 
nigris cinclus, abdomine glauco, nigro marmorato. Sc. abd. 215 
— 245. Scuta subcaud. 13—32, scutella sube, 63—71, scheint 
sie als neue Art der Gattung Naia zu rechtfertigen. Ihr Name 
in Bengalen ist: „Sunks- Choar.“ Sie frilst Schlangen. Verf. 
fand bei einem seeirten Ex. auch einen Monitor. Beim Angriff 
ihrer Beute benimmt sie sich wie die Brillenschlange, zischt, 
bläht den Nacken auf, erhebt sich und schiefst auf ihren Raub. 
Sie soll eine Länge von 42 F. erreichen. 


Neue Arten: 

Andrew Smith beschreibt in Loudon's Mag. N. S. II. S. 92. 
zwei Arten der Gattung Naia und eine Fipera, sämmtlich aus 
Südafrica. — Eine neue Viper vom Euphrat, F. euphratica 
wurde von Martin aufgestellt. Pr. Z. 8. p. 82. 


b, Innocui (Giftlose.) 

T. Hutton macht in dem Journ. As. Soc. of Bengal ' 

VI. 2. S. 528 interessante Mittheilungen über Python tigris. 
Verf. spricht mit Bestimmtheit aus, dals seine Schlin- 
E tranken. Erst betasteten sie den Napf ringsum mit der 
unge, streckten diese dann mehrmals über den Rand, bis sie 
das Wasser berührte, erhoben dann sogleich den Kopf, tauch- 
ten vorwärts gleitend die Nase in das Wasser und tranken in 
langen Zügen. — Auch Dr. Cantor hat in Bengalen gefunden, 
dals die gröfßsere Anzahl der indischen Schlangen trinken und 
sehr begierig nach Wasser sind. Die Baumschlangen allein 
nimmt er aus. (Pr. Z.S. p.74.) Die Schlinger (Python) schei- 
nen nächtliche Thiere zu sein, denn sie liegen am Tage aufge- 


392 


wıckelt und bewegen sich umher in der Abendkühle gegen 
Einbruch der Nacht. Um Mitte Novembers werden sie auch in 
Indien träge und verschmähen das Fressen bis Anfang April, 
ewöhnlich zusammengewickelt liegend, eine Windung über 
ie anderen und den Kopf über allen. Während dieser Periode 
lassen sie sich wohl zum Beilsen aufreizen, machen aber nie 
den Versuch eine Windung um ihren Störer zu machen. Vom 
April an nehmen sie von selbst Nahrung, gewöhnlich alle 14 
Tage. Wenn sie zuerst ihre Beute sehen, züngeln sie und 
bereiten sich zum tödtlichen Sprunge vor, den sie mit lautem 
Zischen ausführen, und dabei ihre Beute immer möglichst beim 
Kopfe zu haschen und mit Windungen zu umschlingen suchen. 
Das Umschlingen ist das Werk eines Augenblicks. Bei kleinen 
Thieren, Ratten, Tauben u. s. w. unterlassen sie es, haschen 
sie in einem einzigen Bisse und umwinden sie höchstens mit 
dem Halse. Ein Monitor lebte 3 Stunden umschlungen von 
einem Python, während Kaninchen keine 40 Minuten leben. 
Ein Auslluls von Speichel aus dem Munde findet beim Ver- 
schlingen durchaus nicht statt. Einer grolsen Katze konnte ein 
Python nichts anhaben. 

Dr. Clarke’s Bemerkungen über die Ringelnatter (Loud. 
Mag. N. 5.11. 479.) beschreiben das Klettern und Springen, 
genauer, als es von seinen Vorgängern geschehen. 

Das erstere findet nur in Bäumen, die reich an Zweigen 
sind, statt. Die Schlange gleitet entweder von Ast zu Ast in 
Zickzackwindungen oder dreht sich in einer Spirale um einen 
Zweig, indem sie über den Axillen seiner Aeste hinschlüpft. — 
Zum Sprunge legt sie sich in eine Spirale, in welche ihr Vor- 
dertheil die Mitte bildet, und dehnt sich dann plötzlich in Ge- 
stalt einer Sprungfeder aus. Besonders macht sie dies, wenn 
sie bei heilsem Weiter am Ufer des Wassers liegt, Kopf und 
Hals vom Centrum zur Peripherie über die Windungen erhoben. 


Neue Arten: } 

Coluber Chesneii, Coronella modesia vom Euphrat, Coluber 
Cantori aus Indien, Herpetodryas punctifer aus Antigua stellte 
Martin Proc. Z. 8. S. 81 auf (daraus in den Annals of Nat. 
Histor, III. p. 201.) 


3. Saurüi 


Neue Genera und Arten: 

Dr. Andrew Smith beschrieb mehrere südafrikanische 
Saurer in Loud. Mag. N. $. II. S. 30 fig. — nämlich 9 Arten 
der Gattung Cordylus, die er in 3 Untergattungen Gordylus, 
Hemicordylus und Pseudocordylus zusammenstellt, ferner 9 süd- 
africanische Arten der Gattung Lacert« und eine Art der Gat- 
tung Algyra. ib. S. 92. : 

E. Gray gab in den Annals of Nat. Hisı. I. 274. u. 388., 
1. 287. u. 331. eine Uebersicht der spaltzüngigen Saurer mit 


393 


kurzen Bezeichnungen neuer Gattungen und Arten. Ich werde 
gelegentlich auf beide Arbeiten zurückkommen. Ein von Mar- 
tin Proc. Z. $. p. 69. Ann. of Nat. Hist. III. S. 68. neu auf- 
estellter Varan (Faranus Cumingü) von Mindanao scheint von 
ers Monitor marmoratus, den Meyen auf Manila fand 
und ich in dessen Beiträgen beschrieb, nicht verschieden. 
Martin sprach über 3 Chamäleonten von Fernando Po, 
Ch. tricornis s. Ch. Owenii Gray, Ch. cristatus Stwuich- 
bury und eine neue Art Ch. Bibroni. Marti. Proc. Z. S. 
p: 63. Das Exemplar des Ch. eristatus von Fernando Po zeigte 
sich von dem von Stutchbury beschriebenen, welches vom 
Gaboon Fl. stammt, in einzelnen Stücken verschieden; Verf. 
meint, dals diese Verschiedenheit mehr auf Rechnung des Al- 
ters oder Geschlechts zu stellen sei. 


R. Owen (Philos. Magaz. 1838. Jul.) glaubt in der 
Verschiebung der Schwanzwirbel, welche man stets bei den 
Ichthyosauren-Resten antrifft, aufdas Vorhandensein einer grofsen 
vom Hautsysteme gebildeten Ruderflosse schliefsen zu können, 
welche, sei es durch ihr eigenes Gewicht, oder weil sie eine 
breite Fläche den Wellen darbot, bei Zersetzung der Liga- 
mente jene Verschiebung bewirkte. 

Er vermuthet auch, dafs die Flosse nicht horizontal, sondern 
eher vertikal gewesen, denn die Schwanzwirbel der Ichthyo- 
sauren zeigten keine Spur von abgeplatteter Form und bei 
ihrem kurzen steifen Halse sei ihnen zur schnellen Seitenbewe- 
gung des Kopfes ein verlikaler Schwanz durchaus erforderlich 
gewesen. (Die piscivoren Delphine führen indessen auch die 
geschicktesten und schnellsten Bewegungen aus. Ref.) 


Beschreibung des Plesiosaurus macrocephalus Conyb. von 
demselben Verf. Ann. of Nat. Hist. I. S. 64. 


Von S. Müller erhielten wir interessante Mittheilungen 
über die indischen Krokodile und die Beschreibung einer 
neuen Art von Borneo Croc. Schlegelii, deren Schädel 
abgebildet ist. (Tijdschrift voor naturlijke geschied. V. 
S. 61. fg.) 


Die Art steht in vieler Hinsicht zwischen den eigentlichen 
Krokodilen und den Gavialen in der Mitte, ersetzt letztere auf 
den Sunda-Inseln. Die Malayen nennen sie sehr bezeichnend: 
Boeja sapiet, (Kneifzangen-Krokodil, wegen der langen 
schmalen Kiefer.) Der Hirntheil des Schädels ist weniger breit 
als der des Ganges-Gavials; aber länger, also mehr wie bei den 
eigentlichen Krokodilen, der Kiefertheil ist stärker, an seiner 
Basis vor den Augen nicht plötzlich verschmälert, wie beim 
Gavial, sondern vom Schädeltheile ab mehr geradlinig zulau- 
fend; die Stellung der 4 vorderen Zähne wie beim Gavial, alle 
anderen Zähne stehen nicht nur in einer perpendikulären Rich- 
tung hinter einander, sondern sind auch weniger gebogen und 

V. Jahrg. 2. Bd, 26 


394 


nicht so scharfspitzig, und dazu viel ungleicher; der neunte im 
Oberkiefer wie bei den Krokodilen der grölste. Die Nasenan- 
schwellung des alten Gavial fehlt. In der Oberkinnlade jeder- 
seits 20, ım Unterkiefer 19 Zähne. Auf dem Halse 2 Reihen 
Schilde, die vier vordersten die gröfsten. Auf dem Rücken bil- 
den sie 6 Längsreihen, die Schildchen jeder äufseren die klein- 
sten, schief, langstreckig; die anderen mehr vierseitig, die der 
beiden mittleren Reihen sogar breiter als lang. Alle Schilde 
der Oberseite haben starke Kiele. Die beiden Zackenkämme sei- 
nes Schwanzes stolsen etwa auf dessen Mitte zusammen. Im 
Nacken jederseits 6— 9 kleine stark erhabene Schuppen, in 2—3 
Längsreihen. Charakteristisch sind die ziemlich grolßsen, lang- 
streckig vierseitigen Schilder an Kehle und Bauchseite, vor 
den Vorderbeinen bilden sie einen breiten Kragen. Die Farbe 
gelblich braun, zuweilen ins Olivenbraune fallend, oben mit 
vielen braunschwarzen Flecken, an dem Schwanze 7—8 dunkele 
Binden. — Häufig in dem Binnenlande von Borneo in ruhigen 
Gewässern, Gräben, selten in schnellflielsenden Strömen; nährt 
sich von Fischen, Monitoren, Wasservögeln, Affen u. s. w. 
Den Menschen ist er weniger gefährlich AR der Cr. biporcatus. 
Sein Nest mit 28 Eiern war ein etwas platter kegelförmiger 
Haufen Erde mit modernden Blättern und Holzstückchen, 10 
Schritt vom Ufer, 2% Fuls hoch, unten ungefähr 4 Fuls breit. 
Eine Höhle von 12 Zoll Durchmesser enthielt die etwa 1 Fuls 
hoch mit grünem Moder überdeckten Eier, 


4. Cheloniı. 


Lieut. T. Hutton gab eine Naturgeschichte der indischen 
Testudo geometrica, (Journ. of the Asiat. Soc. of Bengal), 
welche sich in Indien in den Hügeln von Meywar und der 
Umgegend in hohen grasigen Janglas (janglas) findet. 

Bei Annäherung der kalten Jahreszeit suchen sie geschützte 
Plätze, drücken sich mit ihrer Schale in hohe Grasbüschel und 
verfallen in eine lethargische Unthätigkeit, bis zum Beginn der 
heifsen Jahreszeit um Mitte Aprils, in welcher sie sich während 
der Tageshitze verbergen nnd gegen Sonnenuntergang nach 
Nahrung ausgehen. Dann gehen sie auch gern in’s Wasser. 
In milden intern gehen sie auch in den Mittagsstunden ihrer 
Nahrung nach. Sie trinken Wasser in grofser Menge. In der 
Regenzeit sind sie am lebendigsten, dann ist auch ihre Begat- 
tungszeit, die vom Ende Juni bis Mitte Octobers dauert. Oft 
besteigen zwei bis drei Männchen hinter einander ein Weib- 
chen. Die Copula dauert 10—15 Minuten, wobei das Männ- 
chen ein Grunzen hören lälst. Schon gegen Mitte Novembers 
fangen die Weibchen an Löcher zum Eierlegen zu graben. 

Die Jungen der Emys serpentina, welche mit vollem Rechte 
wegen ihrer Beilsigkeit den Namen snapping-turtle führt, sah 
der Fürst v. Neuwied schon um sich beilsen als sie eben die 


395 


Eischale verlassen hatten. (Reise l.S.55.) Beschreibung einer 
Emys, E. elegans ib. S. 213. 

Derselbe erlauchte Reisende giebt S. 140. die Beschreibung 
des Trionyx ocellatus Say, den er mit Recht, weil der Name 
vergeben, in annulifer umtauft, und weist diese Art als ver- 
schieden von den beiden andern Arten Nordamerikas nach. 


XU. Aves. 


In der geographical and comparalive list of the birds of 
Europa and North America des Fürsten von Musignano, 
Ch..Lucian Bonaparte, erhielten wir eine vortreflliche Zu- 
sammenstellung der Faunen beider Continente. (London 1838.) 
In zwei gegenüberstehenden Columnen werden die sich 
pepenseitie ersetzenden Formen einander gegenübergestellt; die 
eiden Erdtheilen gemeinsamen Arten sind in beiden Golumnen 
aufgeführt. Wo ersetzende Formen auf dem anderen Conti- 
nente fehlen, ist dies durch eine Lücke auf dessen Columne 
bemerklich gemacht. Viele Vögel Nordamerikas welche man 
bisher für specie identisch mit den europ. hielt, finden wir als 
verschiedene Arten aufgeführt; wobei wir nur leider die Angabe 
der unterscheidenden Charaktere sehr ungern vermissen; so den 
Falco lagopus Wils. als Butüetes Sancti- Johannis, den Buteo 
vulgaris Nordamerica’s als B. Swainsonü, den Falco peregrinus 
Wils. als F. anatum Bon., den F. cyaneus als Sirigiceps uli- 
ginosus, Sirix Otus Wils. als Otus americanus, Sirix Teng- 
malmi Richards. als Nyctale Richardsoni, Sirix flammea als 
Strix pratincola Bon., Certhia familiaris Wils. als C. americana, 
Ardea nycticorax MWils. als Nycticorax americana, Scolopax 
Gallinago Wils. als Gallinago Wilsoni, Anas ferina Wils. 
als Airhya erytrocephala, Anas fuligula Wils. als Fuligula ru- 
füorques, A. clangula Wils. ala Clangula americana, die Sula 
Bassana Nordamerica’s als S. americana. — Haliäetos albicilla u. 
H. WW ashingtonii werden einander als Repräsentanten gegenüber- 
estellt, H. leucocephalus als beiden Faunen gemeinsam aufge- 
ührt; doch ist letzterer in Europa gewils nur ein sehr zufälli- 
ger Fremdling; dagegen scheint mir der F. W ashingtoni Aud. 
mit dem F. ossifragus Nilss. identisch, und würde dann der 
borealen Zone beider Continente gemeinsam sein. In Europa 
kommen nach dem Verf. 508., in Nordamerica 474 Arten vor; 
Europa besitzt 403 Arten, welche sich nicht in Nordamerica 
finden, und Nordamerica 374 Arten, die in Europa fehlen. Nach 
der Zusammenstellung beschränkt sich die wirkliche Identität 


26 * 


396 


der Arten fast nur auf die Vögel des höheren Nordens beider 
Continente, sie ist daher am häufigsten bei den Wasservögeln. 
Bei den Tagraubvögeln nur Aquila chrysäetos, denn Falco is- 
landicus, den Verf, als beiden Faunen geminsam aufführt, ist nach 
Hancock vom grönländischen verschieden (s. unten); vonEulen: 
Strix funerea Lath., Strixnyctea L., Str, brachyotus, Str.nebulosaL. 
Die Differenz sprichtsich amstärksten aus bei den ei Sing- 
vögeln, indem nicht allein nur wenige und zwar körnerfressende 
Arten des höheren Nordens beiden Continenten gemein sind, wie 
Fringilla borealis Savi und F. linaria L., Plectrophanes calca- 
ratus und nivalis, Corythus enucleator und Loxia leucoptera Gm., 
sondern indem auch oft einander entsprechende Arten und selbst 
generische Gruppen gänzlich fehlen. Unter den Hühnern be- 
schränkt sich die Identität nur auf 3 Schneehühner: Lagopus 
albus, L. mutus und L. rupesiris, während Europa Lagopus 
scoticus und .L. brachydaciylus Temm., und Nordamerica die 
L. leucurus Sw. als eigenthümlich besitzt. Unter den Wad- 
vögeln sind beiden Continenten gemeinsam: Sirepsilas önterpres, 
Tringa maritima Br., Tr. Canutus L., T. rufescens Vieill., 
Pelidna subarguata Cuv., P. cinclus, P. Schinzii, P. pectoralis 
Bon., Calidris arenaria, Tringa macularia, Tr. Bartramia Wils., 
Phalaropus hyperboreus Lath. 


Von Audubon’s Ornithological Biography or an 
account of the Birds of the United States of America 
erschien der 4te Band. London et Edinb. in gr. 8. 

Audubon weicht hinsichtlich der Identität in einigen Punk- 
ten vom Prinzen v. Musignano ab; so. ist nach ihm die Sula 


bassana beiden Erdhälften eigen, ebenso Circus cyaneus und 
Hirundo riparia, über welche letztere der Prinz zweifelhaft bieb. 


Der II. Band von I. Gould’s Birds of Australia er- 
schien. London. 1838, fol. 

Er enthält Abbildungen von Chaetura macroptera Swains. 
(Hirundo caudacuta Lath.?), Dacelo cervina Gould., Pachyce- 
phala pectoralis Fig. Horsf. (Muscicapa pectoralis Lath.) (Verf. 
hält Pachycephala striata Fig. für das Männchen oder ein jun- 
ges Weibchen), Pita Figorsi (der P. brachyura ähnlich und 
von Vigors und Horsf. für dieselbe genommen); Amadina casta- 
notis Gould., Nestor hypopolius Gould. (Psittac. Nestor Lath.), 


Platycercus "aematogaster ,„ Myzomela nigra, Apieryx australis, 
Aegialitis Monachus Gould. (Charadrius Monachus Geoffr. Wagl.) 


Kurze Beschreibungen vieler neuer Vögelarten gab Swain- 
son im Anhange zu seinen Animals of Menageries. Lon- 
don 8. 

I. Gould’s Icones avium or figures and descriptions 
of new and interesting birds from various parts of the 
Globe. Part. 1. London 1837. fol. enthält: 


397 


‚Eurylaemus Dalhusiae, Todus multicolor, Janthocincla phoe- 
nicea Indien; Calliope pectoralis, Micrura squamata beide vom 
Himalaya; Paradoxornis flavivostris; Pteroglossus Gouldii Nat- 
terer Brasilien; Numida vuliurina Hardw. Westafrica, Orthyx 
plumifera, Cursorius rufus. Der zweite Theil erschien 1838 
und ist ausschliefslich der Tagschläferfamilie gewidmet; ich kenne 
ihn, wie den ersten noch nicht aus eigener Ansicht. 


Für die Europäische Fauna sind hier noch folgende Ab- 
handlungen anzuführen, welche die Fauna einzelner Gegenden 


zum Gegenstande haben. 

Nowicki zur Fauna Preufsens. Pr. Provinz. Bl. Bd. 20. S. 
273. — W. Thompson über die Vögel Irlands. Ueber dieRaub- 
vögel Magaz. of Zool. and Botan Il. p. 42. u. 170. Ueber die 
Singvögel Annals of nat. Hist. I. S. 13,156, 181 und II. 5.427. 
P. I. Selby über die Fauna von Twizel Mag. Zool. and Bo- 
tan. II. p. 397.— T. C. Eyton über die Fauna von Shropshire 
und North Wales Ann. of Nat. Hist. I. S. 293. u. II. S.52. — 
W. €. Hewitson ornithologische Bemerkungen über Norwe- 
gen. Mag. of Zool. and Bot. Il. S. 309. 

Der 9te Band von Naumann’s vortrefllicher Naturge- 
schichte der Vögel Deutschlands wurde beendigt. 

Er enthält den Schluls der Wadyögel (Ardea, Ciconia, 


Platalea, Grus, Phoenicopterus, Glareola, Rallus, Crex, Galli- 
nula) und den Anfang der Schwimmvögel (Fulica, Colymbus.) 

Der Pfarrer Büttner bemerkt, dafs in Kurland die An- 
kunft der Zugvögel sich mehr nach dem Kalender, als nach 
der herrschenden Witterung richte. 

Corvus frugilegus erscheint am 3. März, die Nachtigall am 
4 Mai. Obwohl die Erde mit hohem Schnee bedeckt, die Flüsse 
mit fester Eisrinde überzogen waren, Are dennoch Staare, 
Tauben, Lerchen den 12. März an, die Bachstelzen den 30. März, 
die Störche den 2. April. Am 12. April lag noch 2 Fufs hoch 
Schnee und die Zugvögel waren wieder völlig verschwunden. 
(Isis 1838.) 

Von langer Ledensdauer bei Vögeln erzählt Weifsen- 
born (Loud. Mag. N. S. II. S. 110.) zwei Beispiele. 

Ein grauer ni wurde von zwei Besitzern 73 Jahre 
hindurch gehalten; befand sich aber in vollständigem Marasmus. 
Gesichtssinn und Gedächtnils haiten ihn verlassen, letzteres fing 
schon im 60sten Jahre an schwach zu werden; er lernte nichts 
Neues und vermengte die geiernten Phrasen oft in lächerlicher 
Weise. Bis zum 60sten Jahre mauserte er regelmälsig einmal 
jährlich; die rothen Federn in seinem Schwanze wuraen zuletzt 
mit gelben vertauscht. — Eine es wurde von verschiede- 
nen Besitzern über 30 Jahre bis zu ıhrem Tode in einem Käfig 
gehalten. Noch in den späteren Lebensjahren sang sie. 


398 
- IN a t art iorVe's: 


"A Monograph on the Anatidae or Duck Tribe by 
T. C. Eyton Esq. London 1838. 4to., mir noch nicht aus 
eigener Ansicht bekannt. 


Das Skelett und die Luftröhre einer Art aus jeder der 
Zünfte und Genera sind abgebildet, von jedem Genus ist 
Schnabel und Fuls der typischen Art in Holzschnitt dargestellt. 
Der specielle Theil beschreibt 125 Arten, von denen 6 von 
Gould schön abgebildet sind. 

F. Naumann beschrieb in diesem Archiv Bd. I. S. 361. einen 
zweiten deutschen Singschwan, den er für CGygnus islandicus 
Brehm. erkannte; aber zweifelhaft blieb, ob er auch mit ©. 
Bewickii Yarr. identisch sei. Ref. suchte in einem Zusatze diese 
Zweifel zu entkräften, und sandte um in der Sache ganz auf’s 
Reine zu kommen, einen Abdruck der Abhandlung an Hrn. 
Yarrell. Dieser. antwortete: Mr. Brehms islandicus is 
the same as my CO. Bewickii. Your fisures are correct re- 
presentations of Ihe head und breastbones of the C. ferus and 
ihe new C. Bewickii.“ Auch Baillon (ZInsil. p. 420.) fand 
bei drei Exemplaren des C. Bewickü Yarr. die Aushöhlung des 
Brustbeins dl den Verlauf der Luftröhre nicht so, wie sie 
Yarrell beschreibt, dagegen traf er unter 50 Individuen des 
C. musicus (Anas cygnus L.) bei zwei, und zwar weiblichen 
Individuen die Höhle des Brustbeins ganz so, wie sie Y. von 
GC. Bewickii angiebt; bei einigen andern war die Beschaffenheit 
des Brustbeins wenigstens ähnlich. Bei jenen beiden Exempla- 
ren blieb aber das Ende der Höhle leer, indem die Luftröhre 
nicht ganz hinabreichte, auch behielt die Luftröhre wie bei den 
vom. Verf. untersuchten Ex. des ©. Bewickii in ihrem Verlaufe 
durchaus eine vertikale Richtung bei. Verf. vermuthet nun, 
dals die von Yarrell beschriebene Verlängerung und Richtung 
der Luftröhre bei C. Bewickii nur zur Begattungszeit Statt habe, 
so wie bei Platalea alsdann die Luftröhre eine merkliche Krüm- 
mung zeige, ja er geht so weit anzunehmen, dafs sie dann die 
beiden Patien des Brustbeins von einander dränge (!!) Aus 
Yarrell’s, von mir a. a. O. S. 367. mitgetheilten Beobachtungen, 
ergiebt sich, dafs die Veränderung in der Höhle des Brustbeins 
und in der Länge und Beugung der Luftröhre vom Alter ab- 
hängig ist, und dies ist glaublicher, wenn auch individuelle 
Verschiedenheit dabei hinzutreten mag. Als unterscheidender 
Charakter des ©. Bewickii verliert die Höhlung des Brustbeins 
nach Baillon’s Beobachtungen allerdings jede Bedeutung, da- 
gegen will B. in den Bronchien, welche zweimal kürzer als bei 
C. musicus und von anderer Gestalt sein sollen, eine anatomi- 
sche Verschiedenheit beider gefunden haben, Er hält übrigens 
den C. Bewickii auch für eine gut unterschiedene Art und 
glaubt, dals sie mehr amerikanisch als europäisch sei, dagegen 
führt sie Ch.Bonapartein der oben erwähnten Liste nicht in 
der Columne der amerikanischen Vögel auf, sondern nur unter 


399 


den europäischen und stellt ihr als Repräsentanten den €. Buc- 
cinator Richards. gegenüber, während er dem Cygnus musi- 
cus den C. americanus Sharpless auf der nordamerikanischen 
Seite entgegensetzt. Blainville hat bei Mittheilung der 
Baillon’schen Notiz ein Verzeichnils der Cygnus-Arten gegeben, 
in welchem er bemerkt, dals Gaimard ein Ex. des ©. musicus 
von Island mitgebracht habe. Dies mufs Ref. vorläufig den 
kritischen Bemerkungen entgegenstellen, welche Prof. Reinhardt 
egen Naumann’s Unterschiede in Kröyer’s Naturhist. Tidskrift. 
d. 2. Hft. 5. 1839. S. 527. mitgetheilt hat, denn es wird da- 
durch zweifelhaft, ob die dem Königl. Museum in Kopenhagen 
eingesandten Singschwan-Skelette sämmtlich dem C. Bewickii 
Yarr. oder €. islandicus Br. angehören. Ferner sagt Blainville, 
dals die englischen Vogelhändler den Oygnus immutabilis Yarr. 
(s. Jahrg. IV. I. S.371.) polar swan nennen, also nicht Bep 
swan, wie Hr. Y. angab und daraus folgerte, dals diese Art 
der Ostsee angehöre. Ch. Bonaparte giebt von dieser Art das 
nördliche Europa als Vaterland an, freilich sehr unbestimmt. 
Thalassidroma (Procellaria) Wilsoni wurde bei Pol- 
erro in Coruwall auf einem Felde todt gefunden; Jon. Couch 
at eine Vergleichung dieser amerikanischen Art mit T'. pelagica 
egeben. Ann. of Nat. Hist. II. 372. Derselbe hat eine neue 
Käse (Larus Jacksoni) unterschieden (Fauna of Cornwall y.$8. 
Ann. of N. H. 11. 381.) Sie hat das Gefieder der Herings- 
Möve doch mehr glänzend, ist etwa 4 Zoll länger und über- 
trifft jene in Flügelweite um 9Zoll. Der Schnabel ist gedrun- 
gen und viel blasser; die Beine livid Nleischfarbig. 


2. Grallae. 


Hornschuch und Schilling entwickelten die Verschie- 
denheit von Limosa Meyeri und L. rufa Brifs. und be- 
schreiben die verschiedenen Kleider der ersteren. Dies Archiv 


IV. 1. S. 167. 

WW, Thompson giebt einen umständlichen Bericht über 
das Brüten der Scolopax rusticula L. in Irland. Ann. of Nat. 
Hist. I. S. 337. — Hodgson hat in dem Journ. of the Asiat, 
Soc. of Bengal V1. I. S. 489. die schon früher in diesem Ar- 
ehiv (III. 2. S. 218.) erwähnten Schnepfen Nepals genauer be- 
schrieben. Nur nennt er dort die erh heterura: @. 
biclavus und die andere Art mit 14—16 ‚gleichgeformten 
Schwanzfedern G. uniclavus. Letztere ist wohl nur unsere 
Sc. gallinago. Die Waldschnepfe Nepals hat das Ansehen der 
‚europäischen, soll aber kleiner sein, was indel[s aus den Maalsen 
nicht hervorgeht. 

Dr. John Hancock (Loud. Magaz. II. 490.) gab Nach- 
richten über Psophia crepitans. 


Sie macht ihr Nest in dem Dickicht der Wälder, legt zwei 
hellaschfarbige Eier, kleiner als die des Huhns; (nach Ändern 


400 


bekanntlich 140—16) beide Eltern beaufsichtigen die ausge- 
schlüpften Jungen, und das Männchen schützt das brütende 
Weibchen. Nur das Männchen läfst den bekannten Bauchred- 
ner-Ton hören, nur bei ihm hat die Luftröhre die eigenthüm- 
liche Struktur, dafs sie unter der Haut am Unterleibe Eis einen 
Zoll weit vom After hinabsteigt, darauf eine Duplicatur. macht 
und so in die Brusthöhle gelangt. In dieser Einrichtung will 
Verf. die Ursache jenes seltsamen Tones finden. 


3. Cursores. Laufvögel. 


Auch das Jahr 1838 hat unsere Kenntnifs‘ von..Aptery& 
vervollständigt. 


“ Gould, der eine schöne Abbildung in seinen Birds of 
Australia giebt, stellt die Gattung zu den Straufsvögeln und 
vergleicht sie besonders mit Rhea. Wie bei dieser fehlt die 
accessorische Plumula den Federn, während sonst die Struktur der 
Federn mehr mit denen des Kasuars übereinstimmt. Nach Aussage 
eines Neuseeländers soll es dort noch eine zweite Art mit kür- 
zerem und dickerem Schnabel geben. — Von besonderer Wich- 
tigkeit sind ferner Owen’s anatom. Untersuchungen, welche 
bereits in diesem Archiv V. Bd. 1. mitgetheilt wurden. 


4 Rasores s Gallinacei. Hühner. 


Eine merkwürdige Fasanenform aus Tibet beschrieb B. 
H. Hodgson (Journ. of the Asiat. Soc. of Bengal VI. 2. 
S. 863., abgebildet Taf. 46. im Umrisse.) : 


Verf. ist unschlüssig, ob er sie mit Phasianus vereinigen oder 
eine eigene Gattung, Crossoptilon, daraus bilden soll, weil 
er nur den Balg hi Vogels sah, und über die Stellung der 
Schwanzfedern in Ungewilsheit blieb. Der stufige Schwanz 
besteht aus 48 sehr breiten Federn, erschien am Balge breit 
convex, ohne Spur der Compression und Krümmung, welche 
er bei den‘ Hühnern hat. Die mittleren Schwänzfedern ‚sind 
nicht übermälsig verlängert. Der Schnabel kürzer als der-Kopf, 
sehr stark, an de Basis nackt, dem des Lophophorus. ähnlich, 
die Ränder des Oberschnabeis scharf und gezähnelt. (Ber Ab- 
bildung nach gegen den Mundwinkel zu serrato-dentata).. Kopf 
und Hals befiedert. Wangen von der Nase zum Hinterhaupt 
nackt, roth, warzig. ‘Die Federn des Scheitels kurz, sammet- 
artig, dicht, aufrecht, mit ihren zerrissenen rechtwinkligen 
(square) Spitzen etwas gegen die Stirn gekrümmt. : Flügel wie 
ewöhnlich..  Tarsen nackt, vorn und hinten: geschildet, mit 

porn. Seitenzehen gleich lang, Mittelzehe lang, Hinterzehe 
wie gewöhnlich. (Die Abbildung zeigt keine Bindehäute zwi- 
schen den Zehen; die Beschreibung sagt darüber nichts.) Das 
Gefieder sehr locker, glanzlos, ganz zerschlissen, so dafs es an 


401 


das der Struthioniden erinnert. Farbe der Art, Cr. vhibetanum, 
bläulich weilsgrau; blasser, gelblich an der Unterseite; Scheitel 
schwarz, sammetartig; Flügel- und Schwanzfedern schwarz, 
mehr oder minder blauschimmernd, Fülse, Wangen blauroth, 
Schnabel ochergelb, Iris braun. Länge an 40 Zoll, wovon der 
Schwanz 49—20 Zoll milst. 


Von I. Geoffroy St. Hilaire eine neue Hühnergattung, 
Mesites, von Madagaskar. 


Sie erinnert durch ihren Flügelbau an Penelope, . durch 
Schnabel und Nasenlöcher an Heliornis, durch die Fulsbildun 
an die Tauben, besonders die Hühnertauben. Verf. glaubt, ER 
sie eine neue, neben die Tauben zu stellende Familie bilden 
müsse. Schnabel, fast von Länge des Kopfs, fast gerade, zu- 
sammengedrückt, Oberkiefer ohne hakige Spitze oder Aus- 
schnitt mit stumpfem Ende, "Wachshaut reicht bis zur Hälfte 
der Schnabellänge, unter ihrem vorderen Ende, nahe und pa- 
rallel den Tomien die linearen Nasenlöcher; Unterkiefer macht 
an der Vereinigung seiner Aeste einen Winkel. Beine befie- 
dert, eine kurze Strecke über dem Hackengelenk nackt und 
schuppig; Tarsen mittelmälsig, geschildet; File 4zehig, Zehen 
ohne Bindehaut, nur nahe an Ban Ursprunge eingelalst (bordes). 
Mittelzehe die längste, Innenzehe etwas länger. äls die äulsere, 
diese mit,der mittleren, aber, nur, in ‚sehr, geringer Länge ver- 
bunden (uni); ‚Hinterzehe fast so lang wie die Innenzehe; Nä- 
gel klein, zusammengedrückt,; sehr wenig gekrümmt. Schwanz 
aus 42 langen sehr breiten Federn, von denen ‚die äulseren 
etwas kürzer sind; lange Schwanzdeckfedern; Flügel kurz, kaum 
über die Schwanzwurzel hinausreichend, sehr stunpf, 5te und 
6te Schwinge ‚die ‚längsten. Gefieder weich, locker. M.va- 
riegata.; Auf’ der Oberseite rostfarbig wie dürres Laub; Bauch 
rostroih ‚mit schwarzen _Strichen,. Brust hellgelb mit schwarzen 
elliptischen queergestellten Flecken; Gurgel weils. Seitlich an 
Kopf und Hals über dem Auge we ein hellgelber Streif, tiefer 
eine nackte Stelle vor und binter dem Auge, darunter eine un- 
Bengalige gelbe Binde, durch einen schwarzen Fleck von 
gr Gurgel getrennt. Grölse 0%,297. (Ann. d. Sc. nat. IX. 

- 188. 18. 

Die Sn Fr. Naumann als in der Türkei vorkommend er- 
wähnte Golumba risoria. (s. Arch. III. 4. S. 106.) findet sich 
nach v. Noordmann auch im südlichen Rulsland.: ‚Bull.scientif. 


d.. St. Petersb. III. 327. 


o- 
E77 5. Insessores. Hocker. 


Aus einer Reihe von Aufsätzen von, Edw. Blyth 
über die Systematik der Insessoren (Loud. Mag, N. S. I. 
S. 257. 314. 351. 420. 589.) ersieht man mit Vergnügen, 
dafs eine ‚natürliche‘ Systematik ‚dieser Vögel, wie sie, haupt- 


402 


sächlich durch Nitzsch anatomische Forschungen hervorgeru- 
fen, bei uns festeren Fufs zu fassen scheint, nun auch in 
England auftaucht. Schwerlich wird sie aber den dort belieb- 
ten quinären Schematen so leicht den Hals brechen. 

Verf. welcher wirklich die Vorarbeiten von Nitzsch inicht 
ekannt zu haben scheint, ist theils durch Benutzung des Wer- 
es von L’Herminier über das Brustbein der Vögel, theils durch 

eihene anatomische Untersuchungen fast zu denselben Resultaten 
gelangt, wie lange zuvor bei uns Nitzsch.— Dieselben Vögel trennt 
er wie dieser als des Singmuskelapparats beraubt von den Sängern 
ab, und nennt sie Insessores heterogenei oder Strepitores, die er 
denn wieder in viele Familien zertheilt und diese in 3 Unter- 
abtheil. Syndactyli, Zygodactyli und Heterodactyli zusammenfasst. 
Zu den ersteren zieht er die Buceriden, Epopiden, Meropiden, 
Haleyoniden, Todiden, Galbuliden, Prioniten; zu den Zygo- 
dactylen die Rhamphastiden, Musophagen mit Einschluls von 
Colius, die Bucconiden, Piciden, Tamatiaden, Cuculiden; zu 
den Heterodactylen die Trogoniden, welche aber wohl trotz 
ihrer abweichenden Fufsbildung, auf die man erst jetzt (!) in 
England aufmerksam geworden, zu der vorigen Abtheilung ge- 
hören, die Caprimulgiden, Cypseliden, Trochiliden." ‘Verf. fand 
sehr entwickelte Blinddärme bei Todus, Galbula, Trogon, Scy- 
ihrops; gar keine bei Picumnus und Trochilu. Menura un 

sogar Megapodius, welchen letzteren Nitzsch bei der Hühnern 
läfst, werden vom Verf. als drosselähnliche Singvögel angesehen. 
Pipra, Rupicola, Calyptomene, Eurylaimus reiht auch er unter 
die ächten Sänger. 

Die Synopsis avium ab Alcide d’ Orbigny in 'itinere per 
Americam merid. colleciarum von A. de Lafresnaye in Guerin’s 
Magas. de Zool. für 1838. behandelt die Sturniden, Corviden, 
Certhiaden, nebst Xenops, Anabates, Anumbius, Uppucerthia, 
die Nectarinien, Trochiliden und Syndactylen. 


a. Canori. Eigentliche Singyögel' oder Sperlings- 
vögel. (Passereaux) 

The natural arrangement and relations of the family of 
Flycatchers or Muscicapidae by Will. Swainson. Kdinburgh 
4838. 8. bildet den 10. Band der Ornithology in. Jardine's 1 
Naturalists Library. Immer wird als Typus der zahlreichen 
Genera nur eine Art beschrieben und abgebildet; mithin hat 
das Buch nur insofern Nutzen, als man durch dasselbe des Verf. 
zahlreiche generische Trennungen am leichtesten kennen ler- 
nen kann. u 

Für den Winterschlaf der Schwalben haben sich in 
Frankreich wiederum einige Stimmen erhoben. (Instit. p.157. 


4165. u. 310.) 
In der Mitte des Winters 1837., schreibt Hr. Dutrochet der 
Akademie als Augenzeuge, wurden 2 Schwalben im Winter- 


403 


schlafe in einer Mauervertiefung im Innern eines Gebäudes ge- 
funden; unter den Händen derer, welche sie fanden, lebten sie 
bald auf und flogen davon. Der berühmte Larrey fügt (p.165.) 
hinzu, dals er gegen Ende des Winters 1797. aus Italien heim- 
kehrend, im T ä Maurienne in einer tiefen Höhle eines ZAi- 
rondelliere benannten Berges eine grolse Mauss Schwalben, 
wie ein Bienenschwarm aufgehängt, gefunden habe. Der Berg, 
in welchem jene Höble ist, hat seinen Namen daher, weil 
er bei Anfang der Winter mit Schwalben bedeckt ist. — 
Povley will in Deutschland drei Schwalben in einer Eis- 
masse eingeschlossen gefunden haben (!?); zwei starben als 
man sie daraus zu befreien versuchte, eine kam ins Leben und 
‚lebte einige Stunden. 
Viele neue Genera wurden aufgestellt: 

Zwei aus Madagaskar von Isid. Geoffroy St. Hilaire: 
Philepitta und Oriolia. Die vorläufigen Beschreibungen in 
den Ann. d. Sc. nat. 9. S. 187. und 188., und Inst. p. 128. 
lassen die Unterschiede und Beziehungen nicht gehörig her- 
vortreten. — Mehrere Genera indischer Vögel von Hodgson 
im Journ. of the Asiatic. Soc. of Bengal. so Paludicola ib. 
Vol. VL P. I. p. 103., Yuhina ib S. 230., Tesia ib. S. 101., 
Larvivora, über welche ich gelegentlich ausführlichere Mit- 
theilungen machen werde. — Sykes bildet aus Alauda Calan- 
dra ein besonderes Genus: Londra Proc. Z. S. p. 114. Zwei 
Genera der Coerebiden (Nectarinien) von de Lafresnayes Sy- 
nopsis Jvium etc. in Guerin’s Magas. d. Zool. 1838. Cl. 11. 
Serrirostrum: Coerebae affıne, maxilla valde sinuosa, basi 
parum depressa, postice ascendente, apiceque tandem uncinato- 
curvala, conicis, ante uncum duobus aut tribus dentibus obliquis, 
mandibula per totam longitudinem sursum curvata maxilla bre- 
viore, ut in Genere Xenopis Ill, mit 2 Arten $. carbonarium 
und siztoides aus Bolivia und Conirosirum Lafresn. rostro 
rectissimo, conico, compresso; pedibus, alis, moribusque melli- 
voris illis (Coerebae et Serrirostro?) affıne, generisque Dacnis 
aeque vicinum. C. cinereum in Bolivia und Peru. 


Bemerkungen über einzelne Arten: 

Fürst Max z. Wied (Reise I. S. 440.) hält wie der Prinz 
v. Musignano die amerikanische Krähe (Corvus corone Hils. 
C. americanus Aud.) für specifisch verschieden von der europäi- 
schen. Die Grölse beider sei ziemlich gleich, auch alle übrigen 
Verhältnilse übereinstimmend, selbst die Zahl der Schilder auf 
Tarsen und Zehen; nur scheine der Schnabel der amerikanischen 
kürzer und schlanker; auch fehlen ihr die zugespitzten Federn 
an der Vorderseite des Halses, statt deren sie fein zerschlis- 
sene gleich denen des Rückens hat. Auch die Stimme ist ab- 
weichend. 

De la Fresnayes vindicirt sich gegen Swainson die 
Priorität seiner Entdeckung v. 4833., dals Ampelis carnifex 
eine Pipra sei. In Deutschland wissen wir dies aber durch 
Wagler seit 1830. (Isis 1830. S. 938.) 


404 


Sitta syriaca Ehrb. kommt nach dem Pr. v. Musignano 
auch in Dalmatien vor, ist $. Neumayeri Michah. Sie ist 
Faun. ital. 22. neben $. europaea abgebildet. 

v. Nordmann erweiterte unsere Kenntnils von der Ro- 
senamsel, durch eine vortreffliche Schilderung der Anatomie 
und Lebensverhältnilse dieses Vogels. Bulleı. scientif. de Petersb. 
V. p. 1. fg. s. Jahrg. VI. Bd. 1. dieses Archivs. 

Von Eydoux und Gervais erhielten wir anatomische Be- 
merkungen über Phytotoma in Guer. Magas. d. Zool. II. pl. 56. 
Sie hat das Brustbein der Finken; trotz ihrer rein vegetabili- 
schen Nahrung einen kurzen weiten Darm, von gleichem Durch- 
messer, so dals Dünn- und Dickdarm nicht zu unterscheiden 
sind, zwei kleine Coeca nicht fern von der Kloake, einen star- 
ken Muskelmagen, einen wenig abgesetzten Vormagen, keinen 
Kropf, eine harte, wenig ern Zunge. 


Neue Arten: 


Zu den 6 von de la Fresnayes in Guer. Magas.de Zool. 
(4837.) aufgeführten dickschnäbligen Tangara-Arten (Rhampho- 
celus) fügte Ch. Bonaparte eine neue Art Ah. icieronotus 
hinzu: Nigerrimus, dorso postico uropygioque flavissimis. Ame- 
rie. merid. — Eine achte Art, RA. Luciani, hat dann La 
Fresnayes selbst (Guer. Rev. Zool. p. 54.) aufgestellt. Aehn- 
- lich dem R. dimidiatus, auf dem Kopfe bis zum Nacken 
dunkelpurpur-granatfarbig; Körper schön sammeischwarz, Bürzel, 
Schwanzdeckfedern, Vorderhals und Brust schön scharlachroth ; 
Seiten und Bauch etwas mehr ziegelroth; auf der Mitte des 
Bauchs ein schwarzer Längsstreif. 

Orpheus longirostris de la Fresn. dem nordamerikani- 
schen ©. rufus ähnlich, unterscheidet sich durch einen merk- 
lich längeren Schnabel, eine mattbraune Oberseite, schmälere 
Queerbinden auf dem Flügel und kleinere Terminalflecken. — 
bewohnt Mexico und Californien. (Aevue Zool. p. 55.) 

v. Gould Piilotis ornata (Swan-River) und flavigula 
(Vandimensland und Neu Süd-Wales). Proc. Z. $. p. 24. 

Von La Fresnayes in der Synopsis Avium ete. in Guer. 
Mag. 1838. Cassicus atrovirens Lafr. Bolivia; C. yara- 
cares eben daher; C. chrysonotus eben daher; Icterus 
mazxillaris von den westl. Anden; J. brevirostris Corrien- 
tes; Garrulus viridi-cyaneus. Dendrocoloptes atriros- 
tris Bolivia; Anabates squamiger, gutituratus, ruficaudatus, 
certhioides, guituralis,unirufus. Anumbius striaticoläis, striaticeps; 
Uppucerthia dumetorum Jsid. Geoffr., U. andicola, U. rupestris 
(Opetiorhynchus rupestris v. Kitll.), U. montana (Op. ruficaudus 
Meyen), U. vulgaris, U. nigro-fumosa. Neue Vögel von Car- 
thagena und Mexiko von Lafresnayes und d’Orbigny: Guerin 
Rev. Zool. p. 164. Embernagra albinucha, Pipra pareolides, Sy- 
nallaxis Candei. — Pitylus atropurpuratus und atroolivaceus d, 
la Fresn. beide aus Mexico. ib. p. 224. 

Uebersicht der Arten der Gattung T'schitraea Less. 
(Muscicapa aut.) von Lesson in Guer. Rev. Zoolog. Nov. p. 276. 


405 


die Arten: Muscicapa paradisi L.; M. Castanea Kuhl. etc. be- 
greifend. 


b. Syndactyli. 
Drei ächte Todus- Arten unterscheidet Lesson. Ann. 
des Sc. natur. IX. p. 116. 


T. viridis Brown. Jam. mit gezähnelten Schnabelrändern; 
auf Martinique, Jamaika, St. Domingo, — T. mexicanus 
Less. auf dem Festlande, in Mexiko besonders zu Tampico und 
T. portoricensis Less. von Portoriko, beide ohne Zähnelun 
der Tomien, so dals dieser Charakter, welchen Delafresnayes un 
‘früher auch Referent als generischen für T’odus angab, nun 
zum specifischen wird. 

Merops aegyptius kommt nach Ch. Bonaparte zuweilen 
auch in Italien vor (bei Genua) und M. apiaster zeigte sich im 
südwestlichen Schottland. (Loud. Mag. Il. p. 18.) 

Dacelo rufulus de la Fresn., von Madagaskar, in Guer. 
Rev. Zool. p. 224. — Brachypteracias squamigera id. ib. 


c. Zygodactyli s. Seansores. 


Hodgson beschrieb mehrere Spechte Nepals. Journ. of 
ihe Asiat. Soc. of Bengal Vof. VI. P. I. p. 104. und stellte p. 
407. eine neue Gattung. Fivia auf, welche aber von Picumnus 
nicht verschieden ist. Die Art Y. nipalensis steht dem P. inno- 
minatus Burton. Arch. II. S. 270. mindestens sehr nahe. 

Von Bourgot St. Hilaire Collection des Perroqueis er- 
schienen Livr. XIIT—XXIV. 


d. Suspensi Ill. Trochilidae rec. 


Mehrere neue Kolibri-Arten von d’Orbigny Magas. de 
Zool. Cl. II. p. 26. und Lesson Gu£r. Rev. Zool. p. 314. 


d. Hiantes. 


Vom Guacharo, den Hautessier auf Trinidad fand, sind 
nun auch Eier und Nest nach Europa gekommen und wurden 
der franz. Akademie v. Bory St. Vincent vorgezeigt. (l’ In- 
stit. p. 326.) 

Zu Trinidad bewohnt er die Höhlen des die Nordküste be- 

änzenden Gebirgszuges, welcher eine Fortsetzung der Ge- 
irge von Cumana ist, wo Hr. v. Humboldt den Guacharo ent- 
deckte. Die Höhlen der steilen Berge liegen aber hier unmit- 
telbar am Meere, und man kann nur während der stillen Tage 
des Aprils und Mais ohne Gefahr herankommen. Die Alten sind 
auffallend eye Vergleich zu den feisten Jungen im Dunenkleide. 
Den Angstruf der Alten, z.B. wenn man sie dem diretenLichte 
aussetzt, vergleicht H., dem Schreien eines ergriffenen Huhns. In 
Ruheund Dunkelheit gelassen, verhielten siesich ganzstill; belästigte 


106 & 


sie aber das anbrechende Tageslicht, so lielsen sie häufig ihr 
eroc, croc, croc hören. Ihre Nahrung suchen sie nach Sonnen- 
untergang, oft selir fern; sie besteht im Samen des Mataca 
Grisgris und der Balatas; nach H. wird nur das Pericarpium 
derselben beim Durchgange durch den Darmkanal verdauet, die 
Körner selbst liegen in unglaublicher Menge in und unter den 
Löchern, wo sie nisten. Sie brüten zweimal (?) im März und 
April, legen jedesmal 2—3 Eier, grols wie Taubeneier, weils, 
gelblich ges renkelt. Das Nest ist von seltsamer Textur, bildet 
einen halbelliptischen Karniels (corniche) oder Kuchen, ähnlich 
einem wenig ausgehölten Weihkessel oder einigen Formen des 
grolsen Pilzes, aus welchen man Feuerschwamm macht. Da- 
mit die Brut nicht herausfalle, bedeckt es ein Randwulst von 
Dunen. Offenbar ist es ein Product des Kauens und der Ver- 
dauung der Vögel, welches sie durch den Schnabel von sich 
geben und mit den Fülsen kneten. 


6 Raptatores. Raubvögel. 


a. Nachtraubvögel. 


Nach Portlock ahmt Otus brachyotus im nördlichen Irland 
die Sitten der Sir cunicularia nach. An der Landspitze von 
Magilligan, an der Mündung von Lough-Foyle in’s Meer, finden 
sich zahlreiche Sandhügel, ın welchen Kaninchen bauen. Dort 
erscheint die Sumpfohreule regelmälsig im Herbste, man sieht 
sie dann am Eingange der Baue, in deren Tiefe sie sich, wenn 
sie beunruhigt werden, zurückzieben. (Insiit. p. 359.) 


b. Tagraubvögel. 


John Hancock hat die specifische Verschiedenheit des 
isländischen Jagdfalken vom grönländischen nachgewiesen, 
(Ann. of Nat. Hist. 11. 241.) was vor ihm Brehm und Be- 


nicke bereits versuchten. 

Beide Arten haben in der Jugend ein graues Kleid und 
blaue Fülse, beim isländischen werden letztere später hochgelb, 
während der Grundton des Gefieders grau bleibt, beim grön- 
ländischen, der weils wird, bevor die Fülse gelb werden, er- 
halten diese nie die glänzende Farbe des vorigen, sondern be- 
halten ein blasses livides Gelb. Die oberen Deckfedern sind 
beim grönländischen weils, mit pfeilförmigen dunkeln Flecken, 
beim isländischen grau mit hellen Flecken und Bändern. F. 
islandicus: altes Männchen 4F. 9“, Flügellänge 3F. 10%; 
altes Weibchen 1F. 11“, Flügelbreite 4F. 2 — F. grön- 
Zandicus: altes Männchen 4 F. 9“; altes Weibchen 1F. 11%, 
Flügelbreite 3F. 10“. Die Flügel bei F. islandicus etwas 
länger, reichen bis etwa 15“ vom Schwanzende, bei F. grön- 
landicus bis etwa 2“ von dessen Ende. Beim jungen grön- 
Tandicus bilden die hellen Binden beider Fahnen auf den beiden 


407 


mitleren Schwanzfedern am Schafte zusammenstolsend vollständige 
Queerbinden; beim jungen islandicus stolsen sie nicht zusam- 
men, sondern alterniren. Der grönländische Falk kommt Win- 
ters auch nach Island; ein dort geschossenes weilses Exemplar 
stimmte mit den grönländischen vollständig überein; im Früh- 
ling sollen die Wallfischfänger bei Grönland nur weilse Falken 
sehen, gegen das Ende des Jahres graue, nämlich junge Vögel, 
die dann vor ihrer Ankunft im arten Frühlinge bereits das 
weilse Kleid erhalten haben. 

Ueber die Sitten des Falco cinerascens schrieb: Barbier 
Montault in Gu£rin’s Rev. Zool. p. 121. 

Nach Townsend stürzte sich ein altes Weibchen von 
Haliaetos (Falco) albicilla bei Ipswich in die See hinab und 
kam nicht wieder hervor. Schiffer zogen den Vogel ohne 
Schwierigkeit heraus, der aber nach wenigen Minuten starb. 
Man vermuthete, dals er nach einem Fische gestolsen habe, und 
aulser Stande gewesen sei, empor zu kommen, wahrscheinlich 
in Folge von Apoplexie oder Asphyxie; denn dals in solchen 
Fällen ein grolser Fisch den Seeadler hinabziehe, ist mir un- 
wahrcheinlich. (Loud. Mag. N. 8. II. 292.) 

F. leucocephalus nistet nach Richard Langtry so 
früh im Jahre, dals dieser schon Mitte Januars ein Nest dessel- 
ben am Fish River (Mobile Bay), in einer gigantischen Fichte 
sah. Am 6. Februar fand sich bereits ein mit Dunen und ein- 
zelnen Federn bedecktes Junge. Das Nest war fach aus Rei- 
sig, enthielt Fisch-Köpfe und Gräten, und zwei Köpfe des 
grauen Pelikans, 


Lieutenant Hutton suchte zu beweisen, dafs der indi- 
sche Bartgeier vom europäischen specifisch verschieden sei. 
(Journ. of the Asiat. Soc. of Bengal. VI. p. 1.) 


Seine Beschreibung beweist indessen das Gegentheil, näm- 
lich die bereits von Jameson und Hodgson ausgesprochene Iden- 
tität. Der schwarze Ringkragen, welcher beim indischen den 
Unterhals gegen die Brust abgränzen soll, findet sich auch beim 
europäischen durch Flecke angedeutet, mag aber bei jenem mehr 
ausgeprägt sein. Auch alle übrigen vom Verf. angegebenen 
Unterschiede, besitzt auch der unsrige; dagegen ist der afrika- 
sche Bartgeier, dessen specifische Verschiedenheit zuerst Brehm 
an den Exemplaren des hiesigen Museums entdeckte, wo sie 
denn traditionell bewahrt wurde (suum cuique!), eine sehr gut 
unterschiedene Art. 


Lieutenant Hutton beschreibt ferner im Journ. of the 
Asiatic. Soc. of Bengal. VI. P.]. S. 112. Nest und Nest- 
kleid des Yultur bengalensis, sowie die bei dessen 


Entwickelung statt habenden Vorgänge. 


Der Kultur bengalensis fliegt, frilst und brütet gesellig. 
Verf. fand 4 Nester in einem grolsen Banyanenbaume, in 
jedem ein ganz weilses Ei. Zwei Bäume in der Nähe hatten 


408 


eder 3—4 Nester. Den F. pondicerianus sieht man gewöhn- 
lich nur einzeln oder paarweis. Beim Auffinden ihrer Beute 
werden die Geier nach H. sowohl durch das Gesicht, wie durch 
den Geruch geleitet; durch letzteren entdecken sie das bereits 
in Fäulnils gegangene Aas, durch ersteren die frisch gefallene 
Beute; wo beide ın Verbindung wirken, hält Verf. den Geruch 
für ein mehr sekundäres Hülfsmittel. Als er einen in Packlei- 
nen genähten Hund in einen Banyanen-Baum gehängt hatte, 
salsen am vierten Tage an 20 Geier auf dem Baume gerade 
über dem sehr stinkenden Aase, andere schwebten in weiten 
Kreisen über dem Baume., 

Im ähnlichen Sinne spricht sich auch der Fürst Max z. 
Wied (Reise 1. S. 200.) über Cathartes Aura Nordamerikas für 
den Gesichtsinn aus, stellt aber nicht in Abrede, dals in ge- 
ringerer Entfernung der Geruch scharf sein möge. Den Cathar- 
tes aura Nordamerikas, welcher östlich von den Alleghani nicht 
vorkommt (S. 159.) hält übrigens Se. Durchlaucht (S. 162.) von 
dem brasilianischen verschieden und schlägt für ersteren den 
Namen: C. sepientrionalis vor. Die Iris ist nicht, wie bei jenem 
schön hochroth, sondern dunkel graubraun, das Auge mit einem 
hochrothen Ringe wngeben, Wachshaut schön lackroth, Vor- 
dertheil des Kopfes, Augenkreis, Ohrgegend roth, vierte 
Schwungfeder die längste, die Schäfte der Schwungfedern 
nicht weils, sondern braun. Sämmtlich Unterschiede vom süd- 
amerikanischen, sonst gleichen sich Form und Färbung des 
Körpers sehr. Die mitgetheilten Maalsen zeigen, mit denen 
jener Art verglichen, ebenfalls Verschiedenheit. Er geht im 
Sommer westlich bis zu den Rocky Mountains und nach Richard- 
son nördlich bis zum Saskatschawan. Den grauköpfigen Gathar- 
tes atvatus, den Audubon häufiger nennt, sah der Fürst auf seiner 
ganzen Reise nicht. 

R. Schomburgk bestätigt in einer interessanten Schilde- 
rung der Sitten des Geierkönigs (Annal. of Nat. Hist, II. 52.) 
als Augenzeuge die Angaben älterer Schriftsteller, dals die Aas- 
vägel (Cathartes) ein Aas nicht berühren, bevor nicht der Gei- 
erkönig sich gesättigt hat. Wenn Verf. aber die Weibchen 
schwarz (richtiger graubaun) gefärbt nennt, so hat er wohl 
junge Vögel für alte Weibchen angesehen. 


XI. Mammalia u 


Temminck gab (Tijdschrift voor naturlijke Geschied.\. 
p- 273.) eine Uebersicht der Säugethier-Fauna von Japan 
(Nippon). 

Es scheint viel ärmer an Säugethieren als e Sunda-In- 
seln, selbst ärmer noch als der nıcht so ausgedehnte Archipel 


409 


der Molukken. Von Quadrumanen, die man bei seiner geogra- 
phischen Lage kaum erwarten sollte, findet sich eine dem eu- 
ropäischen Repräsentanten, dem Inuus ecaudatus, höchst ähn- 
liche Art, der Inuus speciosus. Eben so findet man noch 2 
neue Arten der frugivoren Chiropteren, da diese sonst auf die 
Tropenzone der alten Welt beschränkt sind, aber sie sind 
mit einem reicheren Wollpelze bekleidet. Die insectivoren 
Flughänder stimmen, wenn auch als Arten neu, sehr mit denen 
der alten Welt überein. In den unmittelbar zu Japan gehö- 
renden Inseln hat man nur die Hauskatze gefunden, während 
man in China unter gleicher Breite verschiedene Arten in Feld 
und Gebirgen antriflt; aber in Corea findet sich ein gestreifter 
Königstiger und die Felis irbis, so dals der Königstiger von 
den Sunda-Inseln, als dem Mittelpunkte seiner geographischen 
Verbreitung über das ganze Festland von Indien bis zu dem 
Altai ausgebreitet, aber in den kälteren Klimaten mit einem rei- 
cheren Pelze bekleidet ist. Reich an Arten sind die Gattungen 
der Bären und Hunde. Von ersteren findet man in einer so 
Pape Ausdehnung zwei verschiedene Arten, eine schwarze, 
- tibetanus und eine der Insel Jeso eigenthümliche furchtbare 
Art von ungeheurer Grölse, wahrscheinlich der U. ferox des 
westlichen Nordamerikas. Der Wolf scheint specifisch verschie- 
den, so wie der ©. nubilus Nordamerikas wesentlich verschie- 
den ist. Er hat einen kürzeren Schwanz, ist niedriger auf den 
Beinen und hat eine viel stumpfere Schnauze als der europäische. 
Verf. nennt ihn C. hodophilax. Die beiden Füchse, von 
denen die Eilande wimmeln, sind, C.vulpes, kaum in der Farbe 
vom europäischen verschieden, und der C. fulvus von Nord- 
amerika. Der wilde Hund gleicht in Gestalt und auch mehr 
oder Meier in Farbe dem C. dingo Australiens, scheint eine 
eigenthümliche Art C. Nippon zu bilden. Die auffallendste 
Form ist der €. viverrinus, in jeder Hinsicht geformt wie der 
chinesiche C. procyonoides. Beide kleinen Hunde, deren Som- 
mer- und Winterkleid verschieden ist, zeigen auch im Gebils 
eine kleine Anomalie, daher Verf. daraus eine eigene Gattung 
Nyctereutes bilden will, welche die amerikanische Gattung Pro- 
on erselzen und den indischen Viverren sehr nahe stehen soll. 
ie Otter ist von der Lutra vulgaris nicht specifisch unter- 
schieden. Auch von den Rauthieren der Gattungen: Meles, 
Mustela und Putorius findet sich eine kleine Zahl Stellvertreter, 
ferner zwei neue Sorices, eine neue Talpa und ein kleiner Grä- 
ber, welcher zwischen beiden letztgenannten Gattungen in der 
“Mitte steht, Urotrichus talpoides Temm. Von Nagethieren ein 
grolser Pteromys., P.leucogenys, u. eine viel kleinere Art P, mo- 
moga. Man trifft ferner Repräsentanten des Hasen und Kanin- 
chen, und der Gatt. Mus und Sciurus.. Mus decumanus hat 
sich überall auf den Inseln verbreitet, soauch der indische Sorex 
myosurus. Ob eine Manis, deren Panzer man zu Hausgeräthen 
benutzt, wirklich einheimisch und dann einziger Repräsentant 
der Zahnlosen ist, bleibt ungewils. Eine kleine neue Art Sus, 
eine kleine Hirschart, kleiner noch als der Axis, und eine mit- ı 


V, Jahrg, 2, Bd, 27 


410 


telgrolse Antilope mit grobem langem und gekräuseltem Haar, 
im Gehörn der sumatrensischen Antil. cambian und der nord- 
amerikanischen A. lanigera ähnlich, beide Bewohner der hohen 
Gebirge, sind mit den beiden Hasen die Jagdthiere der sonst 
hauptsächlich vom Fischfange lebenden Japanesen. Grolse Pa- 
chydermen fehlen. Die Seethiere sind die, welche den hohen 
Breiten des nordamerikanischen Meeres eigen sind. 

Von Frederic Guvier’s Histoire natur. des Mammiferes 
erschienen 1837 die 69ste und 79te Lieferung, wahrscheinlich 
die letzten des Werkes, da der Tod den berühmten Verf. im 
Jahre 1838 hinraffte. 

Neue Classificationsyersuche der Säugethier-Ordnungen von 
Ch. L. Bonaparte und Isid. Geoffroy St. Hilaire in Gu£rin’s 
Revue Zool. Sept. 1838. p. 208. fg. und Lesson ib. p. 312. 


1. Getacea. 


a. Carnivora. 

Zur Familie der Delphine erhielten wir einige Beiträge. 

Der Fürst Max zu Wied beschreibt in seiner Reise (Bd. I. 
S. 25.) die Färbung eines Delphinus delphis. 

Waterhouse beschrieb einen D. Fiützroyi, dem D. super- 
ciliosus verwandt, von Darwin bei Patagonien beobachtet. — 
(Proc. Z. S. p. 23. Annals of Nat. Hisı. II. 229.) 

W. Thompson vertheidigte die neuerlich wieder von 
Jardine und Bell bezweifelte Identität von Hunter’s Delphinus 
bidentatus, Hyperoodon Honfloriensis Baussard’s und Dale’s 
Botile- Head- Whale. (Loud. Mag. Nat. Soc. II. p. 221.) Da- 
le’s Exemplar hält er für ein Männchen, während die von Hun- 
ter und Baussard beschriebenen Weibchen seien, daraus erkläre 
sich bei ersterem die grölsere Dicke in der Schultergegend. 
Ein bei Hull gestrandetes Individuum zeigte die beiden starken 
Zähne am Ende des Unterkiefers erst beim Skelet'ren, nach Ent- 
fernung des Zahnfleisches, welches sie zuvor ganz verdeckte. 
Maalse und Beschreibung des Skelets sind a. a. O. angegeben. 

Thomas Whright gab eine umständliche Beschreibung 
des Delphinus Tursio. Loud. Mag. N. S. II. 609. Verf. be- 
zweifelt die Identität desselben mit D. iruncatus Montag., und 
macht einige Berichtigungen zu Hunters gewöhnlich copirter 
Abbildung. Die Rückenflosse soll in dieser der Schnauze näher 
sein als dem Schwanze, während sie in der Nätur um 6 Zoll 
dem Schwanze näher stehe als der Schnauze, eben so ständen 
die Brustflossen dem Mundwinkel sehr nahe und sehr tief unten, 
während sie in der Abbildung in beträchtlicher Entfernung dar- 
Prag sind; auch das Auge stehe darin etwas zu hoch und 
ie Conyexität der Stirn sei nicht hinreichend ausgedrückt. 


b. Herbivora. 


Bedeutende Fortschritte machte die Naturgeschichte der 
herbivoren Cetaceen. 


5 411 


A. v. Humbold theilte in diesem Archiv Bd. I. S.1 fg. 
die vor 40 Jahren am Örinoko entworfene Beschreibung und 
Abbildung des südamerikanischen Manati mit, wodurch beson- 
ders die innere Organisation und die seltsame Einrichtnng der 
Mundhöhle, welche wir nur unvollständig aus Oexmelin’s An- 
deutungen kannten, eine nähere Aufklärung erhielt. Andrerseits 
wirft dies auch einiges Licht auf die sogenannten Zähne des 
Borkenthiers (Rhytina Sıelleri Illg.), welche, wie ich glaube, 
wahrscheinlich den polsterförmigen Erhabenheiten des Manati 
entsprechen, demnach nicht wahre Zähne sind, sondern in die 
goe der Hautknochen gehören. Dies ergiebt sich aus Stel- 
lers Worten: „Mastucationem absolyunt — non dentibus, sed 
duobus ossibus validis, candidis, seu dentium integris massis, quarum 
una palato, altera maxillae inferiori infixa et huic apposita est.‘ 

Ref. machte in einem Zusatze zu der erwähnten Abhand- 
lung darauf aufmerksam, dafs die von F. Cuvier unter dem Na- 
men Manatus americanus gegebene Copie der Home’schen Ab- 
bildung keinesweges den südamerikanischen Manati darstellt, dessen 
Skelet G. Cuvier beschrieb und abbildete, sondern wahrschein- 
lich den 79. latirosiris Harl., mit welchem wenigstens Schädel- 
bildung und Vaterland des Home’schen Thieres nahe überein- 
kommt. Hr. R. Owen schrieb mir in Bezug auf die von mir 
aufgezeigten Unterschiede der von G. Cuvier und E. Home 
abgebildeten Manatiskelete, dafs das letztere allerdings in der 
Schädelbildung dem M. senegalensis ähnlich sei, dals Home 
aber die Wirbelzahl unrichtig angegeben habe, indem sich 6 Hals- 
wirbel, 47 Rückenwirbel und 27 Schwanzwirbel, im Ganzen 
50 Wirbel vorfinden, dafs die Phalangenzahl des kleinen Fin- 

ers unvollständig sei, der zweite aber wie die andern 3 Pha- 
Eigen besitze, der Daumen jedoch wirklich eine Phalanx 
irage. Ist nun der Mangel derselben nicht ein Defect des von 
Cuvier abgebildeten Skelets, wogegen indessen die griffelför- 
mige Form des Mittelhandsknochens spricht, so dürfte die An- 
wesenheit der Daumenphalanx am Home’schen Skelet ein Cha- 
rakler sein, wodurch es sich nicht nur von dem südamerikani- 
schen Manati, sondern auch vom Dugong unterscheiden würde. 


R. Owen gab Beiträge zur Anatomie des Dugongs nach 
Untersuchung mehrerer Exemplare. (Proc. Z. $. S. 28. und 
Annals of N. H. 11. S. 300. Ng.). Verf. spricht sich bei die- 
ser Gelegenheit dahin aus, dals die herbivoren Cetaceen nicht 
wohl mit den Carnivoren in einer Ordnung verbunden blei- 
ben könnten, eine Ansicht, die Ref. vollkommen theilt; denn 
offenbar setzt sich in den Meersäugethieren derselbe Gegensatz 
fort, der sich unter den Landthieren in den Raub- und Huf- 
thieren geltend macht. Dort wird der Uebergang durch das 
Wallross und die Robben vermittelt, hier fehlen der Jetzwelt 
die Bindeglieder, welche wahrscheinlich im Dinotherium u. ver- 
wandten Formen gegeben waren. — Hinsichtlich des Gebisses 
bemerkt Verf., da die bleibenden Stofszähne der Weibchen 
im Wachsthume zurück und von dem Zahnfleisch bedeckt blei- 
ben; sie sind in der Basis solide, während in dieser bei den 


27% 


412 


Männcheneinetiefe konische Höhle die Persistenz des Bulbus u. 
ihr fortdauerndes Wachsthum anzeigt. Dafs die Stofszähne zum 
Losreilsen der Tange dienten, bezweifelt Verf., da sie nur bei 
den Männchen ein wenig hervorragten. Es scheinen sich im 
Ganzen 20 Backenzähne, + jederseits zu entwickeln. Die ersten 
fallen aus, bevor der letzte hervorgebrocher, noch vor den 
Wechsel-Stofszähnen. Letztere kommen in beiden Geschlechtern 
vor, zuweilen neben den bleibenden. Nur einmal bei einem 
8Fuls langen Thiere fanden sich 2 Vorderzähne im Unterkiefer, 
kleiner a mehr gebogen, als die oberen Wechsel-Stofszähne. 
Auch die übrigen 6 zahnlosen Alveolen waren im abwärts ge- 
bogenen Vordertheil des Unterkiefers vorhanden, in den ande- 
ren frischen Köpfen enthielten sie ligamentöse Fortsätze der 
schwieligen Bedeckung, der sie zur Befestigung zu dienen 
scheinen. 

v. Bär hat in dem Bull. Scient. de St. Petersb. Tom. Ill. 
Nr. 23. und später in einer ausführlichen Abhandlung (Mem. de 
TAcadem. de St. Peiersb. VI. Ser. Part. II. Tom. V. 1839.), die 
gänzliche Vertilgung der nordischen Seekuh nachgewiesen. 

Das letzte Individuum wurde im Jahre 1768 getödtet, also 
27 Jahre später, als man die erste wissenschaftliche Nachricht 
von der Existenz dieses Thieres erhalten hatte. Auch darf man 
nicht glauben, dafs es sich mehr nach dem Norden zurückge- 
zogen habe. Die russischen Niederlassungen reichen jetzt bis 
zum Norton-Sund, nahe der Berings-Str., hinauf. Nirgend 
aber hörte man etwas von der Seekuh. Sie findet sich eben so 
wenig bei den kurilischen Inseln. Ihr Vaterland beschränkte 
sich nur auf die Berings- und Kupferinsel; wenn Steller 
noch die amerikanische Küste angiebt, so geschieht es nur, weil 
er sie mit dem Manatı identisch hielt. Nie lebte sie bei Kam- 
schatka. In ihrem beschränkten Vaterlande mulste sie leicht 
durch die Abenteurer ausgerottet werden, welche angelockt durch 
Steller’s Schilderungen vom Reichthum an Seeottern und See- 
kühen in Menge dorthin kamen, 

Eine Mittheilung von Ed. Eichwald über die Dinotherien 
und ihnen verwandten Thieren Rufslands (Bullet. scient. de 
Acad. de St. Petersb. IV. Nro.89. p. 257.) enthält die Beschrei- 
bung von einem Schädelfragmente, Wirbelbeinen, Rippenfrag- 
menten und Fingerknochen eines zur Familie der Manaten ge- 
hörigen Thieres aus der jüngeren Tertiärformation der Krym. 
Verf. macht hiebei einerseits darauf aufmerksam, dafs sich Pe 
gleichen Cetaceenknochen auch bei Eppelsheim in grolser Menge 
neben Dinotherium finden und vielleicht wohl diesem selbst ge- 
hört hätten; andererseits findet er es wahrscheinlich, dals die 
von Rathke als Fulsknochen des Elephanten beschriebenen Reste 
wegen der an ihnen sitzenden versteinerten Balanen und die 
von demselben erwähnten Wirbel wegen ihrer grolsen Härte 
demselben Thiere der Krym zugehörten, vielleicht auch die 
Hälfte einer Tibia, die wohl vielmehr Unterarmknochen sei. 


413 


2. Pachydermata 


I. McClelland hat in dem Journ. of the Asiat. Soc. 
of Bengal.V11.2.5.1038. Notizen zu Hexaprotodon gegeben, 
welche Gattung Dr. Falconer und Capt. Cautley in den Siwa- 
lik Lagerstätten entdeckt und in dem ersten Theil des 19 Vol. 
der er: Research. beschrieben haben. Leider befindet sich 
dieser Band noch nicht in der hiesigen Königl. Bibliothek und 
ich muls mich also hier nur auf Mc Clelland’s Bemerkun- 

en beschränken. Die Gattung Hexaprotodon stand dem 
ame sehr nahe; hatte £ Vorderzähne von gleich star- 
ker Entwickelung, während beim Flufspferde deren Fektmtlich 
# vorhanden sind. Auch die Backenzähne sind der Zahl nach 
nicht gleich, denn Hexaprotodon hat —.4. Hippopotamus 4.5. 
Falconer und Cautley haben gemeint, dals Hexaprotodon die 
Gattung Hippopotamus in Indien ersetzt habe. Eins der von 
Me Clelland abgebildeten Fragmente, ein Unterkiefer (Fig. 3.) 
welchen Verf. auf Hex. dissimilis F. C. bezieht, zeigt aber nur 
4 Vorderzähne, von denen die beiden mittleren, wie bei Hippo- 
potamus stärker entwickelt waren.*) Ueberhaupt zeigen die 
Arten mit 6 Vorderzähnen in der Stellung der unteren eine auf- 
fallende Verschiedenheit, während diese bei 4. sivalensis F. C. 
in einer fast geraden Linie stehen und parallel der Längsaxe 
des Unterkiefers gerade nach vorn gerichtet sind, so dals sie 
wie die Zacken einer Harke (eines Rechens) neben einander 
stehen, bilden an einem vom Verf. dargestellten Unterkiefer nur 
die vier mitleren Vorderzähne eine gerade Linie, der äufsere 
jederseits steht etwas weiter nach vorn, innen vor dem Eck- 
zahn. Verf. sieht hierin mit Recht eine specifische Verschie- 
denheit und nennt die Art wegen der ungeraden Stellung der 
unteren Vorderzähne H. anisiperus (&vıoos und £ocs). Auch 
die Richtung der Zähne mülste der Abbildung nach sehr ver- 
schieden gewesen sein, mehr aufrecht suberec#, auch ist die 
Symphyse des Unterkiefers beider verschieden, indem sich hierin 
H. anisoperus zu sivalensis ziemlich so verhält wie Hip- 
popolamus amphibius zu H. fossilis. Eine dritte in der Stel- 
lung und Richtung der Vorderzähne mit H. sivalensis über- 
einstimmende Art unterscheidet Verf. als HM. megagnathus, 
durch die wie bei H. anisoperus fast parallele Stellung der 
Backenzahnreihen, während diese bei F. sivalensis eine ge- 
schweifte, ihre Convexität nach innen kehrende Linie bilden. 
Eine vierte Art nennt er AH. platyrhynchus, verschieden von si- 
valensis „in the flattened form of the jaw.“ 

Sus barbatus Muller (Tijdschrift voor naturlijke Gesch. 
V,S. 449.) eine neue Art der Insel Borneo, von den dortigen 
Europäern wegen ihrer besonders von fern auffallenden hellen 
Färbung witte varken genannt, hat einen sehr langen, über den 


*) Auch scheint mir dieser Unterkiefer wie bei Hippopotamus 
nur 6. 6. Backenzähne gehabt zu haben, gehörte also sicherlich 
einem Hippopotamus an. 


414 


Augen etwas hohl eingedrückten , vorn ziemlich schmalen Kopf, 
das dünne Borstenkleid läfst die gelblich braune Haut fast über- 
all durchscheiner.; lange, meist rückwärts gerichtete Borsten an 
den Seiten des Kopfs, besonders längs dem Unterkiefer bilden 
eine Art Backenbart; Vorder- und Hinterkopf mit kurzen, 
schwarzen und gelben Borsten, lange dichtstehende ochergelbe 
am Hinterhalse, an den Seiten und am Bauche theilweise schwarz. 
Vor jedem Auge ein Büschel gelber Borsten, und nahe über 
dem Mundwinkel ein Büschel kurzer braunspitziger. Ohren 
sparsam behaart; Schwanzquaste, Schnauze, Vorderfülse und 
Unterschenkel schwarz. Körperlänge 4‘, davon der Kopf 1' 4, 
Schwanz 11“ lang. 

Bemerkungen über das Wildschwein gab Pred. Löffler 
in den preuls. Provinz. Blättern. Bd. 19. S. 71. 

Nach den Resten eines kleinen vorweltlichen Pachydermen 
stellten Laizer und de Parieu die Gattung Oplotherium 
auf. Ann. sc. nat. X. p. 335. Tab. 9. Sie hatte, wie Anoplo- 
iherium, oben 7, unten aber 6 Backenzähne, $ Vorderzähne u, 
4.4 Eckzahn; der Eckzahn des Oberkiefers war mehr entwickelt 
als bei Anoplotherium, ragte über die Backzähne hinaus; beson- 
ders lang sind die beiden mittleren Vorderzähne des Zwischen- 
kiefers. Die Zähne schliefsen dicht an einander, die beiden 
vorderen Lückenzähne des Oberkiefers sind seitlich zusammen- 
gedrückt, der dritte hat eine dreieckige, der erste Backenzahn 
eine länglich guee Gestalt, die drei hinteren Backenzähne 
sind fast viereckig. Im Unterkiefer hat der letzte Backenzahn 
einen überzähligen Anhang, wie bei Anoplotherium, die beiden 
übrigen bestehen aus zwei hintereinander stehenden dreiseitigen 
Prismen, die Lückenzähne entsprechen den oberen. Die Stirn 
ist gewölbt; die Nasenknochen zeigen eine vertiefte Furche auf 
ihrer Mitte; aus ihrer Gestalt ergiebt sich, dafs das Thier kei- 
nen Rüssel hatte. Zwei Arten scheinen existirt zu haben. 


3 Ruminantia 


v. Bär vertheidigte die frühere Existenz zweier Stiere (d. 
Arch. V. Bd.I. S.62.), Weissenborn (Loud. Mag. N. 8. 2. 
p- 239.) spricht für die entgegengesetzte Ansicht, zieht auch die 
von v. Bär vermuthete Identität des kaukasischen Zubr mit dem 

olnischen in Zweifel. Auch Rathke (preuls. Provinz. Bl. 19. 
Ba. S. 543.) führt dagegen eine mündliche Aeufserung des Dr. 
Koch an, welcher im Kaukasus während seines zweijährigen 
Aufenthalts mehrere von diesen Thieren gesehen habe und sie 
von den europäischen wesentlich verschieden erkläre. Inswi- 
schen erhielt v. Nordmann vom Lieut. Lissowski, welcher in 
Wilna studirt hatte und den Zubr sehr gut kannte, die Ver- 
sicherung, dafs der kaukasische von dem polnischen nicht ver- 
schieden sei. (Bullet. sc. d. Petersb. III. 305.). Der dunkle 
Rückenstreif des kaukasischen Zubr, an welchem Weissen- 
born Anstofs nimmt, findet sich wirklich auch beim polnischen 
im Winterkleide (s. Pusch d. Arch. Jahrg. VI. 1. S. 62. Anm.), 
und die Kürze der Hufen kann allerdings wie v. Bär meinte, 


415 


durch das Leben in Gebirgsgegenden herbeigeführt sein; denn 
wirklich besucht der Auer oder Zubr diese in Kaukasien, was 
Hr. W. bezweifelt, aber aus v.Nordmann’s Angaben hinreichend 
erwiesen ist. Nach Nordmann bewohnt er, im awhasischen 
Adompe gepannt, ein Gebiet von 200 Werste, vom Kuban bis 
zur Quelle des Psib. Am Kuban hält er sich das ganze Jahr 
über in den sumpfigen Gegenden; aber im Lande der Abaze- 
chen zieht er Sommers in die Gebirge, von denen er im Herbste 
und Winter in die Thäler hinabgeht. — Nach Angabe der Aw- 
hasen soll man im Distrikte Zaadan noch einen anderen Wie- 
derkäuer von der Grölse einer Kuh und von dunkler Farbe an- 
treffen. Die Vornehmen der kaukasischen Völkerschaften be- 
dienen sich der mit Silber verzierten Auerhörner als Trink- 


gefälse. 


Dr. George Evans gab (Journ. of the Asiat. Soc. of 
Bengal VI, 1. p. 223. Taf. XVI.) die Abbildung und Beschrei- 
bung eines Oefkenschtdek, den er für den des Gaur (B. Gau- 
rus) hält. Er soll der Schädel eines alten Bullen sein, zeichnet 
sich durch eine sehr breite, tief concave Stirn aus, welche 
zwischen den Hörnern breiter ist als zwischen den Augenhöhlen- 
rändern. Von der starken Hinterhauptleiste und den Seiten 
des Stirnbeins entspringen starke und dicke sanft zurückgebo- 
gene, ihre Spitzen dem Gesicht zukehrende Hörner. Die Au- 
genhöhlenränder ragen, ähnlich wie beim Auer stark hervor. 
Wie bei diesem gränzt der Zwischenkiefer nicht an das Nasen- 
bein, sondern ist weit davon entfernt; jene verbinden sich nur 
mit dem Oberkiefer, sind breit und erscheinen im Profil leicht 
gekrümmt (well arched). Länge des Kopfes von der Nasen- 
spitze zur Hinterhauptleiste 1 F. 11,3“. Breite der Hinterhaupts- 
leiste zwischen der Wurzel der Hörner 10,5“, zwischen den 
Augenhöhlenrändern 10,0“, am schmalsten Theile der Stirn 8,5. 
Hinterhauptsfläche vom Foramen magnum zur crista 9,0“. Höhe 
des Oberkiefers vom Alveolarrande bis zur Verbindung mit den 
Nasenbeinen 5,7”. Breite der Nasenhöhle 3,7%, Höhe dersel- 
ben 3,5“ Länge des Horns nach der Krümmung 2 F. 0,3. 
Umfang desselben an der Wurzel 1 F. 4,2". 

@ 5 T. Pearson sieht in diesem Schädel vielmehr den eines 
zayal. 

lason dagegen (ibid. VI. 4. S. 499. u. Bd. 2. S. 745.) 
erkennt in Ewans Abbildung den Gauri Gau, von welchem 
er sich mit grofser Mühe und Kosten Exemplare beiderlei 
Geschlechts verschafft hat. Der Schädel beider Geschlechter 
zeichnet sich nach ihm durch bedeutende Gröfse und durch 
eine breite, lange und flache Stirn, der Rumpf durch die über- 
mälsige Länge der Dornfortsätze der Rückenwirbel aus, die sich 
schon beim Fötus bemerklich machen soll. Nach der auf Taf. 
XXXIX. des 2, Bd. gegebenen Abbildung des Rumpfskelets zu 
urtheilen, haben die Dernfortsäte ziemlich dieselbe Länge, wie 
beim europ. Auer, nur sind sie kräftiger, ungleich breiter, der 
bedeutenden Schwere des Kopfes angemessen. Offenbar bildet 
diese Art ein Mittelglied, zwischen der Wisent- und Rinder- 


416 


ruppe. Hodgson will eine eigene Untergattung Bibos (!) 
en bilden, um dadurch einerseits einen Ochsen von unge- 
wöhnlicher Grölse, andrerseits die Mittelbildung zwischen Bison 
und Bos anzudeuten. Verf. nennt die Art erst B. subhema- 
chalus, später ändert er diesen Namen in B. gevifrons, 
weil die Art verschiedene von einander entfernte Theile Indiens 
zu bewohnen scheine. (S. den Auszug im Jahrg. VI. Bd. 1. 
dies Archivs.) 

Durieu liefs ein corsisches Moufflon-Weibchen von einem 
Merinostähr bespringen. Der weibliche Bastard war dem Vater 
ähnlicher, hatte bereits weilses Wollhaar, und zeugte mit einem 
Mufflonstähr ein mehr dem Mufflon ähnliches, roströthliches 
Junges mit einzelnen Wollstellen besonders am Halse; dieses 
wieder gekreuzt mit einem Merinoschafe ah ein Weibchen, 
welches ganz die Charaktere und den Wollvliefs der Mutter 
hatte. Bei allen Bastarden waren die Beine und Bauchseite 
nackt ohne Haar oder Wolle. Alle Versuche die Mufflons mit 
dem Ziegenbocke zu paaren, blieben fruchtlos. (Instit. p. 338.) 

Drei neue Antilopen wurden aufgestellt: 4, Antilope 
Ogilbyi, von Waterhouse nach einem Felle von Fernando 
Po, an dem sowohl Kopf wie Beine fehlen (!), Proc. Z. Soc. 
61., dennoch meint Hr. W. dafs seine Art der 4. scripia ver- 
wandt und von deren Grölse gewesen sei, und giebt eine Di- 
agnose. 2. A. Zebra, von I. E. Gray (Ann. of Nat. Hist. 1. 
P- 27.): Rücken hell rehfarben (fulvusfawn) mit breiten glän- 
zenden (ueerstreifen; Unterseite blalsrothgelb, Schenkel aufsen 
graubraun, unten dunkler. Sierra Leone. — 3, Eine neue, der 
4. equina ähnliche Art, Jegoceros niger von W. C. Har- 
ris Proc. Z. 8. p. 1., lebt in Südafrika zwischen 24-—-26° Br. 
und 28—30° ö. L., 13° südlich vom Wendekreise des Stein- 
bocks in kleinen Heerden (von etwa 41 Stück), ist selten; das 
alte Männchen 4‘ 6“ hoch, fast 9F. lang, schwarz hie und da 
in’s Castanienbraune fallend, ein schmutzig weilser Streif über 
dem Auge längs der Nase zur Schnauze, halbe Wange, Kinn 
und Kehle weils. An der Stelle der fehlenden Thränensacks 
ein Haarpinsel, schwarze Pinsel an der Spitze der innen weilsen 
Ohren, eine reichliche schwarze Mähne bis zur Mitte des 
Rückens. Hörner schlank, platt, sehr bald rückwärts gebogen, 
erst divergirend, dann parallel, drei Viertel geringelt, kleiner 
beim kleineren, mehr kastanienbraunen Weibchen. 

Fragmente vom Sivatherium, im Besitze des Obersten Colvin 
(abgebildet im Journ. of the Asiat. Soc. of Bengal VI. 4. Taf. 
VII. u. IX.) bestätigen Falkoners Vermuthung, dafs dies Thier 
wirklich 4-hörnig war und dafs an der Hinterhauptleiste das 
hintere Paar Hörner stand. Colvin bemerkt hierbei, dals Capt. 
Cautley ein grolses Naches (at) Horn, wahrscheinlich dem 
Sivatherium gehörig, gefunden habe. Das andere Fragment der 
linken Unterkieferkällte zeigt 4Backenzähne, die soweit sich aus 
der ziemlich rohen, von keiner Beschreibung begleiteten Litho- 
graphie schliefsen läfst, mit denen der gehörnten Wiederkäuer 
übereinstimmen. Eine Copie der Abbildungen s. im Instit. $.39. 


417 


Eine vortreffliche Anatomie der Giraffe erhielten wir von 
Richard Owen. Proc. Z. $. p. 6., 20., 47. 

Capt. Cautley hat in den Siwalik-Hügeln einen Halswir- 
bel gefunden, von dem er vermuthet, dals er einer Giraffe an- 
gehört habe. (Journ. of the Asiat. Soc. of Bengal. VII. 2. 1838. 
S. 658.) Die Vergleichung mit dem der lebenden Giraffe, 
welche Verf. so wenig wie Ref. anstellen konnte, mu[s über 
die Zulässigkeit dieser Annahme entscheiden. — 

A. Campell giebt Journ. of the Asiat. Soc. of Bengal VI. 
P. I. p- 118. fg. anatomische Bemerkungen bei Zergliederung 
eines männlichen Moschusthiers. Die Nipalesen machen einen 
Unterschied zwischen dem transhimalaischen und dem, welches 
an der Schneegränze des diesseitigen Abfalls wohnt. Verf. 
konnte zwischen beiden keinen erheblichen Unterschied finden. 
Der Moschussack des tibetanischen sei mit kurzem dichten Haar 
besetzt, während er bei dem des Cachar mit sehr langen Haa- 
ren bedeckt sei, und loser vom Unterleibe herabhänge. Der 
Moschus beider schien dem Verf., wenn er unverfälscht ist, sehr 
gleich zu sein, der des tibetanischen sei nur deshalb von höhe- 
rem Werthe, weil er weniger häufig mit fremden Stoffen ver- 
fälscht sei, als der im Cachar gewonnene. 


4 Monotremata. 


Von dem Gehirn der Echidna erhielten wir von Eydoux 
und Laurent Beschreibung und Abbildung. Gu&@r. Magas. 
Zool. 1838. Cl. I. pl. 30. Das Corpus callosum fehlt; statt der 
Vierhügel findet sich wie beim Schnabelthier nur ein Paar 
Anschwellungen, indem das hintere Paar fehlt; die Windungen 
der Hemisphären sind sehr ausgeprägt. 


9. Marsupialia. 


Die überaus reichhaltige Abhandlung von Rich. Owen 
über das Skelet der Beutelthiere gestattet leider hier keinen 
Auszug. Ich verweise deshalb auf die Abhandlung selbst. Proc. 
Z. S. p. 120. oder Ann. of Nat. His. III. p. 467. Eben so 
kann die Abhandlung von Eydoux und Laurent über die 
Marsupial-Knochen (Guer. Mag. d. Zool. 1838. Cl. I.) hier 
nur genannt werden. 

Ueber die fossilen Beutelthiere von Stonefield, Didelphis 
Prevostii und D. Bucklandii sind Zweifel erhoben von Blain- 
ville, welcher in diesen Resten vielmehr einen Saurer erken- 
nen will he p- 274.) und von Agalsiz, welcher sich die 
Priorität dieser Ansicht vindieirte (ib. p. 292.).. Für die Cu- 
vier'sche Ansicht, dafs es Beutelthiere sind, erhoben sich mit 
überzeugenden Gründen Valenciennes, welcher aus diesem 
Thiere die Gattung T’hylacotherium bildet, (ibid. Nr. 246.) 
und darauf hinweist, dals die Unterkieferäste nur aus einem 
Stücke gebildet sind, Dumeril, welcher auf die Anwesenheit 
eines convexen a am Unterkiefer aufmerksam machte, 


(Nr. 248. S. 313.)Jund besonders Richard Owen (Proc. of the 


48 


Geol. Soc. 1838. Nov. 21. Ann. Nat. Hist. 3. 61. und Proc. 
Zool. Soc. p. 132.), der nicht nur die Angaben beider letztge- 
nannten Naturforscher bestätigt, sondern auch auf die doppel- 
ten Wurzeln der Backenzähne, deren zwiefache Beschaffenheit 
und auf den Winkel des Unterkiefers aufmerksam macht, wel- 
cher, was für alle jetzt lebenden Beutelthiere charakteristisch 
sei, verlängert und wie ein Fortsatz einwärts gebogen war. 
In der Zahl der unteren Schneidezähne, 8, und in ir Stru- 
ctur der Backenzähne nähern sich diese insectivoren Beutelthiere 
der Gattung Didelphys, die grolse Zahl der Backenzähne, 8, 
an welcher man Anstols nalım, findet sich bei Myrmecobius 
noch übertroffen, wo unten 9 höckrige Backenzähne jederseits 
vorbanden sind. yi 

Gegen die Beutelthiernatur dieser letzteren Gattuug (Arch. 
III. 2. S. 164.), von welcher wir durch Waterhouse Trans- 
act. of ihe Zool. Soc. II. eine berichtigte Beschreibung und 
treffliche Abbildung erhielten, ist P. Gervais aufgetreten, der 
darin eine Insectivoren-Gattung erkennen will (Instit. S. 323. 
Guer. Rev. Zool. Octob. S. 241.); der gründlichste Kenner der 
Beutelthier-Osteologie, Rich. Owen, findet inzwischen (Proc. 
Z.8.p.132.) am Schädel des Myrmecobius die ckarakteristischen 
Eigenschaften der Beutelthiere. Die früher gegebene Gebils- 
formel berichtigt W. so: Vorderz. $, Eckz. 7.7. Lückenz. 3.3. 
Backenz. 5.3. (Backenzähne sind aber 2.3. da). 

An Perameles reiht sich eine neue von Ogilby nach 
einer Zeichnung von Mitchell aufgestellte Gattung Chaeropus 
(Proc. Z. S. S. 25.) von Neu-Süd- Wallis, ganz schwanzlos, 
mit zweizehigen schweinsähnlichen Vorderfülsen, an denen 
eine kleine Anschwellung über der Basis der ersten Phalanx 
vermuthen lälst, dals noch zwei kleine Zehen dahinter sind. 
Das Thier hat die Gröfse, den Pelz und die Farbe eines klei- 
nen Kaninchen und lange falst nackte Ohren, die Hinterfülse 
von Perameles. 

Gray unterschied einen neuen Perameles, P. Gunnii, 
dem P. nasutus nahe, aber durch einen sehr kurzen, weilsen 
Schwanz und undeutliche breite weilse Binden über den Hüf- 
ten verschieden. Proc. Z. S. p. 1- 

Ogilby beschrieb 7 Hypsiprymnus-Arten aus der Samm- 
lung der zool. Gesellschaft. Proc. Z. $. S. 62. Annals of Nat. 
Hist. II. S. 473. In wie weit die nur leichthin characterisirten 
Arten mit Gray’s Bettongien ($. Arch. V. I. S. 193.) identisch 
sind, darüber müssen wir von Hrn. Gray näheren Aufschlufs 
erwarten. 

Waterhouse unterscheidet nach dem Gebisse 3 Gruppen 
der Gattung Petaurus. Proc. Zool. Nov. 13. Ann. of Nat. 
Hist. III. p. 47. Bei Petawus s. str. (P. teguanoides) finden 
sich $ Vorderz., 4.4 Eckz., 2.3 Lückenz., 4.4 Backenz. Die 
Eckzähne sind sehr klein, auch der erste obere Lückenzahn. 
Bei Belidens (P. sciureus, flaviventer u. P. breviceps) $ Vor- 
derz., 4.4 Eckz., 4.4 Lückenz,, %.4 Eckzähne ziemlich ent- 
wickelt. — und Scrobata Desm. (P. pygmaeus) % Vorderz., 


419 


4.4 Eckz., 3.3 Lückenz., $.3 Backz. Eckzähne sehr entwickelt, 
lang und spitzig. Die Gruppen zeigen überdies im Schädelbau 
Verschiedenheit. 

F. Cuvier bildete aus Dasyurus ursinus eine eigene Gat- 
tung Sarcophilus, weil die Backenzähne von gleicher Zahl 
wie bei Dasyurus dieselbe Modification, wie bei T’hylacinus 
zeigen d. h. zu wahren schneidenden Fleischzähnen, ähnlich 
denen der Carnivoren umgebildet seien. Mammif. livr. 70., wo 
eine Abbildung und Beschreibung des Thiers gegeben wird. 


6: TerS: 


T. €. Eyton zählt im Mag. of Zool. and. Bot. 11. S. 283. 
die anatomischen Verschiedenheiten zwischen Lepus hibernicus 
und L. timidus auf. Den ersteren zeichnet bedeutendere Gröfse, 

rölsere Länge der Seitenfortsätze der Lendenwirbel, Bere 
Breite der scapula und Rippen, grölsere Länge des humerus 
im Vergleich zur zlna, die an länger als beim L. timidus ist 
und bedeutendere Gröfse des Schädels und des Zwischenkiefers 
aus. Rippen- und Wirbel-Zahl ist hei beiden gleich, nur hat 
der irische 13, der gemeine Hase 16 Schwanzwirbel. DerDarm- 
kanal ist länger bei dem irischen, dafür aber der Blinddarm 
kürzer. Länge des Darmkanals beim irischen 18 F. 6“, beim 
gemeinen 44F. 1. Länge des Blinddarms beim irischen 1 F. 
7, beim gemeinen 2 F. Auch die Maalse der Knochen sind 
vergleichend zusammengestellt. — Nach W. Thompson (Ann. 
of Nat. Hist. TI. 71.) nt man in Irland schon seit längerer 
Zeit die Verschiedenheit beider Haasen. Der irische hat nicht 
nur kürzere Ohren und einen kürzeren Schwanz, sondern der 
letztere ist auf der Oberseite nicht schwarz, sondern weils, an 
der Basis der Haare graulich. Seine Lebensweise soll im Gan- 
zen mit der des L. timidus übereinkommen. — €. I. M. Bach- 
mann hat in dem Journ. of the Acad. of Philadelphia Tom. 
VII. 1837. p. 194. u. 282. über die Hasen der vereinigten Staa- 
ten von Nordamerika und von Canada geschrieben. Mir ist 
diese Abhandlung bis jetzt noch nicht zugänglich gewesen. 

Bachmann handelte (Proc. Z. 8. p. 85. Ann. Nat. Hisı. 
IIE. p. 275.) von den nordamerikanischen Eichhörnchen. Unter 
den 17 Arten welche er unterscheidet sind 6 neu: Sc. Texia- 
nus, 8. subauratus, $8. Auduboni, $. fuliginosus, 8. 
Richardsonii und S$. lanuginosus Bach. — Neue Arten 
beschrieben ferner Muller von Borneo: Sc. ephippium und Sc. 
exilis Tijdschr. voor naturlijke Geschied. V. S. 146. — Wa- 
terhouse Proc. Z. $. 1838. p. 19. Sc. sublineatus, unbe- 
kannten Vaterlands. 

Eine Anatomie des Coelogenys subniger von Martin finden 
wir Proc. Z. 8. p. 52. Ann. of Nat. Hist. II. 380. 

Fürst Max v. Wied (Reise S. 62.) glaubt, dals Arctomys 
Monax, Empetra und pruinosus nur eine Art bilden. Obgleich 
das Groundhog oder Woodchuck der Amerikaner gewöhnlich 
eine rothbraune Unterseite besitze, so fehle doch diese Farbe 
zuweilen gänzlich; ältere 'Thiere seien an den Obertheilen 


420 


mehr weils, grau gemischt, jüngere mehr rothbräunlich. Stirn 
und Vorderkopf bei allen schwarzbraun. In Indiana scheinen sie 
Anfang März aus dem Winterschlafe wieder zum Vorschein zu 
kommen. (S. 202.) 

Bemerkungen über Arvicola pratensis Baill. A. riparia 
Jenyns gab Selby Mag. of Zool. and Bot. II. p. 92. 

F. Cuvier’s ausführliche Abhandlung über die Springmäuse 
(Dipus u. Meriones), schon früher in diesem Archiv Jahrg . I. 
2. p.170. nach ihrem Hauptinhalte angezeigt, ist in den Weunss 
act. of ihe Zcol. Soc. II. 2. S. 149. erschienen. — Eine neue 
2 G. Cuvieri aus Indien beschrieb Waterhouse Proc. Z. 8. 

« 56. 

Von Isidore Geoffroy St. Hilaire erschien ein Aus- 
zug aus einer ausführlichen Abhandlung über die Stachelrat- 
ten. (Ann. d. Sc. nat. Tom. X. p. 122.) Er weiset Lichten- 
steins Ausspruch, dals die Stachelratten das Gebils von Mus 
hätten, als irrig zurück, nimmt neben Echimys noch die Gatt. 
Nelomys Jourd. (s. Arch. IV. 2. p. 389.) an, bemerkt aber, 
dals die Grölse der Ohren und die Behaarung oder Nacktheit 
des Schwanzes keine generische Charaktere geben, wohl aber 
die mehr complicirten Backenzähne und kürzeren Tarsen von 
Nelomys; Echimys verhalte sich zu Nelomys wie die Gerbillen 
zu den Raiten (Mus). Zu Echimys gehören: 1, E. setosus 
Geoffv. 2, E. cayennensis Geoff. 3, E. spinosus Geoffr. 4, 
E. hispidus Geag- 5, E. albispinus n. sp. Brasilien. 6, 
E. myosurus Lichtenst. (Mus leptosoma und M. cinnamomeus 
Lichtenst. Loncheres longicaudatus Rengg.) — Zu Nelomys: 
4, E. oristatus Geoffr. 2, Loncheres paleacea Il. 3, N. Blain- 
ville Jourd. 4, E. didelphoides Geoffr. 5, N. armatus (Mus 
hispidus Lichtenst.). 6, N. semivillosus n. sp. Neu-Granada. — 
Echimys dactylinus Geoffr. bildet ein eigenes Genus: Dac- 
zylomys, ohne Stacheln, Schwanz lang, nur an der Basis be- 
haart, sonst nackt, Vorderf. 4-zehig, die beiden Mittelzehen 
sehr lang; Hinterf. 5-zehig, die Nägel der 3 Mittelzehen zu- 
sammengedrückt und verlängert. Backenzähne durch eine Furche 
in zwei durch einen Einschnitt wieder halbgetheilte Hälften 
geschieden. (Bekanntlich bildete F. Cuvier gerade das Gehils 
von E. dactylinus Geoffr. als Typus von Echimys in den Denis 
des Mammif. ab. Ref.) Baihyergus damariensis Mater- 
house und Graphiurus elegans eiusd. von der südl. West- 
küste Afrika’s. Proc. Z, 8. 5. 


1. Garnrnivora. 


A. Insectivora. 


Ein Auszug einer umlassenderen Abhandlung über die In- 
seclivoren von rd: v. Blainville erschien Ann. d. Sc. nat. 10. 
S. 119. Verf. will sie als eine eigene Ordnung betrachtet wis- 
sen, die zwischen den Chiropteren und Edentaten in der Mitte 
stehen soll; ihre Systematik soll mit den anomalsten Formen, 


421 


den Erdgräbern, beginnen und durch Sorex zu den normalen, 
Erinaceus übergehen. Ref. ist entschieden andrer Ansicht und 
hat diese bereits Jahrgg. 4. I. S. 259. angedeutet, er sieht in 
den Iusectivoren ein Zwischenglied zwischen Raub- und Nage- 
thieren, in welchem das Gebils der Raubihiere zu dem Nage- 
thiergebisse umgewandelt wird, zugleich aber die einzelnen 
Familien der Nager durch analoge Formen wiederholt werden. 

Martin characterisirt ein igelartiges Thier von Madagas- 
kar (?) als neue Gattung Echinops. Proc. Z. $. p.17. Ann. 
of Nat. Hist. II. S. 153.: Corpus superne spinis densis tec- 
tum; rostrum breviusculum. Khinarium aures, caudaque ut in 
Erinaceo; Dentes primores #, superiorum duobus intermediis 
longissimis, discretis, cylindraceis, antrorsum versis,‘ proximis 
minoribus. Canini 4.4. Molares 4. utrinsecus 1mo supra et 
tribus infra spuriis, reliquis ultimo supra excepto, tricuspidatis 
angustis, transversim posıtis; ultimo supra angustissimo; molari- 
bus infra inter se fere aequalibus, ultimo minore. Pedes 5-dac- 

li, ambulatorüi; halluce breviore; unguibus parvulis, compres- 
sis; plantis denudatis. Die ausführliche Beschreibung der Art 
E. Telfairii ist a. a. O. nachzusehen. Die Deutung des Ge- 
bisses scheint mir nicht richtig zu sein. 

Ueber Macroscelides Rozetii (Wagner Insiit. p. 306. und d. 
Arch. 1839. Bd. I. S. 79.). — Zwei neue Arten, Fr Jlexan- 
dri und M. melanotis und Chrysochloris Damariensis 
von Waterhouse. Proc. Z. $. Ueber europ. Spitzmäuse er- 
schien eine gründliche Arbeit von H. Nathusius d. Arch. IV. 
LS. 19. — Duvernoy hat seine von Nathusius gerügten 
Irrthümer nun in einem Supplement berichtigt, kann sich aber 
doch nicht enischlielsen seine der Priorität gänzlich ermangelnde 
Gruppennamen aufzugeben; ja er geht so weit, seine Gruppe 
Amphisorex nun Hydrosorex zu nennen und umgekehrt. (!!) 
Der Sorex Hermanni wird beibehalten als erste Art von 
Hydrosorex ohne weitere Erläuterung. — 

Bachmann gab eine Monographie der nordamerikanischen 
Eaniuse. (Journ. of the Acad. of N. S. of Philodelphia Tom. 

. Rev. Zool. Nov. 290.). Ueber das Winterlager des Igels. 
Löffler. Pr.Provinz. Bl. 19. S. 

Der Maulwurf von Silhet und Assam, welcher der asiat. 
Gesellschaft in Calcutta in Weingeist zukam, soll dem euro- 
ae in fast allen Stücken gleichen. Journ. of the Asiaı. 

oc. of Bengal. VII. 2. S. 669. 


B. Pinnipedia. 


Eine Systematik derselben gab S. Nilsson: Kon. Wetensk, 
Akad. Handling. for ar 1837. Stockholm 1838. 
- Ref. schrieb über das Gebils des Wallrofses.. D. Arch. IV. 
+ p- 113. 
© ie einer interessanten Abhandlung von R, Hamilton 
über die für den Handel so wichtige Pelzrobbe (fur-seal) der 
Südsee lernen wir, dals das Thier eine Otaria"ist, welche 
Verf. als mit Phoca falclandica Penn. identisch nachweist. Eine 


422 


Abbildung des Thiers ist gegeben. Ann. of. Nai. Hist. II. 
p- 81. und 478. 


C. Carnivora. 


Ref. theilte Betrachtungen über das Gebifs der Raubthiere 
mit, hauptsächlich um die Aufmerksamkeit auf das Milchzahn- 
gebils derselben zu lenken, weil sich darauf nicht nur die Mo- 
dificationen, welche das Gebils in den abweichenden Formen 
erleidel, am leichtesten zurückführen und erklären lassen, son- 
dern auch weil sie von Wichtigkeit für die Begränzung der 
natürlichen Familien sein müssen, indem, wie überhaupt ın der 
Entwickelungsgeschichte des Thierindividuums, die Identität 
Familienähnlichkeit) das Ursprüngliche ist, der Unterschied, 
as Besondere, auf welchem die Gattungsverschiedenheiten be- 
ruhen, erst im bleibenden Gebisse heraustritt, Besonders deut- 
lich zeigt sich dieses im Wechsel-Gebisse des Wallrosses, und 
noch deutlicher unter den Saurern bei Podinema (Ameiva) Te- 
guixin, welche in frühester Jugend die angewachsenen drei- 
zackigen Zähne der typischen Ameiven, im Ale: eingewachsene 
abgerundet konische Zähne hat. — In jenem Aufsatze wies auch 
Ref. nach, dals Hyaena zur Familie der Hunde, Meles zu 
der Marderfamilie gehöre, und dafs letzterer 2.3 Lückenzähne 
nicht 4.2) habe, von denen aber der erste obere Lückenzahn früh 
ausfällt, daher ist es mir auch verdächtig, dafs der erste untere 
Lückenzahn dem nordamerikanischen Dachse nach Waterhouse 
fehlen soll. Proc. Z. $. Nov. Ann. N. H.4.p.52. Er zeigt 
sowohl im Schädel als im Gebifs Verschiedenheiten, die an der 
specifischen Differenz beider Dachse nicht mehr zweifeln lassen; 
die des Gebisses sind indelsen nicht der Art, dafs sie zu einer 
generischen Trennung, wie Verf. will, berechtigen könnten. Spe- 
eifische Modificationen zeigt das Gebils der meisten, wenn nicht 
aller Raubthierarten; und Ref. ist überzeugt, dafs man in einem 
Museum, wo die Schädel nicht in den Fellen stecken bleiben, 
ziemlich alle Arten nach dem Gebisse würde characterisiren 
können. k 
Von H. Lichtenstein erhielten wir eine gelehrte Mo- 
nographie der Gattung Mephitis. (Garen 1838. 4to.) Verf. 
trennt sie in zwei Abtheilungen Thiosmus und Mephitis. 
Erstere entspricht der Gattung Marputius Gray, indem sie 
die amerikanischen Arten mit breiter, ganz nackter Sohle, rüs- 
selartig verlängerter Nase, und naribus anticis etinferis begreift, 
während in der anderen die amerikanischen Arten mit halb- 
nackter oder behaarter Sohle, einem rhinario prominulo u. naribus 
lateralibus mit den Stinkthieren der alten Welt, den sogenann- 
ten Zorillen, vereinigt werden. Ref. glaubt in seinem oben er- 
wöhnten Aufsatze über dals Gebils Er Raubthiere $S. 278. fg. 
bewiesen zu haben, dafs letztere, von denen es mehrere Arten 
zu geben scheint (s. S.267. Anm.), ihres Gebisses wegen eine 
besondere Gättung bilden müssen, die sich zu Putorius einer- 
seits und z Mepkitis andrerseits gerade so verhält wie Heli- 
ciis Gray (Melogale Geoffr.) zu Musiela und Meles. Ref. schlug 


425 


dort den Namen Rhabdogale vor, hatte aber dabei übersehen, 
dafs Kaup schon 1835 (Thierreich Bd. 1. S. 352.) die Zorillen 
als eigene Gattung Jetonyx getrennt hat. Nach Lichtenstein 
sollen die Thiosmus-Arten 4.4 Lückenzähne haben, allein diese 
anomale Zahl statt 3.%. wird dadurch verdächtig, dafs auch 
bei dem analogen Dachse der erste obere Lückenzahn früh aus- 
fällt, und die enge Stellung der Lückenzähne bei T’hiosmus ein 
ähnliches besorgen läfst. Noch finden wir die interessante Be- 
merkung, dals das Thier, welches Buffon als Zorille beschrieb, 
nicht die afrikanische Art war, sondern eine amerikanische, 
welche F. Deppe neuerlich in Neu-Californien wieder fand. 

Der Fürst M. v. Neuwied erklärt (Reise S. 57.) die Anga- 
ben über den Gestank der Stinkthiere etwas übertrieben. Unser 
europ. Iltis stehe in dieser unangenehmen Eigenschaft gegen 
jene öfter nicht gar weit zurück. Die Hunde scheuen aas 
Stinkthier deshalb keinesweges, sondern beilsen es todt, und 
sind zuweilen ein wenig parfümirt. Die Zeichnung dieser Thiere 
fand der Fürst ziemlich constant u. regelmälsig. (S.173.u.211.) 
In Pensylvanien, Indiana, Illinois und am Missouri traf der Fürst 
MM. mesomelas, am oberen Missisippi kommt Meph. Chinga Tied. 
Lichist. vor. 

Eine vergleichende Zusammenstellung der Körpermaalse von 
Lutra canadensis und L. europaea erhielten wir vom Fürsten 
Max zu Wied. Reise S. 211. Erstere kommt am Missisippi, 
Missuri, Wabasch und ihren Zuflüssen vor. Auch die den Nor- 
den bewohnende Otter schien den Fellen nach von ihr nicht 
verschieden. — Ueber die Altersverschiedenheit des Schädels 
der Luira vulg. vergl. Nathusius dies Archiv IV, I. p. 130. — 
Lutra poönsis Ogilby. Proc. Z. $. S. 60. 

Nach dem Fürsten M. v. Wied, der wie der Pr. v. Musig- 
nano an der Existenz der M. lutrocephala Harl. zweifelt, hat 
der Mink besonders zur Paarungszeit den Geruch des Iltisses, 
welcher von der starkriechenden Absonderung der beiden gel- 
ben Afterdrüsen herrührt. (S. 213.) Sie tragen in ihre Höh- 
len, welche im hohen Ufer unter alten Baumwurzeln gemacht 
waren, eine Menge Muscheln ein; der gemeine Mann schreibt 
dies fälschlich der Bisamratte zu. (S. 198.) 

Ch. Bonaparte, Prinz v. Musignano, welcher die Galtun 
Mustela L. ın 4 Gattungen: Zorilla, Marder (Martes), Iltisse 
(Putorius) und Wiesel (Mustela) zerfällt, führt aus der letzte- 
ren he Arten auf: 4, M. erminea L. Europa. 2, M. 
Cicognanii Bonap. Nordaınerika. 3, M. Bodkarnbdd Bonap. 
Sardinien. 4, M. vulgaris L. Europa. 5, M. Richardsonii 
Bonap. (M. erminea Richards. F. Bor. Am.) Nordamerika. 6, 
M. longicauda Bonap. (M. erminea Richards. Faun. Bor. Am.) 
Nordamerika und 7, M. frenata Lichtenst. Mexico. (Loud. 
Mag. N. S. 2. p. 38.) 


Folgendes die Diagnosen uach der Iconografia della Fauna 
ütalica. Helft 22. ; 
1, Mustela vulgaris: rufo-cinnamomea (cinnamomeo- 


424 


rufa) subtus alba; cauda valde breviori tertio corporis, apice 
concolori. 

2, M. boccamela: castaneo-cinerea, subtus lateribusque 
abrupte alba; cauda dimidio corporis parum breyiori, apice vix 
intensiori. 

3, M. erminea: rufo-cinnamomea (cinnamomeo -rufa ), 
subtus flavo-albida (hyeme tota alba): cauda dimidio corporis 
valde longiori, apice late nigro. 

4, M. Cicognanii: rat: nat subtus flavo-albida 
cauda corporis dimidio subbreviori, apice nigricante, 

Mustel& vulgaris findet sich im mittleren und südlichen Ita- 
lien, in den sardinischen Staaten auch M. erminea; die Bocca- 
mela auf Sardinien; sie ist wahrscheinlich die Jets des Aristote- 
les, liebt wie diese den Honig, was Cetti bestätigt. — Das 
Hermelin findet sich nach Hodgson auch am Himalaya und 
wird dort Winters weils. Journ. As. Soc. VI. 2. S. 561. 

Putorius subhemachalanus Hodgson: 115—12“ lang 
bis zur Schwanzwurzel, Schwanz 55”, 63‘ mit dem Endhaar. 
Einfarbig hellbraun, dunkler längs der Rückenlinie, Nase, Ober- 
lippe, Vorderkopf und zwei Zoll des Schwanzendes schwarz- 
braun, der Rand der Oberlippe und die ganze Unterlippe 
weilsgrau, Zuweilen findet sh. ein weilser Längsstreif auf dem 
Vordertheile des Halses und einige unstete weilse Flecken an 
den Seiten, wie es scheint bei jüngeren Thieren. Fülse dunk- 
ler als der Körper oder dunkelbraun. Schnurrborsten dunkel. 
Pelz dicht, glänzend, weich. Schwanz spitz endend. Am Hi- 
malaya. ibid. 

Hodgson hat zwei schon früher von ihm aufgeführte Plan- 
tigraden Nepals näher beschrieben. Journ. of the Asiat. Soc. 
of Bengal. VI. 2. S. 560. — Der eine Gulo nipalensis 
Hodg. ist oberhalb glänzend braun, Unterseite, eine Rücken- 
linie von der Mitte des Kopfes bis fast zu den Hüften, ein 
schiefes Queerband von den Augenbraunen zu der Mitte der 
Wangen und das letzte Drittel des Schwanzes glänzend oran- 
gegelb; ein kleiner dunkler Fleck hinter dem Mundwinkel (gape) 
EE jeder Wange, Vorderfülse innerhalb abgeblasst bis zum 
Carpus und häufig über den Fingern, hintere nur zu dem 
Hacken. Vier: Zitzen in einem Parallelogram gestellt, zwei 
in der Weichen- und 2 in der Bauchgegend. Beı jungen Thie- 
ren und im Winterkleide bei Erwachsenen ist die dunkle Ober- 
seite erdig grau-braun, und die blasse Unterseite greis-grau 
ame): auch fehlt der dunkle Schnurrbart (moustache). Aus 

em anderen, früher vom Verf. Gulo Urva genannt, bildet er 
eine eigene Gattung, welche nach ihm im Habitus zwischen 
Herpetes und Gulo in der Mitte stehen soll. Das Gebils wie 
bei Herpestes. Schnauze verlängert spitzig (sharpened), beweg- 
lich. Hände und Fülse breit, mit.grofsen Bindehäuten.- Hand 
und Sohle nackt; Hinterfülse halbweges vom Hacken behaart, 
(clad half-way ae ihe os calcis), Krallen an Vorder- u. Hin- 
terfülsen fast gleich, wie bei Gulo u. Herpestes. An jeder Seite 
des Afters eine runde hohle, glatt ausgekleidete Drüse, welche 


425 


eine stinkend wässrige Flüssigkeit absondert, die das Thier mit 
Kraft ausspritzt. Der Afterapparat soll dem von Mydaus und 
Ursitaxus (Ratelus) sehr ähnlich sein. Sonst keine subsidiären 
Drüsen. 6 Zitzen fern von einander am Bauche, bei Herpesies 
und Gulo vier. Magen häutig, ohne fundus. Ein kurzes 
stumpfes Coecum von gleichem Durchmesser mit dem dicken 
Darm. Augenhöhlen unvollständig. Nahrung besteht in Crus- 
taceen und Fröschen; lebt in Höhlen in der unteren und mit- 
leren Region von Nepal. Aus den Charakteren geht hervor, 
dals dies Genus zur Viverrenfamilie gehört und namentlich der 
Gattung Galidia I. Geoffr. ähnlich, wenn nicht mit ihr iden- 
tisch ist. Die Art U. cancrivora Hodgs. hat die Farbe des 
Jakals, ist gelbroth (ocher) grau (fulvous iron grey) dunkler in’s 
Braune fallend an der Unterseite des Halses und Rumpfes. 
Beine schwarzbraun. Ein weilser Streif jederseits am Halse 
vom Ohr zur Schulter. Rand der Oberlippe und die re Un- 
terlippe wir Endbälfte des Schwanzes fuchsröthlich (ru- 
Jous) gelb. Pelz aus zweierlei Haaren sehr dick, das Contur- 
haar vierfach geringelt mit Gelbroth (fulvous) und schwarz, 
das Wollhaar dunkel an der Basis, nach oben rothgelb (ful- 
vous). Länge zur Schwanzwurzel 1° 6“, Kopf 4“, Schwanz- 
rübe 41“ mit dem Schwanzbüschel gemessen 1’ 11" u. s. w. 
Nach Hodgson (Journ. Af. Soc. of Bengal VI. 2. S.563.) 
findet sich bei den Nipalensischen Herpestes-Arten eine Anhäu- 
fung kleiner Drüsen, welche den After gegen den Schwanz zu 
(the caudal margin) ringförmig umgiebt und eine dicke eigen- 
thümliche moschusartige Substanz absondert, welche langsam 
in wurmförmigen Fäden durch zahllose kleine Oeffnungen ab- 
Bande wird. — Die Art des Tieflandes (Nyula Hodgs.) 
at an jeder Seite des Mastdarms zwei grölsere und hohle Drü- 
sen, anscheinend von ähnlicher Beschaftenheit, wie die der an- 
deren, aber verschieden durch die etwas dünne Secretion, 
die Hohlbeit der Drüsen und dadurch dafs jede mit einer 
grölseren fühlbaren Oeffnung versehen ist. rva hat nur die 
itlichen Drüsen, ein wässriges, schrecklich stinkendes, und auf 
se Entfernung projectiles Sekret. Letzteres wird bewirkt 
durch Ringmuskeln, welche den Hals des Ausführungsganges 
umgeben, welcher schief abwärts und auswärts rich ist. 
Dr. Campbell hat ebendas. S. 565. eine anatomische Beschrei- 
bung des Drüsenapparars gegeben. 
Dr. S. Müller beschrieb (Tjdschrift voor naturlijke Gesch. 
V. S. 440.) eiue angeblich neue Gattung Potamophilus von 
Borneo, welche nach seiner Meinung zwischen Paradoxurus u. 
Lutra die Mitte halten soll; richtiger aber sagt man wohl, dafs 
sie sich zur Viverren-Familie verhalte, wie die Ottern zu der 
Marderfamilie, womit denn auch zugleich die Umwandelung des 
Gebilses zur Omnivorenbildung sich in schönster Analogie her- 
ausstellt. — Der Mampalon, wie das Thier bei den Malayen 
heilst, hält sich, wie die Ottern, in der Nähe des Wassers auf, 
taucht unter, nährt sich besonders von Fischen, Krabben, Mäu- 
sen, Vögeln, soll aber auch Früchte lieben und danach Bäume 
V. Jahrg. 2. Bd. 28 


426 


besteigen. In dem P. barbatus erkennt man nun sogleich 
Gray’s Cynogale Bennettiii von Sumatra, und Blainville’s 
Lamictis (Viverra carcharias Ann, sc. nat. VIII. 279.) wenn 
gleich Hr. Müller’s Beschreibung der wahren Backenzähne, 
wohl nur weil sie etwas abgenutzt waren, einigen Zweifel er- 
wecken könnte. Der obere Fleischzahn soll nämlich nach ihm 
vier, die beiden hinteren Backenzähne drei Höcker (knobbelt- 
jes), die beiden wahren Backenzähne des Unterkiefers 5 kleine 
Höcker und einige körnige Unebenheiten haben. Sonst giebt 
Verf. dieselbe Zahl Backenzähne #.%. an, wovon 3 den: 
zähne. Die Lückenzähne der Oberkinnlade sind mit der Spitze 
etwas rückwärts gebogen, die des Unterkiefers dagegen etwas 
nach vorn, was auch Blainville hervorhob. — Die Beine sind 
kurz, kräftig, ob vorn und hinten 5 Zehen vorhanden und ob 
sie durch halbe Bindehaut geheftet, ob die Sohlen fast bis zum 
Hacken kahl sind, wie Gray von seiner Cynogale angiebt, er- 
wähnt Verf. nicht, Der Schwanz ist ziemlich kurz, dicht be- 
haart, der Kopf ist etwas abgeplattet; der Pelz dicht, aus 
Wollhaar und längerem Borstenhaar, falb gelblich braun, welche 
Farbe auch die Borstenhaare am Grunde haben, dann aber 
gelblich weils sind mit schwarzer Spitze, Oberlippe und Kinn 
weils, die Schnurrhaare (an 5“ lang) steif, geiblich weils. 
Ohren kurz, gerundet; alles wie bei Cynogale Bennettü Gr. 
Somit haben wir also wieder drei Namen für ein noch neues 
Genus. Nach Verf. finden sich aulser dem gewaltigen Schnurr- 
barte, welcher dem Thiere ein sehr seltsames Ansehen geben 
soll, hinter und über ihm kürzere braune Borsten und zwei 
Bündel langer, weilslicher Borsten zieren die Wangen und 
8—9 hellfarbige stehen unter dem Kinn, Länge des Körpers 
1° 11", Schwanz 7“, Kopf 5” — Eine neue Viverre von der 
Ostküste Borneo’s, F, Bojei, beschreibt derselbe Naturfor- 
scher ib. S. 145. 

Weissenborn hat über die seit 1833 in Sachsen -Eise- 
nach und Würtemberg beobachtete Wasserscheu bei Füchsen in 
Loudon’s Magaz. N. 8. 2. S. 226. Mittheilungen gemacht, — 
Sie waren dreister als sonst, und bissen Hunde, welche von 
der Hundswuth befallen wurden. Die Exemplare welche in 
Sachsen-kisenach geschossen wurden, waren sämmtlich Männ- 
chen. — Ueber die in Würtemberg beobachteten Fälle schrieb 
der Herzog Heinrich von Würtemberg in Behlen’s Allgem. 
Forst- und Jagdzeitung von 1837. Auch hier zeigten sie sich 
kühner, bissen ein Kind, Hunde und Pferde. Das Kind und die 
gebissenen Hunde wurden von Tollwuth befallen. Sie waren 
äulserst mager, bei einigen halte der Pelz eine eigenthümliche 
Farbe. Bei den Sectionen fand man die Leber und Eingeweide 
von tief gelber Farbe. Milz, Pankreas, der Plexus solaris und 
der nervus sympathicus zeigten sich sehr entzündet, 

Einen Beweis für Ueberlegung und Mitleid eines Jagdhun- 
des erzählt der Pred, Büttner Isis 1838. 368. Eine Hündinn 
war im Geburtsäcte gestorben, auch die Jungen waren bis auf 
einen umgekommen, den jener Jagdhund an einem Wintermor- 
gen zu dem Förster trug. 


427 


A. Campbell giebt Journ. of the Asiat. Soc. of Bengal 
VI. P. 4. S. 120. die genauen Maalse eines erwachsenen Wah 
(Ailurus fulgens Cuv.). 


8. Chiroptera. 


Temminck’s Monographien von T’aphozous, Emballonura, 
Urocryptus und Dicl’durus (in der Tijdschrift voor naturlijke 
Geschied. V.) und von Fespertilio u. Nycticejus in den Monogra- 
phies de Mammalogie 11. Tom. 3 Livr.; desgleichen I. E. Gray’s 
Uebersicht der Fledermaus-Gattungen Mag. of Zool. and Bo- 
iany II. 483. können wegen Mangel an Kaum hier nur ange- 
führt werden. 


9. Quadrumana. 
a. Prosimii. 

Bei einem lebenden Otolicnus, O. Garnettii Ogilby, 
(einfarbig dunkelbraun ober- u. unterhalb, m#t grolsen schwar- 
zen, fast runden Ohren, langem, cylindrischem, wolligem 
Schwanze, grölser als O. senegalensis und von Grölse eines 
kleinen Lemur), beobachtete O. eine partielle Entgegensetzbar- 
keit des Zeigefingers der Vorderhände, so dafs sich deren Fin- 

er mit Daumen und Zeigefinger einerseits und den 3 übrigen 

ingern andrerseils in 2 Hälften theılen, wie beim Koala. Der 
vordere Zeigefinger, beim Potto sogar auf einen Höcker redu- 
eirt, soll nach O. bei den Nycticeben, Microceben, Chirogaleen 
und Tarsiern schwach und kraftlos sein, und dieselbe Tendenz 
zur Enigegensetzbarkeit verrathen, weshalb sie eine dem Koala 
und: Pseudochiren unter den Beutelthieren entsprechende Fami- 
lie bilden. Proc. Z. S. p. 6. 

Sehr interessante Mittheilungen über die Sitten des Mal- 
mag, Tarsius Spectrum, verdanken wir Cuming. Proc. Z. 8. 
p- 67. Er lebt unter den Baumwurzeln, besonders unter dem 

rolsen Bambus. Eidechsen zieht er allem Andern vor; sehr 

ie frilst er Heuschrecken u. dergleichen, giebt den leben- 
den den Vorzug; ist reinlich, berührt nie angefressenes Fut- 
ter, trinkt nicht zweimal von demselben Wasser, welches er 
wie eine Katze sehr langsam leckt; schreit selten, schrillend, 
nur einmal; (rilst verhältnilsmälsig viel; springt fast 2 F. weit; 
schläft viel bei Tage; wird leicht zahm, a Hände und Ge- 
sicht seines Pflegers und lälst sich gern schmeicheln; scheuet 
das Licht, sucht stets die dunkeiste Stelle; hockt auf den Hin- 
terbeinen bei dem Fralse, hält diesen mit den Vorderhänden; 
Männchen und Weibchen sieht man gewöhnlich zusammen; ist 
sehr selten auf der Insel Bohol, findet sich in den Wäldern 
von Jagna und Mindanado; Unrath ähnlich dem des Hundes; 
wirft nur einmal jährlich ein Junges, dies wird mit offenen 
Augen geboren und kriecht schon am zweiten Tage im Käfig 
umher. 


428 


b. Simiae. 


Eine gehaltreiche Schrift von Dr. E. Burdach: Beitrag 
zur Anatomie des Affen. Königsberg 1838. 8. hat die Myolo- 
gie der Affen zum Gegenstande. 

Martin (Proc. Z. $. p. 117.) entdeckte, dafs der hintere 
untere Backenzahn der Mangabey-Affen ( Cercop. aethiops und 
Juliginosus) fünf Höcker besitze. Ref. hat hierauf schon 1832. 
im Anhange zu seinem Handb. S. 604.. aufmerksam gemacht, und 
seitdem in seinen Vorlesungen immer, wie Verf. es hier vorschlägt, 
die Mangabey als Zwischenglied zwischen Macacus und ÜGerco- 
pühecus Doinschräg und darauf den Namen Cercocebus Geoffr. 
beschränkt. 

Falconer und Cautley fanden und beschrieben (Journ. 
of the Asiat. Soc, of Bengal V1.1. S.355.) Fragmente vom Un- 

. terkiefer fossiler Quadrumanen aus den Siwalik-Hügeln. Die 
Arten waren kleiner als die von Baker und Durand beschrie- 
bene. Das eine Fragment hat sehr abgeschliffene Backenzähne 
und scheint einem Semnopithecus anzugehören, der gröfser als 
S. entellus war. Das andere hat sehr vollständige Backenzähne 
und weist sich durch’ diese als einen Makaken (im Text steht 
fälschlich Pithecus) aus, der die Grölse des $, entellus hatte, 

Will. Martin gab in Loudon’s Magaz. N. $. II. S. 321. 
u. 434. eine Monographie der Gattung Semnopithecus. — Verf. 
führt 46, sämmtlich bereits früher beschriebene Arten auf, von 
denen jedoch einzelne nicht Stich halten dürften. Den $. leu- 
coprymnus Otto u. $. Nestor Bennett bezieht er auf Cercopüthe- 
cus latibarbatus Geoffr.; S. cucullatus Isid. Geoffr. auf Simia 
Johni Fisch. 

Drei neue, nur auf Borneo einheimische Arten derselben 
Gattung $. frontatus, rubicundus, und chrysomelas finden wir 
von Dr. S. Muller (Tydschrift voor naturl. Gesch. V. 8.136. fg.) 
beschrieben. 

Neue Arten der Gattung Colobus wurden von Water- 
house (Proc. Zool. Soc. p.57.58.) und Van Beneden (Bull. 
de 1’ Acad. de Bruxell. Tom. V.) aufgestellt. Die des ersteren 
sind von der Insel Fernando Po. ©. Pennanti. Ü. supra ni- 
grescens, ad latera fulvescenti-rufus, subtus fHavescens, cauda 
fusco-nigricante; genis albis. Long. corp. 27 caud. 29“ und 
C. Satanas Ü. niger, vellere longissimo, Long. corp. 31", 
caud. 36%. Beide sind wieder nach Fellen mit defeeten Extre- 
mitäten aufgestellt!! — C.verus Van Ber. besitzt nicht einmal 
das Daumenrudiment der anderen Arten, die Färbung an Kopf, 
Rücken nnd Schwanzwurzel ist bräunlich olivenfarbig, Schwanz 
grau, Unterseite schmutzig grau. — Von der Auwesenheit der 
deutlichen und geräumigen Backentaschen bei ©. fuliginosus, 
S. Jahrgg. II. 2. S.275-, konnte sich Martin a. a. Ö. S. 322. 
an den von Ogilby untersuchten Exemplaren nicht mit Sicher- 
heit überzeugen. 


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